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Numerische Methoden der Str¨omungsmechanik
Dr.-Ing. habil. Dipl.-Phys. Andreas Malcherek1
Vorlesungsskript, Version 5.6
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Bundesanstalt f¨ur Wasserbau, Außenstelle K¨uste, Wedeler Landstr. 157, 22559 Hamburg, Tel.: 040 / 81908346, email:
[email protected] 2
Vorwort Die Anf¨ange dieses Skriptes gehen zur¨uck auf meine Teilnahme an einem NATO-Workshop im Jahr 1993 u¨ ber ’Computer Modeling of Free-Surface and Pressurized Flows’, dessen Ergebnisse in einem gleichnamigen Buch ver¨offentlicht wurden. Hier gab mir Prof. Zielke die M¨oglichkeit, einen Beitrag u¨ ber numerische Verfahren zur Advektion zu machen. Im Rahmen dieser Arbeit lernte ich vor allem, daß es unm¨oglich ist, eine beliebige Funktion exakt auf einem diskreten Gitter zu verschieben. Dies bedeutet nichts anderes, als daß es nie und nimmer m¨oglich ist, Str¨omungen in einem Computermodell naturgleich zu modellieren. Diese Erkenntnis nahm mir mein Mißtrauen vor dieser Technik und begeisterte mich f¨ur die Aufgabe, Natur im Computermodell so gut wie m¨oglich zu simulieren, ohne dabei die Ehrfurcht vor derselben zu verlieren zu m¨ussen. Ein Lehrauftrag u¨ ber ’Numerische Methoden fur ¨ Str¨omungen, Stoff- und W¨armetransport’ im Wintersemester 1995/96 am Institut f¨ur Str¨omungsmechanik und elektronisches Rechnen im Bauwesen der Universit¨at Hannover ließ die Versionen 1.0ff entstehen. Da ich in diesem Semester außerdem noch eine Vorlesungsreihe u¨ ber ’Turbulenz- und Stofftransportmodelle fur ¨ Fließgew¨asser’ am Institut f¨ur Geodynamik der Universit¨at Bonn halten durfte, bestand gleich zweierlei Anlaß neben der reinen Numerik auch das darzustellen, was zu modellieren ist. Dabei hatte ich Physik und Numerik aus didaktischen Gr¨unden vermischt, so daß weder das eine noch das andere langweilig werden sollte, gleichzeitig aber der Schwierigkeitsgrad kontinuierlich steigt. Version 1 des Skriptes wuchs im Laufe dreier Vorlesungszyklen auf u¨ ber 230 Seiten. Dieses Skript wurde in der Version 2 im wesentlichen in seinem hydrodynamischen Teil zur Buchform erweitert. Mit der Version 3 wurde die 400-Seiten-Schwelle u¨ berschritten und die ’Hydrodynamik der Fließgew¨asser’ von der hier vorliegenden Schrift ’Numerischen Methoden der Hydrodynamik’ vollst¨andig inhaltlich aber nicht o¨ rtlich getrennt. Version 4 diente der Verbesserung des hydrodynamischen Teils und reifte schließlich zur Habilitationsschrift. Mit der Version 5 liegen die numerischen Methoden nun als eigene Schrift vor. Damit sollte den Studenten meines wieder aufgenommenen Lehrauftrages in Hannover zun¨achst einmal ein eigenst¨andiges Skript geboten werden, welches den Stoff der Hydromechanik auf das wesentliche beschr¨ankt. Ferner habe ich mit diesem Lehrauftrag zusammen mit den Studenten Java-Applikationen entwickelt, mit denen die Numerik spielerisch erprobt werden kann. Die vorliegende Version 5.6 ist durch Anregungen beim Klausurseminar des Graduiertekollegs 615 der Universit¨at Hannover entstanden. Das Galerkinverfahren wird nun am einfacheren Beispiel der Poissongleichung erkl¨art, zeitabh¨angigen FE-Methoden ist ein eigenst¨andiges Kapitel gewidmet.
Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung ¨
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2 Zeitschrittverfahren 2.1 Die Diskretisierung der Zeit . . . . . . . . . . . 2.2 Die allgemeine Evolutionsgleichung . . . . . . . 2.3 Einschrittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Das Eulerverfahren . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Das implizite Verfahren . . . . . . . . . 2.3.3 Das Crank-Nicolson-Verfahren . . . . . . 2.3.4 Taylorverfahren . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Runge-Kutta-Verfahren . . . . . . . . . . 2.4 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Mehrschrittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Numerische Integration . . . . . . . . . . 2.5.2 Leap-Frog-Verfahren . . . . . . . . . . . 2.6 Zeitliche Mittlung der Grundgleichungen . . . . 2.7 Das Entity-Relationship-Modell der Zeit . . . . . 2.7.1 Das Entity-Relationship-Modell . . . . . 2.7.2 Das ER-Modell der Zeit . . . . . . . . . 2.8 Die logistische Differentialgleichung als Beispiel 2.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Stabilit¨at 3.1 Stetige Abh¨angigkeit von den Eingangsdaten . . . . . . . . 3.1.1 Stetige Abh¨angigkeit beim kontinuierlichen Problem 3.1.2 Stetige Abh¨angigkeit beim diskretisierten Problem . 3.2 Der Verfahrensoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Matrixnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Spektralradius und Stabilit¨at . . . . . . . . . . . . . 3.3 Allgemeine Stabilit¨atskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Stabilit¨atskriterien f¨ur explizite Einschrittverfahren . 3.3.2 Stabilit¨atskriterien f¨ur implizite Einschrittverfahren . 3.4 Iterative und Pr¨adiktor-Korrektor-Verfahren . . . . . . . . . 3.5 Operator-Splitting-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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INHALTSVERZEICHNIS
4 4 Die Methode der Finiten Differenzen 4.1 Einfache Differenzenquotienten . . . . . . . . . . . 4.1.1 Differenzenverfahren in Matrixschreibweise . 4.1.2 Die station¨are Transportgleichung . . . . . . 4.2 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Stabilit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Verallgemeinerungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5 Die Advektionsgleichung 5.1 Theorie der Advektionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Die Advektionsgleichung als Evolutionsgleichung . . . 5.1.2 Differentialgleichungssysteme 1. Ordnung . . . . . . . 5.1.3 Bahnlinien als Charakteristiken der Advektionsgleichung 5.1.4 Das Anfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 Das Randanfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . . 5.2 FD-Verfahren f¨ur die Advektionsgleichung . . . . . . . . . . . 5.2.1 Explizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Pr¨adiktor-Korrektor-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Numerische Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Numerische Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Interpolation auf Finiten Elementen 6.1 Lagrangesche Interpolationspolynome . . . . . . 6.2 Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Eindimensionale Elemente . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Lineare Interpolation . . . . . . . . . . . 6.3.2 Der Interpolationsfehler . . . . . . . . . 6.3.3 Quadratische Interpolation . . . . . . . . 6.3.4 Positivit¨at und andere Extremalprinzipien 6.4 Zweidimensionale Elemente . . . . . . . . . . . 6.4.1 Dreieck mit linearem Ansatz . . . . . . . 6.4.2 Viereck mit bilinearem Ansatz . . . . . . 6.4.3 Viereck mit biquadratischem Ansatz . . . 6.4.4 Sechseck mit quadratischem Ansatz . . . 6.5 Interpolation im Dreidimensionalen . . . . . . . 6.5.1 Ein Prisma mit linearem Ansatz . . . . .
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7 Die Diffusionsgleichung 7.1 Die Diffusionsgleichung als Evolutionsgleichung . . . . . . . 7.2 Parabolische semilineare Differentialgleichungen . . . . . . . 7.3 Das Anfangswertproblem (1D) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 FD-Verfahren f¨ur die Diffusionsgleichung . . . . . . . . . . . 7.4.1 Das Forward-Time-Centered-Space-Verfahren (FTCS) 7.4.2 Das Randanfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Richardson- und DuFort-Frankel-Verfahren . . . . . .
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63 63 64 65 65 66 68 70 70 70 73 73 74 76 76
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79 79 79 82 83 83 85 86
INHALTSVERZEICHNIS
7.5
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7.4.4 Das implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5 Das Crank-Nicolson-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 Lagrange-Verfahren 8.1 Das Lagrange-Verfahren f¨ur die Advektionsgleichung 8.2 Numerische D¨ampfung . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Monotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Stufenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Hunte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Jade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Die Transportgleichung 9.1 Das Anfangswertproblem (1D) . . . . . . . . . . . . 9.2 Das Randanfangswertproblem . . . . . . . . . . . . 9.3 FD-Verfahren f¨ur die Transportgleichung . . . . . . 9.3.1 Die stossartige und punktf¨ormige Einleitung 9.3.2 Explizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 9.3.3 Implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Lagrange-Verfahren f¨ur die Transportgleichung . . . 9.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Die Burgersgleichung 10.1 Der Ansatz von E. Hopf . . . . . . . . . . . . 10.2 Der Ansatz von J.D. Cole . . . . . . . . . . . 10.3 FD-Verfahren f¨ur die Burgersgleichung . . . 10.4 Lagrange-Verfahren f¨ur die Burgersgleichung 10.5 Harmonische Anfangsbedingungen . . . . . . 10.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . .
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11 Finite-Volumen-Verfahren 11.1 Die Divergenzform der Grundgleichungen . . . . 11.2 Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.1 Die Behandlung der Zeitableitung . . . . 11.2.2 Die Behandlung des Quellterms . . . . . 11.2.3 Die Behandlung des Flußterms . . . . . . 11.3 Die Diffusionsgleichung auf a¨ quidistantem Gitter 11.4 Die Diskretisierung advektiver Terme . . . . . . 11.4.1 Zentrale Verfahren . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Upstream-Verfahren . . . . . . . . . . . 11.4.3 QUICK- und QUICKEST-Verfahren . . . 11.5 Globale und lokale Massenerhaltung . . . . . . . 11.6 Gestaffelte Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.7 Finite Volumen auf Dreiecksnetzen . . . . . . . . 11.7.1 Der a¨ ußere Normalenvektor im Dreieck .
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INHALTSVERZEICHNIS
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11.7.2 Upstreaming auf Dreiecksnetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 11.8 Finite Differenzen und Finite Volumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 12 Die Saint-Venantschen Gleichungen 12.1 Hyperbolizit¨at der Saint-Venant-Gleichungen . . . . . . . . . . . . 12.2 Charakteristiken der 1D-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Das inverse Charakteristikenverfahren . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Charakteristiken der 2D-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Die station¨aren tiefengemittelten Gleichungen . . . . . . . . 12.3.2 Inverse Bicharakteristikenverfahren f¨ur die 2D-Gleichungen 12.4 Das semiimplizite Verfahren von Casulli . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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13 Galerkinverfahren 13.1 Das Standard-Galerkinverfahren . . . . . . 13.2 Die Poissongleichung in der Hydrodynamik 13.2.1 Potentialstr¨omungen . . . . . . . . 13.2.2 Druck-Korrektur-Verfahren . . . . . 13.3 L¨osung der 1D-Poissongleichung . . . . . . 13.4 Integrationsverfahren . . . . . . . . . . . . 13.4.1 Die Integraltransformationsformel . 13.4.2 Analytische Integration . . . . . . . 13.4.3 Numerische Integration . . . . . . . 13.5 Die Poissongleichung auf Dreiecken . . . . 13.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . .
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14 Zeitabh¨angige Finite-Elemente-Methoden 14.1 L¨osung der 1D-Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Die Diskretisierung der Zeit durch Finite Elemente . . . . . . . . . 14.3 Schwache Lagrangeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Upstream-Strategien: Petrov-Galerkin-Verfahren . . . . . . . . . . 14.4.1 Das Verfahren nach Christie . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4.2 Das Streamline Upwind/Petrov-Galerkin (SU/PG) Verfahren 14.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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15 Finite Elemente und Funktionalanalysis 15.1 Funktionenr¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Hilbertr¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.1 Der Hilbertraum . . . . . . . . . . . 15.2.2 Schwache Ableitungen und Sobolevr¨aume . 15.2.3 Operatoren in Hilbertr¨aumen . . . . . . . . 15.2.4 Eigenwerte linearer Operatoren . . . . . . 15.3 Dualr¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Bilinearformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Variationsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . .
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INHALTSVERZEICHNIS 15.5.1 Die Poissongleichung . . . . . . 15.5.2 Die Helmholtzgleichung . . . . . 15.5.3 Die station¨are Transportgleichung 15.6 Gemischte Finite Elemente . . . . . . . . 15.6.1 Das Stokes-Problem . . . . . . . 15.6.2 Die Babuska-Brezzi-Bedingung . 15.7 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . .
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184 184 185 186 186 187 187
16 Gleichungsl¨oser 189 16.1 Diskretisierung und Systemmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 16.2 Direkte Gleichungsl¨oser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 16.3 Iterative Gleichungsl¨oser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
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INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1 Einfuhrung ¨ Diese Schrift besch¨aftigt sich mit dem Repertoire numerischer Methoden, die man f¨ur den Entwurf eines hydrodynamisch-numerischen Modells f¨ur Oberfl¨achengew¨asser verwenden kann. Bevor wir uns diesen im einzelnen zuwenden, fragen wir uns, was man unter einem hydrodynamisch-numerischen Modell - in Kurzform auch HN-Modell - versteht. Ein hydrodynamisch-numerisches Modell ist zun¨achst erst einmal ein numerisches Modell. Unter einem solchen versteht man ein Verfahren, welches in der Regel große Mengen von Zahlen verarbeitet. Der Prozess der Verarbeitung von Zahlen kann durch Flußdiagramme dargestellt werden, welche in einer endlichen Abfolge von Schritten ein Ergebnis liefern. Solche Flußdiagramme sollten immer eine Klasse von Problemen repr¨asentieren, von denen das Einzelproblem durch eine bestimmte Konfiguration der Eingangsdaten bestimmt wird. Zu jedem speziellen Problem sollte das Flußdiagramm eine eindeutige Menge von Ausgangsdaten liefern. Hat dieses das Flußdiagramm die genannten Eigenschaften, spricht man von einem Algorithmus. Ein hydrodynamisch-numerisches Modell sollte die guten Eigenschaften eines Algorithmus besitzen. Die von ihm geliefert numerische L¨osung besteht wieder aus einer sehr großen Menge von Zahlen bzw. Daten, deren Struktur der der hydrodynamischen Probleme angepaßt ist. Hydrodynamische Probleme beziehen sich immer auf ein (nat¨urliches oder k¨unstliches) Modellgebiet in Raum und Zeit, also etwa auf die Elbe zwischen Stromkilometer 400 und 500 in der Zeit vom 1. bis zum 30 Juni 1990. Dazu wird das Modellgebiet mit einem Netz von Punkten u¨ berdeckt, die man als Knoten bezeichnet. An jedem dieser Knoten liefert das numerische Modell Ergebnisse f¨ur die gesuchten hydrodynamischen Gr¨oßen. Das Raumgitter kann dabei eine drei-, zwei- oder eindimensionale Struktur aufweisen. Bei zweidimensionalen Gittern wird dabei die u¨ ber die Tiefe, bei eindimensionalen Gittern die u¨ ber den Fließquerschnitt integrierte Str¨omung modelliert. Der Simulationszeitraum wird ebenfalls durch einzelne Zeitpunkte diskretisiert, zu denen die Simulationsergebnisse gewonnen werden. So entstehen insgesamt vier-, drei- oder zweidimensionale Datenstrukturen als Ergebnis eines hydrodynamisch-numerischen Modells. Abbildung 1.2 veranschaulicht f¨ur ein zweidimensionales Raumgitter die entstehende dreidimensionale Datenstruktur. Wir werden uns die in einem HN-Modell ben¨otigten numerischen Methoden konstruktiv d.h. Schritt f¨ur Schritt erarbeiten. Dazu ben¨otigt der Leser kaum Kenntnisse aus dem Bereich der 9
¨ KAPITEL 1. EINFUHRUNG
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Eingangsdaten
Algorithmus Flußdiagramm Allgemeinheit Eindeutigkeit Endlichkeit
Ausgangsdaten
Abbildung 1.1: Die Struktur eines numerischen Modells
t = 2 D t
t = D t
t = 0
ie t b e sg nu g ö m S tr
Abbildung 1.2: Dreidimensionale Datenstruktur f¨ur eine tiefenintegrierte Str¨omung
11 Hydrodynamik der Oberfl¨achengew¨asser. Methodisch funktioniert das folgendermaßen: Wir werden uns einfache Differentialgleichungen vornehmen und studieren, was diese simulieren k¨onnen. Dann werden wir Verfahren zur numerischen Behandlung derselben konstruieren. Im Laufe der Schrift werden diese Modelle aus Differentialgleichungen und zugeh¨origen numerischen Verfahren sich der tats¨achlichen Hydromechanik immer weiter ann¨aherten aber auch komplexer werden. Unser Weg beginnt bei den gew¨ohnlichen Differentialgleichungen erster Ordnung. Mit denen kann man dynamische d.h. zeitabh¨angige aber r¨aumlich homogene Prozesse beschreiben. Durch die Advektionsgleichung bekommen wir im folgenden ein Werkzeug in die Hand, die Bewegung von Stoffen oder Eigenschaften mit einer Str¨omung zu beschreiben. Sie ist von ihrer Struktur die einfachste partielle Differentialgleichung, wir werden aber an ihr schon die Grenzen der numerischen Verfahren leidvoll studieren k¨onnen. Dann werden wir uns dem Prozess der Diffusion zuwenden. Koppeln wir diesen mit der Advektion, dann sind wir schon in der Lage, die verschiedensten Transportvorg¨ange in Fließgew¨assern naturnah zu simulieren. So transportiert die Str¨omung aber auch ihren eigenen Impuls und damit irgendwie sich selbst, wodurch eine R¨uckkopplung entsteht. Dieses Ph¨anomen kann man im einfachsten Fall durch die Burgersgleichung beschreiben, die uns in das faszinierende Gebiet der nichtlinearen Dynamik und ihre numerische Simulation einf¨uhren wird. Mit den Saint-Venant-Gleichungen treffen wir dann auf ein System von partiellen Differentialgleichungen, wodurch weitere Anforderungen an die Qualit¨at der numerischen Verfahren gestellt werden. Das Modell ist aber nun schon in der Lage, tiefengemittelte Str¨omungen in Fließgew¨assern zu simulieren. Letztlich wenden wir uns den Reynolds- und Navier-StokesGleichungen zu, die dann die vollst¨andige Hydrodynamik der Fließgew¨asser beschreiben.
12
¨ KAPITEL 1. EINFUHRUNG
Kapitel 2 Zeitschrittverfahren Die Ergr¨undung des Wesens der Zeit ist eines der faszinierendsten Abenteuer des menschlichen Geistes. Zun¨achst sind da die Fragen nach ihrem Anfang, pr¨aziser, ob sie u¨ berhaupt einen solchen hatte und wenn, wann er war. Der Kirchenlehrer Augustinus (354 - 430) formulierte diese Frage theologisch1 : Was machte Gott, bevor er Himmel und Erde machte ? Ich gebe nicht das zur Antwort, was jemand gesagt haben soll, der mit einem Witzwort der schwierigen Frage ausweichen wollte und sagte: ’Er baute eine Ho¨ lle f¨ur die Leute, die zu hohe Dinge erforschen wollen.’ Das will ich nicht zur Antwort geben, Einsehen und Lachen sind zwei verschiedene Dinge. ... Ich hingegen sage, du, unser Gott, seist der Sch o¨ pfer aller Kreatur, und wenn man unter dem Wort ’Himmel und Erde’ alle Kreatur versteht, sage ich mit Zuversicht: Bevor Gott Himmel und Erde machte, machte er nichts. Denn wenn er etwas machte, was machte er, wenn nicht ein Gesch¨opf ? Augustinus fragt sich weiter, warum Gott vor der Sch¨opfung eine unbestimmt lange Zeit nichts tat, denn wenn er ’Himmel und Erde’ schon im Sinn hatte, h¨atte er ja auch fr¨uher anfangen k¨onnen. Dieser absurde Gedanke l¨aßt nur einen Schluß zu: Gott hatte zun¨achst bzw. mit der Sch¨opfung die Zeit erschaffen. Denn eben diese Zeit hattest du gemacht, und es konnte keine Zeit vor¨ubergehen, bevor du die Zeiten gemacht hattest. Die moderne Physik sieht das nicht anders, auch sie geht davon aus, daß es vor der Entstehung des Universums Zeit so nicht gegegeben, bzw. ihr Begriff keine G¨ultigkeit hat. In vollkommener Analogie zu Augustinus gibt es keinen Grund, warum der Urknall nicht auch schon h¨atte fr¨uher stattfinden k¨onnen, wenn es so etwas wie die Zeit schon vorher gegeben h¨atte. Nachdem er dieses so eindeutig gekl¨art hat, macht sich Augustinus daran, den Ablauf der Zeit zu ergr¨unden. Er stellt zun¨acht einmal fest, daß es Vergangenheit und Zukunft nicht gibt, Vergangenes existiert nur in der gegenw¨artigen Erinnerung und die Zukunft nur in der gegenw¨artigen Erwartung: Denn meine Kindheit, die nicht mehr ist, liegt in einer vergangenen Zeit, die nicht mehr ist; aber ihr Bild, das ich heraufhole, wenn ich von ihr erz a¨ hle, sehe ich im gegenw¨artigen Augenblick, weil es noch in meinem Geda¨ chtnis ist. ... Sagt man vom Zuk u¨ nftigen, es werde gesehen, dann wird nicht dieses Zuku¨ nftige selbst gesehen, das noch nicht ist, sondern wohl dessen Ursachen und Zeichen, die schon sind. ... Aus ihnen erfaßt der Geist das Zuk¨unftige und kann es dann vorhersagen. ... Es gibt daf u¨ r unz¨ahlige Beispiele; ich nehme nur eines davon: Ich sehe die Morgenro¨ te und sage voraus, die Sonne werde aufgehen. Was ich sehe ist gegenw¨artig; was ich voraussage, ist zuk u¨ nftig. Somit existiert allerh¨ochstens die 1
Die folgenden Zitate stammen aus Augustinus, Bekenntnisse, Reclam Universal-Bibliothek Nr. 2792, Stuttgart 1989.
13
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
14
Gegenwart. Doch wie lang ist diese ? Augustinus seziert den gegenw¨artigen Tag und findet darin vergangene und zuk¨unftige Stunden. Zwar geht er iterativ zu kleineren Zeitintervallen, kommt aber nicht zu einer Grenzwertbildung gegen Null, wodurch auch die Gegenwart als existent bezweifelt w¨urde. Er l¨aßt sich nicht beirren und bleibt dabei, daß Zeit aus gewissen Zeitspannen besteht. Tats¨achlich schreitet die Zeit in Zeitspr¨ungen bzw. Zeitquanten voran, deren L¨ange man als Plancksche Fundamentalzeit bezeichnet. Sie ist
wobei die universelle Gravitationskonstante, das Plancksche Wirkungsquantum und die
Lichtgeschwindigkeit ist. Da eine Sekunde somit aus sehr vielen Zeitquanten besteht, entsteht der Eindruck, als fließe die Zeit kontinuierlich dahin. F¨ur unser weiteres Modellieren des Ph¨anomens Zeit ist die Tatsache entscheidend, daß sich die Zeit grunds¨atzlich nicht in Zeitpunkte, sondern nur in Zeitintervalle bzw. Zeitschritte zerlegen l¨aßt, die aber praktischerweise nicht so kurz wie die Plancksche Fundamentalzeit sein m¨ussen.
2.1 Die Diskretisierung der Zeit In den Grundgleichungen der Hydrodynamik tauchen zeitliche Ableitungen auf, diese Gleichungen beschreiben also, wie sich entsprechende Gr¨oßen mit der Zeit entwickleln. Um dieses Geschehen numerisch zu behandeln, gehen wir genau so vor, wie es die Ontologie der Zeit verlangt: Wir legen einen Anfangszeitpunkt fest und simulieren den Lauf der Zeit durch das fortw¨ahrende Hinzuf¨ugen von Zeitschritten , wodurch eine Folge von Zeitpunkten entsteht:
(2.1)
Dies ist die Diskretisierung der Zeit. Wir gehen davon aus, daß zur Zeit alle physikalischen Gr¨oßen in Form von Anfangsbedingungen bekannt sind. Gesucht sind Rechenvorschriften, die die L¨osungswerte zum Zeitschritt und dann sukzessive f¨ur alle weiteren Zeitpunkte , ,..., ergeben. Nach der Diskretisierung der Zeit wollen wir nun den Typ der Differentialgleichung spezifizieren, den wir in diesem Kapitel numerisch untersuchen wollen. An diesen stellen wir die Anforderungen, daß er m¨oglichst allgemein ist, damit wir alle zeitabh¨angigen Differentialgleichungen der Hydrodynamik erfassen und daß er m¨oglichst einfach ist, damit wir es hier am Anfang noch nicht zu schwer haben. Diese Bedingungen erf¨ullt die allgemeine Evolutionsgleichung.
2.2 Die allgemeine Evolutionsgleichung Wir betrachten eine zeitabh¨angige Differentialgleichung der Form
(2.2)
die auch als allgemeine Evolutionsgleichung bezeichnet wird. In dieser Darstellung enth¨alt der Operator nur noch Ortsableitungen, so ergibt sich die x-Navier-Stokes-Gleichung durch
2.3. EINSCHRITTVERFAHREN
15
und
Sp¨ater werden wir die Ortsableitungen ebenfalls diskretisieren; wir werden sehen, daß der Operator dann zu einer Matrix degeneriert. Eine formale L¨osung der homogenen ( ) zeitabh¨angigen Differentialgleichung (2.2) ist durch
(2.3)
gegeben. Formal ist die L¨osung deshalb, weil wir zuerst kl¨aren m¨ussen, wie man eine Potenz mit einem Operator als Exponenten behandelt. Naheliegend ist hier die Bildung der Taylorreihe:
(2.4)
Um alle Formalit¨aten zu erledigen, bliebe noch die Konvergenzfrage f¨ur die Reihe zu untersuchen. Auch die L¨osung der inhomogenen Evolutionsgleichung kann formal angegeben werden; sie lautet:
¼
Schließlich wollen wir noch eine a¨ hnliche Absch¨atzung f¨ur nichlineare Gleichungen vom Typ der Navier-Stokes-Gleichungen gewinnen. Dazu schreiben wir die Evolutionsgleichung in der Form [?]
wobei der Operator linear und nichtlinear ist. Indem die Nichtlinearit¨at als Inhomogenit¨at behandelt wird, ergibt sich die formale L¨osung
¼
¼
2.3 Einschrittverfahren Zur Bestimmung der L¨osung an einem neuen Zeitpunkt wird die Zeitableitung in der Form
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
16
approximiert werden. Die zeitlich semidiskretisierte Gleichung wird zu
und es verbleibt die Frage, zu welchem Zeitpunkt wir und bei inhomogenen Gleichungen auswerten sollen. 2.3.1 Das Eulerverfahren Bei diesem Verfahren wird zum bekannten Zeitschritt ausgewertet:
(2.5)
Eine Differentialgleichung ist nun nicht mehr zu l¨osen; das Problem hat sich auf die Auswertung eines reinen Differentialausdruckes reduziert. Das Eulerverfahren ben¨otigt somit einen sehr geringen Rechenaufwand pro Zeitschritt, allerdings hat es bei zu hohen Zeitschritten Probleme mit der Stabilit¨at, worauf sp¨ater noch eingegangen wird. Wir werden sp¨ater sehen, daß der Fehler des Eulerverfahrens proportional zum Zeitschritt gegen Null geht.
2.3.2 Das implizite Verfahren Bei impliziten Verfahren wird zum unbekannten Zeitschritt ausgewertet:
(2.6) Da nun Differentialausdr¨ucke der unbekannten Funktion verbleiben, ist weiterhin eine
partielle Differentialgleichung zu l¨osen. Das implizite Verfahren ist somit wesentlich rechenintensiver als das Eulerverfahren. Sein Vorteil liegt jedoch in den wesentlich besseren Stabilit¨atseigenschaften, wodurch erheblich gr¨oßere Zeitschritte gew¨ahlt werden k¨onnen und der Nachteil der Rechenintensit¨at somit wieder kompensiert wird.
2.3.3 Das Crank-Nicolson-Verfahren Das Crank-Nicolson-Verfahren besteht aus einer Wichtung des bekannten Zeitschrittes und des unbekannten Zeitschrittes mit einem Wichtungsparameter :
(2.7)
Genauso wie beim impliziten Verfahren verbleibt weiterhin die L¨osung einer partiellen Differentialgleichung zum Zeitschritt . F¨ur geht der Verfahrensfehler proportional zu
2.3. EINSCHRITTVERFAHREN
17
zu Null. Ein kleinerer Zeitschritt f¨uhrt im Vergleich zum Eulerverfahren hier zu g¨unstigeren Ergebnissen. Das Crank-Nicolson-Verfahren bietet die M¨oglichkeit kontinuierlich zwischen den Zeitschritten zu wichten. Es wird daher in den meisten Codes verwendet, wenn nicht das implizite Verfahren aus Stabilit¨atsgr¨unden zwingend erforderlich ist. In Verallgemeinerung dessen lassen sich sogar verschiedene Crank-Nicolson-Faktoren f¨ur verschiedene Terme der Differentialgleichungen einf¨uhren, stellt diese sich z.B. dar als
so w¨are das entsprechende Crank-Nicolson-Verfahren durch
gegeben.
2.3.4 Taylorverfahren Die formale L¨osung der homogenen Evolutionsgleichung kann auch zur Konstruktion numerischer Verfahren verwendet werden. Dazu schreiben wir die formale L¨osung f¨ur den Zeitschritt als
und erhalten bei der Ber¨ucksichtigung der ersten beiden Gleider der Taylorreihe das Eulerverfahren. Nimmt man noch den dritten Term hinzu
so ergibt sich das Verfahren
(2.8)
welches auch Lax-Wendroff-Verfahren [17] genannt wird. Vollkommen analog zu dieser Herleitung ist die Ber¨ucksichtigung des lokalen Verfahrensfehlers mit umgekehrtem Vorzeichen in der zu diskretisierenden Ausgangsgleichung. Diese Vorgehensweise wird als Defektapproximation ([9]) bezeichnet.
2.3.5 Runge-Kutta-Verfahren Entwickelt man die formale L¨osung bis zur vierten Ordnung, so entsteht das Verfahren
welches man in der sehr einfachen Form
(2.9)
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
18 mit
programmieren kann. Das Verfahren wird als Runge-Kutta-Verfahren bezeichnet.
2.4 Konsistenz Die exakte L¨osung der Differentialgleichung ist i.a. keine L¨osung der diskreten Gleichung. Setzt man die exakte L¨osung dennoch in letztere ein, so erh¨alt man ein Maß f¨ur das Abweichen des diskreten Verfahrens von der zu l¨osenden Differentialgleichung, welches man als lokalen Verfahrensfehler bezeichnet. F¨ur das allgemeine Einschrittverfahren setzt man den lokalen Verfahrensfehler in der Form
an, wobei mit die exakte L¨osung bezeichnet wird. Offensichtlich wird der Fehler genau dann Null, wenn die exakte L¨osung auch die diskretisierte Gleichung erf¨ullt. Wird durch die Taylorreihe
dargestellt, so erh¨alt der lokale Diskretisierungsfehler nach kurzer Rechnung die Form
und da
und da
2.5. MEHRSCHRITTVERFAHREN
19
wobei die Linearit¨at von vorausgesetzt werden muß. Betrachtet man nur den f¨uhrenden Term der Reihe, so
Das Verhalten der f¨uhrenden Fehlerterme gibt Anlaß zu folgender Definition: Def: Die Konsistenzordnung eines Verfahrens ist die jeweils minimale Potenz, mit denen die Schrittweiten im lokalen Verfahrensfehler auftauchen. Tauchen Fehlerterme auf, die keine Schrittweite enthalten, heißt das Verfahren nicht-konsistent mit dem gestellten Problem. Die Konsistenzordnung gibt an, wieviel besser ein Verfahren wird, wenn man die jeweiligen Schrittweiten veringert. Halbieren wir in unserem Beispiel den Zeitschritt, so reduzieren sich die zeitabh¨angigen Anteile des Verfahrensfehlers auf die H¨alfte. W¨ahlen wir den CrankNicolson-Faktor zu , so f¨uhrt eine Halbierung des Zeitschrittes sogar zu einer Reduktion des Verfahrensfehlers auf ein Viertel. Die Konsistenzordnung sagt jedoch (noch) nichts dar¨uber aus, ob die diskrete L¨osung gegen die exakte L¨osung des Problems konvergiert. Man ist demzufolge bem¨uht, Verfahren mit hoher Konsistenzordnung zu konstruieren. So haben das Eulerverfahren und das implizite Verfahren die Konsistenzordnung 1, das LaxWendroff- und das Crank-Nicolson-Verfahren sind Verfahren 2. Ordnung und das RungeKutta-Verfahren besitzt sogar die Konsistenzordnung 4.
2.5 Mehrschrittverfahren Bisher wurde zur Berechnung der Str¨omung zum Zeitpunkt nur der direkt vorangehende Zeitschritt verwendet. Mehrschrittverfahren verwenden auch noch weitere Zeitschritte. Hierdurch kann man h¨ohere zeitliche Konsistenzordnungen erreichen.
2.5.1 Numerische Integration In diesem Abschnitt sei nur kurz an die drei grunds¨atzlichsten numerischen Integrationsverfahren erinnert. Die Mittelpunktsregel verwendet den Funktionswert auf der Intervallmitte
(2.10)
die Trapezregel das Mittel der Funktionswerte an den Integrationsgrenzen
(2.11)
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
20
und die Simpsonregel ein gewichtetes Mittel aus den Funktionswerten an den Intervallgrenzen und in der Intervallmitte:
(2.12)
2.5.2 Leap-Frog-Verfahren Zur Herleitung eines Verfahrens, welches auch den Zeitpunkt auswertet, integrieren wir die zeitabh¨angige Differentialgleichung (2.2) zwischen und :
Auf den ersten Term wenden wir den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, auf den zweiten die Mittelpunkteregel an:
bzw.
(2.13)
Das Verfahren wird in der Literatur als Leap-Frog-Verfahren bezeichnet, es ist ein explizites Verfahren und ben¨otigt zwei Zeitebenen zur Berechnung der gesuchten Werte auf einer neuen Zeitebene. Es besitzt die Konsistenzordnung .
2.6 Zeitliche Mittlung der Grundgleichungen Ein einfache Anwendung des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung liefert:
(2.14)
Diese Gleichung gew¨ahrt einen tiefen Einblick in das, was wir einer Differentialgleichung antun, wenn wir sie (in der Zeit) diskretisieren. Man berechnet eigentlich die Ableitung der Mittlung der Funktion zwischen den Zeitschritten und , die durch
(2.15)
(2.16)
gegeben ist. In diesem Sinne ist die Diskretisierung
2.7. DAS ENTITY-RELATIONSHIP-MODELL DER ZEIT
K ra ft
21
W e rt E in h e it O rt Z e it
Abbildung 2.1: Die Attribute der physikalischen Gr¨oße Kraft. exakt. Daher liegt es nahe, die hydrodynamischen Grundgleichungen u¨ ber die Zeitintervalle zu mitteln und dann die zeitliche Diskretisierung ohne Diskretisierungsfehler durchzuf¨uhren. Nach der zeitlichen Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen l¨ost man eigentlich die Reynoldsgleichungen und man hat sich an dieser Stelle Gedanken u¨ ber die durch die Numerik erzeugten Reynoldsspannungen zu machen.
