Thomas Kohnen Refraktive Chirurgie
Thomas Kohnen
Refraktive Chirurgie Mit 276 Abbildungen und 43 Tabellen
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Thomas Kohnen Refraktive Chirurgie
Thomas Kohnen
Refraktive Chirurgie Mit 276 Abbildungen und 43 Tabellen
123
Professor Dr. med. Thomas Kohnen Klinik für Augenheilkunde Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt
ISBN 978-3-642-05405-1 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH ein Unternehmen von Springer Science + Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Planung: Dr. Sabine Ehlenbeck, Heidelberg Projektmanagement: Cécile Schütze-Gaukel, Heidelberg Lektorat: Ursula Illig, Stockdorf Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz und Reproduktion der Abbildungen: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg SPIN: 12567225 Gedruckt auf säurefreiem Papier
2111 – 5 4 3 2 1 0
V
Dieses Buch möchte ich all denjenigen widmen, die mich für die refraktive Chirurgie begeistert, in dieser Subspezialität ausgebildet und für neue Entwicklungen inspiriert haben: Insbesondere Hans-Reinhard Koch, Ulrich Dardenne, Richard L. Lindstrom, Karl-Wilhelm Jacobi, Eberhard Schütte, Douglas D. Koch, Emanuel Rosen, Patrick Condon, Peter J. McDonnell, Dimitri T. Azar, Theo Seiler, Michael Knorz, Thomas Neuhann, Gerd Steinkamp und Christian Ohrloff
VII
Vorwort Der Wunsch des Menschen nach gutem Sehen ohne optische Hilfsmittel ist alt und aus Sicht der Betroffenen notwendig und verständlich. Neben dem Ausgleich mit Brillengläsern und Kontaktlinsen zählt heute die Korrektur von Refraktionsfehlern mittels chirurgischer Maßnahmen zum Gesamtspektrum der ophthalmologischen Behandlungsmöglichkeiten. Die Behandlung hochgradiger Myopien mittels Extraktion der natürlichen Linse wurde erstmals im vorletzten Jahrhundert von Fukala beschrieben. 1898 schon konnte Lans im Tierexperiment zeigen, dass sich durch radiäre nicht-perforierende Brandwunden in der Hornhaut Refraktionsänderungen des Auges erzielen lassen. Diese beiden Eingriffe dokumentieren erste Operationen zur Refraktionskorrektur an Linse und Hornhaut. Die weiteren großen Veränderungen für die refraktive Chirurgie waren die Einführung der Intraokularlinsen durch Ridley, die eine dauerhafte Aphakiekorrektur nach kristalliner Linsenextraktion ermöglichten, und die Entwicklung des Excimerlasers zur Hornhautmodulation. Vor gut zwei Jahren hatte ich mir die Aufgabe gestellt, die langjährige Erfahrung in der Durchführung und dem Lehren von refraktiv-chirurgischen Maßnahmen in einem deutschen Lehrbuch zusammenzufassen. Es ist ein Buch mit fünf Hauptkapiteln zu Grundlagen, refraktive Hornhaut- und Linsenchirurgie, Presbyopiekorrektur sowie rechtliche und wirtschaftliche Aspekte der refraktiven Chirurgie entstanden. Der Leser des Buches und Betrachter der Videosequenzen sollte Antworten finden, ob z. B. ein Patient grundsätzlich für einen refraktiven Eingriff in Frage kommt, wie eine optimale Vorbereitung, Durchführung und Nachbetreuung durchzuführen ist, welches der mittlerweile etablierten Verfahren am besten passen würde, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Verfahren haben, wie Komplikationen vermieden und behandelt werden und wie man refraktive Chirurgie insgesamt erfolgreich betreiben kann. Das vorliegende Buch verdankt viel der Mithilfe zahlreicher national und international anerkannter Autoren, bei denen ich mich allen für ihre Zeit und Mühe herzlichst bedanken möchte. Ohne die Expertise dieses ausgewählten Autorenkreises wäre dieses Buch nur schwer zu schreiben gewesen. Für die Anregungen und Hilfe bei der Konzeption und dem Aufbau gilt mein ganz besonderer Dank den Mitarbeitern der Universitäts-Augenklinik Frankfurt, Oliver Klaproth, Jens Bühren und Martin Baumeister, sowie dem Team des Springer-Verlags. Ganz besonders aber möchte ich mich bei Frau Birgit Scherff für ihre unermüdliche Arbeit und Koordination dieses Buch bedanken. Ich wünsche Ihnen allen viel Freude und Spaß beim Lesen der Lektüre und hoffe, mit diesem Werk einen weiteren Beitrag zur Etablierung der refraktiven Chirurgie leisten zu können. Professor Dr. med. Thomas Kohnen Frankfurt am Main
IX
Geleitwort Die Augenheilkunde ist innerhalb der Medizin immer ein höchst innovatives Fach gewesen und dieses gilt auch heute noch. Der Laser, das Operationsmikroskop wie auch die Kleinschnittchirurgie haben ihre ersten Anwendungen in der Augenheilkunde erlebt. Die hohe Sicherheit und Effizienz dieser modernen operativen Techniken ist die Basis dafür, dass auch die refraktive Chirurgie eine foudroyante Entwicklung genommen hat. Plötzlich sind Myopie und Hyperopie nicht mehr nur mit Brillen oder Kontaktlinsen korrigierbare, schicksalshafte Brechkraftfehler, sondern sie können durch intraokulare Linsen, Hornhautchirurgie oder Laseranwendungen präzise behandelt werden. Im vorliegenden Buch wird der derzeitige Wissensstand von fachkundigen Autoren dargestellt und kritisch bewertet. Der Bogen spannt sich von Diskussionen zur Optik, Anatomie und Physiologie über die ethischen Aspekte der refraktiven Chirurgie zu den vielfältigen technischen und operativen Verfahren. Vor allem wird auf die Patienteninteressen sowie die Behandlungsrichtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen eingegangen. Die refraktive Chirurgie wird nämlich von Anfang an in Deutschland zur Qualitätssicherung von der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC), die von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und dem Berufsverband der Augenärzte (BVA) eingerichtet wurde, begleitet. Gerade dieses von Professor Dr. med. Thomas Kohnen herausgegebene Werk ist daher ein weiterer Meilenstein im Bestreben, die innovativen refraktiven Verfahren in ihrer Güte umfassend, fundiert und ausgewogen darzustellen, um für die Patienten die hohe Qualität der Augenmedizin und ihre Wertschätzung in der Bevölkerung zu erhalten. Professor Dr. med. Christian Ohrloff Frankfurt am Main
XI
Geleitwort Die refraktive Chirurgie ist und bleibt ein Minenfeld. Das Spannungsfeld, das einerseits vom hochzufriedenen Patienten und andererseits vom überkritischen (oft akademischen) Kollegen erzeugt wird, verlangt einen Lageplan der Fallen und insbesondere eine Führungshilfe für den Chirurgen, um nicht in solche Fallen zu tappen. Es sind gerade die Feinheiten einer Muttersprache, die manchmal den freundschaftlichen Ratschlag von der Vorschrift unterscheiden können, und deshalb ist ein Leitfaden für die refraktive Chirurgie in deutscher Sprache für uns dringend notwendig. Das letzte derartige Buch, das seinerzeit von mir verfasst wurde, ist nunmehr 10 Jahre alt und gibt in vielen Aspekten nicht mehr den Stand der Zeit wieder, benötigte also dringend der Aktualisierung. Dies ist der Zweck des von Thomas Kohnen vorgelegten Werkes. Es stellt den »state of the art« der refraktiven Chirurgie im Jahre 2010 dar und darf durchaus als internationales Referenzwerk angesehen werden. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass der Großteil der Innovationen der letzten Dekade aus Europa stammt, seien es die modernen Ablationsprofile (7 Kap. 8.3), die lamelläre Femtosekunden-Laserchirurgie (7 10.2) oder das Crosslinking bzw. der intrastromale Ring zur Behebung und Prävention von Komplikationen (7 14.3). Ich hoffe, dass der Leser dieser Anthologie beim Studium genau so viel Spaß hat wie wir Autoren – und ebenso viel lernt wie wir! Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Theo Seiler Zürich
XIII
Inhaltsverzeichnis
I
Grundlagen
1
Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O. K. Klaproth, H. Jungnickel, T. Kohnen
3
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Einleitung . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Optik . . . . . . . . Geometrische Optik . . . . . . Wellenoptik . . . . . . . . . . . Lichttechnische Basisgrößen Literatur . . . . . . . . . . . . . .
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4 4 4 7 8 9
2
Anatomie des Augenvorderabschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
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M. Baumeister, T. Kohnen
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10
3
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bindehaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tenon-Kapsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Limbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hornhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorderkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akkommodationsapparat (Ziliarmuskel, Zonula und Linse) Sklera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uvea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glaskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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12 13 14 14 15 17 18 21 21 23 24
Physiologische Optik und optische Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
J. Bühren, O. K. Klaproth, T. Kohnen
3.1 3.2
Fehlsichtigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optische Qualität: Ebenen der visuellen Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26 29 33
4
Diagnostik in der refraktiven Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
J. Bühren, T. Kohnen
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korneale Topographie und Aberrometrie Funktionsprüfungen . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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36 36 38 43 50 53
5
Patientenselektion und Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
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D. Kook, T. Kohnen
5.1 5.2 5.3 5.4
Überblick refraktiv-chirurgischer Verfahren Allgemeine Ein- und Ausschlusskriterien . . Spezielle Ein- und Ausschlusskriterien . . . . Phake Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . .
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56 56 58 60
XIV
Inhaltsverzeichnis
5.5 5.6
Refraktiver Linsenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Multifokale und akkommodative Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60 62 63
6
Ethische Aspekte der refraktiven Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
D. D. Koch Übersetzt von B. Scherff, O. K. Klaproth, T. Kohnen
6.1 6.2
7
Profitiert der Patient von der geplanten Operation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patientenaufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66 66
Geschichte der refraktiven Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
T. Seiler, T. G. Seiler
7.1 7.2 7.3 7.4 7.5
Die Myopie-Operation oder clear lens exchange (CLE) Die prämature Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keratotomien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lamellierende refraktive Chirurgie . . . . . . . . . . . . . Laserchirurgie der Hornhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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70 71 74 77 78 80
II Refraktive Hornhautchirurgie 8
Technische Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
8.1
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Lubatschowski
84
8.2
Excimerlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Lubatschowski
87
8.3
Femtosekundenlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kook, M. Mrochen, S. Schumacher, G. Grabner
90
8.4
Ablationsprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Mrochen, T. Koller, T. Seiler
98
8.5
Zentrierung bei Refraktionskorrekturen mit dem Excimerlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 T. Neuhann
9
Oberflächenbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 S. Pieh
9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8
10
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historischer Rückblick auf die Oberflächenbehandlungen . Wundheilung nach Oberflächenbehandlungen . . . . . . . . Indikationen und Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperative Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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122 122 122 124 127 130 131 131 133
Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 T. Kohnen, O. K. Klaproth
10.1 10.2
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
XV Inhaltsverzeichnis
10.3 10.4
Retreatments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
11
Therapeutische Excimerchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abtragung oberflächlicher Narben . . Glättung kornealer Irregularitäten . . Behandlung kornealer Dystrophien . . Behandlung rezidivierender Erosiones Behandlung von Pterygien . . . . . . . . Finanzierung und Qualitätssicherung . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Komplikationen der Excimerchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 12.9
Intraoperativ: Schnittkomplikationen und Epithellockerung Postoperativ: trockenes Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperativ: diffuse lamelläre Keratitis und Infektion . . . . Postoperativ: Lentikelfalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperativ: Epitheleinwachsung . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperativ: Keratektasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperativ: optische Aberrationen . . . . . . . . . . . . . . . . Kornealer Hydrops bei Sekundärglaukom . . . . . . . . . . . . . Postoperativ: Haze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
G. Duncker . . . . . . . .
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154 154 155 156 157 158 158 159
M. Knorz . . . . . . . . .
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163 164 166 169 171 174 176 179 180
13
Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
13.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 E. Fabian, M. Maier
13.2
Astigmatische Keratotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 U. Mester
13.3
Limbale Relaxationsinzisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 E. Fabian, M. Maier
14
Intrakorneale Implantate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 J. Ruckhofer, G. Grabner
14.1 14.2 14.3
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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200 200 204 212
15
Thermokeratoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
15.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 T. Kohnen
15.2
Konduktive Keratoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 O. Kermani
15.3
Laserthermokeratoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 T. Kohnen, O. K. Klaproth
XVI
Inhaltsverzeichnis
III Refraktive Intraokularchirurgie 16
Phake Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
16.1
Prinzipien und Operationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
16.2
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 T. Kohnen, O. K. Klaproth, D. Kook
17
Refraktive Intraokularchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
17.1
Refraktiver Linsenaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
17.2
Pseudophake additive Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 O. K. Klaproth, T. Kohnen
18
IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 M. Shirayama, L. Wang, D. D. Koch Übersetzt von B. Scherff, O. K. Klaproth, T. Kohnen
18.1 18.2 18.3 18.4
19
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterte Methoden zur IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie . Online-IOL-Berechnung über die ASCRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Post-RK-Augen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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266 268 272 273 273
Komplikationen der Intraokularchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 D. Kook, O. K. Klaproth, T. Kohnen
19.1 19.2 19.3
Allgemeine Risiken der Intraokularchirurgie Phake Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . Refraktiver Linsenaustausch . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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276 276 289 292
IV Chirurgische Presbyopiekorrektur 20
Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 M. Baumeister, T. Kohnen
20.1 20.2 20.3 20.4 20.5 20.6 20.7
21
Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konduktive Keratoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Non-contact-Laserthermokeratoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Multifokale Excimerlaserablation der Kornea . . . . . . . . . . . . . . Behandlung des Hornhautstromas mit dem Femtosekundenlaser . Behandlung der Presbyopie mit kornealen Implantaten . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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298 299 299 300 300 302 303 305
Presbyopiekorrektur an der Linse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 M. Baumeister, T. Kohnen
21.1 21.2
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Multifokale Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
XVII Inhaltsverzeichnis
21.3 21.4 21.5
Skleraexpansion . . . . . . . . . . . . Akkommodative Intraokularlinsen Experimentelle Verfahren . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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313 314 317 319
V Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte 22
Patientenaufklärung und Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 T. Kohnen, W. Herrmann
22.1 22.2
Patientenaufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
23
Gutachterwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 W. Herrmann, T. Gaibler
23.1 23.2 23.3 23.4 23.5
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Arzthaftung . . . . . . . . . . . . Sozial- und versicherungsrechtliche Aspekte Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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336 336 337 340 341 341
24
Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
24.1
KRC-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz
24.2
Qualitätssicherungsmaßnahmen für phototherapeutische Keratektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz
24.3
Qualitätssicherung in der refraktiven Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 S. Höhler, T. Kohnen
25
LASIK-TÜV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
25.1 25.2 25.3 25.4 25.5
Informationen zum LASIK-TÜV . . . . . . . . . . Motivation für ein Engagement des TÜV SÜD Die Rolle des TÜV SÜD . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Zertifizierung . . . . Wie läuft das Audit vor Ort ab? . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
Tauglichkeitsanforderungen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen für Piloten, Berufskraftfahrer und Bewerber bei Polizei und Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
26.1 26.2 26.3 26.4 26.5
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polizeidiensttauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . Bundeswehrdiensttauglichkeit . . . . . . . . . . Tauglichkeit zum Führen von Luftfahrzeugen Tauglichkeit bei Berufskraftfahrern . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
M. Zimmer . . . . . .
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364 364 364 365 367 367
T. Hoppe, T. Kohnen . . . . . .
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370 370 370 371 373 373
XVIII
Inhaltsverzeichnis
27
Operationsräume für refraktiv-chirurgische Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
27.1 27.2 27.3
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . Planung einer Operationseinheit Bauliche Anforderungen . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . .
S. Kohnen
28
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376 376 377 379
Abrechnung von refraktiv-chirurgischen Eingriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 J. Hassel, T. Neuhann
28.1 28.2 28.3 28.4 28.5
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlungshonorare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laserchirurgie (Femto-LASIK, LASIK, Epi-LASIK, LASEK, PRK) Linsenchirurgie (RLA, Sonderlinsen, phake IOL) . . . . . . . . . Beurteilung der steuerlichen Absetzbarkeit . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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382 382 382 385 387 387
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
XIX
Autorenverzeichnis PD Dr. Martin Baumeister
Thomas Hoppe
Dr. Daniel Kook
Klinik für Augenheilkunde Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Klinik für Augenheilkunde Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Augenklinik der Ludwig-MaximiliansUniversität München Mathildenstraße 8 80336 München
PD Dr. Jens Bühren
Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Jungnickel
Dr. Li Wang
Klinik für Augenheilkunde Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Fachhochschule Jena Carl Zeiss Promenade 2 07745 Jena
Baylor College of Medicine 6565 Fannin, NC 205 77030 Houston/Texas USA
Dr. Omid Kermani Prof. Dr. Gernot Duncker
Universitätsklinikum Halle (Saale) Klinik für Augenheilkunde Ernst-Grube-Str. 40 6120 Halle (Saale) Prof. Dr. Ekkehard Fabian
Augencentrum MVZ Rosenheim, Luitpoldhaus Bahnhofstraße 12 83022 Rosenheim Dr. Tonja Gaibler
Ulsenheimer Friederich Rechtsanwälte Maximiliansplatz 12 80333 München Prof. Dr. Günther Grabner
Universitätsklinikum Salzburg Paracelsus Medizinische PrivatUniversität Müllner Hauptstraße 48 A-5020 Salzburg Dipl.-Ing. Jörg Hassel
Euroeyes alz Augenklinik München Bayerstraße 3 80335 München PD Dr. Wolfgang Herrmann
Universitätsklinikum Regensburg Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde Franz-Josef-Strauss-Allee 11 93053 Regensburg
Augenklinik am Neumarkt Schildergasse 107–109 50667 Köln
Prof. Dr. Holger Lubatschowski
Laser Zentrum Hannover e.V. Hollerithallee 8 30419 Hannover
Dipl.-Ing. (FH) Oliver K. Klaproth
Klinik für Augenheilkunde Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Dr. Mathias Maier
Augencentrum MVZ Rosenheim, Luitpoldhaus Bahnhofstraße 12 83022 Rosenheim
Prof. Dr. Michael Knorz
FreeVis LASIK Zentrum Universitätsklinikum Mannheim Theodor Kutzer Ufer 1–3 68167 Mannheim
Prof. Dr. Ulrich Mester
Bundesknappschaftskrankenhaus Augenklinik An der Klinik 10 66280 Sulzbach
Prof. Dr. Douglas D. Koch
Baylor College of Medicine 6565 Fannin NC 205 77030 Houston/Texas USA
Prof. Dr. Michael Mrochen
Dr. Stephan Kohnen
Prof. Dr. Thomas Neuhann
Augen Centrum Dreiländereck Brüsseler Ring 5a 52074 Aachen
Euroeyes alz Augenklinik München Bayerstraße 3 80335 München
IROC AG Stockerstraße 37 CH-8002 Zürich
Prof. Dr. Thomas Kohnen
Klinik für Augenheilkunde Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main
Prof. Dr. Stefan Pieh
Paracelsus Med. Privatuniversität Salzburg Universitätsklinik für Augenheilkunde u. Optometrie Pelikangasse 15, 5. Stock A-1090 Wien
XX
Autorenverzeichnis
Dr. Josef Ruckhofer
Theo G. Seiler
Michael Zimmer
Universitätsklinik für Augenheilkunde u. Optometrie Müllner Hauptstr. 48 A-5020 Salzburg
IROC AG Stockerstraße 37 CH-8002 Zürich
TÜV SÜD Management Service GmbH Dudenstraße 28 68167 Mannheim
Dr. Mariko Shirayama Prof. Dr. Dr. Theo Seiler
IROC AG Stockerstraße 37 CH-8002 Zürich
Baylor College of Medicine 6565 Fannin, NC 205 77030 Houston USA
I
Grundlagen Kapitel 1
Optik – 3 O. K. Klaproth, H. Jungnickel, T. Kohnen
Kapitel 2
Anatomie des Augenvorderabschnitts M. Baumeister, T. Kohnen
Kapitel 3
Physiologische Optik – 25 J. Bühren, O. K. Klaproth, T. Kohnen
Kapitel 4
Diagnostik in der refraktiven Chirurgie J. Bühren, T. Kohnen
Kapitel 5
Patientenselektion und Indikationen D. Kook, T. Kohnen
Kapitel 6
Ethische Aspekte der refraktiven Chirurgie D. D. Koch, T. Kohnen
Kapitel 7
Geschichte der refraktiven Chirurgie T. Seiler, T. G. Seiler
– 11
– 35
– 55
– 69
– 65
1
Optik O. K. Klaproth, H. Jungnickel, T. Kohnen
1.1
Einleitung
–4
1.2
Allgemeine Optik
1.3
Geometrische Optik
1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4
Brechung (Refraktion) – 5 Reflexion und Totalreflexion – 5 Basiskenngrößen der optischen Abbildung Abbildungsfehler – 6
1.4
Wellenoptik
–4 –4
–5
–7
1.4.1 Interferenz – 7 1.4.2 Beugung – 8 1.4.3 Polarisation – 8
1.5
Lichttechnische Basisgrößen Literatur
–8
–9
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
1
4
Kapitel 1 · Optik
1.1
Einleitung
Primäres Ziel der refraktiven Chirurgie ist es, die Optik des Auges zu beeinflussen, also bestehende Refraktionsdefizite (Fehlsichtigkeiten) oder ergänzend auch Abbildungsfehler höherer Ordnung zu beeinflussen bzw. zu korrigieren. Elementare Grundvoraussetzung zum Verständnis des refraktiv-chirurgischen Eingriffs bzw. dessen Auswirkungen auf das Sehen ist daher die Kenntnis der zugrunde liegenden optischen Prinzipien, mit denen sich das folgende Kapitel befasst. Später in diesem Buch werden dann die ebenfalls entscheidenden Ebenen Anatomie (7 Kap. 2) und Funktion (7 Kap. 3) erläutert. Die Optik als Teilgebiet der Physik ist in einem kurzen Buchkapitel nicht umfassend darzustellen. Dies ist nach Meinung der Autoren aber auch nicht nötig. Dieses Kapitel soll weder eine lange Formelsammlung aus Herleitungen noch eine Anleitung zur Konstruktion eigener geometrisch-optischer Strahlengänge sein. Es will vielmehr grundlegende Begriffe der verschiedenen Teilgebiete der Optik (allgemeine Optik, geometrische Optik und Wellenoptik) aufzählen. Viele Teilgebiete bleiben daher unerwähnt, da sie im klinischen Alltag nur eine untergeordnete oder gar keine Rolle spielen. Das Kapitel kann als glossarartiger Überblick über verschiedene Grundprinzipien der Optik verstanden werden. Wichtige Begriffe wie Brechung (Refraktion), Beugung (Diffraktion) oder andere werden kurz erläutert. Für ein umfassendes Verständnis der Optik reicht es sicherlich nicht aus. Das Literaturverzeichnis am Ende dieses Kapitels weist auf weiterführende Informationsquellen hin.
1.2
Allgemeine Optik
Die Optik, auch als Lehre vom Licht bezeichnet, ist ein Teilgebiet der Physik. Sie beschäftigt sich mit der Ausbreitung von Licht sowie der Wechselwirkung von Licht und Materie, hier ist im Besonderen die optische Abbildung zu nennen. Licht ist eine elektromagnetische Strahlung. Das gesamte Spektrum der elektromagnetischen Strahlung erstreckt sich von Gammastrahlen bis Funkwellen. Eingeteilt wird diese in der Praxis je nach Strahlenquelle, Empfänger und Anwendung. Im Falle des Lichts ist der Empfänger das menschliche Auge, dieses ist empfindlich für Strahlung zwischen ca. 380 und 780 nm. Dieser Wellenlängenbereich wird daher allgemein als sichtbares Licht (VIS) bezeichnet. Abzugrenzen davon ist die optische Strahlung, diese beinhaltet neben dem VIS auch die kurzwelligere Ultraviolettstrahlung (UV, 100–380 nm) sowie die langwelligere Infrarotstrahlung (IR, 780 nm – 1 mm).
1.3
Geometrische Optik
Die geometrische Optik (auch Strahlenoptik) ermöglicht die Beschreibung von Abbildungen. Sie bedient sich dabei der vereinfachten Vorstellung von Lichtstrahlen, die die Normalen der Wellenfrontflächen sind, also senkrecht auf diesen stehende Linien (. Abb. 1.1). So lassen sich ohne den Rückgriff auf die Wellenoptik (7 Abschn. 1.4) Lichtstrahlen als selbstständige Lichtbahnen betrachten, die umkehrbar sind und sich gegenseitig nicht beeinflussen. Der Lichtstrahl kann so also die Ausbreitungsrichtung des Lichtes angeben. Die Beugung des Lichtes (7 Abschn. 1.4.2) bleibt hier unberücksichtigt, lediglich die Effekte Reflexion und Brechung finden Beachtung. Zur Berechnung der optischen Wirkung wird weiterhin die (in der Praxis meist auf Luft, nicht auf das Vakuum bezogene) Brechzahl n eines optisch wirksamen Mediums als der Quotient der Lichtgeschwindigkeit in Luft zur Lichtgeschwindigkeit im betrachteten Medium definiert. In der geometrischen Optik wird weiterhin meist vom Idealfall der Brechzahlhomogenität (n ist an allen Stellen im Medium gleich) im isotropen (n unterscheidet sich für verschiedenen Ausbreitungsrichtungen nicht) Medium ausgegangen. Die Effekte und Begriffe der geometrischen Optik lassen sich in der Realsituation beschreiben. Eine wichtige und für die optische Basiskonstruktion oft angewandte Näherung der realen Abbildung an »dicken Linsen«, also tatsächlich existenten Linsen, stellt allerdings die paraxiale oder Gauß’sche Optik (an »dünnen Linsen«, also theoretischen Linsen mit unendlich großem Radius) dar. Diese Darstellung dient der theoretischen Eliminierung von Abbildungsfehlern aller Art (7 Abschn. 1.3.5). Durch die Darstellung der Abbildungsverhältnisse im theoretischen, unendlich kleinen Raum um die optische Achse eines optischen Bauelements herum, kann das Brechungsgesetz entsprechend vereinfacht genutzt werden (7 Abschn. 1.3.1). Nur über die paraxiale Optik lassen sich Begriffe wie Brennweite und Abbildungsmaßstab erklären.
. Abb. 1.1 Darstellung zum Verständnis des Modells Lichtstrahl als Normale der Wellenfront, wenn das Bild (y) sich im Unendlichen befindet
5 1.3 · Geometrische Optik
1.3.1
Brechung (Refraktion)
Beim Übergang eines Lichtstrahls von einem optisch dünneren Medium 1 in ein optisch dichteres Medium 2 (n1 4 Aberrationen niederer Ordnung: Tip, Tilt, Defokus, Astigmatismus 4 Aberrationen höherer Ordnung: Koma, sphärische Aberration, Trefoil, m-foil
Die Wellenfrontanalyse mit Zernike-Polynomen ermöglicht sowohl eine reproduzierbare Quantifikation als auch einen qualitativen Vergleich der Abbildungsqualität verschiedener Augen. Bei der Evaluation der optischen Qualität in der refraktiven Chirurgie hat die Wellenfrontanalyse einen wichtigen Platz eingenommen. Zum einen induzieren refraktiv-chirurgische Eingriffe wie radiäre Keratotomie (RK), PRK und LASIK Aberrationen [1, 12, 15]. Zum anderen führte die weite Verbreitung der wellenfrontgeführten LASIK (wg-LASIK), bei der neben den
3.2.3
Funktion
Zur Funktionsprüfung stehen verschiedene psychophysische Testverfahren (Prüfung von Visus, Kontrastempfindlichkeit, Streuung, Farbempfindung und Gesichtsfeld) zur Verfügung. Im Vergleich zu aberrometrischen Messungen unterliegen die Ergebnisse von Funktionsprüfungen deutlich komplexeren Einflüssen. Von pathologischen Prozessen der Netzhaut und des Sehnerven einmal abgesehen, werden die Ergebnisse von Funktionsprüfungen durch die Reizverarbeitung auf retinaler und kortikaler Ebene und durch interindividuell unterschiedliche Fähigkeiten zur Erkennung von Mustern, intellektuellen Fähigkeiten, Konzentration, Ermüdung sowie zahlreiche andere Variablen beeinflusst. Der gebräuchlichste ophthalmologische Funktionstest ist die Visusprüfung. Unter Visus (Sehschärfe) wird das örtliche Auflösungsvermögen (mimum separabile), also die Fähigkeit, zwei Punkte als getrennt voneinander wahrzunehmen, verstanden. Der Visuswert wird durch psychophysische Schwellenwertermittlung aus dem kleinsten noch erkannten Winkel zwischen den beiden Punkten und der Fovea abgeleitet. Im deutschen Sprachraum ist dies der Kehrwert des Winkels in Bogenminuten. In wissenschaftlichen Publikationen und im Rahmen internationaler Harmonisierung beginnt sich die Angabe von Visuswerten als dekadischer Logarithmus des kleinsten wahrgenommenen Winkels (log MAR, »logarithm of the minimum angle of resolution«) durchzusetzen. Einer der Vorteile dieser Skala ist eine logarithmische Stufung, d. h. ein dezimaler Schritt auf der log MAR-Skala zeigt immer gleiche Größenverhältnisse der Sehzeichen an. Dies ist bei der klinisch üblichen Dezimalskala nicht der Fall. Die Sehschärfe wird einerseits von den im vorangegangenen Abschnitt genannten Faktoren Aberrationen, Streuung und Beugung beeinflusst, unterliegt aber auch den Mechanismen der neuralen Bildverarbeitung. Die theoretisch maximal mögliche Sehschärfe ist durch die Abstände
3
32
3
Kapitel 3 · Physiologische Optik und optische Qualität
des Photorezeptorenmosaiks limitiert und liegt zwischen 2,0 und 2,5. Im klinischen Gebrauch wird unter Visus meistens der unter photopischen Bedingungen mit in der Ferne dargebotenen Sehzeichen hohen Kontrastes ermittelte Schwellenwert verstanden. Als Sehzeichen können standardisierte Buchstaben, Zahlen oder Sehzeichen wie der Landolt-Ring (C) oder der Snellen-Haken (E) verwendet werden. Zur Visusbestimmung werden heute meist Sehzeichentafeln, Sehzeichenprojektoren oder Einblick-Testgeräte verwendet. Der auf diese Weise ermittelte Schwellenwert repräsentiert allerdings nur einen kleinen Ausschnitt aus der Gesamtheit der Sehaufgaben. Im Alltag herrschen oft andere Bedingungen wie niedrigere Leuchtdichte, niedriger Kontrast, Gegenlicht oder eine andere Objektentfernung. Es nimmt daher nicht wunder, wenn der Visuswert nicht als alleiniger Parameter zur Bewertung der visuellen Funktion oder der optischen Qualität geeignet ist. Für spezielle Fragestellungen sind daher Visusprüfungen mit Optotypen niedrigen Kontrastes (z. B. mit 25% oder 10%) oder mit variabler Leuchtdichte zur Prüfung unter mesopischen Bedingungen notwendig. Eine eigene Gruppe stellen die Nahvisustests dar. Da im Alltag das Lesen die häufigste Nahtätigkeit ist, sind viele dieser Teste als Lesetafeln ausgeführt. Dies hat zur Folge, dass die durch diese Tests gestellte Aufgabe eine komplexere ist, als die bei Fernvisustests übliche einfache Zeichenerkennung. In Abhängigkeit von der verwendeten Prüftafel variiert auch die gemessene Größe. Diese kann z. B. als Sehschärfe, als Lesegeschwindigkeit und als kritische Schriftgröße angegeben werden [10]. Neben dem Visus als örtliches Auflösungsvermögen des visuellen Systems spielt die Kontrastempfindlichkeit für die Sehfunktion eine wichtige Rolle. Die Kontrastempfindlichkeit ist die Fähigkeit des visuellen Systems, Leuchtdichteunterschiede wahrzunehmen [3]. Während bei der Visusprüfung Sehzeichen unterschiedlicher Größe, aber desselben Kontrastes zum Einsatz kommen, werden bei der Ermittlung der Kontrastempfindlichkeit Sehzeichen gleicher Größe, aber unterschiedlichen Kontrastes verwendet. Der Kontrast wird für kleine Objekte vor einfarbigem Hintergrund im Allgemeinen nach der Weber-Formel (1) definiert, wobei Li die Leuchtdichte des Optotypen und Lu die Umgebungsleuchtdichte bezeichnet. Li – Lu M = 02 Lu
(1)
Die Kontrastempfindlichkeit wird als Kehrwert des gerade noch wahrgenommenen Kontrastes (Kontrastschwelle) angegeben. Wird ein Kontrast von 1% noch erkannt, beträgt die Kontrastempfindlichkeit 100 oder in logarithmierter Form 2 log CS (entsprechend 102). Häufig wird die
. Abb. 3.5 Zusammenhang zwischen Kontrastempfindlichkeit, Optotypenkontrast, und Visus. Die maximale Kontrastempfindlichkeit für Sinusgitter und Buchstaben- oder Zahlenoptotypen ist unterschiedlich. Der Schnittpunkt zwischen Kontrastempfindlichkeitsfunktion und Abszisse entspricht dem Visus (nach [3])
Kontrastschwelle mit Sinusgittern unterschiedlicher Ortsfrequenz bestimmt. Diese Praxis leitet sich aus dem Konzept ab, dass das visuelle System über unterschiedliche Kanäle zur Erkennung von Objekten unterschiedlicher Größe verfügt. Trägt man die Kontrastempfindlichkeit als Funktion der Objektgröße (für Sinusgitter: Ortsfrequenz) auf, erhält man eine Kurve, die Kontrastempfindlichkeitsfunktion (»contrast sensitivity function«, CSF; . Abb. 3.5). Beim Betrachten der Kurve fällt auf, dass die Kontrastempfindlichkeit abhängig von der Objektgröße ist und für kleinere Objekte stark abfällt. Andersherum gesagt: zur Erkennung kleiner Objekte ist ein maximaler Kontrast notwendig. > Der Visus repräsentiert das Auflösungsvermögen des visuellen Systems. Die Kontrastempfindlichkeit repräsentiert die Fähigkeit des visuellen Systems, Leuchtdichteunterschiede wahrzunehmen.
Der Punkt an dem die Kontrastempfindlichkeitsfunktion die Abszisse schneidet, entspricht dem Visus (kleinstes noch erkanntes Objekt bei maximalem Kontrast). Der individuelle Verlauf der Kontrastempfindlichkeitsfunktion ist eine Resultierende aus der Modulationsübertragungsfunktion (optische Komponente) und der neuralen Kontrastempfindlichkeitsfunktion (nCSF). Letztere gibt die Kontrastempfindlichkeit des neuralen bildverarbeitenden Systems an [21]. Neben den individuellen optischen Eigenschaften des Auges und der individuellen nCSF ist die Kontrastempfindlichkeit von der retinalen Beleuchtungsstärke abhängig. Unter photopischen Bedingungen bewirken
33 Literatur
sowohl eine enge Pupille als auch eine hohe neurale Kontrastempfindlichkeit ein Maximum an optischer Qualität. Bei mittleren Beleuchtungsstärken kommt besonders der Einfluss von Aberrationen zum Tragen, während unter niedrig-mesopischen Bedingungen die neurale Kontrastempfindlichkeit den limitierenden Faktor darstellt [8]. Es sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass Aberrationen höherer Ordnung vorwiegend den Niedrigkontrastvisus beeinträchtigen [17, 20]. Hieraus ergibt sich für die Praxis die Notwendigkeit einer Testung sowohl im Hoch- als auch im Niedrigkontrastbereich. Das psychophysische Korrelat der intraokularen Lichtstreuung ist die Blendempfindlichkeit. Hierunter versteht man die Verminderung der Kontrastempfindlichkeit in Gegenwart einer Blendlichtquelle. Eine weitere – grundlegendere – Methode zur psychophysischen Bestimmung des intraokularen Streulichtes stellt die Kompensationsmethode nach van den Berg dar [19]. Die Maßzahl hierzu wird als Streulichtparameter (s) bezeichnet.
3.2.4
In Zukunft werden weitere Studien notwendig sein, um Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ebenen herzustellen und auf diese Weise die Effizienz neuer Operationsverfahren bewerten zu können. Fazit für die Praxis Bei Fehlsichtigkeiten liegt ein Verhältnis zwischen Brechwert und Achslänge des Auges vor. Die Abbildungsfehler Defokus (sphärische Fehlsichtigkeit) und Astigmatismus lassen sich mit Brillengläsern korrigieren, Abbildungsfehler höherer Ordnung (z. B. Koma, sphärische Aberration) dagegen nicht. Die für die optische Qualität nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen relevanten Faktoren können indirekt anhand der Ebenen »Anatomie«, »Optik«, »Funktion« und »subjektive Wahrnehmung« definiert werden. Hierbei ist die Anatomie die Eingangsebene, welche sämtliche weitere Eigenschaften beeinflusst. Die subjektive Wahrnehmung ist hingegen die Ausgangsebene, welche in unterschiedlichem Maße von den vorangegangenen Ebenen beeinflusst wird. Durch unterschiedliche Mess- und Testverfahren können die Parameter der einzelnen Ebenen quantifiziert werden.
Subjektive Wahrnehmung
Ein wesentliches Kriterium für den Erfolg refraktiv-chirurgischer Eingriffe ist die Zufriedenheit der Patienten. Diese ist von multiplen Faktoren wie der Erwartungshaltung, der Lebensweise und den individuellen Sehanforderungen des Patienten, der Funktion, dem Auftreten von Symptomen, kurz, von der individuellen Wahrnehmung abhängig. Das Objektbild auf der Netzhaut wird auf vielfältige Art und Weise gefiltert und verarbeitet. Dies führt bei derselben Optik bei unterschiedlichen Personen zu unterschiedlichen Wahrnehmungen. In einem eindrucksvollen Experiment konnten Artal und Mitarbeiter zeigen, dass das menschliche visuelle System einer Adaptation an vorhandene Aberrationen unterliegt [2]. Mittels eines adaptive-Optik-Simulators wurde ein Seheindruck simuliert, bei dem die aktuellen Wellenfrontaberrationen des Probanden rotiert wurden. Obwohl bei Rotation die retinale Bildqualität unverändert war, gaben die Probanden einen verschwommeneren Seheindruck im Vergleich zur gewohnten Wellenfront an. In der Praxis ist die Adaptation an leichte residuale Myopie nach refraktiver Chirurgie beschrieben [16]. Diese Adaptation findet über einen Zeitraum von mehreren Monaten statt. Daher sollte eine endgültige Aussage über die subjektive optische Qualität erst nach diesem Zeitraum getroffen werden. In den letzten Jahren richtet sich das Augenmerk weiterer Untersuchungen auf die Bedeutung von Persönlichkeitsmerkmalen auf die Patientenzufriedenheit nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen. So konnte eine depressive Stimmungslage mit einer geringeren Zufriedenheit in Verbindung gebracht werden [14].
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3
34
3
Kapitel 3 · Physiologische Optik und optische Qualität
12. Kohnen T, Bühren J, Kühne C, Mirshahi A (2004) Wavefront-guided LASIK with the Zyoptix 3.1 system for the correction of myopia and compound myopic astigmatism with 1-year follow-up: clinical outcome and change in higher order aberrations. Ophthalmology 111:2175–85 13. Montes-Mico R (2007) Role of the tear film in the optical quality of the human eye. J Cataract Refract Surg 33:1631–5 14. Morse JS, Schallhorn SC, Hettinger K, Tanzer D (2009) Role of depressive symptoms in patient satisfaction with visual quality after laser in situ keratomileusis. J Cataract Refract Surg 35:341–6 15. Oshika T, Miyata K, Tokunaga T, Samejima T, Amano S, Tanaka S, Hirohara Y, Mihashi T, Maeda N, Fujikado T (2002) Higher order wavefront aberrations of cornea and magnitude of refractive correction in laser in situ keratomileusis. Ophthalmology 109:1154–8 16. Pesudovs K (2005) Involvement of neural adaptation in the recovery of vision after laser refractive surgery. J Refract Surg 21:144–7 17. Pesudovs K, Marsack JD, Donnelly WJI, Thibos LN, Applegate R (2004) Measureing visual acuity-mesopic or photopic conditions, and high or low contrast letters? J Refract Surg 20:S508–S14 18. Schaeffel F (2006) Myopia: the importance of seeing fine detail. Curr Biol 16:R257–9 19. van Rijn LJ, Nischler C, Gamer D, Franssen L, de Wit G, Kaper R, Vonhoff D, Grabner G, Wilhelm H, Volker-Dieben HJ, van den Berg TJ (2005) Measurement of stray light and glare: comparison of Nyktotest, Mesotest, stray light meter, and computer implemented stray light meter. Br J Ophthalmol 2005;89:345–51 20. Williams D, Yoon GY, Porter J, Guirao A, Hofer H, Cox I (2000) Visual benefit of correcting higher order aberrations of the eye. J Refract Surg 16:S554–9 21. Williams DR (1985) Visibility of interference fringes near the resolution limit. J Opt Soc Am A 2:1087–93
4
Diagnostik in der refraktiven Chirurgie J. Bühren, T. Kohnen
4.1
Einleitung
– 36
4.2
Anamnese
– 36
4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5
Motivation und Sozialanamnese Augenanamnese – 36 Allgemeine Anamnese – 37 Familienanamnese – 37 Postoperative Anamnese – 37
4.3
Anatomie
– 36
– 38
4.3.1 Bildgebende Verfahren am vorderen Augenabschnitt 4.3.2 Bildgebende Verfahren am hinteren Abschnitt – 40 4.3.3 Biometrische Verfahren – 41
4.4
Korneale Topographie und Aberrometrie
– 43
4.4.1 Keratometrie und korneale Topographie – 43 4.4.2 Messung des Wellenfrontfehlers (Aberrometrie)
4.5
Funktionsprüfungen
4.5.1 Visus – 51 4.5.2 Perimetrie – 52 4.5.3 Orthoptische Tests
Literatur
– 50
– 52
– 53
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 46
– 38
4
36
Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
4.1
Einleitung
Sowohl bei der Voruntersuchung als auch bei den postoperativen Kontrollen kommt eine Reihe, zum Teil hochspezialisierter Untersuchungstechniken zum Einsatz, deren Anwendung und Interpretation beherrscht werden müssen. In diesem Kapitel werden die in der refraktiven Chirurgie gebräuchlichen Untersuchungsmethoden dargestellt. Die Voruntersuchung stellt das Fundament für die weitere Behandlung dar, denn hier werden die Weichen gestellt: Basierend auf Anamnese und Befund ist zu entscheiden, ob der Patient für eine Behandlung geeignet ist und welches Verfahren für den Patienten optimal ist. In der Voruntersuchung werden weiterhin Daten erhoben (z. B. Refraktion, Wellenfrontfehler, Topographie, Pupillendurchmesser, Hornhautdicke), auf denen die weitere Behandlung basiert. Es kann daher nicht oft genug betont werden, dass die Voruntersuchung für das Ergebnis des Eingriffes von außerordentlicher Wichtigkeit ist und Nachlässigkeiten oder Ungenauigkeiten bei der Voruntersuchung weitreichende Konsequenzen haben können. Auch im Rahmen der Nachsorge nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen spielen diagnostische Verfahren eine bedeutende Rolle. Neben den üblichen ophthalmologischen Untersuchungstechniken wie Anamnese, Visusund Refraktionsbestimmung sowie Spaltlampenbiomikroskopie geben spezielle diagnostische Verfahren wie korneale Topographie und Aberrometrie genaue Auskunft über Quantität und Qualität der durch den Eingriff hervorgerufenen Veränderungen. Für jeden, der refraktive Chirurgie betreibt oder Patienten nach refraktiver Chirurgie betreut, ist eine genaue Kenntnis der Untersuchungsmethoden, ihrer Anwendung und Interpretation daher unerlässlich.
4.2.1
Jeder Patient kommt mit einer individuellen Motivation, sich einem refraktiv-chirurgischen Eingriff zu unterziehen (z. B. »Brillenfreiheit« für sportliche Aktivitäten, kosmetische Gründe) in die Sprechstunde. Das Gespräch über die Motivation offenbart dem Arzt auch die Erwartungen und Ansprüche des Patienten. Für die Zufriedenheit nach dem Eingriff spielt die Erfüllung dieser Erwartungen eine große Rolle. Eine genaue Kenntnis von Motivation und Erwartungen des Patienten erlaubt es zudem, gelegentlich geäußerte abwegige oder überzogene Vorstellungen (7 Übersicht) zu korrigieren und Missverständnisse im Vorfeld auszuräumen, um einer postoperativen Enttäuschung vorzubeugen. Mit dem Gespräch über die Motivation geht die Sozialanamnese Hand in Hand, denn die Motivation zur refraktiven Chirurgie ist eng an die Lebensweise des Patienten (Beruf, familiäres Leben, Freizeitbeschäftigungen) geknüpft. Im Verlauf des Gesprächs sollte der Chirurg einen Überblick über die Motivation zum Eingriff, die Lebensweise und die damit verbundenen täglichen Anforderungen an das Sehen des Patienten erhalten haben und auch über etwaige indirekte Einflüsse (z. B. finanzielle Motive, Fremdmotivation) im klaren sein. Häufig geäußerte, derzeit unerfüllbare Erwartungen an refraktiv-chirurgische Eingriffe 4 »garantierte« Brillenfreiheit 4 »Sehverbesserung« gegenüber Brille oder Kontaktlinse bei Amblyopie 4 Beseitigung der Presbyopie 4 supernormaler Visus (»Adlerauge«)
4.2.2 4.2
Anamnese
Im Gegensatz zur symptom- und krankheitszentrierten Anamnese in der täglichen klinischen Praxis ist die Anamnese vor refraktiver Chirurgie vielschichtiger und schließt auch nichtmedizinische Aspekte mit ein. Ein sorgfältig geführtes Anamnesegespräch erschließt dem refraktiven Chirurgen die medizinische Geschichte und die Vorstellungen und Wünsche des Patienten und ermöglicht somit, den gesamten Patienten, seine Persönlichkeit und sein Umfeld kennenzulernen. Basierend auf dieser ganzheitlichen Kenntnis, kann der Chirurg ein für den Patienten optimal geeignetes Verfahren auswählen.
Motivation und Sozialanamnese
Augenanamnese
Der wichtigste Zweck der ophthalmologischen Anamnese ist es, potenzielle Probleme im Zusammenhang mit der Behandlung zu erkennen und Kontraindikationen auszuschließen. Das Augenmerk sollte daher zunächst auf die zu behandelnde Fehlsichtigkeit und ihre Dynamik gerichtet sein. Neben dem Zeitpunkt der ersten Brillenverordnung ist die Stabilität der Werte zu erfragen, wobei Refraktionswerte der Vergangenheit (alte Brille oder Brillenpass) hilfreich sein können. > Stabilität wird angenommen, wenn das sphärische Äquivalent der manifesten subjektiven Refraktion sich innerhalb eines Jahres nicht um mehr als 0,5 dpt verändert hat.
Bei Hyperopen ist stets darauf zu achten, ob die Werte manifest oder in Zykloplegie erhoben wurden. Weiterhin soll-
37 4.2 · Anamnese
te den Zylinderwerten genaue Beachtung geschenkt werden, denn eine Zunahme des Astigmatismus kann ein erster Hinweis auf einen Keratokonus sein. Es folgt eine ausführliche Anamnese über bisherige Augenerkrankungen, da zahlreiche ophthalmologische Vorerkrankungen Anlass zu Komplikationen nach refraktiver Chirurgie geben können (7 Übersicht). Insbesondere ist nach latentem und manifestem Schielen, Okklusionstherapie und Amblyopie, nach Operationen (z. B. Schieloperationen, Laserkoagulation der Netzhaut), nach Verletzungen, Entzündungen (rezidivierende Konjunktivitiden, Uveitiden) und Sicca-Beschwerden, nach Kontaktlinsenunverträglichkeit sowie nach retinalen Erkrankungen (z. B. periphere Netzhautdegenerationen) zu fragen. Weiterhin sollten eventuell schon präoperativ vorhandene störende optische Symptome wie z. B. Blendung, Halos, Strahlenkränze (Starbursts) und Geisterbilder dokumentiert werden. Augenerkrankungen mit Risiken bei refraktiv-chirurgischen Eingriffen 4 manifester Strabismus, unterkorrigierte Hyperopie, Heterophorien: postoperative Diplopie 4 Zustand nach Augenmuskelchirurgie: Probleme mit Keratomring-Ansaugung 4 chronische Blepharitis/Tränenwegstenosen: bakterielle Infektionen (Keratitis, Endophthalmitis) 4 Keratokonus, pelluzide marginale Degeneration: iatrogene Keratektasie 4 Sicca-Beschwerden: prolongierte postoperative Sicca 4 rezidivierende Erosio corneae: Epitheldefekte beim LASIK-Keratomschnitt 4 zurückliegendes stumpfes Trauma: Zonulolyse beim refraktiven Linsenaustausch 4 periphere Netzhautdegenerationen: Ablatio retinae (kein Kausalzusammenhang)
4.2.3
Allgemeine Anamnese
Die Hauptaufgabe der Allgemeinanamnese ist es, Kontraindikationen und Risiken aufgrund einer Allgemeinerkrankung zu erkennen. Allergien auf Medikamente, die im Rahmen des Eingriffes verwendet werden (z. B. Lokalanästhetika, Antibiotika) können zu lokalen aber auch zu lebensbedrohlichen systemischen Reaktionen (Anaphylaxie) führen. Auch kann eine bekannte Allergie gegen Antibiotika die Therapiemöglichkeiten im Falle schwerwiegender postoperativer Infektionen einschränken. Gegen eine Reihe von Allgemeinerkrankungen (Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen wie Kollageno-
sen, rheumatoide Arthritis) und im Falle einer systemischen Immunsuppression bestehen traditionell Kontraindikationen gegen hornhautchirurgische Verfahren; neuere Studien zeigen jedoch keine schlechteren Ergebnisse nach LASIK, wenn die Krankheit gut eingestellt ist [7]. Daher sollten im Falle des Vorliegens einer Autoimmunerkrankung immer die Art der Manifestation, stattgehabte Komplikationen und die Medikation eruiert werden. Blutgerinnungsstörungen oder die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulanzien können bei Verfahren, die in peribulbärer Anästhesie durchgeführt werden, zu visusbedrohenden retrobulbären Hämatomen führen. Allgemeinerkrankungen mit Risiken bei refraktiv-chirurgischen Eingriffen 4 schwere Allergien: Anaphylaxie 4 Blutgerinnungsstörungen: Orbitahämatom bei peribulbärer Anästhesie 4 Diabetes: Wundheilungsstörungen 4 atopische Diathese: diffuse lamelläre Keratitis
4.2.4
Familienanamnese
Die Familienanamnese wird in den meisten Fällen kursorisch die familiäre Belastung mit Augenerkrankungen erfragen. Besondere Bedeutung kommt hier dem Keratokonus und seinen Abortivformen zu. So sollte man bei der Erwähnung von »hoher Hornhautverkrümmung«, »gutem Sehen nur mit Kontaktlinsen« und »Hornhauttransplantation« bei Blutsverwandten hellhörig werden und gegebenenfalls ärztliche Dokumente beibringen lassen.
4.2.5
Postoperative Anamnese
Die postoperative Anamnese erfragt vor allem die Zufriedenheit des Patienten. Wenn der Patient diffuse Unzufriedenheit äußert, sollte durch genaues Nachfragen nach Art der Beschwerden und nach situationsabhängigem Auftreten (z. B. Verschwommensehen in der Ferne im Dämmerlicht) gefragt werden, um die für den Patienten oft ungewohnten Symptome zuordnen zu können. Standardisierte Fragen oder ein kurzer Fragebogen können häufig geklagte Symptome wie Sicca-Beschwerden, Schwankungen der Sehschärfe und störende Symptome und deren Verlauf erfassen. In der früh-postoperativen Phase ist zudem auf Symptome, die auf infektiöse Komplikationen wie Endophthalmitis oder Keratitis hinweisen, zu achten und der Patient gegebenenfalls noch einmal zu einer weiteren Kontrolle einzubestellen.
4
38
4
Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
Folgende Untersuchungen sollten mindestens Bestandteil jeder Voruntersuchung sein: 4 Anamnese 4 Brillenvermessung 4 Visus s.c. 4 Visus mit Brille 4 manifeste Refraktionsbestimmung und Visus c.c. 4 Biomikroskopie des vorderen und hinteren Augenabschnittes 4 Tensio 4 Pachymetrie 4 Pupillometrie 4 korneale Topographie
4.3
Anatomie
4.3.1
Bildgebende Verfahren am vorderen Augenabschnitt
In der refraktiven Chirurgie kommt der Diagnostik am vorderen Augenabschnitt eine besondere Bedeutung zu, da hier das Substrat aller Verfahren liegt. Neben den grundlegenden Untersuchungsmethoden ist – je nach Operationsverfahren – eine Reihe an zusätzlichen Untersuchungen notwendig, einerseits zur Festlegung der Behandlungsparameter, andererseits zur Erkennung von Kontraindikationen und Komplikationsmöglichkeiten. Bildgebende Verfahren erlauben die qualitative Beurteilung des vorderen und hinteren Augenabschnittes. Viele dieser Verfahren wurden erst durch den Einsatz eines Computers möglich und erlauben zusätzlich Messungen (z. B. Hornhauttopographie, Pachymetrie).
Spaltlampenbiomikroskopie Das Spaltlampenmikroskop ist das wichtigste Untersuchungsinstrument am vorderen Augenabschnitt. Die präoperative Untersuchung des vorderen Augenabschnittes sollte den kompletten Vorderabschnitt, einschließlich Lider und Bindehaut umfassen. Die Lidspaltenweite spielt bei der Auswahl des Keratoms eine Rolle, da enge Lidspalten Probleme bei der Positionierung des Keratoms verursachen können. Die Lidkanten sind sorgfältig auf Anzeichen von marginaler Blepharitis zu untersuchen. Zusätzlich zur mikroskopischen Untersuchung ist auch eine bewusste makroskopische Begutachtung der Lid- und Periokularregion zu empfehlen, um Anomalien wie Lidfehlstellungen oder Exophthalmus und Problemquellen wie tiefliegende Bulbi und prominente Orbitakanten zu erkennen. Die Inspektion der Bindehaut schließt die tarsalen und bulbären Anteile mit ein. Im Bereich der tarsalen Konjunktiva sollte nach Hinweisen auf eventuelle akute oder chro-
nische oberflächliche Reizzustände und nach Folgen langjährigen Kontaktlinsentragens (Papillenbildung) gesucht werden. Unebenheiten im Bereich der bulbären Konjunktiva (z. B. Pinguecula, Narben nach Augenmuskeloperationen) können bei der Ansaugung eines Keratoms Probleme bereiten. Die Hornhaut als Zielorgan excimerchirurgischer und inzisionaler Verfahren ist einer besonders genauen Betrachtung zu unterziehen. Viele Patienten zeigen nach jahrelangem Kontaktlinsentragen ein zirkulär übergreifendes Randschlingennetz, bis zum superioren Pannus. Diese Blutgefäße können bei Schnitten in die Hornhaut zu profusen Blutungen neigen. Ferner ist auf Epithelstippungen und Hinweise auf Basalmembrandystrophien zu achten. Während erstere auf ein ausgeprägtes Sicca-Syndrom hinweisen, sind letztere mit Epitheldefekten beim Keratomschnitt und damit verbundenen Wundheilungsstörungen assoziiert. Eine genaue Dokumentation präoperativ vorhandener stromaler Narben und Trübungen (z. B. nach kontaktlinsenbedingten Infektionen) schafft Klarheit im Falle zweifelhafter postoperativer Befunde. Wenngleich die Spaltlampenuntersuchung eine Betrachtung des Endothels miteinschließt, ist zur Vorbereitung intraokularer Eingriffe eine Endothelzellzählung vorzunehmen (s. unten). Präoperativ sollte ebenfalls ein Vorderkammerreizzustand ausgeschlossen werden. Der Zustand der Iris kann auf stattgehabte intraokulare Entzündungen (Synechien, Pigmentabklatsch) und auf eine Pigmentdispersion (Kirchenfensterphänomen) hinweisen. Die kristalline Linse ist sorgfältig in Mydriasis zu untersuchen, um eventuell präoperativ vorhandene Trübungen, eine Phakodonesis oder einen präformierten Hinterkapseldefekt nicht zu übersehen. In der frühen postoperativen Phase nach LASIK sollte insbesondere auf Mikrofalten [9], auf Fremdkörper im Interface, auf Dehiszenzen am Flaprand und auf Infiltrate geachtet werden. Mikrofältchen lassen sich gut im regredienten Licht darstellen. Auch die Anfärbung des Tränenfilmes mit Fluorescein kann eine Sichtbarmachung von oberflächenrelevanten Fältchen und von Flap-Dehiszenzen erleichtern. Das Hauptaugenmerk in späteren postoperativen Phasen gilt den Wundheilungsreaktionen im vorderen Stroma (Haze und Snowflakes [4, 16]). Insbesondere nach LASIK-Nachbehandlungen sollte eine mögliche Epitheleinwachsung von einer harmlosen Schnittrandfibrose abgegrenzt werden. Nach Intraokularlinsenchirurgie ist vor allem auf die Dichtigkeit der Zugänge, auf einen eventuellen Reizzustand der Vorderkammer und auf den Sitz des Implantates zu achten. In unserer klinischen Alltagspraxis hat sich im Laufe der Zeit ein auf dem Schema von Waring basierendes Zeichenschema bewährt, um alle relevanten postoperativen
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Hornhautveränderungen standardisiert zu dokumentieren [5]. Gerade wenn mehrere Untersucher an den postoperativen Kontrollen beteiligt sind und beim Vorliegen kontrollbedürftiger oder komplexer Befunden (z. B. diffuse lamelläre Keratitis [14] oder Epitheleinwachsung) ist eine genaue Dokumentation vonnöten. Auch wenn eine eindeutige Farbzuordnung die Interpretation erleichtert, kann dieses Schema – unterstützt durch Anmerkungen – auch einfarbig verwendet werden.
Gonioskopie Vor und nach Implantation einer Intraokularlinse in das phake Auge (pIOL), besonders bei kammerwinkelgestützten Modellen (7 Kap. 16) ist die Untersuchung des Kammerwinkels unerlässlich. Durch ein kleines Kontaktglas mit einem oder zwei Spiegeln wird die Totalreflexion im Bereich des Limbus überwunden und so der Kammerwinkel einsehbar. Präoperativ sollte auf die Kammerwinkelweite, auf eventuelle Goniosynechien, Pigmentablagerungen und Gefäße geachtet werden. Postoperativ steht, neben den oben angegebenen Punkten vor allem die korrekte Lage der Haptiken im Kammerwinkel im Mittelpunkt des Interesses.
Endothelmikroskopie Zur Vorbereitung und Nachsorge aller intraokularer refraktiv-chirurgischer Eingriffe (pIOL-Implantation und refraktiver Linsenaustausch) ist die Endothelzellphotographie und Zählung der Endothelzellen eine wichtige Untersuchungstechnik. Bedingt durch die unterschiedlichen Brechungsindices von Endothelzellen und Kammerwasser entsteht ein spiegelnder Reflex mit deutlicher Abgrenzbarkeit der Zellgrenzen im Bereich des Hornhautendothels. Dieser Reflex ist auch einer Betrachtung mit der Spaltlampe zugänglich. Endothelmikroskope besitzen allerdings eine deutlich höhere Vergrößerung und Auflösung und erlauben eine Aufnahme dieses Reflexes mittels CCDKamera. In Verbindung mit einer Software zur Bestimmung der Endothelzelldichte wird die Endothelphotographie zum biometrischen Verfahren. Die Software ermöglicht oft neben der quantitativen auch eine qualitative Beurteilung der Zellmorphologie (Variation von Zellgröße und Hexagonalität, Auftreten von Guttae).
Konfokale Mikroskopie Die konfokale In-vivo-Mikroskopie erlaubt eine biomikroskopische Untersuchung der Hornhaut auf zellulärer Ebene. Das Prinzip dieser Methode besteht in der Trennung von Beleuchtungs- und Beobachtungsstrahlengang, wobei der Fokus der Beleuchtungsstrahlengenges mit dem Fokus des Beobachtungsstrahlenganges übereinstimmt (daher die Bezeichnung konfokal). Mittels computerge-
steuerter Abtastung (Scanning) werden so Schnittbilder in der Frontalebene des Hornhautstromas – wie bei histologischen Flachschnitten – erstellt. Dies ermöglicht eine Zuordnung schwierig zu beurteilender Befunde (z. B. Stromatrübungen) und der genauen Darstellung kornealer Wundheilungsreaktionen. In der klinischen Praxis reicht aber meistens die wesentlich einfachere Spaltlampenmikroskopie zur Beurteilung der Hornhaut aus. Die Domäne der konfokalen invivo-Mikroskopie ist daher die Beurteilung der kornealen Mikromorphologie im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen. Die konfokale In-vivo-Mikroskopie eignet sich auch zur Untersuchung des Hornhautendothels.
Optische Kurzkohärenztomographie Die optische Kurzkohärenztomographie (einfacher: optische Kohärenztomographie oder OCT) ist sowohl den biomikroskopischen als auch den biometrischen Verfahren zuzuordnen. Das Prinzip basiert auf der Entfernungsmessung reflektiver Objekte durch Interferometrie. Aus dem Interferenzmuster des Signales eines ins Gewebe gesendeten Laserstrahls und einem Referenzsignal mit bekannter optischer Weglänge kann – bei hoher Auflösung und unabhängig von der numerischen Apertur des Systems – ein Reflektivitätsprofil entlang des abtastenden Strahles errechnet werden. Durch Abtastung entlang der x-Achse erhält man ein zweidimensionales Tomogramm, bei Abtastung entlang der x- und y-Achse können dreidimensionale Rekonstruktionen erstellt werden. Die OCT des vorderen Augenabschnittes liefert in Echtzeit hochauflösende Schnittbilder von Hornhaut, Kammerwinkel, Iris und Linse, sofern letztere nicht durch die Iris verdeckt ist. Vorteile sind Berührungsfreiheit des Verfahrens und damit eine geringere Invasivität als vergleichbare Ultraschallverfahren. Im Einsatz als bildgebendes Verfahren lassen sich an hochauflösenden Schnitten unter anderem die Tiefenausdehnung von Hornhauttrübungen lokalisieren, der Verlauf eines LASIK-Flap darstellen und der Sitz eines lamellären oder durchgreifenden Hornhauttransplantates beurteilen. OCT-Bilder mit niedrigerer Auflösung können den kompletten vorderen Augenabschnitt abbilden. Dies ist besonders zur Beurteilung der Kammerwinkelverhältnisse vor pIOL-Implantion hilfreich (. Abb. 4.1). Für manche pIOLModelle existieren Softwareprogramme, die – basierend auf Scheimpflug oder OCT-Aufnahmen der Vorderkammer – die Position des Implantates in der Vorderkammer simulieren können und die Abstände zwischen Implantat und anderen Strukturen der Vorderkammer anzeigen [26]. Nach IOL-Implantation ist eine Positionsbestimmung des Implantates möglich. Durch die höhere Eindringtiefe des Infrarotlasers im Gegensatz zu Weißlicht können auch der Ziliarmuskel und seine Aktionen dargestellt werden.
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Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
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. Abb. 4.1 Darstellung des vorderen Augenabschnittes mit OCT. Neben der Abbildung ist auch eine Vermessung möglich
Scheimpflug-Photographie Auch mittels Scheimpflug-Photographie können optische Schnittbilder des vorderen Augenabschnittes berührungsfrei aufgenommen werden. Das Scheimpflug-Prinzip besagt, dass die Objektebene mit maximaler Schärfe abgebildet wird, wenn sich Objekt-, Objektiv- und Bildebene in einer Geraden schneiden. Ähnlich wie bei der konfokalen Mikroskopie, werden bei dieser Technik nur die Objektanteile beleuchtet, die im Fokus liegen. Hierdurch entsteht ein (schräg aufgenommenes) scharfes Schnittbild des vorderen Augenabschnittes. Wurde anfangs diese Technik vorwiegend zur Darstellung des gesamten Vordersegmentes angewendet, sind in den letzten Jahren einige Geräte auf den Markt gekommen, die dank verbesserter Kameras und Fortschritten in der Computertechnologie hochauflösende dreidimensionale Rekonstruktionen der Hornhaut liefern die quantitativ ausgewertet werden können (7 Abschn. 4.4). Die Scheimpflug-Photographie kann wie die Vorderabschnitt-OCT zur Darstellung des vorderen Segmentes und zur Positionsbestimmung von Intraokularlinsen genutzt werden [3]. Im Gegensatz zur OCT ist die Schnittebene um etwa 45° zur Sagittalebene versetzt. Die Kammerwinkel sind oftmals wegen der Reflexionen in diesem Bereich nur eingeschränkt darstellbar.
Sonographie Die Sonographie zählt aufgrund der geringen Invasivität und einfachen Durchführung zu den wichtigsten bildgebenden Verfahren der Medizin. Das Prinzip beruht auf der Detektion von Reflexen von mittels einer Sonde ausgesendeten Ultraschallwellen. Da die Reflexintensität von der Beschaffenheit des untersuchten Gewebes abhängig ist, lassen sich aus den Amplitudenprofilen (A-Modus) durch schnelle Abtastung nebeneinanderliegender Bereiche ein Schnittbild (B-Modus), ähnlich wie bei der OCT erzeugen. Auflösung und Eindringtiefe sind von der verwendeten Frequenz abhängig. Eine Übersichtsdarstellung der
Bulbuswände, des Glaskörpers, der Augenmuskeln und des peribulbären Gewebes sind mit einer 15-MHz-Sonde möglich; für eine höhere Detailauflösung (z. B. Iris-Darstellung) sind höhere Frequenzen (z. B. 20 MHz) notwendig. Mit speziellen 50-MHz-Sonden ist eine sehr hochauflösende Darstellung des vorderen Abschnittes unabhängig von der Transmission von Licht möglich (Ultraschall-Biomikroskop). Der große Nachteil im Vergleich zur OCT besteht in der Notwendigkeit, der Verwendung von Wasser als Ankopplungsmedium. Dies führt zu einer deutlich höheren Invasivität und einem erhöhten Untersuchungsaufwand. In der refraktiven Chirurgie können Ultraschall-Biomikroskope zur Darstellung der einzelnen Schichten der Hornhaut, des Kammerwinkels und vor allem zur Beurteilung der Position von Hinterkammer-Implantaten verwendet werden. Vor allem für spezielle wissenschaftliche Fragestellungen wie der Beurteilung der Effekte hornhautchirurgischer Verfahren auf die Mikroanatomie der einzelnen Hornhautschichten und der Evaluation neuer akkommodativer Implantate werden sonographische bildgebende Verfahren weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Zum Einsatz von sonographischen Techniken zur Biometrie 7 Abschn. 4.3.3.
4.3.2
Bildgebende Verfahren am hinteren Abschnitt
Fundoskopie Auch wenn refraktiv-chirurgische Verfahren den Vorderabschnitt betreffen, so ist eine genaue biomikroskopische Untersuchung des hinteren Augenabschnittes unerlässlich. Einerseits ist eine Erkennung potenzieller Ursachen für Komplikationen am Hinterabschnitt notwendig. Andererseits können bei unvollständiger präoperativer Untersuchung Zufallsbefunde übersehen werden, die zwar keinen direkten Einfluss auf das Ergebnis der refraktiven
41 4.3 · Anatomie
Chirurgie haben, aber im Falle späterer Probleme vom Patienten mit diesem als kausal in Zusammenhang stehend angesehen werden können. Da der Großteil der behandelten Patienten Myope sind, sollte besonders nach myopiebedingten Veränderungen gesucht werden. Auch wenn eine Zunahme des Ablatio-Risikos bei der Behandlung von Augen mit peripheren Netzhautdegenerationen bislang noch nicht bewiesen werden konnte, ist der Patient darauf hinzuweisen und im Falle von Veränderungen mit Glaskörpertraktion eine prophylaktische Laserkoagulation vorzunehmen. Bei Patienten mit höherer Myopie sollte überdies der Makula und Veränderungen im Sinne einer myopen Makuladegeneration Beachtung geschenkt werden. Bei der Untersuchung der Papille sollte gerade bei älteren Patienten oder bei Patienten mit Pigmentdispersion auf eventuelle glaukomatöse Veränderungen geachtet werden. Mittels konfokaler Papillentomographie (Heidelberg Retina Tomograph, HRT) können Grundfläche und Exkavation der die Papille objektiviert werden, während mit einem Hinterabschnitt-OCT die Nervenfaserdicke vermessen werden kann.
Optische Kohärenztomographie Die OCT wird in der Augenheilkunde vor allem zur Beurteilung des hinteren Augenabschnittes, namentlich der Makula, eingesetzt. Im Falle unklarer Makulabefunde kann die OCT in vielen Fällen die wesentlich invasivere Fluoreszeinangiographie ersetzen. Die OCT des hinteren Augenabschnittes ist vor allem bei der Diagnose und Nachuntersuchung des zystoiden Makulaödems nach Intraokularlinsenchirurgie hilfreich.
4.3.3
Biometrische Verfahren
Biometrische Verfahren liefern im Gegensatz zu den rein qualitativen bildgebenden Verfahren quantitative Informationen über das Organ Auge. Sie spielen eine große Rolle bei der Therapieplanung, da von biometrisch ermittelten Parametern einerseits oft die Entscheidung über die Durchführbarkeit eines Verfahrens abhängt (z. B. Hornhautdicke bei Excimerchirurgie, Vorderkammertiefe und Endothelzellzahl bei Intraokularlinsenchirurgie), andererseits Messwerte direkt die Höhe der Behandlung beeinflussen (z. B. Aberrometrie, Achslänge). Um Fehleinschätzungen durch Messfehler mit möglicherweise gravierenden Konsequenzen zu vermeiden, sind daher biometrische Untersuchungen stets mit großer Sorgfalt durchzuführen. Der Untersucher muss mögliche Fehlerquellen bei der Messung kennen und sollte die Güte der Messungen kritisch betrachten. Zahlreiche biometrische Methoden basieren auf bildgebenden Verfahren, die gleichzeitig qualitative Informationen liefern und somit
eine optische Kontrolle über die Güte der Messwerte liefern. Erhobene Messwerte sind als Momentaufnahme aufzufassen und unterliegen häufig Fluktuationen. Aus diesem Grund und zur Verminderung des zufälligen Fehlers (Messungenauigkeit) sollte der endgültige Wert aus einer Mittelung mehrerer Einzelmessungen gebildet werden, gegebenenfalls sind Ausreißer auszuschließen. Viele Geräte besitzen Software, die diese Schritte automatisch übernimmt.
Refraktionsbestimmung Da im Rahmen der Refraktionsbestimmung der Brechwert der Augen vermessen wird, werden objektive und subjektive Methoden unter den biometrischen Verfahren abgehandelt. Bei der objektiven Refraktionsbestimmung werden der sphärische und der zylindrische Anteil an der Fehlsichtigkeit mittels optischer Verfahren vermessen. In der Praxis geschieht dies heute mit automatisierten Messinstrumenten, den sogenannten Autorefraktometern. Die objektive Refraktometrie erlaubt einen schnellen Überblick über die Fehlsichtigkeit, vor allem, wenn keine Brillenwerte vorliegen. Basis für refraktiv-chirurgische Behandlung sollte aber immer die subjektive Refraktionsbestimmung sein. Diese sollte im Sinne einer Augenglasbestimmung mit RotGrün-Abgleich und sorgfältigem binokularen Abgleich stattfinden. Um den Rahmen dieses Kapitels nicht zu sprengen, wird auf den genauen Gang der Untersuchung an dieser Stelle allerdings nicht weiter eingegangen. Im Falle einer Hyperopie oder eines Astigmatismus mixtus sollte unbedingt eine Refraktionsbestimmung in Zykloplegie stattfinden. Hierzu werden dem Patienten ZyklopentolatAugentropfen (1%) zweimalig im Abstand von 10 Minuten verabreicht und die Refraktionsbestimmung nach 20 Minuten durchgeführt. Es ist darauf zu achten, dass sich aberrationsbedingt die Zylinderachse und -stärke unter Zykloplegie verändern können. > Bei Hyperopie oder Astigmatismus mixtus sollte immer eine Refraktionsbestimmung in Zykloplegie durchgeführt werden.
Korneale Pachymetrie Hierunter werden unterschiedliche Verfahren zur Hornhautdickenmessung (gr. παχύς = dick) verstanden. Die Ultraschallpachymetrie gilt nach wie vor als Goldstandard der Hornhautdickenmessung. Zur Durchführung wird die Hornhaut mit einem Oberflächenanästhetikum betäubt und eine stiftförmige Sonde aufgesetzt. Der Nachteil dieses Verfahrens ist die etwas höhere Invasivität als bei den optischen, berührungsfreien Verfahren. Geräte zur bildgebenden Diagnostik am vorderen Augenabschnitt wie Scheimpflug-Topographen oder OCT besitzen oft eine
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Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
standardisierte Beleuchtungsbedingungen geachtet werden. Viele in der refraktiven Chirurgie verwendete Geräte liefern auch eine Pupillenmessung. Die Beleuchtungsbedingungen sind jedoch nicht immer klar definiert oder eher im hoch-mesopischen Bereich anzusiedeln [12]. Es sollte bedacht werden, dass der Pupillendurchmesser sehr starker Beeinflussung durch externe und interne Faktoren und somit ausgeprägten Fluktuationen unterliegt.
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Vorderkammertiefenmessung
. Abb. 4.2 Zweidimensionale farbkodierte Pachymetriekarte, basierend auf einer Messung nach dem Scheimpflug-Prinzip (Pentacam, Oculus)
integrierte Pachymetrie-Funktion; die Hornhautdicke kann in einer zweidimensionalen farbkodierten Karte dargestellt werden (. Abb. 4.2). Mittlerweile sind aber auch auf diesen Messprinzipien beruhende preisgünstigere Einzelgeräte kommerziell erhältlich. Neben der geringeren Invasivität liegt der Vorteil der Berührungsfreiheit der optischen Verfahren vor allem in der Vermeidung von berührungsbedingten Artefakten. Außerdem kann über Fixationskontrolle eine höhere örtliche Reproduzierbarkeit der Messungen erreicht werden. Während die Messungen mit dem Orbscan (Bausch & Lomb, Slit-Scanning-Technologie) gegenüber Messungen mit Ultraschall häufig höher ausfallen und daher ein Korrekturfaktor empfohlen wird [27], bestanden in einer Vergleichsstudie mit der Pentacam (Oculus, rotiernde Scheimpflug-Kamera) zwischen den beiden optischen Verfahren (Scheimpflug und OCT) hingegen keine signifikanten Unterschiede [8].
Die Vorderkammertiefenmessung spielt bei der Indikationsstellung zur Implantation einer IOL in das phake Auge (pIOL) und beim refraktiven Linsenaustausch eine wichtige Rolle, da eine Mindestvorderkammertiefe nicht unterschritten werden darf. Die Messung kann akustisch (Ultraschall) oder optisch (Scheimpflug oder OCT) erfolgen. Bezüglich der Vor- und Nachteile der einzelnen Messprinzipien gilt das für die korneale Pachymetrie gesagte. Für den Untersucher ist es essenziell zu wissen, ob der gemessene Wert ab Hornhautepithel gilt, also die Hornhautdicke miteinschließt, oder ob er die Strecke zwischen dem Endothel und der Linsenvorderfläche beschreibt und somit die eigentliche Vorderkammertiefe angibt. Erstere Praxis leitet sich von den Ultraschallverfahren her, bei denen nur die Signale der vorderen Grenzflächen erfasst werden.
Hornhaut-Kammerwinkel und Sulkusdurchmesser Neben der Tiefe der Vorderkammer muss bei kammerwinkel- oder sulkusgestützten pIOL-Modellen der Durchmesser des Kammerwinkels oder des Sulcus ciliaris bekannt sein, um eine korrekte Position des Implantates zu gewährleisten. Auch nach der Einführung vorderabschnittstomographischer Verfahren wie Ultraschall-Biomikroskopie und OCT wird häufig noch der horizontale Hornhautdurchmesser (»horizontal white-to-white«) als Hilfsparameter herangezogen, um die Kammerwinkel- und Sulkusdurchmesser zu schätzen. Viele Hornhauttopographen liefern automatisch den horizontalen Hornhautdurchmesser. Allerdings ist die Korrelation zwischen diesen Werten gering [20], so dass die direkte Messung zu empfehlen ist.
Pupillometrie Die Messung der mesopischen Pupillenweite stellt eine Basisuntersuchung vor refraktiver Chirurgie dar, da die Wirksamkeit optischer Aberrationen von der Pupillenweite abhängig ist. Auch wenn es bislang noch nicht gelang, einen großen mesopischen Pupillendurchmesser als Risikofaktor für optische Symptome unter Dämmerungsbedingungen zu identifizieren, sollten pupillometrische Daten der Wahl der optischen Zone bei den Excimerverfahren zugrunde gelegt werden. Den genauesten Wert liefern objektiv und binokular messende Geräte [11]. Bei der Verwendung von monokular messenden Geräten sollte auf
Achslänge Die Achslänge des Auges ist neben dem Brechwert der Hornhaut der zweite wesentliche Wert zur korrekten Berechnung der Stärke einer Intraokularlinse (IOL). Lange wurde die Bulbuslänge mittels Ultraschall (A-Scan-Modus) bestimmt. Diese Messung liefert zusätzlich noch die Vorderkammertiefe und die Linsendicke. Der Nachteil dieser Methode ist – wie unter Pachymetrie und Vorderkammertiefenmessung beschrieben – die Notwendigkeit einer Ankopplung der Sonde an das Auge. Dies wird durch festes Aufsetzen der Sonde oder durch eine Immersion mit
43 4.4 · Korneale Topographie und Aberrometrie
Kochsalzlösung erreicht. Ferner besteht eine signifikante Anfälligkeit für Stauchungs- und Verkippungsartefakte. Mit der Einführung der Teilkohärenzinterferometrie (»partial coherence interferometry«, PCI), die einem A-Scan-Modus der OCT entspricht, wurde erstmals eine berührungsfreie Bulbuslängenmessung möglich. Da der Patient während der Messung einen in den Strahlengang des Testlasers eingeblendeten Fixierlaser anblickt, findet die Messung entlang der Sehlinie statt. Auch die Messung sehr kurzer oder sehr langer Bulbi gelingt mit höherer Genauigkeit als beim Ultraschallverfahren. Die kompakte Anordnung des kommerziell erhältlichen Teilkohärenzinterferometers in Einheit mit einem Keratometer, einer Scheimpflug-Kamera zur Vorderkammertiefenmessung und einem Programm zur IOL-Berechnung (IOL Master, Zeiss) hat dieses Verfahren zur Standardmethode bei der Achslängenbestimmung werden lassen. Neben der Planung beim Austausch der natürlichen Linse gegen eine IOL kann eine präoperativ durchgeführte Achslängenmessung ein Bulbuswachstum von echter Regression unterscheiden und so Aufschlüsse über die Ursache einer Regression nach refraktiver Chirurgie geben.
Konfokale Papillentomographie Die konfokale Papillentomographie ist eine wichtige Untersuchungsmethode in der Glaukomdiagnostik. In der refraktiven Chirurgie spielt sie eine eher untergeordnete Rolle und ist dann von Hilfe, falls bei einem Patienten prä- oder postoperativ sich ein Glaukomverdacht ergeben sollte.
4.4
Korneale Topographie und Aberrometrie
4.4.1
Keratometrie und korneale Topographie
Prinzipien Die Hornhautoberfläche ist das am stärksten brechende Element des Auges. Wie in Kapitel 3 beschrieben, ist der Brechwert der Hornhaut ihrer Kurvatur proportional. Die einfachste Methode zur Messung der Hornhautkurvatur ist die manuelle Keratometrie. Hierbei werden (meist zwei) Testmarken auf die Hornhaut projiziert und aus der Distanz zwischen den ersten Purkinje-Bildern der Testmarken der Krümmungsradius entlang des Meridians berechnet. Gewöhnlich wird die Kurvatur in Dioptrien angegeben, indem der gemessene Radius mit dem kornealen Brechungsindex multipliziert wird. Der Astigmatismus wird durch die Messung entlang zweier senkrecht aufeinander stehender Meridiane ermittelt. Im Gegensatz zur Keratometrie können durch Keratoskopie die Kurvatur und lokale Irregularitäten der Hornhaut dargestellt werden, indem das auf die Hornhaut projizierte Spiegelbild einer Scheibe mit konzentrischen Kreisen (Placido-Scheibe) betrachtet wird. Mit der Einführung leistungsfähiger Kleincomputer, hochauflösenden Digitalkameras und geeigneten Programmen zur Bildanalyse wurde eine Kombination beider Techniken möglich: das Spiegelbild der Placido-Scheibe wird digital aufgenommen und aus dem Abstand der Ringe kann für jeden Punkt der Hornhaut die Krümmung berechnet werden [22, 24]. Im Gegensatz zur einfachen Keratometrie kann mit dieser Technik die Kurvatur als Funktion des Hornhautortes in einer farbkodierten Karte dargestellt werden, weswegen dieses Verfahren gemeinhin als »korneale Topographie« bezeichnet wird. Analog zur Keratometrie werden auch hier die Krümmungswerte in Dioptrien umgerechnet. Hornhauttopographen nach dem Placido-Prinzip
In der refraktiven Chirurgie spielen korneale Topographie und Aberrometrie eine zentrale Rolle, so dass sie hier in einem eigenen Kapitel abgehandelt werden sollen. > Die korneale Topographie stellt eine weiterentwickelte Synthese aus der rein qualitativen Keratoskopie und der rein quantitativen Keratometrie dar und ermöglicht die Darstellung der Hornhautkrümmung als Funktion des Hornhautortes. Hieraus lässt sich mathematisch die optische Abbildungsqualität der Hornhaut rekonstruieren. Die Aberrometrie kann als Weiterentwicklung der Refraktometrie angesehen werden und liefert Informationen über die optischen Eigenschaften des gesamten Auges.
waren die ersten und sind immer noch die am häufigsten verwendeten Topographiegeräte. Placido-basierte Topographen zeichnen sich durch eine gute Wiederholbarkeit und eine hohe Spannweite der messbaren Werte aus [24]. Die fehlende Erfassung der Hornhautmitte wegen der Lage der Kamera im Zentrum der Scheibe erfordert allerdings eine Interpolation der Messwerte in dieser Region. Scheimpflug-basierte Topographiesysteme erstellen optische Schnitte der Hornhaut und ermöglichen somit eine Darstellung der Vorder- und Rückfläche der Hornhaut (7 Abschn. 4.3). Aus den aus unterschiedlichen Winkeln aufgenommenen Schnittbildern können korneale Höhendaten berechnet und die Daten der einzelnen Schnittbilder zu einer dreidimensionalen Rekonstruktion zusammengesetzt werden. Auf diese Weise lassen sich Karten von Höhendaten, Kurvatur und Brechwerten der Vorder- und Rückfläche der Hornhaut und der Hornhautdicke (Scheimpflug-Pachymetrie, 7 Abschn. 4.3) erzeugen. Eini-
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Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
ge Hersteller (Bausch & Lomb, Ziemer) haben ihre Scheimpflug-Topographen mit einer zusätzlichen PlacidoScheibe zur präziseren Darstellung der Hornhautvorderfläche ausgestattet, während andere (Oculus, iVis) hochauflösende CCD-Kameras der neuesten Generation verwenden. Im Gegensatz zu Placido-Systemen werden bei rotierenden Scheimpflug-Kameras besonders viele Messwerte vom Hornhautzentrum erhoben, da diese Region in jedem Schnittbild abgebildet ist. Weitere, momentan kommerziell noch nicht erhältliche Techniken zur kornealen Topographie sind die Raster-Stereographie, Interferenzpolarimetrie oder die Hartmann-Shack-basierte Topographie (iZone, Abbott Medical Optics) [24].
Darstellung und Interpretation korneal-topographischer Messungen Die farbkodierte Topographiekarte übersetzt die quantitativen Informationen (Rohdaten) in eine intuitiv interpretierbare Form. Jede Karte (z. B. Kurvatur, Höhendaten, Brechwert) zeichnet sich durch typische Charakteristika aus, deren Verständnis zur korrekten Interpretation unerlässlich ist. Üblicherweise wird ein Farbspektrum verwendet, das von »kalt« (blau) bist »heiß« (rot) reicht. Die Gestalt der Karte wird wesentlich durch die obere und untere Grenze der Skala, durch die Anzahl der verwendeten Farben und durch die Schritte auf der Skala beeinflusst. Daher sollte für alle Patienten eine einheitliche Einstellung verwendet werden. Dies vereinfacht nicht nur den Vergleich zwischen Messungen bei unterschiedlichen Patienten oder an unterschiedlichen Zeitpunkten beim selben Patienten, sondern hilft auch beim Erlernen der Interpretation topographischer Karten. Eine rechnerische Subtraktion der zu zwei Zeitpunkten erhobenen Messwerte und ihre Darstellung in einer Differenzkarte ermöglicht die Visualisierung von Veränderungen, z. B. den Behandlungseffekt durch Excimerablation. Karten, die die korneale Kurvatur darstellen (keratometrische Karten), sind die am häufigsten in der Praxis verwendeten Topographiekarten. Auch bei der kornealen Topographie hat es sich eingebürgert, die Kurvatur in Dioptrien anstelle von Millimetern anzugeben. Diese Praxis hat historische Gründe und leitet sich aus der manuellen Keratometrie ab. Daher ist es wichtig zu betonen, dass die weit verbreiteten keratometrischen Karten nicht die Brechwertverteilung der Hornhaut wiedergeben; dies trifft nur für eine paraxiale Region von bis zu 2 mm vom Hornhautzentrum zu. Es gibt zwei übliche Methoden, die Hornhautkurvatur zu berechnen und graphisch darzustellen: axiale und meridionale (tangentiale) Karte. Da die Hornhautkurvatur sich entlang eines Meridians ändert, ist eine Anpassung von Kreisausschnitten unterschiedlicher Radien an definierte Abschnitte der Hornhaut notwendig.
Der Radius des Kreises, der sich an die Rohdaten der zu rekonstruierenden Region am besten anpassen lässt, entspricht dem Hornhautradius dieser Region.
Darstellungsmöglichkeiten in der kornealen Topographie und ihre Vor- und Nachteile 4 Axial-keratometrische Karte – Vorteil: recht einfach interpretierbar, weit verbreitet – Nachteil: unterschätzt lokale Irregularitäten 4 Meridional-keratometrische (tangentiale) Karte – Vorteil: berücksichtigt lokale Irregularitäten – Nachteil: kann die Bedeutung lokaler Irregularitäten überschätzen 4 Refraktive Karte – Vorteil: berücksichtigt die korneale sphärische Aberration – Nachteil: Darstellung der kornealen sphärischen Aberration kann die Formcharakteristika verdecken, wenig verbreitet 4 Höhenkarte – Vorteil: beste Darstellung der kornealen Form – Nachteil: Interpretation benötigt Erfahrung, abhängig von Art und Lage der Referenzebene
Bei axialer Darstellung der Hornhautkurvatur befindet sich der Mittelpunkt dieses Kreises auf der sagittalen Achse, während bei der meridionalen Darstellung die Lage des Zentrums der angepassten Kreise variabel ist, die Kreise aber am jeweiligen zu rekonstruierenden Meridian ausgerichtet sind. Diese unterschiedlichen Rekonstruktionsmethoden bedingen das unterschiedliche Erscheinungsbild der beiden Darstellungen: Axiale Karten erscheinen ebener und regelmäßiger mit deutlicherer Betonung der sphärischen Grundform der Hornhaut (. Abb. 4.3a). Im Gegensatz dazu erscheinen meridionale (tangentiale) Karten viel unregelmäßiger und eignen sich gut zur Hervorhebung von lokalen Irregularitäten der Hornhaut, die in der axialen Darstellung unterschätzt werden könnten (. Abb. 4.3b). Aus den Kurvaturdaten lassen sich durch die Anwendung des Snell-Gesetzes oder durch RayTracing-Methoden Karten erstellen, die die Brechwertverteilung der Hornhaut (refraktive Karten) darstellen und die sphärische Aberration der paraxialen Hornhaut mit berücksichtigen (. Abb. 4.3c). Höhenkarten wurden mit Einführung der Scheimpflug-Topographen populär. Wie eine topographische Karte der Erde die Erhebungen als Differenz zum Meeresspiegel darstellt, stellt eine korneale Höhenkarte die Erhebung relativ zu einer definierten Referenzebene dar (. Abb. 4.4a). In den meisten Fällen ist dies eine Sphäre, da
45 4.4 · Korneale Topographie und Aberrometrie
sagittal (axial)
a
meridional (tangential)
b
refraktiv
c
. Abb. 4.3a–c Korneale Topographie, Kurvaturkarten. Dieselben Daten sind als axiale (a), tangentiale (b) und refraktive (c) Karte dargestellt
eine flache Referenzebene nur die dominante sphärische Grundform der Hornhaut hervorhebt und lokale Unregelmäßigkeiten nicht dargestellt würden (. Abb. 4.4b). Bei der Berechnung wird der Radius der Referenzsphäre so lange verändert, bis die Residuen zwischen Rohdaten und der Referenzsphäre minimal sind. Diese Referenzsphäre wird im englischen Sprachgebrauch als »best-fit sphere« (BFS) bezeichnet. Ihr Radius entspricht in etwa dem mittleren Hornhautradius. Im gebräuchlichsten Float-Modus ist die Position der BFS relativ zur optischen Achse im Rahmen der Anpassung frei veränderlich, während restriktivere Modi (Axis, Pinned, Apex) die Lage der BFS zumindest an einigen Punkten vorschreiben und daher unterschiedliche Formcharakteristika der Hornhaut betonen. Wie bei einer geographischen Karte sind Erhebungen oberhalb der BFS (»Berge«) durch warme Farben, Punkte auf der BFS (»Land«) grün und Punkte unterhalb der BFS (»Meer«) durch kalte Farben gekennzeichnet. Diese Konvention erlaubt eine intuitive Interpretation der Höhenkarte, vor allem bei der Erkennung von Abweichungen von der reinen Sphärenform. Weniger gebräuchlich und eher speziellen Fragestellungen vorbehalten ist die Anpassung anderer Referenzkörper, wie einem Konoid oder Toroid. Ausgehend von den einer Karte zugrunde liegenden Rohdaten, lassen sich Maßzahlen zur quantitativen Analyse berechnen. Diese Kennzahlen können von Gerät zu Gerät unterschiedlich und daher nicht immer vergleichbar sein, da oft die zugrunde liegenden Algorithmen patentiert
und Bestandteil der herstellereigenen Software sind, z. B. bei Programmen zur Keratokonus-Erkennung. Jede Topographie-Software gibt hingegen simulierte Keratometriewerte (sim K) an, die den mit einem manuellen Keratometer gemessenen Werten entsprechen. Irregularitäts-Indices geben die die Varianz der Kurvatur in einer definierten Zone der Hornhaut wieder. Andere Kennzahlen zeigen die Lage des kornealen Apex an oder werden zur Unterscheidung von Augen mit Keratokonus von normalen Augen eingesetzt [19, 25]. Aus Höhenkarten kann die Distanz zwischen der BFS und der tatsächlichen Erhebung in einem Punkt oder einer definierten Zone berechnet werden. Dieser Wert wird im klinischen Alltag häufig als »Elevation« bezeichnet. Es sei darauf hingewiesen, dass alle aus Höhenkarten abgeleiteten Maßzahlen stark von der Form der Referenzfläche (z. B. Sphäre oder Konoid, . Abb. 4.4c), von der Zone, über die angepasst wurde und vom Anpassungsmodus (z. B. Float oder Apex) abhängig sind. Eine Methode, die Form oder die optischen Eigenschaften der Hornhaut genau zu charakterisieren ist die Fourier-Analyse von Kurvaturdaten oder die Anpassung von Zernike-Polynomen an korneale Höhendaten [13, 23]. Die Rekonstruktion einer durch Ray-Tracing simulierte Wellenfront erlaubt die isolierte Charakterisierung der optischen Wirkung der kornealen Oberfläche (häufig etwas inkorrekt als »korneale Wellenfront« bezeichnet). So werden eine genaue Quantifizierung von irregulärem Hornhautastigmatismus (z. B. Keratokonus, Zustand nach Keratoplastik), die Analyse der Effekte refraktiver Hornhaut-
4
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Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
4 Referenzfläche: BFS 7.89 mm
Referenzfläche: Ebene a
b
Referenzfläche: Konoid 7.9 mm, p = 0.1 c
. Abb. 4.4a–c Korneale Topographie, Elevationskarten. Dieselben Daten sind mit unterschiedlicher Referenzebene dargestellt: a Flache Ebene. b Sphäre (»best fit sphere«). c Konoid
chirurgie und eine hochsensitive Keratokonuserkennung möglich [6, 10].
Verwendung in der refraktiven Chirurgie Für die refraktive Chirurgie ist die korneale Topographie ein essenzielles Untersuchungsverfahren, sowohl bei der präoperativen als auch bei der postoperativen Untersuchung. ! Cave Bei der Vorbereitung hornhautchirurgischer Verfahren ist die Erkennung von Veränderungen, die Kontraindikationen darstellen (z. B. Keratokonus, pelluzide marginale Degeneration) oder hohe Risiken für Komplikationen beinhalten (z. B. extrem steile oder flache Hornhautradien) bei allen Patienten notwendig.
Ektatische Hornhauterkrankungen wie Keratokonus und pelluzide marginaler Degeneration sind durch ein asymmetrisches Sanduhrmuster (. Abb. 4.5a), oft mit gegeneinander verkippten Achsen, eine isolierte inferiore Steilheit (. Abb. 4.5b) oder durch s gegen die Regel mit verknickten Achsen (»Schnauzbart-Muster«, . Abb. 4.5c) einen Astigmatismus gekennzeichnet. Es gibt zahlreiche Maßzahlen und Indices zur Abschätzung des Risikos, dass es sich beim untersuchten Auge um ein Auge mit Keratokonus oder pelluzider marginaler Degeneration handelt [6, 19, 25]. Ein weiteres wichtiges präoperatives Anwendungsgebiet ist die Planung astigmatischer Korrekturen (limbale Relaxationsinzisionen, astigmatische Keratotomie, intrakorneale Ringsegmente und torische Intraokularlinsen). Die Lage der steilen Astigmatismusachse kann leicht anhand des charakteristischen Sanduhrmusters ermittelt und in Zusammenhang mit der subjektiv ermittelten Zylinder-
achse verglichen werden. Oft erfordert die Behandlung mit einem personalisierten Ablationsprofil die Erhebung korneal-topographischer Daten. Auch in der postoperativen Diagnostik ist die korneale Topographie ein wichtiger Grundpfeiler, da sie Informationen über die Form und die optischen Eigenschaften des Zielorgans »Hornhaut« liefert. Diese Informationen können wiederum mit klinischen Befunden korreliert werden. Die korneale Topographie zeigt, ob eine Excimerablation korrekt zentriert und ein präoperativ vorhandener Astigmatismus vollständig korrigiert ist (. Abb. 4.6). Ferner können Unregelmäßigkeiten der Hornhautoberfläche, die durch postoperative Sicca oder im Rahmen von Wundheilungsreaktionen nach Oberflächenablation (PRK, LASEK, epiLASIK, 7 Kap. 9) auftreten, dargestellt werden. Im Rahmen von Langzeituntersuchungen steht vor allem die Erkennung einer iatrogenen Keratektasie oder einer Regression nach Thermokeratoplastik (cK, LTK) zur Behandlung der Hyperopie (7 Kap. 15) im Vordergrund.
4.4.2
Messung des Wellenfrontfehlers (Aberrometrie)
Prinzipien der Aberrometrie Basierend auf der Tatsache, dass sich sämtliche Abweichungen von der idealen Optik eines Auges proportional in Abweichungen von der idealen Wellenfront wieder finden, erlaubt die Messung und Beschreibung dieser Abweichungen eine objektive Charakterisierung der optischen Eigenschaften dieses Auges. Alle Aberrationen der Wellenfront dieses Auges lassen sich daher auch als Abweichungen von einer planen, die Eintrittspupille des Auges ausfüllende Fläche (der idealen Wellenfront) beschreiben. Die
47 4.4 · Korneale Topographie und Aberrometrie
a
a
b
b
c
c
. Abb. 4.5a–c Korneale Topographie, axiale Kurvaturkarten von Augen mit subklinischem Keratokonus (a,b) oder pelluzider marginaler Degeneration (c). a Asymmetrisches Sanduhrmuster. b Asymmetrisches Sanduhrmuster mit betont inferiorer Ansteilung. c Astigmatismus gegen die Regel mit gegeneinander verkippten Achsen (»Schnauzbart-Muster«).
. Abb. 4.6a–c Korneale Topographie, axiale Darstellung von Augen nach LASIK. a Zentrierte myope LASIK. b Dezentrierte myope LASIK. c Zentrierte hyperope LASIK
Aberrometrie hat sich in den letzten Jahren von einer Laboranwendung zu einer weit verbreiteten ophthalmologischen Untersuchungsmethode entwickelt. Zur Messung des Wellenfrontfehlers des menschlichen Auges werden unterschiedliche Systeme eingesetzt. Dabei wird entweder ein Muster auf die Netzhaut projiziert und der Wellenfrontfehler aus der Deformation dieses Musters im Netzhautbild direkt abgeleitet (Tscherning-Aberrometer, RayTracing, dynamische Skiaskopie) oder die Wellenfrontanalyse auf der Basis des zurückfallenden Lichtes erstellt (Hartmann-Shack-Sensor). Da der Hartmann-Shack-Sensor (. Abb. 4.7) das gebräuchlichste Aberrometer ist, soll er hier etwas ausführ-
licher beschrieben werden. Er basiert auf dem Prinzip der Umkehrung von Objekt- und Bildseite: bei einem perfekten auf unendlich fokussierten Auge ist auch bei der Umkehrung von Objekt- und Bildseite (d. h. das Objekt liegt im Auge und die Lichtwellen treten aus dem Auge aus) die Wellenfront außerhalb des Auges eben (. Abb. 4.7). Ein mit einem Laser auf der Netzhaut erzeugter Lichtpunkt (. Abb. 4.7, grüner Strahlengang) gilt als »Objekt« für das Aberrometer. Das von diesem Lichtpunkt ausgehende Licht (. Abb. 4.7, roter Strahlengang) wird durch eine Mikrolinsen-Matrix (. Abb. 4.7, 2) in ein Punktmuster aufgeteilt und das entstandene Bild von einer CCD-Kamera aufgefangen. Bei einer perfekten Optik besteht zwischen
4
48
Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
4
. Abb. 4.7 Schematische Darstellung des Hartmann-Shack-Sensors. 1 Strahlenteiler. 2 Mikrolinsen-Matrix mit der Originalposition der Punkte. 3 CCD-Bild mit der tatsächlichen Position der Punkte.
Grüner Strahlengang: in das Auge eintretendes Licht. Roter Strahlengang: aus dem Auge austretendes Licht
den einzelnen Punkten ein regelmäßiger Abstand (. Abb. 4.7, 2). Aus der Abweichung der tatsächlichen Lage der Punkte beim CCD-Bild (. Abb. 4.7, 3) kann der Wellen-
front. Die aus diesen Rohdaten konstruierte Wellenfrontkarte liefert einerseits nur eine begrenzte, rein qualitative Information, zudem muss der Raum zwischen den Datenpunkten interpoliert werden. Daher werden zur Beschreibung der Wellenfrontdeformation gewöhnlich die von dem niederländischen Mathematiker und Physiker Frits Zernike formulierten Polynome verwendet (7 Kap. 3). Diese mathematische Rekonstruktion weist jedem Polynom einen Koeffizienten zu. Der Betrag dieses Koeffizienten zeigt an, wie stark die durch das jeweilige Polynom repräsentierte Form im untersuchten Wellenfrontfehler vertreten ist. Zum Verständnis der Messungen ist es sehr wichtig zu wissen, dass die Koeffizienten einer Messung nur für den Pupillendurchmesser gültig sind, der für die Wellenfrontrekonstruktion verwendet wurde. Daher sollte der Analyse-Pupillendurchmesser immer bei Messungen mit angegeben und bei der Interpretation berücksichtigt werden. Während eine Berechnung des Wellenfrontfehlers für einen kleineren Pupillendurchmesser (z. B. von 8 auf 6 mm) unproblematisch ist, ist umgekehrt eine Hochrechnung auf einen größeren Durchmesser (z. B. von 6 auf 8 mm) nur durch Extrapolation möglich und daher mit entsprechenden Fehlern behaftet. Dies sollte bei der Planung wellenfrontgeführter excimerchirurgischer Verfahren berücksichtigt werden. Auch wenn in der klinischen Praxis die Trennung zwischen Aberrationen niedriger Ordnung und Aberrationen höherer Ordnung üblich ist, ist der Wellenfrontfehler immer als funktionelle Einheit aufzufassen. Der Grund hier-
frontfehler des Auges rekonstruiert werden. Beim Prinzip nach Tscherning wird eine Punktmatrix auf die Fovea projiziert und das Netzhautbild mit einer CCD-Kamera aufgenommen. Auch hier wird der Wellenfrontfehler aus der Dislokation der Punkte des Musters berechnet. Ähnlich wie beim Tscherning-Prinzip wird bei der Ray-Tracing-Methode ein Punktmuster, jedoch nicht simultan, sondern sukzessive auf der Netzhaut abgebildet. Die Aberrationen des Auges bestimmen den Grad der Abweichung der Lichtstrahlen an unterschiedlichen Netzhautorten. Aus dem zusammengesetzten Punktmuster kann die Wellenfrontdeformation berechnet werden. Eine weitere, weniger gebräuchliche Methode zur Vermessung des Wellenfrontfehlers des Auges ist die dynamische Skiaskopie. Ein rotierender Lichtspalt wird – ähnlich wie bei der Strichskiaskopie – auf der Netzhaut abgebildet und ebenfalls rotierende Detektoren analysieren das Bild. Hierdurch wird für unterschiedliche Orte der Pupille ein lokaler Brechwert ermittelt. Aus diesen Werten lässt sich der Wellenfrontfehler ableiten.
Darstellung und Interpretation von Wellenfrontfehlern Die Vermessung der Wellenfrontdeformation mit einem der im vorigen Absatz erwähnten Geräte liefert für jeden untersuchten Datenpunkt (z. B. ein Punkt im HartmannShack-Muster) einen Differenzwert zur idealen Wellen-
49 4.4 · Korneale Topographie und Aberrometrie
a b
a
c
. Abb. 4.8a–c Bildliche Darstellung von Wellenfrontfehlern und ihrer Wirkung. a Wellenfrontkarte. b Simulation der Punktbildverwaschungsfunktion (PSF). c Simulation des Seheindruckes mittels Faltung
für ist, dass durch jeden Koeffizienten nur der Anteil der Aberration an der Gesamtform des Wellenfrontfehlers angegeben wird, die optische Wirkung aber durch die Gesamtform bestimmt wird. Daraus ist zu folgern, dass die Wirkung eines einzelnen Zernike-Koeffizienten immer auch von der Höhe der anderen Koeffizienten des Wellenfrontfehlers bestimmt wird. Dieses Phänomen wird Interaktion von Aberrationen genannt. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das Zusammenspiel von Defokus und sphärischer Aberration [1]. Die farbkodierte Darstellung der Wellenfrontdeformation als Funktion des Ortes innerhalb der Pupille wird als Wellenfrontkarte bezeichnet (. Abb. 4.8a). Anhand der Wellenfrontkarte lässt sich feststellen, in welchen Bereichen der Pupille die Wellenfront vor (»Hyperopie«) oder hinter (»Myopie«) der idealen Wellenfront liegt und wie hoch diese Abweichung ist. Es ist wichtig, zu erwähnen, dass im Gegensatz zur kornealen Topographie, die einen Durchmesser von ca. 10 mm abdeckt, die Wellenfrontkarte immer nur dem Durchmesser der (Analyse-)Pupille entspricht. Eine weitere sehr anschauliche Möglichkeit, die Wirkung von Wellenfrontaberrationen qualitativ umfassend darzustellen, ist die Konstruktion der Punktbildverwaschungsfunktion (»point spread function«, PSF) und die Simulation durch Faltung. Die PSF stellt die Verteilung der Lichtintensität auf der Netzhaut für eine punktförmige Lichtquelle dar (. Abb. 4.8b). Mittels Faltung lässt sich die Lichtenergieverteilung für komplexe Objekte darstellen und so der Seheindruck des aberrierten Auges simulieren (. Abb. 4.8c). In . Abb. 4.9 sind beispielhaft die Wellenfrontkarten höherer Ordnung für jeweils ein Auge mit subklinischem Keratokonus (. Abb. 4.9a), nach LASIK (. Abb. 4.9b) und mit dezentrierter hyperoper LASIK (. Abb. 4.9c) dargestellt
b
c . Abb. 4.9a–c Wellenfrontkarten höherer Ordnung. a Subklinischer Keratokonus: Koma. b Zustand nach myoper LASIK: sphärische Aberration. c Dezentrierte hyperope LASIK: Koma
Darstellungsmöglichkeiten von Wellenfrontfehlern und ihre Vor- und Nachteile 4 Wellenfrontkarte – Vorteil: übersichtlich – Nachteil: rein qualitativ, Interpretation benötigt Erfahrung 4 Punktbildverwaschungsfunktion und Simulation durch Faltung – Vorteil: sehr anschaulich – Nachteil: rein qualitativ, neurale Filterung ist nicht berücksichtigt 4 Zernike-Koeffizienten – Vorteil: umfassende Information. Einzelcharakteristika des Wellenfrontfehlers erkennbar – Nachteil: sehr unübersichtlich, Interpretation benötigt sehr große Erfahrung, Interaktionseffekte sind nicht berücksichtigt 4 RMS-Werte – Vorteil: anschaulich und übersichtlich – Nachteil: rein quantitativ, Interaktionseffekte sind nicht berücksichtigt 6
4
50
Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
Verwendung in der refraktiven Chirurgie 4 Kennzahlen (Metrics) – Vorteil: anschaulich und übersichtlich, verbinden quantitative und qualitative Aspekte – Nachteil: teilweise nicht evaluiert
4
Die Gesamtheit aller Zernike-Koeffizienten einer Messung liefert eine sehr detaillierte Information über den Wellenfrontfehler, ist aber -bedingt durch die hohe Datenmengeextrem unübersichtlich und berücksichtigt keinerlei Interaktionsphänomene. Eine hingegen recht übersichtliche und deshalb weit verbreitete Wellenfrontfehler-Repräsentation stellt die Berechnung von Effektiv- oder Quadratmittelwerten (RMS-Werte, »root mean square«) des Wellenfrontfehlers dar. Rechnerisch handelt es sich um die Quadratwurzel aus der Summe der quadrierten Einzelkoeffizienten. Je höher der RMS-Wert, umso stärker ist die Wellenfrontdeformation; der Minimalwert ist 0 und bedeutet eine Übereinstimmung mit einer idealen Wellenfront. Trotz hoher Popularität der RMS-Werte sei angemerkt, dass die Information rein quantitativ ist und weder die unterschiedliche optische Wirkung einzelner Aberrationen noch Interaktionseffekte berücksichtigt werden: Zwei Augen mit gleichem HOA-RMS-Wert können so z. B. vollkommen unterschiedliche Aberrationen und eine vollkommen unterschiedliche Bildqualität besitzen. Eine gewisse qualitative Differenzierung lässt die Zusammenfassung in RMS-Werte homologer Aberrationen (LOA, Koma, sphärische Aberration und übrige) zu. Ausgehend von den Zernike-Koeffizienten, lassen sich verschiedene Maßzahlen konstruieren, die eine umfassende qualitative und quantitative Bewertung der optischen Qualität zum Ziel haben. In den letzten Jahren wurde eine ganze Reihe dieser »metrics« entwickelt, die aber nur zum Teil evaluiert sind und meistens zu wissenschaftlichen Zwecken genutzt werden. Häufig verwendete Maßzahlen sind das Strehl-Verhältnis und die Modulationsübertragungsfunktion (MTF, »modulation transfer function«). Das Strehl-Verhältnis ist der Quotient aus dem Intensitätsmaximum der PSF des vermessenen Auges und dem Maximum für das ideale aberrationsfreie Auge, wobei letzteres mit 1 festgelegt ist. Je stärker ein punktförmiges Objekt durch Aberrationen verwaschen wird, umso niedriger ist das Maximum der PSF und dementsprechend das StrehlVerhältnis. Die MTF wird häufig in der technischen und physiologischen Optik verwendet und gibt das Verhältnis von Bild- zu Objektkontrast als Funktion der Objektgröße an. Aus der Fläche unter der MTF kann eine Kennzahl gebildet werden; ebenso ist die Bildung eines Verhältniswertes zwischen realem und idealem Auge möglich.
Für die meisten refraktiven Chirurgen stellen Aberrometer das Instrument zur Erhebung der Eingangsdaten zur wellenfrontgeführten Behandlung dar. Daher gehört das Aberrometer meist zur Grundausstattung der Laserplattform. Wie bei allen empfindlichen biometrischen Messungen handelt es sich bei einer aberrometrischen Messung um eine Momentaufnahme, die Fluktuationen unterliegt. Gründe für diese Schwankungen sind unter anderem, Tränenfilmaufrisse [17] und Mikrofluktuationen der Akkommodation. Während die Wiederholbarkeit von Messungen mit dem Hartmann-Shack-Aberrometer und mit dem RayTracing-Prinzip als befriedigend anzusehen sind [15, 21], erwies sich die dynamische Skiaskopie als weniger verlässlich [28]. Für die Praxis ist daher grundsätzlich zu empfehlen, Messwerte immer aus einem Durchschnittswert aus mehreren Einzelmessungen zu bilden und offensichtlich unplausible Messungen (Ausreißer) auszuschließen. Die Software vieler kommerziell erhältlicher Aberrometer nimmt diese Mittelung automatisch vor. > Aberrometrische Messungen unterliegen starken Fluktuationen. Daher sollte immer ein Mittelwert aus meheren Messungen gebildet werden.
Aus gleichzeitig gewonnenen topographischen und aberrometrischen Daten kann ein (vereinfachtes) Augenmodell konstruiert werden und so der Beitrag einzelner optischer Komponenten des Auges zum gesamten Wellenfrontfehler ermittelt werden. Dies kann hilfreich in unklaren Fällen sein, wenn zu klären ist, ob Aberrationen kornealen oder lentikulären Ursprunges sind (z. B. bei früher Katarakt). Die kompakte Kombination aus Topograph und Aberrometer wird bei Verkleinerung der Komponenten zunehmend an Bedeutung gewinnen, da so zeitsparende Messungen möglich sind. In der refraktivchirurgische Praxis ist in den meisten Fällen die korneale Topographie ausreichend; dennoch kann nur eine Messung in Kombination mit Aberrometrie umfassende Informationen über die optischen Eigenschaften des Auges liefern.
4.5
Funktionsprüfungen
Die Funktionsprüfungen, allen voran die Visusbestimmung, stellen wichtige Untersuchungen in der präoperativen Diagnostik und postoperativen Verlaufskontrolle dar. Zur Funktionsprüfung stehen verschiedene psychophysische Testverfahren (Prüfung von Visus, Kontrastempfindlichkeit, Streuung, Gesichtsfeld) zur Verfügung. Bei allen Funktionsprüfungen sollte auf eine maximale Standardisierung (Verwendung des gleichen Testes, kons-
51 4.5 · Funktionsprüfungen
Der gebräuchlichste ophthalmologische Funktionstest ist die Visusprüfung. Im deutschen Sprachraum versteht man unter Visus (Sehschärfe) allgemein den Kehrwert des Sehwinkels in Bogenminuten (7 Kap. 3), wobei im klinischen Gebrauch meist der unter photopischen Bedingungen mit in der Ferne dargebotenen Hochkontrastsehzeichen ermittelte Schwellenwert gemeint ist. Bei der Visuserhebung muss immer angegeben werden, ob die Prüfung ohne Korrektion, mit eigener Brille, mit Kontaktlinsen oder mit bester ermittelter Korrektion durchgeführt wurde. Als Sehzeichen kommen Buchstaben (. Abb. 4.10a,b), Zahlen oder standardisierte Sehzeichen (Landolt-C, Snellen-E), die mittels Sehzeichentafeln, Sehzeichenprojektor oder Einblick-Testgerät dargeboten werden, zur Verwendung. Letztere sind oft mit unterschiedlichen Funktionstests ausgestattet und erlauben Prüfungen unter standardisierten Bedingungen. Der
Hochkontrast-Visus ist für die meisten Belange in der klinischen Praxis ausreichend. Für spezielle Fragestellungen kann die Visusprüfung mit Optotypen niedrigen Kontrastes (z. B. mit 25% oder 10%, . Abb. 4.10b) oder mit variabler Leuchtdichte (Dämmerungsvisus) zur Prüfung unter mesopischen Bedingungen durchgeführt werden. Zur Prüfung von Behandlungsverfahren der Presbyopie werden Visusbestimmungen in anderen Entfernungen als »unendlich« notwendig. Die Prüfung kann einerseits in typischer Leseentfernung (30–40 cm) oder in einer Entfernung von 70–100 cm stattfinden. Der in Leseentfernung gemessene Wert repräsentiert die Funktion beim Lesen und bei Naharbeit und wird als Nahvisus bezeichnet. Der in mittlerer Entfernung zwischen Nähe und Ferne erhobene Visus wird Intermediärvisus genannt und repräsentiert die Sehfunktion in dieser Entfernung (Computermonitor, Noten). Bei Bestimmung von Nah- und Intermediärvisus müssen immer die Entfernung, die verwendete Korrektion (z. B. Fernkorrektion) und die Art der Sehzeichenprobe (Leseprobe, Sehzeichentafel) angegeben werden, um die Erhebungen reproduzierbar zu machen. Ein weiterer wichtiger Teil der visuellen Funktion ist die Kontrastempfindlichkeit (7 Kap. 3). Zur Kontrast-
a
b
tante Umgebungshelligkeit und Entfernung) geachtet werden, um den Einfluss von Störgrößen minimal zu halten.
4.5.1
Visus
c
d
. Abb. 4.10a–d Funktionstests. a ETDRS-Tafel mit 100% Kontrast. b ETDRS-Tafel mit 10% Kontrast. c Pelli-Robson-Test. d Tafel mit Sinusgittern (F.A.C.T.). Die Testtafeln sind nicht maßstäblich zueinander dargestellt
4
52
4
Kapitel 4 · Diagnostik in der refraktiven Chirurgie
schwellenprüfung steht eine Fülle an Testen zur Verfügung, die allerdings nicht standardisiert sind und daher nicht miteinander vergleichbare Ergebnisse liefern [2]. In Ergänzung zum Hochkontrast-Visus ermöglicht die Bestimmung der Kontrastsensitivität eine umfassende Charakterisierung der optischen Qualität, vor allem, wenn die Prüfung bei unterschiedlichen Umgebungsleuchtdichten durchgeführt wird. Für die klinische Praxis ist insbesondere der Pelli-Robson-Test (. Abb. 4.10c) wegen seiner einfachen Anwendung und hohen Reproduzierbarkeit zu empfehlen. Tests mit Sinusgittern (F.A.C.T., . Abb. 4.10d) sind zwar populär, liefern in der refraktiven Chirurgie aber nur wenig brauchbare Zusatzinformation und leiden unter einer schlechten Wiederholbarkeit [18]. Wie bei der Visusprüfung sollten immer die verwendete Korrektion und die Umgebungsleuchtdichte angegeben werden. Zur Prüfung der Blendempfindlichkeit sind viele Testgeräte mit einer zusätzlichen Blendlichtquelle ausgestattet. Die Blendempfindlichkeit entspricht der Differenz zwischen Kontrastschwelle ohne und mit Blendung. In der Praxis können Blendempfindlichkeitstests zur Entscheidungsfindung vor einer Operation der Katarakt beitragen.
4.5.2
Perimetrie
Ähnlich wie oben für die konfokale Papillentomographie (HRT) beschrieben, spielt die in der augenheilkundlichen Diagnostik sonst so wichtige Perimetrie in der refraktiven Chirurgie eine eher untergeordnete Rolle. Sie kann gelegentlich bei speziellen Fragestellungen, wie Glaukomausschluss oder fraglicher Optikusschädigung im Rahmen einer peri- oder retrobulbären Anästhesie notwendig werden.
Verfügung steht und die Untersuchung extern durchgeführt wird. Um den Rahmen dieses Kapitels nicht zu sprengen, soll nicht im Einzelnen auf die Untersuchungen eingegangen werden. Allerdings können auch ohne spezielle Fachkraft orientierend einfache orthoptische Tests durchgeführt werden. Der Aufdeck- und Abdecktest (Cover-Test) wird zur Erkennung eines manifesten (einseitiger Cover-Test) oder latenten (alternierender Cover-Test) Strabismus eingesetzt. Fast alle Sehzeichenprojektoren enthalten Tests auf Heterophorie (z. B. nach Schober oder Maddox) oder zur Prüfung der Augendominanz (z. B. nach Worth). Einfach durchzuführen und hilfreich ist auch der Aniseikonietest nach Awaya. Eine einfache Abschätzung des Diplopierisikos bietet ein Kontaktlinsentrageversuch. Der Patient erhält probehalber für einen begrenzten Zeitraum (ca. 1 Woche) eine Kontaktlinse, um die korrigierte Bildgröße mit refraktiver Chirurgie zu simulieren. Dieses Vorgehen ist vor allem bei Patienten mit einer hohen Anisometropie, die wegen Aniseikoniebeschwerden nicht voll mit einer Brille auskorrigiert wurde und bei Patienten, die bislang eine Prismenkorrektur getragen haben, notwendig. Sollten sich störende Doppelbilder einstellen, so ist die Indikation zu einem refraktiv-chirurgischen Eingriff zumindest zu überdenken. Bei folgenden Patienten sollte ein orthoptischer Status erhoben werden: 4 Manifester Strabismus 4 Zustand nach Schieloperation 4 Heterophorie, Prismenkorrektur in der Brille 4 Unterkorrigierte Hyperopie 4 Hohe Anisometropie 4 Amblyopie 4 Anamnestisch Doppelbildwahrnehmung Fazit für die Praxis
4.5.3
Orthoptische Tests
Die Erhebung eines detaillierten orthoptischen Status gehört nicht zu den Routine-Untersuchungen im Rahmen der Voruntersuchung, wird aber bei manchen Patienten notwendig. Hierzu gehören Patienten mit manifestem Strabismus (auch solche mit Zustand nach Augenmuskeloperation), prismenkorrigierter Heterophorie, hoher Anisometropie, deutlich unterkorrigierter Hyperopie, Amblyopie und anamnestisch bekannter Doppelbildwahrnehmung. Das wichtigste Ziel der orthoptischen Untersuchung ist die Abschätzung des Risikos für postoperative Diplopie. Bei der Anforderung zusätzlicher Untersuchungen sollte immer auf eine präzise Fragestellung geachtet und alle Vorbefunde mitgegeben werden, besonders wenn in der eigenen Praxis/Klinik keine orthoptische Fachkraft zur
Das Anamnesegespräch liefert dem Chirurgen wichtige Informationen über die Motivation und die Erwartungen des Patienten. Bei der Voruntersuchung und bei der Nachsorge nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen kommen zahlreiche ophthalmologische Untersuchungstechniken zum Einsatz. Die Auswahl der Techniken richtet sich nach dem geplanten Eingriff und nach dem postoperativen Verlauf. Die einzelnen Messverfahren dienen nicht nur der Entscheidungsfindung, sondern sind teilweise auch die Basis der Behandlung. Daher ist eine hohe Sorgfalt bei der Erhebung notwendig.
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4
5
Patientenselektion und Indikationen D. Kook, T. Kohnen
5.1
Überblick refraktiv-chirurgischer Verfahren
5.2
Allgemeine Ein- und Ausschlusskriterien
– 56
– 56
5.2.1 Systemerkrankungen – 56 5.2.2 Okuläre Voraussetzungen – 57 5.2.3 Der Patient als Individuum – 57
5.3
Spezielle Ein- und Ausschlusskriterien
5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4
LASIK – 58 LASEK/EPI-LASIK – 58 Photorefraktive Keratektomie/Advanced Surface Ablation Experimentelle Verfahren – 60
5.4
Phake Intraokularlinsen
5.5
Refraktiver Linsenaustausch
5.6
Multifokale und akkommodative Intraokularlinsen (mIOL) Literatur
– 58
– 59
– 60 – 60
– 63
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 62
5
56
Kapitel 5 · Patientenselektion und Indikationen
5.1
Überblick refraktiv-chirurgischer Verfahren
In den 25 Jahren seit Einführung der keratorefraktiven Laserchirurgie haben sich nacheinander zahlreiche verschiedene Techniken zur Ametropiekorrektur entwickelt. So stehen heute die photorefraktive Keratektomie (PRK) oder auch Advanced Surface Ablation (ASA), die keratomgeführte Laser-assistierte in situ Keratomileusis (LASIK), die Femtosekundenlaser-geführte Laser-assistierte In-situKeratomileusis (Femto-LASIK), die Laser-assistierte subepitheliale Keratomileusis (LASEK) und die Epi-LASIK als Optionen zur Verfügung. Im Rahmen der Astigmatismuskorrektur existiert darüber hinaus noch das gesamte refraktive Spektrum der inzisionalen kornealen Schnitttechniken. Als wichtigste Verfahren sind in diesem Zusammenhang die limbalen relaxierenden Inzisionen (LRI) zur Korrektur niedriger und die astigmatischen arkuaten Keratotomien (AK) zur Korrektur höherer Astigmatismen zu nennen. Ein Überblick über Indikationen und Anwendungen der verschiedenen Eingriffe zur Qualitätssicherung im Bereich der refraktiven Chirurgie in Deutschland findet sich in den Leitlinien der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC; 7 Kap. 24) [1]. Die LASIK ist derzeit zwar das am häufigsten angewendete refraktivchirurgische Verfahren, eignet sich aber nicht für jeden Patienten. Vor allem die Höhe der Korrektur ist ein limitierender Faktor. Für Hyperopien von mehr als +4 oder Myopien größer –10 dpt sollte dieses Verfahren generell nicht eingesetzt werden. Physikalische Eigenschaften der Hornhaut, insbesondere die Kurvatur und die Dicke begrenzen das keratoablative Behandlungsfenster. Gerade bei höheren Ametropien kann, um die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten, die behandelte optische Zone oft nicht groß genug gewählt werden, insbesondere bei jungen Patienten mit einer großen mesopischen Pupillenweite [2]. Dies beeinträchtigt die optische Abbildungsqualität. Die hyperope LASIK-Chirurgie wird darüber hinaus durch die im Vergleich zur myopen LASIK wesentlich häufigeren Komplikationen wie Regression, Unterkorrektur, Epitheleinwachsung, Blendung oder trockenes Auge in ihrem Indikationsspektrum entsprechend nach oben deutlich eingeschränkt [3, 4]. Optionen zur Korrektur höherer Ametropien bieten hier die Implantation phaker Intraokularlinsen (pIOL) oder der refraktive Linsenaustausch (RLA) mit Implantation einer mono-, multifokalen IOL (mIOL) oder sog. akkommodativen IOL. Der RLA ist ein sicheres und effektives Verfahren besonders zur Korrektur mittlerer bis sehr hoher Myopien und Hyperopien in der presbyopen Altersgruppe. Allerdings birgt der RLA gerade bei jungen, hoch myopen Augen das Risiko einer postoperativen Netzhautablösung. Die Inzidenz dieser Komplika-
tion wird in der Literatur zwischen 0 und 8% angegeben. Da der RLA unweigerlich zum vollständigen Akkommodationsverlust führt, sollte dieser Eingriff allerdings auch in Anbetracht der derzeitig verfügbaren multifokalen oder akkommodativen IOL der presbyopen Altersgruppe (≥45 Jahre) vorbehalten bleiben. Für jüngere Patienten mit höheren Ametropien und für Patienten, für die sich aufgrund der Hornhautsituation ein keratorefraktiver Eingriff verbietet, ist der beste Korrekturansatz die Implantation einer pIOL. Bei zusätzlichem Astigmatismus kann in diesem Fall auch eine torische pIOL implantiert werden. Der Patient behält in jedem Fall nach Implantation einer pIOL seine Akkommodationsfähigkeit und der Eingriff ist generell reversibel.
5.2
Allgemeine Ein- und Ausschlusskriterien
5.2.1
Systemerkrankungen
Vor Beginn einer sorgfältigen präoperativen Diagnostik sollte eine ebenso sorgfältige und eingehende Anamnese erhoben werden, die insbesondere systemische Grunderkrankungen erfasst. Eine Schwangerschaft ist aus einer ganzen Reihe von Gründen eine absolute Kontraindikation. Zum einen unterliegt die Refraktion in dieser Zeit stetigen Schwankungen und zum anderen sollte eine Exposition des Kindes im Mutterleib mit der postoperativen Tropfenmedikation (besonders Steroide) vor dem Hintergrund der Elektivität eines refraktiven Eingriffes vermieden werden. Allgemeine Ausschlusskriterien für keratorefraktive Chirurgie 4 4 4 4 4 4
Alter Besonders Patienten im presbyopen oder präpresbyopen Alter sollten in diesem Zusammenhang über die Grenzen hornhautrefraktiver Verfahren aufgeklärt werden oder über entsprechende Alternativen wie Multifokallinsen oder Monovision.
Eine sorgfältige Patientenselektion heißt auch, Patienten mit psychischen Auffälligkeiten wie beispielsweise narzisstischer Persönlichkeitsstruktur oder einer Depression, aber auch Patienten mit unrealistischen oder übertriebenen Erwartungshaltungen zu erkennen und diesen im Einzelfall sowohl im Interesse des Patienten als auch des Arztes von einem refraktiven Eingriff abzuraten. So ist beispielsweise belegt, dass nach myoper LASIK Patienten mit depressiven Symptomen im Vergleich zur Normalbevölkerung bei gleichem postoperativem Ergebnis zwei- bis dreimal häufiger unzufrieden sind (7 Kap. 4 und 22) [7].
5.3
Spezielle Ein- und Ausschlusskriterien
5.3.1
LASIK
Die LASIK ist derzeit das immer noch häufigste angewendete refraktive Korrekturverfahren. Indikationen sind Myopien bis –8 dpt, Hyperopien bis +3 dpt und Astigmatismen bis 5 dpt [1]. Absolute Grenzwerte sind für die Myopiekorrektur –10 dpt, für die Hyperopiekorrektur +4 dpt und für die Astigmatismuskorrektur 6 dpt [1]. Als sicherer und effektiver Eingriff mit einer schnellen Rehabilitation führt er in der Regel zu einer hohen Patientenzufriedenheit und unter Voraussetzung einer richtigen Patientenselektion sind schwere Komplikationen nach LASIK heute sehr selten geworden. Grundvoraussetzung ist jedoch der Ausschluss von Patienten, die keine guten Voraussetzungen für eine LASIK bieten. Dies sind insbesondere Patienten mit einer engen Lidspalte (Ansaugproblem für das Mikrokeratom), mit Lidfehlstellungen wie einem Lagophthalmos oder einer Protrusio bulbi, Patienten mit schwerer Blepharitis oder ausgeprägter Störung des Tränenfilms (break-up time unter 10 s) und Patienten mit einer Vaskularisierung der Hornhaut in den zentralen 7 mm. Um ein sicheres Arbeiten des Mikrokeratoms zu gewährleisten, sollten
sehr steile (K-Werte über 48) und sehr flache (K-Werte unter 40) Hornhäute (. Abb. 5.2) ebenso ausgeschlossen werden. > Die zentrale Hornhautdicke sollte über 500 μm liegen und die kalkulierte stromale Restdicke nach der Ablation mindestens 250 μm, idealerweise mindestens 280–300 μm betragen, um das Risiko einer iatrogenen Keratektasie zu minimieren [8].
Mit der Wahl einer geringen Lentikeldicke lässt sich Stromagewebe sparen. Mit modernen mechanischen Mikrokeratomen ist es heute möglich, 90–100 μm flache Lentikel zu generieren (»Sub-Bowman-Keratomileusis«). Jedoch stoßen auch die modernen Mikrokeratome bei Patienten mit besonderen orbitalen oder kornealen anatomischen Verhältnissen an ihre Grenzen. Alternativ zum Keratom lässt sich auch der Femtosekundenlaser für das Schneiden des Lentikels einsetzen (»Femto-LASIK«) [9]. Die Vorteile dieser Methode liegen in einer besseren Reproduzierbarkeit der Lentikeldicke, einer höheren Genauigkeit der angestrebten mittleren Hornhautdicke (. Abb. 5.3), einer schnelleren Visuserholung, einer höheren Astigmatismusneutralität, geringeren induzierten Aberrationen höherer Ordnung und einer minimalen Komplikationsrate [9, 10]. So lässt sich der Femtosekundenlaser im Gegensatz zum Mikrokeratom auch bei steilen oder flachen Hornhäuten und bei tiefliegenden Augen für einen Lentikelschnitt einsetzen. Hornhäute mit Stromanarben oder ausgeprägteren Stromatrübungen stellen jedoch eine Kontraindikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers dar, da in diesen Fällen bei reduzierter Transparenz des optischen Mediums ein suffizienter Schnitt nicht mehr garantiert ist.
5.3.2
LASEK/EPI-LASIK
Diese Verfahren sind eine Alternative zur LASIK bei Patienten, die für eine LASIK eine zu flache oder zu steile Hornhaut haben oder deren Hornhaut zu dünn ist bzw. die stromale Restdicke nach einem Eingriff 250 μm unterschreiten würde. Ideale Kandidaten sind Patienten mit einer gering- bis mittelgradigen Myopie oder einem myopen Astigmatismus bis –6 dpt, die kein erhöhtes Risiko für eine subepitheliale Hazebildung haben. Hyperope Korrekturen sind bis +3 dpt, astigmatische Korrekturen bis 5 dpt möglich [1]. Absolute Grenzwerte sind für die Myopiekorrektur –8 dpt, für die Hyperopiekorrektur +4 dpt und für die Astigmatismuskorrektur 6 dpt [1]. Das Indikationsspektrum für die LASEK entspricht insgesamt nahezu vollständig dem der Epi-LASIK. Bei Patienten mit enger Lidspalte jedoch oder bei Augen mit
59 5.3 · Spezielle Ein- und Ausschlusskriterien
. Abb. 5.2 Topographie einer flachen Hornhaut mit K maximal 40,5 D und K minimal 38,1 D
a
b
. Abb. 5.3 Z. n. LASIK. a Schnittarchitektur mit dem Mikrokeratom. b Schnittarchitektur mit dem Femtosekundenlaser [9]
Gefahr eines Ansaugdruckverlustes während des Mikrokeratomschnittes sollte eher eine LASEK durchgeführt werden. LASEK und Epi-LASIK sind auch geeignete Optionen bei Patienten für die sich aus beruflichen Gründen oder aufgrund bestimmter Sportarten ein Lentikelschnitt verbietet, wie z. B. Polizisten, Boxer etc. [6]. Bei der Entscheidung für eine LASEK sollte der Patient über die im Vergleich zur LASIK und Epi-LASIK etwas längere Rehabilitation und häufigere postoperative Schmerzen aufgeklärt werden.
5.3.3
Photorefraktive Keratektomie/ Advanced Surface Ablation
Das Indikationsspektrum und die Festlegung der Grenzbereiche für die PRK entsprechen denen der LASEK/EpiLASIK [1]. Die Höhe des Abtrags wird auch unter Verwendung von Mitomycin C aufgrund der wachsenden Häufigkeit eines Haze nach oben limitiert.
5
60
Kapitel 5 · Patientenselektion und Indikationen
> Prinzipiell kommt die PRK genau wie die LASEK und die Epi-LASIK insbesondere dann in Frage, wenn eine LASIK nicht möglich ist (z. B. aufgrund einer dünnen Hornhautdicke, großer Pupillen, der Berufsanamnese usw.). Trotz ihrer Nachteile stellt sie in den Fällen eine Alternative zur LASIK dar, bei denen die Generierung eines Lentikels ausdrücklich nicht erwünscht ist.
5
Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Basalmembrandystrophie mit rezidivierenden Epithelerosionen ist die PRK das ideale Verfahren, da in diesem Fall sowohl die Epitheladhärenz verbessert und gleichzeitig eine bestehende Ametropie korrigiert werden kann. Bei Patienten, bei denen sowohl eine PRK als auch eine LASIK möglich ist, sollten im Rahmen einer ausführlichen Aufklärung die Vor- und Nachteile eines jeden Verfahrens erläutert werden. Besonders die im Vergleich zur LASIK bei der PRK längere Rehabilitation, postoperative Schmerzen und mögliche Wundheilungsreaktionen (Haze) sollten dem Patienten im Vorfeld dargelegt werden. Auch mögliche Nebenwirkungen der postoperativ nach PRK notwendigen lokalen steroidalen Tropfentherapie wie Erhöhung des Augeninnendrucks (vor allem bei myopen Patienten) oder eine Kataraktbildung sollten angesprochen werden.
5.3.4
Experimentelle Verfahren
In Einzelfällen stehen je nach der Ausstattung des operativen Zentrums und der individuellen Ausgangssituation des Patienten neben den o. g. Methoden weitere Verfahren wie die Implantation intrakornealer Ringsegmente (INTACS, Keraringe, Ferrararinge) bei Myopie oder bestehenden irregulären Astigmatismen, die Femtosekundenlaser-assistierte Lentikelextraktion (FLEx) bei geringer bis mittelgradiger Myopie oder die Femtosekundenlaser-Presbyopiebehandlung (intraCOR) als Therapieoptionen zur Verfügung. Auf diese Verfahren wird an dieser Stelle aufgrund des derzeitigen Stellenwertes in der klinischen Routine nicht näher eingegangen.
5.4
Phake Intraokularlinsen
Für junge Patienten, deren hohe Ametropie sich mit einem keratorefraktiven Verfahren nicht mehr korrigieren lässt und deren Akkommodationsfähigkeit noch vorhanden ist, ist die Implantation einer phaken Intraokularlinse (pIOL) ein geeigneter chirurgischer Ansatz. Darüber hinaus ist dieser Eingriff im Gegensatz zur Hornhautchirurgie reversibel. Insgesamt gibt es drei verschiedene Gruppen phaker IOL:
4 Kammerwinkelgestützte pIOL 4 Irisfixierte Vorderkammer IOL 4 Hinterkammer pIOL Jedes dieser Linsendesigns hat seine Ein- und Ausschlusskriterien. Die Übersicht fasst diese Kriterien für den Einsatz von phaken IOL zusammen. Diese gelten für alle drei verschiedenen Typen der pIOL. Einzige Ausnahme ist die Vorderkammertiefe, hier hängt die Mindesttiefe vom jeweiligen verwendeten pIOL-Typ ab (7 Kap. 16).
Einschlusskriterien für pIOL 4 4 4 4 4 4
Alter >21 Jahre Stabile Refraktion über >1 Jahr Keratorefraktive Korrektur nicht möglich Kontaktlinsenintoleranz Iridokornealer Winkel ≥30° Hornhautendothelzahl >2000–2500/mm2 (je nach pIOL-Typ) 4 Reguläre Pupillen-/Irisfunktion
Bei der Wahl des Linsentyps sollte darüber hinaus beachtet werden, dass jedes Linsenfabrikat nur in einer bestimmten Stärke und mit einem bestimmten Durchmesser der Linsenoptik angeboten wird. . Tab. 5.2 gibt einen Überblick über die derzeit auf dem Markt befindlichen Linsentypen. Aus ihr ist auch ersichtlich, welche Linsentypen mit einem Torus zur Korrektur eines gleichzeitig bestehenden Astigmatismus verfügbar sind.
5.5
Refraktiver Linsenaustausch
Als Anwendungsbereich für den refraktiven Linsenaustausch (RLA) wird nach den Richtlinien der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) eine Myopie oder eine Hyperopie bei gleichzeitig bestehender Presbyopie angegeben [1]. Grund für die Einbeziehung der Presbyopie ist die Tatsache, dass der RLA immer auch den Verlust der Akkommodationsfähigkeit des Patienten nach sich zieht. ! Cave Bei jüngeren, nicht presbyopen Patienten sollte zunächst immer über ein die Akkommodation nicht beeinflussendes Verfahren nachgedacht werden.
Mit dem RLA werden folglich meist höhergradige Ametropien bei presbyopen Patienten korrigiert. Reguläre Astigmatismen sind im Rahmen des RLA am effektivsten durch entsprechende torische Implantate korrigierbar. Dies könnte zwar auch durch inzisionale Techniken zu-
61 5.5 · Refraktiver Linsenaustausch
. Tab. 5.2 Überblick über verschiedene pIOL-Typen
phake Kammerwinkelgestützte Vorderkammerlinsen
phake Irisfixierte Vorderkammerlinsen
phake Hinterkammerlinsen
Linsentyp
FDA/CE-Zertifizierung
Linsenstärke in dpt
Durchmesser Linsenoptik in mm
Vivarte
–/+
–7 bis –25
5,5
Kelman Duet
–/+
–8 bis –20
5,5
Acrysof
–/+
–6 bis –16,5
6
Verisyse/Artisan
+/+
Myopie –3 bis –15,5
6
Myopie –16 bis –23,5
5
Hyperopie +1 bis + 12
5
Torisch +12 bis –23,5, Torus von +1 bis +7
5
Veriflex/Artiflex
–/+
Myopie – 2 bis –14,5
6
ICL
+/+
Myopie –3 bis –23, Torus von +1 bis +6
4,65–5,5
Hyperopie +3 bis +22
5,5
Myopie –3 bis –20
4,5–5,5
Hyperopie +3 bis +15
4,5
PRL
–/+
. Tab. 5.3 Indikationen für einen refraktiven Linsenaustausch Fehlsichtigkeit
Empfehlung zum sphärischen Refraktionsdefizit
Cave
Hinweis
Myopie
>–8,00 dpt
Verlust der Akkommodation! Risiko der Netzhautablösung
Myopie + Presbyopie
Immer
Risiko der Netzhautablösung
Hyperopie
>+3,00 dpt
Verlust der Akkommodation!
Hyperopie + Presbyopie
Immer
Presbyopie ohne Ametropie
–
Astigmatismus + Presbyopie
Immer
Auch bei enger Vorderkammersituation statt phaker IOL
Meist besonders gute präoperative optische Qualität → hoher Anspruch des Patienten!
sätzlich zur Implantation einer sphärischen oder asphärischen IOL geschehen, jedoch bieten torische Implantate eine bessere Vorhersagbarkeit und daher eine höhere Sicherheit der optischen Qualität, so dass sie in der Regel bevorzugt werden. Verbleibt nach RLA eine sphärische oder astigmatische Restfehlsichtigkeit, so kann diese durch ein zusätzliches hornhautchirurgisches Verfahren korrigiert werden.
Bei gleichzeitigem Vorliegen mindestens einer der anderen Indikationen
Als Grenzindikation des RLA wird von der KRC die Presbyopie ohne weitere Fehlsichtigkeit angesehen [1]. Entsprechende multifokale Implantate können aber auch in diesen Fällen nach sorgfältiger Patientenselektion eingesetzt werden. Dabei ist es wichtig, den Patienten auf eine mögliche Verschlechterungen der optischen Qualität durch ein multifokales Implantat hinzuweisen. Außerhalb der Richtlinien der KRC bietet sich der RLA bei präpres-
5
62
Kapitel 5 · Patientenselektion und Indikationen
byopen Patienten mit mittelgradigen bis hochgradigen Hyperopien von +5 bis +10 dpt an. Bei diesen Patienten fällt eine keratorefraktive Chirurgie als Option aus und auch pIOL sind aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse in der Vorderkammer meist nicht implantierbar. Zusätzlich ist das Risiko einer Netzhautablösung nach einem RLA durch die kurze Augenlänge erheblich geringer als bei entsprechender Myopie. . Tab. 5.3 fasst die Indikationen für einen RLA zusammen.
5
5.6
Multifokale und akkommodative Intraokularlinsen (mIOL)
Bei multifokalen Intraokularlinsen (mIOL) ist eine sorgfältige Patientenselektion die Voraussetzung für ein optimales visuelles Ergebnis und eine hohe Patientenzufriedenheit [10]. Der Ausschluss okulärer Pathologien wie beispielsweise frühe Keratokonusstadien, reduzierte Endothelzellzahl, Glaukomschäden, andere Optikopathien, Makulo- und andere Retinopathien oder tiefe Amblyopie ist von besonderer Bedeutung für den Einsatz von mIOL. Auch eine klare, pathologiefreie Hornhaut als das erste optisch brechende Medium sollte Grundvoraussetzung für Implantation einer mIOL sein. Bei einer zu geringen Endothelzellzahl sollte die Indikation für den Einsatz einer mIOL kritisch überdacht werden. Eine minderwertige reduzierte optische Qualität der Hornhaut in Kombination mit einem unphysiologischen Endothelzellverlust wie z. B. bei der Fuchs-Endotheldystrophie, führt zu einem Verlust an Lichtintensität und damit zu einer deutlich eingeschränkten Funktionalität der mIOL. Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine optimale optische Qualität der mIOL ist die Beseitigung jeglicher Form der Ametropie. Das gilt besonders für die Evaluation des kornealen Astigmatismus. Eine Hornhautverkrümmung von weniger als 0,5 dpt erfordert in der Regel keine gezielte chirurgische Korrektur. > Bei kornealen Astigmatismen über 0,5 dpt empfehlen wir bei Implantation einer mIOL eine Reduktion durch entsprechende chirurgische Verfahren.
