Technische Akustik
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M. Möser
Technische Akustik 8., aktualisierte Aufl.
1C
Prof. Dr.-Ing. Michael Möser Technische Universität Berlin Institut für Technische Akustik Einsteinufer 25 10587 Berlin
[email protected] ISBN 978-3-540-89817-7 e-ISBN 978-3-540-89818-4 DOI 10.1007/978-3-540-89818-4 Springer Dordrecht Heidelberg London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1971, 1975, 1985, 1990, 2003, 2004, 2007, 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Dieses Buch widme ich meinen Eltern Christel und Anton M¨oser
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Vorwort
Vorwort zur achten Auflage Nat¨ urlich ist die achte Auflage den selben prinzipiellen Absichten und Zielen gewidmet wie die Vorg¨ anger-Auflagen, deshalb sei hier auf die fr¨ uheren Vorworte verwiesen. Freundliche Leser haben mir sehr bei der Fehler-Korrektur geholfen, ich bin ihnen sehr dankbar daf¨ ur. Inhaltlich sind diesmal vorwie¨ gend kleinere Anderungen eingeflossen, die vor allem der Anschaulichkeit und dem leichteren Begreifen dienen sollen. Haupts¨achlich sind einige Sachverhalte nun durch farbige Darstellungen noch griffiger und unmittelbarer zug¨anglich. Insbesondere die Wiedergabe von Interferenzmustern, die Schilderungen von Beugungsvorg¨ angen und die von akustischen Antennen haben von dieser Darstellungsweise profitiert. Nebenbei bemerkt gefallen die bunten Bilder offenbar auch manchem Nicht-Akustiker aus einem rein ¨asthetischen Blickwinkel recht gut, so jedenfalls darf ich einige entsprechende Kommentare interpretieren. Auch f¨ ur diese achte Auflage meines Buches w¨ unsche ich meinen Le¨ sern eine interessante und lehrreiche Lekt¨ ure. Uber Anmerkungen, wie man es (noch?) besser machen kann, wo noch immer Fehler auftreten und was sonst dem Buch noch dienlich sein k¨ onnte, w¨ urde ich mich sehr freuen (
[email protected]). Berlin, im Februar 2009,
Michael M¨ oser
Vorwort zur siebten Auflage Auch f¨ ur die siebte Auflage der ’Technischen Akustik’ bestehen die Absichten des Verfassers haupts¨ achlich in der gr¨ oßtm¨ oglichen Aufkl¨arung seiner Sachverhalte und im Bem¨ uhen darum, dem Leser einen einfachen, durchsichtigen und klaren Zugang zu den geschilderten Inhalten und Aussagen zu bieten. Soweit irgend m¨ oglich werden anschauliche Vorgehensweisen benutzt und vor allem auch Begr¨ undungen f¨ ur alle Schritte angegeben, ohne dass dabei auf hohe inhaltliche Qualit¨ at und mathematische Beschreibung des Stoffes durch geeignete Gleichungen verzichtet wird.
VIII
Vorwort
Die Hauptunterschiede zu den Vorg¨ angerauflagen bestehen auch diesmal wieder vor allem in einem gr¨ oßeren inhaltlichen Angebot. Es ist ein neues Kapitel dazugekommen, ein zweites wurde erheblich u ¨berarbeitet, und schließlich sind insgesamt 101 Rechen¨ ubungen nebst L¨osungen entwickelt worden, die Gelegenheit geben sollen, den gesamten Stoff anzuwenden und zu vertiefen. Nat¨ urlich sind nebenbei auch einige Fehler behoben (die sich offenbar unvermeidlich einschleichen, trotz Korrekturlesen durch Dritte) und kleinere Unterlassungss¨ unden bereinigt worden. ¨ Das neue Kapitel betrifft die Grundlagen der Ubertragungstheorie und die N¨ utzlichkeit der Fourierschen Zerlegung von beliebigen Verl¨aufen in sinusf¨ ormige (oder wellenf¨ ormige) Bestandteile. Gewiss geh¨ort auch f¨ ur den ¨ Akustiker das Grundwissen u ¨ber die Beschreibung von ’Systemen’ (wie Ubertrager anderenortes gern genannt werden) zur Ausbildung, Begriffe wie ’Im¨ pulsantwort’, ’Ubertragungsfunktion’, ’Faltung’ und ’Faltungssatz’ sollten f¨ ur ihn keine Fremdworte bilden. Auch das Konzept, nach welchem einem selbst wellenf¨ ormigen Strahler ein sehr einfach zu verstehendes Schallfeld in Form einer schr¨ ag abgestrahlten Welle zugeordnet ist, darf in einem Grundlagenbuch zur Akustik gewiss nicht fehlen. Der Gedanke, beliebige Strahlerverl¨aufe dann in Wellenkomponenten zu zerlegen, dr¨ angt sich nachgerade auf; jede Wellenkomponente tr¨ agt dann mit einem Schallfeldanteil in Form einer ebenen, fortschreitenden Welle mit einer ganz bestimmten Laufrichtung zum Gesamtfeld bei. Die Einzelheiten sind im neuen Kapitel, dem letzten dieses Buches, aufgef¨ uhrt. Gr¨ undlich u ¨berarbeitet worden ist das Kapitel u ¨ber Schallschutzw¨ande. Alleine in Deutschland d¨ urften wohl viele hundert Streckenkilometer an Straße und Schiene mit W¨ anden oder W¨ allen zum ausschließlichen Zweck der L¨ armbek¨ ampfung ausger¨ ustet sein. Angesichts dieser Tatsache ist es um so u ¨berraschender, dass sie in der Lehre oft geringe Beachtung finden. Nur wenige Lehrb¨ ucher oder Standardwerke u ¨ber Akustik gehen u ¨berhaupt auf dieses Thema ein; manchmal werden zwar die beschreibenden Formeln hergeleitet, die Schilderung von Wirkkonzept oder praktischem PegelMinderungspotenzial aber fehlt fast immer. Vielleicht mit gutem Grund: Die Behandlung dieses Gegenstandes ist nicht gerade trivial, sondern durchaus anspruchsvoll und geh¨ ort - mathematisch gesehen - sicher zum schwierigeren Teil des vorliegenden Buches. Um so gr¨ oßer waren die Bem¨ uhungen des Autors, die anfangs etwas komplexere wellentheoretische Beschreibung mit Hilfe von N¨ aherungen auf die Kernsubstanz der Aussagen zur¨ uckzuf¨ uhren; mit einem verbl¨ uffend einfachen und einleuchtenden Resultat, dessen praktische Konsequenzen f¨ ur den Alltagseinsatz im entsprechenden Kapitel gr¨ undlich gew¨ urdigt werden. Und schließlich findet man in der siebten Auflage zu jedem Kapitel Rechen¨ ubungen und deren Ergebnisse (im Anhang) aufgef¨ uhrt, wobei stets auch der L¨ osungsweg genannt wird. Das Niveau des ganzen Buches ist breit gef¨ achert; es reicht immerhin von dem einfachen, aber h¨ochst notwendigen Gesetz der Pegeladdition bis hin zu einem Beugungsproblem, das erst vor et-
Vorwort
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wa 50 Jahren von Sommerfeld (f¨ ur Licht) gel¨ ost wurde. Naturgem¨aß betrifft diese Breite auch die Rechen¨ ubungen, sowohl ’einfache’ wie ’schwere’ Aufgaben sind enthalten. Manche Aufgabe dient nur dem Zweck, den geschilderten Stoff anzuwenden oder an Hand von Formeln Zahlenwerte zu ermitteln; andere ¨ Ubungen versuchen dar¨ uber hinaus, den Stoff des betreffenden Kapitels noch zu erweitern und zu erg¨ anzen. Leserin und Leser m¨ogen entscheiden, welche Aufgaben sie f¨ ur sich als interessant und angemessen ansehen. Meine beiden Ratschl¨ age zu ihrer Bearbeitung folgen. Man bem¨ uhe sich selbst zun¨achst intensiv um eine eigene L¨ osung, ohne gleich hinten im Anhang nachzuschlagen. Man lasse sich nicht entmutigen, wenn sich einmal eine eigene L¨osung nicht einstellen will oder gar in die falsche Richtung f¨ uhrt. Auch f¨ ur diese siebte Auflage meines Buches w¨ unsche ich meinen Le¨ sern eine interessante und lehrreiche Lekt¨ ure. Uber Anmerkungen, wie man es (noch?) besser machen kann, wo noch immer Fehler auftreten und was sonst dem Buch noch dienlich sein k¨ onnte, w¨ urde ich mich sehr freuen (
[email protected]). Berlin, im Januar 2007,
Michael M¨ oser
Vorwort zur sechsten Auflage Auch die hier nun vorliegende sechste Auflage der Technischen Akustik“ ver” steht sich - wie die f¨ unfte - als Lehrbuch zum Selbststudium ebenso wie zur Vorlesungsbegleitung. Und auch die Absichten, die den Verfasser beim Herstellen der Neuauflage geleitet haben, sind im Prinzip ganz unver¨andert geblieben (siehe unten). Die Darstellungen bauen neben der notwendigen ausf¨ uhrlichen Formeldarstellung auch auf Anschaulichkeit und auf die Vorstellungskraft der Leser. Nicht nur das ’Wie’, sondern auch das ’Warum’ steht bei der Schilderung der einzelnen Schritte im Vordergrund. So unterscheidet sich denn die Neuauflage vor allem durch ihren doch deutlich gewachsenen Umfang von ihrer Vorg¨ angerin. Ein neues Kapitel ist dazugekommen. Es behandelt die Grundlagen der sogenannten ’aktiven’ L¨armbek¨ ampfung, ein oft diskutierter Stoff, der heute sicher zum akustischen Allgemeinwissen z¨ ahlt. Zu diesem Thema sind die grundlegendsten Betrachtungen aufgenommen worden. Einige andere Kapitel haben Erweiterungen erfahren, z. B. werden bei der Wellenausbreitung nun auch das bewegte Medium und der Doppler-Effekt betrachtet. Kleinere Neuheiten betreffen z.B. den schr¨ agen Schalleinfall bei den Absorbern und die Kanalverzweigungen bei den Schalld¨ ampfern ebenso wie einige andere kleinere Nachtr¨age aus der Praxis. Manche Ungereimtheit und mancher Fehler wurde beseitigt. Jedes Kapitel enth¨ alt jetzt an seinem Schluß eine Zusammenfassung, die noch einmal auf das Wesentliche hinweist und in knapper Skizze das inhalt¨ liche Ger¨ ust errichtet. Sie dient der einpr¨ agsamen Ubersicht u ¨ber das vorher ausf¨ uhrlich behandelte Thema. Ich w¨ unsche meinen Lesern ein interessantes und lehrreiches Studium meines Buches. Berlin, im Sommer 2004,
Michael M¨ oser
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Vorwort
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Vorwort zur f¨ unften Auflage Die Vorlesungen u ¨ber Technische Akustik“ verstehen sich als Lehrbuch. Aus” dr¨ ucklich hat der Verfasser der vorliegenden f¨ unften Auflage beim Schreiben ein Buch beabsichtigt, das ebenso dem autodidaktischen Selbststudium wie der Vorlesungsbegleitung dienen soll. Das Buch richtet sich dabei an alle, die bereits eine gewisse Ein¨ ubung in die physikalisch-technische Denkweise und in den Ausdruck ihrer Inhalte durch mathematische Formeln mitbringen. Was man u ohnlichen Grundkenntnisse (wie z.B. Differenzieren und In¨ber die gew¨ tegrieren) hinaus k¨ onnen muss, kann im Anhang erlernt werden: der Umgang mit komplexen Zahlen z.B. wird hier nicht nur erl¨autert, er wird vor allem auch von seiner N¨ utzlichkeit her begr¨ undet. Es ist u ¨berhaupt ein wesentliches Anliegen des Verfassers, nicht nur das Wie, sondern vorrangig auch das Warum seines jeweiligen Vorgehens und Voranschreitens zu erkl¨aren: meistens bestehen Verst¨ andnis-Schwierigkeiten ja nicht im Nachvollziehen der Schritte, sondern in der oft unbeantwortet gebliebenen Frage, warum man es so und nicht anders macht. Der Verfasser hat sich hier stets redlich um Klarheit bem¨ uht. Auch beschr¨ anken sich die Erl¨ auterungen keineswegs auf die formelm¨aßige Behandlung der Sachverhalte. Unbestreitbar bilden die Formeln zwar die eindeutigste Beschreibung der Inhalte und nur sie schildern auch der Gr¨oße nach die Probleme und die Wirkungsweisen von sachgerechten Auslegungen ¨ der L¨ osungen. Dennoch bleibt ein Ubriges zu tun. Nur die anschauliche, auf die Vorstellung bauende Erl¨ auterung und Erkl¨ arung l¨asst Verstehen, Begreifen und Erkennen – kurz: inhaltliche Beherrschung – wirklich entstehen. Der ¨ Verfasser ist der Uberzeugung, dass Lernen – dem Lernenden ohnedies schon schwer genug – vom Lehrenden so leicht wie irgend m¨oglich gemacht werden muss; der Leser entscheide dar¨ uber, ob sich diese Absicht hier auch in die Tat umgesetzt hat. In vieler Hinsicht ist diese Neuauflage dem großen Lothar Cremer verpflichtet. Nicht zuletzt verdankt der Autor sein eignes Wissen dem Studium der Cremer-originalen Erstauflage; auch sind wichtige Entdeckungen Lothar Cremers nat¨ urlich Bestandteil der hier vorliegenden Auflage. Als Beispiele genannt seien nur die Cremer’sche Optimalimpedanz (im Kapitel u ¨ber Schalld¨ ampfer) und die vielleicht wichtigste Entdeckung dieses Universalakustikers: gemeint ist der Koinzidenzeffekt, der erst eine befriedigende Erkl¨arung der Schalld¨ ammung von W¨ anden, Decken, Fenstern und anderen fl¨achigen Bauteilen ergeben hat und zum Kern des Grundlagenwissens z¨ahlt. Von der Cremer’schen (und der Cremer/Hubert’schen) Auflage unterscheidet sich diese neue Ausgabe durch eine deutlich ver¨anderte Themenauswahl. ¨ verpflichtet: von der H¨orpsychologie Cremer war dem universellen Uberblick u ¨ber die Physik der Geige, den Tonaufzeichnungsverfahren und der Bau- und Raum-Akustik; alles, was mit Akustik zu tun hatte, war sein“ Gegenstand, ”
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Vorwort
alle akustischen Teilgebiete lagen ihm am Herzen. Die neue, f¨ unfte Auflage dagegen widmet sich mehr der Ingenieurausbildung. Der Versuch, sich auf das zu beschr¨ anken, was dem heute in der Akustik praktisch t¨atigen Ingenieur an R¨ ustzeug und Verst¨ andnis not tut, hat zu der getroffenen Themenauswahl gef¨ uhrt. Aus diesem Anspruch heraus legen die Vorlesungen“ vor allem Wert auf ” die wichtigsten Maßnahmen zur Beruhigung der akustischen Umwelt. Alle Kapitel zwischen der elastischen Entkopplung (Kapitel 5) und der Beugung (Kapitel 11) haben direkt und indirekt die Frage zum Gegenstand, wie die Lautst¨ arke in den praktisch wichtigsten akustischen Umgebungen – in Geb¨ auden und im Freien n¨ amlich – verringert werden kann. Nat¨ urlich l¨asst sich u ¨ber dieses Ziel erst sprechen, wenn auch die inhaltlichen Voraussetzungen daf¨ ur schon geschaffen worden sind. Die Schalld¨ammung von W¨anden etwa kann nur begreifen, wer schon etwas u ¨ber K¨orperschall und insbesondere u ort hat. Deshalb werden den genannten ¨ber die Biegewellen auf Platten geh¨ Maßnahmenkapiteln“ die Medienkapitel“ 2 bis 4 vorangestellt, um u ¨ber” ” haupt erst das erforderliche Grundlagenwissen u ¨ber die Natur von Schall und Schwingungen zu erarbeiten. Als Einleitung dienen einige Bemerkungen u ¨ber die Wahrnehmung von Schall. Den Schluss bilden die wichtigsten Mess- und Sende-Einrichtungen der Akustik: die Mikrophone, Lautsprecher und K¨orperschallaufnehmer. Spezielle Messverfahren sind vorher schon in den betreffenden Kapiteln behandelt worden oder bilden sogar deren Ausgangspunkt; so beginnt z.B. das Kapitel u ¨ber Absorption mit der Frage, wie diese durch Messung charakterisiert werden kann. Der Verfasser dankt f¨ ur die Hilfe, die ihm bei der Erarbeitung dieses Buches zuteil wurde. Insbesondere sei B¨ arbel T¨ opfer-Imelmann f¨ ur die grafische Gestaltung und Tanja Lescau f¨ ur das geduldige Schreiben großer Teile von Herzen gedankt.
Berlin, im Juli 2002,
Michael M¨ oser
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Inhaltsverzeichnis
1
Wahrnehmung von Schall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Terz- und Oktav-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die H¨ orfl¨ ache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Die A-Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Zeitlich ver¨ anderliche Ger¨ ausche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 1.7 Ubungsaufgaben ........................................
1 8 10 11 13 15 15 15
2
Grundbegriffe der Wellenausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Eindimensionale Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Fortschreitende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Komplexe Schreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Stehende Wellen und Resonanzph¨anomen . . . . . . . . . . . . . 2.3 Dreidimensionale Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Energie- und Leistungstransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Zeitbereichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Frequenzbereichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Messfehler und Grenzen des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Wellenaufsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 2.10 Ubungsaufgaben ........................................
19 20 27 27 33 37 38 42 44 50 51 51 55 59 60 66 68 70 70
XVI
Inhaltsverzeichnis
3
Schallausbreitung und Schallabstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.1 Ungerichtete Schallabstrahlung von Punktquellen . . . . . . . . . . . . 75 3.2 Ungerichtete Schallabstrahlung von Linienquellen . . . . . . . . . . . . 77 3.3 Volumenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.4 Das Schallfeld zweier Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.5 Lautsprecherzeilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.5.1 Eindimensionale Kolbenmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.5.2 Die Formung von Haupt- und Nebenkeulen . . . . . . . . . . . 99 3.5.3 Elektronisches Schwenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3.5.4 Fernfeldbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.6 Schallabstrahlung von Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.6.1 Schallfeld auf der Achse vor einer Kreis-Membran . . . . . 115 3.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3.8 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 ¨ 3.9 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
4
K¨ orperschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.2 Die Biegewellengleichung f¨ ur St¨ abe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.3 Die Ausbreitung der Biegewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.4 Stabresonanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4.4.1 Unterst¨ utzte Stabenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4.4.2 Eingespannte Stabenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.4.3 Freie Stabenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.5 Biegeschwingungen von Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 4.5.1 Die Wellengleichung und ihre L¨osungen . . . . . . . . . . . . . . 143 4.5.2 Plattenresonanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4.7 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 ¨ 4.8 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
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Elastische Isolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament . . . . . . . . 155 5.2 Dimensionierung elastischer Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.3.1 Fundament-Impedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5.3.2 Die Wirkung der Fundament-Impedanz . . . . . . . . . . . . . . 165 ¨ 5.4 Ermittlung des Ubertragungspfades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5.5 Messung des Verlustfaktors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.6 Die dynamische Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 5.9 Literaturhinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 ¨ 5.10 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Inhaltsverzeichnis
XVI I
6
Schallabsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.1 Schallausbreitung im Kundtschen Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.1.1 Rohre mit Rechteck-Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 6.1.2 Rohre mit Kreis-Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 6.2 Messungen im Kundtschen Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6.2.1 Mini-Max-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 6.2.2 Wellentrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 6.3 Die Wandimpedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 6.4 Theorie des quasi-homogenen Absorbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 6.5.1 Die unendlich dicke“ por¨ ose Schicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 ” 6.5.2 Die por¨ ose Schicht endlicher Dicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 6.5.3 Der por¨ ose Vorhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 6.5.4 Resonanzabsorber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 6.6 Der schr¨ age Schalleinfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 6.8 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 ¨ 6.9 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
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Grundlagen der Raumakustik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 7.1 Das diffuse Schallfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 7.1.1 Nachhall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 7.1.2 Der station¨ are Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 7.1.3 Messung des Absorptionsgrades im Hallraum . . . . . . . . . 246 7.2 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 7.3 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 ¨ 7.4 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
8
Schalld¨ ammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 8.1 Messung der Luftschalld¨ ammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 8.3 Zweischalige Bauteile (biegeweiche Vorsatzschalen) . . . . . . . . . . 270 8.4 Trittschalld¨ ammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 8.4.1 Messung des Trittschallpegels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 8.4.2 Verbesserungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 8.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 8.6 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 ¨ 8.7 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
9
Schalld¨ ampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen . . . . . . . . . . 286 9.1.1 Einfacher Querschnittssprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 9.1.2 Verzweigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 9.1.3 Kammerschalld¨ ampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 9.1.4 Kammer-Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
XVIII
Inhaltsverzeichnis
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 9.2.1 Der schallhart berandete Kanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 9.2.2 Der schallweich berandete Kanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 9.2.3 Der Schalld¨ ampfer mit beliebiger Wandungsimpedanz . . 309 9.2.4 N¨ aherungsbetrachtungen f¨ ur die Grundmode . . . . . . . . . . 310 9.2.5 Wandungen aus absorbierenden Schichten . . . . . . . . . . . . 313 9.2.6 Wandungen aus Resonatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 9.2.7 Beliebige Querschnittsgeometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 9.2.8 Exakte Berechnung bei beliebiger Impedanz . . . . . . . . . . 322 9.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 9.4 Literaturhinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 ¨ 9.5 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 10 Schallschutzw¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 10.1 Beugung an der schallharten Schneide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 10.2 N¨ aherung f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 10.3 Bedeutung der H¨ ohe von Schallschutzw¨anden . . . . . . . . . . . . . . . 353 10.4 Schallschutzw¨ alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 10.5 Absorbierende Schallschutzw¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 10.6 Bedeutung des Schalldurchganges durch die Abschirmwand . . . 359 10.7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 10.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 10.9 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 ¨ 10.10Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 10.11Anhang: MATLAB-Programm f¨ ur die Fresnel-Integrale . . . . . . . 363 11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 11.1 Das Kondensatormikrophon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 11.2 Richtungsempfindlichkeit von Mikrophonen . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 11.3 Das elektrodynamische Mikrophon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 11.4 Der elektrodynamische Lautsprecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 11.5 Akustische Antennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 11.5.1 Mikrophon-Zeilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 11.5.2 Zweidimensionale Sensor-Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . 395 11.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 11.7 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 ¨ 11.8 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 12.1 Der Einfluss von Nachbildefehlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 12.1.1 Gekreuzt laufende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 12.2 Reflexion und Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen . . . . . . . . . . . 418 12.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 12.5 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427
Inhaltsverzeichnis
XIX
¨ 12.6 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 ¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern . . . . . . . . . 429 ¨ 13.1 Eigenschaften von Ubertragern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 13.1.1 Linearit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 13.1.2 Zeitinvarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 13.2 Beschreibung durch die Impulsantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 13.3 Das Invarianz-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 13.4 Fourier-Zerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 13.4.1 Fourier-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 13.4.2 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 ¨ 13.4.3 Die Ubertragungsfunktion und der Faltungssatz . . . . . . . 450 13.4.4 Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 13.4.5 Impulsantworten und Hilbert-Transformation . . . . . . . . . 454 13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ortlich verteilter Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 13.5.1 Abstrahlung von Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 13.5.2 Abstrahlung von Biegewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 13.5.3 Akustische Holographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 13.5.4 Dreidimensionale Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 13.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 13.7 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 ¨ 13.8 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 A
Rechnen mit Pegeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 A.1 Dekadischer Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 A.2 Pegel-Umkehrgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 A.3 Gesetz der Pegeladdition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
B
Komplexe Zeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 B.1 Einf¨ uhrung in das Rechnen mit komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . 479 B.2 Verwendung komplexer Zeiger zur Beschreibung akustischer Vorg¨ ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
C
¨ L¨ osungen der Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 ¨ C.1 Ubungsaufgaben aus Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 ¨ C.2 Ubungsaufgaben aus Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 ¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 ¨ C.4 Ubungsaufgaben aus Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 ¨ C.5 Ubungsaufgaben aus Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 ¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 ¨ C.7 Ubungsaufgaben aus Kapitel 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 ¨ C.8 Ubungsaufgaben aus Kapitel 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 ¨ C.9 Ubungsaufgaben aus Kapitel 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 ¨ C.10 Ubungsaufgaben aus Kapitel 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
XX
Inhaltsverzeichnis
¨ C.11 Ubungsaufgaben aus Kapitel 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 ¨ C.12 Ubungsaufgaben aus Kapitel 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 ¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
1 Wahrnehmung von Schall
Unter Wahrnehmung versteht man (nach R. Guski) den ’Prozess der Aufnahme von Information mit dem Ergebnis der Wahrnehmung’. Dass ein Schallereignis wahrgenommen werden kann, setzt dabei eine einfache physikalische Wirkungskette voraus. Eine Schallquelle versetzt die sie umgebende Luft in kleine Schwingungen, diese werden in Folge von Kompressibilit¨at und Masse der Luft u ¨bertragen und gelangen zum Ohr des H¨orers. Physikalisch finden dabei kleine Druckschwankungen p in der u ¨bertragenden Luft (bzw. dem Gas oder der Fl¨ ussigkeit) statt. Man bezeichnet diesen, dem atmosph¨ arischen Ruhedruck p0 u ¨berlagerten Wechseldruck, als Schalldruck p. Er ist die wichtigste akustische Feldgr¨oße, die naturgem¨aß ortsund zeitabh¨ angig ist. Vom Sender abgestrahlt entsteht ein r¨aumlich verteiltes Schallfeld, das zu jedem Zeitpunkt andere Momentandr¨ ucke besitzt. Das an einem Ort beobachtete Schallereignis besitzt im wesentlichen zwei Merkmale: Es zeichnet sich durch Klangfarbe und durch Lautst¨arke aus. Das physikalische Maß f¨ ur die Schallst¨ arke ist der Schalldruck; das Maß f¨ ur die Farbe ist die Frequenz f , die die Anzahl der Periodendauern pro Sekunde in der Einheit Hertz (Hz) angibt. Der technisch interessierende Frequenzbereich umfasst dabei nicht nur den H¨ orbereich des menschlichen Ohres, der etwa von 16 Hz bis 16.000 Hz (kurz auch 16 kHz) reicht. Der unterhalb davon angesiedelte Infraschall spielt zwar auf dem Gebiet des Luftschalls selten eine Rolle, in ihm sind vor allem die Schwingungen von Festk¨orpern relevant (z.B. Fragen des Ersch¨ utterungsschutzes). Im u ¨ber dem H¨orbereich liegenden Ultraschall reichen die Anwendungen von der akustischen Modelltechnik bis hin zur medizinischen Diagnosetechnik und zerst¨ orungsfreien Materialpr¨ ufung. Die Grenzen des hier ausschließlich interessierenden H¨orschalls sind nat¨ urlich nicht scharf angebbar. Abh¨ angig von Faktoren wie etwa dem Lebensalter (aber auch z.B. der Dauerbelastung durch Arbeitsl¨arm oder der gewohnheitsm¨ aßigen Beschallung mit zu lauter Musik) ist die obere Grenze individuell verschieden. Der Wert von 16 kHz bezieht sich auf einen gesunden Menschen von etwa 20 Jahren, die obere Grenze nimmt danach um etwa 1 kHz pro Lebensdekade ab.
2
1 Wahrnehmung von Schall
Die untere, ebenfalls nur ungef¨ ahr bestimmbare Grenze, stellt eine Flimmergrenze dar. Bei sehr tiefen Frequenzen kann man die Elemente einer Ereignisfolge (z.B. einer Reihe von Schl¨ agen) noch wohl voneinander unterscheiden. Steigt die Frequenz u ¨ber die Flimmerfrequenz von (etwa) 16 Hz an, so werden die Elemente nicht mehr einzeln wahrgenommen, sie scheinen dann vielmehr ¨ zu einem andauernden Ger¨ ausch zu verschmelzen. Ein solcher Ubergang findet zum Beispiel statt, wenn allm¨ ahlich einsetzender Regen wahrgenommen wird: Man h¨ ort zun¨ achst das Klopfen der Einzeltropfen gegen die Fensterscheiben, bis das Ger¨ ausch bei entsprechender Regendichte in ein gleichm¨aßiges Prasseln u orens liegt u ¨bergeht. Die Flimmergrenze des H¨ ¨brigens bei der selben Frequenz, bei der die Bildfolge eines Filmes eine Kontinuit¨at der Bewegungen vorzut¨ auschen beginnt.
Bild 1.1. Violinen-Klangspektren (aus: Meyer, J.: Akustik und musikalische Auff¨ uhrungspraxis. Verlag Erwin Bochinsky, Frankfurt 1995)
In der Akustik ist der Begriff Frequenz meist an sogenannte reine T¨one gebunden, die in einem zeitlich sinusf¨ ormigen Verlauf bestehen. Nur in ¨außerst seltenen F¨ allen wird ein solch exakt-mathematisch definierter Vorgang bei
1 Wahrnehmung von Schall
3
nat¨ urlichen Schallen auch wirklich beobachtet werden k¨onnen. Selbst der Ton eines Musikinstrumentes enth¨ alt mehrere Farben: Erst das Zusammenwirken von mehreren harmonischen (reinen) T¨ onen bildet den Instrumentenklang (Beispiele siehe Bild 1.1). Allgemeiner kann man einen beliebigen Zeitverlauf durch seine entsprechende Frequenzzusammensetzung repr¨asentieren, er ist – ¨ ahnlich wie beim Licht – in sein Spektrum zerlegbar. Beliebige Signale lassen sich durch eine Summe von reinen T¨onen (mit unterschiedlichen Amplituden und Frequenzen) darstellen. Diese Vorstellung der aus vielen Frequenzkomponenten zusammengesetzten Signale f¨ uhrt direkt dazu, dass die akustische Wirkung von Schall¨ ubertragern (wie zum Beispiel von W¨anden und Decken in Geb¨ auden, die in Kapitel 8 geschildert sind) vern¨ unftigerweise durch Frequenzg¨ ange beschrieben wird. Kennt man beispielsweise den Schalld¨ ammmaß-Frequenzgang einer Wand, so l¨asst sich leicht vorstellen, wie ¨ dieser auf die Ubertragung von gewissen Schallen bekannter Frequenzinhalte, zum Beispiel von Sprache, wirkt. Fast immer ist das D¨ammmaß tieffrequent schlecht und hochfrequent gut: Die Sprache wird also nicht nur insgesamt leiser, sondern dazu auch noch dumpf durch die Wand u ¨bertragen. Die intuitive Vorstellung, dass sich allgemeine Signale als Zusammensetzungen von T¨onen auffassen lassen, ist f¨ ur das Verst¨ andnis der meisten in diesem Buch geschilderten Sachverhalte von großem Nutzen. Das mathematische Fundament der Entwicklung eines gegebenen Signals in viele reine T¨one ist in Kapitel 13 dieses Buches ausf¨ uhrlich erl¨ autert. Die Tonh¨ ohenempfindung des Menschen ist nun so beschaffen, dass man die H¨ ohendifferenz zweier Tonpaare dann als gleich h¨ort, wenn das Frequenzverh¨ altnis (und nicht etwa die Frequenzdifferenz) bei beiden Paaren gleich ist. Die Unterschiede im Paar mit den Frequenzen fa1 und fa2 und im Paar aus fb1 und fb2 werden als gleich empfunden, wenn fa1 fb1 = fa2 fb2 ¨ gilt. Man wird also beispielsweise die Uberg¨ ange von 100 Hz auf 125 Hz und von 1000 Hz auf 1250 Hz als gleiche H¨ ohen¨ anderung empfinden. Dieser Gesetzm¨ aßigkeit des relativen H¨ oheneindrucks“ wird in der Musik Rechnung ge” tragen, bei der Unterteilungen in Oktaven (= Verdopplungen einer Frequenz) und in andere Tonintervalle wie Sekunde, Terz, Quart, Quint, etc. schon lange benutzt werden, die sich alle auf die Verh¨ altnisse zweier Frequenzen und nicht auf den absoluten Zuwachs in Hz“ beziehen. ” Diese relative Gesetzm¨ aßigkeit, die allgemeiner besagt, dass Reize R um einen gewissen Prozentsatz erh¨ oht werden m¨ ussen, damit sich gleiche Empfindungs¨ anderungen einstellen, ist nicht auf die Tonh¨ohenempfindung beschr¨ankt sondern trifft auch f¨ ur andere Sinneswahrnehmungen zu. Ein besonders einfaches, der unmittelbaren Erfahrung leicht zug¨angliches Beispiel ist die Gewichtsempfindung beim Heben von Gegenst¨ anden. So wird man z.B. durch den direkten Vergleich herausfinden k¨ onnen, ob einer Tafel Schokolade (von 200 g) ein Streifen (von 20 g) fehlt; ebenso l¨ asst sich durch ’Wiegen mit der
4
1 Wahrnehmung von Schall
Hand’ vermutlich feststellen, ob bei einem Liter Milch (1000 g) ein Glas (von 100 g) schon weggetrunken worden ist, und auch bei einer Getr¨ankekiste von 10 Flaschen mit zusammen 10 Litern (10 kg) kann man wohl den Verlust einer Flasche (1 kg) durch Anheben beurteilen. Unmerklich bleiben dagegen Verlust oder Zuwachs von 20 g oder 100 g bei der vollen Getr¨ankekiste, und auch dem ¨ Liter Milch wird man die Anderung um 20 g nicht anmerken k¨onnen. Auch w¨ urde wohl niemand behaupten, dass der Zuwachs von einem Kilogramm unabh¨ angig vom Ausgangsreiz (200 g, 1 kg oder 10 kg) die gleiche Empfindungs¨ anderung bewirkt. Ganz offensichtlich gilt auch hier ein relatives Gesetz, nach dem ein Ausgangsreiz prozentual – relativ – ge¨andert werden muss, damit sich die gleiche Empfindungs¨ anderung einstellt. Nat¨ urlich wird man Oktaven (Frequenzverdopplungen) als gr¨oßere Intervalle h¨ oren als z.B. Terzen (mit dem Faktor 1,25 in der Frequenz), auch Gewichtsverdopplungen werden gewiss als gr¨ oßer empfunden als Steigerungen um 10 Prozent auf den Faktor 1,1. Zusammengefasst kann man also feststellen, dass der Zuwachs der Empfindung ΔE f¨ ur die bislang genannten physikalischen Reize (Tonh¨ ohenempfindung und Gewichtsempfindung) proportional zum Verh¨ altnis aus absolutem Reizzuwachs ΔR und dem Ausgangsreiz R ist: ΔE = k
ΔR . R
(1.1)
Dabei ist k eine Proportionalit¨ atskonstante. F¨ ur den Reiz Tonh¨ohe“ bezeich” net R = f die Frequenz, f¨ ur die Gewichtsempfindung ist R = m die zu hebende Masse. Das mit Gl.(1.1) bezeichnete Gesetz der ’relativen Empfindungs¨anderung’ bildet die wichtigste Grundlage f¨ ur die Wahrnehmungspsychologie. Es geht auf Weber zur¨ uck, der es bereits 1834 bei Versuchen mit Gewichtsbelastungen hergeleitet hat. Eine solche relative Gesetzm¨ aßigkeit Gl.(1.1) trifft auch f¨ ur die Lautst¨arkeempfindung zu. Wenn einer Versuchsperson durch wiederholtes Umschalten zun¨ achst ein Schallereignis-Paar mit den Schalldr¨ ucken p und 2p und danach ein Paar mit (beispielsweise) 5p und 10p dargeboten wird, dann sollte der wahrgenommene Lautst¨ arkeunterschied in beiden Paaren als gleich empfunden werden. Wenigstens in etwa folgen also sowohl Tonh¨ohenempfindung als ¨ auch die Lautst¨ arkewahrnehmung dem Gesetz der relativen Anderung (1.1). Nat¨ urlich m¨ ochte man nun auch noch den Zusammenhang zwischen den Gr¨ oßen R und E selbst ermitteln. Auch wenn es problematisch (und vermutlich unm¨ oglich) ist, Empfindungen wirklich zu quantifizieren, stellt sich doch die Frage nach dem prinzipiellen Zusammenhang zwischen Reiz und Empfindung. Auf welcher Empfindungsskala lassen sich verschieden große Reize einordnen? Erst mit der Antwort auf diese Frage k¨onnen Reize hinsichtlich ihrer tats¨ achlichen Wirkung auf den Menschen eingeordnet werden. Die gesuchte Empfindungskennlinie“ E = E(R) l¨asst sich recht einfach ” ¨ aus dem Anderungsgesetz konstruieren, wenn man zun¨achst zwei Punkte im Achsenkreuz aus Reiz R und Empfindung E wie in Bild 1.2 w¨ahlt. Sinnvol-
1 Wahrnehmung von Schall
5
ler Weise nimmt man f¨ ur einen dieser Punkte den Schwellreiz R0 , bei dem die Empfindung E = 0 erst einsetzt: Reize R < R0 unterhalb der Schwelle kann man nicht wahrnehmen, man ben¨ otigt quasi ein Mindestangebot an Reiz, um diesen auch zu empfinden. F¨ ur den zweiten, willk¨ urlich gew¨ahlten Punkt wird hier der doppelte Schwellreiz R = 2R0 festgelegt und diesem eine (beliebige) Empfindung E0 zugeordnet. Das Prinzip des weiteren Kurvenverlaufes ergibt sich dann aus der Betrachtung von Empfindungen 2E0 , 3E0 , ur die Empfindung 2E0 muss man wegen des Gesetzes der relativen 4E0 . . . . F¨ Empfindungs¨ anderung Gl.(1.1) den zu E0 geh¨orenden Reiz verdoppeln. Weort zu 2E0 also R = 4R0 . Ebenso geh¨ort zu 3E0 der Reiz gen E0 = E(2R0 ) geh¨ 8R0 , zu 4E0 der Reiz 16R0 . . . . Wie man sieht, l¨asst die Steigung der Kurve E = E(R) mit wachsendem Reiz sehr rasch nach. Je st¨arker die Empfindung schon ist, desto mehr Reizzuwachs muss draufgesattelt“ werden, um noch ” einen gewissen Empfindungszuwachs (z.B. E0 ) zu erzielen. 5
4
E/E0
3
2
1
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
R/R0
Bild 1.2. Qualitativer Zusammenhang zwischen Reiz R und Empfindung E
Nat¨ urlich l¨ asst sich der Zusammenhang E = E(R) auch formal aus dem ¨ Anderungsgesetz (1.1) bestimmen. Dazu geht man zu infinitesimal kleinen ¨ Anderungen dE und dR u ¨ber : dE = k
dR . R
Daraus erh¨ alt man durch Integration E = 2.3k lg(R/R0 ) ,
(1.2)
6
1 Wahrnehmung von Schall
worin lg den dekadischen Logarithmus bezeichnet (man bedenke, dass die Logarithmen verschiedener Basen zueinander proportional sind, z.B. ist ln x = 2, 3 lg x, siehe auch Anhang A). Die Lautst¨ arkeempfindung ist also proportional zum Logarithmus des physikalischen Reizes (hier der SchalldruckAmplitude). Dieser durch vielf¨ altige Untersuchungen wenigstens grob als richtig nachgewiesene Zusammenhang ist als Weber-Fechner-Gesetz bekannt. Das Funktionieren der Sinneswahrnehmung nach einem logarithmischen Gesetz (Verlauf siehe nochmals Bild 1.2) ist eine h¨ochst sinnvolle Entwicklung, die sich vermutlich durch die Evolution f¨ ur Menschen (und wohl auch f¨ ur Tiere) herausgebildet hat. W¨ ahrend das logarithmische Gesetz einerseits schwache Reize kurz oberhalb der Wahrnehmungsschwelle R = R0 stark hervorhebt und so gut empfindbar“ macht, werden sehr große Reize in ihrer Wahrneh” mung stark abgeschw¨ acht; hier wirkt die Logarithmus-Kennlinie als eine Art ¨ von Uberlastschutz“. Insgesamt wird so ein sehr breiter physikalischer Wer” tebereich (schmerzfrei) erfahrbar, es k¨ onnen mehrere Zehnerpotenzen in der physikalischen Gr¨ oßenordnung u ¨berdeckt werden. Aus der Entwicklungsgeschichte der Spezies d¨ urfte wohl hervorgehen, dass das Weber-Fechner-Gesetz vor allem f¨ ur jene Sinneswahrnehmungen zutrifft, f¨ ur die es auf Grund der vor¨ gefundenen Umwelt einerseits und den (Uber-)Lebens-Notwendigkeiten andererseits eine weite Spanne sinnlich erfahrbar zu machen galt. Zum Beispiel wird die Temperaturempfindung wahrscheinlich nicht einem relativen Gesetz folgen, weil der Temperaturbereich, in dem h¨oher entwickeltes Leben u ¨berhaupt vorkommt, stark beschr¨ ankt ist und weil Schwankungen von Zehnteloder Hundertstel-Grad f¨ ur die Individuen bei keiner Temperatur interessieren. F¨ ur das Sehen mit ja lebenserhaltender Bedeutung bei geringstem Licht in der Nacht und in grellster Sonne bei Tage wird dagegen gewiss eine relative Gesetzm¨ aßigkeit f¨ ur die Empfindung zu erwarten sein. Das gilt auch f¨ ur die Gewichtswahrnehmung bei der es darauf ankommt, geringste noch zu haltende Massen im 1 g Bereich und grosse Gewichte von einigen 10000 g sinnlich handhabbar zu machen. Auch die Lautst¨ arkewahrnehmung folgt dem logarithmischen Weber-Fechner-Gesetz wohl deswegen, weil an das Ohr sowohl die Aufgabe der Wahrnehmung sehr leiser Schalle – wie vom Fall eines Blattes in ruhigster Umgebung – als auch sehr laute Ger¨ausche – wie das Tosen von Wassermassen in naher Nachbarschaft – gestellt worden ist. Tats¨achlich k¨ onnen Menschen Schalldr¨ ucke wahrnehmen, die von ca. 20 · 10−6 N/m2 bis 2 etwa 200N/m reichen, wobei der obere Wert grob die Schmerzgrenze bezeichnet. Es werden also etwa 7 Zehnerpotenzen vom Lautst¨arke-H¨oren u ¨berdeckt, das ist ein außerordentlich großes physikalisches Intervall. Wenn man es zur Veranschaulichung in Entfernungen u ¨bersetzt, so erh¨alt man z.B. das Intervall von 1 Millimeter gegen¨ uber 10 Kilometer. Das Wunderwerk Ohr macht einen so breiten Wertebereich tats¨ achlich erfahrbar und nutzt dabei das Gesetz der relativen Empfindungs¨ anderung, aus dem das Weber-Fechner-Gesetz Gl.(1.2) direkt folgt. Vielleicht l¨ asst sich die Qualit¨ at des menschlichen Ohres am Vergleich mit einem optischen Ger¨ at ermessen, dass eine ¨ ahnliche Reizskala u ¨berdeckt. Es
1 Wahrnehmung von Schall
7
m¨ usste im Millimeter-Bereich ebenso gut operieren k¨onnen wie im KilometerBereich. Es ist nun naheliegend, auch f¨ ur das technische Maß zur Bezifferung der Schalldruck-Gr¨ oße nicht den physikalischen Schalldruck selbst, sondern eine logarithmierte Gr¨ oße zu verwenden. National und International wird der Schalldruckpegel L 2 p p L = 20 lg = 10 lg (1.3) p0 p0 mit p0 = 20 · 10−6 N/m2 als gut handhabbares, aussagekr¨aftiges Maß verur eine wendet. Die Bezugsgr¨ oße p0 entspricht dabei etwa der H¨orschwelle (f¨ Frequenz von 1000 Hz, wie der n¨ achste Abschnitt zeigt ist die H¨orschwelle frequenzabh¨ angig), sodass 0 dB den gerade noch“ bzw. gerade nicht mehr“ ” ” h¨ orbaren Schall etwa bezeichnet. Wenn nicht anders vermerkt, ist unter p der Effektivwert des Zeitverlaufes zu verstehen (englisch RMS: root mean square). Die Angabe dB (Dezibel)bedeutet keine Maßeinheit, sie soll auf die Verwendung des logarithmischen Bildungsgesetzes hinweisen. Der Vorfaktor 20 (bzw. 10) in Gl.(1.3) ist so gew¨ ahlt worden, dass 1 dB etwa der Unterschiedsschwelle zwischen zwei Dr¨ ucken entspricht: Wenn sich zwei Schalle um 1 dB unterscheiden, so empfindet man sie gerade noch als unterschiedlich laut. Wie man auch der Tabelle 1.1 entnehmen kann, ist durch die Pegelzuordnung der 7 Zehnerpotenzen umfassende physikalische Schalldruck auf einer von etwa 0 bis 140 dB reichenden Skala abgebildet worden. In Tabelle 1.1 sind auch einige Beispiele f¨ ur Pegel-Gr¨ oßenordnungen allt¨aglicher Ger¨auschSituationen genannt. Tabelle 1.1. Zuordnung zwischen Schalldruck und Schalldruckpegel Schalldruck p (N/m2 , effektiv)
Schalldruckpegel L (dB)
Situation/ Beschreibung
2 10−5 2 10−4 2 10−3 2 10−2 2 10−1 2 100 2 101 2 102
0 20 40 60 80 100 120 140
H¨ orschwelle Wald bei wenig Wind Bibliothek B¨ uro dicht befahrene Stadtstraße Presslufthammer, Sirene Start von D¨ usenflugzeugen Schmerzgrenze
Bemerkenswert ist, dass selbst die mit den gr¨oßten Pegeln verkn¨ upften Schalldr¨ ucke sehr viel kleiner sind als der atmosph¨arische Gleichdruck von circa 105 N/m2 . Der Schalldruck-Effektivwert bei 140 dB betr¨agt dagegen arischen Drucks. Der große Vor200 N/m2 und damit nur 1/500 des atmosph¨ teil bei der Verwendung von Schallpegeln besteht unbestreitbar darin, dass
8
1 Wahrnehmung von Schall
sie (etwa) ein Maß f¨ ur die empfundene Lautst¨arke bilden. Wie fast immer ziehen Vorteile auf der einen Seite Nachteile an anderer Stelle nach sich: Beim Rechnen mit Pegeln muss genauer nachgedacht und ein etwas h¨oherer Aufwand in Kauf genommen werden. Wie groß ist zum Beispiel der Gesamtpegel von mehreren Einzelquellen mit bekannten Einzelpegeln? Die Herleitung des Pegeladditionsverfahrens“ (in dem die Pegel eben gerade NICHT addiert ” werden), das mit N Ltot = 10 lg 10Li /10 (1.4) i=1
f¨ ur inkoh¨ arente Teilschalle Antwort auf die Frage gibt, ist in Anhang A ausf¨ uhrlich geschildert (N = Anzahl der inkoh¨ arenten Teilschalle der Teilpegel Li ). Beispielsweise geben drei gleichlaute Kraftfahrzeuge den Gesamtpegel Ltot = 10 lg 3 10Li /10 = 10 lg 10Li /10 + 10 lg 3 = Li + 4, 8 dB , der um 4, 8 dB u ¨ber dem Einzelpegel liegt (und der nicht etwa 3 mal so groß wie der Einzelpegel ist).