2.7 Das Entity-Relationship-Modell der Zeit Im letzten Abschnitt dieses Kapitels wollen wir uns der Modellierung der Zeit aus der Sicht der Informatik widmen.
2.7.1 Das Entity-Relationship-Modell Der erste Schritt zur Modellierung von irgendetwas aus der Realwelt ist der Entwurf eines konzeptionellen Modells. In der Literatur werden dabei eine Reihe von Architekturen f¨ur den Entwurf des konzeptionenellen Modells vorgeschlagen. Grundlegend ist dabei der EntityRelationship-Ansatz (ER-Ansatz), der 1976 von Chen [7] vorgeschlagen und in der Folge vielfach erweitert wurde. Die dahintersteckende Methodik wird in der modularen als auch objektorientierten Softwarekonzeption und dem Entwurf von Datenbanken angewendet. Die Modellbildung erfolgt dadurch, die Dinge der zu modellierenden Welt, die sogenannten Entit¨aten in Entit¨atstypen zu ordnen. Ein Entit¨atstyp beschreibt also eine Menge gleichwertiger materieller oder nichtmaterieller Dinge der realen Welt, die f¨ur den Problembereich relevant sind. Die Anwendung dieser Betrachtungsweise auf die Physik liefert die physikalischen Gr¨oßen als Entit¨atstypen. Geschwindigkeit und Kraft sind also Entit¨atstypen, w¨ahrend man als Instanz des Entit¨atstyps Kraft ansehen w¨urde. In der graphischen Darstellung werden Entit¨atstypen durch Rechtecke symbolisiert. Ein Entit¨atstyp wird durch eine Menge von Attributen charakterisiert. Eine Instanz oder Auspr¨agung des Entit¨atstyps erh¨alt man durch die Zuordnung eines Wertes zu jedem Attribut des Entit¨atstyp. Die Attribute werden im ER-Diagramm durch Striche am repr¨asentierenden Rechteck, manchmal aber auch durch mit ihm verbundene Kreise dargestellt. Die Attribute einer physikalischen Gr¨oße sind zun¨achst einmal ihr Zahlenwert und ihre Einheit, bei raumzeithaften Problemen kommen noch der Ort und der Zeitpunkt hinzu. Durch die Angabe dieser vier Attribute wird eine Instanz der physikalischen Gr¨oße definiert. Zwischen den Entit¨aten der realen Welt bestehen Beziehungen bzw. Relationen, zwischen den Entit¨atstypen Beziehungstypen. Diese werden im ER-Diagramm durch Rauten dargestellt. Die Beziehungstypen zwischen den physikalischen Gr¨oßen sind die physikalischen Gesetze. Das
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
22
K ra ft
2 . N e w to n s c h e s G e s e tz
M a sse
B e s c h le u n ig u n g
Abbildung 2.2: Das Entity-Relationship-Modell f¨ur das Newtonsche Gesetz. Z e itz o n e
Z e it
1
b e s te h t a u s *
Z e itin te rv a ll
1
w ird b e g re n z t d u rc h
K a le n d e r Ja h r M o n a t T a g S tu n d e
Z e itp u n k t 2
S e k u n d e
M in u te
Abbildung 2.3: Das Entity-Relationship-Modell f¨ur die Zeit. Newtonsche Gesetz stellt eine Beziehung zwischen den Entit¨aten Kraft , Masse ! und Beschleunigung dar, dessen Entity-Relationship-Diagramm in Abbildung 2.2 zu bestaunen ist. Zwei Entit¨aten k¨onnen nur mittels einer Beziehung verbunden werden. Gibt es zwischen zwei Entit¨aten keine Beziehung, dann bleiben diese im ER-Diagramm unverbunden. Anders ist dies bei Beziehungen, zwischen ihnen braucht keine Entit¨at zu stehen. In der Welt der Physik kann man gekoppelte Gesetze bzw. gekoppelte Gleichungssysteme durch Verbindungen von Relations ohne dazwischenliegende Entity modellieren. Auch Beziehungstypen k¨onnen durch Attribute n¨aher charakterisiert werden. Man bezeichnet sie dann als assoziative Entit¨atstypen und stellt ihre Attribute an einen die Beziehung substantivierenden Entit¨atstyp, der graphisch durch eine gerichtete Kante vom Beziehungs- zum Entit¨atssymbol dargestellt wird.
2.7.2 Das ER-Modell der Zeit Die Ontologie der Zeit geht von einem Zeitursprung und dem darauffolgenden Verlauf der Zeit in Zeitschritten bzw. Zeitintervallen aus. Erst der Anfang und das Ende eines Zeitintervalls werden durch Zeitpunkte markiert. Zusammenfassend ergibt sich das in Abbildung 2.3 dargestellte ER-Modell f¨ur die Zeit. Zur Messung eines Zeitintervalles hat man seit menschengedenk die Rotation der Erde sowie die Revolution der Erde um die Sonne als periodische Zeitmaße und die damit verbundenen archetypischen Erfahrungen von Tag und Nacht und der Jahreszeiten verwendet. Die international g¨ultige Definition des Zeitmaßes basiert heute auf der Spezifikation der Sekunde als Vielfaches eines periodischen Vorganges aus dem Reich der Atomphysik. Schwieriger als die Angabe eines Zeitintervalles ist die exakte Spezifikation von Zeitpunkten. Dies liegt daran, daß es Zeitpunkte physikalisch nicht gibt, sie m¨ussen also durch die Angabe
2.8. DIE LOGISTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNG ALS BEISPIEL
23
eines Zeitintervalles relativ zu einem Bezugsereignis spezifiziert werden. Das Jahr Null, sowie eine willk¨urliche Unterteilung des Jahres in Monate und Wochen wird durch die Angabe eines Kalenders spezifiziert. Im westlichen Kulturkreis hat sich der Gregorianische Kalender so etabliert, daß die Angabe desselben zumeist entf¨allt. Wichtiger als die Angabe des Kalenders ist die Spezifikation der Zeitzone und gegebenenfalls einer Sommerzeit, wodurch die Tageszeit an einem bestimmten geographischen Ort festgelegt wird. Solche Angaben sind nicht nur bei Softwaresystemen aus dem Flugwesen, sondern auch in der ozeano- und geographischen Simulation unentbehrlich. In der Programmiersprache Java wird der Entit¨atstyp Zeitpunkt durch die Klasse java.util.Date dargestellt. Die Genauigkeit reicht dabei bis zur Sekunde. Der Entit¨atstyp Zeitintervall geh¨ort nicht mehr zum Umfang der Standardsprache und soll daher durch eine Klasse TimeStep realisiert werden. Diese enth¨alt die sechs privaten int-Komponenten years, months, days, hours, minutes, seconds. Neben dem leeren Konstruktor sollte man Objekte der Klasse TimeStep durch die Angabe der sechs Werte, sowie durch zwei Datums konstruieren k¨onnen. Die Methode incrementTime liefert f¨ur ein gegebenes Objekt der Klasse Date ein um den Zeitschritt inkrementiertes Objekt der Klasse Date.
2.8 Die logistische Differentialgleichung als Beispiel Die logistische Differentialgleichung
" #
" #
(2.17)
besteht auf der rechten Seite aus zwei Summanden: F¨ur # w¨achst die L¨osung in der Zeit proportional zu sich selbst, wir haben es in diesem Fall mit der Differentialgleichung des exponentiellen Wachstums zu tun. Der zweite Term begrenzt dieses Wachstum jedoch, er w¨achst u¨ berproportional zu und bekommt gegen¨uber dem Wachstumsterm umso mehr Gewicht, desto gr¨oßer ist. Die Differentialgleichung beschreibt also das logistische Wachstum, ein Wachstum also, welches durch irgendeinen begrenzenden Faktor, wie etwa die Verknappung von Ressourcen, gebremst wird. Nach Heuser [15] kann man mit der logistischen Differentialgleichung so verschiedenartige Dinge wie das Wachsen der Kriegslust in einem Land, die Ausbreitung von Ger¨uchten, Populationen und Sonnenblumen sowie die Gewichtszunahme bei Ratten modellieren. Aus dem Bereich der Fließgew¨asserphysik sei das Wachstum von Riffeln und D¨unen als Beispiel genannt, welches durch diese Differentialgleichung beschrieben wird. Um eine numerische L¨osung dieser Differentialgleichung brauchen wir uns nicht zu bem¨uhen, da sie eine analytische L¨osung besitzt. Diese lautet
#
"
#
wobei die Anfangspopulation zum Zeitpunkt angibt. F¨ur strebt die L¨osung f¨ur jeden Anfangswert gegen , im Laufe der Zeit erreicht jede logistisch begrenzte Population einen Endwert, der umso gr¨oßer ist, desto gr¨oßer die Wachstumsrate " und umso kleiner ist, desto kleiner die Sterberate # ist.
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
24
Ist dieser Grenzwert erst einmal erreicht, a¨ ndert sich die L¨osung nicht mehr, d.h. sie sollte und ist zudem die L¨osung der station¨aren Differentialgleichung
" #
Die L¨osung der logistischen Differentialgleichung bezeichnet man als asymptotisch stabil, da sie f¨ur jeden Anfangswert gegen die station¨are L¨osung konvergiert. Diesen station¨aren Wert kann man naheliegend auch als Attraktor bezeichnen. Die logistische Differentialgleichung bietet sich als Validierungsbeispiel f¨ur Zeitschrittverfahren an, da wir ihre analytische L¨osung kennen und mit dieser immer vergleichen k¨onnen. Starten wir also mit dem Eulerverfahren, es lautet f¨ur die logistische Differentialgleichung:
" #
Diese Form offenbart sofort ein erstes Problem. Beginnen wir mit dem Startwert , so wird jeder Folgewert Null bleiben. Das Verfahren wird also nur dann gegen den richtigen asymptotischen Wert konvergieren, wenn man mit Startwerten ungleich Null beginnt. Dies kann praktisch große Probleme aufwerfen, wenn man es mit Ph¨anomenen zu tun hat, die aus dem Nichts entstehen. Schon allein deshalb sollte das explizite Verfahren nicht zur numerischen L¨osung der logistischen Differentialgleichung herangezogen werden. Wir wollen dennoch ein L¨osungsprogramm schreiben, welches die Wachstums- und Sterberaten " und # , den Startwert und den Zeitschritt aus den Textfeldern einer Benutzeroberfl¨ache u¨ bernimmt und die Ergebnisse graphisch darstellt. Diese kann man in Abbildung 2.4 bewundern. Sowohl numerische als auch analytische L¨osung konvergieren gegen den richtigen asymptotischen Wert, die numerische L¨osung w¨achst dabei jedoch erst wesentlich sp¨ater als die analytische. Bei einer Erh¨ohung des Zeitschrittes auf 2 s schwingt die numerische L¨osung um die Asymptote, bei wird ihr Verhalten chaotisch und bei jedem Zeitschritt $ w¨achst die numerische L¨osung undarstellbar ins Unendliche. Das Verhalten des expliziten Verfahrens ist also noch keineswegs befriedigend. Wenden wir uns daher dem impliziten Verfahren zu. Nach kurzem Aufl¨osen nach hat es die Darstellung:
" #
" #
#
Im Gegensatz zum Eulerverfahren ist das implizite Verfahren f¨ur beliebige Zeitschritte stabil und liefert keine Oszillationen. Es konvergiert zudem auch f¨ur den Anfangswert gegen die richtige L¨osung. Es steigt allerdings wesentlich schneller als die analytische L¨osung an und ist daher im Anfangsbereich ebenfalls nicht brauchbar. Als Verfahren der Konsistenzordnung zwei hatten wir das Lax-Wendroff-Verfahren und der Ordnung vier das Runge-Kutta-Verfahren kennengelernt, die entsprechenden Schemata soll¨ te man zur Ubung selbst entwickeln. Die h¨ohere Ordnung dieser Verfahren zahlt sich in der besseren Reproduktion des Anstieges aus. Beide Verfahren neigen aber sehr schnell zu oszillierendem, chaotischem und instabilen Verhalten. Wenn das explizite Verfahren instabil wird und das implizite Verfahren stabil bleibt, dann sollten wir f¨ur den quadratischen Term eine Mischung aus explizitem und impliziten Verfahren in der Form
2.8. DIE LOGISTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNG ALS BEISPIEL
25
Abbildung 2.4: Vergleich der mit dem Eulerverfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
Abbildung 2.5: Vergleich der mit dem Eulerverfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
26
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
Abbildung 2.6: Vergleich der mit dem Eulerverfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
Abbildung 2.7: Vergleich der mit dem impliziten Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
2.9. ZUSAMMENFASSUNG
27
Abbildung 2.8: Vergleich der mit dem semiimpliziten Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
" #
probieren. Das Verfahren kann man als semiimplizit bezeichnen und es ist genau wie das implizite Verfahren stabil. Aus Abbildung 2.8 ist ersichtlich, daß die L¨osung wie beim expliziten Verfahren der analytischen hinterherhinkt. In der Hydromechanik kommen nichtlineare quadratische Terme in den tiefen- und querschnittsgemittelten Impulsgleichungen als Sohlschubspannungs- bzw. Reibungsterme vor. Diese werden in der Regel semiimplizit diskretisiert, weil hiermit der geringste Rechenaufwand bei garantierter Stabilit¨at verbunden ist. Allerdings sollte man im Kopf behalten, daß das numerische Verfahren die d¨ampfende Wirkung dieser Terme u¨ bersch¨atzen kann, was wir hier am verz¨ogerten Anstieg der L¨osung der logistischen Differentialgleichung gesehen haben.
2.9 Zusammenfassung Wir haben in diesem Kapitel verschiedene Verfahren zur numerischen Behandlung der Zeitableitung kennengelernt. Als erstes Qualit¨atskriterium zur Beurteilung dieser Verfahren haben wir eine m¨oglichst hohe Konsistenzordnung gefordert. Unsere Untersuchungen haben ergeben, daß das Euler- und das implizite Verfahren 1. Ordnung, Crank-Nicolson-, Lax-Wendroff- und Leap-Frog-Verfahren 2. Ordnung und das Runge-Kutta-Verfahren sogar 4. Ordnung konsistent sind.
28
KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN
Abbildung 2.9: Vergleich der mit dem Lax-Wendroff-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
Abbildung 2.10: Vergleich der mit dem Runge-Kutta-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der logistischen Differentialgleichung
Kapitel 3 Stabilit¨at In der nichtlinearen Dynamik bezeichnet man Systeme dann als stabil, wenn sich f¨ur zwei sehr nahe beieinanderliegenden Anfangszust¨anden und die Zust¨ande zu sp¨ateren Zeiten h¨ochstens stetig voneinander entfernen, d.h. es gibt zwei sehr kleine Zahlen Æ und % mit
Æ % Æ
Dieses Stabilit¨atskriterium sieht dem ber¨uchtigten % Æ -Kriterium f¨ur Stetigkeit sehr a¨ hnlich. Bei der Stetigkeit steht die Wahl des % im Vordergrund, d.h. zum Zeitpunkt sind die Unterschiede zwischen und beliebig klein, wenn nur die Anfangswerte hinreichend nahe aneinander liegen. Der Stabilit¨atsbegriff weicht diese Anforderung ein wenig auf, da er ledig fordert, daß zwei im Anfang sehr a¨ hnliche Funktionen sich zu sp¨ateren Zeitpunkten nur allm¨ahlich unterschiedlich verhalten. Turbulente Str¨omungen sind in diesem Sinne stabil, da die turbulenten Fluktuationen in einem gewissen Intervall um einen wohldefinierten Mittelwert schwanken. Ein System heißt asymptotisch stabil, wenn f¨ur zwei sehr nahe beieinanderliegenden Anfangszust¨anden sich sp¨atere Zust¨ande irgendwann einmal nicht mehr unterscheiden, d.h. es gibt irgendein sehr kleines Æ , so daß
Æ
f¨ur
Wir werden in diesem Kapitel das Ph¨anomen Stabilit¨at bei dynamischen numerischen Verfahren im Rahmen der Operatorentheorie beschreiben und allgemeine Stabilit¨atskriterien f¨ur explizite und implizite Verfahren aufstellen. Da konsistente numerische Verfahren nicht notwendig stabil sein m¨ussen, werden wir als weiteres G¨utekriterium die Stabilit¨at von Zeitschrittverfahren untersuchen und in den Begriff der Konvergenz einm¨unden lassen. Es sei an dieser Stelle betont, daß der Begriff der Stabilit¨at nichts mit dem des Chaos zu tun hat oder etwa dessen Gegenteil ist. Chaotische Systeme sind in der Regel stabil. Ein Zeichen des Chaos ist die Sensitivit¨at auf Anfangsl¨osungen, weisen diese nur winzige Unterschiede auf, dann verhalten sich die L¨osungen chaotischer Systeme zu sp¨ateren Zeitpunkten vollkommen anders. Dies ist in stabilen Systemen keinesfalls ausgeschlossen, die L¨osungen entfernen sich hier lediglich nicht abrupt voneinander. 29
¨ KAPITEL 3. STABILITAT
30
u ,v u
v
e d
t Abbildung 3.1: Stabilit¨at turbulenter Str¨omungen. Die Anfangswerte unterscheiden sich um den Wert Æ . Unabh¨angig davon bleiben die Fluktuationen im Intervall %.
3.1 Stetige Abha¨ ngigkeit von den Eingangsdaten Die Stabilit¨at eines numerischen Verfahrens ist eng mit der Frage verbunden, ob die Eigen¨ schaft der stetigen Abh¨angigkeit von den Eingangsdaten beim Ubergang vom kontinuierlichen auf das diskrete Problem erhalten bleibt.
3.1.1 Stetige Abh¨angigkeit beim kontinuierlichen Problem Eine der wichtigsten Eigenschaften der L¨osungen der allgemeinen Evolutionsgleichung ist ihre stetige Abh¨angigkeit von den Eingangsdaten. Umgangssprachlich bedeutet dies, daß die ¨ L¨osungen in ihrem zeitlichen Verhalten keine abrupten Anderungen erfahren, sie also der Anfangsl¨osung umso a¨ hnlicher sind, desto n¨aher man sich am Anfangszeitpunkt befindet. Setzen wir zur Abk¨urzung
&
(3.1)
so folgt f¨ur die L¨osungen der homogenen Evolutionsgleichung die Absch¨atzung
& Zu jedem beliebigen Zeitpunkt ist die Norm der L¨osung durch den Faktor & mit der Norm der Anfangsl¨osung verbunden. Dieser Faktor ist eine stetige Funktion der Zeit , a¨ ndert sich
also ebenfalls niemals abrupt. Somit kann sich die L¨osung im Laufe der Zeit zwar beliebig weit von der Anfangsl¨osung entfernen und irgendwann vollkommen anders aussehen, diese ¨ Anderung geschieht aber stetig und nicht aus heiterem Himmel.
Wir wollen nun einen wichtigen Spezialfall untersuchen, der in der Str¨omungsmechanik sehr oft vorkommt, obwohl seine Voraussetzungen doch sehr einschr¨ankend zu sein scheinen.
¨ 3.1. STETIGE ABHANGIGKEIT VON DEN EINGANGSDATEN
31
Satz: Falls der Operator linear ist und nur Eigenwerte ' mit nichtnegativem Realteil besitzt und die zugeh¨origen Eigenvektoren eine Orthonormalbasis des L¨osungsraumes bilden, gilt
&
bzw
Da die Norm bisher nicht spezifiziert wurde, gilt der Satz f¨ur jede Operatornorm. Nehmen wir hier z.B. die Maximumnorm auf einem Intervall
dann besagt der Satz, daß die Extremwerte der L¨osung im Laufe der Zeit nie gr¨oßer werden, die L¨osungsfunktion also immer in den anf¨anglichen Schranken bleibt. Beweis: Sei ( die Orthonormalbasis des L o¨ sungsraumes. Die Anfangswerte lassen sich dann als
(
darstellen. Somit folgt
... und da (
(
( (
( ( ( (
( (
*)
... und da f¨ur
(
( ( ( (
' ( ...
... und da , weil ' , denn die Zeit ist gro¨ ßer Null und die Eigenwerte waren laut Voraussetzung gr o¨ ßer Null, folgt
¨ KAPITEL 3. STABILITAT
32
(
bzw.
womit die Behauptung folgt. Hat der Operator der homogenen Evolutionsgleichung nur positive Eigenwerte, so ist die Wirkung der Evolutionsgleichung in gewisser Form d¨ampfend, denn die Norm der L¨osung nimmt mit der Zeit immer mehr ab. Wir betrachten nun Absch¨atzungen f¨ur die inhomogene Evolutionsgleichung. Mit der Abk¨urzung
&
¼
¼
(3.2)
gilt f¨ur die L¨osung der inhomogenen Evolutionsgleichung die Absch¨atzung:
& &
¼
Und schließlich folgt f¨ur die nichtlineare Form:
& &
&
3.1.2 Stetige Abh¨angigkeit beim diskretisierten Problem Die stetige Abh¨angigkeit der kontinuierlichen L¨osung von den Eingangsdaten h¨angt bei der allgemeinen Evolutionsgleichung mit der Erf¨ullung der Absch¨atzung
& &
(3.3)
zusammen. Somit k¨onnen wir von der zeitlich diskretisierten L¨osung
& &
verlangen. Diese Bedingung garantiert zudem die Stabilit¨at des Zeitschrittverfahrens.
(3.4)
3.2. DER VERFAHRENSOPERATOR
33
3.2 Der Verfahrensoperator Einschrittverfahren lassen sich mit der Operatorenschreibweise auf die folgende Form bringen:
+ (
(3.5)
Dabei wird + auch Verfahrensoperator genannt. Schreibt man das Crank-Nicolson-Verfahren im Rahmen der Operatorentheorie als
) ) dann sieht man leicht, daß dem Eulerverfahren ( ) dem impliziten Verfahren (
+
)
)
+
)
und dem Crank-Nicolson-Verfahren
+
)
)
als Verfahrensoperatoren zugeordnet sind. Geht man sukzessive von den Anfangsbedingungen bis zum Zeitschritt Verfahren die Form
+
, so erh¨alt das
+ (
(3.6)
Ein Vergleich mit der Stetigkeitsbedingung liefert die Stabilit¨atsbedingung
+ &
Ist &
,
(3.7)
so ist diese Bedingung erf¨ullt, wenn
+ ,
(3.8)
ist. Falls & und + $ , dann ist die Anzahl der Zeitschritte begrenzt, ab einem gewissen Zeitschritt w¨are das Verfahren instabil. Stabilit¨at bedeutet dann, daß die Wirkung des Verfahrensoperators nicht unbeschr¨ankt ausartet, sondern die L¨osung in einem gewissen Sinne kontrahierend ist. Um im folgenden Stabilit¨atsanalysen durchzuf¨uhren, ben¨otigt man noch zwei wesentliche S¨atze. Der erste ist der Form nach schon aus der Algebra bekannt. Satz: Neumannsche Reihe. Sei ein beschr¨ankter linearer Operator mit Identit¨atsoperator. Dann existiert der folgende Operator
)
, und ) der (3.9)
¨ KAPITEL 3. STABILITAT
34
Der n¨achste Satz ist ein m¨achtiges Werkzeug f¨ur die Analyse numerischer Verfahren. Satz von Kellogg: Sei
f¨ur alle des Hilbertraumes und - . Dann gilt ) - ) -
(3.10)
Sei die dargestellte Theorie auf das Crank-Nicolson-Verfahren
angewendet. Die Gleichung l¨aßt sich zu
)
)
umstellen, und definiert man den Verfahrensoperator
+
)
)
so ergibt sich die Stabilit¨at des Crank-Nicolson-Verfahrens sofort aus Kelloggs Satz, wenn nur der Operator die dortigen Voraussetzungen erf¨ullt. Die Konsistenzanalyse zeigt, daß das Verfahren zweiter Ordnung in der Zeit ist. Noch allgemeiner kann man sogar folgenden Satz beweisen: Satz: Das Crank-Nicolson-Verfahren ist f¨ur beliebige Zeitschritte stabil, wenn und positiv-semidefinit ist.
3.2.1 Matrixnormen Da in den folgenden Kapiteln auch der Raum diskretisiert wird, stellen die L¨osungen und selbst Vektoren dar. F¨ur lineare Verfahren kann der Verfahrensoperator + somit mit einer Matrix identifiziert werden. Wir ben¨otigen zur Untersuchung der Stabilit¨at Rechenvorschriften zur Bildung von Normen von Matrizen. Analog zu den Normen von Vektoren definieren wir dererlei drei:
Die Spaltensummennorm
+
die Quadratsummen- oder Schurnorm
+
und die Zeilensummennorm
+
+
+
+
(3.11)
(3.12)
(3.13)
¨ 3.3. ALLGEMEINE STABILITATSKRITERIEN
35
3.2.2 Spektralradius und Stabilit¨at Der Spektralradius eines Operators bzw. einer Matrix ist durch den Grenzwert + +
(3.14)
gegeben. Er ist unabh¨angig von der gew¨ahlten Norm und ist die untere Schranke aller Operatornormen, denn es gilt:
+ + (3.15) Satz: Besitzt der lineare Operator + N Eigenwerte ' und N linear unabh¨angige Eigenvektoren d.h. + ' so gilt:
+ '
d.h. der Spekralradius ist der Betrag des betragsm¨aßig gr¨oßten Eigenwertes. Da die linear unabh¨angigen Eigenvektoren eine Basis des L¨osungsraumes bilden, l¨aßt sich die L¨osung zum Zeitschritt als Linearkombination
.
darstellen. F¨ur die L¨osung gilt somit
+
'
.
Damit die L¨osung zum Zeitschritt kleiner als die zum Zeitschritt ist, muß der betragsm¨aßig gr¨oßte Eigenwert ' von + kleiner als eins sein. Damit haben wir folgenden Satz gezeigt: Satz: Ein numerisches Verfahren, dessen Verfahrensoperator linear ist und dessen Eigenvektoren eine Basis des L¨osungsraumes bilden, ist dann stabil, wenn der Spektralradius + des zugeh¨origen linearen Verfahrensoperators + kleiner als eins ist. Hiermit haben wir das Stabilit¨atsproblem auf die Berechnung von Eigenwerten des Verfahrensoperators, d.h. von Matrizen zur¨uckgef¨uhrt.
3.3 Allgemeine Stabilit a¨ tskriterien Wir wollen nun sehr allgemeine Stabilit¨atskriterien entwickeln, die wir erst nach der Einf¨uhrung der konkreten numerischen Verfahren bei der Stabilit¨atsanalyse anwenden werden.
¨ KAPITEL 3. STABILITAT
36
Sie geben aber schon jetzt Hinweise f¨ur die Konstruktion stabiler numerischer Zeitschrittverfahren. Insbesondere werden wir feststellen, daß implizite Anteile die Stabilit¨at mit zunehmendem Zeitschritt f¨orden und explizite Anteile die Instabilit¨at beg¨unstigen.
3.3.1 Stabilit¨atskriterien fur ¨ explizite Einschrittverfahren Der Weg, wie das Stabilit¨atskriterium f¨ur das Crank-Nicolson-Verfahren gewonnen wurde, l¨aßt sich verallgemeinern. Dazu betrachte man ein explizites Einschrittverfahren der Form
(
wobei und Operatoren sind, die das Verfahren repr¨asentieren. Man sieht leicht, daß der Verfahrensoperator durch
+ gegeben ist. Seine Norm kann als
+
abgesch¨atzt werden, so daß + , f¨ur
(3.16)
gilt. Offensichtlich w¨achst mit steigendem Zeitschritt die Gefahr, das Stabilit¨atskriterium zu verletzen.
3.3.2 Stabilit¨atskriterien fur ¨ implizite Einschrittverfahren Wir wenden uns nun einem allgemeinen impliziten Verfahren in der Form
(
zu. Der Verfahrensoperator ist durch
+ gegeben. Seine Norm ist
)
+ ) ) so daß man nach kurzer Rechnung zeigen kann, daß + , f¨ur
(3.17)
gilt. Offensichtlich sinkt mit steigendem Zeitschritt die Gefahr, das Stabilit¨atskriterium zu verletzen, implizite Verfahren sind daher also wesentlich stabiler als explizite.
¨ 3.4. ITERATIVE UND PRADIKTOR-KORREKTOR-VERFAHREN
37
3.4 Iterative und Pra¨ diktor-Korrektor-Verfahren Die Verwendung von impliziten Anteilen in Zeitschrittverfahren erh¨oht zum einen in der Kombination mit expliziten Anteilen die Genauigkeit und zum anderen die Stabilit¨at des Verfahrens. Diese Vorteile werden mit h¨oheren Rechenkosten bezahlt, da bei linearen Gleichungen ein lineares Gleichungssystem und bei nichtlinearen Gleichungen ein nichtlineares Gleichungssystem zu l¨osen ist. Iterative und Pr¨adiktor-Korrektor-Verfahren versuchen den Rechenaufwand zu reduzieren, indem quasi-implizite L¨osungen bestimmt werden. Dazu wird ein Zeitschritt mehrfach berechnet, wobei das Ergebnis jeweils zur Berechnung von wiederverwendet wird. Betrachten wir dazu das explizite Einschrittverfahren
bzw.
) Das Ergebnis wird zur Berechnung von wiederverwendet:
bzw.
) )
Wird das Spiel unendlich oft wiederholt, so konvergiert der Verfahrensoperator gegen
)
d.h. gegen den impliziten Verfahrensoperator. Der Satz u¨ ber die Neumannsche Reihe fordert, daß dazu die Bedingung
,
erf¨ullt sein muß. Die Stabilit¨at des Verfahrens ist durch die Stabilit¨at des expliziten Einschrittverfahrens begrenzt, also sehr niedrig. Es liegt daher nahe, in den einzelnen Iterationsschritten unterschiedliche Verfahren zu verwenden, womit wir bei der Klasse der Pr¨adiktor-KorrektorVerfahren angelangt sind. Dabei wird im ersten Iterationsschritt – dem Pr¨adiktor – ein stabiles Verfahren angewendet und im zweiten Iterationschritt ein Verfahren, welches die Genauigkeit steigert.
3.5 Operator-Splitting-Verfahren Die Operator-Splitting-Technik zerlegt die urpr¨unglichen Differentialgleichungen in verschiedene Anteile, die dann nacheinander mit den mathematischen Eigenschaften dieser Anteile entsprechend angepaßten Verfahren gel¨ost werden.
¨ KAPITEL 3. STABILITAT
38 Dazu sei die Differentialgleichung in der Form
darstellbar. kann z.B. die advektiven und die diffusiven Terme in einer Transportglei-
chung repr¨asentieren. Im ersten Schritt wird die Gleichung
gel¨ost. Das Zwischenergebnis wird als Startwert f¨ur den zweiten Schritt verwendet:
Die Addition der beiden Teilschrittgleichungen f¨uhrt offensichtlich zu einer konsistenten Diskretisierung des Ausgangsproblems. In den einzelnen Teilschritten k¨onnen verschiedene Integrationsverfahren f¨ur die Zeit angewendet werden. Zur Untersuchung der numerischen Eigenschaften des Operator-Splittings wenden wir in beiden Teilschritten ein Crank-NicolsonVerfahren an:
Im Rahmen der Operatorentheorie lassen sich diese Gleichungen umschreiben zu
) ) ) )
und das Gesamtverfahren kann durch
) ) ) )
dargestellt werden, wobei der Verfahrensoperator durch
+
) )
) )
gegeben ist. Offensichtlich setzt sich der Verfahrensoperator aus dem Hintereinanderausf¨uhren der einzelnen Crank-Nicolson-Verfahren zusammen. Es ist somit leicht einzusehen, daß sich der Gesamtverfahrensoperator beim Operator-Splitting aus den Verfahrensoperatoren der Einzelschritte zusammensetzt. Mit der Beziehung (15.5) erh¨alt man somit den wichtigen Satz: Das gesamte Operator-Splitting-Verfahren ist dann stabil, wenn jeder Einzelschritt stabil ist.
3.6. KONVERGENZ
39
Sei nun der lokale Verfahrensfehler in der Zeit betrachtet. Wir fragen, ob auch das Operator-Splitting die Konsistenzordnung 2 aufrecht erhalten kann. Dazu wird der Verfahrensoperator + f¨ur unter Anwendung der Neumannschen Reihe bis zur ersten Ordnung entwickelt:
+
) ) ) ) )
Das weitere Vorgehen h¨angt nun entscheidend davon ab, ob die Operatoren tauschbar sind. Denn nur dann l¨aßt sich
und
ver-
schreiben und somit der Verfahrensoperator des Lax-Wendroff-Verfahrens:
+
)
Damit erh¨alt man das folgende Resultat: Das Crank-Nicolson Operator-Splitting ist stabil, wenn die Teilschritte stabil sind und besitzt die Konsistenzordnung 2, wenn die Teilschritte vertauschbar sind. Der Vorteil des Operator-Splitting-Verfahrens liegt darin, daß in jedem Schritt genau auf die Gleichung angepaßte Verfahren angewendet werden k¨onnen, der Nachteil ist die maximale Konsistenzordnung von .
3.6 Konvergenz Die wichtigste Anforderung an ein numerisches Verfahren ist die Konvergenz gegen die exakte L¨osung. F¨ur soll sich die numerische L¨osung an die exakte L¨osung ann¨ahern. Betrachten wir hierzu die Differenz zwischen numerischer und exakter L¨osung / :
/ Da die diskrete L¨osung die diskretisierte Gleichung l¨ost, gilt
/ / /
/
bzw. in Operatorschreibweise
) / )
/
und somit:
/ + / Wendet man diesen Zusammenhang vom Ausgangszeitpunkt induktiv bis an, so ergibt sich die Fehlerdarstellung:
/ + /
+
¨ KAPITEL 3. STABILITAT
40 F¨ur die Norm des Fehlers folgt:
/
,
+ +
+ /
+ /
/ / /
Zum Zeitschritt geht das Residuum mit der Ordnung des Verfahrensfehlers zu Null, wenn die Anfangswerte exakt sind. Wir haben somit das Theorem von Lax bewiesen: Theorem von Lax: Ist ein Zeitschrittverfahren konsistent mit der mit der Ordnung und stabil, so konvergiert die numerische L¨osung bei kleiner werdenden Zeitschritt mit der Ordnung gegen die exakte L¨osung.
Kapitel 4 Die Methode der Finiten Differenzen Die Methode der Finiten Differenzen (FD) ist die a¨ lteste Methode zur numerischen L¨osung von partiellen Differentialgleichungen. Auf einem Gebiet sei eine partielle Differentialgleichung der allgemeinen Form
(4.1) zu l¨osen. stellt einen Differentialoperator dar, ist die gesuchte Funktion und enth¨alt die Inhomogenit¨aten. Bei der Methode der Finiten Differenzen wollen wir drei Diskretisierungsschritte unterscheiden. Im ersten Schritt wird das L¨osungsgebiet mit einem rechtwinkligen nicht notwendig a¨ quidistanten Gitter u¨ berdeckt (Abb. 4.1). Dabei werden Innenknoten (volle Kreise) von Randknoten (leere Kreise) unterschieden. Das L¨osungsgebiet wird also durch eine Menge von Punkten
0
1 &
ersetzt, die man auch Knoten nennt. Im zweiten Schritt wird die gesuchte L¨osungsfunktion diskretisiert, d.h. sie wird durch den Vektor ihrer Werte auf den Knoten ersetzt. Den zu der kontinuierlichen Funktion geh¨origen Vektor von Knotenwerten bezeichnet man auch als Gitterfunktion. Ebenso verf¨ahrt man mit der rechten Seite , auch sie wird mit Hilfe einer Knotenfunktion auf die Werte an den Knoten reduziert. Da aus der L¨osungsfunktion und der Inhomogenit¨at nun Vektoren geworden sind, muß aus dem Differentialoperator nun ein algebraischer Operator werden, der bei linearen Problemen durch eine Matrix dargestellt werden kann. Mit diesem dritten Schritt wollen wir uns im folgenden besch¨aftigen.