Um störende optische Phänomene zu reduzieren, sollte die mesopische Pupillenweite 3,5–7,0 mm betragen. Eine zu enge Pupille führt bei refraktiven mIOL zu reduziertem Sehen in der Nähe und Ferne bei mäßigen bis schlechten Lichtverhältnissen. Bei den diffraktiven mIOL sind vor allem der Fernvisus und das Kontrastsehvermögen beeinträchtigt. Eine auf der anderen Seite zu große Pupillenweite ist bei allen mIOL und akkommodativen Linsen mit einer erhöhten Blendempfindlichkeit und dem Auftreten von Halos assoziiert. Dies kann im Extremfall bei starker sub-
jektiver Störung des Patienten sogar den Austausch gegen eine Monofokallinse erzwingen. Bei postoperativen Abweichungen von der Zielrefraktion ist eine Nachkorrektur möglich und in vielen Fällen für eine Optimierung der Wirkung der mIOL auch notwendig. Daher sollte möglichst schon vor der Operation mit dem Patienten besprochen werden, dass postoperativ im Rahmen eines zweiten refraktiv-chirurgischen Eingriffes Maßnahmen erforderlich sein können, um Refraktionsabweichungen auszugleichen. Diese Feinkorrekturen können bei postoperativen Ametropien bis 3 dpt mit einem keratorefraktiven Eingriff korrigiert werden. > Das optimale Patientenprofil für eine mIOL beinhaltet prinzipiell eine gute Kooperation, den ausdrücklichen Wunsch nach Unabhängigkeit von einer Sehhilfe im Nah- und Intermediärbereich und eine grundsätzliche Bereitschaft, optische Phänomene wie ein reduziertes Kontrastsehen und eine erhöhte Blendempfindlichkeit dafür in Kauf zu nehmen.
Bei Patienten mit im Vorfeld bereits sehr hohen Erwartungen sollten die Stärken und Schwächen der einzelnen Linsentypen besonders genau erläutert werden und gegebenenfalls auch die Grenzen deren Leistungsfähigkeit aufgezeigt werden. Des Weiteren sollte der Beruf des Patienten erfragt werden. Bei Berufsgruppen, für die ein guter Fernvisus unabdingbar ist, wie z. B. LKW-Fahrer, sollten vorzugsweise keine mIOL implantiert werden. Berufsgruppen mit Überkopfarbeiten wie Mechaniker oder Handwerker sind hingegen geeignete Kandidaten. Wenn möglich, sollte im Vorfeld auch Zeit für Simulation des Leseabstandes genommen werden, um die Gewohnheiten des Patienten festzustellen und letztlich den Nahbereich für den Patienten korrekt zu definieren [10]. Fazit für die Praxis Wegweisend für die richtige Wahl des operativen Verfahrens zur Korrektur einer Ametropie ist nach einer sorgfältigen präoperativen Diagnostik (7 Kap. 4) die Berücksichtigung genereller und je nach angestrebtem Verfahren auch spezieller Ein- und Ausschlusskriterien. Die richtige Patientenselektion in Abhängigkeit von der Indikation ist zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche refraktive Korrektur.
63 Literatur
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5
6
Ethische Aspekte der refraktiven Chirurgie D. D. Koch Übersetzt von B. Scherff, O. K. Klaproth, T. Kohnen
6.1
Profitiert der Patient von der geplanten Operation?
6.2
Patientenaufklärung
– 66
6.2.1 Erklären der Vorteile – 66 6.2.2 Erklären der Risiken – 67 6.2.3 Erklären von Alternativen – 67
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 66
66
6
Kapitel 6 · Ethische Aspekte der refraktiven Chirurgie
Die refraktive Chirurgie ist aus zwei Gründen eine einzigartige Form von geplanter Operation: 4 Es geht um einen so wichtigen und wertvollen Teil unseres Lebens: unser Augenlicht. Ein perfektes Ergebnis kann lebensverändernd sein, es kann dem Einzelnen die Möglichkeit geben, sich an neuen Aktivitäten zu beteiligen und die Welt auf eine andere Weise zu erleben. Umgekehrt kann ein schlechtes Operationsergebnis für den Einzelnen verheerend sein, wegen der unnachgiebigen Auswirkungen auf das eigene Leben. 4 Die refraktive Chirurgie verändert in den meisten Fällen die Funktion des Auges dauerhaft. Wichtig ist, dass einige Verfahren den Patienten von der Inanspruchnahme von zukünftigen Fortschritten in der Entwicklung der Technologien der Augenheilkunde ausschließen. Das beste Beispiel hierfür ist der refraktive Linsenaustausch. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man zukünftig eine einmal implantierte Intraokularlinse durch eine voll funktionsfähige akkommodierende IOL wird ersetzen können. Diese besonderen Faktoren stellen eine hohe Verantwortung für den Chirurgen, das klinische und operierende Personal dar. Technisch gesehen, wird allerhöchste Präzision, wenn nicht sogar Perfektion, verlangt. Auf der zwischenmenschlichen Ebene, bedarf es einer sorgfältigen und eingehenden Patientenaufklärung. Es handelt sich hierbei in der Tat um ein Gebiet der Spitzentechnologie mit Feingefühl.
Diese Situation wird noch komplexer, weil wir oft nicht alle Wünsche und Motive des Patienten verstehen. Wie wichtig ist für ihn die Brillenunabhängigkeit oder welchen Vorteil hätte der Patient, wenn sich seine Brillenabhängigkeit verringern ließe? Ist der Patient in der Lage, emotional mit möglichen Komplikationen umzugehen? In einigen Fällen ist es nicht möglich, sich wirklich in die Patienten hinein zu versetzen und deren Beeinträchtigung oder die Probleme, die sie aufgrund ihrer Fehlsichtigkeit haben, nachzuempfinden. Ich persönlich neige dazu, verbindlich und vorsichtig zu sein. Aus diesem Grund bin ich sehr zurückhaltend in der Empfehlung für einen refraktiven Eingriff bei Patienten, die eine eher geringere als die normale Chance auf ein optimales Ergebnis haben, oder bei Patienten, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie mit einem »Weniger-alsperfekten«-Ergebnis enttäuscht wären. Im Ergebnis bin ich mir sicher, dass ich dadurch auch einige Patienten abgewiesen habe, die von diesem Eingriff hätten profitieren können. Ich habe allerdings viele Patienten erlebt, bei denen ich die positiven Auswirkungen des besten unkorrigierten Sehvermögens auf ihr Leben deutlich unterschätzt habe. Umgekehrt ist es manchmal auch schwierig, genau einzuschätzen, wie die Patienten bei auftretenden Komplikationen reagieren. Unser schlimmster Albtraum ist eine Komplikation bei einem Patienten, bei dem übermäßiges emotionales und psychisches Leiden hervorgerufen wird.
6.2 6.1
Profitiert der Patient von der geplanten Operation?
Für den Chirurgen ist das Feststellen, ob der Patient für einen refraktiven Eingriff ein geeigneter Kandidat ist, ein komplexer Prozess. Zu Beginn müssen die objektiven Daten ausgewertet werden, um zu ersehen, ob bei dem Patient ein erfolgreiches Operationsergebnis wahrscheinlich ist, und um anhaltende Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit auszuschließen. In der Praxis ist dies oft der leichtere Teil des Entscheidungsprozesses. Die schwierigere Aufgabe besteht darin, einerseits herauszufinden, ob der Patient tatsächlich in seiner persönlichen und psychologischen Wahrnehmung von der Operation profitiert und andererseits wie mit möglichen Komplikationen umgegangen wird. In gewisser Weise wird vom behandelnden Arzt verlangt, sich in den Patienten hineinzuversetzen und sich folgende Fragen zu stellen: »Was würde ich tun, wenn ich mich der Operation unterziehen würde? Würde ich die Operation auch durchführen, wenn es sich bei dem Patienten um einen engen Freund oder Verwandten handelte?«.
Patientenaufklärung
Das Herz, das Kernstück der ethischen Praxis in der refraktiven Chirurgie, ist der Prozess der Patientenaufklärung. Durch diesen Prozess helfen wir dem Patienten herauszufinden, ob die Operation die richtige Wahl ist. Er erfordert viel Zeit und den gebündelten Einsatz des gesamten klinischen Teams. Es handelt sich in der Tat um einen »Prozess«, der folgende Elemente beinhaltet:
6.2.1
Erklären der Vorteile
Bei vielen möglichen Kandidaten für einen refraktiven Eingriff ist es eine einfache Aufgabe, die potenziellen Vorteile zu erläutern: Wenn sie nicht presbyop sind, dann ist das Ziel bestkorrigierter Fernvisus, da der Patient vermutlich schon Erfahrungen entweder mit Brille oder Kontaktlinsen gemacht hat (s. unten). Einem presbyopen Patienten die potenziellen Vorteile und die postoperative Visusfunktion zu erklären, stellt eine viel größere Herausforderung dar. Man muss das gesamte
67 6.2 · Patientenaufklärung
Spektrum der Verfahren diskutieren: LASIK, PRK, intrakorneale Linsen zur Presbyopiebehandlung, phake IOL bei starker Myopie oder Hyperopie und refraktivem Linsenaustausch. Optionen für die Korrektur des Sehvermögens sind bilaterale Linsenentfernung, Monovision, multifokale IOL und akkommodierende IOL. Bei presbyopen Patienten, die Monovisions-Kontaktlinsen getragen haben, ist es in der Regel einfach, das Konzept der Presbyopie darzustellen. Für andere Patienten ist es eine schwer fassbare Vorstellung, was ausreichende Überlegungen seitens des Arztes erfordert – oft auch das Vorführen des möglichen Effektes indem Fernkontaktlinsen und/oder MonovisionsKontaktlinsen angepasst/eingesetzt werden. Des Weiteren sollte über die Visusqualität mit korrigierenden Einsatzmöglichkeiten durch multifokale IOL, akkommodierende IOL und Monovision mit dem Patienten gesprochen werden.
teren Verschlechterung/Steigerung der Myopie erklären und dass eine Lesebrille mit etwa 45 Jahren notwendig werden wird. Bei einem 35-jährigen Patienten sollte man die Presbyopie ansprechen, obgleich nur wenige prä-presbyopische Patienten dieses Konzept nach meiner Erfahrung verstehen, bis sie es selbst erleben. Mit Patienten für einen refraktiven Linsenaustausch darf die Tatsache, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die Implantation zukünftig zu entwickelnde neuer IOLDesigns, die eventuell hervorragende akkommodierende Eigenschaften bieten können, nicht mehr in Frage kommen, diskutiert werden. Patienten, die multifokale Linsen eingesetzt bekommen, müssen auf die Auswirkungen künftiger Augenerkrankungen auf die Visusqualität hingewiesen werden.
6.2.3 6.2.2
Erklären der Risiken
Das ist die schwierigere Aufgabe, da es das Ziel ist, die Risiken ausreichend zu beschreiben, ohne unangemessen die Erwartungen zu steigern oder umgekehrt den Patient von einem Eingriff abzuhalten, von dem er profitieren könnte: Komplikationen Die größten Bedenken bestehen in visus-
beeinträchtigenden Komplikationen. Allerdings muss man auch zu erwartende und unerwartete kurzfristige Probleme/Beeinträchtigungen sowie die Komplikationen diskutieren, die zusätzliche Verfahren/Eingriffe erforderlich machen können und die letztlich zum Verlust des Sehvermögens führen können. Postoperative Maßnahmen Der Patient muss auch auf zusätzliche Maßnahmen vorbereitet werden, die zur Verbesserung des Operationsergebnisses gegebenenfalls postoperativ erforderlich sind. Dabei kann es sich um so einfache Dinge handeln wie künstliche Tränen oder andere Behandlungen für trockene Augen, Brillen für Nachtfahrten, Lesebrillen für Monovisions-Patienten, Nachbehandlungen bei Restfehlsichtigkeiten für Patienten, die mit dem Excimerlaser operiert wurden und die gesamte Palette an Verfahren, die bei Patienten mit refraktiven Linsenaustausch zur Anwendung kommen können. Dazu gehören: posteriore Nd:YAG-Kapsulotomie, korneale Excimerlaserverfahren, intraokularer Linsenaustausch oder sogar »Piggyback«-IOL. Zukünftige Entwicklung der Sehfähigkeit Ein weiterer, aber unklarer Aspekt ist die Aufklärung des Patienten darüber, wie sich sein Visus zukünftig entwickeln wird. Einem 25-Jährigen muss man die Möglichkeit einer wei-
Erklären von Alternativen
In vielen Fällen kann dies unsere größte Herausforderung aufgrund der Vielzahl von möglichen Verfahren darstellen. Für viele Patienten kommen mehrere Verfahren in Frage, und unsere Aufgabe besteht darin, sie durch das Labyrinth der Möglichkeiten zu führen, sie angemessen zu informieren und ihnen auch unsere Empfehlungen mitzuteilen. In vielen Fällen sind jedoch mehrere Optionen für die Erzielung eines erfolgreichen Ergebnisses möglich. Das herauszufinden erfordert ausreichend Zeit, um den Patient in die Lage zu versetzen, das für ihn oder sie bestgeeignetste Verfahren auszuwählen. Eine wesentliche Hürde in diesem Prozess ist unsere Unfähigkeit, bestimmte Lösungen für die Patienten anschaulich darzustellen. Wie können wir ihnen die Unterschiede im Visus zwischen multifokalen und akkommodierenden IOL vermitteln? Werden wir mit der Entwicklung neuer kornealer Verfahren zur Presbyopiebehandlung die Mittel haben, um den Patienten zu zeigen, wie er nach Einsatz dieser Behandlung sehen wird? Die letzte und gelegentlich meist unappetitlichste ethische Frage ist die finanzielle Seite. Die meisten refraktiven Chirurgen werden pro Fall bezahlt. Ich vermute, die meisten refraktiven Chirurgen haben schon Patienten gesehen, die keine geeigneten Kandidaten für einen refraktiven Eingriff sind und die sich bereits in einer anderen Klinik haben operieren lassen. Dies verstärkt das Schreckgespenst »finanzieller Interessenkonflikt«. Natürlich gibt es solche Fälle, aber ich glaube, dass wirklich die überwiegende Mehrheit der Chirurgen sich redlich bemüht, die beste Entscheidung zum Wohle des Patienten zu treffen. Zwar ist es verlockend, über die Entscheidung eines anderen Arztes zu urteilen, jedoch werden wir nie die ganze Wahrheit über das Patienten-Arzt-Gespräch herausfinden können. Wenn ein perfektes Ergebnis unwahrscheinlich
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Kapitel 6 · Ethische Aspekte der refraktiven Chirurgie
war, hat der Patient dann gesagt, dies sei akzeptabel? Wenn das Risiko von Komplikationen größer war, wurde dies dem Patienten deutlich genug vermittelt? Späteres besseres Wissen ohne ausreichende Informationen ist gegenüber dem vorher behandelnden Arzt unfair und dient nicht dem Patienten, denn es beeinträchtigt die Fähigkeit des Patienten mit den Komplikationen umzugehen. Meiner Meinung nach stellt die refraktive Chirurgie einen der großen Fortschritte im Gesundheitswesen der letzten 20 Jahre dar. Immer wieder höre ich refraktiv-chirurgische Patienten, die mir berichten, dass dies »die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe« sei. Leider sind auch unzufriedene refraktiv-chirurgische Patienten (zum Glück eher selten) unter den Patienten in meiner Praxis zu sehen. Die Behandlung der refraktiv-chirurgischen Patienten erfordert ein großes Bekenntnis für die ethischen Grundsätze und die Beherrschung der klinischen und chirurgischen Fähigkeiten, um ein optimales Ergebnis zu ermöglichen.
7
Geschichte der refraktiven Chirurgie T. Seiler, T. G. Seiler
7.1
Die Myopie-Operation oder clear lens exchange (CLE)
7.2
Die prämature Verbreitung
7.3
Keratotomien
7.4
Lamellierende refraktive Chirurgie
7.5
Laserchirurgie der Hornhaut Literatur
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– 74 – 77
– 78
– 80
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Kapitel 7 · Geschichte der refraktiven Chirurgie
Eine Geschichte der refraktiven Chirurgie kann einerseits aus einer zeitlich geordneten Auflistung von Daten und Verfahren bestehen, andererseits können aber auch immer wiederkehrende Strukturen herausgearbeitet werden, die der refraktiven Chirurgie möglicherweise immanent sind. In diesem Artikel soll eher der zweite Weg verfolgt werden, bei dem die Hauptgebiete der refraktiven Chirurgie, wie die Linsenchirurgie, lamelläre Hornhautchirurgie, Laserchirurgie und die inzisionale Hornhautchirurgie beleuchtet werden. Abstand haben wir genommen vom Thema der phaken IOL, da dies einerseits im Kapitel phake IOL abgehandelt wird und andererseits bisher nur eine Auflistung von Misserfolgen darstellt (jeder Typ einer phaken IOL war solange der Beste und ohne Probleme, bis der Nachfolgetyp kam).
7.1
Die Myopie-Operation oder clear lens exchange (CLE)
Die vorgezogene Kataraktoperation zur Myopiekorrektur bei Hochkurzsichtigen ist ein Thema, das die Ophthalmologen seit mehr als fast 200 Jahren beschäftigt. Deshalb ist es ein Paradebeispiel für Entwicklungen und Fehlentwicklungen, die eine solche Technik im Laufe von zwei Jahrhunderten durchmachen kann. Die Geschichte bis zur sog. Reformation der Ophthalmologie (also etwa 1870) hat Hess in seinem Buch über »Die Anomalien der Refraktion und Akkommodation des Auges mit einleitender Darstellung der Dioptrik des Auges« im Jahre 1903 im § 139 wie folgt dargestellt:
»
Dass hochgradig kurzsichtige Augen nach Entfernung der getrübten Linse ohne Gläser häufig ein sehr gutes Sehvermögen haben, ist seit bald zwei Jahrhunderten bekannt und wurde schon von Boerhave (1708) richtig erklärt (Anmerkung der Autoren: . Abb. 7.1). Woolhouse schreibt im Jahre 1707, dass Kurzsichtige die vor ihrem 55.–60. Jahre an Star operiert wurden, keine Konvexgläser nötig haben. Die Extraktion der klaren, nicht getrübten Linse zur Beseitigung der Kurzsichtigkeit scheint zuerst von Abée Desmonseaux 1776 erörtert worden zu sein. Janin hatte, wie es scheint auf Desmonseaux‘s Anregung hin, schon 1772 die Operation öfter ausgeführt. Haller erwähnt bei Besprechung einer im Jahr 1755 erschienen Abhandlung von Higgs, dass dieser »Myopiam depressa lente crystallina curavit«. In Deutschland hat zuerst Richter 1790 die Operation warm befürwortet, doch ist nicht sicher, ob er sie auch wirklich ausgeführt hat. Später wurde die Frage, ob der Eingriff thunlich sei oder nicht, oft ventiliert: Demoulins befürwortete ihn, Beer, der keine eigene Erfahrung über den Gegenstand hatte, spricht sich sehr vorsichtig aus. Im Jahre 1822 sagt Weller: »ich glaube
nicht, dass sich jemand zu einer solchen Kur entschlieβen wird, in dem für das ganz sichere Gelingen der Operation doch niemand einstehen kann.« Bei Benedict (1822–25) finden wir eine sehr ausführliche Erörterung und sorgfältige Indikationsstellung für den operativen Eingriff. Von Radius wurde 1839 die Entfernung der klaren Linse aus dem kurzsichtigen Auge empfohlen und als Operationsmethode zum ersten Male die Diszision vorgeschlagen, während bis dahin fast allgemein die Extraktion der Linse geübt worden war. 1841 soll, nach einer Angabe von Reymond, Sperino die Extraktion der Linse wegen Kurzsichtigkeit ausgeführt haben. 1858 berichteten in Heidelberg A. Weber und Mooren über gute Erfahrung bei Beseitigung der Linse aus dem kurzsichtigen Auge, doch wurde das Verfahren, da v. Graefe und Donders dasselbe nachdrücklich bekämpften, in den nächsten 30 Jahren nur vereinzelt ausgeführt.
«
Zusammenfassend darf man wohl davon ausgehen, dass diese Form der Kurzsichtigkeitskorrektur zwar zum Standardwissen des chirurgisch tätigen Ophthalmologen gehörte, jedoch scheint sie bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nur relativ selten durchgeführt worden zu sein. Mit gutem Grund: Zurückhaltung war schon deswegen angesagt, weil die Technik der Kataraktoperation alles andere als ausgereift und sicher war. Ein gewisser Prozentsatz der operierten Augen ging an der postoperativen Infektion verloren, da eben erst in den 80er Jahren des vorletzten Jahrhunderts die Asepsis in die Ophthalmochirurgie eingeführt wurde. Was lag also näher als eine bis dahin möglicherweise gefährliche Operation, die ja durch die Asepsis wesentlich sicherer geworden war, jetzt als angemessene Therapie für hoch Kurzsichtige wieder vorzuschlagen? Im November 1889 trug Fukala bei der Tagung der Ärzte in Wien zwei Fälle vor, bei denen er durch Diszision
. Abb. 7.1 Auszug aus der Hallerschen Übersetzung von Hermann Boerhaavens »Abhandlung der Augenkrankheiten und deren Cur, 1750 [2]. Es wird die Rücklagerung des Fokus bei Entfernung der Linse richtig beschrieben
71 7.2 · Die prämature Verbreitung
der Linse erfolgreich die Myopie operiert hatte und im darauffolgenden Jahr publizierte er in von Graefe‘s Archiv für Ophthalmologie bereits 19 solcher Fälle [6]. Da alle seine Patienten jünger als 24 Jahre waren, konnte er nach der Diszision der Linse mit einer schnellen Resorption rechnen, wie Snellen betont. Ebenfalls 1898 führte Vacher die Operation auch bei älteren Patienten durch, wobei er eine extrakapsuläre Linsenextraktion gekoppelt mit einer Aspirations- und Irrigationstechnik zum Ausspülen von Linsenresten vornahm. Vacher behauptete sogar, dass sich die progressiv myopen Gewebsveränderungen nach der Operation zurückbildeten und dass in einigen Fällen die Länge der Augenachse abgenommen habe. Durch diese euphorischen Meldungen ebenso wie die nachfolgenden Publikationen wurde die Myopie-Operation von einer ganzen Reihe von Größen jener Zeit durchgeführt, z. B. von von Hippel, Pflüger, Sattler, Schweiger, Darier, Hirschberg und Schmidt-Rempler, um nur einige zu nennen. Als dann noch die Laienpresse sich dieser gefeierten »Myopie-Operation« annahm (z. B. in der »Gartenlaube, 51, 1896, Seite 871) brachen die Dämme. Snellen berichtet [12]: »Viele durchaus inoperable Myope brachten uns Ausschnitte aus Zeitungen und Zeitschriften mit reklamehaft übertriebenen Heilberichten. Man muss zugeben, dass gerade übertrieben optimistische Berichte viel zu der Zurückhaltung mancher Augenärzte neuen Operationen gegenüber beigetragen haben.« Hier trat ungeschminkt das Phänomen der »prämaturen Verbreitung« auf, obwohl jedem operativ tätigen Ophthalmologen klar war, dass diese Operation auch erhebliche Nebenwirkungen haben musste. Die Stardiszision ging mit wochen- und monatelangen Entzündungszuständen im Auge einher, ganz zu schweigen von den zu erwartenden Sekundärglaukomen. In den 1890er Jahren wurden wohl Tausende von kurzsichtigen Augen von ihrer Linse entbunden. Ein Überblick über die publizierten Fälle gibt der Amsterdamer Augenarzt Muntendam, der herausfand, dass von den 891 bis zu diesem Zeitpunkt publizierten Fällen 35 als Totalverluste angesehen werden mussten, was einer Verlustrate, nicht etwa der Komplikationsrate, von etwa 4% entspricht [9]. Mit der der Wissenschaft so immanenten Verzögerung folgte dann erst 1899 die akademische Reaktion zum ungestümen Treiben: Fischer veröffentlichte im Zentralblatt für Augenheilkunde und Fröhlich im Archiv für Augenheilkunde 1899 in sorgfältigen Gegenüberstellungen, dass das Risiko der Netzhautablösung nach der Myopie-Operation um einen Faktor 5–10 gegenüber dem normalen Risiko der Netzhautablösung beim Hochmyopen zunahm [4, 5]. In der Folgezeit empfahlen auch eindeutige Befürworter der Myopiekorrektur, wie z. B. Hess und Sattler, dass die Indikation für die Myopie-Operation der Linse streng zu stellen sei.
Besonders selbstgefällig klingt dabei die Ausführung von E. Fuchs aus dem Jahre 1899, der über 5 Fälle mit »ungünstigem Ablauf« berichtet hat. Er führte eine Reihe von Indikationen und Kontraindikationen für die MyopieOperation an und findet am Ende, dass, obwohl sich viele Patienten mit hoher Myopie bei ihm vorstellten, er aufgrund dieser Regel nur zweien diese Operation angeraten habe. Terrien bezeichnet die Myopie-Operation 1906 als »tollkühn und verbrecherisch« [13]. In der Tat finden sich nach der Jahrhundertwende nur noch wenige Berichte über die Myopie-Operation der Linse, so dass angenommen werden darf, dass sie nach und nach aus dem Spektrum der Ophthalmochirurgie jener Zeit verschwindet. Dieses Kapitel der Geschichte der Augenheilkunde ist ein Paradebeispiel für das Phänomen der prämaturen Verbreitung. Ohne sorgfältige Studien wird durch einzelne Operateure eine Technik vorangetrieben, zusätzlich noch angeheizt durch die Laienpresse, die den selbsternannten Vorreitern auch noch öffentliche Reputation anbietet. Unkritisch werden diese Erfolgsergebnisse eines experimentellen Verfahrens von einer größeren Anzahl von Kollegen übernommen, ohne zu beachten, dass ein nicht ausreichend untersuchtes Verfahren auch Nachteile haben kann (die natürlich zu Lasten der Patienten gehen). Erst nach genaueren Untersuchungen wird dann eine Indikationsliste erstellt bzw. das Verfahren als nicht sicher eingeschätzt. Danach erst nimmt das Verfahren den Rang im Spektrum der Ophthalmochirurgie ein, der ihm zusteht. Die prämature Verbreitung ist allerdings nicht limitiert nur auf positive Ergebnisse, auch negative Empfehlungen unterliegen diesem Phänomen. So machte J. Colin in den 1980er und 1990er Jahren des 20. Jahrhunderts damit auf sich aufmerksam, dass er die Anzahl der Netzhautablösungen nach Clear Lens Exchange (Achtung: jetzt wurde eine Linse in den Kapselsack implantiert) alarmierend hoch mitteilte. Es wurde eine Inzidenz der Netzhautablösung von 8% nach 7 Jahren berichtet. Dieser Wert lag erheblich über dem von anderen Studiengruppen, insbesondere wurde in großen retrospektiven Studien später gezeigt, dass die kumulative jährliche Rate der Netzhautablation nach Clear Lens Exchange nicht wesentlich über der natürlichen Netzhautablösungsrate bei Hochmyopen lag.
7.2
Die prämature Verbreitung
Ein immer wiederkehrendes Phänomen, nicht nur in der refraktiven Chirurgie, aber hier besonders auffällig, ist die prämature Verbreitung von Techniken und Verfahrensweisen. Man versteht darunter die routinemäßige Anwendung von Verfahren, deren Sicherheit und Effizienz nicht gesichert ist, dem Patienten allerdings der Eindruck erweckt wird, dass es sich hierbei um ein Verfahren handelt, das
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Kapitel 7 · Geschichte der refraktiven Chirurgie
dem gegenwärtigen Stand der ärztlichen Kunst entspricht. Bei der Entwicklung eines neuen Verfahrens oder der Verbesserung eines bisher erfolgreich angewandten Verfahrens steht am Anfang die Idee, die man zu diesem Zeitpunkt natürlich nur theoretisch auf Plausibilität prüfen kann. Diese Idee muss nun auf ihre Realisierbarkeit getestet werden, was üblicherweise im In-vitro-Modell oder aber im Tiermodell geschieht. Für die refraktive Hornhautchirurgie liegt schon hier das erste Problem: Wir haben kein gutes Tiermodell für die menschliche Hornhaut. Verfügbar sind in größerer Menge Schweine- oder Rinderaugen, wobei das Schweineauge dem menschlichen Auge allein von den geometrischen Daten her am nächsten ist. Die Schweinehornhaut verfügt allerdings über keine BowmanMembran, sondern nur über eine verdickte Basalmembran, weshalb auch die Biomechanik bzw. die Diffusionseigenschaften der Schweinehornhaut nicht mit der der menschlichen Hornhaut übereinstimmen. Für In-vivo-Experimente ist das Kaninchenauge wohl das bequemste, jedoch liegen auch hier maßgebliche Unterschiede zum menschlichen Auge vor. Die Kaninchenhornhaut enthält keine Bowman-Membran (oder ähnliche Struktur) und das Hornhautendothel hat beim Kaninchen eine wesentlich größere Regenerationsrate als das menschliche Hornhautendothel. Darüber hinaus ist die Kaninchenhornhaut auch deutlich dünner. Deshalb muss bei manchen Versuchen tatsächlich auf enukleierte menschliche Augen zurückgegriffen werden, was ethisch bedenklich erscheint, da wir weltweit an einem erheblichen Mangel an Transplantationsmaterial leiden. In dieser Erprobungsphase finden auch bereits die ersten Verbesserungen und Anpassungen der ursprünglichen Idee statt, die dann wiederum am Tiermodell erprobt werden. So kann diese Realisierungsphase der Idee mehrere Zyklen beinhalten (. Abb. 7.2). Stellt sich am Ende dieser Realisierungsphase heraus, dass die Idee tatsächlich sinnvoll ist und möglicherweise zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung beiträgt, tritt die Entwicklung des Verfahrens in die nächste Stufe ein, die sog. Machbarkeitsstudie. Hier soll am menschlichen lebenden Auge getestet werden, ob das Verfahren auch hier die gewünschten Ergebnisse zeitigt und ob grobe Komplikationen ausbleiben. In der refraktiven Chirurgie werden Machbarkeitsstudien meist an blinden oder tief amblyopen Augen durchgeführt. In aller Regel liegen kurze Verlaufskontrollen vor. Natürlich verlangen solche Machbarkeitsstudien das Votum eines Ethikkomitees, da die Patienten ja in aller Regel keinen Nutzen aus diesem Test ziehen können. Auf dem Stadium der Machbarkeitsstudien bleibt ein Großteil der volkstümlichen, aber auch der vorwissenschaftlichen Medizin stehen, zum Beispiel die mittelalter-
. Abb. 7.2 Wissensgewinn in der Erfahrungswissenschaft Medizin. Die prämature Verbreitung führt zur Anwendung von Verfahren, die noch nicht den gesamten Prozess der wissenschaftlichen Evaluierung durchlaufen haben
liche Medizin. Verbleibt ein Verfahren in diesem Stadium, so kommt es zum Teil zu abstrusen Anwendungen, da ja nur grobe Komplikationen ausgetestet werden und der Nutzen des Verfahrens ebenfalls nur grob abgeschätzt wird. Auch ein ganzer Teil der heute so modernen »alternativen Medizin« hat sich der nächsten Stufe der wissenschaftlichen Evaluierung versagt und ist so auf diesem Stadium der Machbarkeitsstudien verblieben – manchmal zum Schaden der Patienten. Manch einer von uns hat jenen Glaukompatienten gesehen, der mit Akupunktur über Jahre behandelt wurde, mit angeblich gutem Erfolg, jedoch zum Schluss am Glaukom erblindete. Mindestens ebenso gefährlich sind Äußerungen von Autoritäten, die zwar plausibel klingen, aber mit der Begründung »my personal experience« oder »in my hands« begründet werden. Spätestens bei diesen Argumenten sollten beim aufmerksamen Ophthalmologen die Alarmglocken klingeln. Die nächste Stufe der wissenschaftlichen Erkenntnis in der refraktiven Chirurgie ist die Pilotstudie. Ziel dieser Pilotstudie ist es, den Erfolg eines Verfahrens numerisch zu substantiieren, aber auch die Komplikationsrate abzuschätzen. Dabei richtet sich die Studiengröße natürlich nach dem Grad der Komplikationsrate: wird eine Komplikationsrate von weniger als 5% gefordert, muss die Studiengruppe mindestens 60 Personen enthalten (bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%). Ist eine Komplikationsrate von unter 1% gefordert, so steigt der Stichprobenumfang auf 300 an. Damit wird schon klar, dass auch eine Pilotstudie ein relativ aufwendiges Unterfangen ist, zumal ja auch ein Ethikkommissions-Beschluss dazu vorliegen muss. Aus dieser großen Anzahl folgt aber auch direkt, dass jetzt auch besser sehende Augen, mangels Angebot schlechtsehender Augen, in die Studie aufgenommen wer-
73 7.2 · Die prämature Verbreitung
den müssen. Zusätzlich sind besser sehende Augen in dieser Phase in der refraktiven Chirurgie auch deswegen notwendig, weil ja eine postoperative Refraktion zur Bewertung des Erfolges mit genügender Sicherheit erhoben werden kann, was bei tief amblyopen oder blinden Augen kaum möglich ist. Innerhalb der Pilotstudie werden auch seltenere und weniger eklatante Komplikationen erforscht und treten diese auf, so muss an dieser Stelle die Studie unterbrochen und das Verfahren gegebenenfalls angepasst werden. Ganz allgemein gilt, dass die Pilotstudie nicht notwendigerweise streng prospektiv erfolgen muss, geringe Variationen bei der Technik sind in diesem Stadium durchaus noch angemessen. Am Ende einer Pilotstudie steht die Entscheidung, ob die nächste Stufe, die prospektive Studie, durchgeführt werden kann. Aus der bisher bekannten Komplikationsrate lässt sich auch der Umfang der prospektiven Studie in etwa abschätzen. Wird beim Pilotstudien-Stadium ein älteres gegen ein neueres Verfahren getestet, so muss dies bereits als FallKontroll-Studie erfolgen, manchmal genügt aber auch schon eine offene Studie und sowohl Sicherheit als auch Wirksamkeit werden durch Vergleich mit früheren Studien abgeschätzt. Pilotstudien werden meist nur an einem Ort durchgeführt, während prospektive Studien zum Anheben der Wertigkeit als Multicenterstudien geplant werden sollten. Die prospektive Studie stellt die höchste Stufe der wissenschaftlichen Verifizierung von medizinischen Techniken, diagnostischer aber auch therapeutischer Natur. Prospektiv bedeutet hier eindeutig, dass das zu testenden Verfahren nicht mehr verändert werden darf, d. h. stellte es sich während der Studie heraus, dass eine Verbesserung notwendig ist, muss von vorne begonnen werden. Aufgrund der so sauber bestimmten Erfolgs- und Komplikationsrate eines Verfahrens kann nun in der refraktiven Chirurgie klar entschieden werden, ob dieses Verfahren wissenschaftlich anerkannt werden kann oder nicht. Häufig wird dabei auf den FDA-Standard zurückgegriffen, der eine refraktive Erfolgsrate von über 90% verlangt bei einer Komplikationsrate von nicht über 5%. Mit zunehmendem Erfolgsbewusstsein hat sich allerdings das Kriterium für refraktiven Erfolg verändert: wurde ursprünglich bereits eine Refraktion von ±1,0 dpt als Erfolg betrachtet, so wurde dieses »Happyness-Intervall« spätestens mit Eintritt in die Laserära auf ±0,5 dpt reduziert. Egal wie die Erfolgskriterien letztendlich aussehen, am Ende einer prospektiven Studie muss die Entscheidung stehen, ob dieses Verfahren wissenschaftlich anerkannt werden kann oder nicht. Eine wissenschaftliche Anerkennung bedeutet dann die Freigabe für den medizinischen Markt. Verfahren, die sich in der Pilotstudie bzw. im Stadium der prospektiven Studie befinden, werden allgemein als in der klinischen
Erprobung befindlich bezeichnet, Machbarkeitsstudien werden prinzipiell als experimentell eingeordnet. Bei der wissenschaftlichen Anerkennung spielen natürlich auch Langzeitkomplikationen eine Rolle, wobei der Term »Langzeit« ganz vom Verfahren abhängt. Bei der radialen Keratotomie z. B. fand man ja erst im Laufe der ersten 5 Jahre heraus, dass die progressive Hyperopie, eine der Hauptkomplikationen, einen maßgeblichen Anteil der operierten Augen befällt. Auch dieser Term der Langzeit muss also bei der prospektiven Studie vorher bedacht werden, da natürlich erst nach Abwarten der Langzeitkomplikationen eine wissenschaftliche Anerkennung ausgesprochen werden kann. Eine solche wissenschaftliche Anerkennung eines Verfahrens darf nicht mit dem Erhalt einer industriellen Zulassung (z. B. dem CE-Zeichen) gleichgesetzt werden, da an das CE-Zeichen völlig andere Bedingungen geknüpft sind. Erfährt ein Verfahren klinische Verbreitung bevor es die wissenschaftliche Anerkennung erlangt hat, d. h. auf dem Stadium der klinischen Erprobung verblieben ist oder noch schlimmer auf dem Stadium der experimentellen Anwendung, dann redet man von prämaturer Verbreitung des Verfahrens. Dieser Fehler der Erfahrungsmedizin geschieht in der refraktiven Chirurgie ausgesprochen häufig. Einige Beispiele sind die Myopiekorrektur vor ca. 100 Jahren, die radiale Keratotomie und in letzter Zeit die LASIK. Auch die Einführung des Femtosekundenlasers zur Lamellenerzeugung bei LASIK geschah ohne große prospektive Studien. Den Preis für die prämature Anwendung von refraktiv-chirurgischen Verfahren bezahlt natürlich immer der Patient, wenn er mit Komplikationen oder mit schlechteren Ergebnissen leben muss. Man kann darüber spekulieren, warum es gerade in der refraktiven Chirurgie vermehrt zu prämaturen Verbreitung kommt und es wurden Begründungen wie direkter finanzieller Gewinn, individueller Reputationsgewinn des Operateurs, aber auch mangelnde wissenschaftliche Ausbildung auf dem Gebiet der refraktiven Chirurgie genannt. Was immer der Grund ist, auf keinem Teilgebiet der Ophthalmochirurgie der letzten 100 Jahre wurde der Fehler der prämaturen Anwendungen so häufig begangen wie in der refraktiven Chirurgie. Ein letztes Wort zur rechtlichen Abklärung: Die Deklaration von Helsinki schreibt klar vor, dass experimentelle oder in der klinischen Erprobung befindlichen Techniken beim Patienten nur dann angewendet werden dürfen, wenn die Natur dieses Verfahrens (also experimentell oder in der klinischen Erprobung befindlich) in der Aufklärungsschrift bzw. der Einverständniserklärung explizit als solche benannt werden.
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Kapitel 7 · Geschichte der refraktiven Chirurgie
7.3
Keratotomien
Bei der Keratotomie mit Hilfe eines Schnittinstrumentes wird in einem Gebiet der Hornhaut die biomechanische Festigkeit reduziert und dadurch wird durch die oberflächenparallele Spannung eine differenzielle Dehnung des Hornhautgewebes erzielt, die zur lokalen Keratektasie führt. Da weder die Spannung der Hornhaut bekannt ist, noch die Tiefe der Keratotomie auch mit Diamantmesser und Mikrometerschraube genügend gut dosierbar ist, verwundert es nicht, dass diese Verfahren notorisch an einer schlechten Voraussagbarkeit leiden. So wird den Keratotomien in der heutigen refraktiven Chirurgie nur eine sehr beschränkte Funktion zugestanden und eigentlich wird heute nur noch die astigmatische Keratotomie (AK) durchgeführt. Trotzdem wollen wir in diesem Abschnitt der Geschichte der refraktiven Chirurgie auch die radiale Keratotomie (RK) behandeln, da sie wiederum ein Exempel für die prämature Verbreitung darstellt. Den Ursprung der Keratotomie zur Behandlung von Astigmatismus findet man bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach der Entdeckung, dass Zylindergläser den Astigmatismus korrigieren können und dessen wissenschaftlicher Aufarbeitung wurde der sog. »WundAstigmatismus nach Kataraktoperation« thematisiert (erstmals von Donders 1864 beschrieben). So berichtet Woinov in den Klinischen Monatsblättern für Augenheilkunde im Jahre 1871 über den Astigmatismus bei Staroperierten. In den Folgejahren wird dieses Thema weiter ausgearbeitet und so schreibt Hess 1903:
durch eine verstärkte Vernarbung der Astigmatismus zurückginge. Bates (der Bates!) konnte 1895 mit Oberflächeneinschnitten in die Hornhaut keine ophthalmometrisch nachweisbare Änderung des Astigmatismus erzielen, fand dagegen eine Verbesserung des Visus. Alle diese Berichte und wohl auch die Diskussion bei den Kongressen waren Anstoß für eine Dissertation, die an der Universität Leiden von Herrn Lans 1897 vorgelegt wurde [8]. Bei der Arbeit wurden bei Kaninchen mittels eines Galvanokauters »zwei nicht-perforierende Hornhautwunden zwei Millimeter nach innen vom Limbus, zu diesem parallel an zwei einander entgegen gesetzten Seiten eines Meridians in einer aus dem von ca. 1/4 des Umkreises und einer Tiefe von ca. 2/3 der Hornhautdicke« durchgeführt. Damit wurde ein bleibender Astigmatismus von 3–4 dpt erzeugt, was 1898 am Archiv für Ophthalmologie publiziert wurde. Gleichzeitig stellte Lans auch seine biomechanische Vorstellung von der Wirkung dieser Keratotomien vor, in dem er eine lokale Keratektasie, induziert durch die Schwächung des Hornhautgewebes, einzeichnete (. Abb. 7.3). In der Folgezeit fand die refraktive Keratotomie zur Astigmatismuskorrektur, wohl bedingt durch die »Un-
»
Bei Star-Extraktionen und Iridektomien wird man zweckmässig auf etwa vorhandenen Hornhautastigmatismus achten und den Schnitt thunlichst parallel zur Richtung der schwächsten Hornhautkrümmung führen (worauf Snellen und Pflüger zuerst hingewiesen haben).
«
Diese geradezu modern anmutende Vorstellung vom Zugang im steilen Meridian bei der Kataraktoperation stellt auch noch heute ein Fundament der »refraktiven Kataraktoperation« dar. Im amerikanischen Schrifttum wird Lans als der Inaugurator für die refraktive Keratotomie zur Astigmatismuskorrektur aufgewertet, was allerdings völlig an der tatsächlichen Situation Ende des 19. Jahrhunderts vorbeigeht. In der Tat war es wohl Schiötz, der als erster einen Fall publizierte (15 Jahre vor Lans), bei dem er durch perforierende Keratotomien einen postoperativen Astigmatismus von 19 Dioptrien auf 7 Dioptrien reduzierte [11]. Kurz danach führten Reymond und seine Schüler refraktive Keratotomien (perforierend, aber auch nicht-perforierend) durch, selbst Kauterisieren und nicht-perforierende sklerale Wunden wurden eingesetzt. Pflüger versuchte 1896 gar eine Keratektomie in der Hoffnung, dass
. Abb. 7.3 Wirkungsweise der nichtperforierenden Keratotomie, wie sie von Lans 1898 richtig dargestellt wurde
75 7.3 · Keratotomien
möglichkeit der Dosierung des Effektes« [7], zunehmend weniger Beachtung. Auch heute noch fristet die AK (astigmatische Keratotomie) genau deshalb eher das Dasein einer Ausweichmethode, wenn die gängigeren Astigmatismuskorrekturen wie zylindrische IOL und Laserverfahren nicht anwendbar sind. War bisher bei der astigmatischen Keratotomie meist von einer Korrektur des Wundastigmatismus nach Kataraktoperation die Rede, so handelt es sich bei der radialen Keratotomie (RK) und deren Abwandlungen um eine Behandlung des nativen Auges zum Zwecke der Myopiereduktion. Wie bei allen Keratotomien wird durch tiefe (radiale) Einschnitte eine lokalisierte Keratektasie dieses Mal in der gesamten mittleren Peripherie der Hornhaut erzeugt und damit eine konsekutive Abflachung des Hornhautzentrums. Ausgegangen war dieses Konzept von Sato und Mitarbeitern in Japan, die in den 1930er und 1940er Jahren des vorigen Jahrhunderts den Effekt dadurch maximierten, dass sie nicht nur Einschnitte von außen in die Hornhaut durchführten, sondern auch noch dazwischen gelagerte (ebenfalls radiäre) Schnitte von der Rückseite der Hornhaut her anbrachten, so dass die lokale Schwächung der peripheren Hornhaut in einer stärkeren Keratektasie durch eine Art Ziehharmonikaeffekt entstehen konnte. Dieses Verfahren wurde anfänglich an Kaninchenhornhäuten untersucht (Machbarkeitsstudie) und damit die Optimierung des Effektes mittels abwechselnden Einschnitten von posterior und anterior gefunden. Durch die Anzahl der Einschnitte erfolgte die Dosierung des Effektes, und so wurden für höhere Myopiekorrekturen bis zu knapp 100 Schnitte in der Hornhaut, 50 von vorne und 50 von hinten, angebracht. Natürlich blieb dieses Verfahren bei Kaninchen ohne größere Folgen und so wurde das Verfahren dann als sicher eingeschätzt. Dies war ein fataler Irrtum in Unkenntnis der Tatsache, dass das Kaninchen über ein Hornhautendothel verfügt, das regenerierbar ist während beim Menschen das Hornhautendothel eine nur sehr geringe Mitoseaktivität in vivo zeigt. So erschien die Idee auf dem ersten Anblick attraktiv und deshalb ging Sato in einem nächsten Schritt zur Phase der Pilotstudie über. 1953 publizierte er im American Journal of Ophthalmology eine Serie von 32 Augen, die mit einer präoperativen Myopie von –2,5 bis –15 dpt und einer Nachkontrollzeit zwischen 3 und 19 Wochen [10]. Die Reduktion der Myopie reichte von 0,5 dpt bis 7 dpt (im Mittel etwa 3 dpt). Eine größere Serie von 177 Augen mit Myopiekorrektur wurde 1955 vorgestellt, wobei zwischen 18 und 60 posteriore und 18 bis 47 anteriore radiale Keratotomien durchgeführt wurden. Bei den meisten Augen wurde eine Reduktion der Myopie zwischen 0 und 5 dpt erzielt, 42% der operierten Augen hatten eine Endrefraktion von ±1 dpt um Emmetropie. Tatsäch-
lich wurden in dieser Zeit in Japan tausende von Augen mit dem Verfahren operiert, eine prospektive Studie wurde jedoch nie vorgestellt. Nach diesen Publikationen fand dann das Sato-Verfahren in den 1950er Jahren in Amerika ebenso wie in Europa nur zögerlich Aufmerksamkeit. Sato trug mehrfach bei Kongressen seine Ergebnisse vor. Das schlechte Ende folgte: 1965, 5 Jahre nach Sato’s Tod, berichtete Inoue über bullöse Keratopathie bei Patienten, die nach dem Sato-Verfahren operiert wurden. Im März 1986 wurden 170 Augen von 103 Patienten nachkontrolliert und 71% davon entwickelten eine bullöse Keratopathie, während 29% der Hornhäute klar geblieben waren. Etwa ein Drittel der Patienten war mit den Operationsergebnissen zufrieden. Erwähnenswert ist noch, dass Fjodorov, der nächste Exponent der RK Japan kurz nach Sato’s Tod besucht und dort mit der Sato-Methode in Kontakt kam. Auch bemerkenswert ist, dass nach den katastrophalen Sato-Ergebnissen die Politik in Japan eine stärkere Kontrolle von Ärzten einführte, die auch heute noch als strenger als die der amerikanischen Food and Drug Administration angesehen wird. Bedingt durch Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Brillen fand die RK in den 1960er Jahren in den Staaten des Ostblocks Aufmerksamkeit. Die optischen Gläser, die meist in der DDR hergestellt wurden, konnten bis weit in die 1970er Jahre nur Teile des RGW-Marktes befriedigen und so war es nur naheliegend, ein Verfahren zur Behebung dieses Missstandes voranzutreiben. In der UDSSR finden wir in den 1960er Jahren mehrere Arbeitsgruppen, die sich der Sato-Methode angenommen hatten, z. B. Pureschkin und Krasnov, Yenaleyev und Utkin (zitiert nach [14]). Natürlich wurden, basierend auf den Ergebnissen von Sato die posterioren Keratotomien aufgegeben, was als Folge sehr tiefe Einschnitte von vorne in die Hornhaut notwendig machte. Während der 1970er Jahre trat verstärkt Fjodorov auf, der versuchte, die radiale Keratotomie so wissenschaftlich wie möglich zu erfassen. Ausgehend davon, dass nur anteriore Keratotomien durchgeführt wurden, stellte er fest, dass die Tiefe der Schnitte ebenso wie die freie optische Zone ausschlaggebend für den Effekt ist. Er begann die RK reproduzierbar zu machen, indem er geeignete Instrumente entwickelte, so z. B. Marker und Keratotomiemesser mit Anschlag und Mikrometerschraube, ebenso wie Kaliber zur Vermessung der Hornhautdicke. Mit Kalibern wurde auch die tatsächliche Klingenlänge kontrolliert und erste Nomogramme wurden erstellt, die den refraktiven Effekt der Keratotomien voraussagbar machen sollten. Es ist der dynamischen Persönlichkeit von Fjodorov zu verdanken, dass einerseits in der UDSSR zur Effizienzsteigerung Fließbandoperationen durchgeführt und andererseits die Technologie für harte Westwährung exportiert wurden. Jetzt begann der Medizintourismus nach Moskau,
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Kapitel 7 · Geschichte der refraktiven Chirurgie
wo Komplettreisen inklusive der Operation an beiden Augen angeboten wurden. Der Preis für ein solches Unternehmen lag bei DM 10.000.-- bis DM 15.000.--, wobei ein Aufenthalt von etwa 10 Tagen in Moskau incl. einem Opernbesuch veranschlagt war. Im westlichen Europa ebenso wie in der Mehrzahl der Ostblockstaaten wurden diese Umtriebe von den ophthalmologischen wissenschaftlichen Gesellschaften eher kritisch betrachtet, und so hat es sowohl in der BRD als auch in der DDR nie nennenswerte Operationszahlen der radialen Keratotomie gegeben (wiederum abgesehen von einzelnen Operateuren). Obwohl tausende von Augen von Fjodorov und dessen Schülern operiert wurden, liegen uns auch heute noch keine Studien vor, die wir bezüglich der Konzeption und der Nachkontrolle als wissenschaftlich akzeptabel bezeichnen könnten. Erneut stellt sich also der grundlegende Fehler der prämaturen Verbreitung dar, da in der UDSSR keine prospektive Studie durchgeführt (zumindest nicht publiziert) wurde und daher die radiale Keratotomie vom Fjodorov-Typ nie das Stadium der klinischen Erprobung überwunden hat. Trotzdem wurde wiederum eine große Anzahl von Patienten operiert, ohne dass Langzeitkomplikationen bekannt gewesen oder eine formale Indikationsliste erstellt worden wäre. Noch Mitte der 1980er Jahre trat Fjodorov bei großen internationalen aber auch nationalen Kongressen auf und behauptete, dass die Komplikationsrate bei der radialen Keratotomie in weniger als 0,1% der Fälle aufträte, wofür er von Anhängern der RK gefeiert wurde. Wohlgemerkt, dies geschah alles zu einem Zeitpunkt, da bereits die ersten wissenschaftlichen Publikationen vorlagen, die die Wirksamkeit ebenso wie die Sicherheit der radialen Keratotomie deutlich relativierten. Um diesem wissenschaftlichen »Hemmschuh« zu entkommen, sprossen kleinere Fachgesellschaften in allen Nationen wie Pilze aus dem Boden, da sich die refraktive Chirurgie von der akademischen konservativen Ophthalmologie nicht majorisieren lassen wollte. Wir dürfen nicht vergessen, dass dies auch die Zeit war, in der die Phakoemulsifikation und die Implantation intraokularer Linsen auf dem Vormarsch waren und so wurden in diesen pseudowissenschaftlichen Gesellschaften gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie gaben den Bestrebungen der meist unkritischen Anwender einen pseudowissenschaftlichen Charakter und assoziierten die Einzelkämpfer zu einer Bewegung. Als solche pseudowissenschaftlichen Gesellschaften muss die ASCRS (American Society of Cataract and Refractive Surgery) und in Deutschland die DOC (Deutsche Gesellschaft für Ophthalmo-Chirurgie) genannt werden. Im Jahre 1978 in den USA (hauptsächlich im Südwesten) eingeführt, erlangte die radiale Keratotomie zur Myopiekorrektur schon bald große Popularität bei Ärzten und auch Patienten, da in den USA Werbung für Ärzte erlaubt
ist. Dieser Wildwuchs rief andererseits die akademische Ophthalmologie auf den Plan, die zu verhindern versuchte, dass die RK unkontrolliert in den USA angewendet wurde. Offizielle Besuche von Gruppen der American Academy of Ophthalmology in Moskau und ein Treffen mit Fjodorov änderten an dieser Einstellung nichts und deshalb wurde 1980 die PERK-Studie vom National Eye Institut ins Leben gerufen, die 1981 begann. Diese Studie wurde als prospektiv und kontrolliert begonnen und auf einen Kontrollraum von 10 Jahren nach der Operation ausgerichtet. Dies wiederum empfanden die damaligen Anwender der RK als Bevormundung und strebten sogar ein Antitrust-Gerichtsverfahren an, das allerdings abschlägig beschieden wurde. Die Auseinandersetzung wurde in aller Öffentlichkeit ausgetragen, wobei die Interessengruppen einander heftig beschimpften. Es wurden einerseits die bisherigen RK-Vertreter als Cowboys, Bukaneers und Hasardeure verschrien und andererseits die akademische Ophthalmologie und das National Eye Institut verdächtigt, das Rad wieder erfinden zu wollen und beteiligte Wissenschaftler als Bremser beschimpft. Jedenfalls setzte sich die PERK-Studie (trotz zweier Antitrust-Verfahren gegen die American Academy of Ophthalmology und gegen Dr. George Waring persönlich) durch. Die Ergebnisse, die von Waring und Mitarbeitern bis Mitte der 1980er Jahre publiziert wurden, waren eindeutig: Die Voraussagbarkeit des refraktiven Effektes war relativ schlecht, insbesondere bei Korrekturen über 4 dpt und führte bei bilateraler Anwendung verhältnismäßig häufig zur signifikanten Anisometropie. Schwere Komplikationen traten dagegen extrem selten auf, jedoch waren die tageszeitlichen Refraktions- und Visusschwankungen auffällig. Die wohl schwerste Komplikation der radialen Keratotomie offenbarte sich jedoch erst bei den 4- und 10-JahresKontrollen, wo festgestellt wurde, dass sich bei 50% der Patienten eine progressive Hyperopie eingestellt hatte. Dies bedeutet, dass der Effekt, der ja in einer Schwächung der parazentralen Hornhaut besteht, sich offensichtlich mit der Zeit verstärkt und ähnlich wie beim Keratokonus in eine progressive Keratektasie der mittleren Hornhautperipherie übergeht, was sich in einer weiteren Verschiebung der Refraktion in Richtung Hyperopie bemerkbar macht. Sowohl die schlechte Vorhersagbarkeit als auch die progressive Hyperopie machten das Verfahren weder sicher noch effektiv. Da gleichzeitig aus Europa die ersten guten Nachrichten über die PRK mit dem Excimer-Laser vorlagen, nahm die Zahl der RK-Operationen Ende der 1980er Jahre und Anfang der 1990er Jahre stark ab und spätestens nach der FDA-Zulassung des Excimer-Lasers für die Myopiekorrektur spielte die radiale Keratotomie zahlenmäßig keine Rolle mehr. Übrig geblieben ist bis heute noch die sog. Mini-RK zur Korrektur ganz niedriger Myopien.
77 7.4 · Lamellierende refraktive Chirurgie
In Deutschland hat die radiale Keratotomie nie eine wesentliche Rolle gespielt. Zwar wurde von einzelnen Operateuren das Verfahren angeboten (Bochum, Magdeburg, Fürth, Hannover), jedoch ist es der Selbstkritik dieser Operateure anzurechnen, dass radiale Keratotomien zahlenmäßig nicht erheblich waren. Das Debakel der radialen Keratotomie verdeutlicht uns nun zum zweiten Mal die Misere der prämaturen Verbreitung refraktiv-chirurgischer Verfahren. Wie bei der Myopiekorrektur vor mehr als 100 Jahren gewinnt ein Verfahren öffentliche Aufmerksamkeit und dadurch gerät die Medizin unter Druck. Unter diesem Druck finden sich nun Operateure, die diese Operation bei Routinepatienten durchführen, bevor eine wissenschaftliche Evaluierung bzw. Freigabe des Verfahrens vorliegt. Als hätte die Weltgesellschaft der Augenärzte aus der radialen Keratotomie nichts dazugelernt, wiederholt sich dasselbe Spiel, allerdings mit weniger fatalen Folgen, wieder etwa 10 Jahre später bei der Einführung der LASIK, wobei sich bei der LASIK auch das Schwert der FDA zur Reduzierung ärztlicher Fehler als stumpf erwies.
7.4
Lamellierende refraktive Chirurgie
F. Terrien schreibt 1903 in seinem Lehrbuch über die Keratoplastik:
» An die Stelle eines Leukoms durchsichtige menschliche oder tierische Hornhaut zu überpflanzen, ist ein verlokkender Gedanke. So alt (Reisinger 1824) die Versuche die Hornhautüberpflanzung sind, so wenig befriedigend ist der Erfolg. Die Keratoplastik nennt man partiell, wenn nur die oberflächlichen Schichten zu ersetzen sind, total, wenn der Defekt, durch die ganze Dicke der Hornhaut geht. Bei der totalen Keratoplastik bleibt das überpflanzte Hornhautstück nie durchsichtig, während es bei der partiellen Keratoplastik in Ausnahmefällen seine Durchsichtigkeit bewahren kann. Die Hornhautüberpflanzung ist also ein Verfahren von geringem praktischem Werte.
«
Die Keratoplastik lamellierend durchzuführen ist also ein Verfahren, das schon seit mehr als 150 Jahren durchgeführt wird, und von Hippel entwickelte 1888 dafür einen motorgeführten Trepan, allerdings war der größte Durchmesser nur 5 mm und der Motor bestand aus einem Uhrwerk, das vor der Operation aufgezogen werden musste. Das Schattendasein, das die lamelläre Keratoplastik oder überhaupt lamellierende Verfahren der Hornhautchirurgie über mehr als 100 Jahre fristeten, wurde erst durch José Barraquer in Bogota beendet. Die meisten heute in der Diskussion stehenden lamellierenden Verfahren, wie zum Beispiel die Keratomileusis in situ, die
Keratophakie oder intrakorneale Linsen/Implantate, gehen auf ihn zurück. Mit großem Aufwand und wissenschaftlichem Standvermögen bearbeitete er dieses Konzept über mehr als 30 Jahre, wobei er nicht nur klinische und Tierexperimente vorstellte, sondern darüber hinaus auch die notwendige Technologie weiter vorantrieb, natürlich im Rahmen seiner Zeit [1]. Er ging von der Voraussetzung aus, dass das vordere Stroma die Festigkeit der Hornhaut bedinge (auch nach heutigem Stand richtig) und insbesondere deshalb die Bowman-Membran zentral nicht angetastet werden dürfe. Wir wissen heute, dass diese Vorstellung wohl richtig ist, jedoch muss die Bowman-Membran nicht wegen ihrer biomechanischen Festigkeit bewahrt bleiben, sondern wegen ihrer Eigenschaft, Vernarbungen zu verhindern. Den damaligen technologischen Möglichkeiten entsprechend entwickelte Barraquer die Freeze-Keratomileusis, bei der eine Lamelle von der Hornhaut abgetrennt und auf Temperaturen um –30°C gefroren wurde. Dann wurde dieses hartgefrorene Stück Hornhaut auf einer Mikrodrehbank bearbeitet und das so abgedrehte Lentikel wieder auf der Hornhaut festgenäht. Obwohl dieser Ansatz in die richtige Richtung deutet, kam es doch zu einer ganzen Reihe von Komplikationen, von dem der induzierte Astigmatismus noch die geringste war. Nicht zu vernachlässigen war, dass dieses Verfahren hohe Anforderungen an die handwerkliche Geschicklichkeit des Operateurs stellte und schon von diesem Gesichtspunkt her konnte eine solch komplizierte Technik keine große Verbreitung erfahren. Ursprünglich kaum angewendet, aber später in Form der LASIK wieder auferstanden, ist die Keratomileusis in situ, die ebenfalls von Barraquer entwickelt wurde (. Abb. 7.4). Dabei wird in einem ersten Schnitt eine sehr oberflächliche Lamelle geringer Dicke erstellt, die nicht ganz abgetrennt wird, sondern bei der nasal eine kleine Verbindung (Hinge) zum Stroma bestehen bleibt. In einem zweiten Schnitt wird dann eine stromale Keratektomie durchgeführt, deren Form und Tiefe die refraktive Korrektur bedingt. Danach kann die oberflächliche Lamelle wieder zurückgeschlagen werden, bei Barraquer wurde sie dann im Stroma vernäht. Eine Vielzahl der von Barraquer entwickelten Verfahren wurden in Bogota und von Barraquers Schülern leider nur in Pilotstudien getestet, eine echte prospektive Studie mit langer Nachkontrollzeit und einer größeren Stückzahl ist nie publiziert worden. Bei diesem Verfahren ist also das Stadium der wissenschaftlichen Anerkennung nie erreicht worden, obwohl vielerorts, auch in Deutschland, viele Patienten damit operiert wurden. Auch hier wieder das Phänomen der prämaturen Verbreitung. Der Ältere von uns kann sich noch an eine Sitzung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Heidelberg erinnern, bei der bei einer Fallpräsentation ein Auge nach Freeze-Kerato-
7
78
Kapitel 7 · Geschichte der refraktiven Chirurgie
7 . Abb. 7.4 Keratomileusis in situ, wie sie von Jose Barraquer dargestellt (1980) und später von Pallikaris verbessert wurde
mileusis vorgestellt wurde mit einem Visusverlust von 0,8 auf 0,2. Obwohl die Hornhaut klar war und die Refraktion dieses Auges um mehr als 10 dpt Myopie geändert wurde, war der Visusverlust seinerzeit ein großes Rätsel und der Operateur auf der Anklagebank. Anfang der 1980er Jahre gab es noch keine korneale Topographie und deshalb konnte das Phänomen des irregulären Astigmatismus einfach nicht quantifiziert werden und stand deshalb zur Erklärung des Visusverlustes nicht zur Verfügung. Jörg Krumeich in Bochum hat einen Teil der Komplikationen der Freeze-Keratomileusis durch Einführung und Weiterentwickeln der Non-Freeze-Keratomileusis ausgleichen können. Er entwickelte dazu ein Instrumentarium, das eine feine Zentrierung des refraktiven Effektes ermöglichte, andererseits hohe Anforderungen an die handwerkliche Geschicklichkeit des Operateurs stellte und so hat auch dieser Ansatz keine weite Verbreitung erfahren. In der Hornhautchirurgie haben die lamellierenden Verfahren mittlerweile einen großen Aufschwung erhalten, nachdem es mittels neuer Techniken gelungen ist, eine Dissektion direkt vor der Descemet-Membran mehr oder weniger reproduzierbar zu erzielen. Wird dabei der vordere Teil der Hornhaut ersetzt, so spricht man heute von tiefer lamellärer Keratoplastik, die eine immer größere Verbreitung erfährt bei Keratoplastiken von KeratokonusPatienten. Wird nur der hintere Teil ersetzt, z. B. bei der Fuchs’schen Endotheldystrophie, so spricht man von »descemet stripping automatic endothelial keratoplasty« (DSAEK) oder »descemet membrane endothelial keratoplasty« (DMEK), die von Melles in Rotterdam eingeführt wurden.
7.5
Laserchirurgie der Hornhaut
Ein Hauptproblem der refraktiven Chirurgie vor Einführung des Excimerlasers war die mangelnde Vorhersagbarkeit bzw. Präzision der Verfahren. Es sollte noch einmal darauf hingewiesen werden, dass zur Korrektur von 1 dpt Kurzsichtigkeit in einem Durchmesser von 6,5 mm an der Hornhaut ein Lentikel entfernt werden muss, das zentral 15 μm Dicke aufweist und nach außen hin kontinuierlich auf 0 abfällt. Es ist also klar, dass zur direkten Behandlung der Hornhaut Verfahren nur dann sinnvoll sind, wenn sie über eine Mikrometer- bzw. Submikrometer-Genauigkeit verfügen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein berührungsfreies Verfahren handelt oder nicht, jedoch sind berührungsfreie Verfahren aus hygienischen Gründen vorzuziehen. Eine solche (berührungsfreie) Materialbearbeitung mit Submikrometer-Genauigkeit war zur Herstellung von Mikrocomputern Anfang der 1980er Jahre entwickelt worden. Hier mussten Leiterbahnen geschaffen werden mit Durchmessern von deutlich weniger als einem Mikrometer und auch die Schichtdicken dieser Leiterbahnen lagen in der Größenordnung von weniger als einem Mikrometer. Die dafür entwickelten Laserverfahren zeigten, dass diese Genauigkeit nur mit Wellenlängen im Ultravioletten möglich war. Die einzige Lichtquelle, die in diesem Wellenlängenbereich genügend Leistung hervorbrachte, war der gepulste Excimerlaser, dessen Wellenlänge von 193 nm zwar genügend Genauigkeit zur Hornhautbehandlung bereitstellte, jedoch war die Frage der thermischen und mutagenen Nebenwirkungen noch nicht geklärt. Diese Neben-
79 7.5 · Laserchirurgie der Hornhaut
effekte wurden von der Berliner Arbeitsgruppe Mitte der 1980er Jahre untersucht und als nicht signifikant entschieden. Damit war der Weg offen für präklinische Studien, nachdem bereits bei In-vitro-Experimenten Anfang der 1980er Jahre von Stephen Trokel die Submikrometer-Genauigkeit der Keratotomien gezeigt wurde. Die ersten therapeutischen Behandlungen wurden bei uns in Berlin ab 1985 als PTK durchgeführt, nachdem wir in Tierversuchen die Unbedenklichkeit dieser Laserstrahlung untermauert hatten. 1987 präsentierten wir die erste klinische Pilotstudie mit dem Excimerlaser, wobei wir vorerst astigmatische Keratotomien mit einer einjährigen Kontrolle vorstellten. Die wichtigste Aussage war hier eigentlich nur die Komplikationsfreiheit des Excimerlasereinsatzes. Die erste PRK wurde wohl zeitgleich sowohl in Berlin, in Amberg (Meditec) und New Orleans (VISX) durchgeführt. Im Schrifttum findet man davon allerdings nur die Versuche in New Orleans, die von McDonald und Kaufmann präsentiert wurden. Die meisten dieser Kurzsichtigkeitskorrekturen mit Hilfe der flächigen Excimerlaser-Behandlung (PRK) waren Teil von Machbarkeits- und Pilotstudien, die nie publiziert wurden, sondern hauptsächlich den Excimer-Herstellern zur Verfügung gestellt wurden, um entsprechende Geräte zu konzipieren. Die erste prospektive Studie führten wir an 193 Augen in Berlin mit Hilfe des Summit-Excimerlasers durch und bereits in dieser Studie stellten sich bei Korrekturen über 6 dpt erhebliche Komplikationen ein. Vornehmlich die zunehmende Vernarbungstendenz bei hohen Korrekturen limitierte den Anwendungsbereich der myopen PRK auf Korrekturen bis zu –6 dpt. In den Folgejahren wurden dann der myope Astigmatismus, die Hyperopie und sogar der hyperope Astigmatismus angegangen und mittels entsprechender Ablationsprofile Zug um Zug verbessert (7 Kap. 8.4). Gerade aufgrund dieser prospektiven Studien stellte sich die PRK in der Tat als ein Verfahren heraus, das innerhalb gewisser Grenzen wissenschaftlich anerkannt werden konnte, was dann, allerdings Jahre später, auch zur Zulassung auf dem amerikanischen Markt durch die FDA führte. Die strikte Indikationsstellung legte allerdings den Grundstein für die nächste Expansion in der refraktiven Chirurgie durch die LASIK, mit der auf einmal Kurzsichtigkeitskorrekturen in jeder beliebigen Höhe erreichbar schienen und bei der das Phänomen der prämaturen Verbreitung wieder voll zuschlug. Am Anfang der LASIK-Geschichte steht das Konzept der Keratomileusis in situ von Barraquer, das seinerzeit wenig Anwendung fand wegen der schlechten Voraussagbarkeit des zweiten refraktiven Schnittes. Es ist das Verdienst von Ioannis Pallikaris aus Griechenland erkannt zu haben, dass dieser zweite Schnitt jetzt mit dem ExcimerLaser mit genügender Präzision durchgeführt werden
konnte, was er Anfang der 1990er Jahre auch präklinisch zeigte. Etwa zur gleichen Zeit änderte Lucio Buratto die Barraquersche Keratomileusis so ab, dass die Behandlung der Rückseite des Lentikels nicht mehr mit der Drehbank sondern mit dem Excimerlaser durchgeführt wurde und er das so behandelte Hornhautlentikel wieder auf die Hornhaut zurück nähte. Beide Erfinder griffen also auf Vorarbeiten von Barraquer zurück, Pallikaris veränderte die Keratomileusis in situ, Buratto die Keratomileusis, und verbanden also die Submikrometer-Genauigkeit des Excimerlasers mit dem Komfort des lamellären Vorgehens. Da das LASIK-Verfahren ohne Nähte auskam und dadurch weniger Anforderungen an die Geschicklichkeit des Operateurs stellte, nimmt es nicht Wunder, dass das LASIKVerfahren und nicht das von Buratto entwickelte Keratomileusis-Verfahren das Rennen um die Gunst des Operateurs und Patienten machte. Bereits Mitte der 1990er Jahre wurden weltweit pro Jahr mehr als eine Million LASIK durchgeführt, obwohl zu diesem Zeitpunkt weder die Komplikationsrate bekannt noch Indikationslisten erstellt waren. Publikationen aus jener Zeit (auch und gerade aus Deutschland) berichten über Korrekturen von mehr als 20 dpt Kurzsichtigkeit und ebenso fanden die ersten hyperopen LASIK-Korrekturen bis zu 6 oder 7 dpt statt. Alle diese Korrekturen wurden nicht mit speziell für die LASIK gefertigten Mikrokeratomen durchgeführt sondern mit Geräten, die bei weitem nicht die Anforderungen an zuverlässig wirkendes Instrumentarium erfüllten. Schnittfehler bei der Lamellenzubereitung ebenso wie miserable optische Verhältnisse an der Hornhaut führten in manchen Studien zu Komplikationsraten von mehr als 10%, worauf selbst der Erfinder des Verfahrens Ioannis Pallikaris in einer Arbeit hinwies. Im Laufe der folgenden Jahre wurde dann die Indikationsbreite erheblich reduziert (LASIK für weniger als – 10 dpt Kurzsichtigkeit und für weniger als 4 dpt Hyperopie), die Mikrokeratome wesentlich verbessert und damit die Schnittfehlerquote auf unter 1% gesenkt und entsprechende Vorkehrungen bezüglich der iatrogenen Keratektasie getroffen, die erstmals 1998 berichtet wurde. Alle diese Verbesserungen führten in den Jahren 1995–2000 zu einer Reduktion der Komplikationsrate auf unter 1% und zu einer Trefferquote (±0,5 dpt) von mehr als 80%. Es ist schon befremdlich, dass nicht einmal 15 Jahre nach dem Desaster der radialen Keratotomie in den USA wieder das Phänomen der prämaturen Verbreitung voll zuschlug. Und dies bei derselben Generation von Ophthalmologen, die seinerzeit in die RK-Falle getappt ist. Fast alle der frühen LASIK-Anwender in den USA hatten RK-Erfahrung und hätten eigentlich aus dem Beispiel der prämaturen Verbreitung bei der RK gelernt haben sollen. Trotzdem wurde wieder ein ungenügend erprobtes Verfahren an Millionen von Augen angewendet und es ist nur der Gut-
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80
Kapitel 7 · Geschichte der refraktiven Chirurgie
mütigkeit des LASIK-Verfahrens zu verdanken, dass nicht noch ein noch größeres Desaster wie bei der radialen Keratotomie in den USA entstand. Fazit für die Praxis Das Problem der prämaturen Verbreitung muss wohl als eines der Hauptprobleme der refraktiven Chirurgie erkannt werden. In der Zukunft muss das Wildwachstum durch Richtlinien, die von den wissenschaftlichen Gesellschaften (in Deutschland z. B. durch die KRC) ausgehen, eingegrenzt werden.
Literatur
7
1. Barraquer JI (1980) Queratomileusis y queratofaquia. Instituto Barraquer de America, Bogota 2. Beer GI (1817) Lehre der Augenkrankheiten. Wien 3. Boerhave H (1708) De morbis oculorum praelectiones publicae ex codicibus auditorum editae. Göttingen, deutsche Übersetzung von Haller 1746 4. Fischer E (1899) Operation der Kurzsichtigkeit und Ablösung der Netzhaut. Centralbl Augenheilkunde 23: 79 5. Fröhlich C (1899) Ueber spontane und postoperative Kurzsichtigkeitsnetzhautablösungen. Arch Augenheilkunde 38: 11 6. Fukalla V (1890) Heilung hochgradiger Kurzsichtigkeit. Graefes Arch Ophthalmologie 36: 330 7. Hess C (1903) Die Anomalien der Refraktion und Akkommodation des Auges. In: Graefe-Saemisch (Hrsg.) Handbuch der gesamten Augenheilkunde. Leipzig 8. Lans LI (1898) Experimentelle Untersuchungen über Entstehung von Astigmatismus durch nicht-perforierende Corneawunden. Arch Augenheilkunde 45: 117 9. Muntendam P (1898) De operative Behandlung der zware Myopie. Tydsch v Geneesk 26 10. Sato I, Akiyana K, Shibata H (1953) A new surgical approach to myopia, Am J Ophthalmol 36: 823 11. Schiötz H (1885) Ein Fall von hochgradigem Hornhautastigmatismus nach Starextraction. Besserung auf operativem Wege. Arch Augenheilkunde 178 12. Snellen H (1902) Operationslehre. In: Graefe-Saemisch (Hrsg.) Handbuch der gesamten Augenheilkunde, Leipzig 13. Terrien F (1906) Die Chirurgie des Auges und seiner Adnexe. München 14. Waring GO (1992) Refractive keratotomy for myopia and astigmatism. Mosby, St Louis
II
Refraktive Hornhautchirurgie Kapitel 8
Technische Prinzipien – 83 H. Lubatschowski, D. Kook, M. Mrochen, S. Schumacher, G. Grabner, T. Seiler, T. Neuhann
Kapitel 9
Oberflächenbehandlung S. Pieh
Kapitel 10
Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK) – 137 T. Kohnen, O. K. Klaproth
Kapitel 11
Therapeutische Excimerchirurgie G. Duncker
Kapitel 12
Komplikationen der Excimerchirurgie T. Knorz
Kapitel 13
Inzisionale Techniken – 183 E. Fabian, M. Maier, U. Mester
Kapitel 14
Intrakorneale Implantate J. Ruckhofer, G. Grabner
Kapitel 15
Thermokeratoplastik – 215 T. Kohnen, O. Kermani, O. K. Klaproth
– 121
– 199
– 153
– 161
8
Technische Prinzipien 8.1
Grundlagen – 84 H. Lubatschowski
8.1.1 Laser-Gewebe-Wechselwirkung 8.1.2 Photoablation – 84 8.1.3 Literatur – 87
8.2
– 84
Excimerlaser – 87 H. Lubatschowski
8.2.1 Laserprinzip – 87 8.2.2 Aufbau eines Excimerlasers 8.2.3 Literatur – 90
– 88
8.3
Femtosekundenlaser – 90 D. Kook, M. Mrochen, S. Schumacher, G. Grabner
8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.4 8.3.5 8.3.6 8.3.7
Hintergrund – 90 Physikalisches Prinzip – 90 Photodisruption – 91 Femtosekundenlasersysteme – 93 Interfaces – 93 Applikationsmöglichkeiten des Femtosekundenlasers Literatur – 97
8.4
Ablationsprofile – 98 M. Mrochen, T. Koller, T. Seiler
8.4.1 8.4.2 8.4.3 8.4.4 8.4.5 8.4.6 8.4.7 8.4.8 8.4.9
Technisches Prinzip – 98 Munnerlyn-Profil – 98 Wellenfront-optimiertes Ablationsprofil – 99 Q-Wert angepasstes Ablationsprofil – 102 Topographie-geführtes Ablationsprofil – 105 Wellenfront-geführtes Ablationsprofil – 108 Ray-tracing-Ablationsprofile – 111 Presbyopie-Ablationsprofil – 111 Literatur – 113
8.5
Zentrierung bei Refraktionskorrekturen mit dem Excimerlaser – 114 T. Neuhann
– 94
8.5.1 Einleitung – 114 8.5.2 Die Achsen des optischen Systems des menschlichen Auges – Begriffsbestimmung – 114 8.5.3 Zentrierungsachse und Referenzachse – 115 8.5.4 Literatur – 119 T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
84
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
8.1
Grundlagen H. Lubatschowski
8.1.1
Laser-Gewebe-Wechselwirkung
Beim Laser (»light amplification by stimulated emission of radiation«) handelt es sich um eine Lichtquelle, die aufgrund der guten Fokussierbarkeit und der Möglichkeit sehr kurze Pulse zu erzeugen, nicht nur hohe Leistungen sondern auch extrem hohe Intensitäten (Leistungsdichten) generieren kann (. Tab. 8.1). Je nach Laserparameter können unterschiedliche Arten von Wechselwirkungen auftreten und das Gewebe bei der Bestrahlung gezielt verändern (. Abb. 8.1). Zu den Wechselwirkungsprozessen gehören: photochemische Wechselwirkungen, Koagulation und Vaporisation sowie die Photoablation und Photodisruption.
8
> Sowohl die Photoablation als auch die Photodisruption spielen in der refraktiven Chirurgie eine entscheidende Rolle.
8.1.2
Photoablation
Anfang der 1980er Jahre beschrieben Srinivasan und Mitarbeiter erstmalig ein Verfahren zur Bearbeitung organischer Polymere mit Hilfe von ultravioletter Excimerlaserstrahlung [4, 5]. Kennzeichnend für den neuartigen Prozess der Materialabtragung war die Verwendung von gepulster, energiereicher UV-Strahlung. Aufgrund der geringen Eindringtiefe der UV-Strahlung in die zu bearbeitenden Materialproben war es möglich, Strukturen im Sub-Mikrometerbereich in die organische Matrix zu ätzen. Srinivasan bezeichnete dieses Phänomen als »ablative
. Tab. 8.1 Lichtleistung und Leistungsdichte verschiedener Lichtquellen Lichtquelle
Lichtleistung
Leistungsdichte
Sonne
1026 Watt
5×10–2 W/cm2 (auf der Erde)
100 Watt Glühlampe
3 Watt
10–2 W/cm2
Laserpointer
1 mWatt
4×104 W/cm2
CO2 Laser
60 Watt
5×106 W/cm2
Gepulster Laser
1 GWatt
1014 W/cm2
Photodekomposition«. Den Abtragprozess erklärte man
sich durch ein direktes Aufbrechen der Molekülbindungen der organischen Polymere, das durch die Absorption der energiereichen UV-Photonen hervorgerufen wurde. Wenig später wurde der Prozess der Materialabtragung mit Hilfe von gepulster Laserstrahlung allgemein unter dem Begriff der »Photoablation« auch von anderen Autoren beschrieben. Dabei beschränkte man sich nicht mehr allein auf die Materialbearbeitung mit UV-Laserstrahlung. Wolbarsht [8] erkannte 1984, dass auch mit gepulsten Infrarotlasern gerade biologisches Gewebe leicht und schonend zu bearbeiten war. Trotz vergleichbarer Effekte am bestrahlten Gewebe unterscheidet sich jedoch der Wechselwirkungsprozess der Photoablation im mittleren und fernen Infrarot deutlich von dem der UV-Photoablation bei 193 nm Wellenlänge. Nimmt man heute an, dass es sich bei der Abtragung von organischen Polymeren mit Laserlicht im tiefen UV um einen vorwiegend photochemisch induzierten Prozess handelt (direktes Aufbrechen der Molekülbindungen durch die energiereichen UV-Photonen) [6, 7], so
. Abb. 8.1 Wechselwirkungsmechanismen von Laserstrahlung mit biologischem Gewebe
85 8.1 · Grundlagen
. Abb. 8.2 Absorptionsverhalten einiger im Organismus vorherrschender Chromophore zusammen mit den heute zur Verfügung stehenden wichtigsten Laserwellenlängen
geht man bei der Verwendung von Laserstrahlung im mittleren und fernen Infrarot davon aus, dass eine explosionsartige Verdampfung des Wassers zu dem gewünschten Abtragungseffekt führt [9–11]. Bei der UV-Photoablation von biologischem Gewebe liegt eine Mischform der Mechanismen vor. Einerseits brechen die energiereichen UV-Photonen die Bindungen der Biomoleküle auf, andererseits werden die Photonen auch vom Gewebewasser absorbiert, was zu dessen explosionsartigen Verdampfung führt. Die ursprüngliche von Srinivasan eingeführte Definition der Photoablation im Sinne einer reinen Photolyse hat seither an Bedeutung verloren. Eine Definition des Begriffes Photoablation lässt sich daher weniger über den ihm zugrunde liegenden Wechselwirkungsmechanismus, als vielmehr über die Beschreibung des mit dem Laser erzielten Ergebnisses und die dafür notwendigen Laserstrahlparameter (Wellenlänge, Pulsdauer, Pulsenergie) festlegen. > Ziel der photoablativen Materialbearbeitung, insbesondere in der Medizin, ist eine Abtragung von Gewebe, bei der die Dimension der lateralen Schädigung in der zurückbleibenden Probe durch thermische und mechanische Einflüsse der Laserstrahlung im Vergleich zum abgetragenen Volumen möglichst gering ist.
Dies steht im Gegensatz zur Vaporisation und Koagulation, bei der ein größerer, koagulierter und karbonisierter Bereich des bestrahlten Gewebes durchaus erwünscht ist (beispielsweise zur Blutstillung). Das Ausmaß an thermischer Schädigung ist direkt abhängig von der optischen Eindringtiefe des Laserlichtes in das zu bearbeitende Gewebe. . Abb. 8.2 zeigt das Absorptionsverhalten einiger im Organismus vorherrschender Chromophore zusammen mit den heute zur Verfügung stehenden wichtigsten Laserwellenlängen. Für die meisten Anwendungsbereiche der Photoablation sollte die vom Laser verursachte thermische Nekrosezone eine Ausdehnung im Bereich von 1–10 μm nicht überschreiten. Aus dem Diagramm wird leicht ersichtlich, dass für die photoablative Gewebeabtragung daher nur Laser in Frage kommen, die entweder unterhalb von ca. 250 nm im tiefen UV emittieren; dort wird die starke Absorption von Melanin, dem Blutfarbstoff Hämoglobin, aber auch von den Proteinen und den im Wasser gelösten Salzen verursacht. Oder aber man verwendet Infrarotlaser, die bei einer Wellenlänge um 3 μm bzw. oberhalb von ca. 6 μm emittieren. Hier kann die starke Absorption des Wassers nutzbar gemacht werden. Der Wasseranteil im biologischen Weichgewebe liegt in der Regel zwischen 70% und 90%. Zur photoablativen Bearbeitung der Kornea hat sich die Verwendung von UV-Licht mittels ArF-Excimerlaser als optimal herausgestellt.
8
86
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
. Abb. 8.3 Wellenlänge und Photonenenergie, im Vergleich zu typischen Bindungsenergien organischer Polymere
8
Ein weiterer wichtiger Parameter zur Minimierung kollateraler thermischer Schädigungen ist die Wechselwirkungsdauer des Laserlichtes mit dem bestrahlten Gewebe. Bei der Photoablation ist die Bestrahlungszeit so kurz zu wählen, dass die hervorgerufene thermische Schädigung in erster Linie allein durch die optische Eindringtiefe der Laserstrahlung in das Gewebe verursacht wird. Die Bestrahlungszeit t muss kürzer sein als die sog. thermische Relaxationszeit τR [1]. Die thermische Relaxationszeit ist die Zeit, bei der die charakteristische optische Eindringtiefe μ–1 der Laserstrahlung gleich der thermischen Diffusionslänge L der Wärme in der Bestrahlungszeit t ist. Die thermische Diffusionslänge L ist ein Maß für die Geschwindigkeit der Wärmeausbreitung. Sie ist charakterisiert durch die Beziehung: L = √4κt wobei κ die Wärmediffusionskonstante des bestrahlten Gewebes darstellt. Eine für die photoablative Gewebeabtragung wichtige Abschätzung hinsichtlich der maximalen Dauer der einwirkenden Laserpulse ergibt sich damit zu: 1 τ=9 4μ2 κ Toleriert man eine thermische Nekrosezone im Bereich um 1 μm und geht man davon aus, dass das zu bearbeitende Gewebe zum überwiegenden Teil aus Wasser besteht, erhält man mit der Wärmediffusionskonstanten von Wasser (κ=1,5 ⋅ 10–7 m2/s) eine thermische Relaxationszeit und damit für die Photoablation typische Laserpulsdauer von: tLaser ≤1..10 μs
Die für die Ablation notwendigen Laserenergiedichten lassen sich für die Infrarot-Photoablation leicht aus der Verdampfungswärme des Wassers abschätzen. Bei einer typischen Abtragrate von 10 μm pro Puls und einer Verdampfungswärme des Wassers von 2600 J/cm3 muss am Bestrahlungsort eine Energiedichte von mindestens 2,6 J/ cm2, entsprechend einer Leistungsdichte von 26–2600 kW/ cm2, aufgebracht werden. Vergleichbare Energiedichten zur Abtragung von Gewebe erwartet man bei der UV-Photoablation, wenn man davon ausgeht, dass der Abtragmechanismus ein überwiegend photochemischer Prozess ist, bei dem die energiereichen UV-Photonen (6,4 eV bei 193 nm) die intramolekularen Bindungen der Biopolymere direkt aufbrechen (5– 7 eV Bindungsenergie, . Abb. 8.3). Der Absorptionsquerschnitt organischer Polymere liegt für UV-Strahlung (λ≤200 nm) in der Größenordnung von σ≈10–18 cm2 [1, 2]. Daraus ergibt sich eine Chromophorendichte von ρ = α/ σ = 1000 cm–1/10–18 cm2 = 1021 cm–3. Will man diese organischen Verbindungen durch Anregung mit Laserlicht der Wellenlänge von 193 nm (ArF-Excimerlaser) in einen repulsiven Zustand überführen, ist dazu eine Laserpulsenergiedichte von weniger als 100 mJ/cm2 erforderlich, wenn man von einer, für die 193-nm-Photoablation typische Abtragtiefe unter 1 μm ausgeht. Charakteristische Rekombinationszeiten der angeregten Polymere liegen in der Größenordnung von ca. 100 ns [3]. Folglich muss auch die Laserpulsenergie in dieser kurzen Zeit zur Verfügung gestellt werden, das bedeutet man benötigt Lichtintensitäten in der Größenordnung von MW/cm2. Im Bereich höherer Leistungsdichten und kürzeren Pulsdauern (I ≥10–10 W/cm2, t≤10 ns) gelangt man in den Bereich der Photodisruption, bei der die Laserpulsenergie über ein durch einen optischen Durchbruch gezündetes Plasma in die bestrahlte Probe eingekoppelt wird. Der Ab-
87 8.2 · Excimerlaser
tragmechanismus bei der Photodisruption ist daher ein von der Photoablation völlig verschiedener Wechselwirkungsprozess. Die Wellenlänge des verwendeten Laserlichtes spielt hier eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus unterscheidet sich die Photodisruption von der Photoablation auch darin, dass hier nie großflächig, sondern immer nur punktförmig, d. h. im Fokus des Laserstrahls, Gewebe bearbeitet werden kann.
8.1.3
Literatur
1. Boulnois JL (1986) Photophysical processes in recent medical laser developments: a review; Lasers in Medical Science 1: 47–66 2. Oraevsky AA, Jacques SL, Pettit GH, Saidi IS, Tittel FK, Henry PD (1992) XeCl laser ablation of atherosclerotic aorta: optical properties and energy pathways. Lasers Surg Med 12: 585–597 3. Phillips D, Roberts JA (Hrsg) (1982) Photophysics of Synthetic Polymers. The Royal Institution, Science Reviews 4. Srinivasan R, Mayne-Banton V (1982) Self-developing photoetching of poly(ethylene terephthalate) films by far-ultraviolet excimer laser radiation. Appl Phys Lett 41(6): 576–578 5. Srinivasan R, Leigh WJ (1982) Ablative photodecomposition: action on far-ultraviolet (193 nm) laser radiation on poly(ethylene terephthalate) films. J Am Chem Soc 104: 6784–6785 6. Srinivasan R, Braren B, Dreyfus RW (1987) Ultraviolet laser ablation of polyimide films. J Appl Phys 61(1): 372–376 7. Srinivasan R (1990) Ablation of polymers and tissue by ultraviolet lasers. Proc SPIE 1064: 77–82 8. Wolbarsht M (1984) Laser surgery: CO2 or HF. IEEE J Qant Electron QE-20(12): 1427–1432 9. Walsh JT, Flotte TJ, Deutsch TF (1989) Er:YAG laser ablation of tissue: effect of pulse duration and tissue type on thermal damage. Lasers Surg Med 9: 314–326 10. Zweig AD, Frenz M, Romano V, Weber HP (1988) A comparative study of laser tissue interaction at 2.94μm and 10.6μm. Appl Phys B 47: 259-265 11. Zweig AD (1991) A thermo-mechanical model for laser ablation. J Appl Phys 70(3): 1684–1691
8.2
Excimerlaser H. Lubatschowski
8.2.1
Laserprinzip
Atome oder Moleküle in einem energetisch tief liegenden Zustand (z. B. Grundzustand) können durch sog. stimulierte Absorption von Licht in einen energetsich angeregten
Zustand überführt werden. Das Licht kann genau dann absorbiert werden, wenn der Abstand zwischen oberem E2 und unterem Energieniveau E1 gerade der Photonenergie E des eintreffenden Lichts entspricht (. Abb. 8.4 links). Die sog. Resonanzbedingung muss erfüllt sein: E = E2 – E1 = hv wobei h das Planksche Wirkungsquantum und v die Frequenz des eintreffenden Lichts darstellt. Das angeregte Atom strahlt die Anregungsenergie nach einer gewissen Zeit, der mittleren Lebensdauer des angeregten Zustands, bei der gleichen Frequenz wieder ab. Dieser Prozess, der nicht von außen zu beeinflussen ist, wird spontane Emission genannt (. Abb. 8.4 Mitte). Wird das Atom aber in einem Lichtfeld der gleichen Frequenz v ausgesetzt, dann kommt es zur stimulierten Emission und damit zur Verstärkung des einfallenden Lichtfelds (. Abb. 8.4 rechts). Die entscheidende Größe für das Absorptions- und Emissionsverhalten eines Mediums ist die Besetzungszahldifferenz N=N2–N1 zwischen Grund- (N1) und angeregtem Zustand N2. Im thermischen Gleichgewicht gilt für die Besetzung der einzelnen Niveaus die Boltzmann-Verteilung: N2
6 N1
E2 –E1
kT = e– 0
Hierbei ist k=1,38×10–23J/K die Boltzmann-Konstante. Man erkennt sofort, dass in einem Medium im thermischen Gleichgewicht keine Besetzungsinversion N2>N1 möglich ist (. Abb. 8.5). Folglich wird auch Licht, das in ein Medium im thermischen Gleichgewicht eingestrahlt wird überwiegend absorbiert. Eine Verstärkung wie in . Abb. 8.4 rechts kann ausschließlich bei einer Besetzungsinversion stattfinden. Um eine Besetzungsinversion zu erreichen, muss man dem System Energie zuführen und es aus dem thermischen Gleichgewicht bringen. Diesen Prozess bezeichnet man als Pumpen. Für die Zuführung der zum Pumpen notwendigen Energie gibt es verschiedene optische, elektrische oder chemische Anregungsmechanismen. Allerdings muss man zur Erzeugung der Besetzungsinversion energetisch einen Umweg beschreiten. Betrachtet
. Abb. 8.4 Absorption (links), spontane (Mitte) und stimulierte Emission (rechts)
8
88
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
serniveau noch leichter zu erreichen ist, da das untere Laserniveau grundsätzlich leer ist. Man erzeugt Laserstrahlung meist in einem optischen Resonator, in dem sich das Lasermedium befindet. Durch eine geeignete Anordnung zweier Spiegel wird die erzeugte Strahlung immer wieder durch das Gebiet, in dem Besetzungsinversion herrscht geleitet. Dabei wird die Laserstrahlung beim Hin- und Herlaufen zwischen den beiden Spiegeln durch stimulierte Emission immer weiter verstärkt, bis der Leistungszuwachs innerhalb des Systems durch die Abnahme der Besetzungsinversion und die immer stärker ansteigenden Verluste ausgeglichen wird. Einer der beiden Spiegel ist teilweise durchlässig (Auskoppelspiegel), um Strahlung aus dem Laser auskoppeln zu können . Abb. 8.7). . Abb. 8.5 Verteilung der Besetzungsdichten zweier Energieniveaus im thermodynamischen Gleichgewicht
8 man ausschließlich ein 2-Niveau-System, wird man feststellen, dass bei Energiezufuhr beispielsweise durch ein Photon, für die Absorption sowie für die stimulierte Emission exakt die gleiche Wahrscheinlichkeit besteht. Damit kann man mit optischem Pumpen also in einem 2-NiveauSystem keine Besetzungsinversion erreichen. Das optische Pumpen führt maximal zu einer Gleichbesetzung von oberem und unterem Energieniveau. Mit einem 3-Niveau- oder einem 4-Niveau-System wie in . Abb. 8.6 lässt sich eine Besetzungsinversion erreichen. Im 3-Niveau-System wird das Grundniveau 1 als unteres Laserniveau genutzt, während das oberste Niveau 3 nur als Hilfsniveau genutzt wird. Ein schneller Zerfall des oberen Niveaus bewirkt eine Besetzung in das Niveau 2, das als oberes Laserniveau dient, aber nicht durch die Pumpstrahlung mittels stimulierter Emission wieder entleert werden kann. Ähnliches gilt für einen 4-Niveau-Laser, bei dem die Besetzungsinversion zwischen oberem und unterem La-
8.2.2
Aufbau eines Excimerlasers
Der Excimerlaser ist ein gepulster Gasentladungslaser. Ein Gasgemisch aus einem Edelgas (Ar, Kr, Xe), einem Halogen (Fluor, Chlor) und einem Puffergas (He, Ne) wird in einer elektrischen Entladung zur Besetzungsinversion angeregt. Dabei entstehen ionisch gebundene Komplexe aus Edelgas und Halogen, wie ArF, KrF, KrCl oder XeCl, im elektronisch angeregten Zustand. Diese Edelgas-Halogenide können nur als angeregte Moleküle existieren. Unter Abgabe von UV-Licht zerfallen diese Spezies, die im Grundzustand nicht gebunden sind . Abb. 8.8). Die damit fast automatisch gegebene Besetzungsinversion ermöglicht sehr effiziente, gepulste UV-Laser mit Wellenlängen von 351–193 nm, bei Pulsdauern von wenigen Nanosekunden, Pulsenergien bis in den Joule-Bereich und mittleren Leistungen von einigen zehn Watt. Prinzipiell können Excimerlaser nur gepulst betrieben werden. Wiederholraten heutiger Excimerlaser liegen im Bereich von bis zu einigen Kilohertz, bei Pulsenergien von
. Abb. 8.6 Beispiel für ein 3-Niveau-System (links) und ein 4-Niveau-System (rechts)
89 8.2 · Excimerlaser
. Tab. 8.2 Die Wellenlänge eines Excimerlasers ist durch das bei der Anregung entstehende Molekül festgelegt
. Abb. 8.7 Schematischer Aufbau eines Lasers
. Abb. 8.8 Energieübergang beim ArF-Excimerlaser
wenigen Millijoule. Im industriellen Bereich werden Excimerlaser eingesetzt, die Pulsenergien von über 1 Joule erreichen. Entsprechend dem Lasermedium ist das Wort Excimer eine Zusammenziehung von »excited« (angeregt) und »dimer«. Ein Dimer besteht aus zwei gleichen Atomen oder Molekülen, allerdings werden heute vorrangig Edel-
. Abb. 8.9 Schematischer Aufbau eines Excimerlasers
Molekül
Wellenlänge
H2
123 bzw. 116 nm
Ar2
126 nm
F2
157 nm
Xe2
172 nm
ArF
193 nm
KrF
248 nm
XeBr
282 nm
XeCl
308 nm
XeF
351 nm
gas-Halogenide als laseraktives Medium eingesetzt. Deshalb wird auch der Begriff Exciplex (für excited complex) verwendet. Die Wellenlänge eines Excimerlasers ist durch das bei der Anregung entstehende Molekül festgelegt (. Tab. 8.2). Die entsprechenden Ausgangsstoffe (Gase) werden z. B. in Gasflaschen bereitgestellt. Das Gasgemisch in der Laserkavität, aus dem die laseraktiven Excimere bzw. Exciplexe erzeugt werden, muss regelmäßig ersetzt werden, da sich sowohl durch längere Standzeiten als auch durch den laufenden Betrieb die Eigenschaften des Gasgemisches derart verändern, dass die Pulsenergie unter einen akzeptablen Wert abfällt. Den typischen Aufbau eines Excimerlasers zeigt . Abb. 8.9. Das Strahlprofil wird wesentlich von der Position der anregenden Elektroden mitbestimmt und ist meistens rechteckig. Da in den wenigen Nanosekunden der Anregung die Photonen im Resonator nur wenige Umläufe machen können, bildet sich kein homogenes Intensitätsprofil
8
90
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
. Abb. 8.10 Typisches Strahlprofil eines Excimerlasers
8
aus (. Abb. 8.10). Das Strahlprofil muss deshalb für refraktivchirurgische Anwendungen nachträglich homogenisiert werden. Traditionell waren es große Excimerlaser mit hoher Pulsenergie, die für industrielle Anwendungen herangezogen wurden. Kompakte Excimerlaser, die geringere Pulsenergie, aber aufgrund einer hohen Pulsfolgefrequenz eine vergleichbare mittlere Leistung bieten, konnten sich in den letzten Jahren mit wesentlich verbesserten Verbrauchskosten, Service- und Standzeiten als Alternative etablieren [1, 2]. Fazit für die Praxis Der ArF-Excimerlaser erreicht mit seiner Wellenlänge von 193 nm und seiner kurzen Pulsdauer von wenigen Nanosekunden die beste Abtragqualität aller photoablativ arbeitenden Lasersysteme. Da es sich um einen Gaslaser handelt, ist er vergleichsweise groß und wartungsintensiv. Jahrzehntelanger Einsatz in der Materialbearbeitung und refraktiven Laserchirurgie haben ihn zu einer zuverlässigen Strahlquelle heranreifen lassen. Eine Alternative ist nicht in Sicht.
8.2.3 1. 2.
Literatur
Basting D, Marowsky G (2005) Excimer Laser Technology. Springer, Berlin Heidelberg New York Delmdahl R (2010) The excimer laser: Precision engineering. Nature Photonics 4: 286
8.3
Femtosekundenlaser D. Kook, M. Mrochen, S. Schumacher, G. Grabner
8.3.1
Hintergrund
Erste Arbeiten über Anwendungen der Femtosekundenlasertechnologie in der Augenheilkunde stammen aus den späten 1980er Jahren und beschreiben Ergebnisse der Interaktion des Femtosekundenlasers (fs-Lasers) mit Netzhautgewebe im Tierversuch [1]. Die Bearbeitung mensch-
licher Hornhaut in vitro wird erstmals 1994 berichtet [2]. Seit dem Jahr 2001 kamen klinisch einsetzbare Femtosekundenlasersysteme verschiedener Firmen auf den Markt und setzten sich besonders als Ersatz des Mikrokeratoms rasch durch, wobei bislang weltweit etwa 4 Millionen Femtosekundenlaser-assistierte Hornhauteingriffe durchgeführt wurden. Prinzipiell sind zahlreiche Anwendungen des fs-Lasers in der Ophthalmochirurgie denkbar, wobei sich viele Techniken noch in vorklinischer Prüfung befinden [3]. Dabei sind die Applikationen in zwei Bereichen möglich: In der Hornhaut und Sklera »sub-surface«: Die Wechselwirkung findet knapp unterhalb der Gewebeoberfläche (typischerweise einige 100 μm, bis in die Vorderkammer) statt und intraokular (die Therapieoptionen betreffen dabei Linse und Iris.
8.3.2
Physikalisches Prinzip
Die Erzeugung von Femtosekundenlaserpulsen (1 fs=10–15 s) unterscheidet sich im grundsätzlichen physikalischen Prinzip von der Erzeugung längerer Laserpulse (Pulsdauer im Mikro-, Nanosekunden Bereich) und kontinuierlichen Lasern (Bestrahlungsdauer im Sekunden und Minuten Bereich) [4]. Eine Veranschaulichung der unterschiedlichen Pulserzeugung ist in . Abb. 8.11 dargestellt. Kontinuierliche Laser emittieren ihre Strahlung basierend auf der im Lasermedium (z. B. Argongas) herrschenden Verstärkung in Abhängigkeit der kontinuierlichen Pumpleistung für das aktive Lasermedium (7 Abschn. 8.2). Wird die Pumpleistung für das aktive Medium erhöht, wird auch entsprechend mehr kontinuierliches Laserlicht abgegeben. Die Erzeugung von Laserpulsen im Nanosekundenbereich (1 ns=10–9 s) erfolgt in der Regel über das Prinzip der Güteschaltung (Q-switch). Hierbei wird die optische Verstärkung des aktiven Lasermediums (z. B. Neodym:YAG) künstlich durch einen optischen Schalter (Switch) im Resonator des Lasers erhöht (Reduktion der Güte des Resonators). Wird nun der optischen Schalter geöffnet, entsteht durch die sehr hohe Inversion (Verstärkung) im aktiven Medium ein »Riesenimpuls« mit großer Energie – die gespeicherte Pumpleistung wird mit einem Mal freigesetzt. Durch seine Ausbildung wird wiederum die Inversion des aktiven Mediums reduziert und der Laserimpuls erlischt nach sehr kurzer Zeit. Durch dieses Verfahren können je nach Lasertyp kurze Laserpulse im Zeitbereich von einigen Nanosekunden und Pulsenergien von einigen Millijoule bis Joule entstehen. Für die Erzeugung ultrakurzer Femtosekundenpulse wird das Verfahren der »Modenkopplung« genutzt. Hierbei werden alle axialen Lasermoden (Lichtwellen unterschiedlicher Frequenz, die sich im Laserresonator ausbilden können) so moduliert, dass sie in fester Phasenbeziehung im
91 8.3 · Femtosekundenlaser
a
b
c
. Abb. 8.11a–c Vergleich der Erzeugung von unterschiedlichen Laserpulsen als hydrostatisches Modell. a Kontinuierliche Laserstrahlung, es wird durch kontinuierliches Pumpen (Wasserzulauf ) eine Verstärkung im aktiven Medium erzeugt (Wasserstand im Becken). Die erzeugte Laserstrahlung wird kontinuierlich über einen Auskoppelspiegel (hier als Auslass dargestellt) aus dem Laserresonator entnommen. Die ausgekoppelte Lichtleistung und die daraus entstehende Reduktion der Verstärkung des aktiven Mediums werden durch das kontinuierliche Pumpen wieder ausgeglichen. b Bei einem gütegeschalteten Laser wird die Auskopplung der Strahlung solange unterbrochen (Korken im hydrostatischen Modell) bis sich eine deutlich höhere Verstärkung im aktiven Medium ausgebildet hat (Wasserstand im Becken). Jetzt wird der optische Resonator durch den Güteschalter freigegeben (Entfernen des Korken) und es
wird ein Riesenimpuls (Wasserstrahl mit hohem Druck) ausgesendet bis die Verstärkung des aktiven Mediums nicht mehr ausreicht den Laserstrahl zu verstärken oder der optischen Güteschalter wieder geschlossen wird. c Modengekoppelte Laserpulse sind vergleichbar mit einer Wasserwelle, welche in einem Becken zwischen den Beckenrändern (Resonator) hin- und her läuft. Trifft der Laserpuls auf den Auskoppelspiegel des Resonators, wird ein Teil des Laserpulses ausgekoppelt. Der Energieverlust wird durch optisches Pumpen (Wasserzulauf ) wieder kompensiert. Es werden ultrakurze Laserpulse mit definiertem Zeitabstand (Resonatorumlaufzeit) ausgesendet. Die Pulsenergie von einigen Nanojoule ist in der Regel sehr gering und muss für ophthalmologische Anwendungen oft verstärkt werden
Resonator oszillieren. Dabei kommt es zu konstruktiven und destruktiven Interferenzerscheinungen der einzelnen Lasermoden (. Abb. 8.12). Durch eine geeignete Überlagerung dieser Lasermoden entstehen kurzen Intensitätsspitzen umgeben von Bereichen der vollständigen Auslöschung der elektrischen Feldamplitude der Lichtwellen, die im Resonator umlaufen und ausgekoppelt werden (. Abb. 8.11). Dabei ist die Kürze der Intensitätsspitzen (Laserpulse) abhängig von der Anzahl der gekoppelten Moden, je mehr Moden gekoppelt werden desto kürzer der Puls. Theoretisch können in einem Laserresonator unendlich viele Moden gekoppelt werden, in der Praxis ist die Anzahl der Lasermoden jedoch durch die endliche spektrale Bandbreite des lichtverstärkenden Laserkristalls begrenzt. Je größer die spektrale Bandbreite des aktiven Lasermediums, desto kürzere Intensitätsmaxima (Laserpulse) lassen sich realisieren. Mit einigen Laserkristallen (z. B. Titan:Saphir) werden Laserpulsdauern von nur einigen wenigen Femtosekunden erreicht. Geeignete breitbandige Laserkristalle, die in ophthalmologischen Femtosekunden-Lasersystemen verwendet werden, sind Kristalle aus Ytterbium:Wolframat (Yb:KGW), Nd:YLF (Yttrium-Lithium-Fluorid) oder Nd: Glas-Verbindungen (emittierte Wellenlängen: 1030– 1050 nm). Die Kristalle dieser Lasersysteme haben eine Bandbreite von einigen Nanometern (ca. 4–10 nm), die Laserpulsdauern von einigen 100 Femtosekunden (10–13 s) ermöglichen. Der Wellenlängenbereich von 1030–1050 nm eignet sich nun besonders für die Hornhautchirurgie, da in diesem spektralen Bereich praktisch keine Absorption (. Abb. 8.2) oder Lichtstreuung in ihr stattfindet. Diese aktiven Lasermedien lassen sich auch oft über kosteneffi-
ziente und leistungsstarke Laserdioden optisch pumpen. . Abb. 8.13 zeigt dabei schematisch einen typischen Aufbau eines Femtosekundenlasers. Es werden meist zwei Pumpquellen benötigt, eine für den Laseroszillator, der die Femtosekundenpulse erzeugt und eine weitere für die Verstärkerstufen des Lasers, in denen die Laserpulse mehr Energie gewinnen. Ein optischer Schalter wählt die für die Behandlung benötigten Pulse aus, die über eine computergesteuerte Scaneinheit im vorderen Augenabschnitt fokussiert eingebracht werden. Hinter dem schematischen Aufbau verbirgt sich eine sehr hohe Komplexität der einzelnen Komponenten des fs-Lasers, um die im klinischen Einsatz benötigten hohen Anforderungen an Strahlqualität und Fokussierbarkeit zu garantieren. Daher fordern einige Hersteller der Lasersysteme konstante und stabile Umgebungsbedingungen (Temperatur und Luftfeuchtigkeit) mit geringer Toleranzbreite, da sonst eine Dejustierung des optischen Systems auftreten kann, die zu Intensitätsschwankungen des Lasers oder optischen Aberrationen führt und so die Laser-Gewebe Interaktion negativ beeinflusst.
8.3.3
Photodisruption
Ultrakurze Laserpulse unterscheiden sich in ihrer Wechselwirkung mit Materie wesentlich von Pulsen mit längerer Dauer. Während die Wechselwirkung letzterer auf Grund linearer Absorption (Lambert-Beer-Gesetz) an der Oberfläche der Materie stattfindet, basiert die sog. Photodisruption, der Effekt von ultrakurzen Laserpulsen, auf nicht-linearer Absorption; d. h. das Absorptionsverhalten der ul-
8
92
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
9 . Abb. 8.12 Prinzip der Modenkopplung. Drei stehende Wellen (rot) mit unterschiedlicher Frequenz werden überlagert (blau). Es bildet sich ein Intereferenzbild mit neuen Minima und Maxima aus. Werden mehrere tausend (n) Wellen gekoppelt, verbleibt ein deutliches Maxima umgeben von einer Auslöschung der Wellenamplitude (grün)
8
trakurzen Pulse hängt von der vorliegenden Intensität (Leistung pro Fläche [W/cm2]) ab. So kann dieser transparentes Gewebe durchdringen und nur an jenem Punkt ein Absorptionsprozess stattfinden, an dem der Lichtpuls durch Optiken gebündelt (fokussiert) wird und die Intensität eine gewebespezifische Schwelle übersteigt [5]. Wird diese Schwelle von etwa 1010–1011 W/cm2 überschritten, dann tritt der sog. »laser induced optical breakdown « (LIOB) auf [6]. Er ist der auslösende Wirkmechanismus bei der Anwendung ultrakurzgepulster fs-Laser in der Hornhautchirurgie. Durch die hohe Photonendichte im Fokus treten zwei nicht-lineare Absorptionsmechanismen, die sog. Multiphotonen- und Kaskadeninonisation auf. Sie erzeugen ein Plasma bestehend aus freien Elektronen und Ionen, welches auf das Fokusvolumen beschränkt ist. Durch die schlagartige Aufheizung des Plasmas und der anschließenden Rekombination der Ionen und Elektronen (Abkühlung) im Gewebe kommt es zur Abstrahlung einer Schockwelle von mehreren 10 MPa aus dem Fokusvolumen, die jedoch schnell an Energie verliert [6]. Durch die kurze Lebensdauer des Plasmas (einige Pikosekunden (1 ps=10–12 s) wird keine thermische Energie an das umliegende Gewebe abgegeben. Zusätzlich zum Abstrahlen der Schockwelle führen die aufgetretenen mechanischen Kräfte beim LIOB zur Bildung einer Kavitationsblase am Ort des Fokusvolumens. Sie schwingt auf und kollabiert anschließend – dabei können auch mehrere Schwingungszyklen auftreten. Ihre Größe skaliert dabei mit der Energie des Laserpulses und ist deutlich größer als das Fokusvolumen selbst. Je mehr Energie im Gewebe deponiert wird, desto größer die entstehende Kavitationsblase und desto stärker ihr gewebezerreißender Effekt. Nachdem die Kavitationsblase endgültig kollabiert ist, verbleibt im Fokusvolumen eine kleine Gasblase, die mit der Zeit in Lösung übergeht [7]. Die Schnittwirkung durch die fs-Laserpulse wird erreicht indem (computergesteuert) einzelne Laserschüsse nebeneinander platziert werden und somit ein kontinuierlicher Schnitt im Gewebe entsteht. Größtmögliche Präzision wird bei minimalem Volumen der Kavitationsblase erreicht. Da sie mit der Energie (Joule) skaliert und das Auslösen des LIOB von der Intensität (W/cm2) abhängt, steigt die Präzision durch kürzere Pulse und durch das Erreichen eines kleineren Fokusvolumens (stärkere Fokussierung). Wenn sich andererseits das pro Laserschuss geschnittene Gewebe verringert, wird eine höhere Pulszahl benötigt, um die gleichen Schnittgröße zu erzielen. Ohne Steigerung der
93 8.3 · Femtosekundenlaser
. Abb. 8.13 Schematischer Aufbau eines ophthalmologischen fs-Lasersystems. Ein meist diodengepumpter Laseroszillator erzeugt vergleichsweise energiearme fs-Laserpulse, die in einem Verstärkermodul an Energie gewinnen. Auch dieses wird optisch gepumpt. Ein optisches Schaltmodul wählt die für die ophthalmologische Anwendung benötigten Laserpulse aus und appliziert diese über einen computergesteuerten Laserscanner ins Zielgebiet des Auges
Repetitionsrate des Lasersystems würde dies zu einem Anstieg der Behandlungsdauer führen. Die Schnittqualität ist zudem abhängig vom räumlichen Abstand der Laserpulse in Abhängigkeit ihrer Energie. Wird der Abstand zu klein gewählt, führt dies zu einer starken Gasentwicklung, ist er zu groß, verbleiben Gewebebrücken und die Schnittqualität sinkt [8]. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Effekt des LIOB ist es, dass nicht die gesamte Laserpulsenergie absorbiert, sondern ein signifikanter Anteil durch das Fokusvolumen hindurch propagiert wird. Im Falle der Hornhautchirurgie dringt es somit weiter ins Auge und trifft auf die Netzhaut. Der Anteil des durch das Fokusvolumen transmittierten Lichts hängt dabei von der numerischen Apertur NA (Stärke der Fokussierung) ab und kann bei einer typischen NA von 0,3, die in der Ophthalmologie verwendet wird, bis zu 30% betragen. Da der Strahl stark divergent die Netzhaut erreicht, ist seine Intensität dort jedoch so gering, dass kein LIOB ausgelöst werden kann, jedoch absorbieren die pigmentierte Iris, das retinale Pigmentepithel (RPE) und die Aderhaut die Laserpulsenergie fast vollständig [9]. Ein einzelner Puls führt dabei keineswegs zu einer für das Auge gefährlichen Temperaturerhöhung, jedoch werden bei einer Operation mehrere Millionen Pulse innerhalb einer kurzen Zeitspanne appliziert, wodurch ihr Temperaturanstieg kumuliert. Man kann dies als eine kontinuierliche Bestrahlung der Netzhaut ansehen. ! Cave Die mittlere Leistung der Laserpulse darf nicht zu hoch sein, da sonst thermische Schäden im Bereich der Netzhaut auftreten könnten.
8.3.4
Femtosekundenlasersysteme
Derzeit existieren 5 kommerzielle FemtosekundenlaserSysteme für die Augenheilkunde, die sich in zahlreichen Parametern voneinander unterscheiden (. Tab. 8.3). Ein wesentlicher Aspekt, der das Lasersystem von Ziemer (Femto LDV) von den vier anderen unterscheidet, ist der Verzicht auf eine Verstärkerstufe im Lasersystem. Dadurch besitzen die Laserpulse eine deutlich geringere Pulsenergie im Vergleich zu den anderen fs-Lasern. Dies wird durch eine viel höhere Repetitionsrate ausgeglichen. Durch das Fehlen aufwändiger Verstärkerstufen ist der LDV-Laser im Vergleich zu den anderen Geräten kleiner, mobil und gegenüber Umgebungseinflüssen robuster. Aufgrund seiner speziellen Scantechnik ist der Anwendungsbereich derzeit aber noch etwas eingeschränkt.
8.3.5
Interfaces
Die mechanische Ankoppelung der Systeme an den Bulbus des Patienten unterscheidet sich hinsichtlich der Applanation: planare »Patienten-Interfaces« (PI) stehen »Docking«-Systemen gegenüber, die versuchen durch eine konkave Kontaktfläche die Hornhaut möglichst gering zu verformen und damit eine Kompression des Gewebes mit Verformungen und einen Anstieg des intraokularen Druckes während des Schnittes möglichst gering zu halten. Untersuchungen der Universitätsaugenklinik Salzburg an humanen Spenderbulbi konnten mittels intravitrealer Augeninnendruckmessung (IOD) während des Applanationsvorgangs deutliche Unterschiede des IOD
8
94
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
. Tab. 8.3 Überblick über die derzeit verfügbaren fs-Lasersysteme
8
Lasersystem
IntraLase iFS (AMO)
Femto LDV (Ziemer)
FemTec (Technolas Perfect Vision GmbH)
VisuMax (Carl Zeiss Meditec)
FS 200 (Wavelight)
Lasertyp
Verstärker
Dioden-gepumpter Ytterbium-Oszillator
Verstärker
Verstärker
Ytterbium-OszillatorVerstärker
Wellenlänge in nm
1053
1045
1053
1043
1045
Pulsdauer in fs
600–800
200–350
500–700
220–580
200
Pulsenergie in μJ
0,2–0,8
0,3 μm bei 6,0-mm-Pupille. Die Mehrheit (ca. 80%) der für die refraktive Chirurgie geeigneten Patienten liegt jedoch nicht in diesem Bereich. Somit bietet sich die Wellenfront-geführte Behandlung nur für ca. 20% der Patienten an, kann jedoch ohne Einschränkung auf alle Patienten angewendet werden. Eine grundlegende Einschränkung ergibt sich im Wesentlichen nur aus der Messbarkeit des individuellen Patientenauges sowie die für den operativen Eingriff allgemein gültigen Beschränkungen (z. B. verbleibende Hornhautdicke). Präoperative Untersuchungen und Messungen Die gebräuchlichsten Messsysteme für die Bestimmung der Wellenfrontfehler sind der Hartmann-Shack-Sensor und das Tscherning-Aberrometer. Beiden gemein ist, dass Laserstrahlen durch die Optik des Auges geführt werden und deren durch die individuelle Optik bedingte Ablenkung gemessen wird. Im Falle des Hartmann-Shack-Sensors wird der von der Netzhaut gestreute Lichtstrahl über eine Mikrolinsenstruktur als Punktmuster abgebildet, beim Tscherning-Aberrometer wird ein Punktmuster auf die Netzhaut projiziert; die entstandene Matrix wird jeweils von Kameras festgehalten. In einem nächsten Schritt wird die dadurch erhaltene individuelle Wellenfront aus den gemessenen Punktverschiebungen im Vergleich zu den idealen Punktpositionen berechnet. Das Ablationsprofil ergibt sich direkt aus der Wellenfront unter Berücksichtigung des Brechungsindexübergangs von Luft zu Hornhaut und der Tatsache, dass der Excimerlaser nur Gewebe entfernen kann. Voraussetzung für die Wellenfront-geführte Behandlung ist genau wie bei der Topographie-geführten Behandlung eine valide und reproduzierbare Messung der Wellenfront. Eine Validierung der Einzelmessung lässt sich zunächst durch visuelle Kontrolle der Spotdetektion beim
8
110
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
. Abb. 8.24 Änderung der optischen Aberrationen höherer Ordnung nach der Behandlung mit Wellenfront-geführten Ablationsprofilen. Es ergibt sich im Bereich bis zu –4 dpt sphärisches Equivalent eine geringfügige Reduktion der optischen Aberrationen höherer Ordnung (rmsh – root mean square Wellenfrontfehler höherer Ord-
nung). Im Bereich von –4 bis zu –7 dpt sphärisches Äquivalent eine geringfügige Zunahme der optischen Aberrationen höherer Ordnung. (Mit freundlicher Genehmigung von Guy Kezirian, Surgivision, USA
Wellenfront-Sensor erreichen. Sollten mehrere Messpunkte von der Software nicht erkannt werden oder falsch zugeordnet sein, so kann dies zu Fehlberechnungen bei der Wellenfront führen. Weiterhin kann die Wellenfrontrefraktion mit anderen Refraktionsmessungen wie die subjektive Refraktion und oder die Refraktion eines Autorefraktors verglichen werden. Hierbei sollte beachtet werden, dass die Pupillengrößen jeweils für den Vergleich angepasst wurden, insbesondere im Vergleich zur subjektiven Refraktion. Bei stark irregulären Augen kann es zu Abweichungen von mehr als 1 Dioptrie zwischen der subjektiven und der Wellenfrontrefraktion kommen. Ursache für diese Unterschiede sind die angewendeten Berechnungsmethoden für die Wellenfrontrefraktion basierend auf ZernikeKoeffizienten. Es ist zu berücksichtigen, dass die Zernike-Koeffizienten vom Pupillendurchmesser abhängen. Ein Vergleich der Wellenfrontrefraktion mit der subjektiven Refraktion sollte deshalb bei kleiner Pupille erfolgen. Grund hierfür ist, dass mit größer werdenden Pupille die optischen Aberrationen höherer Ordnung einer deutliche größeren Einfluss auf die Wellenfrontrefraktion nehmen.
Ergebnisse Die klinischen Ergebnisse der Wellenfrontgeführten Behandlungen sind im Verhältnis zu den Ergebnissen der Wellenfront-optimierten Behandlungen zu bewerten. Stonesipher und Kezirian [5] berichten über die Ergebnisse der Vergleichsstudie zwischen Wellenfrontoptimierten und Wellenfront-geführten Behandlungen bei 374 myopen Augen in den USA die mit der gleichen Laserplattform behandelt wurden. In dieser prospektiven Studie ergab sich 3 Monate postoperativ für beide Gruppen in 93% der Augen ein unkorrigierter Visus von 1,0 oder besser. Es zeigten sich weiterhin keine Unterschiede bei der Sicherheit oder beim prä- und postoperativen Vergleich der Visuswerte. Entscheidend ist jedoch, dass die meisten Patienten mit einem sphärischen Äquivalent von unter –4 dpt eine Reduktion bei den höheren Ordnungen nach Wellenfront-geführter Behandlung aufweisen (. Abb. 8.24). Im Vergleich hierzu ist bei den Wellenfront-optimierten Behandlungen keine signifikante Veränderung bei den optischen Aberrationen höherer Ordnung zu verzeichnen (. Abb. 8.17). Padmanabhan und Kollegen fanden in ihrer bilateralen Vergleichsstudie zwischen Wellenfront-optimierten und Wellenfront-geführten Behandlungen vor allem Unterschiede bei den optischen Aberrationen höherer Ordnung als auch beim postoperativen Kontrastsehen. Während sich das Kontrastsehvermögen bei den geringeren und mittleren Frequenzen nicht veränderte, reduzierte sich der Kontrast bei den höheren Frequenzen nach Wellenfrontgeführten Behandlungen signifikant. Demgegenüber zeigte sich eine signifikante Reduktion der Kontrastwerte auf allen Frequenzbereichen nach Wellenfront-optimierten Behandlungen.
8
> Als einfache Regel kann man davon ausgehen, dass der zentrale Bereich der Wellenfront (Pupillendurchmesser 3–4 mm) die subjektive Refraktion besser beschreibt als die Wellenfrontrefraktion bei dilatierter Pupille (6–7 mm Durchmesser).
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Wellenfrontanalyse findet in der Regel ihre Grenzen bei stark irregulären Hornhäuten oder bei trüben Medien im Augen (z. B. Katarakt). Hier steht als Alternative die Topographie-geführte Behandlung zur Verfügung.
111 8.4 · Ablationsprofile
8.4.7
Ray-tracing-Ablationsprofile
Beim »Ray-tracing-Profil« handelt es sich um ein Ablationsprofil, das sowohl hornhauttopographische Daten als auch Aberrometrie- und Biometrie-Messwerte berücksichtigt [18]. Unter »ray tracing« versteht man die Verfolgung (Berechnung) von Lichtstrahlen durch ein optisches System wie dem Auge. Basierend auf dem »ray tracing« lassen sich bestimmte optische Anordnungen optimieren, um eine bessere Qualität im gesamten optischen System zu erzielen. Die Besonderheit des ray tracings liegt vor allem darin begründet, dass im Gegensatz zu allen bisher verwendeten Ablationsprofilen kein »allgemeines« Augenmodell als Grundlage für die Berechnung des Ablationsprofils verwendet wird, sondern dass die individuellen biometrischen und topographischen Daten herangezogen werden, um ein »individualisiertes« Augenmodell zu erstellen, das auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten ist. Ein solches Augenmodell kann für unterschiedliche Behandlungsplanungen genutzt werden. Einerseits lassen sich sowohl Ablationsprofile, intraokulare Linsen als auch Kombinationen daraus berechnen. Alle diese Berechnungen erfolgen iterativ bis die gewünschte Qualität erreicht ist und es ist dieses iterative Vorgehen, das eine verbesserte Berechnung im Vergleich zu anderen Verfahren ermöglicht. Für die Planung von Ablationsprofilen wird das individuelle Augenmodell genutzt, um die optimale Form der Hornhautvorderfläche für die gewünschte optische Qualität zu berechnen. Diese Berechnung erfolgt in zwei grundlegenden Schritten: 4 Dreidimensionales »ray tracing« von der Netzhaut zur Hornhaut 4 Iterative Veränderung der idealen Hornhautform, bis die optische Qualität des Gesamtauges erreicht ist Das Ray-tracing-Ablationsprofil erhält man nun aus der Differenz zwischen der ursprünglichen Hornhautform und der optimierten Hornhautform. Im Gegensatz zu den anderen Ansätzen für die Berechnungen von Ablationsprofilen berücksichtigen Ray-tracing-Ablationsprofile bereits die Multi-Linseneffekte des menschlichen Auges. Neben der Möglichkeit, eine perfekte optische Korrektur anzustreben, die vollständige Korrektur der optischen Aberrationen höherer Ordnung, bietet dieses Vorgehen den Vorteil, bestimmte optische Aberrationen nach der Behandlung anzustreben. Solche Ansätze sind für die Realisierung von Ablationsprofilen für die Presbyopie-Behandlung von Interesse, um eine definierte Zunahme der Tiefenschärfe des postoperativen Auges zu erzeugen. Die Ray-tracing-Ablationsprofile sind bisher noch in der klinischen Erprobung, auf die Ergebnisse von diesen prospektiven klinischen Studien darf man gespannt sein.
Vorteile des Ray-tracing-Ablationsprofils 4 Große optische Zone 4 Berücksichtigt die optischen Aberrationen höherer Ordnung des gesamten Auges 4 Berücksichtigung der Hornhautform (korneale Asphärizität und Irregularitäten) 4 Minimierung der optischen Aberrationen (Wellenfrontfehler höherer Ordnung) bei Augen mit bestehenden optischen Aberrationen 4 Automatische Zentrierung durch objektive Messung mit Topographiesystemen möglich 4 Hohe Vorhersagbarkeit des refraktiven Ergebnisses.
Nachteile des Ray-tracing-Ablationsprofils 4 Messungen können durch unterschiedliche Zentrierungen bei unterschiedlichen Messverfahren beeinflusst sein 4 Verfahren erst in der klinischen Erprobung
8.4.8
Presbyopie-Ablationsprofil
Optische Konzepte für die Korrektur der Presbyopie (d. h. Alterssichtigkeit) sind Lesebrillen, Monovision, multifokale Kontaktlinsen und Intraokularlinsen (IOL) sowie akkommodierende IOL. Keines dieser Verfahren kann jedoch die Akkommodation wirklich wiederherstellen. Alle Verfahren sind vielmehr Kompromisse, die eine relativ gute Qualität im Nahvisus auf Kosten der Qualität des Fernvisus erzeugen. Selbst ein kleiner Anteil von Astigmatismus ermöglicht eine geringe Pseudoakkommodation bei pseudophaken Patienten. Es wurden in der Vergangenheit mehrere Verfahren zur Wiederherstellung der Akkommodation mit skleraler Expansion in der Nähe des Ziliarkörpers entwickelt, jedoch hat sich keines dieser Verfahren bisher als wirksam erwiesen. Die ersten Presbyopie-Korrekturen in der refraktiven Laserchirurgie stammen aus den frühen 1990er Jahren, haben noch keine klinische Akzeptanz gewonnen. Unterschiedliche anspruchsvollere Presbyopie-Ablationsprofile sind bereits vorgeschlagen worden, einschließlich eines induzierten »central steep island« (CSI), einem dezentrierten central steep island sowie einer Zone für die Nahsicht in der mittleren Peripherie von der Hornhaut. Ein weiterer Ansatz ergibt sich aus der Erzeugung einer »prolaten« Hornhautform (»global optimum«, GO), die zu einer sphärischen Aberration führt und somit in einer Zunahme der Tiefenschärfe resultiert (. Abb. 8.25). Obwohl die Ansätze verschieden sind, sehen die Berichte über erste klinische Ergebnisse oft vielversprechend aus. Selten wird aber über den zu erwartenden Verlust der Qualität des Sehens durch diese multifokale Behandlung berichtet [19].
8
112
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
a
b
. Abb. 8.25a,b Beispiel für korneale Topographien beim global optimum (a) und beim central steep island (b)
8
Somit stellt sich die grundlegende Frage, welche Konfiguration der Hornhautform einen klinisch bedeutungsvollen Kompromiss von geringen Verlusten im Fernvisus, kombiniert mit der Verbesserung im Nahvisus, ergibt. Koller und Seiler untersuchten die vier Optionen und identifizierten die zwei vielversprechenden Ansätze: 4 Das CSI kombiniert mit passender Krümmung und Asphärizität im Rest der Hornhaut 4 GO für die Krümmung und Asphärizität Während der erste Vorschlag eine multifokale Hornhaut mit zwei Hauptfoki entspricht, ist der zweite Vorschlag eine rein asphärische hyperprolate Form, die eine geringe Kurzsichtigkeit mit vermehrter Tiefenschärfe bietet. Beide Hornhautformen erzeugen eine stärkere Brechkraft für die Nähe im zentralen Gebiet der Hornhaut, das durch eine mittlere Peripherie mit geringerer Brechkraft umgeben ist. Die wichtigste treibende Kraft bei beiden Ansätzen ist die Größe der Pupille, die während der Fokussierung naher Objekte (Pupillenreaktion als Teil des Nahreflexes) abnimmt und so die Tiefenschärfe erhöht. Mit dem Nahreflex der Pupille als eine treibende Hauptkraft, und angesichts der hohen Variation im Pupillendurchmesser zwischen einzelnen Personen, ist es offensichtlich, dass die Pupillendynamik eine außerordentliche Bedeutung bei der Behandlung der Presbyopie hat. Die CSI-Konfiguration ist ein Hornhautanalogon zu den künstlichen bifokale IOL mit all ihren bekannten Vorund Nachteilen, wie der Verlust im Gegenlichtvisus, Halos, Blendung und reduzierte Zufriedenheit mit dem Sehvermögen. Im Gegensatz dazu enthält die asphärische GO auch ein natürlich vorkommende Hornhaut Asphärizität, die eine variable Pseudoakkommodation je nach Asphärizitätkonstante Q anbietet. Ein wesentlicher Nachteil jeder multifokalen Optik des Auges ist jedoch der Verlust im mesopischen Sehen und in der Kontrastempfindlichkeit.
Obwohl dieses Argument vor allem für eine Hornhaut gilt, die eine deutliche multifokale Form wie das CSI hat, ist eine ähnliche Reduktion in der Kontrastempfindlichkeit auch bei stark asphärischen Hornhäuten zu erwarten. Die am häufigsten angewendete Presbyopie-Korrektur ist die Monovision, mit der das dominante Auge für Emmetropie korrigiert und das nicht-dominante Auge in leichter Kurzsichtigkeit (–0,5 bis –2 dpt) gehalten wird. In der klinischen Praxis lässt sich die optimale Konfiguration für die Monovision mit Kontaktlinsen testen und der Patient kann sich nach ein paar Tagen für eine permanente Korrektur entscheiden. Es sei angemerkt, dass der Test der Monovision mit Kontaktlinsen nicht zwangsläufig ein guter Indikator für die postoperative Zufriedenheit der Patienten ist, jedoch ermöglich dieses Vorgehen die Erwartungshaltung des Patienten besser zu erfassen und zu berücksichtigen. Vorteile des Presbyopie-Ablationsprofils 4 Nah- und Fernvisus ermöglichen Brillenunabhängigkeit im Alltag 4 Patientenakzeptanz von GO vor der Operation durch Kontaktlinsen überprüfbar
Nachteile des Presbyopie-Ablationsprofils 4 Einschränkungen im Kontrastsehen 4 Zentrierung der ablativen Zone ist kritisch für das Ergebnis 4 Reduzierte Vorhersagbarkeit des refraktiven Ergebnisses durch die sphärische Aberration 4 Abhängig vom Nahreflex der Pupille (Pupillendynamik) 4 Patientenakzeptanz von CSI nicht vor der Operation durch Kontaktlinsen überprüfbar
113 8.4 · Ablationsprofile
Ergebnisse Der letzte und meist kritische Punkt ist, dass
jede Presbyopiekorrektur zwangsläufig eine Art Kompromiss bezüglich der Sehqualität ist. Was man im Nahvisus gewinnt, verliert man im Fernvisus und umgekehrt. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Abhängigkeit des optischen Ergebnisses von der Pupillengröße sowie unter Berücksichtigung des Einflusses der Zentrierung ist es offensichtlich, dass jede Presbyopiekorrektur als eine individuelle Behandlung angesehen werden muss. Einer der stärksten Prädiktoren für ein befriedigendes Ergebnis der refraktiven Chirurgie ist die Erwartung des Patienten. Gerade bei Presbyopiekorrekturen muss das Gleichgewicht zwischen dem optisch Möglichen und dem Wunsch des Patienten gehalten werden. In diesem Zusammenhang ist die Reversibilität der Maßnahme wichtig: Einfache Monovision und GO sind einfach mit einer Re-Operation zu korrigieren, aber das CSI-Profil kann nur schwer rückgängig gemacht werden. Fazit für die Praxis In den letzten Jahren wurden Ablationsprofile in der refaktiven Laserchirurgie bedeutend weiterentwickelt. Ausgehend vom »klassischen«, auf der Munnerlyn-Formel basierenden Ablationsprofil der ersten Jahre, kommen heute verschiedene, auf die individuelle Situation zugeschnittene Ablationsprofile zum Zuge: Wellenfront-geführte und Wellenfront-optimierte Ablationsprofile stellen mittlerweile Standards bei der Erstbehandlung dar, während Topographie-geführte Ablationsprofile vorwiegend bei irregulärem Astigmatismus verschiedenster Ursache eingesetzt werden. In jüngster Zeit entwickelt wurden Ablationsprofile, die die Asphärizität der Hornhaut stärker berücksichtigen (Q-Faktor basiert), wobei diese sich noch in der klinischen Erprobung befinden. Als zukunftsweisend kann sich ein »ray tracing« der Optik erweisen. Ablationsprofile für die Presbyopiekorrektur können immer nur als Kompromisslösung angesehen werden. Der Vorteil einer Brillenunabhängigkeit im Alltag geht mit einem Verlust im Kontrastsehen einher. Es gilt die Patientenerwartungen und die optischen Möglichkeiten mit Ablationsprofilen in Übereinstimmung zu bringen.
8.4.9
Literatur
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8
114
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
8.5
Zentrierung bei Refraktionskorrekturen mit dem Excimerlaser T. Neuhann
8.5.1
8
Einleitung
Die Qualität optischer Abbildung hängt neben vielen anderen Faktoren auch davon ab, wie gut die einzelnen refraktiv wirksamen Komponenten und die Blende(n) des abbildenden optischen Systems in sich symmetrisch und zueinander zentriert sind, idealerweise eine gemeinsame Symmetrieachse, die optische Achse, besitzen (konzentrisches optisches System). Dezentrierte optische Abbildung führt zusätzliche Abbildungsfehler, namentlich Koma, Verkippung (»tilt«) und Astigmatismus (schiefer Bündel) ein. Die brechenden Komponenten des menschlichen Auges, nämlich Hornhaut-Vorderfläche, Hornhaut-Rückfläche, Linsen-Vorderfläche und Linsen-Rückfläche, sowie die Blende des Systems, nämlich die Pupille, sind jedoch nicht konzentrisch angeordnet und in sich nicht wölbungssymmetrisch. Die Symmetrieachse der Eintrittspupille ist zudem örtlich variabel je nach Pupillenweite. Deshalb ist die Frage, wie, bzw. im Bezug auf welche Referenzachse, Veränderungen am optischen System des Auges – sei es durch Veränderung bestehender oder die Einführung neuer brechender Komponenten – zu zentrieren sind. In einem konzentrischen Abbildungssystem – wie etwa in der technischen Optik – wird das von einem im Unendlichen auf der optischen Achse gelegenen Punkt ausgehende Lichtbündel aus Strahlen, die parallel zur optischen Achse verlaufen, von der Eintrittspupille begrenzt wieder im auf der optischen Achse gelegenen Brennpunkt abgebildet. Die Abbildungsgüte (MTF) wird dabei durch die optischen Aberrationen des Systems begrenzt. Der – ungebrochene – Zentralstrahl des Bündels entspricht dabei exakt der optischen Achse. Hier ist die Zentrierung höchst einfach: Sie erfolgt zur Referenz der optischen Achse, die durch die – definitionsgemäß dazu konzentrische – Mitte der Eintrittspupille technisch einfach und eindeutig bestimmbar ist. Im menschlichen Auge dagegen ist das Abbildungssystem nicht konzentrisch-symmetrisch: Hier hat jede brechende Oberfläche, ebenso wie die Eintrittspupille, ihre eigene optische bzw. refraktive Symmetrieachse. Deren Lage ist erkennbar an den »Purkinje«-Bildern: Diese sind die Reflexe der fixierten Lichtquelle an den jeweils brechenden und reflektierenden Oberflächen nach den Gesetzen der Reflexion an konvexen bzw. konkaven Spiegeln bzw. an (ggf. umgekehrten) Hohlspiegeln. Der ungebrochene Zentralstrahl des abgebildeten, von der Eintrittspupille begrenzten Strahlenbündels verläuft – bei Fixation
des Auges – so, dass das Fixationsobjekt in möglichst guter Qualität in der Fovea centralis abgebildet wird. Man könnte es auch so ausdrücken, dass das Auge sich – sein optisches Mehrflächensystem – bei Fixation so ausrichtet, dass eine bestmögliche Abbildung in der Fovea centralis entsteht; dies bedeutet, dass die Ausrichtung bei Fixation zum besterreichbaren »Zentrierungskompromiss« der brechenden Komponenten zueinander führt. Die Lage der Aperturblende – die (Eintritts-)Pupille – ist dabei nicht relevant für die Ausrichtung, nur insoweit von Bedeutung, als das abgebildete Strahlenbündel durch sie begrenzt wird. Anschaulich wird dies durch die Erfahrung mit Korektopien: Sie verändern die Ausrichtung des Auges – und die Schärfe der Abbildung – nicht, wie extrem sie auch immer seien. Verändert man – wie bei der Excimerlaserkorrektur von Brechkraftfehlern an der Hornhautoberfläche – die Wölbung und damit die lichtbrechenden Eigenschaften einer der refraktiven Komponenten, muss, um die bisherige Abbildungsgüte beizubehalten, die veränderte Fläche ebenso zentriert sein, wie sie es zuvor war. Das (Symmetrie-)Zentrum des Abtrags an der Hornhautoberfläche muss also dort liegen, wo bei Fixationsausrichtung des Auges der Zentralstrahl des abgebildeten Strahlenbündels durch die Hornhautoberfläche tritt. Diesen Punkt gilt es so genau wie möglich zu bestimmen. > Das Auge ist ein nicht-konzentrisches optisches System.
8.5.2
Die Achsen des optischen Systems des menschlichen Auges –Begriffsbestimmung
In der refraktiv-chirurgischen wissenschaftlichen Literatur findet sich eine Reihe unterschiedlicher Bezeichnungen für die Achsen des Auges, die unglücklicherweise nicht selten mit unterschiedlicher Bedeutung bzw. ohne definitorische Klarstellung verwendet werden (. Abb. 8.26). Eine ausgezeichnete Zusammenfassung findet sich bei Pande und Hillman (1993) und bei Büeler (2004). Die optische Achse ist technisch definiert als die Symmetrieachse des optischen Systems, auf welcher das (Fixations-)Objekt, alle Apices der symmetrischen brechenden Flächen, das Zentrum der Eintrittspupille und der Brennpunkt liegen. Da es im menschlichen Auge die dafür erforderliche Voraussetzung der Symmetrie nicht gibt, kann im menschlichen Auge eine wirklich optische Achse nicht definiert werden: Für das menschliche Auge könnte man eine optische Achse definieren als eine Art »best passender« (»best fit«) Gerade durch die Zentren der »Best-fit«-Sphären für die jeweiligen brechenden Oberflächen. Dann
115 8.5 · Zentrierung bei Refraktionskorrekturen mit dem Excimerlaser
8.5.3
. Abb. 8.26 Die Achsen des optischen Systems. OA optische Achse, LOS »line of sight«, VA »visual axis«, LCCR Linie des koaxial betrachteten Hornhautreflexes, PA Pupillenachse, V Hornhautscheitel, EPC Zentrum der Eintrittspupille, N, N‘ Knotenpunkte, CC Zentrum der Hornhautkurvatur
bleibt aber immer noch die Tatsache, dass die Fovea centralis etwas temporal einer solchen Linie läge und auch das Pupillenzentrum nicht nur individuell, sondern auch je nach Pupillenweite unterschiedlich weit von dieser Gerade entfernt liegt. Die »line of sight« ist diejenige Gerade, die den Fixationspunkt mit dem Zentrum der Eintrittspupille (d. h. das virtuelle Abbild der Pupille durch die Hornhaut) verbindet. Dieser Referenzgeraden wird von einigen Autoren die wichtigste Rolle für die Abbildung zugeschrieben, weil sie das Zentrum des in das Auge gelangenden Lichtbündels sei. Sie ist aber örtlich nicht fix definiert, weil sich das Pupillenzentrum mit unterschiedlicher Pupillenweite verschiebt. Die »visual axis« ist die Verbindungsgerade durch Fixationspunkt und seinem Abbild in der Fovea centralis durch die beiden Knotenpunkte (N, N’). Dies wäre offensichtlich die bestgeeignete Zentrierungsachse – sie ist nur unter klinischen Bedingungen schwierig zu ermitteln (bzw. ihr Schnittpunkt mit der Hornhautoberfläche), weil sie nicht notwendig senkrecht zur Hornhautoberfläche ist. Schließlich ist die Linie des koaxial betrachteten Hornhautreflexes (»coaxially sighted corneal reflex«) die Verbindungslinie zwischen Fixationsobjekt (als Licht) und dem Wölbungsmittelpunkt der Hornhautoberfläche, erkennbar am 1. Purkinje-Bild. Sie ist deshalb senkrecht zur Hornhautoberfläche. > 4 Optische Achse: Symmetrieachse des optischen Systems 4 Line of sight: Verbindungsgerade Fixationspunkt – Zentrum der Eintrittspupille 4 Visual axis: Verbindungsgerade Fixationspunkt – Abbild des Fixationspunktes in der Foveola, geht durch die Kotenpunkte des Systems
Zentrierungsachse und Referenzachse
Die optisch richtige Zentrierung einer refraktiven Korrektur auf der Hornhaut-Oberfläche muss zu derjenigen Achse erfolgen, die das Minimum an dezentrierungsabhängigen Aberrationen – Verkippung (»tilt«), Koma und Astigmatismus schiefer Bündel – verursacht. Diese Achse bzw. ihr Schnittpunkt mit der Hornhautoberfläche ist möglicherweise aber in der klinischen Behandlungssituation nicht einfach zu lokalisieren. Eine Referenzachse dagegen muss einfach und reproduzierbar lokalisierbar sein und eine möglichst exakt definierbare Korrelation zur Zentrierungsachse haben.
