Marc Jost-Benz Identitätsbasierte Markenbewertung
GABLER RESEARCH Innovatives Markenmanagement
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Herausgegeben von Professor Dr. Christoph Burmann, Universität Bremen, Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement (LiM®) Professor Dr. Manfred Kirchgeorg, HHL – Leipzig Graduate School of Management, Lehrstuhl für Marketingmanagement
Marken sind in vielen Unternehmen mittlerweile zu wichtigen Vermögenswerten geworden, die zukünftig immer häufiger auch in der Bilanz erfasst werden können. Insbesondere in reiferen Märkten ist die Marke heute oft das einzig nachhaltige Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb. Vor diesem Hintergrund kommt der professionellen Führung von Marken eine sehr hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg zu. Dabei müssen zukünftig innovative Wege beschritten werden. Die Schriftenreihe will durch die Veröffentlichung neuester Forschungserkenntnisse Anstöße für eine solche Neuausrichtung der Markenführung liefern.
Marc Jost-Benz
Identitätsbasierte Markenbewertung Grundlagen, theoretische Konzeptualisierung und praktische Anwendung am Beispiel einer Technologiemarke Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Burmann
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Bremen, 2009
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Claudia Jeske | Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1793-5
Geleitwort
V
Geleitwort Marken sind heute für viele Unternehmen der mit Abstand wertvollste Vermögensgegenstand. Schon aus diesem Grund sollten sich die verantwortlichen Manager intensiv mit der Messung und gezielten Steigerung des ökonomischen Markenwertes beschäftigen. Darüber hinaus schreibt der Gesetzgeber in Deutschland bei erworbenen Marken seit einigen Jahren einen jährlich durchzuführenden „Impairment-Test“ vor, mittels dessen der tatsächliche Wert einer erworbenen Marke ermittelt und bilanziert werden muss. Der Vergleich mit dem Vorjahreswert zeigt dann, ob im Jahresabschluss Abschreibungen oder Wertzuschreibungen auf die Marke vorgenommen werden müssen. Diese gesetzliche Verpflichtung zur regelmäßigen Markenbewertung hat den „Beratungsmarkt“ für Markenbewertungsmodelle in den letzten Jahren förmlich explodieren lassen. Nahezu jede Unternehmensberatung, jeder Wirtschaftsprüfer, jede Werbeagentur und jeder sonst noch denkbare Dienstleister meint heute, mit der Entwicklung eines „eigenen“ Markenbewertungsmodells in diesen lukrativen Markt einsteigen zu müssen, auch wenn die eigene Kompetenz oft noch nicht einmal ausreicht, um das Wort Marke richtig buchstabieren zu können. Diese Formulierung scheint auf den ersten Blick übertrieben. Angesichts eklatanter Fehler und weit verbreiteter Einäugigkeit bei vielen Modellen ist sie es am Ende aber nicht. Vor diesem betrüblichen Hintergrund eines Dschungels an über 300 verschiedenen Markenbewertungsmodellen mit oft zweifelhafter Qualität hat sich Herr Jost-Benz die sehr verdienstvolle Aufgabe gestellt (und gelöst), ein leistungsfähigeres Markenbewertungsmodell zu entwickeln und empirisch zu testen. Dabei baut er auf dem modernen, identitätsbasierten Ansatz der Markenführung und den hierzu erschienenen Publikationen zur Markenbewertung auf. Innovatives Kernelement seines Markenbewertungsmodells ist die Integration der internen Perspektive einer Marke und ihres Wertes. Die Sinnhaftigkeit dieser Erweiterung der Markenbewertung um eine interne Analyse lässt sich theoretisch und praktisch gut begründen. Theoretisch ist sie eine logische Konsequenz der „competence based theory of the firm“, die den nachhaltigen Erfolg der Unternehmensführung neben den Marktbedingungen vor allem auf die unternehmensinternen Ressourcen und Kompetenzen zurückführt. Auch aus Praktikersicht leuchtet die Sinnhaftigkeit sofort ein, denn schließlich würde das Management bei der Ermittlung des Wertes eines Unternehmens im Falle der Akquisition
VI
Geleitwort
auch nicht auf die „due diligence“, d.h. eine interne Analyse des Bewertungsobjektes verzichten. Bei der Bewertung von Marken mittels eines der über 300 verfügbaren Modelle verzichtet man dagegen bisher komplett auf die interne Analyse einer Marke. Die vorliegende Dissertation ist der achtzehnte Band der Buchreihe zum „innovativen Markenmanagement“ des Gabler-Verlags (Deutscher Universitäts-Verlags). Diese Reihe dokumentiert die Forschungsarbeiten am deutschlandweit ersten und einzigen Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement (LiM) an der Universität Bremen und des Lehrstuhls für Marketingmanagement an der privaten Handelshochschule Leipzig (HHL). Gleichzeitig sollen weitere Forschungsbemühungen zum innovativen Markenmanagement motiviert und ein reger Erfahrungsaustausch angestoßen werden. Als Herausgeber freuen Manfred Kirchgeorg und ich uns über jede Art von Feedback zu dieser Buchreihe und dem hier vorliegenden Band (
[email protected] oder
[email protected]). Es ist geplant, mindestens drei Dissertationen pro Jahr in dieser Reihe zu veröffentlichen, um in kurzen Abständen immer wieder mit neuen Ideen das wachsende Interesse am Thema „innovatives Markenmanagement“ zu beleben. Abschließend wünsche ich der Arbeit von Herrn Dr. Jost-Benz aufgrund ihres hohen Innovationsgehaltes eine sehr weite Verbreitung in der Wissenschaft und noch mehr in der Praxis, weil gerade dort angesichts der schlechten Qualität vieler zur Zeit verwendeter Markenbewertungsmodelle sein Ansatz grundlegende Besserung verspricht. Univ.-Prof. Dr. Christoph Burmann
Vorwort
VII
Vorwort Seit den späten 80er Jahren entwickelt sich die Markenwertforschung zu einem zentralen Forschungsgebiet der Marketingwissenschaft und die daraus entstandenen Markenbewertungsmodelle zu wichtigen Diagnose und Steuerungsinstrumenten der Praxis. Allerdings konzentriert sich die Mehrheit der Modelle auf eine strikte Nachfrageperspektive. Eine darüber hinaus gehende unternehmensinterne Perspektive des Markenwertes wird bislang vernachlässigt. Es ist jedoch gerade das verkürzte Markenverständnis, das ein zentrales Problem des aktuellen Forschungsstandes darstellt. Ihre Vertreter gehen dabei von einer Perspektive der Wirkungsebene aus, hingegen findet die für die Gestaltung der Marke notwendige Betrachtung einer Steuerungsebene nur unzureichend statt. Aus diesem Grund ist es relevant, zudem einen Markenwert zu betrachten, der innerhalb des Unternehmens entsteht und somit direkt steuerbar ist. Hierbei repräsentieren Mitarbeiter nicht nur eine wichtige Stakeholdergruppe, sie konstituieren die originäre Quelle des Markenwerts. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde deshalb die Zielsetzung verfolgt, diese Forschungslücke zu schließen, indem ein ganzheitliches Markenbewertungsmodell entwickelt und im Rahmen einer Fallstudie validiert wird. Für die erfolgreiche Erstellung dieser Arbeit bin ich vielen Personen zu großem Dank verpflichtet. Allen voran möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Univ.-Prof. Dr. Christoph Burmann danken. Er hat mich während meiner gesamten Schaffenszeit unermüdlich wissenschaftlich gefördert und gefordert. Ohne seine nachhaltige Unterstützung wäre dieses Werk sicherlich nicht zustande gekommen. Zudem gilt mein Dank auch Univ.-Prof. Dr. Jochen Zimmermann, der freundlicherweise die Zweitkorrektur meiner Arbeit übernommen hat. Außerdem möchte ich mich an dieser Stelle bei den Verantwortlichen des führenden deutschen Technologieunternehmens für die Bereitstellung der Informationen für die Fallstudie bedanken. Ein solches Werk wäre ohne die Unterstüzung zahlreicher Personen nicht möglich gewesen. Eine großartige Unterstützung habe ich von den tapferen Mitstreitern des LiM® erhalten. Hierbei sind insbesondere die Gründungsmitglieder Dr. Axel Nitschke und Dr. Lars Blinda zu nennen, die in bemerkenswerter Weise den Lehrstuhl mit geprägt haben und mich – Zugereisten aus Bayern – ganz selbstverständlich in die ei-
VIII
Vorwort
genen Reihen aufgenommen haben und mich sofort – mit tatkräftiger Unterstützung von Dr. Philip Maloney, Christian Feddersen und Julia Oesterling - in die Bremer Fussball-Kultur eingeführt haben. Ferner möchte ich auch Dr. Jörg Staudacher, Dr. Verena Wenske und Rico Piehler für die erlebnisreiche Zeit am Lehrstuhl herzlich danken. Ebenso möchte ich mich auch bei der „jüngeren“ Generation des LiM® bedanken. Namentlich erwähnt seinen Christian Becker, Uwe Schnetzer, Tobias Recke, Sabrina Hegner, Julia Launspach, Nana Grigoryants, Michael Schade, Andreas Müller, Juliane Krause und Dr. Alexander Breusch. Ebenso den wissenschaftlichen Hilfskräften Anja Berner und Annkatrin Reede für die gute Unterstützung. Ein großer Dank gilt ferner der guten Seele des Lehrstuhls Heidi Schröder. Ohne ihr unermüdliches Engagement wäre so manche Dissertation zum Scheitern verurteilt. Ebenso danke ich meinem Mitstreiter und Zimmerkollegen Dr. Jan-Philipp Weers, dessen anregende und häufig kontrovers geführten Diskussionen mich stets bereichert haben. Er ist ein wahrer Freund mit offenem Ohr und stets gutem Rat. Abschließend gebührt ein besonderer Dank meiner Familie. Ohne die Unterstützung meiner Eltern und meiner Geschwister André, Susi und Michael während meiner gesamten Ausbildungszeit wäre dies nicht möglich gewesen. Sie haben mir den Weg bereitet und mich stets in diesem Vorhaben ermutigt. Ferner gilt ein Dank meinen Schwiegereltern und meiner Schwägerin Agnes für Ihre Hilfe und ihr Verständnis, wenn der Schwiegersohn die gemeinsamen Feste mit Forschen verbrachte. Dem größten Dank an dieser Arbeit gebührt allerdings meiner Frau Edith und meiner Tochter Filipa. Ihr musstet während dieses Zeit auf vieles verzichten und habt mir jederzeit den Rücken freigehalten. Ihr habt mir stets Liebe, Zuversicht, Ruhe und noch vieles mehr gegeben. Besonders Dir, liebe Edith, mit Deinem selbstlosen Einsatz möchte ich danken. Es war nicht immer leicht, aber Du standest wie ein Fels in der Brandung und hast mich stets in bemerkenswerter Weise unterstützt. Dies ist in keinster Weise selbstverständlich. Dafür danke ich Dir aus ganzem Herzen. Dir und Filipa widme ich diese Arbeit in tiefster Dankbarkeit. Marc Jost-Benz
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis Geleitwort .................................................................................................................V Vorwort ...................................................................................................................VII Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................IX Abbildungsverzeichnis ........................................................................................XIII Tabellenverzeichnis ........................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................... XIX Symbolverzeichnis .............................................................................................. XXI A
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung............ 1
1
Die Rolle der Marke für die wertorientierte Unternehmensführung .............. 1
2
Grundlagen der identitätsbasierten Markenführung ...................................... 5
3
Grundzüge des identitätsbasierten Markencontrollings ............................. 14
4
Notwendigkeit eines identitätsbasierten Markenbewertungsansatzes ...... 20
5
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ................................................................ 33
B
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells ............. 37
1
Voraussetzungen für ein identitätsbasiertes Markenbewertungsmodell ... 37 1.1 Anforderungen an wissenschaftliche Modelle ........................................... 37 1.2 Anforderungen an die monetäre Markenbewertung .................................. 39 1.3 Anforderungen an die identitätsbasierte Markenbewertung ...................... 45
2
Grundstruktur und Elemente des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells ............................................................................ 47
3
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Markenwertes ............... 57 3.1 Aktueller Stand der Forschung ................................................................. 57 3.2 Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ........................ 60 3.3 Formal-analytische Darstellung ................................................................ 61
4
Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenstärke ................ 63 4.1 Grundlagen der Markenstärkeforschung................................................... 63 4.1.1
Historie des Markenverständnisses und der Markenstärkeforschung ..................................................................................... 63
4.1.2
Forschungsgebiete der Markenstärkeforschung .......................... 67
X
Inhaltsverzeichnis 4.2 Konzeptualisierung und Operationalisierung der externen Markenstärke . 76 4.2.1
Forschungsstand der externen Markenstärke .............................. 76
4.2.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ........... 90
4.3 Konzeptualisierung und Operationalisierung der internen Markenstärke .. 99 4.3.1
Forschungsstand der internen Markenstärke ............................... 99
4.3.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 105
4.4 Assimilation der internen und externen Markenstärke ............................ 108 4.4.1
Aktueller Forschungsstand ......................................................... 109
4.4.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 112
4.5 Formal-analytische Darstellung .............................................................. 118 5
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Markenbarwerts ......... 121 5.1 Aktueller Forschungsstand ..................................................................... 121 5.2 Formalanalytische Darstellung................................................................ 123 5.3 Konzeptualisierung und Operationalisierung der Zahlungsüberschüsse ........................................................................................... 123 5.3.1
Aktueller Forschungsstand ......................................................... 123
5.3.2
Implikationen für das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell ........................................................................................ 132
5.3.3
Formal-analytische Darstellung .................................................. 134
5.4 Konzeptualisierung und Operationalisierung der Isolierung von Markenleistung ....................................................................................... 134 5.4.1
Forschungsstand zur Isolierung der Markenleistung .................. 135
5.4.2
Implikationen für das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell ........................................................................................ 139
5.4.3
Formal-analytische Darstellung .................................................. 143
5.5 Konzeptualisierung und Operationalisierung des Diskontierungsfaktors ............................................................................. 145 5.5.1
Aktueller Forschungsstand zum Diskontierungsfaktor in der Markenbewertung ...................................................................... 145
5.5.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 148
5.5.3
Formal-analytische Darstellung .................................................. 149
Inhaltsverzeichnis 6
XI
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Markenpotenzialwerts ................................................................................... 150 6.1 Aktueller Forschungsstand zum Markenpotenzialwert ............................ 150 6.2 Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ...................... 155 6.3 Formalanalytische Darstellung................................................................ 157 6.4 Konzeptualisierung und Operationalisierung der Identifikation potenzieller Geschäftsfelder ................................................................... 158 6.4.1
Aktueller Forschungsstand ......................................................... 158
6.4.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 159
6.5 Konzeptionalisierung und Operationalisierung der potenziellen Zahlungsüberschüsse ............................................................................. 161 6.5.1
Aktueller Forschungsstand ......................................................... 161
6.5.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 163
6.5.3
Formalanalytische Darstellung ................................................... 165
6.6 Konzeptionalisierung und Operationalisierung der Isolierung potenzieller Markenleistung .................................................................... 165 6.6.1
Aktueller Forschungsstand ......................................................... 165
6.6.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 166
6.6.3
Formalanalytische Darstellung ................................................... 167
6.7 Konzeptionalisierung und Operationalisierung der Diskontierung auf einen Markenpotenzialwert ............................................................... 168 6.7.1
Aktueller Forschungsstand ......................................................... 168
6.7.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung ......... 168
6.7.3
Formalanalytische Darstellung ................................................... 169
7
Zusammenfassung der identitätsbasierten Markenbewertungsformel .... 170
C
Fallstudie ....................................................................................................... 171
1
Grundlagen zur Fallstudienkonzeption und -auswertung ......................... 171 1.1 Auswahl des Bewertungsgegenstands ................................................... 171 1.2 Auswahl des Bewertungszeitraums und der Bewertungsregion ............. 177 1.3 Datenbasis und Datenerhebung ............................................................. 178
2
Ergebnisse der Markenbewertung ............................................................... 179
XII
Inhaltsverzeichnis 2.1 Erfassung der Markenstärke ................................................................... 180 2.2 Erfassung des Markenbarwerts .............................................................. 196
3
Vergleich des Ergebnisses mit etablierten Markenbewertungsmodellen dargestellt am Beispiel FutureBrand .......................................... 208
D
Zusammenfassung und Ausblick ................................................................ 212
1
Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ................................... 212
2
Implikationen für die Markenführung in der Praxis .................................... 216
3
Implikationen für die Markenforschung ...................................................... 219
Anhang ................................................................................................................. 223 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 225
Abbildungsverzeichnis
XIII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Funktionen der Marke aus Sicht der Nachfrager und des Unternehmens ................................................................................... 3
Abbildung 2:
Markenwertberechnungen der Tank AG ........................................... 4
Abbildung 3:
Erweiterter Fokus des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells .............................................................................................. 8
Abbildung 4:
Komponenten der Markenidentität und des Markenimages ............ 11
Abbildung 5:
Identitätsbasierter Markenmanagementprozess ............................. 13
Abbildung 6:
Ausgewählte Ansätze des Markencontrollings ................................ 15
Abbildung 7:
Zeitliche Entwicklung der Markenbewertungsansätze ..................... 22
Abbildung 8:
Eignung der Markenbewertungsansätze auf der Basis der Markenbewertungsanlässe ............................................................. 26
Abbildung 9:
Markenbewertung nach interner und externer Markenstärke .......... 30
Abbildung 10: Aufbau und Struktur der Arbeit ........................................................ 36 Abbildung 11: 10 Grundsätze der monetären Markenbewertung ........................... 40 Abbildung 12: Anforderungen an die identitätsbasierte Markenbewertung ............ 47 Abbildung 13: Grundstruktur des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells .. 48 Abbildung 14: Drei-Stufen-System des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells ............................................................. 51 Abbildung 15: Entwicklungsphasen der Markenführungsansätze und der Markenstärkeforschung ................................................................... 67 Abbildung 16: Überblick über die Messverfahren externer Markenstärke .............. 77 Abbildung 17: Grundlegende Formen der Markenbekanntheit ............................... 80 Abbildung 18: Konzeptualisierung und Operationalisierung der identitätsbasierten externen Markenstärke .................................................... 96 Abbildung 19: Ergebnisse einer Studie zur Gewichtung von Markenimagedimensionen .............................................................. 98
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 20: Überblick zu Messverfahren interner Markenstärke ........................ 99 Abbildung 21: Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement ............ 105 Abbildung 22: Konzeptualisierung und Operationalisierung der internen Markenstärke ................................................................................ 106 Abbildung 23: Anwendung der Balance Theorie auf die interne und externe Markenstärke ................................................................................ 111 Abbildung 24: Interaktionsintensität als moderierender Effekt zwischen interner und externer Markenstärke ........................................................... 115 Abbildung 25: Die Entwicklung der Differenz zwischen interner und externer Markenstärke in Abhängigkeit der Interaktionsintensität im Zeitverlauf ..................................................................................... 116 Abbildung 26: Kriterien des Interaktionsintensitäts-Scores .................................. 118 Abbildung 27: Ansätze zur Isolierung der Markenleistung ................................... 141 Abbildung 28: Vier Stufen des integrierten Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung ......................................................................... 143 Abbildung 29: Ermittlung des Diskontierungsfaktors im Interbrand Modell .......... 146 Abbildung 30: Erfolgsfaktoren des Markenerweiterungserfolgs ........................... 153 Abbildung 31: Grundstruktur zur Erfassung des identitätsbasierten Markenpotenzialwerts ................................................................... 157 Abbildung 32: Identifikation potenzieller Geschäftsfelder ..................................... 159 Abbildung 33: Ermittlung Nettoumsätze im Brand Census Modell ....................... 162 Abbildung 34: Ermittlung erzielbarer Nettoumsätze ............................................. 164 Abbildung 35: Vier Stufen des integrierten Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung ......................................................................... 167 Abbildung 36: Zusammenfassung der identitätsbasierten Markenbewertung ...... 170 Abbildung 37: Auswahl des Bewertungsobjektes ................................................. 174 Abbildung 38: Wertbasierte Marktanteile der Marke in europäischen Kernmärkten .................................................................................. 178
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildung 39: Berechnung des externen Markenstärke-Index (Deutschland) ..... 182 Abbildung 40: Berechnung des externen Markenstärke-Index (Frankreich) ........ 183 Abbildung 41: Berechnung des externen Markenstärke-Index (Italien) ................ 184 Abbildung 42: Berechnung des externen Markenstärke-Index (Spanien) ............ 185 Abbildung 43: Vergleich der regionalen externen Markenstärke-Indizes ............. 186 Abbildung 44: Operationalisierung der internen Markenstärke: Brand Commitment .................................................................................. 187 Abbildung 45: Operationalisierung der internen Markenstärke: Brand Citizenship Behaviour.................................................................... 188 Abbildung 46: Berechnung des internen Markenstärke-Index (Deutschland) ...... 189 Abbildung 47: Berechnung des internen Markenstärke-Index (EU ohne D) ......... 191 Abbildung 48: Vergleich der internen Markenstärke-Index-Werte ........................ 192 Abbildung 49: Erfassung des Interaktionsintensität (Europa) ............................... 193 Abbildung 50: Vergleich der Markenstärke-Indizes .............................................. 194 Abbildung 51: Isolierte Markenleistung (Deutschland) ......................................... 197 Abbildung 52: Jährliche Wachstumsrate der Markenleistung ............................... 198 Abbildung 53: Isolierte Markenleistung (Frankreich) ............................................ 201 Abbildung 54: Isolierte Markenleistung (Italien) ................................................... 204 Abbildung 55: Isolierte Markenleistung (Spanien) ................................................ 206
Tabellenverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Überblick über Messung der externen Markenstärke bei verhaltenstheoretisch orientierten Markenbewertungsansätzen ..... 69
Tabelle 2:
Überblick über Messung der externen Markenstärke bei kombinierten Markenbewertungsansätzen ...................................... 70
Tabelle 3:
Anwendung der Discounted-Cashflow-Verfahren in der Markenbewertung.......................................................................... 132
Tabelle 4:
Überblick über die Ermittlung des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung ......................................................................... 138
Tabelle 5:
Anwendung des Markenpotenzialwertverfahrens in der Markenbewertung.......................................................................... 155
Tabelle 6:
Vergleich der FutureBrand- und identitätsbasierten Markenbewertung ..................................................................................... 175
Tabelle 7:
Überblick über vorhandene Daten für die identitätsbasierte Markenbewertung.......................................................................... 179
Tabelle 8:
Berechnung Markenbarwert (Deutschland) ................................... 200
Tabelle 9:
Berechnung Markenbarwert (Frankreich) ...................................... 203
Tabelle 10:
Berechnung Markenbarwert (Italien) ............................................. 205
Tabelle 11:
Berechnung Markenbarwert (Spanien).......................................... 207
Tabelle 12:
Berechnung Markenbarwert (gesamt) ........................................... 208
Tabelle 13:
Berechnung Markenbarwert (gesamt) ........................................... 209
Tabelle 14:
Markenbarwerte unter gesamter und isolierter Markenstärkebetrachtung.............................................................. 210
Tabelle 15:
Antworten auf die Forschungsfragen............................................. 215
Tabelle 16:
Überblick über Messung der Markenbekanntheit .......................... 223
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
Aufl.
Auflage
CAPI
Computer Aided Personal Interview
CATI
Computer Aided Telephone Interview
d. h.
das heißt
dt.
deutsch
ebd.
ebenda
engl.
englisch
erw.
erweiterte
f., ff.
folgend, fortfolgend
HR
Human Resources
IAS
International Accounting Standards
Ibd.
Ibidem, ebenda
IFRS
International Financial Reporting Standards
k. A.
keine Angabe
MSI
Marketing Science Institute
OEM
Original Equipment Manufacturer
PAPI
Paper And Pencil Interview
PoS
Point of Sale
RoI
Return on Investment
S.
Seite (n)
u. a.
unter anderem
überarb.
überarbeitete
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting Principles
v.
von
XIX
XX
Abkürzungsverzeichnis
vgl.
vergleiche
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WAPI
Web Aided Personal Interview
Symbolverzeichnis
XXI
Symbolverzeichnis
Interaktionsintensität
ß
Gewicht des Kaufentscheidungsfaktors
BC
Markenwahlwahrscheinlichkeit
DF
Diskontierungsfaktor
E
Unternehmenserträge
EW
Entwicklungsbereitschaft gegenüber Marke
EBIT
Earning Before Interest and Tax
EK
Eigenkapital
EH
Enthusiasmus
EVA
Economic Value Added
EW
Entwicklungsbereitschaft des Mitarbeiters
FCF
Free Cashflow
FTE
Flow To Equity
G
Gewichtungsfaktor der Markenstärke
GK
Gesamtkapital
Hi
Hilfsbereitschaft
i
Kundenstammwertsegment
k
Kapitalkostensatz
L
Lizenzsatz
MA
Markenanteil
MB
Markenbekanntheit
MBW
Markenbarwert
XXII
Symbolverzeichnis
MC
Markencommitment
ME
Markenertrag
MEI
Markeneinzigartigkeit
MI
Markenimage
MID
Identifikation des Mitarbeiters mit der Marke
MIN
Internalisierung der Marke bei den Mitarbeitern
MK
Markenklarheit
MKO
Mitarbeiter-Kompetenzen
MW
Markenwert
MPW
Markenpotenzialwert
MP
Markenpotenzial
MR
Markenrelevanz
MS
Markenstärke
MSY
Markensympathie
MV
Markenvertrauen
n
Anzahl (Befragungssubjekte)
NBV
Nicht betriebsnotwendiges Vermögen
NOPAT
Net Operating Profit After Taxes
q
Rentenbarwertfaktor
r
Renditeforderung
rEK
Renditeforderung des Eigenkapitalgebers
rFK
Renditeforderung des Fremdkapitalgebers
RM
Markenspezifische Einkünfte
Symbolverzeichnis
XXIII
RP
Risikoprämie
s
Steuersatz
t
Zeit
T
Dauer des Prognosezeitraums
TCF
Total Cashflow
U
Nutzen, Umsatz
UW
Unternehmenswert
V
vom Unternehmen beeinflussbarer Nutzen
VE
Wertbeitrag des fiktiv unverschuldeten Unternehmens
VS
Wertbeitrag des Steuervorteils
VR
Verfügbare Ressourcen
W
von der Person beeinflussbarer Nutzen
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WMQ
Wahrgenommene Markenqualität
WRM
Wachstumsrate Markenleistung
z
Gewichtungsfaktor der Determinanten interner Markenstärke
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
A
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
1
Die Rolle der Marke für die wertorientierte Unternehmensführung
1
Die wertorientierte Unternehmensführung gilt als eines der führenden Leitbilder unternehmerischen Handelns.1 Es fordert eine konsequente Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten auf die Maximierung des Eigenkapitalwerts.2 Die Maxime der Wertorientierung verändert auch das in den Unternehmen herrschende Markenverständnis in dem Sinne, dass Marken3 als Investitionsobjekte aufgefasst werden,4 die mit anderen Werttreibern in Konkurrenz um knappe Ressourcen stehen. Der grundlegende Beitrag der Marke zur Steigerung des Unternehmenswerts kann aus einer abstrakt-theoretischen Argumentationslogik abgeleitet werden, die zunächst bei den Funktionen ansetzt, die eine Marke für den Nachfrager erfüllt.5 Mit der
1
Vgl. COENENBERG, A. G. und SALFELD, R. (2003): Wertorientierte Unternehmensführung. Vom Strategieentwurf zur Implementierung, Stuttgart: Schäffer-Pöschel Verlag, S. 3; PESCHKE, M. A. (2000): Strategische Ziele im Value Management, in: WELGE, MARTIN K. und WELGE AL LAHAM, KAJÜTER (Hrsg.): Praxis des strategischen Managements : Konzepte, Erfahrungen, Perspektiven, Wiesbaden: Gabler, S. 96; WEBER, J. et al. (2004): Wertorientierte Unternehmenssteuerung, Konzepte - Implementierung - Praxisstatements, Wiesbaden: Gabler?, S. 5.
2
Das theoretische Grundgerüst basiert auf den Erkenntnissen des Shareholder Value Ansatzes. Vgl. dazu RAPPAPORT, A. (1986): Creating shareholder value: the new standard for business performance, 14. Aufl., New York: Free Press u.a.; STEWART, B. und STERN, J. (1991): The quest for value: the EVA management guide, New York; COPELAND, T. E., KOLLER, T., und MURRIN, J. (2000): Valuation: Measuring and Managing the Value of Companies, Wiley frontiers in finance, 3. Aufl., New York u.a.: Wiley.
3
Der Begriff Marke kann folgendermaßen verstanden werden: „Ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus der Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert. BURMANN, C., BLINDA, L., und NITSCHKE, A. (2003): Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements; LiM Arbeitspapiere Nr. 1, Bremen, S. 3.
4
Vgl. SHOCKER, A. D. und WEITZ, B. (1988): A perspective on brand equity principles and issues, in: LEUTHESSER, L. (Hrsg.): Conference Summary: Defining, Measuring, and Managing Brand Equity. Marketing Science Institute, Report No. 88-104, Cambridge, Mass., S. 2; MEISSNER, S. (2003): Markenbewertung bei Mergers und Acquisitions, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 26.
5
Vgl. KULLMANN, M. (2006): Strategisches Mehrmarkencontrolling. Ein Beitrag zur integrierten und dynamischen Koordination von Markenportfolios - Modellkonzeption und empirische Analyse, Wiesbaden: Gabler, S. 2 f. Diese Grundfunktionen der Marke werden zur Erklärung der Relevanz für den Nachfrager herangezogen. Vgl. FISCHER, M., HIERONIMUS, F., und KRANZ, M. (2002): Markenrelevanz in der Unternehmensführung - Messung, Erklärung und empirische Befunde für B2C-
2
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Wahrnehmung von Marken über die damit ausgelöste Aktivierung zugehöriger Markenimages werden gespeicherte Informationen verfügbar, die aus transaktionskostentheoretischer Sicht die Such- und Informationskosten des Nachfragers verringern (Informations- und Orientierungsfunktion). Darüber hinaus kann eine Marke dazu beitragen, Vertrauen beim Nachfrager zu stiften. Insbesondere bei Kaufentscheidungen mit hoher Verhaltensunsicherheit kann die Marke als ein Qualitätssignal begriffen werden. Ebenso kann der Besitz einer Marke auch einen symbolischen Nutzen für den Nachfrager stiften.6 So kann sie beispielsweise der Demonstranz der eigenen Persönlichkeit gegenüber Dritten dienen oder ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe hervorrufen (symbolische Funktion). Über diesen Nutzen, den Nachfrager einer Marke beimessen, entsteht ein akquisitorisches Potenzial, welches ein Unternehmen zur Wertschaffung ausbeuten kann (Präferenzbildung). Grundsätzlich erlaubt eine profilierte Marke, Leistungen entweder mit einem Mengen- und/oder Preispremium im Markt absetzen zu können.7 Da Kunden sich häufig auch an eine Marke gebunden fühlen, generiert sie zudem eine höhere Umsatzstabilität und reduziert damit das unternehmerische Risiko.8 Ferner kann durch den Einsatz verschiedener Marken auch eine differenziertere Marktbearbeitung und somit eine verbesserte Ausschöpfung unterschiedlicher Zahlungsbereitschaften erfolgen. Schließlich unterstützt eine starke Marke auch den Eintritt in neue regionale Märkte oder neue Produktkategorien. Dadurch kann im Fall von Neuprodukteinführungen das Floprisiko durch die Verwendung von Markenerweiterungsstrategien reduziert werden.9
Märkte. Arbeitspapier Nr. 1 des 1. Kooperationsprojektes zwischen dem Marketing Centrum Münster und McKinsey & Company, Inc., Meffert, H. (Hrsg.), Münster, S. 19 f. 6
Vgl. u.a. FREUNDT, T. (2006): Verhaltensrelevanz emotionaler Markenimages – eine interindustrielle Analyse auf empirischer Grundlage, Wiesbaden; RIEDEL, F. (1996): Die Markenwertmessung als Grundlage strategischer Markenführung, Heidelberg: Physica Verlag, S. 10 ff.
7
Vgl. KELLER, K. L. (2003): Strategic Brand Management, 2. Aufl., New Jersey: Upper Saddle River, S. 556.
8
Vgl. BURMANN, C., MEFFERT, H., und KOERS, M. (2005): Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, M. (Hrsg.): Markenmanagement, Wiesbaden: Gabler, S. 19.
9
Vgl. CASPAR, M. und BURMANN, C. (2005): Markenerweiterungsstrategien, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, M. (Hrsg.): Markenmanagement, 2. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 246 ff.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
3
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Marke wichtige Funktionen übernimmt, die ihre Rolle als Hebel zur Steigerung des Unternehmenswerts belegen.10 Einen zusammenfassenden Überblick gibt Abbildung 1.
