Change Communications Jahrbuch 2010
Christoph Harringer · Hannes Maier (Hrsg.)
Change Communications Jahrbuch 2010
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Christoph Harringer Hannes Maier Symbiosis Kommunikationsund Strategieberatung Paracelsusstraße 11a 5020 Salzburg Österreich offi
[email protected] www.changecommunications.eu
ISBN 978-3-642-14499-8 e-ISBN 978-3-642-14500-1 DOI 10.1007/978-3-642-14500-1 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandgestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist ein Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort
Dieses Buch entstand aus dem dringenden Wunsch, stärkeres Bewusstsein für das Potenzial und die Leistungen von Change Communications zu schaffen. Märkte verändern sich, Unternehmen auch – und wie gehen die Menschen, die Mitarbeiter damit um? Diese Frage stellt sich Change Communications, die kommunikative Begleitung von Veränderungsprozessen. Ihre Aufgabe sieht so aus: Alle Mitarbeiter werden „ins Boot“ geholt, sie „rudern mit“, und zwar alle in die gleiche Richtung, und kommen schließlich gemeinsam am Ziel an. Leider sieht die Praxis oft anders aus. Die Betroffenen bleiben Betroffene und werden nicht zu Beteiligten gemacht. Die Hauptursache liegt darin, dass für die Veränderungskommunikation zu wenig Ressourcen (Kompetenz, Personal, Zeit und Geld) zur Verfügung gestellt wurden. Das Potenzial wurde nicht erkannt. In diesen vielen Fällen kommt das Change-Projekt plötzlich ins Stocken und es treten erhebliche Schwierigkeiten auf. Einen Wermutstropfen gibt es unserer Erfahrung in der Strategie- und Kommunkationsberatung nach auch auf der Erfolgsseite, nämlich bei den gelungenen Change-Projekten. Sie erhalten nicht die Anerkennung, die ihnen zustehen würde. Nach getaner Arbeit wird schnell zum daily business übergegangen. Mit diesem Buch sollen die Leistungen der Kommunikatoren ins Licht rücken. Seit dem Jahr 2009 gibt es für ihre Arbeit eine eigene Auszeichnung, den „Change Communications Award“. Wir stellen hier die Top-Projekte dieses ersten Jahres vor, damit sie Beispiel und Ansporn geben, die Möglichkeiten von Change Communications voll auszuschöpfen. Ansprechen möchten wir Fachleute aus Geschäftsleitung, Interner Kommunikation, Unternehmenskommunikation, Marketing, Branding, Human Resources und Organisationsentwicklung. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei den zahlreichen Beitragsautoren, die das erste des nun jährlich erscheinenden „Change Communications Jahrbuchs“ überhaupt möglich gemacht haben. Unser Dank gilt darüber hinaus unserer Kommunikationsleiterin Sabine Tschalyj, die als Projektleiterin die Entstehung dieses
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2010
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Vorwort
Werkes ermöglichte. Wir wünschen allen Lesern eine anregende Lektüre und viel Erfolg beim Umsetzen künftiger Change-Projekte. Change – Sie haben es in der Hand.
Salzburg, im August 2010
Christoph Harringer und Hannes Maier
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ......................................................................................................... Christoph Harringer, Hannes Maier Veränderung ist immer und überall.............................................................. Wozu Change Communications? ................................................................. Informieren – Akzeptanz schaffen – aktivieren...................................... Im Mittelpunkt der Dialog ........................................................................... Verbesserungspotenzial................................................................................ Resumée ....................................................................................................... Der Change Communications Award 2009 – Best-Practice-Projekte am Change Communications Congress erstmals mit dem „Fleggy“ ausgezeichnet ............................................................................................... Die Veranstalter von Kongress und Award ............................................ Die Organisatoren................................................................................... Der Change Communications Award 2009 ............................................ Die Preisträger ........................................................................................ Interview mit Christoph Harringer (Symbiosis, IBA) .................................. „Der Award soll Bewusstsein schaffen und Anerkennung geben“......... Wie gelingt Change Communications? Erfolgsrezepte aus Wirtschaft und Wissenschaft ......................................................................................... Vertrauen und Transparenz machen Veränderungen möglich................ Nils Haupt Betroffene zu Beteiligten machen .......................................................... Silvia Wulf Erfolgreiche Change Communications als Führungsaufgabe................. Ingo Hamm Was ist das Erfolgsgeheimnis der Wertekommunikation bei Siemens?... Christoph Hardt Change Communication – erfolgreich Wandel initiieren durch Wahrnehmung und Reflexion................................................................. Christine Vallaster
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Inhaltsverzeichnis
Der Change von Change Communications.................................................... Christoph Harringer Der Change Communications Architect.......................................................
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Die Top-Projekte des Change Communications Award 2009 Interne Kommunikation und Change Management im Rahmen des Markenwechsels von ONE zu Orange ........................................................... Petra Jakob Orange Austria Telecommunication GmbH (A) Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangslage: große Herausforderungen .................................................... Kommunikationsziel: zusammen sind wir mehr .......................................... Ausgewählte Zielgruppen: jeder einzelne Mitarbeiter............................ Taktische Planung: Marke Orange auf Wissens- und Emotionsebene positionieren................................................................................................. Umsetzung in fünf internen Phasen.............................................................. Jänner-Mai 2008 / Start-Phase................................................................ Juni-August 2008 / Endorsement-Phase ................................................. September / Prelaunch-Phase ................................................................. 22. September 2008 / Der „O-Day“........................................................ 23. September-Dezember / Postlaunch Phase......................................... Erfolgreicher Beitrag zum Gesamtprojekt ...................................................
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Was geht uns die Marke Maico an? ............................................................... 41 Martina de Rosi Maico GmbH (I) Informationen zum Projekt........................................................................... 41 Ausgangslage: Wie alles anfing ................................................................... 42 Kommunikationsziel: Zusammengehörigkeitsgefühl und Beitrag zum Markenwert durch den einzelnen Mitarbeiter .............................................. 45 Taktische Planung: „Sammelwahn und Workshop-Fieber“ ......................... 46 Umsetzung und Evaluation .......................................................................... 50 Wertschöpfung: Und was hat es gebracht? .................................................. 53 Die „Vodafone Academy 2009“ ...................................................................... 55 Andreas Lippe, Christian Geissler Vodafone D2 GmbH Deutschland/Commax Brand Relationship (D) Informationen zum Projekt........................................................................... 55 Die Herausforderung.................................................................................... 57 Die Aufgabe ................................................................................................. 58 Das Kommunikationsziel ............................................................................. 59 Die Schlüsselbotschaften........................................................................ 59 Die Zielgruppe........................................................................................ 60
Inhaltsverzeichnis
Der Anmeldemechanismus..................................................................... Der strategische Ansatz – Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen ... Die Vorgehensweise – der didaktische Ansatz....................................... Die Dramaturgie ..................................................................................... Die Einbindung in einen Maßnahmenkatalog ........................................ Die logistische Planung................................................................................ Zahlen und Fakten zum Projekt.............................................................. Die Evaluation – Bewertung ganz praktisch........................................... Wirkung und Nachhaltigkeit ........................................................................ Die Wertschöpfung................................................................................. Beitrag des Projekts zum Organisationserfolg........................................ Das Fazit ...................................................................................................... Living Geberit – den Geist des Unternehmens entdecken und leben lernen ................................................................................................................ Theres Meyer Geberit AG (CH) Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangssituation ........................................................................................ Das Unternehmen Geberit ...................................................................... Das Marketingkonzept Know-How Installed ......................................... Integration, Innovation, Wissen.............................................................. Das Geberit-Selbstverständnis für Mitarbeitende................................... Die Herausforderung: unterschiedliche Herkunft, viele Sprachen – die gleiche Vision ................................................................................... Kommunikationsstrategie und -ziele............................................................ Die Strategie: Markenstärke verinnerlichen ........................................... Die Vorgehensweise: gemeinsam verstehen lernen und teilnehmen ...... Die Zielgruppe: 3000 Mitarbeitende ins Boot holen .............................. Planung und Umsetzung .............................................................................. Die Maßnahmen: intensive Auseinandersetzung mit den richtigen Inhalten................................................................................................... Die konkreten Zielvorgaben: in absehbarem Zeitraum zum Ziel ........... Die Aktivitäten: in fünf Themen zu einem gemeinsamen Bild gelangen.................................................................................................. Der Prozess: gruppenweit einheitlich und in der Folge lokal angepasst ................................................................................................ Die Probleme und deren Lösung: Verunsicherung, Skepsis – und dann Begeisterung ........................................................................... Die Auswirkungen: gemeinsam erarbeitet, besser verstanden................ Wertschöpfung ............................................................................................. Die Wirkung: Marke, Ziele und Träume erkannt und verstanden .......... Der Beitrag des Projekts zum Organisationserfolg: den Geberit-Geist neu entdeckt ..............................................................
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Inhaltsverzeichnis
First Choice Initiative – Global erste Wahl für jeden Kunden werden ...... Heike Humpf Deutsche Post DHL (D) Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangslage: vom staatlichen Briefzusteller zum globalen Logistikdienstleister ..................................................................................... Kommunikationsziel: 500.000 Mitarbeiter für mehr Kundenorientierung begeistern ..................................................................................................... Kommunikationssituation....................................................................... Taktische Planung: in mehreren Stufen zum Erfolg..................................... Umsetzung/Evaluation: kommunikative Begleitung von Initiativen und Workshops ................................................................................................... Best Practice: kommunikative Umsetzung der Verbesserungsinitiativen ........................................................................ Kommunikative Umsetzung der Workshop-Formate............................. Probleme während der Umsetzung und deren Lösung ........................... Roll-out und Echtbetrieb ........................................................................ Wertschöpfung: Kundenorientierung als Selbstläufer.................................. Change Programm „stronger“ ....................................................................... Bernd Klumpp Deutsche Telekom AG (D) – Products & Innovation Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangslage ............................................................................................... Kurzbeschreibung des Unternehmens .................................................... Ausgangssituation und Hintergründe für Notwendigkeit/Sinn des Projekts................................................................................................... Kommunikative Herausforderung .......................................................... Aufgabenstellung bzw. Auftrag.............................................................. Kommunikationsziel .................................................................................... Strategischer Ansatz ............................................................................... Vorgehensweise/Wirkungsansatz ........................................................... Ausgewählte Zielgruppen....................................................................... Schlüsselbotschaften............................................................................... Taktische Planung ........................................................................................ Maßnahmen/Instrumente ........................................................................ Konkrete Zielvorgaben (Wirkungszeitraum/Umfang)............................ Dramaturgie des Projektes (Zeit-/Ablaufplan) ....................................... Umsetzung/Evaluation ................................................................................. Angaben zum Umsetzungsprozess ......................................................... Entstandene Probleme und deren Lösung............................................... Bewertung der Auswirkung von Maßnahmen (Evaluierungskriterien und -methoden).......................................................................................
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Inhaltsverzeichnis
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Wertschöpfung ............................................................................................. Bewertung der Wirkungen gemessen am Kommunikationsziel ............. Beitrag des Projekts zum Organisationserfolg........................................ Schlussfolgerungen.................................................................................
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Besser, schneller, grüner – der Change-Prozess der AutoVision GmbH.... Ulrike Jussen AutoVision GmbH (D) – ein Unternehmen im Volkswagen Konzern Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangslage ............................................................................................... Kurzbeschreibung des Unternehmens .................................................... Ausgangssituation und Hintergründe für das Projekt ............................. Kommunikative und psychologische Herausforderungen ...................... Aufgabenstellung und Auftrag ............................................................... Kommunikationsziel .................................................................................... Taktische Planung ........................................................................................ Dramaturgie des Change-Projektes ........................................................ Ausgewählte Maßnahmen und Instrumente ................................................. Strategieworkshops................................................................................. Konkrete Zielvorgaben ........................................................................... Ausgewählte Evaluationsmethoden ............................................................. Wertschöpfung ............................................................................................. Literaturverzeichnis......................................................................................
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Werte – dafür stehen wir................................................................................. Felicitas von Imhoff Siemens AG (D) Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangslage: Vertrauen in der Krise.......................................................... Kommunikative Herausforderungen ...................................................... Kommunikationsziel: über Information hin zu aktiver Anwendung............ Strategischer Ansatz ............................................................................... Taktische Planung: multidirektionaler und mehrstufiger Roll-out............... Dramaturgie............................................................................................ Umsetzung: globale Inhalte und lokale Helden............................................ Evaluation und Schlussfolgerung................................................................. Change T-Systems: Dialog als Change Management Prozess...................... Sylvia Baitinger Deutsche Telekom AG / T-Systems International GmbH (D) Informationen zum Projekt........................................................................... Ausgangslage ............................................................................................... T-Systems – Großkundensparte der Deutschen Telekom....................... Wissen, worum es geht...........................................................................
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Inhaltsverzeichnis
Dialog als Schlüssel zum Erfolg............................................................. Kommunikation rund um den Globus .................................................... Kommunikationsziel .................................................................................... Entscheidende Schritte zum Wandel ...................................................... Die Umsetzung von Talking Straight!.................................................... Schlüsselbotschaften von Talking Straight! ........................................... Taktische Planung ........................................................................................ Die Elemente des Wandels ..................................................................... Wie misst man den Change-Erfolg? ....................................................... Zielvorgaben........................................................................................... Top 100 Führungskräfte-Meetings ......................................................... Führungskräfteveranstaltungen „Talking Straight!“............................... Mitarbeiterworkshops „Driving & Living our BIG 5“ ........................... Social Media und interne Medien (Newsletter, Intranet, Direct Mails, Poster, Give-Aways).................................................................... Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen .................................................... 360° Feedback für Führungskräfte ......................................................... Umsetzung und Evaluation von „Change T-Systems“................................. Wie sich Probleme lösen lassen.............................................................. Feedback – leicht gemacht ..................................................................... Wertschöpfung ............................................................................................. Kam der Wandel an? .............................................................................. Change als Dauerzustand........................................................................ Literaturliste .................................................................................................
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Die AutorInnen ................................................................................................ 147
AutorInnenverzeichnis
Sylvia Baitinger Leiterin Team Change Management Deutsche Telekom AG/ T-Systems International GmbH Dernburgstraße 50 14057 Berlin Deutschland Martina De Rosi Leitung Service Center Kommunikation Maico Gmbh Handwerkerzone 15 39015 St. Leonhard Italien Christian Geissler Gründer und Vorstand Commax Brand Relationship Südliche Münchner Straße 10a 82031 Grünwald/München Deutschland Dr. Ingo Hamm Diversity + Inclusion leadership@BASF BASF SE ZOF – H201 67056 Ludwigshafen Deutschland Christoph Hardt Siemens AG Corporate Communications and Government Affairs Head Employee and Leadership Communications Wittelsbacherplatz 2 80333 München Deutschland
Christoph Harringer Symbiosis Kommunikations- und Strategieberatung Paracelsusstraße 11a 5020 Salzburg Österreich Nils Haupt Leiter Unternehmenskommunikation Lufthansa Cargo AG Communications FRA F/CI Tor 25, Geb. 451, Raum 3.381 60546 Frankfurt/Main Deutschland Heike Humpf Vice President, Public Relations Deutsche Post AG Charles-de-Gaulle-Straße 20 53113 Bonn Deutschland Felicitas von Imhoff Referentin Unternehmenskommunikation Siemens AG Wittelsbacherplatz 2 80333 München Deutschland Petra Jakob Head of Corporate Communications Orange Austria Telecommunication GmbH Brünnerstraße 52 1210 Wien Österreich
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xiv Ulrike Jussen Unternehmensentwicklung und Koordination Changemanagement AutoVision GmbH – ein Unternehmen im Volkswagen Konzern Major-Hirst-Straße 11 38442 Wolfsburg Deutschland Bernd Klumpp Leiter Quality & Processes und Programmmanager „stronger“ Deutsche Telekom AG – Products & Innovation T-Online-Allee 1 64295 Darmstadt Deutschland Andreas Lippe Projektleiter und Consultant Commax Brand Relationship Südliche Münchner Straße 10a 82031 Grünwald/München Deutschland
AutorInnenverzeichnis Theres Meyer Project Manager Corporate Communications Geberit AG Schachenstraße 77 8645 Jona Schweiz Dr. Christine Vallaster Wissenschaftliche Leitung Internal Branding Academy Hochschule Liechtenstein Institut für Entrepreneurship Fürst-Franz-Josef-Straße 9490 Vaduz Liechtenstein Silvia Wulf AutoVision GmbH Unternehmenskommunikation Leiterin Unternehmenskommunikation Major-Hirst-Straße 11 38442 Wolfsburg Deutschland
Einleitung Christoph Harringer, Hannes Maier
Zusammenfassung Die Einleitung gibt einen Einstieg und eine kompakte Übersicht zum Thema Change Communications. Erfahrene Praktiker aus dem deutschsprachigen Raum offenbaren ihre Erfolgsgeheimnisse rund um die Fragen: „Warum ist Kommunikation der Drehpunkt bei Change-Prozessen?“ „Wie sichern wir den langfristigen Erfolg unseres Unternehmens bei Veränderungen?“ Darüber hinaus wird der Change Communications Congress beleuchtet, der alljährlich Top-Unternehmen aus Deutschland, Österreich, Südtirol und der Schweiz in Salzburg versammelt und auf den die Idee für dieses Jahrbuch zurückgeht. Besonderes Augenmerk gilt dem im Vorjahr erstmals verliehenen, in seiner Art einzigartigen „Change Communications Award“. Vorgestellt wird außerdem die international besetzte Award-Jury, nach deren Bewertung die im Jahrbuch präsentierten Best-PracticeProjekte ausgewählt wurden. Die Zielgruppe der vorliegenden Publikation umfasst sämtliche Interessierte an Veränderungskommunikation und Interner Kommunikation. „Beständig ist allein der Wandel“, sagten schon die alten Griechen. Veränderung (Change) ist normal, nötig und machbar. Geht es um Unternehmen, müssen sie eines besonders beachten: Veränderung braucht Kommunikation! Je mehr die Wirtschaft wächst, desto mehr Wandel wird von den Akteuren gefordert und desto größer wird der Bedarf an Kommunikation. Im vorliegenden Jahrbuch zeigen wir Ihnen anhand von zehn Best-Practice-Projekten, wie Change Communications Veränderung glücken lässt und wie Sie Stolperfallen umschiffen können.
Veränderung ist immer und überall Veränderung wird immer wichtiger. Rund vier von fünf mittelgroßen und großen Unternehmen führen Change-Projekte durch. Die Palette reicht von Fusionen über MaC. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Einleitung
nagementwechsel bis hin zu Verbesserungsinitiativen in der Kundenorientierung oder Kostensenkungen. Und das immer öfter, immer schneller. Auslöser sind manchmal Veränderungen im Unternehmen selbst, meistens aber äußere Faktoren. Da bricht hier die Nachfrage nach einem Produkt ein, wird dort eine neue Produktionstechnik entwickelt, die eine Branche revolutioniert, und entstehen andernorts völlig neue Absatzmärkte. Und das oft über Nacht. Besonders die wirtschaftliche und die gesellschaftliche Entwicklung wird immer weniger berechenbar. Wirtschafttreiben wird ständig komplexer, die Fähigkeit zur Veränderung immer bedeutender. Und hier heißt es aufgepasst: Es gilt, die Mitarbeiter für den Wandel zu gewinnen. Auch wenn in erster Linie die Veränderung von „hard facts“ wie Strukturen oder Prozessen im Fokus steht, sind stets auch die „soft facts“ wesentlich. Diese umfassen Werte, Überzeugungen, Verhalten sowie Fähigkeiten der Mitarbeiter. Nur wenn sie im Boot sind, kann der Change gelingen. „Begleiter des Wandels sollten wie Lotsen an Bord mit dabei sein“, wie es ein Berater treffend ausdrückt. Veränderungen werden von Menschen meist als unangenehm empfunden, verursachen sogar Angst oder Unsicherheit. Mitarbeiter fürchten um ihre Kompetenz, ihren Einfluss, ihren Arbeitsplatz, schlicht, dass „nichts mehr so bleibt, wie es ist“. Gewohntes gibt man nicht gerne auf. Die Einstellung „Das haben wir immer schon so gemacht“, sitzt oft tief in den Köpfen. Auch die Orientierung scheint in Gefahr, wenn Neues ansteht. Werden diese Barrieren ungenügend berücksichtigt, ist der Change und der Unternehmenserfolg insgesamt gefährdet und auf Seite der Mitarbeiter drohen Arbeitsreduzierung, innere Kündigung, im schlimmsten Fall wird „dagegen“ gearbeitet.
Wozu Change Communications? Change Communications (Veränderungskommunikation) ist die Kommunikation bzw. kommunikative Begleitung in Change-Prozessen. Anlässe sind u. a. Restrukturierung, strategische Neuausrichtung, Re-Branding, IT-Projekte, Post Merger Integration, Kundenorientierungsprogramme, Service- und Dienstleistungsoffensiven etc. Als Schlüsselfunktion des Change Managements liegt ihr Ziel darin, Veränderungsprozesse von Unternehmen oder Organisationen zu ermöglichen bzw. die kommunikativen Hindernisse für den Wandel aus dem Weg zu räumen. Bei einem Wandel ist es wichtig, MitarbeiterInnen und Führungskräften die Bedeutung der Veränderungen zu vermitteln, sie in den Prozess einzubinden bzw. sie dafür zu gewinnen und sie letztlich auch dafür zu qualifizieren.
Informieren – Akzeptanz schaffen – aktivieren Jeder dieser drei Schritte wirft bei den Mitarbeitern grundlegende Fragen auf. 1. Zuallererst gilt es, in der Belegschaft eine grundsätzliche Bereitschaft zur Veränderung herzustellen. Sie braucht Informationen über die Notwendigkeit und
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die Sinnhaftigkeit der Veränderung im Unternehmen. Die Fragen lauten: Worum geht es? Wie sieht das Gesamtkonzept aus? 2. Im zweiten Schritt wird mit Kommunikationsaktivitäten Akzeptanz für die Veränderung geschaffen. Die Fragen lauten: Wozu das Ganze, was soll erreicht werden? Was bringt das? Welche Chancen bringt der Change? Und welche Risiken? Wie wird der Wandel umgesetzt? 3. Schließlich geht es um die Verhaltensänderung der Mitarbeiter. Dabei geht es um die Frage: Was heißt das für mich, welche Folgen ergeben sich für mich? Haben die Mitarbeiter die Änderung in ihrer täglichen Arbeit, ihrem Arbeitsverhalten verinnerlicht, gilt es, dies zu stabilisieren. Auf diese Art bleibt der Change nachhaltig wirksam. Widerstand kommt bei Veränderung fast wie das Amen im Gebet. Wird er nicht bekämpft, sondern nutzbar gemacht, dann gehen Blockaden auf und setzen Energie frei. Am Anfang von Change-Projekten sollte daher immer die Diagnose des Ist-Zustandes stehen. Mit Hilfe von Mitarbeiterbefragungen kann die Geschäftsleitung erfahren, wie sehr sich die Belegschaft mit dem Unternehmen identifiziert, wie zufrieden die Mitarbeiter sind und wo es Knackpunkte gibt. Im Rahmen der Change Communications sind dann genau diese Erkenntnisse zu berücksichtigen.
Im Mittelpunkt der Dialog Ganz allgemein kommt der Vielfalt an Kommunikationsformaten in Change Communications eine große Bedeutung zu. Wer nur Top Down agiert, der verliert. Im Mittelpunkt sollte der Dialog stehen. Dialogkommunikation kann auf unterschiedlichsten Ebenen eines Unternehmens stattfinden, von persönlichen Gesprächen über Abteilungsgespräche bis hin zu Workshops oder Events. Der entscheidende Vorteil von Dialogformaten ist die Möglichkeit, Feedback zu geben bzw. zu erhalten. Die Mitarbeiter sollen nicht das Gefühl haben, dass ihnen etwas „aufs Auge gedrückt wird“, sondern dass sie an der Veränderung teilhaben. In der Begleitung von Veränderungsprojekten werden die Kanäle und Medien der innerbetrieblichen Regelkommunikation analysiert und darauf aufbauend der optimale Medienmix für das anstehende Change-Projekt konzipiert. Die Kommunikatoren sind dadurch in der Lage, die wichtigen Kernbotschaften zu formulieren, diese zur richtigen Zeit an die relevanten Zielgruppen zu transportieren und damit den Projekterfolg maßgeblich positiv zu beeinflussen. Erfolgreiche Veränderungskommunikation geht über reines Verkünden weit hinaus. Dies gilt gleichermaßen für die Führungsebene wie für Kommunikationsabteilungen. Letztere verlaufen sich leicht im Verkünden von Nachrichten, meist positiven Nachrichten über das Unternehmen. Nachrichten erscheinen stets nach dem Geschehen. Bei einem Change ist dieser Weg nicht zielführend. Kommunikatoren sollen im Gegenteil zu Berichterstattern Kommunikation mitgestalten, und zwar zeitgleich mit dem Geschehen oder schon vorab.
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Der Ansatz von Change Communications ist interdisziplinär: Die Kommunikationsinstrumente und Kommunikationskanäle der Internen Unternehmenskommunikation werden ergänzt um spezifische Werkzeuge und Instrumente, die sich in Veränderungsprozessen bewährt haben. Diese haben Ihren Ursprung in Ansätzen der Management- und Betriebswirtschaftslehre und bilden eine Schnittmenge mit Change Management, Organisations- und Personalentwicklung. Aber auch Psychologie und Systemtheorie üben einen erheblichen Einfluss aus mit ihrem Blick auf Menschen, auf soziale Beziehungen und Dynamiken in Organisationen. So hat Change Communications neben der bloßen Informationsvermittlung auch Interesse an den Emotionen der Menschen, die letzten Endes großen Einfluss auf Motivation, Commitment und Leistungsbereitschaft haben.
Verbesserungspotenzial Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Neun von zehn Unternehmen sind in der Endphase von Change-Prozessen mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. In den meisten Fällen wird mangelnde Beweglichkeit der Mitarbeiter als Ursache ausgemacht. Beinahe jedes zweite Unternehmen sieht unzureichende Kommunikation als verantwortlich für das Scheitern des Veränderungsprojekts. Das zeigt, dass nicht Inhalt oder technische Abwicklung für Erfolg oder Misserfolg ausschlaggebend sind, sondern die Qualität der Kommunikation. Zu oft geht die Bedeutung von Veränderungskommunikation im „daily business“ unter. Gerade hier ist Potenzial für Verbesserungen und somit größere Erfolgschancen für Change-Projekte gegeben. Der Erfolg von Change Communications basiert zuallererst auf einem umfassenden Verständnis für organisationale Wandlungsprozesse sowie einer erweiterten Rollendefinition und Handlungskompetenz. Change Communications braucht, zusammenfassend gesagt, ausreichend Zeit, Geld, Personal und Planung. Besonderes Augenmerk muss neben den Emotionen auch der richtigen Sprachgestaltung zukommen, ebenso der Übereinstimmung der Botschaften und ausreichender Abstimmung, damit das Vertrauen der Mitarbeiter auch in Zeiten des Wandels erhalten bleibt.
Resumée Veränderungskommunikation gilt heute als bedeutender Faktor bei Veränderungsprozessen, um den nachhaltigen Erfolg zu sichern. Die dafür notwendigen Ressourcen werden jedoch nur in Einzelfällen zur Verfügung gestellt. Eine Auswahl solcher positiven Einzelfälle haben wir für Sie im vorliegenden Buch zusammengestellt. Das Jahrbuch und der Change Communications Congress sollen ihren Beitrag dazu leisten, dass Unternehmen zu ihrem eigenen Nutzen Veränderungskommunikation noch ernster nehmen und intensivieren.
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Der Change Communications Award 2009 – Best-Practice-Projekte am Change Communications Congress erstmals mit dem „Fleggy“ ausgezeichnet Der Change Communications Congress und der 2009 erstmals vergebene Change Communications Award stellen Wege vor, mit denen erfolgreich Veränderungsprozesse eingeleitet und beschritten werden können. Der Kongress versammelt alljährlich die führenden Köpfe in den Bereichen Unternehmenskommunikation, Marketing, Human Resources, Internal & Employer Branding etc. aus dem deutschsprachigen Raum in Salzburg. Im gediegenen Ambiente von Schloss Klessheim präsentieren die Praxisreferenten in Vorträgen sowie an runden Tischen ihre Projekterfahrungen. Das Setting, eine Mischung aus WorldCafé und Open Space, regt die Teilnehmer Jahr für Jahr zu intensivem Networking und Erfahrungsaustausch an.
Die Veranstalter von Kongress und Award IBA Internal Branding Academy (www.internalbranding.eu): Die IBA ist Expertise Center für die Erforschung und innerbetriebliche Umsetzung markenorientierten Mitarbeiterverhaltens (Behavioral Branding) zur Stärkung der Markenidentität, Förderung der Markenbekanntheit und Steigerung des Unternehmenserfolges.
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Symbiosis Strategie- & Markenberatung (www.symbiosis.co.at): • Inszenierung von rational nicht kommunizierbaren Inhalten: Von Leitbildern bis zur Markenidentität. • Entwicklungsbegleitung für Führungskräfte, Teams und Organisationen: Vom Einzelcoaching bis zum Changeprozess. • Gestaltung von Roll-Out und (Change)Communications-Prozessen: Von Unternehmens- und Markenwerten bis zur Konzernstrategie. • Moderation von Meetings, Klausuren, Konferenzen mit 5 bis 500 Teilnehmern: Vom Meeting bis zur Jahreskonferenz. create-mediadesign GmbH (www.create.at) Das Wiener Unternehmen ist Spezialist für Neue Medien in der Unternehmensund Lernkommunikation.
Die Organisatoren Christoph Harringer und Hannes Maier sind Geschäftsführer von Symbiosis und Gründer der Internal Branding Academy. Nach einschlägiger Praxiserfahrung in leitender Position, umfassender Weiterbildung sowie langjähriger Trainings- und Beratungspraxis fanden die beiden ihren Zugang zu Storytelling sowie Internal & Employer Branding und geben ihre Erfahrungen in den im deutschsprachigen Raum einzigartigen Diplomlehrgängen weiter.
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Der Change Communications Award 2009
Der Change Communications Award zeigt, welche Handlungsmöglichkeiten sich bei Veränderungsprojekten als erfolgreich bewiesen haben. Er würdigt herausragende Projekte in den Kategorien • Cultural Change und • Internal Branding (Interne Markenbildung) und ist sowohl für KMU als auch für größere Unternehmen konzipiert. Mit der Award-Trophäe „Fleggy“ (Flying Egg) werden Projekte ausgezeichnet, die in den vergangenen beiden Jahren in einem europäischen Land beispielhaft in folgenden Einsatzfeldern durchgeführt wurden: • Restrukturierung – Strategische Neuausrichtung, Rebranding – Mergers & Acquisitions, Post Merger Integration – Führungskräfte- und Mitarbeiterqualifizierung – Kundenorientierungsprogramme – Service- und Dienstleistungsoffensiven.
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Bewertet werden die Einreichungen von einer hochkarätig besetzten Jury (siehe Abbildung oben, Jury des Jahres 2009). Die JurorInnen kommen aus namhaften Unternehmen und Einrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die Preisträger Die Erstplatzierten in der Kategorie Internal Branding: 1. Platz: Orange Telecommunication Austria GmbH mit dem Re-Branding-Projekt „Interne Kommunikation und Change Management im Rahmen des Markenwechsels von One zu Orange“.
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Sie holten für Orange den ersten Platz: Petra Jakob, Head of Corporate Communications, CEO Michael Krammer und Barbara Weywoda, Corporate Communications
2. Platz: Maico GmbH aus St. Leonhard in Südtirol, eine Tochterunternehmung der Maco-Gruppe mit dem Internal Branding Projekt „Was geht uns die Marke Maico an?“. 3. Platz: Commax GmbH aus München mit einem Internal Branding Projekt für Vodafone namens „Vodafone Brand Academy“.
Die Erstplatzierten in der Kategorie Cultural Change: 1. Platz: Deutsche Post AG DHL mit dem Change-Projekt „First Choice“. 2. Platz: Deutsche Telekom AG, Products & Innovation mit dem Projekt „stronger“. 3. Platz: Autovision GmbH – eine Volkwagen-Tochter mit dem Change-Projekt „Besser, schneller, grüner: der Change Prozess der AutoVision GmbH“.
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Moritz Sattler, Marketing, nahm den „Fleggy“ für die Deutsche Post entgegen
Der Sonderpreis für den Einsatz Neuer Medien ging ebenfalls an die Deutsche Telekom AG, Products & Innovation, für den Einsatz der Video-Plattform „Culture Tube“ für die interne Kommunikation im Zusammenhang mit dem Kulturveränderungsprojekt „stronger“.