Die ideale Zentrierungsachse In der wissenschaftlichen Literatur ist die Kontroverse zwischen den Befürwortern der »visual axis« und der »line of sight« unverändert ungelöst. Uozato und Guyton argumentieren, ebenso wie Trokel und Büeler, für die »line of sight«. Ihr Argument ist im Wesentlichen, dass der Zentralstrahl (»chief ray«) des ins Auge gelangenden Lichtbündels durch das Zentrum der Eintrittspupille gehe. Pande und Hillman können als die Exponenten der Vertreter der »visual axis« als optisch richtiger Zentrierungsachse gelten. Sie argumentieren, dass der Zentralstrahl (»chief ray«) des von der Hornhautoberfläche – und damit der mit Abstand refraktiv höchst wirksamen brechenden Komponente des Auges – gebrochenen/abgebildeten Lichtbündels durch deren Schnittpunkt mit der Hornhautoberfläche gehe. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Argumenten der beiden »Schulen« würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Die Gründe und Anhaltspunkte, warum wir konsequent die Zentrierung auf die »visual axis« anstreben, seien deshalb stichwortartig und thesenhaft gegeben: 4 Die Eintrittspupille begrenzt den Ausschnitt aus dem Bild, das die brechenden Medien – zu etwa zwei Dritteln von der Hornhaut dominiert – auf der Netzhaut abbilden; mit der Abbildungsgüte hat die Aperturblende naturgemäß nichts zu tun. 4 Das Konzept des Zentralstrahls in der geometrischen Optik bezieht sich auf denjenigen Strahl, der ungebrochen durch das System geht und Gegenstand und Bild verbindet, also die »refraktive Symmetrieachse«. In einem konzentrischen optischen System fällt er mit optischer Achse und Zentrum der Aperturblende zusammen. Daraus kann aber naturgemäß nicht geschlossen werden, dass in einem nicht konzentrischen System, wie dem Auge, der Zentralstrahl durch die Blendenmitte definiert sei. Vielmehr entspricht dem, jedenfalls auf die Hornhautoberfläche bezogen, der Schnittpunkt von visual axis und Hornhautoberfläche.
8
116
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
4 Die optische Achse des nicht-konzentrischen optischen Apparates des Auges, wie sie oben als denkbar definierbar definiert worden ist, ist für die tatsächliche Abbildung gänzlich irrelevant: Der tatsächliche Strahlverlauf hat mit dieser Achse nichts zu tun; weder Fixationspunkt noch Bildpunkt liegen auf ihr. Sie enthält so viele Näherungen, dass sie für eine Optimierung der tatsächlichen Abbildungsqualität gänzlich unbrauchbar ist und sie berücksichtigt nirgends den höchst unterschiedlichen Beitrag der Einzelflächen zur Gesamtrefraktion. Anschaulich werden diese Erwägungen durch folgende Versuchsanordnungen: 5 Bewegt man in einem abbildenden optischen System eine Aperturblende, so ändert sich der sichtbare Ausschnitt, nicht aber die Abbildungsqualität in diesem Ausschnitt.
5 Bewegt man in einem solchen System dagegen eine der abbildenden refraktiven Komponenten aus der optischen Achse, verändert sich die Abbildungsqualität. 4 Die »visual axis« ist diejenige Achse, in die das Auge sich bei Fixation so ausrichtet, dass Gegenstandspunkt und Bildpunkt in der Foveola centralis auf ihr liegen. Sie ist die Achse, zu der das Strahlenbündel, das vom fixierten Gegenstandspunkt ausgeht und in der Foveola abgebildet wird, zentriert ist. Ihr Schnittpunkt mit der Hornhautoberfläche ist also das Symmetriezentrum des von ihr in der Foveola abgebildeten Strahlenbündels (aus welchem eine nicht dazu konzentrische Pupille lediglich einen lage- und durchmesserabhängigen unterschiedlichen Ausschnitt ausblendet). Dieser Schnittpunkt ist zwar praktisch schwierig in der
8
a
b
c
. Abb. 8.27 Dezentrierung der optischen Zone bei Pupillenzentrierung. a Bei diesem Auge mit ausgeprägtem Winkel κ war die myopische Korrekturzone auf die Pupillenmitte zentriert worden. b Die Topographie zeigt die Dezentrierung, die zu entsprechender Symptomatik geführt hat. c Projiziert man Topographie und Auge übereinander, erkennt man, dass die Zone tatsächlich zur Pupille zentriert ist
117 8.5 · Zentrierung bei Refraktionskorrekturen mit dem Excimerlaser
. Abb. 8.28 Die apparente Dezentrierung wird durch die Projektion auf die gewölbte, durch die relativ nasale »visual axis« etwas nach temporal gedrehte, Hornhautoberfläche nach temporal vergrößert. Wird der gerade rote Strich rechts zentriert zur exzentrischen Pupille auf die gewölbte Fläche der Hornhaut projiziert, ist die Projektionsfläche der peripheren Hälfte größer als diejenige der zentralen Hälfte: Die periphere Projektionshälfte ist zur Veranschaulichung über die zentrale gelegt
. Abb. 8.29a–c Zentrierte optische Zone bei Zentrierung auf die »visual axis«/1. Purkinje-Bild. a Bei diesem Auge besteht wieder ein ausgeprägter Winkel κ (Aufnahme bei Fixation auf das Fixationslicht des Excimerlasers). Korrigiert wurde der Refraktionsfehler von +4,0 cyl –3,25 A 5° (Visus mit Korektur 1,25). b Präoperative Placido-Topographie. Die Pupillenkontur ist gelb markiert: Die Abweichung der »visual axis« von der »line of sight« ist deutlich erkennbar. c Postoperative Placido-Topographie. Es ist der perfekt zentrierte, verzerrungsfreie Abtrag erkennbar. Die Pupillenkontur ist violett markiert: Die zur präoperativen Situation identische Abweichung der »visual axis« von der »line of sight« ist klar sichtbar. Visus unkorrigiert 1,25
a
b
c
8
118
Kapitel 8 · Technische Prinzipien
8
. Abb. 8.30 Topographien eines Patienten mit bilateralem Winkel κ nach hyperoper LASIK. Der Laser wurde auf das Zentrum der Eintrittspupille am rechten Auge zentriert und auf den kornealen Lichtreflex (1. Purkinje-Bild) am linken Auge. Man beachte die Dezentrierung des Abtrags auf dem rechten Auge. (Mit freundlicher Genehmigung von Nepomuceno et al. 2004)
Behandlungssituation zu lokalisieren; sie hat aber eine enge örtliche Korrelation zu Linie des 1. Purkinje-Bildes (»coaxially sighted corneal reflex«). Diese Referenzachse bzw. ihr Schnittpunkt mit der Hornhautoberfläche ist am Laser bei Fixation stets exakt und unzweifelhaft lokalisierbar und kann deshalb für alle praktischen Belange als Referenzachse dienen. 4 Die praktischen Ergebnisse mit der Zentrierung auf das erste Purkinje-Bild sind tatsächlich bei entsprechend großem Winkel κ besser als bei Zentrierung auf die »line of sight«, wie an den obigen Beispielen dargestellt wird.
… und die Pupille? Wir haben gesehen, dass die Pupille für die optische Zentrierung der Abtragszone keine Rolle spielt. Da die Zone der optischen Korrektur auf der Hornhaut (»optische Zone«) aber in ihrem Durchmesser ja immer limitiert ist, muss Vorkehrung getroffen werden, dass auch bei Erweiterung der Pupille unter mesopischen und skotopischen Beleuchtungsverhältnissen möglichst nur Strahlen aus dem korrigierten Anteil auf die Netzhaut gelangen. Dazu muss die optische Zone so groß gewählt werden, dass die Eintrittspupille auch bei solchen Beleuchtungsverhältnissen von ihr »abgedeckt« wird. Die Abtragszonen müssen
also keineswegs zur (Eintritts-)Pupille zentriert sein, sie müssen sie aber unter allen praktisch relevanten Beleuchtungsbedingungen vollständig abdecken, um unerwünschte Lichterscheinungen (Halos, Streuung, Blendung) zu vermeiden. Zur Veranschaulichung sollen die . Abb. 8.27 bis . Abb. 8.30 dienen. Fazit für die Praxis Die Zentrierung von Abtragszonen auf der Hornhautoberfläche zur Veränderung ihrer Wölbung und damit ihrer refraktiven Wirkung muss zur tatsächlich bei Fixation bestehenden visuellen Achse erfolgen. Weil diese »visual axis« in der Behandlungssituation schwierig genau aufzufinden ist, kann die Zentrierung mit vernachlässigbarem Fehler zur Achse des koaxial betrachteten Hornhautreflexes des Fixationsobjektes als Referenzachse vorgenommen werden. Als Referenzachse eignet sich am besten die Achse zum 1. Purkinje-Bild (»axis of the coaxially sighted corneal reflex«). Die Eintrittspupille ist für die optische Zentrierung irrelevant; sie muss jedoch unter allen Beleuchtungsbedingungen, d. h. für alle praktisch relevanten Durchmesser, von der optischen Zone abgedeckt sein.
6
119 8.5 · Zentrierung bei Refraktionskorrekturen mit dem Excimerlaser
In Fällen geringer myopischer Korrekturen und/oder geringfügigem Winkel κ induziert eine Zentrierung zur »line of sight« Aberrationen (insbesondere Koma), die nicht selten unterhalb der Schwelle klinischer Symptomatik bleiben. Bei höheren Abtragsbeträgen, hyperopischen Abtragsprofilen und/oder größerem Winkel kappa induziert eine Zentrierung zur »line of sight« Aberrationen, die zu symptomatischer Funktionsverschlechterung führen; insbesondere bei Kombinationen der genannten Faktoren können solche Verschlechterung nicht nur ein massives Ausmaß annehmen, sondern sind, wenn überhaupt, nur teilweise korrigierbar.
8.5.4 1. 2.
3.
4.
5.
Literatur
Fay AM, Trokel SL, Myers JA /1992) Pupil diameter and the principal ray. J Cataract Refract Surg 18(4):348–51 Pande M, Hillman JS (1993) Optical zone centration in keratorefractive surgery. Entrance pupil center, visual axis, coaxially sighted corneal reflex, or geometric corneal center? Ophthalmology 100(8):1230–7 Uozato H, Guyton DL (1987) Centering corneal surgical procedures. Am J Ophthalmol 103(3 Pt 1):264–75. Erratum in: Am J Ophthalmol 103(6):852 Nepomuceno RL, Boxer BS, Wachler, Kim JM, Scruggs R, Sato M (2004) Laser in situ keratomileusis for hyperopia with the LADARVision 4000 with centration on the coaxially sighted corneal light reflex. J Cataract Refract Surg 30(6):1281–6 Bueler M (1974) Optical zone and single pulse centration in corneal refractive laser surgery. Dissertation, Swiss Federal Institute of Technology, Zürich
8
9
Oberflächenbehandlung S. Pieh Videos auf DVD: ÏVideo 9.1 PRK, ÏVideo 9.2 LASEK, ÏVideo 9.3 Epi-LASIK, ÏVideo 9.4 TransPRK
9.1
Einleitung
9.2
Historischer Rückblick auf die Oberflächenbehandlungen
9.3
Wundheilung nach Oberflächenbehandlungen
9.4
Indikationen und Vorbereitung
9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4
Patientenselektion – 124 Vorbereitende Maßnahmen Ablationsprofil – 125 Ausschlusskriterien – 126
9.5
Operative Verfahren
9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.5.4 9.5.5
Photorefraktive Keratektomie LASEK – 127 Epi-LASIK – 128 Transepitheliale PRK – 129 Mitomycin C – 129
– 127
9.6
Postoperative Betreuung
– 130
9.7
Ergebnisse
9.8
Besondere Anwendungen
9.8.1 9.8.2 9.8.3 9.8.4
Narbenkorrekturen – 131 Keratoplastiken – 132 Korrektur nach LASIK – 132 Therapeutische Oberflächenbehandlungen
Literatur
– 122
– 124
– 124
– 127
– 131 – 131
– 132
– 133
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 122
– 122
122
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
9.1
Einleitung
In der refraktiven Augenlaserchirurgie wird zwischen Oberflächenbehandlungen und dem LASIK-Verfahren (Laser-in-situ-Keratomileusis; keratos, altgriech.: Hornhaut; mileusis, altgriech.: schnitzen) unterschieden. Oberflächliche Laserbehandlungen entsprechen dem englischen Terminus »surface ablation«. Unter diesem Begriff versteht man Operationsverfahren, die auf einer Entfernung des Hornhautepithels und einer darauffolgenden Excimerlaserbehandlung des Hornhautstromas beruhen, die im Vergleich zur LASIK eine unterschiedliche Wundreaktion und eine höhere Reststromadicke aufweisen. Neuere Oberflächenverfahren, die man eine Zeitlang im Angloamerikanischen auch als »advanced surface ablation« bezeichnete, zielen auf eine möglichst schonende Entfernung des Hornhautepithels ab.
9
9.2
Historischer Rückblick auf die Oberflächenbehandlungen
1985 führte Theo Seiler die erste Excimerlaserbehandlung an einem blinden Auge durch [1, 2]. Die damalige Behandlung erfolgte nach mechanischem Abtrag des Hornhautepithels. Die ersten Jahre der Oberflächenbehandlung waren durch Transparenzstörungen [3] der Hornhaut dem Haze (haze, engl. Dunst, Nebel) gekennzeichnet. Zwar bildeten sich diese Trübungen bei myopen Eingriffen innerhalb von Monaten zurück [3], trotzdem wurde die LASIK, 1990 erstmalig vorgestellt [4], zum häufigsten refraktiven Operationsverfahren. Wesentlicher Vorteil der LASIK war die rasche Rehabilitation des Patienten, geringere Schmerzen und kein »Haze«. Dennoch wurde an oberflächlichen Excimerlasermethoden weitergearbeitet, nicht zuletzt um den Nachteilen der LASIK, wie dem Ektasierisiko [5, 6] zu begegnen. 1996 wurden an der Harvard Medical School (Boston, USA) erste Versuche unternommen, Alkohol für die Entfernung des Hornhautepithels zu verwenden [7, 8]. Ziel war, Verletzungen der Bowman-Membran bei mechanischen Epithelentfernungen zu vermeiden [9]. 1998 wurde zum ersten Mal der Begriff LASEK (»laser epithelial keratomileusis« oder »laser-assisted subepithelial keratectomy«) von Camellin [7] geprägt. 2002 trug wieder Pallikaris zu einer Weiterentwicklung in der refraktiven Chirurgie bei, aber diesmal für die Oberflächenbehandlung. Er stellte ein Verfahren vor, das er Epi-LASIK [10, 11] (epipolis, griech. oberflächlich) nannte. Darunter versteht man die Entfernung des Epithels mit einem Mikrokeratom durch eine stumpfe oszillierende Hobelklinge. Seit einigen Jahren werden auch transepitheliale Abtragungsmodi angeboten wie das C-Ten (steht für »customized transepithelial no-
touch ablation«, LIGI Technologie Medicali, Tarent, Italien) und die TransPRK (Fa. Schwind; Kleinostheim, Deutschland). Bei diesen Verfahren erfolgt der Abtrag des Epithels durch den Excimerlaser im Bereich der Ablationszone, ein Verfahren das gegenüber dem mechanischen Abtrag Vorteile zeigt und vor allem durch seine simple Handhabung besticht.
9.3
Wundheilung nach Oberflächenbehandlungen
Im Laufe der Jahre konnte durch unterschiedliche Arbeitsgruppen das Verständnis für die Steuerung der Wundheilung nach refraktiven Excimerlasereingriffen verbessert werden. Nach einem oberflächlichen Excimerlasereingriff kommt es initial in den angrenzenden 100 μm des Stromas unterhalb des Wundbettes zu einer Apoptose der Keratozyten (. Abb. 9.1). Diese wird durch Freisetzung von Zytokinen wie Interleukin 1 sowie durch freie Radikale [12– 16] verursacht. Diese Apoptose findet auch bei mechanischen Epithelverletzungen [17] und bei viralen Epithelinfektionen statt. Sie ist ein von der Evolution beabsichtigter Mechanismus, so die Annahme [18], um ein Übergreifen viraler Epithelinfektionen auf stromale Keratozyten zu erschweren. Wilson et. al. interpretiert die frühe Apoptose als »early defense system« [18]. Schließlich dienen Ablagerungen von Fibronektin und Fibrinogen als Gerüst für die Migration und Adhäsion neuer Epithelzellen [19]. Mediatoren aus der Tränenflüssigkeit, aber auch aus lokal erhaltenen Epithelzellen, ermöglichen einen rascheren Epithelwundverschluss [20]. Der Wundverschluss dauert in der Regel 2–4 Tage. Bis zur vollständigen Ausbildung einer neuen Basalmembran, die durch Hemidesmosomen mit den basalen Epithelzellen verankert ist, dauert es 4–6 Wochen [21]. Die Hazeentstehung beruht auf der Aktivierung bestehender Keratozyten zu Fibroblasten und Myofibroblasten (. Abb. 9.1), die größere Zellkörper als normale Keratozyten aufweisen. Diese Aktivierung erfolgt durch Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus dem Epithel wie dem »platelet-derived growth factor« [22, 23]. Auch TGF-β aus den verletzten Epithelzellen sowie der Tränendrüse spielt eine wichtige Rolle in der Keratozytenaktivierung und bei der Hazeentstehung [24, 25]. Ferner produzieren Fibroblasten und Myofibroblasten eine geringere Menge an sog. »corneal crystallines« im Vergleich zu nicht aktivierten Keratozyten [26]. Hierbei handelt es sich um wasserlösliche Proteine, die die Transparenz der Keratozyten bewirken sollen. Die unterschiedliche Größe der Zellen sowie auch die reduzierte Menge an »corneal crystalines« werden als wichtige Ursache für die »Haze«-Ausbildung angenom-
123 9.3 · Wundheilung nach Oberflächenbehandlungen
. Abb. 9.1 Wesentlich vereinfachte Darstellung der Wundheilungsreaktion nach Oberflächenbehandlungen: Nach der Excimerlaserbehandlung kommt es zu einer Keratozytenapoptose, durch Ausschüttung von Zytokinen zu einer Aktivierung von Keratozyten zu Fibroblasten und Myofibroblasten. Die verringerte Ausbildung von sogenannten »corneal crystallines« dieser aktivierten Zellen führt zu deren reduzierter Transparenz. In weiterer Folge besiedeln Fibro-
blasten und Myofibroblasten das vordere Stroma und sezernieren eine untypische extrazelluläre Matrix, z. B. Kollagen. 4 Wochen postoperativ ist der Bereich mit aktivierten Keratozyten am größten und der Haze am stärksten. In weiterer Folge kommt es zu einer Rückbildung zu normalen Keratozyten und zum Teil auch zu einer Elimination der störenden untypischen extrazellulären Matrix
men [27]. Des Weiteren wird in dieser Phase auch eine verstärkte Expression der extrazellulären Matrix der aktivierten Keratozyten beobachtet (. Abb. 9.1). Am bedeutendsten dürfte hierfür die vermehrte Expression von Kollagen Typ III sein, welche ebenfalls die Transparenz reduziert [28, 29]. Im Anschluss an die zellfreie Zone, die durch die oben erwähnte Keratozytenapoptose entstanden ist, entwickelt sich in der ersten Woche im Bereich der aktivierten Keratozyten eine Hornhautschicht, die eine hohe Lichtstreuung aufweist. Dieser Hornhautbereich nimmt im Laufe der nächsten 3–4 Wochen an Dicke und Intensität zu und reicht dann unmittelbar bis zur Behandlungszone (. Abb. 9.1). Zu diesem Zeitpunkt erreicht der Haze sein höchstes Potenzial an Lichtstreuung [30]. In den folgenden Monaten bildet sich der Haze zurück (. Abb. 9.1). Haze stellt daher eine reversible Transparenzstörung der Hornhaut dar, die bedingt durch eine temporäre Aktivierung von Keratozyten die Oberflächenbehandlungen in der Regel begleitet. Anders ist es bei sehr tiefen Abträgen. Hier bleiben oft Narben im Bereich der Abtragungszone bestehen [31]. Bemerkenswert ist, wie durch Blockade des TGF-β mittels Antikörper die Hazeausbildung in Tierexperimenten gehemmt werden kann [24, 32]. Im Vergleich zu Oberflächenbehandlungen zeigt sich bei LASIK-Operationen mit einem mechanischen Mikro-
keratom eine geringgradigere Keratozytenapoptose [33]. Bei modernen Femtosekundenlasern kommt es zu einer vergleichbar geringen Keratozytennekrose mit einer Begleitentzündung [34]. Eine Korrelation zwischen Keratozytenapoptose und kornealem Haze konnte bisher nicht hergestellt werden [7]. Das Fehlen von Haze bei LASIKEingriffen [35] wird mit der fehlenden Interaktion von Epithelzellen und Keratozyten bei intaktem Bowman-Basalmembran Komplex erklärt. Dies erklärt auch, warum es am LASIK-Flaprand, wo diese Barriere unterbrochen ist zu leichten Hazeerscheinungen kommt. Mit den derzeitigen Erkenntnissen können nicht alle Phänomene der kornealen Wundheilung erklärt werden. Dazu gehören Hazeentwicklungen bei extrem dünnen Lasikflaps die mit einem mechanischem Mikrokeratom [36] oder einem Femtosekundenlaser [37] geschnitten wurden. > Die neuen oberflächlichen Operationsverfahren wie LASEK, Epi-LASIK oder auch die transepitheliale PRK zielen im Wesentlichen darauf ab, in der komplexen Steuerung der Wundheilung nach einem oberflächlichen Excimerlasereingriff, die Hazeentwicklung möglichst gering zu halten.
So soll die schonende Ablösung des Epithels mit Alkohol bei der LASEK die Freisetzung von Mediatoren aus den Epithelzellen hemmen. Auch die Separation des Epithels vom Stroma mit der stumpfen Epi-LASIK-Klinge soll Epi-
9
124
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
thelzellen weitestgehend unverletzt erhalten, um keine Mediatoren freizusetzen. Bei der transepithelialen PRK werden die freigesetzten Zytokine sofort verdampft. Bei den sog. Flap-on-Techniken bei der LASEK oder Epi-LASIK geht man unter anderem auch davon aus, dass der anliegende Epithellappen das stromale Wundbett vor erhöhten Zytokinkonzentrationen aus dem Tränenfilm schützt.
9.4
Indikationen und Vorbereitung
In der Begutachtung des äußeren Auges mit der Spaltlampe ist auf eine mögliche chronische Lidrandentzündung zu achten, um diese gegebenenfalls präoperativ zu behandeln. Eine Spaltlampenkontrolle der Hornhaut und der Linse, sowie eine Kontrolle der Netzhautperipherie zum Ausschluss sanierungsbedürftiger Defekte sind notwendig. Ferner ist eine präoperative Augendruckmessung, gegebenenfalls die Bestimmung des Führungsauges und bei auffälliger Anamnese eine Diagnostik der Tränenfilmsekretion durchzuführen.
9.4.1
Patientenselektion
Apparative Tests Die Durchführung einer Hornhautpa-
Anamnese
9
Die Anamnese vor einem refraktiven Eingriff soll vorausgegangene und bestehende Augenerkrankungen und Allgemeinerkrankungen abklären. Es sollte nach Strabismus in der Kindheit sowie Symptomen einer Conjunctivitis sicca, Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen, Schwangerschaft und depressiven Verstimmungen gefragt werden (7 Kap. 5). Auch nach den beruflichen Anforderungen an das Sehen des Patienten, nach möglichen Verletzungsgefahren, wie der Ausübung von Kampfsportarten oder einer Berufstätigkeit als Polizist, sollte gefragt werden. Besonderes Augenmerk, vor allem bei jungen myopen Patienten, ist auf die Stabilität der Refraktion zu legen. > Als Faustregel gilt, dass der Patient in den letzten 2 Jahren um nicht mehr als 0,5 dpt myoper geworden sein darf.
Allergien, insbesondere gegen Medikamente, sollten ebenfalls nachgefragt werden. In der Familienanamnese sind Keratokonuserkrankungen [38, 39] und Netzhautablösungen wichtig.
Präoperative Untersuchungen und Messungen Die Refraktion und Sehschärfe sollten bei normaler künstlicher Raumbeleuchtung ohne Blendquellen [40] bestimmt werden. Bei hyperopen Patienten ist immer auch eine Bestimmung der zykloplegischen Refraktion bei leicht abgedunkeltem Raumlicht (um Blendungen zu vermeiden) durchzuführen. Kontrolle ist zu erheben, inwieweit der zykloplegische Refraktionswert angenommen wird. Vorsicht ist geboten um eine Überkorrektur zu vermeiden. Die subjektive Refraktion bei Hyperopen sollte nicht um mehr als 1 dpt überkorrigiert werden. Dies auch dann, wenn die zykloplegischen Werte deutlich darüber liegen und der Patient es bei einer subjektiven Nachprobe kurzfristig auch mehr als 1 dpt über dem subjektiven Refraktionswert annimmt. In einem solchen Fall ist eine provisorische Hyperopiekorrektur für einige Tage mit der beabsichtigten Korrektur eine mögliche Kontrolle.
chymetrie, einer kornealen Topographie, bei Bedarf auch einer Scheimpflug-Untersuchung ist erforderlich. Eine Wellenfrontanalyse der Gesamtoptik und die Bestimmung der mesopischen Pupillenweite vervollständigen das Bild der individuellen Augenoptik. Bei Untersuchungen, die die Pupillenmitte erfassen, um sie für das Ablationsprofil zu verwenden, sollte die Beleuchtung des Auges an die Lichtverhältnisse während der Laserbehandlung angeglichen sein, da sich die Position der Pupillenmitte mit der Pupillengröße ändern kann (7 Kap. 4 und 24).
9.4.2
Vorbereitende Maßnahmen
Wichtig ist eine strenge Einhaltung der Kontaktlinsenkarenzen. Bei weichen Kontaktlinsen ist eine Karenzzeit von 4 Wochen, bei harten Kontaktlinsen von 5 Wochen empfohlen. Bei Patienten, die seit vielen Jahren fast ausschließlich harte Kontaktlinsen getragen haben, sollten vor der Kontaktlinsenkarenz, 3 Wochen nach Beginn, sowie nach weiteren 2 Wochen, die Keratometriewerte der Hornhaut erhoben werden, um sicher von stabilen K-Werten ausgehen zu können [41]. Darüber hinaus gibt es aber speziell für die Oberflächenbehandlungen wichtige präoperative Vorgangsweisen. Die Patientenaufklärung ist bei Oberflächenbehandlungen von besonderer Bedeutung. Neben der üblichen Darstellung des Engriffes, der Erklärung der Vor- und Nachteile sowie der Risiken muss der Patient auf die postoperativen Schmerzen als auch auf die Dauer der visuellen Rehabilitation vorbereitet werden. Es gilt auch klar festzuhalten, dass Bildschirmarbeit oft erst nach zwei Wochen in einem befriedigenden Ausmaß möglich ist, ein Umstand den der Patient in seiner persönlichen Terminplanung berücksichtigen sollte. Des Weiteren muss der Patient auch über die unwahrscheinliche, aber nicht auszuschließende Möglichkeit von unangenehmen, teils wochenlang anhaltenden Trockenheitsempfindungen der Augen in Kenntnis gesetzt werden [42, 43]. Besprochen werden sollte auch eine mögliche
125 9.4 · Indikationen und Vorbereitung
Änderung der Werte bei der Applanationstonometrie für die Glaukomvorsorge [44] sowie die Auswirkungen des Eingriffes im Falle einer Kataraktoperation [45]. Wichtig ist die Dokumentation der Aufklärung. Stets muss man, insbesondere wenn einem solchen Eingriff keine zwingende medizinische Indikation zugrunde liegt, im besonderen Maße der Aufklärungspflicht nachkommen. Bewährt haben sich standardisierte Aufklärungsbögen. Zu beachten ist, dass diese spätestens am Vortag vor dem operativen Eingriff vom Patienten und dem behandelndem Arzt zu unterschreiben sind. Der behandelnde Chirurg sollte auf diesem Aufklärungsbogen auch eigenhändig Notizen zu dem Gesprächsverlauf machen, die eindeutig den jeweiligen Patienten betreffen. Auch Hinweise auf die zu erwartende Arbeitsunfähigkeit und auf die Möglichkeit einer Nachbehandlung [46] sollten nicht fehlen (7 Kap. 22). Dem Patienten wird empfohlen, mit einer Begleitperson zum Operationstermin zu erscheinen und sich unmittelbar nach der Operation in häusliche Pflege zu begeben (bei abgedunkelten Räumlichkeiten). Ferner werden die notwendigen Medikamentenverordnungen bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Operationstermins ausgestellt, sodass der Patient diese bereits präoperativ besorgen kann.
9.4.3
Ablationsprofil
Oberflächenbehandlungen sollten auf eine Abtragungstiefe von 100 μm beschränkt werden, um die Hazebildung in Grenzen zu halten [47]. Dies ergibt je nach Durchmesser der Ablationszone einen myopen Abtrag bis zu 7,0 dpt. Ein Überschreiten der 100 μm Ablationstiefe bedeutet eine zunehmenden Gefahr dauerhaft verbleibender Narben. Gegebenenfalls ist ein solcher Eingriff mit einer Mitomycinapplikation (s. unten) zu verbinden [31, 48]. Wichtig ist die persönliche Erfahrung des Chirurgen mit dem verwendeten Excimerlaser. Da die Hazeentstehung mit dem Ausmaß der Unregelmäßigkeiten der postoperativen Oberflächenkontur korreliert [29, 49] ist bei unterschiedlichen Excimerlasertypen mit unterschiedlichen Laserspotgrößen und Abtragungsalgorithmen ein ungleiches Ausmaß der Hazeentwicklung beobachtet worden [29]. Oberflächenglättungen mit maskierenden Substanzen, unmittelbar nach der Laserbehandlung, können die Hazeausbildung reduzieren [50]. Ferner ist es sinnvoll, vom Hersteller angegebene Abtragungstiefen zu überprüfen. Hyperope Oberflächenbehandlungen sollten nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden, wenngleich sie an manchen refraktiven Zentren als Routineeingriff praktiziert werden und auch stellenweise gute Ergebnisse publi-
ziert sind [51–53]. Gegen die Behandlung spricht vor allem die mangelnde Stabilität der Ergebnisse in den ersten Monaten, welche wahrscheinlich durch eine Epithelhyperplasie am Rande der Ablationszone bedingt ist [54]. Ferner bleibt ein typische zirkuläre periphere Hazekranz [55] häufig mit Eisen- und Kollagenablagerungen, oft über Jahre bestehen [56]. Auch bei hyperopen LASIK-Eingriffen ist die Nachlaserungsrate relativ hoch in Abhängigkeit der Höhe des refraktiven Fehlers [46, 57], aber aufgrund der früheren Stabilität eine Korrektur zu einem früheren Zeitpunkt durchführbar. Die Zentrierung der Ablationszone [58] ist bei hyperopen Augen aufgrund des meist großen Winkels Kappa [59] von besonderer Bedeutung. Die Zentrierung der Ablationszone sollte um die Gesichtslinie (»visual axis«) erfolgen (7 Kap. 8.4) [60]. Darunter versteht man den Zentralstrahl zwischen einem Fixationspunkt in der Ferne bis zur Fovea centralis. Hierfür wird oft das Offset (gemessener Abstand zwischen Pupillenmitte und dem ersten Purkinje-Reflex aus der Hornhauttopographie) für die Positionierung des Ablationsprofils verwendet [61]. Auch Justierungsmöglichkeiten unmittelbar bei der Operation, um der Gesichtslinie möglichst nahe zu kommen, sind beschrieben. Hier sollte die Mitte zwischen dem ersten Purkinje-Reflex und der subjektiv wahrgenommenen Pupillenmitte angesteuert werden. Grund dafür ist, dass das erste Reflexbild immer etwas peripher von der Gesichtslinie erscheint (da diese immer mit einem Winkel unter 90° auf die Hornhaut trifft). Andererseits erscheint die Pupillenmitte durch die Abbildung der Hornhaut nach oben versetzt, wodurch das Pupillenzentrum für den Chirurgen leicht nach zentral wandert. 58, 60, 62]. Des Weiteren unterliegt die subjektive Wahrnehmung der Position des ersten Purkinje-Reflexes der individuellen Augendominanz des Chirurgen. Der Abstand zwischen der Mitte der Eintrittspupille und dem ersten Purkinje-Bild ist bei myopen Augen meist unter 0,5 mm, bei hyperopen Augen häufig 1 mm und mehr [63, 64]. Verwendet man einen Wellenfrontmodus, egal ob korneal oder okular, ist diese Berücksichtigung nicht erforderlich, da die Wellenfront auf die Pupillenmitte berechnet ist. Nachdem die unterschiedlichen Systeme verschiedene Justiermöglichkeiten aufweisen, ist bei Patienten mit einem großen Winkel Kappa eine Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Gerät erforderlich. Wichtig ist auch, welche postoperativen K-Werte der Hornhaut zu erwarten sind. Das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn hohe Brechkräfte der Hornhaut postoperativ angenommen werden müssen. Je höher die postoperative Hornhautbrechkraft, umso stärker wirken sich Dezentrierungen der Ablationszone aus und führen zu einem Ansteigen der Aberrationen höherer Ordnung.
9
126
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
Korrekturmöglichkeiten eines myopen Astigmatismus mit einer Oberflächenbehandlung sind von dem verwendeten Excimerlaser und der Geräteperipherie abhängig. Insbesondere ist auf eine statische und nach Möglichkeit auch auf eine dynamische Zyklotorsionskontrolle zu achten. Ein Grenzwert von 3 dpt wird empfohlen. Bei guter Kenntnis der eigenen Ergebnisse kann dieser Wert gegebenenfalls überschritten werden.
9.4.4
9
Ausschlusskriterien
Als Altersgrenze ist mindestens das 18. Lebensjahr einzuhalten. Instabile Refraktionen sind ein Ausschlusskriterium, genauso wie eine schwere Conjunctivitis sicca, insbesondere, wenn sie mit einem Sjörgren-Syndrom assoziiert ist [65]. Wenn Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis vorliegen, ist die Möglichkeit einer kornealen Mitbeteiligung zu bedenken. In einem solchen Fall könnte sich das, durch den Lasereingriff verdünnte stromales Hornhautgewebe, zusätzlich negativ auswirken, etwa im Falle von Hornhautulzera [66]. Eine Schwangerschaft stellt eine Kontraindikation dar, sowohl aufgrund der notwendigen postoperativen Therapie (Steroide sollten insbesondere während der frühen Schwangerschaft vermieden werden) als auch aufgrund des myopen Shifts während der Schwangerschaft [67]. Eine Hornhautdicke unter 500 μm ist ein Ausschusskriterium. Sollten bei einer punktuell gemessenen Ultraschallpachymetrie Hornhautdickenwerte von knapp über 500 μm erhoben werden, empfiehlt es sich, aus Sicherheitsgründen eine flächendeckende Pachymetrie durchzuführen. Um die tatsächlich dünnste Stelle der Hornhaut zu ermitteln sind ein Vorderkammer-OCT oder einer Scheimpflug-Kamera geeignet. Jegliche Anzeichen eines Keratokonus in der Hornhauttopographie sind ein weiterer Grund zum Ausschluss (7 Kap. 4). Eine automatisierte Keratokonuswarnung, die die prozentuelle Wahrscheinlichkeit eines Keratokonus angibt, sollte aus Sicherheitsgründen direkt auf jedem Topographieausdruck erscheinen. Aber auch potenzielle Vorstufen wie ein »asymmetrischer bow-tie« mit einem »inferior steepening« oder eine fehlende Orthogonalität der Astigmatismusachsen (»skewed radial axis«), auch wenn diese nur einseitig auftritt, sind ein Sicherheitsrisiko [38, 39, 68]. Ein »asymmetrischer bow-tie« kann unter Umständen vorgetäuscht sein, wenn der Hornhautapex und der Schnittpunkt der »line of sight« (s. oben) mit der Hornhaut weit auseinander liegen [69]. In einem solchen Fall sind Scheimpflug-Aufnahmen erforderlich, um sicher eine hintere Elevation auszuschließen. Zu beachten ist, dass bei der Skalierung der Hornhauttopographie durch Wahl der Dioptrienstufen und der Darstellungsart im Tangential-
oder Sagittalmodus sehr unterschiedliche Eindrücke der Hornhauttopographie entstehen können. Wichtig ist hier, mit einer bestimmten Einstellung gut vertraut zu sein. Für ein präoperatives Screening empfiehlt sich Tangentialdarstellung der Hornhauttopographie in 0,5-dpt-Schritten. Ebenfalls sinnvoll im Rahmen eines präoperativen Screenings ist die Umrechnung der Hornhauttopographie in ein Wellenfrontmodell. Man sollte einen 6-mm-Durchmesser wählen, da dieser am häufigsten verwendet wird und die verwendeten Zernicke-Durchschnittswerte sich meist auf diesen Durchmesser beziehen. Eine Asymmetrie in der Hornhautoberfläche ist in diesem Fall nicht wie bei der üblichen Hornhauttopographie als farbkodierter Unterschied der kornealen Krümmungsradien ersichtlich, sondern auch als Zahlenwert (Coma RMS) ablesbar [70], wobei in Formeln zusammengefasste Zernicke-Werte eine besonders hohe Sensitivität in der Detektion eines subklinischen Konus aufweisen [70]. Die Diagnose der pelluziden marginalen Degeneration stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar [71]. Wenn grenzwertige Parameter auftauchen, sollten diese zusätzlich an Hand von publizierten Risikoabwägungen, die eine große Patientenzahl hinsichtlich ihres Ektasierisikos evaluiert haben [68], hinterfragt werden. Durch die Weiterentwicklung von Scheimpflug-Kameras wurden in den letzten Jahren 3 weitere Parameter für die Keratokonus-Früherkennung vor refraktiven Eingriffen beschrieben. Diese sind die örtliche Korrelation zwischen dem Hornhautapex und der dünnsten Stelle der Hornhaut, die Elevation der Hornhauthinterfläche [72] und der Verlauf der Hornhautdicke von zentral nach peripher in Bezug zu einem Normalverlauf [73, 74]. Die Elevation der Hornhauthinterfläche gilt dann als auffällig, wenn sie zu einem sphärischen Referenzkörper einen umschriebenen Charakter und auch eine bestimmte Höhe aufweist. Als Sicherheitsrisiko wird sie bei einem sphärischen Referenzkörper von 8 mm Durchmesser und eine Höhe von über 20 μm eingestuft. Besonders sensitiv sind Darstellungen der hinteren Hornhautelevation, bei denen die Anpassung des sphärischen Referenzkörpers (z. B. 8 mm im Durchmesser) den Hornhautbereich um die dünnste Stelle der Hornhaut (z. B. der 3-mm-Bereich um den niedrigsten Pachymetriemesspunkt) ausspart. Die neuen Parameter der Scheimpflug-Aufnahmen erscheinen zwar plausibel, jedoch konnte ihre Bedeutung in Studien noch nicht sicher belegt werden [75]. Auch über die derzeit bekannten Scores bestehen Diskussionen [75–77]. Wie bei der LASIK ist auch bei der Oberflächenbehandlung von einem erhöhten Risiko auszugehen, wenn die Reststromadicke 300 μm unterschreitet [68]. Eine solche Situation tritt jedoch nur in Ausnahmefällen, wie bei Behandlungen nach penetrierenden Hornhautverletzungen, auf.
127 9.5 · Operative Verfahren
Darüber hinaus gelten die Empfehlungen der Kommission für Refraktive Chirurgie des jeweiligen Landes. Die Einhaltung der angeführten Grenzwerte deckt nicht die gesamte Sorgfaltspflicht des einzelnen Chirurgen ab. Der individuelle Fall ist mit seiner Anamnese, den Vorstellungen des Patienten, und der Einschätzung, ob man die empfohlenen Grenzwerte ausschöpfen muss, immer auch eine individuelle Entscheidung des Chirurgen.
9.5
Operative Verfahren
Die unterschiedlichen oberflächlichen Excimerlaserverfahren unterscheiden sich in der Art und Weise der Epithelentfernung. Präoperativ erfolgt eine Tropfanästhesie, z. B. mit Oxybuprocain (Novesin 0,4%) oder 4% Lidocain. Bei Bedarf kann dem Patienten ein leichtes Sedativum oder Anxiolytikum verabreicht werden. Die Augenlider werden mit einer Folie abgeklebt, mit dem Ziel, eine Kontamination des Wundbettes durch hineinragende Augenwimpern zu verhindern. Dann folgt das Einsetzen eines Lidspreizers. Trotz der relativ weit offenen Lidspalte, die zum Beispiel für eine Epi-LASIK erforderlich ist, sollte der Lidspreizer nur dosiert gespannt werden, bei Lidspreizern mit einer Schraubvorrichtung ist besondere Vorsicht geboten [78].
9.5.1
Photorefraktive Keratektomie
Technisches Prinzip Bei der PRK wird das Hornhautepithel mechanisch, meist mit einem Hockeymesser oder Bürste, abgetragen. Wichtig ist eine möglichst schonende Vorgangsweise um Verletzungen der Bowman-Membran zu vermeiden [9] sowie eine genaue Kontrolle, ob tatsächlich alle Epithelstrukturen entfernt sind. Danach erfolgt eine Spülung des freigelegten Stromas, um gegebenenfalls noch verbleibenden Zelldetritus zu entfernen. Anschließend wird das Wundbett mit Saugtupfern getrocknet. Es sollte trocken, die Hornhaut aber nicht dehydriert sein, da sonst eine Überkorrektur droht. Der nächste Schritt ist der Excimerlaserabtrag auf das freiliegende Stroma. Am Ende der Operation wird mit isotoner Kochsalzlösung gespült und eine Verbandlinse eingesetzt, die eine schmerzlindernde Wirkung erzielen soll [79]. Zuletzt wird ausgiebig mit knapp über dem Gefrierpunkt liegender isotonischer Kochsalzlösung zur weiteren Schmerzlinderung gespült [80].
Vorteile und Nachteile Vorteile sind kostengünstige und einfache Durchführung der Epithelentfernung wie auch die hohe Sicherheit und
die lange Erfahrungen mit dieser Methode. Nachteile sind die mögliche Verletzung der Bowman-Membran durch das Hockeymesser oder die Bürste.
9.5.2
LASEK
Technisches Prinzip Im Laufe der Entwicklung wurden viele unterschiedliche LASEK-Techniken vorgestellt [7, 81–83]. Eine häufig eingesetzte ist die folgende: Ein LASEK-Trichter (. Abb. 9.2), der in der Regel einem Hohlzylinder mit 8–10 mm Durchmesser entspricht, wird auf die Pupillenmitte zentriert, auf die Hornhaut niedergedrückt und mit 20%-igem Alkohol für 30 s gefüllt [84, 85]. Dieser Schritt sollte im Vorfeld mit dem Patienten besprochen werden, da sowohl der Druck auf das Auge als auch die plötzlich eingeschränkte Sehschärfe manchmal eine Belastung darstellen. Änderungen der Einwirkzeit und der Alkoholkonzentration wirken sich auf das Überleben der Zellen im Epithelflap aus [86]. Nach der Einwirkzeit erfolgt das Absaugen des Alkohols mit einem Saugtupfer und ein zirkuläres Einschneiden des Hornhautepithels mit einem LASEK-Trepan (. Abb. 9.2). In weiterer Folge wird, von der Peripherie beginnend, der durch die Alkoholeinwirkung und durch Einsatz des Trepanes entstandene Epithellappen sukzessive mobilisiert. Bei der Flap-offTechnik wird der Epithellappen abgezogen und verworfen. Bei der Flap-on-Technik wird dieser Lappen nicht zur Gänze entfernt, sondern bleibt durch eine Gewebsbrücke mit dem restlichen Hornhautepithel verbunden. Nach dem stromalen Abtrag mit dem Excimerlaser wird bei der Flapon-Technik der Epithellappen wieder auf dem Wundbett positioniert. Trotz widersprüchlicher Diskussionsbeiträge über die Vorteile der Flap-on- oder Flap-off-Technik [87] wird in den letzten Jahren der Flap-off-Technik der Vorzug gegeben [88]. Zuletzt folgt die ausgiebige Spülung mit isotoner Kochsalzlösung, das Einlegen der Verbandlinse und das Auftropfen kühler Kochsalzlösung zur Schmerzlinderung [86]. Licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigen, dass die Dissektionsebene bei der LASEK innerhalb der Basallamina liegt. Die Basallamina kann elektronenmikroskopisch in eine Lamina lucida und Lamina densa unterschieden werden. Die Lamina densa fehlt an der Unterseite des Epithellappens vollständig, während die Lamina lucida deutliche Rupturen aufweist. Darüber hinaus sind die Zellzwischenräume zwischen den epithelialen Basalzellen im Vergleich zum Normalzustand deutlich größer [7, 11].
9
128
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
a
9
b
c
. Abb. 9.2a–c LASEK-Instrumentarium: Nach Aufsetzen des LASEKTrichters (a) auf die Hornhaut erfolgt die Füllung mit Alkohol. Nach Absaugen des Alkohols mit einem Saugtupfer wird der LASEK-Trepan (b), der am unteren Ende eine zirkuläre scharfe Kante besitzt (diese ist nicht vollständig zirkulär durchgängig, sondern spart einen Bereich von ca. 30° aus), in den LASEK-Trichter eingesetzt (c) und durch leichte Drehbewegungen (zwischen Daumen und Zeigefin-
ger) das Epithel eingeschnitten. Durch die Aussparung der scharfen Kante erfolgt der Epitheleinschnitt nicht zirkulär, sondern es bleibt eine Epithelbrücke (»hinge«) bestehen, die eine Reposition des Epithellappens nach der Laserbehandlung ermöglicht. Bei der Flap-offTechnik kann durch stärkere Drehbewegungen ein zirkulärer Einschnitt des Epithellappens erreicht werden
Vorteile und Nachteile
9.5.3
Die LASEK ist eine kostengünstige und einfach durchzuführende Operationsmethode, die aufgrund der langjährigen Erfahrungen eine hohe Sicherheit in Hinblick auf Operationsrisiken und refraktive Ergebnisse aufweist [89]. Nachteilig im Vergleich zur Epi-LASIK (s. unten) zeigt sich der Epithellappen weniger stabil und auch die Vitalität der Epithelzellen ist von der Alkoholeinwirkung abhängig.
Komplikationen Alkoholverlust aus dem LASEK-Trichter führt zu einem unangenehmen Brennen. Sollte es zu einem unabsichtlichen Alkoholverlust kommen, ist die Einwirkzeit des Alkohols durch rasches Aufsaugen mit Saugtupfern und ausgiebiger Spülung zu stoppen. In seltenen Fällen kommt es zu Reepithelialisationsstörungen. Ursächlich dafür könnte bei Alkoholverlust während des Eingriffes eine negative Alkoholwirkung auf die limbalen Stammzellen sein. In solchen Fällen sollten die Kortisontherapie ausgesetzt [90], gegebenenfalls die Verbandlinse durch einen festen Augenverband ersetzt und Vitamin-A-Salben hinzufügt werden [91, 92]. Führt dies nicht zum Erfolg, kann man autologe Serumtropfen versuchen. Als letzter Ausweg bleibt dann noch die Amniondeckung.
Epi-LASIK
Technisches Prinzip Epi-LASIK (epi-: griech. epipolis: oberflächlich) bedeutet, dass das Epithel mit einem Mikrokeratom, das ein stumpfes oszillierendes Messer enthält, entfernt wird ( . Abb. 9.3). Hierbei wird der Augapfel wie bei einem LASIK-Eingriff mit einem Saugring mittels Unterdruck stabilisiert. Dann gleitet eine stumpfe oszillierende Hobelklinge zwischen Stroma (Bowman-Membran) und der Basallamina, meist von temporal nach nasal, und separiert so einen Epithellappen. Dieser kann nach der Laserbehandlung wieder auf das Wundbett gelegt werden (Flap-on-Technik) oder entfernt werden (Flap-off-Technik). Auch hier ging man in den letzten Jahren dazu über, den Flap zu verwerfen, wenngleich es für das klinische Endergebnis nicht von Bedeutung sein dürfte [93]. Elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigten eine Dissektion zwischen Basalmembran und Bowman-Membran mit voll erhaltenen epithelialen Strukturen [11]. Insbesondere wiesen intrazelluläre, desmosomale Verbindungen als auch intrazelluläre Organellen keine Verletzungen auf [11]. Elektronenmikroskopisch ruhten die basalen Epithelzellen auf der Lamina lucida und die Lamina densa war nur an manchen Stellen rupturiert [11].
Vorteile und Nachteile Ein Vorzug liegt in einer einfachen und rasch durchführbaren Separation des Hornhautepithels vom Hornhaut-
129 9.5 · Operative Verfahren
Unmittelbar danach folgt in einem zweiten Schritt die stromale Excimerlaserbehandlung.
Vorteile und Nachteile
. Abb. 9.3 Epi-LASIK-Instrumentarium: Saugring (am Stiel links befestigt) mit Epi-LASIK-Kopf
stroma bei geringen Risiken. Aufgrund der Stabilität des Epithellappens, insbesondere durch die fast vollständig erhaltene Basalmembran, ist lediglich von einer geringgradigen Freisetzung von Zytokinen auszugehen. Im Vergleich zu einer PRK mit massiven Epithelzelldestruktionen erhoffte man sich mit dieser Methode eine geringere Keratozytenaktivierung und Hazeentwicklung. Im Vergleich zur LASEK liegt ein Vorteil auch darin, keinen Alkohol verwenden zu müssen, der bei Austritt aus dem LASEK-Trichter dem Patienten Schmerzen bereitet. Nachteile sind der hohe Anschaffungspreis für das Mikrokeratom im Vergleich zu den anderen Oberflächenbehandlungen sowie die Kosten durch die notwendigen Hobelklingen.
Komplikationen Eine wichtige und unangenehme Komplikation sind stromale Defekte, die mit einem Epi-LASIK-Mikrokeratom beschrieben sind [94, 95]. Die Berichte in der Literatur über derartige Vorfälle beschränken sich auf ein Gerät. Hier gilt es, bei der Auswahl eines Epi-LASIK-Mikrokeratoms entsprechende Vorsicht walten zu lassen.
9.5.4
Transepitheliale PRK
Technisches Prinzip Bei dieser Methode wird das Epithel mit dem Excimerlaser entfernt, wobei moderne transepitheliale Ablationsprofile die unterschiedlichen Epitheldicken zwischen Hornhautmitte und Hornhautperipherie [96] berücksichtigen. Außerdem werden unterschiedliche Gewebeabtragungsraten zwischen Epithel und Stroma mit einberechnet [97, 98].
Ein Vorteil liegt in einem standardisierten Übergang zwischen Epithelabtrag und stromalen Abtrag. Dadurch können unterschiedliche Grade der Hornhautdehydratation durch individuelle Unterschiede der operativen Vorgangsweisen einzelner Chirurgen ausgeschlossen werden. Ein weiterer Vorteil ist die einfache Ausführung der Behandlung. Es sind keine zusätzlichen operativen Schritte zur Entfernung des Hornhautepithels notwendig. Dies stellt auch einen Vorteil für den Patienten dar, da es die Operationszeit verkürzt und den Eingriff durch Wegfall der manuellen Manipulation am Auge zur Epithelentfernung weniger belastend macht. Bei Fällen mit unregelmäßiger kornealer Vorderfläche, wie nach Hornhautverletzungen oder Keratoplastiken, ist von einem epithelialen Ausgleich von oberflächlichen stromalen Vertiefungen auszugehen. Dieser Ausgleich geht durch die mechanische Entfernung des Epithels verloren. Die Basis für das Ablationsprofil ist aber die Epithelvorderfläche mit dem Tränenfilm. Erfolgt in solchen Fällen der Abtrag nach Entfernung des Epithels führt dies zu Fehlern. Bei der transepithelialen PRK entstehen ebenfalls Abtragungsfehler da, nach derzeitigem Stand der Technik, nur von einfachen Hornhautdickenprofilen ausgegangen werden kann. Der Abtragungsmenge pro Laserimpuls zwischen Epithel und Stroma steht in einem Verhältnis von 1,23 zu 1 [98]. Ein Unterschied, der aber zu tolerableren Fehlern als bei mechanischen Epithelentfernungen führen sollte. In diesem Zusammenhang sind auch geringe Abtragungsfehler bei verletzter BowmanMembran möglich, die normalerweise eine konstante Dicke zwischen 8–12 μm [99] aufweist, da die Ablationsrate zwischen Bowman-Membran und Stroma ebenfalls unterschiedlich [97, 98] ist. Bei der transepithelialen PRK kommt es im Vergleich zur manuellen Epithelentfernung zu einer reduzierten Keratozytenapoptose, weil die epithelialen Zytokine bei diesem Vorgang sofort verdampft werden [47]. Es zeigten sich aber bisher keine Vorteile für die Hazeintensität im direkten Vergleich [100]. Anderseits stimmt dies mit den derzeitigen Vorstellungen der Wundheilungsreaktion nach Oberflächenbehandlungen überein, die keine Korrelation zwischen dem Ausmaß der postoperativen Apoptose und der Hazeentwicklung belegen können (s. oben).
9.5.5
Mitomycin C
Mitomycin C ist ein Derivat des Pilzes Streptomyces caespitosus oder lavendulae und hat neben antibiotischen
9
130
9
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
auch antineoplastische Eigenschaften [101]. Wesentlich an seiner chemischen Struktur ist die hochreaktive AziridinGruppe, auch Ethylenimin-Gruppe genannt. Mitomycin C als reaktive Verbindung vernetzt die komplementären Stränge der Zell-DNA-Doppelhelix über eine spezifische Reaktion mit der Purinbase Guanin und stört auf diese Weise die DNA-Synthese [102]. Mitomycin C als Regulator in der Hazeentwicklung nach refraktiven Engriffen wurde erstmalig 1991 in Tierversuchen vorgestellt [103]. Es verhindert die Zellmitose und verringert dadurch die Zellzahl im Stroma langfristig. Deshalb sollte der Einsatz immer auf seine Notwendigkeit geprüft werden, auch um die Gefahr der Endotheltoxizität auf das Minimum zu beschränken [102, 104, 105]. Ferner kann auch ein minimaler Effekt des Mitomycin C auf die postoperative Refraktion nicht ausgeschlossen werden [106]. Darüber hinaus kann die Mitomycinapplikation auch den epithelialen Wundverschluss verzögern [107]. Des weiteren ist zu bedenken, dass die stromalen Ablagerungen, die durch aktivierte Keratozyten während der Wundheilung entstanden sind, auch zu einem Teil wieder von Keratozyten abgebaut werden. Eine dezimierte Keratozytenzahl im Stroma reduziert die Möglichkeit, diese Ablagerungen wieder zu entfernen [29]. Konzentration und notwendige Einwirkdauer des Mitomycin C wird zumeist mit 0,02% für 30 s bei einer primären Oberflächenbehandlung angegeben. Bei speziellem Einsatz wie nach radiären Keratotomien, Behandlungen auf dem LASIK- Flap oder Behandlungen auf einem LASIK- Flap mit einem »buttonhole« ist 0,02% für 1–2 min empfohlen [29]. Wir führen Mitomycinapplikationen nur in ausgewählten Fällen durch, wie Excimerlaserbehandlungen nach Keratoplastik, einem LASIK-Flap oder Hornhautnarben, die eines tiefen Abtrages bedürfen. Hierfür wird eine Mitomycinkonzentration von 0,01% für 1 min eingesetzt.
werden. Die Verordnung wird auf 48 h beschränkt, da nach längerer Applikation sterile Keratitiden mit subepithelialen Ablagerungen beschrieben wurden [111]. Sollte dies auftreten, sind die nichtsteroidalen Antiphlogistika abzusetzen. Des Weiteren werden Kortison-Augentropfen 4× täglich für 4 Wochen, Tränenersatzmittel 4× täglich für 4 Wochen und Vitamin C oral für 4 Wochen verschrieben. Analgetika sollten nur bei Schmerzen zur Anwendung kommen. Nicht selten kann darauf verzichtet werden. Bei starken Schmerzen ist dafür Sorge zu tragen, dass der Patient mit oralen Analgetika (z. B. Mefenaminsäure, Parkamed 500 mg, Pfizer Corporation Austria Gmbh, Wien, Österreich) und topischen Anästhetika (Novesin 0,4%, OmniVision AG, Neuhausen, Schweiz) versorgt wird [112, 113]. Es wird empfohlen, die Anwendung der Lokalanästhetika auf maximal 5× pro Tag und auf die ersten 48 h zu beschränken, da es seltene Berichte über Missbrauchsfälle nach LASEK mit negativen Auswirkungen auf den Wundheilungsverlauf gibt [7, 114]. Ferner wird dem Patienten das strikte Tragen eines UVSchutzes bei stärkerer Sonneneinstrahlung verordnet, um die Hazeentwicklung nicht zusätzlich zu fördern [115]. Die postoperative Applikation von Serumtropfen nach LASEK-Eingriffen soll zu einer Reduktion des kornealen Haze führen [7]. Folgende Nachbeobachtungzeiträume sollten eingehalten werden: 4 Nach 4 Tagen erfolgt die Entfernung der Kontaktlinse und die Kontrolle ob das Epithel geschlossen ist. 4 Nach 1, 3, 6 und nach 12 Monaten werden weitere Kontrollen durchgeführt. 4 Zusätzlich, je nach Einschätzung oder Wunsch des Patienten, kann man eine Kontrolle am 1. postoperativen Tag durchführen. 4 Tägliche Kontrollen sind angezeigt, falls das Epithel am 4. postoperativen Tag nicht geschlossen sein sollte.
Komplikationen Komplikationen wie Gewebeeinschmelzungen sind bei anderen Anwendungen von Mitomycin wie Pterygiumoperationen beschrieben [108].
9.6
Postoperative Betreuung
Antibiotische Augentropfen werden 6× täglich für 1 Wo-
che (z. B. Lomefloxacin und Tobramycin) zum Schutz gegen die selten auftretenden Infektionen nach Oberflächenbehandlungen verschrieben [109]. Nichtsteroidale Antiphlogistika (z. B. Ketorolac-Trometamol 0,5%, Acular, Pharm-Allergan GmbH, Irvine, Kalifornien, USA) sollten aufgrund der beschriebenen schmerzlindernden Wirkung [110] 3× für 48 h verordnet
Wenn Patienten sich durch die Kontaktlinse sehr gestört fühlen, verabreichen wir bis zum epithelialen Wundschluss, Augensalbenverbände mit einer Vitamin-A-Augensalbe und einer Gentamycin-Augensalbe. Spätestens nach einem Monat ist bei myopen Behandlungen mit einem stabilen Zustand zu rechnen, nur in Ausnahmefällen dauert es länger. Bei hyperopen Behandlungen, die postoperativ meist mit einer myopen Refraktion einhergehen, dauert es je nach Korrekturhöhe oft ein Jahr bis die Refraktion stabil ist. Nachkorrekturen sind immer nur bei stabilen Refraktionsverhältnissen angezeigt. Für Korrekturen nach myopen Eingriffen ist eine Wartezeit von mindestens 3 Monaten empfohlen. Jedoch sind in Absprache mit dem Patienten längerer Wartezeiten bis 6 Monate durchaus sinnvoll,
131 9.8 · Besondere Anwendungen
da die Wundheilung dann bereits weiter fortgeschritten ist und dadurch das Risiko der Hazeausbildung nach dem Korrektureingriff verringert wird. Bei hyperopen Korrekturen sollte je nach Ausmaß der hyperopen Erstbehandlung eine Wartezeit von mindestens einem Jahr eingehalten werden, wenn die Refraktion und Hornhauttopographie mindestens 3 Monate stabil waren. Bei Nachkorrekturen muss das Risiko einer starken Hazeentwicklung in Erwägung gezogen werden, die die visuelle Rehabilitation beeinträchtigt. Die Verwendung von Mitomycin C bei Nachkorrekturen kann aufgrund der möglichen Nebeneffekte nicht grundsätzlich empfohlen werden. Die Entscheidung wird unter Berücksichtigung der Transparenz der Hornhaut, der Höhe des vorangegangen Abtrages und der Höhe des noch zu korrigierenden Abtrages individuell getroffen.
9.7
Ergebnisse
Bei der Entscheidung für ein refraktives Verfahren ist die höhere Sicherheit der Oberflächenbehandlungen aufgrund der höheren Reststromadicke im Vergleich zur LASIK zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist aufgrund des einfacheren technischen Ablaufes [116] das operative Komplikationsrisiko geringer. Viele der typischen LASIK-Komplikationen wie etwa Schnittkomplikationen, Flap-Falten, Epitheleinwachsungen und ein »buttenhole« können nicht auftreten. Andererseits ist die Oberflächenbehandlung für den Patienten aufgrund der postoperativen Schmerzen und der langsamen Visusrehabilitation oft belastend. Auch die postoperative Führung des Patienten ist für den behandelnden Chirurgen oft schwieriger als bei LASIK-Eingriffen. Die schlechte postoperative Sehschärfe wirkt trotz entsprechender Aufklärung nicht selten beängstigend auf den Patienten. Die Abbildungsqualität der Hornhaut nach Oberflächenbehandlungen im Vergleich zu LASIK-Eingriffen ist nach einem gewissen Zeitabstand zur Operation mindestens gleich [117–119]. Manche Arbeiten, insbesondere jene, die die Aberrationen höherer Ordnung untersuchen, zeigen deutliche Vorteile der Oberflächenbehandlungen auf [120–122]. Die unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen weisen bisher keine eindeutigen Unterschiede in der Hazeausbildung auf. Einflüsse auf die postoperative Schmerzbelastung werden in der Literatur widersprüchlich abgehandelt [87, 123, 124]. Zurzeit kann keiner Oberflächenbehandlung sicher der Vorzug gegeben werden. Auch die Absicht, mit dem repositionierten Epithellappen einer Reduktion der postoperativen Schmerzen zu erzielen, wird kontrovers beurteilt [125].
Fortschritte der Oberflächenbehandlungen in den letzten Jahren sind auf ein besseres Verständnis des Zusammenhanges zwischen Abtragungstiefe oder -volumen und der Hazeentwicklung zurückzuführen. Ferner dürfte die Zunahme der Genauigkeit der Excimerlaser der neueren Generationen zu glatteren stromalen Wundbetten führen und dadurch die Hazeentwicklung reduzieren [49]. Es wurde postuliert, dass die modernen Oberflächenverfahren die Zytokinfreisetzung aus dem Epithel reduzieren und dadurch die Hazeentwicklung reduzieren. In direkten Vergleichen mit rein mechanischen Epithelentfernungen konnte dies hinsichtlich der Hazeentwicklung bisher nicht sicher objektiviert werden [100]. Ein wichtiger Vorteil der Oberflächenbehandlungen ist die postoperativ seltener auftretende Conjunctivitis sicca im Vergleich zu LASIK-Eingriffen [126, 127].
9.8
Besondere Anwendungen
Neben der Indikation als refraktives Verfahren als das Gegenstück zu einem LASIK-Eingriff, gibt es Indikationen, die speziell den Oberflächenbehandlungen vorbehalten sind. Grund dafür ist die zu erwartende Abbildungsqualität der Hornhaut oder die Risikoabwägung.
9.8.1
Narbenkorrekturen
Hornhautnarben, auch nach penetrierenden Hornhautverletzungen eigenen sich unter bestimmten Bedingungen für eine Excimerlaserkorrektur. Die präoperative bestkorrigierte Sehschärfe sollte für den Patienten befriedigend sein, da mit den derzeitigen Techniken nur ein geringfügig besseres Operationsergebnis zu erwarten ist. Ausnahmen sind Fälle bei denen oberflächliche Narben den präoperativen Visus reduzieren, falls man davon ausgehen kann, dass diese durch den Laserabtrag entfernt werden. Eine weitere Voraussetzung ist die Reproduzierbarkeit der Hornhauttopographie, da besonders feindetaillierte Unregelmäßigkeiten, je nach Tränenfilmbeschaffenheit die Darstellung in der Hornhauttopographie ändern können. Um die Erfolgsaussichten eines solchen Eingriffes abzuschätzen, empfiehlt sich eine Umwandlung der Hornhauttopographie in ein korneales Wellenfrontmodell. Die Höhe des präoperativen kornealen RMS-Fehlers höherer Ordnung ist ein wichtiger Hinweis auf den Schwierigkeitsgrad der Behandlung. Hjortdal et al. [128] konnten bei Oberflächeneingriffen beispielsweise nach Keratoplastiken einen präoperativen kornealen RMS-Fehler höherer Ordnung auf einen 6-mmDurchmesser gerechnet von 3,35 auf 1,51 nach 3 Monaten postoperativ senken, Rajan et al. [129] von 2,24 präopera-
9
132
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
tiv auf 1,56 postoperativ. Voraussetzung ist ein System, mit dem man ein topographiebasiertes Ablationsprofil erstellen kann. Die Spotgröße sollte möglichst klein sein. Theoretisch können mit einer Spotgröße von 2,0 mm nur sphärozylindrische Korrekturen vorgenommen werden, während eine Spotgröße von 0,6 mm Aberrationen bis zur 6. Ordnung korrigieren kann [130]. Darüber hinaus sichern statische und dynamische Zyklotorsionskontrollen, wie auch ein entsprechender Eyetracker die akkurate Positionierung des Ablationsprofiles auf der Hornhaut [131]. Derartige Eingriffe sind für eine Oberflächenbehandlung besser geeignet als für die LASIK, da es bei einem hohen umschriebenen Abtrag zu Inkongruenzen zwischen dem zurückgeklapptem LASIK-Flap und dem Wundbett kommt. Darüber hinaus kann ein LASIK-Flap entlang einer verheilten Wunde auseinanderfallen und Probleme schaffen.
9
9.8.2
Keratoplastiken
Ein weiteres Einsatzgebiet für Oberflächenbehandlungen ist die Korrektur nach Keratoplastiken [128, 132, 133]. Insbesondere perforierende Keratoplastiken eignen sich zur Nachkorrektur mit einem Excimerlaser, weil sie im Gegensatz zu lamellären Keratoplastiken und den DSAEK (Endotheltransplantationen) kein Interface besitzen, das das visuelle Ergebnis einschränken kann. Meist handelt es sich um Patienten nach einer Keratoplastik, die eine Kontaktlinsenunverträglichkeit aufweisen. Solche Behandlungen verlangen oft einen Abtrag großer stromaler Volumina, wodurch die Applikation vom Mitomycin C notwendig wird [129, 134, 135]. Nicht immer ist die Emmetropie die beste Zielrefraktion. Mit einer myopen Zielrefraktion erreicht der Patient mit Brillenkorrektur eine zufriedenstellende Sehschärfe und die Reststromadicke bleibt in einem sicheren Bereich. Auch hier gilt, dass der Patient einen guten bestkorrigierten präoperativen Visus haben muss. Der Grund liegt darin, dass RMS-Fehler höherer Ordnungen nach solchen Behandlungen meist deutlich über 1,0 betragen, bezogen auf einen 6-mm-Durchmesser [128, 129]. Im Vergleich zu einer normalen Hornhaut, mit einem durchschnittlichen kornealen RMS-Fehler höherer Ordnung von ungefähr 0,4 (je nach Untersuchungsgerät), ist das mehr als doppelt so hoch. Bei den in der Literatur beschriebenen geringen Verbesserungen der präoperativen Sehschärfe muss man, da es sich zumeist um hohe Myopien handelte, von einem Effekt des wegfallenden Brillenglases ausgehen. Minusgläser weisen einen Verkleinerungseffekt auf, der postoperativ wegfällt und relativ eine bessere Sehschärfe zur Folge hat. Die im Durchschnitt geringgradige Verbesserung der bestkorrigierten Sehschärfe ist zum einen auf den Wegfall des Verkleinerungseffektes
und zum anderen auf eine Reduktion der Aberrationen höherer Ordnungen zurückzuführen. Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass es vereinzelte Berichte über LASIK-Eingriffe nach Keratoplastiken existieren [136, 137].
9.8.3
Korrektur nach LASIK
Oberflächenbehandlungen eignen sich auch zur Nachkorrektur nach länger zurückliegenden LASIK- Eingriffen, die ein Heben des Flaps aufwändig machen würden [138]. In solchen Fällen ist eine Bestimmung der Flapdicke mittels Vorderkammer-OCT erforderlich. In der Programmierung des Ablationsprofiles ist zu beachten, dass die Ablationstiefe unter der Flapdicke bleibt. Darüber hinaus ist hierfür die Verwendung von Mitomycin angezeigt, da sonst mit einer ausgeprägten Hazeentwicklung zu rechnen ist [139–141]. Diese Behandlungen sind häufig mit einer langwierigen visuellen Rehabilitation verbunden, über die der Patient entsprechend aufklärt werden muss.
9.8.4
Therapeutische Oberflächenbehandlungen
7 Kap. 11
Fazit Oberflächenbehandlungen werden weltweit deutlich seltener durchgeführt als LASIK-Behandlungen. Dennoch bieten sie Vorteile im Bereich der Sicherheit. Die höhere Reststromadicke ist ein wichtiger Sicherheitsfaktor [142], auch unter dem Aspekt von Post-LASIK-Ektasien. Die meisten Post-LASIK-Ektasien können mit einem präoperativen forme fruste Keratokonus korreliert werden [68]. Es sind jedoch auch Ektasien beschrieben, die auf einer Ausdünnung des stromalen Bettes beruhen und keine histologischen Anzeichen einer Keratokonuspathogenese aufweisen [143, 144]. Auch iatrogene Keratektasien bei Schwangerschaften sind bisher nur nach LASIK-Eingriffen beschrieben [145]. Iatrogene Keratektasien im Zuge von Oberflächenbehandlungen sind ausschließlich in Fällen eines präoperativ vorhandenen forme fruste Keratokonus oder bei Fällen von Keratokonusveränderungen in der Familienanamnese aufgetreten [38, 39]. Darüber hinaus zeigen Oberflächenbehandlungen sehr gute Langzeitergebnisse [146, 147]. Ein Vorteil der Oberflächenbehandlungen liegt auch im Wegfall von flapassoziierten Komplikationen, wie Schnittkomplikationen oder einer diffusen lamellären Keratitis [148]. Auch für bestimmte Berufsgruppen wie Polizisten oder für Personen, die Kampfsportarten ausüben, sind Oberflächenbehandlungen wahrscheinlich die bessere
133 Literatur
Wahl, da die Gefahr der traumatischen Flapdislokation wegfällt [149]. Die wesentlichen Nachteile dieser Behandlungsmethode, die unmittelbar postoperativ auftretenden Schmerzen und die langsame Visusrehabilitation, sollte man im Vorfeld sorgfältig mit dem Patienten besprechen.
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9
Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
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Kapitel 9 · Oberflächenbehandlung
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10
Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK) T. Kohnen, O. K. Klaproth Videos auf DVD: ÏLASIK, ÏFemto-LASIK
10.1
Einleitung
10.2
Methode
10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5 10.2.6 10.2.7 10.2.8
Vorbereitung – 138 Eyetracker – 139 Online-Pachymetrie – 140 Flapschnitt – 140 Flaperöffnung – 143 Excimerlaserablation – 144 Flaprepositionierung – 146 Postoperativ – 146
10.3
Retreatments
10.3.1 10.3.2
Retreatment bei residualem Refraktionsfehler Retreatment bei Komplikationen – 148
10.4
Ergebnisse
10.4.1 10.4.2 10.4.3
Flapschnitte/Schnittqualität Visuelle Parameter – 149 Trockenes Auge – 150
Literatur
– 138 – 138
– 147
– 148 – 148
– 150
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 147
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138
Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
10.1
Einleitung
»Die Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) stellt heute ein sicheres, effektives, vorhersagbares und effizientes Verfahren dar; sie ist der Goldstandard der dauerhaften keratorefraktiven Korrektur von Myopie, Hyperopie und/oder Astigmatismus.« So, oder so ähnlich, beginnen viele Fachveröffentlichungen zum Thema LASIK. Weltweit werden jährlich mehrere Millionen Eingriffe durchgeführt, und die LASIK erfreut sich bei den Patienten eines guten Rufes [44, 46]. Wenn heute von lamellärer Excimerlaserchirurgie gesprochen wird, ist damit die LASIK gemeint. Dabei darf eines nicht vergessen werden: Die LASIK ist und bleibt eine Operation am Auge, die neben der exakten medizinischen Diagnostik und operativen Umsetzung auch eine optische Expertise benötigt. Eine umfassende Diagnostik sowie deren Verständnis bilden die Basis des Operationserfolges. Das intraoperative Procedere muss immer eine Komplikationsrate von 0% anstreben. Die LASIK ist nur dann sicher, wenn die zugrundeliegenden optischen, biomechanischen und operativen Prinzipien vom Operateur beherrscht werden. Mit der Optik, der präoperativen Diagnostik sowie der Indikationsstellung beschäftigen sich in diesem Buch die Kap. 1, 4 und 5. Die folgenden Ausführungen sollen das intraoperative Vorgehen bei der LASIK bzw. der Femtosekundenlaser LASIK (Femto-LASIK) erläutern. Grundlegende Prinzipien der verwendeten Lasersysteme sowie der verschiedenen Ablationsprofile werden nicht mehr erläutert, da diese bereits in den Kap. 8.2 bis 8.4 detailliert beschrieben sind. Die mit den verschiedenen Methoden des Flapschnittes gezeigten Vor- und Nachteile werden kritisch betrachtet, die Ergebnisse im Bezug auf die verschiedenen Flapschnitttechniken und Ablationsprofile hin bewertet.
zu Schnittkomplikationen führen, Femtosekundenlaser werden durch die kornealen Krümmungsradien wenig oder gar nicht beeinflusst. Je nachdem, ob ein Microkeratom oder Femtosekundenlaser (und auch je nachdem welches System) gewählt wird, unterscheiden sich die Flapdicken, deren Vorhersagbarkeit und damit auch der mögliche maximale Gewebeabtrag mit dem Excimerlaser. Erst die Eingabe aller relevanten Parameter in die Lasersoftware ermöglicht eine genaue Einschätzung des Eingriffes bzw. das gezielte Verändern einzelner Parameter zur Optimierung des Eingriffs. Erst hier kann das multivariate System der verschiedenen Behandlungsparameter umfassend betrachtet werden. Die klassische Planung der lamellären Excimerlaserchirurgie umfasst die Eingabe der Parameter: subjektive Refraktion, Zielrefraktion, Hornhautdicke, Hornhautdurchmesser, optische Zone, Eyetracker-Referenzbilder, Topographiebzw. Keratometriewerte und korneale bzw. okuläre Wellenfrontdaten (. Tab. 10.1). Dementsprechend kann das Keratom (Mikrokeratom oder Femtosekundenlaser) ausgewählt und keratomspezifische Parameter wie der Flapdurchmesser und die zu erwartende Flapdicke plus eine Sicherheitsmarge entsprechend der Schnittgenauigkeit bestimmt werden. Eine umfassende Darstellung aller Mikrokeratome ist dabei wegen der Vielzahl der Systeme schwierig. Die Autoren dieses Kapitels sehen die Zukunft des Flapschnittes aufgrund der höheren Sicherheit, Präzision und Vorhersagbarkeit sowie der geringen Komplikationsrate ohnehin beim Femtosekundenlaser [23]. Daher wurde diesem ein eigenes Kapitel gewidmet (7 Kap. 8.2). Die Ausführungen im 7 Abschn. 10.2.4 zu Mikrokeratomen haben allgemei-
. Tab. 10.1 Eingabedaten zur Planung der LASIK
10.2
Methode
10.2.1
Vorbereitung
Die Vorbereitung zur refraktiven Chirurgie beginnt lange bevor der erste Schnitt gesetzt wird. Die Kap. 4, 5 und 6 befassen sich ausführlich mit den präoperativen Fragen und Methoden, die der LASIK und anderen Verfahren der refraktiven Chirurgie vorausgehen. Operativ beginnt die lamelläre Excimerlaserchirurgie mit der Planung der Eingriffsparameter bzw. der Programmierung des Lasers/der Laser. Durch die Eingabe der patientenspezifischen Daten in die Excimersoftware können exakte Aussagen über den zu erwartenden Gewebeabtrag getroffen werden. Faktoren wie die kornealen Krümmungsradien beeinflussen die Wahl des Mikrokeratoms. Steile oder flache Hornhäute können bei Mikrokeratomen ein Problem darstellen und
Subjektive Refraktion
Sphäre [dpt], Zylinder [dpt], Achse [°]
Zielrefraktion
Sphäre [dpt], Zylinder [dpt], Achse [°]
Hornhautdicke
Zentral, (peripher) [μm]
Hornhautdurchmesser
Horizontal, (vertikal) [mm]
Optische Zone
> Mesopischer Pupillendurchmesser [mm]
Eyetrackerdaten
Meist ein Bild des Auges
Keratometriedaten
K-Werte [dpt, mm]
Topographiedaten
Bei topographieoptimierten Profilen
Wellenfrontdaten
Bei wellenfrontgesteuerten Profilen
Weitere hersteller-/ profilspezifische Daten
Herstellerhinweise sind unbedingt zu beachten!
139 10.2 · Methode
nen Charakter. Es empfiehlt sich immer die enge Zusammenarbeit mit dem Hersteller des jeweiligen Systems sowie die Erhebung und regelmäßige Bewertung eigener Daten zur Beurteilung der Präzision der verschiedenen Schnittmöglichkeiten. Verschiedene Hersteller bieten bei der Eingabe der Operationsparameter auch die Möglichkeit an, Optimierungen vorzunehmen. So kann z. B. eine Minimierung des Gewebeabtrages bei Wellenfrontbehandlungen durchgeführt werden, indem nur visuell relevante Zernike-Polynome in die Erstellung des Abtragsprofils einfließen und deren jeweilige Interaktionen miteinander individuell bewertet werden [2]. Sind alle notwendigen Berechnungen zur Operation abgeschlossen und die Daten an das Lasersystem/die Lasersysteme transferiert (7 Kap. 22) folgt der Eingriff selbst. Patientenvorbereitung 4 Ggf. Gabe eines leichten Hypnotikums/Sedativums (z. B. Midazolamhydrochlorid) 4 Anlegen der Operationsbekleidung (Kittel, Kopfhaube, Schuhüberzieher) beim Patienten 4 Händedesinfektion beim Patienten (Hautdesinfektionslösung) 4 Ausspülen des Auges (z. B. Tetryzolin) 4 Desinfektion des Augenbereiches mit Hautdesinfektionslösung 4 Gabe des Lokalanästhetikums (z. B. Oxybuprocainhydrochlorid) 4 Ggf. Achsmarkierung am sitzenden Patienten (7 Abschn. 10.2.2) 4 Platzierung des Patienten am Lasersystem 4 Erneute Gabe des Lokalanästhetikums (z. B. Oxybuprocainhydrochlorid) (insgesamt maximal 2 Tropfen, Vermeidung von Epithelablösung) 4 Sterile Abdeckung des Patientenauges 4 Einsetzen des Lidsperrers 4 Beginn des Eingriffs
Die speziellen Anforderungen an die Operationsräume bei refraktiver Chirurgie können 7 Kap. 27 entnommen werden.
10.2.2
Eyetracker
Heute angewandte Ablationsprofile bei keratorefraktiver Laserchirurgie verursachen immer eine Veränderung der Aberrationen höherer Ordnung [28, 31]. Dezentrationen des Ablationsmusters, die von unterschiedlichen Augenpositionen zum Zeitpunkt der präoperativen Diagnostik (üblicherweise während der Topographie oder Aberromet-
rie) und der Augenposition des liegenden Patienten beim Eingriff herrühren, sind zum Teil für diesen Effekt verantwortlich [7, 32]. Relevante Augenbewegungen, die zu Dezentrationen oder anderen Fehlapplikationen führen können, sind Fixationsbewegungen wie Tremor und Mikrosakkaden sowie langsame Drifts [41]. Gab es in der Anfangszeit der keratorefraktiven Chirurgie noch erhebliche Probleme mit Dezentrationen der Ablationszone, so ist das Problem heute in allen Lasersystemen durch die entsprechende Nachführung des Lasers gelöst (7 Kap. 8.4). Diese oft als »laterale Augenbewegungen« beschriebenen Komponenten sind dabei aber immer auch Rotationen des Auges. Lediglich rein seitliche Kopfbewegungen können zu einem rein lateralen Unterschied in der Augenposition führen. Seitliche Rotationen zur Fixation führen zu einer Verkippung/Verrollung des Auges. Weiterhin bestätigen viele Publikationen das Auftreten von präoperativen Zyklotorsionen des Auges um die optische Achse herum. Diese können zum einen wiederum in Fehlpositionierungen des Kopfes begründet liegen, zum anderen werden aber auch Ursachen wie die Lageveränderung des Patienten von sitzender zu liegender Position oder die monokulare Okklusion bei der Behandlung diskutiert. Außerdem werden in der Literatur dynamische Zyklotorsionen, also sich während der Behandlung ändernde Torsionslagen beschrieben. Der negative Einfluss unkompensierter sowohl statischer als auch dynamischer Zyklotorsionen auf das visuelle Ergebnis ist zwar in der Mehrzahl der Fälle sehr gering, kann jedoch in Einzelfällen Größenordnungen annehmen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen führen [38, 50, 51]. Die klassische klinisch angewandte Methode zur Prävention von Zyklotorsionen beschränkt sich ausschließlich auf die statische Komponente. Durch Markierung der 0–180°-Achse am sitzenden Patienten und die entsprechende Ausrichtung des Patientenkopfes bei liegender Positionierung können grobe Torsionsfehler vermieden werden. Diese Methode ist ausreichend, um die Mehrheit der starken statischen Zyklorotationen zu kompensieren. Gerade bei stärkeren Astigmatismen können aber schon geringe Torsionen zu erheblichen zylindrischen Fehlkorrektionen führen [50]. Die dynamische Komponente der Torsion wird bei der Achsmarkierungsmethode gänzlich vernachlässigt, was ebenfalls, je nach Größe des präexistenten Astigmatismus und der auftretenden Augenbewegungen zu erheblichen Fehlkorrekturen führen kann [9]. Ein weiterer Nachteil der manuellen Achsmarkierung ist der erhöhte präoperative Aufwand, der bei automatischen Torsionseyetrackern wegfällt. Zur Umsetzung des Torsionseyetrackings muss zunächst die Erkennung der Iris- oder anderer okulärer Strukturen (z. B. des Randschlingennetzes) erfolgen. Diese Strukturen können dann später von der Erkennungssoft-
10
140
Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
ware erkannt und der Laser entsprechend nachgeführt werden. Je nach Hersteller unterscheiden sich dabei die Kriterien, nach denen 4 das präoperative Bild aufgenommen werden soll und 4 wie die optimale Erkennung während der Operation zu gewährleisten ist.
10
Faktoren können die Pupillengröße (entscheidend ist bei Iriserkennungssystemen eine undilatierte Pupille wie unter operationsähnlichen Beleuchtungsbedingungen) oder auch die möglichst vollständige Abbildung des Limbus sein. Die zur Erkennung verwendeten UV-Beleuchtungssysteme und Kameras sind dann entweder im Lasersystem fest installiert oder müssen zur Abbildungsoptimierung manuell nachjustiert werden. Die Erkennung der seitlichen Verkippung des Auges hat einen Einfluss auf die Präzision der an einem bestimmten Ort applizierten Energie. Diese richtet sich unter anderem auch nach dem Auftreffwinkel des Laserstrahls auf die Kornea. Eine Verkippung des Auges kann so zu einer Energieverstärkung oder Abschwächung führen und das Ergebnis des Eingriffes negativ beeinflussen. Ein Eyetracker kann diese Verkippungen zum Beispiel aus der Analyse der parallaxebedingten Ovalisierung der Pupillenform berechnen oder die lateralen Augenbewegungen generell als Verkippungen ansehen und daraus bei Kenntnis der K-Werte entsprechende Auftreffwinkel bei bestimmten Dezentrationen (also Verkippungen) berechnen. Entscheidend für die Präzision all dieser Eyetracker ist immer auch deren Geschwindigkeit. Zu unterscheiden ist die Geschwindigkeit des Trackers bei der Erkennung (Erkennungsrate in Hz) von der Latenzzeit, d. h. von der Zeit, die das Lasersystem benötigt, um die erkannte Augenposition in eine entsprechende Umlenkung des Laserstrahls umzusetzen. Generell sollte die Erkennungsrate pro Sekunde höher ausfallen als die Schussfrequenz des Lasers. Davon und von der Latenzzeit hängt maßgeblich ab, ob sich das Auge bei Laserspotapplikation noch in der zuvor erkannten Position befindet. > Limitierender Faktor bei all diesen Überlegungen ist letztlich aber immer die Geschwindigkeit, mit der der Laser um einen bestimmten Abstand umgelenkt werden kann. Der schnellste Flying-spot-Laser nutzt wenig, wenn die Mechanik/Optik des Systems mit der Repetitionsrate nicht mithalten kann. 10.2.3
Online-Pachymetrie
Die angebotenen Systeme zur intraoperativen Bestimmung der Hornhautdicke basieren auf dem Prinzip der optischen Kurzkohärenztomographie (»optical coherence tomography«, OCT), ähnlich wie die OCT-Syste-
me zur Betrachtung des vorderen oder hinteren Augenabschnittes [20, 35]. Diese Systeme sollen dem Operateur intraoperativ laufend Aufschluss über die Hornhautdicke geben, um einen zu hohen Abtrag zu vermeiden. In der Praxis ist dieses jedoch nur schwer umsetzbar, da schnelle Laserabträge und konzentriertes Arbeiten einen Seitenblick auf die Pachymetrie nur schlecht erlauben. Ohnehin ist bei verantwortungsvoller präoperativer Diagnostik mit einem wesentlich zu hohen Gewebeabtrag, abweichend von der Kalkulation, nicht zu rechnen. Sinnvoll ist die Nutzung dieser Systeme vor allem dann, wenn es gilt, Nachbehandlungen nach primärer LASIK durchzuführen, bei der entweder die Flapdicke unbekannt oder keratombedingt nicht genau genug bekannt ist [48]. Hier bietet die Online-Pachymetrie die Möglichkeit zur intraoperativen Kontrolle der Reststromadicke nach Aufklappen des Flaps. Bei zu geringen Dicken kann der Eingriff an dieser Stelle immer noch abgebrochen werden.
10.2.4
Flapschnitt
Neben den Parametern der eigentlichen Excimerlaserablation werden auch die Parameter des Flapschnittes vor der Operation festgelegt. Erster Schritt ist dabei die Wahl des verwendeten Keratoms (Mikrokeratom oder Femtosekundenlaser). Die generelle Entscheidung, ob die LASIK mit einem Mikrokeratom oder dem Femtosekundenlaser durchgeführt wird, liegt hier im Ermessen des Operateurs. Die sicherere und präzisere Variante stellt heute zweifelsohne der Femtosekundenlaser dar, für das mechanische Mikrokeratom sprechen die geringeren Kosten. Gelegentlich diskutierte Nachteile des Femtosekundenlasers wie eine rauere Schnittkante oder das »transient light syndrome« sind zum einen gerätespezifisch, zum anderen bietet sich in der Literatur kein eindeutiges Bild der Voroder Nachteile rauerer Schnittkanten [49]. Deutliche Unterschiede zeigen sich im Intraokulardruck, sowohl bei den Spitzen als auch in der Dauer, wobei die maximalen Druckspitzen wiederum gerätespezifisch erscheinen [10]. Femtosekundenlaser zeigen generell einen geringeren Gesamtdruck, aber eine längere Dauer der Druckerhöhung. Betrachtet man nur die visuellen Ergebnisse, so unterscheiden sich die beiden Verfahren hingegen nicht [26]. Die Vorteile der höheren Sicherheit (die Operationen verlaufen quasi komplikationslos [23]), der Vorhersagbarkeit der Flapdicke [48] sowie der hohen Schnittvariabilität sprechen nach Ansicht der Autoren für die Verwendung des Femtosekundenlasers [26]. (Die Punkte »Mikrokeratom« und »Femtosekundenlaser« im 7 Abschn. 10.2.4 gehen näher auf die grundsätzlichen Prinzipien sowie Vor-
141 10.2 · Methode
und Nachteile der verschiedenen Verfahren zur Flappräparation ein.)
Der Flap > Als Flap wird die vor der Excimerlaserapplikation präparierte und zurückzuklappende Hornhautlamelle bezeichnet. Eine kleine Gewebebrücke (»hinge« – engl.: Scharnier) verbleibt dabei ungeschnitten und dient später als Fixierung beim Zurückklappen des Flaps.
Bei der Planung der Flaparchitektur sollten die folgenden Parameter einbezogen werden: Flapdicke Die Flapdicke sollte so gering wie möglich und
so dick wie nötig gewählt werden. Zum einen bedeutet ein dickerer Flap eine stärkere Schwächung der strukturellen Integrität der Kornea [39], da der Flap selbst nicht mehr wesentlich zur Stabilität der Kornea beiträgt. Andererseits kann ein zu dünner Flap aufgrund der limitierten Vorhersagbarkeit der Schnitttiefe (sowohl bei mechanischen Keratomen, als auch beim Femtosekundenlaser) zu einer ungewollten Perforation der Bowman-Membran führen. Beim Mikrokeratom werden eine oder mehrere Schnitttiefen angeboten, bei Femtosekundenlasern ist die Schnitttiefe zumeist frei wählbar. Bauartbedingte Spezifikationen der einzelnen Systeme sind unbedingt zu beachten. In der Praxis haben sich beim Femtosekundenlaser Schnitttiefen von etwa 90–120 μm durchgesetzt. Diese (im angelsächsischen Raum oft als »sub bowman keratomileusis« bezeichneten) Schnitttiefen erfüllen die oben aufgeführten Anforderungen nach heutigem Kenntnisstand in aktuellen Studien am besten [3, 15, 16]. Die oft genannten Nachteile dünner Flaps, wie Faltenbildung, Striae, Epitheleinwachsungen oder irregulärer Astigmatismus treten bei sorgfältiger Operation sehr selten bis gar nicht auf [23]. > Im Allgemeinen wird heute zur Gewährleistung der postoperativen kornealen Integrität eine stromale Restdicke von mindestens 250–300 μm (exklusive Flap!) angestrebt [11].
Ausschlaggebend ist dabei nicht die stromale Restdicke nach der primären Behandlung, sondern nach dem (eventuell auszuführenden) ersten oder im schlechtesten Fall auch nach dem zweiten Retreatment. Die Standardabweichung der Flapdicke mit dem jeweiligen Keratom ist in die Berechnung mit aufzunehmen. Bei der Planung sollte also ein entsprechender Puffer von mindestens 50 μm angestrebt werden. Flapdurchmesser Der Flapdurchmesser sollte sich idea-
lerweise nach der optischen Zone richten und deren Durchmesser deutlich überschreiten. Limitierende Fak-
toren sind zum Beispiel korneale Injektionen infolge von langjährigem Kontaktlinsentragen. Wird ein Femtosekundenlaser eingesetzt, kann dieser in dem injizierten Bereich nicht ausreichend schneiden; im Falle eines Mikrokeratoms kann es zu starken Blutungen kommen. Allerdings lässt sich der Femtosekundenlaserflap im Durchmesser meist intraoperativ noch verringern oder verschieben, um auf solche Injektionen zu reagieren. Mit dem Mikrokeratom muss diese Entscheidung vor der Operation getroffen werden, da der Durchmesser des Keratomringes über den Flapdurchmesser entscheidet; eine intraoperative Änderung des Durchmessers nach Ansaugung ist nicht möglich. Weiterhin ist bei Mikrokeratomen auf die kornealen Krümmungsradien bzw. die Keratomanwendbarkeit bei diesen zu achten. Nicht jeder Keratomdurchmesser eignet sich für alle kornealen Krümmungen, was wiederum dazu führt, dass besonders bei flachen oder steilen Radien der Hornhaut mit mechanischen Keratomen nur begrenzte Flapdurchmesser realisierbar sind. Im Falle eines Femtosekundenlasers gibt es diese Limitation meist nicht, einige Systeme mit sphärischer Applation erfordern dennoch eine gewisse Anpassung des Patienteninterfaces an die K-Werte der Hornhaut. Die Wichtigkeit der Kenntnis der gerätespezifischen Besonderheiten kann hier nicht genug betont werden. Die ungewollte Perforation der Bowman-Membran stellt hier im Vergleich zu »buttonholes« oder »free caps« nur eine geringfügigere Schnittkomplikation dar, die auf der Wahl des unpassenden Keratoms beruhen kann (7 Kap. 22). Hingeposition Bezüglich der optimalen Positionierung des Hinges gibt es verschiedene zugrundeliegende Überlegungen. Die ersten Mikrokeratomflaps waren, bauartbedingt, immer nasal angeordnet. Mit heutigen Mikrokeratomen kann der Flap allerdings auch nach superior oder temporal ausgerichtet werden. Femtosekundenlaser ermöglichen Hingepositionierung in jeder beliebigen Richtung. Auch hier ist auf die jeweiligen Gerätespezifikationen zu achten. Für den superior angeordneten Hinge spricht die dem Lidschlag entsprechende Aufklapprichtung des Flaps, die die postoperative Adhäsion unterstützen soll. Temporale Flaps werden bisweilen bei Kampfsportlern empfohlen, bei denen mit einer Schlageinwirkung auf das Auge aus der temporalen Richtung zu rechnen ist. So soll das traumatische Ablösen/Eröffnen des Flaps erschwert werden. Belege für diese Theorie stehen allerdings aus. Eine wichtige Rolle für die Positionierung des Hinges könnte die Ausrichtung der kornealen Nervenfasern spielen. Je nach Position werden andere Nervenfasern durchtrennt, was wiederum zu unterschiedlichen Hornhautsensitivitäten und Rehabilitationsdauern führen könnte; das trockene Auge nach LASIK wäre also entsprechend schwä-
10
142
Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
cher oder stärker ausgeprägt bzw. würde postoperativ kürzer oder länger anhalten. Vergleichsstudien zu diesem Thema zeigen in der Übersicht jedoch keinen Vorteil für eine der Methoden [29, 34]. > In der Praxis wird daher in der Regel ein superiorer Flap gewählt.
Mikrokeratom
10
Heutige Mikrokeratome können bei Kenntnis und Einhaltung der entsprechenden Indikationen durchweg als äußerst präzise und sichere Instrumente zur Flappräparation bei LASIK angesehen werden. Verschiedene Studien zeigen immer geringer werdende Schnittkomplikationsraten und höchst präzise Schnitte [26]. Es stehen heute verschiedene Arten von Mikrokeratomen zur Verfügung. Prinzipiell besteht ein Mikrokeratom immer aus folgenden Bauelementen: 4 Saugring (zur Fixierung des Keratoms limbusnah an der Sklera und Konjunktiva und zur Erhöhung des intraokularen Druckes zur Versteifung der Kornea beim Schnitt) 4 Am Saugring befestigter Griff (mit Vakuumanschluss) 4 Keratomkopf (bestehend aus Applanationskopf und Klingenhalterung) 4 Auswechselbare oszillierende Präzisionsklinge 4 Verbindung zum Keratommotor und Motor mit Fußtaste Die verschiedenen Bauarten von Mikrokeratomen unterscheiden sich dabei herstellerspezifisch vor allem im Detail. Der Schnitt kann durch Vorschub, Schwenken oder Kippen des Keratomkopfes erfolgen. Dieser Vorschub wiederum kann automatisiert durch den Motor oder aber auch manuell durch den Chirurgen erfolgen. Vor Einsatz des Mikrokeratoms ist dieses zusammenzusetzen, sorgfältig zu inspizieren und auf seine Einsatzbereitschaft hin zu testen. Auch hier gilt: Die gerätespezifischen Sicherheitsprüfungen und Anwendungsrichtlinien sind genauestens einzuhalten. Anschließend wird das Operationsmikroskop auf die Korneaebene fokussiert und das Keratom angesetzt. Der Limbus oder auch die Pupille können hier bei der Zentrierung als Hilfe dienen. Nach Anlegen und Kontrolle des Vakuums erfolgt der Schnitt. Bei manuellem Vorschub ist auf eine gleichmäßige und ununterbrochene Vorwärtsbewegung der oszillierenden Klinge (gemäß Herstellerangaben) zu achten. Anschließend kann das Vakuum wieder gelöst und das Keratom vom Auge entfernt werden.
Femtosekundenlaser Dem refraktiven Chirurgen stehen heute verschiedene Femtosekundenlaser zur Flappräparation bei LASIK zur
Verfügung. Eine genaue Beschreibung findet sich in 7 Kap. 8.2. Im Gegensatz zu den mechanischen Keratomen zeichnen sich die Femtosekundenlaser duch eine geringere Komplikationsrate und eine höhere Variabilität der Flapparameter aus. Allerdings treten in der möglichen Flaparchitektur zwischen den Geräten teils erhebliche Unterschiede auf. Während beispielsweise das Abbot-IntralaseSystem in der Lage ist, während der Operation noch fast alle Behandlungsparameter zu verändern, ist dies mit dem Ziemer-System nicht möglich. Hier gleicht die Schnittarchitektur eher einem mechanischen Mikrokeratom, der Schnitt erscheint aber glatter und kann unter Umständen schneller vollzogen werden (als mit dem erstgenannten System). Beide Systeme applanieren die Hornhaut vor dem Schnitt plan, während die Systeme von Zeiss und Technolas Perfect Vision eine sphärische Applanation anwenden, was wiederum dazu führen soll, dass der Intraokulardruck während der Behandlung geringer ausfällt. Daraus folgt aber auch die Notwendigkeit der Anpassung des Laserkopfes/Patienteninterface an die kornealen Krümmungsradien. Auch bei den Femtosekundenlasern gilt daher, dass nur bei Einhaltung der jeweiligen Herstellerhinweise eine hohe Präzision des Schnittes gewährleistet werden kann. Das Ansetzen des Femtosekundenlasers ans Patientenauge unterscheidet sich von System zu System. Die Vakuumansaugung kann entweder separat mit nachträglicher Applikation des Patienteninterfaces zur Applanation erfolgen, andere Laser bieten beide Schritte in einem an. 7 Kap. 8.2 beschreibt die Laser ausführlich. Nach Andocken an das Patientenauge, Applikation des Vakuums und Kontrolle der Zentrierung (je nach System am Monitor oder wie beim mechanischen Mikrokeratom als Durchblick durch den Laserkopf) erfolgt der Schnitt. Nach Vollendung kann der Laserkopf vom Auge entfernt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass das Vakuum nicht mehr wirksam ist!
Veränderung okulärer Strukturen während des Flapschnittes Da sowohl Mikrokeratome als auch Femtosekundenlaser immer ein gewisses, geräteabhängiges Vakuum zur Fixierung benötigen, kommt es auch immer zu einer Beeinflussung intraokularer Strukturen und des intraokularen Druckes [18, 30]. Dabei gilt, dass Femtosekundenlaser weniger starke Druckschwankungen bei besserer Vorderkammerstabilität zeigen; der Intraokulardruck ist mit Femtosekundenlasern insgesamt tendenziell geringer, allerdings gilt es auch hier wieder gerätespezifische Unterschiede zu beachten [10]. Nachhaltige Veränderung intraokularer Strukturen durch die Ansaugung konnte jedoch weder mit dem Femtosekundenlaser noch mit dem Mikrokeratom gezeigt werden [12]. Allerdings wird die postoperative korneale Stabilität stark von der Flapdicke (zugunsten der geringeren Tiefe) beeinflusst [39].
10
143 10.2 · Methode
. Tab. 10.2 Dresdner Korrekturtabelle nach Kohlhaas [21] für »normale« Patienten ohne vorangegangene refraktive Chirurgie. Eine Abweichung von ±25 μm von der Hornhautdurchschnittsdicke 550 μm resultiert in einem Messfehler von ±1 mmHg Hornhautdicke [μm]
475
500
525
550
575
600
625
650
675
Korrektur [mmHg]
+3
+2
+1
0
–1
–2
–3
–4
–5
Zu beachten ist bei Post-LASIK-Messung des Intraokulardruckes, dass sich durch die Veränderung der kornealen Krümmungsradien verfälschte Druckwerte bei der Applanationstonometrie nach Goldmann ergeben. Eine entsprechende Methode zur Korrektur der Werte in Abhängigkeit von der Hornhautdicke und vorangegangener refraktiver Chirurgie wurde von Kohlhaas et al. 2006 vorgeschlagen (Dresdner Formel nach Kohlhaas; . Tab. 10.2) [21]. > Dresdner Formel nach Kohlhaas zur Korrektur der Messwerte des mit Goldmann-Applanationstonometrie ermittelten Intraokulardruckes nach keratorefraktiver Chirurgie (ZP = zentrale Pachymetrie) [21]:
a
IODreal = IODgemessen + (540 – ZP)/71 + (43 – K-Wert)/2,7 + 0,75 mmHg
10.2.5
Flaperöffnung
Erster Schritt bei der Flaperöffnung ist die Sichtprüfung, ob der Schnitt vollständig und komplikationslos erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall, kann die Operation an dieser Stelle, je nach Schnittkomplikation, abgebrochen (wie im Falle eines unvollständigen Flaps bei Verwendung eines mechanischen Keratoms) oder der Schnitt wiederholt werden (beim unvollständigen Femtosekundenlaserschnitt) (7 Kap. 12). Besteht der Flap die Sichtprüfung, kann zunächst mit einem feinem Instrument (z. B. ein SinskeyHaken) der Flaprand eröffnet werden. Anschließend wird ein LASIK-Spatel in Hingenähe unter den Flap geführt. Im Falle des Femtosekundenlasersflaps wird dieser Spatel dann vom Hinge weg unter dem Flap entlang gestrichen. Während mechanische Mikrokeratome den Flap tatsächlich vollständig schneiden verwenden Femtosekundenlaser das Prinzip der Photodisruption zur Gewebetrennung (7 Kap. 8.2). Das kann, je nach Pulsfrequenz und Spotseparation dazu führen, dass der Schnitt nicht vollständig ist, sondern sich zwischen Flap und Stroma noch Gewebebrücken befinden. Dies gilt es bei der Eröffnung des Flaps zu beachten, da die Brücken zu einem erhöhten Wiederstand bein Hindurchstreichen des Spatels führen können (. Abb. 10.1).
b
c . Abb. 10.1a–c Femtosekunden-LASIK. a Applikation des Femtosekundenlasers (FS60, Abbot), inkl. Saugring. b Flapschnitt (FS 60, AMO). c Trennung der Gewebebrücken mit einem Spatel, Eröffnung des Flaps erfolgt anschließend. (Je nach Femtosekundenlaser können Spotenergie und Spotabstand variieren und der Schritt der Gewebetrennung evtl. weniger schwierig ausfallen)
144
Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
a
b
c
d
10
e
Ist der Flap vollständig (mit Ausnahme des Hinge) vom kornealen Gewebe gelöst, wird er mit dem Spatel aufgeklappt und gefaltet neben dem zentralen Korneaareal abgelegt. Bei dieser sog. »Calzone-Technik« wird dazu unter den Flap gegriffen und dieser über den Hinge nach in Richtung peripher gestrichen, wodurch automatisch die Faltung stattfindet. Das stromale Gewebe des Flaps liegt somit geschützt im Innern der entstandenen Tasche (. Abb. 10.2).
. Abb. 10.2a–e LASIK. a Ansetzen des Keratomsaugringes. b Aufsetzen des Keratomkopfes und Schnitt. c Zurückklappen des Flaps (»Calzone-Technik« – Aufeinanderlegen der stromalen Oberflächen des Flaps während der Excimerlaserapplikation). d Zurückklappen des Flaps nach Excimerapplikation, Ausspülen des Interfaces. e Ausstreichen der Flüssigkeit aus dem Interface und Repositionierung des Flaps. Die Schritte c–e werden bei der FemtosekundenLASIK äquivalent durchgeführt, nachdem evtl. vorhandene Gewebebrücken aufgetrennt wurden
10.2.6
Excimerlaserablation
Ist der Flap aufgeklappt kann der Excimerlaserprozess beginnen. Dabei ist auf die entsprechende Zentrierung (7 Kap. 8.4) zu achten. Außerdem sollte überprüft werden, ob das stromale Bett frei von Fremdkörpern ist; diese sind ggf. mit einem Tupfer zu entfernen. Durch Betätigen eines Fußschalters wird dann die vorher festgelegte Ablation (7 Kap. 8.3) gestartet. Während der Ablation hat der Operateur durch den Ziellaser die Möglichkeit, die Bewegungen des eigentlichen Ablationslasers zu verfolgen und auf eventuelle starke Dezentrierungen zu reagieren. Allerdings kann der einge-
145 10.2 · Methode
a
b
c
. Abb. 10.3a–c Hyperope Abtragsprofile. a Astigmatismus hyperopicus rectus. Die maximale Abtragstiefe wird hier bei 90° und 270° erreicht. Bei einem superioren Flap entsprechend genau in Flaprichtung und dem geringsten Interfacedurchmesser. Alternativ kann zum Schutz des Flaps ein temporaler Hinge oder eine ovale Flapgeometrie gewählt werden. b Entsprechend a, aber Astigmatismus hyperopicus inversus, mit umgekehrter Konsequenz für die Wahl der Flapgeometrie. c Im Falle eines superioren Hinges und eines ebenfalls superioren maximalen Abtrages ist auf den Schutz des Flaps mit einem Tupfer während der Excimerablation zu achten
10
146
10
Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
schaltete, sich bewegende Ziellaser auch zu Schwierigkeiten bei der Fixation des Patienten auf den Fixationslaser und damit zu erhöhten intraoperativen Augenbewegungen führen. Idealerweise sollten diese jedoch vom dynamischen Eyetracker des Lasers kompensiert werden. Alternativ kann der Ziellaser auch einfach ausgeschaltet werden. Je nach Ablationsprofil gilt es, den Hinge bzw. den dort anliegenden Flap vor dem Ablationslaser zu schützen. Besonders bei Abtragsprofilen, die eine starke periphere Ablation im Hingebereich benötigen, ist der Schutz des Flaps mit einem Tupfer besonders wichtig (. Abb. 10.3). Bei der präzisen Ablation spielt unter anderem die Geschwindigkeit des Lasers eine Rolle. Je schneller der Laser arbeitet, desto kürzer ist der Flap aufgeklappt und umso geringer fällt die Dehydration des stromalen Gewebes aus. Fraglich ist im Moment noch, wo hier die Schwelle für die Behandlungszeit liegt, ab der eine schnellere Behandlung keine signifikanten Vorteile mehr bringt, bzw. ob es eine solche Schwelle überhaupt gibt. Schnellere Laser können den Vorteil der geringeren Expositionszeit allerdings nur dann voll ausspielen, wenn die Optik/Mechanik des Systems zwischen zwei Schüssen entsprechend schnelle Repositionierungen des Ablationsspots verwirklichen kann. Werden bei Flying-Spot-Lasern (7 Kap. 8.1) die Ablationsspots zu schnell zu dicht nebeneinander positioniert, besteht die Möglichkeit, dass es zu einer erhöhten thermischen Belastung des Gewebes [27] und damit zu einer gesteigerten Dehydration kommen kann.
10.2.7
4 4 4 4 4
Flaprepositionierung
Zurückklappen des Flaps mit einem Spatel Ggf. Ausspülen des Interface Randadaptation (mit breitem Tupfer) Randkontrolle (mit spitzem Tupfer) Bei Femtosekundenlasern mit orthogonaler oder annähernd orthogonalem »side-cut« fällt der Flap zurück ins Bett.
10.2.8
Postoperativ
Ein wesentlicher Vorteil der LASIK ist die schnelle (visuelle) Rehabilitation nach dem Eingriff und die im Vergleich zu Oberflächenverfahren geringen postoperativen Schmerzen bei der Wundheilung. Dennoch berichten Patienten nach der Operation immer wieder über Fremdkörpergefühl oder trockene Augen. Um diese Phänomene etwas abzumildern und den Flap vor Fremdeinwirkung zu schützen, empfiehlt es sich eine Verbandskontaktlinse einzusetzen. Gut geeignet hierfür sind alle »Continous-wear«- oder »Extended-wear«-Kontaktlinsen aus Silikonhydrogelma-
terialien, da diese eine sehr hohe Gaspermeabilität aufweisen. Die Kontaktlinse wird direkt nach Applikation der postoperativen Medikation (z. B. Neomycin, Dexamethason) auf das Auge aufgesetzt, kann dort über Nacht verbleiben und wird bei der Eintageskontrolle wieder entfernt. Neben dem Komforteffekt für den Patienten kann so auch Flapdislokationen vorgebeugt werden. Ein adäquater Rhythmus für die Nachuntersuchungen sind Kontrollen nach: 4 1 Tag: Die Kontrolle nach einem Tag sollte die Sichtkontrolle des Flaps sowie allgemein des vorderen und hinteren Augenabschnittes umfassen. Für eine präzise Refraktionsbestimmung ist es aber noch zu früh. Was getestet werden sollte, ist der unkorrigierte Visus. (Alles ggf. nach Entfernen der Verbandslinse.) 4 1 Woche: Nach einer Woche wird erneut eine Sichtkontrolle des Flaps sowie allgemein des vorderen und hinteren Augenabschnittes durchgeführt. Weiterhin kann nun auch eine erste grobe Überprüfung des Refraktionszustandes erfolgen und sowohl ein unkorrigierter als auch bestkorrigierter Visus bestimmt werden. Die ermittelten Werte können aufgrund des frühen postoperativen Zeitpunkts nur als tendenziell angesehen werden. 4 2–3 Monaten: Nach zwei, besser drei Monaten sollte sich die korneale Nervenfaserschicht wieder soweit regeneriert haben, dass das trockene Auge bei den allermeisten Patienten keine relevanten Visusstörungen mehr hervorruft. Jetzt können präzise Aussagen über den Operationserfolg getroffen werden und neben der Refraktions- und Visusbestimmung auch weitere Untersuchungen zur optischen Qualität durchgeführt werden. Weiterhin kann ggf. auch über Nachbehandlungen bei Über- oder Unterkorrektur nachgedacht werden. Sinnvoll ist dann aber dennoch ein erneuter Kontrolltermin nach 6 Monaten, um sich der Refraktions- und Topographiestabilität zu vergewissern. 4 1 Jahr: Die Untersuchung nach einem Jahr ist klinisch nicht mehr unbedingt nötig, stellt aber den endgültigen postoperativen Zustand am besten dar. Der Patient hatte jetzt etwa 9 Monate Zeit, sich mit seinem neuen Sehvermögen im Alltag vertraut zu machen und dieses auch in verschiedenen Situationen und bei verschiedenen Umfeldbedingungen zu beurteilen. Zu diesem Zeitpunkt können wiederum neben der Refraktionsund Visusbestimmung auch weitere Messungen zur optischen Qualität durchgeführt werden. Sinnvoll, wenn auch in der Praxis schwer umsetzbar, sind weitere Kontrollen im Jahresabstand. Nur durch die Langzeitdokumentation der Ergebnisse kann letztlich eine Aussage über die Stabilität und Sicherheit der durchgeführten Behandlungen getroffen werden.
147 10.3 · Retreatments
10.3
Retreatments
Die Anforderungen an die Präzision bei der LASIK sind heute sehr hoch. Der TÜV Süd beispielsweise erwartet eine Retreatmentrate von weniger als 15% (7 Kap. 25). Eine Quote die unter Einhaltung der richtigen Patientenselektion und bei Verwendung moderner Lasersysteme normalerweise stark unterschritten werden sollte. Kommt es dennoch dazu, dass ein Patient nachbehandelt werden muss, so kann dies aus zwei Gründen geschehen: Wegen einer Über- bzw. Unterkorrektur oder bei postoperativen Komplikationen wie Flapfalten, diffuser lamellärer Keratitis (DLK), Striae, Fremdkörper im Interface oder ähnlichem (7 Kap. 12).
modativem Ausgleich in die Myopie ziehen, erkannt werden, um nicht das vermeintlich kurzsichtige Auge zu behandeln. Kleinere topographische Irregularitäten (subklinischer Keratokonus [4]), die präoperativ unentdeckt geblieben sind, können eine Instabilität der Kornea induziert haben. In diesem Fall ist mit einer Progression des Astigmatismus zu rechnen. Eventuell bei der Indikationsstellung und Operationsplanung vorgefallene Fehler sollten vor jedem Retreatment unbedingt aufgedeckt werden. In den meisten Fällen ist die postoperative Über- oder Unterkorrektur wie oben und in 7 Kap. 12 beschrieben einfach einem trockenen Auge bzw. seltener der Refraktionsund Laserpräzision sowie biomechanischen Veränderungen der Hornhautstruktur geschuldet.
Operatives Vorgehen 10.3.1
Retreatment bei residualem Refraktionsfehler
Präoperative Überlegungen Vor Durchführung eines Retreatments wegen Über-/ bzw. Unterkorrektur sollten zwei wichtige Fragen geklärt werden: 4 Ist Refraktions-/Topographiestabilität eingetreten? 4 Worin liegt die Ursache für die Fehlkorrektur? Die Refraktionsstabilität lässt sich leicht durch wiederholte Messungen überprüfen. Sind die Messungen (subjektiv und objektiv) über einen gewissen Zeitraum (3–6 Monate postoperativ) stabil, kann ein Retreatment durchgeführt werden. Nach diesem Zeitraum sollte auch der häufig gegebene Einfluss der reduzierten Sensibilität der Hornhautoberfläche und des damit verbundenen trockenen Auges keine Probleme visueller Art mehr verursachen. Wichtig ist auch die Bewertung der topographischen Stabilität. Die Bewertung dieser sollte immer unter der Kenntnis der Limitationen bzw. Wiederholbarkeitsgenauigkeit des jeweiligen Topographen erfolgen. Kleine Änderungen können dem Tränenfilm (besonders bei Placidosystemen) oder auch der, bei »irregulären« (post-LASIK, »non-virgin«) Hornhäuten verringerten Wiederholbarkeit der Messergebnisse der meisten Topographiesysteme geschuldet sein. Die Frage nach dem Warum lässt sich nicht immer klären. In jedem Fall sollten Unstimmigkeiten zwischen der präoperativen subjektiven und objektiven Refraktion sowie der Topographie ausgeschlossen werden. Auch sollte der Refraktionszustand in Zykloplegie überprüft werden, besonders wenn das Refraktionsgleichgewicht nicht gegeben ist und der Verdacht auf intraindividuelle Unterschiede des Refraktionsdefizites besteht. So müssen z. B. latente monokulare Hyperopien, die das zweite Auge bei akkom-
Sowohl Mikrokeratom- als auch FemtosekundenlaserFlaps lassen sich meist noch mehrere Jahre nach der primären Operation wiedereröffnen. Allerdings ist mit größeren Schwierigkeiten zu rechnen, je länger die Operation zurückliegt. So ist es oft schwierig, die Hingeposition festzustellen oder unter den Flap zu dringen. Der erste Schritt bei der Nachbehandlung ist das Markieren/Eröffnen des Flaps. Dies kann zum Beispiel unter topischer Anästhesie an der Spaltlampe mit einer feinen Nadel erfolgen. Ist der Flaprand auf diese Weise vorpräpariert, also eine mögliche Eindringstelle für den Spatel in das Interface angelegt, kann der Patient am Excimerlaser positioniert werden. Dort erfolgt die vorsichtige Eröffnung des Flaps, die Excimerlaserablation und das Zurückklappen des Flaps entsprechend des Vorgehens bei der Primärbehandlung. Jedoch ist besondere Vorsicht am Flaprand walten zu lassen, da durch Unregelmäßigkeiten am Flaprand schnell Epitheleinwachsungen entstehen können. Das anzuwendende Laserprofil richtet sich hier wiederum nach den gleichen Parametern wie oben und in 7 Kap. 8.3 beschrieben. In Fällen von Nachbehandlungen aufgrund eines dezentrierten oder in welcher Art auch immer leicht irregulären primären Laserabtrages sowie zu kleiner optischer Zonen (vor allem bei älteren Behandlungen kommt dies relativ häufig vor) empfiehlt sich immer die besondere Abwägung des Nutzens eines kornealen oder okulären Wellenfrontprofils, sei es zur Vergrößerung/Rezentrierung der optischen Zone oder zum Ausgleich lokaler Irregularitäten. Zur Abschätzung, wo genau der optische Fehler in welchem Maß zu suchen ist, sollten vor einem Retreatment immer beide Untersuchungen (korneale und okuläre Wellenfront) durchgeführt und die Ergebnisse miteinander zur Ermittlung der internen Wellenfront verrechnet werden. Gängige Diagnostikgeräte bzw. von den Laserherstellern angebotene Gerätekombinationen bieten diese Option leider nicht immer an. Die von der kornealen wellenfront-
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148
Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
gestützte Behandlung des subjektiven Refraktionsfehlers wird jedoch in den meisten Fällen ausreichen, da mit einem starken internen Fehler aufgrund einer vorangegangenen LASIK/PRK nicht zu rechnen ist.
10.3.2
Retreatment bei Komplikationen
Mögliche postoperative Komplikationen, die eine Nachbehandlung rechtfertigen sind z. B. Fremdkörper im Interface, DLK oder Flapfalten. Das Management dieser und anderer Komplikationen wird in 7 Kap. 12 detailliert dargestellt.
10.4
10
Ergebnisse
Entscheidend für die Beurteilung der Qualität der LASIK sind verschiedene Parameter. Während die Bewertung der Rauigkeit der Schnittflächen noch umstritten ist (7 Abschn. 10.4.1) werden Faktoren wie die Sehschärfe und die residuale Refraktion (unterteilt in die Kriterien Sicherheit, Wirksamkeit, Stabilität und Vorhersagbarkeit) weltweit gefordert [14]. Das Parameter wie die Kontrastempfindlichkeit, die Aberrationen höherer Ordnung und die subjektive Patientenzufriedenheit in die Bewertung des Operationserfolges mit einfließen sollten [5, 6], ist ebenfalls unumstritten. Bei der Art und Weise, wie dies zu geschehen hat und wie diese Größen klinisch zu bestimmen sind, gibt es allerdings noch verschiedene Auffassungen. Ein weiteres Problem bei der Bewertung stellt der Zeitraum der durchgeführten Nachuntersuchungen dar. Letztlich können nur wirkliche Langzeitstudien über 10–20 Jahre Aufschluss über die Sicherheit des Verfahrens geben. In der klinischen Praxis ist es jedoch fast unmöglich, die Patienten über so lange Zeiträume zu verfolgen, in Studien ist es ausgesprochen schwer. Dies führt zu einer Vielzahl verschiedener Studien mit einer Vielzahl verschiedener Messansätze. Auch werden die Ergebnisse unterschiedlich bewertet. Dies alles macht die Bewertung klinischer Studien zu den Ergebnissen der LASIK zu einem umfangreichen Unterfangen. In den folgenden Absätzen soll daher auf solche Studien eingegangen werden, die Studiendesigns nach hohem wissenschaftlichem Standard nutzen, Bewertungskriterien wählen, wie sie in 7 Kap. 3 beschrieben werden, oder entsprechende Langzeitergebnisse vorstellen.
10.4.1
Flapschnitte/Schnittqualität
Die Güte des Lentikelschnittes bei der LASIK kann zum einen nach der Präzision der makroskopischen Schnittparameter (also Lentikeldicke, Durchmesser und Position),
zum anderen aber auch nach der nur mikroskopisch zu beurteilenden Oberflächenstruktur der Schnittflächen beurteilt werden. Bei der Bewertung der makroskopischen Parameter liefern die gängigen Femtosekundenlaser im Allgemeinen nur unwesentlich bessere Ergebnisse als die Mikrokeratome. Die Präzision der für die Sicherheit der Operation besonders wichtigen Lentikeldicke beträgt, je nach Studie, mit dem Femtosekundenlaser heute etwa ±6 bis ±12 μm [40, 42, 48]. Bei Mikrokeratomen betragen die Standardabweichungen ±6 bis ±24 μm [42, 48], was immer noch ein sehr gutes Ergebnis darstellt. Allerdings wird in Studien, die die Regelmäßigkeit der Flapdicke von zentral nach peripher bewerten, diese bei Femtosekundenlasern als besser angegeben. Bei Mikrokeratomen zeigt sich eine zentrale Verdünnung des Flaps [48]. Ist diese, zum Beispiel aufgrund der falschen Auswahl des Keratoms bei den vorliegenden Hornhautradien, zu stark ausgeprägt, kann es zu einem Buttonhole kommen (7 Kap. 12), ein Problem, das bei Femtosekundenlasern nicht auftritt [23]. Entscheidender als die marginalen Unterschiede in der Flapdicke sind die Vorteile der absolut geringeren Komplikationsrate beim Schnitt [23] und die wesentlich höhere Variabilität. Diese erlaubt es dem Operateur, teilweise noch während der Operation den Flap in dessen Lage, Durchmesser, Hingeposition und Dicke entsprechend der Anatomie des Patienten zu verändern. Die variable orthogonale Anordnung des »side-cut«, wie sie bei etwa der Hälfte der Femtosekundenlaser einstellbar ist, bietet den Vorteil der leichteren und genaueren Repositionierung des Flaps nach der Excimerlaserablation. Auch Vorteile wie eine daraus resultierende erhöhte biomechanische Stabilität der Kornea werden diskutiert. Betrachtet man mikroskopisch die Oberflächenstruktur des Interface sowie der stromalen Flapseite, zeigt sich ein etwas anderes Bild. Die Oberflächenstruktur bei Femtosekundenlasern wird als sehr genau und ausreichend glatt beschrieben [19]. Die Oberflächenstruktur von Keratomschnitten hingegen ist wesentlich glatter, da diese das Gewebe schneiden und nicht wie der Femtosekundenlaser durch Photodisruption zerreißen. Aktuelle Studien zeigen dies deutlich auf [17, 25]. Ein manchmal genannter Nachteil der Femtosekundenlaser bezüglich der Oberflächenstruktur ist die eventuell schlechtere Energieapplikation durch den Excimerlaser auf das rauere stromale Bett [17]. In der Praxis können nur die visuellen Ergebnisse, die Komplikationen sowie die Praktikabilität (bei der primären Operation und bei einer möglichen Nachbehandlung) Aufschluss über das Für und Wider der etwas raueren Oberflächenstruktur bei Femtosekundenlaserschnitten geben (7 Abschn. 10.4.2 sowie 7 Kap. 12)
149 10.4 · Ergebnisse
10.4.2
Visuelle Parameter
Sehschärfe Die Standardparameter für die Beurteilung der LASIK sind heute die Hochkontrastsehschärfe sowie die residualen Refraktionsfehler (7 Kap. 3). Bewertet werden diese nach den Kriterien Sicherheit, Stabilität, Wirksamkeit und Vorhersagbarkeit (7 Kap. 26 sowie [14, 22, 24]). Kohnen et al. [52–54] haben in drei Arbeiten frühe Veröffentlichungen an je etwa 100 Augen die grundsätzlichen Ergebnisse myoper, hyperoper und auch der wellenfrontgeführten LASIK dargestellt. Diese Arbeiten zeigen zum einen auf, wie die Auswertung refraktiv-chirurgischer Ergebnisse auf hohem wissenschaftlichem Standard erfolgen kann, zum anderen waren unter anderem diese drei Arbeiten maßgeblich zur Erstellung der heute gültigen Richtlinien der KRC. Die heute gängigen Ansprüche an diese Parameter werden in 7 Kap. 24 und 25 dargelegt. > Generell lässt sich feststellen, dass die zu bewertenden Zielgrößen (Sicherheit, Stabilität, Wirksamkeit und Vorhersagbarkeit) heute unabhängig von der Art des Flapschnittes (Mikrokeratom oder Femtosekundenlaser) gleich gut sind [8, 33].
Eine Metaanalyse von Sakimoto [44] und Azar [3] zeigt die Entwicklung der Ergebnisse von 1996–2006 der laserchirurgischen Verfahren unter anderem in verschiedenen FDA-Studien auf. Auch Komplikationen werden dargestellt. Im Bereich der geringen bis mittelgradien Myopie (bis –7 dpt sphärischem Äquivalent (SÄ), was ungefähr den heutigen Anwendungsbereich der Kommission refraktive Chirurgie (KRC) (7 Kap. 24.1) und den größten Anteil der behandelten Patienten wiederspiegelt), zeigten sich bei der konventionellen LASIK (nicht-wellenfrontgeführte LASIK) folgende Ergebnisse: 90% der Patienten lagen innerhalb ±1,0 dpt postoperatives SÄ, 81% innerhalb ±0,5 dpt SÄ. 96% der Patienten zeigten einen unkorrigierten Visus >0,5, 72% sahen 1,0 oder besser. Bei 1% der Patienten fiel der bestkorrigierte Visus um 2 oder mehr Linien [44]. Im Bereich der hohen Myopie, also im oberen Anwendungsbereich, im Grenzbereich und auch außerhalb der KRC-Indikationen zeigten sich bei der konventionellen LASIK schlechtere, aber laut Sakimoto und Azar immer noch akzeptable Ergebnisse. 80% der Patienten lagen hier im Bereich von ±1,0 dpt SÄ, 61% im Bereich von ±0,5 dpt SÄ. Obwohl 89% der Patienten im unkorrigierten Visus über 0,5 lagen, erreichten doch nur 48% einen Visus von 1,0 oder besser. 1% der Patienten verlor 2 oder mehr Linien bestkorrigierten Visus [44] bei wellenfrontgeführter LASIK für geringe bis mittlere Myopie (bis –7 dpt) lagen 96% der Patienten im Bereich von ±1,0 dpt SÄ, 81% im Bereich von ±0,5 dpt SÄ, 98% erreichten einen unkorrigierten Visus von >0,5, 89%
einen unkorrigierten Visus von 1,0 oder besser. Verluste von 2 Linien oder mehr traten nur bei 0,5% der Patienten auf. Für die Behandlung der Hyperopie bis +6 dpt mit konventioneller LASIK zeigte sich, dass 90% der Patienten postoperativ innerhalb von ±1,0 dpt SÄ lagen, 67% innerhalb von ±0,5 dpt. 90% der Patienten erreichten einen unkorrigierten Visus von >0,5, nur 63% erreichten 1,0 oder besser. Etwa 2% der Patienten verloren 2 oder mehr Linien bestkorrigierten Visus. Die wellenfrontgeführte hyperope LASIK führt zu 95% der SÄ innerhalb von ±1,0 dpt bzw. 70% innerhalb von ±0,5 dpt SÄ. 97% der Patienten erreichen einen bestkorrigierten Visus von >0,5, 66% 1,0 oder besser. In der einzigen hierzu von Sakimoto und Azar zitierten Studie [47] verlor kein Patient 2 oder mehr Zeilen bestkorrigieren Visus. Im Falle des Astigmatismus mixtus wird nicht näher nach Laserprofilen aufgeschlüsselt, die Ergebnisse des unkorrigierten Visus liegen bei 95% >0,5 bzw. 61% bei 1,0 oder besser. Kein Patient verlor 2 oder mehr Zeilen bestkorrigierten Visus. Im Vergleich zu Nicht-FDA-Studien sind alle diese Ergebnisse laut Sakimoto et al. [44] nur unwesentlich besser, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das Verfahren auch in der klinischen Praxis außerhalb von kontrollierten Studien sehr gute Ergebnisse erzielt. Die im Review von Sakimoto und Azar benannten Grenzen zur Unterscheidung von mittlerer und hoher Myopie angegebenen Grenzen (7 dpt) sowie die Ergebnisse in den unterschiedlichen Gruppen bestätigen die in diesem Buch aufgeführten Richtlinien der KRC. Aus den Ergebnissen lässt sich weiterhin schlussfolgern, dass selbst bei den älteren Behandlungen die Ergebnisse als absolut zufriedenstellend bezeichnet werden können, wenn man nur die Patienten betrachtet, die nach den heute gültigen Einschlusskriterien behandelt wurden. Dennoch geben Sakimoto und Azar keinen klaren Cut-off zur Unterscheidung zwischen mittlerer und hoher Myopie an, die Grenze von 7 dpt wie sie oft in FDA-Studien verwendet wird, wird als relativ willkürlich gewählt beschrieben. Der Zusammenhang zwischen dem initialen Refraktionsfehler und dem postoperativen Ergebnis sei weiterhin nahezu linear. Originalarbeiten zum visuellen Langzeitverlauf nach LASIK mit hohem wissenschaftlichen Standard sind eher selten. Studien, die für sich deklarieren Langzeitergebnisse zu berichten, sind nicht selten nur 6–12 Monatsstudien. Ein umfassendes Langzeit-Nachuntersuchungsschema für refraktive LASIK Patienten ist in der Praxis leider nur schwer umzusetzen. Dennoch erreichen einige Studien längere Nachbeobachtungszeiten. Zu nennen sind hier unter anderem Studien neueren Datums von Muñoz et al. 2010 (4 Jahre) [33], Dirani et al. (2010) [13] (2–13 Jahre), Roseman et al. (2010) [43] (10 Jahre), Alio et al. (2009) [1] (10 Jahre) oder auch Patel und Bourne (2009) [36] (9 Jahre). Die Ergebnisse hier sind ebenfalls als gut zu bezeich-
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Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
nen und mit denen in der Übersicht von Sakimoto et al. vergleichbar.
Optische Qualität Wie für die Standardparameter so gilt auch für die Induktion von Aberrationen höherer Ordnung, dass die Wahl des Keratoms (mechanisch oder Femtosekundenlaser) heute keine Rolle mehr spielt, wenn aktuelle Systeme verwendet werden [8, 33]. Die in 7 Kap.8.3 beschriebenen Ablationsprofile können also unabhängig von der Art des Lentikelschnittes eingesetzt werden. Dementsprechend sind auch die zu erzielenden visuellen Qualitäten, z. B. gemessen an der Kontrast- oder Blendempfindlichkeit, gleich gut. Probleme wie eine postoperative Unzufriedenheit mit der optischen Qualität können z. B. zu kleinen oder dezentrierten optischen Zonen zu verdanken sein. Auch die Anwendung von nicht idealen Ablationsprofilen kann zu Schwierigkeiten beim Sehen führen.
Subjektive Zufriedenheit
10
Ein weiterer entscheidender Faktor zur Beurteilung des Operationserfolges ist die subjektive Patientenzufriedenheit. In einem umfassenden Review zu diesem Thema stellen Solomon et al. 2009 fest, dass insgesamt 95,3% bzw. 96,3% der Patienten mit dem Ergebnis ihrer myopen bzw. hyperopen LASIK zufrieden sind [46]. Im Vergleich zu anderen elektiven Eingriffen sind dies die höchsten Werte überhaupt [46]. Die Literaturrecherche umfasste die Jahre 1988–2008, einbezogen wurden schließlich 19 Arbeiten aus den Jahren 1995–2003.
10.4.3
Trockenes Auge
Das trockene Auge ist eine der häufigsten Komplikationen nach der LASIK (7 Kap. 12). Ursächlich hierfür ist der Flapschnitt, bei dem unweigerlich auch die oberflächlichen Nervenfasern der Hornhaut durchtrennt werden und so die Sensibilität der Hornhautoberfläche abnimmt. Folge ist eine verminderte Produktion von Tränenfilm. Betrachtet man sich die beiden Arten von Mikrokeratomen (mechanische und Femtosekundenlaser), so sollte sich die Anzahl der durchtrennten Nervenfasern nicht unterscheiden, da die Lokalisation der Schnitte ja im Wesentlichen die gleiche ist. Ein Blick auf die Literatur bestätigt dies allerdings im Hinblick auf das trockene Auge nicht ganz: Studien, die mechanische mit Laserschnitten vergleichen, kommen zu dem Ergebnis, dass Patienten nach einer Femto-LASIK die gleiche korneale Sensitivität zeigen wie bei einer klassischen LASIK, [37] dennoch fallen die klinischen Beschwerden geringer aus [45]. Ein Einfluss der Flapdicke oder der Ausrichtung des Hinges konnte nicht gezeigt werden [29, 45]. Die Beschwerden des trockenen Auges sind in den aller-
meisten Fällen einige Monate nach der Operation, unabhängig vom Keratom, nicht mehr präsent. 7 Kap. 12 befasst sich ausführlicher mit der Thematik sowie der klinischen Herangehensweise bei postoperativem trockenen Auge. Fazit für die Praxis Entscheidend für einen erfolgreichen lamellierenden keratorefraktiven Eingriff (egal ob mit dem Mikrokeratom oder dem Femstosekundenlaser) sind 4 wichtige Faktoren: 4 Die umfassende und präzise präoperative Diagnostik (7 Kap. 4) 4 Die daraus resultierende Patientenselektion und Aufklärung (7 Kap. 5, 6, 22 und 24.1) 4 Die wiederum daraus resultierende Wahl des Behandlungsverfahrens (7 Kap. 5, 6, 8, 9 und 10) »Last but not least«: Das sichere operative Vorgehen! Werden diese Faktoren beachtet, so berichtet die Literatur in allen Fällen über gute Ergebnisse lamellierender keratorefraktiver Chirurgie, die sich auch und besonders in geringen Komplikationsraten und einer hohen Patientenzufriedenheit (insgesamt 95% [46]), wiederspiegelt. Die erzielbaren optischen Ergebnisse gemessen an den Standardparametern des klinischen Alltags (Vsc, Vcc, SÄ und Astigmatismus, aufgeschlüsselt nach den Kategorien Sicherheit, Wirksamkeit, Vorhersagbarkeit und Stabilität) sind bei fast allen heute angebotenen Methodenkombinationen als sehr gut zu betrachten. Die LASIK kann daher nicht nur als ein sicheres und erfolgreiches, sondern auch als das elektiv-chirurgische Verfahren mit der höchsten Patientenzufriedenheit überhaupt angesehen werden [46].
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Kapitel 10 · Lamelläre Excimerlaserchirurgie (LASIK, Femto-LASIK)
45. Salomao MQ, Ambrosio R, Jr., Wilson SE (2009) Dry eye associated with laser in situ keratomileusis: Mechanical microkeratome versus femtosecond laser. J Cataract Refract Surg 35:1756–60 46. Solomon KD, Fernandez de Castro LE, Sandoval HP, Biber JM, Groat B, Neff KD, et al. (2009) LASIK world literature review: quality of life and patient satisfaction. Ophthalmology 116:691–701 47. US-FDA (2004) STAR S4 Excimer Laser System with variable spot scanning (VSS) and WaveScan WaveFront System. P930016/S017 48. von Jagow B, Kohnen T (2009) Corneal architecture of femtosecond laser and microkeratome flaps imaged by anterior segment optical coherence tomography. J cataract Refract Surg 35:35–41 49. Vossmerbaeumer U, Jonas JB (2008) Regularity of human corneal flaps prepared by femtosecond laser technology. J Refract Surg 24:645–8 50. Wang L, Koch DD (2008) Residual higher-order aberrations caused by clinically measured cyclotorsional misalignment or decentration during wavefront-guided excimer laser corneal ablation. J Cataract Refract Surg 34:2057–62 51. Waring GO, 3rd (2009) One-kilohertz eye tracker and active intraoperative torsion detection in the NIDEK CXIII and Quest excimer lasers. J Refract Surg 25:S931–3 52. Kohnen T, Steinkamp GW, Schnitzler EM, Baumeister M, Wellermann G, Bühren J et al. (2001) LASIK mit superiorem Hinge und Scanning-Spot-Excimerlaserablation zur Korrektur von Myopie und myopem Astigmatismus. Einjahresergebnisse einer prospektiven klinischen Studie an 100 Augen. Ophthalmologe 98: 1044-54 53. Kohnen T, Mirshahi A, Cichocki M, Bühren J, Steinkamp GW (2003) Laser-in-situ-Keratomileusis zur Korrektur von Hyperopie und hyperopem Astigmatismus mit Scanning-Spot-Excimer-Laser. Einjahresergebnisse einer prospektiven klinischen Studie. Ophthalmologe 100:1071-8 54. Kohnen T, Bühren J, Kühne C, Mirshahi A (2004) Wavefront-guided LASIK with the Zyoptix 3.1 system for the correction of myopia and compound myopic astigmatism with 1-year follow-up: clinical outcome and change in higher order aberrations. Ophthalmology 111:2175–85 55. Knorz MC, Jendritza B, Liermann A, Hugger P, Liesenhoff H. [LASIK for myopia correction. 2-year follow-up]. Ophthalmologe. 1998; 95:494–8 56. Knorz MC, Neuhann T. [Correction of myopia and astigmatism using topography-assisted laser in situ keratomileusis (TopoLink LASIK)]. Ophthalmologe. 2000; 97:827–31 57. Mrochen M, Kaemmerer M, Seiler T. Clinical results of wavefrontguided laser in situ keratomileusis 3 months after surgery. J Cataract Refract Surg. 2001; 27:201–7
11
Therapeutische Excimerchirurgie G. Duncker
11.1 Einleitung
– 154
11.2 Abtragung oberflächlicher Narben
– 154
11.3 Glättung kornealer Irregularitäten
– 155
11.4 Behandlung kornealer Dystrophien
– 156
11.5 Behandlung rezidivierender Erosiones 11.6 Behandlung von Pterygien
– 158
11.7 Finanzierung und Qualitätssicherung Literatur
– 157
– 158
– 159
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
11
154
Kapitel 11 · Therapeutische Excimerchirurgie
11.1
Einleitung
Therapeutische excimerchirurgische Eingriffe werden unter der Abkürzung PTK zusammengefasst, die für phototherapeutische Keratektomie steht. Gemeint ist hiermit die Entfernung oberflächlicher, pathologisch veränderter Hornhautschichten mit dem Excimerlaser aus unterschiedlichen Intentionen heraus [11]: Die Ablation oberflächlicher Narben dient meistens der Visusverbesserung (. Abb. 11.1), kann aber auch nur für einen verbesserten Kontaktlinsensitz förderlich sein. Die Glättung kornealer Irregularitäten durch eine PTK führt über die verbesserten Brechungseigenschaften der Kornea auch zu einer Anhebung der Abbildungsqualität des Auges insgesamt und lässt den Visus ansteigen. Ein ganz anderes Ziel hat die teilweise Ablation der Bowman-Membran bei rezidivierenden Erosionen: Hier soll möglichst refraktionsneutral eine verbesserte Haftung des Epithels an epithelialer Basalund Bowman-Membran über einen Anstieg der Dichte der Hemidesmosomen bewirkt werden. Eine PTK-Behandlung erfolgt in aller Regel unter vorhergehender mechanischer Entfernung des kornealen Epithels. Im Falle rezidivierender Erosiones kann die PTK – meist 5–15 μm Abtrag – auch unter Belassen des Epithels durchgeführt werden die sog. transepitheliale PTK. Dies ist zwar angenehmer für den Patienten, wird aber durch eine erhöhte Rezidivrate erkauft. Auch bei der PTK sollte die Behandlung zentriert unter Aktivierung eines Eyetrackers erfolgen. Handgeführte, frei wählbare Joystick-Behandlungen führen zu einem irregulären Abtrag und sollten möglichst vermieden werden. Im Folgenden wird der Behandlungsablauf besprochen bei der Abtragung oberflächlicher Narben, der Glättung kornealer Irregularitäten, bei der symptomatischen Behandlung kornealer Dystrophien, bei der Behandlung rezidivierender Erosiones und der Stellenwert der PTK nach Pterygiumexzision angegeben.
11.2
Abtragung oberflächlicher Narben
Es hat sich folgendes Vorgehen als vorteilhaft erwiesen: Zunächst wird die Tiefe der Narbe an der Spaltlampe bei schmalem Spalt und seitlicher Beleuchtung über dem gesamten Narbenbereich beurteilt. Die Narbe sollte möglichst 1/10 der Hornhautdicke entsprechend etwa 50 μm nicht überschreiten und das korneale Stroma sollte möglichst nicht ausgedünnt sein (andernfalls Immersionstechnik, 7Abschn. 11.3). Nun wird eine Abrasio von mindestens 8 mm Durchmesser mit dem Hockey-Messer durchgeführt. Die Mobilisierung der stromalen Trübung erfolgt in 10-μm-Schritten mit großer Abtragungszone von 7–8 mm unter fort-
a
b
c . Abb. 11.1a–c 22-jähriger Patient mit oberflächlicher, im Bowman-Niveau gelegener Trübung nach sieben Jahre zurückliegender Laugenverätzung. a Im Spaltbild macht die Trübung etwa 1/5 der Hornhautdicke aus, Visus 0,4, zunehmende Blenderscheinungen. b Die axiale Aufnahme zeigt deutlich die Beteiligung der optischen Achse. c Nach mechanischer Abrasio und 30 μm Ablation wieder Anstieg des Visus auf 0,8, 1 Dioptrie Hyperopisierung
laufender Spaltlampenkontrolle. Günstig ist es hier, mit einem Excimerlaser zu arbeiten, welcher eine integrierte Spaltlampe besitzt. Häufig haben die Patienten auch dann schon einen deutlichen Visuserfolg, wenn die Trübung an der Spaltlampe noch nicht vollständig abgetragen ist (. Abb. 11.2). Statt maximaler Ablation empfiehlt es sich dann durchaus, die weitere Visusentwicklung erst einmal abzuwarten und gegebenenfalls in einer zweiten Sitzung
155 11.3 · Glättung kornealer Irregularitäten
11.3
Glättung kornealer Irregularitäten
Unebenheiten der Hornhaut, die mehr als 0,3 μm betragen, können zu einer Herabsetzung der optischen Auflösung des Auges führen. Hier kann die Oberflächenglättung mit dem Excimerlaser unter fortlaufender Benetzung der Hornhaut (Immersion) helfen, eine glatte korneale Vorderfläche wiederherzustellen.
a
b . Abb. 11.2a,b Herpeskeratitis bei einer 87-jährigen Patientin. a Dichte zentrale Hornhautnarbe, Visus 0,2. b Zwei Wochen nach Ablation der Narbe stieg der Visus wieder auf 0,6 an, obwohl tief gelegene Narbenanteile durch die PTK nicht erreicht werden konnten
– wenn dies überhaupt noch nötig sein sollte – erneut abzutragen. ! Cave Insbesondere bei hyperopen Augen ist zu beachten, dass ein PTK-Gewebsabtrag von 20 μm eine zusätzliche Hyperopisierung von einer Dioptrie induziert.