1.1 Terz- und Oktav-Filter In manchen F¨ allen ist ein hochaufl¨ osendes Verfahren zur Bestimmung spektraler Inhalte von Signalen erw¨ unscht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es sich um Messungen an einem m¨ oglicherweise schmalbandigen Resonator handelt, bei dem gerade die Bandbreite des Resonanzgipfels die eigentlich interessierende Messgr¨ oße bildet (siehe Kapitel 5.5). Ein solches hochaufl¨osendes Verfahren besteht z.B. in der sehr oft benutzten, sogenannten FFT-Analyse (FFT: Fast Fourier Transform). Sie wird in diesem Buch nicht behandelt, es sei dazu vor allem auf das Werk von Oppenheim und Schafer: Digital Signal Processing (Prentice Hall, Englewood Cliffs New Jersey 1975) verwiesen. Oft ist auch eine hohe Aufl¨ osung weder erw¨ unscht noch erforderlich. Wenn man z.B. einen Eindruck von der Frequenzzusammensetzung von Straßenverkehrsger¨ ausch oder Schienenger¨ ausch haben m¨ ochte, dann ist es sinnvoll, den Frequenzbereich in nicht zu viele Intervalle zu unterteilen. Einzelheiten innerhalb der gr¨ oberen Intervalle w¨ aren sehr wenig aussagekr¨aftig, sie w¨aren recht zuf¨ allig und w¨ urden von Messung zu Messung stark streuen. Innerhalb breiterer Frequenzb¨ ander dagegen sind Messungen gut reproduzierbar (vorausgesetzt nat¨ urlich, dass sich z.B. die Verkehrsverh¨altnisse nicht ¨andern). Auch werden zu messtechnischen Zwecken oft gezielt breitbandige Signale benutzt. Das ist z.B. bei raumakustischen und bauakustischen Messungen der Fall, die durchweg mit (meist weißem) Rauschen als Anregesignal durchgef¨ uhrt werden. Spektrale Einzelheiten interessieren hier nicht nur nicht mehr, sie w¨ urden gewiss dar¨ uber hinaus von der eigentlichen Aussagekraft des Messergebnisses eher ablenken.
1.1 Terz- und Oktav-Filter
9
Die Messung der Frequenzzusammensetzung von Signalen in breiteren Teilb¨ andern wird mit Hilfe von Filtern durchgef¨ uhrt. Darunter werden elektrische Netzwerke verstanden, die eine angelegte Spannung nur in einem ganz bestimmten Frequenzbereich durchlassen. Das Filter wird gekennzeichnet durch seine Bandbreite Δf , durch die untere Durchlassgrenze fu und die obere Durchlassgrenze fo und durch die Mittenfrequenz fm (siehe Bild 1.3). Die Bandbreite ist gleich der Differenz aus fo und fu , Δf = fo - fu .
Filterverstärkung H = Uaus/Uein
2
1.5
fu
fo
1
Durchlaß− band
Sperrband
Sperrband
0.5
0
Frequenz
Bild 1.3. Prinzipverlauf des Frequenzganges von Filtern (Bandp¨ assen)
In der Akustik werden fast nur Filter mit konstanter relativer Bandbreite benutzt. Bei ihnen ist die Bandbreite proportional zur Mittenfrequenz des Filters, mit wachsender Mittenfrequenz w¨ achst also auch die Bandbreite des Filters an. Die wichtigsten Vertreter von Filtern konstanter relativer Breite sind das Oktavfilter und das Terzfilter. F¨ ur alle Filter konstanter relativer Breite gilt fm = fu fo Damit liegen alle Filter-Kenn-Frequenzen fest, wenn man noch den Quotienten der Bandgrenzen fu und fo angibt: Oktavfilter: fo = 2fu , √ √ daraus folgt fm = 2fu und Δf = fo − fu = fu = fm / 2. Terzfilter: fo = Damit ist
√ 3
2fu = 1, 26fu .
10
1 Wahrnehmung von Schall
fm =
√ 6
2fu = 1, 12fu
und
Δf = 0, 26fu .
Man bezeichnet Terzen auch als Drittel-Oktaven, weil drei sich nicht u berschneidende Terzen, die nebeneinander liegen, eine Oktave ausmachen ¨√ √ √ ( 3 2 3 2 3 2 = 2). Die Bandgrenzen und die Mittenfrequenzen der Terzen und Oktaven sind in den Normbl¨ attern DIN 45651 und 45652 festgelegt. Bei der Pegel-Messung wird immer angegeben, mit welchen Filtern die Messung durchgef¨ uhrt wurde. Da bei der Messung mit (den breiteren) Oktavfiltern mehr Frequenzanteile durchgelassen werden als bei (den schmaleren) Terzfiltern, liegen die Oktavpegel stets h¨ oher als die Terzpegel. Der Vorteil bei der Messung der Terzpegel besteht in der h¨oheren Aufl¨osung (mehr Messpunkte im gleichen Frequenzbereich) des Spektrums. Nat¨ urlich kann man aus den gemessenen Terzpegeln die zugeh¨ origen Oktavpegel mit Hilfe des Gesetzes (1.4) berechnen. Ebenso lassen sich aus den Terz- oder Oktavpegeln die zu breiteren Frequenzintervallen geh¨ orenden Pegel mit Hilfe der Pegeladdition (1.4) berechnen. Beispielweise wird h¨ aufig der (unbewertete) Linearpegel angegeben. Er enth¨ alt alle Frequenzanteile zwischen 16 Hz und 20 kHz. Er wird entweder direkt mit einem entsprechenden Filter gemessen, oder er kann aus den im Band liegenden Terz- oder Oktavpegeln bestimmt werden (im Fall der Umrechnung aus Oktavpegeln w¨ are N = 11, und die Mittenfrequenzen der Filter durchlaufen die Werte 16 Hz, 31, 5 Hz, 63 Hz, 125 Hz, 250 Hz, 500 Hz, 1 kHz, 2 kHz, 4 kHz, 8 kHz und 16 kHz). Der Linearpegel ist stets gr¨oßer als alle Teilpegel, aus denen er berechnet wird.
1.2 Die H¨ orfl¨ ache Sehr h¨ aufig wird bei akustischen Messungen ein anderer Einzahl-Wert, der sogenannte A-bewertete Schalldruckpegel“ angegeben. Da das zugeh¨orige ” Messverfahren in etwa die Empfindlichkeit des menschlichen Ohres nachbildet, seien zun¨ achst einige wenige Grundtatsachen u ¨ber den Frequenzgang der Ohrempfindlichkeit geschildert. Die Ohrempfindlichkeit h¨ angt von der Tonh¨ohe ab. Im Bild 1.4 ist diese durch H¨ orversuche gefundene Frequenzabh¨angigkeit dargestellt. Eingetragen in das Schalldruckpegel-Frequenzdiagramm sind die Kurven gleicher Lautst¨ arke-Wahrnehmung. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, dass die Kurven gleicher Lautst¨ arke-Wahrnehmung folgendermaßen entstanden sind. Einer Versuchsperson wird abwechselnd eine Frequenz von 1 kHz mit einem bestimmten Pegel und eine zweite Frequenz dargeboten mit der Maßgabe, die empfundene Lautst¨ arke der zweiten Frequenz so selbst am Regler einzustellen, dass beide Schalle als gleich laut empfunden werden. Durch Variation der zweiten Frequenz entsteht die Kurve gleicher Lautst¨arke, die man einfacherweise ¨ durch den Pegel des 1 kHz-Tones bezeichnet. Durch Anderung des 1 kHzPegels entsteht eine Kurvenschar, die H¨ orfl¨ ache genannt wird. Zum Beispiel sagt sie aus, dass man einen 100 Hz Ton von etwa 70 dB tats¨achlichem Schalldruckpegel und einen 1000 Hz Ton von 60 dB tats¨achlichem Schalldruckpegel
1.3 Die A-Bewertung
11
als gleich laut empfindet, etc. Wie man sieht, ist das Ohr im mittleren Frequenzbereich viel empfindlicher als bei den sehr hohen oder sehr tiefen Frequenzen. Seit einiger Zeit sind die Kurven gleicher Lautst¨arke-Wahrnehmung erneut in die Diskussion geraten weil sich herausgestellt hat, dass Messmethoden und Messbedingungen nicht ohne Einfluss auf das Ergebnis sind.
120
Schalldruckpegel dB
100 80
90 80
60
70 60
40
50 40
20
30 20
0
10 0 Phon
−20 10
100
1000
10000
f/Hz
Bild 1.4. Linien gleicher Lautst¨ arke-Wahrnehmung
1.3 Die A-Bewertung Wie man schon an der H¨ orfl¨ ache erkennen kann, ist der Zusammenhang zwischen den objektiven Gr¨ oßen Schalldruck bzw. Schalldruckpegel und der subjektiven Gr¨ oße Lautst¨ arke in Wirklichkeit sehr kompliziert. Zum Beispiel ist der Frequenzgang der Ohrempfindlichkeit stark vom Pegel abh¨angig, die Kurven mit hohem Pegel haben einen deutlich flacheren Verlauf als die mit den kleineren Pegeln. Auch h¨ angt die subjektive Wahrnehmung Lautst¨arke“ nicht ” nur von der Frequenz, sondern auch von der Bandbreite des Schallereignisses ab. W¨ urde man versuchen, eine Messtechnik so zu entwickeln, dass alle Ohreigenschaften dabei ber¨ ucksichtigt w¨ urden, so w¨are das nur mit sehr großem Aufwand zu realisieren. National und international wird mit einem frequenzbewerteten Schallpegel gearbeitet, der auf die Grundtatsachen der Ohrempfindlichkeit wenigstens in etwa R¨ ucksicht nimmt, dabei aber noch mit vergleichsweise einfachem Aufwand bestimmt werden kann. Dieser sogenannte A-bewertete Schallpegel“ ” enth¨ alt alle Frequenzanteile des H¨ orbereichs. Praktisch wird der dB(A)-Wert
12
1 Wahrnehmung von Schall
mit Hilfe des A-Filters gemessen, dessen Frequenzgang in Bild 1.5 mit wiedergegeben ist. Die A-Filterkurve stellt in etwa die Umkehrung der Kurve gleicher Lautst¨ arke mit dem Pegelwert von 30 dB bei 1 kHz dar. Wie man erkennt, haben die tiefen und die sehr hohen Frequenzen einen wesentlich geringeren Anteil am dB(A)-Wert als die mittleren Frequenzen. Nat¨ urlich kann man den
20 D dB 0 Dämpfung [dB]
C
A
−10
B+C
−20 D −30 B −40 −50
A B C D
A
−60 −70 101
2
5
102
2
5 103 2 Frequenz f [Hz]
5
104
Hz
5
Bild 1.5. A-, B-, C- und D-Filterkurven
A-bewerteten Pegel auch aus den gemessenen Terzpegeln bestimmen. Zu den Terzpegeln werden die im Bild 1.5 angegebenen Pegelwerte addiert, und danach wird nach dem Gesetz der Pegeladdition (1.4) der Gesamtpegel – nun in dB(A) – berechnet: N L(A) = 10 lg (1.5) 10(Li +Δi )/10 i=1
Dabei sind die Abschw¨ achfaktoren Δi dem Bild 1.5 zu entnehmen. Sie k¨onnen in DIN 45 633 nachgelesen werden. Teilweise sind die Faktoren Δi auch in der ¨ Ubungsaufgabe 2 zu diesem Kapitel genannt. Bild 1.6 gibt ein praktisches Beispiel f¨ ur die genannten Pegel-Gr¨oßen anhand eines Signals, das in weißem Rauschen besteht. Die Terzpegel, der unbewertete Gesamtpegel (Lin) und der A-bewertete Gesamtpegel (A) sind bestimmt worden. Wie man, sieht nimmt der Terzpegel bei weißem Rauschen mit wachsender Frequenz um 1 dB von Terz zu Terz zu. Der lineare (unbewertete) Gesamtpegel ist gr¨ oßer als jeder Terzpegel, der A-bewertete Pegel liegt hier nur wenig unter dem unbewerteten Gesamtpegel (zu weißem Rauschen ¨ siehe auch Ubungsaufgabe 3).
1.4 Zeitlich ver¨ anderliche Ger¨ ausche
13
F¨ ur spezielle Ger¨ ausche werden in Ausnahmef¨allen (insbesondere bei Fahrzeugen, beim Flugverkehr und beim Schießl¨ arm) mittlerweile auch andere Bewertungen (B, C und D) benutzt (siehe auch Bild 1.5). Gesetzliche Regelungen dagegen stellen bis heute auf den dB(A)-Wert ab. Linear gebildeten Einzahlwerten – welches Filter zu ihrer Herstellung auch immer benutzt worden sein mag – haftet immer etwas Problematisches an, weil in ihnen teils erhebliche Wahrnehmungs-Unterschiede nicht zum Vorschein kommen. Zum Beispiel werden durch die A-Bewertung tieffrequente und laute Ger¨ ausche viel st¨ arker abgeschw¨ acht als durch die tats¨achliche Wahrnehmung (siehe Bild (1.4)). Die A-Kurve reduziert Ger¨ ausche im oberen Pegelbereich der H¨ orfl¨ ache weit mehr als das Ohr, nur im unteren Pegelbereich stimmen A- und Ohr-Bewertung auch wirklich etwa u ¨berein. Keine einfache Frequenzbewertung kann die daraus m¨ oglicherweise entstehenden Ungerechtigkeiten wirklich beheben. Auch sind einfach verst¨ andliche und leicht anwendbare Bewertungsverfahren unverzichtbar.
Terzpegel dB
60
50
40
30
20
125
250
500
1000
2000
f/Hz
Lin
A
Bild 1.6. Terzpegel, unbewerteter und A-bewerteter Pegel von bandbegrenztem weißem Rauschen
1.4 Zeitlich ver¨ anderliche Ger¨ ausche Bei gleichbleibenden, station¨ aren Ger¨ auschen (z.B. von einem Motor mit konstanter Drehzahl, einem Staubsauger oder dergleichen) ist die Feststellung des Pegels recht einfach. Wegen der Gleichf¨ ormigkeit des Ger¨ausches gen¨ ugt die Angabe des A-Pegels (oder der Terzpegel, falls gew¨ unscht).
14
1 Wahrnehmung von Schall
Wie aber bemisst man intermittierende Signale, wie Sprache, Musik und Verkehrsl¨ arm? Nat¨ urlich ließe sich einfach der Pegel-Zeitverlauf aufschreiben, aber das gen¨ ugt nicht: Es sollen die verschiedensten Ger¨ausch-Situationen (z.B. in zwei verschiedenen Straßen) als Ganzes m¨oglichst einfach auch quantitativ miteinander verglichen werden, und das ist anhand der Zeitverl¨aufe gewiss sehr schwierig. Um einfache Vergleichszahlen zu bekommen m¨ ussen Mittelwerte u ausch-Situation angemessene Mitte¨ber eine geeignete, der Ger¨ lungszeit gebildet werden. Am gebr¨ auchlichsten (und einfachsten) ist der sogenannte ’energie-¨aquivalente Dauerschallpegel’ Leq . Er beruht auf dem Schalldruckquadrat im (langen) zeitlichen Mittel: ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ T 2 T pef f (t) 1 1 dt⎠ = 10 lg ⎝ 10L(t)/10 dt⎠ (1.6) Leq = 10 lg ⎝ T p20 T 0
0
(p0 = 20 10−6 N/m2 ). Darin bedeutet pef f (t) den Zeitverlauf des Effektivwertes und L(t) = 10lg(pef f (t)/p0 )2 den Pegel-Zeitverlauf. Das Quadrat eines Signal-Zeitverlaufes bezeichnet man auch als ’Signalenergie’, der energie-¨aquivalente Dauerschallpegel gibt so gesehen die mittlere Signalenergie an; daraus erkl¨ art sich die etwas volumin¨ ose Namensgebung. Das Schalldrucksignal kann dabei nach einem A-Filter (oder nach Terzfilterung etc.) gewonnen worden sein, dann handelt es sich eben um den A-bewerteten energie-¨aquivalenten Pegel (etc.). Je nach Bedarf und Anwendung werden unterschiedlichste Integrationszeiten T zwischen einigen Sekunden oder Minuten bis hin zu Stunden verwendet. ur Regelwerke (wie die TA-L¨ arm) definieren Grenzwerte durch den Leq , der f¨ gewisse, mehrere Stunden umfassende Bezugszeitr¨aume bestimmt wird. So umfasst z.B. der Bezugszeitraum ’nachts’ meist die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr, also 8 Stunden. Bei Messungen wird oft zun¨achst eine sehr viel kleinere Mittelungszeit benutzt, um den Einfluss von Hintergrundger¨auschen gering zu halten. Aus der Anzahl der Ereignisse wird dann auf den Leq , bezogen auf eine viel l¨ angere Zeit, geschlossen. Sei beispielsweise der Leq von einer S-Bahn-Strecke neben einer Straße zu u ufen. Dann misst man ¨berpr¨ zun¨ achst den energie-¨ aquivalenten Dauerschallpegel f¨ ur eine Mittelungsdauer, die ungef¨ ahr einer einzelnen Vorbeifahrt entspricht, z.B. also den auf 30 Sekunden bezogenen Leq (30s). Angenommen, die Bahn fahre (pausenlos) im 5-Minuten-Takt: dann ergibt sich der Langzeit-Leq (bezogen auf mehrere Stunden, z.B. f¨ ur die Bezugszeitr¨ aume ’tags’ oder ’nachts’) einfach aus Leq (lang) = Leq (30s) − 10lg(5min/30s) = Leq (30s) − 10 dB. ¨ Die Verwendung von Mittelwerten ist z.B. f¨ ur die Festlegung und Uberpr¨ ufung von Grenzwerten oft sinnvoll und u ¨brigens auch unerl¨asslich. Andererseits verwischen Mittelwerte – wie ja gerade von ihnen gefordert – Einzelheiten in der zeitlichen Struktur und schildern sehr ungleiche Situationen unter Umst¨ anden im gleichen Licht. Es kann durchaus sein, dass die einmal pro
¨ 1.7 Ubungsaufgaben
15
Stunde erfolgende Vorbeifahrt eines Hochgeschwindigkeitszuges und das Dauerger¨ ausch einer dicht befahrenen Straße ¨ ahnlich große Leq in langen Bezugszeitr¨ aumen besitzen. Wirken beide Quellen zusammen, so kann die eine der beiden Quellen unter Umst¨ anden im Leq sogar fast nicht in Erscheinung treten ¨ (siehe auch Ubungsaufgabe 5). Der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel bildet nur das einfachste Mittel zur Charakterisierung von zeitlich intermittierenden Schallen. Statistische Aussagen u ¨ber das Auftreten von Schallpegeln lassen sich gewinnen mit Hilfe der sogenannten Summenh¨ aufigkeitspegel, die mit dem Takt-MaximalVerfahren ermittelt werden.
1.5 Zusammenfassung ¨ Die Wahrnehmung von Schall gehorcht einem relativen Gesetz: Anderungen werden als gleich empfunden, wenn der Reiz um einen gewissen Prozentsatz vergr¨ oßert wird. Das Weber-Fechner-Gesetz, nach dem die Empfindung proportional zum Logarithmus des Reizes ist, stellt eine Schlussfolgerung aus dieser Tatsache dar. Die physikalischen Schalldr¨ ucke werden deshalb nach Logarithmieren durch Pegel mit der ’Pseudoeinheit’ Dezibel (dB) ausgedr¨ uckt. Die etwa 7 Zehnerpotenzen umfassende, f¨ ur den Menschen relevante Schalldruck-Skala wird dadurch auf eine u ¨bersichtliche Pegelskala von etwa 0 dB (H¨ orschwelle) bis etwa 140 dB (Schmerzgrenze) abgebildet. Um auch den Frequenzgang des H¨ orens wenigstens grob zu ber¨ ucksichtigen, benutzt man die das Ohr nachbildende A-Bewertung. Die mit A-Filterung bestimmten Pegel werden in der Pseudoeinheit dB(A) angegeben. F¨ ur zeitlich intermittierende Schalle benutzt man zur Quantifizierung zeitliche Mittelwerte, insbesondere wird der sogenannte ’energie-¨aquivalente Dauerschallpegel’ verwendet.
1.6 Literaturhinweise Eine Einf¨ uhrung in die Sinneswahrnehmung bietet das Buch von Rainer Guski: Wahrnehmen – ein Lehrbuch (Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1996). Ein auch physiologisch orientiertes Werk (es enth¨alt u.a. auch die Darstellung der Geh¨ or-Anatomie und der Reizleitung) ist Hearing – an Introduction to ” Psychological and Physiological Acoustics“ von Stanley A. Gelfand (Marcel Dekker, New York 1998).
¨ 1.7 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 An einem Immissionsort herrscht bereits ein A-bewerteter Schalldruckpegel von 50 dB(A) aus dem Schalleintrag einer benachbarten Fabrik. Nun soll in
16
1 Wahrnehmung von Schall
50 m Entfernung zum Immissionsort noch eine Pumpe errichtet werden. Welchen A-Pegel darf die Pumpe h¨ ochstens am Immissionsort alleine erzeugen, damit der Gesamtpegel die Grenze von 55 dB(A) nicht u ¨berschreitet? Aufgabe 2 Ein Ger¨ ausch enthalte nur die in der Tabelle genannten Frequenzbestandteile. f /Hz LT erz /dB
Δi /dB
400 500 630
78 76 74
-4,8 -3,2 -1,9
800 1000 1250
75 74 73
-0,8 0 0,6
Man bestimme • • •
die beiden unbewerteten Oktavpegel, den unbewerteten Gesamtpegel und den A-bewerteten Gesamtpegel.
Die ben¨ otigte A-Bewertung ist in der letzten Spalte der Tabelle angegeben. Aufgabe 3 Ein Ger¨ ausch, das aus sogenanntem weißem Rauschen besteht, l¨asst sich dadurch definieren, dass der Terzpegel von Terz zu Terz (aufsteigend) um 1 dB anw¨ achst (siehe auch Bild 1.6). Um wieviel steigen dann die Oktavpegel von Oktav zu Oktav? Um wieviel gr¨ oßer ist der Gesamtpegel gegen¨ uber dem kleinsten Terzpegel, wenn N Terzen im Ger¨ ausch enthalten sind? Man gebe den Zahlenwert f¨ ur N = 10 an. Aufgabe 4 Ein Ger¨ ausch, das aus sogenanntem rosa Rauschen besteht, l¨asst sich dadurch definieren, dass die Terzpegel f¨ ur alle enthaltenen Terzen gleich sind. Um wieviel steigen dann die Oktavpegel von Oktav zu Oktav, und wie groß sind sie? Um wieviel gr¨ oßer ist der Gesamtpegel, wenn N Terzen im Ger¨ausch enthalten sind? Man gebe den Zahlenwert f¨ ur N = 10 an.
¨ 1.7 Ubungsaufgaben
17
Aufgabe 5 An einem Immissionsort neben einer Straße wird der energie-¨aquivalente Dauerschallpegel f¨ ur den Bezugszeitraum ’tags’ (16 Stunden) ein Wert von 55 dB(A) festgestellt. Daneben wird eine neue Hochgeschwindigkeits-Strecke f¨ ur die Bahn gebaut. Der auf 2 Minuten bezogene Leq einer Zugvorbeifahrt betr¨ agt 75 dB(A). Die Eisenbahn verkehrt alle 2 Stunden. Wie groß ist der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel bezogen auf den langen Zeitraum ’tags’ • a) vom Zug alleine und • b) von beiden Quellen gemeinsam? Aufgabe 6 Eine S-Bahn verkehre tags¨ uber von 6 Uhr bis 22 Uhr alle 5 Minuten, und nachts von 22 Uhr bis 2 Uhr alle 20 Minuten (von 2 Uhr bis 6 Uhr sei Betriebspause ohne Zugverkehr). Eine einzelne Zugvorbeifahrt dauert 30 Sekunden, f¨ ur diese Zeitdauer wird ein Schallpegel von Leq (30s) = 78 dB(A) gemessen. Wie groß ist der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel f¨ ur die Bezugszeitr¨aume ’tags’ und ’nachts’ ? Aufgabe 7 Die Messung des Schalldruckpegels L eines interessierenden Vorganges (z.B. der Emission von einer S-Bahn wie in der vorigen Aufgabe) kann – den Umst¨ anden entsprechend – nur bei vorhandenem Hintergrundger¨ausch (z.B. von einer Straße) durchgef¨ uhrt werden. Angenommen, das Hintergrundger¨ ausch besitze einen um ΔL kleineren Pegel als der zu messende Vorgang: Wie groß ist dann der tats¨ achlich gemessene Gesamtpegel? Man gebe die allgemeine Gleichung f¨ ur den Messfehler an und die Zahlenwerte f¨ ur ΔL = 6 dB, ΔL = 10 dB und ΔL = 20 dB. Aufgabe 8 Wie in Aufgabe 7 wird ein Messwert in Gegenwart eines St¨orger¨ausches bestimmt. Wie groß muss der St¨ orabstand sein, damit der Messfehler 0, 1 dB betr¨ agt? Aufgabe 9 Manchmal, in eher seltenen F¨ allen werden noch feinere Aufl¨osungen als Terzen bei Filtern mit relativer konstanter Bandbreite, sogenannte ’Sechstel-Oktaven’ benutzt. Man nenne die Gleichungen f¨ ur • die Folge der Mittenfrequenzen, • die Bandbreite und • die Bandgrenzen.
18
1 Wahrnehmung von Schall
Aufgabe 10 In einer Berechnung, in der die drei zu einer Oktave geh¨orenden Terzpegel und der Oktavpegel genannt sind, erscheint dem Betrachter einer der Terzpegel zweifelhaft zu sein. Wie kann er den Zahlenwert pr¨ ufen, wenn er davon ausgeht, dass alle anderen drei Werte stimmen?
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Die wichtigsten qualitativen Aussagen u ¨ber die Ausbreitung von Schall kann man im Grunde der Alltagserfahrung entnehmen. Wenn man kurzzeitige, ¨ofter wiederholte Vorg¨ ange beobachtet (z.B. ein Kind, das mit einem Ball rhythmisch auf den Boden schl¨ agt, Hammerschl¨ age an einem Bau, u.v.m.), dann stellt man leicht fest, dass zwischen der optischen Wahrnehmung und der Ankunft des akustischen Signals eine Zeitverz¨ ogerung liegt, die um so gr¨oßer ist, je gr¨ oßer der Abstand des Beobachters von der Quelle ist. Wenn man davon absieht, • • •
dass sich der Schall nat¨ urlich mit wachsender Entfernung zur Quelle abschw¨ acht, dass Schallquellen Richtwirkungen haben k¨onnen und dass z.B. auch Echos durch große Reflektoren (Hausw¨ande) gebildet werden, oder, allgemeiner, wenn man von der akustischen Umgebung“ (Erd” boden, B¨ aume, Str¨ aucher, etc.) abstrahiert,
dann kann man feststellen, dass in der unterschiedlichen Zeitverz¨ogerung f¨ ur verschiedene Beobachtungsabst¨ ande auch schon der einzige Unterschied liegt: Insbesondere h¨ oren sich die Schallsignale in jedem Beobachtungspunkt gleich an, sie haben die gleiche Frequenzzusammensetzung. Schallfelder (in Gasen) ver¨ andern bei der Ausbreitung ihre Signalgestalt also im Prinzip nicht. Weil die Signalgestalt beim Wellentransport nicht auseinander l¨auft“, nennt man ” die Ausbreitung auch nicht dispersiv“ (Dispersion = Auseinanderlaufen). Im ” Unterschied zum Schall in Gasen ist zum Beispiel die Biegewellenausbreitung auf St¨ aben und Platten dispersiv (siehe Kapitel 4). Es ist also keineswegs selbstverst¨ andlich, dass Schwingungsfelder ihren Zeitverlauf beim Transportvorgang nicht ver¨ andern. Im Gegenteil ist die nicht-dispersive Luftschallausbreitung nicht nur vom physikalischen Standpunkt etwas Besonderes: Man stelle sich nur vor, man w¨ urde in unterschiedlichen Abst¨anden von einer Quelle auch ganz unterschiedlich zusammengesetzte Schalle wahrnehmen, Sprachkommunikation w¨ are dann gewiss fast unm¨ oglich.
20
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Dieses Kapitel versucht, die genannten physikalischen Sachverhalte bei der Schallausbreitung in Gasen zu beschreiben und zu erkl¨aren. Es ist gewiss vern¨ unftig, zun¨ achst einmal Klarheit zu schaffen u ¨ber die zur Schallfeldbeschreibung erforderlichen physikalischen Gr¨ oßen und ihre grunds¨atzlichen Zusammenh¨ ange. Gleichzeitig lassen sich dabei die notwendigen Grundkenntnisse u ¨ber die Thermodynamik von Gasen auffrischen, wobei stillschweigend im folgenden ideale Gase vorausgesetzt werden. Die experimentelle Erfahrung begr¨ undet diese Annahme f¨ ur Luftschall im H¨orfrequenzbereich mit sehr hoher Genauigkeit.