4.1 Einfache Differenzenquotienten Zur Herleitung des algebraischen Operators werden alle Ableitungen durch Differenzenquotienten der Knotenwerte ersetzt. Um einen Differenzenquotienten die erste Ableitung in x-Richtung zu erhalten, entwickeln wir die Funktion am Knoten 0 1 in eine Taylorreihe 41
KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN
42
0 0 0
1
1
1
Abbildung 4.1: Diskretisierung eines 2D-Gebietes f¨ur Finite Differenzen
0 1 erhalten wir
F¨ur den Entwicklungsknoten
L¨ost man die erste Taylorreihe nach auf, so erh¨alt man als Approximation der Ableitung
(4.2)
(4.3)
welche man als vordere Differenzenapproximation bezeichnet. Andererseits erh¨alt man aus der zweiten Taylorreihe das Schema
welches man als ruckw¨ ¨ artige Differenzenapproximation bezeichnet. Zieht man die zweite von der ersten Taylorreihe ab, so erh¨alt man in analoger Weise die zentrale Differenzenapproximation
(4.4)
Addiert man schließlich beide Reihen, so ergibt sich eine Differenzenapproximation f¨ur die zweite Ableitung in der Form
(4.5)
4.1. EINFACHE DIFFERENZENQUOTIENTEN
43
die bei einer a¨ quidistanten Diskretisierung in
(4.6)
u¨ bergeht. Zur Herleitung von Differenzenverfahren f¨ur Ableitungen dritter Ordnung ben¨otigt man zus¨atzlich noch die Tayloreihen f¨ur und . In derselben Weise lassen sich die Ableitungen in andere Richtungen approximieren. F¨ur den zweidimensionalen Fall kann die ersten Ableitungen in y-Richtung am Knoten 0 1 als vordere Differenz
oder als zentrale Differenz
dargestellt werden. F¨ur die zweite Ableitung in y-Richtung ergibt sich
4.1.1 Differenzenverfahren in Matrixschreibweise Um ein lineares Gleichungssystem zu erhalten, muß die mehrdimensionale Indizierung der Gitterknoten auf eine eindimensionale Indizierung abgebildet werden, anders gesagt, die Knoten m¨ussen durchnumeriert werden. F¨ur Knoten, die außerhalb des L¨osungsgebietes liegen, gibt es prinzipiell zwei verschiedene Behandlungsm¨oglichkeiten:
’Trockene’ d.h. außerhalb des Berechnungsgebietes liegende Knoten werden nicht mitindiziert und fallen damit aus der Rechnung heraus. ’Trockene’ Knoten werden maskiert, d.h. es wird ein INTEGER-Feld der L¨ange aller Gitterknoten angelegt, welches eine Null f¨ur trockene und eine Eins f¨ur Berechnungsknoten enth¨alt. Das Ergebnis wird an geeigneten Stellen mit dieser Maske multipliziert.
F¨ur die Numerierung der u¨ brigen Knoten haben sich drei Varianten durchgesetzt:
Die Knoten werden reihenweise (oder spaltenweise) d.h. in Richtung der Koordinatenachsen durchnumeriert. Die Knoten nach Schr¨agzeilen d.h. in Diagonalenrichtung durchnumeriert. Die Knoten werden schachbrettartig numeriert. Dazu teilt man das Gitter wie ein Schachbrett in schwarze und weiße Knoten ein und numeriert zuerst die schwarzen Knoten reihenweise und dann die weißen entsprechend oder aber umgekehrt.
KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN
44
Die Numerierung der Gitterknoten ist ein besonders diffiziles Problem, f¨ur das der Programmierer neben einem gl¨ucklichen H¨andchen viel Erfahrung haben muß, denn sie beeinflußt die Performance des Programmes entscheidend. An dieser Stelle k¨onnen keine Pauschalaussagen gemacht werden, da eine optimale Wahl nicht nur von der zu l¨osenden partiellen Differentialgleichung, sondern auch vom Gleichungsl¨oser, vom Aufbau des gesamten Softwarepaketes und vom Computertyp (skalare, Vektor- oder Parallelmaschine) abh¨angig ist. Nachdem der L¨osungsvektor und die rechte Seite des Gleichungssystems durch Umnumerieren der Knoten des Gitters erzeugt wurden, bleibt der Aufbau der Systemmatrix . Hierf¨ur sei ein eindimensionales Problem betrachtet. Man sieht leicht, daß dann die Matrixdarstellung f¨ur die erste Ableitung, die durch zentrale Differenzen approximiert ist, durch
..
..
.
.. ..
.
..
.
..
.
..
.
.
.
gegeben ist. F¨ur die zweite Ableitung gilt
..
..
.
.
.. .. ..
. . .
.. ..
. .
¨ Alle Leser sollten zur Ubung die Matrixdarstellung der vorderen und r¨uckw¨artigen Differenzen konstruieren.
4.1.2 Die station¨are Transportgleichung Die L¨osung von Differentialgleichungen mit Hilfe von Finiten Differenzen soll nun an einem einfachen Beispiel konkretisiert werden. Dazu betrachten wir die station¨are Transportgleichung
Zur numerischen L¨osung der Gleichung stehen auf den ersten Blick (mindestens) drei Verfahren zur Verf¨ugung, da wir f¨ur die erste Ableitung zentrale Differenzen
vordere Differenzen
und r¨uckw¨artige Differenzen
4.2. KONSISTENZ
45
kennengelernt hatten. Alle drei Verfahren lassen sich durch die Einf¨uhrung des sogenannten Upwind-Parameters 2 verallgemeinern:
2
2
(4.7)
F¨ur 2 ergeben sich r¨uckw¨artige Differenzen etc. Um die Qual der Wahl zu erleichtern, wollen wir die Kriterien Konsistenz und Stabilit¨at untersuchen.
4.2 Konsistenz Als erstes Kriterium f¨ur die G¨ute der FD-Verfahren untersuchen wir wieder den lokalen Verfahrensfehler, den wir erhalten, wenn wir die exakte L¨osung in das Differenzenverfahren einsetzen. Konkretisieren wir dies f¨ur die station¨are Transportgleichung. Seien mit , und ausnahmsweise und nur hier die exakte L¨osung an den entsprechenden Knoten bezeichnet. Wir entwickeln sie in Taylorreihen
und setzen diese in das Verfahren (4.7) ein:
2
Zur Bestimmung des lokalen Verfahrensfehlers d.h. dem Unterschied zwischen Differentialund Differenzengleichung mit exakter L¨osung ziehen wir die zu l¨osenden Differentialgleichung ab:
2
F¨ur 2 bzw. 2 besitzt das Verfahren die Konsistenzordnung 1, f¨ur 2 sogar die Konsistenzordnung 2. Die zentralen Differenzen w¨aren somit den vorderen und r¨uckw¨artigen Differenzen vorzuziehen.
4.3 Stabilit¨at Im Rahmen der Zeitschrittverfahren hatten wir gelernt, daß Instabilt¨aten dann auftreten, wenn das numerische Verfahren L¨osungen produziert, die die Schranken des Wertebereiches der exakten L¨osung verletzen.
KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN
46
Solche Schranken existieren auch auf der Ortsebene: Der Wertebereich elliptischer Differentialgleichungen ist durch die Randwerte (nach oben oder unten) beschr¨ankt. Verletzen die L¨osungen eines numerischen Verfahrens diese Schranken, so treten wieder Instabilit¨aten auf, die allerdings nicht notwendig zum Abbruch des Computerprogramms f¨uhren m¨ussen. Diese Instabilit¨aten sind in Form von Oszillationen bei Transportgleichungen zu beobachten, wenn die Advektion gegen¨uber der Diffusion so sehr u¨ berwiegt, daß die oberstromseitige Randbedingung bei der gew¨ahlten Diskretisierung nicht mehr sinnvoll realisiert werden kann. Eine charakteristische Gr¨oße, die das Verh¨altnis von Advektion zu Diffusion beschreibt, ist die sogenannte Pecletzahl (auch manchmal Gitterreynoldszahl genannt), die durch
3
(4.8)
gegeben ist. In einem vereinfachten Beispiel [10], [23],[24],[25] wollen wir sowohl die Oszillationen kennenlernen, als auch ein Kriterium f¨ur ihr Verschwinden herleiten. Dazu betrachten wir die station¨are Transportgleichung
Die Gleichung ist elliptisch; alle L¨osungen der station¨aren Transportgleichung nehmen ihre Extrema auf den R¨andern des L¨osungsgebietes an. Werden die Randbedingungen
gew¨ahlt, dann ergibt sich eine analytische L¨osung als
Zur numerischen L¨osung der Gleichung verwenden wir zentrale Differenzen, wir erhalten das Schema
mit , 1
und
Indem wir die Verfahrensgleichug mit multiplizieren und durch dividieren, erh¨alt man die dimensionslose Form
3
3
In Abb. 4.2 sehen wir den Vergleich zwischen numerischer und analytischer L¨osung f¨ur eine Pecletzahl von 6.67. Der Vergleich zeigt, daß
die analytische L¨osung monoton ist und die numerische L¨osung oszillierend,
¨ 4.3. STABILITAT
47
1 .0 0 0
.
.
P e = 6 .6 7 .
0 .7 5 0
. .
0 .5 0 0
.
. .
0 .2 5 0
. -
. .
0 .0 0 0
-
. .
.
.
.
0 .0 0 0
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
0 .7 5 0
0 .5 0 0
0 .2 5 0
1 .0 0 0
n u m e r is c h e L ö s u n g a n a ly tis c h e L ö s u n g
Abbildung 4.2: Numerische (durchgezogen) und analytische (gestrichelt) L¨osung f¨ur zentrale Differenzen, , , .
die analytische L¨osung nicht-negativ ist und die numerische L¨osung auch negative Werte annimmt. Das Verfahren ist somit nicht monoton.
Numerische und analytische L¨osung haben somit ein qualitativ vollkommen verschiedenes Verhalten. In der Regel kennt man aber eine analytische L¨osung nicht und da die numerische L¨osung nicht generell instabil ist, bleibt dem Anwender eines Codes die Beantwortung der kniffeligen Frage, ob die Oszillationen tats¨achlich physikalischer Natur sind. Zur Analyse des Problems schreiben wir das Verfahren inklusive Randbedingungen wieder in Matrixschreibweise:
.. ..
..
.
..
.
..
.
..
.
..
.
. .
.. . .. . .. .
.. . .. .
Beim Auftreten von Oszillationen wird die numerische L¨osung auch negativ. Es l¨aßt sich nun zeigen, daß dies nicht der Fall ist, wenn die Matrix diagonal dominant ist, d.h. wenn
$
3
3
Diese Bedingung ist genau dann erf¨ullt, wenn f¨ur die Pecletzahl die Bedingung
3
(4.9)
erf¨ullt ist. Wenden wir auf denselben Testfall Upstream-Differenzen in der Form
KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN
48
1 .0 0 0
.
.
-
P e = 6 .6 7
0 .5 0 0
-
.
0 .7 5 0
. . . . .
0 .2 5 0
. -
. .
0 .0 0 0
-
. .
.
.
0 .0 0 0
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
0 .7 5 0
0 .5 0 0
0 .2 5 0
. 1 .0 0 0
n u m e r is c h e L ö s u n g a n a ly tis c h e L ö s u n g
Abbildung 4.3: Numerische (durchgezogen) und analytische (gestrichelt) L¨osung f¨ur Upstream-Differenzen, , , . an, so verschwinden die Oszillationen, wie man in Abb. 4.3 erkennt. Dies ist insofern verwunderlich, da das zentrale Verfahren mit der Konsistenzordnung wesentlich genauer ist, als das Upstream-Verfahren ( ). Um dieses Verhalten zu verstehen, verallgemeinern wir zentrale und Upstream-Differenzen durch das Schema
2
2
F¨ur 2-Werte von 1, 0 und 1/2 ergeben sich in der Reihenfolge das Upstream, das Downstream sowie das zentrale Verfahren. Schreiben wir die Gleichung nochmals ein wenig in der Form
3 2
um, so zeigt sich, daß dem Verfahren ein k¨unstlicher Diffusionsterm der Form 3 2 zugef¨ugt wurde, der nur im zentralen Fall nicht wirkt. Je gr¨oßer also die Pecletzahl ist, d.h. umso kleiner die echte Diffusion gegen¨uber der Advektion ist, desto mehr k¨unstliche Diffusion wird der L¨osung beim Upstream-Verfahren zugef¨ugt. Hierdurch treten zwar keine Oszillationen auf, die L¨osung wird allerdings durch den k¨unstlichen Diffusionsterm stark ged¨ampft.
4.4 Verallgemeinerungen Zur L¨osung mehrdimensionaler Probleme werden die Grundverfahren durch die entsprechenden zus¨atzlich auftretenden Terme erweitert. Wegen der hohen Rechenleistungen, die allein durch die Anzahl der Knoten entsteht, werden in 3D-Simulationen vielfach explizite Verfahren verwendet, wobei hier vor allem das Upstreamund Lax-Wendroff-Verfahren f¨ur die Advektion gekoppelt mit dem FTCS-Verfahren f¨ur die Diffusion zu nennen sind. Bei der impliziten L¨osung werden Crank-Nicolson-Verfahren verwendet. Bei den bisher diskutierten Verfahren wurde vorausgesetzt, daß die Gitterabst¨ande a¨ quidistant ( 4, 4) sind. Ersetzt man die konstanten Gitterabst¨ande durch r¨aumlich
4.4. VERALLGEMEINERUNGEN
49
ver¨anderliche in der Form , so lassen sich alle Verfahren auf nicht-¨aquidistante Gitter verallgemeinern. Es ist so m¨oglich, interessante Simulationsgebiete h¨oher aufzul¨osen. Allerdings breitet sich die h¨ohere Aufl¨osung in Querrichtung u¨ ber das gesamte Simulationsgebiet fort.
50
KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN
Kapitel 5 Die Advektionsgleichung Wir beginnen mit der Advektionsgleichung, die Bestandteil jeder Transportgleichung ist:
(5.1)
Die Variablen dieser Gleichung beschreiben ein dreidimensionales Geschwindigkeitsfeld 5 , von dem wir der Einfachheit halber annehmen, daß es homogen und zeitlich konstant ist. Mit diesem Geschwindigkeitsfeld wird eine Konzentrationsverteilung bewegt.
5.1 Theorie der Advektionsgleichung Zun¨achst wenden wir uns den theoretischen Aspekten dieser Gleichung zu. Man best¨atige, daß es sich um eine lineare Differentialgleichung handelt. Es wird gleich gezeigt, wie sich die Advektionsgleichung auf die Grundform einer Evolutionsgleichung bringen l¨aßt und wir werden einsehen, daß die Wirkung der Advektionsgleichung in der Verschiebung einer beliebigen Anfangsfunktion besteht.
5.1.1 Die Advektionsgleichung als Evolutionsgleichung Betrachtet man die Advektionsgleichung als Evolutionsgleichung (2.2), so ist der Operator durch
gegeben. Er besitzt die Eigenfunktionen , denn es gilt
0 womit man die Eigenwerte als 0 erkennt. Ohne es zu beweisen, sei ge-
sagt, daß die komplexen Exponentialfunktionen eine Orthogonalbasis des L¨osungsraumes mit kontinuierlichem Spektrum bilden. Da die Eigenwerte einen nichtnegativen Realteil (dieser ist n¨amlich Null) haben, hat die Advektionsgleichung bzgl. jeder Norm eine d¨ampfende Wirkung auf entsprechende Anfangswerte. 51
KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG
52
5.1.2 Differentialgleichungssysteme 1. Ordnung Def.: Ein allgemeines quasilineares System partieller Differentialgleichungen 1. Ordnung der Form
0
(5.2)
heißt hyperbolisch, falls die Matrizen N reelle Eigenwerte besitzen. F¨ur jede Raumrichtung ist also eine Matrix zu untersuchen. Sind dagegen komplexe Eigenwerte vorhanden, nennt man das System elliptisch. Eine Differentialgleichung 1. Ordnung mit reellen Koeffizienten ist somit immer hyperbolisch. Somit geh¨ort die Advektionsgleichung ebenfalls zu den hyperbolischen Differentialgleichungen.
5.1.3 Bahnlinien als Charakteristiken der Advektionsgleichung Die Besonderheit und Gemeinsamkeit hyperbolischer Differentialgleichungen sind ihre Charakteristiken. Dies sind Kurven oder Fl¨achen in Raum und Zeit, auf denen die hyperbolische partielle Differentialgleichung auf eine gew¨ohnliche reduziert werden kann. Die lineare Advektionsgleichung l¨aßt sich auf einer Bahnlinie, die durch
gegeben ist, als
(5.3)
schreiben. Letztere ist eine gew¨ohnliche Differentialgleichung. Somit sind die Bahnlinien der Str¨omung die Charakteristiken der linearen Advektionsgleichung. Und diese besagt nichts anderes, als daß sich die physikalische Gr¨oße l¨angs der Bahnlinien nicht a¨ ndert.
5.1.4 Das Anfangswertproblem Als Anfangswertproblem bezeichnet man f¨ur eine zeitabh¨angige Differentialgleichung das Problem, diese f¨ur vorgegebene Anfangsbedingungen auf einem beliebig großem Gebiet zu l¨osen. Die lineare Advektionsgleichung besitzt f¨ur das Anfangswertproblem
die allgemeine eindeutige L¨osung
(5.4)
¨ DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 5.2. FD-VERFAHREN FUR
53
Abbildung 5.1: L¨osung des Anfangswertproblems f¨ur die lineare Advektionsgleichung. Dies bedeutet, daß die lineare Advektionsgleichung die Anfangsl¨osung in der Zeit um den Vektor
verschiebt (Abb. 5.1). Die Form der L¨osung wird dabei selbst nicht ver¨andert. Damit haben wir eine zweite Darstellung der d¨ampfenden Wirkung der linearen Advektionsgleichung auf die Anfangsl¨osung; ihre Extremwerte werden in keinem Fall vergr¨oßert, sondern bleiben konstant. ¨ Das Problem ist sachgem¨aß gestellt, kleine Anderungen in der Geschwindigkeit als auch an ¨ der Anfangsbedingung bewirken nur kleine Anderungen der L¨osung.
5.1.5 Das Randanfangswertproblem Ist das L¨osungsgebiet begrenzt, so muß neben der Anfangsbedingung am Einstromrand eine Randbedingung in Form des Funktionswertes zu jedem Zeitpunkt vorgegeben werden. Am Ausstromrand werden keine Randbedingungen ben¨otigt. Die physikalische Interpretation dieses Sachverhaltes ist einfach: Da die lineare Advektionsgleichung nur eine Verschiebung der L¨osungsfunktion bewirkt, muß man vorgeben, was zu jedem Zeitpunkt in das L¨osungsgebiet hineingeschoben werden soll, das Hinausschieben der L¨osung aus dem Gebiet geschieht dann von selbst.
5.2 FD-Verfahren fur ¨ die Advektionsgleichung Die L¨osung von zeitabh¨angigen Differentialgleichungen mit der Methode der Finiten Differenzen soll nun am Beispiel der eindimensionalen linearen Advektionsgleichung
konkretisiert werden. Als Testbeispiel untersuchen wir die Advektion einer normalisierten Gaussverteilung mit der Standardabweichung - , die zur Anfangszeit die Form
KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG
54
haben soll. Die L¨osung zu sp¨ateren Zeitpunkten bekommt man durch ein Verschieben der Funktion um den Betrag auf der x-Achse:
Das Verhalten der jeweiligen numerischen L¨osung wird dabei wieder mit dieser analytischen L¨osung verglichen, wof¨ur man sich eine kleine Java-Applikation schreiben kann.
5.2.1 Explizite Verfahren Das instabile FTCS-Verfahren Unter Anwendung des Eulerverfahrens f¨ur die Zeitableitung das sogenannte Forward-TimeCentered-Space-Verfahren (FTCS)
(5.5)
wobei die Ortsableitung durch eine zentrale Differenz zum bekannten Zeitschritt approximiert wurde. Das Verfahren ist explizit, da man den Konzentrationswert am Knoten 0 zum neuen Zeitschritt direkt als
bestimmen kann, wobei zum Zeitschritt bekannt sind.
Der Vergleich zwischen der analytischen und der numerischen L¨osung in Abbildung 5.2 zeigt schon nach 20 Zeitschritten starke Schwingungen, die den Maximalwert der analytischen L¨osung um das 80fache u¨ berragen, das numerische Verfahren wird also instabil. Daher sollten wir untersuchen, wann das Verfahren stabil ist und schreiben es in der Form
wobei die Einheitsmatrix und
.. ..
. .
.. .. ..
. . .
.. ..
ist. Wegen
. .
, kann das Stabilit¨atskriterium
nur f¨ur negative Zeitschritte erf¨ullt werden. Das Verfahren ist somit absolut instabil, wir sollten es zur L¨osung der linearen Advektionsgleichung nicht verwenden. Nichtsdestotrotz besitzt es die Konsistenzordnung .
¨ DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 5.2. FD-VERFAHREN FUR
55
Abbildung 5.2: Vergleich der mit dem instabilen FTCS-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Advektionsgleichung Das Upstream-Verfahren Beim Upstream-Verfahren wird die Ortsableitung mit Hilfe der stromaufw¨arts gelegenen Differenz gebildet, f¨ur ist dies:
(5.6)
(5.7)
Ist , so muß das Upstream-Verfahren als
gebildet werden. Die f¨uhrenden Terme des Verfahrensfehlers sind
somit ist in beiden F¨allen die Konsistenzordnung . Die Randwerte werden beim Upstream-Verfahren automatisch richtig ber¨ucksichtigt: Ist die Geschwindigkeit positiv, so muß am ersten d.h. Einstromknoten der Wert vorgegeben werden. Alle weiteren Knoten werden dann mit dem Upstream-Verfahren berechnet. Die Stabilit¨at der Upsteam-Verfahrens ergibt sich aus dem allgemeinen Stabilit¨atskriterium, wobei die Einheitsmatrix und
KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG
56
Abbildung 5.3: Vergleich der mit dem Upstream-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Advektionsgleichung
Damit ergibt sich
und
..
..
..
.
..
. . .
.. ..
. .
woraus folgt, daß bei der Anwendung des Upstream-Verfahrens das sogenannte Courantkriterium
*/
(5.8)
erf¨ullt sein muß. Die soeben eingef¨uhrte dimensionslose Zahl */ bezeichnet man als Courantzahl. Wir wollen das Verfahren an unserem Beispiel testen und nehmen die Einstellungen so vor, daß die Courantzahl 0.5 ist. Abbildung 5.3 illustriert die Ergebnisse. Im Vergleich zur analytischen ist die numerische L¨osung wesentlich breiter geworden und der Maximalwert ist
¨ DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 5.2. FD-VERFAHREN FUR
57
Abbildung 5.4: Vergleich der mit dem Lax-Wendroff-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Advektionsgleichung stark reduziert. Diesen Effekt bezeichnet man als numerische Diffusion, wir werden ihn sp¨ater analysieren. Das Lax-Wendroff-Verfahren Das Lax-Wendoff-Verfahren ist f¨ur die lineare Advektionsgleichung
Werden die Ortableitungen durch zentrale Differenzen diskretisiert, so ergibt sich
(5.9)
Das Lax-Wendroff-Verfahren f¨ur die lineare Advektionsgleichung besitzt die Konsistenzordnung und das Stabilit¨atskriterium */ . Das Lax-Wendroff-Verfahren ist am ausstromseitigen Rand nicht anwendbar. Ist dieser der letzte Knoten des Gebietes , so w¨urde formal ein Wert f¨ur den Knoten ben¨otigt, der jedoch außerhalb des L¨osungsgebiets liegt. Daher muß man am ausstromseitigen Rand auf das Upstream-Verfahren ausweichen. Dies gilt grunds¨atzlich auch f¨ur alle anderen Verfahren, die am Rand Knoten verwenden, die außerhalb des Gebietes liegen. Der Test des Verfahrens (Abbildung 5.4) wird wieder mit */ durchgef¨uhrt. Er best¨atigt die Stabilit¨at des Verfahrens, dank der h¨oheren Genauigkeit des Verfahrens wachsen die Werte nicht ins Unendliche, obwohl zentrale Differenzen verwendet wurden. Es zeigt sich aber wieder eine gewisse numerische Diffusion, das Peakmaximum ist reduziert und aufgeweitet. Ferner bilden sich im Kielwasser des Prim¨arpeaks Wellen, wodurch die numerische L¨osung
KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG
58
auch negative Werte annimmt. Dies kann gravierende Folgen haben, wenn die Advektionsgleichung Teil eines simulierten Systems ist, wobei andere Prozesse schlimmstenfalls von der Quadratwurzel der Konztentration abh¨angen. Dann w¨urde dieser Prozess zum Abbruch des Programms f¨uhren, wenn die Konzentration einen negativen Wert annehmen w¨urde. Wir bezeichnen die vom Lax-Wendroff-Verfahren nicht erf¨ullte Qualit¨atsanforderung als Positivit¨at, sie verlangt, daß eine numerische L¨osung positiv bleibt, wenn die reale L¨osung immer positiv ist und wenn Anfangs- und Randwerte ebenfalls positiv sind. Das Leap-Frog-Verfahren
(5.10)
weist den Abbruchfehler
auf und besitzt somit die Konsistenzordnung und ist f¨ur */
stabil. Das Leap-Frog-Verfahren ben¨otigt die Abspeicherung der beiden Zeitschritte und und ist dabei nicht genauer als das Lax-Wendroff-Verfahren. Weiterhin wird f¨ur die Berechnung des ersten Zeitschrittes ein anderes Verfahren ben¨otigt.
Das diffusive oder Lax-Verfahren
(5.11) besitzt die Konsistenzordnung und ist ebenfalls f¨ur */ stabil. Wieder m¨ussen
zwei Zeitschritte im Speicher vorgehalten werden.
5.2.2 Implizite Verfahren Prinzipiell hat man auch bei impliziten Verfahren f¨ur die Advektionsterme die Auswahl zwischen Upwind- und zentralen Differenzen. Die Entscheidung f¨allt hier jedoch nicht schwer. Wir erinnern uns, daß wir uns dem Upstreamverfahren einzig und allein aus Stabilit¨atsgr¨unden zugewendet haben, es ist n¨amlich den zentralen Differnzen in der Genauigkeit um eine Gr¨oßenordnung unterlegen. Da implizite Verfahren aber nur zur Stabilisierung verwendet werden, brauchen wir nicht eine Fliege mit zwei Klappen erschlagen: Wenn schon implizite stabile Verfahren, dann auch zentrale Differenzen zweiter Konsistenzordnung f¨ur die Advektion. Das voll implizite Verfahren Setzen wir ein Verfahren in der Form
(5.12)
¨ DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 5.2. FD-VERFAHREN FUR
59
an, so werden die Knotenwerte am neuen Zeitschritt untereinander gekoppelt, wodurch man nicht mehr direkt nach einem gesuchten Knotenwert aufl¨osen kann. Das Verfahren heißt deshalb implizit, denn es n¨otigt zur L¨osung eines Gleichungssystems f¨ur alle Knoten. Es l¨aßt sich ohne Ber¨ucksichtigung von Randbedingungen in der Form
... .. . ...
.. ..
. .
.. .. ..
. . .
.. ..
. .
darstellen. Da die Matrix
..
..
. .
.. .. ..
. . .
... .. .. ..
+
.. ..
. .
positiv-definit ist, , ist das Verfahren nach dem modifizierten Satz von Kellogs unabh¨angig vom Zeitschritt stabil. Desweiteren ist es positiv, da
+ Der Abbruchfehler zum Zeitschritt ist:
Es besitzt also die Konsistenzordnung .
Das Crank-Nicolson-Verfahren besitzt f¨ur die Konsistenzordnung und ist f¨ur stabil.
(5.13)
In Simulationsmodelle implementiert man gew¨ohnlicherweise das Crank-Nicolson-Verfahren als implizites Verfahren, da u¨ ber den Crank-Nicolson-Faktor gleichm¨aßig zwischen dem instabilen expliziten und dem voll impliziten Verfahren variiert werden kann. Das Preissmann-Verfahren
Das Preissmann-Verfahren verwendet zwei nicht unbedingt benachbarte Knoten besitzt die Konsistenzordnung und ist f¨ur $ stabil.
(5.14)
0 und 1 . Es
KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG
60
5.2.3 Pr¨adiktor-Korrektor-Verfahren Pr¨adiktor-Korrektor-Verfahren berechnen die L¨osung in zwei Schritten: In einem ersten Pr¨adiktor-Schritt wird eine stabile Anfangsl¨osung erzeugt, die in einem Korrektor-Schritt dann bez¨uglich der Konsistenzordnung verbessert wird. Das MacCormack-Verfahren Das MacCormack-Verfahren [18] verwendet als Pr¨adiktor das Upstream-Verfahren:
(5.15)
Besteht das Upstream-Verfahren aus R¨uckw¨artsdifferenzen, so werden im Korrektor-Schritt Vorw¨artsdifferenzen (und umgekehrt) verwendet:
(5.16)
Aus beiden Schritten wird die neue L¨osung gewichtet:
(5.17)
Das Verfahren besitzt die Konsistenzordnung und ist f¨ur */ stabil. F¨ur die ¨ lineare Advektionsgleichung ist es mit dem Lax-Wendroff-Verfahren identisch. Erst die Ubertragung der Grundidee auf andere (nichtlineare) Gleichungen f¨uhrt zu neuen Verfahren. Das MacCormack-Verfahren ist hervorragend geeignet, Diskontinuit¨aten in der L¨osung darzustellen. Das Beam-Warming-Verfahren Als Pr¨adiktor kann wieder ein beliebiges explizites stabiles Verfahren verwendet werden. Die so erhaltenen Werte seien wieder mit bezeichnet. Der Korrektor ist durch
6 (5.18) gegeben. Die Zeitableitung wichtet die Zeitebenen und , die Ortableitung entsteht durch Wichtung des Pr¨adiktorergebnisses und des Zeitschrittes . Das Verfahren ist in Abh¨angigkeit vom Pr¨adiktor stabil, die Konsistenzordnung ist durch gegeben.
2 2
6
5.3 Numerische Diffusion Im Verfahrensfehler taucht oftmals ein Term auf, der die zweite Ableitung in Ortsrichtung enth¨alt. Dies bedeutet, daß man eigentlich eine Gleichung l¨ost, die einen Term umgekehrten Vorzeichens enth¨alt, der physikalisch eine Diffusion beschreibt. Aber auch andere Terme mit zweiten Ableitungen nach der Zeit des Verfahrensfehlers sind Quellen numerischer Diffusion, da sie sich durch die Gleichung
5.4. NUMERISCHE DISPERSION
61
in Diffusionsterme unformen lassen. Untersuchen wir daraufhin unsere Verfahrensfehler nochmals. Numerische Diffusion des Upstream-Verfahrens
Sie ist gr¨oßer Null, wenn die Courantzahl kleiner als eins ist. F¨ur */ ist das Verfahren diffusionsfrei. F¨ur Courantzahlen gr¨oßer als eins ist der Diffusionsbeiwert negativ. Die Tatsache, daß Gleichungen mit negativem Diffusionsbeiwert keine L¨osungen besitzen, ist ein weiteres Anzeichen f¨ur die Instabilit¨at des Verfahrens, wenn das Courantkriterium nicht erf¨ullt ist. Numerische Diffusion des impliziten Verfahrens
5.4 Numerische Dispersion F¨ur die Advekionsgleichung l¨aßt sich neben der Konsistenz und Stabilit¨at ein weiteres G¨utekriterium formulieren. Dieses soll die Qualit¨at des numerischen Verfahrens beschreiben, eine Anfangsl¨osung auch tats¨achlich mit der geforderten Advektionsgeschwindigkeit fortzubewegen. Wir werden sehen, daß dies leider nicht der Fall ist. Nehmen wir Wellen als Anfangsl¨osungen, so werden wir zeigen, daß die numerische Advektionsgeschwindigkeit sogar von der Wellenzahl abh¨angig ist. Da der Physiker das Ph¨anomen, daß die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Wellen von ihrer Frequenz oder Wellenzahl abh¨angig ist, als Dispersion bezeichnet, wollen wir das entsprechende numerische Ph¨anomen als numerische Dispersion bezeichnen. Da die komplexe Exponentialfunktion der Form
eine L¨osung der Advektionsgleichung ist, und man nach dem Satz u¨ ber komplexe Fourierreihen jede (normale) Funktion durch eine Reihe von komplexen Exponentialfunktionen darstellen kann, wollen wir schauen, ob eine analoge Funktion auch die mit zentralen Differenzen diskretisierte Gleichung
l¨ost. Den Ortsindex bezeichnen wir hier mit 1 , um ihn von der imagin¨aren Einheit 0 zu unterscheiden. Im Gegensatz zur exakten L¨osung f¨uhren wir die Advektionsgeschwindigkeit des
numerischen Verfahrens ein und hoffen nat¨urlich, daß diese gleich oder wenigstens a¨ hnlich der exakten Advektionsgeschwindigkeit ist. Wir wagen also den Ansatz:
£
Einsetzen dieser Probel¨osung in die diskrete Gleichung
KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG
62
0 £
£
£
und Division durch
£
0
liefert mit Hilfe der Identit¨at
Das Ergebnis ist entmutigend: F¨ur 7 ist die numerische Advektionsgeschwindigkeit Null. Da heißt dies, daß Wellen der L¨ange ' nicht transportiert werden, diese Geister des numerischen Verfahrens werden manchmal als -Wellen bezeichnet. Die numerische Dispersion der zentralen Differenzen ist also erheblich. F¨uhrt man die gleiche Analyse f¨ur das Upstream-Verfahren durch, so lautet die Dispersionsbeziehung
0
0
Die Dispersionseigenschaften der Upstreamdifferenzen sind wesentlich besser als die der zentralen Differenzen, da die numerische Advektionsgeschwindigkeit wegen der Division durch f¨ur im Verh¨altnis zur Gitteraufl¨osung lange Wellen gegen die exakte Advektionsgeschwindigkeit konvergiert.
Kapitel 6 Interpolation auf Finiten Elementen Als Interpolationaufgabe bezeichnet die Konstruktion von Funktionen, die durch eine gegebene Menge von Funktionswerten laufen soll. Der Interpolation liegen zwei duale Ideen zugrunde:
Man rekonstruiere eine Funktion aus m¨oglichst wenigen Funktionswerten. Man ersetze eine Funktion ohne Informationsverlust durch m¨oglichst wenige Funktionswerte (Bsp.: zwei Punkte legen eine Gerade, drei Punkte einen Kreisbogen fest).
In beiden F¨allen ben¨otigt man Zusatzinformationen u¨ ber die Funktion, etwa daß es sich um eine lineare Funktion, einen Kreisbogen oder ein Polynom gegeben Grades handelt. Ohne diese Information ist das Problem nicht sinnvoll gestellt, denn es gibt z.B. beliebig viele stetige Funktionen, die durch endlich viele (also z.B. zwei) Punkte laufen. Eine stetige Funktion ist durch die Angabe von endlich vielen Funktionswerten nicht eindeutig festgelegt. Auch bei der numerischen L¨osung von partiellen Differentialgleichungen kommt der Interpolation eine grundlegende Aufgabe zu: Wir ersetzen das L¨osungsgebiet durch eine endliche Anzahl von Punkten. Die L¨osung der Differentialgleichung wird als Interpolationsfunktion auf diesen Punkten gesucht. Damit wird einerseits das L¨osungsgebiet durch eine endliche Anzahl von Punkten ersetzt und andererseits die Menge der zul¨assigen L¨osungsfunktionen eingeschr¨ankt, indem man nur noch die entsprechenden Interpolationsfunktionen als m¨ogliche L¨osungen in Betracht zieht. Diesen Prozeß bezeichnet man als Diskretisierung, sie hat einen geometrischen und einen analytischen Aspekt.