Funktionen der Marke für den Nachfrager Vertrauen = Risikoreduktion
Orientierung und Information
Symbolischer Nutzen
Funktionen der Marke für das Unternehmen
Präferenzbildung (Profilierung)
Realisierung eines preispolitischen Spielraums
Absatzsicherung (Senkung der Volatilität)
Segmentspezifische differenzierte Marktbearbeitung
Effiziente Erschließung von Wachstumspotenzialen
Steigerung des Unternehmenswertes
Abbildung 1: Funktionen der Marke aus Sicht der Nachfrager und des Unternehmens Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BURMANN/MEFFERT/KOERS (2005), S. 10 ff.
Entgegen der unmittelbaren Einsichtigkeit des Beitrags der Marke zur Schaffung von Unternehmenswerten auf abstrakt-theoretischer Basis11 stellt die quantitative Erfassung von Markenwerten wie auch deren Steuerung eine nach wie vor nur unzurei-
10
Vgl. SRIVASTAVA, R. K., TASADDUQ, S., und FAHEY, L. (1998): Market-Based Assets and Shareholder Value: A Framework for Analysis, in: Journal of Marketing, Jg. 62 (January), S. 3; ANDERSON, P. (1982): Marketing Planning and the Theory of the Firm, in: Journal of Marketing, Jg. 46 (2), S. 15; DAY, G. S. (1992): Marketing's Contribution to the Strategy Dialogue, in: Journal of the Academy of Marketing Science, Jg. 20 (4), S. 323, WEBSTER, F. E. (1981): Top Management's Concerns About Marketing: Issues for the 1980's, in: Journal of Marketing, Jg. 45 (July), S. 15. Darüber hinaus stiftet die Marke weitere, allerdings nur mittelbar finanziell erfassbare Wertbeiträge für das Unternehmen, wie beispielsweise die erleichterte Akquise von hochqualifizierten Mitarbeitern.
11
Die Zusammenhänge zwischen Marke und Unternehmenswert konnten auf einer abstraktempirischen Ebene bereits wiederholt nachgewiesen werden. Vgl. u.a. AAKER, D. A. und JACOBSON, R. (1994): The Financial Information Content of Perceived Quality, in: Journal of Marketing Research, Jg. 31 (May) , S. 191 ff.; SATTLER, H. (2005): Markenbewertung: State-of-the-Art, in: ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft: Special Issue, Jg. 75 (2), S. 53.
4
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
chend gelöste Herausforderung dar.12 Zwar existieren bereits zahlreiche Ansätze in Wissenschaft und Praxis,13 es konnte sich jedoch bis dato kein in der Wissenschaft allgemein anerkannter Ansatz zur Wertermittlung und Steuerung des Markenwerts durchsetzen. Vielmehr lässt sich anhand der Tank AG Studie von HANSER/HÖGL/MAUL (2004) sehr anschaulich zeigen, dass die existenten Markenbewertungsmodelle zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Bewertung von Marken kommen.14 Ziel dieser Studie war es, einen transparenten Vergleich unterschiedlicher Markenbewertungsverfahren vorzustellen. Zu diesem Zweck bewerteten sieben führende deutsche Anbieter auf der Basis einheitlicher Informationen den Markenwert einer fiktiven Tankmarke. Hierbei wurden Markenwerte ausgewiesen, die von € 173,0 Mio. bis € 957,9 Mio. reichten, d. h. eine Differenz von € 784,9 Mio. lieferten. Einen Überblick über die ermittelten Ergebnisse zeigt Abbildung 2.
Mio. Euro 1.000
953,1
900 800
957,9
833
700 600
+ -
784,9
516 500
409
400
463,3
385,4 300 200
173 100 0
semion
BBDO / E&Y
KPMG
Interbrand
PwC/ GfK
Brand Rating
AC Nielsen
Abbildung 2: Markenwertberechnungen der Tank AG Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an HANSER/HÖGL/MAUL (2004), S. 226 ff.
12
Laut einer im Jahrs 2005 erhobenen repräsentativen Umfrage von SATTLER/PRICEWATERHOUSECOOPERS über den aktuellen Stand der Praxis von Markenbewertung und Markenmanagement in Deutschland haben lediglich 23% der befragten Unternehmen bereits monetäre Markenbewertungen bzw. 38% nicht-monetäre Markenbewertungen durchgeführt. Vgl. MENNINGER, J. et al. (2006): Praxis von Markenbewertung und Markenmanagement in deutschen Unternehmen. Neue Befragung 2005, Frankfurt am Main, S. 12.
13
So existieren alleine im deutschsprachigen Raum aktuell über 300 verschiedene Markenbewertungsansätze. Vgl. AMIRKHIZI, M. (2005): Suche nach der Weltformel, in: Horizont (6), S. 3.
14
Vgl. HANSER, P., HÖGL, S., und MAUL, K.-H. (2004): Die Tank AG - Wie neun Bewertungsexperten eine fiktive Marke bewerten, Düsseldorf: Verlagsgruppe Handelsblatt.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
5
Die stark abweichenden Resultate lassen sich nicht mit marginal variierenden Bewertungsmodi erklären, sondern zeigen sehr deutlich, dass ein sehr heterogenes Verständnis darüber existiert, wie Markenwerte quantitativ fassbar gemacht werden können. Es ist insbesondere festzustellen, dass diesen Modellen ein umfassender theoretisch-fundierter Bezugsrahmen fehlt.15 Vielmehr liegt ein verkürztes Markenwertverständnis vor, das den Markenwert als ein primär marktzentrisches Konstrukt ohne Berücksichtigung der Markenidentität auffasst16. So wird in allen Modellen das im Markt wahrgenommene Markenimage als Grundlage des Markenwerts verstanden. Dass ein Markenwert jedoch bereits innerhalb des Unternehmens entsteht und ausschließlich dort gesteuert werden kann, wird indes nicht berücksichtigt.
2
Grundlagen der identitätsbasierten Markenführung
Die Leitidee der identitätsbasierten Markenführung gründet auf dem Anspruch einer ganzheitlichen Betrachtung, wobei der Fokus auf den Mechanismen der Entstehung von Marken und deren Steuerung liegt.17 Bereits in den frühen 90er Jahren wurde dieses in Wissenschaft und Praxis anerkannte Konzept erforscht.18 Insbesondere die wissenschaftlichen Arbeiten von KAPFERER (1992a), SCHMITT/PAN (1994), UPSHAW (1995), AAKER (1996), MEFFERT/BURMANN (1996b) und AAKER/JOACHIMSTHALER (2000) lieferten hierzu grundlegende Erkenntnisse. Bisherige Markenführungsansätze beschränken sich auf eine rein absatzbezogene Perspektive, die ausschließlich die Marke aus Sicht des Nachfragers (Markenimage) in den Mittelpunkt rückt. Der
15
Eine fehlende theoretische Fundierung wurde bereits wiederholt von Wissenschaftlern und Praktikern kritisiert. Vgl. u.a. BEKMEIER-FEUERHAHN, S. (1998): Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 99 ff.
16
Unter dem Begriff „Markenidentität“ werden diejenigen raum-zeitlichen Merkmale der Marke verstanden, die aus der Sicht der internen Zielgruppen in nachhaltiger Weise den Charakter der Marke prägen. Vgl. BURMANN, BLINDA, und NITSCHKE Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements, a.a.O., S. 16.
17
Vgl. MEFFERT, H. (1998): Herausforderungen an die Betriebswirtschaftslehre - Die Perspektive der Wissenschaft, in: DBW, Jg. 58 (6), S. 715. Eine theoretische Fundierung des Konzepts ist in der strategischen Managementforschung zu finden. Hierbei dienen insbesondere die Paradigmen des „market-based views“ und „resource-based views“ als Grundlagen der integrierten Betrachtung der identitätsbasierten Markenführung. Eine detaillierte Vorstellung dieser Paradigmen wird im Rahmen eines Beitrags zu Markenführungskompetenzen vorgenommen. Vgl. BURMANN, C. und BLINDA, L. (2006): Die Kompetenzfelder der Marke, in: Absatzwirtschaft - Sonderausgabe zum Markenaward.
18
Vgl. NITSCHKE, A. (2006): Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von MarkenKommunikation - eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 44.
6
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
identitätsbasierte Ansatz hingegen setzt bereits bei der Entstehung einer Marke innerhalb des Unternehmens an und erweitert somit die Außenperspektive des Markenimages um die unternehmensinterne Perspektive in Form der Markenidentität.19 Als übergeordnetes Ziel kann die nachhaltige Wertsteigerung der Marke einer Institution20 und seiner angebotenen Leistungen unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Ressourcen verstanden werden.21 Ein Grundgerüst des Konzepts liefert die sozialwissenschaftliche Identitätsforschung. Der Begriff Identität wird dabei grundsätzlich als ein Merkmalskomplex verstanden, der einem Identitätsobjekt von bestimmten Identitätssubjekten zugeschrieben wird.22 Zur Feststellung der Identität können unterschiedliche Betrachtungsperspektiven eingenommen werden, die als Selbstbild und Fremdbild der Identität bezeichnet werden. Im Selbstbild unterzieht sich das Identitätssubjekt einem selbstreflexiven Prozess, in dem das Wissen und die Erfahrungen über die eigene Person herangezogen werden. Folglich sind Identitätssubjekt und -objekt in einer Person vereint. Dieses Selbstbild trifft nicht nur auf einzelne Individuen zu (Ich-Identität), sondern kann auch auf Gruppen wie Kulturen, Nationen oder Organisationen angewendet werden (Gruppenidentität).23 Im Fremdbild wird das Identitätsobjekt aus einer externen Betrachtungsperspektive gesehen. Es ist dem Begriff des Images gleichzusetzen, der wiederum einen von außen zugeordneten Merkmalskomplex beschreibt. Auch das Image kann sowohl Individuen (Individual-Image) als auch Gruppen (Gruppen-Image) zugeordnet wer-
19
Vgl. BURMANN, C., MEFFERT, H., und FEDDERSEN, C. (2006): Identitätsbasierte Markenführung, in: FLORACK, A., SCARABIS, M. und PRIMOSCH, E. (Hrsg.): Psychologie der Markenführung, München: Vahlen, S. 1.
20
Der Begriff Institution umfasst sowohl Unternehmen als auch Non-Profit Organisationen.
21
Vgl. BURMANN, C. und MEFFERT, H. (2005b): Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 38. Bereits diese Zielsetzung reflektiert eine konsequente Ausrichtung dieses Konzepts an der wertorientierten Unternehmensführung. Es sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass die Wertorientierung sich nicht auf die Identifikation von finanziellen Kenngrößen („Werttreiber“) beschränkt. Sie kann zudem bedeuten, sich auf gemeinsame Werte im täglichen Handeln zu berufen („Wertekonsens“).
22
Vgl. FREY, H.-P. und HAUßER, K. (1987): Entwicklungslinien sozialwissenschaftlicher Identitätsforschung, in: FREY, H.-P. und HAUßER, K. (Hrsg.): Identität: Entwicklungen psychologischer und soziologischer Forschung, Stuttgart, S. 3 f.
23
Vgl. WERTHMÖLLER, E. (1995): Räumliche Identität als Aufgabenfeld des Städte- und Regionalmarketing: ein Beitrag zur Fundierung des Placemarketing, Frankfurt am Main, S. 38.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
7
den. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Identität nachhaltig aus der wechselseitigen Interdependenz zwischen Selbstbild und Fremdbild geprägt wird.24 Diese sozialwissenschaftliche Konzeption der Identität lässt sich auch auf das Bezugsobjekt Marke übertragen.25 So kann der Marke im Fremdbild ein Image zugeschrieben werden, das im Folgenden als Markenimage bezeichnet wird. Im Selbstbild kann die Marke einer Gruppe von Menschen als Gruppenidentität zugeordnet werden26 und wird daher im Folgenden als Markenidentität bezeichnet. Die Berücksichtigung der Markenidentität erlaubt dem Management zu verstehen, worin die Wettbewerbsvorteile einer Marke begründet liegen. Neben dieser explikativen Dimension nimmt die Markenidentität auch eine wichtige führungsbezogene Rolle ein (Steuerung von Marken). Über die Ausrichtung sämtlicher markenpolitischer Maßnahmen gemäß der internen, zwischen Mitarbeitern und Management unter Berücksichtigung der eigenen Ressourcen und Kompetenzen festgelegten Markenidentität27 lässt sich ein Mechanismus entwickeln, der dazu führt, dass die Marke in der Gesamtheit ihrer Lebensäußerungen mit hoher Stringenz und Klarheit gegenüber dem Nachfrager auftritt. Damit bezieht er sich auf die Formung eines Präferenzen erzeugenden Markenimages. Das Markenimage wird in diesem Zusammenhang als ein in der Psyche relevanter externer Zielgruppen fest verankertes, verdichtendes und wertendes Vorstellungsbild einer Marke verstanden.28 Da dieses Vorstellungsbild ein Resultat individueller Wahrnehmungsprozesse darstellt und sich somit einer direkten Steuerbarkeit des
24
Aufgrund der aktiven Gestaltung des Selbstbilds im Unternehmen wird in diesem Zusammenhang auch von einem Führungskonzept gesprochen; das davon beeinflusste und zeitlich verzögerte Fremdbild wird als Marktwirkungskonzept verstanden. Vgl. KAPFERER, J.-N. (1992a): Die Marke Kapital des Unternehmens, Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie, S. 95.
25
Eine Übertragbarkeit des sozialwissenschaftlichen Identitätsbegriffs auf Marken ist durch die Theorie des Animismus zulässig. In dieser Theorie streben Individuen danach, leblosen Objekten eine Persönlichkeit zuzuschreiben. Vgl. GILMORE, G. W. (1919): Animism, Boston.
26
Vgl. MEFFERT, H. und BURMANN, C. (2005b): Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement. Grundlagen der identitätsorientierten Markenführung, 2., Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 48.
27
Die Markenidentität der Mitarbeiter kann nur langfristig verändert werden und vom Management nicht kurzfristig und direkt im Sinne einer deterministischen Mittel-Zweck Beziehung beeinflusst werden. Vgl. Ibid., S. 50.
28
Vgl. BURMANN, BLINDA, und NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements, a.a.O., S. 6.
8
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Unternehmens entzieht, wird das Markenimage als Marktwirkungskonzept und nicht als Markenführungskonzept verstanden. Diese Differenzierung zwischen der Markenidentität als Erklärungs- und Führungskonzept und dem Markenimage als (reaktivem, vergangenheitsorientiertem) Marktwirkungskonzept verdeutlicht die Relevanz der Markenidentität für das Markenmanagement. Die bisherige Forschung zur Markenbewertung konzentrierte sich ausschließlich auf die Markenwirkung, anstatt in einem ganzheitlichen Ansatz auch die Markenidentität als eigentlichen Werttreiber mit zu erfassen. Diesen erweiterten Fokus verdeutlicht Abbildung 3.
Erklärungs- und Führungskonzept: Markenidentität
Selbstbild der internen Zielgruppen
Fokus des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Marktwirkungskonzept: Markenimage
Fremdbild der externen Zielgruppen
Fokus bestehender Markenbewertungsmodelle
Abbildung 3: Erweiterter Fokus des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung BURMANN/MEFFERT (2005b), S. 52.
Im Rahmen der Markenidentität lassen sich insgesamt sechs Komponenten identifizieren.29 Die Markenherkunft stellt die Grundlage der Markenidentität dar. Sie verkörpert sowohl für interne als auch für externe Zielgruppen den Ursprung einer Marke30 und kann nach regionaler, kultureller und institutioneller Herkunft kategorisiert
29
Vgl. BURMANN und MEFFERT Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S. 58 ff. für eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Komponenten.
30
Vgl. BURMANN, BLINDA, und NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements, a.a.O., S. 18.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
9
werden.31 Die Markenvision stellt eine realisierbare Vorstellung zur langfristigen Entwicklung der Marke dar. So soll eine Identifikation der internen Zielgruppen mit der Marke ermöglicht und zukünftiges markenkonformes Handeln motiviert werden.32 Die Markenführungskompetenz bezieht sich auf die organisationalen Fähigkeiten eines Unternehmens, durch Einsatz und Kombination der vorhandenen Ressourcen eine Marke zu schaffen und diese erfolgreich am Markt zu führen.33 Die Markenwerte verkörpern die grundlegenden Überzeugungen einer Marke und die Wünsche der Nachfrager an eine ideale Marke. Sie steuern insbesondere Emotionalität und Authentizität zur Markenidentität bei.34 Die Markenpersönlichkeit umfasst „die Gesamtheit menschlicher Eigenschaften […], die mit der Marke verbunden sind.“35 Sie unterstützt folglich eine emotionale Aufladung der Marke36 und verstärkt zudem das Vertrauen des Nachfragers gegenüber der Marke, stiftet Präferenzen in der Kaufentscheidung und verursacht eine erhöhte Intensität der Produktnutzung.37 Die Markenleistungen bauen direkt auf der Ausgestaltung der Markenführungskompetenzen, der Markenwerte und der Markenpersönlichkeit auf. Sie sollen den in den Elementen
31
Vgl. BLINDA, L. (2003): Relevanz der Markenherkunft für die identitätsbasierte Markenführung, Arbeitspapier Nr. 2 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM), S. 51 ff. Die Bedeutung der regionalen Herkunft wird anhand des so genannten Country-of-Origin Effekts sichtbar. Hierbei werden in Kaufentscheidungen Kriterien auf der Basis des Herkunftslandes herangezogen. Vgl. BAUMGARTH, C. (2004): Markenpolitik: Markenwirkungen, Markenführung, Markencontrolling, 2., überarb. und erw. Aufl, Wiesbaden: Gabler, S. 187, PAPADOPOULOS, N. G. (1993): What Product and Country Images Are and Not, in: PAPADOPOULOS, NICOLAS G. und HESLOP, LOUISE A. (Hrsg.): Product-country images: impact and role in international marketing, New York u.a.: International Business Press, S. 3 ff., KELLER Strategic Brand Management, a.a.O., S. 277. Die kulturelle Herkunft als weitere Variante bezieht sich nicht auf nationale Gebiete, wie Länder, sondern auf den kulturellen Bezug der Marke. Vgl. dazu HOLT, D. B. (2004): How Brand Become Icons: The Principles of Cultural Branding, Boston, Massachusetts: Harvard Business School Press, S. 18 ff. Die institutionelle Herkunft nimmt Bezug auf die Organisation und Branche, aus der eine Marke entsteht. Vgl. BURMANN, C. und MALONEY, P. (2004): Vertikale und horizontale Führung von Marken, Arbeitspapier Nr. 9 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM), S. 3 ff.
32
Vgl. KAPFERER Die Marke - Kapital des Unternehmens, a.a.O., S. 110 ff.
33
Vgl. BURMANN und BLINDA Die Kompetenzfelder der Marke, a.a.O., S. 110 f.
34
Der an dieser Stelle verwendete Markenwertbegriff ist von dem Markenwert als finale Größe der Markenbewertung definitorisch zu trennen. So beschreibt der vorliegende „Werte“-Begriff eine normenbasierte Verbindung zwischen Mitarbeitern bzw. Nachfragern und der Marke. Der Markenwert im Rahmen der Markenbewertung hingegen beschreibt eine aggregierte Kennzahl.
35
AAKER, J. (1997): Dimensions of Brand Personality, in: Journal of Marketing Research, Jg. 34 (August), S. 347.
36
Vgl. BIEL, A. und AAKER, D. A. (1993): Converting Image into Brand Equity: Brand Equity & Advertising : Advertising's Role in Building Strong Brands, Hillsdale, NJ u.a.: Erlbaum, S. 67 ff.
37
Vgl. SIRGY, J. (1982): Self-Concept in Consumer Behavior: A Critical Review, in: Journal of Consumer Research, Jg. 9 (December), S. 287 ff.
10
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
verankerten Nutzen in Form der unter der Marke angebotenen Produkte und Dienstleistungen für den Nachfrager erlebbar machen. In Bezug auf das Markenimage können in Anlehnung an die Erkenntnisse von VERSHOFEN (1940) und KELLER (1993) insbesondere die Komponenten der Markenattribute sowie der funktionalen und symbolischen Nutzenassoziationen unterschieden werden.38 Die Markenattribute beinhalten alle Eigenschaften, die eine Marke determinieren. Dazu zählen materielle Eigenschaften der Marke (Produktmerkmale) sowie immaterielle Eigenschaften (Preis, Herkunftsland). Diese Eigenschaften werden vom Nachfrager bewertet und verdichtet. Als Resultat dieser Bewertung und Verdichtung ergeben sich funktionale und symbolische Nutzenassoziationen einer Marke.39 Die funktionalen Nutzenassoziationen erklären, welche Grundbedürfnisse durch die Marke befriedigt werden können. Sie basieren insbesondere auf den funktionalen Attributen. Darüber hinaus können diese funktionalen Nutzenassoziationen auch aus der Informationsfunktion und der vertrauensbildenden Funktion einer Marke abgeleitet werden. Der funktionale Nutzen einer Waschmaschine z. B. der Marke Miele in der Reinigung von Kleidungsstücken, ferner in den spezifischen Eigenschaften des Produkts, wie beispielsweise seiner Umweltfreundlichkeit. Die symbolischen Nutzenassoziationen beziehen sich hingegen auf den sogenannten Zusatznutzen einer Marke. Sie umfassen u. a. den Geltungsnutzen als Übermittlung von Prestige, die Vermittlung von sozialer Zugehörigkeit, die Vermittlung eines Beitrags zur Selbstverwirklichung und die Vermittlung der Marke als Sinnbild für eigene Werte. 40
38
Die Markenbekanntheit bildet die Voraussetzung zur Schaffung des Markenimages. Sie misst die Fähigkeit, die Marke zu erkennen und sich an sie zu erinnern. Vgl. ESCH, F.-R. (2004): Strategie und Technik der Markenführung, 2., überarb. und erw. Aufl., München: Vahlen Verlag, S. 499 f. Sie ist für die Markenwertermittlung von großer Bedeutung, da sie die Kaufentscheidung und somit den Erfolg der Marke maßgeblich beeinflusst. Vgl. AAKER, D. A. (1991): Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, New York, NY [u.a.]: The Free Press, S. 61., KELLER, K. L. (1993): Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, in: Journal of Marketing, Jg. 57 (January), S. 7.
39
Der Begriff „Nutzen“ umfasst den Grad der Befriedigung von Bedürfnissen, die ein Objekt aus seinen Merkmalen erfüllen kann. Der Nutzen ist stets nachfragerspezifisch und kann nur durch die bewusste oder unbewusste Bewertung von Individuen hervorgerufen werden. Es handelt sich somit um Vorstellungen des Nutzens, d. h. Nutzenassoziationen, die sich auf funktionale oder symbolische Dimensionen beziehen können.
40
Die Wichtigkeit dieser Markenimagekomponenten, ausgehend von der Markenbekanntheit als Voraussetzung zur Schaffung der Markenimages bis zu den symbolischen Nutzenassoziationen,
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
11
Beide Grundelemente, das Image und die Identität der Marke, befinden sich in einem ständigen Austausch, der wechselseitige Veränderungen verursacht. Dieser Austausch kann als Marke-Nachfrager Beziehung bezeichnet werden (siehe Abbildung 4).
Komponenten der Markenidentität
Komponenten des Markenimages
Markenwerte Markenführungskompetenzen
Markenleistungen
Vision Markenpersönlichkeit
Symbolische Nutzenassoziationen der Marke MarkeNachfrager Beziehung
Funktionale Nutzenassoziationen der Marke Assoziationen zu Markenattributen
Herkunft
Markenbekanntheit
Abbildung 4: Komponenten der Markenidentität und des Markenimages Quelle: BURMANN/MEFFERT (2005b). S. 54 und 57.
Diese Komponenten sind entsprechend in dem identitätsbasierten Markenmanagementprozess integriert. Er stellt einen funktionsübergreifenden, iterativen Prozess dar, in dem die Planung, Durchführung und Kontrolle aller markenrelevanten Maßnahmen im Unternehmen sichergestellt werden soll. Im Sinne einer wertorientierten Unternehmensführung ist es dabei besonders wichtig, die Stärke und den Wert der Marke durch eine effiziente und effektive Markenführung zu steigern. Dazu wird der Prozess in drei aufeinander aufbauende und einander gegenseitig beeinflussende Elemente unterteilt (siehe Abbildung 5): x
Im strategischen Markenmanagement wird die grundsätzliche Ausrichtung der Markenstrategie festgelegt. So werden auf der Basis einer externen und internen Situationsanalyse41 Unternehmens- und Markenziele definiert sowie
nimmt in der Regel zu. Vgl. BURMANN, C., MEFFERT, H., und FEDDERSEN, C. (2007): Identitätsbasierte Markenführung, in: FLORACK, A., SCARABIS, M. und PRIMOSCH, E. (Hrsg.): Psychologie der Markenführung, München: Vahlen. 41
Dabei umfasst die externe Situationsanalyse eine Untersuchung der Markenwahrnehmung und Markenpräferenzen der Nachfrager, die Untersuchung der Stärken und Schwächen der Wettbe-
12
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung Strategien entwickelt, um diese Markenziele zu erreichen. Dies beinhaltet insbesondere die Formulierung der Markenidentität, der Markenarchitektur, der Markenevolution und der Markenorganisation.42 x
Das operative Markenmanagement beschäftigt sich mit der innengerichteten und außengerichteten Umsetzung43 der Strategie zur Erreichung der festgelegten Markenziele. Das innengerichtete operative Markenmanagement umfasst die Ausgestaltung sämtlicher mit der Steuerung der internen Zielgruppen befassten Markenführungsinstrumente. Das außengerichtete operative Markenmanagement hingegen beschäftigt sich mit der konkreten Umsetzung der definierten Markenidentität in den marktorientierten Instrumenten sowie mit der rechtlichen Absicherung der Marke.
x
Das Markencontrolling hat die Aufgabe, die Effizienz und Effektivität des strategischen und operativen Markenmanagements sicherzustellen. Es umfasst die Informationsversorgung und die Koordination von Planung, Durchführung und Kontrolle der eingesetzten markenrelevanten Instrumente.44 Aus einer Prozessperspektive kann das Markencontrolling in die zwei Teilstufen Markenerfolgsmessung und Markenberichtswesen aufgeteilt werden. Die Markenerfolgsmessung umfasst die Evaluation und Diagnose der Ergebnisse des Markenmanagements. Das Markenberichtswesen stellt die aus der Markenerfolgsmessung generierten Resultate in strukturierter und verdichteter Form als Entscheidungsgrundlage für das Markenmanagement zusammen.45
werber sowie die Untersuchung der tatsächlichen Markenidentität (Ist-Selbstbild) bei Mitarbeitern. Vgl. ZEPLIN, S. (2006): Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag , S. 27. 42
Vgl. RIEDEL, Die Markenwertmessung als Grundlage strategischer Markenführung, a.a.O., S. 3 ff.
43
Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 28.
44
Vgl. MEFFERT, H. und KOERS, M. (2005): Identitätsorientiertes Markencontrolling, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, M. (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 276.
45
Im Sinne der Praktikabilität sollte danach gestrebt werden, ein Markencontrolling-Instrument zu entwickeln, das sowohl eine geeignete Form der Erfassung als auch eine geeignete Aufbereitung von Informationen beinhaltet. Vgl. CLARK, B. H. (1999): Marketing Performance Measures: History and Interrelationships, in: Journal of Marketing Management, Jg. 15 (November), S. 711 f.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
1. Strategisches Markenmanagement
13
2. Operatives Markenmanagement
Situationsanalyse:
Extern
Markenidentität der Corporate Brand Markenarchitektur
Markenidentität der übrigen Marken
Innengerichtete Kommunikation
Markenevolution
Positionierungskonzept
Markenorientierte Mitarbeiterführung
Markenleistungen Markenkommunikation Markenpricing Markendistribution
Rechtliche Absicherung
Intern Markenorientiertes Personalmanagement
Markenziele
Markenintegration
(Nachfrager, Wettbewerb, eigene Marken)
Markenorganisation
Markenberichtswesen
Markenerfolgsmessung
3. Markencontrolling
Abbildung 5: Identitätsbasierter Markenmanagementprozess Quelle: BURMANN/MEFFERT/JOST-BENZ (2006), S. 465.
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass das Markencontrolling eine tragende Rolle innerhalb des identitätsbasierten Markenmanagements übernimmt. Dabei ist es nicht nur als eine isolierte Ergebniskontrolle des operativen Markenmanagements zu verstehen, es dient vielmehr auch als Entscheidungsgrundlage für das strategische Markenmanagement.46 Seine zentralen Funktionen und wichtigsten Instrumente, zu denen auch die Markenbewertung zu zählen ist, werden im folgenden Kapitel näher erläutert.
46
Der Markenmanagementprozess veranschaulicht zudem die begriffliche Abgrenzung zwischen Markenbudgetierung und Markencontrolling. So wird die Markenbudgetierung als Bindeglied zwischen strategischem und operativem Markenmanagement und somit als ein Planungsinstrument verstanden (Ex-ante Charakter), hingegen das Markencontrolling als ein dem operativen Markenmanagement nachgelagertes Kontrollinstrument gesehen (Ex-post Chrarakter). Vgl. BURMANN, C. und HEEMANN, J. (2006): Identitätsbasierte Markenführungsbudgetierung. Arbeitspapier Nr. 23 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM) der Universität Bremen, S. 27.
14
3
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Grundzüge des identitätsbasierten Markencontrollings
Grundsätzlich kann der Begriff Markencontrolling verstanden werden als „die Informationsversorgung und Beratung aller mit der Markenführung befassten Stellen, verbunden mit einer übergeordneten Koordinationsfunktion zur Unterstützung und Ergänzung der markenspezifischen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse im Unternehmen.“47 Aufgrund dieser vielschichtigen Funktionen des Markencontrollings entstanden zahlreiche Forschungsansätze.48 Dabei wird zumeist eine Systematisierung in strategisches und operatives Markencontrolling vorgenommen.49 Jedoch erweist sich diese Einteilung aus verschiedenen Gründen als wenig zielführend. So ist die Verwendung eines Kontrollinstruments per se nicht strategisch oder operativ,50 vielmehr ist dies von der Einbettung in den jeweiligen strategischen Kontext abhängig. Ferner ist eine klare Abgrenzung und eindeutige Zuordnung in strategisch oder operativ orientierte Instrumente nicht möglich, da oftmals ein Kennzahlensystem die Grundlage für die gesamte Markenführung darstellt. Im Sinne eines ganzheitlichen, integrierten Markenmanagements ist eine solche Unterscheidung folglich nicht zu empfehlen. Stattdessen wird eine dreiteilige Systematisierung entsprechend dem Schwerpunkt der jeweiligen Zielsetzung befürwortet, die sich an den Erkenntnissen von TOMCZAK/REINECKE/KAETZKE (2004) anlehnt. Hierbei werden die Kategorien des eindimensionalen Markenaccountings, des mehrdimensionalen Markenmonitorings und der Markenbewertung unterschieden (siehe Abbildung 6).
47
Vgl. MEFFERT, H., BURMANN, C., und KIRCHGEORG, M. (2008): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung; Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, 10., vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 387 f.; MEFFERT und KOERS, Identitätsorientiertes Markencontrolling, a.a.O., S. 276. Dies bezieht sich sowohl auf Einzelmarken als auch auf ganze Markenportfolios (Mehrmarkencontrolling). Vgl. KULLMANN, Strategisches Mehrmarkencontrolling. Ein Beitrag zur integrierten und dynamischen Koordination von Markenportfolios - Modellkonzeption und empirische Analyse, a.a.O., S. 94 ff.
48
Vgl. TOMCZAK, T., REINECKE, S., und KAETZKE, P. (2004): Markencontrolling - Sicherstellung der Effektivität und Effizienz der Markenführung, in: BRUHN, MANFRED (Hrsg.): Handbuch Markenführung, 2. vollst. überarb. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, S. 1823 ff.
49
Vgl. GÜLDENBERG, H. G. und FRANZEN, O. (1994): Operatives Markencontrolling, in: BRUHN, MANFRED (Hrsg.): Handbuch Markenartikel, Stuttgart S. 1337 ff.; WIEDMANN, K.-P. (1994): Strategisches Markencontrolling; Sicherstellung der Rationalität in einer marktorientierten Unternehmensführung, in: BRUHN, MANFRED (Hrsg.): Handwörterbuch Markenartikel, Band 2, Stuttgart, S. 1305 ff.; FRANZEN, O. (1999): Strategisches Marken-Controlling für Finanzdienstleistungen, in: Planung und Analyse (6), S. 23.
