Percy Ernst Schramm
KAISER KONIGE UND PÄPSTE Gesammelte Aufsätze zur Geschichte des Mittelalters
Band 111
Anton Hiers...
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Percy Ernst Schramm
KAISER KONIGE UND PÄPSTE Gesammelte Aufsätze zur Geschichte des Mittelalters
Band 111
Anton Hiersemann Stuttgart 1969
Den Historikern, die heute Senioren unseres Faches sind: FRIEDRICH BAETHGEN (Berlin, dann München) und HANS ROTHFELS (Königsberg, USA, dann Tübingen), mir seit den zwanziger Jahren in Freundschaft verbunden. Der Name GERHARD RITTERS (Heidelberg, Hamburg, dann Freiburg i. B.), für den das gleiche gilt, kann nur noch als der eines Toten hinzugesetzt werden.
© r969 Anten Hiersemann, Verlag, Stuttgart Alle Rechte, insbesondere des Nachdrucks und der Übersetzung, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen oder sonstigen Reproduktionsverfahren oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Printed in Germany. Imprime en Allemagne Schrift: Garamond-Antiqua 9/12 und 8/ro Punkt, Monotype Satz und Druck: Großdruckerei Erich Spandel, Nürnberg Einband: Großbuchbinderei Sigloch, Künzelsau Einband- und Umschlagentvmrf von Kurt Weidemann, Stuttgart
Vorwort Das Vorwort zu diesem Bande kann wiederum kurz sein wie das, das ich dem II. Bande vorausschickte. Denn das Wesentliche wurde bereits im Vorwort zum I. Band angeführt. Im folgenden sind wiederum ältere und jüngere Arbeiten (zum Teil stark überarbeitet) sowie bisher nicht publizierte Abschnitte abgedruckt. Im Vorwort zum II. Bande habe ich aufgezählt, welche Königsordines des 9· und ro. Jahrhunderts in ihm nicht abgedruckt worden sind. In diesem III. Bande verenge ich die bezeichneten Lücken, indem ich im Anhang zum Abschnitt A 2 den »Mainzer Ordo« für die Königskrönung sowie die beiden Texte, aus denen er zusammengefügt worden ist, abdrucke. Ferner hänge ich dem Abschnitt B 1 die beiden Ordines an, die dem ro. Jahrhundert für die Kaiserkrönung zur Verfügung standen. Doch wiederhole ich nicht den von mir früher publizierten Wortlaut, der in allen Fällen als überholt zu bezeichnen ist, sondern - mit Einwilligung der Editoren- die heute maßgebenden, auf den wichtigsten Abschriften begründeten Texte: für den »Mainzer Ordo« sowie seine beiden Vorlagen die einschlägigen Kapitel in der von CYRILLE VoGEL und REINHARD ELZE glücklich zu Ende geführten Edition des »Pontificale Romano-Germanicum«. Für die (auch hier abgedruckten) Kaiserordines stütze ich mich vornehmlich auf die von R. ELZE für die Mon. Germ. Hist. durchgeführte Ausgabe aller Ordines für die Kaiserkrönung (diese fünf Texte jedoch ohne den kritischen Apparat, den die Herausgeber ihren Editionen beigaben). Zu danken habe ich für das Mitlesen der Korrekturen wiederum meinem Sohn GoTTFRIED, meinem Assistenten cand. phil. G. TRIPPLER sowie Herrn Dr. phil. RErNHARD ScHNEIDER, Akadem. Oberrat in Berlin, ferner für die Hilfe bei der Herstellung des Registers Herrn cand. phil. Bono RASCH, der sich bereits bei den voraufgehenden Bänden dieser Mühe unterzog. Vor allem gebührt wiederum Dank REINHARD ELZE (Berlin), der in alter Freundschaft-trotz vielfacher Belastung- sich nicht nur an der Korrektur beteiligte, sondern mir auch manchen guten Rat erteilte. Göttingen, den 5. Oktober 1969
PERCY ERNST SCHRAMM
Inhaltsverzeichnis Ein vorgesetztes Sternchen * bezeichnet bisher ungedruckte sowie noch nicht in deutscher Sprache veröffentlichte Abschnitte; zwei Sternchen** deuten an, daß der Text erweitert bzw. stark umgearbeitet wurde. AUFTAKT I.
Ein »Weltspiegel« des 10. Jahrhunderts: Das »Polypticum« des Bischofs Atto von V ercelli . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I
7
a) Der Autor des »Polypticum« und sein Text: Wie ist dieser zu verstehen? b) Wiedergabe des Inhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
c) Die geistige Eigenart Attos und sein Verhältnis zur Reform Clunys .
2J
20
ABTEILUNGA DIE DEUTSCHEN HERRSCHER AUS DEM SÄCHSISCHEN HAUSE ALS KÖNIGE (BIS 962)
**
I.
Ottos I. Königskrönung in Aachen (936). Die Vorakte und die Einzelvorgänge im Rahmen der deutschen Geschichte
}}
a) Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
JJ
b) Otto I. vor der Krönung . . . . . . . . . . . . . c) Die Vorgänge am Krönungstag (Aachen, August 936)
J4
I.
Vorbemerkung: Widukind von Corvey und seine Beschreibung der Vorgänge (nebst Text der Res gestae Saxonicae II cap. 1-2) .
2.
Ablauf und Bedeutung der Aachener Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . a) Salbung- Krönung- Investitur mit den Herrschaftszeichen 43; b) Die »rituelle Feststellungswahl« = Mitwahl des Volkes 4;; c) Zweifache Thronsetzung, Krönungsmahl und fränkische Tracht 47; d) Struktur und Bedeutung der Königskrönung Ottos I. J2.
J9 J9 42
Anhang: Die Krönung König Ottos I. in Aachen (7. August 936): ein Rückblick nach tausend Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
J4
z. Der Ablauf der deutschen Königsweihe nach dem »Mainzer Ordo« (um 96o) . . . . . . . . . . . . . .
J9
* a)
Der »Mainzer Ordo«: Stand der Forschung.
b) Der Ablauf der Königsweihe
. . . . • .
!9
62
Inhaltsverzeichnis
IO
I. Einholung des Königs 62; z. Litanei 6;; 3· Befragung des Königs 64; 4· Befragung des Volkes 67; 5· Salbung 7I; 6. Übergabe der Herrschaftszeichen, einschließlich Krönung 7J; 7· Thronsetzung 79; 8. Abschluß der Krönung 79; 9· Ordo der Königin 19·
c) Die »Königstheorie« des »Mainzer Ordo«. .
8I
*Anhang I: Die Texte des »Mainzer Ordo« und seiner Vorlagen a) Die Vorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.
** ;.
Der »Frühdeutsche Ordo« 87; z. Der »Ürdo der Sieben Formeln« 90.
b) Der »Mainzer Ordo« . . . . . . . . . . . . . , , . . . .
92
Anhang II: »Mystagogische« Szenen in der abendländischen Liturgie
IOJ
DieKönigskrönungenderdeutschenHerrschervon961 bis um 1050 IoS a) Das Krönungsrecht des Erzbischofs von Mainz
I08
b) Otto II.: Mitkönig (96r)
. . . . . . . . .
I IO
' c) Otto III. (983) . . . . . . . . . . . . . .
II2
d) Heinrich II. und Königin Kunigunde (rooz) .
II4
e) Heinrich II.: König von Italien (1004)
I 20
n. und Königin Gisela (roz4) g) Konrad n.: König von Italien (roz6) .
I 27
h) Heinrich III.: Mitkönig (roz8). . . .
I27
n. und Heinrich III.
IJI
f) Konrad
i) Konrad
I 2I
als Könige von Burgund (1033, I038)
Schluß: Das um 1050 beim Thronwechsel in Deutschland geltende Gewohnheitsrecht und die Auswirkung des »Mainzer Ordo« . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4· Hofkapelle und Pfalzen . . . . . .
IJ2
IJJ
a) Die Hofkapelle der Sächsischen und Salischen Kaiser (Buchbesprechung)
IJJ
b) Der deutsche König als Bauherr (Buchbesprechungen). . . . . . . .
IJ8
Über Pfalzen in Deutschland im Allgemeinen: I. IJ8; z. I 40; 3· Die Pfalz Irrgelheim I 4I; 4· Die Pfalz Wimpfen I 4J. - Über staufisehe Bauten in Deutschland und Italien: r.-z. I4J; 3· I46.- Über das Gastungs- und Herbergsrecht der mittelalterlichen Herrscher I 41· . . . . . . . . . . . . • . . · . . . . · · · · · · • ABTEILUNG B: DIE DEUTSCHEN HERRSCHER AUS DEM SÄCHSISCHEN HAUSE (919-roz4): ALS KAISER
**
I.
Die Kaiser aus dem Sächsischen Hause im Lichte der Staatssymbolik . . . .
I
J;
a) Otto I. als König.
IJJ
b) Die Schlacht auf dem Lechfelde und ihre Folgen: Imitatio Sacerdotii in Staatssymbolikund Liturgie. . . . . . . .
I6o
Inhaltsverzeichnis c) Otto I. als Kaiser (962): Krönung - Vorbilder - Ansprüche. - Otto II. als Erbe seines Vaters. . . . d) Otto III. (983-roo2)
.
II
I69 I76
e) Heinrich Il. (roo2-24)
I78
Schluß
I80
. . . . . . . .
Anhang I: Die beiden für die Kaiserkrönung des Jahres 962 zur Verfügung stehenden Ordines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I8I
A. Ordo Romanus I 82; B. Benedictio ad ordinandum imperatorem secundum Occidenta!es I 83 Anhang II: Otto I. 962 in Rom: miro ornatu novoque apparatu susceptus- das erste Wortzeugnis für die »Reichskrone«? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I8J
A. Ornatus I86; B. Apparatus I93; C. Schlußfolgerung I97·
**
2.
Kaiser, Basileus und Papst in der Zeit der Ottonen Vorbemerkung. . . . . .
200
a) Die Lage im allgemeinen
2oi
b) Ottos I. Werbung um eine byzantinische Prinzessin für seinen Sohn.
204
c) Theophanu, die Braut Ottos Il.
. . . . . . . . . . . . .
209
d) Neue Rivalität zwischen Basileus und Kaiser . . . . . . . .
2II
e) Die Einwirkung der byzantinischen Kultur auf das Abendland
2I3
f) Politische Beziehungen in den Jahren der Regentschaft Theophanus- Der Aufstieg des Johannes Philagathos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2I4
g) Ottos III. Werbung um eine byzantinische Prinzessin- Die Ereignisse in Rom.
2I8
h) Leon, der byzantinische Gesandte, und Johannes Philagathos, der Gegenpapst.
220
i) Otto III., beraten von Gerbert, jetzt gegen Byzanz. .
228
k) Otto III. und Rom- Sturz des Johannes Philagathos
2JI
1) Die Ereignisse bis zum Tode Ottos III. (rooz) . . .
235
m)Basileus und Kaiser in der Zeit Heinrichs II. und Konrads Il.
238
*Anhang I: Die Abstammung der Kaiserin Theophanu . . . .
240
Anhang II: Gehörte der Spatbar Petros, ein Neffe des »Königs der Germanen«, zur Sippe der Ottonen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
**
200
243
3· Zwölf Briefe des byzantinischen Gesandten Leon von seiner Reise zu Otto III. aus den Jahren 997-998 (überarbeitet mit Hilfe von Ursula Victoria Bosch) 246 a) Die Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absender, Empfänger und Datum der Briefe. . . . . . . . . r. Allgemeine Vorbemerkung 248;
2.
Der Absender 249; 3· Die Empfänger 2JO;
4· Das Datum der Briefe 2JI; 5· Leon als Briefschreiber 2f4· c) Der Text der Briefe . . * d) Übersetzung der Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhaltsverzeichnis
IZ
4· Kaiser Otto III. (* 98o, t 1002): seine Persönlichkeit und sein 277 »byzantinischer Hofstaat« . . . . . a) Otto III.: sein Leben und seine Ziele . . b) Der »byzantinische Hofstaat« Ottos III., sein historischer Kern und dessen Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die bisherige Auffassung 280; 2.. Die irregulären Titel 282; 3· Das angebliche Consulat des Kaisers 282; 4· Der Römische Praefectus urbi und Comes palatii 284; 5· Der Vestarar 286; 6. Der »Seepräfekt« 288; 1· Der »Palastmagister« 289; 8. Der »Heeresmagister« 290; 9· Der Patricius 29I; 10. Der Protospathar 293; rr. Logothet und Archilogothet 295; rz. Das Ergebnis 297.
* 5.
277
280
»Bonmots« mittelalterlicher Kaiser (Karl der Große, Otto III. und Heinrich IV.). Aus einer Glückwunschsammlung für Wolfram von den Steinen zum 70. Geburtstag (I96z) 298 a) Kar! der Große
298
b) Otto III. . .
JOO
c) Heinrich IV.
JOI
ABTEILUNG C: DIE ZEIT DER DEUTSCHEN HERRSCHER AUS DEM SALISCHEN HAUSE (roz4-I12.5): KAISER-ROM- RENOVATIO
Ein oft benutztes Lobwort: spes imperii, verwandt auf einer Bulle Kaiser Konrads II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ;o J z. Eine Echtemacher Prunkhandschrift, wohl aus dem Besitz Kaiser Konrads II. (Buchbesprechung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ;o8 3· Graphia aureae urbis Romae (Kern von etwa Io3o, mit den »Mirabilia urbis Romae« verbunden um I I 55) . . . JI J I.
a) Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . I.
JIJ
Die Datierung JI J; 2.. Die Überlieferung J I J.
b) Der Text . . . . . . . . . . . . . . . . .
JI9
A.: Historia Romana a Noe usque ad Romulum JI 9; B.: Mirabilia urbis Romae J22; C. : Libellus de cerimoniis aule imperatoris J J 8. Anhang: Die Redaktionen der Mirabilia urbis Romae und ihre Datierung . . . .
JJJ
** 4· Die Schilderung der Krönung eines römischen Kaisers aus dem hebräischen Geschichtswerk des Josippon (wohl I. Hälfte des XI. Jahrhunderts) . . ;6o a) Einführung in den Text b) Der Text . . . . . . . *Anhang: Die Entstehungszeit des Pseudo- Josippon
Inhaltsverzeichnis
5. Heinrich III.: 1046 zum Kaiser gekrönt und investiert als Patricius Romanorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
** 6.
Der »Salische Kaiserordo« und Benzo von Alba. Ein neues Zeugnis des Graphla-Kreises . . . . . . . 380 a) Die Ordines des 10.-12. Jahrhunderts
380
b) Die Kaiserkrönung in der Geschichtsschreibung- Benzo von Alba und seine Vorlage: der »Salische Kaiserordo«. . . . . . .
3 8I
c) Der Text des »Salischen Kaiserordo« . . . .
383
d) Prüfung des Textes: sein historischer Gehalt.
384
e) Benzo von Alba über die Kaiserkrönung . .
388
f) Galvaneus Flamma, Übertieferer des »Salischen Kaiserordo«
392
7· Der Abschnitt über Roma, Romani usw. aus dem Glossarium des Papias (abgeschlossen vielleicht 1053) 39! a) Das Glossarium . . . . .
39!
b) Grundlage des Textes. . .
39!
c) Die Unterlagen des Papias
396
d) Der Text . . . . . . . .
396
8. Laus Caesaris Heinrici des Azelin von Reims
Atto von Monte
Cassino (zwischen 1047-1056)
399
a) Die Überlieferung . . . . . . . .
399
b) Beziehungen zu Azelins Bearbeitung der Cena Cypriani
399
c) Beziehungen zu Arnulfs Delieie cleri. . . . .
40I
d) Azelin von Reims= Atto von Monte Cassino
403
e) Der Text . . . . . . . . . . . . . . . .
40J
Hinweis: Die Heinrich III. um 1043/4 überreichte Briefsammlung des Abtes Bern von Reichenau (Buchbesprechung) . . . . . . . . . . . . . . .
406
9· Zu Heinrich IV. (1o56-11o6), dem vorletzten Salier
4 o8
Heinrich IV. und Rom (Besprechungen von Aufsätzen) 408.
10. Eine wichtige Gestalt der späten Salierzeit: Die Gräfin Mathilde von Tuszien 11 I 5). Edition der Notae de Mathilda Comitissa
Ct
4 r;
a) Einleitung
4IJ
b) Vorwort der Edition
4I6
c) Der Text . . . . .
4I7
11. Zu Heinrich V. (11o6-25), dem letzten der Salischen Kaiser (Buchbesprechung) . . . . . . . po Anhang: Hinwdse auf die Folgezeit .
42I
Inhaltsverzeichnis
14 12.
Die Kaiseridee des Mittelalters (ein zusammenfassender Vortrag) 423 a) Karl der Große und seine Nachkommen.
42J
b) Die Sächsischen und Salischen Kaiser .
p8
c) Die Staufischen Kaiser . . . . . . . .
4JJ
d) Ausblick . . . • • . . . . . . . . .
4Jo
Anhang: Die Quintessenz der letzten Jahrhunderte deutscher Geschichte (1648-1948)
437
Verzeichnis der in diesem Bande abgedruckten Texte Register (Namen und Sachen) . . . . . . . . . . . . .
Hinweis Um diesen Band nicht zu umfangreich werden zu lassen, habe ich mich entschließen müssen, einzelne Abschnitte, die für ihn vorgesehen waren, in Band IV unterzubringen. Das verursachte in der Mehrzahl der Fälle keine sachlichen Schwierigkeiten. Leider war es aus räumlichen Gründen auch nötig, Abschnitte, die sich mit Texten des hohen Mittelalters befassen und das Problem »Rom und Kaiser« behandeln, für Band IV aufzusparen, obwohl sie inhaltlich noch eng mit dem Inhalt von Band III verknüpft sind. Es handelt sich um: I. den Traktat »Von den Farben und Künsten der Römer« des sog. Heraclius (wohl XII. Jahrhundert); 2. die römische Literatur zu Topographie und Geschichte des alten Rom im XI. und XII. Jahrhundert; 3· die Parodie im Mittelalter, gerichtet u. a. gegen Rom (Besprechungen eines Buches von Paul Lehmann).
P. E. S.
AUFTAKT Ein »Weltspiegel« des r o. Jahrhunderts: Das »Polypticum« des Bischofs Atto von V ercelli* Es handelt sich darum, für einen seltsamen, daher bisher falsch ausgelegten Traktat den geistesgeschichtlichen Ort zu finden, der ihm zukommt. Vorausgehen muß eine Analyse des Textes.
a) Der Autor des »Po(ypticum« und sein Text: Wie ist dieser zu verstehen? ( 5. I SI:) Der Autor darf jetzt als gesichert gelten1 : es ist der seit 924 als Bischof von Vercelli nachweisbare und vor 964 durch einen Nachfolger ersetzte Atto, von dem sich noch einige weitere Schriften und Urkunden er~alten haben 2 • Auch die Überlieferungsverhältnisse liegen klar: es ist nur eine ungefähr gleichzeitige Handschrift, der Cod. Vat. lat. 4322, bekannt. Eine völlig befriedigende Ausgabe• fehlt
*
Zuerst in der Zeitschr. für Rechtsgesch. 49, Germ. Abt., I929 S. I8o-98 (hier durchgefeilt). Meine Deutung machte sich zu eigen R. HoLTZMANN in seiner Neubearbeitung von W. WATTENBACH, Deutschlands Geschichtsquellen im Ma., Deutsche Kaiserzeit I, 2. Heft, 2. Auf!., Tübingen I948 S. 3qf. I Gegenüber früherer Anzweiflung von ST. BANNER in der gleich zu nennenden Diss. mit guten Gründen wieder wahrscheinlich gemacht. 2 Vgl. J. ScHULTZ, Atto v. V., Diss. Göttingen I885; vgl. auch A. HAUCK, Kirchengesch. Deutschlands •-• III (neugedruckt: Lpz. I935) S. 229; DERS. in: Realencykl. f. protest. Theol. II, Lpz. 3 I897 S. 2I4; M. MANITrus, Geschichte der lateinischen Literatur des MA.s II, München I924 S. 27ff., bes. S. 3off.Die Biographie Attos von E. P ASTERIS (»At2
Schramm, Aufsätze !I!
tone di V ercelli. Vita ed opere con uno studio sulle sue prose ritmiche«, Mailand I92 5), auf die mich FEDOR ScHNEIDER freundlicherweise aufmerksam machte und die mir die Monumenta Germaniae zum Studium überließen, fördert das Problem des »Polypticum« nicht; vgl. S. 8o-6, bes. S. 84; »confessiamo di non avere neppur noi penetrata Ia sfinge«; im übrigen vgl. die Anzeige F. ScHNEIDERS im Neuen Archiv 47, I928 S. 649. Erster Abdruck q6I, dann A. MAI, Script. veterum nova coll. VI, I832 S. 43-59, danach MIGNE, Patrol. lat. I34, zuletzt nach der Hs. G. GoETZ, Attonis qui fertur Polipticum quod appellatur Perpendiculum in: Abh. d. Sächs. Akad., Phil.-hist. Kl. XXXVII Nr. 2, Lpz. I922; vgl. auch DERS. in: Berichte der Sächs. Gesellsch. f. Wiss., Phil.-hist. Kl. XLVIII, Lpz. I896, S. 75-8. Beim Abdruck der zweiten Fassung sind die Abkürzungen nicht auf-
18
Das »Polypticum« des Bischofs Atto von Vercelli
noch4 • ( 5. I82 :) Mir kommt es nur darauf an, diese Schrift Attos literargeschichtlich einzuordnen und dadurch die Auswertung ihres Inhalts zu ermöglichen. Ein Blick auf den Text genügt, um zu erkennen, daß die gestellte Aufgabe nicht so einfach ist, wie sie scheinen mag. Es ist kaum zuviel gesagt, wenn man das »Polypticum« den dunkelsten und unverständlichsten Text des Mittelalters nennt. Was sind gegen ihn die Verschrulltheiten karolingischer Dichtungen mit Figuren- und Buchstabenspiel, was Dunkellatein, eschatologische Geheimnisse, scholastische Distinktionen und allegorisierender Tiefsinn l Überall scheint eindringlicher Forschung noch ein Zugang möglich, aber bei dem »Polypticum« stünden wir schon bei der Interpretation des einfachen Wortlautes vor einer Dornenhecke, vor der der Zäheste erlahmen würde, wenn dem eigentlichen Text nicht in demselben Codex noch eine zweite, in bezugauf die Worte fast gleiche Fassung in vereinfachtem Stil beigegeben wäre, die durch Interlinearglossen und Scholien interpretiert ist. Der Verfasser hat nämlich das Verdunkelungsmittel der sog. »scinderatio« angewandt, die schon der rätselhafte Virgilius Maro Grammaticus (7. Jahrhundert?)• benutzt hat: deren Prinzip besteht darin, daß zur Verhüllung des Sinnes innerhalb eines Satzes die einzelnen Wörter und Wortgruppen durcheinander geworfen werden. Wäre diese Methode nicht in der zweiten Fassung unterlassen, so würde jeder einzelne Satz zu raten ( S. I 83 :) aufgeben. Nach dem letzten Bearbeiter des »Polypticum«, St. BANNER, ist anzunehmen, daß auch diese den Schleier lüftende Fassung auf Atto selbst zurückgeht. Dagegen führt er die ihr beigegebenen Glossen und Scholien auf einen anderen Autor zurück, den er sich als Grammatiker in Vercelli denkt. Jedenfalls gehört auch dieser Teil, wie die Handschrift beweist, noch dem 10. Jahrhundert an. Außerdem hat Banner das Verdienst, daß er die sich aufdrängende Frage, aus welchen literarischen Quellen Atto den Aufputz seines Werkes mit seltenen Worten entlehnte, beantwortete6 : er hat die Benutzung von Fulgentius, Isidor, Placidus und des »Liber glossarum« festgestellt; doch wird erst die -eines Tages zu erhoffende- Neuausgabe erkennen lassen, in welchem Umfang Atto von seinen Hilfsmitteln abhängig ist. gelöst, was die Lektüre unnötig erschwert. Vor allem sind die Entlehnungen nicht kenntlich gemacht und die Glossen nicht vollständig abgedruckt. Außerdem wäre Paralleldruck beider Fassungen dringend zu fordern. 4 Von ST. BANNER in seiner nur in Schreibmaschinenschrift vorliegenden Diss. »Atto v. V. und sein Polypticum quod appellatur Perpendiculum«, Frankfurt a. M., WS 1924/5 in Aussicht gestellt (aber nicht erschienen). Ich benutze die Gelegenheit, an dieser Stelle Herrn Prof. FEDOR ScHNEIDER, der die Dissertation
angeregt und den Abdruck des Textes für die von ihm herausgebene Sammlung »Texte zur Kulturgesch. des Ma.s« (Rom) vorgesehen hat, für freundliche Auskunft zu danken. Vgl. H. ZIMMER, Der Gascogner Virg. M. G. in Irland in: Berliner Sitz.-Ber. Phil.-hist. Kl. I9IO Nr. 5I S. Io3 I ff.; dazu P. LEHMANN, Die Parodie im Ma., München I922 S. 2rf., 2. Aufl. Stuttgart 1963 S. 9f. und B. BISCHOFF, Mittelalter!. Studien I, Stuttgart I 966 passim. 6 Einiges dazu auch bei MANITIUS a. a. 0. S. 31, 34·
Der Autor und sein Text
Durch die Forschungen BANNERS und seiner Vorgänger A. MAI, J. ScHULTZ, G. GoETZ u. a. m. scheint der Text demnach so weit aufgeklärt zu sein, wie es V'on der philologischen Seite aus geschehen kann. Demjenigen, der einmal den literarischen Geschmack des 10. Jahrhunderts mit seiner in bestimmten Kreisen gepflegten Vorliebe für fremde, möglichst griechische Worte, für schwerbeladene Sätze und umständliche Metaphern gerrauer analysiert, kann das »Polypticum« als extremstes Beispiel dieser Mode dienen. Die Frage dagegen, welche persönlichen Momente die seltsame Einkleidung des Werkes bestimmt haben mögen, wird sich kaum je befriedigend lösen lassen; denn wenn Atto seinem Werk die V'ereinfachte und den Aufschluß bringende Fassung beigegeben hat, dann wird die nächstliegende Vermutung, er habe seir- Werk wegen seines kritischen und deshalb möglicherweise anstößigen Inhalts für nicht gewünschte Leser verdunkelt, wieder fraglich. Statt uns auf irgendwelche Versuche einer psychologischen Deutung, die aus Mangel an Unterlagen immer unsicher bleiben muß, einzulassen, empfiehlt es sich, zu fragen, was denn übrigbleibt, wenn wir das seltsame Beiwerk ablösen und den Inhalt der Schrift für sich betrachten. Die Antwort, die zuerst]. ScHULTZ gegeben, die dann (S. I84.) G. GoETZ ohne nähere Ausführung angezweifelt und schließlich ST. BANNER im einzelnen ausgeführt hat, lautet dahin, daß das Polypticum in einer für uns im einzelnen nicht mehr verständlichen Weise Ereignisse der italienischen Geschichte von König Rudolf an bis zum EingreifenOttos d. Gr. (922-62) berichte. Diese Auffassung mag im ersten Augenblick etwas Einleuchtendes haben; denn manche Angabe läßt sich in der Tat ganz gut auf historische Vorgänge des 10. Jahrhunderts beziehen, und auch die Reihenfolge der geschilderten Kämpfe scheint zu dem bewegten Ablauf der Geschehnisse in dem Menschenalter vor der Eroberung Italiens durch Otto d. Gr. zu passen. Wäre dem wirklich so, dann hätten wir in dem »Polypticum« ein Geschichtswerk, dem in einer an Zeugnissen so armen Zeit wie der italienischen Geschichte in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts ein ganz besonderer Wert zukommen würde. Aber leider trifft das nicht zu; denn ScHULTZ hat die Forschung auf einen falschen Weg geführt, als er das »Polypticum« als Geschichtswerk zu deuten versuchte. Man muß den Text einmal unbefangen lesen und versuchen, auch die unerklärt gebliebenen Stellen mit in den Zusammenhang einzubeziehen; dann wird man erkennen, daß das Werk eine ganz strenge, logische Struktur hat, die man natürlich übersieht, sowie man einzelne Angaben historisch auffaßt. Der Verfasser will nämlich gar nicht erzählen oder schildern; er stellt vielmehr am Anfang seines Werkes eine Stufenleiter der Menschen auf. An ihre Spitze rückt er die Verächter des irdischen Lebens, die Heiligen, auf die er nicht näher eingehen will, da er sie als bekannt V'oraussetzt. Er wendet sich deshalb gleich zu der Klasse derer, die das irdische Leben bejahen, und nimmt hier als erste die Fürsten vor. Hier ergibt sich ihm die Frage,
20
Das »Polypticum« des Bischofs Atto von Vercelli
wie ein Fürst auf den Thron kommt. Er findet dafür eine vierfache Antwort, von denen nur die letzte näherer Ausführung bedarf, da es sich bei den drei ersten um legale Wege der Thronerhebung handelt. Der vierte ist aber der des Thronraubs, durch den die weitere Frage aufgeworfen wird, was er für Folgen haben muß. Der Verfasser stellt bestimmte Rückwirkungen auf die Großen fest, die dem Fürsten geholfen haben, und fragt sich nun, was ( S. I 8J :) dieser dagegen tun kann. Seine Mittel beeinflussen wieder die Untertanen, von denen die Großen und die Milites für sich untersucht werden. Nach der Behandlung aller denkbaren Möglichkeiten stellt der Verfasser die Frage, wie nun die zur Wahrung des Rechts bestellten Richter sich gegenüber dieser Zerrüttung verhalten usw. usw. - Man sieht, wenn man einmal die Struktur der Schrift erkannt hat, wie jede Angabe an ihrem Platz steht, und wie jeder Schritt in der Kritik des öffentlichen Lebens sich aus der kasuistischen Erörterung von selbst ergibt.
b) Wiedergabe des Inhalts Wenn wir dieses logische Skelett aus dem »Polypticum« herauslösen, dann ergibt sich folgender Gedankengang: Dem Text geht ein Brief an einen unbekannten Empfänger, vielleicht einen im Kloster lebenden Bischof, vorauf. Als seine Absicht gibt der Verfasser an, daß er die in dieser Welt Wandelnden belehren wolle, wie sie die Hölle meiden könnten. Im Vorwort wird dann die Tendenz der Schrift näher charakterisiert: »Zu rügen will ich unternehmen das Verkehrte, das der Welt anhängt.« I. Teil
c. r. Der vergängliche Prunk des Lebens ist in Wahrheit, obwohl er auch heute noch auf jede Weise erstrebt wird und anfänglich auch Freude bereitet, eine Beschwerde; er wird seinen Anhängern (a) zuletzt zur Schande, seinen Verächtern (b) aber zum Ruhm. Diese Verächter, die Heiligen, haben- entgegen der Auffassung der weltlich eingestellten Geschichtsschreiber - bei einer stufenweisen Aufzählung der Würdenträger gemäß ihrem Verhältnis zum irdischen Prunk voraufzugehen, wobei sich die Aufzählung ihrer Namen, die ja allgemein bekannt sind, erübrigt. Es handelt sich also für die Ausführung allein um die Anhänger des Prunks (a), die wegen der Verkennung der Vorbilder heute träger als je einzuschätzen sind. c. 2-3. Der Gipfel dieser Stufen, die Herrschaft, wird auf drei, nach anderer Ansicht auf vier Arten erstiegen: r. durch göttliche Berufung, 2. durch Berufung des Volkes, 3. durch Erbrecht, 4· dadurch, daß man dem Erwählten ( S. I 86:) zuvorkommt, indem man den Sieg mit Hilfe von Verschwörern gewinnt, d. h. also durch Thronraub.
Inhaltswiedergabe (I. Teil Kap.
I
bis 5)
2!
Was sind die Folgen dieses vierten Falles? Die Helfershelfer müssen auf Kosten des Besiegten ausgestattet werden; diese neuen Großen aber haben ein Interesse an der gegenseitigen Schwächung der beiden fürstlichen Rivalen, die dadurch zu besitzlosen, nur noch mit dem Namen eines Fürsten gezierten Puppen in der Hand ihrer Vasallen werden.- Die Gegenmittel der Fürsten sind: a) heimliche Verständigung untereinander; b) Hilfegesuche an ausländische Fürsten unter Zusicherung des Besitzes der feindlichen Untertanen - dieses zweite Mittel kann für die Fürsten eine doppelte Wirkung haben: entweder (r) reizen sie jene zum Eingreifen an oder ( 2) verhindern doch wenigstens eine Hilfeleistung der ausländischen Fürsten an ihre Untertanen, die sie in ihrer Isolierung dann allein niederwerfen können; c) Ausspielen der den Großen untergebenen Mili tes gegen diese, was folgendes Resultat hat: nachdem die Fürsten sich durch Verleihungen eigenen Einfluß auf die Milites verschafft haben, werden sie den der Großen auf die Milites zu brechen suchen, indem sie sie bei dem Austeilen von Lehen- mögen sie klein oder groß sein übertrumpfen, was für den Fürsten nur eine Freigebigkeit auf fremde Kosten bedeutet und den Empfänger dem Schenket, nicht dem Besitzer verpflichtet; d) Bestechungen der Milites, damit sie die Großen verraten; die Milites leisten dann dem Fürsten einen - allerdings fragwürdigen - Treueid und richten auch ihre neuen Herren zugrunde; e) (Kap. 3) Befestigung der Pässe und Furten, Geiselnahme von den Burgen, Aneignung der den Fürsten aufgetragenen Grundstücke, Bau eigener Burgen; f) gegenseitige V erhetzung der Großen. c. 4· Diese Mittel haben auf die Untertanen folgende Wirkung: Wenn (a) die Ziele dieser Maßnahmen des Fürsten aufgedeckt werden, muß von ihrer Ausführung Abstand genommen werden. Der Fürst aber wird voll größten Argers sich an dem Enthüller zu rächen suchen. Wenn (b) dies aber nicht geschieht, bewirten die Fürsten ihreHelfers-(S. Ig7:)helfer prächtig, schaffen sie jedoch, wenn sie lästig werden, durch einen Dritten aus dem Wege und treten selbst die Erbschaft an. Sie stacheln nämlich durch unterschiedliche Behandlung alle Instinkte an. Die Habgier jener Helfershelfer versucht daher durch folgende Schliche zum Ziel zu kommen: a) sie bringen den vom Fürsten Beneideten den Plan einer Absetzung desselben bei; b) bei guter Aussicht schließen sie sich diesem an; c) bei schlechter verraten sie aber die Verschwörer an den Fürsten, wofür sie deren Besitz verlangen was die Fürsten zunächst bewilligen, um es bei erster Gelegenheit vermehrt wieder einzuziehen und an diesen noch die Strafe nachzuholen. c. 5. Die Fürsten erkennen nun zwar die Anstifter der Intrige, rufen aber die Verführten trotzdem nicht zurück, da es ihnen nur auf den Haß unter den Parteien ankommt. Denn einzeln kann keiner den Fürsten Widerstand leisten, die sich wiederum untereinander bekriegen wollen, so daß die Milites ihnen hierbei Heerfolge leisten und einfach ihr Schicksal erwarten müssen. Deshalb ist den Milites das Leben lästig, aller Besitz wertlos; a) einige fliehen, b) andere gehen ins Kloster, c) andere finden
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Das »Polypticum« des Bischofs Atto von Vercelli
sich mit dem Gefängnis ab, d) andere verstecken sich, e) andere werden enthauptetaber auch dann noch werden ihre Nachkommen verfolgt: einerlei, ob schuldig oder unschuldig. Der Erfolg ist also für die Untertanen dieser: Nach der Vernichtung der Großen sind alle mundtot gemacht, so daß die Milites, die jene an die Fürsten verrieten, sich jetzt nach ihnen zurücksehnen, während andererseits die Großen, die Leute edler Geburt, als Opfer von deren Niedertracht arm und geknechtet sind. c. 6. Nach der Erörterung über das Schicksal der Großen und der Milites erhebt sich die Frage: was werden die Iudices tun? Anstatt nach ihrer Überzeugung oder nach Rechtsaufzeichnungen zu urteilen, verfälschen sie in bestechlichem Gehorsam für ihre Herren das Recht (a), urteilen sie parteüsch (b ), halten sie sich nicht einmal an ihre bisherigen Entscheidungen (c). (S. In:) Der Wegfall jeder Schranke verleitet den Fürsten zu folgendem Leben: Er täuscht den Rest des Volkes durch Gnaden, jubelt aber über jeden Todesfall, durch den er sich das Erbe aneignen kann. Die Witwen müssen sich die Erlaubnis zur Wiederverheiratung erkaufen oder werden an Günstlinge des Fürsten verheiratet. Entweder nehmen sie sich dann unwürdige Gatten, oder sie werden von den Günstlingen verstoßen. Der Fürst aber treibt in seinem Palaste Unzucht, verdrängt die Beamten, verhöhnt die Edelgeborenen und befördert dafür gegen Bezahlung unedle Fremde oder Einheimische, die doch nur Toren sind, zu neuen Würdenträgern. Diese sind in allem Kreaturen des Fürsten, die nichts Eigenes aufzuweisen haben und ihrer Aufgabe völlig unkundig sind. c. 7· Durch Lärm unterdrücken die neuen Würdenträger das Heischen des Volkes, freuen sich wohl anfangs am stolzen Leben, werden dann aber um den Bestand ihres Glückes auf Grund der bisherigen Erfahrungen besorgt. Sie können beim Fürsten der Gefahr, übergangen zu werden, nichts entgegensetzen, während das Volk ihnen nicht gehorcht; denn die Erinnerung an die Vorgänger hält es davon ab 7 • Den Makel niederer Geburt verdecken sie durch doppelten Prunk. Zur Sicherung ihres Besitzes verschwören sie sich mit ihren Genossen gegen den unbequemen Herrn, obwohl nach geschichtlichen Beispielen ihr Sturz schon jetzt zweifellos sein müßte. Falls sie nicht im letzten Augenblick zurücktreten, klagen sie im Verein mit den von ihnen mitgerissenen Milites den Fürsten an. Den Tadler ihrer Untre,J.e fangen oder töten sie, während sie selbst nach errungenem Erfolge den gestürzten Herrscher beerben und Siegesfeste feiern. Als Sicherung einer neuen Treuverbindung fesseln sie sich gegenseitig durch Verschwägerung, Patenschaft und Schwur, worauf sie alles nach ihrem Willen aufteilen. 7 GoETZ a. a. 0. S. 36: quos ... eulogie priscorum ... retardant (Glosse: sei!. ab obsequio). Die
Wiedergabe durch: abstumpfen (ebd. S. 59) gibt keinen Sinn.