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen Wenn man zun¨ achst von einer festen, gegebenen Gasmasse M ausgeht, dann w¨ urde man ihren physikalischen Zustand beschreiben durch • das Volumen VG , das sie einnimmt, • ihre Dichte G , • den Druck pG in ihr und durch • ihre Temperatur TG . F¨ ur (Gedanken-)Experimente mit kleinen, festen Gasmassen, die man zum Beispiel in Beh¨ altnisse mit innen ortsunabh¨ angig konstantem Druck und ortsunabh¨ angig konstanter Dichte einsperrt, ist vielleicht die Zustandsbeschreibung durch das Volumen, die Temperatur und den Druck am anschaulichsten; die Dichte G = M/VG erscheint dann als eine redundante Gr¨oße, die sich aus dem Volumen ergibt. Bei der Betrachtung von großen (sogar unendlich großen) Massen und Volumina, wie sie bei Schallfeldern interessieren, ist dagegen die Zustandsbeschreibung durch Druck, Dichte und Temperatur angemessen. Weil jedoch – wie erw¨ ahnt – hier auch die Anfangsgr¨ unde der Thermodynamik in Gasen aufgefrischt werden sollen, basieren die folgenden ¨ Uberlegungen manchmal auf Gedanken-Experimenten mit festen Gasmassen. Die dabei herausgearbeiteten Erkenntnisse werden dann in geeigneter Weise auf die bei Schallfeldern interessierenden Gr¨ oßen u ¨bertragen. Nat¨ urlich stellt sich nun die Frage, in welchem Zusammenhang die genannten Zustandsgr¨ oßen stehen. Die Erwartungen, die man vern¨ unftigerweise an eine feste Gasmasse (die beispielsweise in einem Gef¨aß mit ver¨anderlichem Volumen untergebracht ist) richten wird, lassen sich etwa so beschreiben: • Aufheizen des Gases wird bei konstantem Volumen eine Druckerh¨ohung pG ∼ TG nach sich ziehen und • der Druck im Gas ist umgekehrt proportional zu seinem Volumen, pG ∼ 1/VG . Stellt man noch in Rechnung, dass eine vergr¨oßerte Masse (bei konstantem Druck und bei konstanter Temperatur) auch einen gr¨oßeren Platzbedarf besitzt, so lassen sich diese Aussagen in der sogenannten Boyle-MariotteGleichung zusammenfassen. Sie lautet
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen
pG V G =
M RTG . Mmol
21
(2.1)
Dabei ist unter Mmol eine Materialkonstante, n¨amlich die sogenannte molare ” Masse“, zu verstehen. Mmol bezeichnet das Molekulargewicht in Gramm“ des ” betreffenden Stoffes. Zum Beispiel ist (siehe das Periodensystem der Elemente) Mmol (N2 ) = 28 g und Mmol (O2 ) = 32 g, daraus ergibt sich Mmol (Luft) = 28, 8 g (bekanntlich besteht die Luft zu etwa 20% aus Sauerstoff und zu etwa 80% aus Stickstoff). R = 8, 314 N m/K (K=Kelvin=Maßeinheit der absoluten Temperatur, 0◦ C = 273 K) ist die allgemeine Gaskonstante. Wie schon gesagt benutzt man bei der Beschreibung von Schallfeldern die Dichte statt des Volumens, f¨ ur akustische Zwecke“ wird deshalb (2.1) in ” R G T G (2.2) pG = Mmol umgeformt. Eine grafische Darstellung von Gl.(2.2) kann leicht anhand von Isothermen gegeben werden, Kurven TG = const. sind einfach Geraden in der pG G -Ebene (siehe Bild 2.1). Sie lassen sich als Kennlinienschar auffassen. Zur Beschreibung des Pfades, den die drei Zustandsgr¨oßen in dieser Kennlinienschar tats¨ achlich durchlaufen, ben¨ otigt man noch eine zweite Information. In der Tat dr¨ uckt die Boyle-Mariotte-Gleichung noch nicht vollst¨andig aus, wie ¨ sich eine (z.B. gezielt im Experiment vorgenommene) Anderung einer Gr¨oße auf die anderen Gr¨ oßen auswirkt. Verringert man zum Beispiel das Volumen eines Gases (durch Eindr¨ ucken eines Kolbens in ein Gef¨aß etwa), dann kann ¨ ¨ sich das ja sowohl in einer Anderung des Drucks ebenso wie in der Anderung der Temperatur auswirken. Dar¨ uber gibt die Boyle-Mariotte-Gleichung noch keine detaillierte Auskunft, sie besagt lediglich, dass der Quotient dieser beiden Gr¨ oßen ver¨ andert wird. Man muss also zus¨atzliche Beobachtungen anstellen, um Aufschluss zu erhalten. Die Erfahrung lehrt, dass die Geschwindigkeit, mit der Verdichtungsvorg¨ ange vorgenommen werden, und die Umgebung, in der sie stattfinden, ausschlaggebende Bedeutung besitzen. Wird die genannte Verdichtung eines Gases in einem Kolben n¨amlich sehr rasch (oder in einer nicht w¨ armeleitenden, isolierten Umgebung) durchgef¨ uhrt, dann kann man beobachten, dass die Temperatur im Gas steigt. Weil ja nun W¨armeleitungsvorg¨ ange sehr langsamer Natur sind und lange Zeit ben¨otigen (und in der isolierten Umgebung ja sogar ausgeschlossen sind), kann die beobachtete Temperaturerh¨ ohung nicht durch W¨ armeenergieaufnahme von außen zustande gekommen sein. Die Temperatur¨ anderung ist demnach ausschließlich das Resultat des Verdichtungsvorgangs selbst. Nur wenn man die Volumen¨anderung des Gases so langsam und in einer gut W¨arme leitenden Umgebung vornimmt, dass es dabei zu einem Temperaturausgleich zwischen innen und außen kommen kann, l¨ asst sich die Innentemperatur auch konstant halten. Mit anderen Worten: Gerade f¨ ur isotherme Verdichtungen ist der Prozess der W¨ armeleitung eine entscheidende Voraussetzung.
22
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Wie gesagt ist die W¨ armeleitung ein sich nur langsam vollziehender Vorgang, isotherme Ausgleichsvorg¨ ange ben¨ otigen also lange Zeit. Schallfelder dagegen unterliegen (von den tiefsten Frequenzen abgesehen) sehr raschen zeitlichen Wechseln. Man kann deshalb nur annehmen, dass sich Schallvorg¨ange ohne Beteiligung der W¨ armeleitung im Gas abspielen. Anders ausgedr¨ uckt, aber inhaltsgleich: F¨ ur Schallfelder kann man (fast) immer von Gasen ohne W¨armeleitf¨ ahigkeit ausgehen, W¨ armetransportvorg¨ange spielen keine Rolle. Solche Zustands¨anderungen in einem Gas, das keine W¨armeleitf¨ahigkeit besitzt, heißen adiabatisch“. Die Tatsache, dass Schallvorg¨ange adiabatischer ” Natur sind, bedeutet nat¨ urlich auch, dass sie nicht gleichzeitig isotherm ablaufen k¨ onnen, denn dann w¨ aren sie ja gerade an W¨armeleitung gebunden. Notwendigerweise muss die Gastemperatur deshalb ebenso wie Druck und Dichte bei Schallereignissen zeitlichen (und ¨ ortlichen) Wechseln unterliegen. Etwas sp¨ ater wird noch gezeigt werden, dass alle drei Gr¨oßen sogar stets den gleichen Orts- und Zeitverlauf besitzen, von Skalierungskonstanten nat¨ urlich abgesehen. 2 1.8 T + dTp + dTρ 1.6 adiabatisch
1.4
dpG isochor
G
p /p
0
1.2 1
dρG
0.8
T + dTp
isobar T
0.6 0.4 0.2 0 0
0.5
1
ρG/ρ0
1.5
2
Bild 2.1. Isothermen mit Zusammensetzung der adiabatischen Verdichtung aus einem isobaren und einem isochoren Teilschritt (p0 und 0 sind beliebige Skalierungskonstanten, z.B. Ruhedruck und Ruhedichte)
F¨ ur die adiabatische Zustandsgleichung ließe sich hier gewiss auf die Literatur verweisen. Weil die Herleitung aber weder besonders schwierig noch
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen
23
sehr umfangreich ist, sei sie hier dennoch angegeben. Der Ausgangspunkt der Betrachtung besteht einfach darin, dass man sich den insgesamt ohne NettoW¨ armeenergieaufnahme vollziehenden adiabatischen Prozess zusammengesetzt vorstellt aus einem Schritt mit konstanter Dichte und einem Schritt ¨ mit konstantem Druck (siehe auch Bild 2.1). Von allen Anderungen sei angenommen, dass sie infinitesimal klein sind. Mit den Teilschritten gehen dabei zwangsl¨ aufig die Temperatur¨ anderungen dTp (f¨ ur pG = const.) und dT (f¨ ur ur beide Teilschritte treten nat¨ urlich auch W¨armeG = const.) einher. F¨ fl¨ usse auf, denn nur das adiabatische Ganze kommt ohne Nettow¨armefluss aus. Um die adiabatische Gesamt¨ anderung zusammenzusetzen, m¨ ussen die Teil-W¨ armeaufnahmen in ihrer Summe gerade Null ergeben: dEp = −dE .
(2.3)
Beim isobaren Teilschritt wird die W¨ armemenge dEp = M cp dTp
(2.4)
aufgenommen (cp =spezifische W¨ arme bei konstantem Druck). Beim isochoren Teilschritt ( = const. und V = const. sind bei fester Masse aussagegleich) wird (2.5) dE = M cV dT aufgenommen (cV =spezifische W¨ arme bei konstantem Volumen). F¨ ur den durch (2.3) definierten adiabatischen Vorgang ist also dT = −κ dTp mit κ=
cp . cV
(2.6)
(2.7)
Die infinitesimal kleinen Temperatur¨ anderungen bei konstantem Druck und ¨ bei konstanter Dichte werden jetzt noch durch die entsprechenden Anderungen von Druck (beim isochoren Schritt) und Dichte (beim isobaren Schritt) ausgedr¨ uckt. Dazu wird (2.2) nach der Gastemperatur aufgel¨ost: TG =
Mmol pG . R G
Daraus folgt dTp Mmol pG =− dG R G 2 und
dT Mmol 1 = . dpG R G
Gleichung (2.6) ist also gleichbedeutend mit
(2.8)
24
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung dpG
dT G dpG G = − pG d =− = −κ , G dTp pG dG 2 G
oder mit
dpG dG =κ . pG G
Integriert man noch beide Seiten, so folgt zun¨ achst κ G G pG = κ ln = ln , ln p0 0 0 und schließlich folgt daraus die adiabatische Zustandsgleichung κ G pG = . p0 0
(2.9)
Dabei sind die Integrationskonstanten schon so gew¨ahlt worden, dass (2.9) auch f¨ ur die statischen Gr¨ oßen p0 und 0 erf¨ ullt ist. Gl.(2.9) beschreibt – wie gesagt – den Zusammenhang zwischen Druck und Dichte in einem Gas ohne W¨ armeleitung“, sie ist eine unmittelbare Folge aus der Annahme, dass ” bei dem Verdichtungsvorgang keine W¨ arme aufgenommen wird. F¨ ur die in der Akustik fast ausschließlich interessierenden zweiatomigen Gase betr¨agt κ = 1, 4. Es bleibt nun nur noch u ¨brig, die in der Boyle-Mariotte-Gleichung (2.2) und in der adiabatischen Zustandsgleichung (2.9) genannten Gesetzm¨aßigkeiten auf die Beschreibung von Schallfeldern u ¨bersichtlicher zuzuschneiden. Bei den akustischen Gr¨ oßen handelt es sich ja um sehr kleine, den statischen Ru¨ hegr¨ oßen u ortliche) Anderungen. Vern¨ unftigerweise ¨berlagerte zeitliche (und ¨ spaltet man deshalb die Gesamtgr¨ oßen (daher auch der Index G) in einen statischen Anteil und in einen Wechselanteil auf: pG = p0 + p G = 0 + TG = T0 + T .
(2.10a) (2.10b) (2.10c)
Hierin sind p0 , 0 und T0 die Ruhegr¨ oßen ohne Schall“, p, und T stellen ” ¨ die durch Beschallung hervorgerufenen Anderungen dar. Die den Ruhegr¨oßen u oßen seien als Schalldruck, Schalldichte und Schalltempe¨berlagerten Schallgr¨ ratur bezeichnet. Diese Schallfeldgr¨ oßen sind verglichen mit den Ruhegr¨oßen winzig klein. Wie in Kapitel 1 genannt, betr¨ agt der Schalldruck-Effektivwert bei einer Beschallung mit (gef¨ ahrlich lauten) 100 dB gerade 2 N/m2 . Der Luftdruck dagegen besitzt etwa den Wert von 100000 N/m 2 ! Nat¨ urlich m¨ ussen sowohl die Ruhegr¨ oßen als auch die Gesamtgr¨oßen die Boyle-Mariotte-Gleichung (2.2) erf¨ ullen, nicht aber die Schallfeldgr¨oßen alleine, weil sie ja nur Bestandteile des Ganzen bilden. Im Gegenteil, setzt man (2.10a,b,c) in Gleichung (2.2) ein, so erh¨ alt man
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen
p0 + p =
R R (0 + )(T0 + T ) ≈ (0 T0 + 0 T + T0 ) . Mmol Mmol
25
(2.11)
Im letzten Schritt ist das (quadratisch kleine) Produkt aus Schalltemperatur und Schalldichte T vernachl¨ assigt worden. Weil wie gesagt auch die statischen Ruhegr¨ oßen selbst die Boyle-Mariotte-Gleichung (2.2) erf¨ ullen (es gilt also p0 = R0 T0 /Mmol ), folgt aus der letzten Gleichung f¨ ur die Schallfeldgr¨oßen p=
R (0 T + T0 ) . Mmol
(2.12)
Etwas u ¨bersichtlicher wird diese Gleichung noch, wenn man durch den Ruhealt dann n¨ amlich druck p0 teilt, man erh¨ p T = + . p0 0 T0
(2.13)
Wenn man die auftretenden Quotienten als relative Gr¨oßen“ bezeichnet, dann ” besagt (2.13), dass der relative Schalldruck gleich der Summe aus relativer Schalldichte und relativer Schalltemperatur ist. Den zweiten Zusammenhang zwischen den Schallfeldgr¨oßen liefert die adiabatische Zustandsgleichung (2.9), die im Folgenden noch auf die vergleichsweise sehr kleinen Schallfeldgr¨ oßen zugeschnitten wird. Zun¨ achst ist festzustellen, dass die adiabatische Zustandsgleichung (2.9) einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen Druck und Dichte im Gas kon¨ statiert. Andererseits interessieren nur kleinste Anderungen um den Arbeitspunkt (0 , p0 ); deshalb kann die gekr¨ ummte Kennlinie (2.9) durch ihre Tangente in diesem Arbeitspunkt ersetzt werden. Mit anderen Worten ausgedr¨ uckt: Die Kennlinie kann linearisiert werden, weil quadratische Anteile und alle h¨ oheren Potenzen der Taylorentwicklung mit Fug und Recht vernachl¨ assigt werden k¨ onnen. Dazu werden die Schallfeldgr¨ oßen nach Gl.(2.10) in die f¨ ur die Gesamtgr¨ oßen geltende adiabatische Zustandsgleichung (2.9) eingesetzt: κ κ 0 + p0 + p p =1+ = = 1+ . (2.14) p0 p0 0 0 Die nach dem linearen Glied abgebrochene Potenzreihen-Entwicklung von f (x) = (1 + x)κ um x = 0 besteht in f (x) = 1 + κx, also gilt p =1+κ . 1+ p0 0 Die linearisierte, auf die Zwecke der Akustik zugeschnittene adiabatische Zustandsgleichung lautet also p =κ . (2.15) p0 0 Weil der Schalldruck eine gut durch Mikrophone messbare Gr¨oße bildet, die Schalldichte dagegen nur indirekt aus dem Druck bestimmt werden kann, werden Schallfelder fast immer durch Angabe ihrer Druckverteilung beschrieben.
26
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Deswegen werden auch alle nachfolgenden Betrachtungen – soweit m¨oglich – durch Dr¨ ucke formuliert. Dazu muss dann die m¨oglicherweise vorkommende Schalldichte noch durch den Druck ersetzt werden. Deshalb wird (2.15) nach der Dichte aufgel¨ ost p = 2 , (2.16) c mit p0 (2.17) c2 = κ . 0 Wie man erkennt, sind Schalldruck und Schalldichte gleiche Zeit- und Ortsfunktionen. Eliminiert man mit Hilfe von (2.15) noch in (2.13) die relative Dichte, so erh¨ alt man f¨ ur die relative Schalltemperatur T p 1 p = − = 1− . T0 p0 0 κ p0 Alle drei relativen Gr¨ oßen haben also die gleiche Signalgestalt, sie unterscheiden sich nur durch einen Zahlenfaktor. Die Betrachtungen im n¨ achsten Abschnitt werden zeigen, dass die in (2.17) eingef¨ uhrte Konstante c eine besondere physikalische Bedeutung besitzt: c bezeichnet die Schallausbreitungsgeschwindigkeit im Gas. Obwohl darin nat¨ urlich kein Beweis gesehen werden kann, spricht die Dimensionskontrolle wenigstens nicht gegen diese Behauptung: dim(p) N m3 kg m m m = = = . dim(c) = 2 2 dim() m kg s kg s Die Dimension von c, dim(c), ist also tats¨ achlich eine Geschwindigkeit. Setzt man noch die (auch f¨ ur die statischen Gr¨oßen g¨ ultige) BoyleMariotte-Gleichung (2.2) in (2.17) ein, so erh¨ alt man f¨ ur die Schallgeschwindigkeit c R c= κ T0 . (2.18) Mmol Sie h¨ angt nur vom Material und von der absoluten Temperatur, nicht aber von Ruhedruck oder Ruhedichte ab. Als Kontrolle seien die Parameter von ur Luft Mmol = 28.8 10−3 kg bei T0 = 288 K (15◦ C) eingesetzt; man erh¨alt daf¨ den bekannten Wert von c = 341 m/s. F¨ ur praktische Anwendungen reicht es nahezu immer aus, Temperaturschwankungen von bis zu 10◦ C unter den Tisch fallen zu lassen und mit dem gerundeten Wert von 340 m/s zu rechnen. Erw¨ ahnenswert ist vielleicht, dass die (im freien Gas nicht zutreffende, also falsche) Annahme isothermer Verdichtung bei Schallvorg¨angen auf die zu kleine Ausbreitungsgeschwindigkeit RT0 cadia ciso = = √ ≈ 0.85cadia Mmol κ
2.2 Eindimensionale Schallfelder
27
f¨ uhren w¨ urde. Tats¨ achlich hat man erst aus der Diskrepanz zwischen ciso und Messwerten gelernt, dass Schall-Verdichtungsvorg¨ange eben nicht isotherm, sondern adiabatisch ablaufen. Nat¨ urlich m¨ ussen gemessene Schallgeschwindigkeiten gleich cadia sein.
2.2 Eindimensionale Schallfelder 2.2.1 Grundgleichungen Der vorige Abschnitt diente dazu, zun¨ achst einmal Klarheit zu schaffen u ¨ber die bei Schallfeldern vorkommenden physikalischen Zustandsgr¨oßen Schalldruck, Schalldichte und Schalltemperatur. Der folgende Abschnitt wendet sich nun der eigentliche Kernfrage von Akustik zu: Wie ist das Ph¨anomen der (nicht-dispersiven) Wellenausbreitung von Schall in Gasen physikalisch zu erkl¨ aren und zu beschreiben? Um zun¨ achst auf grunds¨ atzliche Aussagen zu kommen, seien die in der Einleitung genannten Einfl¨ usse – wie die Abschw¨ achung mit der Entfernung und Reflexionen – anfangs ausgeschlossen. Es bleibt dann der allereinfachste Fall eines eindimensionalen Schallfeldes u ¨brig, das nur von einer einzigen RaumKoordinate abh¨ angt. Ein solcher eindimensionaler Wellenleiter ließe sich zum Beispiel durch ein luftgef¨ ulltes Rohr mit starrer, unbeweglicher Wandung herstellen, in dem das Schallfeld quasi eingesperrt und so auf eine Ausbreitungsrichtung – die Rohr-Achse – gezwungen wird (dass auch damit nicht immer wirklich Schallfelder erzeugt werden, die u ¨ber dem Rohr-Querschnitt konstant sind, das wird im Kapitel 6 u uhrlich behandelt). ¨ber Schallabsorption ausf¨ Bereits aus der grundlegenden Vorstellung, dass es sich bei Gasen um elastisch deformierbare und massebehaftete Medien handelt, folgen bereits die wichtigsten Eigenschaften der Schallfelder, die in ihnen vorkommen. Eine sehr einfache und einleuchtende Erkl¨ arung f¨ ur die Wellentransportvorg¨ange erh¨alt man n¨ amlich, wenn man sich die eindimensionale Lufts¨aule in viele kleine Segmente zerlegt denkt (Bild 2.2) und den Segmenten abwechselnd jeweils nur Masseneigenschaft“ und Federeigenschaft“ gedanklich zuordnet. Auf diese ” ” Weise entsteht ein sogenannter Kettenleiter als Modell f¨ ur die Lufts¨aule. Die Anregung der Lufts¨ aule wird z.B. durch einen Lautsprecher erzeugt; u ¨bertragen auf den Kettenleiter gibt der Lautsprecher die Bewegung der ersten Masse links in Bild 2.2 an. Wird sie zum Beispiel pl¨otzlich nach rechts ausgelenkt, so wird dabei die erste (Luft-) Feder verdichtet, sie u ¨bt damit eine Kraft auf die n¨ achste Masse aus. Zu Beginn des Vorganges bewegt sich diese Masse zun¨ achst nicht. Weil Massen bekanntlich tr¨age“ sind, reagieren sie nicht ” sofort, sondern erst versp¨ atet“ mit einer Auslenkung. Zur Erinnerung an die ” Bedeutung des Tr¨ agheitsgesetzes gibt Bild 2.3 die Zeitverl¨aufe von pl¨otzlich eingeschalteter Kraft und Bewegung der ihr ausgesetzten freischwebenden“ ” Masse: Die Masse wird erst allm¨ ahlich in Bewegung gesetzt. Beim Kettenleiter setzt deshalb die Bewegung der zweiten Masse verz¨ogert gegen¨ uber der
28
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
m
m s
m s
m s
Bild 2.2. Zerlegung einer Lufts¨ aule in (kleine) Teilvolumina, die abwechselnd nur in Massen m und in Federelementen s bestehen
Federkraft ein. Die Masse spannt dabei die Feder rechts von ihr und wird ¨ dadurch gebremst. Es entsteht so eine Versp¨ atung“ bei der Ubertragung der ” Auslenkung von Masse zu Masse“. Das Ganze wiederholt sich nat¨ urlich l¨angs ” der Kette, es findet eine Wanderbewegung der urspr¨ unglich links eingepr¨agten St¨ orung des Ruhezustandes mit endlicher Geschwindigkeit statt.
Kraft Masse m F(t)
ξ(t)
Auslenkung ξ(t)
F(t)
t Bild 2.3. Freie Masse und Beispiel f¨ ur einen Kraft-Zeitverlauf und den daraus folgenden Bewegungs-Zeitverlauf
2.2 Eindimensionale Schallfelder
29
Erkennbar m¨ ussen hier zwei verschiedene Geschwindigkeitsbegriffe klar voneinander unterschieden werden. Einmal breitet sich das St¨orungsmuster mit einer gewissen Wandergeschwindigkeit“ entlang des Wellenleiters aus. ” Man nennt sie auch Ausbreitungsgeschwindigkeit oder Wellengeschwindigkeit, in diesem Buch wird sie stets mit dem Buchstaben c bezeichnet. Davon wohl zu unterscheiden ist die Geschwindigkeit der lokalen Gasmassen, die sich um ihre Ruhelage bewegen, w¨ ahrend die Welle u ¨ber sie hinwegl¨auft“. Zur bes” seren Unterscheidung benennt man die Geschwindigkeit lokaler Gaselemente mit dem Wort Schnelle“. In diesem Buch wird die Schnelle stets mit dem ” Buchstaben v gekennzeichnet. Die genannten physikalischen Gedankeng¨ ange sollen nun in Gleichungen gefasst werden. Dazu sind naturgem¨ aß zwei Betrachtungen erforderlich: einmal muss diskutiert werden, auf welche Weise die Luftfederst¨ uckchen durch die Bewegungen ihrer Begrenzungen links und rechts von ihnen verdichtet werden, und dann muss noch formuliert werden, auf welche Weise die Luftmassenst¨ uckchen durch die auf sie wirkenden Federkr¨ afte zu beschleunigten Bewegungen veranlasst werden. Zu beiden Betrachtungen werden kleine Luftvolumina mit der L¨ ange Δx herangezogen. Weil die Beschreibung der Sachverhalte durch Ableitungen und Funktionen am einfachsten ist, l¨asst man anschließend das (der besseren Anschauung halber zun¨ achst als endlich ausgedehnt betrachtete) L¨ angenelement zur infinitesimalen L¨ ange dx schrumpfen. Die Verdichtung innerhalb eines Gaselementes bei bewegten Enden l¨asst sich einfach aus der Tatsache herleiten, dass die zwischen den beiden Enden vorhandene Masse dabei unver¨ anderlich bleibt: Wird ein Luftelement ver¨ formt, dann wirkt sich das in einer Anderung der Dichte aus. In Ruhe – ohne Schall – betr¨ agt die Masse des in Bild 2.4 eingezeichneten Gaselementes SΔx0 (S = Querschnittsfl¨ ache). Wird es – mit Schall – einer elastischen Deformation durch Bewegung der linken Begrenzungsfl¨ache um ξ(x) und durch Bewegung der rechten Begrenzungsfl¨ ache um ξ(x + Δx) ausgesetzt, so wird die Masse diesmal durch S [Δx + ξ(x + Δx) − ξ(x)] G angegeben. Weil die beschallte“ Masse wie gesagt gleich der Ruhemasse ist, gilt mit G = 0 + ” (0 + ) [Δx + ξ(x + Δx) − ξ(x)] S = 0 ΔxS , oder, nach Division durch die Fl¨ ache S und Ausmultiplizieren Δx + 0 [ξ(x + Δx) − ξ(x)] + [ξ(x + Δx) − ξ(x)] = 0 .
(2.19)
Die quadratisch kleinen Produkte aus Schalldichte und Teilchenauslenkungen k¨ onnen bis zu den h¨ ochsten noch interessierenden Pegeln vernachl¨assigt werden. Deshalb erh¨ alt man f¨ ur die hier interessierende Schalldichte = −0
ξ(x + Δx) − ξ(x) . Δx
Im Grenzfall infinitesimal kleiner Gaselemente Δx → dx geht der rechts auftretende Differenzenquotient in den Differentialquotienten u ¨ber:
30
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Bild 2.4. Deformation eines Elementes aus der Gass¨ aule f¨ uhrt zur Dichte¨ anderung in ihm
∂ξ(x) . =− 0 ∂x
(2.20)
Die Schalldichte ergibt sich also unmittelbar aus der Ortsableitung der Teilchenauslenkung. Letztere wird auch als Dehnung“ (oder auch als Dilatation) ” ¨ bezeichnet. Die hier herausgearbeitete und f¨ ur die weiteren Uberlegung sehr wichtige Erkenntnis besteht also darin, dass die relative Schalldichte gleich der negativen Dehnung ist. Gl.(2.20) heißt auch ’Kontinuit¨atsgleichung’. Mehr am Rande sei darauf hingewiesen, dass sie sich auch als FederGleichung deuten l¨ asst. Setzt man n¨ amlich f¨ ur die Schalldichte im vorletzten Schritt noch den Schalldruck = p/c2 ein und multipliziert mit der Seitenfl¨ ache S, so erh¨ alt man Sp = −S0 c2
ξ(x + Δx) − ξ(x) . Δx
Die linke Seite Sp gibt die in der Gasfeder mit der L¨ange Δx durch elastische Deformation hergestellte Federkraft F an. F¨ ur Federn mit bewegten Enden gilt nach dem Hookeschen Gesetz Sp = −s(ξ(x + Δx) − ξ(x)) , worin s die Federsteife bedeutet. F¨ ur Schichten aus elastischem Material (wie dem Gaselement) mit der Fl¨ ache S und der Dicke Δx ist s=
ES . Δx
(2.21)
E bezeichnet eine Materialkonstante, den sogenannten Elastizit¨atsmodul des Materials (zur anschaulichen Begr¨ undung von (2.21) sei darauf hingewiesen, dass zur Herstellung einer gewissen Auslenkungsdifferenz der Enden um so
2.2 Eindimensionale Schallfelder
S[ 6
31
S[ [ 6
Y [ [
[
Bild 2.5. Kr¨ afte f¨ uhren zur beschleunigten Bewegung eines Elementes aus der Gass¨ aule
mehr Kraft aufgewendet werden muss, je gr¨ oßer die Schichtfl¨ache ist und um so kleiner die Schichtdicke ist). Offensichtlich h¨angt der Elastizit¨atsmodul von Gasen durch die Gleichung (2.22) E = 0 c2 mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit zusammen. Die zweite, noch nicht erledigte Betrachtung zum Ph¨anomen der Schallausbreitung bestand in der Frage, auf welche Weise die Gasteilchen durch die auf sie wirkenden Federkr¨ afte zu beschleunigten Bewegungen veranlasst werden. Die Antwort gibt das Newtonsche Tr¨ agheitsgesetz, das auf das in Bild 2.5 gezeigte (kleine) Volumenelement aus der Gass¨aule angewandt wird. Die Beschleunigung ∂ 2 ξ/∂t2 der in ihm enthaltenen Masse wird verursacht durch die links dr¨ uckende“ Kraft Sp(x), von der noch die rechts zur¨ uckdr¨ uckende“ ” ” Kraft Sp(x+Δx) abgezogen werden muss. Die von dieser Kraftdifferenz verursachte Beschleunigung ist um so kleiner, je gr¨ oßer die Masse m des Elementes ist. Nach Newton ist damit ∂2ξ S [p(x) − p(x + Δx)] , = ∂t2 m oder, mit m = Volumen mal Dichte = ΔxS0 ∂2ξ 1 p(x + Δx) − p(x) . =− ∂t2 0 Δx Schließlich l¨ asst man das Segment schrumpfen und erh¨alt mit p(x + Δx) − p(x) ∂p = Δx ∂x das Tr¨ agheitsgesetz der Akustik“: ” ∂2ξ ∂p 0 2 = − . (2.23) ∂t ∂x (2.20) und (2.23) bilden die Grundgleichungen der Akustik, alle (eindimensionalen) Schallereignisse erf¨ ullen sie. Wie gesagt beschreibt (2.20) die Verdichtung des elastischen Kontinuums Gas“ auf Grund ortsabh¨angiger Auslenkun” gen; (2.23) andererseits sagt umgekehrt aus, wie die Auslenkungen auf Grund lim
Δx→0
32
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
der Verdichtungen zustande kommen. Beide Betrachtungen zusammengenommen liefern die Erkl¨ arung der Wellenausbreitung, wie das ja f¨ ur den Kettenleiter diskutiert worden ist. Zwei Betrachtungen zusammenf¨ ugen“ heißt in der ” Sprache von Formeln, zwei Gleichungen ineinander einsetzen. In (2.20) und (2.23) wird deshalb die Auslenkung eliminiert. Das geschieht durch zweifache Ableitung von (2.20) nach der Zeit 1 ∂2 ∂3ξ =− 2 0 ∂t ∂x∂t2 und durch Ableitung von (2.23) nach dem Ort: ∂3ξ 1 ∂2p =− . 2 ∂x∂t 0 ∂x2 Daraus folgt unmittelbar ∂2p ∂2 = 2 , 2 ∂x ∂t oder, wenn man schließlich noch wie angek¨ undigt die Schalldichte mit = p/c2 nach (2.16) durch den Schalldruck ersetzt ∂2p 1 ∂2p = . ∂x2 c2 ∂t2
(2.24)
Gleichung (2.24) heißt WELLENGLEICHUNG, alle Schallereignisse m¨ ussen ihr gen¨ ugen. Die n¨ achsten Abschnitte betrachten die prinzipiellen L¨osungen der Wellengleichung. Wie gezeigt folgt die Wellengleichung aus den beiden ’akustischen Grundgleichungen’, dem Kompressions-Gesetz Gl.(2.20) und dem auf Schallfelder zugeschnittenen Tr¨ agheitsgesetz Gl.(2.23) zusammen mit dem ’Materialgesetz’ = p/c2 . In diesen beiden Gleichungen tritt die Teilchenauslenkung ξ auf. Es ist sinnvoll, diese durch die Schallschnelle v(x, t) =
∂ξ ∂t
(2.25)
auszudr¨ ucken. Im n¨ achsten Abschnitt wird der Grund daf¨ ur genannt: F¨ ur den einfachsten Fall fortschreitender Wellen sind die Signalformen von Druck und Schnelle gleich, und deshalb ist es in der Akustik allgemein u ¨blich, nicht die Auslenkung, sondern die Schallschnelle zur Beschreibung der Schwingvorg¨ ange zu benutzen. Auch in diesem Buch wird in Zukunft nur noch die Schallschnelle benutzt. Aus diesem Grund werden hier die Grundgleichungen (2.20) und (2.23) nochmals, nun aber nur noch unter Verwendung von Druck und Schnelle, notiert. Das allgemeine Kompressionsgesetz lautet damit ∂v 1 ∂p =− , ∂x 0 c2 ∂t
(2.26)
2.2 Eindimensionale Schallfelder
33
und das Tr¨ agheitsgesetz besteht in 0
∂v ∂p =− . ∂t ∂x
(2.27)
Beide Gleichungen gelten allgemein, also auch f¨ ur Felder, in denen Wellen beider Laufrichtungen auftreten. Alle folgenden Kapitel werden nur noch auf die Notation in (2.26) und (2.27) Bezug nehmen. Dabei wird außerhalb von diesem Kapitel 2 die Beistellung des Index 0 in 0 zur Kenntlichmachung des Gleichanteils der Dichte weggelassen, weil Verwechslungen nicht mehr vorkommen k¨ onnen: Nur hier in diesem Kapitel 2 wird die Schalldichte betrachtet und benutzt, sie wird nicht wieder auftreten. 2.2.2 Fortschreitende Wellen Allgemein sind beliebige Funktionen, die nur vom Argument t − x/c“ oder ” nur vom Argument t + x/c“ abh¨ angen, L¨ osungen der Wellengleichung (2.24): ” p(x, t) = f (t ∓ x/c) .
(2.28)
Dabei steht f (t) f¨ ur eine Signalform, deren spezifische Gestalt vom Sender – der Schallquelle – hergestellt wird. Unter c ist die im vorigen Abschnitt schon definierte Konstante zu verstehen; vorausgreifend war schon angedeutet worden, dass mit c die Schallausbreitungsgeschwindigkeit bezeichnet wird. Die folgenden Bemerkungen werden diese Tatsache rasch beweisen. Zun¨achst aber sei kurz erl¨ autert, warum (2.24) als Wellengleichung bezeichnet wird. Der Name ergibt sich aus einer graphischen Darstellung ihrer L¨osungen (2.28) als Ortsfunktion, wie in Bild 2.6 f¨ ur feste, eingefrorene“ Zeiten (hier f¨ ur f (t − x/c), ” also f¨ ur das negative Vorzeichen im Argument). Die Darstellung besteht in einer Kurvenschar gleicher Ortsfunktionen, die durch Parallelverschiebung ineinander u ¨bergehen. Der Gaszustand Schalldruck“ wandert offensichtlich mit ” konstanter Geschwindigkeit entlang der x-Achse. Die Wanderbewegung der ortlichen Zustandsbeschreibung wird als Welle“ bezeichnet. ¨ ” Die noch offene Frage der physikalischen Bedeutung der Konstanten c in der Wellengleichung ist leicht gekl¨ art. Man muss sich dazu nur vorstellen, dass ein bestimmter Funktionswert f (in Bild 2.6 ist gerade das Maximum von f gew¨ ahlt), der zur Zeit t an der Stelle x liegt, w¨ahrend Δt um Δx wandert: f (x, t) = f (x + Δx, t + Δt) . Das ist gerade dann der Fall, wenn (t − x/c) in beiden F¨allen gleich ist, also f¨ ur x x + Δx t − = (t + Δt) − c c Daraus folgt Δx =c. Δt
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Δ x
p(x,t) = f(t−x/c)
34
t=0
t= Δ t
x
Bild 2.6. Prinzipdarstellung von p = f (t−x/c) als Ortsverlauf f¨ ur zwei verschiedene Zeiten t = 0 und t = Δt
Weil der Quotient aus Wegstrecke und der daf¨ ur ben¨otigten Zeit gleich der Geschwindigkeit ist, beschreibt c die Funktions-Transport-Geschwindigkeit“, ” die Ausbreitungs-Geschwindigkeit der Welle also. Wie man sieht, ist sie von der Signalgestalt f unabh¨ angig, insbesondere werden auch alle Frequenzen mit gleicher Geschwindigkeit transportiert. Die Tatsache, dass sich die Signalgestalt l¨ angs der Ausbreitung nicht ¨ andert, ist eine sehr wichtige Eigenschaft der Schallausbreitung in Gasen (man vergleiche mit den dispersiven Biegewellen auf St¨ aben und Platten, siehe Kapitel 4), die gewiss zu den wichtigsten physikalischen Vorbedingungen akustischer Kommunikation (z.B. durch Sprache) z¨ ahlt. Wenn nur eine in eine bestimmte Richtung laufende Welle auftritt, spricht man von fortschreitenden Wellen, Kombinationen von gegenl¨aufigen Wellen enthalten stehende Wellen (siehe auch Abschnitt 2.5). F¨ ur fortschreitende Wellen alleine mit p(x, t) = f (t − x/c) liefert das Tr¨agheitsgesetz (2.23) der Akustik ∂f (t − x/c) 1 ∂f (t − x/c) p ∂p dt = − dt = dt = , 0 v = − ∂x ∂x c ∂t c dass Schalldruck und Schallschnelle in einem konstanten, orts- und zeitunabh¨ angigen Verh¨ altnis 0 c stehen, das auch als Wellenwiderstand oder Kennwiderstand des Mediums bezeichnet wird: p(x, t) = 0 c . v(x, t)
(2.29)
Gl.(2.29) erlaubt auch eine sehr einfache Antwort auf die noch offene Frage, auf welche Weise die Signalform f (t) des Schalldruckes von der Schallquelle
2.2 Eindimensionale Schallfelder
35
aufgepr¨ agt wird. Bei dem dazu erforderlichen Modell wird angenommen, dass im eindimensionalen Wellenleiter (z.B. einem luftgef¨ ullten Rohr, wie eingangs erw¨ ahnt) • keine Reflexionen vorkommen (das Rohr endet also in einem anschaulich als ’Wellensumpf’ bezeichneten, hochwirksamen Absorber) und dass • die Schallquelle aus einer gestreckten (planen) Membran (z.B. eines Lautsprechers) besteht, die mit der als bekannt vorausgesetzten MembranSchnelle vM (t) um ihre Ruhelage in x = 0 schwingt. Da Reflexionen nicht auftreten, besteht der Schalldruck nur aus der in xRichtung laufenden fortschreitenden Welle der Form p(x, t) = f (t − x/c) , und f¨ ur die Schallschnelle v im Wellenleiter gilt nach Gl.(2.29) v(x, t) = p(x, t)/0 c = f (t − x/c)/0 c . Die Mediumschnelle v muss an der Stelle der Quelle x = 0 mit der Membranschnelle u ¨bereinstimmen, es gilt also f (t)/0 c = vM (t) , und demnach sind Schalldruck p(x, t) = 0 cvM (t − x/c) und Schallschnelle v(x, t) = vM (t − x/c) im Wellenleiter einfach • durch das Quellsignal ’Membranschnelle vM (t)’ bestimmt und • durch die Tatsache, dass es sich hier um fortschreitende Wellen handeln muss. Etwas allgemeiner (und formaler) ausgedr¨ uckt ist hier zun¨achst ein Ansatz f¨ ur den Schalldruck gemacht worden, der die Wellengleichung erf¨ ullt, und dessen genaue Gestalt dann erst aus einer ’Randvorgabe’ an der Stelle x = 0, v(0, t) = vM (t), bestimmt wird. Diese Vorgehensweise bezeichnet man als ’L¨osung eines Randwertproblems’; das allereinfachste Beispiel daf¨ ur ist oben betrachtet worden. Gr¨ oßenordnung der Feldgr¨ oßen F¨ ur fortschreitende Wellen erlaubt (2.29) die Einsch¨atzung von Schnellen und Auslenkungen der Gr¨ oßenordnung nach. Ein doch schon recht großer Pegel von 100 dB entspricht bekanntlich einem Druck-Effektivwert von peff = 2 N/m2 .
