Patentmanagement Dritte, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Oliver Gassmann • Martin A. Bader
Patentmanagement Innovationen erfolgreich nutzen und schützen Dritte, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
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Professor Dr. Oliver Gassmann Universität St.Gallen Institut für Technologiemanagement Dufourstrasse 40a 9000 St. Gallen Schweiz
[email protected] www.item.unisg.ch
Dr. Martin A. Bader BGW AG Management Advisory Group St. Gallen - Wien Varnbüelstrasse 13 9000 St. Gallen Schweiz
[email protected] www.bgw-sg.com
ISBN 978-3-642-16604-4 e-ISBN 978-3-642-16605-1 DOI 10.1007/978-3-642-16605-1 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006, 2007, 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort
Innovationen sind von überragender Bedeutung für das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen. Jedoch ermöglicht nur ein wirksamer Schutz der Innovation einen nachhaltigen Unternehmenserfolg. Im globalen Innovationswettbewerb wird das Management von Intellectual Property deutlich wichtiger als das Führen von Fabriken. Patente werden wichtiger. Unter den Top 5 Ländern mit Patentanmeldungen rangieren neben den USA, Japan und Europa mittlerweile China und Korea. Neben der quantitativen Zunahme gewinnen auch Effektivität und Effizienz bei der Erstellung von schlagkräftigen, strategischen Patenten an Bedeutung. Viele Unternehmen stehen hier mit dem klassischen Service ihrer Patentabteilungen zunehmend in der Zwickmühle: Einerseits werden einschlägige Experten benötigt, die in enger Zusammenarbeit mit Forschung und Entwicklung (F&E) diese Patente anmelden und rechtlich durchsetzen sollen, andererseits nehmen die Anforderungen beim Management des Patentportfolios mit Hinblick auf die eigene Kostenstruktur und das Wettbewerbsumfeld stetig zu. Ein umfassendes, situativ an das Unternehmen angepasstes Patentmanagement wird daher zunehmend wichtiger. Obwohl die Bedeutung des Patentmanagements für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen steigt, gibt es hierzu nur wenig Literatur aus Managementperspektive. Der rasche Ausverkauf der ersten beiden Auflagen und das positive Feedback in Praxis und Presse unterstreichen dies. Die 3. Auflage ist völlig neu überarbeitet und erweitert worden. Aufgrund des Inputs unserer Projektpartner und unserer Executive MBA-Studenten haben wir ein stärkeres Gewicht auf die Bewertung, Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten gelegt. Zudem wurden die Fallbeispiele aufgrund der hohen Dynamik in dem Gebiet stark aktualisiert, rund die Hälfte der Beispiele sind durch neue Fälle ersetzt worden. Ziel des Buches ist es, einen Überblick über gängige Konzepte und Bausteine des Patentmanagements zu geben. Diese werden anhand von neun Fallstudien aus unterschiedlichen Branchen vertieft: ABB, AlcatelLucent, Bayer, British Telecom, Eastman Kodak, Henkel, OC Oerlikon, Porsche und Schindler. Das Buch richtet sich an Führungskräfte in den Bereichen Innovation, F&E und Patentwesen. Wissenschaftlern und Studenten bietet das Buch
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Vorwort
anwendungsorientierte Impulse zu den Ausprägungen des Patentmanagements von innovativen Unternehmen im hoch kompetitiven Umfeld. In das Buch sind unsere Arbeiten am Institut für Technologiemanagement der Universität St.Gallen über und mit Unternehmen aus West- und OstEuropa, USA, Japan, China und Taiwan eingeflossen: x Globale Benchmarking-Studie zu strategischem Technologiemanagement, bei der weltweit 61 technologieintensive Unternehmen untersucht und die fünf führenden Unternehmen in Europa und USA vor Ort vertieft analysiert wurden. x KTI-Forschungsprojekt zu Verwertung von Patenten mit vier Pharmabeziehungsweise Chemieunternehmen aus der Schweiz. x Studien zur Patentgenerierung, -bewertung und -verwertung mit PwC, Dennemeyer, unserem Spin-Off BGW sowie dem IGE und der WIPO. x Projektbezogene Studien zu Lizenzierungspotenzialen auf Basis von Intellectual Property im Service- und Chemiesektor. x Achtmonatige Arbeitskreise mit multinationalen Unternehmen sowie mit KMUs zu Patentmanagement. x Zahlreiche bilaterale Industrieprojekte im Innovations- und Patentmanagement über und mit Unternehmen aus West- und Ost-Europa, USA, Indien, Japan, China und Taiwan. x Über 300 Interviews mit Intellectual Property Experten in Europa, USA, Indien, Japan, Taiwan und China. x Mehrjährige eigene Führungs- und Beratungserfahrung der Autoren im Management von Innovation und Intellectual Property. Dank gebührt Felix Addor, Jörg Baur, Angela Beckenbauer, Beda Bischof, André Escher, Andreas Gaussmann, Fabian Glässer, Peter Homberg, Bernhard Hostettler, Florian Kirschenhofer, Michael Kucher, Stephanie Krüger, Leo Longauer, Ivan Mijatovic, Isabell Peters, Nicolas Rohner, Martin Sperrle, Harald Ulrich, Hendrik Vogel und Beat Weibel. Besonderer Dank gebührt Frauke Rüther und Nicole Ziegler, welche die Überarbeitung der 3. Auflage und die Erweiterung der Kapitel Bewertung und Verwertung stark vorangetrieben haben. Bedanken möchten wir uns auch bei unseren Projektpartnern, den Interviewpartnern und den Studenten der Universität St.Gallen, die mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag zu diesem Buch geliefert haben. St. Gallen September 2010
Oliver Gassmann Martin A. Bader
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ....................................................................................................... v I.
Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten .............................. 1 Schutz von Innovationen in der Wirtschaft ....................................... 1 Ursprünge des gewerblichen Rechtsschutzes .................................... 6 Arten von Schutzrechten ................................................................... 9 Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg ........................ 22
II.
Generierung von Patenten ............................................................ 33 Patentstrategien................................................................................ 33 Offensive und defensive Patentstrategien........................................ 40 Kerndimensionen der Patentstrategie .............................................. 43 Patententwicklungsprozess .............................................................. 50 Kosten von Patenten ........................................................................ 56 Geltungsbereich von Patenten ......................................................... 60 Handlungsfreiheit ohne Patente ....................................................... 61
III.
Bewertung von Patenten ............................................................... 67 Evaluierung von Patenten ................................................................ 69 Valuierung von Patenten ................................................................. 77 Management des Patentportfolios ................................................... 96
IV.
Verwertung von Patenten ........................................................... 115 Motive der Patentverwertung ........................................................ 117 Formen der Patentverwertung ....................................................... 120 Verwertungszeitpunkt und -umfang .............................................. 128 Vermarktungskanal für Patente ..................................................... 133 Herausforderungen der Patentverwertung ..................................... 135
V.
Organisation des Patentmanagements....................................... 139 Wertschöpfung in Organisationsformen ........................................ 139 Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements ..... 144 Erfinderkultur als Katalysator ....................................................... 147
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Inhaltsverzeichnis
Patent- und Markenabteilung als Dienstleister .............................. 148 Kosten und Nutzen einer Patentabteilung ..................................... 149 Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten ....................... 151 VI.
Branchenspezifisches Patentmanagement ................................. 163 Pharma und Chemie ...................................................................... 163 Biotechnologie............................................................................... 166 Elektrotechnik und Telekommunikation ....................................... 176 Automobil- und Maschinenbau ..................................................... 180 Nanotechnologie ............................................................................ 183 Software......................................................................................... 186 Finanzdienstleistungen .................................................................. 199 Transport und Logistik .................................................................. 208 Handlungsbedarf bei KMU ........................................................... 217
VII. Länderspezifika bei Patenten ..................................................... 221 USA ............................................................................................... 222 Europa: Europäisches Patentübereinkommen ............................... 224 Frankreich ...................................................................................... 225 Großbritannien............................................................................... 225 Russische Föderation / Eurasische Patentorganisation .................. 226 Brasilien......................................................................................... 227 Indien ............................................................................................. 228 Japan .............................................................................................. 229 Korea ............................................................................................. 230 China ............................................................................................. 231 VIII. Patentmanagement in der Open Innovation Ära ..................... 241 Wachstum und Sättigung ............................................................... 241 Patentmanagement in Kooperationen ............................................ 243 Patente in Kooperationsverträgen.................................................. 244 Forschungskooperationen mit Hochschulen .................................. 255 IX.
Successful Practice Unternehmen .............................................. 261 ABB ............................................................................................... 263 Alcatel-Lucent ............................................................................... 270 Bayer ............................................................................................. 275 British Telecom ............................................................................. 283 Eastman Kodak.............................................................................. 291 Henkel ........................................................................................... 299 OC Oerlikon .................................................................................. 306
Inhaltsverzeichnis
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Porsche .......................................................................................... 312 Schindler ........................................................................................ 319 X.
Anhang ......................................................................................... 331 Fakten und Trends ......................................................................... 331 Aufbau einer Offenlegungsschrift ....................................... 332 Aufbau von Patentschriften ................................................. 333 Schriftenartencodes bei Patentdokumenten......................... 334 Patentklassifikation ............................................................. 335 Hinweise zum Recherchieren .............................................. 339 Webkataloge und Glossare im Internet ............................... 341 Gebühren für Schutzrechte .................................................. 342 Patentanmeldungen in Europa ............................................. 344 Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation ....... 345 Deutschland: Regionale Verteilung der Patentanmelder ..... 346 Vergleich Europa, USA, Japan, Korea ................................ 348 Lebenszeiten von Patenten .................................................. 350
Literaturverzeichnis ................................................................................. 351 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ 369 Stichwortverzeichnis................................................................................ 373 Firmenverzeichnis.................................................................................... 381 Autoren .................................................................................................... 385
I.
Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
„Everything that can be invented has been invented!“ Charles H. Duell Director of US Patent Office, 1899
Schutz von Innovationen in der Wirtschaft Innovationen stoßen am Anfang des 21. Jahrhunderts auf besondere Rahmenbedingungen: Die Unternehmensumwelt ist geprägt durch hohe Dynamik und Komplexität sowie Globalisierung des Wettbewerbs, welche wiederum die Erfolgsquoten von Innovation reduzieren – oder diese gerade erst ermöglichen durch ständig neue Nischen. Nach einer Untersuchung von Kienbaum sind lediglich 0,6% aller Innovationsideen kommerziell erfolgreich. In der Pharmaindustrie liegt die Erfolgsrate gar bei 1:10.000. Die Anforderungen an das Management von Innovationen haben sich in vielfacher Weise erhöht: Globalisierung des Wettbewerbs, Explosion des technischen Wissens, Technologiefusionen, Dezentralisierung des Wissens, Eskalation von Innovationskosten, kürzere Innovationszyklen und Beschleunigung der Innovationsdiffusion. Globalisierung des Wettbewerbs: Die Wettbewerbsintensität hat mit zunehmender Öffnung von nationalen Grenzen und der Expansion multinationaler Unternehmen zugenommen. Die Übernahme der PC-Sparte von IBM durch den chinesischen Wettbewerber Lenovo wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Deshalb reicht es heute in zahlreichen Branchen nicht mehr aus, die eigenen Produkte nur lokal zu vertreiben und zu schützen. Die Macht der Skaleneffekte in der Produktion, verbunden mit dramatisch sinkenden Transport- und Informationskosten forciert globale Aktivitäten. Besonders deutlich wurde dies 2009 und 2010 nach der Wirtschaftskrise in der Automobilindustrie, welche sich global konsolidieren wird. Explosion des technischen Wissens: Die Wissensmenge verdoppelt sich alle sieben Jahre. Während die Anzahl der wissenschaftlichen Journals zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch bei 100 lag, wuchs diese 1850 auf 1.000, O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
um 1.900 auf 10.000 und im Jahr 2010 auf ungefähr 300.000. Dabei ist circa 80% des technischen Wissens in Form von Patentschriften veröffentlicht. Über 90% der in den Patentdokumenten offen gelegten Informationen sind ohne Schutz, da diese entweder bereits abgelaufen, zurückgewiesen, zurückgezogen oder nicht verlängert wurden (Ehrat 1997). Der größte Teil des technischen Wissens aus Patentschriften ist somit nicht nur offen zugänglich, sondern kann sogar frei genutzt werden. Technologiefusionen: Immer stärker findet eine Verschmelzung von technologischen Wissenschaftsgebieten statt. Diese interdisziplinären Forschungsarbeiten eröffnen das größte Potential in den nächsten zwei Jahrzehnten. Elektronik verschmilzt mit Optik (Optronic), mit Mechanik auf mikrotechnischer Ebene (Mechatronic) und mit Biologie (Biotronic). Die bedeutenden Durchbrüche bei der Kartierung und Identifizierung des menschlichen Genoms sind Ergebnis einer engen Verknüpfung von Informatik und Gentechnologie. Auf solchen neuen Gebieten besteht daher auch ein großes Schutzbedürfnis: IBM liegt im Bereich Biotechnologie weltweit bereits auf Platz sieben bezüglich der Anzahl an Patenten. Dezentralisierung des Wissens: Durch die gestiegene Globalisierung von F&E in transnationalen Großunternehmen sind weltweit dezentralisierte Kompetenzzentren entstanden. Europäische Unternehmen geben 30% ihrer F&E-Aufwendungen im Ausland aus; bei Schweizer Unternehmen liegt diese Quote sogar bei über 50%. Generell kann ein deutlicher Trend hin zu integrierten Netzwerkstrukturen mit klar definierten F&EKompetenzzentren festgestellt werden. Durch die Dezentralisierung hat die Komplexität von Innovationsprozessen deutlich zugenommen. Der Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien wird unabdingbar und eröffnet neue Innovationsformen, beispielsweise Internet basierte Innovationsnetzwerke. Eskalation von Innovationskosten: Aufgrund der hohen Technologiedynamik und den gestiegenen Anforderungen steigen die F&E-Kosten dramatisch an. Gleichzeitig sind die 90er Jahre durch eine Reduktion von zentralen Forschungsgeldern in der Industrie gekennzeichnet: In Unternehmen wie ABB, musste die Corporate Research in den 80er Jahren nur 20% über Geschäftsbereiche finanzieren; der größte Teil der Forschungsfinanzierung erfolgte über Konzernumlage. Heute müssen 80% der Forschungsmittel über die Geschäftsbereiche oder sonstige Drittmittel erbracht werden. Ein zunehmender Anteil des F&E-Budgets wird dabei für Schutzrechte aufgebracht. In technologieintensiven Branchen fließen bis zu 5% des F&E-Budgets in die Generierung und den Erhalt von gewerblichen Schutzrechten, zuzüglich Kosten für Durchsetzung oder Verteidigung von eigenen Positionen.
Schutz von Innovationen in der Wirtschaft
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Kürzere Innovationszyklen: Trotz steigendem F&E-Aufwand müssen die Unternehmen immer mehr Produkte in immer kürzerer Zeit entwickeln. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass Innovations- und Technologieführerschaft, ungeachtet steigender F&E-Kosten, zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden sind. Der Innovationszyklus einer mechanischen Schreibmaschine lag beispielsweise noch bei 25 Jahren, bei einer mikroprozessorgesteuerten Schreibmaschine liegt dieser mittlerweile bei 5 Jahren. Betrachtet man neuere Substitutionsprodukte, wie Notebooks, Mobiltelefone und Palmtops, so sinkt der Innovationszyklus auf wenige Monate. Die Risiken einer verspäteten Markteinführung steigen. Beschleunigung der Innovationsdiffusion: Als Resultat der Globalisierung des Wettbewerbs, der kürzeren Innovationszyklen und der stetigen Verschärfung der Kostensituation hat sich die Diffusion von Innovation beschleunigt. In der Elektronikindustrie benötigt es inzwischen wenige Monate, bis beispielsweise chinesische Wettbewerber die Produktinnovation als kostengünstiges Imitat auf den Markt bringen. In der Spielzeugindustrie kann dies bis auf wenige Wochen reduziert sein. Der Schutz von Innovation wird für technologieintensive Unternehmen immer wichtiger, um die Investitionen in die Produktentwicklung zu amortisieren. In der Automobilindustrie werden durchschnittlich 4-5% des Umsatzes in F&E reinvestiert, in der Pharmaindustrie sind dies immerhin bis zu 20%. Die zentralen Herausforderungen für das Management von Innovation in Unternehmen lassen sich zusammenfassen in Komplexität, Dynamik und Kosten. Zukunftsorientierte Unternehmen versuchen nach den intensiven Restrukturierungswellen der letzten Jahre Vorsprung durch Innovation zu erreichen. Um dem harten Kostenwettbewerb zu entgehen, wird versucht, Differenzierungsvorteile beim Kunden zu erzielen. Neue Produkte in der Elektro-, Telekommunikations- und Softwareindustrie sind meist mit Leistungssteigerung und Kostensenkung gleichzeitig verbunden. Innovation beschränkt sich aber nicht auf die Entwicklung neuer Produkte, sondern umfasst auch die Entwicklung neuer Service- und Geschäftsmethoden. Als wesentlicher Bestandteil des Innovationsmanagements gilt daher, die Differenzierungsvorteile beim Kunden möglichst nachhaltig zu gestalten und ständig zu erneuern. Bei Patenten kommt es zu folgenden kontroversen Trends: x Die Anzahl der Patente steigt weltweit ständig an. x Die Qualität der Patente nimmt im Durchschnitt aufgrund der begrenzten materiellen Prüfung ab. x Einzelne Patente erreichen astronomische Bewertungshöhen, z.B. RIM für BlackBerry an NTP mit 612,5 Millionen US-Dollar.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
x Einzelne Regionen, wie China, weisen noch starke Durchsetzungsprobleme auf. x Patente werden zunehmend zu Handelsgut mit Preis. Innovationen sind in den hoch industrialisierten Ländern für die Hälfte des wirtschaftlichen Wachstums verantwortlich und damit volkswirtschaftlich von hoher Bedeutung. Einerseits erwirtschaften innovative Unternehmen im Durchschnitt mehr Profit als Imitatoren, andererseits weisen in der Pharmaindustrie die Generika mit derzeit 10% jährlich die größten Wachstumsraten auf (Gassmann, Reepmeyer und von Zedtwitz 2008). Um sich hohe Investitionen in die Zukunft leisten zu können, müssen später erzielte Monopolgewinne in Form von temporären Wettbewerbsvorteilen gehalten werden. Geeignete, situativ angepasste Schutzstrategien für die eigene Innovation sind daher erforderlich. Faktische Schutzstrategien werden dabei zunehmend durch juristische ergänzt (Abb. I.1). Der ergänzende Einsatz von Schutzrechten betrifft in zunehmendem Maße auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). 70% aller Patentanmelder am Europäischen Patentamt halten nur 1 Patent. In der durch KMU geprägten Möbelzulieferindustrie hat sich beispielsweise eine neue Wettbewerbskomponente etabliert: Seit Anfang der 90er Jahre werden verstärkt Patente und Gebrauchsmuster angemeldet. Die Branche steht unter einem hohen Preis- und Leistungsdruck. Design allein reicht nicht mehr aus, um längerfristig bestehen zu können und schon gar nicht mehr in Form von kurzfristig vor der Fachmesse angefertigten Prototypen. Die Realität: „Preis schlägt Schönheit!“ – zumindest bei großen Volumina. Heute spielt die rechtzeitige Erkennung von Trends und die Entwicklung von entsprechenden technischen Lösungswegen in der Möbel- und der Möbelzulieferindustrie eine wichtige Rolle. Dabei ergibt sich das Problem: Wie kann verhindert werden, dass aufwendig entwickelte und verkaufsrelevante, technische Funktionalitäten direkt vom Wettbewerb übernommen werden können? Der Vorarlberger Möbelzulieferer Julius Blum hält bereits mehr als 1.000 gewerbliche Schutzrechte in den Bereichen Klappensysteme, Scharniersysteme, Auszugssysteme und Verarbeitungshilfen und mischt damit die Branche auf: So wurden die im Küchenbereich zum Standard gewordenen Dämpfungselemente für Schubkästen frühzeitig durch zahlreiche Patentanmeldungen geschützt und der Wettbewerb in dieser Nische stark zu Gunsten der eigenen Unternehmensaktivitäten beeinflusst. Eine zielgerichtete Führung von Innovationsprozessen und deren nachhaltige Absicherung mittels juristischer Schutzstrategien ist daher eine zentrale Aufgabe innovationsorientierter Unternehmensführer. Kritische Erfolgsfaktoren von innovativen Unternehmen sind kreative, motivierte Mitarbeiter, neuerungsoffene Prozesse, hohe Inventionsaktivität bei gleich-
Schutz von Innovationen in der Wirtschaft
längerfristiger nachhaltiger
Wettbewerbsvorteile d durch temporäre Monopolgewinne
Juristische Schutzstrategien J
¾ Patente
schneller besser günstiger
Faktische Schutzstrategien
¾ Kurze Time-to-market bei globalen
¾ Gebrauchsmuster
Produkten mit hoher Aktualitätsattraktivität,
¾ Geschmacksmuster / Design
z.B. Designermode
¾ Marken ¾ Geheime Prozesse und Verfahren, z.B. Coca-Cola ¾ Geheimhaltung des Quellcodes in der Software, z.B. Schindler-Steuerung Unterstützen und verstärken faktische Schutzstrategien
¾ Aufbau von starken Distributionskanälen, z.B. Tupperware ¾ Quasi Monopole, z.B. Microsoft ¾ Bindung starker Lieferanten und Beherrschung der Wertschöpfungskette, z.B. Alcan ¾ Schaffung von Kundenbindung durch PolePosition, z.B. Straumann ¾ Volumenvorteile durch Pionieraktivität und damit Kostenvorteile, z.B. Swatch ¾ Aufbau eines starken Markenimages, z.B. Haribo
Abb. I.1. Juristische und faktische Schutzstrategien ergänzen sich
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
artiger Umsetzung, veränderungsoffene Kultur sowie eine systematische Flankierung von Innovation durch Schutzstrategien, wie Patente. Der Schutz von Innovationen mittels gewerblicher Schutzrechte ist deshalb zum festen Bestandteil des Innovationsmanagements geworden. Nur wer seine Innovationen gegen Wettbewerber effektiv schützt, kann gegen diese komparative Vorteile erzielen. Innovieren ohne Schutz kann sich heute kein Unternehmen mehr leisten. Nicht die Kosten des Patentschutzes stehen im Vordergrund, sondern die Opportunitätskosten des NichtSchützens. Strategisches Patentmanagement rückt somit in den Kern der Unternehmensstrategie.
Ursprünge des gewerblichen Rechtsschutzes Die Idee der Verleihung eines zeitlich begrenzten Ausschlussrechts als Belohnung kreativer Leistung hat eine lange Tradition. So geht die Geschichte des Patentwesens nach derzeitigem Wissensstand möglicherweise bis in die Antike zwischen 700 bis 500 v. Chr. zurück (Kurz 2000): In der griechischen Kolonie Sybaris soll Köchen, die ein besonderes und ausgezeichnetes Gericht erfunden hatten, ein exklusives Ausschlussrecht für ein Jahr zugesprochen worden sein. Nur der „Urheber-Koch“ war während dieses Zeitraums berechtigt, die Speise zuzubereiten und daraus Nutzen zu ziehen. Dieser Regelung lag die Idee zu Grunde, anderen einen Anreiz zu bieten, Ähnliches zu tun und die Kochkultur weiterzuentwickeln. Im Spätmittelalter und in der aufkeimenden Renaissance in Italien bildete sich auf Basis eines sich entwickelnden Frühkapitalismus der Gedanke der Förderung des einheimischen Gewerbes heraus. Insbesondere die vom Handel lebenden italienischen Stadtstaaten, wie beispielsweise Florenz und Venedig begannen damit, Anreize für neues oder zur Verbesserung existierenden Gewerbes und zur Bewältigung technischer Probleme einzuführen. So wurden zunächst Preise und Belohnungen zur Förderung der Erfindertätigkeit vergeben. Eine Weiterentwicklung war die Verleihung von zeitlich beschränkten Privilegien für technische Innovationen. In Bezug auf den heutigen Erfindungsschutz lagen bereits folgende Anforderungsmerkmale vor: Die Neuheit der Erfindung im In- und Ausland, die Urheberschaft des Erfinders, der Rechtsanspruch des Erfinders auf die Erteilung des Erfindungsschutzes und die Zusprechung eines territorial und zeitlich beschränkten Ausschlussrechts. Einer der bekanntesten, frühen Privilegieninhaber des 15. Jahrhunderts wurde der als erster „Künstler-Ingenieur“ der Renaissance geltende, florentinische Architekt Filippo Brunelleschi, der insbesondere als Erbauer
Ursprünge des gewerblichen Rechtsschutzes
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der Kuppel des Doms Santa Maria del Fiore von Florenz bekannt ist. Er konstruierte ein Frachtschiff, mit dem schwere Gesteinsblöcke auf dem flachen Wasser des Arno nach Florenz transportiert werden konnten. Auf Grund eigener Initiative, erhielt er 1421 ein dreijähriges Privileg zur ausschließlichen Nutzung seiner Erfindung sowie darüber hinaus für den Bau neuartiger Transportschiffe im Allgemeinen. Dieses Privileg wird von zahlreichen Autoren als erstes Erfindungspatent in der Geschichte des gewerblichen Rechtsschutzes gesehen, da sowohl Urheber und Privilegieninhaber dieselbe Person ist. Ferner ist die Offenbarung der Erfindung gegenüber der Öffentlichkeit an eine Kompensation in Form des Privilegienschutzes geknüpft – Brunelleschi hatte darüber hinaus zahlreiche andere Erfindungen, wie beispielsweise seine Lastenaufzüge durch Geheimhaltung vor dem Nachbau durch Dritte geschützt und hatte zusätzlich die Einzelteile durch verschiedene Handwerker anfertigen lassen. Das erste kodifizierte Patentgesetz der Welt geht auf das Jahr 1474 zurück und wurde vom venezianischen Stadtstaat eingeführt. Es sicherte Erfindern die Urheberrechte an ihren Werken zu und verbot die freie Nachahmung. Geregelt waren sowohl die Vergabe von Privilegien für Erfindungen als auch für den Technologieimport von Erfindungen Dritter, so genannte Einführungspatente. Beide Regelungen waren rechtlich gleichgestellt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entwickelte sich das Patentrecht in Folge auch in anderen europäischen Staaten. Insbesondere in England, im damaligen Deutschen Reich, in den Niederlanden und in Frankreich entstanden dann jedoch zum Teil sehr unterschiedliche Rechtssysteme zum Schutz von Innovationen. 1624 trat in England das „Statute of Monopolies“ in Kraft, das die Erteilung eines Patents nur dem ersten und wahren Erfinder gestattete und eine willkürliche Preisgestaltung von patentgeschützten Produkten einschränkte. Während der fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden Schutzrechte zunehmend zur Kontrolle des Güterhandels eingesetzt. 1883 wurde schlussendlich die Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) geschlossen, die den Patentanmeldern in allen Mitgliedsstaaten eine gleiche Behandlung garantierte. Heute gehören der PVÜ über 170 Staaten an. Zur Erleichterung von Patentrecherchen wurde in Den Haag das Internationale Patentinstitut (IIB) gegründet, wodurch sich ein Trend zur Internationalisierung etablierte. Dieser führte dann in Washington im Jahr 1970 zur Unterzeichnung des Patent Cooperation Treaty (PCT) und im Jahr 1978 zur Gründung des Europäischen Patentamts (EPA).
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Deutschland. In Deutschland trat 1877 das erste einheitliche deutsche Patentgesetz in Kraft, mit dem Ziel, die bis dahin gebräuchliche Vergabepraxis von Privilegien und Monopolen zu harmonisieren. Österreich. Seit 1899 amtet in Wien das Österreichische Patentamt als Zentralbehörde für den Schutz von Erfindungen, Marken und Designs. Neben dieser Kerntätigkeit bietet ein ausgegliederter Teilbereich des Patentamts unter dem Namen serv.ip Informationsdienstleistungen für gewerbliche Schutzrechte an. Schweiz. Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum wurde 1888 gegründet. Es ist für die Belange des Geistigen Eigentums, das heißt Patente, Marken, Design und Urheberrecht in der Schweiz zuständig. Am 1. Januar 1996 erhielt es den Status einer selbständigen öffentlichrechtlichen Anstalt. Erstaunlicherweise ist bis heute in der Historie nicht eindeutig belegbar, dass ein System der gewerblichen Schutzrechte im Allgemeinen und eines Patentsystems im Besonderen für den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt auf Landes- und Firmenebene notwendig oder ausreichend war (Granstrand 1999). Dennoch besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass gewerbliche Schutzrechte einen positiven Einfluss auf die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts hatten, und dass es bisher kein besseres Anreizsystem für den technischen Fortschritt im gewerblichen Bereich gegeben hat (North 1981). Die gegenwärtigen Patentsysteme basieren beispielsweise auf einem freiwilligen Vertragsschluss zwischen Erfinder und Staat. Der Erfinder teilt sein Wissen über die Erfindung der Öffentlichkeit mit und leistet damit zumindest indirekt einen Beitrag zum technischen Fortschritt. Im Gegenzug erhält er das übertragbare, temporäre und exklusive Recht Dritten die kommerzielle Nutzung seiner Erfindung zu untersagen (Verbietungsrecht). Die Vergabe von limitierten Monopolrechten als Belohnung für den Einzelnen ist somit an eine vorausgehende kreative Leistung gebunden, mit der die Öffentlichkeit bereichert wird. Das Belohnungssystem sollte dabei derart ausbalanciert sein, dass die Monopolrechte limitiert werden, z.B. in Zeit, Territorium und Umfang, damit noch hinreichend Anreize für weitere kreative Leistungen gegeben sind. Indem das Individuum aus eigenem Antrieb Werte für sich generiert, werden auch Werte für die Allgemeinheit geschaffen. Patentsysteme sind eine Möglichkeit, die Generierung und Verbreitung von technischem Wissen und Innovationen zu stimulieren – wie vorgehend
Arten von Schutzrechten
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beschrieben, könnten vergleichbare Effekte, aber auch durch andere Belohnungs- oder Vertragssysteme erzielt werden. Die generellen Ziele der heute ausgeprägten Patentsysteme können wie folgt zusammengefasst werden: x Stimulierung von Erfindungen und Investitionen in Forschung und Entwicklung. x Stimulierung der wirtschaftlichen Verwertung von Erfindungen durch direkte Investitionen in Produktion und Marketing oder Technologiehandel. x Stimulierung der Veröffentlichung von technischen Informationen.
Arten von Schutzrechten Tabelle I.1. Überblick der Schutzrechtsarten im deutschen Rechtsraum Schutzrechtsart
Schutzobjekt
Anmeldeerfordernis
Prüfung
Maximale Laufzeit
Patent
technische Erfindung
ja
ja
20 Jahre
Gebrauchsmuster
technische Erfindung (keine Verfahren)
ja
nein
10 Jahre
Geschmacksmuster (Design)
Gestaltung
ja
nein
25 Jahre
Topographie
Halbleitertopographie
ja
nein
10 Jahre
Kennzeichen
Marke geschäftliche Bezeichnung, Herkunftsangabe
ja nein
ja
alle 10 Jahre verlängerbar
Sortenschutz
Pflanzensorte
ja
ja
25/30 Jahre
Urheberrecht
Software, Werke der Literatur, Kunst, Wissenschaft
nein
nein
50 Jahre, 70 Jahre nach Tod des Urhebers
nein
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Es gibt verschiedene Kategorien geistiger Eigentumsrechte: x x x x x x x
Patente. Gebrauchsmuster. Geschmacksmuster (Design). Topographieschutzrechte. Sortenschutzrechte. Kennzeichenrechte (früher: Warenzeichen). Urheberrechte.
In Tabelle I.1 ist ein genereller Überblick über die verschiedenen Schutzrechtsarten aufgeführt, die im Folgenden noch weiter vertieft werden (siehe auch Diller 2001, Rebel 2007, Ilzhöfer 2007). Aufgeführt sind ferner der jeweilige Schutzgegenstand, inwiefern ein Verfahren erforderlich für die Schutzrechtsentstehung ist und ob dabei eine materiellrechtliche Prüfung erfolgt sowie die maximal erreichbare Schutzdauer. Patente
Was ist ein Patent? Ein Patent verleiht seinem Inhaber das Recht, für ein bestimmtes territoriales Gebiet und für einen begrenzten Zeitraum Dritten untersagen zu können, die Erfindung gewerblich zu nutzen insbesondere herzustellen, zu gebrauchen, anzubieten, zu lagern, zu importieren oder zu verkaufen. 1
In Europa löst eine Erfindung im rechtlichen Sinne ein technisches Problem mit den Mitteln der Technik (IGE 2008). Ein Patent für eine Erfindung verleiht seinem Inhaber jedoch nicht notwendigerweise das Recht der unbeschränkten Nutzung der eigenen Erfindung. So könnten beispielsweise andere gewerbliche Schutzrechte oder auch andere Regelungen einer Nutzung der Erfindung durch den Erfinder oder den Patentinhaber entgegenstehen. Patente werden deshalb auch als negative Rechte oder Verbie-
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Zu weiteren Länderspezifika von Patenten siehe Kapitel VII; zu Fakten und Trends von Patenten siehe Anhang.
Arten von Schutzrechten
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tungsrechte bezeichnet. Diese Eigenschaft weisen die anderen gewerblichen Schutzrechtsarten ebenso auf. Das Europäische Patentamt (EPA), beispielsweise, erteilt Patente für Erfindungen die (EPÜ, Art. 52) x neu sind, x auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und x gewerblich anwendbar sind. Die Kriterien der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit sind „absolut“ und gelten weltweit, das heißt sie sind unabhängig von dem territorialen Ursprung des zum Zeitpunkt des Prioritätstags vorliegenden Wissens, des so genannten Stand der Technik. 2 Der Prioritätstag ist dabei in der Regel der Tag der ersten Einreichung der Anmeldung der Erfindung bei einem Patentamt. Die USA stellen eine Ausnahme dar, da dort nicht das Erstanmeldeprinzip (first-to-file), sondern das Prinzip des ErfindungszeitStand der Technik Alles, was vor dem Anmeldedatum in schriftlicher oder mündlicher Form, durch Gebrauch oder auf sonstige Weise veröffentlicht wurde. Beschränkungen in gegenständlicher, räumlicher oder zeitlicher Hinsicht bestehen nicht.
punkts (first-to-invent) gilt. Unter Umständen kann dieser im Zweifelsfall zur Begründung des Prioritätstags herangezogen werden. Der Patentanmelder muss während des Patentanmeldeverfahrens festlegen, in welchen Ländern er Patentschutz begehrt. Die Nachanmeldeentscheidung muss innerhalb eines Jahres nach Prioritätstag getroffen werden. Da pro benanntes Land/Region diverse Amts- und Übersetzungsgebühren anfallen, richtet sich die Auswahl der Länder oder der Region typischerweise nach dem zu erwartenden ökonomischen Nutzen, den ein Patentschutz in diesem Land potenziell erzielen kann. Die Laufzeit von Patenten
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Insbesondere die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, beziehungsweise der Erfindungshöhe, unterliegt nationalem beziehungsweise regionalem Recht, das heißt, es bestehen in verschiedenen Ländern zum Teil unterschiedliche Kriterien und Anforderungen. Maßgebend für die Beurteilung ist der Fachmann, der auf dem von der Erfindung gelösten technischen Gebiet tätig ist. Dieser ist weder ein Super-Experte, noch ein Laie, sondern ein durchschnittlicher Industriefachmann.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Donald Duck Comic als Stand der Technik Im Jahre 1964 kenterte das mit 6.000 Schafen beladene Frachtschiff Al-Kuwait im Süßwasserhafen von Kuwait. Es bestand die Gefahr, dass die verwesenden Tierkadaver das Trinkwasser vergiften könnten. Das Schiff musste somit geborgen werden – es war nur unklar wie, da die herkömmlichen Hebemethoden nicht erfolgreich waren. Die für den Schadensfall zuständige Versicherung beauftragte den dänischen Erfinder Karl Kroyer, der sich mit seinem Team an die Arbeit begab (International Starch Institute 2001). Einer seiner jungen Angestellten kam auf die Idee, in den gesunkenen Schiffskorpus Auftriebselemente in Form von aufschäumendem Polystyrol einzuleiten und damit das Schiff zu heben. Der ursprünglichen Fassung der Patentanmeldung wurde vom Patentamt allerdings ein Donald Duck Comic von Walt Disney aus dem Jahre 1949 entgegengehalten, in dem sich Donald und seine drei Neffen Tick, Trick und Track in einer ähnlichen Situation befanden und eine gesunkene Yacht heben wollten. Sie füllten den Bootskörper mit Tischtennisbällen und brachten damit das Schiff an die Wasseroberfläche zurück.
Quelle: IGE
Arten von Schutzrechten
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Patente sind Verbietungsrechte Patente sind keine Erlaubnisrechte – leider ein immer noch weit verbreitetes Missverständnis, welches häufig noch zu millionenschweren Fehlinvestitionen führt. Patente sind Verbietungsrechte, mit der die Imitation der geschützten Erfindung durch Dritte untersagbar ist. Bei der Frage, was letztendlich einem Patentschutz zugänglich ist – Produkte, Systeme, Prozesse, Verfahren, Software oder Geschäftsmodelle – spielen regionale Rechtsräume eine große Rolle.
wird vom Patentanmelder durch Entrichtung von Jahresgebühren gesteuert, die von den Patentämtern in der Regel auch im jährlichen Rhythmus eingezogen werden (nicht in den USA). Die maximale Laufzeit eines Patents beträgt in den meisten Ländern 20 Jahre nach dem Anmeldetag. In den USA gilt für Patente, die ab dem 8.6.1995 angemeldet wurden ebenfalls eine Laufzeit von 20 Jahren. Besteht die Absicht eines Patentschutzes in mehreren Ländern, so können Patentanmeldeverfahren international über den Patent Cooperation Treaty (PCT) und Erteilungsverfahren für zahlreiche europäische Staaten über das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) gebündelt werden. Zugunsten eines schnelleren und kostengünstigeren Anmeldeverfahrens findet beispielsweise in der Schweiz keine eigentliche materielle Prüfung der Patentanmeldungen statt. Beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum in Bern erfolgt für die Eintragung eines Patents nur eine Formalprüfung. Der Patentinhaber hat bei einer möglichen, späteren Durchsetzung dann das Risiko einer unsicheren Rechtsbeständigkeit des Patents zu tragen. Früher wurde in der Schweiz noch eine voramtliche Prüfung auf den Gebieten der Zeitmessungstechnik und der Textilveredelung durchgeführt, die aber 1995 wegen zurückgehender, praktischer Bedeutung eingestellt wurde. Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel. 3 Die Vermarktung von Arzneimitteln kann erst nach Durchlauf von relativ langwierigen Genehmigungsverfahren erfolgen, welche die wirksame Patentlaufzeit stark einschränken. Nach Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents besteht über das ergänzende Schutzzertifikat die Möglichkeit, die 3
Zum Patentmanagement in der Pharmabranche siehe Kapitel VI, Branchenspezifika.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Wirksamkeit des Patentschutzes um maximal 5 Jahre bei einer maximalen Restlaufzeit von 14 Jahren nach der Zulassung zu verlängern (EGVerordnung Nr. 1768/92; 35 U.S.C. §§ 155, 156). Gebrauchsmuster Gebrauchsmuster werden vorwiegend nur von nationalen Patentbehörden vergeben. Als Gebrauchsmuster sind beispielsweise vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) technische Erfindungen schützbar, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind (§1 Abs. 1 GebrMG). Im Unterschied zum Patent können keine Verfahren geschützt werden (§2 GebrMG) und die maximale Laufzeit beträgt maximal 10 Jahre. Früher wurde das Gebrauchsmuster in Deutschland häufig als das „Patent des kleinen Mannes“ bezeichnet, da die Amtsgebühren im Vergleich zum Patentverfahren wesentlich niedriger ausgefallen sind. Die geringeren Gebühren gehen allerdings zu Lasten einer größeren Rechtsunsicherheit insbesondere beim Gebrauchsmusterinhaber, da durch das Patentamt keine materielle Prüfung durchgeführt wird und daher keine offizielle Beurteilung der Rechtsbeständigkeit vorliegt. Gebrauchsmuster können dennoch als Prioritätsanmeldung dienen, um beispielsweise Patentnachanmeldungen in anderen Ländern vorzunehmen. Umgekehrt kann unter bestimmten Randbedingungen in Deutschland aus einer Patentanmeldung auf dieselbe Erfindung ein Gebrauchsmuster abgezweigt werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn ein Patent noch nicht rechtskräftig erteilt ist, jedoch kurzfristig aus dem Schutzrecht heraus gegen Dritte vorgegangen werden soll. Ein weiterer Vorteil des Gebrauchsmusters gegenüber dem Patentschutz ist eine allgemeine Neuheitsschonfrist von 6 Monaten, so dass Veröffentlichungen der Erfindung durch den Erfinder oder Anmelder selbst einer Eintragung des Gebrauchsmusters nicht entgegenstehen. Gebrauchsmuster sind auch in Österreich und Japan bekannt. In Österreich sind dabei alle Erfindungen schützbar, die auch durch Patente schützbar sind – also auch Verfahren. Allerdings bestehen gegenüber dem Patentschutz niedrigere Anforderungen an die erforderliche Erfindungshöhe eines Gebrauchsmusters. Die Laufzeit eines Gebrauchsmusters in Japan ist auf sechs Jahre nach Anmeldung beschränkt. Ein Doppelschutz durch Patent und Gebrauchsmuster ist unzulässig. Die Schweiz und die USA kennen kein nationales Gebrauchsmuster.
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Geschmacksmuster (Design) Ähnlich dem Urheberschutzrecht ist das Geschmacksmusterrecht ein gewerbliches Schutzrecht zur ausschließenden Nutzung. Als Geschmacksmuster können zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsformen eines Erzeugnisses oder Teile davon geschützt werden (§1 Abs. 1 Deutsches GeschmMG). In der Modebranche werden beispielsweise häufig Stoffmuster, in der Konsumgüterindustrie häufig Verpackungen geschützt, wie Getränkeflaschenformen. Ein schützbares Muster muss neu 4 sein und einen ausreichenden Grad an Eigentümlichkeit aufweisen. Die maximale Schutzdauer beträgt 25 Jahre ab dem Anmeldetag. Neben dem nationalen Weg besteht darüber hinaus die Möglichkeit, über das Haager Musterabkommen (HMA) die internationale Hinterlegung von Mustern in den über 50 Mitgliedsländern zu tätigen, darunter auch Deutschland und die Schweiz. Soll ein Musterschutz ausschließlich in EU-Ländern, beispielsweise Deutschland oder Österreich, erzielt werden, kann auch ein EUGemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen werden, das für das gesamte Gemeinschaftsgebiet gültig ist. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist es unerheblich, ob das Muster einen ästhetischen Gehalt aufweist oder funktional ist. Auch in den USA und in Japan besteht die Möglichkeit eines Geschmacksmusterschutzes. In beiden Ländern wird eine kosten- und zeitintensive, computergestützte Neuheitsprüfung vorgenommen, wobei bis zur Erteilung im Prinzip kein Schutz gegen Verletzer besteht. In den USA hat sich in der Praxis die Durchsetzung von Geschmacksmustern aber generell als schwierig erwiesen, da bisher mehr als 70% der Geschmacksmuster in Verletzungsverfahren für nichtig erklärt wurden. Was ist ein Geschmacksmuster (Design)? Unter Geschmacksmuster im rechtlichen Sinne wird die äußere Gestaltung von Erzeugnissen oder von Teilen eines Produkts verstanden, z.B. Industrial Design oder Stoffmuster. Diese Formgebung ist charakterisiert durch die Anordnung von Linien, Konturen, Farben oder Flächen oder durch das verwendete Material. Kurz: Mit dem Designschutz wird ausschließlich die äußere Form geschützt.
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Spezieller Neuheitsbegriff.
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Topographieschutzrechte Topographien sind dreidimensionale Strukturen von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen und ähnlich wie Erfindungen schutzfähig. Eine Topographie ist allerdings nur dann schützbar, wenn sie eine „Eigenart“ aufweist. Ähnlich den Gebrauchsmustern erfolgt bei der Topographieregistrierung keine materielle Prüfung durch das Patentamt. Wenn ein Dritter der Meinung ist, dass eine Topographie zu Unrecht registriert wurde, beispielsweise wegen fehlender Eigenart, kann er Antrag auf Löschung stellen. Das Schutzrecht wird dann vom Patentamt überprüft und gegebenenfalls wieder gelöscht. Obwohl bis dato zahlreiche Topographien registriert wurden, hat diese Schutzrechtsart in der Praxis der Rechtsdurchsetzung bisher keine wesentliche Rolle entfaltet. Was ist eine Topographie? Eine Topographie im rechtlichen Sinne ist die dreidimensionale Struktur, so wie sie sich aus den miteinander in Verbindung stehenden Schichten typischerweise ergibt, aus denen ein Halbleitererzeugnis besteht. Geschützt ist somit nur die äußere Formgebung einer Topographie und nicht die elektronische Funktion des Halbleitererzeugnisses.
Sortenschutzrechte Sortenschutzrechte sind dem Patentschutzrecht vergleichbare Ausschlussrechte mit der Zielsetzung des Schutzes von geistigem Eigentum an Pflanzenzüchtungen. Der Sortenschutz soll der Pflanzenzüchtung und dem züchterischen Fortschritt in Landwirtschaft und Gartenbau dienen. Züchter oder Entdecker neuer Pflanzensorten können bei den jeweiligen nationalen Sortenschutzämtern Schutz für Sorten des gesamten Pflanzenreiches beantragen. Eine Pflanzensorte ist grundsätzlich schutzfähig, wenn sie unterscheidbar, homogen, beständig und neu ist und des Weiteren durch eine eintragbare Sortenbezeichnung bezeichnet ist. Der Sortenschutz hat die Wirkung, dass allein der Sortenschutzinhaber oder sein Rechtsnachfolger berechtigt ist, Vermehrungsmaterial (Pflanzen und Pflanzenteile inklusive Samen) einer geschützten Sorte zu gewerblichen Zwecken in Verkehr zu bringen, hierfür zu erzeugen oder einzuführen.
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Die Zulassung von Pflanzensorten ist Voraussetzung für den gewerblichen Vertrieb von Saatgut landwirtschaftlicher Pflanzenarten und Gemüsearten. Bei Obst- und Zierpflanzensorten ist zumindest in Deutschland ebenfalls eine Zulassung möglich, jedoch nicht obligatorisch. Die Erteilung und Zulassung von Pflanzensorten erfolgen beispielsweise in Deutschland durch das Bundessortenamt auf der Grundlage des Sortenschutzgesetzes (SortG). Für die forstlichen Pflanzenarten gilt das Gesetz über forstliches Saat- und Pflanzgut (ForstG). Es wird in Zuständigkeit der Bundesländer ausgeführt. Kennzeichenrechte Eine Marke ist ein Kennzeichenrecht. Die Marke erfüllt die Funktion eines Herkunftshinweises. Produkte eines Unternehmens sollen von denen anderer Unternehmen unterschieden werden können. In der Praxis werden Marken, auch als Warenzeichen bezeichnet, häufig mit dem Registrierhinweis „®“ versehen. Der Registrierhinweis ® darf nur Was ist eine Marke? Eine Marke im rechtlichen Sinne ist ein Zeichen, das sich eignet, Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Schützbar sind Marken als: • Wörter, z.B. Persil. • Buchstabenkombinationen, z.B. ABB. • Zahlenkombinationen, z.B. 501. • Bildliche Darstellungen und Logos, z.B. Mercedes-Stern. • Dreidimensionale Formen, z.B. Coca-Cola-Flasche. • Slogans, z.B. Never stop thinking. • Kombinationen dieser Elemente als Wort-/Bildmarken, z.B. Continental-Gummi-Werke. • Konturlose Farben und Farbkombinationen als visuell wahrnehmbare Zeichen, z.B. Magenta/grau der Deutschen Telekom. • Akustische Zeichen, z.B. Intel Inside Melodie. • Positionsmarke, z.B. roter Streifen im Lloyds Herrenschuhabsatz.
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für registrierte Marken verwendet werden. Die in der Praxis häufig üblichen Hinweise für Trademarks „TM “oder für Service-Marks „SM “ kommen aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum und werden für nicht registrierte Marken oder Marken mit noch nicht abgeschlossenem Registrierungsverfahren verwendet. Marken müssen ebenfalls durch ein Markenamt registriert werden. Es können sowohl Wort- und Bildmarken sowie deren Kombination, als auch dreidimensionale Formen, Hörmarken, Farben und Zahlen oder Buchstaben(-gruppen) eingetragen werden. Das in der Praxis relevanteste Prüfungskriterium ist die Unterscheidungskraft von anderen Marken. Die Marke soll dabei keinen beschreibenden Charakter aufweisen: So wäre beispielsweise das Wort „Buch“ prinzipiell für einen Computer schutzfähig, nicht dagegen für Sachbücher, weil es diese direkt beschreiben würde und deshalb für die Allgemeinheit zur Verwendung freigehalten werden muss. Die Laufzeit einer Marke kann gegen entsprechende Entrichtung von Amtsgebühren beliebig verlängert werden. In den meisten Ländern ist die Rechtsbeständigkeit der Marke an eine spätere, bestimmungsgemäße Benutzung der Marke im Geschäftsverkehr gebunden. Marken können bei nationalen Patent- und Markenämtern registriert werden. Es besteht des Weiteren die Möglichkeit von gebündelten Markenregistrierungsverfahren auf internationaler Ebene (so genannte IRMarken), bei der auch Deutschland, die Schweiz, Österreich, Japan und mittlerweile sogar die EU Mitgliedsländer sind. Zusätzlich besteht auf EU-Ebene auch ein Markenschutz für die gesamte EU-Zone (EUGemeinschaftsmarke). In der Schweiz können am Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) Marken für zehn Jahre ab Hinterlegungsdatum geschützt werden. Die Schutzdauer kann anschließend beliebig oft um weitere zehn Jahre verlängert werden. Vor dem US-amerikanischen Patent- und Markenamt (USPTO) können für die USA Marken, Dienstleistungsmarken, Verbandsmarken und Gütemarken registriert werden. Domainnamen. Domainnamen werden nicht von den Patent- und Markenämtern vergeben. Das Domainnamensystem (DNS) wird über die weltweit zuständigen Dachorganisationen Internet Assigned Numbers Authority (IANA – www.iana.org/) beziehungsweise Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN – www.icann.org/) koordiniert. Vergabe und Registrierungen erfolgen über die jeweiligen nationalen, zentralen Registrierungsstellen für Top Level Domainnamen, wie beispielhaft aufgeführt wird für:
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Marken: Einige Spezialfälle Durchgesetzte Marken: Beschreibende Zeichen können Schutzfähigkeit erlangen, wenn sie für Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens auf dem Markt allgemeine Bekanntheit erlangen, sich im Fachjargon „durchgesetzt“ haben, in der Schweiz z.B. Valser für Mineralwasser. Freizeichen: Marken können durch ihre jahrelange Präsenz zu Bezeichnungen für ganze Produktgattungen mutieren und ihre Schutzfähigkeit verlieren, z.B. Eile mit Weile. Berühmte Marken wie etwa Ferrari, Coca-Cola oder Cartier genießen beispielsweise bei Ausbeutungsgefahr durch Dritte auch für Waren und Dienstleistungen Schutz, für die sie gar nicht eingetragen wurden. Internet-Domainnamen: Für die Vergabe von Domainnamen mit den Ländercodes CH und LI und deren Registrierung ist die Stiftung SWITCH (www.switch.ch) zuständig. Domainnamen können gemäß den üblichen Grundsätzen auch als Marken hinterlegt werden. Herkunftsangaben unterscheiden bestimmte Waren oder Dienstleistungen voneinander – jedoch nicht bezüglich des Herstellers der Ware, sondern mit dem Hinweis auf eine bestimmte geografische Herkunft. Unterschieden wird zwischen direkten Herkunftsangaben, z.B. Schweizer Schokolade, indirekten Herkunftsangaben, z.B. Willhelm Tell und qualifizierten geografischen Herkunftsbezeichnungen, z.B. Genf für Uhren. AOC (Appellation d’Origine Controlée): Geschützte oder kontrollierte Ursprungsbezeichnungen, AOC, z.B. Tête de Moine, und geschützte geografische Angaben, IGP, z.B. Bündner Fleisch, werden in der Schweiz im Register für Landwirtschaft eingetragen. Sie können nur unter bestimmten Bedingungen auch als Marke oder Markenbestandteil registriert werden. Quelle: IGE
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x Deutschland: www.denic.de x Österreich: www.nic.at x Schweiz: www.switch.ch Internet-Domains sind grundsätzlich als Marken registrierbar. Dies ist häufig sogar empfehlenswert, um sich vor einer generellen Nachahmung und Verwendung durch Dritte zu schützen. Aber: Nicht jeder DomainName erfüllt automatisch die Anforderungen an den Markenschutz. Umgekehrt können in der Praxis einer Domain-Registrierung auch ältere Markenrechte entgegenstehen oder zu Konflikten führen. Im Rahmen der Suche nach einem geeigneten Domainnamen ist deshalb eine Markenrecherche sinnvoll. Urheberrechte Durch das Urheberrecht sind insbesondere Werke der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst geschützt. Voraussetzung ist, dass eine persönliche schöpferische Leistung vorliegt. Zur Entstehung und zur Durchsetzung des Schutzes sind keine amtlichen Verfahren oder sonstige Formvorschriften mehr erforderlich (revidierte Berner Übereinkunft: Art. 5 rBÜ). Als einzige Voraussetzung gilt, dass das Geistesgut unmittelbar oder mittelbar sinnlich wahrnehmbar gewesen ist. Eine direkte Verkörperung oder Veröffentlichung ist nicht erforderlich. Mittelbar wahrnehmbare Werke sind beispielsweise Musikstücke auf einem Tonträger. Ebenfalls über das Urheberrecht ist Software als solche geschützt. Der Schutz betrifft jedoch nur den Quellcode beziehungsweise den Programmiertext als solchen. Durch Neuprogrammierung kann dieser Schutz daher relativ einfach umgangen werden. Werke der persönlichen geistigen Schöpfung können mit einem Urheberrechtsvermerk versehen werden. Die Kennzeichnung sollte dann durch das ©-Kennzeichen in Verbindung mit dem Namen des Inhabers des Urheberrechts und der Jahreszahl der ersten Veröffentlichung erfolgen. Eine Kennzeichnung mit dem „Copyright-Vermerk“ ist für die Entstehung des Urheberrechtsschutzes zwar nicht erforderlich, empfiehlt sich allerdings in der Praxis: Der Vermerk weist auf das Bestehen eines Urheberrechts hin und hat gleichzeitig die Wirkung eines Warnhinweises vor Verletzung des Urheberrechts. In Deutschland hat eine Kennzeichnung zusätzlich eine Beweislastumkehr zur Folge. Der Urheberrechts-Vermerk begründet nämlich eine Vermutung der Urheberschaft. Wer behaupten möchte, dass der angegebene Urheber der Falsche oder nicht berechtigt zur Geltendmachung von
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Urheberrecht: Was sind Werke? Werke im urheberrechtlichen Sinne sind Schöpfungen, die individuellen Charakter besitzen. Dazu gehören insbesondere • Literarische Werke jeglicher Art, z.B. Romane, wissenschaftliche Abhandlungen, Zeitungsartikel, Werbeprospekte. • Werke der Musik und andere akustische Werke. • Werke der bildenden Kunst, z.B. Malerei, Bildhauerei, Grafik sowie der angewandten Kunst, z.B. Gegenstände mit Gebrauchswert, wobei die Hinterlegung als Geschmacksmuster den Urheberrechtsschutz nicht ausschließt.
Ansprüchen aus dem Urheberrecht ist, muss dies beweisen. Zweifel gehen dabei zu seinen Lasten. In den USA sind Geisteswerke durch das bundeseinheitliche CopyrightLaw geschützt. Hierzu zählen explizit auch Computerprogramme. Mit Beitritt der USA zur revidierten Berner Übereinkunft bedarf es auch in den USA keiner Formalitäten oder Kennzeichnungen mehr zur Entstehung des Copyrightschutzes. Dennoch ist dies in der Praxis zu empfehlen, wie oben bereits aufgeführt wurde. Zusätzlich ist eine freiwillige Registrierung des geschützten Werkes beim United States Copyright Office sinnvoll – The Library of Congress. Hierdurch wird das Werk einerseits öffentlich gemacht und das Amt vergibt darüber hinaus eine Bescheinigung über die Registrierung. Im Rahmen der gerichtlichen Durchsetzung von Urheberrechten ist die Registrierung sogar Voraussetzung, um einen gesetzlich vorgesehenen pauschalen Schadensersatz geltend machen zu können und die Rückerstattung von Rechtsanwaltskosten bei Obsiegen verlangen zu können. Internet. Für Werke im Internet gelten im Urheberrecht keine Besonderheiten. Die Gestaltung und der Inhalt von Internetseiten sind dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich dann zugänglich, wenn eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt. Ebenso kann eine Kennzeichnung mit dem Urheberrechtsvermerk vorgenommen werden. In der Praxis empfiehlt es sich, den Vermerk neben der Jahreszahl zusätzlich noch mit dem Datum zu versehen und bei Änderungen zu aktualisieren. Zudem kann jede Seite mit einem entsprechenden Link auf den eigentlichen Copyright-Vermerk versehen werden.
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Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg „Wir müssen uns besser schützen – So langsam beginnt man zu begreifen, in welcher Gefahr kleine und mittlere Unternehmen sind, die international operieren.“ Dieter Schaudel CTO, Endress+Hauser Holding AG
Patente und Ökonomie Der Zweck von Patenten liegt nach Josef Schumpeter, dem Vater der modernen Innovationsforschung, darin, dass das innovative Unternehmen temporäre Monopolgewinne erzielt. Dadurch werden Anreize für Erfindungen und technischen Fortschritt geschaffen, welche Wachstum und Wohlstand einer Volkswirtschaft erhöhen (Schumpeter 1934). Aus volkswirtschaftlicher Sicht sollen Patente daher Innovationen begünstigen (Landes und Posner 2003). In einer Studie stellt die OECD allerdings fest, dass die Auswirkung von Patenten auf die Innovationsfähigkeit und ökonomische Leistungsfähigkeit von Unternehmen nicht eindeutig und daher differenziert zu betrachten ist (OECD 2004): Studien belegen, dass vor allem in der Biotechnologie-, der Pharmasowie der Chemiebranche Innovationen gefördert werden, indem der Patentschutz einen starken Effekt auf die Sicherung von komparativen Wettbewerbsvorteilen hat. Dies gilt in gewissem Masse auch für die Computer- und die Maschinenbauindustrie. Unternehmen aus anderen Branchen verfolgen häufig primär andere Schutzmechanismen, wie beispielsweise Geheimhaltung, Marktführerschaft, technische Komplexität und Kontrolle komplementärer Vorteile (Cohen et al. 2000). Schutzstrategien können aber auch auf Glaubwürdigkeit basieren, häufig bei Consumer Electronics oder auf starker Kundenbindung durch Beherrschung des Distributionskanals, wie beispielsweise der Direktvertrieb bei Hilti. Demgegenüber kann der Patentschutz auch Innovativität behindern, indem der Zugang zu wichtigem Wissen erschwert wird. Dies ist insbesondere bei emergierenden Technologien der Fall, wenn Basispatente bestehen, von denen Weiterentwicklungen abhängig sind, und wenn die Patentinhaber Nutzungslizenzen zu angemessenen Konditionen verweigern. Eine derartige Situation besteht zum Teil in der Gentechnologie (Bar-Shalom und Cook-Deegan 2002; Nuffield Council on Bioethics 2002;
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg
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Tabelle I.2. Ökonomische Vor- und Nachteile von Patentsystemen Effekt
Vorteile
Nachteile
Innovativität
Anreiz für F&E-Aktivitäten durch Belohnung
Erhöhung der Transaktionskosten für Nachfolgeinnovationen
Wettbewerb
Verringerung der Markteintrittsbarrieren, insbesondere für kleine und junge Unternehmen
Temporäre Monopole, in Netzwerken häufig mit starkem Langzeiteffekt
Wissensdiffusion
Gefahr der Kartellbildung
Offenlegung von technischen Unsicherheit, ob und welches Informationen offengelegte Wissen zu angemessenen Konditionen verfügbar ist
Quelle: In Anlehnung an Hall (2003) und OECD (2004)
OECD 2003a) und im Softwarebereich (Bessen und Hunt 2003; Jaffe und Lerner 2004). Einen positiven Effekt auf den Wettbewerb und Firmengründungen entfalten Patente allerdings, indem auch kleine und junge Unternehmen die Möglichkeit erhalten, durch eigene Patente in bestehende Märkte eindringen und sich gegenüber größeren Unternehmen behaupten sowie Finanzinvestoren überzeugen zu können (Gans, Hsu und Stern 2002). GoreTexTM ist deshalb so erfolgreich, weil das atmungsaktive Textil vor der Vermarktung patent- und markenrechtlich geschützt wurde. Das Patentportfolio ist traditionell eines der stärksten Wettbewerbsfaktoren von Gore. In der Biotechnologiebranche stellen Patente bei den meisten Start-Ups den größten, gesicherten Anteil des Unternehmenswertes dar. Ein positiver Effekt auf die Wissensverbreitung durch Patente kann einerseits dadurch festgestellt werden, dass Patentdokumente intensiv genutzt werden, um an technische Informationen zu gelangen. 80% des weltweit verfügbar veröffentlichten, technischen Wissens ist nur in Patentschriften publiziert. Der weitaus größte Teil dieses Wissens ist nicht mehr durch einen Patentschutz belegt, da die Patente bereits fallen gelassen wurden oder ausgelaufen sind. Andererseits ist ein häufig genannter Ablehnungsgrund von Unternehmen bezüglich einer Patentanmeldung die damit verbundene spätere Veröffentlichung (Sheehan, Guellec und Martinez 2003). Tabelle I.2 fasst die Vor- und Nachteile des Patentsystems bezüglich Innovativität, Wettbewerb und Wissensnutzung zusammen.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Unternehmenserfolg durch geeignetes Patentportfolio Zahlreiche Studien belegen den positiven Einfluss eines Patentschutzes auf den Unternehmenserfolg. Dabei hat sich gezeigt, dass der Patentschutz und damit das Patentmanagement eine hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg hat, wobei vor allem die Qualität der Patente und Patentportfolien entscheidend für den Erfolg ist (Ernst und Omland 2003): So haben Patenterteilungen und häufig zitierte Patente eines Unternehmens einen positiven Einfluss auf dessen Marktwert (Austin 1993; Deng, Lev und Narin 1999; Hall, Jaffe und Trajtenberg 2000). Ebenso erhöhen Patente mit technologisch breitem Patentanspruch die Unternehmensbewertung (Lerner 1994). Unternehmen mit systematischem Patentierverhalten haben sich als erfolgreicher erwiesen, als solche mit unsystematischem Patentierverhalten (Ernst 1996), wobei dadurch bewirkte signifikante Umsatzsteigerungen eine Verzögerung von zwei bis drei Jahren aufweisen (Ernst 2001). Die Wahrscheinlichkeit einer Kommerzialisierung in Form von Unternehmensgründungen oder Lizenzverträgen steigt mit der Qualität der zugrunde liegenden Patente. Die Qualität kann dabei auf Basis von Anspruchsbreite und Zitierhäufigkeit bestimmt werden (Shane 2001). In Abb. I.2 ist die Wirkung des Patentportfolios auf den Unternehmenserfolg dargestellt. Ziel des Patentmanagements ist es, als Beitrag zum Unternehmenserfolg neben der reinen Anzahl an Patenten auch deren Qualität und Wirksamkeit zu optimieren sowie eine möglichst starke Patentposition zu erreichen (Brockhoff 1999; Ernst 2002). Es gibt breit gefächerte Möglichkeiten, mit Patenten den Unternehmenserfolg zu beeinflussen. Folgende Wirkungen lassen sich mit Patenten für Unternehmen erzielen: x Markteinnahmen der Erfindung sichern: Patentanmeldungen werden in der Praxis häufig von Erfindungen abgeleitet, welche aus der eigenen Entwicklung als „Nebenprodukt“ anfallen. Der angestrebte juristische Schutz durch Patente konzentriert sich dadurch häufig primär auf die Sicherung der Markteinnahmen: Die eigenen Produkte werden gegen Nachahmung geschützt, wie beispielsweise bei Aventis, deren Patente häufig in mehr als hundert Ländern Geltung haben. Die Tätigkeitsfelder der Wettbewerber spielen in der Erfindungsgenerationsphase dann eine nebengeordnete Rolle. Dennoch sind Unternehmen generell bestrebt, für Erfindungen einen möglichst breiten Schutzumfang zu erzielen, um somit Umgehungslösungen seitens der Wettbewerber zu erschweren. x Zugangshandelsware zu Technologien: Ein Unternehmen kann sich auch Zugang zu Technologiepatentpools schaffen, indem es Patente besitzt, die dafür relevant sind. Dies spielt bei Kreuzlizenzverhandlungen
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und bei technischen Standardisierungsverfahren eine immer größere Rolle. Siemens nutzte in den späten 80er Jahren geschickt das eigene Patentportfolio, um relativ spät noch auf den bereits festgelegten und durch zahlreiche Patente geschützten GSM-Standard aufzuspringen. x Komparative Wettbewerbsvorteile erzielen durch Blockieren der Wettbewerbstechnologie: Volkswirtschaftlich durchaus fragwürdig, aus Unternehmensperspektive jedoch unter Umständen sinnvoll, sind Schutzrechte mit reiner Blockadeabsicht. Das Rheintaler Unternehmen Leica Geosystems ist im Rahmen der Produktentwicklung auf dem Gebiet der Geomatik in etwa 25 Technologiefeldern erfinderisch tätig (z.B. Laserdistanzmessung, GPS-Vermessung und Mikrosysteme). Das internationale Wettbewerbsumfeld ist ebenfalls in ähnlicher Breite tätig. Leica Geosystems muss deshalb immer sorgfältiger beobachten und analysieren, damit eigene Produkte nicht durch Schutzrechte von Wettbewerbern mit vielleicht nur sehr kleinem Marktanteil blockiert und die eigenen Weiterentwicklungen behindert werden könnten. x Direkte Einnahmen durch externe Technologiekommerzialisierung: In diesem Zusammenhang zeigen eigene Untersuchungen auf, dass die Stoßrichtung von juristischen Schutzstrategien neben dem Schutz des geistigen Eigentums vor Nachahmung auch auf die Generierung von Lizenzeinnahmen durch externe Vermarktung gerichtet ist. Bei der Entwicklung eines Aramid-Seils für Aufzüge hat Schindler über 20 Patente angemeldet. Über Lizenzvergaben und durch den Verkauf von Patenten im Nicht-Aufzugsbereich wurden bereits die gesamten Vorentwicklungsprojektkosten in Höhe von mehreren Millionen Schweizer Franken rückfinanziert. Heute werden Schutzrechte bereits von jedem zweiten Unternehmen extern vermarktet. Vorreiter IBM erzielt jährlich über 1 Milliarde US-Dollar Lizenzeinnahmen. x Imagegewinn und Marketing der Innovativität: Patente werden häufig auch für Marketingzwecke eingesetzt. In der Maschinenbauindustrie beispielsweise werden Patente auch eingesetzt, um die Innovativität von Produkten oder des Unternehmens herauszustreichen. Der Textilfaserhersteller Gore betreibt eine konsequente Marken- und Patentpolitik, um Kunden zu binden.
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Generierung, Bewertung, Verwertung von Patenten
Schaffung von Wettbewerbsvorteilen durch gezieltes Patentmanagement
Nutzung der Wettbewerbsvorteile durch das Unternehmen
• Strategie • Prozesse • Methoden • Struktur • Kultur
• Marktdynamik • Wettbewerbsumfeld • Produktspezifika • Technologiereife • Länderspezifika • Kriegskasse Patentportfolio 1. Strategische Position 2. Qualität 3. Quantität
Unternehmenserfolg
Koppelung der Patente mit Produkten und Technologien
Abb. I.2. Direkter Einfluss des Patentportfolios auf den Unternehmenserfolg
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg
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Generierung, Bewertung, Verwertung von Patenten Die Generierung, Bewertung und kommerzielle Verwertung von Patenten sind Bestandteil des strategischen Technologie- und Innovationsmanagements. Dabei besteht in den letzten Jahren ein starker, bisher ungebrochener Trend zu offenen Innovationsprozessen. Generierung. Die Generierung eines unternehmenseigenen Patentportfolios kann intern durch eigene Patentanmeldungen stattfinden. Darüber hinaus kann ein Unternehmen durch Kauf oder Einlizenzierung auch an externe Schutzrechte beziehungsweise die entsprechenden Rechte gelangen. Ein besonderer Fall sind Joint Ventures und Kooperationen, in denen interne und externe Generierung ineinander übergehen. Bewertung. Ein wesentlicher Bestandteil des Intellectual Property Managements ist die Bewertung von Patenten und Patentportfolien. Bereits in der Generierungsphase liefert eine Bewertung die Grundlage für erforderliche Entscheidungsfindungen. Sei es bei der Frage, ob eine Erfindung zum Patent angemeldet werden soll oder ob für ein bestehendes Patent weiterhin die Jahresgebühren entrichtet werden sollen oder sei es bei der Preisfindung für die Lizenz an einem externen Patentportfolio. Bewertungsmethoden können aufgrund ihrer Informationsfunktion auch zur Technologiefrüherkennung eingesetzt werden, um Wettbewerbsaktivitäten zu verfolgen. Verwertung. Die Verwertung des unternehmenseigenen Patentportfolios kann einerseits intern erfolgen, indem das Primärgeschäft des Unternehmens, das heißt Produkte, Technologien und Prozesse direkt unterstützt wird. Andererseits zielt eine externe Verwertung vielmehr auf ein eigenes Geschäftsmodel ab, indem eine zusätzliche finanzielle Wertschöpfung erfolgt. Hierzu zählt der Verkauf und das Auslizenzieren von Intellectual Property, in den USA können durch die Spende von Patenten und anderen Schutzrechten an gemeinnützige Organisationen wie Universitäten sogar Steuervorteile geltend gemacht werden (Donation). Patente werden von Unternehmen zudem häufig regelrecht als Handelsgut eingesetzt, um sich in vergleichbare oder andere Technologien „einzukaufen“. Bei der Gestaltung von Technologiestandards ist es für Unternehmen häufig sogar erforderlich, eigenes relevantes Intellectual Property, wie Marken oder Patente mit einzubringen, um am Standard ohne Lizenzzahlungen partizipieren zu können.
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Schaffung von Wettbewerbsvorteilen Durch das Patentmanagement sollen über die Optimierung des Patentportfolios Wettbewerbsvorteile geschaffen werden. Die Art und Weise, wie Unternehmen das Patentmanagement systematisieren und umsetzen können, lässt sich mittels der folgenden fünf Kategorien Strategie, Prozesse, Methoden, Struktur und Kultur analysieren: Strategie. Setzen das Management und die Mitarbeiter eines Unternehmens Intellectual Property als Schutz oder für den Zugang zu neuen Geschäftsfeldern ein? Werden faktische Schutzrechtsstrategien systematisch verbunden mit Patent- und Markenschutz? Werden unter KostenNutzen-Überlegungen alternative Wege der Sicherung der Handlungsfreiheit überprüft? Werden Patente aktiv extern kommerzialisiert? Ist die Intellectual Property Strategie eng verzahnt mit der Geschäfts- und Innovationsstrategie? Prozesse. Stützt sich ein Unternehmen nur auf wenige Solitäre oder ist es in der Lage sein volles Netzwerk für das Management von Intellectual Property einzusetzen? Findet ein systematisches Ideen- und Wissensmanagement statt, welches mit dem Patentmanagement gekoppelt ist? Gibt es klare Meilensteine für das Abfassen von Erfindungsmeldungen? Findet eine systematische Abstimmung der Erfinder und Ingenieure mit den Patentanwälten statt? Welche weiteren Schnittstellen existieren, z.B. zur Marketingabteilung, und werden diese gepflegt? Methoden. Werden systematische Methoden zur Patentgenerierung eingesetzt? Nach welchen Bewertungsmaßstäben werden Patente ausgewählt? Wie wird der Wert von Patenten festgelegt? Mit welcher Software werden Patente verwaltet? Mit welcher Portfoliotechnik werden Patente bewertet? Struktur. Wird die Verfahrensführung der Patentanmeldungen über eine eigene Patentabteilung durchgeführt oder an externe Patentanwälte ausgelagert? Wo ist die Patentabteilung organisatorisch angegliedert? Ist die Organisation des Patentwesens eher top-down oder eher bottom-up strukturiert? Hat die breite Organisation Zugang zu den für sie relevanten Informationen betreffend Intellectual Property? Wird das kreative Potential im Unternehmen genutzt? Kultur. Wie wird mit Routinevorgängen, wie mit Veränderungsvorgängen umgegangen? Wie hoch ist die Bereitschaft, Wissen frühzeitig zu teilen und strategische Patente anzumelden? Wie sind die Interaktionen zwischen Erfindern und Patentabteilung? Wie hoch ist die Wertschätzung von geistigem Eigentum im Unternehmen?
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Nutzung der Wettbewerbsvorteile Die Realisierung und Nutzung von Wettbewerbsvorteilen unterliegt zahlreichen, für die jeweiligen Unternehmen spezifischen Randbedingungen. In diesem Zusammenhang sind die folgenden Ausprägungen des Patentmanagements zu berücksichtigen: Branchenspezifika. In welcher Branche agiert das Unternehmen? Wie hoch ist die Veränderungsgeschwindigkeit in der Industrie? Ist eine temporäre Monopolisierung durch Schutzrechte realisierbar oder liegt ein hoher Standardisierungsgrad vor? Wie hoch ist der Reifegrad der Branche? Welche Eintrittsbarrieren existieren in dieser Branche? Wie sieht die Wettbewerbsstruktur der Branche aus (Duopol, Oligopol, Polypol) und welche Macht- und Marktanteilsverhältnisse liegen vor? Unternehmensgröße. Ist das Unternehmen ein globaler Konzern oder ein kleines oder mittelständisches Unternehmen mit starker Nischenfokussierung? Über welche Ressourcen kann innerhalb des Unternehmens verfügt werden? Welcher Komplexitätsgrad liegt vor? Kann ein Patent im Streitfall auch verteidigt werden, wenn die Rechtskosten, wie in den USA, selbst getragen werden müssen? Produktspezifika. Die Art der betroffenen Produkte spielt eine wichtige Rolle, insbesondere in welchen Wertschöpfungsstufen das Unternehmen aktiv ist. Ist das Produkt stark diversifizierbar? Welche technologischen Alternativen existieren? Wie hoch ist die Aktualitätsattraktivität des Produkts (Mode, Trendprodukte)? Technologiereife. In Abhängigkeit der Reife einer Technologie, eines Produkts oder einer Dienstleistung sind die so genannten First-Moveroder Second-Mover-Vorteile ausschlaggebend und ein Aufspringen auf bereits emergierende Trends noch möglich. Wie viele Basistechnologien sind bereits durch Wettbewerber geschützt? Besitzt das Unternehmen technologische Kernkompetenzen im potentiellen Bereich? Länderspezifika. Der Aktionsradius in denen das Unternehmen und seine Wettbewerber agieren oder zu agieren beabsichtigen, ist entscheidend für die erforderlichen vorbeugenden und relevanten Maßnahmen, die ergriffen werden müssen. Gibt es einen Markt, ist dieser eventuell ein Schlüsselmarkt? Haben die Wettbewerber Produktionskapazitäten im Land? Wie ausgeprägt ist die Durchsetzung des Patentrechts, z.B. in China? Kopplung mit Produkten und Technologien. Ohne die Koppelung des generierten geistigen Eigentums mit den realen Produkten, Technologien und Dienstleistungen, die direkte Wertschöpfung für ein Unternehmen er-
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zielen, ist das beste Patentportfolio ein zahnloser Tiger. Mit anderen Worten: Die durch Patentmanagement geschaffenen Wettbewerbsvorteile müssen durch das Unternehmen auch genutzt werden. Dies ist nur möglich, wenn die Patentstrategie konsequent auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist und diese aktiv unterstützt. Ein Portfolio von Zufallstreffern mag im Einzelfall erfolgreich sein; in der Regel ist dies jedoch ein kostenintensives und wenig effektives Vorhaben. Die Patentstrategie muss auf die strategischen Stoßrichtungen und bestehenden Kernkompetenzen des Unternehmens ausgerichtet sein. Große Wettbewerbsvorteile über Patente erzielen typischerweise die F&E-intensiven Unternehmen, wie in Tabelle I.3 aufgelistet. Tabelle I.3. Die größten Anmelder beim Europäischen Patentamt Rang
Unternehmen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Philips Siemens BASF Samsung Bosch LG Panasonic Bayer Qualcomm Sony Toyota Alcatel Lucent Ericsson General Electric Huawei Fujitsu Honeywell Research in Motion Hitachi Hoffmann-La Roche Thomson Licensing Canon Nokia NXP IBM
Anmeldungena
Quelle: Europäisches Patentamt (2010a) a
Anmeldungen, für die 2009 ein europäisches Erteilungsverfahren eröffnet wurde.
2.556 1.943 1.699 1.337 1.284 1.221 1.020 992 969 913 893 850 827 681 672 654 653 649 630 613 607 602 600 591 585
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg
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Der Patentanwalt muss daher die Geschäftslogik der Branche verstehen und die Differenzierungsstrategie des Unternehmens in Schutzdenken übersetzen können. Zu häufig sind Patentabteilungen in Großunternehmen entkoppelt von der realen Wertschöpfung. In innovativen Unternehmen muss das geistige Eigentum konsequent in F&E- und Marketingstrategie integriert sein. Gore zeigt dies in besonderem Maße, da das IP zentraler Wertträger des Unternehmens ist.
II.
Generierung von Patenten
„Keep up Passion! But do not have chaos all the time; if you have chaos you will never converge. You need ‘chaos discipline’.“ Dr. Gary M. Einhaus Associated Director R&D, Eastman Kodak
Patentstrategien Patentstrategien spielen in zunehmendem Maße eine entscheidende Rolle in den Geschäftsstrategien von Unternehmen. Dies liegt vor allem daran, dass es durch gewerbliche Schutzrechte in verstärktem Maße möglich geworden ist, die eigene Unternehmensposition und die Aktivitäten von anderen Unternehmen zu beeinflussen, wenn nicht sogar zu kontrollieren. Die Leitlinien für die Patentstrategie müssen von der Unternehmensstrategie gesetzt sein, so dass der Beitrag für das Ganze sichergestellt ist. Eine Strategie sollte insbesondere die angestrebten Produkte, Technologien und Applikationen explizit adressieren. Dabei hat diese sowohl Existierendes als auch Zukünftiges aufzuzeigen.
Strategie / Patentstrategie Eine Strategie gibt die Leitplanken vor, innerhalb derer sich ein Unternehmen bewegt. Sie zeigt grobe Ziele und Stoßrichtungen eines Unternehmens auf und weist auf die möglichen Wege hin die Ziele zu erreichen. Eine Patentstrategie gibt deshalb Antworten auf Fragen, welche Erfindungsgebiete zu welchem Zweck patentiert werden, welche Markt- und Produktionsgebiete durch den Patentschutz abgedeckt werden und mit welchen Mitteln, Aufwendungen und Risikobereitschaft dieser Schutz verteidigt wird.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Generierung von Patenten
Eine Positionierung des Unternehmens erfolgt in Bezug auf: x Produkte und Technologien. x Märkte. x Finanzieller Rahmen. Jedes Unternehmen hat eine Strategie, auch jedes Kleinunternehmen. Häufig ist jedoch bei kleinen und mittleren Unternehmen festzustellen, dass die Strategie implizit im Kopf des Unternehmens steckt. Nach dem Strategieexperten Henry Mintzberg (1987) können fünf Verwendungsarten für Strategie unterschieden werden: x Plan: x x x x
Weg-Zielbeschreibung – Was soll erreicht werden und wie soll das Ziel erreicht werden? Ploy: Vorstellung der Strategie als Spielzug im Wettkampf mit und gegen Konkurrenten. Pattern: Entscheidungs- und Handlungsmuster eines Unternehmens. Position: Markt- und Wettbewerbsposition eines Unternehmens in Bezug auf seine Umwelt. Perspective: Wahrnehmung und Rekonstruktion der Umwelt.
Wichtig ist jedoch: Eine Strategie ohne Umsetzung ist wertlos; Umsetzung erfordert Management und dieses wiederum Feedback („You can’t manage what you can’t measure“). Die Patentstrategie muss das Unternehmen als Ganzes, aber auch die einzelnen Geschäftsfelder berücksichtigen, produktions- und produktorientiert sein und den finanziellen Rahmen festlegen. Folgende Fragestellungen ergeben sich dabei: x Was für Vorgaben brauche ich von anderen Strategiebereichen, beispielsweise von der Unternehmens-, Technologie-, Produkt- oder Innovationsstrategie? x Welche Minimalanforderungen beziehungsweise Minimalaussagen sind erforderlich, damit eine Intellectual Property Portfolio-Steuerung vorgenommen werden kann? x Zu welchen Zielgrößen müssen Aussagen erfolgen, beispielsweise ob eine generelle Lizenzbereitschaft besteht und inwiefern und mit welchen Mitteln Lizenzeinnahmen erzielt werden sollen? Die Neuformulierung einer Patentstrategie kann durch eine generelle strategische Geschäftsumorientierung oder durch eine interne Umstrukturierung ausgelöst werden.
Patentstrategien
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Als Voraussetzung für eine gut eingebettete Patentstrategie gelten vor allem klare Aussagen seitens der Unternehmensleitung. Die Hauptfrage lautet hierbei: „Wie soll sich das Unternehmen mittels der Patentstrategie positionieren?“
Äußerer Druck der zur Initiierung einer Patentstrategie führt, wird aber oft auch durch Ressourcen- und Budgetanpassungen verursacht, die eine Neuausrichtung und Optimierung der bisherigen Vorgehensweise erfordern. Dabei stellt sich einerseits die Frage, welche Technologien und Produkte geschützt werden sollten, andererseits aber auch wie dieser Schutz aussehen soll. Welche Eigenschaften sollen geschützt werden und für wie lange, in welchen Ländern? Bei der Entwicklung einer neuen Produktgeneration besteht eine erfolgreiche Herangehensweise darin, den angestrebten Patentschutz von bestimmten Technologie- und Produkteigenschaften als konkretes Ziel zu definieren und entsprechend dem Projektfortschritt ständig zu evaluieren. Das Erfordernis für eine erfolgreiche Patentstrategie und insbesondere der Wert von Handlungsfreiheit (Freedom-of-Action) als strategisches Gut des Unternehmens wird in der Regel dann sehr deutlich, wenn letztere fehlt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch Patente bezogene oder verursachte Streitfälle eine Blockade und Behinderung der derzeitigen Geschäftstätigkeiten verursachen. Die Folge hiervon können Umsatz- oder Gewinnrückgänge (Siemens, Herzschrittmacher) oder eine starke Beeinträchtigung der Marktkapitalisierung beziehungsweise des Börsenwerts sein (Adobe vs. Macromedia). Bei der Initiierung einer Patentstrategie ist die Abstimmung zwischen den Abteilungen Intellectual Property, F&E und Unternehmensentwicklung wichtig, wobei Konsistenz und letztendlich auch Konsens kritische Erfolgsfaktoren sind. Während die Patentabteilung der Prozess-Owner für die Initiierung der Patentstrategie sein sollte, ist von der Geschäftsleitung eine klare Unterstützung erforderlich. Des Weiteren werden als wichtigste Initiierungsereignisse die generelle Änderung der Geschäftsstrategie, die Veränderung des Umfelds oder der Geschäftsposition, die Durchführung von Benchmarkings sowie massive Klagen eingestuft. Beim mittelständischen Schweizer Messgeräte- und Automatisierungslösungsanbieter Endress+Hauser hat das Erfinden und der Schutz von Erfindungen durch Patente seit Ende der 90er Jahre einen besonders hohen
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Generierung von Patenten
Patentstrategie Die Initiierung einer Patentstrategie erfolgt häufig erst durch einen von außen initiierten Leidensdruck, der beispielsweise durch knappe Personal- und Budget-Ressourcen, Blockaden durch fremdes Intellectual Property sowie der unfreiwilligen Erfahrung eines Patentverletzungsverfahrens verursacht wird. Wichtige Erfolgsfaktoren einer Patentstrategie sind: • • • • • •
Fit mit Unternehmensstrategie. Ressourcen. Leidensdruck. Erfahrungen (schlechte > gute). Transparenz (Markt, Innensicht). Management-Commitment.
Stellenwert, nachdem sich das Unternehmen erfolgreich gegen eine Patentverletzungsklage eines amerikanischen Wettbewerbers wehren konnte. Kritische Erfolgsfaktoren sind ausreichende Ressourcenverfügbarkeit, ein gemeinsames Verständnis der Notwendigkeit für eine Patentstrategie, die Unterstützung des mittleren Managements sowie eine hinreichende Analyse des Ist-Zustands. Als Hilfsmittel dienen vorzugsweise gute Kommunikation und Visualisierung, wie beispielsweise aussagestarke Patentstatistiken, eventuell unter Zuhilfenahme von externen Patentdatenbanken. Wichtige Anspruchsgruppen, die in die Initiierung einer Patentstrategie eingebunden werden sollten, sind Geschäftsleitung, Erfinder, Fachexperten und Patentanwälte oder Patentverantwortliche. Fallbeispiel Prionics Prionics ist ein hochtechnologisiertes und innovatives Life Science KMU (Klein- bis mittelständisches Unternehmen) mit etwa 100 Mitarbeitern. Das Unternehmen wurde 1997 als Spin-Off der Universität Zürich gegründet und hat seinen Sitz in Schlieren, Schweiz. Das Life Science Unternehmen stellt Produkte im Bereich Nutztierdiagnostika, diagnostische Lösungen für Prionen-Erkrankungen und Tieridentifikationslösungen her. Im Jahr 2008 konnte Prionics einen Umsatz von 33 Millionen Schweizer Franken. erzielen. Die 100 Mitarbeiter arbeiten an fünf Standorten: am Hauptsitz in Schlieren, Schweiz, sowie in Holland, Deutschland, Italien
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und den USA. Prionics stellt etwa 300 Produkte her. Ein Großteil davon sind staatlich vorgeschriebene und subventionierte Testsysteme für Nutztiere. Das erste und bekannteste Produkt von Prionics ist der Test zur Identifikation der Rinderkrankheit BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie), das 1999 auf den Markt kam. Heute ist Prionics weltweit die Nummer zwei (nach Idexx) im Bereich der Nutztierdiagnostik und bietet Diagnostiklösungen für die zehn wichtigsten Nutztierkrankheiten an. Die Strategie von Prionics besteht darin, mit der ständigen Entwicklung neuer diagnostischer Systeme entlang der Nahrungs-Wertschöpfungskette zu expandieren. IP-Strategie/Patentstrategie. Prionics unterscheidet zwischen Patentstrategie und IP-Strategie. Die IP-Strategie umfasst allgemein technische und nichttechnische Immaterialgüterrechte: Patente und Gebrauchsmuster (technische Schutzrechte) sowie Marken, Geschmacksmuster und geschäftliche Bezeichnungen (nichttechnische Schutzrechte). Die Umsetzung der IP-Strategie beginnt bereits bei der Projektplanung und ist dort fester Bestandteil der Produktspezifikation. Dadurch wird die Handlungsfreiheit im neuen Produktbereich abgeklärt. Es werden zuerst die technischen, dann die nichttechnischen Schutzrechte begutachtet. Zum Schutz der eigenen Produkte führt Prionics zuerst eine Patentrecherche durch. Es folgt die Prüfung zur Anmeldung des Patents und eine weitere Prüfung hinsichtlich einer Marken- oder Geschmacksmusteranmeldung. Patentrecherche. Hinsichtlich der Patentstrategie gilt, dass kein Projekt ohne eine Abklärung des Freedom-to-Operate und einer Neuigkeitsprüfung durch eine Patentrecherche startet. Für jedes neue Projekt wird - oft mit Unterstützung externer Experten wie dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum - ein individuelles Suchprofil für das Monitoring erstellt. Das Monitoring erfolgt monatlich über die Datenbanken Medline und Derwent (World Patent Index – WPI). Bei dieser Recherche werden im ersten Durchgang 400 bis 500 potenziell relevante Literaturzitate und 75 bis 120 relevante Patentzitate identifiziert. Nach einem weiteren Screening durch ein firmeninternes Panel werden etwa 30 bis 50 relevante Literaturzitate sowie 10 bis 25 Patentzitate herausgefiltert, welche in einer internen Datenbank dokumentiert werden. In die Recherche werden insbesondere die F&E Projektleiter und Produktmanager (internes Panel) mit einbezogen. Mit ihrer fachlichen Expertise beurteilen sie die Recherche und schätzen die Situation ein. Diese Art der Recherche hat sich bei Prionics als erfolgreich erwiesen und hat sich als fester Bestandteil der Projektarbeit etabliert.
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Patente der Wettbewerber prüfen. Sind bei der Patentrecherche kritische Patente von Dritten, die das Patentvorhaben von Prionics behindern könnten, identifiziert worden, werden diese von einem Patent Committee eingehend geprüft. Gibt es Patente oder Literatur mit blockierender Wirkung, sucht Prionics nach einer Lösung zur Umgehung des kritischen Patents. Ist dies nicht möglich, wird entweder versucht, die Technologie einzulizenzieren oder das Projekt wird abgebrochen. Letzteres wird aufgrund der bereits getätigten Investitionen in das Projekt versucht zu verhindern, lässt sich aber nicht immer vermeiden. In einem Fall hatte Prionics beispielsweise bereits eine hohe Summe in ein Produkt für Vakzine gegen Prionen investiert als festgestellt wurde, dass ein Konkurrent Prionics hinsichtlich der Entwicklung des gleichen Produkts fast zwei Jahre voraus war und die Technologie auch patentiert hatte. Da die Verhandlungen für die Einlizenzierung der Technologie scheiterten, brach Prionics das Projekt ab. Patentanmeldung. Nach positiv geprüfter Neuheit und Aussicht auf Kommerzialisierung der Erfindung wird diese entweder als Patent angemeldet, als Sperrpublikation veröffentlicht oder geheim gehalten. Da Prionics schlechte Erfahrungen mit einer „Standardstrategie“ gemacht hat, wird die Patentanmeldestrategie produktspezifisch von Fall zu Fall entschieden. Dabei gilt das Motto „Die Patente müssen sich selbst bezahlen“. Grundsätzlich ist das Ziel, den Patentschutz für ein neues Produkt möglichst früh zu realisieren. Entwicklung der IP-Strategie mit der Zeit. Seit der Gründung im Jahr 1997 haben sich Prionics und das Marktumfeld stark verändert. 1997 startete Prionics mit einem Basispatent für einen BSE-Test. Einen Markt für dieses Produkt gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Patentstrategie bestand damals darin, das Patent möglichst breit in allen Ländern mit Marktpotenzial anzumelden, was eine nahezu weltweite Anmeldung bedeutete. Im Jahr 2002 konnte Prionics sich auf dem Weltmarkt durchsetzen und hält seither zwischen 40 und 60% des Marktanteils. Das IP-Management von Prionics wurde seitdem strategisch ausgerichtet und professionell aufgebaut. Ein elektronisches Monitoring-System wurde eingeführt, ein Patent Committee etabliert sowie ein strategisches Portfoliomanagement aufgebaut. Das bisherige Patentportfolio wurde zudem um Verfahrenspatente ergänzt. Parallel dazu wurde auch das Markenportfolio erweitert. Diese Aktivitäten erfolgten in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung. Trotz des Wachstums des Unternehmens war Prionics 2004 immer noch eine „Ein-Produkt Firma“. Die Anzahl der Konkurrenten stieg und es erfolgte ein Preiszerfall im Markt. Der Marktanteil von ehemals 60% sank auf etwa 40%. Prionics sah sich gezwungen, die Geschäftsstrategie zu än-
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dern und erweiterte den Fokus auf die gesamte Sparte Nutztierdiagnostika. Im Zuge dieser Neuausrichtung akquirierte Prionics neues IP durch den Kauf der Rechte auf die Produkte von Pfizer Animal Health Diagnostics und die Akquisition der niederländischen CEDI-Diagnostics. Hinsichtlich der IP-Strategie erzwingen das wachsende Patent- und Markenportfolio wegen enormer Kosten (wie beispielsweise die ursprünglich sehr breite Länderstrategie) bei gleichzeitig sinkenden Margen eine Neuausrichtung des IP-Managements. Die Neuausrichtung wird seit 2005 bis heute umgesetzt und verfolgt das Motto „Soviel wie nötig und so wenig wie möglich“. Sie beinhaltet Änderungen hinsichtlich Länderstrategie, Outsourcing von IP-Aktivitäten und Portfoliomanagement. Länderstrategie. Die Anmeldung von Patenten und Marken wird auf die wichtigsten Märkte und Produktionsländer reduziert. Dies wird für jedes Produkt individuell abgestimmt, es existiert keine Standardländerliste. IP-Outsourcing. Prionics nutzt vermehrt externe IP-Dienstleistungen und entlastet die internen Ressourcen. Portfoliomanagement. Ein striktes Portfoliomanagement mit regelmäßiger Grundabstimmung alle sechs Monate wird eingeführt. Die Patentstrategie ist eng an der Geschäftsstrategie ausgerichtet. Grundsätzlich wird das Ziel verfolgt, nach genauer Prüfung der Patentierfähigkeit und des Kommerzialisierungspotenzials die Erfindung so früh wie möglich zu schützen und den Schutz möglichst über die gesamte Produktlebensdauer aufrecht zu erhalten. Folgende Aspekte werden dabei berücksichtigt: x Sicherung des Freedom-to-Operate x Möglichst keine Produkte ohne eigenen Patentschutz x Kosten-Nutzen-Verhältnis: "Ein Patent muss sich selbst bezahlen." Die 0/0-Maus Gefahr. Ein Beispiel veranschaulicht die Wichtigkeit des Patentschutzes für Prionics. Die BSE-Testverfahren für die Nutztierdiagnostika von Prionics basieren auf Antikörpern, die mit Hilfe von Mäusen mit bestimmten genetischen Eigenschaften hergestellt werden, den sogenannten „0/0“- oder auch „knockout-Mäusen“. Auch viele der Wettbewerber nutzen dieses gängige Verfahren zum Herstellen der Antikörper. Ein Forscher der Universität Zürich meldete bereits 1991 die 0/0-Maus zum Patent an. Das Patent wird Anfang 2005 als Europäisches Patent mit der standardmäßigen neunmonatigen Einspruchsfrist erteilt. Bei Bekanntwerden der Patenterteilung erwirbt Prionics die Patentfamilie umgehend. Wi-
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der Erwarten wird kein Einspruch gegen das Patent erhoben und dieses endgültig erteilt. Dennoch war der Erwerb richtig. Im worst-case Szenario für Prionics hätte einer der großen Konkurrenten die Patentfamilie erwerben und in vielen Ländern möglicherweise eine einstweilige Verfügung erwirken können. Als Folge hätte Prionics mit einem sofortigen Produktions- und Verkaufsstopp rechnen müssen, was einen hohen Verlust und damit eine Existenzbedrohung für das KMU mit sich gezogen hätte.
Offensive und defensive Patentstrategien Patentstrategien lassen sich nach ihrer Ausrichtung und Aggressivität unterscheiden in offensive und defensive Patentstrategien (Rahnasto 2003): Offensive Patentstrategien basieren auf der strategischen Planung der Intellectual Property Nutzung im Rahmen der Unternehmens- und Geschäftsaktivitäten. Die Patentrechte werden darüber hinaus proaktiv und aggressiv durchgesetzt. Eine aktive Mitwirkung in verschiedenen Interessensgruppen zur Rechtsentwicklung der Intellectual Property Legislationen rundet die Strategie ab. Das amerikanische Halbleiterspeicherunternehmen Rambus verfolgt seit Jahren eine aggressive Vermarktungsstrategie seines Patentportfolios mit Lizenzforderungen betreffend eines bestimmten Takt- und Busverfahrens für SDRAM 5 -Speicherchips. Seit mehreren Jahren sind zahlreiche Patentverletzungsverfahren in den USA und Europa anhängig, die die Halbleiterspeicherbranche verunsichern. Im Januar 2010 erreichte Rambus einen Vergleich mit Samsung, was dem Unternehmen eine hohe Ausgleichszahlung einbrachte. Als taktisches Manöver melden einige Unternehmen auch Patente an, um ihre Konkurrenten zu täuschen. Diese Patente werden mit wenig Aufwand erstellt, die Prüfungsgebühren werden nicht bezahlt. Der einzige Effekt dieser Maßnahme dient der gezielten Irreführung der Wettbewerber bezüglich der eigenen technologischen Stoßrichtung. Allerdings sollte der Wert dieses Manövers insbesondere bei häufiger Anwendung nicht überschätzt werden. Defensive Patentstrategien zielen darauf ab, die Auswirkungen von IP-Strategien Dritter auf das eigene Unternehmen zu minimieren.
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SDRAM steht für Synchronous Dynamic Random Access Memory und zeichnet sich durch eine hohe Taktrate auf, die schnelles Speichern und Auslesen ermöglicht.
Offensive und defensive Patentstrategien
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Das mittelständische Möbelzulieferunternehmen Hettich verfolgt eine aggressive Abwehrstrategie. Durch exzellenten Umgang mit Stand-derTechnik Informationen werden zahlreiche Einspruchsverfahren gegen Wettbewerbspatente geführt und Angriffe von Wettbewerbern ausgehebelt. Offensiv-/Defensiv-Strategien. Insbesondere große Unternehmen verfolgen häufig hybride Patentstrategien, die sowohl offensive als auch defensive Bestandteile aufweisen: Obwohl der Elektrokonzern Siemens und das Softwareunternehmen Microsoft offensive Intellectual Property Strategien im oben genannten Sinne verfolgen, liegt ein Fokus der Intellectual Property Strategien stets darin, Auswirkungen von Dritten auf das eigene Unternehmen zu minimieren. Bei Siemens ist dies durch die starke Diversifizität des Produkt- und Dienstleistungsangebots bedingt. So sind Wettbewerber des einen Geschäftsbereichs häufig Kunden eines anderen Geschäftsbereichs. Microsoft wiederum ist durch seinen hohen Weltmarktanteil auf Basis eines vergleichsweise eingeschränkten Produkt- und Dienstleistungsangebots sehr sensibel gegenüber Angriffen Dritter. Unternehmen unter einer derartigen Aktivitäts- und Wettbewerbskonstellation schließen deshalb verstärkt Patentlizenzaustauschverträge ab, um die eigene Angriffsfläche (Exposure) zu reduzieren. Konsequenter Weise haben Siemens und Microsoft im Rahmen einer generellen Ausweitung der gemeinsamen Zusammenarbeit in 2004 ein solches Kreuzlizenzabkommen abgeschlossen.
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Generierung von Patenten
Die 10 Patentmanagement-Grundsätze von Geberit 1. Anmeldepolitik: Geberit meldet schutzfähige Erfindungen bewusst und gezielt an. Vor der Anmeldung wird die Positionierung des Patents festgelegt. 2. Kollisionsabklärungen: Für jedes Entwicklungsprojekt wird eine Patentanalyse durchgeführt. 3. Portfolio-Review: Das Geberit-Patentportfolio wird jährlich einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Die Anmeldekriterien dienen dabei unter anderem als Entscheidungsgrundlage für das Fallenlassen respektive die Weiterführung jedes einzelnen Patents. 4. Erfindungsangebote: Externe Erfindungsangebote werden Geberit-intern auf ihre technische und wirtschaftliche Verwertbarkeit überprüft; die patentrechtliche Analyse fließt in den Unternehmensentscheid ein. 5. Fremdüberwachung: Geberit verfolgt konsequent die Patentveröffentlichung auf dem Gebiet der Sanitärtechnik sowie in angrenzenden Gebieten. 6. Wettbewerbs- und Technologieanalysen: Für spezifisch definierte Wettbewerber werden systematisierte Patent- und Technologieanalysen erstellt. 7. Lizenzierung: Durch ein Geberit-internes Lizenzsystem werden Aktivitäten der F&E finanziert. Geberit lizenziert seine Patente aber nicht aktiv an Dritte. 8. Durchsetzung: Geberit setzt seine Patente konsequent gegen allfällige Verletzer durch. 9. Informationssystem: Geberit gewährleistet den notwendigen Informationsfluss zu den eigenen Patenten mit einem periodischen, stufengerechten Reporting. 10. Organisation: Die Aktivitäten im Bereich Patente werden zentral geführt und koordiniert, die dezentrale F&E-Einheit schützt ihre marktspezifischen Eigenentwicklungen selber.