Freuten sich für die Deutsche Telekom AG: Bernd Klumpp (Senior Vice President Quality & Processes, Products & Innovation) und Annette Schmall (Senior Manager, Products & Innovation) mit dem Fleggy für das Projekt „stronger“
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Interview mit Christoph Harringer (Symbiosis, IBA) „Der Award soll Bewusstsein schaffen und Anerkennung geben“ Was hat Sie zur Gründung des Change Communications Awards veranlasst? Nach Abschluss eines erfolgreichen Change Communications Projektes bei einem international tätigen Unternehmen aus der Maschinenbauindustrie räumte das Unternehmen einige Preise ab – für die gelungene Werbekampagne, für den MarkenRelaunch. Die interne Kommunikation hatte ein hervorragendes Projekt abgeliefert – und ging zum daily business über. Warum braucht der deutschsprachige Raum den Change Communications Congress und den Change Communications Award? Wir haben beobachtet, dass eine ganze Menge von Awards aus dem Boden gestampft wurden. Alle hatten nur ein Ziel – nämlich sich für potenzielle Kunden oder MitarbeiterInnen, Investoren oder Analysten interessant zu machen. Im Zuge unserer langjährigen Zusammenarbeit mit den ProjektleiterInnen der internen Kommunikation haben wir im Gegensatz dazu gesehen, was dort zu leisten ist, wie anspruchsvoll diese Tätigkeit in Wirklichkeit sein kann, wenn es um die kommunikative Begleitung von Veränderungsprozessen geht. Die Wertschätzung hält sich trotz allem in Grenzen und der Beitrag der Kommunikation zum Gelingen oder Misslingen von Veränderungsprozessen wird gänzlich unterschätzt. Letzten Endes geht es also um Bewusstseinsbildung und Anerkennung. Wo gibt es Verbesserungsbedarf, was können Unternehmen voneinander lernen? Vor allem der Stellenwert der internen Kommunikation muss aufgewertet werden. Alleine aufgrund der Budgetverteilung zwischen externer und interner Unternehmenskommunikation lässt sich ein eher „stiefmütterliches“ Verständnis erkennen. Einhergehen muss dies aber auch mit einer Neudefinition des Rollenbildes für MitarbeiterInnen der internen Kommunikation – gerade, wenn plötzlich die Anforderung einer kommunikativen Projektbegleitung auftaucht. KommunikatorInnen müssen darauf vorbereitet werden, sich viel aktiver einzubringen zu können. Über das Bespielen der klassischen elektronischen oder Printmedien werden plötzlich Kompetenzen in Moderation von (Großgruppen-)Veranstaltungen, Storytelling oder Führungskräftecoaching dringend benötigt. Und das Ganze aufbauend auf einem tiefgründigen systemischen Verständnis für den organisationalen Wandel per se. Wie waren Ihre Eindrücke bei der erstmaligen Verleihung des Change Communications Awards im Rahmen des Change Communications Congress 2009? Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Die Kombination von multimedialer Aufbereitung der Preisverleihung, gewichtigen Trophäen und das Ganze im ge-
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schichtsträchtigen Ambiente des Kavalierhaus Klessheim in Salzburg konnten wir eine emotionale Aufladung schaffen, die bei allen Teilnehmern extrem gut ankam und sich auch nachhaltig im Gedächtnis verankert hat. Besonders der Siegeswille auf der einen Seite – aber auch das Anerkennen der Leistungen der konkurrierenden Nominees auf der anderen Seite führten rasch zu einem Community-Feeling, das durch die lockere Atmosphäre und die Gelegenheit zum Netzwerken und Erfahrungsaustausch noch verstärkt wurde. Was ist die Intention des Jahrbuchs? In Ergänzung zum Award soll das Jahrbuch herausragende Leistungen im Bereich Veränderungskommunikation würdigen und für die Notwendigkeit, Veränderungsprozesse kommunikativ begleiten zu lassen, sensibilisieren.
Wie gelingt Change Communications? Erfolgsrezepte aus Wirtschaft und Wissenschaft Vertrauen und Transparenz machen Veränderungen möglich Nils Haupt (Nils Haupt leitet die Unternehmenskommunikation der Lufthansa Cargo AG)
Es war Charles Darwin, der einst statuierte: „Nicht die Stärksten oder Intelligentesten überleben. Es sind die, die sich Veränderungen am besten anpassen können.“ Dies gilt in besonderem Maße auch für Unternehmen. Und erst recht für solche aus der Luftfahrt. Denn gerade diese müssen sich technologischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Veränderungen immer wieder stellen. Würden sie das nicht tun, dann flöge die Menschheit womöglich heute noch wie die Gebrüder Wright in einem „Doppeldecker-Gleitapparat“ oder einer wellblechbeplankten JU 52 von Hugo Junkers durch die Lüfte. Dieser Veränderungsdynamik muss demzufolge auch die Kommunikation von Luftfahrtunternehmen entsprechen. Dabei ist ein zentrales Ziel der internen Kommunikation, den Wandel positiv und sensibel zu begleiten, denn Veränderungen
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können in vielen Fällen erheblichen Einfluss auf das Lebensumfeld der Mitarbeiter haben – und sie in hohem Maße emotional involvieren. Aufgabe der Kommunikation ist es dann, Vertrauen zwischen den Mitarbeitern und der Unternehmensleitung auf- bzw. auszubauen. Nur im Geiste gegenseitigen Vertrauens sind Veränderungen erfolgreich durchzusetzen. Die Erfahrung lehrt: Zwangsmaßnahmen oder Druck schließen eine längerfristige Akzeptanz der Belegschaft aus. Bei der Umsetzung der Veränderungskommunikation spielt Transparenz eine entscheidende Rolle. Nur wer seine Kommunikationsinhalte von vornherein klar orchestriert, sie unmissverständlich, offen und transparent aussät, der wird das Vertrauen und die Mitwirkungsbereitschaft der Mitarbeiter ernten. Lufthansa Cargo hat in den vergangenen Jahren zahlreiche – mitunter sehr schmerzhafte – Veränderungsprozesse erfolgreich durchlaufen. Die jährliche weltweite Mitarbeiterbefragung belegte auch 2010 wieder: trotz des schwersten Jahres der weltweiten Luftfahrtbranche 2009, trotz deutschlandweiter Kurzarbeit und trotz erheblicher struktureller Veränderungen sind das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen und sein Management – und der Stolz auf Lufthansa Cargo groß wie selten zuvor. Zweifelsohne ist dies auch – wenn auch nicht allein – ein Erfolg stringenter Veränderungskommunikation.
Betroffene zu Beteiligten machen Silvia Wulf (Silvia Wulf ist Leiterin der Unternehmenskommunikation der AutoVision GmbH in Wolfsburg, einer Tochter des Volkswagen Konzerns)
Change Management, d. h. Veränderungsprozesse sind nur dann erfolgreich und nachhaltig, wenn sie die Herzen und Köpfe der Rezipienten erreichen und hier verankert werden. Im Falle des Change Prozesses der AutoVision zur neuen Strategie „AutoVision 2.0“ haben wir sehr frühzeitig die Kommunikation als essenziellen Bestandteil verstanden und in den kompletten strategischen Prozess implementiert. Denn Veränderungsprozesse sind nicht Aufgabe einzelner, sondern Aufgabe des
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ganzen Unternehmens. Vernetzt zu arbeiten und zu denken und frühzeitig an die entsprechenden Zielgruppen zu kommunizieren ist dabei besonders wichtig. Bei allen Kommunikationsmaßnahmen war maßgeblich, den Change-Prozess nach dem Prinzip „intern vor extern“ zu begleiten. Denn Mitarbeiter sind bedeutende Markenbotschafter. Dabei ist zu beachten, im richtigen Moment die richtige Botschaft abzusenden, um alle „mitzunehmen“ und das Thema positiv aufzuladen. Hierbei können alle Disziplinen der Unternehmenskommunikation (Interne Kommunikation, Public Relations und Presse) mit gezielten Maßnahmen unterstützen. Dennoch: Change Communications heißt nicht, reine reaktive Begleitung durch verschiedenste Kommunikationsinstrumente, sondern in Kombination mit aktiven dialogorientierten Face-to-Face-Maßnahmen sinnvoll zu agieren. Ganz nach dem Motto: Betroffene zu Beteiligten machen.
Erfolgreiche Change Communications als Führungsaufgabe Ingo Hamm (Ingo Hamm ist Leiter der Change Kommunikation im Bereich Global HR Executive Management and Development von BASF SE)
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sind für viele Unternehmen unberechenbarer geworden. Dies erfordert nicht nur neuartige Geschäftsstrategien, sondern auch kulturellen Wandel innerhalb von Unternehmen – Umdenken im Umgang miteinander, in neuartigen Konstellationen von Teams, von Hierarchie, von weltweiter Zusammenarbeit. Die Erfahrung bei den dafür notwendigen Veränderungsprozessen zeigt immer wieder, dass Führungskräften beim (Um-)Gestalten von Unternehmenskultur eine tragende Rolle zukommt. Dies mag nicht neu sein, jedoch hat sich die Rolle der Führungskraft als Gestalter von Change Prozessen und der entsprechenden Kommunikation gewandelt. Die Führungskraft kann sich im Wandelprozess nicht mehr auf eine hierarchisch garantierte Führungsrolle verlassen. Dementsprechend ändert sich die Rolle der Change Kommunikation und die der Führungskraft als Kommunikator. So stößt das klassische Top-Down-Prinzip, bei dem die Führungskraft per „Broadcasting“ bequem Botschaften in die Breite und Tiefe der Mitarbeiterschaft
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sendet, an Grenzen. Effizienz bedeutet eben nicht Effektivität, schon gar nicht in Zeiten des globalen Wandels. Ein modernes Verständnis setzt auf „Narrowcasting“, d. h. individualisierte Botschaften zum notwendigen Wandel, die idealerweise „face-to-face“ den Schlüsselfiguren und auch informellen Meinungsführern der Unternehmenskultur vermittelt werden. Hierbei darf es nicht um ein Verkaufen von Projektzielen gehen, sondern um das sanfte Steuern einer ohnehin stattfindenden Bewegung, nur eben in eine andere, intendierte Richtung. Gerade als Führungskraft gilt es, sich vom Kommunikationsprinzip des Promise-and-deliver zu lösen, also nicht ankündigen und hinterher liefern bzw. andere liefern lassen. Es geht um auf Vertrauensvorschuss basierende, persönliche und wechselseitige Kommunikation: als Beispiel vorangehen und dadurch „follower“ gewinnen; Mitarbeiter begeistern und mitnehmen im Dialog.
Was ist das Erfolgsgeheimnis der Wertekommunikation bei Siemens? Christoph Hardt (Christoph Hardt ist Leiter der internen Kommunikation bei der Siemens AG)
Zu Beginn jeder Change Kommunikation stellen sich gewisse Fragen, zum Beispiel nach der „Richtung“: „Top-down“ oder „bottom-up“? Beides hat Vor- und Nachteile. Wir wählten für die konzernweite Wertekommunikation einen multidirektionalen Ansatz, der zuerst die Führungskräfte ansprach. Wenn diese die Werte nicht vorleben, ist der Prozess zum Scheitern verurteilt. Die breite Kommunikation an alle Mitarbeiter starteten wir bewusst mit leichter Verzögerung. Entscheidend ist aber letztendlich die Anpassung der Inhalte, sei es an Hierarchien, unterschiedliche Arbeitssituationen oder kulturelle Unterschiede. Wir nehmen hierbei die Rolle des Übersetzers ein, der einerseits zentral vorgegebene Inhalte anpasst, andererseits die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Mitarbeiter weltweit versteht und direkt in der Entwicklung der Inhalte berücksichtigt. Wenn die Mitarbeiter die Aussagen der Wertekommunikation verstehen und in ihren persönlichen Alltag integrieren, haben wir unser Ziel erreicht.
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Change Communication – erfolgreich Wandel initiieren durch Wahrnehmung und Reflexion Christine Vallaster (Privatdozentin Dr. Christine Vallaster ist an der Hochschule Liechtenstein, Institut für Entrepreneurship tätig und hat die wissenschaftliche Leitung der Internal Branding Academy inne)
Bei organisatorischem Wandel gibt es generell zwei Zugänge, um die damit einhergehenden Herausforderungen zu definieren: technische und adaptive Herausforderungen. Bei technischen Herausforderungen wird durch die Anwendung bereits bestehender Methoden eine Lösung entwickelt. Das Konfliktpotenzial ist relativ gering, da es darum geht, zwischen bestehenden Techniken oder BestPractice-Ansätzen auszuwählen. Bei adaptiven Herausforderungen muss erst neu „erfunden werden“, auf welche Art und Weise an die Lösungssuche herangegangen wird. Ein Beispiel: Das weitgehend typische Vorgehen im Personalbereich ist, dass man bei den Mitarbeitern definiert, wo Entwicklungsbedarf ist. Es wird folgendes festgestellt: „Gut, der Mitarbeiter X hat ein Problem, wie er mit Konflikten umgeht, jetzt schicken wir ihn in ein Konfliktmanagement-Training, dann wird er lernen, wie er mit Konfliktsituationen besser umgehen kann, und anschließend bessere Ergebnisse erbringt.“ Die Alternative ist zu sagen: Menschen bewegen Themen, die im Beruf als auch im Privaten miteinander verknüpft sind. Wenn ihnen nun die Möglichkeit gegeben wird, das, was aufgrund dieser Themen passiert, zu reflektieren, dann bewegt sich etwas. Was sich bewegt und wohin es sich bewegt, hängt von der Persönlichkeit des Teilnehmers und seinem Thema ab. Es wird also kein klares Ziel definiert. Unternehmen sind komplexe adaptive Systeme. Ständig konfrontiert mit neuen Wettbewerbern, zunehmender Komplexität aufgrund der Globalisierung oder auch wirtschaftlichen Krisenzeiten sind Unternehmen kontinuierlich gezwungen, sich diesen Rahmenbedingungen anzupassen. Tatsächlich geben weltweit Unternehmen mehr als 50 Milliarden US-Dollar für Change-Beratung aus. Und trotzdem schlagen 70 % der Veränderungsprozesse fehl. Warum? Weil wir uns immer noch an die Grundprinzipien des Social Engineering klammern: Die Intelligenz sitzt in der Unternehmensspitze. Veränderungen sind vorhersehbar. Und sobald eine Maßnahme beschlossen ist, fließt sie von oben nach unten in kaskadenartiger
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Form durch das gesamte Unternehmen. Dies spiegelt einen technischen Ansatz für organisatorischen Wandel wider und reflektiert das Selbstverständnis von Managern und das, was in den Wirtschaftsschulen gelehrt wird: Was macht einen guten Controller aus und mit welchen Methoden habe ich die Dinge im Griff? Zu führen bedeutet zu planen, entscheiden, anweisen und kontrollieren. Darauf wird in der Ausbildung der Schwerpunkt gelegt und findet heute in einer noch viel differenzierteren Form als vielleicht noch vor 10 oder 15 Jahren statt. Aber so einfach ist die Praxis in den meisten Fällen nicht. Oft sind unternehmerische Strukturen rigide, hierarchisch und undurchlässig. Etablierte Machtstrukturen verhindern, dass Neues ausprobiert und vorangetrieben wird. Diese Prozesse erfordern Mut zu Veränderungen und ein Umdenken, wie man mit Kontrolle umgeht. In vielen Fällen haben die Beteiligten jedoch Angst. Angst, ihre Macht, ihre Kontrolle und Autonomie zu verlieren. Im Change Management muss der Wunsch nach verlässlichen Antworten aufgeben werden Wir denken in Dualitäten, d. h. entweder es gibt Antworten oder es gibt keine Antworten. Die Unternehmenspraxis zeigt aber Folgendes: wenn man sich auf wirkliche Herausforderungen einlässt, steckt man mitten in Widersprüchlichkeiten und Paradoxien. Auf der einen Seite gibt es Dinge, die man kontrollieren kann, aber gleichzeitig gibt es auch einen (recht großen) Teil, den man nicht kontrollieren kann. Es gibt bestimmte Situationen, bei denen wir auf unser eigenes Erfahrungspotenzial zurückgreifen können. In anderen Situationen wissen wir nicht weiter. Hier gilt es, Erfahrungen auf neue Kontexte zu übertragen bzw. neue Denkwege einzuschlagen. Dieses Denken „Unter-Kontrolle-haben vs. Nicht-unter-Kontrolle-haben“ negiert die Tatsache, dass wir einerseits aufgeregt und gespannt sind auf das, was in der Zukunft passiert, gleichzeitig aber auch Angst davor haben. Wenn man die Erfahrung von Menschen, die sich außergewöhnlichen Herausforderungen gestellt haben, betrachtet, dann entdeckt man in deren Beschreibungen genau dieses Paradox. Das ist eine Widersprüchlichkeit, die sich nicht auflösen lässt und ohne die ein Stück der Lebendigkeit des Alltags wegfallen würde. In adaptiven Kontexten gibt es Patentrezepte und Erfolgsgarantien, die viele Manager so gerne hören möchten, nicht. Es gibt keine vorgefertigte Lösung, wie Unternehmen Veränderungsprozesse elegant meistern können. Bei Change Prozessen gibt es viele nicht-lineare Faktoren und keinen objektiven Beobachter von außen, der alles im Blick hat. Das nötige Wissen liegt in Organisationen selbst und muss zu Tage gefördert werden. Der Schlüssel dazu liegt in der Kommunikation der Beteiligten, welche nicht gesteuert werden kann. Personen mit unterschiedlichem Wissen und Interessen beteiligen sich daran und deshalb tauchen per definitionem sehr viele Konflikte auf. In diesem Kommunikationsprozess entsteht dann wieder Neues, das nicht vorhersagbar ist. Wenn es vorhersagbar wäre, dann würden wir uns in einem ver-
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trauten Feld bewegen. Bei adaptiven, d. h. sehr komplexen Herausforderungen kann man das nicht. Das heißt nicht, dass bestimmte Sachen nicht geplant werden können, aber in der Planung muss immer beinhaltet werden, dass das nur auf bestimmten Annahmen beruht und die Wahrscheinlichkeit, dass man neu adaptieren muss, sehr groß ist. Die soziale Interaktion als Dreh- und Angelpunkt in der Organisationsveränderung In Organisationen treffen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen aufeinander, sei es aufgrund ihrer Erfahrung, ihres Alters, ihres Geschlechtes, ihrer Kultur. In der Systemtheorie spricht man von „kognitiven mentalen Modellen“. Ich möchte von diesem mechanistischen Bild weggehen, denn ich glaube, dies wird dem Phänomen aufgrund der Komplexität nicht gerecht. Nennen wir es Vorstellungsbilder. Angenommen, eine Führungskraft möchte ein Projekt an zwei Personen weiterkommunizieren, deren Vorstellungsbilder (die Wissensstruktur und Einstellungen beinhalten) durch unterschiedliche Hintergründe geprägt sind. Die Frage lautet nun: Wie muss ein sozialer Interaktionsprozess gestaltet sein, damit jede Person ein X’ für sich aufbaut, deren Vorstellungsbilder mit Bedeutung und Emotionen beladen ist, das X ähnlich genug ist, um erfolgreich zusammenarbeiten zu können. Das X ist mit X’ nicht identisch, denn dann hätten wir lauter Klone und die Innovationsfähigkeit würde gegen Null gehen. Somit wurden die unterschiedlichen individuellen kognitiven Modelle der einzelnen Leute nicht einfach summiert, sondern das Resultat ist ein anderes Verständnis. Dieser Prozess ist nicht simpel und technisch, sondern sehr komplex, voller Missverständnisse und Konflikte. Die Führungskraft kann diesen Interaktionsprozess nicht dominieren. Sie kann sich nur am Prozess beteiligen. In dem Moment, bei dem es sich um adaptive Herausforderungen handelt, kann eine Führungskraft die Lösung nicht mehr vorgeben. Sie kann andere nicht in eine Rolle „hineinzwingen“, sondern sie ist Beteiligte, bei dem entweder die Führungskraft selbst oder jemand anders den ersten Impuls setzt, aber wie es dann weitergeht, hat man schon nicht mehr im Griff. Als Führungsperson stellt man sich dann die berechtigte Frage: Wie bleibe ich an diesem Prozess beteiligt. Wie spiele ich da mit? Wie lasse ich mich darauf ein? Das erfordert Mut zum Loslassen, weg vom Kontrollgedanken. Führungskraft als Prozessbegleiter Die Führungskraft ist während Veränderungsprozessen ein beteiligter Facilitator. Das ist ein wichtiger Unterschied für Berater oder für Supervisoren. Ein immer noch sehr weitverbreiteter Denk- und Handlungsansatz bei Führungskräften ist
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die, eine externe, objektive Sichtweise einnehmen zu müssen. Für erfolgreichen Wandel in Organisationen müssen Führungskräfte mittendrin stehen, sie sind beim Wandel beteiligt. Die oft gelebte Abstinenz ist eine Schimäre, die nicht existiert. Zusammenfassung Wandel in Organisationen erfordert Veränderungsprozesse, die mit sehr großen und vor allem unvorhersehbaren Herausforderungen verbunden sind. Führungskräfte können zwar aufgrund ihrer Position bestimmte Strukturen und Prozesse verändern, sind aber trotzdem Teil der Veränderung. Ihre Aufgabe ist es, den Kommunikationsprozess so zu begleiten, dass unterschiedliche Vorstellungsbilder der einzelnen Mitarbeiter sich annähern und daraus eine neue Realität entsteht. Vertiefungsliteratur Burke, Warner, W., Lake, Dale G., Paine, Jill Waymire (2009): Organization Change: A Comprehensive Reader, Jossey-Bass. Gairing, Fritz (2008): Organisationsentwicklung als Lernprozess von Menschen und Systemen. Beltz. McMillan, Elizabeth (2008): Complexity, Management and the Dynamics of Change: Challenges for Practice, Routledge. Peterke, Jürgen (2006): Wie Changeprojekte garantiert scheitern. Personalmagazin, Nr. 8, S. 64–65.
Der Change von Change Communications Christoph Harringer
„Worin liegt denn jetzt der Change von Communications?“ hatte ein Teilnehmer am letztjährigen Change Communications Congress in Salzburg einen prominenten Key-Note-Speaker im Anschluss an dessen Vortrag gefragt. Dass er dadurch die Lacher auf seiner Seite hatte, war mit Sicherheit ein angenehmes Nebenprodukt aber keineswegs die wirkliche Intention seiner Fragestellung. Vielmehr steckt dahinter die ultimative Frage, inwieweit sich denn die Herausforderungen der Change Communications vom „daily business“ der Unternehmenskommunikation unterscheiden und welche Konsequenzen sich daraus ableiten lassen. Im vorliegenden Beitrag wollen wir dieser Frage auf den Grund gehen und lassen bei dieser Gelegenheit die Ergebnisse einer Umfrage einfließen, die von Symbiosis im Juni 2010 durchgeführt wurde. Dabei wurden Rückmeldungen von insgesamt knapp 200 Führungskräften und MitarbeiterInnen (Verhältnis 70:30) berücksichtigt, die mehrheitlich aus Unternehmen mit mehr als 100 MitarbeiterInnen stammen und dort in Corporate Communications, Human Resources, Organisationsentwicklung, oder Marketing tätig sind. Halten wir an unserer einfachen Definition fest, wonach Change Communications die kommunikative Begleitung von Veränderungsprozessen sei. Die vorrangige Intention liegt darin, eine Verhaltensänderung der Betroffenen zu erreichen. Für ein Gelingen des Veränderungsprozesses braucht es aber in besonderem Maße das Know-How und den Erfahrungsschatz genau der MitarbeiterInnen, welche zu den Betroffenen zählen. Vertrauen, Engagement und Commitment ist es, was von diesen Menschen benötigt wird, um den organisationalen Wandel gelingen zu lassen. Die Ansprüche an die Kommunikation gehen daher im Falle von Change Communications bei Weitem über das zielgruppenspezifische, zeitlich adäquate und mundgerechte Übermitteln getroffener Entscheidungen hinaus. Die Spielwiese der Change Communications ist somit die interne Kommunikation – Spezifika für die externe Unternehmenskommunikation lassen sich für Veränderungsprozesse nur bedingt ausmachen. An erster Stelle steht die Frage nach Anlässen, welche einer kommunikativen Begleitung bedürfen. C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Die Hitliste wird also laut Umfrage angeführt von strategischer Neuausrichtung, Restrukturierungsprogrammen, Kulturwandel und Markenpositionierung. Soweit nichts Überraschendes – dass allerdings z. B. IT-Projekte mit sechs Prozent beinahe das Schlusslicht bilden, ist alarmierend! Gerade Veränderungen, die ganz massiv in die täglichen Gepflogenheiten der MitarbeiterInnen eingreifen, wie z. B. Standortwechsel, Veränderungen in der IT- und Telekommunikationslandschaft, Änderungen welche die Büroorganisation betreffen oder gar Implementierungen von neuen Innovations- oder Produktionsprozessen etc. werden solange stiefmütterlich behandelt, bis die Projektleitung die Reißleine zieht und die fehlende Akzeptanz zum Thema macht. Übrigens gaben beinahe 75 Prozent der Befragten an, dass Veränderungsprojekte gezielt kommunikativ begleitet werden. Dass lediglich in knapp 25 Prozent der Fälle eine externe Beratung einkauft wird, steht dazu im krassen Gegensatz und legt den Schluss nahe, dass Change Communications nach wie vor nicht in gebührendem Maße wie beispielsweise die Aufgaben der Regelkommunikation differenziert wahrgenommen wird. Natürlich interessiert daher die Frage nach den Zielsetzungen. Was verspricht man sich davon, Veränderungsprojekte gezielt kommunikativ zu begleiten?
Der Change von Change Communications
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Wie bereits angesprochen: Akzeptanz, Vertrauen, Commitment und letzten Endes die Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen, sind die primären Absichten und diese machen in dieser Priorisierung auch den Unterschied zur Regelkommunikation aus. Bei genauer Betrachtung sind jedoch die genannten Parameter auch jene, bei denen man am häufigsten zugestehen musste, dass Anspruch und Wirklichkeit am Weitesten auseinander klaffen. Was also kann getan werden, damit bei den wichtigsten Erfolgsfaktoren keine Abstriche vorzunehmen sind? Abseits statistischer Untersuchungen, dafür aufgrund praktischer Erfahrungen möchte ich dazu drei Hypothesen anbieten: 1. Das Verständnis des organisationalen Wandels und seiner kommunikativen Aspekte bedarf einer bei Weitem systemischeren Herangehensweise. 2. Die Prozessarchitektur der kommunikativen Begleitung muss sich vielmehr an den Veränderungszielen als an den bisherigen Gepflogenheiten der Unternehmenskommunikation ausrichten. 3. Change Communications benötigt ein differenziertes Rollenverständnis der verantwortlichen KommunikationsexpertInnen und damit einhergehend eine Erweiterung der Methodenkompetenz. Dass jedes Change-Projekt eine massive Intervention in ein soziales System darstellt, versteht sich von selbst. Dass Kommunikation als Operation zu verstehen ist, die soziale Systeme entstehen lässt, hat uns Niklas Luhmann gelehrt. Und spätestens seit Heinz von Förster sollte jedem klar sein, dass soziale Systeme ein nicht durchschaubares Eigenleben entwickeln, dem man sich bestenfalls über zielgerichtete Hypothesenbildung und reflexive Beobachtung nähern kann. Ergo bedarf es einer „positiven Störung“ eingeschliffener Kommunikationsmuster, damit Neues entstehen kann. Und da beginnt bereits die Verantwortung der Change Communications! Ausgehend von der inhaltlichen Ausrichtung an den Projektzielen braucht es ein kommunikatives Interventionsrepertoire, welches sich einer ständigen Beobachtung und zielgerichteten Neu-Ausrichtung unterzieht. Die Konsequenzen für die Projektarbeit liegen jetzt darin, dass Change-Kommunikatoren viel enger als bisher an die inhaltliche Arbeit im Veränderungsprojekt heranrücken und Kompetenzen und Werkzeuge mit einbringen müssen, die in der Regelkommunikation nicht zu finden sind. Systemische Fragetechniken, partizipative Moderationsskills oder narrative Coaching-Expertise sind nur einige Beispiele. Sinngemäß ist gesamte Kommunikationsplanung und Kampagnenführung mehr im Lichte der Interventionstechnik zu betrachten, mehr in den Kategorien Prozessarchitektur und Prozessdesign zu denken und dadurch der Fokus mehr in Richtung Effektivität im Sinne der Projektziele zu legen. Konkret heißt dies dann auch weniger Kaffeehäferl mit Projekt-Slogan, weniger T-Shirts, weniger Wertewürfel, weniger gebrandete Essensuntersetzer oder sonstige Gimmicks, vor allem aber weniger von dem, was von der Regelkommunikation her altbekannt ist! Stattdessen dafür eine Fülle an Gelegenheiten um neue Kommunikationsformen zu erleben und neue Kommunikationsmuster in den Arbeitsalltag integrieren zu können, die anschlussfähig sind zur inhaltlichen Zielsetzung des Veränderungsprojektes.
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Zu Punkt 2 möchte ich ins Treffen führen, dass die Gepflogenheiten der Zielgruppendifferenzierung zu hinterfragen sind. Die „klassischen“ Zielgruppen wie Top-Management, Führungskräfte, MitarbeiterInnen bis hin zum Betriebsrat werden gemäß unserer Untersuchungen durchwegs differenziert angesprochen. Auch spricht sich die überwiegende Mehrheit der Befragten für eine an hierarchischen Gesichtspunkten orientierte Segmentierung aus. Soll sich die kommunikative Begleitung eines Veränderungsprozesses durch ein hohes Maß an Effektivität auszeichnen, ist es mehr als in allen anderen Feldern der Organisationskommunikation erforderlich, horizontal zu differenzieren! Es versteht sich doch von selbst, dass die häufigsten Anlässe für Veränderungsprojekte (s. o.) nicht den gleichen Grad an Betroffenheit für alle Mitglieder einer hierarchischen Ebene mit sich bringen. Wohl sollte in diesem Zusammenhang die Sinnfrage flächendeckend beantwortet werden – doch geht es darüber hinaus um das aktive Mitgestalten der Veränderung, um das dahingehend verfügbare Wissen und letzten Endes die konkrete Verhaltensänderung bzw. Umsetzung am Arbeitsplatz, muss auch die Kommunikationsplanung dieser Unterschiedlichkeit Rechnung tragen. „Die richtige Botschaft zur richtigen Zeit an die richtige Zielgruppe“ – auch hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn dieser Stehsatz mag wohl das credo der Regelkommunikation auf den Punkt bringen – für die Veränderungskommunikation allerdings greift dies viel zu kurz. Es geht eben nicht alleine darum, die richtigen Botschaften zu lancieren – es geht darüber hinaus vielmehr darum, MitarbeiterInnen in die Veränderungsbemühungen zu involvieren und Verhaltensänderungen nachhaltig zu verankern. Welche Schlussfolgerungen lassen sich daher auf den optimalen Mix der zum Einsatz gelangenden Medien und Kanäle ziehen?
Der Change von Change Communications
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Wie aus der obenstehenden Grafik leicht ersichtlich, setzt man auf Altbewährtes. Intranet, Mitarbeiterversammlung und -magazin und die Führungskräfteworkshops führen die Hitliste an. Die Gründe dafür sind naheliegend: Die genannten Medien und Formate sind im Unternehmen etabliert. Die Klaviatur der Regelkommunikation entspricht doch in vielen Unternehmen genau dieser Bandbreite und im selben Atemzug generiert dies das Rollenverständnis der internen Unternehmenskommunikation: Recherchieren und Texten für das Mitarbeitermagazin, redaktionelle Betreuung des Intranets, Unterstützung bei der Planung von Führungskräfte-Workshops und Mitarbeiterversammlungen. Elegant zu sehen ist aber auch die Diskrepanz: Da nämlich steht dem gleichsam mit Selbstverständlichkeit zum Einsatz gebrachten Portfolio auf der HabenSeite ein Wirksamkeitsniveau gegenüber, das nicht gerade begeistert. In Sachen Wirksamkeit überraschen Schwarzes Brett, Vorstandsbrief und Mitarbeiterzeitung – insbesondere wenn der Anteil an Nicht-PC-Usern hoch ist. Aber die wirklichen „Stars“ im Medienmix lauern ganz woanders – die Big-Points in Sachen Effizienz werden im Bereich Web 2.0 und Neue Medien gewonnen. Und das mit gutem Grund: Denn Change Communications braucht neben dem üblichen Mix zwischen langsamen und schnellen, inhaltstiefen und -knappen Medien vor allem Dialog und Emotionalität! Und da liegen die genannten Medien um Wellenlängen voraus. Wie aber den Medienmix in diese Richtung entwickeln, wenn man nicht nur die elektronische Schiene fahren will? 1. Verstärkter Einsatz von Storytelling – dies fördert die redaktionelle Qualität und bringt zudem Erweiterung des Handlungsspielraums um spezifische Werkzeuge, wie z. B. Springboard-Stories, Most-Significant-Change-Technique, Jump-StartStorytelling oder Appreciative Inquiry. Dass dadurch Sinnstiftung betrieben und Abstraktes in Konkretes übersetzt werden kann, sei nur nebenbei erwähnt. 2. Mut zu Großgruppenveranstaltungen – Ob Real-Time-Strategic-Change, World Café oder Open Space etc. – dadurch werden Betroffene zu Beteiligten und somit zum Träger und Umsetzer der Veränderungsidee. Übrigens: Den Turbo zünden Sie, wenn Sie Web 2.0 bzw. Social Media mit den beiden genannten kombinieren. Worin liegt also der wirkliche Change in Change Communications? Es liegt wie immer an den handelnden Personen und ihrem Selbstverständnis: Weg vom „kampagnisierenden Betriebsjournalisten“ hin zum „Change Communications Architect!“
Der Change Communications Architect Der Change Communications Architect entwirft Kommunikationskonzepte zur Begleitung von Veränderungsprojekten. Er analysiert die Kanäle und Medien der innerbetrieblichen Regelkommunikation und konzipiert daraufhin den optimalen Medienmix für das anstehende Change-Projekt. Er ist in der Lage, die wichtigsten
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Kernbotschaften zu formulieren, diese zur richtigen Zeit an die relevanten Zielgruppen zu transportieren und dadurch den Projekterfolg maßgeblich positiv zu beeinflussen. Sein Verständnis für den organisationalen Wandel ist tiefgreifend und fußt auf systemischem Gedankengut. Darauf aufbauend entwirft er maßgeschneiderte Kampagnen, welche die notwendige Dialog- und Erlebnisorientierung in den Vordergrund stellen und setzt diese eigenverantwortlich um.
Er erkennt die Bedeutung der Face-to-Face Kommunikation und ist in der Lage, Veränderungsprozesse durch partizipative Moderation von Meetings bis hin zu Großgruppenveranstaltungen zu unterstützen. Führungskräfte – vom CEO bis hin zum Gruppenleiter – coacht er in ihrer Rolle als Kommunikator der Veränderungsidee. Er ist vertraut mit den Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation, gestaltet prägnante Beiträge in der Online-Redaktion und ist auf dem letzten Stand in Sachen Web 2.0 und Social Media. Sein Storytelling Know-How versetzt ihn in die Lage, Printmedien interessant und informativ aufzubereiten und somit Sinn, Nutzen und Notwendigkeit der anstehenden Veränderungen so zu transportieren, dass Akzeptanz und Commitment der MitarbeiterInnen sichergestellt sind.
Die Top-Projekte des Change Communications Award 2009
Interne Kommunikation und Change Management im Rahmen des Markenwechsels von ONE zu Orange Petra Jakob
Zusammenfassung Österreichs drittgrößter Mobilfunker ONE wurde am 22. September 2008 zu Orange. Im gesamten Markenwechsel-Programm nahm der Projektbereich „Interne Kommunikation“ gemeinsam mit dem Change Management eine wichtige Rolle ein. Für die Kommunikation wurde ein integrierter Ansatz gewählt, um die 800 begeisterten ONE-Mitarbeiter durch persönliche Kommunikation, bestehende interne Kommunikationskanäle und neue Formate mit der Marke Orange vertraut zu machen. Interaktion und die Möglichkeit zur Mitgestaltung erleichterte den Mitarbeitern die Identifikation mit der neuen Marke, der Vision und der Strategie. Die 800 Mitarbeiter sollten sich als Botschafter der neuen Marke fühlen. Sämtliche Maßnahmen wurden in enger Abstimmung mit der externen Kommunikation geplant, wobei als „goldene Regel“ bei der Umsetzung galt: Kommuniziert wird intern vor extern.