50
Vgl. MEFFERT und KOERS, Identitätsorientiertes Markencontrolling, a.a.O., S. 282.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
15
Markencontrolling
Eindimensionales Markenaccounting Beispiele:
• Markendeckungsbeitragsrechnung • Prozesskostenrechnung • Target Costing • Direkte Produktprofitabilität
Mehrdimensionales Markenmonitoring Beispiele:
• Brand Audit • Markenscorecard • Marken-GAP-Modell • Brand Funnel • Marken-Fit Analyse
Markenbewertung Beispiele:
• Verhaltenstheoretisch orientierte Markenbewertung • Finanzwirtschaftlich orientierte Markenbewertung • Kombinierte Markenbewertung • Stakeholder-orientierte Markenbewertung
Abbildung 6: Ausgewählte Ansätze des Markencontrollings Quelle: Eigene Darstellung
Die erste Kategorie umfasst eindimensionale Markenaccountingverfahren. Diese Verfahren basieren auf Erkenntnissen der Kostenrechnung und liefern wertvolle Informationen zu den finanzwirtschaftlichen Erfolgsbeiträgen bestehender und zukünftiger Marken.51 Im Folgenden sollen einzelne Instrumente dieser Kategorie kurz skizziert werden: Die Markendeckungsbeitragsrechnung identifiziert die durch die Marke induzierten Produktdeckungsbeiträge. Neben der Möglichkeit, zukünftige Planungen zu kalkulieren (Vorausschaurechnung), ermöglicht sie ebenso eine Ergebniskontrolle durchgeführter Markenleistungen.52 So lassen sich beispielsweise verschiedene Abstufungen der Markendeckungsbeiträge unterscheiden. Zur Erfassung des Markendeckungsbeitrags nach Handelsaktionen wird der theoretische Markenumsatz um temporäre Preisaktionen der Marke, handelsbezogene Anreize (wie beispielsweise Werbebeitragszahlungen, Listungsgebühren, Sonderkonditionen für den Handel) sowie um die anfallenden Selbstkosten (wie etwa Verpackungs- und Transportkosten) reduziert.
51
Vgl. TOMCZAK, REINECKE, und KAETZKE, Markencontrolling - Sicherstellung der Effektivität und Effizienz der Markenführung, a.a.O., S. 1846.
52
Vgl. KÖHLER, R. (1993): Beiträge zum Marketing-Management : Planung, Organisation, Controlling, 3., erw. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 298 ff.
16
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Ein weiterer Markendeckungsbeitrag ergibt sich aus der zusätzlichen Berücksichtigung der Kosten für die Verkaufsunterstützung. Werden nun ferner die relativen Einzelkosten der Marke (wie etwa die der Vergütung des Markenmanagements oder spezifischer Markenkommunikation) abgezogen, so erhält man eine weitere detailliertere Form des Markendeckungsbeitrags (auch Markendeckungsbeitrag nach Handelsaktionen, Verkaufsunterstützung und Marketing genannt). Als wesentlicher Kritikpunkt dieses Verfahrens ist anzuführen, dass einzelne Aspekte, wie die Geschäftsbeziehungen oder Transaktionskosten, hinsichtlich einzelner Marken nur schwer isoliert werden können.53 Somit ist die Steuerungsqualität für einzelne Marken als eher gering einzuschätzen. Die Prozesskostenrechnung untersucht die betrieblichen Prozesse auf der Basis der relevanten Kostentreiber. Hierbei werden nur diejenigen Kosten einem Kalkulationsobjekt (Marke) zugerechnet, die auch tatsächlich in den einzelnen Prozessstufen in Anspruch genommen werden. Damit soll insbesondere eine verursachungsgerechte Zurechnung der entstehenden Markengemeinkosten erreicht werden.54 Dieser Anspruch stellt zugleich eine wesentliche Herausforderung des Instruments dar, denn eine exakte Zuordnung ist, wenn überhaupt, nur unter erheblichem Aufwand möglich. Das Target Costing55 wird bereits im Stadium der Produktentwicklung und der damit verbundenen Festlegung des Produktpreises eingesetzt. Ziel ist es, Produkte zu entwickeln, die innerhalb einer vom Markt akzeptierten Preisrange und unter den dafür notwendigen Herstellungskosten liegen.56 Produktinnovationen, die entweder aufgrund mangelnder Zahlungsbereitschaft nicht marktfähig oder zu den festgelegten Kosten nicht produzierbar sind, können frühzeitig modifiziert oder auch eingestellt werden.
53
Vgl. TOMCZAK, REINECKE, und KAETZKE, Markencontrolling - Sicherstellung der Effektivität und Effizienz der Markenführung, a.a.O., S. 1847.
54
Vgl. RECKENFELDERBÄUMER, M. (2006): Prozesskostenrechnung im Marketing, in: REINECKE, S. und TOMCZAK, T. (Hrsg.): Handbuch Marketing-Controlling, 2. Aufl., St. Gallen, Wien, S. 769 ff.
55
Vgl. EHRMANN, H. (2001): Marketingaccounting, in: REINECKE, S., TOMCZAK, T. und GREIS, G. (Hrsg.): Handbuch Marketingcontrolling, St. Gallen, S. 596 f.; KUCHER, E. und SIMON, H. (2002): Market Pricing als Basis des Target Costing, in: FRANZ, KLAUS-PETER und KAJÜTER, PETER (Hrsg.): Kostenmanagement, Wettbewerbsvorteile durch systematische Kostensteuerung, 2. überarb. und erw. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 188 ff.
56
Vgl. BUTSCHER, S. A. und LAKER, M. (2000): Using Target Costing to Optimize products and prices, in: Marketing Management (Summer), S. 49.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
17
Als ein speziell auf den Handel ausgerichtetes Instrument ist in diesem Kontext die direkte Produktprofitabilität zu nennen,57 die auch als Deckungsbeitrag einzelner Produkte verstanden werden kann. Grundlage der Berechnung bildet die Handelsspanne, d. h. die Differenz zwischen Nettoverkaufs- und Nettoeinkaufspreis. Von ihr werden die direkten Produktkosten, d. h. direkt zurechenbare Raum-, Personal- und Ausstattungskosten, abgezogen und gegebenenfalls sonstige Vergütungen, wie Rabatte und Werbekostenzuschüsse, addiert. Als Ergebnis entsteht die direkte Produktprofitabilität.58 Die zweite Kategorie, das mehrdimensionale Markenmonitoring, geht von einer holistischen Betrachtungsperspektive aus. So soll mittels dieser Instrumente eine möglichst umfassende Untersuchung sämtlicher relevanter Anspruchsgruppen erzielt werden. Das von KELLER (2003) erörterte Brand Audit untersucht markenrelevante Entwicklungen aus der Nachfrager- und Unternehmensperspektive.59 Im Rahmen der Nachfrageranalyse werden beispielsweise die Kauf- und Gebrauchsprozesse der Nachfrager untersucht, im Rahmen der Unternehmensanalyse hingegen werden die Produkt-, Distributions- und Kommunikationspolitik einer Untersuchung untergezogen. Ein weiteres Instrument dieser Kategorie findet unter der Bezeichnung „Markentrichter“ (Brand Funnel) Anwendung. Das von der Unternehmensberatung MCKINSEY entwickelte Instrument repräsentiert eine leicht verständliche Möglichkeit zur Feststellung der Markenleistung von der ersten Ansprache bis zur Bindung der Nachfrager.60 Zu diesem Zweck wurde ein fünfstufiger Prozess entwickelt, der die Stufen „Bekanntheit“, „Interesse“, „Versuch“, „Präferenz“ und „Loyalität“ beinhaltet. Die zwischen den einzelnen Stufen errechenbaren Konversionsraten decken die kritischen Kauf- und Bindungsphasen auf. Ferner repräsentiert die so genannte Markenscorecard ein weiteres Instrument des mehrdimensionalen Markenmonitorings.61 Die Grundidee basiert auf der von
57
Vgl. TOMCZAK, T. und LINDNER, U. (1992): Keine Zukunft für DPR?, in: Thexis, Jg. 9. Jg. (Nr. 4), S. 35 ff.
58
Vgl. FIRTH, D. et al. (1988): Profitable Logistics Management, 2. Aufl., Toronto: McGraw-Hill Ryerson .
59
Vgl. KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 162.
60
Vgl. BRAUN, M., KOPKA, U., und TOCHTERMANN, T. (2003): Promotions - ein Fass ohne Boden, in: Akzente, Jg. 27. Jg. (No. 4), S. 19 ff.
61
Vgl. MEFFERT und KOERS, Identitätsorientiertes Markencontrolling, a.a.O., S. 282 ff.
18
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
KAPLAN/NORTON (1997) entwickelten Balanced Scorecard. So umfasst das Instrument sämtliche Leistungen eines Unternehmens unter Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven, wie Finanzen, Nachfrager/Markt, Prozesse und Potenziale.62 Sowohl quantitative als auch qualitative Informationen mit vergangenheits- und zukunftsorientiertem Bezug werden aus den einzelnen Perspektiven herangezogen und eine integrierte Betrachtung angestellt. Als Resultat werden für die Markenscorecard drei relevante Betrachtungsperspektiven entwickelt. In einer internen Perspektive werden die Informationen der Markenidentität, in einer externen Perspektive, auch Marktperspektive genannt, die entsprechenden Informationen bezüglich des Markenimages und in der Ergebnisperspektive die markenstrategische Wirkung erfasst.63 Ebenfalls dieser Kategorie zuzurechnen ist das Marken-GAP-Modell. Hierbei wird eine abgleichende Analyse der unternehmensinternen und -externen Perspektiven vorgenommen.64 Die markenspezifische Anwendung zerlegt auf der Basis des identitätsbasierten Markenführungsansatzes die Markenidentität (Selbstbild) und das Markenimage (Fremdbild) jeweils in einen Soll- und Ist-Zustand. Die resultierenden Ausprägungen werden anschließend den folgenden vier Lücken (GAPs) gegenübergestellt. GAP 1 beschreibt eine Wahrnehmungslücke, die zwischen den Erwartungen der Nachfrager an eine Marke (Soll-Fremdbild) und den Erwartungen der Mitarbeiter (Soll-Selbstbild) entsteht. GAP 2 knüpft daran an und stellt den Erwartungen der Mitarbeiter (Soll-Selbstbild) das tatsächliche Selbstbild der Mitarbeiter (Ist-Selbstbild) gegenüber. Dieses GAP 2 wird deshalb auch Leistungslücke genannt. Eine Abweichung des tatsächlichen Selbstbilds des Mitarbeiters (Ist-Selbstbild) von der tatsächlichen Markenwahrnehmung des Nachfragers (Ist-Fremdbild) wird als Kommunikationslücke (GAP 3) definiert. Eine letzte, so genannte Identifikationslücke (GAP 4) entsteht, wenn die Erwartungen eines Nachfragers an eine Marke (Soll-Fremdbild) und die tatsächliche Markenwahrnehmung (Ist-Fremdbild) voneinander abweichen.
62
Vgl. WEBER, J. und SCHÄFFER, U. (2000): Balanced Scorecard und Controlling, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 3 ff.; MAYER, R. (2004): Die Balanced Scorecard - Konzept, Realisierung und Einbindung in die Managementsysteme, in: BENSBERG, FRANK, BROCKE, JAN VOM und SCHULTZ, MARTIN B. (Hrsg.): Trendberichte zum Controlling, Festschrift für Heinz Lothar Grob, Heidelberg, S. 83 ff.
63
Vgl. MEFFERT und KOERS, Identitätsorientiertes Markencontrolling, a.a.O., S. 294.
64
Vgl. BURMANN, C. und MEFFERT, H. (2005a): Managementkonzept der identitätsorientierten Markenführung, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, M. (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 107 ff.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
19
Ein weiteres wichtiges Instrument dieser Kategorie ist die Marken-Fit Analyse. Im Zentrum dieses Ansatzes steht der Grad der Passigkeit zwischen einer untersuchten Marke und einem definierten Bezugsobjekt. Bei diesem Bezugsobjekt kann es sich sowohl um andere Marken handeln, die beispielsweise im Rahmen von Markenallianzen untersucht werden, als auch um einzelne Marketinginstrumente, wie beispielsweise Events.65 Das Ausmaß der gegenseitigen Passigkeit, das im Extremfall einer vollkommenen Deckungsgleichheit entspricht, wird als Fit bezeichnet.66 Die Höhe eines ermittelten Fits gibt daher Aufschluss über den möglichen Erfolg eingesetzter Marketingmaßnahmen für die Markenführung. So kann eine Marketingmaßnahme mit einem hohen Marken-Fit eine effizientere Steigerung einzelner Markenstärkedimensionen, wie etwa von Markenbekanntheit oder Markenimage, erreichen als eine Marketingmaßnahme mit einem vergleichsweise geringen Marken-Fit.67 Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sowohl das eindimensionale Markenaccounting als auch das mehrdimensionale Markenmonitoring wichtige Funktionen des Markencontrollings erfüllen. Beide Kategorien konzentrieren sich auf die Markenerfolgsmessung – das eindimensionale Markenaccounting mittels kostenrechnerischer Kennzahlen, das mehrdimensionale Markenmonitoring auf der Basis von verhaltenstheoretischen Erkenntnissen. Für die Funktion des Berichtwesens sind jedoch ferner Eigenschaften des Marken-Controllings gefordert, die insbesondere durch die dritte Kategorie – die Markenbewertung – ermöglicht werden. Hierbei werden die Leistungen der Marke auf wenige Kernwerte verdichtet. Dennoch leisten die anderen Kategorien ebenso einen wertvollen Input für die Ausgestaltung eines Markenbewertungsmodells, etwa die Erkenntnisse aus einer kostenrechnerischen Perspektive zur Ermittlung der Markenerhaltungsaufwendungen oder die Analyse des Brand Funnels zur Ermittlung der Markenstärke.68
65
Vgl. NITSCHKE, Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 29 ff.
66
Vgl. BAUMGARTH, C. (2000): Methoden zur Markenfitanalyse, in: Planung & Analyse (5), S. 48.
67
Ein mittlerer Fit wird indes als ideal bezeichnet. Vgl. NITSCHKE Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 186.
68
So wird beispielsweise im Brand Census Modell die Markenstärke aufgrund der Ergebnisse einer Brand Funnel Analyse herangezogen. Vgl. FRANZEN, Strategisches Marken-Controlling für Finanzdienstleistungen, a.a.O., S. 22 ff.
20
4
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Notwendigkeit eines identitätsbasierten Markenbewertungsansatzes
Von maßgebender Relevanz für das Markencontrolling ist die Kategorie der Markenbewertung. Sie beinhaltet die Erfassung, Diagnose und Steuerung des Markenwerts.69 Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass diese Instrumente aufgrund ihres breiten Anwendungsspektrums nennenswerte Vorteile gegenüber anderen Markencontrollinginstrumenten aufweisen.70 So werden insbesondere Vergleiche mit Wettbewerbern ermöglicht, Budgetallokationsentscheidungen unterstützt und Möglichkeiten zur Markenportfoliosteuerung aufgezeigt.71 Dieses breite Anwendungsfeld führte zu einem sehr ausgeprägten Interesse an der Erforschung des Markenwerts in Wissenschaft und Praxis.72 Es wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten weltweit insgesamt über 300 Markenbewertungsansätze,73 davon über 30 in Deutschland entwickelt.74 Jedoch konnte sich bislang kein verbindlicher Standard durchsetzen.75 Als zentrales Argument für diese fehlenden Standardisierungstendenzen wird vor allem die Tatsache angeführt, dass die situative Ausgestaltung eines Markenbewertungsansatzes von bestimmten Rahmenbedingungen abhängig ist76 und dies wiede-
69
Vgl. KRIEGBAUM, C. (2001): Markencontrolling: Bewertung und Steuerung von Marken als immaterielle Vermögenswerte im Rahmen eines unternehmenswertorientierten Controlling, München: Vahlen, S. 82 f.
70
Vgl. AAKER, D. A. (1996): Building Strong Brands, New York, NY [u.a.]: The Free Press, S. 315.
71
Vgl. MEFFERT, H. (1999): Mehrmarkenstrategien - Immer die beste Option?, in: Absatzwirtschaft, Jg. 42 (Sondernummer Oktober), S. 84.
72
So ergab eine Studie deutscher Marketingverantwortlicher im Jahr 2003, dass 42,1 % der Befragten die aktuelle Bedeutung der Markenbewertung für das Unternehmen als zumindest groß einschätzten. Zudem antworteten 68,9 % der Befragten, dass die Bedeutung in den nächsten fünf Jahren zumindest zunehmen wird. Vgl. SCHIMANSKY, A. (2004): Markenbewertungsverfahren aus Sicht der Marketingpraxis, in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 18.
73
Vgl. AMIRKHIZI, Suche nach der Weltformel, a.a.O., S. 3.
74
Vgl. SCHIMANSKY Markenbewertungsverfahren aus Sicht der Marketingpraxis, a.a.O., S. 15. Eine umfassende Darstellung aller Forschungsergebnisse würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit übersteigen, weswegen die zentralen Forschungsrichtungen und ihre wichtigsten Vertreter skizziert werden.
75
Vgl. BALDINGER, A. L. (1990): Defining and Applying the Brand Equity Concept: Why the Researcher Should Care, in: Journal of Advertising Research, Jg. 30 (June/July), S. RC-4.
76
Vgl. u.a. STREBINGER, A. (2005): Der Dschungel der Markenbewertung - Ein praktischer Leidfaden für die Auswahl von Markenbewertungsverfahren, in: Markenartikel (5), S. 37 ff.; ESCH, F.-R. und ANDRESEN, T. (1994): Messung des Markenwertes, in: TOMCZAK, T. und REINECKE, S. (Hrsg.): Marktforschung - Thexis - Fachbuch für Marketing, St. Gallen: Thexis Verlag, S. 212 ff.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
21
rum zu unterschiedlichen Modellkonzeptionen mit divergierenden Ergebnissen führt.77 Insbesondere der Untersuchungsgegenstand, der Bewertungsanlass und die involvierten Anspruchsgruppen repräsentieren wichtige Rahmenbedingungen.78 Zudem fehlen verbindliche gesetzliche Bilanzierungsrichtlinien, die eine standardisierte ökonomische Evaluierung von Markenwerten ermöglichen.79 Entgegen dieser für die praktische Anwendung problematischen Situation konnte sich zumindest in der wissenschaftlichen Forschung eine grundlegende Kategorisierung von Markenbewertungsmodellen durchsetzen.80 In den meisten wissenschaftli-
77
So variierten beispielsweise in den Jahren 1988 und 1992 die Markenwert-Beiträge der Marke Coca-Cola in Abhängigkeit des Modells (KERN, INTERBRAND, FARQUAR ET AL. ORUSOFF ET AL. und FINANCIAL WORLD) zwischen 0,2 (KERN) und 33 Mrd. US-Dollar (FINANCIAL WORLD). Vgl. BEKMEIER, S. (1994): Markenwert und Markenstärke, in: Markenartikel (August), S. 62.
78
ECHTERLING/FISCHER/KRANZ verwenden in diesem Kontext die Begriffe „Bewertungszweck“, „Gegenstand“ und „Zielgruppen“. Vgl. ECHTERLING, J., FISCHER, M., und KRANZ, M. (2002): Die Erfassung der Markenstärke und des Markenpotenzials als Grundlage der Markenführung. Arbeitspapier Nr. 2 des 1. Kooperationsprojektes zwischen dem Marketing Centrum Münster und McKinsey & Company, Inc., Backhaus, K. et al. (Hrsg.), Münster, S. 20.
79
Nach dem deutschen Bilanzierungsgesetz gibt es zwar aktuell nur eine Ansatzpflicht für erworbene Marken. Eine Aktivierung von im Unternehmen selbst erstellten Marken ist bislang nicht möglich (§ 248 II HBG). Im Gegensatz zu internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS / IAS) und den US-amerikanischen Rechnungslegungsstandard US-GAAP. So muss im Fall von Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen das kaufende Unternehmen die immateriellen Vermögensgegenstände im Zuge der Purchase Price Allocation gesondert monetär bewerten und zum Zugangszeitpunkt aktivieren (vgl. dazu PFEIL, O. und VATER, H. (2002): "Die kleine Unternehmensbewertung" oder die neuen Vorschriften zur Goodwill- und Intangible-Bilanzierung, in: KoRe (2), S. 67; WAGNER, W., MUSSLER, S., und JAHN, K. (2005): Markenbilanzierung nach IFRS und US GAAP, in: ESCH, FRANZ-RUDOLF (Hrsg.): Moderne Markenführung, 4. aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 1412). Der zugrunde liegende Wertmaßstab für diese Erstbewertung ist der Fair Value, d.h. der Preis, zu dem ein Vermögenswert zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden könnte (nach IFRS 3 / IAS 38 bzw. nach SFAS 141 für US-GAAP). Bei der Bilanzierung der Markenwerte in den Folgejahren ist zu unterscheiden, ob die Marke auf eine bestimmte Nutzungsdauer begrenzt ist oder eine unbestimmte Nutzungsdauer vorliegt. Im ersteren Falle dürfen diese planmäßig nach der Nutzungsdauer abgeschrieben werden (vgl. IAS 38), im Fall einer unbestimmten Nutzungsdauer muss eine mindestens einmal im Jahr stattfindende Werthaltigkeitsprüfung (Impairment Test) durchgeführt werden (vgl. IAS 36 bzw. SFAS 142 für US-GAAP). Dennoch gibt es aktuell eine Initiative führender deutscher Markenbewertungsinstitute, die eine Standardisierung der Markenbewertung bewegen wollen. Vorläufiges Ergebnis dieses so genannten Brand Valuation Forums ist die Veröffentlichung von zehn Grundsätzen zur monetären Markenbewertung. Vgl. BRAND VALUATION FORUM (2006): 10 Grundsätze zur monetären Markenbewertung, http://www.markenverband.de//_Rainbow/documents/PM%20Brand%20Valutaion%20Forum%20 23.11.2006.pdf, Abruf: 23.11.2006.
80
So können Markenbewertungsansätze grundsätzlich anhand unterschiedlichster Kriterien kategorisiert werden, wie nach den Dimensionen (eindimensionale vs. mehrdimensionale Verfahren, CLARK Marketing Performance Measures: History and Interrelationships, a.a.O., S. 712 ff.), dem Entwicklungsprozess (einstufige vs. mehrstufige Verfahren, vgl. KRIEGBAUM, C. (1998): Valuation of Brands - A Critical Comparison of Different Methods, in: Dresdner Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre, Jg. 98 (13), S. 89) dem zeitlichen Horizont (kurzfristige vs. langfristige Verfahren,
22
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
chen Beiträgen wird eine Einteilung nach der theoretischen Grundausrichtung in verhaltenstheoretisch orientierte, finanzwissenschaftlich orientierte Ansätze81 und in aus den beiden Kategorien kombinierte Ansätze vorgenommen.82 Zudem entwickelt sich seit kurzer Zeit eine Forschungsrichtung, die einen über alle markenbeeinflussenden Gruppen83 übergreifenden Ansatz, einen so genannten Stakeholder orientierten Ansatz, verfolgt. Einen schematischen Überblick zur zeitlichen Entwicklung dieser Forschungsrichtungen gibt Abbildung 7.84
Stakeholderorientiert
Kombiniert (verhaltenswissenschaftlich-/ finanzwirtschaftlich-orientiert)
Verhaltenswissenschaftlichorientiert
Finanzwirtschaftlichorientiert
1980
1990
2000
2006
Abbildung 7: Zeitliche Entwicklung der Markenbewertungsansätze Quelle: Eigene Darstellung
vgl. SATTLER, H. (1999): Ein Indikatorenmodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Jg. 59 (5), S. 633), der disziplinären Breite (Totalmodelle vs. Partialmodelle, vgl. IRMSCHER, M. (1997): Markenwertmanagement: Aufbau und Erhalt von Markenwissen und -vertrauen im Wettbewerb; eine informationsoekonomische Analyse, Frankfurt am Main: Peter Lang, S. 89 f.; FRANZEN, O. (1995b): Die praktische Nutzung der Markenbewertungssysteme, in: Markenartikel, Jg. 57 (12), S. 564), sowie nach kompositionellen oder dekompositionellen Verfahren (vgl. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 68). 81
Vgl. FRANZEN, O., TROMMSDORFF, V., und RIEDEL, F. (1994): Ansätze zur Markenbewertung und Markenbilanz, in: BRUHN, MANFRED (Hrsg.): Handbuch Markenartikel, Stuttgart: SchäfferPoeschel, S. 1380; BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumentenund unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 68 ff.
82
Vgl. BENTELE, G. et al. (2003): Markenwert und Markenwertermittlung. Eine systematische Modelluntersuchung und -bewertung, Wiesbaden: Deutsche Universitäts-Verlag, S. 37, BURMANN, C., KRANZ, M., und WEERS, J.-P. (2005): Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Würdigung, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement - Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2. vollst. überarb. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 326 f.
83
Das in diesem Ansatz vorherrschende Begriffsverständnis des „Stakeholders“ bezieht sich eher auf unterschiedliche Interessenvertreter als auf unterschiedliche Anspruchsberechtigte gegenüber der Marke.
84
Diese zeitliche Einordnung basiert auf den Veröffentlichungszeitpunkten der anerkanntesten Ansätze der einzelnen Forschungszweige. Vgl. BENTELE et al., Markenwert und Markenwertermittlung. Eine systematische Modelluntersuchung und -bewertung, a.a.O..
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
23
So fokussierten sich Forscher und Praktiker vom Beginn der 80er Jahre bis zur Mitte der 90er Jahre auf die Entwicklung finanzwirtschaftlich orientierter Ansätze der Markenbewertung.85 Im Zentrum dieses Forschungszweigs steht ausschließlich die Ermittlung eines monetären Markenwerts auf der Basis rein quantitativer Kennziffern, wie markeninduzierten Kosten und Erlösen.86 Innerhalb dieses Forschungszweigs wurden vier Subkategorien entwickelt, denen zwar die gleiche Zielsetzung (ökonomische Evaluation) zugrunde liegt, die sich in der Modellstruktur jedoch maßgeblich unterscheiden. Sie umfassen die kostenorientierten87, preisorientierten88, kapitalmarktorientierten89 und zukunftserfolgswertorientierten90 Ansätze. Zu den zentralen Stärken dieses Forschungszweigs zählen vor allem die einfache konzeptionelle Ausgestaltung, die hohe Transparenz der Ansätze und der relativ geringe Ressourcenaufwand,91 mit dem eine entsprechende Markenbewertung durchführbar ist. Eine maßgebliche Schwäche und zugleich der zentrale Beweggrund zur
85
Zwar veröffentlichte KERN bereits im Jahr 1962 einen Beitrag zum Thema „Bewertung von Warenzeichen“. Gesteigerte Forschungsaktivitäten sind jedoch erst zu Beginn der 80er Jahre mit den Beiträgen zur lizenzbasierten Markenbewertung von CONSORS (ca. 1980) und dem Modell von HERP (1982) festzustellen. Vgl. KERN, W. (1962): Bewertung von Warenzeichen, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, Jg. 14 (1), S. 17 ff.; BENTELE et al., Markenwert und Markenwertermittlung. Eine systematische Modelluntersuchung und -bewertung, a.a.O., S. 45; HERP, T. (1982): Der Markenwert von Marken des Gebrauchsgütermarktsektors, Frankfurt: Lang.
86
Vgl. HAMMANN, P. (1992): Der Wert einer Marke aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht, in: DICHTL, E. und EGGERS, W. (Hrsg.): Marke und Markenartikel, München: CH Beck, S. 220.
87
Bei den kostenorientierten Ansätzen lassen sich vergangenheits- und gegenwartsbezogene Bewertungen unterscheiden. Erstere basieren auf bestimmt den Markenwert auf Grundlage der Summe der in der Vergangenheit getätigten Markeninvestitionen (historischen Kosten), letztere auf der Basis der zum Bewertungsstichtag notwendigen Aufwendungen zur Etablierung einer gleichwertigen Marke (Wiederbeschaffungskosten). Vgl. KAPFERER, Die Marke - Kapital des Unternehmens, a.a.O., S. 299 ff.
88
Die preisorientierten Ansätze nutzen zur Markenbewertung das Preispremium einer markierten Leistung unter der Annahme, dass eine starke Marke am Markt ein Preispremium erzielen kann.88 Vgl. u.a. CRIMMINS, J. C. (1992): Better Measurement and Management of Brand Value, in: Journal of Advertising Research, Jg. 32 (July/August), S. 6 ff., SANDER, M. (1994): Die Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken: eine Analyse aus Sicht des Markeninhabers, Wiesbaden: Physica-Verlag.
89
Bei kapitalmarktorientierten Verfahren steht die Überlegung im Vordergrund, dass der Wert eines Unternehmens am Kapitalmarkt auch die zukünftigen Chancen einer Marke reflektiert. Der Markenwert wird deshalb als Bestandteil des Aktienpreises definiert. Vgl. SIMON, C. J. und SULLIVAN, M. W. (1993): The Measurement and Determinants of Brand Equity: A Financial Approach, in: Marketing Science, Jg. 12 (1), S. 29 ff.
90
Bei den zukunftserfolgswert- bzw. ertragswertorientierten Verfahren umfasst der Markenwert die auf einen Gegenwartswert diskontierten Zusatzgewinne und wird folglich mittels einer umsatzabhängigen Funktion ermittelt. Vgl. u.a. KERN, Bewertung von Warenzeichen, a.a.O., S. 17 ff.
91
Vgl. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 69.
24
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Entwicklung der verhaltenstheoretisch orientierten Markenbewertungsansätze liegt in der geringen Steuerungsfähigkeit des Instruments, da lediglich der monetäre Wert der Marke ermittelt wird, nicht jedoch die dafür verantwortlichen Ursachen erfasst werden.92 Zu Beginn der 90er Jahre wurden daraufhin die wissenschaftlichen Forschungen nach verhaltenstheoretisch orientierten Markenbewertungsansätzen forciert. Diese Ansätze setzen bei den Wahrnehmungsprozessen der Nachfrager an.93 Die dabei festzustellende Bekanntheit und die Assoziationen ergeben eine bestimmte Wertschätzung gegenüber einer Marke, die als psychographischer Markenwert begriffen werden kann und allgemein als Markenstärke bezeichnet wird.94 Diese wird definiert als „differential effect that brand knowledge has on consumer response to the marketing of that brand.“95 Zu den bekanntesten wissenschaftlichen Ansätzen96 dieser Kategorie zählen die Modelle von AAKER97 und KELLER98. Als verhaltenstheoretisch orientierte Vertreter der Praxis sind insbesondere der BrandAsset Valuator von YOUNG & RUBICAM und das Brand Trek Modell von ICON ADDED VALUE99 anzuführen. Betrachtet man die Beiträge dieses Forschungszweigs unter Zuhilfenahme der zugrunde liegenden Rahmenbedingungen, so ist festzustellen, dass sowohl die Diag-
92
Vgl. KRIEGBAUM, Markencontrolling: Bewertung und Steuerung von Marken als immaterielle Vermögenswerte im Rahmen eines unternehmenswertorientierten Controlling, a.a.O., S. 118.
93
Vgl. KAPFERER, J.-N. (1992b): Strategic Brand Management: New Approaches to Creating and Evaluating Brand Equity, London: Kogan Page, S. 29 f., ESCH und ANDRESEN, Messung des Markenwertes, a.a.O., S. 215.
94
Eine detaillierte Ableitung des Markenstärke-Begriffs findet sich bei BEKMEIER-FEUERHAHN Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 37 f.
95
KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 60.
96
Einen detaillierten Überblick über diese Modellen liefern KELLER, K. L. (1998): Strategic Brand Management. Building, Measuring, And Managing Brand Equity, Upper Saddle River: Prentice Hall, S. 623 ff.; BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumentenund unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 88 ff., sowie BENTELE et al., Markenwert und Markenwertermittlung. Eine systematische Modelluntersuchung und -bewertung, a.a.O., S. 43 ff.
97
Vgl. AAKER, Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 15 ff.; AAKER Building Strong Brands, a.a.O., S. 303 ff.; AAKER, D. A. (2004): Portfolio Strategy: Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, and Clarity, New York NY [u.a.]: The Free Press, S. 83 f.; AAKER, D. A. und JOACHIMSTHALER, E. (2000): Brand Leadership, New York, NY [u.a.]: The Free Press, S. 17.
98
Vgl. KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 58 ff.
99
Vgl. ANDRESEN, T. (1991): Innere Markenbilder: MAX - wie er wurde, was er ist, in: Planung und Analyse, Jg. 18 (1), S. 28 ff.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
25
nose als auch die Steuerung des Markenwerts im Zentrum der Betrachtung stehen. Damit generieren verhaltenstheoretisch orientierte Markenbewertungsansätze im Gegensatz zu den finanzwirtschaftlich orientierten Ansätzen konkrete Handlungsempfehlungen für das Markenmanagement. Die zentrale Stärke der verhaltenstheoretisch orientierten Markenbewertungsansätze besteht darin, Ergebnisse der Markenbewertung auf eine für das Markenmanagement handlungsrelevante Ebene zu transferieren. Eine zentrale Schwäche dieses Forschungszweiges besteht in der mangelnden monetären Messung des Markenwerts. Die kombinierten Markenbewertungsansätze100 entstanden aus der Feststellung der Wissenschaft und Praxis, dass verhaltenstheoretisch- und finanzwirtschaftlich orientierte Ansätze isoliert den Markenwert nur unzureichend abbilden können.101 Zudem wuchs die Unzufriedenheit der Wissenschaft und Praxis mit bestehenden Partialmodellen, die zumeist als „Insellösungen“ des Markencontrollings beschrieben werden.102 So wurde die Forderung laut, beide Forschungsrichtungen zusammenzuführen.103 In diesem Zusammenhang lieferten die Autoren SRIVASTAVA/SHOCKER (1991) einen wichtigen Beitrag, in dem sie die Transformation von nicht-monetärer Markenstärke zu einem monetären Markenwert aufzeigten.104 In der Folge entstanden ab Mitte der 90er Jahre zahlreiche unterschiedliche wissenschaftliche und praktische Ansätze. Zu den wichtigsten Vertretern dieser Kategorie zählen das Brand Valuation Model von INTERBRAND, das Brand Rating Modell von B.R. RATING sowie das MCKINSEY Brand Equity Meter.