Kerndimensionen der Patentstrategie
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Kerndimensionen der Patentstrategie Die meisten führenden, internationalen Technologieunternehmen verfolgen mit ihrer Patentstrategie das Ziel, die eigene Handlungsfreiheit zu sichern, beispielsweise Siemens oder IBM. Ein weiterer Aspekt dabei ist, die Nachahmung der eigenen Produkte zu verhindern und dadurch deren Differenzierung im Wettbewerb nachhaltig zu stärken. Vor allem in der Pharma- und Chemiebranche wäre die Entwicklung neuer Wirkstoffe ohne effektiven Patentschutz nicht finanzierbar. Einige Unternehmen verteidigen dabei mit Patenten erfolgreich das eigene Produkt, beispielsweise Bayer versus Barr Laboratories, Ruby und Hoechst-Marion-Roussel. Immer noch relativ wenige Unternehmen setzen den Schwerpunkt der Patentstrategie auf die Erzielung von Lizenzeinnahmen, wie zum Beispiel Philips. Eine auf den Schutz von Innovationen ausgerichtete Patentstrategie weist somit folgende drei Kerndimensionen auf (Abb. II.1): x Sicherung der eigenen Handlungsfreiheit. x Differenzierung im Wettbewerb. x Generierung von Lizenzeinnahmen. Eine umfassende Patentstrategie sieht bereits die Schaffung einer Ausgangssituation vor, in der eine möglichst geringe Angreifbarkeit des Un-
Verwertungsmotivation
(3) Lizenzeinnahmen
Reputation
FreigabeLizenzierung
DurchsetzungsLizenzierung
(2) Differenzierung im Wettbewerb
Abschreckung von potentiellen Nachahmern
Rechtliches Vorgehen gegen Immitatoren
Blockade von Wettbewerbern
(1) Handlungsfreiheit
Entwicklung von Produkten frei von Rechten Dritter
Abwehr von Verletzungsangriffen
Design Access (Ein-, Kreuzlizenzierung, Einspruchsverfahren Nichtigkeitsverfahren)
prophylaktisch
defensiv
offensiv
Aktivitätsniveaus
Abb. II.1. Kerndimensionen der Patentstrategie und Aktivitätsniveaus
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Generierung von Patenten
ternehmens durch Dritte besteht. Je geringer die eigene Angreifbarkeit, desto größer ist die eigene Handlungsfreiheit gegenüber Patenten Dritter (Freedom-of-Action) und desto stärker können eigene Produkte verteidigt und Schutzrechte gegenüber Wettbewerbern durchgesetzt werden. Es können dabei drei Aktivitätsniveaus unterschieden werden: x Prophylaktische Maßnahmen zur Vorbeugung. x Defensive Maßnahmen zur Verteidigung der eigenen Wettbewerbsposition. x Offensive Maßnahmen zum selbstinitiierten Angriff auf den Wettbewerb. Ziel 1: Sicherung der eigenen Handlungsfreiheit Im Vordergrund steht bei dieser Kerndimension die Sicherung der eigenen Handlungsfreiheit gegenüber Dritten. Europäische Unternehmen messen dieser in der Regel einen sehr hohen Stellenwert bei und versuchen Produkte und Technologien zu entwickeln, die nicht mit Schutzrechten von Dritten kollidieren. Die eigene Handlungsfreiheit kann dabei bereits durch die schlichte Quantität von eigenen Patenten und Patentanmeldungen untermauert werden. Einerseits können so Wettbewerber abgeschreckt und andererseits Produkte von möglichen Angreifern potenziell abgedeckt werden. Das Ziel der Handlungsfreiheit lässt sich somit durch vorbeugende, prophylaktische Maßnahmen bei der Entwicklung der eigenen Produkte und Technologien verwirklichen. Defensive Maßnahmen zur Verteidigung müssen eingeleitet werden, wenn ein Unternehmen von einem anderen mit dem Vorwurf einer Patentverletzung angegriffen wird. In der Praxis versucht das angegriffene Unternehmen neben anderen Maßnahmen insbesondere eigene Schutzrechte gegen Produkte und Geschäftstätigkeiten des angreifenden Unternehmens einzusetzen. Offensive Maßnahmen, die zur Erlangung oder Beibehaltung der Handlungsfreiheit dienen, können auch auf Eigeninitiative durchgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere das proaktive Einlizenzieren oder Kreuzlizenzieren von interessanten Patenten, aber auch das Vernichten von störenden Patenten, beispielsweise durch Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren. Der Schweizer Aufzughersteller Schindler strebt für seine Produkte und Dienstleistungen den verletzungsfreien Einsatz bestmöglicher Technologie an und bemüht sich darüber hinaus auch um die erfolgreiche Vernichtung
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störender Fremdpatente, beispielsweise durch Einspruchsverfahren vor den Patentämtern. Entwicklung von Produkten frei von Rechten Dritter. Dieses Ziel sollte von Unternehmen generell angestrebt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass die Schutzrechtsaktivitäten Dritter beobachtet und analysiert werden müssen und gegebenenfalls spezifische Umgehungslösungen entwickelt werden müssen. Dieser als Product Clearing oder Patent Clearing bezeichneter Prozess ist häufig mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand sowie einer kontinuierlichen Qualifizierung der Mitarbeiter verbunden. Eine Missachtung oder Fahrlässigkeit kann in den USA in einem Patentverletzungsverfahren durch eine Schadensersatzverdreifachung geahndet werden (Treble Damages). Abwehr von Verletzungsangriffen. In einer Studie der OECD (2002) über Business Patenting and Licensing berichteten 70% der befragten Unternehmen über eine wachsende Involvierung in Patentverletzungsverfahren. Für Betroffene gilt: „Angriff ist die beste Verteidigung“. Die Basis-Strategie zur Abwehr von Angriffen Dritter beruht auf vier Säulen: 1. Gegenangriff auf die Rechtsbeständigkeit der Klagepatente, zum Beispiel durch Nichtigkeitsklagen. 2. Gegenfeststellung, ob überhaupt eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, zum Beispiel durch negative Feststellungsklage. 3. Gegenangriff auf die Produkt-, Technologie- und Dienstleistungspalette des Angreifers mit eigenen Schutzrechten. 4. Weitere verfahrenstechnische, rechtliche und ggf. sogar politische Schritte zur Beeinflussung des Verletzungsverfahrens im eigenen Sinne. Dennoch sollten die hohen Kosten berücksichtigt werden, die bei der Schutzrechtsdurchsetzung generell entstehen können: Patentlitigationskosten betragen in den USA bei Streitwerten von weniger als 1 Mio. USDollar im Durchschnitt 967.000 US-Dollar und müssen in der Regel von den Unternehmen selbst getragen werden í ein Nullsummenspiel (AIPLA 2010)! Des Weiteren haben innovative KMU insbesondere die Folgekosten und Ressourcenbindung bei einer möglichen gerichtlichen Auseinandersetzung zu bedenken; dies gilt vor allem für die USA. Insofern sind bei juristischen Schutzstrategien jeweils nicht nur rechtliche, sondern immer auch finanzielle und politische Überlegungen anzustellen. Ebenso haben sich die kulturellen Aspekte geändert. Während sich Pharmaunternehmen, wie beispielsweise Schering (jetzt: Bayer-Schering) oder Aventis (jetzt: Sanofi-Aventis), früher in der Regel noch außergerichtlich mit Dritten einigen konnten, haben nunmehr gerichtlich gestützte
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Auseinandersetzungen zugenommen, nicht zuletzt durch den Einfluss amerikanischer Unternehmen. Design Access. Wer dem schwelenden Risiko einer wissentlichen Verletzung von Patenten Dritter entgehen möchte, muss sich proaktiv um den Zugang zu diesen Rechten bemühen oder zumindest versuchen, diese zu vernichten. Einlizenzierung. In zahlreichen Fällen ist die vollständige Entwicklung von Umgehungslösungen nicht möglich, zu kostspielig oder aus anderweitigen Gründen unerwünscht, beispielsweise bei technischen Standards. Dann bieten Lizenznahme oder Erwerb des Schutzrechts eine Lösungsmöglichkeit zur Nutzung der Rechte. Zahlreiche Unternehmen, wie beispielsweise IBM, verfolgen bereits eine offene Lizenzierungsstrategie und bieten Dritten zu fairen, angemessenen und nicht benachteiligenden Konditionen Lizenzen an. Allerdings besteht in der Regel keine generelle Verpflichtung eines Unternehmens zur Lizenzierung an Dritte. Insbesondere bei großen Unternehmen, ist die Vergabe von Lizenzen an Dritte zusätzlich häufig daran gebunden, dass im Gegenzug Sicherheiten geboten werden, beispielsweise Rücklizenzen. Das einlizenzierende Unternehmen soll daran gehindert werden, später das lizenzgebende Unternehmen wegen Patentverletzung angehen zu können. Das lizenzgebende Unternehmen könnte sich dann gegebenenfalls nur noch sehr schwer wehren, da die relevanten Patente bereits lizenziert und nicht mehr für einen Gegenangriff herangezogen werden könnten. Kreuzlizenzierung. Werden bei einer Einlizenzierung von Schutzrechten als Gegenleistung Rücklizenzen gegeben, so liegt eine Kreuzlizenzierung vor. Insbesondere Unternehmen mit großen Marktanteilen haben das Problem der hohen Angreifbarkeit in den jeweiligen Marktsegmenten durch Patente Dritter. Besteht in diesen Segmenten darüber hinaus eine hohe Wettbewerbs- und Innovationstätigkeit mit hohem Schutzrechtsaufkommen, versuchen viele Unternehmen, ihre Freiheitsgrade durch Zugang zu anderen Schutzrechtsportfolien zu erhöhen, wie beispielsweise die Unternehmen Siemens und Microsoft, die 2004 einen Patentlizenzaustausch abschlossen. Während früher häufig noch reine Tauschgeschäfte von gegenseitigen Nutzungsrechten stattfanden, wird in den letzten Jahren zunehmend eine Abwägung des beidseitigen Nutzens durch monetären Ausgleich kompensiert.
Kerndimensionen der Patentstrategie
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Lizenzbedarf des Suchmaschinen-Betreibers Google Die Grundlagen von Googles Suchtechnologie wurden von den Gründern Page und Brin im Jahr 1998 während ihrer Studienzeit an der Universität Stanford (Kalifornien) entwickelt. Die Patentrechte hält seither die Universität. Google konnte jedoch die Exklusivlizenzrechte bis zum Jahr 2011 erwerben. Im Jahr 2002 wurde Google dann in den USA von dem Yahoo!Tochterunternehmen Overture wegen Patentrechtsverletzung verklagt. Das Kernpatent (U.S. Patent No. 6,269,361) schützt ein Verfahren, das eine wesentliche Funktion für den Werbemarkt betrifft – die Haupteinnahmequelle von Google: Mit dem Verfahren lässt sich die Reihenfolge automatisch erzeugter Suchergebnisse nachträglich verändern und können Anzeigen platziert werden. Der Patentstreit wurde kurz vor dem Börsengang in 2004 beigelegt: Google erhielt eine Lizenz. Im Gegenzug bezahlte Google 2,7 Millionen Aktien mit einem Ausgabewert in Höhe von etwa 100 USDollar und entrichtet zudem Lizenzgebühren für die Nutzung an die Yahoo!-Tochter Overture.
Der Technologiekonzern Unaxis (heute OC Oerlikon) hat Kreuzlizenzverträge bisher in erster Linie zum Zweck der Streiterledigung eingesetzt. Zukünftig werden diese nach Aussage des Leiters der Rechtsabteilung Emch aber verstärkt auch bei wirtschaftlich tragbarer Beschaffung von Intellectual Property herangezogen, beispielsweise als Ersatz zum reinen Erwerb von Schutzrechten, bei Unternehmenskäufen oder der vorsorglichen Sicherung des Zugangs zu bestimmten Schutzrechten. Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren. Mit dem Einspruchsverfahren wird der bis dahin nicht am Patenterteilungsverfahren beteiligten Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben, das Patent vom Patentamt nochmals überprüfen zu lassen. Die einsprechende Partei ist dabei am Einspruchsverfahren beteiligt. Bei Erfolg wird das Patent eingeschränkt oder widerrufen. Die Wirkung des Patents entfällt dabei entsprechend rückwirkend. Im europäischen Verfahren steht zur Einlegung eines Einspruchs ein Zeitraum von neun Monaten und im deutschen Verfahren ein Zeitraum von drei Monaten zur Verfügung. In den USA besteht entsprechend die Möglichkeit des 1Parteien-Verfahrens Ex Parte Reexamination und des 2-Parteien-Verfah-
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Generierung von Patenten
Patentlizenzaustausch zwischen SAP und Microsoft Während den Verhandlungen mit Microsoft über eine gemeinsame Partnerschaft zur Entwicklung von Internet-Dienstleistungen bestätigte SAP, dass es bereits 2003 betreffend eines möglichen Unternehmenszusammenschlusses von Microsoft angesprochen worden war. Die vorläufigen Gespräche kamen zwar ins Stocken, jedoch gingen 2004 beide Parteien eine gemeinsame Kollaboration zur Entwicklung von Internet-Dienstleistungen ein. Das Abkommen umfasste auch ein Patentlizenzaustauschabkommen zur Verbesserung der Entwicklungsrahmenbedienungen der beiden Unternehmen.
rens Inter Partes Reexamination zur Überprüfung des Patents. Danach steht auf nationaler Ebene in vielen Legislationen nur noch das in der Regel teure und aufwendige Nichtigkeitsverfahren zur Verfügung. 6 Mittels dieser Rechtsinstrumente kann so frühzeitig die Entstehung von neuen Schutzrechten eingeschränkt oder sogar verhindert werden. Für die Praxis ist die bis zum Abschluss der Verfahren bestehende Rechtsunsicherheit meistens problematisch. Zieht sich das europäische Verfahren über zwei Instanzen, muss mit etwa vier Jahren gerechnet werden, bis die endgültige Entscheidung vorliegt. Darüber hinaus wird der Patentinhaber durch den Einsprechenden darauf aufmerksam gemacht, dass dieser durch das Patent gestört wird, ansonsten würden nicht die Kosten für das Verfahren investiert werden. Vor dem Europäischen Patentamt hat die Quote der über Einsprüche angefochtenen Patente im Jahre 2009 den historischen Tiefstand von 4,7% (2005: 5,4%) erreicht (Europäisches Patentamt 2010a). In zahlreichen Branchen, wie beispielsweise der Konsumgüterindustrie oder der Möbelzulieferindustrie, wird allerdings immer noch eine regelrechte Einspruchskultur gelebt. Allein der Konsumgüterhersteller Henkel legt in Europa pro Jahr etwa 80 Einsprüche ein. Ziel 2: Differenzierung im Wettbewerb Abschreckung erfordert Glaubwürdigkeit: Eine juristische Schutzstrategie behält nur dann ihren auch prophylaktischen Abschreckungscharakter 6
Während das Einspruchsverfahren auch auf gebündelter, regionaler europäischer Ebene existiert, ist das Nichtigkeitsverfahren hingegen nur auf nationaler Ebene möglich. Darüber hinaus ist das Nichtigkeitsverfahren in zahlreichen Legislationen nicht als eigenständiges Verfahren, sondern nur im Zusammenhang mit Verletzungsverfahren durchführbar.
Kerndimensionen der Patentstrategie
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gegenüber Dritten, wenn die grundsätzliche Bereitschaft zur Durchsetzung der Schutzrechte auch glaubwürdig ist. Der reale Wert von Patenten sinkt, wenn Wettbewerber diese verletzen und der Patentinhaber dies wissentlich oder unwissentlich duldet. Neben der rein prophylaktischen Abschreckungswirkung eines Patentportfolios ist es für Unternehmen deshalb wichtig, auch offensive Maßnahmen wahrzunehmen und die eigenen Schutzrechte auch zur Blockade von Wettbewerbern einzusetzen. Dieses volkswirtschaftlich durchaus fragwürdige Verhalten macht Sinn, wenn Unternehmen in duo- oder oligopolen Märkten komparative Vorteile gegenüber Wettbewerbern erzielen oder sich Zugang zu anderen Technologien Dritter verschaffen möchten. Die Ausweitung der Blockadeoption besteht deshalb darin, auch Schutzrechte aufzubauen, deren Sperrbereich vorwiegend auf Produkte, Technologien und Dienstleistungen der Wettbewerber ausgerichtet ist – ungeachtet vom Fokus des anmeldenden Unternehmens selbst. Noch fokussierter lassen sich Wettbewerber angehen oder zukünftige Märkte erschließen, wenn entsprechende Wettbewerbsprodukte im Rahmen von systematischem Reverse-Engineering analysiert und potenzielle Verbesserungen dann selbst patentiert werden – hierdurch ist die eigene Ausgangs- und Verhandlungsposition nachhaltig verbesserbar. So kann eine große Hebelwirkung gegenüber Wettbewerbern erzielt werden, beispielsweise um Zugang zu anderen Technologien zu erhalten oder um Substitutionstechnologien zu kontrollieren. Auch aus Sicht der Kunden werden eigene Produkte besser platziert, wenn der Wettbewerber im gleichen Produktbereich technologische Umgehungslösungen aufgrund von Patenten angehen muss. Komparative Wettbewerbsvorteile im Porter’schen Sinne streben nicht nur die Verbesserung des relativen Kundennutzens an, sondern richten sich zum Teil bewusst gegen Wettbewerber. Das Unternehmen Gore, bekannt durch die Marke Gore-Tex, setzt auf Alleinstellung und sichert seine Produkte und Technologien auf Basis von Fluorpolymeren konsequent durch Patente und Marken gegen Nachahmung und Substitute. So können Preise und Margen gehalten und Weiterentwicklungen ermöglicht werden. Allerdings achtet Gore dabei darauf, dass der Aufwand für den juristischen Schutz betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist. Die Motivation zur Blockade gelangt allerdings dann an Grenzen, wenn Unternehmungen eine herausstechende Marktdominanz erreichen. Es kann dann vorkommen, dass von der öffentlichen Hand verlangt wird, Patente der Konkurrenz im Rahmen von Zwangslizenzen gegenüber zu „öffnen“. In den entsprechenden Bereichen stellt sich somit die Frage, ob überhaupt patentiert werden soll oder nicht. Von einer derartigen Pattsituation sind aber nicht nur US-Konzerne betroffen: Der Telekommunikationskonzern
50
Generierung von Patenten
Swisscom beispielsweise leidet unter seiner marktbeherrschenden Stellung in der Schweiz und den daraus resultierenden „Deregulierungsaktivitäten“ der Schweizer Regulierungsbehörde. Im Jahre 2003 polterte der damalige Swisscom CEO Jens Alder: „Als Folge dieser Unsicherheit sind Investitionen in Innovationen gefährdet!“. Ziel 3: Generierung von Lizenzeinnahmen Die Kommerzialisierung von Schutzrechten über Lizenzen erfolgt unter Profit-/Loss-Gesichtspunkten. Die Lizenzpolitik übt daher einen hohen Einfluss auf die angestrebte Patentgenerierung aus: Soll ausschließlich Exklusivität verfolgt werden oder stehen die eigenen Patente grundsätzlich Dritten gegen eine angemessene Lizenzgebühr zur Verfügung, beispielsweise um aufgrund der Unternehmenspositionierung Konflikte mit Wettbewerbs- und Handelsadministrationen zu vermeiden. Die Bildung von Allianzen übt ebenfalls einen großen Einfluss auf die Generierung von Patenten aus. Bei Standardisierungsallianzen oder Wettbewerbsallianzen haben die Allianzteilnehmer untereinander meistens eine lockerere Regelung für den Umgang mit dem spezifischem Intellectual Property getroffen, als für Dritte, die nicht Mitglieder der Allianz sind. Letztere werden entweder ganz ausgeschlossen oder müssen (höhere) Lizenzgebühren entrichten. Eine bedeutende Rolle spielt deshalb für das Erzielen von Lizenzeinnahmen, welche Reputation ein Unternehmen in diesem Bereich hat; Reputation insbesondere im Hinblick auf technische, finanzielle und verfahrensrechtlich Erfahrungen im Lizenzgeschäft und die dabei erzielte Durchsetzungsstärke gegenüber Dritten. Bei der Erzielung von Lizenzeinnahmen werden prinzipiell Freigabe- und Durchsetzungslizenzierung unterschieden (siehe dazu auch Kapitel IV, Verwertung von Patenten).
Patententwicklungsprozess Die Festlegung der richtigen Dosierung von Handlungsfreiheit, Marktdominanz durch Blockade Dritter und Erzielung von Lizenzeinnahmen, die ein Unternehmen durch den Einsatz von Patenten erzielen möchte, wird auch als Patent-Strategizing bezeichnet. Ist das Unternehmen in unterschiedliche Geschäftsbereiche unterteilt, empfiehlt sich ein zweistufiger Strategieprozess, der auf Unternehmens- und Geschäftsbereichsebene aufgeteilt ist. Auf Unternehmensebene wird die generelle, auf das Unternehmen abgestimmte Patentstrategie festgelegt, beispielsweise wie offensiv
Patententwicklungsprozess
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oder defensiv sich das Unternehmen verhalten möchte. Auf Geschäftsbereichsebene ist vorwiegend die Anmeldestrategie festzulegen, die sowohl Erfindungsschwerpunkte, Selektionskriterien als auch Länderportfolien umfasst. Der Abgleich von Top-down- und Bottom-up-Strategieelementen ist ein iterativer Vorgang. Die beste Strategie ist wertlos, wenn diese nicht umgesetzt wird. Hierzu sind geeignete Strukturen und Prozesse im Unternehmen erforderlich. Zur konsequenten Implementierung einer Patentstrategie müssen deshalb Prozessschritte formuliert werden. Hierbei stellen sich insbesondere folgende Fragestellungen: x Wie erhält man das nötige Management-Commitment vom TopManagement und anderen Anspruchsgruppen für die Formulierung und Umsetzung der Patentstrategie? x Wer soll bei der Kreierung und Bewertung von Erfindungsmeldungen eingebunden, und wie sollen Patentanmeldungen und Patente weiterverfolgt werden? x Wie werden Kosten-/Nutzenaspekte überprüft? x Welcher Geltungsbereich des Patentschutzes wird angestrebt? x Welche Handlungsalternativen bestehen zum Patentschutz? x Welche Organisationsformen und Berichtswege sollen zur internen Leistungserbringung gewählt werden? x Was sind typische Umsetzungsmaßnahmen? x Wie können externe Dienstleister eingebunden werden und wie die erbrachte Qualität überprüft werden? x Welche kulturellen Einflussfaktoren sollten wie berücksichtigt werden? Ungeachtet der internen Komplexität muss bei der Formulierung, zumindest aber vor Einführung von Prozessen, zur Umsetzung der Patentstrategie eine Abstimmung mit den jeweiligen Anspruchsgruppen erfolgen. Dabei kommt der Verankerung der Patentstrategie bei der Geschäftsleitung eine hohe Bedeutung zu. So wird eine gemeinsame Basis für die zukünftige Ausrichtung entwickelt. Für die spätere Umsetzung ist das mittlere Management von entscheidender Bedeutung. Dieses muss Ressourcen zuteilen und operative Prioritäten setzen, wofür oftmals harte Überzeugungsarbeit erforderlich ist. Des Weiteren können im Rahmen der Abstimmung noch erforderliche Korrekturen und Ergänzungen eingebracht werden. Zur Durchführung des Strategizing-Prozesses in Großunternehmen sind Strategierunden geeignet, die häufig auch als Strategic Patent Committees bezeichnet werden. Diese werden regelmäßig, beispielsweise jährlich durchgeführt und können von der Patentabteilung vorbereitet werden. Die
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Generierung von Patenten
Generierungsprozess von Erfindungsmeldungen: 1. 2.
Identifikation von Erfindungsmeldungen. Beurteilung und Selektion der Erfindungsmeldungen.
Verfahrensführung vor den Patentämtern: 3. 4. 5.
Erstanmeldung / Freigabe / Geheimhaltung / Sperrveröffentlichung. Nachanmeldungen, Auslandsanmeldungen. Aufrechterhaltung von Patenten und anderen Schutzrechten.
generelle Durchführung bedarf jedoch der expliziten Unterstützung der Geschäftsleitung. In Abb. II.2 und II.3 sind der zeitliche Ablauf und die Prozessschritte einer Patentanmeldung am Europäischen Patentamt dargestellt. Im Durchschnitt wird etwa die Hälfte aller eingereichten Patentanmeldungen erteilt. Verfahrensführung. Wesentlicher Bestandteil des Patentmanagements ist die Verfahrensführung im Patentanmeldeverfahren vor den Patentämtern (Patent Prosecution). Dieser weist typischerweise erstens den Generierungsprozess von Erfindungsmeldungen und zweitens die Verfahrensführung vor den Patentämtern mit jeweils folgenden Elementen auf: 1. Die Identifikation beginnt bei der Generierung und Suche nach geeigneten Ideen. Hierzu zählen beispielsweise bereits die Ideenfindung, damit verbundene Gespräche mit Erfindern und Projektleitern sowie Reviews bei Projektmeilensteinen. Dabei kommt dem Patentanwalt neben der eher passiven Erfassung von Patentideen bei Projekt-Reviews auch eine aktive Rolle zu: Er moderiert und stimuliert Ideen für mögliche Patentanmeldungen, um neben den konkreten Produktkonzepten auch weiterreichende Innovationsideen aufzufinden. Des Weiteren hilft der Patentanwalt, von den bestehenden Produktkonzepten zu abstrahieren und aus gewohnten Denkstrukturen auszubrechen. Eine Neukombination von Wissen und Erfahrungen sowie ein moderierter Perspektivenwechsel stimulieren neue Patentideen. Folgende Schritte sind hierbei klar zu unterteilen: a) Problemklärung: Systemabgrenzung und Problemdefinition des zu patentierenden Bereichs. b) Ideenfindung: Kreativität und divergentes Denken dominieren; hilfreich sind hier Kreativitätstechniken, zum Beispiel Morphologischer Kasten,
Patenterteilung ca. 48 Monate
Prüfungsantrag i.d.R. 24 Monate
Veröffentlichung (Offenlegung) 18 Monate
Prioritätsfrist 12 Monate
Recherchenbericht 3 – 6 Monate
Anmeldetag (Erstanmeldung)
ErfindungsMeldung
Idee
Patententwicklungsprozess
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9 Monate Einspruchsfrist
max. 20Jahre nach Anmeldetag
18 Monate (nicht öffentliche Periode)
Abb. II.2 Zeitlicher Ablauf eines Europäischen Patenterteilungsverfahrens
TRIZ, 6-3-5 Methode oder gewöhnliches Brainstorming. Wichtig ist hier, dass in dieser Phase Ideen stimuliert, aber noch nicht bewertet werden. c) Ideenauswahl: Vorläufige Auswahl von Ideen, die zumindest weiterverfolgt werden sollen. Hier steht die Strukturierung, Bewertung, Verdichtung der Ideen auf die aussichtsreichsten Lösungsansätze im Vordergrund. d) Umsetzung: Erstellung von Erfindungsmeldungen. 2. Die Beurteilung der Erfindungsmeldungen erfolgt vorzugsweise in einem Team, in dem Patentfunktion, F&E, Innovationsmanagement, Operations und Marketing vertreten sind. Ein regelmäßiger Meetingrhythmus gilt als vorteilhaft. Wichtig ist dabei, dass nicht durch Einzelpersonen sondern im Team beurteilt wird und wer im Bewertungsteam vertreten ist. Ergänzend kann aber auch eine schriftliche Einzelbewertung über die Patentabteilung nach genau definierten, vorgegebenen Kriterien vorgenommen werden (siehe Kapitel III zu Kriterien für die Bewertung von Patenten).
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Generierung von Patenten Nationale oder PCT-Erstanmeldung Europäische Nachanmeldungen
Europäische Erstanmeldungen
91%
9%
91%
100%
33%
67%
Euro-Direkt
PCT-IP
Recherche
Internationale Recherche Vorläufige Prüfung* PCT-RP 64%
Prüfung
Zurücknahme
Zurückweisung
Beschwerde 45%
Zurückweisung
Erteilte Patente 2%
43%
Angefochtene Patente
Nicht angefochtene Patente
Einspruch
Widerruf des Patents
Änderungs des Patents
Zurückweisung des Einspruchs
Beschwerde Widerrufene Patente
Aufrechterhaltene Patente
* Die vorläufige Prüfung ist fakultativ Quelle: Europäisches Patentamt (2005a)
Abb. II.3. Erteilungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt
Patententwicklungsprozess
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3. Die Erstanmeldung umfasst Recherchen sowie die Einreichung bei einem Patentamt. Freigaben sollten länderspezifisch vorgenommen werden. Sperrveröffentlichungen können durch Publikation in Zeitschriften, Schaukästen, Internet oder anderen Medien vorgenommen werden. Alternativ sollte generell vor einer Erstanmeldung geprüft werden, ob der erzielbare Nutzen durch ein späteres Patent überhaupt in einem erwartbar sinnvollen Verhältnis zu den Kosten stehen (siehe Abschnitt für Kosten von Patenten). Besteht darüber hinaus das Problem, dass potenzielle Verletzung später voraussichtlich nicht nachgewiesen werden können, sollte überlegt werden, ob es nicht besser ist, die Erfindung geheim zu halten. Dies ist beispielsweise häufig der Fall bei Produktionsprozessen, die in für Außenstehende unzugänglichen Fabrikationsanlagen ablaufen und sehr unternehmensspezifisch sind. Besteht trotz geringem, erwartbarem Nutzen allerdings die Gefahr, dass Dritte im gleichen Gebiet dennoch störende Patente erzielen könnten, so kann durch Veröffentlichung der Idee mittels einer so genannten Sperrveröffentlichung Stand der Technik erzeugt werden. Dieser steht dann anderen, allerdings auch eigenen, späteren Patentanmeldungen entgegen (siehe Kapitel II unter Handlungsfreiheit ohne Patentschutz). Der mittelständische Pneumatik- und Automatisierungsexperte Festo hat im Entwicklungsprozess klar definierte Meilensteine vorgesehen (Abb. II.4). An diesen werden sowohl Patentrecherchen durchgeführt und Patentinformationen analysiert, als auch die Bewertung von Erfindungen sowie eine Portfolioevaluierung vorgenommen, um den Patentanmeldeprozess zu steuern. 4. Bei der Platzierung von Nachanmeldungen wird idealerweise eine wiederholte Überprüfung vorgenommen, ob die der Erstanmeldung zugrunde liegenden Beurteilungskriterien noch zutreffen. Eine zentrale Stellung nimmt jedoch die kostenträchtige Auswahl der Länder ein, in denen weitere Schutzrechte erlangt werden sollen. Als Kriterien eignen sich insbesondere die Absatzmarktländer sowie die Länder, in denen die Produktionsstätten der Wettbewerber liegen (Blockade). 5. Der Aufrechterhaltung von Schutzrechten ist ein eigener Prozessschritt zu widmen, in Rahmen dessen die Beurteilungskriterien nochmals überprüft werden, bevor die Amtsgebühren entrichtet werden. Dabei spielt der zeitliche Anfall der Kosten in den einzelnen Ländern eine wichtige Rolle. Während in den europäischen Ländern jährliche Gebühren erhoben werden, sind diese in den USA nach der Erteilung lediglich alle vier Jahre fällig. Das Fallenlassen eines Patents zwischen den Gebührenzahlungen ist daher unnötig. In der Regel lässt man Schutzrechte nicht explizit fallen, sondern entrichtet einfach keine Gebühren mehr. Dies hat ins-
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Generierung von Patenten PM / F&E 100%
Projektmanager / F&E
90%
PM
Projektstart
80% Strategie-
Projektplanung
phase
70%
Projektabschluss Produktrealisierung
Pilotserie
Nullserie
Markeinführung Serienphase
0
1
2
3
4
5
Lastenheft Strategiekonzept
Systemkonzept
Technische Freigabe
Produktionsfreigabe
Neuheitenfreigabe
Erfolgscontrolling
Meilensteine
60% 50% 40%
Durchschnittliche Verfahrensdauer am EPA (Median):
30%
PM = Produktmanagement
20%
Patentrecherchen
Bewertung Recherchenberichte: ~9.5 Monate Erfindungen Erteilung: ~43.1 Monate
10%
(Evaluierung)
Informationen über eigene und fremde Schutzrechte
0% 0
12
24
36
48
60
72
84 Monate
Abb. II.4. Einbindung des Patentinformations- und Portfoliobewertungsprozesses in den Entwicklungspro Quelle: Europäisches Patentamt (2010a) zess beim mittelständischen Festo Abb. II.5. Verfahrensdauer vor dem Europäischen Patentamt
besondere den Vorteil, dass im Falle einer Fehlentscheidung eventuell noch eine Heilung möglich ist und das Schutzrecht wiederbelebt werden kann. Operative Durchführung. Die Generierung von Patenten basiert in der Regel auf Einzelentscheidungen, die durch Einzelpersonen in KMU und durch Expertenteams in größeren Unternehmen getroffen werden. Solche Teams, auch als Patent Liaisons oder auch als Operational Patent Committees bezeichnet, setzen sich aus mehreren Experten zusammen, welche Markt-, Technologie- und Patentexpertise aufweisen. Häufig tagen diese Teams einmal pro Monat oder pro Quartal und beurteilen neue Erfindungsmeldungen, Erst- und Nachanmeldungen sowie Aufrechterhaltungen von Patenten. Wie in Abb.II.5 dargestellt ist, kann das Verfahren bis zur Erteilung des Patents mehrere Jahre dauern.
Kosten von Patenten Die Erlangung und Aufrechterhaltung einer Patentfamilie in Europa kostet bei einem breiteren Länderportfolio über 10 Jahre etwa 25.000 Euro. Diese entwickeln sich je nach Verfahrenslauf und weisen Spitzen vor allem bei
Kosten von Patenten
57
Verfahrenübergängen auf, da Anwalts- und Übersetzungskosten anfallen 7 . Dies ist insbesondere der Fall bei Übergang des internationalen Patent Cooperation Treaty Patentanmeldeverfahrens in die regionale oder nationale Phase und beim Übergang des europäischen Patentanmeldeverfahrens in die nationale Phase. Bei erteilten Patenten steigen die Jahresgebühren in Abhängigkeit der erreichten Lebensdauer an (siehe Abb. II.6). Der Gesetzgeber beabsichtigt damit, dass die Opportunitätskosten für die Nichtbenutzung eines Patents ansteigen. Zahlreiche Unternehmen vernachlässigen jedoch noch immer eine regelmäßige Überprüfung des bestehenden Patentportfolios und übersehen dabei die schleichend wachsenden Ausgaben durch nicht erforderliche Patente. Dies sind dann verdeckte Kosten, die keinen Wettbewerbsvorteil schaffen. Da die Gebühren und Kosten auch abhängig von den Spezifitäten der jeweiligen Länder sind, muss sich ein Unternehmen genau überlegen, in welchen Ländern der Patentschutz später Geltung erlangen soll (siehe S. 60 ff. zu Geltungsbereich von Patenten). Obwohl das gebündelte internationale PCT-Verfahren in der Regel teurer ist und auch länger dauert als Kosten (€) 18.000
(Szenario: EP, US, JP)
Japan
16.000
USA
14.000
Europa
12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1
3
5
7
9
11
13
15
17
19
Jahre Akkumulierte Kosten über 21 Jahre Europa: 65.000 € USA: 19.000 € Japan: 29.000 €
Prioritätsanmeldung PCT (EP, US, JP)
EP-Erteilung 6. Jahr (AT,CH,DE,FR,GB,IT) US-Erteilung 5. Jahr JP-Erteilung 6. Jahr
Abb. II.6. Kostenentwicklung einer internationalen Patentanmeldung
7
Eine Kurzübersicht von wichtigen Gebührenposten findet sich im Anhang.
21
58
Generierung von Patenten
Einzelverfahren, können bei großen Patentportfolien Gesamtkosten gespart werden. Durch das längere internationale Anmelde- und Rechercheverfahren steht mehr Zeitraum für die Selektion derjenigen Verfahren offen, die aufgrund von Stand-der-Technik sowie Unternehmens- und Wettbewerbsaktivitäten überhaupt weitergeführt werden sollen. Die „internationale“ Phase des Verfahrens ermöglicht es dem Anmelder, zunächst ein formal relativ überschaubares und gebündeltes Anmeldeverfahren zu führen und diese Zeit für die endgültige Länderauswahl zu nutzen, bevor weitere Übersetzungs- und Anwaltskosten fällig werden. Teure Fehlentscheidungen für unnötige Patentanmeldungen können so vermieden und das Portfolio bereits sehr früh kostengünstig optimiert werden. Über eine Laufzeit von 10 Jahren ist bei einem größeren Patentportfolio für einen Patentschutz einer Erfindung in Nordamerika (USA, Kanada) mit akkumulierten Gesamtkosten von etwa 15.000 Euro, in Europa (Deutschland, Österreich, Schweiz, Großbritannien, Frankreich und Italien) mit etwa 25.000 Euro und im asiatischen Raum (Japan, Südkorea, China und Taiwan) ebenfalls mit etwa 25.000 Euro zu rechnen. Diese Kosten setzen sich aus einem Kostenblock für die Erlangung eines erteilten Patents und einem Kostenblock für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes zusammen (Abb. II.7): x Die Kosten für die Erlangung des erteilten Patents setzen sich aus internen Kosten, wie Personalkosten der Patentabteilung sowie externen Kosten zusammen. Zu Letzteren zählen die Kosten für externe Patentanwälte und Übersetzungen sowie Amtsgebühren. x Die Kosten für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes sind im Wesentlichen die Jahresgebühren. Zahlreiche Unternehmen nehmen darüber hinaus die Dienstleistungen von externen Organisationen oder Kanzleien zur Entrichtung der Jahresgebühren weltweit in Anspruch. Hierfür fällt in der Regel ein Pauschalbetrag pro Land und Jahresgebühr als so genannter Retainer an. Patentanmeldungen vor dem Europäischen Patentamt werden beispielsweise im Median erst nach vier Jahren erteilt und die Patente im Schnitt insgesamt elf Jahre gehalten (Europäisches Patentamt 2010a). Die Kosten für die Erlangung des erteilten Patents und damit für die Erlangung des Patentschutzes betragen ohne interne Aufwendungen etwa 75% der akkumulierten Gesamtkosten. Es ist daher eine teure Fehlinvestition, falls sich erst nach der Erteilung herausstellt, dass der ursprünglich beantragte Patentschutz eigentlich gar nicht mehr gebraucht wird. Bei einer eventuellen späteren Durchsetzung der Patente können weitere hohe Kosten entstehen. So liegen die durchschnittlichen Aufwendungen für einen Verletzungsprozess in den USA bei Streitwerten über 25
Kosten von Patenten
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10 Jahre akkumuliert – in Tsd. € (Szenario: EP, US, JP) Jahresgebühren
12
Amtsgebühren 40
25
15
Verfahrenskosten (v.a. externe Anwälte, Übersetzungen)
interne Kosten (v.a. Personalkosten)
Abb. II.7. Durchschnittliche Patentkosten pro Patentfamilie über 10 Jahre
Millionen US-Dollar im Median bis zum Abschluss der Discovery-Phase bei 3 Millionen US-Dollar und bis zum Ende des Verfahrens bei 5,5 Millionen US-Dollar (AIPLA 2010). Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den USA die Kosten für die eigenen Anwaltskosten in der Regel selbst zu tragen sind. Um Kosten beim Patentmanagement zu sparen und gleichzeitig die Risiken von weltweiten Anmeldungen zu reduzieren, werden häufig IP Outsourcing-Partner genutzt. Die luxemburgische Firma Dennemeyer hat sich Anfang der 1960er Jahre auf die Bezahlung der Patentgebühren für ihre Kunden spezialisiert. Heute ist Dennemeyer mit über 180 Mitarbeitern einer der größten IP Dienstleister weltweit und bietet umfassende Dienstleistungen im Bereich IP, wie Portfoliomanagement, IP Softwarelösungen und rechtliche IP-Beratung, an. Kosten-Nutzen-Verhältnis beachten Kosten-Nutzen-Abwägungen sollten auch den Ernstfall der Durchsetzung von Patenten einbeziehen: Ein großer Kostenblock geht häufig auf die Verteidigung in Patentverletzungsverfahren zurück.
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Generierung von Patenten
Geltungsbereich von Patenten Patente verbieten die Imitation einer Innovation nur in denjenigen Ländern, in denen das Patent angemeldet und rechtmäßig erteilt wurde (Territorialprinzip). Mit dem internationalen PCT-Verfahren lässt sich anfangs ein einziges Patentanmeldeverfahren führen, mit dem später ein Patentschutz in derzeit über 142 Ländern ersucht werden kann (Stand 2010). Zentrale Kriterien bei der Länderwahl sind: x Märkte des Unternehmens und der Wettbewerber. x Produktionsstandorte des Unternehmens und der Wettbewerber. x Länderspezifische Legislation, zum Beispiel Durchsetzbarkeit der Patente. x Kostenaspekte, zum Beispiel auf Basis von Übersetzungserfordernissen. Auf die optimale Länderauswahl haben die branchen- und unternehmensspezifische Konfigurationen der Wertschöpfungskette sowie deren Flexibilität einen großen Einfluss. Die Leitlinie für die Länderwahl wird aus wettbewerbsstrategischen Aspekten abgeleitet. Wichtige Kriterien sind dabei die Standorte der Wettbewerber sowie aktuelle und potenzielle Märkte: x Automobilindustrie: BMW hat so gut wie keine erteilten Patente in den USA. Bei internationalen Anmeldungen wird die US-Benennung nach Publikation der Offenlegungsschrift zurückgezogen. Diese Strategie beruht darauf, dass die für BMW relevanten Wettbewerber nicht aus den USA stammen. Andere Automobilhersteller richten sich mit ihrer Patentstrategie stärker an den Zukunftsmärkten als an den Wettbewerbern aus. Sie verfolgen dabei das Rational, dass sich die Produktion in der heutigen Zeit relativ leicht verlagern lässt, und die Märkte der Zukunft sich leichter prognostizieren lassen. x Elektroindustrie: Leica Geosystems (Hexagon) sowie deren Wettbewerber haben eine geringe räumliche Fertigungsflexibilität und richten die Patentanmeldestrategien stark an den Produktionstandorten aus. Ähnliches gilt in der kapitalintensiven Halbleiterindustrie. x Pharmaindustrie: In zahlreichen Ländern, wie beispielsweise der Schweiz, beeinflussen nationale Regularien die Preisgestaltung von Pharmaprodukten. Dabei hängt der Preis von der Innovativität des Produktes ab; die Anzahl an Schutzrechten gilt als Indikator für den Innovationsgrad. Schering platziert deshalb Patentanmeldungen gezielt in solchen Ländern, um dort bessere Ausgangsbedingungen für seine Preispolitik zu schaffen. Die Patentstrategie wird damit ein integraler Bestandteil der Produkt- und Preispolitik des Unternehmens.
Handlungsfreiheit ohne Patente
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Handlungsfreiheit ohne Patente Eine Patentstrategie legt nicht nur Art und Umfang von anzustrebenden Erfindungen und Patenten fest, sondern auch, wie im Einzelfall mit Erfindungen grundsätzlich umzugehen ist. Neben der Anmeldung zum Patent bestehen zwei weitere Möglichkeiten zur Erhaltung der eigenen Handlungsfreiheit: x Geheimhaltung (Dienstgeheimnis). x Geschwindigkeit. x Publikation (Sperrveröffentlichung). Geheimhaltung Eine wichtige Alternative zu Patentanmeldungen stellt beim Schutz der eigenen Technologie und Produkte die Geheimhaltung dar. Geheimhaltung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn sich beim Produkt oder der Technologie nicht oder nur schwer feststellen lässt, ob der Gegenstand des Schutzrechts überhaupt benutzt wurde oder wenn die Durchsetzbarkeit der Schutzrechte generell in Frage gestellt wird. Insbesondere bei Herstellverfahren und -technologien ist abzuwägen, ob Geheimhaltung längerfristig nicht den besseren Wettbewerbsvorteil sichert. Ist dem Endprodukt oder der Technologie nicht ohne Weiteres anzusehen, auf welche Weise die Herstellung erfolgte, lässt sich auch eine Patentverletzung nur schwer nachweisen, ohne Einblick in die Fertigungslinien des Wettbewerbs nehmen zu können. Zahlreiche produzierende Unternehmen halten deshalb Fertigungsverfahren geheim und melden vorwiegend nur am Produkt beziehungsweise der Technologie leicht nachzuweisende Erfindungsgegenstände zum Patent an. Coca-Cola hält das Rezept der bekannten Coca-Cola Limonade geheim, um Nachahmungen zu vermeiden. Rückblickend lässt sich festhalten, dass dies die wirksamere Schutzstrategie gewesen ist, da Patente längst ausgelaufen wären. Ein identisches Imitat für Coca-Cola gibt es trotz zahlreichen Versuchen von Wettbewerben bis heute nicht. Der Aufzughersteller Schindler hält die Steueralgorithmen seiner Aufzugssysteme geheim. Der Nachweis einer Patentverletzung wäre nur schwer zu erbringen, da der Source-Code von Aufzugsteueralgorithmen der Wettbewerber in der Regel nicht zugänglich ist, weshalb die Geheimhaltung als Schutzmassnahme gewählt wurde. Soll eine Geheimhaltung erfolgen, sind ergänzende Maßnahmen sinnvoll, um einen Wissensabfluss über andere Kanäle zu vermeiden. Als häu-
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Generierung von Patenten
Geheimhaltung Wirksamer Schutz gegen Imitation, wenn eine allfällige Patentverletzung nur schwierig nachgewiesen oder die Innovation erfolgreich geheim gehalten werden kann. Letzteres wird in Zeiten mit zunehmender Personalfluktuation und Offenheit der Unternehmensgrenzen immer schwieriger.
fig eingesetzte Methoden zur Geheimhaltung von technischen Innovationen gelten insbesondere: x Implementierung von internen Geheimhaltungsrichtlinien. 8 x Kontrolle von Vorträgen und Veröffentlichungen durch Forscher und Angestellte. Geschwindigkeit Je schneller sich Innovationszyklen bewegen, desto schwieriger ist es, nachhaltig Wettbewerbsvorteile durch Schutzrechte zu erzielen, da der Patentschutz erst mit einer gewissen Zeitverzögerung einen wirksamen Schutz vor Imitation bewirkt. Treffend formulierte es ein CEO eines Consumer Electronic Unternehmens: „Unser Innovationswettbewerb ist „Blitzkrieg“ – schneller realisieren wird matchentscheidend. Strategie ist zwar wichtig, aber Patente helfen uns nur in wenigen Plattform- und Schlüsseltechnologien.“ Die durch Patente entfaltbare Wirkung hängt ebenfalls von der durch ein Unternehmen angestrebten Fertigungstiefe sowie der Stellung und dem Anteil ab, den das Unternehmen an der gesamten Wertschöpfungskette einnimmt. Je stärker es einem Unternehmen gelingt, nicht nur die eigenen sondern auch andere Wertschöpfungsstufen über Patente zu beeinflussen, desto stärker deren Wirkung. Umgekehrt steigen Abhängigkeit und Risiko, wenn ein Unternehmen auf andere Wertschöpfungsketten zur Entwicklung und Vermarktung der eigenen Produkte direkt oder indirekt angewiesen ist. 8
Diese sollten insbesondere die Verwendung von Geheimhaltungsvereinbarungserklärungen vorsehen, die bei Gesprächen mit Externen vor Gesprächsbeginn vereinbart werden. Ergänzende Gesprächsprotokolle stellen sicher, was inhaltlich dann Bestandteil der konkreten Geheimhaltung sein soll.
Handlungsfreiheit ohne Patente
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An den Übergängen von Halbleiter- zu Elektrotechnikprodukten weiten Halbleiterunternehmen aufgrund der kontinuierlich fortschreitenden Integration von Funktionalitäten auf den integrierten Schaltkreisen ihre Wertschöpfungsketten aus und geraten in Kollision mit der Wertschöpfungsstufe ihrer derzeitigen Kunden. Häufig sind Cross-Licensing Vereinbarungen, wie zwischen IBM, Siemens und Infineon Technologies üblich, um sich nicht gegenseitig zu blockieren. Publikation Um das Risiko von „unerwünschten“ Patentanmeldungen durch Dritte zu minimieren und um die zukünftige Handlungsfreiheit zu sichern, sind Publikationen hilfreich, die in diesem Zusammenhang auch als „Sperrveröffentlichungen“ bezeichnet werden.9 Einmal publiziert, kann der Wettbewerber zumindest die beschriebene Erfindung nicht mehr selbst patentieren. Zudem wird das Unternehmensimage als Technologieführer gefördert. Swisscom publiziert nicht zu patentierende Erfindungen beispielsweise im Internet auf ip.com und in technischen Zeitschriften. Roche Instrument Center geht sehr differenziert vor: Gegebenenfalls wird unter anderem mittels eines speziellen Publikationsblatts veröffentlicht, welches alle zwei Wochen erscheint. Microsoft und Siemens nutzen hierfür technische Reports oder Konferenz-Papers, welche zahlreiche Interessensgruppen erreichen. Publikationen in Fachmedien sind ebenfalls im Sinne des technologischen Fortschritts sinnvoll. Der Nachteil ist jedoch, dass dieses Vorgehen es dem Wettbewerber oft ermöglicht, hilfreiche Schlüsse bezüglich Patentund Produktstrategie sowie der aktuellen F&E-Aktivitäten zu ziehen. Hier gibt es kreativere Alternativen, insbesondere für KMU: Guerillastrategie für Handlungsfreiheit. Das Schweizer Unternehmen Kern (später Leica Geosystems) hat früher die Aarauer Kegelzeitschrift als Publikationsmedium für Erfindungen genutzt. Es handelte sich dabei um spezielle Erfindungen, die nicht stark genug für kostenintensive Patente waren, bei denen aber die Gefahr bestand, potenziell in Form von Wettbewerbspatenten aufzutauchen. Die Guerillastrategie für Handlungsfreiheit lautet: Publiziere so, dass es niemand liest! Der Hauptwettbewerber findet diese höchstwahrscheinlich nicht. Die Publikation liegt im eigenen Archiv und ist so eine kostengünstige Versicherung gegen unerwünschte Patente Dritter. 9
Da Sperrveröffentlichungen ebenfalls erarbeitet werden müssen, fallen i.d.R. auch hier Kosten an. Darüber hinaus entsteht eine gewisse Abhängigkeit vom Herausgeber.
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Generierung von Patenten
Umgekehrt gefährdet eine vorschnelle Bekanntmachung einer Erfindung hingegen deren prinzipielle Patentierungsfähigkeit. Publikationen, Messeauftritte und der Aufbau von Pilotanlagen müssen somit strategisch geführt und mit den Patentanmeldeaktivitäten abgestimmt sein. Häufig wurde die Rechtsbeständigkeit von Patenten deshalb gefährdet, weil Pilotanlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden installiert wurden oder weil ein extrovertierter Projektleiter in einem öffentlichen Vortrag technische Neuerungen vorgestellt hat, bevor diese patentiert werden konnten. Publikation Sicherstellung der eigenen Handlungsfreiheit in Bezug auf die Gefahr von späteren Patentanmeldungen. Während Großunternehmen häufig in speziellen Publikationsorganen veröffentlichen, die die Wettbewerber lesen, lautet die Guerillastrategie des kleinen Unternehmens: Publiziere so, dass es niemand liest. Publikationen sind Absicherungen gegen mögliche spätere Patentier- und Blockierversuche von Wettbewerbern.
Handlungsfreiheit ohne Patente
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Tabelle II.1. Schutzstrategien im Überblick Faktischer Schutz
Geheimhaltung
Publikation
Patentierung
Exklusivität
Bei kurzer Time-to-market
Bis zur Offenbarung / zum Offenkundig werden
Bis zur Offenbarung / zum Offenkundig werden
Für maximal 20 Jahre
Schutz vor zukünftigen Fremdschutzrechten
Uneingeschränkt
Allenfalls internes Vorbenutzungsrecht
Uneingeschränkt
Uneingeschränkt ab Offenlegung (spätestens nach 18 Monaten)
Schutz vor älteren Fremdschutzrechten
Rechtswidrige Verletzung bleibt zunächst unbekannt Nein
Kein Schutz
Eingeschränkt ab Anmeldetag Nein
Rechtswidrige Verletzung bleibt zunächst unbekannt
Identifizierung durch amtliche oder interne Recherchen macht frühzeitige Abwehrmaßnahmen möglich Lizenzaustausch
Möglichkeit zur Kooperation
Produktspezifische Möglichkeit
Einbringung allenfalls als Know-how
Nein
Beeinflussung von Standards
Einbringung von Schutzrechten in einen Patentpool Reduzierung von Lizenzgebühren oder Stückpreisen Beeinflussung von Standards
Eignung
Produkte mit hoher Aktualitätsattraktivität, z.B. Trendprodukte mit kurzen Lebenszyklen Technologien mit hoher Dynamik, z.B. Consumer Elektronik
Verfahren, Prozesse, welche auf internem Wissen basieren.
Sicherung der Handlungsfreiheit bei geringen Kosten
Erfindungen, bei denen eine Patentverletzung kaum nachweisbar ist, wie beispielsweise Algorithmen oder Produktionsverfahren
KMU mit begrenzter Kriegskasse Etablierung von Standards durch Wissensdiffusion
Sicherung von temporären Monopolgewinnen durch Exklusivität der Produkte Blockadeoption gegen Wettbewerber und potenzielle Neueintreter
III. Bewertung von Patenten
„To develop something state-of-the-art still requires to project the invention to the market.“ Dr. Erich Rütsche Manager Business Development IBM Research
Ein Grundproblem des Patentmanagers besteht darin, dass es in den meisten Unternehmen mehr Ideen gibt, als operativ zum Patent angemeldet werden können. Da die Erlangung und Aufrechterhaltung einer internationalen Patentfamilie nach Vollkostenrechnung bis zu 100.000 Euro kosten kann, ist eine fundierte Bewertung und Auswahl der patentierungswürdige Ideen und die regelmäßige Überprüfung bestehender Patentanmeldungen und Patente von großer Bedeutung. Wichtiges Ziel bei der Bewertung ist es, eine Hilfestellung bei der Fokussierung von Ressourcen auf Aktivitäten zu geben, die den größten Beitrag zum Markterfolg erwarten lassen. Dies kann einerseits antizipativ und top-down durch die Anwendung von Normstrategien zum Aufbau und zur Optimierung von Patentportfolien, als auch retrospektiv und bottom-up durch die Anwendung von Bewertungsmethoden auf bestehende Patentportfolien erfolgen. Diese Bewertung kann qualitativ erfolgen, das bedeutet Stärken und Schwächen eines Patents werden ermittelt und anhand von Wertstufen bewertet. Oder eine quantitative Bewertung kann durchgeführt werden, das heißt Patenten oder Patentportfolios wird ein monetärer Wert zugewiesen. Folgende Dimensionen beeinflussen den Wert eines Patents und werden von den Portfolio- und Bewertungsmethode, mehr oder weniger, berücksichtigt: x Markt- und Wettbewerbsinformationen (Marktpotenzial, Marktvolumen, Marktwachstum, Wettbewerbsintensität, Produktlebenszyklus). x F&E-Kriterien (technische Risiken, Ressourcen, Investitionen, Zeit). x Produktionskriterien (Kapazität, Herstellungskosten).
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Bewertung von Patenten
x Überlappungskriterien (Synergien mit anderen Produkten, Wahrscheinlichkeit von Nachfolgeprojekten, Auswirkungen auf Infrastruktur und Organisation, Lerneffekte). x Rechtliche Kriterien (Gültigkeit, Schutzumfang, Abhängigkeit, verbleibende Patentlebenszeit). Aufgrund des starken zeitlichen Bezugs der Bewertung sind im Patentprozess mehrfach Bewertungen durchzuführen. Hierfür eignen sich idealerweise die Zeitpunkte, an denen kostenwirksame Entscheidungen im Patentierungsprozess anstehen: x Auswahl der Erfindungsmeldungen, die als Schutzrecht weiterverfolgt werden sollen. x Entscheidung über Nachanmeldungen (im Prioritätsjahr). x Übergang von internationaler beziehungsweise regionaler Prüfungsphase in nationale Phasen. x Fälligkeit von Jahresgebühren. In diesem Kapitel werden verschiedene qualitative und quantitative Bewertungsmethoden zur Bewertung von Patenten vorgestellt. Qualitative Bewertungsmethoden werden dabei auch als Evaluierung, quantitative als Valuierung bezeichnet. Abschließend wird der St.Galler Ansatz zum strategischen Management von Technologien und Patenten vorgestellt. Dieser Patentbewertungsstrategien 1) Antizipativ und top-down Ausgehend von der Unternehmensstrategie werden Markt- und Technologiepositionen bewertet und normative Handlungsmaßnahmen in Bezug auf das Patentportfolio abgeleitet. 2) Retrospektiv und bottom-up Evaluierung: Ermittlung des qualitativen Werts von Schutzrechten unter Verwendung von Wertstufen. Valuierung: Ermittlung des quantitativen Werts von Schutzrechten unter Verwendung anerkannter Bewertungsmethoden.
Evaluierung von Patenten
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Ansatz zeigt auf wie aus der Bewertung und Steuerung von Patenten ein systematischer Managementansatz für das Patentportfolio umgesetzt werden kann.
Evaluierung von Patenten Der Bewertung von Patenten kommt eine zentrale Bedeutung im Patentmanagement zu. Bei der qualitativen Bewertung, auch Evaluierung von Patenten genannt, werden Stärken und Schwächen eines Patents ermittelt. Die Bewertung erfolgt anhand von Kriterien, wobei jedem Kriterium eine Wertzahl gegeben wird. Das Ergebnis einer qualitativen Bewertung ist meist eine Aussage, aus der direkte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können. Ein Beispiel für das Ergebnis einer qualitativen Bewertung ist: „Das Patent schützt eine Technologie von strategischer Bedeutung auf einem semiattraktiven Markt. Es kann effizient durchgesetzt werden.“ Eine qualitative Bewertung stützt Patentierungsentscheidungen, ermöglicht Portfolio-Vergleiche und unterstützt Entscheidungen des Patentmanagements. Zur qualitativen bottom-up Bewertung von Patenten gibt es verschiedene Verfahren, die je nach Anzahl der eingesetzten Bewertungsdimensionen als monovariate (eindimensionale), bivariate (zweidimensionale) oder trivariate (dreidimensionale) Bewertungsmethode klassifiziert werden können (Abb. III.1).
Ansatz
Methode
Eindimensionale Patent-Evaluierung
Zweidimensionale Patent-Evaluierung
Dreidimensionale Patent-Evaluierung
Patentwertzahlen z.B. Gassmann/Bader
Ansatz nach Ernst
Ansatz nach Brockhoff
Ratingansatz nach Bader et al.
Ansatz nach Kuckartz
Ansatz nach Faix
Ratingansatz nach Barney / Barney
Ansatz nach Pfeiffer et al.
Ansatz nach Hofinger
Ratingansatz nach Breitzman / Narin
Ansatz nach Poredda/Wildschütz
Ansatz nach Schulze
Ratingansatz nach Ernst / Omland
Vergleich der Expositionswerte
Ansatz nach Wurzer
Abb. III.1. Qualitative Patent-Evaluierungsmethoden
70
Bewertung von Patenten
Monovariate Portfolio-Evaluierung Für die eindimensionale Patent-Evaluierung werden Kriterien festgelegt, anhand derer die Qualität und der Wert eines Patents beurteilt werden. Dabei können diese Kriterien sowohl subjektiv (z.B. Umgehungsschwierigkeit für Wettbewerber, Benutzungsattraktivität für Wettbewerber etc.) als auch objektiv (z.B. Zitierhäufigkeit, geographische Reichweite etc.) sein. Eine Patentbewertungsmethode, die auf subjektiven und objektiven Bewertungskriterien basiert, ist die Methode der Patentwertzahlen. Bei dieser Methode wird den Kriterien eine Wertzahl, z.B. von 0 bis 6 oder von A bis E, zugeordnet. In Tabelle III.1 sind Kriterien angegeben, die in der Praxis häufig zur qualitativen Bewertung von Erfindungen, Patentanmeldungen und Patenten angewendet werden. Pro Kriterium wird eine Wertzahl festgelegt zwischen „0“ (wertlos) und „6“ (hervorragend). Das Gesamtergebnis kann entweder mittels Durchschnittsbildung oder durch eine gewichtete Auswertung der Einzelergebnisse erfolgen. Die Gesamtbewertung kann aber auch ausgehend von den Einzelbewertungen abgeschätzt werden. Bewertungsmethoden, die ausschließlich auf objektiven Bewertungskriterien basieren, sind häufig Methoden, die für Ratings verwendet werden. Diese objektiven Kriterien sind sogenannte empirische Indikatoren (einen Überblick über empirische Indikatoren bietet Reitzig 2002). In statistischen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen Patentwert und diesen Indikatoren nachgewiesen. Vorteil dieser Indikatoren ist, dass sie einfach aus Datenbanken ermittelt werden können. Ratings werden häufig von professionellen Anbietern durchgeführt. Ein Anbieter für Ratings ist zum Beispiel die Firma PatentRatings, eine Division von Ocean Tomo, die ihr Ratingverfahren hat patentieren lassen (US 6 556 992). Ein weiteres Patent, das eine Ratingmethode beinhaltet, hat die Firma 1790 Analytics angemeldet (US 6 175 824). Auch im deutschsprachigen Raum werden Patentratings angeboten. So evaluiert der Ansatz nach Ernst/Omland das aktuelle Ausmaß des weltweiten Patentschutzes und die Relevanz des Patents für nachfolgende Entwicklungen. Der Ansatz von Bader et al. berücksichtigt bei der Evaluierung sowohl die Relevanz des Patents als auch die Stärke der Märkte in denen das Patent angemeldet ist. Vorteil ist, dass dieser Ansatz nicht nur einzelne Patente bewertet sondern auch Portfoliobeurteilungen zulässt. Dabei wird berücksichtig, dass der Wert eines Portfolios mehr ist als die Summe der einzelnen Patente. Aussagen über den Patentwert machen eindimensionale Bewertungsmethoden über vorher definierte Spannen oder den direkten Vergleich mehrerer Patente.
Evaluierung von Patenten
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Tabelle III.1. Monovariate Portfolio-Evaluierung: Patent-Wertzahl Kriterium Umgehungsschwierigkeit für Wettbewerber: Gleichwertige Alternativen praktisch nicht realisierbar erfordern Aufwand problemlos realisierbar Benutzungsattraktivität für Wettbewerber: Wettbewerberinteresse überragend durchschnittlich minimal
Wertzahl (0…6) … 5…6 2…4 0…1 … 5…6 2…4 0…1
Nachweis einer Wettbewerbernutzung: Benutzungsnachweis problemlos möglich aufwendig praktisch unmöglich
… 5…6 2…4 0…1
Benutzung im eigenen Unternehmen: wahrscheinlich offen unwahrscheinlich
5…6 2…4 0…1
Zugehöriges Patentportfolio-Segment ist: zu klein angemessen zu groß
5…6 2…4 0…1
…
…
Weitere Kriterien: Zukünftige Technologie oder zukünftiges Produkt Sicherung wichtiger F&E-Ergebnisse Unterstützung Verkauf Stärkung Verhandlungsposition/Vertragsposition Öffentlich gefördertes Projekt Fließt in Standardisierungsprojekte ein Sonstiges
… … … … … … … …
Gesamtwertzahl:
…
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Bewertung von Patenten
Bivariate Portfolio-Evaluierung Im Rahmen von Patentlizenzverhandlungen oder zu deren Vorbereitung müssen oft Risiko- und Chancenabwägungen zwischen Unternehmen vorgenommen werden. Ein bewährtes Praxiskonzept basiert auf einem Vergleich der jeweiligen Exposition (Exposure) des einen Unternehmens gegenüber dem anderen und umgekehrt. Die Exposition wird auf der Basis von zwei Variablen ermittelt: der Umsätze des einen Unternehmens sowie der Anzahl an Patenten und Patentanmeldungen, die das andere Unternehmen hat und die für diese Umsätze relevant sind.10 Im einfachsten Falle ist die Exposition das Produkt der zwei Variablenwerte. Im Vergleich lässt sich anschließend feststellen, ob Risiken und Chancen ausgeglichen sind, oder ob eines der Unternehmen einen größeren Expositionswert aufweist und daher gegenüber dem Anderen benachteiligt ist (Abb. III.2). Soll beispielsweise ein Kreuzlizenzvertrag zwischen zwei Unternehmen abgeschlossen werden, könnte aufgrund der Ausgeglichenheit im ersteren Fall der Vertrag finanzneutral abgeschlossen werden. Im letzteren Fall könnte das Unternehmen mit der kleineren Exposition aufgrund der Unausgeglichenheit zusätzlich einen finanziellen oder einen anderen Ausgleich fordern. Vorteilhaft ist, dass insbesondere bei sehr großen Patentportfolien zunächst auch ohne Informationen des Verhandlungspartners die Werte der Variablen ermittelbar und die Expositionswerte qualitativ abschätzbar sind: Umsätze könne durch Marktstudien und die Patentanzahl durch Patentrecherchen ermittelt werden. Wird die BewerUmsatz (eigenes Unternehmen)
Umsatz (Wettbewerber) X Anzahl Patente (eigenes Unternehmen)
?
X
Anzahl Patente (Wettbewerber)
Abb. III.2. Bivariate Portfolio-Evaluierung: Vergleich der Expositionswerte
10 Es
können auch andere Schutzrechtsarten, wie beispielsweise Gebrauchsmuster mit einbezogen werden.
Evaluierung von Patenten
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tungsmethode von beiden Partnern als Verhandlungsgrundlage akzeptiert, können die Werte gegenseitig nachvollziehbar diskutiert werden. Nachteil dieser Methode ist, dass zunächst grundsätzlich von einer gleichmäßigen Abdeckung der Umsätze des einen Unternehmens durch das Intellectual Property des anderen Unternehmens ausgegangen wird und umgekehrt. Dies ist daher nur bei großen Patentportfolien glaubwürdig vertretbar. Ein wichtiges Ergänzungskriterium ist daher die Trefferrate (Hit-Rate). Dies ist der Anteil an Schutzrechten, die schlussendlich auch von Produkten und Technologien des Verhandlungspartners benutzt und daher in ein Patentverletzungsverfahren eingeführt werden können. Nur wenn beide Parteien von einer ausgewogenen Trefferrate ausgehen und diese glaubwürdig belegen können, ist ein Vergleich der Expositionswerte sinnvoll. Bei kleineren Portfolien empfiehlt es sich pro Patent oder klar abgegrenztem Portfolio jeweils Expositionswerte auszurechnen und zu vergleichen. Durch Aufsummierung kann dann pro Unternehmen ein Gesamt-Expositionswert ermittelt werden. Beispiel Beispielsweise hat ein Unternehmen A einen Umsatz von 150 Millionen Euro und 20 Patente. Das andere Unternehmen B hingegen hat einen Umsatz von 20 Milliarden Euro und 1.000 Patente. Expositionswert Unternehmen A: 150 x 1.000 = 150.000 Expositionswert Unternehmen B: 20.000 x 20 = 400.000 Obwohl das größere Unternehmen B viel mehr Patente hält, unterliegt es im Expositionswertvergleich dem kleineren Unternehmen A.
Neben dem Vergleich der Expositionswerte werden auch Patentportfolio-Ansätze für die Evaluierung von Patenten verwendet. Bekannte bivariate Patentportfolio-Ansätze sind der Ansatz nach Ernst (Ernst 1996), der Ansatz nach Kuckartz (Kuckartz 2007), der Ansatz nach Pfeiffer et al. (Pfeiffer et al. 1989) und der Ansatz nach Poredda/Wildschütz (Poredda und Wildschütz 2004). Der Ansatz nach Poredda/Wildschütz betrachtet sowohl einzelne Patente als auch Patentportfolios, die einem abgegrenzten Produkt oder Produktbereich zugeordnet sind. Grundidee dieser qualitativen Bewertungsmethode ist, dass ein Zusammenhang zwischen dem Wert des Patents und
74
Bewertung von Patenten
dem Marktanteil des patentgeschützten Produkts besteht. Die Dimensionen der Patentbewertung sind: x Marktwert des Patents. x Rechtlicher Wert des Patents. Ausgehend von der Betrachtung einzelner Patente ist eine zweidimensionale Patentportfolio-Darstellung generierbar (Abb. III.3). Diese Art der Darstellung ermöglicht es, Patente zu vergleichen und einen Überblick über die eigenen Patente in einem bestimmten Bereich zu erhalten. Zudem lassen sich Handlungsempfehlungen für einzelne Patente ableiten. Die Formulierung einer konkreten Normstrategie fehlt allerdings. Marktwert des Patents. Indikatoren für den Marktwert sind die relative Attraktivität einer patentierten technischen Lösung, der Gesamtgewinn des Produktfelds und die effektive Sperrzeit. Rechtlicher Wert des Patents. Indikatoren für den rechtlichen Wert sind Patentfähigkeit, Erkennbarkeit von Patentverletzungen, Abhängigkeit von anderen Schutzrechten und territoriale Abdeckung. Diese Indikatoren werden in Zusammenarbeit von Patent-, Markt- und Technologieexperten ermittelt. Rechtlicher Wert
2. Patent
1. Patent
3. Patent
4. Patent Marktwert
Quelle: Poredda und Wildschütz (2004)
Abb. III.3. Bivariate Portfolio-Evaluierung: Patentportfolio nach Poredda/Wildschütz
Evaluierung von Patenten
75
Trivariate Portfolio-Evaluierung Etwas aufwendigere Patentportfolio-Ansätze beurteilen die Patente anhand von drei Dimensionen. Bekannte Ansätze sind der Ansatz nach Brockhoff (Brockhoff 1999), der Ansatz nach Faix (Faix 2001), der Ansatz nach Hofinger (Hofinger 1997), der Ansatz nach Schulze (2005) und der Ansatz nach Wurzer (2005). Der Ansatz nach Brockhoff (1999) beispielsweise vergleicht Technologien und Patentportfolien auf Basis folgender drei Variablen (Brockhoff 1999; Ernst 1998, 1999, 2002): x Relative Patentposition. x Technologieattraktivität. x Technologiebedeutung. Ausgehend von bestimmten Technologiefeldern von Unternehmen ist eine dreidimensionale Patentportfolio-Darstellung generierbar (Abb. III.4). Technologien oder Technologiegruppen können so eingestuft und qualitativ miteinander verglichen werden. Beispielsweise bildet die Abszisse die relative Patentposition, die Ordinate die Technologieattraktivität und der Kreisdurchmesser die Technologie-Bedeutung ab. Aus den Positionen können dann Normstrategien abgeleitet werden.
Technologieattraktivität
Technologiebedeutung - niedrig - hoch
Technologiefelder eines Unternehmens
Relative Patentposition
Quelle: In Anlehnung an Brockhoff (1999) und Ernst (2002)
Abb. III.4. Trivariate Portfolio-Evaluierung: Patentportfolio nach Brockhoff
76
Bewertung von Patenten
Relative Patentposition. Berechnung der relativen Patentposition eines Unternehmens in Bezug auf andere Unternehmen. Beispielsweise wird das Verhältnis aus eigenen Patenten und der Gesamtanzahl an Patenten gebildet, die das zu untersuchende Technologiefeld betreffen. Der Maximalwert beträgt somit eins. Des Weiteren kann in diesen Wert noch die durchschnittliche Qualität dieser Patente mit einbezogen werden. Zur Ermittlung der Patentqualität werden häufig gewichtete Indikatoren herangezogen, aus denen ein Qualitäts-Index pro Patent ermittelt werden kann. Indikatoren sind z.B. Zitierquote, internationale Reichweite, das heißt Auslandsnachanmeldungen, Laufzeit sowie Einspruchsrate gegen das Patent. Technologieattraktivität. Die Technologieattraktivität wird beispielsweise berechnet aus dem Verhältnis zwischen dem Wachstum der Patentanmeldungen des jeweiligen Technologiefelds und dem Wachstum der Patentanmeldungen aller betrachteten Technologiefelder. Technologiebedeutung. Die Bedeutung einer Technologie für ein Unternehmen wird beispielsweise berechnet aus dem Verhältnis der Anzahl der Patente eines Technologiefelds eines Unternehmens und der Gesamtanzahl der Patente des Unternehmens.
Evaluierung von Patenten Qualitative Patentbewertung ist ein geeignetes Tool, um Entscheidungen des Patentmanagements zu unterstützen. Folgende Punkte sind dabei zu beachten: • Strategische Handlungsempfehlungen - Um strategische Handlungsempfehlungen zu erhalten und Entscheidungen zu unterstützen, gibt es eine Vielzahl von Analysemethoden. • Kommunizierbarkeit der Ergebnisse - Durch systematisierte Skalen oder graphische Aufbereitung der Ergebnisse ist eine gute Kommunizierbarkeit gegeben. • Subjektive Wertindikatoren - Diese helfen den Wert realistischer abzubilden, machen die Bewertung aber auch abhängig von der bewertenden Person.
Valuierung von Patenten
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Valuierung von Patenten Während das Ziel bei der Evalierung ist, die Stärken und Schwächen eines Patents zu analysieren und anhand bestimmter Kriterien eine Aussage über die Qualität des Patents und anschließende Handlungsmöglichkeiten zu machen, wird bei der Valuierung der monetäre Wert, ausgedrückt in einer Währungseinheit, eines Patents ermittelt. Das Ergebnis einer quantitativen Bewertung ist: „Das Patent ist 50.000 Euro wert.“ Strategische Handlungsempfehlungen können aus dem Ergebnis der Bewertung nicht direkt abgeleitet werden. Zur Ermittlung des Patentwerts stehen zahlreiche Bewertungsansätze und -methoden zur Verfügung. Trotz eines vielfältigen Methodenbaukastens ist die Determinierung des Patentwerts komplex, da der Begriff Wert keine eindeutige Definition besitzt. Abhängig vom Standpunkt und der Wahrnehmung kann der Wert die folgenden Ausprägungen annehmen: x Wert im Sinne von Bedeutung: Eine Sache ist von Bedeutung für eine bestimmte Person. x Wert im Sinne von Preis: Der monetäre Betrag, den ein Verkäufer für das angebotene Gut verlangt. x Wert im Sinne von Transaktionspreis: Der monetäre Betrag, der tatsächlich bei einer Transaktion gezahlt wird. Erläutert man dieses am Beispiel einer Erfindung zeigt sich, dass diese für den Erfinder oftmals eine große Bedeutung hat, da er viel Zeit und Freizeit investiert hat. Soll die Erfindung nun verkauft werden, fordert der Erfinder einen Preis von 5.000 Euro. Das Unternehmen, das bereit ist die Erfindung zu kaufen, schätzt die Erfindung anders ein als der Erfinder und man einigt sich auf einen Transaktionspreis von 2.500 Euro. Dieses Beispiel zeigt, dass der Wert unterschiedlich ausgelegt werden kann und kontextspezifisch ist. Ähnliches gilt für den Wert eines Patents. Patente sind durch ihre Abhängigkeit vom Einsatz im Unternehmen, ihrem Alter und anderen Faktoren immer kontextspezifisch. Daher gibt es keinen eindeutigen Patentwert. Um den Wert eines Patents dennoch zu charakterisieren kann dieser über den zukünftigen Nutzen, den ein Patent stiftet beschrieben werden. Der ökonomische Nutzen resultiert insbesondere aus den Produkten, in die das Patent eingeht oder auf dessen Grundlage die Produkte produziert werden. Dabei werden die wertbestimmenden Einflussgrößen des Patentwerts in technische, wirtschaftliche und rechtliche Faktoren eingeteilt (Moser und Goddar 2007).
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Bewertung von Patenten
Technologische Faktoren sind die Einmaligkeit der Technologie, ihre Neuheit, der Status der F&E, das Level der Innovation oder der Lebenszyklus der Technologie. Die Technologie der zugrunde liegenden Erfindung beeinflusst die Positionierung eines Produkts auf unterschiedliche Weise. Zum Beispiel kann durch Patente ein Produkt differenziert werden. Der Hersteller kann dafür einen Preisaufschlag für das Produkt verlangen. Oder durch die Entwicklung einer neuen Technologie kann kostengünstiger produziert und so Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Auch kann ein Patent eine exklusive Produktion ermöglichen oder die Freiheit der Produktion garantieren. Der Faktor Markt ist die wirtschaftliche Dimension und wird zum Beispiel durch Marktpotenziale, Marktvolumen, Marktwachstum, Branchenstruktur oder Produktlebenszyklus beschrieben. Die wirtschaftliche Dimension hat vor allem Einfluss auf den Erfolg eines Produkts. Hohe Wachstumsraten in einem Markt eröffnen die Möglichkeit höherer Verkaufszahlen. Margen und Marktanteile sind die Grundlage für Gewinne des Unternehmens. Erst die rechtliche Absicherung ermöglicht die verschiedenen Nutzungsformen von Patenten und hat daher großen Einfluss auf den Wert eines Patents. Die rechtliche Absicherung wird durch die Faktoren Gültigkeit, Schutzumfang, Abhängigkeiten mit anderen Patenten oder auch die verbleibende Patentlebensdauer beeinflusst. Ist das Patent nicht gültig oder nicht durchsetzbar, hat das Schutzrecht, auch wenn der Markt exponentiell wächst oder das Produkt besonders kostengünstig produziert werden kann, so gut wie keinen Wert. Auf der anderen Seite kann ein Patent, das Wettbewerber blockiert, hohe Umsätze garantieren. Im Gegensatz zur Patent-Evaluierung, die hauptsächlich durchgeführt wird, um das strategische Management von Patenten optimal zu steuern, wird die Valuierung von Patenten für eine Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsvorgänge durchgeführt. Die Rahmenbedingungen bestimmen, ob eine Bewertung freiwillig durchgeführt wird oder aufgrund äußeren Zwangs, zum Beispiel bei Firmenübernahmen. Bei M&A werden Patente aufwändiger bewertet als bei rein internen Überlegungen. Der Anlass für die Bewertung spielt eine wichtige Rolle. Anlässe für eine monetäre Patentbewertung sind: x Managementorientierte Anlässe: Patentportfolio-Pflege, Budgetaufteilung, Monitoring der F&E, Erfindervergütung, Risikoanalysen, Patentierungsentscheidungen. x Unternehmensorientierte Anlässe: Due Diligence, Joint Venture, Initial Public Offering, Unternehmensverkauf, Unternehmensbewertung.
Valuierung von Patenten
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x Finanzierungs- und bilanzierungsorientierte Anlässe: Patent als Kreditsicherheiten, Rechnungslegung, Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung, freiwillige Kapitalmarktinformationen. x Transferorientierte Anlässe: Lizenzierung, Kreuzlizenzierung, Strategische Allianzen, Technologietransfer. x Konfliktorientierte Anlässe: Liquidation, Insolvenz, Transferpreise, Schadensersatzbestimmung. Der Anlass der Bewertung bestimmt, neben den verfügbaren Informationen und dem Zeitpunkt der Bewertung, die Wahl der Bewertungsmethode. In der Literatur werden inzwischen über 100 quantitative Patentbewertungsmethoden diskutiert. All diese Methoden lassen sich dabei auf einige wenige Hauptannahmen zurückführen. Aus diesem Grund wird häufig davon ausgegangen, dass sich die Bewertungsmethoden in drei Hauptbewertungsverfahren einteilen lassen (unter anderen Dressler 2006; IDW S 5 2007; Smith und Parr 2005). Diese sind: x Kostenorientiertes Verfahren. x Marktpreisorientiertes Verfahren. x Einkommensorientiertes Verfahren. Abb. III.5 zeigt einen Überblick über diese Trichotomie und die in der Literatur am häufigsten zitierten Patentbewertungsmethoden. Smith und Parr sind wahrscheinlich die am häufigsten zitierten Vertreter dieser Trichotomie. Sie argumentieren, dass jede Methode, die sie bei ihrer extensiven Literaturrecherche identifiziert haben, sich im Grunde genommen auf eines der oben genannten Verfahren zurückführen lässt (Smith und Parr 2005). Um ihrer Komplexität oder ihrer Verbreitung in der Praxis gerecht Verfahren
Methode
Kostenorientiertes Verfahren
Marktpreisorientiertes Marktpreisorientiertes Verfahren Verfahren
Einkommensorientiertes Verfahren
0HWKRGHGHU 0HWKRGHGHU KLVWRULVFKHQ.RVWHQ KLVWRULVFKHQ.RVWHQ
Marktpreise auf aktivem Markt
Methode der unmittelbaren Cashflow Prognosen
WiederbeschaffungsWiederbeschaffungskostenmethode kostenmethode
Analogiemethoden
Methode der Lizenzpreisanalogie Mehrgewinnmethode
Residualwertmethode
Quelle: In Anlehnung an IDW S 5 (2008) und Smith und Parr (2005)
Abb. III.5. Die Trichotomie der quantitativen Patentbewertungsverfahren
80
Bewertung von Patenten
zu werden, werden neben den Methoden der drei genannten Verfahren weitere Methoden am Ende dieses Abschnitts erläutert. Kostenorientiertes Verfahren Die Grundannahme des kostenorientierten Verfahrens ist, dass der Wert eines Patents am besten durch die Kosten repräsentiert wird, die während der Lebenszeit des Patents angefallen sind. Die beiden meistzitierten Methoden sind die Methode der historischen Kosten und die Wiederbeschaffungskostenmethode. (1) Methode der historischen Kosten. In der Praxis wird die Methode der historischen Kosten häufig dann verwendet, wenn die Menge der zur Verfügung stehenden Informationen noch verhältnismäßig gering ist. Dieses ist häufig in der F&E Phase einer patentierten Technologie der Fall (Turner 2000). Anhand eines theoretischen Beispiels zeigt Turner, dass die historischen Kosten [H] (zum Beispiel die Kosten, die in die Erschaffung und Anmeldung eines Patents eingehen) von dem Betrag, der investiert wurde [F], abgeleitet werden können. Dabei sollte sichergestellt werden, dass der Zeitwert des Geldes [T] berücksichtig wurde. Die dahinterliegende Idee ist, dass wenn über eine gewisse Anzahl Jahre [n] jährlich ein bestimmter Betrag in Euro [Z] in eine Technologie investiert wurde, der Wert eines Patents, das diese Technologie schützt, mindestens den Euro Wert von [(n × Z)] hat. Ist der Zeitwert des Geldes mit einem Zinssatz von [r] berücksichtig, erfolgt die Berechnung des Patentwerts wie folgt: H=F+T H = (n × Z) + [(Z1 × r) + (Z2 × r) + … + (Zn × r)] mit Z1 = Z2 = … = Zn Zu bemerken ist, dass Turner in seinem Beispiel den einfachen Zinssatz verwendet und Zinseszins nicht berücksichtig. Daher ist der Zeitwert des Geldes [T] sehr ungenau determiniert. Ein weiterer Nachteil dieser Methode ist, dass häufig der Start- und Endzeitpunkt der F&E für eine bestimmte Technologie schwierig zu bestimmen sind. Auch ist es häufig schwierig zu bestimmen, welcher Anteil der gesamten F&E Ausgaben einem einzelnen Patent zuzurechnen sind. Da diese Methode trotz der oben beschriebenen Nachteile verhältnismäßig häufig zum Einsatz kommt, beschreibt Tabelle III.2 die Methode an einem vereinfachten Zahlenbeispiel. Das Beispiel wurde in fünf Phasen eingeteilt. Die erste Phase ist die F&E Phase und beinhaltet Personal-, Material- und Recherchekosten, die bei der Entwicklung der patentierten Technologie angefallen sind und dem Patent zugerechnet werden können. Diese Zurechnung ist die, die am schwierigsten durchzuführen ist, da sie
Valuierung von Patenten
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Tabelle III.2. Vereinfachtes Beispiel der Methode der historischen Kosten (in Euro) t-3b
t-2
t-1
t 0c
0
0
0
0
100 1.565 1.035 0 0 600 0 0 300 0 3.000
0 0 0 0 0 600 0 0 250 0 500
0 0 0 0 0 600 0 0 300 0 500
0 0 0 4.000 400 600 0 0 250 0 500
0
6.600
1.350
1.400
5.750
Summe Patentkosten
950.000
6.600
1.350
1.400
5.750
Patentwert
965.100
Kostenart
t-4a
F&E Kosten Personalkosten Materialkosten Recherchekosten
750.000 150.000 50.000
Summe F&E Kosten
950.000
Kosten Patentamt Anmeldegebühr Prüfgebühr Recherchekosten Übersetzungskosten Jahresgebühr Überwachungsrecherche Einspruchsverfahren Nichtigkeitsklagen Recherchen Patentverletzungsklagen Patentanwaltskosten Summe Kosten Patentamt
a
F&E Phase Zeitpunkt Patentanmeldung c Zeitpunkt der Bewertung b
stark auf Abschätzungen basiert. Weitere F&E Kosten sind in späteren Phasen nicht angefallen. Die Abgrenzung der Kosten in den darauffolgenden Phasen ist einfacher. Kosten, die für die Anmeldung anfallen, sind durch das Patentamt definiert und können dem Patent eindeutig zugerechnet werden. Das gleiche gilt auch für mögliche Kosten, die bei Patentstreitigkeiten anfallen würden. Im Beispiel in Tabelle III.2 wurde auf diese Kosten verzichtet. Durch einfaches Addieren aller angefallenen Kosten erhält man den Patentwert von 965.100 Euro. (2) Wiederbeschaffungskostenmethode. Bei dieser Methode wird der Patentwert durch Addition aller Kosten, die anfielen, würde man das bestehende Patent wiederbeschaffen, berechnet. Diese Wiederbeschaffung
82
Bewertung von Patenten
meint dabei nicht die genaue Reproduktion des vorliegenden Patents, sondern die Entwicklung eines Patents, das genau die gleichen Funktionalitäten aufweist wie das Vorliegende (Smith und Parr 2005). Dabei kann es vorkommen, dass das neue Patent in einigen Aspekten vorteilhafter ist als das Vorliegende. Auch wenn die Entwicklung und die verwendeten Methoden zur Schaffung des neuen Patents sich stark von denen unterscheiden können, die für das Vorliegende verwendet wurden, sind die grundlegenden Funktionen beider patentierten Technologien gleich. Zu beachten ist, dass die Kosten, die verwendet werden, virtuelle Kosten sind. Vor- und Nachteile des kostenorientierten Verfahrens. Der größte Vorteil des kostenorientierten Verfahrens ist die einfache Anwendung. Um einen Patentwert zu erhalten, müssen nur die Kosten addiert werden. Zudem sind verhältnismäßig wenig Informationen notwendig, die oftmals vom F&E Controlling abgefragt werden können. Andererseits werden Informationen notwendig, die sehr spezifisch und oftmals nicht per Knopfdruck generierbar sind (Ensthaler und Strübbe 2006). Die Liste der Nachteile ist um einiges länger. Das kostenorientierte Verfahren basiert auf der Annahme, dass Kosten gleich dem Wert sind. Dies ist problematisch (Smith und Parr 2005; Wurzer und Reinhardt 2006). Auch empirisch ist nicht nachgewiesen, dass eine Korrelation zwischen dem Wert eines Patents und seinen Kosten besteht (Bertolotti 1996; Dressler 2006; Ensthaler und Strübbe 2006). Beim kostenorientierten Verfahren sind die anfallenden Kosten die einzige wertverändernde Variable. Andere Werttreiber werden nicht berücksichtigt. Vor allem Informationen über den aktuellen oder zukünftigen ökonomischen Nutzen des Patents werden nicht berücksichtigt (Smith und Parr 2005). Auch Risiken, welche mit dem F&E Prozess oder der späteren Kommerzialisierung verbunden sind, werden bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt. Patente, die keinerlei ökonomischen Mehrwert generieren, aber viel Geld in der F&E gekostet haben (z.B. klassische Fehlentwicklungen), werden hier als sehr wertvoll eingestuft werden. Auf der anderen Seite könnten Patente, die geringe Entwicklungskosten haben, aber hohe Markterträge generieren, als wertlos eingestuft. Anwendung des kostenorientierten Verfahrens. Das kostenorientierte Verfahren ist ein einfaches Tool, um Spannbreiten von Preisen bei Patentverkäufen oder Lizenzierungsverhandlungen zu berechnen. Auch wird es vom kostenbasierten Rechnungswesen oder in Fällen, in denen Besteuerung notwendig ist, verwendet. Für das Technologie- oder Patentmanagement eignet sich dieser Ansatz vor allem für Make-or-buy Entscheidungen. Allerdings sollten auf Basis dieses Verfahrens keine strategischen Ent-
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scheidungen, in denen der zukünftige Nutzen des Patents eine zentrale Rolle spielt, getroffen werden. Marktpreisorientiertes Verfahren Das marktpreisorientierte Verfahren basiert auf der Annahme, dass der präzise Wert eines Patents der Wert ist, den der Markt unter ähnlichen Umständen für ein ähnliches Patent bereit wäre zu zahlen. Bei diesem Verfahren unterscheidet man zwei Methoden. Die Bestimmung des Patentwerts kann über den Marktpreis auf einem aktiven Markt erfolgen, zum anderen dienen Analogiemethoden der Patentbewertung. (3) Marktpreis auf aktivem Markt. Der einfachste Weg einer marktpreisorientierten Patentbewertung ist der, das Patent auf dem Markt anzubieten und so herauszufinden, welchen Preis potenzielle Käufer auf einem aktiven Markt bereit wären zu zahlen. Diese einfache Beschreibung beinhaltet auch die wichtigste Bedingung für die Anwendung marktpreisorientierter Verfahren. Um einen präzisen Wert zu erhalten, muss die Existenz eines Markts gewährleistet sein. Unternehmen wie Ocean Tomo bieten solche Marktplätze an. (4) Analogiemethoden. Eine andere Bewertungsmethode ist, Informationen über vergleichbare Transaktionen (vergleichbares Patent, Technologie, Situation der Beteiligten, etc.) zu sammeln und anhand des Vergleichs dieser Informationen den Wert des eigenen Patents zu bestimmen. Tabelle III.3 zeigt ein vereinfachtes Zahlenbeispiel, in dem ein Patent mit Hilfe der Analogiemethode bewertet wurde. Um diese durchzuführen, muss zuerst ein bereits transferiertes Patent identifiziert werden, dessen Daten man zur Bewertung des eigenen Patents verwenden kann. Dieses Patent sollte vergleichbar mit dem eigenen Patent sein und ist hinsichtlich relevanter Produkt- und Marktgrößen zu überprüfen. Diese Größen können sein: tatsächlicher und möglicher Nutzungsumfang des Patents, Ausmaß der Neuerung, Schutzrechtssituation (zum Beispiel Nichtigkeitsklagen), territorialer Schutzumfang, erzielte und erzielbare Wettbewerbsvorteile durch das Patent, verbleibende Nutzungsdauer, Marktwachstum, -größe, potenzial, -anteil, Möglichkeiten von Folgeerfindungen, Branchenspezifika etc. (Rings 2000). Im unten aufgeführten Beispiel wurde die Transaktion des Vergleichpatents zu einem Lizenzierungssatz von 3% abgeschlossen. Diese 3% werden auf das eigene Patent angewendet. Der Patentwert wird nun ermittelt, indem der Umsatz für die nächsten 3 Jahre (die vorher determinierte Restnutzungsdauer) prognostiziert wird. Auf Basis des Umsatzes und des Lizenzsatzes wird die Lizenzrate berechnet. Um den Zeitwert
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Bewertung von Patenten
Tabelle III.3. Vereinfachtes Beispiel der Analogiemethode (in Euro) t1 Information über das Vergleichspatent Umsatz 100.000 Patentrestnutzungsdauer: 2 Jahre Lizenzrate: 3% pro Jahr Information über das zu bewertende Patent Umsatz 80.000 Patentrestnutzungsdauer: 3 Jahre Lizenzrate: 3% pro Jahr 2.400 Diskontierungsatz: 8% pro Jahr
2.222
Patentwert
6.185
t2
t3
100.000
80.000
80.000
2.400
2.400
2.058
1.905
des Geldes zu berücksichtigen, werden die fiktiven Lizenzzahlungen diskontiert. Der Patentwert ergibt sich dann aus der Addition aller potenziellen diskontierten Lizenzzahlungen. Wie an dem Beispiel zu erkennen ist, wird nur der Lizenzsatz des vergleichbaren Patents übernommen. Restnutzungsdauer und mögliche Umsätze basieren auf der Einschätzung über das eigene Patent. Vor- und Nachteile des marktpreisorientierten Verfahrens. Die marktpreisorientierten Verfahren haben besonders für Unternehmen, die in ihrer Tätigkeit auf den Markt gerichtet sind, besonderen Reiz, da sie den Betrag ermitteln, den Marktteilnehmer bereit wären zu zahlen. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Verfahren sich an der aktuellen Situation orientieren. Bei der Ermittlung von Marktpreisen wird immer davon ausgegangen, dass Erwartungen über den zukünftigen Nutzen bereits eingepreist sind. Es gibt vier grundlegende Bedingungen für eine effiziente Patentbewertung basierend auf marktpreisorientieren Verfahren (Smith und Parr 2005): Wichtigste Bedingung ist, dass ein aktiver Markt existiert. Zudem müssen die Transaktionspartner nach dem sogenannten Arm’s length-Prinzip handeln. Das bedeutet, sie dürfen sich keine politischen Transferpreise zugestehen, sondern müssen Preise wie zwischen neutralen Marktteilnehmern verhandeln. Auch genügend Informationen aus einer hinreichend großen Anzahl vergangener, vergleichbarer Transaktionen sind notwendig. Diese Bedingung beinhaltet, dass der Zugang zu den Informationen möglich ist. Beurteilt man die hier aufgeführten Bedingungen anhand der aktuellen Situation auf dem Patenttransfermarkt zeigt sich, dass bereits die erste Bedingung nicht erfüllt ist. Verglichen mit zum Beispiel Aktien oder Rohstoffen gibt es noch keinen aktiven Markt für Patente. Die meisten
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Patentdeals sind bilaterale Transaktionen und damit das Gegenteil des Konzepts vollkommener Märkte ohne Transaktionskosten, hoher Liquidität, keinen Arbitragemöglichkeiten und vielen Marktteilnehmern. Auch wenn ein aktiver Markt eine zentrale Voraussetzung für die Anwendung marktorientierter Verfahren ist, so ist doch die wichtigste Anforderung für diese Verfahren, dass Vergleichbarkeit von Transaktionen herrscht und Informationen vorhanden sind. Durch die oben erwähnte bilaterale Natur von Patenttransaktionen sind Informationen zu Details oder Preisen von Patentdeals oftmals nicht öffentlich zugänglich. Auch Vergleichbarkeit ist oftmals nur schwierig zu erreichen, da es sich bei Patenten bereits per Definition um Schutzrechte für neue und oftmals einzigartige Erfindungen handelt. Da es zur Zeit noch verhältnismäßig wenig Transaktionen gibt, wird diese Menge noch durch die Anforderung, dass die Informationen öffentlich zugänglich sein und die transferierten Patente vergleichbar sein müssen, sehr stark eingeschränkt. Anwendung des marktpreisorientierten Verfahrens. Die marktpreisorientierten Verfahren sind immer dann empfehlenswert, wenn der Zugang zu Informationen möglich und sichergestellt ist. Oftmals werden diese Verfahren angewendet, um Preisabschätzungen für Verkaufs- oder Lizenzierungsverhandlungen zu ermitteln. Besonders Steuerbehörden präferieren diese Verfahren, da das inhärente Konzept durch die Anwendung bei anderen Vermögensgegenständen bereits etabliert wurde. Im Falle von Patenten ist die Ermittlung eines aussagekräftigen Werts aufgrund oben genannter Problematik schwierig. Einkommensorientiertes Verfahren Das einkommensorientierte Verfahren basiert auf dem Konzept der abgezinsten Zahlungsströme (oder auch Discounted Cash Flows). Bei diesem Verfahren wird der Wert durch den ökonomischen Nutzen, der mit der internen oder externen Kommerzialisierung des Patents (Cash Flows) verbunden ist, determiniert. Zusätzlich werden die Zahlungsströme mit einem angemessenen Zinssatz diskontiert. Dieser Zinssatz spiegelt auch das Risiko wider, das mit der Generierung der Zahlungsströme verbunden ist. Durch das Diskontieren der Zahlungsströme wird der Zeitwert des Geldes berücksichtigt und der finale Wert des Patents entspricht dem BarwertKonzept. Abbildung III.6 beschreibt das Grundkonzept der diskontierten Zahlungsströme graphisch. Zunächst wird prognostiziert, wie hoch die Zahlungsströme, die aus dem Patent resultieren, sind und über welche Dauer sie anfallen. Dann wird ein Zinssatz bestimmt, der die Kapitalkosten des
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Bewertung von Patenten
Unternehmens, eventuelle Kapitalkosten des Patents oder Produkts und das mit dem Patent verbundene Risiko (bestehend aus rechtlichen Risiken, technischen Risiken und wirtschaftlichen Risiken) reflektiert. Um den Patentwert zu erhalten, wird jeder Zahlungsstrom pro Periode mit dem Diskontierungssatz abgezinst. Am Ende ergibt die Summe aller abgezinsten Zahlungsströme den Patentwert. Die im Folgenden beschriebene Methode der unmittelbaren Cash Flow Prognosen, die Methode der Lizenzpreisanalogie, die Mehrgewinnmethode und die Residualwertmethode basieren alle auf dem in Abbildung III.6 erläuterten Konzept. Sie unterscheiden sich vor allem in der Art der Ermittlung der Zahlungsströme. (5) Methode der unmittelbaren Cash Flow Prognosen. Bei der Methode der unmittelbaren Cash Flow Prognosen wird davon ausgegangen, dass der Zahlungsstrom, der von einem patentgeschützten Produkt generiert wird, bestimmten Werttreibern, wie zum Beispiel dem Geschäftsmodell, dem Marketing oder dem Patentschutz, zugeordnet werden kann. Um den Patentwert zu errechnen, werden die dem Patent direkt zurechenbaren Zahlungsströme mit dem patentspezifischen risikoadjustierten Diskontierungssatz abgezinst. Wesentliche Voraussetzung hierbei ist, dass die dem Patent direkt zurechenbaren Zahlungsströme ermittelbar sind. (6) Methode der Lizenzpreisanalogie. Bei der Methode der Lizenzpreisanalogie (auch Relief-from-Royalty Methode genannt) werden unter Verwendung eines Analogieschlusses die Zahlungsströme eines Patents durch Lizenzentgelte approximiert. Diese Lizenzentgelte sind Entgelte, die der Eigentümer des Patents nicht zahlen muss, da er das Patent besitzt und es nicht einlizenzieren muss. Es wird also ermittelt, welche Lizenzzahlungen fiktiv zu entrichten wären, wenn sich das betreffende Patent im Eigentum eines Dritten befände. Abgezinst mit dem Diskontierungssatz (r) (Enthält Kapitalkosten und Risiken)
t0
t1
t2
t3
Patentlebensdauer
Wert des Patents in W Prognostizierte Zahlungsströme des zu bewertenden Patents
Abb. III.6. Das Grundkonzept der diskontierten Zahlungsströme
Valuierung von Patenten
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Diese fiktiven Lizenzzahlungen werden anhand von marktüblichen Lizenzraten für vergleichbare Patente abgeleitet, die sich beispielsweise auf Umsatzerlöse beziehen. Auch hierbei werden wieder vergleichbare Lizenzsätze gewählt, die nach dem Arm’s length – Prinzip verhandelt wurden. Richtwert für Lizenzsätze werden auch veröffentlicht (zum Beispiel in Hellebrand, Kaube und Falckenstein 2007). Die Lizenzrate ist dann mit den geplanten Umsatzerlösen, die dem zu bewertenden Patent zuzuordnen sind, zu multiplizieren. Die ermittelten fiktiven Lizenzzahlungen sind nach Abzug der zu berücksichtigenden Unternehmenssteuern mit dem patentspezifischen risikoadjustierten Diskontierungssatz auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Diese Methode setzt voraus, dass es vergleichbare Patente und Transaktionen gibt, die regelmäßig zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Geschäftspartnern lizenziert werden. Tabelle III.4 zeigt ein vereinfachtes Beispiel für eine Patentbewertung anhand der Lizenzpreisanalogie-Methode. Es wurde ein vergleichbares Patent identifiziert das mit einem Lizenzsatz von 3% auslizenziert wurde. Um den ökonomischen Nutzen des zu bewertenden Patents zu determinieren, werden patentspezifische Umsätze für 3 Jahre prognostiziert. Auf diese Umsätze wird der Lizenzsatz von 3% berechnet. Da es ein eigenes Patent ist, kann das Unternehmen zwischen 3.000 Euro und 3.600 Euro an Lizenzgebühren sparen. Diese eingesparten Lizenzgebühren werden nun verwendet, um den Patentwert zu berechnen. Zunächst werden Steuern abgezogen. Die Lizenzersparnisse werden anschließend mit 8% diskontiert und dann addiert. (7) Mehrgewinnmethode. Im Rahmen der Mehrgewinnmethode werden die zukünftig erwarteten Zahlungsströme aus dem Unternehmen einschließlich dem zu bewertenden Patent mit den entsprechenden Zahlungsströmen aus einem fiktiven Vergleichsunternehmen ausschließlich des entsprechenden Patents verglichen. Dabei wird unterstellt, dass das VerTabelle III.4. Vereinfachtes Beispiel der Methode der Lizenzpreisanalogie (in Euro) Patentspezifische Umsätze Lizenzsatz: 3% pro Jahr Lizenzersparnis vor Steuern Steuern: 25% Lizenzersparnis nach Steuern Diskontierungssatz: 8% pro Jahr Barwerte Patentwert
t1 100.000
t2 110.000
t3 120.000
3.000 750 2.250
3.300 825 2.475
3.600 900 2.700
2.083
2.122
2.143
6.349
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Bewertung von Patenten
gleichsunternehmen dieses Patent entweder nicht besitzt oder vollständig auf dessen Nutzung verzichtet. Die zusätzlichen Zahlungsströme können sich durch zusätzliche Einzahlungen die durch das Patent realisiert wurden, oder durch gesparte Auszahlungen und/oder Kosten resultierend aus der Verwertung des Patents ergeben. Die Differenz der Zahlungsströme der beiden Unternehmen zeigt den zusätzlichen Zahlungsstrom, der auf das zu bewertende Patent zurückzuführen ist. Zur Wertermittlung sind diese zusätzlichen Zahlungsströme mit dem patentspezifischen risikoadjustierten Diskontierungssatz auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Die Anwendung der Mehrgewinnmethode setzt voraus, dass die zukünftigen Zahlungsströme des fiktiven Vergleichsunternehmens ohne das zu bewertende Patent verlässlich geschätzt werden können. (8) Residualwertmethode. In der Regel generieren Patente erst im Verbund mit weiteren materiellen oder immateriellen Vermögenswerten Zahlungsströme. Bei der Residualwertmethode werden bei der Ermittlung der vom Patent generierten Zahlungsströme fiktive Auszahlungen für diese unterstützenden Vermögenswerte vom gesamten Zahlungsstrom abgezogen. Diese Auszahlungen können als fiktive Nutzungsentgelte für die unterstützenden Vermögenswerte betrachtet werden. Die verbleibenden Zahlungsströme, die dem Patent nun zugerechnet werden können, sind mit dem patentspezifischen risikoadjustierten Diskontierungssatz auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Die Residualwertmethode ist grundsätzlich den Patenten mit dem größten Einfluss auf die gesamten Zahlungsströme des Unternehmens vorbehalten, sodass die Vermögenswerte, für die Nutzungsentgelte abgezogen werden, tatsächlich nur unterstützend sind. Wird die Residualwertmethode für mehrere Patente angewendet ist sicherzustellen, dass eine mehrfache Zuordnung derselben Zahlungsströme auf verschiedene Vermögenswerte ausgeschlossen wird. Identifizierung der wertbestimmenden Parameter. Alle Methoden des einkommensorientieren Verfahrens basieren auf der gleichen Grundidee. Das Problem in der Anwendung der Methoden liegt deshalb in der Determinierung der Grundidee selber, da die drei essentiellen Inputparameter (Höhe der Zahlungsströme, Dauer der Zahlungsströme und das mit dem Patent verbundene Risiko) entscheidend für eine korrekte Berechnung des Patentwerts sind. Die erste Herausforderung des einkommensorientierten Verfahrens besteht darin, die Höhe der Zahlungsströme zu quantifizieren und dabei alle Verwertungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen. Es gibt direkte und indirekte Methoden, um die Einkommensströme zu berechnen (Smith und Parr 2005). Liegen genü-
Valuierung von Patenten
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gend Informationen über spezifische wirtschaftliche Vorteile, die durch das Patent generiert werden können, vor, bietet sich die direkte Methode an. Preisaufschläge durch einen höheren Kundennutzen oder Kostenersparnisse durch größere Effizienz sind typische Beispiele für solche spezifische wirtschaftliche Vorteile. Die indirekte Methode versucht die wirtschaftlichen Vorteile durch allgemeine wirtschaftliche oder finanzielle Informationen zu quantifizieren. Um Zahlungsströme mittels der indirekten Methode zu berechnen, wird häufig die Differenz zwischen den Umsätzen von Unternehmen mit und ohne dem rechtlichen Schutz des zu bewertenden Patents ermittelt (Smith und Parr 2005). Während die direkten Methoden offensichtlich einfacher anzuwenden sind, werden die indirekten Methoden in der Praxis doch häufiger angewendet. Dieses spiegelt sich auch in der Beschreibung der oben genannten Methoden wider. Um einen adäquaten Patentwert zu erhalten, ist des weiteren der Zeitverlauf der wirtschaftlichen Vorteile zu determinieren. Die Festlegung eines realistischen Zeitrahmens ist genauso wichtig wie die Höhe der Zahlungsströme selbst (Parr 1999). Da die rechtliche Patentlebenszeit oftmals viel länger ist als die ökonomische Patentlebenszeit ist die Abschätzung komplex. Die ökonomische Patentlebenszeit endet entweder dadurch, dass es unprofitabel wird das Patent weiter aufrechtzuerhalten oder zu dem Zeitpunkt, an dem ein anderes Patent profitabler wird und das alte ablöst. Die ökonomisch nützliche Existenz kann durch vielfältige Gründe beendet werden. Einer der wichtigsten Gründe ist die Geschwindigkeit von technologischen Veränderungen. Die Dauer der Zahlungsströme ist deshalb von großer Bedeutung für das einkommensorientierte Verfahren, da jüngere Patente mehr zeitlichen Spielraum haben, um wirtschaftliche Vorteile zu generieren. Ein weiteres zentrales Element des einkommensorientierten Verfahrens ist, dass das Risiko, das mit dem Patent einhergeht, in die Berechnung des Patentwerts einfließt. Risiko resultiert aus dem Umstand, dass Informationen über die Zukunft nur geschätzt werden können. Je länger der Zeitrahmen ist in dem Prognosen gemacht werden, desto höher ist das Risiko bedingt durch unzureichende Informationen. In der Literatur werden drei Hauptrisikoarten, resultierend aus der Verwendung eines Patents, unterschieden. Diese sind wirtschaftliche Risiken, technische Risiken und rechtliche Risiken. Um diese Risiken im einkommensorientierten Verfahren zu berücksichtigen, werden sie abgeschätzt und in einen Prozentsatz transformiert. Die Anwendung des risikospezifischen Prozentsatzes hängt dann vom Design des Bewertungsmodells ab. Entweder diskontiert der risikospezifische Prozentsatz direkt die ermittelten Zahlungsströme oder der risikospezifische Prozentsatz wird als Premium auf die gängigen Kapitalkosten der Firma addiert. Auf der Suche nach einer angemessenen
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Bewertung von Patenten
Diskontierungsrate wählen die meisten Firmen entweder das Capital Asset Pricing Model (CAPM) oder die Weighted Average Cost of Capital (WACC). Vor- und Nachteile des einkommensorientierten Verfahrens. Durch das fundierte Konzept und die allgemeine Akzeptanz des Konzepts und des Wertbegriffes kann das einkommensorientierte Verfahren bei den meisten Bewertungsanlässen angewendet werden. Für das Patentmanagement sind sie theoretisch sehr brauchbar, da die Verwendung von zukünftigen wirtschaftlichen Vorteilen die Entscheidungen des Patentmanagements gut unterstützen kann. Allerdings darf die Fehleranfälligkeit, resultierend aus den zahlreichenden zu determinierenden Parameteren, des Verfahrens nicht unterschätzt werden. Weitere Methoden der Patentbewertung Die in folgenden Patentbewertungsmethoden lassen sich auch auf eines der bereits genannten Verfahren zurückführen. Durch ihre hohe Bedeutung für die Praxis werden sie separat aufgeführt: (9) Bewertung durch Abschätzung. Die Höhe des Lizenzsatzes beträgt 25% des Bruttogewinns vor oder nach Steuern des Unternehmens, welches die Schutzrechte nutzt (25%-Regel). Dieses Verfahren hat den Vorteil, als einfache „Daumenregel“ angewendet werden zu können. Es ist deshalb besonders dann geeignet, wenn grundsätzliche Abschätzungen vorgenommen werden sollen oder wenn nur wenige Daten vorliegen oder offenbart werden sollen. Nachteilig ist, dass weder zukünftige Profitabilität, noch das Verhältnis von Chancen und Risiken des Lizenz-Geschäftsmodells in die Bewertung einfließen. Die Methode ist damit nur für stabile, wenig wachsende Branchen geeignet. (10) Bewertung durch anteiligen Gewinn. Die Bewertung erfolgt in Form der Festlegung eines bestimmten Lizenzsatzes in Bezug auf den Gewinn. Eine Bewertung durch anteiligen Gewinn lässt sich dann anwenden, wenn der auf Basis der zu Grunde liegenden Schutzrechte zu erwartende zukünftige Umsatz gut abschätzbar ist. Trotz der einfachen Berechnungsmethode muss jedoch der Anteilsfaktor ausgehandelt werden. Häufig wird deshalb ein Schwellwert vereinbart, den der zu erwartende Umsatz mindestens erreichen muss. Das Bewertungsergebnis hängt somit vom jeweiligen Verhandlungspartner ab. (11) Bewertung durch Technologiefaktor. Diese Bewertungsmethode wurde von der Unternehmensberatung Arthur D. Little und dem Chemie-
Valuierung von Patenten
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unternehmen Dow entwickelt. Dabei wird der Zahlungsstrom mittels eines Technologiefaktors ermittelt. Der Technologiefaktor basiert auf dem Beitrag der geschützten Technologie zu den Gesamterträgen der Technologie. Zusätzlich zum Geschäftsrisiko wird der Technologiefaktor aus Anwendungs-, Wettbewerbs- und Rechtspositionen abgeleitet und somit für interne Bewertungen anwendbar und mit anderen Bewertungsmethoden kombinierbar. Im Rahmen der Bewertung wird gleichzeitig Einigkeit über die Technologiebewertung erzielt. Erforderlich ist allerdings die Zusammenarbeit zahlreicher Experten unterschiedlicher Disziplinen auf Basis detaillierten Wissens über das Wettbewerbsumfeld sowie die zu Grunde liegenden Geschäftspläne. In den letzten 10 Jahren haben Bewertungsmethoden basierend auf zukünftigen möglichen Events stark an Bedeutung gewonnen. Von der Grundidee her basieren die neuen Methoden auf der Idee, dass der Patentwert am besten durch zukünftige ökonomische Vorteile (Zahlungsströme) ermittelt werden kann. Verglichen mit dem einfachen einkommensorientierten Bewertungsverfahren haben aber besonders Realoptionen und Entscheidungsbaumanalysen den Vorteil, dass sie Handlungsmöglichkeiten des Patentinhabers für die Verwertung eines Patents berücksichtigen (Rudolf und Witt 2002). (12) Realoptionenmethode. Diese Methode basiert ebenfalls auf der Grundidee der diskontierten Zahlungsströme. Sie berücksichtigt aber, dass der Eigner bei einem negativen Kapitalwert die Möglichkeit hat, das Patent aufzugeben oder ein Projekt aufzuschieben. Deshalb kann der Besitz eines Patents auch mit einer Option, die das Monopol beinhaltet, ein Patent zu verwerten, verglichen werden. Der Wert solch einer Option resultiert im Grunde genommen aus der inhärenten asymmetrischen Eigenheit, welche im Falle gegen das Risiko eines Preisrückgangs schützt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, von größeren Preiszunahmen zu profitieren (Wu und Tseng 2006). Die Realoptionenmethode geht von einem stetigen Zeitstrahl zwischen Zeitpunkt der Bewertung und Ablauf des Patents aus. Die Realoption ist eine Option auf einen realen Vermögensgegenstand und ist typischerweise mit der Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, verbunden. Trotz unterschiedlicher Terminologie und unterschiedlicher Basiswerte basiert die Realoption-Bewertung auf dem Konzept, das für Finanzoptionen verwendet wird. Die Parameter, die zur Bewertung eines Patents verwendet werden, sind die Barwerte der Zahlungsströme resultierend aus der Verwertung des Patents, Investitionskosten, die ökonomische Patentlebenszeit, Standardabweichung des Projektwerts aufgrund technischer, ökonomischer
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Bewertung von Patenten
und rechtlicher Risiken und der risikofreie Zins. Verändern sich diese Parameter, haben diese Veränderungen einen direkten Einfluss auf den Wert der Option (Pitkethly 1997). Der spezifische Vorteil der Realoptionenmethode liegt darin, dass sich einerseits anfänglich schwache Zahlungsströme und hohe Risiken berücksichtigen lassen, andererseits aber zukünftige Entscheidungen, beispielsweise weitere Investitionen bei den Geschäftskonditionen, berücksichtigen lassen. Hauptschwierigkeit der Anwendung der Methode liegt in der zuverlässigen Abschätzung und Erhebung der Ausgangsdaten, die für die Berechnungen erforderlich sind. Die Realoptionenmethode findet vor allem in der Pharmaindustrie Anwendung, beispielsweise bei Merck KGaA. (13) Entscheidungsbaumanalysen. Eine andere Möglichkeit, die Flexibilität des Patenteigners in Bezug auf Entscheidungen in der Patentbewertung zu berücksichtigen, ist die sogenannte Entscheidungsbaumanalyse. Die Entscheidungsbaumanalyse würdigt die Möglichkeit, Entscheidungen über die Zukunft eines Projektes hinauszuschieben bis das Ende einer bestimmten Periode erreicht ist. Der Eigner kann bis zum Erreichen eines definierten Meilensteine abwarten, ob er ein Projekt verschiebt, ausübt oder einstellt (zum Beispiel in der Pharmaindustrie können die Resultate der klinischen Phasen diese Meilensteine sein). Allerdings können nur eine limitierte Anzahl an Möglichkeiten in das Modell inkludiert werden. Außerdem müssen die Entscheidungen an bestimmten, vorher definierten Zeitpunkten gefällt werden. Der Entscheidungsbaum wird determiniert durch alle signifikanten Anlässe und möglichen Entscheidungen auf dem Weg zur Kommerzialisierung eines Patents (Razgaitis 2003b). Vorteil der Entscheidungsbaumanalyse ist die Berücksichtigung von Managemententscheidungen. Aber wie für alle Methoden des einkommensorientierten Verfahrens gilt auch bei der Entscheidungsbaumanalyse, dass die Determinierung der Parameter nicht objektiviert werden kann. Durch die benötigten Eintrittswahrscheinlichkeiten kommt sogar noch ein weiterer geschätzter Parameter hinzu. (14) Monte Carlo Methode. Grundsätzlich ist Monte Carlo eine Methode, die das Verhalten von stochastischen Systemen simuliert (Howell et al. 2001). Dabei werden sehr viele Zufallsexperimente durchgeführt. Der Ausgang jedes Zufallsexperiments wird beobachtet und in einer Verteilung zusammengefasst. Um eine große Anzahl möglicher zukünftiger Patentwerte zu erhalten, wird zunächst eine Sequenz Zufallszahlen generiert, die die Basis für die Unsicherheit darstellen. Zudem werden für jede Variable (verbleibende Patentlebenszeit, Umsatz, Kosten) sowohl Ober- und Untergrenzen als auch Verteilungen innerhalb dieser Grenzen definiert.