Inhaltswiedergabe (I. Teil Kap. 5 bis n)
(S. I89:) c. 8. Trotzdem werden sie bestraft: Beim Mißerfolg finden sie sofort ihre Strafe (I); oder wenn dieser nicht eintritt (z), laden sie noch weitere, dreifache Schuld auf sich: a) Sie eignen sich ohne Widerspruch den Hausrat der parteilichen Beamten an, b) sie feiern üppige Feste und c) fallen in Unzucht. c. 9· Das ihnen an Stand ursprünglich gleiche, aber durch die Masse weit überlegene Volk wird so von Neid e~regt, daß die Würdenträger sich nach einem neuen Fürsten umsehen müssen, der ihnen nichts zu tun wagen, sie aber vor dem Volke schützen wird. Das ist unmöglich; denn entweder bestürmen beide Parteien diesen in seiner Schwachheit so, daß er die Krone wieder niederlegt, oder er hat sich nur schwach gezeigt, um erstmal seine Wahl durchzusetzen. In diesem zweiten Falle müssen die neuen Würdenträger sich wiederum gegen die von einem starken Herrscher drohenden Gefahren verbinden, wogegen wiederum der Fürst im Sinne seiner Vorgänger Gegenmaßregeln ergreift. Wenn den Würdenträgern droht, zu unterliegen, müssen sie auswärtige Hilfstruppen anwerben, möglicherweise auch ihrem Fürsten einen kräftigeren auswärtigen Herrscher entgegensetzen- wobei die Gefahr besteht, daß diese Maßnahmen schon zu spät kommen. c. Io-I I. Denn der Fürst wird inzwischen die Würdenträger zu vernichten suchen -wie sein Vorgänger ihre Vorgänger. Sie können sichnun an diefrüheren Großen wenden, werden aber lieber, wenn sie die Maßnahmen des Fürsten erkennen, diesem den ihm von seinen Untertanen drohenden Sturz verraten, weil sie zu furchtsam sind, sich ihnen anzuschließen - was sie dann aber heuchlerischerweise mit Liebe zum Fürsten begründen. Außer den Belohnungen, die sie von den die Empörung planenden Großen empfingen, erwarten sie noch solche vom Fürsten, der den Plan aber natürlich schon kennt und sie wegen ihrer Schwäche geringschätzig behandelt. Wie benehmen sich nun die auswärtigen Fürsten auf die Einladung zum Eingreifen? Es gibt vier Möglichkeiten: a) Sie versprechen unter Schwur den Empörern Hilfe, verraten aber die Pläne der-( S. I 9 o:) selben gegen Dankgeschenke an deren eigenen König, wobei sie aber selbstverständlich ihr eigenes Versprechen, jenen Hilfe zu bringen, wohlweislich verschweigen- der König kann dann (I) die isoliert gebliebenen Empörer vernichten und die Ausländer belohnen; er kann aber auch (z) die Empörer, die den Ausländern durch ihren Verrat nunmehr verfeindet sind, gegen diese aufwiegeln, während sie selbst noch glauben, dem Könige Hilfe zu bringen; b) die auswärtigen Fürsten machen wirklich einen Anlauf gegen den Fürsten, lassen sich aber sofort durch die erste Gefahr einschüchtern; c) oder sie lassen sich, wenn sie ihm selbst mit Übermacht gegenüberstehen, durch Geschenke spalten, so daß sie die Schuld auf ihre Führer schieben, sie verlassen und lieber den Gewinst in Sicherheit bringen. d) (c. I I) Ganz selten kommt es wirklich zum Angriff des ausländischen Bundesgenossen, der dann entweder fällt oder eine durch Bündnis gesicherte Teilung bei dem einheimischen Fürsten erreicht. - Für die Milites, die ihn
Das »Polypticum« des Bischofs Atto von Vercelli
riefen, bedeutet das im ersten Falle Strafe durch den Überlebenden, im zweiten wiederum Zwang zum Gehorsam durch den neuen Fürsten, der sich natürlich wieder nach dem Vorbild seiner Vorgänger richtet. Was bewirkt nun aber der ausländische König, der nicht nur- wie die Annahme bei dem bisher behandelten ausländischen Fürsten war - von annähernd gleicher Macht wie der heimische Fürst ist, sondern von überlegener? Die Untertanen eines Fürsten, der nur ein Land regiert, können in ihrem Unmut sich nämlich auch an einen mächtigeren ausländischen König wenden. Entweder er versagt sich ihnen, dann können sie kaum in die Heimat zurückkehren; oder er kommt ihrer Aufforderung nach, dann erhalten sie ihre Strafe erst später. Dieser König kann sein Heer, das schließlich keine Beute mehr findet, auf die Dauer nicht in der Fremde unter Waffen halten, so daß er zurückkehren muß. Diejenigen, welche ihn einluden, müssen ihm dann entweder dorthin in die Verbannung folgen, oder sie werden in der Heimat vernichtet. Denn der heimische Fürst, der in der Fremde oder in einer festen Stadt seine Zeit abgewartet hat, nimmt die Herrschaft wieder an sich und ( S. 191:) belohnt Treue mit Lohn, Untreue mit Strafe, an der sich sein Heer beteiligt, indem es noch die Nachkommen der Verräter mit einbezieht. Keine Aussicht auf Besserung - das ist die immer wieder gefundene Erkenntnis läßt das Laster zu, das nicht ausstirbt. Andere erheben sich wieder und drehen sich im gleichen Tun. II. Teil c. 12-13. Die Geschichte hat unter den Menschen Unterschiede herausgebildet, die aufzuheben Frevel ist. Wenn das von den Frevlern Verachtete wirklich verachtet würde, dann könnte ebensogut die Schöpfung nicht mehr schaffen, oder wenn man Herren und Troßknechte gleichsetzt, könnte man ebensogut Himmel, Erde und Unterwelt gleichsetzen. Die Fürstenwürde darf eben nicht herabgewürdigt werden, weil Gott sie zur Festigung der wankenden Welt erkor, wie die Geschichte des alttestamentlichen und des durch Konstantin den Großen fortgesetzten neuen Bundes deutlich zeigt. Denn ein Volk ohne Führer kann nicht bestehen, wie gleichfalls die Geschichte und die Natur lehren, während es unter einem eifrigen und klugen Fürsten gedeiht. Schärfster Hohn gebührt daher der Meinung der sich an weltliche Lust hängenden Gegner, die als einzige Gemeinschaft den Bund des Gelages anerkennen. c. 14-17. Noch kann man deren Wirkung Einhalt gebieten. Nur ein Tor will das Fürstenamt beseitigen; aber dies darf auch nicht entweiht werden durch Thronraub (der als vierter Fall der Erringung einer Herrschaft mit seinen Folgen eingehend in Teil I dargestellt worden ist). Dem Rechtliebenden wird daher der EntschluG, die Herrschaft anzutreten, nicht leicht werden; dem aber, den es nicht schreckt, einen Krieg zu entzünden und die in Teil I aufgezählten Leiden anderen zu bereiten,
Inhaltswiedergabe (II. Teil)
droht die Hölle. Es kommt eben auf die schon iin Anfang angegebene Grundlage der Herrschaft an. Dem steht es zu, den Thron zu besteigen, a) den Gott durch Vorzeichen bestimmt hat, b) den die Versammlung aller Vornehmen wählt, und c) der durch Erbrecht Anspruch hat. Während die anderen ihre Strafe finden werden, haben solche, wenn sie sich um das ( S. I92:) Recht bemühen, Aussicht auf ein seliges Ende, wie das Alte Testament und die Geschichte beweisen. Aber der rechtliche Regierungsantritt genügt noch nicht; der Fortgang muß ebenso sein, da noch ein Rückfall möglich ist, wie man gleichfalls aus dem Alten Testament und der Geschichte lernen kann. (c. 17) Aus schlechter Gattung kommt nämlich selten eine gute Art, aus guter aber oft eine schlechte. Daher ist der geschilderte Thronraub ein V erbrechen. Die rechtmäßige Thronsetzung tut es nicht allein, sondern persönliche Rechtlichkeit ist auch noch nötig- wie bei einem jeden von uns, die wir uns mit unserem Maß in Hoffnung auf himmlischen Lohn begnügen sollen. Man danke für Gottes Gnade im Glück und bete zu ihm im Unglück. c. r8. Es ist eine sinkende Zeit, aber noch schlimmer hatte es Hiob. Bitten wir also Gott, daß er uns wie einst seinem getreuen Knechte helfe, da er als Schöpfer die Heilmittel am besten kennt! Ebenso wie es dann nicht an Rettung fehlen kann, ist ohne ihn der Untergang gewiß. c. 19. Dieses Übel soll also der Thronbewerber meiden. Er nehme die Wahl an und lebe dann rechtlich in Gottes Sinn, nicht in dem seiner menschlichen Schwachheit, nach dem Rate der Guten und der Bibel. Das Volk aber teile diese Gesinnung und bete für ihn. Dies soll jetzt geschehen, wobei mit Gott selbst begonnen werde, dem Erzversucher zum Trotz: Gott, du hast allen Dingen ihr Maß gesetzt, du hast die Grade unter den Menschen geschaffen, deren höchster die königliche Würde ist. Der Könige Lage ist auch die unsrige. Leite sie und bewahre sie, daß ihr Beispiel uns stärkt und sie himmlischen Lohnes wert werden! Sie mögen wie wir deine Priester achten, mit ihren Großen weise regieren, den Milites secundi ordinis 8 ihr Recht bewahren und sie nicht den Mili tes priores vorsetzen, und sie mögen dem niederen Volk Recht erweisen. Dir aber, nicht den Königen, sei der Ruhm; durch sie mögen dir die Heiden gewonnen, die Christen bewahrt werden. Gib ihnen (S. I9J·) Nachfahren, Tugend und Ehren, bis sie im Tode ihren Söhnen die Krone lassen, die noch die Enkel tragen mögen bis in die fernsten Zeiten. Amen.
c) Die geistige Eigenart Attos und sein Verhältnis zur Reform Clutl:JS So von seinem Schleier befreit, stellt sich das Polypticum als eine ebenso klare wie 8 Vgl. dazu L. M. HARTMANN, Geschichte Italiens im MA. IV r, Gotha I9I5 S. 6rf. mit
Anm. r6, wo Atto zitiert ist.
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Das »Polypticum« des Bischofs Atto von Vercelli
tiefsinnige Schrift über das Problem der Herrschaft dar. Man kann ihre Grundlehre vielleicht am kürzesten mit den Worten wiedergeben: Das ist der Fluch der bösen Tat, Daß sie fortzeugend Böses muß gebären. Wenn die Herrschaft einmal auf unrechtem Wege in Besitz genommen ist, dann muß daraus Unheil entstehen, Unfriede, Besitzgier, Gewalttat und daraus wieder Not des unrechtmäßigen Herrschers, der nun einen neuen Weg versucht, aber auf diesem nur noch tiefer in das Verhängnis hineingleiten wird. Wie man die überhaupt denkbaren Möglichkeiten auch durchrechnen mag - immer ergibt sich derselbe, schließlich schon monoton wirkende Schluß: aus Unheil kann nur Unheil entstehen. Dieses kasuistische Denken ist es, was wohl am meisten bei dem Traktat auffällt. Mit erstaunlicher Folgerichtigkeit sind alle Möglichkeiten zusammengestellt, die sich aus dem Mit- und Gegeneinander der Herrscher und der einzelnen Stände kombinieren lassen. In dieser Hinsicht stellt das Polypticum eine Leistung dar, die weit über ihre Zeit hinausweist. Man fühlt sich bei seiner Lektüre schon an die Scholastik des reifen Mittelalters gemahnt. Mit dem Hinweis auf die Denkleistung, die im »Polypticum« vorliegt, ist die Eigenart dieser Schrift noch nicht erschöpft. Man muß beobachten, wie sich in ihr die Dinge der Welt, die Vorgänge des öffentlichen Lebens widerspiegeln. Die Art, wie der Autor einen aus dem andern ableitet, mutet geradezu mechanisch an, und sein Werk könnte als eine gesetzmäßige Bewegungslehre des Staates bezeichnet werden: geschieht a, dann muß b, geschieht a 1 , dann muß b 1 geschehen. Die Kausalität ist jedoch eine moralische, und zwar- ganz im Gegensatz zu den zitierten Versen Schillers - eine unmittelbar in Gott und seinem ( S. I94·) bösen Widerpart begründete. Wer sich dem Bösen verschreibt, kommt nicht mehr aus seinem Bannkreis heraus - es sei denn, er gewönne die Gnade Gottes, die allein imstande ist, diese Kausalität des Bösen zu durchbrechen. So erscheint im »Polypticum« das öffentliche Leben mit seinen scheinbar wirren und regellosen Zufällen als von denselben Prinzipien bis zu gesetzmäßiger Folgerichtigkeit durchdrungen und bestimmt, die auch für Makrokosmos und Mikrokosmos gelten. Damit ist nicht nur der Staat selbst, dessen Ort seit Augustin in der geistigen Welt des Mittelalters durch das Maß der in ihm verwirklichten »Justitia« bestimmt ist, sondern damit sind alle seine Lebensvorgänge, die sonst einzelner Würdigung überlassen bleiben, einer theologisch-moralischen Gesamtbetrachtung erschlossen. Diese Betrachtung ist nun - und das gibt dem »Polypticum« seinen historischen Wert- von größter Realistik und psychologischer Feinheit; denn so weltanschaulich bedingt auch der Standpunkt der Betrachtung ist, so scharf hat doch das Auge des Verfassers gesehen. Das »Polypticum« enthält nicht einfach die systematische Kasuistik eines gelehrten Grüblers, sondern die verdichtete Wiedergabe der Welt, wie sie in
Attos Eigenart
der Zeit des Verfassers wirklich aussah. Alle jene Wechselfälle, die im 10. Jahrhundert die italienische Geschichte kaleidoskopartig verwirrten und jeden Ansatz einer Konsolidierung sofort wieder vernichteten, sind im »Polypticum« wie in einer Sammlung von Musterbeispielen zusammengefaßt. Diese ganz unverkennbare Nähe zur Wirklichkeit ist es ja auch, durch die die irrtümliche Deutung des Traktats als eines historischen Berichtes über tatsächlich geschehene Ereignisse entstanden ist. Einer Geschichtsquelle hat das »Polypticum« das voraus, daß es üb er den Dingen steht und seine Schilderung von jeder Einmaligkeit befreit ist, ferner, daß es die wirksamen psychologischen Motive, den Selbsterhaltungs- und den reinen Machttrieb, Geldgier, Lust u. a. m. schonungslos ans Licht zieht. Es erhebt sich andererseits auch über jene byzantinischen »realistischen« Fürstenspiegel, die über moralische Allgemeinheiten hinaus zur Beherrschung der konkreten Welt anleiten wollen und dafür Maximen und ( S. 195:) Exempla praktisch-politischer Erfahrung aufzeichnen 9 • Denn deren realistische Betrachtung der Weltläufte, die in ihrer Art wohl etwas Vergleichbares mit der des »Polypticum« hat, erfolgt von einem Standpunkt aus, der mitten in der Welt gewählt ist und deshalb die Dinge hinnimmt, wie sie sind. Die Aufgabe dieser Fürstenspiegel ist, erfolgreiches Herrschen und Dienen zu lehren nicht, Kritik zu üben und dadurch zur Besserung anzuleiten. Mit diesen Worten ist schon bestimmt, was der tiefere Sinn des »Polypticum« ist, das man deshalb einen »Weltspiegel« nennen könnte- genauer noch: einen Spiegel des öffentlichen Lebens. Um verwandte Beispiele aus der mittelalterlichen Literatur anführen zu können, muß man sich schon weit umsehen; denn dieser Traktat steht nicht nur durch seine äußere Einkleidung isoliert. Aber es läßt sich doch angeben, in welche geistige Linie er hineingehört, vermutlich sogar, an welches literarische Vorbild der Verfasser angeknüpft hat. Der Geist, der aus dem »Polypticum« spricht, ist der Geist Clunys, der schon in den dreißiger Jahren des I o. Jahrhunderts nach Italien gedrungen war und in der Zeit, als Atto starb, die Reform in den verschiedensten Teilen des Landes zum Siege geführt hatte10 •
9 V gl. dazu CH. DIEHL, La sagesse de Cecaumene in seinem Buch: Dans I' Orient Byzantin, Paris 1917 (zu diesem Autor vgl. C. BucKLERinder Byzant. Zeitsch. 36, 1936 S. 7-26); V. VALDENBERG, Nikoulitza et !es historiens byzantins contemporains in: Byzantion III, Paris-Lüttich 1927 S. 95 ff.; dazu die Übersetzung von H.-G. BECK, Vademecum eines byzant. Aristokraten. Das sog. Strategikon des K., Graz usw. 1956 (Byzant. Geschichtsschreiber V). Doch ist unser Problem hier noch nicht ausgeschöpft. V gl. dazu Bd. I
s. 120. S. auch NrZAMULMULK: Siyasatnama. Gedanken und Geschichten. Aus dem Persischen ins Deutsche übertragen von K. E. SCHABINGER Frhr. V. SCHOWINGEN, Freiburg-München 196r. Der Verf., 1060-93 seldschukischer Kanzler, legt hier die Grundsätze einer gerechten Staatsordnung nieder, gestützt auf seine Erfahrungen. 10 E. SACKUR, Die Cluniacenser I, Halle 1892 (Nachdruck: Darmstadt 1965) S. 315 ff.
z8
Das »Polypticum« des Bischofs Atto von Vercelli
Clunys literarisches Wahrzeichen war damals die Kampfschrift, die Odo, der erste der großen Reformäbte, hinterlassen hatte. Seine noch im ersten Viertel des Jahrhunderts abgefaßten »Collationes«11 bieten manche Parallele zum »Polypticum«, so daß man glauben möchte, sein Verfasser habe durch die Lektüre der »Collationes« den Weg zu seiner eignen Schrift gefunden. Dort nämlich mußte er auf eine Einteilung der Menschen in zwei Hauptklassen ( S. r96:) stoßen, in die der Guten, der Nachkommen Abels, und in die der Schlechten, die von Kain stammen. Diese !<Jassen hatte Odo wieder in zwei Unterklassen geteilt, in die wahrhaft guten und die an der Welt haftenden, wenn auch nicht schlechten Menschen einerseits und in die völlig Schlechten und die heimlich Schlechten andererseits. Bei Odo ist auch das Übel dreifach geartet, je nachdem, ob es von Gott, dem Teufel oder den Menschen selbst stammt, und im Texte wird dann näher ausgeführt, wie dieses dreiwurzelige Übel die verschiedenen Klassen der Menschen trifft. Schon in dieser Anlage der »Collationes« möchte man die Grundlinien des »Polypticum« wiedererkennen; aber auch ihre Ausführungen selbst scheinen wie ein düsteres Vorspiel zu den schrecklichen Szenen, die der Italiener schildert. Odo geißelt wie Atto die verschiedenen Stände, die Ritter, Barone, Mönche und Priester, für deren Verderbtheit er einprägsame Beispiele anzuführen weiß. In der Schonungslosigkeit, in der heftigen, jede Entschuldigung ausschließenden Strenge erscheint Odo, der in dem Lehrgedicht »Üccupatio« 12 seine Auffassungen auch im Rahmen der Geschichte des Sündenfalles und der Heilserlösung vorgetragen hat, recht als der geistige Vater des »Polypticum«13 • Gegenüber den »Collationes« besteht ein wesentlicher Unterschied darin, daß das Thema des »Polypticum« ein viel begrenzteres ist. Den Hauptteil dieses »Spiegels des öffentlichen Lebens« macht die Darlegung aus, daß durch den unrechtmäßigen Erwerb der Herrschaft keine dauerhaften und moralischen Zustände entstehen können. Aber der V erfass er bleibt doch nicht bei dieser bis ins einzelne bewiesenen I I Bibi. Cluniac. ed. M. MARRIER, Paris I 6 I4 S. 159-262; auch MIGNE, Patrol. lat. I33 Sp. 5r8ff.; vgl. dazu SAcKuRa. a. 0. S. II7f., II, ebd. I894 S. 33d.; A. HEsSEL, Odo von Cl uni u. d. franz. Kulturproblem im früheren Ma. in: Histor. Zeitschr. 128, I923, S. r8; M. MA..'IITIUS, Gesch. der lat. Lit. des Ma.s II, München 1924 S. 2off., R. HoLTZMAJ-.-'N, a. a. 0. I, 2, 2. Aufl., Tübingen 1948 S. 301. Vgl. auch C. VoORMANN, Studien zu Odo von C., Diss. Bonn 1951 und JoH. FECHTER, Cluny, Adel u. Volk ... 9I0-I156, Diss. Tübingen I965 S. 5off. Zu Pater Kassius HALLINGERS vielbeachtetem Buch (Gorze-Kluny, Bonn I950/I =
Studia Anselmiana 22-25) vgl. die den Inhalt konzentrierende und kritisch würdigende Rezension von TH. ScHIEFPER im Archiv für Mittelrhein. Kirchengesch. IV, I9F S. 24-44 (»Cluniazensische oder Gorzische Reformbewegung«) und die Ergänzung, die der gelehrte Pater bietet: Zur geistigen Welt der Anfänge Klunys, im Deutschen Archiv X, I954 S. 4I7-45· I2 Hrsg. von A. SwoBODA in: Bibi. Teubneriana, Leipzig 19oo; vgl. dazu HEsSEL a. a. 0. S. I7. I 3 Auch Odo liebt das Prunken mit griechischen und seltenen lateinischen Ausdrücken; vgJ. MANITIUS a. a. 0. S. 23.
Atto und Cluny
These stehen, sondern er rundet seine Behandlung des öffentlichen Lebens noch durch einen zweiten, positiven Teil ab. Diesem fehlt notwendigerweise die Anschaulichkeit und Kraft des Hauptteils, da er ja nicht aus der Spannung von Spekulation und Beobachtung heraus geschaffen sein kann. Denn wenn ein Autor wie der Verfasser des ( S. I9 7 .') »Polypticum« eine gute und rechtmäßige Herrschaft schildern will, dann bleibt ihm nur übrig, in die Zeit der Vergangenheit zu fliehen und aus Bibel und antikem Schrifttum die konkreten Beispiele für ein solches Regiment zusammenzusuchen, d. h. er muß vom Leben in die Literatur hinüberwechseln. Der zweite Teil wird schon durch die einleitenden Worte des »Polypticum« (c. z) gefordert. Danach gibt es drei legale Wege zur Herrschaft, nämlich göttliche Berufung, Wahl und Erbrecht, die zweifellos zusammenfallen können, von denen aber nach der Auffassung des hier nicht völlig durchsichtigen Textes auch jeder für sich seine Berechtigung haben wird. Die Unklarheit dieses Mit- und Nebeneinanders der drei Nachfolgeordnungen ist ja überhaupt für das 10. Jahrhundert bezeichnend14 • Erst eine spätere Zeit hat durch schärfere Begriffsbildung und Rechtsfassung ihre Unterschiede ins Bewußtsein gehoben. Daß nicht nur diese legal entstandene Herrschaft, sondern auch die Stände selbst gottgesetzt sind, ist gleichfalls eine allgemeine Auffassung der Zeit15 , die ihre sedes materiae in I. Kor. 7, zo hat: »Ein jeglicher bleibe in dem Beruf, darinnen er berufen ist.« Sehr beachtlich bleibt, daß der Verfasser kein Widerstandsrecht16 gelten läßt. Er gibt nur den Rat, Gott im Glücke zu danken und im Unglück zu ihm zu beten (§ 17)· Überhaupt wird derjenige, der einzelne Theoreme der mittelalterlichen Staatslehre studiert, auf viele Fragen eine Antwort- sei sie positiv oder negativ- im »Polypticum« finden. Hier sei nur noch darauf hingewiesen, daß diese Schrift vielleicht die eindrücklichste Illustration des 10. Jahrhunderts zu der Lehre vom Rex iustus und vom Tyrannus 17 darstellt. Das Resultat dieser Ausführungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß wir unter den Geschichtszeugnissen des 10. Jahrhunderts ein Werk zu streichen haben, daß wir dadurch aber einen tiefsinnigen und gedankenreichen Traktat über den Staat des Mittelalters gewinnen, den man in manchem als frühen Vorläufer der Schrift Machiavellis bezeichnen darf.
14 Vgl. dazu F. KERN, Gottesgnadentum u. Widerstandsrecht im früheren Ma., Leipzig 1914 (Nachdruck: Darmstadt 1954), bes. S. 51 ff. und die folgenden Abschnitte. 15 Vgl. E. TROELTSCH, Die Soziallehren der christl. Kirchen, Tübingen 1912 (auch 1919)
S. l2Dff. usw. 16 Vgl. dazu KERN a. a. 0. S. r61ff. 17 Vgl. E. BERNHEIM, Mittelalterliche Zeitanschauungen in ihrem Einfluß auf Politik und Geschichtsschreibung I, Tübingen 1918, bes. 101ff.
A. DIE DEUTSC HEN HERRSC HER
..
AUS DEM SACHSIS CHEN HAUSE ALS KONIGE (bis 962)
I.
Ottos I. Königskrönung m Aachen (9 36Y Die Vorakte und die Einzelvorgänge im Rahmen der deutschen Geschichte
a) Rückblick Im II. Bande haben wir die Geschichte von Salbung und Krönung sowie der sonstigen mit einem Thronwechsel verbundenen Vorgänge dargestellt: bei den Westfranken (S. 142ff.), bei den Angelsachsen (S. 169ff.), in den neugeschaffenen Burgundischen Reichen (S. 257ff.) und bei den Ostfranken, für deren durch Teilungen und andere Zufälle- abgesonderten Bereich im Jahre 888 der Name Teutonia begegnet, 919 die Bezeichnung regnum Teutonicorum belegt ist (S. 97, 156, 215, 302). Es ergab sich, daß die im Westfrankenreich von der Mitte des 9· Jahrhunderts an in eine feste Ordnung gebrachte, mit der Salbung anhebende und beim Aufsetzen der Krone ihren Höhepunkt erreichende Königsweihe sowohl in Burgund als auch auf der angelsächsischen Insel nachgeahmt, aber den dort gegebenen Verhältnissen angepaßt wurde. Was wir über die im Ostfrankenreich herrschenden Nachkommen Ludwigs des Frommen erfahren, ist wenig. Ludwig der Deutsche hat es nie für nötig gehalten, sich salben zu lassen. Karl III. nutzte 88o das Zusammentreffen mit dem Papst in Ravenna aus, um sich weihen zu lassen; Arnulf wurde erst gesalbt, als er im Jahre 896 die Kaiserkrone erlangte. Er führte seinen nicht vollbürtigen Sohn Zwentibold, den er 895 zum König von Lotharingien machte, in weltlicher Form in die Herrschaft ein- an diesen Akt schloß sich eine Bettedictio an, die man vielleicht als Salbung interpretieren darf. Bei der Thronbesteigung Ludwigs IV. des Kindes (9oo) ist von keiner kirchlichen Feier die Rede. Gewiß ist dagegen, daß Konrad I. gesalbt wurde - die näheren Umstände sind allerdings unbekannt. Welchem der deutschen Bischöfe fiel die Leitung dieser Feier zu? Anzunehmen ist, daß der Erzbischof von Mainz der Coronator war. Dieses Faktum muß noch einmal unterstrichen werden; denn wie wir bereits im II. Bande feststellten, handelt es sich um die erste kirchliche Weihe eines über das
* Zuerst als
Teil des Aufsatzes: Die Krönung in Deutschland bis roz8 (andere Teiles. Bd. II S. 287ff. und unten S. ro8 ff.), in der Zeitschr.
3 Schramm, Aufsätze I!!
f. Rechtsgesch. 55, Kanon. Abt. 24, r 9 35, S. 196-215.
34
A
I :
Ottos I. Königskrönung in Aachen (9 36)
regnum Teutonicorum gebietenden Herrschers, die nicht wie bei Karl III. und Arnulf durch den Papst, sondern durch ein Mitglied der einheimischen Hierarchie vollzogen wurde. Dabei war sicherlich von Bedeutung, daß Konrad als dem ersten Herrscher, der nicht dem Karolingischen Hause entstammte, an einer Verstärkung seiner »Wahl« durch einen kirchlichen Akt gelegen sein mußte. Ferner erinnern wir hier noch einmal daran, daß Heinrich I., der zweite Herrscher aus einem nicht-karolingischen Geschlecht, von Konrad durch die Übersendung seiner Herrschaftszeichen zum Nachfolger designiert, von den Sachsen und Franken zum König gewählt, aber nicht gesalbt wurde. Heinrich lehnte das mit wohlklingender Begründung ab; sein wahres Motiv ist durchsichtig: er wollte nicht in die - seinem Vorgänger gefährlich gewordene - Abhängigkeit von der Kirche geraten, trachtete vielmehr, die Herzöge - einen nach dem anderen - auf seine Seite zu ziehen. Im Rahmen der ostfränkischen Tradition gesehen, wog Heinrichs Verzicht nicht viel, weil es wohl nur einen einzigen Präzedenzfall gab. Aber für die Könige im Westfrankenreich, in Burgund und in England war es mittlerweile selbstverständlich geworden, daß sie von kirchlicher Hand gesalbt und vor dem Altar mit den Herrschaftszeichen investiert wurden. Diese Entwicklung ist in keinem dieser Länder wieder rückgängig gemacht worden; ja, alle übrigen Länder Europas, in denen der katholische Glaube herrschte, haben sich - eins nach dem anderen - diesem Vorbild angeschlossen. Deutschland hat den Vorsprung, den die Nachbarländer gewonnen hatten, im Jahre 936 eingeholt: Otto I., Heinrichs I. Sohn und Nachfolger, wurde in Aachen gesalbt und vor dem Altar mit den Herrschaftszeichen von geistlicher Hand investiert1. Wir haben über diesen Vorgang und die ihn einrahmenden Rechtsakte so genaue Nachricht, daß wir unsdaranmachen können, zu klären: Was geschah? Was bedeutete das? Wie weit wurde dadurch die weitere deutsche Geschichte festgelegt? b) Otto I. vor der Kriinung
Wir fragen zunächst: welche Rechtsakte gingenOttos Königsweihe voraus? 2 Heinrichs I. ältester Sohn aus seiner Ehe mit Mathilde, im Jahre 912 geboren, I
Zum Tausendjährigen Gedächtnistag (7. Aug. 1936) erschienen Zeitungsartikel und Aufsätze. Ich nenne hier: A. HuYSKENS, Die erste deutsche Königskrönung in Aachen, in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 57, 1936, S. 1-26 (s. dort auch 62, 1949 S. 4556, 116-18: J. RAMACKERS, Zur ersten deut-
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sehen Königskrönung in Aachen, 936). Der Aufsatz, den ich zu diesem Tage in: Geistige Arbeit III Nr. 20, Berlin 20. Okt. 1936 S. 5 veröffentlichte, folgt als Anhang. Ich füge im folgenden -sofern in meinen Zusammenhang gehörend - Ergebnisse ein, zu denen Kar! ScHMID, Die Thronfolge Ottos
Otto I. vor der Krönung
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wurde 927 mündig. Im Sept. 929 wies Heinrich mit Zustimmung Ottos und auf Bitten der Bischöfe, Großen und Grafen seiner Gemahlin ihr Wittum zu3 ; kurz danach (wohl Anfang 930) wurde Otto mit der Tochter des angelsächsischen Königs vermählt und schied damit aus der Munt des Vaters aus 4 • In diesem Jahre beendete Heinrich seine Reise durch das regnum, die man als »Umritt«5 bezeichnen darf, da ihr Sinn war, durch persönliches Erscheinen seine Herrschaft anerkennen und sie dort, wo er schon gewesen war, bekräftigen zu lassen. Einige Zeit vorher wurde die königliche Familie in das Verbrüderungbuch des Klosters Reichenau eingetragen; dem Namen Ottos wurde dabei der Königstitel zugesetzJ:G. Da Heinrich in der Urkunde, die 929 für seine Gemahlin ausgestellt wurde, vermerkt, es habe ihm gefallen, domum nostram ... dispomre, spricht Karl ScHMID von »Heinrichs I. Hausordnung von 929« und folgert aus ihrem Inhalt, daß durch sie u. a. Otto zum »Thronfolger« im regnum gemacht worden sei7 • Die Bezeichnung »Hausordnung« kann man gelten lassen; nur darf man sie nicht pressen und sie im Sinne jener (schriftlich viele Einzelheiten regelnden) Hausordnungen verstehen, die später in fürstlichen Geschlechtern üblich wurden. Entscheidend ist, daß der Vater seinen Sohn nicht zum Mitkönig machte, wie die Karolinger das getan hatten und die in Italien regierenden Könige es noch taten 7 •: auf den Urdes Großen, in der Zeitschrift für Rechtsgesch. 8I, German. Abt., I964 S. 8o-I63 gelangt ist, und nehme dort Stellung, wo er sich gegen meine Ausführungen im anschließenden Abschnitt wendet. Der V erf. kündigt den Druck seiner Habilitationsschrift an, die die Probleme des Aufsatzes in größerem Rahmen behandelt: »Geblüt, Herrschaft, Geschlechterbewußtsein des Adels im Ma.«. Vgl. dazu G. TELLENBACH, Liturg. Gedenkbücher als histor. Quellen, in den Melanges E. TISSERANT V, Bibl. Vaticana I964 (Studi e Testi 235) S. 395, 399, der unterstreicht, daß Heinrich 929 gegen die Tradition handelte: diese kannte nicht den Königstitel für den Nachfolger (s. dazu Bd. II S. 88). D. H. I. 20 (Mon. Germ., Dipl. I) S. ro9. 4 Zum Datum SCHMID a. a. 0. S. II8f. Roderieb ScHMIDT, Königsumritt und Huldigung in ottonisch-salischer Zeit, in: Vorträge und Forschungen, hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für ma.liche Gesch., geleitet von TH. MAYER VI, Konstanz I96I; dazu ScHMID a. a. 0. S. II3-22. 3*
6 Mon. Germ., Lib. confrat. ed. P. PIPER, I884 S. 227. Dieses bisher nicht gewürdigte Zeugnis hob K. ScHMID bereits in einem voraufgehenden Aufsatz ans Licht: Neue Quellen zum Verständnis des Adels im IO. Jahrh., in der Zeitschr. für Gesch. des Oberrheins Io8, I96o S. I85-232. 7 Thronfolge a. a. 0. S. IOI ff. Über den Verfasser der »Hausordnung« vgl. jetzt DERS., Religiöses und sippengebundenes Gemeinschaftsbewußtsein, im Deutschen Archiv 2I, I965 S. 7Iff.: Adaldag, Vertrauter der Königin Mathilde und wie sie Nachkomme Widukinds, »der erste >Kronjurist< der Ottonen«, 937 Erzbischof von Hamburg-Bremen; über ihn auch J. FLECKENSTEIN, Die Hofkapelle der deutschen Könige II, Stuttgart I 966 S. I I ff. USW. 7a Vgl. Lambert Mitkaiser 89I-4, Lotbar Mitkönig 931-45, Adalbert ebs. 951-61. - Nach Frankreich kam das Mitkönigtum erst 979, offensichtlich in Nachahmung des ottonischen Vorbildes; denn die gemeinsame Regierung Karlmanns mit seinem Bruder (879-82) stellt
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kunden steht allein sein Name, auf sie ist sein Siegel gedrückt. Daher vermögen wir auch nicht zu sagen, ob der Otto auf der Reicherrau zugeteilte Königstitel ihm auch sonst eingeräumt wurde oder ob es sich nur um einen gelegentlichen Akt einer- die Zukunft vorwegnehmenden - Höflichkeit handelte. Welchen Titel vor 936 Otto führte, ob ihm überhaupt ein fester Titel zukam, lassen weder die Urkunden noch die Chronisten mit Sicherheit erkennen. Auch in einer anderen Hinsicht ist Karl ScHMID zuzustimmen. Schärfer als das bisher geschah, hat er betont, daß Heinrich sich Stammesherzögen gegenüber sah, die beanspruchten, ihre Herzogtümer auf ihre Söhne zu vererben. Heinrich konnte daher nicht mehr an dem im 9· Jahrhundert noch üblichen Teilungsprinzip festhalten, da das aus vererbliehen Herzogtümern zusammengefügte regnum Teutonicorum gar nicht zu teilen war 8 • Daher ist Deutschland durch die Feudalisierung des Herzogsamtes- man möchte sagen: geradezu zwangsläufig und ohne Widerstreit der Meinungen- in den Zustand der Unteilbarkeit eingetreten. Hinzuzufügen ist, daß von 962 an die Kaiserkrone einen Reif um das regnum fügte; denn für sie konnte es ja nur einen einzigen Anwärter geben. Daher war der Vorschlag der Schwaben, die im Jahre roo2 zwischen ihrem Herzog und Heinrich II. wegen der Nachfolge entstandene Rivalität durch eine Teilung aus der Welt zu schaffen, durch die Geschichte längst undurchführbar gemacht. Heinrichs Entschluß, sein Reich ungeteilt dem ältesten Sohne aus der Ehe mit Mathilde zu vererben, war ihm durch das Gefüge seiner Familie erleichtert. Der aus seiner früheren Verbindung mit Hatheburg stammende Sohn Thangmar entsprach nicht den an die V ollbürtigkeit gerichteten Ansprüchen; der jüngste Sohn, der 929 erst vierjährige Brun, wurde gerade in diesem Jahre der Kirche übergeben, in deren Dienst er zum Erzbischof aufstieg. Geschädigt im Sinne des bisher gültigen Rechtsprinzips war durch die »Hausordnung« also nur Mathildens zweiter Sohn, Heinricher und ebenso Thangmar haben sich bekanntlich nicht damit abgefunden, daß sie übergangen wurden. Daß Heinrich im Jahre 930 in Begleitung der Herzöge Eberhard von Bayern und Giselbert von Lothringen das Aachener Münster besuchte 9 , ergab sich aus seiner einen Sonderfall dar; A. LuCHAIRE, Hist. des institutions monarchiques de Ia France ... 987-rrSo, I, Paris r883 S. 59 und P. E. ScHRAMM, Der König von Frankreich I, Weimar 1939 (Neudruck: Darmstadt r96o) S. Sr, 87f., 97-rrr (s. auch Bd. II S. 256). Zum Folgenden s. ScHMID a. a. 0. S. 145 ff. und vorher G. TELLENBACH, Wann ist das Deutsche Reich entstanden?, im Deutschen Archiv VI, 1943 S. 37ff. und: Die Unteilbar-
keit des Reiches, in der Histor. Zeitschr. r63, 1941 S. 2off. (beideAufsätze jetzt in: DieEntstehung des deutschen Reiches. Wege der Forschung I, 1956 S. rroff., S. 207ff.).- Zur Frage, wie weit die Herzogtümer bereits vererblich waren, ScHMID a. a. 0. S. 147ff. 9 K. HAUCK, Die Ottonen und Aachen, in: Kar! d. Gr. Lebenswerk u. Nachleben IV, Düsseldorf 1967 S. 5I.
Heinrichs I. Tod
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Reiseroute - auch sein Vater hatte es kennen gelernt, da er als Schwiegervater des Königs Zwentibold nach Lothringen kam10 • Man wüßte gern, welche Gedanken auf den Sachsen einstürmten, als er den Bau des Sachsenbezwingers kennenlernte, welche Überlegungen sich an diesen Eindruck in der Folgezeit anschlossen - wir wissen nur, daß Heinrich die Fürsorge für das Pfalzstift übernahm. Heinrich I. wird sich vielleicht schon 929, jedenfalls im Laufe der folgenden Jahre, vergewissert haben, daß die Großen des Reiches seiner Absicht zustimmten, und seinen Untertanen wird es mehr und mehr selbstverständlich geworden sein, daß ihm eines Tages auf dem Thron Otto folgen werde. Aber im Recht gesichert und verankert war diese Tatsache noch nicht. Was in dieser Zeit möglich war, zeigt dasVorgehen des Herzogs Arnulf von Bayern. Als dieser mit seinem Ende rechnen mußte, übertrug er seinem Sohne Eberhard das regnum Baiotvariorum und ließ ihm huldigen- die Salzburger Annalen vermerken, daß das in Reichenhall am 22. Juli 9 35 geschah; aber sicherlich hat Eberhard eine solche Huldigung auch noch in anderen Orten von Belang eingeholt11 • Von einer Huldigung, die Otto zu Lebzeiten des Vaters geleistet wurde, hören wir dagegen nichts. Erst als Heinrich im Jahre 936 schwer erkrankte, designierte er auf einem Hoftag in Erfurt seinen Sohn Otto, convocato omni populo, zum König, worauf er am 2. Juli in Memleben verschied. Laut Widukind fand dann noch eine »Wahl« Ottos durch omnis populus Franeorum atque Saxomtm statt; dieser populus bestimmte, daß die universalis electio in Aachen vorgenommen werden solle12. Nach Widukind fand also eine »Designation«13 des Sohnes durch den Vater, der die Anwesenden zustimmten, statt, an die sich eine »Vorwahl« durch Sachsen und Franken anschloß; diese gingen dabei von der Annahme aus, daß ihr Entschluß noch durch den Beitritt der übrigen Stämme rechtskräftig gemacht werden müsse. w Ebd. S. 47· 1 I K. RE1NDEL, Die bayerischen Luitpoldinger 893-989, München I95 3 (Quellen u. Erörterungen zur bayer. Gesch. N. F. XI) S. qof. (dazu Ann. Juvavenses maximi ad a. 935; Mon. Germ., Script. XXX, 2 S. 743), dazu DERS., Herzog Arnulf u. das Regnum Bavariae, in der Zeitschr. f. Bayer. Landesgesch. 17, I954 S. 250 (wiederholt in: Die Entstehung des deutschen Reiches. Wege der Forschung I, Darmstadt I956 S. 285). I2 Widukind I cap. 41 (ed. P. HIRSCH-E. LoHMANN, I935 S. 6o; Mon. Germ., Script. in us. schol.): Cumque se ( Heinricus) iam gravari morbo sensisset, convocato omni populo designavit ftlium suum Oddonem regem, caeteris quoque ftliis
predia cum thesauris distribuens; ipsum vero Oddonem . . .fratribus et omni Franeorum imperio prefecit. Teslamenta itaque legitime facto et rebus omnibus rite compositis defunctus est . .. (Die Bezeichnung Franeorum imperium entspricht nicht dem »offiziellen« Sprachbrauch; mit testamentum wird kein schriftlich abgefaßtes Dokument gemeint sein). 13 RosENSTOCK a. a. 0. S. 53 schlägt vor, dafür »Bescheidung« zu setzen. Vgl. jetzt G. WoLF, »Designatio« und »designare« bei Widukind von Corvey, in der Zeitschr. für Rechtsgesch. 73, German. Abt., 1956 S. 372-5 (ergänzend zu Brigitta SCHREYER, ebd. 1950 S. 407ff.).