Informationen zum Projekt 1. Platz in der Kategorie Internal Branding Unternehmen: Orange Austria Telecommunication GmbH Brünnerstraße 52 1210 Wien Homepage: www.orange.at
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechperson: Petra Jakob, Head of Corporate Communications, Orange Austria Telecommunication GmbH
Ausgangslage: große Herausforderungen Orange Austria startete 1998 unter der Marke ONE als dritter österreichischer Mobilfunkbetreiber. Das Unternehmen erlangte hohe Markenbekanntheit durch die rasche Freischaltung neuer Handys statt langer Wartezeiten, die eigenen Shops und sein Ziel, „das mobile Leben in Österreich einfacher zu machen“. Das internationale Mobilfunkunternehmen Orange wurde 1994 in Großbritannien gegründet und hatte von Beginn an ähnliche Ziele, nämlich Menschen die Technik leicht verständlich und zugänglich zu machen. Der Mensch sollte in den Vordergrund, die Technik in den Hintergrund treten. Beim Markenwechsel von ONE zu Orange stand ebenfalls der Mensch im Mittelpunkt. Im Oktober 2007 genehmigte die EU-Kommission den Eigentümerwechsel bei ONE. France Telecom/Orange erhöhten ihren Anteil auf 35 % und wurden gemeinsam mit MID Europa Partners (65 %) Eigentümer. Parallel dazu übernahm das neue Management mit Michael Krammer als CEO die Führung des drittgrößten österreichischen Mobilfunkers. ONE nutzte die Stärke des internationalen Orange Netzwerkes und setzte daher 2008, zehn Jahre nach Unternehmensgründung, den Markenwechsel von ONE zu Orange um. Das Unternehmen stand im Zuge des Rebrandings vor einigen Herausforderungen: Österreichs Mobilfunkmarkt ist der wettbewerbsintensivste Europas, entsprechend genau beobachtete der Mitbewerb die Entwicklungen rund um den Markenwechsel. Das Unternehmen hatte zudem durch den Eigentümerwechsel und die neue Geschäftsführung bereits zwei Changes erlebt. Die Unternehmenskultur veränderte sich dadurch. Auf Ebene der Führungskräfte herrschte außerdem Bewegung und Personalabgänge führten zum Verlust von Kernressourcen. Themen wie etwa mangelndes Vertrauen zwischen Mitarbeitern und neuer Führungsmannschaft, Angst um den eigenen Job und Unklarheit bezüglich der neuen Strategie führten zu Verunsicherung in der Organisation. Die intensive Zusammenarbeit mit der Konzernmutter Orange war ebenfalls mit neuen Abläufen verbunden.
Interne Kommunikation und Change Management / Markenwechsel ONE zu Orange
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Kommunikationsziel: zusammen sind wir mehr Zielsetzung war es, die Mitarbeiter Schritt für Schritt durch Information und vertrauensbildende Maßnahmen an die neue Marke heranzuführen. Für CEO Michael Krammer, der selbst über das gesamte Projekt hindurch aktiv in die interne Kommunikationsarbeit involviert war, war der Erfolg des Change Prozesses klar messbar: Der einzelne Mitarbeiter sollte sich als Botschafter der neuen Marke fühlen und überzeugter Orange-Mitarbeiter werden. Der Projektbereich „Interne Kommunikation und Change Management“ übernahm im Rahmen des gesamten Rebranding Programm-Managements die Aufgabe der umfassenden und laufenden Markenwechsel-Kommunikation an alle Mitarbeiter. Neue Kommunikationsformate ergänzten Bestehende. Über persönliche Dialogmaßnahmen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern sollte kontinuierlich eine gute Vertrauensbasis aufgebaut werden. Information, Interaktion und Involvement kennzeichneten alle Kommunikationsaktivitäten, die in enger Abstimmung mit der Externen Kommunikation geplant wurden. Als „goldene Regel“ galt, intern vor extern zu kommunizieren. Ganz nach dem Motto: „Mitarbeiter erfahren Neuigkeiten immer zuerst im Unternehmen, dann aus den Medien.“ Die Veränderungen und die damit verbundenen Ziele, Hintergründe und Motive zu den einzelnen Maßnahmen wurden den rund 800 Mitarbeitern auf inhaltlicher und emotionaler Ebene vermittelt. Emotionen wie Vorfreude, Euphorie und Neugierde wurden in der Kommunikation gleichermaßen berücksichtigt wie Spannungsfelder, Kritik und Verunsicherung im Unternehmen. Veränderungen bringen Unsicherheit und führen zu fehlender Orientierung. Zu Beginn des Markenwechsel-Prozesses stand daher die Frage: Was kann wieder Geborgenheit und Orientierung geben? Die Kommunikation mit den Mitarbeitern hatte dabei eine wichtige Bedeutung.
Ausgewählte Zielgruppen: jeder einzelne Mitarbeiter Der Markenwechsel sollte das Projekt aller Mitarbeiter sein. Es wurden daher alle aktiv tätigen und karenzierten Mitarbeiter des Unternehmens als Zielgruppe angesprochen und in die Maßnahmen involviert. Die Marke Orange und ihre Vision „Zusammen sind wir mehr“ wurden genauso wie die Markenwerte „geradlinig“, „freundlich“, „dynamisch“, „erfrischend“, „ehrlich“ bei den Maßnahmen mittransportiert.
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Taktische Planung: Marke Orange auf Wissens- und Emotionsebene positionieren Ein Markenwechsel funktioniert nicht von heute auf morgen, sondern braucht Planung und Zeit – vor allem, um die Akzeptanz der Mitarbeiter für die Veränderung herbeizuführen. Eine Veränderung wie ein Markenwechsel geht quer durch das ganze Unternehmen, bedeutet nicht nur ein neues Logo, ein geändertes Corporate Design und eine neue Werbelinie, sondern wirkt sich auf die gesamte Unternehmenskultur aus. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es notwendig, die Mitarbeiter bereits ein Jahr vor dem tatsächlichen Markenwechsel in den Change Prozess einzubinden. Es wurde ein zeitlich wie inhaltlich mit der externen Kommunikation und dem Marketing abgestimmter Mix an internen Kommunikationsmaßnahmen umgesetzt, um die Marke innerhalb des Unternehmens auf der Wissens- und Emotionsebene zu positionieren. Die aktive Einbeziehung der Mitarbeiter aller Unternehmensbereiche und die Sicherung von Feedback- und Interaktionskanälen waren zentrale Elemente während des gesamten Projektverlaufs.
Maßnahmen/Instrumente Im Rahmen des Projektes wurde auf persönliche Kommunikation via Multiplikatoren (z. B. Management, Führungskräfte, Brand Ambassadors) gesetzt. Parallel wurden die etablierten internen Kommunikations- sowie neue Formate genutzt, um insgesamt die Identifikation der Mitarbeiter mit Orange zu intensivieren und das Involvement der Mitarbeiter am Prozess des Markenwechsels zu erhöhen. Zum Einsatz kamen: • • • • • • • • •
Intranet Informationsveranstaltungen Mitarbeitermagazin Internal Newsletter Management Board Mails Feedback Box Info-Clips via Intranet Blog exklusive Mitarbeiter-Give-Aways.
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Umsetzung in fünf internen Phasen Das Rebranding folgte im Zeitraum von Jänner bis Dezember 2008 dramaturgisch fünf internen Phasen. Für jede Phase wurden eigene Aktivitäten innerhalb des Projekts entwickelt, um den Dialog und die zielgerichtete Information an die Mitarbeiter sukzessive zu verstärken.
Jänner-Mai 2008 / Start-Phase Die regelmäßigen Informationen zum Markenwechsel via Intranet starteten mit Jänner 2008, ein Zeitpunkt, zu dem der exakte Termin des Change noch nicht feststand. Das Rebranding Core Team wurde in der Frühjahrsausgabe des Mitarbeitermagazins ONE LIFE! vorgestellt und die Informationen zu Orange im Intranet sowie bei den Mitarbeiter-Infoveranstaltungen im Headquarter (HQ) verdichtet. Wichtig in dieser Phase war, dass nicht zuviel Information über die neue Marke verbreitet wurde. Es sollte lediglich das Interesse an der neuen Marke geweckt und Spannung erzeugt werden. Die Mitarbeiter sollten „Lust auf mehr“ bekommen, selbst beginnen, erste Recherchen zu tätigen.
Cover des Mitarbeiter Magazins ONE Life!
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Juni-August 2008 / Endorsement-Phase Mit Start der Endorsementphase fand Orange erstmals Eingang in die externe Kommunikation. Über alle Kanäle wurde ab diesem Zeitpunkt transportiert, dass ONE Mitglied der Orange-Familie ist. Intern stieg die Informationsdichte. Bei einer internen Infoveranstaltung präsentierte ein Brand Manager von Orange International auf sehr eindrucksvolle Art und Weise die Welt von Orange. Um die emotionale Ebene anzusprechen, erhielten die Mitarbeiter das erste von vielen Give-Aways: ein schwarzes T-Shirt mit Ärmelaufdruck „Servus ONE“ bzw. „Hallo Orange“.
Logo in der Endorsementphase
T-Shirt „Servus ONE“/„Hallo Orange“
Cultural Dialogues Ab Juli ermöglichten ganztägige Kulturdialoge unter dem Motto „Gemeinsam in die Orange Zukunft“ den persönlichen Austausch von Mitarbeitern mit der Geschäftsführung. Die Anmeldung erfolgte auf freiwilliger Basis. Moderiert von externen Beratern wurde damit ein Format geschaffen, in dem auch unangenehme Themen Platz fanden. Insgesamt wurden im Rebranding-Jahr vier „Cultural Dia-
Interne Kommunikation und Change Management / Markenwechsel ONE zu Orange
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logues“ durchgeführt. Rund 130 Mitarbeiter nahmen die Möglichkeit der Diskussion mit der Geschäftsführung in Anspruch und trugen ihre Erfahrungen in ihre Unternehmensbereiche. Die Veranstaltungen trugen maßgeblich zum besseren Verständnis zwischen den Mitarbeitern und dem neuen Führungsteam bei und förderten die Basis für ein vertrauensvolles Miteinander.
Brand Ambassadors Parallel startete die Initiative der „Brand Ambassadors“. Ein bis zwei Mitarbeiter aus jedem Unternehmensbereich kamen regelmäßig unter der Moderation der Projektverantwortlichen von Interne Kommunikation & Change Management zusammen, um Stimmungen im Unternehmen zu besprechen und an RebrandingTeilprojekten zu arbeiten. Die Brand Ambassadors wurden den Kollegen via Intranet vorgestellt und waren an Aufklebern an den Büroglastüren und an orangenen Hockern zu erkennen. Im ersten Schritt erhielten Brand Ambassadors eine sogenannte „Brand Induction“ durch Orange International. Aufgabe der neuen Orange-Experten, war es, als Multiplikatoren zu wirken und ihre Expertise an die Kolleginnen und Kollegen weiter zu geben. Weiters wirkten die Brand Ambassadors aktiv am audiovisuellen Format „Info Clips“ mit, gestalteten das Unternehmensmuseum „Der Ursprung“ und das Abschiedsevent für die Marke ONE, das „ONE Farewell“. Ab der Endorsementphase erhielten vor allem die kundenorientierten Abteilungen im Unternehmen eigens abgestimmte Schulungen und Trainings zu den neuen Services und Produkten.
September / Prelaunch-Phase Mit dem Prelaunch begann die „heiße Phase“ im Unternehmen. Die Spannung stieg und damit auch das Arbeitspensum. Immer mehr Mitarbeiter waren in die einzelnen Projekte involviert. Am Morgen des 1. Septembers 2008 erwartete jeden Mitarbeiter auf seinem Arbeitsplatz ein Orange Booklet, das in einem eigens produzierten Häferl mit orangenem Schriftzug „heiß“ steckte und die relevanten Informationen rund um die Marke zusammenfasste. Am selben Tag fand ein Mitarbeiterinfoevent im HQ statt, in dem die Prelaunch-Kampagne und – intern erstmals – der Launchtermin kommuniziert wurde. In der Unternehmenslounge gab es Plakate zur persönlichen Gestaltung der Büros. Die Posterserie umfasste Bilderwelten zu den fünf Orange-Markenwerten. Schön langsam wurde Orange Wirklichkeit.
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Mit dem Start der Prelaunch-Phase begann auch die wöchentliche Ausstrahlung der Info-Clips: Gleichermaßen unterhaltsam wie informativ wurden wöchentlich in Fünf-Minuten-Filmen Inhalte zur neuen Marke via Intranet vermittelt. Management und Brand Ambassadors waren die Protagonisten. Der für das Rebranding kreierte Blog bot Mitarbeitern außerdem eine Plattform zum Meinungsaustausch. Die externe Welt wurde zielgruppengerecht informiert, dass ONE in Kürze Orange werde. Die Werbekampagne mit dem Slogan „ONE wird mehr, ONE wird
Zwei von insgesamt sechs Postern
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Orange“ startete. Im Rahmen einer Pressereise in das Orange/France TelecomHeadquarter nach Paris wurde den Medien nicht nur die Konzernmutter vorgestellt, sondern das bis dahin bestgehütete Geheimnis, das Launch-Datum, gelüftet. Ab diesem Zeitpunkt war bekannt: Ab 22. 9. 2008 ist die Zukunft Orange.
Der Abschied von ONE Ein besonders wichtiger und sehr emotionaler Schritt war der Abschied von der alten Marke. Neues kann nur akzeptiert werden, wenn Altes gebührend verabschiedet wird. ONE war eine starke Marke, die das Unternehmen und seine Mitarbeiter zehn Jahre geprägt und begleitet hatte. Noch einmal sollte der alten Marke Zeit gewidmet und Wertschätzung gezollt werden. Im Eingangsbereich wurde das von den Brand Ambassadors gestaltete ONE-Museum „Der Ursprung“ errichtet. Die Geschichte des Unternehmens wurde in Form von Collagen, gesammelten Streuartikeln, alten Handys, Visitenkarten etc. dargestellt. Anfang September fand das ONE Farewell statt, das ausschließlich von Mitarbeitern organisierte und getragene Abschiedsfest für die alte Marke. Ein Zusammenschnitt aus Werbespots und Mitarbeiterfesten der vergangenen zehn Jahre, kabarettistisch vorgetragene Anekdoten von „zehnjährigen“ Mitarbeitern und die Eröffnung des Unternehmensmuseums waren drei Highlights. Den Schluss bildete das symbolische Loslassen von ONE: Im Garten ließen die Mitarbeiter blaue und weiße Luftballons in den Himmel steigen. Die Infoweitergabe via Brand Ambassadors und über Interne Kommunikationskanäle wie Intranet (z. B. Startseiten, Info-Clips, Blogs, u. a.), Newsletter und Management Board Mails sowie die Kommunikation über die Führungskräfte wurde in den Wochen vor dem Markenwechsel intensiviert.
ONE Museum „Der Ursprung“
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Kurz vor dem Markenwechsel erhielt jeder Mitarbeiter einen süßen Energieschub in Form einer im Orange Corporate Design gebrandeten Zotter Schokolade samt Grußbotschaft des Managements in der Banderole.
22. September 2008 / Der „O-Day“ Der eigentliche Markenwechsel erfolgte über das Wochenende vom 19./20. und 21. September 2008. Während am Freitag, dem 19. September die neue Marke im Rahmen eines fulminanten Events in einem Zelt vor dem Wiener Riesenrad von 1.000 Gästen begrüßt wurde, arbeiteten viele Mitarbeiter im Hintergrund, damit am Montag, den 22. September die rund 90 Shops auch tatsächlich im Orange Design erstrahlten oder www.orange.at störungsfrei online gehen konnte. Am O-Day selbst war der Großteil der Arbeit getan. Als kleines Dankeschön für diesen Einsatz erhielt jeder Mitarbeiter ein neues Mitarbeiter-Handy. Am 22. September 2008 selbst wurden die Mitarbeiter mit orangen Gerbera beim Eingang des HQ begrüßt und fanden ein Welcome-Package mit den Orange Merchandise Artikeln auf ihren Schreibtischen. An der Vorderfront des HQ wurde zudem eine überdimensionale Netzvinylplane angebracht. Sie enthielt personalisierte „Ich bin …-Botschaften“ von Mitarbeitern über Mitarbeiter, die vom Textaufbau in Anlehnung an die Externe Kommunikation formuliert waren.
Am Morgen des „O-Day“ wurden die Mitarbeiter mit orangen Gerberas begrüßt
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Netzvinylplane mit „Ich bin …“-Botschaften am Orange-Firmengebäude
23. September-Dezember / Postlaunch Phase Ausgiebig gefeiert wurde der erfolgreiche Markenwechsel im Zuge der Orange Night, dem Mitarbeiterevent, bei dem die Teilnahme der Mitarbeiter aus ganz Österreich via Bus- und Flug-Transfer organisiert wurde. In der Vorweihnachtszeit bot außerdem der „Family & Friends Day“ Mitarbeitern die Möglichkeit, bei abwechslungsreichem Rahmenprogramm Familienmitgliedern und Freunden das Orange Headquarter vorzustellen.
Orange Night im Wiener Arsenal
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Neues, preisgekröntes Mitarbeitermagazin „fresh“
Erfolgreicher Beitrag zum Gesamtprojekt Das Projekt „Interne Kommunikation & Change Management“ hat einen erfolgreichen Beitrag zum Gesamtprojekt Rebranding geleistet: Die Rolle des Mitarbeiters als entscheidender Teil des Ganzen konnte im Zuge der Aktivitäten authentisch transportiert werden und die Vision „Zusammen sind wir mehr“ einen praktischen Bezug erfahren. Die aktive Einbindung der Mitarbeiter und die konsequente Informationsweitergabe an Mitarbeiter vor externen Zielgruppen waren wesentlich für den Erfolg des gesamten Markenwechsels. Der Projektbereich umfasste neben dem Relaunch bestehender Infokanäle (z. B. Neukonzeption des Mitarbeitermagazins) auch die Aufbereitung von Informationen, die Mitarbeiter nach außen weitergeben konnten (z. B. Informationen zur neuen E-Mailadresse, Signatur u. a.). Die entscheidenden Informationen zum Rebranding, das genaue Timing, TarifOffer, Kampagnengestaltung u. a., erfuhren die Mitarbeiter via Management Board Mails und Infoveranstaltungen immer vor externen Dialoggruppen, wie z. B. Presse, Lieferanten oder Kunden.
Was geht uns die Marke Maico an? Martina de Rosi
Zusammenfassung „Das Vermögen unseres Unternehmens ist das, was unsere Mitarbeiter vermögen!“, davon ist man beim mittelständischen Betrieb aus Südtirol fest überzeugt. Will Maico also eine Marke aufbauen, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringt, können nur die Mitarbeiter als begeisterte Markenbotschafter die treibende Kraft sein. Entdecken Sie auf den folgenden Seiten, welche Voraussetzungen und Maßnahmen Maico geschaffen hat, um seine Mitarbeiter mit auf die Reise zur konsequenten und wertsteigernden Unternehmensidentität zu nehmen.
Informationen zum Projekt 2. Platz in der Kategorie Internal Branding Unternehmen: Maico GmbH mit alleinigem Gesellschafter Handwerkerzone 15 I-39015 St. Leonhard www.maico.com
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechpersonen: Martina De Rosi, Leitung Service Center Kommunikation
Andreas March, Projektleiter Service Center Kommunikation
Ausgangslage: Wie alles anfing Wir schreiben das Jahr 1981, als Siegfried Zwick in Italien die erste ausländische Handelsniederlassung der österreichischen Unternehmensgruppe Mayer & Co (Maco) gründet. Maco ist spezialisiert auf die Produktion von Beschlagsmechanismen für Fenster, Türen und Fensterläden. Zwicks Vision ist es, den Fenstermarkt in Italien von Drehfenstern auf Dreh-Kipp-Fenster umzustellen. Der Markenname Maco ist in Italien schon registriert, darum wird kurzerhand ein i für Italien in den Namen eingefügt und Maico ist geboren. Heute ist Maico ein Großhandelsunternehmen mit knapp. 180 Mitarbeitern, ist in seinem Bereich Marktführer in Italien und bedient zusätzlich die Märkte Spanien, Griechenland, Portugal und teilweise Österreich mit Produkten, Systemen und Dienstleistungen rund um Fenster, Türen und Fensterläden. Der Jahresumsatz beläuft sich auf rund 70 Millionen Euro.
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Vom Start-up in der Scheune zum modernen Mittelständler
Was steckt hinter diesem Erfolg? Von Anfang an hält Zwick an dem Glauben fest, dass er ein Unternehmen von Menschen für Menschen schaffen will, dass er Mitarbeiter finden muss, die mit ihm gemeinsam auf ein Ziel hin arbeiten. „Ich muss Leute finden, die besser sind als ich selbst und über sich und über mich hinaus wachsen wollen!“, ist seine Überzeugung bei der Personalsuche. Schon früh holt er sich Berater ins Haus, mit denen er Strategien und ein Leitbild ausarbeitet, die den Weg nach oben ebnen sollen. Die Rechnung geht auf.
Siegried Zwick, der visionäre und charismatische Gründer
2006 feiert Maico sein 25-jähriges Jubiläum. Die Jahre zuvor ist das Unternehmen sowohl an Mitarbeitern als auch an Umsatz stark gewachsen. Das Jubiläum wird zum Anlass genommen, im Führungskreis die Unternehmensstrategie zu überarbeiten und auf Bewährtes und Veraltetes abzuklopfen. Fragen nach den Kernkompetenzen des Unternehmens und anderen strategischen Bereichen stärken das Bewusstsein für Wettbewerbsvorteile und Differenzierungspotenziale gegenüber der Konkurrenz.
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Das Unternehmensleitbild als strategisches Gerüst für die Markenentwicklung
Die Kernkompetenzen sind die Basis für aktuelle und zukünftige Wettbewerbsvorteile. Sie werden durch das Verhalten der Mitarbeiter geprägt
Dabei kristallisieren sich immer klarer die Kernkompetenzen des Unternehmens heraus: Unternehmenskultur, Geschäftsmodell, Technologiekompetenz, Vernetzungskompetenz, Problemlösungskompetenz und die Fähigkeit, Dinge umzusetzen. Letztendlich läuft auch hier wieder alles auf den Erfolgsfaktor Mensch hinaus. Eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern erarbeitet ein aktualisiertes Leitbild, das von der Vision bis zu den Werten und Einstellungen der Mitarbeiter alle Stufen beinhaltet. Dieses Leitbild wird allen Mitarbeitern zu verschiedenen Anlässen präsentiert und im Unternehmen an unterschiedlichen Stellen visualisiert. Auf Grund des starken Wachstums wird es allerdings zunehmend schwieriger, alle Mitarbeiter zu
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erreichen und sicher zu stellen, dass sie sich mit dem gewünschten Unternehmensbild identifizieren und sich für dieselben Ziele begeistern. Daher bekommt das Service Center Kommunikation im Jahr 2008 folgende Aufgabenstellung übertragen: Wie können wir erreichen, dass mehr als 170 Mitarbeiter, von denen 60 im Außendienst in ganz Italien verteilt sind, spüren, dass sie Teil eines gemeinsamen Unternehmens sind, das nur durch den positiven Beitrag jedes einzelnen in seinem Aktionsbereich zu einem einheitlichen Bild werden kann, mit dem sich alle identifizieren können? Der Auftrag sieht Ideenentwicklungen zur Vermittlung der Inhalte aus dem Leitbild und die Sensibilisierung der Mitarbeiter auf ihre Rolle für und ihren Einfluss auf die Marke Maico vor.
Kommunikationsziel: Zusammengehörigkeitsgefühl und Beitrag zum Markenwert durch den einzelnen Mitarbeiter Das Bild, das ein Unternehmen in der Öffentlichkeit hinterlässt, wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Ein sauberes Corporate Design und klare Regeln für die Unternehmenskommunikation sind ein Teil der Unternehmensidentität und für einen modernen, erfolgreichen Betrieb eigentlich Hygienefaktor. Weitaus mehr ins Gewicht fällt aber bei einem Handelsbetrieb, in dem die Beziehung zu Kunden und Partnern großgeschrieben wird, der Teil der Unternehmensidentität, die durch das Auftreten und Handeln der Mitarbeiter erzeugt wird. Damit die Mitarbeiter aber wissen, welches Auftreten und welches Verhalten im Sinne des Unternehmens sind, brauchen sie ein überzeugendes Leitbild. Klarerweise müssen sie dieses Leitbild kennen und verstehen, um es auch leben zu können. Und es hilft ungemein, wenn jene Menschen, die gemeinsam ein stimmiges Bild erzeugen sollen, sich untereinander kennen und fühlen, dass sie eine gemeinsame Mission haben, die auf geteilte Werte aufbaut. Unkonventionell und spannend wollen wir die Inhalte vermitteln und das Leitbild mit den verschiedenen Persönlichkeiten im Unternehmen zusammenführen. Wir wollen erreichen, dass sich die Mitarbeiter über ihre eigenen Abteilungen und Prozesse hinaus kennen lernen, vernetzen und austauschen. Unser Ansatz für diese erste Zielsetzung ist spielerisch. In einem zweiten Schritt wollen wir dann das Bewusstsein dafür schärfen, dass der Beitrag jedes einzelnen im Rahmen seines alltäglichen Wirkungskreises wichtig für den Erfolg der Marke Maico ist. Dafür entwickeln wir Instrumente und Orientierungsmittel, die innerhalb einer Abteilung oder eines Prozesses vertieft und reflektiert werden. Wir arbeiten also mit einem zweistufigen Projekt, bei dem in der ersten Phase Zusammengehörigkeit und verbindende Elemente durch das Erwecken des Spieltriebes aktiviert werden sollen. In der zweiten Phase hingegen geht es um Arbeiten in kleinen Gruppen. Zielgruppe dieser Aktionen sind alle Mitarbeiter von Maico. Die Nachricht, die bei den Mitarbeitern ankommen soll, ist, dass sie das Kapital
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Die drei Säulen für die Persönlichkeit der Marke
des Unternehmens sind und nur sie die Macht und die Kraft haben, eine starke Markenpersönlichkeit zu konstruieren. Die Markenpersönlichkeit ist die Summe der Persönlichkeiten aller Mitarbeiter.
Taktische Planung: „Sammelwahn und Workshop-Fieber“ Womit lässt sich bei den meisten Menschen der Spieltrieb wecken? Einfache Antwort: Wenn es etwas zu gewinnen gibt. Sind die Preise, die in Aussicht gestellt werden, auch noch attraktiv und realistisch erreichbar, macht das Ganze noch mehr Spaß. Darauf haben wir gebaut, als wir den Prämienwettbewerb für die erste Stufe unseres Projektes konzipiert haben. Kennen Sie aus Ihrer Jugend die Sammelalben von Panini, bei denen es darum geht, Bildchen von Fußballstars oder Cartoonfiguren zu sammeln und eine Mannschaft oder einen Comic zu vervollständigen? Genau von diesem Prinzip haben wir uns inspirieren lassen und ein Maico-Sammelalbum erfunden. Im Juli 2008 haben alle Mitarbeiter per Post eine Sendung mit einem Album bekommen, in dem mehr als 180 freie Platzhalter zu finden waren. Über einen Zeitraum von
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Ein halbes Jahr lang waren die Sammelalben ständige Begleiter aller Mitarbeiter
ca. sechs Monaten haben sie dann alle zwei Wochen eine neue Postsendung bekommen mit einem Päckchen bunt gemischter Aufkleber. Auf diesen Aufklebern fanden sie die Fotos aller Mitarbeiter und auf Spezialkärtchen waren die Inhalte des Leitbildes abgebildet. Um das Album zu füllen und zu vervollständigen, ging es nun darum, jene Aufkleber, die neu waren, an ihren richtigen Platz im Album zu kleben. Jene Aufkleber, die doppelt oder dreifach vorhanden waren, konnten sie mit anderen Kollegen tauschen um dafür Bildchen zu erhalten, die in der eigenen Sammlung noch fehlten. Die Dynamik, die sich durch dieses Spiel entwickelt hat, hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen. Mitarbeiter aus der Logistik zirkulierten plötzlich im Verwaltungsgebäude und tauschten Aufkleber mit dem Verkaufschef. Einige Außendienstmitarbeiter, schickten Tauschangebote via Mail, es wurden „komplexe“ Dreieckstauschsysteme ausgetüftelt und Tauschbörsen eingerichtet. Kurz vor Weihnachten ist die letzte Postsendung rausgegangen und zu unserem Erstaunen haben wir damit das Unternehmen für ein paar Stunden lahm gelegt, weil alle diese letzte Chance nutzen wollten, um ihr Album fertig zu stellen und sich einen der vielen Preise zu sichern. Positiv eingestimmt durch den Wettbewerb und mit frischer Erinnerung an die Inhalte des Sammelalbums haben wir dann im ersten Halbjahr 2009 den etwas „ernsteren“ Teil des Projektes gestartet. In allen Prozessen und Abteilungen haben wir Workshops organisiert, in denen sich die Mitarbeiter überlegen sollten, welche Möglichkeiten sie in ihrer täglichen Arbeit haben, ihren Beitrag zur konsequenten Umsetzung unseres Leitbildes zu leisten und welchen Wert das für unser Markenbild nach außen hat. Die Workshops waren in zwei Teile aufgeteilt. Zuerst haben die jeweiligen Führungskräfte mit Unterstützung des Service Center Kommunikation eine Einführung zum Thema Marke gehalten, um den Mitarbeitern dabei zu helfen,
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Erinnerungen an die Kindheit: Sammel- und Tauschfieber quer durch alle Abteilungen
in der Theorie zu verstehen, dass Marke nicht nur ein Thema für die Werbeabteilung ist und nicht mit einem Logo oder einem Werbespot gleich zu setzen ist, sondern, dass eben ganz viel Mensch in der Marke steckt: Stichwort Corporate Behaviour. Als Grundlage und Orientierungshilfe bekamen alle Mitarbeiter ein „Markenhandbuch“, in dem die Inhalte des Leitbildes nochmals aufgeschlüsselt nach den Kernkompetenzen des Unternehmens mit konkreten Fallbeispielen erklärt werden.
Das Markenhandbuch als Orientierung für die Mitarbeiter
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Ergebnisse aus den Workshops waren Maßnahmen und Aktivitätenlisten zu Punkten, die laut Einschätzung der Arbeitsgruppen Verbesserungspotenzial haben. Verantwortlich für die Überprüfung der Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen ist die jeweilige Führungskraft.
Markenworkshops im Firmensitz …
… und mit dem Außendienst in den Märkten
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Umsetzung und Evaluation Wollen wir untersuchen, welche Hindernisse und Herausforderungen uns auf dem Umsetzungsweg in unserem Projekt begegnet sind, macht es wiederum Sinn, die beiden Projektphasen gesondert zu betrachten. In der ersten Phase waren die Herausforderungen eher organisatorisch-logistischer Natur. Wie können wir aktuelle Fotos von allen Mitarbeitern organisieren, wie können wir sicherstellen, dass alle Mitarbeiter mehr oder weniger zeitgleich ihre Postsendungen mit den Aufklebern bekommen? Wie können wir garantieren, dass die Außendienstmitarbeiter, die nicht täglich vor Ort im Firmensitz sind, bei dem Spiel nicht benachteiligt sind und dadurch die Lust verlieren? Die Frage zu den Fotos konnte durch mehrere Fotoshootings im Rahmen von Außendienst-Meetings gelöst werden. Um „Ungerechtigkeiten“ bei der Verteilung der Tauschkärtchen zu vermeiden, haben wir uns entschlossen, allen Mitarbeitern das Material per Post nach Hause zu schicken. So wurde gewährleistet, dass alle zumindest dieselbe Chance hatten, ihre Aufkleber rechtzeitig zu erhalten. Der Enthusiasmus und die Dynamik, die diese Aktion ausgelöst hat, haben uns positiv überrascht. Die Bedenken, dass Außendienstmitarbeiter die Lust am Sammeln verlieren könnten, weil sie weniger in den Betriebsalltag involviert sind, hat sich als unbegründet erwiesen. Die Zielsetzung, dass Mitarbeiter, die in ihrer täglichen Arbeit nicht häufig aufeinander treffen, sich kennen lernen und einen guten Grund haben, sich miteinander zu beschäftigen ist eindeutig erreicht worden. Auch eine positive Grundhaltung gegenüber dem Leitbild und seinen Inhalten konnten wir durch das Spiel erzeugen. Die genaueren Inhalte und die Bedeutung des Leitbildes für jeden Einzelnen wurden in der zweiten Projektphase in Workshops vertieft.
Konkretisierung beim Markenworkshop: „Welchen Beitrag zur Marke kann ich durch mein Verhalten leisten?“
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Die Herausforderungen für die Workshops waren eher in der inhaltlichen Ebene zu finden. Wie schaffen wir es, zum Thema Leitbild und Marke für unsere Mitarbeiter, die teilweise unterschiedliche Sprachen sprechen (Deutsch und Italienisch hauptsächlich) und ganz unterschiedliche Wirkungskreise haben (Außendienst mit Vertriebsaufgaben, Lagerarbeit, Verwaltungsaufgaben), Workshops zu gestalten, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind? Um das zu gewährleisten, wurde viel Zeit und Energie in die Vorbereitung der Workshops gesteckt. Zunächst haben wir definiert, dass die Termine in kleinen Gruppen von maximal 15– 20 Personen abgehalten werden sollen. Die Gruppen wurden innerhalb von Prozessen und Abteilungen gebildet. In der Vorbereitungsphase haben sich die Kom-
„Internal Guerilla Marketing“: Mitarbeiter, Kunden und andere Besucher werden bei Maico auf Schritt und Tritt mit Inhalten aus dem Leitbild konfrontiert…
… das Markenversprechen beim Kaffee-Trinken …
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munikation und die jeweilige Führungskraft der Arbeitsgruppe Gedanken dazu gemacht, wie die Workshops inhaltlich gestaltet werden können. Was können wir voraussetzen, welche Problematiken und Bedürfnisse hat gerade diese Arbeitsgruppe? So sind individuell zugeschnittene Workshops entstanden, die über einen Zeitraum von ca. einem halben Jahr abgehalten wurden. Zum Teil haben die Meetings im Firmensitz in St. Leonhard stattgefunden, zum Teil wurden sie dezentral in den Heimatmärkten der Außendienstler organisiert. Die Moderation und das Leiten der Gruppenarbeiten haben sich als sehr delikate Aufgabe erwiesen. So wurden z. B. bei einigen Treffen Diskussionen zu Grundwerten und Grundeinstellungen losgetreten, die weit über die eigentliche Zielsetzung der Sensibilisierung auf das Thema Marke hinausliefen.