Valuierung von Patenten
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Tabelle III.5. Übersicht über quantitative Bewertungsmethoden (Valuierung) Methode
Beschreibung
(1) Historischen Kosten
Addition der bei der Patentgenerierung angefallenen Kosten.
(2) Wiederbeschaffungskosten
Addition aller Kosten einer Wiederbeschaffung.
(3) Marktpreis auf aktivem Markt
Bewertung der Patente basiert ausschließlich darauf, wie viel ein Verhandlungspartner auf einem aktiven Markt zu zahlen bereit ist.
(4) Analogiemethoden
Wert des Patents in Analogie zu bekannten, vergleichbaren Werteinschätzungen im Markt.
(5) Unmittelbare Cash Flow Prognosen
Barwertberechnung basierend auf direkt zurechenbaren Zahlungsströmen.
(6) Lizenzpreisanalogie
Barwertberechnung basierend auf durch Lizenzentgelte approximierten Zahlungsströmen.
(7) Mehrgewinnmethode
Barwertberechnung basierend auf Zahlungsströmen die die Differenz zu fiktivem Unternehmen ohne Patentschutz sind.
(8) Residualwertmethode
Barwertberechnung basierend auf Zahlungsströmen nach Abzug fiktiver Nutzungsentgelte unterstützender Vermögenswerte.
(9) 25%-Regel
25% des Bruttogewinns vor oder nach Steuern.
(10) Anteiliger Gewinn
Bewertung in Form von Lizenzsatz als bestimmter Gewinnanteil in %.
(11) Technologiefaktor
Barwertberechnung unter Einbezug des Beitrags der geschützten Technologie zum Zahlungsstrom.
(12) Realoptionen
Barwertberechnung unter Einbezug von zukünftigen Entscheidungsoptionen bei stetigem Zeitstrahl.
(13) Entscheidungsbaumanalysen
Barwertberechnung unter Einbezug von zukünf-tigen Entscheidungsoptionen bei vorher definierten Meilensteinen.
(14) Monte Carlo Methode
Simulation einer Patentwertverteilung basierend auf Zufallsexperimenten.
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Bewertung von Patenten
Das Computerprogramm simuliert darauf aufbauend einzelne Barwerte für tausende von Kombinationen der Variablen und fasst diese in einer Verteilung zusammen. Diese Art der Patentbewertung berechnet also nicht einen Patentwert, sondern gibt eine Spannbreite möglicher Werte und die Wahrscheinlichkeit, mit welcher sie auftreten, an (Razgaitis 2003a). Diese Verteilung ist ein Vorteil der Monte Carlo Methode, da es in der Realität unwahrscheinlich ist, dass die Zukunft genauso eintritt, wie sie mit Diskontierungsfaktor und Inputparametern modelliert wurde. Auch wird durch die Ausgabe einer Verteilung ein Gefühl für das jeweilige Projekt vermittelt, denn die Spannbreite gibt Werte für bestmögliche und schlechtmögliche Projektentwicklungen an (Brealey und Myers 2003). Auch wenn die Monte Carlo Methode durch die Ausgabe einer Verteilung realistischer ist, ist auch sie sehr abhängig von den Inputparametern. Da die Monte Carlo Methode sehr komplex ist und korrekte Inputparameter Grundvoraussetzungen für die Ermittlung einer korrekten Verteilung sind, ist diese Methode sogar noch anfälliger für Fehler. Durch die hohe Komplexität ist der Berechnungsaufwand selbst im Falle perfekter Informationen enorm und verhältnismäßig teuer. Deshalb ist sie von vielen Unternehmen in der täglichen Arbeit kaum anzuwenden. Bedeutung der Patent-Valuierung in der Praxis In einer Studie, in der die 500 Top Patentanmelder vor dem Europäischen Patentamt (EPO) mit Sitz in Europa befragt wurden, haben Pricewaterhouse Coopers, das Institut für Technologiemanagement an der Universität St.Gallen und die BGW AG die allgemeine Bedeutung von Technologien und Patenten, die Bewertungsanlässe und Bewertungsmethoden in Unternehmen und die Stellung von wertorientiertem Management von Technologien und Patenten untersucht. Die Studie zeigt, dass die befragten Unternehmen für das Management von Patenten relativ wenig bewerten. Wird eine quantitative Bewertung für das Management von Patenten durchgeführt, erfolgt dies zu 44% durch kostenorientierte Verfahren (Abb. III.7). Dies ist überraschend, da sich der potenzielle Wertbeitrag eines Patents in der Regel nicht aus den bisher angefallenen Kosten ableiten lässt (Bader et al. 2008).
Valuierung von Patenten
Konflikt Transfers Steuern Bilanz Management 0
10%
20%
30%
40%
50%
Kapitalwertorientierte Verfahren Marktpreisorientierte Verfahren Kostenorientierte Verfahren
Quelle: Bader et al. (2008)
Abb. III.7. Einsatz der quantitativen Bewertungsverfahren für das Management von Patenten
Valuierung von Patenten Verwendet man quantitative Patentbewertungsmethoden für das Patentmanagement sind folgende Dinge zu berücksichtigen: • Patentwert – Der Wert eines Patents ist idiosynkratrisch, das heißt er hängt stark davon ab, wer das Patent besitzt und verwendet und in welchem Kontext dieses geschieht. Es gibt daher nicht den einen Patentwert. • Bewertungsmethode – Der gewählte Bewertungsansatz und die zu verwendende Bewertungsmethode hängen stark vom Bewertungsanlass ab. • Subjektiver Wert – Gerade im Patentmanagement sind nicht nur objektive, sondern häufig auch subjektive Werte eines Patents oder subjektive Inputparameter von Bedeutung. Diese Subjektivierung macht die Bewertung aber anfällig für Fehleinschätzungen.
95
96
Bewertung von Patenten
Management des Patentportfolios Portfolios sind Instrumente der Analyse und Visualisierung von strategischen Positionierungen und Stoßrichtungen. Die Vielfalt der Portfoliotechniken ist immens, jede Technik hat ihren blinden Fleck durch die Auswahl der Achsendimensionen. Im Folgenden wird der St.Galler Ansatz zum Management von Technologien und Patenten vorgestellt. Dieser wurde Anfang der 90er Jahre am Institut für Technologiemanagement entwickelt (Boutellier, Hallbauer und Locker 1995) und aufgrund von zahlreichen Projekten mit der Praxis ständig verfeinert und in zahlreichen europäischen und internationalen Firmen eingeführt (Boutellier, Gassmann, von Zedtwitz 2008). Das im Folgenden hergeleitete und vorgestellte St.Galler Patentportfoliomanagementmodell wurde an demselben Institut für das strategische Management von Patenten weiterentwickelt. Es beruht darauf, dass die Patentstrategie pro Kerndimension aus der Unternehmensstrategie beziehungsweise der Technologie- und Innovationsstrategie abgeleitet wird. Über Portfoliomanagement werden ausgehend von bewerteten Marktund Technologiepositionen Handlungsmaßnahmen abgeleitet, die zur Umsetzung der Unternehmensstrategie dienen. Die Vision und Mission der Unternehmensstrategie bilden dabei die Grundlage für Bewertung der Herausforderungen, die durch Kunden- und Markt, die Wettbewerber sowie durch Substitutionstechnologien gegeben sind. Unter weiterer Berücksichtigung der Ressourcenstärke des Unternehmens werden Kompetenzen sowie Technologie- und Produktfelder des Unternehmens bewertet und positioniert. Dies bildet die Grundlage für die Ableitung von Normstrategien. Auf Basis der erarbeiteten Strategien werden zuletzt die erforderlichen Maßnahmen zum Umgang mit Schutzrechten in diesen Gebieten zum Potenzialaufbau und zur Potenzialsicherung abgeleitet (Abb. III.8). Schritt 1: Vision und Mission Vision und Mission geben die normativen Rahmenbedingungen der Unternehmensstrategie wieder. Ergänzt werden diese durch mittelfristige Zielsetzungen und die generellen Unternehmenswerte. Ein derartiger Leitkorridor ist erforderlich, um eine Bewertung der sich stellenden Herausforderungen in Bezug auf die Unternehmenskompetenzen vornehmen zu können. Wichtig ist dabei, dass Vision und Mission konkret und damit wegführend sind. Austauschbare Statements, wie „Nr. 1 im Markt“, „Kundenorientierung“ oder „Mitarbeiterförderung“ reichen in der Regel
Management des Patentportfolios
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nicht aus. Eine Vision beantwortet die Frage „Wo wollen wir bis wann hin?“ und basiert auf folgenden Elementen: x x x x
Leitidee der gewünschten Entwicklung. Machbare Utopie. Zukunftsorientierung. Zeitbezug bezüglich Realisierung.
Eine Mission adressiert die Frage „Wie und mit was wollen wir die Vision erreichen?“ und berücksichtigt folgende Aspekte: x Leitplanken der gewünschten Entwicklung. x Instrumenteller Umsetzungsfokus: Aufgabe im Zentrum. x Gegenwartsorientierung. Schritt 2: Herausforderungen an das Unternehmen In diesem Schritt werden die technologischen Herausforderungen bestimmt, denen sich das Unternehmen stellen muss. Dabei gilt es in Bezug auf die Unternehmenskompetenzen drei Perspektiven zu berücksichtigen: x Kunde / Markt. x Wettbewerb. x Substitutionstechnologien. Kunde / Markt. Die Kunden- und Marktperspektive berücksichtigt dabei die von Kunden und Märkten gestellten Anforderungen an die im Unternehmen zur Verfügung stehenden Kompetenzen, Fähigkeiten, Technologien, Produkte und Dienstleistungen. Zu differenzieren ist dabei zwischen den Anforderungen einzelner Lead-User und breiten Markttrends. BMW berücksichtigt dabei weniger die momentane Kundennachfrage, sondern versucht vielmehr die voraussichtlich nach der Produkteinführungbestehenden zukünftigen Kundenanforderungen abzuschätzen. Wettbewerber. Die Wettbewerbsperspektive stellt den relativierenden Vergleich zu den Aktivitäten des Wettbewerbs her und berücksichtigt die komparativen Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen. Ist das Unternehmen in einem Bereich beispielsweise kein Technologie- oder Kompetenzführer, stellt sich bei dieser Betrachtung die Frage, ob das Unternehmen eine Fast-Follower- oder besser eine Differenzierungsposition einnehmen sollte.
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Bewertung von Patenten
1.
Vision und Mission
2.
Herausforderungen an das Unternehmen 1. Kunde / Markt 2. Wettbewerb 3. Substitutionstechnologien
3.
Technologie-Portfolio 1. 2. 3. 4. 5.
Beobachten Prototypen Investieren Optimieren Desinvestieren
Reflexion und Feedback
4.
Patent-Portfolio 1. 2. 3. 4. 5.
5.
Explorieren Aufbauen Sichern Optimieren Abbauen
Maßnahmen • • • •
Priorisierung von Maßnahmen Planung von Maßnahmen Durchführung der Maßnahmen Messen der Wirksamkeit der Maßnahmen
Abb. III.8. Ableitung der Patentstrategie aus dem Technologieportfolio
Management des Patentportfolios
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Substitutionstechnologien. Einerseits ist die Bedeutung der unternehmensinternen Kompetenzen in Bezug auf die Substituierbarkeit durch neue, externe Technologien, Produkte oder Dienstleistungen zu bewerten. Andererseits stellt sich die Frage einer Ablösung von bestehenden durch neue interne Technologien. Selbst wenn die Neueinführung dem Markt keine neuen Vorteile bringt oder sogar zusätzliche, nicht geforderte Funktionalitäten zur Verfügung stellt, ist die Einführung von Substitutionstechnologien dann sinnvoll, wenn intern Kosten gespart werden können oder interne Logistikprozesse optimiert werden können. Der Taiwanesische Leuchtdioden-Hersteller Huga Optotech setzt beispielsweise auf die Verdrängung der herkömmlichen Neonröhrenbeleuchtung in Büroräumen durch Leuchtdioden. Schritt 3: Technologie-Portfolio Die grundsätzliche Ausrichtung des Technologie-Portfolios ist mittels einer zweidimensionalen Portfoliodarstellung ableitbar. Ausgehend von einzustufenden Kompetenzen wird deren strategische Bedeutung auf Basis der Herausforderungen durch Kunden, Markt, Wettbewerb und Substitutionstechnologien bestimmt und auf der Vertikalachse abgebildet. Zu jeder Kompetenz wird des Weiteren die relative Ressourcenstärke des Unternehmens ermittelt, die auf der Horizontalachse abgebildet wird: Hierbei werden auch die technologischen Fähigkeiten des Unternehmens, wie beispielsweise Infrastruktur, Mitarbeiter, verfügbares Wissen und Erfahrungen berücksichtigt und im Vergleich zum Wettbewerb bewertet. Der St.Galler Ansatz unterscheidet dabei fünf Portfoliosektoren und daraus resultierende Normstrategien, die in der zeitlichen Reihenfolge einem typischen Produktentstehungs-Lebenszyklus entsprechen (Abb. III.9): Beobachten, Prototypen, Investieren, Optimieren und Desinvestieren (Boutellier, Gassmann und von Zedtwitz 2008). Beobachten. Kompetenzen in diesem Segment sind gekennzeichnet durch eine als noch gering wahrgenommene strategische Bedeutung. In der Regel ist hier kein Budget verfügbar und die Verantwortung für den Radar liegt beim internen Technologieverantwortlichen. Die entsprechenden Kompetenz-, Technologie-, Produkt- oder Dienstleistungsfelder sollen aktiv beobachtet werden, beispielsweise durch den Besuch von Ausstellungen und Kongressen, das Studium von Magazinen, Journals und Internet sowie durch Kooperation mit Universitäten. Prototypen. Wächst die strategische Bedeutung aus Perspektive von Kunden, Märkten, Wettbewerbern oder Substitutionstechnologien, sind erste
100
Bewertung von Patenten
eigene Erfahrungen und Fähigkeiten aufzubauen, beispielsweise durch Prototypen. Projekte in diesem Bereich haben häufig mit einem knappen Budget zu kämpfen, bei gleichzeitig hohem Erfolgsrisiko. Des Weiteren werden externe Partner gesucht und eingebunden, um möglichst effizient interne Kompetenzen aufbauen zu können. Investieren. Hoher interner Ressourcenstärke steht eine langfristig hohe strategische Bedeutung gegenüber. Erforderlich und sinnvoll sind deshalb langfristig ausgerichtete Investitionen im Kernkompetenzbereich, um bestehende Technologien und Investitionen zu sichern und um Wettbewerbsvorteile weiter auszubauen. Die angestrebte Kapitalrendite muss zumindest langfristig erreicht werden, kurzfristige Erfolge sind nicht zwangsläufig zu erwarten. Optimieren. Liegt trotz hoher interner Ressourcenstärke nur eine mittlere strategische Bedeutung vor oder ist absehbar, dass diese sogar abnimmt, sind keine größeren Investitionen mehr sinnvoll, sondern eine Optimierung erforderlich. Die Kapitalrendite muss kurzfristig eingeholt werden.
Prototypen
Investieren
Optimieren
Beobachten Desinvestieren
Niedrig
Strategische Bedeutung
Hoch
Desinvestieren. Ist kein Wettbewerbsvorteil in den nächsten 5 bis 10 Jahren mehr sichtbar, müssen die bisher gebundenen Ressourcen rechtzeitig reduziert werden, um für neue Technologiepotenziale zur Verfügung zu stehen. Eine Fortführung der Technologien und Produkte ist nur dann noch sinnvoll, solange noch Einnahmen erzielt werden können. Von weiteren Investitionen in den Ausbau der Kompetenzen ist jedoch abzusehen.
Niedrig
Ressourcenstärke
Hoch
Abb. III.9. Normstrategien zum strategischen Technologie-Portfoliomanagement
Management des Patentportfolios
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Schritt 4: Patent-Portfolio Die aus der Unternehmensstrategie abzuleitende Patentstrategie soll nun einerseits dem Aufbau von Geschäftspotenzialen dienen, andererseits aber auch vorhandene und realisierte Potenziale sichern. Es liegt dementsprechend nahe, auf Basis der bereits dargestellten Technologieportfoliostruktur entsprechende Patentnormstrategien abzuleiten. Diese sind an der strategischen Bedeutung und den verfügbaren internen Ressourcen der Technologie-, Produkt-, beziehungsweise Dienstleistungskompetenzen des Unternehmens ausgerichtet. Die Patentnormstrategien machen generelle Aussagen über die Steuerung des Aufbaus als auch des Abbaus von Schutzrechten unter unternehmensstrategischen Aspekten. Ein Aufbau des Portfolio erfolgt beispielsweise durch eigene Patentanmeldungen, den Kauf oder die Akquisition von Schutzrechten oder durch Lizenznahme. Der Abbau des Portfolios erfolgt durch das Fallenlassen von Patenten, den Verkauf oder die Veräußerung im Rahmen von Ausgründungen. In den USA besteht auch die steuerlich attraktive Alternative des Spendens (Donation). In entsprechendem Umfang erfolgt ein Abfluss von Rechten auch durch Lizenzvergabe. Ein wesentliches Kriterium beim Patentportfoliomanagement ist die Einstufung der Patente nach der jeweiligen Relevanz. Hier spielen sowohl die Schutzbreite der jeweiligen Patentansprüche, als auch die Nachweisbarkeit einer Patentverletzung eine große Rolle für den Wert des Patents. Dies ist häufig bereits von den Anspruchskategorien ableitbar. So unterscheidet beispielsweise die Chemiebranche Ansprüche über Verfahren zur Herstellung von Ansprüchen über Stoffzusammensetzungen. Während Herstellungsverfahren in der Regel schwer nachweisbar sind, können Stoffzusammensetzungen relativ einfach durch Produktanalysen nachgewiesen werden. Durch eine Kategorisierung nach Produkten und Ländern sind später länderspezifische, rechtliche Erfordernisse berücksichtigbar. Des Weiteren muss eine strategische Bewertung der Länder in das Portfoliomanagement einfließen, beispielsweise welche Länder relevant sind für den Markt und die Produktion í und zwar nicht nur aus Sicht des eigenen Unternehmens, sondern auch aus Sicht der Wettbewerber. Ein weiteres Kriterium beim Portfoliomanagement ist das Potenzial der Eigennutzung und der Nutzung durch Dritte, eine wichtige Voraussetzung für Lizenzierungsvorhaben. Vor allem in der Pharmaindustrie spielt das Life-Cycle-Management eine wichtige Rolle, bei dem über die Grundpatente hinaus versucht wird, Produkt bezogene Nachfolgeschutzrechte aufzubauen. Dies ist häufig die einzige Möglichkeit, eine effektive Sperrwirkung auch nach Ablauf des
102
Bewertung von Patenten
grundlegenden Wirkstoffpatents aufrecht zu erhalten. Aufgrund des stark wachsenden Generika-Markts ist dies von großer Bedeutung. Die Phasen des Technologieportfolios dienen als Grundlage für die jeweiligen Maßnahmen der Patentstrategie entlang des Technologielebenszyklus. Das St.Galler Patentportfoliomanagementmodell hat deshalb fünf Phasen (Abb. III.10): x x x x x
Explorieren. Aufbauen. Sichern. Optimieren. Abbauen.
Die Normstrategien adressieren jeweils die drei PatentstrategieKerndimensionen. 11 In der Portfoliodarstellung reflektiert die Dimension der strategischen Bedeutung dabei ebenfalls die externe Perspektive (Kunden/Wettbewerber/Substitutionstechnologien) und die Dimension Ressourcenstärke die interne Perspektive (Fähigkeiten/Kompetenzen). Beim Explorieren können durch Patent-Scanning industrieübergreifend mögliche Potenziale identifiziert werden. Anhand des Technologieportfolios und der Technologie-Roadmap muss in dieser Phase beispielsweise entschieden werden, ob breite konzeptionelle Patente angemeldet werden sollen. In der Aufbau-Phase des Patentportfoliolebenszyklus werden anschließend gezielte Patentrecherchen initiiert. Ausgewählte Wettbewerber werden analysiert, um strategische Wettbewerbsvorteile auch bei den Patentanmeldungen berücksichtigen zu können. Auch können weitere branchenfremde Anwendungsfelder identifiziert werden, um diese gegebenenfalls schutzrechtlich abzudecken. Ebenfalls sollten bereits in dieser Phase Lizenzaustauschmöglichkeiten überprüft und allenfalls realisiert werden. In der weiteren Phase Sichern sollten systematisch Patentcluster gebildet werden, um sich bestmöglich abzusichern. Auf Grundlage des Technologieportfolios und der Technologie-Roadmap können breite Basispatente und Patente auf spezifische Ausführungsvarianten (Growing und Pruning) zur besseren Absicherung in Erwägung gezogen werden. Auslizenzierungspotenziale zur langfristigen Sicherung finanzieller Rückflüsse sind möglicherweise auf anderen Anwendungsgebieten denkbar und sollten überprüft werden. Zum Optimieren des Patentportfolios können für kurzfristige finanzielle Rückflüsse ebenfalls Lizenzierungsmöglichkeiten auf dem eigenen Gebiet in Erwägung gezogen werden. Ferner sollten insbesondere aufgrund von Kosten-Nutzen-Überlegungen die Patentcluster überprüft werden. Je nach Wettbewerbssituation können Sperrpatente vor 11
Zu den Kerndimensionen der Patentstrategie siehe Kapitel II, Generierung von Patenten.
Hoch
Management des Patentportfolios
Sichern
Aufbauen I.
• Gezielte Patentrecherchen durchführen (Patent-Monitoring)
I.
• Patentrechtliche Maßnahmen (Gutachten, Einspruch, etc.)
• Wettbewerberaktivitäten analysieren
II.
Strategische Bedeutung (extern)
II.
• Patent-Cluster aufbauen zur systematischen Sicherung von Wettbewerbsvorteilen: breite Basispatente und Patente auf spezifische Ausführungsvarianten
III.
• Auslizenzierungsmöglichkeiten auf anderen Gebieten überprüfen (langfristige Ausrichtung)
• Strategische Patente anmelden (Unternehmensaktivitäten, Wettbewerber, Alternativgebiete) • Cross-Industry-Patente anmelden
III. • Patentlizenzaustauschpotenziale überprüfen und gegebenenfalls realisieren
Optimieren I.
• Nachanmeldungen von Wettbewerbern überwachen (Verbesserungen, Varianten)
II.
• Patent-Cluster überprüfen nach Kosten-Nutzen-Überlegungen • Sich schützen vor Substitutionstechnologien durch Sperrpatente
Explorieren I. I. • Potenziale evaluieren mittels industrieübergreifenden Patentrecherchen (Patent-Scanning)
III.
II. • Bei identifizierten Potenzialen breite, konzeptionelle Patente anmelden
Niedrig
Niedrig
• Auslizenzierungsmöglichkeiten auch auf eigenem Gebiet überprüfen (kurzfristige Ausrichtung) Abbauen
III.
Legende: I. Handlungsfreiheit II. Differenzierung III. Lizenzierung
• Umgehungslösungen und Einlizenzierung in Erwägung ziehen
• Exklusive Auslizenzierungsmöglichkeiten überprüfen • Patente aufgeben, verkaufen oder abgeben/spenden
Ressourcenstärke (intern)
Hoch
Abb. III.10. Normstrategien zum strategischen Patentportfoliomanagement
103
104
Bewertung von Patenten
Checkliste Explorieren • Evaluierung von Risiken und Potenzialen mittels industrieübergreifender Patentrecherchen (Patent-Scanning). • Nutzung weiterer Analysemethoden, z. B. Szenariotechnik oder Roadmapping. • Verständnis der Trends und zukünftiger Märkte, z. B. Dienstleistungsinnovationen. • Bei identifizierten Potenzialen Anmeldung von breiten, konzeptionellen Patenten.
Substitutionen schützen. In der letzten Phase des Patentportfoliolebenszyklus (Abbauen) kommt das Aufgeben oder die exklusive Verwertung der Patente in Betracht (Verkauf, exklusive Auslizenzierung, gegebenenfalls Spenden). Explorieren. Je früher mit der Exploration begonnen wird, desto rechtzeitiger können Marktentwicklungen erkannt und beeinflusst werden. Anderseits ist es in dieser Phase relativ schwierig, die weitere Potenzialentwicklung zu evaluieren, da auf dem Gebiet noch eine geringe oder noch nicht erkennbare strategische Bedeutung vorliegt. Der Beitrag einer Patentstrategie in dieser Phase des Technologielebenszyklus fokussiert sich daher vor allem auf breit angelegte Recherchen, die dazu dienen sollen, zu prüfen, ob frühere Erfindungen bestehen, beziehungsweise diese aufzuspüren (Patent-Scanning). Bei eigenen Entwicklungen sollten, soweit ihr Potenzial bereits erkannt wird, möglichst breite, konzeptionelle Patente angemeldet werden. An den zugrunde liegenden Erfindungen sollte kontinuierlich weitergearbeitet und ein Schutz von Verbesserungen und Varianten ebenfalls in Erwägung gezogen werden. DSM Nutrition (ehem. Roche Vitamines) nutzt systematisch Patentrecherchen, um Trends in Herstellungsprozesstechnologien aufzuspüren und rechtzeitig effiziente Substitutionstechnologien erkennen zu können. Mit Forschern und Marketingspezialisten werden Recherchesuchprofile auf Basis von Schlagworten definiert, um relevante Interessengebiete einzugrenzen. Ein besonderer Fokus der Trendanalysen sind die Lebenszykluskurven. Der Zeithorizont liegt bei fünf bis zehn Jahren.
Management des Patentportfolios
105
Für eine erste Recherche bieten sich öffentlich zugängliche Plattformen an. Es können relativ rasche Überblicke gewonnen werden, Einzeldokumente heruntergeladen werden sowie einfache Fragen beantwortet werden. Aufbauen. Sobald Themen- und Kompetenzfelder mit wachsender strategischer Bedeutung erkannt werden, sind fokussierte Patentrecherchen durchzuführen (Patent-Monitoring). Ziel ist es, die Weiterentwicklungen auf bestimmten Technologiefeldern und bestimmte Wettbewerber durch Patentrecherchen zu überwachen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die meisten Patentdokumente erst 18 Monate nach der Prioritätsanmeldung veröffentlicht werden. Im Unternehmen empfiehlt es sich, Spezialisten für bestimmte Wettbewerber und Kompetenzgebiete zu definieren, welche diese Recherchen durchführen und gegebenenfalls schon verfügbare Prototypen analysieren. Das mittelständische Unternehmen Erbe Elektromedizin überwacht systematisch seine Wettbewerber: x Monatlich erhält die Patentabteilung aus der Schutzrechtsüberwachung die neuen Druckschriften des vergangenen Monats. Die Schutzrechtsüberwachung erfolgt größtenteils über die Rechercheabteilung eines externen Patentanwaltes, der diese auf Basis eines festgelegten Filters erstellt. In dringenden Fällen kann auch selbst recherchiert werden. x Die Patentabteilung prüft und selektiert die Schriften vor. Dann werden die Schriften an die jeweiligen Fachexperten der F&E zugestellt. Dabei erhält ein Ingenieur genau diejenigen Schriften, die seine technischen Bereiche betreffen. x Die Fachexperten erarbeiten Kurzreferate der ihnen vorgelegten Schriften aus. Hierfür stehen drei Minuten Vortragsdauer zur Verfügung. x Im Rahmen einer monatlichen Patentrunde werden die Kurzvorträge der Fachexperten vorgetragen, beispielsweise jeden ersten Dienstag im Monat zu einer festen Uhrzeit. Danach erfolgt jeweils eine kurze Diskussion, und es wird das weitere Vorgehen beschlossen, beispielsweise Beschluss zum Einlegen eines Einspruchs oder der Aufnahme in die Schriftenüberwachung. Da die Patentrunde einmal monatlich tagt, besteht für sämtliche, dort besprochenen Schriften prinzipiell die Möglichkeit eines Einspruchs. 12 x Die Patentabteilung erstellt ein Protokoll, das an die Teilnehmer der Patentrunde verteilt wird.
12 Die
deutsche Einspruchsfrist beträgt drei Monate, die europäische Einspruchsfrist neun Monate nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung.
106
Bewertung von Patenten
Checkliste Aufbauen • Gezielt Patentrecherchen durchführen (Patent-Monitoring). • Analyse der Wettbewerberaktivitäten. • Strategische Patente anmelden. • Patentfamilien. • Wettbewerber gezielt blockieren. • Alternativgebiete. • Branchenübergreifend Patente anmelden. • Patentlizenzaustauschpotenziale überprüfen und gegebenenfalls realisieren.
Vorteile dieses Vorgehens: Der feste Termin der Patentrunde garantiert eine hohe Regelmäßigkeit, die wiederum bei den Fachingenieuren für einen fortwährenden Kenntnisstand der Schutzrechtslage sorgt. Die Verpflichtung zu Kurzreferaten garantiert ein termingerechtes Auseinandersetzen (Einspruchsfrist) der Ingenieure mit den Patentschriften, die direkte Rückmeldung an die Patentabteilung und Kollegen, eine lebhafte Diskussion der Schriften, konkrete Anregungen an jede F&E-Arbeitsgruppe sowie das Vermeiden von Doppelentwicklungen und Doppelanmeldungen. Der hoch innovative Schweizer Hörgerätehersteller Phonak nutzt Patentinformationen zur Unterstützung der internen Technologiefrühaufklärung recht intensiv. So werden die Patentoffenlegungsschriften aller einschlägigen Wettbewerber, wie beispielsweise Siemens Audiology erfasst, nach Technologie- und Kernkompetenzfeldern gegliedert und unter Verantwortung der Forschungsabteilungsleiter analysiert. Es wird dabei ein Zeithorizont für die Erkennung von Trends von drei bis fünf Jahren erreicht. Trotz wenigen eigenen Kompetenzen müssen bereits in dieser Phase wegweisende Probleme und absehbare Lösungswege extrahiert und als Patentanmeldungen mit strategischem Wert und breiter Länderpalette platziert werden. Im Fokus dürfen dabei nicht nur die eigenen Aktivitäten des Unternehmens stehen, sondern auch die erwarteten Stoßrichtungen von bestehenden und potenziellen Wettbewerbern. Nur so lässt sich rechtzeitig ein wirksames Sperrpotenzial durch Schutzrechte aufbauen.
Management des Patentportfolios
107
Die Patentansprüche sollten einen möglichst breiten Schutzkorridor anstreben, Lösungsarchitekturen und -konzepte adressieren und branchenübergreifend formuliert sein. In dieser Phase werden die Grundsteine für spätere Patentlizenzaustauschoptionen gelegt. Auch wenn erst nach weiterer Reifephase der Kompetenzen eine direkte Auseinandersetzung mit Wettbewerbern stattfindet, so gehen wegweisende Schutzrechte in der Regel auf diese Technologie-Phase zurück. Endress+Hauser baut gezielt Schutzrechte auf, um später Auseinandersetzungen mit großen Wettbewerbern vermeiden zu können. Finden F&E-Aktivitäten mit externen Partnern statt, ist abzuwägen, welcher Nutzungs- und Kommerzialisierungsbedarf später angestrebt wird. Kooperationsverhandlungen sind dementsprechend angemessen zu führen. CeramTec, eine Unternehmensgruppe im Dynamit Nobel Konzern entwickelte in Kooperation mit einem Automobilzulieferer einen Zylinderkopf für Motoren. Die Verhandlungen über den Umgang mit daraus resultierenden Schutzrechten und daraus resultierenden Rechten wurden sorgfältig geführt. Während für das Gebiet Motor eine gemeinsame Nutzung vereinbart wurde, erhielt CeramTec die exklusiven Rechte für das Gebiet Keramik. Sichern. In dieser Phase hat ein Unternehmen bereits eigene Ressourcen auf einem Kompetenzfeld mit hoher strategischer Bedeutung aufgebaut. Mit erhöhten eigenen Aktivitäten nimmt aber gleichzeitig auch das Risiko zu, mit Patenten von Wettbewerbern in Konflikt zu geraten. Der Sicherstellung der eigenen Handlungsfreiheit kommt in dieser Phase daher eine hohe Bedeutung zu. Allerdings bringen Recherchen im Stadium Sichern häufig nicht die gewünschten Erkenntnisse, da aufgrund der 18-monatigen Veröffentlichungssperrfrist von Patentanmeldungen nicht sichtbar wird, an welchen Varianten Wettbewerber weiterentwickeln oder welcher technische Lösungsweg eingeschlagen wurde. Wenn sich Anzeichen von störenden Patenten Dritter allerdings verdichten, sollte diesen schnellstmöglich und mit hoher Priorität nachgegangen werden. Nur so können geeignete Gegenmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet und Investitionsentscheide danach ausgerichtet werden: x Störende Patentanmeldungen können überwacht und bei Erteilung gegebenenfalls Gutachten angefertigt beziehungsweise ein Einspruchsverfahren in Erwägung gezogen werden. x Technische Umgehungslösungen können noch entwickelt werden. x Make-or-buy-Entscheidungen können nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten getroffen werden und Ein- beziehungsweise Kreuzlizenzierungs- sowie Kooperationsmöglichkeiten überprüft und gegebenenfalls in Angriff genommen werden.
108
Bewertung von Patenten
Das frühe Hinzuziehen eines Patentexperten ist in diesem Fall unbedingt zu empfehlen, da im Einzelfall zahlreiche Risikofaktoren und Erfahrungswerte einzubeziehen sind, die hier nicht hinreichend genug dargestellt sind. Das Potenzial zur Anmeldbarkeit von breiten Basispatenten geht zurück, da das öffentliche Wissen, der Stand der Technik, auf diesen Gebieten meist stark angewachsen ist. Der Fokus der Patentanmeldungen liegt zunehmend auf detaillierteren, sehr konkreten Ausführungsformen. Wichtig ist daher das systematische Abklopfen der Themengebiete auf Lösungsund Ausführungsvarianten beziehungsweise auf Umgehungslösungen. Im Rahmen der Patentportfoliooptimierung bemühen sich Unternehmen daher verstärkt um die Erstellung von Patentclustern bei strategisch wichtigen Technologiefeldern (Abb. III.11): Zunächst werden breit abdeckende Patentportfolios aufgebaut (Growing), die aber zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich besser abschätzen lässt, welche Ideen technisch und kommerziell relevant sind, wieder ausgedünnt werden (Pruning). Vorteilhaft ist es, bereits im laufenden Patentanmeldeverfahren kostenwirksame Entscheidungen nach dem Nutzenaspekt zu treffen. Daimler forciert stark die Clusterentwicklung, welche nach Selbsteinschätzung des Technologiestrategieleiters noch zu schwach entwickelt ist. Darauf basiert lassen sich dann entsprechende Portfoliobereinigungen vornehmen. Vorteilhaft ist es, noch während der laufenden Patentanmeldeverfahren kostenwirksame Entscheidungen nach dem Nutzenaspekt zu treffen. Der deutsche Konsumgüterhersteller Henkel nutzt diese Methode erfolgreich, um möglichst viele Varianten frühzeitig zu schützen, und um später zu hohe Kosten für das Patentportfolio zu vermeiden (Abb. III.11). 1999
Basis-Patent
2002
Patent zur Abdeckung einer speziellen Variante
Patent zur Abdeckung einer Weiterentwicklung
Abb. III.11. Growing und Pruning des Megaperls®-Patentportfolios beim deutschen Konsumgüterhersteller Henkel
Management des Patentportfolios
109
Checkliste Sichern • Bei Anzeichen störender Fremdschutzrechte: í Überprüfung auf Umgehungslösungen, Einlizenzierung, Kreuzlizenzierung. í Patentrechtliche Maßnahmen (Gutachten, Einsprüche). • Aufbau von Patentclustern zur systematischen Sicherung von Wettbewerbsvorteilen: í Breite Basispatente. í Patente auf spezifische Ausführungsvarianten. • Auslizenzierungsmöglichkeiten auf anderen Gebieten überprüfen: í Langfristiger Return on Investment (ROI).
Recherchen bringen in diesem Stadium häufig nicht mehr die gewünschten aktuellen Erkenntnisse, da aufgrund der 18-monatigen Veröffentlichungssperrfrist nicht sichtbar wird, an welchen Varianten Wettbewerber weiterentwickeln oder welcher technische Lösungsweg eingeschlagen wurde. Insbesondere bei Kompetenzen, die mit externen Kooperationspartnern aufgebaut wurden, sollte überprüft werden, inwiefern AusLizenzierungsmöglichkeiten auf anderen technischen Gebieten beziehunsweise anderen Märkten möglich sind, um langfristig Lizenzeinnahmen erzielen zu können. Im Rahmen der kooperativen Entwicklung des zentralen, multifunktionalen Bedienelements „iDrive“ kooperierte BMW mit dem kleinen kalifornischen Softwareunternehmen Immersion. Dieses hatte bereits einschlägige Kompetenzen im Bereich der Force-Feedback-Technologie entwickelt, welche bei Joysticks, Bediengeräten im Konstruktionsbereich und der Medizintechnik eingesetzt wird. Es wurde vereinbart, dass BMW an den Entwicklungsergebnissen für den Automobilbereich zeitlich beschränkte, exklusive Rechte erhält, Immersion aber eine eigenständige Nutzung und Vermarktung außerhalb des Automobilsektors zusteht. Optimieren. Das Unternehmen hat in diesen Feldern hohe Kompetenzen, allerdings nimmt die strategische Bedeutung aus Kunden-, Markt-, Wettbewerbs- oder Technologiesicht ab. Spätestens jetzt sind bestehende Patentcluster nach Kosten-Nutzen-Überlegungen gründlich zu überprüfen. Dies schließt die Überwachung der Wettbewerbsaktivitäten bezüglich der (Nach-)Anmeldung von Verbesserungen und Varianten mit ein. Besteht
110
Bewertung von Patenten
Checkliste Optimieren • Wettbewerbsüberwachung mittels Patentrecherchen. • Patentcluster überprüfen nach Kosten-Nutzen-Überlegungen. • Schutz vor Substitutionstechnologien durch Sperrpatente. • Auslizenzierungsmöglichkeiten auch auf eigenem Gebiet überprüfen; kurzfristiger Return on Investment (ROI).
eventuell sogar die Gefahr, dass Kompetenzen frühzeitig durch Substitutionstechnologien abgelöst werden könnten, sollte in Erwägung gezogen werden, eigene, diese Gebiete betreffende Patente als Sperrschutzrechte einzusetzen, um einen einseitigen Wertverfall der bestehenden Kerntechnologien zu verhindern. Der Sportwagenhersteller Porsche beispielsweise nutzt Schutzrechte auf Substitutionstechnologien gezielt, um den vorzeitigen Wertverfall und eine Verwässerung bestehender Technologien zu vermeiden. Gegebenenfalls werden hierzu sogar exklusive Lizenzen genommen und vorrätig gehalten. Des Weiteren sind Aus-Lizenzierungsmöglichkeiten zu überprüfen, die im Unterschied zur Potenzialsicherung auch die eigenen technischen Gebiete beziehungsweise Märkte umfassen, um auch kurzfristig Lizenzeinnahmen erzielen zu können. Manchmal ist hierdurch sogar ein Marktsegment durch stärkere Öffnung derart stimulierbar, dass auch Substitutionstendenzen durch stärkere Standardisierung und Preissenkungen weiter verzögerbar sind. Beispielsweise konnte der dänische Hörgerätehersteller ReSound nach einer Patentauseinandersetzung 3M ein starkes Patentportfolio abkaufen, das ReSound in den Hörgeräte-Patentpool HIMPP (Hearing Instrument Manufacturers Patent Partnership) einbrachte. Diesem durch die weiteren Unternehmen Danavox, Oticon, Phonak, Starkley und Widex gegründeten Pool können nunmehr Unternehmen nach Entrichtung einer Mitgliedsgebühr beitreten. Faktisch werden hierbei Markteintrittsbarrieren für potenzielle neue Wettbewerber aufgebaut. Abbauen. Hat die strategische Bedeutung einer Technologie oder Kompetenz stark abgenommen, sind die entsprechenden Schutzrechte einer weiteren Prüfung zu unterziehen, ob die Patentanspruchsfassungen eine Neubewertung mit einer Zuordnung zu anderen Kompetenz- oder Wettbewerbsfeldern zulassen. Dabei sollte die Möglichkeit einer exklusiven Auslizenzierung in Erwägung gezogen werden, soweit dies aufgrund von
Management des Patentportfolios
111
Checkliste Abbauen • Exklusive Auslizenzierungsmöglichkeiten überprüfen. • Patente aufgeben, verkaufen oder abgeben bzw. spenden.
anderen, bereits bestehenden Lizenzvereinbarungen möglich ist. Andernfalls ist von einem geringen Nutzen auszugehen, dem hohe Kosten gegenüber stehen. Sprechen keine anderweitigen Gründe dagegen, beispielsweise die Notwendigkeit eines großen Patentportfolios, können derartige Patente aufgegeben, verkauft oder abgeben beziehungsweise gespendet 13 werden. Endress+Hauser beispielsweise sondert alle Patente aus oder verkauft diese, wenn die betroffenen Themengebiete nicht innerhalb eines Zeitraums von etwa sieben Jahren in eigene Produkte oder Herstellprozesse einfließen. Das Chemieunternehmen Dow Chemical führte zu Beginn der 90er Jahre eine komplette Überprüfung seines gesamten Schutzrechtsbestands durch. Durch aufgegebene oder gespendete Schutzrechte konnten dabei Einsparungen in Form von wegfallenden Jahresgebühren und Steuervorteile in Höhe von 50 Millionen US-Dollar realisiert werden. Schritt 5: Maßnahmen Nach Ableitung der Technologie- und der Patentstrategien müssen in einem letzten Schritt die Portfoliomaßnahmen auch umgesetzt werden. In der Umsetzung von Maßnahmen dominiert leider oft das Dilemma „Paralyse durch Analyse“. Um die entwickelten Strategien in den häufig überlasteten Patentabteilungen durchzusetzen, gilt es zunächst die Stoßrichtungen zu priorisieren. Die wichtigsten Maßnahmen (vital few actions) sind im Detail mit den Geschäftsbereichen oder Entwicklern zu planen und mit diesen umzusetzen. Gerade aufgrund der häufig indirekten und erst später wirksamen Folgewirkungen von Patentmaßnahmen drohen diese zu versanden. Klare, operative Ziele, welche regelmäßig gemessen und vom Management überprüft werden, sind hier von großer Bedeutung.
13
In den USA können durch Spende von Schutzrechten an gemeinnützige Organisationen, wie beispielsweise Universitäten, Steuervorteile geltend gemacht werden.
112
Bewertung von Patenten
Patentportfoliomanagement bei Daimler. Der Automobilkonzern Daimler verfolgt mit seiner Intellectual Property Strategie folgende zwei Hauptziele: (1) Sicherung von eigenen Monopolpositionen und (2) Absicherung gegen Monopolpositionen Dritter. Um diese Ziele zu erreichen, setzt Daimler nach Aussage des ehemaligen Intellectual Property Leiters Einsele auf eine projektintegrierte Patentarbeit: Zu Beginn von Entwicklungsprojekten wird nach dem relevanten Stand-der-Technik und nach Fremdschutzrechten recherchiert und der jeweilige Schutzrechtsstatus erfasst und bewertet. Für jedes Entwicklungsprojekt wird eine eigene Patentstrategie definiert. Während des Projektablaufs wird die Beurteilung der Schutzrechtslage regelmäßig aktualisiert und es werden projektbezogene Informationen zu Fremdschutzrechten zur Verfügung gestellt. Dies reduziert Doppelentwicklungen und Kollisionen können so vermieden werden. Darüber hinaus wird diese Phase zur Ermittlung von schutzfähigen Ergebnissen genutzt. Während Projekten stellt der Erwerb von Schutzrechten Dritter einen zunehmend wichtiger werdenden Aspekt dar, aber auch die Vermarktung und Lizenzierung von eigenem Know-how gewinnt an Bedeutung. Bei Kooperationen oder F&E-Partnerschaften beginnt die Suche nach geeigneten Partnern auch über Patentportfolioanalysen. Die Intellectual Property Abteilung begleitet später die Ausarbeitung der Kooperations- und Entwicklungsverträge sowie von Geheimhaltungsverträgen zur Know-how-Sicherung. Zu Projektende werden abschließend ProjektReviews durchgeführt, in denen nochmals abschließende Aussagen zum Stand-der-Technik, Fremdschutzrechten, der eigenen Schutzrechtsposition, Vertragssituation und Standards festgehalten werden. Das Patentmanagement bei Daimler besteht aus neun Elementen: x Frühzeitige Einbindung der Intellectual Property Abteilung in den Innovationsprozess. x Begleitende Betreuung der F&E-Projekte durch die Intellectual Property Abteilung, insbesondere auch wichtiger Projekt-Reviews. x Definition der strategischen Schwerpunkte. x Betreuung der Entwickler vor Ort. x Monitoring von Wettbewerbsaktivitäten. x Vermeidung und Minimierung von Risiken. x Absicherung von schutzfähigen Ergebnissen. x Überprüfung der Transferierbarkeit und Vermarktbarkeit von Entwicklungsergebnissen. x Durchsetzung der eigenen Schutzrechte gegenüber Dritten.
Management des Patentportfolios
113
Die Bedeutung eines proaktiven Patentmanagements hat sich bei der Einführung des Bremsassistenten BAS gezeigt. 1989 begann Daimler, damals noch Daimler-Benz, mit der Entwicklung eines eigenen Bremsassistenzsystems. Ausgehend von einer deutschen Basispatentanmeldung konnten aufgrund der intensiven projektbegleitenden Betreuung durch die Intellectual Property Abteilung in Folge über 30 weitere Patentanmeldungen in den Bereichen BAS-Funktion, Ein-/Ausschaltkriterien, Bremsanlage und Fahrzeugeigenschaften generiert werden. Fast eine Dekade später stellte sich die entscheidende Bedeutung dieser frühen Patentanmeldungen für Daimler heraus: 1997 kam Toyota auf Daimler zu und ersuchte um eine Lizenz an dem Basispatent von Daimler zur Serieneinführung eines Bremsassistenzsystems. Dabei stellte sich auch heraus, dass Toyota 1990 ebenfalls eine Basispatentanmeldung in Japan für ein Bremsassistenzsystem eingereicht hatte – allerdings fünf Tage später. Daimler willigte in die Lizenzvergabe ein: Toyota zahlte Lizenzen für das Basispatent für die Länder Deutschland und USA und für die Folgepatente in Frankreich, Italien, Großbritannien und sogar in Japan. Im Gegenzug erhielt allerdings auch Daimler eine Lizenz am Basispatent von Toyota für den japanischen Markt. Erfolgsfaktoren Patentportfoliomanagement Abschließend sind im Folgenden nochmals die drei PatentstrategieKerndimensionen (siehe Kapitel II) und deren Zusammenhang mit den fünf Patentmanagement-Prozessphasen des St.Galler Patentportfoliomanagementmodells zusammenfassend dargestellt. Von großer Bedeutung ist, dass sich das Unternehmen den fünf Normstrategien Explorieren, Aufbauen, Sichern, Optimieren und Abbauen bewusst ist. Alleine die systematische Unterscheidung von Patenten in diese Felder haben in zahlreichen Unternehmen schon zu großen Erkenntnissen geführt. Wichtiger als die perfekte Einordnung, die es in der Praxis kaum geben kann, ist aber die Regelmäßigkeit der Durchführung und die Durchgängigkeit mit der Unternehmensstrategie. Beides wird häufig zu wenig beachtet. Dabei steigt die Qualität des strategischen Patentmanagements schon durch das Stellen der richtigen Fragen enorm an.
114
Bewertung von Patenten
Checkliste Patentportfoliomanagement Maßnahmen zur Handlungsfreiheit: • Patentrecherchen (Patentscanning, Patentmonitoring). • Entwicklung von Umgehungslösungen. • Einlizenzierung, Patentlizenzaustausch, Design-Access. • Patentrechtliche Maßnahmen (z. B. Gutachten, Einsprüche, Nichtigkeitsverfahren). Maßnahmen gegen Imitatoren: • Aufbau von Patentclustern zur systematischen Sicherung von Wettbewerbsvorteilen. • Anmeldung breiter, konzeptioneller Basispatente. • Schutz von spezifischen Ausführungsvarianten. • Analyse von Wettbewerbsprodukten bzw. Verfahren und Anmeldung von darauf aufbauenden Verbesserungslösungen. • Patentierung beziehungsweise Einlizenzierung von Substitutionstechnologien. • Konsequentes Vorgehen gegen Piraterie. Maßnahmen zur Kommerzialisierung: • Behandlung von Patenten wie ein „materielles Produkt“ (inklusive Geschäftsmodell). • Aufbau des eigenen Patentportfolios nach Gesichtspunkten der Wettbewerbsattraktivität, d.h. dem Nutzungspotenzial durch Dritte. • Überprüfung von Auslizenzierungsmöglichkeiten in Abhängigkeit des Technologielebenszyklus (lang- bzw. kurzfristige Ausrichtung auf anderen Gebieten bzw. auf dem eigenen Gebiet). • Erwägung von Tauschgeschäften als Alternative bzw. Ergänzung zu Bargeldlizenzzahlungen (z.B. Austauschlizenzverträge, Einkaufs- bzw. Verkaufsverpflichtungen, Design-Access).
IV. Verwertung von Patenten
„Let’s grow the cake as big as we can and if we then have to share a piece with a partner it doesn’t hurt.“ S. Davey Head of IPR Initiatives, BT Exact
Die Verwertung von Patenten hat eine zunehmende Bedeutung erlangt. Unternehmen vermarkten zunehmend ihr Wissen extern, das heißt über die eigenen Produkte hinaus, um weiteren Mehrwert zu schaffen (Lichtenthaler 2005). Eine Studie der OECD zu weltweiten Lizenzaktivitäten zeigt einen eindeutigen Anstieg der Lizenzaktivitäten während der letzten Jahrzehnte (Kamiyam, Sheehan, und Martinez 2006). Während im Jahr 2000 etwa 80 Milliarden US-Dollar durch Lizenzeinnahmen erzielt wurden (Athreye und Cantwell 2005), waren es 2004 bereits 110 Milliarden USDollar (Abb. IV.1). Die aktivsten Regionen sind dabei die USA, die EU und Japan. 90% der Lizenzeinahmen sind diesen drei Regionen zuzuschreiben. Schätzungen gehen davon aus, dass sich das Volumen der LiIn Milliarden US-Dollar Europäische Union
Japan
Vereinigte Staaten
Welt
120 100 80 60 40 20 0
Quelle: Kamiyama, Sheehan und Martinez (2006)
Abb. IV.1. Entwicklung der weltweiten Lizenzaktivitäten
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
116
Verwertung von Patenten 20% Lizenzeinnahmen 14%
F&E
17%
0% Lizenzeinnahmen -20% -40%
andere Einnahmen 86%
-60% -80% -100%
Quelle: Gu und Lev (2000)
Abb. IV.2. Verhältnis von Lizenzeinnahmen zu Erfolg und F&E-Kosten
zenzeinnahmen in den nächsten zehn Jahren verdoppelt, einige gehen sogar von einer Vervierfachung des Lizenzvolumens aus. In F&E-intensiven Industrien, wie Chemie und Pharma, Information/Kommunikation, Medizinaltechnik/Messinstrumente, Computer/Elektronik und Software, ist es zunehmend wichtig geworden, Informationen über Schutzrechte und über Lizenzeinnahmen in Geschäftsberichten bereit zu stellen. Eine Auswertung von Geschäftsberichten zwischen 1990 und 1998 hat ergeben, dass im Schnitt bereits 14% des Gewinns durch Lizenzeinnahmen erwirtschaftet werden. Dabei kompensierten die Lizenzeinnahmen bereits 17% der gesamten F&E-Ausgaben (Abb. IV.2). Auch beim Branchenprimus IBM stehen den Lizenzeinnahmen in der Höhe von ungefähr 1,1 Milliarden US-Dollar F&E-Kosten in der Höhe von 5,6 Milliarden US-Dollar gegenüber (2010). Eine umfangreiche Studie des Europäischen Patentamts zu Patentverwertung in Europa stellt fest, dass etwa 13% der Patente in Lizenzen verwendet werden (Giuri et al. 2007) (Tab. IV.1). Allerdings weisen Studienergebnisse auch darauf hin, dass viele Unternehmen einen bedeutenden Anteil an Patenten halten, die nicht genutzt werden. Giuri et al. (2007) beziffern den Anteil ungenutzter Patente in Europa auf über 17%. Eine Untersuchung in den USA ergab, dass mehr als 35% der patentierten Technologien in Unternehmen nicht verwendet werden (Rivette und Kline 2000a). Der Anteil der Patente, die nicht in Kernprodukten verwendet werden, ist mit 70-80% sogar deutlich höher (Kline 2003). Diese Ergebnisse lassen auf ein großes Potenzial hinsichtlich der effizienteren Nutzung von Patenten schließen (Rivette und Kline 2000b). Die Verwertung von Patenten zur zusätzlichen Wertgenerierung kann dazu ei-
Motive der Patentverwertung
117
Tabelle IV.1. Patentverwertung in Europa Patentverwendung
Total (N=7,714) %
Chemie und Pharma %
Instrumente %
Elektrotechnik %
Maschinenbau %
Verfahrenstechnik %
Nur interne Verwertung
50,5
37,9
47,5
49,2
56,5
54,6
Lizenzierung
6,4
6,5
9,1
3,9
5,8
7,4
Kreuzlizenzierung
3,0
2,6
4,9
6,1
1,8
2,0
Lizenzierung und interne Verwertung
4,0
2,5
4,3
3,6
4,2
4,9
Blockierung von Wettbewerbern
18,7
28,2
14,4
18,3
17,4
15,4
Ungenutzt („Sleeping Patents“)
17,4
22,3
19,8
18,9
14,3
15,7
Quelle: Giuri et al. (2007)
ne Möglichkeit bieten. Allerdings ist bei der Patentverwertung auch immer das Risiko zu beachten, das mit der Wissenshergabe einhergeht, um das Kerngeschäft nicht zu schwächen.
Motive der Patentverwertung Patente können zum einen in eigenen Produkten oder Prozessen verwendet werden. Dabei steht meist im Vordergrund, die Produkte und Prozesse vor Imitation zu schützen und die eigene Handlungsfreiheit sicher zu stellen. Dadurch können Unternehmen Quasimonopole auf dem Markt schaffen und Renditen generieren. Zum anderen können Patente auch außerhalb der eigenen Produkte und Prozesse verwendet werden. Die am meisten genutzte Form der Patentverwertung ist die Lizenzierung. Andere Arten der Patentverwertung sind die Kreuzlizenzierung, der Verkauf von Patenten, das Gründen von Spin-Offs oder von Joint Ventures sowie das Bilden von strategischen Allianzen zur gemeinschaftlichen Forschung, Entwicklung und Vermarktung einer Innovation (Parr und Sullivan 1996).
118
Verwertung von Patenten
• Maximieren der Rendite • Generieren neuer Einnahmen
Monetäre Motive
Externe Patentverwertung
• Kostenreduktion
• Eintritt in neue Märkte
extern
• Verkauf von zusätzlichen Produkten • Standards setzen • Durchsetzen der Patente • Reputation erhöhen • Firmennetzwerk stärken Strategische Motive
intern
• Handlungsfreiheit sicherstellen • Zugang zu externem Wissen • Reduzieren von Risiko • Lerneffekte erzielen
Abb. IV.3. Motive der Patentverwertung
Während die Gründe für die Nutzung von Patenten in eigenen Produkten und Prozessen auf der Hand liegen, ist die Frage nach den Motiven für das „Weggeben“ von erarbeitetem Wissen und Patenten oft nicht so einfach zu beantworten. Mit einer Verwertung der Patente verschiebt sich der Fokus weg vom reinen Schutz des Produkts hin zur Mehrwertgenerierung durch das Patent. Gründe für eine Patentverwertung sind in Abb. IV.3 dargestellt. Grundsätzlich lassen sich monetäre und strategische Motive unterscheiden. Monetäre Motive beziehen sich auf wirtschaftlich direkt messbare finanzielle Einkünfte. Zu den monetären Motiven zählen die Generierung von Einnahmen, die Erhöhung der Rendite und die Reduktion von Kosten. Die strategischen Motive gestalten sich facettenreicher. Sie lassen sich unterteilen in Motive mit Fokus außerhalb des Unternehmens, das heißt mit externer Wirkung, und in Motive mit Fokus und Auswirkungen innerhalb des Unternehmens. Strategische Motive mit unternehmensexternem Fokus. Durch die Lizenzierung eines Patents an einen Partner in einer bisher selbst nicht kommerziell erschlossenen Region oder in einem anderen Industriezweig kann der Eintritt in neue Märkte erreicht werden. Ein weiteres Motiv ist das Setzen von Standards. Durch eine ausgedehnte, nicht-exklusive Lizenzvergabe kann eine breite Diffusion der Technologie bis hin zur Verdrängung von konkurrierenden Technologien erreicht werden. Insbesondere in der
Motive der Patentverwertung
119
Telekommunikations- und Elektronikindustrie spielt Standardisierung eine wichtige Rolle (siehe Philips, IBM, Microsoft). Weiterhin kann gerade für kleinere Firmen die Erhöhung der Reputation ein starkes Motiv für Auslizenzierungen sein. Auch Firmennetzwerke durch Forschungs- und Kooperationsverträge stützen sich wesentlich auf Lizenzvereinbarungen. Zudem ist das Durchsetzen der Patente im Fall einer Patentverletzung ein Motiv für Lizenzierung (Durchsetzungslizenzierung, siehe Abschnitt Formen der Patentverwertung). Strategische Motive mit unternehmensinternem Fokus. Der gegenseitige Austausch von Patenten in Kreuzlizenzabkommen kann einerseits Handlungsfreiheit sicherstellen und andererseits Zugang zu externem Wissen schaffen. Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie für zunehmend komplexere Produkte Wissen und Kompetenzen benötigen, die außerhalb dessen liegen, was das Unternehmen intern zur Verfügung hat (Sullivan und Fox 1996). Auch das Reduzieren von Risiko kann ein Grund für eine Auslizenzierung sein. Schätzt der Patentinhaber beispielsweise die Weiterentwicklung und Produkteinführung der Technologie als zu risikoreich ein oder verfügt nicht über ausreichende Ressourcen, erfolgt die Weiterentwicklung durch den Lizenznehmer. Der Patentinhaber hat das Entwicklungsrisiko damit vorerst abgegeben. Durch gezieltes Lizenzieren lassen sich zudem Lerneffekte erzielen. Eine Möglichkeit ist hierbei eine Lizenz mit einer Call-back Option, das heißt nach einer definierten Zeit oder Entwicklungsphase hat der Patentinhaber die Option, die Lizenz zurück zu nehmen. Die in diesem Zeitraum entstandenen Weiterentwicklungen der Technologie durch den Partner stehen dem Patentinhaber als Lerneffekte zur Verfügung. In der Praxis liegt der Patentverwertung meist eine Kombination verschiedener Motive zugrunde. Obgleich der finanzielle Gedanke die größte Rolle zu spielen scheint, kann durch eine strategische Ausrichtung der Lizenzaktivitäten der Unternehmenserfolg positiv beeinflusst werden. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers (2007) sieht der Großteil der Unternehmen geistiges Eigentum als bereist als eine strategische Kernkompetenz und konzentriert sich zunehmend darauf, Patente strategisch einzusetzen. Dabei spielen insbesondere Allianzen und Partnerschaften eine herausragende Rolle. Eine Umfrage der Universität St.Gallen und des IP-Dienstleisters Dennemeyer fand heraus, dass 66% der befragten Unternehmen auch strategische Motive bei der Patentverwertung verfolgen, wobei diese im Vergleich zu den monetären sogar eine größere Wichtigkeit für die Unternehmen aufzeigen. Als wichtigstes Motiv für die Patentverwertung gaben über 80% der Unternehmen den Zugang zu externem Wissen an (Gassmann et al. 2010).
120
Verwertung von Patenten
Formen der Patentverwertung Lizenzierung. Grundsätzlich bedeutet Lizenzierung, dass der Patentinhaber einer oder mehreren Parteien die Erlaubnis einräumt, die durch das Patent beschriebene Technologie zu nutzen. Als Gegenleistung zahlt der Lizenznehmer dem Patentinhaber (Lizenzgeber) eine Lizenzgebühr. Das Patent bleibt im Besitz des Lizenzgebers. Lizenzen unterscheiden sich jedoch durch verschiedene Eigenschaften. Im Folgenden werden drei wichtige Eigenschaften von Lizenzen aufgezeigt. Zum ersten unterscheidet sich eine Lizenz durch ihren Grad an Exklusivität. Eine exklusive Lizenz bedeutet, dass der Patentinhaber die Nutzungserlaubnis des Patents nur an einen einzigen Lizenznehmer auslizenziert. Werden Lizenzen eines Patents an mehrere Lizenznehmer vergeben, spricht man von einer nicht-exklusiven Lizenz. Zweitens unterscheiden sich Lizenzen durch den Umfang und den Inhalt der Transaktion. Wird ausschließlich das Patent, in Form der Patentschrift, übertragen, handelt es sich um eine Lizenz ohne Wissenstransfer. Bei einer Lizenz mit Wissenstransfer werden zusätzlich zu der Patentschrift auch Know-how und technische Expertise übermittelt. x Lizenzabkommen ohne Know-how umfassen Patente oder Patentanmeldungen, weltweite oder regionale, exklusive oder nicht-exklusive Nutzung und die Laufzeit der Lizenz. x Lizenzabkommen mit Know-how umfassen beispielsweise Forschungsund Testberichte, Muster, Prototypen, Marktstudien, Wettbewerbsanalysen und können sogar Kooperationspartner und Kunden beinhalten. Zudem werden häufig technischen Experten zur Unterstützung des Wissenstransfers und für Weiterentwicklungen zur Verfügung gestellt. Hier stellt sich die Frage, welche Bestandteile wie kommerzialisierbar sind. Einerseits kann ein komplettes Geschäftsmodell extern auslizenziert werden, andererseits könnte ein unternehmensinternes Spin-Up schnellere und nachhaltigere Gewinne liefern. Einige Patente könnten zwar auslizenziert werden, müssten in anderen Märkten jedoch mit hohem Aufwand offensiv durchgesetzt werden. Eine Dritte Eigenschaft ist die Art der Lizenzierung: Freigabe- oder Durchsetzungslizenzierung. x Freigabe-Lizenzierung, auch als Opportunity-, Enablement- oder Carrot-Licensing bezeichnet: Gesucht wird ein Lizenznehmer, der Interesse an der Nutzung des Lizenzgegenstands hat. Da die Nutzung erst nach Lizenznahme beginnt, sind die Verhandlungen in der Regel durch die Gestaltung eines gemeinsamen Geschäftsmodells geprägt.
Formen der Patentverwertung
121
x Durchsetzungs-Lizenzierung, auch als Assertion-, Enforcement- oder Stick-Licensing bezeichnet: Gesucht wird ein potenzieller Verletzer des zu lizenzierenden Intellectual Propertys. Es wird somit von einer Nutzung der Schutzrechte durch Dritte vor der eigentlichen Lizenznahme ausgegangen. Da der potenzielle Verletzer in der Regel bereits investiert hat und am Markt tätig geworden ist, fokussieren sich Verhandlungen in der Regel auf die Klärung der Frage, ob eine Verletzung vorliegt, ob die Schutzrechte rechtsbeständig sind und wie hoch gegebenenfalls die Lizenzzahlungen sein sollen. In den USA und zunehmend auch in Europa besteht hier bereits ein neues Geschäftsmodell, nach dem Patentanwälte Patentverletzungen aufspüren, das besagte Patent aufkaufen, den Verletzer verklagen und Lizenzzahlungen einfordern. Volkswirtschaftlich sind diese Modelle allerdings stark zu hinterfragen. Das amerikanische Mobilfunktechnologieunternehmen Qualcomm erwirtschaftet einen beträchtlichen Anteil seines Umsatzes aus Lizenzeinnahmen. Eine der drei Geschäftseinheiten beschäftigt sich dabei ausschließlich mit der Vermarktung geistigen Eigentums. Allein 130 Patente betreffen den amerikanischen Mobilfunkstandard CDMA. Es werden zusätzlich offensichtliche Nutzer des Patentportfolios von der „Notwendigkeit“ einer Lizenznahme überzeugt. Darüber hinaus steht das Patentportfolio auch potenziellen Lizenznehmern offen. Kreuzlizenzierung. Eine Kreuzlizenzierung ist ein Lizenzabkommen, bei dem vom Grundsatz her die Gegenleistung des Kooperationspartners nicht die Lizenzgebühr ist, sondern ebenfalls eine Lizenz. Die Kooperationspartner räumen sich also gegenseitig das Recht ein, die jeweils eigenen Patente zur Weiterentwicklung oder Produktvermarktung zu nutzen. Je nach Abkommen kann trotzdem zusätzlich eine Lizenzgebühr anfallen. Kreuzlizenzierungsabkommen dienen insbesondere der Sicherstellung der Handlungsfreiheit und dem Zugang zu externem Wissen. Bei Kreuzlizenzverträgen werden prinzipiell zwei Typen unterschieden: x Die vom Vertrag betroffenen Schutzrechte bleiben grundsätzlich für deren Lebensdauer gegenseitig lizenziert. x Die vom Vertrag betroffenen Schutzrechte bleiben nur für einen bestimmten Zeitraum gegenseitig lizenziert. Nach Ablauf des Zeitraums erlischt die Lizenz und neue Verhandlungen sind gegebenenfalls erforderlich (Guillotine-Regelung).
122
Verwertung von Patenten
Patentlizenzaustausch zwischen Siemens und Microsoft Die Konzerne Siemens und Microsoft haben einen Patentlizenzaustausch abgeschlossen, mit dem sie sich gegenseitig einen erweiterten Zugriff auf das jeweilige Patentportfolio einräumen. Beide Unternehmen erhalten auf diese Weise auch die Möglichkeit, das Angebot für ihre Kunden zu vergrößern und diesen umfassende Lösungen zur Verfügung zu stellen. Microsoft will damit seinen Handlungsspielraum insbesondere im Mobiltelefonmarkt sowie im Netzwerktechnik Markt verbessern und Wettbewerber wie Nokia und Ericsson angreifen. Siemens möchte seinen Kunden weltweit immer attraktivere Produkte und Dienstleistungen anbieten, in dem IT und Software eine zentrale Stellung einnehmen. Obwohl die Unternehmen ein etwa ähnlich großes Budget für Forschung und Entwicklung in Höhe von etwa 5 Milliarden Euro ausgeben, musste Microsoft zusätzlich eine Lizenzzahlung an Siemens entrichten.
Verkauf. Beim Verkauf eines Patents werden alle Rechte an den Käufer übertragen, welcher auch Neueigentümer des Patents wird. Der Verkauf eines Patents kann sich anbieten, wenn die entwickelte Technologie außerhalb des Geschäftsbereichs eines Unternehmens liegt. Ist nicht geplant, das neue Geschäftsfeld zu erschließen, lässt sich durch den Verkauf des Patentportfolios trotzdem Mehrwert generieren. Der Verkaufsvorgang ist in der Regel mit unterzeichnen des Vertrags abgeschlossen, das heißt es fallen für den Verkäufer keine weiteren Aufwendungen in Form von Knowhow Transfer oder – wie im Fall von Lizenzen – Gebührenüberwachung oder Durchsetzungsaktivitäten an. Strategische Allianz. Insbesondere für Frühentwicklungen und Technologien, die noch nicht marktreif sind, können strategische Allianzen zwischen Unternehmen und/oder und Forschungseinrichtungen für alle Beteiligten von Vorteil sein. Die Allianzpartner bringen komplementäres Knowhow und Patente in die Allianz ein, um so Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten effizienter voran zu treiben und einen Markteintritt oder die Ausweitung der Marktanteile zu erzielen. Gleichzeitig werden Risiken und
Formen der Patentverwertung
123
Successful Practice Beispiele IBM begann in den 1980er Jahren, Lizenzstrategien zu formulieren. Heute verfügt IBM über ein etabliertes Lizenzierungsprogramm, das die Strategie verfolgt, nicht-exklusive Lizenzen an Dritte auszugeben. Zudem soll ein komplementäres Verhältnis zum Lizenznehmer aufgebaut werden. Während der letzten Jahre erwirtschaftete das Unternehmen, das über 40.000 aktive Patente hält, jährliche Lizenzeinnahmen von etwa 1 Milliarde US-Dollar. Philips‘ wichtigstes strategisches Ziel bei der Lizenzierung ist das Setzen von Standards. Bereits seit 1924 ist das geistiges Eigentum von Philips in einer Holding, der Philips Intellectual Property and Standards (IP&S), organisiert. Heute umfasst IP&S etwa 450 Mitarbeiter und hält über 55.000 Patente. In seinem Lizenzierungsprogramm bietet das Unternehmen Patente, Technologien und Services an und vergibt nicht-exklusive Lizenzen an eine breite Zielgruppe. Microsoft stellte bis vor einigen Jahren das Durchsetzen der Schutzrechte durch Stick-Licensing noch in den Vordergrund der Lizenzaktivitäten. Nach einer Strategieänderung legt Microsoft nun seinen Schwerpunkt auf einen kooperativen Ansatz durch Kreuzlizenzierungen. Zudem wurde das IP Verwertungsprogramm „Microsoft Intellectual Property Ventures“ eingeführt. Das Unternehmen verspricht sich von dem neuen Ansatz eine Stärkung des Netzwerks und eine Reduzierung des Risikos.
Kosten geteilt. Im Gegensatz zu Joint Ventures bleiben die Allianzpartner rechtlich unabhängig, das heißt den Verträgen liegt keine Kapitalbindung zugrunde. Fallbeispiel Cytos Biotechnology. Cytos Biotechnology ist ein Schweizer Biotechnologie-Unternehmen, das auf die Entdeckung, Entwicklung und Vermarktung einer neuen Klasse von biopharmazeutischen Präparaten – den Immunodrugs™ – spezialisiert ist. Immunodrugs™ sind therapeutische Impfstoffe für die Prävention und Behandlung von häufigen chronischen Krankheiten. Das Unternehmen wurde 1995 als Spin-Off der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich gegründet und beschäftigt mehr als 80 Mitarbeiter. Als innovatives High-Tech-KMU fokussiert sich Cytos auf die Forschung und Entwicklung von Wirkstoffkandidaten in der Frühphase, das
124
Verwertung von Patenten
heißt auf den innovativen und forschungsintensiven Teil der pharmazeutischen Wertschöpfungskette bis zur zweiten klinischen Phase. Für die zeitund kostenintensive dritte klinische Entwicklungsphase geht Cytos Kooperationen mit führenden Pharmaunternehmen ein. Ziel von Cytos ist es, Wirkstoffkandidaten möglichst bis zum Ende der zweiten klinischen Phase selbst zu entwickeln und anschließend Partnerschaften mit führenden pharmazeutischen Unternehmen einzugehen. Neben diesem primären Ziel der Kooperationen entwickelt Cytos aber ebenso diverse Nischenprodukte, die auch eigenständig vermarktet werden könnten. Cytos verfolgt eine definierte Patentstrategie, die darauf abzielt, Forschungs- und Entwicklungsprojekte bestmöglich durch Patentschutz abzusichern und gleichzeitig das Risiko, durch Drittpatente blockiert zu werden, zu minimieren. Zentraler Aspekt des Geschäftsmodells von Cytos ist aber die weltweite Auslizenzierung der durch Patente geschützten eigenen Technologien und Wirkstoffkandidaten an Pharmakonzerne. Die meisten Patentverwertungsabkommen von Cytos sind eine Kombination aus Lizenzierung und Allianzbildung, da sie neben reinen Patentlizenzen auch den Transfer von Know-how beinhalten und Cytos die Partnerfirma oft mehrere Jahre in der Weiterentwicklung begleitet. Zum Beispiel konnte Cytos 2007 eine exklusive Lizenzvereinbarung über einen therapeutischen Impfstoff zur Behandlung von Nikotinsucht mit Novartis abschließen. Der Impfstoff befand sich zu dem Zeitpunkt in der zweiten klinischen Entwicklungsphase, die weitere klinische Entwicklung übernahm Novartis. Klassische Lizenzabkommen ohne Know-how Transfer werden selten vergeben. Das liegt auch daran, dass Cytos frühe Technologien entwickelt, die noch nicht vermarktungsreif sind. Daher ist der Transfer von technischer Expertise ein Kernaspekt für Cytos bei der Verwertung der Patente. Für Cytos stellt sich also weniger die Frage, ob auslizenziert werden soll. Vielmehr geht es um die Frage des Zeitpunkts, wann dies erfolgen kann. Trotz des primären Ziels, Wirkstoffkandidaten nach der zweiten klinischen Entwicklungsphase auszulizenzieren, kann es strategisch günstiger sein, manche Technologien bereits in der vorklinischen Entwicklungsphase zu verwerten. So lizenzierte Cytos Wirkstoffkandidaten bereits schon in der vorklinischen Phase an Novartis und Pfizer. Auch mit dem Verkauf von Patenten hat Cytos Erfahrung. Dies betrifft allerdings in der Regel solche Patente, die außerhalb des Kernbereichs von Cytos liegen. 2010 verkaufte Cytos zum Beispiel eine Technologieplattform zur Entdeckung monoklonaler Antikörper für 15 Millionen Euro an Intercell. Das primäre Anwendungsgebiet dieser Technologieplattform liegt im Gebiet der Infektionskrankheiten und gehört damit nicht zum
Formen der Patentverwertung
125
Kerngeschäft von Cytos, welches auf therapeutische Impfstoffe zur Behandlung von chronischen Krankheiten gerichtet ist. Da Cytos mit seinen Produkten in einem eingeschränkten Bereich der Bio- und Pharmatechnologie agiert, kann das Unternehmen die Vermarktung seiner Technologien eigenständig und ohne die Unterstützung von externen Patentintermediären durchführen. Die potenziellen Partnerunternehmen finden sich im Kreis der führenden Pharmaunternehmen. Die Identifikation eines Verwertungspartners stellt für Cytos daher keine große Herausforderung dar. Zudem erfordern die Technologien sehr spezifisches Know-how, welches kaum durch einen Intermediär ersetzt werden kann. Spin-Off. Auch das Ausgründen von Spin-Offs ist eine Möglichkeit, Forschungs- und Entwicklungsergebnisse verwerten. Das Bilden von SpinOffs erlaubt dem Unternehmen, auch Innovationen, die auf wenig Interesse bei den bestehenden Geschäftseinheiten stoßen, weiterzuentwickeln und mit ihnen Einnahmen über Beteiligungen oder Lizenzeinnahmen zu erzielen. Dies zeigen auch zwei Beispiele von Roche und Novartis. Fallbeispiel F. Hoffmann-La Roche. Im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen beschloss Roche Mitte der 90er Jahre, die Forschung und Entwicklung der Substanz „Bosentan“ nach der zweiten klinischen Phase nicht weiter zu verfolgen. Um trotz dieser Entscheidung das Potenzial der Substanz, die als möglicher Wirkstoff für die Behandlung von Herzfehlern gehandelt wurde, ausschöpfen zu können, wurde das Spin-Off Actelion, unter anderem bestehend aus vier ehemaligen Roche-Managern, gegründet. 1998 lizenzierte Roche die Substanz Bosentan an Actelion aus, behielt sich aber eine Call-back Option vor. Während der dritten klinischen Phase änderte Actelion die ursprüngliche Indikation von Bosentan. Anstelle der BeRoche Target Identification
Screening Lead Finding
Lead Optimization
Phase I
Phase II
Phase I
Phase II
Phase III
Screening Lead Finding
Lead Optimization
Clinical Development
Pre-clinical Development Phase I
Phase II
Registration Product Launch Call-back nicht genutzt
Auslizenzierung (Bosentan)
Actelion Target Identification
Clinical Development
Pre-clinical Development
3KDVH ,
3KDVH ,,
Quelle: Gassmann, Reepmeyer und von Zedtwitz (2008)
Abb. IV.4. Lizenzabkommen zwischen Roche und Actelion
Phase III
Registration Product Launch
126
Verwertung von Patenten Novartis
Target Identification
Screening Lead Finding
Phase 0 Toxicology
Clinical Development Phase I
Phase II
Phase III
Auslizenzierung (Aliskiren)
Speedel Target Identification
Lead Optimization
Screening Lead Finding
Lead Optimization
Phase 0 Toxicology
Call-back
Clinical Development Phase I
Phase II
Phase III
Registration Product Launch
Registration Product Launch
Quelle: Gassmann, Reepmeyer und von Zedtwitz (2008)
Abb. IV.5. Lizenzabkommen zwischen Novartis und Speedel
handlung von kongestiver Herzinsuffizienz fokussierte Actelion auf die Behandlung von Lungenhochdruck. Durch diese Veränderung erhöhten sich die Chancen auf ein zugelassenes Medikament. Schließlich konnte Actelion das Produkt erfolgreich unter der Marke Tracleer® in den Markt einführen. Roche beschloss nach der dritten klinischen Phase die Call-back Option nicht zu nutzen und erhält als Gegenleistung etwa 10% des Produktumsatzes (Abb. IV.4). Roche konnte durch die Ausgründung des Spin-Offs Einnahmen aus einem ursprünglich aufgegebenen Projekt erzielen. Das Risiko der dritten klinischen Entwicklungsphase und der Markteinführung wurde an Actelion abgegeben. Actelion bekam die Chance, eine neues Produkt auf den Markt zu bringen, ohne das Risiko in den frühen Entwicklungsphasen zu tragen (Reepmeyer 2006). Fallbeispiel Novartis. Zur Weiterentwicklung eines nicht ins Portfolio passenden Projekts gründete Novartis 1998 das Spin-Off Speedel aus. Novartis hatte das Projekt rund um die Substanz Aliskiren zur Behandlung von Bluthochdruck nach der vorklinischen Phase gestoppt. Mit der Auslizenzierung der Substanz an Speedel übertrug Novartis die Durchführung der ersten und zweiten klinischen Entwicklungsphase an Speedel (s. Abb. IV.5). 2002, nach erfolgreichem Abschluss der Phasen eins und zwei durch das Spin-Off, nutzte Novartis seine Call-back Option und überführte die Substanz in die dritte klinische Phase und konnte schließlich das Produkt in den Markt einführen. Sowohl Novartis als auch Speedel erhalten Einnahmen durch den Umsatz des Medikaments. Durch die Ausgründung des Spin-Offs konnte Novartis ein neues Medikament auf den Markt bringen, ohne die Kosten und das Risiko der ersten
Formen der Patentverwertung
127
und zweiten klinischen Phasen zu tragen. Speedel konnte Erlöse durch ein Projekt ohne frühe Entwicklungsrisiken und Produktions- und Marketingaufwand erzielen (Reepmeyer 2006). Patente im Rahmen der Unternehmensfinanzierung Neben den bereits erwähnten Verwertungsmöglichkeiten werden Patente inzwischen auch im Rahmen der Unternehmensfinanzierung eingesetzt. Dabei können sie Gegenstand einer Eigen- oder Fremdkapitalfinanzierung sein, aber auch bei einer hybriden (Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital) Finanzierung eingesetzt werden (Bessler, Bittelmeyer und Lipfert 2003). Folgende Möglichkeiten einer patentbasierten Finanzierung stehen unter anderem zur Verfügung: • Kreditbesicherung durch Patente. • Emission von Eigenkapitaltiteln basierend auf durch Patente monopolisierte Kernkompetenzen. • Sale-and-Lease-Back-Geschäfte durch Verkauf von Patenten. • Verbriefung der aus Patenten generierten zukünftigen Zahlungsströmen am Kapitalmarkt. • Patentfonds als Finanzierungsmittel zur Weiterentwicklung embryonaler Technologien.
Joint Venture. Durch das Bilden von Joint Ventures können die Gründungsgesellschaften ihre Technologien, Schutzrechte und Know-how ergänzen und gemeinschaftlich weiterentwickeln und ausbauen. Dadurch können sowohl Kosten und Risiken zwischen den Beteiligungsgesellschaften geteilt wie auch ein Zugang zu neuen Technologien und Absatzmärkten geschaffen werden. Diesen Ansatz verfolgt zum Beispiel Bayer Innovation. Fallbeispiel Bayer Innovation. Die Bayer Innovation ist Teil der Innovationsstrategie von Bayer und arbeitet mit dem Ziel, neue Wachstumsfelder für Bayer zu identifizieren, zu entwickeln und damit den Einstieg in neue wachstumsstarke Märkte vorzubereiten. Innovative Lösungen über die Grenzen der Teilkonzerne hinweg zu entwickeln und zusammen mit externen Partnern neue Produkte und Geschäfte aufzubauen ist dabei die Stärke
128
Verwertung von Patenten
der Bayer Innovation. Die von der Bayer Innovation entwickelten Technologien werden zur kommerziellen Integration an die interessierten BayerTeilkonzerne veräußert. Technologien, die nicht in den Bayer-Konzern integriert werden, kommerzialisiert die Bayer Innovation extern. Dabei verfolgt das Unternehmen einen Venture Capital Ansatz, das heißt Schutzrechte werden als handelbare Assets eingesetzt mit dem Ziel, Joint Ventures oder ähnliche Partnerschaften zu bilden und so den Ertrag aus Forschung und Entwicklung zu maximieren.
Verwertungszeitpunkt und -umfang Bei der Verwertung von Intellectual Property stellt sich die Frage, was zusätzlich zu den Schutzrechten noch Bestandteil des Verwertungsabkommens ist. Die Marktattraktivität einer Lizenz steigt, je geringer das Risiko der späteren Verwertung auf Seite des Lizenznehmers ist und je mehr vom Lizenzgeber mitgeliefert wird, beispielsweise Kunden in einem sich bereits entwickelten Markt. Das unternehmerische Risiko ist damit insbesondere vom Entwicklungsstadium und der Reife der Technologie und des Markts abhängig. Im Pharmabereich hängt daher der Wert von Lizenzvereinbarungen stark vom Zeitpunkt des Lizenzierungsvorhabens ab (Präklinische Phase, Klinische Phase I, II, III; siehe Tabelle IV.2). In den meisten Biotechnologieunternehmen ist das Lizenzgeschäft der zentrale Geschäftszweck: Je weiter ein Produkt entlang der von der US-Regulierungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) definierten Pharmaphasen voranschreitet, desto höher ist der Wert der möglichen Lizenzeinnahmen. Lizenzen können mit oder ohne begleitenden Technologie- und Wissenstransfer gegeben werden. Einen wichtigen Vorgang stellt die Auswahl der Schutzrechte und gegebenenfalls des Know-hows dar, das auslizenziert werden soll. Bei Unternehmen, deren Hauptgeschäftstätigkeit in der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen liegt, muss zwischen dem durch die Lizenzierung an Dritte im Kerngeschäft entstehenden Schaden und den zu erwartenden Lizenzeinnahmen abgewogen werden. Soll ein unbeabsichtigter Transfer von Know-how und Schutzrechten vermieden werden, kann die Selektion von auslizenzierbarem Intellectual Property anhand des in Abb. IV.6 dargestellten Vierstufenprozesses vorgenommen werden. Es werden dann nur dort Anstrengungen für eine Auslizenzierung aufgebracht, wo gute Marktchancen absehbar sind.
Verwertungszeitpunkt und -umfang
129
Tabelle IV.3. Durchschnittlicher Wert von Lizenzvereinbarungen in Abhängigkeit des Entwicklungsstadiums im Biotech Sektor Präklinik+Phase I
Phase II
Phase III
4
9
19
29
53
105
5-8
7-10
14-18
Einmalzahlung ($ Mio.) Meilensteinzahlungen ($ Mio.) Lizenzsätze (in %) Quelle: Renwick und McCarthy (2009)
Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer hat einen Lebensprozess für Intellectual Property aufgestellt, der aus drei Kategorien besteht: Wissenserwerb, Wissenssicherung und Wissensverwertung (Abb. IV.7). Der Wissenserwerb erfolgt entweder intern durch eigene Wissensgenerierung oder extern im Rahmen von Auftragsforschung, Kooperationen und Joint Ventures, Einlizenzierung oder Kauf beziehungsweise Akquisition (make or buy). Die Wissensverwertung kann durch interne Nutzung erfolgen, beispielsweise durch eigene Anwendungen, Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Extern kann das gespeicherte Wissen in Kooperationen und Joint Ventures eingebracht werden, an Dritte lizenziert oder verkauft oder im Rahmen von Outsourcing oder Benchmarking eingebracht werden (keep or sell).
Überschüssiges Know-how/ Technologie?
Nein
Verwendung
Nein
Beibehaltung der Patente
Nein
Patent verwerfen
Nein
Patenttransfer in anderes Geschäftsfeld
Ja
„Nicht-Strategisch“ für Kerngeschäft des Geschäftsfelds? Ja
Aufbaufähige Technologie, attraktiver Markt? Ja
„Nicht-Strategisch“ für anderes Geschäftsfeld? Ja
Externe Kommerzialisierung und Vermarktung
Abb. IV.6. Vierstufenprozess für die Auswahl zum Know-how-Transfer
130
Verwertung von Patenten
Interne Technologiegenerierung
Intern
Interne Technologienutzung • • • •
• Innovation • Business Development
eigene Anwendungen eigene Produkte eigene Verfahren eigener Service
IP-relevante Teilprozesse Wissenserwerb
Wissenssicherung
Wissensverwertung
Externe Technologieverwertung
Externer Technologieerwerb
Extern
• • • •
Auftragsforschung Kooperation / JV Einlizenzierung Kauf / Akquisition
• • • • •
Benchmarking Kooperation / JV Auslizenzierung Verkauf von Know-how Outsourcing
Abb. IV.7. Verwertungskreislauf des Intellectual Propertys bei Bayer MaterialScience
Die zentrale F&E des europäischen Telekommunikationsunternehmens British Telecom (BT Exact) leitet Art und Umfang der Verwertung von internen Forschungsergebnissen anhand einer speziell entwickelten Verwertungsmatrix ab (Abb. IV.8). Liegt ein hinreichender Schutz durch Intellectual Property Rechte vor, wird bei hoher eigener Expertise der Weg der Freigabe-Lizenzierung gewählt, bis hin zur Ausgründung des Geschäftsmodells in Form eines Spin-Outs. Liegt hingegen wenig eigene Expertise vor und nutzen andere Unternehmen die geschützten Grundlagen, wird der Weg der Durchsetzungs-Lizenzierung eingeschlagen. Bei der Suche nach potenziellen Lizenznehmern spielt es also eine wichtige Rolle, inwiefern ein Unternehmen in der Lage ist, Märkte zu analysieren und den Marktwert des eigenen Intellectual Property zu entwickeln. Um Geschäftsmöglichkeiten zum Durchbruch zu verhelfen, müssen deshalb passende Marktapplikationen für vermarktungsfähiges Intellectual Property gefunden werden. Dies ist sowohl bei der Freigabe-Lizenzierung, bei dem potenzielle Lizenznehmer gesucht werden, als auch bei der Durchsetzungs-Lizenzierung, bei der potenzielle Patentverletzer gesucht werden, erforderlich. Angebot (Verkäufer) und Nachfrage (Käufer) sind also entsprechend aufeinander abzustimmen. Verkäufer (Keep or Sell). Das Unternehmen muss prinzipiell entscheiden, ob es seine Technologien und sein Intellectual Property behalten
technische Expertise Proprietäres Know-how
131
Extern (Spin-Out)
Wertschöpfungsconsulting
Know-how und Show-how Technologietransfer
Technische Fähigkeiten
Freigabe-Lizenzierung (Enablement-Licensing) Intern (Spin-Up) Durchsetzungs-Lizenzierung (Enforcement-Licensing)
Keine
Informelles IP (Intellectual (Intellectual Capital)
Verwertungszeitpunkt und -umfang
Keine
Alternative Lösung
VerbesserungsPatente
urheberechtlich gesch. Software
BasisPatente
Formale IP-Rechte
Abb. IV.8. Intellectual Property Verwertungsmatrix bei BT Exact
möchte oder bereit ist, es an Dritte weiterzugeben. Es gibt empirische Untersuchungen die zeigen, dass im Durchschnitt etwa 10% der Patente des Portfolios eines Unternehmens vermarktet werden und damit 5 bis 10% des operativen Gewinns erzielen könnten (Elton, Shah und Voyzey 2002). Es lassen sich dabei drei Kategorien unterscheiden (Torres 1999): x Strategische Positionierung: Maximierung des Wertes der eigenen Kerntechnologien durch Lizenzierung an andere relevante Marktteilnehmer, inklusive Wettbewerber. Dies ist eine sinnvolle Vorgehensweise, um schnell Märkte zu erschließen und Standards zu verbreiten. Die von Philips Electronics und Sony in den frühen 80er Jahren entwickelte CompactDisc-Technologie wurde an andere Musikelektronik-Hersteller lizenziert, um eine Standardisierung der Technologie zu ermöglichen. x Laterale Wertsteigerung: Intellectual Property, das nicht das eigene Kerngeschäft betrifft, wird an Dritte lizenziert, die eine Verwertung vornehmen können. Der Aufzugshersteller Schindler hat beispielsweise seine patentierte Aramidseil-Technologie außerhalb des Aufzugssektors lizenziert. x Minimierung von Risiken: Verwertung von Intellectual Property mit geeigneten Partnern, die komplementäre Stärken, Fähigkeiten oder Prozesse aufweisen. Das Schweizer Biotech-Unternehmen Cytos hat die Nutzungsrechte eines Produkts in der II. klinischen Phase an den Pharmakonzern Pfizer lizenziert. Cytos erwartet damit eine effiziente Durch-
132
Verwertung von Patenten
führung der äußerst bürokratischen FDA-Regularien in der Pharmaentwicklung und eine starke, weltweite Vermarktung der Substanz im Erfolgsfall. Käufer (Make or Buy). Unternehmen müssen sich entscheiden, ob sie die erforderlichen Technologien und Dienstleistungen selbst entwickeln können und wollen oder ob diese einlizenziert werden sollen. Diese Entscheidung sollte sowohl auf der jeweiligen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens basieren (Teece 1988), als auch in Bezug zur generellen Zielsetzung stehen, sich verschiedener externer Innovationskanäle zu bedienen (Linder, Jarvenpaa und Davenport 2003). Die Entscheidung zur Einlizenzierung kann beabsichtigen, komplementäres Wissen anzuschaffen, die Produktion zu verbessern oder an blockierende Patente zu gelangen. Der Käufer muss einerseits einen geeigneten Leistungserbringer finden, der bereit ist, Know-how und Intellectual Property zu lizenzieren und muss andererseits selbst in der Lage sein, dieses Wissen einzulizenzieren und zu absorbieren, um es dann zu speichern oder zu verwerten. Dabei ist es für den Käufer von großer Bedeutung, zu einer realistischen Einschätzung der Transfer- und Verwertungskosten zu gelangen (Teece 1977). Einlizenzierung und interne F&E sind daher Komplementärstrategien wobei internes F&E-Know-how einen wesentlichen Erfolgsfaktor für Bewertung, Transfer und Verwertung von einlizenziertem Intellectual Property und einlizenzierten Technologien darstellt (Lowe und Taylor 1998). Unter den Käufern lassen sich somit die folgenden drei Kategorien unterscheiden (Torres 1999): x Nutzung von Komplementärstärken: Als Pendant zur Verkaufsstrategie „Minimierung von Risiken“ (siehe oben). Einige Unternehmen fokussieren daher stärker auf die Verwertung als auf die eigene Produktentwicklung. In der Pharmabranche liegt bei den weltweit ersten zehn Pharmaunternehmen der auf einlizenzierte Produkte zurückgehende Anteil am Gesamtumsatz bei über 30%. x Verbesserung der Produktpalette: Optimierung und Ergänzung eines Kernprodukts oder einer Kerntechnologie. Dies ist ratsam, wo die interne F&E nicht schnell genug oder zu teuer für ein umfassend wettbewerbsfähiges Innovationsportfolio ist. Das amerikanische Netzwerkunternehmen Cisco hat sein rasantes Wachstum vor allem der Akquisition und Lizenzierung von neuen Technologien von Start-Ups zu verdanken. Die Stärke von Cisco besteht in der Integration von neuen Technologien und der Vermarktung. x Sicherung von störendem Intellectual Property: Akquisition oder Einlizenzierung von externem IP, welches das eigene Kerngeschäft durch Störwirkung oder Substitution beeinträchtigen könnte. Diese Vorge-
Vermarktungskanal für Patente
133
hensweise kann aus Unternehmenssicht in unsicheren Märkten oder zur Neutralisierung von Wettbewerbstechnologien empfehlenswert sein. Der Sportwagenhersteller Porsche macht von der Möglichkeit Gebrauch, potenzielle Substitutionstechnologien einzukaufen oder exklusiv einzulizenzieren, die eigene Technologien erodieren könnten.