36
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
In einer ebenen fortschreitenden Welle ist veff = peff /0 c, mit 0 = 1, 2 kg/m3 und c = 340 m/s ist veff = 5 · 10−3 m/s = 5 mm/s. Die lokale Teilchengeschwindigkeit Schnelle“ ist demnach praktisch immer sehr, sehr klein ver” glichen mit c = 340 m/s. Auch die Auslenkungen sind nicht eben groß. Sie lassen sich aus veff (2.30) ξeff = ω berechnen, reine T¨ one und v = dξ/dt vorausgesetzt. F¨ ur 1000 Hz w¨are ξeff ≈ 10−6 m = 1μm! Die Auslenkungen sind also oft nur einige Tausend Atomdurchmesser groß. Dagegen k¨ onnen die in der Akustik auftretenden Beschleunigungen durchaus betr¨ achtlich sein. Aus beff = ωveff (2.31) erh¨ alt man wieder f¨ ur 100 dB Schalldruckpegel und f = 1000 Hz etwa beff = 30 m/s2 , immerhin die dreifache Erdbeschleunigung. Harmonische Zeitverl¨ aufe Aus guten Gr¨ unden betrachtet man oft Schall- und Schwingereignisse mit harmonischem (=cosinusf¨ ormigem) Zeitverlauf. Allgemein muss der Schalldruck einer in x-Richtung fortschreitenden, harmonischen Welle die Gestalt p(x, t) = p0 cos ω(t − x/c)
(2.32)
besitzen. Meist schreibt man statt (2.32) mit k = ω/c kurz p(x, t) = p0 cos(ωt − kx) ,
(2.33)
das spart etwas Schreibarbeit. Die Gr¨ oße k wird Wellenzahl genannt. Nun enth¨ alt ω bekanntlich die zeitliche Periode, es ist ω = 2πf =
2π , T
(2.34)
worin T die Periodendauer bedeutet. Ebenso gut muss dann die Wellenzahl k die o ¨rtliche Periode enthalten: k=
2π ω = . c λ
(2.35)
Die ¨ ortliche Periodenl¨ ange wird allgemein als Wellenl¨ange bezeichnet. Wie man sieht, ist der Begriff an reine T¨ one gebunden. F¨ ur die Wellenl¨ange gilt nach (2.34) und (2.35) c λ= . (2.36) f
2.2 Eindimensionale Schallfelder
37
Schalldruck
Zeit t
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild 2.7. Ortsverlauf des Schalldrucks einer fortschreitenden Welle f¨ ur konstante ¨ Zeiten. Uberdeckt wird eine halbe zeitliche Periodendauer. Die Schallschnelle v hat wegen v = p/0 c den gleichen Orts- und Zeitverlauf.
Bei den nicht-dispersiven Luftschallwellen ist also die Wellenl¨ange umgekehrt proportional zur Frequenz; u ¨berdeckt wird etwa ein Bereich von λ = 17 m (f = 20 Hz) bis λ = 1, 7 cm (f = 20.000 Hz). Dieser Bereich ist außerordentlich groß. Es wird wohl nicht u ¨berraschen, dass man die Gr¨oße von Gegenst¨ anden in der Akustik (ebenso wie in der Optik) immer an der Wellenl¨ange zu messen hat. Die meisten Gegenst¨ ande und Anordnungen sind im entsprechend tiefen Frequenzbereich, in dem ihre Abmessungen klein gegen¨ uber der Wellenl¨ ange sind, akustisch unsichtbar“. Bei den hohen Frequenzen sind sie ” dagegen akustisch wirksam, indem sie – je nach Fall – Schallabsorber oder mehr oder minder komplizierte Reflektoren bzw. Diffusoren darstellen. Die genannten und in Gl.(2.32) notierten Sachverhalte f¨ ur die fortschreitenden Wellen bei reinen T¨ onen sind in Bild 2.7 nochmals graphisch dargestellt. Beim Schalldruck handelt es sich um einen cosinus-f¨ ormigen Ortsverlauf, der zeitlich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c nach rechts wandert. Wegen Gl.(2.29) haben Druck und Schnelle ¨ ortlich und zeitlich die gleiche Signalgestalt. 2.2.3 Komplexe Schreibweise In diesem Buch werden die Wellen bei reinen T¨onen in Zukunft nur noch durch ihre komplexen Amplituden beschrieben. Nutzen, Zweck und Vorteil der Beschreibung reellwertiger Vorg¨ ange durch komplexe Zahlen werden im Anhang B2 ausf¨ uhrlicher erl¨ autert. Wie dort gezeigt wird beschreibt man eine cosinus-f¨ ormige Welle, die in x-Richtung wandert, durch die ortsabh¨angige komplexe Amplitude
38
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
p(x) = p0 e−jkx . Ebenso sind Wellen mit der Ausbreitung in negative x-Richtung durch p(x) = p0 ejkx bezeichnet. Wenn Reflexionen oder Wellen entgegengesetzter Laufrichtung aus anderen Gr¨ unden (z.B. bei zwei Quellen oder bei Reflexion) vorkommen, k¨ onnen auch Summen der beiden Terme auftreten. Die R¨ uckabbildung der komplexen Amplituden, die nur ein Beschreibungswerkzeug darstellen, auf die stets reellen Zeit- und Ortsverl¨ aufe ist durch die sogenannte Zeitkonvention p(x, t) = Re p(x)ejωt (2.37) definiert. Die Zeitkonvention Gl.(2.37) gilt f¨ ur reine T¨one als Anregung und f¨ ur alle physikalischen Gr¨ oßen, also z.B. auch f¨ ur alle Schnellekomponenten beliebiger Schall- und Schwingungsfelder, f¨ ur elektrische Spannungen und Str¨ome, etc. . Komplexe Amplituden werden auch kurz als ’Zeiger’ oder ’komplexe Zeiger’ bezeichnet. Im Folgenden wird oft die aus einem als bekannt angenommenen Schalldruck-Ortsverlauf resultierende Schallschnelle ben¨otigt. Wie erw¨ahnt erfolgt diese Berechnung nach dem akustischen Tr¨ agheitsgesetz (2.27), das in komplexer Schreibweise j ∂p v= (2.38) ω0 ∂x lautet. 2.2.4 Stehende Wellen und Resonanzph¨ anomen Wenn eine fortschreitende Welle auf ein Hindernis trifft, dann kann es dort reflektiert werden. Ist der eindimensionale Wellenleiter gleich auf zwei Seiten begrenzt – z.B. links durch eine Schallquelle und rechts durch einen Reflektor wie hier im Folgenden angenommen – dann treten stehende Wellen und Resonanzerscheinungen auf. Bei der genannten Modellvorstellung f¨ ur den eindimensionalen Wellenleiter (und bei reinen T¨onen) besteht die komplexe Schalldruckamplitude aus den zwei Anteilen p(x) = p0 [e−jkx + rejkx ] .
(2.39)
Wie gesagt beschreibt der erste Summand eine in +x-Richtung, der zweite Summand eine in −x-Richtung laufende Welle. p0 bezeichnet die Amplitude der auf den Reflektor zueilenden Welle. Im Ansatz (2.39) f¨ ur das Schallfeld ist ber¨ ucksichtigt worden, dass die in −x-Richtung r¨ ucklaufende Welle noch um den Reflexionsfaktor r gegen¨ uber der hinlaufenden Welle abgeschw¨acht sein kann, wenn es sich um eine unvollst¨ andige Reflexion (z.B. durch eine teilweise
2.2 Eindimensionale Schallfelder
39
Absorption am Rohrst¨ uck-Ende in x = 0, siehe dazu auch Kapitel 6) handelt. Die zum Schalldruck (2.39) geh¨ orende x-gerichtete Schallschnelle errechnet sich nach (2.38) zu v(x) =
p0 −jkx k [e p0 [e−jkx − rejkx ] = − rejkx ] . ω0 0 c
(2.40)
Es sei jetzt zun¨ achst der Einfachheit halber angenommen, dass der in x = 0 angesiedelte Reflektor “schallhart“ ist. Er muss also entweder in einer großen, unbeweglichen Masse oder in einem elastisch nicht deformierbaren, starren K¨ orper bestehen, der deshalb keine Bewegungen ausf¨ uhrt. Weil die Luftteilchen, die den Reflektor in x = 0 benetzen, die bewegungslose, ruhende Reflektorfl¨ ache nicht durchstoßen k¨ onnen, muss auch ihre Geschwindigkeit (die durch die Schallschnelle beschrieben wird) gleich Null sein: v(x = 0) = 0 .
(2.41)
Der den schallharten Reflektor kennzeichnende Reflexionsfaktor r betr¨agt aus diesem Grund nach (2.40) r =1. (2.42) Damit gilt f¨ ur die Ortsverl¨ aufe von Schalldruck p(x) = 2p0 cos kx und von Schallschnelle v(x) =
−2jp0 sin kx . 0 c
(2.43)
(2.44)
Mit Hilfe der Zeitkonvention gewinnt man daraus die Verl¨aufe u ¨ber Ort und Zeit: (2.45) p(x) = 2p0 cos kx cos ωt und v(x) =
2p0 sin kx sin ωt . 0 c
(2.46)
Wie auch immer die noch nicht n¨ aher betrachtete Schalldruckamplitude p0 mit der Schallquelle zusammenh¨ angt, die Gleichungen (2.45) und (2.46) beschreiben in jedem Fall eine stehende Welle. Die beiden Orts-Verl¨aufe von Druck und Schnelle sind f¨ ur einige feste Zeiten in den Bildern 2.8 und 2.9 wiedergegeben. Man bezeichnet das Schallfeld als stehend, weil die Ortsfunktion stehen bleibt und sich nicht zeitlich verschiebt; sie wird lediglich in der ¨ortlichen Amplitude mit der Zeit auf- und abgeblendet“. Schalldruck und ” Schallschnelle bilden offensichtlich bei stehenden Wellen anders als bei fortschreitenden Wellen kein festes, orts- und zeitunabh¨angiges Verh¨altnis; im Gegenteil sind die Verl¨ aufe unterschiedlicher, phasenverschobener Natur.
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Schalldruck
40
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Schallschnelle
Bild 2.8. Ortsverlauf des Schalldrucks in einer stehenden Welle f¨ ur konstante Zeiten. ¨ Uberdeckt wird eine zeitliche Periodendauer.
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild 2.9. Ortsverlauf der Schallschnelle in einer stehenden Welle f¨ ur konstante ¨ Zeiten. Uberdeckt wird eine zeitliche Periodendauer.
Wie schon eingangs erw¨ ahnt erkl¨ aren sich Resonanzerscheinungen aus den Vielfachreflexionen an den beiden Rohr-Enden. Zu ihrer Erl¨auterung sei jetzt
2.2 Eindimensionale Schallfelder
41
angenommen, dass das eindimensionale Gaskontinuum an der Stelle x = −l durch eine konphas als Ganzes schwingende Fl¨ache angeregt wird, deren angig ist. Nat¨ urlich muss die Schnelle dieser Schnelle v0 von y also unabh¨ schwingenden Fl¨ ache mit der des Schallfeldes u ¨bereinstimmen. Nach Gl.(2.44) ist also 2jp0 v0 = v(−l) = sin kl , (2.47) 0 c und demnach gilt
−j0 cv0 (2.48) 2 sin kl f¨ ur den Zusammenhang zwischen Feldkonstante p0 und quellbeschreibender Gr¨ oße v0 . Unter den Resonanzfrequenzen eines Schwingers versteht man allgemein diejenigen Frequenzen, bei denen sich im verlustfreien Fall ein Schall- oder Schwingungsfeld auch noch bei beliebig schwacher Quelle einstellt. Kurz sagt man deshalb auch, dass es sich bei den Resonanzerscheinungen um “Schwingungen ohne Anregung“ handelt. F¨ ur das hier behandelte, beidseitig reflektierend verschlossene luftgef¨ ullte Rohrst¨ uck treten Resonanzen offensichtlich f¨ ur sin(kl) = 0, also f¨ ur kl = nπ (n = 1, 2, 3, ...) auf. Wegen k = ω/c = 2πf /c = 2π/λ gilt demnach f¨ ur die Resonanzfrequenzen p0 =
f=
nc . 2l
(2.49)
F¨ ur die zu den Resonanzfrequenzen geh¨ orenden Wellenl¨angen λ gilt l=n
λ . 2
(2.50)
Die Resonatorl¨ ange teilt sich also im Resonanzfall in ganzzahlige Vielfache der halben Wellenl¨ ange auf. Dieses Ergebnis besitzt eine anschauliche Begr¨ undung. Eine von der Quelle abgestrahlte Welle legt auf ihrem Weg u uck zur ¨ber den Reflektor und zur¨ Quelle, an der sie ein zweites Mal reflektiert wird, die Laufstrecke 2l zur¨ uck. Schließt sie dabei gleichphasig an die soeben neu emittierte Welle an, dann betr¨ agt die Wellensumme das Doppelte der Teile. Im eingeschwungenen, station¨ aren Zustand hat sich dieser gleichphasige Anschluss schon beliebig oft vollzogen, das Feld hat sich also bereits zur Resonanz aufgeschaukelt. Beim gleichphasigen Anschluss werden also (unendlich viele) vollst¨andig gleiche Ortsverl¨ aufe addiert, deren Summe dann eben auch u ¨ber alle Grenzen w¨achst. Der gleichphasige Anschluss findet genau dann statt, wenn die Laufstrecke 2l ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenl¨ ange betr¨agt; daraus folgt ebenfalls 2l = nλ. In den Resonanzfrequenzen wird das oben durchgerechnete Schallfeld unendlich groß. Der Grund daf¨ ur besteht einfach in der hier getroffenen Annahme, dass die Schallwellen weder bei ihrer Ausbreitung entlang des Mediums
42
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
noch bei den Reflexionen an den R¨ andern geschw¨acht werden. Diese Voraussetzung erm¨ oglicht zwar eine besonders einfache Betrachtung des Schallfeldes, sie ist dabei allerdings nicht realistisch. In Wirklichkeit wird dem Schallfeld in einem mit Gas gef¨ ullten Rohrst¨ uck stets Energie entzogen, sei es durch die hier vernachl¨ assigte viskose Reibung an den Rohrw¨anden, sei es durch die endliche Schalld¨ ammung von Wandung und Abschluss. Im praktischen Versuch wird man z.B. immer das innere Schallfeld mehr oder weniger gut auch außen h¨ oren k¨ onnen. Bei den meisten R¨ aumen, die wir allt¨ aglich benutzen, wie Wohnungen, H¨ ors¨ ale (und viele mehr) verhalten sich die Begrenzungsfl¨achen (zumindest bei den entsprechenden Frequenzen) weder vollst¨andig reflektierend noch vollst¨ andig absorbierend, sie besitzen also Reflexionsfaktoren, die dem Betrage nach zwischen 0 und 1 liegen. In diesem Fall setzt sich das Schallfeld stets aus fortschreitenden und aus stehenden Wellen zusammen, wie eine ein¨ fache Uberlegung wieder anhand des eindimensionalen Kontinuums zeigt. Die in Gl.(2.39) aufgef¨ uhrte hinlaufende Welle p0 e−jkx kann gedanklich aufgespalten werden in den vollst¨ andig reflektierten Anteil rp0 e−jkx und in den nicht reflektierten Anteil (1 − r)p0 e−jkx : p0 e−jkx = rp0 e−jkx + (1 − r)p0 e−jkx .
(2.51)
Damit besteht das in Gl.(2.39) genannte Gesamtfeld aus p(x) = rp0 (e−jkx + ejkx ) + (1 − r)p0 e−jkx .
(2.52)
Der erste Term mit dem Faktor r beschreibt wie gezeigt eine stehende, der zweite Term mit dem Faktor 1 − r eine fortschreitende Welle. Von den Extremf¨ allen r = 0 und r = 1 abgesehen bestehen Schallfelder also immer aus beiden Wellentypen. Sind die Begrenzungsfl¨achen von R¨aumen weder vollst¨ andig absorbierend noch vollst¨ andig reflektierend, dann tritt immer eine Mischung aus stehenden und fortschreitenden Wellen auf. Man bezeichnet fortschreitende Wellen auch als ’aktives Feld’ und stehende Wellen als ’reaktives Feld’. Allgemein setzen sich so gesehen Schallfelder aus aktiven und reaktiven Anteilen zusammen.
2.3 Dreidimensionale Schallfelder ¨ Die Ubertragung der im vorigen Abschnitt erl¨ auterten eindimensionalen Schallausbreitung auf den allgemeineren dreidimensionalen Fall gestaltet sich nicht schwierig. Die dreidimensionale Erweiterung des Massenerhaltungsprinzips (2.20) muss nur ber¨ ucksichtigen, dass das die konstante Masse aufnehmende Volumenelement nun Dehnungen in allen drei Raumrichtungen erfahren kann. An Stelle von (2.20) tritt also einfach ∂ξy ∂ξz ∂ξx − − . =− 0 ∂x ∂y ∂z
(2.53)
2.3 Dreidimensionale Schallfelder
43
Weil das Schallfeld in Zukunft – wie erw¨ ahnt – durch Druck und Schnelle beschrieben werden soll, wird (2.53) nach der Zeit abgeleitet und = p/c2 eingesetzt: 1 ∂p ∂vx ∂vy ∂vz =− − − . (2.54) 0 c2 ∂t ∂x ∂y ∂z Noch einfacher gestaltet sich die dreidimensionale Erweiterung des akusti¨ schen Tr¨ agheitsgesetzes. Kr¨ afte betreffende Uberlegungen lassen sich auf die Richtungskomponenten getrennt anwenden. In (2.27) muss also nur noch der Vollst¨ andigkeit halber angemerkt werden, dass hier die x-Komponente der Schnelle gemeint ist, und hinzu kommen die gleichlautenden Kr¨aftebilanzen in den beiden anderen Raumrichtungen: ∂vx ∂p =− ∂t ∂x ∂vy ∂p =− 0 ∂t ∂y ∂vz ∂p 0 =− . ∂t ∂z
0
(2.55a) (2.55b) (2.55c)
Zur Herleitung der dreidimensionalen Wellengleichung wird die Schnelle aus (2.54) und (2.55a), (2.55b), (2.55c) eliminiert. Wenn man (2.55a) nach x, (2.55b) nach y und (2.55c) nach z ableitet und danach in die nach t differenzierte Gleichung (2.54) einsetzt, so erh¨ alt man die Wellengleichung ∂2p ∂2p ∂2p 1 ∂2p + + = . ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 c2 ∂t2
(2.56)
Die Gleichungen (2.54) bis (2.56) werden oft auch in der Schreibweise vektorieller Differentialoperatoren genannt. Gleichbedeutend mit (2.54) ist die Fassung (div = Divergenz von) div v = −
1 ∂p . 0 c2 ∂t
(2.57)
Gleichung (2.55a) bis (2.55c) entsprechen (grad = Gradient von) grad p = −0
∂v , ∂t
(2.58)
und die Wellengleichung lautet (Δ = Delta-Operator) Δp =
1 ∂2p . c2 ∂t2
(2.59)
Die Formulierungen (2.57) bis (2.59) lassen sich als unabh¨angig von einem speziellen, benutzten Koordinatensystem ansehen, sie k¨onnen also z.B. durch Verwendung eines mathematischen Nachschlagewerkes direkt in ein bestimmtes, erw¨ unschtes Koordinatensystem (etwa Zylinder- oder Kugel-Koordinaten)
44
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
u ¨bersetzt“ werden. So gesehen erscheinen die Gleichungen (2.54), (2.55), ” (2.55), (2.55) und (2.56) nur als kartesische Ausgabe“ der allgemeineren Be” ziehungen (2.57) bis (2.59). Die Wellengleichung in Zylinderkoordinaten wird in Kapitel 10 dieses Buches ben¨ otigt und kann dort nachgeschlagen werden. In diesem Buch findet man die Beschreibungen durch vektorielle Differentialoperatoren sonst an keiner Stelle, sie sind hier mehr der Vollst¨andigkeit halber genannt. In der Sprache der mathematischen Feldtheorie ausgedr¨ uckt bedeuten (2.57) bis (2.59), dass das Schallfeld vollst¨ andig durch Angabe einer skalaren Ortsfunktion p beschrieben werden kann, deren Gradient das vektorielle Schnellefeld v angibt. Die akustische Feldtheorie, bei der die Wellengleichung unter Annahme gewisser Randbedingungen gel¨ost wird, ist nur teilweise (in Kapitel 10 und in Kapitel 13) Gegenstand dieses Buches; der interessierte Leser sei hier vor allem auf das Werk von P.M. Morse und U. Ingard: Theoretical Acoustics (McGraw Hill, New York 1968) verwiesen. Erw¨ ahnenswert ist jedoch gewiss noch, dass man aus den Grundgleichungen (2.57) bis (2.59) noch direkt (und etwas formal) zeigen kann, dass es sich bei allen Schallfeldern um wirbelfreie, auch als konservativ“ bezeichnete ” Felder handelt. Weil stets rot grad = 0 (rot = Rotation von) gilt, ist insbesondere rot v = 0 .
(2.60)
Die Eigenschaft der Wirbelfreiheit ist eine Besonderheit der Ausbreitung in Gasen, die zum Beispiel f¨ ur die Schwingungsausbreitung in festen K¨orpern nicht zutrifft.
2.4 Energie- und Leistungstransport Wie die Betrachtungen in den Abschnitten 2.1 und 2.2 gezeigt haben, besteht das Wesen der Schallwellenausbreitung in lokalen Verdichtungen des Mediums (die durch den Druck beschrieben werden), die mit gleichfalls lokalen Schwingungen der Gaselemente einhergehen; das ganze St¨orungsmuster“ (bezogen ” auf den Ruhezustand) wandert dann - bei fortschreitenden Wellen - entlang einer ¨ ortlichen Achse. Das bedeutet nat¨ urlich auch, dass das Medium lokal und momentan Energie speichert: Die Kompression von Gasen erfordert ebenso Energieaufwand wie die beschleunigte Bewegung von Gasmassen. Man kann das auch am oben schon einmal benutzten Ersatzmodell Kettenleiter“ ablesen, dessen Federn ” die Speicher potentieller Energie und dessen Massen die Speicher kinetischer Energie bilden. F¨ ur die kinetische Energie einer Masse m, die mit der Geschwindigkeit v bewegt wird, gilt bekanntlich
2.4 Energie- und Leistungstransport
Ekin =
1 mv 2 . 2
45
(2.61)
F¨ ur eine Feder mit der Federsteife s, die mit einer Kraft F zusammengedr¨ uckt wird, ist 1 F2 . (2.62) Epot = 2 s Aus diesen beiden Gleichungen kann die in einem Gas-Volumenelement ΔV momentan gespeicherte Energie EV bestimmt werden. Das Volumenelement soll wieder klein“ sein, es besitze die Dicke Δx und die Querschnitts” fl¨ ache S. F¨ ur die kinetische Energie gilt nach Gl.(2.61) Ekin =
1 0 v 2 ΔV . 2
F¨ ur die potentielle (Feder-)Energie gilt mit F = pS und mit s = ES/Δx = 0 c2 S/Δx (siehe (2.21) und (2.22)) Epot =
1 p2 ΔV 1 p2 S 2 Δx = . 2 0 c2 S 2 0 c2
Demnach ist f¨ ur die insgesamt im Volumenelement gespeicherte Energie 2 p 1 2 (2.63) + 0 v ΔV . EΔV = 2 0 c2 Weil jeder Gaspunkt einen Energiespeicher darstellt, bezeichnet man 2 p 1 2 E= + 0 v (2.64) 2 0 c2 als Energiedichte des Schallfeldes. Bei kleinen Volumina V ist die in ihnen gespeicherte Energie dann einfach EV = EV .
(2.65)
Der Energiezustand in einem Gas hat nat¨ urlich ebenso Wellencharakter wie die Feldgr¨ oßen Druck und Schnelle. Wenn insbesondere eine fortschreitende ebene Welle vorhanden ist: p = f (t − x/c)
und v = p/0 c
(siehe (2.28) und (2.29)), dann ist E(x, t) =
x 1 2 p2 t − = f 0 c2 0 c2 c
(2.66)
zwar in der Signalgestalt dem Druckquadrat gleich, aber auch damit ist ein Transportvorgang l¨ angs der x-Achse beschrieben. Nat¨ urlich l¨auft die gespeicherte Energie mit dem Schallfeld mit“ und ist wie dieses eine Welle. Die zu ”
46
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
einem festen Zeitpunkt vorhandene Energieverteilung ist etwas sp¨ater“ eben ” auch wo anders hin“ verlagert worden. Zusammenfassend kann man sich also ” bei ebenen fortschreitenden Wellen vorstellen, dass die Quelle Energie abgibt, und diese wandert mit Schallgeschwindigkeit durch das Gas. Die Energie ist dem Sender dabei unwiederbringlich verloren gegangen. Vor allem f¨ ur station¨ ar (also dauernd“) betriebene Quellen beschreibt ” man den offensichtlich vorhandenen Energietransport leichter durch eine Leistungsgr¨ oße. (Zur Erinnerung an den Unterschied zwischen den Begriffen Energie und Leistung darf vielleicht die heimische Gl¨ uhbirne erw¨ahnt werden. Die Leistung gibt an, wie viel MOMENTANE Wirkung an Licht und W¨arme vorhanden ist. Was man an das Elektrizit¨ atswerk bezahlen muss, ist jedoch die Energie, die sich aus dem Produkt von Brenndauer und Leistung ergibt. Der Energieverbrauch w¨ achst linear mit der Zeit, die Leistung ist deren zeitliche ¨ Anderung, also die Zeitableitung des Energie-Zeitverlaufs.) Weil es sich bei der Schallausbreitung um ¨ ortlich verteilte Vorg¨ange handelt, muss notwendigerweise bei der Betrachtung des akustischen Leistungsflusses die Fl¨ache mitbetrachtet werden, durch welche diese Leistung hindurchtritt. Zum Beispiel w¨ achst bei einer ebenen Welle die durch eine Fl¨ache S hindurchfließende Leistung mit S an. Es ist deswegen sinnvoll, diese Leistung durch das Produkt P = IS
(2.67)
zu beschreiben. Die damit definierte Gr¨ oße I heißt Intensit¨at, wie diese akustische Schallleistungs-Fl¨ achendichte genannt wird. Allgemein bildet die Intensit¨ at einen Vektor, der in Richtung der Wellenausbreitung zeigt. F¨ ur (2.67) ist zun¨ achst wieder von eindimensionalen Schallvorg¨angen ausgegangen worden, I z¨ ahlt also (in der in diesem Kapitel stets verwendeten Notation) in x-Richtung. Auch wurde angenommen, dass sich die Intensit¨at entlang der Fl¨ ache S nicht ¨ andert. Nat¨ urlich sind Energiedichte und Leistungsdichte zusammenh¨angende Gr¨oßen. Ihre Beziehung untereinander ergibt sich aus dem Prinzip der Energieerhaltung, das hier wieder auf ein (kleines) Element der Gass¨aule wie in Bild 2.4 angewendet wird. Die an der Stelle x + Δx aus ihm w¨ahrend der Zeit Δt herausfließende Energie betr¨ agt I(x + Δx)SΔt, die in diesem Zeitintervall zufließende Energie ist I(x)SΔt. Die Differenz aus Energie-Zufluss und Energie-Abfluss muss sich auswirken im Unterschied V E(t + Δt) − V E(t) der zu den Zeiten t + Δt und t gespeicherten Energien: SΔx (E(t + Δt) − E(t)) = S (I(x) − I(x + Δx)) Δt . Nachdem beide Seiten durch SΔxΔt geteilt worden sind und die Grenz¨ uberg¨ange Δx → 0 und Δt → 0 vollzogen worden sind, erh¨alt man ∂I ∂E =− . ∂x ∂t
(2.68)
Insbesondere f¨ ur Leistungs- und Intensit¨ atsmessungen stellt sich nat¨ urlich die Frage, wie sich die Intensit¨ at aus den Feldgr¨oßen Druck und Schnelle
2.4 Energie- und Leistungstransport
47
bestimmen l¨ asst. Zusammen mit der Energiedichte nach (2.64) enth¨alt (2.68) bereits die Antwort: 1 ∂p2 p ∂p ∂I ∂v 2 1 ∂v =− + 0 =− + 0 v ∂x 2 0 c2 ∂t ∂t 0 c2 ∂t ∂t (wobei von der Kettenregel ∂p2 /∂x = 2p ∂p/∂x Gebrauch gemacht worden ist). Hierin dr¨ uckt man noch nach (2.26) ∂p/∂t durch ∂v/∂x und nach (2.27) ∂v/∂t durch ∂p/∂x aus: ∂I ∂v ∂p ∂(pv) =p +v = . ∂x ∂x ∂x ∂x Durch Integration erh¨ alt man daraus das Resultat I(t) = p(t)v(t) .
(2.69)
Die Intensit¨ at ist also einfach gleich dem Produkt aus Schalldruck und Schallschnelle. Das gilt auch im allgemeinen, dreidimensionalen Fall, f¨ ur den (2.69) durch I = pv (2.70) ersetzt wird. Die durch eine Fl¨ ache S hindurchtretende Leistung errechnet sich allgemein zu P =
I dS ,
(2.71)
worin dS das vektorielle Fl¨ achenelement bedeutet (es steht u ¨berall senkrecht auf der Fl¨ ache S). Zur Charakterisierung station¨ arer Quellen wird der zeitliche Mittelwert von Intensit¨ at oder Leistung angegeben, also 1 I¯ = T
T I(t)dt
(2.72)
P (t)dt .
(2.73)
0
und 1 P¯ = T
T 0
Eine einfache Vorstellung der zeitlichen Struktur von Intensit¨at und Leistung erh¨ alt man, wenn Signale in Form von reinen T¨onen, also p = Re{pejωt } und v = Re{vejωt }, vorausgesetzt werden. Die Intensit¨at ergibt sich in diesem Fall aus I = pv = Re{pejωt }Re{vejωt } , oder, mit Re{z} = (z + z ∗ )/2 (wie immer bedeutet auch hier komplexe Gr¨ oße), aus
∗
die konjugiert
48
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
I = pv =
1 jωt (pe + p∗ e−jωt )(vejωt + v ∗ e−jωt ) 4
1 (pv ∗ + p∗ v + pvej2ωt + p∗ v ∗ e−j2ωt ) 4 1 (2.74) = Re{pv ∗ + pvej2ωt } . 2 Wie man sieht, enth¨ alt die Intensit¨ at (und damit auch die Leistung) einen zeitunabh¨ angigen Gleichanteil, den man als Wirkintensit¨at =
1 I¯ = Re{pv ∗ } 2
(2.75)
(und entsprechend als Wirkleistung) bezeichnet. Die Wirkintensit¨at (und die Wirkleistung) ist mit dem zeitlichen Mittelwert identisch. Dazu kommt ein sogenannter ’Blindanteil’ IB =
1 Re{pvej2ωt } , 2
(2.76)
der mit der doppelten Frequenz schwingt. Im zeitlichen Mittel liefert der Blindanteil keinen Beitrag. Anders als in der Elektrotechnik (bei welcher der Blindleistungsfluss f¨ ur die Dimensionierung von Leiterquerschnitten eine Rolle spielt) interessiert die Blindleistung in der Akustik nicht (denn hier findet man die von der Natur bescherten ’Leitungen’ vor, ohne etwas an ihnen ¨andern zu k¨ onnen). F¨ ur die Gr¨ oße der Wirkleistung ist die Phasenbeziehung zwischen Druck und Schnelle ausschlaggebend. Sind diese beiden Feldgr¨oßen wie bei ebenen ur fortschreitenden Wellen mit p = 0 cv gleichphasig, dann gilt allgemein f¨ beliebige Zeitverl¨aufe p2 (t) . (2.77) I(t) = 0 c Bei reinen T¨ onen p = p0 cos(ωt − kx) geht die Intensit¨at also zweimal pro Periode T = 1/f durch Null; das ist eine bloße Konsequenz aus dem zeitlichen Verlauf des Feldes und der Tatsache, dass Intensit¨at und Leistung quadratische Gr¨ oßen sind. Der zeitliche Mittelwert ergibt sich einfach mit v = p/0 c aus Gl.(2.75)zu peff 2 1 Re{pp∗ } = (2.78) I¯ = 20 c 0 c √ (peff = Effektivwert, bekanntlich gilt peff = |p|/ 2). Wie man den Gleichungen (2.45) und (2.46) entnehmen kann, sind Druck und Schnelle andererseits bei stehenden Wellen um ±90◦ phasenverschoben; in diesem Fall findet also wegen p = jßv (ß bedeutet eine reellwertige Gr¨oße) Gl.(2.75) zufolge im zeitlichen Mittel kein Leistungstransport statt. Im n¨achsten Abschnitt zur Intensit¨ atsmesstechnik wird darauf nochmals ausf¨ uhrlicher an geeigneter Stelle eingegangen.