6.1 Lagrangesche Interpolationspolynome Wir wollen die L¨osung der partiellen Differentialgleichungen in Form eines Lagrangeschen Interpolationspolynoms suchen. Diese werden durch die Werte auf diskreten Punkten aufgespannt, die man auch als Knoten bezeichnet. Es gilt also:
0
(6.1)
Zwischen den Knoten wird f¨ur die L¨osungsfunktion der Ansatz
(
63
(6.2)
64
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
gew¨ahlt. Die sogenannten Lagrangeschen Ansatzfunktionen ( sollen somit die Eigenschaft
(
f¨ur f¨ur
1 0 10
erf¨ullen, wodurch die Koeffizienten der Linearkombination die gesuchten Funktionswerte auf den Knoten sind. F¨ur eindimensionale Probleme lassen sich die Lagrangeschen Ansatzfunktionen einfach angeben, sie sind:
(
0
(6.3)
Die Lagrangeschen Interpolationspolynome sind normiert (
(6.4)
d.h. die Summe aller Ansatzfunktionen ist an jedem Punkt des Raumes eins. Lagrangesche Interpolationspolynome lassen sich auch f¨ur mehrdimensionale Probleme konstruieren, allerdings ist die Anzahl der Knoten im Gegensatz zum eindimensionalen Fall nicht beliebig. Im n-dimensionalen Raum ben¨otigt man zum vollst¨andigen Aufspannen eines Polynomraumes der Ordnung k
0
Knoten. Leider sind die Approximationseigenschaften der Lagrangepolynome sehr schlecht: Geht man davon aus, daß die Funktionswerte auf den Knoten den Bereich der m¨oglichen physikalischen Werte der Funktion abdecken, so sollte der Wertebereich der interpolierten Funktion m¨oglichst a¨ hnlich sein: Stellt eine Str¨omungsgeschwindigkeit im Bereich kleiner 1 m/s dar, dann sollte zwischen den Knoten nicht Werte von 100 m/s interpolieren. Genau das passiert allerdings und die Tendenz zu diesem Verhalten ist umso gr¨oßer, desto h¨oher der Grad des Interpolationspolynoms ist. Selbst im asymptotischen Verhalten bei immer feiner werdender Belegung mit Knoten kann es passieren, daß die Folge der Interpolationsfunktionen nicht gegen die zu interpolierende Funktion konvergiert. Dies besagt der Satz von Faber.
6.2 Finite Elemente Um das Str¨omungsgebiet einerseits durch hinreichend viele Knoten zu diskretisieren und andererseits den Grad der Ansatzfunktionen nicht zu hoch zu schrauben, kann man das Gebiet in einzelne sich nicht u¨ berschneidende Teilgebiet zerlegen. Diesen Prozeß nennt man Partitionierung oder manchmal auch Triangulierung, weil man zweidimensionale Gebiete oftmals mit Dreicksnetzen partitioniert.
6.3. EINDIMENSIONALE ELEMENTE
65
Die zur Partitionierung des Str¨omungsgebietes gew¨ahlten Elemente werden durch vier Eigenschaften gekennzeichnet:
Form der Elemente: Bei eindimensionalen Problemen sind nur Linienelemente vorstellbar, bei ebenen Problemen werden in der Regel Dreiecke oder Vierecke gew¨ahlt, bei r¨aumlichen Problemen eignen sich Prismenelemente oder Hexaeder. Die Anzahl der Knoten: Die Knoten eines Elementes sind die St¨utzstellen f¨ur die Ansatzfunktion. Sie liegen meistens in den Ecken der finiten Elemente, es ist aber auch m¨oglich, weitere Knoten auf den Kanten oder im Inneren des Elementes zuzulassen. Die Wahl der Knotenvariablen: Auf den Knoten werden entweder die Str¨omungsvariablen (Lagrangeknoten) oder eine ihrer Ableitungen (Hermiteknoten) gesucht. Die Ordnung des Interpolationspolynoms: Die Interpolationsfunktion ist in der Regel ein mehrdimensionales Polynom der Ordnung 0, 1 oder 2. Dabei muß die Anzahl der Knoten pro Element mit der Anzahl der Koeffizienten der Interpolationsfunktion u¨ bereinstimmen.
Diese Eigenschaften zeigen, daß sich f¨ur die Konstruktion von Finiten Elementen eine Vielfalt von M¨oglichkeiten bietet.
6.3 Eindimensionale Elemente Eindimensionale Elemente sind einfach Strecken (auf der x-Achse) zwischen zwei Knoten und , ein Element kann sich also u¨ ber mehrere Knoten erstrecken. Jedes so definierte Element l¨aßt sich auf ein Einheitselement zwischen 8 und 8 durch
8 transformieren. Diese Transformation auf Einheitselemente ist eine wichtige Technik, die viel Rechenarbeit erspart.
6.3.1 Lineare Interpolation Ein Linienelement mit linearem Interpolationsansatz besitzt zwei Knoten auf seinen R¨andern. Auf dem Einheitselement ist der lineare Ansatz durch
8 8
8
8
gegeben. An jedem Punkt 8 des Elements gilt offensichtlich 8 8 . Eigentlich suchen wir jedoch die Ansatzfunktionen auf einem beliebigen Linienelement der Nummer , welches ohne Einschr¨ankung der Allgemeinheit aus den Knoten und bestehen soll. Mit der eingef¨uhrten Einheitstransformation ergeben sich die Ansatzfunktionen als
(
(
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
66
F¨ur die lineare Interpolation einer Str¨omungsgr¨oße auf dem Element ergibt sich somit:
Durch Differenzieren dieser Funktion erhalten wir zudem eine numerische Approximation f¨ur die Ableitung auf dem Element :
In gleicher Weise ergibt sich f¨ur die Approximation der zweiten Ableitung Null. Wir folgern daher messerscharf, daß sich zweite Ableitungen nur schlecht mit linearen Ansatzfunktionen f¨ur die Ausgangsfunktion approximieren lassen. Insgesamt l¨aßt sich jedem Knoten global die Ansatzfunktion (siehe Abb. 6.2)
(
f¨ur
f¨ur
f¨ur
und
(6.5)
zuordnen. Offensichtlich erf¨ullt diese Ansatzfunktion die Lagrangeschen Interpolationseigenschaften am Knoten eins und auf allen u¨ brigen Null zu werden.
6.3.2 Der Interpolationsfehler Wir kommen nun zu der wichtigen Frage, wie gut die Funktion approximiert. Dazu m¨ussen wir nat¨urlich irgend etwas u¨ ber die Funktion wissen bzw. annehmen. Wir nehmen also an, daß der betragsm¨aßig gr¨oßte Wert der zweiten Ableitung durch begrenzt ist:
Die maximale Gitterweite sei:
Zur Berechnung des Approximationsfehlers hat sich folgende Vorgehensweise bew¨ahrt: Bei einer Interpolation n-ter Ordnung berechnet man zuerst den Fehler in der n-ten Ableitung. Hier betrachten wir also die Abweichung in der ersten Ableitung f¨ur :
wird durch eine Taylorreihe mit hinreichend hohem Restglied ersetzt: 8
mit 8
. Damit folgt
6.3. EINDIMENSIONALE ELEMENTE
67
0
1
8
Abbildung 6.1: Allgemeines Linienelement und Einheitselement
( 1
(
1
Abbildung 6.2: Die einem Knoten sowie die einem Element zugeordneten Ansatzfunktionen
1
Abbildung 6.3: Die interpolierte Funktion .
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
68
8
8
Aus der Absch¨atzung
folgt schließlich
(6.6)
Diese Absch¨atzung ist wertvoll und wird sp¨ater noch ben¨otigt. Wir gewinnen aus ihr durch Integration den gesuchten Fehler f¨ur die Funktion. Soll der Fehler am Punkt bestimmt werden, dann k¨onnen wir so w¨ahlen, daß .
8 8 8 8
Damit folgt f¨ur den Interpolationsfehler die Absch¨atzung:
(6.7)
Bezeichnet man mit & die maximale Steigung von und mit 9 die maximale Variation von auf einem Intervall , so findet man zus¨atzlich die Absch¨atzungen
9
(6.8)
&
(6.9)
6.3.3 Quadratische Interpolation Zur Konstruktion quadratischer Interpolationspolynome ben¨otigen wir drei Knoten. Das Einheitselement ist in Abb. 6.4 dargestellt. Die dar¨uber liegenden Ansatzfunktionen sind leicht nachpr¨ufbar durch
8 8 8
8 8 8 8 8 8
6.3. EINDIMENSIONALE ELEMENTE
69
0
1/2
1
8
Abbildung 6.4: Einheitselement f¨ur quadratische Interpolationsfunktion
(
Abbildung 6.5: Quadratische Ansatzfunktionen auf einem Patch gegeben, die Summe der drei Funktionen liefert an jedem Punkt den Wert eins. Auf einem beliebigen Element mit den a¨ quidistanten Knoten , und ergeben sich die Ansatzfunktionen als
(
(
( Hier taucht der Ort des mittleren Knotens nicht mehr auf, weil die Knoten a¨ quidistant sind. Die approximierte Funktion wird auf diesem Element dargestellt als
F¨ur die erste Ableitung erhalten wir die Approximation
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
70
und f¨ur die zweite Ableitung gilt:
6.3.4 Positivit¨at und andere Extremalprinzipien Die L¨osungen elliptischer und parabolischer Differentialgleichungen unterliegen verschiedenen Extremalprinzipen, die den Wertebereich der L¨osungsfunktion in irgendeiner Form beschr¨anken. So sind die L¨osungen der Transportgleichung bei entsprechenden Anfangs- und Randbedingungen immer positiv. Das sollen sie auch sein, da sie auf der physikalischen Ebene Konzentrationsverteilungen darstellen sollen. Produziert ein diskretes Verfahren negative L¨osungen, so kann die zu beschreibende Physik erheblich durcheinander geraten. Wir k¨onnten dann z.B. mit einer Reaktionskinetik negativer Konzentrationen konfrontiert werden. Das wollen wir verhindern. Dazu m¨ussen wir untersuchen, welche Anforderungen die bei der Diskretisierung verwendeten Ansatzfunktionen erf¨ullen m¨ussen, damit solche Extremalprinzipien nicht verletzt werden. Wir fassen das Ergebnis gleich in den folgenden Satz: Seien die Lagrangeschen Ansatzfunktionen positiv und normiert. Dann werden die Extrema der interpolierten Funktion auf Knoten angenommen. Bew.: Sei der kleinste Knotenwert. Dann gilt:
(
(
(
F¨ur das Maximum versuche man diesen einfachen Beweis selbst. Beide Bedingungen werden nur von den linearen Ansatzfunktionen erf¨ullt. Alle Ansatzfunktionen h¨oherer Ordnung besitzen negative Bereiche. So w¨urde man f¨ur die Knotenwertbelegung und bei quadratischen Ansatzfunktionen zwischen den Knoten 0 und 0 negative Werte interpolieren. Diese Situation tritt insbesondere an den R¨andern einer begrenzten Konzentrationswolke auf. Wir behalten diese Schwierigkeit im Hinterkopf.
6.4 Zweidimensionale Elemente Aus der Vorgehensweise bei den eindimensionalen Elementen wurde offensichtlich, daß zur Charakterisierung eines Elementtyps die Angabe der Ansatzfunktionen auf dem Einheitselement sowie die Einheitstransformation ausreicht. Daher werden hinfort nur diese angegeben.
6.4.1 Dreieck mit linearem Ansatz In Abb. 6.6 sind die Bezeichnungen im allgemeinen und das zugeh¨orige Einheitsdreieck dargestellt. Auf dem Einheitsdreieck sind die Lagrangeschen Ansatzfunktionen durch
6.4. ZWEIDIMENSIONALE ELEMENTE
71
:
1
1
8
Abbildung 6.6: Allgemeines Dreieck und Einheitsdreieck
Abbildung 6.7: Die zu einem Knoten geh¨orige Ansatzfunktion
8 : 8 : 8 :
8: 8 :
¨ gegeben. Uber die lineare Transformation
8 : 8 :
8 : 8 :
k¨onnen diese auf jedes beliebige Dreieck abgebildet werden. Die Umkehrung dieser Transformation bildet jedes Wertepaar eck auf einen Punkt im Einheitsdreieck ab:
in einem beliebigen Drei-
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
72
8
:
Setzt man diese in die Lagrangeschen Ansatzfunktionen auf dem Einheitsdreieck ein, dann erh¨alt man nach kurzweiliger Umformung die Lagrangeschen Ansatzfunktionen auf beliebigen Dreiecken in der Form
(
(6.10)
mit den Koeffizienten
; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ;
(6.11)
und der Abk¨urzung:
;
Die obige Darstellung der Gewichte der Ansatzfunktionen kann und sollte man mit dem Lagrangeschen Kriterium verifizieren. Tats¨achlich wird die Funktion ( f¨ur eins und f¨ur bzw. Null, entsprechendes kann man auch f¨ur die anderen beiden Ansatzfunktionen best¨atigen. Die Gleichung
( ( ( liefert schließlich den interpolierten Wert an einem beliebigen Ort innerhalb des Dreieckes. Ferner gilt f¨ur die ersten Ableitungen
und
6.4. ZWEIDIMENSIONALE ELEMENTE
73
:
1
1
8
Abbildung 6.8: Allgemeines lineares Viereck und Einheitsviereck
6.4.2 Viereck mit bilinearem Ansatz Jedes allgemeine Viereck l¨aßt sich mit Hilfe der Transformation
8 : 8 :
8 : 8: 8 : 8:
auf das in Abb. 6.8 dargestellte Einheitsviereck abbilden. Dort sind die Ansatzfunktionen durch
8 : 8 : 8 : 8 :
8
:
8
: 8: 8 :
gegeben. Diese Ansatzfunktionen entstehen aus der Multiplikation der eindimensionalen linearen Ansatzfunktionen f¨ur beide Koordinatenrichtungen. Bilineare Ansatzfunktionen sind somit keine linearen sondern quadratische Funktionen.
6.4.3 Viereck mit biquadratischem Ansatz Die Knotentopologie f¨ur ein Viereck mit biquadratischem Ansatz ist in Abb. 6.9 dargestellt. Die Ansatzfunktionen werden durch die Kombination der quadratischen Ansatzfunktionen des Linienelementes gewonnen und sind:
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
74
7
5
6
4
8
9
3
2
1
Abbildung 6.9: Viereck mit quadratischem Ansatz
8 : 8 : 8 : 8 : 8 : 8 : 8 : 8 : 8 :
8 8 : : 8 8 : : 8 8 : : 8 8 : : 8 8 : : 8 8 : : 8 8 : : 8 8 : : 8 8 : :
6.4.4 Sechseck mit quadratischem Ansatz F¨ur die vollst¨andige quadratische Interpolation im zweidimensionalen Raum
ben¨otigt man insgesamt sechs Knoten, um die sechs Gewichte eindeutig zu bestimmen. Die quadratische Interpolation im Zweidimensionalen kann also entweder auf Sechsecken oder wesentlich allgemeiner auf jeweils vier zusammenh¨angenden Dreiecken durchgef¨uhrt werden. Wir wollen die Interpolation wieder als Lagrangeinterpolation
(
generieren. Die Lagrangeschen Ansatzfunktionen ( erf¨ullen die Eigenschaft
(
und sind quadratische Polynome der Form
f¨ur f¨ur
1 0 10
6.4. ZWEIDIMENSIONALE ELEMENTE
75
Abbildung 6.10: Quadratische Interpolation auf einem aus Dreiecken zusammengesetzten Sechseck. Der Interpolationspunkt liegt im mittleren Dreieck.
(
Die Interpolationsgewichte der sechs Ansatzfunktionen berechnet man aus den Lagrangebedingungen an den sechs Knoten:
Æ Æ Æ Æ Æ Æ
Die L¨osung des a¨ quivalenten Gleichungsystems
Æ Æ Æ Æ Æ
Æ
kann man mit Hilfe eines direkten numerischen Verfahrens bestimmen. In der Praxis wird man kaum Gitter mit sechseckigen Elementen verwenden. Hier ist die quadratische Interpolation auf Sechsecken deshalb wichtig, weil man grunds¨atzlich vier sich aneinanderschmiegende Dreiecke zu einem Sechseck zusammensetzen kann. F¨allt also der In-
KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN
76
terpolationspunkt in ein bestimmtes Dreieck, dann nimmt man sich die an den Kanten angrenzenden Dreicke zu Hilfe, um sich ein Interpolationssechseck zu konstruieren. Die 36 Lagrangeschen Gewichte werden pro Dreieck in der Initialisierungsphase der Anwendung bestimmt und k¨onnen dann in der Arbeitsphase jeweils direkt in den Interpolationen angewendet werden.
6.5 Interpolation im Dreidimensionalen Die M¨oglichkeiten, dreidimensionale Elemente zu bilden, sind so vielf¨altig, daß wir uns verschreckt nur eines n¨aher anschauen wollen. Das Lagrangesche Element der linearen Interpolation ist das Tetraeder, welches von vier Dreiecken begrenzt wird. Allerdings gibt es im Tetraedergitter keine sich u¨ ber die gesamte Vertikale erstreckenden Kanten, so daß gerade die die Str¨omung treibenden Gravitationskr¨afte schlecht dargestellt werden k¨onnen. Dem Autoren der Vorlesung ist in der Literatur kein einziges Modell f¨ur Str¨omungen in Oberfl¨achengew¨assern bekannt, welches mit Tetraedern arbeitet. Als Alternative bieten sich Hexaeder, die von sechs Vierecken begrenzt werden sowie Prismen mit dreieckiger Grundfl¨ache. Werden die Ecken des Hexaeders mit Knoten belegt, so entsteht ein Element mit trilinearen Ansatzfunktionen, triquadratische Ansatzfunktionen enstehen durch zus¨atzliche Knoten auf den Kantenmitten und den Fl¨achenschwerpunkten. Das triquadratische Hexaederelement hat somit 27 Knoten.
6.5.1 Ein Prisma mit linearem Ansatz Die Grundfl¨achen des Prismas seien jeweils Dreiecke und die S¨aulen stehen vertikal. Ein solches Prisma ist in Abb. 6.11 mit dem zugeh¨origen Einheitsprisma dargestellt. Man beachte, daß zur Abspeicherung eines solchen Prismas nur 12 Koordinatenangaben erforderlich sind. Die Ansatzfunktionen im Einheitsprisma
8 : <
8 : <
8 : <
8 : <
8 : <
8 : <
8 :
89
(8.2)
KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN
90
und die tiefenintegrierten Gleichungen von Saint-Venant:
!
>
!
" * 9 ( * # " " "
! >
*
!
" * 9 ( # " " "
(8.3)
Zur Diskretisierung der Lagrangeschen Ableitung m¨ussen der Anfangs- oder Basispunkt einer Bahnlinie zur Zeit und ihr Endpunkt zur Zeit bekannt sein. Dazu sind die Differentialgleichungen der Bahnlinien
(8.4)
zu integrieren. Dabei gibt es prinzipiell zwei verschiedene Vorgehensweisen:
Die Anfangspunkte der Bahnlinien werden auf die Knoten des Gitters zum Zeitpunkt gelegt. Die Differentialgleichungen der Bahnlinien werden in Zeitrichtung vorw¨arts bis zum Zeitpunkt integriert. Die Anfangspunkte der Bahnlinien werden auf die Knoten des Gitters zum Zeitschritt gelegt. Die Differentialgleichungen der Bahnlinien werden r¨uckw¨arts in Zeitrichtung integriert; man bezeichnet diese Verfahren manchmal auch als inverse LagrangeVerfahren und ihnen werden wir im folgenden unsere ganze Aufmerksamkeit widmen.
8.1 Das Lagrange-Verfahren fur ¨ die Advektionsgleichung ¨ Die Anderung einer Gr¨oße
auf einer Bahnlinie ist durch ;
;
gegeben. Die lineare Advektionsgleichung
besagt also nichts anderes, als daß sich auf einer Bahnlinie, die durch
gegeben ist, nicht a¨ ndert. Folgender Algorithmus bietet sich als L¨osungsverfahren f¨ur die Advektionsgleichung an:
¨ 8.2. NUMERISCHE DAMPFUNG
91
Bahnlinie
Abbildung 8.1: Bahnlinie bei konstanter Geschwindigkeit. Im ersten Schritt berechnen wir die Bahnlinie eines Teilchens, welches zum Zeitschritt am Knoten ankommt. Dieses Teilchen ist zum Zeitpunkt am Ort gestartet, welchen wir als Basispunkt der Bahnlinie bezeichnen (Abb. 8.1). Zur Berechnung des Basispunktes integrieren wir die Gleichung der Bahnlinie u¨ ber den Zeitschritt:
womit man
und somit
(8.5)
erh¨alt. Hat man zu jedem Knoten seinen Basispunkt berechnet, so brauchen wir nur noch den Funktionswert auf den Basispunkten zu interpolieren, da der Basispunkt nur in den seltensten F¨allen einen Gitterknoten trifft. Dieser interpolierte Wert entspricht der gesuchten L¨osung
, da auf der Bahnlinie konstant ist. Liegt der Basispunkt zwischen den Gitterknoten und , so ergibt eine lineare Interpolation
(8.6)
Entsprechend lassen sich Verfahren mit quadratischer und Interpolationen h¨oherer Ordnung konstruieren. Mit dieser Interpolation wollen wir uns weiter besch¨aftigen.
8.2 Numerische Da¨ mpfung F¨allt die Basis der Bahnlinie direkt mit einem Knoten zusammen, ist keine Interpolation erforderlich. Damit sind Lagrangeverfahren f¨ur ganzzahlige Vielfache der Courantzahl frei von
KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN
92
numerischer D¨ampfung. Da dies jedoch (mit sch¨arfer werdender Brille) selten der Fall ist, f¨uhrt die erforderliche Interpolation mit Hilfe der Nachbarknoten zu einer mehr oder weniger hohen numerischen D¨ampfung. Wir f¨uhren die residuelle Courantzahl 2 ein, die den gebrochenen Rest der Courantzahl bezeichne, es gilt:
2
F¨allt die Basis der Bahnlinie auf einen Knoten, dann ist die residuelle Courantzahl also Null. Da die lineare Advektionsgleichung eine monochromatische Welle
lediglich in der Form
verschiebt, muß ein ideales numerisches Verfahren f¨ur den D¨ampfungsfaktor
'
die Eigenschaft ' erf¨ullen. J.D. McCalpin ([20]) hat diese D¨ampfungsfaktoren f¨ur die numerische L¨osung der eindimensionalen linearen Advektionsgleichung mit Hilfe von Lagrangeverfahren untersucht. Das Subskript gibt dabei die jeweilige Ordnung der LagrangeInterpolation an der Basis der Charakteristik an:
' ' ' '
2 2 2 2 2 2 2 2 2
2 2 2 2 Dabei steht f¨ur . Die Tatsache, daß die D¨ampfungsfaktoren kleiner als Eins
sind, zeugt von der Zeitschrittstabilit¨at der Lagrangeverfahren. F¨ur lange Wellen ( ,, lassen sich die D¨ampfungsfaktoren mit
'
'
'
'
) und kleine residuelle Courantzahlen
2
2
2
2
approximieren. Da das Wellenzahlverh¨altnis in die quadratische als auch kubische Interpolation mit der vierten Potenz eingehen, sind die D¨ampfungseigenschaften der beiden Verfahren a¨ hnlich. Die zugeh¨origen numerischen Diffusivit¨aten k¨onnen aus
8.3. MONOTONIE
93
'
berechnet werden. F¨ur lange Wellen folgen die numerischen Diffusivit¨aten:
22 2 2 2 2 2 2 2 2 2
Diese Gleichungen enth¨ullen Altbekanntes aus der Trickkiste des Modellierers:
Die numerische D¨ampfung nimmt mit gr¨oßerem Zeitschritt ab; oftmals der bequemste Weg, das Problem zu umschiffen. Dumm gelaufen, wenn der Zeitschritt zur Vermeidung numerischer D¨ampfung so groß gew¨ahlt werden mußte, daß die zu untersuchenden Prozesse nicht mehr aufgel¨ost werden konnten. Dann hilft nur noch eine feinere r¨aumliche Diskretisierung, d.h. die elendige Arbeit einer neuen Netzgenerierung. Die numerischen Diffusivit¨aten sind – bis auf den linearen Fall – vom Wellenzahlverh¨altnis abh¨angig, d.h. dispersiv. Die D¨ampfung nimmt somit dramatisch mit der Wellenl¨ange ab; lediglich die lineare Interpolation l¨aßt sich von langen Wellenl¨angen nicht beeindrucken.
Abb. 8.2 zeigt die relativen d.h. auf bezogen numerischen Diffusivit¨aten f¨ur . Damit ist die Bedingung der großen Wellenl¨ange zwar erheblich verletzt, wir k¨onnen jedoch den qualitativen Verlauf der numerischen Diffusivit¨aten f¨ur h¨ohere als lineare Interpolationen noch erkennen, da diese schon f¨ur verfahren sind somit hochgradig diffusiv.
unter
fallen. Lineare Interpolations-
8.3 Monotonie Die L¨osungen partieller Differentialgleichungen unterliegen verschiedenen Extremalprinzipien, die den Wertebereich der L¨osungsfunktion in irgendeiner Form beschr¨anken. So sind die L¨osungen der Transportgleichung bei entsprechenden Anfangs- und Randbedingungen immer positiv. Ein Verfahren, welches die zu einer Differentialgleichung geh¨origen Extremalprinzipien nicht verletzt, heißt monoton. Da die Advektionsgleichung nur als Verschiebungsoperator auf gegebene Anfangsbedingungen wirkt, bleiben die Funtkionswerte zu jedem sp¨ateren Zeitpunkt in den Schranken der Funktionswerte der Anfangsbedingung. Mathematisch formuliert heißt dies, daß die L¨osung an einem Knoten zum Zeitschritt durch die Maxima und Minima der Werte an den Interpolationsknoten zum Zeitschritt begrenzt sein sollte. Jene indizieren wir mit 1 :
KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN
94 0 ,1 4
0 ,1 2
R e la tiv e D iffu s iv itä t
0 ,1
0 ,0 8
lin e a r q u a d r a tis c h k u b is c h v ie r te O r d n u n g
0 ,0 6
0 ,0 4
0 ,0 2
0 0
0 ,1
0 ,2
0 ,3
0 ,4
0 ,5
0 ,6
0 ,7
0 ,8
0 ,9
1
R e s id u e lle C o u r a n tz a h l
Abbildung 8.2: Numerische Diffusion der Lagrangeverfahren mit verschiedenen Interpolationsschemen.
Lagrangeverfahren f¨ur die Advektionsgleichung sind dann monoton, wenn die Interpolation an der Basis der Bahnlinie linear ist. Interpolationen h¨oherer Ordnung sind grunds¨atzlich nichtmonoton, was sich in Form von Oszillationen in der L¨osung a¨ ußert. Bermejo und Staniforth [2] konstruieren ein quasimonotones Verfahren (besser: monotones Quasiverfahren) dadurch, daß sogenannte Overshoots $ und Undershoots , durch ihre ’erlaubten’ Grenzen und ersetzt werden. Priestley schl¨agt 1992 ein allgemeineres aber rechenaufwendigeres monotones und konservatives Verfahren vor, welches auf der Konvexkombination der L¨osungen von monotonem d.h.i.d.R. linearem und nichtmonotonen d.h. Verfahren h¨oherer Ordnung basiert. Indiziert man die L¨osung des Verfahrens h¨oherer Ordnung mit H und die des linearen Verfahrens mit L, so setzt man die L¨osung am Knoten als
2 $
2 "
2
an. Der Parameter 2 sollte m¨oglicht nahe an Eins unter Wahrung der Monotonie
2 $
2 "
gew¨ahlt werden. Der dabei gewonnene Freiheitsgrad (Wahl von 2 unter den genannten Restriktionen) kann schließlich so gew¨ahlt werden, daß die Masse im Gebiet erhalten bleibt.
8.4. BEISPIELE
95
8.4 Beispiele Die folgenden Beispiele zeigen die mit dem Verfahren TRIM2D gewonnenen Ergebnisse. Ohne die Einzelf¨alle ausf¨uhrlich zu diskutieren, werden jeweils das Lagrangeverfahren mit linearer und quadratischer Interpolation gegen¨ubergestellt. F¨ur den Transport wurde das beschriebene monotone Verfahren installiert, der Impuls wurde nicht monoton korrigiert.
8.4.1 Stufenfunktion Abb. 2 zeigt die Ergebnisse f¨ur eine Durchbruchkurve einer Stufenfunktion. Obwohl sie durch das An- und Ausschalten einer konstanten Randbedingung einfach erzeugt werden kann, ist sie numerisch eine absolut harte Nuss: Die Fouriertransformierte einer Einheitsstufe am Ort in der Darstellung
7
ist
Damit erstreckt sich ihr Frequenzspektrum periodisch u¨ ber den gesamten Bereich der reellen Zahlen. Die hochfrequenten Anteile f¨uhren dementsprechend zu einer merklichen numerischen Diffusion in allen Verfahren, wobei diese im quadratischen Verfahren allerdings erheblich reduziert ist.
8.4.2 Hunte Den dramatischen Einfluß der verschiedenen Verfahren auf die Tidewasserst¨ande in der Hunte am Pegel Oldenburg zeigt Abb. 8.4. Durch die engen Querschnitte bilden sich in der Hunte ausgepr¨agte Geschwindigkeitsprofile u¨ ber die gesamte Breite aus. Die resultierenden Geschwindigkeitsgradienten lassen die Viskosit¨at zu einem empfindlichen Parameter werden, der die Dissipation der Tideenergie empfindlich beeinflußt. Die numerische Diffusion ist bei einer o¨ rtlichen Diskretisierung von ! und einem Zeitschritt von mit etwa ! bei der linearen Interpolation sehr hoch. Im quadratischen Verfahren ist die numerische Diffusion f¨ur alle lunaren Partialtidewellen vernachl¨assigbar (Tabelle 8.1).
8.4.3 Jade Bei ausgedehnteren Gebieten sind die horizontalen Geschwindigkeitsgradienten entsprechend geringer, wodurch die physikalische und numerische Viskosit¨at weniger Einfluß auf die Was¨ serst¨ande nimmt. Dadurch sind die Anderungen beim Wechsel des Interpolationsschemas am Pegel Voslapp im Modell der Jade entsprechend gering.
KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN
96
Abbildung 8.3: Durchbruchkurven f¨ur die Stufenfunktion bei linearer und quadratischer Interpolation.
Partialtide Frequenz [Hz] M2 M4 ! M6 ! M8
Wellenzahl [! ]
[! ] [! ] 1.25
1.25 !! 1.25 1.25
Tabelle 8.1: Numerische Viskosit¨aten der Lagrangeverfahren erster und zweiter Ordnung f¨ur die lunaren Flachwassertiden. Die Wellenzahlen wurden f¨ur eine Wassertiefe von 10 m, die Gitterweite wurde als 10 m, der Zeitschritt als 10 s und die residuelle Courantzahl mit 0.5 angesetzt.
8.4. BEISPIELE
97
Abbildung 8.4: TRIM2D-Modell der Hunte: Gerechnete Pegel Oldenburg und Differenzen f¨ur die Interpolationsverfahren.
98
KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN
Abbildung 8.5: TRIM2D-Modell der Jade: Gerechneter Pegel Voslapp und Differenzen f¨ur die Interpolationsverfahren.
Kapitel 9 Die Transportgleichung Die Transportgleichung verbindet die Advektionsgleichung mit der Diffusionsgleichung:
(9.1)
Sie ist eine parabolische Differentialgleichung 2. Ordnung, die in erweiterter Form die verschiedensten Transportprozesse in der Str¨omungsmechanik beschreibt.
9.1 Das Anfangswertproblem (1D) Durch die Variablentransformation
geht die Transportgleichung in die Diffusionsgleichung u¨ ber:
Damit ist jede L¨osung der Diffusionsgleichung unter der entsprechenden Transformation auch L¨osung der Transportgleichung. Insbesondere liefert die Poissonformel die folgende L¨osung des Anfangswertproblems f¨ur die Transportgleichung:
7
exp
8
8 8
Als weitere L¨osung der Diffusionsgleichung hatten wir die Fourieranalyse der Anfangsbedingung kennengelernt. Durch die obige Transformation ergibt sich eine allgemeine L¨osung der Transportgleichung in der Form
(9.2)
Sie beschreibt die Verschiebung des durch die Fourierkoeffizienten dargestellten Anfangszustandes im Str¨omungsfeld unter gleichzeitiger Gl¨attung durch die Diffusion. 99
KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG
100
Dieses gutm¨utige d¨ampfende Verhalten kann man auch bei einer Interpretation der Transportgleichung als Evolutionsgleichung herausanalysieren. Der Operator nach Gl. (2.2) ist:
5 grad div grad
Er besitzt die Eigenfunktionen . Die zugeh¨origen Eigenwerte sind 0 . Da der Realteil der Eigenwerte positiv ist, hat die Transportgleichung
d¨ampfenden Charakter: Die Extremwerte einer Anfangsl¨osung werden auch zu sp¨ateren Zeitpunkten nicht u¨ berboten.
9.2 Das Randanfangswertproblem Ist das L¨osungsgebiet begrenzt, so muß am Einstromrand der Funktionswert selbst als Dirichletrandbedingung oder als Fluß, der in der Form
>
(9.3)
vorgegeben wird. Dies entspricht dann einer gemischten Randbedingung, da hier sowohl der Funktionswert als auch seine Ableitung auftauchen. Am Ausstromrand muß die Ableitung der Funktion vorgegeben werden.
9.3 FD-Verfahren fur ¨ die Transportgleichung Wir entwickeln im folgenden Finite-Differenzen-Verfahren f¨ur die eindimensionale Transportgleichung:
(9.4)
Doch bevor wir die einzelnen Verfahren analysieren wollen, soll ein wichtiger Anwendungsfall der Transportgleichung vorgestellt werden, der zudem eine analytische L¨osung besitzt.
9.3.1 Die stossartige und punktf¨ormige Einleitung Wir haben ein Gew¨asser im Auge, dessen Str¨omungsfeld angen¨ahert homogen und station¨ar sei. Zum Zeitpunkt werde am dem punktf¨ormigen Ort eine trockene Masse ! der ¨ Dichte eingeleitet. Die Okologie interessiert sich allerdings nicht prim¨ar f¨ur die eingeleitete Masse, sondern eher f¨ur ihre auf das Tr¨agerfluid Wasser bezogene Konzentration . Diese ist zum Einleitungszeitpunkt aber unendlich und somit numerisch recht schwierig zu behandeln. Dennoch wird diese Einleitung durch die Diffusion u¨ ber ihre anf¨angliche Beschr¨anktheit auf einen Punkt auf immer gr¨oßere R¨aume ausbreiten und durch die Advektion vom Einleitungsort fortgetragen werden. Somit wird die zeitliche Entwicklung der Konzentrationsverteilung durch eine Transportgleichung beschrieben werden k¨onnen und man best¨atige, daß das Problem die analytische L¨osung
¨ DIE TRANSPORTGLEICHUNG 9.3. FD-VERFAHREN FUR
!