Vermarktungskanal für Patente Wahl des Vermarktungskanals. Zur Auslizenzierung oder dem Verkauf von Intellectual Property stehen grundsätzlich verschiedene Vermarktungswege zur Verfügung: x Direktmarketing. x Online-Marktplatz. x Intermediäre. Direktmarketing: Dies ist der „klassische“, am stärksten verbreitete Weg. Beim Direktmarketing ist die Zielgruppe bekannt, beziehungsweise muss diese gefunden werden, damit Lizenzverhandlungen aufgenommen werden können. Der Intellectual Property Vermarktungsprozess kann innerhalb des Unternehmens durch eine eigene Intellectual Property Organisationsstruktur unterstützt werden. Diese umfasst Bereiche, wie Intellectual Property, Portfoliomanagement, Lizenzen, Juristen, Mergers & Acquisitions, Ventures sowie F&E. Es ist offensichtlich, dass die Komplexität des Vermarktungsprozesses nicht nur durch einige wenige Patentanwälte bewerkstelligt werden kann. Ein kleines, schlagkräftiges Kernteam mit variabler Vergütung arbeitet hier am besten. Je höher der Hierarchielevel, desto wahrscheinlicher können schnelle, der Situation angepasste Entscheidungen getroffen werden. In der Regel sind dabei die Personen und Prozesse wichtiger als Organisationsstrukturen (Aitken 2000). Im Folgenden sind generelle Erfolgsfaktoren für notwendige Lizenzteams aufgeführt: x x x x x x x
Kleines Kernteam mit starken Persönlichkeiten. Erfolgsabhängige Vergütung. Eigene Einheit mit direkter Berichtslinie zum Top-Management. Organisatorische Autonomie, mit definiertem Entscheidungsspielraum. Hinreichende Ressourcenausstattung. Klare Eingrenzung des Anwendungsbereichs vor Verhandlungen. Strikte Steuerung externer Partner, wie Kanzleien.
134
Verwertung von Patenten
Tabelle IV.3.
Online Marktplätze für den Transfer von Intellectual Property
Online-Marktplatz
Beschreibung
Internetadresse
Bionova
Biotech Technologietransferportal (Griechenland) Technologietransferportal (Türkei) Intellectual Property Handel Online Patent Handel Intellectual Property Handel (Dänemark) Spiele- und Spielzeugideenbewertung IP Netzwerkportal Patent- und Technologietransfer IP und Technologietransfer (Niederlande) Online Plattform für IP IP und Technologietransfer (Deutschland) Online-Plattform für IP
www.bionova.gr
Bulushtur Delphion Free Patent Auction IP Marketplace Gamesplay UK Patentcafe.com Patents2License.com Patent4business.com patent-net.de Technologie Allianz yet2.com
www.bulushtur.com www.delphion.com www.freepatentauction.com www.ip-marketplace.org www.gamesplayuk.com www.patentcafe.com www.patents2license.com www.patents4business.nl www.patent-net.de www.technologieallianz.de www.yet2.com
Quelle: Europäisches Patentamt (2010d)
Online-Marktplätze: Hier sind die potenziellen Lizenznehmer ex-ante nicht bekannt. Über Internet-Plattformen werden Einzelpatente und Portfolien angeboten. Potenzielle Käufer werden über den Online-Marktplatz zum potenziellen Lizenzgeber vermittelt. Das Konzept der OnlineVermarktung hat sich bisher in der Praxis allerdings nicht wirklich durchgesetzt. Es gibt nur wenige Lizenzgeschäfte, die bisher über diesen Weg zustande gekommen sind. Nach einem regelrechten „Boom“ an neuen Marktplätzen Ende der 90er Jahre und anschließenden Konsolidierungen bestehen derzeit nur wenige funktionsfähige Markplätze mit größeren Umsätzen (Tabelle IV.3). Intermediäre: Vermitteln Intellectual Property, Technologie- und Knowhow-Anbieter mit Investoren und gegebenenfalls auch Implementoren. Generell erforderlich bei der Suche nach geeigneten Lizenzchancen sind persönliche Kontakte und Erfahrung mit der eigenen und darüber hinaus mit anderen Branchen. Eine Studie zeigt, dass der Aufbau eines Experten-
Herausforderungen der Patentverwertung
135
netzwerks die systematische Verwertung von Intellectual Property stark unterstützt (Elton, Shah und Voyzey 2002). Wissenspartner: Die Wissenspartner untersuchen Patentschriften, Prozesse und Technologien. Es sind zwei Typen von Wissenspartnern erforderlich, um einerseits Technologien und andererseits Branchen und Märkte zu verstehen: x Technologieexperten sollten ein breites, generelles Wissen aufweisen, um potenzielle Anwendungen für lizenzierbare Technologien aufzuzeigen. Diese Experten können von technischen Vereinigungen, Universitäten oder Forschungszentren sein. Ein Technologieexperte sollte einerseits Anwendungen für bestehende Technologien finden und andererseits die wirtschaftliche Bedeutung der Anwendungen abschätzen können. Die Herausforderung besteht dabei darin, über Branchengrenzen hinweg zu denken. x Industrieexperten sollten ein breites Wissen über Anwendungen in den jeweiligen Märkten haben. Ihr Ziel ist es, Anwendungsideen der Technologieexperten zu hinterfragen und kommerziell zu bewerten. Konvertierungspartner: Die Konvertierungspartner helfen dabei, die identifizierten Geschäftsmodelle in Lizenzeinnahmen oder Kapitalbeteiligungen umzuwandeln. Unter Umständen sind die Konvertierungspartner dabei nicht im Unternehmen selbst angestellt. Es kann unterschieden werden zwischen Maklern, Konsolidierern und Geschäftsförderern: x Makler haben Kontakt zu potenziellen Käufern und helfen dabei, den Marktwert einer Lizenz zu bestimmen. Es empfiehlt sich, den Makler in Bezug auf den Anwendungsmarkt auszuwählen. x Konsolidierer stellen Intellectual Property Pakete zusammen, beispielsweise wenn es erforderlich ist, ein Technologieportfolio aufzubauen, das noch weitere Schutzrechte von anderen Unternehmen benötigt. x Geschäftsförderer sind häufig Anteilskapitalgeber, die Unternehmen helfen können, auf Intellectual Property basierte Geschäftsmodelle aufzubauen. Sie liefern branchenspezifisches Management-Wissen und operatives Know-how.
Herausforderungen der Patentverwertung Trotz des steigenden Trends, Patente als strategischen Hebel im Management einzusetzen und auch über die interne Nutzung in Produkten und Prozessen Patente zu verwerten und zusätzlichen Mehrwert zu schaffen,
136
Verwertung von Patenten
sehen sich Unternehmen auch einigen Herausforderungen gegenüber. Die Technologiemärkte, auf denen Patente gehandelt werden können, sind oft intransparent. Zudem besteht weiterhin Bedarf an einheitlichen und anerkannten Bewertungsmethoden für Patente (Kamiyama, Sheehan und Martinez 2006). Oft scheitern Verhandlungen zu einem Lizenzabkommen an der Einigung über die finanziellen und auch nicht-finanziellen Konditionen. Auch hohe Transaktionskosten, die Identifizierung eines Verwertungspartners und fehlende Ressourcen stellen Barrieren der Patentverwertung dar (Gambardella et al. 2007, Gassmann et al. 2010). Wegweisend für die Verwertung von Patenten ist, welche Entscheidungen wie getroffen werden und welche Herausforderungen sie mit sich bringen. Entscheidungen bei der Patentverwertung: x Keep or Sell: Welche Technologien, Produkte oder Geschäftsmodelle haben das Potenzial, auslizenziert zu werden? Was soll behalten, was verkauft werden? x Make or Buy: Was soll selbst erbracht, was einlizenziert werden? x Exklusivität: Sollen exklusive oder nicht-exklusive Lizenzen vergeben werden? x Umfang und Inhalt der Transaktion: Soll das Patent mit oder ohne Wissenstransfer auslizenziert werden? Welche Leistungen sind mit der Lizenz verbunden, von der reinen Patentnutzung bis zum vollen Knowhow-Transfer und Prozessbegleitung? x Zeitpunkt: Wann ist der richtige Zeitpunkt der Lizenzierung (abhängig von Entwicklungsphase der Technologie, Marktsituation, strategischer Ausrichtung des Unternehmens, etc.)? x Regionale Abgrenzung: Für welche Region ist die Lizenz gültig, zum Beispiel für Deutschland oder weltweit? x Verwertungskanal: Wird das Patent selbst direkt an einen Dritten auslizenziert, oder soll auf die Unterstützung von Patentintermediären (beispielsweise Patent Broker, Patentauktionen) zurückgegriffen werden? x Industrie: Soll die Lizenz innerhalb oder außerhalb der eigenen Industrie vergeben werden? Herausforderungen bei der Patentverwertung: x Risikomanagement: Abwägen der Motive für Lizenzierung gegenüber der Risiken, das Kerngeschäft zu schwächen. x Identifizierung des Lizenzpartners: Ist kein potenzieller Lizenzpartner bekannt, müssen Wege zur Identifikation dessen gefunden werden.
Herausforderungen der Patentverwertung
137
x Ressourcenmanagement: Lizenzaktivitäten erfordern (teilweise nicht unerhebliche) Ressourcen. Diese sollten klar definiert werden. x Preisfindung: Aus Mangel an standardisierten, allgemein anerkannten Bewertungsverfahren stellt die Preisfindung beim Transfer von Patenten nach wie vor eine große Herausforderung dar. Erfolgsfaktoren zur Verwertung von Patenten • Intellectual Property ist wie ein materielles „Produkt“ zu behandeln; das Geschäftsmodell ist entscheidend. • Ausrichten der Verwertungsaktivitäten an der Geschäfts-, F&Eund Patentstrategie. • Geeignete organisationale Strukturen etablieren und Ressourcen klar zuteilen. • Im Zentrum steht der potenzielle Kundennutzen und davon abgeleitet das Marktpotenzial. Wichtig dabei: Kundennutzen ist subjektiv, technische Leistungsfähigkeit ist zweitrangig. • Die Bewertung von Technologien, die sich noch in der Frühphase befinden, ist sehr aufwendig; von großer Bedeutung ist daher die Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells. • Frühzeitig auf Qualität achten, keine Ladenhüter zum Verkauf anbieten; diese schädigen den Ruf einer Technologieunternehmung. • Technologieentwicklungen sind in der Regel Sunk Costs; bereits investierte Kosten sind nicht entscheidungsrelevant; für potenzielle Käufer sind nicht die bisherigen Entwicklungskosten, sondern die zukünftig erforderlichen Investitionen, Risiken und erwarteten Einnahmen entscheidend.
V.
Organisation des Patentmanagements
„You don’t know how lucky you are if you know where your inventors are!“ Dr. Frank Cuypers Former Head of Intellectual Property, Swiss Re
Wertschöpfung in Organisationsformen In KMU wird die Patentverantwortung häufig durch den Geschäftsführer übernommen, der in der Regel mit einem externen Patentanwalt zusammenarbeitet. Ersatzweise ist der Entwicklungsleiter für die Patente verantwortlich. Patentstreitigkeiten erfordern in der Regel immer die Involvierung des Geschäftsführers. Bei Großunternehmen lassen sich vier alternative Organisationsformen für die strategische und operative Wahrnehmung von Patentverantwortung unterscheiden (Abb. V.1): 1. Intellectual Property Stabsabteilung. 2. Intellectual Property integriert in die Geschäftsbereiche. 3. Externe Technologiegesellschaft: ausgelagerte, eigenständige externe Organisation; Patentverwaltung. 4. Externe Patentanwälte. (1) Intellectual Property Stabsabteilung. Die Intellectual Property Aktivitäten werden durch eine eigene Stabsabteilung geführt. Dabei können diese auch als eigenständiges Profit-Center bilanziert werden. Sie berichten direkt an die Geschäftsleitung oder den Vorstand des Unternehmens. In zahlreichen Unternehmen ist die Intellectual Property Abteilung zwar als eigenständige Stabsabteilung organisiert, berichtet jedoch an eine übergeordnete Rechtsabteilung oder an den Chief Financial Officer, beispielsweise Schindler bis Ende der 90er Jahre. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die zentrale Patent- und Markenabteilung in den zentralen Stabsbereich des Vorstandsvorsitzenden einzugliedern und diese zusätzlich auch an den für die F&E verantwortlichen
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
140
4
Organisation des Patentmanagements
Externe Patentanwälte
3 Externe Technologiegesellschaft
Geschäftsleitung
1
IP-Stabsabteilung
2
IP integriert in Geschäftsbereiche
Abb. V.1. Alternative Organisationsformen für Patentabteilungen
Chief Technology Officer berichten zu lassen, beispielsweise Infineon in den ersten Jahren nach der Ausgründung von Siemens. Dies hat einerseits den Vorteil für die Geschäftsführung, auch Gesamtunternehmen bezogene und strategische Aktivitäten ohne direkte Abhängigkeit von den Geschäftsgebieten zentral durchführen zu können und andererseits intern nur eine Schnittstelle für Intellectual Property Aktivitäten zu haben. Nachteilig ist hier die fehlende gegenseitige Kontrolle, die beispielsweise zwischen getrennten Rechts- und Patentabteilungen möglich ist. Insbesondere im anglo-amerikanischen Wirtschaftsraum wird zunehmend bezweifelt, ob eine in die Rechtsabteilung integrierte Intellectual Property Abteilung aufgrund der sehr unterschiedlichen Anforderungen in ihrer Handlungsfähigkeit nicht stark eingeschränkt wird (Rivette und Kline 2000b). Patentanwälte haben in der Regel als Ausgangsbasis einen ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Hintergrund, während in Rechtsabteilungen naturgemäß Juristen tätig sind. Des Weiteren muss eine Patentabteilung im Rahmen von Portfoliomanagement und Lizenzaktivitäten sehr unternehmerisch denken und agieren. Es ist deshalb fraglich, ob eine übergeordnete Rechtsabteilungshülle derartige Eigenschaften unterstützen sowie geeignete Experten akquirieren und halten kann. Das 600 Mitarbeiter starke, mittelständische Unternehmen Erbe Elektromedizin hat eine eigene Stabsstelle mit einem Verantwortlichen und einer Administrationskraft für den Bereich Intellectual Property eingerichtet. Betreut werden etwa 40 Patentfamilien, 20 Marken und etwa 16 Erfindungsmeldungen pro Jahr.
Wertschöpfung in Organisationsformen
141
(2) Intellectual Property integriert in die Geschäftsbereiche. Die Geschäftsbereiche übernehmen die vollständige Verantwortung für das Management von Intellectual Property. Aufgrund der hohen Integration kann spezifisches Wissen in für den Geschäftsbereich relevante Geschäftsaktivitäten und Technologien und Produkte optimiert werden. Problematisch sind übergeordnete Lizenzierungsaktivitäten, welche über den Geschäftsbereich hinausgehen. Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer unterhält pro Geschäftsbereich eine eigene Rechts- und Patentabteilung. Diese Abteilungen sind vorwiegend für die Betreuung der Erfinder, das Ausarbeiten der Patentanmeldungen und die Verfahrensführung zuständig. Auch die Geschäftsbereiche des Elektrokonzerns Siemens bauen in zunehmendem Maße eigene Patentkoordinatoren auf. So genannte IP-Manager kümmern sich innerhalb von zahlreichen Geschäftsbereichen um alle Intellectual Property Belange und agieren als Schnittstelle zur zentralen Intellectual Property Abteilung. Vorteilhaft ist hier die Nähe der IP-Manager zu den Erfindern in den Bereichen, sowohl fachlich, organisatorisch als auch räumlich. (3) Externe Technologiegesellschaft. Soll Profit-/Loss-Verantwortung wahrgenommen werden, bietet eine eigenständige, ausgelagerte Organisation ideale Voraussetzungen und Freiräume, diese wahrzunehmen. Im Gegenzug steigt allerdings die Schwierigkeit, eine derartige Organisation operativ und in Abstimmung zur Interessenlage des Mutterunternehmens zu steuern. Lassen sich strategische oder finanzielle Zielsetzungen über einen Aufsichtsrat (beziehungsweise einen Verwaltungsrat) einbringen, so ist eine inhaltliche Steuerung meist erschwert. Häufig sind deshalb Schlüsselpersonen des Unternehmens zusätzlich auch Mitglied der Geschäftsleitung der externen Organisation. In einigen Fällen bietet die externe Organisation sogar den weiteren Vorteil einer steuerlichen Optimierung. Die Vorteile der Optimierung über Steuergrenzen hinweg nutzt der Nahrungsmittelkonzern Nestlé über seine Technologiegesellschaft Nestec, die auch als Technologieverwertungsgesellschaft operiert und rechtlicher Eigentümer von sämtlichem Intellectual Property ist, welches durch die F&E generiert wird (Abb. V.2). Nestecs Aktivitäten sind in die drei Kategorien „Innovative Forschung“, „Vorsorgeforschung“ und „Forschungsunterstützung“ unterteilt. Nestec stellt den NestléGesellschaften Dienstleistungen in den Bereichen F&E, technische Mittel, IT und Logistik, Marketing, Finanzierung und Human Resources zur Verfügung. Die Gesellschaften erhalten dabei Zugang zu:
142
Organisation des Patentmanagements
x Wissen und Erfindungen, die aus Grundlagenforschung hervorgegangen sind. x Prozessen, Infrastrukturen und Produkten, die aus angewandter Forschung hervorgegangen sind. x Normen und Qualitätsstandards, die im Nestlé-Konzern angewendet werden. x Fertigungs-Know-how, für das die Unterstützung von speziell ausgebildeten Ingenieuren erforderlich ist. Nestec nimmt somit die Rolle eines Beratungsunternehmens ein, das über alle Technologien, alle Patente und alle Marken der Nestlé-Produkte verfügt und sich vollkommen selbst finanziert. Patente nehmen dabei eine zentrale Rolle als Einkommensquelle ein: Den weltweiten Nestlé-Gesellschaften werden für die Nutzung des geistigen Eigentums von Nestec bis zu 5% Lizenzgebühren für den Technologietransfer in Rechnung gestellt. Vorteilhaft ist sowohl die enge Kontrolle über Technologien bei Gründung von Gesellschaften oder der Verlagerung von Produktionsstandorten in Drittländer, als auch die Möglichkeit, technische Innovationen und Prozesse global und konzernübergreifend zu verbreiten. Als Nebeneffekt lassen sich die Steuern länderübergreifend optimieren: Am Standort der F&E fallen Kosten an, am Standort der Produktion/Vertrieb fallen Gewinne an. Da die Flexibilität von Steueroptimierungen über Transferpreise bei materiellen Gütern (zum Beispiel Komponenten,
Produktionsstandorte Dienstleistungen, Know-how
Lizenzzahlungen Nutzungsrechte
Patente F&E-Zentren F&E-Finanzierung Geldfluss Dienstleistungs- und Know-how-Fluss Intellectual Property Fluss
Abb. V.2. Technologieverwertungsmodell am Beispiel Nestlé
Technologieverwertungsgesellschaft
Wertschöpfung in Organisationsformen
143
Produkte) durch die Steuerbehörden stark begrenzt ist, weichen multinationale Unternehmen zunehmend auf die Preisgestaltung beim Transfer von immateriellen Gütern aus. Durch die Entkopplung von F&E, Kosten und Einnahmen via Lizenzen entsteht Flexibilität.
hoch
IP-Abteilung externalisiert
IP-Abteilung als eigenständiger Geschäftsbereich niedrig
Veränderungserfordernis durch Geschäftsprozesse < intern >
(4) Externe Patentanwälte. Die meisten Unternehmen greifen auf externe Patentanwälte zurück. Dies erfolgt aufgrund einer zunehmenden Konzentration auf Kernkompetenzen innerhalb von Unternehmen. KMU können sich häufig keinen voll ausgebildeten, angestellten Patentanwalt leisten. Das Technologieunternehmen Hexagon lässt Patentanmeldungen ausschließlich extern durchführen. Intern werden diese Aktivitäten allerdings über eine Patentmanagementfunktion zentral koordiniert. Großunternehmen greifen insbesondere dann auf externe Kanzleien zurück, wenn hohe Anforderungen an zeitliche Flexibilität und Spezialisierung bei gleichzeitig großer räumlicher Verteilung bestehen. Infineon, ehemals viertgrößter Patentanmelder in Deutschland, setzt vorwiegend auf die Verfahrensführung durch externe Kanzleien. Die Kanzleien sind zwar zentral mandatiert und werden regelmäßig einer zentral koordinierten Qualitätsprüfung unterstellt; sie werden aber dezentral von den F&E-Gruppen der Geschäftsbereiche direkt kontaktiert und mit der Ausarbeitung von Patentanmeldungen beauftragt. Das Konsumgüterunternehmen Henkel greift bei elektrotechnisch basierten Erfindungen vorzugsweise auf externe Kanzleien zurück, da diese Spezialisierung unter den internen Patentanwälten nicht besteht. Die Auswahl der richtigen Organisationsform hängt stark von der aktuel-
IP-Abteilung integriert niedrig
hoch
Veränderungserfordernis durch Branchencharakteristika < extern >
Quelle: In Anlehnung an Hutzschenreuter (2001)
Abb. V.3. Situativer Aufbau einer Intellectual Property Organisation
144
Organisation des Patentmanagements
len Situation des Unternehmens sowie von dessen Strategie und Zielen ab. Wichtig sind dabei die Dimensionen Änderungsgrad der Geschäftsprozesse und Änderungsgrad der Branchencharakteristika (Abb. V.3). Bei der Auslagerung ist wichtig, dass nicht sämtliches Wissen abgebaut und ausgelagert wird. Ein Mindestmaß an technischem Wissen ist erforderlich, um spezifizieren und Patentpotenziale bewerten zu können.
Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements Das Patentmanagement in Unternehmen bewegt sich in zahlreichen Spannungsfeldern, welche zu berücksichtigen sind. Operative Patentanmeldung versus strategisches Portfoliomanagement. Einerseits werden einschlägige Experten benötigt, welche die operativen Patentanmelde- und Erteilungsverfahren führen, intern Fachberatung anbieten und rechtliche Auseinandersetzungen für das Unternehmen koordinieren können. Andererseits nehmen die Anforderungen im Bereich PortfolioAufbau und -Pflege stetig zu, da die Kosten für Patente ansteigen und die strategische Bedeutung von Patenten wächst. Viele Großunternehmen haben in Folge dessen zusätzlich zur Patentabteilung ein Patent-Portfoliomanagement aufgebaut, welches in der Wertschöpfungskette vor dem Service der Patentabteilung steht und eng mit der Entwicklung in den Geschäftsbereichen vernetzt ist. Gleichzeitig besteht hier jedoch die Gefahr, dass die strategische Abteilung zum „Papiertiger“ wird, wenn diese zu sehr vom operativen Geschäft abgekoppelt ist. Zentralität versus Dezentralität. Einerseits sollen für das gesamte Unternehmen bestimmte Funktionen wahrgenommen werden, beispielsweise die Betreuung von Patentrechtsstreitigkeiten oder die Verfügbarkeit einer einheitlichen Infrastruktur. Wenn andererseits den Geschäftsbereichen ausreichend Eigenständigkeit bei der Verwertung von Schutzrechten eingeräumt werden soll, empfiehlt sich eine Aufsplittung von zentral und dezentral strukturierten Patentaktivitäten. Bayer unterhält zentral in der Konzernholding eine Patentabteilung, die insbesondere Governance Funktionen wahrnimmt. Die Geschäftsbereiche tragen die volle Profit- und Loss-Verantwortung (Abb. V.4). Bis vor kurzem unterhielt jede der dezentralen Geschäftsbereiche darüber hinaus eine eigene Patent- und Rechtsabteilung, welche die jeweiligen Intellectual Property Belange betreute.
Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements
145
Unternehmensleitung Corporate Center
Servicegesellschaft
Arbeitsgesellschaft
Arbeitsgesellschaften
Servicegesellschaften Dezentrale Patentabteilungen (P&L) Zentrale Patentabteilung (Kanzlei, EV, TM) Zentrale Patentabteilung (Litigation, IPM)
Abb. V.4. Bayer balanciert zwischen Zentralität und Dezentralität
Globalität
Regionalität
Globalität und Regionalität. Wenn ein Unternehmen auf zahlreiche Entwicklungs- und Forschungsstandorte zurückgreift, die an unterschiedlichen Standorten ansässig sind, so stellt sich häufig das Problem einer ausreichenden Patentbetreuung der Erfinder einerseits und den damit erforderlichen Ressourcen in Bezug auf Verfügbarkeit und Kosten andererseits. Das Halbleiterunternehmen Infineon hat in der zentral organisierten IP Abteilung jeweils den Geschäftsgebieten zugeordnete Patentmanager, die als Schnittstelle zu den Erfindern fungieren. Darüber hinaus unterhält die Patentabteilung in bestimmten Ländern und Regionen eigene AblegerOrganisationseinheiten. Die Geschäftsgebiete halten pro Standort beziehungsweise pro Projektgruppe in den Regionen Koordinatoren als AnZentrale IP-Abteilung
Geschäftsbereiche (BUs)
IP-global
IP-Manager (BU)
IP-regional
IP-Koordinatoren (regional) Erfinder / Entwickler / F&E (lokal)
Abb. V.5. Infineon balanciert zwischen Globalität und Regionalität
146
Organisation des Patentmanagements CTO Vice President Intellectual Property
Senior Patent Portfolio Manager
Intellectual Property Sites
Business Licensing
Senior IP Counsel – Technology Area 1 Senior IP Counsel – Technology Area 2 Senior IP Counsel – Technology Area 3 Senior IP Counsel – Technology Area 4
Senior IP Counsel – Technology Area n
Intellectual Property Specialist Functions
France Germany Belgium Italy USA Canada China
IP & VP Rights Acquisition IPR Transactions Trademarks CTO Functions Operations & Information
Abb. V.6. Alcatel balanciert zwischen Generalistentum und Spezialistentum
sprechpartner in den F&E-Abteilungen, die vor Ort als lokale Erstansprechpartner und als Schnittstelle zur zentralen Patentabteilung operieren. Dafür stehen den Koordinatoren 5% der Arbeitszeit zur Verfügung (Abb. V.5). Generalistentum und Spezialistentum. Innerhalb der Intellectual Property Abteilung wird häufig eine Aufteilung in verschiedene Aufgabenbereiche vorgenommen. Dies ermöglicht eine Spezialisierung der einzelnen Mitarbeiter insbesondere auf technische Gebiete, die von einzelnen Experten breit abgedeckt werden können, beispielsweise indem Recherche- und Anmeldetätigkeit in einer Hand liegen. Eine weitere Spezialisierung kann in Bezug auf unterschiedliche Rechtsräume und Geschäftszonen erfolgen. In Kombination führt eine derartige „zweidimensionale“ Spezialisierung zu einer Matrix-Organisation. Aktivitäten die zentral für das Unternehmen geführt und koordiniert werden sollen, wie Intellectual Property Transaktionen, Patentverwaltung oder Markenbetreuung, werden deshalb häufig global aus jeweils einer Organisationseinheit heraus betrieben. Das Telekommunikationsunternehmen Alcatel hat eine zentral organisierte Intellectual Property Abteilung mit einer Matrixstruktur. Diese weist global-zentrale Funktionen sowie spezialisierte Technologiesparten auf und erstreckt sich über Standorte mit Intellectual Property relevanten F&ETätigkeiten (Abb. V.6).
Erfinderkultur als Katalysator
147
Erfinderkultur als Katalysator Ein wesentlicher Bestandteil der Innovationskultur geht auf die Fähigkeit der Mitarbeiter eines Unternehmens zurück, Ideen zu entwickeln und diese in marktfähige Technologien, Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Zur Umsetzung der Patentstrategie wird deshalb unter Berücksichtigung der Geschäftsinteressen Einfluss auf die Erfindungsaktivitäten genommen. Hierfür eignet sich insbesondere die Einführung eines Anreizsystems, das diejenigen Erfindungen (stärker) honoriert, welche Gebiete von besonderer Bedeutung betreffen. Mit geeigneten Maßnahmen lässt sich gezielt eine Erfinderkultur schaffen: x Breiten Zugang zu allen Informationsquellen sicherstellen. x Kommunikationsverantwortlichkeiten und Rollen klären. x Gemeinsamen Team-Kodex erarbeiten. x Regelmäßig Feedback geben und Reviews machen. x Gesellschaftliche Veranstaltungen zum persönlichen Austausch fördern. x Erfolgsstories aktiv kommunizieren. x Bei Projektabschluss Projekt-Debriefings durchführen. x Break-Out Sessions, um Distanz zum Tagesgeschäft herzustellen. x Experimentier-Räume einrichten, zur Förderung von Versuchen. Der Schweizer Industriekonzern Georg Fischer setzt bisher auf ein rein monetäres Anreizsystem zur Stimulation von Erfindungen, das nationale Verpflichtungen, wie beispielsweise die Arbeitnehmererfindervergütung mit berücksichtigt. Wichtig ist dabei, dass das Anreizsystem von den Beteiligten als fair wahrgenommen wird, insbesondere dann, wenn Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen und Standorten des Unternehmens als Team gemeinsam an Projekten tätig sind. Eine relevante Ausgangsgröße für Vergleiche sind dabei die durchschnittlichen Gehälter der Standorte. Des Weiteren sind Transparenz, breite Kommunikation und angemessene Schulung erforderlich. Unterstützung muss seitens der F&E-Leitung beziehungsweise dem Technischen Vorstand vorliegen, wenn das Programm als seriös und nachhaltig wahr- und angenommen werden soll. Der Rückversicherer Swiss Re hat ein Anreizsystem für Erfindungen mit monetären und nicht monetären Komponenten eingeführt. Die Erfinder werden in einer Hall of Fame im Intranet aufgeführt und geehrt. Begleitet ist dies von einem Anerkennungsschreiben von einem Geschäftsleitungsmitglied und gegebenenfalls auch kleinen Geschenken. Endress+Hauser publizierte einen Geschäftsbericht, dessen Umschlag die Portraits aller Erfinder zierte – ein starkes Zeichen nach innen (Erfinder, Mitarbeiter) und außen (Kunden).
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Organisation des Patentmanagements Geschäftsleitung als strategischer Auftraggeber
Linie mit spezifischen Aufträgen
Patentabteilung als interner Dienstleister
Abb. V.7. Ebenen der Kundenbeziehung einer internen Patentabteilung
Patent- und Markenabteilung als Dienstleister Patent- und Markenabteilungen bewegen sich als interne Dienstleister in einem Spannungsfeld zwischen strategischer Steuerung einerseits sowie Vermittlungs- und Leistungserbringung andererseits (Loebbert 2000). Die Pflege der internen Kundenbeziehungen erfolgt dabei auf den drei Ebenen (Abb. V.7): x Geschäftsleitung: Der Auftrag der Geschäftsleitung an die Patentabteilung muss klar und eindeutig sein. Die verbreitete Vorgabe bezüglich Anzahl der Patente reicht bei weitem nicht. Wichtig sind eindeutige Aussagen zur strategischen Stoßrichtung (vergleiche Kap. II). x Linie: Die Leistungserstellung für den internen Klienten muss ausgewogen sein (Geben & Nehmen, Pflichten & Rechte). x Patentabteilung: Die Moderationsrolle zwischen strategischem Auftraggeber und den übrigen Klienten ist ausgewogen auszufüllen. Zu den Aufgaben einer Patent- und Markenabteilung zählen daher: x Abklärung von Erfindungen und Markenanfragen. x Produktive Förderung von Erfindungen. x Verfahrensführung für Patente, Marken und andere Schutzrechte zuzüglich Monitoring externer Kanzleien. x Beratung, Unterstützung, Recherchen, Due Diligences (Methodik, Analyse, Support, Patentstrategie). x Erfindervergütung für Arbeitnehmer und Anreizsysteme/Incentives. x Standardisierungsthemen. x Patent-Portfoliomanagement (Database- und Information Management).
Kosten und Nutzen einer Patentabteilung
149
x Administration der Patent- und Markenprozesse (Fristen, Gebühren). x Verbesserungsvorschlagswesen. x Wissensmanagement (Ideenmanagement, Stand der Technik Überblick, Erfindungsmeldungen, eigene Patente, Patente Wettbewerber). Die Leistungserbringung von zentralen Patentabteilungen steht in vielen Unternehmen immer wieder im Fokus der Kritik: Der Dienstleistungsaspekt wird in zahlreichen Unternehmen vergessen. Stattdessen verhalten sich einige Patentabteilungen als Zensoren und Verhinderer anstatt als Katalysatoren der Innovation. Den Verantwortlichen fällt es dabei häufig schwer, ausgehend von Nutzen und Kosten der Leistungserbringung rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und diese in einem ausgewogenen Verhältnis zu balancieren.
Kosten und Nutzen einer Patentabteilung Die direkten Kosten einer bestehenden Patent- und Markenabteilung sind relativ leicht zu ermitteln. Neben Personalkosten sind Infrastrukturkosten sowie Kosten von extern bezogenen Leistungen zu berücksichtigen, wie Recherchekosten, Kanzleikosten und Gebühren. Relativ schwierig hingegen ist die Betrachtung der Kosten des gesamten Intellectual Property Management Prozesses, unter Berücksichtigung aller internen und externen Beteiligten. Es hat sich deshalb in zahlreichen Unternehmen vorteilhaft erwiesen, eine Kostentransparenz auf Basis von Einzelaktivitäten beziehungsweise Prozessschritten einzuführen. Diese sind intern nach dem Verursacherprinzip zu verrechnen. Dabei wird die Gesamtleistung auf Leistungsgruppen aufgeteilt. Es entsteht somit ein Regulativ zwischen dem erwarteten Nutzen sowie dem Aufwand und den damit verbundenen Kosten der Leistungserbringung. Im Rahmen der Verrechnung von Einzelleistungen bestehen verschiedene Verrechnungsmodelle: x Umlagenverrechnung. x Stundenverrechnung. x Fallpauschalenverrechnung. Bei der Umlagenverrechnung werden die anfallenden Kosten auf die unterschiedlichen Anspruchsgruppen, beispielsweise Geschäftsbereiche, verteilt. Zur Verrechnung dienen dann häufig die Kostenstellen. Als Kriterien für den Verteilerschlüssel können der Umsatz der Unternehmensbereiche,
150
Organisation des Patentmanagements
Patentabteilungen erbringen Dienstleistungen Dienstleistungen sind Leistungsangebote, die sich generell durch vier Merkmale auszeichnen: • Unmittelbarkeit: Herstellung und Verbrauch beziehungsweise Verwendung fallen zeitlich zusammen. • Nichtgreifbarkeit: Die Leistung ist physisch nicht oder nur schwer greifbar. • Kundenbeziehung: In der Regel findet ein persönlicher Kontakt statt. • Kundenbeteiligung: Der Kunde ist an der Erstellung der Dienstleistung beteiligt. Es stellen sich deshalb typischerweise auch besondere Herausforderungen an den Umgang und insbesondere an die externe Beschaffung von Dienstleistungen: • Die Art und Qualität der Dienstleistung ist heterogen und daher nur schwer standardisierbar. • Eine Dienstleistung ist nicht von der Interaktion mit dem Kunden loslösbar, sondern erfolgt im sozialen Kontext. • Dienstleistungen sind nicht lagerbar, es ist somit keine Vorratshaltung möglich. • Dienstleistungen sind vor deren Bezug nur schwer zu testen. • Der Bezieher einer Dienstleistung kann häufig weder das Ergebnis noch den Prozess qualitativ beurteilen, zum Beispiel welcher Aufwand tatsächlich betrieben wurde. Die vorgestellten Eigenschaften im Umgang mit Dienstleistungen treffen sowohl für die Leistungserbringung durch eine interne Patent- und Markenabteilung für eine Fachabteilung, als auch für die Leistungserbringung durch externe Patentanwaltskanzleien zu.
deren F&E-Budget oder die Anzahl der F&E-Mitarbeiter herangezogen werden. Der Vorteil dieser Verrechnungsart besteht in dem geringen Aufwand. Nachteilig wird in der Praxis häufig die geringe Beeinflussbarkeit und Transparenz der Umlageschlüssel empfunden. Die Stundenverrechnung, analog zu externen Leistungserbringern, ist durch hohe Transparenz und Genauigkeit geprägt. Der interne Aufwand ist
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
151
jedoch in der Regel ungleich höher und birgt die Schwierigkeit der Zuordnung von nicht direkt verrechenbaren Stunden. Die Fallpauschalenverrechnung stellt einen Kompromiss dar, da hinreichende Genauigkeit mit einem vertretbaren Aufwand erreicht werden kann. Besonders geeignete Arbeitsvorgänge zur Pauschalisierung sind die Ausarbeitung von Anmeldungen, Bescheiden und Gutachten, administrative Portfoliopflege sowie Auskünfte. Andere Leistungsvorgänge, wie Verletzungsangelegenheiten oder Innovationsberatung, sind aufgrund des sehr fallspezifischen Aufwandes nur schwer pauschalisierbar und werden daher in der Regel dennoch nach Aufwand verrechnet. Der generelle Nachteil von Verrechnungsmodellen besteht in der Dominanz von Partikular- und Geschäftsbereichsinteressen im Sinne von „Wer zahlt, schafft an“. Noch problematischer als die Kosten wird immer stärker der Nutzen einer Patent- und Markenabteilung diskutiert. Mit anderen Worten: Wie hoch sind die Opportunitätskosten, wenn keine Patent- und Markenabteilung existieren würde? Der direkt monetär messbare Nutzen über Lizenzeinnahmen stellt in der Regel den kleinsten Teil dar. Viel gewichtiger zeigt sich der schwer nachweisbare Nutzen, dass Wettbewerber ein gutes Patent nur schwierig umgehen konnten und daher kein Imitator als Konkurrent tätig ist (temporäre Monopolgewinne). Das Ausmaß, in dem die Wettbewerber durch eigene Patente effektiv blockiert sind, lässt sich nur in Ausnahmefällen feststellen (zum Beispiel Gore-Tex-Patent). Praktisch lassen sich diese Blockadeeffekte jedoch kaum monetär bewerten. Leistungsbeurteilung Der Konsumgüterhersteller Henkel wendet als Kennzahl zur Beurteilung der Qualität der Anmeldetätigkeit der Patentabteilung die Zahl der Einsprüche gegen eigene Patente an. Dies erscheint eine einfache und effektive Kennzahl zu sein.
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten Auch bei der Leistungserbringung im Intellectual Property Bereich stellt sich die Frage, welche Tätigkeiten durch Mitarbeiter des eigenen Unter-
152
Organisation des Patentmanagements
nehmens und welche extern erbracht werden sollen. Operative Gründe für Outsourcing sind: x Geringe eigene Kapazität und wechselnde Kapazitätsauslastung. x Geringe Expertise auf Randgebieten oder neuen technologischen Gebieten. x Sorgfältigkeitsnachweis für die gesamten Prozesse, beispielsweise für US-Verfahren. Aus strategischen Gründen werden sinnvoller Weise zumindest diejenigen Tätigkeiten im Unternehmen selbst erbracht, die einen besonders hohen Entscheidungs- und Koordinationsbestandteil aufweisen und einen engen Kontakt zu internen Informationsquellen erfordern. Hierzu zählen insbesondere: x Entwicklung von strategischen Patentclustern. x Aufbau von Intellectual Property Know-how als Kernkompetenz, beispielsweise Biotech-Unternehmen. x Organisatorische Koordination und Qualitätsmanagement ausgelagerter Prozesse. x Inanspruchnahme von Erfindungen. x Arbeitnehmererfindervergütung. x Konsistentes Patent-Portfoliomanagement. x Corporate Budget-Management. Aus rechtlichen Gründen kann eine Beauftragung von externen Experten erforderlich sein, beispielsweise bei x Vertretungszwang vor Gerichten oder Ämtern. x Gutachtenerstellung, beispielsweise bei Patentverletzung. x Wahrung der Unabhängigkeit oder Vertraulichkeit, beispielsweise im US-Discovery-Verfahren. Generell ist bei der Auslagerung von unternehmerisch bedingt unterschiedlichen Interessenlagen zwischen dem beauftragenden Unternehmen einerseits und dem beauftragten externen Dienstleister andererseits auszugehen. So möchten Unternehmen beispielsweise wechselnde Kapazitätsauslastungen ausgleichen und möchten häufig aus Kostengründen nur Anwaltsleistung, nicht aber administrative Leistungen beziehen. Demgegenüber ist die mandatierte Kanzlei an einer möglichst gleichmäßigen Auslastung interessiert und möchte ihre administrativen Leistungen verkaufen.
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
153
Auslagerung des Patentprozesses? Vorteile durch externe Bearbeitung: • • • •
Hohe Flexibilität, auch bei schwankender eigener Nachfrage. Geringe Investitionen. Reduktion von Strukturkosten (zum Beispiel Infineon). Klar definierte Aufträge.
Vorteile bei mehreren Kanzleien (Multiple Sourcing): • • • •
Geringere Abhängigkeit von einer einzelnen Kanzlei. Kostenoptimierung durch Wettbewerb. Schnelle Umsetzung durch Parallelarbeit. Second Opinion bei kritischen Fällen.
Nachteile der externen Bearbeitung: • Oft höhere Kosten. • Größerer Aufwand für Qualitätsmanagement. • Zum Teil unzureichende Produktkenntnisse.
Beim Outsourcing sind die Kosten-/Nutzenaspekte sorgfältig zu eruieren. Hauptschwierigkeit ist dabei die Bewertung des einer ausgelagerten Tätigkeit zugrunde liegenden Aufwands sowie die Beurteilung der erhaltenen Qualität. Qualitätsmanagement im ausgelagerten Patentanmeldeprozess Wichtig beim Qualitätsmanagement ist das grundlegende Verständnis, dass das Ergebnis der extern erbrachten Dienstleistung wesentlich vom eigenen Beitrag abhängig ist. Eine umfassende Qualitätsbeurteilung bewertet daher nicht nur die extern erbrachte Leistung, sondern auch die Qualität des internen Beitrags. Beim Patentanmeldeprozess bewerten deshalb interne Experten die Leistungen der externen Patentanwaltskanzleien und Recherchebüros (Rating). Die Leistungserbringung des eigenen Unternehmens, beispielsweise betreffend der Informationsversorgung oder der Verfügbarkeit von qualifizierten
154
Organisation des Patentmanagements
Ansprechpartnern, wird im Gegenzug durch die externen Leistungserbringer beurteilt (Reverse Rating). Zur Bewertung werden unterschiedliche Bewertungskategorien herangezogen. Als Bewertungskategorien eignen sich sowohl für das Rating als auch das Reverse Rating: x Beschaffung. x Qualität. x Logistik. Pro Kategorie werden verschiedene qualitative und quantitative Kennzahlen und Indikatoren bewertet die jeweils mit einem Gewichtungsfaktor beaufschlagt werden. Die Ergebnisse der Bewertungskategorien werden wiederum nochmals mit Gewichtungsfaktoren beaufschlagt, so dass schlussendlich ein Rating und ein Reverse Rating Ergebnis vorliegt. Es empfiehlt sich eine regelmäßige und möglichst kontinuierliche Durchführung des Bewertungsprozesses. So kann sowohl an Maßnahmen und Zielen zur Verbesserung gearbeitet werden, als auch Vergleiche zwischen verschiedenen externen Anbietern vorgenommen werden. In den folgenden zwei Aufstellungen sind beispielhaft Indikatoren für Rating und Reverse Rating dargestellt (Tabelle V.1 und Tabelle V.2). Qualitätseigenschaften von Dienstleistungen Die Qualitätsbestimmung von extern bezogenen Dienstleistungen ist sehr wichtig und hat Einfluss auf deren Beschaffung. So beruhen die Qualitätseigenschaften von Dienstleistungen auf: •
Erfahrungsqualität: vor Erbringung ist die Qualität der Dienstleistung nicht und nachher nur durch Experten beurteilbar.
•
Referenzqualität: auch nach Erbringung ist die Qualität der Dienstleistung nicht oder nur bedingt beurteilbar (Michel 2003).
Insbesondere bei Auslagerung der Ausarbeitung und Verfahrensführung von Patentanmeldungen lässt sich häufig erst Jahre später beurteilen, welche Qualität tatsächlich erbracht wurde, beispielsweise als wie rechtsbeständig sich ein erteiltes Patent schlussendlich erweisen wird.
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
155
Tabelle V.1. Bewertung durch interne Patentabteilung (Rating) 1. Beschaffung 1.1 Kostenperformance bei Erstanmeldungen 2. 2.1 2.2 2.3
Qualität Anmeldungen, Einsprüche Internationale Kooperation Empfehlungen in Prüfungsund Auslandsnachanmeldeverfahren 2.4 Erfinderfeedback 2.5 Unterstützung aus dem Bereich 3. Logistik 3.1 Erfüllungsgrad interner und externer Fristen 3.2 Durchflusszeit im Anmeldeprozess 3.3 Unterstützung IP-Verwaltung 3.4 Flexibilität, z.B. kurzfristige Anmeldungen 3.5 Verbesserung des elektronischen Kommunikationsprozesses Gesamtauswertung
Gewichtung: 20% 100%
Erfüllung: … %
100/…
Gewichtung: 45% 40% 10% 20%
Erfüllung: … %
40/… 10/… 20/…
15/… 15/…
15% 15%
40/…
Gewichtung: 35% 40%
20/…
20%
20/… 10/…
20% 10%
10/…
10%
Erfüllung: … %
Gesamterfüllungsgrad: … %
156
Organisation des Patentmanagements
Tabelle V.2. Auswertung durch externe Kanzleien (Reverse Rating) 1. Beschaffung 1.1 Rechtzeitiger Zahlungseingang 1.2 Kosten internationaler Anwälte 2. Qualität 2.1 Qualität der Erfindungsmeldung
Gewichtung: 20% 80% 20%
Erfüllung: … %
80/… 20/…
Erfüllung: … %
45/…
Gewichtung: 45% 45%
15/…
15%
20/… 20/…
20% 20%
40/…
Gewichtung: 35% 40%
30/…
30%
30/…
30%
• Struktur • Figuren, Diagramme • Stand der Technik Dokumente • Beschreibung der Erfindung • Ausführungsbeispiele
2.2 Notwendigkeit der Ergänzung der Erfindungsmeldung nach Gespräch 2.3 Hintergrundsinformationen 2.4 Qualität der internationalen Anwälte 3. Logistik 3.1 Zeitmanagement
Erfüllung: … %
• Klare Fristen • Regelmäßiger Erfindungszugang • Abschätzung Erfindungsmeldungszugang • Rechtzeitige Entscheidung für Nachanmeldungen im Ausland
3.2 Erfinderkontakt • Aktualisierte Erfinderadressen • Nennung Haupterfinder • Persönlicher Kontakt mit Erfinder möglich • zügige Erfinderreaktion
3.3 Kontakte mit anderen • IP-Manager / IP-Koordinator • IP-Referent • IP-Verwaltung • Internationale Anwälte
Gesamtauswertung
Gesamterfüllungsgrad: … %
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
157
Integration externer Patentanwälte: Infineon Technologies Das Halbleiterunternehmen Infineon Technologies geht auf die Ausgründung des Halbleiterbereichs des Elektrokonzerns Siemens im April 1999 zurück. Infineon zählte bereits damals weltweit zu den Top-Ten der Halbleiterunternehmen und verfügte über ein Patentportfolio von über 20.000 Patenten und Patentanmeldungen zum Zeitpunkt der Ausgründung. Ausgangsphilosophie seitens Infineon war es, möglichst schnell vom ehemaligen Mutterkonzern unabhängig zu werden. Da zahlreiche Dienstleistungen zuvor zentral von Siemens zur Verfügung gestellt aber nicht mit ausgegründet worden waren, sollte vor allem im Dienstleistungsbereich verstärkt auf extern verfügbare Quellen zurückgegriffen werden. Hiervon betroffen waren insbesondere die Patent- und Markenabteilung. Aufgrund dieser Ausgangssituation gab es unterschiedliche Perspektiven: x Schlussfolgerung seitens Infineon: „Wie kann die bisherige Halbleiterpatentabteilung von Siemens noch möglichst lang zur Unterstützung verpflichtet werden?“ x Schlussfolgerung seitens Siemens: „Was soll mit der bisherigen Halbleiterpatentabteilung geschehen?“ – Interne Absorption und Verselbständigung als externe Kanzlei. Beim Aufbau einer Intellectual Property Betreuung waren kurz- und langfristige Ziele zu balancieren. Kurzfristig war es erforderlich, die bisherige Intellectual Property Betreuung vollständig von Siemens auf Infineon bis zum, nur ein Jahr später im April 2000, geplanten Börsengang überzuleiten. Langfristig sollte eine eigene, wettbewerbsfähige Intellectual Property Betreuung mit anspruchsvollem Serviceangebot aufgebaut werden. Die Randbedingungen wiesen allerdings hohe Risiken für den Aufbau einer internen Patentabteilung auf. Es war eine sehr hohe Zahl von Erfindungs- und Patentanmeldungen zu bearbeiten. Im Geschäftsjahr 1998/99 wurden jährlich bereits mehr als 1.000 Patentanmeldungen eingereicht. Des Weiteren lag ein sehr hoher aktiver Aktenbestand mit über 10.000 Akten vor. Eine große Zahl an Verletzungs- und anderen Rechtsstreitigkeiten und ein generell hoher Beratungsbedarf, wie beispielsweise für Produkt Clearings und Redesign stellten hohe Anforderungen an Beratungskapazität und -qualität. Demgegenüber war am Arbeitsmarkt für den High-Tech-Bereich Halbleitertechnologie mit einer nur geringen Anzahl an frei verfügbaren IPProfessionals zu rechnen. Darüber hinaus bestand generell eine starke Nachfrage nach freien IP-Professionals am Arbeitsmarkt. Die geschilderte Ausgangsposition legte die Auslagerung der Leistungserbringung im Patentanmeldeprozess nahe. Des Weiteren war es offensicht-
158
Organisation des Patentmanagements
lich, dass das Leistungspaket auf mehrere externe Patentanwaltskanzleien aufgeteilt werden musste. Ein umfangreiches Maßnahmenpaket wurde von Infineon und Siemens aufgesetzt, um die Eigenständigkeit der Intellectual Property Aktivitäten bei Infineon zu ermöglichen. Etwa ein Drittel des Fachpersonals der SiemensHalbleiterpatentabteilung konnte erfolgreich als eigenständige Kanzlei verselbständigt werden. In diesem Rahmen sicherte Infineon der Kanzlei temporär Mindestbezugsgrößen zu. Des Weiteren hatte die bisher für den Halbleiterbereich zuständige Patentabteilung von Siemens bereits Beziehungen zu einem externen Kanzleinetzwerk. Spitzenlasten wurden bereits als so genannte „Kollegenarbeit“, allerdings ohne Mandatsvergabe ausgelagert. Aus diesen Aktivitäten lagen Beziehungen zu etwa 30 Kanzleien in Deutschland vor, auf die nun verstärkt zugegriffen werden sollte. Eine Übergangsregelung zwischen Siemens und Infineon sicherte Infineon die temporäre Unterstützung durch ein Abwicklungsteam der SiemensPatentabteilung und die Kontinuität der Verwaltungsabwicklung zu. Parallel wurde bei Infineon mit dem Aufbau einer eigenen Intellectual Property Abteilung begonnen. Voraussetzung für die Auslagerung von Intellectual Property Prozessen war aber der Aufbau einer spezifischen Infineon IT-Infrastruktur, um eine so genannte „Kanzlei-Fähigkeit“ herzustellen (Abb. V.8).
Intellectual Property Betreuung Patentabteilung Siemens*
Patentabteilung Infineon
6 100% Patentanmeldungen und Verfahrensführung (Prosecution)
Externe Kanzleien
Siemens interne Halbleiterpatentabteilung
1 Jahr
April 2000
* Abwicklungsteam der Siemens-Patentabteilung
Abb. V.8. Überphasung der Leistungserbringung auf externe Kanzleien
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
159
Auswahl geeigneter Patentanwaltskanzleien. Ziel bei Infineon war es, möglichst wenige Kanzleien zu mandatieren, um eine möglichst große Steuerbarkeit beizubehalten. Ein wichtiges Selektionskriterium war, dass die Kanzleien über ausreichend technisch-spezifisch qualifizierte Mitarbeiter verfügten und dass die Möglichkeit bestand, diese Kenntnisse auszuweiten. Die technisch relevanten Gebiete betrafen vorwiegend die Halbleitertechnologie und die Nachrichtentechnik sowie das Sicherheits-Knowhow. Wichtig war zudem die generelle Handlungsbereitschaft der Kanzleien, beispielsweise ein bestimmtes Wachstum durch die Einstellung von weiteren Mitarbeitern zu realisieren. Des Weiteren wurde seitens Infineon versucht, eine Lösung für die Problematik bei Single-Sources zu finden. In relevanten Themengebieten wurde deshalb versucht, zumindest eine zweite, hinreichend qualifizierte und geeignete Kanzlei zu mandatieren. Hierdurch sollten später Leistungs- und Preisvergleiche vereinfacht und auch Kapazitätsverlagerungen praktikabel durchführbar werden. Besonders entscheidend war bei der Selektion jedoch, inwiefern eine Kanzlei bereit und auch in der Lage war, nicht nur Neuanmeldungen sondern auch laufende Verfahren zu übernehmen. Im Durchschnitt stand das Mengenverhältnis etwa eins zu vier: Pro Neuanmeldung mussten vier laufende Anmeldeverfahren übernommen werden. In diesem Punkt waren natürlich diejenigen Kanzleien generell im Vorteil, die vorher bereits als verlängerte Werkbank für die Siemens-Halbleiterpatentabteilung „Kollegenarbeit“ geliefert hatten. Bei der Auswahl wurde seitens Infineon auf eine möglichst starke Standardisierung gesetzt: x Infineon hat Standardschnittstellen zu Kanzleien geschaffen: zum Beispiel Kanzleianwälte – Infineon Patentabteilung; zum Beispiel Kanzleianwälte – Erfinder. x Entscheidungsabläufe wurden standardisiert. x Technische Applikationsfelder und Korridore für Kanzleikapazitätsbedarf wurden identifiziert. x Die „Kanzlei-Fähigkeit“ Infineons war eine wichtige Voraussetzung um Outsourcing zu ermöglichen: beispielsweise der Aufbau einer spezifischen IT-Infrastruktur für die Patent- und Markenverwaltung. Qualitätsmanagement. Um die Qualität der externen Patentleistungen zu evaluieren, wurde ein starkes, pragmatisches und konsequentes Qualitätscontrolling etabliert. Hierzu wurde die Einkaufsabteilung von Infineon maßgeblich mit einbezogen. Bei der Aushandlung der Konditionen mit den Kanzleien waren Preis und Leistung, einschließlich Zeiterfordernisse, fester
160
Organisation des Patentmanagements
Bestandteil der Verhandlungen. Mit den Kanzleien wurden auf dieser Basis anschließend Rahmenverträge erstellt. Durch Ausarbeitung eines standardisierten Qualitätscontrolling-Prozesses, welcher quantitative und qualitative Aspekte abdeckte, und Erfinder, Patentabteilung und Kanzleien mit einbezog, konnte die Leistung von externen Anwälten besser beurteilt werden und somit bei weiteren Auftragsvergaben berücksichtigt werden.
INTERN
Fazit. Infineon hat den operativen Patentanmeldeprozess weitestgehend ausgelagert (Abb. V.9). Während intern der Fokus auf Strategie-, Koordinations- und Entscheidungsprozessen liegt, wird extern eine schnelle und bedarfsgerechte Verfahrensführung von Patentanmeldungen gesichert, die zu einem minimalen Rückstau an in Bearbeitung befindlichen Patentanmeldungen geführt hat. • Erfindungsmeldung
• Auftragsvergabe
• Portfolioerfassung
• Bewertung
• Erfindereinverständnis
• Entscheidung
• Zustimmung
• Corporate und BUPortfoliomanagement • IP-Strategie
• Inanspruchnahme
• Erfindervergütung • Budget-Management
EXTERN
Erfindung
Anmeldung
• Anmeldungsentwurf • Einreichung bei den Patentämtern • Berichterstattung
Anmeldeverfahren
IP-Portfoliomanagement
• Verfahrensführung vor den Patentämtern • Nachanmeldungen • Einsprüche • Berichterstattung
Abb. V.9. Interne und extern ausgelagerte Prozesse bei Infineon Technologies
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
161
Erfolgsfaktoren für den Leiter Patente 1.
Rückhalt und Unterstützung sowohl von Top-Management, Linien-Management und Projektleitern.
2.
Ressourcenbestimmung und -festlegung betreffend Headcounts und finanziellem Rahmen.
3.
Interne Vernetzung: Verfügbarkeit von internen Spezialisten sowie dezentralen, unterstützenden Koordinatoren, beispielsweise in der F&E.
4.
Zusammenarbeit der Abteilungen Intellectual Property, F&E und Marketing/Vertrieb.
5.
Förderung einer angemessenen Erfinderkultur einschließlich eines adäquaten Anreizsystems.
6.
Regelmäßiges Patent Awareness Training sowie Aus- und Weiterbildung bei F&E, Management und Marketing/Vertrieb sowie der Intellectual Property Abteilung.
7.
Bewertungs- und Selektionssystematik für Erfindungen und Patentportfolio mit entsprechenden Prozessen, Teams und Tools unter Berücksichtigung von Kosten-/Nutzenaspekten: Patentportfoliomanagementkriterien.
8.
Abwehr von Abmahnungen und Patentverletzungsverfahren durch schnelle Verfügbarkeit eines zentral koordinierten Kernteams, das auch dezentral auf Spezialisten und Entscheidungsbefugte zurückgreifen kann.
9.
Lizenzierung und Durchsetzung von Schutzrechten unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von geeigneten Schutzrechten, den finanziellen Mitteln sowie den eigenen Fähigkeiten.
10. Controlling sowie materielle und immaterielle Anreize für alle Beteiligten, beispielsweise Erfinder oder Lizenzierungsexperten.
VI. Branchenspezifisches Patentmanagement
„Ein Patent ist nie besser als das Rechtssystem des Landes, in dem es erteilt ist.“ Dr. Christof Wilk Vice President Patents, Henkel
Die Wirkung von Patenten ist stark branchenabhängig (Mansfield 1986; Levin et al. 1987; Ernst und Omland 2003). Im Folgenden wird dabei auf einige branchenspezifische Ausprägungen des Patentmanagements eingegangen.
Pharma und Chemie In der Pharma- und Chemiebranche sowie in der Biotechnologiebranche entfalten Patente eine effektive und wirksame Monopolwirkung in Bezug auf die zu schützenden Wirkstoffe und Produkte (Thumm 2001; Gassmann et al. 2008). Insbesondere in der Pharmabranche besteht eine hohe Abhängigkeit der Produkte vom Patentschutz. Einerseits sind Einnahmen von so genannten Blockbuster-Produkten mit Umsätzen jeweils über 1 Milliarde US-Dollar, und einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von über 20% nur durch Patentschutz erzielbar. Andererseits baut der gesamte Generika-Markt auf bioäquivalenten Produkten auf, deren Patentschutz abgelaufen ist. Der Generika-Markt wird weltweit auf 27 Milliarden US-Dollar mit einem zukünftigen durchschnittlichen Jahreswachstum von 13% geschätzt – im Extremfall können durch GenerikaProdukte bereits in den ersten Monaten nach Ablauf des Patentschutzes über 50% Umsatzeinbussen verursacht werden (Reuters 2003). Besonders betroffen sind dementsprechend Pharmaunternehmen, die einen hohen Blockbuster-Anteil am Gesamtumsatz aufweisen, wie beispielsweise Pfizer (> 80%), AstraZeneca (> 40%), Eli Lilly (> 40%) und Schering-Plough (> 50%) oder beispielsweise Amgen (> 60%), TAP (> 90%) und Novo Nordisk (> 50%). O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
Branchenspezifisches Patentmanagement
Umsatz
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Zeit
Erfindung/ PatentProduktPatentanmeldung erteilung einführung (Zulassung)
Auslauf des Auslauf der Basis-Patents Patentschutzverlängerung Auslauf späterer Patente
Verlängerung des Patentschutzes durch: • Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel • „Orphan Drug“-Bestimmungen • Verlängerung für pädiatrische Medikamente Wertsteigerung des Produktes durch: • neuer Wirkstoff • neue Indikation Anmeldung weiterer Patente Verteidigung gegen Patentverletzer max. 14 Jahre 20 Jahre
max. 5 Jahre (Verlängerung)
Abb. VI.1. Verlängerung des Schutzes durch Patente in der Pharmaindustrie
In der Pharmaindustrie ist es deshalb eine große Herausforderung, den Umsatz mit erfolgreichen Produkten vor rapider Preiserosion zu bewahren, diese mit Ablöseprodukten zu ersetzen und ein proaktives Patentmanagement zu betreiben (Abb. VI.1). Dieses baut insbesondere auf folgenden Säulen auf: x Verlängerung des effektiven Patentschutzes durch a) ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel für maximal 5 Jahre; b) so genannte Orphan-Drug-Bestimmungen für Nischenmedikamente mit zusätzlichem Schutz von 7 Jahren in den USA und maximal 10 Jahren in der EU; c) Schutzverlängerung für pädiatrische Medikamente für 6 Monate in den USA. x Ständige Wertsteigerung der Produkte durch neue Wirkstoffe und neue Indikationen.
Pharma und Chemie
165
x Aggressive Verteidigung der Schutzrechte gegenüber Patentverletzern. x Umsatzsicherung nach Ablauf des Patentschutzes durch Wechsel des Medikamentenstatus zum freiverkäuflichen Medikament (OTC-Drug) oder Einführung einer Generika-Marke. x Verminderung der Abhängigkeit von Schlüsselprodukten durch Investitionen in Lebenszyklus- und Portfoliomanagement, Lizenzvergabe an Dritte sowie Durchführung von Mergers & Acquisitions. In der Chemiebranche gilt laut Bayer-Technologieexperte Dujardin: „Wer die Formel hat, hat die Macht.“ In Bezug auf den Umgang mit Patenten, Lizenzierung und Marktstrukturen in der chemischen Industrie werden Patente in Verbindung mit anderen Instrumenten eingesetzt, beispielsweise Geheimhaltung. Dies gilt insbesondere für Verfahrensinnovationen. Je nach zugrunde liegendem Wissensgebiet wird versucht, ganze Technologiegebiete mit Patentclustern abzudecken. Lizenzabkommen sind häufig Bestandteil von Technologiepaketen. Generell besteht eine zunehmende Bereitschaft der Unternehmen ihre Produkte und Technologien zu lizenzieren (Tabelle VI.1). Tabelle VI.1. Lizenzaktivitäten größerer Chemieunternehmen Rang
Unternehmena
Anzahl an Lizenzen in % der Gesamtinvestitionenb
1 2 3 4 5 6 8 9 10 11 14 15 16 17 18
Bayer BASF Hoechst Du Pont Dow ICI UCC Shell Exxon Amoco Mobil Air Liquide Monsanto Montedison Enichem
21 20 20 16 5 3 44 32 23 35 25 21 41 45 8
Durchschnittc
27
Quelle: Arora (1997) a
Reihenfolge nach Umsatz in der Chemiesparte gemäß Aftalian-Liste (1991). Gesamtinvestition = Anzahl neuer Produktionsstätten zwischen 1980 und 1990. c Durchschnittsbildung auf Basis der jeweiligen Anzahl an neuen Produktionsstätten. Dieser Wert bleibt fast unverändert auch ohne die Ölunternehmen Amoco, Exxon, Mobil und Shell.
b
166
Branchenspezifisches Patentmanagement
Biotechnologie Die Biotechwissenschaften sind älter als vielen bewusst ist. Bereits 1873 wurde Louis Pasteur ein Patent für gereinigte Hefe erteilt. 1953 wurde die DNA-Doppelhelix entdeckt, die zur kommerziellen Nutzung der Gentechnologie seit den 80er-Jahren des letzten Jahrtausends führte. Medikamente wie etwa menschliches Insulin zur Behandlung von Diabetes, Erythropoietin zur Behandlung von Anämie und monoklonale Antikörper zur Krebstherapie basieren auf biotechnologischen Herstellungsverfahren. In der Landwirtschaft wird die Biotechnologie zur Veränderung von Pflanzen verwendet, um diese widerstandsfähiger gegen Krankheiten, Herbizide oder schwierige Umweltbedingungen zu machen oder um die Erträge zu steigern (Europäisches Patentamt 2009a). In den letzten Jahrzehnten war die Biotechnologie einer der am schnellsten wachsenden und stets unter den zehn führenden technischen Gebieten, was die Zahl der beim Europäischen Patentamt eingereichten Patentanmeldungen betrifft (Abb. VI.2). Etwa die Hälfte dieser Anmeldungen stammt aus wissenschaftlichen Instituten und Hochschulen. Da dieser Wissenszweig vielfältige Bereiche von Mikroorganismen bis zur Landwirtschaft und medizinischen Anwendungen abdeckt und sich auf in der Öffentlichkeit umstrittene Techniken und Erzeugnisse erstreckt, wie etwa
8.000
7.597
7.000
Patentanmeldungen
6.000 5.000 4.000 3.000
2.858
2.000
Erteilte Patente
1.000 0
t 2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Quelle: Europäisches Patentamt (2009a)
Abb. VI.2. Beim EPA eingereichte Patentanmeldungen und vom EPA erteilte Patente im Bereich der Biotechnologie
Biotechnologie
167
genetisch veränderten Pflanzen, das Klonen von Tieren oder die Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen, werden Patente hier lebhafter diskutiert als in anderen technischen Bereichen. Die Patentierung von biotechnologischen Erfindungen wirft daher eine Fülle von Fragen auf í nicht nur rechtliche oder wirtschaftliche, mit denen sich die Fachleute beschäftigen müssen, sondern auch ethische und gesellschaftliche. Die Patentierung polarisiert, obwohl zahlreiche Studien angefertigt wurden (OECD 2003a, Straus 2003, Thumm 2001, Thumm 2003, Dutfield 2003): Für die einen ist sie wichtig für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklung, für die anderen bedeuten Patente eine unzulässige Kommerzialisierung von Leben oder eine Hemmschwelle für den freien Wissensaustausch. In Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) und der Gruppe für Wissenschaft und Forschung (GWF) hat die Stiftung Science et Cité hierzu verschiedene Standpunkte illustriert (Stiftung Science et Cité 2004): Wie weitreichend soll der Patentschutz sein? Der Schutzumfang eines Patents muss dem Stellenwert der Erfindung entsprechen. Der Erfinder soll nicht für mehr belohnt werden als für das, was er mit seiner Erfindung zur Bereicherung des allgemeinen Wissens beigetragen hat. Das Biotechnologieunternehmen Genentech hinterlegte 1983 beim Europäischen Patentamt eine Patentanmeldung, die einen durch gentechnologische Methoden hergestellten menschlichen Plasminogenaktivator (tPA) betraf. tPAs sind Proteine, die verschiedene Funktionen im Blutgerinnungsprozess haben und sich daher auch zur Verwendung als Medikament eignen. Nach Prüfung der Patentanmeldung wurde im Jahr 1989 ein Patent für tPA erteilt, das alle möglichen Funktionen des tPAs umfasste. Das Patent beschrieb allerdings nur eine spezifische Funktion des menschlichen tPAs. Da der breite Patentschutz für ungerechtfertigt befunden wurde, legten mehrere Firmen beim Europäischen Patentamt Einspruch gegen das Patent ein. Vor allem aufgrund der ungenügenden Beschreibung der Erfindung wurde das Patent auf die konkret in der Patentanmeldung genannte Funktion beschränkt. Sind Stammzellen patentierbar? Bei der Beurteilung der Patentierbarkeit von Stammzellen kam ein von der Europäischen Union eingesetztes Ethikfachgremium zum Schluss, dass isolierte, nicht modifizierte Stammzellen und Stammzelllinien nicht patentiert werden sollten. Modifizierte Stammzellen wurden von diesem Gremium jedoch als patentierbar angesehen. Im Fall des so genannten Edinburgh-Patents (EP 695 351 í Patentinhaber ist die Universität Edinburgh) wurde vom Europäischen Patentamt für ein Verfahren ein Patent erteilt, mit dem eine reine Kultur von Stammzellen erhalten werden kann. Das Patent hat heftige Kontroversen ausgelöst, da das Verfahren nicht nur auf tierische, sondern auch auf menschliche emb-
168
Branchenspezifisches Patentmanagement
ryonale Stammzellen angewendet werden kann. Nach Einspruch von diversen Parteien wurde der Geltungsbereich des Patents auf so genannte adulte Stammzellen, die aus erwachsenen Organismen gewonnen werden, eingeschränkt. Menschliche und tierische embryonale Stammzellen wurden somit für dieses Patent vom Patentschutz ausgeschlossen. Die Patentinhaberin Universität Edinburgh zog dann aber schlussendlich das Patent in zweiter Instanz im Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem Europäischen Patentamt in der mündlichen Verhandlung zurück í vierzehn Jahre nach Patentanmeldung. Missbrauch des Patentschutzes: Beispiel Brustkrebsgene. Die USFirma Myriad Genetics hat seit 2001 in Europa verschiedene Patente für veränderte und natürliche Brustkrebsgene erhalten. Diese spielen in der Diagnose von vererbbarem Brustkrebs eine wichtige Rolle. Als Folge dieser Patenterteilung müssen Labors, die diese Gene für Diagnosetests benutzen, von Myriad eine Lizenz nehmen. Dies entspricht zwar der gängigen Praxis, jedoch hat sich Myriad entschlossen, Lizenzen nur zurückhaltend zu erteilen und einen Großteil der Tests selber durchzuführen. Die Folge: Die schon existierenden Tests werden um ein Vielfaches teurer und es besteht die Gefahr der Monopolisierung. Ärzte und Patientenorganisationen haben das Vorgehen von Myriad und die Auswirkungen der Patentierung von menschlichen Genen heftig kritisiert. Verschiedene Biotechnologische Erfindungen / Biotechpatente Nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) sind „biotechnologische Erfindungen“ Erfindungen, die ein Erzeugnis, das aus biologischem Material í wie DNA-Sequenzen, Gene oder Eiweißstoff (Proteine) í besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird, zum Gegenstand haben (Regel 26 (2) EPÜ). „Biologisches Material“ ist jedes Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann (Regel 26 (3) EPÜ). Dazu zählen auch lebende Organismen und DNA. „Biotechpatente“ sind Patente für biotechnologische Erfindungen und können auch pflanzliche, tierische oder menschliche Zellen, Gewebe, Organe oder gentechnisch veränderte Tiere und Pflanzen sowie gentechnisch verändertes Saatgut umfassen.
Biotechnologie
169
Organisationen haben beim Europäischen Patentamt Einspruch gegen diese Patente eingelegt. Im Mai 2004 entschied eine Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts, dass das „Myriad/Brustkrebspatent“ EP 699 754 widerrufen wird. Forschung trotz Patenten möglich. In der Biotechnologie ist die Nutzung von grundlegenden Verfahren beispielsweise zur Isolierung von Genen wesentlich, um forschen zu können. Stehen solche Verfahren aufgrund von Patenten nicht oder nur zu hohen Kosten zur Verfügung, kann die Forschung darunter leiden. Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR í Polymerase Chain Reaction) ist ein elementares Verfahren der Gentechnologie, mit dem sehr kleine Mengen von DNA beliebig vervielfältigt werden können. Die Vervielfältigung löst das Problem, dass genetisches Material oft nur in äußerst geringen Mengen vorliegt und sich so einem direkten Nachweis oder einer Analyse entzieht. Das PCR-Verfahren wurde zum Gegenstand zahlreicher Patente. Diese Patente haben die Forschung ermöglicht, da durch die Vergabe von Lizenzen die Technologie von anderen genutzt werden konnte. Dies wird durch die exponentielle Zunahme der Anzahl wissenschaftlicher Publikationen unter Verwendung der PCR-Technologie zwischen 1987 und 1997 belegt, die nach der Publikation des PCR-Patents erschienen sind. Generell gilt, dass bei der Erteilung von Lizenzen die Kosten für die Forschungsvorhaben steigen können, weil Lizenzgebühren entrichtet werden müssen. Gerade in der Grundlagenforschung sind die Kosten ein wichtiger Faktor. Genetische Ressourcen – kontrollierte Nutzung. Die Nutzung und Patentierung von genetischen Ressourcen soll mit dem Wissen und einer kommerziellen Beteiligung der Ursprungsländer und der lokalen Bevölkerung geschehen. Um einem Missbrauch vorzubeugen, wird unter anderem vorgeschlagen, dass der Patentanmelder klare Angaben zur Herkunft der genetischen Ressourcen in der Patentanmeldung macht. Diese Pflicht zur „Angabe der Quelle“ wird heute international diskutiert. Das 1994 vom Europäischen Patentamt erteilte Patent EP 436 257 der US-amerikanischen Agro-Firma W. R. Grace und des US-Landwirtschaftsministeriums für ein Verfahren zur Bekämpfung von Pilzen bei Pflanzen hat international heftige Diskussion ausgelöst. Für die Pilzbekämpfung wird das Öl von natürlich vorkommende Samen des Neem-Baums (Niembaum) eingesetzt. Diese Eigenschaft des Neem-Baums ist seit Jahrhunderten in Indien bekannt und wird dort genutzt. Aufgrund der bekannten Nutzung in Indien wurde das Patent nach Einsprache verschiedener Parteien im Mai 2000 widerrufen. Unter den Einsprechenden war die Initiative „Neem Campaign“ die in Indien seit 1993 gegen Neem-Baum betreffende Patente vorgeht. Die Entscheidung wurde dann nach Beschwerde der Patentinhaber im März 2005
170
Branchenspezifisches Patentmanagement
Was ist „Biopiraterie“? Der Begriff „Biopiraterie“ kann verschiedene Probleme umschreiben, welche beim Zugang zu genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen oder bei deren kommerziellen Nutzung auftreten können: • Aneignung von genetischen Ressourcen oder traditionellem Wissen ohne Zustimmung des Herkunftslandes beziehungsweise der indigenen Gemeinschaft, welche dieses Wissen geschaffen hat. • Allfällige Gewinne, welche aus der kommerziellen Nutzung von genetischen Ressourcen oder traditionellem Wissen entstehen und die nicht mit dem Herkunftsland beziehungsweise der indigenen Gemeinschaft geteilt werden. • Schutz von traditionellem Wissen durch Immaterialgüterrechte – meist Patente – ohne dass der Inhaber dieser Immaterialgüterrechte selber innovativ tätig gewesen wäre. Dem Rechtsinhaber wird mit anderen Worten vorgeworfen, er habe das traditionelle Wissen lediglich „abgekupfert“. Zur Bekämpfung der „Biopiraterie“ diskutieren verschiedene internationale Foren Maßnahmen, darunter auch solche mit Bezug auf das Patentsystem. Dazu gehören die Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen und der Nachweis für einen legalen Zugang zu diesen Ressourcen in der Patentanmeldung sowie die Schaffung von Datenbanken für traditionelles Wissen. Quelle: Stiftung Science et Cité (2004)
durch die technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts bestätigt, da fungizide Wirkungen von Pflanzenölen vielfach bekannt seien und es daher keiner erfinderischen Tätigkeit bedurfte, bekannte Rezepturen auch auf bislang ungenutzte Pflanzen anzuwenden. Damit endete eine über zehn Jahre andauernde Auseinandersetzung um die weltweit erste Klage gegen ein Biotechpatent, das von verschiedenen Organisationen als „Biopiraterie“ angeprangert wurde.
Biotechnologie
171
Die Praxis des EPA im Bereich biotechnologischer Erfindungen Im Folgenden ist ein Original-Auszug aus dem Leitfaden des Europäischen Patentamts (2009a) über „Rechtslage und Patentierungspraxis bei biotechnologischen Erfindungen in Europa“ dargestellt: Damit biotechnologische Erfindungen patentiert werden können, müssen sie grundsätzlich dieselben Kriterien erfüllen wie Erfindungen auf jedem anderen technischen Gebiet. Patente können nur für Erfindungen erteilt werden, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Im Laufe der Zeit hat sich eine spezifische rechtliche Definition der Neuheit herausgebildet, wonach „neu“ soviel bedeutet wie „(erstmals) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“. Das heißt zum Beispiel, dass ein Gen, das in einem Organismus vorliegt, dessen Existenz aber unbekannt und deshalb für die Öffentlichkeit „verborgen“ war, patentiert werden kann, wenn es von diesem Organismus isoliert oder mithilfe eines technischen Verfahrens hergestellt wird, sofern auch alle weiteren Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Aufgrund der Besonderheiten der Biotechnologie und ihrer ethischen Implikationen gelten bei der Beurteilung der Patentierbarkeit einer Erfindung auf diesem Gebiet jedoch besondere Vorschriften. EU-Gesetzgebung. In Europa kam in den späten 80er Jahren eine Debatte über Biotechnologiepatente in Gang mit dem Ziel, die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen zu klären und die Gesetze der EU-Mitgliedstaaten in diesem Bereich zu harmonisieren. Dies führte zur Verabschiedung der EU-Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen. Diese Richtlinie wurde inzwischen von allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt. 1999 beschlossen die EPÜ-Vertragsstaaten, die Richtlinie als sekundäres Recht in die Ausführungsordnung zum EPÜ aufzunehmen. Gemeinsam mit den EPÜ-Artikeln zum materiellen Patentrecht bilden diese Vorschriften im EPA die Grundlage für die Entscheidung über die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen. Mit der Übernahme der EU-Richtlinie in das EPÜ wurde die Praxis des EPA im Bereich der Biotechnologie bestätigt, ethischen Erwägungen zugleich aber stärker Rechnung getragen. So bejaht die Richtlinie zum Beispiel die Patentierbarkeit von isoliertem biologischen Material, auch wenn es in der Natur schon vorhanden war. Sie bestätigt ferner, dass Pflanzen oder Tiere patentierbar sind, wenn die Ausführung der Erfindung (beispielsweise eine genetische Veränderung) technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist (Regeln 27a und 27b) EPÜ). Zudem kann eine Erfindung zu Gensequenzen patentiert werden, sofern die gewerbliche Anwendbarkeit der Sequenz in der Patentanmeldung konkret beschrieben ist und alle übrigen Patentierbarkeitserfordernisse erfüllt sind (Regel 29 (3) EPÜ).
172
Branchenspezifisches Patentmanagement
Ausgeschlossen ist laut Richtlinie jedoch die Patentierung des gesamten menschlichen Körpers in all seinen Entwicklungsphasen (Regel 29 (1) EPÜ). Dasselbe gilt für Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen, Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des Menschen und die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken. Von der Patentierbarkeit ausgenommen sind ferner Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mithilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere. Dieser Ausnahmenkatalog ist nicht abschließend (Regel 28 EPÜ). Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA. Neben den Bestimmungen des EPÜ und der EU-Richtlinie bilden die Rechtsprechung der Technischen Beschwerdekammern des EPA und die Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer eine weitere Richtschnur für die Beurteilung der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen nach dem EPÜ. Im November 2008 erging eine grundlegende Entscheidung über Stammzellkulturen: In der Sache WARF/Thomson (G 2/06) entschied die Große Beschwerdekammer, dass nach dem EPÜ kein Patent für eine Erfindung erteilt werden kann, die zwangsläufig mit der Verwendung und Zerstörung menschlicher Embryonen einhergeht. Dabei betonte die Große Beschwerdekammer jedoch, dass ihre Entscheidung sich nicht mit der allgemeinen Patentierbarkeit menschlicher Stammzellen befasst. Im Einklang mit der EU-Richtlinie entschied die Große Beschwerdekammer im Fall G 1/98, dass Pflanzen grundsätzlich patentiert werden können, wenn keine spezifische Pflanzensorte in einem Erzeugnisanspruch genannt ist. In einem anderen, noch anhängigen Fall zu Pflanzen wurde die Große Beschwerdekammer ersucht, sich mit der genauen Bedeutung von „im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren“ zu befassen. Es wurde insbesondere die Frage gestellt, wo genau die Grenze zu ziehen ist zwischen der klassischen Züchtung, Kreuzung und Selektion und modernen Züchtungsmethoden, die neue technische Mittel wie etwa genetische Marker verwenden. Beispiele für patentfähige biotechnologische Erfindungen. x Gene und Nukleinsäuremoleküle (zum Beispiel krankheitsbezogene Gene zur Diagnostik oder für das Antisense-Verfahren, siRNA-Moleküle zur Therapie). x Proteine (zum Beispiel Insulin, Erythropoietin zur Therapie, Zellrezeptoren zum Arzneimittel-Screening). x Enzyme (zum Beispiel Proteasen für Waschpulver, zellulose abbauende Enzyme zur Herstellung von Biokraftstoffen). x Antikörper (zum Beispiel zur Krebsbehandlung, für Schwangerschaftstests oder zur Diagnostik). x Viren und Virussequenzen (zum Beispiel Hepatitis-C-Virus und HIV für Blutuntersuchungen und zur Entwicklung von Impfstoffen und Therapien). x Zellen (zum Beispiel hämatopoetische Stammzellen zur Behandlung von Leukämie).
Biotechnologie
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x Mikroorganismen (zum Beispiel Bakterien zur Bioremediation, Hefe zur Nahrungsmittelherstellung). x Pflanzen (zum Beispiel herbizidresistente Sojabohne; „Goldener Reis“, der viel Provitamin A enthält; dürreresistente Pflanzen; Algen und genetisch veränderte Hefen, die der Atmosphäre CO2 entziehen). x Tiere (zum Beispiel Krankheitsmodelle für Forschungszwecke wie zum Beispiel die genetisch veränderte „Krebsmaus“; Spendertiere für Xenotransplantationen; milchproduzierende Tiere, die in der Milch Arzneimittel erzeugen). Beispiele für nicht patentfähige biotechnologische Erfindungen. x DNS-Sequenzen ohne bekannte Funktion (zum Beispiel Expressed Sequence Tags (ESTs) als Ergebnis automatischer Sequenzierung). x Genetisch veränderte Tiere, die ohne wesentlichen medizinischen Nutzen leiden, wie zum Beispiel ein genetisch verändertes Tier, das nur für Kosmetiktests verwendet wird. x Pflanzensorten (bereits geschützt durch das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen, zum Beispiel Äpfel der Sorte „Golden Delicious“). x Tierrassen (zum Beispiel Holstein-Rind). x Menschliche Embryonen. x Verfahren, die zwangsläufig mit der Verwendung und Zerstörung menschlicher Embryonen einhergehen. x Menschliche Keimzellen (Sperma, Eizellen). x Mensch-Tier-Chimären.
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Branchenspezifisches Patentmanagement
Kein Patent für Pflanzenzüchtungen Mit herkömmlichen Verfahren hergestellte Pflanzensorten sind von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Im Falle eines Patents für Mais mit einem erhöhten Ölgehalt wurde die Patenterteilung aufgrund dieser Regelung widerrufen. Das von der Firma DuPont im Jahr 1995 beim Europäischen Patentamt angemeldete Patent umfasste generell Maiskörner mit erhöhtem Ölgehalt, das aus diesen Maikörnern gewonnene Öl sowie die Verwendung des Öls in Lebensmitteln. Der Mais wurde aus einer Kreuzung zweier verschiedener Maispflanzen gewonnen, wovon eine chemisch verändert (mutiert) worden war. Greenpeace, das Bischöfliche Hilfswerk Misereor sowie die Regierung von Mexiko haben das Patent angefochten. Das Patent wurde unter anderem deswegen zurückgewiesen, weil der Mais als Züchtung und damit als nicht patentierbar angesehen wurde. Hätte das Unternehmen das gleiche Resultat mit einem gentechnischen Verfahren erreicht, wäre das Patent vermutlich erteilt worden. In Europa ist unter der Patentnummer EP 546 090 eine gentechnisch hergestellte Sojaart patentiert: Die US-Firma Monsanto ist Eigentümerin einer transgenen und gegen das Herbizid Roundup Ready resistenten Sojapflanze, die auch in der Schweiz als Lebens- und Futtermittel zugelassen ist. Mit diesem Patent besitzt Monsanto nicht nur ausschließliche Nutzungsansprüche auf alle gentechnisch veränderten Sojapflanzen, die gegen das Totalherbizid Roundup Ready (RR) resistent sind, sondern überhaupt auf alle gentechnisch veränderten Pflanzen, die eine künstlich herbeigeführte Roundup-ReadyResistenz enthalten, wie Weizen, Reis, Soja, Baumwolle, Zuckerrübe, Raps, Flachs, Sonnenblume, Kartoffel, Tabak, Tomate, Alfalfa, Pappel, Ananas, Apfel und Traube. Das Patent erstreckt sich auch auf alle nachfolgenden Pflanzengenerationen. In den USA und Kanada werden Bauern, welche für die Aussaat patentierte Samen aus der letzten Ernte wiederverwenden, von Monsanto gerichtlich verfolgt.
Quelle: Stiftung Science et Cité (2004)
Biotechnologie
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Biotechpatente – Andere Länder andere Sitten! Patentierung des ersten Säugetiers in den USA. 1988 hat das USPatentamt das erste Patent auf ein Säugetier, die sogenannte Harvard-Maus erteilt. 14 Diese gentechnisch veränderte Maus war in der Praxis und wirtschaftlich zwar kein großer Erfolg. Aber seit der Patenterteilung werden die Auswirkungen der Patentierung von lebendiger Materie weltweit kontrovers diskutiert. Tatsächlich wurde biologische Materie bereits einige Jahre früher in den USA, Europa und in Japan als patentierbar angesehen. Patente wurden jedoch bis dahin ausschließlich für Mikroorganismen oder Pflanzen erteilt. Erst mit der Erteilung eines Patents für ein Tier ist die grundsätzliche Diskussion über die Patentierung von biologischem Material vor allem in Europa lanciert worden. In Kanada wurde das Patent vom höchsten Gericht widerrufen, da höhere Lebensformen nicht als Erfindung gelten könnten. Unterschiedliche Sichtweisen in den USA, Europa und Japan. Vor 1980 war in den USA mit Ausnahme von Pflanzen lebende Materie nicht patentierbar. Mit einer Entscheidung des obersten Gerichtshofs der USA wurde diese Sichtweise im Jahre 1980 über Bord geworfen und die Patentierbarkeit grundsätzlich auf jedes vom Menschen hergestellte biologische Material ausgedehnt („Anything under the sun that is made by man“). Im US-Patentgesetz gibt es keine generellen Vorbehalte im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten, wie dies in Europa und der Schweiz und zum Teil auch in Japan der Fall ist. In den USA sind auch therapeutische, diagnostische und chirurgische Verfahren am Menschen patentierbar, die in Europa, der Schweiz und in Japan von der Patentierung ausgeschlossen sind. Im Europäischen Patentübereinkommen sind konkrete Ausnahmen von biotechnologischen Erfindungen, die nicht patentierbar sind, wie Verfahren zum Klonen menschlicher Lebewesen oder die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken, definiert. Solche konkreten Ausnahmen sind weder im US-amerikanischen noch im japanischen Patentgesetz aufgeführt. Quelle: Stiftung Science et Cité (2004)
14
US 4 736 866 ('Harvard-Maus'/'Oncomouse').
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Branchenspezifisches Patentmanagement
Elektrotechnik und Telekommunikation In weiten Bereichen der Elektronik-, Halbleiter- und Telekommunikationsbranche liegen gegenseitige Abhängigkeiten durch Patente vor. Fast kein Unternehmen dieser Branchen kann noch eigenständig Produkte entwickeln und verkaufen, ohne dabei von Patenten Dritter abhängig zu sein. Dementsprechend sind Unternehmen, wie IBM oder Siemens in verstärktem Masse zu einer offenen Lizenzpolitik gezwungen und schließen in breitem Umfang Kreuzlizenzabkommen ab. Aufgrund von Marktanforderungen gibt es einerseits häufig breite technische Überlappungsbereiche. Andererseits bestehen in der Regel zahlreiche, unterschiedliche technische Lösungsvarianten, die die gleiche Funktionalität bieten und dennoch geforderte Anforderungen erfüllen können. Da Anwender eine immer größere Modularisierung von technischen Geräten fordern, sind länder- und unternehmensübergreifende technische Standardisierungsinitiativen deshalb unumgänglich geworden. Besonders ausgeprägt sind diese im Mobilfunkbereich. In den Standardisierungsgremien müssen die beteiligten Unternehmen allerdings in der Regel bereit sein, ihre Patentportfolien zugunsten eines gemeinsamen Standards zu opfern, der allen Beteiligten zur Verfügung stehen soll. Fallbeispiel Deutsche Telekom. Die Deutsche Telekom verfolgt eine ausformulierte Strategie für das Management ihres geistigen Eigentums. In diesem Rahmen sichert die Deutsche Telekom Erfindungen und innovative Ideen bereits relativ früh, um einen möglichst breiten Schutzbereich erzielen können und ihre Technologieführerschaft gegenüber Wettbewerbern auf ein möglichst breites Spektrum auszudehnen. Die Ideen werden vor der Anmeldung auf Machbarkeit und Potenzial geprüft, obwohl nach Aussage des Intellectual Property Fachbereichsleiters Hacker die konkrete Anwendung, welche später auch kommerzialisiert werden könnte, oft zum Teil noch gar nicht bekannt ist. Diese extensive Patentstrategie zeigt sich auch in der Anzahl der jährlich angemeldeten Patente, welche seit 1995 mit der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte stark zugenommen hat (Abb. VI.3). So stieg die gesamte Zahl an Patenten im Jahr 2008 auf etwa 6.300 (Abb. VI.4). Erst in den letzten beiden Jahren ist eine Konsolidierung festzustellen, um sich für die Zukunft auf die Gebiete mit dem größten Potenzial zu konzentrieren. Eine große Bedeutung kommt dabei auch den Portfolioaktivitäten zu, die das Patent über den gesamten Lebenszyklus von der Anmeldung bis zur Aufgabe steuern und welche im nächsten Kapitel für die Deutsche Telekom analysiert werden. Die Deutsche Telekom meldet grundsätzlich alle Patente sowohl in Deutschland, als auch in Europa an, da dort die Hauptwettbewerber anzu-
Elektrotechnik und Telekommunikation
177
700 600 500 400 300 200 100 0 2000
2001
2002
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t
Quelle: Deutsche Telekom (1997, 2004, 2005a, 2009)
Abb. VI.3. Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen der Deutschen Telekom
treffen sind. Das Unternehmen besitzt momentan rund 37% aller Patente in Deutschland und über 20% in Europa. In gewissen Fällen wird ebenfalls über eine weltweite oder länderspezifische Patentierung entschieden, wenn es die Eigenschaften der Erfindung erfordern. Letztlich ist es aber stets auch eine Kostenfrage, was die Anmeldung und Erhaltung von Patenten betrifft. Dabei ist es der Deutschen Telekom sehr wichtig, dass eine möglichst große Patenteffizienz erreicht wird. Das Kriterium Patenteffizienz berechnet das Unternehmen aus der Anzahl an entsprechenden Patenten dividiert durch den Forschungsaufwand. Diese Anforderungen können nur über eine regelmäßige Kosten-NutzenAnalyse sichergestellt werden. Bei der Deutschen Telekom werden alle Patente jährlich auf Effizienz überprüft und bei Nichterreichen definierter Soll-Werte nicht mehr verlängert. Da in den Jahren 2005 bis 2008 der Aufwand für Forschung und Entwicklung stabil bei etwa 0,5 Milliarden Euro geblieben ist, hat sich das Kriterium Patenteffizienz kontinuierlich verbessert, indem die Anzahl an Patenten erhöht werden konnte (Abb. VI.4). Die Technologiegebiete Bildübertragung und Wähltechnik haben im Zeitablauf an Bedeutung verloren. Im Gegenzug ist die Bedeutung der Übertragung digitaler Information gestiegen. Dies widerspiegelt die vermehrten Investitionen der Telekommunikation in die Forschung in der Breitbandtechnologie, aber auch in Technologien, die noch nicht marktreif sind. Der Fernsprechverkehr blieb über die Jahre auf hohem Niveau konstant und verlor erst im Jahr 2004 die Top-Position an die Übertragung di-
178
Branchenspezifisches Patentmanagement
7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0
t 2000
2001
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2003
2004
2005
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2007
2008
Quelle: Deutsche Telekom (1997, 2004, 2005a, 2009)
Abb. VI.4. Entwicklung des Patentportfolios der Deutschen Telekom im Zeitverlauf
gitaler Information. Nach eigenen Angaben spielen dabei Patente im Dienstleistungsbereich eine etwas größere Rolle, als Patente auf HardwareErfindungen. Die Sicherung von Softwarepatenten bildete dabei in den letzten Jahren einen besonderen Schwerpunkt (Deutsche Telekom 2004). Bis 1999 verfolgte die Deutsche Telekom eine konsequente GrowingStrategie (siehe auch Kapitel III, Bewertung von Patenten). Das Unternehmen hat sich bis zu diesem Zeitpunkt ein breites Portfolio aufgebaut, um möglichst viele Optionen zu haben. Seit 1999 hat sich die Anzahl an Neuanmeldungen konsolidiert und konzentriert. Allerdings kann noch nicht von einer Reduktionsphase gesprochen werden, da die absolute Zahl an Patenten weiterhin zunimmt (Abb. VI.4). Dennoch können so bereits durch ein gewisses Pruning Kosten gespart werden. Die Deutsche Telekom hat erst nach der Privatisierung und Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte im Jahre 2002 begonnen, ihr geistiges Eigentum zu vermarkten (Deutsche Telekom 2004). Die Bedeutung der Vermarktung von Intellectual Property hat seither ständig zugenommen und wird auch weiter vorangetrieben (Deutsche Telekom 2005a).
Elektrotechnik und Telekommunikation
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Vom GSM- zum UMTS-Standard Beim Aufbau des europäischen Mobilfunkstandards GSM 15 Ende der späten 80er Jahre beeinflusste das amerikanische Unternehmen Motorola den Standardisierungsvorgang maßgeblich durch die hohe Anzahl eigener relevanter Patente und verfolgte eine für die damalige Zeit ungewohnt aggressive Lizenzpolitik (Granstrand 1999). So wurde der GSM-Standard aus Ländern ferngehalten, in denen Motorola andere Interessen verfolgte. Des Weiteren konnten spezifische Lizenzkonditionen durchgesetzt werden, wie beispielsweise Kreuzlizenzierungen, die Motorola den Zugriff auf Patent- und Technologieportfolien von Wettbewerbern sicherte und die Struktur des GSM-Zuliefermarktes bestimmte (Bekkers, Duysters und Verspagen 2002): Trotz geringer Anzahl an eigenen relevanten Patenten gelang dem Unternehmen Siemens damals ein später Beitritt zum GSMStandard. Das französisch-deutsche Unternehmen Alcatel verfolgte ursprünglich einen anderen technischen Lösungsweg, der aber nicht zum Standard wurde. Nach Festlegung des GSM-Standards musste das Unternehmen daher ein neues Patentportfolio aufbauen. Auch bei dem weltweiten Mobilfunkstandard der dritten Generation UMTS 16 spielen zugrunde liegende Patentportfolien eine wichtige Rolle. So bestehen wesentliche technische Abhängigkeiten vom amerikanischen Mobilfunkstandard CDMA 17 . Diesem liegen relevante Patente des amerikanischen Unternehmens Qualcomms zugrunde, ohne die der UMTS-Standard nicht zu betreiben ist. Patentportfolien dienen zunehmend dazu, bisher unbeteiligte Neulinge durch hohe Markteintrittsbarrieren fernzuhalten. Durch über Patentportfolien gestützte technische Standards sowie deren Lizenzregelungen werden Newcomer gezwungen, eigene relevante Schutzrechte offen zu legen und den Standardteilnehmern zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug wird eine Lizenz am Standard erworben. Ein derartiger Handel stößt allerdings an Grenzen, wenn Standard relevante Patente zwar existieren, deren Inhaber jedoch selbst gar nicht die Absicht hat eigene, Standard konforme Produkte zu führen, sondern vor allem auf Lizenzeinnahmen abzielt.