2.4 Energie- und Leistungstransport
49
Zur Intensit¨ atsmessung bei ebenen fortschreitenden Wellen gen¨ ugt offensichtlich die Messung des Schalldrucks alleine. Aus diesem Grunde werden Schallleistungsmessungen h¨ aufig im Freifeld (z.B. im reflexionsarmen Raum) in großen Abst¨ anden zur Quelle durchgef¨ uhrt. Unter diesen Messvoraussetzungen kann man davon ausgehen, dass lokal tats¨achlich p = 0 cv gilt. Zur Schallleistungsmessung zerlegt man sich eine um die Quelle herumgelegte (gedachte) H¨ ullfl¨ ache in N kleine“ Teilfl¨ achen Si ; auf jeder Teilfl¨ache wird der ” Schalldruck-Effektivwert bestimmt. Die abgestrahlte Schallleistung ergibt sich dann aus N peff,i 2 Si . (2.79) P¯ = 0 c i=1 Schließlich sei noch erw¨ ahnt, dass man auch Leistung und Intensit¨at durch Pegel beschreibt. Dabei definiert man die erforderlichen Bezugsgr¨oßen P0 und I0 in I¯ LI = 10 lg (2.80) I0 und in P¯ Lw = 10 lg (2.81) P0 so, dass sich gleiche Zahlenwerte f¨ ur Druckpegel L, f¨ ur Intensit¨atspegel LI und ur den speziellen Fall einer ebenen fortschreitenden f¨ ur Leistungspegel Lw f¨ Welle ergeben und diese in Luft eine Fl¨ ache von S = 1 m2 durchsetzt. Mit 2 peff mit p0 = 2 10−5 N/m2 L = 10 log p0 ergibt sich also I0 = und
p0 2 = 10−12 W/m2 0 c
P0 = I0 × 1 m2 = 10−12 W
(2.82) (2.83)
2
(mit 0 c = 400kg/m s). F¨ ur die Leistungsmessung nach dem H¨ ullfl¨achenverfahren sollten folgende Normen ber¨ ucksichtigt werden: • EN ISO 3740: Bestimmung des Schallleistungspegels von Ger¨auschquellen - Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen (von 2000) • EN ISO 3744: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Schalldruckmessungen - H¨ ullfl¨ achenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 f¨ ur ein im wesentlichen freies Schallfeld u ¨ber einer reflektierenden Ebene (von 1995) • EN ISO 3745: Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Ger¨ auschquellen aus Schalldruckmessungen - Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 f¨ ur reflexionsarme R¨ aume und Halbr¨aume (von 2003)
50
•
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
EN ISO 3746: Ermittlung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Schalldruckmessungen - H¨ ullfl¨ achenverfahren der Genauigkeitsklasse 3u ¨ber einer reflektierenden Ebene (von 2000)
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren Wie soeben ausgef¨ uhrt l¨ asst sich die Messung der Schallleistung im Freifeld und bei ausreichend großen Abst¨ anden zur Quelle auf die Ermittlung des Schalldrucks auf einer Messfl¨ ache zur¨ uckf¨ uhren. Das setzt die nicht immer tats¨ achlich auch gegebene Verf¨ ugbarkeit eines besonderen, reflexionsarmen Messraumes voraus. Auch lassen sich manche technischen Schallquellen gar nicht in eine reflexionsarme Umgebung schaffen, das ist oft entweder unm¨ oglich oder w¨ are viel zu aufwendig. Es gibt also Grund genug f¨ ur ein Leistungs-Messverfahren, das auf spezielle Umgebungsbedingungen m¨oglichst nicht angewiesen sein soll. Notwendigerweise muss ein solches Verfahren die Bestimmung der Schallschnelle beinhalten. Der Grundgedanke beim Intensit¨ats-Messverfahren besteht deshalb darin, den zur Schnelle-Messung erforderlichen Druckgradienten durch die Druckdifferenz zwischen zwei Mikrophonorten abzusch¨atzen. Statt der wahren Schnelle mit ∂v ∂p 0 =− ∂t ∂x wird also die gemessene Schnelle 0
∂vM p(x) − p(x + Δx) = ∂t Δx
(2.84)
zur Bestimmung der Intensit¨ at benutzt. Dabei bezeichnen x und x + Δx die Orte, in denen die beiden bei der Intensit¨ ats-Messtechnik verwendeten Druckempf¨ anger angebracht sind. Die Richtung des Abstandes Δx zwischen den beiden Messpositionen muss dabei keineswegs mit der tats¨ achlichen (oder vermeintlichen) Richtung der Schallausbreitung u bereinstimmen; mit den nachfolgend n¨aher beschriebenen ¨ Verfahren wird stets diejenige vektorielle Intensit¨ats-Komponente bestimmt, deren Richtung in die durch die beiden Messorte hindurchlaufende Achse z¨ ahlt. Nat¨ urlich bildet (2.84) eine Approximation f¨ ur die wahre“ Schallschnelle, ” die mit Hilfe von (2.84) hergestellte Sch¨ atzung f¨ ur die Intensit¨at wird systematische Fehler enthalten, die hier genauer zu untersuchen sind. Vorab m¨ ussen jedoch die Messverfahren in den Details geschildert werden, die Fehlerbetrachtung – die dann auch die Grenzen des Verfahrens angibt – folgt anschließend. Wie schon erw¨ ahnt sind Leistungsmessungen vor allem f¨ ur station¨ar betriebene ( dauernd laufende“) Quellen sinnvoll, davon wird im Folgenden aus” gegangen. F¨ ur solche Schalle kann das sich auf (2.84) st¨ utzende Intensit¨atsMessverfahren entweder direkt auf den zeitlichen Mittelwert der lokalen In-
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
51
tensit¨ at abzielen (die dazu erforderlichen Signale k¨onnen dabei auch z.B. Agefiltert sein), oder es kann die spektrale Zusammensetzung aus Frequenzbestandteilen im Vordergrund des Interesses stehen. Im Folgenden wird sowohl auf die Ermittlung der Intensit¨ at im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich eingegangen. 2.5.1 Zeitbereichsverfahren Zur Bestimmung der Intensit¨ at muss die Druckdifferenz in (2.84) noch mit Hilfe eines analogen elektrischen Netzwerkes oder mit einem digitalen Prozessor zeitlich integriert werden: 1 [p(x) − p(x + Δx)] dt . (2.85) vM (t) = Δx0 Der Zeitverlauf der Intensit¨ at ergibt sich als das Produkt von Druck und Schnelle. Da man nun u ur den Druck verf¨ ugt, die an ¨ber zwei Messsignale f¨ zwei nah benachbarten Orten gewonnen worden sind, verwendet man f¨ ur den Druck den Mittelwert der beiden Signale pM (t) =
1 [p(x) + p(x + Δx)] , 2
damit ist I(t) = pM (t)vM (t) =
1 [p(x) + p(x + Δx)] 20 Δx
(2.86)
[p(x) − p(x + Δx)] dt . (2.87)
Der zeitliche Mittelwert ergibt sich wieder mit Hilfe eines analogen oder digitalen Integrators zu I¯ =
1 20 ΔxT
T
[p(x) + p(x + Δx)]
[p(x) − p(x + Δx)] dtdt ,
(2.88)
0
worin T die Mittelungszeit bedeutet. 2.5.2 Frequenzbereichsverfahren Harmonische Zeitverl¨ aufe Es sei hier zun¨ achst angenommen, dass die anregende Schallquelle einen einzelnen Ton einer gewissen, bekannten (oder leicht messbaren) Frequenz abgebe. Diese Annahme er¨ offnet eine besonders einfache Behandlung des Verfahrens zur Bestimmung der Intensit¨ at. Dar¨ uber hinaus erlaubt diese Vorbetrachtung
52
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
eine Kontrolle der im folgenden Abschnitt vorgenommenen Betrachtung f¨ ur den allgemeineren Fall mit beliebigen Zeitverl¨ aufen. Hier werden die komplexen Amplituden der Schalldrucksignale in den Orten x und x + Δx mit p(x) und p(x + Δx) bezeichnet. Es gilt also gem¨aß der geschilderten Zeitkonvention p(x, t) = Re{p(x)ejωt } und p(x + Δx, t) = ur die komplexe Re{p(x+Δx)ejωt }. Mit diesen Bezeichnungen wird aus (2.84) f¨ Amplitude der Schallschnelle vM =
−j [p(x) − p(x + Δx)] . ω0 Δx
(2.89)
Auch diesmal wird der Druck pM aus dem Mittelwert der Messgr¨oßen bestimmt: 1 (2.90) pM = [p(x) + p(x + Δx)] . 2 Der zeitliche Mittelwert der Intensit¨ at (die Wirkintensit¨at) wird demnach und wegen Gl.(2.75) aus 1 IM = Re {pM vM ∗ } 2 1 Re {j [p(x) + p(x + Δx)] [p∗ (x) − p∗ (x + Δx)]} (2.91) = 4ω0 Δx gebildet (∗ = konjugiert komplex). Weil pp∗ eine reellwertige Gr¨oße darstellt, bleibt nach dem Ausmultiplizieren der Klammern nur IM =
1 Re {−j [p(x)p∗ (x + Δx) − p∗ (x)p(x + Δx)]} 4ω0 Δx
u ¨brig. Mit Re{−jz} = Re{−j(x + jy)} = y = Im{z} gilt auch IM =
1 Im {p(x)p∗ (x + Δx) − p∗ (x)p(x + Δx)} , 4ω0 Δx
oder, wegen Im{z − z∗} = 2Im{z}, folgt schließlich IM =
1 Im {p(x)p∗ (x + Δx)} . 2ω0 Δx
(2.92)
Wie man sieht, ben¨ otigt man zur Berechnung von IM nur die beiden Amplituden p(x) und p(x + Δx) und die Phasendifferenz zwischen ihnen. Beliebige Zeitverl¨ aufe Bei beliebigen Zeitsignalen der Schallquelle ist f¨ ur die Durchf¨ uhrung des Verfahrens ’im Frequenzbereich’ naturgem¨ aß eine Zerlegung der an den Orten x und x + Δx vorgefundenen Zeitverl¨ aufe p(x, t) und p(x + Δx, t) in Frequenzbestandteile erforderlich. Eine ausf¨ uhrlichere Beschreibung, wie solche
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
53
hier offensichtlich erforderlichen spektralen Zerlegungen vorgenommen werden, gibt Kapitel 13, dessen genaue Kenntnis hier jedoch noch nicht vorausgesetzt werden soll. Deshalb versuchen die folgenden Betrachtungen eher, einem plausiblen, anschaulichen Konzept zu folgen. Zun¨ achst kann festgestellt werden, dass die Beobachtung der erforderlichen Zeitsignale nur w¨ ahrend einer gewissen, endlichen Zeitdauer T u ¨berhaupt erfolgen kann, eine wirklich ’unendlich lange’ Beobachtung ist unm¨oglich. Grunds¨ atzlich sind also die Signale nur in einem gewissen Intervall 0 < t < T bekannt. Andererseits sind Intensit¨ atsmessungen fast ausschließlich f¨ ur station¨ar betriebene Quellen sinnvoll. Es ist deshalb vern¨ unftig anzunehmen, dass sich die Signale auch außerhalb des Intervalles 0 < t < T ’¨ahnlich’ verhalten wie innerhalb dieses Intervalles. Am einfachsten dr¨ uckt man diese Erwartung aus, indem man annimmt, dass sich die Signale mit der Beobachtungszeit T periodisch wiederholen, dass also p(x, t + T ) = p(x, t) (und nat¨ urlich auch p(x + Δx, t + T ) = p(x + Δx, t) gilt. Dabei muss die Dauer T nicht etwa mit einer wahren physikalischen Periode (z.B. der Umdrehung eines laufenden Motors) u ¨bereinstimmen, im Gegenteil bedeutet T eine vom Anwender (mehr oder weniger) willk¨ urlich gew¨ ahlte Messzeit. Dass mit dieser mathematisch ’strengen’ Periodisierung dennoch kein nennenswerter Fehler einhergehen kann, das leuchtet f¨ ur station¨ are Signale unmittelbar ein: lokale Intensit¨at und global abgegebene Leistung k¨ onnen kaum davon abh¨angen, welches Zeitst¨ uck der Dauer T aus dem langdauernden station¨ aren Signal herausgegriffen wird. Außerdem kann man nat¨ urlich noch u ¨ber mehrere Stichproben der L¨ange T mitteln. unstlich) periodisierDer Vorteil, der mit der genannten Voraussetzung (k¨ ter Signale gewonnen wird, besteht einfach darin, dass nur ganz bestimmte, diskrete Frequenzen nω0 (mit ω0 = 2π/T ) im Signal vorkommen k¨onnen; das macht die Betrachtungen zun¨ achst etwas einfacher. Wie z.B. auch Gl.(13.38) zeigt, k¨ onnen n¨ amlich die Zeitverl¨ aufe p(x, t) und p(x + Δx, t) durch die Fourier-Reihen ∞ p(x, t) = pn (x)ejnω0 t (2.93) n=−∞
und p(x + Δx, t) =
∞
pn (x + Δx)ejnω0 t
(2.94)
n=−∞
dargestellt werden. Die Gr¨ oßen pn (x) und pn (x + Δx) bilden die komplexwertigen spektralen Amplituden des jeweiligen Zeitverlaufes. Wie die komplexen Amplitudenfolgen pn (x) und pn (x + Δx) aus den (periodischen) Zeitverl¨aufen p(x, t) und p(x+Δx, t) berechnet werden k¨ onnen, das ist in Gl.(13.37) geschildert. Weil in der Akustik zeitliche Gleichanteile im Schalldruck nicht vorkommen (Gleichdr¨ ucke bilden keine Wellen und sind auch nicht h¨orbar), wird im Folgenden p0 (x) = p0 (x + Δx) = 0 vorausgesetzt. Es sei daran erinnert, dass f¨ ur beide spektrale Folgen die ’konjugierte Symmetrie’ p−n = p∗n (∗ = kon-
54
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
jugiert komplex) gelten muss, weil die durch Summation entstehenden Zeitverl¨ aufe p(x, t) und p(x + Δx, t) selbst naturgem¨aß reellwertig sein m¨ ussen. Die Summation muss nicht wirklich u uhrt werden; wel¨ber alle Grenzen ausgef¨ che Frequenzen noch enthalten sind, das h¨ angt vom vorgeschalteten Filter ab (oder von der Messeinrichtung selbst, die nat¨ urlich selbst stets Tiefpasscharakter oder Bandpasscharakter besitzt). Mit Hilfe der beiden soeben aufgef¨ uhrten Reihenzerlegungen geht Gl.(2.88) u ¨ber in T ∞ 1 ¯ I= [pn (x) + pn (x + Δx)]ejnω0 t 20 ΔxT n=−∞ 0
∞
1 [pm (x) − pm (x + Δx)]ejmω0 t dt . jmω 0 m=−∞
(2.95)
In der zweiten Summe ist der Summationsindex der gr¨oßeren Klarheit halber mit m bezeichnet worden. Nach Ausmultiplizieren entsteht I¯ =
1 20 ΔxT
T ∞
∞
[pn (x) + pn (x + Δx)]
0 n=−∞ m=−∞
1 [pm (x) − pm (x + Δx)]ej(n+m)ω0 t dt . jmω0 Wegen
(2.96)
T ej(n+m)ω0 t dt = 0 . 0
f¨ ur n + m = 0 (f¨ ur n + m = 0 wird das Integral gleich T ) bleiben nur die Summanden mit m = −n u ¨brig, es gilt also I¯ =
∞ −1 [pn (x) + pn (x + Δx)] 20 Δx n=−∞
1 [p−n (x) − p−n (x + Δx)] . (2.97) jnω0 F¨ ur eine der Teilsummen, die man nach Ausmultiplizieren der Klammern erh¨ alt, gilt ∞ pn (x)p−n (x) =0, jnω0 n=−∞ weil sich je zwei Summanden mit n = N und n = −N zusammen zu Null erg¨ anzen und weil p0 (x) = 0 vorausgesetzt worden ist. Ebenso gilt nat¨ urlich ∞ pn (x + Δx)p−n (x + Δx) =0. jnω0 n=−∞
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
55
Damit bleibt f¨ ur die Wirkintensit¨ at nach Gl.(2.97) ∞ 1 1 [pn (x)p−n (x + Δx) − pn (x + Δx)p−n (x)] 20 Δx n=−∞ jnω0
I¯ =
u ¨brig, oder, wegen der genannten ’konjugierten Symmetrie’, I¯ =
∞ 1 1 [pn (x)p∗n (x + Δx) − pn (x + Δx)p∗n (x)] . 20 Δx n=−∞ jnω0
Die prinzipielle Form der Summanden besteht also in (z − z ∗ )/j, daf¨ ur gilt aber einfach (z − z ∗ )/j = 2 Im{z}. Daraus folgt schließlich I¯ =
∞ 1 1 Im{pn (x)p∗n (x + Δx)} . 0 Δx n=−∞ nω0
(2.98)
Der Ausdruck Im{pn (x)p∗n (x + Δx)}/nω0 0 Δx bildet den Frequenzgang der Wirkintensit¨ at. Offensichtlich kann man jeden Frequenzbestandteil als einen von allen anderen Frequenzen unabh¨ angigen Energiespeicher auffassen; die Gesamtintensit¨ at wird einfach aus der Summe der spektralen Intensit¨atsanteile gebildet. Der Term pn (x)p∗n (x + Δx) wird h¨ aufig auch als spektrale Kreuzleistung bezeichnet, die spektrale Intensit¨ at ergibt sich aus ihrem Imagin¨arteil. 2.5.3 Messfehler und Grenzen des Verfahrens Hochfrequenter Fehler Das augenf¨ alligste und sofort einleuchtende Problem bei der Intensit¨atsmessung besteht darin, dass die Differenzenbildung an Stelle der Differentiation nur bei großen Wellenl¨ angen und entsprechend tiefen Frequenzen eine richtige Sch¨ atzung abgeben kann. Eine einfachste Modellannahme zeigt die Gr¨oße des auftretenden Fehlers. Es sei dazu eine sich in x-Richtung ausbreitende fortschreitende Welle p(x) = p0 e−jkx als Schallfeld angenommen. Die zu diesem Feld geh¨orende wahre Intensit¨at I ist 1 p0 2 1 I = Re {pv ∗ } = 2 2 0 c wobei von v = p/0 c f¨ ur fortschreitende Wellen Gebrauch gemacht wurde. Die nach (2.92) gemessene Intensit¨ at dagegen ist IM =
p0 2 p0 2 Im e−jkx ejk(x+Δx) = sin kΔx . 2ω0 Δx 2ω0 Δx
56
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Demnach ist
IM 0 c sin kΔx = sin kΔx = . I ω0 Δx kΔx
(2.99)
Nur f¨ ur tiefe Frequenzen kΔx 1 sind wegen sin kΔx/kΔx ≈ 1 gemessene und wahre Intensit¨ at identisch. Bereits f¨ ur kΔx = 2πΔx/λ = 0, 18 · 2π wird sin kΔx/kΔx = 0, 8; in diesem Fall betr¨ agt mit 10 lg IM /I = −1 der Fehler gerade 1 dB. Der Messfehler ist demnach nur dann kleiner als 1 dB, wenn etwa Δx < λ/5 gilt. F¨ ur einen Abstand von nur x = 2, 5 cm ließe sich also bis λ = 12, 5 cm und damit bis zu f = c/λ = 2700 Hz messen, wenn der Fehler nicht gr¨ oßer als 1 dB werden darf. Tieffrequenter Fehler Ein zweiter, die untere Frequenzgrenze betreffender Fehler besteht kurz gesagt darin, dass die aus den zwei Mikrophonen bestehende Intensit¨ats-Messsonde auf Grund von kleinen Phasenfehlern eine Art von Phantom-Intensit¨at“ vor” spiegelt, die es gar nicht gibt. Zur Erl¨ auterung dieses Effektes muss klargestellt werden, dass sowohl Schallfelder existieren, die mit einem Leistungstransport im zeitlichen Mittel verkn¨ upft sind als auch solche, die gerade ohne mittlere Leistungszufuhr auskommen. Es handelt sich dabei im ersten Fall um fortschreitende, im zweiten Fall um stehende Wellen, die beide in einem vorangegangenen Kapitel schon behandelt worden sind. Im Folgenden m¨ ussen zun¨ achst noch die Leistungstransporte bei diesen beiden grunds¨atzlichen Wellentypen geschildert werden. Leistungstransport bei fortschreitenden Wellen Fortschreitende Wellen mit p(x) = p0 e−jkx und mit
p(x, t) = Re p(x)ejωt = p0 cos(ωt − kx)
bestehen ihrer Natur nach wie erl¨ autert in einem Ortsverlauf, der mit der Zeit wandert (siehe Bild 2.7). Zwischen den Schalldr¨ ucken an zwei sich um Δx unterscheidenden Mikrophonorten herrscht die Phasendifferenz Δϕ = kΔx = 2πΔx/λ. Die Wirkintensit¨ at betr¨ agt I = p0 2 /20 c. Leistungstransport bei stehenden Wellen Wie vorne schon erkl¨ art besitzen stehende Wellen den Schalldruck-Orts-ZeitVerlauf p(x, t) = Re p(x)ejωt = 2p0 cos kx cos ωt , (2.100) f¨ ur die Schallschnelle gilt
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
2p0 sin kx sin ωt . v(x, t) = Re v(x)ejωt = 0 c
57
(2.101)
Die beiden Orts-Verl¨ aufe sind f¨ ur viele feste Zeiten in Bild 2.8 zu sehen. Zwischen zwei Mikrophonorten herrscht immer entweder die Phasendifferenz Δϕ = 0◦ oder die von Δϕ = 180◦ . Wie schon ausgef¨ uhrt transportieren stehende Wellen im zeitlichen Mittel keine Intensit¨at und keine Leistung, f¨ ur diese Tatsache sprechen auch die Druckknoten in Bild 2.8. In den Knoten ist wegen p = 0 auch die Intensit¨ at I(t) = p(t)v(t) = 0 f¨ ur alle Zeiten gleich Null, durch Fl¨ achen mit p = 0 dringt also niemals Leistung. Das Gleiche gilt nat¨ urlich auch f¨ ur die Schnelle-Knoten. Wegen des Prinzips der Energieerhaltung kann dann aber durch jede dazu parallele Fl¨ache im zeitlichen Mittel ebenfalls keine Leistung fließen. Das zeigt nat¨ urlich auch die Rechnung. Aus Druck und Schnelle folgt die Intensit¨ at I(x, t) =
4p0 2 p0 2 sin kx cos kx sin ωt cos ωt = sin 2kx sin 2ωt . 0 c 0 c
(2.102)
Im zeitlichen Mittel ist also die Intensit¨ at an jedem Ort gleich Null. Die Tatsache, dass stehende Wellen ohne Energiezufuhr von außen auskommen, erkl¨ art sich aus den f¨ ur sie gemachten Annahmen. Zum Beispiel geht bei einer (angenommenen) Totalreflexion keine Energie verloren. Weil auch die Luft hier als verlustfrei aufgefasst worden ist, kann eine Schallwelle zwischen zwei Reflektoren beliebig oft hin- und herlaufen, ohne an Energie zu verlieren. In der Praxis ist die Annahme ganz fehlender Verluste nat¨ urlich immer mehr oder weniger stark verletzt, wie schon erw¨ ahnt. Man kann also zusammenfassend feststellen, dass Leistungstransport an Schallfelder gebunden ist, in denen an zwei Orten auch Dr¨ ucke unterschiedlicher Phase vorkommen. Sind dagegen die Signale an zwei (beliebig gew¨ahlten) Orten vollst¨ andig gleich- oder gegenphasig, dann liegt kein Leistungstransport im zeitlichen Mittel vor. Damit ist aber auch der zweite Problembereich der Intensit¨ atsmesstechnik beschrieben. In einer halligen Umgebung mit wenig Absorption an den W¨ anden bestehen die Schallfelder mehr oder weniger in stehenden Wellen. Wenn dann in der Messapparatur ein kleiner Phasenfehler zwischen den beiden Mikrophonsignalen entsteht, dann wird dadurch eine gar nicht vorhandene Wirkintensit¨ at vorgespiegelt. Auch die Intensit¨atsmesstechnik ist also nicht wirklich vollst¨ andig von der Wahl des Messraumes unabh¨ angig; R¨ aume mit langen Nachhallzeiten sind f¨ ur sie nicht gut geeignet. F¨ ur eine rechnerische Einsch¨ atzung des auf Grund von Phasenfehlern zustande kommenden Messfehlers muss zun¨ achst ein Schallfeld angenommen werden, das sowohl stehende als auch fortschreitende Wellen enth¨alt: p = pp e−jkx + ps cos kx ,
(2.103)
worin pp die Amplitude der fortschreitenden und ps die der stehenden Welle bezeichnet, beide Gr¨ oßen werden im Folgenden als reellwertig angesehen.
58
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Der Effekt der ’falsch’ vorgespiegelten Intensit¨at kommt haupts¨achlich durch die stehende Welle zustande: Durch den kleinen Phasenfehler werden vor allem f¨ ur sie gar nicht vorhandene Wirkintensit¨ats-Anteile bestimmt. Der Einfluss dieses Fehlers ist naturgem¨ aß am gr¨ oßten, wenn auch die stehende Welle die gr¨ oßten Werte besitzt. Das ist in den Druckb¨auchen, also z.B in der N¨ ahe des Punktes x = 0 der Fall. Man erh¨alt deshalb eine Fehlerabsch¨ atzung ’f¨ ur den schlimmsten Fall’, wenn x = 0 als eine Messposition gew¨ ahlt wird. Wenn man weiter hinreichend tiefe Frequenzen bzw. ausreichend große Abst¨ ande mit kΔx 1 voraussetzt, dann liefert zun¨achst die Messvorschrift (2.92) einen sehr genauen Sch¨ atzwert f¨ ur die wahre Intensit¨at, wenn kein Phasenfehler bei der Messung vorliegt. Der Ausdruck I = IM =
1 Im {p(0)p∗ (Δx)} 2ω0 Δx
beschreibt demnach die wahre Intensit¨ at ohne Messfehler. Die mit dem Phasenfehler gemessene Intensit¨ at ist IM =
1 Im p(0)p∗ (Δx)ejϕ . 2ω0 Δx
Weil nur die Phasendifferenz zwischen den Messsignalen z¨ahlt, kann p(0) als reellwertig angesehen werden, es ist also IM Im{p∗ (Δx)ejϕ } Im{p(Δx)e−jϕ } = = . I Im{p∗ (Δx)} Im{p(Δx)} Die Annahme, dass es sich bei dem Phasenfehler um eine kleine Gr¨oße handelt, ist berechtigt; Mikrophon-Hersteller geben z.B. ϕ = 0, 3◦ (!) als Phasentoleranz an. Mit e−jϕ = 1 − jϕ wird IM Im{(1 − jϕ)p(Δx)} Im{jϕp(Δx)} Re{p(Δx)} = = 1− = 1− ϕ , (2.104) I Im{p(Δx)} Im{p(Δx)} Im{p(Δx)} wobei noch Im{jz} = Re{z} benutzt wurde. Nach (2.103) ist mit kΔx 1 p(Δx) = pp e−jkΔx + ps cos(kΔx) ≈ pp + ps − jpp kΔx , und folglich wird aus (2.104) IM p p + ps ϕ =1+ϕ =1+ I kΔxpp kΔx
ps 1+ pp
.
(2.105)
Unter praktischen Verh¨ altnissen ist ϕ/kΔx selbst bei tiefen Frequenzen eine kleine Zahl (f¨ ur ϕ = 0, 3π/180, f = 100 Hz und x = 5 cm ist z.B. ϕ/kΔx ≈ 1/20). Der Phasenfehler spielt also nur dann eine Rolle, wenn die Amplitude oßer ist als die der fortschreitenden Welle, des stehenden Wellenfeldes ps viel gr¨ asst sich das Verh¨altnis aus gemessener ps pp . Unter dieser Voraussetzung l¨ at I zu Intensit¨ at IM und wahrer Intensit¨
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
IM ϕ ps =1+ I kΔx pp
59
(2.106)
absch¨ atzen. Wenn man einen Messfehler von 1 dB noch akzeptiert, dann muss bei der Messung ϕ ps < 0, 2 (2.107) kΔx pp eingehalten werden. Weil die linke Seite von Gl.(2.107) mit fallender Frequenz w¨ achsa,t bedeutet sie die Festlegung einer unteren Bandbegrenzung des Messbereiches: ϕ 5c ps f> . (2.108) 2π Δx pp Mit ϕ = 0, 3π/180 (das entspricht also 0,3◦ ) und Δx = 0, 05 m wird daraus zum Beispiel ungef¨ ahr ps f > 28 Hz . pp Bei ps = 10 pp ließe sich etwa ab f = 280 Hz mit der Toleranz von 1 dB messen. Wie Kapitel 6 zeigti, m¨ ussten die W¨ ande des Messraumes dazu schon etwa einen Absorptionsgrad von α = 0, 3 besitzen. Gleichung (2.99) verlangt m¨ oglichst kleine Messabst¨ande Δx, damit bei m¨ oglichst hohen Frequenzen noch fehlerfrei gemessen werden kann. In (2.108) wird andererseits ein großes Δx zur Ber¨ ucksichtigung tiefer Frequenzen verlangt. Bei breitbandigen Messungen wird deshalb der Frequenzbereich meist in zwei Intervalle aufgeteilt und mit zwei unterschiedlichen Mikrophonabst¨anden behandelt. 2.5.4 Normen F¨ ur die Messung von Intensit¨ at und Leistung mit Hilfe des geschilderten Verfahrens sollten folgende Normen beachtet werden: •
ISO 9614-1: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Intensit¨ atsmessungen - Teil 1: Messungen an diskreten Punkten (von 1995) • EN ISO 9614-2: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Intensit¨ atsmessungen - Teil 2: Messung mit kontinuierlicher Abtastung (von 1996) • EN ISO 9614-3: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Intensit¨ atsmessungen - Teil 3: Scanning-Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 (von 2003) • DIN EN 61043: Elektroakustik; Ger¨ ate f¨ ur die Messung der Schallintensit¨ at; Messung mit Paaren von Druckmikrophonen (von 1994)
60
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium Dieser Abschnitt versucht zu kl¨ aren, welche prinzipiellen Ph¨anomene und Effekte im sich bewegenden Medium aus Gas zu erwarten sind. Bekanntlich z¨ ahlen Bewegungen immer relativ zu einem Punkt oder Koordinatensystem, das man sich dann als ruhend vorstellt. Die Frage nach dem fließenden Medium meint also – pr¨ aziser ausgedr¨ uckt – die Betrachtung von Medium, Schallquelle und Empfangseinrichtung (Ohr oder Mikrophon) relativ zueinander. Dabei interessieren vor allem die drei folgenden, oft auftretenden Situationen: 1. Herrscht Wind im Freien, dann bleiben Schallquelle und Schallempf¨anger ortsfest am Boden, w¨ ahrend das Medium als Ganzes u ¨ber sie hinwegl¨auft. Hier denkt man sich also Sender und Ohr oder Mikrophon unbeweglich fest, w¨ ahrend das Gas davonstr¨ omt. 2. H¨ aufig erlebt man im Alltag – selbst fast ruhend – Quellen, die mit der Fahrgeschwindigkeit U gegen¨ uber der Luft bewegt werden, z.B. die Sirene von Einsatzfahrzeugen der Polizei oder Feuerwehr. Hier denkt man sich also den ruhenden Empf¨ anger fest im ruhenden Medium, w¨ahrend die Quelle relativ zu diesen beiden bewegt wird. 3. Und schließlich kann noch die Empfangseinrichtung (das Ohr des Fahrers in einem Fahrzeug z.B.) auf die im Medium ruhende Quelle zu- oder wegbewegt werden. Hier denkt man sich also die ruhende Quelle fest im ruhenden Medium, w¨ ahrend der Empf¨ anger relativ zu diesen beiden bewegt wird. Diese drei F¨ alle bilden zwei Gruppen mit einem sehr erheblichen Unterschied. Im ersten Fall n¨ amlich bleibt der Abstand zwischen Sender und Empf¨ anger zu allen Zeiten gleich, auch die Laufzeit des Schalles zwischen den beiden ist konstant und zeitunabh¨ angig. Aus diesem Grund wird das Schallsignal ohne Verzerrungen der Signalgestalt u ¨bertragen. Werden andererseits Sender und Empf¨ anger relativ zueinander bewegt, dann ist der Abstand zwischen ihnen und die zugeh¨ orige Signal-Laufzeit T selbst zeitver¨anderlich, und ¨ deshalb wird das Schallsignal durch die Ubertragung verformt. Eine anschauliche Darstellung des genannten Unterschieds versucht Bild 2.10. Hier wird das zum Zeitpunkt t0 emittierte Signal mit der Laufzeit T (t0 ) u ¨bertragen, das zur Zeit t0 + ΔT gesendete Signal dagegen ben¨otige die Laufanger. Nur wenn – wie bei zueinander in Ruhe zeit T (t0 + ΔT ) zum Empf¨ verharrenden Quelle und Empf¨ anger – die beiden Laufzeiten gleich sind, also wenn T (t0 ) = T (t0 + ΔT ) gilt, dann ist das Empfangssignal ein unverzerrtes Abbild des Quellsignales. Bei reinen T¨ onen als Quellsignal (Frequenz fQ ) entsteht dann am Empf¨ anger die gleiche Frequenz, f¨ ur die Empfangsfrequenz fE gilt also fE = fQ . Wie Kapitel 13 zeigt besteht darin eine wichtige Eigen¨ schaft von allen zeitinvarianten (und linearen) Ubertragern: Bei ihnen sind die Frequenzen von Anregung (Quelle) und Wirkung (Empf¨anger) immer gleich groß.
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium Sendesignal
61
Empfangssignal
Laufzeit T(t0) Laufzeit T(t0+ΔT)
ΔT t = t0
t = t 0 + ΔT
Zeit t
Bild 2.10. Prinzipskizze zur Erkl¨ arung des Dopplereffekts
Bewegungen von Sender und Empf¨ anger relativ zueinander bilden fast ¨ schon das Urbild von zeitver¨ anderlichen (zeitvarianten) Ubertragern. Hier sind die beiden Laufzeiten T (t0 ) und T (t0 + ΔT ) unterschiedlich gross, weil sich w¨ ahrend des Zeitintervalles ΔT der Abstand zwischen Quelle und Empfangspunkt ge¨ andert hat. Deshalb erfahren sendeseitige reine T¨one bei der ¨ Ubertragung eine Ver¨ anderung der Frequenz, die Frequenzen von Sender und Empf¨ anger fQ und fE sind damit unterschiedlich groß. Dieser Effekt wird (nach seinem Entdecker) Dopplereffekt genannt. Die aufgef¨ uhrten Anordnungen aus ruhenden oder bewegten Quellen und Empf¨ anger relativ zueinander und/oder zu einem ruhenden oder bewegten Medium lassen sich anschaulich vergleichen mit einem str¨omenden Fluss oder einem ruhenden See, auf dessen Oberfl¨ ache Wellen entlanglaufen (siehe z.B. Bild 2.11); letztere symbolisieren die Luftschallwellen im Gas. Zun¨ achst sei der erstgenannte Fall mit am Ufer ruhender Quelle und einem ebenfalls dort stehenden Beobachter betrachtet (Bild 2.11). Die ruhende Quelle kann man sich beispielhaft vorstellen wie ein Schlagwerk, das mit der Periode TQ wiederholt auf die Wasserfl¨ ache aufschl¨agt, die Quellfrequenz betr¨ agt dabei fQ = 1/TQ . Bei ruhendem Medium U = 0 laufen die so erzeugten St¨ orungen mit der Geschwindigkeit c den Wellenleiter entlang, sie w¨ urden w¨ ahrend einer zeitlichen Periode gerade das St¨ uck Δx = cTQ zur¨ ucklegen. Bei str¨ omendem Medium werden die St¨ orungen vom Fluid nat¨ urlich einfach mitgenommen, sie laufen also der Quelle mit der Geschwindigkeit c + U ’davon’, w¨ ahrend einer zeitlichen Periode legen sie deshalb die Strecke Δx = (c+U )TQ zur¨ uck. Der ¨ ortliche Abstand zweier St¨ orungen bezeichnet die ¨ortliche Periode und damit die Wellenl¨ ange λ. Sie ist gerade gleich der von den St¨orungen w¨ahrend TQ zur¨ uckgelegten Strecke und betr¨ agt deshalb
62
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Bild 2.11. Prinzipskizze zur Erkl¨ arung des Dopplereffekts bei mit dem Fluid mitbewegtem Empf¨ anger
λ=
c+U . fQ
(2.109)
Die Wellenl¨ ange hat sich also gegen¨ uber dem ruhenden Medium vergr¨oßert. Dabei ist es u ollig gleichg¨ ultig, ob das Wellengebirge vom Ufer aus ¨brigens v¨ oder von einem mit dem Fluid mittreibenden Empf¨anger beobachtet (fotografiert) wird. Auch von einem mit der Str¨ omung mitschwimmenden Schiff aus wird die gleiche Wellenl¨ ange wie vom Ufer aus beobachtet. Wie eingangs erw¨ ahnt sind hier die Frequenzen von Quelle und Empf¨anger gleich. Das ergibt sich auch aus der anschaulichen Vorstellung des laufenden Wellengebirges. W¨ ahrend der Zeit ΔT schiebt sich das St¨ uck (c + u)ΔT am ahrend ΔT vorbeiziehenden St¨orunEmpf¨ anger vorbei. Die Anzahl NE der w¨ gen betr¨ agt deswegen (c + U )ΔT Δx = . λ λ Das Verh¨ altnis NE /ΔT bezeichnet die Empfangsfrequenz NE =
(2.110)
NE . (2.111) ΔT Aus Gl.(2.109) folgt dann erwartungsgem¨ aß fE = fQ . Eine sehr ¨ ahnliche Betrachtung ergibt nun auch die Doppler-Verschiebung an einem mit dem Fluid mitschwimmenden Empf¨anger. Da der Wellentransport mit der Laufgeschwindigkeit c an ihm vorbeizieht (siehe Bild 2.11), gilt f¨ ur die Anzahl NE der an ihm vorbeilaufenden Wellenl¨angen diesmal fE =
NE =
cΔT . λ
(2.112)
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium
63
Daraus folgt nach Einsetzen der Wellenl¨ ange nach Gl.(2.109) NE /ΔT =
c c = fQ . λ c+U
(2.113)
Die linke Seite bezeichnet wieder die Empfangsfrequenz. In der rechten Seite k¨ urzt man noch das Geschwindigkeits-Verh¨ altnis U/c durch die Machzahl M ab: U . (2.114) M= c F¨ ur die Doppler-Verschiebung bei ruhender Quelle (Frequenz fQ ) und mit dem bewegten Medium mitlaufendem Empf¨ anger (Frequenz fE ) gilt also fE =
fQ . 1+M
(2.115)
Wie eingangs erkl¨ art z¨ ahlen nur Relativbewegungen. Ob also – wie bisher angenommen – das Fluid sich mit einem in ihm eingebetteten Empf¨anger bewegt und die Quelle (am Ufer) steht, oder ob man Fluid und Empf¨anger als ruhend ansieht und die Quelle in entgegengesetzter Richtung davonlaufen l¨asst, das muss sich v¨ ollig gleich bleiben. Immer dann, wenn Fluid und Empf¨anger zueinander in Ruhe bleiben und gemeinsam bewegt werden, beschreibt also Gl.(2.115) die Doppler-Verschiebung. Es versteht sich wohl von selbst, dass M dabei eine vorzeichenbehaftete Gr¨ oße ist; negative Werte von U (Quelle und Empf¨ anger laufen dann aufeinander zu) bleiben hier und im Folgenden zugelassen.
Welle mit Geschwindigkeit c gegenüber See (Fluid)
auf See (im Fluid) ruhende Quelle
c
QF
stehender See (Fluid)
ruhendes Ufer E U mit U gegenüber See (Fluid) bewegter Empfänger
Bild 2.12. Prinzipskizze zur Erkl¨ arung des Dopplereffekts bei im Fluid ruhender Quelle und bewegtem Empf¨ anger
64
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Die Doppler-Verschiebung ¨ andert sich hingegen im eingangs aufgef¨ uhrten dritten Fall, bei welchem nun die Quelle mit dem Medium mitgef¨ uhrt wird. Die einfachste Vorstellung, die man sich davon machen kann, ist vielleicht die von Bild 2.12: In einem ruhenden See (Fluid) befindet sich eine gleichfalls ruhende Quelle, der Empf¨ anger am Ufer dagegen bewege sich mit der Geschwindigkeit U in Bild 2.12 nach links. Nat¨ urlich interessiert sich das Wellenfeld auf dem See gar nicht f¨ ur die Bewegungen des Empf¨ angers am Ufer, es ist also einfach λ=
c . fQ
(2.116)
Die Anzahl der Perioden NE des Wellengebirges, das w¨ahrend ΔT am bewegten Empf¨ anger vorbeieilt, ist NE =
(c − U )ΔT Δx = . λ λ
(2.117)
Weil der Empf¨ anger den Seewellen davon zu laufen versucht, ziehen die Wellen nur mit der Geschwindigkeit c-U an ihm vorbei. F¨ ur die Anzahl der Perioden ahrend ΔT am bewegten Empf¨anger vorbeil¨auft, NE des Wellengebirges, das w¨ gilt deswegen fE =
c−U (c − U ) NE = = fQ = (1 − M )fQ . ΔT λ c
(2.118)
Gl.(2.118) beschreibt die Doppler-Verschiebung, wenn Medium und Schallquelle zueinander ruhen. Wie man sieht, muss man also unterscheiden, ob sich der Sender oder der Empf¨ anger relativ zum Medium bewegt, in diesen beiden F¨allen ergeben sich unterschiedliche Doppler-Verschiebungen. Bei Bewegungen der Quelle relativ ¨ zum Medium kommt eine Anderung der Wellenl¨ange hinzu. Die Unterschiede in den Gesetzm¨ aßigkeiten (2.115) und (2.118) sind allerdings f¨ ur kleinere Machzahlen sehr gering, wie auch Bild 2.13 lehrt. Man bedenke auch, dass eine Machzahl von nur 0,1 in Luft schon einer Geschwindigkeit von 34 m/s und damit mehr als 120 km/h entspricht; gr¨ oßere Geschwindigkeiten treten in der Akustik nur sehr selten auf. Trotzdem gelten die genannten Gesetzm¨ aßigkeiten nicht nur auch f¨ ur ne¨ gative Machzahlen, sondern sogar auch noch f¨ ur den Fall der Uberschallgeschwindigkeit |M | > 1, solange die in (2.110) bzw. in (2.117) aufgef¨ uhrten Anzahlen nicht kleiner als Null werden. Am ehesten interessiert in diesem Geschwindigkeitsbereich |M | > 1 wohl der im Fluid ruhende Empf¨anger und die ¨ demgegen¨ uber bewegte Quelle; das entspricht dem mit Uberschallgeschwindigkeit auf einen Beobachter zukommenden oder von ihm weg fliegenden Flug¨ zeug. Vielleicht stellt man sich zur Erkl¨ arung am einfachsten den Ubergang ¨ |M | < 1 zum Uberschall |M | > 1 vor. Zun¨ achst wird die Wellenl¨ange nach Gl.(2.109) bei negativen Geschwindigkeiten mit wachsendem |M | immer kleiner; die Wellenausbreitung kommt sozusagen immer schwerer gegen den Wind an, bis sie schließlich in Flugrichtung der bewegten Quelle im Gegenwind bei
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium
65
2
fE/fQ
1.5
Quelle bewegt sich im Medium
1
Quelle ruht im Medium 0.5
0 −0.5
−0.25
0
0.25
0.5
Machzahl M
Bild 2.13. Doppler-Verschiebungen f¨ ur Quellen, die im Medium ruhen, und f¨ ur Quellen, die im Medium bewegt werden.
|M | = 1 ganz zusammenbricht. F¨ ur |M | > 1 findet dann in Flugrichtung gar ¨ keine Wellenausbreitung mehr statt. Eine auf den Beobachter mit Uberschall zueilende Quelle kann deshalb nicht geh¨ ort werden; erst wenn sie vorbeigeflogen ist, wird sie auch wahrnehmbar. Die bisherigen Betrachtungen bedienten sich zur Kl¨arung des Grunds¨atzlichen eindimensionaler Wellenleiter. Bei r¨ aumlicher Schallausbreitung unter Wind mit auf der Erdoberfl¨ ache ruhender Quelle und gleichfalls ruhendem Beobachtungs-System ergibt sich zwar keine Dopplerverschiebung, jedoch vollzieht sich die Schallausbreitung mit richtungsabh¨angiger Wellenl¨ange, wie leicht nachzuvollziehen ist: Mit dem Wind ist die Wellenl¨ange gr¨oßer als gegen den Wind, und seitlich dazu ist sie von der Str¨omungsgeschwindigkeit sogar noch unbeeinflusst. Allgemein l¨ asst sich zeigen, dass man das Schallfeld pM (x, y, z) f¨ ur kleine Machzahlen M aus dem Schallfeld bei ruhendem Medium p(x, y, z) wie folgt n¨ aherungsweise berechnen kann: pM (x, y, z) = ejkM x p(x, y, z) .