100
Ebenso finden sich in der wissenschaftlichen Literatur die synonymen Bezeichnungen „kombiniert“ und „integrativ“. Vgl. HEIDER, U. H. (2001): Markenbewertung: Die Marke als Quelle der Wertschaffung: eine empirische Analyse am Beispiel der deutschen Automobilindustrie, München: Hamp, S. 12; FRAHM, L.-G. (2004): Markenbewertung: ein empirischer Vergleich von Bewertungsmethoden und Markenwertindikatoren, Europäische Hochschulschriften Reihe 5, Volksund Betriebswirtschaft ; 3045, Frankfurt am Main u.a.: Lang, S. 90.
101
Vgl. HEIDER, U. H. und STREHLAU, R. (2000): Markenwert-Controlling, in: ZERRES, M. P. (Hrsg.): Handbuch Marketing-Controlling, 2. erw. Aufl., Berlin, Heidelberg: Springer, S. 518.
102
Vgl. MEFFERT und KOERS, Identitätsorientiertes Markencontrolling, a.a.O., S. 274; CLARK, Marketing Performance Measures: History and Interrelationships, a.a.O., S. 711 f.
103
Vgl. FRANZEN, TROMMSDORFF, und RIEDEL, Ansätze zur Markenbewertung und Markenbilanz, a.a.O., S. 1386.
104
Vgl. SRIVASTAVA, R. und SHOCKER, A. D. (1991): Brand Equity: A Perspective on Its Meaning and Measurement, in: MSI Report 91-124, S. 6 ff., BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 36, BENTELE et al. Markenwert und Markenwertermittlung. Eine systematische Modelluntersuchung und bewertung, a.a.O., S. 143 ff.
26
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
Die Stärke der kombinierten Markenbewertungsansätze wird vor dem Hintergrund der Bewertungsanlässe deutlich. Im Gegensatz zu verhaltenstheoretischen Markenbewertungsansätzen können die Modelle nicht nur für interne Anlässe, wie etwa zu Markenmanagement- oder Personalführungszwecken, verwendet werden. Sie können auch für externe Anlässe, wie beispielsweise für Unternehmensakquisitions-105 oder Jahresabschlusszwecke, herangezogen werden. Einen Überblick hierzu liefert Abbildung 8. Jedoch ist gerade die Schnittstelle zwischen verhaltenstheoretisch orientierten Informationen zu monetären Größen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Ferner fokussieren die kombinierten Ansätze auf einer verhaltenstheoretischen Ebene bislang auf die Untersuchung der Nachfrager. Weitere Gruppen wie Mitarbeiter werden in dieser Kategorie der Ansätze nicht berücksichtigt.
Markenbewertungsanlässe Intern Markenmanagement • • • •
Extern
Personalführung
Ressourcenallokation • Basis für Anreizsysteme Markenpositionierung Portfoliosteuerung Ergebniskontrolle
Verhaltenstheoretisch-orientierte Ansätze
Marke als Vermögensbestandteil • Unternehmensakquisitionen (Kauf / Verkauf) • Verwendung im Jahresabschluss (Impairment Test)
Markenrechte • Lizenzierung • Schadensbemessung • Kreditsicherung
Finanzwirtschaftlich-orientierte Ansätze
Hybride Ansätze
Abbildung 8: Eignung der Markenbewertungsansätze auf der Basis der Markenbewertungsanlässe Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BURMANN/KRANZ/WEERS (2005), S. 323.
Ein aktueller Trend in der Markenbewertungsforschung der letzten Jahre sind Stakeholder orientierte Markenbewertungsansätze.106 Entgegen weitläufiger Meinung in der aktuellen Markenbewertungsbewertungsliteratur, die einzig den Nachfrager in
105
Vgl. u.a. MEISSNER, Markenbewertung bei Mergers und Acquisitions, a.a.O., S. 141.
106
Zur Untersuchung von Markenwirkungen aus einer Stakeholder orientierten Perspektive vgl. FIEDLER, L. (2007): Stakeholderspezifische Wirkung von Corporate Brands: Ein Modell zur integrierten Evaluation und Steuerung von Unternehmensmarken auf netzwerk- und verhaltenstheoretischer Basis, Innovatives Markenmanagement, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
27
das Zentrum der Betrachtung stellt,107 steht im Kern dieses Ansatzes die Überlegung, dass neben dem Nachfrager weitere Gruppen den Markenwert mit beeinflussen.108 So fordert JONES in seinem 2005 veröffentlichten Beitrag: „Approaches to brand equity need to go beyond customers and their knowledge of the brand.“109 Als exemplarischer Vertreter dieser Kategorie veröffentlichte DE CHERNATONY einen verhaltenstheoretisch orientierten Markenbewertungsansatz, der sowohl die unternehmensinterne als auch die unternehmensexterne Perspektive berücksichtigt. Die Zielsetzung seines Ansatzes ist es, die „Gesundheit der Marke“ zu ermitteln. Zu diesem Zweck wurde ein Scoringmodell entwickelt, das Mitarbeiter und Nachfrager entlang der Dimensionen „Brand Vision“, „Organisational Culture“, „Brand Objectives“, „Brand Essence“ und „Implementation und Brand Resourcing“ befragt. Auf der Basis der innerhalb dieser Kategorien erzielten unternehmensinternen und -externen Werte werden ungewichtete Mittelwerte berechnet.110 Insgesamt weisen die Stakeholder orientierten Ansätze verschiedene Stärken und Schwächen auf. Als nennenswerte Stärke dieses Ansatzes wird die umfassende Betrachtung aller relevanten markenwerttreibenden Gruppen proklamiert.111 Neben dem Nachfrager wird insbesondere der Mitarbeiter als maßgebliche Bezugsgruppe des Markenwerts begriffen. Jedoch ist gerade dieses Markenwertverständnis trotz des vermeintlich umfassenden Betrachtungsanspruchs stark verkürzt. So wird nicht berücksichtigt, dass eine Wirkungsbeziehung zwischen einer bei Mitarbeitern entstehenden (unternehmensinternen) Markenstärke und einer bei Nachfragern wahrgenommenen (unternehmensexternen) Markenstärke besteht. Daher gilt: Mitarbeiter
107
Vgl. u.a. CRAVENS, K. S. und GUILDING, C. (2000): Measuring customer focus: an examination of the relationship between market orientation and brand valuation, in: Journal of Strategic Marketing, Jg. 8 (1), S. 28, 31.
108
So fordert DE CHERNATONY eine Abkehr von dyadischen Ansätzen, die lediglich die Beziehungen zwischen Nachfragern und Marke untersuchen und eine Hinwendung zu Ansätzen mit einer Berücksichtigung von mehrfachen Beziehungen der einzelnen Anspruchsgruppen. Vgl. DE CHERNATONY, L., DRURY, S., und SEGAL-HORN, S. (2005): Using triangulation to assess and identify successful services brands., in: Service Industries Journal, Jg. 25 (1), S. 5 ff.
109
JONES, R. (2005): Finding sources of brand value: Developing a stakeholder model of brand equity, in: Journal of Brand Management, Jg. 13 (1), S. 14.
110
Vgl. DE CHERNATONY, L. (2006): From Brand Vision to Brand Evaluation. The strategic process of growing and strengthening brands, 2., Oxford: Butterworth-Heinemann, S. 303 ff.
111
Vgl. u.a. JONES, Finding sources of brand value: Developing a stakeholder model of brand equity, a.a.O., S. 17 ff.
28
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
stellen nicht nur eine Bezugsgruppe dar, vielmehr repräsentieren sie die originäre Quelle für eine unternehmensexterne Markenstärke. Dieses verkürzte Verständnis stellt ein generelles Problem sämtlicher bestehender Markenbewertungsansätze dar. Auch die Vertreter verhaltenswissenschaftlich- und finanzwirtschaftlich orientierter Ansätze konzentrieren sich auf den Nachfrager als zentrale Größe der Markenwertschöpfung. Mitarbeiter hingegen finden bislang nahezu keine Berücksichtigung.112 Es kann diesbezüglich festgestellt werden, dass bislang bei der Markenbewertung von einer Perspektive der „Wirkungsebene“ ausgegangen wird, hingegen die für die Gestaltung der Marke notwendige Betrachtung einer „Steuerungsebene“ nur unzureichend stattfindet. An dieser Stelle ist ein grundsätzliches Umdenken im Verständnis der Markenwertschöpfung notwendig. Hierbei wird eine gesonderte Berücksichtigung und Erfassung der internen und externen Markenstärke113 empfohlen. Das Argument, eine Erfassung der externen Markenstärke würde die interne Markenstärke im Markt reflektieren und folglich zur Erfassung des Markenwerts ausreichen, kann entkräftet werden, da mit einer Integration der internen Markenstärke folgende drei zentralen Vorteile verbunden sind: x
Erhöhte Aktualität des Markenwerts: Alle bisherigen Markenbewertungsverfahren stützen sich auf vergangenheitsbasierte Informationen und daraus abgeleitete Prognosen. Nur die Integration einer internen Markenstärke ermöglicht eine aktuelle Bestandsaufnahme der Markenstärke, da hierbei die zur Markenführung notwendigen Ressourcen und Kompetenzen sowie die Einstellungen und das Verhalten der Mitarbeiter erfasst werden. Mitarbeiter können positive oder negative Tendenzen aufgrund von Unternehmensentwicklungen bereits zeitlich früher als Nachfrager antizipieren. Insbesondere vor dem Hintergrund von Unternehmenszusammenschlüssen kann ein entsprechendes
112
Zwar werden sowohl Eigentümer und weitere Kapitalgeber als auch markenverantwortliche Manager als Adressaten des Markenwertmanagements verstanden, jedoch werden sie nicht für die Kreation der Markenstärke berücksichtigt. Vgl. u.a. STUCKY, N. (2004): Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 449 ff.
113
Als interne Markenstärke werden die verankerten Einstellungen und das Verhalten auf der Basis der Markenidentität definiert, als externe Markenstärke die Einstellungen und das Verhalten auf der Basis des Markenimages und der Marke-Kunde-Beziehung. Vgl. dazu Kapitel B4.3.2.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
29
Markenbewertungsvorgehen von großem Nutzen sein. Die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber im Einsatz befindlichen Marken ihres Unternehmens kann für den Erfolg eines Unternehmenszusammenschlusses entscheidend sein.114 x
Die interne Markenstärke als direkte Steuerungsgröße: In sämtlichen bestehenden verhaltenstheoretisch orientierten und kombinierten Markenbewertungsmodellen bildet das Markenimage die Grundlage der Bewertung. Jedoch ist gerade dieses aus der Unternehmenssicht weder direkt noch kurzfristig steuerbar und stellt sich erst als Ergebnis des Mitarbeiterverhaltens und marktlicher Entwicklungen ein. Das Markenimage ergibt sich aus der Decodierung der von der Marke ausgesendeten Signale. Im Gegensatz dazu stellt die Markenidentität ein Aussagenkonzept dar.115 Es handelt sich um eine vom Unternehmen nutzbare Handlungsbasis zur strategischen und operativen Steuerung der Marken.
x
Die interne Markenstärke dient als Grundlage für den Markenpotenzialwert: Die Berücksichtigung von Markenpotenzialen und zukünftigen Markenoptionen wurde bislang in der wissenschaftlichen Forschung stark vernachlässigt.116 Man kann jedoch eine plausible Abschätzung für die Markenpotenziale nur dann erreichen, wenn dabei das Verhalten der Mitarbeiter und die Markenidentität berücksichtigt werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Markenidentität nicht kurzfristig und beliebig veränderbar ist, determiniert sie mögliche zukünftige Handlungsspielräume. Hierbei wirkt sie jedoch nicht nur einschränkend auf mögliche Wachstumsoptionen, sondern kann diese auch ermöglichen, insbesondere dann, wenn es sich um Erweiterungsstrategien mithilfe bestehender Markenbekanntheit und Markenimages handelt.117
114
Zur Relevanz von Mitarbeitereinstellungen bei Merger und Akquisitionprozessen vgl. u.a. FAIRFIELD-SONN, J. W., OGILVIE, J. R., DELVECCHIO, G. A. (2002): Mergers, acquisitions and longterm employee attitudes, in: Journal of Business & Economic Studies, Jg. 8 (2), S. 1 ff.
115
Vgl. KAPFERER Die Marke - Kapital des Unternehmens, a.a.O., S. 44 f.
116
Vgl. SATTLER Markenbewertung: State-of-the-Art, a.a.O., S. 52 f.
117
Vgl. ESCH, F.-R. (2006): Wachstum mit Marken: Marken dehnen und Allianzen bilden, in: Thexis, Jg. 23 (3), S. 11 und 15.
30
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung Die Notwendigkeit einer nach interner und externer Markenstärke differenzierten Betrachtung wird insbesondere anhand des folgenden Beispiels deutlich.118 Zu diesem Zweck wurden die interne und die externe Markenstärke als Dimensionen einander gegenübergestellt. In der sich daraus ergebenden 4-Felder-Matrix können vier Grundtypen der integrativen Markenstärke unterschieden werden. Einen schematischen Überblick gibt Abbildung 9. +
Interne Markenstärke
1
2
PotenzialMarken
ChampionMarken
(Marken mit hoher interner Substanz aber blockierter Marktakzeptanz)
(Marken mit hoher interner Substanz und hoher Marktakzeptanz)
4
-
3
VerliererMarken
Gefährdete Marken
(Marken mit ausgehöhlter interner Substanz und eingeschränkter Marktakzeptanz)
(Marken mit ausgehöhlter interner Substanz aber hoher Marktakzeptanz)
Externe Markenstärke
+
Abbildung 9: Markenbewertung nach interner und externer Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung
(1) Potenzial-Marken: Die Marken dieser Kategorie besitzen bereits eine hohe interne Markenstärke. Die Mitarbeiter dieser Marken weisen ein überdurchschnittlich hohes Markencommitment auf und verhalten sich überdurchschnitt-
118
Bislang liegen keine vergleichbaren empirischen Studien zur Gegenüberstellung interner und externer Markenstärke vor. Als Annäherung daran könnten jedoch zwei Untersuchungen aus dem Jahr 2006 herangezogen werden. Beide Studien untersuchten Unternehmensmarken in Deutschland. Erstere analysierte aus einer Nachfragerperspektive die Stärke von deutschen Unternehmensmarken auf der Basis des GfK Corporate Reputation Messverfahrens. Vgl. dazu O.V. (2006a): Best Brands 2006 - Das deutsche Markenranking, http://www.bestbrands.de/ downloads/bb06_STUDIE_komplett.pdf, Abruf: 01.06.2006. Die zweite Studie ermittelte die Attraktivität von Unternehmensmarken für potenzielle Mitarbeiter als Annäherung für die interne Markenstärke. Hierbei wurde die Attraktivität von Unternehmensmarken als zukünftige Arbeitgeber bei deutschen Universitätsabsolventen im Fach Wirtschaftswissenschaften untersucht. Vgl. AMANN, S. (2006): Die beliebtesten Arbeitgeber von Uni-Absolventen, Financial Times Deutschland, 01.06.2006, GROBE, E. (2003): Corporate Attractiveness - eine Analyse der Wahrnehmung von Unternehmensmarken aus der Sicht von High Potentials. HHL-Arbeitspapier Nr. 50.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
31
lich markenidentitätskonform.119 Sie erklären das hohe Maß an interner Substanz der Marke. Dennoch zeichnet sich diese Kategorie durch ein geringes Niveau an externer Markenstärke aus. Eine solche Situation ist häufig bei jungen Marken anzutreffen. Hochmotivierte Mitarbeiter stehen begrenzten Ressourcen gegenüber. Ebenso können jedoch auch etablierte Marken dieser Kategorie zugerechnet werden. Eine mögliche Ursache für geringe Werte externer Markenstärke stellt die Wahl der Distributionsstrategie dar. Sie behindert die Marktakzeptanz und wirkt sich somit negativ auf den Markenwert aus. (2) Champion-Marken: Diese Kategorie zeichnet sich durch eine ausgeprägte interne und externe Markenstärke aus. Die Marke wird von Mitarbeitern wie Nachfragern gleichermaßen als besonders stark eingestuft. Dies impliziert zum einen eine starke Substanz der Marke, die insbesondere durch das Commitment der Mitarbeiter begründet ist. Zum anderen weist dies aufgrund der hohen externen Markenstärkewerte auf ein großes Wachstumspotenzial der Marke hin. (3) Gefährdete Marken: Diese Kategorie besteht aus denjenigen Marken, deren interne Markenstärke im Vergleich zur externen Markenstärke lediglich schwach ausgeprägt ist. Marken dieser Kategorie erscheinen zwar nach außen als stark und am Markt akzeptiert, jedoch ist die Substanz der Marke bereits beschädigt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch unternehmensinterne Ereignisse das Markencommitment und das markenkonforme Verhalten der Mitarbeiter geschwächt ist. Eine solche Situation ist beispielsweise bei der Marke der Deutschen Telekom anzutreffen.120
119
Unter Markencommitment ist das Ausmaß psychologischer Verbundenheit eines Mitarbeiters mit der Marke zu verstehen. Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 85.
120
Aufgrund des ehemaligen Status eines staatlichen Monopolisten wurden bei der Deutschen Telekom eher geringere Werte bei Marktorientierung, Markencommitment und Brand Citizenship Behavior erreicht. Zudem verstärkten diverse Entscheidungen der Geschäftsleitung die angespannte interne Situation, die in einem mehrwöchigen Streik im Jahr 2007 resultierte. Dennoch weist die Marke im Vergleich zum Wettbewerb heute noch hohe externe Markenstärkewerte auf. Vgl. BBDO (2005b): Telekom bleibt Deutschlands wertvollste Marke, http://www.bbdo.de/de/home/ presse/aktuell/20050/01_07_2005_-_telekom.html.
32
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung (4) Verlierer-Marken: Diese Kategorie zeichnet sich durch mangelnde interne und externe Markenstärke aus. Hier sind oft Diskrepanzen zwischen kommunizierten und tatsächlichen Produkt- und Serviceleistungen der Marke zu beobachten.
Diese Matrix zeigt deutlich, dass in 50% der Fälle die bestehenden nachfragerzentrischen Markenbewertungsansätze zu einer Über- oder Unterbewertung der Marke tendieren. So werden die so genannten „Potenzial-Marken“ unterbewertet, die so genannten „Gefährdeten Marken“ jedoch überbewertet. Insgesamt verdeutlicht dieses Beispiel, dass die interne Markenstärke einen wichtigen Beitrag zur Schaffung und Aufrechterhaltung einer wertvollen Marke und zum Unternehmenserfolg leisten kann.121 Aus einer Perspektive der Markenmanagementforschung wird dieser Aspekt unter dem Begriff der „Brand Health“ bereits diskutiert. Er beschreibt den Zustand einer Marke und wird in vielen Beiträgen synonym für die Markenstärke verwendet.122 In diesem Kontext wird auch die Relevanz der unternehmensexternen und der unternehmensinternen Perspektive von einigen Autoren hervorgehoben.123 Eine Untersuchung der Wirkungsbeziehung zwischen interner und externer Markenstärke hat jedoch bislang nicht stattgefunden. Ebensowenig wurde eine Übertragung auf den Markenbewertungskontext vorgenommen. Der identitätsbasierte Markenmanagementansatz bietet hierzu eine geeignete Grundlage. Er versteht den Mitarbeiter als originäre Quelle interner Markenstärke. Mitarbeiter sind deshalb für die Markenbewertung von so hoher Relevanz, da sie die
121
Einen Überblick über die wissenschaftlichen Beiträge über die Wirkungen von Mitarbeitern auf die kundenseitige Markenwahrnehmung liefert Kapitel B4.3.1.
122
Vgl. AILAWADI, K. L., LEHMANN, D. E., und NESLIN, S. A. (2003): Revenue Premium as an Outcome Measure of Brand Equity, in: Journal of Marketing, Jg. 67 (October), S. 1 ff. Vereinzelt wird jedoch „Brand Health“ als ein dem „Brand Equity“ übergeordnetes Konstrukt definiert. Gemäß dem Marktforschungsinstitut ACNIELSEN besteht „Brand Health“ aus den drei Elementen „Brand Equity“ (Stärke der Marke im Kopf des Nachfragers), „Category Context“ (kategoriebezogener Rahmen, in dem ein Nachfrager mit der Marke interagiert), und „Consumer Dynamics“ (Art und Ausmaß, wie die Markenstärke auf das Verhalten des Nachfragers übertragen wird). Nur unter Berücksichtigung aller drei Elemente kann ein Gesamtbild der Markengesundheit ermittelt werden. Vgl. MCCALLUM, D. (2003): Managing Brand Health for Profitable Growth, in: ACNielsen Insights Asia Pacific (100), S. 2.
123
So nehmen die Autoren HAIGH/KNOWLES eine Differenzierung nach Nachfragern, Zulieferern, Mitarbeitern und Analysten vor. Vgl. HAIGH, D. und KNOWLES, J. (2004): How to define your brand and determine its value, in: Marketing Management, Jg. 13 (June), S. 26 f.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
33
Markenidentität nach außen repräsentieren und somit maßgeblich die Wahrnehmung des Unternehmens durch externe Zielgruppen beeinflussen. Dabei ist insbesondere die Identifikation der Mitarbeiter wichtig. Je mehr Mitarbeiter sich mit der Markenidentität identifizieren, desto stärker ist die Unterstützung des Unternehmens durch die Mitarbeiter und desto konsistenter und stabiler wird die Markenidentität. Somit müssen die Markenmitarbeiter und die dadurch gewonnenen Kompetenzen und Ressourcen als nachhaltiger Wettbewerbsvorteil einer Marke interpretiert werden.124 Ein auf diesem Ansatz aufbauendes Markenbewertungssystem würde sich folglich nicht - im Gegensatz zu bereits existierenden Markenbewertungsansätzen - auf die Erfassung des Markenimages beschränken, sondern die aus der Markenidentität resultierende interne Markenstärke zusätzlich erfassen. Der Ansatz folgt damit der Forderung KAPFERERS, die Markenidentität für die Markenbewertung zu berücksichtigen. „Soll eine Marke bewertet werden, dann muss man die Markenidentität und ihren Inhalt analysieren.“125
5
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Das grundlegende Ziel dieser Arbeit besteht darin, einen ganzheitlichen, theoretischen und empirischen Ansatz zur identitätsbasierten Markenbewertung zu entwickeln. Dieser Ansatz soll eine integrierte und detaillierte Erfassung, Steuerung und Diagnose des Markenwerts unter Berücksichtigung des identitätsbasierten Markenmanagements ermöglichen. Dabei sollen folgende wissenschaftlichen und praxeologischen Forschungsfragen beantwortet werden: (1) Wie wirkt die Markenidentität auf den Markenwert? (2) Welchen zusätzlichen Nutzen generiert die Berücksichtigung der Markenidentität bzw. die identitätsbasierte Markenbewertung für die Markenbewertung
124
Vgl. KING, S. (1991): Brand Building in the 1990s, in: Journal of Marketing Management, Jg. 7 (1), S. 8 f. Darüber hinaus fordert JONES die Integration weiterer Stakeholdergruppen (wie Medien, Öffentlichkeit, Investoren, etc.). Vgl. JONES, Finding sources of brand value: Developing a stakeholder model of brand equity, a.a.O. S. 10 ff. Aus forschungsökonomischen Aspekten wurde jedoch der Fokus des folgenden Modells auf die für die Markensteuerung wichtigsten Bezugsgruppen (Nachfrager und Mitarbeiter) gelegt. So wird laut einer Studie der Unternehmensberatung TAIKN sowohl Nachfragern als auch Mitarbeitern der größte Einfluss auf den Markenwert attestiert, Vgl. TAIKN (2006): Corporate Brand Census - Markenwert stakeholderorientiert managen, http://www.taikn.de/TAIKN/downloads/CorporateBrand_Census.pdf, Abruf: 01.03.2006, S. 11.
125
KAPFERER Die Marke - Kapital des Unternehmens, a.a.O., S. 291.
34
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung (unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Markenbewertungsanlässe)? (3) Wie ist ein identitätsbasiertes Markenbewertungsmodell konzeptionell auszugestalten und zu operationalisieren?
Diese Forschungsfragen treiben die Forschungsziele der vorliegenden Arbeit. In einem ersten Unterziel soll ein theoretischer Bezugsrahmen aus dem Forschungsgebiet des identitätsbasierten Markenmanagements und der Markenbewertung festgelegt werden. Er ist notwendig, um das Modell und seine Einflussgrößen aus der Theorie zu begründen und sie für die Praxis relevant zu machen. Ein zweites Unterziel beschreibt die Identifikation relevanter Einflussgrößen für die identitätsbasierte Markenbewertung. Dazu ist es notwendig, relevante Anforderungen auf der Basis allgemeiner Markenbewertungsanforderungen zu definieren und diese um spezifische Anforderungen der identitätsbasierten Markenführung zu ergänzen. In einem dritten Unterziel soll auf der Basis des aus dem identitätsbasierten Markenmanagement resultierenden Forschungsbedarfs ein bislang einzigartiges Markenbewertungsinstrument erstellt werden. Dabei sind folgende Anforderungen zu erfüllen: Dieses Modell soll auf der Grundlage des identitätsbasierten Markenmanagements sowohl eine unternehmensinterne als auch eine -externe Perspektive berücksichtigen.126 Aufgrund der Wichtigkeit von Nachfragerwertigkeiten für den Markenwert müssen diese Nachfragerwertsegmente in dem zu entwickelnden Modell entsprechende Berücksichtigung finden. Als viertes, praxeologisches Unterziel dieser Arbeit soll eine Empfehlung für die Implementierung der identitätsbasierten Markenbewertung erarbeitet werden. Dazu ist es von besonderer Wichtigkeit, dass das zu entwickelnde Markenbewertungsinstrument in seiner konzeptionellen Ausgestaltung ein Höchstmaß an Praktikabilität sicherstellt. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzungen soll in den folgenden Forschungsbereichen ein erkennbarer Erkenntnisfortschritt erreicht werden. Diese entsprechen ins-
126
Vgl. KRANZ, M. (2002): Markenbewertung. Bestandsaufnahme und kritische Würdigung, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, M. (Hrsg.): Markenmanagement, Wiesbaden: Gabler, S. 453.
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
35
besondere drei kürzlich festgelegten Forschungsprioritäten des Marketing Science Institutes (MSI) für die Jahre 2006-2008: Primär soll ein Erkenntnisfortschritt im Bereich der Markenwertermittlung erreicht werden. Hierbei wird im Rahmen dieser Arbeit insbesondere ein Schwerpunkt auf die Integration einer unternehmensexternen und einer unternehmensinternen Perspektive in der Markenbewertung gesetzt. Ein solches Vorgehen wird bereits wiederholt in Wissenschaft und Praxis gefordert,127 jedoch in der Forschung bisher nicht weiter verfolgt. Eine an diese Leitidee angelehnte MSI-Forschungspriorität fordert die Entwicklung von Indikatoren der „Brand Health“ (Markengesundheit).128 Die Erforschung der Indikatoren der Markenstärke - insbesondere unter Berücksichtigung unterschiedlicher Anspruchsgruppen - entspricht somit einer wesentlichen aktuellen Forschungspriorität des Marketing Science Institutes. Eine weitere Forschungspriorität beschreibt die Verknüpfung von Markenwert und Kundenstammwert. Auch in diesem Forschungsgebiet soll ein Erkenntnisgewinn erreicht werden. Daher soll die identitätsbasierte Markenbewertung auf einer Segmentierung unterschiedlicher Kundenwertigkeiten gründen. Eine Segmentierung ist notwendig, um eine zielgruppengerechte Steuerung der Marke zu ermöglichen. Ebenso definiert die vorliegende grundsätzliche Zielsetzung mit ihren Unterzielen den Aufbau dieser Arbeit. So erfolgt in Kapitel A eine theoretische Einordnung der identitätsbasierten Markenbewertung (theoretischer Bezugsrahmen). Dazu wird zunächst eine Einordnung des identitätsbasierten Markenmanagements in das strategische Management vorgenommen. Darauf aufbauend wird das grundlegende Konzept der identitätsbasierten Markenführung skizziert, insbesondere die konstitutiven Elemente „Markenidentität“ und „Markenimage“. Zudem erfolgt eine grundsätzliche Einordnung des Markencontrollings und somit der Markenbewertung in den Prozess des identitätsbasierten Markenmanagements. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen widmet sich Kapitel B der konzeptionellen Ausgestaltung des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells. Es bildet den konzeptionellen Kern dieser Arbeit. Dazu sollen die relevanten Grundlagen in Abstim-
127
Vgl. JONES Finding sources of brand value: Developing a stakeholder model of brand equity, a.a.O., S. 17 ff.; MEFFERT und KOERS, Identitätsorientiertes Markencontrolling, a.a.O., S. 278.
128
Vgl. MSI (2006): Marketing Science Institute: 2006 - 2008 Research Priorities, http://www.msi.org/ msi/rp0608.cfm, Abruf: 04. August 2006.
36
Markenbewertung als Herausforderung der Unternehmensführung
mung mit bestehenden monetären und identitätsbasierten Markenbewertungsrichtlinien definiert werden. Daran anschließend wird das Grundkonzept der identitätsbasierten Markenbewertung sowie seine Elemente konzeptionell ausgearbeitet und formal-analytisch dargestellt. Im Zentrum des Kapitels C stehen mögliche Implikationen der identitätsbasierten Markenbewertung für die Unternehmenspraxis. Dazu soll eine exemplarische Ausführung am Beispiel eines international tätigen Technologieunternehmens durchgeführt werden. Ferner wird in diesem Kapitel eine kritische Würdigung des Aussagegehalts der Ergebnisse vorgenommen. Abschließend widmet sich Kapitel D der Zusammenfassung sowie seiner möglichen praktischen Implikationen. Ferner werden Empfehlungen für mögliche weitere Forschungen vorgestellt. Einen Überblick über die Struktur gibt Abbildung 10. Kapitel B: Kapitel A: Einleitung (Theoretischer Bezugsrahmen)
Identitätsbasiertes Markenbewertungsmodell • Anforderungen and ie monetäre und identitätsbasierten Markenbewertung
• Rolle der Marke in der wertorientierten Unternehmensführung
• Grundkonzept des identitätsbasierten Markenmanagements & Markencontrollings
• Notwendigkeit einer identitätsbasierten Markenbewertung
• Ziel und Aufbau der Arbeit
Kapitel C: Fallstudie • Grundlagen der Studienkonzeption
• Grundstruktur und Elemente der identitätsbasierten Markenbewertung
• Ergebnisse der Markenbewertung
• Konzeptualisierung der Modellkomponenten (Markenstärke, Markenbarwert, Markenpotenzialwert)
• Kritische Würdigung des Aussagegehalts der Ergebnisse
• Formal-analytische Darstellung der Modellkomponenten
Abbildung 10: Aufbau und Struktur der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung
Kapitel D: Fazit • Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
• Implikationen für die Markenführung in der Praxis
• Implikationen für die Markenforschung
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
B
37
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Auf der Basis der dargelegten Notwendigkeit einer identitätsbasierten Markenbewertung wird in den folgenden Kapiteln die Konzeptualisierung eines solchen Instruments vorgestellt. Zu diesem Zweck müssen zunächst die Anforderungen an ein Markenbewertungsmodell erörtert werden, denn neben den allgemein anerkannten Grundsätzen der monetären Markenbewertung muss dieses Modell auch den Anforderungen eines identitätsbasierten Markenmanagements genügen. In einem darauf aufbauenden Abschnitt werden die grundlegenden Zusammenhänge dieses Modells vorgestellt. Der dritte Abschnitt widmet sich der detaillierten Konzeptualisierung der einzelnen Bestandteile, die in einem vierten Abschnitt mathematisch operationalisiert werden.
1
Voraussetzungen für ein identitätsbasiertes Markenbewertungsmodell
1.1
Anforderungen an wissenschaftliche Modelle
Für die Operationalisierung müssen grundsätzlich folgende Anforderungen erfüllt werden. Diese betreffen insbesondere die Validität, Reliabilität und Objektivität der Messung. Die Validität (Gültigkeit) wird definiert als „Grad der Genauigkeit, mit dem ein Messverfahren wirklich das misst, was gemessen werden soll bzw. zu messen vorgibt.“129 Im Rahmen der Markenbewertung stellt sie sicher, ob wirklich das Konstrukt des Markenwerts gemessen wird. Um dies zu überprüfen, können unterschiedliche Arten der Validität herangezogen werden. So untersucht die Inhaltsvalidität, ob das verwendete Messinstrument in seiner logischen und sachlichen Ausgestaltung zur Erfassung des Untersuchungsgegenstandes herangezogen werden kann.130 Diese in der Praxis selten anzutreffende Überprüfung kann entweder durch den bloßen Au-
129
BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 64.
130
Vgl. HILDEBRANDT, L. (1984): Kausalanalytische Validierung in der Marketingforschung, in: Marketing ZfP (1), S. 42.