Bei Rezidiven oberflächlicher Hornhautnarben oder ausgeprägten Hazebildungen kann die PTK mit anschließender Applikation eines mit 0,02%iger Mitomycin-C-Lösung getränkten Schwämmchens für 20 Sekunden verbunden werden. Anschließend ausführliche Spülung mit Ringerlösung. Am Ende der PTK erfolgt die Tropfung eines möglichst konservierungsmittelfreien Antibiotikums und optional eines ebensolchen Kortisonpräparates. Die Aufbringung einer therapeutischen Kontaktlinse bis zum Epithelschluss hat sich bewährt. Für einen Monat postoperativ sollte zur Hazeprophylaxe ein mildes Kortikosteroid mit geringer Penetranz getropft werden (z. B. Fluorometholon 0,1%).
! Cave Wird eine irreguläre Hornhautoberfläche mit dem Excimerlaser ohne Benetzung durch eine Flüssigkeit behandelt, wird das unregelmäßige Profil wie ein Abdruck lediglich in tiefere Hornhautschichten verlagert.
Die Immersionsflüssigkeit füllt die Täler der kornealen Unregelmäßigkeiten aus und garantiert, dass gleichsam nur die Bergkuppen abgetragen werden. Im Einzelnen empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Bei unregelmäßigem Epithel sollte zunächst wiederum eine Abrasio mit dem Hockeymesser durchgeführt werden. Dann wird die Hornhaut mit der gewählten Immersionsflüssigkeit – in der Regel Ringerlösung – benetzt. Mit großem Durchmesser wird anschließend das unregelmäßige Relief abgetragen, bis der Klang des Ablationsvorganges deutlich heller wird und damit rein stromales Gewebe erreicht ist. Es ist erforderlich, erneut zu benetzen und den Vorgang zu wiederholen. Spaltlampenkontrollen sind hilfreich, um den Glättungserfolg abschätzen zu können. Alternativ kann auch ein Placidobild auf die behandelte Kornea projiziert werden (. Abb. 11.3). Da die benetzende Flüssigkeit die Ablation dämpft, ist mit einer zu tiefen Ablation kaum zu rechnen; freilich kann die reale Ablationstiefe bei Einsetzung der Immersionstechnik nur schwer abgeschätzt werden. Es kommen für die Glättungsbehandlung verschiedene Immersionsflüssigkeiten in Frage; die unterschiedlichen Substanzen können auch in absteigender Konzentration aufgetragen werden. Welche Immersionsflüssigkeit nun die besten Resultate liefert, ist Gegenstand zahlreicher Publikationen gewesen [5]. Heute ist eigentlich Konsens, dass das Aufbringen von simplem Wasser wahrscheinlich die besten Resultate hervorbringt, weil es ganz ähnliche Absorptionscharakteristika aufweist wie korneales Gewebe selbst. > Die Effekte der Glättungsbehandlung der kornealen Oberfläche sollen bei herabgesetzter Repetitionsrate besser sein.
Nicht selten ist eine korneale Irregularität mit einer Narbe vergesellschaftet. Ist die Sensibilität herabgesetzt, ist dies fast beweisend für eine Narbe nach Herpeskeratitis. In diesem Fall sollte die PTK nur unter systemischer anti-
11
156
Kapitel 11 · Therapeutische Excimerchirurgie
a
b
c
d
11 . Abb. 11.3a–d 27-jährige Patientin mit dem ausgeprägten Bild einer Map-dot-fingerprint-Dystrophie, Visus 0,1. a Präoperativer Befund. b 8 Wochen nach Glättung der Hornhaut mit der Immersions-
methode Anstieg des Visus auf 0,8. c,d Deutliche Verbesserung der optischen Qualität der Hornhaut im Placidobild; c vor der Behandlung, d 8 Wochen nach erfolgter Immersions-PTK
herpetischer perioperativer Medikation, z. B. 5×400 mg Aciclovir für 14 Tage erfolgen. Herpes-Reaktivierungen bis hin zu herpetischen Keratouveitiden nach PTK sind bekannt und konnten auch tierexperimentell nachgewiesen werden [9].
Hornhäute mit tief-stromalen Trübungen sind keine Kandidaten für PTK-Behandlungen. Vielmehr wird die PTK bevorzugt bei epithelialen Basalmembrandystrophien wie der Map-dot-fingerprint-Dystrophie (. Abb. 11.3) und bei vorderen Grenzmembrandystrophien wie der Reiss-Bückler-Dystrophie und der Thiel-Behnke-Dystrophie (. Abb. 11.4a,b) eingesetzt. . Abb. 11.3a zeigt das typische Bild einer Map-dotfingerprint-Dystrophie mit den fingerabdruckähnlichen, girlandenartigen Trübungslinien als Ausdruck von Basalmembranduplikaturen, häufig können auch sog. dots gefunden werden, epitheliale Mikrozysten, die ebenfalls auf diese epitheliale Basalmembrandystrophie hinweisen und nach denen auch am Partnerauge gesucht werden sollte. . Abb. 11.3b zeigt den postoperativen Befund nach zwei Monaten; der Visus konnte von 0,1 auf 0,8 gesteigert werden. Map-dot-fingerprint-Dystrophien gehen in der Regel mit erheblichen Irregularitäten der Hornhaut einher. Während der PTK-Behandlung ist es daher erforderlich, die oben beschriebene Immersionstechnik zu verwenden. . Abb. 11.4a ist die spaltlampenmikroskopische Photogra-
11.4
Behandlung kornealer Dystrophien
Lasertherapeutische Behandlungen mit dem Excimerlaser haben heute für die visuelle Rehabilitation von Patienten mit Hornhautdystrophien einen festen Stellenwert. Eine Vielzahl genetisch determinierter Hornhauterkrankungen kann so mit einer symptomatischen, quasi minimal-invasiven phototherapeutischen Behandlung gebessert werden – vorausgesetzt, die Trübungen liegen ausreichend oberflächlich [1, 3, 4, 6]. Grundsätzlich ist hierbei jedoch zu beachten, dass die PTK genauso wie Hornhauttransplantationen eine symptomatische Behandlung für Hornhautdystrophien darstellt: Sie kann keine Rezidive verhindern.
157 11.5 · Behandlung rezidivierender Erosiones
a
a
b
b
. Abb. 11.4a,b Rezidiv einer Thiel-Behnke-Hornhautdystrophie. a Wabenartiges Vernarbungsmuster auf dem Hornhauttransplantat, Visus 0,4. b Einen Monat nach Immersions-PTK Visusanstieg auf 0,8
. Abb. 11.5a,b PTK bei bröckliger Hornhautdystrophie. a Hyalingranula akzentuiert in den oberflächlichen Hornhautschichten, Visus 0,4. b 2 Monate nach 40 μm Abtrag in Immersionstechnik Visus 0,8
phie einer Thiel-Behnke-Dystrophie, einer Rezidivtrübung 6 Jahre nach bereits durchgeführter perforierender Keratoplastik, Visus 0,4. Einen Monat nach der Behandlung konnte der Visus wieder auf 0,8 gesteigert werden (. Abb. 11.4b). Die Meesmann-Dystrophie ist im Gegensatz zu den Basalmembrandystrophien eine intraepitheliale juvenile Hornhautdystrophie, die symptomatisch mit formstabilen Kontaktlinsen versorgt werden kann. Da aber bei der Meesmann-Dystrophie eine verdickte Basalmembran mit Projektion in die basalen Epithelien histologisch gefunden wird, kann auch bei dieser Dystrophie eine oberflächliche PTK zur Reduzierung der Symptome (Fremdkörpergefühl, Tränenfluss, Blendempfindlichkeit, selten auch rezidivierende Erosiones) versucht werden. Aber auch klassische stromale Hornhautdystrophien, insbesondere bröcklige Hornhautdystrophien [7], können von einer PTK profitieren, wenn die Hyalingranula vorwiegend oberflächlich akkumulieren: . Abb. 11.5 zeigt hierfür ein Beispiel mit einer Visussteigerung von 0,4 auf 0,8. Auch gittrige Hornhautdystrophien können oberflächlich mit der PTK behandelt werden: Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Epithelschluss häufig erheblich verzögert erfolgt.
Makuläre Hornhautdystrophien können in den Anfangsstadien ebenfalls gut mit einer phototherapeutischen Keratektomie behandelt werden: Leider kommt es hierbei meist schon nach 3 Jahren zu Rezidivtrübungen.
11.5
Behandlung rezidivierender Erosiones
Wiederholte Aufbrüche des Epithels können sehr erfolgreich (Rezidivquoten unter 3%) mit der PTK therapiert werden [2, 8], wobei es hier grundsätzlich zwei Optionen gibt: Die Kornea kann transepithelial behandelt werden, indem im Intervall ca. 15 μm des Epithels mit 7–8 mm Durchmesser abladiert werden. Verlässlicher und bei Auftreten eines Rezidivs nach transepithelialer PTK indiziert ist die Behandlung der rezidivierenden Erosio zunächst mit einer mechanischen flächenhaften Entfernung des Epithels, die von einer PTK mit großer Behandlungszone und einer Tiefe von 5–15 μm gefolgt ist. Durch diese Behandlung kommt es zu einer verbesserten Haftung zwischen den basalen Epithelzellen und der epithelialen Basalmembran und der Bowman-Lamelle mit Anstieg der Dichte an Hemidesmosomen [12]. Die
11
158
Kapitel 11 · Therapeutische Excimerchirurgie
Nachbehandlung erfolgt wie für alle PTK-Eingriffe, wobei längerfristig lubrifizierende Substanzen zur Nacht appliziert werden sollten. Rezidivierende Erosiones sollten Anlass sein, nach kornealen Grunderkrankungen zu suchen. Rezidivierende Erosiones bei Hornhautdystrophien 4 Epitheliale Basalmembrandystrophien – Map-Dot-Fingerprint-Dystrophie 4 Vordere Grenzmembrandystrophien – Reis-Bückler-Dystrophie – Thiel-Behnke-Dystrophie 4 Stromale Dystrophien – Bröcklige Dystrophie – Gittrige Dystrophie 4 Endotheliale Dystrophien – Fuchs-Dystrophie – Schlichting-Dystrophie
11.6
11
Behandlung von Pterygien
Die Behandlung von Pterygien ist primär chirurgisch, wobei großen Wert auf den Erhalt der Bowman-Lamelle gelegt werden sollte. Eine Glättungsbehandlung per PTK ist meist refraktiv enttäuschend, auch deshalb, da nur ein Quadrant der Hornhaut irregulär ist und sich die Behandlung der gesamten Hornhaut verbietet, wenn nicht von vornherein eine spätere Kontaktlinsenversorgung geplant ist. Rezidive lassen sich trotz großer Erwartungshaltung der Patienten mit dem Excimerlaser ebenfalls nicht verhindern. Erfolgversprechender ist der Einsatz von Antimetaboliten und freier Bindehauttransplantate [10].
11.7
Finanzierung und Qualitätssicherung
Mit Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18. Juli 2006 (veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 13. Oktober 2006) kann die phototherapeutische Keratektomie (PTK) mit dem Excimerlaser bei folgenden Indikationen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung als vertragsärztliche Leistung erbracht werden: 4 Rezidivierende Hornhauterosion 4 Oberflächliche Hornhautnarben 4 Hornhautdystrophie 4 Hornhautdegeneration 4 Oberflächliche Hornhautirregularitäten (außer Pterygium) Die neugefasste »Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur photothera-
peutischen Keratektomie« (Qualitätssicherungs-Vereinbarung PTK) orientiert sich an den Vorgaben zur Indikationsstellung einer PTK und konkretisiert die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung und zur Dokumentation. Die fachliche Qualifikation zur Durchführung und Abrechnung von PTK-Leistungen gilt für alle Augenärzte mit dem Nachweis der selbständigen Durchführung von zehn phototherapeutischen Keratektomien mit dem Excimerlaser als nachgewiesen. Alternativ ist der Nachweis der selbständigen Durchführung von zehn Eingriffen mittels eines Excimerlasers und Teilnahme an einer Fortbildung zum Thema PTK möglich. Die Qualitätssicherungs-Vereinbarung PTK beinhaltet ferner Vorgaben zur Dokumentation der Indikation und Durchführung der PTK. Die ärztlichen Dokumentationen werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen stichprobenartig überprüft. In diese Stichprobenprüfungen sind mindestens zehn Prozent der insgesamt abgerechneten Fälle und mindestens zehn Prozent der abrechnenden Ärzte einzubeziehen. Die Qualitätssicherungs-Vereinbarung PTK trat zeitgleich mit der Aufnahme der neuen Leistung der GNr. 31362 EBM zum 1. Oktober 2007 in Kraft [13]. Fazit für die Praxis Die Einführung der PTK Anfang der 1990er Jahre hat die Behandlung kornealer anteriorer Erkrankungen revolutioniert. Alle anterioren Dystrophien sind heute primär Kandidaten einer phototherapeutischen Behandlung, die auch wiederholt durchgeführt werden kann, bevor ein invasives hornhautchirurgisches Verfahren gewählt werden sollte. Bei stromalen Dystrophien, insbesondere bei der bröckligen Hornhautdystrophie, aber auch bei der gittrigen und makulären Dystrophie ist primär eine PTK indiziert, wenn der Trübungsschwerpunkt im vorderen Stroma bis maximal einem Fünftel der Hornhautdicke liegt. Weder die PTK noch die Hornhauttransplantation verhindern Rezidive der Hornhautdystrophie: Im Falle eines Rezidives auf dem Transplantat sollte ebenfalls primär eine PTK durchgeführt werden. Korneale anteriore Narben und rezidivierende Erosiones sind heute ebenfalls eine Domäne der PTK. Fremdkörpernarben mit schüsselförmigen Stromadefekten und nummuläre Narben nach Keratoconjunctivitis epidemica sind »Borderline«-Indikationen für eine PTK. Eine PTK ist bei frischen bakteriellen Hornhautulzera kontraindiziert.
159 Literatur
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11
12
Komplikationen der Excimerchirurgie M. Knorz 12.1
Intraoperativ: Schnittkomplikationen und Epithellockerung – 163
12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.1.4 12.1.5 12.1.6 12.1.7 12.1.8
Ursachen – 163 Gefahren und Prognose – 163 Auftreten und Häufigkeit – 163 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 163 Ergebnisse – 164 Komplikationen – 164 Nachsorge – 164
12.2
Postoperativ: trockenes Auge
12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6 12.2.7 12.2.8
Ursachen – 164 Gefahren und Prognose – 165 Auftreten und Häufigkeit – 165 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 165 Ergebnisse – 166 Komplikationen – 166 Nachsorge – 166
12.3
Postoperativ: diffuse lamelläre Keratitis und Infektion
12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.3.4 12.3.5 12.3.6 12.3.7 12.3.8
Ursachen – 166 Gefahren und Prognose – 166 Auftreten und Häufigkeit – 166 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 167 Ergebnisse – 168 Komplikationen – 168 Nachsorge – 168
12.4
Postoperativ: Lentikelfalten
12.4.1 12.4.2 12.4.3 12.4.4 12.4.5 12.4.6 12.4.7 12.4.8
Ursachen – 169 Gefahren und Prognose – 169 Auftreten und Häufigkeit – 169 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 170 Ergebnisse – 171 Komplikationen – 171 Nachsorge – 171
– 163
– 164
– 165
– 167
– 169
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 169
– 166
12.5
Postoperativ: Epitheleinwachsung
12.5.1 12.5.2 12.5.3 12.5.4 12.5.5 12.5.6 12.5.7 12.5.8
Ursachen – 171 Gefahren und Prognose – 171 Auftreten und Häufigkeit – 172 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 172 Ergebnisse – 173 Komplikationen – 173 Nachsorge – 173
– 171
12.6
Postoperativ: Keratektasie
12.6.1 12.6.2 12.6.3 12.6.4 12.6.5 12.6.6 12.6.7 12.6.8
Ursachen – 174 Gefahren und Prognose – 174 Auftreten und Häufigkeit – 174 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 175 Ergebnisse – 175 Komplikationen – 175 Nachsorge – 175
12.7
Postoperativ: optische Aberrationen
12.7.1 12.7.2 12.7.3 12.7.4 12.7.5 12.7.6 12.7.7 12.7.8
Ursachen – 176 Gefahren und Prognose – 176 Auftreten und Häufigkeit – 176 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 178 Ergebnisse – 179 Komplikationen – 179 Nachsorge – 179
12.8
Kornealer Hydrops bei Sekundärglaukom
12.8.1 12.8.2 12.8.3 12.8.4 12.8.5 12.8.6 12.8.7 12.8.8
Ursachen – 179 Gefahren und Prognose – 180 Auftreten und Häufigkeit – 180 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 180 Ergebnisse – 180 Komplikationen – 180 Nachsorge – 180
12.9
Postoperativ: Haze
12.9.1 12.9.2 12.9.3 12.9.4 12.9.5 12.9.6 12.9.7 12.9.8
Ursachen – 180 Gefahren und Prognose – 180 Auftreten und Häufigkeit – 180 Präoperative Untersuchungen und Messungen Behandlung – 181 Ergebnisse – 181 Komplikationen – 181 Nachsorge – 181
– 172
– 174
– 174
– 176
– 176
– 179
– 180
– 180
– 181
163 12.1 · Einleitung
12.1
Intraoperativ: Schnittkomplikationen und Epithellockerung
Videos auf DVD: ÏButtonhole bei LASIK, ÏEpithellockerung und Reposition bei LASIK, ÏBlinktest nach Epithelreposition, ÏStromadefekt bei Epi-LASIK, ÏTrockenes Auge nach LASIK, ÏFaltenglättung ohne Flapanhebung, ÏFaltenglättung mit Abrasio und PTK, ÏEpitheleinwachsung, Ï Zustand nach Entfernung einer Epitheleinwachsung, ÏEpithelentfernung peripher, ÏHornhautnaht nach Revision einer Epitheleinwachsung
12.1.1
Ursachen
Schnittkomplikationen können auftreten durch eine Fehlfunktion des verwendeten Mikrokeratoms, durch ungenügende Ansaugung bzw. Saugverlust während dem Schnitt, durch Gasdurchbruch beim Femtosekundenlaser oder durch stromale Schnitte bei der Epi-LASIK.
12.1.2
Gefahren und Prognose
> Erfolgt eine Laserablation trotz Schnittkomplikation, entsteht zumeist ein dauerhafter Schaden. Bei korrekter Behandlung führen Schnittkomplikationen in der Regel nicht zu dauerhaften Schäden.
Eine Schnittkomplikation, z. B. ein unvollständig abgetrennter Lentikel, beeinträchtigt die Fläche, die zur Laserablation zur Verfügung steht. Wird dennoch abladiert, so entsteht eine irreguläre Ablation. Diese führt zu einer Verschlechterung der Optik der Hornhaut, es resultiert eine irreguläre Topographie mit Herabsetzung der Sehschärfe, Wahrnehmung von Halos und Blendung sowie reduzierter Kontrastsehschärfe (7 Abschn. 12.7).
12.1.3
Auftreten und Häufigkeit
Schnittkomplikationen sind selten. Die Häufigkeit liegt bei ca. 0,5–1%. Beim mechanischen Mikrokeratom ist zumeist ein Saugverlust oder ein mechanisches Hindernis (Lidsperrer etc.) Ursache des Schnittfehlers. Häufiger sind leichte Komplikationen wie z. B. ein Epitheldefekt oder eine Epithellockerung ( ÏVideo 12.2). Beim Femtosekundenlaser kommt es typischerweise dann zu einem Gasdurchbruch, wenn ein sehr dünner Flap (ca. 80–100 μm) geschnitten wird und gleichzeitig eine oberflächliche Hornhautnarbe bestehen (z. B. alte Fremdkörpernarbe). Im Bereich der Narbe besteht ein Defekt in
der Burmanischen Schicht, somit kommt es zum Gasdurchbruch. Stromale Defekte bei der Epi-LASIK sind ebenfalls selten (ca. 1%)( ÏVideo 12.4), können jedoch bei zentraler Lage eine erhebliche Sehverschlechterung bedingen.
12.1.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Intraoperativ muss beim Verdacht auf eine Schnittkomplikation sowohl der Flap als auch das stromale Bett bei hoher Vergrößerung untersucht werden. So kann sich z. B. ein Buttonhole ( ÏVideo 12.1), also Knopflochdefekt, nur in Form eines zentral sehr dünnen Flaps darstellen, verbunden mit einer »glänzenden« Erhebung des stromalen Bettes. In einem solchen Fall spricht man von einem unvollständigen Buttonhole, zentral ist im Flap das Epithel noch erhalten, der »glänzende« Bereich entspricht aber der Bowmann-Grenzschicht. Eine Ablation würde zu einer Narbe mit Irregularität führen. Im weiteren Verlauf gibt neben der Spaltlampenuntersuchung die Hornhauttopographie Aufschluss über die Irregularität der Hornhautoberfläche.
12.1.5
Behandlung
Konservative Therapie Als Faustregel sollte bei einer Schnittkomplikation nur dann abladiert werden, wenn ein ausreichend großes und regelmäßiges stromales Bett zur Verfügung steht. In allen anderen Fällen sollte der Flap reponiert werden und die LASIK zu einem späteren Zeitpunkt erneut durchgeführt werden.
Operative Therapie Epithellockerung Bei Epithellockerung oder -defekt sollte das Epithel reponiert werden ( ÏVideo 12.2 und ÏVideo 12.3). Gelingt dies, wird die Heilung im Vergleich zum Zu-
stand bei Epithelentfernung beschleunigt und bereits am nächsten Tag ein gutes Sehvermögen erreicht. Bei Reposition muss zunächst der Flap reponiert werden. Dann sollte ca. 30 Sekunden gewartet werden, bis sich der Flap nicht mehr leicht verschieben lässt. Erst dann wird mit einem leicht angefeuchteten Keiltupfer das lockere und faltige Epithel reponiert. Beginnt man zu früh mit der Reposition des Epithels, so kann der Flap mit verschoben werden, und es entstehen Flapfalten. Besteht ein Epitheldefekt, der sich nicht schließen lässt, oder misslingt die Reposition, so sollte eine Verbandkontaktlinse aufgesetzt werden, die nach Epithelschluss (zumeist am nächsten Tag) entfernt werden kann.
12
164
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
Inkompletter Flap oder Buttonhole Der Lentikel muss re-
poniert werden, und zwar ohne Laserablation. Beim Buttonhole sollte das auf dem Stroma verbliebene zentrale Epithel entfernt werden, um eine Einwachsung unter den Rand des Knopfloches zu verhindern. Anschließend ist eine Kontaktlinse aufzusetzen. Eine Nachoperation sollte nach ca. 3 Monaten erfolgen. Möglich sind entweder eine erneute LASIK mindestens 50 μm tiefer (also dickerer Flap) oder eine PRK bzw. LASEK in Kombination mit Mitomicin-C-Applikation (0,2% für 20 sec). Heute wird zumeist eine PRK bzw. LASEK bevorzugt. Bei der Epithelentfernung muss sehr vorsichtig vorgegangen werden, da der Lentikel ja nicht fest ist. Gasdurchbruch beim Femtosekundenlaser Liegt der Durchbruch zentral oder ist der Bereich ausgedehnt, so muss wie beim inkompletten Flap verfahren werden. Der Flap wird reponiert und nach ca. 3 Monaten wird eine erneute Operation durchgeführt (alter Flap +50 μm oder PRK/ LASEK).
einer Irregularität der Hornhaut mit entsprechenden Symptomen (irreguläre Topographie, Sehverschlechterung etc.). Je größer der Defekt, desto irregulärer wird die Hornhaut. Es sollte in diesen Fällen mindestens 6 Monate abgewartet werden, bevor eine Nachoperation durchgeführt wird. Als Nachoperation empfiehlt sich eine wellenfront- oder topographiegesteuerte Oberflächenablation in Kombination mit Mitomicin C.
12.1.7
Komplikationen
Möglich sind eine Epitheleinwachsung am Rand des defekten Flaps, eine Narbenbildung und irreguläre Hornhautoberfläche bei stromalen Defekten nach Epi-LASIK oder nach trotz irregulärer Hornhautoberfläche erfolgter Ablation sowie Faltenbildung des Flaps durch eine unbeabsichtigte Flapverschiebung bei Epithelreposition.
12.1.8
Nachsorge
Stromale Defekte bei Epi-LASIK Trotz irregulärem stro-
12
malem Bett sollte in diesem Fall eine Ablation durchgeführt werden, da eine Reposition des Epithels mit dem entsprechenden Stromafragment nicht gelingen wird. Um eine irreguläre Ablation weitestmöglich zu vermeiden, sollte der Defekt mit maskierenden Substanzen gefüllt werden. BSS ist hierbei zumeist schon ausreichend. Man nimmt einen nassen Merocel-Tupfer und tupft vorsichtig etwas BSS in den Defekt. Ein stromaler Defekt bei Epi-LASIK stellt eine der schwerwiegendsten Komplikationen dar, da ja eben keine Reposition des Stromastückes möglich ist und nicht immer eine irreguläre Ablation vermieden werden kann.
12.1.6
Ergebnisse
Epithellockerung Bereits am Tag nach der LASIK wird meist ein gutes Sehvermögen erreicht. In Einzelfällen ist das Epithel noch unregelmäßig und es dauert einige Tage bis zur vollständigen Rehabilitation. Inkompletter Flap oder Buttonhole Zumeist heilt der inkomplette Flap glatt ein und nach erneuter Operation wird ein gutes Ergebnis erzielt. In seltenen Fällen kommt es zu einer Epitheleinwachsung am Rand des Defekts, die behandelt werden muss (7 Abschn. 12.5). Gasdurchbruch beim Femtosekundenlaser Zumeist folgen-
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die Behandlung ent-
spricht weitestgehend der nach LASIK. Man gibt für ca. 1 Woche eine Kombination aus Steroiden und Antibiotika 3-mal täglich sowie Tränenersatzmittel nach Bedarf. 4 Stabilität: Ca. 2–3 Monate postoperativ hat sich der Befund zumeist stabilisiert. Bei Komplikationen nach Oberflächenbehandlung (z. B. Stromadefekt bei EpiLASIK) kann eine Besserung bzw. Änderung noch nach Jahren erfolgen. Es sollte nach Epi-LASIK mindestens 6 Monate abgewartet werden, ggf. auch länger. 4 Retreatment: Nachbehandelt werden sollte nach ca. 3 Monaten (entweder erneuter Schnitt oder PRK/ LASEK). Bei Zustand nach Epi-LASIK muss mindestens 6 Monate mit einer Nachbehandlung gewartet werden. Fazit für die Praxis Schnittkomplikationen sind bereits beim mechanischen Mikrokeratom selten und beim Femtosekundenlaser eine Rarität. Wird bei irregulärem stromalen Bett auf eine primäre Ablation verzichtet, verbleiben zumeist keine Folgeschäden.
12.2
Postoperativ: trockenes Auge
12.2.1
Ursachen
lose Abheilung. Stromale Defekte bei Epi-LASIK Es kommt regelmäßig zu
einem verstärkten Haze im Bereich des Defekts sowie zu
Das »trockene Auge« entsteht als Folge der Durchtrennung kornealer Nerven (LASIK) bzw. als Folge der Laserablation der oberflächlichen Nervenäste bei der PRK/LASEK.
165 12.2 · Postoperativ: trockenes Auge
12.2.2
Gefahren und Prognose
> Das trockene Auge kann in Ausnahmefällen zu einer massiven Beeinträchtigung des Patienten führen. In der Regel ist die Prognose sehr gut, einige Monate nach der LASIK bzw. PRK normalisiert sich der Befund wieder auf dem Status vor dem Eingriff.
Ein trockenes Auge kann in seltenen Fällen mit einer erheblichen Sehverschlechterung einhergehen. In diesen Fällen ist eine engmaschige Kontrolle mit entsprechender Betreuung des Patienten erforderlich, auch wenn die Therapie erst mittelfristig Erfolg zeigt. Der Patient darf sich nicht alleine gelassen fühlen. . Abb. 12.1 Trockenes Auge nach LASIK
12.2.3
Auftreten und Häufigkeit
Das trockene Auge ist die häufigste Komplikation nach LASIK. Schwere Fälle mit erheblicher Trockenheit und starken subjektiven Beschwerden sind jedoch sehr selten (unter 0,1%). Unterschieden werden muss zwischen vorübergehender und dauerhafter Trockenheit. Nahezu alle Fälle sind vorübergehend und bessern sich innerhalb einiger Wochen und Monate. Eine dauerhafte Trockenheit ist sicher multifaktoriell bedingt und nicht auf die LASIK bzw. PRK/LASEK allein zurückzuführen. 12.2.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 4 4 4
Spaltlampenuntersuchung Anamnese BUT (break-up time) Schirmer-Test
Die Untersuchung des Tränenfilms vor der LASIK bzw. PRK/LASEK korreliert leider nur sehr eingeschränkt mit den postoperativen Beschwerden. Daher sollen und können hier keine Grenzwerte für die BUT bzw. den SchirmerTest genannt werden. Viele Operateure verzichten sogar völlig auf die Messung der Tränensekretion oder der BUT. Nach Ansicht des Autors liefern die Spaltlampenuntersuchung und die Anamnese die prognostisch wichtigsten Faktoren. Findet sich bereits eine deutliche Keratitis superficialis punctata, so sollte von einer LASIK bzw. PRK/ LASEK abgesehen werden. Gleiches gilt, wenn der Patient angibt, unter sehr trockenen Augen zu leiden und eine Vielzahl von Tropfen anzuwenden. In allen anderen Fällen
steht die Aufklärung im Mittelpunkt. Trockene Augen sind ja gerade der Hauptgrund für eine Kontaktlinsenunverträglichkeit, die dann zu dem Wunsch führt, eine LASIK durchführen zu lassen. Hier ist es wichtig, über die vorübergehende Verschlechterung aufzuklären, um keine falschen Erwartungen zu wecken. Postoperativ zeigt sich das »trockene Auge« wie in . Abb. 12.1 und ÏVideo 12.5 dargestellt mit deutlicher Keratitis superficialis punctata.
12.2.5
Behandlung
Konservative Therapie Die Behandlung des trockenen Auges ist nahezu immer konservativ. In erster Linie werden Tränenersatzmittel gegeben. Bei deutlicher Keratitis superficialis punctata ( ÏVideo 12.5) sollten diese Tränenersatzmittel 1- bis 2mal pro Stunde gegeben werden, kombiniert mit Salben (z. B. Dexpanthenol) oder Gel zur Nacht. Konservierungsmittel sollten vermieden werden. Reicht diese Therapie nicht aus, kann Ciclosporin eine Besserung bringen. Ciclosporin ist in den USA unter dem Namen Restasis im Handel, in der EU aber nicht zugelassen. Es kann jedoch zur Herstellung von Augentropfen durch den Apotheker verordnet werden. Bei extremer Trockenheit ist schließlich der Versuch mit einer therapeutischen Kontaktlinse (z. B. Purevision, B&L) empfehlenswert. Die subjektiven Beschwerden können durch die Kontaktlinse gelindert werden und das Sehvermögen wird gebessert.
Operative Therapie In schweren Fällen sollte die konservative Therapie durch den temporären Verschluss der Tränenwege ergänzt wer-
12
166
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
den. Hier empfehlen sich »punctum plugs« im unteren Tränenpünktchen. 12.2.6
Ergebnisse
Das trockene Auge heilt in der Regel folgenlos ab. Eine Dauerbehandlung ist nur selten erforderlich. 12.2.7
Komplikationen
Als Komplikation ist eine extreme Trockenheit mit Herabsetzung der Sehschärfe anzusehen. In solch schweren Fällen ist eine therapeutische Kontaktlinse eventuell hilfreich.
12.2.8
extrem selten, sicherlich auch aufgrund der hohen Anforderungen an die Sterilität in Deutschland, und werden daher hier nicht ausführlich beschrieben.
12.3.2
Gefahren und Prognose
> Unerkannt bzw. unbehandelt kann eine DLK zu einer Einschmelzung der Hornhaut mit massiver Sehverschlechterung führen. Bei rechtzeitiger und konsequenter Behandlung ist die Prognose sehr gut, zumeist heilt die DLK ohne Restschäden ab.
Die Gefahr der DLK besteht darin, dass sie nicht rechtzeitig erkannt und/oder zu spät und nicht konsequent genug behandelt wird.
Nachsorge 12.3.3
Auftreten und Häufigkeit
4 Direkter postoperativer Verlauf: Normalerweise rei-
12
chen die Routinekontrollen nach LASIK bzw. PRK/ LASEK aus, also 1. Tag postoperativ, 1–2 Wochen und 2–3 Monate postoperativ. Besteht 2–3 Monate postoperativ noch eine erhebliche Trockenheit, so sollten weitere Kontrollen in Abhängigkeit vom Befund und vom subjektiven Beschwerdebild durchgeführt werden. Je ausgeprägter die subjektiven Beschwerden, desto häufiger sollte kontrolliert werden. 4 Stabilität: Zumeist ist der Befund nach 2–3 Monaten stabil. Fazit für die Praxis Das trockene Auge ist die häufigste Komplikation nach LASIK, bildet sich aber in nahezu allen Fällen folgenlos zurück. Wichtig ist die intensive Betreuung symptomatischer Patienten.
12.3
Postoperativ: diffuse lamelläre Keratitis und Infektion
12.3.1
Ursachen
Bei der diffusen lamellären Keratitis (DLK) handelt es sich um eine unspezifische immunologische Reaktion auf das chirurgische Trauma mit multifaktorieller Ursache. Gesichert als Ursache bzw. als Verstärker der Reaktion sind z. B. Verunreinigung der Instrumente durch Bakterientoxine, Handschuhpuder und Schmierstoffe des Mikrokeratoms. Das Operationstrauma alleine kann jedoch ebenfalls ausreichen, eine DLK zu erzeugen. Infektionen können durch Bakterien, Pilze oder z. B. Akanthamöben bedingt sein. Insgesamt sind Infektionen
Eine DLK tritt in 4 Graden auf: 4 Grad 1: inkomplette Infiltration des Flap-Stroma-Interface mit einer pulverartigen oder sandartigen Zellschicht (daher auch der Name SOS – »sands of the sahara«; . Abb. 12.2). Es handelt sich um Leukozyten, die den Spaltraum zwischen Flap und Stroma zur Akkumulation nutzen. Grad 1 tritt in ca. 1% der Fälle nach LASIK auf. 4 Grad 2: komplette Infiltration des Flap-Stroma-Interface. Grad 2 wird mit einer Häufigkeit von ca. 0,1% nach LASIK beobachtet. 4 Grad 3: wie Grad 2, zusätzlich Bildung schneeballartiger Zellklumpen. Grad 3 ist sehr selten, da zumeist bereits bei Grad 2 interveniert wird.
. Abb. 12.2 DLK Grad 1: sandartige Trübung im Interface
167 12.3 · Postoperativ: diffuse lamelläre Keratitis und Infektion
liche Lichtempfindlichkeit bestehen. Schmerzen bestehen nicht, diese sind typisch für eine Infektion. > Im Vordergrund der präoperativen Diagnostik steht die Spaltlampenuntersuchung.
12.3.5
Behandlung
Konservative Therapie
. Abb. 12.3 DLK Grad 4, 1 Tag nach Spülung, Visus 0,1
4 Grad 4: im akuten Stadium wie Grad 3 sowie zusätzlich
Ausdehnung auf das Stroma des Flaps und/oder der Hornhaut mit Einschmelzung desselben; im Narbenstadium zeigen sich sog. »mud cracks«, sich kreuzende Linien, die an Risse in getrocknetem Schlamm erinnern (. Abb. 12.3). Grad 4 tritt nur in absoluten Ausnahmefällen auf, da ja bereits bei Grad 2 operativ interveniert wird. Transiente Lichtsensitivität (TLS) Hierbei handelt es sich um eine milde Sonderform der DLK, die erstmals nach Femto-LASIK beschrieben wurde. Einige Wochen nach dem Eingriff kommt es bei nahezu unauffälliger Hornhaut mit nur minimalem Haze zu einer vermehrten Lichtempfindlichkeit, die extrem sein kann, sich jedoch nach Gabe von steroidhaltigen Augentropfen in wenigen Tagen bessert. Nach eigener Erfahrung tritt die TLS auch nach »normaler« LASIK auf, ist jedoch seltener und wird daher wohl nicht als eigenständige Entität beschrieben.
12.3.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Die wichtigste Untersuchung ist die Spaltlampenuntersuchung. Hierbei muss auch im engen Spalt untersucht werden, um die sandartigen Trübungen exakt lokalisieren zu können. Eine DLK kann sonst auch mit einem trockenen Auge verwechselt werden, da die feine Stippung einer ausgeprägten Keratitis punctata superficialis einer DLK ähneln kann, nur eben an der Oberfläche liegt. Ab Grad 3 zeigt zudem die Hornhauttopographie eine irreguläre Oberfläche, wichtig ist jedoch vor allem die Spaltlampenuntersuchung. Bei Grad 3 und 4 kann zudem eine erheb-
Die Behandlung richtet sich nach dem Stadium. Bei Grad 1 sollten Steroide (Prednisolon oder Dexamethason) tagsüber stündlich als Augentropfen gegeben werden (z. B. Inflanefran forte oder Ultracortenol). Die systemische Gabe von Steroiden ist nicht empfehlenswert. Der Befund ist am nächsten Tag zu kontrollieren. Kommt es zu einer Verschlechterung (also Grad 2 oder höher), so ist eine operative Revision am gleichen Tag empfehlenswert. Nur bei gleichem Befund oder bei Besserung ist eine Fortsetzung der konservativen Therapie gerechtfertigt. Besteht bereits am 1. Tag ein Grad 2 oder höher, ist auf jeden Fall operativ vorzugehen. Wichtig ist, auch bei gleichzeitig bestehender Erosio corneae, auch mit Kontaktlinse, konsequent mit Steroiden zu behandeln. Es besteht immer noch eine gewisse Zurückhaltung bei vielen Kollegen, eine Hornhaut mit defektem Epithel hochdosiert mit Steroiden zu behandeln. Diese Zurückhaltung ist überholt, es muss unbedingt mit Steroiden behandelt werden, um den Entzündungsprozess in den Griff zu bekommen. Eine Erosio corneae wird in der Regel mit Kontaktlinse versorgt. Die topischen Steroide müssen dann nicht mehr stündlich gegeben werden, sondern nur alle 2–3 Stunden. Zudem sollte keine Kristallsuspension verwendet werden. Ist bereits ein Narbenstadium 4 eingetreten, so muss abgewartet werden. Der Befund bessert sich immer deutlich. . Abb. 12.3 bis . Abb. 12.5 zeigen beispielhaft den Verlauf eines Auges mit DLK Grad 4. Ohne jegliche Therapie besserte sich der Befund innerhalb von 6 Monaten erheblich. Bei TLS als seltener und milder Spätform der DLK sollten für 3–4 Wochen steroidhaltige Augentropfen z. B. 3mal täglich gegeben werden.
Operative Therapie Die operative Behandlung ist ab Grad 2 empfehlenswert. Sie besteht in der Anhebung des Flaps im Operationssaal und der ausgiebigen Spülung mit BSS. Dabei sollte eine mechanische Manipulation des Stromas (Abkratzen oder -schaben) unbedingt vermieden werden. Sie nützt nichts und kann im Stadium 4 sogar erheblich schaden, da das entzündlich veränderte und damit weiche Gewebe entfernt wird, was zu einer erheblichen Hornhautirregularität führt.
12
168
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
12.3.6
Ergebnisse
Die DLK heilt unter der beschriebenen Behandlung nahezu immer folgenlos ab.
12.3.7
. Abb. 12.4 DLK Grad 4, 2 Monate nach Spülung, Visus 0,4
Komplikationen
Als Komplikation ist zum einen das Fortschreiten zum Stadium 4 anzusehen. Diese Komplikation ist nahezu immer vermeidbar. Als Folge der Spülung kann es zum anderen zu einer Epitheleinwachsung oder zur Lentikelverschiebung kommen. Diese Nebenwirkungen sind jedoch sehr selten und im Vergleich zu den Folgen der DLK ohne Spülung vernachlässigbar.
12.3.8
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Bis zur Befundbesse-
12
. Abb. 12.5 DLK Grad 4, 6 Monate nach Spülung, Visus 0,8
Nach der Spülung wird der Flap reponiert, die Gabe von Steroiden intraoperativ ist möglich, aber nicht stärker wirksam als die topische Gabe. Auch im akuten Stadium 4 sollte unbedingt gespült werden, um die Entzündungszellen auszuspülen. Lediglich im Narbenstadium 4, also bei fehlender entzündlicher Aktivität, sollte nur noch abgewartet werden. Grundsätzlich kann eine Spülung zu viel kaum schaden, eine zu wenig jedoch viel. Daher ist im Zweifelsfall immer operativ vorzugehen und keinesfalls abzuwarten. > Ein frühes operatives Vorgehen verkürzt die Heilphase erheblich und verhindert in nahezu allen Fällen das Fortschreiten der DLK zum Stadium 4.
rung sind Steroide als Augentropfen stündlich zu geben (typischerweise einige Tage). Danach sollten Steroide 3-mal täglich für 1–2 Wochen gegeben und dann abgesetzt werden. Kontrollen sind im akuten Stadium täglich und nach dem Abklingen nochmals nach einer Woche und dann nach 6–8 Wochen durchzuführen. 4 Stabilität: Bei typischem Verlauf verschwinden die Zellen im Interface innerhalb von 1–2 Wochen. Nach operativer Revision beträgt der Heilverlauf ebenfalls nur 1–2 Wochen. 4 Retreatment: Eine Nachbehandlung zur Korrektur eines noch bestehenden Refraktionsfehlers sollte frühestens 3 Monate nach einer DLK Grad 1–3 erfolgen. Bei Grad 4 muss mindestens ein Jahr abgewartet werden. Eine Nachbehandlung aufgrund einer nicht ausreichenden Rückbildung der Infiltrate bzw. erneuter Zunahme der Zellenkonglomerate im Interface muss abhängig vom Befund erfolgen: Sobald sich eine Zunahme zeigt, ist der Flap erneut anzuheben und es ist erneut zu spülen. Fazit für die Praxis Die DLK ist eine unspezifische entzündliche Reaktion nach LASIK mit multifaktorieller Ursache. Nur im Stadium 1 ist eine konservative Behandlung mit Steroiden indiziert, in allen anderen Stadien ist die unverzügliche chirurgische Behandlung erforderlich. Im Zweifel sollte immer operiert werden.
169 12.4 · Postoperativ: Lentikelfalten
12.4
Postoperativ: Lentikelfalten
12.4.1
Ursachen
Lentikelfalten können durch fehlerhafte Reposition des Flaps, durch Reiben am Auge oder durch eine stumpfe Verletzung entstehen. Am häufigsten treten sie in der frühen postoperativen Phase auf.
12.4.2
Gefahren und Prognose
> Werden Lentikelfalten nicht unverzüglich reponiert, so kommt es zu einer Sehverschlechterung. Zudem ist die Behandlung zu einem späteren Zeitpunkt deutlich schwieriger und nicht in allen Fällen erfolgreich. Wenige Stunden bis Tage postoperativ behandelte Falten hinterlassen keine Folgen. Spät postoperativ behandelte Falten bessern sich zumeist, sind aber nicht immer völlig zu korrigieren.
. Abb. 12.6 Flapfalten am 1. postoperativen Tag
Unbehandelt führen Lentikelfalten zu einem irregulären Astigmatismus und damit zu einer Sehverschlechterung. Sie sollten daher immer behandelt werden. Abwarten erschwert lediglich die Behandlung und verschlechtert die Prognose.
12.4.3
Auftreten und Häufigkeit
Unterschieden werden sollte zwischen »frühen« und »späten« Falten. Früh ist definiert bis ca. 1 Woche nach der LASIK, spät entsprechend länger als eine Woche postoperativ (. Abb. 12.6 und . Abb. 12.7). Falten treten am häufigsten kurz nach der LASIK auf (innerhalb der ersten 12 Stunden). Die Einteilung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Diagnose, nicht dem des Auftretens. Späte Falten sind somit durchaus auch kurz nach der Operation aufgetreten, wurden aber nicht korrekt diagnostiziert und/ oder nicht behandelt. Gerade in den ersten Tagen wird eine leichte Sehverschlechterung, bedingt durch geringe Faltenbildung, oft vom Patienten als nicht dramatisch empfunden, da die Euphorie durch die Sehverbesserung nach der LASIK überwiegt. Der Operateur neigt dann unter Umständen dazu, die Falten zu belassen. Später wird die Bildverzerrung durch die Falten stärker wahrgenommen, und dann ist es für eine unkomplizierte Reposition des Flaps zu spät. ! Cave Falten sollten am ersten postoperativen Tag immer nachbehandelt werden.
. Abb. 12.7 Flapfalten 4 Wochen nach LASIK
Lediglich feinste Falten direkt am Rand des Flaps mögen eine Ausnahme darstellen, der Autor würde jedoch auch diese behandeln.
12.4.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Untersucht werden muss die Hornhauttopographie, der Visus mit und ohne Korrektur und der LASIK-Lentikel an der Spaltlampe. Zudem ist der Patient nach subjektiven Beschwerden zu befragen. Relevante Falten führen immer
12
170
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
zu einer auch subjektiv bemerkten Sehverschlechterung (Halo, Schatten, Koma etc.). Diese ist oft in den ersten Tagen nicht sehr ausgeprägt, trotzdem sollte nicht abgewartet werden. Zentral für die Diagnostik ist der Spaltlampenbefund: finden sich direkt postoperativ bzw. am ersten Tag oder in den ersten Tagen Falten, so sind diese sofort zu reponieren. Bei »späten« Falten ist neben dem Spaltlampenbefund auch Wert auf die anderen Ergebnisse zu legen, in erster Linie auf das subjektive Empfinden des Patienten. Ist dieser mit seinem Sehvermögen am betroffenen Auge zufrieden, so sollte nicht reponiert werden. Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 4 4 4
12.4.5
12
Spaltlampenuntersuchung Subjektive Befragung des Patienten Hornhauttopographie Sehschärfe mit und ohne Korrektur
Behandlung
Reposition »früher« Falten im Operationssaal Hat die Reposition an der Spaltlampe keinen Erfolg gebracht oder ist der gesamte Flap leicht verschoben oder stark faltig, so sollte im Operationssaal reponiert werden. Generell gilt, je früher reponiert wird, desto besser das Ergebnis. Zur Reposition wird der Flap angehoben, die Rückseite mit zwei trockenen Keiltupfern etwas gedehnt und dann der Flap repositioniert, unter dem Flap gespült und der Flap mit einem nassen Keiltupfer wie mit einem Pinsel geglättet. Anschließend wird der Flaprand von zentral nach peripher hin mit einem trockenen Keiltupfer unter leichtem Druck nach peripher gedehnt, und zwar exakt 90° zum Rand. Optimal ist es, diese Bewegung beidhändig mit zwei Keiltupfern gleichzeitig auszuführen, um eine symmetrische Spannung des Flaps zu erreichen. Auch hier gilt, dass epitheliale Falten nicht sofort verschwinden. Richtgröße für den Erfolg der Reposition sind somit nicht unbedingt eventuelle Restfalten, sondern die Breite und Symmetrie des Spaltes zwischen Flaprand und Schnittrand. Ist dieser Spalt verschlossen oder fast verschlossen und symmetrisch, so ist von einer faltenfreien Lage des Flaps auszugehen.
Konservative Therapie
Reposition bei Epithellockerung Flapfalten sind häufig
Eine konservative Behandlung existiert nicht.
Reposition an der Spaltlampe Nach Tropfanästhesie wird
mit einer Epithellockerung kombiniert, da eine Flapreposition bei bestehender Epithellockerung im Rahmen der normalen LASIK bereits viel schwieriger ist. Ist nun das Epithel locker, so bilden sich durch das Dehnen des Flaps mit Tupfern wie oben beschrieben deutliche Falten im Epithel und es ist sehr schwierig zu beurteilen, ob der Flap nun korrekt liegt oder nicht. Hier sollte trotz der Epithelfalten zunächst der Flap reponiert werden, Zielgröße wie beschrieben ist der schmale und symmetrische Spalt zwischen Flaprand und Schnittrand. Dann wird ca. 30–60 Sekunden abgewartet, das Epithel nochmals befeuchtet und nun das Epithel mit einem leicht angefeuchteten Tupfer vorsichtig hin- und hergeschoben, bis die Falten verschwunden sind. Gelingt dies nicht, sollte das lockere Epithel entfernt und eine Kontaktlinse aufgesetzt werden.
mit einem trockenen Keiltupfer senkrecht zu den Falten von zentral nach peripher unter leichtem Druck versucht, die Hornhaut zu glätten ( ÏVideo 12.6). Wie immer ist der richtige Druck entscheidend: Wird zu lange oder zu stark gedrückt, kann das Epithel einreißen. Zu beachten ist, dass die Falten durch diese Manipulation nicht vollständig verschwinden, denn das Epithel benötigt einige Zeit, sich zu glätten. Dies bedeutet: nicht so lange reponieren, bis die Falten vollständig verschwunden sind. Im Zweifelsfall sollte nach dem Repositionsversuch 1–2 Stunden abgewartet werden, danach ist der Befund zu kontrollieren. Haben sich die Falten nicht gebessert, so ist erneut zu reponieren bzw. der Lentikel anzuheben und dann zu reponieren.
Behandlung »später« Falten Bestehen die Falten bereits länger als eine Woche, so ist die Anhebung des Flaps nicht mehr ausreichend. Es muss zunächst das Epithel entfernt werden (Keiltupfer bzw. Hockeymesser), dann wird der Flap angehoben und zunächst von der Rückseite her mit zwei trockenen Keiltupfern gedehnt ( ÏVideo 12.6). Hierbei wird der Patient aufgefordert, vom Hinge weg zu blicken (Hinge oben: Patient blickt nach unten!), um den Bulbus als Widerlager beim Dehnen des Flaps verwenden zu können. Nach Dehnung der Rückseite wird der Flap reponiert, der Patient blickt wieder zum Fixierlicht (bei Revision unter dem Laser) bzw. knapp unterhalb des koaxialen Lichtes (bei Verwendung eines Operationsmikros-
Operative Therapie Die operative Behandlung richtet sich nach dem Zeitpunkt des Auftretens und der Diagnose der Falten. »Frühe« Falten sind unmittelbar nach Diagnose zu reponieren. Es empfiehlt sich hierbei zunächst ein Versuch an der Spaltlampe, wenn nur ein Teil des Flaps Falten aufweist. Ist der Flap komplett verschoben (z. B. leicht rotiert), so muss der Flap im Operationssaal angehoben werden (s. unten). Ist jedoch nur eine geringe Faltenbildung in einem Teil des Flaps vorhanden, so kann ein Repositionsversuch an der Spaltlampe durchgeführt werden.
171 12.5 · Postoperativ: Epitheleinwachsung
kops). Das Interface wird gespült, dann die Vorderseite des Flaps wie bereits beschrieben mit zwei trockenen Keiltupfern gedehnt, bis der Spalt zwischen Lentikelrand und Schnittrand schmal und symmetrisch ist. Sind nun keine Falten mehr sichtbar, wird eine Kontaktlinse aufgesetzt. Sind trotz Dehnung noch Falten sichtbar, so sollten diese durch eine PTK entfernt werden. Hierzu wird die Hornhaut mit einem nassen Tupfer leicht befeuchtet, um die Täler zwischen den Falten zu maskieren, und die PTK durchgeführt. Anschließend wird eine Kontaktlinse aufgesetzt. Die Angabe der »Tiefe« der PTK ist sehr schwierig, da ja maskierende Substanzen verwendet werden und daher eine Vielzahl der Schüsse nur BSS trifft und kein Gewebe abladiert. Der am Laser eingestellte Abtrag entspricht also keinesfalls dem tatsächlichen Gewebeabtrag. Bei der PTK sollte eher etwas weniger als zu viel getan werden. Es sollte also nicht abladiert werden, bis die Falten vollständig verschwunden sind. Flapentfernung In sehr seltenen Fällen bestehen therapieresistente Falten, die auch durch eine PTK nicht entfernt werden können. Sollte also nach einer Revision kein zufriedenstellender Zustand erreicht werden können, so verbleibt in einer zweiten Sitzung die Entfernung des Flaps als letzte Möglichkeit. Alternative Behandlungsverfahren bei »späten« Falten sind eine Naht des Flaps unter Spannung sowie die Quellung des Flaps mit hypoosmolaren Lösungen.
12.4.6
Komplikationen
Gerade bei der Behandlung später Falten kann es, bedingt durch die traumatische Operation und die Epithelentfernung, zu einer DLK kommen. Diese ist wie unter 7 Abschn. 12.3 beschrieben konsequent zu behandeln. Eine Epitheleinwachsung ist ebenfalls eine häufige Komplikation bei der Behandlung später Falten.
12.4.8
Fazit für die Praxis Falten des Flaps sollten unmittelbar nach dem Auftreten operativ reponiert werden. Auch späte Falten können operativ verbessert werden, die Ergebnisse sind jedoch umso besser, je früher interveniert wird.
Ergebnisse
Bei frühen Falten gelingt in nahezu allen Fällen die vollständige Reposition. Bei späten Falten wird der Befund meist deutlich besser, eine vollständige Heilung ist jedoch deutlich seltener.
12.4.7
linse bei Epithelschluss, i. d. R. am 5. postoperativen Tag, entfernt werden. 4 Stabilität: Ein stabiler Befund ist bei frühen Falten i. d. R. bereits am ersten postoperativen Tag erreicht, die Nachbehandlung unterscheidet sich nicht von einer normalen LASIK. Bei »späten« Falten dauert die erste Phase der Heilung aufgrund der Epithelentfernung länger, Kontrollen sollten am 1. Tag und am 5.–6. Tag zur Entfernung der Verbandkontaktlinse durchgeführt werden. Der weitere Verlauf entspricht dem nach LASIK, also Abschlusskontrolle nach ca. 8 Wochen. 4 Retreatment: Werden frühe Falten entweder durch die Reposition an der Spaltlampe oder durch die im Operationssaal nicht erfolgreich korrigiert (d. h., sieht man am 1. postoperativen Tag nach Reposition immer noch Falten), so ist sofort erneut zu reponieren, bis ein Erfolg eingetreten ist. Abwarten bringt nichts sondern führt nur zur Fixation der Falten. Bei späten Falten muss die Epithelheilung und -glättung abgewartet werden. Der Behandlungserfolg kann daher frühestens nach 6–8 Wochen beurteilt werden, eine erneute Revision sollte frühestens nach 3 Monaten durchgeführt werden.
12.5
Postoperativ: Epitheleinwachsung
12.5.1
Ursachen
Eine Epitheleinwachsung entsteht durch feine Unregelmäßigkeiten oder Defekte des Lentikelrandes, die eine Eintrittspforte für einwachsendes Epithel darstellen.
12.5.2
Gefahren und Prognose
> Eine Epitheleinwachsung führt unbehandelt zur Einschmelzung des betroffenen Teils des Flaps mit Ausbildung einer Hornhautnarbe. Behandelt hinterlässt eine Epitheleinwachsung i. d. R. keine Dauerschäden.
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Nachkontrollen sind
nach 1 Tag, nach ca. 1 Woche und nach 2–3 Monaten erforderlich. Bei Epithelentfernung sollte die Kontakt-
Wie dargestellt führt eine Epitheleinwachsung häufig zu einem Rezidiv. Dennoch ist die operative Behandlung Mittel der Wahl. Unbehandelt vernarbt der betroffene Bereich mit irreparablem Schaden.
12
172
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
12.5.3
Auftreten und Häufigkeit
Eine therapiebedürftige Epitheleinwachsung postoperativ tritt nach Mikrokeratom-LASIK in ca. 0,9% der Fälle auf, bei Nachoperationen mindestens doppelt so häufig (Angaben reichen bis 10%). Nach Femto-LASIK ist die Epitheleinwachsung seltener, auch bei einer Re-Operation kommt es nach Femto-LASIK seltener zur Epitheleinwachsung als nach Mikrokeratom-LASIK, wohl aufgrund des besseren Schnittrandes nach Femto-LASIK.
12.5.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 4 4 4
12
Spatlampenuntersuchung Visus mit und ohne Korrektur Hornhauttopographie Befragung (subjektive Beschwerden)
Die Diagnose »Epitheleinwachsung« wird durch die Spaltlampenuntersuchung gestellt (. Abb. 12.8 und . Abb. 12.9 sowie ÏVideo 12.8). Hier lässt sich auch zumeist die Indikation für die operative Therapie festlegen. Grundsätzlich behandelt werden sollte jede Epitheleinwachsung, die sich mehr als 2–3 mm vom Flaprand nach zentral erstreckt. Abb. 1 und 2 zeigen derartige Einwachsungen. Abwarten führt nicht zu einer Besserung. Vielmehr verwandelt sich der gesamte Bereich der Epitheleinwachsung in eine Narbe, eventuell mit Hornhauteinschmelzung, eine Therapie ist in diesem Stadium nicht mehr möglich. Sekundäre Parameter zur Festlegung der Indikation für eine operative Revision sind Veränderungen der Hornhauttopographie, der Refraktion und Sehschärfe und subjektive Beschwerden des Patienten. So führt eine Epitheleinwachsung typischerweise zu einem asymmetrischen Astigmatismus, damit zu einer Refraktionsänderung, die subjektiv vom Patienten bemerkt wird und typischerweise auch komaförmige Verziehungen um Lichtquellen bewirkt. In diesen Fällen ist die Indikation klar: eine operative Entfernung des eingewachsenen Epithels ist erforderlich. Gleiches gilt bei zwar umschriebener, aber sehr prominenter Einwachsung, die zu einem ständigen Fremdkörpergefühl führt. Lediglich begrenzte und völlig symptomfrei Epitheleinwachsungen sollten belassen werden. Der operative Eingriff entspricht einer Re-LASIK. Erforderlich sind LASIK-Spatel, Spülkanüle und Keiltupfer.
. Abb. 12.8 Epitheleinwachsung peripher bei defektem Lentikelrand
. Abb. 12.9 Ausgedehnte Epitheleinwachsung bis zentral
12.5.5
Behandlung
Konservative Therapie Eine konservative Behandlung ist nicht möglich. Es kommt immer zu einer Defektheilung (Narbe im betroffenen Bereich). Daher ist in allen Fällen mit ausgedehnter Epitheleinwachsung sowie bei gleichzeitig bestehenden Beschwerden unabhängig von der Ausdehnung eine operative Revision indiziert.
Operative Therapie Die operative Behandlung besteht im Anheben des Flaps, und zwar vollständig, und der Entfernung des Epithels auf der Flaprückseite und auf dem stromalen
173 12.5 · Postoperativ: Epitheleinwachsung
Bett. ÏVideo 12.10 zeigt die Entfernung einer umschriebenen und auf den Flaprand beschränkten Epitheleinwachsung, nämlich der in ÏVideo 12.8 gezeigten Epitheleinwachsung. Hier wurde ausnahmsweise der Flap nur halb geöffnet und umgeklappt. Auch erfolgte die Eröffnung aber wesentlich weiter, als es der an der Spaltlampe sichtbaren Epitheleinwachsung entsprochen hätte. Grund hierfür ist, dass die Epitheleinwachsung häufig wesentlich ausgedehnter ist als an der Spaltlampe erkennbar. An der Spaltlampe wird meist erst das bereits abgestorbene und daher weißliche Epithel erkannt. Häufig reicht eine dünne Schicht vitaler Epithelzellen deutlich über diesen Bereich hinaus, so dass das vollständige Anheben des Flaps die bessere Methode darstellt. Nach dem Anheben wird mit trockenen Keiltupfern oder mit einem Hockeymesser das Epithel zunächst vom stromalen Bett entfernt. Verwendet werden sollte ein eher stumpfes Hockeymesser, es soll nur »schaben«, nicht schneiden! Danach wird unter leichtem Druck auch das Epithel von der Flaprückseite entfernt. Um dies problemlos zu ermöglichen, sollte der Patient jeweils aufgefordert werden, »vom Hinge weg zu blicken«. Ist der Hinge also nasal, blickt der Patient nach temporal, der Flap kann dann nasal gut ausgebreitet werden. Ist der Hinge oben, blickt der Patient nach unten. Das Epithel ist hierbei relativ gut erkennbar. Von Epithel überdecktes Stroma glänzt leicht, während das epithelfreie Stroma rau und stumpf erscheint. Bei hoher Vergrößerung ist dies sowohl unter dem Lasermikroskop als auch unter einem Operationsmikroskop gut erkennbar. Generell einfacher ist die Entfernung der Epitheleinwachsung unter einem Operationsmikroskop, erforderlich ist dies aber nicht. Nach der Epithelentfernung wird der Flap reponiert und ausgiebig unter dem Flap gespült. Anschließend sollte eine Kontaktlinse aufgesetzt werden, da diese möglicherweise einen gewissen »Druck« auf den Flap ausübt und dadurch die Rezidivrate eventuell verringert. Einige Operateure entfernen auch das Hornhautepithel peripher des Flaprandes mit der Absicht, dem Flap etwas Zeit zu geben, sich mit dem Stroma zu verbinden, bis das Epithel von peripher her wieder an den Flaprand gelangt und möglichweise unter dem Flap einwächst. Daten, inwieweit dieses Vorgehen effektiv ist, gibt es nicht. Kommt es zum Rezidiv, kann schließlich die Operationstechnik modifiziert werden. Der Autor führt beim 1. Rezidiv die gleiche Revisionsoperation durch wie bei der Behandlung der primären Epitheleinwachsung. Kommt es jedoch erneut zum Rezidiv, so wird eine fortlaufende Naht gelegt, die den Flap an das Stroma andrückt und damit sehr effektiv ein weiteres Rezidiv verhindert. Die Naht ist jedoch anspruchsvoll und zeitaufwändig, da ja kein Astigmatismus erzeugt werden soll, der Flap also
nicht verzogen werden darf. ÏVideo 12.11 zeigt den Endzustand nach einer solchen Naht. Mittels Keiltupfer wird der Rand des Flaps gleichmäßig ausgespannt. Der Endknoten wird nicht versenkt, um eine Verziehung des Flaps zu vermeiden und um die Entfernung des Fadens zu vereinfachen. Zum Abschluss wird eine Kontaktlinse aufgesetzt und für ca. 5–7 Tage belassen. Nach dieser Zeit wird die Kontaktlinse entfernt und gleichzeitig der Faden gezogen.
12.5.6
Ergebnisse
Die Epithelentfernung gelingt nahezu immer problemlos. Es kommt jedoch relativ häufig zu einem Rezidiv (ca. 10% und mehr). Ursache hierfür ist, dass eine Epitheleinwachsung nicht schicksalhaft auftritt, sondern mit einer ungenügenden Reposition des Flaps verbunden ist. Gemeint ist hiermit typischerweise ein Defekt des Flaprandes, der eine »Eintrittspforte« für das Epithel öffnet (. Abb. 12.8).
12.5.7
Komplikationen
Möglich sind alle postoperativen Komplikationen einer LASIK (Flapfalten, DLK, Infektion etc.). Die häufigste Komplikation ist jedoch ein Rezidiv. Im Falle eines Rezidivs muss nach den oben genannten Kriterien erneut nachoperiert werden.
12.5.8
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die Kontaktlinse
sollte am ersten postoperativen Tag entfernt werden. Wurde im Rahmen der Operation auch das periphere Hornhautepithel entfernt, so muss die Kontaktlinse bis zum Epithelschluss belassen werden, also ca. 1–3 Tage. Die weitere Nachbehandlung entspricht der einer normalen LASIK, also z. B. eine Kombination aus Steroiden und Antibiotika für 1 Woche 3-mal täglich sowie Tränenersatzstoffe für einige Wochen. Kontrollen sind am 1. postoperativen Tag und nach ca. 4 Wochen erforderlich. Ein eventuelles Rezidiv ist nach 4 Wochen erkennbar. Besteht kein Rezidiv, sind keine weiteren Kontrollen erforderlich. 4 Stabilität: Nach ca. 4 Wochen ist von einem stabilen Befund auszugehen. 4 Retreatment: Findet sich nach ca. 4 Wochen ein Rezidiv, so sollte dieses im Rahmen der nächsten Wochen erneut operativ behandelt werden, falls die entsprechenden Kriterien hierzu vorliegen. Ist das Rezidiv nur eng umschrieben und nicht symptomatisch, so sollte
12
174
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
erneut kontrolliert werden, da es gelegentlich auch nach mehr als 4 Wochen zu einer Zunahme einer bestehenden Epitheleinwachsung kommen kann. Fazit für die Praxis Die Epitheleinwachsung ist eine seltene und gut behandelbare Komplikation der LASIK. Nach einmaligem Auftreten ist jedoch ein Rezidiv häufig. Die Behandlung ist zumeist operativ.
12.6
Postoperativ: Keratektasie
12.6.1
Ursachen
12.6.3
Auftreten und Häufigkeit
Eine Keratektasie ist selten. Sie tritt einige Monate bis Jahre nach einer LASIK auf. Subjektiv bemerkt der Patient eine langsame Sehverschlechterung und stellt sich mit der Frage einer Nachoperation vor.
12.6.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Eine Keratektasie entsteht durch eine Schwächung der Hornhaut durch einen zu dicken Flap und eine zu tiefe Laserablation (sehr selten) oder aufgrund der »normalen« LASIK bei vorbestehender und nicht erkannter bzw. nicht erkennbarer forme fruste eines Keratokonus (häufigste Ursache).
12.6.2
12
Gefahren und Prognose
> Eine Keratektasie ist in vielen Fällen progredient und kann zur Ausbildung eines fortgeschrittenen Keratokonus führen. Häufig kommt die Keratektasie spontan zum Stillstand. Bei Progredienz ist jedoch unter Umständen auch eine Keratoplastik erforderlich. Die Einführung der Kollagen-Vernetzung hat die Prognose deutlich verbessert.
. Abb. 12.10 Keratektasie nach LASIK
4 Hornhauttopographie 4 Visus mit und ohne Korrektur
Die Diagnose wird durch die Hornhauttopographie gestellt. Es zeigt sich das typische Bild einer parazentralen Aufsteilung wie diese auch beim Keratokonus zu finden ist. . Abb. 12.10 zeigt eine ausgeprägte Keratektasie nach LASIK. Wichtig ist die Diagnose, um keinesfalls durch eine Nachoperation mit weiterem Gewebeabtrag die Keratektasie zu verstärken. Am wichtigsten ist die Prävention. Hier kommt an erster Stelle die sorgfältige Patientenauswahl. Ausgeschlossen werden sollten Myopien über –8 dpt, Augen mit einer Hornhautdicke unter 500 μm, Augen mit Anzeichen eines Keratokonus bzw. einer »form fruste« (= Asymmetrie der Halbmeridiane), sowie Ablationen von mehr als 120 μm und eine Restdicke des stromalen Bettes von weniger als 300 μm nach dem Ersteingriff. Diese Grenzwerte sind si-
175 12.6 · Postoperativ: Keratektasie
cher konservativ. Zudem kann eine Keratektasie auch bei sehr geringen Ablationstiefen und geringer Myopie auftreten. Andererseits gibt es ja gute Alternativen zur LASIK, so dass kein Grund besteht, ein Risiko einzugehen. Außerhalb der genannten Grenzen sind eine Epi-LASIK, eine LASEK oder auch eine PRK möglich. Außerdem bleibt auch die Möglichkeit, phake Intraokularlinsen zu implantieren, so dass in nahezu allen Fällen eine Korrektur möglich ist. Im Zweifelsfall, also bei grenzwertiger Hornhautdicke, geringen Asymmetrien der Hornhauttopographie, ist es sicher besser, eine Oberflächenablation (bei geringer Myopie) bzw. eine phake IOL (bei Myopie ab –6 dpt) zu wählen, als das Risiko einer Keratektasie in Kauf zu nehmen.
12.6.6
Mittels harter Kontaktlinsen kann meist eine befriedigende Sehschärfe erreicht werden. Ist der Befund progredient, so ist eine Kollagenvernetzung in der Regel ausreichend, um die Progression zu stoppen. Noch nicht befriedigend gelöst ist die Therapie bei Kontaktlinsenunverträglichkeit und damit nicht korrigierbarer Sehschärfe. Inwieweit die Kombination aus PRK und Kollagenvernetzung, sei es einzeitig oder zweizeitig, hier erfolgreich ist, wird derzeit an mehreren Zentren untersucht.
12.6.7 12.6.5
Behandlung
Konservative Therapie Die Behandlung besteht zunächst in der Anpassung harter Kontaktlinsen, wie auch beim Keratokonus. Die Ergebnisse sind sehr gut, in den meisten Fällen kann eine gute Sehschärfe bei guter Verträglichkeit erreicht werden. In jedem Fall sollte eine einmal diagnostizierte Keratektasie alle 6 Monate mittels Hornhauttopographie kontrolliert werden (Differenzausdrucke anfertigen!). Findet sich eine Progredienz, so ist die Indikation zur operativen Therapie mittels Kollagenvernetzung zu stellen.
Operative Therapie Bei Kontaktlinsenunverträglichkeit oder Progression sollte operativ eine Kollagenvernetzung mit Riboflavin durchgeführt werden, die die Progression meist stoppt. Zudem können intrakorneale Ringe (ICRS) implantiert und als Ultima Ratio eine Keratoplastik durchgeführt werden (7 Abschn. 14.3). Die Kollagenvernetzung ist derzeit als Verfahren zur Therapie anerkannt, falls die Keratektasie progredient ist. Die Kollagenvernetzung kann in einigen Fällen auch eine Befundbesserung herbeiführen. Es dauert allerdings bis zu einem Jahr, bis der Effekt der Kollagenvernetzung abschließend beurteilt werden kann. In den meisten Fällen ist dann trotz Kollagenvernetzung keine befriedigende Sehschärfe ohne Korrektur erreichbar. Die Progression konnte zwar gestoppt werden, ein ausreichendes Sehvermögen ist jedoch nur mit harter Kontaktlinse erreichbar. Aufgrund dieser unbefriedigenden Visusergebnisse wird daher zurzeit vermehrt eine Kombination aus Laserablation und Kollagenvernetzung eingesetzt, falls Kontaktlinsen nicht vertragen werden. Es handelt sich jedoch noch nicht um ein allgemein anerkanntes Verfahren, ausreichende Ergebnisse fehlen.
Ergebnisse
Komplikationen
Die Keratektasie führt zu einer Verschlechterung der Sehschärfe aufgrund des irregulären Astigmatismus. Die Behandlung durch Kollagenvernetzung birgt alle Risiken einer Nachbehandlung (Flapverschiebung, Flapfalten, DLK, Epitheleinwachsung etc.) und kann zudem zu einem Haze führen, der sich allerdings innerhalb des ersten Jahres postoperativ meist spontan zurückbildet.
12.6.8
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Bei konservativer
Therapie sind Kontrollen alle 6 Monate erforderlich, um eine eventuelle Progression erfassen zu können. Nach operativer Behandlung (Kollagenvernetzung) sind Kontrollen am 1. Tag, nach 1 Woche, nach 6– 8 Wochen und dann alle 6 Monate erforderlich. 4 Stabilität: Nach Kollagenvernetzung ist nach ca. 12 Monaten mit einem stabilen Befund zu rechnen. 4 Retreatment: Eine mögliche Nachbehandlung nach Kollagenvernetzung sollte keinesfalls vor Ablauf von 12 Monaten durchgeführt werden. Möglich ist z. B. eine PRK auf dem Flap. Wie bereits ausgeführt gibt es aber noch keine eindeutigen Daten, die für ein ein- oder zweizeitiges Vorgehen bei der PRK sprechen. Da die Alternative bei Kontaktlinsenunverträglichkeit allerdings nur eine Keratoplastik ist, kann die Indikation zu einer PRK in diesen Fällen sicherlich großzügig gestellt werden. Fazit für die Praxis Die Keratektasie ist eine sehr seltene Komplikation nach LASIK, die in den meisten Fällen durch eine vorbestehende und nicht diagnostizierte oder nicht erkennbare Hornhautschwäche (forme fruste des Keratokonus) ausgelöst wird. Die Therapie besteht bei stabilem Befund in der Anpassung harter Kontaktlinsen und bei Progression und/oder Kontaktlinsenunverträglichkeit in einer operativen Kollagenvernetzung, evtl. mit PRK.
12
176
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
12.7
Postoperativ: optische Aberrationen
12.7.1
Ursachen
Optische Aberrationen können mehrere Ursachen haben. Zum einen kann die Laserablation Aberrationen auslösen, z. B. durch Dezentrierung, durch im Vergleich zur Pupille zu kleine optische Zonen oder durch Rotationsfehler. Zum zweiten kann es durch die Verschiebung des Flaps (z. B. Lentikelfalten) oder durch Vernarbung nach DLK oder durch eine Epitheleinwachsung zu optischen Aberrationen kommen. Zum dritten ist eine Narbenbildung nach Oberflächenablation (PRK, LASEK) eine mögliche Ursache. 12.7.2
Gefahren und Prognose
> Aberrationen durch Laserablation können erhebliche Beschwerden hervorrufen und sind oft nur schlecht behandelbar. Die Prognose richtet sich nach der Ursache und Ausprägung. Geringfügige Dezentrierungen sind gut behandelbar, ebenso verschwinden Aberrationen bei Flapfalten oder Epitheleinwachsung bei Behandlung der Ursache.
12.7.3
12
Auftreten und Häufigkeit
Die Häufigkeit wird bedingt durch die Ausprägung des Beschwerdebildes. Mäßige optische Aberrationen sind »nor-
. Abb. 12.11 Hornhauttopographie bei dezentrierter PRK
mal«, ein typischer Nebeneffekt der kornealen refraktiven Chirurgie sowohl bei PRK/LASEK als auch nach LASIK. Ursache ist die bei höheren Korrekturen unvermeidliche Verschlechterung der Abbildungsqualität der Hornhaut aufgrund der begrenzten Ablationstiefe.
12.7.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 4 4 4
Aberrometrie Hornhauttopographie Kontrastempfindlichkeit Subjektive Beschwerden (Halos, Koma etc.)
Aberrationen lassen sich objektiv durch die Aberrometrie bestimmen. Die Hornhauttopographie ermöglicht die Feststellung der Ursache, z. B. einer Dezentrierung der Behandlungszone. . Abb. 12.11 zeigt eine dezentrierte Ablationszone nach PRK. . Abb. 12.12 bis . Abb. 12.14 zeigen den Effekt auf die Abbildungsqualität der Hornhaut bei unterschiedlichen Pupillendurchmessern. Die komaförmige Verzerrung, typisch für eine Dezentrierung, nimmt mit zunehmendem Pupillendurchmesser immer mehr zu. . Abb. 12.15 simuliert diesen Befund an einer Sehtafel,
177 12.7 · Postoperativ: optische Aberrationen
. Abb. 12.12 Punktbild (»point spread function«) bei Dezentrierung und 3,5-mm-Pupille
. Abb. 12.13 Punktbild (»point spread function«) bei Dezentrierung und 5-mm-Pupille
12
178
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
. Abb. 12.14 Punktbild (»point spread function«) bei Dezentrierung und 6-mm-Pupille
12
. Abb. 12.15 Sehtesttafel mit Aberrationen (Koma)
. Abb. 12.16 Sehtesttafel ohne Aberrationen
. Abb. 12.16 zeigt eine normale Darstellung der Sehtafel, wenn keine Aberrationen vorliegen. Die betroffenen Patienten klagen z. B. über schweifförmige Verzerrungen um Lichtquellen, vor allem bei weiter Pupille, also Dämmerung und Dunkelheit. Messbar ist häufig auch eine Verschlechterung der Kontrastempfindlichkeit, die die schlechtere Abbildungsqualität des betroffenen Auges widerspiegelt.
12.7.5
Behandlung
Konservative Therapie Der erste Schritt der Behandlung besteht im Abwarten, bis eine gewisse Gewöhnung eingetreten ist. Die nach kornealer refraktiver Chirurgie typischen Halos verschwinden beispielsweise in den meisten Fällen im Laufe einer Wochen und Monate. Je besser Patienten bereits vor dem Ein-
179 12.8 · Kornealer Hydrops bei Sekundärglaukom
griff auf diese vorübergehenden Beschwerden vorbereitet wurden, umso eher sind sie bereit, die Gewöhnungsphase abzuwarten. Auch leichte Dezentrierungen oder Restastigmatismen bessern sich sehr häufig im Laufe einiger Monate. Tritt keine Gewöhnung ein, so kann konservativ mit einer harten Kontaktlinse therapiert werden. In den meisten Fällen ist dies aber nicht akzeptabel für den Patienten, so dass eine Nachoperation erforderlich wird.
12.7.8
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die Nachsorge ent-
spricht der normalen LASIK bzw. PRK/LASEK bzw. einer Nachoperation. 4 Stabilität: Nach LASIK sollte mindestens 6 Monate abgewartet werden, nach Oberflächenbehandlung ca. 12 Monate. 4 Retreatment: Nachbehandlungen sollten nicht vor den genannten Zeitpunkten durchgeführt werden.
Operative Therapie Aberrationen durch Flapfalten oder Epitheleinwachsung werden durch die Behandlung der Ursache therapiert. Durch die Laserablation bedingte Aberrationen müssen durch eine »maßgeschneiderte« Nachbehandlung korrigiert werden. Möglich ist eine Aberrometer-gesteuerte oder eine Topographie-gesteuerte Nachbehandlung. Die Aberrometer-gesteuerte Nachbehandlung bietet den Vorteil, dass auch die Refraktion mit berücksichtigt wird, und dass die Behandlung besser zentriert werden kann (sog. »iris registration« beim Visx-STAR-Laser, Technolas-217Laser oder Schwind-Amaris-Laser). Daher sollte dieser Behandlung nach meiner Erfahrung der Vorzug gegeben werden. Bei ausgeprägten Dezentrierungen ist allerdings häufig keine Aberrometrie mehr möglich, es bleibt dann nur die Topographie-gesteuerte Nachbehandlung. Wird eine Oberflächenbehandlung durchgeführt (also PRK/LASEK oder PRK auf dem Flap nach LASIK), so sollte diese immer mit der Applikation von Mitomicin C kombiniert werden.
12.7.6
Ergebnisse
Die Ergebnisse variieren sehr. In vielen Fällen ist eine deutliche Besserung der Beschwerden möglich. Andererseits ist bei erheblicher Dezentrierung oder bei kleinen optischen Zonen aufgrund der Behandlung einer zu hohen Myopie oft kein für den Patienten befriedigendes Sehvermögen erreichbar. Es bleibt dann nur die Anpassung harter Kontaktlinsen oder in Extremfällen die Keratoplastik.
12.7.7
Komplikationen
Die Komplikationen ergeben sich aus der Möglichkeit einer erneuten Dezentrierung bzw. einer erneuten Narbenbildung im Rahmen der Nachoperation bzw. als deren Folge. So kann in Einzelfällen auch eine Verschlechterung des Befundes eintreten.
Fazit für die Praxis Optische Aberrationen sind meist gering ausgeprägt und eine normale Folge der kornealen refraktiven Chirurgie, an die sich Patienten gewöhnen. Bei deutlichen Aberrationen kann eine »maßgeschneiderte«, Aberrometer-gesteuerte Nachoperation den Befund oft deutlich bessern.
12.8
Kornealer Hydrops bei Sekundärglaukom
12.8.1
Ursachen
Die Ansammlung von Flüssigkeit im Interface zwischen Lentikel und stromalem Bett stellt eine neue diagnostische Entität dar, die erst nach Einführung der LASIK mit ihrer lamellären Keratotomie möglich wurde. Da die Kollagenfibrillen nicht (oder nur extrem langsam) wieder zusammenwachsen, erzeugt der lamelläre Schnitt einen Spaltraum, der durch Flüssigkeit oder Zellen gefüllt werden kann. Die Flüssigkeitsansammlung im Interface ist bedingt durch ein steroidinduziertes Sekundärglaukom. Typischerweise zeigt die Applanationstonometrie normale oder niedrige Werte, da der Lentikel sozusagen auf der Flüssigkeit »schwimmt« und somit nicht der tatsächliche Augeninnendruck erfasst werden kann. So kann bei Fehldiagnose und Weiterbehandlung mit Steroiden eine Erblindung durch eine glaukomatöse Optikusatrophie auftreten. Es ist daher sehr wichtig, auf Flüssigkeitsansammlungen im Interface zu achten und bei längerer Steroidgabe auch palpatorisch den Augeninnendruck zu prüfen bzw. am Rand der Hornhaut zu messen. Diese Komplikation ist häufig mit einer DLK assoziiert, da ja bei DLK eine hochdosierte Steroidgabe erforderlich ist. Ist der Patient nun ein Steroid-Responder, kann es zum beschriebenen Hydrops kommen, der wiederum fälschlicher Weise als Verschlechterung der DLK interpretiert werden kann, die Steroidgabe wird erhöht, und das Problem verschlimmert. Korrekt wären das Absetzen der Steroide und die vorübergehende Gabe drucksenkender Medikamente.
12
180
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
12.8.2
Gefahren und Prognose
> Wird das Sekundärglaukom nicht erkannt und die Steroidbehandlung fortgesetzt, so kann es zur Erblindung kommen. Sobald die korrekte Diagnose gestellt ist und der Druck gesenkt wird, heilt der Befund zumeist folgenlos ab.
12.8.3
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Wichtig ist die Spaltlampenuntersuchung zur Stellung der Verdachtsdiagnose, gefolgt von der Druckmessung peripher des Flaps.
12.8.5
Behandlung
Konservative Therapie
12
Ein kornealer Hydrops mit Sekundärglaukom sollte bei Gabe von Steroiden über längere Zeit immer differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden.
12.9
Postoperativ: Haze
12.9.1
Ursachen
Auftreten und Häufigkeit
Ein Sekundärglaukom, das zu einem kornealen Hydrops führt, ist extrem selten.
12.8.4
Fazit für die Praxis
Die Behandlung ist konservativ. Zunächst sind die Steroide abzusetzen, es sei denn es besteht eine DLK Grad 2 oder höher. Zusätzlich ist der Augeninnendruck durch orale Gabe von z. B. Diamox zu senken.
Operative Therapie
»Haze« beschreibt eine Narbenbildung der Hornhaut. Haze tritt grundsätzlich nach Ablation der Bowmann’schen Grenzschicht auf.
12.9.2
Gefahren und Prognose
> In seltenen Fällen kommt es zu einem ausgeprägten Haze mit starker Sehverschlechterung. In der Regel ist die Prognose gut, der Haze bildet sich in einigen Monaten zurück.
12.9.3
Auftreten und Häufigkeit
Die Ausbildung einer oberflächlichen Narbe (Haze) ist typisch nach Ablation der Bowmann-Grenzschicht. Ein Haze tritt nach oberflächlicher Laserablation praktisch immer auf, und zwar unabhängig davon, ob eine PRK oder eine LASEK durchgeführt wurde. Generell ist der Haze jedoch nur gering ausgeprägt (. Abb. 12.17) und bildet sich innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff zurück. In
Eine operative Behandlung ist nur bei gleichzeitig bestehender DLK Grad 2 oder höher indiziert (7 Abschn. 12.3.5).
12.8.6
Ergebnisse
Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung entstehen keine Folgeschäden.
12.8.7
Komplikationen
Falsch behandelt (d. h. Fortsetzung der Steroidtherapie) kann es durch eine glaukomatöse Optikusatrophie zur Erblindung kommen.
12.8.8
Nachsorge
Druckkontrollen zunächst täglich und dann nach einer Woche und nach 6–8 Wochen.
. Abb. 12.17 Haze Grad 1 nach PRK
181 12.9 · Postoperativ: Haze
Einzelfällen kommt es jedoch zu einer starken Hazebildung mit deutlicher Herabsetzung der Sehschärfe und irregulärem Astigmatismus. Hierbei findet sich eine Abhängigkeit von der Höhe der Korrektur, so dass höhere Korrekturen als ca. –6 dpt mittels Oberflächenablation nicht durchgeführt werden sollten. Ein Haze tritt gehäuft nach Nachoperationen mittels oberflächlicher Ablation auf, so dass eine Re-PRK mit der Gabe von Mitomicin C kombiniert werden sollte. Gleiches gilt für eine PRK/LASEK bei Zustand nach Keratoplastik, Zustand nach radiärer Keratotomie oder bei Hornhautnarben.
12.9.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 Spaltlampenuntersuchung 4 Hornhauttopographie 4 Visus mit und ohne Korrektur
Zur Diagnostik steht die Spaltlampenuntersuchung im Vordergrund. Häufig führt ein deutlicher Haze zu einem asymmetrischen Astigmatismus und damit zu optischen Aberrationen, die wiederum subjektive Beschwerden bedingen. Hier kann die Hornhauttopographie die Irregularität darstellen.
12.9.5
Behandlung
Konservative Therapie Nach PRK/LASEK muss in jedem Fall zunächst abgewartet werden. Tritt symptomatischer Haze auf, so ist eine Behandlung mit gering dosierten steroidhaltigen Augentropfen 2-bis 3-mal täglich für einige Wochen sicherlich nicht kontraindiziert. Der Erfolg ist jedoch fraglich. Typischerweise bildet sich der Haze im Laufe einiger Monate spontan zurück.
Operative Therapie Je nach Ausprägung kann eine operative Nachbehandlung frühestens 6 Monate, besser 12 Monate nach der Erstbehandlung erfolgen. Generell ist die Nachbehandlung schwierig, da meist nicht nur das optische Hindernis, also die Trübung, das Sehen verschlechtert, sondern eine irreguläre Hornhautoberfläche besteht. Es kann nach Epithelentfernung versucht werden, den Haze abzutragen mittels PTK und die Oberfläche durch die Gabe maskierender Substanzen (z. B. BSS) zu glätten. In jedem Fall sollte Mi-
tomicin C verwendet werden. Da die Refraktionskorrektur bei diesem Vorgehen nur sehr schwer vorhergesagt werden kann, ist häufig eine weitere Operation zur Korrektur des Refraktionsfehlers erforderlich. Diese Operation sollte möglichst als »maßgeschneiderte«, Aberrometer-gesteuerte Behandlung durchgeführt werden. Alternativ kann auch transepithelial abladiert werden, um das Epithel als »maskierende Substanz« zu nutzen. Auch hier ist das Refraktionsergebnis meist nur schlecht vorhersehbar. In beiden Fällen wird nach der PTK eine Kontaktlinse als Verband aufgesetzt und bis zum Epithelschluss belassen.
12.9.6
Ergebnisse
In der Regel bildet sich der Haze spontan zurück bzw. bessert sich so stark, dass keine operative Therapie notwendig wird. Ist eine Nachoperation erforderlich, so kann der Haze beim Einsatz von Mitomicin C zumeist rezidivfrei behandelt werden. Weniger günstig sind die Ergebnisse hinsichtlich der postoperativen Refraktion. Häufig ist nach der Entfernung des Haze mittels PTK ein weiterer Eingriff zur Korrektur des Refraktionsfehlers erforderlich.
12.9.7
Komplikationen
Bei Anwendung von Mitomicin C im Rahmen der operativen Revision mittels PTK ist ein Rezidiv selten. Mögliche Komplikationen bestehen jedoch in einem asymmetrischen Astigmatismus bzw. einer irregulären Hornhaut durch die PTK im Rahmen der Abtragung des Haze.
12.9.8
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die Nachbehand-
lung entspricht einer PRK bzw. LASEK. Die erste Kontrolle erfolgt am 1. postoperativen Tag. Bei reizfreiem Befund ist die nächste Kontrolle nach ca. 4–5 Tagen empfehlenswert, da es nach dieser Zeit zumeist zum Epithelschluss gekommen ist und die Kontaktlinse entfernt werden kann. Eine weitere Kontrolle findet nach ca. 8 Wochen statt. Ist die Hornhaut dann klar und regulär und bestehen keine subjektiven Beschwerden, so ist keine weitere Kontrolle erforderlich. Die Nachbehandlung besteht in der Gabe steroidhaltiger Augentropfen (z. B. Dexamethason) und antibiotikahaltiger Augentropfen je 3-mal täglich für 7–10 Tage sowie der Gabe von Tränenersatzstoffen anfangs stündlich und
12
182
Kapitel 12 · Komplikationen der Excimerchirurgie
nach der Entfernung der Kontaktlinse nach Bedarf. Die langfristige Gabe von Steroiden ist nach intraoperativer Gabe von Mitomicin C nicht erforderlich. 4 Stabilität: Ein stabiler Befund ist frühestens nach 6 Monaten erreicht. 4 Retreatment: Eine Nachbehandlung zur Korrektur eines Refraktionsfehlers bzw. einer irregulären Hornhauttopographie sollte frühestens nach 6 Monaten, besser erst nach 12 Monaten erfolgen. Fazit für die Praxis Ein Haze ist eine typische und zumeist spontan reversible Nebenwirkung der oberflächlichen Excimer-Laserablation (PRK/LASEK/Epi-LASIK).
12
13
Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur Videos auf DVD: ÏAstigmatische Keratotomie 1, ÏAstigmatische Keratotomie 2, ÏLimbale relaxierende Inzisionen
13.1
Einleitung – 184 E. Fabian, M. Maier
13.1.1
Literatur
13.2
Astigmatische Keratotomie U. Mester
13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.2.4 13.2.5 13.2.6 13.2.7 13.2.8 13.2.9
Technisches Prinzip – 185 Vorteile und Nachteile – 185 Diagnostik – 186 Indikationen und Patientenselektion Berechnung der Inzisionen – 187 Operatives Vorgehen – 187 Komplikationen – 188 Ergebnisse – 188 Literatur – 191
13.3
Limbale Relaxationsinzisionen E. Fabian, M. Maier
13.3.1 13.3.2 13.3.3 13.3.4 13.3.5 13.3.6 13.3.7 13.3.8 13.3.9 13.3.10
Technisches Prinzip – 191 Vorteile und Nachteile – 191 Indikationen und Patientenselektion – 192 Präoperative Untersuchungen und Messungen Materialien – 193 Operatives Verfahren – 196 Ergebnisse – 197 Komplikationen – 197 Nachsorge – 197 Literatur – 198
– 185
– 185
– 186
– 191
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011’
– 192
184
Kapitel 13 · Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur
13.1
Einleitung E. Fabian, M. Maier
Idealerweise ist die Hornhautkuppel als sphärische Form mit gleichen Krümmungsradien in allen Achsen ausgebildet. Abweichungen davon führen zu einer verzerrten, stabförmigen Abbildung eines Punktes auf der Netzhaut. Korrigiert wird dieser Abbildungsfehler im optischen System Auge durch Hilfsmittel wie Brille oder Kontaktlinse. Chirurgische Methoden haben sich in den letzten 10–15 Jahren durchgesetzt. Sie haben in verschiedenen Lebensabschnitten und bei verschiedenen Fehlsichtigkeiten unterschiedliche Therapieansätze [7]. Während der refraktiven Hornhautchirurgie durch ablative Techniken mit Lasertechnologien kann ein bestehender Astigmatismus ebenfalls korrigiert werden. Sowohl gleichzeitig mit einer therapeutischen Kataraktchirurgie, mit einem refraktiven Linsenaustausch Eingriff oder zeitversetzt dazu kann der Astigmatismus durch inzisionale Techniken an der Hornhaut korrigiert werden [3]. Zusätzlich stehen für höhere Astigmatimuskorrekturen torische intraokulare Linsen zur Verfügung. Chirurgische Astigmatismuskorrekturen 4 4 4 4
13
Wahl der Kataraktinzision (steile Achse) Inzisionale Hornhautchirurgie LASIK-Korrektion Torische intraokulare Linse
Ein Hornhautastigmatismus mit 1,00–1,50 dpt tritt bei 50% und mit 1,50–2,00 dpt bei weiteren 8% von Patienten einer Augenarztpraxis auf [1]. Der Einfluss des Astigmatismus auf den Visus entspricht etwa der Hälfte des Einflusses der Defokusaberration auf dieselbe Magnitude.
Diese Visusminderung durch einen vorbestehenden Astigmatismus braucht Lösungen zur Korrektur. Seit vielen Jahren werden inzisionale Techniken dazu genutzt. Verschiedene Techniken werden durchgeführt. Bei höheren Astigmatismen haben sich die astigmatische Keratotomie und bei niedrigeren Astigmatismen die limbale durchgesetzt. Inzisionale Hornhautchirurgie 4 4 4 4
Astigmatische Keratotomie Limbale Relaxationsinzision Lamelläre Keratotomie Oppositionelle klare Hornhautinzision
Die astigmatischen Keratotomien (AK) bekamen nach der Kombination mit der Kataraktchirurgie durch Osher (1984 Annual Meeting of the American Intraocular Implant Society) [5], der Beschreibung von Merlin in 1987 [4], durch die Einführung von kalibrierbaren Diamantmessern [2], die Berücksichtigung der »coupling ratio« und der Vorstellung von Diagrammen von Thronton in 1990 eine größere Bedeutung [6]. Die limbalen Relaxationsinzisionen (LRI) haben sich in den letzten 10 Jahren vermehrt durchgesetzt. Nomogramme von Gills, Nichamin, Koch und Donnenfeld geben orientierende Hilfestellung (7 Abschn. 13.3.5). Den transversalen oder gebogenen inzisionalen Techniken liegt ein gemeinsames Wirkprinzip zugrunde: 4 Die Inzision wird durchgeführt in der steilen Achse (dem »+ Zylinder«) der Hornhaut. 4 Die Inzision führt zu einer »Relaxation« des Gewebes in der Achse des Schnittes. 4 Im Meridian 90° entfernt von der Inzision wird die Krümmung verstärkt.
. Tab. 13.1 Bewertung inzisionaler Techniken in Bezug zur torischen intraokularen Linse Eigenschaft
PI 1 dpt
AK 1–6 dpt
LRI 1–3 dpt
LKT 1–3 dpt
T-IOL 1 bis ≥8 dpt
Aufwand
+
(+)
(+)
+
+
Kosten
–
+
(+)
(+)
(+)
Effektivität
(+)
+
+
++
++
Vorhersagbarkeit
(+)
+
+
++
++
Lernkurve
–
(+)
+
(+)
(+)
Probleme
–
+
(+)
+
+
PI Phakoinzison in der steilen Achse; AK astigmatische Korrektur; LRI limbale relaxierende Inzision; LKT lamellierende Keratotomie; T-IOL torische IOL
185 13.2 · Astigmatische Keratotomie
Als elastische Kuppel reagiert die Hornhaut nach dem Gauss-Gesetz, wenn die Zirkumferenz der Hornhautkuppel nicht verändert wird. Durch diese Grundbedingung kann der »coupling effect« mit der Verstärkung der Krümmung im 90° entfernten Meridian auftreten. Als Vorteil daraus ergibt sich, dass das sphärische Äquivalent kaum beeinflusst wird. Entscheidende Parameter sind der Abstand der Inzisionen von der optischen Achse, die Länge der Inzisionen und die Inzisionstiefe. Trotz bestehender Nomogramme sind im streng wissenschafltichen Sinn nur annäherungsweise Kalkulationen des gewünschten Effektes möglich. Inzisionale Korrekturen eines Astigmatismus zeigen eine Vielzahl verschiedener Methoden. Durchgeführt werden sie zumeist in Kombination mit einer Katarakt- oder Linsenchirurgie. Unterschiedliche Eigenschaften zeigen Schwächen und Stärken der verschiedenen Methoden auf. Bei mittleren und höheren Astigmatismen werden die torischen intraokularen Linsen durch gute Ergebnisse in den letzten Jahren vermehrt eingesetzt (. Tab. 13.1).
13.1.1
Literatur
1. Hoffmann P, Lindemann Ch, Schulze K-C (2009) AstigmatismusKorrektur mit der Acrysoft Toric IOL – Langzeitergebnisse. Vortrag DGII 2. Lindstrom RL (1990) The surgical correction of astigmatism. J Cataract Refract Surg 6: 441–454 3. Lodes H (2006) Die Veränderung des Cornealen Astigmatismus bei limbalem Schnitt. Dissertation. http://deposit.dnb.de/cgibin/ dokserv?idn=986095125&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename =986 095125.pdf, am 31.10.09 4. Merlin U (1987) Corneal keratotomy procedure for congenital astigmatism. J Cataract Refract Surg 97: 92–97 5. Osher RH (1989) Paired transverse relaxing keratotomy: A combined technique for reducing astigmatism. J Cataract Refract Surg 37: 15–32 6. Thornton SP (1990) Astigmatic keratotomy: a review of basic concepts with case reports. J Cataract Refract Surg 16: 430–435 7. Weickert MP, Koch DD (2005) Refractive Keratotomy: Does it have a future in refractive surgery? In: Kohnen T, Koch DD (Hrsg) Cataract and Refractive Surgery. Springer, Berlin Heidelberg New York, pp 217–231
13.2
Astigmatische Keratotomie U. Mester
13.2.1
Technisches Prinzip
Die astigmatische Keratotomie (AK) ist eine der ältesten Methoden in der refraktiven Chirurgie. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Snellen [13] ein Operationsverfahren mit Hornhautinzisionen zur Reduktion eines
hohen postoperativen Astigmatismus nach Kataraktoperationen. Das Verfahren wurde von Fyodorow [5] in den 1980er Jahren wieder aufgenommen. Die entscheidende Weiterentwicklung der AK ist den Arbeiten von Nordan [11], Lindstrom [8] und Thornton [14] zu verdanken. Sehr schöne Übersichtsarbeiten über die Prinzipien und Entwicklung der AK finden sich bei Thornton [15] sowie Grene und Lindstrom [7]. Das Prinzip der AK besteht in einer Schwächung der Hornhautstruktur im steilen Meridian. Dies wird durch einzelne oder paarweise gegenüberliegende Inzisionen in der mittleren Peripherie erreicht. Dabei kommt der sog. »coupling effect« zur Wirkung: Unter der Annahme, dass ohne Änderung der Zirkumferenz die Hornhaut als elastische Kuppel dem Gauss-Gesetz gehorcht, führt die Abschwächung der Krümmung in einem Meridian gleichzeitig zu einer Aufsteilung im entgegengesetzten Meridian. Theoretisch bedingt dies nur eine Änderung des kornealen Astigmatismus, das sphärische Äquivalent bleibt gleich. Dass das Gauss-Gesetz nur bedingt auf die Hornhaut anwendbar ist, zeigt sich in der von verschiedenen Autoren unterschiedlich bewerteten »coupling ratio«, dem Verhältnis von Abflachung zur Aufsteilung. Faktorovich et al. [4] geben einen Wert von 0,85±0,05, Duffey et al. [3] von 1,5 an. Offensichtlich hängt die »coupling ratio« u. a. von der Länge der Inzisionen ab [16].
13.2.2
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 Technisch wenig aufwändiges und komplikationsarmes Verfahren zur Korrektur höherer Astigmatismen
Nachteile 4 Eingeschränkte Präzision der angestrebten Korrektur
Die Durchführung einer AK benötigt nur wenige Instrumente, insbesondere keinen Laser. Komplikationen sind bei korrekter präoperativer Diagnostik unter Berücksichtigung bewährter Nomogramme äußerst unwahrscheinlich. Die operative Technik bei manueller Inzision der Hornhaut mit dem Diamantmesser erfordert allerdings operatives Geschick und Erfahrung. Ein Nachteil dieser Technik besteht darin, dass trotz Verwendung optimierter Nomogramme die angestrebten Refraktionsänderungen nicht immer mit der gewünschten Genauigkeit erreicht werden. Hierbei ist jedoch die Indikationsstellung entscheidend: Nach eigener Erfahrung
13
186
Kapitel 13 · Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur
führen Korrekturen bei hohem Astigmatismus nach perforierender Keratoplastik oft nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Angeborene gemischte Hornhautastigmatismen lassen sich dagegen in der Regel relativ präzise korrigieren.
13.2.3
Diagnostik
Die präoperative Diagnostik ist neben der richtigen Indikationsstellung entscheidend für ein gutes Resultat. Neben objektiver und subjektiver Refraktion und Keratometrie ist eine Topographie unerlässlich, auch um einen irregulären Astigmatismus auszuschließen. Hilfreich ist ferner der IOL-Master für eine Differenzierung zwischen Hornhautund Linsenastigmatismus. Korrigiert werden kann nur die korneale Verkrümmung. Die Topographie hilft bei der Bestimmung der Achsenlage und gibt z. B. bei der Pentacam (Oculus, Wetzlar) auch die Hornhautdicke in 12 Uhrzeiten und 3 unterschiedlichen Radien an. Dies erlaubt eine korrekte Einstellung der Schnitttiefe des Diamantmessers für den Hornhautbereich, in den die Inzisionen zu legen sind (. Abb. 13.1).
13
> Die präoperative Diagnostik erfordert in erster Linie eine Messung mit dem IOL-Master sowie eine Pachymetrie, welche die Hornhautbereiche erfasst, in der die Inzisionen gelegt werden. Eine Topographie ist dringend anzuraten, nicht zuletzt um einen Keratokonus auszuschließen.
13.2.4
Indikationen und Patientenselektion
Grundsätzlich eignen sich alle regulären Hornhautastigmatismen für eine AK, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Aufgrund der nicht sehr präzisen Voraussagbarkeit der Korrektur sowie andererseits der im Vergleich mit limbalen relaxierenden Inzisionen (LRI, 7 Abschn. 13.3) starken Effektivität sollte die AK für mittlere und höhere Astigmatismen reserviert werden (>1,5 dpt). Geringergradige Hornhautverkrümmungen können mit LRI oder noch präziser mit verschiedenen Lasertechniken gut korrigiert werden. Nach eigener Erfahrung stellen höhergradige gemischte Hornhautastigmatismen die dankbarste Indikation dar. So gelingt es sehr häufig, Refraktionswerte von z. B. +2,0 sph –4,0 cyl oder sogar +3,0 sph –6,0 cyl durch eine AK auf Werte nahe Emmetropie zu korrigieren. Ein weiteres Argument neben der benötigten Effizienz des Eingriffs ist die Überlegung, dass bei höheren Zylinderwerten die Präzision der Korrektur eine untergeordnete Rolle spielt, da Überkorrekturen nach eigener Erfahrung
. Abb. 13.1 In der Ausgangsposition der Mikrometerschraube befindet sich die Spitze des Diamantmessers exakt auf dem Niveau der Führungskufen
nie auftreten. Man nähert sich nur mehr oder weniger der angestrebten Emmetropie an [9]. Eine weitere Indikation ist ein postoperativer Astigmatismus nach Kataraktoperationen. Gills, Martin und Thornton [6] erzielten mit unterschiedlichen Nomogrammen und Techniken zwar in den meisten Fällen eine deutliche Reduktion des Astigmatismus, aber auch Überkorrekturen. Bessere Ergebnisse wurden von Müller-Jensen und Schüler [10] nach Kataraktoperation mitgeteilt. Die AK nach Kataraktoperation erlangte eine breite Akzeptanz, wobei viele Operateure die Inzisionen zusammen mit der Kataraktoperation durchführten. Derzeit verliert diese Technik bei höheren Astigmatismen durch die Entwicklung torischer Intraokularlinsen an Bedeutung und geringe Zylinderwerte sind eher für eine Korrektur mittels LRI geeignet. Eine häufige Indikation zur kornealen Astigmatismuskorrektur findet sich nach perforierender Keratoplastik. Neben anderen Berichten über die Korrektur mit unterschiedlichen Inzisionstechniken berichten Wilkins et al. [17] über ihre Technik mit C-Cuts bei Astigmatismus nach perforierender Keratoplastik. Die Autoren geben eine mittlere Reduktion von –10,99±4,26 dpt auf –3,33±2,18 dpt an, weisen aber gleichzeitig daraufhin, dass bei dieser Indikation die Nomogramme für angeborene Astigmatismen nicht anwendbar ist. Eine weitere Ergebnisverbesserung nach Keratoplastik ist nach Buzzonetti et al. [2] mit der Verwendung des Femtosekundenlasers für die Inzisionen möglich. Eine andere Indikation sind starke Hornhautverkrümmungen durch Narben. > Die Indikation zur AK ist der höher- und hochgradige Astigmatismus.
187 13.2 · Astigmatische Keratotomie
13.2.5
Berechnung der Inzisionen
Die bogenförmigen Inzisionen werden immer in die steilere Achse gelegt. Die Schnitttiefe soll 90% der geringsten Hornhautdicke im geplanten Schnittbereich betragen. Dazu muss die Eindringtiefe das Diamantmessers auf 95% der geringsten Hornhautdicke eingestellt werden. Die Wirkung der bogenförmigen Inzisionen (C-Cuts) hängt vom Radius und der Schnittlänge ab. Empfehlenswert ist ferner eine Berücksichtigung des Patientenalters, wie im Nomogramm von Lindstrom [7]. Hierbei müssen mit zunehmendem Alter die Schnittlängen vergrößert werden. Grundsätzlich ist die Wirkung von C-Cuts umso stärker, je näher sie zum Hornhautzentrum gelegt werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass gerade bei jüngeren Patienten mit weiter Pupille unter mesopischen Lichtbedingungen zu zentrale Inzisionen trotz der in der Regel sehr diskreten Narbenbildung zu vermehrter Blendung führen können. Nach eigener Erfahrung sind 6 mm freie optische Zonen vertretbar, wobei 7-mm-Zonen zu bevorzugen sind und im eigenen Krankengut noch nie zu Blendungserscheinungen geführt haben. Das von uns verwendete Lindstrom-Nomogramm legt auch eine 7-mmZone zugrunde [7]. > Bei der Berechnung der Inzisionen sollten bewährte Nomogramme (z. B. von Lindstrom) zugrunde gelegt werden, die auf einer 7 mm freien optischen Zone basieren.
13.2.6
Operatives Vorgehen
Nach präoperativer Diagnostik und Festlegung von optischer Zone, Schnitttiefe und Schnittlänge erfolgt am Operationstag die Markierung der 180°Achse in sitzender Position mit Hilfe eines Pendelmarkeurs. Mittlerweile sind auch Markeure erhältlich, welche die Achse für die Inzisionen direkt anzeichnen. Hilfreich ist dabei, vor der Markierung mit einem Farbstift am Limbus das Auge etwas austrocknen zu lassen, um sicherzustellen, dass die beiden Markierungen auch später bei dem Eingriff noch eindeutig zu erkennen sind. Grundsätzlich ist die AK gut in Tropfanästhesie durchführbar. Bei sehr ängstlichen und empfindlichen Patienten kann auch eine Retrobulbäranästhesie hilfreich sein, da die Durchführung der Inzisionen bei einem stark kneifenden Patienten aufgrund des Bell-Phänomens deutlich erschwert sein kann. Der Eingriff erfolgt dann nach steriler Abdeckung, Einsetzen eines Lidsperrers und Instillation einer 5% Jodlösung in den Bindehautsack unter dem Operationsmikroskop. Hilfreich ist die Stabilisierung des Bulbus mit einem handgehaltenen Fixationsring (z. B. Geuder, Heidelberg).
Die optische Zone wird mit einem 7-mm-Markeur (Geuder, Heidelberg) vorgezeichnet, wobei die Zentrierung am Limbus ausgerichtet wird. Die im Hornhautepithel nach Abtrocknen gut sichtbare Linie gibt die Inzisionslinie an. Mit Hilfe eines mit einer Graduierung versehenen Instruments (Katena, Denville, NJ) wird ausgehend von der vorgezeichneten 180°Achse der steilere Meridian ebenfalls durch Andrücken des Achsenmarkeurs (Katena, Denville, NJ) im Hornhautepithel markiert. Die Schnittlänge kann dann in gleicher Weise entweder mit einem Markeur mit Gradeinteilung oder einem Zirkel im Hornhautepithel durch Andrücken sichtbar gemacht werden. Die Markierungen erfolgen bei gut benetzter Hornhaut; sie werden dann durch leichtes Antrocknen gut sichtbar. Vorteilhaft ist, bereits vor der Markierung der Inzisionslinie das Diamantmesser des Mikrokeratoms auf die gewünschte Schnitttiefe eingestellt zu haben. Dies erfolgt mit Hilfe der Mikrometerschraube, wobei darauf zu achten ist, dass sich das Diamantmesser vor Beginn der Einstellung in der Ausgangsposition, d. h. im Niveau des Abstandhalters befindet. Wir verwenden für die AK das einseitig geschliffene Mikrokeratom nach Thornton (Katena, Denville, NJ). Bei Durchführung der Inzisionen sind mehrere Punkte zu beachten: Der Vorgang sollte langsam erfolgen, auch um bei Beginn ein komplettes Eindringen der Klinge in die Hornhaut zu gewährleisten. Das Mikrokeratom muss während des Inzisionsvorgangs immer senkrecht zur Hornhaut im Schnittbereich stehen. Dies ist wichtig, um über die gesamte Inzisionslänge die gewünschte Eindringtiefe zu erhalten und um störende Narben infolge eines schrägen Schnittes zu vermeiden. Abschließend kann mit einer Pinzette der Schnitt etwas gespreizt werden, um dessen korrekte Durchführung zu überprüfen. Der Eingriff wird mit antibiotischen Augentropfen (keine Salbe!) und einem sterilen Verband abgeschlossen. Die Kontrolle erfolgt am 1. postoperativen Tag. In aller Regel ist der Patient dann bereits völlig beschwerdefrei und die Inzisionen sind epithelisiert. Der Korrektureffekt lässt sich bereits am 1. Tag nachweisen. Die weitere Behandlung besteht in der Applikation von Fluorometholon/Antibiotikum-Augentropfen 3-mal täglich über 2 Wochen. Die endgültige Refraktion ist nach 4 Wochen erreicht, wobei eine leichte Regression gegenüber dem 1. postoperativen Tag nicht selten ist. In Einzelfällen mit sehr hohem Astigmatismus kann dann noch eine Nachkorrektur mit einem zweiten Paar Inzisionen erfolgen, die peripher von den ersten Schnitten gelegt werden müssen, daher auch weniger effektiv sind. Ein Nomogramm für die Korrektur durch ein zweites Inzisionspaar wurde von Thornton [6] angegeben.
13
188
Kapitel 13 · Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur
> Entscheidend ist die korrekte Achsenlage der Inzisionen, da bereits geringe Abweichungen den gewünschten Effekt drastisch reduzieren. Die präoperative Markierung der Achse muss am sitzenden Patienten erfolgen (Pendelmarkeur).
13.2.7
13
Komplikationen
Eine bei sauberer präoperativer Diagnostik sicher zu vermeidende Komplikation ist die Mikroperforation der Kornea. Ursache dafür kann eine fehlerhafte oder auch unzureichende Pachymetrie (z. B. nur zentrale Messung) sein. Eine weitere Fehlerquelle ist die Schnitttiefe der Diamantklinge. Bei einem neuen Mikrokeratom sollte zu Anfang die Einstellung mit einer Schablone überprüft werden. Sind die beiden Fehlerquellen eliminiert, verhindern die Kufen des Keratoms ein zu tiefes Einschneiden. Diese Kufen bewirken andererseits bei einem nicht senkrecht zur Hornhautoberfläche geführten Mikrokeratom eine zu geringe Schnitttiefe, sodass eine Unterkorrektur resultiert. Hinzu kommt, dass gekippte Inzisionen optisch störend sein können, während korrekt angelegte Schnitte schon nach wenigen Tagen kaum mehr sichtbar sind. Nach Thornton (pers. Mitteilung) führen Mikroperforationen in der Regel jedoch nicht zu ernsten Komplikationen. Postoperative Wundheilungsstörungen sind im eigenen Patientengut nicht aufgetreten. Selten zeigt sich am 1. postoperativen Tag eine leichte Dehiszenz der Schnittränder. Hier ist die Verwendung einer therapeutischen Verbandslinse für 2–3 Tage zu empfehlen. Die größte Komplikationsgefahr liegt in der Abweichung von der idealen Schnittachse (s. oben). Beschränkt man sich auf die Korrektur höherer Astigmatismen ist eine Unterkorrektur häufig. Überkorrekturen wurden im eigenen Patientengut nur bei AK nach perforierender Keratoplastik beobachtet. > Ernste Komplikationen nach AK sind bei richtiger Indikationsstellung und korrekter präoperativer Diagnostik und Operationstechnik nicht zu befürchten.
13.2.8
Ergebnisse
Im Folgenden sollen die Ergebnisse von 58 zwischen Januar 2007 und Oktober 2009 durchgeführten Astigmatismuskorrekturen mittels bogenförmigen Inzisionen (C-Cuts) dargestellt werden. In allen Fällen lag ein höherer angeborener gemischter Hornhautastigmatismus vor.
Frühere Erfahrungen mit AK bei höherem Astigmatismus nach perforierender Keratoplastik hatten eine sehr geringe Präzision hinsichtlich der Kalkulierbarkeit ergeben, sodass diese Indikation aufgegeben wurde. Dagegen berichten Wilkins et al. [17] über gute Ergebnisse mit C-Cuts nach Keratoplastik, wiesen allerdings darauf hin, dass die Nomogramme für angeborene Astigmatismen hierbei nicht angewendet werden können. Dass Keratotomien nach Keratoplastik auch mit dem Femtosekundenlaser nicht problemlos sind, zeigt ein Fallbereich von Yoo et al. [18] mit einer massiven Überkorrektur. Hohe Astigmatismen nach Kataraktoperationen sind im Zeitalter der Kleinschnitttechnik sehr selten geworden. Geringgradige Zylinderwerte sind eher eine Indikation für limbale relaxierende Inzisionen. Versuche, starke Hornhautverkrümmungen infolge von Narben zu korrigieren, hatten eine unbefriedigende Effektivität gezeigt und wurden daher nicht mehr durchgeführt. Angeborene hyperope und gemischte Astigmatismen hatten sich dagegen als die dankbarste Indikationsgruppe mit den besten Ergebnissen erwiesen. Bei Patienten mit hohem myopischem Astigmatismus erfolgte die AK zur Reduktion des Astigmatismus vor einem photoablativen Eingriff mit dem Excimerlaser zur Korrektur der verbliebenen Myopie gegebenenfalls mit Korrektur des Restastigmatismus. Von den 58 mit C-Cuts operierten Augen wiesen 55 einen hyperopen oder gemischten, 3 einen myopen Astigmatismus auf. 8 Wochen postoperativ betrug die vektorkorrigierte [12] Abnahme des Astigmatismus im Median 2,93±1,07 dpt. Bei der Brillenkorrektur ergab sich eine mittlere Reduktion des Zylinderwertes von präoperativ 4,75±1,28 dpt auf 1,97 ± 0,66 postoperativ. Die mittlere Veränderung der Zylinderachse betrug 10°. Das sphärische Äquivalent änderte sich nur minimal (Median: 0,6 dpt). Die CouplingRatio betrug 1,2 im zentralen Hornhautbereich (0–3 mm), 1,25 im mittleren Hornhautbereich (3–5 mm) und 1,0 in der peripheren Hornhaut (5–7 mm). Dies bedeutet, dass im Hornhautzentrum die Abflachung im steilen Meridian größer war als die Aufsteilung des flachen Meridians, während Abflachung und Aufsteilung peripher etwa gleich waren. Die funktionelle Verbesserung zeigte sich vor allem im unkorrigierten Visus: Alle Augen mit hyperopem oder gemischtem Astigmatismus profitieren von dem Eingriff: Im Mittel stieg der Visus von 0,18 auf 0,4 (p Die LRI kann zur alleinigen Korrektur eines Astigmatismus oder zu einem kombinierten Vorgehen bei der Katarakt- oder Linsenchirurgie durchgeführt werden. Ein regulärer Astigmatismus sowie ein gering asymmetrischer Astigmatismus mit 0,50–2,50 dpt sind für eine LRI gut geeignet. Kontraindikationen Veränderungen einer Hornhaut mit
Keratokonus oder Frustform Keratokonus müssen vor einer LRI sicher ausgeschlossen werden. Auch sind Korrekturen von mehr als 2,50 dpt nicht mit der LRI zu kurieren. Hier steht ein äquivalenter Ersatz mit den torischen IOL zur Verfügung. Prinzipiell sind Neovaskularisation vom
Limbus auf die Hornhaut übergreifend oder eine Panusbildung keine Kontraindikationen. Sicher ist aber auch hier die Problematik der unkalkulierbaren lokalen Gewebereaktion in Bezug auf die intendierte antiastigmatische Wirkung abzuwägen.
13.3.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Hornhautnarben sollten spaltlampenmikroskopisch ausgeschlossen werden. Subjektive und objektive Refraktion sind Ausgangsbasis für die Patientenselektion und für die Festlegung des Gesamtastigmatismus. Die Keratometrie gibt den exakten Hinweis auf die Höhe und die Richtung des Hornhautastigmatismus. Die Topographie ist erforderlich, um Irregularitäten der Hornhautkrümmung, um einen frustforme oder einen echten Keratokonus auszuschließen. Die Pachymetrie über die Gesamtfläche der Hornhaut gibt Hinweise für die Schnitttiefe und gibt Warnhinweise bei peripheren Hornhautverdünnungen. Vor diesen Untersuchungen sollten Kontaktlinsen für 8–14 Tage nicht getragen werden. An Hand dieser Untersuchungen wird festgelegt, um welche Art von Astigmatismus es sich handelt. Ein regulärer Astigmatismus mit der Regel und gegen die Regel sind zu unterscheiden (. Abb. 13.5). Ein eventuell irregulärer Astigmatismus oder ein Keratokonus sind differenzialdiagnostisch zu erkennen. Präoperative Untersuchung und Messungen 4 4 4 4
Subjektive und objektive Refraktion Keratometrie Topographie Pachymetrie
13
193 13.3 · Limbale Relaxationsinzisionen
. Abb. 13.5 Astigmatismusformen
13.3.5
Materialien
Kalkulation Entsprechend den Nomogrammen (. Tab. 13.2 bis . Tab. 13.5) können mit der LRI Astigmatismen von 0,50–2,50 bzw. 3,00 dpt korrigiert werden [1–4]. Die Kalkulation der Schnittlänge wird in mm oder in Bogenlänge bzw. Grad gemessen. Dabei wird überschlägig ca. 0,5 mm oder 1 Stunde für 0,50 dpt Wirkung vorgegeben. Da Hornhäute unterschiedliche Durchmesser haben, variiert damit die Länge des Umfangs. Diese Varianz des Umfangs wird bei Kalkulation mit mm nicht berücksichtigt. Wird die Mes-
. Tab. 13.2 Nomogramm nach Gills
. Tab. 13.3 Nomogramm nach Nichamin
LRI
Länge (mm)
1 dpt
1
6
2 dpt
2
6
2–3 dpt
2
8
3–4
2
10
≥4 dpt
CRI 2+
10–12
Schnitttiefe 600 μm, >73 Jahre CRI korneale Relaxationsinzision
sung in Bogenlängen bzw. in Graden vorgenommen, besteht eine Konsistenz der Dimension der Inzision in Bezug zum Hornhautdurchmesser. Allerdings kann es bei kleinen Hornhautdurchmessern schneller zu einer Überkorrektur kommen. Die meisten Nomogramme unterscheiden Altersgruppen. Die vorgegebenen Werte gelten für Patienten über 60 Jahren. Bei jüngeren Patienten werden wegen der höheren Elastizität der Hornhautgewebe stärkere Korrektionen empfohlen. Auch werden unterschiedliche Kalkulationen für einen Astigmatismus mit bzw. gegen die Regel angegeben.
LRI
30–50 Jahre
51–70 Jahre
71–85 Jahre
0,75–1,50 dpt
1
50
50
50
1,75–2,50 dpt
2
60
60
60
30
2,75–3,50 dpt
2
90
90
90
45
1,00–1,75 dpt
2
40
35
30
2,00–2,75 dpt
2
60
50
45
30
3,00–3,75 dpt
2
75
65
50
40
Schnitttiefe 600 μm
>85 Jahre
194
Kapitel 13 · Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur
. Tab. 13.4 Nomogramm nach Koch LRI
65 Jahre
Alle
Mit der Regel
LRI
Grad
0,5 dpt
1
45
0,75–1,00 dpt
2/1
45
45
1 dpt
2
30
1,01–1,50 dpt
2
60
45
1,5 dpt
2
60
>1,50 dpt
2
80
60
Schnitttiefe 600 μm 5 Grad mehr bei Astigmatismus gegen die Regel und jüngeren Patienten 5 Grad weniger bei älteren Patienten
Gegen die Regel 1,00–1,25 dpt
1
35
1,26–2,00 dpt
1
45
>2,00 dpt
2
45
> Nicht jeder Astigmatismus bedarf einer Korrektur. Häufig wird ein bestehender Astigmatismus genutzt, um in der Nähe lesen zu können. Dies trifft auf myope Astigmatismen mit der Regel zu.
Entscheidend bei der Kalkulation ist, dass man sich nach dem Entschluss, LRI durchzuführen, auf ein Nomogramm beschränkt, seine eigene Statistik erstellt und Anpassungen des Nomogramms für sich vornimmt.
13
. Abb. 13.6 LRIcalculator (Donnenfeld)
Hilfreich bei der Indikation und Kalkulation ist der Internet-basierte LRIcalculator.com (. Abb. 13.6). Hier können die selbst erhobenen Daten eingegeben werden: Alter des Patienten, Hornhautradien und Wert des Astigmatismus. Als Ergebnis werden die Zahlenwerte für die Astigmatismuskorrektur und eine bildliche Darstellung der Inzisionen in Bezug auf Lokalisation und Länge dargestellt. Eine Übertragung in eine Datenbank erfolgt leider nicht. Ein Ausdruck sollte angefertigt werden, um diesen zusammen mit dem Topographiebild im Operationssaal aufhängen zu können. Eine weitere Internet-basierte Hilfestellung ist die Berechnung des selbst-induzierten Astigmatismus (SIA)
195 13.3 · Limbale Relaxationsinzisionen
. Abb. 13.7 Kalkulation des »surgical induced astigmatism« (Hill)
bei der Phakoinzision. Hier werden Eingabemasken und Excel-Tabellen zum Herunterladen angeboten. Unter www. doctor-hill/physicians.com werden vielfältige Hinweise für die Optimierung der Biometrie und für die Kalkulation des induzierten Astigmatismus angeboten (. Abb. 13.7).
Lokalisation und Markierung Anhand der erhobenen Befunde werden mit Hilfe eines Nomogramms der Inzisionsort, die Inzisionslänge und -tiefe festgelegt und dokumentiert. Auch kann auf dem Topographie-Ausdruck die Schnittführung eingezeichnet werden (. Abb. 13.8). Die Inzision hat immer auf der steilsten Achse zu erfolgen, das ist die hyperope Achse, also bei –1,00/90° wird um die 0°-Achse die Inzision durchgeführt. Die Markierung der Achslage in aufrechter Position direkt vor der Operation ist bedeutsam. Bedingt durch die Zyklorotation kann die Achslage in aufrechter und liegender Kopfposition unterschiedlich sein. Dies erfordert die vorherige Markierung der Achse in aufrechter Position. Es kann sitzend an der Spaltlampe mit Messokular oder im Sitzen bei geradeaus gerichtetem Blick und einem Markeur mit Ausrichtung nach der Schwerkraft oder mit Justierung mit Wasserwaage erfolgen.
> Die Markierungen müssen nach der weiteren Vorbereitung des Auges mit Tropfen und Povidon erkennbar bleiben.
Zeitpunkt der Inzisionen Zu welchem Zeitpunkt eine LRI durchgeführt werden sollte, ist auf den Einzelfall der Ausgangssituation und auf die Erfahrung des Operateurs abzustimmen. Für die zeitversetzte LRI nach 4–6 Wochen sprechen das dann stabile Auge, die exakte Mitberücksichtigung des induzierten Astigmatismus und die Gewissheit, dass ein Astigmatismus gegen die Regel evtl. für den Nahvisus von Vorteil sein kann. Für die simultane LRI sprechen die schnellere Zufriedenheit des Patienten mit dem postoperativen Ergebnis, das nur einmalige Aufsuchen des Operationssaals und der wirtschaftlich günstigere Workflow. Bei einem bestehenden Astigmatismus gegen die Regel mit seitlichen limbalen Inzisionen für die Kataraktchirurgie und bei sehr kleinen Hornhautdurchmessern bietet sich ein zeitversetztes Vorgehen an.
13
196
Kapitel 13 · Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur
. Abb. 13.8 Astigmatismusformen und Lokalisation der Inzisionen
13
Operationsinstrumente Eine Vielzahl an Instrumenten wird von den Herstellern angeboten. Verschiedene Funktionen werden genutzt: 4 Markierungsinstrumente: Sie haben kleine Fußpunkte um bestimmte Achslagen anzuzeigen, diese Fußpunkte werden mit Markierungsfarbstoff bestrichen. Wird ein Markierungsinstrument auf den Limbus gedrückt, zeichnen sich die Farben als Markierungen auf dem Limbus ab. 4 Führungsinstrumente: Sie haben an der Oberfläche eine Gradeinteilung. Auf der Innenseite angelegt, kann mit dem Inzisionsmesser entlang der inneren Führungslinie sehr exakt eine gebogene Inzision durchgeführt werden (. Abb. 13.9). 4 Inzisionsmesser: Zumeist als Diamantmesser haben sie entweder eine festgestellte Tiefe von z. B. 600 μm, oder die Messer können in der Schnitttiefe kalibriert werden (. Abb. 13.9). Bei den Messern sollte darauf geachtet werden, dass das Messer nur an einer Seite eine sog. Führungskufe als Stützebene hat. Sind 2 Führungskufen vorhanden, könnte mit dem äußeren Kufenteil Bindehaut mit nach innen gezogen werden. Es können Abweichungen von der vorgegebenen Schnittlinie auftreten.
13.3.6
Operatives Verfahren
Inzisionen In der direkten präoperativen Phase sollte die Hornhaut gut benetzt sein und die Augen sollten geschlossen bleiben. Bei einer Dehydrierung der Hornhaut kann die Dicke um 20–30 μm abnehmen, dies sollte verhindert werden. Zusätzlich werden in Bezug auf die Inzisionen die Fragen mit dem wann, wo und wie im Folgenden beantwortet. 4 Wann? Um eine eindeutige, konstante Phakoinzisionstechnik zu verwenden, sollte der Phakozugang von temporal ausgeführt werden. Somit kann man für die limbalen Inzisionen ebenfalls mit konstanter Technik vorgehen. Zumeist werden die LRI vor den anderen Inzisionen durchgeführt. Insbesondere wenn eine Inzision nicht im Bereich des temporalen Phakozugangs platziert werden muss. Bei einem Astigmatismus gegen die Regel wird die nasale Inzision ebenfalls zu Beginn gesetzt. Danach wird in Form eines 2-Stufen-Schnitts die Phakoinzision durchgeführt. Die erste Stufe dieses Schnitts wird tiefer als üblich ausgeführt und vor der Entfernung der viskoelastischen Substanz aus der Vorderkammer bei noch stabilerem Auge jeweils seitlich verlängert.
197 13.3 · Limbale Relaxationsinzisionen
mus mit der Regel eine Änderung von –1,18±0,91 gemessen. Nach einer LRI mit gepaarten 6-mm-Inzisionen und ebenfalls einer Tiefe von 600 μm wurde bei einem Astigmatismus gegen die Regel eine Änderung von –2,75±0,61 dpt gemessen. Die LRI hat den vorbestehenden Astigmatismus in Kombination mit einer Kataraktoperation senken können.
13.3.8
. Abb. 13.9 Führungsring und Inzisionsmesser
4 Wo? Limbale relaxierende Inzisionen werden nahe
zum Limbus im 10–12 mm Bereich der Hornhaut durchgeführt. Sie werden knapp am Ende des klaren Hornhautgewebes bzw. im chirurgischen Limbus platziert. 4 Wie? In topischer Anästhesie wird ein kreisförmiger Fixationsring mit Gradeinteilung direkt jenseits des Limbus platziert. Dieser Ring hat drei Funktionen: 5 den Bulbus zu stabilisieren, 5 das Inzisionsmesser zu führen, 5 die Länge des Schnittes anzuzeigen. 4 Das Inzisionsmesser wird wie ein Dart-Wurfpfeil zwischen zwei oder drei Fingern gehalten. Dabei sollte es möglich sein, das Messer mit den drei Fingern zu halten, vorwärts zu bewegen und gleichzeitig dem Verlauf des Bogens entsprechend zu drehen. Es wird im rechten Winkel zur Hornhautoberfläche aufgesetzt. Dann wird mit deutlichem, gleichmäßigem Druck das Messer über die Länge der vorberechneten Schnitte geführt. Es ist eine zur Hornhaut senkrechte Schnittführung und eine Tiefe von 90% der Hornhautdicke anzustreben.
Insgesamt zeichnen sich die LRI durch eine hohe Toleranzgrenze in Bezug auf Komplikationen aus. Um die schlimmste Komplikation der Verwechslung der Achslage zu vermeiden, ist es sehr zu empfehlen, einen Topographieausdruck mit den eingezeichneten Inzisionsorten im Operationssaal aufzuhängen. Sollten trotzdem die Schnitte fehlangelegt sein, so sollten diese möglichst direkt genäht werden. In den folgenden 1–2 Wochen wird dann mit Topographien das Ausmaß des induzierten Zylinders gemessen. Eventuell muss zu einem späteren Zeitpunkt eine Korrektur mit einer torischen Add-on-IOL oder mit einer LASIK der Zylinder korrigiert werden. Bei Abweichungen der Schnittlage von der steilsten Achse ergeben sich erhebliche Verminderungen des Wirkungsgrades. Eine Abweichung von 10° führt zu einer Reduktion von 34%, eine Abweichung von 20° zu 68%. Die Perforation bei einem Schnitt sollte möglichst schnell, mit dem Austritt des Kammerwassers und dem Weicherwerden des Bulbus erkannt werden. Die Inzision wird sofort gestoppt; eine Naht ist zumeist erforderlich. Diese sollte für ca. 2–3 Wochen verbleiben. In seltenen Fällen kann besonders bei Diabetikern durch die Inzision mit Durchtrennung der Hornhautnerven eine langfristige Hypästhesie mit trophischen Störungen der Hornhaut hervorgerufen werden. Eine gute Beachtung des Tränenfilms und eine kritische präoperative Abwägung zusammen mit dem Patienten sollten die Entscheidung zur LRI begleiten.
13.3.9 13.3.7
Ergebnisse
Es stehen nur wenige Studien zur Dokumentation der Ergebnisse zur Verfügung. Bei einer retrospektiven Untersuchung mit 115 Augen wurde zum Schluss einer Kataraktoperation ein vorbestehender Astigmatismus von 0,75– 1,00 mit LRI korrigiert [4]. Die Kalkulation der Inzisionen erfolgte nach dem Koch-Nomogramm (. Tab. 13.4). Vier Monate nach einer LRI mit gepaarten 6-mm-Inzisionen und einer Tiefe von 600 μm wurde bei einem Astigmatis-
Komplikationen
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die Inzisionswun-
den sind für ca. 6–8 h als leicht stechendes Fremdkörpergefühl zu spüren. Andere Augentropfen als nach einer Kataraktoperation sind nicht erforderlich. In dieser Zeit helfen NSAID-Augentropfen. Ein Salbenverband ist zu vermeiden. Wird die LRI zeitversetzt durchgeführt und besteht somit kein intraokularer Zugang kann auf antibiotische Augentropfen verzichtet werden. Eine Kontrolluntersuchung am 1. postoperativen Tag ist erforderlich.
13
198
Kapitel 13 · Inzisionale Techniken zur Astigmatismuskorrektur
4 Stabilität: Innerhalb der ersten 2–3 Tage postoperativ
ist der Wirkungseintritt zu verzeichnen. Nach 2–3 Wochen besteht ein postoperativer stabiler Zustand. 4 Retreatment: Frühestens nach 2–3 Monaten. Hierfür gibt es keine klaren Nomogramme. Bei Unterkorrektur käme entweder eine Schnittverlängerung infrage, besser sind aber etwas zentraler gelegene korneale relaxierende Inzisionen. Eine Überkorrektur oder ein »Shiften« der Achse sollte nicht mit einer erneuten LRI bei anderer Achslage korrigiert werden. Eine zu deutliche Schwächung der Gesamttektonik der Hornhaut könnte die Folge sein. Hier sind ebenfalls die torische »Add-on«-IOL oder die LASIK Mittel der Wahl. Fazit für die Praxis Das Management des Astigmatismus hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Das postoperative Ziel der Emmetropie kann heute mit einer sehr hohen Sicherheit erreicht werden und wird von mehr und mehr Patienten gefordert. Um dann aber für die Zielrefraktion eine weitgehende Brillenunabhängigkeit zu ermöglichen, ist bei vielen Augen eine astigmatische Korrektur erforderlich. Im Bereich von 0,75–2,50 dpt hat die LRI ihre Indikationen, wobei schon von 2,00–2,50 eine Überschneidung mit den torischen IOL besteht. Wegen ihrer Nachteile der Unterkorrektur und des möglichen Wirkverlustes über die Jahre hinweg gilt sie mehr als eine ärztliche Kunst nach langjähriger Erfahrung als eine exakte Wissenschaft. Trotzdem hat sie ihren Stellenwert besonders in der refraktiven Linsenchirurgie.
13 13.3.10
Literatur
1. Donnenfeld E, Solomon R (2008) LRIs and Refractive IOLs – My Way. In: Chang D (ed) Mastering refractive IOLs. Slack, Thorofare, pp 601–605 2. Gills JP (1998) Cataract Surgery: the state of the art. Slack, Thorofare, pp 53–60 3. Nichamin LD (2003) Management of astigmatism at the time of cataract surgers: Gills JP (ed) Complete surgical guide for correcting astigmatism: an ophthalmic manifesto. Slack, Thorofare, pp 41–47 4. Wang J, Misra M, Koch DD (2003) Peripheral corneal relaxing incisions combined with cataract surgery. J Cataract Refract Surg 29:712–722
14
Intrakorneale Implantate J. Ruckhofer, G. Grabner Video auf DVD: ÏIntrakorneale Implantate, IntacsSK2
14.1
Überblick
14.2
Intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur
14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.2.5 14.2.6 14.2.7 14.2.8 14.2.9 14.2.10 14.2.11
Technisches Prinzip – 200 Vorteile und Nachteile der Methode – 201 Indikationen und Patientenselektion – 201 Präoperative Untersuchung und Messungen – 201 Vue+ (PresbyLens) – 201 Flexivue-System – 201 Kamra-Inlay (ACI 7000) – 202 Operative Verfahren – 202 Ergebnisse der Verfahren – 202 Komplikationen – 203 Nachsorge – 203
14.3
Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie – 204
14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5 14.3.6 14.3.7 14.3.8 14.3.9
Überblick – 204 Technisches Prinzip und Materialien – 204 Vorteile und Nachteile der Methode – 207 Indikationen und Patientenselektion – 207 Präoperative Untersuchung und Messungen – 207 Operative Verfahren – 208 Ergebnisse der Verfahren – 208 Komplikationen – 211 Nachsorge – 211
Literatur
– 200
– 212
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 200
200
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
14.1
Überblick
Barraquer [2], Choyce [5], McCarey [31], Kaufmann und Mitarbeiter [32] haben vor etwa einem halben Jahrhundert erstmals vorgeschlagen, Implantate aus verschiedenen Materialien zur Korrektur einer Fehlsichtigkeit in das Hornhautstroma zu platzieren, wobei zwei prinzipiell differierende Verfahren sowohl experimentell als auch klinisch zur Anwendung kamen: 4 Nicht permeable Implantate mit hohem Brechungsindex (Polysulfon) im sehr tiefen Stroma mit dem Ziel einer Änderung des refraktiven Index der Hornhaut 4 Permeable Inlays (meist Hydrogel) in den oberflächlicheren Schichten zur gezielten Modifizierung der Hornhautvorderfläche (»alloplastische Keratophakie«).
14
Mit beiden Verfahren wurde versucht, nicht nur Aphakie, sondern auch Hyperopie und Myopie zu korrigieren. Aufgrund der geringen Präzision, der aufwändigen Technik und einer inakzeptabel hohen Komplikationsrate sind sie jedoch für diese Indikationen wieder verlassen worden. Die Idee der intrakornealen Linsenimplantate wurde, einerseits wegen der Entwicklung biologisch besser verträglicher Materialen, andererseits wegen des Fortschrittes bei den Operationstechniken (Mikrokeratome, Femtosekundenlaser) in letzter Zeit wieder aufgegriffen. Das gegenwärtig häufigste Einsatzgebiet ist bei der chirurgischen Korrektur der Presbyopie zu finden, die die letzte große, derzeit noch ungenügend gelöste Herausforderung der refraktiven Chirurgie darstellt. Zur zweiten Gruppe der kornealen Inlays gehören bogen- oder ringförmige Implantate verschiedener Querschnitte aus PMMA, die primär nur zur Korrektur einer geringen Myopie entwickelt wurden und nun im Wesentlichen bei progressiven Hornhautleiden mit irregulärem Astigmatismus (Keratokonus, pelluzider marginaler Degeneration, iatrogener Keratektasie u. ä.) zum Einsatz kommen. Intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur 4 Permeable Inlays zur Erzeugung einer kornealen Multifokalität – Vue+ (vormals PresbyLens) – Flexivue-System 4 Intrastromales Implantat zur Erhöhung der Schärfentiefe – Kamra-Inlay (vormals Acufocus Corneal Inlay, ACI 7000)
6
Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie 4 Intrastromale korneale Ringsegmente – Intacs, Intacs SK – Ferrara-Ring, Keraring – Kornealring 4 Intrastromaler Hornhautring – MyoRing
14.2
Intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur
14.2.1
Technisches Prinzip
Synthetische Implantate im Hornhautstroma werden seit mehr als einem halben Jahrhundert untersucht. Der Vorteil gegenüber humanem Gewebe liegt in der präziseren Bearbeitung, den günstigeren Kosten, dem fehlenden Infektionsrisiko und in der möglichen maschinellen Produktion in großer Stückzahl. Aufgrund des (noch) ungelösten Problems der Re-Epithelialisierung muss synthetisches Material in das Hornhautstroma platziert werden. Die ersten Materialien, die Verwendung fanden, verursachten anteriore Stromanekrosen, weil sie für Wasser und Nährstoffe impermeabel waren, weshalb es oft zur Vaskularisation und in weiterer Folge regelmäßig zur Extrusion der Implantate kam. Nachfolgende Studien wurden daher mit permeablen Materialien (z. B. Hydrogel) durchgeführt. Dieses Material hat eine Permeabilität ähnlich demjenigen des Hornhautstromas, wodurch ein Transport von Wasser und Nährstoffen zwischen dem posterioren und anterioren Hornhautstroma möglich ist. Derzeit werden zwei verschiedene Verfahren zur Presbyopiekorrektur angeboten: 4 Das Prinzip des kleinen, permeablen Inlays (Vue+ [PresbyLens] von ReVision Optics, Lake Forest CA, USA; und das Flexivue-System von Presbia Coöperatief U.A., Amsterdam, Niederlande) im Sinne der oben erwähnten »Hydrogel-Keratophakie« mit dem Ziel einer multifokalen Hornhautvorderfläche 4 Das intrastromale Implantat (Kamra-Inlay, vormals ACI 7000, von AcuFocus, Irvine CA, USA), das wie eine optische Blende wirkt und damit die Schärfentiefe des operierten – nicht-dominanten – Auges derart erhöht, dass bei guter Beleuchtung das Lesen wieder möglich wird, ohne den Fernvisus zu kompromittieren
201 14.2 · Intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur
14.2.2
Vorteile und Nachteile der Methode
Vorteile 4 Relativ einfacher, hornhautchirurgischer Eingriff 4 Potenzielle Reversibilität und Adjustierbarkeit
Nachteile 4 Beeinträchtigte Binokularfunktion 4 Modifizierte Monovision wird nicht immer toleriert
Bei den intrakornealen Implantaten zur Presbyopiekorrektur handelt es sich um einen eher einfachen, hornhautchirurgischen Eingriff. Ein wesentlicher Vorteil liegt in der potenziellen (fast vollständigen) Reversibilität und Adjustierbarkeit, d. h. das Inlay kann bei Bedarf relativ einfach repositioniert, ausgetauscht oder auch wieder entfernt werden. Derzeit werden diese Techniken hauptsächlich nur bei emmetropen Presbyopen am nicht-dominanten Auge angewendet. Diese modifizierte Monovision wird jedoch nicht von jedem Patienten toleriert, auch kann es zu einer Beeinträchtigung der Binokularfunktion kommen.
14.2.3
Indikationen und Patientenselektion
Korneale Implantate finden bei presbyopen Patienten Anwendung, bei denen sonst keine weitere Fehlsichtigkeit besteht und die eine weitgehende Unabhängigkeit von der Lesebrille wünschen. Prinzipiell besteht aber auch die Möglichkeit der Kombination mit einer LASIK (entweder im Rahmen des Eingriffs oder später postoperativ) oder der Anwendung bei pseudophaken Augen. Studien dazu sind derzeit im Gange.