A I: Ottos I. Königskrönung in Aachen (936)
Man hat Widukinds Worte gleichsam auf die Goldwaage gelegt, hat jedes Wort beklopft, wie ein Bergmann es bei erzhaitigern Gestein zu halten pflegt, und hat dabei aus den Augen verloren, daß Widukind drei Jahrzehnte nach dem Ereignis schrieb, daß schriftstellerischer Ehrgeiz seine Wortwahl bestimmte, nicht aber die nüchterne Gewissenhaftigkeit eines Notars, der ein Protokoll über einen von ihm in allen Einzelheiten geklärten Vorgang aufsetzt. Man muß beachten, daß Widukind zwischen Designation und »Vorwahl« ein neues Buch beginnt und dadurch eine stilistische Kluft schuf, die er überbrücken mußte; zu beachten ist ferner, daß er seinen Bericht über den Herrschaftsantritt Ottos II. ähnlich stilisierte14 • Vorsicht ist also bei der Auswertung seiner Angaben geboten. Wir halten uns an das Konkrete. Wo und wann fand die Vorwahl statt? Da die Weihe in Aachen bereits am 7· oder 8. August, also knapp fünf Wochen nach Heinrichs Tod vollzogen wurde, macht es Schwierigkeiten, sie chronologisch einzuordnen; auch ist nicht einzusehen, welche Rechtsfunktion eine solche »Vorwahl« gehabt haben sollte. Man wird Widukinds Bericht daher nicht mehr entnehmen dürfen, als daß gleich nach Heinrichs Tod die Verantwortlichen nach Aachen entboten wurden (wofür ein Monat eine angemessene Frist darstellte) und in der Zwischenzeit die Großen aus Sachsen und Franken, die sich am Hofe einfanden, diese Entscheidung billigten. Eine »Vorwahl« als Rechtsvorgang ist demnach zu streichen15 • Mit diesem Sachverhalt müssen wir uns begnügen, können wir uns auch begnügen. Denn alle Beteiligten, der König sowie die weltlichen und geistlichen Großen, waren sich ja seit mehr oder minder langer Zeit darüber einig, daß Otto der Nachfolger sein solle - eine »Opposition« wurde erst später spürbar. Es erübrigt sich daher, zu fragen, ob Heinrichs Wille den Ausschlag gegeben habe oder der Wille der Wähler, womöglich abzuwägen, bei wem die Initiative, bei wem die Entscheidung gelegen habe usw. Derartige Probleme, die lang und breit erörtert wurden, sind zum guten Teil Scheinprobleme1s. Als Otto nach Aachen reiste, durfte er jedenfalls sicher sein, daß niemand seiner Nachfolge widersprechen werd& 7 und voraussichtlich alle Männer, die im regnum etwas bedeuteten, zur Stelle sein würden. Aber die Frage, wie das Verhältnis der
I4 Gegenübergestellt bei SCHMID a. a. 0. S. 95· I 5 Zur Frage, ob zwischen der Designation und der Weihe in Aachen eine »Vorwahl« anzunehmen ist, wo diese stattfand und wer beteiligt war, vgl. SCHMID a. a. 0. S. 89ff. (neuere Stellungnahme verzeichnet S. 90 Anm. 36). Ich bleibetrotzdiesem Einspruch (S. 93) bei meiner Formulierung, da die Zeugnisse nun einmal nicht mehr hergeben, kehre also zu der von G. WAITZ vertretenen
Ansicht zurück; ebenso schon (mit Quellen und Lit.) W. MAURENBRECHER, Gesch. der Deutschen Königswahlen vom IO. bis I3. Jahrhundert, Leipzig I889 S. 54f. Anm. 3· I6 SCHMID a. a. 0. S. 9I zählt die gegebenen Antworten auf. I7 Über die Empörung des Halbbruders Thangmars und des Vollbruders Heinrich s. unten S. I56.
Widukind von Corvey
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Großen, besonders das der Herzöge, zu ihm zu begreifen sei, wie sich die Kirche zu ihm und den Großen stellen solle, welchem der Erzbischöfe der Vorrang zustehe, wieweit dem populus ein Anteil gebühre, diese und andere Fragen, die noch nicht geklärt waren, weil bisher kein dringender Anlaß vorgelegen hatte, sie mußten entschieden werden - und sie wurden in Aachen entschieden.
c) Die Vorgänge am Kriinungstag (Aachen, August 936) I.
Vorbemerkung: Widukind von Corvry und seine Beschreibung der Vorgänge (nebst Text der »Res gestae Saxonicae« II cap.
I-2)1 8•
Daß wir über das, was an diesem für die deutsche Geschichte so wichtig gewordenen Tag geschah, genauere Angaben zu machen imstande sind, verdanken wir allein dem Mönche Widukind, da er bei der Abfassung seiner Geschichte des Sachsenstammes in den Anfang des zweiten Buches (II cap. I-z) einen ausführlichen Bericht über den Aachener Tag einfügte - wir müssen in der Geschichtsschreibung weit heruntersteigen, bis wir auf einen gleich ausführlichen Bericht über eine deutsche Königskrönung stoßen. Denn die sonstigen Wortzeugnisse sind- sofern sie sich nicht an Widukind anlehnen19 - knapp, farblos und daher unergiebigzo.
18 Vgl. G. KRÜGER in Westfälische Lebensbilder, hrsg. von R. BöHMER u. 0. LEUNENSCHLOSS, Hauptreihe I 2, Münster 1930, S. 149-65, dazu J. BAUERMANN in der Histor. Zeitschr. 146, 1932 S. 577f. P. HrRSCH in seiner Übersetzung von »Widukinds Sächsischen Geschichten« 5· Auf!., Leipzig 1931 (Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 33) S. XXVff. läßt W. erst um 925 geboren sein. S. auch M. MANrnus, Gesch. der latein. Lit. im Mittelalter I, München I9II (Neudruck: ebd. 1959); Handb. der klass. Altertumswiss. IX 2, r) S. 715ff., dazu II s. 815. Jetzt ist grundlegend H. BEUMANN: Widukind von Korvei. Untersuchungen zur Geschichtsschreibung u. Ideengesch. des 10. Jahrh.s, Weimar 1950 (300 Seiten); vorher kurz: W. von K. als Geschichtsschreiber und seine polit. Gedankenwelt, in: Westfalen 27, 1948 S. 161-76; Studium Generale II,
1949 S. 338 (zum Formproblem) und Zeitsehr. für Rechtsgesch. 66, German. Abt. 1948 S. rff., dann auch in: Die Welt als Gesch. X, 1950 S. 117-30 über: »Das imperiale Königtum im 10. Jahrh.«. Die Fakten und die Lit. bei A. HAucK, W. v. K., in: Die deutsche Lit. des Ma.s, hrsg. von K. LANGascH IV, 3, Berlin 1953 S. 946-58. S. auch J. A. BRUNDAGE, W. of C. and the »Non-Roman« Imperial Idea, in Mediaeval Studies XXII, 1960 S. 15-26. 19 So Thietmar, der Annalista Saxo usw. (vgl. dazu MANITIUS a. a. 0. S. 718). 20 Aufgezählt in den Regesten des Kaiserreichs ... 919-1024, bearb. von E. v. 0TTE.N"THAL I, Innsbruck 1893 (BöHMER, Reg. Imp. II) Nr. 55h. Daß die in diesem Zusammenhang vielfach herangezogenen Krönungsardilles noch nicht benutzt werden dürfen, zeigt der nächste Abschnitt.
A I: Ottos I. Königskrönung in Aachen (936)
Früher wurde damit gerechnet, daß dem erhaltenen Text der »Sachsengeschichte« eine bereits 958 fertiggestellte Stammfassung vorausgegan gen sei 21 • Diese These ist heute fallen gelassen: wir haben es mit einem 967 abgeschlossenen Werk zu tun, d. h. mit einer Chronik, die erst drei Jahrzehnte nach der Aachener Feier fertiggestellt wurde 22 • Der Gedanke liegt nahe, daß Widukind für seinen Bericht über die Vorgänge im Aachener Münster einen Ordo herangezoge n hat 23 • Aber wir überschauen heute nicht nur die Ordines des 9· und ro. Jahrhunderts , sondern kennen auch das Geflecht der Abhängigkei ten, das die erhaltenen Texte aneinander bindet: mit keinem von ihnen können Widukinds Angaben zusammenge bracht werden 24 • Die von ihm aufgezeichneten Formeln weisen keine wörtliche Verwandtsch aft mit den sonst noch bekannten auf, und auch die Reihenfolge der Handlungen ist bei ihm eine andere als in dem schriftlich festgelegten Krönungsbra uch. War also Widukind allein auf sein Gedächtnis angewiesen? Befragte er vor der Niederschrift Augen- und Ohrenzeugen ? Hatte er über die Aachener Vorgänge schon früher etwas aufgezeichnet, so daß der zeitliche Abstand geringer war als drei Jahrzehnte? Wob er in seine Darstellung Informatione n, die ihm überOttos II. Krönung zum Mitkönig (96r) zugekommen waren? Alle diese Fragen lassen sich nicht beantworten. Um sein Detailwissen zu erklären, hat man vermutet, Widukind selbst sei Augenzeuge gewesen 25 - das ist möglich, aber nicht beweisbar. Aus seinem Namen, aus der Fülle seiner Informatione n, aus seinem Interesse an den Schicksalen des Sachsenstammes ist auf vornehme Abstammung - womöglich auf Abstammung vom Sachsenherzog Widukind - geschlossen worden: diese Annahme hat gleichfalls etwas für sich, aber auch sie ist unbeweisbar.
21 Auf sie habe ich mich noch bei dem Erstabdruck dieses Aufsatzes verlassen; ich konnte daher folgern, daß Widukinds Bericht bei der Redaktion des »Mainzer Ordo« (s. den folgd. Abschnitt) zu Rate gezogen sei. Diese Annahme läßt sich nicht mehr halten (so auch STENGEL, s. folgde. Anm. S. 34of.). 22 E. E. STENGEL, Die Entstehungszei t der »Res gestae Saxonicae« des W. von K., in: Corona quernea, Festgabe K. STRECKER, Lpz. 1941 (Neudruck Stuttgart 1952) S. 13658 (s. jetzt: Abhandl. u. Untersuchunge n zur ma.lichen Gesch., Köln-Graz 1960 S. 328-41) (Die alte These, daß 958 eine Erstredaktion vorangegangen sei, vertrat gleichzeitig M. L1NTZEL, Die Entstehungszei t von
W.s Sachsengesch., in: Sachsen u. Anhalt XVII, 1941/3 S. 1-13; vgl.: Ausgewählte Schriften II, Berlin 1961 S. 302-n). Zu der Datierung zuletzt W. HILLEBRAND, Von den Anfängen des Erzbergbaues am Rammelsberg bei Goslar, im Niedersächs. Jahrbuch 39, 1967 S. 205 ff. 23 So BEUMANN a. a. 0. S. 82, 207f. und E. E. STENGEL a. a. 0. S. 340f. 24 Dieses bestätigte mir Reinhard ELZE, der beste Kenner der Materie. 2 5 H. BEUMANN a. a. 0. S. 6 Anm. 3 bezeichnete diese Annahme als nicht erforderlich, wenn man die Benutzung eines Ordo voraussetze (s. vorstehend zu dieser - nicht mehr haltbaren- These).
Widukinds Text
4I
Trotz aller Bemühungen der Forschung bleibt also manches fraglich, und wir müssen uns eingestehen: unterlief Widukind irgendwo ein Irrtum, war er bei irgendeiner seiner Angaben ungenau, so können wir ihn - da andere Zeugnisse nicht vorliegen - nicht widerlegen. Wir müssen uns auf das von ihm gezeichnete Bild verlassen; denn die hinter diesem stehende Wirklichkeit ist versunken, ohne andere Spuren zu hinterlassen. Glücklicherweise ist Widukinds Bericht in sich so abgeschlossen und überzeugend, daß mit keinen wesentlichen Irrtümern gerechnet zu werden braucht. Die beiden Kapitel über die Aachener Vorgänge haben folgenden Wortlaut: 26
I. . .. Cumque illo (sei!. Aquisgranum) ventum esset, duces ac prefectorum principes cum caetera principum mi!itum manu congregati in sixto basilicae Magni Karoli cohaerenti collocarunt novum ducem in solio ibidetn constructo, manus ei dantes ac jidem pol!icentes operamque suam contra omnes inimicos spondentes, more suo fecerunt eum regem. Dum ea geruntur a ducibus ac caetero magistratu, pontifex maximus cum universo sacerdotali ordine et omni plebe infra in basilica prestolabatur processionem novi regis.Quo procedente pontifex obvius laeva sua dexteram tangit regis, suaque dextera lituum gestans, linea indutus, stola planetaque infulatus, progressusque in medium usque fani subsistit; et reversus ad populum, qui circumstabat- nam erant deambulatoria infra supraque in illa basi!ica in rotundum facta -, quo ab omni populo cerni posset: »En«, inquit, »adduco vobis a Deo electum et a domino rerum Heinrico olim designatum, nunc vero a cunctis principibus regem factum Oddonem; si vobis ista e!ectio placeat, dextris in cae!um levatis signiftcate.« Ad haec omnis populus dextras in exce!sum levans, cum c!amore valido inprecati sunt prospera novo duci. Proinde procedit pontifex cum rege tunica stricta more Franeorum induto pone altare, super quod insignia regalia posita erant,gladius cum balteo, clamis cum armi!lis, bacu!us cum sceptro ac diadema. Eo quippe tempore erat summus pontifex nomine Hildiberhtus, Franeo genere, monachus professione, nutritus vel doctus in Vuldo monasterio, et ad id honoris merito progrediens, ut pater eiusdem loci constitueretur, deinde summi pontiftcatus Mogontiacae sedis fastigium promeruisset. Hic erat vir mirae sanctitatis et preter naturalem animi sapientiam litterarum studiis satis clarus. Oui inter caetera gratiarum dona spiritum prophetiae acrepisse predicatur. Et cum quaestio esset pontiftcum in consecrando rege, Treverensis videlicet et Coloniae Agrippinae - illius, quia antiquior sedes esset et tamquam a beato Petro apostolo fundata; istius vero z6 Widukindi rerum gestarum Saxonicarum libri III, ed. P. HrRSCH-H. E. LOHMANN, 1935 S. 63ff. (Script. in us. schal.). H. BEUMANN a. a. 0. S. 170 macht darauf aufmerksam, daß außer dem Krönungsbe-
richt nur noch eine Sterbeszene den Cursus aufweist. Widukind hat den Aachener Kapiteln also besondere Sorgfalt angedeihen lassen.
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Ottos I. Königskrönung in Aachen (9 36)
quia eius ad diocesim pertineret locus: et ob id sibi convenire arbitrati sunt huius consecrationis honorem -, cessit tamen uterque eorum Hildiberhti cunctis notae almitati. lpse autem accedens ad altare et sumpto inde gladio cum balteo, conversus ad regem ait: a. »Accipe«, inquit, »hunc gladium, quo eicias omnes Christi adversarios, barbaros et malos Christianos, auctoritate divina tibi tradita omni potestate totius imperii Francorum, ad jirmissimam pacem omnium Christianorum.« Deinde sumptis armillis ac clamide induit eum: b. »His cornibus«, inquit, »hum#enus demissis monearis, quo zelo jidei ferveas, et in pace tuenda perdurare usque in jinem debere.« Exinde sumpto sceptro baculoque: c. »His signis«, inqu#, »monitus paterna castigatione subiectos corripias, primumque Dei ministris, viduis ac pupillis manum misericordiae porrigas; numquamque de capite tuo o!eum miserationis dejiciat, ut in presenti et in juturo sempiterno premio coroneris.« Perfttsusque i!ico oleo sancto et coronatus diademate aureo ab ipsis pontijicibus Hi!diberhto et Wichfrido, ac omni !egitima consecratione comp!eta, ab eisdem pontijicibus ducitur ad solium, ad quod per coc!eas adscendebatur, et erat inter duas marmoreas mirae pu!chritudinis columpnas constructum, unde ipse omnes videre et ab omnibus ipse videri posset. II. Divina deinde laude dicta sacrijicioque so!!empniter celebrato descendebat rex ad pa!atium ••• 2.
Ablauf und Bedeutung der Aachener Vorgänge
( S. I 99 :) An drei verschiedenen Orten fanden die Handlungen statt, die Ottos Herr-
schaft rechtlich »festmachten«: im Paradies vor dem Madenmün ster die »Wahl« 27 und die Huldigung der Fürsten mit Treueid und Thronsetzun g, im Madenmün ster selbst die kirchliche Weihe, abschließend mit einer zweiten Thronsetzun g, in der benachbarten Pfalz das Krönungsma hl mit den »staatssymbolischen« Diensten der Herzöge. 27 Ich setze dies Wort im folgenden dort in Anführungsstriche , wo es als mittelalterliche r Terminus technicus von dem modernen abgesetzt werden muß. Wie E. RosENSTOCK, Königshaus u. Stämme in Deutschland zw. 9rr und I25o, Lpz. I9I4 S. 39 von dem >>Unglücklichen Begriff >Erblichkeitg. Sie gehörte, wenn wir die Zeugnisse recht gedeutet haben, schon zur Erhebung der letzten Karolinger aus dem ostfränkischen • Stamme47 . Bei den westfränkischen Vettern w_ar_sit'! durch Salbung, Krönung und ' Übergabe der Herrschaftszeichen so in den Schatte;gerück~daß es sich frag~, ob sie überhaupt noch als ein für die Einweisung in die Her~~h;.ft notwendiger Rechtsakt empfunden wurde. Ihre Ordines berücksichtigen den Thron überhaupt nicht, 44 STUTZ, Reims a. a. 0. S. 416; ebd. Anm. 4 seine früheren Äußerungen im gleichen Sinne. 45 Bei ScHRAMM, Krönung a. a. 0. S. 147 (jetzt Bd. II S. 163) ist gezeigt, wie im Westfrankenteich »der Weg vom karolingischen Erb- und Teilungsrecht über die kirchlichen Formen des Synodalbeschlusses zum einheimischen Gerichtsverfahren gefunden« wurde. Von diesem aus ist auch schon die »Wahl« Heinrichs I. zu verstehen. Ich scheide
daher nicht bei ihr, wie STUTZ, Rhein. Erzbischöfe a. a. 0. S. 59, eine effektive und eine rituelle »Wahl«; aber wie er sehe ich in dem Zuruf des Volkes von 919 und der Antwort auf die Frage des Mainzers im Jahre 936 denselben Rechtsvorgang. 46 Über die Rolle des Erzbischofs in der Folgezeit s. unten S. 7of. und 115 f. (früher: S. 25of. und 284). 47 Vgl. Bd. II S. 3oo.
A I: Ottos I. Königskrönung in Aachen (936)
und in den Geschichtswerken spielt er keine oder doch eine nur schwer greifbare Rolle48 . Anders im Ostreich, das ja bis zur Jahrhundertwende die Verkirchlichung des Herrscherwechsels nicht mitgemacht hatte und deshalb eines sinnfälligen Aktes bedurfte, um ihn rechtskräftig zu machen. Inzwischen war dieser Vorsprung eingeholt, so daß auch in Deutschland diese Form der Einweisung hätte zurücktreten können. Hier ist jedoch der einheimische Königsbrauch nicht nur festgehalten, sondern noch in seiner Bedeutung gesteigert worden. Wir müssen diesen Vorgang zusa=en sehen mit der Rolle, die 936 dem Krönungsmahl49 zufällt; denn die Stuhlsetzung wurde ursprünglich beim Erbbier vollzogen, und in ( S. 208:) dieser Form hat sie sich im Norden überOttos I. Zeit hinaus erhalten50 , Im Süden hat sie sich von ihm gelöst. Wieweit dabei das Erbbier in der Form einer Krönungstafel erhalten geblieben ist, läßt sich nicht entscheiden; denn eindeutige Zeugnisse fehlen - außerdem lag das Abhalten eines Festmahls nach der Krönung ja in der Natur der Sache51 • Bei Otto I. aber ist es nun wieder als Rechts-
48 Da in solio collocare schon in der Bibel begegnet und ähnliche Wendungen in der liturgischen Sprache zu finden sind (vgl. z. B. S. I93 Anm. I, 4 = Bd. II S. 299f. Anm. 48, 50), ist die Entscheidung schwer, wo es sich nur um ein Bild und wo um eine sachlich zu verstehende Angabe handelt. Dabei ist zu bedenken, daß auf dem Thron oder Ehrenstuhl eines Königs der Nachfolger ja einmal zuerst Platz genommen haben muß. Als Handlung mag die Thronsetzung daher auch im Westen nie ganz verschwunden sein. 49 Zu Mahlen mit kultischer und rechtlicher Bedeutungs.: Allgemein: Fr. BAMMEL, Das heilige Mahl im Glauben der Völker. Eine religiöse phänomenologische Untersuchung, Gütersloh I950 (I99 S.); Hanns KoREN, Kultmahl und Heischegang, in der Festschrift für J. Fr. ScHÜTZ, hrsg. von B. SuTTER, Graz-Köln I954· Bei den Germanen: F. PFISTER in: Studien zu Tacitus, Carl Hosrus gewidmet, Stuttgart I936 (Würzburger Studien zur Altertumswiss. IX) S. 39-73 (betr. Nachrichten des Tacitus); R. STUMPFL, Kultspiele der Germanen als Ursprung des ma.lichen Denkens, Berlin I936 S. I49ff.; R. SIEMSEN, Germanengut im Zunftbrauch, Berlin I942
(Ahnenerbe) Kap. IV (beide mit Vorsicht zu benutzen); Cl. Frhr. v. ScHWERIN, Einführung in die Rechtsarchäologie, Berlin-Dahlem I943 S. 76, 79; V. GRÖNBECH, Kultur und Religion der Germanen, II, 5. Aufl. Stuttgart I954 S. 9I ff. Merowingisch: D. CLAUDE, Untersuchungen zum frühfränkischen Comitat, in der Zeitschr. für Rechtsgesch. 8I, German. Abt., I964 S. 75f. (Die Zulassung zum Tisch des Königs galt demnach als Zeichen der Aussöhnung und guten Einverständnisses zwischen beiden. Umgekehrt war die Ablehnung der Speisegemeinschaft gleichbedeutend mit Opposition gegen den König). Karolingisch: Ein »herrliches Mahl«, anschließend an die Krönung Ludwigs des Frommen in Aachen (8 I 3), erwähnt Ermoldus Nigellus II Vers 76 (Mon. Germ., Poet. lat II S. 26). Ottonisch: K. HAucK, Rituelle Speisegemeinschaft im Io. und I I. Jh., in: Studium generale III, 1950 S. Gn-621. 50 Zum folgenden vgl. RosENSTOCK (s. Anm. I3) S. 55ff. 5I Im Westfrankenreich glaubte ich solch ein Mahl bei der Krönung Odos (888) annehmen zu können (Krönung a. a. 0. S. I38 = Bd. II S. I54).
Zweifache Thronsetzung- Krönungsmahl
49
akt da, bei dem die Herzöge die später so wichtig gewordenen »Staatssymbolischen« Dienste als Hofbeamte leisteten. In diesem Mahl wurde das regnum Teutonicorum unter dem Bilde der curia regis dargestellt und bewiesen, daß seine Fürsten die Folgerungen aus den am Morgen übernommenen Verpflichtungen zu ziehen gewillt waren - ein Vorgang, für den eine karolingische Parallele fehlt 52 und der bisher schon deshalb noch nicht hatte geschehen können, weil es nach unserem Wissen überhaupt das erste Mal war, daß alle Herzöge sich um ihren König versammelten53 • In der Bedeutung gestärkt ist nun nicht nur das Mahl, sondern auch ihr ehemaliges Kernstück, die Stuhlsetzung. Denn wenn sie auch bei den früheren Königen nachweisbar ist und deshalb auch 911 und 919 geübt worden sein mag, so findet sie 936 doch gleich in doppelter Form statt: einmal durch die Fürsten im Vorhof in Abwesenheit der Geistlichkeit, die offensichtlich währenddessen im Münster versammelt ist, und dann noch einmal in der Kirche durch die Geistlichkeit. Diese Akte müssen das Augenfälligste in der ganzen Feier gewesen sein, und die Einzelheiten verraten, (S. 209:) welchen Wert die Beteiligten auf sie gelegt haben müssen. Das Ganze ist höchst auffällig; denn beobachteten wir vorhin eine Verschränkung der beiden räumlich getrennten Teile der Königserhebung, so finden wir hier, daß sie in analogen Handlungen auslaufen. Der Gedanke drängt sich auf, daß die beiden Stuhlsetzungen einen verschiedenen Sinn hatten. Von der ersten sagt Widukind: »si;--(dre-Großen) setzten den neuen Herrscher auf einen hier (im Vorhof) errichteten Thron; hier reichten sie ihm die Hände (d. h. Manumissio), gelobten ihm Treue (d. h. Fidelitas) und Hilfe gegen alle seine Feinde (d. h. Mannschaft) und machten ihn so nach ihrem Brauch zum Könige.« Von der zweiten Thronsetzung berichtet er, daß die Erzbischöfe von Mainz und Köln Otto zu Karls Steinsitz geleiteten, wobei er hervorhebt, daß er von dort »alle 52 Nach Notkeri Balbuli (d. h. Notker der Dichter; s. Bd. II S. 3I9ff.) Gesta Karoli
Magni hnp. I cap. I I, ed. H. F. HAEFELE, Berlin I959 (Mon. Germ., Script. N. S. XII) S. I6 wird Kar! behn Mahl bedient von duces et tiranni ve! reges diversarttm gentium; diesen warten anschließend auf comites et praefecti vel diversarttm gentium, diesen dann mi!itares viri ve! sco!ares alf usw.; d. h. nach dieser Schilderung bot das Kaisermahl das »Schauspiel« einer Pyramide, bei dem ein Rang den jeweils höheren bediente. In I cap. I 5 (S. I 8) erwähnt Notker einen von Kar! besuchten Bischof, der bei dem dem Kaiser angebotenen Mahl more famu!orum propter astabat. 4 Schramm, Aufsätze III
Die 886/7 niedergeschriebenen »Gesta« kennen also noch keine Tafel-Ehrendienste. 53 Krönungsmahl und Ehrenstuhl, ebenso auch die Hofämter spielen eine Rolle in der »Ecbasis captivi«: Das älteste Thierepos des MA.s, hrsg. von E. VoiGT, Straßburg I875 (Quellen u. Forsch. zur Sprach- u. Culturgesch. der german. Völker VIII), bes. S. I 17f. v. 773 ff.; dazu KARL STRECKER in der Hist. Vierteljschr. XXIX, I935 bes. S. 498ff. und seine Neuausgabe in den Script. in us. schal. (I935 = I956). Darauf wies mit Recht ROSENSTOCK a. a. Ü. S. 54f. hin. Doch ziehen wir hier das Epos nicht mit heran, da es erst hn Ir. Jahrhundert entstand.
A r: Ottos I. Königskrönung in Aachen (936)
sehen und von allen wiederum gesehen werden konnte«, d. h. von dem dort versammelten populus, der nur noch als Zeuge zu fungieren brauchte, da durch sein V ollwart die Bindung an den neuen Herrscher ja schon vollzogen war. Dieser Akt ist im »Mainzer Ordo« ausgebaut: Die von dem Metropoliten gesprochenen Worte verdeutlichen den Sinn der Handlung ( Sta et retine locum amodo, quem hucusque paterna successione tenuisti, hereditario iure tibi delegatum per auctoritatem Dei omnipotentis et praesentem traditionem nostram, omnium scilicet episcoporum ceterorumque Dei servorum ,;etc.). Es handelt sich also um eine Einweisung in die- kraft Erbrechts, Gottesgnadentums und geistlicher Traditio erlangte - Herrschaft. Diese Bedeutung darf man auch schon dem entsprechenden Akt bei Ottos Krönung zuschreiben. Er hatte also genau den gleichen Sinn wie die erste Thronsetzung, die Otto »Zum König ge:macht« hatte: Einweisung in die Herrschaft. Der Unterschied besteht also nicht in Form und Sinn, sondern nur in den Persönlichkeiten, die zum Vollzug berechtigt sind. Dort die Fürsten, hier die Geistlichen: beide (S. 2IO:) müssen sich das ihnen offensichtlich sehr wichtige Recht zugesprochen haben, und neben dem Streit zwischen den Erzbischöfen ist offenbar auch ein Streit zwischen ihnen und den Herzögen einhergegangen . Dann aber wie dort54 so auch hier ein Kompromiß. Den Fürsten die Wahl, den Bischöfen Salbung und Krönung, bzw. den Fürsten kein Anteil an Salbung, Investitur und Krönung, dafür den Bischöfen kein Anteil an der Wahl; den Fürsten der Raum vor der Kirche, den Bischöfen das Münster; jenen die Einweisung auf dem Throne vor der IBuch> .. .falerarum eius omnem apparatum ... evertite« (ebd. IV, 12; a. a. 0. S. no). Die erste Stelle übersetzt DEER a. a. 0. S. 265 mit: ))neuartiger« oder ))erstaunlicher Aufwand«, die beiden anderen mit: ))Schmuck, Gerät, Ausstattung«. Das ist eine gezwungene Auslegung: an allen drei Stellen hätte Liudprand auch das ihm gleichfalls vertraute Wort: ornatus (s. Abschnitt A) benutzen können. Daß - was in unserem Zusammenhang nichts besagt - das Partizip: ornatus, ornati bei Liudprand auch die Bedeutung hat von: ))angetan - bekleidet - geschmückt - gerüstet - prächtig«, belegt DEER a. a. 0. S. 264f. Anm. 26 mit einschlägigen Zitaten; dort auch Belege aus Liudprands Werken zu: ornamentum = Herrscherornat. Das Wort ornatus, das Liudprand gleichfalls noch an anderer Stelle benutzt (s. oben A), hat an dieser eindeutig die Bedeutung >>Herrschaftszeichen«. An der entscheidenden Stelle verwendet der Bischof beide Wörter nebeneinander. Für diese Doppelung konnten wir noch ein Zeugnis aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts (Cosmas Pragensis) und zwei aus dem 13. Jahrhundert beibringen: in diesen drei Fällen ist eindeutig, daß damit Herrschaftszeichen und Königsschmuck bezeichnet werden sollten (s. oben S. 192). Gewichtig ist die Tatsache, daß HROTSVITH das Wort ornatus in der Bedeutung ))Herrscherschmuck« sowohl für die Königin Adelheid als auch für Otto I. selbst verwendet - bei ihm sogar im Zusammenhang mit der Erwerbung der Kaiserwürde. 2. Der Ausdruck apparatus hat zwar eine Ausweitung seiner Bedeutung erfahren, so daß in manchen Fällen sein konkreter Sinn nicht eindeutig ist. Der Ausdruck ornatus, der gleichfalls mannigfach abgewandelt benutzt wird, bleibt dagegen ein ))terminus technicus« des kirchlichen Lebens, der da, wo er auch für weltliche Personen benutzt wird, den konkreten Sinn: Gewand und Zubehör behält (also im Falle des Königs: Gewandung, Herrschaftszeichen). 3· Ich halte daher an meiner These fest: Liudprand hatte bei der angeführten Stelle im Sinne: ))Ottos Herrschaftszeichen, Gewänder und alles, was damit zusammenhing, was - um den von uns herausgestellten Begriff zu benutzen- >staatssymbolische< Bedeutung besaß. Als er dafür die Wörter ornatus und apparatus benutzte, konnte er sich für seine Zeit gar nicht treffender und prägnanter ausdrücken.«
Schlußfolgerung
4· Zu dem Ergebnis, daß die Mitra unter der Krone, der Weltenmantel und die Glöckchen am Königsornat auf Otto I. zurückgehen, bin ich auf anderem Wege gelangt. Selbst, wenn J. DEER mit seiner Auslegung Liudprands Recht gehabt haben sollte, wäre dadurch also jene Feststellung nicht erschüttert. Doch ist es natürlich sehr zu begrüßen, daß auch ein Wortzeugnis für die Tatsache vorliegt, daß Otto I. bei seiner Kaiserkrönung in Rom (962) vom Papst Johann XII. empfangen und gesalbt wurde, geschmückt miro ornatu novoque apparatu, d. h. »mit einem staunenerregenden, neuen Herrscherornat« (das ist die Übersetzung, die sich aus den beigebrachten Belegen ergibt).
2. Kaiser, Basileus und Papst in der Zeit der Ottonen* »Unser, unser ist das Römische Reich.« Gerbert an Otto III. Vorbemerkung: Für die Anbahnung der Beziehungen zwischen den beiden Kaiserreichen haben wir in Liudprands lebendigem Gesandtschaftsbericht von 968 (Opera, ed. J. BECKER, 3· Auf!. 1915; Script. in us. schal., S. 175 ff.) ein Zeugnis ersten Ranges. Die Beziehungen zwischen Osten und Westen während des I I. Jahrhunderts erhalten durch den von Cornelius WrLL gesammelten Briefwechsel der Päpste mit den Byzantinern ihre Beleuchtung. Belege der verschiedensten Art ergänzen das Bild, das jedoch bei der Dürftigkeit der sonstigen Zeugnisse, besonders der byzantinischen, lückenhaft bleiben muß. Für das ro. Jahrhundert haben wir eine Zusammenfassung alles Vorhandenen bei B. A. MYSTAKIDES, Byzant.-deutsche Beziehungen zur Zeit der Ottonen, Stuttgart r89r (dazu die Rezension von F. HIRSCH in: Byzant. Zeitschr. I, 1892, S. 153/55), für das I I. Jahrhundert bei Alois JoERGER, Byzant.-deutsche Beziehungen vom Ausgang der Ottonen bis zum Beginn der Kreuzzüge (ungedruckte Diss. Beideiberg 1922). Diese Werke und Platzmangel entheben den Verfasser der Verpflicbtung, allgemeinere Werke zu zitieren. In die um die Jahrtausendwende besonders fühlbare Lücke in den Quellen treten »Zwölf Briefe des byzant. Gesandten Leon von seiner Reise zu Otto III. aus den Jahren 997/98« (vgl. den folgenden Abschnitt).
Der Verf. zitiert die Briefe hier nach der von ihm eingeführten (chronologischen) Numerierung. Zur leichteren Lesbarkeit des Textes führt er die einzelnen Stellen deutsch an, wobei (neben der dunklen Ausdrucksweise) -wie auch bei den Briefen Gerberts -der nicht genau wiederzugebende Stil zwingt, öfters nach dem Sinn zu übersetzen; dabei ist versucht worden, die Briefstellen möglichst selbst anzuführen, um auf ihren Wert aufmerksam zu machen und ein Urteil über ihre Auslegung zu ermöglichen. Deutlich wird der Zusammenhang der deutschen, italienischen und byzantinischen Entwicklungen, durch den Leons Briefe erst chronologisch eingeordnet werden können, nur durch die Feststellung der Reihenfolge, in der die Ereignisse in dem hier vor allem wichtigen Jahre 997 sich abgespielt haben; diese hat der Verfasser festzulegen versucht in: »Die Briefe Kaiser Ottos III. und Gerbetts von Reims aus dem Jahre 997« (Archiv für Urkundenforschung IX, 1924 S. 87-!22; in diese Sammlung nicht aufgenommen, da durch die neue Edition der Gerbert-Briefe und die Werke von Frau M. UHLIRZ, s. unten, überholt). Der Verf. benutzt die Ergebnisse dieses Aufsatzes, ohne im speziellen besonders kenntlich zu machen, wo er sich von den bisherigen Annahmen unterscheidet. Leons Briefe sind geeignet, mit der bisherigen Auffassung, daß Otto III. sich der byzantinischen Einwirkung hingegeben und deshalb im Abendland phantastisch wirkende Neuerungen eingeführt habe, aufzuräumen. Im Zusammenhang mit den abendländischen Zeugnissen beweisen sie vielmehr, daß gerade aus der im Jahre 997 wieder sichtbar gewordenen Rivalität der beiden »Kaiser der Römer«
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Zuerst in der Historischen Zeitschrift 129, 1924 S. 424-75 (hier berichtigt und ergänzt).
Die vorliegende Literatur
20I
die Hinwendung Ottos zur Aurea Roma, der wahren Kaiserstadt, zu verstehen ist. Die Auffassung hat der Verf. ausgeführt in seinem Buch: Kaiser, Rom u. Renovatio, I-II, Lpz. 1929 (Neudruck von Bd. I: Darmstadt 1957). Dort behandelte er die Hauptbelege für die Byzantinisierung des Hofes: die Graphia aureae urbi.s Romae (verfaßt um ro3o; vgl. jetzt neuen Abdruck unten S. 319ff.), die beiden Listen der römischen Pfalzrichter (a) aus der zweiten Hälfte des 9· Jahrhunderts, b) aus der ersten Hälfte des rr. Jahrhunderts (vgl. Bd. I S. r3off.), die viel besprochene Schenkung Ottos (D. 0. III. 389), sowie die von ihm neu geschaffenen Ämter (vgl. jetzt unten S. z8zff.). Bei der Darstellung der Zeit Ottos I. und Ottos II. beschränkt sich dieser Aufsatz vor allem auf die Tatsachen, die anders beurteilt werden. Durch die »Geschichte Italiens im Mittelalter« von L. M. HARTMA-"'N erübrigt es sich, auf die italienischen Verhältnisse näher einzugehen. Zu den römischen Ereignissen vgl. G. B. BoRrNo über G. Rossr, I Crescenzi in: Arch. d. R. Soc. Romana 38 (Roma 1915) S. 389ff. und Fedor ScHNEIDER, Papst Johannes XV. und Ottos III. Romfahrt in: Mitt. d. Inst. f. öst. Geschichtsf. 39 (1923) S. 193 ff.; für die Bedeutung von Byzanz C. NEUMANN, Die Weltstellung des byz. Reiches vor den Kreuzzügen (Leipzig r894, Hab.-Schr.)- Warmen Dank schuldet der Verfasser Herrn Prof. Richard SALOMON (Zusatz: nach 1933 zur Emigration gezwungen, t 1966 in den USA). Seit dem Erscheinen dieses Aufsatzes ist das Thema viel behandelt oder doch berührt worden (vgl. die Hinweise im voraufgehenden Abschnitt). Ich gehe- soweit möglich- auf die Literatur ein. Aus ihr seien wegen der Beziehungen zu Byzanz herausgehoben: r. Fr. DöLGER, Byzanz und die europäische Staatenweit, Ettal 195 3, und DERS., IIAPAJ:IIOPA, ebd. 196r. Aus dieser Aufsatzsammlung seien hier vermerkt: Byzanz und das Abendland vor den Kreuzzügen (Rom 195 5) S. 73-106 und: Die Ottonenkaiser u. Byzanz (Aachen 1957) S. 140-p. 2. W. OHNSORGE, Abendland und Byzanz, Darmstadt 1958 und DERS., Konstantinopel u. der Okzident, ebd. 1966. Aus diesen Sammlungen von Aufsätzen sind einzelne mit speziellem Inhalt weiter unten zitiert. Hier sind zu nennen (195 8): Byzanz u. das Abendland im 9· und ro. Jahrh. Zur Entwicklung des Kaiserbegriffs u. der Staatsideologie (zuerst in: Saeculum V, 1954 S. 194ff.); (r966): Die Anerkennung des Kaisertums durch Byzanz (zuerst: Byzant. Zeitschr. 54, 1961 S. 28ff.) und: Otto I. und Byzanz (zuerst: Mitteil. des Inst. f. österr. Gesch.forsch., Erg. bd. 20, 1962 S. ro7ff.) 1 . Über Rom und Byzanz vgl. den Überblick von FR. DvoRNrK, Byzance et la primaute romaine, Paris 1964 = Byzantium and the Roman Primacy, New York 1966 (kürzer: Constantinople and Rome in: The Cambridge Medieval Hist. IV, r, 2. Auf!., S. 431-72).
a) Die Lage im allgemeinen In der zweiten Hälfte des ro. Jahrhunderts gab es in Buropa zwei Großmächte: im Osten - nach Asien übergreifend - das byzantinische Reich unter dem »Basileus I
Zu den Zeugnissen für die Beziehungen zum Osten in der spätkarolingischen Zeit kommt noch ein längerer Brief des Papstes Stephan VI. (V.) (885-91) hinzu, der ein vom Basi-
leus an Hadrian III. (884/5) gerichtetes Schreiben beantwortet. Der Papst, der Basileios I. als »neuen Konstantin« ehrt, beschränkt sich jedoch auf kirchenrechtliche Fragen. Vgl. V.