15
Global System for Mobile Communications. Universal Mobile Telecommunication System. 17 Code Division Multiple Access. 16
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Branchenspezifisches Patentmanagement
Automobil- und Maschinenbau Die weltweite Automobilbranche litt besonders unter den Folgen der Finanzkrise und sieht sich mit den schwierigsten Marktbedingungen der Geschichte konfrontiert. Einbrechende Verkaufszahlen und schwierige Kreditbedingungen zwingen die Industrie zu Entlassungen und Produktionsstopps. Die weltweite jährliche Wachstumsrate lag zwischen 2007 und 2010 bei – 4.6%, wobei Westeuropa und Nordamerika am meisten zum Rückgang beigetragen haben. Wachstumspotenzial liegt bei grünen Autos und Kleinwagen. Bis zum Jahr 2015 wird erwartet, dass der Marktanteil in diesem Segment von heute 11% auf bis zu 25% steigt (Frost & Sullivan 2009). Die Automobilbranche befindet sich auch in einem starken Konzentrationsprozess: Im Jahre 2001 produzierten die zehn größten Automobilhersteller bereits fast 80% der weltweit gefertigten Fahrzeuge. Zu den größten Automobilherstellern zählen dabei General Motors, Ford, Toyota, Volkswagen, Daimler, PSA Peugeot Citroen, Honda, Hyundai, Nissan und Fiat. Nach Angaben des Deutschen Patent- und Markenamts kamen in Deutschland die meisten Patentanmeldungen sowohl in 2009 als auch im Vorjahr aus dem Bereich Fahrzeugbau (5.709), gefolgt von Maschinenelementen (5.103) sowie elektrische Bauteile (4.032). Durch stärkere Einbindung und Verpflichtung der Automobilzulieferer werden Fahrzeugkomponenten bereits zum großen Teil von Zulieferern entwickelt und gefertigt. Ausnahmen bilden vor allem noch Presswerke, Motoren und Getriebe (McK 2003). Die Auslagerung der Innovationstätigkeit an Automobilzulieferer hat zur Folge, dass diese stärker eigenständig Schutzrechte anmelden. Nach Aussagen des Leiters Technologiemanagement von Daimler forschen die großen Automobilzulieferer auf den gleichen Gebieten wie die OEMs: „In der Forschung sind Bosch und Daimler harte Konkurrenten“. Es geht vor allem um den Kampf um neues Wissen und die strategisch starken Patente. Andererseits wird durch die Einkaufsabteilungen der Automobilhersteller ein starker Kostendruck auf die Zulieferer ausgeübt. Grundsätzlich wird versucht, mehrere Zulieferer, so genannte Second- oder Third-Sources, für Komponenten zu finden. Eine durch Patente gesicherte Exklusivität können die jeweiligen Zulieferer in der Praxis dann meist nur temporär und allenfalls für die OberklasseFahrzeuge erzielen. Lediglich innovativ starken Zulieferern gelingt es, hier wirklich eigenständige Positionen aufrecht zu erhalten. Die Automobilzulieferer Bosch, Continental, Delphi, Mann+Hummel, Siemens VDO / Schäffler Continental, Valeo oder ZF Friedrichshafen haben sich in der
Automobil- und Maschinenbau
181
Vergangenheit starke Patentpositionen aufgebaut und nutzen diese zur Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber den OEMs. Das 6-Gang Getriebe von ZF Friedrichshafen für BMW hat beispielsweise nur noch zwei Jahre Exklusivität für BMW. Die Zeit reicht kaum noch aus für eine nachhaltige Differenzierung gegenüber Automobilkonkurrenten. Die führenden OEMs, wie Daimler und BMW, arbeiten deshalb in den frühen Innovationsphasen explizit mit technologieintensiven NichtLieferanten zusammen (beispielsweise Hightech Spin-Offs aus Universitäten), um für den Automobilbereich strategisch wichtige Patente aufzubauen. Dies ist vor allem bei Systeminnovationen relevant. Ein Beispiel ist der Ersatz von konventionellen Lenksystemen durch Brake-and-Steer-byWire. F&E-Kooperationen mit Zulieferern. Die Stärke von Automobilzulieferern zeigt sich folglich darin, inwiefern diese in Entwicklungskooperationen mit Automobilherstellern in der Lage sind, eigene Innovationen exklusiv halten zu können. Dies gelingt derzeit nur den wirklich Grossen. KMUZulieferer sehen sich deshalb eher den im Folgenden skizzierten Situationen ausgesetzt: Die Automobilzulieferer versuchen, Erfindungen zu grundlegenden Innovationen möglichst eigenständig zu entwickeln und zu patentieren. Da die Entwicklungsarbeiten aber häufig erst in enger Zusammenarbeit mit Automobilherstellern und in deren Auftrag erfolgen, gelingt es Letzteren meistens, sich die Entwicklungsergebnisse als „Auftragsentwicklungen“ zu sichern (Abb. VI.5). Erfindungen und daraus re-
Z1²
?
?
A2 Entwicklungsergebnisse inkl. IP
A1
Z1
Abfluss von Nutzungsrechten Z1 nach Z2
2nd-Tier Zulieferer
1st-Tier Zulieferer
Lizenzflüsse
Hersteller Z2
unterlizenzierbares Nutzungsrecht
Abb. VI.5. Verflechtung von Nutzungs- und Lizenzrechten bei F&EKooperationen in der Automobilbranche
182
Branchenspezifisches Patentmanagement
sultierende Schutzrechte müssen dann in der Regel an den Automobilhersteller übertragen werden. Dem Automobilzulieferer Z1 verbleibt allenfalls ein einfaches Nutzungsrecht. Der Automobilhersteller A1 kann die Nutzungsrechte an weitere Zulieferer Z2 lizenzieren, um sich Zweit- und Drittzulieferer für die erzielten Entwicklungsergebnisse zu sichern. Will der Automobilzulieferer Z1 auf Basis seiner verbleibenden Nutzungsrechte darüber hinaus an einen anderen Automobilhersteller A2 liefern, ist er gezwungen, Lizenzen an A1 zu entrichten. Häufig ist er zusätzlich noch an eine Exklusivitätsfrist gebunden, in der Regel 3 bis 5 Jahre, während der nur an den Ausgangs-Automobilhersteller A1 geliefert werden darf. Im Gegenzug werden ihm dafür beispielsweise Mindestabnahmevolumina zugesichert. Hat der Automobilzulieferer Z1 hingegen Schutzrechte, über die dieser allein verfügen kann, verlangt der Automobilhersteller A1 in der Regel ein unterlizenzierbares Nutzungsrecht, das an Zweit- und Drittzulieferer Z2 weitergegeben werden kann. Als Ausgleich entrichtet der Automobilhersteller A1 dann mengen- oder umsatzabhängige Lizenzgebühren an den Schutzrechtsinhaber Z1, die durch entsprechend reduzierte Teilekosten an die durch die Lizenz begünstigten Zweit- und Drittzulieferer Z2 durchgereicht werden. Die Lizenzgebühren sind in der Regel nicht in einer Größenordung, um die aufgewendeten Entwicklungskosten zu kompensieren. Möglicherweise sieht sich der Automobilzulieferer Z1 aber auch ohne die „Vermittlung“ des Automobilherstellers gezwungen, Schutzrechte gegen Lizenzzahlungen von Dritten zu nutzen, beispielsweise von einem 2nd-Tier Unterlieferanten Z12. Zu diesen zählen insbesondere auch sehr große Automobilzulieferer, wie beispielsweise Bosch oder Siemens VDO / Schäffler Continental. Dem 1st-Tier Automobilzulieferer Z1 bleibt dann nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Lizenzgebühren irgendwie an den Automobilhersteller A1 durchzureichen. Der Automobilhersteller A1 hat in diesem Szenario allerdings das Risiko, dass dessen Zweit- und Drittzulieferer Z2 möglicherweise nicht oder nicht zu gleichen Konditionen Lizenzen vom 2nd-Tier Unterlieferant Z12 nehmen können. Dies kann beispielsweise der Fall sein, weil Nutzungslizenzen an den Bezug der Subzuliefer-Produkte von Z12 gebunden sind. Es gibt allerdings zunehmend Bestrebungen von 2nd-Tier Unterlieferanten Z12, direkt mit den Automobilherstellern A1 in Lizenzverhandlungen zu treten. Dies hat sich in der Praxis allerdings noch nicht durchgesetzt.
Nanotechnologie
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Nanotechnologie Nanotechnologie ist ein schnell wachsendes Gebiet und wird als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts angesehen. Zahlreiche Experten sehen in der Nanotechnologie den großen Wachstumsmarkt nach der Biotechnologie. Während das Marktvolumen für nanotechnologische Produkte und Dienstleistung im Jahr 2004 schon auf etwa 100 Milliarden USDollar geschätzt wurde, prognostizieren Experten bereits ein Wachstum auf eine Billion US-Dollar im Jahr 2010 bis hin zu zweieinhalb Billionen US-Dollar im Jahr 2015. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass Nanotechnologie bezogene Patentanmeldungen international ein überproportionales Wachstum aufweisen. An der Spitze liegt dabei Südkorea mit über 70%, gefolgt von Indien, Polen und China, die noch mehr als 40% Wachstum aufweisen (OECD 2008). Im Zeitraum zwischen 1976 und 2006 sind am USPTO 7.406, am EPO 3.596 und am JPO 1.150 Patentdokumente publiziert worden (Abb. VI.6.). Unter den TopAnmeldern sind Konzerne wie IBM, Eastman Kodak, Micron, HewlettPackard, Xerox und 3M zu finden aber auch l'Oréal, BASF, Samsung sowie die Japan Science and Technology Agency und Matsushita (Chen et al. 2008). In der Recherchedatenbank des Europäischen Patentamts wurden
1.200 1.000 800 600 400 200 0 1975
t 1980
1985
1990
1995
2000
2005
USPTO JPO EPO
Quelle: Chen et al. (2008)
Abb. VI.6. Wachstum von Nanotechnologie bezogenen Patentpublikationen am USPTO (USA), EPO (Europa), und JPO (Japan).
184
Branchenspezifisches Patentmanagement
Tabelle VI.2. Technologieübergreifende Nanotechnologie-Patentklassen18 Klasse
Technologiegebiet
Y01N Y01N2 Y01N4
Nanotechnology Nanobiotechnology Nanotechnology for information processing, storage and transmission Nanotechnology for materials and surface science Nanotechnology for interacting, sensing or actuating Nano-optics Nanomagnetics
Y01N6 Y01N8 Y01N10 Y01N12
Quelle: v3.espacenet.com/eclasrch
bereits mehr als 90.000 Patentdokumente weltweit klassifiziert, die der Nanotechnologie zuzuordnen sind. Der Umgang mit Nanotechnologien ist aus Patentsicht in dem Sinne speziell, dass diese nicht auf eine spezifische Branche beschränkt sind und in fast allen Gebieten der Natur- und Ingenieurwissenschaften auftreten. Sie sind für Biotechnologen und Physiker ebenso relevant wie für Elektrotechnik- und Maschinenbauingenieure oder Materialwissenschaftler (Tabelle VI.2.). Wie mit allen neuen Technologien muss sich der Patentierungsprozess oft erst noch entwickeln und anpassen (Miller et al. 2005; Huebner 2008; Hicks, Grissett und Brown 2010). Eine der zentralen Fragen zur Patentfähigkeit von Nanotechnologien ist dabei, ob die Miniaturisierung einer an sich bekannten Vorrichtung bereits als neu angesehen werden kann. Im Allgemeinen ist dies zu verneinen. Erfolgt aber eine Verstärkung eines technischen Effekts durch eine Miniaturisierung in einem festgelegten Auswahlbereich, wird in der Praxis des Europäischen Patentamts davon ausgegangen, dass die Größenordnung explizit gewählt wurde und die Neuheit wird grundsätzlich bejaht. Beim Europäischen Patentamt müssen bei einer Auswahl eines Subbereiches aus einem größeren Bereich zur Erfüllung des Neuheitserfordernisses drei Kriterien erfüllt werden (Kallinger et al. 2008):
18
Zur ECLA-Klassifizierung siehe Anhang; „Nanotags“ der Patentämter: EPO í Y01N; USPTO í 977/DIG; JPO í ZNM.
Nanotechnologie
185
x Der Auswahlbereich muss eng im Vergleich zum bekannten Bereich sein. x Der Auswahlbereich muss ausreichend entfernt von Bereichen liegen, die von aus dem Stand der Technik bekannten Beispielen her bekannt sind. x Ein rein zufällig ausgewählter Subbereich reicht nicht aus; vielmehr muss ein neuer technischer Effekt auftreten, der nur im Subbereich auftritt. Erforderlich für die Begründung der erfinderischen Tätigkeit ist darüber hinaus, dass der spezifische oder zusätzliche technische Effekt, der sich durch die Miniaturisierung ergib, nicht naheliegend ist. Des Weiteren ist zur Erfüllung der Patentierungsvoraussetzungen wichtig, dass die Erfindung vom Patentanmelder hinreichend detailliert und klar beschrieben wird (Europäisches Patentamt 2009b). Trotz der sich erst entwickelnden Rechtsprechung auf diesem Gebiet, gibt es bereits Patentauseinandersetzungen. Das erst 2001 gegründete USNanotech-Unternehmen Nanosys reichte Anfang 2009 eine Patentverletzungsklage gegen das britische Unternehmen Nanoco ein, eine Art Spinoff der Universität Manchester. Nanosys verfügt im Bereich der anorganischen Hightechperformance-Nanostrukturen nach eignen Angaben ein Nanotechnologie Von „Nanotechnologie“ spricht man bei gezielter Konstruktion und Manipulation in atomarer und molekularer Dimension. Allgemein werden Systeme mit einer Maximalgröße von weniger als hundert Nanometern der Nanotechnologie zugeordnet. In der Physik beschreibt die Vorsilbe „nano“ (abgeleitet vom Griechischen für Zwerg) den milliardsten Bruchteil einer Einheit; ein Nanometer entspricht also einem Milliardstel Meter. Auf dieser Länge lassen sich ungefähr fünf bis zehn einzelne Atome nebeneinander unterbringen. Nanotechnologie ist aber keine feinere Mikrotechnologie. Sie ermöglicht ein vollständig neues Herstellungsverfahren in einer molekularen Welt, mit Möglichkeiten die weit über das hinausgehen, was wir bis heute kennen. Vorbild dieser neuen Technologie ist die Natur: In allen organischen Zellen arbeiten schon seit Urzeiten Nanomaschinen, die unsere Welt aus Pflanzen, Tieren und Menschen aus einem gewissen Vorrat an chemischen Elementen „bauen“. Quelle: Nanostart (2010)
186
Branchenspezifisches Patentmanagement
Portfolio von über 500 Patenten und Patentanmeldungen, darunter auch fünf US-Patente 19 , die Nanosys zuvor vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) exklusiv einlizenziert hatte (Nanosys 2009). Die einlizenzierten Patente betreffen lumineszierende Quantenpunkt-Nanokristalle (basierend auf einer CdSe/ZnS-Kernstruktur), die in verschiedenen Bereichen einsetzbar sind, wie beispielsweise in Flachbildschirmen. Bereits Mitte 2009 verglichen sich Nanosys und Nanoco ohne Ausgleichszahlungen aber unter der Bedingung, dass sich Nanoco mit Schwermetall basierten Quantenpunkt-Nanokristallen aus dem US-Markt zurückzieht. Nanoco waren Patentauseinandersetzungen in den USA zu kostspielig, da es seinen Schwerpunkt bei Schwermetall freien Quantenpunkt-Nanokristallen sieht (Nanoco 2009).
Software Die Softwarebranche ist gekennzeichnet durch ein schnelles Wachstum und eine hohe Veränderungsrate. Im Hightech-Bereich gelten 90% der Entwicklungen als Software bezogen wobei Software mittlerweile als Austauschbar mit Hardware anzusehen ist (Europäisches Patentamt 2007a). Sogenannte computer-implementierte Erfindungen sind omnipräsent geworden und sind in nahezu sämtliche technische Gebiete vorgedrungen. Dies zeigt sich auch bei den Patentanmeldungen, wo immer häufiger der erfinderische Anteil auf Software basierten Entwicklungen beruht. Die Entwicklung von Software geht bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück (Boehm 1976). Früher war die Softwareentwicklung vorwiegend auf Mainframe- und Minicomputer-Computing fokussiert, heute wird bereits zwischen Softwareentwicklung für Personal-, Pervasive- und Embedded-Computing unterschieden. Während früher der rechtliche Schutz von Software in der Praxis vorwiegend durch das Urheberrecht abgedeckt wurde, streben mittlerweile zahlreiche Unternehmen zusätzlich einen Schutz der Softwareinnovationen durch Patente an (Tabelle VI.3). So begann der Softwarekonzern SAP interessanterweise erst im Jahre 1998 mit dem Aufbau einer eigenen Patentabteilung und hielt im Mai 2001 nur vier, auf Software bezogene Patente. Der Grund für den Einsteig war der im internationalen Umfeld wachsende Wettbewerb, bei dem Patente eine zunehmend bedeutendere Rolle zu spielen begannen. Auslöser für den „Software-Patentboom“ war eine wegweisende Gerichtsentscheidung, die 1992 zum so genannten Freeman-Walter-Abele19
Darunter: US 6 861 155; US 6 322 901; US 7 125 605; „Highly Luminescent Color Selective Nanocrsytalline Materials“.
Software
187
Tabelle VI.3. Vier Schutzarten: Übersicht über Software-Schutzmöglichkeiten Ergebnisse der Softwareentwicklung
Schutzart
Dokumentation Bildschirmoberfläche Programmcode
Urheberrecht / Geschmacksmusterrecht
Verfahren Algorithmen
Patentrecht
Marke
Markenrecht
Test führte, der in den USA die Patentierung von in der Praxis angewandten Algorithmen und damit von Software ermöglichte. 20 Dieser Test wurde 1998 ebenfalls in den USA durch die so genannte State-Street-BankGerichtsentscheidung 21 abgelöst, die 1999 nochmals bestätigt wurde 22 : Mathematische Algorithmen wurden damit patentierbar, wenn die Erfindung zu einem konkreten und fassbaren Ergebnis führte. Damit wurde in den USA auch der Startschuss der Business Method Patents Ära eingeläutet, in der Geschäftsmethoden patentierbar wurden. In Folge dessen schnellten im Softwarebereich zur Jahrtausendwende die Anzahl der Patentanmeldungen und der erteilten Patente international derartig in die Höhe (Abb. VI.7), dass zunehmend öffentliche Kritik an der Patentierbarkeit in speziell diesem Sektor laut wurde (Coriat und Orsi 2002). Eines der berühmtesten Patente ist dabei sicherlich Amazons sogenanntes „1-Click“-Patent 23 das eine Technologie betrifft, die es ermöglicht, Online-Käufe mit einem Mausklick zu tätigen. Amazons Patent wurde 1999 in den USA erteilt und nach einem Nachprüfungsverfahren (Reexamination) mit einigen Einschränkungen im März 2010 vom amerikanischen Patent- und Markenamt (USPTO) bestätigt. In Europa wurde die hierzu eingereichte Nachanmeldung vom Europäischen Patentamt aber nicht erteilt. Während sich die Verfahrenspraxis des Europäischen Patentamts im Bereich der computer-implementierten Erfindungen nach einigen Wirren Mitte der 90er Jahre mittlerweile weitgehend konsolidiert hat und Mitte 2010 nochmals von der Großen Beschwerdekammer des Europä-
20
Arrhythmia Research Technology v. Corazonix, 958 F.2d 1053 (Fed. Cir. 1992). State Street Bank v. Signature Financial Group, 149 F.3d 1368 (Fed. Cir. 1998). 22 AT&T Corp. v. Excel Communications, Inc., 172 F.3d 1352 (Fed. Cir. 1999). 23 US 5 960 411 (Amazon/'1-Click'). 21
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20.000 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2004
t
Quelle: Aharonian (2005)
Abb. VI.7. Trend zu Patenten auf computer-implementierte Erfindungen
ischen Patentamts bestätigt wurde, 24 steht die bisherige Praxis in den USA derzeit auf höchster Ebene auf dem Prüfstand. 25 Das aufkommende Patent-Instrumentarium gewann in der Softwarebranche dann beträchtlich an Relevanz, als insbesondere in den USA die ersten spektakulären Patentverletzungsklagen geführt wurden. Betroffen davon waren zunächst vorwiegend große Unternehmen, die mit wenigen Produktvarianten große Verkaufsvolumina und Gewinne erzielen, wie beispielsweise Apple, eBay, Google, Microsoft, SAP, Oracle. Das InternetAuktionshaus eBay musste im Jahr 2003 nach einer Patentverletzungsklage 29,5 Millionen US-Dollar Schadensersatz an MercExchange zahlen, da dessen geschützte Auktionstechnologie 26 auch eBays „Sofort-Kaufen“Funktion abdeckt í 30% des Geschäftswerts von eBay. Ende 2009 wurde der Walldorfer Softwarekonzern SAP nach einem zweijährigen Patentverletzungsverfahren dazu verurteilt, dem US-Wettbewerber Versata fast 140 Millionen US-Dollar Schadensersatz zu bezahlen. Darüber hinaus wird auch immer deutlicher, dass Software als Querschnittstechnologie eine zentrale Rolle bei der Konvergenz von Technolo24
G 3/08; Rechtsentwicklung in Europa siehe Kasten. Vgl. In re Bilsky Entscheidung, siehe Kasten im Abschnitt Finanzdienstleistungsbranche. 26 US 5 845 265 (MercExchange/'Buy-now'). 25
Software
189
gien erlangt hat: Der Taiwanesische Smartphone-Hersteller HTC erwarb von Microsoft eine Lizenz, nachdem Microsoft dem darauf implementierten Android-Betriebssystem, das mittlerweile zu Google gehört, die Verletzung mehrerer Patente in Bereichen des User-Interfaces und des darunterliegenden Systems vorwarf. Das Lizenzabkommen zwischen Microsoft und HTC erfolgt vor dem Hintergrund, dass beider Unternehmen Hauptwettbewerber Apple Anfang 2010 aus 20 Patenten heraus ebenfalls HTC in Bezug auf das verwendete Linux basierte Open-Source-Betriebssystem Android von Google verklagt hatte. Vor Patentverletzungsvorwürfen sind also auch Anwender von Open Source Software nicht gefeit. Insbesondere Microsoft wirft dem Linux-Betriebssystemkern vor, mehr als 230 seiner Patente zu verletzen und hat bereits Lizenzvereinbarungen mit Apple, Hewlett Packard, Novell sowie Amazon geschlossen. Im letzteren Fall erhält Microsoft im Gegenzug auch Lizenzen an Amazon-Patenten, die dem Softwarekonzern einen leichteren Zugang zum aufkommenden TabletComputermarkt ermöglichen. Hierzu sind E-Bookstore-Lösungen erforderlich, über die unter anderen Amazon verfügt. Folgende Herausforderungen und Risiken bestehen in der globalen Softwarebranche im Umgang mit Patenten: x Schnell wachsende Anzahl an Patenten auf Software- und Geschäftsmethodenanwendungen, deren Überwachung eines entsprechenden Aufwands bedarf. x Fragwürdigkeit der Qualität und damit der Rechtsbeständigkeit zahlreicher Patente aufgrund mangelnder Bekanntheit von hinreichendem, relevantem Stand-der-Technik bei Anmeldern und Patentämtern. x Schwierigkeiten beim Aufbau eines eigenen Patentportfolios aufgrund mangelnder Erfahrungen im Umgang mit Erfindungen. x Hohes Risiko, von Dritten in einen kosten- und zeitintensiven Patentverletzungsprozess hinein gezogen zu werden, insbesondere im USMarkt. x Die Durchsetzung von eigenen Patenten ist insbesondere in den USA mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden. x Nachwievor Unsicherheit bezüglich der generellen Rechtsentwicklung in den verschiedenen Legislationen betreffend der Patentierbarkeit von Softwareanwendungen. Obwohl die aufgeführten Punkte prinzipiell auch für andere Branchen gelten, ist bei Software bezogenen Erfindungen besonders kritisch anzumerken, dass insbesondere das USPTO nach wie vor Schwierigkeiten zu haben scheint, die übliche Qualität im Patenterteilungsverfahren aufrecht zu erhalten: Dies beruht insbesondere auf dem in den Recherchedatenban-
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Branchenspezifisches Patentmanagement
ken noch unzureichend verfügbaren Stand-der-Technik, in Form von kodifizierten Dokumentationen über Software-Algorithmen sowie über Geschäftsmethoden bezogenen Patentanmeldungen zugrunde liegende betriebs- und volkswirtschaftliche Methoden. Es besteht darüber hinaus seitens der Patentanmelderschaft nur eine geringe Bereitschaft, derartigen Stand-der-Technik für eigene Patentanmeldungen selbst umfassend aufzuarbeiten – 60% der US-Patente zitieren nur Patentdokumente als Standder-Technik. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Qualifizierung und Ressourcenausstattung der Prüfer beim Patentamt (Aharonian 2005). In den Rechercheberichten des Europäischen Patentamts beträgt der Anteil von Nicht-Patentliteratur bereits 15% aller zitierten Dokumente, basierend auf einem Datenbank-Zugang zu mehr als 370 Millionen verfügbaren Dokumenten (Marttin und Verbandt 2010). Fallbeispiel Microsoft. Wie andere große Software-Technologieunternehmen meldet Microsoft seine Erfindungen mittlerweile zum Patent an. Im Jahre 2004 verkündete Bill Gates, dass Microsoft im Folgejahr schätzungsweise doppelt so viele Software-Patente anmelden würde, wie im Jahr zuvor. Die Ankündigung erfolgte vor dem Hintergrund, dass es für Microsoft zunehmend erforderlich wurde, über ein eigenes Patentportfolio zu verfügen: einerseits zur Verhandlung von Kreuzlizenzen und der Generierung von Lizenzeinnahmen, andererseits für den Wissenstransfer. An der Venture Capital Konferenz in 2005 unterstrich CEO Steve Ballmer dann einmal mehr die große Bedeutung des Patentmanagements für Microsoft, indem er bekannt gab, dass der Konzern häufig mehr Geld für den Kauf oder die Generierung von Patenten ausgibt, als für die Entwicklung der eigentlichen Technologien. Microsoft investiert jährlich mehr als neun Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung und hält nach eigenen Aussagen mittlerweile das größte und stärkste Patentportfolio der Softwarebranche, das etwa 13.000 Patente umfasst (Microsoft 2010). Ein Grund für den Richtungswandel des davor im Patentbereich eher inaktiven Software-Konzerns dürfte sein, dass Microsoft seit 1998 mit rund drei Dutzend Patentverletzungsklagen konfrontiert war. Häufig konnten die gerichtlichen Verfahren zwar durch Vergleiche beendet werden, wie beispielsweise mit Time Warner und deren Netscape, mit Immersion oder mit AT&T. Dennoch waren das aber nicht unbedingt billige Lösungen, wie am Beispiel von Sun Microsystems leicht ersichtlich ist. Dem Java-Haus musste Microsoft eine Abfindungssumme in Höhe von 1,95 Milliarden US-Dollar zahlen. Auch kleine Unternehmen gingen gegen Microsoft vor, wie Inter Trust Technologies in Santa Clara, Kalifornien, das ein Patentportfolio von etwa 30 Patenten gegenüber Microsoft betreffend DRMTechnologie (Digital Rights Management) aufbrachte. Der Vergleich en-
Software
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dete mit einer Zahlung von 440 Millionen US-Dollar an Inter Trust Technologies und einer Nutzungslizenz an dem Patentportfolio für Microsoft und für die Endbenutzer von Windows-Betriebssystemen. In einem neueren Fall bestätigte ein amerikanisches Berufungsgericht ein Urteil, nach welchem Microsoft seit 2010 nur noch eine modifizierte Version von Microsoft Word 2007 verkaufen darf. Grund dafür ist die Verletzung eines Patents der kleinen kanadischen Softwarefirma i4i. Das Patent betrifft ein Verfahren, mit dem Architektur und Inhalt eines Dokuments unabhängig voneinander bearbeitet werden können. Microsoft wurde zu einer Schadenersatzzahlung von 290 Millionen US-Dollar verurteilt. Microsofts Patentstrategie hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert und ist mittlerweile an ausgeglichenen Patentlizenzaustauschverträgen interessiert (Bader 2006a). Dabei lizenzieren sich zwei Unterneh-
Historie der Meinungs- und Gesetzesbildung zur Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen in Europa September 2003: Annahme eines Richtlinienvorschlags über die Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen durch das Europäische Parlament. Ergebnis: Starke Einschränkung der Patentierbarkeit. Mai 2004:
Ergebnis:
Aufgrund starken Protests neuer Beschluss des EU-Ministerrats betreffend der Schützbarkeit computer-implementierter Erfindungen durch Patente. Patentierbarkeit wieder unterstützt.
Juli 2005:
Endgültige Ablehnung einer neuen Gesetzgebung in Form einer einheitlichen „Software“-Patentrichtlinie durch das Europäische Parlament.
Ergebnis:
Bestätigung der bestehenden Rechtspraxis mit in der EU geltenden, unterschiedlichen nationalen Richtlinien.
Mai 2010:
Die große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts bestätigt in einer Grundsatzentscheidung die bisherige Rechtspraxis (G 3/08).
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Branchenspezifisches Patentmanagement
men gegenseitig ihre jeweiligen Technologien im Tausch gegen entsprechende Rücklizenzen vom Vertragspartner. Zum heutigen Zeitpunkt besitzt Microsoft solche Verträge unter anderen mit Cisco Systems, HewlettPackard, IBM, SAP, Siemens, Sun Microsystems, Unisys und Xerox. Zuvor hatte Microsoft hauptsächlich eine angriffslustige Strategie verfolgt (offensive Durchsetzung von Patenten). Als Ergänzung zur Offensivstrategie führte Microsoft im Jahr 2003 ein IP Lizenzprogramm ein mit (Technologie-) Lizenzierungsprogrammen und dem Microsoft IP Ventures Program, das unter anderem zum Ziel hat, von Microsoft entwickelte, aber ungenutzte Technologien an Ventures zu vergeben. Microsoft bietet dabei Start-ups und kleinen Unternehmern eine spezielle Lizenz an diesen Technologien an (Microsoft 2010). Im Gegenzug für ihre Technologie beansprucht Microsoft einen Anteil des Eigenkapitals des lizenznehmenden Unternehmens. Hat eine neue, intern entwickelte Technologie ein Ertragspotenzial von weniger als einer Milliarde US-Dollar oder passt sie anderweitig nicht in das eigene Produkt-Portfolio, steht sie dem IP Ventures Programm zur Verfügung. Derzeit sind etwa 20 Microsoft Technologien zur Lizenzierung verfügbar. Beispiele sind eine Gesichtserkennungssoftware, Tools zur Visualisierung von Daten, biometrische ID-Cards oder das Programm XP-Conference, welches Audio-, Video- und Netzwerktechnologien für Konferenzen über weite Distanzen einsetzt. Gemäß David Kaefer, General Manager des Intellectual Property Licensing Teams von Microsoft, werden die Lizenzierungsbedingungen spezifisch von Fall zu Fall vereinbart. Die Lizenzen werden dabei nichtexklusiv vergeben. Microsoft behält sich somit das Recht vor, eine Technologie an verschiedene Lizenznehmer zu vergeben. Seit dessen Einführung konnten mit Hilfe des IP Lizenzprogrammes, das Kunden, Partnern und Wettbewerbern offensteht, bisher mehr als 600 Lizenzvereinbarungen getroffen werden (Microsoft 2010). Analysten bewerten das Lizenzierungsprogramm Microsofts als einen intelligenten Schachzug. Das Unternehmen hat Milliarden an US-Dollar für Forschungund Entwicklung investiert, was zu einer Vielzahl von guten Ideen geführt hat – wahrscheinlich mehr, als Microsoft selbst in markfähige Produkte umsetzen könnte. Indem ungenutzte Technologien dem Markt zur Verfügung gestellt werden, kann durch die im Gegenzug erhaltenen Eigenkapital-Anteile der Lizenznehmer an deren Erfolg partizipiert werden, ohne dass selbst weitere Investitionen in die lizenzierten Technologien erforderlich sind. Zusammenfassend betrachtet besteht Microsofts Patentstrategie aus den vier Komponenten:
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Urteil im Patentstreit bereitet Kopfzerbrechen: Eolas versus Microsoft Wegen einer Patentverletzung musste Microsoft im August 2003 mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar zahlen. Ein US-Bundesgericht sprach dem Software-Unternehmen Eolas Technologies in Chicago und der University of California Schadenersatz in Höhe von rund 520 Millionen Dollar (460 Millionen Euro) zu. Microsoft ging zwar in Berufung, zog dann aber die Klage zurück, als das Bundesberufungsgericht in Washington zwar die Klage an die Vorinstanz wegen eines Verfahrensfehlers zurückwies, das Urteil jedoch nicht aufhob. Microsoft einigte sich daraufhin außergerichtlich mit Eolas und zahlte eine unbekannte Summe zur Beilegung des Rechtsstreits. Microsoft habe mit seinem Browser Internet Explorer ein Patent verletzt, das Eolas-Chef Michael Doyle an der University of California mitentwickelt hatte, entschied das Gericht. Dabei geht es um eine Technologie, die den Zugang zu interaktiven, in Internet-Seiten eingebettete Programme ermöglicht. Eolas wurde 1994 gegründet, um die Software zu vertreiben; die Universität hält das entsprechende Patent. Eolas und die Hochschule haben Microsoft vorgeworfen, ihre Entwicklung in ihrem Internet-Browser Explorer integriert zu haben. Das Patent wurde seither von Gerichten und der USPTO mehrfach bestätigt. Das ursprüngliche Patent wurde 2002 sogar noch erweitert und deckt nun auch neuere Applikationen ab. Diese Erweiterung des Patentschutzes dient Eolas nun dazu, weiter klangvolle Namen wie Amazon, eBbay oder Google wegen Patentverletzung bzw. Nichtzahlung von Lizenzgebühren zu verklagen. Insgesamt 24 Firmen weltweit sind von der Massenklage betroffen. Kritiker wollen Softwares sowie Grundprinzipien, wie jenes von Eolas, vom Patentschutz ausklammern, um den technologisch Fortschritt nicht zu hindern. Michael D. Doyle, Gründer von Eolas, erklärt die Sache gegenüber Spiegel so: „Wir haben diese Technologie vor über 15 Jahren entwickelt und sie öffentlich demonstriert, Jahre bevor der Markt von in Web-Seiten eingebundenen Applikationen gehört hat, die im Fernzugriff mächtige Ressourcen anzapften. An den Erfindungen anderer zu profitieren, ohne dafür zu bezahlen, ist zutiefst unfair. Wir wollen nur, was uns zusteht.“ Quelle: Spiegel Online (2009)
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x Aufbau eines größeren Patentportfolios als Ausgangsbasis. x Patenlizenzaustauschverträge zur Risikominimierung und als Technologiezugang. x Verteidigung des eigenen Patentportfolios gegenüber Patentverletzern. x Vergabe von Technologielizenzen an Ventures im Gegenzug für Unternehmensanteile zur nachhaltigen Technologieverwertung. Microsoft hat in der letzten Dekade eine ausgefeilte Patentstrategie entwickelt, die weiter greift als eine rein offensive Durchsetzungsstrategie. Darüber hinaus legt Microsoft beim Innovationsprozess besonderen Wert auf das Personalmanagement, die Produktentwicklung und Markteinführung sowie das organisationale Lernen. Auch bei der neusten Entwicklung im F&E-Bereich, den globalen Innovationsnetzwerken, hat Microsoft bereits eine Vorreiterrolle inne. Um diesem Anspruch gerecht zu werden wird Microsofts Intellectual Property Team von dem IBM-Veteranen Marshall Phelps angeführt, der in hohem Maße für den Lizenzierungserfolg bei „Big Blue“ verantwortlich war. Die Praxis des EPA im Bereich computer-implementierter Erfindungen Das Europäische Patentamt (EPA) erteilt Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik, sofern die Erfordernisse des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) erfüllt sind. Danach werden Patente nur für Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Im Folgenden ist ein Original-Auszug aus dem Leitfaden des Europäischen Patentamts über „Computer-implementierte Erfindungen und Patente – Rechtsgrundlagen und Praxis im Europäischen Patentamt“ dargestellt (Europäisches Patentamt 2009c). Ausgangslange. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen ist der Artikel 52 EPÜ – die grundlegende Vorschrift, wonach ein Patent für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik zu erteilen ist, sofern sie die anderen Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllen und nicht ausdrücklich vom Patentschutz ausgeschlossen sind. Im EPÜ werden zwar die Erfordernisse der Neuheit, der erfinderischen Tätigkeit und der gewerblichen Anwendbarkeit relativ ausführlich dargelegt (Artikel 54, 56 und 57 EPÜ), eine rechtliche Definition des Begriffs „Erfindung“ fehlt hingegen. Es entspricht jedoch europäischer Rechtstradition seit den Anfängen des Patentsystems, dass der Patentschutz technischen Schöpfungen vorbehalten ist. Um patentfähig zu sein, muss der Gegenstand des Schutzbegehrens daher „technischen Charakter“ aufweisen oder, genauer gesagt, eine „Lehre zum technischen
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Handeln“ beinhalten, dass heißt eine an den Fachmann gerichtete Anweisung, mit bestimmten technischen Mitteln eine bestimmte technische Aufgabe zu lösen (und nicht etwa eine rein finanztechnische, marketingbezogene oder mathematische Aufgabe). Eine Definition der „Erfindung“ ist im EPÜ also nicht zu finden; dafür enthält es aber eine Auflistung von Gegenständen und Tätigkeiten, die mangels technischen Charakters nicht als „Erfindungen“ gelten. Die in Artikel 52 (2) EPÜ enthaltene Liste dieser Gegenstände beziehungsweise Tätigkeiten ist nicht erschöpfend, umfasst aber die wichtigsten Fälle, so unter anderem „Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten“ und „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“. Zu dieser Ausschlussregelung ist zu sagen, dass sie gemäß Artikel 52 (3) EPÜ eng auszulegen ist. Die aufgelisteten Gegenstände und Tätigkeiten sind nur dann nicht patentfähig, wenn sich die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent auf die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche bezieht. Daher können Erfindungen mit technischem Charakter, die computer-implementiert sind oder sein können, durchaus patentierbar sein. Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts. Die vollkommen unabhängigen Beschwerdekammern des EPA sind dafür zuständig, Entscheidungen zu überprüfen, die das Amt im Erteilungs- und im Einspruchsverfahren erlässt, und legen dabei das EPÜ im Falle von Rechtsstreitigkeiten aus. Im Bereich der computerimplementierten Erfindungen haben die Beschwerdekammern in zahlreichen Entscheidungen die im EPÜ verankerten Vorschriften zum Begriff der „Erfindung“ ausgelegt und auf diese Weise Anhaltspunkte dafür geliefert, was patentierbar ist. Gemäß der gängigen EPA-Praxis und im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung sind computerimplementierte Erfindungen dann patentierbar, wenn sie einen erfinderischen technischen Beitrag zum Stand der Technik leisten, und zwar unabhängig davon, ob sie mithilfe von Hardware oder von Software ausgeführt werden. Nicht patentierbar sind sie, wenn kein technischer Beitrag zum Stand der Technik vorliegt bzw. wenn sich der technische Beitrag in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Im EPÜ werden zwei grundlegende Arten von Patentansprüchen unterschieden: x Ansprüche auf Gegenstände (Erzeugnisse, Vorrichtungen) und x Ansprüche auf Tätigkeiten (Verfahren, Verwendungen). In der Entscheidung T 208/84 „VICOM“ wurde festgestellt, dass ein Patentanspruch auf einen Gegenstand zur Steuerung oder Ausführung eines technischen Verfahrens unabhängig davon patentierbar ist, ob das Verfahren mit Hilfe von Hardware oder von Software durchgeführt wird. Die Entscheidung darüber, ob das Verfahren mittels spezieller Schaltkreise oder mittels eines Computerprogramms durchgeführt wird, hängt von wirtschaftlichen und technischen Faktoren ab. Die Patentfähigkeit darf nicht allein mit der Begründung verneint werden, dass ein Computerprogramm eingesetzt wird. Bestätigt wurde diese Praxis mit der Entscheidung T 26/86 „Koch & Sterzel“ betreffend eine Röntgeneinrichtung zur Erstellung radiologischer Abbildungen, die sich eines Computerprogramms bedient.
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Einen Sonderfall stellen Ansprüche auf Computerprogrammprodukte dar, wie Computerprogramme, die auf einem Datenträger gespeichert sind (T 1173/97 „IBM“ und T 935/97 „IBM“). Solche Gegenstände sind patentierbar, wenn sie einen „weiteren technischen Effekt“ haben, dass heißt etwas, das über die normalen physikalischen Wirkungen hinausgeht, die beim Ablauf von Programmen auftreten (zum Beispiel Fließen elektrischen Stroms). Ein weiterer technischer Effekt könnte beispielsweise in der zuverlässigeren Funktionsweise einer Auto- oder Zugbremse bestehen oder in einer schnelleren Verbindung zwischen zwei Mobiltelefonen mit verbesserter Sprachübertragung. Solche Ansprüche gewährt das EPA aber nur, wenn sie sich auf ein neues, erfinderisches technisches Verfahren stützen, das mit Hilfe eines Computerprogramms durchgeführt werden kann. Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten. Reine Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solche sind nicht patentfähig (Artikel 52 (2), (3) EPÜ und T 931/95 „PBS“). Die Patentfähigkeit eines internetgestützten Auktionsverfahrens wurde mangels eines technischen Beitrags zum Stand der Technik verneint (T 258/03 „Hitachi“), da die technische Umsetzung der verbesserten Auktionsregeln auf herkömmliche Weise mittels Computer und Computernetz erfolgte. Die Verfahrenspraxis des EPA in diesem Bereich ist weitgehend konsolidiert. Aufgrund einer gewissen Rechtsunsicherheit, die durch voneinander abweichende Entscheidungen der Beschwerdekammern entstanden war, hielt es die Präsidentin des EPA jedoch für angebracht, der Großen Beschwerdekammer des EPA verschiedene Fragen zur Patentierbarkeit von Computerprogrammen nach dem EPÜ vorzulegen (G 3/08 í siehe Kasten). Durch die Vorlagefragen sollen nicht die anwendbaren EPÜ-Bestimmungen infrage gestellt, sondern vielmehr Leitlinien dazu entwickelt werden, wie einige der subtileren Aspekte dieser Ausschlussregel auszulegen sind. Beispiele für patentfähige softwarebezogene Erfindungen. Gemäß dem EPÜ, wie es von den Beschwerdekammern ausgelegt wird, kann und muss das EPA Patente für viele Erfindungen erteilen, in denen „Software“ einen technischen Beitrag leistet, beispielsweise für ein neues und erfinderisches computergestütztes Verfahren zur Bedienung eines Roboterarms, zur Optimierung eines grafischen Anzeigefelds, zur Überwachung der Datenspeicherung auf mehreren Speichermedien oder zur bedarfsgesteuerten Umleitung verschiedener Anrufe mit Hilfe eines Fernsprechvermittlungssystems. Andere Verfahren, wie etwa der Internetvertrieb, sind, obwohl sie mit Hilfe eines Computers durchgeführt werden, in Europa nicht patentierbar, während in den USA oft entsprechende Patente erteilt werden. Beispiel eines vom EPA erteilten europäischen Patents für eine Erfindung zum Feststellen des korrekten Funktionierens einer ABS-Steuereinheit: EP 771 280 (Abb. VI.8). Beispiel einer vom EPA zurückgewiesenen europäischen Patentanmeldung für ein Wettsystem mit festen Quoten: EP 1 139 245 (Abb. VI.9).
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Abb. VI.8. Links: Beispiel eines vom EPA erteilten europäischen Patents: Verfahren und System zum Feststellen des korrekten Funktionierens einer ABS-Steuereinheit unter Benutzung von zwei programmierten Mikroprozessoren (EP 771 280) Abb. VI.9. Rechts: Beispiel einer vom EPA zurückgewiesenen europäischen Patentanmeldung: System und Verfahren für Wetten (EP 1 139 245)
Keine Quellcodes. Das EPÜ enthält keine Rechtsvorschrift, die besagt, dass der Anmelder den Quellcode eines Programms einreichen muss. Ebenso wenig besteht die Politik des EPA darin, Quellcodes anzufordern oder zu prüfen oder sie als Anlagen zu den Anmeldungsunterlagen (die den Erteilungsantrag, die Patentansprüche, die Beschreibung, die Zeichnungen und die Zusammenfassung beinhalten) zu veröffentlichen. Der Quellcode ist weder notwendig noch zweckdienlich für die ausreichende Offenbarung einer computerimplementierten Erfindung. Für Prüfungs- und Veröffentlichungszwecke ist die erfinderische Idee in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Hierzu bedarf es keiner Offenbarung eines Quellcodes.
Praxisleitfaden für computer-implementierte Erfindungen Nur technische Erfindungen sind in Europa patentierbar. Eine Erfindung ist technisch und somit patentierbar, wenn wenigstens eine der folgenden vier Fragen bejaht werden kann (IGE und Siemens 2005):
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Notwendigkeit eines technischen Effekts Das EPA erteilt keine „Software“-Patente, was allerdings eine irreführende Bezeichnung ist. Gemäß dem EPÜ ist ein Computerprogramm an sich keine patentfähige Erfindung. Erfindungen, die Computerprogramme zur Durchführung von Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten und mathematischen oder ähnlichen Methoden umfassen und keinen technischen Effekt entfalten (zum Beispiel weil sie eine geschäftsbezogene und keine technische Aufgabe lösen), sind nicht patentierbar, und in Europa werden für solche Erfindungen keine Patente erteilt.
1. Frage: Wird mit der Erfindung eine physikalische Eigenschaft einer Einrichtung beeinflusst, beispielsweise Funktionen, Zustände, physikalisch messbare Werte? 2. Frage: Wird mit der Erfindung ein technischer Effekt bewirkt, wird beispielsweise der Wirkungsgrad, die Störsicherheit, die „Performance“ verbessert? 3. Frage: Liegt eine technische Aufgabe vor, wird, beispielsweise in einer Einrichtung eine bestimmte Fähigkeit verbessert, eine optimale Funktionenverteilung ermöglicht? 4. Frage: Waren technische Überlegungen erforderlich, mussten beispielsweise anlagenbedingte Beschränkungen beachtet oder überwunden werden? In der Praxis haben sich vor allem die folgenden, besonders häufig auftretenden Kategorien von computer-implementierten Erfindungen herausgebildet. Für jede dieser Kategorien wird gezeigt, welche der oben genannten Fragen in der Regel mit „Ja“ beantwortet werden kann (SiemensLeitfaden Softwarepatente). Kategorie A: Problemlösung ist ohne Software-Merkmale beschreibbar. Erfindungen, die unabhängig von der Realisierung durch Software auf einer davon abstrahierten Ebene durch technische Abläufe beschreibbar sind. Beispiel: Es wird in Abhängigkeit von Messwerten zwischen Betriebsarten eines Systems umgeschaltet (Antennadiversity im Mobilfunk) –
Finanzdienstleistungen
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Trotz erheblichen Software Aufwands bei der Realisierung werden kaum software-spezifische Begriffe zur Beschreibung der Erfindung nötig sein. Die tatsächliche Realisierung in Software schmälert nicht den technischen Charakter der Erfindung (Fragen 1 bis 4 können meistens bejaht werden). Kategorie B: Problemlösung ist nicht ganz ohne Software-Merkmale beschreibbar. Erfindungen, die sich nicht mehr so abstrakt beschreiben lassen, dass die Problemlösung ohne Software-Elemente beschreibbar ist. Beispiel: In einer Anlage werden Störungen erfasst sowie fehlerabhängige Texte aus verschiedenen Dateien zusammengestellt und angezeigt – Die Beschreibung der Erfindung wird eine Mixtur aus SoftwareBegriffen und technischen Elementen darstellen (Fragen 3 und 4 können fast immer bejaht werden, häufig auch die Fragen 1 und 2). Kategorie C: Problemlösung liegt ausschließlich im Bereich der Software. Erfindungen, bei denen das zu lösende Problem und die Lösungsmittel ausschließlich in der Welt der Software liegen. Eine weitere Verallgemeinerung würde zu abstrakten Ideen ohne Bezug zur Technik führen. Beispiel: Optimiertes task scheduling; verbesserte Datenverwaltung, Verkürzung des Programmcodes, Software-Begriffe, Manipulationen an Software-Elementen und Verarbeitungs- beziehungsweise Datenstrukturregeln prägen die Erfindung (Frage 4 kann häufig bejaht werden, manchmal auch eine der Fragen 1 bis 3).
Finanzdienstleistungen Die Finanzdienstleistungsbranche war in Bezug auf eigene Intellectual Property Aktivitäten im Vergleich zu anderen Geschäftszweigen lange untätig und fing erst zu einem späten Zeitpunkt an, Gebrauch von der Patentierung ihrer Entwicklungen zu machen (Glazier 2003). Dies erscheint möglicherweise zunächst ungewöhnlich, da es sich um eine hoch entwickelte Branche handelt, in der Software- und Systemlösungen, in die viel investiert wird, eine zentrale Rolle spielen. Durch die aufkommende Möglichkeit auch Geschäftsmodelle zu patentieren, ließen sich zusätzlich Wettbewerbsvorteile gegenüber Wettbewerbern erzielen, indem diese an der Nutzung des geschützten Geschäftsmodells gehindert werden konnten (Möhrle und Walter 2009). 27 In der Finanzbrache begannen diverse Akteure deshalb damit, sich konsequent mit Patenten auseinanderzusetzen. 27
Vgl. Änderungen durch die In re Bilsky Entscheidung, siehe Kasten.
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Branchenspezifisches Patentmanagement
Auslöser für das beginnende Umdenken bei den Finanzdienstleistern waren insbesondere Rechtsstreitigkeiten, die aufgrund ihrer Tragweite und Neuartigkeit auf eine große Medien-Resonanz stießen: x Data Treasury vs JP Morgan Chase et al.: Die Klage bezieht sich unter anderem auf die Aufnahme, Datenverarbeitung und -speicherung von Schecks und Kreditkarten-Quittungen. x LML Payments Systems vs U.S. Bancorp et al.: Inhalt der Klage sind unter anderem Methoden der Konvertierung von Schecks in Papierform in elektronische Transaktionen. x NetMoneyIn vs Bank One, Citibank, Wells Fargo: Die Klage bezieht sich unter anderem auf Methoden der Annahme von Kreditkartenzahlungen über das Internet. Der Schutz vor Klagen stellte denn in der letzten Dekade besonders im Finanz- und Versicherungswesen zunächst auch die grundlegende Triebfeder zur Entwicklung von Patentstrategien dar. Ziel war es, durch eigene Patente Rechtsstreitigkeiten mit Drittparteien vorbeugen zu können (Abb. VI.10, Abb. VI.11). Die folgenden Zahlen veranschaulichen diesen Trend im Bankensektor, der insbesondere durch Institutionen bestimmt wird, wie beispielsweise Barclays, BNP Paribas, Citibank, Credit Suisse, DeutscheBank, Goldman Sachs, HSBC, JP Morgan Chase, Lehman Brothers 28 , Merrill Lynch, Morgan Stanley, Royal Bank of Scotland, und die UBS (UBS 2005, UBS 2008): x 2001 ist das Jahr mit der höchste Patentanmeldequote, unter anderem verursacht durch Goldman Sachs, gefolgt von einem Einbruch und einem nachfolgenden Wiederanwachsen auf das Niveau von 2001. x 59% Zunahme von US-Patentanmeldungen von 1997-2001. x 272% Zunahme von europäischen und japanischen Patentanmeldungen von 1997-2001. x 27% Zunahme an US-Patentverletzungsverfahren (infringement suits) von 1998-2003. x Etwa die Hälfte, 48%, aller lebenden Patentfamilien gehen auf die Fünfjahresperiode zwischen 2002-2006 zurück.
28
Als Folge des Konkursverfahrens gegen Lehman Brothers ging das Patentportfolio 2008 an Barclays í die Branche atmete auf, dass es keine Patentverwertungsgesellschaft war.
Finanzdienstleistungen
90 80 70 60 50 40
201
Barclays BNP Parisbas CitiBank Credit Suisse Deutsche Bank Goldmann Sachs HSBC JP Morgan Chase Lehmann Brothers Merrill Lynch Morgan Stanley RBS UBS
30 20 10
t 1980
1990
1995
2001
2000
2002
2003
2004
2005
2006
Quelle: UBS (2008)
Abb. VI.10. Patentportfolio von Banken (Patentfamilien international)
8%
Datenmanagement 20%
10%
Online Finanztransaktionen Investment Produkte
10%
7%
Kundendienstleistungen Risikomanagement
10%
Kryptographie/Sicherheit 23% 12%
Dokumentenerstellung Telef onie
Quelle: UBS (2008)
Abb. VI.11. Schutz von Bank-Applikationen (Patentfamilien international)
202
Branchenspezifisches Patentmanagement
Patentierbarkeit von Geschäftsmethoden in den USA auf dem Prüfstand Die zwei Anmelder Bernard L. Bilski und Rand A. Warsaw ersuchten im Jahr 1997 in den USA einen Patentschutz für eine Geschäftsmethode zu erhalten, die ein Verfahren zur Risikobegrenzung beim Handel von Verbrauchsgütern wie Energie betrifft („method of hedging risks in commodities trading“). Nachdem die Patentanmeldung in zwei Instanzen (Board of Patent Appeals and Interferences í BPAI, United States Court of Appeals for the Federal Circuit í CAFC) zurückgewiesenen worden war, beschäftigte von 2009 bis 2010 das höchste US-Gericht, der U.S. Supreme Court, mit dem Fall zur Patentierbarkeit von Verfahrensansprüchen, zu denen insbesondere auch Geschäftsmethoden und Software zählen. Bis zur Bilski-Entscheidung wurde in den USA bei der Frage der Patentfähigkeit auf die State-Street-Bank-Entscheidung zurückgegriffen, bei der implementierte Verfahren patentierbar waren, wenn diese zu einem anwendbaren, konkreten und fassbaren („useful, concrete and tangible“) Ergebnis führten. In Folge dessen wurden in den USA eine Fülle von Patenten auf reine Geschäftsmethoden erteilt. Der CAFC stellte nun nicht nur diese Kriterien generell in Frage, sondern auch den davor bereits geltenden FreemanWalter-Abele-Test, der bei Softwarepatenten zur Prüfung der Patentierbarkeit von mathematischen Prinzipien und Algorithmen angewendet wurde. 29 Der vom CAFC eingeführte, sogenannte „machine-or-transformation”-Test wurde vom U.S. Supreme Court nicht als einziger Test zur Prüfung der Patentierbarkeit bestätigt, sondern nur als ein „zur Untersuchung nützliches Werkzeug“. Die Rechtsbeständigkeit von Patenten auf Geschäftsmethoden und von Software basierten Verfahren steht damit in den USA nun nicht mehr grundsätzlich in Frage. Quelle: In re Bernard L. Bilski and Rand A. Warsawk, 545 F.3d 943, 88 U.S.P.Q.2d 1385
29
Vgl. Abschnitt zur Softwarebanche.
Finanzdienstleistungen
203
Eine Besonderheit der Finanzdienstleistungsbranche ist, dass sich Produkte in der Regel durch eine relativ leichte Imitierbarkeit auszeichnen. Wettbewerbsvorteile lassen sich daher aus der Imitation von erfolgreich gestarteten Produkten ziehen (Wehling 2002, Klinger 2003, Bader 2007b). Diese werden auch als so genannte Second Mover-Vorteile bezeichnet. Diese Praxis wird allerdings, wie oben bereits beschrieben, zunehmend durch Patente auf Geschäftsmethoden und Softwarelösungen durchkreuzt. Dementsprechend eröffnen sich für Finanzdienstleister neue Möglichkeiten des Schutzes vor Imitation. Immer mehr Banken und Versicherungen erkennen deshalb die Chance der Patentierung von Innovationen zur Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen: Geschäftsmethoden und Softwarelösungen werden zunehmend durch Patente geschützt. Dieses Vorgehen findet insbesondere in den USA und in Japan Anwendung. Typische Versicherungspatente betreffen Gebiete, wie beispielsweise Risikotransferschemen, Versicherungsprodukte, e-Business-Lösungen oder PricingInstrumente. Allerdings bestehen vor allem wegen der unterschiedlichen Rechtspraxis zwischen den USA und Europa immer noch starke Unterschiede wobei Patentierbarkeit von Erfindungen in der Finanzdienstleistungsbranche typischer anzutreffen sind. Gerade zwei Drittel der Anmeldungen in
Quelle: UBS (2008), in Anlehnung an Bader (2006a)
Abb. VI.12. Patentanmeldungen und Patente am Europäischen Patentamt im Finanzdienstleistungssektor: Europäer haben aufgeholt.
204
Branchenspezifisches Patentmanagement
den USA schaffen es auch nach Europa (UBS 2008). Immerhin hat sich das ursprüngliche Übergewicht angloamerikanischer Institute in Europa etwas ausgeglichen. Anfang des Jahrtausends gingen am Europäischen Patentamt noch 75% der Patentanmeldungen im Banken- und Versicherungsbereich auf Unternehmen aus den angelsächsischen Ländern USA, Kanada und Großbritannien zurück. Nur 10% aller Patentanmeldungen stammten von europäischen Unternehmen (Bader 2006a). Mittlerweile haben die Europäer deutlich aufgeholt (Abb. VI.12). Nach den USVorreitern, darunter die Citigroup und Merrill Lynch, haben in Europa Finanzdienstleistungsinstitute wie beispielsweise die UBS und Swiss Re die Situation erkannt und eigene Patentabteilungen aufgebaut. Die Finanzdienstleistungsbranche erfasst Intellectual Property erst allmählich als strategischen Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor. Erstaunlich aber bleibt, dass in der global ausgerichteten Finanzdienstleistungsbranche immer noch weniger als die Hälfte der Banken und Versicherungen für Patente sensibilisiert ist. Die auf Softwarelösungen basierenden Produkte und Dienstleistungen sollten vielmehr vor ihrer Markteinführung rechtlich auf potenzielle Konflikte überprüft und nach Möglichkeit auch geschützt werden. Auch bei der externen Verwertungs- und Kommerzialisierungspraxis von Patenten ist mit Veränderungen zu rechnen, da die Innovationstätigkeit innerhalb der der Finanzdienstleister weiter sinkt und es nur wenige gibt, die noch selbst entwickeln. Technologische Entwicklungen im Finanzdienstleistungsgeschäft werden daher zunehmend als von externen ITDienstleistern bereitgestellte Plattformtechnologien an Bedeutung gewinnen, die von vielen für eine Nutzung erst einlizenziert werden müssen. Ein Großteil der Finanzdienstleister ist jedoch immer noch nicht in diesem Bereich aktiv und vernachlässigt die Chancen und die Risiken – dies, obwohl Patente entscheidende Wettbewerbsvor- und nachteile bewirken können. Fallbeispiel UBS. Patente wurden lange Zeit von Finanzdienstleistungsunternehmen unterschätzt und haben erst zu Beginn des neuen Jahrtausends an Publizität gewonnen. Grundlegende Dienstleistungen, wie beispielsweise die Vermögensverwaltung, sind in der Regel nicht patentierbar – so jedenfalls war die lang gehegte Auffassung. Die UBS hatte historisch gesehen auch keinen Bezug zu Patenten, wie dies in technologiegetriebenen Unternehmen eher der Fall ist. Trotz des Dienstleistungscharakters der Produkte, hat die UBS die Risiken und Chancen im Umgang mit gewerblichen Schutzrechten erkannt und eine tragfähige Patentstrategie entwickelt. Die defensive Abwehr von Klagen durch ein eigenes Patentportfolio war dabei zunächst eine grundlegende Zielsetzung der Patentstrategie, wobei der bereits erwähnte State-Street-Bank-Fall ein wesentlicher Auslöser war. Die Überlegung war, dass im Falle einer Verletzungsbehauptung eigene
Finanzdienstleistungen
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Schutzrechte entgegengehalten werden und gegebenenfalls auch Kreuzlizenzen erwirkt werden können (Cross-Licensing). Die UBS begann deshalb im Rahmen der Umsetzung ihrer Patentstrategie bereits im Jahr 2000 eine eigene Fachabteilung für das professionelle Management ihres Intellectual Propertys aufzubauen. Neben verschiedenen Marken hält die UBS in Europa mittlerweile mehr als 50, weltweit sogar fast 90 Patente beziehungsweise Patentanmeldungen (Abb. VI.13). Der Fokus der Patentanmeldungen liegt dabei weniger direkt auf den eigenen Produkten und Dienstleistungen, sondern auf den Systemen, die im Hintergrund für die Erstellung der Produkte und Dienstleistungen überlebenswichtig sind, beispielsweise im Bereich des Datenmanagements und der Datenverarbeitung, in dem sich die UBS unter den Banken zum Branchenmeister entwickelt hat. Die UBS verwaltet allein in der Schweiz mehrere Millionen Kunden einschließlich der dazugehörigen Daten, was erahnen lässt, wie elementar das Datenmanagement für das Tagesgeschäft ist. Die logische Konsequenz ist deshalb für die UBS, diesen wichtigen Bereich vor juristischen Angriffen zu schützen und innovative Eigenentwicklungen im IT-Bereich entsprechend zu patentieren. Die UBS hat sich im weltweiten Patentranking unter Banken inzwischen seit dem Jahr 2004 vom fünften auf den dritten Platz im Jahr 2008 vorgearbeitet: Die Citibank verfügt über das größte Patentportfolio, gefolgt von JP Morgan Chase und UBS. Die nächstplatzierte europäische Bank ist Barclays, die ihre Position durch die Übernahme des Patentportfolios der in Konkurs gegangenen Lehman Brothers í samt deren Chief Intellectual
BNP Paribas Credit Suisse HSBC Deutsche Bank Royal Bank of Scotland Barclays Merrill Lynch Lehman Brothers Morgan Stanley Goldman Sachs UBS JP Morgan Chase Citibank 0
20
40
60
80
100
Quelle: UBS (2008)
Abb. VI.13. Patentportfolios von Banken (Patentfamilien pro Bank)
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206
Branchenspezifisches Patentmanagement
Property Officers í signifikant aufwerten konnte. Mittlerweile hat sich in der Bankenbranche die Sichtweise und der Umgang mit Patenten im Vergleich zum „Rush“ in der Anfangsphase allerdings weiterentwickelt: 1. Rechtliche Situation: Die rechtliche Situation hat sich in der letzten Dekade verändert. So ist es auch in den USA viel schwieriger geworden, die für Banken relevanten Technologien zu patentieren. Ursächlich hierfür dürfte sein, dass das US-Patentamt mit mehr und besser ausgebildetem Personal prüft und auch verstärkt nicht-Patentliteratur hinzuzieht. Diese restriktivere Prüfungspraxis führt zu langen Wartezeiten im Erteilungsverfahren. Des weiteren gibt es immer wieder Ereignisse, die die bisherige Praxis der US-Rechtssprechung in Frage stellen (vgl. In re Bilsky, siehe Kasten Seite 204). Als Folge davon besteht für den Rechtsraum der USA selbst für erteilte Patente eine gewisse Unsicherheit, welchen Wert diese langfristig praktisch haben. 2. Veränderung des Umfelds: Die Bankenkrise in den Jahren 2008 und 2009 war ein weitere Auslöser für ein Umdenken. Die notwendigen Kosteneinsparungen zwangen zu rigorosen Portfoliobereinigungen. Ein vorwiegend gegen einen potenziellen Angriff auf Abschreckung ausgerichtetes Patentportfolio war nicht mehr zu rechtfertigen. Einerseits ist ein Defensiv-Szenario wegen der oben dargestellten rechtlichen Veränderungen weniger wahrscheinlich geworden, andererseits sind die einzigen Patentverletzungsverfahren gegen Banken bisher nur von reinen Patentverwertungsagenturen geführt worden, die in Ermangelung eigener Produkte aber mit Patenten praktisch nicht angreifbar sind. Die UBS konzentriert sich daher nun stärker auf eine aktivere Rolle, erlangte Schutzrechte auch einzusetzen. Betroffen davon ist das Kerngeschäft der Bank als auch Unterstützungsprozesse. Ein rein defensiv ausgerichtetes Patentportfolio, um allfälligen Klagen vorzubeugen und besser entgegentreten zu können steht nicht mehr im Vordergrund. Während anfangs der Fokus vor allem auf dem Schutz eigener Rechte lag, hat die Beobachtung von Drittschutzrechten mittlerweile eine mindestens gleichwertige Bedeutung erlangt í das Minenfeld ist größer geworden. Darüber hinaus werden neben Patenten auch verstärkt andere juristische Schutzstrategien überprüft, wie beispielsweise Trade Secrets und Sperrpublikationen, um Patentanmeldungen Dritter vorzubeugen. Da immer mehr Finanzdienstleistungen auf patentierbaren Softwarelösungen basieren, ist des weiteren davon auszugehen, dass das Unternehmen die Möglichkeit der externen Kommerzialisierung des eigenen Patentportfolios zukünftig vermehrt nutzen wird.
Finanzdienstleistungen
207
DataTreasury: Technologieverwertung oder Patent-Troll? DataTreasury hatte in den Jahren 1999 und 2000 die zwei Patente US 5 910 988 und US 6 032 137 erteilt bekommen. Die Patente betreffen Bilderfassung, zentrale Verarbeitung und elektronische Speicherung von Dokument- und Scheckdaten í kurz ein Technologieverfahren zum Austausch digital abgebildeter Schecks, das einen grundlegenden Fortschritt für die Bankindustrie zur Folge hatte, vergleichbar der Einführung der Magnetschrifterkennungszeile vor fast 50 Jahren. In den USA wurde das Verfahren mit dem Bundesgesetz Check Clearing for the 21st Century Act, auch „Check 21“ genannt, zum Standard. Aus diesen Patenten ging das Unternehmen gegen JP Morgan Chase vor. Nach drei Jahren andauernder, umfangreicher Rechtsstreitigkeiten verglich sich JP Morgan Chase schlussendlich im Jahr 2005 mit DataTreasury und zahlt seitdem Lizenzgebühren. Es folgten Merrill Lynch sowie zahlreiche weitere Bank- und Scheckabrechnungsinstitute, wie Affiliated Computer Services, Bank of New York Mellon, Bank One, Citibank, City National Bank, Community Banking Systems, Compass Bancshares, Diebold, First Data, First Tennessee Bank, Groupe Ingenico, Mellon Bank, NCR, NetDeposit, PNC Financial Services und RDM. Die Lizenzeinnahmen belaufen sich bereits auf mehr als 350 Millionen US-Dollar. DataTreasury ergänzte sein Portfolio im Jahr 2006 mit vier weiteren Patenten von WMR e-Pin und geht seither gegen über 30 weitere Banken und Institute vor. Die Fälle haben einen geschätzten Wert in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar, davon 600 Millionen USDollar im neuesten Fall gegen U.S. Bank. Quelle: en.wikipedia.org/wiki/DataTreasury (2010)
Fallbeispiel Swiss Re. Die Swiss Re ist weltweit eines der ersten Rückversicherungsunternehmen, das eine eigene Patentabteilung aufgebaut hat und eine konsequente Patentstrategie praktiziert und diese den Gegebenheiten kontinuierlich angepasst hat (Bader und Bischof 2005, Bader und Cuypers 2008, Bader 2008a). Während bei der Swiss Re anfangs noch die Multiplizierbarkeit von Technologien auf Basis eines eigenen Patentportfolios ein grundlegender
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Branchenspezifisches Patentmanagement
Strategiebestandteil war, hat sich diese Sichtweise grundlegend verändert. Verfolgt wird mittlerweile vor allem der defensive Nutzen eines Patentportfolios, der als sehr wichtig eingeschätzt wird. Dabei wird wieder auf exklusive Nutzbarkeit im eigenen Hause gesetzt. Patente sind dabei nur ein Element des juristischen Schutzrechtsinstrumentariums, um gegenüber Wettbewerbern das von der Swiss Re beanspruchte Terrain abzustecken. Hierbei werden folgende Prioritäten gesetzt: x Compliance: Keine Verletzung von Schutzrechten Dritter. x Schutz der eigenen Brand: Marke „Swiss Re“ und einzelne Produkte. x Schutz der eigenen Innovationen. Im Rahmen der oben bereits dargelegten rechtlichen Veränderungen in den USA und in Europa werden die ursprünglich gefürchteten Patentverwertungsgesellschaften anders eingeschätzt. Nach einer Ära der passiven Verteidigungs- und Multiplikationsphase Anfang der Jahrtausendwende wird jetzt vor allem auf den Exklusivitätsschutz und Unangreifbarkeit des eigenen Geschäftsmodells gesetzt.
Transport und Logistik Zur Branche Transport und Logistik zählen Unternehmungen, die direkt oder indirekt den Versand oder den Transport von Personen und Gütern und deren „intelligente Verteilung“ durchführen. Auf Rang eins weltweit liegt derzeit der Deutsche Post DHL Konzern 2009 mit knapp 57 Milliarden Dollar Umsatz, gefolgt von United Parcel Service (UPS) mit 50 Milliarden Dollar Umsatz, und Federal Express (FedEx) mit 38 Milliarden Umsatz. FedEx ist vor allem in den USA ein direkter Konkurrent von UPS. In Europa liegt Deutsche Post DHL in der Rangliste der umsatzstärksten Logistikunternehmen auch auf Platz eins, UPS hingegen nur auf Platz 11. UPS und FedEx zählen zu den so genannten Kurier-, Expressund Paketdiensten (KEPs). Aus der europäischen Perspektive zählen des Weiteren die Unternehmen La Poste aus Frankreich und die Royal Mail aus Großbritannien zu den Wettbewerbern. In Deutschland konkurrieren darüber hinaus die Hermes Logistik Gruppe (HLG) und TNT Logistics. Ferner stehen die Unternehmen zunehmend auf Basis von Dienstleistungen im Wettbewerb zueinander, wodurch das Management von Dienstleistungsinnovationen im Allgemeinen und von Logistikinnovationen im speziellen an Bedeutung gewinnen. Unter dem Management von Logistikinnovationen ist die Planung, Steuerung und Kontrolle der Hervorbringung und Verwendung neuartiger Logistikprodukte oder -verfahren in Supply
Transport und Logistik
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Chains oder innerhalb von Unternehmen zu verstehen. Logistische Produktionsinnovationen kristallisieren sich einerseits durch Technologien als „Hardware“ (beispielsweise neue Ladungsträger), als „Software“ (beispielsweise neue Advanced Planning & Scheduling Systeme) oder in Kombination der beiden (beispielsweise RFID-Einsatz) heraus. Logistische Prozessinnovationen andererseits basieren vor allem auf Neuerungen im Bereich des Ablaufwissens und der Struktur des Beziehungsgeflechts. Logistikinnovationen entstehen sowohl in Logistik- und IT-Dienstleistern als auch in Industrie- und Handelsunternehmen. Die Logistikbranche entwickelt sich daher zunehmend von einem Kosten- hin zu einem Differenzierungsfaktor, der nachhaltige Wettbewerbsvorteile verspricht. Dieser Trend steht in Einklang mit der Entwicklung der Industrie zur Wissens- beziehungsweise Dienstleistungsgesellschaft. Zwar werden in der Logistik zahlreiche Fortschritte hinsichtlich der Steigerung der Kundenzufriedenheit, der Verbesserung des Lieferservices oder der Kostenreduktion erzielt, im Vergleich zu anderen Branchen sind diese Errungenschaften allerdings eher spärlich gegenüber einer Nachahmung durch Wettbewerber geschützt. So betreiben nur wenige Unternehmen der Logistikdienstleistungsbranche ein systematisches und umfassendes Management ihrer geistigen Eigentumsrechte (Bader und Hofmann 2006). Vor knapp 15 Jahren waren in der Logistikdienstleistungsbranche noch überhaupt keine Patentanmeldungen zu registrieren. Erst in den letzten 10 Jahren ist eine deutliche Belebung der Patentierungsaktivitäten festzustellen, wobei vor allem die großen „Player“ eine Vorreiterrolle einnehmen. Von der UPS wurden in diesem Zeitraum mehr als 180 neue Patentanmeldungen veröffentlicht, gefolgt von Deutsche Post DHL mit über 160, United States Postal Service mit etwa 125, FedEx mit etwa 20 und La Poste mit etwa 10 (Abb. VI.14). Fallbeispiel UPS. United Parcel Service Inc., wurde 1907 als Kurierdienst in den USA gegründet und ist heute weltweit der größte Express- und Paketzustelldienst. Im Jahr 2008 erwirtschaftete UPS 45,3 Milliarden USDollar Umsatz und beschäftigte 408.000 Personen, hiervon 340.000 in den USA. Über die Jahre hinweg hat UPS sein Leistungsportfolio gewaltig expandiert und koordiniert heute nicht nur Güterbewegungen, sondern auch die dabei entstehenden Informations- und Finanzflüsse. UPS gehört heute zu den führenden Anbietern von spezialisierten Beförderungs-, Logistik-, Kapital- und E-Commerce-Serviceleistungen (UPS 2010). UPS hat Innovationen stets einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt, und dadurch Kundendienstleistungen standardisiert und die Zuverlässigkeit erhöht. UPS sieht darin eine nachhaltige Möglichkeit zur Differenzierung
210
Branchenspezifisches Patentmanagement
200
150
100
50 0 La Poste
FedEx
United States Deutsche Postal Service Post DHL
UPS
Abb. VI.14. Anzahl der veröffentlichten Patentanmeldungen ab 2003 (2009)
vom Wettbewerb (UPS 2010). UPS wendet dabei drei Innovationsprinzipien an: Erstens wurden die Geschäftstätigkeiten kontinuierlich neu definiert, was UPS 1998 mit der strategischen Neuausrichtung von „serving the small package delivery needs of our customers“ zu „enabling global commerce“ und dem Einstieg ins Dienstleistungsgeschäft erfolgreich umsetzte. Zweitens wurde die Bedeutung des langfristigen Zeithorizonts von Innovationen und drittens die wichtige Rolle der Unternehmensmarke bei der Kommunikation während des Wandels erkannt (Beystehner 2005). UPS meldet seine Patente sowohl im Bereich von Packanlagen und Paketwaagen (ECLA-Klassifikation Sektion B), als auch im Bereich technisch hoch entwickelter Software und elektronischer Geräte an (ECLAKlassifikation Sektion G; Abb. VI.15). 30 Hauptanmeldeland sind die USA, dem Haupttätigkeitsgebiet der UPS. Während in Sektion B beispielsweise Computersysteme zur Steuerung von Paketlieferungen, Geräte, um Pakete aller Größen auf Paletten zu packen, Messgeräte für Pakete, Paketgreifanlagen, Förderbänder oder Druckmaschinen für Versandanleitungen klassifiziert sind, finden sich in der Sektion G Testsysteme für drahtlose Netzwerke, Bildaufnahmesysteme für sich bewegende Gegenstände und Systeme für die elektronische Aufzeichnung von Paketsendungen. Das Aktivitätsniveau in der Sektion G ist bei UPS deutlich höher als in Sektion B. In beiden Sektionen erfolgte ein stetiger Anstieg der Patentanmeldungen bis 1999, wobei in der Sektion G fast doppelt so viele Patente wie in Sektion B angemeldet wurden. Danach folgte ein starker Rückgang in beiden Sektionen. Seit 2002 wurde wieder das alte Erteilungsniveau erreicht. 30
Zur ECLA-Klassifikation siehe Anhang.
Transport und Logistik
211
In den letzten 15 Jahren haben die Bedeutung und die Aktivitäten bezüglich Intellectual Property bei UPS stark zugenommen. Dies verdeutlicht die stark gestiegene Anzahl der Patentanmeldungen seit ungefähr 1990. Auch aufgrund der Diversifizierung der operativen Tätigkeit fokussiert UPS dabei nicht nur auf Patentanmeldungen im Transportbereich. In der Sektion G ist ebenfalls ein starker Anstieg der Patente zu beobachten mit sehr anspruchsvollem technischem Hintergrund. Insgesamt verfolgt UPS die Strategie, Erfindungen und deren Schutz einen hohen Stellenwert einzuräumen und sich dadurch als besonders innovatives Unternehmen zu positionieren. Im Geschäftsjahr 2009 wies UPS im Bereich Intangible Assets unter Handelsmarken, Lizenzen, Patente und andere 132 Millionen brutto beziehungsweise 123 Millionen US-Dollar netto aus, und unter Franchise Rights (Lizenzvergaberechte) 109 Millionen brutto beziehungsweise 63 Millionen US-Dollar netto aus (UPS 2010). Fallbeispiel Deutsche Post DHL. Die Deutsche Post DHL mit Hauptsitz in Bonn, Deutschland agiert in den Regionen Europe, Americas, Asia Pacific und EEMEA (Eastern Europe, the Middle East and Africa). Derzeit beschäftigt der Konzern rund 500.000 Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die Deutsche Post DHL eine beispiellose Umgestaltung durchgeführt und sich von einer staatlichen Institution zu einem hochprofitablen, globalen Unternehmen entwickelt. Die Vision von DeutschePost DHL strebt an, langfristig der weltweit führende Logistikanbieter zu sein, wobei das Unternehmen zur Erreichung dieses Ziels eine konsequen60 50 40 30 20 10 0 1988 1990 1992 1994 2002 2004 1996 1998 2000 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003
t
ECLA-Klassifikation Sektion G ECLA-Klassifikation Sektion B
Abb. VI.15. Zeitliche Verteilung erteilter Patente von UPS in den ECLASektionen B (Summe: 210) und G (Summe: 553) (1987-2004)
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Branchenspezifisches Patentmanagement
te Wachstums- und Internationalisierungsstrategie verfolgt. Das Produktportfolio wurde in den letzen Jahren maßgeblich erweitert, so dass der Konzern heute ein Spektrum an Brief-, Paket- und Expressdienstleistungen sowie an Logistikdienstleistungen offeriert. Des Weiteren wurde das Produktportfolio bis 2009 zusätzlich durch Finanzdienstleistungen ergänzt. Bis 1990 war die Deutsche Post noch eine Staatsbehörde mit Monopolstellung gewesen. Es war deshalb bis dahin auch kein Patentmanagement zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen erforderlich gewesen. Durch die Privatisierung und die damit verbundene Expansion in neue Geschäftsfelder wie Logistics and Finance war die Deutsche Post DHL aber plötzlich mit neuen Wettbewerbern konfrontiert. In diesen Dienstleistungsbranchen finden wesentliche Innovationen im Bereich der Entwicklung von Verfahren und Lösungen statt, oft in Kombination mit Software. Weniger bedeutend ist die Generierung physischer Produkte. Deutsche Post DHL musste beobachten, wie Wettbewerber, wie beispielsweise der amerikanische Logistikdienstleister UPS, Patentanmeldungen einreichten und diese auch aggressiv durchsetzen konnten. In einem Fall meldete ein Lieferant sogar ein Schutzrecht für ein Verfahren an, an dessen Entwicklung die Deutsche Post DHL maßgeblich beteiligt war, aber von einer eigenen Patentierung abgesehen hatte. Um sich am Markt behaupten zu können, sah sich das Unternehmen 2002 dazu veranlasst, eine eigene, zentrale Patentmanagementabteilung zu gründen. Diese ist für die Identifizierung und Patentierung technischer Innovationen verantwortlich. Die organisatorische, interne Anbindung erlaubt es der zentralen Patentmanagementabteilung, die Entwicklung dieser Ideen von Beginn an zu begleiten. Auf diese Weise können patentfähige Erfindungen frühzeitig identifiziert und zum Patent angemeldet werden. Außerdem kann das Patentmanagement das veröffentlichte Patent-Knowhow von Wettbewerbern und anderen Anmeldern recherchieren und dem Konzern zur Verfügung stellen. Dieses Know-how ist eine wertvolle Unterstützung bei der Generierung und Entwicklung neuer Technologien. Neben einigen internen Mitarbeitern arbeitet die Patentmanagementabteilung mit externen Patentexperten auf Basis einer langfristig angelegten Geschäftsbeziehung zusammen. Dies hat den Vorteil, dass externe Patentanwälte spezialisiertes Wissen über die Belange der einzelnen Divisionen aufbauen können (DHL Innovation Center 2010). Die wichtigsten Aufgaben der zentralen Patentmanagementabteilung sind: x Prüfung interner und externer Ideen auf Patentfähigkeit. x Patentrecherchen im Internet.
Transport und Logistik
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x Koordination des Patentierungsverfahrens – von der Patentidee über die Anmeldung bis zur Patenterteilung. x Verteidigung gegen Angriffe Dritter wegen Patentverletzungen durch Deutsche Post DHL. x Verfolgung von Verletzungen der eigenen Patente durch Dritte. x Mitwirkung bei der Erarbeitung von Lizenz- und Kooperationsverträgen. x Beobachtung und Analyse der Patentstrategien von Wettbewerbern. Um den Informationsansprüchen der einzelnen Geschäftsbereiche innerhalb des Konzerns gerecht zu werden, bemüht sich die zentrale Patentmanagementabteilung im Rahmen von Technologie- und Wettbewerbsanalysen um eine bedarfsgerechte Aufarbeitung der in den Patentdatenbanken verfügbaren Informationen. Je nach Fragestellung der interessierten Geschäftsbereiche lassen sich aus den einzelnen Bereichen für das Unternehmen wichtige Erkenntnisse ableiten. Dies umfasst insbesondere auch Analysen möglicher Verletzungen der eigenen Patentansprüche und Freedomto-Operate-Recherchen. Eine weitere Dienstleistung für die Geschäftsbereiche des Konzerns ist die materielle Bewertung von Patenten. Dies ist beispielsweise im Rahmen einer Due Diligence bei Firmenakquisen sowie bei einzeln angebotenen Patenten sinnvoll. Anhand von etablierten Bewertungsmethoden kann auch Patenten ein materieller Wert zugeordnet werden. Für Deutsche Post DHL gibt es zwei wesentliche Gründe, Patente anzumelden: 1. Deutsche Post DHL möchte ihre eigenen Erfindungen selbst nutzen und verhindern, dass Wettbewerber diese unerlaubt kopieren. Beispielsweise besitzt Deutsche Post DHL mehrere Patente, die Hardware und verschiedene Funktionalitäten ihres Paket-Annahme-Automatensystems „Packstation“ schützen. Damit verhindert der Konzern, dass Wettbewerber die darin implementierten innovativen Ideen kopieren. Diese müssten allenfalls eigene Paket-Annahme-Automaten entwickeln. Diese Annahme-Automaten dürften aber keine Funktionalitäten und technischen Details aufweisen, die durch Patente der Deutsche Post DHL geschützt sind. Das aufgebaute Patentportfolio umfasst zu einem Großteil Softwarelösungen und Verfahren, die den Bereichen Logistics und Finance zugeordnet werden können. Hierzu zählen insbesondere auch Softwarelösungen, mit der technische Effekte wie eine effizientere Datenspeicherung oder eine größere Datensicherheit erzielt werden. So ist es Deutsche Post DHL gelungen, mehrere Patente auf ihr PC-
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Branchenspezifisches Patentmanagement
Frankierungssystem sowie auf die neue technische Plattform ihres Filial-Frontends zu erhalten. 2. Unter Umständen ist Deutsche Post DHL aber bereit, bestimmte patentierte Erfindungen an Dritte zu lizenzieren. In derartigen Fällen werden Lizenzverträge abgeschlossen, die den Lizenznehmer im Gegenzug zur Zahlung von Lizenzgebühren verpflichten. Beispielsweise hält Deutsche Post DHL gemeinsam mit einem Hersteller ein Patent auf einen gelben Behälter, der für den Transport von Briefsendungen entwickelt wurde. Deutsche Post DHL war in diesem Falle damit einverstanden, dass auch andere Unternehmen, beispielsweise ausländische Postverwaltungen, diese Behälter nutzen können. Sie erhält dafür vom Hersteller Lizenzgebühren für die Behälter, die an Dritte ausgeliefert werden. Die Deutsche Post DHL unterstützt ihren Anspruch eines globalen Logistikdienstleisters also auch durch ihr Patentmanagement. So entstehen in den Kernbereichen des Unternehmens durch eigene Entwicklungen Patentideen, welche nach einer Prüfung auf Anmeldefähigkeit patentiert werden und so den Wettbewerbsvorsprung in diesen Bereichen sichern. Diese Entwicklungsdienste sind im Bereich DHL Solutions & Innovations angesiedelt, der die Aufgabe hat, technische Entwicklungen voranzutreiben, konkrete Situationen zum Intellectual Property Management zu lösen und neue Trends zu identifizieren. Die Deutsche Post DHL orientiert sich dabei an einer unternehmensweiten Technology-Road-Map, da das Angebot und dadurch auch die Problembereiche des Unternehmens zu breit sind, als dass man dies auf wenige Technologieklassen eingrenzen könnte. Die größte Anzahl an Patenten der Deutsche Post DHL finden sich in den ECLA-Klassen B65, G06F, G07 und H04 (Abb. VI.16). 31 Darüber hinaus hat sich innerhalb des Patentportfolios der Deutschen Post DHL im Verlauf der Jahre eine Verschiebung der Patentklassen, in welchen das Unternehmen hauptsächlich Patente anmeldet, ergeben. Waren zu Beginn des privatisierten Konzerns vor allem die Patentklassen B60, B42, B62 und B65 vertreten, in welchen sich Transport- und Aufbewahrungslösungen auffinden lassen, so lässt sich mit der Zeit ein Wandel hin zu sehr viel unterschiedlicheren Klassen feststellen. Insbesondere lässt sich ein Ansteigen der Bedeutung digitaler Technologien erkennen, die in den Klassen G05 bis G09 vertreten sind. Dies lässt sich mit der internationalen Ausrichtung des Konzerns, vorangetrieben durch die Unternehmensstrategie, erklären, welche eine Digitalisierung der Informationen zur schnellen Kommunikation und Befriedigung von Kundenbedürfnissen unabwendbar macht. Auch der Wandel vom reinen Postdienstleister zu einem globalen 31
Zur ECLA-Klassifikation siehe Anhang.
Transport und Logistik
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Konzern mit den vier Unternehmensbereichen Brief, Express, Global Forwarding sowie Freight and Supply Chain lässt sich in dieser Differenzierung des Patentportfolios wiederfinden. Patentideen müssen daher nicht immer im Kerngeschäft der Deutschen Post DHL angesiedelt sein, sondern können in allen Unternehmensbereichen und Abteilungen entstehen. Die Patentabteilung prüft allerdings, ob die Idee für die Post nutzbar gemacht werden kann, bevor der Patentierungsprozess eingeleitet wird. Sollte die Idee keinen Nutzen für den Konzern haben, wird die Patentierung aus finanziellen und organisatorischen Gründen abgelehnt. Es handelt sich somit jeweils um eine Einzelfallentscheidung, ob eine Idee patentiert werden soll oder ob darauf verzichtet wird. Im Bereich der Patentanmeldungen in den einzelnen Ländern wird ebenfalls die Strategie zur Globalisierung unterstützt: Während früher vor allem national patentiert wurde, wird nun bei jedem Patent auch eine Patentierung in weiteren Ländern in Erwägung gezogen. Hauptsächlich wird in den Schwerpunktländern der Deutschen Post DHL, also den USA und Westeuropa patentiert, aber auch Asien muss durch die strategische Ausdehnung des Konzerns immer häufiger bei Patentanmeldungen beachtet werden. Weitere Länder werden dann einbezogen, wenn es sich auf Grund einer Kosten-/Nutzen-Analyse anbietet. In den USA wird zudem die Möglichkeit des Schutzes von Geschäftsmethoden genutzt. Deutsche Post DHL ist trotz des Dienstleistungscharakters ihrer Angebote stark auf Technik angewiesen. Durch ein aktives Patentmanagement wird versucht, dem Trend zu Kosteneinsparungen durch Technik zu folgen und dem Unternehmen seinen Wettbewerbern gegenüber einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern. Der Wachstums- und Differenzierungsstrategie des Konzerns wird durch eine Zunahme internationaler Patentanmeldungen und eine Ausweitung der Patente in verschiedene Patentklassen Rechnung getragen, wobei die Ideengenerierung hauptsächlich im Konzern selbst vorangetrieben wird. Auch in Zukunft erwartet der Konzern eine Zunahme der Bedeutung des Geistigen Eigentums und des Patentmanagements im Markt. Der Trend zu immer mehr Patentanmeldungen, um sich von der Konkurrenz abheben und am Markt bestehen zu können, wird sich, getrieben durch die weiterhin starke Bedeutung von Technologien und die Zunahme der Wettbewerber, weiter fortsetzen. Die Deutsche Post DHL sieht sich hierfür vorbereitet und kann durch die vielen Unternehmenszukäufe der letzten Jahre auf ein großes Wissenspotenzial der Mitarbeiter zurückgreifen, um durch neue Ideen den Marktanteil des Unternehmens weiter ausbauen zu können.
216
Branchenspezifisches Patentmanagement 1997
1999
33%
33%
34%
34%
33% G09
33%
B65
B62
B60
2001
B42
B25
2002
13%
6%
17%
25% 6% 13%
43%
28% 49% G07
G06
B65
H04
B42
G07
2004 6%
G06
C09
B65
2005
4% 2%
3% 21%
18%
15% 21% 2% 2%
21%
15%
28% 2% H04 B42
G08 B07
29%
2%
G07 A47
G06
G05
E06
6% B65
3%
B60 G08
G07
G06
G05
B65
B07
A47
Abb. VI.16. Zunehmende Diversifikation der Patentstrategie bei der Deutschen Post: Anteile der Patentklassen an den jährlichen Patentveröffentlichungen zwischen 1997 und 2005
Handlungsbedarf bei KMU
217
Handlungsbedarf bei KMU Im Gegensatz zu großen Unternehmen haben KMU branchenübergreifend keine ausdifferenzierten Prozesse, weniger Rechercheaktivitäten und oft keine Softwaretools. Bei KMU stehen häufig klare Kosten-/Nutzenaspekte eines Patents im Vordergrund. Als Folge davon wenden kleine Unternehmen stringentere Kriterien bei der Auswahl von zum Patent anzumeldenden Erfindungen an (Ernst 1996). Sie weisen meistens eine breit vernetzte, aber sehr schlanke interne Struktur auf. Häufig koordinieren der Geschäftsführer oder der F&E-Leiter alle Intellectual Property bezogenen Aktivitäten. Der Patentanmeldeprozess, inklusive Aktenverwaltung und Rechercheaktivitäten weist deshalb in der Regel eine starke Auslagerungsquote an externe Patentanwaltskanzleien und Berater auf. Darüber hinaus stellt sich gegebenenfalls die Problematik der Durchsetzungsfähigkeit von Patenten hinsichtlich verfügbarer Ressourcen und angesichts hoher Kosten. Generell ziehen kleine Unternehmen nach wie vor die Geheimhaltung eher einer Patentanmeldung vor, als große Unternehmen dies tun (Arundel 2001). Der Aufbau und die Anwendung von gewerblichen Schutzrechten haben auch für KMU Vorteile: x Stärkung der Verhandlungsposition: KMU sind stärker im Business-toBusiness-Bereich tätig, bei dem Großunternehmen als Kunden dominieren. Ohne Patentschutz wäre die Verhandlungsposition gegenüber Großkunden äußerst schwach, da diese eine Innovation häufig selbst übernehmen oder von Drittanbietern günstiger herstellen lassen können. Ein Patentschutz kann einen wesentlichen Beitrag dazu liefern, Folgeaufträge zu sichern, die zur Amortisation vorheriger F&E-Investitionen benötigt werden. x Kapitalbeschaffung: Risikokapitalgeber verlangen laut der Patentanwaltskammer (2004) oft Sicherheiten für ihre Investitionen. Patente, Patentanmeldungen, Gebrauchsmuster sowie Marken werden dabei zunehmend als Sicherungsindikatoren für den Geschäftsplan und zur Absicherung der Innovationen gegen Nachahmer akzeptiert. Mittlerweile lassen sich Patente sogar direkt als Sicherheit für Kreditvergaben einsetzen. Insbesondere bei KMU, die bisher ein wenig konsequentes Patentmanagement geführt haben, liegt die Schutzrechtsarbeit häufig noch beim Geschäftsführer. Zum Teil ist die Koordination der Patentaktivitäten an einen Mitarbeiter der Entwicklung delegiert, der diese Tätigkeit neben anderen Tätigkeiten erfüllen soll. Die Konsequenzen davon sind:
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x x x x x x
Branchenspezifisches Patentmanagement
Kaum strategische Ausrichtung des Patentmanagements. Wenig Zeit für Fragestellungen des gewerblichen Rechtsschutzes. Wenig systematische Methoden. Wenig oder keine Strukturierung und Formalisierung. Fehlen eines offiziellen Ansprechpartners. Fehlende technische oder juristische Sachkenntnis.
Es besteht die Gefahr, dass Arbeiten im Patentbereich nicht fristgerecht erledigt werden und wenig Überblick über die vielfältigen Vorgänge besteht. Darüber hinaus hat sich in der Praxis in Deutschland und Österreich gezeigt, dass Regelungen zur Erfüllung der Arbeitnehmererfindergesetze keinen Eingang in Arbeitsabläufe finden und Rechtsstreitigkeiten mit Erfindern und ehemaligen Mitarbeitern oft die Folge sind. Auf der anderen Seite gibt es KMU, welche in kurzer Zeit rasch gewachsen und global tätig sind. Unsere Untersuchungen zu diesen sogenannten „Born Globals“ haben gezeigt, dass sehr häufig das Patentmanagement eine zentrale Rolle für das schnelle Wachstum gespielt hat. Strategische Patente wurden generiert und systematisch verteidigt und kommerzialisiert. Die meisten KMU haben hier große Potenziale zur Verbesserung, wie folgende Studie zeigt. Patentverhalten von Schweizer KMU. Im Rahmen einer vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Auftrag gegebenen Studie hat das Institut für Technologiemanagement an der Universität St.Gallen das IP Management von Schweizer KMU untersucht (Keupp et al. 2009; Friesike et al. 2009; Gassmann et al. 2009). Die Untersuchung stellte fest, dass zwar nur wenige KMU ihre Erfindungen patentieren lassen, dies jedoch recht erfolgreich. Zudem haben die erfolgreichen Anmelder in den vergangenen Jahren die Zahl ihrer Patente erhöht. Daneben schützen sich viele Betriebe bewusst gegen den Missbrauch ihrer Marken, indem sie diese frühzeitig registrieren lassen. Neben Patenten und Marken entscheiden sich KMU zunehmend für den Designschutz, wie beispielsweise ein Spielzeughersteller, der so die Formen seiner Spielzeuge schützt. Basierend auf der Untersuchung lassen sich drei Typen von KMU unterscheiden (Abb. VI.17): IP-Ignoranten: Firmen, die sich zu wenig bewusst sind, dass geistige Leistungen einen Wert haben und ein bewusster Umgang damit in ihrer Wettbewerbssituation notwendig wäre. Prinzipiell ist das Thema zwar den meisten Unternehmen bekannt, doch die aktive Auseinandersetzung wird aus Zeitmangel vor sich her geschoben – oftmals bis es zu spät ist; wenn beispielsweise eine Abmahnung von einem Konkurrenten erfolgt oder ein Anderer die Idee zu seiner eigenen macht und diese schützen lässt.
Handlungsbedarf bei KMU
219
Bedeutung von IP durch Wettbewerbssituation
Telekommunikation Automobil Holzindustrie Lebensmittel Pharma Metallverarbeitung Chemie Maschinenbau
hoch
1
2 3
niedrig niedrig
hoch
Nutzungsintensität von IP
Abb. VI.17. Drei KMU-Typen im Umgang mit geistigem Eigentum
IP-Effektive: Unternehmen, die sich des Werts ihrer geistigen Leistungen bewusst sind und diese entsprechend schützen. Dabei ist die Art des Schutzes keineswegs auf juristische Schutzrechte (Patente, Marken, Designs) beschränkt, sondern schließt auch alternative Schutzmethoden wie die Geheimhaltung, kurze Entwicklungszyklen oder starke Kundenbindung mit ein. Diesen Firmen gelingt es, die Balance zwischen den Ausgaben und dem Nutzen der Schutzrechte zu finden. IP-Perfektionisten: Unternehmen, die Schutzrechte intensiver nutzen als es notwendig wäre, um die eigenen Technologien effektiv zu schützen. Manche Unternehmen melden Schutzrechte an, ohne dabei ausreichend über den Nutzen nachzudenken. So patentieren einige KMU mitunter jede technische Neuerung ohne die eigenen Patente regelmäßig einer KostenNutzen-Analyse zu unterziehen. Insbesondere Familienunternehmen verfolgen oftmals eine Jahrzehnte alte Strategie im Bereich der Schutzrechte, ohne diese jemals kritisch zu hinterfragen. Die Studie bestätigte, dass KMU eine sehr heterogene Gruppe von Firmen mit sehr unterschiedlichen Aktivitäten und Bedürfnissen sind. Entsprechend ist der Umgang mit geistigem Eigentum sehr unterschiedlich, auch branchenspezifische Merkmale konnten nicht festgestellt werden. Ein wichtiges Fazit der Studie ist, dass viele KMU mit der Professionalisierung ihres IP-Managements noch ein großes Potenzial an brachliegenden Ressourcen erschließen können.
VII. Länderspezifika bei Patenten
Da sich juristische Schutzstrategien unter anderem an der Relevanz von Märkten ausrichten, nimmt das Patentmanagement Einfluss darauf, wo Patentschutz erlangt werden soll. 32 Es ist daher nicht besonders überraschend, dass in verschiedenen Ländern unterschiedlich häufig Patentschutz ersucht wird. In Tabelle VII.1 sind die Länderbenennungen der im Jahr 2009 erteilten Patente vor dem Europäischen Patentamt aufgeführt.33 Am häufigsten wird derzeit Patentschutz in Deutschland, Frankreich und Großbritannien erlangt. Wer meldet an? Die Patentinhaber haben dabei nur in 52,6% der Fälle ihren Ursprung in einem der Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens. 24% aller Patentinhaber stammen aus dem USA, 18% aus Japan (Europäisches Patentamt 2010a). Tabelle VII.1. Top-10 Länder des Patentschutzes in Europa Rang
Land
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Deutschland Frankreich Großbritannien Italien Spanien Niederlande Schweden Schweizb Belgien Österreich
Benennungen 2009 erteilter europ. Patentea 99 % 94 % 93 % 79 % 70 % 70 % 68 % 67 % 66 % 66 %
Quelle: Europäisches Patentamt (2010a) a
Anteil der Häufigkeit der Länderbenennung in Bezug auf die in 2009 am Europäischen Patentamt erteilten europäischen Patente (Artikel 97(4) EPÜ). b inkl. Liechtenstein.
32 33
Zu den Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten siehe Kapitel I. Zur Benennungshäufigkeit der Vertragsstaaten des Europäischen Patentamts s. Anhang.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
222
VII. Länderspezifika bei Patenten
Darüber hinaus bestehen trotz zunehmender Harmonisierung des gewerblichen Rechtsschutzes weltweit immer noch zahlreiche Unterschiede zwischen den nationalen Legislaturen (Tabelle VII.2a/b/c, Seite 241). Dies sowohl in Bezug auf das was schützbar ist und wie der Schutz durchgesetzt werden kann. So können im amerikanischen Rechtsraum auch Internetseitenoberflächen durch Trade Dress geschützt werden (von Bassewitz 2004).
USA Das erste Patentgesetz der USA wurde bereits 1790 verabschiedet. Heute kennt es Patente, Geschmacksmuster und Patente für Pflanzenzüchtungen. Durch ein Patent sind in den USA technische Verfahren, Vorrichtungen, Erzeugnisse, Materialkompositionen oder deren Verbesserungen schützbar. Als Besonderheit des US-Patentgesetzes wird bei sich zeitlich überschneidenden Patentanmeldungen, die sich auf einen Erfindungsgegenstand beziehen, das Ersterfinderprinzip angewendet (first-to-invent). Der Ersterfinder wird im Bedarfsfall von Amts wegen über ein so genanntes Interference-Verfahren ermittelt. Während des Erteilungsverfahrens hat der Anmelder die Möglichkeit, seine Patentanmeldung zu modifizieren. Er kann seine Anmeldung in Form einer Divisional Application teilen oder in Form einer Continuing Application eine Fortsetzung, beziehungsweise eine Continuation-in-part Application als Teilfortsetzungsanmeldung durchführen. Diese drei Möglichkeiten stehen dem Anmelder nur so lange offen, wie die ursprüngliche Anmeldung nicht rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Bei einer positiven Sachprüfung der Patentanmeldung durch das US-amerikanische Patent- und Markenamt wird das Patent erteilt. Jedes erteilte Patent wird einer oder mehreren Patentklassen zugeordnet. Die Klassifizierung in den USA wird seit 1836 mittels einer eigenen, nationalen Patentklassifikation und parallel dazu in der International Patentklassifikation (IPC) vorgenommen. 34 Im US-Patentblatt erscheinen einmal wöchentlich die bibliographischen Daten, die Kurzfassung und gegebenenfalls die erforderlichen Zeichnungen der erteilten Patente. USPatente können jederzeit vor einem ordentlichen Gericht oder dem Patentberufungsgericht – dem US Court of Appeals for the Federal Circuit – angefochten werden (Specht und Möhrle 2002). Die Laufzeit beträgt für Anmeldungen vor dem 8. Juni 1995 17 Jahre seit dem Tag der Erteilung, mindestens 20 Jahre nach Anmeldetag. Danach 20 Jahre seit Anmeldetag. Bei Anmeldungen ab dem 28. November 2000 erfolgt die Veröffentli34
Zur IPC-Klassifikation siehe Anhang.
USA
223
chung der Anmeldung 18 Monate nach dem ersten Anmeldetag mit Ausnahme von vorläufigen und fallengelassenen Anmeldungen oder auf Antrag bei inländischen Anmeldungen (Schade, Frosch und Weinand 2009). Beim Eintritt in den US-Markt sowie bei der Durchsetzung von Schutzrechten sollten einige auf das US-Recht zurückgehende Besonderheiten berücksichtigt werden: x Generell hohe Anzahl an US-Patenten. x Relativ einfache Angreifbarkeit des Unternehmens bei neuem USMarkteintritt. x Nachgewiesen wissentliche Patentverletzung kann die Verdreifachung des Schadensersatzanspruchs zur Folge haben (Treble Damage). x Kosten eines Patentverletzungsprozesses sind nur schwer abschätzbar; bei Streitwerten unter 1 Million US-Dollar liegen die Kosten pro Einzelfall im Median bis zum Abschluss der Discovery-Phase bei 350.000 USDollar und bis zum Ende des Verfahrens bei 650.000 US-Dollar (AIPLA 2010). x Bei Streitwerten über 25 Millionen US-Dollar liegen die Kosten pro Einzelfall im Median bis zum Abschluss der Discovery-Phase bei 3 Million US-Dollar und bis zum Ende des Verfahrens bei 5,5 Millionen US-Dollar (AIPLA 2010). x Auch die obsiegende Partei zahlt in der Regel ihre eigenen Prozesskosten selbst. Endress+Hauser: Markteintritt in die USA 1. Aufbau eines eigenen „Waffenarsenals“ mit eigenen Patenten zur passiven Abschreckung möglicher Angreifer und das bei einem potenziellen Angriff eingebracht werden könnte. 2. Sorgfältige, vorherige Prüfung bei neu auf den Markt zu bringenden Produkten, ob eine Kollision mit anderen Patenten bestehen könnte. 3. Jede, auch noch so gering erscheinende Drohung wegen einer angeblichen Patentverletzung sofort zur Chefsache machen und möglichst früh ersticken.