14.2.4
Präoperative Untersuchung und Messungen vor Implantation von Hornhautimplantaten zur Presbyopiekorrektur 4 Komplette ophthalmologische Untersuchung, insbesondere – Refraktion – Visus (Ferne, Intermediär, Nähe) – Dominanz – Hornhauttopographie, -tomographie – Pachymetrie – Hornhautendothel – Tonometrie – Messung der Pupillenweite (mesopisch, skotopisch)
14.2.5
Vue+ (PresbyLens)
Das Hydrogel-Implantat hat einen Durchmesser von 2 mm (in früheren Studien 1,5 mm), bei einer Randdicke von 5 μm und einer Mittendicke von 15–40 μm. Der optische Index entspricht in etwa jenem der Hornhaut, wodurch das Inlay selbst mit der Spaltlampe schwer zu erkennen ist.
14.2.6
Flexivue-System
Eine Vorgängerversion war das Invue-System (Biovision AG, Schweiz), eine 3,6–3,8 mm breite Mikrolinse bestehend aus einem wasserpermeablen, biokompatiblem Hydrogel mit einer Randdicke von 10 μm und einer Mittendicke von 15–20 μm. Die zentralen 1,8 mm waren ohne optische Wirkung, daran anschließend fand sich zirkulär
Präoperative Untersuchung und Messungen
Die präoperativen Untersuchungen entsprechen im Wesentlichen jenen typischen anderer refraktiver Eingriffe. Insbesondere wird jedoch nicht nur der Fern- sondern auch Nah- und Intermediärvisus geprüft. Dabei sollte auf entfernungskorrigierte Nahlesetafeln, wie z. B. nach Radner zurückgegriffen werden. Um potenzielle Veränderungen am Endothel erkennen zu können, werden regelmäßige Endothelzellmessungen empfohlen. Untersuchungen des Kontrastsehens und Fragebögen zur subjektiven Zufriedenheit ergänzen das Untersuchungsprogramm.
. Abb. 14.1 Flexivue-Inlay (mit freundlicher Genehmigung von Presbia Coöperatief U.A., Amsterdam, Niederlande)
14
202
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
ein Ring mit einer Addition von 1,2–5 dpt. Die Invue-Linse wird nicht weiter verwendet, der Entwickler, die Firma Visitome, Inc. (USA) hat sich mit PresbiTech zusammengeschlossen und Presbia Coöperatief U.A. (Niederlande) gegründet, die nun eine neue Version, das Flexivue-System, weiterentwickelt. Diese intrakorneale Mikrolinse besteht aus einem hydrophilen Polymer mit einem Durchmesser von 3 mm sowie einer Randdicke von 20 μm (. Abb. 14.1).
14.2.7
Kamra-Inlay (ACI 7000)
Das Kamra-Inlay ist eine 10 μm (in neueren Studien 5 μm) dicke mikroperforierte künstliche Blende mit einem äußeren Durchmesser von 3,8 mm und einer zentralen Öffnung von 1,6 mm. Das Inlay besteht aus Polyvinylidenfluorid (PVDF), einem biokompatiblem Material, das auch für die Haptiken von Intraokularlinsen verwendet wird. Durch eine Inkorporation von Nanopartikeln aus Kohlenstoff wird das Inlay undurchsichtig. 1600 zufällig angeordnete kleine Löcher mit einem Durchmesser von 10 μm (beim 5 μm dicken Implantat sind es 8400 Löcher mit unterschiedlichem Durchmesser), erlauben den Durchfluss von Nährstoffen zur Versorgung des anterioren Stromas. Da Licht diese Löcher durchdringen kann, ergibt sich eine durchschnittliche Lichttransmission von 7,1% (. Abb. 14.2).
14.2.8
14
Operative Verfahren
Eine Gemeinsamkeit aller Inlays ist, dass die Implantation üblicherweise nur am nicht-dominanten Auge in Lokalanästhesie erfolgt. Die Präparation der Hornhaut differiert gering zwischen den einzelnen Implantaten: Vue+ (PresbyLens) Das Implantat wird unter einem LASIKFlap (Mikrokeratom oder Femtosekundenlaser) in der optischen Achse platziert. Flexivue-System Die Vorgängerversion, das Invue-Sys-
tem, wurde mithilfe eines speziellen Mikrokeratoms (Visitome 20-10, Biovision AG, Schweiz), das einen Tunnel im Zentrum der Hornhaut in einer Tiefe von 200–400 μm erzeugt, eingefügt. Das Flexivue-Implantat wird nun in eine durch einen Femtosekundenlaser erzeugte Hornhauttasche implantiert. Kamra-Inlay (ACI 7000) Das Implantat wurde ursprünglich unter einem LASIK-Flap (Femtosekundenlaser oder Mikrokeratom) in einer geplanten Tiefe von 170 μm in der optischen Achse platziert. Gegenwärtig wird mit dem
. Abb. 14.2 Kamra-Inlay (AcuFocus, Irvine, CA, USA); deutlich zu sehen sind die 1600 zufällig angeordneten Löcher
Femtosekundenlaser eine Tasche in 250 μm Tiefe erzeugt, in die das Kamra-Inlay mit einer speziellen Pinzette durch eine temporale Inzision implantiert wird. Eine präzise Zentrierung auf die visuelle Achse nach entsprechender Markierung ist essenziell, auch nach Monaten kann gegebenenfalls durch Rezentrierung noch eine Verbesserung des Visus erzielt werden.
14.2.9
Ergebnisse der Verfahren
Vue+ (PresbyLens) Für dieses Implantat liegt ein Bericht von der Jahrestagung der AAO in Atlanta 2008 vor [3]. Die von R. Steinert präsentierte Studie umfasste 15 myope Patienten mit einer Nachbeobachtung von 3 Monaten, wobei ein Auge für die Ferne nur mit LASIK, das zweite zusätzlich mit dem Inlay behandelt wurde, um einen verbesserten Nahvisus zu erzielen. Von diesen hatten 64% einen unkorrigierten Fernvisus (UDVA) von 0,5 oder besser (50% von 0,6 oder besser) und 86% einen unkorrigierten Nahvisus (UNVA) von 0,5 oder besser (50% von 0,6 oder besser). Damit wird eine modifizierte Form einer »Monovision«, mit besserem Fernvisus am nah-korrigierten Auge angestrebt. In der neueren Version, von Dishler vorgestellt, wurde der Durchmesser auf 2,0 mm erhöht, das Herstellungsverfahren modifiziert und die postoperative Therapie umgestellt, sodass ein Teil der beobachteten Probleme eliminiert werden konnte. Die reduzierte Pupillenweite bei Nahakkommodation wird auf Grund der beobachteten Hornhauttopographie für einen Teil der Wirkung verantwortlich gemacht. Flexivue-System Das ursprüngliche Invue-System – erst-
mals 2003 implantiert – wurde von Pallikaris und Mitarbeitern an 45 Patienten (Alter: 52±3 Jahre) prospektiv
203 14.2 · Intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur
über ein Jahr beobachtet. Bei diesem Zeitfenster waren UDVA und UNVA mit 0,6 am implantierten Auge sehr ähnlich, der binokuläre Visus unverändert zum präoperativen Befund. Der maximale myopisierende Effekt war in einer Zone von 3,5 mm zu finden, die Aberrationen höherer Ordnung (HOA, »higher order aberrations« nahmen zu, jedoch waren keine Gewebsveränderungen mit dem konfokalen Mikroskop zu beobachten [26, 33]. Seit 2008 wurde nun das Flexivue-Inlay mit einer weiterentwickelten Implantationstechnik mit dem Femtosekundenlaser bei weiteren 11 Patienten implantiert. Publizierte Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor, die Mikrolinse erhielt aber 2009 das CE-Zeichen. Kamra-Inlay (ACI 7000) Die prinzipiell neue Wirkungsweise dieses Inlays wird weltweit seit einigen Jahren erprobt [44], wobei in die derzeit laufende FDA-Studie Patienten von 45–60 Jahren aufgenommen werden. Der postoperative Verlauf war bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten unauffällig, das Implantat heilte reizfrei ein. Seyeddain et al. [41] berichten über 32 Patienten mit einer Nachbeobachtung von 24 Monaten. Obwohl der beste unkorrigierte Fern- und Nahvisus (wohl durch Heilungsvorgänge und Neuroadaptation bedingt) erst nach einigen Monaten erreicht wird, ist die Patientenzufriedenheit sehr hoch. So ist der mittlere UCDVA nach 2 Jahren praktisch wieder am Ausgangsvisus, der Nahvisus s.c. mit 96,88% bei J3 und 56,25% bei J1 ausgezeichnet. Eine komplette ophthalmologische Untersuchung (inklusive Fundusperipherie) ist postoperativ gut möglich und eine weitgehende Reversibilität (in einigen wenigen Fällen erforderlich) konnte ebenfalls demonstriert werden. Die Entwicklung noch dünnerer Implantate (5 μm) und neuer Instrumente, die derzeit getestet werden, zeigen Wege zu einem chirurgisch simplen und klinisch vertretbaren Verfahren auf, das auch bei pseudophaken Patienten und Jahre nach LASIK ein sehr großes Potenzial haben dürfte.
14.2.10
Komplikationen
Hydrogel-Implantate Seltene intraoperative Komplikationen liegen in Schwierigkeiten beim Mikrokeratomschnitt oder beim Öffnen des Flaps nach Femtosekundenlaserschnitt. Beides kann postoperativ zu irregulärem Astigmatismus führen. Zu dünne Flaps können durch den mechanischen Druck der Lider später zum Einschmelzen des Flaps führen. Bei zu dicken Inlays kann es dazu kommen, dass Nährstoffe diese nicht passieren können. Dezentrierungen um mehr als 1 mm werden in bis zu 30% der Fälle beschrieben, darauffolgend Reposition oder Austausch des Inlays in bis zu 20%. Aufgrund der geringen Dicke des Inlays kann es bei
der Implantation durch Manipulationen mit der Pinzette zu Schäden am Inlay kommen. Die intrakornealen Implantate werden üblicherweise gut vertragen, bereits am 1. Tag zeigt sich eine klare Hornhaut. In wenigen Fällen, meist nach chirurgischen Komplikationen, kann es zu einem Ödem des Flaps kommen, das unter antiinflammatorischer Therapie meist innerhalb einer Woche verschwindet. Weiter kommt es dadurch auch häufiger zum Auftreten von Ablagerungen (Deposits) aus amorphem Material und zu hochreflektiven, irregulär geformten Keratozytenkernen. Deposits beginnen am Rand des Inlays und können dieses komplett bedecken. In weiterer Folge kann es auch zum Auftreten von Haze kommen. Unabhängig von Deposits und Haze berichten Patienten von Glare und Halos, die zu einer Reduktion des Visus führen können. Wie von der LASIK bekannt, kann eine diffuse lamelläre Keratitis (DLK) den Verlauf komplizieren, ebenso können Epithelzellen in das Interface einwachsen. Auch eine Verschleppung von Epithelzellen unter das Inlay ist möglich, wodurch eine entzündliche Membran um das gesamte Implantat mit folgender perilentikulärer Trübung auftreten kann. Eine Explantation von Hydrogel-Implantaten wurde in bis zu 56% der Fälle beschrieben, die Hauptgründe dafür waren Unterkorrektur, intrakorneale Deposits in der Sehachse, ein irregulärer Astigmatismus sowie Visusreduktion, schwerer Haze, Implantat-Dezentrierung oder eine perilentikuläre Trübung.
Kamra-Inlay (ACI 7000) Neben den möglichen Flap-assoziierten Komplikationen berichten manche Patienten von einer verminderten Helligkeit am operierten Auge, ebenso von Streulichtern in Regenbogen-Farben. Dezentrierung führt zu einer verminderten Sehleistung, hier kann durch Reposition oder Explantation Abhilfe geschaffen werden. 14.2.11
Nachsorge
Üblicherweise findet sich bereits am ersten postoperativen Tag eine klare Hornhaut. Die postoperative Medikation entspricht im Wesentlichen jener der LASIK (SteroidAntibiotika-Kombinationspräparat, benetzende Augentropfen). Fazit für die Praxis Die Implantation von Hornhautinlays zur Presbyopiekorrektur ist eine relativ einfache Technik, die derzeit hauptsächlich bei emmetropen Presbyopen am nicht-dominanten Auge angewendet wird. Ein Vorteil der Inlays liegt in der potenziellen (weitgehenden) Reversibilität und Adjustierbarkeit der refraktiven Resultate.
14
204
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
14.3
Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie
14.3.1
Überblick
Der Keratokonus ist ein Leiden, welches durch eine fortschreitende korneale Ektasie mit einer nichtentzündlichen, progressiven Verdünnung der Hornhaut charakterisiert ist. Neben der Versorgung mit Kontaktlinsen und den verschiedenen Techniken der Hornhauttransplantation standen lange Zeit keine weiteren Möglichkeiten zur visuellen Rehabilitation zur Verfügung. Seit über einem Jahrzehnt werden nun intrastromale korneale Ringsegmente (ICRS) zur Behandlung einer Keratektasie untersucht. Ziel ist nicht eine Eliminierung der Krankheit, sondern vielmehr eine Visusverbesserung durch Normalisierung der Hornhautgeometrie mit Reduzierung des Astigmatismus. Die Veränderungen in der Hornhautstruktur durch additive Techniken kann durch das Barraquer-Dicken-Gesetz [2] in groben Zügen vorausgesagt werden: Wenn Material zur Peripherie der Hornhaut hinzugegeben oder ein gleichwertiger Betrag von der Hornhautmitte entfernt wird, kommt es zur Abflachung. Im Gegensatz dazu kommt es, wenn Material zur Hornhautmitte hinzugefügt oder von der Peripherie entfernt wird, zu einer zentralen Aufteilung. Das erzielte Ergebnis ist direkt proportional zur Dicke des Implantats und indirekt proportional zum Durchmesser, d. h. je dicker und kleiner das Implantat, desto höher der refraktive Effekt.
Derzeit sind verschiedene intrastromale korneale Ringsegmente bzw. komplette Ringe erhältlich. Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie 4 Intrastromale korneale Ringsegmente – Intacs, Intacs SK – Ferrara Ring, Keraring – Kornealring 4 Intrastromaler Hornhautring – MyoRing
14.3.2
Technisches Prinzip und Materialien
Alle ICRS bestehen aus PMMA, unterscheiden sich aber in Durchmesser, Bogenlänge, Querschnitt und Dicke (. Abb. 14.3). Ein Überblick über die derzeit erhältlichen ICRS findet sich in . Tab. 14.1.
Intacs, Intacs SK Im Jahre 1978 stellte der Optometrist A.E. »Gene« Reynolds die Theorie auf, dass ein PMMA-Ring, welcher in die Peripherie der Hornhaut implantiert wird, Myopie (durch Expandieren des Ringes) und Hyperopie (durch Kontrahieren) korrigieren könnte (Expansions-KontraktionsModell). In ersten Studien und mathematischen Finite-element-Modellrechnungen erwies sich dieses Konzept jedoch aufgrund mangelnder Steuerbarkeit letztlich als kli-
14
. Abb. 14.3 Übersicht über die derzeit erhältlichen ICRS: Intacs, Intacs SK, Ferrara Ring bzw. Keraring. Oben: schematische Darstellung, Mitte: Spaltlampenbild, unten: OCT Bild
205 14.3 · Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie
. Tab. 14.1 Übersicht über die derzeit erhältlichen ICRS Intacs (Addition Technology)
Intacs SK (Addition Technology)
Keraring (Mediphacos)
Ferrara-Ring (Ferrara Ophthalmics)
Kornealring (Visiontech Medical Optics)
Material
PMMA
PMMA
PMMA, medical grade
Gelbes PMMA-Acrylic Perspex CQ
PMMA
Bogenlänge [Grad]
150
150
SI-5: 90/120/160/210 SI-6: 90/120/150/210
90/120/140/160/210
155/220
Innerer Durchmesser [mm]
6,8
6,0
SI-5: 5,0 SI-6: 5,5 oder 6,0
4,4
4,7
Äußerer Durchmesser [mm]
8,1
7,3
SI-5: 6,2 SI-6: 6,7 oder 7,2
5,6
5,9
Ringdicke [mm]
0,25/0,30/0,35 (FDA appr) 0,40/0,45 (außerhalb USA)
0,40/0,45
0,15/0,20/0,25/0,30/0,35
0,15/0,20/0,25/0,30
0,15/0,20/0,25/0,30/0,35
Ringform (Querschnitt)
Hexagonal
Elliptisch
Triangulär, Basis 600 μm
Triangulär, Basis 600 μm
Spindelförmig
nisch unbrauchbar. 1989 wurde die Theorie der Verkürzung der Bogenlänge (Arc Shortening Theory) von Loomis und Silvestrini entwickelt. Diese beruht auf einer Verdrängung der Kollagenlamellen der mittleren Hornhautperipherie (durch das eingebrachte Volumen eines Implantates) nach vorne und hinten und einer sich daraus ergebenden Verkürzung der gesamten Bogenlänge von Limbus zu Limbus mit konsekutiver Abflachung im optischen Zentrum, die eine Korrektur einer Myopie geringen Grades zur Folge hat. Es konnte gezeigt werden, dass alleinig die Dickenänderungen des (anfänglich 360° umschließenden) Ringes ausreichen, um die Abflachung des Hornhautzentrums – innerhalb gewisser Grenzen – zu steuern. Aufgrund der einfacheren Implantierbarkeit und geringeren Komplikationen an der Inzisionsstelle wurde der 360° Ring geteilt (2 Segmente mit einer Bogenlänge von je 150°, hexagonaler Querschnitt, radiale Inzision). Insgesamt blieb aber die fast lineare Beziehung (größere Ringdicke → höhere Korrektur) erhalten. Es standen dann ICRS-Stärken von 0,25–0,45 mm Dicke (in 0,05 mm Abstufungen), mit einem (mittleren) Korrektureffekt einer Myopie von etwa 1,3 dpt (dünnster Ring) bis 4,1 dpt (größte Dicke) zur Verfügung. Obwohl die ICRS unter dem Namen Intacs (Addition Technology Inc., Des Plaines IL, USA) 1999 von der FDA die Zulassung zur Myopiekorrektur erhielten, konnte sich diese Technik zur Myopiekorrektur nicht am Markt behaupten. Bereits 1997 wurden durch Joseph Colin die ers-
ten Intacs bei Keratokonus implantiert und es konnte in weiterer Folge gezeigt werden, dass es dadurch zu einer Verbesserung der Hornhautgeometrie mit Anstieg des Visus kommen kann. Im Gegensatz zu den Intacs bei Myopie wird die Inzision beim Keratokonus meist nicht bei 12 Uhr sondern entweder temporal oder auch in die steile Achse gelegt. Ruckhofer et al. [39] konnten in einer Studie mit verkürzten ICRS bei myopem Astigmatismus zeigen, dass sich der Astigmatismus durch diese speziellen Intacs kombiniert mit einer Inzision in der steilen Achse kontrolliert reduzieren lässt. Die Auswahl der Segmentdicke richtet sich nach Höhe der präoperativen Myopie und der Art des Keratokonus: Beim zentriertem Typ werden Segmente gleicher Stärke (symmetrisch), beim dezentrierten Typ Segmente unterschiedlicher Stärke (asymmetrisch, dickeres Segment im Bereich der stärksten Vorwölbung, meist inferior) empfohlen (. Abb. 14.4). Für fortgeschrittene Fälle wurden Intacs SK (für »severe keratoconus«) entwickelt (. Abb. 14.5).
Ferrara-Ring und Keraring Bereits 1986 implantierte Paolo Ferrara modifizierte PMMA-Ringe in Kaninchenhornhäute, 1994 entwickelte er eine Technik zur Erzeugung eines Hornhauttunnels. Zwei Jahre später ersetzte er den kompletten Ring durch zwei Ringsegmente mit je 160° Bogenlänge und konnte gute Resultate zur Myopiekorrektur erzielen. In weiterer
14
206
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
. Abb. 14.4 Intacs-Implantationsschema, Inzision in steiler Achse. Links asymmetrische Segmentauswahl (dickeres Segment unten, dünneres Segment oben) bei dezentriertem Keratokonus; rechts
symmetrische Segmentauswahl (gleiche Dicke) bei zentriertem Keratokonus
. Abb. 14.5 Intacs SK (Addition Technology Inc., Des Plaines IL, USA)
. Abb. 14.6 Keraring (Mediphacos, Belo Horizonte, Brasilien)
Folge wurden auch diese ICRS bei Keratokonus und auch bei Zustand nach Keratoplastik implantiert. Ferrara-Ring (Ferrara Ophthalmics, Belo Horizonte, Brasilien) und Keraring (Mediphacos, Belo Horizonte, Brasilien; . Abb. 14.6) haben dieselbe Grundstruktur (triangulär mit einer Basis von 600 μm), unterscheiden sich aber im Durchmesser und der Farbe des PMMA (. Tab. 14.1) Die Auswahl der Ringe richtet sich nach der Symmetrie der Hornhaut, Höhe der Myopie und dem Stadium des Keratokonus. Die Dicke des Implantats korreliert mit der Refraktion. Im Falle eines positiven sphärischen Äquivalents (gemischter oder hyperoper Astigmatismus) wird nur 1 Segment empfohlen.
Kornealring
14
Der erst seit einigen Jahren am Markt befindliche Kornealring (Visiontech Medical Optics Ltda., Belo Horizonte, Brasilien) basiert in den Grundzügen auf dem FerraraRing, unterscheidet sich aber im Querschnitt (abgerundete Kanten bzw. spindelförmig), Durchmesser (größere optische Zone) und Bogenlänge (etwas kürzer; . Tab. 14.1). Das Nomogramm ist analog jenem von Ferrara-Ring bzw. Keraring.
MyoRing Der relativ neue MyoRing (DIOPTEX GmbH, Linz, Österreich) ist ein flexibler, 360°-PMMA-Ring mit sattelför-
207 14.3 · Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie
phaken Intraokularlinsen (pIOL) oder dem kornealen Crosslinking (CXL) ist möglich. Die Indikation für ICRS und CXL nach Ruckhofer zeigt . Tab. 14.2. Sollte die Notwendigkeit bestehen, können die ICRS wieder entfernt und bei Bedarf eine Keratoplastik durchgeführt werden. Als Nachteil kann die eingeschränkte Korrekturmöglichkeit bei fortgeschrittenen Ektasien angesehen werden. Bei weiten Pupillen muss auch mit Halos bzw. Reflexen an den Segmenten gerechnet werden. Vorteile 4 4 4 4
Reversibilität Adjustierbarkeit Implantation außerhalb optischer Zone Kombination mit pIOL oder CXL möglich
Nachteile . Abb. 14.7 Myoring (DIOPTEX GmbH, Linz, Österreich): Implantationsschema. Der flexible PMMA-Ring wird durch eine kleine Öffnung einer Tasche in das Zentrum der Hornhaut implantiert (mit freundlicher Genehmigung von A. Daxer)
4 Eingeschränkte Korrekturmöglichkeit 4 Halos, Reflexe (insbesondere bei weiter Pupille)
14.3.4
migem Querschnitt und einer Breite von 0,5 mm. Der Durchmesser variiert von 5–8 mm, die Dicke von 200– 400 μm (in 20 μm Schritten). Er ist Bestandteil des CISIS (Corneal Intrastromal Implantation System) [14–16]. Im Gegensatz zu den ICRS wird hier kein Tunnel, sondern eine Hornhauttasche erzeugt, in die der flexible Ring durch eine periphere Öffnung dieser Tasche implantiert wird (. Abb. 14.7). Das Daxer-Nomogramm für den MyoRing zeigt eine qualitative Korrelation zwischen erwarteter Korrektur, Ringdicke und -durchmesser (optische Zone). Je dicker der Ring und kleiner die optische Zone, desto höher ist der zu erwartende Effekt.
Intrastromale korneale Ringsegmente werden bei folgenden Indikationen implantiert: 4 Keratokonus, insbesondere bei Kontaktlinsenintoleranz 4 Iatrogene Keratektasie (post LASIK) 4 Pelluzide marginale Degeneration 4 Hornhautirregulariät nach radialer Keratotomie 4 Hornhautirregularität nach penetrierender Keratoplastik 4 Myopie (bei dünner Hornhaut)
14.3.5 14.3.3
Vorteile und Nachteile der Methode
Der Hauptvorteil der ICRS liegt in dem geringen operativen Risiko und der potenziellen Reversibilität und Adjustierbakeit. Eine Kombination mit anderen Techniken wie
Indikationen und Patientenselektion
Präoperative Untersuchung und Messungen
Die vorbereitenden Untersuchungen entsprechen im Wesentlichen jenen anderer hornhautchirurgischer Eingriffe.
. Tab. 14.2 Indikation für ICRS (intrastromale korneale Ringsemente) und CXL (Corneal Crosslinking) in Abhängigkeit von Stabilität des Keratokonus und Versorgung mit Brille oder Kontaktlinse (nach Ruckhofer 2009) Keratokonus-Stabilität
Kontaktlinse
Brille
Operationsindikation
Stabil
Verträglich
(Möglich)
Keine
Stabil
Unverträglich
Nicht möglich
ICRS ± CXL
Progressiv
Verträglich
(Möglich)
CXL
Progressiv
Unverträglich
(Möglich)
CXL + ICRS
14
208
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
Präoperative Untersuchung und Messungen vor ICRS 4 Spaltlampenuntersuchung des vorderen Augenabschnittes 4 Tonometrie 4 Spiegelung des Augenhintergrunds zum Ausschluss weiterer Erkrankungen 4 Visusbestimmung ohne Korrektur 4 Visusbestimmung mit Korrektur (Brille, Kontaktlinse) 4 Kontaktlinsenverträglichkeit 4 Hornhauttopographie, -tomographie 4 Pachymetrie 4 Messung der Pupillenweite (mesopisch, skotopisch)
dieser Stelle berühren. Nach Lösen des Vakuums wird der Inzisions-Bereich sorgfältig gespült, um eine Implantation von Hornhautepithelzellen in den Stromatunnel zu vermeiden. Dann erfolgt die Einführung der Segmente in vorher festgelegter Dicke mit Hilfe einer speziellen Fasspinzette und eines Sinskey-Hakens. Die Inzisionsränder müssen gut adaptiert sein, weshalb 1–2 Einzelknopfnähte (10-0oder 11-0-Nylon mit Nahttiefe auf Taschenhöhe und versenkten Knoten) empfohlen werden. Für den Ferrara-Ring und Keraring wird die mechanische Tunneldissektion in 80% Tiefe mithilfe spezieller Dissektoren ohne der Verwendung eines Saugringes durchgeführt. Gering modifizierte, an den größeren Durchmesser angepasste, Dissektoren gibt es für den Kornealring, hier beträgt die empfohlene Inzisionstiefe 70%. Tunneldissektion mit dem Femtosekundenlaser Mit der
14.3.6
Operative Verfahren
Intrastromale korneale Ringsegmente Mechanische Tunneldissektion Für Intacs und Intacs SK
14
gibt es eine standardisierte Operationstechnik: Nach Kennzeichnung des geometrischen Hornhautzentrums mit dem 11-mm-Fadenkreuz-Markierungsring und einem Sinskey-Haken wird der Inzisionsmarkeur aufgesetzt, der Lokalisation und Länge der primären Inzision und gewünschte spätere Position der Segmente auf der Hornhautoberfläche darstellt. Nach anfänglich verwendeter temporaler Inzision, wird jetzt eine Inzision in der steilen Achse bevorzugt. Mit dem auf 70% der peripher gemessenen Hornhauttiefe eingestellten Diamantmesser wird nun ein 1,2 mm langer radiärer Schnitt entlang der Markierung ausgeführt. Dabei ist eine gleichmäßige Inzisionstiefe über die gesamte Länge erforderlich, die nur mit der 15°-Klinge erfolgen kann. Dann wird die für den Erfolg der Operation so wesentliche Präparation ausreichend großer Stromataschen an der Basis der Inzision mit Hilfe von 2 Sinskey-Haken oder dem Taschenhaken (»pocketing hook«) vorgenommen. Nach Überprüfen von Länge und Breite der Taschen mit dem Dissektor-Führungsspatel wird der Vakuumsaugring mit eingesetztem Inzisionsmarkeur aufgesetzt, an der zuvor angelegten Markierung zentriert und anschließend mit 2 Dissektoren (korkenzieherartig im und gegen den Uhrzeigersinn) der Stromatunnel präpariert. Der Dissektor-Führungsspatel dient dabei als Einführhilfe für die Dissektoren. Ein Ineinanderlaufen der beiden Tunnelhälften (»Durchbruch«) ist nicht unbedingt erforderlich, kann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt dazu führen, dass sich die 2 Segmente, die anschließend an die Dissektion in die beiden Tunnelhälften implantiert werden, an
zunehmenden Verwendung des Femtosekundenlasers für die LASIK wird diese Technik auch zur Erzeugung des Tunnels für verschiedenste ICRS verwendet. Mit Femtosekundenlaser der neuesten Generation ist eine Laserzeit zur Tunnelpräparation von unter 10 Sekunden möglich. Eine Markierung des Hornhautzentrums und der geplanten Inzisionsachse wird empfohlen, da es durch die Applanation der Hornhaut durch den Saugring zu einer Verschiebung des Hornhautzentrums kommen kann. Die Breite der Kanäle ist frei wählbar. Besonders bei dicken Segmenten ist darauf zu achten, dass die Tunnelbreite nicht zu knapp bemessen wird, da es ansonsten zu Schwierigkeiten bei der Implantation kommen kann [4, 19].
MyoRing Mithilfe eines speziellen Mikrokeratoms (PocketMaker, DIOPTEX GmbH, Linz, Österreich) wird eine Hornhauttasche von ca. 9 mm Durchmesser in 300 μm Tiefe geschaffen. Die Hornhauttasche ist rundum geschlossen – nur ein tunnelförmiger Zugang von bis zu 4 mm verbleibt. Alternativ kann die Präparation der Tasche auch mit dem Femtoskundenlaser erfolgen. Durch den schmalen tunnelförmigen Zugang wird sodann das flexible MyoRing-Implantat in die Hornhauttasche eingebracht. Dieses wird in komprimiertem Zustand eingeführt und entfaltet sich dann zur ursprünglichen Ringform nach Implantation in die Tasche. Postoperativ besteht die Möglichkeit, das Implantat innerhalb der Tasche zu verschieben und somit das Ergebnis zu adjustieren.
14.3.7
Ergebnisse der Verfahren
ICRS Die Wirksamkeit von ICRS zur Behandlung der niedrigen bis mittleren Myopie konnten mehrere Studien zeigen [35, 38]. Ferrara war einer der ersten, der die Im-
209 14.3 · Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie
. Abb. 14.8 Beispiel einer erfolgreichen Implantation eines IntacsSegmentes in die untere Hornhauthälfte (Inzision in steiler Achse).
Im Differenzbild ist die deutliche Abflachung in der unteren Hornhauthälfte sowie die erzielte Astigmatismuskorrektur zu sehen
plantation von ICRS bei Keratokonus und irregulärem Astigmatismus durchführte. In seiner initialen Studie [21] berichtet er von Ferrara Ringen zur Korrektur hoher Myopien (bis –20,0 dpt), myopem und regulärem Astigmatismus sowie irregulärem Astigmatismus bei Keratokonus und nach penetrierender Keratoplastik. Das sphärische Äquivalent der manifesten Refraktion (MRSE) verringerte sich im Mittel von –10,20 auf –2,02, der Zylinder von –4,09 auf –1,89 dpt. Im Jahr 2002 publizierten Siganos et al. [42] eine prospektive Studie zur Evaluierung der Effektivität von Ferrara Ringen zur Keratokonuskorrektur. In 24 von 26 Augen kam es zu einer Reduktion von Astigmatismus und sphärischer Korrektur. Nach 6 Monaten verbesserte sich der unkorrigierte Fernvisus (UCVA) im Mittel von 0,07 auf 0,30, der bestkorrigierte Fernvisus (BCVA) von 0,37 auf 0,60. Colin [6] berichtete 2000 über die ersten 10 Augen mit Intacs bei Keratokonus. Die Effektivität von ICRS (Intacs, Intacs SK, Ferrara-Ring, Keraring) bezüglich Refraktion, Topographie und Visus wurde mittlerweile in mehreren Studien belegt [9, 18, 20, 22, 30, 40] – ein Beispiel ist in . Abb. 14.8 zu sehen –, vom Kornealring fehlen noch der-
artige Nachweise. Obwohl jetzt ICRS bereits seit über 10 Jahren bei Keratokonus implantiert werden, liegen publizierte Ergebnisse – mit Ausnahme von Einzelfällen [28] – jedoch nur mit einer maximalen Nachbeobachtung von 5 Jahren vor [23, 27, 29, 43] In . Tab. 14.3 findet sich eine Zusammenstellung von ICRS-Studien bei Keratokonus oder post LASIK-Ektasie mit einer Nachbeobachtung von mindestens einem Jahr. Die durch die ICRS erzielte Refraktionsänderung reicht aber nicht in allen Fällen aus, um eine visuelle Rehabilitation mit Brille oder Kontaktlinse zu erzielen. In Fällen, in denen postoperativ weiterhin eine hohe Ametropie besteht und welche nicht mit Kontaktlinsen versorgt werden können, bietet sich die Implantation von phaken Intraokularlinsen an. Colin [8] berichtet über die erfolgreiche Implantation einer phaken Vorderkammerlinse (Nuvita) in ein Keratokonus-Auge nach Intacs-Implantation. Coskunseven [11] korrigierte die postoperative Ametropie in 3 Augen nach Intacs-Implantation mithilfe einer phaken Hinterkammerlinse (Visian ICL). Das MRSE verbesserte sich im Mittel von –18,5 dpt auf 0,42 dpt.
14
210
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
. Tab. 14.3 Studien über ICRS bei Keratektasien (Keratokonus oder post LASIK) mit einer Mindestbeobachtungsdauer von 1 Jahr Studie
ICRS
Indikation
Nachkontrolle
Inzision
Segmentauswahl
Visusveränderung
Änderung der Refraktion
Torquetti [43]
35
Ferrara
Keratokonus
5 Jahre
Steile Achse
1 oder 2 Segmente (0,15–0,35)
UCVA ↑ von 0,15 auf 0,31 BCVA ↑ von 0,41 auf 0,59
mK ↓ von 51,27 auf 46,24
Ibrahim [23]
186
Intacs
Keratokonus
5 Jahre
Steile Achse
sym oder asym (0,25– 0,45)
UCVA ↑ 85,23% BSCVA ↑ 87,9%
mK ↓ von 52,23 dpt auf 48,05 dpt
Kymionis [27]
17
Intacs
Keratokonus
5 Jahre
Superior (6) sym (0,45) und temporal (11)
BSCVA ↑ 59%
MRSE ↓ von –5,54 dpt auf –3,02 dpt
Kymionis [29]
8
Intacs
PostLASIKEktasie
5 Jahre
Superior
sym (0,35–0,45)
UCVA ↑ 87,5% BSCVA ↑ 75%
MRSE ↓↓ von –5,47 dpt auf –2,22 dpt
13
Intacs
Keratokonus
48 Monate Temporal
asym (0,25/0,45)
BSCVA ↑ von 20/50 auf 20/30
MRSE ↓ von –5,4 dpt auf –3,95 dpt, Fluktuation von K-Werten
100
Intacs
Keratokonus
2 Jahre
Temporal
sym (0,45/0,40)
UCVA ↑ 80,5% BSCVA ↑ 68,3%
MRSE ↓ von –6,93 dpt auf –3,8 dpt mK ↓ von 50,1 dpt auf 46,8 dpt
Steile Achse
Intacs: 1 Segment 0,45 BSCVA ↑ um 2 Zeilen in 60% oder asym 0,25/0,45 Keraring: 1 oder 2 Segmente (0,15–0,35)
Alio [1]
Colin [10]
14
Augen
Regression nach 12 Monaten
Piñero [34]
34
Intacs Post(24) LASIKKeraring Ektasie (10)
12–24 Monate
Kwitko [25]
51
Ferrara
Keratokonus
13 Monate Steile Achse
sym (0,20/0,30)
UCVA ↑ 86,4% BCVA ↑ 86,4%
MRSE ↓ von –6,08 dpt auf –4,55 dpt
Ertan [17]
118
Intacs
Keratokonus
1 Jahr
Temporal
asym (0,25/0,45)
UCVA ↑ 81,3% BCVA ↑ 73,7%
MRSE ↓ um mehr als 2 dpt in 70,3% mK ↓ von 51,56 auf 47,66
Colin [7]
10
Intacs
Keratokonus
1 Jahr
Temporal
asym (0,25/0,45)
BCVA ↑ um 2 Zeilen Zylinder ↓ von –4,0 dpt auf –1,3 dpt
Kanellopoulos [24]
20
Intacs
Keratokonus
1 Jahr
Temporal
asym (0,25/0,45)
UCVA ↑ von 20/154 MRSE ↓ von zu 20/29, BCVA ↑ –3,38 dpt auf von 20/37 auf 20/23 –1,46 dpt mK ↓ von 49,45 dpt auf 46,50 dpt
Coskunseven [13]
50
Keraring Keratokonus
1 Jahr
Steile Achse
1 oder 2 Segmente (0,15–0,35)
UCVA ↑ 78% BCVA ↑ 68%
MRSE ↓ von –5,62 dpt auf –2,50 dpt mK ↓ von 50,63 auf 47,56
sym symmetrisch (gleiche Stärke der ICRS in einem Auge), asym asymmetrisch (unterschiedliche Stärke der ICRS in einem Auge) , UCVA unkorrigierter Fernvisus, BCVA, BSCVA bestkorrigierter Fernvisus, MRSE sphärisches Äquivalent der manifesten Refraktion, mK mittlerer K-Wert
211 14.3 · Intrakorneale Implantate zur Korrektur von Keratokonus und Keratektasie
> Intrastromale korneale Ringsegmente können mit kornealem Crosslinking oder phaken Intraokularlinsen kombiniert werden. MyoRing Daxer [15] berichtet von 15 Augen, die einen MyoRing bei Keratokonus erhielten, mit einer Nachbeobachtung von 1 Jahr. Der UCVA verbesserte sich im Mittel von 0,07 auf 0,56, der BSCVA von 0,42 auf 0,77. Beim MRSE kam es zu einer Reduktion von –6,27 auf –0,52 dpt, beim mittleren K-Wert von 48,96 auf 43,20 dpt.
14.3.8
Komplikationen
Komplikationen nach Intacs zur Korrektur der Myopie wurden von Ruckhofer et al. beschrieben [37]. Coskunseven [12] berichtet in einer großen Serie von 850 Keratokonus-Augen mit Keraring-Implantation (in allen Fällen wurde der Tunnel mit dem Femtosekundenlaser präpariert) von 4% intraoperativen und 1,6% postoperativen Komplikationen.
. Abb. 14.9 Extrusion eines Intacs-Segmentes mit abgebrochenem Ende
Intraoperative Komplikationen Bei der mechanischen Tunneldissektion können folgende Komplikationen auftreten: Dezentrierung, unbeabsichtigte Verlängerung der Inzision mit dem Diamantmesser nach zentral oder peripher, anteriore oder posteriore Perforation (durch falsche Pachymetrie oder verbogenen Dissektoren), Epitheldefekt im Bereich der Inzision und zu oberflächliche Platzierung der ICRS. Beim Femtosekundenlaser wurden inkomplette Tunnelpräparationen, Dezentrierungen, Endothelperforation (bei zu tiefer Einstellung der Kanaltiefe oder fehlerhafter Pachymetrie) beschrieben. Bei zu schmal gewählter Tunnelbreite kann es bei dicken Segmenten zu Schwierigkeiten bei der Implantation kommen.
Postoperative Komplikationen Bei zu oberflächlicher Platzierung kann es zu einer trophisch bedingten Stromaverdünnung und Extrusion der Segmente kommen (. Abb. 14.9). Das Auftreten ist beim Keratokonus aufgrund der vorbestehenden dünneren Hornhaut und der meist dickeren Segmente, die oft verwendet werden, gegenüber den Fällen aus der Frühzeit der Technik zur Myopiekorrektur erhöht, Kwitko berichtet dabei über eine Rate von 19,6% nach Ferrara-Ring-Implantation [25]. Epitheleinwuchs in den Tunnel kann durch Verschleppung von Epithelzellen bei der Implantation oder Klaffen der Inzision auftreten. Einzelne Fälle von infektiöser Keratitis wurden beschrieben. Im Tunnel entlang der Segmente kann es zum harmlosen Auftreten von Lipidablagerungen (. Abb. 14.10) kommen, die sich gegebenenfalls – nach Explantation – langsam wieder zurückbilden
. Abb. 14.10 Lipidablagerungen (Lamellar Channel Deposits) am unteren Ende der Intacs-Segmente
können. Ruckhofer et al. [36] konnten zeigen, dass die Häufigkeit des Auftretens mit der Dicke der Segmente korreliert. Vaskularisation im Bereich der Inzision kommt vor, wenn diese zu nahe an das limbale Randschlingennetz heranreicht. Glare und Halos werden nach ICRS-Implantation beschrieben, insbesondere bei weiter Pupille unter mesopischen Bedingungen und kleinem Durchmesser der ICRS bzw. des MyoRings. Von Vorteil sollten hier elliptische oder spindelförmige – gegenüber hexagonalen oder triangulären – Querschnitten der ICRS sein.
14.3.9
Nachsorge
Die postoperative Therapie beinhaltet antibiotische, steroidhaltige Augentropfen für etwa 4 Wochen. Bereits am ers-
14
212
Kapitel 14 · Intrakorneale Implantate
ten postoperativen Tag ist mit einer Verbesserung der Hornhautgeometrie zu rechnen. Schwankungen können jedoch mehrere Monate andauern, Stabilisation wird manchmal erst nach 6–12 Monaten erreicht. Somit sollte auch bei anfänglich nicht zufriedenstellendem Ergebnis eine Zeit zugewartet werden, bis eine mögliche Explantation in Erwägung gezogen wird. Falls indiziert, wird eine Kombination mit CXL bereits in den ersten postoperativen Wochen empfohlen. Fazit für die Praxis Intrastromale Ringsegmente ermöglichen eine sichere und effiziente Korrektur des Keratokonus und anderer Keratektasien innerhalb gewisser Grenzen. Der wesentliche Vorteil liegt in der Reversibilität, die Hornhaut erreicht nach Explantation wieder die präoperativ beobachteten Werte. Die Tunnelpräparation mit dem Femtosekundenlaser ist etwas komfortabler und präziser als die mechanische, beide Methoden erzielen jedoch eine gute Effektivität. Die Wirkung korreliert mit der Dicke der Segmente und dem Durchmesser der Ringe. Diese Parameter können entsprechend des Schweregrades des Keratokonus adjustiert werden. Eine Kombination mit kornealem Crosslinking und phaken Intraokularlinsen ist möglich. Vor einem entsprechenden Eingriff müssen die Patienten über die möglichen Komplikationen, das Nutzen-Risiko-Verhältnis und mögliche Alternativen aufgeklärt werden.
Literatur
14
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14
15
Thermokeratoplastik Videos auf DVD: ÏConduktive Keratoplastik, ÏLaserthermokeratoplastik
15.1
Einleitung T. Kohnen
– 216
15.1.1 15.1.2 15.1.3 15.1.4
Historische Entwicklung – 216 Technisches Prinzip – 217 Wundheilung nach Thermokeratoplastik Literatur – 218
15.2
Konduktive Keratoplastik O. Kermani
15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.2.4 15.2.5 15.2.6 15.2.7 15.2.8 15.2.9 15.2.10 15.2.11 15.2.12
Technisches Prinzip – 219 Vorteile und Nachteile – 219 CK und Monovision – 220 Erprobung der Monovision – 220 Indikationen und Patientenselektion – 221 Präoperative Untersuchungen und Messungen Materialien – 221 Operative Verfahren – 222 Ergebnisse – 223 Komplikationen – 224 Nachsorge – 224 Literatur – 225
15.3
Laserthermokeratoplastik T. Kohnen, O. K. Klaproth
15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5
Technisches Prinzip – 226 Vorteile und Nachteile – 226 Ergebnisse – 226 Neue Entwicklungen – 229 Literatur – 229
– 217
– 219
– 225
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_15, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 221
216
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
15.1
Einleitung T. Kohnen
15.1.1
15
Historische Entwicklung
Vor mehr als 110 Jahren, 1898, konnte Lans im Tierexperiment zeigen, dass es nach radiären nichtperforierenden Brandwunden zu Refraktionsänderungen des Auges kommt [1]. Er gilt damit auch als der Urvater der refraktiven Hornhautchirurgie wie Seiler. Er koagulierte Hornhäute in der 6-mm-Zone, d. h. kreisförmig 3 mm vom Hornhautzentrum entfernt, mit einer Bogenlänge von 90° und konnte somit 6 dpt Hornhautastigmatismus induzieren. In den ersten 3 Monaten fand eine Regression von 3 dpt statt. Der Vergleich dieses Verfahrens mit einer Geweberesektion ergab, dass die Kauterisation effektiver, aber weniger stabil und vorhersagbar war [1]. Im Jahre 1900 berichtete Terrien über die Behandlung eines ausgeprägten Astigmatismus bei einem Patienten mit TerrienMarginaldystrophie durch Kauterisation der Hornhaut [2]. 14 Jahre später, 1914, behandelte Wray erfolgreich durch Kautern einen Patienten mit 6 dpt hyperopem Astigmatismus [3], und auch O’Connor bestätigte Lans’ Entdeckung erneut 1933 [4]. Die moderne Ära der Thermokeratoplastik (TK) wurde 1964 von Stringer und Parr eingeleitet. Sie gaben die Schrumpfungstemperatur von Hornhautstromakollagen mit 55–58°C, von Sklerakollagen mit 61–62°C an [5]. In den 1970er Jahren wurde intensive Forschung zur Bewertung dieses Verfahrens für die Keratokonusbehandlung betrieben [6–12]. Die Ergebnisse waren jedoch nicht überzeugend. Der erzielte refraktive Effekt war nur vorübergehend. Verzögerte Epithelwundheilung, rezidivierende Hornhauterosionen, Gefäßneubildungen, Vernarbungen, aseptische Hornhautnekrosen, bullöse Hornhautdystrophien und fibrinöse Iritiden traten auf [13–15]. Obwohl die TK nach diesen Veröffentlichungen weiter in Missgunst geriet, berichtete Itoi 1981, dass in seinem Patientengut (750 Keratokonuspatienten) nur bei 7% nach TK eine Hornhauttransplantation durchgeführt werden musste [16]. Er war der Auffassung, dass aufgrund des geringen Hornhautspendermaterials in Japan bei jedem Keratokonuspatienten vor einer penetrierenden Keratoplastik (KPL) ein TK-Versuch durchgeführt werden sollte. Interessanterweise wird heute noch von einigen amerikanischen Ophthalmochirurgen die TK zum Abflachen des Konus vor der KPL angewendet, um so die Trepanation zu vereinfachen [17]. Die Einführung der radiären TK, entwickelt von Fyodorov und Mitarbeitern [18], weckte das Interesse an der Thermokeratoplastik erneut. Die von diesen Autoren durchgeführten Arbeiten stellen die ersten systematischen
Versuche zur Behandlung der Hyperopie dar. Es wurde eine erhitzbare Nadel ca. 90% tief in die Hornhaut eingestochen und dort auf eine nicht weiter spezifizierte Temperatur (maximal 600°C) aufgeheizt. Die klinischen Versuche zeigten hohe initiale Effekte an der Hornhaut, jedoch kam es schon nach 2 Monaten zu einer Regression [19–21]. Die Verbrennungen in der Hornhaut führten zu Narben, die zwar rückläufig, aber nach einem Jahr immer noch deutlich zu erkennen waren [20, 22]. Die ungleichmäßige Erhitzung von kornealem Gewebe sowie die Notwendigkeit der Einführung eines Fremdkörpers in die Hornhaut waren weitere Nachteile, woraufhin auch dieses Verfahren nicht weiterverfolgt, sondern nach besser zu kontrollierenden Energieapplikationssystemen gesucht wurde [23]. Der nächste entscheidende Fortschritt für die Entwicklung der TK war der Einsatz von Infrarot-Laserquellen, um kontrollierbare thermische Energie mit hoher Präzision ins Hornhautstroma zu applizieren. 1979 beschrieb Mainster ein theoretisches Modell zum Gebrauch von Lasern für die TK. Er betonte, dass mit Laserenergie eine homogenere Applikation von Wärme im Stroma erzielbar sei, ohne dabei das Epithel oder Endothel unnötig zu belasten [24]. Der Carbondioxid (CO2)-Laser mit einer Wellenlänge von 10,6 μm wurde benutzt, um stromale Erhitzung zu erzeugen, jedoch waren die refraktiven Effekte nur vorübergehend, da wahrscheinlich der größte Anteil der infraroten Strahlung des CO2-Lasers in den oberflächlichen 0,01–0,02 mm der Hornhaut absorbiert wurde [25–27]. Kanoda und Sorokin benutzten einen 1,54-μm-YttriumErbium-Glass (Yt-Er-Glass)-Laser, um tiefere Kollagenschrumpfungen zu produzieren [28]. Sie beobachteten eine Hyperopiekorrektur von über 3 dpt mit einer nur langsamen Regression in dem 12-monatigen Nachbeobachtungszeitraum. Obwohl nicht über Endothelschäden berichtet wurde, nahmen einige andere Wissenschaftler die Penetrationstiefe von ca. 1 mm zum Anlass, nach einer besser geeigneten Laserwellenlänge für die LTK zu suchen. Horn und Mitarbeiter benutzten einen Kobalt:Magnesium-FluoridLaser, der zwischen einer Wellenlänge von 1,85 und 2,20 μm einstellbar war und konnten im Tierexperiment bis zu 6 dpt Astigmatismusänderung erzielen [29]. Schließlich berichteten Koch und Mitarbeiter über ihre Resultate mit einem »Continuous-wave -Hydrogenfluorid-Laser mit einer Wellenlänge von 2,61 μm zur Myopiekorrektur bei Kaninchen und Rhesusaffe [30]. Mit den ausgewählten Behandlungsparametern konnten sie eine stabile Korrektur ohne Hinweise auf Hornhautnarben in der 3-monatigen Nachbeobachtungszeit beim Kaninchen und der einjährigen Nachbeobachtungszeit beim Rhesusaffen feststellen.
217 15.1 · Einleitung
15.1.2
Technisches Prinzip
Durch Hitze (ca. 55–60°C) werden die Eigenschaften und Strukturen der Hornhautstromakollagene verändert. Hierdurch kommt es zu einer Modifikation der vorderen Hornhautkrümmung, die so zu einer Refraktionsänderung des Auges führt. Die durchschnittliche Länge eines Kollagenfaserbündels (200 μm) schrumpft nach Koagulation um ca. 40% (. Abb. 15.1). Diese Werte beruhen auf einer empirischen Studie, die Längenveränderungen des Hornhautkollagens nach Erhitzen auf 60–70°C untersuchte. Hierdurch kann eine Refraktionsänderung des Auges – je nach Lokalisationsmuster der Herde eine myope, hyperope oder astigmatische Änderung – vorgenommen werden. Die thermische Denaturierung von Kollagen bewirkt eine Spaltung der Wasserstoffbrücken, eine partielle Auflösung der Tripelhelix-Struktur des Kollagens, »cross-linking« zwischen den Aminosäuren und eine Veränderung des Wassergehaltes der Hornhaut. Obwohl durch Hitze die Wasserstoffbrücken zerstört werden, bleibt das »cross-linking« zwischen Tropokollagenmolekülen erhalten, und die Veränderung dieser verknüpften Moleküle bewirkt die Verkürzung der Kollagenfasern. Durch den Hitzeprozess an der kollagenen Helixstruktur erfolgt eine maximale Verkürzung auf ein Drittel der Ausgangslänge. Das Maß der Schrumpfung hängt zudem noch von den mechanischen Eigenschaften des umgebenden Gewebes ab. 15.1.3
Wundheilung nach Thermokeratoplastik
Als Komplikationen der Thermokeratoplastik wurden aseptische Stromanekrose, bullöse Keratopathie, fibrinöse Iritis mit Hypopyon und Vaskularisationen angegeben [32]. Bereits mit den ersten Untersuchungen von Seiler und Mitarbeitern wurde klar, dass durch den Einsatz eines Lasers im mittleren Infrarotbereich eine Volumenkoagulation des Hornhautstromas weitgehend ohne Substanzdefekt erzielt werden kann. Obwohl sich unmittelbar nach der Laserbehandlung im Epithel oberhalb der Behandlungszone thermische Verletzung und im darunterliegenden Stroma ein Verlust der lamellären Struktur zeigten, sah man 4 Wochen später ein gut abgegrenztes, keilförmiges Areal von verändertem Stroma (ca. 80% Stromatiefe) und eine begleitende Epithelhyperplasie [33, 34]. Histologische und ultrastrukturelle Untersuchungen (Licht- und Transmissionselektronenmikroskopie) nach Holmium:YAG-Laserkoagulation von menschlichem und Kaninchenhornhautgewebe haben gezeigt, dass die Behandlung eine oberflächliche Epithelläsion, eine Verletzung der Keratozyten und eine Stimulation von umschriebenen Wundheilungsprozessen hervorruft [35]. Sowohl beim Kaninchen als auch beim Menschen konnte die Laserkoagulation des Hornhautgewebes reproduzierbar nachgewiesen werden. Im Laserareal und im umliegenden Hornhautgewebe kam es zu einer heftigen Reaktion auf die Erhitzung des Hornhautgewebes durch den Laser (. Abb. 15.2). Die Untersuchung des einzelnen Lasereffektes ergab eine anfängliche Schwellung der Hornhaut in diesem Areal. Dieser wandelte sich innerhalb von Wo-
Die Wundheilungsprozesse nach Thermokeratoplastik sind nur sehr spärlich in der Literatur dokumentiert und lassen sich wie folgt zusammenfassen [31]: 4 Epithelverdünnung 4 Verdickung der Basalmembran 4 Zerstörung der Bowman-Membran 4 Stromale Kollagenveränderungen
. Abb. 15.1 Hornhaut-Brechkraftveränderung durch Kollagenschrumpfung (55–75°C)
. Abb. 15.2 Histologische Darstellung nach LTK (gut abgegrenztes, keilförmiges Areal von verändertem Stroma (ca. 80% Stromatiefe) und eine begleitende Epithelhyperplasie. Kaninchenhornhaut, 10,7 J/cm2, eine Woche nach LTK. Das zerstörte Hornhautepithel wurde im Bereich der Wunde erneuert. Keratozyten sind in der zentralen Laserzone nicht mehr vorhanden. Aktivierte Keratozyten können an den Wundrändern zwischen behandeltem und unbehandeltem Stroma und auch unmittelbar oberhalb der DescemetMembran im Bereich einer retrokornealen Membran gefunden werden [35]
15
218
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
chen in ein Kontraktionsareal um, das für die refraktive Wirkung der LTK mitverantwortlich ist. Sowohl die tierexperimentellen als auch die mit menschlichem Spendermaterial in der Organkultur durchgeführten immunhistochemischen Untersuchungen haben hauptsächlich die Entwicklung von Kollagen Typ I bzw. seiner Vorstufe Prokollagen, gezeigt. Dies belegt die Neusynthese von Kollagenstrukturen. Um den Langzeiteffekt nach einer Laserthermokeratoplastik zu sichern, ist die anfängliche Reaktion auf die Laserkoagulation und damit der nachfolgende Wundheilungsprozess möglichst gering zu halten. Ziel ist es, die Veränderungen in der Struktur der verkürzten Kollagenfasern auf Dauer zu erhalten, um somit durch Kontraktion des Hornhautgewebes die biomechanischen Kräfte in der Hornhaut zu ändern. Eine geringere Reaktion im Hornhautgewebe bei gleichbleibendem refraktivem Effekt konnte in den vorliegenden Untersuchungen [35, 36] durch die Reduktion der Laserpulsanzahl erzielt werden. Auch sollten in Zukunft gleichzeitiges Crosslinking oder Applikation der Herde unterhalb des Epithels bessere, stabilere Ergebnisse bedingen.
15.1.4
15
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219 15.2 · Konduktive Keratoplastik
15.2
Konduktive Keratoplastik O. Kermani
Video auf DVD: ÏVideo 15.1 Konduktive Keratoplastik
15.2.1
Technisches Prinzip
> Die konduktive Keratoplastik (»conductive keratoplasty«, CK) ist eine laserfreie Technik zur Verstärkung der Hornhautbrechkraft. Hierbei wird die Hornhaut nicht abgetragen, sondern lediglich in ihrer Form verändert.
Durch Radiowellen wird Energie erzeugt, die über ein Handstück gezielt an ausgewählten Punkten kreisförmig in der mittleren Peripherie an die Kornea abgegeben wird. Im Bereich der Behandlungspunkte wird die Temperatur in der Kornea soweit erhöht, dass die Kollagenfasern sich zusammenziehen. Das erwärmte Gewebe dehydriert und der Stromwiderstand steigt. Es entsteht eine zylindrische Läsion mit exakt reproduzierbarer Geometrie. Zwischen den Läsionen bilden sich kontraktile Striae (. Abb. 15.3). Durch die ringförmige Behandlung außerhalb der optischen Zone verkleinert sich der Radius der zentralen Kornea und erhöht so deren Brechkraft.
15.2.2
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 Die CK alteriert nicht die Transparenz der optischen Zone der Hornhaut. 4 Zur Presbyopiebehandlung wird »nur« das nichtdominante Auge behandelt. Ziel ist eine gut verträgliche Monovision. Die resultierende Zunahme der negativen Asphärizität der zentralen Hornhaut führt zu einer deutlichen Verbesserung des Nahvisus, wobei der Fernvisus nur geringfügig tangiert wird. Die effektive Anisometropie bleibt somit sehr gering, was zu einer besseren Akzeptanz der Monovision führt. 4 Die CK ist geeignet für Individuen mit variabler Sehpräferenz.
4 Die Wirkung der CK ist begrenzt und nicht geeignet für Individuen mit sehr hohen Nahsehansprüchen. 4 Die CK ist durch Regression gekennzeichnet. Zeitpunkt und Ausmaß können individuell sehr verschieden sein. 4 Die bei der CK entstehende Anisometropie (Monovision) kann zu Verlust an Stereopsis und Kontrastsehen führen. Bestehende Phorien können verstärkt werden.
Ursprünglich wurde die CK-Technik als Alternative zur Laserthermokeratoplastik entwickelt, um die Weitsichtigkeit zu behandeln. Die CK wird heute jedoch fast hauptsächlich zur Presbyopiebehandlung genutzt. Es ist eine Technik, die weder die Hornhaut abträgt noch einen Linsenaustausch erforderlich macht. Die CK war die erste auf der Behandlung der Kornea basierende Technik, die insbesondere für die Reduzierung von presbyopiebedingten Symptomen geeignet ist. Die CK kommt bei Emmetropen ab dem 40. Lebensjahr zur Anwendung und ist zur Behandlung der Presbyopie von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) genehmigt und zugelassen worden. Nach der Behandlung zeigen die Patienten einen Rückgang der Symptome, ohne die funktionelle Weitsichtigkeit zu verlieren, wie es beispielsweise bei der Excimerlaser-Monovison der Fall ist. Durch die »Baby-boomer«-Generation werden sich in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Menschen mit den Problemen der Alterssichtigkeit konfrontiert sehen (allein in den Industrie- und Schwellenländern über 300 Millionen Menschen). > CK ist die Presbyopietherapie für den emmetropen Presbyopen.
Nachteile 4 Die CK als Verfahren der Presbyopiekorrektur ist auf emmetrope und leicht hyperope Augen beschränkt.
6
. Abb. 15.3 CK-Läsion postoperativ. Beachte die feinen stromalen Kontraktionsstriae, ausgehend von der Läsion
15
220
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
15.2.3
CK und Monovision
Bei der Monovision als Therapie der Presbyopie wird ein Auge auf die Nähe, das andere auf die Ferne eingestellt. Methoden, bei denen mit Monovision gearbeitet wird, sind die Kontaktlinsenkorrektur, IOL-Implantation, PRK, LASIK und die CK. Die CK zeigt gegenüber allen anderen Monovisionsverfahren die besten Ergebnisse und die größte Toleranz. Dies hat insbesondere mit dem relativ guten Fernvisus des behandelten Auges zu tun. Monovision Der Patient sollte in allen Entfernungen
scharf sehen können. Da immer nur ein Auge bei verschiedenen Entfernungen scharf sieht, sollte der Patient idealerweise in der Lage sein, die verschwommene Komponente zu unterdrücken (Suppression). Obwohl der Patient wahrscheinlich noch eine Brille benötigen wird (im Dunkeln Auto fahren; Lesen von kleiner Schrift), sollte das Verhältnis bei 85% ohne Brille und 15% mit Brille liegen, damit der Patient zufrieden ist. Patienten mit schlechten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Monovision 4 4 4 4
15
Geringe Fähigkeit der Suppression Große esophorische Verschiebungen Stark eingeschränktes Stereosehen Patienten, die Feinarbeiten durchführen, wegen nachlassendem Kontrastsehen 4 Psychologische Faktoren wie Neigung zu neurotischen Fehlhaltungen 4 Persönlichkeit mit Angst und Unsicherheit behaftet 4 Zu niedriges oder zu hohes Alter (am besten geeignet sind Patienten von 48–55 Jahren) Binokulares Sehen CK-Monovision hat nur eine geringe
Auswirkung auf das binokulare Sehen in normal beleuchteten Räumen; Probleme mit dem Binokularsehen fallen aber bei schwach beleuchteter Umgebung stärker aus. Verschwommenes Sehen Der Erfolg der Monovision hängt von der Sehqualität des fernkorrigierten dominanten Auges sowie von der Fähigkeit des Patienten ab, die verschwommenen Bilder des nicht beanspruchten Auges zu unterdrücken und nur die scharfen Bilder des jeweils anderen Auges wahrzunehmen. Dies wird bei schlechten Lichtverhältnissen erschwert. Stereosehen Das Stereosehen bei der Monovision sinkt durchschnittlich um 37 Bogensekunden im Vergleich zum binokularen Zustand. Bei einer bifokalen Kontaktlinse sinkt das Stereosehen um 50 Bogensekunden bei einer
monofokalen um 200 Bogensekunden. Bei Patienten mit erfolgloser Monovision sinkt der Wert um 50–62 Bogensekunden stärker als bei erfolgreicher Monovision. Der Wert verbessert sich zudem nach 3-wöchiger Eingewöhnung. ! Cave Der größte Nachteil der konduktiven Keratoplastik ist das eingeschränkte Stereosehen. Kontrastsehen Binokulares Kontrastsehen ist um 42% besser als monokulares Kontrastsehen. Bei erfolgreichen Monovisionpatienten verringert die Unschärfe die binokulare Summation bei mittleren und hohen Frequenzen. Wird die Unschärfe stärker, weitet sich dieser Effekt auch auf die niedrigen Frequenzen aus. Bei über 2 Dioptrien ist die binokulare Summation verloren.
! Cave Monovision ist bei Patienten, die sehr feine Arbeiten oder Arbeiten bei schlechten Lichtverhältnissen zu erledigen haben, nicht geeignet. Gesichtsfeld Monovision hat keinen Einfluss auf das periphere Sehfeld. Binokulare Fokustiefe Im Idealfall sollte ein Objekt sich bewegen können, ohne dass es unscharf wird. Bei Patienten mit keinem dominanten Auge ist die binokulare Fokustiefe entsprechend der Summe der monofokalen Fokustiefe. Bei Patienten mit einem stark ausgeprägten dominanten Auge wird das Objekt unscharf, wenn es vom dominanten Auge zum nicht dominanten Auge wechselt. Phorien Monovision-Patienten entwickeln eine leichte Esophorie für die Ferne. In der Nähe ist dies bedeutungslos, da Presbyope im Allgemeinen eine leichte bis ausgeprägte Exophorie entwickeln: 4 0–0,6 Prismendioptrien bei erfolgreicher Monovision 4 2,1–2,2 Prismendioptrien bei erfolgloser Monovision
15.2.4
Erprobung der Monovision
Monovision wird am besten mit einer Kontaktlinse getestet, da eine Brille Vergrößerungs- bzw. Verkleinerungseffekte haben kann. Der Patient sollte sich idealerweise 3 Wochen an das neue Sehen gewöhnen, bevor entschieden wird, ob die Monovision geeignet ist. Falls der Patient Probleme haben sollte, sind 2 Möglichkeiten zuerst auszuschließen 4 Die Kontaktlinse wurde nicht richtig angepasst. 4 Der Astigmatismus wurde nicht ausreichend auskorrigiert.
221 15.2 · Konduktive Keratoplastik
Nur weil der Kontaktlinsenversuch nicht erfolgreich war, bedeutet dies nicht, dass der Patient nicht für die Monovision geeignet ist. Durch eine Verringerung der Refraktion durch die Operation kann es sein, dass die Akzeptanz der Monovision verbessert wird.
15.2.5
Indikationen und Patientenselektion
Patientenseitige Voraussetzungen 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
40 Jahre und älter Keine Schwangerschaft oder Stillzeit Visus cc von wenigstens 0,5 Emmetropie oder nur leichte Hyperopie Hornhautdicke mittelperipher von 560 μm oder mehr Astigmatismus von maximal 0,75 cyl Absetzen von harten Kontaktlinsen 3 Wochen, von weichen 2 Wochen vor dem Eingriff Ausschluss einer starken Anisometropie Ausschluss eines Strabismus (Amblyopie) Ausschluss eines Keratokonus und anderer Hornhauterkrankungen Ausschluss einer Pupillendeformation Ausschluss eines sehr trockenen Auges (SiccaSyndrom)
Am besten geeignet für die CK sind Patienten 4 mit variabler Sehpräferenz, also häufig wechselnden Arbeitsabständen und Seherfordernissen, 4 mit eindeutig identifizierbarer, einseitiger Sehdominanz. > Den Patienten sind realistische Erwartungen zu vermitteln: Sie können zwar ohne Brille lesen und Dinge in der Nähe erkennen, benötigen aber für langanhaltende und anspruchsvolle Nahtätigkeit ggf. immer noch eine Sehhilfe.
15.2.6
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 Anamnese über die Sehpräferenz (Sehgewohnheiten) 4 Evaluation der subjektiven Ansprüche und Erwartungen
6
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Visus sc und cc für Nähe, intermediär und Ferne Bestimmung der Akkommodationsbreite Orthoptischer Status (Fusion, Phorie) Bestimmung der Sehdominanz (z. B. Lochtest) Hornhauttopographie (computerisiert) Spaltlampenuntersuchung vorderer Augenabschnitt Break-up-time (BUT) Schirmer I + II Tonometrie Hornhautpachymetrie zentral und peripher Untersuchung Fundus in Mydriasis Zykloplegische objektive Refraktion
Bestimmung des dominanten Auges mittels Lochtest Der
Patient wird angehalten, einen entfernt liegenden Fixationspunkt durch eine in der ausgestreckten Hand gehaltene Lochblende von 5 cm Durchmesser binokular zu fixieren. Nun wird er aufgefordert, die Lochblende zum Auge zu führen, hierbei aber die Fixation aufrecht zu erhalten. In der Regel führt der Patient die Lochblende zum Führungsauge, also dem dominanten Auge. Bestimmung der Nahaddition Die Nahaddition sollte am
besten unter Kontaktlinsen getestet werden. Es empfiehlt sich, die kleinstmögliche Hilfe zu nehmen, welche die Nahsicht noch ermöglicht. Dadurch wird die maximale binokulare Funktion gewährleistet. > 2/3-Regel: Ein 50-Jähriger mit einer 1,5-dpt-Lesebrille wird bis 1,0 dpt korrigiert.
Auch möglich ist eine Korrektur von 0,5–0,75 dpt, da dies im Allgemeinen besser toleriert wird; allerdings ist dann noch eine Lesebrille nötig.
15.2.7
Materialien
Um den Eingriff durchzuführen, benötigt man das ViewPoint-Conductive-Keratoplasty-System, bestehend aus einer tragbaren Konsole, die die Radiofrequenzenergie generiert, einem Lidhalter und dem Handstück. In das Handstück wird die sog. Keratoplastikspitze eingeführt. Diese liefert die Energie für die Behandlung, während der Lidsperrer als Rücklauf dient. Des Weiteren benötigt man noch einen Markeur, um die Punkte auf der Hornhaut zu markieren
15
15
222
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
15.2.8
Operative Verfahren
Zur Behandlung wird das View-Point-CK-System eingesetzt. Die Konsole generiert Radiofrequenzenergie (350 kHz), Dauer und Energie können eingestellt werden. Das System verfügt über eine Autokalibrierung. Zur Anwendung kommen ein wiederverwendbares, stiftförmiges Handstück mit abnehmbarem Kabel und ein Fußpedal zur Freischaltung der Energie. Ein verkabeltes Spekulum zur Lidspaltenöffnung dient gleichzeitig der Erdung des Patienten. Für jede Behandlung wird eine ergonomisch optimal angewinkelte (45° proximale und 90° distale Beugung) Einmal-Keratoplastie-Sonde mit einer Nadelspitze von 90 μm Durchmesser und 450 μm Länge verwendet. Ein spezieller Hornhautmarkierer für die exakte Positionierung der Behandlungsherde wird mit dem System bereitgestellt. Das Auge wird mit anästhesierenden Tropfen oberflächlich betäubt. Dann wird der Lidsperrer eingesetzt, um zum einen das Auge offen zu halten und zum anderen einen Stromkreislauf herzustellen. Der Patient fixiert das Mikroskoplicht, der Operateur wartet bis die Hornhaut leicht angetrocknet ist. Dann wird der mit einem sterilen Farbstift gefärbte Markeur auf die Pupillenmitte zentriert und die Hornhaut wird unter leichtem Druck markiert. Es erfolgt die Spülung der Hornhaut bis keine lösbaren Farbreste mehr zurückbleiben. Bei der Zentrierung und auch später bei der Behandlung ist darauf zu achten, dass die Fixationslinie des Auges koaxial zum Strahlengang des Mikroskops liegt. Eine Verkippung des Auges kann zu Fehlbehandlungen und Astigmatismusinduktion führen. Die Hornhautmarkierung weist den Weg für die Positionierung der Läsionen. Die Markierung zeigt einen Ring mit einem Durchmesser von 7,0 mm. Auf dem Ring befinden sich 8 gleichmäßig verteilte radiäre Skalierungslinien von 2,0 mm Länge. Die Nadel der Keratoplastiesonde wird mit leichtem Druck senkrecht zur gekrümmten Hornhautoberfläche an den Kreuzungspunkten der radiären Markierungen durch die Bowman-Schicht gestoßen (. Abb. 15.4). Die Nadellänge gibt die Tiefe des Einstiches in der Hornhaut vor. Der Druck wird vom Handstück genommen, so dass die Hornhaut nicht mehr deformiert ist, gleichwohl die Sondenspitze in deren Mitte die Nadel sitzt die Hornhaut noch berührt. Die Energie wird durch Betätigung des Fußpedals freigeschaltet, die Zeitdauer ist mit 0,6 Sekunden (0,6 Watt) vorgegeben. Es werden nacheinander jeweils zwei gegenüberliegende Läsionen gesetzt (. Abb. 15.5). Der Vorgang wird wiederholt, bis am Ende wenigstens 8 Läsionen gesetzt worden sind. Die Kontraktionsstriae sind unmittelbar erkennbar. Die Läsion selbst hat ein umschriebenes und gleichmäßiges weißliches Kolorit und zeigt keine Zeichen von Karbonisierung.
. Abb. 15.4 Operationssitus bei der CK. Die CK-Sonde am Ende des ergonomisch geformten Handstückes sollte senkrecht zur Hornhautoberfläche aufgesetzt werden
. Abb. 15.5 CK-Läsionen (zweireihig) unmittelbar nach Behandlung
Die Besonderheit der Radiowellentechnik ist darin zu sehen, dass das Gewebe bis in die Tiefe gleichmäßig um die Inzisionsnadel auf maximal 65°C erhitzt wird. Die thermische Konvektion wird entsprechend des Ohmschen Widerstandes von der Tiefe her zur Oberfläche geleitet. Eine Auswirkung auf das Endothel ist daher nicht zu befürchten. Der Läsionskegel hat immer die gleiche Geometrie (Tiefe und Durchmesser) und zeigt keinen Temperaturgradienten wie z. B. bei lasergestützten thermischen Läsionen, bei denen die Hitzeentstehung abhängig von der Absorption der Laserenergie ist. Je nach gewünschter Korrekturstärke kann das zentrale oder periphere Ende der radiären Skalierung gewählt werden. Die Standardbehandlung erfolgt auf dem Kreuzungspunkt der Skalierung mit dem Kreis. Es können maximal zwei nebeneinander liegende Läsionen auf die Skalierung gesetzt werden.
223 15.2 · Konduktive Keratoplastik
Der ganze Eingriff dauert nur wenige Minuten; es wird nur ein Auge behandelt. Postoperativ werden antibiotische Augentropfen für 1 Woche angewendet. Entzündungshemmende nicht-steroidale Augentropfen und Tränenersatzmittel werden nach Bedarf getropft. Zur Linderung der unmittelbaren postoperativen Beschwerden empfiehlt sich die Versorgung des behandelten Auges mit einer therapeutischen Kontaktlinse.
15.2.9
Ergebnisse
Eine zur FDA-Zulassung durchgeführte kontrollierte, multizentrische Studie zeigte folgende klinische Ergebnisse: Für die Studie wurden Korrekturen zwischen 1,25 und 2,25 dpt durchgeführt. Nach 6 Monaten zeigten 81% der Patienten einen unkorrigierten binokularen Nahvisus von Jaeger 2 oder besser. 90% der Patienten erreichten Jaeger 3. Der unkorrigierte binokulare Fernvisus war bei 95% der
. Abb. 15.6 OPD-Scan präoperativ. Dargestellt sind die Hornhauttopographie (oben links), die ortsaufgelöste Refraktion (OPD oben rechts), die ortsaufgelöste Darstellung der Sehfehler höherer Ord-
Patienten 1.0 oder besser; 100% der Patienten erreichten hier einen Visus von 0,8 oder besser. Nach 12 Monaten war der binokulare Nahvisus unkorrigiert in 77% Jaeger 2 oder besser. 89% erreichten Jaeger 3 verglichen mit den 15%, die dies schon vor der Operation erreicht haben. Der binokulare Fernvisus war bei 97% der Patienten 1,0 oder besser; und bei 98% der Patienten 0,8 oder besser. Die Kombination zwischen unkorrigierten, binokularem Fernvisus von 1,0 oder besser und unkorrigierten, binokularen Nahvisus von Jaeger 2 oder besser erreichten 77% Patienten nach 6 Monaten und 75% nach 12 Monaten. Die Kombination zwischen unkorrigierten, binokularem Fernvisus von 1,0 oder besser und unkorrigierten, binokularen Nahvisus von Jaeger 3 oder besser erreichten 85% Patienten nach 6 Monaten und 87% nach 12 Monaten. Es wurde kein Verlust des Kontrastsehens festgestellt. Bei allen Patienten war der bestkorrigierte Visus vor und
nung (HOA unten links) und die quantitative Analyse der Sehfehler höherer Ordnung (unten rechts)
15
224
15
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
. Abb. 15.7 OPD-Scan nach der CK. Die Hornhauttopographie (oben links) zeigt eine Brechkraftzunahme nach Aufsteilung, die ortsaufgelöste Refraktion bestätigt den Befund (OPD oben rechts), die Sehfehler höherer Ordnung (HOA unten links) zeigen verstärktes Tre-
foil und Koma und die quantitative Analyse der Sehfehler höherer Ordnung (unten rechts) errechnet eine Zunahme des rms (HOA von 0,366 μm auf 0,463 μm)
nach der Operation unverändert. 85% sind mit dem Ergebnis nach 1 Monat sehr zufrieden oder zufrieden; nach 6 Monaten sind es 84%. 90% können den Computerbildschirm ohne Brille erkennen, 86% die Menükarte und 86% die Zeitung. . Abb. 15.6 und . Abb. 15.7 zeigen exemplarisch einen prä- und postoperativen OPD-Scan.
ersten Tagen ist die Blendempfindlichkeit gesteigert und die Nachtsehfähigkeit herabgesetzt. Die Nahsicht ist unmittelbar nach der Behandlung verbessert. Eine Stabilisierung setzt in den ersten Tagen ein und ist schon nach der 4. Woche weitgehend stabil.
15.2.10
Komplikationen
Bei korrekter Indikationsstellung und Anwendung sind keine gravierenden Komplikationen zu befürchten. Infektionen trotz korrekter antibiotischer Vorsorge sind schicksalhaft. Als Nebenwirkung sind unmittelbar postoperative Schmerzen für 24–48 Stunden zu beobachten, wenn keine therapeutische Kontaktlinse aufgesetzt wird. In den ersten Wochen haben einige Patienten unter einem mehr oder weniger ausgeprägten Sicca-Syndrom zu leiden. In den
! Cave Eine fehlerhafte Behandlungstechnik kann zur Induktion von Astigmatismus und Koma sowie zu Über- oder Unterkorrektur führen. Es ist daher besonders auf die Symmetrie der Läsionen in Bezug auf die Position, aber auch auf den Einstichdruck und Einstichwinkel zu achten.
15.2.11
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf:
5 Kontrolle am 1. postoperativen Tag, dann nach 1 Woche und nach 3 Monaten
225 15.3 · Laserthermokeratoplastik
5 Therapeutische Kontaktlinse für 24 Stunden nach dem Eingriff 5 Postoperativ 1 Woche antibiotische Augentropfen, ggf. nicht-steroidale Antiphlogistika und Tränenersatz für 4–6 Wochen 4 Stabilität: Nach 4–12 Wochen ist mit einem stabilen postoperativen Ergebnis zu rechnen. 4 Retreatment: Nachbehandlungen sollten nicht vor dem 3. Monat nach der ersten Behandlung durchgeführt werden. Häufigste Indikation ist die Unterkorrektur. Bei Überkorrektur ist auf die natürliche Regression zu warten. Voraussetzung für ein Retreatment ist ein unkomplizierter Erstverlauf. Es können bis zu zwei Nachbehandlungen risikofrei durchgeführt werden. Die Läsionen sollten bei der Nachbehandlung nicht an die gleiche Stelle wie bei der Erstbehandlung gesetzt werden. Fazit für die Praxis Die CK ist ein Verfahren zur Korrektur der Presbyopie bei Emmetropen bzw. leicht hyperopen Individuen. Optisches Prinzip der CK ist die Monovision. Nur das »nicht-dominante« Auge wird in seiner Brechkraft verstärkt und leicht myopisiert. Die CK ist ein Verfahren mit geringer Invasivität, die optische zentrale Zone der Hornhaut wird nicht direkt alteriert. Als thermisches Verfahren ist die CK geprägt von einer signifikanten Regression. Das Verfahren kann zur Verstärkung oder Auffrischung mehrfach angewendet werden.
15.2.12
Literatur
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15.3
Laserthermokeratoplastik T. Kohnen, O. K. Klaproth
Im Jahr 1990 publizierten Seiler und Mitarbeiter die ersten Resultate der Laserthermokeratoplastik (LTK) beim Menschen. Vier blinde Augen wurden mit einem gepulsten Holmium:Yttrium-Aluminium-Garnet (Ho:YAG)-Laser mit einer Wellenlänge von 2,06 μm behandelt [1]. Die Autoren erreichten hyperope Korrekturen von bis zu 5 dpt, die für 4 Monate stabil waren und postulierten, dass die richtige Laserwellenlänge für eine sichere und effektive LTK von außerordentlicher Bedeutung sei. Die 2,06-μmWellenlänge des Ho:YAG-Lasers bewirkt eine Penetrationstiefe im Hornhautgewebe von 300–400 μm. Bei rich-
15
226
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
tiger Applikation dieser Energie wird man idealerweise tiefe kontrollierbare Koagulationszonen anlegen können, ohne das umliegende Gewebe zu stark zu schädigen [2, 3]. Ein fokussierter Ho:YAG-Laserstrahl produziert ein kegelförmiges Koagulationsprofil in der Hornhaut [1]. Dies führt zu einer stärkeren Kollagenfaserschrumpfung im vorderen als im hinteren Stroma, wodurch ein stärkerer refraktiver Effekt und eine bessere Langzeitstabilität erzielt werden sollte [1]. Die 1-Jahres-Ergebnisse mit diesem Laser zeigten eine Korrektur von 2–4 dpt [4]. Seiler sah eine Regression von ungefähr 1,5 dpt in den ersten 6 Monaten mit refraktiver Stabilität zwischen dem 6. und 12. Monat. Diese Untersuchungen ließen hoffen, dass stabile Hornhautveränderungen erzielt werden können, falls die stromale Erhitzung mit optimaler Stärke und ausreichender Tiefe erzielt werden kann.
15.3.1
Technisches Prinzip
4 stärkere Überkorrektur, der ehemals Weitsichtige wird also zunächst kurzsichtig. Zudem kann es in einigen Fällen zum Auftreten eines Astigmatismus kommen, der sich aber üblicherweise zurückbildet. Schwere Nebenwirkungen mit deutlicher Verschlechterung des Sehvermögens sind bisher nicht beobachtet worden und sehr unwahrscheinlich.
15.3.3
Ergebnisse
Die LTK wurde mit einer Anzahl von Lasern durchgeführt: Carbon-Dioxid, Kobalt:Magnesium-Fluorid, Hydrogenfluorid, Erbium:Glass und Holmium:YAG. Die brauchbare Wellenlänge für die Laserthermokeratoplastik liegt zwischen 1,5 und 2,3 μm. Allen Lasern gemeinsam ist die Applikation von Laserenergie in die Hornhaut entweder mit einem optischen Führungssystem (. Abb. 15.8) oder mit
Die LTK ist eine Lasertechnik (sog. Holmium- oder Diodenlaser) zur Veränderung der Hornhautbrechkraft. Einen entscheidenden Fortschritt der Thermokeratoplastik-Verfahren stellte die Anwendung von Lasern dar, mit denen eine kontrollierbare und schonende Volumenkoagulation des Hornhautstromas vorgenommen werden konnte [5].
15.3.2
Vorteile und Nachteile
Vorteile
15
4 Die LTK alteriert nicht die Transparenz der optischen Zone der Hornhaut. 4 Die LTK wird mit dem entsprechenden Laser kontaktfrei durchgeführt.
Nachteile
. Abb. 15.8 Ho:YAG-Laser: kontaktfreie Verfahren mittels Spaltlampenapplikationssystem, hier Sunrise Sun 1000
4 Es kommt nach LTK zunächst zu einer stärkeren Überkorrektur, die im Laufe der folgenden Monate und Jahre langsam nachlässt. Das endgültige Ergebnis wird somit erst nach ca. 9–12 Monaten erreicht. In einigen Fällen kommt es zur vollständigen Rückbildung dieses Effektes. Die Korrektur des Astigmatismus wurde ebenfalls erprobt, bisher liegen aber noch keine ausreichenden Ergebnisse vor. Die Korrektur einer höheren Hyperopie ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht möglich. 4 In den ersten Stunden kann es zu mäßigen Schmerzen kommen. Typischerweise erfolgt eine
6 . Abb. 15.9 Ho:YAG-Laser: Kontaktverfahren
227 15.3 · Laserthermokeratoplastik
einem Kontaktglas (. Abb. 15.9). Das Laserlicht wird absorbiert und in Hitze umgewandelt, welche dann zur Kollagenschrumpfung führt. In-vitro-Experimente am Schweineauge zeigten, dass mit einem kontaktfreien Holmium:YAG-Laser (Wellenlänge: 2,13 μm, Pulsdauer: 250 msec, Pulsfrequenz: 10, Repetitionsrate: 5 Hz) bei einer Laseranzahl von 4–8 Herden mit einer Behandlungszone von 3 und 3,5 mm eine zentrale Hornhautabflachung (hyperopisierender Effekt) von 9 dpt erreicht werden kann. Kein Effekt wurde bei einer Behandlungszone von 4–4,5 mm erzielt, bei 5 mm und mehr wurde die Hornhaut um mehr als 4 dpt steiler (myopisierender Effekt). Dieser letztere Effekt konnte durch die Erhöhung der Laserherde auf 16 und durch eine zweite, weiter peripher gelegene Laserreihe verstärkt werden [6]. Eine weitere tierexperimentelle Studie am Schweineauge zeigte für 8 symmetrische Koagulationsherde bei einer 7-mm-Zone eine Refraktionsänderung von –2,6 ± 0,5 dpt, bei einer 6-mm-Zone von –3,8±0,8 dpt, bei einer 5-mm-Zone von –3,9±1,1 dpt, bei einer 3,5-mm-Zone von +5,9±1,9 dpt und bei einer 3-mm-Zone von +10,0± 13,3 dpt [7]. Moreira fand nach LTK im Kontaktverfahren an 40 enukleierten Augen eine zentrale Hornhautabflachung, die mit der Größe der Behandlungszone (3–7 mm) abfiel [8]. Das Ausmaß der Refraktionsänderung ist nach Seiler (Holmium-Hyperopiebehandlung mit optischer Zone von >5 mm) invers proportional zum Radius des inneren Rings [1, 9]. Bei einer 8-mm-Behandlungszone fand er eine Dioptrienänderung von ca. +2,0 dpt, bei 5 mm von +5,0 dpt. Der zweite Ring soll durch die Kollagenschrumpfung um den inneren Ring eine isometrische Spannung erzeugen, und das Refraktionsergebnis verstärken und stabilisieren helfen. Die Anwendung eines gepulsten Holmium:YAG-Lasers, der eine Infrarotstrahlung emittiert, wird zur Erzeugung von Koagulation im Hornhautstroma wurde oft favorisiert. Die Wahl der Wellenlänge des Holmium-Lasers basiert auf der Kenntnis, dass 2,06 μm Infrarotlicht zwischen 300 und 400 μm tief in korneales Gewebe eindringt. Dies ist die ideale Tiefe, um kontrollierte Koagulationszonen im Hornhautstroma zu erzeugen. Außerdem hat die eingesetzte Laserenergie durch seine Wellenlänge im mittleren Infrarotbereich eine besonders starke Absorption im stark wasserhaltigen Hornhautstroma. Einer der Vorteile des Holmium:YAG-Lasers ist, dass eine Technologie benutzt wird, die in Produktion und Wartung relativ kostengünstig ist und außerdem eine hohe Sicherheit und Anwenderfreundlichkeit bietet. Es wurden im Wesentlichen 2 unterschiedliche Anwendungssysteme für den Holmium-Laser untersucht: das Kontaktverfahren und das kontaktfreie Verfahren. Das Kontaktverfahren erlaubt eine sequenzielle Applikation
. Abb. 15.10 Ho:YAG-Laser: Behandlungsmuster: 8 Herde auf der 6-mm-Zone, 5–10 Pulse (1–2 s), Gesamtenergie 210–260 mJ. Spannungslinien sind zwischen den Herden zu erkennen
von Laserpulsen an individuell vormarkierten Herden unter Verwendung einer handgehaltenen Fiberoptik (. Abb. 15.9 ), das kontaktfreie Verfahren mittels Spaltlampenapplikationssystem (. Abb. 15.8) die gleichzeitige Applikation von Laserenergie auf die Hornhaut. Ein typisches Behandlungsmuster sieht zwei Ringe von jeweils 8 oder 16 μm um die optische Achse zentrierten Koagulationsherden vor (. Abb. 15.10 und . Abb. 15.11). Der zweite Ring soll durch die Kollagenschrumpfung um den inneren Ring eine isometrische Spannung erzeugen und das Refraktionsergebnis verstärken und stabilisieren [10–16]. Bei 100 Patientenaugen von 92 Patienten wurde eine kontaktfreie Ho:YAG-LTK durchgeführt und die Patienten bis zu 2 Jahre ausführlich nachuntersucht. Bei einer Applikation von zwei Laserringen (je 8 oktagonal angeordnete Laserherde, Laserherddurchmesser von 600 μm) in einem radiären Muster auf der 6- und 7-mm-Hornhautzone konnte bei Patienten über 40 Jahren eine Hyperopiekorrektur von bis zu +3,0 dpt erzielt werden. Hornhauttopographisch bewirkt die LTK eine zentrale Hornhautaufsteilung mit resultierender Brechkraftzunahme sowie eine periphere Hornhautabflachung (. Abb. 15.12). Die optisch aufgesteilte Zone ist relativ groß, was einen Vorteil gegenüber anderen refraktiven Hornhautverfahren wie der hyperopen PRK und LASIK darstellen kann. > Die LTK zeichnet sich durch ihre hohe Sicherheit (100 Patientenaugen ohne schwerwiegende Komplikationen), gute Effektivität im Bereich bis zu +2,5 dpt Hyperopie, einfache und schnelle Durchführbarkeit (im kontaktfreien Modus ist die Behandlungsdauer pro Ring kürzer als 2 Sekunden) und gute Verträglichkeit beim Patienten aus.
Die Hornhaut bleibt auf einer zentralen Zone von ca. 5 mm unbehandelt, wodurch eine gute optische Qualität der zen-
15
228
Kapitel 15 · Thermokeratoplastik
a
b
c
d
. Abb. 15.11a–d Spaltlampenphotographische Aufnahmen nach Ho:YAG-Doppelringbehandlung auf der 6- und 7-mm-Zone. a Sofort nach der Behandlung. b Nach 6 Monaten. c Nach 2 Jahren. d Nach 5 Jahren. Am ersten Tage ist eine dichte Epithel- und moderate Stroma-
trübung an den Behandlungsherden zu sehen, nach 6 und 24 Monaten ist das Epithel klar und die stromalen Trübungen nur noch leicht erkennbar. Nach 5 Jahren sind die Behandlungsareale nur noch zu erahnen
15
a
b
c
d
. Abb. 15.12a–d Computerisierte Videokeratographie nach Doppelringbehandlung. a (oben links): präoperativ, b (oben rechts): 1 Jahr postoperativ, c 2 Jahr postoperativ (unten links). d 3 Jahr postopera-
tiv (unten rechts). Die Änderung der zentralen Hornhautbrechkraft nach einem Jahr beträgt 3,11 dpt. Der Effekt lässt aber dann wieder nach [16]
229 15.3 · Laserthermokeratoplastik
tralen Hornhaut gewährleistet bleibt. Der Hauptnachteil des Verfahrens besteht in einer anfänglichen Überkorrektur bei den meisten Patienten, einer noch zu verbessernden Vorhersagbarkeit des Behandlungseffektes sowie der Regression des refraktiven Effektes über einen längeren Zeitraum (. Abb. 15.12 und . Abb. 15.11). Die 2-Jahres-Ergebnisse haben deutlich gemacht, dass nach spätestens 180 Tagen die Regressionsentwicklung weitgehend abgeschlossen ist und eine dauerhafte Korrektur der Hyperopie im niedrigen Bereich möglich ist. Aktuelle Langzeitergebnisse mit der LTK liegen nur in sehr geringer Zahl vor. Eine Studie von Papadopoulos aus dem Jahre 2005 [17] zeigte z. B. »akzeptable« 2-Jahres-Ergebnisse nach kontaktloser LTK, mit einer Regression des sphärischen Äquivalentes von –0,09 dpt nach einem Monat auf +0,315 dpt nach 2 Jahren.
15.3.4
Neue Entwicklungen
Als neuartiges Verfahren, ähnlich der CK oder der LTK befindet sich seit kurzem die Mikrowellenkeratoplastik in der Erprobung. Bei dieser Technik werden zirkuläre oder segmentiert zirkuläre mittelperiphere Hornhautareale (in ihrer Geometrie durchaus ähnlich den intrakornealen Ringsegmenten) mit Mikrowellen bestrahlt. Das Hornhautepithel bleibt dabei intakt, die Mikrowellen wirken sich lediglich durch eine Temperaturerhöhung im vorderen Anteil des Stromas aus, wo sie zu einer antero-posterioren Auffächerung sowie einer Verkürzung der Kollagenfasern führen. Ebenfalls ähnlich wie bei intrakornealen Ringsegmenten kommt es zu einer Verkürzung der kornealen Bogenlänge. Korrigiert werden können so Hyperopien, Myopien sowie reguläre und auch irreguläre Astigmatismen, zum Beispiel auch ein Keratokonus. Um einer Regression vorzubeugen, wird direkt nach der Mikrowellenapplikation ein (lokal angewandtes) UV Riboflavin Crosslinking durchgeführt [18]. Studien zur Effektivität des Verfahrens im klinischen Alltag werden derzeit durchgeführt. Fazit für die Praxis Die mäßige Vorhersagbarkeit im Vergleich zu heutigen keratorefraktiven Verfahren sowie die Regression machen die LTK heute zu einem selten angewandten Verfahren. Bei Kataraktpatienten mit vorangegangener LTK ist jedoch die Kenntnis des veränderten Verhältnisses der kornealen Krümmungsradien für die IOL-Kalkulation unabdingbar (7 Kap. 18).
15.3.5
Literatur
1. Seiler T, Matallana M, Bende T (1990) Laser thermokeratoplasty by means of a pulsed holmium:YAG laser for hyperopic correction. Refract Corneal Surg 6(5):335–9 2. Durrie DS, Seiler T, King MC, Sacharoff AC, Hunkeler JD, Muller DF (1992) Application of the holmium:YAG laser for refractive surgery. SPIE Proc 1644:56–60 3. Zhou Z, Ren QS, Simon G, Parel JM (1992) Thermal modeling of laser photothermo-keratoplasty (LPTK). SPIE Proc 1644:61–71 4. Seiler T (1992) Ho:YAG laser thermokeratoplasty for hyperopia. Ophthalmology Clinics of North America 5:773–80 5. Seiler T, Matallana M, Bende T (1991) Laserkoagulation der Hornhaut mit dem Holmium:YAG-Laser zur Hyperopiekorrektur. Fortsch Ophthalmol 88:121–4 6. Koch DD, Abarca A, Menefee RF, Berry MJ (1993) Ho:YAG laser thermal keratoplasty: in vitro experiments. Invest Ophthalmol Vis Sci 34:1246 7. Schmidt W, Schmidt K (1994) Treatment of myopia, hyperopia, and astigmatism by non-contact pulsed holmium:YAG laser thermal keratoplasty (LTK): a refractive study in pig eyes. Invest Ophthalmol Vis Sci 35:2021 8. Moreira H, Campos M, Sawusch MR, Donnell JMM, Sand B, Donnell PJM (1993) Holmium laser thremokeratoplasty. Ophthalmology 100:752–61 9. Seiler T (1996) Hyperopia correction by noncontact holmium: YAG laser thermal keratoplasty. United States Phase IIa clinical study with 1-year follow-up (discussion). Ophthalmology 103: 1525–36 10. Kohnen T (1999) Holmium:YAG-Laserthermokeratoplastik für die Hyperopiebehandlung: Histologische, ultrastrukturelle, immunhistochemische und klinische Untersuchungen. Habilitationssschrift. Goethe-Universität, Frankfurt am Main 11. Koch DD, Abarca A, Villarreal R, Menefee R, Kohnen T, Vassiliadis A, et al. (1996) Hyperopia correction by noncontact holmium: YAG laser thermal keratoplasty. Clinical study with two-year follow-up. Ophthalmology 103(5):731–40 12. Koch DD, Kohnen T, McDonnell PJ, Menefee RF, Berry MJ (1996) Hyperopia correction by noncontact holmium:YAG laser thermal keratoplasty. United States phase IIA clinical study with a 1-year follow-up. Ophthalmology 103(10):1525–35; discussion 36 13. Kohnen T, Koch DD, McDonnell PJ, Menefee RF, Berry MJ (1997) Noncontact holmium:YAG laser thermal keratoplasty to correct hyperopia: 18-month follow-up. Ophthalmologica 211(5):274–82 14. Kohnen T, Villarreal RT, Menefee R, Berry M, Koch DD (1997) Hyperopia correction by noncontact holmium: YAG laser thermal keratoplasty: five-pulse treatments with 1-year follow-up. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 235(11):702–8 15. Vinciguerra P, Kohnen T, Azzolini M, Radice P, Epstein D, Koch DD (1998) Comparison of radial and staggered treatment patterns for the correction of hyperopia in noncontact holmium:YAG laser thermal keratoplasty. J Cataract Refract Surg 24:21–30 16. Kohnen T, Husain SE, Koch DD (1996) Corneal topographic changes after noncontact holmium:YAG laser thermal keratoplasty to correct hyperopia. J Cataract Refract Surg 22(4):427–35 17. Papadopoulos NT, Balidis M, Brazitikos PD, Androudi S, Fotiadis K, Kalinderis KA, et al. (2005) Non-contact holmium:YAG laser thermal keratoplasty for hyperopia: two-year follow-up. J Refract Surg 21(1):82–6 18. Barsam A, Patmore A, Muller D, Marshall J (2010) Keratorefractive effect of microwave keratoplasty on human corneas. J Cataract Refract Surg 36:472–476
15
III
Refraktive Intraokularchirurgie Kapitel 16
Phake Intraokularlinsen – 233 T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
Kapitel 17
Refraktive Intraokularchirurgie T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
Kapitel 18
IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie – 265 M. Shirayama, L. Wang, D. D. Koch Übersetzt von B. Scherff, O. K. Klaproth, T. Kohnen
Kapitel 19
Komplikationen der Intraokularchirurgie T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
– 253
– 275
16
Phake Intraokularlinsen Videos auf DVD: ÏKammerwinkelfixiert, Cachet, ÏIrisfixiert, tor. Artisan, rigide, ÏIrisfixiert, Artiflex, faltbar, ÏHinterkammer, sulcusfixiert, ICL, ÏHinterkammer, schwimmend, PRL
16.1
Prinzipien und Operationsmethoden T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
– 234
16.1.1 16.1.2 16.1.3 16.1.4 16.1.5 16.1.6
Einleitung – 234 Kammerwinkelgestützte phake Vorderkammerlinsen Irisfixierte phake Vorderkammerlinsen – 238 Phake Hinterkammerlinsen – 240 Bioptics – 243 Literatur – 243
16.2
Ergebnisse – 244 T. Kohnen, O. K. Klaproth, D. Kook
16.2.1 16.2.2 16.2.3
Einleitung – 244 Ergebnisse nach Implantation phaker Linsen Literatur – 245
– 245
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_16, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 234
234
Kapitel 16 · Phake Intraokularlinsen
16.1
Prinzipien und Operationsmethoden T. Kohnen, D. Kook, O. K. Klaproth
16.1.1
Einleitung
Sind bei refraktiven Patienten keratorefraktive Verfahren (7 Sektion II) oder der refraktive Linsenaustausch (7 Kap. 17) kontraindiziert, weil die benötigten Excimerlaserablationen zu große Gewebeabträge annehmen oder eine funktionstüchtige und klare natürliche Linse, besonders bei mittlerer bis hoher Myopie, entfernt werden müsste, ist die Implantation von phaken Intraokularlinsen (pIOL) das Verfahren der Wahl. pIOL bieten die Möglichkeit auch besagte Myopien mit guten visuellen Ergebnissen bei vollständigem Erhalt der Akkommodation und geringer Komplikationsrate reversibel zu korrigieren [1, 2]. Es werden drei Arten phaker IOL unterschieden: Kammerwinkelgestützte Vorderkammerlinsen, irisfixierte Vorderkammerlinsen und Hinterkammerlinsen (sulkusgestützt oder schwebend) (. Abb. 16.1) [1, 2]. Jede Variante hat eigene Anwendungsbereiche, Operationstechniken, Ergebnisse und Komplikationen. . Tab. 16.1 bietet eine Übersicht über aktuelle Modelle mit FDA- und/oder CE-Zulassung. Im folgenden Kapitel liegt der Schwerpunkt auf solchen pIOL, die aktuell als gängige Implantate gelten.
16.1.2
16
a
b
Kammerwinkelgestützte phake Vorderkammerlinsen
Bereits 1953 wurde von Strampelli [3] die erste phake Linse zur Myopiekorrektur implantiert. Im Jahr 1959 berichtete Barrequer von 239 Implantationen [4]. Obwohl die ersten Ergebnisse sehr vielversprechend waren, mussten dennoch viele der pIOL wieder explantiert werden. Ursächlich hierfür waren schwere Komplikationen wie ein starker chronischer Endothelzellverlust, Pupillenverziehungen und -atrophien, periphere anteriore Synechien und Uveitis-Glaukom-Hyphäma-Syndrome. In den 1980er- und 1990er-Jahren wurden dann verschiedene Polymethylmethacrylat (PMMA)-Implantate eingeführt, die allerdings alle nach und nach aufgrund unakzeptabel hoher Komplikationsraten wieder vom Markt genommen wurden. Zu nennen sind hier die Implantate ZB, ZB5M (beide Domilens), die NuVita (Bausch und Lomb), die ZSAL-4 (Morcher) und die SafetyFlex (Ophthalmic Innovations International), die Vivarte/GBR (Ioltech) und die I-Care (Corneal Laboratories). Um das Problem starker durch die Implantationsinzision chirurgisch induzierter kornealer Astigmatismen besser zu beherrschen, wurden faltbare kammerwinkelge-
c . Abb. 16.1a–c Scheimpflug- und OCT-Aufnahmen verschiedener phaker Intraokularlinsen. a Phake kammerwinkelgestützte Vorderkammerlinse Cachet (Alcon). b Phake irisfixierte Vorderkammerlinse Artisan (Ophtec). c Phake sulkusgestützte Hinterkammerlinse ICL (STAAR Surgical)
stützte pIOL für die Implantation durch möglichst kleine Schnitte entwickelt. Diese Inzisionen sind meist kleiner als 3 mm. Die Haptiken dieser pIOL wiederum müssen allerdings eine gewisse Steifigkeit besitzen, um einen sicheren Sitz der pIOL im Kammerwinkel zu gewährleisten. Seit diese faltbaren kammerwinkelgestützten pIOL erhältlich sind, werden die PMMA-Modelle praktisch nicht mehr eingesetzt. Die AcrySof Cachet und die Kelman-Duet-pIOL sind CE-zertifiziert und somit zur Implantation auch in Deutschland zugelassen. Die ThinPhAc und die Vision
235 16.1 · Prinzipien und Operationsmethoden
. Tab. 16.1 Phake Intraokularlinsen mit FDA- oder CE-Zulassung Handelsname
FDA/CE
Material
Brechkraft (dpt)
Optikdurchmesser (mm)
Gesamtdurchmesser (mm)
Kammerwinkelgestützte Vorderkammer pIOL
Kelman Duet
–/+
PMMA-Haptiken Silikonoptik
–8 bis –20
5,5
12,5–13,5
AcrySof Cachet
–/+
Hydrophiles Acrylat, einstückig
–6 bis –16,5
6
12,5–14,0
Irisfixierte Vorderkammer pIOL
Verisyse/ Artisan
+/+
PMMA, einstückig
–3 bis –15,5
6
8,5
–16 bis –23,5
5
+1 bis +12
5
Torisch +12 bis – 23,5, Torus +1 bis +7
5
HinterkammerpIOL
Veriflex/ Artiflex
–/+
PMMA-Haptiken Polysiloxanoptik
–2 bis –14,5
6
8,5
ICL
+/+
Kollamer
–3 bis –23,0; Torus +1 bis +6
4,65–5,5*
11,5–13,0
+3 bis +22
5,5
11,0–12,5
Silikon
–3 bis –20
4,5–5,5*
10,8 und 11,3
+3 bis +15
4,5
10,6
+3 bis +15
PRL
–/+
* Abhängig von der dioptrischen Wirkung.
Membrane werden im Moment im Rahmen klinischer Studien in Europa getestet. Kelman Duet Die Kelman Duet (Tekia, Irvine, CA, USA)
ist ein zweistückiges Implantat. Sie besteht zum einen aus einem dreibeinigen PMMA-Haptik-Ringelement, zum anderen aus einer Silikonoptik mit UV-Filter (. Abb. 16.2a). Es wird zunächst die Haptik durch eine Inzision
a
21 Jahre
Akute Pathologie des vorderen Augenabschnittes
Refraktionsstabilität (1 Jahr, ±0,5 dpt sphärisches Äquivalent) Kammerwinkel ≥30º Endothelzellzahl >2300 Z/mm2: (>2500 Z/mm2 falls >21 Jahre, >2000 falls >40 Jahre) . Abb. 16.3 Phake kammerwinkelgestützte hydrophobe Intraokularlinse AcrySof Cachet (mit freundlicher Genehmigung von Alcon)
AcrySof Cachet Die Acrysof-Cachet-pIOL (Alcon Laboratories, Inc., Fort Worth, TX, USA) ist eine kammerwinkelgestützte, einstückige, faltbare, hydrophobe AcrylatpIOL, die zwar relativ neu ist, allerdings in einer internationalen multzentrischen Studie über bis zu 4 Jahre hervorragende Ergebnisse zeigt (. Abb. 16.3) [5, 6].
Präoperative Evaluation
16
Die präoperative Evaluation ist im Wesentlichen bei allen refraktiv chirurgischen Eingriffen identisch. Folgende Messungen sollten dabei als klinischer Mindeststandard für pIOL angesehen werden: 4 Subjektive Refraktionsbestimmung 4 Refraktionsbestimmung in Zykloplegie 4 Visus sine correctione 4 Visus cum correctione 4 Pupillometrie 4 Applanationstonometrie 4 Messung der Vorderkammertiefe ohne Zykloplegie (optische Biometrie – IOL-Master) 4 Korneale Topographie 4 Pachymetrie 4 Endothelzellmikroskopie 4 Funduskopie 4 Begutachtung des vorderen Augenabschnitts an der Spaltlampe
Ein- und Ausschlusskriterien In . Tab. 16.2 werden spezielle Ein- und Ausschlusskriterien für die Implantation von pIOL aufgeführt. Diese gelten, mit Ausnahme des Kammerwinkeldurchmessers und der Vorderkammertiefe (. Tab. 16.3), für alle Arten von pIOL. pIOL-Berechnung und Auswahl des geeigneten Gesamtdurchmessers Die Theorie hinter der Berechnung phaker
Keine Funktionsanomalien der Iris
Chronische Uveitis Klinisch signifikante Katarakt Vorhergehende korneale oder Intraokulare Chirurgie IOD >21 mmHg oder Glaukom Präexistente Makula- oder Netzhautpathologie Systemische Erkrankungen
Mesopische Pupillengröße 2,7 mm
Artisan-Verisyse/ Artiflex-Veriflex
≥2,7 mm
Implantable Collamer Lens
≥2,8 mm bei Myopie, ≥3 mm bei Hyperopie
Phakic Refractive Lens
≥2,5 mm
IOL wurde von van der Heijde ursprünglich für irisfixierte pIOL vorgeschlagen [7, 8]. Dessen Prinzipien lassen sich allerdings auch auf phake kammerwinkelgestützte Implantate übertragen. Für die pIOL-Berechnung werden die Parameter Refraktion, Keratometrie und zentrale Vorderkammertiefe herangezogen. Die pIOL-Hersteller bieten basierend auf empirischen Daten entsprechende Kalkulationsnomogramme an. Der Gesamtdurchmesser der Implantate richtet sich nach dem Durchmesser der Vorderkammer. > Durch die Anpassung der Implantatsgröße an den Kammerwinkeldurchmesser wird sowohl ein stabiler Sitz als auch eine möglichst geringe Belastung des Kammerwinkels gewährleistet, um Pupillenentrundungen vorzubeugen.
Heute ist die Bestimmung des Kammerwinkeldurchmessers mit bildgebenden Verfahren wie optischer Kurzkohärenztomographie, Ultraschallbiomikroskopie oder
237 16.1 · Prinzipien und Operationsmethoden
a
b
c
d
e
Scheimplugkameras möglich. Stehen diese Optionen nicht zur Verfügung, so empfiehlt sich eine Abschätzung des Kammerwinkeldurchmessers über die Bestimmung des Hornhautdurchmessers (»white-to-white distance«; WTW). Dieser kann mit begrenzter Genauigkeit manuell erfolgen oder, was die bessere weil genauere Variante darstellt [9], automatisiert werden. Die gängigsten Geräte zur
. Abb. 16.4a–e Implantation der phaken kammerwinkelgestützten Vorderkammerlinse Cachet (Alcon). a Laden der pIOL in das Injektorsystem. b Entlassen der pIOL in die Vorderkammer durch eine »clear-cornea«-Inzision ohne Parazentesen. c,d Nach Entfernung des Injektors befinden sich die Haptikfüße noch außerhalb des Auges. Mit einem Spatel werden die Füßchen nun nacheinander leicht schräg ins Auge eingeführt, um den Druck auf den Kammerwinkel der anderen Seite so gering wie möglich zu gestalten. e Hydratation der Inzision. Eine Iridotomie/Iridektomie ist nicht zwingend erforderlich
Bestimmung des wtw Abstandes sind der IOL-Master von Carl Zeiss Meditec, der Orbscan von Bausch und Lomb oder die PENTACAM von Oculus. Der pIOL-Durchmesser ergibt sich annähernd aus der Formel [10]: dIOL = wtw + (0,5 bis 1,0) mm
16
238
Kapitel 16 · Phake Intraokularlinsen
Implantation rigider, kammerwinkelgestützter pIOL Rigide (hartflexible) nicht faltbare pIOL werden allgemein durch korneale oder korneosklerale Inzisionen implantiert. Dabei ist aufgrund der großen Inzisionen (abhängig vom Durchmesser der pIOL-Optik) auf den induzierten Astigmatismus zu achten. Die Engstellung der Pupille erfolgt präoperativ durch Pilokarpin 1% oder intrakameral durch Acetylcholin. Um die Vorderkammer aufzustellen und das Endothel sowie die natürliche Linse während der Operation zu schützen, wird vor der eigentlichen Implantation viskoelastische Substanz in die Vorderkammer injiziert. Anschließend wird die pIOL mit Hilfe eine Pinzette implantiert und mit einem Sinskey-Haken feinpositioniert. Dabei muss jede Form der Pupillenovalisation vermieden werden. Nachdem die Inzision selbst vernäht ist, muss die viskoelastische Substanz entfernt werden.
Implantation faltbarer, kammerwinkelfixierter pIOL Kelman Duet Die einzelnen Komponenten der Kelman
Duet werden nacheinander implantiert. Zunächst werden bei 3 und 9 Uhr zwei 1 mm »Clear-cornea«-Inzisionen angelegt. Durch eine dieser Inzisionen wird die Haptik mit einer Pinzette in den Kammerwinkel positioniert. Anschließend wird superior eine eine 3 mm »Clear-cornea«Inzision zur Implantation der Optik angelegt. Die Optik wird mittels je zweier Clips an der Haptik fixiert.
16
Acrysof Cachet Um eine mögliche Berührung der pIOL mit der natürlichen Augenlinse zu vermeiden, wird vor der Implantation die intrakamerale Gabe von Pilokarpin 2% empfohlen. Die IOL kann unter topischer, retrobulbärer, peribulbärer oder Gelanästhesie erfolgen. (Die Durchmesserberechnung kann durch Messung des Hornhautdurchmessers erfolgen, da die Fußplättchen der Linse eventuelle Größenunterschiede durch deren Flexibilität bis zu einem gewissen Maß gut ausgleichen.) Der Zugang zur Vorderkammer kann ab einer 2,6 mm Hornhauttunnelinzision erfolgen. Diese wird entweder superior angelegt, oder erfolgt zur Astigmatismuskorrektur auf dem steilen Hauptschnitt. Eine 2,6 mm Inzision erlaubt allerdings nur Korrekturen im Bereich von etwa 0,25 dpt Astigmatismus. Bei erweiterter Pupille wird viskoelastische Substanz injiziert. Postoperativ sollte für 1–4 Wochen die Gabe von Antibiotika und Steroiden erfolgen. Iridotomien oder Iridektomien sind nicht zwingend erforderlich. (. Abb. 16.4)
16.1.3
Irisfixierte phake Vorderkammerlinsen
Ursprünglich wurden die irisfixierten Intraokularlinsen zur Aphakiekorrektur nach intrakapsulärer Kataraktextraktion eingesetzt. Die ersten Modelle, beginnend ab 1953 mit den Binkhorst-Medaillon-IOL, wurden mit Problemen wie zystoidem Makulaödemen, Hornhautdekompensationen, pIOL Dislokationen, Uveitis und Glaukomen assoziiert [11]. 1978 wurde dann von Worst die erste irisfixierte »Lobster-claw«-pIOL eingeführt. 1986 implantierten Fechner und Worst die IOL erstmals ins phake myope Auge [12]. Das Design dieser pIOL hat sich bis heute nicht wesentlich verändert.
Phake irisfixierte Vorderkammerlinsen aus PMMA Die Artisan-pIOL (Ophtec B.V., Groningen, Niederlande) bzw. die baugleiche Verisyse-pIOL (Abbott Laboratories, Abbott Park, Il, USA) ist eine einstückige, nicht faltbare Linse aus Perspex CQ-UV, einem UV absorbierendem PMMA Material. Erhältlich sind Modelle zur Korrektur von Myopie, Hyperopie, Astigmatismus und Aphakie. Der Abstand der Optik zur Iris beträgt etwa 0,87 mm, dadurch wird der notwendige Abstand zur natürlichen Linse als auch zum kornealen Endothel gewährleistet. Der Abstand von pIOL zum kornealen Endothel ist von der optischen Wirkung des Implantats, den individuellen Vorderkammerdimensionen und dem Optikdurchmesser abhängig. Die entsprechenden Lieferbereiche der 5,0- bzw. 6,0-mm-Optiken können . Tab. 16.1 entnommen werden. Die Modelle zur Myopiekorrektur bedürfen peripher mehr Abstand zum intraokulären Gewebe als die Modelle zur Hyperopiekorrektion, da erstere eine größere Randdicke aufweisen. Die hyperopen Modelle weisen Ihre größte Dicke hingegen zentral auf, wo auch die Vorderkammertiefe am größten ist. Im Falle der torischen Modelle ist die Achslage immer bei 0° bzw. 90° angesiedelt. Die Ausrichtung des Implantats muss daher immer nach der entsprechenden Achslage des Patientenauges erfolgen. Lediglich im Falle obliquer Astigmatismen ist eine schräge Implantation notwendig. Verschiedene Langzeitstudien zeigen mit dieser Form der pIOL eine gute Vorhersagbarkeit und Sicherheit (u. a. [13, 14]). Ein Vorteil der Artisan/Verisyse-pIOL ist der feste Gesamtdurchmesser von 8,5 mm (7,5 mm für kleine Augen, z. B. bei kindlicher Implantation). Dadurch entstehen keine Probleme mit der Vorabbestimmung der Implantate. Weiterhin können irisfixierte Vorderkammer pIOL immer genau über die Pupillenmitte positioniert werden, auch wenn die Pupille nicht zentral lokalisiert ist, was besonders bei höheren Ametropien oft vorkommt. Andere pIOL, wie
239 16.1 · Prinzipien und Operationsmethoden
kammerwinkelgestützte oder sulkusgestützte Modelle, können hingegen nicht auf dezentrierte Pupillen zentriert werden. Die feste Fixierung der pIOL an der Iris, verhindert außerdem eine Rotation der Implantate, was eine dauerhaft präzise Astigmatismuskorrektur gewährleistet.
Faltbare irisfixierte Vorderkammer-pIOL Die faltbaren Varianten der Artisan/Verisyse sind die Artiflex/Vertiflex-pIOL [10, 15]. Die hydrophoben faltbaren Polysiloxan-IOL sind ebenfalls in sphärischen und torischen Ausführungen erhältlich.
Präoperative Evaluation Berechnung der dioptrischen Wirkung Die am häufigsten
angewandte Formel zur Berechnung irisfixierter pIOL ist die Van-der-Heijde-Formel. Diese setzt die Kenntnis der subjektiven Patientenrefraktion, die Keratometriedaten sowie die angepasste, mit Ultraschall oder optischer Biometrie gemessene Vorderkammertiefe voraus. Dabei ist sie unabhängig von der Bulbuslänge. Auf Basis dieser Formel bieten die Hersteller Nomogramme oder Software zur pIOL-Berechnung an. Der einheitliche IOL-Durchmesser von 8,5 mm ist aufgrund der Irisfixation für alle Augen anwendbar. Dadurch werden Probleme bei der Berechnung der Größe, wie bei den kammerwinkelgestützten oder sulkusgestützten pIOL, vermieden.
Implantation irisfixierter, nicht faltbarer pIOL Je nach Vorliebe des Chirurgen können die formstabilen pIOL entweder unter Vollnarkose, Retro- oder Peribulbärnarkose sowie topischer Anästhesie implantiert werden. Für die Verisyse-pIOL wird generell die Retrooder Peribulbäranästhesie empfohlen. Die Autoren empfehlen einen zweistufigen Schnitt, bei dem eine 5,2-mmoder 6,2-mm-Skleratunnelinzision [16] bei 12 Uhr und zwei vertikale Parazentesen in Richtung der angestrebten Enklavationsplatzierung bei 10 und 14 Uhr durchgeführt werden. Die Wundarchitektur ist hier von entscheidender Bedeutung, um induzierte Astigmatismen zu minimieren und Wundleckagen zu verhindern. Schnitte auf dem steilen Meridian können wiederum Astigmatismus korrigieren. Zum Schutz der natürlichen Linse vor einem Kontakt mit dem phaken Implantat oder dem Operationsbesteck wird eine Pupillenkonstruktion empfohlen. Dies kann durch Gabe von z. B. 2%-igem Pilokarpin präoperativ oder durch Injektion von Acetylcholin in die Vorderkammer zu Beginn der Implantation erfolgen. Damit der Vorteil dieser Linsen, nämlich die exakte Zentrierung der Optik über der Pupille, voll zum Tragen kommen kann, sollte die Pupillenposition vor der medikamentösen Veränderung ihrer
Größe markiert werden. Nachdem die Vorderkammer mit viskoelastischer Substanz aufgestellt wurde, wird die pIOL injiziiert und um 90° in ihre horizontale Position rotiert. Mithilfe eine Enklavationsnadel werden die Irisklauen am Irisgewebe fixiert. Die Nadel wird dazu durch eine der Parazentesen eingeführt; sie hält die Irisfalte in Position, während die Linse mit der Implantationspinzette leicht nach hinten gedrückt wird. Dadurch können die Irisklauen automatisch zugreifen. Anschließend wechselt der Operateur die Hände und wiederholt den Vorgang für die zweite Irisklaue. Nun ist es vor dem weiteren Verlauf der Operation wichtig, die exakte Zentrierung der IOL anhand der Pupillenmarkierung zu überprüfen. Dabei ist es nicht ungewöhlich, aufgrund der Pupillenengstellung eine leichte Ovalisierung der Pupille zu beobachten. Falls die pIOL nicht ideal zentriert ist, muss die Enklavation gelöst und rezentriert werden. > Zur Prophylaxe eines Pupillarblocks sollte eine periphere Iridektomie angelegt werden. Als Alternative bieten sich eine oder zwei 90° versetzte präoperative Nd:YAG-Laser-Iridotomien an.
Die korneale Inzision wird dann mit 5 unterbrochenen 10-0-Nylonstichen, die Sklerainzision mit einer laufenden einfachen oder gekreuzten Naht genäht. Die Spannung der Nähte wird mit einem Maloney-Keratoskop überprüft. Nach 4 Wochen werden die Nähte über einen Zeitraum von 3 Monaten hinweg je nach Status des kornealen Astigmatismus nach und nach entfernt . Abb. 16.5). Natürlich wurden neben dieser zumeist angewandten auch andere chirugische Vorgehensweisen beschrieben. Die Durchsicht der dem Kapitel folgenden Referenzen kann über Alternativverfahren Auskunft geben. Die Implantation der torischen Variante der Artisan/ Verisyse-pIOL bedarf einer sorgfältigen Ausrichting der Achslage. Präoperativ muss daher die Achslage markiert werden; hierzu können die Spaltlampe mit Okularwinkelmesser oder aber spezielle Markeure für torische IOL angewandt werden. Diese Markierungen sollten immer am stehenden bzw. aufrecht sitzenden Patienten durchgeführt werden, um die Auswirkungen evtl. auftretender Zyklotorsionen des Auges um die optische Achse auf die Positionierung des Implantats auszuschließen. Die pIOL wird in zwei Varianten geliefert, bei denen der Torus entweder näher am 0°- oder 90°-Hauptschnitt zu finden ist. So kann die Linse immer in annähernd horizontaler oder vertikaler Ausrichtung positioniert werden. Dies soll dem Operateur ermöglichen, seine gewohnte Operationsmethodik auch bei torischen Implantaten anzuwenden.
Implantation faltbarer, irisfixierter pIOL Die Implantation der faltbaren irisfixierten Varianten erfordert eine etwa 3,1 mm lange Inzision, eine Länge, die
16
240
16
Kapitel 16 · Phake Intraokularlinsen
a
b
c
d
. Abb. 16.5a–d Implantation der phaken irisfixierten Vorderkammerlinse Artisan (Ophthec). a Einspannen der pIOL in den Injektorglide. b Implantation der pIOL durch eine Inzision entsprechend
der Größe der pIOL-Optik. c Verankerung der »Crab-claw«-Haptiken im Irisgewebe. d Postoperativer Zustand
mit der Größe der PMMA-Haptik korrespondiert. Die Injektion erfolgt mit einem speziell gestalteten Spatel, die Ausrichtung und Fixierung der Linse wird wie bei den rigiden PMMA Modellen durchgeführt. Allerdings ist hier darauf zu achten, die Linse mit der Pinzette nicht am Rand der Optik, sondern an der stabileren Haptikbasis zu greifen. Die Inzision ist für gewöhnlich selbstschließend, eine 10/0 Nylonnaht kann jedoch sicherheitshalber angelegt werden.
Endothel einem Zellverlust vorgebeugt werden. Entscheidender Nachteil dieser Position ist die vermehrte Inzidenz der Katarakt durch Berührung der pIOL mit der natürlichen Linse. Hier sei jedoch auf die Meinung vieler Operateure hingewiesen, die phake Hinterkammerlinsen implantieren: Die Katarakt sei im Vergleich zum Endothelzellverlust das kleinere, weil leichter und besser behebbare Übel, da hier ggf. eine einfache Kataraktoperation durchführbar sei. Die Keratoplastik bei Endothelzellverlust zeigt eine wesentlich schlechtere Prognose. Die ersten phaken Hinterkammerlinsen (1986) von Fyodorov waren sog. »Collar-button«-(Kragenknopf-) oder »Mushroom«-(Pilz-)Designs [17]. Frühe Komplikationen dieser Linsen waren Berührungen mit der Kornea, Dezentrierungen, Pupillarblockglaukome, Iridozyklitis und Kataraktentwicklung. Seit 1986 wurde das Design der phaken Hintekammerlinsen erheblich weiterentwickelt. Heute sind 2 Modelle auf dem Markt erhältlich, die im Folgenden beschrieben werden.
16.1.4
Phake Hinterkammerlinsen
Die Komplikationen, die nach Implantation phaker Vorderkammerlinsen entstanden, haben zu der Entwicklung phaker Hinterkammerlinsen geführt. Theoretisch sollten so durch die näher zu den Knotenpunkten des Auges positionierten Linsen störende optische Phänomene vermieden werden. Auch sollte durch den größeren Abstand zum
241 16.1 · Prinzipien und Operationsmethoden
Implantable contact lens Die »Implantable Collamer Lens« (implantierbare Kontaktlinse, ICL, STAAR Surgical AG, Monrovia, CA) ist die im Augenblick meistgenutzte Hinterkammer-pIOL. Sie besteht aus einem Material gesteigerter Biokompatibilität (»Collamer«, 0,2% Kollagen und 60% HEMA-Kopolymer). Dieses Material soll eine Ablagerung von Fibronektin auf der IOL-Oberfläche ermöglichen, das die Anbindung von Proteinen aus dem Kammerwasser unterbindet und die IOL so »unsichtbar« für das Immunsystem macht [1, 2, 18]. Größen und Lieferbereich des aktuellen Modells, Visian ICL V4 (auch der torischen Variante) sind . Tab. 16.1 zu entnehmen. Die ICL kann durch eine 3-mm-Inzision mit einem Mikroinjektor implantiert werden. Auf den Haptiken des Implantats befinden sich Markierungen, die eine exakte Orientierung der pIOL während der Entfaltung ermöglichen. Die Mittendicke der Optik beträgt weniger als 50 μm, die Dicke an den Haptikansätzen etwa 500–600 μm; die Fußplättchen der Haptiken, die mit einem speziellen Spatel in den Sulcus ciliaris positioniert werden, sind etwa 100 μm dick. Die entscheidende Designveränderung der Version V4 betrifft die wirkungsabhängige Durchbiegung des Implantats, die sich in einem 0,13–0,21 μm steileren Vorderflächenradius zeigt, was wiederum der stärkeren Krümmung der Rückfläche geschuldet ist. Dadurch soll ein größerer Abstand zur Vorderfläche der natürlichen Linse und der Stofftransport über das Kammerwasser gewährleistet werden, während eine Berührung mit der natürlichen Linse vermieden wird [19, 20]. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die ICL eine vorhersagbare, stabile und sichere optische Korrektur von Fehlsichtigkeiten darstellt [20–29]. Dennoch muss die Linse aufgrund der möglichen Komplikationen (Kataraktentwicklung, Pigmentdispersion, Pupillarblock und mit letzteren einhergehende sekundäre Glaukome) kritisch betrachtet werden [30, 31]. Endothelzellverluste von 0% bis zu 12,3% in 4 Jahren werden beschrieben [32, 33]. Kap. 19.2 geht genauer auf die möglichen Komplikationen ein.
Phakic refractive lens Die »phakic refractive lens« (PRL) zur Korrektion der Myopie und Hyperopie ist eine Silikonlinse mit einer konkaven Rückflächenkrümmung mit 10 mm Radius, der den anterioren Radius der natürlichen Linse abbilden soll. Zentral ist die Linse zur Myopiekorrektur 0,5 mm dick, bei Hyperopieimplantaten ist diese Dicke entsprechend variabel, während die Randdicke bei Hyperopiekorrektur mit weniger als 0,2 mm konstant ist und bei Myopiekorrektur variiert. Die Lieferbereiche und Dimensionen des Implantats können . Tab. 16.1 entnommen werden. Das faltbare Implantat wird durch 3,2-mm-Inzisionen implantiert und schwebt theoretisch auf einer Schicht
Kammerwasser in der Hinterkammer. Dadurch soll Druck auf den Ziliarkörper sowie Berührungen mit der Iris und der natürlichen Linse vermieden werden [33]. Diese schwebende Fixierung führt zu Bedenken hinsichtlich der Zentrierung und Rotationsstabilität des Implantats. Eine Astigmatismuskorrektur ist nicht möglich. Ultraschallbiomikroskopische Untersuchungen haben weiterhin gezeigt, dass die Linse in vivo an den Zonulafasern anliegt und in einigen Fällen auch die natürliche Linse berührt [34, 35]. Weiterhin existieren Berichte über Dislokationen der PRL in den Glaskörperraum, was Zweifel an der Sicherheit der Linse aufkommen ließ [36].
Präoperative Evaluation Die Kriterien zur Patientenselektion der beiden Hinterkammerlinsen sind in . Tab. 16.2 und . Tab. 16.3 aufgeführt sowie in 7 Kap. 5 näher erläutert.
IOL-Berechnung und Auswahl des Durchmessers Die Berechnung der dioptrischen Wirkung der Hinterkammerlinsen wird meist nach der Formel von Feingold und Olsen [37–39] durchgeführt. Diese nutzt die subjektive Refraktion, umgerechnet für jeweils 12 mm oder 0 mm Hornhautscheitelabstand, die Keratometriewerte am Apex sowie die mittels Ultraschall ermittelte effektive Linsenposition (ELP). Dabei handelt es sich um die in Metern gemessene Differenz von Vorderkammertiefe und dem Abstand zwischen natürlicher Linse und Implantat [11]. Basierend auf dieser Formel bieten die Linsenhersteller Nomogramme oder Software an, um die auf Sulkusebene nötige Linsenbrechkraft zu berechnen. Der Gesamtdurchmesser der ICL hängt vom Durchmesser des Sulcus ciliaris ab. Er sollte so gewählt sein, dass sich eine optimale Positionsstabilität trotz möglichst geringen Druckes auf auf den Sulcus ciliaris ergibt und die Linse dabei dennoch eine entsprechende Durchbiegung erreicht. Eine übermäßige Durchbiegung (>750 μm) aufgrund einer zu lang gewählten Linse kann zu Winkel- oder Pupillarblockglaukomen sowie zu Pigmentdispersion führen. Andererseits führt eine unzureichende Durchbiegung ( Die Patienten müssen unbedingt auf mögliche Verschlechterungen der optischen Qualität durch die multifokalen Implantate hingewiesen und über die ohnehin meist in absehbarer Zeit zu erwartende Katarakt aufgeklärt werden.
Als absolute Kontraindikation wird ein Patientenalter unter 18 Jahren definiert.
255 17.1 · Refraktiver Linsenaustausch
. Tab. 17.1 Indikationen für einen refraktiven Linsenaustausch Fehlsichtigkeit
Empfehlung zum sphärischen Refraktionsdefizit
Cave!
Hinweis
Myopie
>–8,00 dpt
Verlust der Akkommodation! Erhöhtes Risiko der Netzhautablösung
Myopie + Presbyopie
Immer
Erhöhtes Risiko der Netzhautablösung
Hyperopie
>+3,00 dpt
Verlust der Akkommodation!
Hyperopie + Presbyopie
Immer
Presbyopie ohne Ametropie
–
Astigmatismus
Immer
Meist besonders gute präoperative optische Qualität → sehr anspruchsvolle Patienten!
Außerhalb der Richtlinien der KRC bietet sich der RLA beispielsweise bei präpresbyopen Patienten mit mittelgradigen bis hochgradigen Hyperopien (ca. +5 bis +10 dpt) an. Bei diesen Patienten fällt die refraktive Hornhautchirurgie als Option aus und auch phake IOL sind aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse in der Vorderkammer nicht implantierbar. Zusätzlich ist das Risiko einer Netzhautablösung nach einem RLA durch die kurze Augenlänge erheblich geringer als bei entsprechenden Myopien. ! Cave Der refraktive Linsenaustausch verursacht immer den Verlust der Akkommodationsfähigkeit.
RLA-Patienten verfügen vor dem Eingriff zumeist über eine gute Sehschärfe, die nach dem Eingriff wieder erreicht werden sollte.
17.1.4
Geeignet auch bei engen Vorderkammerverhältnissen statt phaker IOL
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Bei den vorbereitenden Messungen müssen die aus der Kataraktchirurgie bekannten Messungen mit denen der refraktiven Hornhautchirurgie kombiniert werden. > Für ein optimales Ergebnis müssen die umfangreichen vorbereitenden Messungen so präzise wie möglich sein.
Bei gleichzeitigem Vorliegen mindestens einer der anderen Indikationen
Präoperative Untersuchung und Messungen vor refraktivem Linsenaustausch 4 Spaltlampenuntersuchung des vorderen Augenabschnitts 4 Spiegelung des Augenhintergrunds zum Ausschluss weiterer Erkrankungen 4 Hornhauttopographie 4 Sehschärfebestimmung ohne Korrektion 4 Subjektive Refraktionsbestimmung zur Klärung des Sehverhaltens und der Erwartungshaltung des Patienten 4 Sehschärfebestimmung mit Korrektion → Der bestkorrigierte Wert gilt als Maß für den Operationserfolg! 4 Biometrie (Messung der Hornhautbrechkraft, Vorderkammertiefe und Augenlänge) zur Berechnung der dioptrischen Wirkung der IOL
Besondere Bedeutung kommt der subjektiven Refraktionsbestimmung zu: So muss man z. B. bei Patienten, die mit einem nicht voll korrigierten Astigmatismus sehr zufrieden sind, diesen nicht unbedingt beseitigen, da dieser ggf. auch positive visuelle Effekte hervorrufen kann. ! Cave Myope Patienten sind auf den Verlust der Lesefähigkeit durch die voll korrigierende binokular implantierte monofokale IOL aufzuklären. Dies gilt auch für multifokale IOL, deren Seheindruck mit multifokalen Kontaktlinsen annähernd simuliert werden kann.
17
256
Kapitel 17 · Refraktive Intraokularchirurgie
Sinnvoll ist es auf die Möglichkeit einer Monovisionskorrektur hinzuweisen, die die Lesefähigkeit erhalten kann. Der postoperative Seheindruck dieser Patienten lässt sich dabei sehr gut mit einem Kontaktlinsentrageversuch simulieren. So können wichtige Hinweise auf die Erwartungen des Patienten gewonnen werden, um eine individuell abgestimmte postoperative optische Qualität zu erreichen. > Die Patienten müssen individuell und ausführlich aufgeklärt werden. Kontaktlinsentrageversuche bieten sich an.
17.1.5
17
Intraokularlinsen
Die heute am häufigsten implantierten IOL beim RLA sind faltbar, mit scharfer Hinterkante und ermöglichen weitestgehend astigmatismusneutrales Operieren mittels Kleinschnittchirurgie [9]. Die scharfe Hinterkante dient dabei der Prävention der postoperativen hinteren Kapseltrübung (Nachstar) [11]. Wie bei der Kataraktoperation drückt die scharfe Hinterkante der IOL an den posterioren Kapselsack und vermindert so das Einwandern von Zellen zum Zentrum. Es werden überwiegend IOL aus Acrylaten (hydrophobe oder hydrophile) oder Silikon eingesetzt. Nicht faltbare Implantate aus Polymethylmethacrylat werden aufgrund der durch den großen Schnitt hervorgerufenen und schlecht vorhersagbaren Astigmatismusinduktion kaum noch beim RLA verwendet [9]. Die Haptiken der IOL müssen verschiedene Bedingungen erfüllen. Zum einen sollen sie die stabile Positionierung der Linse im Kapselsack gewährleisten. Die IOL darf sich weder vor noch zurück bewegen, muss am hinteren Kapselsack gleichmäßig anliegen und darf nicht verkippen. Bei torischen Implantaten kommt weiterhin die Notwendigkeit der Rotationsstabilität um die optische Achse der IOL hinzu. Um diese Ziele zu erreichen, nutzt jeder Hersteller ein eigenes Haptikdesign. Allen verbreiteten Implantaten ist jedoch gemein, dass sie die Anforderungen an die Stabilität heute sehr gut erfüllen. Das Optikdesign der IOL wird nach der verwendeten Art der Oberflächenkrümmung sowie der damit zu erzielenden sphärischen Aberrationen und der Anzahl der Foci unterschieden. Zu beachten ist bei der präoperativen IOL-Kalkulation in der Praxis, dass in der Regel nicht alle Linsen in den entsprechenden hohen dioptrischen Werten vorrätig sind oder vom Hersteller gar nicht angeboten werden. Die klassische IOL für den RLA ist eine sphärische monofokale Linse, die entsprechend der vorangegangenen Messungen das sphärische Äquivalent der Aberrationen des Auges ausgleicht. Asphärische IOL besitzen eine optimierte prolate Oberflächenkrümmung, die, je nach Hersteller, Einfluss
auf die residuale sphärische Aberration des Auges nehmen soll. Dadurch soll v. a. eine Verbesserung der Kontrastempfindlichkeit erreicht werden [12]. Indikation zur Implantation einer torischen IOL besteht bei Hornhautverkrümmungen (kornealen Astigmatismen) über 1,50 dpt. Unterhalb dieses Schwellenwerts werden korneale Astigmatismen vorwiegend durch inzisionale Astigmatismuskorrektur ausgeglichen, allerdings sind auch torische IOL mit 0,75 dpt zylindrischer Wirkung erhältlich. Die torische IOL gleicht die Verkrümmung der Hornhaut durch eine entsprechende torische Optikzone aus. Die kornealen Astigmatismen werden durch eine torische IOL nicht verändert. Bei der Implantation muss auf eine exakte Ausrichtung der Implantate geachtet werden, um eine optimale Korrektur des Astigmatismus zu erreichen [15]. ! Cave Eine Rotation der torischen IOL von 3° kann bereits zu einer Unterkorrektur des Astigmatismus von ca. 10% führen, dieser Zusammenhang ist jedoch nicht linear. Multifokale IOL zeichnen sich durch das Vorliegen zweier oder mehrerer Brennpunkte aus und ermöglichen so ein deutliches Sehen in der Nähe und der Ferne ohne zusätzliche optische Korrektur. Der Patient nimmt nur das fokussierte Bild wahr, während die durch den anderen Fokus erzeugte Abbildung undeutlich erscheint. Dieses Prinzip der Bildüberlagerung führt allerdings auch zu einer gewissen Einschränkung in der Kontrastempfindlichkeit und optischen Phänomenen wie zum Beispiel Halos. Durch verschiedene zugrunde liegende optische Prinzipien werden Multifokallinsen in refraktive (lichtbrechende) Implantate, diffraktive (lichtbeugende) Implantate und Implantate mit Kombinationen aus beiden Prinzipien aufgeteilt [3, 13]. Akkommodative IOL dienen der Wiederherstellung der Akkommodation. Sie sollen auf den Prinzipien der anterior-posterioren Linsenverschiebung sowie der Veränderung der Linsenkrümmung selbst beruhen. Die meisten dieser Linsen befinden sich noch in der Entwicklungsphase, allerdings werden teilweise schon Modelle mit großem Erfolg vertrieben [8]. Ein sicherer Wirknachweis steht z.Zt. noch aus. Treffen mehrere der genannten Indikationen zusammen, können die Optikdesigns selbstverständlich auch kombiniert werden, z. B. in einer torisch-asphärischen multifokalen IOL [3, 5]. > Heute stehen für die meisten Fehlsichtigen IOL zur Verfügung, die über die Korrektion des Defokus-Äquivalents (»sphärische Äquivalente«) hinausgehen. Durch Kombination verschiedener optischer Prinzipien lassen sich diese IOL individuell an die Patientenanforderungen anpassen (z. B. torische multifokale Blaufilter IOL).
257 17.1 · Refraktiver Linsenaustausch
17.1.6
Operative Verfahren
Instant-vision-Prinzip Der RLA wird nach dem Instant-vision-Prinzip fast ausschließlich ambulant durchgeführt. Unter dem »Instantvision-Prinzip« versteht man die Durchführung von linsenchirurgischen Operationen unter minimal-invasiven Bedingungen mit dem Ziel einer möglichst schnellen (visuellen) Rehabilitierung des Patienten: 4 Zur Verringerung der Keimzahl am äußeren Auge und Verhütung einer intraokularen Infektion werden meist für einige Tage vor der Operation antibiotisch wirksame Augentropfen gegeben. 4 Zur Operation selbst wird die Pupille medikamentös erweitert. 4 Die Anästhesie wird bei den meist anspruchsvollen RLA-Patienten gemäß dem Instant-vision-Prinzip möglichst topisch (als Tropfen, Gel und/oder intrakameral) appliziert. Gründe hierfür sind eine bessere Fähigkeit der Patienten zu einer intraoperativen Mitarbeit, die bei einigen minimal-invasiven Implantationstechniken notwendig ist, sowie die schnellere visuelle Rehabilitierung. 4 Durch möglichst nahtlose astigmatismusneutrale Inzisionen (zumeist »clear cornea« oder posteriore Limbustunnelinzisionen) kann anschließend die Vorderkammer mit viskoelastischen Substanzen aufgestellt werden. 4 Im Anschluss erfolgt die Phakoemulsifikation durch eine anteriore Kapsulorhexis. Die Implantation moderner faltbarer Acryl-IOL in den Kapselsack erfolgt heute meist mit Injektorsystemen, die auch mit IOL, die nicht speziell für die mikroinzisionale Chirurgie (≤2,0-mm-Inzisionen) konzipiert sind, kleinste Inzisionsgrößen erreichen. Kleinste Schnitte bieten neben der Astigmatismusneutralität und dadurch besseren Vorhersagbarkeit des Operationsergebnisses auch die Vorteile des geringeren Endophthalmitisrisikos und der schnelleren Wundheilung.
Koaxiale Mikroinzisionschirurgie Als Verfahren für den RLA hat in der letzten Zeit die koaxiale Mikroinzisionschirurgie (co-MICS) immer mehr Bedeutung gewonnen. Grund dafür ist zum einen die Kompatibilität mit den Grundsätzen des Instant-visionPrinzips, zum anderen die einfache Operationstechnik, die sich nicht von der bisher angewandten Standardphakoemulsifikation unterscheidet. Das Verfahren benutzt ebenfalls zwei seitlich anzulegende Parazentesen sowie eine zentrale Inzision (»clear cornea« oder posteriorer Limbustunnel), durch welche die Kapsulorhexis angelegt, die Phakoemulsifikation vorge-
nommen und die IOL implantiert wird. Die Größe der Inzision ist allerdings erheblich geringer (≤2,0 mm) als bei bisherigen Verfahren. Möglich wird dies durch neuartige Injektorsysteme sowie speziell dafür gestaltete Intraokularlinsen. Durch die geringe Inzisionsgröße sinkt das Risiko postoperativer Wundheilungskomplikationen, intraokularer Infektionen und Leckagen. Da sich der Operateur dabei jedoch nicht auf neue Operationstechniken einstellen muss, ist der Operationsablauf leicht und schnell auf die co-MICS umstellbar. > Minimal-invasive operative Techniken minimieren den zeitlichen Aufwand für Patient und Operateur und verbessern die Vorhersagbarkeit des Refraktionsergebnisses.