202
B 2: Kaiser, Basileus und Papst in ottonischer Zeit
tön Rhömaiön«, das sich in ununterbrochener Tradition auf das Reich der Römer zurückführen konnte, und im Westen ( S. 425 :) das abendländische Kaiserreich, das von Otto I. aus den Trümmern des Karolingerreiches neu zusammengeschweißt war und sich eine Tradition erst zurechtlegen mußte. Die Stellung der übrigen europäischen Staaten bestimmte sich ( S. 426:) danach, wie sie zu diesen standen. Das gilt seit der Kaiserkrönung von 962 auch für das Papsttum, das sich dem Kaiser fügen mußte, wenn es sich auch immer wieder dagegen aufzulehnen suchte und dadurch zum Werkzeug stadtrömischer und auch byzantinischer Tendenzen gemacht wurde. Die beiden V armächte traten seit der Jahrhundertmitte - nach einer Periode, die beide Staaten durch innere Fragen so weit beschäftigte, daß sie sich nicht umeinander kümmern konnten- in eine Zeit der Auswirkung über die Grenzen hinaus ein. Nach den Jahren der Schwäche brachten Feldherrnnaturen wie Nikephoros Phokas, Johannes Tzimiskes und Basileios II. der Bulgarentötet dem byzantinischen Namen neue Ehre, und durch die Kaiserkrönung fand Otto I. die Anerkennung, der regum maximus Europae (so hat Widukind bereits den Vater genannt) zu sein. Bezeichnete der neue Titel Otto für den Okzident als Nachfolger Karls des Großen, so machte er andererseits eine Auseinandersetzung mit Byzanz notwendig, die ja schon durch die Existenz zweier solcher Mächte nebeneinander vorgezeichnet war. Durch diesen von den byzantinischen Kaisern allein beanspruchten Titel erwachte wieder der Konflikt auf ideellem Boden, der schon in karolingischer Zeit seine Rolle gespielt hatte 2 • In diesem so gar nicht »real«-politischen Streit kämpfte die Vorstellung, daß es nur einen Kaiser, nur einen Nachfolger der Cäsaren geben könne, gegen die Tatsache, daß Osten und Westen unwiderruflich auseinandergebrochen waren, daß die griechisch-slawische und die romanisch-germanische Welt um ihre eigenen Schwerpunkte kreisten, die ideell - nicht immer tatsächlich - in Konstantinopel und Rom lagen. Hatte der eine Herrscher die lückenlose Tradition, so besaß der andere Rom, die alte, eigentliche Kaiserstadt, womit jede Partei ihre ( S. 427 :) Berechtigung zur Führung des Titels »Kaiser der Römer« verfechten konnte. Hinter diesem Streit um das Kaisertum, der nur aus den Vorstellungen der Zeit heraus zu begreifen ist, stand nicht nur die Rivalität zweier führender Mächte, die Abneigung zweier sprachlich und kulturell geschiedenen, auch kirchlich nur noch locker zusammengehörigen Welten, sondern auch der Kampf um die Gebiete, die auf der Grenzscheide der beiden Reiche lagen. Die ungarische Frage hat in der Ottonischen Zeit keine wesentliche Rolle gespielt. Bezeichnete Konstantirr VII. die Petscherregen im heutigen Rumänien als geeignet, GRUMEL, La lettre du Pape Etienne V a l'empereur Basile Ier, in: Melanges M. Jugie = Revue des Etudes Byzantines XI, 1953
S. rz8-55 (vgl. dazuByzant. Zeitschr. 45,1952 S. 204 und 47, 1954 S. 245 f.). z Vgl. Bd. I S. 29off.
Die Lage im allgemeinen
um gegebenenfalls die Ungarn in Schach zu halten3 , so machten diese doch bald den Byzantinern selbst zu schaffen, &o daß bei der Anknüpfung der ersten Beziehungen zu den Sachsen in den Vierziger und fünfzigerJahrendes ro. Jahrhunderts vielleicht die gemeinsame Feindschaft mitgespielt hat4. Der Sieg auf dem Lechfeld (95 5) nahm dieser Gefahr ihre Bedeutung, und kaum ein halbes Jahrhundert später konnte Ungarn dem Reich und der Kirche des Abendlandes angegliedert werden, weil damals das bulgarische Reich die Byzantiner beschäftigte und ihnen die Möglichkeit nahm, auf diese Entwicklung, die ihrer Sphäre nach Nordwesten Grenzen setzte, einzuwirken. Auch Venedig, das beiden Reichen gegenüber Verpflichtungen hatte, spielte in der Auseinandersetzung zwischen beiden keine große Rolle. Durch Natur, Handelsbeziehungen, den Besitz einer Flotte und die Führung geschickter Dogen gleich begünstigt, konnte sich die Stadt ihre eigenartige Stellung bewahren. Die wichtigste Konfliktssphäre lag in Süditalien. Während die Araber in Sizilien saßen und von da das Festland bedrohten, gehörte der Süden noch immer den Byzantinern. Der nördlich angrenzende Staatengürtel - Amalfi, Salerno, Neapel, Capua, Gaeta, Benevent - zerfiel in eine byzantinische und eine abendländische Einflußsphäre5. In der Konsequenz von Ottos nach Süden hin zunehmender Macht lag die Vertreibung der Byzantiner und die Einigung der ganzen Halbinsel unter einem Szepter. Nur Vorteile auf anderem Gebiete konnten noch veranlassen, diesen Vorstoß zu hemmen. Die Alternative: Eroberung von Apulien und Kalabrien oder gütliche Verständigung mit Byzanz hat Otto I. im Januar 968 selbst ausgesprochen6 • Als deren Unterpfand aber kam eine byzantinische Prinzessin als Braut des Thronerben in Betracht: auf diesem Wege war ja auch in karolingischer Zeit die Verständigung versucht, aber bei den großen Gegensätzen nie verwirklicht worden7 , da die Byzantiner sich dadurch allzu sichtbar mit dem westlichen Rivalen abgefunden hätten. 3 De adm. c. 4 (Bann I 84o, S. 70); I 949 in Budapest mit englischer Übersetzung nun ediert von Gg. MoRAVCSIK). 4 MYSTAKIDES a. a. 0. S. I6, I8, 21. Grundlegend dafür J. GAY, L'Italie merid. et l'empire byz. 867-I07I, Paris I904. Vgl. jetzt die von mir betreute Diss. von H. Kuss, Byzant. u. latein. Kultur in Süditalien (900-I 2 5o), Göttingen I 964 (daraus bisher nur gedruckt: Die Anfänge der volkssprachl. Lit. in Italien, in: Dieneueren Sprachen, I966 S, 5I3-25 und: Orient u. Okzident im geistigen Leben des maLen Süditalien, in: Gesch. in Wiss. u. Unterricht XVIII, I967 S. Iz9 bis 46).
6 Widukind III cap. 70 (ed. P. HIRSCH- H. E. LOHMANN, I935 S. I46f.; Script. in us. schal.) = D. 0. I. 355· Anna NüRNBERGER, Die Glaubwürdigkeit der bei Widukind überlieferten Briefe, Innsbruck I9I3 (Quellenstudien aus dem hist. Sem. d. Univ. Innsbruck V, 2 S. 55-86) zeigt, daß Widukinds Stil auch in Ottos Brief festzustellen ist. A. HoFMEISTER betonte dazu im Neuen Archiv 43, I922 S. 647 mit Recht, daß es sich nur um eine den Quellenwert nicht berührende Retusche Widukinds handeln kann. 7 Über die einzelnen V ersuche s. K. BRANDI im Arch. f. Urkundenforschung I, I907 S. 58f.
B 2: Kaiser, Basileus und Papst in ottonischer Zeit
b) 0 ttos I. Werbung um eine byzantinische Prinzessin für seinen Sohn Otto I. ließ für seinen Sohn um eine Tochter des Kaisers Romanos II. und der Theophanu, die nach dem Tode ihres Gatten den Nachfolger Nikephoros Phokas geheiratet hatte, werben 8 • Neben Basileios II. und Konstantin VIII., erst Mitkaisern, dann zusammen Herrschern des byzantinischen Reiches, kennen wir von Kindern des Romanos und Stiefkindern des Nikephoros nur noch Anna, die 988 an den Großfürsten Wladimir von Rußland verheiratet wurde. Diese Tatsache erwähnt Thietmar und fügt dabei hinzu, daß diese von ihm Helena genannte Prinzessin »mit Otto III. verlobt gewesen, ihm aber mit betrügerischer Schlauheit entzogen .:vorden« sei 9 • Thietmar ist hier offensichtlich ein Versehen unterlaufen10 , als er bei der Schilderung der Ereignisse des Jahres 1017 auf frühere Ereignisse zurückgriff. Da erst im Jahre 995 daran gedacht wurde, Otto III. mit einer byzantinischen ( S. 429 :) Prinzessin zu verheiraten, und da ihm diese nach mehrjährigen Verhandlungen tatsächlich bewilligt wurde, kommt dieser Herrscher nicht in Betracht. Deshalb kann Thietmar nur an Otto II. gedacht haben, der sich ja tatsächlich um eine Tochter des Romanos- und da wir keine andere kennen - gerade um diese Anna beworben hat. Ja, auch das ist richtig, daß die Gattin Ottos II., Theophanu, eine andere Prinzessin war als die im Jahre 968 erbetene Prinzessin. Nur hat sich die Forschung hier auf Irrwege locken lassen, indem sie Theophanu zu einer Tochter des Romanos und einer Schwester der Anna machte11 • 8 Über die Kontroverse, wie Theophanu in die Gerrealogien der großen byzantinischen Geschlechter einzureihen sei, s. unten S. 24off. den diesem Abschnitt beigefügten Anhang I. Es ergibt sich dort, daß die vorgebrachten Thesen teils fragwürdig, teils nachweisbar falsch sind, daß also der Stand unseres gesicherten Wissens noch genau der gleiche ist, wie er auf den folgenden Seiten von mir im Jahre 1924 fixiert wurde. 9 1. VIIc ap. 72, ed. R. HoLTZMANN 1935-I955 S. 486 (Mon. Germ., Script. N. S. IX). ro Oder auch demSchreiberD des Autographs, der tercia Ottonem statt tercio Ottoni niederschrieb. I I Zur Verdeutlichung diene die beigefügte Stammtafel. Ohne Grund bezeichnete K. UHLIRZ in der Byzant. Zeitschr. IV, I895 S. 470 A. I den
Bericht der Vita posterior c. I des Abtes Gregor von Buttscheid (Mon. Germ., Script. XV S. II9I), wonach dieser ein Bruder der Theophanu gewesen sein soll, als seltsam. Statt dieser späteren Ausschmükkung (saec. XII. ex.) kommt nur die Vita prior c. I (ebd. S. I187) in Betracht, wonach Gregor aus Süditalien stammte - außerdem auch D. 0. III. 348, das ihn nur als venerandus confessor bezeichnet; vgl. HARTMANN a. a. 0. IV, S. Io8; GAY a. a. 0. S. 382. Frau Mathilde UHLIRZ, Studien über Theophanu, II: Die beiden Lebensbeschreibungen des Abtes Gregor von Burtscheid, im Deutschen Archiv VI, 1943 S. 442-74 hielt -noch weitergehend als ihr Vater- diesen für einen Bruder der Theophanu; doch ist diese Auslegung der von ihr benutzten Zeugnisse unhaltbar.
Ottos I. Werbung für seinen Sohn in Byzanz
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Diese Annahme ist unhaltbar; denn dann müßte Theophanu auch eine Schwester Konstantins VIII. gewesen sein. Als daher Otto III. eine von den Töchtern dieses Kaisers zur Frau begehrte, müßte er sich demnach um eine Kusine ersten Grades bemüht haben. Ein solches Unterfangen ist aber gerade in dieser Zeit völlig ausgeschlossen. Eben in den Jahren, in welchen Otto III. unterhandelte, betrieb Papst Gregor V. unter dem Schutze des Kaisers die Auflösung der Ehe Roberts von Frankreich, weil dieser eine entfernte Verwandte geheiratet hatte. Dieser Streit wäre mit der Tatsache völlig unvereinbar, daß Gregor in derselben Zeit dem Plane des Kaisers zugesehen und Otto ihn im Westen bei einem Unternehmen gestützt hätte, welches für seine eigene Ehe verhängnisvoll werden mußte. Aber auch für die Byzantiner wäre das Ansinnen einer so unkanonischen ( S. 4JI :) Verbindung völlig undiskutierbar gewesen12 . Gerade im Jahre 997 verschärfte der Patriarch die Verordnungen seines Vorgängers über die unerlaubten Ehen noch durch weitere Bestimmungen13. Da Otto III. nicht um eine Kusine geworben haben kann, ist es also ausgeschlossen, daß Theophanu die Tochter des Romanos war14, (S. 432:) und
12 Über die Verbote solcher Ehen mit dem Hindernis des vierten Grades siehe J. ZrsHMAN. Das Eherecht der orientalischen Kirche, Wien r864 S. 235/7. 13 G. ScHLUMBERGER, L'epopee byz. II: Basi!e II, Paris 1900 S. 119. 14 So K. DHLIRZ, Über die Herkunft der Theophanu, Gemahlin Kaiser Ottos II. in: Byzant. Zeitschr. IV, r895 S. 467/77, dem man seither allgemein folgte. Die richtige Auffassung vertrat auf Grund der Zeugnisse ohne das obengenannte Argument schon J. MoLTMANN, Theophano, die Gemahlin Ottos II., in ihrer Bedeutung für die Politik Ottos I. und Ottos II., Diss., Göttingen r 878 Kap. II, dem (neben GIESEBRECHT, HERTZBERG, v. ÜTTENTHAL) auch H. BRESSLAU, Otto I.,in:Allg. Deutsche Biogr. XXIV, r887 S. 593 f., unter Hinweis auf die analogen Vorgänge zur Zeit Konrads II. zugestimmt hatte. Die übrigen Belege, die in den beiden Arbeiten zusammengetragen wurden, sind außer Thietmar- wie die Kontroverse zeigtnicht präzise genug, zumal Anna und ihre vermeintliche Schwester 971 durch die Ehe des Johannes Tzimiskes Nichten dieses Kaisers wurden. Den Zeugnissen über »die Herkunft der Theophanu aus kaiserlichem
Hause« ist entgegen K. DHLIRZ kein Gewicht beizumessen, da eine solche Angabe auch auf eine Nichte des Kaisers paßt - auf die späteren Stellen, an denen Theophanu als Kaisertochter bezeichnet wird, hat er sich ja selbst nur vorsichtig berufen. Unrichtig ist der Hinweis auf Thietm. III cap. 21 (a. a. 0. S. 124), wo Otto II.Basileios II. als seinen Bruder bezeichnet, da nach Constantin Porphyr.: Libri de cerim. II 48 (Bonn 1829, I S. 689) der Basileus den deutschen König offiziell ebenfalls mit Bruder anredete, wie es umgekehrt auch Ludwigii. tat (Mon. Germ., Script.IIIS. pr). Thietmars Angabe (s. u.) hinwegzuinterpretieren ist unmöglich, sobald man erkannt hat, daß sich auch die obige Bemerkung auf Otto II. bezieht, Thietmar also an zwei Stellen dasselbe sagt. Dabei ist gerade das wichtig, was er über den von ihm benutzten Widukind hinaus angibt; denn als der Sohn eines sächsischen Grafen, der dem Kaiserhause in der Zeit der Theophanu domi miliciaeque treu gedient hatte (IV r6, S. 150), mußte er bei dem genealogischen Interesse der Zeit besonders gut über die Abstammung der Kaiserin orientiert sein. Als Tochter des Johannes wird Theophanu
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B z: Kaiser, Basileus und Papst in ottonischer Zeit
damit bekommen Thietmars Angaben, die man als Mißverständnisse und Unrichtigkeiten mit Unrecht leichthin abgetan hat, unter den dürftigen Zeugnissen wieder das Hauptgewicht. Die Verhandlungen haben sich demnach so abgespielt, daß Otto I. im Jahre 967 ein byzantinisches Freundschaftsanerbieten durch die Absendung des Venetianers Dominicus beantwortete, der den Vorschlag einer Ehe zwischen Otto II. und der »purpurgeborenen« Stieftochter des Nikephoros überbrachte15 • Dieser leistete- ohne durch Instruktionen ermächtigt zu sein - einen Eid, daß Otto dem byzantinischen Reich niemals in irgend etwas Unruhe bereiten werde16 • Dafür bekam er die Prinzessin in Aussicht gestellt17 • Die ihm bald nach Italien folgende byzantinische Gesandtschaft zeigt18 , daß die Verhandlungen vom Osten aus günstig angesehen wurden. Etikettenschwierigkeiten bestanden nicht für den byzantinischen Kaiser, da bei dem Verbot, eine »Purpurgeborene« aus dem Lande zu geben, die Franken ausdrücklich ausgenommen waren19 • Die Verständigung verzögerte sich jedoch, weil sich Otto über das Zugeständnis seines Gesandten hinwegsetzte. Die griechischen Anerbieten dürften ihn nicht befriedigt haben, so daß er lieber versuchte, sich durch die Eroberung Süditaliens ein wertvolles Pfand zu schaffen, das er im Falle des Scheiterns der Verhandlungen in eigenem Besitz behalten konnte 20 • Er ( S. 433:) brachte bei seinem Vorstoß Capua und Benevent unter seine Botmäßigkeit, aber der Gewinn des ganzen Südens der Halbinsel gelang nicht. Otto versuchte deshalb die Verhandlungen wieder in Gang zu bringen und zum Abschluß des geplanten Ehebündnisses zu gelangen 21 • bezeichnet in der Brunswil. Mon. Fund. cap. 5 (Mon. Germ., Script. XIV S. I27, I28) aus der 2. Hälfte des Ir. Jahrhunderts, die nicht zuverlässig ist. Die Stellen, an denen sie als Kaisertochter ohne Vatersnamen erscheint, bei K. UHLIRZ: keine von ihnen kann es an Wert mit Thietmar aufnehmen. I5 Cont. Regin. zu 967 (ed. Fr. KuRZE I89o S. I78; Script. in us. schol.): ... domnus imperator nuntium suum eidem Grecorum imperatori pro coniungendo in matrimonium suo filio regi Ottoni privigna ipsius Nichofori, filia scilicet Romani imperatoris, Constantinopolim dirigit; Liudprand: Legatio c. 2 5 u. 3 I ( ed. J. BECKER, I9I5 S. I88, I92; Script. in us. schol.). r6 Liudpr. a. a. 0. I7 Nach Liudpr. c. 6 (S. 179) sagt ihm 968 Nikephoros rückblickend: Amici eramus societatemque indisso!ubi!em nuptiis interpositis facere cogitabamus; auch c. 57 (S. 207):
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2I
Nurum promisit Grecia mendax ... , Nicephore ... , Privignam prohibes, qui nato iungere heri!i. Siehe den in A. 6 genannten Brief bei Widukind vom Januar 968. Constant. Porphyr.: De admin. imp. c. I3 (Opera III, Bonn I 840 S. 86); natürlich strichen die Byzantiner in den Verhandlungen die Bedeutung einer solchen Bewilligung gehörig heraus, s. Liudprand. Widukind a. a. 0.: Apuliam et Calabriam provintias, quas hactenus tenuere, nisi conveniamus, dabunt. Liudprand c. 7 (S. r8o), wo L. sich rühmt, den Umschwung in Ottos Plänen herbeigeführt zu haben. Hieraus und aus der folgenden Thietmar-Stelle erkennt man, daß sich an Ottos Hof verschiedene Strömungen geltend machten, zu denen der Kaiser je nach der Situation Stellung nahm.
Stammtafel der byzantinisch en Kaiserdynas tien
Nikephoros oo 2) Theophanu Phokas, Kaiser 96 3- 969, t 10, 12. 969
I
oo 1) um 956
.............. aus der armenischen Familie Gurgen (Literatur über diese: W. H. Graf Rüdt v. Collenberg im Genealog. Jahrbuch IV, 1964 S. 53)
Konstantin VII. Porphyrogenne tos t 959, Kaiser 913-959
oo Tochter des Bardas Phokas, Verwandte des Kaisers Nikeph. Phokas
I
I
Romanos II.
Theodora oo Nov. 971
Johannes Tzimiskes, Kaiser 969-976 oo 1) Maria, Schwester des Bardos Skieros
t
963 Kaiser 959-963
00
...... .
(oder Schwester der Gattin)
I
Theophanu
I
Basileios II. *um 958, t 1025, regiert selbständig seit 976
Konstantin VIII. *um 96o, t 1028, regiert allein 1025-1028 oo Helena
Eudokia, pockennarbig, ging ins Kloster
Zoe, *um 980, t 1050 sie oder ihre Schwester 1001-02 Braut Ottos III. 1) oo 1028 Romanos III. Argyros, Kaiser 1025-1034 2) oo 1040 Michael IV. der Paphlagonier, Kaiser 1034-1041 3) oo 1042 Konstantin IX. Monomachos, Kaiser 1042-105 5
I
Anna, * 963, 968 von Otto II. begehrt, oo 988 [angeblich Wladimir von Rußland Theophanu] (Alleinherrsche r 980-101 5)
Theodora, t 1056, Kaiserin 105 5-1056
19. 4· 972 Otto II., Kaiser 967, Alleinherrscher 00
973-983
I
Otto III. * 980, t 1002, verlobt mit einer Tochter Konstantins VIII. -t).aya8ov· ax6nrwov xa~ avror; r{vt owaetr; r~v rwv rowvrwv rpoqav, fJsö) i} xateö); Ka~ r{r; E:xeqaasv, elne, avnarq6rpwr; ni nqayflaW Xal r{r; ra afllX7:a lifll~BV 3 , Zv' ~ fleV 1IqeabVrS(!a 4 Xal vnee Af~lJJ v8ov 5 A.aßn arpqtywvra Xal oqywvw Xal nryowvra ra vea- osZ yae flB avvvsw-cse{aal rö) nanq. oaov :TlB(!L rar; Af~Btr; 6 ~ Nea 7 Oe axfi, Zva r{ xat 1fJVX(!OAoy~aw, 7:0JJ anoarpeay{aavra 8 xat e~avo~aavw 9 ; El fleV oi5v xara A.6yov raiJra, a8Vfl8l" sv8VflBZV yae f(J7:l 7:0 a8VflBZv ovrwr; 10 " el o' OV xara A.6yov, yüaaov, t(JOJJ yae f(J7:l rö) eeryvijaat• el o' vnee A.6yov eavflaGOJJ xa~ ro eavfla adva~ov xdrö) auvayflö) oaxevaov, Zva elofir; aveewnor; wv xa~ flYJO' avra elofjr; ra aveewmva. Tavra (JB nst8hw rijr; aesrijr; l!xeaew, Ti (JVJJ87:(!arpryr;, Ti (JVVYJV~1]8ryr;, Ti xa~ enatw8ryr;, fJ xat avvan0.8ou:;· 8e6vov oe, el avv fJsö), Aaße xa~ x6GflY)GOV 11 " el o' ov (JVJJ fJsö), rpvys xat flaX(!VVOV, Zv 'dflrporeewesv 8q6vor; (JOl oo8fj 0 ovqavwr;. 'Ano iOV XV(!OV KaA.oxvqoiJ yvwan ra ~flEU(!a Xal ola eneMaflBV Xal ola eyea1fJaflSV 12 • Tovr; XBl(!07:0JJYj88vwr; ovnw Xal viJv oZnver; elaw l!yvwv· el fleV oi5v '/aal roZr; neoancJ.8ovmv, 8 ovx av no-es e'lnotr;, o~A.waov, sl o' ovx 'laot, alyryaov, el oe xednovr;, x~ev~ov, sl o' aavyxeeaarot xaxeZvol xdraZr; XYJ(!BVOVaau:;13 avae flOG7:0l, axveewnaCs flEV, nA~JJ ovrwr; Usms, elowr; wr; ~flZV OAtyooqaveovaw avr{ooror; 7:0 yeaflfla ysv~(JBWl ava'ljJVXOV(Ja. 'EeewflEVOV, ana8ij, OlYJVBXWr; svxeaeat (J8 BVXOflal. 1
4
A~.;tv:
I
Luc. 2, Io. Leons Papst wird dem Empfänger Freude machen; die Person des Jobarmes Philagathos wird ihn jedoch vor übergroßer Freude bewahren. Der Leon persönlich verhaßte Philagathos und die dem Byzantiner verhaßten Römer hatten sich verbunden. sc. 'PW[.t1J=Rom. SC. nanav: Philagathos im Gegensatz zu dem bisherigen Papst Gregor V. Der V erfass er muß dem neuen Papste von jetzt an seine neue Amtsbezeichnung zukommen lassen. sc. 'PW[.t1]=Konstantinopel. Apoc. 7, 2: Der Engel am Tag des Zorns, der auf die Stirnen der Gläubigen ein Siegel setzt. Apoc. 8, I 3: Der das dreifache Wehe verkündende Engel. DARROUZES a. a. 0. Anm. 4 bestreitet diesen Bezug: »Lcon veut dire preci-
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DARROUZES sement que l'ambassadeur byzantin a brise !es sceaux et jait la proclamation, c'est-a-dire qu'il a agi comme ayant pouvoir de confirrner I' election du nouveau pape au nom dela nouvelle Rome. Ainsi finirait le privilege de l'ancienne Rome d'etre Afj.;Lv (d'etre au-dessus du sort ou de ne pas tomher en desherence); d' ou l'embarras et Ia gene de Leon devant ce renversement et cette confusion, car il n'ignore pas Ia tradition et il admet Ia possibilite que l'empereur n'approuve pas son geste« (Hinweis auf Brief 12, jetzt: z). ro Mutlos sein heißt hier guten Mutes sein; denn - wie Leo in Nr. 6 ausführt - es ergeben sich aus dem zwangsläufig eingetretenen Ereignis doch für die Byzantiner gute Hoffnungen für die Zukunft. II Vgl. Luc. 22, 30 und Apoc. 3, 21. 12 Vgl. den ähnlichen Satz in Nr. 3 und 5· I3 D. h. den verwitweten Provinzen Süditaliens. Leon will wissen, ob die von ihm einge-
vnee
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I5
B 3: Zwölf Briefe des byzantinischen Gesandten Leon (997/8)
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Nr. 6 (D 9)
Rom?, 997 Frühjahr
Leon rechtfertigt sich vor dem mit »Vater und Herr« angeredeten Empfänger (einem Metropoliten?), daß er entgegen dem Anschein etwas geleistet habe; denn er habe der eindrucksvollen, aber führerlosen Stadt Rom den Philagathos zum Führer gegeben, der früher den Segen des Empfängers empfangen habe. Leon gibt sein Vorgehen als notwendig aus, um einen Rückschritt zu vermeiden und meint, daß der Erfolg nachher um so sicherer sei; denn Gregor V. werde sich schon an Philagathos rächen. Für das Nähere verweist er ihn auf Kalokyros und hofft auf die Zustimmung des Kaisers, dessen Mißbilligung ihn niederschlagen würde.
El xa~ l!.oo~a dl]yi)aw, esorptABO'WU :naUI] xa~ oia:nm:a1 , (i).).' ovx fii2YTJO'U' i~Y PW[l'r}Y sloov, :TCI]fiy[la flBya, O'O(j!OY Xal V:TCBI]Oyxoy xa~ aYOI]a fl~ l!.yovaaY' aYOI]a avrfj oiowxa TOY aexts:nlaxo:noy t:Peayy[ac; 2 TOY rtp rvAlcp 3 T~Y BVX~Y O'OV Aab6Yra. Tovro fl~ eav{laanc;· fOsl yal] OVTW :Tli]ObijYat, aAAwc; o' a:nobi]Yat' ra yal] E~ aexiJc; avv:n6m;ara e4ota :navrwc; xa~ svxseiJ :neoc; xa8alesaw. t).6.yaeor:; ixsZvor:; or:;, 'lva avvüw, ovoiva slxs TOV laoaraawv, o15 aeär:; TO (]TOf-la Kat novr;etar:; l!ycf-lc 2 Kat ß).aarpr;f-ltar:; t Xat novr;efar:; t Xat }mooefar:;, cp na(]Of-lOWr:; ovodr:;, ov TfVt avnrMOf-lBV OV ywwa1
·o
r Der Hafen bei der Hagia Sophia in Konstantinopel; zu dem Unglück auf Sees. auch Nr. 2. 2 Auch in Nr. 2 erwähnt. 3 Wie DARRouz:Es a. a. 0. Anm. 6 beziehen wir
die Angaben auf den Winter 997/98; en' euctvou; meint also die "Franken". r Vgl. den ähnlichen Briefanfang Nr. 3· 2 Rom. 3; 14. Vgl. auch Apoc. 17, 3·
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B 3: Zwölf Briefe des byzantinischen Gesandten Leon (997 /8)
;(,OflBV, oiho~ susZvo~ 6 naAattvaZo~ nana~, 6 aoßaeo~ xat VTCB(!Oip(!V~, rJj 6s8 uat ölu'Yj uat fjA~B, O'VflTCOO~O'esk enws. Kat ·r:t fl~ np aodq;q:> Uyw uat TO TOV TCTW4 ttaTo~ sloo~; IIgo navTo~ 3 avaestta ysyovs Tfj~ OVTlUfj~ 'EuUA'YjO'la~ , slra TOV~ 7 6 5 orpeaAftOV~ 8~wevxe'YJ , T~'J! eZva Tglrov B~8Tfl~e'Yj uat TO XBLAO~ TBra(!TO'J! , TCBflTCTO'J! 8 10 T~V yAwTTav T~V TCOAAa uat aee'YJTa AaAovaav Uat littaxov . 8n6ttTCBVO'e'J! BTCt TOVTO~~ SXTO'J! ovlaucp TCTWXqJ O'Bfl'J!V'J!6fle'J!O~ ovgaugaTW'J! Uat TOVTO'J!, T~'J! OB 9 usrpaA~'J! BO'UBTCB aauov naAawv TBflaxwv Ta~ TC(!OTOfla~ exov ogfJlov~ • TO o' SbOOflO'J! el~ ug{aw i]J,.f)s, UaTB'I/)'YjqJ{O'f)'Yj, T'IJV tB(!aTlU~'J! ßvsove'Yj Uat s~sovf)'Yj O'TOA~'J!, 10 6maeoq;avw~ BO'V(!'YJ <xaTa> TO'J! vaov avT6v, TO'J! ng6vaov, T~'J! rp~aA'Yj~ avA~V uat 15
11 w~ el~ ava'I/)VX~V el~ TO'J! ßaeuagov 8vsßJ,.~erJ •
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(Jot,
I2 oveoxearwv p
I4 xara add. Schramm Süditalien, 998 Herbst
Nr. 9 (D 2)
Leon rühmt den Empfänger, den Magistros Michael, als einen zweiten Nestor, weil er ihn mit Rat und Tat unterstützt habe, schätzt sich glücklich, ihn zum Vorsteher seines Hauses gemacht zu haben, und bittet ihn, seiner weiter zu gedenken. V gl. über diese Ereignisse: Ann. Hild. zu 997f. (Mon. Germ., Script. III S. 9I); Ann. Lamberti (ebd.); Ann. Quedl. zu 998 (ebd. S. 74); Vita S. Nili Kap. 89f. (ebd. IV S. 616); Arnulfi Gesta Archiep. Medio!. I Kap. XII (ebd. VIII S. 9); Chron. Veneturn (ebd. VII S. 3r); Thietmar IV 30 (zi) (ed. Robert HoLTZMANN; Script. rer. Germ., N. S. IX S. r67ff.); Petrus Damiani an Honorius II. (Epist. I Nr. 21; MIGNE: Patrol. Lat. I44 Sp. 25 3-4); Augsburger Papstkatalog (Lib. pont., ed. L. DucHESNE II S. 26 I); Bonizo: Decretum IV c. 108 (Nova Patrum Bibi., herausg. v. Kard. MAI VII 3, Rom I854, S. 46). 4 Ann. Hild.: unde ab universis episcopis Ita/iae,
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Germaniae, Franciae et Gal!iae excommunicatur.
Gregor wird den Bann noch von Pavia aus im Februar 997 gleich nach Empfang der Nachricht aus Rom ausgesprochen haben, worauf die übrigen Bischöfe - einer Aufforderung des Papstes folgend - dies in ihren Diözesen wiederholt haben werden; vgl.
IO rI
ScHRAMM im Archiv f. Urkundenforsch. I924 IX, I 924 S. 9 I ff. (hier nicht wiederholt). Ann. Hild., Ann. Lamb., Ann. Quedl., Thietm., Chron. Ven., Lib. pont., Damiani, Vita S. Nili (wohl März 998). Dieselben (außer Ann. Lamb.). Chron. Ven. statt dessen: . . . auribusque praecisis; so auch Petrus Damiani. Ann. Quedl., Thietm., Chron. Ven., Lib. pont., Vita S. Nili. Chron. Ven. und Vita S. Nili setzen den Umzug nach der als siebentes berichteten Synode; vgl. auchLib. pont.,Arnulf, Bonizo, Damiani. Der schimpflicheUmritt auf einem Esel wurde außer in Rom auch in Süditalien und Byzanz als Strafe verwandt. Chron. Ven., Vita S. Nili (wohl Mai 998). Auch die Vita S. Nili spricht von einem Kerker, während Chron. Ven. ein Kloster angibt. Beides läßt sich wohl vereinen: Ph. wird nach schwererer Haft in ein Kloster verwiesen worden sein.
Brief 8-Io
Er macht ihm Mitteilung über seine Reisen und die abgesandten Boten und verweist ihn für Näheres an den Überbringer. (5. 103:) "Ovrw~
(( aorpov SV ßovAcVfla ra~ noAAa~ xsiea~ Vl'!dp;;, iydJ OS uat YVWfla~, JJ EvemioTj, Uyw Xal O(!flU~ xat nea~cl~ avra~ uat ov flciafleAOflal rovro Asywv . .Eov BV8X8V, JJ eavfla(Jl8 xat uaAe [l6.ywres, neo~ ixsivov rov aorpov anci8l'Vafl7JV . av yae uaA6~ cl xat neoboVAsv6ftcVO~ uat roi~ xauw~ ßovAsv6si(Jl uaAw~ imßovAcVOflcVO~ . ovu av apaerol il~ uat (( Tsef)vwv Ual nadea Aaov )) (]8 uaAsaa~ 2 uat naaav ayaenv uAfjatv imrp1Jfllaa~ (JOl. 'EydJ yovv rovro flOVOV oloa aorpov ßovAsvaaflcVO~ ro ae neoara7:1]V rov i[lOV OlUOV notryaaa6al Ual avra~ ra~ 1pVXlUa~ xwf)acl~ flOV. E'L il~ oi5v lAso~, cl il~ rptAaveewnia, c'L il~ xenar6r1J~, cl il~ ayan7J, (( el il~ naeauATj(Jl~ iv Xewrcp 3 , )) ansvaov fln (( usvw6fjval ro xavxnfla flOV )) 4 , aAAa rov aov Asovro~ in' aya6oi~ flV1JflOVCV8 uat marcvw rtp Bstp, w~ ovoev ovaxsee~ anmnryacl flOl. "Iva Oe ra ifflsiCea yvtp~ nw~ 0 @so~ (/JxovOfl1](J8V, loov uaxsiva yearpw (JOl. "HA60[l8V iv Weayy{q. &' OAOV rov avyovarov xat rov aeniCflbeiov xat rov OUiWbeiov5 . i~f)Aeo[lcV Ola rwv sdewv i(!lWV rov VOcflbeiov xat rov 08X8flb(!iov Ual rov lavvovaefov 6 uat inotf)aaflcV iv rfj 'Pwwn flfJVa~ reaaaea~ 7 xat clOOflcV, a clOOfl8V 8 &_}.}.' 0 Bso~ nsetsrpvAa~cV iffla~ UbAabci~ Ual avvnovof)rov~, irp' ol~ ne6rceov uat ibOVAcvaaflcea uat iy(!6.1pafl8V 9 • Ual i~f)A60fl8V10 anouewla(!lOV AabOVU~, iAcirrova flSV neo~ ro nae6v, [ldCova Oe erseov ixosx6flcVOl cl~ r II, Paris 1704lib. XXIII, 2 S. r67, von deren Text J. MABILLON, De re diplomatica, Paris 1709 Suppl. cap. IX 3 S. 39 eine freie Nacherzählung aufgenommen hat. Für die Annales wurde ein Codex der jetzt der Vaticana einverleibten Bibliotheca Ottoboniana benutzt, wo sich die Formel an die Langobardengeschichte des PAULUS DIACONUS angehängt fand. Es handelt sich wohl um Cod. Vat. Ottob. 941, chart. saec. XVII. = WArrz
Die Überlieferung
nutzung dieser und der Florentiner Überlieferung die Formeln für sich ediert. Auf diese Drucke ist bei der vorliegenden Ausgabe zurückgegriffen. Über das Verhältnis des Mittelteils, der Mirabilia urbis Romae, zu den zahlreichen anderen Handschriften, die es von diesem Text gibt, wird in einem Anhang zu diesem Abschnitt gesprochen. Aus ihm ist zu ersehen, daß der erste Teil der »Graphia«, die kurze Aufzeichnung über die römische Vorgeschichte, einen Zusatz darstellt, der in einem bestimmten Augenblick der Fortbildung des Mirabilientextes zu der eigentlichen Stadtbeschreibung hinzugekommen ist. Der zweite Teil dagegen, der den Ur-Mirabilien entspricht, bietet diese in einer schon durch Zusätze und Umstellungen entwickelten Fassung, die uns auch in anderer, engverwandter Überlieferung vorliegt. Was die »Graphia« in diesen beiden ersten Teilen an Eigengut bietet, ist kaum nennenswert. Aus dieser Sachlage müssen die Grundsätze für eine Edition der »Graphia« entwickelt werden. Sie können, da es sich um drei nur lose an-(5. 70.")einander geknüpfte und in verschiedenem Grade bekannte Texte handelt, nicht einheitlich sein. Teil I, ein Zusatz zu den Ur-Mirabilien, ist noch durch MARTIN voN TROPPAU bekannt, der einen Mirabilientext desselben Reifestadiums seiner Chronik einverleibte10. Die Sachlage ist hier so, daß das beiden Überlieferungen Gemeinsame nicht a. a. 0. S. 24: A 2 b, der gleichfalls aus A 2 (s. oben) abgeschrieben ist. Auf eine PaulusHandschrift geht auch der bei Du CANGE, Gloss. med. et inf. Lat., N. E. V, Paris 1845 S. 141 gedruckte Text zurück. In neuerer Zeit hat diese vielbeachtete Formel z. B. auch G. MAGLIARI in: Studie documenti di storia e diritto XVIII, Rom 1897 S. r8I aufgenommen. Nirgends zeigt sich jedoch die Spur einer bisher nicht beachteten Überlieferung des Graphia-Textes; nur im 14. Jahrh. wird er von einem Mailänder zitiert, und zwar (wie bereits ÜZANAM, s. unten, feststellte) von GALVANEUS (Gualvaneus) FLAMMA (de la Fl.) in seinem Manipu!tts florum (auch: Historia l.J.edio!anensis; s. Rer. Ital. Script., ed. L. A. MuRATORI XI, Mailand 1727 Sp. 540 D). Dieser beruft sich zweimal auf die Graphia aureae Urbis (ohne: Romae) wegen der am Eingang stehenden Angaben über Noah und Cameses, für die man sich auch im I 5. Jahrh. noch interessiert hat (s. den folgenden Anhang). Doch setzt Galvaneus hinzu: S ed hodie stmt multi, qui dictis i!!is
contradicunt. Ob er auch dem »Graphia-Libellus« seine Aufmerksamkeit schenkte, steht dahin. ro Mit MARTINS Mirabilienfassung hängt der gleichfalls die »Historia Romana« aufweisende Text dieser Schrift in der Chronik des Paulinus, Bischofs von Pozzuoli (t 1344) zusammen, den W. HoLTZMANN in: Jahrb. d. Dtschen Archäol. Inst. XI, I4r, Berlin 1926 S. 56ff., bes. 6o nachgewiesen hat; s. dazu unten S. 358f. ( S. ro9f).- C. L. URLICHS, Codex urbis Romae topogr., Würzburg r87I S. rr3 deutet auf Cod. Neapel. 135 fol., saec. XV., hin, in dem er nach seiner Erinnerung ein dem Graphia-Anfang ähnliches Stück gelesen habe; außerdem erwähnt er einen nicht näher bezeichneten Codex vom Jahre 1347, der »post historiam casus Troiae et varia excerpta capite >de miraculis< inscripto has de Jano et Saturno fabellas, turn mirabilia quae appellantur continet, nulla inscriptione praemissa«. Der von URLICHS a. a. 0. in diesem Zusammenhang angeführte Cod. Vat. Ottob. 2257 (Papier-Hs. vom
C 3: »Graphia aureae ur bis Romae«
einfach mit der Stammfassung der historischen Kompilation gleichgesetzt werden kann. Denn der Stammtext bei Martin ist an einzelnen Stellen offensichtlich gekürzt11; andererseits ist ein bei MARTIN fehlender Passus12 anscheinend Zusatz der »Graphia«. Eine Wiedergabe des den beiden Überlieferungen Gemeinsamen durch Kleindruck würde also einen falschen Eindruck erwecken; deshalb ist der ganze Abschnitt in gesperrtem Kleindruck gesetzt, um das Verhältnis der »Graphia« zu ihrer verlorenen, daher nur erschließbaren Vorlage nicht bis in alle Einzelheiten hinein zu präzisieren. Stattdessen sind in die Noten die Varianten MARTINS mit aufgenommen, so daß sich der Leser sein Urteil im einzelnen selbst bilden kann. Bei Teil II, der einen in reicher Überlieferung vorliegenden und oft gedruckten, aber für dies Buch nur mittelbar wichtigen Text enthält, handelt es sich allein darum, seine Stellung in der »Graphia«-Überlieferung zu verdeutlichen. Damit kann die Aufgabe verbunden werden, für die längst notwendige kritische Mirabilien-Edition praktische Vorarbeit zu leisten13 • Diese aber benötigt einen buchstabengetreuen Abdruck des Florentiner Textes, dessen Besonderheiten und Fehler einmal in den Varianten der abschließenden Ausgabe ersichtlich werden müssen. Unser Abdruck bietet deshalb Teil II so, wie er in der Handschrift steht. Nur grobe ( S. 7 I:) Schnitzer, die dem Abschreiber oder schon seinerVorlagezur Last fallen, sind richtiggestellt. Dagegen sind die vielfachen Abweichungen des »Graphia«-Textes in den Namen belassen, auch wenn der Verdacht vorliegt, daß es sich gleichfalls nur um Schreib- oder Leseversehen handelt. Denn was von diesen Abweichungen einfach als Fehler abzutun ist und was literarische Verballhornung oder sprachliche Fortbildung darstellt, läßt sich in dieser Ausgabe noch nicht scheiden.