… die „Spielregeln“ im Lager …
… vertiefende Erläuterungen zu den Marken-Themen durch einen Mitarbeiter-Newsletter
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Insgesamt ist man bei Maico mit den Ergebnissen aus den Workshops sehr zufrieden. Das spontane Feedback, das bei den Mitarbeitern nach den Workshops eingeholt wurde, zeigt, dass die behandelten Themen als wichtig empfunden werden und es von Mitarbeitern aller Qualifikationsstufen willkommen geheißen wird, ab und zu aus dem Alltagsgeschäft auszusteigen und auch Themen wie Werte, Einstellungen, Verhalten und Marke mit etwas Distanz zu betrachten. In unserer jährlichen Mitarbeiterumfrage, fragen wir auch Einschätzungen zum Leitbild ab. Die Ergebnisse aus der diesjährigen Befragung werden zeigen, ob sich durch unsere Aktionen am Bekanntheitsgrad des Leitbildes etwas geändert hat. Die Ergebnisse aus der Mitarbeiterbefragung schlagen sich mit einigen Kennzahlen auch in unserer Balanced Scorecard nieder. Dadurch bekommt das Thema ein strategisches Gewicht. Die Umsetzung der Maßnahmen und Aktivitäten, die aus den Workshops entstanden sind, laufen zum Teil noch. Sobald sie abgeschlossen sind, wird messbar, welche Ergebnisse in den einzelnen Bereichen erreicht wurden.
Wertschöpfung: Und was hat es gebracht? Zusammenfassend können wir festhalten, dass wir folgende Ziele verfolgt haben: • Kennenlernen der Mitarbeiter über die Prozesse hinaus und das Schaffen von Zusammengehörigkeitsgefühl. • Bekanntheit der Inhalte des Leitbildes steigern und das Bewusstsein für gemeinsame Werte und Ziele schaffen. • Sensibilisierung der Mitarbeiter auf das Thema Marke und welche Rolle jeder einzelne von ihnen für ein starkes Bild nach außen spielt. • In allen drei Punkten haben wir mit unseren Aktionen Akzente setzen können. Vor allem bei unseren Außendienstkollegen, die am entferntesten von unserer Organisation agieren und bei neuen Mitarbeitern konnten wir große AhaEffekte feststellen. Das Bewusstsein, dass sie durch ihr Verhalten und ihr Auftreten an einem strategisch wichtigen Erfolgsfaktor für das Unternehmen mitwirken können und uns so auch in Zukunft eine starke Position gegenüber unserem Wettbewerb sichern können, erzeugt ein gewisses Maß an Stolz. Ziel ist es, auch in schwierigen Zeiten bei den unvermeidlichen Preiskämpfen ein gewichtiges Zusatzargument zu haben und unsere Marktführerschaft mit einem Preispremium von ca. 15 Prozent halten zu können. • Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, da unsere Märkte sehr stark umkämpft sind und unsere Produkte zum Teil austauschbar sind. Um unsere Position halten zu können, müssen wir uns ständig weiterentwickeln. Wir werden in Zukunft noch verstärkt darauf achten müssen, dass wir es bei Veränderungen, Wachstum und neuen Marktsituationen schaffen, unsere Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen. Daher werden wir weiterhin auf interne Markenbildung als strategischen Erfolgsfaktor setzen. Aktionen, die auf Überraschungseffekte, Spieltrieb und Wettkampfgeist aufbauen, haben sich in unseren Augen sehr gut bewährt.
Die „Vodafone Academy 2009“ Andreas Lippe, Christian Geissler
Zusammenfassung Im Sommer 2009 führte die Commax Brand Relationship GmbH im Auftrag der Vodafone D2 GmbH die „Vodafone Academy 2009“ durch. Dieser Beitrag beschreibt das Projekt in seinen verschiedenen Facetten, gibt Einblicke in den Entstehungsprozess, die logistischen Herausforderungen und die inhaltliche Gestaltung. Die Kommunikationsziele und das didaktische Vorgehen werden besonders beleuchtet. Das Commax-Team initiiert deutschlandweit die Einführung der neuen Unternehmenswerte sowie der neuen Markenwerte mit einem neuen Kundenversprechen und begleitet den Start der neuen Kampagne mit 35 Trainern. In drei Monaten werden mit fünf Trucks an 25 Standorten 13.000 Mitarbeiter erreicht, 400 Academies durchgeführt und 30 Großveranstaltungen umgesetzt. Die neue Kampagne „Es ist Deine Zeit“, die neue Unternehmenskultur und die neuen Markenwerte werden von allen Vodafone-Mitarbeitern erlebt.
Informationen zum Projekt 3. Platz in der Kategorie Internal Branding Unternehmen: Vodafone D2 GmbH Deutschland HR Development und Marketing Brand Strategy and Manifestation Vodafone D2 GmbH Am Seestern 1 D-40547 Düsseldorf www.vodafone.de
Dienstleister: Commax Brand Relationship Christian Geissler, Andreas Lippe Südliche Münchner Straße 10a D-82031 Grünwald/München www.commax-brand.de
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechpersonen: Andreas Lippe, Projektleiter und Consultant, Commax Brand Relationship
Christian Geissler, Gründer und Vorstand, Commax Brand Relationship
Kurzbeschreibung Vodafone D2 GmbH Deutschland Vodafone Deutschland besteht aus den beiden Unternehmen Vodafone D2 GmbH und Vodafone AG & Co. KG (vormals Arcor), die den ersten voll integrierten Kommunikationskonzern Deutschlands bilden. Der Verbund bietet Privat- und Geschäftskunden Produkte und Dienstleistungen aus den Bereichen Mobilfunk, Festnetz, Datendienste und Breitband-Internet aus einer Hand an. Vodafone Deutschland hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf und beschäftigt rund 13.000 Mitarbeiter an insgesamt neun Standorten. Der Verbund ist Teil der Vodafone-Group, dem größten Mobilfunkkonzern der Welt. Kurzbeschreibung Commax Brand Relationship Als „the people specialists“ haben wir ein neues Veranstaltungsformat für den internen Transport von Marken- und Unternehmenswerten entwickelt: Die „Brand Academy“ als passenden Schlüssel für die ganzheitliche Entwicklung von Mitarbeitern zu wirkungsvollen Botschaftern eines Unternehmens. Eine wirklich „starke Marke“ hat einen eigenen Charakter und eine „Story“, die sie einzigartig macht. Sie hat vor allem begeisterte und überzeugte Mitarbeiter, die als Botschafter der Marke aktiv sind. Genau das ist unser Fokus: Alles was wir tun, ist auf nachhaltige, individuelle Markenerlebnisse ausgerichtet.
Die „Vodafone Academy 2009“
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Die Herausforderung Vodafone Deutschland hat den Markenauftritt revitalisiert und ein neues Markenversprechen sowie einen neuen Marken-Claim eingeführt. Zeitgleich wurden im Rahmen eines internen Wertefindungsprozesses neue Unternehmenswerte festgelegt. Parallel hat die Vodafone-Group international länderübergreifend neue Markeneigenschaften (The Vodafone Way) festgelegt. Es galt nationale mit internationalen Interessen zu verbinden und unternehmensintern die Anliegen von zwei Bereichen, dem Marketing und dem Personalbereich zu vereinen. Auftraggeber für die Vodafone Academy war die Personalentwicklung. Ein großer Teil der Herausforderung ergab sich aus dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen Arcor und Vodafone. Dieser Change-Prozess lief zeitgleich im Hintergrund, für die die Unternehmensorganisation betreffenden Abläufe, und sichtbar für alle Mitarbeiter, als Inhalt der Academy. Damit war die Academy auch der
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Abschluss eines längeren Prozesses bzw. der offizielle Startschuss für etwas großes Neues. Für die Arcor-Mitarbeiter hieß es Abschiednehmen von der eigenen Marke. Die gewählte Veranstaltungsform war zusätzlich für alle Beteiligten eine unbekannte Form und neue Herausforderung. Weder in den beteiligten Abteilungen noch bei den Mitarbeitern gab es Erfahrungen mit einer unternehmensweiten Kampagne dieser Größenordnung.
Die Aufgabe Vodafone wird eine „Brand driven“ und „Value based“ Company! Alle VodafoneMitarbeiter kennen die neuen Unternehmenswerte, die Markeneigenschaften, das neue Markenversprechen und den Claim. Sie sind emotionalisiert. Alle Vodafone-Mitarbeiter sollten in einem möglichst kurzen Zeitraum erreicht werden. Typische Marketingthemen wurden mit typischen Kulturthemen vermischt. Diese Themenblöcke wurden emotional aufbereitet. Es sollte ein modularer Prozess, bestehend aus der unmittelbaren Kommunikationsmaßnahme, flankierenden Elementen und vertiefenden Workshop-/Schulungsmaßnahmen über die eigentliche Academy hinaus geschaffen werden. Das heißt, dass wir die höchstmögliche Komprimierung der inhaltlichen Vorgaben zu einer vierstündigen „Brand Academy“ durchführen mussten. Aus den Vorgaben musste entsprechend des „Brand Academy“-Ansatzes ein Spannungsbogen und ein schlüssiges Konzept mit der richtigen Mischung aus kognitiven, praktischen und emotionalen Anteilen erarbeitet werden. Definiertes Ziel: Nach sechs Monaten können 90 Prozent der Mitarbeiter die Markenwerte und das Markenversprechen wiedergeben. Eine gewaltige Herausforderung.
Die „Vodafone Academy 2009“
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Das Kommunikationsziel Die Schlüsselbotschaften Das Ziel ist eine klare Verhaltensänderung bei allen Mitarbeitern! Alle Mitarbeiter verstehen die neue Strategie „Wir machen Kunden zu Fans“ und die damit verbundene Notwendigkeit einer „brand driven company“, sie kennen das Markenversprechen und die Markenbotschaft.
… na klar … so sind wir!
… hey … ich kann’s Dir erklären!
Alle Mitarbeiter können den Markenansatz und das Markenversprechen einheitlich erklären und erläutern.
… und das mache ich ab sofort!
Alle Mitarbeiter sehen die Notwendigkeit zu Verhaltensänderungen und wissen, dass durch persönliches Verhalten eine positive „customer experience“ entsteht.
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Die Zielgruppe Wie schon erwähnt, waren alle Vodafone-Mitarbeiter eingeladen. Auf eine Einteilung nach Hierarchie, Fachbereichen oder Abteilungen wurde bewusst verzichtet. Somit hatten die einzelnen Veranstaltungen zu 90 Prozent eine heterogene Teamzusammenstellung. Diese Tatsache war ein wichtiger Bestandteil des strategischen Ziels, die neue Strategie auf ein breites, akzeptiertes Fundament zu stellen. Die Veranstaltungen boten für die Mitarbeiter den Raum, sich quer durchs Unternehmen auszutauschen. Wie denkt die Technik? Wie denkt das Marketing? Wie denkt der Vertrieb? …
Der Anmeldemechanismus Zur Erreichung der geplanten bereichsübergreifenden Durchmischung der einzelnen Veranstaltungen gab es eine Online-Anmeldeplattform auf freiwilliger Basis. Diese Plattform bestand aus zwei Elementen. Zum einen Informationen rund um die Academy und zum anderen aus einem offenen Kalender. Dieser Kalender wurde phasenweise freigeschaltet und die Teilnehmer konnten unter den angebotenen freien Terminen auswählen. Entsprechend der Anmeldung bekam jeder Teilnehmer eine Bestätigung und für den jeweiligen Truck wurde eine Teilnehmerliste generiert.
Die „Vodafone Academy 2009“
Der strategische Ansatz – Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen „Vodafone-Markenbotschafter“ sorgen für eine positive „Customer Experience“ und machen Kunden zu Fans.
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Die Vorgehensweise – der didaktische Ansatz Marke verstehen – inform • • • • •
Vodafone-Strategie Customer Inside Markenwelten Markenbotschaft One Brand
Marke erleben – excite • Brandstorm • Make your own Poster • Brand Court Marke umsetzen – change • • • •
Konkrete Handlungsanweisungen Marke in der täglichen Arbeit Konkret für mich und meine Kunden Konkret im Umgang mit Kollegen
Die „Vodafone Academy 2009“
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Die Dramaturgie Alle 13.000 Mitarbeiter erleben innerhalb von zwei Monaten im Rahmen einer halbtägigen Veranstaltung die neue Markenkultur, sie erarbeiten diese, verinnerlichen sie und setzen sie um!
Die Einbindung in einen Maßnahmenkatalog Besonders zur Gewährleistung einer nachhaltigen Wirkung und einer damit verbundenen hohen Glaubwürdigkeit der Vodafone Academy, war die Einbindung in einen flankierenden Maßnahmenkatalog sehr wichtig. Ergänzend dazu gab es spezielle Aktionen, die den Firmenzusammenschluss Vodafone-Arcor weiter positiv emotionalisiert haben. In der Folge sind Trainings und Workshops gestartet, die einzelne Inhalte der Vodafone Academy vertieften. Alle Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zahlen auf die interne Markenwahrnehmung ein und damit, im Sinn von Markenbotschaftern, auch immer auf die externe Markenwahrnehmung.
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Die logistische Planung Zahlen und Fakten zum Projekt Im Projektzeitraum Juli/August wurden 80 Prozent (11 300 TN) aller VodafoneMitarbeiter in halbtägigen Veranstaltungen erreicht. Es gab fünf spezielle Vodafone-Trucks, die 25 bis 40 TN Platz boten. Die Trucks standen an insgesamt 19 Standorten und sind 15.000 km gefahren. Pro Truck fanden zwei Veranstaltungen täglich statt. Insgesamt waren 24 Trainer im Einsatz. Es gab zusätzlich 31 sogenannte Großveranstaltungen mit 50 bis 200 TN. Alle Mitarbeiter können ergänzend oder zusätzlich eine E-Learning Academy absolvieren. Es gibt Folgeworkshops „Customer branded Experience“ und Abteilungsworkshops „Die Werte/Marke in der Abteilungsstruktur leben“.
Die Evaluation – Bewertung ganz praktisch • Alle Teilnehmer der Academy haben unmittelbar nach Besuch der Veranstaltung einen Feedbackbogen ausgefüllt. • 6 Fragen + Bemerkung, Bewertungsskala 1,0–5,0. • Das durchschnittliche Feedback zum Gesamteindruck lag bei 4,6. Dieser Wert ist, verglichen mit anderen Schulungsmaßnahmen in dieser Größenordnung und der besonderen Situation eines Mergers und Changeprozesses, sehr gut. • Zusätzlich wurden besonders die Teilnehmerzahlen beobachtet. Auswertungen an den einzelnen Standorten nach Abteilungen.
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Wirkung und Nachhaltigkeit Die Wertschöpfung Die Vodafone Academy gewährleistet, dass alle Mitarbeiter in kürzester Zeit den neuen Markenauftritt kennenlernen und die neuen Markeneigenschaften sowie Unternehmenswerte kennen. Die Academy wirkt wie eine neue Beschilderung, die hilft, einen neuen Weg zu gehen. Aufbrechen und den Weg gehen muss jeder Mitarbeiter selbst.
Beitrag des Projekts zum Organisationserfolg Die Brand Academy befähigt die Mitarbeiter, unternehmensstrategische Entscheidungen nachzuvollziehen und auf aktuelle Veränderungen im Unternehmen und am Mobilfunkmarkt zu reagieren.
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Das Fazit Von den Teilnehmern wurden die Glaubwürdigkeit und die Kontinuität konstruktiv kritisch hinterfragt. Die Inhalte (Werte und Eigenschaften) müssen in den Arbeitsalltag übersetzt werden. Die neue Strategie muss zu einer langfristigen Orientierung für die Marke werden. Der einzigartige Aufwand für eine interne Kommunikationsmaßnahme hat sich gelohnt. Die Academy war ein voller Erfolg. Alle inhaltlichen Ziele wurden erreicht und logistische Herausforderungen gestemmt. In Zukunft wird es wichtig sein, diese Stufe der Offenheit gegenüber den Mitarbeitern und diesen Grad der Involvierung der Mitarbeiter zu halten. Die Mitarbeiterbefragung im Dezember des Jahres ergab: 92,4 Prozent der Mitarbeiter können die Markenwerte und das Markenversprechen wiedergeben. Herausforderung erfüllt!
Living Geberit – den Geist des Unternehmens entdecken und leben lernen Theres Meyer
Zusammenfassung Living Geberit – Das bedeutete eine intensive Auseinandersetzung mit den Geberit-Werten und -Zielen. Living Geberit – Das hieß Kennenlernen von bisher nicht gekannten Arbeitskollegen. Living Geberit – Das waren 50 Workshops in 14 Sprachen in den Geberit-Märkten. Living Geberit – Das war nicht zuletzt auch Spiel, Gruppenarbeit, Diskussion und Inspiration für den Arbeitsalltag von rund 3000 der insgesamt 5000 Geberit-Mitarbeitenden weltweit. In formaler Hinsicht war und ist Living Geberit ein internes Weiterbildungsprojekt, das die Menschen, die für das Unternehmen Geberit arbeiten, in Sachen Marke, Leitbild und Werte schulte. Aus den Workshops nahmen sie praktische und informative, aber auch nicht so handfeste und trotzdem bleibende Erfahrungen mit in ihren Arbeitsalltag. So wurden aus Mitarbeitenden überzeugte Botschafterinnen und Botschafter des Unternehmens.
Informationen zum Projekt Nominiert in der Kategorie Internal Branding Unternehmen: Geberit AG Schachenstrasse 77 CH-8645 Jona www.geberit.com
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechpersonen: Projekt: Roman Sidler, Head Corporate Communications
Text: Theres Meyer, Project Manager Corporate Communications
Ausgangssituation Das Unternehmen Geberit Die Geberit-Gruppe ist europäischer Marktleader in der Sanitärtechnik mit globaler Ausrichtung. Seit 1874 zählt das Unternehmen zu den Pionieren in der Branche und setzt mit innovativen Systemlösungen in den Bereichen Sanitärsysteme und Rohrleistungssysteme immer wieder neue Trends. Geberit-Markenprodukte zeichnen sich aus durch hohe Qualität, Langlebigkeit und einfache Montage. Sie sind auf einen sparsamen Umgang mit Wasser bei gleichzeitig größtmöglicher Hygiene und optimierten akustischen Eigenschaften ausgerichtet. Geberit bietet Lösungen für jede sanitärtechnische Anwendung. Einmal eingebaut, bleiben viele Produkte und Systeme für den Nutzer unsichtbar. Hinter Vorwandelementen oder in Mauerwerk oder den Boden eingelassen, erfüllen sie dank ihrer hohen Qualität und Zuverlässigkeit während Jahrzehnten ihre Funktion. Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung sind wichtige Themen für Geberit. Sie beeinflussen die strategische Ausrichtung und bilden die Grundlage für viele Entscheidungen. Das Unternehmen lässt globale Entwicklungen wie die zunehmende Wasserknappheit, das Bedürfnis nach sauberem Trinkwasser und die Sicherstellung hoher hygienischer Standards verstärkt in die Produktentwicklung einfließen.
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Ein Unternehmen muss wissen, wo seine moralischen und ökonomischen Interessen liegen und wohin der künftige Weg führt. Geberit befolgt klare und verbindliche Richtlinien, z. B. in Bezug auf Beschaffung, Produktion, Ökologie, gesellschaftliches Engagement und Unternehmenswerte. Hohe ethische Standards, Teamgeist, Begeisterung für das Unternehmen, Bescheidenheit und die Bereitschaft, sich ständig einem rasch wandelnden Umfeld anzupassen, prägen die Unternehmenskultur und führen so zum Erfolg.
Das Marketingkonzept Know-How Installed Im Business-to-Business-Geschäft ist Geberit weltweit seit Jahrzehnten als starke Marke bekannt. Aber wird sie auch so wahrgenommen und worauf basiert diese Stärke? Dank einer weltweit angelegten Wahrnehmungsstudie konnten die vielfältigen Fähigkeiten und Fachkenntnisse von Geberit in drei Grundwerten zusammengefasst werden:
Integration, Innovation, Wissen Damit differenziert sich Geberit von den anderen Marktteilnehmern; diese Werte prägen das Denken und Handeln der Geberit-Mitarbeiter. Als Markenkern und eigentliche Voraussetzung gelten Qualität, Funktionalität, Zuverlässigkeit und Partnerschaft (siehe Grafik). Das umfassende Fachwissen wird konsequent für die Schaffung von Innovationen eingesetzt. So können Synergien genutzt und die Leistungsfähigkeit ganzer Systeme optimiert werden. Darauf aufbauend hat Geberit mit Know-How Installed ein Marketingkonzept entwickelt, mit dem die Stellung als Marktführer unterstrichen wird.
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Das Geberit-Selbstverständnis für Mitarbeitende Jede Organisation muss auch gegen innen Werte vermitteln, nach denen gearbeitet wird, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Dazu entwickelte Geberit im Jahr 2006 den Geberit-Kompass. Er bietet Orientierung und trägt auch dazu bei, dass alle Mitarbeitenden den Wert ihrer Arbeit für das Ganze erkennen. Transparente Information, ein intensiver Dialog und die Integrität jedes Einzelnen sind dabei nicht nur wünschenswert, sondern notwendig.
Die Herausforderung: unterschiedliche Herkunft, viele Sprachen – die gleiche Vision Damit standen als Instrumente eine überzeugende Markenstrategie und Dank des Geberit-Kompass eine klare Richtschnur für die Mitarbeitenden zur Verfügung. Die Folgefragen lagen auf dem Tisch: • Kennen die Mitarbeitenden das Unternehmen, die Vision, die Stärken und die Kompetenzen? • Wie vermittelt ein internationales Unternehmen den Mitarbeitenden aus insgesamt 63 Nationen und entsprechend vielen Sprachen das, was es ausmacht und was wichtig ist? • Wie erreicht man Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, mit verschiedenem Bildungshintergrund und individuellen Karrierezielen?
Kommunikationsstrategie und -ziele Die Strategie: Markenstärke verinnerlichen Einer der wichtigsten Treiber des Unternehmenserfolgs ist die Markenstärke. Das Verhalten der Mitarbeitenden prägt in hohem Maße die Markenwahrnehmung durch die Kunden und damit die Markenstärke. Überall dort, wo wichtige Teile der Leistung eines Unternehmens an der Schnittstelle zwischen Mitarbeitenden und Kunden erbracht werden, stellt das Mitarbeiterverhalten einen wichtigen Kanal für den Transport der Markenbotschaft dar.
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Erfahrungen von Marketingspezialisten aus der Serviceindustrie (Tourismus, Banken, Versicherungen, Consulting, Handel) und erste wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass das Mitarbeiterverhalten einen großen Einfluss auf die Markenstärke hat. Teilweise übertrifft dieser sogar die Wirkung externer Markenkommunikation. Das „Behavioural Branding“ ist somit ein wichtiger Faktor eines erfolgreichen Markenmanagements.
Die Vorgehensweise: gemeinsam verstehen lernen und teilnehmen Wie aber können all diese unterschiedlichen Menschen das eigene Unternehmen Geberit verstehen? Indem man sie schult – nicht mittels schriftlicher Weisung oder verordneter Studiumsunterlagen – sondern in lebensnahen und lebendigen Workshops, die sich der Themen Marke, Leitbild und Werte des Unternehmens annehmen. Die Workshops sollen so angelegt sein, dass sie: • Learning by doing ermöglichen, das heißt kein frontaler Schulunterricht, • Gespräche und Diskussionen zu den eingebrachten Themen als integrierter Bestandteil dazugehören, • Vorhandenes Wissen und Erfahrungen der Workshopteilnehmenden genutzt werden können.
Die Zielgruppe: 3000 Mitarbeitende ins Boot holen Geberit beschäftigt weltweit rund 5000 Mitarbeitende. Von diesen besuchten 3000 Personen die eintägigen Workshops, und zwar alle diejenigen aus: • • • •
Vertrieb Forschung und Entwicklung Verwaltung Produktion; alle Führungskräfte bis auf Stufe Meister.
Planung und Umsetzung Die Maßnahmen: intensive Auseinandersetzung mit den richtigen Inhalten In intensiven Diskussionen und mit der Unterstützung einer Branding-Agentur ging es an die Erarbeitung der Inhalte für den Workshop. Führend war dabei ein dreiköpfiges Projektteam unter der Leitung von Corporate Communications.
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Bald einmal war klar, dass die gruppenweiten Workshops in 14 Sprachen nicht alleine durch das zentrale Projektteam durchgeführt werden konnten. Deshalb wurden jeweils pro Land mehrere Living Geberit Botschafter zentral geschult, um die Durchführung der Workshops anschließend in ihrem Land zu übernehmen. In einer zweiten Projektphase wurden den lokalen Verantwortlichen Vorgaben gemacht, wie sie aus den Erkenntnissen der Workshops in eigener Verantwortung weiter arbeiten können, oder welche regionale Maßnahme dazu dienen könnte, das entsprechende Thema im lokalen Unternehmen noch stärker zu verwurzeln.
Die konkreten Zielvorgaben: in absehbarem Zeitraum zum Ziel Die Mitarbeitenden sollten nach dem gesamten Projekt – den gruppenweiten Workshops sowie der lokalen Umsetzung – die Marke Geberit und die Werte des Unternehmens verstehen, anwenden und leben können. Der Zeitplan gab folgende Eckdaten vor: • Drittes Quartal 2006: Projektstart • Erste Hälfte 2007: Erarbeitung der Workshop-Unterlagen, Schulung der Botschafter • Zweite Hälfte 2007: Durchführung der Workshops • Erstes Quartal 2008: Auswertung der Ergebnisse • Zweites bis viertes Quartal 2008: Lokale Maßnahmen zu wichtigsten Erkenntnissen aus den Auswertungen.
Die Aktivitäten: in fünf Themen zu einem gemeinsamen Bild gelangen Nach einer Begrüßung durch den CEO, die an den meisten Standorten mit einem Video durchgeführt wurde, erläuterten die Botschafter den Ablauf sowie die Inhalte des Tages. In fünf Aktivitäten arbeiteten die Mitarbeitenden jeweils in Gruppen von sechs bis acht Personen an einem gemeinsamen Verständnis. Grundlage für jede Aktivität bildete das Workshopmaterial, das in einer Mappe zusammengefasst wurde. Aktivität 1: Unsere Geschichte Woher kommt Geberit? Aktivität 1 stellte die Geschichte von Geberit vor. Gemeinsam musste die Gruppe die Ereignisse in die richtige chronologische Reihenfolge bringen. So lernten die Workshopteilnehmenden die Meilensteine kennen, die das Unternehmen prägten und gleichzeitig den geschichtlichen Bezug. Die Aktivitäten waren nach Zeiträumen und Kategorien gegliedert. Die Kategorien: Weltgeschichte, Geschichte der Technik und Geschichte von Geberit.
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Aktivität 2: Marken & Werte Was können wir von anderen erfolgreichen Marken lernen? In Aktivität 2 A arbeiteten die Workshopteilnehmenden unter anderem an der Frage, warum einige Marken so stark sind, dass jeder genau weiß, wofür sie stehen. Dazu wurden acht Unternehmen vorgestellt, die ihre Produkte oder Dienstleistungen sehr erfolgreich mit einer Reihe positiver Markenwerte verknüpft haben, wie zum Beispiel Ikea, Harley Davidson oder Nike. In Aktivität 2 B gaben vier Personen jeweils ein Zitat zu einer Automarke. Die Geberit-Mitarbeitenden erhielten die Aufgabe, die Zitate der richtigen Automarke zuzuordnen und gemeinsam zu diskutieren, was Geberit von starken Marken lernen kann.
Aktivität 3: Unsere Position Was wollen wir und wie wollen wir wahrgenommen werden? Aktivität 3 A befasste sich mit Mitbewerbern. Mit Hilfe von Zitaten mehrerer Sanitärinstallateure sollten die Workshopteilnehmenden herausfinden, um welches Unternehmen es sich handelt. In Aktivität 3 B ging es darum, die Mitbewerber sowie Geberit in einem Positionskreuz, das den Markt darstellt, richtig zu platzieren und Stärken und Schwächen zu diskutieren.
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Aktivität 4: Wie stärken wir unsere Marke Was trägt das Konzept Know-How Installed zum Erfolg bei? Aktivität 4 stellte die Geberit-Markenmerkmale (siehe auch „Ausgangssituation/ Das Marketingkonzept Know-How Installed“) ins Zentrum und erläuterte diese. Im Anschluss daran sollten Aussagen, die die Markenmerkmale veranschaulichten, bewertet bzw. darüber nachgedacht werden, wie gut Geberit diese Merkmale bereits erfüllt. Das daraus entstandene Diagramm ebnete den Weg zur Frage bzw. zur Gruppendiskussion: Was kann Geberit in Zukunft besser machen?
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Aktivität 5: Wie wir zusammenarbeiten Was sind unsere Werte, wie können wir sie im Alltag umsetzen? In Aktivität 5 ging es darum, wie die internen Werte als Richtschnur für die tägliche Arbeit eingesetzt werden sollten. Anhand dieser Werte und vier Aussagen, die typische Probleme im Unternehmensalltag beschreiben, besprach die Gruppe die vier Situationen und entschied, wie sie reagieren würde. Die Antworten sollten begründet und dem entsprechenden internen Wert zugeordnet werden.
Der Prozess: gruppenweit einheitlich und in der Folge lokal angepasst An den 50 Workshops im Jahr 2007 nahmen jeweils zwischen 30 und 120 Mitarbeitende teil. Sie bildeten wiederum Gruppen von sechs bis acht Personen. Die fünf Aktivitäten galt es über einen Tag und in einem vorgegebenen Zeitrahmen zu bearbeiten. Die Ergebnisse und wichtige Diskussionsbeiträge hielten die Teilnehmer einer Gruppe in ihrer Arbeitsdokumentation fest. Diese wurde von den Botschaftern am Ende des Tages eingesammelt und für die Evaluation genutzt. Die Teilnehmenden blieben dabei anonym. Für die lokale Umsetzung wurden den Gesellschaften als Erkenntnisse aus den Workshops folgende zu diskutierende Elemente vorgegeben: Innovation Die unterschiedliche externe und interne Wahrnehmung: von außen wird Geberit als innovatives Unternehmen wahrgenommen, intern jedoch wesentlich weniger stark. Partnerschaft • intern: ein besseres Networking bzw. bereichsübergreifendes Arbeiten • extern: die Bedürfnisse unserer Partner noch besser verstehen
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Integration Das zentrale Markenelement wurde bisher zu wenig verstanden. Die Gesellschaften waren aufgefordert, zu diesen verbesserungswürdigen Punkten ihren Gegebenheiten angepasste Maßnahmen durchzuführen.
Die Probleme und deren Lösung: Verunsicherung, Skepsis – und dann Begeisterung Ich arbeite schon seit Jahrzehnten bei Geberit und kenne das Unternehmen, wieso muss ich an einem Living Geberit Workshop teilnehmen? Sollen wir in Zukunft alle gleich denken und uns gleich verhalten? Ist dieser Aufwand notwendig? Können wir die Leute nicht auch einfacher von der gemeinsamen Sache überzeugen? Diese und andere Fragen kamen zu Beginn des Projekts aus allen GeberitBereichen. Auch ein Teil des obersten Managements war skeptisch. Das Projektteam blieb beharrlich, war es doch überzeugt, dass die Workshops die Bedenken schnell einmal ausräumen würden. So war es auch: Mit dem Start der Workshops, den ersten Rückmeldungen der begeisterten Teilnehmenden waren auch die letzten Zweifler überzeugt, dass Living Geberit ein wichtiges Projekt auf dem Weg zu einem gestärkten Unternehmen sein würde. Eine Aufgabe, die das Projektteam unterschätzt hatte, wurde schlussendlich die Auswertung der Arbeitsdokumentationen. Diese stellte sich als sehr kompliziert und zeitaufwändig heraus. Für die 14 verschiedenen Sprachen mussten Übersetzer beigezogen werden. Schlussendlich einigte man sich darauf, dass die fünf wichtigsten Erkenntnisse jeder Arbeitsgruppe herausgefiltert werden sollten. Daraus ergaben sich die Schwerpunkte für die lokale Umsetzung.
Die Auswirkungen: gemeinsam erarbeitet, besser verstanden Die Workshops als zentrale und eigenständige Maßnahme waren ein voller Erfolg. Die Geberit-Mitarbeitenden fühlten sich in die Diskussion über Marke und Werte integriert und ernst genommen. Das Verständnis wurde deutlich gesteigert. Die länderübergreifenden Veranstaltungen stärkten zudem den Gruppengedanken und das Gruppengefühl. Dank der farbigen Poster mit den Unternehmenswerten, die im Nachgang zu den Workshops an allen Standorten aufgehängt wurden, begegneten die Teilnehmenden im Alltag den zentralen Werten wieder. Auch diese Maßnahme trug zur Verankerung bei und wurde positiv aufgenommen. Die lokalen Folgeaktivitäten wurden nicht an allen Standorten mit der gleichen Seriosität und Effizienz durchgeführt. Schlussendlich halfen jedoch die Unterstützung durch das zentrale Projektteam sowie die regelmäßige Berichterstattung über
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das Projekt in den internen Medien zu konkreteren und besseren Umsetzungsideen in den einzelnen Gesellschaften.