101
hat und offensichtlich divergiert auch hier die auf das Tr¨agerfluid bezogene Konzentration .
9.3.2 Explizite Verfahren Jede unserer bisherigen Grundlgleichungen war eine numerische Kennzahl zugeordnet. So haben wir f¨ur die Advektionsgleichung die Courantzahl als das Verh¨altnis von diskretisiertem advektiven zum Zeitableitungsterm und f¨ur die Diffusionsgleichung die Neumannzahl als das Verh¨altnis von diskretisiertem Diffusions- zum Zeitableitungsterm kennengelernt. Bei der Transportgleichung sollte auch das Verh¨altnis von diskretisierten advektiven zu diffusiven Termen eine Rolle spielen, welches wir als Pecletzahl
3
(9.5)
bei der station¨aren Transportgleichung schon kennengelernt haben, an dieser Stelle aber nochmals in Erinnerung rufen wollen. Das FTCS-Verfahren Wir rekapitulieren, daß das FTCS-Verfahren f¨ur die Advektionsgleichung grunds¨atzlich instabil ist und ein explizites Verfahren f¨ur die Diffusionsgleichung bedingt stabil sein kann. Es besteht daher eine gewisse Hoffnung, daß das FTCS-Verfahren
(9.6)
f¨ur die Transportgleichung stabil ist. Offensichtlich besitzt es die Konsistenzordnung , aber nur wenn die Bedingung
3
*/
eingehalten wird. Eingehende Analysen zeigen, daß das FTCS-Verfahren f¨ur
*/
stabil ist. Dieses Kriterium ist allerdings mit dem Pecletkriterium
3 unter einen Hut zu bringen. In Abbildung 9.1 sind analytische und numerische L¨osung der stoßartigen Einleitung f¨ur eine entsprechende stabile Parameterkombination dargestellt. Hier bemerken wir, daß die numerische L¨osung steiler als die analytische ist, also insgesamt weniger Diffusion aufweist. Diesen Effekt hatten wir bisher nur in der umgekehrten Form kennengelernt, wir k¨onnen ihn also als negative numerische Diffusion bezeichnen.
KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG
102
Abbildung 9.1: Vergleich der mit dem FTCS-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Transportgleichung Das explizite Upstream-Verfahren
(9.7)
wird f¨ur verwendet (ansonsten vordere Differenzen f¨ur die Advektion) und besitzt die Konsistenzordnung falls
3
*/
gilt. F¨ur das explizite Verfahren gilt das Stabilit¨atskriterium
*/
Numerische Oszillationen treten beim Upwind-Verfahren nicht auf. Unser Testbeispiel wird in Abbildung 9.2 pr¨asentiert. Die numerische L¨osung ist in der von der Advektionsgleichung schon gewohnten Form gegen¨uber der analytischen leicht verschmiert, weist also eine positive numerische Diffusion auf. Das Lax-Wendroff-Verfahren
(9.8)
wird aus dem Lax-Wendroff-Verfahren der Advektionsgleichung gebildet, indem man hier einfach den diffusiven Term mitber¨ucksichtigt. Die Konsistenzordnung ist allerdings mit in Ortsrichtung geringer, das Verfahren ist f¨ur
¨ DIE TRANSPORTGLEICHUNG 9.3. FD-VERFAHREN FUR
103
Abbildung 9.2: Vergleich der mit dem Upstreamverfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Transportgleichung
*/
stabil. Damit keine numerischen Oszillationen auftreten, muß die Pecletzahl wieder kleiner als zwei sein. Die Validierung des Verfahrens am Beispiel der stoßartigen Einleitung (Abbildung 9.3) zeigt ¨ eine exzellente Ubereinstimmung von analytischer und numerischer L’osung, so daß man sich hier nur noch u¨ ber die Stabilit¨atsrestriktionen zu beschweren braucht. Das Leap-Frog-Verfahren
hat die Konsistenzordnung und ist f¨ur */
(9.9)
stabil. Damit keine numerischen Oszillationen auftreten, muß die Pecletzahl wieder kleiner als zwei sein.
9.3.3 Implizite Verfahren Wie bei der Advektionsgleichung werden wir auch hier nur zentrale Differenzen f¨ur den advektiven Term verwenden, da die Stabilit¨at schon durch die rechenintensive implizite Zeitdiskretisierung erlangt werden soll.
KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG
104
Abbildung 9.3: Vergleich der mit dem Lax-Wendroff-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Transportgleichung Transport einer steilen Front Wir wollen die Qualit¨at der impliziten Verfahren anahnd einer analytischen L¨osung f¨ur den Transport einer steilen Front diskutieren. Die Front advektiere von in Richtung der positiven x-Achse. Damit sind die Anfangs- und Randbedingungen durch
gegeben. Dieser Testfall ist extrem schwierig, da f¨ur niedrige Diffusivit¨aten die Advektion einer unstetigen Stufe verbleibt. Das Problem besitzt die analytische L¨osung [22]
erfc
"
#
"
"
erfc
#
lediglich
(9.10)
Im folgenden sollen einige implizite numerische Verfahren auf einem Gitter der Schrittweite , der Geschwindigkeit , der Courant-Zahl */ und der Peclet-Zahl 3 mit der analytischen L¨osung der steilen Front verglichen werden. Das Crank-Nicolson-Verfahren
(9.11)
¨ DIE TRANSPORTGLEICHUNG 9.3. FD-VERFAHREN FUR
105
1 .0 0 0 .7 5 0 .5 0 0 .2 5 0 .0 0 0 .0 0
0 .5 0
0 .2 5
1 .0 0
0 .7 5
Abbildung 9.4: Simulation einer steilen Front mit dem impliziten Verfahren mit zentralen Differenzen
1 .0 0 0 .7 5 0 .5 0 0 .2 5 0 .0 0 0 .0 0
0 .5 0
0 .2 5
0 .7 5
1 .0 0
Abbildung 9.5: Simulation einer steilen Front mit dem zentralen Crank-Nicolson-Verfahren besitzt f¨ur
die Konsistenzordnung
und f¨ur
gilt
.
Das gesamte Verfahren ist f¨ur stabil, es treten numerische Oszillationen auf, wenn die Pecletzahl gr¨oßer als zwei ist. Dies zeigt Abbildung 9.4 am Beispiel der steilen Front f¨ur das implizite zentrale Verfahren, d.h. der Crank-Nicolson-Faktor ist eins. Die Front ist weniger verschmiert als bei der Anwendung der Upstream-Differenzen, die numerische Diffusion ist aber immer unakzeptabel hoch. Es entstehen leichte Oszillationen, wenn die Front den rechten Rand erreicht. Die Wahl des Crank-Nicolson-Faktors 0.5 f¨uhrt zu einer befriedigenderen Approximation der Steilheit der Front (Abbildung 9.5), was auf die zweite Ordnung des Verfahrens zur¨uckzuf¨uhren ist. Es treten allerdings wegen der Verletzung des Pecletkriteriums sehr starke Oszillationen auf.
KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG
106
1 .0 0 0 .7 5 0 .5 0 0 .2 5 0 .0 0 0 .5 0
0 .2 5
0 .0 0
0 .7 5
1 .0 0
Abbildung 9.6: Simulation einer steilen Front mit Defekt-Approximation Verfahren mit Defekt-Approximation Um das Verfahren zu verbessern, wird oftmals die Defekt-Approximation [9] vorgeschlagen. Die Grundidee dabei ist, den Abbruchfehler eines Verfahrens mit umgekehrten Vorzeichen in der Differentialgleichung zu ber¨ucksichtigen und so den Verfahrensfehler weiter zu reduzieren. Dabei entstehen naturgem¨aß h¨ohere Ableitungen, die durch einfache Drei-Knoten-Differenzen nicht mehr wiedergegeben werden k¨onnen. Wendet man die Defekt-Approximation auf das gestellte Problem an, so wird dieses zu
Wird hierauf das Crank-Nicolson-Verfahren mit Upwind-Differenzen angewendet, so erh¨alt man das Schema:
$ %
(9.12)
Die Ergebnisse f¨ur unsere steile Front (Abb. 9.6) sind oszillationsfrei, beinhalten aber wieder eine unbefriedigend hohe numerische Diffusion. Klassische Finite-Differenzen-Verfahren sind also unbrauchbar, das gestellte Problem befriedigend zu l¨osen, da sie entweder starke Oszillationen oder eine hohe numerische Diffusion aufweisen.
¨ DIE TRANSPORTGLEICHUNG 9.4. LAGRANGE-VERFAHREN FUR
107
9.4 Lagrange-Verfahren fur ¨ die Transportgleichung Auch f¨ur die Transportgleichung l¨aßt sich ein Lagrange-Verfahren konstruieren. Im Unterschied zur Advektionsgleichung ist zus¨atzlich zur Lagrangeschen Ableitung der Diffusionsterm zu behandeln:
und integrieren sie entlang der Bahnlinie zwischen den Zeitpunkten und :
Alles weitere h¨angt nun davon ab, wie man das Integral auf der rechten Seite approximiert, wenden wir also die Trapezregel
an.
$
%
Die zweite Ableitung zum Zeitschritt am Knoten 0 ist:
Wir ben¨otigen noch die zweite Ableitung an der Basis, die sich durch lineare Interpolation aus den zweiten Ableitungen an den Nachbarknoten ergibt. Ist wieder der Knoten links und rechts der Basis der Bahnlinie, so erh¨alt man eine Diskretisierung in der Form
Somit ergibt sich ein implizites Verfahren der Form
KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG
108
Abbildung 9.7: Bahnlinie verl¨aßt Einstromrand. Ein weniger rechenintensives explizites Verfahren l¨aßt sich dadurch konstruieren, daß man nur die Basiswerte zur Darstellung des Diffusionstermes verwendet:
(9.13)
So wie bei der linearen Advektionsgleichung bestimmen wir im ersten Schritt die Basis der von jedem Knoten ausgehenden Bahnlinien. Im zweiten Schritt interpoliert man den Wert der Funktion
aus den bekannten Funktionswerten. F¨ur den Funktionswert an der Basis ergab sich mittels linearer Interpolation
falls der Basisknoten zwischen den Knoten und liegt.
Etwas kompliziert wird die Situation, wenn eine Bahnlinie den Einstromrand verl¨aßt (Abb. 9.7). Dazu sei angenommen, daß der Ausgangsknoten im Abstand ? vom Rand liegt. Wir f¨uhren einen reduzierten Zeitschritt in der Form ? */
also
? */
ein und interpolieren die Randbedingung auf den Durchstoßpunkt der Bahnlinie:
An einem solchen Knoten rechnen wir dann mit reduziertem Zeitschritt weiter, so wird das explizite Verfahren hier zu
9.5. BEWERTUNG
109
Abbildung 9.8: Vergleich der mit dem Lagrange-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) und der analytischen (gr¨un) L¨osung der Transportgleichung Die Lagrange-Verfahren zeichnen sich wieder durch ihre optimalen Stabilit¨atseigenschaften aus, es ist f¨ur
stabil. Numerische Oszillationen treten nicht auf. Die Qualit¨at des Verfahrens sei durch einen Blick auf Abbildung 9.8 demonstriert. Die besseren Stabilit¨atseigenschaften lassen hier eine Erh¨ohung des Zeitschrittes zu.
9.5 Bewertung Wenn die teilsweise sehr restriktiven Stabilit”atskriterien in speziellen Anwendungen kein Problem sind, dann liefern unter den expliziten Verfahren das Lax-Wendroff und das LeapFrog-Verfahren sehr gute Ergebnisse. Bei den implizten Verfahren sticht das Crank-NicolsonVerfahren durch seine Konsistenz heraus, versagt aber bei hohen Pecletzahlen. Diese treten in der Praxis aber nur bei sehr steilen Fronten auf. Die Lagrangeverfahren bestechen bez¨uglich ihrer Stabilit¨at, die nur durch die Diffusion begrenzt ist und durch ihre geringe numerische Diffusion, wenn man ein Interpolationsverfahren zweiter Ordnung anwendet. Ihr Nachteil ist allerdings die mangelnde Massenerhaltung.
110
KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG
Kapitel 10 Die Burgersgleichung Die physikalische Gr¨oße Impuls wird ebenfalls mit der Str¨omung transportiert. Wir k¨onnen also eine Impulsgleichung der eindimensionalen Str¨omungsmechanik gewinnen, indem wir die Transportgleichung
f¨ur die Impulsdichte betrachten. Im Falle einer konstanten Fluiddichte erh¨alt man:
(10.1)
Eine leicht andere aber mathematisch a¨ quivalente Form dieser Gleichung wurde zum ersten Mal von J.M. Burgers 1948 [4] untersucht und zur Illustration der Turbulenztheorie verwendet. Ihm zu Ehren bezeichnet man obige Gleichung als Burgersgleichung. Die Burgersgleichung ist noch nicht die Impulsgleichung der eindimensionalen Str¨omungs¨ mechanik, da die zeitliche Anderung des Impulses durch Krafteinwirkung nicht enthalten ist. Die rechte Seite der Gleichung beschreibt die Impulsdiffusion, Impuls besitzt also auch die Tendenz, sich gleichm¨aßig u¨ ber das Fluid zu verteilen. Den Koeffizienten bezeichnet man als Viskosit¨at. Im Gegensatz zu den bisher behandelten Gleichungen ist diese Gleichung und somit auch die Navier-Stokes-Gleichungen nichtlinear. Dabei bezeichnet man eine Gleichung als linear, wenn jede Linearkombination von L¨osungen wieder eine L¨osung ergibt. Bei der Konstruktion von Fourierl¨osungen f¨ur die Diffusionsgleichung hatten wir diesen Sachverhalt stillschweigend verwendet. Sind und zwei verschiedene L¨osungen der Burgersgleichung, d.h. es gilt
und
so l¨ost die Summe der beiden L¨osungen eben nicht die Burgersgleichung. Der Leser
u¨ berzeuge sich davon. Der Sachverhalt der Nichtlinearit¨at hat tragische Konsequenzen, was schon bei der L¨osung des Anfangswertproblems deutlich wird. Durch die Variablentransformation 111
KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG
112
geht die Burgersgleichung nicht mehr in die Diffusionsgleichung u¨ ber.
10.1 Der Ansatz von E. Hopf ¨ Nachdem Burgers die Gleichung an das Licht der mathematischen Offentlichkeit geholt hatte, war schnell der Ehrgeiz erweckt, doch eine Transformation zur Diffusionsgleichung und somit explizite L¨osungswege zu finden. Diese Meisterleistung wurde von E. Hopf 1950 [?] ver¨offentlicht. Man schreibe dazu die Burgersgleichung in der Form
und f¨uhre die Transformation
(
Ê %
(10.2)
durch. Die Inverse ist
( (
(
und f¨ur die ben¨otigten Ableitungen folgt
(
$ & %
( (
(
(
(
( (
womit sich
ergibt. Die Burgersgleichung erh¨alt so die Gestalt
$ & %
&
(
$ & %
(
( welche sich durch Integration bzgl. (wobei die Integrationskonstante vernachl¨assigt werde)
in die Diffusionsgleichung verwandelt:
(
(
Die Anwendung der Poissonformel liefert
10.2. DER ANSATZ VON J.D. COLE
(
113
7
exp
8
( 8 8
Nach Ausf¨uhrung aller R¨ucktransformationen erh¨alt man schließlich die explizite L¨osung des Anfangswertproblems f¨ur die Burgersgleichung:
'
Ê %
Ê %
8
8
Auch dieses Gleichungsmonster hilft nicht so recht weiter, allerdings kann man mit ihm zeigen, daß eine L¨osung des Anfangswertproblems existiert und eindeutig ist, falls
stetig ist
und
8 8
f¨ur
Die L¨osung selbst und ihre erste und zweite Ableitung sind dann sogar stetig. Beide Bedingungen sagen etwas u¨ ber die notwendigen Bedingungen der Anfangsbedingung, sie soll stetig sein und die Gesamtgeschwindigkeit - was so etwas wie das Integral u¨ ber die Geschwindigkeit ist - soll in den beiden Halbr¨aumen und verschwinden. Beispiele f¨ur solche Anfangsbedingungen w¨aren etwa die trigonometrischen Funktionen, da ihr Integral Null ist, nicht aber die konstante Funktion 4, da diese im Integral eben nicht verschwindet. Somit suchen wir bei einem numerischen L¨osungsverfahren f¨ur die Burgersgleichung nicht nach etwas, was nicht existiert.
10.2 Der Ansatz von J.D. Cole Ein Jahr sp¨ater ver¨offentlichte J.D. Cole folgenden L¨osungsweg. Im ersten Schritt wird die Transformation
(
durchgef¨uhrt. Eine a¨ hnliche Transformation ist dem Leser vielleicht aus der Theorie der Potentialstr¨omungen bekannt, dort geht man davon aus, daß sich sogar Geschwindigkeitsvektoren durch den Gradienten einer skalaren Funktion darstellen lassen. Die Burgersgleichung erh¨alt nun die Gestalt
(
( ( (
Wieder wird (ohne Integrationskonstante) nach integriert
KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG
114
( (
(
und eine L¨osung der Form
( > versucht. Dies f¨uhrt auf die gew¨ohnliche Differentialgleichung
> >
welche sich u¨ ber die Separation der Variablen in die Gleichungen
>
¼¼
>
u¨ berf¨uhren l¨aßt. F¨ur lassen sich die beiden Gleichungen recht einfach l¨osen und man erh¨alt nach Ausf¨uhrung aller R¨ucktransformationen eine spezielle L¨osung der Burgersgleichung in der Form
F¨ur
(10.3)
ergibt sich insbesondere die L¨osung
(10.4)
Somit haben wir nicht das Anfangswertproblem gel¨ost, aber zumindest eine partikul¨are L¨osung der Burgersgleichung gefunden. Leider ist diese jedoch recht unsch¨on und sogar unphysikalisch, da sie auf dem L¨osungsgebiet immer Pole besitzt, an denen die Funktion unendlich wird und somit nicht numerisch auswertbar ist. Weitere 35 exakte L¨osungen der Burgersgleichung haben Benton und Platzman [1] zusammengestellt.
10.3 FD-Verfahren fur ¨ die Burgersgleichung Das L¨osungsgebiet liege ohne Einschr¨ankung der Allgemeinheit zwischen werde a¨ quidistant durch die Knoten 0 diskretisiert.
und und
Das Upstream-Verfahren Im Prinzip lassen sich alle Verfahren f¨ur die Transportgleichung auch auf die Burgersgleichung anwenden, wenn man die Advektionsgeschwindigkeit zum Zeitschritt ansetzt. So erh¨alt man das explizite Upstream-Verfahren f¨ur die inneren Knoten als
f¨ur
f¨ur
,
(10.5)
¨ DIE BURGERSGLEICHUNG 10.3. FD-VERFAHREN FUR
115
Dabei entstehen nat¨urlich dynamische Stabilit¨atskriterien, da die L¨osung selbst in die Courantzahl eingeht. Das Crank-Nicolson-Verfahren In derselben Weise lassen sich auch implizite Verfahren leicht u¨ bertragen, wie etwa das CrankNicolson-Verfahren mit zentralen Differenzen
(10.6)
welches wieder die L¨osung eines linearen Gleichungssystems erfordert. Dies wird dann anders, wenn man eine korrekte Wichtung beiden Zeitschritten neuem und alten Zeitschritt ansetzt, d.h. auch die Advektionsgeschwindigkeit zum unbekannten Zeitschritt auswertet:
(10.7)
Hier entsteht ein nichtlineares Gleichungssystem, welches mit sehr rechenaufwendigen Newtonverfahren gel¨ost werden muß. Um dies zu vermeiden, werden iterative oder Pr¨adiktorKorrektor-Strategien angewendet. Das MacCormack-Verfahren Das MacCormack-Verfahren verwendet als Pr¨adiktor das Upstream-Verfahren:
(10.8)
Im Korrektor-Schritt wird die entgegengesetzte Differenzenapproximation verwendet
(10.9)
und schließlich wird die L¨osung der beiden Schritte gewichtet:
Das Verfahren ist f¨ur */
stabil.
(10.10)
KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG
116
10.4 Lagrange-Verfahren fur ¨ die Burgersgleichung Genauso wie f¨ur die Transportgleichung als ihr lineares Analogon lassen sich LagrangeVerfahren auch f¨ur die Burgersgleichung konstruieren. In der Lagrangeschen Schreibweise lautet die Gleichung:
Sie besagt, daß sich die Geschwindigkeit entlang einer Bahnlinie
nur durch die Wirkung der Viskosit¨at a¨ ndert. Wir wollen nun den Basispunkt der Bahnlinie bestimmen und integrierten diese Gleichung zwischen den Zeitschritten und :
Im Unterschied zur Transportgleichung ist auf der rechten Seite nun keine Konstante mehr. Wenden wir also die Trapezregel an, so wird die Bestimmungsgleichung f¨ur den Basispunkt:
Dumm nur, daß man weder noch den Wert an der Basis kennt, weil wir ihren Ort ja erst bestimmen wollen. Aus diesem Dilemma entzieht man sich in der Regel, indem man behauptet, was nat¨urlich umso weniger richtig ist, desto gr¨oßer der Zeitschritt ist. Somit berechnet sich der Basispunkt in erster N¨aherung als
Nun kann durch Interpolation bestimmt und die Burgersgleichung in der Lagrangeschen Form in vollkommener Analogie zur Transportgleichung gel¨ost werden.
10.5 Harmonische Anfangsbedingungen Wir wollen nun das Verhalten der L¨osungen der Burgersgleichung studieren, wenn die Anfangsbedingungen eine einfache harmonische Funktion der Form
7 '
ist. Damit diese Funktion ordentlich durch die Diskretisierung aufgel¨ost wird, sollte der Ortsschritt wesentlich kleiner als die Wellenl¨ange ' sein, also etwa
, '
Am Einstromrand wollen wir periodische Randbedingungen in der Form
10.5. HARMONISCHE ANFANGSBEDINGUNGEN
117
Abbildung 10.1: L¨osung der Burgersgleichung mit dem Upstream-Verfahren f¨ur harmonische Anfangsbedingungen.
9 vorgeben, am Ausstromrand setzen wir die Burgersgleichung ohne Diffusion in der UpwindForm an:
Beginnen wir mit dem Upstream-Verfahren. Das Ergebnis ist in gewohnter Form in Abbildung 10.1 gezeigt. Die anf¨angliche Sinuswelle hat sich s¨agezahnf¨ormig aufgesteilt, so daß die Geschwindigkeit an einigen Stellen sprunghaft von einem positiven auf einen negativen Wert u¨ bergeht. Darauffolgend steigt die Geschwindigkeit wieder stetig an. Diese L¨osung ist nicht mit der in Abbildung 10.2 dargestellten zu vergleichen, da dort f¨ur das FTCS-Verfahren die Viskosit¨at auf ! erh¨oht wurde, um das Stabilit¨atskriterium
*/
zu erf¨ullen. Es best¨atigt sich auch in den anderen Verfahren, daß die Stabilit¨atskriterien f¨ur die Transportgleichung sich direkt auf die Burgersgleichung u¨ bertragen lassen, wenn man nur die entsprechende dynamische Courantzahl mit der aktuellen Str¨omungsgeschwindigkeit bzw. deren Obergrenzen ansetzt. Ein Verfahren zweiter Ordnung, welches dieselben Stabilit¨atskriterien wie das Upstreamverfahren erf¨ullen muß, ist das MacCormack-Verfahren (siehe Abbildung 10.3). Die gr¨oßere Genauigkeit zeichnet sich im Vergleich zum Upstream-Verfahren durch noch steilere Spr¨unge aus.
118
KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG
Abbildung 10.2: L¨osung der Burgersgleichung mit dem FTCS-Verfahren f¨ur harmonische Anfangsbedingungen.
Abbildung 10.3: L¨osung der Burgersgleichung mit dem MacCormack-Verfahren f¨ur harmonische Anfangsbedingungen.
10.6. ZUSAMMENFASSUNG
119
Abbildung 10.4: L¨osung der Burgersgleichung mit dem Lagrange-Verfahren f¨ur harmonische Anfangsbedingungen. Schließlich sei noch das Lagrangeverfahren getestet, auch hier sieht die L¨osung den anderen sehr a¨ hnlich.
10.6 Zusammenfassung Alle numerischen Verfahren f¨ur die Transportgleichung lassen sich direkt auf die Burgersgleichung u¨ bertragen. Dies gilt auch f¨ur die Stabilit¨atskriterien und f¨ur die Konsistenzordnung. F¨ur die Burgersgleichung haben wir keine analytischen L¨osungen gefunden, die sich f¨ur eine Verifikation der numerischen Verfahren eignen. Die numerischen L¨osungen zeigen eine Verselbst¨andigung des Inneren des L¨osungsgebietes, hier werden (nicht nur harmonische) Anfangsbedingungen in S¨agezahnfunktionen umgeformt. Die Randbedingungen haben kaum Einfluß auf die L¨osung im Inneren. Interpretiert man die S¨agezahnl¨osungen der Burgersgleichung als Geschwindigkeiten, so produziert sie recht unrealistische Str¨omungsfelder. An den Sprungpunkten treffen hohe positive direkt auf hohe negative Geschwindigkeiten. W¨are mit diesen Str¨omungen ein Materialtransport verbunden, so w¨urde sich an den Sprungstellen sehr viel Material akkumulieren, w¨ahrend es an den Nullstellen der L¨osung langsam verschwindet, da an diesen in beide Richtung wegtransportiert wird. Ein Fluid, welches durch die Burgersgleichung beschrieben wird, neigt somit zur Verklumpung.
120
KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG
Kapitel 11 Finite-Volumen-Verfahren Finite-Volumen-Verfahren basieren auf der Bilanzierung von Fl¨ussen auf Kontrollvolumina. Damit ist die Finite-Volumen-Methode ein Verfahren, welches sich direkt aus den kontinuumsmechanischen Eigenschaften einer Str¨omung ergibt. Finite-Volumen-Verfahren sind eine Verallgemeinerung der Finiten-Differenzen-Verfahren: Auf einfachen Geometrien werden sich altbekannte Schemata ergeben. Die Denkweise der Methode der Finiten Volumen d.h. die Bilanzierung von Fl¨ussen auf Kontrollvolumina, erm¨oglicht jedoch auch die systematische Ableitung neuer Schemata.
11.1 Die Divergenzform der Grundgleichungen Alle Grundgleichungen der Hydrodynamik lassen sich in der sogenannten Divergenzform
5
@
div #
(11.1)
darstellen. Tun wir dies f¨ur den vollst¨andigen Satz der dreidimensionalen inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen im Schwerefeld einschließlich Kontinuit¨ats- und Transportgleichung, so ergibt sich die in Tabelle 11.1 dargestellte Termbelegung. Auch f¨ur die tiefenintegrierten 2D- und die eindimensionalen Gleichungen von Oberfl¨achenstr¨omungen lassen sich Divergenzformen finden, sie sind in Tabelle 11.2 bzw. 11.3 dargestellt.
11.2 Diskretisierung Zur L¨osung der Grundgleichungen wird das Str¨omungsgebiet vollst¨andig mit einzelnen Kontrollvolumen u¨ berdeckt. Jedes Kontrollvolumen wird durch einen Knoten 0 in seinem Inneren repr¨asentiert. Die Grundgleichungen werden in ihrer Divergenzform u¨ ber die Kontrollvolumina integriert:
div #5
121
@
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
122
5
@
#
x-Impuls
5 grad
9 (
y-Impuls
9 (
z-Impuls
5 grad
Kontinuit¨at Transport
5 grad
5
5 grad
>
0 0
Tabelle 11.1: Die dreidimensionalen Grundgleichungen der Hydrodynamik in der Divergenzform.
11.2. DISKRETISIERUNG
123
5
x-Impuls
y-Impuls
@
#
5 grad
5 grad
!
>
Transport
*
! " * 9 ( # " " " >
Kontinuit¨at
!
*
! " *# " " " 9 (
5
0
5 grad
0
Tabelle 11.2: Die tiefenintegrierten zweidimensionalen Gleichungen der Gew¨asserstr¨omungen in der Divergenzform.
5
Impuls
Kontinuit¨at
Transport
@
#
!
>
" * * # " "
Tabelle 11.3: Die eindimensionalen Gleichungen von Saint-Venant in der Divergenzform.
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
124
1
n
1
w
e
s
1
0
0
0
Abbildung 11.1: Zweidimensionale a¨ quidistante Finite-Volumen-Geometrie.
11.2. DISKRETISIERUNG
125
Der Divergenzterm wird unter Anwendung des Gaußschen Integralsatzes integriert. Wir erinnern uns, daß der Gaußsche Integralsatz das Volumen- auf ein Randintegral unter Wegfallen der Divergenz u¨ berf¨uhrt:
&
5 A5 #
@
(11.2)
In diesem Schritt liegt das Wesen der Methode der Finiten Volumen. Die Gleichung besagt, ¨ daß die zeitliche Anderung der Gr¨oße im Volumen durch die Bilanz der Fl¨usse #5 u¨ ber den Rand (dies ist umgangssprachlich nichts anderes, als die Integration u¨ ber den Rand) und durch Quellen bzw. Senken @ im Volumen stattfindet. Durch die Integration des Divergenztermes fallen in den Grundgleichungen Ableitungen weg, insbesondere werden die zweiten Ableitungen in den Diffusionstermen zu ersten Ableitungen. Somit kann man die L¨osungen der Grundgleichungen in der klassischen Form nur in der Menge der zweimal differenzierbaren Funktionen suchen. In der Integralform reicht einfache Differenzierbarkeit, die L¨osungsmenge der Funktionen ist damit viel gr¨oßer und die Integralform somit viel allgemeiner g¨ultig. Rein technisch verbleibt nur noch die numerische Berechnung der drei Integralterme, die wir nun einzeln angehen wollen.
11.2.1 Die Behandlung der Zeitableitung Ist B das Volumen des Kontrollvolumens , so l¨aßt sich die Integration nach Vertauschen von Differentiation und Integration und Anwendung eines Eulerverfahrens n¨aherungsweise als
B
B
(11.3)
berechnen. Dabei wurde angenommen, daß sich das Kontrollvolumen zeitlich nicht a¨ ndert, aber die Methode l¨aßt sich leicht auch auf diesen Fall verallgemeinern. Die sonstigen Integralterme k¨onnen nun explizit, implizit oder mit Hilfe des Crank-NicolsonVerfahrens berechnet werden. Wir werden uns hinfort mit der Zeitableitung nicht mehr besch¨aftigen, was sich im Weglassen der Indizes und manifestiert, da schon alles wesentliche hierzu vorher gesagt wurde.
11.2.2 Die Behandlung des Quellterms Auch beim Quellterm wird die Integration u¨ ber die finiten Volumina durch ein Produkt mit denselben ersetzt:
@ B @
(11.4)
An dieser Stelle lassen sich auch numerische Integrationsverfahren h¨oherer Ordnung anwenden; dazu ben¨otigt man allerdings mehr Knoten im Kontrollvolumen.
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
126
11.2.3 Die Behandlung des Flußterms Die Behandlung des Flußterms besteht aus einer Integration d.h. Aufsummation der Fl¨usse u¨ ber alle R¨ander. Dies sei am Beispiel der in Abb. 11.1 dargestellten Finite-VolumenGeometrie vorgef¨uhrt. Die vier R¨ander sind in der Abbildung mit n(orth), s(outh), e(ast) und w(est) bezeichnet. Der Fluß der Gr¨oße habe die Komponenten
5 #
#
#
Bei der Integration ist zu beachten, daß positive Fl¨usse auf der e- und der n-Seite aus dem Gebiet heraus und w- und s-Seite in das Gebiet hineingehen. Entsprechend ergibt sich:
'
5 A5
#
# ( # # ) # # ( # # )
#
Das Integral der Fl¨usse wird also ganz heuristisch berechnet: Man bilanziert, was in x-Richtung in das Kontrollvolumen fließt und ihm auf der anderen Seite entfleucht, mal Kantenl¨ange, entsprechendes f¨ur die y-Richtung. Es verbleibt nun die Aufgabe, die Fl¨usse auf den jeweiligen R¨andern aus den an den Knoten bekannten Werten zu interpolieren. Dies werden wir in den folgenden Beispielen konkretisieren.
11.3 Die Diffusionsgleichung auf a¨ quidistantem Gitter Auf dem in Abb. 11.1 dargestellten zweidimensionalen FV-Gitter soll nun als erstes Beispiel die Diffusionsgleichung
diskretisiert werden. Integrieren wir die Gleichung u¨ ber ein zweidimensionales finites Volumen , so erh¨alt die Diffusionsgleichung die Form
5 A5
#
Das Volumen eines Elementes ist dann sein Fl¨acheninhalt Zeitterm
Der diffusive Fluß ist durch
5
#
und wir erhalten f¨ur den
11.4. DIE DISKRETISIERUNG ADVEKTIVER TERME
127
gegeben. Auf den R¨andern ist es naheliegend, die Ableitungen durch Differenzen der Nachbarknoten zu ersetzen, also f¨ur die e-Seite:
Somit ergibt sich f¨ur den Flußterm
&
5 A5
#
und insgesamt als Verfahren f¨ur die Diffusionsgleichung
wobei man nach Division durch erh¨alt schließlich das Schema
(11.5)
erh¨alt, welches uns schon hinl¨anglich bekannt ist. Es gelten daher dieselben Aussagen u¨ ber Konsistenz, wie sie bei der Darstellung der FD-Methode hergeleitet wurden. Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, daß obigen Schema Zeitindizes fehlen. Alle LeserInnen werden in der Lage sein, an dieser Stelle die verschiedensten Zeitschrittverfahren anzusetzen.
11.4 Die Diskretisierung advektiver Terme Zur L¨osung der Transportgleichung
bleibt die Berechnung des advektiven Flusses
5
# %*
auf den R¨andern der Finiten Volumen. Je nach Strategie werden wir auch hier auf alte Bekannte treffen. Damit es nicht zu langweilig wird, werden wir auch ein neues Verfahren vorstellen, welches die M¨oglichkeiten der Finiten-Volumen-Methode illustriert.
11.4.1 Zentrale Verfahren Bei zentralen Verfahren wird der Fluß auf einem Rand durch Mittlung bzw. Interpolation aus den benachbarten Knoten. Somit erh¨alt man z.B. f¨ur den Fluß in x-Richtung auf dem e-Rand:
%*
#
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
128
und entsprechendes f¨ur alle anderen Seiten. F¨ur den advektiven Flußterm ergibt sich insgesamt:
&
5 A5
# %*
(11.6)
F¨ugen wir diesen Term zur diskretisierten Diffusionsgleichung, teilen durch so erhalten wir ein Verfahren, welches den zentralen Differenzen sehr a¨ hnlich ist:
11.4.2 Upstream-Verfahren Da die Anwendung zentraler Differenzen auf die advektiven Terme zu sehr ung¨unstigen Stabilit¨atseigenschaften f¨uhrt, wollen wir nun im Rahmen der Methode der Finiten Volumen eine Upstream-Strategie einf¨uhren: Dazu ersetzen wir den Fluß auf den R¨andern durch den stromaufw¨arts gelegenen Knoten; f¨ur die e(ast)-Seite erhalten wir so f¨ur $
%*
#
und falls , , dann ist wohl jedem/jeder klar, daß:
%*
#
Nach bew¨ahrtem Rechengang ergibt sich nun das Verfahren
f¨ur
$ .