38
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
genschein (Augenschein-Validität) oder durch Expertenbeurteilung (ExpertenValidität) durchgeführt werden.131 Bei der Kriteriumsvalidität hingegen werden die aus dem Modell resultierenden Ergebnisse mit externen Werten auf der Basis von empirischen Methoden verglichen.132 Man unterscheidet in diesem Zusammenhang die so genannte Übereinstimmungs-Validität als Fähigkeit der Deckung der Ergebnisse mit einem Außenkriterium 133 und die so genannte Prognose-Validität als Fähigkeit bestimmte Ergebnisse vorherzusagen.134 Als dritte Form der Validität untersucht die Konstruktvalidität die Beziehung zwischen dem hypothetischen Konstrukt und den jeweiligen Messergebnissen.135 Bei Übereinstimmung kann von einer validen Messung ausgegangen werden. Sie umfasst insbesondere die Konvergenzvalidität, d. h. die Übereinstimmung zweier unterschiedlicher Messmethoden zur Erfassung eines Konstruktes,136 und die Diskriminanzvalidität, d. h. die Unterschiedlichkeit zweier Messmethoden zur Erfassung unterschiedlicher Konstrukte.137 Einschränkend ist an dieser Stelle jedoch festzustellen, dass die Konstruktvalidität aufgrund ihrer Komplexität in der Praxis nur schwer zu erfüllen ist. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, die Kriteriumsvalidität heranzuziehen, da sie eine objektive Validierung sicherstellt.138 Die Reliabilität (Zuverlässigkeit) umfasst dagegen den Grad der Genauigkeit, mit dem ein bestimmtes Merkmal gemessen wird, gleichgültig, ob dieses Merkmal auch zu messen beansprucht wird.139 Sie soll die Stabilität der Messungen und die Kons-
131
Vgl. BEREKOVEN, L., ECKERT, W., und ELLENRIEDER, P. (1996): Marktforschung: methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 7., vollst. überarb. und erw. Aufl, Wiesbaden: Gabler.
132
Aus diesem Grund ist die Kriteriumsvalidität auch unter dem Begriff „empirische Validität“ bekannt. Vgl. LIENERT, G. A. (1989): Testaufbau und Testanalyse, 4. Aufl., München, Weinheim, S. 255 f.
133
Vgl. BÖHLER, H. (2004): Marktforschung, Kohlhammer Edition Marketing, 3., völlig neu bearb. und erw. Aufl., Stuttgart: Kohlhammer, S. 114.
134
Vgl. NEIBECKER, B. (1994b): Validität, in: DILLER, H. (Hrsg.): Vahlens Großes Marketing-Lexikon, 2. Aufl., München, S. 1178.
135
Vgl. BÖHLER, Marktforschung, a.a.O., S. 115.
136
Vgl. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 65.
137
Vgl. NEIBECKER, Validität, a.a.O., S. 1180.
138
Vgl. ESCH, F.-R. (1990): Expertensystem zur Beurteilung von Anzeigenwerbung, Heidelberg, S. 215; BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 64.
139
Vgl. LIENERT, G. A., RAATZ, U., und LIENERT, R. (1998): Testaufbau und Testanalyse, 6. Aufl., Studienausg, Weinheim: Beltz Psychologie Verl.-Union, S. 9.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
39
tanz der Messbedingungen sicherstellen.140 In diesem Zusammenhang können insbesondere drei Verfahren der Reliabilität unterschieden werden.141 Im ParalleltestVerfahren wird eine Stichprobe in zwei vergleichbare Messreihen aufgeteilt und miteinander korreliert.142 Im Test-Retest-Verfahren wird hingegen die Messung im gleichen Untersuchungsdesign mit derselben Stichprobe wiederholt. Das Split-HalfVerfahren hingegen unterteilt die Items des Messinstruments in zwei gleichwertige Hälften. Nach der Erhebung anhand werden diese zwei Hälften miteinander korreliert. Sie erlaubt Rückschlüsse auf die interne Konsistenz (Interne Konsistenzreabilität). Die Objektivität beschreibt die personenunabhängige Erhebung von Daten.143 Wenngleich die Objektivität und Reliabilität große Ähnlichkeiten aufweisen,144 sollen sie im Rahmen der Markenbewertung separat untersucht werden, da somit vorliegende Intransparenzen in der Auswahl und Gewichtung einzelner Einflussfaktoren besser veranschaulicht werden können.
1.2
Anforderungen an die monetäre Markenbewertung
Die Festlegung von Anforderungen bildet die Grundlage für die folgende konzeptuelle Ausgestaltung des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells. Diese sind sowohl aus einer theoretischen als auch aus einer praxeologischen Perspektive zwingend erforderlich. Aus einer theoretischen Perspektive determinieren sie die Kompatibilität und Vergleichbarkeit zu anderen Markenbewertungsmodellen. Aus einer praxeologischen Perspektive beeinflussen sie die entsprechenden Anwendungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens.
140
Vgl. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 63.
141
Vgl. NEIBECKER, B. (1994a): Reliabilität, in: DILLER, H. (Hrsg.): Vahlens Großes Marketing-Lexikon, 2. Aufl., München, S. 1010; BÖHLER Marktforschung, a.a.O., S. 113 f.
142
Vgl. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 63.
143
Vgl. KRIEGBAUM, Markencontrolling: Bewertung und Steuerung von Marken als immaterielle Vermögenswerte im Rahmen eines unternehmenswertorientierten Controlling, a.a.O., S. 85.
144
Vgl. FAßNACHT, G. (1995): Systematische Verhaltensbeobachtung: eine Einführung in die Methodologie und Praxis, UTB für Wissenschaft Große Reihe, 2., völlig neubearb. Aufl, München u.a.: Reinhardt, S. 28 f.
40
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Mit der Zielsetzung, eine möglichst hohe Akzeptanz in Wissenschaft und Praxis zu erreichen, ist es notwendig, die Auswahl und Ausgestaltung der Prämissen an allgemein anerkannten Grundsätzen zu orientieren. Insbesondere die im November 2006 veröffentlichten Grundsätze monetärer Markenbewertung des Brand Valuation Forums erscheinen hierbei sinnvoll.145 Sie wurden entwickelt, um valide und praxisrelevante Ergebnisse sicherzustellen und die notwendige Standardisierung einer monetären Markenbewertung voranzutreiben. Sie decken sich mit den allgemeinen Grundsätzen des IDW S5. Eine Übersicht über diese zehn Grundsätzen der monetären Markenbewertung und ihre Entsprechung im IDW S5 finden sich in Abbildung 11.
1.
Berücksichtigung des Bewertungsanlasses und der Bewertungsfunktion
2.
Berücksichtigung der Markenart und -funktion
3.
Berücksichtigung des Markenschutzes
4.
Berücksichtigung der Marken- und Zielgruppenrelevanz
5.
Berücksichtigung des aktuellen Markenstatus auf Basis von repräsentativen Daten der relevanten Zielgruppe
6.
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marke
7.
Isolierung von markenspezifischen Einzahlungsüberschüssen
8.
Berücksichtigung eines kapitalwertorientierten Verfahrens und eines angemessenen Diskontierungssatzes
9.
Berücksichtigung von markenspezifischen Risiken (Markt- und Wettbewerbsrisiken)
10. Nachvollziehbarkeit und Transparenz
Abbildung 11: 10 Grundsätze der monetären Markenbewertung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BRAND VALUATION FORUM (2006), S. 3.
Der erste Grundsatz beschreibt die Berücksichtigung des Bewertungsanlasses und der -funktion, d. h. bei der Konzeption eines Markenbewertungsmodells soll eine Methodik verwendet werden, die für den vorliegenden Bewertungsanlass bzw.
145
Das Brand Valuation Forum repräsentiert den führenden deutschen Arbeitskreis zur Standardisierung der monetären Markenbewertung. Diesem von der Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens (GEM) und des Markenverbandes initiierten Forum gehören führende deutsche Markenberatungsexperten an. Zu diesen zählen unter anderem Marktforschungsunternehmen wie GfK, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie PricewaterhouseCoopers und Markenstrategieberatungen wie Interbrand, Zintzmeyer & Lux an. Einen vergleichbaren Vorstoß liefert das Österreichische Normungsinstitut. Es verabschiedete eine ebenfalls im Jahr 2006 veröffentlichte ON-Regel16800 (Verfahren zur Bewertung des immateriellen Vermögensgegenstands „Marke“), die eine Standardisierung der Markenbewertung bewirken soll. Die Ausgangsbasis bildet dabei die Festlegung einheitlicher Prämissen. Vgl. O.V. (2006c): ONR-16800: Verfahren zur Bewertung des immateriellen Vermögensgegenstands „Marke“, Wien, S. 1 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
41
die vorliegende Bewertungsfunktion entsprechend geeignet ist. Dabei lassen sich generell unternehmensexterne und unternehmensinterne Anlässe unterscheiden.146 Bei einer unternehmensexternen Betrachtung konzentriert sich die Markenbewertung auf eine monetäre Evaluation. Im Zentrum stehen dabei die Erfassung von Markenrechten und Marken als Vermögensbestandteile. Der ermittelte Markenwert dient insbesondere Zwecken der Bilanzierung, der Festsetzung von Lizenzgebühren, den Käufen bzw. Verkäufen von Marken sowie der Schadensbemessung. Besonders finanzwirtschaftlich orientierte Modelle werden für diese Art der Bewertungsanlässe herangezogen.147 Bei einer unternehmensinternen Perspektive hingegen steht die Diagnose und Steuerung von Marken im Zentrum der Betrachtung, die insbesondere das Markenmanagement und die Personalführung umfassen. Dazu zählen unter anderem Anlässe der Ressourcenallokationen, der Portfoliosteuerung oder der Ergebniskontrolle sowie die Schaffung eines wertorientierten Markenbewusstseins innerhalb des Unternehmens. Hierbei eignen sich besonders verhaltenstheoretisch orientierte Markenbewertungsverfahren.148 Die monetäre Erfassung tritt in den Hintergrund. Trotz dieser offensichtlichen Divergenz unternehmensinterner und -externer Markenbewertungsanlässe ist ein kombiniertes Vorgehen im Rahmen integrierter Markenbewertungsansätze möglich, wie zahlreiche hybride Markenbewertungsverfahren belegen. Sie vereinen beide Perspektiven, da mit ihrer Hilfe sowohl verhaltenswissenschaftlich orientierte Markenstärke als auch finanzwirtschaftlich orientierte Markenwerte ermittelt werden können. Diesen umfassenden Anspruch verfolgt auch die identitätsbasierte Markenbewertung. Als ein daraus abgeleiteter Grundsatz muss festgehalten werden, dass zur Integration des Modells sowohl die Markenstärke als auch ein monetärer Markenwert ausgewiesen werden müssen.
146
Vgl. BURMANN, KRANZ, und WEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Würdigung, a.a.O., S. 322 f.
147
Vgl. u.a. KERN, Bewertung von Warenzeichen, a.a.O.; HERP Der Markenwert von Marken des Gebrauchsgütermarktsektors, a.a.O.; CRIMMINS Better Measurement and Management of Brand Value, a.a.O., S. 11 ff.; SANDER Die Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken: eine Analyse aus Sicht des Markeninhabers, a.a.O.; SIMON und SULLIVAN The Measurement and Determinants of Brand Equity: A Financial Approach, a.a.O., S. 28 ff.
148
Vgl. u.a. AAKER, Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O.; KELLER, Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, a.a.O., S. 1 ff.
42
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Der zweite Grundsatz der monetären Markenbewertung umfasst die Berücksichtigung der Markenart und Markenfunktion.149 Unter dem Begriff „Markenart“ wird die Ausgestaltung der Marke auf der Basis ihres Typs (Dienstleistung, Produkt), ihres geografischen Geltungsbereichs (regional, national, international) oder ihrer Ausrichtung innerhalb der Markenarchitektur (Einzelmarke, Markenfamilie, Dachmarke, Unternehmensmarke) verstanden. Der Begriff „Markenfunktion“ beschreibt die Eigenschaften einer Marke, mit denen eine Wertschöpfung für das Unternehmen erreicht werden kann. Sie umfasst die Identifikations-, Kommunikations-, Differenzierungsund Qualitätsfunktion. Diese trivial anmutende Forderung kann jedoch bei Nichtbeachtung zu erheblichen Fehlbewertungen führen. So wichen die Ergebnisse zweier Markenbewertungsmodelle um mehr als 250 Prozent voneinander ab, da unterschiedliche Bewertungsgegenstände als Grundlage der Bewertung herangezogen wurden. In diesem Kontext bezog sich das Markenbewertungsmodell von Semion auf das Markenportfolio der Volkswagengruppe, das die Marken VW, Skoda, Seat, Bentley, Bugatti, Audi, Seat, Lamborghini beinhaltet. Die Markenbewertung des Interbrand Ansatzes hingegen bezog sich ausschließlich auf die Automobilmarke Volkswagen.150 Die identitätsbasierte Markenbewertung ist grundsätzlich nicht auf bestimmte Markentypen, wie etwa Dachmarken, Unternehmensbereichsmarken oder Produkt-/Servicemarken begrenzt, sondern kann umfassend eingesetzt werden. Selbst die Erfassung von Markenportfolios ist möglich. Dies hängt in erster Linie vom Detaillierungsgrad finanzwirtschaftlich orientierter und verhaltenswissenschaftlich orientierter Informationen ab. Dennoch ist eine Festlegung auf eine Markenart vor der Durchführung der Bewertung zwingend erforderlich. Hinsichtlich der Markenfunktionen ist darauf zu achten, dass die Bewertungskriterien auf möglichst alle Markenfunktionen Bezug nehmen.151 Die Berücksichtigung des Markenschutzes stellt einen dritten Grundsatz der monetären Markenbewertung dar. Dieser Aspekt ist insbesondere deshalb relevant, da es sich bei monetären Markenwerten um immaterielle Vermögensgegenstände handelt, die als nicht physisch greifbar und flüchtig einzustufen sind. Die rechtlichen Möglichkeiten die Marken zu schützen, sollten deshalb in einer entsprechenden Mar-
149
Vgl. BRAND VALUATION FORUM, 10 Grundsätze zur monetären Markenbewertung, a.a.O., S. 17.
150
Vgl. KAEUFFER, J. (2004): Die monetäre Markenwertberechnung mit dem semion brand€valuationAnsatz, in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 695.
151
Vgl. Vgl. BRAND VALUATION FORUM, 10 Grundsätze zur monetären Markenbewertung, a.a.O., S. 17.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
43
kenbewertung Berücksichtigung finden. Dies stellt insbesondere dann ein Problem dar, wenn Marken zu Gattungsbegriffen avancieren.152 So gilt auch für die identitätsbasierte Markenbewertung, dass nur diejenigen Marken einer Bewertung unterzogen werden sollten, die auch rechtlich schützbar sind. Ein weiterer Grundsatz umfasst die Berücksichtigung der Marken- und Zielgruppenrelevanz. Hierbei wird die Forderung aufgestellt, dass die Informationen zum Zwecke der Überprüfung und Vergleichbarkeit auf öffentlich zugänglichen Daten basieren müssen. Aufgrund des innovativen Charakters der identitätsbasierten Markenbewertung, die auch eine unternehmensinterne Perspektive zur Markenbewertung heranzieht, ist dies für den unternehmensexternen Teil des Modells uneingeschränkt erfüllbar. Zudem werden jedoch auch unternehmensinterne Informationen benötigt, die nur teilweise veröffentlicht werden dürfen. Daher muss die Anforderung für die identitätsbasierte Markenbewertung lauten, dass die verwendeten Informationen zum Zwecke des Vergleichs in anonymisierter Form für die relevanten Zielgruppen öffentlich zugänglich sein sollten. Im fünften Grundsatz wird die Berücksichtigung des aktuellen Markenstatus auf der Basis relevanter Daten der relevanten Zielgruppen gefordert. Er enthält insbesondere zwei Aspekte, die auch für die identitätsbasierte Markenbewertung von hoher Relevanz sind. Zum einen wird eine Erfassung des aktuellen Markenstatus gefordert. Laut Beschreibung der Verfasser besteht dieser Markenstatus aus Markenerfolg und Markenstärke. Es wird somit implizit ein integriertes Modell der Markenbewertung empfohlen (vgl. den ersten Grundsatz). Zudem wird die Verwendung relevanter Daten der entsprechenden Zielgruppen gefordert. In vielen bestehenden Ansätzen wird dieser zentrale Aspekt, dass die Markenstärke und Markenwerte bei unterschiedlichen internen und externen Zielgruppen variieren können, vernachlässigt. Die identitätsbasierte Markenbewertung greift dies jedoch auf und unternimmt eine nach Kundensegmenten spezifische Ermittlung der externen Markenstärke. Ferner ist davon auszugehen, dass aus einer unternehmensinternen Perspektive eine Differenzierung unterschiedlicher Mitarbeitersegmente für die Ermittlung der internen Markenstärke notwendig ist. Denn je nach Mitarbeitersegment variiert der Kontakt zu Nachfragern und folglich der Einfluss der internen Markenstärke auf die
152
Vgl. WURTSCHEID, W. (2006): Marke als Gattungsbegriff - Fluch oder Segen?, 1. Markenkonferenz B2B, Würzburg 6. - 7. Dezember.
44
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
externe Markenstärke. Insgesamt kann als notwendiger Grundsatz gefolgert werden, dass segmentspezifische Informationen vorhanden sein müssen. Der sechste Grundsatz umfasst die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marken.153 Vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der identitätsbasierten Markenbewertung die finanzwirtschaftliche Ermittlung des Markenwerts auf der Basis diskontierter Cashflows stattfindet, ist eine Festlegung der wirtschaftlichen Lebensdauer dringend erforderlich. Dies muss zu Beginn der Markenbewertung in Form eines entsprechenden nachvollziehbaren Grundsatzes zur realistischen Nutzungsdauer der Marke festgeschrieben werden. Der darauf folgende Grundsatz enthält ein zentrales Element der Markenbewertung. Durch die Isolierung markenspezifischer Einzahlungsüberschüsse soll sichergestellt werden, dass ausschließlich markeninduzierte Zahlungsströme in die Markenwertberechnung einfließen. Zu diesem Zweck wurden unterschiedliche Verfahren entwickelt, wie beispielsweise das Mengen- bzw. Preispremium, hedonische Preise, markenkorrigierte Umsätze sowie Lizenzpreisanalogien.154 Diese Anforderung an die Markenbewertung wird insbesondere durch die Bilanzierung forciert. Es soll dabei eine Abgrenzung der Markenleistung zu anderen Vermögensgegenständen, wie beispielsweise Patenten oder Kundenbeziehungen, vorgenommen werden.155 Die im achten und neunten Grundsatz (Berücksichtigung eines kapitalwertorientierten Verfahrens und eines angemessenen Diskontierungssatzes sowie mar-
153
So weisen MEFFERT/BURMANN auf die Relevanz der Nutzungsdauer von Marken für die Markenbewertung hin. Ihre Berücksichtigung ist notwendig, da nach Ansicht der Autoren von einer Abnutzbarkeit von Marken aus wirtschaftlicher und verhaltenstheoretischer Perspektive auszugehen ist. Vgl. MEFFERT, H. und BURMANN, C. (2005a): Abnutzbarkeit und Nutzungsdauer von Marken, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2. Aufl., Wiesbaden: Gabler Verlag. S 349 ff.
154
So gehen Verfahren des Preis- bzw. Mengenpremium von zusätzlichen Cashflows aus, die entweder aus einem Preisabstand oder aus zusätzlichen Absätzen im Vergleich zu Referenzmarken resultieren. Das Verfahren der hedonischen Preise geht ebenfalls von Preisabständen aus, die so lange variiert (alterniert) werden, bis kein Unterschied in der Kaufpräferenz erkennbar ist. In Verfahren der markenkorrigierten Umsätze werden sämtliche nicht-markenrelevante Cashflow Ströme eliminiert. Die Lizenzpreisanalogie als letztes Verfahren ermittelt markeninduzierte Cashflows auf Schätzungen für die im jeweiligen Markt zu erreichenden Lizenzen. Für eine kritische Würdigung dieser Verfahren vgl. SATTLER, Markenbewertung: State-of-the-Art, a.a.O., S. 42 ff.
155
Die identitätsbasierte Markenführung geht indes von einem ganzheitlichen Markenverständnis aus und somit von einer ganzheitlichen Berücksichtigung der markierten Zahlungsströme aus. Um jedoch den geltenden Rechnungslegungsvorschriften Genüge zu leisten, wird im folgenden Kapitel ein praktikables Vorgehen vorgestellt.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
45
kenspezifische Risiken) erörterten Aspekte zielen auf die Festlegung eines angemessenen Risikoabschlags ab. Dieser sollte jedoch nicht nur die Risiken des Markts und des Unternehmens abdecken, sondern ebenso auch die Markenrisiken. Als Anforderung für die identitätsbasierte Markenbewertung müssen folglich Informationen zu diesen Risikoarten vorliegen. Abschließend wird im zehnten Grundsatz die Nachvollziehbarkeit und die Transparenz des jeweiligen Verfahrens gefordert. Dieser wichtige, jedoch von den meisten kommerziellen Ansätzen vernachlässigte Aspekt wird auch von der identitätsbasierten Markenbewertung verfolgt. Dabei müssen insbesondere die Anforderungen an Validität, Objektivität und Reliabilität erfüllt sein.156 Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass die Einhaltung der geltenden Anforderungen eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung zur Konzeptualisierung eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells bildet. Denn die meisten Anforderungen erlauben einen zu großen Ermessensspielraum, teilweise stehen diese im Konflikt mit dem vorliegenden Markenverständnis (wie im Fall der Isolierung markenrelevanter Zahlungsströme). Eine Spezifizierung vor dem Hintergrund der identitätsbasierten Markenbewertung ist deshalb erforderlich.
1.3
Anforderungen an die identitätsbasierte Markenbewertung
Die Anforderungen aus der Sicht des identitätsbasierten Markenmanagements sind durch die Leitidee eines ganzheitlichen Markenverständnisses geprägt.157 Sie basiert auf der Betrachtung von unternehmensinternen und -externen Perspektiven, die sich durch die Markenidentität und das Markenimage als die beiden zentralen Komponenten der identitätsbasierten Markenführung äußern.158 Im Rahmen der Markenbewertung ist eine solche umfassende Betrachtung als bislang einzigartig einzustufen.159 Wie bereits in Kapitel A4 erläutert, beschränken sich bestehende Markenbe-
156
Eine ausführliche Darlegung der Notwendigkeit von Validität, Reliabilität und Objektivität erfolgt in der Operationalisierung des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells in Kapitel Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden..
157
In der Literatur werden vereinzelt die Begriffe „holistische“ oder „umfassende“ Markenbewertung verwendet.
158
Vgl. dazu Kapitel A2.
159
Im Rahmen eines Markenbewertungsmodells von ELLERBROCK/FRANK wird zwar ebenfalls auf die Relevanz der Markenidentität hingewiesen. So genannte „identitätsbestimmende Dimensionen“ werden in der Messung der verhaltenstheoretischen Markenstärke berücksichtigt. Eine gesonder-
46
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
wertungsansätze auf die Ermittlung der nachfragerbasierten Markenstärke. Eine duale Betrachtung ist insbesondere deshalb wichtig, da die nachfragerbasierte Betrachtung des Markenimages für die ganzheitliche Ermittlung eines Markenwerts nicht ausreichend ist. Vielmehr muss die Markenidentität, die sowohl Mitarbeitereinstellungen und -verhalten als auch Kompetenzen als auch Ressourcen beinhaltet, berücksichtigt werden.160 Die Leitidee der Ganzheitlichkeit zeigt sich ferner in der Anforderung, in der Markenbewertung verhaltenstheoretisch und finanzwirtschaftlich orientierte Betrachtungsebene zu integrieren. Ein solches Vorgehen ist erforderlich, da die Entstehung des finanzwirtschaftlich orientierten Markenwerts vom Aufbau des zugrundeliegenden verhaltenstheoretisch orientierten Markenwerts abhängig ist, die somit als dessen Fundament definiert wird.161 Aufgrund der Tatsache, dass sich verhaltenstheoretisch orientierte Ansätze auf die Diagnose und Steuerung von Marken fokussieren und finanzwirtschaftlich orientierte Ansätze sich auf die ökonomische Evaluierung beschränken, eröffnet die vorliegende Betrachtungsweise die umfangreichsten Anwendungsmöglichkeiten. Ein solches Vorgehen findet in der wissenschaftlichen Forschung bereits breite Anwendung und wird in konzeptionellen Ausgestaltungen kombinierter Markenbewertungsmodelle oftmals berücksichtigt.162
te Untersuchung von interner und externer Markenstärke auf Basis der Markenidentität und des Markenimages sowie deren Wirkungsbeziehungen wird jedoch nicht vorgenommen. Vgl. ELLERBROCK, H. und FRANK, D. (2004): Markenwertmessung als Herausforderung eines integrierten Markenmanagements, in: Planung & Analyse, Jg. 32 (2), S. 51 ff. 160
Vgl. JOACHIMSTHALER, E. (2002): Mitarbeiter: Die vergessene Zielgruppe für Markenerfolge, in: Absatzwirtschaft (11), S. 28 ff.; KELLER Strategic Brand Management, a.a.O. S. 59 ff.; CLARK, M. (2002): The relationship between employees' perceptions of organisational climate and customer retention rates in a major UK retail bank, in: Journal of Strategic Marketing, Jg. 10 (2), S. 93 ff.
161
Der Markenwert setzt sich beispielsweise nach BURMANN ET AL. aus einem verhaltenstheoretischen und finanzwirtschaftlichen Markenwert zusammen. Ersterer stellt die Grundlage für die Erfassung des finanztheoretischen Markenwerts dar. Denn laut der Argumentation der Autoren setzt grundsätzlich jede finanzwirtschaftliche Aktion eine verhaltenstheoretische Aktion voraus. Im Zuge einer begrifflichen Abgrenzung kann der verhaltenstheoretische Markenwert auch als Markenstärke definiert werden. Vgl. BURMANN, MEFFERT, und KOERS, Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, a.a.O., S. 9. Vgl. auch BURMANN, KRANZ, und WEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Würdigung, a.a.O., S. 325 ff.
162
Eine Berücksichtigung beider Ebenen sowie eine differenzierte konzeptionelle Ausgestaltung erfolgen insbesondere in integrierten Markenbewertungsverfahren, die bereits in Kapitel A4 vorgestellt wurden. Vgl. u.a. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
47
Eine weitere Anforderung umfasst die Berücksichtigung des Kundenstammwerts.163 Sein Beitrag wird insbesondere darin gesehen, dass sämtliche Einschätzungen zur Wertigkeit unterschiedlicher Kundensegmente in dieser Kenngröße reflektiert werden können. Er übernimmt eine Überwachungs- und Steuerungsfunktion, ob das durch die Marke induzierte Nachfragerverhalten auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Denn er liefert einen Einblick in die entstandenen Kosten der NachfragerAkquisition und in den durch das Nachfragerverhalten generierten Cashflow. Ferner ermöglicht der Kundenstammwert eine ganzheitliche Betrachtung des Nachfragerverhaltens gegenüber dem gesamten Markenportfolio. Es können beispielsweise Cross-Selling-Effekte nicht auf einer singulären Markenbasis betrachtet werden, die Kundenstammwertbetrachtung hingegen ermöglicht genau das. Zusammenfassend lassen sich die zusätzlichen Anforderungen an die identitätsbasierte Markenbewertung - wie aus Abbildung 12 ersichtlich - darstellen.
1.
Berücksichtigung von unternehmensinternen und - externen Betrachtungsebenen
2.
Berücksichtigung von verhaltenstheoretisch und finanzwirtschaftlich-orientierten Betrachtungsebenen
3.
Berücksichtigung des Kundenstammwertes
Abbildung 12: Anforderungen an die identitätsbasierte Markenbewertung Quelle: Eigene Darstellung
2
Grundstruktur und Elemente des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Aus der Anwendung der vorgestellten Anforderungen aus der identitätsbasierten und monetären Markenbewertung resultiert folgendes modelltheoretische Grundgerüst, wie in Abbildung 13 dargestellt. Es basiert insbesondere auf den drei Anforderungen
163
Die Integration von Markenwert und Kundenstammwert stellt eine der zentralen Herausforderungen des heutigen Markenmanagements dar. Vgl. BURMANN, C. und JOST-BENZ, M. (2005): Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte - Arbeitspapier No. 19 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM) der Universität Bremen, Bremen; LEONE, R. P. et al. (2006): Linking Brand Equity to Customer Equity, in: Journal of Service Research, Jg. 9 (2), S. 125 ff.
48
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
der identitätsbasierten Markenführung, bestehend aus der Berücksichtigung der unternehmensinternen und -externen Perspektive, der Berücksichtigung einer verhaltenswissenschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Perspektive und der Berücksichtigung des Kundenstammwerts in der Markenbewertung.
Abbildung 13: Grundstruktur des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG (2008), S. 388.
Die Grundlage des Modells liefern so genannte markenprägende Aktivitäten. Darunter sind diejenigen Aktivitäten zu verstehen, die unternehmensintern und – extern die Einstellungen und das Verhalten der Marke beeinflussen. Hierzu zählen nicht nur Elemente des Marketing-Mix, wie beispielsweise Produkt, Preis, Vertrieb und Kommunikation. Vielmehr können auf Basis des vorliegenden Geschäftsmodells ebenso die Ausbildung der Mitarbeiter (Bsp. Starbucks), Forschung und Entwicklung (Bsp. Bosch) oder Kundenbindungsprogramme (Bsp. Miles and More) als markenprägende Aktivitäten gezählt werden. Die genaue Wirkung auf unternehmensinterne und – externe Zielgruppen lässt sich anhand der folgenden Wirkungskette erklären. Es findet auf der unternehmensinternen Seite zunächst ein Abgleich zwischen dem Selbstbild des Mitarbeiters und der Markenidentität statt. Je größer der Fit, desto at-
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
49
traktiver erscheint dem (potenziellen) Mitarbeiter die (Unternehmens-) Marke und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Akquise dieses Mitarbeiters.164 Der Fit zwischen Marken- und Selbstidentität treibt auch die zwischen der Marke und dem bereits im Unternehmen tätigen Mitarbeiter bestehenden Beziehung, die sich insbesondere in der Einstellung des Mitarbeiters gegenüber der Marke äußern kann (Brand Commitment). Sie bildet wiederum die Grundlage für das nachhaltige markenbezogene Verhalten des Mitarbeiters (Brand Citizenship Behaviour).165 Analog kann dies auch für die unternehmensexterne Seite angewandt werden.166 Demnach trägt der Fit zwischen dem Markenimage und dem Selbstimage des Nachfragers maßgeblich zum Erfolg der Kundenakquise bei, auf deren Basis eine MarkeKunde-Beziehung aufgebaut werden kann. Diese wiederum beeinflusst nachhaltig das Kundenverhalten gegenüber der Marke. Aus dieser verhaltenstheoretisch orientierten Messung resultiert ein aggregierter Markenstärkewert, der aus einer unternehmensinternen Perspektive als interne Markenstärke und aus unternehmensexterner Perspektive als externe Markenstärke definiert werden kann. In einem zweiten Schritt muss die erfasste verhaltenstheoretisch orientierte Markenstärke in eine ökonomische Markenwertgröße transformiert werden. Insbesondere aus der Sicht der Rechnungslegung ist dieser Schritt als kritisch einzustufen. Hierbei stellt die monetäre Isolierung der Markenleistung eine zentrale Anforderung dar. Der
164
In der Akquise von Mitarbeitern sind zudem weitere Determinanten relevant, wie bspw. Sicherheit des Arbeitsplatzes, Vergütung, Flexibilität der Arbeitszeiten, die jedoch nicht im Fokus dieser Arbeit stehen sollen. Vgl. BAHNER, J. und EISELE, D. (2004): Das Arbeitgeberimage im Mittelpunkt Campus Recruiting, Wechselwirkungen - Jahrbuch aus Lehre und Forschung der Universität Stuttgart, Stuttgart, S. 10.
165
Dabei ist insbesondere das markenkonforme Verhalten außerhalb der formalen Verantwortlichkeiten relevant, d.h. wie sich der Mitarbeiter gegenüber der eigenen Marke verhält, selbst wenn er aus seiner funktionalen Verantwortlichkeit nicht dafür verpflichtet ist.
166
So beeinflussen die unternehmensexternen Markenaktivitäten die kognitiven Abgleichungsprozesse des Nachfragers. Die Höhe des Fits zwischen Marken- und Selbstimage beeinflusst die Kundenakquise Weitere Möglichkeit beschreibt die Image-Kongruenztheorie von Sirgy und Levy. So tendiert ein Nachfrager gemäß der Image-Kongruenztheorie dazu, eine Marke in Übereinstimmung mit seinem Selbstkonzept auszuwählen.166 und treibt maßbeglich der Marke-KundeBeziehung. Ferner beeinflussen sie nicht nur die Einstellungen sondern auch das nachhaltige Kundenverhalten. Vgl. SIRGY, Self-Concept in Consumer Behavior: A Critical Review, a.a.O., S. 287 ff. Vgl. ferner BECKER, C. und SCHNETZER, U. (2006): Brand it! Grundlagen und praktische Umsetzung der Entstehung starker Marken, Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller, S. 23.