Wertschöpfung Die Wirkung: Marke, Ziele und Träume erkannt und verstanden Das Verständnis für die Marke Geberit und deren Werte wurde deutlich gesteigert. In diesem Sinne wurde das eigentliche Projektziel vollständig erreicht. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die Sensibilisierung auf eine Marke und deren Werte auch innerhalb des Unternehmens ein stetiger und langfristig zu planender Prozess ist. Das bedeutet, dass ein weltweit tätiges Unternehmen wie Geberit im Idealfall auch die lokalen Maßnahmen begleitet. Oft ist dies aus Kosten- oder Zeitgründen nicht möglich, was leider – wie im Falle von Geberit – dazu führt, dass Folgemaßnahmen in den einzelnen Gesellschaften nicht mehr mit der gleichen Intensität und dem gleichen Enthusiasmus umgesetzt werden. Die Erkenntnis ist deshalb eindeutig: Das Projekt muss unter der Führung und Verantwortung des initialisierenden Projektteams wieder aufgenommen und weitergeführt werden. Nur wenn die Botschaften wiederholend und zentral erarbeitet sind, kann das Projekt Living Geberit auch langfristig Wirkung zeigen.
Der Beitrag des Projekts zum Organisationserfolg: den Geberit-Geist neu entdeckt Vertiefte Auseinandersetzung, intensive Diskussionen, gemeinsam einen Konsens finden, besser verstehen – all dies gehörte zu den Living Geberit Workshops. Diese Punkte haben auch das Verständnis für die Marke Geberit bei den Mitarbeitenden erhöht. Klar ist, dass diese so genannten „weichen Faktoren“ nicht mit harten Zahlen oder Statistiken gemessen werden können. Trotzdem belegten die Auswertung und die vielen positiven Rückmeldungen der Mitarbeitenden, dass das Gemeinschaftsgefühl für das Unternehmen Geberit eindeutig gewachsen war.
First Choice Initiative – Global erste Wahl für jeden Kunden werden Heike Humpf
Zusammenfassung In der Industrie sind strategisch geplante fortwährende Verbesserungsinitiativen längst etabliert. Anders hingegen verhält es sich in der Dienstleistungswirtschaft, in der Verbesserungsinitiativen erst in der jüngsten Vergangenheit entwickelt und umgesetzt werden. Mit seiner Initiative First Choice startete der Konzern Deutsche Post DHL als weltgrößter Logistikanbieter erstmalig ein konzernweites Change Programm zur Verbesserung der Kunden- und Serviceorientierung. Das Ziel lautet, bis 2012 weltweit erste Wahl bei den Kunden zu werden. Um Loyalität und Zufriedenheit bei den Kunden zu stärken, hat die Initiative First Choice die Aufgabe, eine kundenorientierte Servicekultur im Konzern zu etablieren. Eine Herausforderung lag darin, erstmalig ein für die Dienstleistungs- und Logistikwirtschaft brauchbares Instrumentarium für Veränderungsprozesse zu schaffen. Weiterhin galt es, 500.000 Mitarbeiter weltweit zu erreichen, sie zum Mitmachen zu bewegen – und ihnen auch die Methoden und die Möglichkeiten an die Hand zu geben, aktiv etwas zu verändern.
Informationen zum Projekt 1. Platz in der Kategorie Cultural Change Unternehmen: Deutsche Post AG Charles-de-Gaulle-Str. 20 53113 Bonn Homepage: www.dp-dhl.com
Dienstleister: Deekeling Arndt Advisors – Düsseldorf The Brand Union – London
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechperson: Heike Humpf, Vice President, Public Relations
Ausgangslage: vom staatlichen Briefzusteller zum globalen Logistikdienstleister Die Deutsche Post hat eine rasante Entwicklung hinter sich: Noch vor 20 Jahren war sie ein Staatsbetrieb, kaum technisiert, schwerfällig verwaltet und ausschließlich auf Deutschland konzentriert. Im Jahr 2010 ist der Konzern Deutsche Post DHL mit über 500.000 Mitarbeitern in mehr als 220 Ländern und Territorien präsent – und damit der größte Logistikdienstleister weltweit. Dazwischen liegt eine Phase permanenter Veränderung: Privatisierung und internationale Akquisitionen prägen die Entwicklung und die heutigen Strukturen von Deutsche Post DHL. Deutsche Post DHL agiert heute in einem vollkommen anderen Marktumfeld als 1990. Durch die seither in mehreren Schritten erfolgte Privatisierung ist der Konzern zwar weitgehend entbunden von enger staatlicher Regulierung. Er agiert gleichzeitig aber auch ohne den Schutz des Briefmonopols in Deutschland. Um den Wettbewerb im Briefmarkt zu antizipieren und auch ein Gegenmittel gegen die Substitution des Mediums Brief durch elektronische Kommunikationsformen zu finden, entwickelte sich das Brief- und Paketunternehmen Deutsche Post über eine Vielzahl strategischer Akquisitionen zu einem globalen Logistikanbieter weiter. Die Globalisierung bedeutet immense Marktchancen, aber auch weltweiten Wettbewerb. Weltumspannende Logistikprozesse haben einen enormen Komplexitätsgrad erreicht. Zudem bedient der Konzern Kunden, die unterschiedlicher und anspruchsvoller kaum sein könnten. Die bisherige Erfolgsstrategie lag darin, Größenvorteile zu nutzen und bei einer Marktpräsenz in 220 Ländern und Territorien der Erde dem Kunden überall Zugang zu fest definierten Logistikleistungen zu bieten. Die neue Erfolgsstrategie geht einen Schritt weiter und setzt darüber hinaus auf Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität.
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Zwischen beiden Begriffen gibt es feine Unterschiede, die über das Wohl und Wehe eines Unternehmens entscheiden können. Zufriedene Kunden sind lediglich die Grundvoraussetzung einer Marktteilnahme. Begeisterte und loyale Kunden indes konzentrieren Leistungen auf ihren bevorzugten Dienstleister. Sie interessieren sich stärker für neue Produktangebote als weniger enthusiastische Käuferschichten. Sie sind langjährig treu und damit für Unternehmen lukrativer: Projektabläufe sind eingespielt, Anlaufkosten und Vertriebsaufwendungen verteilen sich auf eine lange Kundenbeziehung. Begeisterte und loyale Kunden sorgen für positive Mundpropaganda. Erklärtes Ziel von Deutsche Post DHL ist es deshalb, durch überlegene Logistikprodukte und -prozesse, aber auch durch ein individuell von jedem Mitarbeiter erbrachtes Plus an Serviceleistung zum Anbieter mit den treuesten Kunden zu werden. Der Weg dorthin wäre selbst für ein Unternehmen mit einer bruchlosen Geschichte schwierig genug. Für das ehemalige Staatsunternehmen Deutsche Post bedeutet dies indes, ganz auf den Kunden und seine Bedürfnisse einzuschwenken. All dies verband der Konzern mit First Choice als einer konzernweiten und konzertierten Initiative zur Verbesserung der Kundenorientierung. Folglich kann First Choice kein endliches Programm sein, sondern ist als Daueraufgabe zu verstehen, alle Geschäftsprozesse und Dienstleistungen kontinuierlich daraufhin zu überprüfen, ob sie den Ansprüchen der Kunden tatsächlich entsprechen und deren Wünsche berücksichtigen. Für den Fall, dass Prozesse und Leistungen in der Wahrnehmung des Kunden unzureichend, zu kompliziert oder auf andere Weise schwergängig sind, muss First Choice das strategische Instrumentarium bereitstellen, die Kundenerwartungen zu erfüllen und zu übertreffen – bei gleichzeitig konzernweiter Konsistenz der Prozesse.
Methodenset von First Choice Während in Industrieunternehmen kontinuierliche Verbesserungsinitiativen weit verbreitet sind und auf ein etabliertes Methodenset zurückgegriffen werden kann, musste Deutsche Post DHL dieses erst in einer einjährigen Planungsphase im Jahr 2006 entwickeln und testen. Dabei nahm First Choice Anleihen bei Elementen der Managementmethoden Six Sigma und Lean, wobei diese Methoden erstmalig den Besonderheiten des Dienstleistungssektors angepasst wurden: Das Herzstück des Methodensets bildet der aus Six Sigma bekannte DMAIC-Zyklus. DMAIC steht für die englischen Begriffe D = Define, M = Measure, A = Analyze, I = Improve und C = Control. Diese Vorgehensweise zwingt die Verbesserungsteams dazu, sich vor einer vielleicht vorschnellen Lösungsentwicklung eingehend mit den Problemursachen zu beschäftigen. Außerdem erfolgt im letzten Schritt „Control“ die Prüfung und Sicherung des Ergebnisses.
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Organisation von First Choice First Choice ist dem CEO Frank Appel unterstellt. Dies signalisiert unmissverständlich, welche Bedeutung First Choice für den Konzern hat. In der Testphase im Jahr 2006 wurde die First Choice Organisation aufgesetzt. Wichtig für First Choice ist die Ausgewogenheit von zentraler Steuerung und dezentralem Mitarbeiterengagement. Für die konzernweite Steuerung sorgt das Corporate First Choice Office, angesiedelt in der Konzernzentrale in Bonn. Es koordiniert und kommuniziert konzernweit alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Ablauf und der Durchführung von First Choice. Das Corporate First Choice Office hat insbesondere die Aufgaben • über alle Unternehmensbereiche hinweg eine einheitliche Methodik zu entwickeln und einzuführen, • sicherzustellen, dass First Choice innerhalb der Unternehmensbereiche beim globalen Roll-out qualitativ angemessen und nachhaltig implementiert wird, • die Methodik und Schulungen weiterzuentwickeln, • den Wissenstransfer zu organisieren. Die Themenverantwortung – die Auswahl, Durchführung und Überwachung einzelner Verbesserungsinitiativen – liegt dezentral bei den Unternehmensbereichen. Dort betreuen und steuern Repräsentanten der zweiten Führungsebene als Sponsoren die Implementierung. Sie legen gemeinsam mit lokalen First Choice Offices den Zeitplan fest, sorgen für die personellen Kapazitäten von Verbesserungsteams und planen den Roll-out in Regionen und Ländern.
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Verbesserungsinitiativen und breite Mitarbeiterbeteiligung Die Verbesserungsinitiativen von First Choice zielen darauf ab, dass Expertenteams in einem relativ kurzen Zeitraum konkrete Problemfelder analysieren und Lösungen erarbeiten, die, vereinfachend ausgedrückt, dem Kunden das Leben leichter machen. Dabei handelt es sich um teilweise hochkomplexe Logistikprojekte, bei denen etwa Verzollungsprozesse in der Luftfracht beschleunigt, Abrechnungsvorgänge erleichtert oder interkontinentale Lieferketten optimiert werden. Verbesserungsinitiativen erfordern in der Regel Eingriffe ins Prozessdesign und ziehen Anpassungen in der IT-Unterstützung nach sich. Daher sind sie mit entsprechenden Budgets zu hinterlegen. Die Verbesserungsinitiativen sind dazu geeignet, den Service für einzelne Großkunden, vertikale Kundensegmente und Kunden einzelner Regionen zu verbessern. Initiativen, die konkrete Prozesse verbessern, sind ein wichtiger Bestandteil von First Choice aber nicht der ausschließliche. Denn in der Logistik hat auch das Verhalten der Mitarbeiter großen Einfluss auf die Servicequalität und die Loyalität der Kunden. Ein Satz eines Mitarbeiters wie „Da kann ich Ihnen nicht helfen“ genügt oft, um das anderenorts mühsam aufgebaute Vertrauen der Kunden zu zerstören. Daher folgt First Choice einem zweistufigen Ansatz: Zusätzlich zu den komplexen Verbesserungsinitiativen gilt es, weltweit alle Mitarbeiter zu erreichen, von einer neuen Kundenorientierung zu überzeugen und ihnen Möglichkeiten zu geben, in Workshop-Formaten vielfältige Verbesserungen im direkten Arbeitsumfeld herbeizuführen.
Kommunikationsziel: 500.000 Mitarbeiter für mehr Kundenorientierung begeistern Das Kommunikationsziel der First Choice Initiative war, alle Konzernangehörigen für die Philosophie der Kundenorientierung zu gewinnen. Unabhängig von kulturellen, sprachlichen und hierarchischen Unterschieden sollten sie bei ihrer täglichen Arbeit eine neue Qualitäts- und Kundenkultur leben. Was dazu nötig war: 500.000 Mitarbeiter weltweit über das Programm informieren, sie von seiner Notwendigkeit und seinem Nutzen überzeugen und sie motivieren, zu seinem Erfolg beizutragen. Daraus leiteten sich folgende konkrete Kommunikationsaufgaben für die zentrale First Choice Konzernkommunikation ab: 1. Einführung und kontinuierliche Begleitung von First Choice durch interne und externe Kommunikation in allen Unternehmensbereichen und Regionen. 2. Verpflichtung aller 50.000 Führungskräfte weltweit als Treiber und Botschafter des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und Schulung dieser Botschafter mit einer auf Six Sigma basierenden Prozessverbesserungsmethodik.
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Kommunikationssituation In beiden Bereichen von First Choice, den großen Verbesserungsinitiativen und der Mitarbeiterbeteiligung, waren vielfältige kommunikative Aufgaben zu lösen, um den Veränderungsprozess zu begleiten und zu steuern. Während der Konzeptions- und Pilotierungsphase von First Choice hatte die Abteilung Public Relations die Veränderungskommunikation übernommen, wobei sie von der internen Kommunikation, Media Relations, dem Marketing und Human Resources unterstützt wurde. Diese arbeitsteilige Konstellation brachte insbesondere in der Startphase der globalen First Choice Initiative schwerwiegende Nachteile mit sich: Die Kommunikatoren waren organisatorisch, operativ und räumlich von der Programmsteuerung getrennt, Strategieplanung und Methodenentwicklung konnten erst spät unter kommunikativen Gesichtspunkten bewertet werden. Außerdem sahen sich die Kommunikatoren auf die Berichterstatterrolle reduziert. Sehr rasch zog die Programmleitung Konsequenzen und setzte mit First Choice Corporate Communications noch vor dem Roll-out ein räumlich und organisatorisch direkt an die zentrale Programmsteuerung angedocktes Team ein. Von da an wurden die Kommunikatoren frühzeitig in die Entwicklung neuer Methoden und Maßnahmen eingebunden, ihre Kommunikationsarbeit ist zum integralen Teil der Programmentwicklung geworden. First Choice Corporate Communications agierte nunmehr als zentrale Programmkommunikationsabteilung. Für die Kommunikation in den Ländern, Regionen und Unternehmensbereichen sind die bestehenden Kommunikationsteams gemeinsam mit den regionalen First Choice Offices verantwortlich. Die konzernweite Kommunikation von First Choice während des Roll-outs war eine hochkomplexe Herausforderung – bedingt durch die reine Größe des Unternehmens, durch sprachliche und kulturelle Unterschiede innerhalb des Konzerns und durch die Vielfalt der zu beteiligenden Akteure: 1. Den Schwenk zur Kundenperspektive müssen mehr als eine halbe Million Menschen auf allen Kontinenten mitvollziehen. Stündlich stehen sie mit über einer Million Kunden in Kontakt. Deren Zufriedenheit hängt damit unmittelbar von der Leistung und vom Verhalten jedes einzelnen Mitarbeiters ab. Die Schwierigkeit für die Verbesserungsinitiative: Einerseits muss ein gemeinsames Serviceverständnis kulturelle Unterschiede überspannen; andererseits ist die Anpassung von Serviceleistungen an kulturelle Eigenheiten der Schlüssel zum Erfolg in regionalen Märkten. 2. Zu regionalen Unterschieden zählen auch Sprache, Kommunikationsverständnis und Rezeptionsverhalten. First Choice muss auf viele Weisen kommuniziert werden. Einige Kerninhalte wurden in 27 Sprachen übertragen. Die Inhalte müssen in mehr als 220 Ländern und Territorien konsistent vermittelt, die Botschaften aber für jede Region sorgsam aufbereitet werden. 3. Die Heterogenität im Konzern Deutsche Post DHL hat eine weitere Dimension: Die Projektkommunikation muss alle Mitarbeiter erreichen, unabhängig davon, welchen Bildungsgrad sie haben, über welche kommunikative Fähigkeiten sie
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verfügen und wie unterschiedlich ihre Arbeitsweisen sind. Diese Einflussfaktoren müssen die Kommunikatoren der First Choice Initiative bei ihren Aktivitäten berücksichtigen. 4. First Choice darf nicht nur zum Mitmachen auffordern, sondern muss den Mitarbeitern auch die Möglichkeit geben, Verbesserungen in ihrem direkten Arbeitsumfeld selbst zu erarbeiten und umzusetzen. Dabei darf jedoch in der Regionalisierung der einzelnen Verbesserungsinitiativen die Konsistenz von Prozessen und Leistungsversprechen nicht aufgeweicht werden. 5. Schließlich hat First Choice im Konzern auch eine integrative Funktion: Durch viele Akquisitionen arbeiten heute Menschen mit unterschiedlichsten unternehmerischen Hintergründen bei Deutsche Post DHL zusammen. Die Einbindung der akquirierten Unternehmen auf organisatorischer und Prozessebene ist zwar abgeschlossen, eine gemeinsame Service- und Unternehmenskultur konnte jedoch in der Kürze der Zeit noch nicht überall entstehen. Daher soll besonders das weltweite Mitarbeiter- und Führungsverhalten durch die Verbesserungsinitiative geprägt werden.
Taktische Planung: in mehreren Stufen zum Erfolg First Choice Corporate Communications nutzte alle Kanäle und Medien der internen Kommunikation und hat überdies neue Medien geschaffen. Die Einführung erfolgte in einer mehrstufigen Kampagne. • Attention (1. bis 6. Monat): First Choice vorstellen, Motivation und Grundprinzip erklären. • Call to Action (6. bis 24. Monat): Zum Handeln auffordern, hohe Akzeptanz und Beteiligung schaffen. • Celebration (ab 24. Monat): Motivieren und Erfolge feiern, Notwendigkeit von Kundenorientierung durch fortwährende Prozessverbesserung herausstellen. In den ersten beiden Phasen vor dem Roll-out galt es, First Choice bekannt zu machen, die Notwendigkeit und Bedeutung der kontinuierlichen Verbesserungsinitiative zu verankern und auch die Spielregeln und Methoden zu kommunizieren. In der zweiten und dritten Phase liegt ein wesentlicher Inhalt der Kommunikation in der Dokumentation. Diese zeigen das Machbare auf, regen zur Nachahmung an und unterstreichen die Kontinuität, die Relevanz und den Nutzen der globalen Verbesserungsinitiative für Kunden, Mitarbeiter und das Unternehmen. An diese Phasen angepasst wurden neue Medien und Events aufgesetzt: Startkampagne Ziel der Startkampagne war es, First Choice für alle Mitarbeiter im Konzern sichtbar zu machen. Die Kampagne mit Plakaten, Town Halls und Beiträgen in internen Medien zog durch ihren kreativen Ansatz die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter auf sich und bereitete die Mitarbeiter auf die drei Phasen der Kommunikation „Attention“, „Call to Action“ und „Celebration“ vor.
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First Choice Kommunikationshandbuch Das Kommunikationshandbuch dient insbesondere den Kommunikatoren in aller Welt als „Kampagnen-Bibel“ – also als Nachschlagewerk, Leitfaden und Kontrollinstrument. Im Kommunikationshandbuch sind alle wesentlichen Themen und Fakten zur Kommunikationsstrategie und Kampagne sowie den Kernaussagen zusammengefasst. Es ist die zentrale Informationsquelle für alle First Choice Akteure und hilft Kommunikatoren und Führungskräften, First Choice erfolgreich zu „leben“. Dabei sind für die Führungsebene vier Handlungsmaximen maßgeblich: Vorleben, Mitmachen, Verbessern, Abstimmen!
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First Choice Net Das First Choice Net ist ein Teilbereich des Konzernintranets für alle First Choice Verantwortlichen (Manager, Aktivisten und Kommunikatoren). Im First Choice Net stehen alle Materialien zur Einführung und Umsetzung von First Choice als Download zur Verfügung. Die Teilnehmer profitieren vom Erfahrungsaustausch, lernen Best Practices ihrer Kollegen kennen und erhalten Hintergrundinformationen zu bereits durchgeführten First Choice Initiativen, die das First Choice Net ausführlich in Text und Bild vorstellt. Das First Choice Net basiert auf den Prinzipien des Web 2.0. Die Nutzer haben die Möglichkeit, über Kommentarfunktionen oder in Foren mit dem Projekt- oder Teamleiter einer Initiative Erfahrungen zu diskutieren und Wissen abzurufen. Um die Kommunikation zu personalisieren, können die Benutzer Kurzprofile und Fotos einstellen. Die Klickraten im First Choice Net liegen deutlich über denen der regulären Bereiche des Intranets. Damit dies so bleibt, muss das First Choice Net kontinuierlich an die sich ändernden Informations- und Kommunikationsbedürfnisse der Mitarbeiter angepasst und weiterentwickelt werden.
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CEO-Award Eine zentrale Maßnahme in der dritten Phase („Celebration“) ist der CEO-Award: Mit ihm werden einmal jährlich die Projektleiter der effektivsten und nachhaltigsten First Choice Initiativen ausgezeichnet. Die Auszeichnung durch den Vorstandsvorsitzenden fördert einen gesunden Wettbewerb und schafft ein Bewusstsein dafür, dass Mitarbeiter aller Hierarchieebenen in der Lage sind, herausragende Verbesserungen aus eigener Kraft zu erzielen.
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First Choice Tools zur Mobilisierung der Mitarbeiter Damit sich First Choice nicht in einem eng abgezirkelten Expertenkreis abspielt, sondern den gesamten Konzern auf eine positive Weise infiltrieren konnte, entwarf First Choice Corporate Communications konkrete kommunikative Arbeitswerkzeuge und Dialogformate für Mitarbeiter aller Hierarchieebenen. Die jeweilige Führungskraft – vom Gruppenleiter bis zum Konzernvorstand –
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übernimmt darin die Rolle als Moderator. Das Toolset besteht aus mehreren Interaktionsformen: • Das Meeting Toolkit begleitet Führungskräfte durch eine Reihe von 20- bis 30minütigen Teammeetings. Die Meetings sind in regelmäßigen Abständen durchzuführen und widmen sich jeweils einem Grundsatzthema von First Choice. Als Einstieg in die Diskussion dienen Poster, die generell gültige First Choice Verhaltensweisen thematisieren – etwa die Notwendigkeit, auf Details zu achten oder die Wünsche des Kunden gleich im ersten Anlauf zu erfüllen. • Das Manager Toolkit ist als halbstündiges Workshop-Format für Führungskräfte konzipiert und besteht aus zehn Sitzungen zu einzelnen Servicethemen. Jede Sitzung enthält Materialien für ein Teammeeting, in dem Führungskraft und Mitarbeiter Themen des Kundenservices ansprechen und Lerneffekte erzielen. Eines der Meetings beschäftigt sich beispielsweise mit der Frage, was der Kunde unter Spitzenservice versteht und wie dieser erbracht werden kann. Ein anderes Teammeeting dreht sich darum, wie mit Fehlern umzugehen ist. • Die Dialog Map bietet in Form einer Lernlandkarte Materialien für Workshops, bei denen Führungskräfte gemeinsam mit ihren Mitarbeitern kunden- oder mitarbeiterbezogene Themen behandeln. Das Ziel besteht darin, Arbeitsprozesse und Serviceleistungen im direkten Arbeitsumfeld schnell und pragmatisch zu optimieren.
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Umsetzung/Evaluation: kommunikative Begleitung von Initiativen und Workshops Als Teil von First Choice sind auch die Kommunikationsaktivitäten dem DMAICZyklus unterworfen. Das bedeutet: Auch in der Kommunikationsplanung erfolgt eine eingehende Auseinandersetzung mit Problemursachen, ehe Lösungen entwickelt werden. Die Kommunikation muss sich einer Evaluation der Ergebnisse unterziehen und dieser Prüfung standhalten. Auf dieser strategischen Grundlage verbesserte First Choice Corporate Communications stetig die eingesetzten Kommunikationsmittel sowohl im Umfeld der Experteninitiativen, die nach dem Best-Practice-Ansatz kommunikativ begleitet wurden, als auch der Workshop-Formate, bei denen insbesondere durch Faktoren der interkulturellen Kommunikation Anpassungen notwendig waren.
Best Practice: kommunikative Umsetzung der Verbesserungsinitiativen Um konzernweit Lerneffekte aus den komplexen Verbesserungsinitiativen zu erzielen, wurden diese dokumentiert und die Dokumentationen im First Choice Net veröffentlicht. Etwa jede zehnte Verbesserungsinitiative – und damit besonders wichtige und gelungene Optimierungsprojekte – erhielten den Status einer Lighthouse Initiative. Lighthouses wurden – neben der Expertendokumentation – auch in verschiedenen allgemeinverständlichen Formaten beschrieben. Diese Success Stories wurden ebenfalls ins First Choice Net gestellt, wobei die ersten 100 Lighthouse-Beschreibungen sogar in Buchform veröffentlicht wurden, um während der Startphase für noch mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Außerdem berichteten die verschiedenen Mitarbeitermedien ausführlich über Lighthouses und zeigten auf, welche Erfolge vor Ort, aber auch in anderen Organisationseinheiten weltweit erzielt wurden.
Kommunikative Umsetzung der Workshop-Formate Als dialogbasierte Kommunikationsmaßnahmen wurden mit der Dialog Map, dem Manager Toolkit und dem Meeting Toolkit Workshop-Formate für verschiedene Anforderungen und Ziele von First Choice kreiert. Nach dem großen Erfolg dieser Dialogformate folgte ein viertes Format, mit denen die Mitarbeiter auch an das Klimaschutzprogramm GoGreen von Deutsche Post DHL herangeführt und im Sinne von First Choice zum ressourcenschonenden Verhalten aufgefordert werden. Alle Formate gleichen sich darin, dass
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• der Fokus auf Verbesserungen steht, die direkt im Arbeitsumfeld der Mitarbeiter umgesetzt werden können, • die Verbesserungen sowohl in den Arbeitsabläufen als auch in der Zusammenarbeit erreicht werden sollen, • die Mitarbeiter sich auf die selbst entwickelten Ziele verpflichten, • die Führungskraft die Workshops moderiert, aber keinesfalls die Sitzungen mit ihren Vorstellungen dominieren darf, • die Führungskraft anhand der Situation im Team frei auswählen kann, welches Workshop-Format zu welchem Thema durchgeführt wird, • die Teilnahme jedem Spaß machen soll. Bei der Entwicklung der Formate war eine Vielzahl von handlungspragmatischen Belangen zu berücksichtigen: • Maßnahmen mussten für alle Mitarbeiter umsetzbar sein. • Die Workshop-Formate sollten einfach in verschiedene Sprachen adaptiert werden können. • Die Unterlagen mussten leicht und kostengünstig zu produzieren sein. • Die Workshops sollten ohne Intranet-Zugang und mit variablem und flexiblem Zeitaufwand abgehalten werden können.
Probleme während der Umsetzung und deren Lösung Eine Vielzahl der Mitarbeiter erlebte First Choice sehr positiv. Von den Mitarbeitern sehr begrüßt wurde, dass First Choice eine Eigenentwicklung des Konzerns war, die weitgehend ohne externe Berater aufgesetzt wurde. Zuletzt sorgte die Tatsache für hohe Akzeptanz, dass First Choice eine Investition in Kundenzufriedenheit – und damit auch in die Mitarbeiterzufriedenheit – bedeutete und nicht vorrangig auf Kosteneinsparungen abzielte. Während die Mitarbeiter im Konzern auf die Ergebnisse der Experteninitiativen vor allem mit Stolz auf die eigene Leistungsfähigkeit reagierten, wurden im Zusammenhang mit den Workshop-Formaten auch einige kritische Töne laut. Obwohl First Choice Corporate Communications die Workshop-Formate gemeinsam mit Mitarbeitern aus der Fläche entwickelte, wurden diese anfangs mitunter als „Theoriegebilde aus der Zentrale“ abgetan. Es ist typisch für die Logistikbranche, dass unter hohem Zeitdruck gearbeitet wird. Daher empfanden einige Mitarbeiter die Workshops auch als zusätzliche Belastung. Viele Führungskräfte standen ihrer Rolle als Treiber des Veränderungsprozesses anfangs ebenfalls skeptisch gegenüber. Sie waren nicht gewohnt, als Moderator vor ihren Mitarbeitern zu stehen und sie in Verbesserungsprozesse einzubeziehen. Außerdem wurden Führungskräfte mitunter vom Veränderungswillen ihrer Mitarbeiter überrascht. Daher wurden Führungskräfte in Einführungsworkshops trainiert und von Multiplikatoren vor Ort unterstützt. Zusätzlich wurden im First Choice Net und in Mitarbeitermedien Erfahrungsberichte aus der Einführung der Workshop-Formate als Best-PracticeBeispiele kommuniziert.
First Choice Initiative – Global erste Wahl für jeden Kunden werden
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Zuletzt begegnete First Choice Corporate Communications in der Kommunikationsarbeit interkulturellen Differenzen. So enthielt die zuerst konzipierte englischsprachige Fassung des Manager Toolkits einen Audio-Guide im MP3-Format. Ein Sprecher bereitete in launiger Sprache die Teilnehmer sehr praxisnah auf die Themen des jeweiligen Workshops vor. Einen weiteren Audio-Guide gab es für die Moderatoren. Obwohl die Sprechertexte der Audio-Guides in der deutschen Fassung nicht übersetzt, sondern für den hiesigen Kulturraum adaptiert wurden, fiel die Idee des Sprechers bei deutschen Teilnehmern komplett durch, da das gesprochene Wort als zu unverbindlich empfunden wurde. Als Ersatz für den im Deutschen entfallenen Audio-Guide wurden daher die Moderatorenkartensets um entsprechende Vorbereitungskarten ergänzt. Erstaunlicherweise wurde das Klischee, dass in Asien Hierarchien mehr zählen würden und Kritik am Arbeitgeber, an Führungskräften und der Ausgestaltung des Arbeitsumfeldes tunlichst zu unterlassen sei, bei First Choice nicht bestätigt. Auch in Asien waren die Workshop-Formate auf Anhieb erfolgreich.
Roll-out und Echtbetrieb Der Roll-out von First Choice hat alle Erwartungen übertroffen: In einer Mitarbeiterumfrage Ende 2007, nicht einmal ein Jahr nach dem Start, gaben 72 Prozent der befragten 500.000 Mitarbeiter und Führungskräfte weltweit an, mit den Zielen von First Choice vertraut zu sein. Ende 2009 konstatierte bereits jeder Zweite, dass konkrete First Choice Aktivitäten sogar zu seinem direkten Erfolg beitragen würden. Viele Mitarbeiter wurden durch die First Choice Kommunikation aktiviert: Dazu zählen mehr als 110.000 Personen, die über Dialogformate in die Initiative eingebunden waren und selbst Verbesserungsprozesse gestalten konnten. Über 22.000 Führungskräfte und Mitarbeiter wurden bis Ende 2009 in der First Choice Methodik geschult und sind mit allen Werkzeugen und Ansätzen vertraut, um Verbesserungsinitiativen zu leiten und darin komplexe Verbesserungsprozesse in Gang zu setzen. Seit Abschluss der Testphase Anfang 2007 ist First Choice in 293 Konzerneinheiten eingeführt worden – sie repräsentieren mehr als 95 Prozent des Konzernumsatzes. Ende 2009 waren bereits fast 3.800 Optimierungsprojekte erfolgreich abgeschlossen, knapp. 3.200 weitere befanden sich in der Umsetzung.
Wertschöpfung: Kundenorientierung als Selbstläufer Ist Deutsche Post DHL durch First Choice messbar besser geworden? Hat das Unternehmen bei dem Ziel, zum Logistikanbieter mit den treuesten und loyalsten Kunden zu werden, auch in Finanzkennzahlen messbare Ergebnisse erreicht? Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, die zu einem drastischen Einbruch der Warenströme geführt hat, überlagert viele erreichte Erfolge in der verbesserten
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Kundenorientierung. Fakt ist, dass First Choice auch im harten Umfeld der weltweiten Rezession weiter vorangetrieben wurde und als Gegenmittel zur Rezession sogar einen Ausbau erfuhr. Im März 2009 ist First Choice organisatorisch in die Linie überführt worden. Zielten die Verbesserungsinitiativen anfänglich nur auf Verbesserungsfelder, die sich direkt auf den Kundenservice bezogen, wird das Instrumentarium rund um den DMAIC-Zyklus jetzt auch bei jeglicher Prozessverbesserung im Konzern angewandt. Nachdem First Choice Corporate Communications sämtliche kommunikativen Werkzeuge entwickelt und eingeführt hat, konnte die Abteilung zwischenzeitlich personell plangemäß wieder verkleinert und in die Abteilung Interne Kommunikation integriert werden. Nach einer dreijährigen Planungs- und Implementierungsphase ist First Choice im Konzern angekommen, in der Konzernstrategie 2015 fest verankert – und in der Praxis zum Selbstläufer geworden.
Change Programm „stronger“ Bernd Klumpp
Zusammenfassung Mit dem Change-Programm „stronger“ hat die Deutsche Telekom AG auf zwei wesentliche Strukturveränderungen reagiert: Zunächst wurde 2006 die T-Online International AG auf die Deutsche Telekom AG verschmolzen. Ein Jahr später wurde der Betrieb als international verantwortlicher Produkt- und Innovationsbereich des Konzerns neu ausgerichtet. „stronger“ basiert auf zwei elementaren Prinzipien. Das Programm wurde von den Mitarbeitern und für die Mitarbeiter gestaltet und sicherte so die Motivation und die Glaubwürdigkeit in der Organisation. Die Einbindung der Mitarbeiter erfolgte in drei Phasen. Das Informieren, Aktivieren und Involvieren sorgte für eine hohe Ergebnisakzeptanz. Wesentliche Ergebnisse dieses Change-Programms spiegeln sich in der stark verbesserten Mitarbeiterzufriedenheit und Identifikation mit dem eigenen Unternehmensbereich wieder. Darüber hinaus werden operative Elemente aus dem Change-Programm als Best-Practices im Konzern aufgegriffen. Insgesamt gilt die Umsetzung des Change-Programms im Konzern als beispielhaft.