17.1.7
Ergebnisse
Der refraktive Linsentausch zur Behandlung der Myopie weist eine gute Vorhersagbarkeit auf. In publizierten Daten liegt das postoperative mittlere sphärische Äquivalent (SÄ) zwischen −0,5 dpt und −1,22 dpt. In Studien mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen zeigt sich eine hohe refraktive Stabilität des erreichten Ergebnisses [14]. Bei der Behandlung der Hyperopie zeigt sich ähnlich wie bei der Myopie eine gute Vorhersagbarkeit, eine rasche visuelle Rehabilitation sowie refraktive Stabilität des Verfahrens. Im Vergleich zu konkurrierenden Verfahren hat der RLA den Vorteil, auch bei hohen Hyperopien (im Gegensatz zur hyperopen LASIK) oder in sehr kurzen Augen, welche die Implantation einer phaken Vorderkammerlinse nicht erlauben, durchführbar zu sein. Ein Vergleich zwischen RLA und irisgestützter phaker IOL zeigt gleichwertige visuelle Ergebnisse. Bei nicht oder wenig astigmatischen Augen ist dank der modernen Kleinschnittchirurgie und faltbarer Implantate ein astigmatismusneutrales Operieren möglich. Ein Schnitt auf dem steilen Hornhautmeridian erlaubt darüber hinaus die Reduktion der Hornhautverkrümmung, allerdings ist die Vorhersagbarkeit dieser Korrektion begrenzt. Bei Vorliegen von niedrigen bis hohen Astigmatismen können heute torische Implantate eingesetzt werden. Sie ermöglichen zuverlässig und weitestgehend rotationsstabil die Korrektur von Astigmatismen ab ca. 0,75 dpt bzw. 1,5 dpt. Der RLA ist eines der am häufigsten durchgeführten refraktiv-chirurgischen Verfahren am presbyopen und präpresbyopen Auge mit höherem Refraktionsfehler. Der zunehmende Wunsch refraktiver, presbyoper Patienten ist es, einen guten postoperativen unkorrigierten Fern- und Nahvisus zu erreichen. Studien mit refraktiven multifoka-
17
258
Kapitel 17 · Refraktive Intraokularchirurgie
len IOL haben gezeigt, dass dieses Ziel und somit eine hohe Patientenzufriedenheit erreicht werden kann. Weitere optimierte Implantate für den RLA (aber natürlich auch für Kataraktpatienten) werden zurzeit evaluiert. Durch monofokale akkommodative Implantate konnten bisher – wenn überhaupt – nur begrenzte Erfolge gezeigt werden [5]. Im Vergleich zu monofokalen Implantaten ohne Akkommodationsfunktionalität ist die Lesefähigkeit zwar oft verbessert, allerdings reicht sie nicht an die mit multifokalen Implantaten erreichbare Lesefähigkeit heran. Auch muss ein gewisser Placebo-Effekt bei monofokalen akkommodativen Implantaten berücksichtigt werden. So wurden Diskrepanzen zwischen dem Akkommodationsaufwand der Linse und dem Akkommodationserfolg der Patienten gezeigt. Erfolgreiche Studien nutzten zur Wiederherstellung der Lesefähigkeit nicht nur die akkommodativen Möglichkeiten der Implantate, sondern die binokulare Kombination aus akkommodativer Linse und modifizierter Monovision, d. h. eine der Linsen wird zugunsten der Leseent-
fernung optimiert, die andere zugunsten der Einstellung auf unendlich [3, 5]. Eine solche Vorgehensweise wird z. B. bei der Anpassung multifokaler Kontaktlinsen schon länger erfolgreich angewendet und dementsprechend von Herstellern multifokaler akkommodativer IOL teilweise sogar empfohlen. > Durch die Wahl einer den individuellen Sehanforderungen entsprechend angepassten IOL kann bei vielen Patienten das postoperative visuelle Ergebnis im Vergleich zur Implantation von sphärischen Standard-IOL noch weiter gesteigert werden.
17.1.8
17
Komplikationen
Das gesamte Komplikationsspektrum beim RLA ist weitestgehend identisch mit dem der Kataraktchirurgie mit IOL-Implantation 7 19.3. Mit zunehmender Verwendung von Tropf- und Gelanästhesie werden heute Injektionstechniken weiter verdrängt und Komplikationen aufgrund der Anästhesietechnik wie retrobulbäre Blutung, Bulbuspenetration, allergische Reaktion auf das Anästhetikum und Kreislaufbeeinträchtigung bis hin zur Atemlähmung bei akzidenteller Injektion in den Sehnerven im Rahmen der Linsenchirurgie sehr selten beobachtet. Mögliche allgemeine intraoperative chirurgische Komplikationen während einer Linsenoperation sind Schädigung durch den korneoskleralen Tunnelschnitt mit Bulbushypotonie, Prolaps uvealen Gewebes durch den Wundspalt, Hornhautschädigung durch Abhebung der Descemet-Membran oder ein thermischer Hornhautschaden durch den Phakoemulsifikationstip,
Einriss des Kapselsacks mit Subluxation der Linse, ggf. mit Glaskörperinkarzeration oder -verlust. Das Risiko einer intraokularen Blutung bei Tropfanästhesie ist bei Einnahme von Antikoagulanzien nicht deutlich erhöht. Jedoch kann es selten auch zu schweren Blutungen (chorioidale Effusion und expulsive Blutung) kommen. Die Implantation einer falschen oder fehlkalkulierten IOL gehört sicher zu den am besten vermeidbaren, aber letztlich auch nicht mit Sicherheit auszuschließenden Komplikationen. Im Vergleich zur Kataraktoperation stellt die Komplikation der Implantation einer falsch kalkulierten IOL beim RLA naturgemäß ein weitaus größeres Problem dar, da die Beseitigung eines Refraktionsfehlers für den Patienten den einzigen Grund darstellt, sich einer intraokularen Operation zu unterziehen und die Erwartungshaltung folglich in der Regel deutlich höher ist als bei einem normalen Kataraktpatienten. Eine der schwerwiegendsten postoperativen Komplikationen der Linsenchirurgie, die Endophthalmitis, ist heute unter Berücksichtigung einer bestmöglichen Antisepsis eine seltene Komplikation. Abhängig von der jeweilig publizierten Studie beträgt ihre Prävalenz in der Literatur zwischen 0,05 und 0,36%. Jüngst konnte eine prospektive, randomisierte Multicenterstudie der ESCRS zeigen, dass eine zusätzliche intrakamerale Applikation von Cefuroxim nach Kataraktoperation die Häufigkeit einer postoperativen Endophthalmitis signifikant reduziert. Ebenso wie nach Kataraktchirurgie ist auch nach RLA auf einen postoperativen Anstieg des Augeninnendrucks zu achten sowie auf eine mögliche Nachstarbildung, eine Netzhautablösung oder ein zystoides Makulaödem (CMÖ). Das Risiko eines Nachstars entspricht beim RLA dem nach Kataraktchirurgie. Dieser kann auch ebenso einfach mittels Nd:YAG Kapsulotomie behandelt werden. ! Cave Auch geringe Einbußen in der optischen Qualität werden vom Patienten häufig als schwere Komplikation wahrgenommen.
17.1.9
Nachsorge
Die postoperative Nachsorge entspricht derjenigen nach Kataraktchirurgie. Bei hochmyopen Augen ist eine engmaschige postoperative funduskopische Kontrolle in den Fällen besonders wichtig, bei denen es intraoperativ zu Komplikationen, wie Kapselruptur und Glaskörperverlust, gekommen ist. ! Cave Bei längerer Steroidtherapie in hochmyopen Augen kann ein Steroidglaukom entstehen.
259 17.2 · Pseudophake additive Intraokularlinsen
Fazit für die Praxis Der refraktive Linsenaustausch stellt eine effektive, vorhersagbare, stabile und komplikationsarme Methode zur Behandlung hochgradiger Ametropien dar. Da der RLA immer mit dem Verlust der Akkommodationsfähigkeit einhergeht, wird eine beginnende oder bestehende Presbyopie als wichtiges Einschlusskriterium angesehen. RLA-Patienten verfügen zumeist über einen guten bestkorrigierten Visus, der als Maßstab für das visuelle Operationsergebnis angesehen werden muss. Daher sind präzise Messungen sowohl der Biometrie als auch der optischen Funktionalität des Auges präoperativ sehr wichtig. Weiterhin ist das ausführliche Patientengespräch entscheidend für den Erfolg des RLA, um die Seherwartungen und Sehanforderungen des Patienten abzuklären. Durch minimal-invasive kleinschnittchirurgische Implantationstechniken, präzise und stabile Positionierung der Implantate sowie durch moderne Haptiken, Materialien und individuell ausgewählte Optiken werden beim RLA die Vorhersagbarkeit und die postoperative optische Qualität gewährleistet. Eventuell vorliegende residuale Refraktionsfehler können zum Beispiel mit laserchirurgischen Hornhauteingriffen korrigiert werden.
17.1.10
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17.2
Pseudophake additive Intraokularlinsen O. K. Klaproth, T. Kohnen
17.2.1
Einleitung
Residuale Refraktionsfehler nach Kataraktoperation oder RLA mit Implantation einer Kunstlinse (IOL) führen, falls nicht anderweitig ausgeglichen, zu eingeschränktem Sehvermögen oder nicht optimaler Ausschöpfung der optischen Funktionalitäten von Intraokularlinsen die auf ideale Emmetropisierung angewiesen sind, wie zum Beispiel bifokale IOL. Neben den bewährten kornealen Verfahren zur Ametropiekorrektur (Excimerlaser oder antiastigmatische Inzisionen) können auch sog. additive pseudophake IOL in den Sulcus ciliaris implantiert werden. Diese IOL sind speziell an die anatomischen Gegebenheiten bei Sulkusimplantation angepasst, um Risiken wie Pigmentdispersionsglaukomen, intralentikulären Trübungen oder »iris capture« vorzubeugen. Weitere mögliche Anwendungsgebiete sind die Korrektur höherer Astigmatismen nach Keratoplastik am pseudophaken Auge, die reversible Implementierung zusätzlicher optischer Funktionalitäten wie der Presbyopiekorrektur durch bifokale Optiken oder die reversible Implantation bei kindlicher Katarakt zur Anpassung der Ametropiekorrektur an das Bulbuswachstum.
17.2.2
Materialien
Minimal-invasive Operationstechniken, präzisere präoperative diagnostische Möglichkeiten und individualisierte Optikdesigns der implantierten Intraokularlinsen (IOL) lassen die Kataraktchirurgie heute verstärkt auch unter refraktiven Gesichtspunkten erscheinen [6]. Stand früher lediglich die Korrektion der Aphakie im Mittelpunkt, so ist es heute möglich, z. B. den Astigmatismus oder auch die Presbyopie mit entsprechenden Implantaten zu korrigieren [6]. Trotz aller Präzision bleibt bei der Kataraktopera-
17
260
Kapitel 17 · Refraktive Intraokularchirurgie
tion mit anschließender Implantation einer IOL dennoch ein gewisses Risiko der sphärischen aber auch astigmatischen Über- bzw. Unterkorrektion bestehen. Dem Ophthalmochirurgen stehen verschiedene operative Verfahren zur Verfügung diese residualen Refraktionsfehler zu korrigieren, um so die optische Qualität und Zufriedenheit der Patienten zu steigern. Angewandt werden können beispielsweise limbale relaxierende Inzisionen zur Astigmatismuskorrektur oder keratorefraktive Excimerlaserverfahren zur Behandlung sphärischer und/ oder astigmatischer Refraktionsdefizite [8]. Eine neue Möglichkeit der Nachkorrektur stellt die Implantation sog. pseudophaker additiver Intraokularlinsen in den Sulcus ciliaris dar. Diese IOL können zum einen bestehende Fehlkorrekturen ausgleichen, zum anderen aber auch weitere optische Funktionalitäten, wie die Presbyopiekorrektur durch bifokale Optikdesigns, intra- oder postoperativ reversibel ergänzen [5, 11].
17.2.3
17
Technik der IOL
Die Entwicklung der pseudophaken additiven Intraokularlinsen beruht auf Erfahrungen, die bei der Implantation von klassischen Hinterkammer IOL in den Sulcus ciliaris zusätzlich zur bereits implantierten Hinterkammer IOL im Kapselsack (»piggyback«) sowie bei Implantationen ins aphake Auge gewonnen wurden. Die sog. Piggyback-Implantation wurde zur Korrektur hoher Hyperopien zunächst mit zwei IOL im Kapselsack durchgeführt, später wurde die zweite IOL in den sulcus ciliaris platziert. Beide Piggyback-Verfahren führten in einigen Fällen zu Problemen. Durch die Berührung der zwei bikonvexen Linsen kam es zu interlentikulären Trübungen [2, 12]. Diese können zu erheblichen Einschränkungen des Sehvermögens führen und ziehen meist eine chirurgische Intervention nach sich. Ein noch schwerwiegenderes Problem stellen durch die IOL induzierte Pigmentdispersionsglaukome dar [3]. Durch die Positionierung der IOL im Sulcus ciliaris kommt es zu einer Berührung mit dem Irisendothel. Sind Optikkante, Haptikkanten und IOL Material nicht entsprechend optimiert, kommt es zu Pigmentabrieb [10]. Weiterhin kann es durch zu kleine Optiken der IOL zum »iris capture« kommen [4]. Die heute angebotenen additiven IOL (. Tab. 17.1) gehen auf eben diese speziellen Anforderungen ein. Markantestes Merkmal der IOL ist das veränderte Optikdesign, weg von der bikonvexen hin zur konvex-konkaven Gestaltung (. Abb. 17.1 und . Abb. 17.2). Durch die konkave Rückflächenform wird eine Berührung der IOL mit der primär implantierten IOL verhindert, um einer Trübung vorzubeugen. Weiterhin sind die Optik- und Haptikkanten
. Abb. 17.1 Schematische Darstellung des Implantationsortes pseudophaker additiver IOL. Im Unterschied zur Piggyback-Implantation ist die additive IOL konvex-konkav um eine Berührung mit der primären Hinterkammer IOL im Kapselsack zu vermeiden. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Schmidt, Sankt Augustin)
der IOL entweder abgerundet (. Abb. 17.2c) oder die Haptiken sind komplett rund (. Abb. 17.2a), um einen Pigmentabrieb an der Iris zu verhindern. Die Größe der Optiken ist mit mindestens 6,5 mm so gewählt, dass beim Kataraktpatienten ein »iris capture« und Dezentrierungen vermieden werden sollen, wobei im Falle der Dr. Schmidt IOL (. Tab. 17.2, . Abb. 17.2a) die effektiv wirksame Optikzone 6 mm beträgt, der Gesamtdurchmesser der Optik jedoch 7 mm. Beide beschriebenen IOL-Systeme weisen eine wellenförmige Haptik im Endbereich auf. Diese soll einen stabilen Linsensitz im Sulcus ciliaris gewährleisten und Rotationen der Implantate verhindern. Letzteres ist besonders für die Anwendung torischer Implantate von Bedeutung [8].
17.2.4
Indikationen und Patientenselektion
> Die Implantation additiver sulkusgestützter IOL kann immer dann indiziert sein, wenn nach Kataraktextraktion und IOL Implantation residuale Refraktionsfehler zu korrigieren sind und inzisionale oder keratorefraktive Verfahren nicht gewollt, kontraindiziert oder (wie im Falle der Presbyopiekorrektur) nicht möglich sind.
Im Vergleich zu den konkurrierenden Verfahren der limbalen relaxierenden Inzisionen sind additive IOL reversibel und stellen unter den heutigen minimalinvasiven und operationstechnischen Bedingungen (s. unten) auch einen verhältnismäßig schonenden Eingriff dar. Aufgrund der schnellen Wund- und Visusrehabilitation sowie die durch die Gelanästhesie kurze ambulante Behandlungsdauer lässt sich durchaus von einem Instant-vision-Verfahren sprechen. Gut geeignet sind additive IOL weiterhin zur Korrektur eines hohen Astigmatismus, z. B. nach perfo-
261 17.2 · Pseudophake additive Intraokularlinsen
. Tab. 17.2 Übersicht zu pseudophaken additiven sulkusgestützten IOL IOL
Hersteller
MS 714 PB
Dr. Schmidt Sphärisch Intraocularlinsen GmbH Torisch
MS 714 TPB
Optik
MS 714 PB Diff
Bifokal
Sulcoflex Rayner 653L Surgical GmbH
Asphärisch
Sulcoflex 653F
Refraktivbifokal
Sulcoflex 653T
Torisch
Material
HaptikOptikanwinkelung durchund Form messer
Gesamtdurchmesser
Lieferbereich
Silikon Elastomer mit UVAbsorber, PMMA Haptik
0°, glatte CBogenhaptik
7,0 mm
14,0 mm
–6,0 bis +6,0 dpt in 0,5-dpt-Schritten; weitere Wirkungen auf Anfrage
0°, C-Bogenhaptik, Endzone onduliert
6,0 mm
Sphärisches Äquivalent 0 dpt, Zylinder 1,0–6,0 dpt in 1,0-dpt-Schritten; Weitere sphärische und zylindrische Wirkungen auf Anfrage.
10°, glatte CBogenhaptik
7,0 mm
–6,0 bis +6,0 dpt in 0,5-dpt-Schritten, Addition 3,5 dpt; weitere Wirkungen auf Anfrage.
Hydrophiles Acryl-Copolymer mit einem Wassergehalt von 26%
10°, C-Bogen- 6,5 mm haptik, außen entlang der gesamten Haptik gewellt
13,5 mm
–5,0 bis +5,0 dpt in 0,5-dpt-Schritten Spezial-Lieferbereich: –10,0 bis –5,5 dpt in 00,5-dpt-Schritten +5,5 bis +10,0 dpt in 0,5-dpt-Schritten –3,0 bis +3,0 dpt in 0,5-dpt-Schritten mit +3,5 dpt Addition –3,0 bis +3,0 dpt sphärisches Äquivalent in 0,5-dpt-Schritten +1,0 bis +3,0 dpt Zylinder in 1,0-dptSchritten Spezial-Lieferbereich –6,0 bis +6,0 dpt sphärisches Äquivalent in 0,5-dpt-Schritten +1,0 bis +6,0 dpt Zylinder in 0,5-dptSchritten
a
b
c
. Abb. 17.2a–c Additive Intraokularlinsen. a Torische Add-On IOL. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Schmidt, Sankt Augustin). b Pseudophake additive asphärische IOL. (Mit freundlicher Genehmigung von Rayner Surgical, Bamberg). c Darstellung der abgerundeten Haptik- und Optikkanten der pseudophaken additiven IOL Rayner Sulcoflex asphärisch. (Mit freundlicher Genehmigung von Rayner Surgical, Bamberg)
17
262
Kapitel 17 · Refraktive Intraokularchirurgie
a
b
c
d
. Abb. 17.3a–d Implantation einer pseudophaken torischen additiven IOL (Rayner Surgical). a IOL vor Implantation. b Einlegen der IOL in das Injektorsystem. c Implantation der IOL. d Zustand nach Implantation
17
rierender Keratoplastik im pseudophaken Auge. Die Torizität der IOL kann hier auch im höheren Maß individuell an die Patientenbedürfnisse angepasst werden. Die Tatsache, dass der Eingriff schnell, relativ schonend und reversibel ist, eröffnet weiterhin die Möglichkeit, bereits während der Kataraktoperation, oder auch als Folgeeingriff, bifokale Optiken zu implantieren. Da diese Optiken zur Presbyopiekorrektur immer mit einem gewissen Verlust an Transmission und Kontrastempfindlichkeit einhergehen, ist die Reversibilität dieses neuen Verfahrens von Vorteil. Allerdings entbindet sie den Operateur nicht von einer umfassenden und dem Verständnis des Patienten angemessenen Aufklärung und Patientenselektion [9]. Auch im Falle additiver bifokaler IOL sollte die Revisionsrate immer gegen Null streben. Ein systemimmanenter Nachteil von Piggyback- oder addditiven IOL sind die erhöhte Reflexion durch vier optische Grenzflächen sowie die erhöhte Absorption durch zwei optische Medien. Dadurch treten verstärkte Lichtverluste auf, weshalb die Implantation von additiven IOL ohne sphärische Wirkung nur zur Implementierung optischer
Funktionalitäten zumindest noch kritisch hinterfragt werden sollte. Die klinischen Ergebnisse sind im geringen bisher vorliegenden Maße allerdings gut (s. unten). Eine weitere potenzielle Anwendung der Implantate bietet sich bei der Operation kindlicher Katarakte. Der üblicherweise an die Ametropieentwicklung des Auges angepasste IOL-Wechsel kann durch Revision einer bei der primären Operation mit implantierten additiven IOL eventuell vereinfacht werden. Mögliche Indikationen 4 Korrektur residualer Refraktionsfehler nach Kataraktoperation mit Hinterkammer-IOL Implantation und refraktivem Linsenaustausch 4 Korrektur höherer Astigmatismen nach Keratoplastik am pseudophaken Auge 4 Ergänzung optischer Funktionalitäten während oder nach Kataraktoperation 4 Kindliche Katarakt
263 17.2 · Pseudophake additive Intraokularlinsen
17.2.5
Operative Verfahren
Die Implantation der additiven IOL kann unter lokaler oder topischer Anästhesie bei erweiterter Pupille durchgeführt werden (. Abb. 17.3). Bei Implantation torischer IOL ist auf die präoperative Markierung der Achslage bei habitueller Kopfhaltung zu achten [8]. 4 Zunächst werden zwei seitliche Parazentesen angelegt. 4 Wiederum ist bei torischen IOL die Markierung der Implantationsachse erforderlich, so diese nicht präoperativ mit einem Ein-Schritt-Marker erfolgt ist. 4 Darauffolgend wird die Vorderkammer und der Sulcus ciliaris mit viskoelastischer Substanz aufgestellt. 4 Die IOL wird entweder in das entsprechende Injektorsystem geladen oder mittels einer Implantationspinzette gefaltet. Die zur Implantation notwendige Inzisionsgröße richtet sich dabei nach dem Durchmesser des Injektorsystems bzw. der minimal durch Faltung erreichbaren IOL-Größe [7] (im in . Abb. 17.3 dargestellten Fall beträgt die Inzisionsgröße 2,8 mm). 4 Nach Implantation (und im Falle torischer Implantate der Feinjustierung der IOL) erfolgt die Absaugung der viskoelastischen Substanz. 4 Den Abschluss des Eingriffes bildet ein sicherer Wundverschluss (Hydroinsufflation) dieser kann auch mit intrakameraler Gabe von Antibiotika abgeschlossen werden [1].
17.2.6
Ergebnisse
Da es sich bei den additiven IOL um ein verhältnismäßig neues Verfahren handelt, liegen bisher kaum wissenschaftliche Publikationen zu dem Thema vor. Eine vergleichende Bewertung der beiden Linsensysteme ist daher nur sehr schwierig möglich. Jüngst wurde von Gerten und Mitarbeitern eine Studie zur Implantation additiver diffraktiv-bifokaler IOL während der Kataraktoperation vorgelegt [5]. Nach Implantation der Diffractiva IOL (Dr. Schmidt) an 56 Augen wurde 3 Monate postoperativ ein mittlerer unkorrigierter Fernvisus von 0,1±0,11 logMAR und ein mittleres sphärisches Äquivalent von 0,01±0,52 dpt gezeigt. Auch der erreichte unkorrigierte Intermediärvisus (0,20±0,15 logMAR) sowie der unkorrigierte Nahvisus (0,16±0,13 logMAR) waren gut. Gleichzeitig kam es zu keinen Komplikationen im Studienkollektiv, wie z. B. den von Piggyback-IOL bekannten Trübungen zwischen den Linsen oder auch Pigmentdispersionen. Sauder konnte in einem kleinen Patientenkollektiv von Keratoplastikpatienten ebenfalls eine wirksame Korrektur des Astigmatismus aufzeigen. Allerdings ist das Patientenkollektiv hier klein und eher heterogen was die
präoperative Verteilung der zu korrigierenden Ametropien betrifft [11]. Fazit für die Praxis Refraktive Feinkorrekturen nach Kataraktoperationen werden heute größtenteils mittels keratorefraktiver Excimerlasereingriffe durchgeführt. Auch limbale relaxierende Inzisionen zur Astigmatismuskorrektur finden Anwendung [13]. Der primäre Anwendungsbereich für additive Intraokularlinsen sind ebenfalls Refraktionsdefizite am pseudophaken Auge. Hier sind besonders starke Astigmatismen nach Keratoplastiken am pseudophaken Auge, aber auch die reversible Ergänzung optischer Funktionalitäten wie bei bifokalen Implantaten ohne sphärische Fernkorrektur zu nennen. Bei der Behandlung der kindlichen Katarakt bietet sich die Möglichkeit durch das Bulbuswachstum bedingte Refraktionsänderungen durch Explantation primär implantierter additiver IOL zu korrigieren. Das Prinzip der additiven pseudophaken IOL hat sich in der Praxis bewährt, allerdings stehen umfangreiche Studien zu Ergebnissen und vor allem zur erreichbaren optischen Qualität, Komplikationen und Risiken noch aus.
17.2.7
Literatur
1. ESCRS (2007) Prophylaxis of postoperative endophthalmitis following cataract surgery: results of the ESCRS multicenter study and identification of risk factors. J Cataract Refract Surg 33: 978– 988 2. Baumeister M, Kohnen T (2006) Scheimpflug measurement of intraocular lens position after piggyback implantation of foldable intraocular lenses in eyes with high hyperopia. J Cataract Refract Surg 32: 2098–2104 3. Garcia-Feijo J, Saenz-Frances F, Martinez-De-La-Casa JM, Mendez-Hernandez C, Fernandez-Vidal A, Elias-de-Tejada M, RecheFrutos J, Garcia-Sanchez J (2008) Angle-closure glaucoma after piggyback intraocular lens implantation. Eur J Ophthalmol 18: 822–826 4. Gayton JL, Sanders V, Van Der Karr M (2001) Pupillary capture of the optic in secondary piggyback implantation. J Cataract Refract Surg 27: 1514–1515 5. Gerten G, Kermani O, Schmiedt K, Farvili E, Foerster A, Oberheide U (2009) Dual intraocular lens implantation: Monofocal lens in the bag and additional diffractive multifocal lens in the sulcus. J Cataract Refract Surg 35: 2136–2143 6. Kohnen T, Baumeister M, Kook D, Klaproth OK, Ohrloff C (2009) Kataraktchirurgie mit Implantation einer Kunstlinse. Dtsch Arztebl Int 106: 695–702 7. Kohnen T, Kasper T (2005) Incision sizes before and after implantation of 6-mm optic foldable intraocular lenses using Monarch and Unfolder injector systems. Ophthalmology 112: 58–66 8. Kohnen T, Klaproth OK (2009) Chirurgische Astigmatismuskorrektur bei der Kataraktoperation. Klin Monbl Augenheilkd 226: 596–604 9. Kohnen T, Kook D, Auffarth GU, Derhartunian V (2008) Einsatzmoglichkeiten intraokularer Multifokallinsen und Kriterien der Patientenselektion. Ophthalmologe 105: 527–532
17
264
Kapitel 17 · Refraktive Intraokularchirurgie
10. Kook D, Kohnen T (2009) Sekundarer Augeninnendruckanstieg nach komplikationsloser Kataraktoperation mit Hinterkammerlinsenimplantation. Diagnose: Intraokularlinsenposition im Sulcus ciliaris mit Pigmentdispersionsglaukom durch Kontakt der vorderen »scharfen Kante« mit dem Pigmentepithel des hinteren Irisblattes. Ophthalmologe 106: 156–160 11. Sauder G (2007) Sekundäre torische Intraokularlinsenimplantation in pseudophake Augen. Das »Add-on«-IOL-System. Ophthalmologe 104: 1041–1045 12. Trivedi RH, Werner L, Apple DJ, Pandey SK, Izak AM (2002) Post cataract-intraocular lens (IOL) surgery opacification. Eye (Lond) 16: 217–241 13. Kohnen T, Klaproth O (2010) Pseudophake additive Intraokularlinsen. Der Ophthalmologe 107: 768–771
17
18
IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie M. Shirayama, L. Wang, D. D. Koch Übersetzt von B. Scherff, O. K. Klaproth, T. Kohnen
18.1
Allgemeines
18.1.1 18.1.2
Technisches Prinzip – 266 Vorteile und Nachteile der Methode
18.2
Erweiterte Methoden zur IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie – 268
18.2.1 18.2.2 18.2.3
Methoden unter Berufung auf historische Daten – 268 Methoden, die auf der Verwendung von historischen Refraktionsdaten und aktuellen Berechnungen der Hornhautbrechkraft basieren – 269 Methoden ohne Verwendung historischer Daten – 270
18.3
Online-IOL-Berechnung über die ASCRS
18.4
Post-RK-Augen Literatur
– 266 – 266
– 273
– 273
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_18, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 272
266
Kapitel 18 · IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
18.1
Allgemeines
18.1.1
Technisches Prinzip
Die genaue Berechnung von Intraokularlinsen für Augen, die bereits keratorefraktiven Eingriffen unterzogen wurden, ist bekanntermaßen schwierig. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: 4 Ungenaue Messung der kornealen Brechkraft durch Standardkeratometer oder auch computerisierte Videokeratographie (CVK) 4 Fehlerhafte Einschätzung der tatsächlichen (effektiven) Linsenposition (ELP), die von den meisten der entsprechenden IOL-Formeln der 3. und 4. Generation benötigt wird Um diese Fehlerquellen auszuschließen und um die Genauigkeit der IOL-Kalkulation in diesen Augen zu verbessern, werden in der Literatur verschiedene Methoden vorgeschlagen. In diesem Kapitel werden die Ursachen für diese Fehlkalkulationen erläutert und die Genauigkeit verschiedener Methoden in der IOL-Berechnung diskutiert. Abschließend wird für diese komplizierten Fälle eine Auswahl von möglichen IOL-Berechnungsformeln aufgeführt.
18.1.2
Vorteile und Nachteile der Methode
. Abb. 18.1 Post Lasik
innerhalb von kleinen zentralen Bereichen der vorderen Hornhaut ermittelt werden [31, 32]. Das Hornhautzentrum, das durch Ablation stärker abgeflacht ist, wird hierbei nicht berücksichtigt (. Abb. 18.1). Aus diesem Grund ist die Berechnung der vorderen Hornhautkrümmung bei Augen nach ablativer, refraktiver Chirurgie ungenau, es sei denn, ein breiterer Bereich wird vermessen.
Mögliche Fehlerquellen bei der IOL-Berechnung
18
Ungenaue Ermittlung der Hornhautbrechkraft Zur Ermittlung der kornealen Brechkraft werden üblicherweise Standardkeratometer oder computerisierte Videokeratographie verwendet. Allerdings wird mit diesen Geräten die Brechkraft nur indirekt über die Messung der Hornhautradien bestimmt. Dies wirft zwei Fehlerquellen auf: Zum einen eine ungenaue Messung der vorderen Hornhautradien nach keratorefraktiver Chirurgie und zum anderen eine zum Teil daraus resultierende ungenaue Berechnung/Ermittlung der Gesamtbrechkraft der Hornhaut. Ungenaue Messung der vorderen Hornhautradien Bei der ablativen refraktiven Chirurgie wird die Hornhautasphärizität, also die Regelmäßigkeit und Symmetrie der vorderen Hornhautkrümmung innerhalb einer zentralen Zone [2, 3], verändert. So wird z. B. bei der myopen photorefraktiven Keratektomie (PRK) oder Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) durch das Entfernen von zentralem stromalen Hornhautgewebe die zentrale Hornhautzone abgeflacht. Durch dieses Verfahren verändern sich Standardkeratometrie und simulierte Keratometrieangaben der Videokeratographie (CVK), die nur an 4 Punkten oder
Ungenaue Berechnung der gesamten kornealen Brechkraft
Da die Standardkeratometer und CVK nur die vordere Hornhautoberfläche messen, muss bei diesen Geräten die Brechkraft der hinteren Hornhautoberfläche angenommen werden. Dazu verwenden Geräte, die nur die vordere Hornhautkrümmung messen, einen standardisierten refraktiven Index der Hornhaut zur Umrechnung der Brechkraft der Hornhautvorderfläche in die gesamte Hornhautbrechkraft. Dieser variiert je nach Hersteller und Vertriebsland des jeweiligen Gerätes, was die Verwendung von Radien anstatt von dpt-Werten zur sichereren Methode der Angabe kornealer Brechkräfte macht. Hier gilt: D [dpt]=(n–1)/r [m]. Im Gegensatz zu nicht voroperierten Hornhäuten und Augen, die radialer Keratotomie (RK) unterzogen wurden, beeinflusst die ablative, refraktive Chirurgie (LASIK und Oberflächenablation) das Verhältnis zwischen vorderer und hinterer Hornhautoberfläche; daher ist die Verwendung eines standardisierten refraktiven Index der Hornhaut nicht mehr gültig [4]. In jüngster Zeit hat die Scheimpflugphotographie als Verfahren zur Bestimmung kornealer Radien immer mehr an Bedeutung gewonnen. Im Handel sind derzeit drei Geräte, die diese Technik direkt anwenden: Pentacam
18
267 18.1 · Technisches Prinzip
(Oculus, Inc., Lynnwood, WA, USA), Galilei (Ziemer, Port, Schweiz) und Sirius (Fa. Schwind eye-tec-Solutions, Kleinostheim, Germany). Weiterhin greifen das Orbscan (Bausch & Lomb Inc., Rochester, NY, USA) mit Spaltlampentechnik und der RTVue (Optovue Inc., Fremont, CA, USA), der außerdem mit Hilfe von optischer Kohärenztomographie arbeitet, ebenfalls auf Scheimpflugphotographie zurück. Studien haben gezeigt, dass die Messungen der hinteren Hornhautkrümmung von Augen nach einer LASIK beim Orbscan ΙΙ nicht ausreichend zuverlässig sind [5, 6]. Mit der Pentacam wurden hingegen vielversprechende Ergebnisse für die Wiederholbarkeit von Messungen der hinteren Hornhautoberfläche erzielt [7]. Huang et al. berichten, dass die Reproduzierbarkeit der Messungen der kornealen Brechkraft mit dem RTVue bei Augen
nach LASIK Eingriffen bei 0,26 D lag (Präsentation auf der ARVO 2008). Falsche Einschätzung der tatsächlichen (effektiven) Linsenposition (ELP) Mit Ausnahme der Haigis-Formeln der 3.
und 4. Generation verwenden IOL-Formeln die korneale Brechkraft, um die ELP vorher zu sagen. Die abgeflachten K-Werte nach myoper LASIK/PRK führen bei diesen IOL-Formeln zur falschen Bestimmung der ELP und berechnen somit eine unzureichende IOL-Brechkraft, was zu einem postoperativen positiven Refraktionsdefizit, also einer Hyperopie, führen kann. Um dieses Problem zu lösen, wurde von Aramberri die »Double-K-Methode« vorgeschlagen [8], die zwei verschiedene K-Werte verwendet: Den präoperativen K-Wert für
. Tab. 18.1 Für IOL-Formeln der dritten Generation werden zur Anpassung der IOL-Brechkraft in Augen nach myoper refraktiver Chirurgie Nomogramme genutzt, um die IOL-Brechkraft zu berechnen. Die Zahlen der ersten, zweiten, und dritten Zeile geben die zu den mit Hilfe SRK/T, HofferQ and Holladay-1-Formeln ermittelten Werte zu addierende Korrektur an (nach Koch et al. 2003) [11] Achslänge [mm] Refraktive Korrektion (dpt)
19
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2
0,7 0,5 0,4
0,7 0,4 0,5
0,7 0,4 0,5
0,7 0,3 0,5
0,7 0,3 0,5
0,7 0,2 0,5
0,7 0,2 0,5
0,6 0,2 0,4
0,6 0,1 0,4
0,5 0,1 0,3
0,4 0 0,2
0,3 0 0,1
3
1,0 0,7 0,7
1,0 0,6 0,7
1,0 0,5 0,7
1,0 0,5 0,7
1,1 0,4 0,7
1,1 0,3 0,7
1,0 0,3 0,8
1,0 0,3 0,7
0,9 0,2 0,6
0,8 0,2 0,4
0,7 0,1 0,3
0,6 0 0,2
4
1,3 1,0 0,9
1,3 0,8 0,9
1,3 0,7 0,9
1,4 0,6 1,0
1,4 0,5 1,0
1,4 0,5 1,0
1,4 0,4 1,1
1,3 0,3 0,9
1,2 0,3 0,8
1,1 0,2 0,6
0,9 0,1 0,5
0,8 0 0,4
5
1,7 1,2 1,1
1,7 1,0 1,2
1,7 0,9 1,2
1,7 0,8 1,2
1,7 0,7 1,2
1,8 0,6 1,3
1,7 0,5 1,3
1,6 0,4 1,2
1,5 0,4 1,0
1,4 0,3 0,8
1,2 0,2 0,7
1,1 0 0,5
6
2,0 1,4 1,4
2,0 1,2 1,4
2,0 1,0 1,4
2,0 0,9 1,5
2,1 0,8 1,5
2,1 0,7 1,6
2,1 0,6 1,6
2,0 0,5 1,5
1,8 0,5 1,2
1,7 0,4 1,0
1,5 0,3 0,8
1,4 0,1 0,7
7
2,3 1,6 1,6
2,3 1,4 1,6
2,3 1,2 1,7
2,4 1,1 1,7
2,4 0,9 1,8
2,5 0,8 1,8
2,4 0,7 1,9
2,3 0,6 1,7
2,2 0,6 1,5
2,0 0,5 1,2
1,8 0,3 1,0
1,7 0,1 0,9
8
2,6 1,8 1,8
2,6 1,6 1,9
2,6 1,4 1,9
2,7 1,2 2,0
2,7 1,1 2,0
2,8 1,0 2,1
2,8 0,8 2,2
2,6 0,7 2,0
2,5 0,7 1,7
2,3 0,6 1,5
2,2 0,4 1,2
2,0 0,2 1,0
9
2,9 2,0 2,1
2,9 1,7 2,1
2,9 1,5 2,2
3,0 1,3 2,2
3,1 1,2 2,3
3,2 1,1 2,4
3,1 1,0 2,5
3,0 0,8 2,3
2,8 0,8 2,0
2,7 0,7 1,7
2,5 0,5 1,4
2,3 0,2 1,2
10
3,1 2,2 2,3
3,2 1,9 2,4
3,2 1,7 2,4
3,3 1,5 2,5
3,4 1,3 2,6
3,5 1,2 2,7
3,4 1,1 2,8
3,3 1,0 2,6
3,1 0,8 2,2
3,0 0,7 1,9
2,8 0,6 1,7
2,6 0,3 1,4
268
Kapitel 18 · IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
. Tab. 18.2 Für IOL-Formeln der dritten Generation werden zur Anpassung der IOL-Brechkraft in Augen nach hyperoper refraktiver Chirurgie Nomogramme genutzt, um die IOL-Brechkraft zu berechnen. Die Zahlen der ersten, zweiten, und dritten Zeile geben die zu den mit Hilfe SRK/T, HofferQ and Holladay-1-Formeln ermittelten Werte zu addierende Korrektur an (nach Koch et al. 2003) [11] Achslänge [mm]
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Refraktive Korrektur (D)
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23
24
25
26
27
28
29
30
2
0,7 0,5 0,4
0,7 0,4 0,4
0,7 0,4 0,4
0,7 0,3 0,4
0,7 0,3 0,4
0,7 0,2 0,5
0,7 0,2 0,5
0,6 0,1 0,4
0,5 0,1 0,3
0,4 0,1 0,2
0,2 0 0
0 0 0
3
1,1 0,8 0,6
1,1 0,7 0,6
1,1 0,5 0,6
1,1 0,5 0,7
1,1 0,4 0,7
1,1 0,3 0,7
1,0 0,2 0,7
0,9 0,2 0,5
0,7 0,1 0,3
0,5 0 0,2
0,2 0 –
0 0 –
4
1,4 1,1 0,9
1,4 0,9 0,9
1,4 0,7 0,9
1,4 0,6 0,9
1,4 0,5 0,9
1,5 0,4 0,9
1,4 0,3 0,9
1,2 0,2 0,6
0,9 0,1 0,4
– 0 0,4
– 0 –
– 0 –
5
1,8 1,4 1,1
1,8 1,1 1,1
1,8 0,9 1,0
1,8 0,7 1,0
1,8 0,6 1,0
1,9 0,4 1,0
1,8 0,3 1,0
1,7 0,2 0,7
– 0,1 0,3
– 0 –
– 0 –
– 0 –
6
2,2 1,7 1,1
2,2 1,3 1,1
2,2 1,1 1,1
2,2 0,9 1,1
2,2 0,7 1,1
2,5 0,5 1,1
– 0,3 1,1
– 0,2 0,7
– 0 0,3
– 0 –
– 0 –
– 0 –
die Einschätzung der ELP und den postoperativen K-Wert für die Berechnung der IOL-Brechkraft (vergence formula). Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Double-K-Methode die Genauigkeit der Berechnung IOL-Brechkraft nach LASIK/PRK [8, 9] verbessert. Der Ansatz hierzu wurde zuvor von Holladay in der Holladay-2-Formel entwickelt. Koch et al. untersuchten die Wirkung einer fehlerhaften Berechnung der ELP in IOL-Brechkraftvorhersagen durch die SRK/T, HofferQ, Holladay-1- und -2-Formeln. Sie fanden heraus, dass das Ausmaß dieses Fehlers je nach Formel, Höhe der refraktiven Korrektur und der Vorderkammertiefe [10, 11] variiert. Im Rahmen dieser Studie stieg der ELPbezogene Fehler mit zunehmenden Grad an refraktiver Korrektur linear an. Um die IOL-Brechkraft anzupassen, wurden Nomogramme erstellt, die die angepassten kornealen Brechkräfte für diese Formeln (. Tab. 18.1 und . Tab. 18.2) verwenden. In der Holladay-2-Formel kann man präoperative K-Werte zur Vorhersage der ELP eingeben. Sind vorherige Daten nicht verfügbar, zeigt eine Tabelle, welche Formel Anwendung findet, um die Standard-Hornhautbrechkraft von 43,86 D verwenden zu können.
Kategorien je nach Vorliegen der präoperativen Daten aufteilen. 4 Methoden unter Berufung auf historische Daten 4 Methoden, die auf der Verwendung von historischen Refraktionsdaten und aktuellen Berechnungen der Hornhautleistung basieren 4 Methoden ohne Verwendung historischer Daten
18.2.1
Methoden unter Berufung auf historische Daten
Diese Methoden benötigen die präoperativen Keratometriewerte, die subjektive Refraktion (SR) und die durch den chirurgischen Eingriff induzierten Veränderungen der subjektiven Refraktion (ΔSR). Bei diesen Ansätzen sollte darauf geachtet werden, genaue historische Daten zur Verfügung zu haben. Außerdem benötigt man die Messung der Refraktion nach LASIK, jedoch noch vor einsetzender Refraktionsänderung durch die beginnende Katarakt.
Klinisch historische Methode
Erweiterte Methoden zur IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
Diese Methode erfordert exakte Angaben zur Bestimmung der kornealen Brechkraft [11, 13]: 4 Hornhautbrechkraft = Kprä – (SEpostop – SEpräop)
Die erweiterten Ansätze zur Verbesserung der IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie lassen sich in 3
Kpräop-Wert ist hier der präoperative LASIK/PRK-Wert, SEpostop das stabile sphärische Äquivalent des postopera-
18.2
269 18.2 · Erweiterte Methoden zur IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
tiven LASIK/PRK-Wertes (vor der Entwicklung einer Katarakt) und SEpräop ist das SE vor LASIK/PRK. Mehrere Studien haben nahegelegt, dass die Berufung auf die historischen Werte die beste Methode zur Berechnung der Hornhautbrechkraft nach refraktiver Chirurgie ist. Jedoch war die Anzahl der Augen in diesen Studien vergleichsweise klein und die Genauigkeit dieser Methode variierte stark [14, 15]. Außerdem ist in der klinischen Anwendung diese Methode oft unrealistisch, da die präoperativen Werte sehr häufig nicht vorhanden sind.
18.2.2
Methoden, die auf der Verwendung von historischen Refraktionsdaten und aktuellen Berechnungen der Hornhautbrechkraft basieren
Es gibt mehrere Methoden, die die Messung der kornealen Brechkraft oder die Kalkulation der IOL basierend auf der durch refraktive Hornhautchirurgie geänderten Brechkraft modifizieren.
Modifikation der Videokeratographiewerte Feiz-Mannis-Methode Diese Methode berechnet die IOL-Brechkraft anhand von präoperativen-LASIK/PRK-Messungen der zentralen Keratometriewerte, als ob die Patienten keiner LASIK/PRK unterzogen wurden [15]. Die Höhe der refraktiven Korrektur auf Brillenebene wird durch 0,7 [17] dividiert und anschließend zur präoperativen LASIK/PRK-IOL-Brechkraft hinzuaddiert. 4 IOLpostop = IOLpräop + (ΔSR)/0,7 IOLpostop ist die geschätzte IOL-Brechkraft der IOL, die nach LASIK/PRK implantiert werden soll. IOLpräop ist die für theoretische, nicht durchgeführte PRK/LASIK angenommene IOL-Brechkraft.
Folgende Methoden wurden vorgeschlagen, um die derzeitigen Messungen der postoperativen kornealen Brechkräfte nach LASIK/PRK mit Videokeratographen zu optimieren: Adjusted EffRP Der EffRP-Wert des EyeSys-Topographen
(EyeSys Vision, Inc., Houston, USA) ist der Mittelwert der kornealen Brechkraft über der zentralen 3-mm-Zone unter Berücksichtigung des Stiles Crawford Effektes. Hamed et al. haben den Adjusted EffRP Wert, der gemäß ΔSR [4, 19] angepasst wird, vorgeschlagen: 4 Adjusted EffRP nach myoper LASIK/PRK = EffRP – 0,152 × (ΔSR) – 0,05 4 Adjusted EffRP nach hyperoper LASIK/PRK = EffRP + 0,162 ΔSR) – 0,279
Korneale Bypass-Methode Diese Methode [18] verwendet präoperative LASIK/PRKKeratometriewerte, präoperative und postoperative LASIK/ PRK-Refraktionen und aktuelle Messungen der Augenlänge. Sie geht davon aus, dass der Patient keine LASIK/ PRK-Eingriffe hatte und berechnet die IOL-Brechkraft durch Wahl der Zielrefraktion anhand der präoperativen LASIK/PRK-Refraktion oder anhand der effektiven refraktiven Korrektur, wenn die postoperative LASIK/PRK Refraktion nicht gleich Null ist. Kommentar Die Bedenken an dieser Methode liegen in
der Abhängigkeit, genaue präoperative Daten zu bekommen. Ein Dioptrienfehler überträgt sich 1:1, sobald nur eine der historischen Angaben falsch ist. Historische Daten werden oft von einem anderen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt, wo z. B. die Kalibrierung des Keratometers nicht sichergestellt werden kann. Des Weiteren ist es oft schwierig, den genauen Zeitpunkt zu bestimmen, wann die postoperative LASIK-Refraktion sich stabilisiert hat und eine Katarakt den refraktiven Fehler zu verändern begonnen hat. Aus all diesen Gründen haben wir festgestellt, dass Verfahren, die auf historischen Daten basieren, weniger geeignet sind als die beiden im Folgenden beschriebenen Methoden.
Adjusted AnnCP Der AnnCP-Wert (annular corneal po-
wer) des Atlas Topographen (Carl Zeiss Meditec, Jena) ist die durchschnittliche korneale Brechkraft der 0-, 1-, 2und 3-mm Ringzonen. AnnCP wird gemäß ΔSR angepasst. Bei der Evaluierung dieser Methode stellten Wang et al. fest, dass die Genauigkeit der Berechnung der IOLBrechkraft bei Augen nach hyperoper LASIK/PRK deutlich verbessert wurde [19]: 4 Adjusted AnnCP-Wert nach hyperoper LASIK/PRK = AnnCP + 0,191 × (ΔSR) – 0,396 4 Adjusted AnnCP-Wert nach myoper LASIK/PRK = AnnCP = –0,2 × (ΔSR), wobei der AnnCP-Wert die durchschnittliche Brechkraft in den 0-, 1-, 2- und 3-mm-Ringzonen darstellt. Adjusted K Falls EffRP- oder CVK-Werte nicht vorliegen,
kann man durch unten genannte Formel angepasste Keratometriewerte erhalten [4]. Es muss jedoch betont werden, dass diese Methode nicht so exakt ist wie die adjusted EffRP- bzw. adjusted AnnCP-Methoden. 4 Adjusted K = K – 0,24 × (ΔSR) + 0,15 Adjusted ACCP Der ACCP-Wert des TMS-Topographen
(Tomey Inc., Nagoya, Japan) stellt die durchschnittliche korneale Brechkraft innerhalb der zentralen 3-mm-Zone der topographschen Karte dar. Der ACCP-Wert wird ge-
18
270
Kapitel 18 · IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
mäß ΔSR angepasst. Awwad et al. [20] berichten, dass diese Methode die korneale Brechkraft nach myoper LASIK exakt vorhersagen kann: 4 Adjusted ACCP-Wert nach myoper LASIK/PRK = ACCP – 0,16 × (ΔSR)
Latkany-Formel Diese Methode verwendet die SRK/T-Formel mit flachsten oder durchschnittlichen K-Werten, um die IOL-Brechkraft anzupassen [20]. Hierzu ist die Kenntnis der subjektiven Refraktion von LASIK/PRK notwendig: 4 Anpassung der IOL für flache K-Werte = – (0,47 × PräLASIK/PRK-Refraktion + 0,85) 4 Anpassung der IOL für durchschnittliche K-Werte = – (0,46 × Prä-LASIK/PRK-Refraktion + 0,21).
Masket-Formel Bei dieser Methode wird die IOL-Brechkraft anhand des K-Wertes des IOL-Masters und der SRK/T-Formel berechnet, so als ob keine LASIK/PRK stattgefunden hätte und dann um rund 33% der refraktiven Korrektur verändert [22]. 4 Anpassung der IOL = ((ΔSR) × 0,326) + 0,101
Modifizierte Masket-Formel Die Masket-Formel wurde von Hill folgendermaßen modifiziert (präsentiert während der ASCRS 2006): 4 Anpassung der IOL = ((ΔSR) × 0,4385) + 0,0295 Kommentar Die Vorteile dieser Methode liegen darin,
dass auf Hornhautdaten zurückgegriffen wird, die zum Zeitpunkt, an dem sich der Patient für die Kataraktoperation vorstellt, gemessen wurden. Außerdem erfolgt eine Multiplikation der Änderung der subjektiven Refraktion um einen bestimmten Faktor, in der Regel weniger als 0,3. Damit wird der Eins-zu-Eins-Fehler, der bei Methoden auftritt, die sich gänzlich auf historische Daten verlassen, vermieden.
DCL ist die geschätzte Hornhautbrechkraft nach refraktiver Chirurgie, BK ist die Basiskurve der Kontaktlinsen in Dioptrien, D ist Brechkraft der Kontaktlinse in Dioptrien, SÄCL ist das sphärische Äquivalent der Überrefraktion und SÄ ist das sphärische Äquivalent der festgestellten Refraktion ohne Kontaktlinse. In vorangegangenen Berichten [9, 15, 24] wurde eine größere Ungenauigkeit für die Kontaktlinsenmethode im Vergleich zu anderen Methoden festgestellt. Wir glauben, dass dies zumindest teilweise mit der schlechten Passform der Anpasslinsen, die in der Regel bei diesen Studien verwendet werden, zu tun hat. Kontaktlinsen mit einer speziellen rückwärtigen Oberfläche für eine bessere Passgenauigkeit auf Post-LASIK/PRK-Hornhäuten könnten die Zielgenauigkeit und Präzision dieser Methode verbessern (asphärische Kontaktlinsen sind in den USA in Studien unüblich).
Modifizierte Maloney-Methode Diese Methode wandelt die zentrale Hornhautbrechkraft aus dem Atlastopographen in die vordere korneale Brechkraft um und bringt dann eine angenommene hintere Hornhautbrechkraft von 5,51 dpt in Abzug. 4 Post-LASIK-K-Wert = zentrale Brechkraft × (376,0/337,5 oder 1,114) – 5,51 Ursprünglich hatten Wang et al. [9] vorgeschlagen, in dieser Methode eine angenommene hintere Hornhautbrechkraft mit 6,1 dpt zu verwenden. In einer anderen Messreihe von 11 Fällen, die einer Kataraktoperation nach myoper LASIK unterzogen wurden, resultierte die ursprüngliche Methode in 10 von 11 Fällen in kurzsichtigen Ergebnissen (durchschnittlicher refraktiver Fehler –0,57 D, unveröffentlichte Daten). Unter Verwendung der Double-K-Version der Holladay-2-Formel oder Formeln der 3. Generation liefert die Maloney-Methode konsistentere Ergebnisse als Verwendung historischer Daten.
Wang-Koch-Maloney-Methode
18
18.2.3
Methoden ohne Verwendung historischer Daten
Diese Methoden sind natürlich unerlässlich, da sich in der Praxis Patienten oft ohne jegliche präoperative Daten vorstellen.
Methode unter Verwendung der Refraktion über Kontaktlinsen Diese Methode erfordert keine historischen Daten, sie kann jedoch nur für Augen mit einer Sehschärfe von 0,32 oder besser [23] verwendet werden. 4 DCL = BK + D + (SÄCL – SÄ)
Die Wang-Koch-Maloney-Methode rechnet die durchschnittliche Hornhautbrechkraft der 0-, 1-, 2- und 3-mmRingzonen vom Atlas zurück zur vorderen Hornhautbrechkraft und subtrahiert dann eine angenommene posteriore Hornhautbrechkraft von 5,59 dpt (vorgestellt anlässlich des ASCRS-Kongresses 2007). 4 Post-LASIK-K = Atlas0-3 × (376,0/337,5 oder 1,114) × 5,59 Wobei der Wert »Atlas0-3« die durchschnittliche Brechkraft der 0-, 1-, 2- und 3-mm-Ringzonen aus dem Atlas darstellt.
271 18.2 · Erweiterte Methoden zur IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
Shammas-Methode
Aphake Refraktionstechnik Bei dieser Methode wird die
Diese Methode basiert auf einer Regressionsgleichung von Post-LASIK-K-Werten und kornealen Brechkräften, die aus den historischen Daten gewonnen wurden [25]. 4 Korrigierte Post-LASIK-Hornhautleistung = 1,14 Kpost – 6,8
aphake Refraktion 30 Minuten nach der Entfernung der Katarakt durchgeführt [28]. Die Formel lautet wie folgt: 4 IOL-Brechkraft = 1,75 × aphaker Refraktion (SÄ)
Kpost entspricht dem Post-LASIK-K-Wert.
Haigis-L-Formel Der IOL-Master arbeitet mit der Haigis-L-Formel. Diese Formel verwendet eine Regressionsgleichung, um den Post-LASIK-Hornhautradius, den man vom IOL-Master erhält, basierend auf kornealen Brechkraft der historischen Methode, zu korrigieren [26]. 4 Korrigierter Hornhautradius = 331,5/(–5,1625 × Post-LASIK-Hornhautradius mit dem IOL-Master + 82,2603–0,35) Die IOL-Brechkraft wird dann anhand der Haigis-Formel berechnet.
Galilei-TCA-Methode Der TCA (total central average), den man aus dem Galilei Scheimpflug Topographen erhält, ist die gesamte korneale Brechkraft gemittelt über die zentrale 4-mm-Zone, berechnet durch Ray-Tracing der vorderen und hinteren Hornhautoberflächen unter Verwendung des Brechungsgesetzes. Diese Methode basiert auf der Regressionsgleichung von TCA-Werten und kornealen Brechkräften, die von der historischen Methode abgeleitet wurden (unveröffentlicht). 4 Korneale Brechkraft nach myoper LASIK = 1,057 × TCA –1,8348 In einer Studie von 8 Augen nach myoper LASIK wurde festgestellt, dass der Galilei-TCA zu anderen Methoden vergleichbare Ergebnisse lieferte, die ohne vorherigen Daten auskamen und sogar bessere Ergebnisse lieferte als Methoden, die stark von historischen Daten abhängig sind (unveröffentlichte Daten).
Intraoperative Refraktion Es gibt zwei Veröffentlichungen, in denen die Refraktion während der Kataraktoperation bei post-LASIK/PRKAugen vorgenommen wurde. Optisch refraktive Biometriemethode Bei dieser Methode wird eine aphake Retinoskopie nach Entfernung der Katarakt und vor der Implantation der IOL durchgeführt. Hier ist keine Refraktionsbestimmung erforderlich. 4 IOL-Brechkraft = 2,01449 × intraoperatives SÄ
Obwohl der Vorteil dieser intraoperativen Refraktionsmethode im schwierigen Umgang mit den vielen Fehlerquellen der anderen Methoden liegt – es werden keine historischen Daten benötigt, keine präzise Bestimmung der kornealen Brechkraft – liegen unsere Bedenken darin, ob in diesem Zustand eine exakte Refraktionsbestimmung erfolgen kann. Weitere Studien mit einer großen Anzahl von Augen sind erforderlich, bevor diese Methode zum klinischen Einsatz kommen kann.
Gullstrand-Formel Die Gullstrand-Formel berechnet die gesamte korneale Brechkraft mit Hilfe der anterioren und posterioren kornealen Brechkräfte und der Hornhautdicke. 4 DG = D1 + D2 – (d/n) (D1 × D2) Hierbei sind DG, D1 und D2 die Brechkräfte der gesamten anterioren und posterioren Hornhautoberflächen in Dioptrien bzw. »d« die Hornhautdicke und »n« ist der Brechungsindex der Hornhaut. Von dieser Formel wird in zwei Ansätzen mit der Pentacam berichtet, um die gesamte korneale Brechkraft abzuschätzen (Total Power, True-Net Power). Äquivalente K-Werte (ÄKW; 4,5-mm-Zone) Die ÄKW sind
in der Ausgabesoftware der Pentacam integriert (»Holladay-Report«). Hierbei berechnet die Pentacamsoftware die anterioren und posterioren zentralen Brechkräfte und passt sie dem Mittelwert der Bevölkerung an [29]. Da die ÄKW die Berechnung der kornealen Brechkraft vor allem bei Augen nach LASIK/PRK verbessern sollen, können sie in IOL-Berechnungsformeln ohne Anpassung verwendet werden. BESSt-Formel Diese Formel basiert auf der Gullstrand-
Formel [30]. In 143 unbehandelten Hornhäuten fanden Borasio et al., dass die Gullstrand-Formel durchweg geringere korneale Brechkräfte lieferte als CVK. Zum Ausgleich für diese Unterbewertung entwickelten sie die BESSt_vcFormel (vc = virgin corneas = unbehandelte Hornhäute) unter Zuhilfenahme einer Regressionsanalyse. Für PostLASIK-Augen führten sie auch eine Regressionsanalyse der mit der BESSt_vc-Formel und der klinischen historischen Methode ermittelten Brechkräfte durch. 4 K-Werte BESSt_vc = 0,2431 + 0,9942 × K-Werte Gullstrand 4 K-Werte BESST = 7,8385 + 0,7458 × K-Werte BESSt_vc
18
272
Kapitel 18 · IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
18.3
Online-IOL-Berechnung über die ASCRS
Die Berechnungen mit den verschiedenen genannten Methoden ist sehr zeitaufwändig. Um Zeit zu sparen entwickelten Li Wang, Warren Hill und Douglas Koch einen webbasierten IOL-Kalkulator (www.ascrs.org). Dieser besteht aus drei Modulen: 4 Vor myoper LASIK/PRK 4 Vor hyperoper LASIK/PRK 4 Vor RK Für die Berechnung bei Augen mit vorhergehender myoper oder hyperoper LASIK/PRK können präoperative und postoperative LASIK/PRK-Daten sowie biometrische Da-
ten eingegeben werden. Nach dem Anklicken der »Berechnen«-Taste erscheinen die Ergebnisse im unteren Teil des Formulars (. Abb. 18.2). Abhängig von der Verfügbarkeit historischer Daten unterteilt der IOL-Rechner die verschiedenen Berechnungsmethoden in drei Gruppen: 4 Methoden, die präoperative LASIK/PRK-K-Werte und ΔSR verwenden 4 Methoden, die ΔSR verwenden 4 Methoden, die keine vorherigen Daten verwenden Die IOL-Brechkraft wird hier mit Hilfe der Double-KHolladay-1-Formel berechnet (Ausnahme: Haigis-L-Methode). Bei der Double-K-Holladay-1-Formel wird der präoperative LASIK/PRK-K-Wert verwendet, um die ELP zu berechnen. Sollte der präoperative LASIK/PRK-K-Wert
18
. Abb. 18.2 IOL-Kalkulator für Augen mit vorangegangener myoper LASIK/PRK
273 Literatur
nicht verfügbar sein, wird 43,86 dpt verwendet. Die durchschnittliche IOL-Brechkraft und die Bandbreite aus allen verfügbaren Methoden für diesen Fall werden ebenfalls angezeigt. In einer von uns durchgeführten Studie an 72 PostLASIK/PRK-Augen nach Kataraktoperation fanden wir mit Hilfe dieses Programms heraus, dass, verglichen mit Methoden die Prä-LASIK/PRK-K-Werte und ΔSR, ΔSR oder keine vorherigen Daten verwenden, es geringere IOLVorhersagefehler, kleinere Abweichungen und einen erhöhten Prozentsatz von Augen innerhalb 0,5 und 1,0 dpt des erwarteten SÄ (unveröffentlichte Daten) gab. Weitergehende Studien, vor allem mit posthyperopen LASIK/ PRK-Augen, sind wünschenswert. Eine weitere, sehr gute Quelle ist die umfassende Tabellenkalkulation, die von Kenneth Hoffer und Giacomo Savini (http://www.eyelab. com/) hierzu entwickelt wurde.
18.4
Post-RK-Augen
Im Gegensatz zu Augen nach LASIK/PRK verändert sich bei Augen nach RK auch die posteriore Hornhautkrümmung, vermutlich wird hier das Verhältnis zwischen anteriorer und posteriorer Hornhautoberfläche besser erhalten. Daher kann eine durchschnittliche korneale Brechkraft über die zentralen 2–3 mm, durch einen Topographen gemessen, für Post-RK-Augen verwendet werden. Im ASCRS-Rechner kann man die durchschnittliche korneale Brechkraft aus dem Atlas für die 1-, 2-, 3- und 4-mm-Ringzonen, die EffRP vom Eyesys und die zentrale Gesamtbrechkraft aus dem Galilei eingeben. Vermutlich können Durchschnittswerte über die zentralen 2 und 3 mm aus anderen Topographen ebenfalls verwendet werden. Ein Ausgleich für mögliche Fehler in ELP wird weiterhin benötigt, dieser wird durch die Anwendung der Double-KVersion von IOL-Formeln sichergestellt. Im ASCRS-Onlinerechner wird die Double-K-Holladay-1-Formel verwendet. Wir beobachten auch eine relative Ungenauigkeit bei Post-RK Augen im Vergleich zu nicht voroperierten Augen. Das mag zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass größere Schwankungen in der anterioren Hornhautkrümmung und den posterioren Krümmungsänderungen vorliegen, die von denen abweichen, die anhand des standardisierten Brechungsindex berechnet wurden. Darüber hinaus wurde bei 20–50% der RK-Augen von einer graduellen hyperopen Verschiebung berichtet. Aus diesen Gründen streben wir in der Regel IOL-Kalkulationen von –0,75 bis –1,00 D an.
> Zur IOL-Kalkulation für Augen nach refraktiver Hornhautchirurgie werden die Verwendung verschiedener Methoden und das ASCRS-OnlineProgramm empfohlen, das über alle Daten für jeden möglichen Fall verfügt. Es empfiehlt sich ein vorsichtiger Umgang mit IOL-Kalkulationen, die nur auf ΔSR-Daten beruhen oder bei Methoden, bei denen vorher überhaupt keine Daten vorlagen. Es werden IOL-Kalkulationen, die auf Prä-LASIK/PRK-K-Werten basieren und ΔSR-Daten als zusätzliche Absicherung verwendet. Fazit für die Praxis Die Genauigkeit der Kalkulation einer IOL nach refraktiver Hornhautchirurgie wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert. Leider treten immer noch refraktive »Überraschungen« auf. Deshalb sind immer noch Verbesserungen bei den Messmethoden zur Hornhautmessung und Vorhersagbarkeit der ELP erforderlich. Der »Heilige Gral« auf diesem Gebiet könnte eine justierbare IOL sein, die die Korrektur der sphärischen und astigmatischen Refraktionsdefizite sowie verbleibende Aberrationen höherer Ordnung erleichtern würde. Zurzeit muss man noch auf sorgfältig gesammelte Messdaten, mehrere validierte Formeln und angemessene Information der Patienten vertrauen.
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Kapitel 18 · IOL-Kalkulation nach refraktiver Hornhautchirurgie
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19
Komplikationen der Intraokularchirurgie D. Kook, O. K. Klaproth, T. Kohnen
19.1
Allgemeine Risiken der Intraokularchirurgie
19.2
Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen – 276
19.2.1 19.2.2 19.2.3 19.2.4
Generelle Komplikationen der Intraokularchirurgie – 276 Spezifische Komplikationen phaker kammerwinkelgestützter Vorderkammerlinsen – 276 Spezifische Komplikationen phaker irisfixierter Linsen – 279 Spezifische Komplikationen phaker Hinterkammerlinsen – 284
19.3
Refraktiver Linsenaustausch
19.3.1 19.3.2
Intraoperative Komplikationen – 289 Postoperative Komplikationen – 289
Literatur
– 289
– 292
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_19, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 276
19
276
Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
19.1
Allgemeine Risiken der Intraokularchirurgie
Das Komplikationsspektrum beim refraktiven Linsenaustausch (RLA) ist weitestgehend identisch mit dem der Kataraktchirurgie mit Intraokularlinsen (IOL)-Implantation. Bei Implantation einer phaken IOL (pIOL) ist das Komplikationsspektrum etwas anders, da bei diesem Eingriff die eigene natürliche Linse erhalten bleibt. Sowohl dem RLA als auch der pIOL-Implantation gemein sind Komplikationen, die auf die Anästhesietechnik und die Eröffnung des Augeninneren per se zurückzuführen sind. Mit zunehmender Verwendung von Tropf- und Gelanästhesie werden heute Injektionstechniken weiter verdrängt und Komplikationen aufgrund der Anästhesietechnik wie retrobulbäre Blutung, Bulbuspenetration, allergische Reaktion auf das Anästhetikum und Kreislaufbeeinträchtigung bis hin zur Atemlähmung bei akzidenteller retrobulbärer Injektion in den Sehnerven sehr selten beobachtet. Mögliche intraoperative Komplikationen sind Schädigung des korneoskleralen Tunnelschnittes mit Bulbushypotonie, Prolaps uvealen Gewebes durch den Wundspalt, Hornhautschädigung durch Abhebung der Descemet-Membran oder beim RLA ein thermischer Hornhautschaden durch den Phakoemulsifikationstip, Einriss des Kapselsackes mit Subluxation der Linse, Glaskörperinkarzeration oder -verlust [1]. Das Risiko einer intraokularen Blutung bei Tropf- oder Gelanästhesie ist bei Einnahme von Antikoagulanzien nicht deutlich erhöht. Jedoch kann es selten zu einer chorioidalen Effusion oder expulsiven Blutung kommen. Die Implantation einer falschen oder fehlkalkulierten IOL oder pIOL gehört sicher zu den am besten vermeidbaren Komplikationen. Eine der schwerwiegendsten Komplikationen nach Intraokularchirurgie, die Endophthalmitis, ist heute unter der Berücksichtigung einer bestmöglichen Antisepsis mit einer Prävalenz von 0,1–0,7% (nach Kataraktoperation) eine seltene Komplikation [2]. Nach Implantation einer phaken IOL ist in der Literatur dagegen bislang nur ein einziger Fall einer postoperativen Endophthalmits mit β-hämolysierenden Streptokokken beschrieben [3]. Jüngst konnte eine prospektive, randomisierte Multicenterstudie zeigen, dass eine zusätzliche intrakamerale Applikation von Cefuroxim nach Kataraktoperation die Häufigkeit einer postoperativen Endophthalmitis signifikant reduziert [4]. Bei strenger Einhaltung der Empfehlungen der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsenimplantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII) vor intraokularen Eingriffen zur präoperativen Antisepsis mit 5%-igem Povidon-Iod allein ist jedoch das Risiko einer Endophthalmitis nach pIOL oder RLA als sehr gering einzuschätzen (7 Kap. 23).
19.2
Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
19.2.1
Generelle Komplikationen der Intraokularchirurgie
Aufgrund der zunehmenden Anwendung der topischen oder Parabulbäranästhesie anstelle der Retrobulbäranästhesie sind heute Komplikationen wie Retrobulbärhämatom, Bulbuspenetration oder die lebensbedrohliche Hirnstammanästhesie bei akzidenteller Injektion in den Sehnerven sehr selten. Da die Implantation einer Linse einen intraokularen Eingriff darstellt, birgt die Operation im Prinzip das Risiko einer postoperativen Endophthalmitis. Dieses Risiko wird bei der Kataraktchirurgie mit Implantation einer Hinterkammerlinse je nach Studie mit 0,1–0,7% beziffert [5]. Über eine postoperative Endophthalmitis nach Implantation einer phaken Linse wird in der Literatur nur anekdotisch berichtet.
19.2.2
Spezifische Komplikationen phaker kammerwinkelgestützter Vorderkammerlinsen
Optische Qualität, Blendempfindlichkeit, Halos Ein Nachteil der VK-pIOL ist deren Position vor der Pupille, da die Kanten der Linsenoptik eine potenzielle Quelle für optische Aberrationen darstellen. Insbesondere stellt das Verhältnis von Pupillendurchmesser und Pupillenzentrierung zur Optik der VK-pIOL einen entscheidenden Faktor dar, der präoperativ entsprechend evaluiert und mit dem Patienten diskutiert werden sollte. Es kann passieren, dass die Mitte der Optik einer Vorderkammerlinse und die Pupillenmitte nicht übereinstimmen.
! Cave Sollte der skotopische Pupillendurchmesser signifikant größer als die Optik der VK-pIOL sein, so ist große Vorsicht geboten, da eine Implantation dieser Linse wahrscheinlich eine postoperative Blendempfindlichkeit und letztlich eine subjektive Unzufriedenheit zur Folge hätte.
Die Inzidenz von Blendempfindlichkeit und Halos wird mit 10–80% angegeben. Eine Studie zeigte, dass von allen untersuchten pIOL (NuVita als Vorderkammerlinse, Artisan als Irisklauenlinse und ICL als Hinterkammerlinse) insbesondere bei der Vorder- und der Hinterkammerlinse nachts eine verminderte visuelle Leistung aufgrund von Blendempfindlichkeit und Halos gemessen werden konnte. In einem solchen Fall empfiehlt sich in der frühen postoperativen Periode die lokale Applikation von Miotika. Hinsichtlich des Kontrastempfindens verbessern im Ge-
277 19.2 · Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
gensatz zu den HK-pIOL (PRL) die VK-pIOL (Phakic 6) und die IK-pIOL (Verisyse) in allen Winkelfrequenzen die Kontrastempfindlichkeit [7]. Chirurgisch induzierter Astigmatismus (SIA) Der SIA ist gerade deshalb so wichtig weil der Patient postoperativ nicht mehr auf eine Sehhilfe angewiesen sein möchte. So steht es dem Ophthalmochirurgen bei bekanntem präoperativen Betrag und Achslage des kornealen Astigmatismus frei, sich für eine 5–6 mm große Inzision zur Implantation einer PMMA Linse oder für eine kleine Inzision zur Implantation einer faltbaren Linse zu entscheiden. Bei Induktion eines merklichen chirurgischen Astigmatismus muss dieser im Verlauf ggf. durch einen weiteren refraktiven Eingriff korrigiert werden. Kornealer Endothelzellverlust Das Hauptproblem bei der VK-pIOL ist ihre Nähe zum Hornhautendothel und damit verbunden die Gefahr eines Endothelzellverlustes oder Schädigung der Endothelintegrität. Daher sollten Patienten mit niedriger Endothelzellzahl (EZZ) oder flacher Vorderkammer a priori ausgeschlossen werden. Alió et al. konnten in einer Langzeitbeobachtung zeigen, dass nach initialem postoperativem Verlust der EZZ von 3,8% im ersten postoperativen Jahr nach ZB5M/ZB5MF- bzw. ZSAL-4-Implantation der Verlust ab dem 2. bis 7. Jahr nur noch etwa 0,5% betrug [8]. Der gesamte EZZ-Verlust nach 7 Jahren war 8,4%. Andere Studien kommen zu sehr ähnlichen Ergebnissen [9, 10, 11]. Alleman eruierte einen Zellverlust von 12% für die B&L NuVita, Perez-Santoja einen Zellverlust von 4,2% für die ZSAL-4 und Baikoff einen Zellverlust von 4,8% für die ZB5M [9, 10, 11]. In einer Serie von phaken Linsenexplantationen war der Verlust der EZZ in 24% die Ursache für diese Operation [12]. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei all diesen hohen Zellverlusten um ältere Studien mit starren PMMALinsen handelt. Eine jüngere Arbeit beziffert den EZZ-Verlust nach Implantation einer faltbaren VK-pIOL (Vivarte) mit weniger als 5% im ersten Jahr mit auffälligem Unterschied zwischen den myopen (2,3%) und den hyperopen (5,4%) pIOL. Für die zuletzt auf dem Markt eingeführte faltbare AcrySof-Cachet betrug der EZZ-Verlust in zwei Studien nach einem Jahr 4,8% und nach drei Jahren 4,5% [13, 101].
> Aufgrund der dargestellten Studienergebnisse ist ein sorgfältiges postoperatives Monitoren der EZZ wichtig, um im Falle eines nachweislichen progressiven Zellverlustes die pIOL zeitnah zu explantieren. Pigmentdispersion und Linsenbeschläge Trotz mangeln-
der Berichte in der Literatur über Pigmentdispersion oder Pigmentablagerungen auf der pIOL wird dieses klinische
. Abb. 19.1 Proteinablagerungen auf einer phaken Vorderkammerlinse einen Monat postoperativ (34-jährige Patientin)
. Abb. 19.2 Hyphäma nach Implantation einer phaken Vorderkammerlinse (mit freundlicher Genehmigung von E. Rosen, Manchester, UK)
Bild in der Praxis dennoch gelegentlich gesehen (. Abb. 19.1). Der Visus wird hierdurch in der Regel nicht negativ beeinflusst, weshalb eine chirurgische Intervention nur in besonderen Fällen erforderlich ist. Neben Pigment kann auch intrakamerales Blut zu Erythrozytenablagerungen (. Abb. 19.2) auf der pIOL und ggf. zu einem sekundären Druckanstieg führen. Dieses Blut stammt meist aus den abführenden Gefäßen des Schlemm-Kanals oder von der intraoperativen Iridektomie. Chronische Entzündung und Uveitis Da sich die VK-pIOL direkt vor der Pupille befindet, kann es durch die Pupillomotorik durch Reibung zu einer Pigmentdispersion und zu einem chronischen Reizzustand in der Vorderkammer kommen. Perez-Santonja et al. zeigten eine Inzidenz einer
19
278
Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
> Die beschriebenen Iris- und Pupillenveränderungen sind zusammen mit einem möglichen Endothelschaden die wichtigsten Vorbehaltsgründe gegen den Einsatz von VK-pIOL.
In der frühen postoperativen Phase kann bei geringgradiger Pupillenverziehung der Einsatz topischer Miotika sinnvoll sein, bei ausgeprägter Ovalisierung droht jedoch durch Einklemmung der Iriswurzel eine Irreversibilität, falls die pIOL nicht zeitnah wieder explantiert wird. Druckanstieg und Pupillarblock Das Risiko eines akuten . Abb. 19.3 Hochgradige sog. »Katzenaugenpupillen«-Ovalisierung nach Implantation einer phaken Vorderkammerlinse
milden chronischen Entzündung von 8,7% binnen 6 Monaten nach ZSAL-4-Implantation [11]. Alió et al. fanden eine Häufigkeit von 4,6% nach ZSAL-4- und ZB5M-Implantation [8]. Leccisotti et al. zeigten eine Inzidenz einer deutlichen Iridozyklitis von 3,1% binnen 1–31 Monate nach ZSAL-4-Implantation [14]. Wie bei anderen Komplikationen auch, so sollte im Falle eines Versagens einer intensiven konservativen Therapie die Entfernung der phaken Linse in Erwägung gezogen werden, um Langzeitschäden aufgrund eines chronischen Reizzustandes zu vermeiden. Allerdings ist die Notwendigkeit eines solchen Eingriffs vor diesem Hintergrund sehr selten.
19
Pupillenovalisierung und Irisretraktion Die Pupillenovalisierung ist eine spezifische Komplikation der VK-pIOL (. Abb. 19.3). Die Größe und die Position der Haptik im Sklerokornealwinkel kann zu einer Deformierung der iridosklerokornealen Anatomie im Sinne einer Irisretraktion und einer Pupillenovalisierung führen. Die Häufigkeit einer Irisretraktion wird in der Literatur mit 10% angegeben, wenngleich ohne Einfluss auf Refraktion, Optik oder Ästhetik. Ausgeprägtere Pupillenovalisierungen verursachen Blendempfindlichkeit und sind auch vom ästhetischen Aspekt her nicht akzeptabel. In der Studie von Alió et al. wurde die Häufigkeit einer solchen Situation mit 5,9% angegeben. Perez-Santonja et al. berichten über eine Häufigkeit von 17,4% und Allemann et al. sogar über eine Häufigkeit von 38,1% einer solchen Situation [9, 11]. In einer Langzeitbeobachtung über 12 Jahre nach VKpIOL (ZB5M) zeigte sich eine kumulative Häufigkeit von 34,7%. In einer Untersuchung über die Gründe für eine Explantation von VK-pIOL stellte die Pupillenovalisierung über die Kanten der Linsenoptik hinaus 10% der Fälle [12]. Für die neu auf dem Markt eingeführte AcrySof Cachet wurde in der bisherigen Nachbeobachtungsperiode über keinen einzigen Fall einer Pupillenovalisierung berichtet [13, 101].
Pupillarblocks ist bei den aphaken Vorderkammerlinsen weit bekannt. Daher wird in dieser Situation meist das Anlegen einer peripheren Laseriridotomie oder chirurgischen Iridektomie empfohlen. Aufgrund des im Laufe des Lebens steten Wachstums der kristallinen Linse ist das Risiko für einen Pupillarblock bei Implantation einer VK-pIOL daher noch größer. Ein Pupillarblock tritt in etwa 3% binnen weniger Stunden nach Implantation einer VK-pIOL aufgrund einer insuffizienten Iridektomie mit verschlossenem hinteren Pigmentblatt auf. Nach Cachet-Implantation dagegen wurde in einer jüngsten Studie von Kohnen et al. kein Fall eines Pupillarblocks beschrieben. Ein erhöhter Intraokulardruck (IOD) binnen eines Monats nach der Operation wurde in diesem Patientenkollektiv nur bei 3,2% der Augen gefunden [13]. In dieser Studie wurde eine Iridotomie in nur 5 von 190 Augen durchgeführt [13]. Andere Studien zeigen nur einen mittleren Anstieg des IOD von 2 mmHg über 12 Jahre nach phaker Linsenimplantation. > Ein Faktor für eine postoperative Erhöhung des IOD ist die lokale Anwendung von Steroiden. So zeigen etwa 10–20% der Augen eine steroidinduzierte Erhöhung des IOD nach pIOL-Implantation. Linsenrotation Eine Rotation der pIOL in der Vorder-
kammer kann Folge eines zu geringen Durchmessers sein. Allemann et al. berichten über eine Häufigkeit einer Rotation größer 15° binnen 2 Jahren von 80%. Perez-Santonja et al. zeigte eine postoperative Rotation in 43,5% der behandelten Augen. Baumeister et al. konnten bei der NuVita-Linse trotz Auswahl der entsprechenden Linsengröße in 40% eine beträchtliche postoperative Rotation zeigen [16]. Daten zur Cachet belegen, dass knapp ein Drittel der Augen postoperativ um mehr als 15° rotierten, wenngleich diese Rotation in dem untersuchten Kollektiv nicht mit einer klinischen Konsequenz assoziiert war [13].
279 19.2 · Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
Inkorrekte Linsenstärke und »upside-down«-Implantation
Eine mögliche Komplikation ist die Implantation einer phaken Linse mit der falschen Linsenstärke. Da das Ziel der refraktiven Linsenchirurgie eine so präzise als mögliche Ametropiekorrektur ist, sollte diese Komplikation nach sorgfältiger Diagnostik (7 Kap. 4) unter Verwendung moderner Linsenformeln im Prinzip nicht auftreten. Eine andere Fehlerquelle ist eine versehentliche, sog. »Upsidedown«-Implantation, die im Einzelfall eine Katarakt induzieren kann. Kohnen et al. fanden diese Komplikation in 2 von 190 Augen nach Cachet-Implantation [13]. Kataraktogenese Da sich die Position der VK-pIOL nicht
in unmittelbarer Nähe der kristallinen Linse befindet, spielt die Gefahr der Kataraktogenese bei diesem Linsentyp im Gegensatz zu den HK-pIOL keine bedeutende Rolle (. Abb. 19.4). Da der hochmyope Patient an sich häufiger und früher als der Emetrope eine Katarakt entwickelt, ist die Unterscheidung zwischen myopiebedingter Katarakt und iatrogen aufgrund der pIOL-induzierten Katarakt oft schwierig. Alió et al. berichten über eine Kataraktoperationsrate aufgrund einer Kernkatarakt von 3,4% binnen 7 Jahren nach VK-pIOL-Implantation [8]. Eine Metaanalyse hinsichtlich der Häufigkeit einer Kataraktentwicklung nach pIOL-Implantation zeigte, dass 15 von 1161 Augen eine Katarakt entwickelten [17]. In 9 Fällen war dies eine Kernkatarakt, in 3 Fällen eine hintere subkapsuläre Katarakt, in 2 Fällen eine vordere subkapsuläre Katarakt und in einem Fall eine vordere und hintere subkapsuläre Katarakt. Die gesamte Inzidenz einer Kataraktogenese nach Implantation phaker Vorderkammerlinsen betrug 1,3%. In dieser Studie war die Inzidenz für die ZB5M 2,6%, für die ZSAL-4 0,6% und 0% für die ZB, NuVita, Phakic6H, Vivarte Presbyopic oder die multifokale AMO-Prototyplinse. Für die neue Cachet-Linse wird in einer jüngsten Studie eine Inzidenz von 2,6% angegeben, wobei davon 1% auf andere Begleiterkrankungen des Auges zurückgeführt werden. Anzumerken ist, dass nach phaker Linsenchirurgie ein exzessiver Einsatz lokaler Steroide wegender Gefahr einer steroidinduzierten Katarakt zu vermeiden ist. Netzhautablösung Eine Arbeit konnte eine Ablatiorate von 4,8% innerhalb von 44 Monate nach Implantation einer VK-pIOL zeigen (ZB5M und ZB5MF). Hier gab es interessanterweise keine Korrelation zwischen der Achslänge von im Mittel 29,5 mm und der Ablatiorate. Generell haben im Vergleich zum Emetropen myope Patienten mit dieser Achslänge ein etwa 15- bis 110-fach erhöhtes Risiko für eine spontane Netzhautablösung. So beträgt das jährliche Risiko für eine rhegmatogene Netzhautablösung für einen Myopen über –10 dpt 0,68% [100]. Das Zeitintervall zwischen der Implantation der phaken Linse und
. Abb. 19.4 Cataracta nuclearis nach Implantation einer phaken Vorderkammerlinse (mit freundlicher Genehmigung von J. Alió, Spanien)
der Netzhautablösung von im Mittel 17 Monaten spricht zudem gegen einen kausalen Zusammenhang. In einer Arbeit, die die Ursachen für eine Explantation phaker Vorderkammerlinsen untersuchte, wurde über einen Fall einer Netzhautablösung berichtet, in dem eine pIOL aufgrund eines schlechten intraoperativen Einblicks im Rahmen der Ablatiochirurgie explantiert werden musste. In einer Langzeitstudie kam es binnen 12 Jahren nach ZB5M-Implantation sogar zu keinem einzigen Fall einer Netzhautablösung. In dieser Studie lag damit die Inzidenz deutlich unter der des Spontanverlaufs eines hochmyopen Auges. Für die Cachet-Linse wurde bislang ebenfalls kein Fall einer postoperativen Netzhautablösung berichtet. . Tab. 19.1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Studien zum Thema Häufigkeit einer postoperativen Netzhautablösung nach Implantation der drei verschiedenen Typen pIOL. Seltene Komplikationen Eine Kasuistik berichtet über das
Auftreten eines postoperativen Urrets-Zavalia-Syndroms nach Implantation einer VK-pIOL bei einem jungen hochmyopen Patienten. In diesem Fall zeigte sich eine lichtstarre dilatierte Pupille mit Irisischämie und einem IOD von 60 mmHg trotz offener Iridektomie am ersten postoperativen Tag. Über das Auftreten einer spontanen Makulablutung gibt es zwei Einzelberichte. In beiden Fällen konnte angiographisch keine chorioidale Neovaskularisation nachgewiesen werden und in beiden Fällen kam es im Verlauf zu einer Spontanheilung.
19.2.3
Spezifische Komplikationen phaker irisfixierter Linsen
Optische Qualität, Blendempfindlichkeit, Halos pIOL wer-
den oft in Augen implantiert, die aufgrund des Patientenkollektivs einen großen Pupillendurchmesser aufweisen.
19
280
Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
. Tab. 19.1 Häufigkeit rhegmatogener Netzhautablösungen nach Implantation phaker Intraokularlinsen
19
Studie
Phake IOL
Sphärisches Äquivalent
Inzidenz
Follow-up (Jahre)
Ruiz-Moreno et al. (1999)
ZB5M
–18,6 dpt
4,8%
2–7
Javaloy et al. (2007)
ZB5M
–17,2 dpt
0%
12
Kohnen et al. (2009)
AcrySof
–10,4 dpt
0%
1
Budo et al. (2000)
Artisan
–13,0 dpt
0,8%
0,5–3
Stulting et al. (2008)
Artisan
–12,3 dpt
0,5%
3
Guell et al. (2008)
Artisan
–12,6 dpt
0,25%
4
Donoso et al. (2006)
PRL
–17,3 dpt
1,9%
1
Chang et al. (2007)
ICL
–14,5 dpt
1,6%
1
ICL ITM Study Group (2004)
ICL
–10,1 dpt
0,6%
3
Perkins (1979)
Myope >10 dpt im Spontanverlauf
Wenn die Optik der pIOL kleiner als der Pupillendurchmesser ist, kann dies zu Blendempfindlichkeitsphänomenen und dem Auftreten von Halos führen und damit das skotopische Sehen erheblich beeinträchtigen. Eine Studie konnte zeigen, dass nach Implantation der Artisanlinse (insbesondere mit der 6-mm-Optik) signifikant weniger störende Blend- und Halowahrnehmungen beobachtet werden konnten als nach Implantation anderer pIOL. Dies gründet in dem größeren Optikdurchmesser (6 vs. 5 mm) und der Irisfixation, die eine komplette Mydriasis erschwert. Demzufolge sollte einer 6-mm-Optik immer der Vorzug vor einer 5-mm-Optik gegeben werden. Allerdings ist dies nicht immer möglich, da bei einer bestimmten Vorderkammertiefe eine pIOL mit einer größeren Optik auch eine stärkere Dicke aufweist und sich damit ihr Abstand zum Hornhautendothel vermindert. Die Stärke der 6-mm-Optik ist daher im Rahmen der Myopiekorrektur auf –15,5 dpt und die der 5-mm-Optik im Rahmen der Hyperopiekorrektur auf +12 dpt eingeschränkt. In der Literatur wird berichtet, dass in etwa 5% nach Implantation einer 5-mm-Optik-Artisan-Linse Pilokarpin-Augentropfen zur Reduktion störender optischer Phänomene angewendet werden musste. Geringgradige bis mittelgradige Blendempfindlichkeit zeigt sich in 10–20% und starke Blendempfindlichkeit in 1% nach Artisan-Implantation. Andere Autoren dagegen fanden keinen Fall von Blendempfindlichkeit oder Halos nach Artisan-Implantation. Eine Studie zeigte eine Inzidenz von Blendempfindlichkeit und Halos von 6,0% einen Monat nach Artisan/Verisyse-Implantation, die nach 2 Jahren auf 2,7% zurückging. Eine andere Arbeit berichtet über das Auftreten von Glistenings in der pIOL in 20% Augen nach Artiflex-Implantation. Diese Glistenings traten erstmals zwi-
0,68% pro Jahr
schen dem 6. postoperativen Tag und dem 6. postoperativen Monat auf und führten nicht zu einer Visusbeeinträchtigung oder anderen subjektiven Beschwerden. Chirurgisch induzierter Astigmatismus (SIA) Da die Arti-
san/Verisyse-Linse aus nicht-faltbarem PMMA besteht, muss sie durch eine Inzisionsbreite entsprechend des Optikdurchmessers, d. h. 5 oder 6 mm implantiert werden, was einen SIA zur Folge hat (. Abb. 19.5). Basierend auf der derzeitigen Literatur ist der SIA nach 5–6 mm breiter Inzision jedoch weniger als man zunächst annehmen würde [99]. Alió et al. berichten über einen SIA von 1,5 dpt nach hyperoper primärer und 1,9 dpt nach hyperoper sekundärer Artisanimplantation nach im Vorfeld durchgeführter refraktiver Hornhautchirurgie. Maloney et al. fanden eine Reduktion im Zylinderbetrag von im Mittel 0,3 dpt nach 6 Monaten. Stulting et al. dagegen zeigten einen SIA von 2 dpt in 3,5% der Augen 3 Jahre nach Artisan/Verisyse-Implantation. Die faltbare Artiflex/Veriflex induziert aufgrund einer kleineren Inzision weniger SIA. In einer prospektiven Studie von Coullet et al. die den SIA nach Artisan-Implantation an einem Auge versus dem SIA nach Artiflex-Implantation am Partnerauge verglich, konnte gezeigt werden, das nach einem Jahr der mittlere refraktive Zylinder bei der Artiflex mit –0,6 dpt kleiner war als bei der Artisan mit –1,0 dpt. Der mittlere SIA betrug 0,3 dpt bei der Artiflex und 0,7 dpt bei der Artisan. Eine weitere jüngere Arbeit berichtet über einen SIA von nur 0,3 dpt 2 Jahre nach Artiflex-Implantation. Kornealer Endothelzellverlust Ein kornealer Endothelschaden kann durch direkten Kontakt der pIOL mit dem Endothel, durch die Implantation selbst oder durch eine
281 19.2 · Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
a
b
. Abb. 19.5a,b Chirurgisch induzierter kornealer Astigmatismus aufgrund einer 6 mm breiten superioren limbalen Inzision (35-jähriger Patient). a Präoperative Topographie. b Topographie eine Woche postoperativ
postoperative Änderung der Position der irisfixierten pIOL entstehen [99]. Darüber hinaus kann auch eine subklinische chronische Entzündung wie oben beschrieben zu einem Verlust der kornealen EZZ führen. Im Jahr 1991 zeigte Fechner die ersten Ergebnisse für diesen Linsentyp. Binnen 12 Monaten erlitten 5 von 109 Augen einen Verlust von EZZ (. Abb. 19.6) durch das chirurgische Trauma und 5 Augen zeigten einen progressiven Verlust an EZZ [18]. Eine andere Arbeit fand den größten Verlust an EZZ in den ersten 6 postoperativen Monaten im Rahmen einer prospektiven Studie mit einer Nachbeobachtungszeit von 4 Jahren und folgerte daraus, dass der Hauptgrund für einen Verlust kornealer EZZ das intraoperative Trauma darstellt. Budo et al. zeigen einen EZZ-Verlust von 0,7% 3 Jahre nach Artisan/Verisyse-Implantation. Sowohl Pop und Payette als auch Senthil et al. wiederum berichten über keine Änderung der EZZ 2 Jahre nach Artisan-Implantation.
Moshirfar et al. berichten über einen EZZ-Verlust von 6,5% 2 Jahre nach Artisan/Versisyse-Implantation. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Gierek-Ciacura et al. mit 6,8% ein Jahr nach Verisyse-Implantation. Eine jüngste Studie zeigte einen mittleren EZZ-Verlust von 4,8% nach 3 Jahren. Eine Studie von Güell et al. beschreibt einen signifikanten EZZ-Verlust nach Implantation der myopen Verisyse-Linse, wohingegen nach Implantation der hyperopen Verisyse und der torischen Verisyse die EZZ über 3 Jahre konstant blieb [7]. Der gesamte EZZ-Verlust in dieser Studie war 5,1% nach 4 Jahren. Dieser Verlust muss dem natürlichen EZZ-Verlust von 0,6% per annum gegenübergestellt werden [19]. Dick et al. berichten über einen EZZ-Verlust von lediglich 1,1% zwei Jahre nach ArtiflexImplantation, Quasem et al. über einen Verlust von 0% fünf Jahre nach Artisanimplantation [102]. Perez-Santonja et al. dagegen fanden einen kontinuierlichen Verlust von 17,6% binnen 2 Jahren nach Artiflex-Implantation, Saxena einen Verlust von 8,3% binnen 35 Monaten. In letztgenannter Arbeit wurde eine signifikante inverse Korrelation zwischen Vorderkammertiefe und kornealer EZZ beschrieben. Auch Benedetti et al. zeigen einen kontinuierlichen Verlust kornealer EZZ von 9%, Silva et al. von 14,1% binnen 5 Jahren nach Artisan-Implantation. In einer jüngsten Studie konnte ein Zusammenhang zwischen dem Abstand der phaken Linse vom Endothel und dem jährlichen Zellverlust hergestellt werden. ! Cave Patienten mit einer kornealen EZZ von unter 2000/mm2 sollten keine IK-pIOL erhalten.
. Abb. 19.6 Konfokalmikroskopischer Befund des Endothels mit schwerem Endothelzellverlust auf 700 Zellen/mm2 nach Implantation einer phaken Irisklauenlinse
Je stärker die Linse, desto dicker die Linsenoptik und damit auch die Nähe zum Hornhautendothel. Eine ausreichende Kammertiefe ist daher grundsätzlich notwendig, damit der Abstand zwischen Hornhautendothel und pIOL mindestens 1,5 mm beträgt.
19
282
19
Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
a
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. Abb. 19.7a,b Defekte des Irispigments im Bereich der Enklavation. Möglicher Grund für eine Pigmentdispersion im vorderen Augenabschnitt. a 30-jähriger Patient, Befund 3 Monate postoperativ. b 47-jährige Patientin, Befund 3 Monate postoperativ
. Abb. 19.8a,b Entzündungsreaktion nach Implantation einer Irisklauenlinse. a Dichte Fibrinummantelung der phaken IOL eine Woche postoperativ (34-jährige Patientin). b Persistierende Ablagerungen 3 Monate nach Implantation (37-jähriger Patient)
Pigmentdispersion und Linsenbeschläge Die Optik der
Häufigkeit von nichtpigmentierten Präzipitaten mit 1,4% und die Häufigkeit einer Synechienbildung mit 1,4%.
IK-pIOL ist vorgewölbt, um einen Kontakt mit der Iris möglichst zu vermeiden. In ultraschallbiomikroskopischen Untersuchungen zeigte sich kein Anhalt für eine Irritation des Irispigmentepithels durch die Haptik myoper und hyperoper IK-pIOL finden. Gelegentlich kommt es durch das operative Trauma in der frühen postoperativen Phase zu Auflagerung von Pigmentzellen auf der Optik der phaken Linse (. Abb. 19.7) [99]. So beträgt die postoperative Inzidenz dieser Präzipitate etwa 7% nach 4–6 Monaten. Menezo et al. berichten über eine Häufigkeit einer Pigmentdispersion von 7% binnen 10 Jahren nach Artisan-Implantation. Einige Autoren führen die Entwicklung einer Pigmentdispersion auf eine Vorwärtsbewegung der kristallinen Linse zurück. Die Häufigkeit des Auftretens von Pigmentpräzipitaten 2 Jahre nach ArtiflexImplantation wird in einer Studie mit 4,8% angegeben, die
Chronische Entzündung und Uveitis Das Auftreten einer
chronischen Entzündung war immer schon der größte Vorbehalt gegenüber den irisfixierten pIOL, da die Linsen bei Augenbewegung oder bei Augenreiben Scherkräfte im Bereich der Iris verursachen (. Abb. 19.8) [99]. Dies kann zu einer Verletzung iridaler Gefäße oder erhöhten Irispermeabilität führen mit konsekutivem Verlust der Blut-Kammerwasser-Schranke und einer chronischen Ausschüttung von Entzündungsmediatoren in das Kammerwasser. Einige Studien konnten mittels Irisangiographie allerdings keine postoperative Gefäßleckage finden. Andere Arbeiten dagegen zeigten einen erhöhten postoperativen Flare nach 1–2 Jahren. Einzelne Fallberichte zeigen eine Entwicklung hinterer Synechien 1–2 Wochen nach Artiflex-Implantati-
283 19.2 · Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
on, die sogar zu einer chirurgischen Re-Enklavation oder einem Austausches der PIOL führte. Senthil et al. berichten über eine Iritisrate von 3% nach Artisan-Implantation mit einer im weiteren Verlauf kompletten Regression. Moshirfar et al. zeigten eine Inzidenz von 1,2% binnen 4 Wochen nach Artisan/Verisyse-Implantation. Moshirfar et al. beschreiben auch einen Fall eines sog. »toxic anterior segment syndrome« bei einem Patienten einen Tag nach Verisyse-Implantation. > Auf der Basis dieser Daten lässt sich ableiten, dass ein sorgfältiges postoperatives Kontrollieren des intrakameralen Reizzustandes nach Implantation dieses Linsentyps unabdingbar ist. Falls eine akute oder chronische Entzündungsreaktion medikamentös nicht zu beherrschen ist, sollte ein Austausch der pIOL in Erwägung gezogen werden. Pupillenovalisierung und Irisretraktion Eine Pupillenova-
. Abb. 19.9 Erste Generation der Irisklauenlinse (Worst-Fechner) mit dezenter Linsendezentrierung, Befund 11 Jahre nach Implantation (61-jährige Patientin)
lisierung kann nach asymmetrischer Enklavation einer IK-pIOL entstehen. Dennoch wurde bislang über keinen Fall einer progressiven Pupillenovalisierung berichtet. Maloney et al. zeigen eine Häufigkeit von Pupillenverziehungen von 14% am ersten postoperativen Tag und von 1,2% nach 6 Monaten. Moshirfar et al. berichten über eine Häufigkeit von 2,4% bei der Artisan/Verisyse. Stulting et al. fanden in 13% asymptomatische Pupillenovalisierungen am ersten postoperativen Tag nach Artisan/Verisyse-Implantation, nach 3 Jahren betrug die Häufigkeit nur noch 0,4%. Da die Optik der Irisklauenlinse auf die Pupillenmitte zentriert wird, kann dies im Fall einer Pupillendezentrierung, die besonders bei insuffizienter Enklavation auftreten kann, zu Problemen führen (. Abb. 19.9). Menezo et al. zeigten eine Häufigkeit einer postoperativen Dezentrierung von 13,5%. Perez-Santonja fand eine Dezentrierung über 0,5 mm in 43%.
. Abb. 19.10 Posttraumatische Dislokation einer Irisklauenlinse (mit freundlicher Genehmigung von D. Annen, Schweiz)
Druckanstieg und Pupillarblock Prinzipiell wird die Inte-
grität des Kammerwinkels durch die Haptiken der irisfixierter pIOL nicht gestört. Coullet et al. konnten zeigen, dass sich binnen eines Jahres nach Artisan- oder ArtiflexImplantation der IOD nicht signifikant veränderte. Eine andere Studie wiederum beschreibt eine partielle Verengung des Kammerwinkels um mehr als 5° im Bereich der Enklavation nach Artisan/Verisyse-Implantation, wenngleich ohne assoziierte Änderung des IOD. In zahlreichen Studien werden einige Fälle früher postoperativer IODAnstiege nach irisfixierter pIOL-Impantation beschrieben, die jedoch allesamt gut beherrschbar blieben und keinen weiteren Schaden verursachten. Diese Druckanstiege werden vor allem auf verbliebenes Viskoelastikum oder eine intensive postoperative Steroidmedikation zurückgeführt.
Linsenrotation Baumeister et al. untersuchten die Rotationsstabilität der drei verschiedenen Typen pIOL und fanden die beste Stabilität bei den irisfixierten pIOL verglichen mit den VK- und HK-pIOL [16]. Tehrani et al. konnten für die torische Artisan eine Rotationsstabilität von 2° binnen 6 Monaten zeigen. Die irisfixierte pIOL ist daher besonders für torische Implantate gut geeignet wenngleich in der Literatur auch Fälle spontaner Dislokationen oder Dislokationen nach stumpfem Trauma beschrieben sind (. Abb. 19.10) [99]. Inkorrekte Linsenstärke Wie für alle phaken Vorderkam-
merlinsen sollte diese Komplikation im Rahmen einer refraktiven Chirurgie nach sorgfältiger biometrischer Diagnostik und Anwendung moderner biometrischer For-
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284
Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
meln nicht auftreten. In einer Arbeit berichten Kohnen et al. über einen Fall eines Patienten mit einer akuten Myopisierung von 4 dpt 10 Tage nach Artisan-Implantation. Die Autoren führen dieses Ereignis auf eine sekundäre Einwärts- oder Vorwärtsbewegung des Ziliarkörpers zurück oder auf eine Irritation der Irisnerven mit konsekutiver Kontraktion des Ziliarkörpers [20]. Kataraktogenese Die Entwicklung einer Katarakt nach irisfixierter pIOL-Impantation ist sehr unwahrscheinlich, da sich diese vor einer in Miosis befindlichen Pupille ohne Kontakt zur kristallinen Linse befindet. Menezo et al. berichten über Entwicklung einer Kernsklerose in 3% nach Implantation der älteren Worst-Fechner Linse. In dieser Arbeit waren Faktoren die mit der Kataraktbildung assoziiert waren ein Alter über 40 Jahre und eine Achsenlänge über 30 mm. Auch Stulting et al. zeigten, dass Trübungen der kristallinen Linse nach irisfixierter pIOL meist nukleärer Natur und wahrscheinlich nicht mit der pIOL per se assoziiert sind. Die wenigen vorderen subkapsulären Trübungen wurden in Verbindung zu dem intraoperativen Trauma gebracht. Perez-Santoja et al. fanden einen Verlust an Linsentransparenz von nur 1% 18 Monate nach Implantation ohne jeglichen Einfluss auf den Visus. Eine Metaanalyse zur Kataraktentwicklung nach Implantation pIOL zeigte, dass es bei 20 von 2781 Augen zu einer De-novo-Kataraktbildung kam [17]. Davon waren 10 Kernsklerosen, 8 Rindentrübungen und eine vordere subkapsuläre Trübung (Daten für ein Auge waren nicht eindeutig). Die Gesamtinzidenz einer Kataraktbildung betrug 1,1% für die irisfixierter pIOL, 2,2% für die Worst-Fechner, 1,1% für die myope Artisan/Verisyse und 0,3% für die hyperope Artisan/Verisyse. Bei der Artiflex wurde bislang seit Einführung der Linse noch über keinen Fall einer Kataraktentwicklung berichtet. Wie auch bei anderen pIOL sollte eine exzessive postoperative Anwendung lokaler Steroide aufgrund des Risikos einer langfristigen Kataraktentwicklung vermieden werden. Netzhautablösung Eine gründliche Fundusuntersuchung
19
zum Ausschluss vitreoretinaler Pathologien gehört zu jeder präoperativen Diagnostik vor Implantation einer irisfixierten pIOL auch wenn bislang noch keine vitreoretinale Komplikation in kausalen Zusammenhang gebracht werden konnte. In der europäischen Multizenterstudie zur Artisan wurden in 8 Jahren Beobachtungszeitraum nur 2 Ablationes beschrieben. Stulting et al. zeigten eine jährliche Ablatiorate von 0,3% nach Artisan/VerisyseImplantation in Augen mit einer präoperativen Myopie zwischen –11,5 und –18,6 dpt. Die Inzidenz ist damit ähnlich bzw. sogar niedriger als die spontane Ablatiowahrscheinlichkeit für Hochmyope ohne refraktive Chirurgie
(. Tab. 16.7). Auf der anderen Seite muss bei einer Risikobewertung berücksichtigt werden, dass sich das Patientenkollektiv der Studie von Perkins nicht direkt mit den publizierten Daten der Patientenkollektive nach Implantation einer PIOL vergleichen lässt. Ein wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass vor refraktiver phaker IOL-Chirurgie alle Patienten im Rahmen der präoperativen Diagnostik einer sorgfältigen Funduskopie unterzogen wurden und daher eine Positivselektion anzunehmen ist wenn man die Ablatioinzidenzen mit der Inzidenz im Spontanverlauf vergleicht. Dies wäre eine mögliche Erklärung warum viele Studien nach Implantation einer PIOL bei Hochmyopen eine niedrigere Ablatioinzidenz beschreiben als im Spontanverlauf ohne chirurgischen Eingriff. Güell et al. berichten über einen einzigen Fall einer Netzhautablösung nach 399 Artisan/Verisyse-Implantation. Seltene Komplikationen Weitere in der Literatur beschrie-
bene Komplikationen sind das Urrets-Zavalia-Syndrom, ein frühes postoperatives Hyphäma aufgrund eines Iristraumas und eine ischämische Optikusneuropathie. Eine Irisblutung kann ebenso durch eine präoperative Laseriridotomie zur Markierung der Enklavation entstehen. Auch wurde ein Fall einer Irisperforation durch die Haptik einer irisfixierten pIOL beschrieben.
19.2.4
Spezifische Komplikationen phaker Hinterkammerlinsen
Das Komplikationsspektrum der ICL und PRL ist ähnlich und leitet sich von der engen Nachbarschaft zur Irishinterfläche und der Vorderfläche der kristallinen Linse ab. Die Unterschiede der Inzidenz der häufigsten Komplikationen dieses Linsentyps wie Kataraktogenese, Pupillarblocksituation und Erhöhung des IOD basieren auf dem verschiedenen Linsendesign und -material. Optische Qualität, Blendempfindlichkeit, Halos Folgen
der Auswahl eines zu kleinen Optikdurchmessers der pIOL (ICL bis 5,5 mm, PRL bis 5,0 mm) sind, wie bereits für die anderen pIOL beschrieben, Blendempfindlichkeit und Halos. Menezo et al. berichteten über eine hohe Inzidenz visueller Probleme nach ICL-Implantation die auf eine Dezentrierung und/oder der Wahl einer zu kleinen Optik zurückgeführt wurden. Andere Studien beschreiben visuelle Probleme bei einer Dezentrierung größer 1 mm. Maroccos et al. beobachteten eine größere Inzidenz von Blendempfindlichkeit und Halos nach ICL als nach Artisan-Implantation. Dies wurde mit dem kleinen Optikdurchmesser der ICL von 4,5–5,5 mm im Verhältnis zum Pupillendurchmesser von 5,3–7,4 mm erklärt. Auch für die PRL mit einem Optikdurchmesser von 4,5–5,0 mm
285 19.2 · Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
wurde in einer Arbeit eine Häufigkeit des Auftretens von Blendempfindlichkeit und Halos in 25% der implantierten Augen gezeigt.. Andere Studien finden eine Häufigkeit von 26–28%. Eine Studie beschreibt sogar eine Explantation einer hyperopen PRL aufgrund postoperativer visueller Probleme bei 2 von 40 implantierten Augen. Um dies zu vermeiden, sollte bei einem mesopischen Pupillendurchmesser über 5 mm keine PRL mehr implantiert und besser eine irisfixierte pIOL mit einer 6-mm-Optik gewählt werden. Chirurgisch induzierter Astigmatismus (SIA) Der SIA stellt
kein wesentliches Problem der HK-pIOL dar. Mertens et al. berichten über einen unveränderten kornealen Astigmatismus 19 Monate nach beidseitiger Implantation einer torischen ICL. Eine andere Arbeit beschreibt einen SIA nach horizontalem 3 mm breitem CCI-Zugang von 0,5 dpt nach ICL-Implantation. Kornealer Endothelzellverlust Ein kornealer EZZ-Verlust kann wie bereits für die VK und IK-PIOL beschrieben auch bei den HK-pIOL entweder dem Operationstrauma oder einem langfristigen postoperativen Zelluntergang zugeordnet werden. Bei Einsatz der ICL wird ein EZZVerlust von 5,2–5,5% binnen 12 Monaten postoperativ beschrieben. Dieser Verlust verlangsamte sich im Vergleich vom ersten zum zweiten postoperativen Jahr auf 6,6–7,9%.Demzufolge wird bei den HK-pIOL insbesondere dem Operationstrauma der EZZ-Verlust zugeschrieben. Ein weiterer EZZ-Verlust kann entweder mit der implantierten pIOL oder mit dem natürlichen EZZ-Verlust von 0,6% begründet werden. Kamiya et al. zeigten einen EZZ-Verlust von 3,7% 4 Jahre nach ICL-Implantation. Eine andere Arbeit berichtet einen kumulativen EZZ-Verlust von 8,5% nach 3 Jahren und von 8,4% nach 4 Jahren. Auch diese Daten zeigen eine Stabilisierung des Zellverlustes über die Zeit. Alfonso et al. fanden einen EZZ-Verlust von 8,1% 2 Jahre nach torischer ICL-Implantation bei Zustand nach Keratoplastik. Für die hyperope PRL wurde in einer Arbeit kein EZZ-Verlust zwischen 1 Woche und 1–2 Jahren postoperativ beschrieben. In einer anderen Studie berichtet der gleiche Autor über einen EZZ-Verlust von 3,8% ein Jahr nach hyperoper PRLImplantation. Verde et al. zeigten keine Reduzierung der EZZ nach myoper PRL-Implantation. Letztlich fehlen derzeit Langzeitdaten um sicher das Risiko für eines kornealen EZZ-Verlustes nach HK-PIOL-Implantation beurteilen zu können. Pigmentdispersion, Linsenbeschläge und konsekutiver Druckanstieg UBM-Untersuchungen konnten einen Kon-
takt zwischen der HK-pIOL und dem hinteren Pigmentblatt der Iris zeigen. Dieser Kontakt kann zu einer Pig-
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b . Abb. 19.11a,b Pigmentablagerung. a Pigmentablagerungen auf der Vorderfläche einer phaken Hinterkammerlinse, in diesem Fall einer phaken refraktiven Linse (PRL). b Pigmentablagerungen im Kammerwinkel nach Implantation einer phaken Hinterkammerlinse, in diesem Fall einer implantierbaren Collamer-Linse (ICL), gonioskopischer Befund 3 Monate nach Implantation (53-jähriger Patient)
mentdispersion und einer Akkumulation dieses Pigmentes im vorderen Kammerwinkel führen (. Abb. 19.11). Menezo et al. beschrieben einen Anstieg des IOD von 1,5 mmHg in einem Zeitraum von bis zu 3 Jahren nach ICL-Implantation. Park et al. fanden keinen Anstieg des IOD nach torischer ICL-Implantation. Kamiya et al. berichten über einen stabilen IOD 4 Jahre nach ICL-Implantation [6]. Zaldivar et al. zeigen 2 von 124 Augen mit einem IOD-Anstieg nach ICL-Implantation, so dass die ICL letztlich zusammen mit der kristallinen Linse entfernt werden musste. Auch für die PRL finden sich in der Literatur ähnliche Daten. Donoso et al. zeigten keine Änderung des IOD nach im Mittel 8 Monaten nach PRLImplantation. Auch Koivula et al. fanden keinen Anstieg des IOD. Verde dagegen zeigte einen geringen Anstieg des mittleren IOD dieser lag jedoch bei jeder Kontrolle immer im Normbereich. Zu einem sekundären Anstieg
19
286
Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
. Abb. 19.12 Pupillenovalisation nach PRL-Implantation
des IOD kann es jedoch durch den Einsatz topischer Steroide kommen. Dieser Druckanstieg war jedoch nach Absetzen der Steroide reversibel. Pupillarblock und ziliolentikulärer Block Aufgrund der
Position der HK-pIOL kann die Iris nach vorne gedrückt werden und dadurch besonders bei hyperopen Augen einen Pupillarblock verursachen. Hierbei spielt der Durchmesser der HK-pIOL eine wichtige Rolle. Zur Prävention einer Pupillarblocks ist daher eine Iridotomie oder Iridektomie notwendig [99]. Falls sich diese im Verlauf über die Zeit wieder verschließt, sollte eine zweite Iridotomie angelegt werden. Auch die Haptik einer PRL kann eine Iridektomie obstruieren [21]. Daher sollten bei Wahl einer PRL aufgrund der möglichen Rotation der Haptiken immer zwei Iridotomien in einem Abstand von 90° angelegt werden [21]. Gerade bei hyperopen Augen ist dies besonders wichtig, im Einzelfall ist daher eine intraoperative chirurgische Iridektomie einer Laseriridotomie vorzuziehen. Die Entwicklung eines malignen Glaukoms nach HK-pIOL ist sehr selten und wurde bislang nur bei einem Fall 3 Tage nach myoper ICL-Implantation beschrieben [22].
19
Chronische Entzündung und Uveitis Untersuchungen des
Kammerwasser-Flares nach ICL-Implantation fanden keinen mittel- bis langfristigen Hinweis auf Induktion einer intraokularen Entzündung. Pupillenovalisierung und Irisretraktion Im Gegensatz zu den VK-pIOL wurde bislang bei den HK-pIOL nur in Einzelfällen über eine Pupillenverziehung oder Irisretraktion berichtet (. Abb. 19.12).
Linsenrotation und Linsendezentrierung Präoperativ ist zur Auswahl der richtigen Linsengröße bei Verwendung einer HK-pIOL die Messung des Weiß-zu-Weiß (WTW)Abstandes zwingend erforderlich. Bei Wahl einer inadäquaten IOL kann dies zu postoperativen Problemen wie Dezentrierung oder Rotation der pIOL kommen. Dennoch muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass der WTW-Abstand und der Sulkusdurchmesser nicht immer korrelieren. Menezo et al. berichten über einige Fälle von Dezentrierungen trotz adäquater Linsenberechnung unter Berücksichtigung des WTW Abstandes. Für den Patienten bedeutet eine Dezentrierung oft eine Symptomatik bestehen aus Diplopie und Blendempfindlichkeit, auch ein Pigmentdispersionssyndrom kann sich auf Basis einer dezentrierten HK-pIOL entwickeln. Trindade et al. berichten über den Austausch einer ICL aufgrund eines falschen Linsendurchmessers. Da die implantierte IOL zu groß war, kam es zu einer Vorwölbung dieser IOL mit einer konsekutiven Unterkorrektur. Garcia-Feijoó et al. fanden eine Rotation einer ICL in 2 von 18 Augen bei einer Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten. Auch in diesen beiden Fällen war ein inadäquater Durchmesser der ICL Ursache für die Rotation. Auch nach PRL-Implantation wurde ein Austausch der PRL aufgrund einer postoperativen Dezentrierung nach Implantation eines zu kleinen Linsendurchmessers beschrieben. Eine jüngste Studie von Koivula et al. zeigte eine mittlere Rotation der PRL von 18,5° im ersten und von 0° im zweiten Jahr. Die Zentrierung der PRL war in allen Fällen regelrecht. Verde et al. dagegen beschreiben eine geringe Dezentrierung der PRL in 5 von 90 Augen. Der Durchmesser der ICL wird auf Basis des horizontalen WTW-Abstandes berechnet. Baumeister et al. konnten zeigen, dass die beste Methode zur Bestimmung des horizontalen WTW-Abstandes der IOL-Master darstellt (Carl Zeiss Meditec, Jena, Deutschland) [23]. Die mittlere Rotation der ICL in dieser Studie war 0,9° binnen 3–12 Monaten [23]. Park et al. berichten über eine postoperative Rotation kleiner 11° nach torischer ICL-Implantation. Inkorrekte Linsenstärke Eine mögliche Komplikation ist
die Implantation einer Linse mit der falschen Stärke. Da das Ziel einer Implantation einer pIOL die präzise Korrektur der bestehenden Ametropie mit einer maximalen Effizienz ist, sollte diese Komplikation unter Verwendung moderner Linsenformeln im Prinzip nicht auftreten. Kataraktogenese Eine Metaanalyse der Kataraktentwicklung nach Implantation HK-pIOL zeigte, dass sich bei 223 von 1210 Augen eine Katarakt entwickelte [17]. Von diesen waren 195 vordere subkapsuläre Trübungen (. Abb. 19.13), 5 Kernsklerosen und 4 vordere subkapsuläre und kortikale Trübungen. Die gesamte Prävalenz der Katarak-
287 19.2 · Komplikationen bei Implantation phaker Intraokularlinsen
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togenese betrug 9,6% und ist damit signifikant höher als nach Implantation einer VK- oder irisfixierten pIOL. Die Prävalenz war 25,7% bei der Adatomed, 8,5% bei der ICL und 3,6% bei der PRL. Aufgrund dieser Daten wurde die Adatomed vom Markt genommen. Katarakte nach ICL- oder PRL-Implantation bleiben oft lange Zeit stabil und führen selten zu einer Reduktion der Sehschärfe. Mögliche Gründe für die Kataraktbildung sind das operative Trauma, ein Kontakt der pIOL mit der kristallinen Linse, eine insuffiziente Ernährung durch veränderte Strömungsverhältnisse des Kammerwassers oder eine chronische subklinische Entzündung mit Aufheben der Blut-Kammerwasser-Schranke. Die hochgerechnete kumulative Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer vorderen subkapsulären Katarakt wird in einer Arbeit mit 6–7% 7 Jahre nach Implantation der ICL angegeben [24]. Mit der Entwicklung der ICL änderte sich auch die Inzidenz der induzierten Katarakt. Das weniger vorgewölbte
. Abb. 19.13a–d Kataraktbildung nach Implantation einer phaken Hinterkammerlinse. a Dezente anteriore subkapsuläre Trübungen 12 Monate postoperativ (45-jährige Patientin). b Gleiches Auge in Retroillumination. c Ausgeprägte anteriore subkapsuläre Katarakt. d Anteriore subkapsuläre Katarakt in Retroillumination (mit freundlicher Genehmigung von E. Rosen, UK (c) und J. Alió, Spanien (d))
Modell V3 induzierte häufiger eine Katarakt als die neueren Modelle V4 und V5. Für das V4-Modell wird eine Häufigkeit der Bildung einer vorderen subkapsulären Katarakt von 2,1% angegeben. Veränderungen im Linsendurchmesser, der Verlust der zentralen Vorwölbung der pIOL und Veränderungen des Kontaktes zwischen der kristallinen und der phaken Linse durch Akkommodation, die Irismotorik oder durch das flexible phake Linsenmaterial spielen eine Rolle bei der Evaluierung der Position, der anteroposterioren Beweglichkeit und damit der Kataraktogenität der phaken Linse (. Abb. 19.14). In einer Studie von Koivula et al. über die Dynamik der PRL in myopen und hyperopen Augen während der Akkommodation zeigte sich, dass sich die PRL nach vorne bewegt und der Abstand hierbei zwar zwischen dem kleinen PRL-100-Modell und der kristallinen Linse konstant blieb, sich dieser Abstand jedoch für das myope 101-Modell und das hyperope 200-Modell signifikant verminder-
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Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
a . Abb. 19.15 Viskoelastische Substanz zwischen einer hyperopen ICL und der kristallinen Linse eine Woche postoperativ (23-jährige Patientin)
b
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. Abb. 19.14a–c Kontakt zwischen phaker Hinterkammerlinse und kristalliner Linse. a Myope ICL, im biomikroskopischen Befund imponieren dezente Trübungen im unteren Linsenbereich (40-jähriger Patient). b Myope ICL, Scheimpflug-Aufnahme. c Hyperope ICL, Scheimpflug-Aufnahme
te. Aus diesen Ergebnissen schlussfolgern die Autoren, dass das Design der PRL mit einem Schwimmen auf der kristallinen Linse eine gute Kammerwasserfluidik über der Vorderfläche der kristallinen Linse ermöglicht und dies die Ursache für die geringere Kataraktbildung bei der PRL im Vergleich zur ICL darstellt. So beschreiben Koivula et al. ein Jahr nach hyperoper PRL-Implantation keinen Fall einer Kataraktbildung.
Weitere, linsenunabhängige Faktoren sind das Alter des Patienten, vorbestehende Linsentrübungen und die Erfahrung des implantierenden Chirurgen. Eine Differenzialdiagnose von Trübungen der kristallinen Linse ist verbliebenes Viskoelastikum, insbesondere wenn die Trübung in der frühen postoperativen Periode imponiert (. Abb. 19.15). Vorsicht gilt bei der Anwendung von Pilokarpin bei Augen nach HK-PIOL-Implantation. Eine Arbeit beschreibt einen Fall eines 46-jährigen hyperopen Patienten mit einer Abflachung der Hinterkammer und konsekutiver Trübung der kristallinen Linse nach Verwendung von Pilokarpin-Augentropfen [25]. Wie für alle phaken Linsen sollte eine exzessive postoperative Applikation topischer Steroide wegen der Gefahr der Entwicklung einer steroidinduzierten Katarakt auch nach HKpIOL möglichst vermieden werden. Netzhautablösung Wie für alle intraokularen Eingriffe be-
steht nach HK-pIOL-Impantation prinzipiell das Risiko einer vitreoretinalen Komplikation. Da die meisten HKpIOL bei Patienten mit sehr hoher Myopie und großer Achsenlänge erfolgen, ist das Risiko für dieses Kollektiv grundsätzlich bereits im Spontanverlauf erhöht (. Tab. 19.2) [100]. Zaldivar et al. berichten über einen einzigen Fall einer Netzhautablösung ohne kausalen Zusammenhang zur Operation nach Implantation von 124 HK-pIOL. Panazzo und Parolini beschreiben 4 Fälle einer Netzhautablösung nach HK-pIOL. Navarro et al. publizierten einen Fall eines bilateralen Riesenrisses 4 Monate nach HKpIOL-Impantation. Dieser Patient hatte jedoch bereits eine zurückliegende Netzhautablösung erlitten. Ein weiterer Fall einer späten Netzhautablösung wurde von Donoso et
289 19.3 · Refraktiver Linsenaustausch
. Tab. 19.2 Inzidenzen rhegmatogener Netzhautablösungen in Abhängigkeit von der Höhe der zugrundeliegenden Ametropie Ametropie
Inzidenz Netzhautablösung pro Jahr
Hyperope 0 bis + 4,75 D
0,002%
Myope 0 bis –5 D
0,02%
Myope –5 bis –9,75 D
0,08%
Myope über 10 D
0,68%
al. nach PRL-Implantation beschrieben. In einer prospektiven chinesischen Studie von 61 Augen entwickelte ein Auge eine Netzhautablösung 15 Monate nach ICL-Implantation. Dieser Einzelfall wurde auf die Achsenlänge von 31 mm und nicht auf den refraktiven Eingriff zurückgeführt. Sanders et al. berichten über nur 3 Netzhautablösungen nach insgesamt 526 ICL-Implantationen. Die größte Serie an Netzhautablösungen wurde von Martinez-Castillo et al. mit 16 Augen nach ICL-Implantationbeschrieben [25]. In dieser retrospektiven Studie geschah die Netzhautablösung im Mittel 29 Monate nach pIOL. Die mittlere Achsenlänge betrug 30 mm, weshalb diese Ablösungsrate auch in diesem Fall mit dem natürlichen Risiko dieses hochmyopen Kollektivs erklärt wurde. Seltene Komplikationen Es existieren Einzelfallberichte
über eine Luxation der PRL in den Glaskörperraum. Eleftheriadis et al. berichten über eine spontane Dislokation zwei Monate nach regelrechter Implantation. Diese Luxation wurde einem präoperativen Zonuladefekt zugeschrieben und einem unerkannten präoperativen Trauma an dem hochmyopen Auge. Martinez-Castillo beschreiben ebenfalls zwei Patienten mit einer Luxation nach 4 bzw. 22 Monaten. Auch Hoyos et al. beschreiben zwei Fälle einer Zonuladehiszenz 2 Jahre nach PRL-Implantation bei hochmyopen Patienten. Donoso et al. zeigt 2 Fälle einer subluxierten PRL durch die Zonulafasern. Fazit für die Praxis Die häufigsten Komplikationen nach Implantation phaker Vorderkammerlinsen sind Blendempfindlichkeit, Halos, Pupillenverziehungen und Endothelzellverlust. Die häufigsten Komplikationen nach Implantation phaker Irisklauenlinsen sind eine chronische subklinische Entzündung, Endothelzellverlust, Linsendislokation und Anstieg des Intraokulardrucks durch einen Pupillarblockmechanismus. Nach Implantation phaker Hinterkammerlinsen dagegen sind häufige Komplikationen die Induktion einer anterioren subkapsulären Katarakt, Pigmentdispersion, Pupillarblock und Luxation der phaken Linse (nur PRL). Für alle phaken Linsen
konnte bislang kein ursächlicher Zusammenhang mit der Häufigkeit einer postoperativen rhegmatogenen Netzhautablösung gezeigt werden.
19.3
Refraktiver Linsenaustausch
19.3.1
Intraoperative Komplikationen
Der myope RLA kann intraoperativ durch einen instabilen Kapselsack erschwert werden. Dieser birgt ein erhöhtes Risiko für einen Kapseleinriss oder -ruptur. Besonders in Fällen mit schwachem Zonulaapparat oder Zonulolyse kann ein Einsetzen eines Kapselspannrings die intraoperative Situation deutlich erleichtern. Das Risiko einer intraoperativen subchorioidalen Blutung ist bei Augen mit großer Achslänge im Vergleich zu normalen Augen erhöht [26]. Das seltene postoperative Kapselblocksyndrom tritt bei Augen mit einer Achsenlänge >25 mm signifikant häufiger auf. Bei sehr kurzen hyperopen Augen mit einer Achsenlänge 10 dpt sogar auf 0,68% [28]. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das hochmyope Auge sich per se durch ein höheres Maß an Glaskörper- und Netzhautdegenerationen, hinterer Glaskörperabhebung, äquatorialen Gitterbeeten und Netzhautforamen auszeichnet [29–32]. Auch eine komplikationslose Phakoemulsifikation mit Intraokularlinsenimplantation erhöht die 10-Jahres-Inzidenz einer Netzhautablösung bei normalsichtigen Augen auf 1,17–1,23% [33, 34]. Die Inzidenz bei jungen Patienten unter 50 Jahren ist mit 5,1% signifikant höher als bei älteren Patienten über 70 Jahren mit 0,7% [33]. Intraoperative Komplikationen wie Kaspelruptur oder Glaskörperverlust lassen jedoch das Risiko erheblich ansteigen. Schon bei Augen mit einer normalen Achsenlänge steigt das Risiko hier auf bis zu 8,0% an [35–37]. Die in
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Kapitel 19 · Komplikationen der Intraokularchirurgie
. Tab. 19.3 Inzidenzen der rhegmatogenen Netzhautablösung nach Linsenchirurgie
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Allgemeine Bevölkerung
0,02%
Myopie >10 dpt
0,68%
Allgemeine Bevölkerung nach Phakoemulsifikation
1,17–1,23% (10 Jahre)
Myope nach Phakoemulsifikation
0–8,1%
Myope unter 50 Jahren nach Phakoemulsifikation
5,2%
Allgemeine Bevölkerung nach komplizierter Phakoemulsifikation
8,0%
Myope nach komplizierter Phakoemulsifikation
>8,0%
der Literatur bislang publizierten Daten über die Häufigkeit der Netzhautablösung nach Phakoemulsifikation bei myopen Augen variieren stark von 0–8,1% [38–80]. . Tab. 19.3 gibt einen Überblick über die Inzidenzen der rhegmatogenen Netzhautablösung nach Linsenchirurgie in verschiedenen Situationen. Die höchste Inzidenz zeigt eine prospektive Studie von Colin et al. mit 8,1% in einem Beobachtungszeitraum von 7 Jahren nach RLA bei Patienten mit einem präoperativen mittleren sphärischen Äquivalent von –17 dpt [48]. Alle diese Ablösungen betrafen Patienten im Alter unter 40 Jahren. Drei der vier Ablösungen traten in dieser Studie erst spät zwischen dem 4. und 7. Jahr nach der Operation auf. Es ist jedoch kritisch anzumerken, das bei den Operationen noch keine mikroinzisionale Operationstechniken, keine Linsen mit scharfer Hinterkante und damit eine erhöhte Nachstarrate bei den jungen Patienten auftrat. Dies hatte zur Folge, dass in überdurchschnittlich vielen Fällen eine Nd:YAG-Kapsulotomie durchgeführt werden musste. Eine Studie von Lee und Lee wiederum, die retrospektiv 24 Augen mit dem gleichen sphärischem Äquivalent von – 17 dpt in einem Mittel von 15 Monaten nach RLA untersuchte, konnte keinen Fall von Netzhautablösung zeigen [61]. Auch Jimenez-Alfaro et al. berichten über keine einzige Ablösung 12–26 Monate nach RLA bei 26 Augen mit einem mittleren sphärischen Äquivalent von –21 dpt. In einer retrospektiven Studie von Kohnen und Brauweiler über 32 Augen mit Implantation von Minus-Intraokularlinsen konnte in einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 3 Jahren ebenso kein Fall von Netzhautablösung gezeigt werden [58]. Aufgrund pathophysiologischer Überlegungen führen die Autoren in dieser Arbeit dieses gute Ergebnis unter anderem auf eine hohe Prävalenz einer bereits vorexistierenden hinteren Glaskörperabhebung in dem operierten Patientenkollektiv zurück.
Bei den meisten Arbeiten handelt es sich um retrospektive Studien. Hier ist anzumerken, dass die operativen Techniken in diesen Studien teils stark variieren, sowohl das Ausmaß der Myopie als auch die Nachbeobachtungszeiträume sich teils erheblich unterscheiden und auch die Durchführung einer präoperativen prophylaktischen retinalen Laserphotokoagulation sehr unterschiedlich gehandhabt wird. In der Zusammenschau der publizierten Studien über die Häufigkeit der Netzhautablösung nach Linsenchirurgie am myopen Auge zeigt sich die Tendenz, dass alle Studien mit einer Netzhautablösungsrate von 0% nur einen mittleren Beobachtungszeitraum von maximal 4 Jahren umspannen, während Studien mit einem längerem Beobachtungszeitraum höhere Raten an Netzhautablösung angeben. Um die tatsächliche kumulative Inzidenz an Netzhautablösungen abschätzen zu können, ist ein möglichst langer Beobachtungszeitraum unabdingbar. Da das kumulative Risiko einer Netzhautablösung nach Linsenchirurgie linear ansteigt und sich dieser Anstieg auch bis zum Ende des Beobachtungszeitraumes noch weiter fortsetzt, ist das Risiko bei jungen Patienten, die sich einem RLA unterziehen aufgrund der wesentlich höheren Lebenserwartung prinzipiell sicherlich noch etwas höher einzuschätzen als bei älteren Patienten nach Kataraktoperation [81, 82]. Risikofaktoren für eine Netzhautablösung nach RLA 4 4 4 4 4
Hohe Achsenlänge Alter Eine Nachstarprophylaxe ist wichtig, um Nd:YAGLaser-assoziierte Komplikationen wie Schädigung der IOL, Augeninnendruckerhöhung, Iritis, Glaskörperprolaps, hintere Glaskörperabhebung, ein CMÖ oder eine Netzhautablösung zu vermeiden.
In den meisten Studien wird die Inzidenz einer Netzhautablösung nach Nd:YAG-Kapsulotomie nach komplikationsloser ECCE mit 0–4% angegeben [37, 69, 83, 86–94]. Hierbei ist anzumerken, dass diese Zahl im Grunde genommen die Inzidenz nach zwei Eingriffen angibt, nämlich die der Linsenoperation und der darauffolgenden Kapsulotomie zusammen. Manche Autoren postulieren, dass das Auftreten retinaler Pathologien nicht auf den Nd:YAG-Laser selbst sondern auf die Eröffnung des hinteren Kapselblattes per se zurückzuführen ist [95]. So schätzt eine Studie die Erhöhung des Risikos einer Netzhautablösung nach Kataraktchirurgie mit intraoperativer Kapselruptur ohne Nd:YAG-Kapsulotomie auf den Faktor 13 [37]. Einen Überblick über die zu dieser Thematik publizierten Studien zeigt eine große Varianz der Inzidenz und des Zeitpunktes des Auftretens einer Netzhautablösung nach Laserkapsulotomie. Möglicherweise gründet diese Varianz auch in einer im Rahmen dieser verschiedenen Studien verwendeten unterschiedlichen Laserenergie, einem unterschiedlichen Durchmesser der Kapsulotomien
. Abb. 19.17 Intraoperativer Aspekt in Retroillumination einer zirkulären Kapsulorhexis mit intaktem Kapselsack und einer die Linsenoptik aus hydrophoben Acrylat zirkulär überlappenden vorderen Kapsel
und nicht zuletzt auf der Heterogenität der meist retrospektiv ausgewerteten Patientenkollektive. Ein Zusammenhang der verwendeten Laserenergie, dem Modus, der Konfiguration oder des Zeitpunktes der Kapsulotomie mit der Häufigkeit retinaler Pathologien konnte bislang in keiner Studie belegt werden [96, 97]. In einer retrospektiven Analyse von 1000 Augen nach Laserkapsulotomie konnte kein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit einer Netzhautablösung und den bei der Kapsulotomie applizierten Laserparametern gezeigt werden [88]. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass das Risiko für eine rhegmatogene Netzhautablösung nach Laserkapsulotomie bei Patienten mit hoher Myopie steigt [88]. Daher sollten hier die Risiken einer Kapsulotomie
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gegen einen möglichen Visusgewinn durch Beseitigung der Kapselfibrose bei Augen mit einer Achslänge größer als 24 mm sorgfältig abgewogen werden [89, 98]. Im Einzelfall ist es sinnvoll, anstatt einer Laserkapsulotomie eine chirurgische Politur der hinteren Kapsel durchzuführen, um eine Eröffnung des hinteren Kapselblattes zu vermeiden.
Akkommodationsverlust nach refraktivem Linsenaustausch Trotz einiger Berichte über eine verbleibende Pseudoakkommodation nach RLA kommt es zwangsläufig zu einem Verlust der Akkommodationsfähigkeit. Dies gilt es insbesondere bei denjenigen Patienten zu berücksichtigen, die sich noch nicht in der presbyopen Altersgruppe befinden. Ein Ansatz zur postoperativen Wiederherstellung einer Multifokalität stellt immer häufiger die Implantation multifokaler oder akkommodativer IOL dar. Um hier eine entsprechende Patientenzufriedenheit zu erzielen, sind genaue Kenntnisse über Einsatzmöglichkeiten und Patientenselektionskriterien dieses Linsentyps erforderlich (7 Kap. 21). Fazit für die Praxis
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In den Händen eines erfahrenen Chirurgen ist der RLA eine sichere und effektive Therapieoption mit einem kalkulierbaren intra- und postoperativen Risiko. Das Risiko von Netzhautpathologien nach unkompliziertem RLA scheint nicht wesentlich erhöht, steigt jedoch bei kompliziertem Operationsverlauf signifikant an. Patienten mit hoher Myopie sollten auf das Risiko einer Netzhautablösung und damit das Restrisiko einer schweren Verminderung der Sehschärfe hingewiesen werden. Eine Laserkapsulotomie zur Beseitigung einer hinteren Kapselfibrose sollte bei jungen Patienten zwar so früh wie nötig aber so spät als möglich durchgeführt werden. Hier besteht als Alternative die Option der chirurgischen hinteren Kapselpolitur, um eine Eröffnung des hinteren Kapselblattes zu umgehen. Patienten sollten ferner ausführlich über Zeichen und Symptome vitreoretinaler Traktionen aufgeklärt und darauf hingewiesen werden, bei deren Auftreten umgehend einen Augenarzt aufzusuchen. Insgesamt ist das gut bezifferbare Risiko einer Netzhautablösung nach myopem RLA und die generellen, wenngleich seltenen Risiken eines intraokularen Eingriffes einer signifikanten Erhöhung der Lebensqualität durch Emmetropisierung der Patienten mit hoher Fehlsichtigkeit gegenüberzustellen.
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IV
Chirurgische Presbyopiekorrektur Kapitel 20
Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur M. Baumeister, T. Kohnen
Kapitel 21
Presbyopiekorrektur an der Linse M. Baumeister, T. Kohnen
– 307
– 297
20
Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur M. Baumeister, T. Kohnen 20.1
Übersicht
20.1.1 20.1.2 20.1.3
Vorteile und Nachteile – 298 Indikationen und Patientenselektion – 298 Präoperative Untersuchungen und Messungen
20.2
Monovision
20.2.1 20.2.2 20.2.3 20.2.4 20.2.5
Technisches Prinzip – 299 Vorteile und Nachteile – 299 Ergebnisse – 299 Komplikationen – 299 Nachsorge – 299
20.3
Konduktive Keratoplastik
20.4
Non-contact-Laserthermokeratoplastik
20.5
Multifokale Excimerlaserablation der Kornea
20.5.1 20.5.2 20.5.3 20.5.4 20.5.5 20.5.6
Technisches Prinzip – 300 Vorteile und Nachteile – 301 Indikationen und Patientenselektion Ergebnisse – 301 Komplikationen – 301 Nachsorge – 301
20.6
Behandlung des Hornhautstromas mit dem Femtosekundenlaser – 302
20.6.1 20.6.2 20.6.3 20.6.4 20.6.5
Technisches Prinzip – 302 Vorteile und Nachteile – 302 Ergebnisse – 302 Komplikationen – 302 Nachsorge – 303
20.7
Behandlung der Presbyopie mit kornealen Implantaten
20.7.1 20.7.2 20.7.3 20.7.4 20.7.5 20.7.6
AcuFocus – 303 PresbyLens – 303 Vorteile und Nachteile – 304 Ergebnisse – 304 Komplikationen – 304 Nachsorge – 304
Literatur
– 298
– 298
– 299
– 299 – 300 – 300
– 301
– 305
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_20, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 303
298
Kapitel 20 · Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur
20.1
Übersicht
Korrektur der Presbyopie bedeutet, im nicht mehr akkommodationsfähigen Auge eine akzeptable Sehschärfe für die Nähe herzustellen. Da die Akkommodation im Sinne von Refraktionsänderung bei Menschen auf die Linse beschränkt ist, kann die Behandlung an der Kornea daher nur darauf gerichtet sein, entweder die Schärfentiefe zu erhöhen oder ein Auge für die Nähe und das andere für die Ferne zu korrigieren. Dies wird auf mehrere Arten angestrebt, darunter Änderung der Hornhautoberfläche mittels Excimerlaser, CK oder LTK, Behandlung des Hornhautstromas mit dem Femtosekundenlaser und intrakorneale Implantate. In den späten 1980er Jahren wurde bei einigen Patienten, die mit radiärer Keratotomie für Myopie behandelt worden waren, eine Verbesserung des Fern- und auch des Nahvisus festgestellt [25]. Durch Auswertung der kornealen Topographie zeigte sich, dass unbeabsichtigt verschiedene optische Zonen entstanden waren. Versuche der geplanten Behandlung der Presbyopie mit Einschnitten in die Kornea fanden wegen begrenzter Vorhersagbarkeit und Regression keine weite Verbreitung [4]. 20.1.1
Vorteile und Nachteile
Allen kornealen Behandlungsverfahren gemeinsam ist der Vorteil, dass eine Eröffnung des Bulbus nicht notwendig ist und daher die Gefahr intraokularer Komplikationen wie Endophthalmitis, intraokulare Drucksteigerung oder Ablatio retinae vermindert wird. Bei noch nicht voll presbyopen Patienten kann durch den Erhalt der natürlichen Linse die vorhandene Restakkommodation weiter genutzt werden. Nachteilig kann sich insbesondere bei den auf Monovision beruhenden Methoden das eingeschränkte Binokularsehen und die einseitige Verschlechterung des unkorrigierten Fernvisus auswirken. Multifokalität oder Induktion von optischen Aberrationen zur Erhöhung der Schärfentiefe beeinträchtigen außerdem die optische Qualität des Netzhautbildes. Generell gilt für pseudoakkommodative Verfahren, dass eine Verbesserung des Sehens in der Nähe zu Einbußen für das Sehen in der Ferne führt, und umgekehrt. Ziel muss daher eine gute, an die individuellen Bedürfnisse angepasste Balance zwischen Nah- und Fernsicht sein.
20
4 Einseitige Erhöhung der Schärfentiefe – Intrakorneale Implantate 4 Beidseitige Erzeugung von Multifokalität – Multifokale LASIK/PRK
20.1.2
Indikationen und Patientenselektion
Für alle kornealen Behandlungen der Presbyopie ist die richtige Patientenselektion und Aufklärung von überragender Wichtigkeit. Die besten Kandidaten für alle hier dargestellten Prozeduren sind: 4 Presbyope mit klarer Linse 4 Emmetropie ±0,75 dpt und weniger als 0,75 dpt Astigmatismus 4 Patienten älter als 45 Jahre mit deutlichen Symptomen der Presbyopie Die Patienten müssen darüber informiert werden, dass keine Wiederherstellung eines optimalen binokularen Sehens für alle Entfernungen erfolgt, dass das unkorrigierte Sehen in der Ferne schlechter werden kann und dass für längere detaillierte Tätigkeiten in der Nähe oder für nächtliches Autofahren möglicherweise weiterhin eine Brillenkorrektur nötig sein wird. Es ist außerdem wichtig, über die Progression der Presbyopie aufzuklären, die den operativen Effekt teilweise aufheben kann. Wenn eine Linsentrübung besteht, sollte die Kataraktoperation mit Implantation einer multifokalen oder akkommodativen Intraokularlinse in Betracht gezogen werden (7 Kap. 17 und 21). Indiziert sind die kornealen Verfahren der Presbyopiekorrektur prinzipiell bei allen Patienten mit beginnender oder manifester Presbyopie. Besonderes Augenmerk sollte auf die Untersuchung der Linse gelegt werden. Bei vollständiger Presbyopie mit feststellbarer Kataraktentwicklung oder hoher Hyperopie mit flacher Vorderkammer muss der Patient auf die Möglichkeit der Sehverschlechterung durch die Katarakt hingewiesen werden. Ein refraktiver Linsenaustausch sollte hier zumindest in Erwägung gezogen werden. > Bei Presbyopen in höherem Alter und beginnenden Linsentrübungen ist zur operativen Behandlung der Presbyopie eher ein lentikuläres statt eines kornealen Verfahrens indiziert.