(2.119)
Dabei ist eine mit der Geschwindigkeit U in x-Richtung laufende Str¨omung angenommen worden, k bedeutet die Wellenzahl im ruhenden Medium (k = ω/c = 2π/λ). Die schon genannten Effekte k¨onnen an der Darstellung der Teilchenbewegung in Bild 2.14 abgelesen werden. Der Deutlichkeit halber bl¨ ast hier der Wind mit einer schon recht großen Machzahl von M = 0, 33 (400 km/h etwa) von links nach rechts.
66
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Bild 2.14. Teilchenbewegung bei Schallausbreitung im str¨ omenden Medium (M = 0, 33) bei ruhender Quelle u ¨ber dem ruhenden Koordinatensystem aufgetragen
2.7 Wellenaufsteilung Mit gutem Grund sind in den vorangegangenen Abschnitten dieses Kapitels stets Nichtlinearit¨ aten vernachl¨ assigt worden. Bis zu den h¨ochsten gerade noch wahrnehmbaren Pegeln von bis zu 140 dB sind die Schallfeldgr¨oßen Schalldruck p, Schalldichte und Schalltemperatur T so klein verglichen mit den statischen Ruhegr¨ oßen p0 , 0 und T0 , dass quadratische Ausdr¨ ucke in den Feldgr¨ oßen stets weggelassen werden konnten. Wachsen die Pegel allerdings noch weiter u ur Menschen ertr¨agliche ¨ber das f¨ Maß hinaus, wie z.B. bei mit Beschallung durchgef¨ uhrten Tests f¨ ur SatellitenTeile, dann gewinnen die Nichtlinearit¨ aten an Bedeutung. Nun geh¨ort die ’Akustik der h¨ ochsten Pegel’ sicherlich nicht zu den eigentlichen Themen ’Technischer Akustik’. Einige (wenige) Bemerkungen, welcher Effekt in dem genannten Grenzgebiet haupts¨ achlich zu erwarten ist, werden jedoch wohl auch nicht schaden. Der wichtigste Sachverhalt ist leicht zu verstehen. Wie im letzten Abschnitt geschildert ¨ andert sich die Schallausbreitungsgeschwindigkeit im str¨omenden Medium. Nun beschreibt aber gerade auch die Schallschnelle die lokale Bewegung des Mediums, in dem sich das Schallgeschehen abspielt. Deshalb erh¨ oht sich die Schallgeschwindigkeit in Bezirken ’mit großer Schnelle in Ausbreitungsrichtung’, in Bezirken ’mit großer Schnelle entgegen der Ausbreitungsrichtung’ wird sie etwas verringert. Es laufen also die Schnelle-Maxima ¨ ’mit Uberschallgeschwindigkeit’ und daher rascher als die Schnelle-Minima, die im Prinzip mit ’Unterschallgeschwindigkeit’ laufen. Ein Maximum entfernt sich demnach von einem vorangegangen Minimum und n¨ahert sich dem ihm folgenden Minimum an. Dieser Effekt l¨ asst sich durch eine Simulations-
2.7 Wellenaufsteilung
67
rechnung demonstrieren, deren Ergebnis in Bild 2.15 vorgestellt wird. Hier ist wiedergegeben zun¨ achst die lineare Welle vl (x, t) = v0 cos ω(t −
x ) c
(2.120)
und dann noch die nichtlineare Welle v(x, t) = v0 cos ω(t −
x 2πx ) = v0 cos (ωt − ) (2.121) c + vl (x, t) λ(1 + vl (x, t)/c)
jeweils f¨ ur t = 0 als Ortsfunktion f¨ ur den Fall v0 = 0, 025 c, das entspricht einem Pegel von etwa 163 dB. Viel kleinere Schnelle-Amplituden bringen den gezeigten Effekt nat¨ urlich zum Erliegen. Weil sich - wie gesagt - die Maxima auf die jeweils folgenden Minima zubewegen nimmt die Steilheit der entsprechenden Flanken zu, woraus sich der Name des Effekts erkl¨art. Wie man erkennt w¨ achst die Aufsteilung mit dem Abstand von der (hier in x = 0 gedachten) Quelle. In einem gewissen ’kritischen’ Abstand xc r w¨ urde also ein Maximum das n¨ achste Minimum eingeholt haben, es k¨ame zu einer Art von ¨ ’Uberschlag’, ahnlich wie bei Meereswellen. ¨ 0.03
vl
v
0.02
v/c
0.01
0
−0.01
−0.02
−0.03 0
1
2
3
4
5
x/λ
Bild 2.15. Simulation der Wellenaufsteilung mit v0 = 0, 025c f¨ ur Zeitpunkte ωt = 2nπ
Der kritische Abstand l¨ asst sich aus dem angenommenen Modell leicht bestimmen. F¨ ur Zeitpunkte ωt = 2nπ liegen die Maxima bei xmax =n, λ(1 + v0 /c)
68
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
die darauf folgenden Minima bei xmin = n + 1/2 , λ(1 − v0 /c) ¨ Im Uberschlagspunkt ist xmax = xmin , daraus folgt n=
1 1 − v0 /c ≈ xcr /λ . 4 v0 /c
(2.122)
So gesehen ist es also nur eine Frage des Abstandes von der Quelle, bis sich die Wellenaufsteilung einstellt. F¨ ur den im Bild 2.15 gezeigten Fall betr¨agt xcr /λ ≈ 10. Bei 100 dB ist andererseits v0 ≈ 7 10−3 m/s und damit v0 /c ≈ ¨ also 2 10−5 , oder xcr ≈ 104 λ. Selbst bei 1000Hz l¨age der Uberschlagspunkt in etwa 3,5 km Entfernung von der Quelle. Es d¨ urfte klar sein, dass u ¨ber so große Laufstrecken die innere, unvermeidlich D¨ampfung im Medium l¨angst f¨ ur die Gl¨ attung des aufgesteilten Signales gesorgt hat, die Pegelabnahme mit der Entfernung bei der Ausbreitung im dreidimensionalen Kontinuum tut ein ¨ Ubriges. Zu erw¨ ahnen ist nur noch, dass sich die vorne angedeuteten (und dann ¨ vernachl¨ assigten) Nichtlinearit¨ aten tats¨ achlich auch als eine Anderung der Schallgeschwindigkeit deuten lassen. Am einfachsten zeigt man das wohl an der adiabatischen Zustandsgleichung, wenn in ihr nun auch noch der quadratisch kleine Term in der Taylor-Entwicklung mit ber¨ ucksichtigt wird. Mit f (x) = (1 + x)κ ≈ 1 + κx + κ(κ − 1)x2 /2 erh¨ alt man an Stelle von 2.15 nun p κ(κ − 1) 2 κ−1 ( ) = κ [1 + =κ + ]. p0 0 2 0 0 2 0
(2.123)
Wenn jetzt noch wie vorne c2 = κp0 /0 benutzt wird, so erh¨alt man schließlich p = c2N ,
(2.124)
worin cN eine nichtlineare, orts- und zeitabh¨ angige Schallgeschwindigkeit c2N = c2 [1 +
κ−1 ] 2 0
(2.125)
bedeutet. Es l¨ asst sich auf ¨ ahnlichem Weg leicht zeigen, dass der im MassenErhaltungsprinzip nach Gl.(2.19) enthaltene nichtlineare Ausdruck ebenfalls ¨ als eine (zus¨ atzliche, nichtlineare) Anderung der Schallgeschwindigkeit gedeutet werden kann.
2.8 Zusammenfassung ¨ Schall besteht in (sehr) kleinen Anderungen p des Druckes, der Dichte und T der Temperatur in Gasen, die sich wellenf¨ ormig im Medium mit der Wellengeschwindigkeit c ausbreiten. Bei reinen T¨onen besitzen die Wellen die
2.8 Zusammenfassung
69
¨ Wellenl¨ ange λ = c/f . W¨ armeleitung tritt bei den sehr schnellen Anderungen der Schallvorg¨ ange nicht auf, die drei Zustandsgr¨oßen erf¨ ullen deshalb – neben der Boyle-Mariotte-Gleichung – die adiabatische Zustandsgleichung. Aus der Boyle-Mariotte-Gleichung folgt f¨ ur die akustischen Gr¨oßen p T = + . p0 0 T0 Die adiabatische Zustandsgleichung auf akustische Gr¨oßen zugeschnitten lautet p = 2 . c Darin bedeutet c die Schallausbreitungsgeschwindigkeit, sie betr¨agt R c= κ T0 Mmol und h¨ angt damit nur vom Stoff (der Gasart) und von der Temperatur ab. Die mit den Dichte¨ anderungen einhergehenden Bewegungen der lokalen Luft werden durch ihre Geschwindigkeit, die Schallschnelle v, bezeichnet. F¨ ur ebene fortschreitende Wellen (im reflexionsfreien Wellenleiter) ist das Verh¨altnis aus Druck und Schnelle konstant: p = 0 c v . Die Konstante 0 c wird als Wellenimpedanz oder als Kennwiderstand des Mediums bezeichnet. Stehende Wellen werden aus zwei fortschreitenden Wellen gleicher Amplitude und entgegengesetzter Laufrichtung gebildet. Sie entstehen also entweder durch Reflexion oder zwischen Quellen. Bei unvollst¨andiger Reflexion setzt sich das Schallfeld sowohl aus fortschreitenden (’aktiven’) als auch aus stehenden (’reaktiven’) Anteilen zusammen. Nimmt die Schallenergie in einem gasgef¨ ullten Volumen weder durch innere Verluste noch durch Transport nach außen ab, so entstehen Resonanzen. F¨ ur eindimensionale Wellenleiter lassen diese sich auch aus dem ’Prinzip des gleichphasigen Anschlusses’ erkl¨ aren. Mit der Schallausbreitung l¨ auft die momentan im Medium gespeicherte Schallenergie mit. Letztere setzt sich aus den zwei Anteilen ’Bewegungsenergie’ und ’Kompressionsenergie’ zusammen. Der Schallenergie-Transport wird durch die Intensit¨ at I = P/S beschrieben, sie ist gleich dem Verh¨altnis aus der die Fl¨ ache S durchsetzenden Leistung P und der Fl¨ache S selbst. Wie man zeigen kann, besteht allgemein die Intensit¨ at aus dem Produkt von Druck und Schnelle I = pv . Schallleistungsmessungen k¨ onnen deshalb wie beim Intensit¨ats-Messverfahren auf der Bestimmung von v z.B. durch Verwendung eines Mikrophonpaares
70
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
fußen, oder die Messung wird unter Freifeldbedingungen im Fernfeld vorgenommen, weil sich die Intensit¨ at in diesem Fall alleine aus dem Schalldruck bestimmen l¨ asst. Bei Relativbewegungen zwischen Quelle und Empf¨anger tritt der DopplerEffekt auf. Damit sind Frequenzverschiebungen gemeint, die sich aus der selbst zeitabh¨ angigen Verz¨ ogerungszeit zwischen Sender und Empf¨anger erkl¨ art. Die Dopplerfrequenz h¨ angt geringf¨ ugig davon ab, ob die Quelle oder der Empf¨ anger gegen¨ uber dem Medium ruht.
2.9 Literaturhinweise Eine exzellente und dabei leicht verst¨ andliche Beschreibung der Natur von Wellen gibt das Buch Waves and Oscillations“ von K. U. Ingard (Cambridge ” University Press, Cambridge 1990). Es behandelt die akustischen Wellen in Gasen, Fluiden und Festk¨ orpern und geht auch auf andere Wellenarten – wie elektromagnetische Wellen und Wellen an der Wasseroberfl¨ache – ein. Zur Intensit¨ atsmesstechnik sei das Buch von F. Fahy “Sound Intensity“ (Elsevier, London und New York 1995) empfohlen.
¨ 2.10 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Welche der folgenden Funktionen in Ort und Zeit erf¨ ullen die Wellengleichung? f1 (x, t) = ln(t + x/c) f2 (x, t) = e(x−ct) f3 (x, t) = sh(ß(ct + x)) f4 (x, t) = cos(ax2 + bx3 − ct) Aufgabe 2 Zu Versuchszwecken wird der Hohlraum zwischen den Scheiben von Doppelfenstern mit Wasserstoff (Dichte 0,084 kg/m3 ), mit Sauerstoff (Dichte 1,34 kg/m3 ) oder mit Kohlendioxyd (Dichte 1,85 kg/m3 ) bef¨ ullt. Damit die Scheiben weder nach außen noch nach innen ausbeulen, ist der Druck in der Gasbef¨ ullung gleich dem Luftdruck außen. •
Wie groß sind die Schallgeschwindigkeiten in den genannten zweiwertigen Gasen (Dichte von Luft = 1, 21 kg/m3 , Schallgeschwindigkeit = 340 m/s)? ur die genannten Gase • Wie groß sind die Elastizit¨ atsmodule E = 0 c2 f¨ und f¨ ur Luft? • Wie groß sind die Wellenl¨ angen f¨ ur die Frequenz von 1000 Hz?
¨ 2.10 Ubungsaufgaben
71
Aufgabe 3 In einer ebenen fortschreitenden Welle wird ein Effektivwert des Schalldruckes von 0, 04 N/m2 festgestellt. Wie groß ist • • • • •
die Schallschnelle (man rechne mit 0 c = 400 kg/sm2 ), die Teilchenauslenkung f¨ ur die Frequenzen von 100 Hz und 1000 Hz, die Schallintensit¨ at, die Schallleistung, die durch eine Fl¨ ache von 4 m2 hindurchtritt und Schalldruckpegel, Schallintensit¨ atspegel und Schallleistungspegel f¨ ur die Fl¨ ache von 4 m2 ?
Aufgabe 4 Auf einer w¨ urfelf¨ormigen H¨ ullfl¨ ache, die eine Schallquelle umschließt, werden im reflexionsarmen Raum die in der Tabelle genannten A-bewerteten Schalldruckpegel gemessen. Die 6 Teilfl¨ achen der H¨ ulle betragen jeweils 2 m2 . Wie groß ist der A-bewertete Schallleistungspegel der Quelle? Teilfl¨ ache 1 2 3 4 5 6
L/dB(A) 88 86 84 88 84 83
Aufgabe 5 Eine mit der Frequenz von 1000 Hz betriebene Schallquelle bewege sich relativ zu einem Empf¨ anger mit der Geschwindigkeit von 50 km/h (oder 100 km/h oder 150 km/h). Wie groß ist die Empf¨ angerfrequenz, wenn • •
a) die Quelle im Medium ruht und b) der Empf¨ anger im Medium ruht.
Man betrachte dabei die beiden F¨ alle, bei denen Sender und Empf¨anger aufeinander zueilen oder von einander wegstreben. Aufgabe 6 Wie groß ist die Schallausbreitungsgeschwindigkeit in ’verbrauchter’ Luft (gemeint ist ’in Stickstoff’) und in reinem Sauerstoff jeweils bei 200 C ?
72
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Aufgabe 7 Eine sogenannte ’schallweiche’ Reflexion wird durch den Reflexionsfaktor r = −1 gekennzeichnet. Ein schallweicher Reflektor liegt n¨aherungsweise z.B. vor ¨ bei pl¨ otzlichen, großen Querschnittserweiterungen (Offnung eines Rohrst¨ uckes ins Freie, z.B. auch am unteren Ende einer Blockfl¨ote). •
Wie lautet die Gleichung f¨ ur den Ortsverlauf des Schalldruckes vor dem Reflektor im Raumbereich x < 0 (Koordinatenursprung am Reflektor angeheftet)? Wo liegen die Knoten des Druckverlaufes? • Man berechne die Schallschnelle. Wo liegen die Schnelleknoten? • Man leite die Resonanzgleichung her und gebe die ersten drei Resonanzfrequenzen f¨ ur eine Rohrl¨ ange von 25 cm an. Dabei bestehe die Schallquelle in einer gestreckten Membran im Abstand l vor dem Reflektor, welche mit einer gegebenen Schnelle v0 bewegt wird. Aufgabe 8 Wie groß sind die Wellenl¨ angen in Wasser (c=1200 m/s) bei 500 Hz, 1000 Hz, 2000 Hz und 4000 Hz? Aufgabe 9 Ein halbunendlicher, eindimensionaler Wellenleiter (luftgef¨ ulltes Rohr mit ’Wellensumpf’ am Ende) mit der Querschnittsfl¨ache S wird durch eine gestreckte (plane) Lautsprecher-Membran in x = 0 angeregt. Die Membranschnelle vM (t) sei vM (t) = v0 sin πt/T im Intervall 0 < t < T ; ausserhalb dieses Intervalls f¨ ur t < 0 und f¨ ur t > T sei vM (t) = 0. Man bestimme • • • • •
den Schalldruck f¨ ur alle Zeiten und Orte, ebenso die Schallschnelle, ebenso die Energiedichte, ebenso die Intensit¨ at und die von der Quelle insgesamt abgegebene Energie.
Wie groß ist die von der Quelle erzeugte Energie bei einer Schnelle von v0 = 0, 01 m/s = 1 cm/s, einem Durchmesser von 10 cm des Wellenleiters mit kreisf¨ ormiger Querschnittsfl¨ ache und der Signaldauer von T = 0, 01s? Aufgabe 10 Bei einer Messung mit der Intensit¨ atsmesssonde soll ein hochfrequenter Fehler von 2 dB (3 dB) toleriert werden. •
Wie groß ist das Verh¨ altnis aus Sensor-Abstand Δx und der Wellenl¨ange λ bei der h¨ ochsten zugelassenen Messfrequenz, • wie groß ist diese maximale Messfrequenz f¨ ur Δx = 2, 5 cm?
¨ 2.10 Ubungsaufgaben
73
Aufgabe 11 Welche Phasentoleranz der Mikrophone ist h¨ ochstens akzeptabel, wenn mit einer Intensit¨ atsmesssonde (Sensorabstand Δx = 5 cm) bis hinunter nach 100 Hz bei einem Stehwellenanteil von ps /pp = 10 (ps /pp = 100) auf 1 dB genau gemessen werden soll? Aufgabe 12 Ein Einsatzfahrzeug (von Polizei oder Feuerwehr) f¨ahrt mit eingeschaltetem Martinshorn bei Windstille an einem u ¨ber der Fahrbahn geeignet angebrachten Mikrophon mit konstanter Geschwindigkeit U vorbei. Vor der Vorbeifahrt wird die Frequenz von fE1 = 555, 6 Hz (des wichtigsten WarnsignalFrequenzbestandteiles) aus dem Mikrophonsignal ermittelt. Nach der Vorbeifahrt betr¨ agt diese Frequenz nur noch fE2 = 454, 6 Hz. Mit welcher Geschwindigkeit fuhr das Einsatzfahrzeug? Wie groß ist Sendefrequenz des Martinshorns?
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Wie die allt¨ agliche Beobachtung lehrt (und wie einer der n¨achsten Abschnitte noch zeigen wird), weisen Schallquellen oft eine Richtungs-Abh¨angigkeit des von ihnen emittierten Schalls auf. Der vom Beobachter wahrgenommene Pegel h¨ angt nicht nur vom Abstand zur Schallquelle ab; auch wenn die Quelle umkreist wird, ¨ andert sich der Pegel mit dem Winkel. Andererseits ist von einer Reihe auch technisch interessierender Quellen bekannt, dass sie allseitig etwa gleichm¨ aßig Schall aussenden. Nicht zu große Schallquellen, wie kleinere Maschinen, Austritts¨offnungen von L¨ uftungen mit niederfrequentem Schall, Arbeitsvorg¨ ange wie Rammen, H¨ammern und Schlagen und viele andere, vor allem breitbandige Vorg¨ange, besitzen oft eine praktisch wenig relevante Richtungs-Abh¨ angigkeit im hervorgerufenen Schallfeld. Allgemein kann man sogar zeigen, dass einseitig verdr¨angende Schallquellen immer dann eine ungerichtete Schallabstrahlung besitzen, wenn ihre Abmessungen klein gegen¨ uber der Wellenl¨ ange sind. Ihre Richtwirkung ist also stets bei hinreichend tiefen Frequenzen kugelf¨ ormig. Und schließlich sind bei u ¨berschl¨ agigen Vorausberechnungen der Wirkung von Schallquellen Details der Richtungs-Abh¨ angigkeit oft gar nicht bekannt, so dass man auf die (u. U. gar nicht zutreffende) Annahme allseitig gleichm¨ aßiger Emission angewiesen ist. Es besteht also Grund genug, das Kapitel u ¨ber Ausbreitung und Abstrahlung mit der ungerichteten Schallabstrahlung im Freien zu beginnen, wobei sekund¨ are Einfl¨ usse, wie z.B. Witterungsbedingungen, hier unbeachtet bleiben.
3.1 Ungerichtete Schallabstrahlung von Punktquellen Die Betrachtung ungerichteter Quellen ist besonders einfach, wenn sie anhand eines Energieprinzips durchgef¨ uhrt wird. Bei allen Schallquellen (auch bei beliebiger Richtwirkung) muss durch jede beliebige, die Quelle ganz umschließende H¨ ullfl¨ ache die gleiche akustische Leistung P hindurchtreten (Ausbreitungsverluste k¨ onnen bei nicht zu großen Quellabst¨anden vernachl¨assigt
76
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
werden). Weil das auch f¨ ur eine H¨ ulle direkt auf der Quelloberfl¨ache gilt, muss P dabei gleich der von der Quelle in das Medium eingespeisten Leistung sein. F¨ ur die ungerichtete Abstrahlung w¨ ahlt man (gedachte) Kugelfl¨achen S = 4πr2 mit dem Sender im Mittelpunkt (Bild 3.1). In gr¨oßerer Entfernung verhalten sich die ausgesandten Kugelwellen immer mehr wie ebene Wellen, weil die Kr¨ ummung der Wellenfronten nachl¨asst. Nach den LeistungsBetrachtungen in Kapitel 2 gilt also im Fernfeld P =
1 2 1 2 p S= p 4πr2 , c eff c eff
(3.1)
wobei P wie gesagt die Leistung der Schallquelle darstellt. Kugelfläche 4πr 2
Abstand r
ungerichtete Schallquelle
Bild 3.1. H¨ ullfl¨ ache in Form einer Kugeloberfl¨ ache zur Bestimmung der von einer ungerichteten Punktschallquelle abgestrahlten Leistung
Der Schalldruck verringert sich demnach umgekehrt proportional zum Abstand. Nat¨ urlich ist die Umformung von (3.1) in ein Pegelgesetz sinnvoll. Dazu wird (3.1) durch die Bezugsleistung P0 = (p0 2 / c) ·1 m2 (siehe Kapitel 2.4) dividiert und anschließend der dekadische Logarithmus genommen. Man erh¨alt so r (3.2) Lp = Lw − 20 lg − 11 dB , m worin Lp den Schalldruckpegel im Abstand r darstellt (hier wie im Folgenden bedeutet r/m den dimensionslosen Abstand, also r/m = r geteilt durch 1 Meter). Dem Abstandsgesetz (3.2) zufolge sinkt der Pegel um 6 dB pro Entfernungsverdoppelung. Befindet sich die Quelle auf einer nahezu vollst¨andig reflektierenden Unterlage (Boden), so tritt die Leistung nur noch durch eine Halbkugel hindurch. In diesem Fall erh¨ alt man statt (3.2) Lp = Lw − 20 lg
r − 8 dB . m
(3.3)
3.2 Ungerichtete Schallabstrahlung von Linienquellen
77
3.2 Ungerichtete Schallabstrahlung von Linienquellen In der Praxis kommen manchmal auch sehr lange Ger¨auschquellen vor, die zum Beispiel aus einzelnen, ungerichtet strahlenden (und inkoh¨arenten) Punktquellen bestehen k¨ onnen. Beispiele daf¨ ur sind dicht befahrene Straßen und Eisenbahnz¨ uge. Bei der Leistungsbetrachtung bezieht man sich diesmal auf Zylinder-Oberfl¨ achen (Bild 3.2) und findet (l=Strahlerl¨ange) P =
p2eff 2πrl . c
(3.4)
F¨ ur die Pegel folgt daraus Zylindermantelfläche 2πrl
Linienquelle
Abstand r
Länge l
Bild 3.2. H¨ ullfl¨ ache in Form einer Zylindermantelfl¨ ache zur Bestimmung der von einer ungerichteten Linienschallquelle abgestrahlten Leistung
r l − 10 lg − 8 dB , (3.5) m m oder, falls sich die Quelle wieder auf einer reflektierenden Unterlage befindet, Lp = Lw − 10 lg
Lp = Lw − 10 lg
r l − 10 lg − 5 dB . m m
(3.6)
Hier f¨ allt der Schalldruck also nur mit 3 dB pro Entfernungsverdoppelung. Dies hat zur Folge, dass sehr lange Quellen wie dicht befahrene Autobahnen einen sehr großen Einwirkungsbereich haben. Beispielsweise betr¨agt der in 1 km Abstand bestimmte Pegel nur 16 dB weniger als der Pegel in 25 m Abstand. F¨ ur den A-bewerteten Dauerschallpegel ist sicher ein Wert von Leq (25 m) = 76 dB(A) an einer Autobahn nicht zu hoch gegriffen, es blieben also noch 60 dB(A) nach einem Kilometer u ucklicherweise mil¨brig! Gl¨ dert der Einfluss von Boden, Bewuchs und Bebauung diese L¨armbelastung etwas ab. F¨ ur k¨ urzere Linienschallquellen (z.B. Personenz¨ uge) muss man in gr¨oßerer N¨ ahe von (3.6), f¨ ur gr¨ oßere Entfernungen dagegen von (3.3) ausgehen. In naher Nachbarschaft einer endlich langen Quelle wirkt diese wie eine
78
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
lange Linienquelle; in großen Abst¨ anden dagegen schrumpfen alle Quellen zu ¨ einem Punkt zusammen. Der Ubergangspunkt zwischen Linien- und Punktquelle liegt etwa beim Abstand rcr = l/2, wie man durch Gleichsetzen von (3.1) und (3.4) sieht. In Abst¨ anden r < rcr wirkt die Quelle wie eine Linie mit 3 dB Pegelabfall pro Entfernungsverdoppelung; f¨ ur Abst¨ande r > rcr dagegen wirkt sie wie ein Punkt mit 6 dB Pegelabfall pro Entfernungsverdoppelung. In der Praxis misst man meist nah an der Quelle, schon um den Einfluss des Hintergrundl¨ arms gering zu halten. Man kann dann nach (3.6) auf die Leistung zur¨ uckrechnen und anschließend nach (3.3) auch f¨ ur Entfernungen r > l/2 eine Prognose abgeben.
3.3 Volumenquellen Wie gezeigt ist der Effektivwert des Schalldrucks im Fall der einfachsten Idealisierung allseitig gleichm¨ aßiger Schallabstrahlung proportional zum reziproken Abstand. Nimmt man noch die Erwartung hinzu, dass das Feld in einer radial nach außen laufenden Kugelwelle besteht, so lautet der Ansatz f¨ ur den Schalldruck A (3.7) p = e−jkr r (k = Wellenzahl = ω/c = 2π/λ). Die mehr auf Grund der Plausibilit¨at formulierte Gl.(3.7) erf¨ ullt tats¨ achlich auch die Wellengleichung (2.59) in Kugelkoordinaten, wie sich leicht zeigen l¨ asst. Um ein so mathematisch ideales“ Feld mit perfekter Kugelsymmetrie zu ” erhalten, muss auch die schallsendende Anordnung sehr speziell beschaffen sein. Sie besteht aus einer atmenden Kugel“, also aus einer Kugeloberfl¨ache ” r = a, die sich mit der o ¨rtlich konstanten Schnelle va radial ausdehnt und zusammenzieht (siehe auch Bild 3.3). Man bezeichnet die atmende Kugel auch als Strahler nullter Ordnung“ oder Monopolquelle“, um auf das Nichtvor” ” handensein der Winkelabh¨ angigkeiten hinzuweisen. Die in (3.7) zun¨achst noch unbekannt gebliebene Amplitude A kann aus der Schnelle va auf der Kugeloberfl¨ ache r = a berechnet werden. ¨ Ahnlich wie in (2.27) gilt
∂p ∂v =− ∂t ∂r
(siehe auch (2.58) in Kugelkoordinaten), oder f¨ ur komplexe Amplituden und den Ansatz (3.7) A j j e−jkr A j ∂p −jkr = k− e 1− . (3.8) = v= ω ∂r rω r c kr r ur r = a folgt daraus Wegen v = va f¨
3.3 Volumenquellen
79
Bild 3.3. Schallfeld einer atmenden Kugel
A=
cva aejka . j 1 − ka
(3.9)
Wenn man sich hinfort auf kleine Quellen ka = 2πa/λ 1 beschr¨ankt, dann kann man die 1 im Nenner von (3.9) vernachl¨ assigen und erh¨alt A = jk c va a2 = jω va a2 .
(3.10)
Insgesamt ist damit der Schalldruck aus Gl.(3.7) p = jω va a2
e−jkr r
(3.11)
durch Quellgr¨ oßen und durch die Tatsache beschrieben, dass es sich um radial nach außen laufende Wellen mit sich verd¨ unnender Energie handelt. Nun w¨ are die Schallabstrahlung von einem so mathematisch exakt definierten Kugelstrahler nullter Ordnung nur von theoretischem Interesse, wenn die dabei gewonnenen Erkenntnisse nicht auf alle Volumenquellen zu u ¨bertragen w¨ aren, die klein zur Wellenl¨ ange sind. Darunter sind Quellen zu verstehen, deren wesentliches Charakteristikum in ihrer zeitlichen Volumen¨anderung oder im Ausstoß von Mediummasse besteht. Gemeint sind also expandierende K¨ orper, zum Beispiel auch einseitig verdr¨ angende Strahler wie der Lautsprecher in einem sonst geschlossenen Geh¨ ause mit allseitig zur Wellenl¨ange klei¨ nen Abmessungen, aber auch Explosionen, die Auto-Auspuff-Offnung oder ¨ sich ¨ offnende (oder schließende) Auslassventile (z.B. stellt auch das Offnen einer Sektflasche eine Volumenquelle dar). F¨ ur all diese kleinen Volumenquellen kann man ebenfalls (3.11) benutzen. Dabei besteht die quellbeschreibende Gr¨ oße in ihrem Volumenfluss Q, der allgemein mit
80
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Q=
v dS
(3.12)
s
aus der Strahlerschnelle und der Strahlerfl¨ ache S berechnet wird. Zum Beispiel ist beim Autoauspuff v(t) die Geschwindigkeit des aus der Fl¨ache S ausstr¨ omenden Gases. Der Volumenfluss Q der Originalquelle muss nun noch auf die Oberfl¨ ache der atmenden Kugel, der Ersatzquelle, verteilt werden. Bei letzterer ur Volumenquellen ist Q = 4πa2 va , also gilt allgemein f¨ p = jω Q
e−jkr . 4πr
(3.13)
Anders als bei den ebenen fortschreitenden Wellen mit p = c v wirkt die dreidimensionale Schallabstrahlung wie eine zeitliche Differentiation der Strahlerschnelle. Weil jω die Zeitableitung bedeutet und e−jkr gleich einer Verz¨ogeogerungszeit τ = r/c ist, l¨asst sich (3.13) im Zeitberung e−jωτ mit der Verz¨ reich als dQ(t − r/c) p= (3.14) 4πr dt schreiben.
Volumenfluss Q(t)
leise
laut
Zeit t Bild 3.4. Laute“ und leise“ Volumen-F¨ orderung bei gleicher Gesamtmenge ” ” Q(t)dt
Wenn eine geringe Schallerzeugung erw¨ unscht ist, dann muss die zeitliche ¨ Anderung des Volumenflusses m¨ oglichst gering eingestellt werden. Zum Bei¨ spiel ist ein pl¨ otzliches, ruckartiges Offnen von Ventilen ung¨ unstig im Sinne
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
81
des L¨ armschutzes; leiser l¨ asst sich der Vorgang durch allm¨ahliches, langsa¨ mes Offnen gestalten. Bild 3.4 versucht eine Illustration. Der SchalldruckFrequenzgang p ∼ jωQ = bS ist zur Beschleunigung b proportional. F¨ ur den Frequenzgang von Lautsprechern ist diese Tatsache nat¨ urlich von ausschlaggebender Bedeutung. In Kapitel 11 werden dann auch die hier geschilderten Gesetzm¨ aßigkeiten benutzt werden.
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen Es gibt gleich eine ganze Reihe von Gr¨ unden, sich mit dem Schallfeld von zwei (kleinen) Volumenquellen zu besch¨ aftigen. Anordnungen aus zwei ent-
kleine, als Ganzes bewegte Fläche
+
Ersatzquelle
Ersatzquelle
Ausgleichsbewegung der Luft
Bild 3.5. Eine als Ganzes bewegte kleine Fl¨ ache wirkt wie ein Dipol
gegengesetzt gleich großen Quellen kommen praktisch recht oft vor. Jede als Ganzes bewegte kleine Fl¨ ache, die nicht in ein Geh¨ause eingebaut ist, wie z.B. ein Lautsprecher ohne Box oder Schallwand, kann bei hinreichend tiefen Frequenzen als solch ein Dipol aufgefasst werden. Schiebt die Fl¨ache die Luft auf der rechten Seite nach rechts (Bild 3.5), so saugt sie auf der linken Seite ebenso an. Die rechts komprimierte Luft fließt um die Kante herum auf die Fl¨ achenr¨ uckseite und gleicht so die Dichte-Unterschiede (und damit auch die Druckunterschiede) aus, ein Effekt, den man anschaulich als Mas” senkurzschluss“ bezeichnet. Die Tatsache, dass der Vorgang durch ein Paar gegenphasiger Quellen dargestellt werden kann, f¨ uhrt auf eine nicht-konstante Richtungsverteilung und bei tiefen T¨ onen auf eine deutlich kleinere Schallabstrahlung als bei einer (vergleichbaren) Einzelquelle, wie die folgenden Betrachtungen zeigen. Bei der heute oft diskutierten aktiven L¨armbek¨ampfung“ ” wird (u.a.) versucht, einer nun einmal vorhandenen Quelle ihr phasenverkehrtes Abbild hinzuzuf¨ ugen. Auch hier besteht die einfachste Modellvorstellung also in zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen.
82
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Schließlich interessiert z.B. in der Beschallungstechnik, wie sich das Schallfeld bei Hinzuf¨ ugen einer zweiten (gleichartigen und koh¨arenten) Quelle andert. ¨ Auch bilden die Betrachtungen der Kombination aus zwei kleinen Quellen die einfachste Vorstufe f¨ ur den allgemeinen Fall, der aus beliebig vielen Teilen zusammengesetzten Quelle. Immerhin l¨ auft die letztgenannte Fragestellung auf die Betrachtung von Lautsprecherzeilen hinaus. Dar¨ uber hinaus lassen sich auch allgemein schwingende Oberfl¨ achen (z.B. Bleche, W¨ande, Decken. . . ) als (hochgradig) zusammengesetzte Strahler auffassen. Es gibt also viele gute Gr¨ unde, sich zun¨ achst mit Kombinationen aus zwei Quellen zu befassen; dabei wird auf die schon angeschnittenen Fragestellungen als praktische Anwendungen hingewiesen werden. Die im Folgenden untersuchte Modell-Anordnung wird in Bild 3.6 zusammen mit dem nun benutzten Kugel-Koordinatensystem geschildert. Vern¨ unftigerweise werden die Quellen auf der z-Achse im Abstand h voneinander angeordnet; es ergibt sich so ein rotationssymmetrisches Schallfeld, das nicht ¨ vom Umfangswinkel ϕ abh¨ angt. Ublicherweise bezeichnet man den Winkel z Aufpunkt
r
R Q2 h
ϑ Q1 ϕ
Bild 3.6. Lage der Quellen im Koordinatensystem und Benennung der Gr¨ oßen
zwischen Strahl R vom Nullpunkt zum Aufpunkt und der z-Achse als Winkel ϑ; f¨ ur diese Winkelfestlegung sind deshalb auch alle weiteren Folgegr¨oßen definiert. Zum Beispiel gilt f¨ ur das Fl¨ achenelement der (im Folgenden vorkommenden) Fl¨ achenintegration in Kugelkoordinaten dS = R2 sin ϑ dϑ dϕ .