11.4.3 QUICK- und QUICKEST-Verfahren Das einfache Upstream-Verfahren ist wegen seiner geringen Konsistenzordnung mit einer hohen numerischen Diffusion behaftet. Daher versuchte man Verfahren zu konstruieren, die mit einer geringeren numerischen Diffusion behaftet sind. Leonard schlug daher 1979 vor, den Fluß auf dem Rand eines Kontrollvolumens mit Hilfe eines quadratischen Polynoms zu interpolieren. Das Verfahren heißt daher ’Quadratic Upstream Interpolation for Convective Kinetics’ (QUICK), woraus allerdings nicht gefolgert werden kann, daß es besonders schnell ist. Betrachten wir die Situation in Abb. 11.2. Bei positiver Geschwindigkeit soll f¨ur die Berechnung des Flusses auf dem Rand des Kontrollvolumens die Knoten 0 , 0 und 0 verwendet werden, d.h. es wird mehr Information aus der Upstream-Richtung verwendet. An diesen Knoten sind die Fl¨usse # , # und # bekannt, wir suchen allerdings den Fluß auf dem virtuellen Randknoten 0 , der zwischen 0 und 0 liegt.
11.4. DIE DISKRETISIERUNG ADVEKTIVER TERME u
0
0
129
0
0
x
Abbildung 11.2: Situation beim QUICK-Verfahren Dazu wird im ersten Schritt ein Interpolationspolynom durch die Knoten gelegt. Nach der Lagrangeschen Interpolationsformel ist dieses durch
#
0 , 0 und 0
# # #
gegeben. Der Leser, der dieses a¨ ußerst wichtige Verfahren noch nicht kennt, schaue sich die Konstruktion genau an und best¨atige die Interpolationseigenschaften #
#
#
#
#
#
(11.7)
F¨ur den Spezialfall eines a¨ quidistanten Gitters und dem Rand der Kontrollvolumina auf der Mitte zwischen zwei Knoten ergibt sich f¨ur den Fluß auf dem Rand: +,-
#
#
#
#
# #
#
# #
(11.8)
Das QUICK-Verfahren wird in verschiedenen Variationen im Bereich der FV-Methode h¨aufig verwendet. Sein wesentlicher Nachteil ist die Instabilit¨at f¨ur die reine Advektionsgleichung, wenn diese explizit in der Zeit gel¨ost wird. Leonard konstruierte deshalb ein zweites Verfahren, welches er auf den Namen QUICKEST (Quadratic Upstream Interpolation for Convective Kinetics with Estimated Stream Terms) taufte. Der Fluss # wird dabei auf unserer Kante nach +,-./
#
+,-
#
*/
#
#
*/
#
# #
(11.9)
mit der Courantzahl
*/
Das Verfahren ist im Gegensatz zum QUICK-Verfahren auch f¨ur die reine Advektionsgleichung stabil, jedoch muß auch hier das Courantzahlkriterium eingehalten werden. In der Praxis der Finiten Volumen wird daher letzteres dem ersteren vorgezogen, weil man bei der Modellierung der turbulenten Viskosit¨aten und Diffusivit¨aten oftmals nicht ausschließen kann, daß diese auch mal Null werden.
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
130
11.5 Globale und lokale Massenerhaltung Global ist die Massenerhaltung eines Schemas garantiert, wenn der Fluß, der eine Randfl¨ache eines bestimmten Kontrollvolumens verl¨aßt, auch tats¨achlich in das benachbarte Kontrollvolumen einstr¨omt. Finite-Volumen-Verfahren sind immer dann global massenerhaltend, wenn die Fl¨usse auf den jeweiligen R¨andern als eigenst¨andige Gr¨oßen berechnet werden. Die hier vorgestellten Verfahren (zentrales, upstream und QUICK) sind alle global massenerhaltend. Im Gegensatz zur globalen Massenerhaltung spricht man von lokaler Massenerhaltung, wenn auf jedem Knoten die Kontinuit¨atsgleichung erf¨ullt ist.
11.6 Gestaffelte Gitter Die numerische Behandlung von Str¨omungen mit Hilfe finiter Volumina hat uns gezeigt, daß Flußterme immer auf dem Rand der Kontrollvolumina berechnet werden sollten. Da die physikalischen Gr¨oßen bisher nur auf Knoten im Zentrum der Volumina definiert wurden, war man zu Interpolationen gezwungen. Eine M¨oglichkeit zur Vermeidung dieser Interpolationen ist die Verwendung gestaffelter Gitter, bei denen
f¨ur jede physikalische Gr¨oße eigene Knoten definiert
und f¨ur jede Grundgleichung eigene Kontrollvolumina definiert werden.
Zur L¨osung etwa der Kontinuit¨atsgleichung der zweidimensionalen Gleichungen von SaintVenant
betrachten wir die Variablenanordnung in Abb. 11.3. Die Variable wurde im Zentrum des finiten Volumens, die Variable an der e- und w-Seite und die Variable an der n- und s-Seite angeordnet, da sie jeweils nur dort zu den Fl¨ussen beitragen. Integriert man u¨ ber das angegebene Kontrollvolumen, so erh¨alt man das Schema
Dabei wurden die Knoten auf den R¨andern mit den -Indizes bezeichnet. Der Wasserstand wurde auf den R¨andern jeweils zentral interpoliert.
Aufgabe: Zeichnen Sie bei derselben Anordnung der Knoten ein Kontrollvolumen f¨ur die L¨osung der x-Impulsgleichung und konstruieren Sie das FV-Schema.
11.6. GESTAFFELTE GITTER
131
1
x
x
x
x
1
x
x
x
x
1
x
x
x
x
0
0
0
Abbildung 11.3: Zweidimensionales gestaffeltes Gitter. Ausgef¨ullte Kreise: -Knoten, Kreuze: -Knoten, leere Kreise: -Knoten. Die dargestellte Aufteilung der Kontrollvolumina eignet sich zur L¨osung der Kontinuit¨atsgleichung.
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
132
#
#
#
Abbildung 11.4: Geometrie f¨ur Finite Volumen auf Dreiecken
11.7 Finite Volumen auf Dreiecksnetzen Die Methode der Finiten Volumen l¨aßt sich auch auf Dreiecksnetze verallgemeinern. Dazu betrachten wir das in Abb. 11.4 dargestellte Dreieck als finites Volumen , auf dem wir die allgemeine Bilanzgleichung
5
div #
@
l¨osen wollen. Eine gl¨uckliche F¨ugung der Geometrie l¨aßt alle Mittelsenkrechten in einem Dreieck sich in einem Punkt schneiden. Wir w¨ahlen diesen Mittelpunkt des das Dreiecke umschreibenden Kreises als St¨utzstelle f¨ur die Gr¨oßen und @ , die im Dreieck 0 die Werte
und @ haben. Auf den Mittelpunkten der Kanten sei die Projektion des Flusses auf den Aussennormalenvektor 5 5 # bekannt. Wir bezeichnen diese Normalenfl¨usse auf den drei Kanten des Dreieckes 0 # mit # , # und # . Jeder dieser Fl¨usse soll den Mittelwert auf der entsprechenden Kante repr¨asentieren. Nun wird die allgemeine Bilanzgleichung u¨ ber die Dreiecksfl¨ache integriert und die Divergenz mit Hilfe des Gausschen Integralsatzes auf ein Randintegral reduziert
# ? # ? # ? @
5 nicht von seiner Bezugswobei ? die L¨ange der k-ten Kante im Dreieck 0 ist. Ist der Fluss # gr¨oße abh¨angig, dann kann eine explizite Diskretisierung f¨ur die Zeitableitung gew¨ahlt wer
den. Dies ist aber eigentlich nie der Fall, so daß eine implizite Diskretisierung oder ein Crank¨ Nicolson-Verfahren vorgezogen werden sollte. Der Ubersichtlichkeit halber beschr¨anken wir uns auf die Darstellung f¨ur die implizite Diskretisierung der Zeitableitung:
# ? @
11.7. FINITE VOLUMEN AUF DREIECKSNETZEN
133
Ist der Fluss # linear von der Gr¨oße abh¨angig, also # , dann ist die implizite Diskre tisierung einfach #
. Oftmals ist der Fluss # allerdings nichtlinear von der Gr¨oße
abh¨angig, also # . Dann kann man den Term durch die Zeitableitung linearisieren, also
#
setzen. In beiden F¨allen ben¨otigt man die Gr¨oße auch auf den Kanten des Dreieckes, was durch den Index 0 schon angedeutet wurde, womit die k-te Kante des i-ten Dreieckes bezeichnet wird. Der Fluss # auf der k-ten Kante des i-ten Dreieckes muss in irgendeiner Form aus den Werten der Gr¨oße aus den benachbarten beiden Dreiecken interpoliert werden. Wir wollen hier nicht spezifizieren, um welche beiden Dreiecke es sich da handelt und schreiben diese Interpolation in der allgemeinen Form: #
#
1
So werden alle zentralen Knoten der ; Dreiecke im Gitter ber¨ucksichtigt, wobei bei einer linearen Interpolation nur zwei Gewichte 1 ungleich Null sind. An dieser Stelle k¨onnen aber auch h¨ohere Interpolationsverfahren ber¨ucksichtigt werden. Wir setzen nun den Fluß in die diskretisierte Bilanzgleichung ein und bekommen ihre Enddarstellung: #
1 ? @
Um sie zu l¨osen, wollen wir sie in die Normalform eines linearen Gleichungssystems bringen. Die Komponenten der Matrix sind ganz offensichtlich
Æ 1 ?
wobei Æ das Kroneckersymbol ist und die Komponenten der rechten Seite haben die Form
Schließlich kann das so entstandene Gleichungsystem mit einem Gleichungsl¨oser gel¨ost werden. Es sei ausblickend bemerkt, daß dieses Verfahren auf Elementformen mit beliebig vielen Ecken ausdehnbar ist. Die einzige Bedingung, die jedes Element erf¨ullen muß, daß die Mittelsenkrechten eines Elementes sich immer in einem Punkt schneiden. Ein aus solchen Basiselementen aufgebautes Gitter nennt man orthogonal strukturiertes Gitter, ein aus Dreiecken und Vierecken aufgebautes Teilgitter ist in Abbildung 11.5 dargestellt.
134
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
Abbildung 11.5: Ein Teil eines orthogonal strukturierten Gitters.
11.8. FINITE DIFFERENZEN UND FINITE VOLUMEN
135
11.7.1 Der a¨ ußere Normalenvektor im Dreieck Zur Bestimmung des Flusses auf den Kanten des Dreieckes ben¨otigen wir die dortigen Außennormalenvektoren. Ist das Dreieck durch die drei Punkte , und bestimmt, dann kann man schnell den einfachen Algorithmus
herleiten, der die Komponenten eines Normalenvektors zur Kante Dieser Vektor weist aus dem Dreieck hinaus, falls
berechnet.
, ansonsten ist sein Vorzeichen in beiden Komponenten umzukehren.
11.7.2 Upstreaming auf Dreiecksnetzen Auch auf Dreiecksgittern kann die explizite Diskretisierung der advektiven Terme zu Instabilit¨aten f¨uhren, wenn man kein Upstreaming in das Verfahren einbaut. Sei also der Fluss #, den wir auf den Kanten bestimmen wollen, von der Gr¨oße abh¨angig, die nur im Mittelpunkt des Dreieckes bekannt ist, # # . Entsprechend dem Upstream-Verfahren bei strukturierten Gittern berechnen wir den Fluss auf einer Kante 1 im Dreieck 0 dann mit dem Wert , wenn der Flußvektor aus dem Dreieck weist. Im umgekehrten Fall wird der Wert aus dem anderen, an derKante gelegenem Dreieck ? verwendet. Wie das Analogon auf strukturierten Gittern besitzt dieses Verfahren eine gewisse numerische Diffusion. Upstream-Verfahren h¨oherer Ordnung, wie z.B. das QUICK-Verfahren, sind auf Dreiecksnetzen bisher nicht verwirklicht worden.
11.8 Finite Differenzen und Finite Volumen Finite Differenzen und Finite Volumen haben topologisch gesehen vollkommen unterschiedliche Ans¨atze: W¨ahrend erstere die Gleichungen auf einzelne Punkte reduziert, geht zweitere von einer Bilanzierung auf endlichen Volumen aus. Die Methode der Finiten Volumen ist daher dem Str¨omungsgeschehen wesentlich n¨aher als die Methode der Finiten Differenzen. Die Methode der Finiten Volumen ist vom geometrischen Standpunkt eine Verallgemeinerung der FD-Methode, da sie prinzipiell auch Verfahren f¨ur beliebige Gittergeometrien zur Verf¨ugung stellt. Damit birgt sie das Potential in sich, die erheblich rechenaufwendigere und instabilere Finite-Elemente-Methode in der numerischen Hydrodynamik abzul¨osen. Hier besteht allerdings noch Entwicklungsbedarf. Die Unterscheidung von Finiten Differenzen und Finiten Volumen ist in der numerischen Str¨omungsmechanik heute fließend. In vielen Programmsystemen werden daher FD/FVKombinationen verwendet: Auf einfachen z.T. a¨ quidistanten Geometrien wird gestaffelt gerechnet, wobei die Verfahren flußorientiert entwickelt wurden.
136
KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN
Kapitel 12 Die Saint-Venantschen Gleichungen Werden Str¨omungen durch die Burgersgleichung modelliert, so werden alternierend Ansammlungen und Senken der Fluidmasse produziert. Diese Verhalten wird dadurch m¨oglich, weil es in der Burgersgleichung keinen Mechanismus gibt, der auf diese Kapriolen der Fluidmasse reagieren kann und das Fluid in eine gleichm¨aßigere Verteilung zur¨uckdr¨angt. Stellt man sich hierzu eine Str¨omung in einem Kanal vor, so k¨onnte die r¨uckstellende Kraft in der Form
modelliert werden, wobei die Wassertiefe ist. Steigt also der Wasserstand an einem Ort in x-Richtung steil an, so wird das Wasser in entgegengesetzter Richtung wieder zur¨uckgedr¨angt. In der Hydromechanik der Oberfl¨achengew¨asser wird gezeigt, daß die fehlende Proportionalit¨atskonstante die Gravitationsbeschleunigung > sein muß und somit die Gleichung
>
eine naturnahe Str¨omung in einem kanalartigen Gerinne reproduzieren sollte. Bleibt nur die Frage nach dem Wasserspiegelgef¨alle also nach dem zeitlichen Verhalten der Wasserspiegellinie offen. F¨ur sie ben¨otigen wir eine zweite Bestimmungsgleichung, um das Problem zu schließen. Dabei lassen wir uns von dem Bild leiten, daß Verformungen der Wasseroberfl¨ache konservativ advektiert werden, also durch die Gleichung
beschrieben werden. Die Saint-Venant-Gleichungen stellen eine solche Kanalstr¨omung unter Vernachl¨assigung des viskosen Terms dar, sie lauten also:
>
Mathematisch lassen sie sich als nichtlineares partielles Differentialgleichungssystem erster Ordnung charakterisieren. Jede Gleichung enth¨alt neben der Advektion einen Kopplungsterm 137
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
138
mit der jeweiligen anderen Gleichung, im System k¨onnen wir insgesamt drei nichtlineare Terme identifizieren. Im zweidimensionalen Fall sind die Saint-Venant-Gleichungen durch
>
>
gegeben. Sie stellen nur einen Teil der tiefen- und breitenintegrierten Hydrodynamik der Fließgew¨asser dar, da sie in sehr eng umgrenzten Spezialf¨allen g¨ultig sind. Um die folgenden Entwicklungen allgemeiner zu halten, f¨uhren wir unbestimmte Quellterme , und * ein, die alle vernachl¨assigten Prozesse enthalten sollen. Somit ist die allgemeinere Form der eindimensionalen Saint-Venant-Gleichungen
>
(12.1)
und die ihr zweidimensionales Analogon lautet:
>
> *
(12.2)
Eine hinreichend genaue physikalische Beschreibung der eindimensionalen Fließgew¨asserstr¨omungen ergibt sich f¨ur die Belegung:
$
%
> !
" * * # " "
Dabei sind der Gew¨asserquerschnitt, dessen Breite, ! die Lage der Sohle, * der Chezywert der Sohlschubspannung, " die Luftdichte, " die Windgeschwindigkeit und * # der Windschubkoeffizient. Diese Aufz¨ahlung l¨aßt erahnen, wieviele physikalische Effekte in dieser Erweiterung ber¨ucksichtigt werden k¨onnen.
¨ DER SAINT-VENANT-GLEICHUNGEN 12.1. HYPERBOLIZITAT
139
12.1 Hyperbolizita¨ t der Saint-Venant-Gleichungen Nach der Definitionsgleichung (5.2) lassen sich Differentialgleichungssysteme erster Ordnung in hyperbolische und elliptische einteilen. Um zu entscheiden, welcher Fall bei den SaintVenant-Gleichungen vorliegt, identifizieren wir in der zitierten Gleichung mit , mit und mit . Die Matrix ist im eindimensionalen Fall dann
>
Ihre Eigenwerte sind > und damit grunds¨atzlich reell, womit die Saint-VenantGleichungen hyperbolisch sind. Matrizen mit reellen Eigenwerten lassen sich grunds¨atzlich diagonalisieren, d.h. es gibt ein bestimmtes Koordinatensystem, in welchem die Matrix diagonal ist. Ist die Matrix diagonal, dann taucht in jeder der beiden Differentialgleichungen nur noch eine Ableitung auf, die partiellen Differentialgleichungen entarten in diesem speziellen Koordinatensystem also zu gew¨ohnlichen. Diese Eigenschaft macht sich die Charakteristikenverfahren zunutze, die wir in den n¨achsten Abschnitten entwickeln wollen. Im zweidimensionalen Fall hat man die Matrizen und zu untersuchen, sie sind:
>
und
Ihre Eigenwerte sind und > bzw. und chungssystem auch hier hyperbolisch.
>
>, also reell und somit ist das Glei-
12.2 Charakteristiken der 1D-Gleichungen Wir wollen nun untersuchen, wie wir die eindimensionalen Saint-Venant-Gleichungen in gew¨ohnliche Differentialgleichungen umformen k¨onnen. Dies sollte aufgrund ihrer Hyperbolizit¨at m¨oglich sein. Ersetzt man in beiden Gleichungen die Wassertiefe durch die sogenannte Wellengeschwindigkeit
>
(12.3)
multipliziert die erste Gleichung mit > und teilt die Kontinuit¨atsgleichung durch , so ergibt sich
>
Beide Gleichungen werden nun jeweils addiert und subtrahiert:
0
0
140
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
0
0
0
Abbildung 12.1: Charakteristiken der 1D-Gleichungen von Saint-Venant Auf der linken Seite beider Gleichung steht der Form nach eine totale Ableitung der Variablen
bzw. nach der Zeit auf Kurven, die durch
>
(12.4)
>
(12.5)
gegeben sind. Wir nennen sie charakteristische Kurven oder einfach Charakteristiken * und * . Auf den Charakteristiken reduzieren sich die SaintVenantschen Gleichungen mit Hilfe der totalen Differentiale zu:
>
>
auf
*
auf
*
Mit der ersten gew¨ohnlichen Differentialgleichung k¨onnen wir die zusammengesetzte Funktion , mit der zweiten bestimmen. Die geschickte Kombination dieser L¨osungen liefert uns dann die gesuchten Funktionen und bzw. .
12.2.1 Das inverse Charakteristikenverfahren Zur L¨osung der Saint-Venantschen Gleichungen betrachte man den Verlauf der Charakteristiken, die von einem Knoten zum unbekannten Zeitschritt in Richtung des bekannten Zeitschrittes ausgehen in Abb. 12.1. Die Basispunkte der Charakteristiken und zur Zeit ergeben sich durch die L¨osung ihrer Differentialgleichungen 12.4 und 12.5. Dazu integrieren wir diese u¨ ber die Zeit:
>
>
12.2. CHARAKTERISTIKEN DER 1D-GLEICHUNGEN
141
Auf die linke Seite wird jeweils der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, auf die rechte Seite die Trapezregel angewendet:
!
>
!
>
!
>
(12.6)
>
(12.7)
!
In derselben Weise werden die Saint-Venantschen Gleichungen auf den Charakteristiken u¨ ber die Zeit integriert:
>
>
auf
*
auf
*
Zur Abk¨urzung setzen wir
) *
) *
>
> >
>
>
>
(12.8)
(12.9)
und man erh¨alt:
) * ) *
auf auf
* *
Addition und Subtraktion der beiden Gleichungen und ein wenig Umformen liefern schließlich die L¨osungen:
>
)
* ) *
) * ) *
(12.10) (12.11)
Das Verfahren ist nun eigentlich vollst¨andig, nur daß schon in der Berechnung der Basispunkte die gesuchte L¨osung als auch die Werte von und an der Basis implizit erscheinen. Wir gehen daher in jedem Zeitschritt iterativ vor:
1. Schritt: Setze f¨ur alle Knoten , .
,
,
und
2. Schritt: Berechne zu jedem Knoten die Basisknoten und .
,
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
142
*
Abbildung 12.2: Zum Einbau von Randbedingungen
3. Schritt: Interpoliere die Basiswerte , , und .
4. Schritt: Berechne die Integrale )
5. Schritt: Berechne und f¨ur jeden Knoten.
* und ) * f¨ur alle Knoten.
6. Schritt: Zur Fehlerabsch¨atzung berechne nochmals die Basisknoten und vergleiche mit den alten: Ist die maximale Differenz der beiden zu groß, gehe zur¨uck zu Schritt 2.
Dieses Verfahren ist f¨ur jeden Zeitschritt zu wiederholen. Die Konsistenzordnung des Charakteristikenverfahrens ergibt sich dann in der Zeit aus dem Exaktheitsgrad der Zeitintegration und im Raum aus der Ordnung des verwendeten Interpolationsschemas. Das Verfahren ist unabh¨angig vom Zeitschritt stabil.
12.2.2 Randbedingungen An den Randknoten stehen zur Anwendung des Charakteristikenverfahrens jeweils nur eine, d.h. die in das Gebiet laufende Charakteristik zur Verf¨ugung. Wir betrachten die Situation am linken Rand am Knoten in Abb. 12.2. Es steht hier als einlaufende Charakteristik * zur Verf¨ugung. Der Basispunkt berechnet sich als
Auf der Charakteristik gilt:
!
>
!
> >
!
>
) *
(12.12)
(12.13)
Die Gleichung ist explizit l¨osbar, wenn wir entweder oder kennen. Damit muß entweder die Wassertiefe oder die Geschwindigkeit als Randbedingung vorgegeben werden. F¨ur einen -Rand ( vorgegeben) folgt dann:
!
>
!
>
) *
(12.14)
Der rechte Rand erf¨ahrt im Charakteristikenverfahren die entsprechende Sonderbehandlung.
12.2. CHARAKTERISTIKEN DER 1D-GLEICHUNGEN
143
*
*
*
Abbildung 12.3: Eine linkslaufende Charakteristik verl¨aßt das Str¨omungsgebiet. Ein weiterer Sonderfall tritt ein, wenn eine von einem Innenknoten ausgehende Charakteristik das Gebiet verl¨aßt. Zur Analyse der Situation betrachte man Abb. 12.3. Die Idee besteht darin, die linkslaufende Charakteristik * nur bis zum Rand zu verfolgen. Da von jedem Punkt in Raum und Zeit zwei Charakteristiken und somit auch vom Randschnittpunkt eine rechtslaufende Charakteristik * ausgeht, verfolgen wir diese weiter bis zur Basis am Zeitschritt . Im Programm stellen wir also fest, daß unser Basiswert außerhalb des Str¨omungsgebietes ist, d.h. also kleiner als ist. Wir berechnen dann sofort den reduzierten Zeitschritt als
(12.15)
¨ F¨ur einen -Rand (die entsprechende Prozedur f¨ur einen -Rand sei dem Leser zur Ubung u¨ berlassen) interpolieren wir die Randbedingung an diesem Durchstoßzeitpunkt:
(12.16)
Der Basispunkt der Charakteristik ergibt sich nun aus der Integration der Differentialgleichung
>
zwischen und . Man erh¨alt
! > >
Schreiben wir nun die Bedingungen auf den drei Charakteristiken hin:
) *
) *
) *
auf auf auf
* * *
(12.17)
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
144
F¨ur die drei Unbekannten , und stehen drei Gleichungen zur Verf¨ugung. Durch die Aufl¨osung erh¨alt man:
) *
)
(12.18)
* ) *
(12.19)
) * ) *
(12.20)
> Die expliziten L¨osungen f¨ur und unterscheiden sich formal nicht vom Normalfall,
bei dem die Basispunkte im Gebiet liegen. Es a¨ ndert sich lediglich die Basispunktberechnung f¨ur die auslaufende Charakteristik.
12.3 Charakteristiken der 2D-Gleichungen Die zweidimensionalen Saint-Venant-Gleichungen lassen sich in Matrixform als
>
>
darstellen. Das Ziel ist es wieder, die Charakteristiken, d.h. die Kurven in Raum und Zeit zu suchen, auf denen die drei partiellen Differentialgleichungen zu gew¨ohnlichen entarten: Diese Kurven werden Charakteristiken genannt. Dies kann dadurch geschehen, daß wir die partiellen Ableitungen in der Zeit durch totale Ableitungen auf den Charakteristiken ersetzen. Dazu versuchen wir, die Matrizen zu diagonalisieren, wobei wir die Eigenwerte der ersten Matrix formal mit % % und die der zweiten Matrix % mit % bezeichnen. Die diagonalisierten Gleichungen nehmen dann die Gestalt
>
Die Eigenwerte der Matrizen bestimmen sich aus
12.3. CHARAKTERISTIKEN DER 2D-GLEICHUNGEN
det > det
>
145
>
>
Folglich lassen sich die tiefengemittelten Gleichungen auf der Charakteristik
und
(12.21)
>
und
>
(12.22)
>
und
>
(12.23)
die der Bahnlinie entspricht, und den Charakteristiken
sowie
die man manchmal auch als Bicharakteristiken bezeichnet, auf gew¨ohnliche Differentialgleichungen mit totalen Ableitungen reduzieren. Da die gesamte Herleitung unabh a¨ ngig vom gew¨ahlten Koordinatensystem sein muß, gelten die Aussagen auf dem gesamten sogenannten bicharakteristischen Kegel der Form
>
(12.24)
F¨ur einen gegebenen Raum-Zeit-Punkt formen die diesen Punkt schneidenden Kurven den sogennannten bicharakteristischen Kegel. Die physikalische Interpretation des bicharakteristischen Kegels ist direkt mit der Hyperbolizit¨at des Problems verbunden: Der von einem beliebigen Raum-Zeit-Punkt in die Zukunft laufende Kegel umrandet das Gebiet, welches durch die St o¨ rung von diesem RaumZeit-Punkt beeinflußt wird (Abb. 12.4) und wird somit Einflußgebiet genannt. Umgekehrt wird der Punkt aus der Vergangenheit nur von den Gebieten beeinflußt, die innerhalb des r u¨ ckw¨artig verl¨angerten bicharakteristischen Kegels liegen. Das so definierte Gebiet wird daher Abha¨ ngigkeitsgebiet genannt.
12.3.1 Die station¨aren tiefengemittelten Gleichungen Im station¨aren Fall, bei dem die Zeitableitungen aus den Gleichungen verschwinden, a¨ ndern sich die Verh¨altnisse drastisch. Die tiefengemittelten Gleichungen nehmen in der Matrixschreibweise die Form
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
146
D o m a in o f in flu e n c e o f ( x i, y j ) a t t n + 1
n + 1 j
y n + 1
t
y
t
t
n j
n
n - 1
y
n - 1 j
x i
n - 1
D o m a in o f d e p e n d e n c e o f ( x i, y j ) a t t n - 1 X
Abbildung 12.4: Der bicharakteristische Kegel im Fall einer konstanten Geschwindigkeit 5 .
>
>
Da die Zeit nicht mehr als Variable zur Verf¨ugung steht, w¨ahlen wir ohne Beschr¨ankung der Allgemeinheit die y-Richtung als Parameter f¨ur die zu bestimmenden Charakteristiken. Auf ihnen sind die totalen Ableitungen einer Funktion dann
L¨ost man nach der lokalen Ableitung auf und ersetzt diese in den Gleichungen
>
>
Der Term mit den verbleibenden lokalen Ableitungen entf¨allt genau dann, wenn seine Determinante Null ist:
12.3. CHARAKTERISTIKEN DER 2D-GLEICHUNGEN
det
147
>
was auf den Charakteristiken
und
der Fall ist [26]. Im Gegensatz zum hyperbolischen instation¨aren Fall sind die Gleichungen
bei schießenden Str¨omungen (
und bei str¨omenden Str¨omungen (
$
) hyperbolisch
, ) elliptisch.
Dieser Sachverhalt ist bei der numerischen Behandlung der station¨aren Gleichungen zu ber¨ucksichtigen.
12.3.2 Inverse Bicharakteristikenverfahren fur ¨ die 2D-Gleichungen Es sei nun ein numerisches Verfahren vorgestellt, welches die Navier-Stokes-Gleichungen mit Hilfe der Bicharakteristiken l¨ost. Dazu ist zu untersuchen, wie sich die L¨osung auf den Stromlinien als auch den Bicharakteristiken verh¨alt. Die dieses Verhalten darstellenden Gleichungen heißen Kompabilit¨atsbedingungen [?]. Indem die Terme der Kontinuit¨atsgleichung umgestellt werden zu
(12.25)
liest sich die Kompabilit¨atsbedingung auf einer Stromlinie ab als
(12.26)
Der bicharakteristische Kegel wird durch die Einf¨uhrung des Winkels ( parametrisiert:
> (
(12.27)
> (
(12.28)
Somit erh¨alt man f¨ur die totale Ableitung der Wassertiefe Kegel mit der Kontinuit¨atsgleichung
auf einem bicharakteristischen
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
148
> ( > (
> ( > (
(12.29)
Und in der selben Art erh¨alt man f¨ur die Impulsgleichungen
> ( > (
> > ( > (
(12.30)
und
> ( > (
> ( > ( (12.31) >
mit > , (12.30) mit > ( und (12.31) mit > ( multipliziert und
Werden (12.29) schließlich addiert, so erh¨alt man f¨ur die Kompabilit¨atsbedingung auf den bicharakteristischen Kurven
>
> ( > (
( > ( ( (
>
(12.32)
( (
Zur numerischen L¨osung kann ein inverses tetrahedrales Netz [?] benutzt werden: Dazu betrachte man drei bicharakteristische Kurven (Abb. 12.5), die durch die willk¨urlichen Winkel ( 7 7 gegeben seien und sich von einem Knoten ( ) in der Zeit zur¨uck bewegen (Abb. 17). Wieder werden die Basispunkte der drei Kurven zur Zeit mit den Gleichungen (12.27) und (12.28) bestimmt und die Werte von , und an diesen Punkten interpoliert. Aus den Kompabilit¨atsbedingungen (12.32) f¨ur alle drei Bicharakteristiken k¨onnen nun die gesuchten Werte zum Zeitpunkt durch das Ersetzen der totalen Ableitungen durch Vorw¨artsdifferenzen bestimmt werden. In einem inversen pentahedralen Netz [19] werden vier bicharakteristische Kurven und die Stromlinie verwendet, so daß auch die partiellen Ableitungen in (12.26) ohne Interpolation bestimmt werden k¨onnen.
12.4 Das semiimplizite Verfahren von Casulli Das semiimplizite Verfahren von Casulli [5] ist ein L¨osungsverfahren f¨ur Differentialgleichungssysteme, die die Kontinuit¨atsgleichung enthalten. Diese enth¨alt als L¨osungsfunktionen
12.4. DAS SEMIIMPLIZITE VERFAHREN VON CASULLI
(x
(x (x (x
n i- 1
,y
n
j+ 1
)
(x (x
i
n
n
1
,y
b
n i- 1
,y
,y
1
n j
(x (x
)
j+ 1
) b
b
n i+ 1
i
n
)
,y
) b
,y 3
n
3 j
)
,y
n
j+ 1
i
n +1
)
(x (x
(x (x
n i- 1
,y
n
j- 1
)
n +1 j
,y
149
b
n i+ 1
n
,y b
,y 2
i
n
,y
n
) j
) 2
j-1
(x
n i+ 1
,y
n i- 1
)
)
)
Abbildung 12.5: Das inverse tetrahedrale Netzwerk auf einem rechteckigen Gitter. die Wassertiefe und die Geschwindigkeit , wobei durch letztere eine Kopplung mit der Impulsgleichung entsteht. Ziel ist es, die Kontinuit¨atsgleichung implizit in und explizit in zu diskretisieren, wodurch die Gleichungen entkoppelt werden. Aus Stabilit¨atsgr¨unden sind jedoch in der Kontinuit¨atsgleichung auch implizite Anteile von zu ber¨ucksichtigen. Sie haben daher die allgemeine zeitdiskrete Form:
Die Operatoren und k¨onnen dabei durchaus von und abh¨angen. Problem ist ,
da es an dieser Stelle noch nicht bekannt ist. Es wird aus einem zeitdiskreten Verfahren f¨ur die Kontinuit¨atsgleichung gewonnen, welches die folgende Form haben muß:
Setzt man dieses Verfahren in die Kontinuit¨atsgleichung ein
dann bleibt eine implizite Gleichung zur¨uck, in der nur noch zum neuen Zeitschritt gesucht
wird. Nach der L¨osung dieser Gleichung l¨aßt sich nun auch mit Hilfe der vorangegangenen Gleichung bestimmen. Das Verfahren funktioniert also nur, wenn man die Geschwindigkeitsterme in der Impulsgleichung explizit und stabil diskretisieren kann. In den von Casulli entwickelten Verfahren wird der semiimplizite Algorithmus auf einem gestaffelten Finite-Volumen-Gitter angewendet. In den Zentren der Volumina ist dabei jeweils
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
150
die Wassertiefe und auf den R¨andern die Str¨omungsgeschwindigkeit abgespeichert, letztere werden durch halbzahlige Indizes gekennzeichnet. Die Integration der Kontinuit¨atsgleichung in der konservativen Form
u¨ ber das Volumen liefert
Dabei ist die Stabilit¨at des Verfahrens garantiert, wenn lediglich im Flußterm implizit gew¨ahlt wird. Auf den Volumenr¨andern berechnet sich der Wasserstand als Mittelwert der angrenzenden Volumina:
Die so diskretisierte Kontinuit¨atsgleichung ist noch nicht l¨osbar, da uns die Geschwindigkeit zum neuen Zeitschritt fehlt. Jene gewinnen wir aus der Impulsgleichung, auf die ein Lagrangeverfahren angewendet wird. Dies ist absolut stabil, in der zeitdiskretisierten Form schreibt es sich als:
>
Die Geschwindigkeit ist an Knoten mit Halbindizes abgespeichert und die Ableitung der Wassertiefe wird durch eine zentrale Differenz diskretisiert:
>
(12.33)
Die in der Kontinuit¨atsgleichung auftauchenden Geschwindigkeiten und werden schließlich substituiert:
>
(12.34)
Der Algorithmus des Gesamtverfahrens besteht aus drei Schritten:
1. Schritt: Berechne die Werte der Geschwindigkeiten an den Basen der Bahnlinien .
2. Schritt: L¨ose das Gleichungssystem (12.34) f¨ur die Wassertiefe .
3. Schritt: L¨ose die Impulsgleichungen (12.33) f¨ur die Geschwindigkeit .
Den ersten Schritt hatten wir schon eingehend in Kapitel 8 untersucht. Wir wollen nun die Eigenschaften des Gleichungssystems (12.34) untersuchen. Laufen wir die vorhandenen L¨osungsknoten von 0 bis durch, so sehen wir, daß die Gleichung f¨ur den ersten und
12.4. DAS SEMIIMPLIZITE VERFAHREN VON CASULLI
151
letzten Knoten nicht g¨ultig sein kann, hier fehlen uns Randbedingungen, die Werte und m¨ussen also vorher bekannt sein. Das Gleichungssystem (12.34) schreibt sich nun in Matrizenform als:
..