Presbyopiekorrektur an der Hornhaut 4 Monovision – Durch einseitige Myopisierung mit allen refraktiv-chirurgischen Verfahren erreichbar – Insbesondere CK und LTK
6
20.1.3
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Notwendig ist vor dem Eingriff eine komplette Augenuntersuchung einschließlich Refraktion, Bestimmung des korrigierten und unkorrigierten Fern- und Nahvisus, der
299 20.3 · Konduktive Keratoplastik
bevorzugten Leseentfernung, Hornhauttopographie, Aberrometrie und Bestimmung des führenden Auges. Für alle auf einseitiger Korrektur beruhenden Operationsverfahren ist ein vorheriger Kontaktlinsenversuch mit einseitiger Myopisierung empfehlenswert. Besonderes Augenmerk muss auf die Hornhauttopographie gelegt werden, um ungeeignete Kandidaten für korneale refraktive Chirurgie auszuschließen. 20.2
Monovision
20.2.1
Technisches Prinzip
In den 1960er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde das Verfahren eingeführt, mit Kontaktlinsen ein Auge (üblicherweise das führende) auf Emmetropie und das andere Auge auf eine Myopie von –1,0 bis –2,0 dpt zu korrigieren [19]. Damit werden nach der Literatur Erfolgsquoten zwischen 59 und 67 Prozent erzielt [10]. Diese absichtlich erzeugte Anisometropie kann auch operativ erzielt werden. Mit einem refraktiv-chirurgischen Verfahren (z. B. Excimerlaserablation) wird ein Auge für die Ferne, das andere für die Nähe korrigiert [13, 26, 33]. Schon vor der Einführung der kornealen refraktiven Chirurgie war diese Lösung durch entsprechende Auswahl der IOL bei Kataraktpatienten angewandt worden. Bei Hyperopen kann auch eine Aufsteilung der Hornhaut durch Kollagenschrumpfung mittels Laserthermokeratoplastik (LTK) [21] bzw. konduktive Keratoplastik (»conductive keratoplasty«, CK) [26] mit Überkorrektur eines der beiden Augen vorgenommen werden. Alle Techniken, die eine einseitige Myopie erzeugen, können bei Emmetropen angewandt werden. Die meisten kornealen Verfahren der Presbyopiebehandlung sehen nur eine Behandlung des nicht-führenden Auges für die Nähe vor und beruhen damit zumindest zum Teil auf dem Prinzip der Monovision. Eine Ausnahme bilden die multifokalen Excimerlaser-Profile, die an beiden Augen angewandt werden.
20.2.3
Bei Behandlung der Presbyopie mit Monovision durch Kontaktlinsen liegen die beschriebenen Erfolgsraten bei 76 % [17]. Für Monovision durch LASIK-Behandlung werden je nach Studie Erfolgsraten mit Patientenzufriedenheit von 88% [18], 93% [7] oder 98% [30] angegeben. Für Patienten mit Monovision durch Pseudophakie nach Kataraktextraktion liegen die veröffentlichten Ergebnisse für gutes Sehen in Ferne und Nähe bei 91%, für Monovision nach refraktivem Linsenaustausch bei 95% [13]. In einigen Fällen wurde, entweder absichtlich oder versehentlich, das führende Auge für die Nähe korrigiert (»gekreuzte« Monovision). Es scheint, dass nach einer gewissen Eingewöhnungszeit beide Varianten toleriert werden [7, 18]. Alle Autoren betonen die Wichtigkeit der richtigen Selektion und der ausführlichen Aufklärung der Patienten.
20.2.4
Komplikationen
Der tolerierte Betrag des refraktiven Unterschiedes variiert zwischen einzelnen Patienten, und es kann zu Doppelbildern kommen. Vorhandene Phorien können dekompensieren, vor allem im Dunkeln werden Halos um Lichtquellen wahrgenommen, Stereosehen und Kontrastempfindlichkeit sind herabgesetzt [10]. Im Übrigen sind die für das jeweilige chirurgische Verfahren spezifischen Komplikationen zu beachten, wie beispielsweise Schnittkomplikationen bei LASIK oder Endophthalmitis bei Linsenchirurgie. Eine Einschränkung der Monovision ist das Fehlen einer Korrekturmöglichkeit für intermediäre Entfernungen, ohne die Sehschärfe in der Ferne und Nähe zu beeinträchtigen. Modellrechnungen ergaben geringe Beeinträchtigung des Intermediärvisus bis zu einer Nahaddition von 2 dpt [9]. Durrie gibt für Monovision mit Kontaktlinsen als Optimum 1,5 dpt einseitige Nahaddition an [8].
20.2.5 20.2.2
Ergebnisse
Nachsorge
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 Mit vielen verschiedenen Operationstechniken anwendbar 4 Bei richtiger Patientenselektion hohe Erfolgsquote 4 Für jedes Auge monofokale Behandlung, daher jeweils bessere optische Qualität
Nachteile 4 Beeinträchtigte Binokularfunktion 4 Nicht immer toleriert
Die Nachsorge richtet sich nach dem jeweiligen chirurgischen Verfahren, das angewandt wurde. Generell sollte vor einer Nachbehandlung Refraktionsstabilität abgewartet werden.
20.3
Konduktive Keratoplastik
Die konduktive Keratoplastik (»conductive keratoplasty«, CK) appliziert hochfrequenten elektrischen Strom in einem Kontaktverfahren in die Hornhaut, um das Hornhautgewebe zu erhitzen. Die Applikation erfolgt mittels
20
300
Kapitel 20 · Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur
einer handgehaltenen Sonde, die in die periphere Kornea bis zu einer Tiefe von 450 μm eingesenkt wird (keratoplast; Refractec Inc., Irvine, California). Der elektrische Widerstand der Kollagenfibrillen erzeugt eine Erhitzung des Gewebes und führt zu einer punktuellen Kollagenschrumpfung mit Ansteilung der Hornhautoberfläche bei einer Temperatur von 65°C. In der Regel werden 8 Herde ringförmig um das optische Zentrum herum mit einem Abstand von 6 mm zum optischen Zentrum appliziert. Dies führt zu einer Ansteilung des Hornhautgewebes und einer Zunahme der zentralen Hornhautbrechkraft. Für nähere Einzelheiten zur Methodik und operativen Praxis 7 Kap. 15.1. Zur Behandlung der Presbyopie wird die CK in der Regel bei emmetropen oder leicht hyperopen Patienten angewandt, die im Sinne einer Monovision auf einem Auge myopisiert werden. Genauere Untersuchungen der kornealen Wellenfront haben außerdem eine Induktion von Astigmatismus sowie Aberrationen höherer Ordnung (sphärische Aberration, Koma) ergeben, die zu einer multifokalen Abbildung der Hornhaut bzw. einer erhöhten Schärfentiefe beitragen können, allerdings auf Kosten der optischen Abbildungsqualität [14].
20.4
Non-contact-Laserthermokeratoplastik
Eine thermische Einwirkung auf die Hornhaut zur Erzeugung einer zentralen Ansteilung wird auch bei der Noncontact-Laserthermokeratoplastik mit dem Ho:Yag-Laser eingesetzt [22]. Außer zur Behandlung der Hyperopie kann dieses Verfahren auch zur Myopisierung eines Auges mit dem Ziel der Monovision verwendet werden. Ähnlich wie bei der CK ist auch hier die Erhöhung der Schärfentiefe durch Induktion von Aberrationen möglich, jedoch nur sehr eingeschränkt vorhersehbar. Ein Vorteil des Verfahrens wie auch der CK ist die Aussparung des optischen Zentrums der Hornhaut bei der Behandlung. Nachteilig wirken sich insbesondere die mögliche Induktion von Astigmatismus sowie die hohen Regressionsraten (bis zu 45% nach 12 Monaten) aus [11, 20, 21]. Aus diesem Grunde wird derzeit meist die CK bevorzugt. Näheres zum Verfahren 7 Kap. 15.2.
20
20.5
Multifokale Excimerlaserablation der Kornea
20.5.1
Technisches Prinzip
Nach Einführung der Excimerlaserchirurgie der Hornhaut wurde versucht, Multifokalität der Hornhaut geplant zu erzeugen. Nach Vorstudien auf Polymethyl-Methacrylat
(PMMA)-Linsen und Schweinehornhäuten wurden erste Oberflächenbehandlungen von Patienten durchgeführt [3]. Dabei wurden zwei verschiedene Techniken verwendet: 4 Sektor- oder halbmondförmige Nahzone unterhalb der optischen Achse 4 zentrale Nahzone mit konzentrischer Fernzone Hierbei wird analog zur multifokalen IOL (mIOL) die zentrale Hornhaut mit dem Laser im Rahmen einer LASIK oder Oberflächenbehandlungen (PRK, LASEK, EpiLASIK) so behandelt, dass konzentrische Zonen für Ferne, mittlere Entfernung und Nähe entstehen. Verschiedene Profile wurden für Myopie und Hyperopie eingesetzt. Probleme waren hauptsächlich Regression des Behandlungseffekts und verminderte Sehqualität mit häufigen monokularen Doppelbildern [3]. Die erste veröffentlichte Studie zur LASIK für die Behandlung der Presbyopie stammt von Bauerberg [6]. Hier wurde ein Lentikel mit 160 μm Dicke und 8,2 mm Durchmesser geschnitten. Bei 8 hyperopen Patienten wurde jeweils auf einem Auge die Ablation um 1 mm nach unten dezentriert, um einen bifokalen Effekt zu erzielen. Der tatsächliche Grad der Dezentierung war jedoch variabel. Über unerwünschte optische Effekte wurde nicht berichtet, obwohl bei Dezentrierung der Ablationszone insbesondere bei hyperopen Behandlungen die Gefahr von erhöhter Blendempfindlichkeit, monokularen Doppelbildern, Lichthöfen und Verschlechterung des bestkorrigierten Visus besteht [11]. Weitere veröffentlichte klinische Studienergebnisse zu diesem Verfahren liegen nicht vor. In den letzten Jahren hat mit der Einführung der Flying-Spot-Laser und verbesserter Laserprofile auch das Interesse an der Excimerbehandlung der Presbyopie wieder zugenommen. Alle neueren Studien beziehen sich auf LASIK-Behandlungen, bei denen das Risiko der epithelbedingten Regression in Vergleich zu Oberflächenbehandlungen als geringer angesehen wird. Profile zur kornealen multifokalen Ablation im Rahmen des LASIK-Verfahrens wurden unter dem Namen PresbyLASIK von Alio und Chaubard entwickelt [1, 16, 24, 27–29]. Sie wird derzeit nur in Verbindung mit einer Korrektur der Hyperopie oder bei Emmetropie angewendet. Es wird zuerst eine multifokale 6-mm-Zone der zentralen Hornhaut erzeugt. Die zentrale 3-mm-Zone wird dann um zusätzliche 1,5 dpt überkorrigiert. Zwischen diesen beiden Zonen liegt eine 1,5 mm breite Übergangszone [1]. Eine Variante dieses Algorithmus wurde in einer Studie von Pinelli et al. vorgestellt [29]. Sie wird als periphere PresbyLASIK oder PML (»peripheral multifocal LASIK«) bezeichnet. Sie besteht in einer sequentiellen Abtragung zunächst der (hyperopen) Fernkorrektur über eine 6,0mm-Zone, danach der Nahaddition über eine 6,5-mm-
301 20.5 · Multifokale Excimerlaserablation der Kornea
Zone, d. h. zentral wird zunächst durch die Hyperopiebehandlung überkorrigiert. Daran schließt sich eine myope Korrektur mit Abflachung der zentralen 5,0–5,5 mm. Die Nahaddition befindet sich am Ende in dem myop gebliebenen Ring der 5,5- bis 6,5-mm-Zone. In experimentellen und klinischen Studien sind derzeit eine Anzahl weiterer multifokaler Excimerlaserprofile in Erprobung. Einzelheiten hierzu 7 Kap. 8.4.
20.5.2
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 Extraokulare Methode ohne Bulbuseröffnung 4 Für LASIK-Operateure kein Erlernen einer neuen Operationstechnik erforderlich 4 Zentrierung auf die visuelle Achse 4 Bei frühpresbyopen zusätzlich Restakkommodation durch Erhalt der natürlichen Linse
Nachteile 4 Bei Dezentrierung Gefahr der Minderung der optischen Qualität 4 Fehlkorrekturen schwierig nachzubehandeln und möglicherweise nicht mit Brille auszugleichen 4 Möglicherweise Probleme bei IOL-Berechnung vor Kataraktoperation wegen Verfälschung der Keratometrie
20.5.3
Indikationen und Patientenselektion
In den bisherigen Studien zu Excimerlaser-erzeugten multifokalen Hornhäuten wurden fast ausschließlich Hyperope bis emmetrope Augen behandelt. Diese Patienten sind sicherlich wie bei den übrigen multifokalen Verfahren am besten für diese Behandlungsmethoden geeignet. Wie bei allen derartigen Verfahren muss auch auf die Beeinträchtigung der optischen Qualität hingewiesen werden.
0,37±0,55 einen postoperativen unkorrigierten Fernvisus von 0,97±0,14 und einen unkorrigierten Nahvisus von 0,57±0,20. Der Nahvisus mit bester Fernkorrektur betrug 0,45±0,22 [1]. Die zentrale PresbyLASIK erzielte in einer Studie an 22 Patienten im Alter von 47-72 Jahren nach 6 Monaten eine mittlere Fernrefraktion von -0,42 dpt, einen unkorrigierten Fernvisus von 1,06±0,13 und einen unkorrigierten Nahvisus von 0,84±0,14.
20.5.5
Die möglichen Komplikationen der multifokalen Laserbehandlung decken sich zum größten Teil mit den allgemeinen Risiken des LASIK-Verfahrens, wie trockenes Auge, Schnittkomplikationen, Infektion, diffuse lamelläre Keratitis (DLK), Epitheleinwachsung oder Falten des Hornhautlentikels. Die spezifischen Komplikationen der multifokalen Profile ergeben sich aus der möglichen Induktion von optischen Aberrationen und der möglicherweise stärkeren Empfindlichkeit gegenüber Dezentrierung. In den bisher veröffentlichten Studien zur PresbyLASIK wurde für bestimmte Ortsfrequenzen [3, 6, 12 und 18 cyc/°) eine geringe aber signifikante Verringerung der Kontrastempfindlichkeit festgestellt [1, 29]. In Verbindung damit steht eine signifikante Änderung der kornealen Aberrationen (sphärische Aberration und Koma) sowie eine Verminderung des Maximums der Punktbildverwischungsfunktion (»point spread function«, PSF). Dies gilt gleichermaßen für die »zentrale« wie die »periphere« Nahaddition. Unerwünschte optische Phänomene bei Tageslicht wurden nach 6 Monaten Beobachtungszeit von keinem Patienten angegeben, nächtliche Lichthöfe allerdings von 12% [1] bzw. 14% [29] der Patienten. In der Studie von Pinelli et al. zur »peripheren« PresbyLASIK wurde außerdem bei einem Patienten (4,5%) über eine erhöhte Blendempfindlichkeit bei Nacht und bei 5 Patienten (23%) über eine Verschlechterung des Sehens in der Nähe mit erhöhtem Bedarf an Beleuchtung berichtet [29].
20.5.6 20.5.4
Komplikationen
Nachsorge
Ergebnisse
Bisher sind vergleichsweise wenige Studien in begutachteten wissenschaftlichen Zeitschriften zur Laserkorrektur der Presbyopie auf der Hornhaut erschienen. Die bisher veröffentlichten Artikel betreffen das PresbyLASIK-Verfahren [1, 16, 27-29]. Eine Studie zur zentralen PresbyLASIK bei 25 hyperopen Patienten im Alter von 51–68 Jahren ergab nach 6 Monaten bei einem mittleren sphärischen Äquivalent von
Die postoperative medikamentöse Therapie richtet sich nach den allgemeinen Standards für das LASIK-Verfahren: lokales Antibiotikum und Steroid für eine Woche und Tränenersatz für mindestens 4 Wochen postoperativ. Nachkontrollen sollten am postoperativen Tag sowie nach einer Woche erfolgen.
20
302
Kapitel 20 · Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur
20.6
Behandlung des Hornhautstromas mit dem Femtosekundenlaser
20.6.1
Technisches Prinzip
Mit dem Femtosekundenlaser ist in den letzten Jahren ein vielseitig verwendbares Instrument in die Augenheilkunde eingeführt worden. Der fs-Laser ermöglicht Schnitte im Gewebe ohne die Oberfläche zu eröffnen. Diese Eigenschaft wird beispielsweise für die Präparation von LASIKFlaps oder Hornhauttransplantaten eingesetzt (7 Kap. 8.2). Seit 2007 wurden, zunächst von Ruiz in Bogotá, Behandlungen der Presbyopie mit dem Femtosekundenlaser der Fa. Technolas im Hornhautstroma durchgeführt und das Verfahren unter dem Namen »INTRACOR« vorgestellt. Es soll eine biomechanische Änderung der Hornhautstruktur bewirken, um eine verbesserte Schärfentiefe mit gutem Nahvisus bei nicht beeinträchtigtem Fernvisus zu erzielen. In Lokalanästhesie werden dabei am nicht-führenden Auge auf die Sehachse zentriert 5 ringförmige konzentrische Schnitte in das Hornhautstroma erzeugt (. Abb. 20.1). Die Tiefe der Schnitte sowie die Durchmesser und Abstände werden nach einem Nomogramm individuell auf der Basis der Keratometrie berechnet. Die Wir-
kungsweise des Verfahrens ist bisher nicht eindeutig belegt. Allgemein werden Änderungen der Biomechanik der Hornhaut als Ursache des verbesserten Nahvisus genannt. Genauere Untersuchungen zur Natur dieser Änderungen sowie der Vorhersagbarkeit der Methode im Einzelfall stehen jedoch noch aus.
20.6.2
Vorteile und Nachteile
Zu den prinzipiellen Vorteilen der Methode gehören sicherlich die kurze Behandlungsdauer und das Fehlen einer Eröffnung des Epithels, damit verbunden ist entsprechend eine geringe Tendenz zur Narbenbildung sowie geringes Infektionsrisiko. Nachteilig erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt die teilweise eingeschränkte Vorhersagbarkeit des Verfahrens. Es bleibt abzuwarten, ob Anpassungen des Nomogramms hier zu Verbesserungen führen. Vorteile 4 Kurze Behandlungsdauer 4 Wenige Komplikationsmöglichkeiten 4 Keine Eröffnung des Epithels, daher kaum Infektionsrisiko
Nachteile 4 Neue Methode, keine Langzeitergebnisse vorhanden 4 Wirkungsmechanismus nicht vollständig geklärt
a
20
b . Abb. 20.1a,b Intracolor-Verfahren. a Schematische Darstellung des INTRACOR-Verfahrens. Mit dem Femtosekundenlaser werden 5 rein intrastromale konzentrische Ringe zentriert auf die Sehachse in die Hornhaut geschnitten. Die Tiefe wird durch ein Nomogramm bestimmt. b Am ersten postoperativen Tag sind die Ringe spaltlampenmikroskopisch noch gerade eben sichtbar. (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. M.P. Holzer, Heidelberg)
20.6.3
Ergebnisse
Bisher sind die Ergebnisse von zwei Studien an 83 bzw. 25 Augen von presbyopen Patienten im Alter von 44–67 Jahren mit Nachbeobachtungszeiten bis zu 12 Monaten veröffentlicht [15, 32]. Übereinstimmend wird bei allen Patienten über eine deutliche Verbesserung des unkorrigierten Nahvisus bei leichter myoper Verschiebung der Fernrefraktion berichtet. In einigen Fällen konnte Hornhauttopographisch eine zentrale Ansteilung nachgewiesen werden. Diese korrelierte jedoch nicht mit dem Behandlungserfolg. Bei 4 Augen kam es zu einem Verlust von zwei Zeilen an unkorrigiertem Fernvisus.
20.6.4
Komplikationen
Abgesehen von Zeilenverlust beim Fernvisus aus ungeklärter Ursache (s. oben) wurde bisher über Komplikationen nicht berichtet. Die Auswirkungen von Dezentrierung der
303 20.7 · Behandlung der Presbyopie mit kornealen Implantaten
Behandlung oder Ergebnisse von etwaigen Nachbehandlungen sind bisher nicht veröffentlicht.
20.6.5
Schnittführung und exakte lamelläre Präparation erlauben, wurde die Idee der intrakornealen Linsenimplatate in jüngster Zeit wieder aufgegriffen.
Nachsorge 20.7.1
Die medikamentöse Nachbehandlung besteht in steroidhaltigen Augentropfen (in der Literatur angegeben: Dexamethason 1% 5-mal/Tag) und Tränenersatzmitteln [15]. Aufgrund der rein intrastromalen Behandlung erscheint die Gabe von lokalen Antibiotika unnötig.
20.7
Die Fa. AcuFocus (Irvine, CA, USA) stellt ein intrakorneales Implantat zur Presbyopiebehandlung des emmetropen Auges her (AcuFocus ACI-7000) (. Abb. 20.2). Das Implantat soll nach dem Prinzip der stenopäischen Blende die Schärfentiefe erhöhen, ohne dabei das Sehen in der Ferne zu verschlechtern. Es besteht aus einem Ring aus Polyvinylidenfluorid (PVDF) mit Kohlenstoff-Nanopartikeln zur Färbung. Das Implantat hat eine Dicke von 10 μm, einen äußeren Durchmesser von 3,8 mm und eine runde zentrale Öffnung mit einem Durchmesser von 1,6 mm. Es ist mit 1600 25 μm großen Öffnungen perforiert, um einen freien Transport von Nährstoffen im Hornhautgewebe zu ermöglichen. Es wird einseitig (in das nicht-führende Auge) unter einen Hornhautlentikel implantiert, der wie bei der LASIK präpariert wird [34].
Behandlung der Presbyopie mit kornealen Implantaten
Das Konzept intrakornealer Linsenimplantate zur Korrektur von Hyperopie oder Presbyopie wurde zuerst 1964 von Barraquer entwickelt (Keratophakie) [5]. Probleme mit der Genauigkeit der angestrebten Korrektur, der Zentrierung und der Biokompatibilität der Implantate verhinderten lange Zeit trotz intensiver Forschung eine weitere Verbreitung der Methode [2, 23, 31]. Auch kreisförmig in der Kornea angeordnete PMMASegmente, deren Wirkung ähnlich wie die der LTK in einer Ansteilung der Hornhaut bestehen soll, wurden zur Korrektur der Hyperopie verwendet. Neovaskulariationen, irregulärer Astigmatismus, sowie Ablagerungen auf den Implantaten, vor allem aber die regelmäßig auftretende Regression des Effekts führten zum Verlassen dieses Behandlungsansatzes [12]. Aufgrund der Entwicklung besserer biosynthetischer Materialien und der Mikrokeratom- und Femtosekundenlaser-Technologie, die genauere Kontrolle der kornealen
a . Abb. 20.2a,b AcuFocus-Implantat. a Das AcuFocus-Implantat mit einem Gesamtdurchmesser von 3,8 mm. Die zentrale Öffnung hat einen Durchmesser von 1,6 mm. Die kleinen Öffnungen im Ring die-
AcuFocus
20.7.2
PresbyLens
Ein anderes korneales implantat ist die PresbyLens (ReVision Optics Inc., Lake Forest, Kalifornien). Sie ist ein Hydrogel-Implantat mit einem Durchmesser von 1,5 mm und einer Dicke von 10 μm an der Kante, die zur Mitte hin auf bis zu 24–40 μm ansteigt. Dieses Implantat soll zur Korrektur der Presbyopie den vorderen Hornhautkrümmungsradius ändern. Es wird unter einen normalen LASIK-Flap implantiert und ist biokompatibel und hoch permeabel,
b nen dem Stofftransport in der Hornhaut. b Das AcuFocus-Implantat in situ
20
304
Kapitel 20 · Korneale Verfahren zur Presbyopiekorrektur
um einen ungehinderten Wasser- und Nährstoffaustausch in der Kornea zu ermöglichen. Mit diesem Implantat wird eine (reversible) einseitige Überkorrektur zur Erzielung von Monovision und keine tatsächliche Multifokalität erzeugt.
20.7.3
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 Korneale Behandlung, kein intraokularer Eingriff 4 Grundsätzlich reversibel
Nachteile 4 Keine beidseitige Korrektur 4 Auf dem behandelten Auge mögliche Beeinträchtigung des Fernvisus und der optischen Qualität 4 Neue Methode, bisher fehlende Langzeitergebnisse
Einer der größten Vorteile der intrakornealen Implantate im Vergleich zu anderen kornealen Therapieverfahren ist sicherlich die Möglichkeit, die Implantate wieder zu entfernen und damit die ursprüngliche Gestalt der Hornhautvorderfläche wiederherzustellen. Wichtig ist dies insbesondere im Hinblick auf die Intraokularlinsenberechnung vor einer eventuellen Kataraktoperation. Bei längerer Verweildauer des Implantats kann allerdings die Wundheilung zu einer erschwerten Entfernung führen. Daten hierzu liegen noch nicht vor. Nachteilig können sich wie bei allen einseitigen Verfahren Einschränkungen des Binokularsehens auswirken. Zur endgültigen Beurteilung von Sicherheit und Biokompatibilität bleiben die Langzeiterfahrungen abzuwarten.
20.7.4
20
Ergebnisse
In einer Studie von Yilmaz et al. [34] wurden 39 Patienten im Alter von 46–60 Jahren mit dem AcuFocus-Implantat behandelt. 12 Patienten waren ohne vorhergegangene Operation emmetrop, 27 Patienten waren vorher mit LASIK für Hyperopie behandelt worden. Das mittlere präoperative sphärische Äquivalent war –0,04±0,3 dpt (–0,75 bis +0,50 dpt). Nach 12 Monaten war der mittlere binokulare unkorrigierte Nahvisus J 1+ bei unverändertem Fernvisus im Vergleich zu J 6 präoperativ. Der mittlere binokulare unkorrigierte Visus für intermediäre Entfernungen verbesserte sich von 0,8 (20/25) auf 1,0 (20/20). Auf einer Skala von 0–10 mit 0= »Brille wird nie getragen«, und 10= »Brille wird ständig getragen«, war der mittlere Punktwert nach 12 Monaten 1,3 im Vergleich zu 7,5 präoperativ.
Für die PresbyLens liegen Daten für einen Nachbeobachtungszeitraum von 3 Monaten aus einer laufenden FDA-Zulassungsstudie vor. Das Implantat wurde bei myopen Presbyopen nach LASIK- Korrektur der Myopie unter den LASIK-Flap des nicht-führenden Auges implantiert, um Monovision zu erzielen. Der unkorrigierte Fernvisus auf dem führenden Auge (ohne Implantat) war bei 79% der Augen 1,0 (20/20) oder besser und bei 100% der Augen 0,5 (20/40) oder besser. Der unkorrigierte Fernvisus auf dem nicht-führenden Auge (mit Implantat) war bei 7 % der Augen 1,0 oder besser und bei 64 % der Augen 0,5 oder besser. Binokular erzielten 86% der Patienten einen unkorrigierten Fernvisus von 1,0 oder besser und 100% 0,5 oder besser. Der unkorrigierte Nahvisus auf dem Auge mit dem Implantat war in 21% der Augen 0,8 und in 86% der Augen 0,5 oder besser. Binokular hatten 50% der Patienten einen unkorrigierten Nahvisus von 0,8. Ein unkorrigierter Nahvisus von 1,0 wurde nicht erreicht (PresbyLens Corneal Inlay US FDA Clinical Trial).
20.7.5
Komplikationen
Bei einem Patienten mit AcuFocus-Implantat wurde ein Verlust von mehr als einer Visuszeile berichtet. Drei Implantate wurden während des 12-monatigen Beobachtungszeitraums explantiert, zwei davon wegen Refraktionsänderung und eines wegen entzündlicher Extrusion [35]. Die hohe Permeabilität der PresbyLens kann zu postoperativen Änderungen der Dicke und Brechkraft des Implantats mit darauf folgenden Refraktionsschwankungen führen(PresbyLens Corneal Inlay US FDA Clinical Trial).
20.7.6
Nachsorge
Für die postoperative Behandlung werden außer Tränenersatzmitteln lokale Antibiotika- und Steroidbehandlung für 2 Wochen empfohlen [35]. Weitere Informationen zu intrakornealen Implantaten sind im 7 Kap. 14 zu finden. Fazit für die Praxis Es besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur kornealen Therapie der Presbyopie. In den meisten Fällen beruhen diese auf Emmetropisierung eines Auges bei Myopisierung des Partnerauges mit dafür geeigneten refraktiv-chirurgischen Verfahren (Monovision). Neuere Entwicklungen beruhen auf ein- oder beidseitiger Erhöhung der Schärfentiefe durch Implantate oder multifokale Laserprofile. Diese Verfahren befinden sich noch in einem experimentellen Stadium und sind trotz viel versprechender Ergebnisse bisher noch nicht als operativer Standard zu werten.
305 Literatur
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20
21
Presbyopiekorrektur an der Linse M. Baumeister, T. Kohnen
21.1
Überblick
21.2
Multifokale Intraokularlinsen
21.2.1 21.2.2 21.2.3 21.2.4 21.2.5 21.2.6 21.2.7 21.2.8 21.2.9 21.2.10
Refraktive Multifokallinsen – 308 Diffraktive Multifokallinsen – 309 »Mix and match« – 310 »Add-on«-Multifokallinsen – 310 Vorteile und Nachteile – 311 Indikationen und Patientenselektion – 311 Präoperative Untersuchungen und Messungen Ergebnisse – 312 Komplikationen – 312 Nachsorge – 313
21.3
Skleraexpansion
21.3.1 21.3.2 21.3.3 21.3.4 21.3.5 21.3.6 21.3.7
Technisches Prinzip – 313 Vorteile und Nachteile – 313 Indikationen und Patientenselektion – 313 Präoperative Untersuchungen und Messungen Ergebnisse – 314 Komplikationen – 314 Nachsorge – 314
21.4
Akkommodative Intraokularlinsen
21.4.1 21.4.2 21.4.3 21.4.4 21.4.5 21.4.6 21.4.7
Technisches Prinzip – 314 Vorteile und Nachteile – 315 Indikationen und Patientenselektion – 316 Präoperative Untersuchungen und Messungen Ergebnisse – 316 Komplikationen – 317 Nachsorge – 317
21.5
Experimentelle Verfahren
21.5.1 21.5.2
Femtosekundenlaserbehandlung der Linse Wiederauffüllung des Kapselsacks – 318
Literatur
– 308 – 308
– 312
– 313
– 313
– 314
– 316
– 317 – 317
– 319
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_21, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
308
Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
21.1
Überblick
Der natürliche Ort der Akkommodation ist die kristalline Linse. Daher ist es vom physiologisch-optischen Standpunkt sinnvoll, auch die Korrektur der Presbyopie an der Linse vorzunehmen. Generell lassen sich die operativen Verfahren zur Presbyopiekorrektur an der Linse in akkommodative und pseudoakkommodative Verfahren unterscheiden. Akkommodative Verfahren streben eine tatsächliche dynamische Änderung der Brechkraft des Auges an, wie sie für die natürliche Akkommodation kennzeichnend ist. Pseudoakkommodative Verfahren sollen dagegen die optischen Eigenschaften des Auges so verändern, dass eine erhöhte Schärfentiefe resultiert, d. h. Objekte in verschiedenen Entfernungen werden gleich scharf auf der Netzhaut abgebildet, ohne dass jedoch eine dynamische Brechkraftänderung erfolgt. Die verschiedenen Methoden der Presbyopiekorrektur an der Linse können auch nach dem Ort des Eingriffs eingeteilt werden, nämlich direkte Eingriffe an der Linse (entweder strukturelle Veränderung der kristallinen Linse oder Ersatz derselben durch ein Implantat) und Eingriffe, die indirekt über die extralentikulären Strukturen des Akkommodationsapparates wirken sollen (durch Änderung der Zonulakonfiguration bzw. des Abstandes zwischen Linse und Ziliarmuskel). Unter diesen, zum Teil noch experimentellen Operationsmethoden besteht die längste Erfahrung mit der pseudoakkommodativen Methode der multifokalen Intraokularlinsen (mIOL).
21.2
. Abb. 21.1 Schematische Darstellung der Refraktion. Beim Wechsel zwischen optischen Medien verschiedener Dichte wird das Licht an der Grenzfläche abgelenkt. Das Verhältnis von Einfalls- und Ausfallswinkel richtet sich nach den Brechzahlen der optischen Medien. (Aus [24])
Multifokale Intraokularlinsen
Pseudophake, multifokale Hinterkammerlinsen werden seit den 1980er Jahren im Rahmen der Kataraktchirurgie oder bei refraktivem Linsenaustausch (RLA) implantiert und stellen momentan die am weitesten verbreitete und am besten untersuchte operative Therapie der Presbyopie dar [25]. Vom optischen Prinzip her werden zwei Arten unterschieden: refraktive und diffraktive mIOL. . Abb. 21.2 Refraktive Multifokal-IOL (Rezoom, Abbot Medical Optics). (Mit freundlicher Genehmigung von Abbot Medical Optics)
21.2.1
21
Refraktive Multifokallinsen
Unter dem Begriff der Refraktion versteht man die Brechung von Lichtstrahlen an einer Grenzfläche zweier unterschiedlicher Medien (. Abb. 21.1). Beim Übergang des Lichtes von einem Medium in ein anderes wird ein Teil des Lichtes reflektiert und der andere Teil nach dem SnelliusBrechungsgesetz abgelenkt. Dabei wird die Richtung der Lichtwelle geändert, weil sich ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit im zweiten Medium ändert. Tritt der Lichtstrahl in ein optisch dichteres Medium, wird der Strahl zum Lot der
Trennfläche hin gebrochen. Refraktive Bifokal- oder Multifokal-IOL haben auf ihrer Optik zwei oder mehrere ringförmige sphärische Zonen unterschiedlicher Refraktion (. Abb. 21.2). Der Nahteil ist in der Regel im Zentrum der Linsenoptik lokalisiert. Durch die beim Blick in die Nähe auftretende Miosis soll vorwiegend der Nahteil wirksam werden, beim Blick in die Ferne mit weiterer Pupille der Fernteil. Die Wirkung ist von der Zentrierung der mIOL und dem Pupillendurchmesser abhängig.
309 21.2 · Multifokale Intraokularlinsen
a
b
c
. Abb. 21.3a–c Schematische Darstellung der Diffraktion. a Beugung der Lichtstrahlen an einem Spalt. b Entstehung einer Neuen Wellenfront. c Die Überlagerung der Wellenfronten führt zu Interfe-
21.2.2
Diffraktive Multifokallinsen
Diffraktion bedeutet Beugung von Lichtstrahlen an einem Hindernis. Wellenfronten sind Flächen, bei denen die Lichtstrahlen die gleiche optische Wellenlänge von einer Punktlichtquelle haben. Die optische Wellenlänge ist das Produkt aus geometrischer Wellenlänge und dem Brechungsindex des Mediums. An der Oberfläche der Wellenfront haben alle Lichtstrahlen die gleiche Phase. Die Wellenfront schwingt
renzerscheinungen. Aus den Maxima der Interferenzen entstehen bei der Multifokallinse der Nah- und Fernfokus. (Aus [24])
dabei in jedem Punkt senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Trifft eine Welle auf einen optischen Spalt, entsteht eine neue Wellenfront und damit eine unabhängige Lichtquelle. Durch Überlagerung der Wellenfronten aus mindestens zwei Lichtquellen kommt es zu Interferenzerscheinungen, d. h. die Lichtwellen können sich gegenseitig verstärken, abschwächen oder auslöschen (. Abb. 21.3). Diffraktive mIOL teilen das einfallende Licht auf zwei Brennpunkte auf, einen für die Nähe und einen für die
21
310
Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
21.2.3
»Mix and match«
Wegen der häufig geringeren Leistung im Intermediärbereich zwischen Nähe und Ferne wurden binokulare mIOLSysteme mit unterschiedlicher Lichtverteilung für beide Augen entwickelt. Dadurch dominiert bei einer mIOL, die auch auf dem dominanten Auge implantiert werden sollte, der Fernfokus, bei derjenigen im anderen Auge der Nahfokus. Diese Technik wird als »mix and match« bezeichnet. Zur Implantation bei vorhandenem Hornhautastigmatismus sind auch mIOL mit torischer Optik auf dem Markt [32].
. Abb. 21.4 Diffraktive Multifokal-IOL (Alcon Restor) mit gelber Tönung zur Filterung von kurzwelligem blauem Licht. (Mit freundlicher Genehmigung von Alcon Restor)
Ferne, und sind damit eigentlich Bifokallinsen. Sie besitzen außer der für die Fernrefraktion wirksamen refraktiven Oberfläche eine diffraktiv wirksame Oberflächenstruktur aus konzentrischen ringförmigen Stufen auf der Vorderoder Rückfläche (. Abb. 21.4), die durch Beugung (Diffraktion) der einfallenden Lichtstrahlen einen zweiten Fokus für die Nähe erzeugen. Ca. 20% des Lichts gehen als Streulicht verloren. Weil jede Zone der IOL sowohl zum Fern- als auch zum Nahfokus beiträgt, ist die Bifokalität weitgehend unabhängig vom Pupillendurchmesser. Zur weitestgehenden Vermeidung von unerwünschten optischen Effekten werden bei neueren diffraktiven mIOL die Stufenhöhen der diffraktiven Ringe zum Rand hin progressiv reduziert (apodisierte diffraktive Optik) [24].
Moderne mIOL zeichnen sich bei guter Berechnung durch eine hohe Vorhersagbarkeit und Effektivität aus. Die spezifischen Probleme entsprechen denen der übrigen multifokalen Verfahren: optimales Sehen nur in der Ferne und einer definierten Nahzone, und schlechteres Sehen im Intermediärbereich sowie Verlust von Kontrastempfindlichkeit und Auftreten von störenden optischen Phänomenen [4, 24, 25, 44]. . Tab. 21.1 und . Tab. 21.2 listen einige derzeit erhältliche diffraktive und refraktive faltbare mIOL auf.
21.2.4
»Add-on«-Multifokallinsen
In Augen mit hoher Hyperopie trat das Problem auf, dass faltbare IOL in der benötigten Stärke nicht vorhanden waren, um eine volle Korrektur der Hyperopie zu ermöglichen. Aus diesem Grunde wurde die Technik entwickelt, zwei IOL in den Kapselsack zu implantieren [19]. Dieses Vorgehen wurde in einzelnen Fällen auch zur Korrektur von unerwünschten Refraktionsergebnissen nach IOL-Im-
. Tab. 21.1 Diffraktive Multifokallinsen
21
IOL
Gesamtdurchmesser (mm)
Optikdurchmesser (mm)
Material
Nahaddition (dpt)
Stärke (dpt)
Tecnis multifokal, Abbot Medical Optics
13,0
6,0
Optik: hydrophobes Acrylat Haptik: PMMA (3-stückig)
4,0
5,0–34,0
Acrysof Restor, Alcon
13,0
6,0
Hydrophobes Acrylat (1-stückig)
3,0 (D1) 4,0 (D3)
6,0–34,0
Diffractiva S, Humanoptics
12,0
6,0
Optik: Silikon Haptik: PMMA (3-stückig)
3,5
10,0–30,0
ATLisa 809, Zeiss
11,0
6,0
Hydrophobes Acrylat (1-stückig, Plattenhaptik)
3,75
0,0–32,0
ATLisa Toric, Zeiss
11,0
6,0
Hydrophobes Acrylat (1-stückig, Plattenhaptik)
3,75
–10,0 bis +32,0 Torus: 1,0–10,0
311 21.2 · Multifokale Intraokularlinsen
. Tab. 21.2 Refraktive Multifokallinsen IOL
Gesamtdurchmesser (mm)
Optikdurchmesser (mm)
Material
Nahaddition
Stärke (dpt)
ReZoom, Abbot Medical Optics
13,0
6,0
Optik: hydrophobes Acrylat Haptik: PMMA (3-stückig)
3,5
6,0–30,0
M-Flex, Rayner
12,5
6,3
Hydrophiles Acrylat (1-stückig)
3,0
10,0–25,0
M-Flex T, Rayner (multifokal-torisch)
12,0 (T588F) 12,5 (T638F)
5,8 (T588F) 6,3 (T638F)
Hydrophiles Acrylat (1-stückig)
3,0
14,0–32,0 Torus: 1,0–6,0
Sulcoflex 653F, Rayner (add-on)
13,5
6,5
Hydrophiles Acrylat (1-stückig)
3,5
–3,0 bis +3,0
plantation oder zur sekundären Implantation einer mIOL verwendet. Dies führte jedoch zu Problemen durch Membranbildung zwischen den IOL. Sulkusimplantation der vorderen IOL brachte ein höheres Risiko der Dezentrierung sowie der Schädigung des Irisgewebes mit sich [5]. In jüngster Zeit wurden faltbare Implantate speziell für die sekundäre Implantation in den Sulcus ciliaris zusätzlich zu einer kapselsackfixierten IOL entwickelt (7 Kap. 17: Add-on-IOL). Die erste bisher veröffentlichte Studie berichtet über eine hohe Effektivität und gute Ergebnisse dieser Methode [14]. Es ist somit auch bei bereits implantierter monofokaler IOL eine nachträgliche Versorgung mit einem multifokalen Implantat möglich, ohne die bereits vorhandene IOL aus dem Kapselsack zu entfernen. 21.2.5
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 Erprobtes Verfahren 4 Gleichzeitige Behandlung einer Katarakt 4 Hohe Erfolgsraten
Nachteile 4 Blendempfindlichkeit 4 Mögliche unzureichende Leistung im Intermediärbereich 4 Manchmal Unverträglichkeit 4 Intraokulare Operation mit den entsprechenden Risiken
21.2.6
Indikationen und Patientenselektion
Eine ausführliche präoperative Untersuchung mit Ausschluss krankhafter okulärer Veränderungen wie glauko-
matöser Sehnervenschäden oder retinaler Erkrankungen ist für die Implantation von mIOL unabdingbar. > Für eine optimale Wirkung der Linse mit gutem Fern- und Nahvisus ist die Emmetropisierung des Auges Voraussetzung. Dafür ist eine genaue Biometrie und Linsenberechnung nötig.
Ein vorhandener Hornhautastigmatismus muss entweder bei Implantation der mIOL durch relaxierende Inzisionen, nachträglich mit Hilfe laserchirurgischer Verfahren oder direkt über eine torische mIOL beseitigt werden [18]. Die mesopische Pupillenweite sollte zwischen 3,5 und 7,0 mm betragen. Um die genaue Zentrierung und Positionsstabilität des Implantats sicher zu stellen, müssen Kapselsackund Zonulaschädigungen ausgeschlossen werden. Wichtig für die postoperative Patientenzufriedenheit ist insbesondere die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und Erwartungen, ob beispielsweise eher in der Ferne oder in der Nähe eine optimale Sehqualität gewünscht wird, und welches der individuelle Leseabstand ist. Auf eine ausführliche Aufklärung mit Hinweisen auf Erfolgsaussichten und mögliche Komplikationen muss selbstverständlich geachtet werden. Bei dem Patienten sollte ein starker Wunsch nach Brillenunabhängigkeit in der Ferne und der Nähe vorhanden sein, für die auch eine mögliche Verminderung der Kontrastempfindlichkeit und stärkere Beleuchtungsabhängigkeit in Kauf genommen werden. Patienten mit Berufen, die eine sehr gute Fernsicht erfordern, z. B. Kraftfahrer, sollten eher keine mIOL erhalten. Über die Vorteile und Nachteile der jeweiligen IOL muss ausführlich aufgeklärt und dies auch dokumentiert werden. Die Rolle der Neuroadaptation für die Langzeitentwicklung der Sehschärfe, subjektiven Sehqualität und Patientenzufriedenheit nach Implantation von mIOL und akkommodierenden IOL ist noch nicht abschließend geklärt [52]
21
312
Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
21.2.7
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Wie bei allen refraktiv-chirurgischen Verfahren hat die präoperative Untersuchung einen entscheidenden Anteil an dem Erfolg des Verfahrens und der Patientenzufriedenheit. Zusätzlich zur Refraktion und Spaltlampenmikroskopie sind noch weitere Untersuchungen erforderlich. Die Implantation einer mIOL setzt eine möglichst störungsfreie Optik und damit eine klare Hornhaut mit guter Lichtdurchlässigkeit voraus. Daher sollte Anzahl und Morphologie der Endothelzellen präoperativ bestimmt werden. Bei deutlich verminderter Endothelzellzahl und ausgeprägtem Polymorphismus besteht die Möglichkeit einer eingeschränkten optischen Qualität. Eine Hornhauttopographie ist zum Ausschluss von irregulärem Astigmatismus und Keratokonus durchzuführen. Der Fundus muss bei weiter Pupille untersucht werden, um Makula- und Optikusveränderungen auszuschließen. Bei suspekten Befunden sind entsprechende weiterführende Untersuchungen (z. B. Gesichtsfeld) angezeigt. Die Biometrie sollte für maximale Genauigkeit mit einem optischen Verfahren (Laserinterferometrie) durchgeführt werden. Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 4 4 4
21.2.8
21
Hornhauttopographie Pupillometrie Endothelzellmessung Optische Biometrie (Laserteilkohärenz-Interferometrie)
Ergebnisse
Seit Einführung der mIOL wurde grundsätzlich eine gute Wirksamkeit mit gutem Fern- und zumindest akzeptablem Nahvisus erzielt [22, 54]. Problematisch stehen der verringerten Brillenabhängigkeit allerdings eine im Vergleich zu monofokalen IOL signifikant erhöhte Blendempfindlichkeit, verminderte Kontrastempfindlichkeit [55] und unerwünschte optische Effekte wie Ringe um Lichtquellen (Halos) sowie die relativ unpräzisen Biometriemethoden, die zu Abweichungen von der Zielrefraktion führten, gegenüber [33]. Blendung und inkorrekte IOL-Stärke waren auch die häufigsten Komplikationen, die zur Explantation einer mIOL führten [37]. Ein weiterer Nachteil ist der abhängig von der Höhe der Nahaddition mehr oder weniger eingeschränkte Visus für mittlere Entfernungen (Intermediärvisus), d. h. Entfernungen, die zwischen der Leseentfernung und optischer Unendlichkeit liegen, z. B. Computerbildschirme in 60–80 cm Entfernung.
Eine Vergleichsstudie zwischen einer diffraktiven mIOL mit 4,0 dpt Nahaddition (Alcon Restor), einer refraktiven mIOL mit 3,5 dpt Nahaddition (AMO Rezoom) und einer akkommodativen IOL (Bausch & Lomb Crystalens, s. unten), jeweils bilateral implantiert oder in Kombination akkommodativ-multifokal zeigte einen besseren Intermediärvisus bei Kombination einer der beiden mIOL mit der akkommodativen IOL [53]. Die Nahaddition bei den meisten mIOL liegt zwischen 3,5 und 4,0 dpt (entspricht 2,6 bzw. 3,2 dpt in der Brillenglasebene). Um die Leistung im Intermediärbereich zu verbessern, wurden verschiedentlich mIOL mit unterschiedlicher Nahaddition kombiniert, so dass ein Auge einen Zusatz für die Nähe und das andere für mittlere Entfernungen erhält. Seit einiger Zeit sind mIOL mit einer geringeren Nahaddition (3,0 dpt, entsprechend 2,5 dpt in der Brillenglasebene) erhältlich. Damit wurden in einer europäischen multizentrischen Studie bessere Ergebnisse im Intermediärvisus und hohe Patientenzufriedenheit sowie einer Rate von 88% subjektiver Brillenunabhängigkeit erreicht [26]. Im direkten Vergleich zwischen der +4 und +3 Nahaddition zeigte sich, dass mit der geringeren Nahaddition erwartungsgemäß der bevorzugte Leseabstand größer und der Intermediärvisus besser war [9, 41]. Durch Verbesserungen der IOL-Optik (asphärisches Design, verbesserte Zonenaufteilung, Apodisation) konnte auch das Auftreten unerwünschter optischer Phänomene vermindert werden.
21.2.9
Komplikationen
Mögliche Komplikationen entsprechen zunächst denen der Kataraktchirurgie mit IOL-Implantation bzw. denen des refraktiven Linsenaustauschs, d. h. Endophthalmitis, postoperative Augeninnendruckerhöhung, Amotio retinae usw. Spezifisch ist vor allem auf eine ungenügende Emmetropisierung bzw. Restastigmatismus hinzuweisen. Die postoperative »Restrefraktion« gehört zu den wichtigsten Faktoren, die die Patientenzufriedenheit beeinflussen [33]. Abhängig vom Betrag der Restfehlsichtigkeit und der Zeit seit Implantation der IOL können diese mittels IOL-Austausch oder kornealer refraktiver Verfahren (Excimerlaser oder limbale relaxierende Inzisionen) korrigiert werden. Wenn etwaige störende optische Phänomene wie Halos und Blendung nicht toleriert werden, muss in Absprache mit dem Patienten ein Austausch der mIOL gegen eine monofokale IOL erwogen werden. IOL-Dezentrierung oder Nachstar können die Effektivität der mIOL empfindlich beeinträchtigen. Auch bei geringgradiger Hinterkapseltrübung kann schon eine Nd:YAG-Kapsulotomie erforderlich werden.
313 21.3 · Skleraexpansion
> Gute Zentrierung und eine klare hintere Kapsel sind unverzichtbar für eine gute Funktion von mIOL. Eine frühzeitige Nd:YAG-Kapsulotomie kann nötig werden.
21.2.10
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die medikamentöse
Behandlung entspricht in der Regel derjenigen nach einer Kataraktoperation und besteht in einer Kombination von Antibiotikum- und Steroidaugentropfen, evtl. auch einem nichtsteroidalen Antiphlogistikum über 3–4 Wochen. Kontrollen sollten regulär am ersten postoperativen Tag, nach einer Woche und einem Monat erfolgen. 4 Stabilität: Nach ca. zwei Monaten kann von einer stabilen Refraktion ausgegangen werden. 4 Retreatment: Etwaige Nachbehandlungen sollten nicht vor diesem Zeitpunkt indiziert werden.
21.3
Skleraexpansion
21.3.1
Technisches Prinzip
Eine indirekte Behandlung der Linse zur Behandlung der Presbyopie stellt die Skleraexpansion dar. Sie geht auf eine alternative Theorie über Akkommodation und Presbyopieentstehung zurück. Die Grundannahmen dieser von R. Schachar aufgestellten Theorie sind folgende: 4 Der Linsenäquator bewegt sich bei der Akkommodation auf Zug des Ziliarmuskels nach auswärts, d. h. der Linsendurchmesser nimmt zu. 4 Der äquatoriale Durchmesser der Linse im unakkommodierten Zustand nimmt aufgrund des natürlichen Wachstums der Linse mit dem Lebensalter zu. 4 Presbyopie entsteht durch die Verringerung des Abstandes zwischen Linsenäquator und Ziliarmuskel und den damit verbundenen Verlust an Vorspannung der Zonula. Davon ausgehend erscheint es folgerichtig, zur Behandlung der Presbyopie diesen Abstand wieder zu vergrößern und damit eine ausreichende Spannung der Zonulafasern wiederherzustellen. > Bei der Skleraexpansion wird die natürliche Linse unverändert im Auge belassen. Damit ist die Methode bei Vorliegen einer Katarakt kontraindiziert.
PMMA-Segmente zur Implantation in die Sklera mit dem Ziel der Wiederherstelllung der Akkommodation werden von der Fa. Refocus (Dallas, TX, USA) unter dem Namen PresView vertrieben. Sie haben in der Europäischen Union die CE-Zertifikation und sind zur Anwendung zugelassen.
Die erste Phase der Zulassung durch die Food and Drugs Administration (FDA) in den USA ist abgeschlossen. Das System besteht aus 4 PMMA-Segmenten von 5,5 mm Länge und 1,3 mm Breite, die mit einem automatisierten Implantationsgerät 3,5 mm vom Hornhautlimbus entfernt in Skleratunnel mit einer Tiefe von 300 μm über dem Ziliarkörper limbusparallel in die Mitte der 4 schrägen Quadranten platziert werden. In experimentellen Untersuchungen zum Mechanismus der Akkommodation und der Entwicklung der Presbyopie konnten die theoretischen Annahmen zur Funktionsweise der Skleraexpansion allerdings nicht bestätigt werden. Die Ergebnisse entsprachen vielmehr im Wesentlichen der Helmholtz-Akkommodationstheorie [15]. Wegen des unsicheren Wirkmechanismus und der geringen Vorhersagbarkeit wird die Methode zumeist eher kritisch gesehen und hat keine weite Verbreitung gefunden.
21.3.2
Vorteile und Nachteile
Vorteile 4 4 4 4
Erhalt der natürlichen Linse Keine Veränderung der Hornhaut Kein intraokularer Eingriff Potenziell reversibel
Nachteile 4 Keine Behandlung einer Katarakt 4 Wirkmechanismus zweifelhaft 4 Keine gesicherte Wiederherstellung der Akkommodation, schlechte Vorhersagbarkeit 4 Regression des Behandlungseffekts
21.3.3
Indikationen und Patientenselektion
Das Verfahren wurde entwickelt für emmetrope, presbyope Patienten ohne Katarakt. Intraokulare Entzündungen, frühere Augenoperationen sowie Allgemeinerkrankungen mit möglicher Augenbeteiligung, z. B. Diabetes, stellen Ausschlusskriterien dar. Wie bei allen presbyopiekorrigierenden Verfahren müssen die Lebenssituation und die Erwartungen des Patienten berücksichtigt werden.
21.3.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Außer Prüfung des Fern- Nah- und Intermediärvisus müssen zur Bestimmung des äußeren und inneren Astigmatis-
21
314
Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
mus und der Aberrationen höherer Ordnung korneale Topographie und Aberrometrie durchgeführt werden.
von progressiver Skleraverdünnung mit intraokularem Reizzustand und Myopisierung nach Skleraexpansion wurde publiziert [58].
Präoperative Untersuchungen und Messungen 4 4 4 4
21.3.5
Fern-, Nah-, Intermediärvisus Biometrie Hornhauttopographie Aberrometrie
21.3.7
4 Direkter postoperativer Verlauf: Als postoperative
Therapie werden lokale Antibiotika und Steroide für 2–3 Wochen verordnet. 4 Retreatment: Über Möglichkeiten und Zeitpunkt einer Nachkorrektur bei ungenügender Wirkung liegen keine Veröffentlichungen vor.
Ergebnisse
In klinischen Untersuchungen waren die Ergebnisse uneinheitlich. Eine Studie ergab einen leichten Anstieg der Akkommodationsamplitude (weniger als 1 dpt) in 3 von 8 Augen nach 1 und 6 Monaten, der nach 12 Monaten jedoch zum präoperativen Wert zurückgekehrt war [35]. Eine multizentrische Untersuchung an 29 Patienten berichtete über einen Anstieg der Amplitude von 1,5±1,2 dpt am behandelten Auge und 1,3±1,2 dpt am unbehandelten Partnerauge [56]. Die hohe Variabilität der Ergebnisse wurde unter anderem den subjektiven Messmethoden zugeschrieben. Objektive Refraktionsmessungen an Patienten nach Skleraexpansion ergaben keine Steigerung der Akkommodationsamplitude gegenüber gleichaltrigen unbehandelten Patienten [40, 50]. Etwaige Verbesserungen der Nahsehschärfe sind nicht sicher vorhersagbar und sehr wahrscheinlich auf pseudoakkommodative Effekte durch Induktion von Astigmatismus oder Aberrationen höherer Ordnung zurückzuführen [20].
21.3.6
Nachsorge
Komplikationen
Es wurde über frühpostoperatives Hyposphagma, Fremdkörpergefühl und Photophobie berichtet [35, 56]. Ein Fall
21.4
Akkommodative Intraokularlinsen
21.4.1
Technisches Prinzip
Akkommodative IOL (aIOL) sollen wie bei der natürlichen Akkommodation die Bewegung des Ziliarmuskels beim Akkommodationsvorgang in eine dynamische Änderung der Brechkraft des Auges übertragen. Derzeit erhältliche aIOL basieren auf dem Prinzip der Vorverlagerung der Optik: Durch ein Scharnier oder einen ähnlichen Mechanismus in der Haptik soll die Kontraktion des Ziliarmuskels eine Verschiebung der Linsenoptik nach anterior bewirken, und so die Brechkraft des Auges erhöhen (. Abb. 21.5a,b). Ein solches Konzept erlaubt generell nur eine relativ geringe Akkommodationsbreite, abhängig von der Stärke der IOL-Optik zwischen ca. 0,5 und 2,5 dpt für eine Vorwärtsverschiebung von 1 mm [43]. Als Mechanismus der Kraftübertragung wird bei einigen Modellen die Elastizität des Kapselsacks angenommen, bei anderen eine (hypothetische) Druckdifferenz zwischen Glaskörperraum und Vorderabschnitt bei der Akkommodation, die durch Massenverlagerung des Ziliarmuskels hervorgerufen werden soll [8].
. Tab. 21.3 Akkommodative Intraokularlinsen
21
IOL
Gesamtdurchmesser (mm)
Optikdurchmesser (mm)
Material
Bemerkungen
BioComfold, Morcher
10,2
5,8
Hydrophiles Acrylat
Ringhaptik
CystaLens HD, Bausch & Lomb
10,5
5,0
Silikon
Optikmodifikation zur Verbesserung der Schärfentiefe
1CU, Humanoptics
9,8
5,5
Hydrophiles Acrylat
4 kreuzförmig angeordnete Haptiken
Tetraflex, Lenstec
12,0
5,75
Hydrophobes Acrylat
Synchrony, Abbot Medical Optics
Länge: 9,5 Breite: 9,8
Vordere Optik: 5,5 Hintere Optik: 6,0
Silikon
Doppeloptik-IOL, vordere Optik 30-35 dpt, hintere Optik negative Brechkraft
315 21.4 · Akkommodative Intraokularlinsen
a
. Abb. 21.5a–c Akkommodative Intraokularlinsen. a CrystaLens 5.0 (Bausch + Lomb). Die Linse wurde aus einem Plattenhaptik-Design entwickelt. b Die Lenstec Tetraflex IOL mit einem Optikdurchmesser von 5,75 mm, scharfen Optikkanten und flexiblen Haptiken mit einer Abwinkelung von 5°. c Doppeloptik-IOL Visiogen Synchrony. An der vorderen Linsenoptik sind Abstandhalter für die Linsenkapsel angebracht, die eine bessere Durchströmung des Kapselsacks mit Kammerwasser zur Verminderung der Kapselfibrose bewirken sollen
b
Weil in mehreren Studien keine adäquate Beweglichkeit der aIOL nachgewiesen werden konnte, wurde die Hypothese entwickelt, dass eine Verformung der IOL-Optik durch zusätzliche Induktion von Aberrationen höherer Ordnung mit zur Wirkung der IOL beitragen könnte. Solche Effekte wurden mit einigen IOL-Modellen nachgewiesen [11, 62]. Die interindividuellen Unterschiede sind allerdings groß und die akkommodative Wirkung dieser Aberrationsänderungen kann im Einzelfall kaum vorhergesagt werden. In jüngster Zeit wurden aIOL-Modelle mit zwei Linsenoptiken, die sich gegeneinander bewegen, entwickelt (. Abb. 21.5c). Eine Verschiebung der IOL-Optik um 1 mm kann etwa 2,5–3,0 dpt Akkommodation in einer Doppeloptiklinse hervorrufen [42]. Die aIOL Synchrony der Fa. Abbot ist nach diesem Prinzip konstruiert. Eine Übersicht über die aktuell verfügbaren aIOL bietet . Tab. 21.3. Das bisher einzige von der amerikanischen Food and Drugs Administration (FDA) als aIOL zugelassene Implantat ist die CrystaLens der Fa. Bausch & Lomb.
21.4.2
c
Vorteile und Nachteile
Bei guter Funktion haben die aIOL den Vorteil des guten Sehens in Ferne und Nähe ohne die Nachteile der mIOL, insbesondere die unerwünschten optischen Phänomene und den erhöhten Lichtbedarf. Nachteilig wirkt sich aus,
dass die Höhe der theoretisch möglichen Akkommodationsbreite zumindest bei Einzeloptik-IOL von der IOLStärke und damit der Achsenlänge des Auges abhängig ist. Zum Erhalt der Beweglichkeit der IOL im Kapselsack bei eintretender postoperativer Fibrosierung ist häufig ein großer Kapsulorhexisdurchmesser erforderlich, der dazu führt, dass die Optikkante nicht von der Vorderkapsel bedeckt ist, was zu erhöhter Nachstarhäufigkeit führen könnte. Größter Nachteil ist jedoch, dass noch nicht sicher vorhersagbar ist, bei welchen Patienten die aIOL wie vorgesehen funktioniert, und welche Akkommodationsbreite erreicht wird. Zudem haben einzelne Studien auch einen allmählichen Rückgang der Akkommodationsbreite im Verlauf von 6–12 Monaten nach der Implantation gefunden. Vorteile 4 Monofokale Optik mit Vermeidung der bei mIOL möglichen unerwünschten optischen Phänomene 4 Bei guter Funktion potenziell stufenlose Einstellung auf verschiedene Entfernungen, daher gute Wirksamkeit auch im Intermediärbereich 4 Implantation bei Kataraktchirurgie und als refraktiver Linsenaustausch möglich 4 Etablierte kataraktchirurgische Operationstechnik
6
21
316
Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
Nachteile
Präoperative Untersuchung und Messungen
4 Wirkprinzipien nicht bestätigt 4 Eingeschränkte Vorhersagbarkeit 4 Mit der Zeit Rückgang des akkommodativen Effekts 4 Möglicherweise abhängig von Elastizität des Kapselsacks 4 Bei einigen Designs potenziell erhöhte Nachstarhäufigkeit
4 4 4 4
21.4.3
Indikationen und Patientenselektion
Die Indikationen der aIOL überschneiden sich weitgehend mit denen der mIOL. Besonders geeignet erscheinen sie für Patienten, denen eine optimale retinale Bildqualität und guter Intermediärvisus wichtig sind. Sie können gleichermaßen bei der Behandlung der Katarakt und beim refraktiven Linsenaustausch angewandt werden. Kontraindikationen bestehen auch hier bei Augen mit Kapselsackoder Zonulaschädigungen, die die Zentrierung und die Funktion der IOL beeinträchtigen können. Geringgradige altersbedingte Makulaveränderungen sind hingegen keine absolute Kontraindikation, weil gegenüber monofokalen IOL keine Einschränkungen der optischen Qualität bestehen. Auch hier ist für eine gute Funktion selbstverständlich genaue Emmetropisierung und Behandlung eines vorhandenen Astigmatismus nötig. Wie bei allen akkommodativen Verfahren ist es notwendig, den Patienten darauf aufmerksam zu machen, dass die Implantation der aIOL keine vollständige Wiederherstellung der jugendlichen Akkommodationsfähigkeit bedeutet und für kleine Schrift oder bestimmte Entfernungen auch weiterhin eine Sehhilfe nötig sein kann.
21.4.4
Präoperative Untersuchungen und Messungen
Die präoperativen Messungen und Untersuchungen entsprechen für die aIOL den schon für andere Verfahren aufgeführten. Außer einer vollständigen klinisch-ophthalmologischen Untersuchung einschließlich Spiegelung des Augenhintergrunds bei erweiterter Pupille gehören dazu genaue Biometrie, Keratometrie, korneale Topographie und Aberrometrie.
21
21.4.5
Fern-, Nah-, Intermediärvisus Biometrie Hornhauttopographie Aberrometrie
Ergebnisse
Die Morcher BioComFold-IOL wurde in einer randomisierten Studie [31] mit einer monofokalen dreistückigen Hinterkammerlinse (AMO SI40) verglichen. Die aIOL zeigte eine signifikant stärkere Vorwärtsbewegung nach Applikation von Pilocarpin 2% als die nichtakkommodative HKL, jedoch keine signifikant erhöhte Akkommodations- bzw. Pseudoakkommodationsamplitude. Drei der angeführten kontrollierten Studien zur 1CUIOL zeigten eine signifikant bessere Nahsehschärfe mit Fernkorrektur als die nichtakkommodative Kontroll-IOL. Der mittlere fernkorrigierte Nahvisus der ausgewerteten Studien lag für diese IOL bei J7. In einer prospektiven randomisierten Studie aus dem Jahre 2008 [17] wurde die 1CU mit einer refraktiven mIOL (AMO Array SA40N) und einer monofokalen nichtakkommodativen IOL (AMO Clariflex) als Kotrollgruppe verglichen. Die aIOL und die mIOL zeigten einen ähnlichen fernkorrigierten Nahvisus von 0,57±0,12 LogMAR (1CU) bzw. 0,53±0,14 LogMAR (Array), der signifikant besser als in der Kontrollgruppe war (0,69±0,12). Nach 18 Monaten waren 19,0% der 1CU-Gruppe und 27,3% der Array-Gruppe brillenunabhängig im Vergleich zu 0,0% der Kontrollgruppe. Die Visusergebnisse der CrystaLens hatten eine große Spannweite. In einer Studie von Alio et al. aus dem Jahr 2004 [2] wurden nach einem Jahr ein mittlerer fernkorrigierter Nahvisus von 0,6 und ein mittlerer unkorrigierter Nahvisus von 0,8 beschrieben. In einer Studie derselben Arbeitsgruppe von 2008, in der die CrystaLens mit PresbyLASIK und einer mIOL verglichen wurde, zeigte sich ein mittlerer unkorrigierter Nahvisus von 0,43 und keine statistisch signifikante Vergrößerung der Akkommodationsamplitude im Vergleich zum präoperativen Wert [51]. Eine randomisierte Studie, in der 1-CU und CrystaLens mit einer monofokalen IOL verglichen wurden, ergab einen signifikant besseren fernkorrigierten Nahvisus für die aIOL als für die monofokale IOL [38]. Objektive Messungen der Vorwärtsbewegung der Linsenoptik bei Stimulation des Ziliarmuskels mit Pilocarpin ergaben für die BioComFold Ergebnisse zwischen 0,12 ±0,11 mm und 0,71±0,55 mm [31]. Für die 1CU wurden Werte zwischen 0,22±0,17 mm [13] und 1,04±0,39 [3] ge-
317 21.5 · Experimentelle Verfahren
messen. In-vitro-Messungen mit einem künstlichen Kapselsack aus Silikon ergaben für die CrystaLens eine Vorwärtsbewegung von 0,33 mm und für die 1CU von 0,28 mm [60]. In vivo erreichte die AT-45 in einer Studie von Stachs et al. eine Pilocarpin-induzierte Vorwärtsbewegung von 0,13±0,08 mm [59], gemessen mit 3-D-Ultraschall. Koeppl et al. fanden jedoch unter Pilocarpin mittlels laserinterferometrischer Messung eine mittlere Rückwärtsbewegung der CrystaLens von 0,15±0,08 mm [23]. In einer Pilotstudie an 21 Patienten erreichte die Synchrony IOL 6 Monate nach Implantation eine mittlere Akkommodationsamplitude von 3,22±0,88 dpt im Vergleich zu 1,65±0,58 dpt der nichtakkommodativen Kontroll-IOL. Alle Augen hatten einen fernkorrigierten Nahvisus von 0,5 (20/40) oder besser [49].
21.4.6
21.4.7
Nachsorge
4 Direkter postoperativer Verlauf: Die medikamentöse
Therapie entspricht derjenigen für sonstige intraokulare Eingriffe, d. h. antibiotische und steriodhaltige Augentropfen. Zusätzlich wird für einige Modelle empfohlen, die IOL durch Zykloplegie in der ersten postoperativen Woche in maximal fernakkommodierte Stellung zu bringen. Während dieser sollte zur Verhinderung einer Myopisierung auch Akkommodationsanstrengung vermieden werden. Hierfür sollte man den Patienten mit einer zeitweiligen Lesehilfe versorgen. Kontrollen sollten regulär am ersten postoperativen Tag, nach einer Woche und einem Monat erfolgen. 4 Retreatment: Nachkorrekturen sollten (außer bei offensichtlich nötigem IOL-Austausch) nicht vor Ablauf eines Monats nach der Operation vorgenommen werden.
Komplikationen
Spezifische Komplikationen der aIOL hängen hauptsächlich mit dem Verhalten des Implantates im Kapselsack zusammen. Aufgrund des kleineren Optikdurchmessers im Vergleich zu monofokalen nichtakkommodativen IOL und der angestrebten Beweglichkeit im Kapselsack könnte der Barriere-Effekt der Optikkante zur Nachstarverhütung schwächer sein. Auch die breiten Haptiken können eine Lücke in der Barriere verursachen, die die Ausbreitung von Nachstar begünstigt. Für die 1CU berichten verschiedene Studien über eine erhöhte Rate von Vorder- und Hinterkapselfibrose sowie YAG-Kapsulotomien [10, 17, 39, 45]. Ein weiteres Problem ist die Dislokation von IOL-Optiken und Haptiken durch Kapselsackschrumpfung [43]. In einer Untersuchung von Uthoff et al. wurden 3 von 553 implantierten 1CU-IOL wegen Dislokation der Optik durch asymmetrische Kapselfibrose explantiert [61]. Alessio et al. [1] berichten über einen Fall von Kapselblock, der in einer Fixierung der IOL in vorderer Position und einer Myopisierung von –2,75 dpt resultierte. Nach Behandlung durch vordere YAG-Kapsulotomie war keine Akkommodation feststellbar. Für die CrystaLens ergab die Studie von Alio et al. [2] keine signifikant erhöhte Kapsulotomierate gegenüber mIOL innerhalb von 12 Monaten Nachbeobachtungszeit. Auch für diese IOL sind Fälle von asymmetrischer Optikdislokation durch Kontraktion des Kapselsacks beschrieben [7,21]. Für sonstige aIOL liegen keine Berichte über Komplikationen vor. Generell scheint sich die mit der Zeit zunehmende Kapselsackkontraktion und -Fibrose negativ auf die Beweglichkeit der IOL-Optik auszuwirken.
21.5
Experimentelle Verfahren
Die Behandlung der Presbyopie ist im Moment eines der innovativsten Teilgebiete der refraktiven Chirurgie, und eine Vielzahl von Methoden befindet sich im experimentellen Stadium bzw. in den Anfängen der klinischen Erprobung. Hierzu gehört neben einer Anzahl an innovativen IOL-Designs die Laserbehandlung der natürlichen Linse mit dem Ziel, sie wieder besser verformbar zu machen, und die Wiederauffüllung der Linsenkapsel mit einem elastischen, refraktiv wirksamen Material (»lens refill«)
21.5.1
Femtosekundenlaserbehandlung der Linse
Mit diesem experimentellen Verfahren sollen innerhalb der Linsensubstanz ohne Eröffnung der Kapsel gegeneinander verschiebliche Segmente und Gleitebenen geschaffen werden, um die Verformbarkeit der Linse wieder zu erhöhen. Durch photodisruptive Effekte werden Kavitationsblasen erzeugt, mit denen ein Muster in die Linse appliziert werden kann. Versuche an menschlichen Linsen mit Nd:YAG-Laser [30] zeigten allerdings große persistierenden Gasblasen, die Verformung der Linse und Lichtstreuung verursachten. Mit ultrakurzen Laserpulsen im Bereich von 150 fs lassen sich diese unerwünschten Wirkungen reduzieren [29]. In-vitro-Untersuchungen an Tierlinsen (Schwein) haben gezeigt, dass mit dem Femtosekundenlaser präzise Schnitte in verschiedenen Ebenen in das Linsengewebe gelegt werden können. Verschiedene Schnittgeometrien wurden erprobt, darunter zylindrische Formen, konzentrische Ringe und radiär angeordnete sagittale Einschnitte.
21
318
Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
Dabei wurde das optische Zentrum der Linse unbehandelt gelassen. In bisherigen Studien ergab sich eine größere Verformbakeit durch Zentrifugalkräfte als bei unbehandelten Linsen. Dabei war die Zunahme der Verformbarkeit (quantifiziert durch die Abnahme der Linsendicke) abhängig von der Anzahl der sagittalen Schnittebenen [57]. Es konnte eine Zunahme der Verformung bei Rotation um bis zu 26,6% gemessen werden. Auch an menschlichen Autopsielinsen konnte eine Zunahme der Verformbarkeit nach Femtosekundenlaserbehandlung nachgewiesen werden [63]. In-vivo-Untersuchungen am Kaninchen ergaben keine Kataraktentwicklung innerhalb von 3 Monaten nach der Behandlung.
21.5.2
21
Wiederauffüllung des Kapselsacks
Die Wiederauffüllung der Linsenkapsel mit einem verformbaren refraktiv wirksamen Material, die theoretisch der Wirkungsweise der natürlichen Linse am nächsten steht und daher die Wiederherstellung einer der jugendlichen natürlichen Linse entsprechenden Akkommodationsfähigkeit ermöglichen könnte (. Abb. 21.6), erscheint als eine sehr attraktive Möglichkeit, das Problem der Presbyopie zu lösen [16, 27, 46]. Ein geeignetes Material für die Wiederauffüllung des Kapselsacks muss einerseits flüssig genug für eine unbehinderte und gleichmäßige Injektion sein, andererseits viskös genug, um nicht aus dem Kapselsack zu lecken. Sobald es vollständig injiziert ist, sollten seine viskoelastischen Eigenschaften möglichst denjenigen der jugendlichen Linse entsprechen. Außerdem muss es transparent und nicht-toxisch sein. In bisher veröffentlichten experimentellen Studien wurden vor allem Silikonpolymere verwendet. Insgesamt betrug die bisher im Tiermodell an Primaten erreichte Akkommodationsamplitude nach Auffüllung des Kapselsacks nur einen Bruchteil der präoperativen Amplitude. Dies wird mit dem Verlust der »intrakapsulären« Akkommodation durch Verschiebung der Linsenfasern gegeneinander erklärt. Eines der größten Hindernisse für die Wiederauffüllung des Kapselsacks ist nach wie vor die Bildung von dichtem Nachstar. Es wurde versucht, im Kapselsack verbleibende Linsenepithelzellen mechanisch zu entfernen. Dies gelang jedoch nicht in ausreichendem Maße, um die Nachstarentwicklung zu verhindern [6]. Pharmakologische Eradikation der Linsenepithelzellen hat sich als effektiver erwiesen, birgt jedoch die Gefahr sonstiger toxischer Wirkungen innerhalb des Auges [12]. Als Abhilfe wurden eine Spülkanüle mit einer Membran zur Abdichtung des Kapselsacks während der Spülung mit dem Medikament [36] oder gentherapeutisch induzierte Apoptose vorgeschlagen
a
b . Abb. 21.6a,b Wiederauffüllung des Kapselsacks (»lens refill«). a Schematische Darstellung. Durch eine kleine, exzentrisch angelegte Kapsulorhexis wird der Kapselsack mit einem Polymer gefüllt (oben) und mit einer Silikonmembran (Pfeil) von innen verschlossen (unten). b Intraoperative Aufnahme eines wieder aufgefüllten Kapselsacks beim Rhesusaffen. In der kornealen Parazentese ist die Vorderkammerinfusion (ACM) sichtbar. In der Peripherie des Kapselsacks befindet sich die Silikonmembran (PLUG)
[34]. Im Tierexperiment am Rhesusaffen wurde demonstriert, dass intraoperative Spülung des Kapselsacks mit Cyclohexamid und Actinomycin D die Nachstarbildung verlangsamen kann [27]. Ein neuerer Lösungsansatz für das Problem der Abdichtung der Kapsel und die Nachstarentwicklung wurde von Nishi et al. vorgestellt: Eine faltbare Silikon-IOL mit einer runden Plattenhaptik dichtet den vorderen Kapselsack ab und wirkt als Optik. Bei Auffüllung des Kapselsacks wird die Optik etwas seitlich verschoben und das Silikon durch eine Öffnung in der IOL-Haptik injiziert. Diese Technik wurde durch eine hintere Kapsulorhexis mit Implantation einer zweiten Optik erweitert [47], besteht
319 Literatur
also in einer Kombination der Kapselsackfüllung mit dem Doppeloptik-Prinzip, bei der eher die axiale Verschiebung der beiden Optiken als die Kurvaturänderung der Kapsel zur akkommodativen Refraktionsänderung führt. Abhängig vom Füllungsgrad des Kapselsacks ändert sich nicht nur die erreichbare Akkommodationsamplitude, sondern auch die Gesamtrefraktion des Auges [28]. Dies macht die intraoperative Kontrolle der Refraktion notwendig. Eine Feinabstimmung könnte theoretisch auch postoperativ mittels UV-adjustierbarer Materialien erfolgen [48]. Fazit für die Praxis Bisher wurde noch keine voll zufriedenstellende chirurgische Therapie der Presbyopie entwickelt. Insbesondere die manchmal unbefriedigende Korrektur von mittleren Entfernungen und die möglichen unerwünschten optischen Phänomene, die bei mIOL auftreten können sowie die nach wie vor eingeschränkte Vorhersagbarkeit der aIOL erfordern eine strenge Indikationsstellung und gute Patientenauswahl. Einige neue Konzepte für die Wiederherstellung der Akkommodation befinden sich noch im experimentellen Stadium. Dazu gehören die Verbesserung der Verformbarkeit der natürlichen Linse durch Behandlung mit dem Femtosekundenlaser und die Wiederauffüllung des Kapselsacks mit einem geeigneten verformbaren und brechenden Material. Auf längere Sicht erscheint es möglich, dass chirurgische Verfahren entwickelt werden, die eine ausreichende Akkommodationsfähigkeit im presbyopen Auge wiederherstellen können.
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Kapitel 21 · Presbyopiekorrektur an der Linse
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44. Mester U, Fahle M, Ott G, Kaymak H (2008) Funktionstraining nach MIOL-Implantation. Ophthalmologe 105:533–537 45. Nguyen NX, Seitz B, Reese S, Langenbucher A, Kuchle M (2005) Accommodation after Nd: YAG capsulotomy in patients with accommodative posterior chamber lens 1CU. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 243:120–126 46. Nishi O, Hara T, Sakka Y, Hayashi F, Nakamae K, Yamada Y (1992) Refilling the lens with a inflatable endocapsular balloon: surgical procedure in animal eyes. Albrecht von Graefes Archiv fur Klinische und Experimentelle Ophthalmologie 230:47 47. Nishi O, Nishi K, Nishi Y, Chang S (2008) Capsular bag refilling using a new accommodating intraocular lens. J Cataract Refract Surg 34:302–309 48. Olson R, Mamalis N, Haugen B (2006) A light adjustable lens with injectable optics. Ophthalmol Clin North Am 19:135–142, vii 49. Ossma IL, Galvis A, Vargas LG, Trager MJ, Vagefi MR, McLeod SD (2007) Synchrony dual-optic accommodating intraocular lens. Part 2: pilot clinical evaluation. J Cataract Refract Surg 33:47–52 50. Ostrin LA, Kasthurirangan S, Glasser A (2004) Evaluation of a satisfied bilateral scleral expansion band patient. J Cataract Refract Surg 30:1445–1453 51. Patel S, Alio JL, Feinbaum C (2008) Comparison of Acri.Smart multifocal IOL, crystalens AT-45 accommodative IOL, and Technovision presbyLASIK for correcting presbyopia. J Refract Surg 24:294–299 52. Pepin SM (2008) Neuroadaptation of presbyopia-correcting intraocular lenses. Curr Opin Ophthalmol 19:10–12 53. Pepose JS, Qazi MA, Davies J, Doane JF, Loden JC, Sivalingham V, Mahmoud AM (2007) Visual performance of patients with bilateral vs combination Crystalens, ReZoom, and ReSTOR intraocular lens implants. Am J Ophthalmol 144:347–357 54. Percival SP, Setty SS (1993) Prospectively randomized trial comparing the pseudoaccommodation of the AMO ARRAY multifocal lens and a monofocal lens. J Cataract Refract Surg 19:26 55. Post CT, Jr (1992) Comparison of depth of focus and low-contrast acuities for monofocal versus multifocal intraocular lens patients at 1 year. Ophthalmology 99:1658 56. Qazi MA, Pepose JS, Shuster JJ (2002) Implantation of scleral expansion band segments for the treatment of presbyopia. Am J Ophthalmol 134:808–815 57. Ripken T, Oberheide U, Fromm M, Schumacher S, Gerten G, Lubatschowski H (2008) fs-Laser induced elasticity changes to improve presbyopic lens accommodation. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 246:897–906 58. Singh G, Chalfin S (2000) A complication of scleral expansion surgery for treatment of presbyopia. American Journal of Ophthalmology 130:521 59. Stachs O, Schneider H, Beck R, Guthoff R (2006) Pharmacologicalinduced haptic changes and the accommodative performance in patients with the AT-45 accommodative IOL. J Refract Surg 22: 145–150 60. Stachs O, Schneider H, Stave J, Guthoff R (2005) Potentially accommodating intraocular lenses – an in vitro and in vivo study using three-dimensional high-frequency ultrasound. J Refract Surg 21:37–45 61. Uthoff D, Gulati A, Hepper D, Holland D (2007) Potentially accommodating 1CU intraocular lens: 1-year results in 553 eyes and literature review. J Refract Surg 23:159–171 62. Wolffsohn JS, Davies LN, Gupta N, Naroo SA, Gibson GA, Mihashi T, Shah S (2010) Mechanism of Action of the Tetraflex Accommodative Intraocular Lens. J Refract Surg 26:1–5 63. Schumacher S, Fromm M, et al. (2008) Femtosecond Lentotomy: Changing the Crystalline Lens Tissue by High Repetition Rate Femtosecond Lasers, ARVO, Ft. Lauderdale FL, USA)
V
Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte Kapitel 22
Patientenaufklärung und Dokumentation T. Kohnen, W. Herrmann
– 323
Kapitel 23
Gutachterwesen – 335 W. Herrmann, T. Gaibler
Kapitel 24
Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz, S. Höhler
Kapitel 25
LASIK-TÜV M. Zimmer
Kapitel 26
Tauglichkeitsanforderungen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen für Piloten, Berufskraftfahrer und Bewerber bei Polizei und Bundeswehr – 369 T. Hoppe, T. Kohnen
Kapitel 27
Operationsräume für refraktiv-chirurgische Eingriffe – 375 S. Kohnen
Kapitel 28
Abrechnung von refraktiv-chirurgischen Eingriffen – 381 J. Hassel, T. Neuhann
– 343
– 363
22
Patientenaufklärung und Dokumentation T. Kohnen, W. Herrmann
22.1
Patientenaufklärung
– 324
22.1.1 22.1.2 22.1.3 22.1.4 22.1.5
Allgemeine Hinweise – 324 Zeitpunkt der Aufklärung – 324 Einwilligung bei Minderjährigen – 325 Fremdsprachige Patienten – 325 Aufklärungsverzicht – 325
22.2
Dokumentation
– 325
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_22, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
324
Kapitel 22 · Patientenaufklärung und Dokumentation
22.1
Patientenaufklärung
22.1.1
Allgemeine Hinweise
Jeder ärztliche Eingriff, gleich ob kunstgerecht oder fehlerhaft durchgeführt, wird rechtlich als eine »Körperverletzung« gewertet. Es ist deshalb erforderlich, dass der Patient sich mit dem Eingriff einverstanden erklärt. Die Einwilligung lässt die Widerrechtlichkeit des Eingriffs entfallen. Einwilligen kann der Patient nur, wenn er sich mit der Tragweite und der Bedeutung des Eingriffs vertraut gemacht hat. Der behandelnde Arzt ist deshalb verpflichtet, Patienten vor jedem refraktiven Eingriff umfassend, zeitgerecht und verständlich aufzuklären. Bei der Aufklärung steht neben der reinen Verlaufsaufklärung vor allem die Risikoaufklärung im Vordergrund. Im Idealfall wird das Aufklärungsgespräch durch den behandelnden Arzt durchgeführt. Eine Delegation an ärztliche Kollegen ist möglich. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass der Kollege die Aufklärung ordnungsgemäß übernimmt. ! Cave Eine Aufklärung durch nicht-ärztliches Personal ist unzulässig.
22
Wenn der behandelnde Arzt nicht selber aufklärt, muss er sich versichern, dass die von einem anderen Arzt durchgeführte Aufklärung ausreichend und korrekt ist, sei es im Gespräch mit dem Patienten, sei es durch Einblick in die Krankenakte, oder durch Rücksprache mit dem aufklärenden Kollegen. Die Aufklärung ist an die Sachkundigkeit und den Bildungsgrad des Patienten anzupassen. Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher muss der Patient über dessen Erfolgsaussichten und etwaige Folgen aufgeklärt werden. Da refraktive Eingriffe nach Meinung der Gerichte medizinisch nur relativ indiziert sind, muss der Patient auf die Risiken und Folgen besonders deutlich und schonungslos hingewiesen werden. Die Risiken eines refraktiven Eingriffs brauchen dem Patienten nicht medizinisch exakt und in allen denkbaren Erscheinungsformen dargestellt werden. Ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums unter Hinweis auf das schwerste, die künftige Lebensführung entscheidend beeinträchtigendste Risiko muss jedoch vermittelt werden. Somit sind auch sehr seltene in der medizinischen Literatur beschriebene eingriffsspezifische Risiken aufklärungspflichtig, wenn sie ein verständiger Patient für die Entscheidung zur Einwilligung bedeutsam halten würde. Die Einwilligung des Patienten gilt grundsätzlich nur für solche Eingriffe, die auch Gegenstand des Aufklärungsgespräches waren. Über in Betracht kommende Erweite-
rungen des Eingriffs ist der Patient ebenfalls aufzuklären. Bei unvorhersehbaren Eingriffserweiterungen muss der Arzt die Risiken eines Abbruchs gegenüber den Risiken des erweiterten Eingriffes abwägen und danach eine Entscheidung treffen. Besondere Bedeutung kommt auch der Aufklärung über Behandlungsalternativen zu, denn der Patient muss über gleichermaßen in Betracht kommende Alternativen so weitreichend informiert werden, dass er selbst eine Entscheidung treffen kann. Dies bedeutet, dass auch die unterschiedlichen Risiken und Erfolgsaussichten erläutert werden müssen. Gesondert aufklärungspflichtig sind individuell erhöhte Risiken, wie beispielsweise Wundheilungsstörungen bei Diabetikern. Eine erhöhte Aufklärungspflicht trifft den Arzt bei der Anwendung neuer Behandlungsmethoden. Der Patient muss hier über die Neuartigkeit, möglicherweise unbekannte Risiken und die fehlende Langzeiterfahrung informiert werden. Falls dem Patienten die Durchführung des refraktiven Eingriffs durch einen bestimmten Operateur in Aussicht gestellt wird, so beschränkt sich die Einwilligung des Patienten auf diese Person.
22.1.2
Zeitpunkt der Aufklärung
Die Aufklärung muss so frühzeitig vor der Prämedizierung erfolgen, dass die Patientin/der Patient (im Folgenden nur Patient) noch im Vollbesitz der Erkenntnis- und Entscheidungsfähigkeit ist und ausreichend Zeit bleibt, seine Entscheidung zu überlegen und ggf. mit Dritten zu erörtern. Empfehlenswert ist es, bei refraktiven Eingriffen die Aufklärung bereits bei Verabredung des Eingriffstermins vorzunehmen. Liegt zwischen dem Aufklärungsgespräch und dem Eingriff ein längerer Zeitraum, ist es sinnvoll vor der Operation die Aufklärung in groben Zügen zu wiederholen. Falls sich zwischen der Unterzeichnung der Einverständniserklärung und dem Tag der Operation Änderungen an der Operationsplanung oder am Gesundheitszustand des Patienten ergeben haben, sollte dies mit Datum und Unterschrift des Arztes auf dem Aufklärungsbogen vermerkt werden. Bei stationären Eingriffen muss spätestens am Vortag (nicht Vorabend) aufgeklärt werden. Bei »normalen« (so der Bundesgerichtshof) ambulanten Operationen kann die Aufklärung auch noch am Tag des Eingriffs erfolgen. Dem Patienten darf jedoch nicht der Eindruck vermittelt werden, dass er sich nicht mehr aus einem bereits in Gang gesetzten Geschehensablauf lösen könne. Dem Patienten muss also die Gelegenheit zu einem ruhigen Abwägen verbleiben, so dass jedenfalls eine zeitliche Zäsur zwischen Aufklärung und Eingriffsdurchführung gewährleistet ist.
325 22.2 · Dokumentation
22.1.3
Einwilligung bei Minderjährigen
Bei Minderjährigen ist die Einwilligung im Regelfall von beiden Elternteilen oder dem Sorgeberechtigten einzuholen. Bei kleineren, in der Regel risikoärmeren Eingriffen genügt auch die Einwilligung eines Elternteils, der dem Arzt zusichert, dass er im vollen Einverständnis mit dem abwesenden Elternteil handelt. Jugendliche haben jedoch ab einem gewissen Alter (abhängig vom Reife- und Verständnisgrad) eine eigene Einwilligungsbefugnis. Diejenigen Jugendlichen, die in der Lage sind, die geplanten ärztlichen Maßnahmen zu verstehen, sind in jedem Fall aufzuklären.
22.1.4
Fremdsprachige Patienten
Der Arzt hat Sorge zu tragen, dass Patienten, die die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend verstehen, eine ausreichende Aufklärung bekommen. Der Arzt muss später im Zweifelsfall beweisen können, dass der Patient der Aufklärung sprachlich folgen konnte. Dies kann durch entsprechende Nachfrage im Beisein weiterer Mitarbeiter erfolgen. Es sollte auf jeden Fall dokumentiert werden, dass der Patient eine ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache besitzt. In Zweifelsfällen sollte ein Übersetzer hinzugezogen werden. Neben entsprechenden Sprachkenntnissen muss der Übersetzer in der Lage sein, medizinischen Sachverhalt in laienhaftem Umfang zu erfassen und zu übersetzen. Bei größeren, mit erheblichen Risiken verbundenen Eingriffen, sollte ein Dolmetscher hinzugezogen werden. Die hinzugezogene Person muss auf dem Einwilligungsformular namentlich genannt werden und mit unterschreiben. Für viele Eingriffe stehen auch entsprechende fremdsprachige Aufklärungsbögen zur Verfügung.
22.1.5
Aufklärungsverzicht
Der Patient kann auf die Aufklärung über Einzelheiten des Verlaufs und der Risiken ärztlicher Behandlungen und Eingriffe verzichten. Ein solcher Aufklärungsverzicht sollte jedoch schriftlich dokumentiert werden, da der Arzt im Streitfall belegen muss, dass ein Aufklärungsverzicht stattgefunden hat. Ein »Blankoverzicht« auf Aufklärung bei rein elektiven refraktiven Eingriffen ist problematisch, da ein Patient letztlich nur dann auf etwas verzichten kann, wenn er wenigstens grob weiß, worum es geht. Eine »Grundaufklärung« über das schwerste Risiko sollte erfolgen und dokumentiert werden, auch wenn der Patient nicht über weitere Einzelheiten aufgeklärt werden möchte.
> Bei der Erstellung der Merkblätter wird von Seiten der Verlage und der Autoren mit größter Sorgfalt vorgegangen. Rechtsprechung und Medizin sind jedoch stets im Fluss. Es ist nicht auszuschließen, dass Risiken, die in den Merkblättern (noch) nicht genannt sind, für aufklärungswürdig erachtet werden. Diese und individuelle Risiken sind generell handschriftlich in das Merkblatt einzutragen. Beispiele für Patientenaufklärungsbögen aus der refraktiven Chirurgie 4 4 4 4 4 4 4 4 4
22.2
Astigmatische Keratotomie (AK), »T-Cut« Keratoplastik, Femtokeratoplastik LASEK/EPI-LASIK LASIK/Femto-LASIK Peri-/Retrobulbäranästhesie, Subkonjunktival-/ Subtenonanästhesie Phake IOL (PIOL) Photorefraktive Keratektomie (PRK) Phototherapeutische Keratektomie (PTK) Refraktiver Linsenaustausch (RLA; . Abb. 22.1)
Dokumentation
Rechtlich entscheidend für die Aufklärung ist das »vertrauensvolle Arzt-Patienten-Gespräch«. Die Beweispflicht, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung stattgefunden hat, liegt jedoch beim behandelnden Arzt. Die Existenz einer unterschriebenen Einwilligungserklärung dokumentiert, dass vor der Unterzeichnung ein Aufklärungsgespräch über die Operation und deren mögliche Folgen stattgefunden hat. Hohe Akzeptanz vor Gericht findet eine dokumentierte Aufklärung unter Zuhilfenahme standardisierter Aufklärungsbögen, sofern diese die konkreten Aufklärungsinhalte belegen. Handschriftliche Ergänzungen, Wegstreichen nicht zutreffender Informationen, Skizzen und Eingehen auf individuelle Befunde erhöht die Glaubwürdigkeit des Dokumentes zusätzlich. Operationsberichte und Protokolle sind ebenfalls als verpflichtend anzusehen. In der Regel handelt es sich bei den refraktiven Eingriffen um standardisierte Eingriffe, aber besonders wenn von dieser Regel abgewichen wird (Besonderheiten im Verlauf der Operation, komplizierte Situationen, Komplikationen), sollte dies im Operationsbericht Ausdruck finden und dementsprechend dokumentiert werden.
22
326
Kapitel 22 · Patientenaufklärung und Dokumentation
! Cave Das Aushändigen und Unterzeichnen eines Aufklärungsbogens kann das vertrauensvolle ArztPatienten-Gespräch nicht ersetzen. > Dokumentationspflichtig ist alles medizinisch Wesentliche – eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht geboten ist, kann auch aus juristischen Gründen nicht gefordert werden.
Zu dokumentieren sind alle wesentlichen Schritte der Operation, die der Fachmann (d. h. auch der Sachverständige im Prozess), insbesondere aber der Nachbehandler benötigt, um das Geschehen vollständig nachzuvollziehen. Daraus wiederum folgt, dass Selbstverständliches nicht gesondert dokumentationspflichtig ist (z. B. in der Chirurgie »Hautschnitt«, auch genügen selbstverständliche »Sammelbezeichnungen«, wenn jeder weiß, was darunter zu verstehen ist und es keine relevante Variabilität gibt, z. B. »schichtweiser Wundverschluss«). Darüber hinaus sind die Inhalte tatsächlich ausschließlich medizinischer Natur. Bestimmte
22
Formvorschriften gibt es nicht (Formulare etc.), die EDVDokumentation ist zulässig, über deren Glaubwürdigkeit (die häufig Gegenstand der Auseinandersetzungen in Prozessen ist) liegt noch keine höchstrichterliche Entscheidung vor. Aus berufsrechtlicher Sicht bedarf es der Verwendung eines Systems, das vor nachträglichen Änderungen schützt - was derzeit fast nur in Krankenhäusern umgesetzt wird. Zu bedenken ist aber, dass Dokumentationslücken immer zu Lasten der Behandlerseite gehen. Es gilt der Grundsatz »was dokumentiert ist, gilt als gemacht, was nicht dokumentiert ist, gilt (bis zum Beweis des Gegenteils) als nicht gemacht. In . Abb. 22.2 ist ein Operationsbericht für einen refraktiven Linsenaustausch abgebildet. Fazit für die Praxis Bei rein elektiven refraktiven Eingriffen werden besonders hohe Anforderungen an die präoperative Risikoaufklärung gestellt. Trotzdem gilt vor Gericht gleichzeitig der Grundsatz, dass an den Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen.
327 22.2 · Dokumentation
. Abb. 22.1 Aufklärungsbogen refraktiver Linsenausgleich (s.a. www.thieme-compliance.de) (mit freundlicher Genehmigung von Thieme Compliance GmbH, Erlangen)
22
328
Kapitel 22 · Patientenaufklärung und Dokumentation
22 . Abb. 22.1 (Fortsetzung)
329 22.2 · Dokumentation
. Abb. 22.1 (Fortsetzung)
22
330
Kapitel 22 · Patientenaufklärung und Dokumentation
22 . Abb. 22.1 (Fortsetzung)
331 22.2 · Dokumentation
. Abb. 22.1 (Fortsetzung)
22
332
Kapitel 22 · Patientenaufklärung und Dokumentation
22 . Abb. 22.1 (Fortsetzung)
333 22.2 · Dokumentation
. Abb. 22.2 Operationsbericht (RLA)
22
23
Gutachterwesen W. Herrmann, T. Gaibler
23.1
Einleitung
23.2
Allgemeines
23.3
Zivilrechtliche Arzthaftung
23.3.1
Ursachen zivilrechtlicher Arzthaftung
23.4
Sozial- und versicherungsrechtliche Aspekte
23.5
Strafrecht Literatur
– 336 – 336 – 337 – 337
– 341 – 341
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_23, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 340
23
336
Kapitel 23 · Gutachterwesen
23.1
Einleitung
Durch den medizinischen Fortschritt in der refraktiven Chirurgie hat sich in den letzten Jahren sowohl die Ergebnisqualität als auch die Patientensicherheit deutlich erhöht. Auch durch die Einführung immer strengerer Richtlinien und Grenzwerte für die Behandlung von Fehlsichtigkeiten durch die Fachverbände [2] hat sich das Risiko für postoperative Komplikationen reduziert. Trotzdem müssen sich Ärzte und Patienten bei der Behandlung darüber im Klaren sein, dass ein optimales Behandlungsergebnis nicht in jedem Fall erreicht werden kann und ein Restrisiko für Komplikationen bleibt. Je mehr die refraktive Chirurgie zu leisten vermag, desto größer ist außerdem das Potenzial für Fehler und Versäumnisse. Es kommt daher immer häufiger zu Gerichtsverfahren, in denen mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen geklärt werden muss, ob bei einem refraktiven Eingriff ein Behandlungsfehler vorliegt. Medizinische Gutachter, als auch Anwender refraktiv-chirurgischer Verfahren müssen sich daher mit den rechtlichen Grundlagen refraktiver Eingriffe auseinandersetzen.
23.2
Allgemeines
Ärztliche Sachverständigengutachten dienen der Feststellung eines Augenschadens sowie der Aufklärung strittiger medizinischer Sachverhalte, damit eine juristische Bewertung der mit ihnen verbundenen Rechtsfragen möglich ist. Die Begutachtung hat streng objektiv, unparteilich und unvoreingenommen zu erfolgen und muss sich am medizinischen Kenntnisstand zum Zeitpunkt der refraktiv-chirurgischen Behandlung orientieren. Auftraggeber sind neben Gerichten, Versicherungen und Berufsgenossenschaften auch Privatpersonen, die die Klärung von Fragen zu Gesundheitszustand, medizinischer Zusammenhänge und möglicher Behandlungsfehler wünschen. Neben zivilrechtlichen Aspekten werden medizinische Gutachten auch im Straf- und Sozialrecht benötigt. In Deutschland muss grundsätzlich jeder approbierte Arzt Gerichten als Sachverständiger zur Verfügung stehen. Das Gericht kann jedoch aufgrund persönlicher und sachlicher Gründe den Gutachter von seinem Auftrag entbinden. Nach Erteilung des Gutachtenauftrags muss der Arzt unverzüglich überprüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und er ausreichende fachliche Kompetenz besitzt, den Auftrag ohne Hinzuziehung weiterer Sachverständiger zu erfüllen. Der Gutachtenauftrag ist prinzipiell nicht übertragbar. Soweit bei der Begutachtung eine weitere Person mitwirkt, ist diese dem Gericht mit dem Umfang der Tätigkeit namentlich mitzuteilen, es sei denn, es handelt sich um Hilfsdienste untergeordneter Bedeutung. Die Ab-
lehnung eines medizinischen Gutachters vor Gericht durch eine Prozesspartei ist möglich. Für die Besorgnis der Befangenheit ist jede Tatsache ausreichend, die ein auch nur subjektives Misstrauen der verständigen Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen kann. Angenommen wird dies etwa bei enger beruflicher Zusammenarbeit, gemeinsamen Publikationen, grundlegenden wissenschaftlichen Meinungsverschiedenheiten, persönlichen Beziehungen oder wenn der Sachverständige bereits in derselben Sache ein Privatgutachten erstattet hat. > Ärztliche Sachverständigengutachten ermöglichen die juristische Bewertung strittiger medizinischer Sachverhalte.
Gutachter müssen sich mit den Komplikationen refraktivchirurgischer Eingriffe auseinandersetzen, um medizinische Sachverhalte richtig bewerten zu können. Komplikationen nach keratorefraktiver Chirurgie sind bei der LASIK Ektasien mit einer Inzidenz von bis 0,66% [5], Epitheleinwachsungen mit einer Inzidenz von ca. 1% bei Ersteingriffen [8] und einem erhöhten Risiko bei Nachbehandlungen sowie die diffuse lamelläre Keratitis mit einer Inzidenz von ca. 1% [10]. Schnittfehler treten in aktuellen Studien mit einer Inzidenz von 0,3% sowie in älteren Studien mit einer Inzidenz von bis zu 5,7% auf [8]. Das Risiko für Schnittkomplikationen scheint nach derzeitigem Kenntnisstand beim Einsatz des Femtosekundenlasers geringer zu sein als bei mechanischen Mikrokeratomen. Die Inzidenz der infektiösen Keratitiden liegt nach LASIK bei 0,035% [4]. Lentikelfalten und Flapdislokationen werden in der frühen postoperativen Phase mit einer Inzidenz von bis zu 2% beobachtet [8]. Als spezifische Komplikation ist bei der »Surface-Ablation« (Epi-LASIK, LASEK, PRK) die Hazebildung zu nennen, deren Inzidenz mit der Höhe des durchgeführten Abtrags zunimmt. In der postoperativen Phase kann ein transienter Haze als Korrelat der ablaufenden Wundheilungsvorgänge im anterioren Stroma bei sehr vielen Patienten beobachtet werden, ein klinisch für den Patienten störender Haze wird nach PRK in 0,5% gefunden [2]. Bei der Surface-Ablation ist das Risiko für eine infektiöse Keratitis mit ca. 0,02% [11] vergleichbar mit dem Infektionsrisiko bei der LASIK. Das Ektasierisiko ist nach Surface Ablatio geringer als nach LASIK. Ektasien werden in der Literatur vor allem bei Patienten mit vorbestehenden ektatischen Hornhauterkrankungen beschrieben [1]. Ein »trockenes Auge« tritt bei nahezu allen Patienten nach keratorefraktiver Chirurgie durch eine intraoperative Schädigung der Hornhautinnervation auf, die Symptome bilden sich jedoch bei den meisten Patienten innerhalb eines Jahres wieder zurück. Eine Induktion von optischen Aberrationen durch keratorefraktive Chirurgie kann zu einer Abnahme der Sehqualität und störenden optischen
337 23.3 · Zivilrechtliche Arzthaftung
Phänomenen, gerade bei niedriger Beleuchtungsdichte, führen. Über retinale Komplikationen keratorefraktiver Eingriffe wurde in Einzelfallberichten diskutiert, ein eindeutiger Zusammenhang ist jedoch nicht schlüssig nachzuweisen. Beim refraktiven Linsentausch sind die typischen Komplikationen der Kataraktchirurgie zu berücksichtigen. Für Risikopatienten (männlich, jung, myop) besteht zusätzlich eine deutlich erhöhte kumulative Ablatioinzidenz von bis zu 20% nach 10 Jahren [9]. Bei der Implantation phaker Intraokularlinsen werden als typische Komplikationen eine Abnahme der Endothelzelldichte, eine Kataraktentstehung, eine Pupillenverziehung und chronische Entzündungen beschrieben. Die Inzidenzen unterscheiden sich je nach gewähltem Linsentyp (siehe auch Kapitel 19). Zu beachten ist, dass sich mögliche Komplikationen häufig erst im Langzeitverlauf zeigen. > Das Komplikationsspektrum zeigt, dass neben einer sorgfältigen Operationsplanung und Durchführung der Nachbehandlung nach refraktiver Chirurgie eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Behandlung zukommt.
23.3
Zivilrechtliche Arzthaftung
Die meisten Gutachten im Bereich der refraktiven Chirurgie werden in zivilrechtlichen Verfahren erstellt. Mögliche Ursachen für eine Arzthaftung sind hier Behandlungsfehler, deren Ursächlichkeit für den Gesundheitsschaden, Organisationsfehler, Mängel der Dokumentation sowie – in Grenzen – Aufklärungsversäumnisse. Die medizinische Begutachtung muss sich strikt am Beweisbeschluss des Gerichts orientieren. Eine Überschreitung des Gutachtenauftrags führt nicht selten zur erfolgreichen Ablehnung des Sachverständigen.
23.3.1
Ursachen zivilrechtlicher Arzthaftung
Ursachen zivilrechtlicher Arzthaftung 4 4 4 4
Behandlungsfehler Aufklärungsfehler Dokumentationsfehler Organisationsfehler
Behandlungsfehler Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn bei Vorbereitung, Durchführung oder Nachsorge eines refraktiven Eingriffs der Facharztstandard unterschritten wird. Als Facharzt-
standard gilt, was zum Zeitpunkt der Behandlung wissenschaftlich gesichert ist, sich in der Praxis bewährt hat und von einem durchschnittlich befähigten Facharzt an Kenntnis und Können verlangt werden kann. Der Facharztstandard ist das Ergebnis medizininterner Diskussion und somit eine dynamische Größe. Für die Bewertung eines Behandlungsfehlers ist daher strikt der Stand der Wissenschaft zum jeweiligen Zeitpunkt der refraktiven Behandlung heranzuziehen. Wichtige Anhaltspunkte sind die Leitlinien der Fachgesellschaften – in Deutschland die Richtlinien der »Kommission Refraktive Chirurgie« [3]. Die Rechtsprechung erwartet, dass refraktive Chirurgen zeitnah von neuen Leitlinien Kenntnis nehmen. Eine Kenntnisnahmepflicht mit dem Tag der Veröffentlichung der Leitlinie wird von den Gerichten als lebensfremd bewertet (LG Magdeburg, Urteil vom 12.12.07 – 9 O 1257/06). Da Leitlinien von Fachgesellschaften jedoch rechtlich nicht verbindlich sind und eine vom Expertenkonsensus abweichende Behandlung bei Berücksichtigung des Einzelfalls durchaus möglich ist, ist ein Abweichen von den Leitlinien nicht per se als Behandlungsfehler zu werten. Ein Behandlungsfehler ist nur dann zu bejahen, wenn das Abweichen von der Leitlinie zugleich eine Unterschreitung des einzuhaltenden Facharztstandards bedeutet. Der Bundesgerichtshof hat betont, dass ein Abweichen von der Leitlinie jedenfalls keine Beweislastumkehr zu Lasten des Arztes rechtfertigt (BGH, Urteil vom 08.01.2008 – VI ZR 161/07) und Leitlinien auch nicht zwangsläufig mit dem zur Beurteilung eines Behandlungsfehlers gebotenen medizinischen Standard gleichgesetzt werden dürfen. Vielmehr ist eine Beurteilung des Einzelfalls in jedem Fall erforderlich (BGH, Urteil vom 28.03.2008 – VI ZR 57/07). > Leitlinien der Fachverbände besitzen keine Rechtsnormqualität und können eine Beurteilung durch den Sachverständigen im Einzelfall nie ersetzen.
Gutachten zu Behandlungsfehlern nach intraokularen Verfahren sind wegen der geringeren Anzahl der durchgeführten Eingriffe noch relativ selten. In der keratorefraktiven Chirurgie ist häufig die Frage zu begutachten, ob eine Ektasie der Hornhaut auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Bisher sind in der Fachliteratur weltweit mehr als 200 Fälle einer Ektasie nach keratorefraktiver Chirurgie publiziert worden. Ektasien der Hornhaut werden am häufigsten nach der Korrektur myoper Astigmatismen mittels LASIK (. Abb. 23.1) beobachtet [7]. Es existieren jedoch auch Einzelfallberichte von Ektasien nach hyperoper LASIK [6] sowie nach myoper sowie hyperoper PRK [1].
23
338
Kapitel 23 · Gutachterwesen
23
. Abb. 23.1 Ektasie nach myoper LASIK, Korrektur (–11/–2,5/28°)
! Cave Bei einer Ektasie nach keratorefraktiver Chirurgie, die trotz Vorliegens eines Ausschlusskriteriums [3] oder bei unzureichender präoperativer Diagnostik durchgeführt wurde, ist ein Behandlungsfehler zu bejahen.
Wenn ein Chirurg bei einem vorbestehenden (»forme fruste«) Keratokonus dennoch eine LASIK durchführt, kann er sich bei fortschreitender Ektasie nicht auf eine Verschlechterung im Spontanverlauf berufen. Obwohl dies bei einem präoperativ bestehenden Keratokonus auch ohne LASIK möglich ist, wirkt sich die Ungewissheit des Kausalverlaufs ohne den Eingriff zu Lasten des Arztes aus, wenn der Patient nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ohne den refraktiv-chirurgischen Eingriff in der Zukunft nicht oder nur in herabgesetztem Maße sehtüchtig wäre (OLG Koblenz, Urteil vom 02.03.2006 – 5 U 1052/04). Da jedoch eine Ektasie nach refraktiver Chirurgie auch ohne vorher ersichtliche Risikofaktoren auftreten kann, ist eine Ektasie nicht in jedem Fall als Behandlungsfehler zu bewerten. Gleichwohl ist die Ektasie als eingriffsspezifisches Risiko bei allen keratorefraktiven Eingriffen aufklärungspflichtig.
Eine reine Abweichung von Richtlinien, wie z. B. eine Unterschreitung der Mindestdicke des Hornhautstromas unter dem Flap nach Ablation, löst jedoch dann keine Haftung aus, wenn daraus kein gesundheitlicher Schaden resultiert. Für den Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, den Gesundheitsschaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Schaden ist grundsätzlich die Patientenseite beweispflichtig. Nur im Falle eines groben Behandlungsfehlers erfolgt eine Umkehr der Beweislast. Dann muss der Arzt beweisen, dass der Schaden nicht auf dem von ihm verursachten groben Behandlungsfehler beruht. Als grober Behandlungsfehler wird ein Fehlverhalten bezeichnet, welches aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, ein Fehler also, der dem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Die Problematik besteht darin, dass der Begriff des groben Behandlungsfehlers nicht nur juristisch unscharf (Deutsch, VersR 2008, 993), sondern auch die zugrunde liegende medizinische Abgrenzung schwierig ist. Die Praxis zeigt, dass es einem Sachverständigen durchaus gut gelingt, dem medizinischen Laien auf der Grundlage von Richtlinien, Leitlinien, Studien, Aufsätzen und Lehrbüchern zu begründen, ob und warum im Einzelfall ein Be-
339 23.3 · Zivilrechtliche Arzthaftung
handlungsfehler vorliegt oder nicht. Keine der genannten Quellen beantwortet jedoch die Frage, ob ein festgestellter Fehler einem Arzt »schlechterdings nicht unterlaufen darf«. Da aber der Ursachenzusammenhang zwischen Fehler und Schaden oft nicht zweifelsfrei zu klären ist, kommt der Frage der Grobheit des Fehlers wegen der daraus resultierenden Beweislastverteilung sehr häufig prozessentscheidende Bedeutung zu. Der Sachverständige muss daher mit äußerster Sorgfalt die Differenzierung zwischen »einfachem« und »schlechterdings unverständlichem« Fehler vornehmen und exakt begründen. Sein Votum entscheidet hier in aller Regel über den Ausgang des Verfahrens. > Im Falle eine »Schulenstreits« darf der Sachverständige nicht einseitig die von ihm favorisierte Auffassung vertreten. Vielmehr muss er das Meinungsspektrum darlegen.
Aufklärungsfehler Da eine angeblich mangelhafte Aufklärung häufig das zweite Standbein einer Arzthaftungsklage ist, muss vom Gutachter zu den für die rechtliche Wertung entscheidenden Fragen häufig Stellung genommen werden. Streitpunkt ist oftmals eine unzureichende oder mangelhaft dokumentierte präoperative Risikoaufklärung. Die Aufklärung bleibt weitestgehend der rechtlichen Bewertung vorbehalten. Der Sachverständige wird aber zu wichtigen Anknüpfungstatsachen, etwa zur Dringlichkeit des Eingriffs, möglichen Behandlungsalternativen, zur Komplikationsdichte oder den zu erwartenden Erfolgsaussichten befragt. Im Vergleich zu kurativen Eingriffen werden bei elektiven refraktiven Eingriffen besonders hohe Anforderungen an die Aufklärung gestellt. Rechtlich entscheidend für die Aufklärung ist das »vertrauensvolle Arzt-PatientenGespräch«. Konkrete formale Voraussetzungen hat die Rechtsprechung nicht vorgegeben, jedoch liegt die Beweislast für die korrekte Aufklärung beim Arzt. Hohe Akzeptanz vor Gericht und bei den Sachverständigen findet eine dokumentierte Aufklärung unter Zuhilfenahme standardisierter Aufklärungsbögen, sofern diese die konkreten Aufklärungsinhalte belegen. Die Risiken eines refraktiven Eingriffs brauchen dem Patienten nicht medizinisch exakt und in allen denkbaren Erscheinungsformen dargestellt werden; ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums genügt (BGH NJOZ 2007, 4507, 4510). Da refraktive Eingriffe nach Meinung der Gerichte medizinisch nur relativ indiziert sind, muss der Patient auf die Risiken deutlich und schonungslos hingewiesen werden (OLG Bremen, OLG-Report 2003, 335). Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher muss der Patient
über dessen Erfolgsaussichten und etwaige Folgen informiert werden (vgl. BGH, NJW 1991, 2349). Besondere Bedeutung kommt auch der Aufklärung über Behandlungsalternativen zu, denn der Patient muss über gleichermaßen in Betracht kommende Alternativen so weitreichend informiert werden, dass er selbst eine Entscheidung treffen kann. Die angeblich unzureichende Aufklärung über Behandlungsalternativen hat in den letzten Jahren an praktischer Relevanz gewonnen. > Aufklärungsfehler sind häufig Ursache oder zweites Standbein einer Arzthaftungsklage.
Gesondert aufklärungspflichtig sind individuell erhöhte Risiken. Die Rechtsprechung verlangt z. B. bei der Korrektur hoher Astigmatismen (im konkreten Fall 4 Dioptrien) mittels LASIK eine explizite Aufklärung, dass dies die Erfolgsaussichten der Operation verschlechtert. Unterbleibt diese, ist die Operationseinwilligung unwirksam und der Eingriff rechtswidrig. Daraus resultiert letztlich die Haftung des Operateurs, wenn die Operation ein schlechtes refraktives Ergebnis zur Folge hat (LG Magdeburg, Urteil vom 12.12.2007 – 9 O 1257/06). ! Cave Individuelle Aufklärung im Einzelfall vorliegender Risiken!
Bei dem Patienten dürfen vor der Operation keine falschen Erwartungen geweckt werden: Über die Tatsache, dass durch einen keratorefraktiven Eingriff ein »Leben ohne Brille« wegen der zunehmenden Presbyopie im Allgemeinen nicht zu erreichen ist, ist schon vor dem Operationstag hinzuweisen. Unterbleibt diese Aufklärung, ist eine wirksames Einverständnis des Patienten auch bei ansonsten vollständiger Aufklärung nicht gegeben (LG Köln, Urteil vom 16. 8. 2006 – 25 O 335/03). Zeitlich gesehen gilt der Grundsatz, dass die Aufklärung bereits bei Verabredung des Eingriffstermins zu erfolgen hat, bei stationären Eingriffen jedoch spätestens am Vortag (nicht Vorabend). Bei »normalen« (so der Bundesgerichtshof) ambulanten Operationen kann die Aufklärung auch noch am Tag des Eingriffs erfolgen. Dem Patienten darf jedoch nicht der Eindruck vermittelt werden, dass er sich nicht mehr aus einem bereits in Gang gesetzten Geschehensablauf lösen könne. Dem Patienten muss also die Gelegenheit zu einem ruhigen Abwägen verbleiben, so dass jedenfalls eine zeitliche Zäsur zwischen Aufklärung und Eingriffsdurchführung gewährleistet sein sollte. Bei neuartigen refraktiven Eingriffen (z. B. FLEx), ist darüber aufzuklären, dass es sich um ein neuartiges Verfahren mit möglicherweise noch unbekannten Risiken oder fehlender Langzeiterfahrung handelt. Noch höher sind die Aufklärungsanforderungen dort, wo die Wirksamkeit statistisch (noch) nicht abgesichert ist, im Falle des
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340
23
Kapitel 23 · Gutachterwesen
Patienten jedoch im Sinne eines »individuellen Heilversuchs« ein positives Ergebnis zu erreichen ist. Der Patient muss hier über die Neuartigkeit, möglicherweise unbekannte Risiken und den experimentellen Charakter umfassend und schonungslos aufgeklärt werden.
Organisationsfehler Ein rechtliches Problem bei refraktiv-chirurgischen Eingriffen ist die Organisation der postoperativen Kontrollen. Hierbei können Zuständigkeitslücken zwischen dem Operateur und dem zuweisenden Arzt entstehen, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass die postoperative Kontrolle nicht gewährleistet ist. Kommt es in diesem Zusammenhang zu einer postoperativen Komplikation (z. B. Wundinfektion) und die Zuständigkeit für die postoperative Kontrolle war nicht eindeutig geregelt, kann dies vor Gericht als Behandlungsfehler gewertet werden. In der Pflicht ist hier der Operateur, der die postoperative Betreuung zwar nicht selbst übernehmen, aber ausreichend organisieren muss. Sinnvoll sind hier am Operationstag mitgegebene Arztbriefe oder Merkblätter, sofern für den Patienten daraus unmissverständlich klar wird, wie er sich postoperativ zu verhalten hat, wo die Nachkontrollen durchzuführen sind und bei welchen Symptomen der Patient sich bei wem wieder vorzustellen hat.
Dokumentationsfehler Strittig und von gutachterlicher Seite zu klären sind vor Gericht mögliche Dokumentationsfehler. Dabei ist vom Sachverständigen zu berücksichtigen, dass die Dokumentation keinesfalls dazu bestimmt ist, dem Patienten die Durchsetzung haftungsrechtlicher Ansprüche zu erleichtern. Zu dokumentieren ist vielmehr das, was aus medizinischer Sicht wesentlich ist. Diese Bewertung wiederum hängt maßgeblich vom Votum des Sachverständigen ab. Zwar geht die Rechtsprechung davon aus, dass all das, was nicht ärztlich dokumentiert wurde, aber dokumentiert werden musste, tatsächlich nicht erfolgt ist, falls der Nachweis über die Durchführung nicht anderweitig (z. B. durch einen Zeugen) gelingt. Auch dies ist jedoch eine eindeutig rechtliche Wertung. Der Sachverständige ist nicht berechtigt, aus der fehlenden Dokumentation den Schluss zu ziehen, eine Maßnahme habe nicht stattgefunden, solange dies zwischen den Parteien streitig ist. Im Zweifel sollte der Sachverständige hier beim Gericht rückfragen, von welchem Sachverhalt er auszugehen hat. Ggf. muss eine alternative Begutachtung entsprechend den verschiedenen tatsächlichen Möglichkeiten erfolgen (Ulsenheimer, Der Sachverständigenbeweis, Der Anästhesist 11.2005, 1081 ff.). Die mangelnde Erhebung oder Sicherung von Kontrollbefunden führt ebenso zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des Patienten. Dokumentationsversäumnisse
sind nicht selten der Beginn eines Arzthaftungsprozesses, weil sie Grundlage für die Annahme eines (groben) Behandlungsfehlers werden können. Die unzureichende Dokumentation bildet zwar keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Lücken in der Dokumentation führen aber zu den soeben dargelegten Beweisnachteilen. Andererseits ist einer ordnungsgemäßen Dokumentation bis zum Beweis des Gegenteils Glauben zu schenken. Die vollständige Dokumentation entlastet also regelmäßig den Arzt und kann von ihm – wie vom Patienten – als Beweismittel verwendet werden. > Grundsätzlich ist die Dokumentation eines refraktiv-chirurgischen Eingriffs für 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung zu verwahren.
Die Fristen zur Aufbewahrung gelten auch nach einer Praxisaufgabe oder Praxisübernahme unverändert weiter. Eine längere Aufbewahrung ist aber im Interesse des Arztes zu empfehlen, da Schadenersatzansprüche wegen Behandlungsfehlern im ungünstigsten Fall erst nach 30 Jahren verjähren.
23.4
Sozial- und versicherungsrechtliche Aspekte
Die Verfahren der refraktiven Chirurgie gehören nach § 135 SGB V nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Dennoch kann bei medizinischer Notwendigkeit eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für einen die Brechkraft verändernden Eingriff im einzelnen Ausnahmefall unter verschiedenen Voraussetzungen anerkannt werden: Es muss beispielsweise eine absolute Kontaktlinsenunverträglichkeit sowie eine absolute Brillenglas- oder Brillengestellunverträglichkeit vorliegen. Bei der privaten Krankenversicherung gibt es eine Leistungspflicht für refraktive Eingriffe, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Diese medizinische Notwendigkeit wurde bisher bis auf wenige Ausnahmen (z. B. LG Göttingen, Beschluss vom 08.07.2008 – 2S4/08) in den meisten Verfahren von Gutachtern und Gerichten verneint. Konsequenterweise hat in jedem Fall eine wirtschaftliche Aufklärung dahingehend stattzufinden, dass Erstattungsleistungen entweder nicht erfolgen, jedenfalls aber im Vorfeld mit der eigenen Versicherung abzuklären sind.
341 Literatur
23.5
Strafrecht
Strafrechtliche Gutachten sind in der refraktiven Chirurgie selten. Aus prozesstaktischen Gründen wird bei möglichen Behandlungsfehlern häufig nur der zivilrechtliche Weg beschritten, wobei festzuhalten ist, dass jeder Behandlungsfehlervorwurf, bestätigt er sich, auch unter dem Tatbestand der fahrlässigen Köperverletzung subsumiert werden kann. Dem Patienten stehen also grundsätzlich beide Wege, auch nacheinander offen. Bei der strafrechtlichen Beurteilung würdigt der Sachverständige ebenfalls das Vorgehen des Arztes dahingehend, ob ein Behandlungsfehler gegeben ist. Es gelten hier jedoch grundlegend andere Beweisregeln, insbesondere gibt es keine Beweislastumkehr zu Lasten des Behandlers. Es gilt uneingeschränkt der Grundsatz »in dubio pro reo«. Selbst wenn aber ein Behandlungsfehler feststeht, ist nach strafrechtlichen Maßstäben der Ursachenzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden nur dann nachgewiesen, wenn insoweit eine »an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit«, also der Ausschluss vernünftiger Zweifel anzunehmen ist. Insbesondere genügt eine »große« oder »sehr hohe« Wahrscheinlichkeit ebenso wenig wie eine Risikoerhöhung oder der nachgewiesene Verlust »besserer Chancen«. Fazit für die Praxis Bei der Begutachtung von refraktiv-chirurgischen Eingriffen benötigt der Sachverständige neben fundiertem Fachwissen über Möglichkeiten und Grenzen der refraktiven Chirurgie sowie den aktuellen Stand der Wissenschaft rechtliche Grundkenntnisse, um dem ihm anvertrauten Gutachtensauftrag gerecht zu werden. Die rechtliche Würdigung des Tatsachenstoffs obliegt jedoch ausschließlich dem Gericht. Für den Fall einer Begutachtung eines refraktiven Eingriffs empfiehlt sich eine nachvollziehbare, umfassende Dokumentation der präoperativen Untersuchungen, der Aufklärung sowie des intra- und postoperativen Verlaufs.
Literatur 1. Dawson DG, Randleman JB, Grossniklaus HE, O’Brien TP, Dubovy SR, Schmack I, Stulting RD, Edelhauser HF (2008) Corneal ectasia after excimer laser keratorefractive surgery: histopathology, ultrastructure, and pathophysiology. Ophthalmology 115(12): 2181–2191 2. Kapadia MS Wilson SE (2000) One-year results of PRK in low and moderate myopia: fewer than 0.5% of eyes lose two or more lines of vision, Cornea 19:180–184 3. Kohnen T, Knorz MC, Neuhann T (2007) Bewertung und Qualitätssicherung refraktiv-chirurgischer Eingriffe durch die DOG und den BVA. Ophthalmologe 104:719–726 4. Llovet F, de Rojas V, Interlandi E, Martín C, Cobo-Soriano R, Ortega-Usobiaga J, Baviera J (2010) Infectious keratitis in 204 586 LASIK procedures. Ophthalmology 117(2):232–8 5. Pallikaris IG, Kymionis GD, Astyrakakis NI (2001) Corneal ectasia induced by laser in situ keratomileusis. J Cataract Refract Surg 27:1796–1802 6. Randleman JB, Banning CS, Stulting RD (2007) Corneal ectasia after hyperopic LASIK J Refract Surg 23(1):98–102 7. Randleman JB, Woodward M, Lynn MJ, Stulting RD (2008) Risk assessment for ectasia after corneal refractive surgery. Ophthalmology 115:37–50 8. Schallhorn SC, Amesbury EC, Tanzer DJ (2006) Avoidance, recognition, and management of LASIK complications. Am J Ophthalmol 141(4):733–9 9. Sheu SJ, Ger LP, Ho Wl (2010) Late increased risk of retinal detachment after cataract extraction. Am J Ophthalmol 149:113–119 10. Toda I (2008) LASIK and the ocular surface. Cornea 27 Suppl 1: 70–6 11. Wroblewski KJ, Pasternak JF, Bower KS, Schallhorn SC, Hubickey WJ, Harrison CE, Torres MF, Barnes SD (2006) Infectiouskeratitis after photorefractive keratectomy in the United States Army and Navy. Ophthalmology 113: 520–5
23
24
Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen 24.1
KRC-Richtlinien – 344 T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz
24.1.1 24.1.2 24.1.3 24.1.4 24.1.5
Einleitung – 344 Kommission Refraktive Chirurgie – 344 Beurteilung refraktiv-chirurgischer Eingriffe – 344 Behandlungshonorare – 349 Qualitätssicherungsrichtlinien: Excimerlaserchirurgie (PRK, LASEK, Epi-LASIK, LASIK und Femto-LASIK) – 350 Qualitätssicherungsrichtlinien: astigmatische Keratotomie (AK) bzw. limbale relaxierende Inzisionen (LRI) und INTRACOR – 351 Qualitätssicherungsrichtlinien: intrakorneale Ringsegmente und intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur – 353 Qualitätssicherungsrichtlinien: phake IOL und refraktiver Linsenaustausch – 354 Literatur – 356
24.1.6 24.1.7 24.1.8 24.1.9
24.2
Qualitätssicherungsmaßnahmen für phototherapeutische Keratektomie – 356 T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz
24.2.1 24.2.2 24.2.3
Abschnitt A – Allgemeine Bestimmungen – 356 Abschnitt B – Genehmigungsvoraussetzungen – 357 Abschnitt C – Anforderungen an die Indikationsstellung und Dokumentation – 357 Abschnitt D – Verfahren – 359 Abschnitt E – 359
24.2.4 24.2.5
24.3
Qualitätssicherung in der refraktiven Chirurgie S. Höhler, T. Kohnen
24.3.1 24.3.2 24.3.3 24.3.4 24.3.5
Einführung – 359 Qualitätssicherung in der Ophthalmochirurgie – 360 Qualitätssicherung auf europäischer Ebene: EUREQUO – 360 Datenverluste vermeiden: Zuweisernetzwerke als Lösung – 360 Literatur – 362
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_24, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 359
24
344
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
24.1
KRC-Richtlinien
Bewertung und Qualitätssicherung refraktivchirurgischer Eingriffe durch die DOG und den BVA (Stand Juni 2010) T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz 24.1.1
Einleitung
Die refraktive Chirurgie umfasst operative Techniken, die noch nicht als allgemein anerkannte Heilverfahren bezeichnet werden können. Deshalb halten sowohl die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) als auch der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) eine aktualisierte Bewertung der refraktiv-chirurgischen Verfahren für unerlässlich. Darüber hinaus sollten die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Maßnahmen zur Sicherung der Qualität ärztlichen Handelns (SGB V) in Form einer überprüfbaren Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festgeschrieben werden. Die Veröffentlichung dieser Richtlinien erfolgte erstmals im Juni 1995 [1, 2, 3].
24.1.2
Kommission Refraktive Chirurgie
Die Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) wurde 1995 als gemeinsame Kommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) eingesetzt. Der KRC gehören derzeit an: Prof. Dr. Thomas Kohnen, Frankfurt (1. Vorsitzender); Prof. Dr. Thomas Neuhann, München (2. Vorsitzender); Prof. Dr. Michael C. Knorz, Mannheim (Schriftführer), Prof. Dr. Gernot Duncker, Halle; Prof. Dr. Ekkehard Fabian, Rosenheim; Prof. Dr. Rudolf Guthoff, Rostock; Prof. Dr. Markus Kohlhaas, Dortmund; Dr. Kaweh Schayan-Araghi, Dillenburg. Die KRC hat im Einvernehmen mit den Vorständen der DOG und des BVA die Aufgaben: 4 eine aktuelle Bewertung der bekannten refraktiv-chirurgischen Eingriffe nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft vorzunehmen; 4 im Vorgriff auf die von der Bundesärztekammer geforderte Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität entsprechende Empfehlungen zur Qualitätssicherung der neuen Verfahren zu erarbeiten; 4 theoretische und praktische Kurse gemäß der KRCRichtlinien zur Qualitätssicherung durchzuführen.
24.1.3
Beurteilung refraktiv-chirurgischer Eingriffe
Zur Beurteilung der refraktiv-chirurgischen Eingriffe werden für jeden Eingriff anhand der in der wissenschaftlichen Literatur publizierten Arbeiten folgende Kriterien dargestellt: 4 Beschreibung 4 Anwendungsbereich und Grenzbereich 4 Nebenwirkungen Anwendungsbereich ist im Sinne dieser Richtlinien der Bereich, in dem das jeweilige Verfahren als geeignet anzusehen ist und Nebenwirkungen selten sind. Es gelten die üblichen Anforderungen an die Aufklärung der Patienten. Grenzbereich im Sinne dieser Richtlinien ist der Bereich, in dem das jeweilige Verfahren noch angewendet werden kann, aber mit zunehmend schlechteren Ergebnissen und häufigeren Nebenwirkungen. Für den Grenzbereich gelten erhöhte Anforderungen an die Aufklärung der Patienten. Außerhalb des Anwendungs- und Grenzbereiches ist die Anwendung des jeweiligen Verfahrens nicht empfehlenswert. 1
Excimerlaserkorrektur von Brechkraftfehlern
Mit sog. Excimerlaser lassen sich extrem dünne Gewebeschichten je Laserpuls abtragen. Durch die geeignete Aneinanderreihung vieler solcher Pulse in der Fläche und der Tiefe des Hornhautgewebes lässt sich die Hornhautoberfläche über einen bestimmten Bereich so formen, dass sich ihre Brechkraft verändert. Dies ermöglicht die Korrektur von Brechungsfehlern des gesamten Auges. Die Excimerlaserchirurgie wird in zwei wesentlichen Varianten angewandt: 1.1 Oberflächenbehandlungen: photorefraktive Keratektomie (PRK), LASEK bzw. Epi-LASIK Beschreibung Zunächst wird die oberste Schicht der Hornhaut, das Epithel, mechanisch oder mittels Laser entfernt. Anschließend wird mit dem Excimerlaser das Zentrum der Hornhaut abgeschliffen, um die Fehlsichtigkeit auszugleichen. Das Epithel bildet sich unter einer Kontaktlinse in wenigen Tagen neu und schließt die oberflächliche Wunde. PRK, LASEK und Epi-LASIK sind im Wesentlichen gleichzusetzen. Anwendungsbereich Myopiekorrektur bis –6 dpt und Astigmatismuskorrektur bis 5 dpt. Besteht eine Myopie mit Astigmatismus, so ist für die Bewertung die Summe aus Myopie und Astigmatismus zu bilden und nicht das sphärische Äquivalent. Bei gleichzeitig bestehender Presbyopie auch als Monovision.
345 24.1 · KRC-Richtlinien
Grenzbereich Myopiekorrektur bis –8 dpt, Astigmatismus
Grenzbereich Myopiekorrektur bis –10 dpt, Astigmatis-
bis 6 dpt, Hyperopiekorrektur bis +3 dpt. Zur Ermittlung der Obergrenzen sind zusätzlich die Grenzwerte für den jeweils höchstbrechenden Hauptschnitt zu beachten (Bsp.: +4 sph mit –6 zyl bzw. -4 sph mit +6 zyl liegen im Grenzbereich, 0 sph mit +6 zyl bzw. +6 sph mit –6 zyl liegen außerhalb des Grenzbereichs).
mus bis 6 dpt, Hyperopiekorrektur bis +4 dpt. Zur Ermittlung der Obergrenzen sind zusätzlich die Grenzwerte für den jeweils höchstbrechenden Hauptschnitt zu beachten (Bsp.: +4 sph mit –6 zyl bzw. –4 sph mit +6 zyl liegen im Grenzbereich, 0 sph mit +6 zyl bzw. +6 sph mit –6 zyl liegen außerhalb des Grenzbereichs). Kombination mit einer Korrektur der Alterssichtigkeit (Presbyopie) durch spezielle Ablationsprofile (sog. PresbyLASIK).
Nebenwirkungen In den ersten Tagen nach PRK, LASEK oder Epi-LASIK ist das Sehvermögen reduziert und es bestehen in der Regel mäßige Beschwerden, in Ausnahmefällen auch stärkere Schmerzen. Grundsätzlich nimmt mit dem Umfang der erforderlichen Korrektur die Komplikationsrate zu. Mögliche Nebenwirkungen umfassen eine oberflächliche Narbenbildung der Hornhaut (Haze), eine teilweise Rückbildung des Operationserfolges innerhalb der ersten Wochen und Monate und eine Verschlechterung der Sehvermögens bei Dämmerung und Nacht mit Wahrnehmung von Halos und Schattenbildern, insbesondere bei Patienten mit weiter Pupille. Des Weiteren kommt es häufig vorübergehend zu einer vermehrten Trockenheit der Augen. Weitere extrem seltene Nebenwirkungen sind eine Infektion und eine starke Narbenbildung mit erheblicher Herabsetzung des Sehvermögens. Kontraindikationen Chronisch-progressive Hornhauter-
krankungen, Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr, symptomatische Katarakt, Glaukom mit ausgeprägten Gesichtsfeldschäden und exsudative Makuladegeneration. 1.2 Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) und Femto-LASIK Beschreibung Bei der LASIK wird zunächst mit einem Mikrokeratom (»Hobel«) eine ca. 0,1–0,15 mm dicke Lamelle der Hornhaut teilweise abgetrennt und wie ein Deckel umgeklappt. Bei der moderneren Form der LASIK, Femto-LASIK oder auch Laser-LASIK ersetzt der Femtosekundenlaser das Mikrokeratom. Anschließend wird mittels des Excimerlasers das Innere der Hornhaut abgeschliffen, um die Fehlsichtigkeit auszugleichen. Danach wird die Hornhautlamelle wieder zurückgeklappt. Sie saugt sich von selbst fest und muss nicht angenäht werden.
Nebenwirkungen In den ersten Stunden nach LASIK bzw. Femto-LASIK ist das Sehvermögen reduziert und es bestehen mäßige Beschwerden. Grundsätzlich nimmt mit dem Umfang der erforderlichen Korrektur die Komplikationsrate zu. Mögliche Nebenwirkungen umfassen eine teilweise Rückbildung des Operationserfolges innerhalb der ersten Wochen und eine Verschlechterung der Sehvermögens bei Dämmerung und Nacht mit Wahrnehmung von Halos und Schattenbildern, insbesondere bei Patienten mit weiter Pupille. Desweiteren kommt es häufig vorübergehend zu einer vermehrten Trockenheit der Augen. Beim Schneiden der Hornhautlamelle kann es in seltenen Fällen zu umschriebenen Epithelablösungen und Schnittfehlern kommen. Zarte Fältelungen des »Deckels« stellen sehr seltene Nebenwirkungen der frühen Wundheilung dar. Sehr seltene Nebenwirkungen sind sterile Entzündungsreaktionen im Rahmen der Wundheilung, eine Infektion mit starker Narbenbildung sowie eine Schwächung und Vorwölbung der Hornhaut (Keratektasie) mit deutlicher Herabsetzung des Sehvermögens. Bei PresbyLASIK wird gezielt eine negative sphärische Aberration oder Koma erzeugt, um die Schärfentiefe zu erhöhen. Dies bewirkt einerseits eine Verbesserung der Sehschärfe im mittleren Bereich und im Nahbereich, andererseits kommt es vermehrt zu Halos und zu einer Herabsetzung des Kontrastsehvermögens. Kontraindikationen Präoperative Hornhautdicke unter 480 μm, Dicke des Hornhautstromas unter dem Flap nach Ablation unter 250 μm auch nach Nachoperation, chronisch-progressive Hornhauterkrankungen und forme fruste des Keratokonus, Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr, symptomatische Katarakt, Glaukom mit ausgeprägten Gesichtsfeldschäden und exsudative Makuladegeneration.
Anwendungsbereich Myopiekorrektur bis –8 dpt, Astig-
matismuskorrektur bis 5 dpt und Hyperopiekorrektur bis +3 dpt. Bei gleichzeitig bestehender Presbyopie auch als Monovision. Zur Ermittlung der Obergrenzen sind zusätzlich die Grenzwerte für den jeweils höchstbrechenden Hauptschnitt zu beachten (Bsp.: +3 sph mit –5 zyl bzw. –3 sph mit +5 zyl liegen im Anwendungsbereich, 0 sph mit +5 zyl bzw. +5 sph mit –5 zyl liegen außerhalb des Anwendungsbereichs).
2
Konduktive Keratoplastik (CK)
Beschreibung Bei der CK werden mit einer feinen Sonde
in der mittleren Peripherie der Hornhaut 8–16 ca. 0,3 mm durchmessende Hitzeherde appliziert. Durch die Erhitzung zieht sich die Hornhaut im Bereich dieser Herde zusammen, was wiederrum zu einer Aufsteilung des Hornhautzentrums führt. Auf diese Weise kann eine Hyperopie vorübergehend korrigiert werden.
24
346
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
Anwendungsbereich Da die CK nur einen vorübergehenden Effekt hat, wird sie heute praktisch nicht mehr angewendet.
24
Grenzbereich Vorübergehende Hyperopiekorrektur bis
+1,5 dpt bzw. einseitige Korrektur der Presbyopie bis +1,5 dpt. Nebenwirkungen In den ersten Stunden kann es zu mäßigen Schmerzen kommen. Typischerweise erfolgt eine Überkorrektur, der ehemals Weitsichtige wird also zunächst kurzsichtig. Zudem kann es in einigen Fällen zum Auftreten eines Astigmatismus mit einer Verschlechterung des Sehvermögens kommen. In den meisten Fällen kommt es zu einer vollständigen Rückbildung des Operationserfolges innerhalb der ersten Monate bis Jahre. Kontraindikationen Chronisch-progressive Hornhauter-
krankungen, Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr und symptomatische Katarakt. 3
Astigmatische Keratotomie (AK) und limbale relaxierende Inzisionen (LRI)
Beschreibung Bei der AK bzw. LRI werden in der Horn-
haut mit einem Diamantmesser ein oder zwei bogenförmige tiefe Schnitte angebracht. Alternativ können diese Schnitte auch mit einem Femtosekundenlaser durchgeführt werden. Durch diese Schnitte wird die Hornhaut in der Achse des Astigmatismus entspannt, es kommt zu einer Reduzierung der Astigmatismus. Anwendungsbereich Reduzierung des Astigmatismus besonders bei Kataraktoperation oder nach Keratoplastik. Nebenwirkungen In einigen Fällen kommt es zu einem irregulären Astigmatismus. Zudem ist eine Epithelweinwachsung in die Schnitte möglich. In extrem seltenen Fällen ist eine Perforation des Auges möglich. Kontraindikationen Chronisch-progressive Hornhauter-
Grenzbereich Entfällt. Nebenwirkungen Häufig sind optisch störende Nebeneffekte wie die Wahrnehmung von Halos und vermehrte Blendungsempfindlichkeit sowie eine Rückbildung des Korrektureffektes. Selten kann es zu Infektion mit Narbenbildung sowie Hornhauteinschmelzung mit Abstoßung der Ringsegmente kommen. Kontraindikationen Hornhautdicke im Bereich des Ring-
segmentes unter 300 μm. 5
Hornhautvernetzung
Beschreibung Nach mechanischer Entfernung des Horn-
hautepithels wird Riboflavin auf die Hornhaut getropft und die Hornhaut mit UV-A-Licht für ca. 30 min bestrahlt. Hierdurch wird die Hornhaut versteift, um chronisch-progrediente Hornhauterkrankungen zu stoppen. Anwendungsbereich Keratokonus bei bestehender Unverträglichkeit einer Korrektur mit Brille oder Kontaktlinsen. Grenzbereich Behandlung der Keratektasie nach LASIK
bei Patienten, die nicht mittels Kontaktlinsen korrigiert werden können und/oder die eine Progression der Ektasie zeigen. Des Weiteren simultaner Einsatz in Kombination mit einer oberflächlichen Excimerlaserbehandlung gemäß 7 Abschn. 1.1 oder intrakornealen Ringsegmenten gemäß 7 Abschn. 4 bei Hornhautektasien (z. B. Keratokonus) bei bestehender Unverträglichkeit einer Korrektur mit Brille oder Kontaktlinsen. Nebenwirkungen Die Wirksamkeit der Behandlung variiert stark. Selten sind sterile Entzündungen sowie Infektionen mit Narbenbildung. Des Weiteren ist bei zu geringer Hornhautdicke eine Schädigung des Endothels mit Eintrübung der Hornhaut möglich. Kontraindikationen Hornhautdicke unter 400 μm, da sonst die Gefahr einer Endothelzellschädigung besteht.
krankungen und Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr. 6 4
Intrakorneale Ringsegmente
Beschreibung Zur Implantation der Ringsegmente werden in die äußere Hornhaut mechanisch oder mittels eines Femtosekundenlasers schmale Tunnel gefräst, in die halbbogenförmige Ringspangen aus Plexiglas (PMMA) eingesetzt werden. Anwendungsbereich Stabilisierung der Hornhaut bei Keratokonus oder Keratektasie und nach dezentrierten Laserablationen, falls Kontaktlinsen keine ausreichende Korrektur mehr ermöglichen.