(3.15)
Die Integrationsfl¨ ache einer Kugel wird mit 0 < ϕ < 2π und 0 < ϑ < π abgedeckt. Andererseits ist es z.B. f¨ ur Messungen durchaus u ¨blich, den Messwinkel ϑN relativ zur Strahler-Normalen zu z¨ahlen. Beide Gr¨oßen h¨angen durch
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
ϑ + ϑN = 90◦
83
(3.16)
zusammen. Wenn es im Folgenden um die Vorhersage von Richtwirkungen geht, wird ϑN benutzt; sollen dagegen Intensit¨aten zu Leistungen integriert ucken: Dann kann werden, ist es einfacher, ϑN nach Gl.(3.16) durch ϑ auszudr¨ man sich auf bekannte Formulierungen in Kugelkoordinaten verlassen. Allgemein gilt f¨ ur das Schallfeld der beiden Quellen nach (3.13) e−jkR e−jkr jω Q1 + Q2 . (3.17) p= 4π R r Wegen der Linearit¨ at der Wellengleichung besteht das Schallfeld einfach aus der Summe der Teile. Die prinzipiellen Eigenschaften des Summenfeldes lassen sich gewiss an geeignet gew¨ ahlten Beispielen demonstrieren. Zu diesem Zweck sind in den Bildern 3.7 bis 3.10 die jeweiligen Gesamtpegel der Quell-Kombination f¨ ur gleich große Quellen bei unterschiedlichen Abst¨anden a der Quellen farbkodiert gezeigt. Dabei werden - im Verh¨ altnis zur Wellenl¨ange - ’kleine’, ’mittlere’ und ’große’ Abst¨ ande a durchlaufen, n¨ amlich - in Zahlenwerten ausgedr¨ uckt - a/λ = 0, 25, a/λ = 0, 5, a/λ = 1 und a/λ = 2 durchlaufen. Die Lage der Quellen ist durch die beiden rosafarbenen Punkte markiert. Die Bilder 3.11 bis 3.14 geben dann den Fall von entgegengesetzt gleich großen Quellen (Punkte in magenta und gr¨ un) bei gleicher Abstands-Variation wieder. Die sich in den genannten Bildern abzeichnenden Tendenzen sind rasch geschildert. Beim kleinsten Abstand h = 0, 25λ und gleich großen Quellen wirken die Quellen (fast) so, als w¨ aren sie an ’ein und dem selben Ort’ angebracht, das Gesamtfeld ist im Prinzip um 6 dB heller als das der Einzelquelle alleine. Zieht man die Quellen weiter auseinander (oder ¨andert beim selben Abstand die Frequenz entsprechend), dann werden schon die ersten Interferenz-Erscheinungen sichtbar. F¨ ur h = 0, 5λ heben sich die Einzeldr¨ ucke auf der die Quellen durchstoßenden Mittelachse in ausreichender Entfernung von den Quellen gegenseitig (fast) auf, hier ist das Summenfeld offensichtlich viel kleiner als die Teile, aus denen es gebildet wird. Diese Tatsache ließe sich auch als ’destruktive Interferenz’ bezeichnen. Das ’Restschallfeld’ entsteht hier nur, weil die Abstands-Abnahmen mit 1/R und mit 1/r nicht ganz genau gleich sind. Mit wachsendem Abstand von den Quellen nimmt dieser Unterschied immer mehr ab, das Feld wird nach außen also immer dunkler. In der Mittelebene zwischen den beiden Quellen dagegen ist der Schalldruck naturgem¨ aß immer gerade doppelt so groß wie der der Einzelquellen. Wird die Frequenz weiter auf h = λ gesteigert, dann erkennt man schon ein globales Interferenzmuster aus abwechselnd ’hellen’ und ’dunklen’ Streifen, das mit weiter wachsender Frequenz - wie z.B. bei h = 2λ - immer ausgepr¨agter wird. alt es sich bei den entgegengesetzt gleich In gewisser Weise ¨ ahnlich verh¨ großen Quellen, die in den Farben Magenta und Gr¨ un angedeutet sind. Auch hier wirken sehr kleine Quellabst¨ ande in erster N¨aherung so, als w¨aren die Quellen an ein
84
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Bild 3.7. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = λ/4
Bild 3.8. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = λ/2
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
Bild 3.9. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = λ
Bild 3.10. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = 2λ
85
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Bild 3.11. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = λ/4
Bild 3.12. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = λ/2
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
Bild 3.13. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = λ
Bild 3.14. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = 2λ
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
und dem selben Ort angebracht. Die Feldsumme ist also global ’nahe bei Null’. Das Restschallfeld entsteht nur dadurch, dass die Quellen eben doch nicht in einem einzigen Ort angebracht werden k¨onnen. Nat¨ urlich addieren sich diesmal die Teildr¨ ucke in der Mittelebene zwischen den Quellen stets vollst¨ andig zu Null, bei kleinen Quellabst¨ anden konzentriert sich deshalb das verbleibende Restfeld auch hier mehr auf die Achse, welche die Quellen durchst¨oßt. Mit wachsender Frequenz (oder wachsendem Quellabstand) entsteht alsbald wieder Interferenz, diesmal nur mit ver¨anderten Details. So entsteht diesmal f¨ ur den Fall h = λ/2 ’konstruktive’ Interferenz auf der Quellen-Achse. Das entgegengesetzte Vorzeichen der Quellen wird gerade durch den Unterschied von einer halben Wellenl¨ ange in der Ausbreitung der Teilschalle aufgehoben; deshalb betr¨ agt in diesem Fall und Raumgebiet das Ganze (ungef¨ahr) das Doppelte eines Einzelfeldes. Werden die Quellen noch weiter auseinander gezogen, dann entsteht wieder ein immer ausgepr¨agteres Interferenzmuster aus abwechselnd hellen und dunklen Streifen ganz ¨ahnlich wie im Fall gleich großer Quellen, nur dass die genaue Lage der Streifen jetzt ’gedreht’ erscheint, wie der Vergleich der Bilder 3.10 und 3.14 lehrt. Die genannten Prinzipien und Effekte sollen nun noch ihrer Gr¨oße und Bedeutung nach gefasst werden. Nun kann ja insbesondere in der n¨aheren Umgebung der beiden Quellen r < h wird das Schallfeld sehr stark von Aufpunkt zu Aufpunkt schwanken: Mal z¨ ahlt die eine Quelle auf Grund der AbstandsAbh¨ angigkeit mehr, mal die andere. Aus diesem Grunde versucht man, eine sogenannte Fernfeldn¨ aherung“ f¨ ur Gl.(3.17) herzustellen. Wie das Folgen” de schnell zeigt, lassen sich f¨ ur das Fernfeld tats¨achlich recht einfache und u ¨bersichtliche quantitative Betrachtungen vornehmen. ¨ Die erste Vereinfachung von (3.17) beruht auf der einfachen Uberlegung, dass f¨ ur r h die durch die Entfernung bewirkte Amplitudenabnahme etwa gleich ist. Man kann also 1/r ≈ 1/R annehmen. Damit ist im ersten Schritt pfern ≈
jω Q1 e−jkR + Q2 e−jkr . 4πR
Obwohl aus 1/r ≈ 1/R nat¨ urlich auch r ≈ R folgt, m¨ ussen die Phasenfunktionen e−jkr und e−jkR wesentlich genauer untersucht werden, denn durch sie wird ja beschrieben, ob es sich um ’konstruktive’ oder ’destruktive’ Interferenz handelt, oder um ’etwas dazwischen’. Am einfachsten erkennt man das aus der Umformung pfern ≈
jω −jkR e Q1 + Q2 e−jk(r−R) . 4πR
(3.18)
Die in der Klammer zuletzt auftretende Phasenfunktion h¨angt von der auf die Wellenl¨ ange bezogenen Differenz aus den beiden Entfernungen ab. Obgleich r und R in einem prozentualen Sinn fast gleich sein k¨onnen (wie bei der Amplitudenabnahme vorausgesetzt), k¨ onnen die Unterschiede dennoch in der Gr¨ oßenordnung einer Wellenl¨ ange sein, und es ist gerade dieser ’relativ kleine’
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
89
Unterschied, der u achlichen Wert der Phasenfunktion e−jk(r−R) ¨ber den tats¨ entscheidet. ¨ Um nun zu einer besseren Ubersicht zu gelangen, wird zun¨achst r mit Hilfe des Cosinus-Satzes durch R und ϑ ausgedr¨ uckt: r2 = R2 + h2 − 2Rh cos ϑ , oder r2 − R2 = (r − R)(r + R) = h2 − 2Rh cos ϑ , bzw. nach der ja eigentlich gesuchten Differenz aufgel¨ost r−R=
h2 2Rh − cos ϑ . r+R r+R
Im Fernfeld R h erh¨ alt man also in erster N¨aherung, in der Glieder mit (h/R)2 und h¨ ohere Potenzen vernachl¨ assigt werden, r − R ≈ −h cos ϑ.
(3.19)
Gleichung (3.18) wird also n¨ aherungsweise zu pfern
jω −jkR Q2 jkh sin ϑN jkh cos ϑ e ≈ e . Q1 + Q2 e = p1 1 + 4πR Q1
(3.20)
In (3.20) bedeutet p1 den Schalldruck der Quelle 1 (Q2 = 0) alleine. Vern¨ unftigerweise beschreibt man Schallfelder durch eine globale“ Gr¨oße ” und durch die Feld-Verteilung auf die Richtungen. Der Klammerausdruck in (3.20) gibt die Richtcharakteristik des Strahlerpaares an; weil dabei nur die Unterschiede von Richtung zu Richtung interessieren, kann noch beliebig skaliert werden. Als Maß f¨ ur die Strahlerst¨ arke“ konzentriert man sich nicht ” auf einen speziellen Punkt oder eine Richtung, sinnvollerweise gibt man als globales Maß f¨ ur den Abstrahlvorgang die insgesamt abgestrahlte Leistung P an. Sie l¨ asst sich (siehe auch (3.15)) aus 1 P = 2 c
2π π 2
|pfern | R2 sin ϑ dϑ dϕ 0
nach Einsetzen von (3.20) zu P = P1
1+
(3.21)
0
Q2 Q1
2
Q2 sin (kh) +2 Q1 kh
(3.22)
berechnen (P1 = abgestrahlte Leistung von Q1 alleine). F¨ ur (3.22) ist von einem reellwertigen Verh¨ altnis Q2 /Q1 ausgegangen worden. (Hinweis: Die einzige Schwierigkeit in der Berechnung von (3.22) k¨onnte in der L¨osung des Integrales F (kh sin ϑ) mit
90
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
π F (kh sin ϑ) =
cos(kh cos ϑ)sinϑdϑ 0
bestehen. Die Substitution u = cos ϑ, du = − sin ϑdϑ f¨ uhrt auf ein einfaches Integral.) Die Diskussion des Strahlerverhaltens wird am einfachsten getrennt f¨ ur tiefe und hohe Frequenzen durchgef¨ uhrt. Tiefe Frequenzen h/λ 1 ur |x| 1 F¨ ur tiefe Frequenzen gilt nach (3.20) mit ejx ≈ 1 + jx f¨ Q2 pfern ≈ p1 1 + (1 + jkh sin ϑN ) . Q1
(3.23)
Solange der richtungsunabh¨ angige Teil 1+Q2 /Q1 nicht gleich Null ist, solange also nicht ein Dipol mit Q2 = −Q1 betrachtet wird, kann man n¨aherungsweise einfach die Quellst¨ arken addieren: Bei tiefen Frequenzen wirken die Quellen so, als w¨ aren sie in ein- und demselben Ort“ angebracht: ” Q2 . pfern ≈ p1 1 + Q1 F¨ ur die Leistung ist dann nach (3.22) wegen sin(kh)/kh ≈ 1 2 Q2 P ≈ P1 1 + . Q1 F¨ ur den Fall gleicher Quellen Q2 = Q1 verdoppelt sich der Schalldruck gegen¨ uber einer einzelnen Quelle pfern ≈ 2p1 ,
(3.24)
und die Leistung besteht dementsprechend im Vierfachen der Einzelleistung P ≈ 4P1 .
(3.25)
F¨ ur den Fall des Dipols mit Q2 = −Q1 dagegen erh¨alt man aus (3.23) pfern (Dipol) ≈ −jkhp1 sin ϑN
(3.26)
und aus (3.22) P (Dipol) ≈ 2P1
sin (kh) 1− kh
≈ P1
(kh)2 3
(3.27)
(wegen sin(x)/x ≈ 1 − x2 /6 f¨ ur |x| 1). Beim Dipol erh¨alt man also tieffrequent eine Achter-Charakteristik, wie in Bild 3.15 gezeigt. Die dreidimensionale Erweiterung entsteht durch Rotation um die Achse, an der die Einzelquellen
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
91
angeheftet sind. Die vom Dipol tieffrequent abgestrahlte Leistung ist kleiner als die der Einzelquellen: Lw (Dipol) = Lw (Einzel) + 10 lg
(kh)2 . 3
(3.28)
In Zahlenwerten ausgedr¨ uckt ist der Leistungsunterschied jedenfalls dann nicht sehr groß, wenn unrealistisch kleine Abst¨ande oder allzu tiefe Frequenzen außer Acht bleiben. F¨ ur h/λ = 1/8 betr¨ agt 10 lg((kh)2 /3) = −6, 8 dB; die vom Dipol erzeugte Leistung ist also nur um etwa 7 dB kleiner als die der Einzelquellen. Wenn man annimmt, dass die Punktquellen hier als Stellvertreter f¨ ur endlich ausgedehnte, tieffrequente technische Quellen gemeint sind, dann d¨ urfen diese selbst bei den eigentlich f¨ ur eine Leistungsminderung ja g¨ unstigen tieffrequenten Anwendungen nur recht kleine geometrische Abmessungen besitzen. F¨ ur 170 Hz mit λ = 2 m ist λ/8 = 0, 25 m; der Abstand der beiden Quellen (und damit auch die Strahler-Abmessungen) darf also h¨ochstens 25 cm betragen, um etwa 6 dB Leistungsminderung herzustellen. Gr¨oßere Abst¨ande w¨ urden eine noch kleinere Leistungs-Pegel-Differenz (bei gleicher Frequenz) nach sich ziehen. 90° 0 135°
dB
−5
45°
−10 −15 −20 +/−180°
−25
0°
−20 −15 −10 −135°
−5
−45°
0 −90°
Bild 3.15. Richtcharakteristik (links) und Teilchenbewegungen (rechts) eines Dipols. F¨ ur das rechte Teilbild betr¨ agt der Quellabstand λ/2.
In dem geschilderten Sachverhalt liegt einer der Gr¨ unde daf¨ ur, dass man die Erwartungen an die aktive L¨ armbek¨ ampfung“, jedenfalls im Falle der Ab” strahlung ins Freie, eher mit Bescheidenheit einsch¨atzen sollte. Selbst wenn zu Demonstrations-Zwecken gegenphasige Lautsprecher bei tiefen Frequenzen benutzt werden, betragen deren Mittelpunkts-Abst¨ande oft mehr als eine Viertel-Wellenl¨ ange, mit einer - dem H¨ oreindruck nach - unbefriedigenden L¨ armminderung. Hinzu kommt, dass das tieffrequente Experiment den Experimentator leicht dazu verleitet, die Lautsprecher zu u ¨bersteuern; weil man tiefe T¨ one ohnedies schlecht wahrnimmt, l¨ asst man sich leicht zu u ¨berh¨ohten
92
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Steuerspannungen verf¨ uhren. Die Folge: Die Lautsprecher klirren im h¨oherfrequenten Bereich, in dem die aktive Maßnahme sogar wirkungslos ist. Weil diese h¨ oheren Frequenzen auch noch besser wahrgenommen werden, ist die aktive Maßnahme fast nicht mehr herauszuh¨ oren. Hohe Frequenzen h λ F¨ ur hohe Frequenzen erh¨ alt man nach (3.20) Richtwirkungen, die sich u ¨ber ϑN rasch ¨ andern und dabei zwischen den Druckmaxima 2 Q2 2 2 (3.29) |pfern |max = |p1 | 1 + Q1 und den Druckminima 2 Q2 1 − Q1
2
2
|pfern |min = |p1 |
(3.30)
gleichm¨ aßig schwanken. Der Grund daf¨ ur besteht in der Interferenz der beiden Felder, deren Betr¨ age sich in den B¨ auchen (den Maxima) addieren, in den Knoten (den Minima) dagegen subtrahieren. F¨ ur die insgesamt abgestrahlte Leistung gilt nach (3.22) f¨ ur kh 1 2 Q2 P ≈ P1 1 + = P1 + P2 . (3.31) Q1 Bei hohen Frequenzen addieren sich also (anders als bei den tiefen Frequenzen) die Leistungen der Einzelquellen zur Gesamtleistung des Paares. Diese Tatsache steht im Einklang mit der bereits geschilderten Richtungsverteilung, in der Maxima und Minima abwechseln und gleich oft vorkommen. Demnach ist das mittlere Schalldruckquadrat 2 Q2 1 1 2 2 ¯ 2 . p = |pfern |max + |pfern |min = 1 + 2 2 Q1 Auch daraus ergibt sich wieder (3.31), weil das mittlere Schalldruckquadrat und die abgestrahlte Leistung zueinander proportionale Gr¨oßen sind. ur entgegengesetzt gleich F¨ ur gleich große Quellen Q2 = Q1 ebenso wie f¨ große Quellen Q2 = −Q1 findet also eine Leistungs-Verdopplung statt. Daraus folgt z.B., dass sich das als aktive L¨ armbek¨ ampfungs-Maßnahme beabsichtigte Hinzuf¨ ugen der zweiten, phasenverkehrten Quelle nicht nur nicht lohnt, sondern sogar noch einen Nachteil herstellt: Im Sinne kleinster abgestrahlter Leistung l¨ asst man die zweite, aktive“ Quelle am besten weg. Das wird auch ” deutlich, wenn man das Quellst¨ arkenverh¨ altnis V = Q2 /Q1 bestimmt, das zur minimalen abgestrahlten Leistung f¨ uhrt. Durch Differenzieren von (3.22)
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
93
P sin(kh) = 1 + V 2 + 2V P1 kh nach V findet man als optimales Verh¨ altnis mit minimaler Gesamtleistung“ ” Q2 sin(kh) . (3.32) Vopt = =− Q1 opt kh Wie man sieht, ist bei tiefen Frequenzen Q2 = −Q1 die beste QuellenAnsteuerung f¨ ur die zweite Quelle; je h¨ oher die Frequenz wird, desto kleiner wird die optimale Ansteuerung Q2 , wobei sie sogar das gleiche Vorzeichen wie die Originalquelle“ besitzen kann. Bei hohen Frequenzen strebt Vopt gegen ” Null. Bild 3.16 versucht noch einmal eine Illustration der genannten Sachverhalte anhand der nach (3.22) gerechneten abgestrahlten Leistung f¨ ur Q2 = Q1 , ur den (im Sinne der aktiven L¨armbek¨ampfung) Optif¨ ur Q2 = − Q1 und f¨ malfall, f¨ ur den nach (3.32) Q2 = − Q1 sin(kh)/kh ist. Tieffrequent addieren sich die Quellen, daher ein Zuwachs von 6 dB gegen¨ uber der Einzelquelle bei Q2 = Q1 und die Leistungs-Verringerung bei entgegengesetzt gleich großen Quellen Q2 = − Q1 . Bei hohen Frequenzen schließlich spielt die Phasenbeziehung der Quellen keine Rolle mehr: Hier ist die Gesamtleistung stets gleich der Summe der Einzelleistungen. 10 8 6
Q2/Q1= 1
10 lg P/P1
4 2
Q /Q = −1 2 1
0 Q /Q = −sin(kh)/kh 2 1
−2 −4 −6 −8
−10 0.125
0.25
0.5
1
2
4
h/λ
Bild 3.16. Frequenzg¨ ange der von zwei Schallquellen abgestrahlten Leistung
Die genannten Sachverhalte lassen sich auch auf eine gr¨oßere QuellenAnzahl u ¨bertragen. Bei N Quellen gilt f¨ ur tiefe Frequenzen
94
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
pges =
N jω −jkR e Qi 4πR i=1
(3.33)
(alle Abst¨ ande der Quellen sind klein verglichen mit der Wellenl¨ange) und f¨ ur hohe Frequenzen Pges =
N
Pi
(3.34)
i=1
(alle Abst¨ ande groß verglichen mit λ).
3.5 Lautsprecherzeilen Die im Schwierigkeitsgrad n¨ achste Stufe von Abstrahlproblemen besteht in der Kombination von beliebig vielen ungerichteten koh¨arenten Teilquellen, die entlang einer Achse aufgereiht sind. Praktische Realisierungen solcher eindimensionalen Strahler-Ketten d¨ urften wohl ausschließlich in Lautsprecherzeilen bestehen, wie sie in Bild 3.17 geschildert sind. Der Schnelleverlauf an der Strahleroberfl¨ ache wird hier der Einfachheit halber durch die kontinuierliche Funktion v(z) beschrieben. Die Zeile besitzt die Breite b, die stets klein verglichen mit der Wellenl¨ ange sein soll. Der Beitrag des in Bild 3.17 mit z Aufpunkt (x,z)
r
z-z Q
R dz Q zQ
ϑΝ x
0
Gehäuse Schnelle v(z Q ) ϕ
Bild 3.17. Lautsprecherzeile und verwendete geometrische Gr¨ oßen
3.5 Lautsprecherzeilen
95
eingezeichneten, infinitesimal kleinen Strahlerelementes zum Schalldruck im Aufpunkt betr¨ agt jω b v(zQ ) −jkr e dzQ , (3.35) dp = 4πr und deshalb gilt f¨ ur den Gesamtdruck jω b p= 4π
l/2 v(zQ )
e−jkr dzQ . r
(3.36)
−l/2
Darin sind l die Strahlerl¨ ange und r der Abstand zwischen Quellpunkt und Aufpunkt (x, z) r = (z − zQ )2 + x2 . Wie man sieht ist vorausgesetzt worden, dass die Teilstrahler tats¨achlich auch Volumenquellen bilden. Die Lautsprecher m¨ ussen also in ein Geh¨ause (eine Box) eingebaut sein, das den im vorigen Abschnitt geschilderten Massenkurzschluss verhindert. Das durch (3.36) beschriebene Schallfeld ist wieder rotationssymmetrisch hinsichtlich der ϕ-Richtung (Bild 3.17). Eine u ¨bersichtlichere Gestalt nimmt (3.36) in großen Entfernungen an. Zur Herleitung der aus (3.36) folgenden Fernfeldn¨aherung geht man genauso wie im vorigen Abschnitt vor. An die Stelle von (3.19) tritt f¨ ur das in zQ liegende Strahlerelement (R = Mittelpunktabstand, Bild 3.17) r − R = −zQ cos ϑ = −zQ cos(90◦ − ϑN ) = −zQ sin ϑN ,
(3.37)
ohere Potenzen) bereits weggelassen worden wobei Glieder mit zQ 2 (und h¨ sind. In welchem Frequenzbereich die letztgenannte Vernachl¨assigung auch wirklich vern¨ unftig ist, das wird im Abschnitt 3.5.4 Fernfeld-Bedingungen“ ” ausf¨ uhrlich erl¨ autert. Dar¨ uber hinaus werden nur solche Abst¨ande R l betrachtet, bei denen die Amplituden-Entfernungs-Abnahme 1/r ≈ 1/R f¨ ur alle Strahlerbezirke etwa gleich ist. Damit wird aus (3.36) im Fernfeld pfern
jωb −jkR e = 4πR
l/2 v(zQ )ejkzQ sin ϑN dzQ .
(3.38)
−l/2
Der Ausdruck vor dem Integral zeigt Schallwellen an, deren Amplitude umgekehrt proportional zum Abstand f¨ allt. Die Leistungsabgabe der ortsver¨anderlichen Quelle und die Feldverteilung auf die Abstrahlrichtungen wird durch das Integral beschrieben. Nur am Rande sei hier erw¨ahnt, dass das Integral die Fourier-Transformierte der Strahlerschnelle bildet (f¨ ur Einzelheiten dazu siehe Kapitel 13). Welche prinzipiellen Richtcharakteristika bei zusammengesetzten Strahlern zu erwarten sind und durch welche Maßnahmen diese beeinflusst werden k¨ onnen, dar¨ uber geben sicher Beispiele am besten Aufschluss. Es sei mit dem einfachsten Fall begonnen, bei dem mit v(zQ ) = v0 = const. alle Lautsprecher gleichphasig und mit gleichem Hub betrieben werden.
96
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
3.5.1 Eindimensionale Kolbenmembran F¨ ur die mit v(zQ ) = v0 bezeichnete eindimensionale Kolbenmembran wird aus (3.38) mit dem Gesamt-Volumenfluss Q = v0 bl
pfern
jωQ −jkR 1 e = 4πR l
l/2 [cos(kzQ sin ϑN ) + j(sin kzQ sin ϑN )] dzQ . −l/2
Aus Symmetriegr¨ unden entf¨ allt der Imagin¨ arteil des Integrals und man erh¨alt l sin k 2 sin ϑN sin π λl sin ϑN pfern = pQ = pQ , (3.39) k 2l sin ϑN π λl sin ϑN worin pQ den Schalldruck der kompakten“ Quelle (mit gleichem Volumen” fluss) jωQ −jkR e (3.40) pQ = 4πR bedeutet. Am einfachsten gestaltet sich die Diskussion des Ergebnisses (3.39), wenn man sich zun¨ achst allgemein u ¨ber den Verlauf der rechts vorkommenden sogenannten Spaltfunktion“ sin(πu)/πu Klarheit verschafft. Die Richtcharakte” ristik ergibt sich einfach durch u = l/λ sin ϑN als Ausschnitt |u| < l/λ aus der Spaltfunktion: Bei Variation von ϑN im Intervall – 90◦ ≤ ϑN ≤ 90◦ durchl¨auft u das Intervall – l/λ ≤ u ≤ l/λ, das deswegen die Charakteristik angibt. Die Abstrahlfunktion“ G(u) = sin(πu)/πu, aus der sich alle Richtcha” rakteristika durch Ausschnittsbildung direkt ablesen lassen, ist in den Bildern 3.18 und 3.19 gezeigt, wobei in 3.18 die Funktion selber (f¨ ur sp¨atere Zwecke) und in 3.19 die Darstellung durch Pegel gegeben wird. Ihre Haupteigenschaften seien durch die folgenden Stichworte bezeichnet: • f¨ ur u = 0 betr¨ agt ihr Wert G(0) = 1; • G(u) besteht aus abwechselnd positiven und negativen Sinus-Halb-Wellen unter der Einh¨ ullenden 1/u; • die Pegeldarstellung besteht in einer Struktur aus Hauptkeulen (mit dem Zentrum u = 0) gefolgt von Nebenkeulen (mit den Zentren u = ±(n + 0, 5), n = 1, 2, 3, . . .). Einige Beispiele der daraus folgenden Richtcharakteristika werden in Bild 3.20 a, b und c f¨ ur unterschiedliche Verh¨ altnisse aus L¨ange und Wellenl¨ange gezeigt. F¨ ur tiefe T¨ one l λ (l/λ = 0, 5 in Bild 3.20 a) entsteht eine fast ungerichtete Abstrahlung, deren Richtwirkung sich aus dem Ausschnitt |u| < 0, 5 in Bild 3.19 ergibt. Nur an den R¨ andern ϑN ≈ 90◦ ist schon eine leichte Einschn¨ urung von einigen wenigen dB zu erkennen. F¨ ur den Fall einer mitt” leren“ Frequenz l/λ = 2 (f¨ ur l = 2 m w¨ are λ = 1 m und die Frequenz mit
3.5 Lautsprecherzeilen
97
1.2 1
sin(πu)/πu
0.8 0.6 0.4 0.2 0 −0.2 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
4
5
u
Bild 3.18. Spaltfunktion, lineare Darstellung 0 −5
10 lg (sin(πu)/πu)2
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
u
Bild 3.19. Spaltfunktion, Darstellung durch Pegel
f = 340 Hz eigentlich eher noch niedrig) ist der Ausschnitt |u| < 2 relevant; die Charakteristik hat nun schon eine recht deutliche Vorzugsrichtung nach vorne, gefolgt von je einer Nebenkeule, die um etwa 13, 5 dB unter der Hauptkeule liegt. Der Einbruch“ liegt bei l/λ sin ϑN = 1, also bei sin ϑN = 0, 5 oder ” ur l = 2 m w¨are λ = 50 cm, bei ϑN = 30◦ . Bei hohen Frequenzen l/λ = 4 (f¨ die Frequenz also bei 680 Hz) schließlich verf¨ ugt die Richtcharakteristik schon
98
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 90° 0
dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −45°
−10 0 −90°
Bild 3.20. (a) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile f¨ ur l/λ = 0, 5 90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.20. (b) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile f¨ ur l/λ = 2
u undelung nach vorne mit schmaler Hauptkeule, der ¨ber eine recht scharfe B¨ beidseitig je 3 Nebenkeulen folgen. Bei Anwendungen interessiert vor allem der Schalldruck in der Hauptkeule, f¨ ur welchen p(ϑN = 0◦ ) = pQ gilt (siehe Gl.(3.39)). In diesem Fall steht die abgestrahlte Leistung eher im Hintergrund des Interesses, weshalb ihre Betrachtung hier auch unterbleibt.
3.5 Lautsprecherzeilen
99
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.20. (c) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile f¨ ur l/λ = 4
3.5.2 Die Formung von Haupt- und Nebenkeulen Manchmal ist die Struktur aus Haupt- und Nebenkeulen, wie sie bei der eindimensionalen Kolbenmembran auftritt, unerw¨ unscht. Zum Beispiel sollen zwar Zuh¨ orer-Bereiche in einem Auditorium beschallt werden, gleichzeitig aber soll das im selben Raum vorhandene Mikrophon m¨oglichst nicht von abgestrahltem Schall getroffen werden, um R¨ uckkopplungen zu vermeiden. Auch m¨ ochte man bei manchen Anwendungen gewisse Fl¨achen mit Schall versorgen, andere dagegen dabei gar nicht st¨ oren (z.B. bei Ansagen in Bahnh¨ofen). Es gibt also Anwendungen, bei denen die Nebenkeulen st¨oren und unterdr¨ uckt werden sollen; im Folgenden wird eine spezielle Methode betrachtet, wie das geschehen kann. Die Grundidee, die der Unterdr¨ uckung der Nebenkeulen dabei zu Grunde liegt, l¨ asst sich leicht aus einem einfachen Zusammenhang zwischen zeitlichen ¨ Signalen und ihrer Frequenzzusammensetzung herleiten. Ubersetzt man den Rechtecksprung“ an den Enden der Kolbenmembran in einen Zeitverlauf, ” so liegt ein Vorgang mit Einschaltknack und mit Ausschaltknack“ vor. Es ” sind diese beiden Signal-Unstetigkeiten, die f¨ ur die (recht) breitbandige Gestalt der Frequenzzusammensetzung des Rechtecksignals sorgen. In der Tat kann man die Spaltfunktion sin(πu)/πu als Frequenzspektrum des Zeitsignals deuten, wobei u = f T einzusetzen ist (T = Dauer des Signals). Es ist nun denkbar einfach, die hohen Frequenzen (sie entsprechen den Nebenkeulen) herabzud¨ ampfen: Man muss nur daf¨ ur sorgen, dass aus dem schnellen Wech¨ sel an den Signalr¨ andern ein allm¨ ahlicher, gleitender Ubergang gemacht wird. Ein Signalverlauf der Gestalt f (t) = cos2 (πt/T ) f¨ ur −T /2 < t < T /2
100
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
¨ ist gewiss wesentlich schmalbandiger als das Rechtecksignal. Ubertragen auf den Ortsverlauf bei Lautsprecherzeilen w¨ urde man also erwarten, dass ein ormiger Schnelleverlauf eine Nebenkeulen-Unterdr¨ uckung herstellt. cos2 -f¨ Aus diesem Grund befassen sich die folgenden Betrachtungen mit dem Schnelleverlauf zQ v(zQ ) = 2v0 cos2 π . (3.41) l Der Faktor 2 bewirkt, dass der insgesamt davon produzierte Volumenfluss l/2 Q=b
v(zQ )dzQ = v0 bl
−l/2
genauso groß ist wie bei der eindimensionalen Kolbenmembran. Das abgestrahlte Schallfeld l¨ asst sich in großen Entfernungen wieder nach (3.38) berechnen:
pfern
1 = pQ l
l/2
z Q ejkzQ sin ϑN dzQ . 2 cos2 π l
−l/2
Mit Hilfe von 2 cos2 α = 1 + cos 2α = 1 +
1 j2α e + e−j2α 2
wird daraus pfern
1 = pQ l
l/2
2π 2π 1 1 ejkzQ sin ϑN + ej (k sin ϑN + l )zQ + ej (k sin ϑN − l )zQ 2 2
dzQ .
−l/2
Wieder auf die Symmetrieeigenschaften gest¨ utzt lassen sich die drei Integrale leicht l¨ osen, man erh¨ alt dann sin π λl sin ϑN − 1 sin π λl sin ϑN pfern 1 sin π λl sin ϑN + 1 + + = pQ 2 π λl sin ϑN π λl sin ϑN + 1 π λl sin ϑN − 1 (3.42) f¨ ur den Schalldruck im Fernfeld. Wie im vorigen Abschnitt ist es gewiss vern¨ unftig, zun¨ achst die abstrahltypische Funktion G(u) =
sin (πu) 1 sin (π(u + 1)) 1 sin (π(u − 1)) + + πu 2 π(u + 1) 2 π(u − 1)
(3.43)
zu diskutieren: Alle von Frequenz zu Frequenz unterschiedlichen Richtcharakteristika bestehen einfach in Ausschnitten u = l/λ sin ϑN aus dem Funktionsverlauf G(u).
3.5 Lautsprecherzeilen
101
1.2 sin(πu)/πu 1 0.8 0.6
sin(π(u+1))/π(u+1)
sin(π(u−1))/π(u−1)
0.4 0.2 0 −0.2 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.21. Die drei Bestandteile der abstrahltypischen Funktion G(u) in Gl.(3.42) 1.2 1
G(u)
0.8 0.6 0.4 0.2 0 −0.2 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.22. G(u) in linearer Darstellung
Die prinzipielle Gestalt von G(u) ist rasch gekl¨art. Ihre drei Bestandteile, eine unverschobene Spaltfunktion und jeweils eine um 1 nach links und um 1 nach rechts verschobene Spaltfunktion je mit dem Faktor von 1/2, sind in Bild 3.21 eingezeichnet. Man erkennt auf einen Blick“ die Ver¨anderung ” der Summe gegen¨ uber der zur eindimensionalen Kolbenmembran geh¨orenden zentralen“ Spaltfunktion: ”
102
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 0 −5 −10
10 lg G(u)2
−15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.23. G(u), Darstellung als Pegel 90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.24. (a) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile mit Nebenkeulen-Formung f¨ ur l/λ = 0, 5
• •
die Hauptkeule wird durch die Summation in der Breite verdoppelt und je weiter weg sich der betrachtete Nebenkeulen-Bereich von der Hauptkeule befindet, desto eher erg¨ anzen sich die Bestandteile in der Summe zu Null: Die Summation wirkt wie eine betr¨ achtliche Nebenkeulen-Unterdr¨ uckung.