Jahre 1478) mit einem Mir.-Text ist notiert von G. PARTHEY, Mirabilia Romae, Berl. 1869 S. XIV. - Außerdem gibt es eine italienische Übersetzung, nach dem Cod. Turin Bibi. Naz. N. I, 5 von 1437 (Kommentar des Guglielmo Capello zum Dittamondo des Fazio degli Uberti) veröffentlicht von A. GRAF, Roma nella memoria e nelle immaginazioni del m. e., I, Turin 1882 S. 84f. A. 14. Die Übersetzung ist zu frei, um entscheiden zu können, ob sie auf die »Graphia« oder auf Martin zurückgeht. Ob neben diesen beiden Werken noch eine selbständige Ableitung der »Historia Romana« vorhanden ist, kann erst eine für die Edition der Mirabilien unumgängliche Prüfung aller in Betracht kommenden Handschriften ergeben. 11 Vgl. S. 319 Anm. 28 (S. 73 Anm. 4), S. 320
Anm. 32 (S. 74 Anm. 4). 12 Vgl. S. 320 Anm. 30 (S. 74 Anm. 2). I 3 Nachzutragen sind folgende Titel: Istituto Storico Italiano. Fonti par Ja storia italiana: Codice topografico della citta di Roma a cura di R. V ALENT1N1 e G. ZucCHETTI I-IV, Rom 1940-53 (in III S. 67ff. über die »Graphia«). A. WEISSTHANNER, Mittelalter!. Rompilgerführer. Zur Überlieferung der Mirabilia und der Indulgentiae urbis Romae, in der Archivalischen Zeitschr. 49, 1954 S. 39-64. Über die Einwirkung römischer Ruinen auf die Vorstellungen der Artbursagen vgl. R. Sh. LoOM1S, From Segontium to Sinadon - The Legencis of a Cite Gaste, in Speculum 22, 1947, S. po-533.
Die Überlieferung
Im übrigen ist zu der Druckanordnung zu bemerken, daß zur Erleichterung der textkritischen Übersicht Randverweise auf die Kapitelzählung des Haupt-Mirabilientextes beigesetzt sind14 • Die Anwendung des Kleindruckes für die benutzte Vorlage, durch den sich die für unsere Ausführungen notwendige Klärung der Beziehung zwischen »Graphia« und »Mirabilia« ergeben soll, begegnet der Schwierigkeit, daß der am nächsten stehende Mirabilientext nur in einer italienischen Übersetzung vorliegt. Diese ist zwar wortgetreu, und ihr Originaltext15 läßt sich mit Hilfe der älteren Mirabilienfassungen fast ganz rekonstruieren, aber einen Vergleich von Wort zu Wort ermöglicht die Übersetzung doch nicht. Deshalb kann das Prinzip, wie es etwa bei den Diplomata-Ausgaben der Monumenta Germaniae angewandt wird, hier nicht mit der dort üblichen Schärfe16 durchgeführt werden 17 • Ich lasse deshalb kleinere Abweichungen und einzelne Worte unberücksichtigt und beschränke mich darauf, nur die wichtigen Zusätze und Abweichungen der »Graphia« im Großdruck herauszuheben. Wie ein flüchtiger Blick zeigt, handelt es sich nur um wenige Stellen, aus denen sich ergibt, daß die antiquarische Gelehrsamkeit weiter am Werke ist, um alte Angaben über die Topographie der Stadt ans Licht zu ziehen18 • Die endgültige Mirabilienausgabe wird die Aufgabe haben, auch über diese Fragen der Textentwicklung volles Licht zu verbreiten. Während es bei Teil I und II durch Inhalt und Vergleich mit der Mirabilienüberlieferung leicht ist, die vielen Entstellungen der Florentiner Handschrift zu erkennen, fehlt dieses sichere Kriterium für große Partien des III. Teils. Nur wo wir (wie bei den Formeln) noch eine zweite Überlieferung haben oder wo wir wie bei den Isidorstellen und der »Richterliste« 19 ( S. 7 2 :) die benutzten Quellen kennen, läßt sich feststellen, was im Originaltext stand. Dabei muß damit gerechnet werden, daß mehr Richtigstellungen als tatsächlich berechtigt vorgenommen sind. Denn abgesehen von den Schreib- und Lesefehlern, die schon dem Verfasser des »Libellus« unterlaufen sein mögen, wird sein Werk ja Spuren jenes italienischen Lateins aufgewiesen haben, dessen Unkorrektheit durch die in Italien geschriebenen gleichzeitigen Urkunden bekannt genug ist. Mißlich wird diese Frage bei jenen Abschnitten des III. Teils, die durch keine Vorlagen und keine Sonderüberlieferung kontrollierbar sind. Es bleibt nichts anderes übrig, als auch hier die durch den Sinn geforderten Wiederherstellungen in dem Umfang vorzunehmen, wie er sich aus den übrigen Abschnitten ergibt. 14 Cenc. c. 31 = Mirabilientext im Liber censuum des Cencius ed. L. DucHESNE S. z6zff.: c. XXXI. und (Ital. c. 31) = italienische Übersetzung der Mirabilia ed. E. MoNACI (Arch. della Soc. Romana 38 S. 562ff.): c. 31. r 5 Er ergibt sich aus dem Vergleich der ebengenannten Ausgaben von DuCHESNE und MoNAcr.
r6 Sperrdruck für ähnliche Silben und Worte, Großdruck auch für einzelne abweichende Worte, Sternchen für Auslassungen. 17 Ich verweise dafür z. B. auf die Erzählung in cap. 24. r8 Vgl. die betr. Anmerkungen. 19 Vgl. Bd. I S. I3Dff.
C 3: »Graphia aureae ur bis Romae«
Doch muß eingeräumt werden, daß der eine oder andere Eingriff in den Text der Florentiner Handschrift unberechtigt sein mag. Die »Graphia« war bis I928 erst einmal vollständig gedruckt worden. Im Jahre r85o machte sie A. F. ÜZANAM 20 nach der Florentiner Hs. bekannt. Größere Teile publizierte I871 C. L. URLICHS 21 nach einer mit Ozanam kollationierten Abschrift F. PAPENCORDTS, doch sind von dem Libellus nur ein paar Sätze aufgenommen 22 • Außerdem ist Ozanams Druck in den Varianten der Mirabilienausgaben von G. PARTHEY 23 und H. JoRDAN 24 berücksichtigt. Nach meiner Edition (I929) ist der ganze Text der Graphia aureae urbis Romae abgedruckt worden von R. V ALENTINI und G. ZucCHETTI: Codice topografico della Citta di Roma III, Rom I946, S. 67-I Io. Den Herausgebern ist es nicht gelungen, meine handschriftlichen Grundlagen zu verbreitern. In ihren sehr sorgfältigen Noten ist an Textvarianten mehr vermerkt, als ich für erforderlich hielt. Aus den Anmerkungen zu Teil A entnehme ich einige Hinweise. Die zu Teil B, die mit denen zu der vorangehenden Edition der »Mirabilia« zusammenzufassen sind, führen - was nicht meine Absicht war- in die Topographie Roms ein. Die Anmerkungen zu Teil C beruhen im wesentlichen auf meinem Apparat. Die Abschnitte aller drei Teile sind durchnumeriert (Libellus cap. I = 41, cap. 22 = 52). Die Edition ist vorbildlich; da sie jedoch den deutschen Forschern nicht zur Hand und meine Edition seit langem vom Büchermarkt verschwunden ist, drucke ich meinen Text hier wieder ab. Wenn die sachliche Erschließung des Mirabilienteils auch nicht Aufgabe dieser Edition sein kann, so sind doch durch Hinweise auf den wertvollen Kommentar L. DucHESNE's 25 (Duch. A. I usw.) und auf die Schrift des englischen Magisters Gregorius »De Mirabilibus urbis Romae« 26 (Greg. § r usw.), die jünger als die Mirabilien ist und eigene Angaben bietet, dem Leser zur bequemeren Orientierung einige Fingerzeige gegeben. Zur Erleichterung der Verweise ist eine Kapitelzählung eingeführt. Der Zusatz von Überschriften zum I. und III. Teil soll zum einfacheren Zitieren dienlich sein. Sie sind ebenso wie die Kapiteltitel, die in der Handschrift fehlen und für 20
2I 22 23 24 25
Documents inedits pour servir a l'histoire litteraire de l'Italie, Paris I85o S. I55-83, dazu S. 83-93 mit einem Facs. S. VII. Codex urbis Romae topogr., Würzburg I87I S. II3ff. a. a. 0. S. I24. Mirabilia Romae, Berl. I869. Topographie der Stadt Rom im Altertum II, Berlin I 87I S. 6o5 ff. P. FABRE et L. DucHESNE, Le Liber censuum
de l'eglise Romaine I, I889ff. (Bibl. des ecoles fran>Altere Röm · Richterliste.«
torem, et die noctuque debet existere in palatio. Primicerius, id est prima manus; chera enim greced, latinee manus dicitur, qui 1 apud Grecos papiag uocatur.
( S. 9 I.) Secundicerius, id est secunda manus, apud Grecos uocatur depterosh. In palatio honorabilis est et ibi debet esse die noctequeh. Corone et omnium uestimentorum, que per festiuitates induunturi, debet habere curam. Nunculatork, id est questor, debet habere curam de uiduis et orphanis et omnibus xenodochüs, et apud eum debet disputari de testamentis. Primus defensorl debet habere homines sub se, qui defendant sedemm imperii. Archarius, qui ab archano dicitur, debet scire secreta consilia imperatoris et colligere censumn de prouintüs. Sacellarius debet habere curam monasteriorum et ancillarum Dei et in festiuitatibus introducit honores apud 0 imperatorem. Protoscriniarius, id est primus scriniariorum. Bibliothecarius apud Grecos dicitur logothetaP. Referendarius debet renuntiare, quodq irrscripturn est, ad imperatorem.
Kymiliarchus dicitur custos et conseruator omnium uasorum imperialium185 • Consules in unaquaque prouincia ab imperatoribus constituti sunt, ut subditos f. 36a suos consilio186 / regant, et non amplius nisi per annum' consulatum teneant'. Isid.IX 3. 6 u. 7 b so G. c fehlt G, nach der Richterliste ergänzt. d gco G. e latine prima C, falscher Zusatz zur Richterliste. f quod C. g d. h. papias; die Entstellungen der byzantinischen Titel in diesem Abschnitt fallen z. T. schon der Vorlage zur Last. h d. h. deuteras; deprereu C. i miluuntur (oder uul.) C. k d. h. nomenculator. I dahinter noch einmal: defensor C. o aut C. P logothera C. m sedere C. n ocasum C. q fehlt G. r peranum C. s über der Zeile nachgetragen G.
183 Über den historischen Hintergrund dieser Angabe s. Renovatio I S. 198f. 184 Vgl. P. E. ScHRAMM, Studien zu frühmittelalterl. Aufzeichnungen über Staat und Verfassung in: Zeitschr. f. Rechtsgesch. 49 (6z) Germ. Abt., Weimar 1929 S. 203 f., wo zu dem Abdruck des Stammtextes die Lesarten der verschiedenen Fassungen, u. a. auch der Graphia, angemerkt sind (in Bd. I nicht wiederholt). 185 Über den historischen Hintergrund dieser Angabe s. Renovatio I S. zoof. 186 Vgl. zum folgenden Isidori Hispalensis ep. Etymologiarum sive Originum libri XX rec. W. M. LrNDSAY, 2 Bde, Oxford 1910, n*
wo die Lesarten der Familia II (Italica sive Contracta) zu beachten sind. -IX (3, 6) ... Hinc igitur consules appellati, vel a consulendo civibus, vel a regendo cuncta consi/io. (3,7) Quos tamen ideo mutandos per annos singulos elegerunt, ut nec inso/ens diu maneret, et moderatior cito succureret . . . (3, 8) Proconsu/es suffecti erant consulibus et dicti proconsules eo quod vicem consulis fimgerentur, sicut procurator curatori, id es! actori ... (3, ro) Dictatores ... (3, u). Hi quingennii temporis imperio utebantur. Plus enim erant honore quam consu/es ... Et dicti dictatores, quasi principes et praeceptores. Unde et magistri populi nominabantur ...
C 3: »Graphia aureae ur bis Romae« ebd. 3, 8 ebd. 3,
II
ebd. 3, 25
Procons u 1 uicem consulis agatt et procuratoru uicem curatoris exequatur. Dictatorper quinque annos imperium tenet, maior quam consul, et secundus post imperatorem. Dicti autem dictatores, quasi principes et preceptores et magistri populi. Patricü ita prouideant reipublice sicut patres filüs. Pater autem et custos imperü patricius et dictator est. t
ebd. XVIII 43, ebd. 44·
agant G.
u procuratam G.
2. De scena et orcistra. In scena, que fit infra• theatrum in modum domush cum pulpito, quod orcistra< uoca tur, cantan t [comici, tragici atque saltan t]d histriones ~t mimi. In orcistra uero< saltator sal ta tf etf duog inter se disputan t. Inh eah poete, comedi et tragedii ad certarnen conscen-
dunt, hisque canentibus alü gestus edunt uirorum et feminarum. 2. a intra G. b damus G. c arcistra G. d so Isidor (jedoch: saltabant); Lücke von etwa IJ-20 Buchstaben G. e autem Is. f agere posset aut Is. g due G. h Ibi enim Is. i trigedi G.
ebd. 47 .
( S. 92.') 3· De offitiis scene. Offitia scenica: tragedi, comedi, theme!ici•, histriones et saltatores. Tragedih antiqua [gesta]< etd facinora seeleraterum regum populo expectanti< luctuoso1 carmine cantantg. Comedi uanorumh acta dictis aut gestu cantant, etd uirginumi moresi et meretricum in
ebd. 48.
suis fabulis exprim un t. Themelicik in organis et liris 1 exprimunt ad cithar as. Themelicik uero in orcistra stantes cantan t super pulpitumm, quod temelan uoca tur. Histriones muliebri indumento
Isid XVIII 45· ebd. 46.
ebd.49· ebd. 5of. ebd. Jz.
amicti gestus inpudicarum et pudicarum feminarum exprimebant187 et saltando res gestas et historias demonstrabant. Mimires 0 humanas imitanturP, et0 habentq suum auctorem. Saltatores in scena ludunt et gestu et corporis fluxu dissoluti, vocibus, modis, organis et liris transigunt'. In 3· a themedici G; neben thymelici auch temelici, themelici Is. b traiedi G. c fehlt G. d atque Is. e neben spectante auch exspectante Is. f neben luctuosa auch so Is. g coneinebarrt Is. h neben privaterum auch so Is. i stupra virginum et amores Is. k Thomelici G; vgl. Note a 1 lires G. pulpitans G. n neben thymele auch temele Is. o rerum humanarum ... imitatores; nam Is. P mutantur G. q habuit G; habebarrt Is. r transibunt G; transiguntur Is. (3, 25) Patricii inde vocati sunt, pro eo quod sicut patres filiis ita provideant reipublicae. 187 In dem wichtigen Cod. Sessorianus (Lueea), saec. VIII, LXIII, e. 72 findet sich derselbe Isidor-Satz als Glosse: Histriones sunt, qui muliebri indumento gestus impudicarum feminarum exprimebant; dazu A. GAUDENZI, I! monastero di Nonantula, il dueato di Persieeta e Ia chiesa di Bologna in: Bull. dell' ist. stor. 37, 1916 S. 473, der das Zitat nicht erkannt hat und die Stelle mit Stu-
dentenkostümierungen zusammenbringen will. - Andere Stellen über das frühmittelalterl. Theater bei F. GREGORovrus, Gesch. der Stadt Rom im Ma. 3 III S. 495ff. (wo die Graphia jetzt jedoch zu streichen ist); über die voraufgehende Zeit s. A. MüLLER, Das Bühnenwesen in der Zeit von Konstantirr d. Gr. bis Justinian in: Neue Jahrb. f. d. klass. Alt. XXIII, 1909 S. 36ff. -Die c. 2-3 sind in: Renovatio I S. 205 f. erwähnt.
C. Libellus de cerimoniis (cap. 2-4) ampitheatrum' pugnant gladiatores; ibi armorum' usum diuerso modo condiscun tu. Ibi uero intra se aut gladiis aut pugnis certantesv, nuncw contra bestias incedentes, ubi non odio, sed premio illectix subeuntY feralez certamen. s apitheitrum G; der falsche Akkusativ durch Zusammenziehen des Isidor- Textes verursacht. trän G. u contradiscunt G; condiscant Is. v otantes G. w modols. x illiciti, das dritte i getilgt G; inlecti Is. Y subeant G. z fetale G.
4· De coronis imperatorum188 • Sicut cesar a cesarie dicitur et augustus ab augendo . di d · et consules a consulendo, et d1ctatores a ctan 0 189 , Slc et imperator dicitur ab imperando,
rx 3 , §§ rz, r6, 6 u. 14.
Isid.
et ycumenicos• ab uniuersalitate190, et monocrator191 appellatur a singularitate. Monos namque grece, latine dicitur unus et singularis, cratorh grece, latine princeps.
( S. 93 .') De coronis autem imperatorum, que et quales quanteque antiquitus fuerint uel a quibus inuente, et quid significent, uideamus. ' . app1um . Isid.XV!In,I. P nma corona est de h er b a appiic, de qua Hercules coronatus est. s·1cut erum 192 resistit uenenis , ita imperator de orbe uenena malicie et nequitie debet expellere et eradicare. Serv. Aen. Secunda de oleastro. Oleon grece, latine misericordia interpretatur 193• Ostendit, VIII12Bsuppl. quia semper imperator debet superexaltare misericordiam iuditio. Et si quando in 4· a ycumenicon G ( y durch die byzantinische Aussprache von o t motiviert); vgl. unten Note 4!. - Die zehn Kronen sind von später Hand am Rande durchnumeriert G. b cratos G. c appi G.
188 Zu dem Kap. vgl. ebd. I S. 202f., 205. 189 Vgl. Isidor IX 3, II: Et dicti dictatores, quasi principes et praeceptores. Unde et magistri popufi nominabantur. Unde et edicta dicunturs. dazu die in Kap. I des »Libellus« genannten Würdenträger. 190 Vgl. zu dieser Angabe: Renovatio I S. 196 A. 3· 191 Belege für das Vorkommen dieses vom Anonymus auch sonst verwandten Ausdrucks s. Thesaurus ling. graec. V S. 1174; der offizielle byz. Titel war Autokrator, vgl. K. BRAND I in: Arch. f. Urkundenforsch. I, Leipz. 1908 S. 36f. Liudprand, Leg. c. 12 u. 17 (Opera, Script. rer. Germ. 8 1915 S. 182, 184) redet inkorrekt von Kosmocratores. 192 Hier und im folgenden ist Isidor zusammengezogen: Apium dictum quod eo apex, id est caput, antiquarum triumphantium coronaba-
tur. Hercufes autem hanc herbam primus capiti circumtulit: nam nunc populum [vgl. die 3· I>Salischen Kaiserordo« Modus coronationis imperatoris in Roma. r. lnstante• tempore coronationis imperatoris in Roma, imperator vestitur veste bisina
intesta auro et gemmis pretiosis, et habe! in manu duas ryrothecas de lino bisino, aceintus ense, cum calcaribus aureis. In capite portat dyademam, in dextra portat sceptrum, et in digito habet unum anmtlum episcopalem, in sinistra habet pillam auream. Tuncb pappa sustentat imperatorem in dextra, et archiepiscopus .Afediolanensis in sinistra, et tune imperatorem ante portatur crux plma ligno dominico et lancea sancti lvfauritii, et sie imperator vadit versus ecclexiam, ubi debet coronari 14 ; et incipitur missa, et ante evangelium imperator consecratur et benedicitur. 2.
•) Am Rand: Indumenta imperia!ia in Roma. b) Am Rand: Archiepiscopw Medio!. assotiat imperatorem usque Romam (zu ergänzen: et) Rome in processione, quando coronatur.
12
H. LEHMGRÜBNER, B. v. A., ein Verfechter der kaiserl. Staatsidee unter Heinrich IV., Berlin I887 (Histor. Untersuchungen 6) S. 23 ff.; auch M. MANITIUS, Gesch. der lat. Lit. des Mittelalters III, München I 9 3 I (Handbuch der klass. Alt.wiss. 9, z) S. 454-7. -
Der Ordo steht im r. Buch, das Benzo I085 redigierte. 13 Über die Vereinigung der beiden Amter im J. Io46 s. SCHRAMM, Renovatio a. a. 0. I, zz9ff. (s. jetzt oben S. 369ff.). 14 d. h. S. Peter.
C 6: Der »Salische Kaiserordo« und Benzo von Alba
3· Finita missa imperator vadit versus paliatium suum, et prandet; post prandium zmperator induitur veste viridi, et in capite eius ponitur mitrac alba habens eiesuper circulum patritialem, et vadit ad ecclexiam ad vesperas. 4· Alterod die pappa de altari beati Petri summit romanam coronam et ponit super capud imperatoris, et vadit 15 ad scallarum gradus16 , ubi est senatus. 5. Postea ascendit equm et equitat per omnes plateas, et ab omnibus alta voce salutatur; et cttm pervenerit ad jores ecclexie Constantiane17 , ibi sedecim scolle suscipiunt imperatorem, et cum mirabili letitia intra! ecclexiam et audit missam.
6. Tertio die coronatus pergit ad Sanctum Paulum 18 • 7· Quarto die coronatus vadit de ecclexia Bethleem19 ad ecclexiam Yerusalem 20 • 8. Aliis tribus diebus celebrat cum pappa sinodum pro emendandis negligentiis sacrorum ordinum; deinde cum sapientibus tractat de dispositione rei publice. c) Am Rand: Alia vestis imperialis. d) Am Rand: Papa coronat imperatorem.
d) Prüfung des Textes: sein historischer Gehalt (S. 39 J :) Der Ordo ist, wie schon eine flüchtige Prüfung erkennen läßt, von zwiespältiger Natur. Einige Angaben entsprechen genau den Zuständen, wie sie sich in der Zeit des Verfassers herausgebildet hatten; andere beruhen offensichtlich auf Konstruktion 21 • Diecrux plena ligno dominico ist das noch heute erhaltene »Reichskreuz«, das Konrad II. hatte anfertigen lassen, um das Stück vom Kreuze Christi aufzunehmen, das sich seit langem im Besitz der Kaiser befand. Richtig ist auch, daß zu ihm als die damals gleich hochgeschätzte Reichsreliquie die Lanze des Hlg. Mauritius gehörte - sie heißt hier schon nach dem ritterlichen Heiligen, nicht mehr wie in den Tagen Ottos I. nach Kaiser Konstantin dem Großen, ist auch bereits von ihrem Schaft gelöst, also I5 I6 I7 I 8 I9 20 2I
sc. imperator (Benzo setzt caesar hinzu).
d. h. vorS. Peter. d. h. S. Giovanni in Laterano. d. h. S. Paolo fuori le mura. d. h. S. "Uaria 1>1aggiore. d. h. S. Croce in Gerusa!emme. Zum Folgenden vgl. J. v. ScHLOSSER, Die Schatzkammer des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien, ebd. 1918; DERS., Die deutschen Reichskleinodien, Wien I 920; A. WEIXLGÄRTNER, Die Weltl. Schatzkammer in
Wien, im Jahrbuch der kunsthist. Sammlungen in Wien, N. F. I-2, 1926-8; Kunsthistor. Museum, Katalog der weltl. u. der geist!. Schatzkammer von H. FILLITZ, Wien I954 (inzw. neu gedruckt): DERS., Die Insignien u. Kleinodien des Heiligen Römischen Reiches, Wien-München I954; DERS. Die Schatzkammer in Wien, ebd. I964; P. E. S.FLORENTINE MüTHERICH, Denkmale der Deutschen Könige u. Kaiser I, München I962 S. 139, 170 mit Abb. 62, I45·
Prüfung des Textes : sein historischer Gehalt
zur reinen Reliquie geworden 22 • Von gleichem Wert ist die Angabe, daß der Kaiser rechts vom Papst, links vom Erzbischof von Mailand geleitet werden soll; denn so war bei der Krönung Konrads II. trotz des Ravennatischen Einspruches die Regelung getroffen worden 23 • Bestätigt wird ferner, daß im Ir. Jahrhundert die Krönung noch vor dem Altar des Hlg. Petrus, nicht ( S. 396:) vor dem des Hlg. Mauritius stattfand 2\ weiter: daß die Kaiserweihe vor dem Evangelium, also noch vor dem Abschluß der Katechumenenmesse, in die Meßliturgie eingeordnet war. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß dem Sieben-Schema zuliebe die Krönungshandlungen auf die Tage einer Woche auseinandergezerrt sind. Am ersten wird der Kaiser daher nur gesalbt und gesegnet; erst am zweiten wird er gekrönt- kein Zeugnis deutet darauf hin, daß diese seit karolingischer Zeit zusammengehörenden Akte jemals zeitlich getrennt worden sind. Der zweite, dritte und vierte Tag sollen dann mit Umritten des Kaisers ausgefüllt sein, die ihn nacheinander zu den Hauptkirchen Roms führen 25 • Die drei Schlußtage der Woche sind schließlich für eine Synode vorgesehen, die der Kaiser mit dem Papste abhält - dies ist eine der drei Stellen, an denen das Oberhaupt der Kirche erwähnt wird: sonst ist alles vom Standpunkt des Kaisers, seiner Macht und seines Glanzes aus gesehen. Diese Triumphzüge des Kaisers spielen in den Texten des genauso kaiserlich eingestellten Graphia-Kreises, besonders in der »Graphia« selbst und in der Vorlage des J osippon, eine große Rolle. Auch andere Vorschriften erinnern an deren V orstellungen: der Kaiser hat einen Palast in Rom, er wird mit der »Römischen Krone« gekrönt und nachher auf den Stufen von S. Peter vom Senatus, in den Gassen der Stadt
22 Vgl. A. HoFMEISTER, Die hl. Lanze, ein Abzeichen des alten Reichs, Breslau r 908 (GrERKES Untersuchungen zur Deutschen Staats- und Rechtsgesch. 96), bes. S. 65 f. Die oben genannte Stelle ist der erste sichere Nachweis der Benennung nach dem Hl. Mauritius, vgl. P. E. ScHRAMM, Herrschaftszeichen II, Stuttgart 195 5 S. 501 ff. 23 Vgl. die »Commemoratio superbiae Ravennatis archiepiscopi« in Mon. Germ., Script. VIII S. r2f. u. 70; dazu H. BRESSLAU, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II., I, Lpz. r 879 S. 143 f. und L. DuCHESNE, Saint Barnabe, in: Melanges G. B. de Rossr = Mel. d'arch. et d'hist. de l'ecole franse. de Rome 12, Suppl. 1892 S. 63. 24 Über die Frage, wann die Krönung vom Hauptaltar weg verlegt wurde, s. P. E. 25 Schramm, Aufsätze lll
ScHRAMM, Die Ordines der maLen Kaiserkrönung, im Archiv f. Urkundenforsch. XI, I93o S. 3Fff. 2 5 \1Velche Orte der Kaiser tatsächlich aufsuchte, s. bei E. ErcHMANN, Zur Topographie der Kaiserkrönung, im Histor. Jahrbuch der Görresgesellsch. 39, 1919 S. 714ff. (auch: Die Kaiserkrönung im Abendland II, Würzburg 1942 S. 3-42). Der Ordo denkt an einen Besuch der vier Patriarchalkirchen (S. Peter, Lateran, S. Paul, S. Maria) und der Kirche S. Croce, die zum Bereich der fünften, S. Lorenzo, gehörte; s. dazu H.-W. KLEwnz, Die Entstehung des Kardinalkollegiums, in der Zeitschr. f. Rechtsgesch. 56, Kan. Abt. 25, 1936 S. 156f. Getzt: Reformpapsttum u. Kardinalskolleg, Darmstadt, 1957)·
C 6: Der »Salische Kaiserordo« und Benzo von Alba
vom Volke begrüßt; am Lateran erwarten ihn die sechzehn Schalen 26 ; schließlich ver-(S. 397 :)handelt er nach dem Abschluß der Krönungswoche mit den sapientes über die dispositio rei pub!icae - Angaben, die in Wirklichkeit ihre Voraussetzungen hatten, aber durch ihre Stilisierung den Verfasser doch als Geistesverwandten des »Graphia-Kreises« erkennen lassen. Daß dieser nicht festgeschlossen war, daß seine Vorstellungen recht verschiedenen Ausdruck gefunden haben, wurde schon betont; der Verfasser des »Salischen Ordo« gehört in ihm zu jenen, die sich seinen Wünschen hingaben, ohne den Boden der Tatsachen unter den Füßen zu verlieren. Dadurch sind Anhalte gewonnen, um die übrigen Angaben, die nicht durch Parallelzeugnisse gesichert sind, bewerten zu können. Einiges fällt für die Geschichte der Kaisersymbolik ab. Das mit Gold und Steinen besetzte Seidengewand, Schwert und Szepter verstehen sich von selbst. Geschieden werden das Diadem, das der Kaiser schon beim Kommen trägt, und die Romana corona, mit der er gekrönt wird. Soll hier etwa ein Unterschied zwischen Kaiserund Königskrone angedeutet sein? Der Kaiser faßt in der Linken den Reichsapfel 27 , den Heinrich II. vom Papste erhielt, aber ablehnte. Die »Graphia« sprach von ihm, indem sie sich an die antike Tradition hielt. Erst unter Heinrich III. hat die pi!!a ihren festen Platz im Kaiserornat gewonnen: als sein Königssiegel nach der Kaiserkrönung umgeändert wurde, machte man aus dem einen Stabzeichen einen Reichsapfel28, und als er starb, legte man ihm eine Nachbildung dieses kaiserlichen Zeichens ins Grab 29 . (S. 398:) Während die »Graphia« sich bemüht hatte, den Kaiserornat auf die Antike zurückzuführen, ist der Ordo noch durch die seit karolingischer Zeit einsetzende, in der Zeit Ottos I. zugespitzte Anschauung beherrscht, daß Königs- und
z6 Die Zahl I6, die durch Benzos Text gesichert ist, gibt ein Rätsel auf. Die klassische Einteilung Roms in I4, die kirchliche in 7 Bezirke, die I2 Milizscholen, die auf I4 stiegen, als man die Transtiberini und Insulani hinzuzählte, die I8 Diakonien, die angeblichen I5 Regionen in den Ravennatischen Fälschungen des II. Jh.s (vgl. Fedor ScHNEIDER in den Abhandl. aus dem Gebiete der mittl. und neuern Gesch., Festgabe H. PINKE, Münster I925 S. 9of.), die 26, von denen im I2. Jahrh. die Mirabilien sprechen, also alle Gliederungen Roms älteren, gleichzeitigen und jüngeren Datums führen nicht auf die Zahl des Ordo. Ein Lokalhistoriker weiß vielleicht zu erklären, welche Kon-
struktion den Verfasser auf sie führte. Vgl. hierzu L. DUCHESNE, Les regions de Rome au JnO)'e!Z age, in den ]\,fefanges d'archßof. et d'hist. X., I890 s. I27-49· 27 pi//a, wie !SIDOR VON SEVILLA; die »Graphia« schreibt: palla; vgl. den Abdruck oben S. 348 Anm. 248 (S. 99 Anm. r). 28 P. E. ScHRAMM, Die Deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit I (Lpz.-Berlin I928) I28 mit S. ro4b-c. Dazu DERS., Sphaira-Globus-Reichsap fel, Stuttgart I95 8 s. 76, 78. 29 Ebd. Abb. 6r und P. E. S.-Florentine MüTHERICH, Denkmale der deutschen Könige und Kaiser, München I962 S. 175 mit Abb. 158.
Prüfung des Textes: sein historischer Gehalt
Priesterkleidung sich entsprächen 30 • Er sieht daher in dem Kaiserring einen anulus episcopalis und vermerkt, daß die Kaiserhandschuhe de lino bisino seien; das war beim Bischofshandschuh üblich. Die »Graphia« hatte bezeichnenderweise rein weltliche Handschuhe im Auge gehabt31 • Diese Angaben haben den Verfasser nicht gehindert, auch von goldenen Sporen zu sprechen- es ist wohl das älteste Zeugnis dafür, daß der Kaiser bei seiner Krönung die Zeichen des Rittertums truga 2 • Besonders wichtig sind die Angaben über Würdezeichen des Patrizius 33 • Der Kaiser selbst legt sie sich zwischen Salbung und Krönung nach dem Mahl, also im kaiserlichen Palast an. Soll man daraus schließen, daß an Heinrich IV. gedacht ist, dem die Römer w61 in Basel die Abzeichen des Patrizius überbrachten, und der sich daher bei seiner Krönung nicht mehr mit ihnen feierlich investieren zu lassen brauchte? Diese Folgerung, die das Datum des Ordo noch genauer eingrenzen würde, liegt nahe, reicht aber doch nicht aus, da wir über die im Jahre 1046 beachteten Formen zu wenig wissen. Abzeichen des Patrizius sind der grüne Mantel, dessen Farbe bisher nur durch Benzos Bericht gesichert war, und die mitra alba habens desuper circulum patritialem. Der Ring, den die »Graphia« und Benzo erwähnen, fehlt; der Kaiser trägt ja den »bischöflichen« Kaiserring. Die Mitra kennt die »Graphia« dagegen nur als eine der zehn Kaiserkronen und -kränze; sie denkt dabei an die antike Mitra34 • (S. 399:) Der Schlüssel ist in der Angabe des Ecclesiasticus 45, 14 zu suchen, der vom Hauptschmuck des Hohenpriesters sagt: Corona aurea super mitram eius expressa signo sanctitatis et gloria honoris, opus virtutis et desideria oculorum ornata. Demnach gehört die Kaisermitra zu den Angleichungen des Kaiserornats an die hohepriesterlich-bischöfliche Gewandung35. Diese Mitra ist auch - wie der »Salische Ordo« und Benzo zeigen - für den Patrizius in Anspruch genommen und mit dem Zirkel, der in der »Graphia« allein genannt ist, verbunden worden. Daß die Verwandtschaft mit der geistlichen Mitra, die in eben diesen Jahrzehnten aufkam, gewollt war, zeigt die weiße Farbe, die der Ordo und ihm folgend Benzo erwähnen. Denn von ihr ist weder in der Bibel noch in der »Graphia« die Rede; dagegen war sie das hervorstechende Merkmal der bischöflichen Mitra.
30 SCHRAMM, Renovatio a. a. 0. I, 205 ff. und DERS., Herrschaftszeichen u. Staatssymbolik II, Stuttgart I95 5 S. 578 ff. 3I S. oben S. 3 5I (S. roz). 32 Erwähnt im Kaiserordo XIV (»Cencius ll«); s. ELZE a. a. 0. 46 Z. 28: calcaria s. Jvfauricii; vgl. dazu Denkmale a. a. 0. S. 482 s. v.:
Sporen. 33 Dazu P. E. S., Renovatio a. a. 0. I S. 232ff. 34 Ebd. I S. 202f.; dazu oben S. 342 (S. 94) und Herrschaftszeichen a. a. 0. I, Stuttgart I954 S. 51-98 (bes. S. 73). 35 Herrschaftszeichen II S. 58off.
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Ein seltsames Ineinanderfließen der verschiedensten Traditionen, aber bei der Patrizius-Würde selbst war es 1046 ja nicht anders gewesen! Diese Zeit konnte noch unbefangen ineinandersehen, was durch Herkunft und Bedeutung getrennt war, und dadurch neue Herrschaftszeichen schaffen. In die Gedanken und Hoffnungen des Graphla-Kreises lassen nur noch trümmerhafte Zeugnisse hineinsehen - um so wichtiger, daß wir ihnen nun ein neues angliedern können, in dem die Verbindung der mit Kaiser und Rom verknüpften Ideen wiederum in eigener Weise hergestellt ist.
e) Benzo von Alba über die KaiserkriJnung Die Erörterung über die Zuverlässigkeit BENZOS VON ALBA ist hin- und hergeschwankt36. Die einen meldeten viele Zweifel an; die anderen waren geneigt, ihm weitgehend Glauben zu schenken und nahmen daher auch die von BENZO mitgeteilten Schreiben Dritter als authentische, wenn auch überarbeitete Zeugnisse hin. Bei seiner Schilderung der Kaiserweihe gelangen wir nun zum erstenmal auf festen Grund, da wir durch die (5. 400.') Entdeckung ihrer Vorlage die Möglichkeit erhalten, Benzo bei der Benutzung eines andern Textes zu beobachten. Aus dem »Salischen Ordo« ist bei ihm der folgende Bericht geworden 37 (Sperrdruck= Vorlage):
Cap. 9· Roma minoratur, prohelempsis 38 ni celebratur, Junctis quinque viris, capitum gestamine miris 3 9. Processio vero Romani imperatoris celebratur talibus modis: Portatur ante eum sancta crux gravida lz'gni dominici et lancea sancti Mauricii. Deinde sequitur venerabilis ordo episcoporum, abbatum et sacerdotum et innumerabilium clericorum. Tune rex indutus bysino podere40 , auro et gemmis inserto, mirabili opere, terribilis calcaribus aureis, accinctus ense, adopertusfrisia clamide, imperiali veste, habens manus involutas cyrotecis lineis cum anulo pontificali, gloriftcatus insuper diademate imperiali, Portans in sinistra aureum pomum, Quod signiftcat monarchiam regnorum 4 \ In dextera vero sceptrum imperii
36 Vgl. die Lit. bei MAI'HTIUS a. a. 0. III S. 454ff. 37 Wiederholt nach dem Druck in Mon. Germ., Script. XI S. 6ozf.: lib. I c. 9-rz (nach dem Autograph, jetzt in Upsala). Sperrdruck kennzeichnet die wörtlich entlehnten Teile.
38 p. = neo8Acvatc; (so schon Script. a. a. 0.). 39 Vgl. zu dieser Stelle ScHRAMM, Renovatio a. a. 0. I S. z66. 40 Vgl. die Bibel; Vorlage: veste. 41 Ahnlieh die »Graphia« (nach Isidor), aber auch andere Autoren; s. oben S. 348 (S. 99).