Implantation intraokularer Linsen in phake Augen (phake IOL)
Beschreibung Beim Einsatz phaker IOL wird das Auge am Rand der Hornhaut eröffnet und es wird eine zusätzliche Linse (= phake IOL) in das Auge eingesetzt, vergleichbar einer Kontaktlinse. Diese Zusatzlinse wird entweder an der Iris befestigt oder im Randbereich der Augenvorderkammer (Kammerwinkel) abgestützt. Andere Modelle sitzen wie Kontaktlinsen hinter der Iris, auf der Augenlinse. Nach dem Einsetzen der IOL dichtet sich der Schnitt entweder selbst ab oder wird mittels einer Naht verschlossen.
347 24.1 · KRC-Richtlinien
Derzeit liegen nur ausreichende Daten über die Staar ICL (Fa. Staar Surgical), die Artisan/Verisyse (Fa. Ophthec bzw. Fa. AMO) bzw. Artiflex/Veriflex IOL (Fa. Ophthec bzw. Fa. AMO) und die Acrysof Cachet IOL (Fa. Alcon) vor. Anwendungsbereich Myopie ab –6 dpt und Hyperopie ab
+3 dpt. Bei gleichzeitig bestehendem Astigmatismus bzw. bei Restfehlsichtigkeit nach Implantation der phaken IOL kann zusätzlich ein Laserverfahren gemäß 7 Abschn. 1.1 angewandt werden, oder es kann eine torische phake IOL verwendet werden. Grenzbereich Myopie ab –3 dpt und Hyperopie ab +2 dpt. Nebenwirkungen In seltenen Fällen beschrieben sind eine anfallartige Erhöhung des Augeninnendruckes (Glaukomanfall), eine Schädigung der Hornhautrückfläche (Endothel) mit Hornhauteintrübung, eine Verziehung der Pupille, eine Trübung der Augenlinse (Katarakt), eine Verschiebung oder Lockerung der Kunstlinse, sowie eine chronische Entzündung des Auges. Beschrieben sind zudem u. a. das Auftreten einer Netzhautablösung vor allem nach Myopiekorrektur sowie bakterielle Infektionen. Da bei der Operation das Auge eröffnet wird, kann in extrem seltenen Fällen durch eine Infektion eine Erblindung auftreten.
sie asphärisch sein und ggf. auch einen Zylinder korrigieren (torische IOL bzw. torische multifokale IOL). Anwendungsbereich Hohe Myopie (>–6 dpt) und Hypero-
pie bei gleichzeitig bestehender Presbyopie. Bei gleichzeitig bestehendem Astigmatismus kann sowohl eine torische IOL als auch ein Laserverfahren gemäß 7 Abschn. 1.1 bzw. 1.2 oder eine AK gemäß 7 Abschn. 3 angewandt werden. Grenzbereich Hohe Myopie (>–6 dpt) und hohe Hypero-
pie (>+4 dpt) ohne Presbyopie. Nebenwirkungen Mit monofokalen IOL wird eine Lesebrille erforderlich. Nach RLE kann es nach Monaten bis Jahren zu einer sekundären Trübung hinter der neuen Kunstlinse (Nachstar) kommen, die mittels eines Lasers ohne erneute Eröffnung des Auges einfach behandelt werden kann. Beschrieben sind zudem u. a. das Auftreten einer Netzhautablösung vor allem nach Myopiekorrektur sowie bakterielle Infektionen. Da bei der Operation das Auge eröffnet wird, kann in extrem seltenen Fällen durch eine Infektion eine Erblindung auftreten. Kontraindikationen Behandlungen unter dem 18. Lebens-
jahr. 7.2 Multifokale (bifokale) IOL (asphärisch und/oder torisch)
Kontraindikationen Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr, Glaukom mit ausgeprägten Gesichtsfeldschäden, vorbestehende Hornhautschäden mit stark reduzierten Endothelzellzahlen und Endothelzelldichte unter 2000/mm2, unzureichende Vorderkammertiefe (unter 2,8 mm, gemessen vom Endothel; wenn vom Epithel gemessen wird, muss die Hornhautdicke gemessen und vom Messwert abgezogen werden).
Beschreibung Beim RLE wird das Auge am Rand der Hornhaut eröffnet und es wird wie bei der modernen Kataraktchirurgie die Augenlinse entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt. Die Kunstlinse verfügt entweder über einen Brennpunkt (monofokale IOL) oder aber über zwei und mehr Brennpunkte (multifokale IOL). Zudem kann sie asphärisch sein und ggf. auch einen Zylinder korrigieren (torische IOL bzw. torische multifokale IOL).
Sonstiges Bei allen phaken IOL sind Nachuntersuchun-
Anwendungsbereich Hyperopie sowie hohe Myopie
gen der Hornhautendothelzelldichte mindestens jährlich erforderlich. Diese sind nach aktuellem Stand nicht zulasten der GKV abrechnungsfähig.
(>–6 dpt) bei gleichzeitig bestehender Presbyopie. Bei gleichzeitig bestehendem Astigmatismus kann sowohl eine torische IOL als auch ein Laserverfahren gemäß 7 Abschn. 1.1 bzw. 1.2 oder eine AK gemäß 7 Abschn. 3 angewandt werden.
7
Austausch der Augenlinse gegen eine Kunstlinse zum Ausgleich einer Fehlsichtigkeit (»refractive lens exchange«; RLE)
Grenzbereich Hohe Myopie (>–6 dpt) und hohe Hypero-
7.1 Monofokale IOL (asphärisch und/oder torisch)
pie (>+4 dpt) ohne Presbyopie sowie Presbyopie bei Emmetropie und geringer Myopie (–6 dpt) bei gleichzeitig bestehender Presbyopie. Bei gleichzeitig bestehendem Astigmatismus kann ein Laserverfahren gemäß 7 Abschn. 1.1 bzw. 1.2 oder eine AK gemäß 7 Abschn. 3 angewandt werden. Grenzbereich Presbyopie bei Emmetropie oder geringer
Myopie ( Die nach Implantation phaker IOL jährlich erforderliche Untersuchung des Hornhautendothels kann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden, sondern ist vom Untersucher nach GOÄ zu liquidieren (siehe Analogziffern des BVA).
24
24
350
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
24.1.5
Qualitätssicherungsrichtlinien: Excimerlaserchirurgie (PRK, LASEK, Epi-LASIK, LASIK und Femto-LASIK)
1
Strukturqualität
2
Prozessqualität
2.1 Patientenaufklärung
Jeder Anwender ist zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet.
1.2 Persönliche Qualifikation
Die Excimerlaserchirurgie ist ein augenärztlicher invasiver operativer Eingriff, der einer besonderen Sachkenntnis bedarf. Bei der Durchführung sind die allgemeinen Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen einzuhalten. Ferner sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen: 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten und in Zusammenarbeit mit der KRC durchgeführten theoretischen Kurs (Grundkurs und Aufbaukurs) 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten Wet Lab 4 Hospitation bei einem von der KRC anerkannten Trainer 4 Durchführung der ersten operativen Eingriffe in Anwesenheit eines von der KRC anerkannten Trainers Die Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 wird durch eine Bescheinigung der KRC bestätigt. Die Ausbildungsrichtlinien gemäß 7 Abschn. 1.1 gelten für alle Anwender, die namentlich auf die Anwenderliste aufgenommen werden wollen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller über die Anerkennung als Facharzt für Augenheilkunde verfügt. 1.2 Apparative Voraussetzung
4 Gemäß § 6 der »Unfallverhütungsvorschrift Laserstrahlung« ist die Benennung eines Laserschutzbeauftragten erforderlich. 4 Vor jeder Operation müssen sich die Anwender davon überzeugen, dass der Excimerlaser und das verwendete Keratom bzw. der verwendete Femtosekundenlaser über die zum Einsatz erforderlichen Funktionen verfügen. 1.3 Räumliche Voraussetzungen
4 Der Behandlungsraum muss der »Unfallverhütungsvorschrift Laserstrahlung« entsprechen. 4 Die Mindestanforderungen an die bauliche, apparativtechnische und hygienische Ausstattung – Anlage 1 der »Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen« vom 13.4.1994 müssen erfüllt sein.
2.2 Präoperative Diagnostik
Präoperativ sind mindestens folgende Untersuchungen erforderlich und zu dokumentieren: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe, ggf. nach Ausschaltung der Akkommodation 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Messung des mesopischen Pupillendurchmessers (0,05–50 Lux) 4 Messung der Aniseikonie bei Anisometropie sowie Bestimmung der Verträglichkeit der geplanten Korrektur durch Kontaktlinsen-Trageversuch 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte in medikamentöser Mydriasis 4 Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie) mittels optischer Verfahren über einen zentralen Bereich von mindestens 6 mm 4 Ausschluss medizinischer Kontraindikationen 2.3 Postoperative Diagnostik (7 Abschn. 3.1)
Postoperativ sind regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich und zu dokumentieren. Diese müssen mindestens umfassen: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie (mindestens einmal innerhalb der ersten 12 postoperativen Monate) 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte Sind der Operateur und der nachbehandelnde Arzt nicht identisch, muss eine Kooperation für die Nachbehandlung gewährleistet sein. 2.4 Operativer Eingriff
Grundsätzlich sind folgende Mindestvoraussetzungen zu berücksichtigen: 4 Lokalanästhesie (Tropfanästhesie) 4 Keratotomie bzw. Epithelentfernung unter aseptischen Bedingungen mit sterilen Instrumenten 4 Durchmesser der Zone voller Korrektur nicht unter 6 mm
351 24.1 · KRC-Richtlinien
4 Eine Hornhautrestdicke von 250 μm für das stromale Bett darf auch nach Nachbehandlung nicht unterschritten werden 4 Nachbehandlung mit antibiotika- und steroidhaltigen Augentropfen mindestens über 5 Tage
4.2 Voraussetzungen zum Verbleib in der Anwenderliste
Eine regelmäßige Fortbildung ist erforderlich. Hierzu geeignet ist u. a. der Nachweis der Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr.
4 Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr. 4 Durchführung der Behandlungen gemäß 7 Abschn. 2.1–2.4 der Richtlinien. Dies gilt auch für nachgeordnetes Personal sowie den Internetauftritt. Sollte dies offensichtlich nicht geschehen, wird der Anwender durch die KRC schriftlich um Stellungnahme gebeten. Falls innerhalb von 4 Wochen keine Reaktion erfolgt oder die Stellungnahme der KRC nicht genügt, erfolgt eine Abmahnung, die vom Anwender zu unterschreiben ist. Erfolgt dies nicht oder wird gegen die Abmahnung verstoßen, wird der Anwender ohne weitere Anhörung von der Liste gestrichen. Der Anwender wird hierüber durch die KRC informiert. Eine Neuaufnahme erfolgt frühestens nach drei Jahren und nur auf Antrag unter Nachweis aller Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1.
4
4.3 Zertifikat
3
Ergebnisqualität
3.1 Dokumentation
Zur Dokumentation des Behandlungsergebnisses sind mindestens die Befunde und Operationsdaten gemäß der unter 7 Abschn. 2.2 und 2.3 »Untersuchungen« festzuhalten. 3.2 Fortbildung
Anwenderlisten
Alle Anwender, die die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllen, werden auf Antrag namentlich in einer offiziellen Anwenderliste geführt. Die Anwender werden jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres in der Liste geführt. Zur Verlängerung müssen bis 15.12. des Jahres die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.2 unaufgefordert nachgewiesen werden. Die Wiederaufnahme ist jedoch für die Anwender, die einmal die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllt haben und auf der Liste geführt wurden, innerhalb von 3 Jahren möglich. Nachgewiesen werden müssen lediglich die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.2. Anwender, die länger als 3 Jahre nicht auf der Liste geführt wurden, müssen sämtliche Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erneut nachweisen. Als Träger der Forschung und Lehre werden Universitäts-Augenkliniken auf Antrag des Klinikdirektors auf eine separate Liste der Universitäts-Augenkliniken ohne Nennung des Klinikarztes aufgenommen. Die Anwenderliste wird alle 3 Monate aktualisiert (31.3., 30.6., 30.9., 31.12.). Sie ist sowohl über die Geschäftsstelle des BVA als auch über die Homepage des BVA im Internet erhältlich. 4.1 Voraussetzungen zur Aufnahme in die Anwenderliste
4 Nachweis der Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 der Richtlinien 4 Vorlage einer schriftlichen Erklärung, in der sich der Anwender zur Einhaltung der Qualitätssicherungsrichtlinien verpflichtet (Vordrucke über die KRC erhältlich).
Nach Erfüllung der Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 bzw. 4.2 wird auf Antrag ein Zertifikat ausgestellt. 24.1.6
1
Qualitätssicherungsrichtlinien: astigmatische Keratotomie (AK) bzw. limbale relaxierende Inzisionen (LRI) und INTRACOR
Strukturqualität
1.1 Persönliche Qualifikation
AK, LRI und INTRACOR sind augenärztliche invasive operative Eingriffe, die einer besonderen Sachkenntnis bedürfen. Bei der Durchführung sind die allgemeinen Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen einzuhalten. Ferner sind die folgenden Voraussetzungen zu erfüllen: 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten und in Zusammenarbeit mit der KRC durchgeführten theoretischen Kurs (Grundkurs und Aufbaukurs) 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten Wet Lab 4 Hospitation bei einem von der KRC anerkannten Trainer Die Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 wird durch eine Bescheinigung der KRC bestätigt. Die Ausbildungsrichtlinien gemäß 7 Abschn. 1.1 gelten für alle Anwender, die namentlich auf die Anwenderliste aufgenommen werden wollen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller über die Anerkennung als Facharzt für Augenheilkunde verfügt.
24
352
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
1.2 Apparative Voraussetzung
24
4 Vor jeder Operation müssen sich die Anwender davon überzeugen, dass das benötigte Instrumentarium über die zum Einsatz erforderlichen Funktionen verfügt. 4 zudem bei Verwendung eines Femtosekundenlasers: gemäß § 6 der »Unfallverhütungsvorschrift Laserstrahlung« ist die Benennung eines Laserschutzbeauftragten erforderlich. 4 Vor jeder Operation müssen sich die Anwender davon überzeugen, dass der verwendete Femtosekundenlaser über die zum Einsatz erforderlichen Funktionen verfügen. 1.3 Räumliche Voraussetzungen
4 Die Mindestanforderungen an die bauliche, apparativtechnische und hygienische Ausstattung – Anlage 1 der »Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen« vom 13.4.1994 müssen erfüllt sein. 2
Prozessqualität
2.1 Patientenaufklärung
Jeder Anwender ist zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet. 2.2 Präoperative Diagnostik
Präoperativ sind mindestens folgende Untersuchungen erforderlich und zu dokumentieren: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe, ggf. nach Ausschaltung der Akkommodation 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte in medikamentöser Mydriasis 4 Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie) mittels optischer Verfahren über einen zentralen Bereich von mindestens 6 mm sowie im Bereich der geplanten Inzisionen auch peripher 4 Ausschluss medizinischer Kontraindikationen 2.3 Postoperative Diagnostik (siehe auch 7 Abschn. 3.1)
Postoperativ sind regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich und zu dokumentieren. Diese müssen mindestens umfassen: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte
Sind der Operateur und der nachbehandelnde Arzt nicht identisch, muss eine Kooperation für die Nachbehandlung gewährleistet sein. 2.4 Operativer Eingriff
Grundsätzlich sind folgende Mindestvoraussetzungen zu berücksichtigen: 4 Lokalanästhesie (Tropfanästhesie) 4 Keratotomie unter aseptischen Bedingungen mit sterilen Instrumenten (Ausnahme: rein intrastromale AK mit dem Femtosekundenlaser bzw. INTRACOR) 4 Nachbehandlung mit antibiotischen und steroidhaltigen Augentropfen (Ausnahme: intrastromale AK bzw. INTRACOR) 3
Ergebnisqualität
3.1 Dokumentation
Zur Dokumentation des Behandlungsergebnisses sind mindestens die Befunde und Operationsdaten gemäß der unter 7 Abschn. 2.2. und 2.3 »Untersuchungen« festzuhalten. 3.2 Fortbildung
Eine regelmäßige Fortbildung ist erforderlich. Hierzu geeignet ist u. a. der Nachweis der Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr. 4
Anwenderlisten
Alle Anwender der AK bzw. von INTRACOR, die die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllen, werden auf Antrag namentlich in einer offiziellen Anwenderliste geführt. Die Anwender werden jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres in der Liste geführt. Zur Verlängerung müssen bis 15.12. des Jahres die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.2 unaufgefordert nachgewiesen werden. Die Wiederaufnahme ist jedoch für die Anwender, die einmal die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllt haben und auf der Liste geführt wurden, innerhalb von 3 Jahren möglich. Nachgewiesen werden müssen lediglich die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.2. Anwender, die länger als 3 Jahre nicht auf der Liste geführt wurden, müssen sämtliche Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erneut nachweisen. Als Träger der Forschung und Lehre werden Universitäts-Augenkliniken auf Antrag des Klinikdirektors auf eine separate Liste der Universitäts-Augenkliniken ohne Nennung des Klinikarztes aufgenommen. Die Anwenderliste wird alle 3 Monate aktualisiert (31.3., 30.6., 30.9., 31.12.). Sie ist sowohl über die Geschäftsstelle des BVA als auch über die Homepage des BVA im Internet erhältlich.
353 24.1 · KRC-Richtlinien
4.1 Voraussetzungen zur Aufnahme in die Anwenderliste
4 Nachweis der Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 der Richtlinien 4 Vorlage einer schriftlichen Erklärung, in der sich der Anwender zur Einhaltung der Qualitätssicherungsrichtlinien verpflichtet (Vordrucke über die KRC erhältlich) 4.2 Voraussetzungen zum Verbleib in der Anwenderliste
4 Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr 4 Durchführung der Behandlungen gemäß 7 Abschn. 2.1–2.4 der Richtlinien. Dies gilt auch für nachgeordnetes Personal sowie den Internetauftritt. Sollte dies offensichtlich nicht geschehen, wird der Anwender durch die KRC schriftlich um Stellungnahme gebeten. Falls innerhalb von 4 Wochen keine Reaktion erfolgt oder die Stellungnahme der KRC nicht genügt, erfolgt eine Abmahnung, die vom Anwender zu unterschreiben ist. Erfolgt dies nicht oder wird gegen die Abmahnung verstoßen, wird der Anwender ohne weitere Anhörung von der Liste gestrichen. Der Anwender wird hierüber durch die KRC informiert. Eine Neuaufnahme erfolgt frühestens nach 3 Jahren und nur auf Antrag unter Nachweis aller Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1.
Die Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 wird durch eine Bescheinigung der KRC bestätigt. Die Ausbildungsrichtlinien gemäß 7 Abschn. 1.1 gelten für alle Anwender, die namentlich auf die Anwenderliste aufgenommen werden wollen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller über die Anerkennung als Facharzt für Augenheilkunde verfügt. 1.2 Apparative Voraussetzung
4 Vor jeder Operation müssen sich die Anwender davon überzeugen, dass das benötigte Instrumentarium über die zum Einsatz erforderlichen Funktionen verfügt. 4 Zudem bei Verwendung eines Femtosekundenlasers: gemäß § 6 der »Unfallverhütungsvorschrift Laserstrahlung« ist die Benennung eines Laserschutzbeauftragten erforderlich. 4 Vor jeder Operation müssen sich die Anwender davon überzeugen, dass der verwendete Femtosekundenlaser über die zum Einsatz erforderlichen Funktionen verfügt. 1.3 Räumliche Voraussetzungen
4 Die Mindestanforderungen an die bauliche, apparativtechnische und hygienische Ausstattung gemäß Anlage 1 der »Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen« vom 13.4.1994 müssen erfüllt sein.
4.3 Zertifikat
2
Nach Erfüllung der Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 bzw. 4.2 wird auf Antrag ein Zertifikat ausgestellt.
2.1 Patientenaufklärung
24.1.7
1
Qualitätssicherungsrichtlinien: intrakorneale Ringsegmente und intrakorneale Implantate zur Presbyopiekorrektur
Strukturqualität
1.1 Persönliche Qualifikation
Intrakorneale Implantate sind augenärztliche invasive operative Eingriffe, die einer besonderen Sachkenntnis bedürfen. Bei der Durchführung sind die allgemeinen Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen einzuhalten. Ferner sind die folgenden Voraussetzungen zu erfüllen: 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten und in Zusammenarbeit mit der KRC durchgeführten theoretischen Kurs (Grundkurs und Aufbaukurs) 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten Wet Lab 4 Hospitation bei einem von der KRC anerkannten Trainer
Prozessqualität
Jeder Anwender ist zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet. 2.2 Präoperative Diagnostik
Präoperativ sind mindestens folgende Untersuchungen erforderlich und zu dokumentieren: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe, ggf. nach Ausschaltung der Akkommodation 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte in medikamentöser Mydriasis 4 Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie) mittels optischer Verfahren über einen zentralen Bereich von mindestens 6 mm sowie im Bereich der geplanten Inzisionen auch peripher 4 Ausschluss medizinischer Kontraindikationen
24
354
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
2.3 Postoperative Diagnostik (siehe auch 7 Abschn. 3.1)
24
Postoperativ sind regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich und zu dokumentieren. Diese müssen mindestens umfassen: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte Sind der Operateur und der nachbehandelnde Arzt nicht identisch, muss eine Kooperation für die Nachbehandlung gewährleistet sein. 2.4 Operativer Eingriff
Grundsätzlich sind folgende Mindestvoraussetzungen zu berücksichtigen: 4 Lokalanästhesie (Tropfanästhesie) 4 Keratotomie bzw. Präparation des Flaps bzw. der Hornhauttasche mit dem Femtosekundenlaser unter aseptischen Bedingungen mit sterilen Instrumenten 4 Nachbehandlung mit antibiotischen und steroidhaltigen Augentropfen 3
Ergebnisqualität
3.1 Dokumentation
Zur Dokumentation des Behandlungsergebnisses sind mindestens die Befunde und Operationsdaten gemäß der unter 7 Abschn. 2.2. und 2.3 »Untersuchungen« festzuhalten. 3.2 Fortbildung
Eine regelmäßige Fortbildung ist erforderlich. Hierzu geeignet ist u. a. der Nachweis der Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr. 4
Anwenderlisten
Alle Anwender der intrastromalen Implantate, die die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllen, werden auf Antrag namentlich in einer offiziellen Anwenderliste geführt. Die Anwender werden jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres in der Liste geführt. Zur Verlängerung müssen bis 15.12. des Jahres die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.2 unaufgefordert nachgewiesen werden. Die Wiederaufnahme ist jedoch für die Anwender, die einmal die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllt haben und auf der Liste geführt wurden, innerhalb von 3 Jahren möglich. Nachgewiesen werden müssen lediglich die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.2. Anwender, die länger als 3 Jahre nicht auf der Liste geführt wurden, müssen sämtliche Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erneut nachweisen.
Als Träger der Forschung und Lehre werden Universitäts-Augenkliniken auf Antrag des Klinikdirektors auf eine separate Liste der Universitäts-Augenkliniken ohne Nennung des Klinikarztes aufgenommen. Die Anwenderliste wird alle 3 Monate aktualisiert (31.3., 30.6., 30.9., 31.12.). Sie ist sowohl über die Geschäftsstelle des BVA als auch über die Homepage des BVA im Internet erhältlich. 4.1 Voraussetzungen zur Aufnahme in die Anwenderliste
4 Nachweis der Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 der Richtlinien 4 Vorlage einer schriftlichen Erklärung, in der sich der Anwender zur Einhaltung der Qualitätssicherungsrichtlinien verpflichtet (Vordrucke über die KRC erhältlich) 4.2 Voraussetzungen zum Verbleib in der Anwenderliste
4 Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr 4 Durchführung der Behandlungen gemäß 7 Abschn. 2.1–2.4 der Richtlinien. Dies gilt auch für nachgeordnetes Personal sowie den Internetauftritt. Sollte dies offensichtlich nicht geschehen, wird der Anwender durch die KRC schriftlich um Stellungnahme gebeten. Falls innerhalb von 4 Wochen keine Reaktion erfolgt oder die Stellungnahme der KRC nicht genügt, erfolgt eine Abmahnung, die vom Anwender zu unterschreiben ist. Erfolgt dies nicht oder wird gegen die Abmahnung verstoßen, wird der Anwender ohne weitere Anhörung von der Liste gestrichen. Der Anwender wird hierüber durch die KRC informiert. Eine Neuaufnahme erfolgt frühestens nach 3 Jahren und nur auf Antrag unter Nachweis aller Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1
4.3 Zertifikat
Nach Erfüllung der Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 bzw. 4.2 wird auf Antrag ein Zertifikat ausgestellt.
24.1.8
1
Qualitätssicherungsrichtlinien: phake IOL und refraktiver Linsenaustausch
Strukturqualität
1.1 Persönliche Qualifikation
Die Implantation phaker IOL und der refraktive Linsenaustausch (RLE) sind augenärztliche invasive operative Eingriffe, die einer besonderen Sachkenntnis bedürfen. Bei der Durchführung sind die allgemeinen Richtlinien der
355 24.1 · KRC-Richtlinien
Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen einzuhalten. Ferner sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen: 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten und in Zusammenarbeit mit der KRC durchgeführten theoretischen Kurs (Grundkurs und Aufbaukurs) 4 Teilnahme an einem von der KRC anerkannten Wet Lab 4 Hospitation bei einem von der KRC anerkannten Trainer 4 Durchführung der ersten operativen Eingriffe in Anwesenheit eines von der KRC anerkannten Trainers Die Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 wird durch eine Bescheinigung der KRC bestätigt. Die Ausbildungsrichtlinien gemäß 7 Abschn. 1.1 gelten für alle Anwender, die namentlich auf die Anwenderliste aufgenommen werden wollen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller über die Anerkennung als Facharzt für Augenheilkunde verfügt.
4 Messung der Vorderkammertiefe 4 Messung der Achsenlänge des Auges 4 Phake IOL: quantitative Untersuchung des Hornhautendothels 4 Ausschluss medizinischer Kontraindikationen 2.3 Postoperative Diagnostik (siehe auch 7 Abschn. 3.1)
Postoperativ sind regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich und zu dokumentieren. Diese müssen mindestens umfassen: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie (mindestens einmal innerhalb der ersten 12 postoperativen Monate) 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte 4 Phake IOL: quantitative Untersuchung des Hornhautendothels mindestens 1× pro Jahr
1.2 Apparative Voraussetzung
4 Vor jeder Operation müssen sich die Anwender davon überzeugen, dass die verwendeten Geräte über die zum Einsatz erforderlichen Funktionen verfügen.
Sind der Operateur und der nachbehandelnde Arzt nicht identisch, muss eine Kooperation für die Nachbehandlung gewährleistet sein.
1.3 Räumliche Voraussetzungen
2.4 Operativer Eingriff
4 Die Mindestanforderungen an die bauliche, apparativtechnische und hygienische Ausstattung gemäß Anlage 1 der »Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen« vom 13.4.1994 müssen erfüllt sein.
Grundsätzlich sind folgende Mindestvoraussetzungen zu berücksichtigen: 4 Lokalanästhesie 4 Operation unter aseptischen Bedingungen mit sterilen Instrumenten 4 Nachbehandlung mit antibiotika- und steroidhaltigen Augentropfen
2
Prozessqualität
2.1 Patientenaufklärung
Jeder Anwender ist zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet. 2.2 Präoperative Diagnostik
Präoperativ sind mindestens folgende Untersuchungen erforderlich und zu dokumentieren: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe, ggf. nach Ausschaltung der Akkommodation 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Messung des mesopischen Pupillendurchmessers (0,05–50 Lux) 4 Messung der Aniseikonie bei Anisometropie sowie Bestimmung der Verträglichkeit der geplanten Korrektur durch Kontaktlinsen-Trageversuch 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte in medikamentöser Mydriasis
3
Ergebnisqualität
3.1 Dokumentation
Zur Dokumentation des Behandlungsergebnisses sind mindestens die Befunde und Operationsdaten gemäß der unter 7 Abschn. 2.2. und 2.3 »Untersuchungen« festzuhalten. 3.2 Fortbildung
Eine regelmäßige Fortbildung ist erforderlich. Hierzu geeignet ist u. a. der Nachweis der Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr. 4
Anwenderlisten
Alle Anwender, die die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllen, werden auf Antrag namentlich in einer offiziellen Anwenderliste geführt. Die Anwender werden jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres in der Liste geführt. Zur
24
356
24
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
Verlängerung müssen bis 15.12. des Jahres die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.2 unaufgefordert nachgewiesen werden. Die Wiederaufnahme ist jedoch für die Anwender, die einmal die Anforderungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erfüllt haben und auf der Liste geführt wurden, innerhalb von 3 Jahren möglich. Nachgewiesen werden müssen lediglich die Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.2. Anwender, die länger als 3 Jahre nicht auf der Liste geführt wurden, müssen sämtliche Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 erneut nachweisen. Als Träger der Forschung und Lehre werden Universitäts-Augenkliniken auf Antrag des Klinikdirektors auf eine separate Liste der Universitäts-Augenkliniken ohne Nennung des Klinikarztes aufgenommen. Die Anwenderliste wird alle 3 Monate aktualisiert (31.3., 30.6., 30.9., 31.12.). Sie ist sowohl über die Geschäftsstelle des BVA als auch über die Homepage des BVA im Internet erhältlich. 4.1 Voraussetzungen zur Aufnahme in die Anwenderliste
4 Nachweis der Ausbildung gemäß 7 Abschn. 1.1 der Richtlinien 4 Vorlage einer schriftlichen Erklärung, in der sich der Anwender zur Einhaltung der Qualitätssicherungsrichtlinien verpflichtet (Vordrucke über die KRC erhältlich).
24.1.9 1. 2.
3.
KRC Richtlinien. Der Augenarzt 3/95: 77–80 Kohnen T, Knorz MC, Neuhann T (2007) Bewertung und Qualitätssicherung refraktiv-chirurgischer Eingriffe durch die DOG und den BVA [Evaluation and quality assurance of refractive surgery procedures by the German Ophthalmological Society and the Professional Association of German Ophthalmologists]. Ophthalmologe 104:719–726 Kohnen T, Neuhann T, Knorz MC (2010) Bewertung und Qualitätssicherung refraktiv-chirurgischer Eingriffe durch die DOG und den BVA [Evaluation and quality assurance of refractive surgery procedures by the German Ophthalmological Society and the Professional Association of German Ophthalmologists]. Ophthalmologe (in press)
24.2
4 Teilnahme an einem Aufbaukurs bzw. Fortgeschrittenenkurs der KRC pro Kalenderjahr. 4 Durchführung der Behandlungen gemäß 7 Abschn. 2.1–2.4 der Richtlinien. Dies gilt auch für nachgeordnetes Personal sowie den Internetauftritt. Sollte dies offensichtlich nicht geschehen, wird der Anwender durch die KRC schriftlich um Stellungnahme gebeten. Falls innerhalb von 4 Wochen keine Reaktion erfolgt oder die Stellungnahme der KRC nicht genügt, erfolgt eine Abmahnung, die vom Anwender zu unterschreiben ist. Erfolgt dies nicht oder wird gegen die Abmahnung verstoßen, wird der Anwender ohne weitere Anhörung von der Liste gestrichen. Der Anwender wird hierüber durch die KRC informiert. Eine Neuaufnahme erfolgt frühestens nach drei Jahren und nur auf Antrag unter Nachweis aller Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1. 4.3 Zertifikat
Nach Erfüllung der Voraussetzungen gemäß 7 Abschn. 4.1 wird auf Antrag ein Zertifikat ausgestellt.
Qualitätssicherungsmaßnahmen für phototherapeutische Keratektomie
Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur phototherapeutischen Keratektomie (Qualitätssicherungsvereinbarung PTK) T. Kohnen, T. Neuhann, M. Knorz 24.2.1
4.2 Voraussetzungen zum Verbleib in der Anwenderliste
Literatur
Abschnitt A – Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel und Inhalt Diese Vereinbarung dient der Qualitätssicherung der phototherapeutischen Keratektomie (PTK) mit dem Excimerlaser bei folgenden Indikationen: 1. Rezidivierende Hornhauterosio 2. Oberflächliche Hornhautnarben 3. Hornhautdystrophie 4. Hornhautdegeneration und 5. Oberflächliche Hornhautirregularitäten (außer Pterygium) Die Vereinbarung regelt die Anforderungen an die fachliche Befähigung und apparative Ausstattung sowie die Anforderungen an die Indikationsstellung und an die Dokumentation als Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der PTK im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung (Leistungen nach der Nummer 31362 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM)).
357 24.2 · Qualitätssicherungsmaßnahmen für phototherapeutische Keratektomie
§ 2 Genehmigung (1) Die Ausführung und Abrechnung der PTK im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte ist erst nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt die nachstehenden Voraussetzungen gemäß den §§ 3 und 4 im Einzelnen erfüllt. (2) Die Genehmigung ist mit der Auflage zu erteilen, dass der Arzt an der Überprüfung der ärztlichen Dokumentation nach § 7 teilnimmt und die dort genannten Anforderungen erfüllt. (3) Die Erfüllung der in Absatz 1 genannten Voraussetzungen ist gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen. Das Verfahren richtet sich nach Abschnitt C. Das Nähere zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens (z. B. Inhalte der Kolloquien) bestimmt sich nach den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nach § 75 Abs. 7 SGB V.
24.2.2
Abschnitt B – Genehmigungsvoraussetzungen
§ 3 Fachliche Befähigung Die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der PTK gilt als nachgewiesen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt und durch Zeugnisse und Bescheinigungen gemäß § 9 Abs. 1 nachgewiesen werden: 1. Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung »Augenheilkunde« 2. a) Selbständige Durchführung von 10 phototherapeutischen Keratektomien mit dem Excimerlaser oder b) Selbständige Durchführung von 10 Eingriffen mittels eines Excimerlasers und Teilnahme an einer mindestens 2-stündigen Fortbildung zum Thema PTK.
§ 4 Apparative Voraussetzungen Die sachgerechte Durchführung der PTK erfordert die Verwendung eines Excimerlasers, welcher geeignet ist, oberflächliche Anteile der Hornhaut (bis ca. 100 μm Tiefe) durch thermische Laserimpulse abzutragen. Die Geräte müssen über eine CE-Kennzeichnung gemäß dem Medizinproduktegesetz verfügen. Die Erfüllung der Anforderungen ist gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen. Wesentliche Änderungen an der apparativen Ausstattung sind der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen.
24.2.3
Abschnitt C – Anforderungen an die Indikationsstellung und Dokumentation
§ 5 Anforderungen an die Indikationsstellung (1) Vor der Durchführung einer PTK müssen bei allen nach § 1 zugelassenen Indikationen folgende Voraussetzungen an die Indikationsstellung erfüllt sein: 1. Erfolglose Ausschöpfung aller vergleichbaren oder weniger invasiven Therapiealternativen (z. B. EDTAAbrasio bei Bandkeratopathie). 2. Der vorgesehene Laserabtrag ist nicht tiefer als 100 μm. 3. Anamnestischer und nach durchgeführter ophthalmologischer Untersuchung bestätigter Ausschluss anderer Ursachen, die für das der Indikationsstellung zugrunde liegende Beschwerdebild verantwortlich sind. (2) Vor der Durchführung einer PTK müssen bei der nach § 1 Nr. 1 zugelassenen Indikation folgende Voraussetzungen an die Indikationsstellung kumulativ erfüllt sein: 1. Weitere Erosionen sind trotz intensiver konservativer Behandlung (mehrfach täglich Augentropfen/ -gel/-salbe über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten und bei Versagen dieser Therapie zusätzlich mindestens 2–3 Wochen Verbandslinse) und mindestens einer mechanischen Abschabung der Hornhaut aufgetreten. 2. Innerhalb der letzten 12 Monate sind mindestens 4 Rezidive aufgetreten. 3. Der Patient ist durch Schmerzen oder Fremdkörpergefühl erheblich beeinträchtigt. (3) Vor der Durchführung einer PTK muss bei den nach § 1 Nr. 2 bis 5 zugelassenen Indikationen mindestens eine der folgenden Voraussetzungen an die Indikationsstellung erfüllt sein: 1. Der bestkorrigierte Visus ist nicht besser als 0,5 und die Läsion liegt spaltlampenmikroskopisch im Bereich der Pupille. 2. Die mit einer geeigneten Messmethode nachgewiesene Blendempfindlichkeit ist gegenüber dem Normwertbereich des entsprechenden Gerätes deutlich erhöht und die Läsion liegt spaltlampenmikroskopisch im Bereich der Pupille. 3. Der Patient ist durch Schmerzen oder Fremdkörpergefühl erheblich beeinträchtigt.
§ 6 Dokumentation (1) Der Arzt ist verpflichtet, die Indikation und die Durchführung der PTK zu dokumentieren. (2) Bei Vorliegen einer Indikation gemäß § 1 Nr. 1 muss die schriftliche Dokumentation mindestens folgende Angaben beinhalten:
24
358
24
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
1. Name und Alter des Patienten 2. Krankheitsverlauf, mit Angaben zu – Erstauftritt der Hornhauterosio – Vor der PTK durchgeführter (medikamentös-) konservativer Behandlung (mit näheren Angaben zu Dauer und Dosierung) – Datum der mechanischen Abschabung der Hornhaut – Datum (von/bis) des Tragens einer Verbandslinse – Art und Ausprägung der erheblichen Beeinträchtigung des Patienten durch Schmerzen oder Fremdkörpergefühl – Anzahl und Datum der aufgetretenen Rezidive 3. Operateur 4. Datum der PTK 5. Archivierung des »log-files«. Das »log-file« muss Angaben zur durchgeführten Eingriffsart und zum vorgenommenen Laserabtrag in Mikrometern enthalten. 6. Ein in Ausnahmefällen vorgenommener Laserabtrag von mehr als 100 μm ist nachvollziehbar zu begründen. (3) Bei Vorliegen einer Indikation gemäß § 1 Nr. 2 bis 5 muss die schriftliche Dokumentation mindestens folgende Angaben beinhalten: 1. Name und Alter des Patienten 2. Krankheitsverlauf, mit Angaben zu – bestkorrigiertem Visus des zu therapierenden Auges, Lokalisation und Größe der mit PTK zu therapierenden Läsion (in Bezug auf die Pupille) – ggf. gegenüber dem Normwertbereich des entsprechenden Gerätes deutlich erhöhter Blendempfindlichkeit (Angabe des zur Untersuchung verwandten Gerätes) durch die Läsion – ggf. Art und Ausprägung der erheblichen Beeinträchtigung des Patienten durch Schmerzen oder Fremdkörpergefühl 3. Operateur 4. Datum der PTK 5. Archivierung des »log-files«. Das »log-file« muss Angaben zur durchgeführten Eingriffsart und zum vorgenommenen Laserabtrag in Mikrometern enthalten. 6. Ein in Ausnahmefällen vorgenommener Laserabtrag von mehr als 100 μm ist nachvollziehbar zu begründen.
(3)
(4)
(5)
(6)
§ 7 Überprüfung der ärztlichen Dokumentation (1) Die Überprüfung der ärztlichen Dokumentation richtet sich auf den Entscheidungsgang zur Indikationsstellung für die PTK. (2) Die Kassenärztliche Vereinigung führt alle 2 Kalenderjahre Stichprobenprüfungen bei allen innerhalb eines
(7)
Zeitraums von 2 Jahren abgerechneten PTK-Leistungen durch. Dabei ist sicherzustellen, dass mindestens 10% der insgesamt abgerechneten Fälle und mindestens 10% der abrechnenden Ärzte in diese Stichprobenprüfung einbezogen werden. Die Kassenärztliche Vereinigung fordert vom dem für die Stichprobenprüfung ausgewählten Arzt die Dokumentationen aller in einem Zeitraum von 2 Jahren abgerechneten Fälle an (höchstens jedoch 10). Die Auswahl der Fälle erfolgt durch die Kassenärztliche Vereinigung unter Angabe des Namens des Patienten. Der Entscheidungsgang zur Indikationsstellung entsprechend den in § 6 aufgeführten Anforderungen an die Dokumentation ist für jeden Patienten individuell nachzuvollziehen. Die Anforderungen an die sachgerechte Indikationsstellung sind als erfüllt anzusehen, wenn 5 die Dokumentation nach § 6 vollständig und nachvollziehbar ist, 5 eine Indikation nach § 5 anhand der Dokumentation gegeben ist, 5 der Laserabtrag 100 μm nicht überschreitet. Ein Laserabtrag von mehr als 100 μm muss nachvollziehbar begründet sein. Das Ergebnis der Überprüfung der ärztlichen Dokumentation wird dem Arzt durch die Kassenärztliche Vereinigung innerhalb von 4 Wochen mitgeteilt. Der Arzt soll über bestehende Mängel informiert und gegebenenfalls eingehend beraten werden, wie diese behoben werden können. Wird eine der Anforderungen an die sachgerechte Indikationsstellung gemäß Absatz 3 nicht erfüllt, muss der Arzt innerhalb von 12 Monaten an einer erneuten Überprüfung der ärztlichen Dokumentation teilnehmen. Hierbei sind 10 Fälle von der Kassenärztlichen Vereinigung auszuwählen. Werden die Anforderungen auch dann nicht erfüllt, hat der Arzt die Möglichkeit, innerhalb von 3 Monaten an einem Kolloquium bei der Kassenärztlichen Vereinigung teilzunehmen. Hat der Arzt an dem Kolloquium nicht teilgenommen oder war die Teilnahme an dem Kolloquium nicht erfolgreich, ist die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der PTK gemäß § 8 Abs. 2 zu widerrufen. Der Antrag auf Wiedererteilung der Genehmigung kann frühestens 6 Monate nach Widerruf der Genehmigung und nach Teilnahme an einer themenbezogenen Fortbildungsmaßnahme gestellt werden. Die Wiedererteilung der Genehmigung bestimmt sich nach den §§ 3 und 4 i. V. m. § 9 Abs. 2. Damit die Vertragspartner entscheiden können, ob und in welcher Form die Überprüfung der ärztlichen Dokumentationen weitergeführt wird, sind die Ergebnisse der Überprüfungen jährlich auszuwerten.
359 24.3 · Qualitätssicherung in der refraktiven Chirurgie
24.2.4
Abschnitt D – Verfahren
Abrechnung der PTK von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig machen. Das gleiche gilt, wenn der Antrag stellende Arzt eine im Vergleich zu dieser Vereinbarung abweichende, aber gleichwertige Befähigung nachweist.
§ 8 Genehmigungsverfahren (1) Anträge auf Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der PTK sind an die Kassenärztliche Vereinigung zu richten. Über die Anträge und über den Widerruf oder die Rücknahme einer erteilten Genehmigung entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn a) aus den vorgelegten Zeugnissen und Bescheinigungen hervorgeht, dass die in den §§ 3 und 4 genannten fachlichen und apparativen Voraussetzungen erfüllt sind, und b) der Arzt sich verpflichtet hat, die jeweiligen Anforderungen an die Leistungserbringung zu erfüllen. (2) Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn der Arzt die Anforderungen an die Leistungserbringung nicht erfüllt oder an der Überprüfung der ärztlichen Dokumentationen gemäß § 7 nicht erfolgreich teilgenommen hat.
§ 9 Zeugnisse und Kolloquien (1) Der Kassenärztlichen Vereinigung sind zum Nachweis über die Erfüllung der festgelegten Anforderungen insbesondere folgende Bescheinigungen vorzulegen: 1. Urkunde über die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung ›Augenheilkunde‹, soweit der Arzt noch nicht als Augenarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. 2. a) Nachweis der selbständigen Durchführung von 10 phototherapeutischen Keratektomien mit dem Excimerlaser durch die Vorlage von »log-files« (Papierform oder elektronisch) und/oder weitere Unterlagen, aus denen der Operateur, der behandelte Patient und die Art des Eingriffs ersichtlich sind. oder b) Nachweis der selbständigen Durchführung von 10 Eingriffen mittels eines Excimerlasers durch die Vorlage von »log-files« (Papierform oder elektronisch) und/oder weitere Unterlagen, aus denen der Operateur, der behandelte Patient und die Art des Eingriffs ersichtlich sind sowie Teilnahmenachweis an einer mindestens zweistündigen Fortbildung zum Thema PTK. 3. Nachweis der Erfüllung der Anforderungen an die apparative Ausstattung gemäß § 4. Für den Nachweis sind Bescheinigungen des Herstellers vorzulegen, mit denen belegt wird, dass das Lasergerät über die CE-Kennzeichnung gemäß dem Medizinproduktegesetz verfügt und für die PTK geeignet ist. (2) Bestehen begründete Zweifel an der fachlichen Befähigung, so kann die Kassenärztliche Vereinigung die Erteilung der Genehmigung für die Ausführung und
24.2.5
Abschnitt E
§ 10 Inkrafttreten, Übergangsregelung (1) Diese Vereinbarung tritt am 1. Oktober 2007 in Kraft.1 (2) Bis zu einem Jahr nach dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung dürfen Ärzte gemäß § 3 Nr. 2 Buchstabe b), die den Fortbildungsnachweis nicht erbringen können, unbeschadet der weiteren Bestimmungen dieser Vereinbarung PTK-Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung ausführen und abrechnen. Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches wurden die KRC-Richtlinien gerade überarbeitet. Mit einer aktualisierten Ausgabe ist im Sommer 2011 zu rechnen. Die hier abgedruckten Hinweise können nur als Momentaufnahme gelten. Die aktuellen Richtlinien sind unter www.augeninfo.de/krc einsehbar.
24.3
Qualitätssicherung in der refraktiven Chirurgie S. Höhler, T. Kohnen
24.3.1
Einführung
Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung haben auch in der Medizin in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Wurde Qualitätsmanagement zunächst vor allem im industriellen Bereich etabliert, so hat sich die Einrichtung eines solchen Systems im medizinisch-klinischen Bereich bewährt. Viele Universitätsaugenkliniken und die meisten privatgeführten Krankenhäuser verfügen bereits über ein Qualitätsmanagementsystem und sind zertifiziert, der überwiegende Teil nach DIN EN ISO 9001, einer gemeinsamen nationalen (DIN), europäischen (EN) und internationalen (ISO) Darlegungsnorm [1, 2].
1
Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass die »Gemeinsamen Erläuterungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zu Folgen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes im Hinblick auf vertragliche Qualitätssicherungsregelungen und entsprechende Regelungen in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses« vom 11. Juni 2007 auch auf die vorliegende Vereinbarung anzuwenden sind.
24
360
24
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
Ophthalmologische Organisationen wie DOG, DOC, AAD und DGII bieten seit langem Kurse und Vorträge zum Thema Qualitätsmanagement in der Augenheilkunde an, was die politische Lage und wachsende Bedeutung von Qualitätsmanagementsystemen widerspiegelt. Vor allem die Krankenkassen werden auf lange Sicht gesehen nur mit solchen Einrichtungen Verträge verlängern oder abschließen, die eine ausreichende Qualitätssicherung vorweisen können [3]. So wurde das AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH vom Gemeinsamen Bundesausschuss (B-GA) mit der Entwicklung von Indikatoren und Instrumenten für die sektorenübergreifende Qualitätssicherung bei Kataraktoperationen beauftragt. Auch für die refraktive Chirurgie ist die Sicherung der Ergebnisse (z. B. LASIK-TÜV) für die Zukunft richtungsweisend.
24.3.2
Qualitätssicherung in der Ophthalmochirurgie
Die hohe Zahl neuer Operationstechnologien im Bereich der Ophthalmochirurgie erfordern daher in besonderem Maße die operative Qualitätssicherung, die idealerweise neben prä- und intraoperativen Daten vor allem mehrmalige postoperative Kontrollen umfasst und dokumentiert. Zur Dokumentation der Qualität sind kontinuierliche, langfristige Erfassungen nötig. In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele verschiedene Dokumentationssysteme entwickelt, wobei diese Entwicklung stetigem Wandel unterliegt. Als ein Pioniersystem können sicherlich die »Erlanger Augenblätter« genannt werden, die bereits in den 1980er-Jahren an der Augenklinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg zum Einsatz kamen und per Hand ausgefüllte Datenerhebungsbögen sowie Skizzenbögen umfassen [4]. Mittlerweile werden die Daten meist im Operationssaal in Erfassungsbögen am Computer eingegeben und so direkt in Datenbanken transferiert, die verschiedene Statistiken und Diagramme aufgrund festgelegter Parameter automatisch generieren. Zu den bekanntesten elektronischen Patientenakten zählen zum Beispiel Datagraph oder MIKADO. Ein neues Qualitätsregister ist EUREQUO. Datagraph und EUREQUO bieten Datenerhebungen nicht nur im Bereich der Katarakt-, sondern auch der refraktiven Chirurgie.
24.3.3
Qualitätssicherung auf europäischer Ebene: EUREQUO
Mit EUREQUO (Akronym für European Registry of Quality Outcomes for Cataract & Refractive Surgery), dem bis-
her größten IT-Projekt im Bereich der Ophthalmologie, existiert ein Qualitätssicherungssystem, das von der EU und der ESCRS kofinanziert wird. Beteiligt sind 16 europäische Länder. Anders als in kleineren Netzwerken, die lediglich die innerzentrische Ergebnisoffenlegung ermöglichen, können mit EUREQUO die eigenen Daten anonymisiert mit denen der anderen Teilnehmer auf nationaler und europäischer Ebene verglichen werden. Hierbei kann der Operateur die unterschiedlichsten Filter einsetzen und erhält seine individuelle Statistik, die für interne und externe Audit-Zwecke, wissenschaftliche Arbeiten, Marketing und Benchmarking eingesetzt werden kann.
24.3.4
Datenverluste vermeiden: Zuweisernetzwerke als Lösung
EUREQUO lässt sich mit den meisten bereits bestehenden elektronischen Patientenakten durch eine Schnittstelle koordinieren, so dass eine erneute Dateneingabe entfällt und bietet damit ein ideales, webbasiertes System zur internen Qualitätssicherung. Elektronische Patientenakten haben insbesondere für Operateure und Zuweiser erhebliche Synergieeffekte, da Patientendaten ausgetauscht und ergänzt werden können. Viele Kliniken können nur prä- und intraoperative Patientendaten eingeben, da die Nachkontrollen meist von niedergelassenen Augenärzten durchgeführt werden. Die Zahl der ambulanten Operationen allerdings steigt [5], daher muss verstärkt nach Lösungen zur umfassenden Qualitätssicherung gesucht werden. > Ein Lösungsansatz zur Vermeidung von Datenverlust sind Zuweisernetzwerke. Diese führen zu kompletten, validen Daten, da sich der niedergelassene Arzt nur ins Netzwerk einloggen, den betreffenden Patienten aufrufen und die relevanten postoperativen Daten eingeben muss.
Für die refraktive Chirurgie muss bei EUREQUO eine Nachbeobachtungszeit zwischen einem und sechs Monaten gewählt werden. Verpflichtend ist auch die Angabe, ob die Kontrolluntersuchungen abgeschlossen sind, oder etwa noch weitere medikamentöse Behandlung aufgrund postoperativer Komplikationen angezeigt ist. Während von intraoperativen und kurz nach der Operation auftretenden Komplikationen hinlänglich berichtet wird, treten zahlreiche Fälle auf, die verdeutlichen, wie wichtig lange Nachbeobachtungszeiten und daraus resultierende Behandlungsmaßnahmen gerade in der refraktive Chirurgie zum Wohl der Patienten sind (. Abb. 24.1) [6]. EUREQUO trägt entscheidend zur Qualitätssicherung bei. Während Länder wie die Niederlande oder Schweden bereits seit Jahren über Pflichtregister für Kataraktoperationen verfügen, steckt insbesondere die Ergebnisdokumen-
361 24.3 · Qualitätssicherung in der refraktiven Chirurgie
. Abb. 24.1 EUREQUO-Formular Refractive Surgery
24
362
24
Kapitel 24 · Richtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen
tation der refraktiven Chirurgie noch in den Kinderschuhen, obwohl die Bedeutsamkeit der Dokumentation von Sicherheit, Wirksamkeit, Vorhersagbarkeit, Stabilität und Komplikationen bereits länger bekannt ist [6] und die einheitliche Dokumentation bereits 1999 gefordert wurde [7]. Bei der Publikation von Ergebnissen werden die Kriterien von internationalen Journalen seit langem als Minimalstandard vorausgesetzt. EUREQUO ist sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene zukunftsweisend für die Qualitätssicherung und damit für die Patientensicherheit. Nicht zuletzt durch Dokumentation möglicher Komplikationen versetzt EUREQUO den Ophthalmochirurg in die Lage, durch die genaue Überprüfung seiner Ergebnisse die Patientensicherheit zu verbessern. Fazit für die Praxis Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung haben in der Medizin in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Mit EUREQUO existiert ein Projekt zur Qualitätssicherung, dass sich sehr gut zur Dokumentation einsetzen lässt und Vorreiter ist für die notwendige Ergebnissicherung und die Entwicklung evidenzbasierter Richtlinien in der refraktiven Chirurgie. Um Datenverluste zu vermeiden, sollten im Zuge der engeren Zusammenarbeit zwischen Kliniken und niedergelassenen Augenärzten Zuweisernetzwerke etabliert werden.
24.3.5 1.
4.
5.
6.
7. 8. 9.
Literatur
Schönherr U, Händel A, Naumann GOH (2001) Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001 an einer Universitätsaugenklinik. Ophthalmologe 98:194–198 Braune S, Kohnen T (2009) Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems in einer Augenklinik. Klin Monatsbl Augenheilkd 226:616–623 Händel A, Martus P, Küchle M, Schönherr U (2002) Mikrochirurgische Qualitätssicherung am Beispiel der Kataraktchirurgie. Ophthalmologe 99:352–357 Naumann GOH, Guggenmoos-Holzmann I, Händel A, Jonas J, Koniszewski G, Lang GK, Naumann LR, Nöding H, Ruprecht KW (1987) Erlanger Augenblätter. Klin Monatsbl Augenheilkd 190: 447–449 Händel A (2004) Qualitätsmanagement in der Augenheilkunde. Ophthalmologe 101:973–981 Kohnen T (1999) Importance of reporting the complications of refractive surgery (editorial). J Cataract Refract Surg 25:1 Koch DD, Kohnen T, Obstbaum SA, Rosen ES (1998) Format for reporting refractive surgical data (editorial). J Cataract Refract Surg 24:285–287
25
LASIK-TÜV M. Zimmer
25.1
Informationen zum LASIK-TÜV
25.2
Motivation für ein Engagement des TÜV SÜD
25.3
Die Rolle des TÜV SÜD
25.4
Voraussetzungen für die Zertifizierung
25.5
Wie läuft das Audit vor Ort ab? Literatur
– 364
– 364 – 365
– 367
– 367
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_25, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 364
25
364
Kapitel 25 · LASIK-TÜV
25.1
Informationen zum LASIK-TÜV
Patienten können sich aufgrund der Vielzahl von in- und ausländischen LASIK-Angeboten kaum ein klares und objektives Bild machen. Auch drängen immer mehr Billiganbieter auf den Markt und behaupten, die gleiche Behandlungsqualität deutlich billiger anbieten zu können. Wo liegen die Unterschiede? Gibt es nachweisbar bessere Kliniken? Was muss der Patient wissen, bevor er sich entscheidet? Initiiert vom gemeinnützigen Verband der Spezialkliniken Deutschlands für Augenlaser und Refraktive Chirurgie e.V. (VSDAR), wurde deshalb das Prüfsiegel »LASIK-TÜV« vom TÜV SÜD Management Service gemeinsam mit der Kommission für Refraktive Chirurgie (KRC) und dem Arbeitskreis Ophthalmochirurgie (BDOC) ins Leben gerufen, um für Klarheit und Orientierung zu sorgen.
25.2
Motivation für ein Engagement des TÜV SÜD
Damit eine Einrichtung qualitativ hochwertige Leistungen erbringen kann, ist es notwendig, dass die Prozesse innerhalb der Organisation stets auf dem neuesten Stand sind und auch bleiben. Dies wird durch ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001:2008 sichergestellt und bietet somit die Basis der kontinuierlichen Verbesserung der Organisation. Diese Zertifizierung ist notwendige Grundlage für den fachlichen Teil des LASIK TÜV. Der LASIK-Teil prüft, ob Mitarbeiter und Ärzte die erforderliche Qualifikation und Erfahrung besitzen, ob die relevanten Hygieneforderungen des RKI (Robert-KochInstitut) eingehalten werden, ob die Gerätschaften auf dem neuesten Stand sind, ob die Behandlungsergebnisse den medizinischen Anforderungen entsprechen und nicht zuletzt die Zufriedenheit der Patienten mit der Einrichtung selbst. Gerade im Hinblick auf die in diesem Markt teilweise zweifelhaften Angebote steht dabei die Behandlungsund Ergebnisqualität an erster Stelle. > Die Kombination des Qualitätsmanagementsystems ISO 9001:2008, der Zusatzprüfung Hygiene und dem fachlichen Teil der LASIK ergeben den LASIK-TÜV.
25.3
Die Rolle des TÜV SÜD
Anhand eines objektiven Anforderungsprofils lassen sich alle entscheidenden Kriterien von externen Gutachtern nachprüfen und auf dieser Basis vergleichen. Hierfür wird, unter Federführung des BDOC, ein Expertenkreis aus ver-
schiedenen Fachverbänden für Refraktive Chirurgie gebildet, der durch den TÜV SÜD Management Service, geschult und fortgebildet wird. Für die Erteilung des Prüfsiegels ernennt der TÜV SÜD Management Service einen Experten als Gutachter nach dem Zufallsprinzip. Dies stellt die Unabhängigkeit der Experten sicher. Auf regelmäßigen Wechsel der Experten wird geachtet. Der Anforderungskatalog für das Prüfsiegel LASIK-TÜV wird von dem von der Kommission Refraktive Chirurgie benannten medizinischen Beirat und dem TÜV SÜD mindestens alle 2 Jahre auf zeitgemäße und wissenschaftliche Gültigkeit hin überprüft. Mit dem LASIK-TÜV wird höchste Qualität mess- und sichtbar und damit belegbar. Basierend auf diesen Erkenntnissen fällt einem Patienten eine Entscheidung für ein zertifiziertes Behandlungszentrum sicherlich wesentlich leichter. Der TÜV SÜD verfügt bei der neutralen Dokumentation von Qualität und bei der Identifikation von Optimierungspotenzialen über langjährige Erfahrung. Dies kommt nun Patienten zugute, die ihre Fehlsichtigkeit durch einen Lasereingriff korrigieren lassen wollen. In Deutschland gibt es rund 52 Millionen Fehlsichtige, davon 35 Millionen Kurz- und Weitsichtige, die sich durch eine Augenlaserbehandlung für immer von Brille und/oder Kontaktlinsen verabschieden könnten, also im Indikationsbereich der
. Tab. 25.1 Bisherige Entwicklung der Operationszahlen in Deutschland, Europa und den USA (in Tausenden, nach marketscope T4G) USA
Europa
Deutschland
1996
105
74
7
1997
200
97
8
1998
500
143
14
1999
950
271
38
2000
1400
419
60
2001
1310
713
115
2002
1176
796
90
2003
1150
976
104
2004
1375
1147
87
2005
1380
1259
80
2006
1375
1312
74
2007
1395
1396
97
2008
730
809
109
2009*
700
705
76
2010*
850
913
92
* geschätzt
365 25.4 · Voraussetzungen für die Zertifizierung
. Abb. 25.1 Bisherige Entwicklung der Operationszahlen in Deutschland, Europa und den USA (nach marketscope T4G)
LASIK von –10 dpt bis + 4 dpt liegen. Im Jahr 2008 entschieden sich hierzulande rund 109.000 Augenarzt-Patienten für einen entsprechenden Eingriff (. Abb. 25.1 und . Tab. 25.1). Dass viele der Fehlsichtigen noch immer von einer Operation an der Augenhornhaut absehen, liegt nicht zuletzt an der Orientierungslosigkeit angesichts zahlreicher Behandlungsangebote im In- und Ausland. Allein in Deutschland führen bereits ca. 300 LASIK-Zentren diese Behandlungen durch. Das am häufigsten angewendete Augenlaserverfahren ist die sog. LASIK-Methode; sie macht über 90% der Lasereingriffe am Auge aus. Deren Qualität steht im Fokus des LASIK-TÜV.
. Abb. 25.2 Prüfzeichen LASIK TÜV
Grundlagen des LASIK-TÜV 4 Notwendige Prüfmodule für den LASIK-TÜV – DIN EN ISO 9001:2008 (von akkreditiertem Zertifizierer) – LASIK-TÜV-Kriterienkatalog – Hygienecheckliste 4 Zwei verschiedene Ansätze – Gleichzeitige Prüfung von allen Modulen in gemeinsamem Audit – Prüfung der Module LASIK-TÜV und Hygiene bei bereits bestehender Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2008 4 Grundlagen – Gemeinsames Auditteam bestehend aus LASIKGutachtern (benannt durch BDOC) und -Auditoren für DIN EN ISO 9001:2008 (berufen und geschult durch TÜV SÜD Management Service) sowie benannten Hygieneexperten – Vergabe eines Prüfzeichens für DIN EN ISO 9001:2008 und LASIK-TÜV durch TÜV SÜD Management Service (. Abb. 25.2)
25.4
Voraussetzungen für die Zertifizierung
Anforderungen an die Einrichtung, das Equipment und die Sorgfalt 4 Klinikzulassung nach § 30 GewO bzw. nach § 108 SGB 5 (Krankenhaus) 4 Praxen, die keine Klinikzulassung haben, können den Nachweis der relevanten Kriterien über einen separaten Check erbringen. 4 Gesamtes Spektrum der ophthalmologischen Chirurgie bzw. Nachweis entsprechender Kooperationen 4 Einweisungs- und Schulungsnachweise für das Personal in relevante Geräte und Sachkunde
6
25
366
25
Kapitel 25 · LASIK-TÜV
4 Laser und Keratome entsprechen mindestens dem Standard des wissenschaftlichen Beirats (3/2011). Es kommen nur »State-of-the-art«-Geräte zum Einsatz: Zur Verfügung stehen muss mindestens ein Excimer Laser der neuesten Generation mit einem Zielfolgesystem. Dies sind derzeit: – Nidek EC5000 CX III – Schwind Amaris, Schwind Amaris 500E, Schwind Amaris 750S – Technolas Perfect Vision 217P – Visx Star S4 IR – Zeiss MEL 80 – Alcon Wavelight Allegretto Wave Eye Q, Alcon Wavelight EX 500 4 Des weiteren muss mindestens ein Mikrokeratom der neuesten Bauart oder ein FemtosekundenLaser verfügbar sein. Ein Femtosekundenlaser ist als erste Wahl anzusehen. 4 Femtosekundenlaser: – AMO Intralase FS 60, AMO Intralase iFS – Technolas Perfect Vision 520F – Ziemer FEmto LDV – Zeiss VisuMax – Alcon Wavelight FS 200 Femtosekundenlaser 4 Mikrokeratome: – Ziemer Amadeus II – Technolas Zyoptix XP – Schwind Carriazo Pendular Mikrokeratome 4 Festlegung der Kontraindikationen und Ausschlusskriterien z. B. Katarakt, chronische Hornhauterkrankungen, vorbestehende Hornhautschwäche (7 Kap. 24) 4 Durchführung und Dokumentation der geforderten präoperativen Diagnostik insbesondere: Hornhauttopographie, Aberrometrie, Biometrie, kompletter ophthalmologischer Status, Dunkelpupille, Pachymetrie, Refraktion (auch in Zykloplegie/Mydriasis) 4 Nachweise über Eignung des Patienten z. B. Mindestdicke des stromalen Bettes der Hornhaut nach der LASIK von 250 μm, Durchmesser der zentralen voll korrigierten Zone mindestens 6 mm 4 Kommunikation mit dem Patienten, z. B. Anfragen, Behandlungsverträge, Infounterlagen, Aufklärung 4 Durchführung und Auswertung von z. B. Patientenbefragungen, Zufriedenheitsanalysen, Beschwerdemanagement 4 Jedes einzelne Auge wird auch bei bilateralen Operationen als selbständige Operation angesehen, so wird z. B. Applanationsset oder Mikrokeratomklinge nur für ein Auge verwendet.
6
4 Nachweise der einwandfreien Funktion des Lasers, z. B. Kalibrierungsnachweis nach Herstellervorgaben, mindestens 2-mal jährliche Wartung 4 Standardanweisungen zur Aufbereitung von Instrumenten 4 Behandlungsstatistiken gemäß Bundesverordnung zur Krankenhausstatistik 4 Nachweis der Kontrolluntersuchungen in festgelegten Intervallen (1. Tag, 5. bis 15. Tag, 1. bis 4. Monat) 4 Nachweise, dass konforme Ergebnisse der LASIK erreicht worden sind, z. B. Re-Operationsrate Dem potenziellen Bewerber sollte vor einem refraktiv-chirurgischen Eingriff immer geraten werden, beim zuständigen Polizeiarzt die genauen Einstellungsvoraussetzungen zu erfragen. Die Antwort sollte möglichst schriftlich erfolgen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die PDV 300 überarbeitet wird und aktuell auf Länderebene unterschiedliche Voraussetzungen gelten können.
26.3
Bundeswehrdiensttauglichkeit
Die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung für den Wehrdienst erfolgt auf Grundlage der zentralen Dienstverordnung 46/1 (ZDV 46/1) [2]. Diese benennt die gesundheitlichen Anforderungen an die Wehrdienstleistenden. Nach einer musterungsärztlichen Begutachtung erfolgt unter Berücksichtigung der Graduierung die Eingruppierung zu den Tauglichkeitsgraden T1 (voll verwendungsfähig), T2 (verwendungsfähig mit Einschränkung für bestimmte Tätigkeiten), T4 (vorübergehend nicht wehrdienstfähig) und T5 (nicht wehrdienstfähig). Der Tauglichkeitsgrad T3 wurde mit Änderung des Wehrpflichtgesetzes zum 01.10.2004 abgeschafft. Bei ansonsten gesunden, voll tauglichen Bewerbern müssen folgende Bedingungen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen erfüllt sein: 4 T1 (voll verwendungsfähig):
5 Kein refraktiv-chirurgischer Eingriff 5 Visus s.c.(mindestens): RA = 1,0; LA = 1,0 5 Kein Refraktionsfehler
4 T2 (verwendungsfähig mit Einschränkung für bestimmte Tätigkeiten):
5 Refraktiv-chirurgischer Eingriff (1 Jahr zurückliegend) ohne Funktionseinschränkungen (z. B. keine
371 26.4 · Tauglichkeit zum Führen von Luftfahrzeugen
5
5
5
5
5
Diplopie oder Erhöhung der Blendempfindlichkeit), führt zum Verwendungsausschluss in folgenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbereichen: – Panzerabwehr/-soldat, Panzergrenadier/-schütze, Richt- und Ladeschütze Leopard, Richtschütze Maschinenkanone, Flugabwehrkanonen, Kanonier, Panzermörserschütze, Panzermörserfeldwebel, Flugabwehrraketen, Artillerie, Kraftfahrer Kette (KFV II); Flugschüler (gilt nur für Soldaten auf Zeit) Mindestsehschärfe ohne Korrektur auf jedem Auge beliebig mit Korrektur 1,0/1,0 (Brille/Kontaktlinsen) (Zulässig sind Gläser bis zu dpt: +/–3,0 sph, +/–2,0 cyl) führt zum Verwendungsausschluss in folgenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbereichen: – Flugabwehrraketen/Roland, Wachbataillon Mindestsehschärfe ohne Korrektur auf jedem Auge beliebig mit Korrektur 0,8/0,5 (Brille/Kontaktlinsen) (Zulässig sind Gläser bis zu dpt: + 5,0/ –7,0 sph, +/– 3,0 cyl) bedeutet den Verwendungsausschluss in folgenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbereichen: – Flugschüler (gilt nur für Soldaten auf Zeit), Flugabwehrraketen/Roland, Wachbataillon Refraktiv-chirurgischer Eingriff (1 Jahr zurückliegend) mit Funktionseinschränkungen bedeutet den Verwendungsausschluss in folgenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbereichen: – Flugschüler (gilt nur für Soldaten auf Zeit), Kraftfahrer Kette, Panzerabwehr-Soldat, Richtund Ladeschütze Leopard, Richtschütze Maschinenkanone, Flugabwehrkanonen, Kanonier, Panzermörserschütze, Flugabwehrraketen/Roland, Flugabwehrraketen, Flugschüler, Flugsicherungskontrolle, Radarflugmeldung, Signalbetrieb, Kraftfahrer Kette (KFV II) Intraokularlinse ohne Komplikationen bedeutet den Verwendungsausschluss in folgenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbereichen: – Flugschüler (gilt nur für Soldaten auf Zeit), Kraftfahrer Kette, Panzerabwehr-Soldat, Richtund Ladeschütze Leopard, Richtschütze Maschinenkanone, Flugabwehrkanonen, Kanonier, Panzermörserschütze, Flugabwehrraketen/Roland, Flugabwehrraketen, Flugschüler, Flugsicherungskontrolle, Radarflugmeldung, Signalbetrieb, Kraftfahrer Kette (KFV II) Bestkorrigierter Visus von mindestens 0,63 auf dem besseren und 0,2 auf dem schlechteren Auge (c.c. mit Brille oder Kontaktlinse) sowie Refraktionsfehler von maximal +/–8,0 sph; –5,0 cyl, bedeutet den Verwendungsausschluss in folgenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbereichen:
– Jäger/Scharfschütze, Panzerabwehr-Soldat, Fallschirmjäger, Panzergrenadier/-schütze, Fernspäher, Richt- und Ladeschütze Leopard, Richtschütze Maschinenkanone, Flugabwehrkanonen 1, Radargestützte Waffensysteme, Kanonier 2, Raketensysteme, Panzermörserschütze, Marinewaffentechnik, Flugabwehrraketen/Roland, Flugabwehrraketen, Flugschüler, Decksdienst, Flusspionier, Bautechnik 1, Allgemeiner Operationsdienst, Operationsdienst (Sonar), Radarflugmeldung, Signalbetrieb, Navigation, Flugsicherungskontrolle, Informatikkaufmann-ZAW, Elektronikaufklärung, Vermesser, Artillerist 2, Fotografie, Kraftfahrer C/D, Kraftfahrer Kette, Elektronische Instandsetzung 1, Elektronische Instandsetzung 2, Elektronische Instandsetzung 3, Elektronische Instandsetzung 5, Stromerzeugungsanlagen, Elektroinstallateur, Luftfahrzeugmechanik, Klima-/Sauerstoffanlagenmechanik, Düsentriebwerkstechnik, Hydraulikmechanik, Instrumenten-/Elektromechanik, Waffen-/Gerätetechnik, Waffen-/Rettungsgerätemechanik, Feinmechanik, Munitionstechnik, Kfz- und Panzertechnik (Allgemein), Kfz-Elektrik, Luftfahrzeugmetaller, Wachbataillon, Marineelektronikgast (Land) 4 T4 (vorübergehend nicht wehrdienstfähig):
5 Refraktiv-chirurgischer Eingriff (noch nicht 1 Jahr zurückliegend)
4 T5 (nicht wehrdienstfähig):
5 Intraokularlinsen mit Komplikationsneigung 5 Refraktionsfehler höher als unter T2 5 Visus kleiner als unter T2
Zudem müssen folgende weitere Bedingungen erfüllt sein: 4 Die Resthornhautdicke nach einer LASIK sollte 420 μm (inkl. Flap) nicht unterschreiten. 4 Soldaten der Spezialkräfte (KSK bzw. Kampfschwimmer) dürfen nur mit oberflächlichen laserchirurgischen Verfahren behandelt werden, d. h. eine LASIK sollte nicht angewendet werden.
26.4
Tauglichkeit zum Führen von Luftfahrzeugen
Die medizinischen Anforderungen an Piloten von Flugzeugen und Hubschraubern sind durch die Joint Aviation Requirements (JAR-FCL 3) geregelt [3]. Ihr Geltungsbereich umfasst neben der Bundesrepublik Deutschland 37 weitere europäische Länder. Die JAR-FCL 3 beschreibt die medizinische Tauglichkeit von Cockpitpersonal und
26
372
26
Kapitel 26 · Tauglichkeitsanforderungen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen für Piloten, Berufskraftfahrer
ist erforderlich für eine Fluglizenz. Refraktiv-chirurgische Eingriffe machen untauglich. Die Tauglichkeit kann bei Berufspiloten allerdings durch ein flugmedizinisches Zentrum überprüft werden. Dabei müssen bei ansonsten tauglichen Bewerbern folgende Bedingungen erfüllt sein: 4 Visus monokular mindestens 0,7; binokular mindestens 1,0 (Berufspilot = Klasse 1) s.c. oder c.c. 4 Visus monokular mindestens 0,5; binokular mindestens 1,0 (Privatpilot = Klasse 2) s.c. oder c.c. 4 Präoperative Refraktionsfehler maximal +5 dpt und –6 dpt (Berufspilot) 4 Präoperative Refraktionsfehler maximal +5 dpt und –8 dpt (Privatpilot) 4 Stabile Refraktionsverhältnisse ( Der Erwerb einer Fluglizenz im Sinne der JAR-FCL 3 bedeutet nicht zwangsläufig die medizinische Eignung zum Piloten für die einzelnen Fluggesellschaften. Die Fluggesellschaft kann vor der Einstellung eine eigene Prüfung der Flugtauglichkeit durchführen. Die Anforderungen an das Sehvermögen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen können dabei umfangreicher als die der JAR-FCL 3 sein. Dem potenziellen Piloten sollte daher geraten werden, sich vor dem Eingriff nach den Einstellungskriterien der jeweiligen Fluggesellschaft zu erkundigen. Zudem sind die Richtlinien zur Zulassung von Piloten nach refraktivchirurgischen Eingriffen derzeit in Bearbeitung, sodass mit geänderten Kriterien gerechnet werden muss.
. Tab. 26.1 Tauglichkeitsanforderungen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen Polizei
Bundeswehr
Pilot
Berufskraftfahrer (Bus, LKW)
Visus s.c. (mindestens): RA = 0,5; LA = 0,5 (bis zum 20. Lebensjahr), RA = 0,3; LA = 0,3 (ab dem 20. Lebensjahr)
Visus s.c. (mindestens): RA = 1,0; LA = 1,0 (T1)
Visus s.c. oder c.c. (mindestens): Monokular oder binokular 0,8
Visus c.c. (mindestens): Am besseren Auge 1,0 und am schlechteren Auge 0,8
Visus c.c. (mindestens): 0,63 auf dem besseren und 0,2 auf dem schlechteren Auge Refraktionsfehler maximal +/–8,0 sph; –5,0 cyl (T2)
Visus s.c. oder c.c. (mindestens): Monokular 0,7; binokular 1,0 (Berufspilot = Klasse 1) Monokular 0,5; binokular 1,0 (Privatpilot = Klasse 2)
Präoperative Refraktionswerte
Nicht mehr als –5,0 bzw. +3,0 dpt (sphärisches Äquivalent)
Keine Angaben
Maximal +5 dpt und –6 dpt (Berufspilot); +5 dpt und –8 dpt (Privatpilot)
Keine Angaben
Geeignete Verfahren
Introkularlinsen machen untauglich
Intraokularlinsen mit Komplikationsneigung machen untauglich, Spezialkräfte: nur oberflächliche laserchirurgische Verfahren
Keine Angaben
Keine Angaben
Wartezeit nach refraktiv-chirurgischem Eingriff
12 Monate
12 Monate
12 Monate
Keine Angaben
Besonderheiten
Intraokularlinsen machen untauglich
Resthornhautdicke mindestens 420 μm (nach LASIK)
Prüfung durch ein flugmedizinisches Zentrum
Keine Angaben
Grundlage/ Verordnung
PDV 300
ZDV 46/1
JAR-FCL 3
FeV
Visus
373 Literatur
26.5
Tauglichkeit bei Berufskraftfahrern
Die Anforderungen an das Sehvermögen von Berufskraftfahrern (Führerscheinklassen C und D [Bus- und LKWFahrer]) sind in § 12 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) geregelt [4]. Sie macht Angaben über die erforderliche Sehschärfe sowie die maximalen Refraktionsfehler. Angaben zu refraktivchirurgischen Eingriffen, z. B. der Untauglichkeit nach bestimmten Verfahren, werden nicht gemacht. In der Praxis führen refraktiv-chirurgische Verfahren nicht zur Untauglichkeit. Ausnahmen bilden Komplikationen, welche das Sehvermögen soweit beeinträchtigen, dass eine Fahrerlaubnis nicht erteilt werden kann. Dazu gehört z. B. eine postoperative Diplopie. Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis müssen bei einer augenärztlichen Untersuchung die nachfolgenden Mindestanforderungen an die zentrale Tagessehschärfe erfüllen: 4 Fehlsichtigkeiten müssen – soweit möglich und verträglich – korrigiert werden. 4 Dabei dürfen folgende Werte nicht unterschritten werden: 5 Sehschärfe des besseren Auges oder beidäugige Gesamtsehschärfe: 0,8 5 Sehschärfe des schlechteren Auges: 0,5 4 Werden diese Werte nur mit Korrektur erreicht, soll die Sehschärfe ohne Korrektur auf keinem Auge weniger als 0,05 betragen. Die Korrektur mit Brillengläsern von mehr als +8,0 dpt (sphärisches Äquivalent) ist nicht zulässig. Allerdings kann eine Korrektur mittels Intraokularlinsen oder Kontaktlinsen erfolgen. . Tab. 26.1 gibt einen Überblick über die Tauglichkeitsan-
forderungen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen bei den verschiedenen Berufsgruppen. Fazit für die Praxis Vor einem refraktiv-chirurgischen Eingriff sollte der Berufswunsch des Patienten bei der Auswahl des geplanten Verfahrens berücksichtigt werden, da bestimmte Verfahren eine Berufsausübung unmöglich machen. Schwierig bei der Auswahl sind die heterogenen Auswahlbedingungen für die verschiedenen Berufsgruppen und die z. T. oberflächlichen und fehlenden Angaben zu Einstellungskriterien und -anforderungen. Dem Bewerber sei daher geraten, sich vor einem refraktiv-chirurgischen Eingriff bei dem potenziellen Arbeitgeber über geeignete Verfahren und Ausschlusskriterien zu informieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Berufswunsch der Hauptgrund für den chirurgischen Eingriff ist.
Literatur 1.
2.
3.
4. 5.
Bundesministerium des Inneren (1998) PDV 300 – Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit. Berlin Bundesministerium der Verteidigung (1999) Zentrale Dienstvorschrift ZDV 46/1, in der Fassung des Änderungserlasses vom 16.08.2007. Berlin Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2007) Joint Aviation Requirements – Flight Crew Licensing 3 (JAR-FCL 3). Bonn Bundesministerium der Justiz (1998) Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV). Berlin Hoppe T, Kohnen T (2010) Tauglichkeitsanforderungen nach refraktivchirurgischen Eingriffen – Piloten, Berufskraftfahrer und Bewerber bei Polizei und Bundeswehr. Der Ophthalmologe 2010; 107:971–974
26
27
Operationsräume für refraktivchirurgische Eingriffe S. Kohnen
27.1
Einleitung
27.2
Planung einer Operationseinheit
27.2.1 27.2.2 27.2.3
Allgemeines – 376 Arbeitsabläufe aufzeichnen und Laufwege festlegen – 376 Trennung und Verbindung von Praxis und Operationssaal – 376
27.3
Bauliche Anforderungen
27.3.1 27.3.2 27.3.3 27.3.4 27.3.5
Räume für Operationen – 377 Matrialver- und -entsorgung – 378 Desinfektionsmittelspender – 378 Räume für invasive Eingriffe – 378 Raumlufttechnische Anlage – 379
Literatur
– 376 – 376
– 377
– 379
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_27, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
27
376
Kapitel 27 · Operationsräume für refraktiv-chirurgische Eingriffe
27.1
Einleitung
Zu den refraktiv-chirurgischen Eingriffen zählen sowohl unterschiedliche Laserverfahren, als auch intraokulare Eingriffe, wie der refraktive Linsenaustausch (RLA) oder die Implantation der phaken Intraokularlinse (pIOL). Die Anforderungen der technischen Einrichtungen divergieren für diese Operationen erheblich. Zu nennen sei hier z. B. der Excimerlaser für die Laser in situ keratomileusis (LASIK) oder das Operationsmikroskop und die Phakomaschine für den RLA. Ein refraktiv-chirugisch tätiger Augenarzt wird verschiedene Operationsverfahren anbieten wollen und muss deshalb auf unterschiedliche Voraussetzungen bei der Einrichtung seiner Operationsräume Rücksicht nehmen. Für die Durchführung von intraokularen Eingriffen im Rahmen der refraktiven Chirurgie ist ein komplett ausgestatteter Augen-Operationsaal erforderlich. Für die Laserchirurgie zusätzlich ein Operationssaal mit dem Excimerlaser, evtl. einem Femtosekundenlaser oder weiteren Geräten. Dieser Operationssaal sollte zusätzlich berücksichtigt werden, und muss in direkter räumlicher Nähe zu der eigentlichen Operationseinheit liegen. Zu nennen sei an dieser Stelle das »Worst-case-Szenario« einer Schnittkomplikation bei einer LASIK, die eine chirurgische Nahtversorgung der Hornhautlamelle unter dem Operationsmikroskop erforderlich macht. In unserer Einrichtung hat sich die Aufteilung in einen Operationssaal für die Intraokularchirurgie und einen zweiten Operationssaal für die Laserchirurgie, die beide innerhalb der Operationseinheit angesiedelt sind, bewährt. In der Regel werden refraktiv-chirurgische Eingriffe als ambulante Operationen ausgeführt. Diese unterliegen § 115 Abs. 1/1 SGB V und dürfen einen Patienten keinem höheren Risiko als stationäre Eingriffe aussetzen [1]. Unterschieden wird hierbei zwischen Operationen und kleineren invasiven Eingriffen. Speziell refraktiv-chirurgische Eingriffe werden in der diesbezüglichen Anlage der RKI-Richtlinie nicht erwähnt. Die Kataraktchirurgie und die Implantation einer intraokularen Linse werden jedoch unter den Operationen gelistet [2]. Somit müssen auch der RLA und die pIOL als Operation verstanden werden. Bei den Lasereingriffen spricht die größere Wundfläche für eine Klassifizierung nach Operationen, die Oberflächenbehandlung im Gegensatz zum intraokularen Eingriff jedoch für einen invasiven Eingriff. Im Einverständnis mit der Kommission Refraktive Chirurgie des BVA/DOG haben wir uns dazu entschlossen, alle Verfahren als Operationen zu werten [1].
27.2
Planung einer Operationseinheit
27.2.1
Allgemeines
Die baulichen Anforderungen richten sich nach der Art der invasiven Maßnahme. Wie oben ausgeführt ist zu unterscheiden zwischen Räumen für Operationen und solche, für kleinere invasive Eingriffe. Tatsächlich unterscheiden sich die Anforderungen an die räumliche Ausstattung von Operationseinheiten und Eingriffsräumen jedoch nur in der Schleusensituation. Im Bundesgesundheitsblatt 5/1994 wurden die entsprechenden Anlagen veröffentlich. Sie beziehen sich auf die Ziffern 5.1 und 4.3.3 der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention »Anforderungen der Hygiene beim ambulanten Operieren in Krankenhaus und Praxis«, die in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Robert-Koch-Institut erarbeitet wurden [2].
27.2.2
Arbeitsabläufe aufzeichnen und Laufwege festlegen
Die Anordnung der einzelnen Räumlichkeiten einer operativen Einheit richtet sich nach den Arbeitsabläufen [3]. Es ist nicht sinnvoll und auch nicht zulässig, wenn zur Bestückung oder Entnahme von Waren aus dem Sterilgutlager der Operationssaal durchschritten werden muss, oder wenn die Müllentsorgung nur durch den Sterilisierraum zu erreichen wäre. Wir haben gute Erfahrung mit der Beratung durch das lokale Hygiene-Institut der Hochschule oder Universität gemacht und unsere Baupläne vor Baubeginn besprochen.
27.2.3
Trennung und Verbindung von Praxis und Operationssaal
Die Operationseinheit sollte vom übrigen Praxisbereich getrennt sein. Bei uns hat es sich jedoch bewährt, dass die Praxiseinheit in unmittelbarer Nähe liegt und durch einen Flur oder eine Etage getrennt wird. Neben den eigentlichen Operationsräumen werden die Patienten an einer Anmeldung in Empfang genommen und in einem Wartebereich versorgt. Diese Räumlichkeiten könnten auch in der Praxis und einem anderen Anmelde- und Wartebereich liegen. Gerade in der refraktiven Chirurgie jedoch erwarten die Patienten eine entsprechende Atmosphäre vor und nach der Operation in Sinne einer hochwertigen und ansprechenden Umgebung. Bei uns hat es sich bewährt, gerade für diese Anforderungen einen separaten Wartebereich
377 27 .3 · Bauliche Anforderungen
einzurichten, der im Hinblick auf die Laserpatienten modern, hell und fast luxuriös eingerichtet wurde. Ebenso verfügt die Operationsabteilung über eine eigene Anmeldetheke und eine Küche, aus der die Patienten postoperativ versorgt werden (. Abb. 27.1). Aufteilung einer Operationseinheit 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Operationssaal Patientenumkleide mit Schleuse Personalumkleide mit Schleuse Waschplatz außerhalb des Operationssaals Ein- und Ausleitungsraum (Anästhesievorbereitung) Sterilisierraum (reine und unreine Seite) Geräteraum Entsorgung Sterilgutlager Ruhezone
. Abb. 27.1 Beispiel einer Operationsanmeldung mit Wartebereich für Patienten. Dahinter liegen Küchenräume zur Versorgung
Nebenräume 4 4 4 4
Anmeldung Warteraum Toiletten für Patienten Toiletten für Personal
27.3
Bauliche Anforderungen
27.3.1
Räume für Operationen
Zu der eigentlichen Operationseinheit gehört zunächst einmal ein Operationssaal. Die Anforderungen richten sich nach den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RobertKoch-Institut (RKI) [1]. Die Boden- und Wandflächen im Operationssaal müssen bis auf eine Höhe von 2 m desinfizierbar und scheuerfest sein. Der Boden des Operationssaals muss flüssigkeitsdicht verfugt sein. Die Kantenübergänge sind mit Hohlkehlen auszuführen, um Schmutzablagerungen in spitzen Winkeln zu verhindern. Bodeneinläufe, Wasch- und Reinigungsbecken sind im Operationssaal unzulässig. Unter Berücksichtigung der Anforderungen an den Gerätebedarf während der Operation sollte der Operationssaal mindestens 25 m2 groß sein (. Abb. 27.2). Der Operationssaal für Lasereingriffe richtet sich insbesondere nach der Größe der verwendeten Laser (Excimer und evtl. Femtolaser) und kann erheblich größere Grundflächen erforderlich machen. Der Operationssaal sollte verdunkelbar sein. Die Verdunklung muss aus hygienischen Gründen außenliegend angebracht werden.
. Abb. 27.2 Operationssaal mit angeschlossenen Funktionsräumen
Neben dem Operationssaal sind folgende Räume in einer Operationseinheit vorzuhalten: 4 Personalumkleideräume mit Schleusentechnik (muss nicht nach Geschlechtern getrennt sein) 4 Patientenumkleide mit Schleusenfunktion 4 Waschplatz außerhalb des Operationssaals (muss kein eigener Raum sein)
27
378
27
Kapitel 27 · Operationsräume für refraktiv-chirurgische Eingriffe
4 Ein-/Ausleitraum (Anästhesievorbereitung) (ca. 20– 30 m2) 4 Separater Aufbereitungs-/Sterilisierraum (Unterteilung in unreine und reine Zone, Zirkulation der Aufbereitung in diesem Sinne) (ca. 15–20 m2) 4 Raum für die Aufbereitung unreiner/benutzter Geräte (Geräteraum) (ca. 10–15 m2) 4 Entsorgungsraum für unreine Güter (Müllentsorgung/ Putzmittelraum) (ca. 10 m2) 4 Sterilgutlager (mit geschlossenen Schränke) (ca. 15– 20 m2) 4 Ruhezone (kann auf den Anästhesieraum und Wartebereich zurückgreifen) Die Narkoseeinleitung bzw. die Narkoseüberwachung (auch für lokalanästhesische Verfahren) kann auch im Operationssaal selbst erfolgen. Für einen reibungslosen und ökonomischen Ablauf hat sich jedoch ein eigener Anästhesieraum bewährt. Instrumentiertische sollten im Operationssaal selbst vorbereitet werden. Werden sie dennoch außerhalb des Operationssaals vorbereitet, müssen für diesen Bereich die gleichen hygienischen Bedingungen wie in einem Operationssaal gewährleistet sein. Die Personalumkleide hat einen reinen und unreinen Bereich. Im unreinen Bereich sollen Personalschränke, Ablagefächer, ein Sammelbehälter für benutze Operationskleidung, sowie Waschbecken und Desinfektionsmittelspender angeboten werden. Im reinen Bereich muss Funktionskleidung bereit liegen.
27.3.2
Matrialver- und -entsorgung
Die Materialversorgung erfordert einen Bereich, wo die Güter ohne Umverpackung in Empfang genommen werden können. Umverpackungen, die nur dem Schutz der Waren auf dem Transport dienen, sollen nicht in den Operationsbereich gebracht werden. Das Sterilgut wird im Sterilgutlager in seiner eigenen Verpackung gelagert. Unsterile und gebrauchte Waren werden über die Entsorgung aus dem Operationssaal geschafft. Die Entsorgung von Müll einer operativen Einheit erfordert besondere Aufmerksamkeit. Eine sorgfältige Mülltrennung ist erforderlich. Papier, Glas und saubere Umverpackungen (grüner Punkt) werden entsprechend dem normalen Haushaltsmüll in separaten Tonnen zwischengelagert und entsorgt. Spezieller Operationsmüll erfordert eine eigene Entsorgung. Wir haben uns mit den städtischen Entsorgungsbetrieben und einem privaten Müllentsorger auf die Trennung in kontaminierten Müll (z. B. Schlauchsysteme, verunreinigte Abdecktücher, unsterile Handschuhe oder nasse Kompressen) und sog. sau-
beren Operationsmüll (z. B. trockene Operationskittel, trockene Instrumententischabdeckungen etc.) geeinigt. Es ist uns wohl bekannt, dass beide Sorten Müll in die gleichen Verbrennungsanlage gefahren und dort gemeinsam vernichtet werden, die Entsorgung des kontaminierten Mülls behält sich dennoch der städtische Müllentsorger vor. Im Rahmen der refraktiven Chirurgie fällt regelmäßig weniger Müll als in der sonstigen Augenchirurgie an.
27.3.3
Desinfektionsmittelspender
Im gesamten Operationsbereich sind ausreichend viele Desinfektionsmittelspender vornehmlich in Wandmontage zu installieren. Bewährt haben sich in allen Bereichen ohne Unterbauten hierzu Auffangschalen unterhalb der Spender, um Bodenverschmutzungen, Gefahren durch Feuchtigkeit und dauerhaft Materialverschleiß an den Oberflächen zu vermeiden. Im Rahmen der Excimerchirurgie ist der Einsatz von Desinfektionsmitteln zur Händedesinfektion kritisch zu sehen. Die präoperative chirurgische Händedesinfektion des Operationsteams kann daher in der Schleuse vor dem Operationsraum erfolgen, es muss dann möglich sein mit desinfizierten Händen durch die Tür von der Schleuse/Waschraum in den Operationssaal zu treten. Durch die Verdunstung der auf Alkoholbasis hergestellten Produkte kann es zu erheblichen Beeinflussungen der Laserapplikation kommen. Nach Betriebsende werden täglich alle Operationsräume desinfizierend gereinigt. Die patientennahen Flächen und die Flächen mit häufigem Handkontakt durch das Personal (z. B. Bedienflächen von Geräten, Liegefläche für den Patienten, Griffe) müssen zwischen zwei Patienten desinfizierend gereinigt werden, d. h. mit einem Tuch abgewischt werden, das mit einem geeigneten Desinfektionsmittel feucht – nicht nass – getränkt ist. Wiederbenutzung ist möglich, sobald die Fläche wieder trocken ist, d. h. es braucht keine Einwirkzeit abgewartet werden.
27.3.4
Räume für invasive Eingriffe
Wie schon erwähnt gestalten sich Räume für invasive Eingriffe ähnlich. Lediglich auf die Schleusentechnik der Personal- und Patientenumkleide wird verzichtet. Die Aufbereitung der Sterilinstrumente kann, wie bei Operationen auch, außerhalb der Einheit erfolgen. Nach unserer Einschätzung unterliegen alle refraktiv-chirurgischen Eingriffe den räumlichen Anforderungen für Operationen.
379 Literatur
27.3.5
Raumlufttechnische Anlage
Eine raumlufttechnische Anlage ist in der aseptischen Augenchirurgie nicht erforderlich. Eine Minderung des Infektionsrisikos ist bei den extrem kleinen Wundflächen im Rahmen der modernen Augenchirurgie und in Anbetracht der kurzen Operationszeiten nicht zu erwarten. Kritisch wird der Einsatz von Klimatisierungsanlagen gesehen, da diese nur betrieben werden dürfen, wenn sie mit entsprechenden Filtern einer raumlufttechnischen Anlage kombiniert werden. Ein Krankenhaushygieniker oder das zuständige Gesundheitsamt sollte mit zur Problemlösung herangezogen werden. Zu bedenken sind die enormen Wartungskosten für derartige Anlagen. Die reine Fensterlüftung mit entsprechenden Insektengittern hat sich bewährt, wenn die Operationsräume nicht innenliegend sind. > Raumlufttechnische Anlagen sind in der Mikrochirurgie des Auges nicht erforderlich. Klimatisierungsanlagen werden kritisch gesehen und dürfen nur mit entsprechenden Filtern betrieben werden.
Für die Excimerchirurgie gelten je nach Hersteller der Lasersysteme besondere Anforderungen an das Raumklima. Hierzu gehört sowohl die Raumtemperatur, als auch die Luftfeuchtigkeit. Einige Laserhersteller geben sehr enge Grenzen für das zulässige Raumklima an. Der Einrichter einer operativ-refraktiven Einheit sollte sich deshalb vorab bei den Laserherstellern erkundigen, jedoch gilt auch hier, dass eine Klimatisierung ohne raumlufttechnische Anlage nicht zulässig ist. Fazit für die Praxis Die räumlichen Einrichtungen für die refraktive Chirurgie entsprechen denen eines mikrochirurgischen Augenoperationssaals und richten sich nach den Richtlinien des RKI. Hinzu kommt noch der Arbeitsplatz für die refraktiven Lasergeräte, zum einen den Excimerlaser, evtl. noch den Femtosekundenlaser. Insoweit kann ein refraktiver Operationssaal sinnvoll an einen Augenoperationssaal angegliedert werden oder in diesem integriert sein, um gemeinsam Einrichtungsmerkmale zu nutzen. Besonderes Augenmerk sollte der Betreiber eines Operationssaals für refraktive Chirurgie auf die Anmeldesituation und den Wartebereich richten. Trotz der verständlichen Nervosität vor einer Operation am Auge werden Patienten als Selbstzahler und Privatpatienten besondere Anforderungen an die unmittelbare Umgebung stellen.
Literatur 1.
2.
3.
Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen. Bundesgesundheitsbl (2000) 43:644–648. Springer, Berlin Heidelberg New York 2000 Anforderungen der Hygiene beim Operieren in Krankenhaus und Praxis. Anhang zur Anlage zu Ziffern 5.1 und 4.3.3. Bundesgesundheitsbl (1997) 40:361–365 Gerl R (1997) Ambulante Operationen in der Augenheilkunde, Hippokrates, Stuttgart
27
28
Abrechnung von refraktivchirurgischen Eingriffen J. Hassel, T. Neuhann
28.1
Einleitung
28.2
Behandlungshonorare
28.3
Laserchirurgie (Femto-LASIK, LASIK, Epi-LASIK, LASEK, PRK) – 382
28.4
Linsenchirurgie (RLA, Sonderlinsen, phake IOL)
28.5
Beurteilung der steuerlichen Absetzbarkeit Literatur
– 382 – 382
– 387
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_28, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 385
– 387
28
382
Kapitel 28 · Abrechnung von refraktiv-chirurgischen Eingriffen
28.1
Einleitung
Die Abrechnung für die refraktive Chirurgie ist im Prinzip sehr einfach und »unantastbar«, solange man sich an die gesetzlichen, standesrechtlichen Vorgaben und die GOÄ hält: Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Hornhautverkrümmung sind von der WHO als »disease« eingestuft und ICD10-kodiert, damit ist deren operative Korrektur ein »Heilverfahren«, das nur vom Arzt durchgeführt werden kann. Die Heilung einer Krankheit durch den Arzt ist umsatzsteuerfrei, solange er diese als selbstständige Leistung liquidiert. Bundesausschuss und BÄK haben die Leistungen der refraktiven Chirurgie als IGeL – individuell zu finanzierende Gesundheitsleistung – eingestuft, weshalb die dazu notwendigen Leistungen (Voruntersuchung, Operation und Nachuntersuchungen bis zu 3 Monaten) nicht über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden dürfen. Privatkrankenversicherungen entscheiden im Einzelfall. Die Abrechnung hat privat nach der jeweils gültigen GOÄ zu erfolgen. Ausnahmen gelten hier nur für Kliniken, die in der Gestaltung ihrer Behandlungsverträge frei sind und auch Fallpauschalen mit dem Patienten vertraglich regeln können. Für Privatpatienten sollte aber trotzdem die Abrechnung nach GOÄ gewählt werden, um eine Erstattung durch die PKV zu ermöglichen. Die Kosten für die refraktive Chirurgie kann der Patient ohne amtsärztliche Prüfung bei der Einkommenssteuer geltend machen.
28.2
Behandlungshonorare
(Kommission Refraktive Chirurgie (KRC); www.augeninfo.de/krc) Die Diagnostik einer Refraktionsanomalie und deren Versorgung mit Brille oder Kontaktlinse sind Kassenleistung. Grundsätzlich keine Kassenleistung sind die refraktiv-chirurgische Versorgung und eventuell zusätzliche, damit in Zusammenhang stehende vorangehende und nachfolgende ärztliche Leistungen. Das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht möglich, da es sich nach derzeitiger Rechtsauffassung bei komplikationslosem Verlauf um eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit handelt und somit kein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht. Die refraktive Chirurgie ist von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in den Katalog der individuell zu finanzierenden Gesundheitsleistungen (IGEL) aufgenommen worden. Sie zählt zudem gemäß der »Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtli-
nien)« des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 10.12.1999 nach Anlage B zu den »Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zulasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen« (publiziert im Deut-
schen Ärzteblatt 2000; 97:A-864 – A-868). Die ausführliche Beratung vor einem refraktiven Eingriff mit eventuell zusätzlich notwendigen Untersuchungen sowie ggf. die Weiterleitung an einen entsprechenden Operateur sind von dem die Leistung erbringenden Augenarzt direkt nach GOÄ in Rechnung zu stellen; eine Erstattung von Honoraranteilen des Operateurs an den Zuweiser ist rechtlich unzulässig. Für die Honorierung der Operation selbst sind ebenfalls die Bestimmungen der GOÄ unter Hinzuziehung von Analogziffern anzuwenden. Die Bundesärztekammer hat hierzu Empfehlungen herausgegeben (z. B. für die PRK bzw. PTK die Ziffer A 5855, für die LASIK die Ziffer 1345 in Kombination mit der Analogziffer A 5855). Da es sich bei refraktiv-chirurgischen Eingriffen nicht um kosmetische Operationen handelt, kann die Behandlung eventueller postoperativer Komplikationen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden. Bei komplikationslosem Verlauf ist davon auszugehen, dass nach 3 Monaten die Behandlung im Rahmen des refraktiv-chirurgischen Eingriffs abgeschlossen ist, so dass nach gegenwärtiger Rechtsauffassung dann eine kassenärztliche Weiterbehandlung erfolgen kann. 28.3
Laserchirurgie (Femto-LASIK, LASIK, Epi-LASIK, LASEK, PRK)
(Aus den KRC-Richtlinien; http://www.augeninfo.de/krc/ qualit.pdf: Bewertung und Qualitätssicherung refraktivchirurgischer Eingriffe durch die DOG und den BVA, Stand Mai 2007) 2
Prozessqualität
2.1 Patientenaufklärung
Jeder Anwender ist zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet. Ein entsprechender Aufklärungsbogen wurde von der DOG zusammen mit der KRC erstellt (http://www. augeninfo.de/krc/patinf_l.php) 4 GOÄ 34: Erörterung einer lebensverändernden Operation; 1×: 17,49 €, 2,3×: 40,23 € Erörterung (Dauer mindestens 20 Minuten) der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung gegebenenfalls einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und
383 28.3 · Laserchirurgie (Femto-LASIK, LASIK, Epi-LASIK, LASEK, PRK)
Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken, einschließlich Beratung gegebenenfalls unter Einbeziehung von Bezugspersonen http://www.e-bis.de/goae/defaultFrame.htm
Deutsches Ärzteblatt Jg. 99, Heft 23, 7. Juni 2002: 4 Nr. A 7003 Aniseikonie: Quantitative Aniseikoniemessung, gegebenenfalls einschließlich qualitativer Aniseikonieprüfung analog Nr. 1226 (182 Punkte). 4 Nr. A 7015 Biometrie: Optische und sonographische Messung der Vorderkammertiefe und/ oder der Hornhautdicke des Auges, analog Nr. 410 (200 Punkte), für die Untersuchung des anderen Auges in der gleichen Sitzung analog Nr. 420 (80 Punkte). 4 Nr. A 7009 Topographie: Quantitative topographische Untersuchung der Hornhautbrechkraft mittels Computer gestützter Videokeratoskopie, ggf. an beiden Augen, analog Nr. 415 (300 Punkte). 4 Nr. A 7008 Endothelzellenmessung: Konfokale Scanning-Mikroskopie der vorderen Augenabschnitte, einschließlich quantitativer Beurteilung des Hornhautendothels und Messung von Hornhautdicke und Streulicht, ggf. einschließlich Bilddokumentation je Auge, analog Nr. 1249 (484 Punkte).
2.2 Präoperative Diagnostik
Präoperativ sind mindestens folgende Untersuchungen erforderlich und zu dokumentieren: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe, ggf. nach Ausschaltung der Akkommodation 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Messung des Pupillendurchmessers (photopisch und skotopisch) 4 Messung der Aniseikonie bei Anisometropie sowie Bestimmung der Verträglichkeit der geplanten Korrektur durch Kontaktlinsen-Trageversuch 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte in medikamentöser Mydriasis 4 Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie) 4 Ausschluss medizinischer Kontraindikationen Eine Beispielabrechnung zeigt . Tab. 28.1.
. Tab. 28.1 Beispielhafte Abrechnung der Voruntersuchungen Rechnungstext
GOÄ-Ziffer
1,0 Satz
Faktor
Abrechnungsbetrag
Erörterung einer lebensverändernden Operation
34
17,49 €
2,3
40,23 €
Brillenvermessung
1207
4,08 €
2,3
9,38 €
Objektive Refraktionsbestimmung
1202
4,31 €
2,3
9,91 €
Subjektive Refraktionsbestimmung
1201
5,19 €
2,3
11,94 €
Orthoptischer Status, qualitativ
1216
5,30 €
2,3
12,19 €
Biokulare Zusammenarbeit
1217
14,11 €
2,3
32,45 €
Aniseikonie, qualitativ + quantitativ
A 7003
14,45 €
2,3
33,24 €
Hornhauttopographie computergestützt mit Farbdarstellung – Videokeratoskopie
A 7009
17,49 €
2,3
40,23 €
Pupillographie
1259
14,11 €
2,3
32,45 €
Pachymetrie (US oder OCP)
410
11,66 €
1,8
20,99 €
Dämmerungssehen ohne Blendung
1234
5,30 €
2,3
12,19 €
Dämmerungssehen bei Blendung
1235
5,30 €
2,3
12,19 €
Tensio-Messung applanatorisch
1256
5,83 €
1,8
10,49 €
Binokuläre Untersuchung des Augenhintergrundes
1242
8,86 €
2,3
20,38 €
Summe
298,26 €
Zusatzuntersuchungen im Falle Biometrie: Optische und sonographische Messung der VK-Tiefe und/oder Hornhautdicke des 1. Auges
A 7015
11,66 €
2,
26,82 €
Wellenfront: Computergestützte Bestimmung der okulären Brechkraftfehler höherer Ordnung mittels der WellenfrontAnalyse mit Irisphotographie zur ortsgenauen Auflösung der Behandlungsparameter
A 424
40,80 €
2,3
93,84 €
28
384
Kapitel 28 · Abrechnung von refraktiv-chirurgischen Eingriffen
2.3 Postoperative Diagnostik (7 Abschn. 3.1)
Postoperativ sind regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich und zu dokumentieren. Diese müssen mindestens umfassen: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie (mindestens einmal innerhalb der ersten 12 postoperativen Monate) 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe
4 Messung des Augeninnendruckes 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte Sind der Operateur und der nachbehandelnde Arzt nicht identisch, muss eine Kooperation für die Nachbehandlung gewährleistet sein. Eine Beispielabrechnung zeigt . Tab. 28.2.
. Tab. 28.2 Beispielhafte Abrechnung der Nachuntersuchungen
28
Rechnungstext
GOÄ-Ziffer
Beratung
3
Computergestützte Videokeratoskopie
A 7009
Subjektive Refraktionsbestimmung
1201
Spaltlampenmikroskopie Tensio-Messung applanatorisch
1,0 Satz
Faktor
Abrechnungsbetrag
8,74 €
2,3
20,10 €
17,49 €
2,3
40,23 €
5,19 €
2,3
11,94 €
1240
4,32 €
2,3
9,93 €
1256
5,83 €
1,8
10,49 €
Summe
92,69 €
Zusatzuntersuchungen im Falle Binokuläre Untersuchung des Augenhintergrundes
1242
8,86 €
2,3
20,38 €
Dämmerungssehen ohne Blendung
1234
10,37 €
2,3
23,85 €
Dämmerungssehen bei Blendung
1235
10,30 €
2,3
23,69 €
Pachymetrie
410
11,66 €
1,8
20,99 €
Faktor
Abrechnungsbetrag
. Tab. 28.3 Beispielhafte Abrechnung einer LASIK-Operation des ersten Auges Rechnungstext
GOÄ-Ziffer
Eingehende Beratung
3
Hornhauttopographie
A 7009
1,0 Satz 8,74 €
2,3
20,10 €
17,49 €
2,3
40,23 €
Spaltlampenmikroskopie
1240
4,32 €
2,3
9,94 €
Subjektive Refraktion
1201
5,19 €
2,3
11,94 €
Zwischensumme 1
82,20 €
Zuschlag für Operationsmikroskop
440
23,32 €
1
23,32 €
Zuschlag ambulante Operation
445
128,23 €
1
128,23 €
Druckmessung applanatorisch
1256
5,83 €
1,8
10,49 €
Keratomileusis in situ (unter Hinzunahme eines Mikrokeratoms)
1345
96,76 €
3,5
338,66 €
Intraoperative Anwendung eines Excimer-Lasers
A 5855
402,18 €
2,5
1005,45 €
Zwischensumme 2 Zuzüglich Sachkosten, nach § 10 GOÄ Summe 1. Auge
1506,15 € 270,30 € 1858,65 €
Für die Femto-LASIK sollte man lediglich die Ziffer 1345 zu einem vorher mit dem Patienten in jedem Einzelfall abgedingten Steigerungssatz (z. B. 8,0) und die entsprechend höheren Sachkosten (ca. 450 €) ansetzen. Für die Epi-LASIK oder ähnliches sind diese Sätze zu reduzieren.
385 28.4 · Linsenchirurgie (RLA, Sonderlinsen, phake IOL)
. Tab. 28.4 Beispielhafte Abrechnung einer LASIK-Operation des zweiten Auges Rechnungstext
GOÄ-Ziffer
1,0 Satz
Faktor
Hornhauttopographie
A 7009
17,49 €
2,3
40,23 €
Spaltlampenmikroskopie
1240
4,32 €
2,3
9,94 €
Subjektive Refraktion
1201
5,19 €
2,3
11,94 €
Zwischensumme 1
Abrechnungsbetrag
50,16 €
Infiltrationsanästhesie
491
7,05 €
2,3
16,22 €
Druck, applanatorisch
1256
5,83 €
1,8
10,49 €
Keratomileusis in situ (unter Hinzunahme eines Mikrokeratoms) bzw. subepitheliale Keratomileusis
1345
96,76 €
3,5
338,66 €
Intraoperative Anwendung eines Excimer-Lasers
A 5855
402,18 €
2,5
1005,45 €
Zwischensumme 2
1354,60 €
Zuzüglich Sachkosten, nach § 10 GOÄ:
228,08 €
Summe 2. Auge
1632,84 €
Bilaterale LASIK-Operation
3491,49 €
Für die Femto-LASIK sollte man auch hier lediglich die Ziffer 1345 zu einem vorher mit dem Patienten in jedem Einzelfall abgedingten Steigerungssatz (z. B. 8,0) und die entsprechend höheren Sachkosten (ca. 450 €) ansetzen. Für die Epi-LASIK oder ähnliches sind diese Sätze zu reduzieren.
2.4 Operativer Eingriff
3.2 Präoperative Diagnostik
Grundsätzlich sind folgende Mindestvoraussetzungen zu berücksichtigen: 4 Lokalanästhesie (Tropfanästhesie) 4 Keratotomie bzw. Epithelentfernung unter aseptischen Bedingungen mit sterilen Instrumenten 4 Durchmesser der Zone voller Korrektur nicht unter 6 mm 4 Eine Hornhautrestdicke von 250 μm für das stromale Bett darf auch nach Nachbehandlung nicht unterschritten werden. 4 Nachbehandlung mit antibiotika- und steroidhaltigen Augentropfen mindestens über 5 Tage
Präoperativ sind mindestens folgende Untersuchungen erforderlich und zu dokumentieren: 4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe, ggf. nach Ausschaltung der Akkommodation 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Messung des Pupillendurchmessers (photopisch und skotopisch) 4 Messung der Aniseikonie bei Anisometropie sowie Bestimmung der Verträglichkeit der geplanten Korrektur durch Kontaktlinsen-Trageversuch 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte in medikamentöser Mydriasis 4 Messung der Vorderkammertiefe 4 Messung der Achsenlänge des Auges 4 Ausschluss medizinischer Kontraindikationen
Eine Beispielabrechnung zeigt . Tab. 28.3 und . Tab. 28.4.
28.4
3
Linsenchirurgie (RLA, Sonderlinsen, phake IOL)
Prozessqualität
Eine Beispielabrechnung einer Voruntersuchung mit Biometrie . Tab. 28.1.
3.1 Patientenaufklärung
3.3 Postoperative Diagnostik
Jeder Anwender ist zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet.
Postoperativ sind regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich und zu dokumentieren. Diese müssen mindestens umfassen:
28
386
Kapitel 28 · Abrechnung von refraktiv-chirurgischen Eingriffen
. Tab. 28.5 Beispielhafte Abrechnung eines Linsenaustausches mittels Phakoemulsifikation
28
Rechnungstext
GOÄ-Ziffer
Beratung
1
Zuschlag ambulante Operation
1,0 Satz
Faktor
Abrechnungsbetrag
10,72 €
2,3
10,72 €
445
128,23 €
1,0
128,23 €
Zuschlag für Operationsmikroskop
440
23,32 €
1,0
23,32 €
Applanationstonometrie
1256
5,83 €
1,8
10,49 €
Parazentese, Spülung oder Wiederherstellung der Augenvorderkammer
1356
21,57 €
2,3
49,60 €
Explantation der körpereigenen Linse mittels Phakoemulsifikation und deren Austausch gegen eine Kunstlinse
1375
204,01 €
6,2
1264,86 €
Summe
1487,22 €
. Tab. 28.6 Beispielhafte Abrechnung einer Implantation einer phaken Linse Rechnungstext
GOÄ-Ziffer
1,0 Satz
Faktor
Zuschlag ambulante Operation
445
128,23 €
1,0
128,23 €
Zuschlag für Operationsmikroskop
440
23,32 €
1,0
23,32 €
Spaltlampenmikroskopie
1240
4,31 €
2,3
9,92 €
Applanationstonometrie
1256
5,83 €
1,8
10,49 €
Einpflanzung einer intraokularen Linse als selbstständige Leistung
1352
104,92 €
8,0
839,36 €
Parazentese, Spülung oder Wiederherstellung der Augenvorderkammer
1356
21,57 €
1,8
38,83 €
Summe
Abrechnungsbetrag
1050,15 €
. Tab. 28.7 Beispielhafte Abrechnung der Sachkosten einer Linsenimplantation Sachkosten
1,0 Satz
Faktor
Abrechnungsbetrag
OP-Set (inkl. 19 % MwSt.)
21,90 €
1,0
21,90 €
1 Ampulle Healon 0,5 ml (inkl. 19% MwSt.)
23,80 €
1,0
23,80 €
1 Ampulle Lidocain 5 ml (inkl. 19% MwSt.)
0,60 €
1,0
0,60 €
2 Ampullen BSS 15 ml (inkl. 19% MwSt.)
2,99 €
2,0
5,98 €
1 Ampulle Ophchol (inkl. 19% MwSt.)
8,31 €
1,0
8,31 €
1 Phakolanze (inkl. 19% MwSt.)
13,90 €
1,0
13,90 €
1 Tellermesser (inkl. 19% MwSt.)
10,71 €
1,0
10,71 €
1 Ethilon Monofil Faden (inkl. 19% MwSt.)
24,82 €
1,0
24,82 €
1 Enklavationsinstrument (inkl. 19% MwSt.)
17,85 €
1,0
17,85 €
Isopto-Max AT 5 ml (inkl. 19% MwSt.)
15,92 €
1,0
15,92 €
IOL-Linse (inkl. 7% MwSt.)
802,50 €
1,0
802,50 €
Summe
946,29 €
387 Literatur
4 Untersuchung der Hornhauttopographie mittels computergestützter Videokeratoskopie (mindestens einmal innerhalb der ersten 12 postoperativen Monate) 4 Prüfung der unkorrigierten und korrigierten Sehschärfe 4 Messung des Augeninnendruckes 4 Untersuchung der vorderen und hinteren Augenabschnitte Sind der Operateur und der nachbehandelnde Arzt nicht identisch, muss eine Kooperation für die Nachbehandlung gewährleistet sein. Eine Beispielabrechnung der Nachuntersuchung . Tab. 28.2
3.4 Operativer Eingriff
Grundsätzlich sind folgende Mindestvoraussetzungen zu berücksichtigen: 4 Lokalanästhesie 4 Operation unter aseptischen Bedingungen mit sterilen Instrumenten 4 Nachbehandlung mit antibiotika- und steroidhaltigen Augentropfen Beispielabrechnungen verschiedener Operationen zeigen . Tab. 28.5 bis . Tab. 28.7.
28.5
Beurteilung der steuerlichen Absetzbarkeit
(Oberfinanzdirektion Koblenz vom 22.06.2006: Kurzinfo der Ertragssteuergruppe St 3 – Einkommensteuer – Außergewöhnliche Belastungen; hier: Aufwendungen für Augenoperationen mittels Laser) Die Vertreter der Länder haben sich zwischenzeitlich über die steuerliche Behandlung von Aufwendungen für Augen-Laseroperationen abgestimmt. Zu klären war die Frage, ob ein Nachweis der Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen durch ein vor der Operation ausgestelltes amtsärztliches Attest gefordert werden soll. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt der Begriff der Krankheit einen anormalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen derart beeinträchtigt, dass er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf. Krankheitskosten sind Aufwendungen, die entweder der Heilung einer Krankheit dienen oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern. Sie erwachsen regelmäßig zwangsläufig,
weil sich der Steuerpflichtige ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Bei Steuerpflichtigen, die sich einer Augen-Laseroperation unterziehen, liegt immer eine Fehlsichtigkeit und damit eine Krankheit vor. Die Operation stellt somit eine Heilbehandlung dar. Die Operationsmethode ist auch wissenschaftlich anerkannt. Daher beschlossen die Vertreter der Länder, die Aufwendungen ohne Vorlage eines amtsärztlichen Attests als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG anzuerkennen. Die Urteile des Finanzgerichts Berlin vom 25.11.2003 (Az. 1 K 1131/03 – nicht veröffentlicht) und des Finanzgerichts Düsseldorf vom 16.02.2006 (Az. 15 K 6677/04 E – juris) finden demnach über die entschiedenen Einzelfälle hinaus keine Anwendung.
Literatur 1.
Kohnen T, Knorz MC, Neuhann T (2007) Bewertung und Qualitätssicherung refraktiv-chirurgischer Eingriffe durch die DOG und den BVA. Ophthalmologe 104:719–726
Anmerkung der Verfasser: Die Abrechnungsbeispiele sind als solche zu verstehen, erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und jeder Arzt kann die Rechnung individuell selbst gestalten. Mit der nächsten GOÄ-Novelle werden sich sicher auch wieder Ziffern und Sätze ändern.
28
Stichwortverzeichnis
T. Kohnen, Refraktive Chirurgie, DOI 10.1007/978-3-642-05406-8_, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
390
Stichwortverzeichnis
A Abbildungsfehler 26, 30 – geometrische 6 Abbot-Intralase-System 142 Aberration 26 – Beschreibung 30 – höherer Ordnung 26, 28, 31 – Interaktion 49 – niederer Ordnung 28, 31 – postoperative 176, 177 – sphärische 6, 29 Aberrometrie 46, 176 Ablatio 279, 284, 288 Ablationsprofil 98, 99, 101, 103, 105, 107, 109, 111, 113, 125 – Q-Wert-angepasste 102 – Topographie-geführtes 105 – Wellenfront-geführtes 108 – Wellenfront-optimiertes 99 Ablationszone – Dezentrierung 125 – Zentrierung 118, 125 Abrechnung 325, 381 Absetzbarkeit, steuerliche 387 Abtragstiefe 98 Achse, optische 114 Achsenametropie 26 Achshyperopie 27 Achslänge, Bestimmung 42 Achsmyopie 26 ACI 7000 202, 203 AcrySof Cachet 236, 238 AcuFocus 303 Add-on-Multifokallinse 310 adjusted ACCP 269 adjusted AnnCP 269 adjusted EffRP 269 Advanced Surface Ablation 59 Akkommodation 27 Akkommodationsapparat 18, 19 Allergie 37 Altersweitsichtigkeit 7 Preybyopie Amblyopie 37 Ametropie, Definition 26 Amotio retinae 312 Anamnese 36, 37 – allgemeine 37 – postoperative 37 Anästhesieraum 378 Aniseikonietest nach Awaya 52 Antiphlogistika, nichtsteroidale 130 Applanationstonometrie 179 Arbeitsablauf 376 Arzthaftung, zivilrechtliche 337 Asphärenformel 103 Asphärizität 102 – korneale 104 – optimale 104 – physiologische 104 Astigmatismus 26, 28 – chirurgisch induzierter 277, 280, 285 – irregulärer 203
– kornealer 62 – mixtus 41 – postoperativer 186 – schiefer Bündel 7 – selbst-induzierter 194 Astigmatismuskorrektur 28 – chirurgische 184 – historische Entwicklung 74 Audit 367 Aufbewahrungsfristen, Patientenunterlagen 340 Aufdeck- und Abdecktest 52 Aufklärung 7 Patientenaufklärung Aufklärungsfehler 339 Aufklärungsverzicht 325 Auge – Anatomie 11, 30, 38, 39, 41 – dominantes 221 – trockenes 7 trockenes Auge Augenanamnese 36 Ausbreitungsgeschwindigkeit 7 Autoimmunerkrankungen 56
B Barraquer-Dicken-Gesetz 204 Basalmembranduplikatur 156 Basalmembrandystrophie 60 Behandlungsfehler 337, 341 Behandlungshonorar 349, 382 Beleuchtungsstärke 8 – retinale 32 Berufskraftfahrer, Mindestsehleistungen 373 BESSt-Formel 271 Beugung 8 Bildbrennpunk 6 Bildqualität, retinale 29 Bindehaut – Anatomie 13 – Gefäßversorgung 14 – Nervenversorgung 14 Binokularsehen 220 Biometriemethode, optisch refraktive 271 Bioptics 243 Blendempfindlichkeit 33, 52, 224, 301 Blepharitis 38, 58 Block, ziliolentikulärer 286 Blutgerinnungsstörungen 37 Boltzmann-Konstante 87 Boltzmann-Verteilung 87 Bowman-Membran 15, 16 Brechung 5 Brechungsgesetz 5 Brechungswinkel 5 Brechwert 30 Brechwertametropie 26 Brechwertverteilung 44 Brennweite 6 Brillenunverträglichkeit 340 Bruch-Membran 23 Bulbuswand 12
Bundeswehrdiensttauglichkeit 370 Buttonhole 148, 164 Bypass-Methode – korneale 269
C Calzone-Technik 144 Carbondioxid-Laser 216 Cataracta – nuclearis 279 – secundaria 291 Cefuroxim 258 central steep island 111 Choroidea 13 Ciclosporin 165 Conjunctiva – bulbi 13 – fornicis 13 – palpebrae 13 Continuous-wave-Hydrogenfluorid-Laser 216 corneal crystallines 122 corneal warpage 57 Cover-Test 52 – alternierender 52 – einseitiger 52 CrystaLens 317
D Degeneration, pelluzide marginale 46 Deposit 203 Descemet-Membran 12, 16 descemet membrane endothelial keratoplasty 78 descemet stripping automatic endothelial keratoplasty 78, 96 Desinfektionsmittelspender 378 Dexamethason 167 Dexpanthenol 165 Dezentration 139 Diabetes mellitus 56 Diagnostik 35 – postoperative 46 Diffraktion 8 Diodenlaser 226 Dioptrie 6 Diplopie, postoperative 52 Dissektor 208 Dokumentation 325, 327, 329, 331, 333 Dokumentationsfehler 340 Doppelbilder 299 Double-K-Holladay-1-Formel 272 Double-K-Methode 267 Dresdner Formel nach Kohlhaas 143 DSAEK 96 Dystrophie, korneale 156
391 Stichwortverzeichnis
E Emmetropie 26 Endophthalmitis 276, 298, 312 Endothelmikroskopie 39 Endothelpumpe 16 Endothelzellverlust, kornealer 277, 280, 285 Epi-LASIK – Abrechnung 382 – Haze 164 – Komplikationen 129 – Kontraindikationen 58 – Nachteile 129 – stromale Defekte 164 – technisches Prinzip 128 – Vorteile 128 Epithel, konjunktivale 14 Epitheleinwachsung 171, 173, 301 Epithellockerung 163 Erosio corneae 167 Erosion, rezidivierende 157 ethische Aspekte 65 EUREQUO 360 Excimerlaser 84, 87, 89, 154 – Ablation 144 – Anamnese 124 – Aufbau 88 – Ergebnisse 131 – Flapschnitt 140 – historische Entwicklung 78, 122 – Indikationen 124, 125 – Keratoplastik 132 – Kontraindikationen 126 – Nachkorrektur 130 – Narbenkorrektur 131 – Patientenvorbereitung 139 – postoperative Betreuung 130 – Prinzip 87 – Wellenlänge 89 – Wundheilung 122 – Zentrierung 114, 115, 117, 119 Excimerlaserchirurgie – Eingabedaten 138 – Ergebnisse 148, 149 – Komplikationen 161 – lamelläre 137 – multifokale 300, 301 – Nachsorge 146 – Retreatment 147 – therapeutische 153 Exciplex 89 Exophthalmus 38 Expositionskeratopathie 57 Eyetracker 139
– sphärische 26 Feiz-Mannis-Methode 269 Femto-LASIK 137 – Abrechnung 382 – Kontraindikationen 58 Femtosekundenlaser 90, 91, 93, 95, 97, 142 – Applikation 94 – Behandlung der Linse 317 – Behandlung des Hornhautstromas 302 – Flappräparation 142 – Flapschnitt 140 – Gasdurchbruch 164 – Komplikationen 163 – Prinzip 90 – Systeme 93 – Tunneldissektion 208, 211 Ferrara-Ring 205 Ferrararing 60 Flap 141 Flap-off-Technik 127 Flap-on-Technik 127 Flapdicke 141 Flapdurchmesser 141 Flapentfernung 171 Flaperöffnung 143 Flapfalten 147, 170 Flaprepositionierung 146 Flapschnitt 140 FLEx-Verfahren 95 Flexivue-System 201, 202 Flying-Spot-Laser 300 Fokustiefe – binokulare 220 Formel von Feingold und Olsen 241 free cap 141 Freeze-Keratomileusis 77 Fuchs-Dystrophie 158 Fuchs-Endotheldystrophie 62 Fundoskopie 40 Funktionsprüfung 50, 51
G Galilei-TCA-Methode 271 Glare 203 Glaskörper 12 Gonioskopie 39 Grenzmembrandystrophie 156 Gullstrand-Formel 6, 271 Gutachten 335 – Komplikationen 336 – strafrechtliche 341 Gutachtenauftrag 336
F
H
Fahrtauglichkeit 373 Fall-Kontroll-Studie 73 Familienanamnese 37 Fehlsichtigkeit – Definition 26
Haigis-Formel 267 Haigis-L-Formel 271 Halo 276, 279, 284 Händedesinfektion 378 Happyness-Intervall 73
Hartmann-Shack-Aberrometer 50 Hartmann-Shack-Muster 48 Hartmann-Shack-Sensor 47, 109 Haze 38, 164 – Begutachtung 336 – Entstehung 122 – postoperative 180, 181 – Therapie 181 Heilversuch, individueller 340 Hingeposition 141 Hinterkammer 12 Hinterkammerlinse – Komplikationen 284 – monofokale 316 – phake 240, 245 Hinterkapselfibrose 317 Hockey-Messer 154 Höhenkarten 44 Holladay-2-Formel 268 Holmium-YAG-Laser 226 – gepulster 227 Holmiumlaser 226 Hornhaut – Anatomie 15 – Brechkraft 16, 268 – Brechwertverteilung 44 – Durchmesser 15 – Endothel 16 – Epithel 15 – Untersuchung 38 Hornhaut-Kammerwinkel 42 Hornhautchirurgie – inzisionale 184 Hornhautdicke 58 Hornhautdystrophie – bröcklige 157 – makuläre 157 Hornhautglättung 155 Hornhautkurvatur 44 Hornhautlimbus 14 Hornhautmarkierer 222 Hornhautreflex 115 Hornhautring – intrastromaler 204 Hornhautstromakollagen 217 Hornhauttopographie 43 – Anomalien 57 Huygens-Fresnel-Prinzip 8 Hydrogel-Implantat 203 Hydrogel-Keratophakie 200 Hydrops, kornealer 179 Hypermetropie, Definition 26 Hyperopie – Definition 26 – physiologische 27 – progressive 76 Hyphäma, postoperatives 284
I Immersionsflüssigkeit 155 implantable contact lens 241
A–I
392
Stichwortverzeichnis
Implantat – Dezentrierung 203 – intrakorneales 199, 353 – korneales 303 In-vitro-Modell 72 Inflanefran 167 Infrarot-Photoablation 86 inkompletter 164 Inlay, permeables 200 Instant-vision-Prinzip 257 Instrumentiertisch 378 Intacs 205 Interface 93 Interferenz 7 Intermediärvisus 51 INTRACOR 97, 302, 349, 351 Intraokularchirurgie – allgemeine Risiken 276 – Komplikationen 275 – refraktive 253 Intraokularlinse – akkommodative 298, 314, 315, 348 – asphärische 256 – faltbare 256 – Haptik 256 – Kalkulation 7 IOL-Kalkulation – klassische 256 – monofokale 347 – multifokale 62, 256, 308, 347 – phake 231, 233, 354 – – Ergebnisse 244, 245, 247, 249, 251, 253, 255, 257, 259, 262, 263 – – hinterkammergestützte 60, 290 – – Indikationen 62 – – Irisklauen-gestützte 60 – – kammerwinkelgestützte 60 – – Komplikationen 245, 284 – – Linsentypen 60 – pseudophake additive 259, 261, 263 – Qualitätssicherung 354 – torische 256 Inzision, limbale relaxierende 312, 351 Inzisionstechnik 183 IOL-Kalkulation 241, 265 – Fehlerquellen 266 – online 272 Iridodialyse 21 Iris 13, 21 Irisklauenlinse – Komplikationen 245 – phake 245 Irismuskeln 21 iris registration 179 Irisretraktion 278, 283, 286 Irisstroma 22 Iritis, fibrinöse 217 ISO 9001:2008 364
K Kammerwasser 17 Kammerwinkelverhältnis 39
KAMRA-Implantat 348 Kamra-Inlay 202, 203 Kapselsack, Wiederauffüllung 318 Kapsulorhexis, femtosekundenlaserassistierte 97 Karten – keratometrische 44 – refraktive 44 Kaskadeninonisation 92 Katarakt, kindlicher 262 Kataraktogenese 279, 284, 286 Katzenaugenpupille 278 Kelman Duet 235, 238 Keraring 60, 205 Keratektasie – iatrogene 58 – intrakorneales Implantat 204, 205, 207, 209, 211 – postoperative 174, 175 – Therapie 204, 205, 207, 209, 211 Keratektomie – photorefraktive 127 – – Kontraindikationen 59 – – Prinzip 127 – – transepitheliale 129 – – Vorteile 127 – phototherapeutische 154, 360 – Qualitätssicherung 356 Keratitis – diffuse lamelläre 147, 166, 167, 203, 301 – lamelläre 39 – superficialis punctata 165 Keratoglobus 57 Keratokonus 37, 45, 46, 126 – intrakorneales Implantat 204, 205, 207, 209, 211 – nach Keratektasie 174 – Therapie 204, 205, 207, 209, 211 Keratometrie 43 – manuelle 43 Keratomileusis in situ 77 Keratopathie – bullöse 217 – neurotrophe 57 Keratophakie 303 Keratoplastik – amellierende 77 – Excimerlaser 132 – Femtosekundenlaser 96 – konduktive 219, 221, 223, 299 Keratoskopie 43 Keratotomie – astigmatische 74, 96, 184, 185, 351 – historische Entwicklung 74 – radiale 74, 75 Keratotorus 57 Keratozyten – Apoptose 122 Kobalt-Magnesium-Fluorid-Laser 216, 226 Kohärenztomographie – optische 39, 41 Kollagenvernetzung 175 Koma 7, 28
Kommission Refraktive Chirurgie 344, 382 Komplikationen, Begutachtung 336 Konjunktiva 7 Bindehaut Kontaktlinse – implantierbare 241 – therapeutische 165, 223 Kontaktlinsenkarenz 124 Kontaktlinsentrageversuch 52, 57 Kontaktlinsenunverträglichkeit 340 Kontraindikationen 56, 57 – individuelle 57 – okuläre 57 – Systemerkrankungen 56 Kontrastempfindlichkeit 32 Kontrastschwelle 32 Kontrastsehen 220 Kornea, Topographie 43, 45, 47, 49 Kornealring 205, 206 Krankenversicherung – gesetzliche 340 – private 340 KRC-Richtlinien 344 Kurvatur, korneale 44 Kurzkohärenztomographie, optische 39, 140 Kurzsichtigkeit 7 Myopie
L Lagophthalmos 58 Lamina cribrosa 13 Landolt-C-Zeichen 51 LASEK – Abrechnung 382 – Haze 180 – Komplikationen 128 – Kontraindikationen 58 – technisches Prinzip 127 – trockenes Auge 164 – Vorteile 128 Laser – Wechselwirkung mit Gewebe 84 Laser-assistierte in situ Keratomileusis 7 LASIK Laser-assistierte subepitheliale Keratomileusis 7 LASEK Laserchirurgie – Abrechnung 382 – Operationszahlen 364 laser induced optical breakdown 92 Laserkapsulotomie 291 Laserpulsdauer 86 Laserthermokeratoplastik 225, 227, 229 – non-contact 300 LASIK – Abrechnung 382 – Ergebnisse 148, 149 – Femtosekundenlaser 94 – Komplikationen 150 – Kontraindikationen 58 – Nachkorrektur 132 – Patientenselektion 58
393 Stichwortverzeichnis
– Retreatment 147 – trockenes Auge 164 – Vorbereitung 138 – Vorteile 94 – wellenfrontgeführte 31 LASIK-Flaps 302 LASIK-TÜV 363 Latkany-Formel 270 Laufwege 376 lens refill 317 Lentikeldicke 148 Lentikelfalten 169 – postoperative 169 – Reposition 170 Leuchtdichte 8 Lichtsensitivität – transiente 167 Lichtstärke 8 Lichtstreuung 30 Lichtstrom 8 Lidfehlstellungen 38, 58 Limbus 14 line of sight 115 Linse, Anatomie 19 Linsenaustausch, refraktiver 60, 337 – Indikationen 60 – Komplikationen 289 – Nachstar 291 Linsendezentrierung 286 Linsenfasern 20 Linsenkapsel 19 – Wiederauffüllung 317 Linsenposition, effektive 241 Linsenrotation 278, 283, 286 Linsentrübung, anteriore 287 Lochtest 221
M Machbarkeitsstudie 72 Makulablutung, spontane 279 Makulaödem, zystoides 41, 258 Maloney-Methode 270 MALT 14 Map-dot-fingerprint-Dystrophie 156 Masket-Formel 270 Materialentsorgung 378 Materialversorgung 378 Meesmann-Dystrophie 157 Mikroinzisionschirurgie, koaxiale 257 Mikrokeratom 142 Mindestsehleistungen 370 Minuslinse 5 – chirurgisch induzierter 285 Mitomicin C 129, 179 mix and match 310 Modulationsübertragungsfunktion 50 Monovision 220, 299 – modifizierte 258 – Simulation 57 Motivation 36 mud cracks 167
Müllentsorgung 378 Multifokallinse – diffraktive 309 – refraktive 308 Multiphotonenionisation 92 Munnerlyn-Formel 98 Munnerlyn-Profil 98 Musculus dilatator pupillae 22 Myopie – Definition 26 – Progression 57 – Veränderungen 41 Myopiekorrektur, historische Entwicklung 70 MyoRing 206, 208, 211
N Nachstar 291, 318 Nahaddition 221 Nahvisus 51 Narbenabtragung 154 Narbenkorrektur, Excimerlaser 131 Nd:YAG-Kapsulotomie 290, 312 Negativlinse 5 Netzhautablösung 279, 284, 288 – rhegmatogene 289 Neuroadaptation 311 Non-contact-Laserthermokeratoplastik 300
O Objektbrennpunkt 6 Online-Pachymetrie 140 Operationsbericht 326 Operationseinheit 376 Operationsraum 321, 375 Operationssaal 376, 377 Operationszahlen, Entwicklung 364 Optik – allgemeine 4 – asphärische 102 – geometrische 4 – paraxiale 4 Optikusatrophie, glaukomatöse 179 Optikusneuropathie, ischämische 284 optische Achse 6 optische Qualität 29, 31 Organisationsfehler 340
P Pachymetrie – korneale 41 – online 140 Papillentomographie, konfokale 43 Patientenaufklärung 66, 321, 323 – Behandlungsalternativen 324 – fremdsprachige Patienten 325 – individuell erhöhte Risiken 324
– Verzicht 325 – Zeitpunkt 324 Patientenaufklärungsbogen 325 Patienteneinwilligung 324 – Minderjährige 325 Patientenselektion 55, 66 Perimetrie 52 peripheral multifocal LASIK 300 PERK-Studie 76 phakic refractive lens 241 Phakoemulsifikation 289 Phakofragmentation, femtosekundenlaserassistierte 97 Phakoinzision 195 Phakoodonesis 38 Photoablation 84 Photodekomposition, ablative 84 Photodisruption 86, 91, 143 Photokoagulation, retinale 290 Piggyback-Implantation 260 Pigmentablagerung 277 Pigmentdispersion 277, 282, 285 Pigmentdispersionsglaukom 360 Pilotentauglichkeit 371 Pilotstudie 72 Pinguecula 38 PIOL-Berechnung 236 Placido-Scheibe 43 Placidobild 155 Pluslinse 5 point spread function 177 Polarisation 8 Polizeidiensttauglichkeit 370 prämature Verbreitung 71 Prednisolon 167 PresbyLASIK 300 PresbyLens 201, 202, 303 Presbyopie 27 – intrakorneales Implantat 200 – korneales Implantat 303 Presbyopie-Ablationsprofil 111 Presbyopiekorrektur – akkommodative 308 – an der Linse 307 – chirurgische 295, 297, 321 – intrastromale 97 – pseudoakkommodative 308 Protrusio bulbi 58 Pseudophakie 299 Pterygium, Therapie 158 Punktbildverwaschungsfunktion 49 Pupillarblock 278, 283, 286 – akuter 278 Pupillarblock-Winkelblockglaukom 277 Pupillendurchmesser 48 – mesopischer 62 Pupillenovalisierung 278, 283, 286 Pupillometrie 42 Purkinje-Bild 114 Purkinje-Reflex 125
I–P
394
Stichwortverzeichnis
Q Qualitätssicherung 350, 359, 361 – phototherapeutische Keratektomie 158
R Raumwinkel 8 Ray-Tracing 45, 47, 48 Ray-tracing-Ablationsprofil 111 Referenzachse 115 Reflexion 5 Refraktion 5, 30 – intraoperative 271 – stabile 57 Refraktionsbestimmung 41 Refraktionsfehler, residualer 147 Refraktionsstabilität 147 Refraktionstechnik, aphake 271 refraktiver Linsenaustausch 254 – Indikationen 60 – Komplikationen 289 – Nachstar 291 Reiss-Bückler-Dystrophie 156 Relaxationsinzision, limbale 184, 191, 193, 195, 197 Resonator, optischer 88 Ringsegmente – intrakorneale 60, 353 – intrastromale korneale 204, 208 Risikoaufklärung 67, 324 RMS-Wert 50 Robson-Test 52
S Sachverständigengutachten 7 Gutachten Sammellinse 5 sands of the sahara 166 Sanduhrmuster 46 Scheimpflug-Photographie 40, 126, 266 Schlemm-Kanal 18 Schlichting-Dystrophie 158 Schnauzbart-Muster 46 Schnittweite 6 Schwalbe-Linie 15, 17, 18 Schwangerschaft 56 Schwind-Amaris-Laser 179 Schwingungsdauer 7 Sehtafel 178 Sehzeichen 32, 51 Sekundärglaukom, kornealer Hydrops 179 Shammas-Methode 271 Sicca-Syndrom 224 Sinskey-Haken 208 Skiaskopie, dynamische 47, 48 Sklera 12 – Anatomie 21 Skleraexpansion 317 Snellen-E-Zeichen 51 Snellius-Brechungsgesetz 308
Snowflakes 38 Sonographie 40 Sozialanamnese 36 Spaltlampenbiomikroskopie 38 Stabsichtigkeit 7 Astigmatismus Stereosehen 220 Steroide, topische 167 Stiles-Crawford-Effekt 30 Strehl-Verhältnis 31, 50 Streuung 30 Stromanekrose, aseptische 217 Studie, prospektive 73 Sub-Bowman-Keratomileusis 95, 141 Sulkusdurchmesser, Bestimmung 42 Summit-Excimerlaser 79
T TABO-Schema 28 Tauglichkeitsanforderungen 321, 369 Teilkohärenzinterferometrie 43 Tenon-Kapsel 14 Thermokeratoplastik 215 – Komplikationen 217 – Laser 7 Laserthermokeratoplastik – radiäre 216 – Wundheilung 217 Thiel-Behnke-Dystrophie 156 Tiermodell 72 Topographie, korneale 43, 45, 47, 49 Torsionseyetracking 139 Totalreflexion 5 toxic anterior segment syndrome 283 Trabekelwerk 18 transient light syndrome 140 trockenes Auge 57, 150, 164, 165 – Begutachtung 336 – Therapie 165 Tscherning-Aberrometer 47, 109 Tunneldissektion, mechanische 208, 211
U Ultracortenol 167 Ultraschall-Biomikroskop 40 Upside-down-Implantation 242, 253 Urrets-Zavalia-Syndrom 279, 284 UV-Photoablation 86 UV-Schutz 130 Uvea 13, 21 – Blutversorgung 23 Uveitis 277, 282, 286
V Verlaufsaufklärung 324 verwendet 291 Videokeratographie 269 View-Point-Conductive-Keratoplasty-System 221
visual axis 115 Visusprüfung 31, 51 Visx-STAR-Laser 179 Vogt-Palisaden 15 Vorderkammer 12, 17 Vorderkammerintraokularlinse, phake irisfixierte 238 Vorderkammerlinse – kammerwinkelgestützte phake 234 – phake 245, 246 Vorderkammerreizzustand 38 Vorderkammertiefenmessung 42 Vorderkapselfibrose 317 Vue+ 201, 202
W Wang-Koch-Maloney-Methode 270 Weber-Formel 32 Weitsichtigkeit 7 Hyperopie Wellenfront 30 Wellenfrontfehler 31 – Darstellung 48 – Messung 46 Wellenfrontkarte 48, 49 Wellenlänge 7 Wellenoptik 7 Wundheilung 122, 123
Y Yttrium-Erbium-Glass-Laser 216
Z Zentrierung, Refraktionskorrektur 114, 115, 117, 119 Zentrierungsachse 115 Zernike-Dekomposition 30 Zertifizierung 363 – Audit 367 – Hygieneanforderungen 366 – Personalvoraussetzungen 366 – Voraussetzungen 365 Ziemer-System 142 Ziliarkörper 13, 23 Ziliarmuskel 18 Zonulafasern 19 Zuweisernetzwerk 360 Zykloplegie 36, 41 Zyklotorsion 139 Zytokine 122