Informationen zum Projekt 2. Platz in der Kategorie Cultural Change Unternehmen: Deutsche Telekom AG – Products & Innovation T-Online-Allee 1 D-64295 Darmstadt http://www.telekom.com C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechperson: Bernd Klumpp, Leiter Quality & Processes und Programmmanager „stronger“
Ausgangslage Kurzbeschreibung des Unternehmens Products & Innovation ist Teil des Chief Technology and Innovation Officer (CTIO) Bereichs der Deutschen Telekom AG und beschäftigt etwa 3.230 Mitarbeiter (Vollzeitbeschäftigte inkl. Beteiligungen und Tochtergesellschaften). Zielsetzung ist es, innovative und wettbewerbsfähige Produkte, Services und Geschäftsmodelle für einen erfolgreichen Marktauftritt der Deutschen Telekom zu entwickeln. Dazu gliedert sich Products & Innovation in die folgenden Bereiche auf: • Fixed-line Products (Sprachdienste, Internet, IPTV). • Personal Social Networking – Dieser Bereich managt alle Produkte, die es Kunden der Deutschen Telekom ermöglichen, sich mit innovativen Technologien ihr persönliches Kommunikationsnetzwerk aufzubauen und entsprechend der neuesten Trends zu gestalten. • Technology – Der Technik-Bereich zur Umsetzung von Produktideen. • Mobile Products – In diesem Bereich werden die spezifischen Anwendungen für die Kommunikation mit mobilen Endgeräten entwickelt. • Terminals – Der Bereich verantwortet den Einkauf von mobilen Endgeräten und deren Produktmanagement über den gesamten Lebenszyklus. Das Change-Programm „stronger“ hatte in der 1. Phase die Bereiche Fixed-line Products, Personal Social Networking und Technology im Fokus. Darauf beziehen sich die folgenden Abschnitte.
Change Programm „stronger“
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Ausgangssituation und Hintergründe für Notwendigkeit/Sinn des Projekts Ausgangspunkt für das Change-Programm „stronger“ waren zwei wesentliche Strukturveränderungen in den Jahren 2006 und 2007. • Die T-Online International AG wurde am 6. Juni 2006 auf die Deutsche Telekom AG verschmolzen und sollte ab diesem Zeitpunkt in die damalige Organisation „T-Com“ (Breitband und Festnetzbereich) integriert werden. • Mit einem Wechsel im Konzernvorstand der Deutschen Telekom AG (KaiUwe Ricke hat das Unternehmen verlassen und René Obermann hat die Konzernführung übernommen) begann zu Jahresbeginn 2007 eine weitere Transformation hin zu Products & Innovation, dem international verantwortlichen Produkt- und Innovationsbereich der Deutschen Telekom AG. In Folge dieser Veränderungen und dem damit einhergehenden doppelten Identitätswandel verschlechterten sich kontinuierlich die Ergebnisse der regelmäßig stattfindenden Mitarbeiterkurzbefragungen (interne Bezeichnung: Pulsbefragungen). Auf die Frage „Wie fühlen Sie sich bei Products & Innovation?“ antworteten nur 51 Prozent der Mitarbeiter mit „gut“ bis „sehr gut“. Diese Werte waren Anlass für eine systematische Organisationsdiagnose zur Kulturanalyse im September 2007. Insgesamt wurden 300 Mitarbeiter aller hierarchischen Ebenen interviewt. Die Ergebnisse wurden mit Hilfe einer Clusteranalyse ausgewertet mit dem Ziel, die Stärken und Schwächen der Organisation sowie das Erfolgskonzept aus Sicht der Führungskräfte und Mitarbeiter zu identifizieren. Diese Diagnose wurde mit externer Unterstützung der nextpractice GmbH durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass es sowohl den Führungskräften als auch den Mitarbeitern an Orientierung fehlte und insbesondere Verbesserungsbedarf bezüglich der strategischen Ausrichtung von Products & Innovation und den Verantwortlichkeiten bestand. Entscheidungen wurden schleppend getroffen. Es herrschte Angst. Die Prozesse waren noch nicht vollständig auf die neue Organisation und den Konzernkontext angepasst.
Kommunikative Herausforderung In der Detailanalyse ergaben sich drei wesentliche Herausforderungen, die im Rahmen der Kommunikation adressiert werden mussten. 1. In der Organisation existierten drei unabhängige Identitäten: das Change-Programm mit den entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen musste so aufgesetzt werden, dass alle Identitäten adressiert und in den Veränderungsprozess integriert wurden.
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2. Es war Bedarf an einer neuen Leadership-Kultur vorhanden: die erforderlichen Treiber eines Veränderungsprozesses, die Führungskräfte waren selbst stark betroffen und mussten am eigenen Rollenverständnis und der Führungskultur arbeiten. 3. Die Mitarbeiter sahen keine attraktive Vision und daher war die Motivationslage in der Organisation nicht ausreichend hoch für die erfolgreiche Umsetzung des Veränderungsprozesses.
Aufgabenstellung bzw. Auftrag Auf Basis der durchgeführten Kulturanalyse und der kommunikativen Herausforderungen formulierte das Top Management die folgenden Aufgaben für das Projekt „stronger“: • Umsetzung eines professionellen Change Management Programms zur Realisierung einer effizienten neuen Organisation • Erhöhung der Identifikation der Mitarbeiter mit Products & Innovation • Kompetenzsteigerung im Rahmen von Leadership • Entwicklung einer gemeinsamen Mission • Optimierung der bereichs- und unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit.
Kommunikationsziel Strategischer Ansatz Der strategische Ansatz des Projektes „stronger“ basierte auf zwei elementaren Grundprinzipien. 1. Von den Mitarbeitern für die Mitarbeiter – Wir managen unseren Change selbst und engagieren dafür keine externen Berater. Dies war ein wichtiger Aspekt zur Sicherstellung der Motivation und der Glaubwürdigkeit in der Organisation. 2. Informieren, Aktivieren, Involvieren – Dieses Prinzip dient der Akzeptanz der Ergebnisse. − Informieren: über einen umfangreichen Intranetauftritt, einen regelmäßigen PodCast (MP3-Informationssendung mit Neuigkeiten zu „stronger“), regelmäßige E-Mail-Newsletter für die eigenen Mitarbeiter sowie ein Botschafterkonzept zur Information der Konzernmitarbeiter an den Schnittstellen zur betroffenen Organisationseinheit.
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− Aktivieren: über einen Fotowettbewerb wurden die Mitarbeiter aufgerufen, die Inhalte des Programms „stronger“ zu visualisieren; auf der internen VideoCommunity-Plattform culturetube veröffentlichten die Mitarbeiter selbst produzierte Kurzfilme zur Unternehmenskultur und diskutierten darüber. − Involvieren: über die Dialog-Veranstaltungsreihe wurde der direkte Austausch zwischen Mitarbeitern und Top Management zu aktuellen Themen sichergestellt. Darüber hinaus wurden über Sounding-Boards die Ergebnisse der Teams validiert und im Rahmen der connect, einer Veranstaltung für alle Mitarbeiter, die jeweiligen Ergebnisse regelmäßig vorgestellt und diskutiert.
Vorgehensweise/Wirkungsansatz Im ersten Schritt wurden die Führungskräfte abgeholt und informiert. Deren Identifikation mit dem Change war die Voraussetzung für weitere Aktivitäten. Anschließend wurden auf Basis der (extern unterstützten) Organisationsdiagnose und Kulturanalyse eigenständig durch ca. 200 Führungskräfte und Mitarbeiter die Handlungsfelder für unser Change-Programm konkretisiert. Diese 200 Kolleginnen und Kollegen entwickelten in dieser vorbereitenden Phase gleichzeitig eine neue Mission für Products & Innovation, neue Kommunikationsformate (wie beispielsweise die Dialog-Veranstaltung) sowie ein Set von Kennzahlen, mit dem regelmäßig die Leistung und die Outputs unserer Organisation transparent gemacht wurden. Diese ersten Ergebnisse wurden im Rahmen der „connect“ am 8. Februar 2008 durch die Mitarbeiter für die Mitarbeiter vorgestellt. Damit war eine ausreichende Motivationslage in der Organisation hergestellt und das Top Management gab gleichzeitig persönlich den Startschuss zu „stronger“.
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Das Change-Programm gliederte sich in drei Themenbereiche: „Processes“, „People“ und „Culture“. Innerhalb dieser Themenbereiche wurden insgesamt sechs Module bearbeitet. Sowohl in der vorbereitenden Phase als auch in der Umsetzung waren für die Steuerung der Module Bereichsleiter verantwortlich. Diese wiederum bildeten Arbeitsteams mit freiwilligen Mitarbeitern aus nahezu allen Bereichen der Organisation. Mit diesem Vorgehen war sichergestellt, dass Inhalte und Ergebnisse der einzelnen Module auf eine hohe Akzeptanz stoßen werden. Jeder konnte sich mit der Arbeit der eigenen Kollegen identifizieren. Die Zwischen- und Endergebnisse der jeweiligen Module sowie deren Implementierung wurden regelmäßig über die bereits dargestellten Kanäle kommuniziert.
Ausgewählte Zielgruppen Als Zielgruppen des Change-Programms „stronger“ wurden alle Ebenen und Bereiche der Organisation identifiziert: Top Management, Bereichsleiter, Abteilungsleiter, Mitarbeiter sowie Betriebsrat. Damit waren alle Mitarbeiter entsprechenden Zielgruppen zugeordnet und über die Kombination von Top-Down und Bottom-Up-Vorgehensweise eine Einbindung der gesamten Organisation sichergestellt. Die Zielgruppe „Mitarbeiter der Deutschen Telekom außerhalb von Products & Innovation“ wurde durch ein Botschafterkonzept adressiert.
Schlüsselbotschaften Auf Basis der Zielgruppen wurden Schlüsselbotschaften entwickelt, die mit Hilfe von drei verständlichen Aussagen die elementaren Zielsetzungen des Projekts für jeden greifbar machte. • Process Excellence – Wir sind ein starkes Team, weil wir unseren Beitrag zum Unternehmenserfolg kennen und uns aktiv einbringen und wir durch Prozessoptimierung unsere interne und externe Zusammenarbeit verbessern.
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• Grow our people – Wir sind ein starkes Team, weil wir Spaß an unserer Arbeit haben und wissen, wie wir uns weiterentwickeln können. • Leadership & Culture – Wir sind ein starkes Team, weil wir gemeinsam gute Führung vorleben und erleben und wir stolz auf unsere Produkte und unser Unternehmen sind.
Taktische Planung Maßnahmen/Instrumente Zur Bündelung der Kommunikation aus den einzelnen Modulen und zur Erreichung der Kommunikationsziele wurde von Beginn an ein begleitender Workstream „Kommunikation & Verankerung“ durch das Programmmanagement etabliert. Ziel war es, die kontinuierliche Kommunikation zu „stronger“ sicherzustellen und zwischen den Modulen abzugleichen. Gleichzeitig wurden neue und emotionalisierende Elemente entwickelt und dadurch die Nachhaltigkeit und Verankerung der Ergebnisse unterstützt: Mission/Leitbild/Leitlinien Durch die Führungskräfte und Mitarbeiter wurde zum Auftakt von „stronger“ eine gemeinsame Mission für Products & Innovation entwickelt. Diese wurde in einem Leitbild ausformuliert und zehn Leitlinien abgeleitet. Damit war eine gemeinsame Grundlage für unsere Arbeit gelegt und Orientierung gegeben.
Führungsleitbild Zum Auftrag Kompetenzsteigerung im Rahmen von Leadership wurde ein Führungsleitbild entwickelt und durch eine Workshopserie bis auf die einzelnen Teams heruntergebrochen. So war sichergestellt, dass jede Führungskraft sich intensiv damit auseinandersetzte und alle Mitarbeiter auch die Anforderungen an ihre jeweilige Führungskraft kannten.
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Sommerfest und Arbeitsmittel „stronger“ sollte für alle erlebbar gemacht werden. Aus diesem Grund wurden beim jährlichen Sommerfest Aktionen zum Thema „stronger“ durchgeführt: z. B. Torschussanlage mit Geschwindigkeitsmessung und digitale Bearbeitung von Bildern zu passenden Motiven. „stronger“ sollte alle Kolleginnen und Kollegen im Alltag begleiten und präsent sein. Dazu erhielt jeder ein Arbeitsbuch, in das die Mission sowie das Führungsleitbild integriert waren und eine Tasse mit dem Schriftzug „stronger“.
Prozessmodell Ein weiterer Auftrag war die Optimierung der bereichsund unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit. Dazu wurde in übergreifenden Teams gemeinsam das neue Prozessmodell entwickelt und sowohl durch das Top Management vorgestellt als auch durch Prozesstrainings und Roadshows in allen Teammeetings jedem Mitarbeiter erläutert. Das Modell lieferte Transparenz zu den Aufgaben des Einzelnen im Kontext des Gesamtunternehmens. Botschafterkonzept Zur Stärkung der Rolle von Products & Innovation mussten auch andere Konzerneinheiten innerhalb der Deutschen Telekom über die Aufgaben informiert werden. Dazu wurde ein Botschafterkonzept entwickelt und jeder Mitarbeiter konnte freiwillig in die Verantwortung gehen: als Botschafter von Products & Innovation in anderen Einheiten.
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Management Summit Im Rahmen eines Management Summits im Sommer 2007 wurden alle Führungskräfte über die ersten Ergebnisse zum Prozessmodell informiert, ein Unternehmenstheater hielt den Führungskräften hinsichtlich ihrer Führungsrolle den Spiegel vor und das Botschafterkonzept ging in die Umsetzung. Das Führungskräftemeeting war ein Erfolg, da dort die Identifikation aller Führungskräfte für die weitere Umsetzung erreicht werden konnte. Fotowettbewerb Aktivieren im Rahmen eines Fotowettbewerbs: Die Mitarbeiter konnten ihre Eindrücke von „stronger“ in einem Bild ausdrücken. Die Gewinnerfotos wurden anschließend für das „Branding“ interner Unterlagen in Form einer immer gleichartigen Bildleiste verwendet.
GoAhead!/STEP up! Mit GoAhead! und STEP up! wurden Instrumente entwickelt, die allen Mitarbeitern und Führungskräften jederzeit die Anforderungen an Ihre Position transparent machen und gleichzeitig Möglichkeiten zur Weiterentwicklung aufzeigen.
Adventskalender Im Intranet war der Adventskalender auf der Startseite verlinkt und somit für alle Kolleginnen und Kollegen täglich präsent. Mit einem etwas anderen Jahresrückblick wurden zum Jahresende 2008 noch einmal alle Highlights und Ergebnisse des Programms „stronger“ aufgezeigt.
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culturetube – die Kulturplattform Nach dem Prinzip von youtube wurde eine OnlinePlattform für den Kulturdialog bereitgestellt. Mitarbeiter konnten Kurzvideos hochladen und in diesen darstellen, wie sie die Kultur bei Products & Innovation erleben und was diese Kultur ausmacht. Diese innovative Form der Mitarbeiteraktivierung war ein voller Erfolg. 30 Filme, 300 aktive Filmemacher, 230 Kommentare, 2.200 Bewertungen und 17.000 Aufrufe konnte die Plattform verzeichnen. Neben den Kommentaren und Bewertungen wurden im Rahmen einer Veranstaltung im März 2009 die besten Videos geehrt.
Konkrete Zielvorgaben (Wirkungszeitraum/Umfang) Alle Teilziele waren mit Meilensteinen hinterlegt und zahlten wiederum auf die Erhöhung der Identifikation der Mitarbeiter mit Products & Innovation ein. Die Messungen erfolgten mit Hilfe von Mitarbeiterbefragungen. • Process Excellence: Entwicklung und Implementierung neuer Prozesse zur Erreichung unserer Mission. • Grow our people: High Performance Organisation. • Leadership & Culture: Verbesserung von Führung und wahrgenommener Kultur.
Dramaturgie des Projektes (Zeit-/Ablaufplan) Der jeweils aktuelle Stand zu den Meilensteinen wurde in den monatlichen connect-Veranstaltungen transparent gemacht. Gleichzeitig stellte das Top-Management regelmäßig die Ergebnisse der Pulsbefragungen vor. So war zu jedem Zeitpunkt der Fortschritt von „stronger“ transparent und die sich kontinuierlich verbessernden Ergebnisse konnten direkt auf „stronger“ und dessen Meilensteine zurückgeführt werden.
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Umsetzung/Evaluation Angaben zum Umsetzungsprozess Im Umsetzungsprozess von „stronger“ entwickelten die Teams Lösungen zu den genannten Zielstellungen und sicherten diese über sogenannte Sounding-Boards ab. Zu den Sounding-Boards wurden interessierte Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen eingeladen. Diesen wurden die erarbeiteten Zwischenergebnisse vorgestellt und deren Feedback wurde in die weitere Arbeit integriert. Damit war neben den übergreifenden Kommunikationsmaßnahmen eine kontinuierliche Transparenz über die Fortschritte der Teams sichergestellt und konnten gegebenenfalls veränderte Anforderungen und Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.
Entstandene Probleme und deren Lösung Im Rahmen des begleitenden Risikomanagements wurden als größte Risiken identifiziert: • die Gefahr einer nachlassenden Management-Attention (beispielsweise durch den Start eines parallelen Strategieprojektes) • die Gefahr fehlender Ressourcen in der Organisation • das Nichterreichen von Meilensteinen durch zu eng aufeinanderfolgende Termine • fehlende Budgets für Kommunikationsmaßnahmen. Durch die Anwendung des Risikomanagements als eine Methodik aus dem Projektmanagement konnte das Eintreten dieser Risiken jedoch rechtzeitig erkannt und beispielsweise durch frühzeitiges Involvieren der betroffenen Personen und Abstimmung geeigneter Maßnahmen erfolgreich verhindert werden.
Bewertung der Auswirkung von Maßnahmen (Evaluierungskriterien und -methoden) Das übergeordnete Ziel von „stronger“ war die Erhöhung der Identifikation der Mitarbeiter mit Products & Innovation. Zur Messung der Wirksamkeit unserer Maßnahmen wurde die sogenannte Pulsbefragung genutzt. Die Pulsbefragung ist eine standardisierte Kurzbefragung aller Führungskräfte und Mitarbeiter und wird online durchgeführt. Sie misst zeit- und transformationsnah das Mitarbeiterstimmungsbild mit wenigen Fragen. Sie ist ein Monitoringinstrument und liefert dem Top Management Erkenntnisse darüber, wo strategi-
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sche Maßnahmen im Transformationsprozess nachzusteuern sind. Im Fokus stehen: Verstehen, Akzeptanz und Umsetzung strategischer Themen durch Mitarbeiter. Damit wird ein bedarfsgerechtes, zeitnahes Nachsteuern im Veränderungsprozess ermöglicht. Die Pulsbefragung beinhaltet 5–6 konzernweit einheitliche Fragen und kann um spezifische Fragen von Konzerneinheiten erweitert werden. Die Beteiligung liegt bei ca. 55 Prozent pro Befragungswelle. Die Zusammenhänge zwischen den Maßnahmen von „stronger“ und den Ergebnissen der Pulsbefragung bestätigten den eingeschlagenen Weg.
Wertschöpfung Bewertung der Wirkungen gemessen am Kommunikationsziel Die Ergebnisse der Pulsbefragung zeigen, dass es gelungen ist, die Identifikation der Mitarbeiter mit Products & Innovation signifikant zu erhöhen. Wesentlicher Beitrag dazu war die Erreichung unserer Kommunikationsziele. Die Messung erfolgte kontinuierlich über die Pulsbefragung. Im Laufe des Programmes „stronger“ verbesserten sich die Ergebnisse der Pulsbefragung kontinuierlich. Die Anzahl der Antworten „gut“ oder „sehr gut“ auf die Frage „Wie fühlen Sie sich bei Products & Innovation?“ stieg von 51 Prozent zum Start von „stronger“ auf 81 Prozent im Juli 2009. Mit dieser signifikanten Steigerung wurde das übergreifende Ziel voll erreicht. Durch die Ansätze „von den Mitarbeitern für die Mitarbeiter“ und „Informieren, Aktivieren, Involvieren“ gelang es, • die unterschiedlichen Identitäten die zu Beginn des Programms vorhanden waren zu adressieren und einzubinden • die Führungskräfte in die erforderliche Rolle als Treiber des Change zu bringen • alle Mitarbeiter zu motivieren, sich an der Umsetzung von „stronger“ zu beteiligen und mit eigenen Ideen einzubringen.
Beitrag des Projekts zum Organisationserfolg „stronger“ hat gleichzeitig zum Erfolg der Organisation beigetragen: • Products & Innovation hat im Konzern Deutsche Telekom eine Vorreiterrolle bei Personalinstrumenten (GoAhead) eingenommen und gilt als Best-PracticeBeispiel für erfolgreichen Change innerhalb der Deutschen Telekom. • Im Jahr 2008 erzielte Products & Innovation eine überdurchschnittliche Zielerreichung. • Die innovative und erfolgreiche Plattform culturetube wird vom Gesamtkonzern aufgegriffen.
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Schlussfolgerungen Der Erfolg von „stronger“ ist auf die Beachtung wichtiger Grundregeln zurückzuführen: • • • • • • •
Kopplung von top-down und bottom-up Vorgehen Informieren, Aktivieren, Involvieren Klare Meilensteine, spürbare Ergebnisse und nachhaltige Implementierung Kontinuierliche Kommunikation und Verknüpfung mit dem Ziel Kreative Ansätze in der Umsetzung, wie beispielsweise culturetube Kritik erlauben Skeptiker involvieren.
Dieser Erfolg und der Name unseres Change-Programms sprechen für den richtigen Ansatz – stronger ist eine Steigerungsform eines Adjektivs das niemals endet. Der nachhaltige Erfolg von „stronger“ in der ersten Phase hat gezeigt, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde. Aus diesem Grund wird das Programm mit weiterentwickelten Inhalten und Zielen, jedoch im bewährten Modus fortgeführt, um die anstehende Integration von Festnetz- und Mobilfunkorganisation zu begleiten: „stronger – the way ahead“.
Besser, schneller, grüner – der Change-Prozess der AutoVision GmbH Ulrike Jussen
Zusammenfassung Ende 2007 steht der Personal- und Prozessdienstleister AutoVision GmbH als 100 % Tochter der Volkswagen AG vor der Herausforderung eines unternehmensweiten Reengineering-Prozesses. Mit dem rasanten Umsatzwachstum von 3,24 Mio. € in 2001 auf 280 Mio. € in 2007 sind die Strukturen des Unternehmens in der Gründerphase heterogen gewachsen. Mit der Strategie 2.0 wird die konsequente Neuausrichtung des Unternehmens auf die Bedürfnisse der Kunden und des Marktes formuliert. Deren Umsetzung bedingt zeitgleich weitreichende Auswirkungen auf alle wichtigen Säulen des Unternehmens. Die Geschäftsführung beauftragt ein interdisziplinäres Team, die Umsetzung der strategischen Kernprojekte durch ein integriertes Change- und Kommunikationskonzept zu unterstützen. Als Synergie-Effekt soll parallel dazu ein internes Kompetenzfeld für den professionellen Umgang mit Veränderungsprozessen in einem volatilen Umfeld aufgebaut werden. 2008 wird in der AutoVision das Jahr der „Strategieumsetzung“, angefangen mit Veränderungen in der Ablauf- und Aufbauorganisation, einer neuen IT-, Marken- und Kommunikationsstrategie inklusive neuem Corporate Design bis hin zu einem vielfältigen Mix zielgerichteter Instrumente und Methoden zur Unterstützung des Managements und Einbeziehung der Mitarbeiter als erfolgsentscheidende Promotoren und Multiplikatoren. Der Erfolg gibt der AutoVision recht: 2008 wird trotz des umfassenden Change-Projektes und der daraus resultierenden Mehrbelastung mit einem Umsatz von 346 Mio. € das Rekordjahr des Unternehmens.
Informationen zum Projekt 3. Platz in der Kategorie Cultural Change C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Unternehmen: AutoVision GmbH – ein Unternehmen im Volkswagen Konzern Major-Hirst-Straße 11 D-38442 Wolfsburg www.autovision-gmbh.com
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Externe Dienstleister: KICK: Consulting GmbH, Volkswagen Veränderungsmanagement, Pater Dr. Dieter Haite
Ansprechperson: Ulrike Jussen, Unternehmensentwicklung und Koordination Changemanagement, AutoVision GmbH
Ausgangslage Kurzbeschreibung des Unternehmens Die AutoVision GmbH – eine 100 %-ige Tochter der Volkswagen AG zählt laut Studie des Marktanalysten Lünendonk GmbH (Lünendonk-Liste 2009) zu den deutschen Top Fünf-Personaldienstleistern und beschäftigt mehr als 7.000 Mitarbeiter. Das Spektrum entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfasst das Vermitteln von Fachpersonal über Zeitarbeit bis hin zu Ingenieurs- und IT-Dienstleistungen. Die AutoVision GmbH ist national an insgesamt 18 Standorten vertreten und international in Ungarn, Portugal, Belgien und der Slowakei aktiv.
Besser, schneller, grüner – der Change-Prozess der AutoVision GmbH
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Die Unternehmensgründung erfolgte im April 2001 mit Unternehmenssitz in Wolfsburg. Während der Umsatz im ersten Jahr 3,24 Mio. Euro betrug, lag er im Jahr 2007 nach einem kontinuierlichen Wachstumskurs bei 280 Mio. Euro. Damit gehört die AutoVision GmbH seit ihrem Bestehen zu den am schnellsten wachsenden Personaldienstleistern in Niedersachsen.
Ausgangssituation und Hintergründe für das Projekt Durch die dynamische Entwicklung in der Gründerphase waren die Strukturen der AutoVision GmbH heterogen gewachsen. Charakteristische Merkmale in den jungen Jahren der Organisation waren ein hohes Maß an persönlicher Beziehung, direkter Kommunikation, an Improvisation und Beweglichkeit (Becker u. Langosch 2002). Mit zunehmender Unternehmensgröße, Differenzierung und Komplexität entstand der Bedarf nach mehr Standardisierung, allerdings unter Beibehaltung der notwendigen Flexibilität im Sinne der Kundenanforderungen. Hinzu kamen Herausforderungen durch externe Effekte wie der demographische Wandel und Fachkräftemangel, Hinweise auf eine beginnende Rezession und veränderte Rahmenbedingungen im Volkswagen Konzern. Für den Erhalt der Zukunftsfähigkeit wurde im Jahr 2007 in einem top-downProzess die Strategie „AutoVision 2.0“ zur Neuausrichtung des Unternehmens erarbeitet. Sie formuliert die konsequente Ausrichtung aller Funktionen auf die
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Bedürfnisse der Kunden und des Marktes. Ihren Kern bildet eine werteorientierte Unternehmenskultur. Damit waren auf einen Schlag die wichtigsten Säulen eines Unternehmens: betroffen: Vision und Mission, Werte und Führungsleitlinien sowie die Kundenphilosophie. Weiterhin die gesamte Ablauf- und Aufbauorganisation, die IT-, Marken- und Kommunikationsstrategie inklusive neuem Corporate Design. Die AutoVision stand vor einem unternehmensweiten Veränderungsprozess und die Verantwortlichen, allen voran die Geschäftsführung waren sich einig: nur mit Unterstützung eines ganzheitlichen Change-Communication Ansatzes konnte es gelingen, die Mitarbeiter von Betroffenen zu Beteiligten und damit zu unverzichtbaren Promotoren der Neugestaltung zu machen. Einzig auf diese Art und Weise bestand die Möglichkeit, das Risiko von Leistungseinbrüchen zu minimieren als einem charakteristischen Merkmal bei Musterwechseln und Destabilisierung bestehender Zustände (Kruse 2005).
Kommunikative und psychologische Herausforderungen Zu diesem Zeitpunkt stellten sich folgende Fragen aus kommunikativer Sicht: wer sind unsere relevanten Zielgruppen intern und extern? Wie informieren wir diese umfassend und zeitnah mit welchen Schlüsselbotschaften? Wie halten wir die Kommunikation während des gesamten Umsetzungsprozesses aufrecht und das möglichst dialogorientiert? Welche Kommunikationswege stehen uns dafür zur Verfügung und welche face-to-face-Maßnahmen lassen sich integrieren? Unternehmensintern spielten die geographische Zerstreuung der Mitarbeiter, die unter-
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schiedlichen Beschäftigungsverhältnisse, die Vielfalt der Berufsgruppen und der unterschiedliche Zugang zu den Kommunikationswegen und Medien wesentliche Herausforderungen dar. Zusätzlich ergaben sich Fragen aus einer emotional-psychologischen Perspektive: wer genau ist von der Veränderung in welchem Ausmaß betroffen? Mit welchen Barrieren und Konflikten ist zu rechnen? Wie können Unsicherheiten und Widerstände im Unternehmen abgebaut und zugleich die Akzeptanz für die Veränderungen erhöht werden? Wie beteiligen wir die Mannschaft? Werden Qualifikationsmaßnahmen notwendig sein? Wie erreicht das Feedback der Mitarbeiter während des Veränderungsprozesses die Führungsebene und Verantwortlichen? Zu berücksichtigen waren situative Spannungsfelder in Bezug auf das Maß von Führung, Geschwindigkeit, Ausplanung und Detaillierung, Information und Auseinandersetzung.
Aufgabenstellung und Auftrag Ende 2007 beauftragte die Geschäftsführung die Unternehmensentwicklung und Unternehmenskommunikation mit der Konzeption und Durchführung von Changemanagementmaßnahmen zur Unterstützung der Umsetzung aller strategischen Kernprojekte sowie der Entwicklung und Umsetzung einer Kommunikationskampagne für den Imagewandel und die Neupositionierung der AutoVision vor Kunden und Mitarbeitern. Als Synergie-Effekt sollte parallel dazu ein internes Kompetenzfeld für den professionellen Umgang mit Veränderungsprozessen in einem
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volatilen Umfeld aufgebaut werden. Das Budget für eine externe Begleitung wurde bereitgestellt. Dabei galt es, den Know-How-Transfer von Beratern auf Mitarbeiter schnellstmöglich zu gewährleisten. Grundsätzlich sollte das gesamte Konzept auf Basis der Unternehmenswerte gestaltet werden.
Kommunikationsziel Für die unternehmensweite Kommunikationskampagne wurden spezifische Teilziele formuliert: Markenstrategie • Zusammenführung der bis dato unterschiedlichen Geschäftsfelder und Marken unter einer Dachmarke • Emotionalisierung der Marke durch die Unternehmenswerte • Schärfung des Profils und Steigerung der Bekanntheit der Marke. Kommunikationsstrategie • Beteiligungsorientierter Grundsatz „intern vor extern“ • Einsatz dialogorientierter face-to-face-Maßnahmen. In Hinblick auf die kommunikativen Maßnahmen wurden die relevanten Zielgruppen intern und extern definiert und die relevanten Schlüsselbotschaften für eine langfristige Kommunikationsplanung identifiziert. Von großer Bedeutung für die spätere Umsetzung war die Erreichbarkeit der Zielgruppen zum Teil nur über unterschiedliche Kanäle.
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Schüsselbotschaften der internen Kommunikation • Identifikation „Ich bin stolz, ein AutoVisionist zu sein“ • Information „Ich kenne die AutoVision genau“ • Wir-Gefühl „Wir sind ein Team“. Schlüsselbotschaften der externe Kommunikation • • • •
„Wir machen Sie erfolgreicher“ „Wir sichern Ihre Zukunft“ „Wir bieten exzellente Dienstleistungen rund um ihr Kerngeschäft“ Potenzielle Arbeitnehmer: „Bei uns sind Sie gut aufgehoben!“, „Bei uns gibt es vielfältige Perspektiven für Ihre Zukunft und Karriere!“ • Presse: „Wir sind ihr kompetenter Partner für Fragen rund um kaufmännische und technische Dienstleistungen sowie Personaldienstleistungen.“
Taktische Planung Dramaturgie des Change-Projektes Bezeichnend für das Change-Projekt in der AutoVision war, dass jegliche externe Begleitung auf das 1. Halbjahr 2008 begrenzt war. Danach sollte ein internes Changemanagement-Kompetenzfeld aufgebaut und arbeitsfähig sein. Die Berater hatten also den Auftrag, sich selbst „überflüssig“ zu machen – und das nachhaltig. Mittels eines Auswahlprozesses entschied man sich zeitnah Ende 2007 für ein interdisziplinäres Beraterteam mit unterschiedlichen Profilen und Kompetenzen, welches direkt an die Geschäftsführung berichtete. Eine interne Mitarbeiterin wurde mit einer Koordinationsfunktion und zum Zwecke des beidseitigen Wissenstransfers in das Team integriert. Neue Wege ging die AutoVision GmbH, um die Kompetenz einer nachhaltigen Organisationsentwicklung auf Basis der Unternehmenswerte zu verankern: Mitglied des Beraterteams war ein Benediktinermönch (Prior und Unternehmensberater), der auf der Grundlage einer jahrhundertelangen Erfahrung des Ordens mit dem Management einer wertebasierten Organisation unterstützte. Im Rahmen einer Explorationsphase wurden Hintergrundgespräche auf allen Hierarchieebenen und Hospitationen an unterschiedlichen Standorten durchgeführt sowie vorhandene Steuerungsinstrumente untersucht, um auf dieser Basis ein passgenaues Changemanagement-Konzept mit definierten Handlungsfeldern zu erstellen. Da die strategischen Kernprojekte zu diesem Zeitpunkt bereits volle Fahrt aufgenommen hatten, war eine zügige Konzepterstellung und Verankerung von Instrumenten wichtig, um in eine vorausschauende Planungssituation zu gelangen. Ein wesentlicher Punkt war die Frage nach einem gemeinsamen Begriffsverständnis. Die AutoVision legte sich auf folgende Definition fest: „Unter dem Begriff
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‚Changemanagement‘ verstehen wir die systematische Planung, Steuerung, Umsetzung und Reflexion von Veränderungsprozessen unter Beteiligung der von der Veränderung betroffenen Menschen. Dabei orientieren sich alle Aktivitäten stets an der Strategie und den Werten. Changemanagement ist Kernaufgabe aller Führungskräfte.“ Hinsichtlich der Unterstützungsleistungen wurde zwischen Pflicht- und Wahlangeboten unterschieden. Zu den Pflichtangeboten gehörten diejenigen Bestandteile des Konzeptes, ohne die eine erfolgreiche Umsetzung gefährdet war. Der Aufbau der internen Change-Kompetenz wurde über ein Multiplikatoren-Konzept mit MitarbeiterInnen aller Unternehmensbereiche gewährleistet. Um die Mitarbeiter „abzuholen“ und zu beteiligen, lag der Schwerpunkt der kommunikativen Maßnahmen im 1. Halbjahr 2008 auf der internen Zielgruppe, im 2. Halbjahr auf der Externen. So waren die Mitarbeiter motiviert, dem Unternehmen als Multiplikatoren und Testimonials „ihr Gesicht zu leihen“.