Benzo von Alba über die Kaiserkrönung
De more Julii, Octaviani et Tiberii 42 ; Quem sustentant ex una parte papa Romanus, Ex alteraparte archipontifex Ambrosianus. Hinc et inde duces, marchiones et comites, Et diversorum procerum ordines. Sie imperator incedit ad processionem; nulla humana lingua potest explicare talem gloriam tantumque honorem. Retro vero secuntur quinque viri, diversa clamide et patricialibus circulis redimiti. 0 Domine, quid est homo, quia magniftcas eum, et apponis erga eum cor tuum 43 , tribuens ei regere totum mundum? Custodi ergo opera miscericordiae ( S. 40I .') tuae, domine Deus noster, ne in eo praevaleant boreas, nothus et auster. Tu es Deus, qui facis mirabilia44 , quia imperatore gressum movente, tollitur clamor omnium ad rydera. Clerici incipiunt: »]am bone pastor«45 , Teutonici: »Kyrrie eleyson, helfo/46 Sancte Petre heleysonf« Singule quidem nationes secundum ritum patriae prorumpunt in suas vociferationes47 • Tot igitur innumerabilium vocum clamoribus exterrita tellus tremit, et coelum desuper ad laudem tanti imperatoris faciem aeris serenissimam reddit, ut in die tantae festivitatis sit gloria in excelsis, et in terra pax hominibus bone voluntatis 48 • Finita processione mis sa inci pi tur, et secundum sita49 canonum ante evangelium imperator consecratur et benedicitur. Expleta missa ad palacium redeuni et ad mensam accedunt. Resultat Roma gaudiis, Iaudes refert apostolis, Per quorum sanctum meritum Roma tenet imperium50 ; Una est vox leticiae51 civium et miliciae, Frequentat universitas Alleluia per semitas.
42 Die »Graphia« führt - Isidor folgend - das Szepter auf Scipio zurück; vgl. ebd. S. 347 (S. 98). 43 Hiob 7, I7. 44 Psalm 76, I 5. 45 Es handelt sich, wie P. BILDEBRAND BEcK 0. S. B. an E. EICHMANN mitteilte, um den Hymnus auf Petrus und Paulus: Aurea luce et decore roseo, der bereits in Hss. des ro. Jh.s belegt ist. Die dritte und vierte Strophe (Jam bone pastor, Petre, clemens accipe und: Doctor egregie, Pau!e, mores instrue) wurden auch für sich gebraucht oder mit anderen Versen verknüpft, um an den Peter- und Faulfesten benutzt zu werden. Noch heute sind sie im Breviarium Romanum angeführt. Vgl. den Druck bei J. W. DREVES, Analeeta hymnica 5 I, hg. von Cl. BLUME, Leipzig I9o8
46
47
48 49 50 51
S. 2I6 und F. J. MoNE, Lateinische Hymnen des Mittelalters III, Freiberg I 853 S. 90, dazu auch Wetzer und Welte's Kirchenlexikon 2 VI, Freiburg I889 S. 539· Zu der Frage, um welche grammatische Form es sich handelt, vgl. A. HüBNER, Die deutschen Geißlerlieder. Studien zum geistlichen Volksliede des Mittelalters, BerlinLeipzig I93I S. 229f., der von einem Pilgerruf spricht. Vgl. »Graphia« (oben S. 351 = S. 102): (imperator) hebraice, grece et latine fausta acclamantibus, Capitolium aureum conscendat. Bibel = Missale. s. = scita (so schon Script. a. a. 0.). Zur Geschichte dieses Gedankens s. ScHRAMM, Renovatio a. a. 0. I S. 243· vox laetitiae bei J erernias passim.
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(S. 402:) Postquam autem cum modestia sumpserint cibum, hymno dicto, si fuerit aestivum tempus, vadunt parumper dormitum; et Jacto modico intervallo revestit se imperator viridissima c!amide, cum nivea mitra, cui superponit patricialem circulum, et sie itur ad vesperum. Iterum pulsant coelum voces eorum, ad laudem et gloriam viventis in secula seculorum52 • Cap. IO. Altera autem die domnus papa summit Romanam coronam de altario apostolorum principis, et ponit eam in capite cesaris; cesar vero per voluntatem Dei et per orationem sancti Petri coronatus, venit usque ad scalarum gradus, ubi eum praestolatur Romanus senatus; ascendensque equum cum equitibus Romanis, Teutonicis et Longobardis, pergit per viam triumphalem. In omnibus quidem plateis salutatur Romanis cantilenis. Ante fores igitur Constantinianae aecclesiae, quae est caput omnium aecclesiarum per universum orbem terrarum53 , congregatae sedecim regionum scolae suscipiunt imperatore m cum magna processione. I ntrante vero cesare aecclesi a m cum multitudine diversarum gentium, salutat eum consistens iuxta altare chorus psallentium: »Benedictus sit cum Patre et Spiritu sancto Christus Dei ftlius, qui talem concedit laeticiam ange!is et hominibus.« Quid plura? Missa celebratur et per omnes vicos Alleluia cantatur, ubique iubilatio, ubique gaudium et exultatio. Cap. II. Tercia vero feria similiter cum eodem exercitu equitans usque ad sanctum Paulum, coronatus sollempniter recipitur, atque in eius laude Deus gloriftcatur et benedicitur. Cap. I2. Quarta denique feria quasi rediens de Bethleem, coronatus vadit ad sanctam Hyerusalem. Expletis attfem mysteriis tam insignis diei commendat se Deo et dicit: »Salvator mundi, miserere mei«. Reliquis vero tribus eiusdem ebdomade diebus ce!ebrat synodum, et simul cum domno apostolico emendat negligentias sacrorum ordinum. (S. 403.) Deinceps pertractat cum sapientibus de dispositione rei pub!icae mu!tiphariam multisque modis 54 • Tu autem, Domine, miserere nobis55 •
In BENZOS Überarbeitung ist kaum eine Angabe hinzugekommen, die uns etwas Neues sagte. Andererseits ist nichts aus der Vorlage verloren gegangen; auch das ihr zugrunde liegende Schema der 7 Tage und der 5 Kirchen ist bewahrt geblieben. Aber was ist aus ihr geworden! Statt einer sachlich gehaltenen Beschreibung haben wir nun einen mit allen rhetorischen Mitteln aufgeputzten Text vor uns. Man muß 52 V gl. die Liturgie. 53 So wird der Lateran oft bezeichnet; vgl. bes. die Konstantmische Fälschung § r 3: quat;z sacrosanctam ecc!esiam caput et verticem omnium ecclesiarum in universo orbe terrarum dici ... sancimus.
54 Hebr. r, r. 55 Mit diesen Kapiteln stehen andere Abschnitte von BENzos »Panegyricus« in Be-
ziehung; vgl. z. B. a. a. 0. S. 6o2: duo episcope!!i sustentant manus unitts provinciae regu!e!li; S. 671 (VII c. z) über Heinrichs Einkleidung als Patrizius viridissima c!amide (nicht: veste viridi, wie im Salischen Ordo); bes. S. 657f. (VI Praef.) über die seltsame Krönungsfeier, die Heinrich IV. ro8r vor den Mauern Roms abhielt, dazu ScHRAMM, Renovatio a. a. 0. I S. Sr Anm. 2 und S. 274.
Benzos Bearbeitungsweise der Vorlage
im einzelnen beobachten, was BENZO gemacht hat: Er steigert die Ausdrücke, macht sie gewichtiger (poderes statt vestis, pontificalis statt episcopalis anulus, viridissima statt viridis vestis usw.); er korrigiert und trägt nach (Patrizius-Man tel statt Kleid, Einfügung der Kaiserchlamys). Er malt aus, indem er Nebensächlicheres zufügt (geistliches und weltliches Gefolge, Laudes der Bevölkerung, Abhalten des Mahls nebst kaiserlichem Mittagsschlaf usw.). Er durchsetzt das Ganze mit Ausrufen, in denen sich biblischer und antiker Sprachbrauch vermischen, und steigert seinen Text durch Verse, in denen die Versmaße wechseln. Er zieht Verbindungsfäden zum Brauch der alten Römer, auf die das kaiserliche Szepter zurückgeführt wird und die wohl auch Pate bei den für das 1 I. Jahrhundert nicht belegbaren quinque viri mit den Patrizius-Zirkeln gestanden haben. Er macht die Krönung zu einer Feier, bei der nicht nur ihr römischer Charakter, sondern auch die Freude der Römer unterstrichen wird. So tritt auch hier seine so stark kaiserlich-römisch-antikisch gefärbte Gedankenwelt, die schon an anderer Stelle charakterisiert wurde56 , anschaulich heraus. ( S. 404.) Außerdem dürfen wir BENZO einmal ganz genau bei der Arbeit verfolgen. Es läßt sich nachprüfen, wie souverän er mit seiner Vorlage umgeht, indem er die Sätze umstellt oder sie auseinanderreißt, damit für seine eigenen Platz wird. Diese Methode darf man nun auch dort annehmen, wo er sich auf nicht erhaltenes Material stützt, so etwa bei den Briefen, die er seinen geschichtlichen Abschnitten einverleibte. Diese haben ja schon das ihnen früher entgegengebrachte Vertrauen verloren57 ; wir werden jetzt noch skeptischer sein müssen. Hat BENZO Originale gekannt oder sogar benutzt, dann ist seine Fähigkeit, um- und auszugestalten, so groß, daß unter den Zusätzen das Echte kaum noch herauszufinden sein dürfte. Wer würde aus seinem Krönungsformular einen Text wie den Salischen Ordo herausgespürt haben? Diese negative Feststellung hat nun aber auch ihre Gegenseite. Was BENZO vorlag, war eine Zusammenstellung nüchterner Angaben; was er daraus gemacht hat, ist überall auf Sinneseindrücke abgestellt: der Kaiser trägt nicht nur Sporen, sondern er sieht durch sie furchterregend aus; er wird nicht nur laut von allen gegrüßt, sondern die vom Lärm unzähliger Stimmen erschreckte Erde zittert, während der Himmel schönstes »Kaiserwetter« spendet. Und nicht nur ein Rufen zum Kaiser, ein Preisen und Hymnensingen zu Gott durch Geistlichkeit, Nationen, Schalen, Bürgerschaft und Miliz, sondern auch ein unmittelbares Dazwischenreden des Autors selbst, derfür die Allgemeinheit sprechend- Gott für das preist, was laut Ordo geschehen soll, aber doch nur fingiert ist. BENZO ist wirklich ein Meister der mise en scene, des Ab56 ScHRAMM, Renovatio a. a. 0. I S. 258-74; zu der dort genannten Lit. beachte auch noch die Storia letteraria d'Italia II: F. NovATI, Le origini, cont. da A. MONTEVERDI, Mailand 1926 S. 613-15. 57 Im Sinne von J. GAY und F. DöLGER gegen
LEHMGRÜBNER und G. MEYER VON KNONAU zuletzt A. HoFMEISTER, Der Übersetzer Johannes und das Geschlecht Comitis Mauronis in Amalfi, in der Histor. Vierteljahrsschrift 27, 1932 S. 254 mit der Lit. in Anm. 85.
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stellens auf die Sinne; man möchte ihn den ersten Journalisten des Mittelalters nennen, wenn der Anachronismus nicht zu groß wäre. Aber das eine Gute hat diese Bezeichnung; denn sie weist darauf hin, daß man sich BENZO von einer falschen Seite nähert, wenn man ihn als Geschichtsschreiber oder als Dichter nimmt. Ein Nebengewinn des »Salischen Ordo« liegt darin, daß er erlaubt, diese Tatsache einmal durch Einzelbeobachtungen zu verdeutlichen.
f) Galvaneus Flatnma, Überlieferer des »Salischen Käiserordo« ( S. 40 5 :) Der »Salische Ordo«, der ja einen wichtigen Hinweis auf die Rechtsstellung des Mailänder Erzbischofs enthielt, ist- wie wir bereits sahen- nicht nur von BENZO VON ALBA, sondern auch über die Mailänder Cronica calendaria (II. Jahrh.) von Galvaneus Flamma (14. Jahrh.) übernommen worden. Es lohnt sich, noch einen Blick auf das Material zu werfen, mit dem dieser Zeitgenosse Ludwigs des Bayern und Johanns XXII. den Salischen Text verbunden hat. GALVANEUS (1283-nach 1342) steht unter dem Eindruck der bekannten Theorie, daß der Kaiser in Aachen, Mailand und Rom mit drei verschiedenen Kronen gekrönt wurde. Er beruft sich dafür auf den Liber provincialis und auf die Glossa Ordinaria des Johannes ANDREAE (t 1348)58 , ändert aber dessen Angaben dahin um, daß der Kaiser in Aachen eine silberne, in Mailand die eiserne Krone empfange59 - die damals aufkommende Tradition der »Eisernen Krone« in Monza hat ihn also schon gefangen genommen60 • Dabei setzte er sich leicht über die Belege hinweg, die Monzas Anspruch bekundeten. Er konnte das, da er an Ottos I. Krönung in Mailand glaubte61 ; er durfte das, da er sie nicht nur in einem Fabelwerk wie der »Chronik der GRAFEN 58 Über dessen Angabe und die von ihm abhängigen Autoren s. H. BRESSLAU in seiner Ausgabe der Chronik Heinrichs Taube von Selbach, Berlin I922 (Mon. Germ., Script. N. S. I S. 37 Anm. 4). Ich kenne keinen Druck des Provincia!e Romanttm mit dieser Angabe; aber die Überlieferung ist reich und vielfach ausgestaltet; vgl. H. BöRSTING, Das Provinciale Romanum mit bes. Berücksichtigung seiner handschriftl. Überlieferung, Diss. Münster I937 S. 24. 59 A. a. 0. S. 6oi; vgl. auch S. 588, wo die dreifache Krönung schon für Otto II. angenommen ist. - Nicht gedruckt ist bisher die Galvagnana des Galvaneus, die handschriftlich erhalten ist (FERRAI, Fiamma a. a. 0. S. II5 und DERS., Chronisti a. a. 0. S. 304ff.).
In c. r 5I handelt diese um I 333 verfaßte Schrift de IV coronis comitis Ang!eriae, in c. I 6o: de IV coronis imperatoris. Nachzuprüfen wäre auch, was in c. I94 steht: Qttod Karo!tts Magntts coronatttr in Roma, et de offttio Ambrosiano. 6o Überholt sind A. KROENER, Wahl und Krönung der deutschen Kaiser in Italien (Lombardei), Freiburg I90I (Studien aus dem Collegium Sapientiae 6); K. BAASE, Die Königskrönungen in Oberitalien und die eiserne Krone, Straßburg I90I (Diss.) durch R. ELZE, Die »Eiserne Krone« von Monza, in P. E. S., Herrschaftszeichen a. a. 0. II, I95 5 s. 450-79· 6r A. a. 0. S. 524f.
Galvaneus Flamma, Überlieferet des »Salischen Kaiserordo«
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voN ANGLERIA«62 erwähnt fand, sondern auch in der Mai-( 5. 406:)länder Geschichte des LANDULPH 63 • An die Auszüge aus diesen beiden Werken hing er den »Salischen Ordo« an, um daneben die Art der Römischen Krönung zu illustrieren. Er vermochte ihn noch zu ergänzen, da er in dem Traktat des Alexander de S. Elpidio (t I326): De iurisdictione imperii64 die Formel für die Übergabe des Schwertes fand, die dieser Autor dem Kaiserordo entlehnt hatte. Was er über die Rechte des Kaisers zu sagen hat65 , geht über das Dekret bzw. über seine Glosse auf die Fälschungen zurück, die in der Schule von Ravenna, also einer Verwandten des Graphia-Kreises 66 , zur Zeit Heinrichs IV. auf den Namen Leos VIII. gefälscht worden waren67 • Über die sonst von GALVANEUS befragten Autoren gibt er selbst die beste Auskunft; denn er hat seinem Chronicon J11aius ein Verzeichnis der benutzten Schriften vorangestellt" 8 • Aus ihm springt in unserm Zusammenhang die Graphia aureae urbis Romae heraus, diese bereits mehrfach genannte Schrift des I I. Jahrhunderts, die im I2. Jahrhundert mit den li1irabilia urbis Romae vereinigt worden war. Offensichtlich hat GALVANEUS nach dem Vorbild dieser Schrift sein Chronicon extravagans angelegt, das in ähnlicher Weise das antike und das zeitgenössische Mailand verherrlichte69 • In einem andern Werk hat er die »Graphia« wegen des ihr zugesetzten Prologs über die Römische Vorgeschichte befragt7o. ( 5. 407.) »Man denkt- so ist geurteilt worden- bei den geistigen Grundlagen in dem Kampf Ludwigs (des Bayern) zu stark an die Minoriten und unterschätzt den hohen Bildungsstand der Ghibellinen, mit denen Ludwig seit I 322 dauernd in Verbindung blieb 71 .« Ihm gegenüber hatten sich die Gegner von Neapel bis nach Frank62 Über sie vgl. W. v. GIESEBRECHT, Zur Mailändischen Geschichtsschreibung im I2. und I3. Jh., 2, in den Forsch. z. deutschen Gesch. 2I, I88I S. 317ff.; dazu KROENER a. a. 0. S. 17rf. Anm. 4· 63 II cap. I6 (Mon. Germ., Script. VIII S. 53); über die Unrichtigkeit s. KROENER a. a. 0. s. 39f. 64 A. a. 0. 525 und 509, wo als Verfasser »Aiexanden< genannt ist; über ihn R. SCHOLZ, Unbekannte Streitschriften aus der Zeit Ludwigs des Bayern I, Rom I 9 I I (Bibi. des Kgl. Preuß. Instituts in Rom 9) S. 232f., dazu noch J. A. F ABRrcrus, Bibi. !atina mediae et infimae aetatis I, 2, Florenz I858 S. Go. 65 A. a. 0. S. 588ff. 66 ScHRAMM, Renovatio a. a. 0. I S. 282, 287f. 67 Gedruckt in Mon. Germ., Const. I S. 665 ff. 68 A. a. 0. S. 507-9. 69 Gedruckt bei CERUTI a. a. 0. S. 439-505. 70 Vgl. in Bd. IV den Anhang zu Abschnitt 2
(bisher S. 43 Anm. 2) nach dem »Manipulus florum«. 7I Fr. BocK, Studien zum politischen Inquisitionsprozeß Johannes XXII., in Quell. u. Forsch. a. ital. Arch. u. Bibi. 26, I936 S. 54 Anm. 4· Über die geistigen Grundlagen der Gegenpartei in Neapel, A vignon und Paris DERS., Kaisertum, Kurie und Nationalstaat im I4. Jh., in Röm. Quartalschrift 44, I937 S. I05-22. Der Aufsatz von A. NELso;-;r, Benzo A!bensis och ]ohannes Tritbemius. Handskriftshistoriska anteckningar, in Nordisk Tidskrift Jör Bokoch Bib!ioteksväsen XX (I93 3) S. I 3-30, auf den mich C. ERDMANN aufmerksam machte, berührt diese Studie nur insofern, als in ihm festgestellt ist, daß GALVAG;-;ro FrAMMA unter den von ihm benutzten Autoren einm~l auch die chronica Benzonis episcopi A!banensis aufzählt (S. r4).
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reich hin bereits zu Abwehr und Angriff zusammengefunden. Unter dieser Schicht, die bei aller ihrer Gegensätzlichkeit durch Schulung und Bildung zusammengeschlossen war, erhielt sich eine populäre Gelehrsamkeit, die sich ihr Geschichtsbild auf ihre Weise zusammensetzte. Unter den mancherlei Lösungen, die das 14. Jahrhundert gezeitigt hat, verdient die des GALVANEUS FLAMMA Beachtung, weil hier ein Bettelmönch und Mailänder bei der Schilderung des Kaisertums sich die PseudoGelehrsamkeit zu eigen macht, die der Romgedanke im 11. und 12. Jahrhundert ins Leben gerufen hatte.
7· Der Abschnitt über »Roma«, »Romani« usw. aus dem Glossarium des Papias Abgeschlossen vielleicht ro53 *
a) Das Glossariu!JJ Um die Erschließung des Glossarium des Papias, das bis in das späte Mittelalter, ja noch über dies hinaus geschätzt worden ist, hat sich vor allem G. GoETZ1 verdient gemacht. Eine durch eigene Feststellungen bereicherte Übersicht unseres heutigen Wissens bietet M. MANITIUS 2 • Danach steht fest, daß der Verfasser ein Italiener war; alte Überlieferung nennt ihn einen Lombarden. Nach eigener Angabe hat er zehn Jahre an seinem Glossar gearbeitet, das er selbst E!ementarium doctrinae rudimentum betitelt hat. Die Festlegung dieser Zeitspanne macht verschiedene Schwierigkeiten, die Manitius gegeneinander abgewogen hat. Eine Entscheidung bringt vielleicht einmal eine kritische Ausgabe; denn bis jetzt sind wir für die Beurteilung des Glossars immer noch auf sehr zahlreiche und auf ihre Unterschiede noch nicht geprüfte Handschriften 3 sowie auf Inkunabeldrucke angewiesen. Bis dahin wird man das Jahr ro5 3, auf das eine die Regierungsjahre Heinrichs III. betreffende Angabe hinweist, als ungefähren Anhalt ins Auge fassen müssen.
b) Grundlage des Textes Ich lege für den folgenden Abschnitt den auch von G. GoETZ 4 zu Rate gezogenen Cod. Darmstadt Landes bibl. 909 (früher S. Jacob in Lüttich5) perg., saec. XII: Papias, f. ro4v = D zugrunde, den ich dank dem Entgegenkommen der Bibliotheksverwaltung in Beideiberg benutzen konnte, und kontrolliere ihn durch die beiden Inkunabeldrucke der Heidelberger Universitätsbibliothek ))\"enetiis per Andream deBonetis de Papia anno Domini MCCCCLXXXV« = Jr und »Venetiis per
*
Zuerst: Kaiser, Rom und Renovatio, II, Lpz.-Berlin 1929 S. 137-140 (unverändert). r Papias und seine Quellen, in den Sitz.-Berichten der Bayer. Akad. der Wiss., Phil.Hist. Kl. 1903 S. 267-86. z Gesch. der lat. Lit. des Ma.s II, Münch. 1923,
(Handbuch der klass. Altertumswiss.) S. 717 bis 724. GoETZ a. a. 0. hat 89 Hss. zusammengestellt. 4 Ebd. S. 269 Nr. 7, dazu S. 272. 5 Mit Bleistift paginiert; f. z a: Liber ecc!esie sancti Jacobi in Leodio.
C 7: »Roma«, »Romani« usw. beim Papias (ro53 ?) Philippum de Pincis Mantuanum anno Domini MCCCCXCVI« = Jz, die nach der Feststellung von G. GoETZ 6 auf einen Mailänder Druck von 1476 zurückgehen. Unter Berücksichtigung der benutzten Vorlagen ist ( S. 138:) es möglich, aus den drei Texten die mannigfachen Verderbnisse auszumerzen.
c) Die Unterlagen des Papias
Aus welchen Quellen der Papias geschöpft hat, ergründete schon G. GoETZ. Aus der von ihm ermittelten Reihe benützter Autoren kommt für den folgenden Abschnitt vor allem der Liber Glossarum (Glossarium Ansileubi) in Betracht. Von diesem Werk liegt eine kritische Ausgabe vor, die jedoch nicht den vollständigen, außerordentlich umfangreichen Text wiedergibt, sondern sich bei entlehnten Glossen auf den Nachweis ihrer Herkunft beschränkt (Glossaria latina iussu Academiae Britannicae edita I: Gloss. Ansileubi sive libr. gloss. ed. W.-M. LrNDSAY, J.-F. MouNTFORD, ]. WHATMOUGH etc., Paris 1926). Deshalb ist es nicht möglich, bei dem folgenden Abschnitt das Abhängigkeitsverhältnis Wort für Wort festzustellen. Es muß also - was zur Verdeutlichung der Unselbständigkeit des Autors am besten wäre - davon abgesehen werden, Kleindruck zu verwenden.
d) Der Text Roma 7 : a Romulo condita est siue nominata. Nam cum interfecto idem Romulus post• Albam Amuliob auumc suum Numitoremd in regnum restituisset, in eum locum, ubi nunc est Roma, deuenit; ibiquee menia construxit, quam Romam nominavitc. Hanc antea Euander1 dicitur condidisse. I.
Sola Roma 8 : urbs, cetera oppida dicuntur; unde, qui ibi habitant, olim urbani dicebanturg, in ceteris oppidani. 2.
3. Ro ma 9 : post excidium Troie anno CCCCXXVIII condita est. 4· De hac multi a so D, J I, 2; apud Is(idor). b a mulio J 2. d Munitorern D. c aurum J I. e grammatisch falsch zusammengezogen aw: ibique sedes posuit, moenia construxit, urbemque ex nomine suo Romam vocavitls. f Euandum D. g dicebatur J 2. 6 Ebd. S. z68. 7 = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. 108) = Isidor, Etymologiae (Is.) ed. W. M. Lr).JDSAY, Oxford I 9 I I, XV I, 55 ( Romulus cum interfecto apud Albam etc.). = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. Io8) = Is. IX 4, 42, dessen Sätze umgestellt sind: Urbani vocabantur, qui Romae habitabant. Qui vero in ceteris locis, oppidani. Nam sola urbs Roma,
cetera oppida. 9 = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. Io6) = Orosius II 4, I (ed. C. ZANGEMEISTER, Lpz. r 889 S. 38): Anno post eversionem Troiae CCCCXIIII... w·bs Roma... condita est; vgl. auch Placidus (G. GoETZ, Corp. Gloss. Lat. V S. I44 Nr. 47): Roma post excidium Troie post CCC et XXX annos condita est.
Unterlagen- Der Text
397
dissentiunt. Nam Salustiush Troianosi ab Enea hanc condidisse dicit, qui sedibus incertis uagabantur. Alii ab Euandro sicut Uirgilius ibik: At pater Euandrus Romane conditor arcisk, ( S. I 39 .') alii a Romulo. 5. Eutropius 10 quoque in libro hystoriarum siclloquitur: Romulus, cum inter pastores latrocinaretur, XVIIIm annosn natus urbem exiguam in Palatino monte constituit, quam ex suo nomine Romam uocauit. Post hunc Tullius 0 OstiliusP ampliauitq adiecto Celior monte. Demums Ancus Marcius Auentinum' montem adiecit et Ianiculum. Post hunc Seruiusu Tullius montesv tres, Quirinalem, Uiminalem et Esquilinum, urbi adiecit et fossasw circa murum duxit. Adx extremum uero Aurelianus imperator eamx muris firmioribus cinxit ac templum Soli edificauit.
6. Roma11 urbs Italie et nunc princeps gentium, aRemo etRomulo geminis condita fertur. Itaque Romulus - interfecto prius auo NumitoreY, dehinc Remo fratre arripuit regnum urbemque constituit. Regnum aui, muros fratris, templum soceri sanguine dedicauit. 7· Roma12 VII sedet montibus, qui sunt Tarpeiusz, Aduentinus, Uiminalis, Quirinalis, Celius, Esquilinus, Palatinus. 8. Romani13 : a Romulo uel• Roma dicti; hi antea a Saturno Saturnib, a Latino Latini nominati sunt, hi et Quirites. h so alle. i Troianus J 2. k ibi-arcis fehlt D, aber schon bei Is. vorhanden. 1 sie sie] 2. m so auch Eutropius, XIX D. n so auch Eutropitts, annis D. o Tullus J I, beide F onnen in den Eutropius-Hss. p Hostilius] I, 2. q urbem ampliavit Eutropius. r Coelioj I, Caelo] 2. s Deinde j I, 2; Post hunc, darauf: Deinde Eutropius. t Aduen. D, Auen. auch Eutropius. u Seruus D, Seruius auch Eutropius. v fehlt D, aber bei Eutropius. w fossam D, fossas J I, 2 = Eutropius. x Ad-eamfreie Überleitung zur Verbindungzweier Zitate aus Eutropius. y Mumtore D, Numitorem J I. z Trapeius D. a uel a J I, 2; ucl Romafehlt bei Is. b so alle; Saturnii Is. ro De hac- Romufo = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. ro7) = gekürzt nach Is. XV r, r: De auctoribtts conditarztm ztrbium pferumqzte dissensio invenitur, adeo ztt nec ttrbis qttidem Romae origo possit diligenter agnosci. Nam ... Im folgenden ist bei Is. das Zitat aus Sallust, Bellum Catilinae 6, I genau wiedergegeben, ebenso wie das Vergil-Zitat (Aen. 8, 313) mit richtigem Anfang (Tune rex E.) angeführt ist. Das von Isidor für Romulus gebrachte Vergil-Zitat ist vom Papias weggelassen. - V gl. auch GOETZ a. a. 0. V S. 578 Nr. 3: Cod. Cass. 90; zur Geschichte dieser Glosse vgl. G. LA-"'DGRAF in: Archiv f. lat. Lexikographie IX, lpz. I896 S. I70.
Eutropius - ediftcauit = Lib. gloss. (a. a. 0, S. 500 Nr. Io7) = Auszug aus Eutropius. Breviarium ab urbe condita I I, 2 u. 2, r (dazwischen Ausfall); 4; 5 ; 7; IX r 5 (Mon. Germ., Auct. ant. II S. 8, ro, 12, 158). 12 = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. ro6) = Orosius II 4, I u. 3 (a. a. 0. S. 38 f.): ... ztrbs Roma in Italia a Romufo et Remo geminis auctoribus condita est . . . Itaque etc. (jedoch imperittm statt: regnum). I 3 Die anscheinend nicht unter den Glossaren zu suchende Quelle dieses Absatzes, der allgemein bekannte, möglicherweise auch erst vom Autor zusammengestellte Angaben enthält, vermag ich nicht nachzuweisen. I I
C 7: »Roma«, »Romani« usw. beim Papias (1053 ?)
9· Romanicu: interpretanturd sublimes uel tonantes.
(S. I40:)
10.
Rom& 6 :
ewt-trr robur, uirtuse; grecum est.
11.
Romulide15 : Romani.
12.
Romulea16 : Romana.
13· Romanif17 reges ita successerunt: Romulus, Tatiusg, Numa, Tullush Ostiliusi, Ancus Marcius, Tarquiniusk, Seruius Tulliusl, Tarquiniusm Superbus. 14. Rom u s1 s : inde Romulus, unden Roma, hinco Romanus, a quo: romanizo, - as; componitur RomipetaP; Romuleus,-aq, -umq. c ... omani, mit Lückefür Nachtragung eines farbigen R, D. d interpretatur D; fehlt in Lib. Gloss. etc. e uirtutis uel magna statt r}WflrJ - uirtus D; Lücke statt r}Wfl'YJ J 2. f Vg/. die voratifgehende Note c. g Stacius D. h Tullius D. i Hostilius ] I, 2. k Tarquinus ] I, 2. I Tullus J I, 2; dahinter: Esquilinus D, was wohl zu tilgen ist. m Tarquinus D, J I; vgl.auch Note k, also vielleicht so schon im Stammtext. n inde] 2. o hic D. p fehlt] I, 2, q ausgedruckt J I. 14 = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. 109) = Is. IX 2, 84 (gekürzt mit geringer Wortänderung). 15 = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. no) = Placidus (GoETZ a. a. 0. V S. 144 Nr. 45) = Liber secundus Eucherii instructionum ed. WoTKE (1894) S. 144, 16-q; vgl. auch Cod. Vat. 1469 (GoETZ a. a. 0. V S. 525 Nr. 34). IO-II fehlen im Lib. Gloss.; Rom= r}WflrJ in verschiedenen anderen Glossaren, s. GoETZ a. a. 0. VII S. 2II; Roma: uirtus und Romuli-
dae: Romani in Glossae cod. S. Gall. 912 (ebd. IV S. 280 Nr. 28 und 30, dazu VII S. 212). 16 = Lib. Gloss. (a. a. 0. S. 500 Nr. 119) = Placidus (GoETz a. a. 0. V S. 144 Nr. 48; auch ebd. IV S. rG4 Nr. 40). 17 Vgl. § 7· 18 Vgl. § 7· - Zu: Romipeta vgl. DuCANGE, Gloss. med. et inf. Lat. VII S. 212 und E. Du M:ERrL, Ebrard de Bethune 1847 S. 143 Anm.
8. »Laus Caesaris Heinrici« des Azelin von Reims = Atto von Monte Cassino (Zwischen 1047-1056)*
a) Die Überlieferung Ernst DüMMLER, dem wir die Kenntnis so mancher mittellateinischer Dichtung verdanken, hat mehrere Strophen bekannt gemacht, die unter der Überschrift Laus caesaris Harynrici von einer Hand des XI. Jahrhunderts in dem Cod. Paris. Bibi. Nat. II632 (olim S. Germani 219) saec. X.: S. Hieronymi epistolae, eingetragen sind. Nach einer Abschrift von G. H. PERTZ hat DüMMLER das Gedicht r879 im Neuen Archiv IV S. 399-400 in einer Miszelle »Aus Handschrifte n« veröffentlicht; dieser Druck ist im folgenden wiederholt. Zu bemerken bleibt, daß das Gedicht mit Neumen versehen ist und am Schluß der ersten vier Strophen (Verse?) ein aufweist; die letzte, auch inhaltlich sich abhebende Strophe steht etwas getrennt von den übrigen, was im Druck kenntlich gemacht ist. Die erste Strophe ist rhythmisch gebaut (zweimal 8~ x 7 x ~ ; kein Reim); sie wird deshalb gleichfalls durch einen Strich abgehoben. Die übrigen Strophen sind metrisch (viermal v '-' L v v L v v L v = Versus paroemiacus ; Reimstellung aa bb).
+
+
b) Beziehungen zu Azelins Bearbeitung der »Cma Cypriani« E. DüMMLER hat die Strophen auf Kaiser Heinrich II. bezogen, ohne dafür eine nähere Begründung zu geben. In den Versen selbst finde ich keinen Anhalt, der diese Zuschreibung rechtfertigt. Dagegen hat DüMMLER mit Recht darauf hingewiesen, daß sich die letzte Strophe »auf Überreichun g der unter dem Namen Cena Cypriani bekannten Schrift an den Herrscher« bezieht1 • Die alte Parodie, deren Abfassungsz eit
* I
Zuerst: Kaiser, Rom und Renovatio, II, Lpz.-Berlin 1929 S. 141-47 (durchgefeilt und ergänzt). Vgl. zur Cena Cypriani die bei Fedor SCHNEI-
DER,
Rom u. Romgedanke im Ma., Münch.
1926 S. 261 zusammengeste llte Literatur, bes.
K. STRECKER in: Mon. Germ., Poet. lat. IV S. 857ff. (ebd. die Fassung des Johannes
400
C 8: Azelin von Reims
=
Atto von Monte Cassino
umstritten und deren eigentlicher V erfass er nicht feststellbar ist, hat im Laufe der Jahrhunderte mehrere Bearbeitungen erlebt- so im IX. Jahrh. in Deutschland durch Hrabanus Maurus und in Italien durch J ohannes Diaconus, einen Vertreter des Römischen, päpstlich gefaßten Erneuerungsgedankens 2 , so aber auch noch im XII. Jahrhundert von französischer Seite. Zwischen diesen Bearbeitungen steht nun eine ( 5. I 42 :) weitere, von der sich nur geringe Spuren erhalten haben. Was bekannt ist, genügt jedoch, um sie mit der Laus caesaris Heinrici zu verbinden. Schon E. Du MERIL 3 und ihm folgend dann K. STRECKER\ der sich um die Aufhellung der Geschichte des Cena- Textes besonders verdient gemacht und die Bearbeitung des J ohannes Diaconus ediert hat, zogen eine Angabe des Claudius SALMASIUS (Saumaise, Seigneur de Tailly, Bouze, Saint-Loup, q88-r653) 5 heran, wonach »Azelinus quidam Remensis monachus« die Cena Cjrpriani bearbeitet und einem nicht näher bezeichneten Kaiser Heinrich gewidmet habe6 • Diese Fassung der Cena hatworauf K. STRECKER7 hinwies - ein weiterer Bearbeiter der beliebten Schrift, dessen Werk in einer Handschrift des XII. J ahrh. vorliegt, als seine Vorlage bezeichnet: Hos subsecutus Azelin Plura dilatans addidit, Unaque cena principem Henricum pavit cesarem.
Von dem Text des Azelin bietet Salmasius zwei auch von DU MERIL und STRECKER wiedergegebene Proben 8 , die dem Widmungsgedicht nicht ( 5. I 43 .') entsprechen.
2
4 5 6 7
Diac.); M. MANITIUS, Gesch. der lat. Lit. des Ma.s I, Münch. 1912 (1959) S. 692f.; P. LEBMAN~, Die Parodie im Ma., Münch. 1922 S. 25ff., 2.Aufl. Stuttgart 1963 S. 8, r2ff. (Azelin ist hier immer berücksichtigt); V. de BARTHOLOMAEIS, Guillari Farfensi, in: Nuovi Studi medievali, N. F. I, Bologna 1928 S. 45 ff. P. E. S., K., R. u. Renovatio I, S. 49· Pm'sies populaires latines anterieures au XIIe siecle, Paris r843 S. 193f. A. 4 und: Poesies populaires latines du m. :1.., Paris r 84 7 S. 93 A. 2. a. a. 0. S. 868 A. r. Über ihn vgl. G. LAUBMANN in: Realencykl. der Protest. Theol. 3 XVII, Lpz. 1906 S. 397ff. .Hist. Augustae Scriptores, Paris r6zo S. 396f. und 410. a. a. 0. S. 868 A. 2.
8 joseph ta!ari tunica Vestitur imzocentia;
Infectam capri sanguine Tol!it pro pulchro munere. (Salmasius S. 397) und: Helciae p!l!chra jilia, S ecura per pomoeria, Susannafert castaneam. (ebd. S. 410).
Der Klärung bedarf noch das Verhältnis Azelins zu der Bearbeitung der »Cena Cypriani«, die sich in dem - was zu beachten ist - ehemaligen Reimser Cod. Bibl. Nat. lat. 56o9 (olim Colb. 5445) findet. Nach dem Catal. cod. mss. bibl. reg. IV, Paris 1744 S. 140, ferner nach Du M.ERrL a. a. 0. (r847) S. 93 A. 2, der ebd. S. 93-102 diese leider nur verstümmelt erhaltene Bearbeitung abdruckt, weiter nach Mon. Germ., Script. XV, I S. 234, wo derselbe Codex für die »Vita et Translatio S. Huberti ep. Leodiensis auct. Iona« herangezogen ist, schließlich nach dem von STRECKER a. a. 0. S. 868 A. r. zittierten H.
Beziehungen zu Azelin und Arnulf
401
Daß die Dedikation feierlicher gestaltet ist, kann nicht wundernehmen - sind doch auch sonst Unterschiede zwischen Widmungen und den ihnen folgenden Texten feststellbar. Jedenfalls kann kein Zweifel sein, daß diese Verse von AZELIN herrühren und die Widmung seiner Bearbeitung der Cena Cypriani darstellen, zumal die Laus caesaris Heinrici in einer Handschrift von französischer Herkunft überliefert ist.
c) Beziehungen zu Arnttljs » Delieie cleri«
Wann war nun aber dieser AZELIN an der Arbeit, und welchen der Heinriche hat er mit seinem Geschenk bedacht? Die Schlußstrophe der Widmung, die uns bisher den Weg wies, bietet noch einen weiteren Anhalt. Hier malt der Dichter nämlich das durch den Titel seiner Schrift gegebene Bild aus, indem er empfiehlt, statt sich durch lange Vorlesung ermüden zu lassen, täglich neue Kost vom »Mahle« des Cyprian zu nehmen. Er schließt: Meditataque fercula patrum Ferimus tibi per Cyprianum. Ganz das gleiche Bild, selbst der Einzelzug: fercula ferre, finden wir am Schluß einer Widmung, mit der ein wohl aus Frankreich stammender Geistlicher namens ARNULF seine Schrift Delieie cleri dem Kaiser Heinrich III. und seiner Gattin Agnes überreicht hat 9 • Hier heißt es: Hoc manuale tui cubitans in sede pugilli Fercula prima cibi more jeret jamuli. ,Cleri delicie' codex sie dicitur ipse, Orbis delicie, tu quoque, Cesar, ave!
LEBEGUE gehört die Handschrift dem IX. Jahrh. an; STRECKER selbst neigt an der vermerkten Stelle dazu, sie dem X. Jahrh. zuzuweisen. An dieser Datierung scheitert Du M:hiL's Vermutung, daß die Bearbeitung des Reimser Codex mit der Azelins identisch sei. Beziehungen sind nicht nur durch Reims, sondern auch durch die formale Gleichheit gegeben; aber das beweist nichts. Als Probe sei nach Du MERIL a. a. 0. S. 94 die dritte Strophe abgedruckt: Cum ]ohel facit nuptias, Vocat personas congruas. Disponuntur sedi!ia 26 Sduamm, Aufsätze III
Per palatina spatia.
9 Zuerst vollständig ediert von J. HUEMER, Zur Gesch. der mittellat. Dichtung: Arnulfi delicie cleri in: Roman. Forschungen II, Erlangen r886 S. 2roff. (ebd. S. 216 diezitierte Stelle); ebd. S. 383 ff. ein wichtiger Nachtrag von E. VorGT, »Beiträge zur Textkritik und Quellenkunde von Arnulfs Delieie cleri«. Über Arnulf orientiert gut, durch eigene Feststellungen weiterführend, M. MANrnus, Gesch. der lat. Lit. des Ma.s II, Münch. 1923 (Hdbuch der klass. Altertumswiss.) S. 588-92 (ebd. S. 588 und 59of. über die Heimat des Dichters).