..
.
..
.
.
...
...
Im Inneren der Matrix sind Diagonal- und Extradiagonalelemente durch Gleichung (12.34) vorgegeben, sie lauten:
> >
Die Matrixelemente der rechten Seite sind:
Offensichtlich ist das Innere der Matrix symmetrisch, und die Randbedingungen zerst¨oren diese Symmetrie. Wir wollen diese also aus dem zu l¨osenden Gleichungssystem herausnehmen und reduzieren dieses auf die Knoten zwischen 0 und :
..
.
..
.
..
.
... ... .. .
.. .
Die Matrix ist nun symmetrisch und positiv definit. Sie z¨ahlt daher zu dem denkbar gutm¨utigsten Matrizentyp und kann mit nahezu allen Gleichungl¨osern gel¨ost werden. Das Verfahren ist unabh¨angig von Zeitschritt stabil. Der Beweis hierzu ist etwas schreibintensiv und soll daher nur angedeutet werden. Er verwendet die in Abschnitt 3.3.2 dargestellte Beweistechnik. Die linke Seite der Stabilit¨atsbedingung
besteht aus dem Betragsquadrat des Vektors und ist daher immer positiv. Die rechte Seite ist immer negativ. Dies liegt am negativen Vorzeichen der , die die Beziehung erf¨ullen. Die auf der Diagonalen der Matrix erscheinenden mit negativem Vorzeichen heben sich jeweils mit dem positiven, aber ansonsten identischen Term der n¨achsten Zeile auf.
152
KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN
12.5 Bewertung F¨ur die Saint-Venantschen Gleichungen existieren noch eine Vielzahl von weiteren L¨osungsverfahren, die Tan Weiyan in seinem 1992 erschienenen Buch Shallow Water Hydrodynamics [27] zusammengestellt hat. Die Mehrheit dieser L¨osungsverfahren krankt an der Stabilit¨at. Sowohl die Charakteristikenverfahren als auch das semiimplizite Verfahren von Casulli sind stabil, letzteres ist in dem zitierten Buch noch nicht beschrieben. Die Implementation des Charakteristikenverfahrens f¨ur den zweidimensionalen Fall ist allerdings extrem umst¨andlich und es ist auch nur schwer erweiterbar f¨ur die bisher nicht ber¨ucksichtigten Prozesse in tiefenintegrierten Str¨omungen. Da dies beim Casulliverfahren nicht der Fall ist, soll es als Standardverfahren zur L¨osung der Saint-Venantschen Gleichungen empfohlen werden.
Kapitel 13 Galerkinverfahren W¨ahrend die Methode der Finiten Differenzen die Differentialoperatoren diskretisiert, wird bei der Methode der Finiten Elemente der Raum der L¨osungsfunktionen diskretisiert. Die Differentialoperatoren bleiben dabei unangetastet. Der Gewinn dieses Vorgehens gegen¨uber den Finiten Differenzen besteht im besseren geometrischen Aufl¨osungsverm¨ogen der Methode der Finiten Elemente. Mit ihr lassen sich Differentialgleichungen im Zweidimensionalen auch auf Dreiecksgittern oder im Dreidimensionalen auf Tetraedern l¨osen. Dadurch k¨onnen komplexe R¨ander besser aufgel¨ost und lokale Verfeinerungen des Netzes ber¨ucksichtigt werden. Da aber nun auch Finite Volumen auf unstrukturierten Geometrien (d.h. insbesondere Dreiecksgittern im zweidimensionalen) angewendet wurden, wie sie vorher nur den Finiten Elementen vorbehalten waren, ist ein Wettkampf zwischen diesen beiden Methoden eingel¨autet worden, bei dem aller Voraussicht nach die Finiten Elemente in der reinen Hydromechanik den K¨urzeren ziehen werden. Sie sind nicht nur rechenintensiv und recht instabil, sondern auch nicht konservativ. Ein wesentlicher Vorteil der FE-Verfahren ist die Produktion von sogenannten schwachen L¨osungen, die auch mit unstetigen Materialparametern fertig werden, so wie sie an den Kontaktfl¨achen zwischen zwei Medien auftreten. Wenn nur die Wassers¨aule eines Gew¨assers modelliert wird, hat man nicht mit unstetigen Materialeigenschaften zu k¨ampfen. Dies ist in der Kontinuumsmechanik anders, daher wird die FE-Methode dort auch intensiv genutzt. In diesem Kapitel werden wir das Galerkinverfahren als Kochrezept zur Finite Elemente Methode kennenlernen.
13.1 Das Standard-Galerkinverfahren Wir wollen die L¨osung der recht abstrakten Gleichung
(13.1)
suchen. sei ein linearer Differentialoperator. Beim Standard-Galerkin-Verfahren wird im ersten Schritt der unendlichdimensionale Raum der L¨osungsfunktionen durch einen endlichdimensionalen Teilraum ersetzt, welcher durch die Basisfunktionen
( ( 153
KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN
154
aufgespannt sein soll. Die gesuchte L¨osung (genauer: die Projektion der L¨osung) l¨aßt sich dann als (
darstellen und in die Differentialgleichung einsetzen: (
Um hieraus ein algebraisches Gleichungssystem zu gewinnen, wird die Gleichung der Reihe nach mit den Ansatzfunktionen ( , 1 multipliziert und u¨ ber das L¨osungsgebiet integriert:
( (
(
1
(13.2)
In ihrer Funktion als Multiplikatoren bezeichnet man die Ansatzfunktionen an dieser Stelle auch als Wichtungsfunktionen. Sie sind der Tr¨ager des Integrals, denn nur dort wo die Wichtungsfunktionen nicht Null sind, wird das Integral jeweils ausgewertet. Es ist somit ein lineares Gleichungssystem mit der Matrix ( ( und der rechten Seite
(
entstanden. Gesucht sind die Unbekannten
, ... , , aus denen sich dann die
vollst¨andige L¨osung konstruieren l¨aßt.
13.2 Die Poissongleichung in der Hydrodynamik Eine der wichtigsten partiellen Differentialgleichungen ist die Poissongleichung, sie hat die Form:
Sie taucht in der Hydromechanik an verschiedenen Stellen auf, wir wollen hier nur zwei Beispiele herausnehmen, die Potentialstr¨omungen, sowie die Druck-Korrektur-Verfahren.
13.2.1 Potentialstr¨omungen Die Massenerhaltung in inkompressiblen Fluiden wird durch die Kontinuit¨atsgleichung
beschrieben. In der Theorie der Potentialstr¨omungen geht man davon aus, daß sich das Vektorfeld der Geschwindigkeiten rotationsfrei ist, d.h.: rot 5
13.2. DIE POISSONGLEICHUNG IN DER HYDRODYNAMIK
155
Dann l¨aßt sich zeigen, daß die Geschwindigkeit 5 durch eine skalarwertige Funktion ( in der Form
5 grad (
(13.3)
ersetzt werden kann. Setzen wir diese in die Kontinuit¨atsgleichung ein, dann bekommt man die Laplacegleichung div grad (
( ( (
(13.4)
die der homogene Spezialfall der Poissongleichung ist.
13.2.2 Druck-Korrektur-Verfahren Eine Poissongleichung f¨ur den Druck wird bei Druck-Korrektur-Verfahren gel¨ost, welche die Navier-Stokes-Gleichungen unter Anwendung des Operator-Splittings entkoppeln. Dazu wird der Druck zum unbekannten Zeitschritt in der Form
geschrieben. Dabei werden die Navier-Stokes-Gleichungen in zwei Gleichungen
5
5
5 grad 5 5
5 5
grad 5
grad
zerlegt. Die Addition beider Gleichungen ergibt die urspr¨unglichen Navier-StokesGleichungen, wobei der Druckterm zum unbekannten Zeitschritt berechnet wird. Der Trick des Verfahrens besteht darin, daß man f¨ur einen bekannten Druck einsetzt. Dieser kann entweder
der hydrodynamische Druck zum Zeitschritt
oder der hydrostatische Druck [6] sein.
In beiden F¨allen verschwindet der Druck als gesuchte Variable aus den Navier-StokesGleichungen. Von der zweiten Teilschrittgleichung wird die Divergenz gebildet. Da man div 5 erreichen will, verbleibt die L¨osung der Poissongleichung
div 5
(13.5)
Im Gegensatz zur exakten Druck-Poissongleichung taucht in ihr nur der Druck als gesuchte Variable auf, die rechte Seite ist nach der L¨osung der ersten Schrittes bekannt. Druck-Korrektur-Verfahren existieren in den verschiedensten Variationen f¨ur station¨are als auch instation¨are Probleme. Zu nennen sind u.a. die Familie der SIMPLE-Algorithmen [21].
KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN
156
13.3 L¨osung der 1D-Poissongleichung Als einfaches Beispiel f¨ur die Anwendung des Galerkinverfahrens wollen wir nun die Poissongleichung im Eindimensionalen
numerisch l¨osen. Der Leser studiere diesen Abschnitt sehr genau, nur dann wird ihm die Anwendung des Standard-Galerkin-Verfahrens in Fleisch und Blute u¨ bergehen. Im ersten Schritt werden die Funktion und durch Lagrangesche Ansatzfunktionen ( auf den Knoten 0 interpoliert, d.h.
(
(
Man erh¨alt: (
(
Offensichtlich sind nun die Ableitungen auf die Ansatzfunktionen u¨ bertragen worden. Im zweiten Schritt multiplizieren wir mit den Wichtungsfunktionen, die im StandardGalerkinverfahren die Ansatzfunktionen ( selbst sind: ( (
((
1
Im dritten Schritt integrieren wir u¨ ber das gesamte L¨osungsgebiet :
( (
( ( 1
Man sieht hier, daß zur L¨osung der Poissongleichung mindestens Ansatzfunktionen zweiter Ordnung vonn¨oten sind, da ansonsten die linke Seite verschwinden w¨urde. Allgemein folgern wir, das die Ordnung einer Differentialgleichung (d.h. die maximale Ableitungsordnung) auch die Ordnung der Ansatzfunktion bestimmt. Hier l¨aßt sich allerdings als Trick die partielle Integration anwenden, der die Anwendung linearer Ansatzfunktionen erm¨oglicht. F¨ur die linke Seite gilt
Somit erhalten wir:
( ( ( (
( (
¨ 13.3. LOSUNG DER 1D-POISSONGLEICHUNG
( (
Wir bestimmen zuerst den Term
157
( (
( (
( ( 1
( (
(
f¨ur
1
f¨ur
1
Durch die partielle Integration werden also Neumannsche Randbedingungen am ersten und letzten Knoten automatisch in das Verfahren eingebunden. F¨ur alle Innenknoten reduzieren sich die Gleichungen zu:
( (
( ( 1
Dieses lineare Gleichungssystem wird u¨ bersichtlicher, wenn man zur Abk¨urzung die Koeffizienten
!
( (
(13.6)
( (
(13.7)
der Massenmatrix & und die Koeffizienten
der Steifigkeits- oder Diffusionsmatrix ; einf¨uhrt. Letztere hat ihre Bezeichnung in der Vorwegnahme kommender Dinge. Man erh¨alt das sehr einfach aussehende Gleichungssystem
; &
Im vierten Schritt m¨ussen die Koeffizientenmatrizen berechnet werden, was im wesentlichen auf die Auswertung verschiedener Integrale u¨ ber Kombinationen der Ansatzfunktionen hinausl¨auft. Die Massenmatrix ist symmetrisch, d.h. es gilt ! ! . Desweiteren sind nur die Koeffizienten von Null verschieden, bei denen beide Ansatzfunktionen einen nichtverschwindenden ¨ Uberlapp haben. Es verbleibt somit, ! , ! und ! zu berechnen. F¨ur diese folgt nach langer erm¨udlicher Rechnung
KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN
158
!
und
!
!
Die Steifigkeitsmatrix ist ebenfalls symmetrisch und tridiagonal, mit
(
f¨ur
f¨ur
f¨ur
und
ergibt sich sofort
Insgesamt ergibt sich somit an Innenknoten 1
das Verfahren
Somit nimmt auch das FE-Verfahren auf einem a¨ quidistanten Gitter die a¨ ußerliche Form eines FD-Verfahrens an. Die Inhomogenit¨at taucht allerdings in der Form einer r¨aumlichen Wichtung auf. Das so entstandene lineare Gleichungssystem ist nun mit einem geeigneten L¨oser zu l¨osen.
13.4 Integrationsverfahren Wir wollen nun von dem Spezialfall einer a¨ quidistanten Diskretisierung absehen und zudem auch mehrdimensionale Probleme betrachten. Um das Gleichungssystem der FEDiskretisierung aufzubauen, sind im wesentlichen verschiedene Integrale aus Kombinationen der Ansatz- und Wichtungsfunktionen und deren Ableitungen auszuwerten.
13.4.1 Die Integraltransformationsformel Dabei ist auch hier die Transformation auf ein Referenzelement eine wichtige Rechentechnik. Ist das Element, u¨ ber welches integriert werden soll und das Referenzelement, so gilt der Integraltransformationssatz:
wobei C1 die Determinante der Jakobimatrix
8 : < C1
(13.8)
13.4. INTEGRATIONSVERFAHREN
C1
159
2' 3
' 2 3
' 2 3
der Transformation ist.
13.4.2 Analytische Integration Optimal sind analytische Integrationsbeziehungen, die bei einfachen Elementgeometrien etwa im 1D-Fall, bei 2D-Dreiecken oder 3D-Tetraedern existieren. So hilft bei der Integration des Einheitslinienelementes die Formel
8
8 8
(13.9)
Auch auf dem 2D-Einheitsdreieck l¨aßt sich jedes Polynom mittels
8 :
(13.10)
integrieren und f¨ur das Einheitsquadrat gilt
8 :
(13.11)
wobei hier jedoch zu beachten ist, daß bei allgemeinen Vierecken die Jakobideterminante nicht konstant ist.
13.4.3 Numerische Integration Bei komplexeren Elementen muß man auf numerische Integrationsverfahren ausweichen. Als numerische Integrations- oder Quadraturformeln bezeichnet man Ausdr¨ucke der Art (im 2D):
(13.12)
Die Punkte bezeichnet man als St¨utzstellen und die Vorfaktoren als Gewichte der Quadraturformel. Der wichtigste Begriff der numerischen Integrationstheorie ist der des Exaktheitsgrades, welcher die Ordnung des Polynoms ist, f¨ur die die Quadraturformel exakt ist. So besitzt eine Integrationsformel den Exaktheitsgrad 2, wenn sie f¨ur alle Polynome der Form
den exakten Integralwert liefert. Somit ist zuerst zu entscheiden, wie genau die Integrationsformel sein muß; im Beispiel der Transportgleichung treten Produkte der Ansatzfunktionen in der Massenmatrix auf. Sind die Ansatzfunktionen linear, dann sollte der Exaktheitsgrad der Integrationsformel zwei sein.
KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN
160
¨ Uber den Begriff des Exaktheitsgrades wird auch die Konstrukionsweise von Quadraturformeln deutlich: Man bestimmt das exakte Integral eines Polynoms gegebener Ordnung und hieraus die Gewichte bzw. St¨utzstellen. Als Beispiel sei eine Integrationsformel des Exaktheitsgrads 1 f¨ur das Einheitsdreieck gesucht. Das Polynom ersten Grades ist
und f¨ur das Integral u¨ ber das Einheitsdreieck gilt exakt
woraus man leicht die Integrationsformel
abliest. Integrationsformeln, die f¨ur einen gegebenen Exaktheitsgrad mit der geringsten Anzahl an St¨utzstellen auskommen, nennt man Gauß-Quadraturformeln. Diese sind f¨ur verschiedene Elementtypen und f¨ur verschiedene Exaktheitsgrade in der Literatur tabelliert. Das Durchf¨uhren der Integration und das Aufstellen des algebraischen Gleichungssystems ist eine Ursache des wesentlich h¨oheren Rechenaufwandes der FE gegen¨uber der FD oder FV-Methode, bei denen dieser Rechenschritt entf¨allt. Desweiteren ist der Rechenaufwand der FE-Methode deswegen wesentlich h¨oher, weil die entstehenden Matrizen bei ung¨unstiger Gitternummerierung oftmals voll besetzt sind, w¨ahrend FDM und FVM Bandmatrizen hervorbringen.
13.5 Die Poissongleichung auf Dreiecken Die bisherige Darstellungen zum Galerkinverfahren haben weniger mit Finiten Elementen als vielmehr mit der Herleitung eines neuen Finite Differenzen Verfahrens zu tun. Sie haben aber gezeigt, wie man mit dem Galerkinverfahren zu brauchbaren Diskretisierungen kommt. Wir wollen uns nun den eigentlichen Finiten Elementen, die im zweidimensionalen oftmals Dreiecke sind, zuwenden. Wir gehen davon aus, daß das L¨osungsgebiet durch + Dreiecke trianguliert ist, die von insgesamt Knoten aufgespannt werden. Ein Beispiel f¨ur eine ganz einfache Triangulierung ist in Abbildung 13.1 dargestellt. Die Topologie eines solchen Dreiecksgitters bildet man im sogenannten Elementverzeichnis ab, welches jedem Element einer gewissen Schl¨usselnummer die zugeh¨origen Knoten zuordnet. Das Knotenverzeichnis enth¨alt dagegen die Knotennummer als Schl¨ussel und ordnet diesen ihre - und -Koordinaten zu. Hilfreich ist es jedoch auch, hier die angrenzenden Elemente zu verzeichnen. Bei der Entwicklung der Diskretisierung gibt es nun zwei vollkommen analoge Betrachtungsweisen. Wir hatten im vorhergehenden Abschnitt die knotenbezogene Betrachtungsweise angewendet, nun wollen wir es mit der elementbezogenen Betrachtungsweise versuchen. Unser Testbeispiel sei der Einfachheit halber die Poissongleichung im zweidimensionalen:
13.5. DIE POISSONGLEICHUNG AUF DREIECKEN
161
E4
E2
E1
E3
E6
E5
!
Abbildung 13.1: Eine einfache Beispieltriangulation.
Elementschl¨ussel Knoten 1 1 1 2 1 3 1 4 2 5 1 6 1
Knoten 2 Knoten 3 7 4 4 2 2 3 6 3 3 5 5 7
Knotenschl¨ussel x-Koodinate y-Koordinate Anzahl der Patchelemente Elemente 5 1,2,3,5,6 1 3 2,3,4 2 3 3 3,4,5 2 1,2 4 2 5,6 5 6 1 4 2 1,6 7 Tabelle 13.1: Element- und Knotenverzeichnis zu der einfachen Beispieltriangulation.
KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN
162
Wir erinnern uns daran, daß wir das allgemeine Interpolationsproblem dadurch gel¨ost haben, daß das Gesamtgebiet in Finite Elemente zerlegt wurde und die Interpolation nur auf einem solchen Teilelement durchgef¨uhrt wurde (siehe Kapitel 6). Genauso bauen wir nun die Ansatzfunktion aus den einzelnen Dreiecken zusammen, setzen also
falls (x,y) in Dreieck k wobei die Funktion im Dreieck die dortige Interpolationsfunktion und ansonsten Null ist. Auf dem Dreieck ist die Ansatzfunktion durch die entsprechende lineare Interpola-
tionsfunktion
( ( ( definiert, wobei die Koeffizienten durch die Gleichungen (6.11) und (6.10) gegeben sind. Die Gewichte , und beziehen sich dabei auf die drei Knoten des -ten Dreieckes. Wir setzen zun¨achst die Ansatzfunktionen f¨ur die gesuchte L¨osung und die Inhomogenit¨at in die zu l¨osende Differentialgleichung und bekommen
div grad (
(
In jedem Dreieck bzw. Finitem Element gibt es nur drei Unbekannte, also m¨ussen wir durch Multiplikation mit den drei Ansatzfunktionen des Dreieckes drei Gleichungen erzeugen:
( div grad (
Die Integration u¨ ber das Dreieck f¨uhrt zu:
( div grad (
( (
( (
Sp¨atestens an dieser Stelle sollten wir uns wieder Gedanken dar¨uber machen, daß die Divergenz des Gradienten, also zweite Ableitungen der linearen Ansatzfunktionen Null sind. Somit verschwindet die ganze rechte Seite. Gl¨ucklicherweise steht uns aber auch hier das Mittel der partiellen Integration in Form der 1. Greenschen Formel
( div grad (
( grad ( A5
grad ( grad (
zur Verf¨ugung, so das alle Ansatzfunktionen h¨ochstens einmal abgeleitet werden. Unser nun schon algebraisches Gleichungssystem bekommt die Gestalt:
( )
( grad ( A5
grad ( grad (
* +
( (
13.5. DIE POISSONGLEICHUNG AUF DREIECKEN
163
Dieses recht komplexe mathematische Objekt wollen wir detaillierter betrachten. Die linke Seite enth¨alt wieder die Massenmatrix & , bloß daß diese nun auf ein Dreieck beschr¨ankt ist. Sie wird mit dem auf das Dreieck beschr¨ankte Inhomogenit¨at multipliziert:
( )
( grad ( A5
* +
grad ( grad (
&
Die linke Seite besteht im hinteren Teil aus einer Matrix-Vektor-Multiplikation mit der Diffusions- oder Steifigkeitsmatrix ; :
( grad ( A5 ; &
Ist das Dreieck durch die Knoten , und aufgespannt, dann bekommt man nach kurzweiliger Rechnung f¨ur die Elemente der Massenmatrix
&
( (
und f¨ur die Elemente der Diffusionsmatrix
;
( (
;
;
;
( (
;
Die linke Seite beginnt mit einem Integral u¨ ber den Rand des Dreiecks . Der Randnorma5 steht dabei senkrecht auf dem Rand und weist aus dem Dreieck hinaus. Physilenvektor A kalisch beschreibt dieser Term den Austausch zwischen benachbarten Dreiecken, ist also f¨ur die Kommunikation zwischen letzteren verantwortlich. Er ist also extrem wichtig und damit wir an dieser Stelle keine Fehler machen, entledigen wir uns seiner Berechnung durch Summation u¨ ber alle Elemente. Dabei stossen an jeder Innenkante zwei Elemente zusammen, die denselben Kommunikationsterm mit umgekehrten Vorzeichen haben, weil die Randnormalenvektoren antiparallel zueinander orientiert sind. Der Randintegralterm bleibt damit nur noch an den Aussenkanten des Gesamtgebietes stehen:
( grad ( A5
; &
KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN
164
Diese Summation u¨ ber alle Elemente ist algorithmisch nicht trivial und soll hier nur skizziert werden. Zun¨achst erweitern wir die 3x3-Gleichungssysteme zu NxN-Gleichungssystemen, in dem die zu einem Element geh¨origen Knoten an die Stellen ihrer Globalnummerierung eingef¨ugt werden und der Rest der Matrizen mit Nullen aufgef¨ullt werden. Das MassenmatrixVektor-Produkt f¨ur Element 1 aus Abbildung 13.1 hatte dann die folgende Gestalt:
&
; D
Diese Gleichungen k¨onnen dann im zweiten Schritt summiert werden, da sie nun diesselbe Gestalt haben. Diesen Prozess bezeichnet man als Kompilation der Systemmatrix. Schließlich muss das so erhaltene algebraische Gleichungssystem gel¨ost werden.
13.6 Zusammenfassung Das Standard-Galerkinverfahren zur L¨osung einer Differentialgleichung besteht aus vier Teilschritten. Zun¨achst wird die gesuchte Funktion durch eine Ansatz- oder Testfunktion ersetzt, die in der Regel aus einer Linearkombination von Interpolationspolynomen besteht. Um soviele Gleichungen wie Unbekannte zu erzeugen, wird im zweiten Schritt die Ausgangsgleichung mit jeder Interpolationsfunktion multipliziert. Dieses Differentialgleichungssystem besteht nun aus genauso vielen Gleichungen wie Unbekannten und wird nun durch Integration u¨ ber den L¨osungsraum in ein algebraisches Gleichungssystem u¨ berf¨uhrt. Der letzte Schritt beinhaltet die L¨osung dieses Systems.
Kapitel 14 Zeitabh¨angige Finite-Elemente-Methoden Die Probleme der Str¨omungsmechanik sind zumeist zeitabh¨angig, wir hatten bei der Vorstellung des Galerkinverfahrens bisher nur mit station¨aren Problemen zu k¨ampfen. Um die Zeitabh¨angigkeit in das L¨osungsverfahren zu bekommen gibt es prinzipiell zwei M¨oglichkeiten. Man w¨ahlt eine beliebiges Zeitschrittverfahren, so wie wir diese in Kapitel 2 kennengelernt haben. Die L¨osungsfunktion liegt nun diskret auf den in das Verfahren eingehenden Zeitschritten vor und wird jeweils durch ortsabh¨angige Ansatzfunktionen approximiert. Dieses Verfahren dr¨uckt sich um eine Finite-Elemente-Darstellung der Zeitabh¨angigkeit, es soll im folgenden Abschnitt anhand der eindimensionalen Transportgleichung demonstriert werden. Die zweite Klasse von FE-Verfahren f¨ur zeitabh¨angige Probleme besteht in der Verwendung orts- und zeitabh¨angiger Ansatzfunktionen.
14.1 L¨osung der 1D-Transportgleichung Als einfaches Beispiel ziehen wir mal wieder die eindimensionale Transportgleichung
heran. Die Zeitableitung diskretisieren wir mit einem expliziten Eulerverfahren, wobei es dem Leser u¨ berlassen bleibt, die Methodik auf andere Zeitintegrationsschemata auszudehnen.
Im ersten Schritt werden die Funktionen und nun durch Lagrangesche Ansatzfunktionen ( auf den Knoten 0 interpoliert, d.h.
( (
Man erh¨alt: 165
¨ KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN
166
(
(
(
Offensichtlich sind nun alle Ableitungen auf die Ansatzfunktionen u¨ bertragen worden. Im zweiten Schritt multiplizieren wir mit den Wichtungsfunktionen, die im StandardGalerkinverfahren die Ansatzfunktionen ( selbst sind:
( (
(
(
( (
1
Im dritten Schritt integrieren wir u¨ ber das gesamte L¨osungsgebiet :
( (
( (
( (
Genau wie bei der Poissongleichung wird der Diffusionsterm auch hier partiell integriert, damit man mit linearen Ansatzfunktionen arbeiten kann:
( (
(
( ( (
Somit erhalten wir:
( (
( ( ( (
( (
Wir bestimmen zuerst den Term
( (
(
( (
f¨ur
1
f¨ur
1
Durch die partielle Integration werden also Neumannsche Randbedingungen am ersten und letzten Knoten automatisch in das Verfahren eingebunden. F¨ur alle Innenknoten reduzieren sich die Gleichungen zu:
( (
( (
( (
¨ 14.1. LOSUNG DER 1D-TRANSPORTGLEICHUNG
167
Dieses lineare Gleichungssystem wird u¨ bersichtlicher, wenn man zur Abk¨urzung die Massenmatrix nach Gleichung (13.6) und die Steifigkeitsmatrix nach Gleichung (13.7) verwendet. Zus¨atzlich sei hier die Advektionsmatrix mit den Koeffizienten
( (
(14.1)
eingef¨uhrt. Man erh¨alt das sehr einfach aussehende Gleichungssystem
&
& ;
Im vierten Schritt m¨ussen die Koeffizientenmatrizen berechnet werden, was im wesentlichen auf die Auswertung verschiedener Integrale u¨ ber Kombinationen der Ansatzfunktionen hinausl¨auft. Die Massenmatrix ist symmetrisch, d.h. es gilt ! ! . Desweiteren sind nur die Koeffizienten von Null verschieden, bei denen beide Ansatzfunktionen einen nichtverschwindenden ¨ Uberlapp haben. Es verbleibt somit, ! , ! und ! zu berechnen. F¨ur diese folgt nach langer erm¨udlicher Rechnung
!
und
!
!
Die Diffusionsmatrix ist ebenfalls symmetrisch und tridiagonal, mit
(
f¨ur
f¨ur
f¨ur
und
ergibt sich sofort
Die Advektionsmatrix ist nicht symmetrisch, aber ebenfalls tridiagonal:
Insgesamt ergibt sich somit an Innenknoten 1
"
#
das Verfahren
168
¨ KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN
Somit nimmt auch das FE-Verfahren auf einem a¨ quidistanten Gitter die a¨ ußerliche Form eines FD-Verfahrens an. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch in der Darstellung der Zeitableitung, die auf beiden Zeitebenen in Form einer r¨aumlichen Wichtung auftaucht. Damit ist das Verfahren letztlich nicht explizit, obwohl alle Terme auf der bekannten Zeitebene diskretisiert wurden. Wir erhalten somit beim reinen Standard-Galerkin-Verfahren immer implizite Schemata und m¨ussen folglich ein Gleichungssystem l¨osen. Mass-lumping Mit Mass-lumping-Techniken wird die Massenmatrix diagonalisiert, so daß auch explizite Verfahren konstruiert werden k¨onnen. Die einfachste Technik ist das Zeilensummenverfahren: Dabei ersetzt man in der Massenmatrix die Diagonalterme durch die Summe der Terme in einer Zeile. Die Massenmatrix wird so zu
!
Æ
und es ergibt sich das altbekannte zentrale explizite Verfahren
Mass-lumping kann auch partiell angewendet werden, indem zwischen der urspr¨unglichen und der diagonalisierten Matrix kontinuierlich gewichtet wird. Mass-lumping ist ein Trick zur Konstruktion expliziter Verfahren, welches die Minimaleigenschaft des Residuums zerst¨ort. Man sollte sich damit abfinden, daß bei der Anwendung der FEM immer ein implizites Gleichungssystem zu l¨osen ist.
14.2 Die Diskretisierung der Zeit durch Finite Elemente Die mit der Methode der Finiten Elemente konsistente Diskretisierung der Zeit erfolgt durch die Einf¨uhrung zeitabh¨angiger Ansatz- und Wichtungsfunktionen. Um das Wesentliche dieser Vorgehensweise herauszuarbeiten, sei wieder die allgemeine homogene Evolutinsgleichung
betrachtet, wobei wir uns um die Ortsabh¨angigkeit der L¨osung und des Operators nicht scheren wollen. Die gesuchte L¨osung wird im ersten Schritt als Lagrangesche Interpolationsfunktion zwischen den Zeitschritten und angeschrieben:
( ( Die Ortsabh¨angigkeit des Problems verbirgt sich nun in den Funktionen und . Wir wollen zwischen den beiden Zeitschritten lineare Ansatzfunktionen verwenden:
(
und
(
14.3. SCHWACHE LAGRANGEVERFAHREN
169
Man bezeichnet eine solche Formulierung dann als konsistent mit der Diskretisierung des Raumes, wenn beide Ansatzfunktionen gleich geartet, also z.B. linear sind. Setzen wir diese Ansatzfunktion also in die Evolutionsgleichung ein:
( (
Wieder soll mit den Ansatzfunktionen auch gewichtet werden. Es entst¨unden so zwei Gleichungen, wobei allerdings nur der Wert unbekannt ist. Daher brauchen wir nur mit einer Funktion zu wichten, wir entscheiden uns zun¨achst f¨ur ( und integrieren gleich zeitlich zwischen und :
(
( (
( (
Wieder k¨onnen die Integrale analytisch ausgewertet werden. Das Ergebnis f¨uhrt auf die zeitdiskretisierte Gleichung:
Die mit linearen Ansatzfunktionen konsistente Diskretisierung der Zeit schl¨agt also einen Crank-Nicolson-Faktor von vor. Genauso h¨atte man nun aber auch die Ansatzfunktion ( als Wichtungsfunktion verwenden k¨onnen. In diesem Fall lautete die zeitdiskretisierte Evolutionsgleichung:
L¨aßt man nun in Verallgemeinerung dessen beliebige Linearkombinationen der Ansatzfunktionen ( und ( als Wichtungsfunktionen zu, dann ist zu folgern, daß der Crank-NicolsonFaktor im Intervall [1/3, 2/3] liegen sollte. Eine rein explizite oder implizite Diskretisierung der Zeit und nachfolgende Finite-Elemente-Verfahren f¨ur die Raumabh¨angigkeit f¨uhren also zu Inkonsistenzen.
14.3 Schwache Lagrangeverfahren Wir wollen uns nun den advektiven Termen bzw. der Lagrangeschen Zeitableitung zuwenden. Zur¨uckblickend hatten sich zu deren L¨osung die Lagrangeverfahren in einem gewissen Sinne als ideal erwiesen, sie waren stabil, weil sie sich stark an der Physik der Advektion orientierten. Die bisher untersuchten Lagrangeverfahren hatten allerdings zwei Schwachstellen. Zum einen f¨uhrt die lineare Interpolation an der Basis der Charakteristiken zu einer gewissen numerischen Diffusion, die jedoch bei der Verwendung von Interpolationsverfahren zweiter Ordnung weitestgehend unterdr¨uckt werden konnte. Schwierigkeiten bereiten solche Verfahren allerdings immer noch auf unstrukturierten Gittern. Zum anderen waren die Verfahren nicht massenerhaltend, da die Advektionsgleichung selbst nicht konservativ ist. Das nun vorgestellte schwache Lagrangeverfahren hat beide Schw¨achen nicht. Die Konservativit¨at ist dadurch gew¨ahrleistet, daß das Verfahren auf der konservativen Form der Advektionsgleichung
¨ KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN
170
div
5
aufbaut und somit massenerhaltend ist [12], [13]. Die schwache Formulierung wird durch die Multiplikation mit einer orts- und zeitabh¨angigen Ansatzfunktion E und entsprechender Integration konstruiert:
div
5 E
Die partielle Integration u¨ ber die Zeit und Anwendung des Greenschen Integralsatzes u¨ ber den Ort liefert
E
E
E
5gradE
E 5A
Die Ansatzfunktionen E werden nun so gew¨ahlt, daß
E 5 grad E
(14.2)
Dies ist unproblematisch, wenn man die nur ortsabh¨angigen Lagrangeschen Ansatzfunktionen ( zum Zeitschritt ansetzt und die Funktionen zum Zeitschritt als L¨osung von Gl. (14.2) mit dem starken Charakteristikenverfahren bestimmt. Es verbleibt dann das Gleichungssystem
E
E
E 5A
(14.3)
zu l¨osen. Dies ist jedoch i.a. in h¨ochstem Maße rechenaufwendig, da die advektierten Ansatzfunktionen keine Lagrangefunktionen sind und die Auswertung der Integrale nur numerisch erfolgen kann. F¨ur das schwache Lagrangeverfahren l¨aßt sich im 1D-Fall ein Schema unter der Voraussetzung einer konstanten Courant-Zahl kleiner Eins bestimmen [11]. Unter Einbezug des Diffusionsschrittes ergibt sich dieses als
,
-
Das Ergebnis f¨ur den Transport einer steilen Front in Abb. 14.1 ist u¨ berragend. Es zeigt eine verschwindende numerische Diffusion und keine mit der Pecletzahl verbundenen Oszillationen.
14.4. UPSTREAM-STRATEGIEN: PETROV-GALERKIN-VERFAHREN
171
1 .0 0 0 .7 5 0 .5 0 0 .2 5 0 .0 0 0 .0 0
0 .2 5
0 .5 0
0 .7 5
1 .0 0
Abbildung 14.1: Simulation einer steilen Front mit dem schwachen Lagrangeverfahren, blau: analytische, rot: numerische L¨osung.