Ausgewählte Maßnahmen und Instrumente Strategieworkshops Mit dem Ziel des fachlichen Austausches, der Bearbeitung aktueller Themen und der Vermittlung unterschiedlicher Wahrnehmungen wurden regelmäßig Strategieworkshops unter Teilnahme der Geschäftsführung, des Managements und der
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Kernprojektleiter durchgeführt. Neben Informations-, Dialog- und Arbeitssequenzen wurden Trainingsanteilen insbesondere zu emotional-psychologischen Themen integriert, darunter bekannte Modelle und Methoden zum Umgang mit Widerständen, Konflikten und Spannungsfeldern in Veränderungsprozessen. Change-Bericht Um einen regelmäßigen Austausch zwischen Beraterteam, Geschäftsführung und Top-Management über den Veränderungsprozess zu gewährleisten wurde der dialogorientierte Change-Bericht implementiert. Anders als beim wöchentlichen Tracking der strategischen Kernprojekte sollte hier Raum für Themen und Anliegen zum gesamten Veränderungsprozess geschaffen werden. Um zu verdeutlichen, dass das „Korsett“ der üblichen Meetingstruktur hier außer Kraft gesetzt wurde verlegte man den Change-Bericht auf Abendeinheiten – outdoor und open end. Multiplikatoren-Konzept Um intern Kompetenzen zur professionellen Begleitung von Veränderungsprozessen in einem volatilen Umfeld aufzubauen wurde ein MultiplikatorenKonzept erstellt. Die Auswahl der Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen erfolgte mittels definierter Kriterien über das Top-Management. Von Anfang an wurden die Multiplikatoren in den gesamten Veränderungsprozess involviert und zudem über mehrtägige Qualifikationsmodule auf ihre Aufgabe vorbereitet. Wie geplant stiegen die externen Berater zur Jahreshälfte 2008 aus dem Projekt aus. Bis dahin war die Qualifizierung der Change-Multiplikatoren abgeschlossen, sie hatten sich konstituiert und bereits in unterschiedlichen Teilprojekten zusammengearbeitet. Sie waren intern bekannt und akzeptiert und hatten ein Changemanagement-Konzept zur Unterstützung bei Veränderungsprozessen erstellt, welches durch das Management positiv entschieden wurde. Durch Regeltermine mit der Geschäftsführung blieb die notwendige Aufmerksamkeit und das Commitment auf höchster Ebene sichergestellt. Testimonialkampagne Im Zuge der Kommunikationsstrategie „intern vor extern“ wurde mit einer Reihe von Mitarbeitern, die in als „authentische Models“ dienten, eine wertebasierte Testimonialkampagne realisiert. Darüber hinaus wurde der Heterogenität entsprechend quer durch das Unternehmen Bildmaterial professionell erstellt, das die Mitarbeiter in ihrer natürlichen Arbeitsumgebung zeigt und für Werbe- und Imagezwecke unternehmensweit eingesetzt wird. Gleiches gilt für im Zeitraum erstellte Rekruitingfilme. Fremdbildanalyse und Wertecoaching Bestandteil der Explorationsphase war eine Fremdbildanalyse des Benediktinermönches zu den Unternehmenswerten mit Rückspiegelung der Ergebnisse an den Managementkreis in einem zweitägigen Workshop inklusive offenem Austausch. Im Anschluss bestand das Angebot eines individuellen Wertecoachings zur Reflexion der eigenen Führungsarbeit.
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Mitarbeiterveranstaltung Als eine der Face-to-face-Maßnahmen wurden Mitarbeiter aller Standorte als Multiplikatoren zu einer zentralen Mitarbeiterveranstaltung in Wolfsburg eingeladen. Die Geschäftsführung und das Management berichteten über den Verlauf der Strategieumsetzung. In einer dialogorientierten Sequenz stellten sich die Führungskräfte den Fragen aus der Mannschaft. Intranetauftritt und Mitarbeitermagazin In Rahmen der Strategieumsetzung wurde zur verbesserten Information und Identifikation das Intranet neu gestaltet und das Mitarbeitermagazin „Visionär“ ins Leben gerufen. Die Namensgebung erfolgte beteiligungsorientiert. Ein interdisziplinäres Redaktionsteam mit Mitarbeitern aller Unternehmensbereiche verantwortet die Inhalte. Um der Situation Rechnung zu tragen, dass nicht alle Mitarbeitergruppen online erreichbar sind, wird der „Visionär“ bis heute an alle Mitarbeiter postalisch versendet. Corporate Design Das für alle auffälligste Merkmal der neuen Dachmarke war das neue Corporate Design: weg von einem unauffälligen Silbergrau hin zu einem leuchtenden Grün mit Auswirkungen auf alle Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen bis hin zur Gestaltung der Räumlichkeiten und Give-aways passend zur Metapher der Strategieumsetzung, dem „Bergsteigermotiv“.
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Konkrete Zielvorgaben In 2008 wurden für drei Migrationsphasen konkrete Ziele in Anlehnung an die Systematik einer Balanced Scorecard festgelegt. Im Rahmen eines Programmmanagements wurden für alle strategischen Kern- sowie die unterstützenden Changeund Kommunikationsprojekte Zeit- und Ablaufpläne erstellt und getrackt. Erfolgsentscheidend war ein wöchentlicher Berichtstermin der Verantwortlichen vor der Geschäftsführung, um die Umsetzung zu verfolgen, Probleme frühzeitig zu erkennen und zeitnah eingreifen zu können.
Ausgewählte Evaluationsmethoden Um die Auswirkungen von Maßnahmen bewerten zu können, wurden je nach Fragestellung und Zielgruppe unterschiedliche Evaluierungsmethoden eingesetzt. Dabei konnten die Verantwortlichen nur zum Teil auf bestehende Tools wie beispielsweise das unternehmensweite „Stimmungsbarometer“ zurückgreifen. Dabei handelt es sich um eine onlinebasierte Befragung aller Mitarbeiter. Sobald die Ergebnisse vorlagen wurden in allen Teams persönliche Dialogrunden durchgeführt. Ergebnis waren gemeinsam erarbeitete und verbindlich vereinbarte Maßnahmen zu den spezifischen Problemfeldern.
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Eine große Anzahl an Methoden wurde während des Veränderungsprozesses bei Bedarf neu konzipiert. Als eine der vielen kommunikativen Herausforderungen stellte sich zu Beginn des Change-Prozesses die Frage „wie erreicht das Feedback der Mitarbeiter während des Veränderungsprozesses die Führungsebene und Verantwortlichen?“. Eine Lösung war das „Soundingboard“ als unternehmensweite Feedbackschleife der Mannschaft zum Informationsstand und Status des Change-Prozesses mitsamt den unterschiedlichen Problemen und Stimmungen. Zum Schluss erfolgte die Rückspiegelung der Ergebnisse an das gesamte Management, die strategischen Projektleiter und den Betriebsrat. Eine weitere Lösung bot das „Frühstücksgespräch“ zum direkten Austausch zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern. Wie dieses wurden auch viele andere Instrumente, die anlässlich des Change-Communications-Konzeptes entstanden, bis heute fortgeführt.
Wertschöpfung Die AutoVision hat den Veränderungsprozess erfolgreich absolviert und weist stabile Zahlen auf. So verzeichnete das Unternehmen im Jahr der Strategieumsetzung eine weitere Umsatzsteigerung von 280 Mio. € in 2007 auf 346 Mio. € in 2008 und arbeitete sich in dieser Zeit mit Platz 5 im Ranking der führenden Zeitarbeits- und Personaldienstleistungsunternehmen in Deutschland weiter vor (Lünendonk-Liste 2009). Das vielfach zitierte Risiko von Leistungseinbrüchen bei umfassenden Veränderungsprozessen blieb aus, stattdessen wurde 2008 zum Rekordjahr seit Unternehmensgründung. Konstant erhielt die AutoVision auch nach der Strategieumsetzung die Auszeichnung „Top Arbeitgeber Automotive“ und gewann für die erfolgreiche Umsetzung der IT-Strategie den Handelsblatt IT Strategy Award 2009. Durch den Einsatz der internen Change-Multiplikatoren wurden im ersten Halbjahr 2009 über 40 Beratertage für die Begleitung von Veränderungsprozessen und für die Moderation von Workshops eingespart. Als ein wesentliches Kriterium erging aus der Mannschaft ein positives Signal: der Stimmungsindex und die Beteiligungsquote der unternehmensweiten Mitarbeiterbefragung stiegen weiter an: 93 % der MitarbeiterInnen gaben an, gerne bei der AutoVision GmbH zu arbeiten.
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Literaturverzeichnis Becker H, Langosch, I (2002) Produktivität und Menschlichkeit: Organisationsentwicklung und ihre Anwendung in der Praxis. Lucius & Lucius Kruse P (2005) next practice. Erfolgreiches Management von Instabilität. GABAL Verlag GmbH, Offenbach Lünendonk-Liste (2009) Führende Zeitarbeit- und Personaldienstleistungsunternehmen in Deutschland. http://www.luenendonk.de/zeitarbeit.php
Werte – dafür stehen wir Felicitas von Imhoff
Zusammenfassung Mit seinem weltweiten Wertekommunikationsprogramm setzt Siemens ein Zeichen: Mit einer eigens auf das Thema ausgerichteten Kommunikationskampagne vermittelt das Unternehmen seit 2007 seinen mehr als 400.000 Mitarbeitern die neu eingeführten Werte „verantwortungsvoll – exzellent – innovativ“. Ziel der weltweiten Kampagne ist es, ein gemeinsames Werteverständnis in der Mitarbeiterschaft zu entwickeln und zu fördern. Der Start der fokussierten und langfristig ausgerichteten Wertekommunikation brachte die Initialzündung für einen unternehmensweiten kulturellen Umschwung. Als fester Bestandteil der internen, aber auch externen Kommunikation des Konzerns wird die erfolgreiche Wertekommunikation seitdem auf globaler wie auf regionaler Ebene kontinuierlich weiterentwickelt und durchgeführt. Exzellent, innovativ, verantwortungsvoll: Unsere Werte sind Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg. Sie sind die Grundlage für Spitzenleistungen mit höchstem ethischen Anspruch. Dafür stehe ich auch persönlich ein: Ich arbeite an der Weiterentwicklung des Konzerns auf Basis dieser Werte. Sie sollen für jeden in unserem Unternehmen Bedeutung haben. Siemens steht dafür überall auf der Welt. Peter Löscher, Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG
Informationen zum Projekt Nominiert in der Kategorie Cultural Change
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Unternehmen: Siemens AG Wittelsbacherplatz 2 80333 München www.siemens.com Ansprechperson: Felicitas von Imhoff, Referentin Unternehmenskommunikation Siemens AG
Ausgangslage: Vertrauen in der Krise Die in 2007 aufgedeckte Korruptionsaffäre erschütterte Siemens in seinen Grundfesten. Kritische Medienberichte dominierten über lange Zeit das öffentliche Bewusstsein – und auch das der Mitarbeiter1. Viele Mitarbeiter reagierten mit Wut, Trauer, Fassungslosigkeit und Verunsicherung. Es brauchte weit mehr als bloße Informationen, um das Vertrauen wieder herzustellen. Neben dem Erreichen von compliance-konformem Verhalten wurde das Bewusstsein um und Verinnerlichung der Siemens Unternehmenswerte in den Mittelpunkt der Mitarbeiterkommunikation gestellt. Die kommunikative Aufgabenstellung bestand deshalb darin, die Relevanz der neu formulierten Unternehmenswerte so zu untermauern, dass einerseits die Vertrauenskrise überwunden und andererseits die Identifizierung mit dem Unternehmen auf lange Sicht gestärkt wird.
Kommunikative Herausforderungen Glaubwürdigkeit entgegen externer Wahrnehmung erzeugen Als Manager wegen wertewidrigen Verhaltens gerichtlich belangt wurden, geriet auch die Wertehaltung des Unternehmens selbst ins mediale Kreuzfeuer. Trotz des vorbildlichen neuen Compliance-Programms tauchte der Firmenname noch lange 1
steht im Weiteren für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
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als Metapher für Korruption in den Medien auf. Diese mediale Langzeitwirkung wirkte lange auf die Kommunikation des Unternehmens – und ließ Mitarbeiter neue interne Initiativen besonders kritisch hinterfragen. Die Relevanz der Werte erlebbar machen Im damaligen Umfeld bestand die Gefahr, dass die tatsächliche Geschäftsrelevanz und -auswirkung der Werte nicht erkannt und Kommunikation dazu als optionales „Nice to have“ missverstanden werden könnte. Der Eindruck, dass die neuen Siemens-Unternehmenswerte: verantwortungsvoll, exzellent, innovativ in der Realität nicht gelebt werden, hätte bei Mitarbeitern und Außenstehenden schnell skeptische Reaktionen hervorrufen können. Vertrauen in einem sich ändernden Umfeld schaffen Zusätzlich zur Vertrauenskrise durchlief Siemens grundlegende personelle und strukturelle Veränderungen: • Mit Peter Löscher übernahm erstmals in der Firmengeschichte von Siemens ein Mann „von außen“ die Aufgabe des Vorstandsvorsitzenden. Löscher zeichnete sich schnell durch einen von vielen Siemens-Mitarbeitern als neu empfundenen, sehr international geprägten Führungsstil aus. • Der neue CEO gab dem Unternehmen eine neue Organisationsstruktur mit den jetzigen drei Sektoren in Industry, Healthcare und Energy und führte das CEOPrinzip als Führungsprinzip ein, das klare Verantwortlichkeiten in den Mittelpunkt stellt. Innerhalb dieses Rahmens einen Werteprozess anzustoßen, stellte für die Verantwortlichen eine große Herausforderung dar.
Kommunikationsziel: über Information hin zu aktiver Anwendung Das quantitative Ziel der Wertekommunikation lautete für das erste Jahr der Kommunikationsinitiative, mindestens 80 Prozent aller damals 430.000 Mitarbeiter in 190 Ländern mindestens einmal mit den Werten in Berührung zu bringen. Qualitativ hatte die Kommunikation zum Ziel, nicht nur über die Werte zu informieren, sondern auch einen Grundstein für Engagement-Aktivitäten zu legen und eine Verständnisbasis zu schaffen, auf der die Werte namentlich und inhaltlich sowie in ihren Auswirkungen im alltäglichen Geschäftsleben erlebbar und überprüfbar gemacht werden. Darauf aufbauend besteht das übergeordnete langfristige Ziel darin, dass alle Mitarbeiter die Werte kennen und sich in ihrem Geschäftsalltag an ihnen orientieren.
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Strategischer Ansatz Vorgehensweise Um die Unternehmenswerte glaubwürdig zu kommunizieren, galt es, die im Unternehmen befindlichen Strukturen als ein die Kommunikation förderndes, unterstützendes Rahmenwerk zu nutzen und multidirektional statt nur „Top-Down“ oder „Bottom-Up“ zu agieren. Die primären Zielgruppen Mitarbeiter und Führungskräfte sollten in ihren jeweiligen Funktionen und Aufgaben die Werte verstehen, einen „wertvollen“ unternehmerischen Beitrag leisten und mit Hilfe der als gemeinsam erlebten und verstandenen Werte eine unternehmerische Einheit bilden können. Die Kommunikationsmaßnahmen unterstützen sowohl Führungskräfte speziell in ihrer vermittelnden Funktion darin, sich als Vorbilder selbst mit den Werten zu identifizieren, als auch sich von den Werten für ihre persönliche Arbeit inspirieren zu lassen und sie erkennbar vorzuleben. Die Führungsebene des Unternehmens bietet dazu einen eigenen Kanal in Form des Manager Intranets, der es ermöglicht, die zielgruppenspezifischen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Parallel zur Führungskräftekommunikation setzte Siemens unternehmensweite Kommunikationsmaßnahmen um, die alle Mitarbeiter weltweit direkt über digitale und gedruckte interne Medien, wie das Mitarbeiter-Intranet, Print-, Dialog- und Engagement-Medien ansprachen. Auf diese Weise schuf Siemens die für die Glaubwürdigkeit unerlässliche Informationsgleichheit und damit die Basis für eine breite Akzeptanz der Werte. Botschaften Schüsselbotschaften aller Kommunikationsmaßnahmen sind primär die Werte selbst: verantwortungsvoll, exzellent und innovativ. Basierend auf der adjektivischen Konstruktion der Unternehmenswerte, die sinngemäß impliziert, dass jeder Mensch selbst für die Umsetzung der Werte steht, wurden Verstärker und Sinnbilder als Sub-Botschaften eingesetzt und in die Kommunikation verwoben, um die Idee der Unerlässlichkeit der Werte zu vertiefen. Die Werte sollen als DNA des Unternehmens empfunden werden und den Mitarbeitern als Leitfaden und Identifikation dienen. Die Subbotschaften von (Ich bin) verantwortungsvoll/exzellent/innovativ ergeben sich quasi selbstverständlich aus der adjektivischen Formulierung der Werte: 1. Der Wert ist allein in Verbindung mit einer Person denkbar (Subjekt: „Ich“, „Du“, „Wir“). 2. Der Wert wirkt spezifisch in jeder Situation (Präsenzformen des Verbs sein: „Ich bin innovativ“, „Wir sind verantwortungsvoll“). 3. Alle Mitarbeiter sind den Werten gleichermaßen verpflichtet (Adjektiv ändert sich nicht durch Deklination).
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Die Werte selbst wurden ergänzt durch 25 korrespondierende Prinzipien, die die Werte erläutern und konkretisieren, zum Beispiel „Wir sind fair im Umgang mit Wettbewerbern und Stakeholdern“ für den Wert verantwortungsvoll, „Wir sind bereit, stets mehr zu leisten als man von uns erwartet“ für exzellent, „Unsere Innovationen geben unseren Kunden einen einzigartigen Wettbewerbsvorteil“ für innovativ. Die Prinzipien treten in der Kommunikation jedoch nicht in den Vordergrund, sie dienen vielmehr der Referenz und sind implizit in den oben genannten Schlüsselbotschaften enthalten.
Taktische Planung: multidirektionaler und mehrstufiger Roll-out In einem zweistufigen Wirkungsansatz legte Siemens zunächst die informativen Grundlagen rund um die Werte und die zugeordneten 25 Prinzipien, ergänzt durch Hintergrundwissen über den Werteprozess. Darauf aufbauend führte die Kommunikation behutsam aber kontinuierlich zu verschiedenen Engagement-Aktivitäten, die die persönliche Erfahrung und Auseinandersetzung mit den Werten intensivieren halfen. Diese zielgruppenspezifisch zweigeteilte, kaskadierende Kommunikationsstrategie ermöglichte es, alle Siemens-Mitarbeiter sowohl direkt als auch über ihre jeweiligen Führungskräfte zu erreichen.
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Dramaturgie Den offiziellen Startschuss zur Umsetzung der Wertekommunikation gab der Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher auf der Siemens Business Conference, der jährlichen Top-Management-Tagung des Unternehmens, im Oktober 2007. Gemeinsam mit den 600 Managern diskutierte der Vorstandsvorsitzende die Werte. Als interaktives Format für dieses Publikum kreierte Siemens Werte-Workshops im Tablecloth-Format mit rotierenden Kleingruppen und vorgedruckten, beschreibbaren Tischdecken. Die Teilnehmer der SBC erhielten ein elektronisches Tool-Kit mit Hintergrundmaterialien, gebrauchsfertigen Präsentationen und Anleitungen, um die Werte im Anschluss ihrerseits im Dialog an die Mitarbeiter weiter zu geben. In den folgenden Monaten kaskadierten Führungskräfte die Werte vor allem mit Hilfe modifizierter Workshop-Formate. Diese konnten in bestehende Meetings integriert oder als separat angesetzte Workshops eingesetzt werden, und boten so flexible, auf die jeweiligen Team- und Informationsbedürfnisse maßgeschneiderte Anwendungsmöglichkeiten. Parallel dazu wurden Informationen in einem eigens konzipierten Online-Bereich bereitgestellt, die – teilweise durch eine spielerische Umsetzung – zur Auseinandersetzung mit dem Thema anregten. Die Produktion des „Key Visuals“ als symbolisches Identifikationsbild markierte die nächste Stufe des Kommunikationsprogramms. Stellvertretend für alle Mitarbeiter weltweit wurden 20 Siemens-Mitarbeiter des Standorts Iselin im Bundesstaat New York für das Key Visual fotografiert. Das Gruppenbild der Mitarbeiter, die in ihrer Vielfalt für die unterschiedlichsten Mitarbeitergruppen des Weltkonzerns stehen, wurde mit der Aussage „Wir stehen für unsere Werte“ kombiniert. Als bildliche Projektionsfläche für jeden einzelnen Mitarbeiter weltweit bot das Key Visual einen emotionalen Anker mit hohem Identifikationswert. Dieser Effekt wird durch die regionale Adaption für einzelne Materialien im Verlauf der Zeit weiter ausgebaut werden. Das Potenzial zur Identifikation mit den gezeigten Mitarbeitern nutzte die zentrale Kommunikation, um ein Konzept zu entwickeln, dessen Einzelmaßnahmen sich um das Key Visual anordnen und konsequent ineinander greifen. Der Einstieg in die mediale Nutzung des Key Visuals erfolgte durch die Produktion der sogenannten Wertekarte, einer Kunststoffkarte im handlichen Kreditkartenformat. Bedruckt mit dem Key Visual, der Aussage „Wir stehen für unsere Werte“ sowie den Werten selbst und dem Link zum Wertebereich im Intranet wurde die Wertekarte mit der weltweiten Mitarbeiterzeitung „SiemensWelt“ an alle über 430.000 Mitarbeiter sowie an etwa 80.000 Pensionäre verteilt. Das Interview mit Peter Löscher zum Thema Werte in der SiemensWelt, platziert auf der Titelseite der Zeitung, thematisierte die große Relevanz der Werte. Weitere Materialien wie die Wertebroschüre und das Werteposter wurden mit dem Key Visual neu aufgelegt. Siemens stellte außerdem eine offene Poster-Datei als Vorlage zur Verfügung, damit Teams nach demselben Muster ihr eigenes Wertemotiv erstellen konnten.
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Intuitiv in der Handhabung und zugeschnitten auf die jeweiligen Bedürfnisse bot das Zusammenspiel aller Materialien vor allem den Kommunikationsverantwortlichen und Führungskräften bereits zu Beginn des Werteprozesses die Möglichkeit, ihre eigene Wertekommunikation in den Regionen optimal durchzuführen.
Umsetzung: globale Inhalte und lokale Helden Um alle Mitarbeiter in 190 Ländern zu erreichen, orchestrierte Siemens die Kommunikation über zahlreiche Kommunikationskanäle und führte sukzessive von Informations- verstärkt zu Engagement-Aktivitäten: • Sämtliche Druckmaterialien sind schriftlich oder über das Intranet bestellbar; Kommunikations-Verantwortlichen in den Regionen stehen offene Datensätze zur lokalen Anpassung an ihre Bedürfnisse zur Verfügung. • Die Wertebereiche im Intranet für Mitarbeiter und Manager dienen als zentrale Informationsplattformen. Die Siemens Managers Website bieten spezielle, maßgeschneiderte Formate für Führungskräfte, wie eine Tool-Box mit Hintergrundmaterial, häufig gestellten Fragen, Einladungstextvorlagen, Checklisten zur Vorbereitung von Werte-Aktivitäten sowie Tipps & Tricks zur Fortführung des Wertedialogs. Ausgewählte Materialien daraus werden zeitversetzt für das Mitarbeiter-Intranet adaptiert und durch visuelle Elemente wie Banner, Portlet-Texte einfach auffindbar strukturiert sowie auf andere Seiten verlinkt.
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• Zahlreiche Videofilme, in denen Mitarbeiter verschiedene Siemens-Projekte vorstellen, waren zu Beginn des Programms im Mitarbeiter-Intranet abrufbar. Eines der Videos zeigte die Entstehung des Werte-Visuals aus Iselin, USA. Kurze Kommentare der beteiligten Mitarbeiter, in der sie ihre Sicht der Werte und die Erfahrung beim Making-of des Videos erläuterten, ergänzten dieses. • Interaktive Formate wie ein Werte-Quiz und eine Animation zu den Interessensgruppen (Mitarbeiter, Aktionäre, Kunden, Lieferanten, Gesellschaft), regten zur spielerischen Auseinandersetzung an und bereiteten den Boden für eine nachfolgende, anspruchsvollere Simulation zu den Werten. • Die ValueSimulation stellt die Führungskräfte vor vier Dilemmasituationen aus dem realen Geschäftsleben. Aufgabe ist es, anhand der Werte diese Situationen bestmöglich zu lösen. Die Simulation bietet direktes Feedback zu den Auswirkungen der eigenen Entscheidung auf jede der Interessensgruppen, die über eine Art „Werte-Barometer“ visualisiert werden. Als eine wesentliche Engagement-Maßnahme zielt sie darauf ab, im gemeinsamen Team-Dialog oder als Einzel-Nutzer wertebasierte Entscheidungen und deren Einfluss auf die Interessensgruppen zu simulieren und so letztlich das Vertrauen in reale wertebasierte Entscheidungen wieder zu stärken. • Siemens nutzte interne Veranstaltungen und Meetings für den experimentellen Einsatz des Social Media-Formats „Citizen Journalism“, bei denen Mitarbeiter als Reporter fungierten und Kommentare und Inhalte von ihren Kollegen sammelten, die wiederum im Intranet verfügbar sind.
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• Auf der Siemens Business Conference 2008 erhielten 600 Top-Manager auf einem Daten-Stick das Werte E-Book mit verschiedenen Kommunikationsmaterialien, die über reine Information hinaus die Führungskräfte in der Fortführung des Dialogs mit ihren Mitarbeitern unterstützen. Das E-Book wird seit seiner ersten Auflage kontinuierlich aktualisiert und verlinkt zu den sukzessive entstehenden Wertematerialien sowie zu weiteren Siemens Themenbereichen, die mit der Wertekommunikation in Verbindung stehen, wie z. B. das Thema Compliance oder die Unternehmensvision. Globales Storytelling mit den Siemens-Wertefilmen Ein zentrales Element der Engagement-Aktivitäten sind inzwischen die SiemensWertefilme. Sie porträtieren auf authentische und einfühlsame Weise SiemensMitarbeiter auf der ganzen Welt, die sich und ihre Projekte vorstellen. Künstlerische Struktur, Dramaturgie und untermalende Musik folgen dabei dem Muster eines dreistimmigen Kanons, um die Werte sowohl audio-visuell als auch emotional zu transportieren. Beibehalten wurde, wie auch in den einzelnen Wertevideos und Kommentaren, die persönliche, authentische Sichtweise auf die Werte. 2008 wurde der erste Wertefilm „We say it – we mean it“ produziert. Der Film porträtiert Mitarbeiter sowie Siemens-Geschäftspartner aus sechs verschiedenen Siemens-Standorten. Er wurde im Januar 2009 intern sowie extern auf der SiemensHauptversammlung mit ca. 10.000 Teilnehmern erstmals gezeigt und wird seitdem als Referenzpunkt für das weiterführende Dialog- und ErfahrungsaustauschProgramm eingesetzt. Den Auftakt der aktuellen Filmreihe machte die Episode mit Nathalie von Siemens, einer im Unternehmen tätigen Ur-Ur-Enkelin des Firmengründers Werner von Siemens, die im Rahmen der Hauptversammlung 2010 veröffentlich wurde. Die folgenden Episoden werden im Laufe des Jahres in ca. zweimonatlichen Abständen veröffentlicht. Die kommunikativen Begleitaktivitäten reichen von Einbindung des Films in Workshop-Formate bis zur Positionierung der Filmprotagonisten in Kurzinterviews, Film Making-of Slideshows, auf Wertepostern, E-Cards und Desktop-Wallpapers. Die Protagonisten selbst erleichtern die Identifikation mit den Werten, indem sie ihren Kollegen eine emotionale Projektionsfläche bieten. Gleichzeitig fungieren die „local heroes“ in ihren jeweiligen Regionen als Agenten des Wandels, die die Relevanz der Werte in den Kontext ihres Arbeitsumfelds übersetzen, und so die von der Konzernzentrale formulierten Werte für ihre KollegInnen greifbarer machen.
Evaluation und Schlussfolgerung Bereits im Laufe des Jahres 2008 wurden über 80 Prozent aller Mitarbeiter weltweit über die Kommunikationsaktivitäten und -kanäle mehrfach erreicht. Eine
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repräsentative, interne Befragung von 35.000 Mitarbeiter aus 14 Ländern zum Bekanntheitsgrad der Werte ergab im selben Jahr, dass 66 Prozent aller SiemensMitarbeiter weltweit mindestens zwei der Werte verinnerlicht hatten. Für 2009 ergibt sich ein noch positiveres Bild: Der Anteil der Mitarbeiter, die alle drei Werte kennen, konnte von 17 Prozent auf 30 Prozent gesteigert werden. Ganze 85 Prozent der Mitarbeiter geben an, gut über die Werte informiert zu sein. Das Feedback der Kommunikationsverantwortlichen bekräftigte diesen positiven Eindruck: in 50 der größten Siemens-Länder hatten Repräsentanten aller drei Sektoren des Unternehmens (Healthcare, Energy, Industry) Workshops in verschiedenen Formaten und Längen durchgeführt und Top Manager aus allen Führungs- und Funktionsbereichen involviert (Führungskräfte aus allen Divisionen und Unternehmensbereichen, Bereichsleiter und Top Talents). Sie hatten WerteWorkshops und -materialien außerdem in Aktivitäten des Personalbereichs integriert, beispielsweise zur Orientierung bei Neueinstellungen und für Top TalentMeetings. Auch Mitarbeiterversammlungen oder eigens dafür organisierte WerteMittagessen nutzten die Führungskräfte, um die Werte im direkten Gespräch zu vermitteln. Die Resonanz auf die Wertekommunikation war stets sehr positiv, und ergab, dass Mitarbeiter die Gespräche, Gesprächsangebote, Informationen und das aktive Engagement der Führungskräfte schätzen. Konstruktive Verbesserungsanregungen sowie Anfragen nach weiteren modularen Formaten und Methoden der Ergebnisdokumentation von Workshops belegten ebenfalls ein hohes Maß an aktiver Beteiligung. Nahezu 500.000 Plastikkarten mit den Werten wurden mittels Mitarbeiterzeitung an alle Siemens-Mitarbeiter und Pensionäre verteilt, mehr als 50.000 Wertebroschüren und 15.000 Werteposter in englischer Sprache gedruckt und versandt, sowie mittels offener Datensätze in bislang 15 weitere Sprachen angepasst. Die Resonanz auf den ersten Wertefilm „We say it – we mean it“ war überaus positiv, die Downloadraten im Intranet schossen nach Versand des Links in einer Mitarbeiter-E-Mail des Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher in die Höhe. Auch die neuen Wertefilm-Episoden stoßen auf ungebrochenes Interesse. Den Mitarbeitern gefällt der authentische, glaubwürdige Ton und die Anfragen nach Nutzung des Films sowie weitere Vorschläge für Folgeprojekte reißen nicht ab. Besonders viel Aufmerksamkeit weckte die erste Episode der sechs neuen Wertefilme, die im Rahmen der Hauptversammlung im Januar 2010 veröffentlicht wurde. In dieser Episode begleitet das Filmteam Nathalie von Siemens, die Ur-Ur-Enkelin des Firmengründers auf Spaziergänge durch München und Berlin und gleichermaßen eine Reise durch die Geschichte des Unternehmens Siemens, durch die sich die Werte wie ein roter Faden ziehen. Mit mehr als 140 Antworten und Kommentaren direkt nach der Veröffentlichung und mittlerweile mehr als 100.000 Downloads übertraf die Resonanz auf diesen Wertefilm alle Erwartungen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die multidirektionale und mehrstufige Vorgehensweise der Siemens-Wertekommunikation bisher die avisierten Ziele mehr als erreicht hat. Das behutsame Vorgehen mit dem sensiblen Thema Werte in
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einer strukturell wie geographisch derart komplexen Konzernstruktur hat sich bewährt und einen soliden Grundstein gelegt für eine erfolgreiche Fortführung des Wertedialogs in der Zukunft. Felicitas von Imhoff jedenfalls sieht den Werteprozess nicht als zeitlich begrenzt: „Ganz abgeschlossen ist so etwas natürlich nie. Es geht um einen Wandel in der Unternehmens- und Führungskultur. Unser CEO Peter Löscher hat dazu immer wieder gesagt: Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon.“
Change T-Systems: Dialog als Change Management Prozess Sylvia Baitinger
Zusammenfassung Der IT- und Telekommunikationsmarkt ist hart umkämpft und wie kaum eine andere Branche durch schnellen Wandel geprägt. Die T-Systems International GmbH steht damit vor sich ständig verändernden Anforderungen und muss flexibel reagieren können. Wandel ist nicht Ausnahmezustand, sondern Alltag. Aber wie lässt sich dieser Wandel optimal managen? Wie den Mitarbeitern zeitnah vermitteln? Das Unternehmen intensivierte dazu mit „Change T-Systems“ die interne Kommunikation. Er setzte eine Dialog-Kaskade in Gang, die den Vorstand, die Top-100-Führungskräfte sowie alle Mitarbeiter im In- und Ausland einbezieht. Kommunikation wird heute als stetiger Fluss zwischen allen Ebenen Begriffen: Denn nur wenn alle Führungskräfte und Mitarbeiter die Strategie und Leitlinien (Werte) des Unternehmens genau kennen und verstehen, können sie diese im Tagesgeschäft auch erfolgreich umsetzen. Das Unternehmen etablierte als zentrales Umsetzungs-Element die Dialog-Plattform „Talking Straight!“.
Informationen zum Projekt Nominiert in der Kategorie Cultural Change Unternehmen: Deutsche Telekom AG / T-Systems International GmbH Titel des Projekts: Change T-Systems: Dialog als Change Management Prozess Website: http://www.t-systems.de/
C. Harringer, H. Maier, Change Communications Jahrbuch 2010, doi:10.1007/978-3-642-14500-1, © Springer 2011
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Ansprechpersonen: Sylvia Baitinger, Leiterin Team Change Management
Martin Sacher, Experte Change Management
Ausgangslage T-Systems – Großkundensparte der Deutschen Telekom Mit einer weltumspannenden Infrastruktur aus Rechenzentren und Netzen betreibt T-Systems die Informations- und Kommunikationstechnik (engl. kurz ICT) für multinationale Konzerne und öffentliche Institutionen. Auf dieser Basis bietet die Großkundensparte der Deutschen Telekom integrierte Lösungen für die vernetzte Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft. Rund 45.300 Mitarbeiter verknüpfen bei T-Systems Branchenkompetenz mit ICT-Innovationen, um Kunden in aller Welt spürbaren Mehrwert für ihr Kerngeschäft zu schaffen. Im Geschäftsjahr 2009 erzielte die Großkundensparte einen Umsatz von rund 8,8 Milliarden Euro.