C 8: Azelin von Reims
=
Atto von Monte Cassino
Wie man sieht, hat das Bild hier keine innere Berechtigung - es ist mit Gewalt herbeigezogen. Da es nun schlecht vorstellbar ist, daß zwei Hofdichter des XI. Jahrhunderts zur Verherrlichung eines Kaisers Heinrich selbständig zu dieser so ähnlichen Einkleidung ihrer Dedikation gekommen seien, so ist nur zu fragen, wer von ihnen der Gebende war. Die Antwort ist in dem Gesagten schon enthalten. ARNULF muß das Werk des AzELIN gekannt haben. Ja, man darf weiter schließen, daß er das Bild vom Mahl gerade deswegen übernommen hat, weil es dem Hof durch AZELINS Widmung bekannt war. Daraus ergibt sich der Schluß, daß die Laus cesaris Heinrici gleichfalls an Heinrich III. gerichtet war. Da nach dem Inhalt dieser Verse nur die Kaiserzeit in Betracht kommt, ist die ( S. I 44 :) Abfassung auf die Jahre 104 7105 6 begrenzt. Innerhalb dieses Jahrzehnts wird vor allem die zweite Hälfte ins Auge zu fassen sein, da die Delieie cleri schon die Krönung Heinrichs IV. voraussetzen, also erst zwischen 1054-56 abgefaßt sein können10 • Die Beziehung zwischen AZELIN und ARNULF wird nicht aus einer zufälligen, durch den Hof vermittelten Verbindung herrühren. Von AZELIN steht fest, daß er aus Reims kam11 , also ein Franzose war, und von ARNULF behauptet eine alte Überlieferung, daß er gleichfalls aus Frankreich stammte. Diese Tatsache, die in anderen Jahrzehnten höchst auffällig wäre, hat gerade in der Zeit Heinrichs III. nichts Überraschendes- stammte doch seine Gattin Agnes aus Aquitanien! In ihrer Umgebung, vielleicht als Kaplan, wird ARNULF zu suchen sein, der seinem Gedicht auch eine Salutatio ad reginam voraufgeschickt hat12, und in dieser Stellung mag er die stofflich verwandten, gleichfalls gereimten »Hundert Sprichworte«, die Wipo - auch ein Kaplan- Heinrich noch zu Lebzeiten seines Vaters überreicht hatte13 , kennengelernt und daraus die Anregung geschöpft haben, nun seinerseits etwas zur lehrhaften Unterhaltung der Hofkreise beizutragen.
10 HUEMER a. a. 0. S. 212; MANITIUS a. a. 0. s. 588, 591. I I Er ist nicht zu verwechseln mit dem Kapellan Azelin, der einem bayerischen Adelsgeschlecht entstammte und zum Bischof von Bildesheim aufstieg, sowie mit dessen Neffen Azelin, der Bischof von Merseburg wurde; vgl. J. FLECKENSTEIN, Die Hofkapelle der deutschen Könige II, Stuttgart 1966 (Schriften der Mon. Germ. hist. r6) S. 2 55, 200 f. (Dieser wird in Bd. III. Azelin = Atto behandeln). 12 HUEMER a. a. 0. S. 216f.
13 Wiponis opera (Script. rer. Germ. 3 1915) S. 66ff. Auf diese Beziehung hat schon HuEMER a. a. 0. S. 212f. hingewiesen; jetzt kommt noch die zu Azelin hinzu, so daß wohl kaum mehr an einer Verwendung Arnulfs im Hofdienst zu zweifeln ist. V gl. dazu Marie Luise BuLsT-THIELE, Kaiserin Agnes, Lpz.-Berlin 1933 (Beiträge zur Kulturgesch. des Ma.s u. d. Renaiss. 5z) S. r 5 über das geistige Leben am Hof Heinrichs III. (dort sind auch Arnulf und Azelin angeführt).
Azelin von Reims
=
Atto von Monte Cassino
d) Azelin von Reims = Atto von Monte Cassino Auch unseren AzELIN von Reims dürfen wir in der gleichen Umgebung vermuten; denn eine solche Verherrlichung des Kaisers, also nicht des Landesherrn, ist doch nur denkbar, wenn der Verfasser das Brot des Kaisers aß, so daß er ihn als seinen Herrn betrachten konnte. Sucht man unter den Trägern des Namens AZELIN, die während des XI. Jahrhunderts in Beziehungen zum Kaiserhof gestanden haben, dann findet sich - soviel ich sehe - keiner, der mit dem Reimser identifizierbar wäre14 • Aber wenn man sich darauf besinnt, daß AZELIN eine Koseform von Atto (Azo, Adso usw.), abgeleitet von Adalbert (Adalbero), ist, so scheint sich eine Möglichkeit zu ergeben, AZELIN VON REIMS in einer anderweitig bekannten Persönlichkeit namens ATTO wiederzufinden. Von ihr spricht der in der »Renovatio« erwähnte PETRUS DrACONUS von Monte Cassino15 in seinem Liber illustrium virorum archisterii Casinensis16 • Danach hatte (S. I4J·) dieser ATTO die Stellung eines Kaplans der Kaiserin Agnes inne und überarbeitete die Schriften des Montecassiner Gelehrten Constantinus Africanus Ct ro8r)1 7 , der sich durch weite Reisen in den Orient und durch eine lange Reihe von Schriften, meist Übersetzungen aus dem Arabischen, in der Geschichte der mittelalterlichen Wissenschaft einen ansehnlichen Namen erworben hat18 • ATTOS Leistung bestand darin, daß er das Latein des Constantinus durchfeilte und den Stil verbesserte. Dieser Montecassiner Mönch, dessen Herrin ron starb und der vielleicht durch dieses Ereignis veranlaßt worden ist, sich in das süditalienische Kloster zurückzuziehen, ist im XVIII. Jahrhundert durch unbegründete Vermutungen zu einer Bedeutung gekommen, die ihm nicht gebührt. Er soll die Schriften CoNSTANTINS in das Französische übersetzt haben, was ihm 14 An Azelin, den späteren Bischof von Bildesheim (1044-56) (s. Anm. II), ist nicht zu denken, da er dies Amt schon vor Heinrichs Kaiserkrönung antrat. 15 S. bes.: Renovatio II S. 37ff., 54f. usw. 16 Über dieses Werk vgl. E. CAsPAR, Petrus Diac. u. die Monte Cassineser Fälschungen, Berl. 1909 S. 3d.; Druck bei MuRATORI Rer. Ital. Script. VI S. 9ff. (danach wiederholt bei MrGNE, Patrol. lat. 173 Sp. I009 ff.). I7 C. 24 (Migne 1. c. Sp. 1035) De Attone: Atto Constantini Africani auditor et Agnetis imperatricis capellantts, ea, quae supradictus (cf. c. 23) Constantintts de diversis linguis transtulerat, cothurnato sermone in Romanam linguam descripsit. - Auf dieser Stelle beruhen auch 26*
die Angaben bei dem früheren Herausgeber des Lib. ill. vir., J. A. FABRICIUS, Bibl. lat. mediae et infimae aetatis I-II, Neudruck Florenz I858 S. I7 unter: Adto. V gl. dazu: R. CREUTZ, Additamenta zu Konst. Afric. u. seinen Schülern Johannes und Otto, in den Studien u. Mitteil. zur Gesch. des Benediktinerordens, 5o, I 9 32 S. 420-42 (S. 428-33 über Atto und Constantinus). Neuere Lit. zu C. verzeichnet H. Kuss, Orient und Okzident im geistigen Leben des ma.lichen Süditalien, in: Gesch. in Wiss. u. Unterricht XVIII, I967 S. I4I f. I 8 L. THORNDIKE, A History of Magie and Experimental Science I, London I923 S. 742 I I.
C 8: Azelin von Reims = Atto von Monte Cassino
in der Geschichte des altfranzösischen Schrifttums einen Platz einräumen würde, und er soll außerdem eine süditalienische Chronik übertragen haben, die man mit der des GAUFREDUS MALATERRA identifizierte, die aber in Wirklichkeit von AMATUS VON MoNTE CASSINO stammt19 • Anlaß gab einerseits eine mißverständliche Angabe P. LE LoNG's (1719) über eine Handschrift20 , die sich auf GAUFREDUS beziehen ließ, andererseits die falsche Auslegung des PETRUS DrACONUS, der von der lingua Romana sprach, was als Iangue Romance, d. h. französisch, aufgefaßt worden ist. Daß Arro nichts mit GAUFREDUS zu tun haben kann, hat bereits Dom REMY CEILLIER (1757) gespürt 21 ; die neue Ausgabe dieses Autors durch E. PoNTIERI schaffte endgültige Gewißheit 22 • Daß die Übertragung des Amatus nicht von ihm stimmt, hat schon ihr erster Herausgeber, M. CHAMPOLLION FrGEAC, im Jahre r 8 35 nachgewiesen: der wirkliche Übersetzer der »Ystoire de li Normant« gehörte erst der Angiovinischen Zeit an 23 • Die These endlich, daß Arro Constantins Werke auf französisch bekannt gemacht hat, gründet sich allein auf die schon angeführte Angabe des Petrus; ihre Haltlosigkeit bedarf keiner Worte. So bleibt es also dabei, daß bisher keine (S. 146:) weitere Nachricht über diesen nach Monte Cassino verschlagenen Kaplan der Kaiserin Agnes aufgedeckt worden ist 24 • Mit der »Histoire llteraire de France« auf eine französische Herkunft zu schließen, ist- nachdem ihr Hauptargument wegfallen mußte- eine ganz vage Vermutung; denn für sie kann jetzt nur noch angeführt werden, daß die Kaiserin Agnes aus Frankreich stammte, also sehr gut Landsleute in ihrem Dienst gehabt haben kann, und daß andererseits Constantins Werke sehr schnell in Frankreich bekannt geworden sind 25 , was sich bei der Unterstützung seiner Arbeit durch einen Franzosen sehr gut erklären würde, was aber natürlich auch auf andere Weise geschehen sein kann. I9 Vgl. Bist. Iiteraire de France VII, Paris I746 S. IIof., dazu ebd. Avertissement S. LVI. zo Bibi. historique de la France (Paris I7I9) S. 748 Nr. I4643 ( = III, Paris 2 I77I, Nr. 34995) über den jetzigen Cod. Bibi. Nat. lat. 7I 35: Amatus. 2 r Hist. generale des auteurs sacres et ecclesiastiques XXI, Paris I757 S. 95 und II6f., wo die Irrtümer der Hist. literaire übernommen sind. 22 Rer. Ital. Script. Nov. Ed. V, I, Bologna I926. 23 L'Ystoire de Ii Normant . . . par Aime, moine du Mont-Cassin (Paris I835) S. LVIf., XCf. Den Verfasser hat E. STHAMER, Der Mönch Azzo von Montecassino, in den Sitzungsberichten der Berliner Akad. der
Wiss., Phil.-Hist. Kl. I9F Nr. 25 als Propst in St. Angelo in Formis (r284) nachgewiesen und mit dem Bischof Azzo von Caserta identifiziert. 24 E. GATTULA (sie!), Historia abbatiae Cassinensis per saeculorum seriem distributa I und II, Venedig 1733 und DERS. (E. Gattola!), Ad historiam abb. Cass. accessiones I, ebd. 1734 und II, o. J. weiß nichts von diesem Atto. Die mehrbändige, noch nicht abgeschlossene Bibliotheca Casinensis entbehrt bisher eines Registers (zuletzt Bd. V: I 894). 2 5 H. LIEBESCHÜTz, Kosmologische Motive in der Bildungswelt der Frühscholastik, in: Vorträge der Bibi. Warburg I923/4 S. r2rff., wo in Anm. 82 weitere Lit. zu Constantinus genannt ist.
Falsche Thesen- Der Text
Nachdem nun das Bild dieses Arro VON MoNTE CASSINO von seinen späteren Übermalungen befreit ist, besinnen wir uns auf das, was oben über AZELIN voN REIMS gesagt wurde: jener stand sicher, dieser vermutlich im Dienst der Kaiserin Agnes; jener könnte ein Franzose gewesen sein, dieser war es; jener offenbart durch die Tatsache, daß ihm die Schriften Constantins zur Überarbeitung anvertraut wurden, eine gediegene Schulung in der lateinischen Sprache, dieser beweist durch die Anklänge an klassische Autoren und durch den Bau seiner Verse, daß er sich im Lateinischen auskannte. Solange also nicht eine andere Persönlichkeit aus der Umgebung der Kaiserin Agnes namhaft gemacht werden kann, für die gewichtigere Gründe sprechen, darf man die Vermutung aufstellen, daß AZELIN VON REIMS und Arro voN MoNTE CASSINO identisch sind 26 •
e) Der Text Versus: Laus caesaris Heinrici.
(S. I47·"J
1.
Sume, caesar, sceptra regni, Bellatolle gentium; Protegat pax orbis urbes, Enses fiant vomeres.
2.
Pietas tua dum regit orbem, Novagloria possidet Urbem! Africae reprimendo furores Tua dextera spargit honores.
3. Modulor decus ante tribunal: Tibi pallida Roma triumphat; V eterum renovando decorem Superas quasi Iulius hostem.
26 Hingewiesen sei auch auf einen aus Compiegne stammenden Azelin, der von Leo IX. 1049 zum Bischof von Sutri erhoben wurde und vor 1059 gestorben sein muß. Er gehörte zur Reformpartei; von Beziehungen zum Hof scheint nichts bekannt zu sein - vgl. }AFFE-L. I S. 538; Bonizo, Liber ad amicum V (Mon. Germ. Lib. de lite. I S. 588); E. SrEINDORFF, Jahrb. d. Deutschen Reiches unter Heinr. III., II, Lpz. r88r S. 78; E.
SACKUR, Die Cluniacenser II, Halle r894 S. 315, 324; G. ScHWARTZ, Die Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, Lpz. u. Berl. 1913 S. 264; A. HAUCK, Kirchengesch. Deutschlands III, Lpz. 3-4 1920 S. 6ro A. 3· Ferner weihte Papst Leo IX. (t 1054) einen Azolin zum ersten Bischof von Caserta; s. Italia pontificia, ed. P. F. KEHR VIII, Berlin 1935 (Neudruck: ebd. r96r) S. 28r.
C 8: Azelin von Reims
=
Atto von Monte Cassino
4· Placet imperialis honestas, V aluit speciosa potestas. Repetat modulatio Musas; Pueri, revocate Camenas. 5. Soli um sapientia firmat, Simul excolit, erigit, ornat; Nitidansque negotia regum Decorat diadema priorum. 6. Quia Caesaris erigis actus, Dabitur tibi poilleis ictus. Fydibus cytharizo triumphos Hylares modulando trochaeos. 7· Studium michi congratulandi, In amore viresco canendi. Data sunt mala castra stupori, Arabes superantur et Indi. 8. Tolerabilis est labor omnis Nimium tua iussa sequentis. Mora contulit annua luctum, Sine te duce non praecor annum. 9· Quia lectio longa fatigat, Nova caena diaria donat, Meditataque fercula patrum Ferimus tibi per Cyprianum 27 •
Hinweis: Über eine Briefsammlung, die Heinrich III. um I 043/44 überreicht wurde, habe ich berichtet in: »Geschichte in Wissenschaft und Unterricht« XV, I964 S. 238 f: »Die 3 I Briefe des Abtes Bern von Reichenau (10o8-Io48), die Fr.-J. ScHMALE edierte, ge-
27 Die Formen des Hs. Haeynrici (Überschrift) und !frimus (9, 4) sind normalisiert. - Zu I, 4 vgl. Is. z, 4: conflabunt g!adios suos in vomeres und Micha 4, 3 : concidunt gladios suos
in vomeres. Die metrischen Strophen sind
auch in ihrer Diktion stark an die antike Poesie angelehnt.
Der Text- Hinweis auf Bern von Reicherrau
hören in die mittelalterliche Bildungsgeschichte 28 • Aber dieser von Heinrich II. im Zuge der Reform zum Abt gemachte Prümer Mönch stand nicht nur diesem Kaiser, sondern auch noch Heinrich III. nahe, so daß auch auf die Reichsgeschichte Lichter fallen. Wichtig sind die Briefe vor allem für die vom Pater Kassius HALLINGER 0. S. B. neu zur Erörterung gestellte Frage, wie sich die von Cluny und Lothringen ausgehenden Reformbestrebungen zu den einheimischen, vornehmlich vom Kloster Gorze (bei Metz) getragenen, verhielten. Bern hatte Konzepte seiner Briefe verwahrt, die es ihm erlaubten, aus ihnen eine -um I043/44 Heinrich III. überreichte- Briefsammlung zusammenzustellen. Deren Original ist verschollen, lag jedoch im 16. Jahrhundert noch den Magdeburger Centuriatoren vor. Abschriften sind fragmentarisch erhalten; bei anderen Briefen hilft die Empfängerüberlieferung weiter; der Herausgeber hatte also keine einfache Aufgabe.« 28 SCHMALE, Franz-Josef: Die Briefe des Abtes
Bern von Reicherrau (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A: Quellen, 6. Bd.). Stuttgart (W. Kohlham-
mer) 1961. 78 S. Zur Überlieferung der Briefe hat der Herausgeber bereits 1957 im Bd. 68 der Zeitschrift für Kirchengeschichte einen vorbereitenden Aufsatz vorgelegt.
9.
Zu Heinrich IV. (ro56-r ro6), dem vorletzten Salier In meinem Bericht über die vier ersten Bände der »Studi Gregoriani raccolti da G. B. BoRINO«, Rom 1947-52 (Das Zeitalter Gregors VII., in den Göttingisehen Gelehrten Anzeigen 207, 195 3 S. 62-140) habe ich die Aufsätze genauer besprochen, die sich mit der Geschichte Heinrichs IV. befassen (vgl. bes. S. 93 ff. zu Canossa). Ich wiederhole hier die- den Abschnitt 5 (S. 369ff.) ergänzenden- Seiten 87-92.
Heinrich IV. und Rom (Besprechungen von Aufsätzen)
( S. S7.) Von denfünfzigerbis in die siebziger Jahre führt uns W. BERGES (Göttingen, jetzt Berlin). Er hat »Gregor VII. und das deutsche Designationsrecht« behandelt (II S. 189-209). Der Angelpunkt seiner Ausführungen ist eine Nachricht über die Vorgänge nach dem Tode Heinrichs III., die schon von Georg WAITZ als sehr merkwürdig bezeichnet worden ist, bisher jedoch noch keine Erklärung gefunden hat. Sie steht in Gregors VII. Manifest an die Deutschen vom 3. September ro76 (Reg. IV, 3), ist also unbestreitbar. V er gegenwärtigen wir uns die Situation. Heinrich IV. war auf Veranlassung seines Vaters bereits 1053 »gewählt«, 1054 gekrönt worden. Als Heinrich III. im Sterben lag, wurde er erneut als Erbe der Krone bestätigt, noch einmal »gewählt« - ein Akt, dem in der Folgezeit weitere »Wähler« beitraten, die nicht zur Stelle gewesen waren. Dies bewirkte Papst Victor II., der sein Bistum Eichstätt beibehalten hatte und daher noch zum Reichsepiskopat gehörte. Er bewirkte vor allem, daß die noch vor kurzem mit dem Vater verfeindeten Bayern und Lothringer den Sohn anerkannten. Er wird es daher auch gewesen sein, der veranlaßte, daß damals der Kaiserin Agnes ein Eid geleistet wurde für den Fall, si jilius eius ex hac vita ante ipsam migraret - das ist die merkwürdige Nachricht, die Gregor 1076 anführte, weil er diesen Eid als 1076 noch rechtsverbindlich ansah. Dessen Inhalt lief darauf hinaus, daß Agnes im Falle der Vakanz des Reiches das Recht haben sollte, den Nachfolger zu designieren. BERGES prägte für diese Regelung den Ausdruck »Reichsordnung von 1056«- wie
Der 1054 der Kaiserin Agnes geleistete Eid
er anschließend zeigt, mit Recht. Denn sie wirkte, was der Forschung bisher entgangen ist, zwei Jahrzehnte nach. Sie lief darauf hinaus, daß die Stirps regia gegen die Laien, »Kleinkönige, aber auch Raubvögel sie alle«, welche die Königsmacht von sich abhängig machen wollten, durch die Bischöfe in einer schweren Krise gestützt wurde. Daß diese Regelung in der Folgezeit umgedeutet wurde, tritt zuerst 1073 in Gregors Brief an Herzog Rudolf von Rheinfelden hervor (Reg. I, 19): hier ist Victors persönliche Vormundschaft als eine der Romana ecclesia interpretiert (die Wendung, ipsum in regem elegimus legt B. überzeugend dahin aus, daß gemeint ist: wir, die Päpste, also Victor; eine Anteilnahme Bildebrands an den Vorgängen des Jahres 1056 kann also daraus nicht geschlossen werden). Als nach der Absetzung Heinrichs auf der Fastensynode des Jahres 1076 seine Gegner auf eine Neuwahl drängten, kam Gregor auf die Frage zurück (Reg. IV, 3). Er wünschte den Versuch einer Versöhnung, nicht die Wahl eines Gegners; sollte jene scheitern und diese daher notwendig werden, behielt er sich deren .ftrmatio vor. BERGES zeigt, wie das von Gregor beanspruchte ius examinandi personam an die Stelle der Designation Heinrichs III., des »bindenden Wahlvorschlags« von 105 3, getreten ist und das Eintreten Victors II. im Jahre 1056 die Brücke zwischen 1053 und 1076 schlägt. Daneben zeichnet sich bei Gregor auch schon ein Anspruch auf das ius examinandi electionem ab. Es wird 1077 durch die (S. 88:) Anwesenheit von Legaten bei der Wahl Rudolfs ausgeübt und hat zur Konsequenz eine promissio des neuen Königs, die der Kirche Sicherung bietet. Wie weit ist da noch Platz für das 1056 der Kaiserin Agnes eingeräumte Designationsrecht? Nach Gregors Auslegung hat sie nicht darüber zu befinden, ob die Vakanz des Reiches eingetreten ist oder nicht; diese Entscheidung herbeizuführen, ist vielmehr Sache des Papstes, der - wenn er es für richtig hält - die Fürsten ihres Eides entbindet. Die dann notwendig werdende Vorwahl kann nur von Agnes und dem Papst gemeinsam ( a ea et a nobis) vorgenommen werden; das Recht der Kaiserin ist also zu einem Konsensrecht zusammengeschrumpft. Welche Folgerungen Gregor daraus zog, ist aus seinem Verhalten zur Wahl Rudolfs in Forchheim zu ersehen. Formal war sie nicht zu beanstanden, und der Gegenkönig bot alle nur möglichen Sicherungen an; politisch schien sie ganz im Interesse Gregors zu liegen. Trotzdem erkennt er sie jahrelang nicht an, behandelt er Heinrich weiter als König. Denn jene Wahl war ohne sein consilium erfolgt, d. h. ohne jenes aus der Teilnahme Victors II. abgeleitete Recht. Über das aus der gleichen Zeit stammende Designationstecht der Kaiserin, die geladen, aber nicht gekommen war, hatten sich die Wähler hinweggesetzt. Sie brachen den 10 56 geleisteten Eid, an den sie Gregor im Jahre vorher erinnert hatte. Anschließend zeigt W. BERGES, wie die oft angeführte Lehre Manegolds von Lauterbach über die »Volksautorität« nur als zugespitzte Antithese gegen die Einwände zu
4IO
C 9: Zu Heinrich IV., dem vorletzten Salier
verstehen ist, die gegen die Wahl in Forchheim vorgebracht wurden, und wie die Gegenpartei, literarisch angeführt durch die Schule von Ravenna, zum Gegenschlage ausholte, indem sie zugunsten des Königs das römische Recht mobilisierte. Sie wandte auf Io56 die Grundsätze des römischen Erbrechts an und begründete mittels Fälschungen einen historischen Anspruch des Königs auf das Designationsrecht. Damit waren zwei Positionen bezogen, zwischen denen der Kampf nun weiterging: »Die Ereignisse von I o 56 und I 077 mochten in Vergessenheit geraten, die Ideen des Streites um die Designation hier, die Approbation und die freie Wahl dort blieben lebendig.« Es handelt sich bei diesem Beitrag um das Muster einer sorgfältigen Quelleninterpretation, welche oft benutzte Begriffe schärfer faßt und dadurch zu neuenEinsichten kommt. Durch das Hervorkehren der Rolle, welche der Agnes geleistete Eid gespielt hat, hat W. BERGES außerdem ein bisher nicht beachtetes Faktum in die Erörterung hineingezogen. Wir müssen noch einmal in die Zeit vor der Erhebung Bildebrands zum Papst zurückkehren. »Die Angriffe des Cadalus von Parma (Gegenpapst Honorius II.) auf Rom in den Jahren 1062 und 1063« (II S. 477-503) behandelt Fr. HERBERHOLD (Staatsarchiv Sigmaringen), der bereits im Histor. Jahrbuch 54 (I934) S. 84ff. über »Die Beziehungen des Cadalus von Parma zu Deutschland« gehandelt hat. Durch Abwägen und Kombinieren der ( S. Sg:) Nachrichten bei Petrus Damiani, Bonizo, Benzo, Donizo und anderen ergibt sich ein deutliches Bild von dem Ablauf der Ereignisse. Unklar bleibt nur, warum Cadalus seine im April 1062 günstige Lage nicht zur Inthronisation ausnutzte; denn damals vermochte er sich vorübergehend der Leo-Stadt mit St. Peter zu bemächtigen. Diese Möglichkeit bot sich ihm noch einmal im Sommer 1063; denn wenn auch nach dem Kaiserswerther Anschlag, der Heinrich IV. in die Hand der Gegenpartei brachte, die Stimmung am königlichen Hof umgeschlagen war und dem Gegenpapste in Italien der Herzog Gottfried und die Normannen entgegentraten, hatten seine Parteigänger in Rom doch ausgehalten, so daß Cadalus noch einmal Einlaß in die Leo-Stadt fand. Aber auch diesmal unternahm er nichts, um den ihm noch fehlenden Rechtsakt nachzuholen. Daher verharrte er bis zu seinem Tode bei dem Titel electus apostolicus. Er scheiterte in Rom am Mangel an Geld, am Widerstand des Herzogs Gottfried und der Normannen, an der Gegenpartei, die in Rom seinen Parteigängern entgegentrat; er scheiterte vor allem an der zähen, durch keine Fehlschläge zu beugenden Abwehr Hildebrands. Auf die beiden Versuche Kadalos, in Rom Fuß zu fassen, ist G. B. BüRINO in seinem Beitrag zum letzten Bande zurückgekommen: »Cencio del Prefetto Stefano, l'attentatore di Gregorio VII« (IV S. 373-440). Wenn von diesem trotz der von ihm gespielten Rolle bisher immer nur nebenbei die Rede war, dann liegt das
Cadalus (Honorius II.) und Rom- Cencius
4I I
daran, daß wir von ihm nicht viel wissen und für den Außenstehenden die stadtrömischen Urkunden schwer zu erfassen sind-zumal wenn es sich um einen so verbreiteten Namen handelt. Es bedurfte einer so gerrauen Kenntnis nicht nur des Materials, sondern auch der ganzen Zeit, wie sie der V erfass er besitzt, um sich an das Wagnis zu machen, das Bild eines solchen Mannes zu zeichnen, der nicht nur wegen seiner Rolle als gefährliche Nebenfigur, sondern auch als ein die Zeit kennzeichnender Typ Interesse verdient. Da auch Don BORINO die Zeugnisse, die über Cencius vorliegen, nicht wesentlich hat vermehren können, hat er sich so beholfen, daß er diesen Führer der Römer in seiner Umwelt dargestellt hat, und daher ist sein Beitrag zu einer Geschichte der Stadt Rom in den sechziger und siebziger Jahren geworden. Dem Aufsatz von dieser Seite gerecht zu werden, ist nicht möglich; ich müßte zu diesem Zwecke seinen Inhalt nacherzählen. Ich hebe hier nur heraus, was Cencius selbst betrifft. Das glaube ich jedoch gerrauer wiedergeben zu sollen, da - wie sich zeigen wird - die Fäden des Cencius bis zum deutschen Hofe liefen und dadurch ein neues Licht auf das Verhalten Heinrichs IV. in den Jahren I 07 5I I 076 fällt. Cencius (Cintius, Quintius usw., auch Crescentius) wird, um ihn von anderen Trägern dieses in Rom verbreiteten Vornamens zu unterscheiden, de praejecto genannt. Die Präfektenwürde, die sein Vater Stephan vor I o 5I innegehabt haben muß, zeigt, daß er der Adelsschicht angehörte. Aber sein Name und auch der Vatersname sind damals so verbreitet, daß die ( S. 9 o:) genealogische Einordnung der beiden in eines der bekannten Geschlechter nicht möglich ist. Persönliche Beziehungen des Cencius zu den Crescenzi Stefaniani in Palaestrina, den Nachkommen des Grafen Benedikt und der Senatrix Stefaniana, machen wahrscheinlich, daß er in deren Verwandtschaft gehörte - so oder so, Stephanus und Cencius werden als Nachfahren jener durch Familienhaß und Cliquenwirtschaft zerklüfteten Schicht angesehen werden dürfen, die sich seit dem ausgehenden 9· Jahrhundert die Herrschaft in und um Rom streitig machte, abertrotzder Untersuchungen von B. Bossr (I9I 5), W. KöLMEL (I 9 3 5), C. CECCHELLI (I 942) und anderen in bezug auf ihre Versippung immer noch viele Fragen offen läßt. Von Cencius wissen wir, daß er seinen compater erschlug, kennen aber dessen Namen nicht. Daß er einen Turm im Stadtviertel Parione besaß, bietet auch keine weiteren Anhalte. Als Cencius in die Geschichte eintrat, gehörte er zu jener Adelsgruppe, die hinter der Wahl Benedikts X. gestanden hatte und sich Io6I für Cadalus einsetzte. Daß Cencius an ihrer Gesandtschaft, die Heinrich IV. die Abzeichen des Patriziats nach Basel überbrachte, teilnahm, ist nicht erwähnt, aber sehr wohl möglich; in der Folgezeit wird er jedenfalls unter den fideles imperatoris aufgezählt, und als Cadalus nach Rom kam, beherbergte ihn Cencius in dem von ihm befehligten Castel S. Angelo. Bildebrand sorgte daher dafür, daß er exkommuniziert wurde. Aber Cencius überstand das und spielte seine gewalttätige Rolle an der Spitze seiner Parteigänger weiter.
4I2
C 9: Zu Heinrich IV., dem vorletzten Salier
Ja, nach einer Nachricht aus dem antigregorianischen Lager (Mon. Germ., Lib. de lite I S. 459) wurde Gregor ro73 gerade per Chinchium, unum de nobilibus Romanis, et partem, quamiste et ille Jecerat, erhoben. Das läßt sich nicht nachprüfen; aber bekannt ist ja, daß Gregors Wahl sich in tumultuoser Form vollzog, bei der - entgegen dem Papstwahldekret von 1059 - auch die Römer mitwirkten. Lange hat sich Cencius jedoch nicht zum neuen Papst gehalten; dieser zwang ihn vielmehr 1074, einen der Kirche zugedachten Hof herauszugeben. Einige Monate später ereignete sich dann ein Vorfall, der in seinen Einzelheiten unklar bleibt, aber zum Hintergrund die Rivalität der römischen Adelscliquen hat: Cencius besaß auch neben dem Ponte di Adriano einen von ihm erbauten Turm und benutzte ihn, um von den Passanten ein Wegegeld zu erpressen. Diesen nahm der gleichfalls dem Adel entstammende Präfekt von Rom, der auch Cencius hieß, an der Spitze der Römer ein und ließ ihn schleifen. Cencius ftlius Stephani praefecti wurde gefangengesetzt und secundum Romanas Ieges zum Tode verurteilt, aber auf Drängen seiner Parteigänger gegen Geiseln und Urfehde freigelassen. Zu seinen Gunsten soll sich damals außer vielen Römern auch die Gräfin Mathilde verwandt haben. Die wiedergewonnene Freiheit benutzte Cencius, um sich in den Schutz des gebannten und daher damals gegen Gregor eingestellten Normannenherzogs Guiscard zu begeben. Siebeide spannen nun ein weitreichendes Netz zu Gleichgesinnten wie Wibert von Ravenna, Tedald von Mailand, Hugo ( S. 9 I.) Candidus, und da Heinrich von sich aus Rückhalt bei den Normannen suchte, reichten Fäden bis zum Königshof - das ist, wenn man von den Normannen absieht, die politische Gruppierung von ro6rjro6z. Diesmal ging Cencius jedoch aufs Ganze: als Gregor 1075 in der Weihnachtsnacht in S. Maria Maggiore die Messe las, überfiel er ihn- strömenden Regen ausnutzend - mit seinen Parteigängern, nahm ihn gefangen und schleppte ihn in seinen Turm im Parione-Viertel. In den Einzelheiten laufen - wie das bei solchen Gewalttaten immer der Fall ist, zumal wenn der Parteistandpunkt so stark mitspricht wie in dieser Zeit- die Nachrichten auseinander; wir lassen deshalb die Frage, wie weit der Papst körperlich bedroht und der Kirchenfriede gebrochen wurde, auf sich beruhen. Genug, die Gewalttat hatte eine von Cencius nicht berechnete Folge: Bis zum nächsten Morgen hatte die Nachricht seinerneuen Untat die Römer so in Erregung gesetzt, daß er im Nu zu dem in seinem Turm Belagerten wurde. Paul von Bernried weiß zu berichten, daß Cencius angesichts der für ihn so schnell ausweglos gewordenen Lage sich dem Papst zu Füßen geworfen und dieser ihm auferlegt habe, eine Wallfahrt nach Jerusalem anzutreten; Gregor habe dann in S. Maria Maggiore die unterbrochene Messe zu Ende geführt, Cencius aber die Gelegenheit ergriffen, mit seiner Familie zu fliehen. Der Bericht gibt, obwohl er durch kein zweites Zeugnis gestützt wird, eine plausible Erklärung für die sonst schwer begreifbare Tatsache, daß Cencius auch diesmal den Kopf aus der Schlinge zu ziehen vermochte. Er setzte sich in der Nähe von Rom fest- vermutlich in Palestrina bei seinen
Cencius, »Sohn des Präfekten«
Verwandten -, machte von hier aus die Gegend unsicher und ließ sich durch den Bann, der ihn von neuem traf, nicht behelligen. Neun seiner Gefolgsleute wurden jedoch bei der Tiberbrücke aufgehängt. Wenn man diese Verhältnisse jetzt deutlicher als bisher überschaut und gewahr wird, wie unterhöhlt der Boden war, auf dem der Papst in Rom stand, dann versteht man jenen Brief besser, der nach der von der Wormser Synode beschlossenen Absetzung Gregors im Januar r o76 an die Römer abging und das verhängnisvolle, alle Brücken abbrechende Schreiben: Heinricus Dei gratia rex Hildebrando enthielt. Aus dem Liber pontificalis, der im Anschluß an das Attentat von einer Reise des Cencius an den Hof berichtet, folgert BoRINO, daß jener sie unmittelbar nach seiner Flucht angetreten habe, und er mutmaßt, daß der Brief an die Römer Cencius und dem Kardinal Hugo Candidus (dessen Anwesenheit in Worms feststeht) nach Italien mitgegeben wurde. War also Cencius, der ja schon w6rfro6z bei der Verleihung des Patriziats an Heinrich seine Hand im Spiele gehabt hatte, der böse Geist, der ro76 hinter dem Gedanken stand, die Bewohner von Rom, cuius michi patriciatus Deo tribuente et iurato Rotnanorum assensu debetur-so heißt es im Brief an Gregor- gegen den Papst auszuspielen? Nach allem, was wir jetzt von ihm wissen, klingt das sehr plausibel. Andererseits wäre auch Heinrichs schroffes Vorgehen eher verständlich, wenn man annehmen (S. 92:) darf, daß ihm soeben einer der führenden Römer ein in dessen Sinn gefärbtes Bild der Lage in Rom entworfen und sie ihm so dargestellt hatte, daß die Römer bereit seien, als amicis nostris amici inimicis nostris inimici auf seine Seite zu treten und ihm wirkungsvolle Hilfe gegen den »Eindringling« in die Kirche und den Romanae rei publicae vel regni nostri insidiator zu leihen1 • War Cencius nun in Worms oder entwickelten sich die Dinge dort so, ohne daß er selbst in die Flammen blies, - sobald Heinrich wieder einzulenken begann, trennte sich jedenfalls sein Weg von dem des römischen Fuoriscito, der fortfuhr, die Umgegend Roms unsicher zu machen. Als aber in den Monaten nach Canossa die lombardischen Parteigänger Heinrichs sich wieder um ihn zu sammeln begannen, suchte auch Cencius noch einmal bei ihm Rückhalt zu gewinnen. Wie er eingestellt war, ist deutlich; denn er fand sich in Pavia mit dem Bischof Rainald von Corno ein, den er in der Nähe bei Rom abgefangen hatte. Aber Heinrich trug verständlicherweise Bedenken, den durch diese neue Gewalttat noch mehr als bisher Belasteten zu emp-
r Die in den Mon. Germ., Const. I S. ro9f. abgedruckten Schreiben jetzt: Die Briefe Heinrichs IV. hg. von C. ERDMAJ'.."'N, 1937 Nr. rr = Mon. Germ., Deutsches Ma. Kritische Studientexte I; dazu Ders .. Die Anfänge der staatl. Propaganda im Investiturstreit, in der Hist. Zeitschr. 154, 1936 S.
491 ff., daß die längere Fassung des Bildebrand-Briefes die abgeleitete, d. h. für die Propaganda zurechtgestutzte ist. Diese überzeugende, jedoch KARL HAMPES Meinung widersprechende Auffassung hat Fr. BAETHGEN in die Neuauflage von dessen Kaisergeschichte übernommen.
C 9: Zu Heinrich IV., dem vorletzten Salier
fangen. Als schließlich eine geheime Zusammenkunft verabredet war, starb Cencius eines plötzlichen Todes; Wibert von Ravenna leitete sein Begräbnis. Inzwischen hatte sein in Rom verbliebener Bruder, der wie der Vater Stephanus hieß, den Feind ihrer Familie, den Präfekten Cencius, umgebracht. Aber wieder entschied sich die öffentliche Meinung Roms gegen ihn. Obwohl Stephanus sich im Kastell St. Angelo festgesetzt hatte, wurde er gefaßt und getötet. Sein Leib wurde verbrannt, der Kopf mit den Händen an der Tür von St. Peter aufgehängt. Der Präfekt fand dagegen ein Marmorgrab mitten im Paradies von S. Peter 2 • Damit war die Rolle dieses unheimlichen Geschlechtes ausgespielt. Es war weder das erste noch das letzte, das durch rücksichtslosen Kampf um seine Interessen den Frieden Roms und dadurch die Sicherheit des Papstes gefährdete - was wiederum jedesmal den Feinden der Päpste Handhaben gab, um deren Schwäche in der Stadt auszunutzen, in der ihre Macht am größten hätte sein müssen. Über ein »Bonmot« Heinrichs IV., das sein Urenkel Otto von Freising überliefert hat, vgl. oben S. JOI. 2
Ein dritter Träger des Namens, Cinthius Fraiapanis, ein consul Rarnanorum und Parteigänger Hildebrands-Gregors, der in den achtziger Jahren eine wichtige Rolle spielte, erhielt als Geschenk des Abtes Desiderius von Monte Cassino (Viktor II.) eine silberne Kapsel mit Umschrift und Reliquien des hl. Mathaeus, dessen Gebeine ro8o in
Salerno wiederentdeckt worden waren. Sie wurde von Cencius der Kirche SS. Cosma e Damiano in Rom übergeben, wo sie r924 gefunden wurde; vgl. H. BLocH, Monte Cassino, Byzantium and the West, in den Dumbarton Oaks Papers Nr. 3, I946 S. zr3-r3 mit Abb. 257/8.
IO.