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VII. Länderspezifika bei Patenten
Europa: Europäisches Patentübereinkommen 35 Im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) wurde 1978 das Europäische Patentamt (EPA) als Institution zur Unterstützung eines einheitlichen Patenterteilungsverfahrens gegründet. Der Hauptsitz des EPA befindet sich in München. Daneben hat das Amt eine Zweigstelle in Den Haag und Dienststellen in Berlin und Wien sowie ein Verbindungsbüro zu den Institutionen der EU in Brüssel. Dem EPÜ gehören heute 37 Vertragsstaaten und drei so genannte Erstreckungsstaaten an. 36 Europäische Patentanmeldungen können beim EPA oder national bei den jeweiligen Patentämtern der Vertragsstaaten eingereicht werden. 37 Die offiziellen drei Amtssprachen des Europäischen Patentamts sind Deutsch, Englisch und Französisch. Vom Patentanmelder müssen die Vertragsstaaten benannt werden, in denen das Schutzrecht bei Erteilung gelten soll. Die Anmeldung ist kostenpflichtig. 38 Nach Einreichen der Anmeldeschrift wird eine Eingangs- und Formalprüfung vorgenommen. Die Recherche zum Stand der Technik wird vom Europäischen Patentamt durchgeführt, in Form eines Rechercheberichts niedergelegt und ist ebenfalls kostenpflichtig. 18 Monate nach Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag wird die Patentanmeldungsschrift veröffentlicht. Die kostenpflichtige Sachprüfung der Patentanmeldungsschrift muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Hinweis auf die Veröffentlichung des Rechercheberichts beantragt werden. Bei positiver Sachprüfung sind Erteilungs- und Druckkosten zu bezahlen, bevor die Patentschrift veröffentlicht wird. Gegen die Patenterteilung können Dritte innerhalb von neun Monaten Einspruch erheben. Die Laufzeit eines Patents beim Europäischen Patentamt beträgt 20 Jahre ab dem Anmeldetag, auch wenn eine maximal ein Jahr ältere Prioritätsanmeldung derselben Erfindung beansprucht wurde. Eine Verlängerung der Patentlaufzeit ist auf nationaler Ebene unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise bei Arzneimitteln. 39 Gestaffelte Jahresgebühren werden ab dem dritten Jahr fällig. Das Europäische Patentamt unterhält seit 1983 über eine trilaterale Vereinbarung enge Verbindungen zum japanischen Patentamt und US-amerikanischen Patent- und Markenamt. 40 Seit 35
Einen Leitfaden für Anmelder, die Rechtstexte sowie weitere Informationen des EPAs finden sich unter: www.epo.org/patents/Grant-procedure/Filing-an-application_de.html. 36 Zu den Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens siehe Anhang. 37 Zum zeitlichen Überblick und Prozessablauf des Europäischen Patenterteilungsverfahrens siehe Anhang. 38 Zu Gebühren von Schutzrechten siehe Anhang. 39 Zum ergänzenden Schutzzertifikat für Arzneimittel siehe Kapitel I, Arten von Schutzrechten/Patente sowie Kapitel VI, Pharma- und Chemiebranche. 40 Trilateral Web Site unter: www.trilateral.net.
Großbritannien
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2008 gibt es sogar eine erweiterte Runde der Patentämter, die sogenannten „fiveIPoffices“, die zusätzlich das Chinesische und das Koreanische Patent- und Markenamt einbeziehen.41 Ziel ist es, Doppelarbeiten zwischen den Ämtern zu vermeiden, Effizienz und Qualität zu erhöhen und eine weitere Rechtsharmonisierung zu verfolgen.
Frankreich Das französische Patentwesen geht zurück auf ein bereits im Jahr 1791 erlassenes Gesetz, welches den Begriff des intellektuellen Eigentums definierte. Neben Marken und Geschmacksmustern sind das Patent und das Gebrauchszertifikat als weitere Arten eines gewerblichen Schutzrechts zu erlangen. Französische Patentanmeldungen werden ebenfalls 18 Monate nach Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag in Form einer Offenlegungsschrift offen gelegt. Nach Patenterteilung wird die Patentschrift im französischen Patentblatt veröffentlicht (Specht und Möhrle 2002). In Frankreich existiert kein Einspruchsverfahren, da im Bedarfsfall die Gerichte die Rechtsbeständigkeit eines Patents beurteilen. Das französische Patentamt nimmt jedoch bis drei Monate nach Offenlegung der Anmeldung Einwände Dritter gegen eine Patenterteilung entgegen und fügt sie dem Recherchebericht hinzu. Die maximale Schutzdauer eines französischen Patents beträgt 20 Jahre, die eines Gebrauchszertifikats sechs Jahre. Es sind Jahresgebühren zur Aufrechterhaltung zu entrichten (Schade, Frosch und Weinand 2009).
Großbritannien Mit einer Gesetzesnovellierung im Jahr 1977 ist das britische Patentrecht an die europäischen Standards angepasst worden. In Großbritannien werden drei gewerbliche Schutzrechte unterschieden: Patente, Geschmacksmuster und Marken. Des Weiteren bestehen ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel und Pflanzenschutzpräparate. Patentanmeldungen in Großbritannien durchlaufen ebenfalls zunächst eine Formalprüfung. 18 Monate nach dem Anmelde- beziehungsweise dem Prioritätstag wird die Anmeldung veröffentlicht. Die Offenlegung in Form einer Patentanmeldungsschrift kann auf Antrag des Anmelders auch vorgezogen werden. Die Verfahrensakten sind danach einsehbar. Recherche- und Prüfungsbericht 41
IP5 Web Site unter: www.fiveipoffices.org.
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VII. Länderspezifika bei Patenten
werden ebenfalls durch das britische Patentamt veröffentlicht. Durch den Prüfer formulierte Einwände müssen binnen einer Frist von dreieinhalb Jahren, beginnend mit dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag, durch den Patentanmelder beseitigt werden, andernfalls verfällt die Anmeldung. Bei positivem Prüfungsergebnis wird das Patent erteilt und eine Patentschrift durch das britische Patentamt veröffentlicht. (Specht und Möhrle 2002). Eventuelle Einwände, beispielsweise den Stand der Technik betreffend, können Dritte dem Patentamt nach Veröffentlichung bis zur Erteilung mitteilen, da ein Einspruchsverfahren seit der Gesetzesnovellierung nicht mehr vorgesehen ist. Der Einwendende nimmt jedoch am Verfahren nicht teil. Die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Ab dem fünften Jahr sind Jahresgebühren durch den Patentanmelder oder seinen Rechtsnachfolger zu entrichten (Schade, Frosch und Weinand 2009).
Russische Föderation / Eurasische Patentorganisation In der damaligen UdSSR wurde 1991 kurz vor dem Zusammenbruch ein neues Patentgesetz erlassen, welches die Abschaffung der früher üblichen Urheberscheine bewirkte. Bis 1992 war in der Russischen Föderation die einzige Schutzrechtsform das Patent. Nach 1992 wurden durch Gesetzesnovellierung Gebrauchs- und Geschmacksmuster sowie der Markenschutz eingeführt. Urheberscheine konnten in Patente umgewandelt werden (Specht und Möhrle 2002). Seit 1996 besteht als Alternative die Anmeldung bei der Eurasischen Patentorganisation. Diese umfasst heute die Länder Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien, Russische Föderation, Tadschikistan, Turkmenistan und Weißrussland. Die Büros beider Patentämter befinden sich in Moskau. Die Prozeduren der Patentämter unterscheiden sich zum Teil. Die Gebühren des Eurasischen Patentamt sind teurer als die des Russischen Patentamts. Sollte jedoch in mehr Ländern angemeldet werden, amortisieren sich die Ausgaben wieder. Darüber hinaus lassen sich beim Eurasischen Patentamt schnellere Antworten erwarten. Die durchschnittliche Zeit bis zum ersten Prüfungsbescheid beträgt vier bis sechs Monate beim Eurasischen Patentamt und zehn bis zwölf Monate beim Russischen. Auch das Datum für die Prüfungsbeantragung ist unterschiedlich. Im Russischen Patentamt muss innerhalb von drei Jahren nach dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag eine Prüfung beantragt werden. Das Eurasische Patentamt dagegen veröffentlicht zuerst einen Recherchebericht. Danach bleiben dem Anmelder sechs Monate Zeit um eine Prüfung zu beantragen. Abgelehnte eurasische Patentanmeldungen lassen sich in nationale Verfahren umwandeln. In bei-
Brasilien
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den Ämtern wird eine Patentanmeldung 18 Monate nach Anmeldung veröffentlicht. Die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Bei Arzneimitteln, Pestiziden und chemischen Agrarprodukten kann diese um weitere fünf Jahre verlängert werden (Schade, Frosch und Weinand 2009). Eine Besonderheit des Russischen Patentamts gegenüber dem Eurasischen Patentamt ist das Gebrauchsmuster. Das Gebrauchsmuster wird nach vier Monaten erteilt und unterzieht sich nur einer formalen Prüfung. Es ist bis zu zehn Jahre gültig. Eine Verlängerung um drei Jahre ist jedoch möglich. Das Gebrauchsmuster ist ein sehr wirksames Mittel im russischen Patentsystem (Dorofeev 2010).
Brasilien In Brasilien hat jeder Aids-Kranke das Recht, kostenlos mit Aids-Medikamenten versorgt zu werden. Brasilien produziert deshalb für sein AidsProgramm schon seit Jahren Generika in großem Umfang: 7 der 15 benötigten Aids-Medikamente werden von dem staatlichen Pharmaunternehmen Far-Manguinhos selbst hergestellt, welches Teil der renommierten, direkt dem brasilianischen Gesundheitsministerium unterstellten Stiftung Oswalds Cruz ist. Das Problem ist jedoch, dass die sehr kostspieligen Medikamente eigentlich internationalem Patentschutz mit Wirkung für Brasilien unterstehen. In Brasilien besteht ein Patentschutz zwar nur auf diejenigen Medikamente, die von internationalen Pharmakonzernen nach 1997 kommerzialisiert worden sind. Brasilien droht aber seit Jahren damit, Schutzrechte auf Aids-Medikamente zu missachten und diese auch selbst herzustellen. Durch Drohgebärden und dem Einsatz von Far-Manguinhos, das nach eigenen Angaben innerhalb von nur 6 Monaten auch alle anderen benötigten Aids-Medikamente kopieren könnte, gelang es Brasilien, den Preis für eine einjährige Behandlung von 8.500 Reais (rund 2.800 Euro) in 1999 auf 3.400 Reais in 2003 zu senken (NZZ 2004a). Das Brasilianische Gesundheitsministerium hat 2005 nun die nächste Runde eingeleitet. Vom US-Pharmakonzern Abbott Laboratories wurde gefordert, für dessen Aids-Medikament Keletra entweder einen deutlichen Preisnachlass zu erhalten oder aber freiwillig eine Produktionslizenz zu erteilen. Andernfalls würde Brasilien auf Basis einer Zwangslizenz selbst mit der Produktion des Generikums beginnen, da andernfalls das AidsPräventivprogramm nicht mehr zu bezahlen sei.
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VII. Länderspezifika bei Patenten
Das brasilianische Gesundheitsministerium beruft sich dabei auf das von der Welthandelsorganisation (WTO) verabschiedete Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums (TRIPS, Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights). Das Abkommen räumt WTO angehörenden Entwicklungs- und Schwellenländern im Falle gravierender Probleme der Volksgesundheit die Möglichkeit ein, auf pharmazeutische Produkte Zwangslizenzen zu erteilen (NZZ 2004b).
Indien Indien ist einer der größten Generikaproduzenten weltweit. Da das Patentregime vor 2005 keine Patentierung von pharmazeutischen Produkten vorsah, konnten Generika dort traditionell günstig produziert werden – meist zu einem Bruchteil des Originalpreises. Durch den WTO Beitritt im Jahr 1995 verpflichtete Indien sich, sein Patentregime gemäß des TRIPS Abkommens anzupassen. Seit in Kraft Treten des neuen indischen Patentregimes 2005 muss Indien sowohl neue pharmazeutische Patente als auch solche, die nach dem 1. Januar 1995 erteilt wurden, anerkennen. Diese Änderung hatte einige Patentstreitigkeiten zwischen Pharmakonzernen und indischen Generikaproduzenten zur Folge. Gleichzeitig werfen die Streitigkeiten grundsätzliche ethische Fragen im Umgang mit dem Patentsystem und der Medikamentenversorgung in Entwicklungsländern auf. Zwei in der internationalen Presse weithin verfolgte Fälle betreffen die Schweizer Pharmakonzerne Roche und Novartis. 2007 wurde Roche das Patent der Substanz Tarceva, einem Wirkstoff gegen Lungenkrebs, in Indien erteilt. Trotz des Patents führte die indische Pharmafirma Cipla ein Generikum auf dem Markt ein – mit einem erheblichen Preisunterschied. So kostet das Cipla-Produkt 41 US-Dollar pro Tablette, der Verkaufspreis des Roche-Produkts liegt bei 122 US-Dollar. In dem nachfolgenden Gerichtsverfahren wurde die von Roche eingeklagte einstweilige Verfügung gegen Cipla abgelehnt mit der Begründung, dass der Verkaufsstopp des um ein Drittel günstigeren Cipla-Produkts für einen Großteil der indischen Bevölkerung den Zugang zu dem Medikament verhindern würde (Business Standard 2009). Novartis reichte 2006 Klage vor dem Obergericht Chennai ein, in der es um eine Grundaussage (Artikel 3d) des indischen Patentrechts geht. Vorangegangen war der Klage die Ablehnung des Patentschutzes für Glivec. Glivec (zur Behandlung von chronischer Leukämie) ist mit einem Umsatz von 3,76 Milliarden Schweizer Franken (2008) eines der wichtigsten Produkte von Novartis (Handelszeitung 2009). Das indische Intellectual Pro-
Japan 7500 7.500
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7000 7.000 6500 6.500 6000 6.000
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5500 5.500 5000 5.000 4500 4.500
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4000 4.000 3500 3.500 3000 3.000
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Quelle: Europäisches Patentamt (2010a)
Abb. VII.1. Asiatische Anmeldungen am Europäischen Patentamt
perty Appellate Board (Ipab) beurteilte Glivec als nicht ausreichend innovativ und zu teuer für die durchschnittliche indische Bevölkerung. Novartis hingegen argumentiert, dass 99% aller Patienten in Indien kostenlos versorgt werden (Novartis 2010). Anfang 2010 brachte Novartis die Klage vor Indiens Obersten Gerichtshof.
Japan Das japanische Patentrecht hat durch eine Gesetzesnovellierung im Jahr 1978 weitestgehend eine Harmonisierung mit dem Europäischen Standard erfahren. In Japan bestehen fünf Arten der gewerblichen Schutzrechte: Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Topographien sowie Marken. Patentanmeldungen können in englischer und japanischer Sprache eingereicht werden. Danach wird die Patentanmeldung einer Prüfung aller formalen Gesichtspunkte unterzogen. Fällt die Formalprüfung der Anmeldungsschrift positiv aus, erfolgt 18 Monate nach dem Anmeldebeziehungsweise Prioritätstag die Offenlegung der Patentanmeldung durch Veröffentlichung im japanischen Patentblatt. Wie in Deutschland, hat der Patentinhaber nach der Offenlegung einen Entschädigungsanspruch gegenüber Dritten, die die Erfindung unrechtmäßig benutzen. Das Patenterteilungsverfahren erfolgt seit der Einführung einer weiteren Neuerung des
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VII. Länderspezifika bei Patenten
Patentgesetzes im Jahr 1995 in zwei Stufen, wobei der Prüfungsantrag spätestens sieben Jahre nach Anmeldung gestellt werden muss. Die Patenterteilung erfolgt nach positiv durchlaufener Sachprüfung (Specht und Möhrle 2002). In Japan sind Geschäftsmethoden in gleicher Weise wie Computerprogramme bei Vorliegen eines technischen Effekts patentierbar. Das Einspruchsverfahren wurde 2003 abgeschafft und dafür das Nichtigkeitsverfahren erweitert. Die Patentlaufzeit beträgt in Japan 20 Jahre ab dem Anmeldetag mit einer Verlängerungsmöglichkeit um maximal fünf Jahre, wenn das Patent auf Grund gesetzlicher Vorschriften länger als zwei Jahre nicht ausgeübt wurde, beispielsweise wegen des Zulassungsverfahrens. Patent- oder Geschmacksmusteranmeldungen sind in Gebrauchsmusteranmeldungen umwandelbar und umgekehrt. Der umgewandelten Anmeldung kommt der Anmeldetag der früheren Anmeldung zu, wobei diese als zurückgenommen gilt (Schade, Frosch und Weinand 2009).
Korea Das Koreanische Patentamt (KIPO) ging 1977 aus dem Patentbüro des Wirtschaftsamts in Südkorea hervor. 1980 trat es der Pariser Konvention bei. Mitglied des Patent Cooperation Treaty ist es seit 1984. In 2008 belegte das KIPO mit 170.632 Anmeldungen den vierten Platz aller Patentämter weltweit (Abb.VII.2). Eine Patentanmeldung am KIPO muss auf Koreanisch eingereicht werden. Nach Einreichung wird die Anmeldung einer Formalprüfung unterzogen. 18 Monate nach dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätsdatum wird die Patentschrift veröffentlicht. Eine Prüfung der Anmeldung kann innerhalb von fünf Jahren nach der Anmeldung beantragt werden. Für Gebrauchsmuster beträgt dieser Zeitraum drei Jahre. Der Prüfungsbescheid wird etwa 16 bis 20 Monate nach Prüfungsantrag zugestellt. Eine Erwiderung kann daraufhin binnen zwei Monaten eingelegt werden. Das KIPO bietet zudem bei bestimmten Gründen eine beschleunigte Prüfung an. Diese nimmt etwa zwei bis vier Monate bis zum ersten Prüfungsbescheid in Anspruch. Gründe für die beschleunigte Prüfung können beispielsweise ein Recherchebericht durch eine von der KIPO zugelassene Rechercheagentur sein sowie umweltfreundliche Technologien, Nutzung oder Vorbereitung der Nutzung der Erfindung durch den Anmelder. Ist die Technologie umweltfreundlich, existiert ein Recherchebericht einer zugelassenen Rechercheagentur und wurde ein elektronischer Antrag auf beschleunigte Prüfung gestellt, lässt sich der Zeitraum bis zum ersten Prüfungsbescheid auf einen Monat verkürzen. Für Patente, die ab dem 1. Juli 2007 erteilt wurden, ist das Einspruchsverfahren zugunsten ei-
China
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180.000 180000 165.000 165000 150.000 150000 135.000 135000 120.000 120000 105.000 105000 90.000 90000 75.000 75000 60.000 60000 45.000 45000 30.000 30000 15000 15.000
t 1998
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Inländisch Ausländisch
2002
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Ausländisch Inländisch
Quelle: Europäisches Patentamt (2010b)
Abb. VII.2. In- und ausländische Patentanmeldungen mit Wirkung in Korea
nes Nichtigkeitsverfahrens aufgehoben worden. Nichtigkeitsverfahren gehen in Korea durch drei Instanzen: IP Tribunal, Patentgericht und Oberster Gerichtshof. Innerhalb von drei Monaten nach Gewährung ist es jedem gestattet eine Nichtigkeitsklage einzureichen. Personen mit besonderem Interesse, beispielsweise mutmaßliche Verletzer oder Wettbewerber, können ein Nichtigkeitsverfahren auch noch später einreichen (KIPO 2007; Kagerbauer und Noh 2010). Eine Umwandlung einer Patent- in eine Gebrauchsmusteranmeldung ist nicht mehr möglich, dafür aber Doppelanmeldungen (Schade, Frosch und Weinand 2009).
China Die Volksrepublik China hat erkannt, dass auf dem Weg zum Hochtechnologiestandort ein guter Schutz geistiger Eigentumsrechte unerlässlich ist. Seit dem Beitritt der Welthandelsorganisation (WTO) und der internationalen Vereinbarung auf dem Gebiet der Immaterialgüterrechte (TRIPS) im Jahre 2001 hat sich einiges getan: Das auf das Jahr 1984 zurückgehende chinesische Patentgesetz wurde 1992 und 2000 revidiert, eine weitere Novellierung fand 2008 statt. Neben dem Erlass neuer Verordnungen wird auf
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VII. Länderspezifika bei Patenten
die Verbesserung des Justizwesens gesetzt. So soll die zum Teil mangelhafte Qualifikation der Richter über ein zentrales Staatsexamen für Justizangestellte erhöht werden. Daneben wurden über 60 spezialisierte Patentkammern im ganzen Land eingerichtet. Deren Angehörige haben nicht selten zusätzliche technische Trainings erhalten. Von Rechtsanwälten wird den Gerichten in den weiter entwickelten Küstenstädten im Osten des Landes allerdings noch generell ein höheres Niveau bescheinigt; Prozesse sollten daher wenn möglich eher dort angestrengt werden. Chinesisches Patentwesen. Im chinesischen Patentwesen werden Erfindungspatente, Gebrauchsmuster und Geschmacksmusterpatente unterschieden. Bei Erfindungen werden dienstliche und nicht-dienstliche Erfindungen unterschieden. Dienstliche Erfindungen gehen auf volkseigene oder genossenschaftliche Einrichtungen zurück und sind Eigentum des Staates. Das Erfinderkollektiv tritt nur als Treuhänder auf. Nichtdienstliche Erfindungen sind Inventionen, die außerhalb des staatlichen Umfeldes entstanden sind. Letzteres gilt im besonderen Maße für Erfindungen, die aus Joint Ventures hervorgegangen sind. Das früher bestehende Verbot des Stoffschutzes, der Patentierung von Mikroorganismen und Nahrungsmitteln sowie von pharmazeutischen Erzeugnissen wurde 1993 aufgehoben. Die in der Volksrepublik China zum Patent angemeldeten Erfindungen durchlaufen ebenfalls zunächst eine Formalprüfung. Nach positiver Formalprüfung erfolgt 18 Monate nach Anmeldung die Veröffentlichung durch Publizierung einer Offenlegungsschrift. Die früher bestehende Auslegung ist mit der Novellierung des Patentgesetzes von 1992 entfallen. Es gibt kein Einspruchsverfahren, ein Nichtigkeitsantrag kann aber nach der Erteilung gestellt werden. Seit 1993 beträgt die Schutzdauer für Patente in der Volksrepublik China 20 Jahre (Specht und Möhrle 2002; Schade, Frosch und Weinand 2009; Mertha 2005). Maßnahmen gegen Produktpiraterie. Gefälschte Waren stellen nicht nur ein Risiko des Verlusts an entgangenem Gewinn dar, sondern können ebenfalls das Firmenimage schädigen, den Abfluss von Know-how bewirken sowie den Verlust an Marktanteilen mit sich bringen und Wachstumspotenziale hemmen (Beckenbauer 2010). Der Kettensägenhersteller Andreas Stihl kämpft seit Jahren aktiv gegen Marken- und Produktpiraterie aus Asien. Aufmerksam auf die Produktpiraterie wurde das Unternehmen jedoch erst nachdem Umsatzverluste von rund 40% in Indonesien auftraten. Das Unternehmen stellte ebenfalls fest, dass nicht mehr nur Ersatzteile veralteter Modelle kopiert wurden, sondern komplette Modelle der aktuellen Serie. Die potenziellen Risiken müssen daher frühzeitig für ein Produktportfolio ermittelt werden, um somit die Ursachen zu erkennen und diesen ent-
China
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gegen zu wirken. Potenzielle Risiken durch Produktpiraterie, die zu erheblichem Verlust von finanziellen Rückflüssen führen, sind: x x x x x
Verlust von Marktanteilen und Wachstumspotenzialen. Know-how Abfluss. Imageverlust. Verminderte Produktqualität. Gefahr der Produkthaftung.
Durch Produktpiraterie entstehende Risiken gehen auf unterschiedliche Faktoren wie Komplexität des Produkts, Marktdurchdringung und Image des Produkts zurück. In Schwellenländern wie China nehmen darüber hinaus von außen einwirkende Faktoren wie unsichere Rechtssicherheit, kulturelle Unterschiede, sprachliche Barrieren und Intransparenz (Informationsfluss, Informationsbereitstellung, Zuständigkeiten, Korruption, geographische Reichweite) einen hohen Stellenwert ein. Um mögliche Auswirkungen rechtzeitig erkennen zu können, sollte eine Abschätzung des Risikoportfolios von einzelnen Produkten oder Produktgruppen durchgeführt werden. Diese Abschätzung basiert zum einen auf der Imitationswahrscheinlichkeit und zum anderen auf dem potenziellen betriebswirtschaftlichen Schaden einer Fälschung. Die Imitationswahrscheinlichkeit ergibt sich aus der Bedeutung und dem Image des Produkts im Markt. Der potenzielle betriebswirtschaftliche Schaden ergibt sich aus der Bedeutung des Produkts für das Unternehmen, beispielsweise Marge, Marktdurchdringung und Bekanntheitsgrad, Komplexität des Produkts, Phase des Produktlebenszyklus (Gassmann, Beckenbauer, Bader 2008). China ist immer noch Weltspitze bei Plagiaten Produktpiraterie und der Abfluss von Know-how sind seit langem ein weit verbreitetes Phänomen, dem erfolgreiche Unternehmen entgegnen müssen. Die Anzahl an Beschlagnahmungsfällen von gefälschten Produkten und Raubkopien an der Außengrenze der Europäischen Union ist von 37.000 im Jahr 2006 auf 43.000 gestiegen. China bleibt mit einem Anteil von 58% weiterhin an der Spitze der Herkunftsländer von Plagiaten. Abhängig von der Produktkategorie kommt die Mehrzahl der Plagiate jedoch auch aus anderen Ländern: Bei den sichergestellten Waren stammten 40% der gefälschten Medikamente aus der Schweiz, 35% aus Indien und 15% aus den Arabischen Emiraten. Quelle: Europäische Kommission (2007)
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VII. Länderspezifika bei Patenten
Stellt sich bei der Länderauswahl die Frage, ob in China ein Patent angemeldet werden soll, so sollte generell versucht werden, möglichst das ganze zu schützende Wissen im Auge zu behalten. Für den Schutz gegen Piraterie und Know-how-Abfluss sind die rechtlichen Maßnahmen, beispielsweise durch Patent-, Design- und Markenschutz, allein nämlich nicht ausreichend. Ebenso viel Gewicht muss den faktischen Maßnahmen in den Bereichen Technologie, Markt und Mensch zukommen (Abb.VII.3). Siemens China gelang es durch Incentivierung und Bindung seiner F&E-Mitarbeiter mit monetären und nicht-monetären Anreizen die Fluktuation auf weniger als 10% zu senken. So werden durch internationale Weiterbildungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen die Mitarbeiter an den westlichen Konzern gebunden. Ebenfalls spielen die lokalen Werte und Normen eine wichtige Rolle, da zum Beispiel Stellenbeschreibungen und entsprechende Titel für die Funktion der Mitarbeiter von besonderer Bedeutung sind. F&E-Kooperationen in China. F&E-Kooperationen in China haben noch keine lange Tradition, die Anzahl der F&E-Einheiten in China jedoch steigt rasant an: Schweizer und deutsche Unternehmen genießen hohes Ansehen dank ihrer Technologieführerschaft und Qualität. Dieser Imagevorteil könnte ihnen zugute kommen. Auf der anderen Seite kontrastiert die ausgeprägte Neigung zur Unsicherheitsvermeidung dieser Unternehmen mit den pragmatischen chinesischen Geschäftspraktiken und der Bürokratie der Regierung, was zahlreiche Konflikte und Risiken mit sich bringt. Unsicherheiten in der F&E-Zusammenarbeit entstehen dabei hauptsächlich auf Grund der ungenügend praktizierten Gesetzesgrundlage und einer protektionistischen Tendenz regionaler Regierungen. Die meisten der potenziellen Kooperationspartner sind staatseigene Unternehmen. Die Gefahr eines ungewollten und intransparenten Wissens- und Technologietransfers durch dieses Netzwerk ist groß und für einen Neueinsteiger nicht sofort erkennbar. Sogar wenn der ausländische Partner klare Beweise für einen gesetzeswidrigen Technologietransfer hat, ist er häufig machtlos, da regionale Regierungen im Eigeninteresse handeln und typischerweise in die Vorgänge verwickelt sind. In der Vergangenheit wurden Lieferverträge nach China oft nur im Zusammenhang mit Know-how-Transfer genehmigt. Mittlerweile ist ein Technologietransfer hierfür allerdings nicht mehr Voraussetzung, wodurch insbesondere die westliche Maschinen- und Anlagenbaubranche eine Stärkung erfahren hat. So können Lizenzgeber bereits von der Möglichkeit Gebrauch machen, nachvertragliche Geheimhaltungsvereinbarungen oder
China
Technologie direkt
Recht indirekt
• technische Schutzmechanismen - sichtbarer Schutz - unsichtbarer Schutz • Blackbox Prinzip - Komponentenbauweise - verteilte Systemlieferanten, verteilte Kooperationen • Plattformen - Spezifitäten im Herstellungsprozess
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• hohe technische Komplexität • hohe Know-how Intensität / hohes Prozess Know-how • verteilte F&E und Produktion • kurze Produktlebenszyklen • schnelle Innovationszyklen
direkt
indirekt
• gewerbl. Schutzrechte • restriktive Mitarbeiter(Patente, Gebrauchsverträge mit Geheimmuster, Geschmackshaltungs- und muster etc.) und Marken Wettbewerbsklauseln zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen • Lieferantenverträge mit und Kundennutzen Geheimhaltungserklärung • aktive Durchsetzung der Rechte und • Reputation und vertraglichen Bekanntmachung einer Vereinbarungen aktiven rechtlichen - aussergerichtlich Verteidigung - gerichtlich • Geheimhaltungserklär• Urheberrecht ung, Publikationsfreigabe bei extremer Kommunikation
Maßnahmen gegen Piraterie und Know-how Abfluss Markt direkt • Sicherung und Überwachung der Logistikkette
Mensch indirekt
• Stärkung der Kundenbindung
• Stärkung der Lieferantenloyalität • keine Markteinführung in zu risikoreichen Märkten / Zurückziehen • Verbandsarbeit mit weiteren Unternehmen vom Markt gegen Piraterie • aktive Suche und • Lobbying und polit. Identifikation von Einflussnahme zur Verletzungen mittels - Vertriebs- und Service- Stärkung von geistigem Eigentum personal - Messebesuche • Stärkung von - gezielten Beziehungen zu Internetrecherchen Behörden
direkt
indirekt
• Wissensdistribution innerhalb von Teams (lokal und global)
• Mitarbeiterbindung durch Incentivierungsinstrumente
• physische Zugangskontrollen interner und externer Personen
• Stärkung des Bewusstseins für geistiges Eigentum
• Zugriffskontrollen und Zugriffsrechte
• projektspezifische Personalbesetzung
• eingeschränkte (digitale) Versendung und Vervielfältigung von Daten (z.B. Speichersperre für externe Datenträger)
Quelle: Gassmann und Beckenbauer (2009)
Abb. VII.3. Ganzheitlich gegen Imitatoren und Piraten schützen
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VII. Länderspezifika bei Patenten
vertragliche Verbote der Weiterbenutzung nach Beendigung des Vertrags zu verabreden (Trempel 2001). Eine Befragung von 80 globalen Industrieunternehmen in China ergab, dass für Joint Venture Kooperationen in China eine erhebliche Gefahr des Know-how-Abflusses an chinesische Partner besteht (EAC 2000). Eine Ursache liegt unter anderem darin, dass die Loyalität von chinesischen Angestellten generell als geringer einzustufen ist als in Europa oder den USA. Für die Elektroerosionsmaschinen der Georg Fischer-Tochter Agie Charmilles ist China der weltgrößte Absatzmarkt. Das Unternehmen verlor beispielsweise Mitarbeiter, die dann eigenständig begannen, eine auf einfache Maschinen eingeschränkte Produktion aufzubauen. Grundsätzlich besteht die Gefahr der Wissensdiffusion bei leicht imitierbaren Basis- und Schlüsseltechnologien. Daher müssen Know-how sichernde Maßnahmen ergriffen werden. Es gilt zu entscheiden, welche Technologien überhaupt in die F&E-Kooperation eingebracht werden sollen. Werden keine oder nur Technologien älterer Generationen eingebracht, sind chinesische Kooperationspartner häufig unzufrieden und ziehen entsprechende Konsequenzen daraus. Aufbau von ausländischen F&E-Kooperationen in China. Der Erfolg ausländischer F&E-Projekte in China hängt stark davon ab, dass die Chancen und Gefahren realistisch eingeschätzt und frühzeitig Maßnahmen eingeleitet werden können (Gassmann und Han 2005): x Umgang mit chinesischer Sprache und Kultur. Ein großes Problem besteht bei westlichen Managern darin, die kulturellen Unterschiede überwinden zu können, zum Beispiel kontextreiche Kommunikation wie Tonhöhe, Gesichtsausdruck und Körpersprache sowie das Face Saving. x Diversität in F&E-Teams birgt Zündstoff. In interkulturellen F&ETeams sind Differenzen zwischen rückkehrenden Auslandschinesen, haigui genannt, sowie lokal rekrutierten Chinesen nicht zu unterschätzen (Bildung, Arbeitsweisen, Löhne). x Geringe Eigeninitiative und Innovationsfreude. Das chinesische Schulund Universitätssystem misst der Entwicklung von Eigeninitiative relativ wenig Bedeutung zu. x Hohe Fluktuationsraten: Wissen wandert mit den Köpfen. Insbesondere in den großen Städten wie Peking oder Shanghai wechseln Angestellte häufig den Arbeitgeber. Ausländische Unternehmen werden als Karriere-Sprungbrett betrachtet.
China
237
x Bürokratie und Abhängigkeit der Regierung. Gute Beziehungen zur Regierung sind immer noch ein entscheidender Faktor für Effizienz und Erfolg. x Technologie gegen Marktzutritt: Wissensabfluss. Potenzielle Kooperationspartner sind häufig staatseigene Unternehmen. Das Risiko eines ungewollten und intransparenten Wissens- und Technologietransfers ist dann besonders hoch. x Überprüfung, ob den Kooperationspartnern vertraut werden kann. Bei der Wahl des Kooperationspartners ist darauf zu achten, welchen formellen und informellen Netzwerken, z.B. Familien, dieser angehört, um einen Abfluss an den Wettbewerb zu vermeiden. x Kooperationen mit lokalen Universitäten sind von Vorteil. Nutzung der etablierten Beziehungen zur Regierung und zu einzelnen Ministerien, um eigene Beziehungen, so genanntes Guanxi, aufzubauen. Der Weg zum Erfolg liegt generell nicht nur im Beziehungsmanagement, sondern auch in einem an China angepassten Verhandlungsstil. Die in China vorherrschenden Wertvorstellungen beeinflussen den notwendigen Verhandlungsstil in ganz erheblichem Umfang. Während westliche Unternehmen häufig versuchen, sachbezogene Ziele effizient zu erreichen, versuchen chinesische Verhandlungspartner zunächst eine persönliche Beziehung und Vertrauen aufzubauen. Dieser Umstand zieht den ganzen Verhandlungsprozess für westliche Partner ungewohnt in die Länge. Chinesische Manager versuchen auf diese Weise, zukünftige Konfliktherde von Anfang an auszuschließen. Geduld, Ausdauer, Einfühlungsvermögen und wiederum Erfahrung im Umgang mit der chinesischen Kultur werden in diesen Verhandlungen den Erfolg bringen (Granier 2002; Chong 2001). Weitere Faktoren für F&E-Kooperationen mit chinesischen Partnern sind die Abklärung des einzubringenden Know-hows und der Ressourcen sowie die spätere Sicherung dieses Wissens. Der Erfolg für einen westlichen Partner besteht dabei darin, das Kontinuum Vertrauen–Selbstschutz erfolgreich zu bewältigen. Blieb China bisher der „wilde Osten“ des Intellectual Property Managements, bei dem das Recht des Schnelleren und Smarteren galt, so ist seit Chinas WTO-Beitritt die Grundlage für die Harmonisierung des Patentschutzes gegeben. Mit internationalen chinesischen Playern wie Lenovo, ZTE, Haier oder Huawei etabliert sich eine neue Klasse innovativer Technologieführer. Und diese sorgen selbst für einen verbesserten Schutz zuhause. Ende 2008 wurde der koreanische Weltkonzern Samsung zur Zahlung von 50 Millionen Renminbi Yuan (~5,5 Millionen Euro) verurteilt, da dieser mit seinen Mobiltelefonen die Patentrechte von Holley Communications aus der Provinz Zhejiang verletzt habe.
238
VII. Länderspezifika bei Patenten
Anfang 2009 endete ein drei Jahre andauerndes Patentverletzungsverfahren mit einem Vergleich: Der französische Elektronik-Konzern Schneider-Electric muss der chinesischen Chint Group 23 Millionen US-Dollar Schadensersatz bezahlen. Aber auch westliche Unternehmen verzeichnen Fortschritte bei der Durchsetzung ihrer Patente. Syngenta hat als eines der ersten westlichen Unternehmen einen Piraterierechtsstreit gegen chinesische Imitatoren in China gewonnen. 10 Erfolgsfaktoren für Patentmanagement in China 1. Verstärktes Monitoring von Fremdprodukten. 2. Verstärkte Growing- und Pruning-Aktivitäten. 3. Angepasster Verhandlungsstil: Geduld bei Verhandlungen ist notwendig. 4. Marktmacht: der Stärkere gewinnt häufiger. 5. Nutzung jeglicher Rechtsmittel: direkte Verhandlungen mit Piraten kombiniert mit juristischen Schritten. 6. Durchsetzungsimage: Piraten konsequent verklagen und insbesondere diese Nulltoleranz kommunizieren. 7. Faktische Schutzstrategien: Blackbox-Ansätze, Schlüsseltechnologien in Europa belassen, Loyalität der Mitarbeiter erkaufen. 8. Lokale Verbundenheit, nicht nur mit China, sondern auch mit der jeweiligen Provinz. 9. Beziehungsmanagement: „Guanxi“ ist essenziell für Patentstreitigkeiten. 10. China-Erfahrung: Premieren floppen oft.
China
239
Tabelle VII.2a/b/c. Vergleich verschiedener Patentlegislationen (I/II/III) Europa (EPÜ)
USA
Prioritätsprinzip First-to-file Neuheitsschonfrist Nein i Veröffentlichung Laufzeit Prüfungsantrag
Sprache
First-to-invent Bis ein Jahr vor nationalem Anmeldetag (Grace Period) 18 Monate nach Prioritätstag 18 Monate nach Prioritätstag ii Max. 20 Jahre nach Anmel- Max. 20 Jahre nach Anmeldetag detag iii Bis 6 Monate nach Hinweis Nein auf Veröffentlichung des Recherchenberichts Englisch Deutsch, Englisch, Französisch iv
Japan
Korea
Prioritätsprinzip First-to-file Neuheitsschonfrist Max. 6 Monate vor nationalem Anmeldetag Veröffentlichung 18 Monate nach Prioritätstag Laufzeit Max. 20 Jahre nach A.-Tag Prüfungsantrag Bis 3 Jahre nach A.-Tag v
18 Monate nach Prioritätstag Max. 20 Jahre nach A.-Tag 5 Jahre nach Anmeldetag
Sprache
Japanisch, Englisch
Koreanisch
China / Hongkong
Taiwan
Prioritätsprinzip First-to-file Neuheitsschonfrist Neinvi
First-to-file 6 Monate ab Anmeldetag
First-to-file
Veröffentlichung Laufzeit Prüfungsantrag
Nein vi 18 Monate nach Prioritätstag 18 Monate nach Prioritätstag Max. 20 Jahre nach A.-Tag Max. 20 Jahre nach A.-Tag Bis 3 Jahre nach Prioritäts- Bis 3 Jahre nach Anmeldetag tag
Sprache
Chinesisch vii
Taiwanesisch, Englisch viii
240
VII. Länderspezifika bei Patenten
Tabelle VII.2d. Vergleich verschiedener Patentlegislationen (IV)
Prioritätsprinzip Neuheitsschonfrist Veröffentlichung Laufzeit Prüfungsantrag Sprache
Russische Föderation
Eurasien (EAPO)
First-to-file 6 Monate ab Anmeldetag 18 Monate nach Anmeldetag Max. 20 Jahre nach A.-Tag Bis 3 Jahre nach Anmeldetag Russisch
First-to-file 12 Monate ab Prioritätstag 18 Monate nach Anmeldetag Max. 20 Jahre nach A.-Tag Bis 6 Monate nach Recherche Russisch
Quellen: Eigene Recherchen sowie Grandstrand (2000); Mayer (2003); Rebel (2003); Tönhardt (2003a, 2003b); KIPO (2007); Schade, Frosch und Weinand (2009); Dorofeev (2010); Kagerbauer und Noh (2010)
i
Ausnahmen: in Missbrauchsfällen oder bei amtlich anerkannten Ausstellungen bis max. 6 Monate vor nationalem Anmeldetag (Art. 55 EPÜ).
ii
Für US-Patentanmeldungen, die ab dem 28.11.2000 eingereicht wurden. US-Anmelder können die Offenlegung auf Antrag unterbinden, wenn keine Auslandsnachanmeldungen eingereicht werden (American Inventor Protection Act, 1999).
iii
Für US-Patentanmeldungen, die ab dem 8. Juni 1995 angemeldet wurden. Frühere Anmeldungen haben eine maximale Laufzeit von 17 Jahren nach Erteilungstag.
iv
Amtssprachen des Europäischen Patentamts. Einreichung für Angehörige von Vertragsstaaten mit anderen Sprachen können Patentanmeldungen in der anderen Amtssprache einreichen, müssen jedoch Übersetzung nachliefern (Art. 14(2) EPÜ).
v
Für JP-Patentanmeldungen die ab dem 1. Oktober 2001 angemeldet wurden. Bei frühere Anmeldungen gilt ein Frist von 7 Jahren.
vi
Ausnahmen: Veröffentlichungen für die Zwecke von Forschung und Experiment oder bei von der Regierung unterstützten oder anerkannten Messen bis max. 6 Monate vor nationalem Anmeldetag.
vii
Chinesischer Text aus Taiwan nur bedingt verwendbar!
viii
Taiwanesische Übersetzung muss innerhalb von 60 Tagen nachgeliefert werden.
VIII. Patentmanagement der Open Innovation Ära
„Technology has become so sophisticated, broad and expensive that even the largest companies cannot afford to do it all themselves.“ R.Z. Gussin Corporate Vice President Science and Technology Johnson & Johnson, New Brunswick, NJ
Wachstum und Sättigung Der Bedarf an gewerblichen Schutzrechten ist während der letzten Dekade stark angestiegen. Eine größer werdende Anzahl an Unternehmen hat die Chancen erkannt, die gewerbliche Schutzrechte bieten: Die weltweite jährliche Nachfrage nach Patentrechten hat sich seit dem Jahr 2000 bis zum Ende der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts mit 5,99 Millionen mehr als verdoppelt (Japan Patent Office 2009). Dies entspricht einem jährlichen Anstieg von etwa 10%. Jede exponentielle Entwicklung wächst jedoch nicht auf Dauer. In Europa waren 2002 bis 2003 erste Anzeichen einer Stagnation zu erkennen, wenn auch auf hohem Niveau. Das Europäische Patentamt führte die Stabilisierung des Anmeldeaufkommens auf eine Abnahme der auf dem internationalen Weg eingereichten Euro-PCT-Anmeldungen zurück. Die Stagnation der Neuanmeldungen in der genannten Periode, die auch am amerikanischen Patent- und Markenamt zu beobachten war, ging aber auch auf den generellen Einbruch im internationalen Wirtschaftswachstum zurück. Obwohl der Biotechnologie- und Pharmasektor weiter anzog, konnte der Rückgang im Computer- und Softwaresektor, der zuvor insbesondere von Dotcom-Unternehmen aufgeheizt worden war, nicht ausgeglichen werden. Die Patentämter nutzten die Atempause, um intern die Recherche- und Anmeldeprozesse zu optimieren und die Bearbeitungszeiten zu verringern. Seit 2004 steigen die beim Europäischen Patentamt eingereichten europä-
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
242
Patentmanagement der Open Innovation Ära
ischen und internationalen Euro-PCT-Anmeldungen wieder leicht an: 2004: 178.500 auf 2009: 211.800 (Europäisches Patentamt 2010a). Besonders auffällig im internationalen Kontext ist aber, dass China (SIPO) und Südkorea (KIPO) zu den fünf größten Anmeldeländern weltweit aufgestiegen sind (Abb. VIII.1). Der Druck in Unternehmen zur Optimierung von Kosten-/NutzenAbwägungen trifft auf eine größere Aufmerksamkeit für Intellectual Property Belange bei gleichzeitig besser werdenden Prozessen. Unsere Studien zeigen, dass 75% aller Unternehmen juristische Schutzstrategien verfolgen und eine ausformulierte Patentstrategie haben, die mit der Unternehmensstrategie abgestimmt und flächendeckend implementiert ist sowie regelmäßig überprüft und aktualisiert wird. Die Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind dabei besonders aktiv in den Strategieprozess eingebunden. Die Untersuchungen zeigen des Weiteren auf, dass die Stoßrichtung der Patentstrategien vermehrt neben der puren Verteidigung (Handlungsfreiheit) und dem Schutz des geistigen Eigentums (Blockade) zusätzlich auch auf die Generierung von Lizenzeinnahmen durch die externe Vermarktung von gewerblichen Schutzrechten gerichtet ist. Vorreiter IBM erzielt heute über 1 Milliarde US-Dollar und damit fast 1,5% seines Um-
1.500.000
USPTO
1.250.000
1.000.000 SIPO 750.000 KIPO 500.000
JPO
250.000 EPO
0 2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
t
2008
Quelle: (Europäisches Patentamt 2010a)
Abb. VIII.1. Kumulierte Anmeldungen der 'Big 5' – Europäisches Patentamt nur noch an fünfter Stelle
Patentmanagement in Kooperationen
243
satzes über solche Lizenzeinnahmen. Generell wird Intellectual Property bereits von jedem zweiten Unternehmen auch extern vermarktet. Hier ist jedoch ein differenziertes Vorgehen erforderlich, da in der Regel die Kernkompetenzen und komparativen Wettbewerbsvorteile von Unternehmen betroffen sind.
Patentmanagement in Kooperationen Unternehmen greifen zunehmend nicht mehr ausschließlich auf Intellectual Property aus Eigenentwicklungen zurück, sondern suchen vermehrt nach externen Zugangsmöglichkeiten. Outsourcing von Innovationen hat bereits in den 90er Jahren in größerem Ausmaß Einzug in die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen gehalten. Ebenfalls war hier die Akquisitionsund Fusionsfreudigkeit auf dem Höhepunkt. Heute sind vorwettbewerbliche Technologieallianzen, offene Produktarchitekturen sowie kooperative Produktentwicklungen und -vermarktungen integrativer Bestandteil zahlreicher Unternehmensstrategien. Zudem sind Unternehmen nicht erst seit der Open-Source Entwicklung zusehends bereit, ihr Intellectual Property mit Dritten zu teilen und zu multiplizieren. Das Management von geistigem Eigentum gilt deshalb als zunehmend wichtiger Erfolgsfaktor bei F&E-Kooperationen. Im Vorfeld der Kooperationen wird dabei häufig versucht, noch zu schützen was patent- und markenrechtlich schützbar ist. Die Regelung des Umgangs mit dem Intellectual Property das erst in Kooperationen entsteht, stellt demgegenüber eine besonders hohe Herausforderung für die Partner und deren Strategen dar. Zu regeln sind beispielsweise Business-Pläne, rechtliche Vereinbarungen über die zukünftige Nutzung der Kooperationsergebnisse sowie Regelungen für das Scheitern der Allianzen. Da immer noch 50% bis 60% aller Kooperationen auseinander brechen, stellt sich die Frage einer klaren ExitStrategie: Wem gehört was nach Beendigung der Kooperation? Das Dilemma bei der Bildung der Kooperation in der Frühphase liegt darin, dass die für den Erfolg maßgeblichen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu Beginn noch nicht eingetreten sind und sich allenfalls abschätzen lassen. In anderen Worten: Man spricht über die Verteilung des Kuchens, bevor dieser gebacken ist. Unsere Studien haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass Intellectual Property Management bereits in der Frühphase der Kooperationsprozesse eine entscheidende Rolle spielt. Allerdings kann nur in etwa 50% der Fälle der Umgang mit Schutzrechten in F&E-Kooperationen wirklich zufrieden stellend gelöst werden (Duysters, Kok und Vaandrager 1999; Kelly, Schaan und Joncas 2002).
244
Patentmanagement der Open Innovation Ära
Das Erzielen von langfristigen Wettbewerbsvorteilen durch Patent- und Markenschutz hat in Unternehmen eine hohe Aktualität. Sogar Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen versuchen, auf diesen Trend aufzuspringen. Bei der Gestaltung des eigenen Patentportfolios gilt es, viel versprechenden, aber unsicheren Nutzen gegenüber sicheren Kostenpositionen abzuwägen. Interessant ist der derzeitige Trend in Europa: Die durch Patent- und Markenschutz erzielbaren Wettbewerbsvorteile werden vom industriellen Einzelunternehmen auf Dienstleistungsinnovationen ausgedehnt. Die Öffnung des Innovationsprozesses in Form des Open Innovation-Trends findet auch im Intellectual Property Umfeld statt: Unternehmen sind zunehmend bereit, geistiges Eigentum zu teilen und zu multiplizieren (Gassmann und Bader 2006). Die Ausgangslage für Innovationskooperationen bezieht die zukünftige Verwendungsabsicht mit ein auf der Grundlage von Hintergrund Intellectual Property sowie zukünftigem peripheren und postkooperativen Intellectual Property. Eine klar definierte Ausstiegsstrategie zu Beginn ist ein verdeckter Erfolgsfaktor in Kooperationen: Vorab regeln, wer welche Rechte nach Beendigung der Kooperation hat, insbesondere im Falle eines Scheiterns der Kooperation. Die Kunst der Verhandlungsführung besteht darin, einerseits juristische Klarheit zu schaffen, andererseits jedoch nicht die gemeinsame Vision zu zerstückeln: Andernfalls besteht die Gefahr, in einem unproduktiven Nullsummenspiel zu enden. Im Dienstleistungssektor sind US-Unternehmen auch in Europa im Umgang mit Intellectual Property deutlich aggressiver als ihre europäischen Konkurrenten. Obwohl das Europäische Patentamt derzeit einer restriktiveren Erteilungspraxis unterliegt, reichen US-Unternehmen verstärkt Software- und geschäftmodellbezogene Patentanmeldungen ein.
Patente in Kooperationsverträgen Im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen müssen insbesondere folgende Punkte in Bezug auf den Umgang mit Intellectual Property geklärt werden (Bader 2006a): x x x x
Eigentumsrechte bezüglich Erfinderschaft und Patentinhaberschaft. Nutzungsrechte. Lizenzrechte. Geltendmachung der Rechte.
Patente in Kooperationsverträgen
245
Eigentumsrechte: Erfinderschaft und Patentinhaberschaft. Das Recht an der Erfindung und das Recht auf das Patent an der Erfindung sind in den meisten Legislaturen zwei unterschiedliche Dinge. Während das Recht an der Erfindung häufig zunächst dem Erfinder zugerechnet wird, hängt es vom nationalen Recht des jeweiligen Kooperationspartners ab, wie dieser das Recht an der Patentierung der Erfindung erlangen kann. Das Patentrecht der USA schlägt letzteres beispielsweise dem Erfinder zu und nicht dessen Arbeitgeber (United States Patent Law 35 U.S.C. 111; Dillahunty 2002). Die Kooperationspartner sollten somit unter Berücksichtigung der geltenden Gesetzgebungen genau vereinbaren, wie sie die gewünschten Rechte erlangen können. Hierzu ist es manchmal sogar empfehlenswert, die im Rahmen der Kooperation tätigen angestellten Arbeitnehmer namentlich in der Kooperationsvereinbarung aufzuführen. Da Erfindungen sowohl ausschließlich von den Angehörigen eines als auch beider Koope-
Patente in Kooperationen • Klare Zieldefinition: Wohin wollen die Kooperationspartner gehen? • Einbezug der zukünftigen Verwendungsabsicht in die Ausgangslage der Innovationskooperation: Wer möchte was kommerzialisieren? • Klare Abgrenzung von bereits vorhandenem geistigen Eigentum: Wer bringt was in die Kooperation ein? • Frühe Einbindung von internen und externen Technologie- bzw. Patent- Experten in die Produktentwicklung: Was lässt sich patentieren? • Regelmäßige Kommunikation zwischen den Partnern. • Festlegung von Patent-Checks an frühen Meilensteinen im Innovationsprozess • Klar definierte Ausstiegsoptionen durch Exit-Klauseln bereits zu Beginn der Kooperation: Wem gehört was und wer bekommt was? Wer hat welche Rechte in der Verwertung des gemeinsam generierten Wissens? Verfahrensführung, Administration und Aufteilung der Kosten. • Umgang mit kooperationsnahem Intellectual Property.
246
Patentmanagement der Open Innovation Ära
rationspartner möglich sind, sollten sich die Kooperationspartner überlegen, wie mit gemeinsamen Erfindungen umgegangen wird, also Erfindungen, bei denen Erfinder beider Kooperationspartner beteiligt sind. Der Technologie- und Softwarekonzern IBM baut auf seine Technologieführerschaft: Patentinhaber wird jeweils derjenige Kooperationspartner, dessen Angestellte als Erfinder genannt sind. Das Unternehmen wendet diese, an die Erfinderquelle gebundene Aufteilung der Patentinhaberschaft als Standardregelung in seinen Technologiekooperationen an (Sutter 2003). Regeln die Kooperationspartner die Patentinhaberschaft nicht explizit, wird diese nur durch die Unternehmenszugehörigkeit der Erfinder bestimmt. Genau dies birgt aber ein großes Problem in zahlreichen Allianzen: Jeder der Kooperationspartner wird einerseits versuchen, möglichst viele Erfindungen selbst und ohne den anderen Partner zu entwickeln. Andererseits wird dieser versuchen, bei möglichst vielen Erfindungen des Partners durch Mindestbeiträge eine Miterfinder- und damit Patentmitinhaberschaft zu begründen. Die absehbare Folge davon ist, dass die Partner die interessanten Problemstellungen alleine lösen und den Kooperationspartner aushorchen: Das Vertrauen kann dadurch nachhaltig gestört werden. Eine derartige Regelung bewirkt das Gegenteil von dem, was man ursprünglich erreichen wollte: eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und die gegenseitige Nutzung von Potentialen. System bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
A&B
Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Abb. VIII.2. Patentinhaberschaft gemäß Gegenstand der Erfindung
Patente in Kooperationsverträgen
247
Der Ausweg aus dieser Problemstellung führt dazu, die Regelung der Patentinhaberschaft unabhängig von der Erfinderschaft zu gestalten und die jeweiligen Nutzungs-, Lizenz- und Durchsetzungsrechte an den Produkt-, Markt- und Wettbewerbsverhältnissen der Kooperationspartner auszurichten. Als Kriterium für die Klärung der Patentinhaberschaft eignet sich dann vorzugsweise der Gegenstand der Erfindung selbst. Beispielsweise sind die Kooperationspartner ein Systemhersteller und ein Komponentenhersteller. Erfindungen, die auf Systeme bezogen sind, können dann dem System-Kooperationspartner zugeordnet werden. Erfindungen, die auf Komponenten bezogen sind, können dem Komponenten-Kooperationspartner zugeordnet werden. Erfindungen, die sich auf beides beziehen, erhalten eine gemeinsame Patentinhaberschaft (Abb. VIII.2). Weitere Varianten sind die vollständige Übertragung der Erfindungen auf einen Kooperationspartner oder die vollständige gemeinsame Patentinhaberschaft (Abb. VIII.3a/b). Dies kann vorteilhaft sein, wenn hierdurch das Patentanmeldeverfahren erleichtert oder optimiert werden soll, um beispielsweise gegenseitige Stand-der-Technik-Kollisionen zu vermeiden. In beiden Fällen kann des Weiteren vereinbart werden, dass die Patente nach Abschluss des Patenterteilungsverfahrens mit der bereits oben dargestellten Methodik wieder auf die Kooperationspartner aufgeteilt werden. Dies ist dann wichtig, wenn kulturelle Aspekte zwischen den Kooperationspartnern eine wichtige Rolle spielen, wie dies besonders in Japan der Fall ist (Nakano 2000). Bayer MaterialScience besteht in F&E-Kooperationen mit Universitäten oder öffentlichen Forschungseinrichtungen grundsätzlich auf einer vollständigen Übertragung der für das eigene Geschäft relevanten Forschungsund Entwicklungsergebnisse. Der Hightech-Konzern Unaxis (heute OC Oerlikon) kam in einer Entwicklungskooperation mit einem japanischen Zulieferer für Transportroboter überein, dass die Patentanmeldeverfahren zwar von einem Kooperationspartner geführt werden sollten, beide Partner aber grundsätzlich gemeinsame Patentinhaber waren. Nutzungs- und Lizenzrechte. Die Aufteilung der Nutzungs- und Lizenzrechte kann nun gemäß vorliegender Patentinhaberschaft in Form der oben aufgeführten ersten Variante geregelt werden. Problematisch sind dann unter Umständen noch die Patente mit gemeinsamer Patentinhaberschaft. Die nationalen Gesetzgebungen sehen zum Teil unterschiedliche Rechte des Einzelnen am gemeinsamen Gut vor, in der Schweiz und Deutschland ist dies die gemeinsame Patentinhaberschaft. In den Vereinigten Staaten von Amerika kann jeder der Patentinhaber das gemeinschaftliche Patent ohne Abstimmung und ohne Verpflichtungen gegenüber dem anderen Co-
248
Patentmanagement der Open Innovation Ära
System bezogene Erfindungen
Alleiniger Patentinhaber: Kooperationspartner A
Komponenten bezogene Erfindungen
System bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
Gemeinschafts-Patentinhaber: Kooperationspartner A & B
Abb. VIII.3a/b. Patentinhaberschaft durch einen oder beide Kooperationspartner
Patentinhaber nutzen und verwerten (O´Reilley 2000). Es können dann im Überlappungsbereich Kannibalisierungseffekte entstehen, bei denen die Unternehmen mit unterschiedlichen Lizenzierungsstrategien gegeneinander konkurrieren. Demgegenüber kann in Ländern wie beispielsweise Großbritannien, Japan und Malaysia der Co-Patentinhaber Lizenzen nur mit Zustimmung des anderen Co-Patentinhabers vergeben (Brown 2000; Nakano 2000; Siaw 2000). In beiden Fällen könnten die Kooperationspartner vereinbaren, dass Lizenzeinnahmen aus gemeinsamen Patenten nach Abzug der Aufwandskosten geteilt werden sollen (Abb. VIII.4). Ein großer Nachteil der oben aufgeführten Regelungen ist, dass die Vorteile beziehungsweise die ursprünglichen Gründe für die Kooperation unterhöhlt werden. Der Komponenten-Kooperationspartner hat möglicherweise das Interesse, noch an andere System-Hersteller zu liefern, die im Wettbewerb zum System-Kooperationspartner stehen. Demgegenüber hat der System-Kooperationspartner allenfalls das Interesse, Komponenten noch von anderen Komponenten-Herstellern zu beziehen, die wiederum im Wettbewerb zum Komponenten-Kooperationspartner stehen. Die oben genannte Variante bietet darum einen für beide Kooperationspartner nur unbefriedigenden Lösungsspielraum an. Das Kriterium zur Interessenaufteilung im Rahmen einer Kooperation können aber die Märkte der Partner bieten: beispielsweise Markt A gegenüber Markt B beziehungsweise alle anderen Märkte als Markt A. Die Aufteilung kann dann in Form von zwei Varianten erfolgen. Die Regelung betreffend gemeinschaftlicher Patente kann die Nutzungs- und Lizenzierungsrechte für Kooperationspartner A nur im Markt A und für Kooperationspartner B nur im Markt B beziehungsweise allen anderen Märkten als Markt A vorsehen (Abb. VIII.5).
Patente in Kooperationsverträgen
System bezogene Erfindungen
249
Komponenten bezogene Erfindungen
Nutzungs- und Lizenzrechte A
Nutzungs- und Lizenzrechte B
A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Gemeinsame Nutzungs- und Lizenzrechte A&B (z.B. Aufteilung der Lizenzeinnahmen)
Abb. VIII.4. Lösungsspielraum bei gemeinsamen Nutzungs- und Lizenzrechten; z.B. Halbleiterbranche
System bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
Nutzungs- und Lizenzrechte A
Nutzungs- und Lizenzrechte B
Markt A Markt B / alle anderen Märkte A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Abb. VIII.5. Aufteilung gemeinsamer Nutzungs- und Lizenzrechte auf Märkte; z.B. Banking- (System) und IT- (Komponente) Branche
System bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
Nutzungs- und Lizenzrechte A Markt A Markt B / alle anderen Märkte
Nutzungs- und Lizenzrechte B
A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Abb. VIII.6. Vollständige Aufteilung nach Märkten; z.B. Chemie- und Pharma-Branche
250
Patentmanagement der Open Innovation Ära
IBM nimmt in Ausnahmefällen auch eine Aufteilung der Nutzungs- und Lizenzrechte vor. Bei gemeinsamen Erfindungen wird dann eine Differenzierung anhand des Marktes vorgenommen. Eine derartige Vorgehensweise wird insbesondere dann als angemessen erachtet, wenn der Kooperationspartner in einem sehr spezifischen Markt tätig ist, beispielsweise im Pharmabereich (Beckenbauer 2005a, b). Je nach Anwendungsfall könnte sogar vereinbart werden, dass Kooperationspartner A im Markt A nicht nur die eigenen und die gemeinsamen, sondern auch die Kooperations-Patente von Kooperationspartner B nutzen und exklusiv lizenzieren darf. Demgegenüber könnte dann Kooperationspartner B im Markt B die eigenen, die gemeinsamen und die Patente von Kooperationspartner A nutzen und exklusiv lizenzieren (Abb. VIII.6). Unter der Voraussetzung, dass die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts eingehalten werden können, besteht der große Vorteil dieser Kooperations-Regelung darin, dass System-Hersteller A nun Komponenten auch von anderen Komponentenherstellern beziehen kann und hierfür Komponenten-Lizenzen für die Herstellung vergeben kann. Dies jedoch nur für den Markt A. Komponenten-Hersteller B kann demgegenüber auch an andere System-Hersteller Komponenten liefern und diesen System-Lizenzen vergeben, sofern diese im Markt B beziehungsweise nicht im Markt A tätig werden. Dies zeigt die nachfolgende Grafik (Abb. VIII.7a/b). Geltendmachung der Rechte. Die Geltendmachung von Rechten hängt ebenfalls von den jeweiligen nationalen Gesetzgebungen ab. Dabei ist von Interesse, inwiefern ein Kooperationspartner involviert werden muss, damit der andere Kooperationspartner vor Gericht ein Klageverfahren gegen einen Patentverletzer führen kann. Falls die nationale Gesetzgebung eine Involvierung erfordert, ist es ratsam, diese bereits im Rahmen der Kooperationsvereinbarung im Voraus und analog der Nutzungs- und Lizenzrechte zu vereinbaren.
Systeme Kooperationspartner A (System) Markt A
Wettbewerb (z.B. Patentlizenzaustausch)
Wettbewerber A1 (System) Markt B / alle anderen Märkte
Komponenten Kooperationspartner B (Komponenten)
Systeme Kooperationspartner A (System)
Kooperationspartner B (Komponenten)
2nd Source
Wettbewerber B1 (Komponenten)
Wettbewerber A1 (System) weitere Kunden
Systemhersteller A2
Komponenten
KomponentenHersteller B2
Systemhersteller A2
Wettbewerber B1 (Komponenten) Wettbewerb (z.B. Patentlizenzaustausch)
KomponentenHersteller B2
Abb. VIII.7a/b. Vergabe von Exklusivrechten im entsprechenden Markt
Patente in Kooperationsverträgen
251
Kooperationsmodelle bei IBM In der Praxis werden derzeit zwei Kooperationsmodelle angewendet, die entweder einen proprietären Ansatz verfolgen oder die komplementäre Nutzung von offenen Innovationen ermöglichen: Gekaufte Kontrolle-Modell:
Free Public Commons-Modell:
• Gemeinsames Eigentum. • Wer zahlt hat Kontrolle. • Jeder kann lizenzieren übertragen, durchsetzen, benutzen. • Ungeteilter Gewinn.
• Gemeinsames Eigentum. • Wer zahlt hat Kontrolle. • Alle Eigentümer lizenzieren jedermann kostenlos.
Charakteristika: • Kein Verlust von Rechten. • Volles Nutzungsrecht. • Keine Abrechnungsprobleme. • • • •
Geringer Adminaufwand. Anreiz zur Lizenzierung. Keine Portfolioverwässerung. Handlungsfreiheit.
• Volle Nutzungsrechte. • Keine Abrechnungsprobleme. • Für akademischen und kommerziellen Gebrauch. • Handlungsfreiheit. • Innovationsschub.
Vorteile: • Differenzierung. • Einzigartigkeit. • „Speed-to-Market“.
• Standardisierung. • Kosten / Wert. • Gewinnspanne. Quelle: Klett (2009)
252
Patentmanagement der Open Innovation Ära
Verfahrensführung, Administration und Aufteilung der Kosten. Bedeutend ist die frühzeitige Klärung, wer die Verfahrensführung übernehmen und ob dies beispielsweise durch eine interne Patentabteilung oder durch eine externe Patentanwaltskanzlei erfolgen soll. Die Abstimmung der verfahrensgebundenen Entscheidungsprozesse ist dabei ebenfalls wichtig, beispielsweise die Auswahl von Ländern für Nachanmeldungen oder der Umgang mit länderspezifischen Aufrechterhaltungsentscheidungen. Des Weiteren ist über die Aufteilung zukünftiger Kosten zu entscheiden, die im Rahmen der Patentanmeldung, der Verfahrensführung sowie durch externe Kanzleien, Übersetzungen und Jahresgebühren anfallen. Umgang mit kooperationsrelevantem Intellectual Property. Zur Sicherung einer erfolgreichen Kooperation ist zu evaluieren, welche ergänzende Wissens- und Schutzrechtselemente erforderlich sind, um eine spätere Verwertung der Kooperationsergebnisse im eventuellen Alleingang überhaupt zu ermöglichen (Abb. VIII.8). Eine wichtige Ausgangsvoraussetzung bilden deshalb Know-how und Intellectual Property, das die Kooperationspartner jeweils in die Kooperation mit einbringen können und wollen (Background Intellectual Property). Tauschen die Kooperationspartner dabei bereits vor Beginn der Kooperation Informationen aus, beispielsweise um überhaupt feststellen zu können, ob der andere Kooperationspartner der Richtige ist, empfiehlt es sich in der Regel, für diese Phase eine Vertraulichkeitsvereinbarung abzuschließen und diese entsprechend zu protokollieren und gegenzeichnen zu lassen. Das im Rahmen der Kooperation entstehende Know-how und Intellectual Property wird häufig als sogenanntes Foreground Intellectual Property bezeichnet. Immer noch viele Kooperationsverhandlungen und daraus resultierende Vereinbarungen konzentrieren sich leider vor allem vorwiegend auf diesen Teil. Geradezu tückisch können sich allerdings Parallelaktivitäten zur Kooperation erweisen, wenn dabei relevantes, proprietäres Intellectual Property entsteht, das nur von einem der Partner genutzt werden darf (Sideground Intellectual Property). Nach der Kooperation stellt sich sowohl die Frage, wie mit aus der Kooperation verbliebenem Wissen (Residual Information) sowie mit danach entstehendem Know-how und Intellectual Property (Postground Intellectual Property) umgegangen werden soll, beispielsweise Verbesserungen oder Vermarktungsstrategien, werden von Kooperationspartnern als Herausforderung gesehen: Der jeweils Bessere wird sich durchsetzen. Wichtig ist somit die frühe und explizite Vereinbarung zur Inhaber- und Nutzenverteilung von Schutzrechten mit den Kooperationspartnern. Eine
Patente in Kooperationsverträgen
Sideground IP Partner A
253
extern verwendbar von Partner B intern Postground IP Partner A
Background IP Partner A
Foreground IP Partner A Residual Information
Foreground IP Partner B
Background IP Partner B
Austausch vertraulicher Informationen
t
Sideground IP Partner B
Start der Kooperation
intern verwendbar von Partner A extern
Postground IP Partner B
Ende der Kooperation
Quelle: Bader (2006a)
Abb. VIII.8. Für die Verwertung der Kooperationsergebnisse ist entscheidend, wer welches Intellectual Property wie weiterverwenden kann
Lösung wird häufig durch Vereinbarungen erzielt, die temporäre Lieferoder Bezugsexklusivitäten vorsehen – eine Vorgehensweise, die sich in der Automobil- und Konsumgüterindustrie bewährt hat. Beispiel für F&E-Kooperation mit mehreren Kooperationspartnern. Sind nicht nur zwei sondern mehrere Kooperationspartner involviert, kann die Fragestellung, welche der im Rahmen der Kooperation entstandenen Ergebnisse während und vor allem nach Abschluss der Kooperation für wen und wie nutzbar sind, durchaus komplexe Regelungen erforderlich machen, wie am Beispiel der vorherstehenden Abbildung ersichtlich wird (Abb. VIII.9): So hätte Partner A in einem festzulegenden Umfang und zu bestimmenden Konditionen Zugang zum geistigen Eigentum der anderen Partner B bis E. Nach Abschluss der Kooperation, wäre allerdings zunächst nur noch das im Rahmen der Kooperation entstandene geistige Eigentum für den internen Gebrauch frei verfügbar. Wenn Partner A darüber hinaus Nutzungsbedarf hätte, müsste dieser eine Lizenz ersuchen. Diese Lizenzanfrage dürfte dabei von den anderen Partnern nicht verweigert
254
Patentmanagement der Open Innovation Ära
werden, wenn Partner A die erzielten Forschungsergebnisse im vorgesehenen Rahmen nicht ohne eine derartige Lizenz nutzen könnte. Des Weiteren könnte Partner A im vorliegenden Beispiel Rechte an seinem im Vorfeld der Kooperation bereits vorhandenem geistigen Eigentum an Dritte außerhalb der Kooperation einräumen. Ein derartiger Transfer müsste den anderen Partnern nicht mitgeteilt oder gegenüber diesen gerechtfertigt werden. Partner A könnte Dritten sogar Rechte an im Rahmen der Kooperation entstandenem geistigen Eigentum einräumen – dies könnte beispielsweise erforderlich werden, wenn Partner A weitere Forschungsaktivitäten im Rahmen anderer Kooperationen eingehen wollte. Sollten davon allerdings Rechte der anderen Partner betroffen sein, wäre deren Einwilligung erforderlich.
nach Kooperation
Zugang zu IP (danach): (Wissen soweit benötigt) - nicht-kommerzielle Forschung - nur interne Nutzung - frei von Lizenzzahlungen - nicht-exklusiv
A 3. Partei
Externalisierung (danach): (eigenes Wissen) - nicht-exklusiv - keine Obligation zu benachrichtigen, rechtfertigen oder kompensieren
(Wissen für andere Zwecke, vorher vorhandenes Wissen soweit benötigt) - gefällige Konditionen - keine unangemessene Verweigerung
Externalisierung (während): (eigenes Wissen) - Transfer Inhaberschaft: keine Einschränkung der Rechte der anderen Kooperationspartner
A
(Wissen anderer Partner) - nur bei Zustimmung der anderen Partner - gefällige Konditionen - keine unangemessene Verweigerung
Zugang to IP (während): (Wissen, vorher vorhandenes Wissen soweit erforderlich für Kooperation) - frei von Lizenzzahlungen - nicht-exklusiv
B C
E D
während Kooperation
vor Kooperation
Wissen (inkl. IP)
A
B
E
vorher vorhandenes Wissen (inkl. IP)
Quelle: Bader (2007c)
Abb. VIII.9. Beispiel für Zugangsoptionen zu IP in F&E-Kooperationen
Forschungskooperationen mit Hochschulen
255
Forschungskooperationen mit Hochschulen F&E-Kooperationen mit Universitäten, öffentlichen Forschungseinrichtungen und Transferzentren haben sich in den letzten Jahren für zahlreiche Unternehmen als „bittere Pille“ erwiesen: Während es früher gängige Praxis war, dass den Unternehmen als Auftraggeber die Forschungsergebnisse einschließlich daraus resultierender Schutzrechte zufielen, ist dies häufig nicht mehr oder nur nach zähen Verhandlungen möglich. Darüber hinaus hat sich bis dato noch kein generell gültiges Modell für den Technologietransfer in Bezug auf öffentliche Forschungseinrichtungen durchgesetzt. Auslöser für den Wandel sind Transfer- und Verwertungszentren an Universitäten und in öffentlichen Forschungseinrichtungen, die dem Vorbild des Vorreiters University of Stanford in den USA folgen. Auf Basis von Änderungen in den nationalen Gesetzgebungen, beispielsweise in den USA (Bayh-Dole Act) im Jahre 1980, haben öffentliche Forschungseinrichtungen damit begonnen, die entstehenden Erfindungen für die Hochschule zu schützen und selbst monetär zu verwerten. In Deutschland sind seit dem Wegfall des vor 2002 geltenden, sogenannten „Professoren-Privilegs“ die Patentanmeldungen der Hochschulen deutlich gestiegen (Abb. VIII.10). Allerdings sind im Gegenzug die Patentanmeldungen stark zurückgegangen, die auf Erfindungen aus Hochschulen zurück gehen (Schmoch 2007). Mit dem bundesweiten Netzwerk TechnologieAllianz sind Patent-, Verwertungs- und TechnologietransferAgenturen in einem flächendeckenden Verbund vereinigt, der über 200 700 600 500 400 300 200 100 0 2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Quelle: DPMA (2009)
Abb. VIII.10. Patentanmeldungen deutscher Hochschulen
t
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Patentmanagement der Open Innovation Ära
wissenschaftliche Einrichtungen repräsentiert. Die TechnologieAllianz erschließt Unternehmen das gesamte Spektrum innovativer Forschungsergebnisse deutscher Hochschulen und außeruniversitärer Forschungsstätten (TechnologieAllianz 2010). In der Schweiz ist der Technologiezugang zu den Hochschulen seit 2005 über Wissenschafts- und TechnologietransferKonsortien (WTT) gebündelt (WTT 2010). In Österreich unterstützt die Technologie Marketing Austria (Tecma) Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen bei der Verwertung von Erfindungen oder Entwicklungen vom Labor hinaus in den freien Markt. Speziell zur Unterstützung von Universitäten wurde uni:invent entwickelt, deren Programme vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) unterstützt werden (BMWFJ 2010). Durch die gesetzlichen Änderungen ist es beispielsweise in Deutschland erforderlich geworden, bei Hochschul-Industriekooperationen neben dem Professor auch die Hochschule als dritte Partei in TechnologietransferVerhandlungen mit einzubeziehen, da die Rechte an den Erfindungen der Professoren seitdem zunächst an die Hochschule übergehen (Reform des § 42 des Arbeitnehmererfindungsgesetzes). Eine Vermarktung der Erfindungen und daraus resultierender Schutzrechte durch den Industriepartner kann nunmehr praktisch nur noch im Wege einer vertraglichen Einbindung der Hochschule erfolgen (Rosenberger 2010). Ein kritischer Punkt der bei den Vertragsverhandlungen immer wieder zu ernsthaften Konflikten führt ist dabei die Klärung der Frage, ob es sich um eine Auftragsforschung oder um eine Forschungskooperation handelt. Im ersteren Falle glaubt der Auftraggeber, dies ist in der Regel der Industriepartner, die Forschungsergebnisse inklusive der Rechte an den Erfindungen vollständig beanspruchen zu dürfen. Im zweiten Falle betont die Hochschule stärker den Eigenfinanzierungsanteil, beispielsweise durch Zurverfügungstellung eigener Labors, und beansprucht in Folge dessen auch Anteile an den Forschungsergebnissen. Aus dieser Situation heraus haben sich daher in Deutschland einige Mustervertrag ähnliche Vorlagen entwickelt, die regelmäßig als Ausgangsposition herangezogen werden, dann aber der jeweiligen Situation aller Beteiligter angepasst werden. Auf Basis der finanziellen und intellektuellen Beiträge der einzelnen Partner muss im Einzelfall eine umfassende Interessensabwägung durchgeführt werden, wie der ehemalige stellvertretende Leiter der Rechtsabteilung von Roche Diagnostics (vormals Boehringer Mannheim) Peter Homberg (2010) betont und auf folgende besondere Vertragstypen hinweist: x Hamburger Vertrag. x Münchner Vertrag / Bayerischer Vertrag. x Berliner Vertrag.
Forschungskooperationen mit Hochschulen
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Hamburger Vertrag. Der sogenannte Hamburger Vertrag stellt alle Forschungsergebnisse in das Eigentum des Industriepartners und bestimmt, dass der Hochschullehrer sowohl auf das Recht auf Erstveröffentlichung als auch auf das Recht zur Nichtoffenbarung verzichtet. Münchner Vertag / Bayerischer Vertrag. Beim sogenannten Münchner Vertrag stehen aus der Kooperation resultierende Schutzrechte grundsätzlich der Hochschule zu. Bei gemeinschaftlich erzielten Erfindungen sollen die Rechte beiden Vertragspartnern gemeinsam zustehen. Da die Mustervorlage aber keine ausreichende Regelung für zukünftige Lizenzsituationen enthält, verbirgt sich hier ein hohes Streitpotenzial. Berliner Vertrag. Der sogenannte Berliner Vertrag ist ein Gemeinschaftsprojekt der Berliner Hochschulen und Großunternehmen. Dabei wird die Unterscheidung vorgenommen, ob eine Forschungskooperation durchgeführt oder eine Auftragsforschung vergeben wird. Bei Forschungskooperationen wird zwischen Industriepartner-Ergebnissen, Gemeinschaftsergebnissen und Hochschul-Ergebnissen differenziert, wobei die Einteilung je nach Grad des Erfindungsanteils der Hochschule erfolgt. Allerdings ist die angestrebte prozentuale Abgrenzung oft sehr aufwändig und häufig unmöglich. Die neuen Vermarktungsabsichten der Hochschulen stehen denn auch häufig im Wettbewerb mit Interessen der Forschungsabteilungen und deren industriellen Auftraggebern, gesponserte, praxisrelevante Forschung zu betreiben. Problematisch scheint weiterhin zu sein, dass die Verwertungszentren eher kleine Finanzreserven aufweisen, die keine für ein erfolgreiches Lizenzgeschäft notwendige mittel- oder langfristige Planung ermöglichen. Lizenzierungsprimus IBM, beispielsweise, benötigte etwa zehn Jahre, um sein Lizenzierungsprogramm auszubauen. Darüber hinaus ist gemäß der OECD (2003b) die Verwertung von Technologien und Patenten durch Universitäten oder öffentliche Forschungseinrichtungen auch ein Politikum: Kann durch die Lizenzaktivitäten wirklich ein relevanter Einnahmenanstieg generiert werden, der die finanzielle Unabhängigkeit der Institute sichert – oder erfolgt eher eine Beschränkung des Zugangs zu den öffentlich finanzierten Ergebnissen bei gleichzeitig höherer Unsicherheit in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Forschung? Fallbeispiel Max-Planck Innovation. Die Max-Planck-Innovation ist für den Technologietransfer der Institute der Max-Planck-Gesellschaft verantwortlich. Die Mitarbeiter des Unternehmens beraten die Wissenschaftler und die Max-Planck-Gesellschaft bei der Bewertung von Erfindungen, der Anmeldung von Patenten und der Vermarktung der Technologien.
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Patentmanagement der Open Innovation Ära
Diese erfolgt meist durch die Vergabe exklusiver oder nicht-exklusiver Lizenzen an Patenten und Know-how. Zudem unterstützt die Max-Planck-Innovation Gründer beim Aufbau neuer Unternehmen, die auf Forschungsergebnissen der Max-PlanckGesellschaft basieren. Neben der Beratung und Bereitstellung von Netzwerken beteiligt sich die Max-Planck-Gesellschaft über die Max-PlanckInnovation in einigen Fällen auch an den neuen Unternehmen, indem die Upfront-Payments der Lizenz einer Technologie in Unternehmensanteile gewandelt werden. Die 25 Mitarbeiter des Unternehmens betreuen zur Zeit rund 1.140 Erfindungen und 14 Firmenbeteiligungen. Pro Jahr kommen durchschnittlich 150 neue Projekte hinzu. Seit 1979 hat die Max-Planck-Innovation etwa 3.200 Erfindungen begleitet, fast 1.900 Verwertungsverträge abgeschlossen und seit 1990 knapp 90 Ausgründungen betreut. Für die Erfinder, die Max-Planck-Institute und die Max-Planck-Gesellschaft konnten bislang etwa 260 Millionen Euro erlöst werden. Im Jahr 2008 belief sich der Umsatz durch Verwertungserlöse auf etwa 16,2 Millionen Euro. Diesen Erlösen standen Kosten in Höhe von etwa 8,9 Millionen Euro gegenüber, welche die Patentkosten, die Erfindervergütungen sowie die Kosten der MaxPlanck-Innovation abdeckten. Fallbeispiel F&E-Zentrum CTR. 42 Carinthian Tech Research (CTR) ist ein mittelgroßes, kommerzielles Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungsunternehmen im Medizinaltechnikbereich mit Sitz in Villach, Österreich. CTR geht traditionell zahlreiche Kooperationen ein. Partner sind Forschungszentren, Universitäten und Unternehmen. Die Kooperationen mit Unternehmen sind üblicherweise bezahlte Auftragsforschung. Früher waren für das Patentmanagement die F&E-Leiter der einzelnen CTR-Abteilungen zuständig und es gab kein systematisches Patentmanagement. Es stellte sich heraus, dass die Patentaspekte bei Verhandlungen über eine bevorstehende Kooperation von den Patentabteilungen der Kooperations-Unternehmen dominiert wurden. Des Weiteren war es für die F&E-Leiter häufig inhaltlich schwierig, das Patentmanagement durchzuführen. In 2004 richtete CTR deshalb eine zentrale Patentabteilung ein. Für CTR spielt die Regelung der Patentinhaberschaft und der Nutzungsrechte von in Kooperationen entstandenen Erfindungen eine zentrale Rolle. In der Regel liegen die Patentinhaberschaft beim Auftraggeber, die Nutzungsrechte aber bei beiden. Dabei darf der im Voraus festgelegte Auftragsbereich des Partnerunternehmens nicht tangiert werden. In vielen 42
Vergleiche Müller (2004); Kraft (2004).
Forschungskooperationen mit Hochschulen
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Kooperationen mit öffentlichen Forschungseinrichtungen • Das Volumen des Technologietransfers wächst nicht analog zur Anzahl der Schutzrechte an (OECD 2003b). • Die Nachfrage zur Verwertung von Intellectual Property stimuliert die Weiterentwicklung von Bewertungsmethoden und von Portfoliomanagementmethoden, z.B. Ludwig-Maximilian-Universität München, Universität Bern, Universität St.Gallen, WHU. • Lizenzeinnahmen sind eine große Motivation für Forscher ihre Forschungsergebnisse zu kommerzialisieren, z.B. in Deutschland: 30% der Lizenzeinnahmen. • Forschungsergebnisse werden aufgrund ihres frühen Innovationsstadiums häufig auf Basis von nur wenigen Patenten kommerzialisiert, z.B. Max-Planck-Gesellschaft/Garching Innovation. • Nur einige wenige Technologietransfergeschäfte bringen wirklich hohe Lizenzeinnahmen – die meisten Transfers generieren nur geringe oder keine Einnahmen, z.B. basieren die Lizenzeinnahmen der Fraunhofer Gesellschaft wesentlich auf der Vermarktung des MP3-Standards. • Nur wenige Ausgründungen von Bedeutung haben bisher stattgefunden zur Nutzung und Verwertung von Erfindungen und Forschungsergebnissen, z.B. Universität Stanford mit Google. • Selbst die starken Universitäten in Deutschland haben nur wenig Lizenzeinnahmen. Die Universität Münster als größte Universität Deutschlands weist nur wenige hunderttausend Euro pro Jahr auf. • Eine Auslizenzierung an Ausgründungsgesellschaften wird dennoch teilweise vorgezogen, da unter anderem ein besserer Zugang und eine bessere Kontrolle möglich ist, z.B. der Heinz Nixdorf Lehrstuhl für medizinische Elektronik (TU München), Micronas mit Bionas und CSEM. • Generelle Abneigung gegen Exklusivlizenzen, z.B. ETH Zürich: Projektpauschalaufschlag in Höhe von 35% für Exklusivlizenzen. • Erfolge basieren stark auf Personalressourcen, vor allem jedoch auf der unternehmerischen Persönlichkeit der Lehrstuhlinhaber und Nachwuchsforscher. Direkte Kontakte zwischen Transferzentren, Erfindern und Investoren sind ein wichtiger Erfolgsfaktor.
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Patentmanagement der Open Innovation Ära
Fällen muss daher Rücksprache mit dem Partner genommen werden. Eine solche Patentregelung ist typisch für ein F&E-Dienstleistungsunternehmen. In seltenen Fällen einigt man sich auch auf eine vollständige gemeinsame Patentinhaberschaft. Die Bedeutung von Joint Patenting spiegelt sich bei CTR auch in Zahlen wieder: Im Jahr 2010 hielt CTR 46 angemeldete Patente. Diese werden sowohl eigenständig als auch in Kooperation mit anderen Unternehmen entwickelt.
IX. Successful Practice Unternehmen
Im Folgenden sollen einige ausgewählte Successful Practice Unternehmen bezüglich des Patentmanagements vorgestellt werden. Diese Unternehmen wurden nicht ausgewählt, weil deren Performance im Sinne von Collins „From good to great“ gesamthaft überragend gut war. Vielmehr haben wir uns die spezifischen Ausprägungen und Erfolgsfaktoren des Patentmanagements im Unternehmenskontext ausgesucht. Die Auswahl (Tabelle IX.1) soll als Beispiel dienen, die Unternehmen sind explizit zum „Rosinen picken“ gedacht. Tabelle IX.1. Lessons learned der Successful-Practice Unternehmen Unternehmen
Merkmale und Erfolgsfaktoren
ABB
Elektrotechnik; Umsatz 31,8 Mrd. US-Dollar; F&E-Ausgaben 1,3 Mrd. US-Dollar; 16.000 Patente. • Patentmanagement ist ein strategisches Instrument. • Jeder Geschäftsbereich hat eine definierte Patentstrategie. • Patentmanagementorganisation verfolgt einen kooperativen Ansatz, das heißt Patentmanager sind auf allen Ebenen des Unternehmens vertreten.
Alcatel-Lucent
Telekommunikation; Umsatz 15,2 Mrd. Euro; F&E-Ausgaben 2,5 Mrd. Euro; 27.600 Patente. • Zentrale Intellectual Property Abteilung mit spezialisierten Fachabteilungen und zahlreichen Standortleitungen weltweit. • Detaillierte Schutzrechtsüberwachungsprozesse, die im wesentlichen von Patent-Professionals durchgeführt werden.
Bayer
Chemie, Pharma; Umsatz 31,2 Mrd. Euro; F&E-Ausgaben 2,8 Mrd. Euro; 78.000 Patente. • Dezentrale Organisationsstruktur der Intellectual Property Abteilungen in den Teilkonzernen mit zentraler, konzernweiter Governance-Funktion in der Holding. • Interdisziplinär zusammengesetzte Patentausschüsse pro Technologiefeld mit jeweils 5 bis 6 Entscheidungsträgern. • Die Vermarktung von Know-how und Intellectual Property erfolgt dezentral aus den Business Units. • Lizenzierung abhängig vom Business-Plan.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Successful Practice Unternehmen
British Telecom
Telekommunikation; Umsatz 20,9 Mrd. Britische Pfund; F&EAusgaben 1,2 Mrd. Britische Pfund; 6.400 Patente. • Auswertungsmatrix, um Know-how und Schutzrechte intern und extern zu verwerten. • Nutzung einer externen Lizenzierungsfirma für die Verwertung von Schutzrechten in Nordamerika.
Eastman Kodak
Chemie, Software; Umsatz 7,6 Mrd. US-Dollar; F&E-Ausgaben 356 Mio. US-Dollar; 12.100 Patente. • Rechtlich separierte Organisation für das Management und die Lizenzierung von Intellectual Property. • IP-Strategie zielt auf die Maximierung des Intellectual Property Wertes in Bezug auf das gesamte Unternehmen ab.
Henkel
Konsumgüter; Umsatz 13,6 Mrd. Euro; F&E-Ausgaben 396 Mio. Euro; 8.000 Patente. • Interdisziplinäre Teams zur Bewertung von Erfindungen in Bezug auf Marktrelevanz und technische Relevanz. • Vierstufiger Entscheidungs- und Selektionsprozess, der am Patentanmeldeprozess ausgerichtet ist.
OC Oerlikon (Unaxis)
Maschinenbau; Umsatz 2,9 Mrd. Schweizer Franken; F&EAusgaben 210 Mio. Schweizer Franken; 1.600 Patente. • Die Generierung von IP erfolgt als Balance zwischen Marktverhalten und interner IP-Strategie. • Erfolgreiche dreiteilige IP-Organisation bestehend aus dem Watchguard, dem Gatekeeper und der Patentabteilung. • F&E-Kooperationstätigkeit mit Hochschulen, Zulieferern und Kunden.
Porsche
Automobilbau; Umsatz 6,6 Mrd. Euro; F&E-Ausgaben 569 Mio. Euro. • Patentrecherchen sind grundsätzlich Bestandteil von jedem Entwicklungsprojekt und werden zur Abgrenzung der eigenen Erfindungen herangezogen. • Offene Innovationskultur: Es werden sowohl Lizenzen von Dritten genommen als auch Lizenzen vergeben. • Der Verwertungsgedanke geschützter Technologien und Produkte ist Bestandteil der Unternehmenssatzung.
Schindler
Maschinenbau; Umsatz 12,7 Mrd. Schweizer Franken; F&EAusgaben 109 Mio. Schweizer Franken; 9.000 Patente. • Eigene Gesellschaft für Intellectual Property. • Einbindung der Patentexperten in den TechnologieFrüherkennungsprozess und in Trend Teams. • Generierung von Erfindungsmeldungen ist Bestandteil der F&E-Zielvereinbarungen.
ABB
263
ABB ABB ist ein weltweit agierender Elektrokonzern mit Sitz in Zürich. ABB entstand 1988 aus der Fusion der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) und der schweizerischen Brown, Boveri & Cie (BBC) und beschäftigt heute etwa 120.000 Mitarbeiter, davon etwa 6.400 in der Schweiz. Die Geschäftsbereiche von ABB teilen sich in die fünf Sparten Energietechnik-Produkte, Energietechnik-Systeme, Automationsprodukte, Prozessautomation und Robotik. Das Unternehmen hat neun Forschungszentren mit über 6.000 Forschern weltweit. Hinzu kommen Kooperationen mit 70 verschiedenen Universitäten. Generierung von Patenten Strategie. Technologien spielen eine Schlüsselrolle für ABB. Dem Schutz der Technologien kommt entsprechend ein hoher Wert zu. ABB meldet jährlich etwa 700 neue Patente an und hält weltweit 16.000 Patente beziehungsweise Patentanmeldungen. Die Ausgaben für IP-Schutz belaufen sich auf etwa 36 Millionen Schweizer Franken pro Jahr. Das Patentmanagement bei ABB ist strategisch darauf ausgerichtet, Patente zu generieren, die dem Unternehmen einen Mehrwert liefern und die eigenen Produkte schützen. ABBs unternehmensweite Patentstrategie ist an die Geschäftsstrategie gekoppelt und stellt die Basis für die spezifischen Patentstrategien der einzelnen Geschäftsbereiche dar. Die Ziele der unternehmensweiten IP-Strategie lauten (ABB 2009): x Aktives Schützen und Sichern der intellektuellen Assets von ABB, insbesondere die Technologien, den Firmenwert und die Reputation. x Sicherstellen, dass ABB nicht daran gehindert wird, seine eigenen Produkte zu verkaufen (Freedom-to-Operate). x Fördern von Verkauf und Lizenzierungen von Schutzrechten. x Verteidigung der Schutzrechte gegen Missbrauch durch Dritte. x Vermeiden von Verletzungen von Schutzrechten Dritter. Diese Ziele werden sowohl bei der Patentpolitik, Markenpolitik sowie Domainnamenpolitik von ABB verfolgt. Ziel der Patentstrategie ist es, Patente zu schaffen, die Mehrwert liefern. ABB unterscheidet bei der Wertschöpfung durch Patente zwischen dem betriebswirtschaftlichen und dem strategischen Ansatz. Der betriebswirtschaftliche Ansatz fokussiert auf die nachhaltige Vergrößerung und Maximierung des Return on Capital Employed (ROCE). Immaterialgüterrechte ermöglichen es einerseits, den maximalen ROCE zu vergrößern. Zudem
264
Successful Practice Unternehmen
Tabelle IX.2. ABBs vier Dimensionen eines optimalen Patentschutzes Dimension
Betrifft
Fragen
WAS
Gegenstand
Welche Erfindungen sollen geschützt werden? Passt die Erfindung in die Geschäftsstrategie?
WIE
Ansprüche
Welche Anspruchskategorien sollen gewählt werden? Auf welche Wirtschaftsstufe wird gezielt? Wie erreiche ich einen möglichst breiten Schutzumfang?
WO
Geographie Verfahren
Welches Verfahren wähle ich am besten? In welchen Ländern wird Patentschutz benötigt?
WANN
Anmeldezeitpunkt
Neuheit, Priorität, Lebensdauer. Reife der Erfindung. Neuheitsschonfrist.
Quelle: ABB (2009)
können Patente das Sinken des ROCEs nach seinem Maximum durch Verringerung des Wettbewerbdrucks verlangsamen, das heißt Nachhaltigkeit erzielen. Der strategische Ansatz rückt Markt und Wettbewerb in den Vordergrund. Aus dieser Perspektive ermöglichen es Patente, den Konkurrenzdruck zu verkleinern, Marktanteile zu sichern, neuen Marktzugang zu schaffen und die Preisgestaltung zu optimieren. ABB berücksichtigt vier Dimensionen für einen optimalen Patentschutz. Die Dimensionen drücken sich durch die Fragen nach dem WAS, WIE, WO und WANN aus und beinhalten jeweils strategische Fragestellungen, die im Patentierungsprozess beantwortet werden sollen (Tabelle IX.2). Prozesse. Um die Ziele der Patentstrategie zu erreichen, verfolgt ABB folgende Maßnahmen: x Gate-Modell: Die Entwicklung von neuen Produkten folgt einem Gatemodell, bei dem an mehreren Gates Fragen und Aufgaben zum IPSchutz und zur vorausschauenden Vermeidung von Konflikten mit Drittschutzrechten zu beantworten beziehungsweise zu bearbeiten sind. Ohne sorgfältige und vollständige Bearbeitung und Beantwortung dieser Fragen und Aufgaben ist ein Weiterkommen des Entwicklungsprojektes nicht möglich.
ABB
265
x Strategische Patentworkshops: Eintägige Veranstaltungen mit interdisziplinärem Teilnehmerkreis zur Analyse der Patentsituation und weiteren strategischen Ausrichtung. x Kooperativer Ansatz: Patentspezialisten sind auf allen Ebenen des Unternehmens vertreten und arbeiten eng mit den internen Patentanwälten zusammen. x Qualitätskontrolle: Zweistufiges Kontrollkonzept vor Patentanmeldungen durch Review-Prozesse und Peer-Reviews. x Patentierungsgutachten: Entscheidungshilfe für Auslandsanmeldungen. Ziel von ABB ist es, wertvolle Patente zu schaffen. Ein wertvolles Patent erfüllt einerseits den Anspruch eines optimalen technischen Gegenstands. Das bedeutet, dass ein Gegenstand vorliegt, der vom Markt nachgefragt wird und zu der Technologiestrategie von ABB passt. Zudem soll ein optimaler geographischer Schutzbereich erreicht werden. Je nach Einsatzbereich und Markt der verschiedenen Technologien werden die Prioritäten anders gelegt und eine entsprechende Länderstrategie erarbeitet. Als drittes bedarf es der Sicherstellung des optimalen sachlichen Schutzbereichs, das heißt bei der Patentanmeldung soll der Schutzbereich hinsichtlich potenzieller Verletzungen untersucht und zugeschnitten werden. Organisation. ABB hat eine Organisationsstruktur entwickelt, welche das Patentmanagement auf allen Ebenen des Unternehmens integriert. Als oberste Ebene ist der „Chief IP Counsel“ verantwortlich für das unternehmensweite IP-Management. Als nächste Ebene verfügt jede Geschäftseinheit über einen zugeordneten Patentanwalt. Die dritte Ebene stellen lokale Patenanwälte dar. Für die Zukunft überlegt ABB, eine vierte Ebene mit Lizenzspezialisten und sogenannte Patent Enforcement Spezialisten einzurichten. Letztere hätten die Aufgabe, aktiv nach Patentverletzungen durch Dritte zu suchen. Insgesamt hat ABB weltweit neun IP-Abteilungen mit insgesamt etwa 85 Mitarbeitern. Etwa 80% des Arbeitsvolumens bewältigt ABB durch interne Mitarbeiter. Nur in speziellen Fällen wird auf externe Ressourcen zurückgegriffen. Bewertung von Patenten ABB betont die Wichtigkeit regelmäßiger Überprüfungen und Feedbackschleifen im Patentmanagement-Prozess. Deshalb führt das Unternehmen eine zweistufige Qualitätskontrolle durch:
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Successful Practice Unternehmen
Differenzierungsgrad
Problem! Risiko, kopiert zu werden
Differenziert
Chance! Exklusivität: behalten/veräußern
Standard IP schwach
Problem! Risiko, blockiert oder verklagt zu werden
IP stark Balancierte Position: Sicherung der Handlungsfreiheit
Chance! Lizenz, Umsatz generieren
"Me too" Stärke des IP Schutzes
Quelle: ABB (2009)
Abb. IX.1. ABBs Patentbewertungsmatrix mit Beispielen
x Check der Erfindung: Ist das Patentvorhaben mit der Geschäftsstrategie abgestimmt? x Check der Patentanmeldung: Wurde eine angemessene Länderstrategie gewählt? Sind die Ansprüche breit genug formuliert? Für die Umsetzung und Kontrolle der Patentstrategie und des Patentportfolios setzt ABB eine Vierfeldermatrix ein (Abb. IX.1/2/3). Die Achsen spiegeln die Stärke des relativen IP-Schutzes im Vergleich mit der Konkurrenz und den Differenzierungsgrad des Produkts oder des Markts wieder. Bei schwachem Patentschutz und gleichzeitig niedrigem Differenzierungsgrad besteht die Gefahr, von Konkurrenten durch stärkere Patente blockiert zu werden. Ein schwacher Patentschutz kombiniert mit einem hohen Differenzierungsgrad des Produktes macht es Wettbewerbern leicht, ein interessantes Produkt legal zu imitieren und steigert somit das Risiko, kopiert zu werden. Ein starker Patentschutz in einem stark differenzierten Markt bedeutet Exklusivität für den Patentinhaber. Er hat die Kontrolle über Konkurrenten und kann den Markt bestimmen. Eine Gelegenheit zur Auslizenzierung ergibt sich durch ein starkes Patent auf ein mittelstark differenziertes Produkt. Hier kann eine Auslizenzierungsstrategie zusätzliche
ABB
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Einnahmen generieren. Bei mittlerer Differenzierung und mittlerer Patentstärke befindet sich das Produkt in einem balancierten Zustand und erlaubt, die Handlungsfreiheit zu sichern. Die Abbildung zeigt, dass ausgehend von der balancierten Position die Stärke des Patentes der ausschlaggebende Faktor ist. Sinkt die Patentstärke, befindet sich das Produkt schnell in einem der Risikobereiche. Das Sicherstellen eines wertvollen Patentes während des Patentanmeldeprozesses ist also ein wichtiger Erfolgsfaktor. ABB nutzt diese Bewertungsmatrix auch als Hilfsmittel für die Definition der Patentierungsstrategie. Bei der Strategiefestlegung eines Produktes kann dieses in der Matrix positioniert werden. Im nächsten Schritt werden Überlegungen angestellt, welche Position zukünftig für das Produkt angestrebt wird und durch welche Maßnahmen dies erreicht werden kann. Im Folgenden sind zwei Beispiele von ABB-Produkten und deren Zuordnung in die Bewertungsmatrix gezeigt. Niederspannungsprodukte. Niederspannungsprodukte wie Schalter oder Sicherungsautomaten sind Massenprodukte. Es gibt eine Vielzahl an Konkurrenten und die Margen sind gering. Die Differenzierung geschieht vornehmlich über den Preis. Da für die Differenzierung eines solchen Massenprodukts kaum technische Möglichkeiten bestehen, muss sich ABB über die Stärke des Schutzrechts behaupten. Als Ergänzung zu einem Pa-
Differenzierungsgrad
Differenziert
Standard IP schwach
Problem! Risiko, blockiert oder verklagt zu werden
IP stark Balancierte Position: Sicherung der Handlungsfreiheit
"Me too" Stärke des IP Schutzes
Quelle: ABB (2009)
Abb. IX.2. Beispiel Niederspannungsprodukte bei ABB
Chance! Lizenz, Umsatz generieren
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Successful Practice Unternehmen
tent kann ein Geschmacksmusterschutz die Stärke des Schutzes erhöhen. Ziel ist es also, die Position in der Mitte der Matrix stabil zu halten. Hochspannungsprodukte. Im Bereich der Hochspannungsprodukte ist ABB Weltmarktführer. Nur wenige Wettbewerber konkurrieren in diesem sehr technologiebasierten Bereich. Der Markteintritt erfordert hohe Investitionen und ein hohes Maß an technologischem Wissen. ABB produziert kundenspezifische Produkte und kann hohe Margen erwirtschaften. In diesem Beispiel befindet sich ABB in der Bewertungsmatrix im Quadranten oben rechts, bei hoher Differenzierung und starkem Patentschutz. Dies gibt ABB einen Exklusivitätsvorteil im Markt. Maßnahmen zur Umsetzung einer Patentstrategie. Basierend auf der Analyse im IP-Stärke-Marktdifferenzierungsschema wird festgestellt, ob die relative IP Stärke dem gewünschten Sollwert entspricht. Werden Defizite festgestellt, so kann die IP Stärke durch folgende Maßnahmen verbessert werden: x Erhöhung der Anzahl Schutzrechtsanmeldungen und konsequenterweise der Größe des IP Portfolios. x Verjüngung des IP Portfolios. x Verstärktes Anmelden von Basis-, Konzept- oder Anwendungspatenten.