3.5 Lautsprecherzeilen
103
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −45°
−10 0 −90°
Bild 3.24. (b) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile mit Nebenkeulen-Formung f¨ ur l/λ = 2
Diese Effekte sind noch einmal in den Darstellungen von G(u) in Bild 3.22 (linear) und in Bild 3.23 (als Pegel) zusammengefasst. Erkennbar sind die Nebenkeulen-Bereiche in Bild 3.22 gegen¨ uber der einzelnen“ Spaltfunktionen ” deutlich abgeschw¨ acht. Bild 3.23 schildert die Konsequenzen, die sich daraus f¨ ur die Pegel ergeben. 90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.24. (c) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile mit Nebenkeulen-Formung f¨ ur l/λ = 4
104
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Eigentlich ist die Schilderung der Richtcharakteristika, die daraus folgt, u ussig: Sie bestehen in Ausschnitten aus G(u), die im Polardiagramm ¨berfl¨ aufgetragen werden. Bild 3.24 a,b,c nennt dennoch Beispiele mit den gleichen Parametern wie bei der Kolbenmembran. Bei den mittleren und hohen Frequenzen ist die Nebenkeulen-Unterdr¨ uckung bei gleichzeitiger HauptkeulenVerbreiterung gut zu erkennen. Es sind eine ganze Reihe von anderen Orts-Signal-Verl¨aufen bekannt, die eine Seitenkeulen-Unterdr¨ uckung herstellen. Allen ist jedoch gemeinsam, dass abgesenkte Nebenkeulen immer mit einer Verbreiterung der Hauptkeule untrennbar verkn¨ upft sind. F¨ ur das beamforming“ von Lautsprecherzeilen spie” len die Unterschiede zwischen den verschiedenen Signal-Verl¨aufen nur eine untergeordnete Rolle, die vom Einfluss von immer vorhandenen Toleranzen und Ungenauigkeiten praktisch immer verdeckt werden. Ihre Betrachtung lohnt deshalb kaum die M¨ uhe. 3.5.3 Elektronisches Schwenken Von praktischem Interesse ist jedoch die Frage, ob sich die Hauptkeule mit Hilfe von elektrischer Ansteuerung der einzelnen Elemente einer Lautsprecherzeile auf bestimmte, erw¨ unschte Richtungen ablenken l¨asst. Diese M¨oglichkeit des elektronischen Schwenks besteht, wie die folgenden Betrachtungen lehren. Tats¨ achlich ist der praktische Aufbau, mit dem das geschehen kann, sogar recht leicht herstellbar: Die Lautsprecher-Speise-Spannungen m¨ ussen alle nur gegeneinander jeweils um eine Zeit Δt verz¨ogert werden, wie in Bild 3.25 skizziert. Der (von unten gez¨ ahlt) i-te Lautsprecher erh¨alt also die Ansteuerung u(t − iΔt). Das gleiche gilt nat¨ urlich auch f¨ ur die Schnellesignale der Lautsprecher-Membrane: Die Schnelle einer weiter oben liegenden Quelle ist eine - je nach Lage - verz¨ ogerte Version der Schnelle des ersten Elements. Insgesamt wirkt also die Lautsprecherzeile, deren Elemente u ¨ber eine Kette von gleichartigen Verz¨ ogerungsleitungen angesteuert werden, selbst wie ein Wellenleiter: Wenn man idealisierend kleine Sende-Elemente voraussetzt, dann l¨asst sich die Schnelle der entlang der z-Achse angebrachten Quelle durch z + l/2 v(z, t) = f t − (3.44) cs beschreiben, worin f (t) den Schnelle-Zeitverlauf am Zeilenanfang v(−l/2, t) = f (t)
(3.45)
bedeutet. In (3.44) wird eine Ortsfunktion genannt, die mit der Zeit wan” dert“. Das damit bezeichnete Orts-Zeit-Verhalten besteht also in einer Welle. Die Konstante cs in (3.44) ist die Wellen-Ausbreitungsgeschwindigkeit, mit der sich das Schnellesignal entlang der Lautsprecherzeile fortpflanzt; es ist also cs = Δz/Δt (3.46)
3.5 Lautsprecherzeilen
105
Kette von VerzögerungsLeitungen z l/2
0
Δt
LS
Δt
LS
Δt
LS
Δt
LS
Δt
LS
LautsprecherZeile
Δz
-l/2
Eingangssignal
Bild 3.25. Lautsprecherzeile, deren Elemente u ogerungslei¨ber eine Kette von Verz¨ tungen angesteuert werden
(Δz, Δt: Abstand und Verz¨ ogerungszeit zweier Elemente, siehe Bild 3.25). F¨ ur reine T¨ one als Steuersignal f (t) = Re v1 ejωt findet man also mit
f (z, t) = Re v(z)ejωt
die bekannte Wellenbeschreibung v(z) = v1 e−j cs (z+l/2) = v0 e−j cs z ω
ω
(3.47)
f¨ ur die Welle der Zeilenschnelle. Wie bei jeder harmonischen Wellengestalt kann man das Verh¨ altnis ω/cs noch durch eine Abk¨ urzung, die StrahlerWellenzahl ks ks = ω/cs (3.48) urlich bereits die ¨ortliche Periode“, ausdr¨ ucken. Auch enth¨ alt ks (und cs ) nat¨ ” die als Strahler-Wellenl¨ ange“ λs mit ”
106
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
λs =
2π cs = f ks
(3.49)
bezeichnet wird. Ausdr¨ ucklich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass bislang lediglich die Eigenschaften der zusammengesetzten Quelle selbst, nicht aber die Abstrahlung von ihr betrachtet worden sind: cs , ks und λs sind also QUELLEIGENSCHAFTEN, die von den MEDIUMEIGENSCHAFTEN c, k und λ (= Ausbreitungsgeschwindigkeit, Wellenzahl und Wellenl¨ange in Luft) wohl unterschieden werden m¨ ussen. Die Schallabstrahlung von der oben definierten Schallquelle ist nach (3.38) rasch berechnet: pfern
l/2
1 = pQ l
j(k sin ϑN −ks )zQ
e
dzQ = pQ
sin
kl 2 kl 2
−l/2
sin ϑN −
sin ϑN −
ks l 2 ks l 2
(3.50)
(wie immer ist pQ = jωblv0 e−jkR /4πR der Druck der kompakten“ Quelle). ” 0
10 lg [sin(π(u−2))/(π(u−2))]2
−5 −10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.26. G(u) nach Gl.(3.50) f¨ ur l/λs = 2
Zur Diskussion von (3.50) ist es wohl, wie in den beiden vorigen Abschnitten, am einfachsten, wieder die abstrahltypische“ Funktion ” sin (π(u − l/λs )) (3.51) G(u) = π(u − l/λs ) zu erl¨ autern. Das Abstrahlgeschehen wird auch hier durch den Ausschnitt |u| < l/λ beschrieben. (3.51) stellt einfacherweise eine um l/λs nach rechts
3.5 Lautsprecherzeilen
107
verschobene Spaltfunktion dar. Bild 3.26 gibt ein Beispiel mit l/λs = 2. Die f¨ ur die Abstrahlung entscheidende Frage besteht nun einfach darin, ob der f¨ ur die Abstrahlung sichtbare“ Ausschnitt |u| < l/λ das nach u = l/λs verschobene ” Maximum der Spaltfunktion umfasst, oder nicht. Kurzwellige Strahler (Strahlerwellenl¨ ange λs < Luftschallwellenl¨ange λ) Ist die Strahlerwellenl¨ ange λs kleiner als die Luftschallwellenl¨ange, dann liegt das Maximum der Spaltfunktion außerhalb des sichtbaren Ausschnitts |u| < l/λ. Die Abstrahlung wird hier also nur durch die Nebenkeulen beschrieben; ist λs sogar viel kleiner als λ, dann findet hier u.U. eine sehr schwache Schallabstrahlung statt, die sich je nach Strahlerl¨ange l/λ auf mehrere etwa gleichrangige Nebenkeulen verteilt. F¨ ur die hier im Vordergrund stehende Anwendung bei elektronisch geschwenkten Lautsprecherzeilen kann man vor allem daraus lernen, dass nur langwellige Zeilen λs > λ und damit cs > c f¨ ur die Praxis in Frage kommen. Langwellige Strahler (Strahlerwellenl¨ ange λs > Luftschallwellenl¨ange λ) F¨ ur langwellige Strahler λs > λ liegt die Hauptkeule der abstrahltypischen Funktion G(u), die nach u = l/λs verschoben worden ist, immer im f¨ ur die Richtcharakteristik sichtbaren Bereich. Der Hauptabstrahlwinkel ϑH ergibt sich aus l l sin ϑH = λ λs zu c λ = . (3.52) sin ϑH = λs cs Die eingangs definierte Lautsprecherzeile besitzt also f¨ ur alle Frequenzen die gleiche geschwenkte Vorzugsrichtung. Hauptkeulenbreite und Anzahl sichtbarer Nebenkeulen h¨ angen nur noch von der in Luftschallwellenl¨angen ausgedr¨ uckten Strahlerl¨ ange ab. Ist l/λ 1, dann ist auch die geschwenkte Richtcharakteristik fast richtungsunabh¨ angig (Bild 3.27 a); f¨ ur mittlere (Bild 3.27 b) und hohe (Bild 3.27 c) Frequenzen besteht die Richtcharakteristik in entsprechend gr¨ oßeren Ausschnitten aus G(u). Nat¨ urlich k¨onnen Strahlformungen (beschrieben im vorangegangenen Abschnitt) und elektronisches Schwenken miteinander kombiniert werden.
108
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 90° 0
dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −45°
−10 0 −90°
Bild 3.27. (a) Geschwenkte Charakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) f¨ ur λs /λ = 2 und l/λ = 0, 5
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.27. (b) Geschwenkte Charakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) f¨ ur λs /λ = 2 und l/λ = 2
3.5 Lautsprecherzeilen
109
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.27. (c) Geschwenkte Charakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) f¨ ur λs /λ = 2 and l/λ = 4
3.5.4 Fernfeldbedingungen Die in den vorigen Abschnitten geschilderten Betrachtungen sind stets f¨ ur das Fernfeld“ durchgef¨ uhrt worden. Um den Fortgang der Gedankenentwicklung ” und die Erl¨ auterung der Prinzipien nicht aufzuhalten, ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Fernfeld u uck¨berhaupt vorliegt, zun¨achst zur¨ gestellt worden. Dass ihre Beantwortung hier nachgeholt wird, dient nicht nur der gedanklichen Vollst¨ andigkeit. Wie alle in diesem Buch geschilderten Erwartungen, muss auch das in den letzten Abschnitten erl¨auterte physikalische Verhalten durch Messungen u ufbar sein: Welches sind die f¨ ur das ¨berpr¨ Fernfeld einzuhaltenden Messparameter? Erstens sei in Erinnerung gerufen, dass eine wesentliche Voraussetzung f¨ ur die Fernfeldn¨ aherung (3.38) in der Annahme der f¨ ur alle Teilstrahler etwa gleichen Amplituden-Entfernungs-Abnahme bestand. Aus dieser Annahme folgt direkt, dass der Mittelpunktsabstand R zwischen Strahler und Aufpunkt groß verglichen mit der Strahlerl¨ ange l sein muss. Die erste Fernfeldbedingung lautet also R l. (3.53) Zweitens sei daran erinnert, dass der die Phase bestimmende Ausdruck k(r − R) (als Funktion der Lage zQ des aktuellen Strahlerelementes) nur bis zum LINEAREN Anteil angen¨ ahert worden ist. Will man ergr¨ unden, unter welchen Voraussetzungen dabei keine relevanten Fehler gemacht werden, muss man bis zum QUADRATISCHEN Term n¨ ahern und dessen Einfluss diskutieren. Nach Bild 3.17 gilt f¨ ur das Dreieck aus R, r und zQ
110
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
r(zQ ) =
2 − 2Rz cos ϑ . R2 + zQ Q
2 Die Taylor-Reihe davon ist (nach dem Glied mit zQ abgebrochen) bekanntlich
r ≈ r(0) + zQ
2 zQ dr d2 r + . 2 dzQ zQ =0 2 dzQ zQ =0
Die Koeffizienten, die sich aus den Ableitungen errechnen, sind r(0) = R, dr zQ − R cos ϑ = dzQ r und damit
dr = − cos ϑ , dzQ zQ =0 dr r − (zQ − R cos ϑ) dz d2 r Q = 2 dzQ r2
und damit
d2 r R − R cos2 ϑ sin2 ϑ . = = 2 2 dzQ zQ =0 R R
Demnach gilt 2 sin2 ϑ zQ . 2R In zweiter N¨ aherung besteht also die Phasenfunktion in
r ≈ R − zQ cos ϑ +
e−jkr = e−jkR ejkzQ cos ϑ e−j
2 sin2 ϑ kzQ 2R
.
2 Will man erreichen, dass die Exponentialfunktion mit zQ im Argument durch 1 angen¨ ahert werden kann (wie f¨ ur die Fernfeldn¨aherung (3.38) vorausgesetzt worden ist), dann muss 2 sin2 ϑ kzQ π/4 2R f¨ ur alle auftretenden ϑ und zQ eingehalten werden. Weil zQ h¨ochstens l/2 und sin(ϑ) h¨ ochstens 1 werden kann, ist das stets erf¨ ullt, wenn
2π l2 1 π/4 λ 4 2R gilt, oder, nur etwas u ur ¨bersichtlicher geschrieben, f¨ l R . λ l
(3.54)
3.5 Lautsprecherzeilen
111
Gleichung (3.53) bezeichnet die zweite Voraussetzung, die f¨ ur die Brauchbarkeit der Fernfeldn¨ aherung (3.38) erf¨ ullt sein muss. Wird ein Phasenfehler von π/4 als tolerabel aufgefasst, dann kann man “ in (3.53) durch “ ersetzt wird. ” ” Nochmals zusammengefasst kann man also feststellen, dass sich ein Punkt R dann im Fernfeld befindet, wenn alle drei Bedingungen
und
R l
(3.56)
R l
l λ
(3.57)
R λ
(3.58)
und zutreffen. In (3.57) und (3.58) nimmt man meist einen tolerablen Fehler in Kauf, wenn das Verlangen viel gr¨ oßer“ durch das weniger strenge gr¨oßer“ ” ” ersetzt wird. Die Bedeutung von (3.56) bis (3.58) f¨ ur den zugelassenen Messbereich wird rasch klar, wenn man sich einen gegebenen Strahler und einen festen Messabstand R vorstellt. Letzteren w¨ ahlt man so, dass nach (3.56) R l gilt; z.B. sei R = 5 m und l = 1 m. Gleichung (3.57) besagt dann, dass die Fernfeldbedingungen mit wachsender Frequenz, ab einer gewissen FrequenzGrenze, verlassen werden. Im Beispiel R = 5 m und l = 1 m gilt (3.57) nur f¨ ur λ > 20 cm, also f¨ ur Frequenzen unterhalb von 1700 Hz. Gl. (3.58) R > λ dagegen besagt, dass die Wellenl¨ ange kleiner als 5 m sein soll; der Frequenzbereich f¨ ur das Fernfeld beginnt also oberhalb von f = 68 Hz. Allgemein definieren
112
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
(3.57) und (3.58) demnach Bandgrenzen, innerhalb derer Fernfeldbedingungen vorliegen. Gl.(3.56) betrifft eine geometrische Voraussetzung. Die Fernfeldbedingungen (3.56) bis (3.58) k¨onnen ohne weiteres auf die fl¨ achenf¨ ormigen Strahler des n¨ achsten Abschnitts u ¨bertragen werden. Dabei ist unter l die gr¨ oßere der beiden Strahlerabmessungen zu verstehen.
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen Oft interessiert die Schallabstrahlung von großen schwingenden Fl¨achen wie von W¨ anden und Decken in Geb¨ auden, von Fenstern, von Blechen, die z.B. Maschinengeh¨ ause oder Teile von Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Eisenbahnen sein k¨ onnen: Es gibt eine sehr große Anzahl von Beispielen f¨ ur Strahler, die aus einer gestreckten, ebenen Fl¨ ache bestehen. Grund genug also, hier die zweidimensionale Erweiterung der Schallabstrahlung von eindimensionalen Quellen vorzunehmen. Die dabei verwendete Methode ist auch ganz die gleiche wie in Abschnitt 3.5. Die schwingende Ebene wird gedanklich in infinitesimal kleine Volumenquellen zerlegt, deren Dr¨ ucke im Aufpunkt durch Integration aufsummiert werden. Dabei ist freilich ein wichtiger Unterschied zum eindimensionalen, schmalen Sender zu beachten. Bei dem fl¨ achigen Sender n¨amlich wird das von einer kleinen Teilquelle hervorgerufene Schallfeld an der großen Quellfl¨ache reflektiert. Man sieht das vielleicht am einfachsten ein, wenn man sich einen kleinen schwingenden Fl¨ achenteil in einer ansonsten starren, unbewegten Ebene vorstellt, an der die Teilkugelwellen der infinitesimalen Sender vollst¨andig zur¨ uckgeworfen werden. Bei der Lautsprecherzeile ist die Reflexion des Schallfeldes eines Elementes an allen anderen ohne Erw¨ahnung beiseite gelassen worden. Diese Vernachl¨ assigung bestand ganz zurecht, weil die Zeilenbreite b stets als schmal verglichen mit der Wellenl¨ ange - und damit n¨aherungsweise als nichtreflektierend - angenommen worden ist. Bei der Abstrahlung von ausgedehnten Fl¨ achen muss nun die Reflexion am Strahler selbst ber¨ ucksichtigt werden. Weil das reflektierte Feld f¨ ur endlich ausgedehnte Fl¨ achen von ihrer Beschaffenheit und Gr¨oße ebenso wie von der Lage der aktuell betrachteten kleinen Volumenquelle abh¨angt, w¨ urde die Betrachtung des Feldes bei endlich großen strahlenden Fl¨achen im Freien“ ” außerordentlich kompliziert werden. Geht man dagegen von unendlich großen schwingenden Fl¨ achen aus, dann verschwinden diese Abh¨angigkeiten: Unbeeinflusst von seiner Lage unterliegt jedes Strahlerelement der gleichen Totalreflexion an der unendlich ausgedehnten Ebene. Die folgenden Betrachtungen gehen deshalb davon aus, dass die z-gerichtete Schnelle vz (x, y) in der ganzen Ebene z = 0 (die diesmal als Strahlerfl¨ ache gew¨ahlt wird) bekannt und gegeben ist. Das heißt andererseits nicht, dass nicht auch endlich ausgedehnte Schwinger betrachtet werden, nur sind diese dann als Teil einer sonst unbeweglich starren Schallwand mit vz = 0 aufzufassen.
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
113
Die Gr¨ oße des von einem Elementarstrahler in der Schallwand insgesamt hervorgerufenen Feldanteiles l¨ asst sich mit Hilfe eines einfachen Gedankenganges bestimmen. Dazu stellt man sich die kleine Volumenquelle zun¨achst in einem gewissen Abstand z vor dem Reflektor in z = 0 vor. Das reflektierte Feld kann man sich erzeugt denken durch eine Spiegelquelle im Punkt −z hinter der Schallwand, das Gesamtfeld wird also von den Quellen in z und −z aufgebaut. L¨ asst man nun die Originalquelle zur¨ uck in die Schallwand wandern, so erkennt man, dass die Reflexion gerade wie eine Verdopplung der Quelle bzw. wie eine Druckverdopplung wirkt. Demnach gilt wie in (3.35) f¨ ur den Anteil dp der infinitesimal kleinen Volumenquelle mit dem Volumenfluss v(xQ , yQ )dxQ dyQ dp =
jωv(xQ , yQ ) −jkr e dxQ dyQ , 2πr
worin r den Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand r = (x − xQ )2 + (y − yQ )2 + z 2
(3.59)
(3.60)
beschreibt. Der Gesamtdruck aller Strahlerteile betr¨agt damit jω p(x, y, z) = 2π
∞ ∞ v(xQ , yQ ) −∞ −∞
e−jkr dxQ dyQ . r
(3.61)
Gleichung (3.61) ist unter dem Namen Rayleigh-Integral“ bekannt. Wie ” erl¨ autert bezieht es sich auf Schnellen, die in der ganzen Ebene z = 0 gegeben sind. Bei endlich großen schwingenden Fl¨ achen setzt das Rayleigh-Integral voraus, dass diese einen Teil einer starren, unbeweglichen Schallwand bilden. (3.61) kann deswegen nur unter Einschr¨ ankungen und Vorbehalten auch auf die Schallabstrahlung von schwingenden Fl¨ achen im Freien ohne Schallwand angewandt werden, wie z.B. auf Eisenbahnr¨ ader, auf vorne und hinten offene Lautsprecher, etc. Das Rayleigh-Integral wird in diesen F¨allen auch dann eine brauchbare N¨ aherung f¨ ur das wahre Schallfeld ergeben, wenn die Abmessungen der strahlenden Fl¨ ache im hohen Frequenzbereich bereits groß verglichen mit der Wellenl¨ ange sind. F¨ ur tiefe Frequenzen dagegen spielt der Massenkurzschluss zwischen Vorder- und R¨ uckseite (z > 0 und z < 0) eine Hauptrolle beim Abstrahlgeschehen, und gerade dieser Kurzschluss ist durch die in (3.61) implizit enthaltene Schallwand ausgeschlossen worden. Tieffrequent wird das Rayleigh-Integral deshalb immer zu recht falschen Vorhersagen f¨ ur freie Strahler ohne Schallwand“ f¨ uhren. ” Das Rayleigh-Integral ist nur in seltenen Ausnahmef¨allen analytisch beherrschbar (ein Beispiel mit einer geschlossenen L¨osung von (3.61) wenigstens f¨ ur die Mittelpunktachse z = 0 wird weiter unten gegeben). Dagegen l¨asst sich wieder eine einfache und u ¨bersichtliche Fernfeldn¨aherung aus (3.61) herleiten. F¨ ur die dabei zur Beschreibung des Aufpunktes benutzten Kugelkoordinaten gilt bekanntlich
114
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
x = R sin ϑ cos ϕ y = R sin ϑ sin ϕ z = R cos ϑ (R: Abstand des Punktes (x, y, z) vom Ursprung, ϑ: Winkel zwischen z-Achse und Strahl zwischen Ursprung und Aufpunkt, ϕ: Winkel zwischen x-Achse und in die Ebene z = 0 projiziertem Strahl). F¨ ur die Fernfeldn¨ aherung ist zun¨ achst die Annahme einer endlichen Strahlerfl¨ ache erforderlich, das sei hier mit endlichen Integrationsintervallen jω p(x, y, z) = 2π
l y /2
l x /2
v(xQ , yQ )
e−jkr dxQ dyQ r
(3.62)
−ly /2 −lx /2
angedeutet. Wie in Abschnitt 3.5.4 erl¨ autert werden als Fernfeldbedingungen R l,
R λ
und R/l l/λ
vorausgesetzt (l = max(lx , ly )). Wieder darf im Fernfeld 1/r ≈ 1/R (R = Mittelpunktabstand) gesetzt und vor das Integral gezogen werden. F¨ ur r gilt 2 r2 = (x − xQ )2 + (y − yQ )2 + z 2 = x2 + y 2 + z 2 + x2Q + yQ − 2(xxQ + yyQ )
≈ R2 − 2(xxQ + yyQ ) , 2 unter Fernfeldbedingungen vernachl¨assigt werden d¨ urfen. In weil x2Q und yQ Kugelkoordinaten ausgedr¨ uckt ist also
r2 − R2 = (r − R)(r + R) = −2R(xQ sin ϑ cos ϕ + yQ sin ϑ sin ϕ) , oder (mit r + R = 2R bis auf quadratisch kleine Terme) r − R = −(xQ sin ϑ cos ϕ + yQ sin ϑ sin ϕ) . Die Fernfeld-N¨ aherung f¨ ur die Abstrahlung von Ebenen lautet also pfern (R, ϑ, ϕ) = l y /2
jω −jkR e 2πR
l x /2
·
v(xQ , yQ )ejk(xQ sin ϑ cos ϕ+yQ sin ϑ sin ϕ) dxQ dyQ
(3.63)
−ly /2 −lx /2
(das Doppelintegral rechts stellt die zweifache Fourier-Transformierte der Strahlerschnelle dar, siehe dazu auch Kapitel 13 dieses Buches). F¨ ur die meisten interessierenden Modellannahmen f¨ ur Strahler kann (3.63) einfach gel¨ ost und auf Produkte von Richtcharakteristika zur¨ uckgef¨ uhrt werden, die schon bei den Lautsprecherzeilen diskutiert worden sind. Zum Beiur |x| ≤ lx /2, spiel ist f¨ ur die rechteckf¨ ormige Kolbenmembran mit v = v0 f¨ |y| ≤ ly /2 und v = 0 sonst (mit Q = v0 lx ly )
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
pfern =
115
jωQ −jkR sin (π lλx sin ϑ cos ϕ) sin (π lλx sin ϑ sin ϕ) e . 4πR π lλx sin ϑ cos ϕ π lλx sin ϑ sin ϕ
Zu a ucken f¨ uhrt auch die Annahme wellenf¨ormiger Strahler. ¨hnlichen Ausdr¨ Insbesondere folgt aus (3.63) f¨ ur tiefe Frequenzen klx 1 und kly 1 noch l y /2 l x /2 jω −jkR e v(xQ , yQ )dxQ dyQ . (3.64) pfern 4πR −ly /2 −lx /2
In erster N¨ aherung ist also das Schallfeld zum Netto-Volumenfluss des Strahlers proportional. Bei wellenf¨ ormigen Strahlern entscheiden u.U. Kleinigkeiten u oße des Netto-Volumenflusses und damit u ¨ber die Gr¨ ¨ber die Abstrahlung, wie schon erl¨ autert. Schließlich sei noch daran erinnert, dass im Fernfeld definitionsgem¨aß die Impedanz c vorliegt. Deshalb gilt f¨ ur die Intensit¨at I=
1 |pfern |2 . 2 c
(3.65)
Die Schallleistung l¨ asst sich damit durch Integration u ¨ber eine Halbkugel berechnen: π/2 2π 1 P = |pfern |2 R2 sin ϑdϕdϑ . (3.66) 2 c 0
0
3.6.1 Schallfeld auf der Achse vor einer Kreis-Membran Bei Fernfeldbetrachtungen ist in den vorigen Abschnitten stets großer Wert darauf gelegt worden, die Voraussetzungen daf¨ ur zu nennen. Eine gewiss recht interessante Frage besteht darin, welche Effekte wohl zu erwarten sind, wenn die Fernfeldbedingungen verletzt werden. Die folgenden Betrachtungen geben eine Antwort anhand eines Beispiels. Dazu wird der Schalldruck auf der MittelAchse vor einer kreisf¨ ormigen Kolbenmembran (Schnelle v0 = const. in r < b) aus dem Rayleigh-Integral (3.61) berechnet (siehe Bild 3.28). In Polarkoordinaten xQ = RQ cos ϕQ yQ = RQ sin ϕQ dxQ dyQ = dS = RQ dRQ dϕQ ausgedr¨ uckt wird aus (3.61)
116
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
2b z
r
y
RQ
ϕQ k
d en ng n i hw ra sc mb as sme h i p on Kre
e
x
Bild 3.28. Lage der kreisf¨ ormigen Kolbenmembran im Koordinatensystem mit Bezeichnung der geometrischen Gr¨ oßen
2π b
jω v0 p= 2π
0 2 RQ
e−jkr RQ dRQ dϕQ , r
(3.67)
0
z2
+ den Abstand zwischen Strahlerelement RQ und dem worin r = Punkt auf der z-Achse bedeutet. Der Radius der Kolbenmembran wird mit b bezeichnet. Bei Drehung des Quellpunktes in Bild 3.28 um die z-Achse ¨andert sich der Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand r nicht, der Integrand in Gl.(3.67) ist angig. Deshalb wird also von ϕQ unabh¨ b p = jω v0 0
Mit Hilfe der Substitution u=
√ 2 2 e−jk RQ +z RQ dRQ . 2 + z2 RQ
2 + z2 RQ
RQ dRQ du = 2 + z2 RQ RQ = 0 u = z RQ = b u = b 2 + z 2 l¨asst sich (3.68) leicht l¨ osen: √
b 2 +z 2
√ 2 2 e−jku du = c v0 e−jkz − e−jk b +z ,
p = jω v0 z
(3.68)
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
√ 2 2 p = c v0 e−j2πz/λ 1 − e−j2π( b +z −z)/λ .
bzw.
117
(3.69)
Offensichtlich kann der Schalldruck auf der z-Achse Nullstellen besitzen. Die Lage der Nullstellen p(z0 ) = 0 ergibt sich aus (b/λ)2 + (z0 /λ)2 − z0 /λ = n . Daraus folgt (n + z0 /λ)2 = n2 + (z0 /λ)2 + 2nz0 /λ = (b/λ)2 + (z0 /λ)2 , oder
(b/λ)2 − n2 . (3.70) 2n In (3.70) durchl¨ auft n solange die Werte n = 1, 2, 3, . . . wie sich positive Werte alt man z0 /λ ergeben. Zum Beispiel erh¨ z0 /λ =
• •
f¨ ur b/λ = 1 die einzige Nullstelle z0 /λ = 0 (n = 1) auf der Membran-Mitte selbst und f¨ ur b/λ = 4 die Nullstellen z0 /λ = 7, 5 (n = 1); z0 /λ = 3 (n = 2); z0 /λ = 1, 1667 (n = 3) und wieder die Membran-Mitte z0 /λ = 0 (n = 4).
Einige Bespiele f¨ ur die axiale Pegelverteilung zeigen die Bilder 3.29, 3.30 und 3.31. Jeweils ergibt sich die am weitesten von der Quelle entfernte Nullstelle aus n = 1 zu etwa 1 zmax /λ ≈ (b/λ)2 . (3.71) 2 Im Bereich z < zmax liegen also axiale Druckknoten p = 0 vor, ihre Anzahl betr¨ agt (etwa) b/λ. Nun widerspricht aber gerade eine Schallfeld-Struktur aus abwechselnden Druck-Knoten und B¨ auchen in Abstandsrichtung (hier die z-Richtung) der Annahme des Fernfeldes: Wie Gl.(3.63) zeigt, ließe sich das Fernfeld als der Bereich von Strahlerabst¨ anden auffassen, in dem als einzige R-Abh¨angigkeit die Amplitudenabnahme mit 1/R (und damit der Pegelabfall von 6 dB pro Entfernungsverdopplung) vorkommt. Nach der das Fernfeld beschreibenden Gleichung (3.63) ist eine Struktur aus Minima und Maxima entlang der Abstandsachse im Fernfeld nicht m¨ oglich. Demnach kann der Bereich z < zmax nicht zum Fernfeld geh¨oren, nur f¨ ur z zmax = oder f¨ ur
1 b2 2λ
b z (3.72) λ b k¨ onnen Fernfeldbedingungen“ vorliegen. (3.72) ist mit der fr¨ uher abgeleiteten ” Gleichung (3.57) identisch.
118
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 10 5 0 −5
p/ρcv0 [dB]
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
z/λ
Bild 3.29. Ortsverlauf des Schalldruckpegels entlang der Mittelachse z vor der Membran f¨ ur b/λ = 0, 5 10 5 0 −5
p/ρcv0 [dB]
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
z/λ
Bild 3.30. Ortsverlauf des Schalldruckpegels entlang der Mittelachse z vor der Membran f¨ ur b/λ = 2
Aus den genannten Betrachtungen zeigen sich umgekehrt die zu erwartenden Effekte, wenn ein zu kleiner Messabstand z gew¨ahlt und (3.72) verletzt wird. Der gemessene Pegel-Umfangsverlauf kann Schalldruck-Minima aufweisen, die zwar f¨ ur den speziellen Messabstand so auch tats¨achlich vorhanden
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
119
10 5 0 −5
p/ρcv0 [dB]
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
z/λ
Bild 3.31. Ortsverlauf des Schalldruckpegels entlang der Mittelachse z vor der Membran f¨ ur b/λ = 4
sind, bei anderen, gr¨ oßeren Abst¨ anden aber gar nicht auftauchen. Die gemessene Richtcharakteristik ist also untypisch f¨ ur andere Abst¨ande, und damit ziemlich bedeutungslos. Nur im Fernfeld misst man Richtwirkungen, die sich mit wachsendem Abstand nicht mehr ver¨ andern, und gerade darin kann man auch den Zweck der Fernfeld-Definition sehen. Abschließend sei noch die zu (3.69) geh¨ orende Fernfeldn¨aherung abgeleitet. Wenn man z b voraussetzt, dann ist 1 b2 1 b2 2 2 2 , z + b = z 1 + (b/z) ≈ z 1 + = z + 2 z2 2 z und also wird
b2 pfern ≈ c v0 e−j2πz/λ 1 − e−jπ λz .
Wenn nach (3.72) b2 λz ist, dann findet man mit e−jx ≈ 1 − jx den Fernfelddruck pfern =
j c v0 b2 π −j2πz/λ jωπb2 v0 −j2πz/λ e e = . λz 2πz
(3.73)
(3.73) ist mit dem Ergebnis von (3.63) f¨ ur ϑ = 0 (das bezeichnet die z-Achse) identisch.
120
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
3.7 Zusammenfassung Pro Abstandsverdopplung verringert sich der Schalldruckpegel bei Punktquellen um 6 dB, bei Linienquellen um 3 dB. Kleine Volumenquellen erzeugen ein Schallfeld, dessen Wellenfronten Kugelschalen bilden. Quellkombinationen rufen Interferenz-Erscheinungen hervor, die Richtcharakteristika bewirken. Letztere k¨ onnen sich auch mit dem Abstand zur Quelle ¨andern, nur im durch die drei Bedingungen r >> l, r >> λ und r/l >> l/λ festgelegten Fernfeld wird die Umfangs-Charakteristik vom Abstand unabh¨angig. Beim Dipol besteht die Charakteristik in einer Doppel-Kugel. Großfl¨achige, konphas schwingende Strahler (Lautsprecherzeilen z.B.) bilden je nach Gr¨oße und Wellenl¨ ange Richtwirkungen in Form einer Hauptkeule, gefolgt von Nebenkeulen. Diese Struktur kann durch Gewichtung der Elemente gezielt ver¨andert werden. Durch Zeitverz¨ ogerungen der Lautsprecher-Steuersignale l¨asst sich die Vorzugsrichtung der Abstrahlung elektronisch schwenken. Solche (und andere) wellenf¨ ormigen Strahler erzeugen Schallfelder nur an ihren R¨andern, wenn die Strahlerwellenl¨ ange λs k¨ urzer ist als die des umgebenden Mediums λ; also f¨ ur λs < λ. Bei langwelligen Strahlern λs > λ ist die ganze Strahlerfl¨ache an der Schallentstehung beteiligt. Die Abstrahlung in der Hauptkeule l¨asst sich dann als schr¨ ag laufender Schallstrahl deuten, dessen Richtung sich aus sin ϑ = λ/λs ergibt.
3.8 Literaturhinweise Zur Vertiefung der in diesem Abschnitt behandelten Inhalte wird insbesondere vorgeschlagen das Kapitel 5 aus dem (auch sonst h¨ochst lesenswerten) Werk von E. Meyer und E.G. Neumann Physikalische und Technische Akustik“ ” (Vieweg Verlag, Braunschweig 1967) und das Kapitel 6 im Buch K¨orper” schall“ von L. Cremer und M. Heckl (Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 1996). Eine besonders empfehlenswerte inhaltliche Erg¨anzung stellt die Arbeit von M. Heckl: Abstrahlung von ebenen Schallquellen“ (ACUSTI” CA 37 (1977), S. 155 - 166) dar. Als fr¨ uhe, sehr detailreiche Arbeit zum Thema Abstrahlung sei Stenzel; Brosze, O.: Leitfaden zur Berechnung von ” Schallvorg¨ angen“ (Springer-Verlag, Berlin/G¨ ottingen/Heidelberg 1958) genannt. Und schließlich erlaubt sich der Verfasser den Hinweis auf ein eigenes Buch: M¨ oser, M.: Analyse und Synthese akustischer Spektren“ (Springer” Verlag, Berlin und Heidelberg 1988)
¨ 3.9 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 An einem Immissionsort herrscht bereits ein A-bewerteter Schalldruckpegel von 50 dB(A) aus dem Schalleintrag einer benachbarten Fabrik. Nun soll in
¨ 3.9 Ubungsaufgaben
121
50 m Entfernung zum Immissionsort noch eine Pumpe errichtet werden. Die Pumpe darf h¨ ochstens am Immissionsort den Pegel von LP = 53, 3 dB(A) alleine erzeugen, damit der Gesamtpegel die Grenze von 55 dB(A) nicht u ¨ber¨ schreitet (siehe Aufgabe 1 aus den Ubungsaufgaben zu Kapitel 1). Wie groß darf der A-bewertete Leistungspegel der Pumpe h¨ochstens sein, damit dieses Ziel erreicht wird? Aufgabe 2 An einem Wohnhaus wird ein Dauerschallpegel von 41 dB(A) gemessen, der durch Schalleintrag aus dem umliegenden Industriegebiet erzeugt wird. In der N¨ ahe soll nun eine Straße errichtet werden, f¨ ur die der prognostizierte Pegel in 25 m Abstand 50 dB(A) betr¨ agt. Wie groß muss der Abstand zwischen Haus und Straße mindestens sein, damit ein Schalldruckpegel von insgesamt 45 dB(A) nicht u ¨berschritten wird? Aufgabe 3 Ein (kleines) Ventil gibt einen Volumenstrom Q(t) nach der Skizze in Bild 3.32 ab. Man berechne den Zeitverlauf des Schalldruckquadrates in 10 m Abstand
1.2
1
Q(t)/Q0
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
t/TF
Bild 3.32. Zeitverlauf des Volumenflusses zu Aufgabe 2
f¨ ur Q0 = 1 m3 /s und f¨ ur die Flankenzeiten von TF = 0, 01 s, 0, 0316 s und 0, 1 s. Wie groß sind die vorkommenden Schalldruckpegel?
122
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Aufgabe 4 Ein frei h¨ angender Lautsprecher stellt den (recht großen) Pegel von 100 dB in 2 m Abstand her. Wie groß sind die abgestrahlte Leistung und der Leistungspegel? Wie groß ist der Wirkungsgrad, wenn die elektrische Leistungsaufnahme 50 W betr¨ agt? Aufgabe 5 Eine Lautsprecherzeile besitze einen Schnelle-Ortsverlauf wie in der Skizze Bild 3.33 dargestellt (l=L¨ ange der Zeile). F¨ ur alle Frequenzen sollen die Richt-
1.2
1
v(z)/v0
0.8
0.6
0.4
0.2
0 −0.5
−0.4
−0.3
−0.2
−0.1
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
z/l
Bild 3.33. Ortsverlauf der Schallschnelle zu Aufgabe 4
charakteristika bestimmt werden. Aufgabe 6 F¨ ur eine Schallquelle mit der gr¨ oßten Ausdehnung von 1 m (50 cm, 2 m) sollen Fernfeldmessungen durchgef¨ uhrt werden. Zur Einhaltung der geometrischen Voraussetzung R >> l wird der Messabstand von R = 5 l, also R = 5 m (2, 5 m, 10 m) festgelegt. a) Wenn in den verbleibenden beiden Fernfeldbedingungen die Bedingung ’>>’ (’viel gr¨ oßer als’) stets durch ’f¨ unf mal gr¨oßer als’ ersetzt wird: In welchem Frequenzbereich kann die Fernfeldmessung dann durchgef¨ uhrt werden?
¨ 3.9 Ubungsaufgaben
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b) Wenn stattdessen die Bedingung ’>>’ (’viel gr¨oßer als’) stets durch ’zwei mal gr¨ oßer als’ ersetzt wird: In welchem Frequenzbereich kann die Fernfeldmessung dann durchgef¨ uhrt werden? Aufgabe 7 Bei einer endlich langen Linienquelle (Eisenbahnzug) von 100 m L¨ange wird in 10 m Abstand der Schalldruckpegel von 84 dB(A) gemessen. Wie groß ist der Pegel in 20 m, in 200 m und 400 m Abstand? Aufgabe 8 Wie in der folgenden Skizze dargestellt seien vier Schallquellen auf den Koordinatenachsen angeordnet. z
Q
2h -jQ
jQ -Q 2h
Bild 3.34. Anordnung aus vier jeweils gegeneinander phasenverschobenen Quellen
Die Volumenfl¨ usse der Quellem seien dem Betrage nach gleich groß; jedoch sind sie, wie in der Abbildung skizziert, jeweils im Uhrzeigersinn um 90◦ gegeneinander phasenverschoben. Man berechne den Schalldruck im Raum und stelle die Teilchenbewegungen im Film f¨ ur die Parameter 2h/λ = 0,25; 0,5; 1 und 2 dar. Es seien noch folgende Hinweise gegeben: Man gehe von Linienquellen aus, deren Feld durch √ p = Ae−jkr / r beschrieben sei (r ist der Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand). Dadurch wird das Interferenzmuster (gegen¨ uber den Punktquellen) nicht beeinflusst, nur die Amplitudenabnahme nach außen verlangsamt sich. Die Schallschnelle soll nicht analytisch durch Differenzieren bestimmt werden. Zur Vereinfachung wird die Schnelle n¨ aherungsweise aus der Druckdifferenz berechnet, man nutze also die Proportionalit¨aten
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
vx ∼ p(x + λ/100, y) − p(x, y) und vy ∼ p(x, y + λ/100) − p(x, y) . aus. Man bedenke auch, dass die Quellgr¨ oße (und damit die Skalierung der Schnelle) v¨ ollig willk¨ urlich ist. Aufgabe 9 Die Membran (Fl¨ache S) eines kleinen Lautsprechers in einer kleinen Box wird auf elektronischem Wege zu folgender Auslenkung ξ angeregt: • f¨ ur t < 0 ist ξ = 0, • f¨ ur 0 < t < TD ist ξ = ξ0 sin2 ( π2 TtD ) und • f¨ ur t > TD ist ξ = ξ0 . Wie lauten Zeit- und Orts-Verlauf des Schalldruckes im ganzen freien Raum? Aufgabe 10 Man bestimme den von der Kreis-Kolbenmembran (Radius b, in schallharter Wand) hervorgerufenen Schalldruck im Fernfeld. Aufgabe 11 Untersucht werden soll die Schallabstrahlung von Platten-Biegeschwingungen der Form v(x, y) = v0 sin (nπx/lx ) sin (mπy/ly ) (Plattenabmessungen lx und ly , Schwinger in schallharter Wand, Strahlerbereich in 0 < x < lx und 0 < y < ly ), deren Strahler-Wellenl¨angen λx = und
2lx n
2ly m beide klein verglichen mit der Luftschall-Wellenl¨ange λ sein sollen (λx