Eine wichtige Gestalt der späten Salierzeit: Die Gräfin Mathilde von Tuszien (trI I 5). Edition der »Notae de Mathilda Comitissa«* a) Einleitung Da meine Ausgabe an einer leicht zu übersehenden Stelle abgedruckt ist und jedes Zeugnis, das die Großgräfin Mathilde betrifft, Aufmerksamkeit verdient, wiederhole ich meine Edition hier noch einmal. Dem Leser sei in die Erinnerung gerufen, daß Mathilde (I o46- II I 5) die Tochter und Erbin des Markgrafen Bonifaz III. von Tuszien war, der durch seine Ehe mit Beatrix von Lothringen über Italien hinaus Bedeutung gewann. Die Tochter vermittelte zwischen Papst Gregor VII. und Heinrich IV., der 1077 in ihrer Burg Canossa die Lösung vom Kirchenbann erwirkte. Sie vermachte um Io78/9 der Römischen Kirche die »Mathildischen Güter«, sprach diese aber später auch Kaiser Heinrich V. zu. Die Rechtsunsicherheit, die nach ihrem Tode entstand, wurde zu
*
Zuerst in: Mon. Germ., Script. XXX, 2, Lpz. r929 S. 973--75. In diesem Halbbande, der viele ] ahre nach der r. Hälfte erschien, edierte ich ferner folgende Texte, die- da nur von begrenztem Allgemeininteresse - sich nicht zum Wiederabdruck eignen: a die Notitia dedicationis ecclesiae St. Sa!vatoris in Monte Amiata (S. 97r-z), b die Trans!atio et miracu!a sanetarum Senesii et Theopontii (S. 984-92; um die Stammhandschrift zu kollationieren, suchte ich das alte Langobardenkloster Nonantula auf und gewann dabei nicht vergessene Eindrücke der wichtigste war der V ersuch des Abtes, mich in gepflegtem Italienisch und weltmännischer Diktion für die Katholische Kirche zu gewinnen), c Vitae prima et secunda S. Bernardi episcopi Parmensis (S. I3I4-27). Diese Editionen fertigre ich als junger Doctor Heidelbergensis (r922), dann als Privatdo-
zent der Ruperto-Carola für die von Harry BRESSLAU geleitete Abteilung »Scriptores« der Mon. Germ. Historica an (er hatte aus Straßburg fliehen müssen und sich in Beideiberg niedergelassen). Außerdem half ich Harry BRESSLAU beim Band IV der »Diplomata« (Heinrich III.). Ich lernte viel bei ihm - ich gedenke seiner mit Respekt und Dankbarkeit. Nach seinem Tode (r9z6) übernahm P AUL KEHR die Edition. Der Band konnte r934 erscheinen. - Ein Neudruck erfolgte I964. Da der erste Halbband (r896) noch mit lateinischen Vorreden versehen worden war, hielt die Zentraldirektion das auch beim zweiten für angemessen, obwohl sich inzwischen in andern Abteilungen bereits die deutsche Sprache durchgesetzt hatte. - Der älteren Generation machte der alte Brauch keine Schwierigkeiten.
C ro: »Notae de Mathi!da comitissa«
einer der Hauptstreitfragen, die sich einer wirklichen Aussöhnung zwischen der Kurie und den Staufern entgegenstemmten. Über den von mir herausgegebenen Text, der 1929 gedruckt wurde (Einwände sind mir nicht bekannt geworden), führte ein Vorwort folgendes aus: Notae, quibus b. m. L. A. MuRA'I'ORI nomen »Notae Mutinenses« dedit, duabus formis, longiore et breviore, in varüs codicibus servatae sunt, quorum vetustissimus est A = Cod. Mutinensis bibl. Estensis lat. 28 (signatus IX. F. 2, 4; olim X. H.. 22, antea V. A. 28), saec. XIV. scriptus, ubi post Donizonis epitomatorem Padolironensem inter varia Notae insertae sunt. De quo codice retulerunt b. m. L. BE'I'HMANN in »Archiv« XII, 696 et Mon. Germ. SS. XII, 350 et b. m. 0. HoLDER-EGGER in »Neues Archiv« X, 228 n. r, XVII, 473, XXXIII, 117.
Recentior, sed ex fonte saec. XIV. desumptus est B 1 = Cod. Mutinensis bibl. Estensis lat. 1079 (signatus IX. I. 5, 6; olimiV. F. 25), saec. XVII, quo continetur chronica Bonifatü da Morano anno I 349· die 8. Aug. defuncti, qui initio operis Notas inseruit. Codex descriptus est a G. BER'I'ONI in Rer. Ital. SS. ed. L. A. MuRA'I'ORI, nov. edit. VI,r fase. 49 (I9o7) (Relatio transl. corp. S. Geminiani), p. XIII, et praecipue a L. VrscHil, qui codicem a CARANDINO cancellario Mutinensi transscripturn esse putat et aliud exemplar in bibliotheca Bononiensi repperit. Iterum Notae ut pars chronicae alicuius traditae sunt in B 2 = Cod. Mutinensis bibl. Estensis lat. 388 (signatus a. F. 3, 4; olim VI. F. 3), saec. XVI. scriptus, ubi autographum Alexandri T ASSONI inest, ut Vischi 1. c. p. XII sq. et BER'I'ONI 1. c. p. XI asseruerunt. Cuius historiographi »Annales veteres Mutinenses« a »Translatione S. Geminiani« et Notis supranominatis exordiuntur, quibus alia manus postea varias notitias historicas inseruit. Exemplar huius chronicae, ut VrscHr 1. c. p. XV commemorat, in Cod. Mutin. bibl. Est. lat. a. N. 7· 23 (olim X. D. 3 I), saec. XVII, continetur. Codices B1 et B 2 , quibus scriptorum Mutinensium opera conservata sunt, Notarum recensionem breviorem, sed auetarn itineris Heinrici regis per agrum Mutinensem facti adiunctione tradunt. Cum Bonifatü chronicam Alexandro T ASSONI ignotam fuisse V rscHr 1. c. p. XXVII ostenderit, non B 2 ex B1 , sed ambos ex communi fonte prodüsse constat, qui lectionibus annorum I ro9-Io. codice A recentior fuisse demonstratur. Civitatis enim Aretü expugnatio ab A recte mensi Ian. anni 11 Ir. adscripta, sed in r »Mon. di storia patria d. provincie Modenesi. Serie d. cronache« XV: »Cronache Modenesi di A. TAssoNr, di G. da BAZZANO e di B. Mo-
R&'!O .. a cura di L. VrscHr, T. SANDO:- De a. d. MCXV o. }dathi!dis il!ustrissima comitissa B 2 . i obscu!o, b del., A. k nobillissima A. 1 a sequ. et A. m Tamdem A. n seq. gri tribus accentibus del. A. 5 Bianello, castrum comitissae; cf. TrRABOSCHI I. c. I, 50 sgg. 6 Lodi; cf. Meyer v. Knonau I. c. p. r8z. 7 Bondeno di Roncore; cf. TrRABOSCHI I. c. I,
6o sg.; P. KEHR, Ital. pont. V, 410. 8 Ecclesia SS. Iacobi et Zebedei; cf. Donizo V. Math., de obitu 91 sg., SS. XII, 408.
Der Text
milites tanta diligentia gubernabat, quod genu jlexo in consiliis ante illam avidissime se prosternebant. Amicitiam habebat Constantinopolitani imperatoris et Apulie principum et Francigenarum et Theotonicorum, Ungarici regis et Sardinie iudicum et aliarum insularum principum et ceterorum, quorum nomina impossibile esse videtur perscribere. In tempore autem, quo injirmata est, paululum antequam injirmaretur, in eodem mense super omnes Longobardie civitates pluit de celo sanguis usque ad eum locum prope Mutinam, qui vocatur Civitas Nova 9 • Deus dedit quoque ei spatium penitentie peragende 0 per unius anni circulum, perseverans in gravissima inftrmitate amissa valitudine omnium membrorum totiusque corporis. Sepulchrum illius, in quo est honorijice condita, manet apud venerabile monasterium ad honorem sancti Benedicti consecratum, quod est situm in quadam insula Padi fluminis, ubi vulgo Padolirone vocatur10 • Amen. o pagende sine abreviatione A. 9 Cittanuova, hodie villa cum ecclesia; cf. TIRABOSCHI 1. c. I, zo8 sq. IO S. BENEDETTO di PoJirone; cf. ÜVERMANN
I. c. p. I 90; KEHR, Italia pontificia VII, I p. 323 sqq.
mDelicie cleri< 40I f. Artald, Erzbischof von Reims 90 Athen, Nationalbibliothek 247 Atto, Bischof von V ercelli I 7-29 - von Monte Cassino s. Azelin auetorilas 424, 43 3 f. Augsburg, Hoftage Iz6, I6I Augustin, Kirchenvater z6 aureaRoma 3I9,38I Ausgießung des Heiligen Geistes I 33 Avignon I8I Avranches, Dictatus von I95 Azelin von Reims = Atto von Monte Cassino; Kaplan der Kaiserin Agnes 399, 40I ff., 405
bacu!us 77; s. a. Stab Baethgen, Friedrich 59 Bamberg I04, I67, 2I3f.,; Bischof von- I96 Bandini, Aug. Mar., Bibliothekar 3 I4 Banner, St. 17 ff. Bari 238 Basileios II., byzant. Kaiser zoz, 204, ZII, 2I5, 2I8, 220, 222, 232,235-238, 244f., 25I, 253f., 258, z6o, z66, z68, 270 Basileus = byzant. Kaiser I05, zoo, zo9ff., 23I, 238, zp, 255,295, 298;-tonRhomaion zoz; s. a. Einzelnamen Bayern, Herzog(tum) 55, I17, I27, I55f. Beamte,päpstliche 287,289;-,weltliche 285; Pflicht der- 58 Beatrix, Herzogin von Lothringen 4I 5 Bekleidung s. Gewandung, Ornat Benedikt VIII., Papst I04, 179, 433 -X., Papst 4II -, Kanoniker von St. Peter in Rom: Ordo Romanus 354, Liber polypticus 354, 357 Benediktionen 33, 7I, 79, 172; - reginae 6I, 8o, 102, I 82
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Benevent I76, 203, zoG, 209, 236 Benrath, Henry 24I Benzo, Bischof von Alba 225, 374ff., 38of., 383, 386ff., 39I Berengar I., Kaiser 428; s. a. »Gesta Berengarii« -, König von Italien I6I, I69f., ZII Bergen, Kloster bei Magdeburg I23 Berges, Wilhelm I39f., 4o8ff. Bern, Abt von Reicherrau 406 Bernward, Bischof von Bildesheim II6f. - Bischof von Würzburg 2 I 8 Berthold, Herzog von Bayern I6o Berufung durch Gott zo, durch das Volk zo Bibliothecarius, päpstlicher 29 5 Birthilo, Graf 232 Bischöfe passim; s. bes. 35, 64ff., 8z, Io4, II6, 120, I23, I 59, I85; - als Statthalter Christi 8zf.;- wahl I37;- weihe 63, 66f., 77ff., 8I, 86, I09, III, I57, I68;s. a. Erzbischöfe Bluhme (Blume), F. 3 I4 Blutsrecht (vererbliches Königtum, Geblütsrecht) 55, 70, I23 Bodman, Pfalz I40 Boeckler, Albert 309 ff. Böhner, K. I42 Boethius 230 Bonifaz III., Markgraf von Tuszien 4I5 - VIII., Gegenpapst zio, 2I2, 222 »Bonmots« mittelalterlicher Kaiser 299 ff. Borino, Don G. B. 4I I, 4I 3 Bosch, Dr. phil. Ursula Victoria 246, z68 Bosl, Kar! I40 Boso, König von Burgund I6I, I97 Brandi, Karl I48 Bremen, Perikopenbuch Heinrichs III. 3 Io Bresslau, Harry I22, I24, Iz8, 243, 296, 306 Brcihl, Carlrichard 14 7 ff. Bruhns, Leo I 4 5 f. Brun, Bruder Ottos I., Erzbischof von Köln 36, I07, IIO, I35f., I59f., I63, 175, 306f., 429 - von Querfurt z8o Bruno s. Gregor V., Papst Bügelkrone I63, 305, 428ff., 436; s. a. Krone Bulgaren, -reich I76, 237, 239, 367 Bullen der byzant. u. abendl. Kaiser I26, I6I, 23J, 426 Bulst, Walther I 37 Bundesrepublik Deutschland 439
Register Burchard, Bischof von \'Vorms I I 5 Burglehen I44 Burgund 33f., I32, 203, 433f. Butingen, Herren von I44 Byzanz (-tiner) 48, I28, I69, I74ff., 20I f., 203f., zo6, 2roff., 2I6, zi8, 227-3I, 235, 237f., 239ff., 244, 288, 290, 293, 295, 298f., 306, 367, 37I, 374; s. a. Basileus.- Hof I04f., 2I 3, 225, 234, 278, 289, 427; Einwirkung auf das Abendland 293, 296f.; Ämter 2I5, 2I7 (s. a. Einzeltitel) Cadalus von Parma (als Gegenpapst: Honorius II.) 410f. Calixt II., Papst I97 Canossa 4I 5, 43 5 Cap Colonne, Niederlage Ottos II. am 2I2 Capua 203, 206 Cassel, S., Hebraist 36I Cathedra Petri 170, I 77 Cecchelli, Carlo 4I I Ceillier, Dom Remy 404 »Cena Cypriani«, Versdichtung 399, 40I Cencius (Cintius, Quintius, Crescentius) de praefecto, römischer Parteiführer 4I I f., 4I4 Champollion Figeac, M. 404 Chlodwig, Merowingerkönig 284 Chrisma (Salböl) 43, 73 f., I04, 172; s. a. Öl Christus als König der Könige 179; als Mittler 84, I69 christus = der Gesalbte I 57, I68, 430 Chronicon V enetum 2 53 - maius s. Flamma, Galvaneus Cicero 314 circulus (Zirkel), goldener 372f., 377; s. a. Krone c!amis = pa!lium 44; s. a. Mantel, Pallium Classen, Peter I40, I42 Clemens II., Papst 369 - III. (Wibert von Ravenna) 4I2, 4I4 Cluny, Kloster 25, 27, I23, 407 -, Musee (Paris) 2I3f., 294 Codex aureus Kaiser Heinrichs III. 3 IO Collationes 28 Collaudatio (Vollwort) 47, 70, 120, I28, I30 Comes palatii 284, 286 Compater 4I I Consecretalis 2 I 5, 2 I 7
Consiliarii 282 Constantin s. Konstantin Constantinus Africanus 403 Consul 282, 284; - et dux 290; angeblicher Consulat des Kaisers 282 corona = diadema 44; - Romana 386; s. a. Krone cornua der Mitra I64f. Coronandus 90 Coronator des Königs s. Mainz, Wahlleiter Corroboratio I23, I 57f., I7I Corvey, Kloster I64; s. a. Veit, Widukind Crescentier, römisches Geschlecht 2I9f., 222, 373, 375 Crescentius, J ohannes, Patricius 2 rz, 2 I 6, 22of., 225f., 232, 256, 278, 292 - = Cencius, röm. Parteiführer 4I I f., 4I4 crux plena ligno dominico 384; s. a. Kreuz Cubicularii 282 curia 49, I 59f. Cypriani, Cena -, Versdichtung 399, 40I Dänemark 294, 435 Dalmatien 279 Damiani, Petrus 377, 4IO Dankgeschenke 23 Dante Alighieri 422 Dares Phrygius, Geschichtsschreiber 3 I4 Darrouzes, Jean 24I, 247ff., 254 David 426, 429 decus imperii 305-7 Decker-Hauff, Hansmartin I63f., 429 Deer, Joseph I77, I85f., I93, I98f., 422 Dei voluntas 54 - gratia s. Gratia delongaris 2 88 Demutsformeln s. DevotionsDesignation 37f., 44, 55, 67, I27, 4Io »Devestitur« I 56 Devotions(Demuts-)formeln Sr, 300 Diadem 386; s. a. corona, Krone Dictatus von Avranches I95 Diener J esu Christi, - der Apostel s. servus Dienste, »staatssymbolische« 42, 49, I 24 dirungarii- di!ungarii- delungarii 288 Dölger, Franz 20I, 242 Doge von Venedig 237, 293 Dominicus, Venetianer, Gesandter Ottos I. 206, 208 Doppeltitel I 2 I
Register
t5eovyyaew,; 288 Duchesne, Louis 3I8, 354f., 357 Dümmler, Ernst 399 Duisburg rr9 Eberhard, Herzog von Bayern 36f. -, Graf, Stifter der Abtei Helmarshausen I93 Echternach, Kloster 3 ro;- er Codex 308-312 Edith, erste Gemahlin Ottos I. 8o Egbert, Erzbischof von Trier 228 Ehre 213; - nkanoniker 137, 179f., 433; - nnamen 307; - stuhl 49 Eichmann, Eduard 59, ro8, 385 Eichstätt, Bistum 408 Eid 52; - sprache 65 Einkleidung 43 Ekkehard IV. von St. Gallen 239 electio = Anerkennung 69 f.; = Aus\vahl 69, 71; - canonica 376 Elfenbein 2 r 3, 309 Elpidio, Alexander de S. 393 Elze, Reinhard Gof., 87, 90, 92, r8r, 380, 383 Email r64, 213 Empore des Kaisers 43 3 England 34, 63, 77, 90, 128, 133, r8o, 438; s. a. Angelsachsen und Einzelnamen ensis 44; s. a. g!adius, Schwert Entfremdung von Kirchengut 282 Epiloricum 2 I 3 f. Erbanspruch 2I8;-bier 48, p, I58;-folge 2I8;- recht 20, 50, 53f., 58, 82, 85, I2rf., I55, 229,410 Erdmann, Carl 59-62, 87, 90, 92, I7o, I96, 282 Erfurt, Hoftag (9 36) 37 Erhebung auf einen Schild I 57 Erisburg I56 Erler, A. 142 Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha 308 Erzbischöfe 39, 43, 50, p, 7I, 76, I57, I59; s. a. Bischöfe Erzkanzler, Amt I 32 Essen, Domschatz I 64 Eugen III., Papst I90 Evangelium 63, I09; s. a. Testament Fahne II7;-lehen Lanze 19 Schramm, Aufsätze III
I25;-träger
449
familia I55 Fastensynode (ro76) 409 Festmahl s. Erbbier, Krönungsmahl »Feststellungswahl, rituelle« 45 ff.; s. a. Wahl Feudalisierung des Herzogamtes 36 Fickermann, Norbert I66 Figeac, M. Champollion 404 Fillitz, Hermann I 64 Fiskalkirchen I 35 Flamma, Galvaneus (Fiamma, Galvagno) 315, 382f., 392ff. Fleckenstein, Josef 135, I37f., I63, 296f. Fleury, Hugo von 314 Flusser, David 362, 367f. Forchheim, Wahl König Rudolfs in 409 Formulare, karolingische 63 Franken, -reich 34, 37, 55, 115, 135f., q8, 155, I6o, 206, 266f., 275; s. a. Ost-, Westfranken - Herzog von 55 Frankreich (und: Franzosen) 63, nf., ro8, I28, 133, 148f., I54, r6o, r66, r69, r8o, 2I3, 221, 226, 394, 401, 43 8, 442 Pranz II., Kaiser I 53 Friedenskuß 79 Friedrich I. Barbarossa, Kaiser 65, 84, I42, 172, I96, 356, 42! - II., Kaiser I44f., I47, I8I, I92, 280, 422ff., 435f.; seine Krone 436 - ErzbischofvonMainz 82 Fürstenspiegel 27,243 Fuhrmann, Horst I42 Fulda, Sakramentar von 79, 93 Fulgentius, Dichter I 8 Fußwaschung I04 Gaeta 203, 236 Gastungsrecht I47f. Gauert, Adolf I4I Gebete, -sformeln 79, 88; s. a. Ordo Geblütsrecht s. BlutsGehorsam 70 Geistlichkeit 49, 53f., 56f., 69, 7I, 82, II5, I37; französ.- 104;- in Zwölfzahl I04 Gelasius I., Papst I68, q8 Genikos (byzant.) 250, 27I Gerardus, Graf der Sabina 290 f. Gerberga, Tochter Heinrichs I. I 55
450
Register
Gerbert, Lehrer Ottos III., Erzbischof, dann Papst Silvester II. r36, q6ff., 215f., 226, 228-32, 235f., 278f., 432 Gerhardus Augustanus (ro. Jahrh.) I 87; s. a. Gerardus Gerichtsstab, königlicher 77 Germanische r Brauch usw. p, 148, 158 Gerold, Graf, Verwandter Karls d. Gr. 298 Gesandtenre cht 225 »Gesta Berengarii« 38 I - Friderici« 301 - Karoli Magni« 298 Gewandung, geistliche r85; - hohepriesterliehe 387; - weltliche r85; s. a. Ornat; symbolik 52 Gewohnheits recht Gz, ro9, rr2, r28, r3off., I7I; s. a. Recht Giesebrecht, Wilhelm v. 281, 314 Gisela, Gemahlin Kaiser Konrads II. I2I, 125, !28 Giselbert, Herzog von Lothringen 36, r 55 gladius = ensis 44; s. a. ensis, Schwert Glaubensbek enntnis 66 - feinde 86 Glöckchen an GewänJern r67f., 195, 430 Glossarium des Papias 395-8 Gnaden, sieben, des Hlg. Geistes 72 Gnesen, polnisches Erzbistum (rooo) 279, 292, 432 Goetz,G. r9,395f. Goldschmied ekunst, ottonische 309 Gorze, Kloster 407 Goslar 137 Goten 230 Gottesgnade ntum 50, 53, 70, 82f., 85 Gottfried, Herzog von Oberlothring en 410 gradu.r 170 Graetz, H. 36of. »Graphia aureae urbis Romae« 28r, 313-9, 353-7, 359, 362, 372, 374f., 377f., 381, 385ff., 393; -Kreis« 38of., 385 f., 388, 393 Gratia Dei r62, 426 Gratifikation en 217 Gregor V., Papst 136,205, zzrff., 225f., 232f., 235, 254, 256f., 259, 262f., 268, 278 -VII., Papst r8r, 192, I95,4o8,4ro f.,415,432 - eng!. Magister 3r 8 - von Tours, Geschichtssc hreiber 284
Gregorianum Sacramentari um s. Sacr. Gregorovius , Ferdinand 28r, 288, 337, 361 Grona, Pfalz r4of. Griechen, -land = Byzanz 213, 23of. Grate, Ludwig 308 Gürtel r64, r67 Guiscard, Normannenh erzog 412 Habsburgisc he Monarchie 438 Hagiozachari tes 250, 265, 275 Hahn, Hanno 146 Hallinger, Pater Kassius 407 Halphen, Louis 28r, z88 Harnburg 440 ff. Hammerstein scher Ehehandel r 25 Hampe, Kar! 283 Handsalbung 74 (s. a. Salbung) - schlag 46 - schuhe 387 Hartmann, Ludo l'vioritz 201, 281, z88 Hatheburg, Gemahlin Heinrichs I. 36 Hatto, Erzbischof von Mainz 109, r 3 r Hauck, Albert 82 - Kar! 140, r62 »Hausordnun g« König Heinrichs I. 35 f. Heeresmagis ter 290 Hege!, Kar! 283 Heilruf 56, 68 ff., 71, qr, 426,43 3; s. a. Laudes Heimpel, Hermann 139f., 143 Heinrich I., deutscher König 34f., 37f., 44, 46, 55, 76, ro9, 123,126,128 ,135,141, 155f., 176; »Heinrichsbu rgen« 141 Heinrich II., Kaiser 35, 53, 76, 104, ro8, II4f., 117-21, 123, 125, 128, 136f., 140, r67, q8ff., 2!4, 238f., 277, 295, 306, 3 II, 386, 399, 407, 43 3 ; Kaisermantel 34 7; Herrschaftszeichen 122; Tunika 431 Heinrichiii. , Kaiser 74, ro8, rz6, 129f., r3rf., 137, 239f., 310, 369f., 372, 374, 376ff., 386, 395, 4orf., 406-9, 434; Mitkönig 127; König von Burgund rp; Handschrifte n 31of. Heinrich IV., Kaiser 74, 130, 138, rGr, 192, 195 f., 225, 298, 30!, 307, 373, 376, 378, 381, 387, 393,402,408 , 41of., 414f., 42of.; Münzen 8o Heinrich V., Kaiser 197, 42of. - VI., Kaiser 192, 433 - VII., Kaiser 423
Register (Heinrich) - Herzog von Bayern, Gegenkönig 277 - Erzbischof von Trier IIO Herbergsrecht I47f. Heribert, Erzbischof von Köln II4, II7, I I9f., 295 f. Herrschaft 20, 26, 29, 35, 47, 50;-übergabe 45 Herrschaftszeichen 34, 44f., 47, 55f., 6I, 75, 77f., So, S8, I07, II7, II9f., I23, I33, I39, I 54, I56f., I70, I79f., IS5, I9S, 294, 30I, 305, 307, 422; s. a. Einzelbezeichnungen Herrscherbilder 63, 2I3, 310 Herrscherornat s. Ornat Herrscherweihe 33f., 43, 67, 73ff., 79ff., S3, 9I, I09, nS, I24, I6S, I7o Herzöge (Stammes-) 36, 39, 49f., 52, 57, I55, I57f. Heusinger, Bruno 14S Hierarchie, politische 3So Hildebert, Erzbischof von Mainz no, I31 Bildebrand s. Gregor VII. Bildesheim I 37 Hildibald, Kanzler, dann Bischof von Worms I 36, 295 Himmels-(Sternen-)mäntel I67f., I77f., I99, 430; s. a. Mantel Hinkmar, Erzbischof von Reims 90, I94 Hintersassen I4I Hirsch, Paul I95 Hiskias, König I64 »Historia Troiana« 3I4 Hofgeistliche I 35 - kapeile I 35 Hohepriester I65, I So, 430 Holtzmann, Walther 35S »Hort der Kaiserinnen« 2I4 honor 65, S2 Honorius II., Papst (Cadalus von Parma) 4Iof. Hrabanus Maurus I S9, 400 Hrotsvith S3, IS9, I9I, I9S Hugeburc: Vita Willibaldi I9o Hugo, König von Italien 2Io - Capet, König von Frankreich I67, 2I5f. - Candidus, Kardinal 2I4f. Huldigung 42, 62, I24 Humbert von Silva Candida I So idonetts, non-
I7I
451
imitatio Christi I So - imperii I63, ISI; Romanorum I So; - sacerdotii I6o, I69, I76f., ISo Imperator Augustus Romanorum I63, I73, 175,
2!2, 427f., 43I imperialis militie magister 289f. ;-palatii- 286, 289 Imperium christianum 427
Ingelheim, Pfalz I4I Innocenz II., Papst I 90, 355 - III., Papst 75, 85 Insignien s. Herrschaftszeichen Interregnum 314 Inthronisation s. Thronsetzung Intitulatio 282 Investitur 43f., 50, 6I, 75ff., 82, 88, I57, I61; geistliche 43, 52 - streit 53, 62, 74, I36, 179f., 370, 42I, 434 Irmgard, Tochter Kaiser Ludwigs II. I97 Isidor von Sevilla 18, 319 Israel (Juden) I64f., 362 Italien, Land und Könige 35, 113f., 120, 127, I3o, IF, I45, I48, 154, I56, 169ff., 173f., 18of., 209, 2I3, 2I6, 219f., 227-32, 235, 238. 253, 263, 278f., 284, 286, 293, 297, 317, 4I3, 415 Iudices, römische 22; - dativi 289 iusticia 26, 65 iustus, rex - 29, 64, 85 Jakobs Söhne I64 Jankuhn, Herbett 14I Jerusalem 367, 412, 422; Königreich- 422 Johann VIII., Papst 291 - XII., Papst 170, 175, 195, 2II - XV. 2rz, 219, 223, 268, 278 - XVI., Gegenpapst, s. Philagathos, Joh. - von Gorze, Reformator 163 Johannes Tzimiskes, byzant. Kaiser 202, 209ff., 240f., 243 - Ostiarios 250, 259, 263, 27I, 274 - Philagathos s. Philagathos Jordan, H. 318 Josephus: Antiquitates 368 Josippon (Pseudo-), angeblich: Flavius Josippus 36o-8 Juden s. Israel Juristenschule in Ravenna 38I, 393, 4IO Justina, Heilige, ihre Reliquien 233f.
Register Kämmerer 57, I 58; päpstlicher- 63 Kärnten, Herzog von 294 Kaisereid 65 - idee 423-37 - krönung 63, I68, 172, 36off., 38off., 388; s. a. Krönung - krone s. Krone - Iaudes I 33 ; s. a. Heilruf - ordo 43, 6off., 64, 8o, 92, 172, 393; »Salischer-« 38o-8; s. a. Ordo - ornat 386f.; s. a. Ornat -ring 387; s. a. Ring - theorie I 76 - titel 2II (s. a. Imperator) - thron 366; s. a. Thron - wahl I62 Kaiserswerth I 37 Kalabrien 203, 223, 270 Kalokyros 222, 251, 260, 262 Kanzlei und Kanzler 209, 296; - für Italien 2I2, 214, 2I7f., 296; s. a. Einzelnamen Kapelle (-ane) s. Hofkapelle Kanonistik I 8 I Kar! der Große, Kaiser 55, I2I, I42, I58f., I6o, I62, I69f., I74f., I77, I8I, 229, 280, 298, 305, 375, 425, 432; »Anerkennung« als Kaiser I 54; Wahl I 58 ;s. a. SteinsitzinAach en; Thron Kar! der Kahle, Kaiser 90, I54, I79, 3II; Krönung Io8, I9I, I97, 428 - ITI., Kaiser 33 f. - IV., Kaiser 84, I42, 435 - V-, Kaiser 3IO - der Einfältige, W estfränk. König 53, 90 Karolinger,- ische Zeit 35, 47, 55, 83, Io8, II 8, I23, I26, I35, I59, I64, I67, I87, 2ozf., 305, 36I, 375, 38I, 385 Kastilien I33, 422f. Kasuistik 26 Katechumenenm esse 385 -öl 43, 73f., I72; s. a. Chrisma, Öl Kehr, Paul F. I37 Kekaumenos, byzant. General 243 ff. Kern, Fritz 54 Kirchenvogt ( advocatus ecclesiae) 443 f. Kleidung, fränkische I 59 Klerus (Kleriker) 56, 63, 67, 70, 79, 82, 84f., 128, I69, J7I, 375 Klewitz, Hans-Walther I38
Kölmel, W. 4II Köln, Stadt und Erzbistum 49, 56, I09, II2, II3f., I22, I3rf., 209 König passim: dejensor, exsecutor, regnator der Kirche 6 5, 83, 8 5 ; protector et defensor 6 5 ; mediator 84, 86; tutor 65; eingeholt 62; befragt 64; alttestamentliches Vorbild 172; pater familias I 6o; - der Burgundionen I32;- und Kirche I 55 Königsbitten 63 - gruß 46 - idee 88 - kanonikat s. Ehren - krone s. Krone - Iitaneien 65 - ordo s. Ordo - ornat s. Ornat - pfalzen s. Pfalzen - prozession 63 - salbung s. Salbung - schmuck I98 - schwert s. Schwert - scrutinium 66 - siege! s. Siegel - theorie 5I - titel 35 f., I26, I6o, I62 - versprechen s. Promissiones - wahl s. Wahl - weihe s. Herrscherweihe - zeichen s. Herrschaftszeichen Königin, deutsche 8o; Salbung 8I Kommendation 52 Konrad I., deutscher König 33 f., 43 f., 55, I09, I23, I35, I 55; Salbung 47 Konrad II., Kaiser 53, 72, 84, II9, I2lff., I25, I28, I32, I37, I63, I65, I95, I97, 237ff., 278, 294, 308, 384f., 433 f.; Bulle 305; König von Burgund I 3I; - von Italien I 27; Kaiserkrönung I27 - III., König 65, 355 - der Rote, Herzog von Lothringen Ioo Konsekrations . Weihe Konstantirr der Große, Kaiser 24, 76, I75, I77f., 279, 384, 426 - VII., Porphyrogenne tos 204f., 2I1, 2I8, 24I - VIII., Kaiser 220, 238ff., 243, 26o - Skieros 24I - Umschrift und Medaillon 3II
Register Konstantinische Fälschung 84, I69, I74, I77, I95, 235 Konstantinopel I27, I75, 202, 2o8, 2IO, 2I2, 2I5,2I7-20,222,235-39,2 53,307;s.a.Byzanz Kontinuität 43 8 ff. Kreuz 63; -im Reichshort I23, I25, 384 Krönung 33f., 43ff., 47ff., 52f., 55, 6z, 66, 70, 72, 75 ff., 82, 86, 88, 108 f., I 12, I I4, II6f., Izoff., I23f., I3off., I7I, 363, 387; s. a. Kaiserkrönung, Salbung, Weihe; angelsächsische 64; lombardische 69; westfränkische 90 - formeln 86, 90; s. a. Ordo - mahl 42, 47ff., 52f., 57, I24, I 58, 387 Krönungsprotokoll, französisches 66 Krone 33, 44, 52, 55, 58, 108, I57, I63, I99, 307; Eiserne - 392; s. a. circulus; Bügel-; Kaiser-(Reichs-)krone 33, 36, I53, I63f., I68, I85, 220, 366 Krumbacher, Kar! 246 Kugel So Kultsprache I 69 Kunigunde, Gemahlin Kaiser Heinrichs II. 8o, I08, II4, II9, I22 Kurie 104f., I8I, 38I, 420; - ialstil I73; s. a. Papst Laien 53 Lambert von Hersfeld I87, I93, I95 Landnahme, fränkische I42 Landulph, Mailänder Chronist 393 Langobardenreich I27 Lantbertus, Biograph Heriberts 300 Lanze I 20, 126, I 57; Heilige - 44, 76, II 5, II7f., I24, I3I, 384; bewimpelte- II7; S. a. Fahne Laudes der Römer 39I; s. a. Heilruf Laurentius, Heiliger II9 »Laus Caesaris Heinrici« des Atto von Monte Cassino (Azelin von Reims) 399-406 Lechfeld, Schlacht auf dem I6of., I64, I69, 203,
42 9 Legisten 424 Lehnrecht,- investitur,- dienst 2I, pf., 55f., 294, 433;- staat I 59; -verband I 50 Lekapenoi, byzant. Kaiserfamilie 24I f. Leo VIII., Papst 393 - Bischof von Vercelli 235, 278, 282, 284, 296f.
453
(Leo) - Verfasser der Alexandervita 362 Leon, Metropolit von Synada, byzant. Gesandter zoo, zzo-33, 235 f., 246-76 Lettin, Rarriet Prat 242 »Libellus« der »Graphia« 3I4, 3I7, 338-53, 359, 372-8 Liber censuum 354 - glossarum I 8 - polypticus s. Benedikt - pontificalis 4I 3 Limburg, Evangeliar des Klosters 3I I Liturgie, abendländische I04, I6o, 2I3 Liudolf, Sohn Ottos I., Herzog von Schwaben 67, I6o, I69 - Erzbischof von Trier n6 Liudprand, Bischof von Cremona I85, 193 f., I97, 199f., 208, 219, 23 I, 250, z88, 295, 430 Lobbes, Annalen 22, Io6f. Lobwort: Decus imperii 305-7 Logothet, byzant. u. abendl. Titel 136, 293, 295 f., 297 Lohmann, H. E. 195 Lombarden I2I, 395 Lorum 431 Lotbar III., Kaiser 65 - König von Frankreich 283 - König von Italien 209 Lotbar-Kreuz I77 Lothringen, -ger 55, II6, II8ff., 122, 126, 155, 407 Louis Philippe, König von Frankreich 154 Ludwig der Fromme, Kaiser 33, Io8, I42, 170, I73, I97· 427 - der Deutsche, König 33 - II., Kaiser I98, 208, 305 - IV., das Kind, König 33, 43 - IV. Transmarinus, westfränk. König 90 Lüttich, Bischof Wazo von 74 Lullus, Raimundus 422 Luther, Martin 44I f. Maastricht I 30 Magdeburg, Annalen I93 - Erzbischof 83 Magister imperialis mi!itie 287, 289ff.; - palatii 286, 289 Magna Charta 87
454
Register
Mahl s. Krönungsmahl Mai, Angele I 9 Mailand, Stadt und Erzbistum III, 127, 236, 385, 392; Tebald von 4I2 Mainz, Stadt und Erzbistum 33, 43, 45, 47, 49, 56, 62, 69, 7rf., ro9f., II2, rr4-22, I24, I3I, 135, I72, 214; Sakramentar 93; s. a. Pontificale und Einzelnamen Makrokosmos 26 Malaterra, Gaufredus 404 Manegold von Lauterbach 409 »Mandatum«, angelsächsisches 64 Manitius, Max 395 Mantel (Königs-, Kaiser-) 44, 47, 63, 75, 77, I23, I57, 372f., 426; grüner - des Patricius 374, 387, 39I; s. a. Himmels-; clamis, pallium Manumissio I2I, I56f. Marine, römische im MA. 288 Marschall 57 Martin von Troppau 315f., 320, 325, 333, 359 Mattinsaltar im Mainzer Dom I I6 Mathilde, Gattin König Heinrichs I. 34, 36, 79 - von England, Gemahlin Kaiser Heinrichs V. I96, 420 - Gräfin von Tuszien 4I2, 4I5-I9 Matrimonialunion I6r Mauritius, Heiliger I 72, 385 Mayer, Hans-Eberhard 422 - Theodor 140 Meinhard von Bamberg I96 Megas domestikön 293 Meißen, Markgraf von II4 Meril, E. du 4oo Merowinger I38, 426 Merseburg rr8, 30I Methodios, Patrikios 250, 267, 270 Metz, Peter 309ff., 3I2 Meyer von Knonau, G. 420 Miccinus, Gregorius, römischer Großer 287 Michael, Magister 250, 264, 274 Mikrokosmos 26 Mi!ites in Italien 2Iff., 25 Militie imperia!is magister 289 f. Ministri 282 Mirabi!ia urbis Romae 3I5, 317f., 322-38, 353, 355f., 359, 393 missi I37 Mission, christliche I 62
Mitherrschaft (-könig) 35, 69, 85, 9I, Irzf., Iz8, I3I Mitra r64f., I67, I99, 374, 387,430, 436; s. a. Hohepriester, Krone Monza 392 Moritz, H. 24I Müller-Christensen, Sigrid r 67 München 2I3 Mundschenk I58 Munt 35, 46 Myron, Geistlicher 250, 267, 276 Mystagogie 104-7 Nagel Christi 76, rr 7 Napoleon I., Kaiser 44of. nationes 176 Neapel, Stadt und Herzog 203, 216, 393 neptis 24I Nikephoros Phokas, byzant. Kaiser 202, 204, 206, 209, 23 I Nikolaus, Heiliger 213 - I., Papst 23 I, 428 Nilus, Heiliger 232 nomen imperatoris 426 Nonantola 2I5 non idoneus I 7 I Norddeutscher Bund 440 Nordenfalk, C. 309 Normannen 239f., 410 »Normannischer Anonymus« 84, 86 »Notae de Mathi!da Comitissa« 4I 5-I9 Notker Balbulus, Mönch von St. Gallen I 58, I90, 298f. Nürnberg I 66; Handschrift Konrads II. 308ff. übermann, Dr. (Hamburg) 36I, 363 Oblationar, päpstlicher 292 occupatio 2 8 Odilo, Abt von Cluny 217, 280 Odo, westfränk. König, Thronbesteigung (888) 53 - Abt von Cluny 28 Öl 43, 72ff.; s. a. Chrisma, KatechumenenÖsterreich-Ungarn 438 ojftcium 82 Ohnsorge, Werner 242, 3o6f. Oppermann, Otto I29
Register »Orb« (Reichsapfel) 78 orbisterrarum 222 Ordo (-dines) 40, 43, 47, 59f., 62, 67, 70, 76f., 79, 8If., 84f., 88, 9I, rr5, II8f., I32f., I68f., !73 f., I 79, I8z, 380, 38 3; s. a. das vorstehende Textverzeichnis - Angelsächsischer 70, So, I33 - Bur gundiseher I 33 - Cencius II 289 - coronationis (»Salischer«) 382-8, 392; s. a. Benzo - für die Kaiserkrönung 172, I8I-5, 285 - für die Königin 79, 85, Iozf. - »frühdeutscher« 44, 59, 6I, 73, 76, 78, 87-90, 92f. - »der Sieben Formeln« 44, 59, 6I, 90-3 - Fulrads 69 - Leefries 9 I - Lombardischer 9I - »Mainzer« 40,43 ff., so, 54, 59-64, 69f., 75 ff., 8of., 83, 86f., 90, 92f., Io8f., III, rr3, II6, rr8, I23, I28, I3o, Ipff. - Romanus VI I 72, I 89; s. a. Benedikt -, »Salischer« s. - coronationis -, »\1.'/estfränkischer« 44f., 59, 64, 70, 73, 75 f., So, 88, 9of., 382 Ordofio II., König von Kastilien, Krönung 108 Orient, Alter I47, I67 ornamentum I93 Ornat, weltliches und geistliches I67f., I85, I93, I95; s. a. Gewandung, Kaiserornatus I85-93, I98f. Orthodoxe Kirche I05 Ostfranken(reich) 33, 47; s. a. Franken Ostia, Bischof von I72 Ostrogorsky, Georg 241 Otranto 235 Otto I., der Große, Kaiser I