Wissen, worum es geht Die Deutsche Telekom will sich zum internationalen Marktführer für vernetztes Leben und Arbeiten entwickeln. Dazu müssen alle Bereiche des Konzerns beitragen. T-Systems steht für den Part „Connected Work“, den Aufbau von netzwerkzentrierter ICT und hat es sich zum Ziel gesetzt, einer der größten Dienstleister in
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diesem Bereich zu werden. Gerade bei einem Dienstleistungsunternehmen wie T-Systems ist es entscheidend, dass alle Mitarbeiter sich voll für dieses unternehmerische Ziel einsetzen. Dies ist aber nur möglich, wenn alle Beschäftigten Ziele und Strategie kennen und verstehen und in der Lage sind, daraus die eigenen Aufgaben abzuleiten. Genau hier hatten Mitarbeiterbefragungen bei T-Systems noch Defizite erkennen lassen. Viele Mitarbeiter forderten mehr Erläuterungen zur Strategie ein. Das war der Auslöser für die Change-Initiative. Im Zentrum der Initiative stand der Dialog und daher auch die Etablierung verschiedener Dialogplattformen. Dagmar Pithan, Senior Vice President HRD, und Verantwortliche für „Change T-Systems“, erklärt dazu: „Der Dialog soll wie eine Kaskade durchs Unternehmen laufen – und zwar von Beginn an in allen Ländern sowie in beide Richtungen, von oben nach unten und von unten nach oben.“
Dialog als Schlüssel zum Erfolg Die Change-Initiative räumt dem unternehmensinternen Dialog die Schlüsselfunktion ein. Auf einen einfachen Nenner gebracht bedeutet dies: Alle Mitarbeiter müssen stets rechtzeitig eingebunden werden und die für sie wichtigen Informationen erhalten – denn nur wer die Strategie kennt und versteht, kann seine Aufgabe im Unternehmen optimal erfüllen. Der entscheidende Informationskanal sind dabei die Top-Führungskräfte, die gewissermaßen als Botschafter im Unternehmen fungieren. Sie holen ihre Mitarbeiter ins Boot und erklären ihnen, welche Aufgaben sich aus der Strategie und den Werten ableiten. Damit stellen sie die offene Kommunikation über alle Ebenen hinweg sicher – mit der stetigen Unterstützung des HR-Bereichs. Dr. Matthias Schuster¸ Geschäftsführer HR der T-Systems International GmbH, sagt dazu: „Wir unterstützen die Führungskräfte, so dass sie in der Lage sind, ihre Mitarbeiter optimal über die Strategie, unsere BIG 5 – das sind unsere strategischen Ziele – sowie die Leitlinien der Deutschen Telekom zu informieren.“ Damit folgt T-Systems den Schlussfolgerungen von Hodge/Anthony und Gales, die 2003 formulierten: “Change does not occur in a vacuum. People need to be informed about the nature of proposed change and how that change is likely to affect them. Resistance, confusion, and anger can be minimized with clear and timely communication about the nature and impact of proposed changes” (Hodge/ Anthony/Gales 2003: 345). Den Beschäftigten eines jeden Unternehmens geht es um Sicherheit und Transparenz – Ansprüche, für die auch die Change-Initiative steht. Deshalb sind die Vorbehalte, die jeder Wandel mit sich bringt, gering. Getreu dem Motto “… talk about the change as openly as possible, as early as possible, and as much as they can in order to minimize or elimate resistance” (Liu/Perrewe 2005: 264 f.). Im Auftrag der Geschäftsführung entwickelte HR Development vergangenes Jahr mehrere Dialog-Plattformen, um die Kommunikation über alle Ebenen hinweg zu forcieren: Zum einen die „Talking Straight!“-Runden für Führungskräfte
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Auftrag der Geschäftsführung für „Change T-Systems“
sowie die „Driving- and Living our BIG 5“-Workshops für die Mitarbeiter. Diese Plattformen sollten den informellen Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern fördern – unabhängig von Hierarchie und Einheit. Und damit das Zusammengehörigkeitsgefühl (One Company Gedanke) im Unternehmen stärken.
Kommunikation rund um den Globus Bei T-Systems spielen die Top-100-Führungskräfte als Multiplikatoren für „Change T-Systems“ die entscheidende Rolle, da die 45.300 Mitarbeiter von T-Systems rund um den Globus verteilt arbeiten. Zentrale Informationsveranstaltungen scheiden daher aus. Daher bestand der erste Schritt der Dialogkaskade darin, dass die Top100-Manager alle Infos zu Strategie, Werten und Zielen in einer vierstündigen Talking-Straight!-Veranstaltung an die darunter liegenden Führungsebenen weitergaben. Das mittlere Management bis hin zur Teamleiter-Ebene informierte danach die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Transparenz und offener Umgang auch mit Problemen waren dabei die Leitlinien des Dialogs. Sehr treffend beschreibt einer der Gastgeber aus dem Kreis der Top 100 den Charakter der Veranstaltung: „Es wird mit Herzblut diskutiert, auch über unangenehme Themen. Insbesondere die Heterogenität der Teilnehmer habe ich als sehr erfrischend empfunden.“
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Weltweit fanden mehr als 130 Talking-Straight!-Veranstaltungen statt. Auf internationaler Ebene waren rund 4.000 Führungskräfte und Fachexperten zu mehr als 40 Events eingeladen. Gemanagt wurde Talking Straight! von Human Resources und Corporate Communications, die jeweiligen Fachabteilungen leisteten Unterstützung.
Kommunikationsziel Entscheidende Schritte zum Wandel Zwei Punkte waren zentral: Die aktive Rolle der Führungskräfte, die im Zentrum der Kommunikationsstrategie standen. Und zweitens die schlüssige Darstellung der Unternehmensstrategie und ihrer Einbettung in die Gesamtstrategie des Konzerns.
Die Umsetzung von Talking Straight! Mit „Change T-Systems“ möchte das Unternehmen einen ständigen Kommunikationsfluss von oben nach unten sowie in umgekehrter Richtung garantieren. In der Fachsprache nennt man dies den gleichzeitigen Bottom-Up und Top-Down Dialog. Damit setzt T-Systems den Grundsatz von Beer (2004) um: “Dialogue between top und bottom is essential for top management to learn about potential problems they will encounter in implementation so that they can make changes in their action plans accordingly” (Beer 2004: 380). Der Prozess der Top-Down bzw. Bottom-Up Kaskade sah wie folgt aus: 1. Das erste Meeting der Top 100 Führungskräfte vom 22. Januar 2009 gab den Anstoß, die „Talking Straight!“-Kommunikationskaskade zu starten. Als TopDown sahen sich die Mitglieder der Geschäftsführung und die Top 100 in der Pflicht. Sie stellten sich dem Dialog mit den darunter liegenden Ebenen. Diese hatten die Möglichkeit, direkt Fragen an die Geschäftsführung zu stellen (Bottom-Up). 2. Ab Juni 2009 organisierten die Führungskräfte für ihre Bereiche sogenannte „Driving bzw. Living our BIG 5“-Workshops. Dort sollten sie die Kernbotschaften aus den Talking Straight!-Runden weitergeben und konkrete Maßnahmen für den eigenen Verantwortungsbereich ableiten. Jede Führungskraft trägt dafür Sorge, dass ihre Mitarbeiter ihren persönlichen Beitrag zur Strategie und zur Umsetzung der Leitlinien kennen und verstehen. 3. Ergänzend zu „Talking Straight!“ und den Workshopformaten „Driving bzw. Living our BIG 5“ kamen ab März 2009 verstärkt Social Media-Elemente, wie zum Beispiel Blogs, ein Online Change Forum sowie Wikis, zum Einsatz. Sie dokumentierten die Ergebnisse der Veranstaltungen und boten die Möglichkeit zur Vernetzung und zum Feedback. Zudem unterstützen sie den Top-DownBottom-Up-Ansatz.
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Schlüsselbotschaften von Talking Straight! Inhaltlich im Mittelpunkt standen die strategischen Unternehmensziele, die sogenannten BIG 5 und die fünf Leitlinien der Deutschen Telekom AG. Die BIG 5 sind konkrete und messbare strategische Ziele. Zu ihnen gehören Wachstum, Qualität, operative Exzellenz, Profitabilität und die Verbesserung der Unternehmenskultur. Die Leitlinien sind der gemeinsame Nenner der Unternehmenskultur des Konzerns Deutsche Telekom AG. Sie wurden im Jahre 2008 in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeitet und verabschiedet; dazu gehörten der Vorstand, Vertreter der Sozialpartner sowie Repräsentanten aus den Landesgesellschaften. Das Ziel eines konzernweiten Implementierungsprojektes ist es, diese Leitlinien über verschiedenste Maßnahmen im Konzern Deutsche Telekom zu verankern und damit langfristig die Unternehmenskultur zu prägen. Ein Beitrag
Leitlinien der Deutschen Telekom AG
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von T-Systems, um dieses gemeinschaftliche Konzernziel zu erreichen, war die Initiative „Change T-Systems“.
Taktische Planung Die Elemente des Wandels Talking Straight! war ein wichtiges, aber nicht das einzige Element von „Change T-Systems“. Das Unternehmen kombinierte unterschiedliche Maßnahmen und Instrumente, um den Veränderungsprozess optimal zu flankieren.
Wie misst man den Change-Erfolg? Für die Erfolgsmessung von „Change T-Systems“ wurden die nachfolgenden Kennzahlen (KPIs = Key Performance Indicators) und dazugehörige Schwellenwerte festgelegt. Die Messung erfolgte jeweils direkt oder indirekt über den Pulscheck, eine Form der Mitarbeiterbefragung.
Zielvorgaben • Eine relative Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit um sechs Prozent im Jahr 2009 im Vergleich zum Ausgangswert aus 2008. Diese Zielvorgabe konnte direkt über den Pulscheck gemessen werden. Die dazugehörige Frage lautete: „Wie fühle ich mich bei T-Systems?“. • Bei den Pulscheck-Fragen zum Strategieverständnis sowie den strategischen Zielen (BIG 5) hatte die Geschäftsführung vorab einen absoluten Wert an Zustimmung definiert, der in den Pulscheck-Befragungen erreicht werden sollte. • Im ersten Implementierungsschritt sollte ein Bewusstsein geschaffen werden, alle Kolleginnen und Kollegen sollten die Leitlinien verstanden haben. Die Erfolgsmessung erfolgte mit Hilfe vorab definierter Schwellenwerte, die im Pulscheck erreicht werden sollten. • Etablierung und vermehrte Nutzung der Dialogplattformen (Driving und Living our BIG 5) durch die Zielgruppen Führungskräfte und Mitarbeiter. Das Projektteam „Change T-Systems“ startete ein Monitoring, um den Umsetzungsstatus in den einzelnen Geschäftseinheiten zu ermitteln. Im Folgenden sind sämtliche Plattformen und Werkzeuge von „Change T-Systems“ im Überblick dargestellt sowie mit inhaltlichen Erläuterungen versehen.
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„Change T-Systems“ – die Plattformen und Werkzeuge für den Wandel
Top 100 Führungskräfte-Meetings Die Geschäftsführung der T-Systems lädt rund vier Mal pro Jahr die Top 100 Führungskräfte des Unternehmens zu interaktiv gestalteten Veranstaltungen mit wechselnden Themenschwerpunkten ein.
Führungskräfteveranstaltungen „Talking Straight!“ Die Talking Straight!-Veranstaltungen waren international besetzt. Von März bis Juli 2009 haben weltweit 3000 (von insgesamt ca. 4000) Führungskräfte an jeweils vierstündigen Talking Straight!-Events teilgenommen.
Mitarbeiterworkshops „Driving & Living our BIG 5“ Auf der Mitarbeiterebene gab es die „Driving our BIG 5“ Workshops mit allen Managern. Diese sind auf die konkreten Einheiten zugeschnitten, um den ver-
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schiedenen Ausgangssituationen gerecht zu werden. Diese Workshops setzten sich zum Ziel, die den jeweiligen Einheiten entsprechende Strategie zu kommunizieren und in konkrete Aktionspläne zu gießen. Daneben standen insbesondere die Themen People und Culture im Fokus. In den „Living our BIG 5“-Workshops rückten die Mitarbeiter selbst in den Mittelpunkt. Die Führungskräfte standen hier vor der Aufgabe, die Driving our BIG 5-Ergebnisse mit dem eigenen Team zu operationalisieren.
Social Media und interne Medien (Newsletter, Intranet, Direct Mails, Poster, Give-Aways) Sowohl eine Change Community als auch ein Change Forum wurden eingerichtet. Die Change Community bietet optionale Schulungsangebote für Change Multiplikatoren in den Einheiten sowie für Manager an, die sich Unterstützung für die Gestaltung und Durchführung ihrer „Living our BIG 5“-Workshops mit ihren Mitarbeitern holen möchten. Das Change Forum baute eine Diskussions- und Dokumentationsplattform auf. Hier finden sich die Changedokumente, zum Beispiel alle Flip Charts aus den Talking Straight!-Workshops.
Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen Alle drei Monate findet die Pulscheck-Befragung statt. Die Resultate des Pulschecks informieren uns unter anderem darüber, wie sich unsere Mitarbeiter bei T-Systems fühlen und ob sie dem „Fahrplan des Wandels“ folgen. Wir analysieren, ob unsere Mitarbeiter und Manager optimistisch und motiviert sind. Die alle zwei Jahre stattfindende Mitarbeiterbefragung ermittelt die Zufriedenheit der Mitarbeiter, ihre Motivation und ihren Kenntnisstand bei diversen Unternehmensthemen.
360° Feedback für Führungskräfte Das 360° Feedback dient zur Standortbestimmung und Selbsteinschätzung eines jeden Einzelnen und gibt Hilfestellung bei der Auswahl passender Personalentwicklungsmaßnahmen.
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Umsetzung und Evaluation von „Change T-Systems“ Wie sich Probleme lösen lassen Andere Länder – andere Sitten: Selbstverständlich berücksichtigte „Change T-Systems“ die Besonderheiten der verschiedenen Landesgesellschaften. Zwar gibt es feste Corporate-Bestandteile, die überall gleich verwendet werden müssen. Es kommen aber zusätzlich landes- und einheitenspezifische Inhalte hinzu. „Change T-Systems“ hat den Wandel nicht erfunden – auch vorher schon gab es Plattformen für Veränderungsprozesse. Das Projektteam nutzte bereits bestehende Formate und Plattformen, widmete sie aber zugunsten der Corporate Brands wie zum Beispiel Talking Straight! um. Das sparte Zeit und Ressourcen.
Feedback – leicht gemacht Im Rahmen von „Change T-Systems“ existieren verschiedene Evaluierungskriterien und -methoden nebeneinander. Das Unternehmen verfügt über mehrere Feedback-Kanäle: den Pulscheck, die Rückmeldung von Talking Straight!-Teilnehmern und das Feedback der HR Moderatoren. Die gesammelten Rückmeldungen fließen in ein Feedbackbarometer. Im Talking Straight!-Forum konnten Mitarbeiter auch online ihre Meinung mitteilen.
Wertschöpfung Kam der Wandel an? Die Resonanz von „Change T-Systems“ ist positiv: Das Feedback der „Talking Straight!“ Teilnehmer reichte von „overall good“ bis „excellent“. Insgesamt stieg der gemessene KPI zur Mitarbeiterzufriedenheit im Jahresmittel um 16 Prozent. Der angestrebte Schwellenwert wurde damit deutlich übertroffen. Die Strategie sowie die fünf Leitlinien sind in Folge von „Change T-Systems“ und Talking Straight! deutlich besser im Unternehmen bekannt und verankert. „Change T-Systems“ verstärkt den Dialog im Unternehmen – lassen wir die Mitarbeiter daher selbst zu Wort kommen: Die nachfolgenden Zitate haben wir im Anschluss von Talking Straight!-Veranstaltungen gesammelt. Zunächst die Stimmen von Top-100-Führungskräften: • Talking Straight!, also der direkte Austausch mit den Führungskräften, hat aus meiner Sicht als Strategie-Auftaktveranstaltung die Erwartungen voll erfüllt. Voraussetzung hierfür war der offene Austausch zwischen den Teilnehmern
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und den Rednern in vielen interessanten Diskussionen. Es gab konstruktive Kritik, zum Ende des Treffens kristallisierte sich aber ein gemeinsames Verständnis für die T-Systems-Strategie heraus.“ „Spannende Veranstaltung, richtiger Zeit-Ansatz, Diskussion sehr abhängig von der Teilnehmergruppe.“ „Unser Kulturwandel wird nur dann erfolgreich sein, wenn jeder Einzelne damit beginnt, die Veränderungen wahrnehmbar vorzuleben. Vorreiter zu sein, ist erstrebenswert; auf die Anderen zu warten, ist bequem.“ „Sehr hohes Kommunikationsbedürfnis – Teilnehmer möchten teilweise auch einfach mal Dampf ablassen.“ „Die Moderation der Talking Straight!-Runden war wirklich ein absolutes Highlight meiner bisherigen Zeit bei T-Systems. Es ist einfach notwendig, die gesamte Mannschaft auf die Ziele und Vorgehensweisen einzuschwören. Und viel Spaß haben die Runden natürlich auch gemacht.“ Ergänzend hierzu noch einige Stimmen aus Teilnehmersicht:
• „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, es ist der richtige Weg, mit der Change Initiative zu starten.“ • „Wir sind als T-Systems wieder auf Kurs! Strategie gibt Perspektive!“ • „Das Setting ist sehr gut – soll bitte keine einmalige Aktion bleiben.“ • „Talking Straight! hat Aufbruchsstimmung vermittelt – der Rahmen stimmt!“ • „Kontinuität des Dialogs sicherstellen – bitte keine Einmalveranstaltung. Auch: Vernetzung!“ • „Gut, weil vor Ort und in kleiner Runde – Direkter Dialog mit Geschäftsführung und den Top-100-Führungskräften sehr gut!“ • „Wichtig: kommuniziert Erfolge/Teilerfolge. Lasst Mitarbeiter an Meilensteinen teilhaben – bindet sie kommunikativ ein.“
Change als Dauerzustand Für den nachhaltigen Erfolg von „Change T-Systems“ sind kontinuierliche Kommunikation und eine gelebte Dialog- und Feedbackkultur wichtig: „Darum verstehen wir ‚Change‘ auch nicht als ein einmaliges riesiges Projekt. Vielmehr geht es darum, den ständigen Wandel optimal zu managen. Die Initiativen, die wir jetzt anstoßen, sollten idealerweise in die regelmäßigen Kommunikations- und HR-Aktivitäten bei T-Systems übergehen“, sagt Dagmar Pithan, Senior Vice President HRD. Erste Erfolge konnte „Change T-Systems“ schon 2009 verbuchen: etwa bei der Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Beschäftigte, die ihren Wert für das Unternehmen kennen, handeln kundenorientierter und unternehmerischer. Ein deutliches Plus konnte bei der Hauptzielgruppe, den Führungskräften, verzeichnet werden. Dies schlug sich vor allem in einem Anstieg des relativen Werts bei den Strategiefragen im Pulscheck wider.
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Zusammengefasst kann man sagen: Die Change-Initiative hat den richtigen Weg verfolgt – und dieser Weg muss jetzt konsequent weiter gegangen und fester Bestandteil der Unternehmenskultur werden. Das ist das Ziel eines nachhaltigen Change Management. Denn es besteht immer die Gefahr, dass Organisationen – und damit auch Unternehmen – schnell in alte Muster zurückfallen. Richard Heygate (1993) veranschaulichte diesen Vorgang mit dem Bild eines Wackelpuddings: “Most corporations are like giant jellies … Unless you fundamentally reform the culture that holds them together, they swiftly wobble back into their old form.”
Literaturliste Beer, M. (2004): Lead Organizational Change by Creating Dissatisfaction and Realigning the Organization with New Competitive Realities; in: Locke, E. A. (Eds.), The Blackwell Handbook of Principles of Organizational Behaviour, Malden/Oxford/Carlton 2004, pp. 370–386. Fox/Amichai-Hamburger (2001), in: Steinle, Claus; Eggers, Bernd; Ahlers, Friedel. Change Management. Wandlungsprozesse erfolgreich planen und umsetzen, S. 86. Richard Heygate (1993): Immoderate redesign; in: McKinsey Quaterly, No. 1. Hodge, B. J./Anthony, W. P./Gales, L. M. (2003): Organization Theory: A Strategic Approach, 6. Edition, Upper Saddle River/New Jersey. Liu, Y./Perrewe, P. L. (2005): Another look at the role of emotion in the organizational change: A process model; in: Human Resource Management Review, Vol. 15, 2005, No. 4, pp. 263– 280. T-Systems Newsletter (2009), Wir setzen Dialog in Gang; in: T-Systems Intranet.
Die AutorInnen
Sylvia Baitinger leitet seit 2009 das Change Management Team in der T-Systems International. In dieser Funktion verantwortet sie die Steuerung globaler Change Initiativen, die Changebegleitung in verschiedenen Business-Projekten sowie den weiteren Auf- und Ausbau von Change-Knowhow in der gesamten Organisation. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft war Sylvia Baitinger insgesamt fünf Jahre bei Hewlett-Packard im Personalbereich beschäftigt und absolvierte parallel dazu ein Psychologie-Studium. Im Jahr 2000 stieg sie dann bei T-Systems International im HR Marketing & Recruiting ein und wechselte dort nach einiger Zeit in die Personal- und Führungskräfteentwicklung. Dort verantwortete sie verschiedene internationale Personalentwicklungs-Projekte und war im Rahmen eines internationalen IT-Outsourcing Deals maßgeblich an der Ausgestaltung der Integrations- und Change-Aktivitäten beteiligt. Martina De Rosi Nach dem Studium der Anglistik & Kunstgeschichte an den Universitäten von Innsbruck und Lancaster beginnt Martina De Rosi 2006 ihre berufliche Laufbahn als Mitarbeiterin im Marketing in einem Start-Up Softwareunternehmen in Südtirol, wo sie im Bereich Messen und Schulungen beschäftigt ist. Nach Weiterbildungen und Projekterfahrung im Bereich Werbung und Eventorganisation macht sie sich im Jahr 2003 im Bereich Event-Marketing selbstständig und wickelt vor allem Incentive-Projekte für Firmengruppen ab. Seit 2007 ist sie bei Maico GmbH verantwortlich für das Service Center Kommunikation. Christian Geissler ist Gründer, Vorstand und Partner der Commax Consulting AG mit Sitz in Grünwald bei München. Der studierte Marketing-Kommunikationswirt und Naturwissenschaftler gründete das Unternehmen im Jahr 1994. Seitdem hat er Commax konsequent zu einem führenden Anbieter von Learning & Development ausgebaut. Heute arbeiten 20 fest angestellte Trainer und Berater für das Unternehmen. Neben seiner Führungsfunktion bei Commax ist Christian Geissler anerkannter Brand Relationship-Experte und Management Coach. Er ist Autor des Fachbuch-Bestsellers „Outbound-Praxis“ (Gabler Verlag) und hat ver147
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schiedene Fachartikel im Bereich Leadership, Human Resources-Entwicklung und Verkauf veröffentlicht. Mit seinem Team entwickelt er neue Konzepte, wie die Brand Academy, die interaktive Plattform für interne und externe Markenkommunikation. Ingo Hamm leitet bei BASF die Change Kommunikation im Bereich „Global HR Executive Management and Development“. Zuvor war Hamm bei BASF für internationale Projekte in Unternehmenskommunikation und Brand Management zuständig, wobei er auch der Kommunikationsforschung der BASF vorstand. Vor dieser Tätigkeit war Hamm bei McKinsey & Company als Projektleiter tätig und hat Klienten verschiedenster Industrien bei Marketing und Markenführung beraten. Zu Beginn seiner Laufbahn baute Hamm zwei spezialisierte Institute für Marktforschung auf. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und studierte Wirtschaftspsychologe übt an der Universität Mannheim einen Lehrauftrag für Wirtschaftspsychologie aus. Christoph Hardt leitet seit April 2010 die Mitarbeiter- und Führungskräftekommunikation der Siemens AG. Zuvor war Hardt 20 Jahre lang als Journalist tätig. Nach dem Volontariat arbeitete er zunächst als Politik-Redakteur für den Kölner Stadt-Anzeiger, danach war er drei Jahre für die Holtzbrinck-Regionalzeitungen als Parlamentskorrespondent in Bonn und Berlin aktiv. Im Jahr 2000 wechselte er zum Handelsblatt nach Düsseldorf und bekleidete dort mehrere verantwortliche Positionen, unter anderem die Büroleitung in München und zuletzt die Leitung des Ressorts Unternehmen und Märkte. Hardt, M.A., hat in Heidelberg Geschichte, Philosophie und Musikwissenschaft studiert. Christoph Harringer ist studierter Betriebswirt. Nach langjähriger Tätigkeit in der ökologischen Unternehmensberatung leitete er die Organisationsentwicklung eines Versicherungsunternehmens und arbeitete dann als Consultant für ein international tätiges Management-Beratungs-Institut. Er ist ausgebildet in systemischer Organisationsentwicklung, Großgruppen-Intervention und narrativer Beratung. Seit 2004 ist Harringer – gemeinsam mit Hannes Maier – Geschäftsführer und Inhaber der Symbiosis Kommunikations-, Strategie- und Markenberatung aus Salzburg sowie Gründer und Vorstand der IBA Internal Branding Academy. Nils Haupt ist Leiter Unternehmenskommunikation der Lufthansa Cargo AG. Haupt studierte Literatur- und Sprachwissenschaften, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Rechtswissenschaften in Frankfurt/Main. Nach Beendigung seines Studiums war er für verschiedene Werbe- und PR-Agenturen und danach beim Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig und Dresden in verantwortlichen Positionen als Hörfunk- und Fernsehjournalist tätig. Nach zwei Jahren als Leiter Unternehmenskommunikation bei der Landesbank Sachsen Girozentrale in Leipzig übernahm Haupt 2002 die Leitung der Unternehmenskommunikation der Lufthansa Cargo AG. Er verantwortet damit die klassische Medien- und Öffent-
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lichkeitsarbeit sowie die interne Kommunikation des Unternehmens sowie seit Anfang 2010 zusätzlich die Marketing-Kommunikation. Nils Haupt ist Lehrbeauftragter für Public Relations bzw. Unternehmenskommunikation an der Universität Leipzig und der Technischen Universität Dresden. Heike Humpf verantwortet als Vice President die globale Public Relations bei der Deutschen Post DHL. Ihren Einstieg im Konzern fand sie 2004 als Stabschefin der Konzernkommunikation. 2006 übernahm sie die Abteilungsleitung Public Relations, um im Anschluss als Vice President für Change Communications verantwortlich zu zeichnen. Vor ihrem Eintritt in den Konzern leitete sie den Standort Frankfurt von ABC Euro RSCG. Zudem war sie als selbstständige Kommunikationsberaterin tätig. Felicitas von Imhoff, Unternehmensreferentin interne Kommunikation Siemens AG, leitet und koordiniert die weltweite Wertekampagne des Konzerns seit deren Start im Jahr 2008. Von Imhoff, M.A. Kommunikationswissenschaft, verfügt über einen journalistischen Hintergrund und war zuvor unter anderem beim Bayerischen Rundfunk wie auch als PR- und Marketingleiterin eines großen Telekommunikationsunternehmens tätig. In der Wertekommunikation verantwortet sie als Projektleiterin neben der Entwicklung der Strategie und Inhalte die Steuerung aller kommunikativen Maßnahmen und deren Umsetzung in den einzelnen Ländern sowie die Koordinierung mit anderen unternehmensrelevanten Themen. Petra Jakob startete ihre Karriere bei Orange in Österreich als Pressesprecherin im Februar 2005 und übernahm drei Jahre später die Position des Head of Corporate Communications. In dieser Funktion ist sie für die interne und externe Kommunikation sowie den Bereich CSR des drittgrößten österreichischen Mobilfunkbetreibers verantwortlich. Zuvor war die studierte Politologin in ähnlichen Funktionen für Unternehmen wie Philips, Motorola oder Oracle tätig. Die Kommunikation rund um den Markenwechsel von ONE zu Orange im September 2008 zählt zu den spannendsten Projekten ihrer beruflichen Laufbahn. Ulrike Jussen, Unternehmensentwicklung & Change Management, AutoVision GmbH. Seit 2006 ist Ulrike Jussen bei der AutoVision tätig und hat ab 2007 das Thema Change Management, unter anderem mit der Unterstützung durch einen Benediktinermönch, aufgebaut. Zu den vorhergehenden beruflichen Stationen gehörte die Mitarbeit im Personalbereich von Volkswagen und von Volkswagen AutoEuropa in Portugal und im Geschäftsbereich NHN der Wolfburg AG. Die gebürtige Aachenerin hat in Bonn Erziehungswissenschaften, Soziologie und Germanistik studiert. Bernd Klumpp leitet den Bereich „Quality and Processes“ bei Products & Innovation. Products & Innovation ist der international verantwortliche Produkt- und Innovationsbereich der Deutschen Telekom AG. In dieser Funktion verantwortet
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er das integrierte Qualitäts- und Prozessmanagement mit Fokus auf die Produktqualität und Usability für den Nutzer bei Products & Innovation. Bernd Klumpp ist Diplom-Ingenieur der Nachrichtentechnik und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen der Telekommunikationsbranche. Im Rahmen der branchenweiten Veränderungen hat Bernd Klumpp eine Reihe von unterschiedlichen Projekten mit großem Veränderungsanteil geleitet. Das Change-Programm „stronger“ verantwortet Bernd Klumpp als ProgrammManager. Andreas Lippe ist Projektleiter und Consultant, Kreativer Kopf der Commax Brand Relationship GmbH und Experte für Internal Branding. Ausgestattet mit ergiebiger Erfahrung aus Marketing und Veranstaltungsmanagement ist Andreas Lippe der Mann für „Konzept und Praxis“. Bei der Produktentwicklung der „Brand Academy“ war er der Ideengeber, Architekt und Schnittstelle zwischen HR und Marketing. Was ihn antreibt, sind Menschen und die Frage, wie man Menschen und Marken zusammenbringen kann. Ihn interessiert, wie man die verschiedenen Disziplinen des modernen Marketings so einsetzen kann, dass beide, die Marke und die Menschen/Konsumenten einen Nutzen aus dem Aufeinandertreffen ziehen. Hannes Maier absolvierte nach seinem Studium der Internationalen Wirtschaftswissenschaften mit Spezialisierung auf Unternehmensführung und Marketing an den Universitäten Innsbruck und Siena eine Ausbildung zum systemischen Berater in Heidelberg. Nach Marketing- und Beratungsprojekten folgten Tätigkeiten in einer Werbeagentur und als Consultant in einer Schweizer Managementberatung. Im Anschluss daran arbeitete Maier bei der BMW AG in München im Bereich Kommunikation und Marketingberatung und in Folge bei Segafredo Zanetti, wo er drei Jahre lang als Marketing & Sales Manager für Zentraleuropa tätig war. Nach zwei weiteren Jahren als Management Consultant in einem österreichischen Beratungsunternehmen verantwortete Maier den Verkauf und die Durchführung von internationalen Organisationsentwicklungs- und Managementtrainings, bis er 2004 die Strategie- und Kommunikationsberatung Symbiosis und später die IBA Internal Branding Academy gründete, welche er jeweils als Geschäftsführer leitet. Andreas March sammelte nach der Matura erste Arbeitserfahrungen als Productioner in verschiedenen Werbeagenturen und absolvierte an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing in München die Ausbildung zum Marketingfachwirt. Vor zehn Jahren kam er zu Maico als Mitarbeiter im Service Center Kommunikation. Heute betreut er dort als Projektleiter die Schwerpunkte Eventmarketing, Messen, PR und Corporate Publishing. Theres Meyer arbeitet seit September 2006 in der Konzernkommunikation des Geberit-Hauptsitzes in Rapperswil-Jona (CH). Dort betreut sie vor allem die interne und externe Kommunikation zum Bereich Nachhaltigkeit. Davor war Theres
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Meyer während acht Jahren in einer Kommunikationsagentur tätig. Zuletzt bildete sie sich mit Hochschullehrgängen für Medienarbeit sowie professionellem Schreiben für Unternehmen weiter. Martin Sacher, M.A., Studium der Soziologie, Politikwissenschaften und Geschichte in Freiburg i. Br. und Paris. Erste berufliche Schwerpunkte lagen in den Bereichen der Jugend- und Erwachsenenbildung sowie in der universitären Bildungsarbeit in Freiburg i. Br. und Erfurt. Seit 2002 für T-Systems International GmbH in Stuttgart und Frankfurt a. M. mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten in der Personal- und Organisationsentwicklung tätig – seit 2008 als Experte und interner Berater mit dem Fokus Change Management. Christine Vallaster, habilitierte sich 2009 an der Universität Innsbruck zur Fragestellung, wie es gelingt, Unternehmen an der Unternehmensmarke auszurichten. Im Fokus der Arbeit standen unternehmerische Strukturen sowie die Rolle der Führungskräfte als Faktoren, markenunterstützendes Mitarbeiterverhalten zu erzeugen. Dr. Vallaster ist Dozentin an der Hochschule Liechtenstein in Vaduz. Neben ihrer Lehrtätigkeit erarbeitet Christine Vallaster als Beraterin strategische Marken- und Nachhaltigkeitsprojekte für national und international tätige Unternehmen. Sie schreibt regelmäßig Beiträge für Wissenschaft und Praxis. Silvia Wulf ist seit Juni 2007 Leiterin Unternehmenskommunikation der AutoVision GmbH. Zu ihren Verantwortungsbereichen gehören die Kommunikationsund Marketingstrategie, die interne Kommunikation, Presse, Public Relations und Corporate Design. Bereits seit 2004 leitete sie die PR für die AutoVision GmbH und in Personalunion für die Wolfsburg AG. Zuvor war sie Pressesprecherin und Leiterin Marketing der Landesgartenschau Wolfsburg 2004. Ihre Karriere begann sie vor über 20 Jahren in verschiedenen PR-Agenturen in Hamburg und Braunschweig – knapp zehn Jahre arbeitete sie als PR-Senior-Beraterin bei PR NORD, Braunschweig.