Differenzierungsgrad
Differenziert
Chance! Exklusivität: behalten/veräußern
Standard IP schwach
IP stark
"Me too" Stärke des IP Schutzes
Quelle: ABB (2009)
Abb. IX.3. Beispiel Hochspannungsprodukte bei ABB
ABB
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x Diversifizierung der Schutzrechtsart (Patent, Gebrauchsmuster, Designrechte, Marken). x Verbreiterung oder Fokussierung des geographischen Schutzbereichs. x Ableitung von Verwertungsstrategien: Exklusivität, Lizenzieren, gerichtliches Durchsetzen. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten ABBs primäres Ziel bei der Patentanmeldung ist der Schutz der eigenen Produkte. Die externe Verwertung von Patenten steht daher nicht im Vordergrund. Dennoch ist ABB aber grundsätzlich bereit Lizenzen zu vergeben, falls es zum Beispiel für eine Verbreiterung der Marktdurchdringung eines Produkts vorteilhaft ist. Patente, die zur Sicherstellung des eigenen wettbewerblichen Vorteils nicht zentral sind, werden auf ihr externes Verwertungspotenzial überprüft und fallweise zur Kommerzialisierung freigegeben. ABB geht davon aus, dass Ein- und Auslizenzieren von Technologien in Zukunft einen wichtigeren Stellenwert einnehmen wird und ist deshalb daran, entsprechende Kompetenzen aufzubauen. Take Aways ABB • Patentstrategie ist in die Geschäftsstrategie eingebettet. • Patente müssen Mehrwert generieren. • Patentmanagement ist ein strategisches Instrument. • Jeder Geschäftsbereich hat eine definierte Patentstrategie. • Patentorganisation verfolgt einen kooperativen Ansatz, Patentmanager sind auf allen Ebenen des Unternehmens vertreten. • Bewertungsmatrix zur Umsetzung der Patentstrategie. • Patente werden auf Kommerzialisierungspotenzial hin überprüft.
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Successful Practice Unternehmen
Alcatel-Lucent Alcatel ist ein führender Telekommunikationshersteller sowie Marktführer bei Hochgeschwindigkeitszugangstechnologien zum Internet und bei optischen Netzen. Alcatel liefert Kommunikationslösungen, wie beispielsweise optische Netzwerke für terrestrische und Unterwasser-Anwendungen und Vermittlungslösungen (public switching). Die Kunden von Alcatel sind Netzbetreiber, Diensteanbieter und Unternehmen im privaten und öffentlichen Bereich, beispielsweise Unternehmen im Transport- und Energiebereich. Die zentrale Forschung des Unternehmens fokussiert auf die Entwicklung von Technologien im Bereich der Telekommunikation sowie auf System- und Netzwerkarchitekturen. Alcatel wurde 1898 von Pierre Azariain gegründet und formierte ursprünglich unter dem Namen Compagnie Générale d’Electricité. 1998 wurde das Unternehmen von Alcatel Alsthom in Alcatel umbenannt. Der Hauptsitz von Alcatel ist in Paris, Frankreich. Alcatel operiert in mehr als 130 Ländern. Im Geschäftsjahr 2009 wies das Unternehmen einen Umsatz von 15,2 Milliarden Euro aus, der sich aufteilt in: Westeuropa 34,4%, Nordamerika 28,8%, Asien 19,6% und übrige Welt 9,4%. In 2009 wurde ein F&E-Budget in Höhe von 2,5 Milliarden Euro investiert, welches einen Anteil von 16,6% des Umsatzes ausmacht. Alcatel ist in drei Geschäftsgruppen unterteilt: Fixed Communications, Mobile Communications und Private Communications. Innerhalb dieser Bereiche gibt es verschiedene Divisions, die beispielsweise für Fixed Solutions, Access Networks, Intellectual Property, Mobile Radio, Optical Networks, Enterprise Solutions, Space Solutions und Transport Solutions verantwortlich sind. Alcatel gilt als die Nummer eins in optischen Netzwerken mit 16% Marktanteil und im DSL-Markt im Asiatisch-PazifischenRaum mit 23% Marktanteil. Alcatel ist mit über 23 Millionen gelieferten DSL-Leitungen Weltmarktführer in Broadband-Access Technologien und hält einen kumulierten Marktanteil von 38% (Global Insight 2006). Innovationen seitens Alcatel finden nunmehr verstärkt im Bereich von Geschäfts- und Netzwerklösungen sowie von Netzwerkdienstleistungen statt. Der Anteil an Hardware orientierten Lösungen und Erfindungen nimmt deshalb ab. Innovationen liegen beispielsweise in den Bereichen Systemlösungen, innovativ miteinander verknüpften bekannten Komponenten sowie Dienstleistungsmethoden vor und weisen einen hohen Anteil an Softwarethemen auf. Es ist somit zunehmend eine Herausforderung für die Intellectual Property Abteilung, in diesen Bereichen juristische Schutzstrategien anzubringen und zu realisieren.
Alcatel-Lucent
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Generierung von Patenten Strategie. Alcatels Intellectual Property Strategie strebt in erster Linie Freedom-of-Action an und bevorratet Schutzrechte für Tauschgeschäfte, die Abwehr von Angriffen und für Lizenzeinnahmen. Problematisch ist es allerdings, dass bei Patenten im Softwarebereich die Nachweisbarkeit einer Patentverletzung oft schwierig zu führen ist. Früher wurde Alcatel nur in den seltensten Fällen patentrechtlich angegangen. Mittlerweile ist Alcatel, wie deren Wettbewerber, in zunehmendem Maße davon betroffen, dass Dritte ihre Schutzrechte geltend zu machen versuchen. Deshalb hat für Alcatel die Überwachung von Drittschutzrechten auch in der Zukunft eine große Bedeutung. Dies hat beispielsweise dazu geführt, dass Werkzeuge für die Drittschutzrechtsüberwachung zentral zur Verfügung gestellt werden, um die Effizienz und das Ergebnis zu verbessern. Prozesse. Alcatel führt Schutzrechtsüberwachung insbesondere durch, um x x x x
technische Informationen zu erhalten; Konkurrenzbeobachtungen durchzuführen; Risikobewertungen durchzuführen; Versicherungsbedingungen zu erfüllen.
Technische Informationen: Alcatel führt seine Mitarbeiter im Bereich Research und Innovation nach Projektstruktur und mit klaren Zielvorgaben. Vorwiegend beim Start neuer Forschungsprogramme wird Patentliteratur ausgewertet, um an technische Informationen zu gelangen. „Fallen“ können so gezielter umgangen werden. Alcatel hat keine spezialisierte Rechercheabteilung. Fachrecherchen werden weltweit durch die jeweiligen Alcatel Patent Professionals selbst durchgeführt. Konkurrenzbeobachtungen: Alcatel wendet gegenüber Unternehmen, mit denen bereits Patentlizenzaustauschverträge abgeschlossen wurden, eine andere Überwachungsstrategie an, als gegenüber Unternehmen, mit denen neue Verträge abgeschlossen werden sollen. Eine gezielte Überwachung von Wettbewerbern erfolgt insbesondere im Rahmen von Lizenzgeschäften sowie zur Vorbereitung von Standardisierungsverhandlungen. Bei Patenten, die als relevant für Standards eingestuft werden, sind die Bedingungen der jeweiligen Standardisierungsgremien zu berücksichtigen. Risikobewertungen: Zur Ermittlung der Risiken, die sich aus der Patenthaftung ergeben, führt Alcatel Risikobewertungen unter anderem im Rahmen von Vertragsverhandlungen sowie bei Einkaufs- und Lieferverträgen durch. Insbesondere bei Lieferverträgen fließen hierbei auch die Ergebnis-
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Successful Practice Unternehmen
se aus Risikoabschätzungen ein, die bereits früher aus anderen Anlässen gemacht wurden. Die Risikoabschätzungen werden bei Alcatel durch Senior IP-Counsels durchgeführt. Versicherungsbedingungen: Alcatel hat eine Intellectual Property Versicherung abgeschlossen. Auch daraus ergeben sich bestimmte Verpflichtungen bezüglich der Überwachung von Schutzrechten Dritter. Organisation. Alcatel unterhält mit der Alcatel Intellectual Property Group eine für alle Intellectual Property Themen zuständige, zentrale Abteilung, die auf neun Standorte aufgeteilt ist, unter anderem auf Paris, Stuttgart, Antwerpen, Vimercate, USA, Ottawa und Shanghai (Abb.IX.4). Der Hauptabteilungsleiter berichtet an den CTO in Paris. Etwa 60 Professionals befassen sich mit den Themen Patentprosecution, Patentverletzungsverfahren, Lizenzierung von Schutzrechten, allgemeinen Intellectual Property Vertragsthemen sowie Marken. Circa 50% des Patentanmeldevolumens wird in der Abteilung selbst bearbeitet. Kultur. Die Tätigkeitsinhalte haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verlagert. Alcatel wird zunehmend mit der Bearbeitung von Gesamtaufträgen für schlüsselfertige Lösungen beauftragt. Im Fokus stehen dabei vorwiegend innovative Lösungen, Qualität, Kosten, Service- und Dienstleistungen sowie eine zeitgerechte Durchführung. Darüber hinaus geht Alcatel auch zunehmend Partnerschaften mit Dritten ein, um Best-in-classLösungen anbieten zu können. CTO Vice President Intellectual Property
Vice President Intellectual Property Business Licensing
Senior Patent Portfolio Manager
Senior Counsel IPR Transactions
Senior IP Counsel – Technology Area 1
General Trademark Counsel
Deputy Director Intellectual Property & VP Rights Acquisition
Senior IP Counsel CTO Functions
Senior IP Manager Operations & Information
Intellectual Property Sites
Senior IP Counsel – Technology Area 2 Senior IP Counsel – Technology Area 3 Senior IP Counsel – Technology Area 4 Senior IP Counsel – Technology Area 5 Senior IP Counsel – Technology Area 6 Senior IP Counsel – Technology Area 7
France Germany Belgium Italy USA Canada China
Senior IP Counsel – Technology Area 8
Abb. IX.4. Organisationsstruktur der Alcatel Intellectual Property Group
Alcatel-Lucent
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Bewertung von Patenten Generell werden Schutzrechtsüberwachungen mit Hinblick auf die Spezifika und die Granularität der jeweiligen relevanten Märkte durchgeführt. Generell besteht ein größeres Risiko gegenüber Patentinhabern, die Alcatel mit dem eigenen Patentportfolio nicht direkt angreifen könnte. Alcatel überwacht unterschiedliche Informationsquellen: Veröffentlichungen und Offenlegungen werden für die Aufbereitung der technischen Informationen herangezogen (siehe oben). Patente werden vorwiegend für die Risikoabschätzung mit Bezug auf die Regionen Vereinigte Staaten von Amerika, Europa und Deutschland überwacht. Eine Berücksichtigung chinesischer Patentschriften ist ebenfalls angedacht. Alcatel führt Patentrecherchen unter Zuhilfenahme von Auftragsdiensten, eigenen Datenprofilen und statistischen Bewertungsmethoden durch. Typischerweise werden Derwents WPIDS sowie Inpadoc, EUROPatfull und USPatfull abgefragt und die Daten dann weiter ausgewertet. Des Weiteren steht das Patentverwaltungssystem Memotech von CPA zur Verfügung. Eine Weiterverarbeitung der Daten inklusive der statistischen Aufbereitung erfolgt über Excel unter Strukturierung nach Geschäftsbereichen, Stichworten sowie weiteren Kriterien. Die Ergebnisse werden von den Senior IP-Counsels freigegeben und über die interne Intranet-Seite Quick-Place zur Verfügung gestellt. Als Datenbank verwendet Alcatel eine eigens konfigurierte Lotus-Notes Datenbank. Alcatel hat für sich die Erfahrung gemacht, dass die eigene Aufbereitung der Daten schlussendlich kostengünstiger ist, als das Zukaufen von Auswertungen über Informationsdienstleister. Darüber hinaus haben die Forscher und Entwickler die Möglichkeit, selbst über Intranet Patentrecherchen durchzuführen. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Zur Vorbereitung von Lizenzverhandlungen werden in der Regel Vergleichsdarstellungen der Intellectual Property Bestände aufbereitet. Wichtig ist für Alcatel dabei die externe Nachvollziehbarkeit für den Verhandlungspartner, so dass die Darstellungen mittels externer Datenbanken überprüfbar sind. Typische Inhalte sind: x Ergebnis Patentanzahl in einer IPC-Klasse; x Entwicklung über die letzten Jahre; x Übersetzung der IPC-Klassen in Geschäftsbereiche, beispielsweise entspricht die Internationale Patentklasse G02B/Optical Elements dem Alcatel-Geschäftsbereich Optical Networks;
274
Successful Practice Unternehmen
x Statistische Aufbereitung, beispielsweise für die zehn stärksten Patentklassen. Patentmanagement in Kooperationen Alcatels zentraler Forschungsbereich Research & Innovation (R&I) vereint sechs Forschungszentren mit rund 600 Forschern unter seinem Dach. R&I unterhält im Rahmen des Alcatel Research Partner Programs weltweit über 80 Forschungskooperationen mit bedeutenden Universitäten und Forschungseinrichtungen und hat mit namhaften akademischen Einrichtungen Forschungspartnerschaften abgeschlossen. Take Aways Alcatel-Lucent • Zentrale Intellectual Property Abteilung mit spezialisierten Fachabteilungen und zahlreichen Standortleitungen weltweit. • Große Bedeutung des Intellectual Property Managements, vor allem bei der Bildung von technischen Standards. • Detaillierte Schutzrechtsüberwachungsprozesse, die im Wesentlichen von den Patent Professionals selbst durchgeführt werden. • Interne Patentdatenbank, die auch den Erfindern zur Verfügung steht und von diesen auch für Eigenrecherchen genutzt werden kann. • Nachweisbarkeit und Durchsetzung von Computer implementierten Erfindungen stellt sich in der Praxis häufig als schwierig heraus.
Bayer
275
Bayer Die Bayer AG ist eine Holding, bestehend aus den drei Arbeitsgesellschaften Bayer HealthCare, Bayer CropScience und Bayer MaterialScience sowie drei Service-Gesellschaften. Bayer MaterialScience ging aus Bayer Polymers hervor (Abb IX.5). Der frühere Unternehmensteil Lanxess (zuvor: Bayer Chemicals) wurde am 1. Januar 2005 ausgegliedert und anschließend an die Börse gebracht. 43 Im Rahmen dieser Ausgliederung wurden einige Portfolio-Bereinigungen und Geschäftsaufteilungen zwischen MaterialScience und Lanxess vorgenommen. Bayer MaterialScience ist heute: x Weltmarkführer bei Polyethern, aromatischen Diisocyanaten (TDI, MDI), aliphatischen Isocyanaten und Klebstoffrohstoffen, und hält die x Weltmarktposition zwei bei Polycarbonaten einschließlich Polycarbonat-Blends, thermoplastischen Polyurethanen und PolycarbonatHalbzeugen. Konzernvorstand
Holding
Bayer AG
Bayer Healthcare
Bayer CropScience
Corporate Center
Bayer MaterialScience
Lanxess
Bayer Business Services Bayer Technology Services
(Ausgegliedert Im Januar 2005)
Arbeitsgebiets-Gesellschaften
Bayer Industry Services
ServiceGesellschaften P&L der Teilkonzerne Kanzlei, EV, TM, Service Litigation, IPM
Abb. IX.5. Konzernstruktur Bayer mit Arbeitsgesellschaften
43
Lanxess stellt chemische Zwischenstoffe, Funktionschemikalien, Funktionskunststoffe und Funktionsgummis her. Von Bayer MaterialScience wurden übernommen: Synthesekautschuk, Kautschukchemikalien, ABS, Polyamide und Polyester. Lanxess wies im Geschäftsjahr 2005 Umsatzerlöse in Höhe von 7,1 Milliarden Euro auf und beschäftigt etwa 18.000 Mitarbeiter in mehr als 15 Geschäftseinheiten an 50 Standorten in 18 Ländern.
276
Successful Practice Unternehmen
Bayer MaterialScience wies im Geschäftsjahr 2009 einen Umsatzerlös in Höhe von 7,5 Milliarden Euro auf und beschäftigt etwa 14.300 Mitarbeiter an 40 Standorten weltweit. Der Produktabsatz liegt in der Größenordnung von vier Millionen Tonnen pro Jahr. Hauptwettbewerber sind Dow Chemical, GE Plastics, BASF/Elastogran, Huntsman, Rhodia und UCB. Im Folgenden werden die Intellectual Property Aktivitäten von Bayer am Beispiel der Arbeitsgesellschaft Bayer MaterialScience beschrieben. Generierung von Patenten Strategie. Bayer MaterialScience verfügt über ein Portfolio von etwa 3.200 Patentfamilien. Jährlich werden etwa 250 neue Erstanmeldungen eingereicht. Die Erstanmeldungen erfolgen in der Regel zunächst in Deutschland oder den USA und werden auch zu Offenlegungszwecken herangezogen. Auslandsnachanmeldungen werden erst nach sorgfältiger Abwägung durchgeführt. Einspruchsmöglichkeiten werden genutzt soweit dies sinnvoll ist. Bayer MaterialScience hat sich als Ziel die Verwertung eigener Technologien gesetzt. Über immaterielle Vermögenswerte soll der Ertrag des Unternehmens zusätzlich gesteigert werden. Als Voraussetzung müssen hierzu einerseits wertvolle Technologien geschaffen werden, die andererseits durch entsprechende Verbietungsrechte flankiert werden. Um dies zu erreichen und eine optimale Verwertung zu ermöglichen, werden immaterielle Vermögenswerte, das heißt Patente und Know-how vergleichbar wie Sachanlagevermögen gemanagt: x Zielgerichteter Aufbau von Intellectual Assets im Rahmen risikobewerteter F&E-Projekte; x Professionelles Patentportfoliomanagement; x Verhinderung von Missbrauch durch Dritte; x Konsequentes Durchsetzen der eigenen Verbietungsrechte. Prozesse. Bayer MaterialScience hat drei relevante Intellectual Property Prozesse: Wissenserwerb, Wissenssicherung und Wissensverwertung. Zu Beginn und zum Ende der Prozesse gibt es eine interne und eine externe Ausrichtung (vgl. Kapitel IV. Verwertung). In Tabelle IX.3 ist die Relevanz der Teilprozesse für F&E-Projekte bei Bayer MaterialScience aufgeführt. Organisation. Jede der Arbeitsgebietsgesellschaften hat eine eigene Rechts- und Patentabteilung, die alle rechtlichen beziehungsweise Intellec-
Bayer
277
Tabelle IX.3. Intellectual Property relevante Teilprozesse IP-relevante Teilprozesse F&E Projekte
Stoff- oder Neuproduktentwicklung
Wissens-Erwerb Auftrags- Koopeforschung ration 1) 1)
Wissens-Sicherung
Lizenz/ Patenterwerb
Akquisition 1)
Patentierung/ Offenlegung
PatentGeheimeinsprüche/ haltung Verletzungs2) klagen
Wissens-Verwertung Benchmarking 3)
Kooperation/Joint Venture 4)
Auslizenzierung Verkauf
Outsourcing
++Ç
+Ç
+
O
++++
O
++++
O
+
+Ê
+Ê
Neue Anwendungen/ Formulierungen
O
++Ê
O
O
++++
O
++++
O
+
+
+Ê
Verfahrensentwicklung
O
OÇ
+Ê
+Ê
+++
O
+++
+
+
O
+Ê
Verfahrensmodifikation/ Optimierung
O
O
+Ê
O
++
+
++Ç
+
+
O
O
+++Ç
+Ç
O
O
++++
O
+++
O
O
++Ê
O
Freiraumforschung 1)
Ziel: Wissenserwerb Verzicht auf Patentierung (Betriebsgeheimnis) Eng begrenzter Know-how Austausch 4) Ziel: Wissensverwertung 2) 3)
++++ = sehr bedeutend O = ohne jede Bedeutung Zukünftige Trends (Soll-Tendenz) (Ê/Ç) Bedeutungszunahme (Ì/È) Bedeutungsabnahme
tual Property betreffenden Fragestellungen der jeweiligen Gesellschaft betreut. Es existiert des Weiteren noch eine zentrale Patentabteilung bei der Bayer Holding, die insbesondere die Governance-Funktion konzernweit übernimmt. Für jedes Technologiefeld ist ein Patentausschuss eingerichtet, an dem neben der Patentabteilung auch F&E, Marketing und Produktion beteiligt sind. Regelmäßig durchgeführte PatentausschussSitzungen sind die Basis für abgestimmte Entscheidungen betreffend Intellectual Property. Bayer MaterialScience vermarktet das Know-how und das Intellectual Property, das von den Business Units freigegeben wurde. Häufig betrifft das zu vermarktende Intellectual Property Produkte, deren Entwicklung bei Bayer Material Science nicht weiter verfolgt wird. Die Intellectual Property Management Abteilungen in den einzelnen Arbeitsgebietsgesellschaften haben folgende Aufgaben: x x x x x x x
Bewertung von Patenten, Know-how und Geschäften; Beratung des Managements in Intellectual Property Marketingfragen; Initiierung und Koordination von Lizenzverhandlungen; Wettbewerbsbeobachtung auf dem Intellectual Property Markt; Interner und externer Ansprechpartner für Intellectual Property Belange; Verkauf und Beschaffung von Intellectual Property; Controlling von Lizenzerlösen und -aufwendungen.
Im Rahmen der Neuorganisation von Bayer MaterialScience wurde die Frage der Zentralisierung oder Dezentralisierung in Bezug auf die Arbeits-
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Successful Practice Unternehmen
gesellschaft Bayer MaterialScience neu geführt. Die wesentlichen Argumente waren jeweils: Vorteile einer zentralen Organisation bei Bayer MaterialScience: x x x x x
Effektiverer Personaleinsatz; Erweiterter Horizont für Gesamtgeschäft; Besserer Überblick über Unternehmensstrategie; Höhere Kompetenz (Center of Excellence); Ein zentraler Ansprechpartner für interne und externe Anfragen (z.B. Lizenzierung).
Vorteile einer dezentralen Organisation in den Business Units von Bayer MaterialScience: x x x x
Höhere chemisch-technische Spezialisierung; Konzentration auf die spezifische Strategie der Arbeitsgesellschaft; Näher am Tagesgeschäft; Bessere Akzeptanz in der Arbeitsgesellschaft.
Bewertung von Patenten Anlässe zur Bewertung von Intellectual Property sind bei Bayer MaterialScience insbesondere: x x x x x x x
Arbeitnehmererfindervergütung (in Deutschland); Patentportfolio-Management; Vermarktung und Lizenzierung; Merger & Acquisitions; Finanzierungen und Spin-offs; Bilanzierung und Steuerzahlung; Streitwert bei Prozessen.
Bei der Bewertung bezieht Bayer MaterialScience die Patent- und Lizenzabteilung, F&E, Produktion und Technik sowie das Marketing mit ein. Die am häufigsten angewandte Methode für die Berechnung von Lizenzwerten ist die Discounted-Cashflow-Methode (DCF). Das Modell wurde mit internen Mathematik- und Finanzexperten ausgearbeitet. Eine Bewertung unter Anwendung der Realoptionen-Methode wird aber nicht vorgenommen (Abb. IX.6). Eine typische Problematik bei der Bewertung von Intellectual Property und Know-how sieht Bayer MaterialScience in der Forderung einer zu hohen Lizenzgebühr durch den Lizenzgeber. Als Folge wird der Markter-
Bayer Datenbereitstellung
Schutzrechtliche Faktoren (PL) Technologische Faktoren (FE, PT)
Bewertung
Preisbildung
Wahl der Bewertungsmethode
Bewertungsergebnis Subjektive Elemente, z. B. unterschiedliche Risikoabschätzung
z. B. DCF-Methode
Wirtschaftliche Faktoren (M)
PL FE PT M
= = = =
Patente/Lizenzen Forschung & Entwicklung Produktion & Technik Marketing
279
Preis
Abb. IX.6. Bewertung von Intellectual Property bei Bayer MaterialScience
folg des Lizenznehmers wegen hoher Marktpreise und zu geringer Deckungsbeiträge gefährdet. Somit besteht die Gefahr des Verlustes potenzieller Gewinne sowohl beim Lizenznehmer, als folglich auch beim Lizenzgeber. Zur Gewinnmaximierung sollte daher zumindest eine gemeinsame Deckungsbeitragsoptimierung von Lizenzgeber und -nehmer angestrebt werden. Während bei ausgereiften Produkten eine realistische Barwert-Risikobewertungsverteilung für Lizenzgeber und -nehmer häufig bei 60% zu 40% liegt, ist bei unreifen oder unerprobten Produkten eher ein Risikowert von 30% für den Lizenznehmer angemessen. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Technologie wird bei Bayer MaterialScience als eigenständiges Vermarktungsobjekt gehandhabt. Im Rahmen des Innovationsprozesses wird sogar bei jedem Meilenstein eine Lizenzierung in Betracht gezogen. Die Technologieverwertung kann somit bereits deutlich vor der Produktvermarktung beginnen. Typische Meilensteine bestehen in der Durchführung folgender Innovationsprozessschritte: x x x x x x
Ideenfindung; Projektdefinition; Labor- und Technikumentwicklung; Pilotierung, Bemusterung, Produktionsversuche; Verankerung, Produktion, Anlagenbau, Implementierung, Marketing; Projektnachbesprechung.
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Successful Practice Unternehmen
F&E-Projekte werden als Investitionen betrachtet. Diese Projekte werden bei Bayer MaterialScience deshalb mindestens einmal jährlich bewertet. Hierzu werden voraussichtlicher Wertbeitrag und die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Wertbeitrags herangezogen und in einem Wert-/RisikoPortfolio strukturiert und verglichen. Bei der Auslizenzierung wendet Bayer MaterialScience einen speziellen Entscheidungsprozess an. Dieser orientiert sich an der kommerziellen Nutzbarkeit durch Dritte (Abb. IX.7). Wird prinzipiell ein Nutzungsinteresse von Dritten vermutet, erfolgt eine weitere Unterscheidung, ob eine Lizenzierung an Wettbewerber oder Nicht-Wettbewerber erfolgen kann. Ist bei einem potenziellen Käufer das Interesse einer Lizenzierung gegeben, werden entsprechende Verhandlungen aufgenommen. Bei Wettbewerbern wird zunächst noch überprüft, ob eine regionale oder partielle Auslizenzierung möglich ist. Nur wenn dies möglich ist, wird ein Lizenzierungsangebot unterbreitet. Lizenziert werden mit steigendem Reifegrad und abnehmendem Geschäftsrisiko Technologien, Produkte oder sogar Geschäftsmodelle. Zur Technologieverwertung setzt Bayer MaterialScience im Wesentlichen das Direktmarketing oder das Online-Marketing ein. Es wird ebenfalls versucht, über Vermittler vorzugehen. Die Vertriebskanäle ergänzen sich dabei. Das Online-Marketing konnte die ursprünglichen Erwartungen bisher aber nicht erfüllen. Obwohl die Vermarktung von Know-how und Intellectual Property zwar nicht zum Kerngeschäft von Bayer MaterialScience zählt, nimmt ihre Gibt es irgendeine Technologie, ein Produkt, ein Verfahren, eine Anwendung, die von einem anderen Unternehmen kommerziell genutzt werden könnte? ja
Angebot an potentiellen Käufer
nein
wenn Interesse vorhanden Beginn mit Verhandlungen
Durch Wettbewerber ?
nein
ja
ja
Regionale oder teilweise Auslizenzierung ?
nein
Abb. IX.7. Bewertung von Intellectual Property bei Bayer MaterialScience
Bayer
281
Bedeutung deutlich zu. Die wichtigsten Vermarktungsergebnisse für Bayer MaterialScience sind dabei Patentlizenzaustauschverträge. Darüber hinaus geht Bayer MaterialScience konsequent gegen Patentverletzer vor. Die größten Schwierigkeiten bestehen derzeit vorwiegend mit Plagiaten aus der Region Asien-Pazifik. Patentmanagement in Kooperationen Kooperationen werden mit wachsender Bedeutung vor allem bei der Stoffoder Neuproduktentwicklung, der Entwicklung von neuen Anwendungen und Formulierungen sowie im Rahmen der Freiraumforschung genutzt. Im Rahmen des externen Technologieerwerbs werden Kooperationen und Joint Ventures eingesetzt: Die Kooperationen finden hauptsächlich mit Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen statt. Bayer MaterialScience besteht bei Auftragsforschung grundsätzlich auf der vollständigen Übertragung der für das eigene Geschäft relevanten Forschungsund Entwicklungsergebnisse – einschließlich der Patentinhaberschaft bei hervorgegangen Erfindungen, die als Patentanmeldung weiterverfolgt werden. Probleme ergaben sich bei diesen Kooperationen nur, wenn Verhandlungen über die Verwertung von generiertem Intellectual Property erst erfolgten, nachdem bereits konkrete Ergebnisse vorlagen. Kooperationen werden andererseits aber auch zur Wissensverwertung eingegangen (vgl.Tabelle IX.3). Beispielsweise bei: x x x x
Stoff- oder Neuproduktentwicklung; Entwicklung von neuen Anwendungen und Formulierungen; Verfahrensentwicklung; Verfahrensmodifikation und -optimierung.
Da in diesen Fällen das relevante Intellectual Property in der Regel bei Bayer MaterialScience liegt, werden allenfalls einfache Nutzungsrechte lizenziert.
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Successful Practice Unternehmen
Take Aways Bayer MaterialScience • Dezentrale Organisationsstruktur der Intellectual Property Abteilungen in den Teilkonzernen mit zentraler, konzernweiter Governance-Funktion in der Holding. • Interdisziplinär zusammengesetzte Patentausschüsse pro Technologiefeld mit jeweils fünf bis sechs Entscheidungsträgern. • Auf die F&E-Prozesse feinabgestimmte Intellectual Property Prozesse (Erwerb, Sicherung, Verwertung). • F&E-Investitionen werden auch unter dem Gesichtspunkt der externen Verwertbarkeit getätigt. • Nutzung von F&E-Kooperationen zur Generierung und Verwertung von Intellectual Property. • Die Vermarktung von Know-how und Intellectual Property erfolgt dezentral aus den Business Units. • Auslizenzierungen sind abhängig vom jeweiligen Business-Plan. • Lizenzwertberechnungsmethode auf Basis der DiscountedCashflow-Methode.
British Telecom
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British Telecom British Telecom wurde im Jahre 1981 aus der Britischen Post heraus gegründet und im August 1984 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Heute ist die BT Group eine börsenkotierte Holding für eine integrierte Anzahl an Geschäftstätigkeiten im Bereich der Telekommunikations- und Datendienstleistungen in Großbritannien, Europa und weltweit (Stand 2006): x BT Retail – bedient Geschäfts- und Privatkunden. Der wichtigste Marktzugang für die BT Unternehmensgruppen. x BT Wholesale –bietet Netzwerkdienstleistungen und Lösungen für andere Kommunikationsdienstleister an. x BT Global Services – BTs global geführter Service und Lösungsanbieter für weltweite Organisationen mit mehreren Standorten. x BT Exact – BTs Forschungs-, Technologie- und Informationstechnologieunternehmensbereich unterstützt Kunden, um maximale Vorteile von Kommunikationstechnologien zu gewinnen. x Openreach – besitzt, unterhält und entwickelt das Zugangsnetzwerk für britische Privat- und Geschäftskunden und stellt dies Kommunikationsdienstleistern zur Bewirtschaftung zur Verfüfung. BT Exact. BT Exact ist BTs Forschungs-, Technologie- und Informationstechnologieunternehmensbereich, der auf Telekommunikationstechnik, führendes Netzwerkdesign, Informationstechnologiesysteme und Applikationen spezialisiert ist, hat aber auch umfangreiche Erfahrung im Business Consulting. Dieses Wissen hilft den Kunden der BT Group und anderen ausgewählten Unternehmen, einen maximalen Vorteil im Bezug auf Investitionen in Netzwerke und Informationstechnologien zu gewinnen sowie die Entwicklung von neuen Ressourcen und neuen Möglichkeiten zu verfolgen. BT Exact führt die technologische Expertise der BT Forschungslaboratorien und die operationellen Erfahrungen der Teams zusammen, welche die Informationstechnologien von BT entwickeln und betreiben. Mit der Unterstützung eines Teams von über 6.000 Technologieexperten setzt das Unternehmen globale Maßstäbe. BT Exact baut auf die Erkenntnisse und die Expertise seiner Forschung auf, um den Anforderungen für die nächste Internetgeneration gerecht zu werden sowie die Weiterentwicklung fortgeschrittener Datendienstleistungen, der Informations- und Netzwerksicherheit sowie von Softwaresystemen für die Unterstützung von weltweiten Kommunikationsnetzwerken anzugehen. BT Exact hat seine Mitarbeiter an Standorten in Großbritannien und Asien, Kontinentaleuropa sowie Nordamerika.
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Successful Practice Unternehmen
Adastral Park. Seit 1973 ist BT Exact in Martlesham Heath in der Nähe von Ipswich in Großbritannien ansässig. Ursprünglich beherbergte dieser Standort nur BT Laboratorien, welche aber allmählich wuchsen und schlussendlich 3.500 Angestellte aufwiesen. In den späten neunziger Jahren wurde der Name dieses Standorts in Adastral Park geändert. Auch die Strategie änderte sich, um Partner und andere Unternehmen anzuziehen, um die in diesem Businesspark zu Verfügung stehenden gemeinsamen Anlagen zu nutzen. Intensiver Kommunikations- und Informationsaustausch sollte jeden Partner im Wachstum unterstützen. Inzwischen sind über 30 Unternehmungen und Institutionen an diesem Standort untergebracht, unter anderem Alcatel, verschiedene Unternehmensbereiche der BT Group, Cisco, Fujitsu, ipValue, O2, Pirelli, Siemens, University College London, und Xerox. Intelligent Systems Lab (ISL). Das Intelligent Systems Lab wurde als Kompetenzzentrum für künstliche Intelligenz, Forschung und Innovation entwickelt. Das Labor hat seinen Sitz ebenfalls im Adastral Park. Der Fokus liegt in der Verbesserung der Kundendienstleistungen, dem Einsparen von Betriebskosten sowie der Ertragssteigerung. Dies wird erzielt durch Plattformen, Tools und Technologien, die für verschiedene Applikation in der ganzen BT Group genutzt werden können. ISL spielt eine wichtige Rolle im Technologietransfer innerhalb der BT Wertschöpfungskette. Beispielsweise schließt die Optimierungs- und Planungsarbeit einen dynamischen Arbeitskapazitätsverteilungsplaner mit ein; ein Produkt, das inzwischen von BTs 30.000 Frontend-Mitarbeitern eingesetzt wird. Hierdurch konnten der Einsatz und die Disposition von BT-Ingenieuren automatisiert und im ersten Jahr der Einführung die Produktivität in Höhe von etwa 4% gesteigert werden. Generierung von Patenten Strategie. BT hat eine lange F&E-Historie und bereichert die Unternehmensbereiche mit Erfindungen und neuen Technologien aus den Forschungsaktivitäten. So wurde bis jetzt ein großes Patentportfolio von über 6.400 Patenten aufgebaut. Das Unternehmen sieht sich nicht nur als eine Kombination einer forschenden und kommerziellen Organisation. BT möchte die Grenzen neu definieren, die traditionell zwischen diesen zwei Ausrichtungen gelegen haben, und Marktchancen und unerwartete technologische Möglichkeiten zusammen führen. Obwohl Patente bei BT historisch für die Lizenzierung und die Absicherung von Lieferanten gebraucht wurden, hat BT Exact über die letzten zwei Jahre hinweg ein Programm eingeführt, um ihr Patentportfolio frei-
British Telecom
Komponenten & Equipment
InfrastrukturBildner
NetzwerkProvider
ApplikationsProvider
ServiceProvider
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Endnutzer
Multimedia-Applikationen
Photonik
Netzwerke
Non-Core
Netzwerk- und Servicemanagement Mobilität
Abb. IX.8. Wertschöpfungskette und zugehörige Patentthemengebiete
zugeben. In diesem Zusammenhang wurden Freigabe- und DurchsetzungsLizenzierung (Carrot- und Stick-Licensing) eingesetzt, und es erfolgte die Gründung von Spin-Outs und Interessengemeinschaften. Das Patentportfolio beinhaltet Ideen, welche unter sechs breite Themengebiete fallen. Jedes Thema beinhaltet eine Reihe von Technologien, die in verschiedenen Industrien von Aerospace, Produktion, Telekommunikation bis hin zum Tourismus angewendet werden können. Die Hauptthemen für die Patentierung sind Photonics, Multimedia-Applikationen, Netzwerke, Netzwerk- und Servicemanagement, Non-Core- und Mobilitätsapplikationen, welche die gesamte Telekommunikationswertschöpfungskette abdecken (Abb. IX.8). Ein Schlüsselelement von BT Exacts Technologieund Innovationstätigkeiten stellt der Einsatz von Innovationen in vier Hauptbereichen dar: x durch Industriepartnerschaften ĺ neue Technologien; x durch Geschäftsleitung- und Universitätsnetzwerke ĺ Wissen, Risikobeteiligung, Expertenrekrutierung; x durch Mitbeteiligungen ĺ 10 Inkubationsfirmen; x durch europäische kollaborative Partnerschaften ĺ Industrieabgleich. Die Intellectual Property Strategie von BT Exact ist im Detail formuliert, mit der Unternehmensstrategie koordiniert und firmenweit implementiert. Sie wird regelmäßig überprüft und aktualisiert. Während Intellectual Property in der Vergangenheit meist nur für Verteidigungszwecke genutzt wurde, hat die Unternehmensforschung nunmehr die Freiheit ihr Intellec-
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Successful Practice Unternehmen
tual Property zu lizenzieren, um somit die Forschung finanziell zu unterstützen. Die Aufstellung und Anpassung dieser neuen Strategie benötigte den zeitlichen Umfang eines Jahres und ist nun bereits seit über drei Jahren im Einsatz. Prozesse. BT Exact hat sich vor etwa drei Jahren entschieden, das Patentmanagement verstärkt proaktiv anzugehen. Zu diesem Zweck wurde das gesamte Patentportfolio von einem Prüfungsteam vollkommen überarbeitet, um die wertvollen Patente zu identifizieren. Das Intellectual Property wurde dabei nach Kriterien untersucht, wie beispielsweise der Patentwert bei Eigengebrauch, die potenzielle Verwertung nach außen, um Einnahmen zu generieren, die Möglichkeit Patentverletzungen zu belegen sowie die Attraktivität der Technologie gegenüber Dritten. Bei BT Exact findet eine monatliche Besprechung zwischen der Intellectual Property Abteilung und den Erfindern statt. Eine solche Besprechung, das so genannte Filing Forum, dient dazu Erfindungen zu sammeln und zu bewerten. Die Bewertung fokussiert dabei auf die potenziellen wissenschaftlichen und kommerziellen Beiträge der Erfindungen. Der Intellectual Property Spezialist nutzt das Filing Forum ferner, um die F&E-Abteilung auf interessante Lücken in der kommerziellen Verwertung von Intellectual Property aufmerksam zu machen, und um Erfindungen in diesen Bereichen anzustoßen. BT Exact meldet derzeit etwa 100 bis 140 Patente jährlich an. Jede Anmeldung wird in bis zu 10 Ländern nachangemeldet. Die Zahl der Ideen in Bezug darauf, ist jedoch beträchtlich höher: bis zu 50%. Organisation. Das Intellectual Property Team von BT Exact gliedert sich in sechs Hauptpatentthemen und berichtet an den Direktor Forschung und Venturing. Des Weiteren gibt es eine Rechtsabteilung, welche die Patentanmeldungen verfasst, anmeldet und weiterverfolgt und rechtliche Angelegenheiten übernimmt. Kultur. BT Exact hat es nicht als allzu schwierig empfunden, eine Erfindungskultur aufzubauen, da der Adastral Park Standort bereits sehr akademisch geprägt war und die Forscher und Entwickler bereits mit dem Veröffentlichen und Patentieren vertraut waren. Bewertung von Patenten Die Evaluierung von Intellectual Property ist jedoch als schwieriger Prozess anzusehen. Das Unternehmen benutzt dazu eine Methode, die jedes Patent aus verschiedenen Aspekten beurteilt, zum Beispiel Marktpotenzial und Durchsetzungspotenzial. BT Exact untersucht seine Intellectual Property Portfolios selber, pflegt aber eine enge Partnerschaft mit der externen
British Telecom
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Lizenzfirma ipValue. ipValue ist ein Start-up-Unternehmen, welches von der Boston Consulting Group, General Atlantic Partners und Goldman Sachs unterstützt wird und Standorte an der West- und Ostküste der USA, in London sowie an BT Exacts Standort Adastral Park besitzt. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten BT Exact führt eine offene Lizenzpolitik. Die Telekommunikationsindustrie ist sehr stark von standardisierten Aktivitäten geprägt und daher ist eine konstante Exklusivität nur sehr schwer zu erreichen. BT Exact nutzt eine Verwertungsmatrix, um die verschiedenen Nutzungsbereiche zu strukturieren und zu segmentieren. Auch zur Unterstützung im Entscheidungsprozess bezüglich des weiteren Vorgehens wird diese Strukturierung zu Hilfe gezogen. Die Verwertungsmatrix unterscheidet zwischen informellem und formellem Intellectual Property (siehe Kapitel IV, Abb. IV.8, S. 133). Mit informellem Intellectual Property ist in diesem Falle das nicht greifbare Wissen, zum Beispiel Fähigkeiten und Expertise und mit formellem Intellectual Property sind greifbare Intellectual Property Rechte, wie Copyrights und Patente gemeint. In Bezug auf Lizenzen ist BT Exact bereit Patente, Copyrights und Wissen an externe Firmen zu lizenzieren. Solch ein Abkommen beinhaltet meist den Transfer von Wissen und Technologie. Sollte ein spezifischer Markt für formelles Intellectual Property bestehen, zieht BT Exact es jedoch vor, dies als eigenes Geschäft auszugliedern. Normalerweise hält BT Exact weniger als 100% des Eigenkapitals. Eine weitere Möglichkeit stellen Investitionen von Intellectual Property in bereits existierende Geschäfte dar, wie beispielsweise in Start-up Unternehmen. Lizenz- und Spin-up- (intern) Geschäftstätigkeiten schließen sich gegenseitig nicht aus, können einander sogar stimulieren. In bereits gut erschlossenen Märkten, können insbesondere Lizenzen unverzüglichen Gewinn erwirtschaften. Wenn eine Technologie nicht hinreichend patentiert werden kann, werden interne Spin-up-Aktivitäten gegenüber einer Lizenzvergabe bevorzugt. Sofern gute Patente auf hohe technische Expertise treffen, bietet ein Spin-out den größten Nutzen, ist jedoch auch mit erhöhtem Risiko verbunden. Das Teilen dieser Risiken mit anderen Partnern kann dazu beitragen, die Kosten und Risiken zu senken. Im Weiteren haben Spin-outs den Vorteil Entrepreneur- und Intrapreneurmöglichkeiten zu stimulieren. BT Exact sucht die externe Unterstützung von ipValue als Verwertungspartner für Lizenzierungen in Nordamerika. BT Exact möchte dadurch die Suche nach geeigneten Lizenznehmern beschleunigen. Des
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Successful Practice Unternehmen
Weiteren ist der Einsatz von Rechts- und Prozessspezialisten nicht BT Exacts Kerngeschäft. Da die USA das größte Lizenzpotenzial in Bezug auf Marktgröße und Mentalität besitzen, hat sich BT Exact entschlossen einen in den USA stationierten und versierten Partner, wie ipValue, auszuwählen. In anderen geographischen Gebieten sucht BT Exact sich eventuell auch weitere Partner für Aktivitäten aus. ipValue hat exklusive Rechte für den Großteil des BT Exact Portfolios, dieses an Firmen in Nordamerika zu lizenzieren. Die Entscheidung welche Patente lizenziert werden können liegt jedoch immer noch bei BT Exact. Für diese Patente investiert ipValue in die Kosten, übernimmt Risiken und teilt den Gewinn mit BT Exact, nachdem das Geschäft finalisiert wurde. Ein erfolgreicher Schlüsselfaktor in der Partnerschaft mit ipValue ist daher das Wachstum der Lizenzeinnahmen. Typische Abkommensstrukturen von BT Exact und ipValue sind: x Pauschalbeträge für frühere unlizenzierte Aktivitäten; x Vorauszahlung für Verpflichtungen, Zugang, Kosten und jeglichen Technologietransfer; x Lizenzgebühren in % vom Verkauf, % der Ersparnisse oder eine Nutzungsgebühr; x Minimalvergütung, vor allem wenn es um Exklusivität geht; x Anfangsperiode von Minimumsvergütung befreit, die meistens zwischen drei bis sechs Monate beträgt; x Gewinnbeteiligung, vor allem bei Start-ups. BT Exact achtet darauf, gewisse Rechte zu behalten, um den eigenen Markt sowie die Lizenzaktivitäten zu schützen. Die Vergabe von exklusiven Rechten wird von BT Exact sorgfältig geprüft, in der Regel jedoch zu vermeiden versucht. Weitere Ausschlüsse von Generallizenzen erfolgen auch in Bezug auf die Sicherung von BT Exacts Tätigkeiten und Märkten, Spin-outs Finanzierungsanforderungen, Kontrolle, Dauer, Carve-outs und Ausführungskonditionen. Um eine zusammenhängende Strategie zu erreichen, führt BT Exact seine Lizenzaktivitäten auf globaler Ebene durch. Im Durchschnitt dauert es mindestens zwei Jahre, um einen Lizenzvertrag abzuschließen. Bei BT Exact wächst zunehmend die Bereitschaft, das gesamte Intellectual Property Portfolio zu lizenzieren. Rege Verhandlungen entlang BT Exacts Telekommunikationswertschöpfungskette sind daher wesentlich verbreiteter. Die Verwertung der Intellectual Property Rechte unterstützt die Sicherstellung der Wertschöpfungskette. BT Exact setzt heutzutage verstärkt seine Lizenzaktivitäten ein, um den Markt in der oberen Telekommunikationswertschöpfungskette zu erschließen und Standardisierungsaktivitäten zu unterstützen. Bei solchen Standardisierungsver-
British Telecom
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handlungen bewährt sich BT Exacts Intellectual Property als Stärkung der Verhandlungsposition (Abb. IX.9). BT Exact setzt den Nutzen seines abwechslungsreichen Patentportfolios wirksam ein. Dies bedeutet, Know-how zu unterstützen und Demonstrations- sowie Prototypprodukte zur Verfügung zu stellen. Lizenzprojekte erfordern eine gewisse Ausdauer, aber die Ausführungsgeschwindigkeit hat sich jedoch als unverzichtbarer Faktor erwiesen.
Komponenten & Equipment
InfrastrukturBildner
NetzwerkProvider
ApplikationsProvider
Sichere Supply-Chain
Marktwachstum
Standardisierung
Abb. IX.9. Fokus bei Freigabelizenzierung von BT Exact
ServiceProvider
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Successful Practice Unternehmen
Take Aways BT Exact • Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten werden mit klarem Fokus auf den Zukunftsnutzen durchgeführt – intern und extern. • Die Patentstrategie ist im Detail formuliert, mit der Unternehmensstrategie koordiniert und firmenweit implementiert und wird regelmäßig überprüft und aktualisiert. • Die Patentstrategie legt Patentthemen in Bezug auf Technologien der Wertschöpfungskette fest. • Vollständig überprüftes Patentportfolio. • Monatliches Filing Forum, um Erfindungen zu sammeln und bezüglich ihres wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzens zu bewerten. • Verwertungsmatrix, um formelles und informelles Intellectual Property intern und extern zu nutzen. • Externe Lizenzfirmen für die Nutzung von Intellectual Property in Nordamerika.
Eastman Kodak
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Eastman Kodak Eastman Kodak wurde im Jahre 1880 von George Eastman gegründet, als dieser erstmals Photo-Trockenplatten produzierte und zum Verkauf anbot. Das Wort „Kodak“ wurde daraufhin im Jahr 1888 als Marke registriert. Spekulationen über die Herkunft des Wortes Kodak, erwiesen sich als hinfällig; Eastman hat dieses Wort frei erfunden. Im Jahr 1889 wurde die Eastman Photographic Materials Company in London, Großbritannien gegründet, um den Vertrieb von Kodakprodukten in Ländern außerhalb der USA abzuwickeln. Heute hat das Unternehmen Produktionsstandorte in Kanada, Mexiko, Brasilien, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Australien und den USA. Kodakprodukte werden von den Niederlassungen an Kunden in mehr als 150 Ländern vermarktet. Die Organisation der Firma ist auf strategische Produktgruppen zentriert und hat drei Segmente, Digital & Film Imaging Systems, Health und Graphic Communications sowie verschiedene weitere Dienstleistungsbereiche. In Kodaks Unternehmensforschung arbeiten rund 3.000 Forscher in drei F&E Zentren in Grossbritannien, den USA und in China. Weitere rund 3.000 Ingenieure arbeiten in 8 Ländern direkt mit den Geschäftsbereichen in dezentralisierten F&E-Organisationen zusammen, wobei die meisten Forschungsaktivitäten am Hauptsitz in Rochester, USA stattfinden. Die F&E-Organisation wird vom Chief Technology Officer (CTO) CTO Eastman Kodak Company
Zwei GeschäftsbereichsOrganisationsmodelle (BU A/H)
Direktor Forschung & Entwicklung
BU A Präsident
Zentrale Forschung
Gebiet 1 AssociateDirektor
Abteilungen
Gebiet 2 AssociateDirektor
Abteilungen
GruppenLeiter
GruppenLeiter
EntwicklungsTeam
EntwicklungsTeam
CTO
Kodak Technology Council Vision Teams BU H Präsident
Mitglieder aus Geschäftsbereichen & Zentraler Forschung Portfolio Management Team F&E Führungsteam Technologieplattformen Beziehungsmanager
CTO
GruppenLeiter
(alle innerhalb Zentraler Forschung) EntwicklungsTeam
Abb. IX.1. F&E Organisation von Eastman Kodak
EntwicklungsTeam
GruppenLeiter
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geführt, der zugleich auch F&E-Direktor ist. Auf einem Hybridmodel basierend wird auf Geschäftsbereichsebene zwischen der zentralen Forschung und der Produktentwicklung unterschieden. Kodak unterscheidet auch zwischen den Forschungs- und Entwicklungsangestellten. Während von den Forschern erwartet wird, dass sie eine hohe wissenschaftliche Kompetenz im zugrunde liegenden Fachgebiet aufweisen, erwartet Kodak von den Entwicklern, dass diese weit reichende Erfahrungen und ein breites Wissensspektrum über das Kommerzialisierungspotenzial neuer Technologien besitzen. Es besteht eine etwa gleiche Aufteilung zwischen den Angestellten der zentralen Forschung und der Produktentwicklung. Die zentrale Forschung unterstützt die Produktentwicklung innerhalb der einzelnen Geschäftsbereiche, die im Gegenzug die zentrale Forschung finanzieren. Mit den formellen und informellen Schnittstellen fördert dieses Model einen guten Austausch entlang des gesamten F&E-Prozesses. Die zentrale Forschung hat zwei Betriebsabteilungen, beide unter der Leitung eines F&E-Direktors. Die zentrale Forschung sorgt für zahlreiche andere Funktionen und Positionen, wie zum Beispiel Beziehungsmanager, welche für die Schnittstelle zwischen den Forschungs- und Geschäftssowie den Portfolio Management Teams, den F&E Führungsteams und den Technologieplattformen zuständig sind (siehe Abb. IX.1). Die Schnittstelle zwischen der zentralen Forschung und dem Business Unit Modell besteht aus dem Kodak Technology Council (KTC) und so genannten Vision Teams, welche aus Mitgliedern der zentralen Forschung und der Produktentwicklung bestehen. Das KTC trifft sich monatlich, überprüft die Technologie-Roadmaps für jeden Geschäftsbereich und entwirft Lösungsvorschläge für Fragestellungen bezüglich Schlüsseltechnologien. Zusätzlich bestätigt das KTC die Inhalte des Forschungsportfolios. Die Vision Teams entwickeln den Inhalt des Schlüsselinvestitionsportfolios. Die Zielsetzung des Kodak Technology Councils und der Vision Teams ist es, dem CTO Informationen zur Technologiestrategie, -planung und -ausführung zu liefern. Generierung von Patenten Strategie. Kodak belegte den achten Platz der innovativsten Firmen des 20. Jahrhunderts in Bezug auf die erhaltenen Patente. Während die ganze Organisation bis heute mehr als 20.000 US Patente erhalten hat, haben dabei 15 Erfinder über 100 Patente und 215 Erfinder 20 oder mehr Patente erarbeitet. Insgesamt hält Eastman Kodak etwa 12.100 Patentfamilien, wobei jährlich 700 bis 800 neue Patenterteilungen hinzukommen. Die Zahl der Anmeldungen pro Jahr hat jedoch seit 1998 abgenommen. Der Grund
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liegt in der strategischen Entscheidung, das F&E-Budget zu reduzieren und sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren. Die Intellectual Property Politik von Eastman Kodak lautet wie folgt: x Respektiere rechtsgültige Patentrechte von Dritten; x Strebe nach Patenten von Erfindungen, die potenzielle Kommerzialisierung durch Kodak oder Dritte ermöglichen und somit substanzielle Investitionen im F&E-Bereich kompensieren können. Die Intellectual Property Strategie wurde im Detail formuliert und mit der Unternehmensstrategie abgestimmt. Das Intellectual Property Management ist im Technologieentwicklungsprozess, sowie im kommerziellen Prozess integriert. Intellectual Property wird als Unternehmensanlage betrachtet, weshalb dessen Strategie den Intellectual Property Wert für die ganze Organisation zu maximieren und Produkte sowie Produktlinien zu schützen versucht. Jedes Technologiecluster hat eine Intellectual Property Strategie, welche mit der Geschäftsbereichsstrategie verknüpft ist. Die jeweilige Intellectual Property Strategie legt fest, was und wo bezogen auf Marktstandort und Marktgröße geschützt und abgedeckt werden soll. Die wesentlichen Auswahlkriterien sind: x x x x x
Allgemeine Geschäftsziele; Marktgröße des Vertriebs; Bewertung der Wettbewerber; Schlüsselprodukte und Technologien; Produktzukunftspläne.
Wenn bestimmte Patente keine Anwendung mehr finden, wird überprüft, ob diese für das Unternehmung noch einen Wert besitzen. Sollte dies der Fall sein, wird eine externe Lizenzierung angestrebt. Andernfalls wird an eine gemeinnützige Organisation gespendet, oder die Patente werden aufgegeben. Prozesse. Eastman Kodak betreibt einen Intellectual Property Generierungsprozess, welcher in sechs Schritten abläuft und von einem IT-Tool unterstützt wird, dem so genannten Invention Tracker: 1. Erfindung; 2. Wertbeurteilung; 3. Persönliches Gespräch zwischen Erfinder und Patentanwalt; 4. Entwurf der Patentanmeldung; 5. Einreichung und Führung des Patentanmeldeverfahrens; 6. Entscheidung zur Anmeldung auf internationaler Ebene.
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Erfindung: Während des F&E-Prozesses entwerfen Forscher und Entwickler Erfindungsmeldungen. Sie sollten daher den aktuellen Stand der Technik kennen. Wertbeurteilung: Für die Beurteilung des Wertes einer Erfindungsmeldung wird diese an einen Intellectual Property Koordinator weitergeleitet, welcher den potenziellen Wert der Erfindung schätzt. Wenn die Erfindung einen ausreichenden Wert erwarten lässt, reicht ein IP-Koordinator diese an den entsprechenden internen Patenanwalt weiter. Persönliches Gespräch zwischen Erfinder und Patentanwalt: Das Hauptziel dieses Zusammentreffens zielt darauf ab, dass der Patentanwalt die Erfindung versteht, und dass alle wichtigen Informationen zur Technologie und dem Stand-der-Technik gesammelt wurden. Gegebenenfalls besteht noch immer Bedarf für Laborexperimente, um die Verständlichkeit der Erfindung darzulegen oder aber die Übersetzung des Kodak eigenen Wortschatzes in eine verständliche Sprache ist notwendig. Wenn alle Anforderungen dieses Prozessschritts erfüllt sind, hat die Erfindung den Status einer so genannten „anwaltsfertigen Erfindung“ erreicht. Mit dem Transfer zum nächsten Prozessschritt, geht die Prozessverantwortung vom Erfinder auf den Anwalt über. Entwurf der Patentanmeldung: Der Patentanwalt entwirft die Patentanmeldungsschrift basierend auf dem Stand der „anwaltsfertigen Erfindung“. Einreichung und Führung des Patentanmeldeverfahrens: Der Patentanwalt meldet anschließend das Patent am entsprechenden Patentamt an, in den USA ist dies in der Regel das amerikanische Patent- und Markenamt (USPTO). Entscheidung zur Anmeldung auf internationaler Ebene: Der Patentanwalt informiert einen für den jeweiligen Technologiebereich zuständigen Intellectual Property Koordinator über den Verlauf der Patentanmeldeprozedur. Der IP- Koordinator wird wiederum vom Anwalt konsultiert, um den Wert der Patentanmeldung zu bestimmen und um festzulegen, ob das Patent auf internationaler Ebene angemeldet werden soll. Der Rechtsschutz von Dienstleistungserfindungen ist bei Eastman Kodak in letzter Zeit ein wichtiges Thema geworden. Ein erfolgreicher Mechanismus wurde zu diesem Zweck eingeführt. Eastman Kodak betreibt vorwiegend vier IT-Tools, um den Informationsablauf und die Informationsverarbeitung im Bereich des Intellectual Property Managements zu unterstützen:
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1. Invention Tracker: Der Invention Tracker unterstützt den PatentGenerierungsprozess wie bereits beschrieben. 2. Intellectual Property Master: Der Intellectual Property Master ist ein kommerzielles Patent-Workflow-Management-Tool, welches insbesondere für Patentanwälte entworfen wurde. Es hilft, die Patentanmeldungsphasen und die offiziellen Patentprozesstermine zu überwachen und Zahlungen und Gebühren zu koordinieren. 3. MicroPatent: Der Zugang zur kommerziellen MicroPatent Datenbank ermöglicht den F&E-Angestellten einen einfachen Zugang zu Intellectual Property Informationen, beispielsweise externe Patente und aktuelle Technologien, welche in der Patentliteratur aufgeführt sind. 4. MP-Tools: Ist ein intern entwickelter Prozess, bestehend aus Patentanalyse-Tools, die zur Unterstützung von Anschaffungs- und Bewertungsentscheidungen dienen. Dieser Prozess gilt als ein standardisiertes Werkzeug, welches im gesamten Unternehmen zum Einsatz kommt. Organisation. Das Intellectual Property Portfolio wird durch Technologiecluster gesteuert. Ein typisches Portfolioführungsteam umfasst: x x x x x
IP-Koordinator; Patentanwalt; Portfolio Leader; Corporate-Commercial-Affair-Beauftragter; Research IP-Manager.
IP-Koordinator: Jeder der Technologiebereiche hat einen designierten IP-Koordinator aus dem F&E-Bereich, zum Beispiel einen Forscher aus einem Projektteam. Bisweilen gibt es sogar mehrere IP-Koordinatoren pro Projekt. Ein Intellectual Property Koordinator deckt mit dieser Tätigkeit etwa 10 bis 20% seiner Arbeitszeit ab. Der IP-Koordinator bestätigt den Erhalt einer Erfindung und geht der Patentanmeldung nach. Des Weiteren bestimmt der Koordinator den Wert der Patentanmeldung, um festzulegen, ob das Patent auf internationaler Ebene angemeldet werden soll und verifiziert die Patentfreigabeprozedur für neue Produkte. Aus rechtlichen Gründen (Attorney-Client Privilegded Information) wird der Produktfreigabeprozess, das so genannte Patent Clearing, jedoch von einem Patentanwalt vorgenommen. Patentanwalt: Die Patentanwälte von Eastman Kodak gehören zur Konzernrechtsabteilung. Eastman Kodak hat etwa 27 interne Patentanwälte angestellt, welche in den verschiedenen F&E-Standorten arbeiten, vor allem in den USA, Großbritannien und Frankreich. Für die Tätigkeiten im asiatischen Raum, für Projekte mit Dritten und Sonderprojekten, werden entsprechend externe Anwälte involviert.
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Portfolio Leader: Der Portfolio Leader ist ein Mitglied des F&EManagementteams. Corporate-Commercial-Affair-Beauftragter: Der Corporate-Commercial-Affair-Beauftragte ist ein Mitglied der Rechtsabteilung, die sich speziell mit Lizenzen beschäftigen. Research IP-Manager: Der Unternehmensbereich F&E hat einen einzigen IP-Manager, welcher an einen der zwei F&E-Direktoren berichtet. Diese berichten wiederum an den CTO. Der IP-Manager ist verantwortlich für verschiedenste Intellectual Property Angelegenheiten und Aktivitäten in der F&E, wie beispielsweise das Patentportfoliomanagement, dessen kontinuierliche Bewertung sowie die Beurteilung von Intellectual Property bei Akquisitionen. Kultur. Eastman Kodak hat im Wesentlichen vier Auszeichnungen, von denen sich drei auf Patente beziehen: 1. CTO 1st Patent Award, Auszeichnung für das erste erteilte Patent, inklusive einer Kopie des ausgestellten Patentzertifikats und einem vom CTO unterschriebenen Brief. 2. 20th Kodak Patent, Auszeichnung für das 20ste erteilte Patent, inklusive eines Geldpreises und einer Einladung zum jährlichen Abendessen mit dem CEO und dem CTO als Gastgeber. 3. 100th Kodak Patent, CTO Century Auszeichnung, inklusive eines Geldpreises und einer Einladung zum jährlichen Abendessen. 4. Eastman Innovation Award, Jährliche Auszeichnung, die sich auf wichtige Erfindungen bezieht, aber nicht notwendigerweise auf Patente. Bewertung von Patenten Eastman Kodak bewertet Intellectual Property im Rahmen von Akquisitionen, Aufrechterhaltungsentscheiden und Lizenzierungen. Kodak erkennt den Wert von Intellectual Property vor allem bezüglich der zu schützenden Marktvorteile und für Lizenzzwecke. Kodak ermittelt den Wert von Patenten wie folgt: x Nachgewiesener oder erwarteter interner Gebrauch; x Nachgewiesener oder erwarteter externer Gebrauch; x Breite von Patentansprüchen;
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x Identifizierung des Gebrauchs von geschützten Technologien oder Produkten. Die Begutachtung für interne Zwecke basiert auf einer qualitativen Auswertung und beinhaltet keine finanzielle Bewertung. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Das Management und die Lizenzierung von Intellectual Property hat bei Eastman Kodak in der letzten Zeit mehr und mehr an Bedeutung gewonnen und ist selbst Teil einer separaten Organisation. Bereits heute sind die generierten Einnahmen höher als die Kosten. Im Jahr 2004 verklagte Kodak das Unternehmen Sun, mit dem Vorwurf, dass Suns Java-Sprache bestimmte Patente verletze, die Kodak durch den Kauf des Imaging-Unternehmens Wang übernommen hatte. Die Forderung von über einer Milliarde Dollar Schadensersatz, entsprach der Hälfte des zwischen Januar 1998 und Juni 2001 erwirtschafteten Gewinns, den Sun durch den Verkauf von Server- und Speichereinheiten erzielt hatte. Die Unternehmen einigten sich letztendlich auf eine Zahlung von Sun an Eastman Kodak in Höhe von 92 Millionen Dollar Lizenzgebühren für die Kodak-Technologie. Patentmanagement in Kooperationen Eastman Kodak arbeitet sowohl mit industriellen Partnern, als auch mit Universitäten und Regierungsinstitutionen zusammen. Von besonderer Bedeutung ist für Eastman Kodak dabei ein gegenseitiges, gemeinsames Verständnis von den Geschäftsbedingungen und Verantwortlichkeiten der Kooperationspartner. Alle Parteien müssen dabei jedes Detail verstehen, bevor ein Abkommen unterzeichnet wird. Die Abkommen sind jedoch immer abhängig von Verhandlungsstärke der jeweiligen Kooperationspartner.
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Take Aways Eastman Kodak • Vertieftes Verständnis von Angelegenheiten, die Intellectual Property betreffen. • Intellectual Property Strategie beabsichtigt die Maximierung des Intellectual Property Werts für die gesamte Organisation. • Separate Organisationen für die Steuerung und das Lizenzieren des Intellectual Property Portfolios. • Die Intellectual Property Strategie wird durch auf Technologiecluster zurückgehende, fachübergreifende Managementteams kategorisiert. • Invention-Tracker-Tool, um den aus sechs Schritten bestehenden Patent-Generierungsprozess zu unterstützen. • Informationsfluss wird durch vier spezifische IT-Tools unterstützt. • Verschiedene Erfinderauszeichnungen. • Lizenzierungsaktivitäten zeigen einen klaren Erfolg durch Einnahme von hohen Lizenzgebühren.
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Henkel Die Henkel-Gruppe wurde 1876 von Fritz Henkel gegründet und operiert heute auf Basis von drei strategischen Geschäftsfeldern: Wasch- und Reinigungsmittel, Kosmetik und Körperpflege sowie Klebstoffe, Dichtstoffe und Oberflächentechnik. Die strategischen Geschäftsfelder sind innerhalb der Henkel-Gruppe wiederum in vier weltweit tätige Unternehmensbereiche gegliedert (Abb. IX.10): x x x x
Wasch-/Reinigungsmittel; Kosmetik/Körperpflege; Klebstoffe für Konsumenten und Handwerker sowie Henkel Technologies.
Der Hauptsitz der Henkel-Gruppe befindet sich in Düsseldorf. Henkel ist mit seinen Marken und Technologien in über 125 Ländern vertreten. Von mehr als 51.000 Mitarbeitern sind 80% außerhalb Deutschlands tätig. Damit gilt Henkel als eines der am stärksten international ausgerichteten Unternehmen in Deutschland. Im Jahresdurchschnitt arbeiten weltweit rund 2.734 Mitarbeiter bei Henkel im Bereich Forschung, Produktentwicklung und Anwendungstechnik. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung betrugen in der Henkel-Gruppe im Jahr 2009 rund 396 Millionen Euro. Das entspricht einem Anteil am Umsatz von 2,9%. Dabei wurden 57% der totalen Forschungs- und Entwicklungskosten im Bereich Klebstoffe verwendet, 26% bei den Wasch- und Reinigungsmitteln und 17% in Kosmetik/Körperpflege. In der zentralen Forschung arbeiten etwa 600 Spezialisten, davon etwa 160 Chemiker, Physiker, Biologen und Ingenieure. Als Haupterfolgsfaktor und Wettbewerbsvorteil sieht Henkel die geschickte Kombination von Forschung, Entwicklung und Technologie.
Henkel Wasch-/ Reinigungsmittel
Kosmetik/ Körperpflege
Klebstoffe, Dichtstoffe und Oberflächentechnik
Konsumenten
Konsumenten
Konsumenten
Qualität mit Marken und Technologien
Abb. IX.10. Die vier Unternehmensbereiche der Henkel-Gruppe
Industrie
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Während die meisten Produktbestandteile von Rohmaterialzulieferern bezogen werden können, werden durch Henkel die Mixturen entwickelt und derartig zu Produkten zusammengestellt, dass die Kundenbedürfnisse getroffen werden. Generierung von Patenten und Marken Strategie. Henkel begreift Marken als Synonym für Vertrauen und Zuverlässigkeit. Dem Unternehmen ist es wichtig, ein klares Verständnis darüber zu haben, dass Kunden lokal agieren und deshalb Marken auch eine lokale Wirkung entfalten. Schmerzhaft blieben deswegen die Nachwirkungen des Lizenzvertrages aus dem Jahr 1909 mit Crosfield in England. Durch die Übernahme von Crosfield durch die Lever Bros. im Jahre 1919 war der Markenname Persil zum Eigentum dieses Unternehmens in allen Gebieten des British Empire geworden. Bis heute ist das Lever-Persil das führende Waschmittel in Großbritannien. Hier operiert Henkel heute unter anderen Markennamen. Die Markenstrategie steht im Spannungsfeld zwischen Standardisierungsbedürfnissen auf der einen Seite und Differenzierungserfordernissen auf der anderen Seite. So ist die Standardisierung von Produkten und Marken vorteilhaft für eine effiziente und preiswerte Produktion, niedrige Komplexität und für eine schnelle Einführung neuer Produkte. Differenzierung ist notwendig, um eine möglichst hohe Kundenbindung zu erreichen, flexible Antworten erhalten zu können und regionale Märkte erschließen zu können. Als Ergebnis versucht die Markenstrategie deshalb beiden Schwerpunkten gerecht zu werden. Henkel hat hierfür das Kunstwort glocal eingeführt, das aus local und global hervorgeht (Abb. IX.11). Sta nda rd i s ieru
ng eru nzi e r e Diff Kundennähe
ng
Low-cost Produktion Niedrige Komplexität
GLOCAL
ProdukteinführungsKonzepte
Abb. IX.11. Henkels Markenstrategie
Flexible Antworten Regionale Marktdurchdringung
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Die Patentstrategie von Henkel unterscheidet Kernkompetenz- und Nicht-Kernkompetenzbereiche. In Kernkompetenzbereichen werden Erfindungen so gut wie möglich als Patentanmeldungen weiterverfolgt, um eine möglichst große Abgrenzung bezüglich Wettbewerbern zu erreichen. Henkel strebt in diesen Kernbereichen einen exklusiven Schutz von Produkten, Technologien, Verpackungen und Inhaltsstoffen an. In NichtKernkompetenzbereichen versucht Henkel, eine möglichst große Freedomof-Action-Position beizubehalten: Häufig werden in diesen Bereichen Erfindungen deshalb nicht zum Patent angemeldet, sondern Sperrpublikationen veröffentlicht, um einer eventuellen Patentierung durch Wettbewerber vorzubeugen. Henkel stimmt den erzielbaren Schutz durch Marken und den erzielbaren Schutz durch Patente aufeinander ab. Während der Markenschutz vorwiegend als Schutz der Kundenschnittstelle geeignet ist, lassen sich über Patente vorwiegend Produkte und Technologien schützen. Da die Schutzwirkungen von Marken und Patenten in diesem Sinn komplementäre Wirkung haben, gilt es deshalb die Schutzalternativen derartig aufeinander abzustimmen, dass eine optimale Gesamtwirkung sowohl auf Kunden- als auch auf der Technologieseite erzielt wird (Abb. IX.12). Henkel wies im Jahr 2002 ein Patentportfolio mit etwa 700 Patentfamilien auf. In den vorausgehenden zwei Jahren restrukturierte Henkel das eigene Patentportfolio vollständig. Beinahe ein Drittel des früheren Patentportfolios wurde dabei aufgegeben, da keine Relevanz mehr in Bezug auf einen Exklusivitätsbeitrag vorlag. Es wurden deshalb auch keine Lizenzen vergeben oder fallen zu lassende Patente gespendet. Prozesse. Henkel wendet einen dreistufigen Prozess an, um einen optimalen Patentschutz zu erreichen: Gröȕte Wirkung
Marke
Geschmacksmuster
Gebrauchsmuster
Patent
Gröȕte Wirkung
Technologie
Kunde
Abb. IX.12. Wirkung der Schutzinstrumente Patente und Marken
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1. Anmeldung eines Patents mit einem möglichst breiten Schutzbereich. 2. Absicherung von Umgehungslösungen und Varianten durch fokussierte Patentanmeldungen, um bestimmte Gebiete möglichst vollständig abzusichern. 3. Falls Patentanmeldungen mit breitem Schutzbereich erteilt werden, können darunter fallende, spezialisierte Patentanmeldungen wieder aufgegeben werden. Wenn mit mehr als einer Technologie vergleichbare Ergebnisse erzielbar sind, versucht Henkel ein Patentportfolio aufzubauen, das möglichst alle Lösungen zu einem Problem abdeckt. Dennoch würde Henkel nur eine der Lösungsmöglichkeiten auf Technologie- und Produktseite selbst weiterverfolgen. Der zur Verfügung stehende Zeitraum für die Ausarbeitung von Patentanmeldungen wird auf die durch einen Patentschutz erzielbare Exklusivität abgestimmt. Nur wenn sich voraussichtlich ein breiter Schutz erreichen lässt, ist für Henkel der erhöhte Zeitbedarf akzeptabel und das Unternehmen investiert Aufwendungen in weitere Varianten und Lösungsmöglichkeiten zu einem vorgegebenen Problem. Wenn lediglich eine geringe Exklusivität erwartbar ist, bestehen umgekehrt hohe Anforderungen an einen kurzen Anmeldezeitraum (Abb. IX.13). Im Patentanmeldeprozess trifft Henkel die erforderlichen Entscheidungen mit Hilfe von zwei Teams: x Das Patent Controlling Team besteht aus Experten der F&E- sowie der Patentabteilung. x Der Projektsteuerungskreis (PSK) besteht aus Experten des Marketings und der F&E. Exklusivität hoch
X niedrig kurzfristig
erhöhter Zeitbedarf akzeptabel
Anforderung an Anmeldezeitraum
Abb. IX.13. Patentstrategie: Erwartbare Exklusivität versus Anmeldezeitraum
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Während das Patent Controlling Team monatlich über Erfindungen auf Basis des jeweils relevanten Stands der Technik und der generellen technischen Bedeutung entscheidet, schätzt das PSK-Team Marktrelevanz und erwartbaren Schutzbereich ab. Das PSK-Team tagt etwa zwei bis drei Stunden pro Monat. Auf Basis dieses Vorgehens versucht Henkel, die Kosten zu minimieren und den Nutzen zu maximieren. Die Evaluierungsschritte und Entscheidungsphasen sind dabei am Patentanmeldeverfahren ausgerichtet: 1. Einreichung der Patentanmeldung: interne Priorität für Patentabteilung. 2. Entscheidung im 6. Monat: internationale Nachanmeldungen, Aufgabe oder Forschungsveröffentlichung. 3. Entscheidung im 24. Monat: Festlegung Länderportfolio (EP, US, JP) oder Aufgabe. 4. Erteilung: Bestätigung des Länderportfolios oder Aufgabe. Jede Priorisierung berücksichtigt immer die Marktrelevanz und den zu erwartenden Schutzbereich. Die Marktrelevanz wird auf Basis des laufenden Geschäfts und des relevanten Stands der Technik abgeschätzt. Der Betrachtungshorizont beträgt in der Regel 20 Jahre (siehe Abb. IX.14). Organisation. Henkel unterhält eine zentrale Patent- und Markenabteilung mit etwa 30 Patentreferenten. Jährlich werden etwa 300 Patentanmeldungen eingereicht. 30% bis 60% der Patentanmeldungen werden extern vergeben.
Marktrelevanz Prio B
Prio A
Reduziertes Länderportfolio
Breites Länderportfolio
Reduziertes Länderportfolio
Breites Länderportfolio
Reduziertes Länderportfolio
Breites Länderportfolio
Aufgabe
Prio C
Aufgabe, Sperrveröffentlichung
Reduziertes Länderportfolio
Aufgabe, Sperrveröffentlichung
Reduziertes Länderportfolio
Aufgabe, Sperrveröffentlichung
Reduziertes Länderportfolio
Schutzbereich („Patentqualität“)
Erfindung 1.
6 Monate nach Anmeldung 2.
24 Monate nach Anmeldung 3.
Erteilung 4.
Abb. IX.14. Systematische Priorisierung während des Erteilungsprozesses
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Bewertung von Patenten Zur Wettbewerbsbeobachtung nutzt Henkel das Dienstleistungsangebot von Derwent und MicroPatent. Etwa 5.000 Patentschriften werden jährlich händisch durchgearbeitet. Der Fokus liegt dabei auf den Aktivitäten der Wettbewerber. Zusätzlich werden mit Schlüsselwörtersuche Technologiefelder überwacht. Verantwortlich für die Überwachung und die Auswertung der Patentdokumente sind die zuständigen Technologiespezialisten. Dies sind in der Regel die Leiter der F&E-Gruppen. So ist beispielsweise der Leiter für die Entwicklung von Wasch- und Spülmitteltabletten verantwortlich für das Suchfeld „Tabletten“. Obwohl die Gruppenleiter in erster Instanz die Verantwortung tragen, können diese in ihrem Team auf die Zuarbeit von weiteren, benannten Technologieexperten zurückgreifen. Der F&E-Leiter lässt sich regelmäßig und direkt von den Leitern der F&E-Gruppen über die Patentsituation berichten. Bei Henkel wird sehr auf die regelmäßige und intensive Arbeit der F&E-Spezialisten mit Patentdokumenten und -informationen geachtet. Nach Durchsicht der Dokumente werden in einem zweiten Schritt auf Basis des neuen Verständnisses entsprechende Handlungsmaßnahmen abgeleitet. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Henkel hat sein Patentportfolio vorwiegend darauf ausgerichtet, den Transfer von Ideen zu Innovationen abzusichern. Dennoch vermeidet Henkel unnötige Risiken und versucht deshalb derzeit nicht, über reine Lizenzaktivitäten weitere Gewinne zu erzielen. Henkel unterhält einige Kreuzlizenzverträge, die Patente, Marken, Geschmacks- und Gebrauchsmuster betreffen. Diese Austauschverträge betreffen aber in keinem der Fälle das Gesamtportfolio, sondern sind auf bestimmte Teilaspekte ausgerichtet und basieren auf einem gegenseitigen Austausch. Betroffen sind beispielsweise Technologien die tatsächlich gebraucht werden oder bei denen man sich die Option eines möglichen späteren Gebrauchs offen halten möchte. Henkel vermeidet in derartigen Vereinbarungen jeglichen finanziellen Ausgleich. Patentmanagement in Kooperationen Henkel operiert erfolgreich mit seinen Kooperationspartnern. Das Unternehmen hat dabei einen eigenen Weg für sein Branchensegment entwickelt: Es wird beispielsweise nicht unter allen Umständen auf die voll-
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ständige Übertragung von in Kooperationen entstehendem Intellectual Property bestanden. Ein Kooperationspartner kann durchaus Patente, Gebrauchsmuster und Marken behalten, die durch diesen in der Kooperation entstanden sind. Dies auch dann, wenn der Partner gegebenenfalls sogar mit Henkels Know-how unterstützt wurde. Henkel praktiziert dabei die Philosophie: „Wir leihen mit Freude“. Im Gegenzug erwartet Henkel allerdings eine Exklusivitätsphase, beispielsweise für Einkaufsverträge. Ein typischer Zeitraum sind dabei zwei Jahre. Der Vorteil aus dieser Vorgehensweise resultiert für Henkel in einer wesentlich höheren Motivation des Partners und in einem Vertrauens- und Attraktivitätsvorsprung. Da Henkel im Vergleich zu seinen direkten Wettbewerbern relativ klein ist, ist es sehr bedeutend, attraktiv für die besten Zulieferer und andere Kooperationspartner zu bleiben. Die Nutzung von externem Know-how zur Ergänzung der eigenen Kernkompetenz gewinnt weiter an Bedeutung. Henkel wird aus diesem Grund verstärkt in Venture Capital Fonds und in Start-up-Unternehmen investieren sowie weltweit verstärkt Forschungskooperationen eingehen. Take Aways Henkel • Aufeinander abgestimmte, sich gegenseitig ergänzende Markenund Patentstrategie. • Festlegung des zulässigen Anmeldezeitraums in Abhängigkeit des potenziell erzielbaren Schutzbereichs. • Interdisziplinäre Teams zur Bewertung von Erfindungen in Bezug auf Marktrelevanz und technische Relevanz. • Vierstufiger Entscheidungs- und Selektionsprozess, der am Patentanmeldeprozess ausgerichtet ist. • Lieferexklusivitätsvereinbarungen in F&E-Kooperationen als Ausgleich für Nicht-Exklusivität bei Patent- und Markenrechten.
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OC Oerlikon Der Oerlikon-Konzern zählt weltweit zu den innovativsten und forschungsintensivsten Industrie-Konzernen. Das Unternehmen ist als Maschinen- und Anlagenbauer in sechs Geschäftseinheiten aktiv: Textilmaschinen, Dünnfilm-Beschichtung, Produktionsanlagen für Dünnschichtsilizium-Solarmodule, Vakuumsysteme, Antriebe und „Advanced Technologies". 2009 erzielten über 16.000 Mitarbeiter an 157 Standorten in 36 Ländern einen Umsatz von 2,9 Milliarden Schweizer Franken. Beispielhaft sei erwähnt, dass sämtliche Formel-1-Motoren Bauteile enthalten, die von Oerlikon mit hochbelastbaren Schichten auf Hochleistung getrimmt wurden; 60% aller Garne für industriell hergestellte Teppiche werden auf Textilmaschinen von Oerlikon gefertigt. Die zurzeit modernsten Solarmodule stammen aus Dünnfilm-Silizium-Beschichtungsanlagen von Oerlikon Solar. Solche Spitzentechnologien kommen nicht von ungefähr. Rund 210 Millionen Schweizer Franken investiert Oerlikon jährlich in F&E, fast 1.500 hochqualifizierte Entwickler und Wissenschaftler arbeiten weltweit an den Innovationen von morgen. Sich immer wieder neu zu erfinden, das technologische Wissen einzusetzen, um vollkommen neue Anwendungen und Märkte zu erschließen: das ist die DNA und das Erfolgsgeheimnis von Oerlikon. Im Folgenden werden die Intellectual Property Aktivitäten von Oerlikon am Beispiel des Bereichs Oerlikon Solar beschrieben. Oerlikon Solar bietet Anlagen und Produktionslinien für die Massenproduktion von Dünnschicht-Silizium-Solarmodulen an. Diese wurden entwickelt, um die Herstellkosten von Solarmodulen zu reduzieren und gleichzeitig maximale Produktivität zu gewährleisten. Die end-to-end Produktionslinien sind komplette Systeme in modularer Bauweise. Sie sind erweiterbar sowohl bei der Verarbeitungsmenge als auch bei der Prozesstechnologie. Als einer der weltweit führenden Anbieter von DünnschichtSilizium-Technologie bietet das Unternehmen seinen Kunden sowohl Amorph- als auch Micromorph®-tandem Technologie an. Der Hauptsitz von Oerlikon Solar befindet sich in Trübbach, Schweiz. Über 750 Mitarbeiter betreiben an 13 Standorten Verkaufs- und Servicecenter in Nordamerika, Europa und Asien. Oerlikon Solar war das weltweit erste Unternehmen, das schlüsselfertige Produktionsanlagen für die Dünnschicht-Silizium-Technologie anbot. Entstanden aus dem früheren Geschäftsbereich Unaxis Displays, wurde 2003 ein weitreichender Zusammenarbeits- und Lizenzvertrag mit der Universität Neuchâtel abgeschlossen, der Oerlikon Solar die exklusive Nutzung
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von grundlegender IP im Bereich amorph/mikrokristalliner tandemjunction Solarzellen auf Glas erlaubt. Diese bis dahin nur im Labor existierende Technologie für Dünnschicht-Silizium-Solarzellen musste jedoch erst für die industrielle Massenproduktion ertüchtigt werden. Dazu wurden bei Oerlikon Solar vorhandene Dünnschicht-Systeme und Know-how, insbesondere zur PECVD Schichtabscheidung (Plasma Enhanced Chemical Vapor Deposition) eingesetzt, aber auch komplett neue Anlagen entwickelt und alle Komponenten und Prozesse in ein Gesamtsystem integriert (endto-end Produktionslinien). Parallel dazu wurde von Oerlikon Solar eine eigene Forschungseinrichtung in Neuchâtel etabliert, in der die Weiterentwicklung der DünnschichtSilizium-Technologie in Richtung höhere Effizienzen vorangetrieben wird. Generierung von Patenten Strategie. Oerlikon Solars IP-Strategie definiert den Stellenwert von Geistigem Eigentum (IP) für das Unternehmen und leitet daraus Ziele für den Umgang mit IP ab - sowohl der eigenen wie auch der IP Dritter. Die IPStrategie gibt somit Leitlinien vor für IP-Themen wie Generierung von IP, Bewertung, Verwertung, Durchsetzung, Überwachung sowie Abwehr von IP-Streitigkeiten. Generell konnte in den letzten Jahren eine weltweit enorme Zunahme von angemeldeten Schutzrechten für den Bereich Solar verzeichnet werden, unabhängig von den technischen Bereichen monokristallin/polykristallin/Dünnschicht. Dies ist eine Folge des globalen Interesses an alternativen Energieerzeugungsmethoden und Green Technologies allgemein. Als Anmelder finden sich Industrieausrüster wie Oerlikon Solar und seine Mitbewerber, Solarmodulproduzenten, Betreiber von Solarparks wie auch Universitäten, Stromkonzerne und viele andere mehr. Die Motivation der Anmelder ist dabei unterschiedlich: Von der spezifischen Sicherung eigener Ergebnisse (beispielsweise Universitäten) über den Aufbau eines Asset-Portfolios als Finanzierungs-Sicherung (Start-UpUnternehmen) bis zur Erzeugung breiter, möglichst unübersichtlicher IPTeppiche werden alle bekannten Taktiken eingesetzt. Das eigene Verhalten für den Bereich Generierung von IP ist daher eine Balance zwischen dem Verhalten des Markts und den eigenen strategischen Vorstellungen. Mit einer Vorgabe Qualität vor Quantität und einer strikten Beschränkung auf Kernprozesse werden unter Umständen zu wenig potenzielle IP-Tauschobjekte erzeugt und die Flexibilität, auf technologisch verwandte Märkte auszuweichen, gemindert. Umgekehrt hat es
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sich gezeigt, dass großflächiges, unkritisches Anmelden von IP die internen wie externen Kosten enorm erhöht. Oerlikon Solar kann und will sich einer breiten Absicherung seiner Innovationen nicht entziehen. Um die Kosten jedoch im Rahmen zu halten, werden die Erfindungsmeldungen nach Durchlaufen einer internen, mehrstufigen Qualitätskontrolle mit geringen externen Kosten als „US provisional application“ angemeldet. Neben geringen Formalerfordernissen spielt eine Rolle, dass damit ein „US filing date“ erreicht wird, sprich diese Anmeldung wirkt in den USA bereits als Prior Art gegen ähnliche, spätere Einreichungen Dritter. Nach wenigen Monaten (in der Regel 3-6) werden die aufgelaufenen Anmeldungen dann erneut hinterfragt: Sind Ergänzungen, Korrekturen, Zusammenfassungen möglich? Können mehrere Anmeldungen synergetisch gebündelt werden? Hat sich die wirtschaftliche Bedeutung der Innovation konkretisiert oder erweist sich eine Entwicklung als Fehleinschätzung? Positiv beurteilte Anmeldungen werden sodann extern von erfahrenen, spezialisierten Patent-Fachanwälten überarbeitet und in der Regel als PCT Anmeldung weitergeführt. Das PCT Verfahren wird trotz seiner Kosten gewählt, da der internationale Recherchebericht eine erneute, zweite Beurteilung der Anmeldung und eine Anpassung der Patentansprüche erlaubt und die Kosten für die nationalen und regionale Anmeldungen aus PCT somit hinter den 30. Monat nach dem Prioritätsdatum verschoben werden. Da die Fertigungsstätten für Solarprodukte sich überwiegend in Asien befinden, die Absatzmärkte jedoch international sind, fallen bei einem breiten Länderbereich die Kosten der PCT Phase relativ gesehen weniger ins Gewicht als die zweite Chance zur Überprüfung. Umgekehrt wird darauf geachtet, dass bei wirtschaftlich relevanten Anmeldungen auch in der Prüfungsphase Anpassungen und Ausscheidung von Teilanmeldungen erfolgen, wo es möglich und wirtschaftlich gerechtfertigt ist. Während der späten Lebensphase werden vierteljährlich alle zur Zahlung fälligen Patente überprüft und der Länderumfang gegebenenfalls angepasst. Das Portfolio ist auf die verschiedenen Produktionssysteme beziehungsweise Anwendungsbereiche von Oerlikon Solars Technologie ausgerichtet. Die Bereichsverantwortlichen entscheiden auch mit über den Länderumfang, Aufgabe und Weiterentwicklung von IP. Das Patentportfolio dient somit zum einen dem Schutz der eigenen Anlagen, die produziert werden und zum anderen den spezifisch entwickelten Herstellprozessen beziehungsweise Produkten. Marken spielen nur eine untergeordnete Rolle, wie oft im Anlagenbau. Für Prozesse gilt das nicht; der Begriff micromorph, der die technisch relevante tandem-junction Solarzelle mit amorpher und mikrokristalliner
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Absorberschicht charakterisiert, konnte für Oerlikon Solar in vielen Ländern erfolgreich geschützt werden. Portfolioinformationen stehen neben der Geschäftsleitung auch der Patentabteilung sowie dem Leiter F&E zur Verfügung. Das Patentbudget wird ebenfalls vom Leiter F&E verantwortet. Die Patentabteilung hat ein marktübliches Software-Tool etabliert, das Fristenüberwachung und Portfoliopflege unterstützt. Der Oerlikon-Konzern hält (Stand 2009) etwa 6000 Patente. Etwas mehr als 400 davon sind Schutzrechte von Oerlikon Solar. Das Portfolio von Oerlikon Solar ist allerdings das mit der jüngsten Struktur im Konzern, da der gezielte Aufbau erst in 2004, basierend auf den Resten des Unaxis Displays Portfolios, begann. Mit über 30 Neuanmeldungen pro Jahr wird angestrebt, das Portfolio im Sinne der oben genannten Leitideen weiterzuentwickeln. Prozesse. Oerlikon setzt zur Technologie-Früherkennung auf Patentanalysen, Besuche internationaler Konferenzen, Zusammenarbeit mit Hochschulen und Fachzeitschriften. Patentanalysen werden dabei vorwiegend eingesetzt, um die Aktivitäten von Wettbewerbern zu überwachen. Ziel ist es, eventuelle IP-Blockaden rechtzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu empfehlen, um Hindernisse zu umgehen, zu vermeiden oder zu beseitigen. Dies wird als ergänzendes Element zur oben beschriebenen IPGenerierung betrachtet. Wo es sinnvoll und möglich ist, möchte Oerlikon Solar störende Schutzrechte frühzeitig „entschärfen“, sei es durch Einsprüche, Verhandlungen oder Bekanntmachung relevanter Prior Art. Organisation. Oerlikon Solar verwendet die Dienstleistungen der Patentabteilung am Standort Balzers/Trübbach mit; damit stehen im Wesentlichen drei Mitarbeiter zur Verfügung: Patent-Professional, Rechercheur und Sekretariat/Verwaltung. Im Segment Oerlikon Solar übernimmt ein Intellectual Property Manager als Gatekeeper die Koordination und Kommunikation zwischen dem Bereich, den Erfindern und der Patentabteilung. Die Ausarbeitung von Patentanmeldungen und die Verfahrensführung werden bis auf wenige Ausnahmen von externen Patentanwälten vorgenommen. Eine zentrale Funktion kommt dem Gatekeeper zu, der die Innovationen in Form von Erfindungsmeldungen erhält, erstmals bewertet und ergänzende Recherchen durchführt. Ist diese Hürde gemeistert, wird die Erfindungsmeldung an die Patentabteilung weitergeleitet, die den Patentierungsprozess wie oben beschrieben leitet und überwacht. Dem Gatekeeper arbeiten Watchguards zu, erfahrene F&E Mitarbeiter, deren Hauptanliegen die Bewertung von Fremdschutzrechten unter dem Sichtwinkel eigener Entwicklungen sind. Sie treffen eine Negativauswahl, sprich filtern im ers-
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ten Schritt irrelevante Fremd-IP aus. Turnusmäßig wird mit dem Gatekeeper und der Patentabteilung dann die Relevanz der vorgefilterten Fremd-IP beurteilt. Kultur. Der rasche Aufbau des Segments Oerlikon Solar hat eine Ausrichtung der Strukturen und Prozesse sowie der Strategie auf das neue Geschäftsfeld erforderlich gemacht. Die erfolgreiche dreiteilige Struktur aus Watchguard, Gatekeeper und Patentabteilung wurde beibehalten und auf den neuen Geschäftszweck ausgerichtet. Als innovationsfördernden Anreiz erhalten die Erfinder bei Oerlikon Solar einen finanziellen Bonus bei erfolgter Patentanmeldung, in Abhängigkeit der Relevanz der Erfindung. Bewertung und Verwertung von Patenten Die Ausrichtung auf den neuen Geschäftszweig Solar erfolgte 2005/2006. Deshalb ist die neue Kern-IP vielfach aktuell mit Produkten verknüpft und damit eine Verwertung durch Dritte (außer Kunden) kein Thema. Ausgehend von früheren Erfahrungen hat sich gezeigt, dass die Verwertung von IP, die intern mit nicht mehr genutzten Anlagen verknüpft ist, selten Erfolg verspricht. Gerade in hochkompetitiven Industrien, wo die Cost of Ownership für Produkte eine bedeutende Rolle spielt, sind Schutzrechte auf alte und damit teurere Anlagen und Prozesse wirtschaftlich nicht attraktiv. Vergleichbares gilt für Verfahrensschutzrechte: Sofern die Prozesse systemübergreifend anwendbar sind, wird die Exklusivität generell höher bewertet als ein möglicher Lizenzgewinn. Eine monetäre Bewertung der Schutzrechte wird nicht regelmäßig durchgeführt. Patentmanagement in Kooperationen Für Oerlikon Solar sind aufgrund der Geschäftstätigkeit als Systemlieferant Kooperationen mit Kunden, Universitäten und Zulieferern von zentraler Bedeutung. Mit Wettbewerbern bestehen im Wesentlichen keine Kooperationen. Die Kooperationsstrategien unterscheiden zwischen den verschiedenen Kooperationspartnertypen: x Bei Kooperationen mit Hochschulen, in EU-Förderprojekten und Firmenkonsortien legt Oerlikon Solar tendenziell den Fokus auf die
OC Oerlikon
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Grundlagenforschung, beziehungsweise die Prüfung der Umsetzbarkeit neuer Konzepte. x Bei Kooperationen mit Kunden oder Zulieferern zielt die Kooperation meist auf Entwicklungen und Verbesserungen ab. Erfahrungsgemäß hat in Kooperationsverträgen aller Art der Anteil an Regelungen bezüglich IP stark zugenommen. Auch Universitäten versuchen nach amerikanischem Vorbild via Lizenzierungen sich zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen. Hochschulen sehen zunehmend eine Voraussetzung darin, dass Kooperationsschutzrechte bei der Universität verbleiben und erst bei Bedarf lediglich an das Auftrag vergebende Unternehmen lizenziert werden, in der Regel zudem nicht-exklusiv. Auch in Kooperationen mit Zulieferern und Kunden spielt IP eine zunehmende Rolle. Angestrebt wird meist eine Aufteilung der Kosten und Rechte. Sublizenzen können nicht ohne vorherige Absprache vergeben werden. Eine Patentinhaberschaft mit Dritten ist daher nicht mehr selten. Bei der Verwertung von Kooperationsergebnissen wird vor der Kooperation klar das im Vorfeld eingebrachte Wissen definiert. Dies erfolgt unter anderem durch vorzeitige Patentanmeldungen. Des Weiteren wird festgelegt, welches Wissen in der Kooperation erarbeitet werden soll. Als Hersteller von Produktionsanlagen ist Oerlikon Solar allerdings sehr darauf bedacht, Intellectual Property aus Kooperationen auch an Kunden weitergeben zu können, da diese die gelieferten Anlagen später betreiben. Exklusivitäten und Geschäftsfeldbeschränkungen werden daher besonders genau auf ihren Nutzen hin betrachtet. Take Aways OC Oerlikon • Die Generierung von IP erfolgt als Balance zwischen Marktverhalten und interner IP-Strategie. • Erfolgreiche dreiteilige IP-Organisation bestehend aus dem Watchguard, dem Gatekeeper und der Patentabteilung. • Der Gatekeeper bewertet die Erfindungsanmeldungen und führt ergänzende Recherchen durch. • Das Schreiben der Patentanmeldungen und die Verfahrensführung wird von externen Patentanwälten vorgenommen. • F&E-Kooperationstätigkeit mit Hochschulen, Zulieferern und Kunden.
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Successful Practice Unternehmen
Porsche Das Automobilunternehmen Porsche 44 geht auf das im Jahr 1931 durch Professor Ferdinand Porsche gegründete Konstruktionsbüro für Luft-, Land- und Wasserfahrzeuge zurück, das aus einer kleinen Gruppe von Entwicklungsingenieuren und einem Patentexperten bestand. Innerhalb weniger Jahre wurden von Porsche wegweisende Konstruktionen patentiert. Hierzu zählen unter anderem die Drehstabfeder für die Radaufhängung, die selbsttragende Karosserie, das halbautomatische Getriebe, das Mittelmotorkonzept für Auto Union Formel 1 Rennwagen sowie der Weltrekordwagen TG 80, der für Mercedes Benz entwickelt wurde. Generierung von Patenten Strategie. Pro Geschäftsjahr weist Porsche rund 250 neue Schutzrechtsanmeldungen aus, darunter Patent-, Gebrauchsmuster- und Geschmacksmusteranmeldungen. Mittlerweile umfasst das Porsche Schutzrechtsportfolio etwa 3.600 nationale und internationale Schutzrechte. Diese Schutzrechte beziehen sich zum einen auf produktoptimierende Lösungen und formschöpferische Innovationen, zum anderen auf richtungweisende technische Systeme (Herrmann 2004). Porsche sieht folgende generellen Gründe für den Aufbau, Erwerb und Einsatz von Schutzrechten: x x x x
Produktschutz zur Sicherung eines Wettbewerbsvorsprungs; Öffnung und Sicherung neuer Entwicklungsrichtungen; Nachweis technischer Kompetenz und Innovationsstärke; Sicherung der Exklusivität von Porsche spezifischen Entwicklungen, beispielsweise Luftleitvorrichtungen und Räder; x Erzielung eines Return on Investments durch Lizenzvergabe und Kreuzlizenzierung. Entwicklungsprojekte sind bei Porsche entscheidend bestimmt durch die Vorgaben der Lastenhefte, Budgetvorgaben und Einsatztermine. Diese Festlegungen steuern und fokussieren sehr stark die – vor allem zeitlichen – Aufwendungen, die Entwickler für Schutzrechtsangelegenheiten bei der Projektdurchführung zur Verfügung stellen können. Bei Porsche begleiten daher ein oder mehrere Patentexperten das jeweilige Entwicklungsprojekt mit folgenden Zielen:
44
Porsche fusionierte 2009 mit Volkswagen.
Porsche
x x x x
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Klarheit über Schutzrechte Dritter; Sicherung eines weit reichenden Patentschutzes; Stärkung des Schutzrechtsportfolios; Grundlagenschaffung für die Verwertung von geschützten PorscheTechnologien.
Dem Unternehmen ist bewusst, dass es schwerlich möglich ist, ein Kraftfahrzeug oder Komponenten davon, beispielsweise Motor oder Getriebe, in Gesamtheit mit entsprechenden Schutzrechten vollständig vor Nachahmern zu schützen. Durch gezieltes Einreichen von Schutzrechtsanmeldungen kann jedoch ein weitreichender Schutz für Entwicklungen und Produkte erzielt werden. Porsche ist es hierdurch gelungen, eine Reihe hochrangiger Erfindungen mit einem umfassenden Schutzrechtspaket abzusichern, wie beispielsweise: x Getriebesynchronisierung; x Al-Kurbelwellenlagerbrücke mit Graugusseinsätzen; x Automatikgetriebe Tiptronic und CVTip mit manuellem und automatischem Modus; x Cabrio Verdecke; x Crashstrukturen für Aufbauten; x Leichtbau-Räder. Fallbeispiel Porsche Carrera GT: Bis zum Vorstellungstag auf dem Genfer Automobilsalon im März 2003 wurden nicht weniger als 126 Recherchen durchgeführt und 82 Schutzrechtsanmeldungen eingereicht, davon 69 Patentanmeldungen und 13 Geschmacksmusteranmeldungen. Die Schutzrechtsanmeldungen betreffen stilistische Formschöpfungen und technische Erfindungen auf den Gebieten Triebwerk, Karosserie, Fahrwerk und Elektrik. Prozesse. Erstanmeldungen werden zunächst in Deutschland angemeldet. Etwa 20% der Anmeldungen werden an externe Kanzleien ausgelagert, komplexe Erfindungen werden aber ausschließlich intern bearbeitet. Unter Wahrung der Priorität werden anschließend Nachanmeldungen in anderen Staaten eingereicht. Die Entscheidung über Art und Umfang von Auslandsanmeldungen hängt dabei von folgenden Prüffaktoren ab: x Bedeutung der geschützten Erfindung für eine Entwicklung beziehungsweise für ein Produkt; x Wertung der geschützten Erfindung; x Prüfungsbescheid zur Erstanmeldung; x Technischer Grad der geschützten Erfindung.