50
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
daraus ermittelte ökonomische Markenwert (und Zielwert des Modells) wiederum kann maßgeblich zur Steigerung des Unternehmenswerts beitragen.167 Neben der Ermittlung des monetären Markenwerts leistet dieses Modell einen wesentlichen Beitrag zur Integration von Markenwert und Kundenstammwert. Bislang werden diese Aspekte in der Markenforschung weitestgehend isoliert untersucht, aufgrund großer inhaltlicher Überschneidungen und offensichtlichen Interdependenzen erscheint ein gemeinsames Vorgehen für die Markenforschung und –praxis sinnvoll.168 Das identitätsbasierte Markenmanagement liefert hierzu eine geeignete Grundlage. Sie ermöglicht die Untersuchung von einzelnen Kundenstammwerten hinsichtlich der Kundenakquisition und des Kundenverhaltens (wie bspw. Erst- und Wiederkaufverhalten). Ihre Gegenüberstellung zu getätigten Marketingaktivitäten liefern wertvolle Hinweise zur Steuerung der Marketingaktivitäten. Somit übernimmt der Kundenstammwert eine Überwachungsfunktion, ob das durch die Marke veranlasste Nachfragerverhalten auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive sinnvoll ist. Basierend auf dieser Grundstruktur kann nun das Modell mit seinen einzelnen Elementen (Indikatoren) abgeleitet werden. Grundsätzlich ist dieses Modell als ein ganzheitliches, mathematisch-empirisches Kennzahlensystem zu verstehen,169 das neben der Messung auch die Steuerung des Markenwerts ermöglichen soll. Zu diesem Zweck sind nicht nur eine finale monetäre Größe des Markenwerts, sondern
167
Vgl. Kapitel A1.
168
Vgl. BURMANN und JOST-BENZ, Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte, a.a.O., ; LEONE et al., Linking Brand Equity to Customer Equity, a.a.O., S. 125 ff. KEININGHAM, T. L. et al. (2005): The Brand-Customer Connection, in: Marketing Management, Jg. 14 (July / August), S. 33 ff.
169
Unter dem Begriff Kennzahl werden quantitativ erfassbare, in konzentrierte Form dargestellte Sachverhalte verstanden, vgl. REICHMANN, T. und LACHNIT, L. (1976): Planung, Steuerung und Kontrolle mit Hilfe von Kennzahlen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, S. 705. Setzt man diese Kennzahlen in eine Struktur zur Erreichung eines bestimmten unternehmerischen Ziels unter Berücksichtigung einer logischen Verknüpfung, so kann von einem Kennzahlensystem ausgegangen werden. Vgl. ALISCH, K. (2004): Gabler-Wirtschaftslexikon: die ganze Welt der Wirtschaft: Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Recht, Steuern, 16. Aufl.-, Wiesbaden: Gabler, S. 1666. Diese Kennzahlsysteme lassen sich wiederum in systematische, mathematische und empirische Kennzahlensysteme unterscheiden. Systematische Kennzahlensysteme ordnen dabei die Kennzahlen einem übergeordneten Ziel unter, mathematische Kennzahlensysteme verknüpfen die einzelnen Kennzahlen anhand mathematischer Formeln, empirische Kennzahlensysteme werden als Realsystem unter Einsatz empirischer Verfahren verstanden. Vgl. PALLOKS, M. (1995): Kennzahlen, absatzwirtschaftliche, in: TIETZ, BRUNO, KÖHLER, R. und ZENTES, J. (Hrsg.): Handwörterbuch des Marketing. Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre; Bd. 4, 2., völlig neu gestaltete Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 1145. Im Fall des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells wird von einer Kombination aus mathematischen und empirischen Kennzahlensystem ausgegangen.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
51
auch die verhaltenstheoretisch orientierten Zwischenergebnisse für die identitätsbasierte Markensteuerung relevant.170 Die einzelnen Indikatoren des Modells lassen sich aus einem aus der Grundstruktur abgeleiteten Drei-Stufen-System identifizieren:171 In einer ersten Stufe wird das Ausmaß der verhaltenstheoretischen Markenstärke ermittelt. Der hieraus entstehende Markenstärke-Wert bildet die Grundlage für zwei miteinander verknüpfte finanzwirtschaftliche Aspekte und gleichsam weitere Stufen des Markenwerts. Zum einen die finanzwirtschaftliche Entwicklung des Markenwerts auf der Basis der laufenden Geschäftstätigkeit (Stufe 2), zum anderen das Wachstumspotenzial auf der Basis von Markenerweiterungsstrategien (Stufe 3).172 Einen Überblick zum Drei-StufenSystem dieses identitätsbasierten Markenbewertungsmodells liefert Abbildung 14. Stufe 1: Erfassung der verhaltenstheoretischen Markenstärke
Stufe 2: Berechnung des finanzwirtschaftlichen Markenbarwerts
Stufe 3: Berechnung des finanzwirtschaftlichen Markenpotenzialwerts (optional)
Prozess: 1.1a Mitarbeiter
1.1b Kundenstamm wertsegmente
Markenidentität 1.2a
Markenimage
Interne Markenstärke
Erfassung von Zahlungsüberschüssen in bestehenden Geschäftsfeldern 2.2
Externe Markenstärke 2.3
Assimilation
Erfassung eines markenspezifischen Risikoabschlags
Prognose von Zahlungsüberschüssen in potenziellen Geschäftsfeldern
3.2
Isolierung der markeninduzierten potenziellen Zahlungsüberschüsse
3.3
Erfassung eines markenspezifischen Risikoabschlags
Isolierung markeninduzierter Zahlungsüberschüsse
1.2b
1.3
3.1
2.1
Resultat: Verhaltenstheoretische Markenstärke
Finanzwirtschaftlicher Markenbarwert
Finanzwirtschaftlicher Markenpotenzialwert
Abbildung 14: Drei-Stufen-System des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Quelle: Eigene Darstellung
170
Eine solche Verdichtung unterschiedlicher Kennziffern zu einer integrierten Markenerfolgskennziffer auf der Basis der Wertorientierung wird von TOLLE und STEFFENHAGEN empfohlen. Vgl. TOLLE, E. und STEFFENHAGEN, H. (2004): Kategorien des Markenerfolgs und einschlägige Meßmethoden, in: BRUHN, MANFRED (Hrsg.): Handbuch Markenführung. Kompendium zum erfolgreichen Markenmanagement. Strategien - Instrumente - Erfahrungen. , 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 1286.
171
Vgl. BURMANN, C., JOST-BENZ, M., und RILEY, N. (2009): Towards an identy-based brand equity model, in: Journal of Business Research, Jg. 62 (April), S. 1 ff.
172
Laut geltender Rechnungslegungsvorschriften stellt der Markenpotenzialwert aufgrund der Pflicht zur konservativen Bewertung keinen Bestandteil eines bilanzfesten Markenwerts dar. Eine Ausnahme bilden diejenigen zukünftigen Maßnahmen, die bereits geplant sind. Da der Markenpotenzialwert jedoch wertvolle Hinweise zur Steuerung der Marke liefert, wird er im Rahmen der vorliegenden Markenbewertung als optionaler Bestandteil mit ausgeführt und konzeptualisiert.
52
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Als Grundlage der Erfassung der verhaltenstheoretischen Markenstärke erfolgt in Stufe 1.1a eine Aufteilung der Nachfrager nach produkt-, markt- und kundenwertbezogenen Determinanten in homogene Kundenstammwertsegmente. Dies ist notwendig, da sich die Einstellungen, das Kaufverhalten und insbesondere die Wertigkeit der Nachfrager unterscheiden.173 Neben diesen Kundenstammwertsegmenten berücksichtigt das vorliegende Modell auch markt- und mitarbeiterspezifische Informationen. Analog zur Nachfragerperspektive werden Mitarbeiter aus einer unternehmensinternen Perspektive als maßgebender Treiber des identitätsbasierten Markenwerts eingestuft (Stufe 1.1b). Auf eine Segmentierung der Mitarbeiter auf der Basis von Hierarchiestufen oder Betriebszugehörigkeit wird hier zum Zwecke der Komplexitätsreduktion zunächst verzichtet. Dies geschieht nicht zuletzt auch deshalb, weil beim identitätsbasierten Markenmanagementansatz die Relevanz der Mitarbeiter für die Markenführung nicht auf diejenigen mit direktem Kundenkontakt beschränkt ist.174 In der darauf aufbauenden Stufe 1.2, der Konzeptualisierung der Markenstärke, liegt die zentrale Herausforderung dieses Modells. Bislang konnte kein Markenbewertungsmodell eine Integration von interner und externer Markenstärke vornehmen. Hier wird empfohlen, den Einfluss der internen Markenstärke auf die externe Markenstärke als einen moderierenden Effekt abzubilden. Ein solches Vorgehen erscheint gerechtfertigt, da sich die markeninduzierten Cashflows direkt auf den Kaufentscheidungsprozess des Nachfragers und somit auf die externe Markenstärke beziehen, auf die wiederum die interne Markenstärke einwirkt. Im Gegensatz zu der im Anschluss definierten externen Markenstärke hat die Messung der internen Markenstärke bislang wenig Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen Literatur erfahren (Stufe 1.2a). In einem Aufsatz von BURMANN/ZEPLIN (2005) wird ein holistisches Modell vorgestellt, das die psychologischen und verhaltensorientierten Markeneffekte auf Mitarbeiter untersucht. Hierbei werden zwei zusam-
173
Diese Unterscheidung nach Kundensegmenten wird bereits vereinzelt in Markenbewertungsmodellen, wie beispielsweise im Interbrand Model und dem TNS Emnid Conversion Model, verwendet. Vgl. INTERBAND (2004): Wert haben und Wert sein. Die Markenbewertung von Interbrand, http://www.interbrand.de/d/presse/pdf/Interbrand_Markenbewertung.pdf, S. 2; SANDER, I., SCHEFFLER, H., und ZÜTPHEN, T. (2004): Markenwert durch Kundenbindung und Kundenwert: Das Conversion Model, in: SCHIMANSKY, A. (Hrsg.): Der Wert der Marke, München: Franz Vahlen Verlag München, S. 285 ff.
174
Es beeinflussen auch Mitarbeiter mit indirektem Kundenkontakt, auch definiert als „part-time marketers”, das Markenerlebnis des Nachfragers, erfahrbar durch die Produkte bzw. Dienstleistungen des Unternehmens. Vgl. GUMMESSON, E. (1987): The New Marketing - Developing Long-Term Interactive Relationships, in: Long Range Planning, Jg. 20 (4).
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
53
menwirkende Konstrukte identifiziert, die für die Messung der internen Markenstärke übernommen werden können. Das Brand Citizenship Behavior untersucht, was es für Mitarbeiter eines Unternehmens bedeutet, die Marke zu leben. Das Brand Commitment untersucht den psychologischen Prozess, der die Mitarbeiter veranlasst, Brand Citizenship Behavior zu zeigen.175 Die Autoren definieren dieses Konstrukt als das Ausmaß der psychologischen Verbundenheit eines Mitarbeiters mit der Marke.176 Die Messung der beiden Konstrukte, Brand Commitment und Brand Citizenship Behavior, wird hier zu einem internen Markenstärke-Index aggregiert. Die Erfassung der externen Markenstärke hat bislang bereits große Aufmerksamkeit in der Markenforschung erfahren (Stufe 1.2b). Sie beschreibt grundsätzlich die Wirkung der Marke auf Einstellungen und Verhalten der Nachfrager. Hierbei lassen sich insbesondere die Herangehensweisen zur Messung der Markenstärke nach dem Wissen über die Marke, dem Nutzen aus der Marke und der langfristigen Präferenz der Marke unterscheiden.177 Für die Messung innerhalb des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells werden alle drei Herangehensweisen integriert betrachtet. Demnach ist es für eine Marke nicht ausreichend, in der Wissensstruktur des Nachfragers verankert zu sein (im Rahmen des Modells wird diese Wissensstruktur anhand der gestützten Markenbekanntheit erfasst). Vielmehr müssen auch die in der Marke reflektierten Nutzendimensionen differenzierend und relevant für die Kaufentscheidung des Nachfragers sein (im Modell wird dies anhand der Markenklarheit, der
175
Vgl. O'REILLY, C. A. und CHATMAN, J. A. (1986): Organizational Commitment and Psychological Attachment: the Effects of Compliance, Identification, and Internalization on Prosocial Behavior, in: Journal of Applied Psychology, Jg. 71 (3).
176
Vgl. BURMANN, C. und ZEPLIN, S. (2005): Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler.
177
Zu Markenwissen vgl. u. a. KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O.; SRIVASTAVA und SHOCKER, Brand Equity: A Perspective on Its Meaning and Measurement, a.a.O., KRISHNAN, H. S. (1996): Characteristics of memory associations: A customer-based brand equity perspective, in: International Journal of Research in Marketing, Jg. 13 (4). Zu Markennutzen vgl. u. a. FARQUHAR, P. H. (1990): Managing Brand Equity, in: Journal of Advertising Research (August/September), BALDINGER, Defining and Applying the Brand Equity Concept: Why the Researcher Should Care, a.a.O.; AAKER, Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O.; SIMON und SULLIVAN, The Measurement and Determinants of Brand Equity: A Financial Approach, a.a.O.; RANGASWAMY, A., BURKE, R. R., und OLIVA, T. A. (1993): Brand Equity and the Extendibility of Brand Names, in: International Journal of Research in Marketing, Jg. 10 (1). Zu langfristiger Markenpräferenz vgl. u. a. FRANCOIS, P. und MACLACHLAN, D. L. (1995): Ecological validation of alternative customer-based brand strength measures, in: International Journal of Research in Marketing, Jg. 12; PARK, C. S. und SRINIVASAN, V. (1994): A Survey-Based Method for Measuring and Understanding Brand Equity and its Extendability, in: Journal of Marketing Research, Jg. 31 (May).
54
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
wahrgenommenen Markenqualität und Markeneinzigartigkeit berücksichtigt). Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, ist die langfristige Bindung des Nachfragers gegenüber der Marke möglich178 (stark vereinfacht als Markensympathie und Vertrauen im Modell integriert). Das Modell erfasst diese externen MarkenstärkeIndikatoren im Vergleich zu den relevanten Wettbewerbern und aggregiert diese zu einem externen Markenstärke-Index. Um die gesamte Markenstärke zu erfassen, ist es notwendig, die externe und interne Markenstärke zu assimilieren (Stufe 1.3). Zu diesem Zweck wird die so genannte Balance-Theorie nach Heider herangezogen.179 Diese Theorie liefert bereits die konzeptionelle Basis für die kognitive Dissonanztheorie180 und die Kongruenztheorie181. Sie findet auch bereits eine Anwendung bei internen und externen Anspruchsgruppen eines Unternehmens182 und kann auch im Kontext des Markenmanagement angewandt werden.183 Im vorliegenden Fall müssen die interne und die externe Markenstärke einander ausbalancieren, um ein langfristig stabiles Markensystem zu gewährleisten. Denn nur wenn sowohl Mitarbeiter als auch Nachfrager die gleichen Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber der untersuchten Marke aufweisen, kann diese Marke nachhaltig erfolgreich sein. Basierend auf dem „mere exposure effect“ ist davon auszugehen, dass die Mitarbeiter konstant von der Marke beeinflusst werden184 und deshalb ein dominanter ausgleichender Einfluss von Seiten der internen Markenstärke ausgeht. Das Ausmaß des ausbalancierenden Effekts zwischen interner und externer Markenstärke ist von der Interaktionsintensität der Mitar-
178
WENSKE, A. V. (2008): Management und Wirkungen von Marke-Kunde-Beziehungen im Konsumgüterbereich, Wiesbaden: Gabler Edition Wirtschaft, S. 87 ff.
179
Vgl. HEIDER, F. (1958): The psychology of interpersonal relations, 2. Aufl., London: Wiley.
180
Vgl. FESTINGER, L. (1957): A theory of cognitive dissonance, Stanford: Stanford Univ. Press.
181
Vgl. TANNENBAUM, P. H. (1967): The congruity priciple revisited: Studies in the reduction, induction and generalization of persuasion, in: BERKOWITZ, LEONARD (Hrsg.): Advances in experimental social psychology, New York, NY [u.a.]: Acad. Press.
182
Vgl. HOMBURG, C. und STOCK, R. (2005): Exploring the Conditions Under Which Salesperson Work Satisfaction Can Lead to Customer Satisfaction, in: Psychology & Marketing, Jg. 22 (5).
183
Vgl. MALONEY, P. (2007): Absatzmittlergerichtetes, identitätsbasiertes Markenmanagement - Eine Erweiterung des innengerichteten, identitätsbasierten Markenmanagements unter besonderer Berücksichtigung von Premiummarken, Wiesbaden, S. 23.
184
Vgl. OBERMILLER, C. (1985): Varieties of mere exposure: The effects of processing style of repetition on affective response, in: Journal of Consumer Research, Jg. 12 (June).
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
55
beiter mit den Nachfragern abhängig185: Je höher die Interaktion, desto schneller findet der ausbalancierende Effekt statt und vice versa. In der konzeptionellen Ausgestaltung des Modells ist dies durch die Interaktionsintensität des Mitarbeiters operationalisiert. Als Resultat dieser Assimilation entsteht letztlich eine Gesamtmarkenstärke. Auf der Basis der Erfassung der Markenstärke stellt die Berechnung des finanzwirtschaftlichen Markenbarwerts die zweite Komponente des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells dar. Grundlage bildet hierbei die Erfassung der Zahlungsüberschüsse aus den bestehenden Geschäftsfeldern (Stufe 2.1). Hierbei wird die Berechnung des Cashflows bei der Unternehmensbewertung nach Rappaport herangezogen.186 Um eine Isolierung der markeninduzierten Zahlungsüberschüsse zu erreichen (Stufe 2.2), wurden unterschiedliche Verfahren entwickelt, die sich in zwei generelle Denkschulen unterteilen lassen. Die Vertreter der ersten Denkschule gehen davon aus, dass die Marke für einen bestimmten Anteil der Kaufentscheidung verantwortlich ist, der extrahiert werden kann.187 Diese Herangehensweise reflektiert jedoch ein stark eingeschränktes Markenverständnis, weil es die Marke letztlich auf ein Kommunikationsinstrument reduziert (Marke = Werbung). Diesem verkürzten Markenverständnis steht die zweite Denkschule diametral gegenüber. Sie definiert die Marke als ein ganzheitliches Nutzenbündel mit differenzierenden Merkmalen,188 das aus Nachfragersicht nicht von anderen Determinanten der Kaufentscheidung separiert werden kann, weil ein Nachfrager sich bei seiner Kaufentscheidung für eine Marke immer für alle Nutzenbestandteile einer Marke entscheidet. Dieser Denkschule entspricht das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell. Hierbei wird eine differenzierte Analyse
185
Vgl. MALONEY, Absatzmittlergerichtetes, identitätsbasiertes Markenmanagement - Eine Erweiterung des innengerichteten, identitätsbasierten Markenmanagements unter besonderer Berücksichtigung von Premiummarken, a.a.O., S. 23.
186
Grundsätzlich wird die Discounted-Cash-Flow-Methode im Rahmen der Unternehmensbewertung verwendet, vgl. RAPPAPORT, A. und KLIEN, W. (1999): Shareholder Value: Ein Handbuch für Manager und Investoren, Handelsblatt-Reihe, 2., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 39 ff. Sie kann jedoch auch im Rahmen der Markenbewertung angewendet werden. Vgl. RIESENBECK, H. und PERREY, J. (2005): Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, 2., akt. und erw. Aufl., Frankfurt/Wien: Redline Wirtschaft bei ueberreuter, S. 302 ff.
187
Vgl. u.a. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O.
188
MEFFERT, BURMANN, und KIRCHGEORG, Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung; Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 360; BURMANN, BLINDA, und NITSCHKE Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements, a.a.O., S. 6.
56
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
der einzelnen Kaufentscheidungsfaktoren unter Berücksichtigung des jeweiligen Markeneinflusses vorgenommen, um eine ganzheitliche Markenleistung zu erfassen. Um einen Gegenwartswert der aktuellen und zukünftigen markeninduzierten Zahlungsüberschüsse zu erhalten, ist es notwendig, eine Diskontrate zu definieren, die das zukünftige Risiko des Markts, des Unternehmens und der Marke reflektiert (Stufe 2.3). Letzteres ist erforderlich, da die Volatilität der markeninduzierten Zahlungsüberschüsse mit steigendem Ausmaß der Markenstärke abnimmt.189 Obwohl eine exakte Feststellung der hierbei zu berücksichtigenden Lebensdauer einer Marke nur schwer möglich ist, können qualitative Annäherungen auf der Basis öffentlich zugänglicher Marktinformationen berechnet werden.190 Ein umfassendes Markenbewertungsmodell muss nicht nur Entwicklungen der untersuchten Marke in bestehenden Geschäftsfeldern, sondern auch Entwicklungen auf der Basis von strategischen Optionen in potenziellen Geschäftsfeldern berücksichtigen (Stufe 3).191 Hierbei werden zunächst Zahlungsüberschüsse für zuvor identifizierte potenzielle Geschäftsfelder erfasst (Stufe 3.1). Auf der Basis dieser Einschätzungen werden analog zum Markenbarwert die Leistungen der Marke von diesen potenziellen Zahlungsüberschüssen isoliert (Stufe 3.2). Die daraus entstehenden markeninduzierten potenziellen Zahlungsüberschüsse werden anschließend auf einen Gegenwartswert unter Berücksichtigung des markenspezifischen Risikoabschlages diskontiert (Stufe 3.3). In einer letzten Stufe der identitätsbasierten Markenbewertung werden die Elemente des finanzwirtschaftlichen Markenbarwerts und des Markenpotenzialwerts aggregiert. Diese aggregierten Ergebnisse dienen sowohl der ökonomischen Evaluation der Marke als auch der Diagnose und Steuerung. Zudem liefern auch die Zwischenergebnisse, insbesondere die Komponenten der internen und externen Markenstärke, eine Grundlage für die strategische und operative Markenführung.
189
So argumentieren u.a. die Vertreter des Interbrand Modells, dass das zukünftige Risiko zahlungsinduzierter Zahlungsströme mit zunehmender Markenstärke abnimmt. Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 430 ff.
190
Vgl. MEFFERT, H. und BURMANN, C. (1999): Abnutzbarkeit und Nutzugsdauer von Marken, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Jg. 45 (3), S. 244 ff.
191
Vgl. u.a. SATTLER, H. (1997): Monetäre Bewertung von Markenstrategien für neue Produkte, Stuttgart: Schäffer-Pöschel Verlag.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
3
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Markenwertes
3.1
Aktueller Stand der Forschung
57
Wie in Kapitel A4 dargelegt, bilden kombinierte Markenbewertungsverfahren die Grundlage des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells. Hierbei lassen sich seit Mitte der 90er Jahre zahlreiche unterschiedliche wissenschaftliche und praktische Ansätze unterscheiden. Zu den bekanntesten Modellen dieser Kategorie zählen das Brand Valuation Model von INTERBRAND und das Brand Rating Modell von B.R. RATING.192 Ferner liefert das von auch MCKINSEY Brand Equity Meter Modell dienliche Hinweise für den Aufbau des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells.193 Das Interbrand-Modell zählt zu den bekanntesten Verfahren zur kombinierten Markenwertmessung.194 Es basiert auf dem finanzwissenschaftlich orientierten Konzept der ertragswertorientierten Markenbewertung. In dem Modell wird der Markenwert in insgesamt fünf Schritten erfasst. 195 In einem ersten Schritt wird eine Segmentierung der Kundensegmente der Marke vorgenommen. In einem zweiten Schritt wird der Economic Value Added (EVA)196 für die jeweiligen Kundensegmente berechnet. In einem dritten Schritt wird die markeninduzierte Wertschöpfung durch den Anteil der Marke am EVA gemessen. Zu diesem Zweck werden die Kaufentscheidungsfaktoren und der jeweilige Einfluss der Marke untersucht (Role of Brand Index). In der Multiplikation des Role of Brand Index mit
192
Laut einer Studie zur Bekanntheit von Markenbewertungsverfahren in der Praxis aus dem Jahr 2003 zählen sowohl der der Vorläufer des Brand Rating Modells (Markeneisberg) mit 34,0 % als auch das Interbrand Modell mit 23 % zu den bekanntesten Modellen in Deutschland (Top 3). Vgl. SCHIMANSKY, A. (2003): Schlechte Noten für Markenbewerter, in: Marketing Journal, Jg. 36 (5), S. 45.
193
Ebenso kann weist auch McKinsey im Bereich Markenbewertung einen hohen Bekanntheitsgrad auf. Hinsichtlich der Bekanntheit von Markenbewertungsanbietern belegt die Unternehmensberatung mit 69,0 % Markenbekanntheit den 2. Platz. Vgl. Ibid., S. 46.
194
Vgl. BBDO (2001): Brand Equity Excellence - Band 1: Brand Equity Review, http://www.bbdoconsulting.de/de/home/bbdo_germany/bbdo_consulting/publikationen/brand_equity. Par.0002. Link1Download.tmp/bee_1_review_deutsch_dez_2001.pdf, Abruf: 01.12.2004, S. 55.
195
INTERBRAND (2001): Interbrand World's Most Valuable Brand's 2001 Methodology, http://www. brandchannel.com/images/home/ranking_methodology.pdf, Abruf: 15.12.04, S. 2 f.
196
Der EVA beschreibt die Vorteilhaftigkeit eines Investments und wird folgendermaßen berechnet: EVA = (realisierte Rendite – Kapitalkosten) * eingesetztes Kapital. Vgl. o.V. (2004b), S. 771. Für die vorliegende Interbrand-Analyse wird eine 5-Jahres-Prognose herangezogen.
58
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
dem EVA resultiert der Markenertrag. Ein vierter Schritt untersucht die relative Markenstärke zur Abschätzung des Risikos für zukünftige Markenerträge. Denn mit steigender relativer Markenstärke sinkt nach Einschätzung der Vertreter des Modells das Risiko für zukünftige Markenerträge. In einem finalen fünften Schritt wird der gegenwärtige Nettowert der Marke errechnet. Dazu wird zunächst die ermittelte Markenstärke mittels einer S-Kurve in den Diskontsatz als Wert des Markenrisikos übermittelt, der mit den Markenerträgen multipliziert die diskontierten Markenerträge ergibt. Abschließend wird aus der Summe der diskontierten Markenerträge und der Kalkulation einer ewigen Rente der Gesamtmarkenwert berechnet. In einer gesamthaften kritischen Würdigung liefert das Interbrand Modell wertvolle Hinweise für die Grundstruktur der Markenwertberechnung. So ist die segmentspezifische Betrachtung der Kundensegmente eine wichtige Voraussetzung einen möglichst präzisen, da differenzierten Markenwert zu erfassen. Allerdings beinhaltet dieses Verfahren auch erhebliche Nachteile. So ist festzustellen, dass die Ermittlung des Markenwertes stark von subjektiven Einschätzungen geprägt ist. Ferner ist in der Analyse der Markenstärke festzustellen, dass die Auswahl der Determinanten und ihre Gewichtung subjektiv und willkürlich wie theoretisch nicht fundiert sind.197 Ein weiterer wichtiger Vertreter der kombinierten Markenbewertung repräsentiert das Modell von Brand Rating. Im Zentrum des Modells steht die Überlegung, dass der Markenwert aus einem Markenbarwert und Markenpotenzialwert besteht. Der Markenbarwert bezieht sich dabei auf diejenigen markeninduzierten Zahlungsüberschüsse, die aus den bestehenden Geschäftstätigkeiten resultieren, der Markenpotenzialwert bezieht sich indes auf diejenige markeninduzierten Zahlungsüberschüsse, die aus potentiellen, d.h. aktuell nicht bearbeiteten Geschäftsfeldern resultieren. Das Vorgehen zur Ermittlung von Markenbarwert und Markenpotenzialwert erfolgt indes analog in einem Prozess bestehend aus fünf Schritten. In einem ersten Schritt wird eine Analyse der relevanten Produkt- bzw. Dienstleistungssegmente durchgeführt. Auf Basis dessen wird in einem zweiten Schritt das mögliche Preis-/Mengenpremium identifiziert. Hierbei wird in einer Kundenbefragung der wahrgenommene Abstand zum günstigsten vergleichbaren Anbieter einer Pro-
197
Zu weiteren schwächen des Modells vgl. BURMANN und JOST-BENZ, Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte, a.a.O., S. 25 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
59
duktkategorie ermittelt.198 Zur Validierung der Ergebnisse werden zudem die im Markt vorliegenden Preisabstände erfasst. In einem dritten Schritt werden die anfallenden Markenerhaltungsaufwendungen sowie Unternehmenssteuern abgezogen. Als Resultat entstehen die markeninduzierten Netto Cash Flows. In einem vierten Schritt werden die anzusetzenden Kapitalisierungszinsen im Rahmen einer Branchenstrukturanalyse untersucht. Unter ihrer Berücksichtigung entsteht in einem fünften Schritt der Markenbarwert. Analog zu diesem Vorgehen wird der Markenpotenzialwert erfasst.199 In einem finalen sechsten Schritt erfolgt die Aggregation von Markenbarwert und Markenpotenzialwert. Zusammenfassend kann für das Brand Rating Modell konstatiert werden, dass auch hier relevante Informationen zur Erfassung des identitätsbasierten Markenwertes vorliegen. In diesem Modell ist insbesondere die Abbildung eines Markenbarwerts und Markenpotenzialwerts von Relevanz, da zukünftige Optionen auf Basis potentieller Geschäftsfelder gerade für Kauf- und Verkaufsverhandlungen von hoher Wichtigkeit sind. Zudem nimmt auch dieses Modell eine Einteilung in homogene Angebotsfelder vor, d.h. auch hier wird implizit eine Unterscheidung unterschiedlicher heterogener Kundensegmente vorgenommen. Das Brand Equity Meter-Modell von McKinsey konzentriert sich auf die Erfassung des Markenbarwertes. Hierbei wird zunächst versucht, den Kundenstammwert der Marke zu bestimmen. Dieser setzt sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen: Erlöspotenzial des Kundestamms, Rentabilität der Leistungserstellung, Umfang der Erhaltungsinvestitionen, Grenzsteuersatz und Kapitalkosten. Aufgrund der Tatsache, dass der auf dieser Weise ermittelte Kundenstammwert einer Marke mehr als den Markenwert umfasst, ist es notwendig, den Anteil der Marke an diesem Kundenstammwert zu isolieren. Dieser Anteil wiederum besteht aus zwei Determinanten: Aus der Bedeutung der Marke für alle Kaufentscheidungen in einer Branche und aus
198
Die Erfassung des Mengenpremiums erfolgt über ein hypothetisches Konstrukt. Hierbei wird zunächst erfasst, ob die untersuchte Marke das vergleichbar günstigste Angebot am Markt darstellt. Dann wird erhoben, um wieviel Prozent der nächst teurere Anbieter seinen Preis unterhalb der untersuchten Marke absenken müsste, damit dieser Anbieter gewählt werden würde. Dieses hypothetische Preispremium wird in dem Modell als Mengenpremium definiert.
199
Im Gegensatz zum Markenbarwert müssen für den Markenpotenzialwert Netto-Umsätze geschätzt werden, da die Marke in den betrachteten potentiellen Märkten noch nicht tätig ist. Hierbei wird ein Koeffizient gebildet, der eine Ableitung von marktrelevanten Kennziffern (bspw. erste Wahl der Marke) auf einen zu erwartenden Marktanteil erlauben. Auf Basis dieses möglichen Marktanteils und den aus Marktdaten vorliegenden Marktvolumen lassen sich die Netto-Umsätze erfassen.
60
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
der jeweilige Markenstärke in der Vergangenheit im Vergleich zum Wettbewerb.200 Die Zusammenführung beider Komponenten – der Anteil der Marke am Kundenstammwert und der Kundenstammwert der Marke – ergibt schließlich den Markenwert. In einer kritischen Würdigung des Modells ist festzustellen, dass es transparent, einfach, praxisorientiert und branchen- und länderübergreifend einsetzbar ist.201 Es weist jedoch erhebliche Schwachstellen an zentralen Punkten auf, insbesondere bei der Definition des Kundenstammwertes. So entspricht der definierte Kundenstammwert gleichzeitig dem „gegenwärtigen fundamentalen Unternehmenswert“. Somit handelt es sich lediglich um eine Umbenennung des ertragsorientierten Unternehmenswertes auf Basis der Discounted Cash Flow Methode.202
3.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung
Aus dem aktuellen Forschungsstand bekannter kombinierter Markenbewertungsmodelle ergeben sich zwei zentrale Aspekte für die Definition des identitätsbasierten Markenwerts und ihrer konzeptionellen Ausgestaltung. Erstens ist eine Unterteilung des Markenwertes in einen Markenbarwert und einen Markenpotenzialwert erforderlich.203 Unter Markenbarwert sind hierbei diejenigen markeninduzierten und diskontierten Zahlungsüberschüsse zu verstehen, die aus gegenwärtigen Geschäftsfeldern stammen. Als Markenpotenzialwert werden indes diejenigen markeninduzierten Zahlungsüberschüsse verstanden, die aus potentiel-
200
Vgl. RIESENBECK, H. und PERREY, J. (2004): Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, Frankfurt/Wien: Redline Wirtschaft bei ueberreuter, S. 302 ff.