14.4 Upstream-Strategien: Petrov-Galerkin-Verfahren Da die schwachen Lagrangeverfahren bisher noch nicht auf unregelm¨aßigen Geometrien implementiert und getestet wurden, weil der Aufwand hierf¨ur sehr groß ist, muß auf andere Verfahren ausgewichen werden, um das Upstream-Prinzip bei der Behandlung der advektiven Terme nicht zu verletzen. Der Upstream-Effekt wird durch die Verwendung modifizierter Wichtungsfunktionen erzielt. Diese sind so geformt, daß in das Schema letztlich mehr Informationen aus der Gegenstromrichtung eingeht. Ganz allgemein bezeichnet man Verfahren, bei denen die Wichtungsfunktionen von den Ansatzfunktionen ( verschieden sind als Petrov-Galerkin-Verfahren. Gl. (13.2) wird dann zu:
$ $ % (
%
(14.4)
14.4.1 Das Verfahren nach Christie Eine gegen die Str¨omungsrichtung verzerrte Wichtungsfunktion ist z.B. f¨ur den 1D-Fall durch [8]:
( 2 ( 2
f¨ur
f¨ur
gegeben, wobei sich f¨ur 2 die lineare Ansatzfunktion ergibt. Ansatz- und Wichtungsfunktion nach Christie sind in Abb. 14.2 dargestellt.
172
¨ KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN
14.4.2 Das Streamline Upwind/Petrov-Galerkin (SU/PG) Verfahren Ein auf beliebige mehrdimensionale Elemente verallgemeinerungsf¨ahiges Upwind-Verfahren ist das Streamline Upwind/Petrov-Galerkin (SU/PG) Verfahren von Brooks und Hughes [3]. Hier werden die Wichtungsfunktionen nur in der jeweiligen Str¨omungsrichtung durch den Ansatz
Ü ( Ü 2
5 grad ( Ü 5
(14.5)
ver¨andert, wobei 2 der Upstream-Parameter ist. F¨ur den linearen 1D-Fall sind die entsprechenden Wichtungsfunktionen in Abb. 14.2 dargestellt. Zur Funktionsweise des SU/PG-Verfahrens vergleichen wir die Anwendung des StandardGalerkin-Verfahrens auf den advektiven Term
5 grad (
mit der Anwendung des SU/PG-Verfahrens:
5 grad ( 2
5 grad grad ( 5
dann erscheint ein zus¨atzlicher Term, der die Form eines Diffusionstermes hat. Das SU/PGVerfahren stabilisiert die Advektion also durch die Zuf¨ugung einer k¨unstlichen numerischen Diffusion in Str¨omungsrichtung. Die numerische Diffusion ist im eindimensionalen Fall durch
2 gegeben. F¨ur die Wahl des Upwind-Parameters 2 existiert bisher keine geschlossene Theorie. Sie bestimmt jedoch entscheidend die Stabilit¨at des Verfahrens als auch die numerische Diffusion. Brooks und Hughes [3] selbst schlagen
2 mit einer numerischen Diffusion von
*/
vor, Hervouet und Moulin [14] erhalten mit Hilfe der Fourier-Analyse ein Maximum an Stabilit¨at f¨ur
2 */ mit einer numerischen Diffusion von
*/
*/
Offensichtlich ist das Verfahren nach Brooks und Hughes f¨ur Courantzahlen gr¨oßer eins und das Verfahren nach Hervouet f¨ur Courantzahlen kleiner eins weniger diffusiv.
14.5. ZUSAMMENFASSUNG
173
i-1
i
i+1
i-1
i
i+1
Abbildung 14.2: Upwind-Wichtungsfunktionen nach Christie et al. und SU/PG
14.5 Zusammenfassung In der Praxis lassen sich zeitabh¨angige Probleme bei der Verwendung von r¨aumlich linearen Ansatzfunktionen durch eine Vorschaltung des Crank-Nicolson-Verfahrens zur Zeitdiskretisierung l¨osen. Der Crank-Nicolson-Faktor sollte dann nicht kleiner als 1/3 und nicht gr¨oßer als 2/3 sein. Bei der Advektion zeigt das schwache Lagrangeverfahren exzellente Eigenschaften bei ein¨ dimensionalen Problemen. Die Ausarbeitung und Ubertragung des Algorithmus auf mehrdimensionale Probleme ist daher ein lohnendes Forschungsfeld.
174
¨ KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN
Kapitel 15 Finite Elemente und Funktionalanalysis Nun gehts ans Eingemachte: Um zu verstehen, warum die FEM funktioniert, m¨ussen wir tief in den Hexenkessel der Funktionalanalysis eintauchen.
15.1 Funktionenra¨ ume Die Funktionalanalysis behandelt Funktionen als eine Form von Vektoren. Grundlage hierf¨ur ist die Tatsache, daß Funktionen mit gewissen Eigenschaften Vektorr¨aume bilden. So ist z.B. jede Linearkombination von stetigen Funktionen wieder eine stetige Funktion, den so erzeugten Vektorraum der stetigen Funktionen auf einem Gebiet bezeichnet man mit * . Wir wollen durch den Index 0 die Menge aller Funktionen bezeichnen, die auf dem Rand
eines Gebietes Null sind. * bezeichnet also die auf stetigen Funktionen, die auf dem Gebietsrand Null sind. Da beliebige Linearkombinationen solcher Funktionen diese Eigenschaften wieder erf¨ullen, bilden solche Funktionen ebenfalls einen Vektorraum. Auch Funktionenr¨aume werden durch Basen aufgespannt. So besagt der Satz von Fourier nichts anderes, als daß die trigonometrischen Polynome
eine Basis des Vektorraumes * 7 bildet, da sich jeder Vektor (d.h. zwischen und 7
stetige Funktion) durch eine Reihe
d.h. durch eine unendliche Linearkombination von trigonometrischen Polynomen, darstellen l¨aßt. Und der Satz von Taylor liefert uns eine Basis f¨ur den Raum der analytischen d.h. unendlich oft stetig differenzierbaren Funktionen * )=; sie lassen sich n¨amlich als Reihe
darstellen. Die Polynome
175
176
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
bilden somit eine Basis des Raumes der analytischen Funktionen. Aber schon an dieser Stelle offenbart sich der wesentliche Unterschied zu den ’bekannten’ Vektorr¨aumen der linearen Algebra: Funktionenr¨aume sind unendlichdimensional, d.h. ihre Basen bestehen aus unendlich vielen Funktionen. Und hier offenbart sich die Notwendigkeit, numerische Analysis zu treiben. Ohne die Definition des Begriffes Algorithmus heranzuziehen, wird niemand die Zeit haben, einem unendlich lange w¨ahrenden Rechenprozeß zu folgen. Damit werden wir geradezu gezwungen, die mathematische S¨unde1 zu begehen, unendlichdimensionale Funktionenr¨aume auf endliche zu reduzieren. Lasset uns konkret werden. Bez¨uglich einer beliebigen Basis
( ( ( des L¨osungsraumes l¨aßt sich die gesuchte L¨osung als Linearkombination
(
(15.1)
darstellen. Der Prozeß der Diskretisierung besteht darin, eine Teilbasis mit endlich vielen sogenannten Ansatzfunktionen auszuw¨ahlen und die Funktion durch die approximierte Funktion
(
(15.2)
zu ersetzen. Liest man diese Gleichung von links nach rechts, so dr¨angen sich drei Fragen auf:
Wie gut ist diese Approximation der L¨osung ? Wie bestimmt man die Koeffizienten der Linearkombination und somit die approximierte L¨osung ? Wie w¨ahlt man den durch die Teilbasis repr¨asentierten endlichdimensionalen Funktionenraum sinnvoll aus ?
Bevor wir mit der Bearbeitung der dritten Frage beginnen, vertiefen wir unsere Kenntnisse u¨ ber einige spezielle Funktionenr¨aume.
15.2 Hilbertra¨ ume Ein Hilbertraum ist eine algebraische Struktur; andere sind die K¨orper, Ringe oder Vektorr¨aume. Algebraische Strukturen bestehen immer aus bestimmten Mengen, auf denen gewisse Rechenregeln erlaubt sind. Die Mathematiker besch¨aftigen sich mit solchen sehr allgemeinen und daher sehr abstrakten algebraischen Strukturen aus folgendem Grund: Sie untersuchen, welche Behauptungen und S¨atze f¨ur diese allgemeine Struktur gelten und zeigen dann 1
Es gibt tats¨achlich eine theologische Definition von S¨unde als Abstand zum Transzendenten. Das Ziel der Informatik, immer endliche Algorithmen zu konstruieren, ist somit die reine S¨unde.
¨ 15.2. HILBERTRAUME
177
im speziellen, daß gewisse Objekte der Mathematik diese algebraische Struktur aufweisen. Damit erspart man sich eine Menge Beweisarbeit. Wir werden diese Schlußweise gleich verstehen. Die algebraische Struktur, in der die Methode der Finiten Elemente –und der gr¨oßte Teil der Physik u¨ berhaupt– spielt, ist der Hilbertraum. Def.: Ein Hilbertraum F besteht aus einem vollst¨andigen Vektorraum mit einem Skalarprodukt. Der Begriff der Vollst¨andigkeit besagt formal, daß der Grenzwert jeder Cauchyfolge Element des entsprechenden Raumes ist. So wichtig dieser Begriff auch ist – wir werden ihn hinfort nicht ben¨otigen. Unter dem Skalarprodukt zweier Vektoren und versteht man eine (durchaus sehr beliebige) Rechenvorschrift die den beiden Vektoren eine reelle Zahl zuordnet. Sie muß allerdings folgende Eigenschaften erf¨ullen: (SP1):
2 6 2 6
(SP2):
2 6 2 6
(SP3):
In einem Hilbertraum wird der geometrische Begriff des Senkrechten verallgemeinert: Def.: Zwei Vektoren gilt.
und heißen orthogonal oder senkrecht zueinander, wenn
Wir wollen nun, wie schon angek¨undigt, die Denkweise der Algebra an folgendem Satz u¨ ben: Satz: Ein Vektor ist genau dann der Nullvektor, wenn er zu jedem anderen Vektor des Hilbertraumes orthogonal ist. Anders ausgedr¨uckt: Der Nullvektor steht senkrecht auf dem gesamten Hilbertraum.
15.2.1 Der Hilbertraum ¾ ´ªµ Wir betrachten die Menge der Funktionen
)=
und
./ 0
,
Man nennt solche Funktionen quadratintegrabel. Sie bilden genauso wie die stetigen oder nfach differenzierbaren Funktionen einen Vektorraum, denn jede Linearkombination solcher Funktionen ist wieder quadratintegrabel. mit dem Skalarprodukt Zus¨atzlich ist
>
>
(15.3)
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
178
ein Hilbertraum. Der Leser best¨atige, daß das so definierte Skalarprodukt, welches ja eigentlich ein Integral ist, auch tats¨achlich die Eigenschaften eines Skalarprodukts erf¨ullt. Mit dem eingef¨uhrten Skalarprodukt k¨onnen nun Funktionen zueinander orthogonal sein. Und ohne einen aufwendigen Beweis zu f¨uhren, sehen wir sofort, daß die Funktion genau dann . u¨ berall Null ist, wenn > f¨ur alle >
15.2.2 Schwache Ableitungen und Sobolevr¨aume Zur Definition von Sobolevr¨aumen ben¨otigen wir Multiindizes. Diese sind Indexvektoren der Form
2
2 ...
2
wobei
2
2
Die partiellen Ableitungen einer Funktion bis zur Ordnung 2 schreibt man dann als
4 4
4 Die partielle Integration verwandelt das Produkt aus einer Funktion eins und einer abgeleiteten Funktion zwei in die Differenz aus einem Randwertterm und dem Integral u¨ ber das Produkt der Funktion zwei und der Ableitung der Funktion eins. Ist eine der Funktionen auf dem Rand des Integrationsgebietes Null, dann verschwindet dabei der Randwertterm. Dieser Satz gilt auch f¨ur beliebige partielle Ableitungen:
4
4 4
4
4
4 4
wenn
*
Diese Eigenschaft kann man umgekehrt daf¨ur verwenden, eine besondere Form der partiellen Ableitung zu definieren, die sogenannte schwache Ableitung. Def.: Die Funktion ; 4 heißt schwache Ableitung von , wenn sie die Bedingung
4
4 4
4
f¨ur alle * erf¨ullt. Warum diese Verrenkungen ? Schwache Formulierungen nutzen ganz allgemein eine Eigenschaft des Integrationsbegriffes aus, das Verhalten der zu integrierenden Funktion auf Nullmengen zu u¨ bersehen. Solche Nullmengen sind z.B. einzelne Punkte im Eindimensionalen, Linien im zweidimensionalen oder Fl¨achen im Dreidimensionalen. Ist eine Funktion oder eine ihrer Ableitungen auf einer solchen Nullmenge unstetig, dann ist sie nach der der klassischen
¨ 15.2. HILBERTRAUME
179
Definition der Ableitung dort nicht differenzierbar, die schwache Ableitung exisitiert dahingegen schon. Als Sobolevraum F bezeichnet man den Hilbertraum
F
1
;4
2
2
Die Sobolevr¨aume F bestehen also aus Funktionen , von denen alle partiellen Ableitungen bis zur Ordnung quadratintegrabel sind. Wir sehen, daß diese sehr theoretisch aussehenden Gebilde lediglich Schreibarbeit ersparen: Hier wird einmal wieder heißer gekocht als gegessen. Das Skalarprodukt dieser Hilbertr¨aume ist durch
$
Jedem ist nat¨urlich klar, daß
$
4
;4
¨ ist und zur Ubung schreibe man einmal $ aus. Der immer noch nicht geschockte Leser sieht sofort, daß
$ "
Schließlich wollen wir mit F die Einschr¨ankung des Raumes bezeichnen, die auf dem Rand Null sind.
F
auf Funktionen
15.2.3 Operatoren in Hilbertr¨aumen Die Operatorentheorie versucht, sehr komplexe Operatoren (etwa Differentialoperatoren) wie die Systemmatrizen algebraischer Gleichungssysteme zu behandeln. Die Ergebnisse dieser Theorie sehen daher oftmals sehr einfach und wohlbekannt aus, obwohl die Grundlagen der Theorie doch sehr komplex sind. Ein Operator ist eine Abbildung in einem Hilbertraum. In Hilbertr¨aumen, die Funktionen enthalten, k¨onnen diese etwa Differentialoperatoren sein. Man kann nun eine Norm f¨ur die Operatoren definieren, indem man
(15.4)
setzt. Die Norm eines Operators gibt also so etwas wie die maximale Auswirkung des Operators auf den zugrundeliegenden Hilbertraum an. Ist die Norm nicht unendlich, so heißt der Operator beschr¨ankt. F¨ur die Norm zweier hintereinandergeschalteter Operatoren und gilt die wichtige Beziehung
(15.5)
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
180
Der n¨achste Satz ist ein m¨achtiges Werkzeug f¨ur die Analyse numerischer Verfahren. Modifizierter Satz von Kellogg: Sei raumes und . Dann gilt f¨ur beliebiges
)
)
f¨ur alle eines reellen Hilbert
(15.6)
Beweis: Es gilt
)
)
)
) ) )
Die Ungleichung ist erfu¨ llt, wenn der Z¨ahler kleiner als der Nenner ist, also nach kurzer Rechnung:
bzw.
was der Fall ist, wenn positiv semidefinit und ist.
(15.7)
15.2.4 Eigenwerte linearer Operatoren Analog dem Vorgehen in der Linearen Algebra versucht man auch f¨ur lineare Operatoren Eigenwerte und Eigenvektoren zu finden, respektive die Gleichung
' (15.8) zu l¨osen. Auf jeden durch einen Eigenvektor aufgespannten Unterraum wirkt der Operator als Streckung um den Faktor ' . Ideal ist die Eigenwerttheorie dann, wenn die Eigenvektoren ein Orthonormalsystem des L¨osungsraumes bilden. Jede potentielle L¨osung l¨aßt sich dann als Linearkombination
.
(15.9)
.
(15.10)
mit
darstellen. Der Operator nimmt dann die Form
.
(15.11)
¨ 15.3. DUALRAUME
181
an. Dies ist insbesondere f¨ur sogenannte kompakt-symmetrische Operatoren m¨oglich.
15.3 Dualr¨aume Keine lineare Abbildung ist so einfach gebaut, wie die, die einem Vektor eine reelle Zahl zuordnet. Daher hat man diesen Abbildungen einen eigenen Namen gegeben, man bezeichet sie als lineare Funktionale. Als Dualraum B B )= bezeichnet man die Menge aller stetigen linearen Funktionale von einem Vektorraum B in die reellen Zahlen. Da Linearkombinationen von linearen Funktionalen wieder lineare Funktionale sind, ist B ein Vektorraum. Mit Hilfe der Operatornorm k¨onnen wir den Dualraum zu einem normierten d.h. Banachraum machen. F¨ur ? B setzen wir:
?
5
¼
?
(15.12)
5
5 wird als Dualnorm bezeichnet. Stellen wir uns die zun¨achst a¨ ußerst dumm erscheinende Frage nach der Anzahl der stetigen linearen Funktionale auf einem Vektorraum. Antwort gibt der ¼
Darstellungssatz von Riesz: Zu jedem stetigen ?
?
und
B existiert genau ein B , so daß ?
5 ¼
5
(15.13)
Somit hat der Dualraum ebensoviel Elemente wie der zugeh¨orige Vektorraum. Desweiteren haben wir eine einfache Konstruktionsvorschrift; alle stetigen linearen Funktionale lassen sich mit Hilfe von Skalarprodukten konstruieren. Den Dualraum zum Sobolevraum F bezeichnet man mit F oder leider etwas schlampig als F . Auf F lautet die Dualnorm:
(
"
(15.14)
15.4 Bilinearformen Wenn wir eine Gleichung mit linearem Differentialoperator mit Hilfe des Galerkinverfahrens diskretisieren, bekommen wir am Ende Ausdr¨ucke der Form:
Diese sind allerdings nicht notwendig symmetrisch und auch nicht positiv. Die von einem Skalarprodukt eingeforderten Eigenschaften sind also zu streng, um diesen Ausdruck zu beschreiben.
182
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
Genauso wie das Skalarprodukt ordnen Bilinearformen zwei Vektoren eine reelle Zahl zu, diese muß jedoch nicht positiv und die Abbildung muß nicht symmetrisch sein: Def: Sei ein Vektorraum B , die Vektoren und der Skalar 2 gegeben. B B )= heißt Bilinearform, falls sie in beiden Komponenten linear ist. Es gilt also:
2 2 2 2 2 2 Das bekannteste Beispiel f¨ur eine Bilinearform sind die quadratischen Formen
einer Matrix und
bei denen der Vektor zuerst mit dann mit einem Vektor skalar multipliziert wird. Man kann somit jeder linearen Abbildung dargestellt durch eine Matrix eine Bilinearform durch das Skalarprodukt zuordnen. Def:
heißt stetig-beschr¨ankt, falls ein */ $ existiert mit
*/
F¨ur die quadratischen Formen ergibt sich mit Hilfe der Cauchy-Schwarzeschen Ungleichung
der Wert */ . Wir wollen nun obigen Sachverhalt umkehren und untersuchen, ob jeder Bilinearform in eindeutiger Weise ein linearer Operator zugeordnet ist. Dies funktioniert nur f¨ur die stetig-beschr¨ankten Bilinearformen: Satz: Einer stetig-beschr¨ankten Bilinearform ist in eineindeutiger Weise ein stetig-beschr¨ankter linearer Operator zugeordnet mit
und f¨ur die Operatornorm gilt:
*/
Einer der wichtigsten Ergebnisse der Theorie der Bilinearformen und deren zugeordneten Operatoren ist eine exakte Bedingung f¨ur die L¨osbarkeit der Gleichung , d.h. f¨ur die Existenz der Inversen : Satz: Der inverse Operator
existiert genau dann, wenn die Bedingungen
B B
$
B B
$
%
%
15.4. BILINEARFORMEN
183
oder die sogenannten Babuska-Bedingungen $
B B % B $
gelten. Wir ben¨otigen noch folgende wichtige Def: Eine Bilinearform heißt V-elliptisch, falls ein * .
*.
$ existiert mit:
f¨ur alle
B
Ganz offensichtlich ist *. , falls die Bilinearform ein Skalarprodukt und die Norm aus diesem kanonich durch erzeugt wird. Der Begriff der VElliptizit¨at wird also erst f¨ur unsymmetrische Bilinearformen interessant. Stetig-beschr¨ankte V-elliptische Bilinearformen sind somit nach oben und in einem gewissen Sinne auch nach unten beschr¨ankt. Der Hauptsatz f¨ur die Methode der Finiten Elemente ist der folgende Satz: Die Bilinearform sei stetig und V-elliptisch. Dann hat das Variationsproblem suche B mit genau eine L¨osung der Form
f¨ur alle B
in B 5
und es gilt die Absch¨atzung
*.
5
¼
(15.15)
Damit liegt das Standard-Galerkin-Verfahren offen vor uns. Wir brauchen lediglich den L¨osungsraum B durch einen endlichen Teilraum B ersetzen. Besitzt dieser die Basis ( 0 , so l¨ aßt sich die L¨osung als
(
darstellen. Die Gleichung ist genau dann f¨ur alle erf¨ullt, wenn sie f¨ur jeden Basisvektor ( in der Form ( ( erf¨ullt ist, denn schließlich l¨aßt sich auch jedes als Linearkombination der Basis darstellen. Unter anderen Umst¨anden l¨aßt sich aber auch ein Minimierungsproblem definieren: Satz: Die Bilinearform blem
sei symmetrisch und V-elliptisch. Dann hat das Minimierungspro-
suche B , so daß
minimal ist ein eindeutiges Minimum, welches erf¨ullt.
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
184
15.5 Variationsaufgaben Wir wollen nun in einer kurzen Zusammenstellung untersuchen, f¨ur welche Probleme eine Variationsaufgabe existiert. Dabei versuchen wir uns wieder an die Navier-Stokes-Gleichungen heranzuarbeiten. Wir werden allerdings nur bis zur Transportgleichung gelangen, da wir noch keine nichtlinearen Probleme untersucht haben.
15.5.1 Die Poissongleichung Die Poissongleichung
(15.16)
taucht in der Hydrodynamik als Druck-Poisson-Gleichung auf. Sie wird mit einer Wichtungsfunktion multipliziert und u¨ ber das Gesamtgebiet integriert:
Setzt man voraus, daß auf dem Rand des Gebietes ersten Greenschen Formel
Null ist, f¨uhrt die Anwendung der
grad grad
grad grad
Mit der Bilinearform
grad 5%
(15.17)
zu
%
grad grad
wurde das urspr¨ungliche Differentialgleichungsproblem in ein Variationsproblem u¨ berf¨uhrt. Ohne es zu beweisen, glauben wir, daß die Bilinearform beschr¨ankt-stetig, V-elliptisch und symmetrisch ist.
15.5.2 Die Helmholtzgleichung ist das Resultat der zeitlichen Diskretisierung der Diffusionsgleichung:
(15.18) Wieder wird mit einer Wichtungsfunktion multipliziert, die auf dem Rand des L¨osungsgebietes Null ist. Dann wird integriert und die erste Greensche Formel angewendet. Es verbleibt das Problem
15.5. VARIATIONSAUFGABEN
185
grad grad
%
zu l¨osen. Die Bilinearform
grad grad
ist stetig-beschr¨ankt, symmetrisch und da
grad
$
F
grad
-elliptisch.
15.5.3 Die station¨are Transportgleichung sei in der Form
5 grad (15.19) mit der Advektionsgeschwindigkeit 5 und der Diffusivit¨at untersucht. Der schon bekannte Weg f¨uhrt auf die Bilinearform
5 grad grad grad
die stetig-beschr¨ankt aber nicht mehr symmetrisch ist. Damit l¨aßt sich f¨ur die station¨are Transportgleichung kein Minimierungsproblem formulieren. Da
5 grad
und wenn F
,
5 grad %
folgt
und somit
5 grad
5 grad
5 grad grad
grad $
Somit ist nur noch F -elliptisch, d.h. die L¨osungsfunktion muß auf dem Rand Null sein, was einer homogenen Dirichletrandbedingung entspricht. Der nach der zeitlichen Diskretisierung verbleibende Rest der Transportgleichung scheint sich ein gegen die Anwendung der FE-Methode zu wehren.
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
186
15.6 Gemischte Finite Elemente Auf einem Dreiecksgitter lassen sich mit den drei Eckknoten Ansatzfunktionen erster Ordnung und wenn man z.B. die Kantenmitten noch hinzunimmt, Ansatzfunktionen zweiter Ordnung definieren. Als gemische FE-Methoden bezeichnet man solche, bei denen verschiedene Variablen durch Ansatzfunktionen verschiedener Ordnung dargestellt werden. Das klassische Beispiel hierzu ist
15.6.1 Das Stokes-Problem Es beschreibt eine station¨are advektionslose inkrompressible Str¨omung:
grad 5 5
(15.20)
div 5 Ein entsprechendes Problem tritt aber auch nach der Anwendung lagrangescher Verfahren auf, womit das Stokes-Problem nicht nur akademischen Charakter hat. Um so allgemein wie m¨oglich zu bleiben, multiplizieren wir die Impulsgleichungen mit 5 * , die Kontinuit¨atsgleichung mit @ , integrieren u¨ ber , wobei Druck und viskose Terme partiell integriert werden:
div 5
grad 5 grad 5
5 5
@ div 5
Man beachte, daß nun die vektoriellen Impulsgleichungen zu einer skalaren Gleichung zusammengeschrumpft sind. F¨uhren wir die Skalarprodukte
grad 5 grad 5
div 5
ein, so bekommt das Stokes-Problem in der Variationsformulierung die Form:
5 5 5 5 5 @ 5
Die Diskretisierung des Stokes-Problems erfolgt wieder dadurch, daß wir Geschwindigkeit und Druck in unterschiedlichen endlichen R¨aumen B und G suchen wollen.
15.7. KONVERGENZ
187
15.6.2 Die Babuska-Brezzi-Bedingung In Analogie zur Absch¨atzung (15.15) kann man folgendes Stabilit¨atskriterium aufstellen:
*
Man kann weiterhin zeigen, daß dieses Stabilit¨atskriterium dann erf¨ullt ist, wenn die sogenannte Babuska-Brezzi-Bedingung
@div
( 5
@ $
(15.21)
erf¨ullt ist. Bei dieser Absch¨atzung betrachten wir zuerst den wichtigen hinteren Teil, er besagt, daß der vordere Teil gr¨oßer als Null sein muß, d.h. er darf nicht Null werden. Daher soll uns vom vorderen Teil der Absch¨atzung nur der Z¨ahler interessieren. Das darin befindliche Integral soll also im Supremum echt gr¨oßer als Null sein. Dies ist eigentlich sehr einfach, man braucht also nur den Raum B gen¨ugend groß w¨ahlen, dann wird sich f¨ur jedes @ G schon irgendein Kandidat B finden, der diese Bedingung erf¨ullt. Ziel ist es aber, den Raum B in Abstimmung mit dem Raum G m¨oglichst klein zu w¨ahlen. Normalerweiser erreicht man dies, indem man f¨ur die Geschwindigkeitsapproximation Ansatzfunktionen h¨oherer Ordnung als f¨ur den Druck w¨ahlt. So f¨uhrt die Wahl quadratischer Ansatzfunktionen f¨ur die Geschwindigkeit und linearer Ansatzfunktionen f¨ur den Druck zu stabilen Verfahren. Werden Ansatzfunktionen gleicher Ordnung gew¨ahlt, so ist der Interpolationsraum f¨ur den Druck zu reichhaltig, die L¨osung f¨angt an zu oszillieren.
15.7 Konvergenz Die Konvergenztheorie von FE-Verfahren ben¨otigt Methoden der Funktionalanalysis und Approximationstheorie und daher sollen auch hier nur die wesentlichen Ergebnisse vorgestellt werden. Die Konsistenzordnung in der Zeit ist bei der Darstellung der Zeitableitung durch Eulerverfahren 1 und bem Crank-Nicolson-Verfahren 2. Der r¨aumliche Diskretisierungsfehler ist bei elliptischen (z.B. station¨are Probleme) und parabolischen Problemen durch: fehler
(15.22)
wobei ein Maß f¨ur die Kantenl¨ange ist und die Dreiecke nicht zu spitz sind. Eine sehr gute Einf¨uhrung in die Konvergenztheorie der FEM ist [16].
188
KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS
Kapitel 16 Gleichungsl¨oser Die bei impliziten Verfahren entstehenden Gleichungssysteme sind
linear, da die nichtlinearen advektiven Terme entweder explizit oder mit Hilfe des Newton-Raphson-Verfahrens linearisiert werden und schwach besetzt, da lediglich die bei der Diskretisierung der partiellen Ableitungen verwendeten n¨achsten Knoten nichtverschwindende Matrixelemente erzeugen.
Bei den linearen Gleichungsl¨osern unterscheidet man direkte und iterative Verfahren. Direkte Verfahren l¨osen das Gleichungssystem durch eine sukzessive Elimination der gesuchten Variablen, iterative Gleichungsl¨oser bestimmen die L¨osung als Grenzwert einer N¨aherungsfolge.
16.1 Diskretisierung und Systemmatrix Wesentlich zur Effizienz der Gleichungsl¨oser tr¨agt bei, wie die nichtlinearen advektiven Terme diskretisiert werden. Da bei diesen fast immer upwind-Strategien zu ber¨ucksichtigen sind, entstehen hier unsymmetrische Terme. Dies ist der Grund daf¨ur, daß hier oft explizite Verfahren mit den entsprechenden Stabilit¨atsrestriktionen verwendet werden, damit die advektiven Terme nicht in das Gleichungssystem mit einbezogen werden m¨ussen. Die Diskretisierung der diffusiven Terme erzeugt dagegen immer symmetrische und positiv-definite Matrizen. Die Numerierung der Knoten entscheidet dann u¨ ber das spezielle ’Aussehen der Systemmatrizen. Bei zweidimensionalen FD-Verfahren erzeugt eine Numerierung in Richtung der Koordinatenachsen eine Tridiagonalmatrix (Bandweite 2), w¨ahrend eine Diskretisierung in Diagonalen zu den Koordinatenachsen eine Blocktridiagonalmatrix erzeugt. Auch bei der Anwendung von FE-Methoden versucht man, den Rechenaufwand durch intelligente Numerierung zu minimieren. Hier sind vor allem die Numerierungsalgorithmen von Rosen und Cuthill-McKee zu nennen, die Matrizen minimaler Bandbreite zu erzeugen versuchen.
16.2 Direkte Gleichungsl o¨ ser Wegen der Gr¨oße der zu l¨osenden Gleichungssysteme kommen direkte Verfahren in mehrdimensionalen hydrodynamisch-numerischen Modellen nur selten zur Anwendung. 189
¨ KAPITEL 16. GLEICHUNGSLOSER
190
Gleichungsl¨oser
Voraussetzungen
Anzahl der Operationen
Gauß/LU-Zerlegung
Pivotisierbarkeit
- f¨ur Bandmatrix
Pivotisierbarkeit
Cholesky-Zerlegung symmetrisch, positiv-definit - f¨ur Bandmatrix symmetrisch, positiv-definit
Tabelle 16.1: Direkte Gleichungsl¨oser Neben der Frage, welche Voraussetzungen die Matrix zur Anwendung des Gleichungsl¨osers erf¨ullen muß, ist man speziell an seiner L¨osungsgeschwindigkeit interessiert. Diese wird u¨ ber die Anzahl der erforderlichen wesentlichen Operationen d.h. Multiplikationen und Divisionen quantifiziert. In Tafel 16.1 sind daf¨ur die Anwendungsvoraussetzungen und der f¨uhrende Term der wesentlichen Operationen in Abh¨angigkeit von der Gr¨oße des Gleichungssystems f¨ur das Gaußsche Eliminationsverfahren und die Cholesky-Zerlegung dargestellt.
16.3 Iterative Gleichungsl o¨ ser Iterative Gleichungsl¨oser f¨uhren die L¨osung eines Gleichungssystems auf eine Fixpunktform
+
(16.1)
mit einer Iterationsmatrix + zur¨uck. Das Verfahren konvergiert dann, wenn der Spektralradius der Iterationsmatrix d.h. der Betrag des gr¨oßten Eigenvektors kleiner eins ist. Die Konvergenzgeschwindigkeit ist dann umso schneller, desto kleiner der Spektralradius ist. Die Effektivit¨at eines iterativen Gleichungsl¨osers kann deshalb nicht so einfach bestimmt werden, wie es f¨ur direkte Gleichungsl¨oser der Fall war, denn sie setzt sich aus der Konvergenzgeschwindigkeit und dem Rechenaufwand pro Iteration zusammen. So kann ein sehr rechenaufwendiges Verfahren dennoch sehr schnell sein, wenn die Konvergenzgeschwindigkeit entsprechend hoch ist. Als iterative Gleichungsl¨oser werden vielfach die der Klassen der SOR, ADI und CGVerfahren verwendet, wobei Gesamtschritt- und Einzelschrittverfahren wegen ihrer langsamen Konvergenz nur selten Anwendung finden. SOR-Verfahren (Successive Overrelaxation) sind Verallgemeinerungen des Einzelschrittverfahrens, bei denen das Ergebnis des letzteren u¨ ber einen Relaxationsparameter zwischen den Iterationen gewichtet wird. Die Konvergenz des SOR-Verfahrens ist dann gesichert, wenn die
¨ 16.3. ITERATIVE GLEICHUNGSLOSER
191
Systemmatrix positiv definit ist. Die Konvergenzgeschwindigkeit h¨angt von der Wahl des Relaxationsparameters ab, f¨ur den im Fall einer sogenannten Diagonal-Block-Tridiaginalmatrix ein optimaler Wert bestimmt werden kann. ADI-Verfahren (Alternating-Direction-Implicit) l¨osen das Gleichungssystem, indem die Systemmatrix in ihre verschiedenen Anteile der Ortsableitungen zerlegt wird. Bei einem zweidimensionalen Problem wird also abwechselnd das Gleichungssystem, welches aus der Diskretisierung der x-Ableitungen und den y-Ableitungen entsteht, gel¨ost. Dabei wird die Reihenfolge in jedem Iterationsschritt gewechselt. ADI-Verfahren sind mit Operator-Splitting Methoden verwandt, diese verallgemeinern die Grundidee des ADI-Verfahrens auf die zu l¨osenden Differentialgleichungen und zerlegen diese etwa auch nach physikalischen Anteilen. ADI-Verfahren eigenen sich außerdem besonders f¨ur die Verarbeitung auf Vektor- und Parallelrechnern. Konjugierte-Gradienten-Verfahren (CG-Conjugate Gradients) f¨uhren die L¨osung eines Gleichungssystems auf die Minimierung einer quadratischen Form zur¨uck. Sie ben¨otigen pro Iterationsschritt einen relativ hohen Rechenaufwand, daf¨ur ist ihre Konvergenzgeschwindigkeit allerdings sehr hoch. Schließlich seien noch Mehrgitterverfahren erw¨ahnt, die ein Gleichungssystem auf verschiedenen sukzessive grober werdenden Gittern l¨ost. Hierdurch kann ein optimales Konvergenzverhalten erzielt werden, da hochfrequente Fehleranteile auf den feinen und niederfrequente auf den groben Gittern eliminiert werden. Allerdings haben Mehrgitterverfahren noch keinen Einzug in kommerzielle hydrodynamisch-numerische Programmpakete genommen.
192
¨ KAPITEL 16. GLEICHUNGSLOSER
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