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Soweit die entsprechende Erfindung eine ausreichend gute Bewertung erhält, werden die Länder für Nachanmeldungen ausgewählt. Im Fokus stehen diejenigen Länder, in denen Porsche entsprechende Marktanteile hält. Dazu zählen Europa zumindest mit den Bestimmungsländern Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien sowie die USA und Japan. Herausragende Erfindungen werden je nach Sachlage in China, Korea und von Fall zu Fall auch in weiteren Ländern nachangemeldet. In diesem Zusammenhang nutzt Porsche vor allem das europäische und manchmal auch das internationale PCT-Patentanmeldeverfahren. Organisation. Porsche unterhält eine zentrale Patentabteilung. Die Schutzrechte werden im Forschungs- und Entwicklungszentrum Weissach, Deutschland verwaltet. Kultur. Für Porsche ist eine Geschäftswelt ohne Schutzrechtsinstrumente undenkbar. Schutzrechte werden als Mittel gesehen, den betrieblichen Wert des Unternehmens zu steigern. Neben der Möglichkeit, Dritte von der gewerblichen Nutzung eigener Erfindungen oder Formschöpfungen auszuschließen, erfolgt über die gängigen Informationssysteme eine Verbreitung der von in den Schutzrechten enthaltenen Informationen. Bei Porsche hat die Behandlung von Schutzrechten sogar Satzungsrang. Aufgabe des Managements des Unternehmens ist es daher, das eigene Schutzrechtsportfolio zu entwickeln und zu pflegen. Dabei steht zunächst im Vordergrund, die aus Eigenentwicklungen resultierenden Erfindungen oder Formschöpfungen in Schutzrechte umzusetzen. Allerdings können auch Schutzrechte Dritter von Bedeutung sein, deren Nutzung über Lizenzvereinbarungen zu sichern ist. Lizenznahmen von Dritten ist bei Porsche kein Tabu, zumal es aus wirtschaftlichen Gründen regelmäßig günstiger ist, sich der Nachbaurechte von Schutzrechten Dritter zu versichern, als das Risiko eines Schutzrechtsstreits einzugehen. Bestandteil der Porsche-Entwicklungskultur ist deshalb auch der Erwerb von Lizenzen Dritter. Dies kann begründet sein durch: x Einsparung von Entwicklungskosten durch Übernahme einer Technologie eines Partners; x Beilegung eines Schutzrechtsstreits; x Ausgleich von Interessen durch Schutzrechtsaustausch. Bewertung von Patenten Porsche führt grundsätzlich zu jedem Entwicklungsprojekt Schutzrechtsrecherchen durch. Hierfür werden signifikante Konstruktionen der Entwick-
Porsche
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lungsprojekte in Zusammenarbeit zwischen Entwicklern und Patentexperten analysiert. Die Analyse umfasst ein oder mehrere Merkmale und bildet, gestützt durch zeichnerische Unterlagen, einen Untersuchungsgegenstand für eine Recherche am Deutschen Patent- und Markenamt. Sie wird regelmäßig von einem freien Mitarbeiter durchgeführt. Das Rechercheergebnis zu dem Untersuchungsgegenstand wird von einem internen Patentexperten ausgewertet, der darauf basierend einen Recherchebericht mit folgendem Inhalt erstellt: x Untersuchungsgegenstand; x Durchführung der Recherche am Deutschen Patent- und Markenamt, in Datenbanken oder dergleichen; x Kommentierung wenigstens eines, das heißt des nächstliegenden Standes der Technik; x Fazit des Untersuchungsergebnisses; x Entgegenstehende Schutzrechte; x Freier Stand der Technik; x Erfindungsüberschuss des Untersuchungsgegenstandes gegenüber dem Stand der Technik. Auf Basis des jeweiligen Rechercheberichts werden folgende Wirkungen beabsichtigt und erzielt: Die Entwicklungsabteilung überprüft den beschriebenen Untersuchungsgegenstand mit der tatsächlichen Konstruktion und erhält eine Übersicht über den relevanten Stand der Technik. Etwaige Schutzrechte Dritter werden ermittelt und können bei den weiteren Arbeiten des Entwicklungsprojekts berücksichtigt werden. Darüber hinaus können Entwickler und Patentexperten den Erfindungsüberschuss gegenüber dem Stand der Technik herausarbeiten, auf dessen Basis die Patentanmeldung ausgearbeitet wird. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Porsches Satzung legt fest, dass die Verwertung technischer Schutzrechte Bestandteil der Geschäftstätigkeit ist. Lizenzgeschäfte sind heute Bestandteil des Geschäftsalltags des Unternehmens und werden als Ausdruck eines weit blickenden Unternehmertums gesehen. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass einerseits verwertbare Immaterialgüter nicht nur im eigenen Betrieb genutzt, sondern auch anderen Partnern entgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Andererseits besteht auch keine Scheu, Lizenzen von Dritten zu erwerben. Bei Porsche hat die Vergabe von Lizenzen auf eigene Schutzrechte eine lange Tradition. Dabei soll generell ein Return on Investment auf mit
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hohen Kosten erworbenen Entwicklungsergebnissen erzielt werden, die mit Schutzrechten abgesichert sind. Allgemeine Bewegungsgründe für Lizenzaktivitäten sind dabei: x Erwirkung eines Returns on Investment; x Beilegung von Patentstreitigkeiten; x Einsparung von Forschungs- und Entwicklungskosten durch Erwerb einer Lizenz auf Schutzrechte Dritter; x Markteröffnung und Markterhaltung, unter anderem in Ländern, wo Export durch Zölle sowie Import- und Devisenrestriktionen erschwert ist; x Schutz bestehender Technologien, indem exklusive Lizenzen auf Entwicklungen genommen und vorrätig gehalten werden, die das bestehende Produkt obsolet zu machen drohen. Zur gezielten Vergabe von Lizenzen auf Schutzrechte hat Porsche eine Lizenzabteilung eingerichtet, deren Mitarbeiter über umfassendes Wissen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, der Technik und auch des Marketings verfügen. An zu verwertende Schutzrechte stellt Porsche die Anforderung der Rechtsbeständigkeit, die Bewährung der Erfindung oder Formschöpfung in der Praxis sowie die Schutzwirkung in relevanten Marktländern. Porsche hat in der Vergangenheit sogar mit externen Brokerunternehmen kooperiert, um zahlreiche potenzielle Lizenznehmer zu akquirieren. Allerdings gelang es nicht, konkrete Lizenzverträge abzuschließen. Als kritische Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Vermarktung der Schutzrechte stellten sich dabei die Güte der Schutzrechte und die jeweiligen Marktgegebenheiten heraus. Als Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vermarktung sieht Porsche deshalb: x Akzeptanz des geschützten Gegenstands vom Markt; x Bewährung des geschützten Gegenstands in der Praxis – „The proof of the pudding is in the eating“ (Herrmann 2004); x Umsetzbarkeit des geschützten Gegenstands mit vertretbaren Mitteln; x Offenheit der Unternehmen, einen geschützten Gegenstand eines Dritten zu verwerten – Keine Not-Invented-Here-Kultur; x Wirtschaftliche Vertretbarkeit der Lizenzgebühren für den geschützten Gegenstand. Die jährlichen Lizenzeinnahmen bei Porsche liegen im zweistelligen Millionenbereich. Dies führt Porsche einerseits auf eine hohe Anzahl an Lizenznehmern und andererseits auf neue Lizenzverträge mit hochrangigen Partnern zurück. Porsche hat mit rund 70 Lizenzpartnern über 90 laufende Lizenzverträge, die ein hervorragendes Netzwerk von Lizenzbezie-
Porsche
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hungen darstellen. Diese Lizenzbeziehungen dauern in einigen Fällen seit über 20 Jahren an und sind stark geprägt von gegenseitigem Vertrauen und angemessenen Bedingungen in den entsprechenden Verträgen. Die Grundlage für den Erhalt und die Ausweitung der Lizenzaktivitäten bilden bei Porsche: x Pflege des Netzwerks; x Studium der Produkte Dritter durch Produktzerlegung auf eventuelle Nutzung von Porsche Schutzrechten, über Literatur und durch Messebesuche; x Lizenzangebote an potenzielle Lizenznehmer; x Unterstützung durch externe Spezialisten, wie beispielsweise Broker. Patentmanagement in Kooperationen Porsche gestaltet und pflegt Vertragsbeziehungen auf Basis folgender Grundprinzipien: x Verträge, insbesondere Lizenzverträge, sind ein geeignetes Mittel, um die Grundregeln einer Vertragsbeziehung schriftlich und übersichtlich niederzulegen. Allerdings lassen sich nicht immer alle erdenklichen Möglichkeiten explizit festlegen. x Eine positive Vertragsbeziehung ist dann gegeben, wenn beide Vertragspartner daraus ihren Nutzen ziehen können. Unausgewogenheiten belasten dabei ein Vertragsverhältnis. x Gute Vertragsbeziehungen werden bereits bei den Vertragsverhandlungen entwickelt. Beide Vertragspartner legen ihre Interessensstruktur offen dar und gestalten darauf aufbauend eine gemeinsame Konzeption. x Unterschiedliche Standpunkte sind zu diskutieren, um daraus gemeinsame Lösungen zu finden. x Zur Pflege der Vertragsbeziehung dient die weitere Betreuung von Lizenzverträgen nach Vertragsabschluß. Porsche sieht darin eine gegenseitige Dienstleistung der Vertragspartner. Regelmäßiger Kontakt untereinander – nicht nur im Rahmen der Lizenzabrechnung – pflegt die Vertragsbeziehung ebenso wie die Information des Lizenzgebers über den Stand der Vertragsschutzrechte oder des Lizenznehmers über sich ändernde Nutzungsumfänge. x Partnerschaftliche Beziehungen zu Lizenzpartnern, seien es Lizenznehmer oder Lizenzgeber, aufzubauen und zu pflegen ist ein wichtiges Unternehmensziel von Porsche, da darin die Grundlage für das Entstehen einer Kultur gesehen wird, die weit reichende Lizenzaktivitäten unterstützt.
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Take Aways Porsche • Lange und tief verwurzelte Tradition Schutzrechte zum Schutz eigener Innovationen einzusetzen. • Patentrecherchen sind grundsätzlich Bestandteil eines jeden Entwicklungsprojekts und werden zur Abgrenzung der eigenen Erfindungen herangezogen. • Offene Innovationskultur: Es werden sowohl Lizenzen von Dritten genommen als auch Lizenzen vergeben. • Der Verwertungsgedanke geschützter Technologien und Produkte ist Bestandteil der Unternehmenssatzung. • Klare Grundregeln zur Gestaltung und Pflege von Vertragsbeziehungen.
Schindler
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Schindler Schindler ist ein weltweit führendes Unternehmen im Markt für Aufzüge und Rolltreppen und beschäftigt heute über 43.000 Mitarbeiter, davon rund 430 in der zentralen Forschung und Entwicklung. Hauptabsatzmärkte sind Europa, die USA und Asien, wobei Asien hohe Wachstumsraten aufweist. Als Hauptwettbewerber gelten OTIS, ThyssenKrupp, Kone und Mitsubishi. In der Branche herrscht ein großer Preiskampf. Neben der Entwicklung und Produktion von Aufzugsystemen gelten Wartung und Service sowie Modernisierung als wichtige Tätigkeitsgebiete und Einnahmequellen. Die Fertigungstiefe ist dabei nach wie vor relativ hoch. Das Gesamtpatentportfolio von Schindler weist etwa 9.000 aktive Patente auf. Rund 80% der Patente kommen aus der F&E-Abteilung. Pro Jahr werden etwa 80 Patentneuanmeldungen vorgenommen. Im Falle einer Patentverletzung mit strategischer Bedeutung entscheidet der KonzernVerwaltungsratsausschuss darüber, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden oder nicht. Generierung von Patenten Strategie. Die Grundzüge der globalen Intellectual Property Strategie werden vom Verwaltungsrat der Inventio AG verabschiedet, eines in einer eigenen Gesellschaft gefassten, globalen Intellectual Property Bereichs von Schindler. Der Leiter der zentralen F&E ist Mitglied im Verwaltungsrat von Inventio. Hierdurch ist sichergestellt, dass die F&E-Strategie regelmäßig mit der Business Strategie abgeglichen wird. Die weltweite Umsetzung der Intellectual Property Strategie obliegt dem Management von Inventio in Abstimmung mit dem Product-Line-Management und der F&E. Entwicklungskooperationen existieren mit diversen Technologiepartnern und werden durch die F&E beziehungsweise das Board initiiert und durchgeführt. Make-or-Buy-Entscheide werden von der Inventio zusammen mit F&E und der Market Organisation gefällt. Bei der Ausführung der Patentstrategie fließen die Ziele von Schindler und daraus abgeleitete Ziele der F&E, der Stand eigener Entwicklungen, Technologien, die Marktanforderungen sowie Codes und Standards ein. Einflussfaktoren sind: x Intern: Entwicklungsprojekte, Studien, Durchsetzung der eigenen Schutzrechte am Markt sowie steuerliche Optimierungen.
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x Extern: Entwicklungen in Technologien, auch für andere Branchen und Konkurrenzaktivitäten sowie Industrie- und allgemeine Trends im Bereich des geistigen Eigentums. Veränderungen im Markt und Veränderungen von internen Zielen nutzt Schindler zu einer Adaption der Strategie. Strategische Bausteine, die nicht zum gewünschten Erfolg beitragen, werden neu definiert. Die Patentstrategie ist Top-down entwickelt, schriftlich formuliert und intern kommuniziert worden. Zur Definition und Formulierung strategischer Elemente greift Schindler auf externe Berater zurück. Zur Umsetzung der Patentstrategie ist ein Abgleich des Patentportfolios mit den Hauptaktivitäten von Schindler erforderlich mit Fokus auf: x Frühzeitiges Aufspüren von Trends und potenziellen Aktivitätsfeldern; x Anwendbare Bewertungskriterien für ein effizientes und nachhaltiges Assessment von Ideen und Erfindungen; x Effektive Kommunikation zwischen F&E, Product-Line-Managern und den Inventio-Patentanwälten; x Funktionelle Verantwortungsteilung mit Win-Win-Basis. Hauptziel der Intellectual Property Strategie ist der Aufbau eines strategischen Schutzportfolios für alle entscheidenden Produkte und Dienstleistungen. Dabei sollen zusätzlich die Bewegungsfreiheit und der Marktwert des Intellectual Propertys gesteigert werden: „Boost Ideas to IP Values and Ensure Freedom-of-Action“ (Abb. IX.15). Darunter versteht Schindler den Schutz von technischen Lösungen beziehungsweise den Einsatz von Technologien in den Produktgruppen Aufzug und Fahrtreppen mit dem Ziel: x Den Weg offen halten, um technische Lösungen selber umsetzen zu können; x Wettbewerber daran hindern, diese Lösungen umzusetzen oder zu patentieren. Es werden dabei die Ziele der verschiedenen Anspruchsgruppen verfolgt. Der F&E sollen vorwiegend freie Entwicklungsaktivitäten ermöglicht werden. Den Product-Line-Managern soll als Marktvertreter die Möglichkeit einer freien Definition von Produkten und von Angeboten technologisch optimaler Lösungen im Vergleich zum Wettbewerb gegeben werden. Die Intellectual Property Strategie von Schindler befindet sich derzeit in der Implementierungsphase. Bei der Vermittlung des Patentstrategieprozesses übernimmt bei Schindler das F&E-Management-Team die federführende Rolle. Die Patentspezialisten der Inventio sind in den Entwicklungs-
Schindler
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prozess integriert und konzentrieren die Ressourcen auf die strategisch wichtigen Themengebiete. Folgende Ziele werden operationalisiert: x Besetzung zukunftsträchtiger Schlüsseltechnologien durch Monopolrechte; x Größtes Portfolio an durchsetzungsstarken Patenten im Aufzugs- und Fahrtreppenbau; x Verletzungsfreier Einsatz der bestmöglichen Technologie; x Erfolgreiche Vernichtung störender Fremdpatente; x Positive Lizenzbilanz mit Wettbewerbern. Prozesse. Der Implementierung der Intellectual Property Strategie liegen vier wesentliche Kernprozessschritte zugrunde (Abb. IX.15): x Trend Team: Marktanalyse und Technologiescouting; x Exploitation: Förderung und Nutzung von internen Ideen; x Portfolio Management: Durchführung von Patentportfolio-Analysen, Aufspüren von Chancen und Risiken, Wettbewerbsüberwachungen, Make-or-Buy-Entscheidungen; x Invention Process: Durchgängiger Erfindungsmeldungsprozess mit Klassifizierung. Des Weiteren werden Patentanalysen zur Generierung von neuen Ideen eingesetzt. Patentanalysen stellen eine von verschiedenen Informationsquellen zu Wettbewerbsaktivitäten dar. Schindler versucht mittels der Patentanalysen auch seine Technologieführerschaft auszubauen und somit
Boost Ideas to IP Values & Ensure Freedom of Action Trend Team • Anticipate Trends
Exploitation • Encourage Ideas
• Trend Mapping • Assess Ideas • Propose studies
Portfolio Management • Portfolio Analysis • Infrigements • Morphology • Alternatives
• Portfolio Synthesis • Exploit Ideas • WS or • Study Proposal
• IP-Opportunities • Extension to Cluster
• Competitor Survey • Make or Buy
Invention Process • Integr. PCP • Invention Workflow
• IP-Manager • First level support • Education
• Classification • Incentives
Invention Database and Patent Database
Abb. IX.15. Intellectual Property Strategie mit Kernprozessen bei Schindler
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die Branche technologisch zu beeinflussen. Generelles Hauptziel ist es, die eigene Handlungsfreiheit zu erhalten. Invention Process: Die Generierung von Erfindungsmeldungen ist bei Schindler ein wichtiges Ziel der F&E und wird dementsprechend auch in den persönlichen Zielvereinbarungen stark gewichtet. Die erforderlichen Entscheidungen werden dabei ausschließlich von Inventio getroffen. Der Schindler Invention Process erfolgt in zwei Teilprozessen, beginnend mit der Ideenbewertung und abschließend mit der Patentierbarkeitsbewertung (Abb. IX.16): x Im Idea-Disclosure Prozess werden Ideen von den Erfindern entwickelt und unter Einbezug des Supervisors nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien bewertet; x Im Invention-Disclosure Prozess werden die Ideen dann auf die Eignung zur Anmeldung zum Patent geprüft. Ein wichtiges Kriterium ist hierbei die Abgrenzbarkeit vom Stand der Technik. Erstanmeldungen werden ausschließlich durch Inventio initiiert. Für Nachanmeldungen wird die Relevanz des Stands der Technik berücksichtigt. Hierzu holt Inventio Stellungnahmen von Schindler-Produktverantwortlichen ein und trifft auf dieser Basis eine entsprechende Länderauswahl (Abb. IX.17). Die Auswertung derartiger Informationen und die darauf beruhenden Investitionsentscheidungen erfordern langjährige Erfahrung und vorausschauendes Denken der Inventio-Geschäftsführung. Für die Aufrechterhaltung von Schutzrechten werden in der Regel alle zwei Abandoned 75%
Ideas
No
Idea Disclosure
Invention Disclosure 10%
25%
Yes
Search
Yes
Evaluation 15%
Drafting
No
Patent Database
Application Idea-Disclosure Prozess Invention-Disclosure Prozess
Abb. IX.16. Teilprozesse Portfolio Management bei Schindler
Schindler
323
Jahre die Produktverantwortlichen schriftlich angefragt. Die Entscheidung erfolgt schlussendlich jedoch bei Inventio. Portfolio Management: Das Portfoliomanagement ist eng mit der Entwicklung und der Vermarktung der Produkte verbunden. In Bezug auf den Einfluss auf die Ideengenerierung werden bestimmte Schwerpunkte gepflegt; beispielsweise reifen Weiterentwicklungen in gemeinsamen Workshops von F&E und Inventio gezielt zu Erfindungsmeldungen. Portfolioinformationen und der damit verbundene Informationsfluss werden von Inventio zur Verfügung gestellt. Die Kommunikation mit Schindler erfolgt sowohl traditionell per Formular und Postzustellung als auch auf elektronischem Wege. Im Rahmen seines Intellectual Property Managements versucht Schindler generell die Lancierung von Patentanmeldungen mit geringer Erfolgswahrscheinlichkeit zu verhindern, mögliche Verletzungen zu erkennen und somit mögliche Klagen zu verhindern. Invention and Patent Database: Mittels einer virtuellen Erfindungsdatenbank werden wertvolle Kriterien für eine effiziente und pragmatische Bewertung von Ideen und Erfindungen zur Verfügung gestellt (Abb. IX.18). Eine in der Erfindungsdatenbank implementierte Patentmapping-Funktion ermöglicht die aktive Gestaltung des Schindler-Inventio Patentportfolios. Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung des Ideen- und Erfindungsmeldungsprozess bei Schindlers sind:
IP Process
5 Invention Description
4 Supervisor Evaluation
3
2
Invention Assessment
1
Patent Assessment
Choice of Countries
Maturity Visibility
R&D
0 1
PLM, POO
Process & Access Level
2
INVENTIO 3
4
FORUM
Supervisor 5
Inventor
free selection of discussion members t
Abb. IX.17. Generierungsprozess Intellectual Property bei Schindler
324
Successful Practice Unternehmen
x Garantierte Privatsphäre für den Erfinder in einem bestimmten Umfang; x Einfache Einbeziehung von Kollegen, Mitarbeitern und Partnern während Studien und Projekten; x Supervisor-Feedback, in der Regel von Projekt- oder F&E-Leitern zu Ideen, um eine weitere Wertschöpfung zu erhalten; x Erweiterte Informationsbasis für Inventio-, F&E- und Product-LineManager; x Größere Informationsverfügbarkeit innerhalb Schindlers; x Funktionsteilung für alle Entscheidungsträger; x Abgestimmtheit über den Ablauf der Wertschöpfungskette; x Objektive Erfindungsvergütung; x Management-Tool für Patentmapping. Die Erfindungsdatenbank ermöglicht eine einfache Dokumentation von Ideen. Dabei hatte Schindler zunächst das Problem zu lösen, dass einerseits der Drang des Erfinders zur Kommunikation und andererseits das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen und des Unternehmens berücksichtigt werden musste. Die Datenübertragung und Kommunikation zwischen den Beteiligten erfolgt innerhalb eines verschlüsselten Intranets. Speziell für die Anforderungen des US amerikanischen Erfinderrechts (first-to-invent-Prinzip) erhalten alle Dokumente einen unwideruflichen
Studies
C0 – C4
C4 – C6
C6 – C8
MOL
Invention Database 5 Invention Description
C&S, C&S, M&C M&C Trends Trends Technology Technology Inputs
4
3
Supervisor Evaluation
2
1
Invention
Patent
Assessment
Assessment
Choice of countries
Search
Evaluation Info (Matrix)
Search Classification
0
Patent DB
Abb. IX.18. Erfindungsdatenbankkonzept bei Schindler
Reports Interpretations Surveys Analysis
0 Publish in R&D
Schindler
325
Zeitstempel, welcher das Dokument „einfriert“ und unveränderbar macht. So können Erfindungen zeitgenau nachgewiesen werden. Durch unterschiedliche Ebenen der Zugriffsberechtigung konnte die Zugänglichkeit für Nutzergruppen und damit die Vertraulichkeitsstufe geregelt werden. Durch eine konsequente Einführung und Kommunikation konnte Schindler eine hohe Akzeptanz bei den Anwendern erreichen. Organisation. Wie bereits beschrieben, ist die Intellectual Property Abteilung bei Schindler in die Tochtergesellschaft Inventio ausgelagert. Diese hält sämtliche Intellectual Property Rechte und ist weltweit für deren Erwerb, Durchsetzung und Verwertung verantwortlich. Inventio wird intern als kundenorientiert, vielfältig und kooperativ beschrieben und bietet der F&E Unterstützung in wichtigen Fragen. Kultur. Die Innovationstätigkeit wird immer wichtiger und der Schutz dieser Innovationen durch Patente hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Intellectual Property hat somit eine strategische Bedeutung im Unternehmen erhalten. Das Ziel der F&E ist es dabei, wertvolle Innovationen hervorzubringen und diese in Patenten vollständig zu schützen. Inventio zielt auf Sensibilisierung der F&E sowie die Erstellung von qualitativ hochwertigen Schutzschriften ab. Ein erster wichtiger Maßstab ist die Quantität von Erfindungsmeldungen und auch von angemeldeten Schutzschriften. Des Weiteren sehr wichtig ist die Qualität der Erfindungen. Qualität kann nur durch reichhaltige Informationsübermittlung gesteigert werden, das heißt, wenn innovative Ideen vollständig als Patentanmeldung erfasst werden. Daher wird dem Ideen- und InnovationsManagement eine große Bedeutung beigemessen. Veränderungen im Intellectual Property Umfeld, wie Umstellungen der Sicherheitsnormen für Aufzüge, bewirkten ein Umdenken. Die Ablösung von Vorschriften über konkrete Schutzmaßnahmen durch die Formulierung von Schutzzielen hat zu einem Innovationsschub geführt. Die Konkurrenz und speziell der Wettbewerber Kone hat diese Möglichkeit wahrgenommen, innovative Produkte auf den Markt gebracht und sofort eine aggressive Patentstrategie verfolgt. Dies hat auch bei Schindler zu einer Sensibilisierung für Intellectual Property bezogene Themenstellungen geführt. Aufgrund des Preiskampfes und der ähnlichen Pflichtenhefte, sind auch die technischen Lösungen ähnlich und innovative kostengünstige Lösungen bieten große Marktvorteile. Die Initiative hierzu ging gleichermaßen von Inventio und der F&E aus, um auch in Zukunft die notwendigen Handlungsfreiheiten zu haben. Erforderliche Veränderungen mussten so initiiert werden, dass ein klarer Nutzen für den einzelnen F&E-Mitarbeiter sichtbar wurde, ohne den Arbeitsprozess zu stark zu beeinflussen. Misserfolge äußern sich durch
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Ignoranz von Veränderungsprojekten. Hier ist Überzeugungsarbeit nötig, die von den Vorgesetzten vorgelebt werden sollte. Eine kontinuierliche Verbesserung führt schlussendlich zum Ziel. Dadurch werden die Veränderungen langsam eingeführt und können kontinuierlich verbessert werden. Zuerst sollten sekundäre Prozesse verändert werden, um die generelle Akzeptanz von Veränderungsprozessen zu erfühlen, dann breite Unterstützung für primäre Prozessveränderungen gesammelt und konzertiert vorgegangen werden. Die Kommunikation von Veränderungen erfolgt bei Schindler einerseits über Präsentationen in Managementmeetings und in Abteilungssitzungen sowie per Email und über Datenbanken. Hier wird auf bestehende Mittel zurückgegriffen. Wenn möglich, werden keine neuen Datenbanken geschaffen, sondern allenfalls bestehende Datenbanken erweitert. Bei Schindler hat sich die Zusammenarbeit zwischen F&E und Inventio bewährt. Zur Initiierung von Veränderungsprozessen werden alle Beteiligten angesprochen, denn nur wenn eine Win-Win-Situation vorliegt, nehmen diese am Veränderungsprozess teil. Bewertung von Patenten Als Basis für die Bewertung von Patenten nutzt Inventio eine intern entwickelte IP-Datenbank. Die Patente werden innerhalb der Datenbank klassifiziert. Die Klassifizierung wird dabei von drei Seiten vorgenommen: von der F&E, vom Verkauf und von Inventio. Die Herausforderung ist, die drei verschiedenen Klassifikationsansätze – die F&E klassifiziert beispielsweise nach System oder Funktion, der Verkauf nach Markt, Inventio nach Patentklasse – zu vereinen und eine einheitliche Klassifikation zu erhalten. Die Schlagworte der Klassifikationen werden etwa alle zwei Jahre gemeinsam festgelegt. Die Bewertung von Einzelschutzrechten und Schutzrechtsbündeln erfolgt ebenfalls nach Rückfrage bei den Produktverantwortlichen durch Inventio. Die Produktverantwortlichen sind matrixartig strukturiert. Schindler setzt Verantwortliche sowohl für einzelne Produktgruppen ein, beispielsweise für Commodity, Customer, Design, als auch für die lokalen Märkte der einzelnen Produktgruppen, beispielsweise für Europa, Asien und Amerika. So werden Aufzüge für Hochhäuser mit mehr als 20 Stockwerken hauptsächlich in Asien verkauft. In den USA, Spanien und Italien werden viele Hydraulik-Aufzüge verkauft. In Europa und Japan werden vor allem Commodity-Aufzüge verkauft. Die Patente werden mit Hilfe eines einheitlichen Bewertungsbogens und einem Punktesystem qualitativ bewertet. Der Bewertungsbogen berücksichtigt sowohl die wirtschaftliche
Adressaten
Schindler
Erfinder Patentanwalt Patentamt
Anforderungen
kreative Phase
• Klarheit • Vollständigkeit • Weite des Schutzumfangs • Erteilungschancen • Nicht-Umgehbarkeit
Geschäftsleitung Entwickler Patentanwälte Patentämter Mitbewerber
Verkäufer Kunden Mitbewerber Geschäftsleitung Patent- und Rechtsanwälte Gerichte
Entwicklungsphase
• Schärfe der Patentansprüche • Umfang des Schutzterritoriums • Gültigkeit • Durchsetzbarkeit
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Reifephase
• Kostenvorteil • Kundennutzen • Umsatz
Abb. IX.19. Erfindungsdatenbankkonzept bei Schindler
Sichtweise (Markterfolg) wie auch die juristische Sichtweise (Nachhaltigkeit). Zusätzlich erfolgt eine Bewertung nach technischen Aspekten. Abb. IX.19. stellt Inventios Patentbewertungskriterien entlang des Technologieprozesses, bestehend aus der kreativen Phase, der Entwicklungsphase und der Reifephase, dar. Ziel der Bewertung ist es, die jeweilige Qualität der Patente zu evaluieren. Oberhalb der Phasen sind die Adressaten der Bewertung aufgezeigt. Unterhalb des Prozesses sind jeder Phase Bewertungskriterien zugeordnet. Der Markterfolg wird an den Kriterien Kostenvorteil, Kundennutzen und Umsatz bewertet. Die Anforderungen an die Technik sind die Schärfe der Patentansprüche, Klarheit, Vollständigkeit und Weite des Schutzumfangs. Erteilungschancen, Umgehbarkeit, Umfang des Schutzterritoriums sowie Gültigkeit und Durchsetzbarkeit des Patents sind die Kriterien zur Evaluierung der Nachhaltigkeit. Im Rahmen der Technologie-Früherkennung wird der Wettbewerb beobachtet und wenn möglich, schnell reagiert. Patente wurden als wichtige Informationsquelle für technologische Entwicklungen erkannt. Schindler setzt insbesondere Technologie-Scanning, Technologie-Monitoring und Competitive Technical Intelligence ein, wie beispielsweise Literatur, Zeitschriften, Internet, Forschungseinrichtungen, Konkurrenzprodukte, Patente, interne und externe Experten sowie die Trend Teams. Zur Technologie-
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Früherkennung zieht Schindler aber auch Patentanalysen heran. Dabei wird die Zielsetzung verfolgt, regelmäßig Patentrecherchen und Patentanalysen zu bestimmten Technologiebereichen aufgrund von internen Erfindungsmeldungen durchzuführen. Davon ausgehend werden vereinzelt umfangreiche Patentanalysen in wichtigen Technologiebereichen der Aufzugsbranche veranlasst. Hauptfragen im Rahmen der Patentanalysen sind: x Sind unsere Ideen patentierbar? x Verletzen wir fremde Patente? x Gibt es noch weiße Felder in bestimmten Technologiebereichen? Des Weiteren gilt es, insbesondere die Festlegung von Patentclustern sowie die Erkennung von Konkurrenzaktivitäten und von Trends vorzunehmen. Der Umfang der Patentanalysen schwankt, je nach Bedeutung des Falles. Bei Erfindungsmeldungen sind maximal zwei Arbeitstage vorgesehen, bei Abklärungen oder im Rahmen von Patentverletzungsgutachten kann sich der Aufwand vervielfachen. Die Patentrecherchen werden über das F&E-Technologiemanagement und durch Inventio durchgeführt. Externe Partner werden nicht hinzugezogen. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Schindler ist grundsätzlich bereit, Lizenzen zu vergeben. Dabei wird vorwiegend mit Zulieferern zusammengearbeitet. Für Schlüsseltechnologien, die selbst weltweit vermarktet werden können, wird konsequent Exklusivität anstrebt, um Wettbewerbsvorteile realisieren zu können. Patentmanagement in Kooperationen Kooperationen mit Entwicklungspartnern, die Entwicklungen im Auftrag der F&E durchführen, sind bei Schindler an der Tagesordnung. Schindler kooperiert auch mit Zulieferern, die Ihre Komponenten nach Wunsch von Schindler anpassen, damit diese Komponenten optimal zu den bestehenden Systemen passen. Lizenzierung von Schutzrechten im Rahmen von Partnerschaften mit Lieferanten nimmt tendenziell kontinuierlich zu. Kooperationen mit Partnern in Forschungsprojekten sind eher selten. Schindler konzentriert sich auf das Geschäftsfeld Aufzüge und Fahrtreppen, was dazu führt, dass viele Komponenten von Zulieferern bezogen werden. Im Rahmen von Entwicklungsprojekten werden auch Kooperationen eingegangen, bei denen gezielt externes Know-how benutzt wird. Die
Schindler
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Anzahl an Kooperationen und auch an Kooperationspartnern ist groß, aufgrund der verschiedenen technischen Gebiete, die abgedeckt werden müssen: 15% bis 20% des F&E-Budgets fließen in Kooperationen. Schindler hält folgende Kooperationsanteile: x x x x
Zulieferer für Komponenten oder Entwicklungsleistungen: Kunden: Wettbewerber: Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen:
~ 90% ~ 3% ~ 3% ~ 3%
Die Kooperationspartner werden projektbezogen evaluiert. Dabei versucht man, Partner zu wählen, mit denen man bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Somit wird auch die Anzahl an Kooperationspartnern minimiert. Vor der Wahl des Kooperationspartners wird ein Selfassessment des potenziellen Partners durchgeführt. Kooperationspartner müssen in der Regel Mindestkriterien erfüllen, um berücksichtigt zu werden, beispielsweise im Bereich der Zertifizierung. Nach Abschluss der Kooperation im Bereich von Entwicklungsprojekten wird eine Beurteilung des Kooperationspartners durchgeführt, die dann bei der Wahl eines Partners in einem neuen Entwicklungsprojekt herangezogen wird. Der Anteil an erfolgreichen Kooperationen liegt bei über 80%. Schindler hat die Erfahrung mit folgenden Erfolgsfaktoren in Bezug auf Kooperationen gemacht: x Gezielte Auswahl der Kooperationspartner aufgrund Ihrer Kernfähigkeiten, die nicht im eigenen Hause vorhanden sind; x Klare Anforderungen, Spezifikationen und intensive Begleitung; x Vermittlung des Gesamtbilds. Intellectual Property gewinnt in allen Kooperationen heute stark an Bedeutung, insbesondere bei Kooperationen im Bereich des F&ETechnologiemanagements, da Intellectual Property bei Studien eine Sonderstellung hat. In Entwicklungskooperationen, bei denen die Entwicklung im Auftrag von Schindler erfolgt, beansprucht Schindler generiertes Intellectual Property vollständig und führt das Patentannmeldeverfahren. In Sonderfällen wird den Zulieferern ein Nutzungsrecht außerhalb des Bereichs Aufzüge und Fahrtreppen gewährt. Die Patentkosten für Erstellung, Anmeldung und Aufrechterhaltung trägt Schindler. Bei Komponentenlieferanten sind Sublizenzen möglich. Ein Bestandteil der Entwicklungsverträge ist daher das Abtreten des Intellectual Propertys an Schindler. Die gemeinsame Patentinhaberschaft hat für Schindler keine Bedeutung.
330
Successful Practice Unternehmen
In Bezug auf die Verwertung der Kooperationsergebnisse verbleibt vorab eingebrachtes Intellectual Property beim Zulieferer und Schindler versucht gegebenenfalls, erforderliches Intellectual Property zu kaufen oder, wenn dies nicht möglich ist, eine Lizenz zu nehmen. Als Hauptherausforderung sieht Schindler, dass die Rechte von Erfindungen klar geregelt sein müssen, da es sonst Streit und Doppelspurigkeiten geben kann. Falls derartige Regelungen nicht zustande kommen, besteht die Gefahr, dass die Partner beispielsweise separate Schutzrechte für die gleiche Erfindung anmelden. Auch müssen eventuelle Lizenzen klar geregelt werden, insbesondere wenn ein Partner die Erfindung exklusiv verwerten möchte. Take Aways Schindler / Inventio • Eigene Gesellschaft als Intellectual Property Inhaberin. • Klar formulierte Patentstrategie mit Kernprozessen. • Zweistufiger Selektions- und Entscheidungsprozess zur Anmeldung von Erfindungen. • Einbindung der Patentexperten in den Technologie-Früherkennungsprozess und in Trend Teams. • Erfindungsdatenbank als Informationsplattform für Erfinder. • Generierung von Erfindungsmeldungen ist Bestandteil der F&EZielvereinbarungen. • Fast 20% des F&E-Budgets fließt in Entwicklungskooperationen.
X. Anhang
Fakten und Trends Im Folgenden sind einige für den Praktiker interessante Fakten, Einstiegshilfen, Trends und Statistiken zu Patenten aufgeführt: x x x x x x x x x x x x
Aufbau einer Offenlegungsschrift. Aufbau von Patentschriften. Schriftenartencodes bei Patentdokumenten. Patentklassifikation (inkl. Auszug aus der ECLA-Patentklassifikation). Hinweise zum Recherchieren. Webkataloge und Glossare im Internet. Gebühren für Schutzrechte. Patentanmeldungen in Europa. Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation. Deutschland: Regionale Verteilung der Patentanmelder. Vergleich Europa, USA, Japan, Korea. Lebenszeit von Patenten.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
332
Anhang
Aufbau einer Offenlegungsschrift Titelseite einer Offenlegungsschrift bzw. eines Patentdokuments: x x x x x x x x x
Land, Veröffentlichungsnummer (19), (10) Klassifizierung IPC (51) Prioritätstag (30) Anmeldetag (22) Offenlegungstag (Patentanmeldung) / Erteilungstag (Patent) (43), (45) Inhaber, Erfinder, Vertreter (71), (72), (74) Titel/Bezeichnung (54) Zusammenfassung (57) häufig Zeichnung
Abb. X.1. Beispiel für die Titelseite einer Patentanmeldung
Fakten und Trends
333
Aufbau von Patentschriften
hoch
x Titelseite: x Land, Veröffentlichungsnummer. x Klassifizierung IPC. x Bibliographische Daten (Prioritätstag, Anmeldetag, Offenlegungstag, Erteilungstag, geprüfter Stand der Technik). x Inhaber, Erfinder, Vertreter. x Titel/Bezeichnung. x Zusammenfassung. x Beschreibung: x Eingrenzung des technischen Gebiets. x Diskussion des Stands der Technik und der Nachteile. x Aufgabenstellung. x Darstellung der Erfindung (in der Regel erster Anspruch), einschließlich Beschreibung der Vorteile; Lösungsvarianten. x Kurzbeschreibung der Zeichnungen. x Beschreibung der Erfindung unter Verweis auf die Zeichnungen. x Unabhängige und abhängige Patentansprüche, einteilig oder zweiteilig („dadurch gekennzeichnet, dass“). x Zeichnungen.
Unteransprüche
Beispiele und Figuren
Komplexität
Zusammenfassung
Stand der Technik
niedrig
Titel
niedrig
Hauptanspruch
Aufgabe
Abstraktionsgrad
Quelle: IGE
Abb. X.2. Inhaltskomponenten eines Patentdokuments
hoch
334
Anhang
Schriftenartencodes bei Patentdokumenten
Zur eindeutigen Kennzeichnung der verschiedenen Arten von Patentdokumenten, z.B. Offenlegungsschriften, Patentschriften und Gebrauchsmusterschriften, hat die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) die Verwendung von Schriftenartencodes gemäß WIPO-Standard ST.16 empfohlen. 45 Die Codes bestehen aus einem Buchstaben und häufig einer Ziffer, die rechts neben der Veröffentlichungsnummer aufgedruckt werden. Beispiel deutsche Patentdokumente seit 2004. Folgende Buchstaben wurden und werden für DE-Patentdokumente verwendet (aus der Liste gemäß WIPO-Standard ST.16): x A 1. Publikationsniveau bei Patentverfahren, ungeprüfte Patentanmeldung, wie z.B. Offenlegungsschrift. x B 2. Publikationsniveau bei Patentverfahren, z.B. ab 2004 DEPatentschrift oder (wie bis ca. 1981) DE-Auslegeschrift (geprüfte Anmeldung), in der Regel jeweils nach vorhergegangener Veröffentlichung einer ungeprüften Anmeldung (A). x C 3. Publikationsniveau bei Patentverfahren, z.B. ab 2004 geänderte Patentschrift nach vorangegangenen Patent- und Offenlegungsschriften. Bis 1981 wurde die Patentschrift nach Auslege- (B) und Offenlegungsschrift (A) publiziert, von 1981 bis 2004 war die C-Schrift in der Regel die 2. Publikation. x U Gebrauchsmusterschriften. x T Übersetzungen; Veröffentlichung der Übersetzung eines vollständigen Patentdokuments oder eines Teiles eines Patentdokuments, das bereits durch eine andere Patentbehörde veröffentlicht wurde. Beispiel europäische Patentdokumente: x x x x x
45
A1 Patentanmeldung mit Recherchenbericht. A2 Patentanmeldung ohne Recherchenbericht. A3 Recherchenbericht. B1 Patentschrift. B2 Geänderte Patentschrift (nach Einspruchsverfahren).
WIPO-Standard ST.16 und ST.50: www.wipo.int/standards/en/part_03_standards.html
Fakten und Trends
335
Patentklassifikation
Die gesamte Patentliteratur umfasst weltweit etwa 60 Millionen Dokumente. Um eine strukturierte Ablage der Dokumente zu ermöglichen und um die Suche in der Patentliteratur zu vereinfachen, wurden verschiedene Klassifikationen eingeführt. Dabei hat sich die Internationale Patentklassifikation (IPC) zur sachgebietsmäßigen Einteilung von Patenten und Gebrauchsmustern durchgesetzt, die weltweit von den Patentämtern in über 100 Ländern angewendet wird. Die IPC wird jährlich überarbeitet und hat zurzeit in der 8. Ausgabe über 100.000 Einordnungsstellen. Im Verlaufe des Jahres 2010 wurden einige Vereinfachungen in die IPC eingeführt. Das Europäische Patentamt wendet darüber hinaus auch die Europäische Patentklassifikation (ECLA) an. IPC und ECLA sind hierarchisch in absteigender Reihenfolge gegliedert (Tabelle X.1, Tabelle X.2). Tabelle X.1. Sektionen der IPC / ECLA Sektion IPC/ECLA
Beschreibung
Sektion A Sektion B Sektion C Sektion D Sektion E Sektion F Sektion G Sektion H
Täglicher Lebensbedarf. Arbeitsverfahren; Transportieren. Chemie; Hüttenwesen. Textilien; Papier. Bauwesen; Erdbohren; Bergbau. Maschinenbau; Beleuchtung; Heizung; Waffen; Sprengen. Physik. Elektrotechnik.
IPC-Liste: ECLA-Liste:
depatisnet.dpma.de/ipc/index.html v3.espacenet.com/eclasrch
Tabelle X.2. Aufbau einer Klassifikation, am Beispiel G11B 33/04 Aufbau einer Klassifikation, am Beispiel G11B 33/04: Sektion Untersektion Klasse
Großbuchstabe Zahl (2-stellig) Großbuchstabe
G 11 B
Unterklasse Hauptgruppe Untergruppe
Zahl Zahl Zahl
33 /0 4
Physik Informationsspeicherung Relativbewegung zwischen Aufzeichnungsträger und Wandler Behälter, Verpackungselemente … ausgebildet für Aufzeichnungsträger … zur Aufbewahrung
336
Anhang
Auszug aus der ECLA-Patentklassifikation 46 B
PERFORMING OPERATIONS; TRANSPORTING
B42
BOOKBINDING; MATTER
B60
VEHICLES IN GENERAL
B62
LAND VEHICLES FOR TRAVELLING OTHERWISE THAN ON RAILS
B65
CONVEYING; PACKING; STORING; HANDLING THIN OR FILAMENTARY MATERIAL
G
PHYSICS
G05
CONTROLLING; REGULATING (specially adapted to a particular field of use, see the relevant place for that field, e.g. A62C37/00, B03B13/00, B23Q)
G06
COMPUTING; CALCULATING; COUNTING (score computers for games A63; combinations of writing applicances with computing devices B43K29/08)
G06F
ELECTRICAL DIGITAL DATA PROCESSING (computers in which a part of the computation is effected hydraulically or pneumatically G06D; optically G06E; self-contained input or output peripheral equipment G06K; impedance networks using digital techniques H03H) [C9603]
46
ALBUMS;
FILES;
SPECIAL
PRINTED
G06F1
Details of data-processing equipment not covered by groups G06F3/00 to G06F13/00 [N: e.g. cooling, packaging, power supply, specially adapted for computer application]
G06F3
Input arrangements for transferring data to be processed into a form capable of being handled by the computer; Output arrangements for transferring data from processing unit to output unit, e.g. interface arrangements (typewriters B41J; conversion of physical variables F15B5/00, G01; image acquisition G06T1/00, G06F9/00; coding, decoding or
Siehe v3.espacenet.com/eclasrch?locale=de_EP&classification=ecla für einen vollständigen Überblick.
Fakten und Trends
337
code conversion in general H03M; transmission of digital information H04L) [N: (in regulating or control systems G05B)] G06F5
Methods or arrangements for data conversion without changing the order or content of the data handled (by coding or decoding H03M)
G06F7
Methods or arrangements for processing data by operating upon the order or content of the data handled (logic circuits H03K19/00)
G06F9
Arrangements for programme control, e.g. control unit (programme control for peripheral devices G06F13/10; in regulating or control systems G05B)
G06F11 Error detection; Error correction; Monitoring (methods or arrangements for verifying the correctness of marking on a record carrier G06K5/00; in information storage based on relative movement between record carrier and transducer G11B, e.g. G11B20/18; in static stores G11C; coding, decoding or code conversion, for error detection or error correction, in general H03M13/00) [C9509] G06F12 Accessing, addressing or allocating within memory systems or architectures (information storage in general G11) [N: Digital input or output to record carriers, e.g. to disc storage units G06F3/06] [C0405] G06F13 Interconnection of, or transfer of information or other signals between, memories, input/output devices or central processing units (interface circuits for specific input/output devices G06F3/00; multiprocessor systems G06F15/16; transmission of digital information in general H04L; selecting H04Q) [N: multiprogramme control therefore G06F9/46] G06F15 Digital computers in general (details G06F1/00 to G06F13/00); Data processing equipment in general (neural networks for image data processing G06T) [C9705] G06F17 Digital computing or data processing equipment or methods, specially adapted for specific functions [N9409] G06F19 Digital computing or data processing equipment or methods, specially adapted for specific applications (G06F17/00 takes precedence) [N9710] G06F21 [N: IPC 8] Security arrangements for protecting computers or computer systems against unauthorised activity (multiprogramming G06F9/46; protection against unauthorised use of memory G06F12/14; dispensing apparatus actuated by coded identity card or credit card G07F7/08; equipment anti-theft
338
Anhang monitoring by a central station G08B26/00; secret or secure communication H04L9/00; data switching networks H04L12/00) [N0307]
G06K RECOGNITION OF DATA; PRESENTATION OF DATA; RECORD CARRIERS; HANDLING RECORD CARRIERS G06T
IMAGE DATA PROCESSING OR GENERATION, IN GENERAL (specially adapted for particular applications, see the relevant subclasses, e.g. G06K, G09G, H04N) [N9408]
G07
CHECKING-DEVICES
G08
SIGNALLING (indicating or display devices per se G09F; transmission of pictures H04N) [C9504]
G09
EDUCATION; CRYPTOGRAPHY; DISPLAY; ADVERTISING; SEALS
H
ELECTRICITY
H04
ELECTRIC COMMUNICATION TECHNIQUE
H04L
TRANSMISSION OF DIGITAL INFORMATION, e.g. TELEGRAPHIC COMMUNICATION (typewriters B41J; order telegraphs, fire or police telegraphs G08B; visual telegraphy G08B, C; teleautographic systems G08C; ciphering or deciphering apparatus per se G09C; coding, decoding or code conversion, in general H03M; arrangements common to telegraphic and telephonic communication H04M; selecting H04Q)
H04N
PICTORIAL COMMUNICATION, e.g. TELEVISION (measuring, testing G01; systems for autographic writing, e.g. writing telegraphy, which involve following an outline G08 [N: G08C21/00]; information storage based on relative movement between record carrier and transducer G11B; coding, decoding or code conversion, in general H03M; broadcast distribution or the recording of use made thereof H04H)
Fakten und Trends
339
Hinweise zum Recherchieren Wozu sind Patent/Marken-Recherchen im Internet geeignet? • Herunterladen von Einzeldokumenten. • Nachschlagen von bekannten Informationen. • Einfache Fragen beantworten. • Kurzen Überblick verschaffen. • Kein Ersatz für eine professionelle Recherche
Tabelle X.3. Übersicht über kostenfreie Internetrecherchenzugänge (Patente) Patente
Internetadresse
Canadian Patents Database DPMA (DEPATISnet)* DPMA (DPINFO)* Europ. Publikationsserver esp@cenet –EPA-Register für Pateninformationen Freepatentsonline – USA IGE JPO
patents1.ic.gc.ca/intro-e.html www.depatisnet.de https://dpinfo.dpma.de https://data.epo.org/publication-server ep.espacenet.com
Österreichisches Patentamt* SurfIP – Singapore USPTO WIPO (PCT) Taiwan Korea China
freepatentsonline.com www.swissreg.ch www.ryutu.inpit.go.jp/PDDB/Service/ PDDBService www.patentamt.at at.espacenet.com www.surfip.gov.sg/_patent-f.htm patft.uspto.gov www.wipo.int/ipdl/en twpat.tipo.gov.tw/tipotwoc/tipotwekm eng.kipris.or.kr search.cnpat.com.cn/Search/EN
Stand: 2010 * inkl. Gebrauchsmuster
Tabelle X.4. Übersicht über kostenfreie Internetrecherchenzugänge (Marken) Marken
Internetadresse
DPMA (DPINFO) IGE EUGemeinschaftsmarken
https://dpinfo.dpma.de www.swissreg.ch oami.europa.eu/CTMOnline/RequestManager/ de_SearchBasic
Stand: 2010
340
Anhang
esp@cenet Stärken • ECLA-Klassifikation … ebenfalls via Internet. • Umfangreichste Sammlung (inkl. technische Nichtpatentliteratur). • Dokumente relativ schnell nach der Publikation erhältlich (am nächsten Arbeitstag). • Gut für Überwachung von Schutzrechten. • Einfache Suche mit Stichwörtern oder Wortstämmen möglich (Trunkierung). • Direkter Link von einzelnen Dokumenten zu den zugehörigen Familien- und Rechtsstandsinformationen, zitierten Dokumenten Maschinenübersetzungen (DE, EN, FR, IT, ES). Schwächen • Stichwortsuche in Titel und Abstract. • Abfragesprache nur auf Englisch. • Keine statistischen Auswertungen (ausser Gesamtzahl der Treffer). • Verknüpfung von maximal 21 Suchkriterien und 20 Operatoren. • Anzeige von maximal 500 Dokumenten. • Für viele Länder weder Abstract noch Volltext verfügbar. • Suche nur im Originaltitel und Abstract, nicht im Volltext.
DEPATISnet Stärken • Dokumente innert einer Woche nach Publikation erhältlich; ist ideal für Überwachung. • Zweitgrößte Sammlung (etwa 28 Millionen Dokumente). • Kombinierte boole'sche Suche in über 40 Suchfeldern, inkl. im Volltext • Suche mit Wortstämmen möglich (Trunkierung). • Freie Gestaltung der Trefferliste (mit Anmelder und IPC). • Mehrsprachiges Suchen möglich. • pdf-Dateien komplett druck- und speicherbar. Schwächen • Sammlung nicht so groß wie in espacenet. • Stichwortsuche eingeschränkt (z.T. nur Titel, Abstract oder IPC). • Anspruchsvolle Suchsprache im Fortgeschrittenenmodus.
Fakten und Trends
341
Webkataloge und Glossare im Internet Tabelle X.5. Webkataloge und Glossare im Internet Verfasser
Internetadresse
BGW IP-Management
www.bgw-sg.com/main_ ipmanagement.html www.epo.org/metanav/help/ glossary_de.html www.patentinformation.de/index.php? page=patentwesen
Europäisches Patentamt Deutsche Patentinformationszentren (PIZnet) Patentserver des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
www.patentserver.de
Europäisches Patentamt (Patentinformation)
www.epo.org/patents/patentinformation/about_de.html
Europäisches Patentamt (IP-Links)
www.epo.org/topics/ip-webguide.html
SIGNO - Innovationsstimulierung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
www.signo-deutschland.de
Mayall's IP Links
www.johnmayall.btinternet.co. uk/ip
Phillips Ormonde & Fitzpatrick
www.ipmenu.com
The British Library Amöbius
www.bl.uk/bipc/dbandpubs/intpropres/ index.html www.amoebius.ch/index.html
Yahoo
dir.yahoo.com; Sucheingabe „Patent“
342
Anhang
Gebühren für Schutzrechte 47 Tabelle X.6. Gebühren des Europäischen Patentamts (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
EP-Patent
Anmeldung (elektron./Papierform)** Recherche* Benennungsgebühr (pauschal) Prüfung (exkl. Recherche)* Erteilung (inkl. Veröffentlichung)**
PCT-Verfahren
Internationale Recherche Vorläufige Prüfung einer internationalen Anmeldung
Gebühr in Euro 105/190 800/1.105 525 1.645/1.480 830 1.785 1.760
Stand: April 2010 * vor/nach 1.7.2005 ** ab 35 Seiten Zuschlag Vollständige Liste: www.epo.org/patents/Grant-procedure/Filing-an-application/costs-and-fees.html
Tabelle X.7. Gebühren des Deutschen Patentamts (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
Patent
Anmeldung (elektron./Papierform)* Prüfung (exkl./inkl. Recherche) Recherche
Gebrauchsmuster
Anmeldung (elektron./Papierform) Recherche (fakultativ)
30/40 250
Geschmacksmuster
Anmeldung (elektron./Papierform) – Schutzdauer 5 Jahre (1 bis 10 Modelle) jedes weitere Modell
60/70
Marke
Gebühr in Euro
Anmeldung (elektron./Papierform) jede weitere Klasse Beschleunigte Prüfung
Stand: Oktober 2009 * ab zehntem Patentanspruch Zuschlag Vollständige Liste unter: www.dpma.de/docs/service/formulare/allgemein/a9510.pdf
47
Siehe auch Kapitel II, Kosten von Patenten.
40/60 150/350 250
6/7 290/300 100 200
Fakten und Trends
343
Tabelle X.8. Gebühren des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
Gebühr in CHF
Patent
Anmeldung Recherche Prüfung Verlängerung (jährlich ab 5./7./9. Jahr)
Geschmacksmuster
Anmeldung (exkl. Publikation) jedes weitere Modell Verlängerung (um 5 Jahre)
200 100 200
Marke
Hinterlegung – Schutzdauer 10 Jahre jede weitere Klasse Verlängerung (10 Jahre)
550
200 500 500 100/200/310
100 550
Stand: 1. Juli 2008 Vollständige Liste unter: www.admin.ch/ch/d/sr/2/232.148.de.pdf
Tabelle X.9. Gebühren des Österreichischen Patentamts (Kurzübersicht) Schutzrecht Patent
Kostenart Prüfung (inkl. Recherche) Veröffentlichung Patentschrift (national) Einspruch gegen Patenterteilung
Gebrauchsmuster
Anmeldung (inkl. Recherche) Veröffentlichung
Geschmacksmuster
Anmeldung (exkl. Publikation)
Marke
Hinterlegung – Schutzdauer 10 Jahre Erneuerung
Stand: 1. Januar 2010 Vollständige Liste unter: www.patentamt.at/Erfindungsschutz/Formulare_und_Gebuehren/
Gebühr in Euro 230 200 200 100 130 70 - 100 ~359 500
344
Anhang
Patentanmeldungen in Europa Tabelle X.10. Anmeldungen am Europäischen Patentamt 2009 Kurzzeichen
Ursprungsland
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU HR IE IS IT LI LT LU LV MC MK
Österreich Belgien Bulgarien Schweiz Zypern Tschechische Republik Deutschland Dänemark Estland Spanien Finnland Frankreich Vereinigtes Königreich Griechenland Ungarn Kroatien Irland Island Italien Liechtenstein Litauen Luxemburg Lettland Monaco Ehem. jugoslawische Republik Mazedonien Malta Niederlande Norwegen Polen Portugal Rumänien Schweden Slowenien Slowakei San Marino
MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM
Quelle: Europäisches Patentamt (2010a)
Anmeldungen 1504 1630 17 5684 46 136 25.107 1488 34 1258 1447 8929 4821 103 114 21 490 47 3881 222 13 293 49 10 0 62 6738 489 173 107 13 3147 119 25 9
Fakten und Trends
Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation
Quelle: Europäisches Patentamt (2010a)
Abb. X.3. Die Vertrags- und Erstreckungsstaaten der Europäischen Patentorganisation
345
346
Anhang
Deutschland: Regionale Verteilung der Patentanmelder
Quelle:Schmiedl, Niedermeyer und Greif (2006)
Abb. X.4. Regionale Verteilung der Patentanmeldungen
Fakten und Trends
Quelle:Schmiedl, Niedermeyer und Greif (2006)
Abb. X.5. Durchschnittliche Lebenszeit von Patenten
347
348
Anhang
Vergleich Europa, USA, Japan, Korea
Europäisches Patentamt (EPA): 146.561 (Total)
Amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO): 456.321 (Total)
3% 7%
Europa
5%
11%
15%
Japan USA
25%
49%
18%
Korea
16%
51%
Andere
Japanisches Patentamt (JPO): 391.002 (Total)
Koreanisches Patentamt (KIPO): 170.632 (Total)
1%1% Europa
2%
6% 6%
6% 10%
Japan
7%
USA Korea Andere
86%
Quelle: Four Japan Patent Office (2009)
Abb. X.6. Patentanmeldungen nach Herkunftsregion
75%
Fakten und Trends
Europäisches Patentamt (EPA)
Amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO)
1%
4% 3%
1% 5%
5%
1
22% 2 bis 5
26%
6 bis 10
63%
70%
11 bis 50 51 oder mehr
Japanisches Patentamt (JPO)
Süd-Koreanisches Patentamt (KIPO)
2% 4%
1% 3% 2%
5%
1 2 bis 5
28%
23%
6 bis 10 11 bis 50
66%
51 oder mehr
Quelle: Japan Patent Office (2009)
Abb. X.7. Anzahl von Patenten pro Patentanmelder
66%
349
350
Anhang
Lebenszeit von Patenten
100%
50%
0% 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11
12
13
14 15 16
Durchschnittliche Lebensdauer von Patenten am: Europäisches Patentamt (EPA): Amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO): Japanisches Patentamt (JPO): Koreanisches Patentamt (KIPO)
10 Jahre 15 Jahre 17 Jahre 13 Jahre
Quelle: Japan Patent Office (2009)
Abb. X.8. Durchschnittliche Lebenszeit von Patenten
17
18 19 20 Patentjahre
Literaturverzeichnis
ABB (2009): Strategisches Patentmanagement. Vortrag im Rahmen des Arbeitskreises Patentportfolio-Management & -Strategie der Universität St.Gallen. Aharonian, G. (2005): Software Patent Statistics 1976-2003. AIPLA (2010): Economic Report 2009. AIPLA American Intellectual Property Law Association: Arlington, Virginia. Aitken, M.; Baskaran, S.; Lamarre, E.; Silber, M.; Waters, S. (2000): A license to cure. McKinsey Quarterly, No. 1, pp. 80-89. Alikhan, S.; Mashelkar, R. (2004): Intellectual Property and Competitive Strategies in the 21st Century. Kluwer Law International: The Hague. Amram, M. (2002): Value sweep: mapping corporate growth opportunities. Harvard Business School Press: Boston, Massachusetts. Amram, M. (2003a): Bewertung von Wachstum: Methoden zur Unternehmensbewertung für Manager, Investoren und Analysten. Wiley-VCH: Weinheim Amram, M. (2003b): Magnetic Intellectual Property. Accelerating Revenues from Innovation. Journal of Business Strategy, Vol. 24, No. 3, pp. 25-30. Arundel, A. (2001): The relative effectiveness of patents and secrecy for appropriation. Research Policy, Vol. 30, No. 4, pp. 611-624. Athreye, S.; Cantwell, J. (2005): Creating Competition? Globalisation and the emergence of new technology producers. IKD Working Paper, No 3, The Open University Discussion papers in Economics, No. 52. Austin, D.H. (1993): An event-study approach to measuring innovative output: The case of biotechnology. American Economic Review, Vol. 83, No. 2, pp. 253-258. Bader, M.A. (2006a): Intellectual Property Management in R&D Collaborations. Physica: Heidelberg. Bader, M.A. (2006b): Risikominimierung durch Intellectual Property Management. In: Gassmann, O.; Kobe, C. (eds.): Management von Innovation und Risiko. Springer: Berlin, 2nd ed. Bader, M.A. (2006c): Riding the Value-chain Upgrade – Patents as a Means of Boosting your Factual Protection Strategies. epi Information, No. 3, pp. 9498. Bader, M.A. (2006d): Outsourcing des Patentanmeldeprozesses. Mitteilungen der Deutschen Patentanwälte, Vol. 98, No. 314, pp.114-121. Bader, M.A. (2007a): Germany’s IP Challenge.. iam Intellectual Asset Management Magazine, No. 21, pp. 60-64.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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Abkürzungsverzeichnis
ADSL AIPO AOC APO ArbEG AT BAS BPA BR BSE BU CAFC CAPM CBE CDMA CH CN CTM CTO DCF DE DIPO DNA DPMA DRM EAPO ECLA EEMEA EG EP EPA EPC EPO EPÜ ETH
Asymmetric Digital Subscriber Line African Intellectual Property Organization, s.a. OAPI Appellation d’Origine Controlée, s.a. GUB Austrian Patent Office, s.a. ÖPA Arbeitnehmererfindungsgesetz Österreich Bremsassistent Board of Patent Appeals and Interferences (USA) Brasilien Bovine Spongiforme Enzephalopathie Business Unit United States Court of Appeals for the Federal Circuit Capital Asset Pricing Model Convention sur le Brevet Européen, s.a. EPÜ, EPC Code Division Multiple Access (amerikanischer Mobilfunkstandard), s.a. GSM Schweiz China Community Trademark (Euroäische Gemeinschaftsmarke) Chief Technical Officer (Technischer Vorstand) Discounted Cashflow Methode Deutschland Divisional Intellectual Property Officer (Swiss Re) engl. für Desoxyribonukleinsäure (DNS) Deutsches Patent- und Markenamt Digital Rights Management Eurasische Patentorganisation European Classification System (Europäsiche Patentklassifikation), s.a. IPC Eastern Europe, the Middle East and Africa Europäische Gemeinschaft Europa Europäisches Patentamt, s.a. EPO, OEB European Patent Convention, s.a. EPÜ, CBE European Patent Office, s.a. EPA, OEB Europäisches Patentübereinkommen, s.a. EPC, CBE Eidgenössische Technische Hochschule
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
370
Abkürzungsverzeichnis
EU F&E ForstG FR GB GebrMG GeschmMG GGA GIS GPS GPÜ GSM GWF GUB HDS HIMPP HMA HTML IANA IC ICANN IDM IDW IGE IGP IIB IN INPI IP Ipab IPC IPM IPR IR-Marke ISDN IT IT JP JPO KEP KIPO KMU KR
Europäische Union Forschung und Entwicklung Gesetz über forstliches Saat- und Pflanzgut Frankreich Großbritannien Gebrauchsmustergesetz Geschmacksmustergesetz Geschützte Geographische Angabe, s.a. IGP Grafische Informationssysteme Global Postitioning System Gemeinschaftspatentübereinkommen Global System for Mobile Commication, s.a. CDMA Gruppe für Wissenschaft- und Forschung Geschützte Ursprungsbezeichnung, s.a. AOC High Definition Surveying Hearing Instrument Manufacturers Patent Partnership Haager Musterabkommen Hypertext Markup Language Internet Assigned Numbers Authority Integrated Circuit (Integrierter Schaltkreis) Internet Corporation for Assigned Names and Numbers Invention Disclosure Memorandum (Aventis) Institut der Wirtschaftsprüfer Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Indication Géographique Protégée, s.a. GGA Internationales Patentinstitut Indien Institut National de la Propriété Industrielle (Französisches Patentamt) Intellectual Property Intellectual Property Appellate Board (Indien) International Patent Classification (Internationale Patentklassifikation), s.a. ECLA Intellectual Property Management Intellectual Property Rights Internationale Markenhinterlegung Integrated Services Digital Network Informationstechnologie Italien Japan Japan Patent Office (Japanisches Patentamt) Kurier-, Express- und Paketdienste Korean Intellectual Property Office (Koreanisches Patent- und Markenamt Kleine(s) und mittlere(s) Unternehmen Republik Korea
Abkürzungsverzeichnis KTC LI M&A MIT NDA NPE NPL NPV OAPI OEB OECD OEM ÖPA OTC-Drug PAC PC PCR PCT PDA PECVD PSK PVÜ rBÜ RU SDRAM SIPO SortenG Tecma TFT tPA TRIPS TRIZ UMTS UrhG US USPTO VDSL W3C WACC WIPO WPI
371
Kodak Technology Council (Eastman Kodak) Liechtenstein Mergers and Acquisitions Massachusetts Institute of Technology Non Disclosure Agreement (Geheimhaltungsvereinbarung) Net Producing Equity („Patenttroll“) Non Patent Literature (Nicht-Patentliteratur) Net Present Value Organisation Africaine de la Propriété Intellectuelle, s.a. AIPO Office Europeen des Brevets, s.a. EPA, EPO Organisation for Economic Co-operation and Development Orignial Equipment Manufacturer (Hersteller, dessen Produkte unter einem Markennamen als Einheit verkauft werden) Österreichisches Patentamt, s.a. APO Over-the-Counter Drug (verschreibungsfreies Medikament) Patent Application Committee (Aventis) Personal Computer Polymerase Chain Reaction Patent Cooperation Treaty (Patentzusammenarbeitsvertrag) Personal Digital Assistant (Handcomputer) Plasma Enhanced Chemical Vapor Deposition Projektsteuerungskreis (Henkel) Pariser Verbandsübereinkunft revidierte Berner Übereinkunft Russische Föderation Synchronous Dynamic Random Access Memory State Intellectual Property Office of the People‘s Republic of China (Chinesisches Patent- und Markenamt) Sortenschutzgesetz Technologie Marketing Austria thin-film transistor (Dünnschichttransistor) Plasminogenaktivator Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Internationale Vereinbarung auf dem Gebiet der Immaterialgüterrechte) Theory of Inventive Problem Solving (Theorie des erfinderischen Problemlösens) Universal Mobile Telecommunication System Urheberrechtsgesetz United States of America United States Patent and Trademark Office (US-amerikanisches Patent- und Markenamt) Very High Speed Digital Subscriber Line World Wide Web Consortium Weighted Average Cost of Capital World Intellectual Property Organization World Patent Information
372
Abkürzungsverzeichnis
WPIDS WTO WTT xDSL
Derwent World Patents Index, s.a. IPC World Trade Organization (Welthandelsorganisation) Wissenschafts- und Technologietransfer Digital Subscriber Line, z.B. ADSL, VDSL, Technik für eine vergleichsweise breitbandige digitale Verbindung über ein TelefonZugangsnetz
Stichwortverzeichnis
1-Click 187 25%-Regel 90, 93 Alternativen zum Patentschutz 61ff. Arzneimittel 164, 172f. ergänzendes Schutzzertifikat 13, 164 Armenien 226 Aserbaidschan 226 Ausprägungen des Patentmanagements 29, 163ff., 261 ff. Bayh-Dole Act 255 Bayerischer Vertrag s. Münchner Vertrag Belgien 221, 344 Berliner Vertrag 256f. Bewertung von Patenten 27, 67ff., 213, 257, 265, 273, 277ff., 286, 296, 304, 310, 314, 326 durch Abschätzung 90 qualitativ (Evaluierung) 68f. quantitativ (Valuierung) 68f. Patentportfolio 70ff. Bewertungsanlass 90, 94 Bilski 202 Biopiraterie 170 Branche 29, 163ff., 234 Anlagenbau 279, 306 Automobilbau 1, 60, 180ff., 253, 312ff. Banken 200ff. Biotechnologie 2, 22f., 123, 166ff., 241 Chemie 43, 101, 116f., 129, 141, 163ff., 219, 249, 261f. Computer 22, 186ff. Consumer Electronics 65 Elektrotechnik 63, 176ff., 261 Finanzdienstleistungen 188, 199ff.
Gentechnologie 22, 169 Geomatik 25 Halbleiter 40, 60, 145, 157ff., 177, 249 Informationstechnologie 122, 158f., 283, 293 Konsumgüter 262 Maschinenbau 180ff., 262 Medizinaltechnik 116 Messinstrumente 116 Möbelzulieferer 4 Pharmaindustrie 22, 43, 116f., 132, 163ff., 227, 249, 261 Software 5, 9, 20, 116, 122, 186ff., 202, 262 Spielzeuge 3, 134 Telekommunikation 3, 176, 283 Transport und Logistik 208ff. Versicherungen 200, 203, 207f. Brasilien 227f., 291 Brustkrebspatent 169 Business Method Patents 187 China 2, 58, 183, 229, 231ff., 291, 314 Durchsetzung 238 Erfolgsfaktoren 238 F&E-Kooperationen 234ff. Competitive Intelligence 327, s.a. Patentinformation und Bewertung Computer-implementierte Erfindungen 186ff., 191, 194ff. Durchsetzung 189, 192, 194 Praxisleitfaden 197 Quellcode 5, 197 Schutzarten 187 technischer Effekt 196, 198 Copyright 20f., 287 -Vermerk 20f.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
374
Stichwortverzeichnis
Depatisnet 335, 339f. Design s. Geschmacksmuster Design-Access 46, 114 Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) 14, 180, 339 Deutschland 8, 14f., 17f., 20, 36, 113, 143, 176f., 180, 208, 221ff., 256, 344ff. Regionale Verteilung 346f. Dienstleistung 48, 150, 154, 199ff. Qualitätseigenschaften 154 Digital Rights Management (DRM) 190 Discounted Cash Flow 85, 278, 282 Domainnamen 18ff. Domainnamensystem (DNS) 18 IANA 18 ICANN 18 Registrierung 18ff. Durchsetzung 42, 49, 58, 121ff. China 235ff. Kosten 58 USA 189, 223 Edinburgh-Patent 167 Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) 18, 167, 339 Einspruch 105, 167, 224 Europa 169, 224 USA (Reexamination) 47f. Entscheidungsbaumanalyse 92 Entwicklungsprozess 55 EP 436 257 (W R Grace / 'NeemBaum') – widerrufen 169 EP 546 090 (Monsanto / 'Transgenes Soja – RoundupReady') 174 EP 695 351 (Edinburgh / 'Stammzellen') – zurückgezogen 167 EP 699 754 (Myriad / 'Brustkrebspatent') – widerrufen 169 EP 771 280 – erteilt 196f. EP 1 139 245 – zurückgewiesen 196f. Erfindung 8f., 10 computer-implementierte 135ff., 142ff. Identifikation von 200f., 298ff., s.a. Generierung -smeldung 211, 326. Erfinder -ische Tätigkeit 6, 11, 25, 171,
185, 194 -kultur 28, 147, 161, 261ff. -nennung 156 US- 222 -vergütung 78, 148, 152, 161 Erfolgsfaktoren 201f. China 238 Finanzdienstleistungen 204 Kooperationen 186 Leiter Patente 161 Lizenzierung 133 Markteintritt in USA 223 Patentportfoliomanagement 112 Patentstrategie 26 Successful Practice Unternehmen 261f., 316, 329 Verwertung 137 Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel 13, 164 Erlaubnisrechte 13 Espacenet 340 Eurasische Patentorganisation 226f. Europäisches Patentamt (EPA) 7, 11, 22ff., 224f., 342 Anmelderstatistik 166 Anmeldungen am 30, 344 Benennungshäufigkeit 221 Erstreckungsstaaten 224, 345 Verfahrensdauer 56 Mitgliedsstaaten 224, 345 Mittlere Lebensdauer 350 Nanotechnologie 183 Vergleich Europa/USA/Japan/Korea 348 Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ) 13, 224ff. biotechnologische Erfindungen 168, 171ff. computer-implementierte Erfindungen 194ff. Euro-PCT 241, 308, 332 Evaluierung von Patenten 69ff. monovariat 70f. bivariat 72f. multivariat 74f. trivariate 75f. Exklusivität in Kooperationen 182, 250ff. in Lizenzvereinbarungen 120, 136, 259 Exposition/Exposure 72ff. first-to-file-Prinzip 11, 239f.
Stichwortverzeichnis first-to-invent-Prinzip 11, 222, 239, 324 fiveIPoffices 225 Forschungskooperationen s. Kooperationen Frankreich 113, 208, 221, 225, 344 Freeman-Walter-Abel-Test 186, 202 Frist Einspruchs- 40, 224, 343 Prioritäts- 224ff., 239f. Veröffentlichungssperr- 224 G 1/98 172 G 2/06 172 G 3/08 188, 191, 196 Gebrauchsmuster 9, 14 Schutzdauer 9 Gebühren 342f. Jahresgebühren 57ff., 224, 342f. Geheimhaltung 5, 52, 61ff. Geheimhaltungsvereinbarung 62, 236 Geistiges Eigentum 8f., 119, 244 Geistige Eigentumsrechte 8f. Geltungsbereich 60 Generierung von Patenten 27, 33ff., 261f., 263, 271, 276, 284, 292, 300, 307, 312, 319 Generika 4, 102, 163, 227f. Geschäftsmethoden 187, 202, s.a. computer-implementierte Erfindungen Geschmacksmuster 15, 147 EU Gemeinschafts- 15 Haager Musterabkommen 15 Schutzdauer 15 Trade Dress 222 Gewerbliche Anwendbarkeit 171, 194 Gewerblicher Rechtsschutz 6ff., 218, 222 Arten von Schutzrechten 9 Historie 8 Globalisierung 1f. Goldener Reis 173 Großbritannien 58, 205, 208, 225f., 283ff., 342 Guillotine-Regelung 121 Hamburger Vertrag
256f.
375
Handlungsfreiheit 35, 43f., 61ff., 114 Hit Rate 73 Hongkong 239 IGE s. Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Indien 169, 183, 228f. Indonesien 232 Innovationen Schutz 1ff., 5 Innovations -diffusion 3 -kosten 1 -management 1f. -zyklen 2 Intellectual Property 9f., 27, 151, 252 -Koordinator 141, 145, 294 -Manager 141, 145 Intellectual Property Rights 9f., 228 Internationale Patentanmeldung s. Patent Cooperation Treaty Internationales Patentinstitut (IIB) 7 Internet 18ff.,134, 339ff., s.a. Domainnamen Trade Dress 222 Italien 6, 221, 344 Japan 14f.,115, 175, 183, 200, 229f., 239,348ff. Japanisches Patentamt 185, 244, 348ff. Joint Venture 27, 127, 232, s. a. Kooperationen Kanada 58, 175, 204 Kasachstan 226 Kennzeichenrecht s. Marken Kirgistan 226 Klassifizierung 222, 326, 335ff. ECLA- 210f., 335ff. IPC- 222, 332f., 335 KMU 4, 36ff., 56, 63f., 139, 217ff. Know-how Transfer 122ff., 234 Kommerzialisierung 24f., 38, 50, 114, 167, 204, 206, 269, 273, 279, 287, 297, 304, 315, 328, s.a. Verwertung von Patenten Kooperationen 27, 181, 234ff., 243ff., 254ff., 263, 274, 281, 297,304, 310, 317, 328
376
Stichwortverzeichnis
Automobilbranche 181f. China 234ff. Durchsetzung von Rechten 247 Erfinder 244ff. Erfolgsfaktoren 243, 259, 329 Exklusivität 253 Forschungseinrichtungen 244, 247, 255, 259 Hochschulen 255ff. Kosten 244, 252 Lizenzrechte 247ff. Nutzungsrechte 247ff. Open Innovation 241ff. Patentinhaberschaft 245ff. Patentmanagement in 243ff. Pharmabranche 241, 249 Universitäten 255ff. Verträge 244ff. Korea 58, 183, 230ff., 239, 242, 348f. Koreanisches Patent- und Markenamt 230, 242, 348f. Kosten 56ff., 80, 342f. -/Nutzenverhältnis 28, 39, 59, 242 Aufbau Patentfamilie 59 Aufrechterhaltung 56, 58 Durchsetzung (Litigation) 29, 45 Gebühren 342f. Kooperationen 252 Outsourcing 153ff. Rechtsstreitigkeits- 29, 45 Verrechnungsmodelle 149ff. Kreativitätstechniken 52 Krebsmaus 173 Länderspezifika 29, 221ff. Laufzeit 9,14, 18, 239f. Verlängerung 164, 343 Life-Cycle-Management 101 Linux 189 Lizenzanalogie 86 Lizenzierung 43ff., 102, 115ff. Aus- 102f., 115ff. Carrot- 122, 287 Durchsetzungs- 50, 122 Ein- 27, 46, 131f. Erfolgsfaktoren 135 exklusive 120, 259 Exposition/Exposure 72ff. Freigabe- 120 Guillotine-Regelung 121
in Kooperationen 129, 249 Keep or Sell 129f., 136 Kreuz-/Austausch- 46, 79, 121 Lizenzeinnahmen 25, 43, 50, 135, 248, 259, 272 Lizenzsätze 83, 90, 129 Make or Buy 82, 107, 129, 132, 136 Stick- 121, 123, 285 Vermarktungskanäle 133ff. Verwertungsmatrix 131, 287 Zwangs- 49, 227f. Lotus Notes 273 Malaysia 248 Marken 9, 17ff., 187, 199, 300ff., 339 EU-Gemeinschaftsmarke 18, 339 IR-Marke 18, 339 Kennzeichenrecht 18 Registrierhinweis 18 Service-Marks 18 Schutzdauer 10, 18 Trademarks 18 USA 18 Warenzeichen 10, 17 Mexiko 174, 291 MIS Memotech Database 273 Monopol temporärer -gewinn 5 limitierte -rechte 8 Monte Carlo Methode 92f. Multiple Sourcing 153 Münchner Vertrag 256f. Nanotag 184 Nanotechnologie 183ff. Neem-Baum 169 Neuheit 6, 11ff. Territorialprinzip 6, 10 Nicht-Patentliteratur (NPL – Non Patent Literature) 190, 206 Nichtigkeitsverfahren 44, 47f., 231f. Niederlande 134, 221, 346 Niembaum s. Neem-Baum Offenlegung/-stag 60, 106, 170, 225ff., 332ff. One-click-patent 187 Online-Marktplätze 133f. Open Innovation 241ff. Open-Source 189, 243
Stichwortverzeichnis Organisation 42, 139ff., 261f., 265, 272, 276, 286, 295, 303, 309, 314, 325 Dezentralität 144f. Generalistentum 146 Globalität 145 Regionalität 145 Spannungsfelder 144ff. Spezialistentum 146 Zentralität 144f. Österreich 8, 14f., 18, 20, 218, 221, 344 Österreichisches Patentamt 339 Outsourcing 39, 151ff., Kosten-/Nutzen 153 Prozess 152f. Qualitätsmanagement 153ff., 159 Vor- und Nachteile 153 Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) 7 Patent 10ff. Anmeldetag 13, 239f., 332 Ansprüche 101, 107, 195, 333 Aufrechterhaltung 52, 55, 67 Beschreibung 333 Einspruch 47, 167f., 224ff. Erstanmeldung 52, 55 Erteilungsverfahren 53f. Fachmann 11 Gebühren 342f. Geltungsbereich 60 Gewerbliche Anwendbarkeit 171, 194 Inhaber 332 Jahresgebühren 13, 57ff., 224ff. Klassifizierung 222, 321, 326, 332ff. Laufzeit 9, 11, 224ff., 239f. Nachanmeldung 14, 52, 55f. Neuheit 11 Nichtigkeit 47f., 231f. Offenlegung/-stag 60, 106, 170, 225ff., 332ff. Patentrating 70 Patentschrift 2, 106, 120, 333f. Patentwert 70, 77ff. Prioritätstag 11, 224ff., 239f., 332f. Prosecution 52, 158, 272 Prüfung-/santrag 10ff., 37, 53, 239 Schriftenartencodes 334
377
Stand der Technik 11f., 108, 314f. Titel/Bezeichnung 332f. Verfahrensdauer 56 Veröffentlichungsnummer 332f. Verlängerung 164, 343 Verletzungsverfahren 44ff. Zeichnung 332f. Zusammenfassung 332f. Patent Clearing 45, 295 s.a Product Clearing Patent Cooperation Treaty (PCT) 7, 13, 57, 60, 308, 339, 342 Euro-PCT 241f. Patent- und Markenabteilung 140ff. Aufgaben 148 Auslagerung 151ff. Dienstleister 148ff. Kundenbeziehungsebenen 148f. Erfolgsfaktoren 161 Kosten und Nutzen 149ff. Leistungsbeurteilung 151 Organisation 140ff., 265, 272, 276, 286, 295, 303, 309, 314, 325 Outsourcing 151ff. Prosecution 52ff., 158 Qualitätsmanagement 153ff., 159f. Verrechnungsmodelle 149f. Patentanwaltskanzlei 143ff., 153ff. Auswahl 159 Integration von 157ff. Qualitätsmanagement 159ff. Rating 153 Reverse Rating 154 Patentindikatoren 70, 74, 76 Patentinformation 55, 341, s.a. Bewertung und Recherche Patentintermediäre 125, 133ff. Patentlizenz s. Lizenzierung Patentmanagement 96ff. Alternativen zum Patent 61ff. Ausprägungen 29 Bewertung 27, 67ff., 213, 257, 265, 273, 277ff., 286, 296, 304, 310, 314, 326 Blockade 25, 49, 117 defensives 40ff. Diversifikation 216 Erfolgsfaktoren 111f. Geheimhaltung 5, 52, 61ff. Generierung 27, 33ff., 261f.,
378
Stichwortverzeichnis
263, 271, 276, 284, 292, 300, 307, 312, 319 Handlungsfreiheit (Freedom-ofAction) 35, 43f., 61ff., 114 Kerndimensionen 43ff. Kooperationen 27, 181, 234ff., 243ff., 254ff., 263, 274, 281, 297,304, 310, 317, 328 Kosten 56ff., 80, 342f. Kultur 28, 147f., 245, 286, 296, 310, 314, 325 Länderauswahl 60 Lizenzeinnahmen 25, 43, 50ff., 115f., s.a. Lizenzierung Mission 96f. Monitoring 105f., 112, 114 Normstrategie 99ff., 113 offensives 40ff. Operatives Patenkomitee 56 Patent Liaison 56 Patentposition 75f. prophylaktisches 44, 48, 49 Prozesse 28, 264, 271, 276, 286, 293, 301, 309, 313, 321 Scanning 102, 104, 114 Sperrpatent 102, 110 Sperrveröffentlichung 55, 63ff. Standardisierung 119, 159, 176, 179 Strategie 5, 28, 33ff., 65, 96 98ff., 263, 271, 276, 284, 293, 300, 307, 313f., 319 Strategisches Patentkomitee 38 Strategizing 50ff. Struktur 28 Überwachung s. Monitoring Verfahrensführung 52ff., 252 Verwertung 27, 115ff., 117, 207, 257f., 269, 273, 279, 287, 297, 304, 310, 315, 328 Vision 96f. Wettbewerbsvorteile 5, 25, 28ff. Patentsystem 8f. Ökonomie 22f. Vor- und Nachteile 23 Wachstum weltweit 241 Patentverletzung 45, 188f., 193, 238 Plasminogenaktivator (tPA) 167 Polymerase Chain Reaction (PCR) s. Polymerase-Kettenreaktion Polymerase-Kettenreaktion 169
Roundup-Ready 174 Portfolio 101ff. Blockade 25, 49, 117 Cluster 102, 108f. Differenzierung 48ff., 97 Growing 102, 108f., 240 Imagegewinn 25 Management des 103, 112 Markteinnahmen 24 Normstrategien 99ff., 113 Patentwertzahl 70 Pruning 102, 108,, 130, 238 Technologie- 98f. Technologiekommerzialisierung 25 Unternehmenserfolg 24ff. Zugangshandelsware 24 Prioritätstag 11, 53, 224, 239 Product Clearing 45, 157, s.a. Patent Clearing Produktpiraterie 232f. Produktspezifika 29 Professoren-Privileg 255 Prozesse 28, 264, 271, 276, 286, 293, 301, 309, 313, 321 Publikation 55, 61, 63ff., s.a. Offenlegung Quantenpunkt 186 Quantitative Patentbewertung s. Valuierung von Patenten Qualitätsmanagement 159f. Erfahrungsqualität 154 beim Outsourcing 153ff., 159f. Rating 153f., 155 Referenzqualität 154 Reverse Rating 154, 156 Quick-Place 273 Raubkopie 233 Realoptionen 91, 93 Recherche 54ff., 81, 102ff., 339ff. s.a. Patentinformation/Bewertung Hinweise zur 339ff. Marken-/Domain- 20 Residualwertmethode 86, 88, 93 Reverse Engineering 49 revidierte Berner Übereinkunft 20f. Richtline 98/44/EG 171 Russland 226f.
Stichwortverzeichnis Schutzstrategien 5 faktische 3ff., 65, 238 juristische 3ff., 221 Patent- 33ff., 96, 112 Überblick 65 Schutzrechte 9ff. ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel 13, 164 Design- s. Geschmacksmuster Gebrauchsmuster- 9, 14 Geschmacksmuster- 9, 15 Historie 6ff. Kennzeichen- 9, 17ff. Patent- 6ff., 10ff. Marken- 9, 17ff. Sorten- 9, 16f. Topographie- 9, 16f. Urheber- 9, 20f. Warenzeichen 9, 17ff. Schweden 221, 344 Schweiz 8, 13ff., 50, 58, 60, 175, 218, 222, 233, 247, 256, 344 Spanien 221, 344 Spin-Off 117, 125ff. Stand der Technik 11f. Standardisierung 119, 159, 176 Strategie 5, 28, 33ff., 65, 98ff., 263, 271, 276, 284, 293, 300, 307, 313f., 319 Normstrategie 101ff., 113 Strategische Allianz 122 Substitutions -technologie 96f., 99, 102, 110 Sortenschutzrecht 9, 16f. T 208/84 ('VICOM') 195 T 26/86 ('Koch & Sterzel') 195 T 1173/97 ('IBM') 196 T 935/97 ('IBM') 196 T 931/95 ('PBS') 196 T 258/03 ('Hitachi') 196 Tadschikistan 226 Taiwan 58, 229, 239 Technologie -attraktivität 75f. -bedeutung 75f. -faktor 90f., 93 -fusion 1 -gesellschaft 141ff. -lebenszyklus 102, 104, 114 -reife 29 Substitutions- 99, 102, 110
379
Territorialprinzip 60 Topographieschutzrecht 9, 16 Trade Dress 222 TRIZ 53 Turkmenistan 226 United States Patent and Trademark Office (USPTO) 18, 183, 187, 242, 342, 348f. Universitäten 255ff. Unternehmens -erfolg 22 -größe 29, s.a. KMU Upfront-Payment 258 Urheberrecht 9, 20f., 186 Copyright-Vermerk 20f. US 4 736 866 ('Harvard-Maus' / 'Oncomouse') 175 US 5 910 988 (DataTreasury) 207 US 6 032 137 (DataTreasury) 207 US 6 322 901 (MIT/Nanosys) 186 US 6 861 155 (MIT/Nanosys) 186 US 7 125 605 (MIT/Nanosys) 186 US 5 960 411 (Amazon / '1-Click') 187 US 5 845 265 (MercExchang / 'Buynow') 188 USA 27, 45, 47, 55, 58f., 115, 121, 175, 183, 187f., 202, 203f., 222ff., 239 Continuing Application 222 Continuation-in-part Application 222 Erfinder 245 first-to-invent 11, 222, 239 Discovery-Verfahren 152 Divisional Application 222 Donation 27, 101 Durchsetzung 189ff., 222 Infringement suit 200 Interference-Verfahren 222 Jahresgebühren 57ff. Laufzeit Patente 13, 239 Litigationskosten 45 Markteintritt 222f. Offenlegung 239 Patentinhaberschaft 147f., 245 Reexamination 47f. Trade Dress 222 Treble Damages 45, 223 US Court of Appeals for the Federal Circuit 222
380
Stichwortverzeichnis
Vergleich Europa/USA 348 Verlängerung Patente 164 US-amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO) 18, 183, 187, 242, 344, 348f. USpatfull 273 Valuierung von Patenten 77ff. 25% Regel 90, 93 Analogiemethode 83f., 93 Anteiliger Gewinn 90, 93 Entscheidungsbaumanalyse 92, 93 Lizenzpreisanalogie 86f., 93 Marktpreis auf aktivem Markt 83, 93 Mehrgewinnmethode 87f., 93 Methode der historischen Kosten 80f., 93 Methode der unmittelbaren Cash Flow Prognosen 86, 93 Monte Carlo Methode 92, 93 Realoptionenmethode 91f., 93 Residualwertmethode 88, 93 Technologiefaktormethode 90f., 93 Wiederbeschaffungskostenmethode 81f., 93 Verbesserungsvorschlagswesen 149 Verbietungsrecht 10, 13 Vereinigtes Königreich s. Großbritannien
Vereinigte Staaten von Amerika s. USA Verkauf von Patenten 122 Vertragsgestaltung 244ff. Verwertung von Patenten 27, 115ff., 117, 207, 257f., 269, 273, 279, 287, 297, 304, 310, 315, 328 Entscheidungen bei der 136 Erfolgsfaktoren 137 Joint Venture 127f. Lizenzierung 117, 120ff., Kreuzlizenzierung 121 Spin-Off 125ff. Strategische Allianz 122ff. Verkauf 122 Warenzeichen s. Marken Weißrussland 226 Wertschöpfungskette 5, 62, 285 Wettbewerb 1, 23, 48ff., 99, 102 -svorteile 5, 25, 28ff., 100 Wissen -sdezentralisierung 2 -sdiffusion 23, 236 -smenge 1f. technisches 1, 23 Verbreitung 23 Zwangslizenz 49, 227
Firmenverzeichnis
1790 Analytics 70 3M 110, 183 ABB 2, 17, 262, 263ff. Abbot Laboratories 227 Actelion 125f. Adobe 35 Agie Charmilles (Georg Fischer) 236 Air Liquide 165 Alcan 5 Alcatel-Lucent 30, 146, 179, 262, 270ff. Alcatel Alsthom 270 Amazon 187, 189, 193 Amgen 163 Amoco 165 Andreas Stihl s. Stihl Apple 188f. Arrhythmia Research Technology 187 Arthur D. Little 90 AstraZeneca 163 AT&T 187, 190 Austria Wirtschaftsservice (AWS) 283 Aventis s. Sanofi Aventis Bank of New York Mellon 207 Bank One 200, 207 Barclays 200f., 205 Barr Laboratories 41 Basell s. Lyondell Basell BASF 30, 165, 183, 276 Bayer 43, 144f. Bayer CropScience 225 Bayer Innovation 127f. Bayer MaterialScience 130, 247, 275ff. Bayer Polymers 275 BGW 94, 341, 385 Bionas 259 Bionova 134
BMW 60, 97, 109, 181 BNP Paribas 200f. Boehringer Mannheim s. Roche Diagnostics Bosch 30, 180, 182 Boston Consulting Group 287 British Telecom / BT Exact 130f., 262, 283ff. Bulushtur 134 Canon 30 Carinthian Tech Research (CTR) 258ff. Cartier 19 CeramTec (Dynamit Nobel) 105f. Chint Group 238 Cipla 228 Cisco 132, 192, 284 Citigroup/Citibank 200, 204f., 207 City National Bank 207 Coca-Cola 5, 17, 19, 61 Compagnie Générale d’Electricité 270 Compass Bancshares 207 Continental s. Schäffler Continental CPA 273 Credit Suisse 200 Crosfield 300 Cytos Biotechnology 123 Daimler 108, 112ff., 180f. DaimlerChrysler s. Daimler Danavox 110 Danzas 154 Delphi 134, 180 Delphion 134 Dennemeyer 59, 119 Derwent 37, 273, 304, 372 Deutsche Bank 200f. Deutsche Telekom 176f. Deutsche Post DHL 208ff., 211ff. Diebold 207 Dow/Dow Chemicals 67, 91, 111,
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
382
Firmenverzeichnis
165 DSM Nutrition 104 DuPont 174 Dynamit Nobel 107 Eastman Kodak 33, 183, 291ff., 371 eBay 188 Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) 123, 259 Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) 10, 12, 18f., 167, 197, 218, 333, 339 Elastogran (BASF) 276 Eli Lilly 163 Endress+Hauser 22, 35, 107, 111, 147, 223 Enichem 165 Eolas 193 Erbe Elektromedizin 105, 140 Ericsson 30, 122 Excel Communications 187 Exxon 165 F. Hoffmann-LaRoche s. Roche Far-Manguinhos 227 FDA 128, 132, FedEx 208, 210 Ferrari 19 Festo 50 Fiat 180 First Data 207 First Tennessee Bank 207 Ford 180 Fraunhofer Gesellschaft 259 Free Patent Auction 134 Fujitsu 30, 284 Gamesplay UK 134 Garching Innovation (Max-PlanckGesellschaft) 259 Geberit 42 Genentech 167 General Atlantic Partners 237ff. General Electric (GE) 30 General Motors 180 Georg Fischer 147, 236 GE Plastics 276 Goldman Sachs 200, 287 Google 47, 188f., 193, 259 Gore 23, 25, 31, 49, 151 Grace s. W. R. Grace Greenpeace 174 Group Ingenico 207 Gruppe für Wissenschaft und Forschung (GWF) 167
Haier 237 Haribo 5 Hearing Instrument Manufacturers Patent Partnership (HIMPP) 110 Henkel 48, 108, 143, 151, 163, 262, 299ff. Hermes Logistik Gruppe (HLG) 208 Hettich 41 Hewlett-Packard 183, 189, 192 Hexagon s. Leica Geosystems Hilti 22 Hitachi 30, 196 Hoechst 165 Hoechst-Marion-Roussel 43 Holley Communications 237 Honda 180 HSBC 200f. HTC 189 Huawei 30, 237 Huga Optotech 99 Huntsman 276 Hyundai 180 i4i 191 IBM 1f., 25, 30, 43, 46, 63, 67, 116, 119, 123, 176, 183, 192, 194, 196, 242, 246, 250f., 257 ICI 165 Idexx 37 Immersion 109, 190 Infineon Technologies, 63, 140, 143, 145, 153, 157ff. Inpadoc 273 Institut für Technologiemanagement der Universität St.Gallen (ITEMHSG) 94, 96, 218 Intel 17 Intercell 124 Internet Assigned Numbers Authority (IANA) 18 Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) 18 Inter Trust Technologies 190f. Inventio 319ff., s. Schindler ip.com 63 IP Marketplace 134 ipValue 284 , 287f. Japan Science and Technology Agency 183 JP Morgan Chase 200f., 205, 207 Julius Blum 4
Firmenverzeichnis Kern 63 Koch & Sterzel 195 Kone 319, 325 L’Oréal 183 Lanxess (früher: Bayer Chemicals) 275 La Poste 208ff. Lehman Brothers 200f., 205 Leica Geosystems (Hexagon) 25, 60, 63 Lenovo 1, 237 Lever Bros 300 LG (Electronics) 30 Linux 189 Lloyds 17 LML Payments Systems 200 Ludwig-Maximilian-Universität München 259 Macromedia 35 Mann+Hummel 180 Massachusetts Institute of Technology (MIT) 186 Matsushita 183 Max-Planck-Gesellschaft 257ff. Max-Planck-Innovation 257ff. Mellon Bank 207 Mercedes 17, 312 MercExchange 188 Merck 92 Merrill Lynch 200f., 204, 207 Micron 183 Micronas 259 MicroPatent 295, 304 Microsoft 5, 41, 46, 48, 63, 119, 122f., 188f., 190ff. Misereor (Bischöfliches Hilfswerk) 174 Mitsubishi 174 Mobil 165 Monsanto 165, 174 Montedison 165 Morgan Stanley 200f. Motorola 179 Myriad Genetics 168f. Nanoco 185f. Nanosys 185f. NCR 207 Nestec (Nestlé) 141f. Nestlé 141f. NetMoneyIn 200 NTP 3 Netscape 190 Nissan 180
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Nokia 30, 122 Novartis 124, 126f. Novell 189 Novo Nordisk 163 NTP 3 O2 284 OC Oerlikon 47, 247, 262, 306ff. Ocean Tomo 70, 83 Oerlikon Solar 306ff. Oracle 188 Oswalds Cruz 227 Oticon 110 OTIS 319 Overture (Yahoo!) 47 Panasonic 30 Patentcafe.com 134 Patent-net.de 134 PatentRatings 70 Patents2license.com 134 Patents4business.com 134 PBS 196 Pfizer 39, 124, 131, 163 Philips 30, 43, 119, 123, 131 Phonak 106, 110 Pirelli 284 PNC Financial Service 207 Porsche 110, 133, 262, 312ff. Pricewaterhouse Coopers 94, 119 Prionics 36ff. PSA Peugot Citroen 180 Qimonda s. Infineon Qualcomm 30, 179 Rambus 40 RDM Corp 207 ReSound 110 Rhodia 276 RIM (Research In Motion) 3, 30 Roche 30, 125f., 228 Roche Diagnostics 256 Roche Instrument Center 63 Royal Bank of Scottland 200 Royal Mail 208 Ruby 43 Samsung 30, 40, 183, 237 Sanofi-Aventis 24, 45 SAP 48, 186, 188, 192 Saurer s. OC Oerlikon Schäffler Continental 180, 182 Schering 44, 60 Schering-Plough 163 Schindler 5, 25, 44, 61, 131, 139, 222, 319ff. Schneider-Electric
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Firmenverzeichnis
Shell 165 Siemens 25, 30, 35, 41, 43, 46, 63, 122, 140f., 157ff., 176, 179, 192, 197f., 284 Siemens Audiology 106 Siemens China 234 Siemens VDO 180, 182 Signature Financial Group 187 Sony 30, 131 Sony-Ericsson s. Ericsson Speedel 126f. Stanford University 47, 255, 259 Starkley 110 State Street Bank 187, 202, 204 Stiftung Science et Cité 167 Stihl 232 Straumann 5 Sun Microsystems 190, 192, 297 Swatch 5 Swiss Re 139, 147, 204, 207f. Swisscom 50, 63 Syngenta 238 TAP 163 Technische Universität München 259 TechnologieAllianz 134 Technologie Marketing Austria (Tecma) 256 The Library of Congress 21 Thomson Licensing 30 ThyssenKrupp 319 Time Warner (Netscape) 190 TNT Logistics 208 Toyota 30, 113, 180 Tupperware 5 UBS 202f., 204ff. UCB 276
UCC 165 Unaxis s. OC Oerlikon Uni:invent 256 Unisys 192 United States Postal Service 209f. Universität Bern 259 Universität St.Gallen (HSG) 94, 119, 219, 259 Universität Zürich 36, 39 University College London 284 University of California 193 University of Edinburgh 167f. University of Manchester 185 University of Stanford s. Stanford University UPS 208ff. U.S. Bancorp 200 U.S. Bank 207 Valeo 180 Valser 19 Versata 188 VICOM 195 Volkswagen 132, s.a. Porsche Walt Disney 12 Wang 297 Wells Fargo 200 WHU Valendar 259 Widex 109 WMR e-Pin 207 W. R. Grace 169 WTT 256 Xerox 183, 192, 284 Yahoo! 47, 341 yet2.com 132 ZF Friedrichshafen 178f. ZTE 237
Autoren
Prof. Dr. Oliver Gassmann ist Professor für Technologie- und Innovationsmanagement an der Universität St.Gallen (HSG) und Vorsitzender der Direktion des dortigen Instituts für Technologiemanagement. Er ist Präsident der HSG Forschungskommission und Hauptreferent in mehreren Executive MBA Programmen, Mitglied in mehreren wirtschaftlichen und akademischen Boards, Autor und Herausgeber von 12 Bücher und über 200 internationalen Fachbeiträgen im Technologie- und Innovationsmanagement. Er berät zahlreiche multinationale Unternehmen. Bis 2002 leitete er die Forschung und Vorentwicklung bei Schindler. Seine Forschung beschäftigt sich mit Erfolgsfaktoren für Innovation, insbesondere mit Open Innovation und globalen Innovationsprozessen. 1998 erhielt er in Manchester den RADMA Preis; 2009 wurde er von der amerikanischen IAMOT in Orlando unter die Top 50 Forschenden weltweit gewählt. 2010 erhielt er den HSG Rigor & Relevance Award. Dr. Martin A. Bader ist Europäischer und Schweizer Patentanwalt sowie Geschäftsführender Partner der BGW AG, Management Advisory Group St. Gallen – Wien, einem auf Innovations- und Intellectual Property Management Beratung spezialisierten Spin-Off der Universität St.Gallen. Parallel leitet er das Kompetenzzentrum Intellectual Property Management am Institut für Technologiemanagement bei Prof. Dr. O. Gassmann. Zuvor leitete er als Vice President und Chief Intellectual Property Counsel die Hauptabteilung Intellectual Capital bei Infineon Technologies, München. Ehemaliges stellvertretendes Mitglied des Rates der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter, sowie Mitglied unter anderem beim Verband der freiberuflichen Schweizerischen Patentanwälte und der Licensing Executives Society. Autor beziehungsweise Co-Autor von zwei Büchern und zahlreichen Fachpublikationen im Bereich Intellectual Property Management.
O. Gassmann, M. A. Bader, Patentmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-16605-1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011