201
Vgl. Ibid., S. 327 ff.
202
Ferner wird bei der Bestimmung des Anteils der Marke am „Customer Equity“ unterstellt, dass die Bedeutung einer Marke für die Kaufentscheidungen von Nachfragern innerhalb der gesamten Branche identisch und im Rahmen des Markenmanagements nicht veränderbar ist! Diese beiden Prämissen sind nicht realistisch und willkürlich. Im Rahmen der Datenerhebung wird zudem nur zum Teil auf kundenindividuelle Daten zurückgegriffen. Es beschränkt sich auf den Anteil der Marke am Kundenstammwert, welcher mittels Kundenbefragungen erhoben wird. Für die Berechnung des Kundenstammwerts der Marke werden jedoch lediglich Unternehmens- und Branchendaten herangezogen.
203
Vgl. Kapitel B2.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
61
len, d.h. aktuell nicht bearbeiteten Geschäftsfeldern resultieren. Beide Werte sind separat zu erfassen.204 Zweitens müssen für die Ermittlung des Markenwertes die jeweiligen Kundenstammwertsegmente berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass möglichst homogene Kundenstammwertsegmente zu bilden sind. Ein solches Vorgehen ist notwendig, da die unterschiedlichen Kundenstammwertsegmente unterschiedliche Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber der Marke aufweisen können. Eine aggregierte Erfassung würde die Steuerungs- und Kontrollqualität des Modells negativ beeinflussen. Entsprechend ist es notwendig, eine Differenzierung der Kundenstammwertsegmente, wie etwa nach Umfang und Intervallen der getätigten Umsätze, vorzunehmen. Unter Berücksichtigung beider Aspekte lässt sich der identitätsbasierte Markenwert folgendermaßen definieren:
Der Markenwert wird definiert als die kundenstammwertsegmentspezifischen markeninduzierten Zahlungsüberschüsse, die sich aus den bestehenden Geschäftsfeldern (Markenbarwert) und potentiellen Geschäftsfeldern (Markenpotenzialwert) ergeben.
3.3
Formal-analytische Darstellung
Überträgt man nun die konzeptionelle Ausgestaltung – unter Berücksichtigung der beschriebenen Voraussetzungen - in eine mathematische Formel, so müssen zwei aufeinander aufbauende Schritte beachtet werden. In einem ersten Schritt wird der Markenwert der einzelnen Kundenstammwertsegmente auf der Basis des Markenbarwerts und des Markenpotenzialwerts gebildet und erst in einem zweiten Schritt diese kundenstammwertspezifischen Markenwerte zu einem Gesamtmarkenwert aggregiert.
204
Einschränkend ist anzumerken, dass aus bilanzrechtlicher Sicht der Markenpotenzialwert für einen bilanzfesten Markenwert nur dann herangezogen werden darf, wenn bereits eine konkrete Handlungsabsicht zur Umsetzung dieser Maßnahmen (bspw. Eintritt in neue Produkt/Servicemärkte) besteht. Ansonsten beschränkt sich der Markenwert aus Bilanzierungssicht auf den Markenbarwert.
62
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Aus dieser Anforderung lässt sich folgende Funktion zur Berechnung des Markenwerts ableiten: Der identitätsbasierte Markenwert (MW) ergibt sich aus der Summe des Markenbarwerts (MBWi) für die einzelnen Kundenstammwertsegmente i.205 und der Summe der Markenpotenzialwerte (MPWg) für identifizierte potenzielle Geschäftsfelder (g). Denn nur eine Betrachtung der einzelnen Markenbarwerte und Markenpotenzialwerte innerhalb der einzelnen homogenen Segmente der Kundenstammwerte und der einzelnen Markenpotenzialwerte in identifizierten potenziellen Geschäftsfeldern ermöglicht eine zielgenaue Steuerung der Marke.206 Um dies beim Markenbarwert sicherzustellen, werden die Kundenstammwertsegmente durch nichtmonetäre und monetäre Faktoren determiniert.207 Auf einer verhaltenstheoretischen Ebene wird die Bindung des Kunden zur Marke erfasst. Auf einer finanztheoretisch orientierten Ebene werden die mit dem Kunden erreichten Markenzahlungsströme festgehalten. Eine Gewichtung der einzelnen Markenbarwerte und Markenpotenzialwerte ist jedoch nicht notwendig, da ihre monetäre Wertigkeit bereits durch die Erfassung der Zahlungsströme berücksichtigt wird.208 (1)
MW ¦ MBW ¦ MPW i I
i
g G
g
Das Ergebnis des Markenwerts beschreibt einen monetären Wert. Der Markenbarwert und der Markenpotenzialwert sind ebenfalls als monetäre Werte zu erfassen.
205
Zur Definition des Kundenstammwertes aus einer identitätsbasierten Perspektive vgl. BURMANN, C. (2003): "Customer Equity" als Steuerungsgröße für die Unternehmensführung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Jg. 73. Jg. (2), S. 113 ff.; HUNDACKER, S. (2005): Customer Equity bei kontinuierlichen Dienstleistungen. Konzeption, Modell und Anwendung im Mobilfunk, Wiesbaden: DUV Gabler Edition Wissenschaft.
206
Diese Unterteilung der verschiedenen Kundenstammwerte wird vereinzelt bereits angewandt, wenn auch mit unterschiedlichen Ausprägungen. So nimmt das Conversion Modell eine Segmentierung der Kunden bzw. Nicht-Kunden anhand ihrer Bindungs- bzw. Attraktivitätskraft aufgrund der Marke vor. Diesen Segmenten werden dann monetäre Durchschnittsnutzenwerte zugeordnet Vgl. SANDER, SCHEFFLER, und ZÜTPHEN, Markenwert durch Kundenbindung und Kundenwert: Das Conversion Model, a.a.O., S. 285. Das Interbrand Modell hingegen konzentriert sich bei der Auswahl der Segmentierungskriterien auf verhaltensbasierte Kriterien. Das Vorgehen wird jedoch nicht näher spezifiziert. Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 438 ff.
207
In der Festlegung der Kriterien zur Einteilung der Kundenwertsegmente ist darauf zu achten, dass die daraus entstehenden Segmente möglichst überschneidungsfrei ausgestaltet sind.
208
Die Gewichtung einzelner Kundenwertsegmente wird bereits in unterschiedlichen Ansätzen, wie beispielsweise im Interbrand Modell und dem TNS Emnid Conversion Model, vorgenommen. Vgl. INTERBAND, Wert haben und Wert sein. Die Markenbewertung von Interbrand, a.a.O., S. 2; SANDER, SCHEFFLER, und ZÜTPHEN, Markenwert durch Kundenbindung und Kundenwert: Das Conversion Model, a.a.O., S. 285 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
4
Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenstärke
4.1
Grundlagen der Markenstärkeforschung
63
Ein zentraler Aspekt in der Berechnung des Markenbarwerts besteht in der verhaltenstheoretischen Erfassung der Markenstärke. Sie repräsentiert das Fundament der Markenbewertung, da nur durch die Veränderungen der Einstellungen und des Verhaltens der Bezugsgruppen gegenüber der Marke eine finanzielle Veränderung ermöglicht wird.209 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird deshalb folgende Arbeitsdefinition zugrunde gelegt:
Die Markenstärke beschreibt das Ausmaß der Verhaltensrelevanz von Marken gegenüber unternehmensexternen und -internen Bezugsgruppen.
Dieses Verständnis repräsentiert den aktuellen Stand der Markenstärkeforschung, deren historische Entwicklung im Folgenden skizziert werden soll. 4.1.1
Historie des Markenverständnisses und der Markenstärkeforschung
Die historische Entwicklung der Markenstärkeforschung steht in engem Zusammenhang mit der Entwicklung des Markenverständnisses. Die Ursprünge liegen bereits mehr als 4.000 Jahre zurück. Bereits zur Zeit der Pharaonen markierten Steinmetze ihre Steine für den Pyramidenbau.210 Auch in anderen Hochkulturen, wie etwa zur Zeit der römischen Kaiser, wurden Produkte bereits mit Kennzeichnungen ihres Herstellers versehen. So haben sich im Zeitverlauf bis hin zur Neuzeit unterschiedliche Markenverständnisse und -führungsansätze herausgebildet, die nicht zuletzt auch die Methoden der Markenstärkeforschung prägten. Hierbei lassen sich in Anlehnung an MEFFERT/BURMANN (2005c) insbesondere fünf Entwicklungsstufen unterscheiden:
209
Vgl. MEFFERT und BURMANN, Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S. 38.
210
Vgl. AAKER, Building Strong Brands, a.a.O., S. 10.
64
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
In einer ersten Phase, die sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts erstreckt, fokussierte sich das Markenverständnis auf die Eigentumskennzeichung bzw. den Herkunftsnachweis. Eine Markierung von Viehbeständen bildete den Ursprung des englischen Begriffs „Branding“.211 Eine Professionalisierung der Markenführung setzte jedoch erst mit dem Beginn der Industrialisierung ein.212 Eine systematische Erfassung der Markenstärke wurde nach heutigem Wissensstand allerdings noch nicht betrieben. Die zweite Phase (bis Mitte der 60er Jahre) wurde durch ein objekt- und merkmalsbezogenes Markenverständnis geprägt. Gefördert durch den wirtschaftlichen Aufschwung und zahlreiche technische Innovationen ließen sich markierte Produkte eindeutig aufgrund von Eigenschaften wie Qualität und Ubiquität von nichtmarkierten Produkten unterscheiden.213 Davon beeinflusst entstand der Markenführungsansatz von DOMIZLAFF (1982), der in der Folge als instrumenteller Ansatz bekannt wurde. Hierbei wurden klare Regeln zur Führung von Marken wie bei einem Kriterienkatalog definiert, man sprach in diesem Zusammenhang auch von Markentechnik.214 Diese auf Richtlinien ausgelegte „Technik der Markenführung“ prägte auch den Einsatz von Messinstrumenten zur Erfassung der Markenstärke. Hierbei konzentrierten sich die Messungen insbesondere auf die Wahrnehmung der Nachfrager von Merkmalsbündeln der Produkte bzw. Dienstleistungen, die sich insbesondere auf die Erfassung von objektiven und wahrgenommenen Produktqualitäten (Kundenzufriedenheit) konzentrierten. In einer dritten Phase (bis Mitte der 70er Jahre) wurde das technisch geprägte Markenverständnis durch ein angebotsorientiertes Markenverständnis abgelöst. Marken wurden in diesem Ansatz nicht mehr auf ein Bündel von Merkmalen reduziert, sondern als eine eigenständige Vermarktungsform verstanden.215 Auf der Basis dieses Verständnisses entwickelte sich der so genannte funktionsorientierte Markenführungsansatz, der die Relevanz betrieblicher Funktionen für Nachfrager und somit für
211
Vgl. KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 52 ff.
212
Vgl. MURPHY, J. (1990): Brand strategy, Cambridge: Director Books, S. 18 f.
213
Vgl. MELLEROWICZ, K. (1963): Markenartikel: die ökonomischen Gesetze ihrer Preisbildung und Preisbindung, 2. Aufl, München [u.a.]: Beck, S. 39.
214
Vgl. DOMIZLAFF, H. (1982): Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens, Hamburg.
215
Vgl. ALEWELL, K. (1974): Markenartikel, in: TIETZ, BRUNO (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart, S. 1218 f.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
65
die Markenführung untersuchte.216 Dadurch wurde ein erweiterter Aufgabenbereich der Markenführung definiert, der auch die Produktgestaltung, Preisfindung, Distribution und die Marktforschung umfasste.217 Hierbei lag der Fokus der Marktforschung auf der Identifikation von Wettbewerbsvorteilen, die in erster Linie durch Messungen der Bekanntheit und anderer Dimensionen der Qualitätswahrnehmung und Kundenzufriedenheit erfasst wurden. Zudem prägte auch die Forderung nach effektiven Markenführungsinstrumenten die Inhalte der Marktforschung. Hierbei wurden die eingesetzten Mittel des Marketing-Mixes den verhaltensbasierten Erfolgen der Markenstärke gegenübergestellt (Bsp. wert- und mengenbasierte Marktanteile). In einer vierten Phase (bis Ende der 80er Jahre) erfuhr das Markenverständnis abermals einen wesentlichen Wandel, der auch die Erfassung der Markenstärke prägte. Ausgehend von zunehmend gesättigten Märkten, und einer herrschenden Markeninflation mit einer zunehmenden qualitativen Homogenität der Angebote verlagerte sich der Schwerpunkt der Markenführung auf den Aspekt der symbolischen Wirkung von Marken. Bei diesem verhaltens- bzw. imageorientierten Markenführungsansatz218 standen nachfragerzentrische Aspekte im Vordergrund, die auch die Erfassung der Markenstärke prägen: Dabei lag der Fokus auf der Erfassung der Markenbekanntheit, der Relevanz der Marke, sowie der Entstehung und Veränderung des Markenimages bei den Nachfragern.219 Als konkurrierender, aus der Perspektive der strategischen Planung stammender Markenführungsansatz entwickelte sich zeitgleich der technokratischstrategieorientierte Ansatz220. Der Schwerpunkt dieses Ansatzes ist weniger nachfra-
216
MEFFERT, H. und BURMANN, C. (1996a): Identitätsorientierte Markenführung - Grundlage für das Management von Markenportfolios, Arbeitspapier 100, S. 9.
217
Vgl. ANGEHRN, O. (1968): Absatzwirtschaft als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, Stuttgart: Poeschel, S. 21 f.
218
Vgl. AAKER Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 16 ff.; BEREKOVEN, L. (1978): Zum Verständnis und Selbstverständnis des Markenwesens: Marke, Markt und Marketing, Schriftenreihe Markt und Marketing des Gabler Verlags, Wiesbaden: Gabler Verlag, S 43; TROMMSDORFF, V. (1992): Wettbewerbsorientierte Image-Positionierung, in: Markenartikel (10), S. 458.
219
Vgl. KELLER, Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, a.a.O., S. 7 ff.
220
Vgl. MEFFERT, H. (1988): Strategische Unternehmensführung und Marketing: Beiträge zur marktorientierten Unternehmenspolitik, Wiesbaden: Gabler, S. 115 f. HAEDRICH, G., TOMCZAK, T., und KAETZKE, P. (2003): Strategische Markenführung: Planung und Realisierung von Markenstrategien, UTB für Wissenschaft Uni-Taschenbücher ; 1544, 3., vollst. überarb., erw. und aktualisierte Aufl., Bern [u.a.]: Haupt.
66
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
gerzentrisch im Sinne einer Erfassung von Markenbekanntheit, Relevanz und Markenimage als vielmehr unternehmenszentrisch im Sinne der Planung, Durchführung und Kontrolle absatzmarktbezogener Instrumente. Für die Marktforschung bedeutete dies eine Konzentration auf Erfolgsmessungen (Markeninvestitionen) als ein wesentlicher Bestandteil der Markenstärkeerfassung, die durch den Marketing-Mix beeinflusst werden konnten. In einer bislang letzten Phase des Markenverständnisses (seit Ende der 90er Jahre) folgte der identitätsbasierte Markenführungsansatz,221 der als Weiterentwicklung der vorangegangenen Ansätze interpretiert werden kann.222 Im Kern stehen dabei die Integration der unternehmensinternen und -externen Perspektive, ausgedrückt durch die Markenidentität und das Markenimage. Neben den Konsequenzen für die Ausrichtung der Markenführung fordert dieser Ansatz zudem eine ganzheitliche Herangehensweise der Marktforschung. Eine isolierte Betrachtung des Markenimages wird ebenso wenig als ausreichend eingestuft wie eine fokussierte Ermittlung der Markenidentität. Entsprechend wird im Rahmen dieses Ansatzes erstmalig ein ganzheitlicher Ansatz zur Erfassung der Markenstärke durch die Messung von interner Markenstärke als Resultat der Markenidentität und externer Markenstärke als Resultat des Markenimages gefordert.223 Einen Überblick über die unterschiedlichen Phasen der Markenführungsansätze und die entsprechenden Schwerpunkte der Markenstärkeforschung liefert Abbildung 15.
221
Für eine ausführliche Darstellung des identitätsbasierten Markenführungsansatze siehe Kapitel A2.
222
Vgl. MEFFERT, BURMANN, und KIRCHGEORG, Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung; Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 358.
223
Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Zeitraum
Mitte 19. Jh. - Anf. 20 Jh.
Anf. 20 Jh. - Mitte 60er
Mitte 60er - Mitte 70er
Markenführungsansatz
Herkunftsorientierter Ansatz
Instrumenteller Ansatz
Funktionsorientierter Ansatz
Verhaltens- / imageorientierter Ansatz
Erforderliche Messung der Markenstärke
Keine bekannt
Zusätzlich: • Preisakzeptanz • Numerische und gewichtete Distribution • Wert-/Mengenbasierte Marktanteile
Zusätzlich: • Markenbekanntheit • Markenimage • Relevanz der Marke in der Kaufentscheidung
• Objektive Produktqualität • Kundenzufriedenheit
Mitte 70er - Ende 80er Technokratischstrategieorientierter Ansatz Zusätzlich: • Keine bekannt
67
Seit 90er Jahre
Identitätsbasierter Ansatz Zusätzlich: • Messung der Marke-Kunde Beziehung • Messung der unternehmensinternen Markenstärke
Abbildung 15: Entwicklungsphasen der Markenführungsansätze und der Markenstärkeforschung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an MEFFERT/BURMANN/KIRCHGEORG (2008), S. 356.
4.1.2
Forschungsgebiete der Markenstärkeforschung
Wie aus der historischen Entwicklung zu erkennen ist, prägte das vorherrschende Markenverständnis die Forschungsbemühungen im Bereich der Markenstärke. Explizit findet der Begriff „Markenstärke“ (engl. brand strength) seit Mitte der 70er Jahre in Forschung und Praxis weite Verbreitung.224 Hierbei entwickelten sich insbesondere zwei übergreifende, voneinander weitestgehend getrennt behandelte, Forschungsrichtungen. Die eine kann unter dem Begriff der marktbasierten oder externen Markenstärkeforschung (I), die andere unter dem Begriff der unternehmensbasierten oder internen Markenstärkeforschung (II) geführt werden. I. Obwohl die externe Markenstärkeforschung in der wissenschaftlichen Literatur und Praxis weit verbreitet und allgemein anerkannt ist,225 konnte das zugrunde liegende Begriffsverständnis aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Herangehensweisen bislang nicht standardisiert werden.
224
Vgl. RUBINSON, J. R. (1979): Brand Strength Means More Than Market Share, in: Journal of Advertising Research, Jg. 19, S. 83 ff.
225
So wurden über 500 unterschiedliche Ansätze zur Markenstärkeermittlung im Jahr 1994 gezählt. Vgl. SATTLER, H. (1994): Der Wert von Marken (Brand Equity), Manuskript aus den Instituten für Betriebswirtschaftslehre Uni Kiel, Nr. 341, Kiel: Universität Kiel. Die Auswahl kommerzieller Ansätze bezieht sich dabei auf gewichtete Bekanntheitswerte von Anbietern und einzelnen Ansätzen. Vgl. SCHIMANSKY, Markenbewertungsverfahren aus Sicht der Marketingpraxis, a.a.O., S. 12 ff.
68
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
II. Tabelle 1 und Tabelle 2 liefern einen Überblick zu den wichtigsten Vertretern. Zur Erklärung einer externen Markenstärke werden Termini wie das Markenwissen,226 die Imagestärke der Marke227 oder der innere Markenwert228 verwendet. Allerdings lassen sich nach WALSER (2004) grundsätzlich drei Denkschulen unterscheiden.229
226
Vgl. KELLER Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, a.a.O., S. 1 ff.
227
Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 311 ff.
228
Vgl. ANDRESEN, Innere Markenbilder: MAX - wie er wurde, was er ist, a.a.O., S. 32.
229
Vgl. WALSER, M. G. (2004): Brand strength: building and testing models based on experiential information, Gabler Edition Wissenschaft Forschungsgruppe Konsum und Verhalten, Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl., S. 56 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
69
Verhaltenstheoretisch orientierte Markenbewertungsansätze (Auswahl akademischer und kommerzieller Ansätze)
Modell (Anbieter) Brand Assessment System (BASS) (GfK / PwC / SATTLER)
Begriff
Markenattraktivität
Inhalte x
Erhebung
Brand Potential Index: o Markenloyalität
k. A.
o Markenbekanntheit o Wahrgenommene Qualität o Mehrpreisakzeptanz o Uniqueness
[ Identisch auch für: Advanced Brand Valuation (ABV) (PwC / GfK)]
o Markensympathie o Markenvertrauen o Markenidentifikation o Bereitschaft zur Weiterempfehlung o Kaufabsicht x
Markenerfolg: o Käuferreichweite o First Choice Buyer o Marktanteil
BrandAsset Valuator (YOUNG & RUBICAM)
Markenstärke
x
Markenkraft: o Differenzierung o Relevanz
x
Schriftliche Befragung (52 Kriterien)
Markenstatur: o Ansehen o Vertrautheit
Brand Equity Ten (AAKER, D.A.)
Brand Equity
Brand Profiler (ROLAND BERGER)
Actual Value Perception (AVP) of a Brand
Customer-Based Brand Equity Model (KELLER, K.L.)
Brand Knowledge
x
Markenbekanntheit
x
Markenassoziationen
x
Markentreue
x
Wahrgenommene Qualität
x
Andere Markenvorzüge
x
19 Nachfrager- Werte (z. B. Vitalität, Qualität, Service) zusammengefasst zu 6 Orientierungen (traditioneller Hedonismus, progressiver Hedonismus, progressive Leistung, traditionelle Leistung, Altruismus)
x
Markenbekanntheit
x
Markenimage:
k. A.
Nachfrager-Werte werden mittels Faktoranalyse und Multidimensionaler Skalierung ermittelt
k. A.
o Arten der Assoziationen o Stärke der Assoziationen o Vorteilhaftigkeit der Assoziationen o Einzigartigkeit der Assoziationen
Tabelle 1: Quelle:
Überblick über Messung der externen Markenstärke bei verhaltenstheoretisch orientierten Markenbewertungsansätzen Eigene Darstellung
70
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Kombinierte Markenbewertungsansätze (Auswahl akademischer und kommerzieller Ansätze)
Modell (Anbieter) Brand Equity Evaluations System (BBDO)
Brand Equity Meter (MCKINSEY)
Begriff
Markenqualität
Anteil der Marke am Customer Equity
Inhalte x
Internationale Ausrichtung
x
Werbliche Unterstützung
x
Branchenstärke
x
Markenimage
x
Allgemeines Gewicht der Marke
x
Bekanntheitsgrad
x
Imagestärke der Marke:
Erhebung
k.A.
Befragung in der (Grundgesamtheit nicht beschränkt auf bestimmte Zielgruppen)
o Emotion o Differenzierung o Leistung o Vertrauen
Brand Performance System (AC NIELSEN)
Brand Rating (ICON BRAND NAVIGATION / B.R. BRAND RATING)
Konsumentenakzeptanz
Innerer Markenwert
x
Markenbekanntheit
x
Markensympathie
x
k.A.
Markeniconographie: o Markenbekanntheit o Klarheit o Attraktivität
Befragung in der relevanten Zielgruppe durchführbar mittels PAPI / CAPI / CATI/ WAPI (n = mind. 400)
o Uniqueness o Einprägsamkeit der Kommunikation o Subjektiv wahrgenommener Kommunikationsdruck x
Markenguthaben: o Markensympathie o Markenvertrauen o Markenloyalität
Brand Valuation Model (INTERBRAND)
Marktorientierte Markenbewertung (BEKMEIERFEUERHAHN,S.)
Markenstärke
Markenstärke
x
Marktwachstum / Industriekonzentration
x
Zufriedenheit / Kundenloyalität
x
Marktanteil / Bekanntheit
x
Kaufabsicht / Attraktivität
x
Share of Advertising / Identität
x
Geografische Diversifikation / Leistungsbezogene Diversifikation
x
Registrierung / Juristisches Monitoring
x
Bildliches / Verbales Markenwissen: o Zugriffsfähigkeit der Markenassoziationen o Intensität der Markenassoziationen o Qualität der Markenassoziationen o Einzigartigkeit der Markenassoziationen
Tabelle 2: Quelle:
k.A.
Bildliches Markenwissen: Befragung anhand von Bilderskalen Verbales Markenwissen: Befragung (offene Fragen zu Assoziationen, Eigenbeurteilung der Assoziationen anhand der Dimensionen Zugriffsfähigkeit, Intensität, Qualität, Einzigartigkeit)
Überblick über Messung der externen Markenstärke bei kombinierten Markenbewertungsansätzen Eigene Darstellung
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
71
Die Vertreter eines wissensorientierten Begriffsverständnisses beschreiben die externe Markenstärke230 als ein Set von Assoziationen.231 Das Ausmaß einer externen Markenstärke hängt demnach von Umfang und Ausprägung der damit verbundenen Assoziationen ab. Ein zentraler Nachteil dieses Begriffsverständnisses wird in der hohen Komplexität des Konstrukts „Markenwissen“ gesehen. Eine Möglichkeit, dieses Markenwissen zu visualisieren, beschreiben semantische Netzwerke. Eine markenübergreifend generalisierte Quantifizierbarkeit dieses Wissens ist jedoch nur schwer möglich. In einer zweiten Denkschule, dem nutzenorientierten Begriffsverständnis, wird die externe Markenstärke auf der Basis ihrer Nutzenstiftung für den Nachfrager untersucht.232 Diese Nutzenstiftung bezieht sich auf diejenigen Effekte, die nicht funktionalen Produkteigenschaften zugeschrieben werden können. Kritiker führen an, dass ein solcher Ansatz lediglich bei Marken mit einem hohen Anteil symbolischen Markennutzens Anwendung finden kann. Im Fall eines hohen funktionalen Markennutzenanteils hingegen würde eine zu geringe Markenstärke ausgewiesen werden. So sind für eine präzise Messung beide Aspekte gleichermaßen zwingend erforderlich.233 Das präferenzorientierte Begriffsverständnis als dritte Denkschule definiert die externe Markenstärke auf der Basis ihrer Wirkung auf Nachfrager.234 Hier steht die
230
Die Autoren gehen zwar stets von dem Begriff Markenstärke aus. Aufgrund ihres Bezugs auf externe Bezugsgruppen wird er jedoch im Folgenden als externe Markenstärke verwendet.
231
Vgl. SCHULZ, R. und BRANDMEYER, K. (1989): Die Marken-Bilanz: Ein Instrument zur Bestimmung und Steuerung von Markenwerten, in: Markenartikel, Jg. 51 (7), S. 364; SRIVASTAVA und SHOCKER, Brand Equity: A Perspective on Its Meaning and Measurement, a.a.O., S. 5; KELLER, Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, a.a.O., S. 2 ff.; KRISHNAN Characteristics of memory associations: A customer-based brand equity perspective, a.a.O., S. 391; ESCH und ANDRESEN Messung des Markenwertes, a.a.O., S. 212 ff.
232
Vgl. FARQUHAR, Managing Brand Equity, a,a,O., S. RC-7; BALDINGER, Defining and Applying the Brand Equity Concept: Why the Researcher Should Care, a.a.O., S. RC-4; AAKER, Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 13; SIMON und SULLIVAN, The Measurement and Determinants of Brand Equity: A Financial Approach, a.a.O., S. 29; RANGASWAMY, BURKE, und OLIVA, Brand Equity and the Extendibility of Brand Names, a.a.O., S. 63.
233
Im identitätsbasierten Markenverständnis wird explizit daraufhin hingewiesen, dass sowohl funktionale als auch symbolische Nutzenassoziationen markeninduzierte Größen darstellen. Vgl. BURMANN und MEFFERT Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S: 55.
234
Vgl. FRANCOIS und MACLACHLAN Ecological validation of alternative customer-based brand strength measures, a.a.O., S. 322; BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O.; PARK und SRINIVASAN, A Sur-
72
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells relative Attraktivität einer Marke gegenüber Wettbewerbern im Zentrum der Betrachtung. Das Konstrukt der Markenloyalität235 kann in diesem Zusammenhang als eine nachhaltige Form der externen Markenstärkewirkung verstanden werden. Eine zentrale Schwäche liegt in der Definition des Wettbewerbs. In Zeiten zunehmend verwischender Marktgrenzen ist eine eindeutige Festlegung eines Wettbewerbsfelds oft nur schwer möglich.236 Daher sollte die Präferenz oder die daraus resultierende Markenloyalität industrieübergreifend Anwendung finden. Das identitätsbasierte Begriffsverständnis baut auf diesen drei Denkschulen auf und fasst sie in einer Definition zusammen. So gründet die vorliegende Definition auf einem wissensbasierten Begriffsverständnis. Wie bereits geschildert, können Assoziationen Auskunft über Wissensstrukturen einer Marke geben. Sie werden in den Markenattributen sowie in der Markenbekanntheit reflektiert,237 wie es insbesondere dem Verständnis von KELLER (1993) entspricht. Auf der Basis dieses Wissens entstehen Nutzenassoziationen. Die Marke wird folglich auch als ein Nutzenbündel verstanden,238 das aus einer funktionalen und einer symbolischen Nutzendimension239 besteht. Beide Dimensionen - Wissen und Nutzen - äußern sich
vey-Based Method for Measuring and Understanding Brand Equity and its Extendability, a.a.O., S. 273. 235
Vgl. CHAUDHURI, A. und HOLBROOK, M. B. (2001): The Chain of Effects from Brand Trust and Brand Affect to Brand Performance: The Role of Brand Loyalty, in: Journal of Marketing, Jg. 65 (April), S. 81 ff; BURMANN, C. (1991): Konsumentenzufriedenheit als Determinante der Markenund Händlerloyalität, in: Marketing ZfP, Jg. 13 (4), S. 249 ff.
236
Vgl. OBERENDER, P. (1975): Zur Problematik der Marktabgrenzung unter besonderer Berücksichtigung des Konzepts des „relevanten Marktes“, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, Jg. 4 (12), S. 575 ff.
237
Bei der Markenbekanntheit handelt es sich streng genommen um ein dem Markenimage vorgelagertes Konstrukt. Alleine nicht hinreichend für den Aufbau von Markenstärke stellt sie jedoch eine notwendige Voraussetzung dar. Aus Gründen der ganzheitlichen Betrachtung der Markenstärke wurde sie an dieser Stelle integriert.
238
Vgl. MEFFERT, H., BURMANN, C., und KOERS, M. (2002): Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagement, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement - Grundlagen der identitätsorientierten Markenführung, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 7.
239
Eine entsprechende Unterscheidung wird auch von SRINIVASAN ET AL. vorgenommen. So umfasst die Markenstärke drei Dimensionen. Die erste Dimension beinhaltet, die Marke qualitativ besser zu beurteilen, als es ihrer objektiven Qualität entspricht. Die zweite, dass die Marke einen zusätzlichen emotionalen Nutzen verspricht. Die dritte Dimension repräsentiert die Markenbekanntheit, die die Wahl für die Marke entscheidet, und somit den Markenwert vorantreibt. Vgl. SRINIVASAN, V., PARK, C. S., und CHANG, D. R. (2005): An Approach to the Measurement, Analysis, and Prediction of Brand Equity and Its Sources, in: Management Science, Jg. 51 (9), S. 1433 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
73
schließlich in einer Verhaltensrelevanz des Nachfragers, eine Dimension, auf die das Begriffsverständnis der Präferenz in besonderem Maß zutrifft. In einer Zusammenfassung ergibt sich das Begriffsverständnis der identitätsbasierten externen Markenstärke aus einer Integration der bislang vorliegenden isolierten Betrachtungen. So kann darauf aufbauend der Begriff der externen Markenstärke folgendermaßen verstanden werden:
Die externe Markenstärke beschreibt das Ausmaß der Verhaltensrelevanz von Marken für Nachfrager auf der Basis eines markeninduzierten Wissens, der darauf aufbauenden markeninduzierten funktionalen und symbolischen Nutzenassoziationen und einer nachhaltigen Präferenz im Sinne einer Markenloyalität.
III. Neben der externen Markenstärkeforschung entwickelte sich in der letzten Dekade zudem ein neues Forschungsgebiet, das sich der unternehmensbasierten oder internen Markenstärkeforschung widmet.240 Auch in diesem Feld besteht bislang kein Konsens über die Begrifflichkeit der internen Markenstärke. Dies resultiert jedoch aus der Tatsache, dass die bisherigen Arbeiten sich mit der theoretischen Grundlage der internen Markenführung, weniger mit einer Quantifizierung der internen Markenstärke befassen. Dennoch liefern auch die folgenden Ansätze wesentliche Aspekte, die in einer Definition der internen Markenstärke Berücksichtigung finden sollten. Eine erste zentrale Forschungsrichtung untersucht die interne Markenführung aus einer Perspektive der Personaltheorie. In diesem Kontext entwickelte WITTKEKOTHE (2001) ein Phasenmodell zur internen Markenführung. Im Mittelpunkt des personaltheoretisch orientierten Begriffsverständnisses steht die innere Ver-
240
Vgl. u.a. WITTKE-KOTHE, C. (2001): Interne Markenführung: Verankerung der Markenidentität im Mitarbeiterverhalten, Gabler-Edition Wissenschaft Marken- und Produktmanagement, Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl.; BREXENDORF, T. O. und TOMCZAK, T. (2003): Interne Markenführung, in: ALBERS, SÖNKE et al. (Hrsg.): Verkauf: Kundenmanagement, Vertriebssteuerung, E-Commerce - Digitale Fachbibliothek Oktober 2003, Düsseldorf: Symposion Publishing GmbH, S. 4 ff.; VALLASTER, C. und DE CHERNATONY, L. (2005): Internationalisation of Service Brands: The Role of Leadership During the Internal Brand Building Process, in: Journal of Marketing Management, Jg. 21 (1/2), S. 181 ff.; DE CHERNATONY, L., DRURY, S., und SEGAL-HORN, S. (2004): Services Brands' Values: Internal and External Corporate Communications. Working Paper, University of Birmingham; AURAND, T. W., GORCHELS, L., und BISHOP, T. R. (2005): Human resource management's role in internal branding: an opportunity for cross-functional brand message synergy, in: Journal of Product and Brand Management, Jg. 14 (3), S. 163 ff.
74
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells ankerung der Markenidentität, die durch die Beeinflussung des individuellen Mitarbeiterverhaltens erreicht werden soll. Zentrales Element einer Definition der internen Markenstärke stellt hierbei die Berücksichtigung der Markenidentität dar. Eine weitere Forschungsrichtung konzentriert sich auf die für die interne Markenführung notwendigen Prozesse. Im Rahmen dieses prozessorientierten Begriffsverständnisses steht die Steigerung der markenkonformen Einstellungen der Mitarbeiter im Fokus des Interesses, das durch unterschiedliche Phasen der Führung und Förderung von Mitarbeitern erreicht werden soll.241 Es empfiehlt sich deshalb, die markenkonforme Einstellung in der Definition interner Markenstärke zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Begriffsverständnissen interner Markenführung weiten die Vertreter eines so genannten führungsorientierten Begriffsverständnisses den Bezugsrahmen der internen Markenführung von Mitarbeitern auf Führungskräfte aus. So gehen Autoren wie VALLASTER/DE CHERNATONY davon aus, dass durch das Verhalten der Führung das markenorientierte Mitarbeiterverhalten beeinflusst wird.242 Zwei Erfolgsfaktoren spielen dabei eine maßgebliche Rolle: erstens die Vermittlung von zentralen Elementen der Markenidentität und zweitens die Relevanz der Interaktion mit den Mitarbeitern. Eng mit dem führungsorientierten Begriffsverständnis verbunden ist das Begriffsverständnis von CHERNATONY/DRURY/SEGAL-HORN und AURAND/GORCHELS/BISHOP. Auch hierbei bildet die Vermittlung von markenkonformen Werten einen Schwerpunkt der Betrachtung, die durch Personalmaßnahmen wie Selektion, Integration und Beförderungskriterien der Mitarbeiter erreicht werden sollen. Ein weiterer Bereich umfasst Maßnahmen zur Ausgestaltung der Vorbildfunktion der Geschäftsführung, die nicht nur auf markenrelevanten Veranstaltungen, sondern auch im täglichen Verhalten der Geschäftsführung erfahrbar sein sollen.243 In Bezug auf die Definition der internen Markenstärke bedeutet dies, dass die Verankerung der Markenidentität in den Einstellungen und dem Verhalten der Mitarbeiter und der Führungskräfte berücksichtigt werden muss.
241
Vgl. ESCH, Strategie und Technik der Markenführung, a.a.O., S. 120 ff.; BREXENDORF und TOMCZAK Interne Markenführung, a.a.O., S. 4 ff.
242
Vgl. VALLASTER und DE CHERNATONY, Internationalisation of Service Brands: The Role of Leadership During the Internal Brand Building Process, a.a.O., S. 181 ff.
243
Vgl. DE CHERNATONY, DRURY, und SEGAL-HORN, Services Brands' Values: Internal and External Corporate Communications, a.a.O.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
75
Trotz dieser Hinweise für die begriffliche Festlegung der internen Markenstärke wird erst im innengerichteten identitätsbasierten Begriffsverständnis von BURMANN/ZEPLIN (2005) der Zusammenhang zwischen Markenidentität und den Einstellungen bzw. dem Verhalten der Mitarbeiter sowie ihrer Wirkung auf den Nachfrager im Rahmen eines integrierten Erklärungsmodells konzeptionalisiert. In ihrem Kern steht die Verankerung der Markenidentität bei internen Bezugsgruppen. Sie lässt sich grundsätzlich auf der Basis zweier unterschiedlicher Konstrukte, den Einstellungen und dem Verhalten des Mitarbeiters gegenüber der Marke, ermitteln. Es ist in vielen psychologischen Verfahren das erklärte Ziel, menschliches Verhalten durch ihre Einstellungen abzubilden. Ein solcher direkter Zusammenhang konnte jedoch bislang nur selten empirisch nachgewiesen werden.244 AJZEN schreibt dies insbesondere dem Prinzip der Aggregation zu. Demzufolge resultieren Einstellungen eines Subjekts nicht zwangsläufig in einem entsprechenden Verhalten. Erst durch eine Aggregation kann der Zusammenhang erkannt werden. Für das Brand Commitment bedeutet dies, dass nicht in jedem Fall die Einstellung eines Mitarbeiters zu einem entsprechenden markenkonformen Verhalten führt.245 Ferner belegt AJZEN im Rahmen seiner Theorie des geplanten Verhaltens, dass in diesen Situationen die Einstellungen nicht direkt das Verhalten beeinflussen, sondern zunächst die vorgelagerten Verhaltensintentionen. Darunter sind Indikatoren zu verstehen, die das Ausmaß der Anstrengung und Motivation von Subjekten beschreiben, ein bestimmtes Verhalten auszuüben.246 Die Verankerung der Markenidentität beinhaltet zusammenfassend sowohl die Einstellungen als auch die Verhaltensintention der Mitarbeiter gegenüber der Marke. Zweitens fokussiert sich die Definition der internen Markenstärke auf interne Bezugsgruppen. Diese sollen wie auch aus dem führungs- bzw. maßnahmenorientierten Begriffsverständnis resultierend gleichermaßen Manager (zu diesen zählen auch Unternehmer) und Angestellte umfassen. Grundsätzlich ist hierbei die Tatsache, ob ein direkter oder lediglich ein indirekter Kundenkontakt der Mitarbeiter vor-
244
Vgl. AJZEN, I. und FISHBEIN, M. (1977): Attitude-Behavior Relations: A Theoretical Analysis and Review of Empirical Research, in: Psychological Bulletin, Jg. 84 (5), S. 888 ff.
245
Vgl. AJZEN, I. (2005): Attitudes, personality and behavior, Mapping social psychology, 2., Maidenhead, u.a.: Open Univ. Press, S. 45 ff.
246
Vgl. AJZEN, I. (1991): The theory of planned behavior, in: Organizational Behavior and Human Decision Processes, Jg. 50 (2), S. 179 ff.
76
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells liegt, unerheblich. In einem erweiterten Begriffsverständnis sind diesem auch Bezugsgruppen wie Gesellschafter, Absatzmittler oder Lieferanten zuzuordnen.247 Als Bezugsgröße für die internen Bezugsgruppen dienen die unterschiedlichsten Markentypen. So können Mitarbeiter sowohl ihre Einstellung als auch ihre Verhaltensintention auf der Basis einer Produktmarke (Bsp. Kinderschokolade, Rocher etc.) und Unternehmensmarke (Bsp. Ferrero) ausrichten. Zusammenfassend kann als Arbeitsdefinition der Begriff „interne Markenstärke“ folgendermaßen definiert werden: Die interne Markenstärke repräsentiert das markenidentitätskonforme Verhalten der Mitarbeiter, das geprägt wird durch ihre markenidentitätsbezogenen Einstellungen, Kompetenzen und Ressourcen.
Auf der Basis dieser Definitionen soll im Folgenden ein Einblick in die bisherigen empirischen Erfassungsbemühungen im Bereich der externen und internen Markenstärkeforschung gegeben werden. Sie bilden die Grundlage für ihre Messung im Rahmen des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells.
4.2
Konzeptualisierung und Operationalisierung der externen Markenstärke
4.2.1
Forschungsstand der externen Markenstärke
Vor dem Hintergrund der stark voneinander abweichenden Begriffsverständnisse konnte bislang eine einheitliche und allgemein akzeptierte Erfassung der externen Markenstärke nicht erreicht werden.248 Als mögliche Gründe werden hierbei die mangelnde theoretische Herleitung und das hohe Maß an Intransparenz vieler An-
247
Vgl. MALONEY Absatzmittlergerichtetes, identitätsbasiertes Markenmanagement - Eine Erweiterung des innengerichteten, identitätsbasierten Markenmanagements unter besonderer Berücksichtigung von Premiummarken, a.a.O.
248
Der fehlende Konsens spiegelt sich bereits in den Bezeichnungen für die Messungen der externen Markenstärke wider. Vgl. dazu
Tabelle 1 und Tabelle 2.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
77
sätze vermutet.249 Eine kritische Würdigung der wichtigsten akademischen und kommerziellen Ansätze erscheint deshalb sinnvoll, zumal sie für die weitere konzeptionelle Ausarbeitung des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells zwingend erforderlich ist. 250 Einen Überblick liefert Abbildung 16. Messverfahren der externen Markenstärke
I.
III.
II.
Wissensorientierte Messverfahren Beispiele:
I.
Messung von Markenassoziationen
II.
Messung der Markenbekanntheit
Nutzenorientierte Messverfahren Beispiele:
I.
Messung von wahrgenommener Qualität
II.
Messung von Einzigartigkeit
Präferenzorientierte Messverfahren Beispiele:
I.
Messung der Kaufintention
II.
Messung des Kaufverhaltens
III. Messung der MarkeKunde Beziehung
Abbildung 16: Überblick über die Messverfahren externer Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an WALSER (2004), S. 57.
I.I)
Auf der Basis des wissensorientierten Begriffsverständnisses haben sich insbesondere die Verfahren zur Messung von Markenassoziationen und Markenbekanntheit herausgebildet. Erstere sind ein zentraler Bestandteil in KELLERs Ansatz zum Customer-Based-Brand-Equity-Modell und wurden zudem in Beiträgen von ESCH (1993) und KRISHNAN (1996) reflektiert. Nach KELLER lassen sich Assoziationen in ihrer Art und ihrer Beschaffenheit aufgrund von Stärke, Vorteilhaftigkeit und Einzigartigkeit unterscheiden.251 ESCH greift diesen Gedanken
249
Dies trifft in hohem Maß auf kommerzielle Beiträge zu, die in der Regel eine Vielzahl unterschiedlicher Kennziffern ohne Rücksicht auf ihren theoretischen Ursprung verwenden. Vgl. WALSER, Brand strength: building and testing models based on experiential information, a.a.O., S. 60.
250
An dieser Stelle wird von der wiederholt verwendeten Kategorisierung nach kognitionsbasierten, affektionsbasierten und präferenzbasierten Messverfahren (Vgl. NITSCHKE, Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 109 ff..) Abstand genommen, da eine klare Unterscheidung in funktionale und emotionale Kenngrößen nicht möglich und sinnvoll erscheint. Stattdessen wird auf die grundsätzlichen Schwerpunkte der externen Markenstärkedefinition für eine Kategorisierung in Form von wissens-, nutzen- und präferenzorientierten Messverfahren zurückgegriffen.
251
Unter den Arten der Assoziationen werden die Markeneigenschaften (direkter/indirekter Produktbezug), der Markennutzen (funktional/emotional/symbolisch) und den Gesamteindruck der Marke verstanden. Die Stärke der Assoziationen hängt sowohl von der Menge der gelieferten Informationen als auch von der Verarbeitungsqualität dieser Information im Kopf des Nachfragers ab. Vor allem zwei Faktoren beeinflussen diese Stärke: die Relevanz der Information für den
78
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells auf, kategorisiert Assoziationen jedoch nach ihrer Anzahl, Richtung, Stärke und Inhalt.252 Aufgrund fehlender empirischer Überprüfung in beiden Verfahren wird jedoch eine schon empirisch überprüfte Kategorisierung von KRISHNAN (1996) empfohlen. Hierbei wird eine Unterscheidung nach der Anzahl der Assoziationen, ihrer Wertigkeit (Valenz), Einzigartigkeit und Herkunft vorgenommen.253 Eine entsprechende Messung der Markenassoziationen kann mittels unterschiedlicher Verfahren durchgeführt werden. Eine häufig angewendete Möglichkeit bildet die Aufgabe freier Assoziationen („free association task“). Dabei werden Probanden angehalten, spontane Antworten zu gestellten Produktkategorien oder Marken zu nennen. Dieses Verfahren bietet sich an, um mögliche Dimensionsräume für die Assoziationen zu elaborieren. Die Reihenfolge der Nennungen kann dabei Aufschluss darüber geben, wie stark verankert diese Assoziationen sind. Ferner können aus ihrer Einordnung in einen semantischen Zusammenhang Erkenntnisse zur Wertigkeit erlangt werden. Zudem können Vergleiche zwischen den Probanden Rückschlüsse auf die Einzigartigkeit der Marke zulassen.254 Darüber hinaus können projektive Verfahren zur Ermittlung von Markenassoziationen angewendet werden. Diese Verfahren werden in Form von Vervollständigungsaufgaben oder Vergleichsaufgaben255 angewendet, wenn der Proband seine wahren Assoziationen aufgrund sozialer Erwünschtheit nicht offenbart. Insgesamt ist die Aussagekraft von Markenassoziationen für die Feststellung der Markenstärke aufgrund konzeptioneller und methodischer Schwächen als gering einzuschätzen. Daher ist beispielsweise eine vergleichbare quantitative Feststellung unterschiedlicher Assoziationen als äußerst schwierig einzustufen.
Nachfrager und die zeitliche Konsistenz dieser Information. Die Vorteilhaftigkeit (Brand Favorability) beinhaltet die Kundenzufriedenheit und den positiven Gesamteindruck der Marke gegenüber den Konsumenten. Die Einzigartigkeit von Assoziationen wird bestimmt durch die direkte Gegenüberstellung von produktbezogenen und nichtproduktbezogenen Eigenschaften sowie durch den Nutzen einer Marke gegenüber entsprechenden Vergleichsmarken. Vgl. KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O. , S. 71 ff. 252
Vgl. ESCH, F.-R. (1993): Markenwert und Markensteuerung - eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive, in: Thexis, Jg. 10 (5), S. 59 f.
253
Vgl. KRISHNAN, Characteristics of memory associations: A customer-based brand equity perspective, a.a.O., S. 391 ff.
254
Vgl. WALSER, Brand strength: building and testing models based on experiential information, a.a.O., S. 73.
255
Dabei wird der Proband aufgefordert eine Marke mit anderen Bezugsgrößen (wie beispielsweise Tierarten, Persönlichkeiten, Werkzeugen) zu vergleichen.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
79
I.II) Die Messung der Markenbekanntheit als zweite Kategorie der wissensorientierten Ansätze beschreibt die Fähigkeit des Nachfragers, die Marke zu identifizieren und einer Produktkategorie zuzuordnen.256 Sie ermöglicht die Berücksichtigung der Marke in der Kaufentscheidungssituation.257 Ferner bildet sie die Grundlage für die Schaffung von markenspezifischen Assoziationen und repräsentiert somit eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Voraussetzung für die Schaffung des Markenimages und somit auch der externen Markenstärke.258 Ihre Auswirkungen auf den Markenwert konnten in der wissenschaftlichen Literatur bereits wiederholt nachgewiesen werden. So wurden beispielsweise signifikante Zusammenhänge zwischen der Markenbekanntheit und Kapitalmarktreaktionen259 sowie Akquisitionsentscheidungen260 festgestellt. Die Ausprägungen der Markenbekanntheit sind keineswegs nur dichotom. Sie reichen von der Wiedererkennung bis hin zur Verankerung einer Marke als alleinigem Vertreter einer Produktkategorie im Kopf des Nachfragers. Zu diesem Zweck können grundsätzlich die Kategorien der gestützten Markenbekanntheit und der ungestützten Markenbekanntheit unterschieden werden,261 die wiede-
256
Als „Markenkenntnis“ wird der Umfang der Markenbekanntheit verstanden. Vgl. BEHRENS, G. (1991): Konsumentenverhalten: Entwicklung, Abhängigkeiten, Möglichkeiten, Konsum und Verhalten ; 18, 2., überarb. und erw. Aufl., Heidelberg: Physica-Verl., S. 201 f. Sie beschreibt die Fähigkeit des Konsumenten, einzelne Marken zu identifizieren und zu beschreiben. Vgl. ALISCH, Gabler-Wirtschaftslexikon: die ganze Welt der Wirtschaft: Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Recht, Steuern, a.a.O., S. 1975.
257
Vgl. AAKER, D. A. (1992): Management des Markenwerts, Frankfurt/Main u.a.: Campus-Verl., S. 85.
258
So stellt Brockhoff fest, dass Präferenzen nur gebildet werden können, wenn die Güter dem Nachfrager bekannt sind. Vgl. BROCKHOFF, K. (1999): Produktpolitik, UTB für Wissenschaft UniTaschenbücher ; 1079, 4., neubearb. und erw. Aufl, Stuttgart: Lucius & Lucius, S. 37. Streng definitorisch darf die Markenbekanntheit deshalb nicht als Komponente des Markenimages verstanden werden. Vgl. ferner AAKER Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 61; HOYER, W. D. und BROWN, S. P. (1990): Effects of Brand Awareness on Choice for a Common, Repeat-Purchase Product, in: Journal of Consumer Research, Jg. 17 (September), S. 147.
259
Vgl. LANE, V. und JACOBSON, R. (1995): Stock Market Reactions to Brand Extension Announcements: The Effects of Brand Attitute and Familiarity, in: Journal of Marketing, Jg. 59 (January), S. 63 ff.
260
Vgl. MAHAJAN, V., RAO, V. R., und SRIVASTAVA, R. (1994): An Approach to Assess the Importance of Brand Equity in Acquisition Decisions, in: Journal of Product Innovation Management, Jg. 11 (3), S. 221 ff.
261
Vgl. KELLER, Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, a.a.O., S. 3.
80
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells rum in unterschiedliche Subkategorien eingeteilt werden können. Einen grafischen Überblick liefert hierzu Abbildung 17.
Ungestützte Markenbekanntheit (Memory-based Brand Awareness)
Gestützte Markenbekanntheit (Stimulus-based Brand Awareness)
Abbildung 17: Quelle:
Dominante Markenkenntnis (Top of Mind Awareness) Markenerinnerung (Brand Recall)
Markenvertrautheit (Brand Familiarity)
Markenwiedererkennung (Brand Recognition)
Grundlegende Formen der Markenbekanntheit Eigene Darstellung in Anlehnung an AAKER (1996), S. 62; WALSER (2004), S. 80 ff.
Die gestützte Markenbekanntheit umfasst die Wiedererkennung einer Marke auf der Basis visueller und/oder akustischer Stimuli und die richtige Zuordnung zu einer vorgelegten Kategorie.262 Deshalb wird diese Form der Markenbekanntheit auch „Stimulus-based Brand Awareness“ genannt.263 Die hierbei auftretende Markenwiedererkennung beschreibt die geringste mögliche Ausprägung der Markenbekanntheit und bildet somit die Grundstufe einer Markenbekanntheitspyramide. Es kann davon ausgegangen werden, dass selbst diese Form der Markenbekanntheit einen wichtigen Beitrag zur Erfassung des Markenwerts leistet. Es wird argumentiert, dass die Stärke der Marke umso größer ist je höher die durchschnittliche Wiedererkennungsrate der Marke auf der Ba-
262
Vgl. u.a. AAKER Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 61; KAPFERER, J.-N. (2004): The new strategic brand management: creating and sustaining brand equity long term, 3. Aufl., London u.a.: Kogan Page, S. 53 ff.; BURMANN und MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S. 53 ff.
263
Vgl. STEFFENHAGEN, H. (2000): Wirkungen der Werbung: Konzepte, Erklärungen, Befunde, 2. Aufl., Aachen: Verl. Mainz, Wissenschaftsverl, S. 83.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
81
sis präsentierter Stimuli ausfällt.264 Jedoch wird vor einem ausschließlichen Einsatz der Markenwiedererkennung gewarnt. Eine mögliche Gefahr besteht darin, dass Nachfrager eine gesuchte Marke fälschlicherweise als bekannt angeben (false recognition).265 Dies ist indes umso wahrscheinlicher, wenn eine hohe Ähnlichkeit zu einer bekannten Marke (wie beispielsweise die Schokoladenriegel „Trigger“ und „Twix“) oder semantische Elemente der Produkt-/ Servicekategorie (wie beispielsweise die Marke „Media Markt“ für eine Handelskette im Elektronikbereich) vorliegen. Insgesamt kann die isolierte Erfassung der gestützten Markenbekanntheit lediglich einen begrenzten Aufschluss über die externe Markenstärke liefern. Ihre Differenzierungskraft zu anderen Marken wird dadurch relativiert, dass viele etablierte Marken in einer Kategorie eine gestützte Markenbekanntheit von über 90 % ausweisen.266 Eine weitere, der Markenwiedererkennung verwandte Methode ist die Markenvertrautheit (Brand Familiarity). Sie erfasst neben der Wiedererkennung der Marke zudem eine qualitative Ausgestaltung des Bekanntheitsgrades.267 Der Mehrwert dieser zusätzlichen Information ist jedoch im Vergleich zu einer dichotomen Erfassung der gestützten Markenbekanntheit aufgrund der Interpretationsmöglichkeiten für eine Markenstärkeerfassung als eher gering einzustufen.268 Die ungestützte Markenbekanntheit als zweite übergeordnete Kategorie der Markenbekanntheit umfasst die Verankerung der Marke im Gedächtnis des Nachfragers. Sie tritt auf, wenn dieser bestimmte Bedürfnisse, wie beispielsweise die Bedürfnisse nach Sicherheit oder Anerkennung, empfindet. Dies ist ebenso möglich, wenn der Nachfrager mit bestimmten Produktkategorien, nicht
264
Vgl. WALSER, Brand strength: building and testing models based on experiential information, a.a.O., S. 80.
265
Vgl. UNDERWOOD, B. J. (1965): False recognition produced by implicit verbal responses, in: Journal of Experimental Psychology, Jg. 70 (1), S. 122 ff.
266
Vgl. TOLLE und STEFFENHAGEN, Kategorien des Markenerfolgs und einschlägige Meßmethoden, a.a.O., S. 1283 ff.
267
So kann diese beispielsweise auf einer 5-er Skala von „überhaupt nicht vertraut“ bis „sehr vertraut“ ermittelt werden.
268
Vgl. WALSER Brand strength: building and testing models based on experiential information, a.a.O., S. 81.
82
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells jedoch mit der Marke selbst, konfrontiert wird.269 Aufgrund der Tatsache, dass die Marke anhand im Gedächtnis abgespeicherter Assoziationen und physischer Reize erkannt wird, ist diese Form der Markenbekanntheit auch als „Memory-based Brand Awareness“ bekannt. Man unterscheidet insbesondere zwei Verfahren: die Markenerinnerung (Brand Recall) und die Markenalleinstellung (Top of Mind Awareness). Die Erfassung der Markenerinnerung kann folgendermaßen vorgenommen werden: Einem Nachfrager wird eine Produktkategorie oder ein Hinweis auf mögliche Bedürfnisse vorgelegt und dieser gebeten, für diesen Kontext, assoziierte Marken zu nennen. Darauf aufbauend wird eine durchschnittliche Rate der Nennungen für jede Marke berechnet. In ihrer Gesamtheit bilden die genannten Marken das so genannte „Evoked Set“.270 Es repräsentiert, welche Marken für die Kaufentscheidung eines Nachfragers von unmittelbarer Relevanz sind. Dies wiederum belegt, dass die Markenerinnerung ein grundsätzlich hilfreicher Indikator für die Markenstärke sein kann. Dennoch ist einschränkend anzumerken, dass innerhalb eines „Evoked Sets“ die Reihenfolge der einzelnen Marken und somit eine Abstufung nur schwer feststellbar ist.271 Zudem kann die Vorgabe von Produktkategorien die Auswahl der Marken beeinflussen.272 Dies kann insbesondere vor dem Hintergrund produktgruppenübergreifender Marken zu einer Verfälschung der Markenerinnerungswerte führen. Als ein auf diesen Herausforderungen aufbauendes Instrument ist die dominante Markenkenntnis („Top of Mind Awareness“) zu nennen. Sie stellt die stärkste mögliche Ausprägung der Markenbekanntheit dar und beschreibt eine dominante Verankerung der Marke im Gedächtnis des Nachfragers, die im Fall
269
Vgl. NITSCHKE, Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 94.
270
Vgl. HOWARD, J. A. (1963): Marketing Management Analysis and Planning, Homewood: Irwin; HOWARD, J. A. und SHETH, J. N. (1969): The Theory of Buyer Behavior, The Wiley marketing series, New York, NY [u.a.]: Wiley.
271
Ein wichtiger Grund hierfür sind die zugrundeliegenden automatischen kognitiven Prozesse, die als solche nicht direkt erfasst werden können. Es kann folglich nur spekuliert werden, ob bei einer ungestützten Nennung ein automatischer oder strategischer Prozess zugrundeliegt. Vgl. GRUNERT, K. (1996): Automatic and Strategic Processes in Advertising Effects in: Journal of Marketing, Jg. 60 (October), S. 94 ff.
272
Vgl. AGARWAL, M. K. und RAO, V. R. (1996): An Empirical Comparison of Consumer-Based Measures of Brand Equity, in: Marketing Letters, Jg. 7 (1), S. 237 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
83
einer Befragung eine Erstnennung der jeweiligen Marke bewirkt. Dies kann sogar dazu führen, dass eine Marke als Stellvertreter einer ganzen Produktkategorie wahrgenommen wird (z. B. die Marke „Tempo“ für die Produktkategorie der Papiertaschentücher) und diese Produktkategorie „besetzt“. In der zugrundeliegenden Erhebung werden die spontanen Erstnennungen auf der Basis vorgelegter Hinweise erfasst. Insgesamt betrachtet können die beiden vorgelegten Kenngrößen der ungestützten Markenbekanntheit, die Markenerinnerung und die Markenalleinstellung, als wahrheitsgetreue Indikatoren der Markenstärke angesehen werden, da mögliche Verzerrungen, die durch vorgelegte Markenstimuli verursacht werden können, weitestgehend ausgeschlossen werden. Eine hohe ungestützte Markenbekanntheit gibt somit einen klaren Hinweis auf ein präsentes und fest verankertes Markenimage273 und sollte sich daher in einem höheren Markenstärkewert niederschlagen. Deshalb soll sie auch in dem vorliegenden identitätsbasierten Markenbewertungsansatz Verwendung finden. II.)
Eine zweite grundsätzliche Kategorie der externen Markenstärkemessung bilden die nutzenorientierten Messverfahren. Die zugrunde liegende Überlegung hierbei ist, dass Nachfrager den Nutzen aus stärkeren Marken besser bewerten als den Nutzen schwächerer Marken. Diese Nutzenassoziationen einer Marke können dabei durch unterschiedliche Kenngrößen erhoben werden. Zu den häufigsten zählen insbesondere die wahrgenommene Markenqualität (Perceived Brand Quality) und die Einzigartigkeit der Marke (Brand Uniqueness).274
273
Vgl. STEFFENHAGEN, H. (1984): Ansätze der Markenwirkungsforschung, in: Marketing ZfP, Jg. 6 (2), S. 83; DU PLESSIS, E. (1994): Recognition versus Recall, in: Journal of Advertising Research, Jg. 34 (May / June), S. 75 ff.
274
Die Einzigartigkeit der Marke findet auch bereits in den wissensorientierten Messverfahren Anwendung. Hier jedoch wird auf den daraus abgeleiteten Nutzen derselben fokussiert. Vgl. u.a. HÖGL, S. und HUPP, O. (2004): Brand Performance Measurement mit dem Brand ASsessment System (BASS), in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 124 ff.; MUSIOL, K. G. et al. (2004): icon Brand Navigator und Brand Rating für eine holistische Markenführung, in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 370 ff.; NITSCHKE Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 124.
84
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
II.I) Bereits AAKER verweist auf die Wichtigkeit der wahrgenommenen Qualität im Rahmen seines Markenbewertungsmodells.275 Im Zentrum der Betrachtung steht hierbei die Wahrnehmung des Nachfragers, die sich von einer objektiven Feststellung der Qualität durchaus unterscheiden kann. Als häufig verwendete Verfahren zur Ermittlung der wahrgenommenen Markenqualität bieten sich insbesondere die multiattributive Qualitätsbewertung und die Gesamtqualitätsbewertung an. Im ersten Verfahren werden zunächst relevante Kriterien im Rahmen einer qualitativen Exploration definiert. Darauf aufbauend bewerten Probanden zunächst die Wichtigkeit der Qualitätskriterien und anschließend die wahrgenommene Qualität einer Marke. In der Gesamtqualitätsbewertung hingegen sollen Probanden einen Gesamteindruck hinsichtlich der Qualität einer bestimmten Marke abgeben.276 II.II) Die Einzigartigkeit einer Marke als weitere Messgröße dieser Kategorie wird als das Ausmaß begriffen, zu welchem ein Nachfrager eine Marke als verschiedenartig von den Wettbewerbern wahrnimmt.277 Weist eine Marke ein solches Maß an Einzigartigkeit auf, dann kann davon ausgegangen werden, dass auch ein Preis- oder Mengenpremium erzielt werden kann. Das wiederum kann als Indiz für eine erhöhte Markenstärke verstanden werden. Daher sieht der Nachfrager in der Marke grundsätzlich eine wichtige Bezugsgröße der Identifikation und Selbstdarstellung.278 In diesem Zusammenhang ist es für das Selbstkonzept des Nachfragers sehr wichtig, eine persönliche Einzigartigkeit wahrzunehmen. Dieses Bedürfnis, sich von anderen Nachfragern zu unterscheiden, konnte bereits verschiedentlich belegt werden.279 Es zeigt sich besonders ausgeprägt im Kauf- und Nutzungsverhalten. Hierbei wird das Streben nach Einzigartigkeit durch Konsum mit einer Erneuerung des Selbstverständnisses und des
275
Vgl. AAKER, Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 78 ff.
276
Anwendung findet dieses Messverfahren beispielsweise im Brand Asset Valuator von Young & Rubicam. So wird die Dimension des „Brand Esteem“ auf diese Weise erfasst. Vgl. KÖTTING, H. (2004): Der Y&R BrandAsset Valuator: Eine weltweite Studie über Marken und deren Beziehung zum Konsumenten, in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 725.
277
Vgl. NETEMEYER, R. G. et al. (2004): Developing and Validating Measures of facets of customerbased brand equity, in: Journal of Business Research, Jg. 57 (2), S. 211.
278
Vgl. AAKER, Dimensions of Brand Personality, a.a.O., S. 349.
279
Vgl. u.a. VIGNOLES, V. L., CHRYSSOCHOOU, X., und BREAKWELL, G. M. (2000): The Distinctiveness Principle: Identity, Meaning, and the Bounds of Cultural Relativity, in: Personality and Social Psychology Review, Jg. 4 (4), S. 339 f.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
85
sozialen Images gleichgesetzt.280 Nachfrager streben somit nach Marken, die die eigene Einzigartigkeit reflektieren und unterstützen. Folglich kann die Einzigartigkeit als Ausdruck der symbolischen Nutzenassoziation verstanden werden und stellt dadurch ein zentrales Konstrukt zur Messung der externen Markenstärke dar.281 III.) Eine dritte Kategorie der externen Markenstärkeerfassung beinhaltet präferenzorientierte Ansätze. Unter Präferenz ist ein primär affektionsbasiertes Konstrukt zu verstehen, dass das Kauf- und Nutzungsverhalten eines Nachfragers determiniert.282 Sie wird als ein wichtiger Indikator für die externe Markenstärke geschätzt, da sie insbesondere das Ausmaß des subjektiven Verlangens eines Nachfragers abzubilden vermag.283 Die unter dieser Kategorie zusammengefassten Ansätze konzentrieren sich folglich auf eine direkte Abfrage der Präferenz, der Kaufintention oder des tatsächlichen Kaufverhaltens. Eine weit verbreitete Möglichkeit, die Markenpräferenz zu erfassen, stellt die Conjoint-Analyse dar.284 Im Rahmen dieses dekompositionellen Verfahrens werden Nachfrager vor die Aufgabe gestellt, eine Auswahl aus unterschiedlichen Kombinationen von Markenattributen zu treffen. Die darin enthaltenen Teilnutzenwerte zeigen, welche Wichtigkeit die einzelnen Attribute für den Nachfrager besitzen. Wenn dabei auch die Marke bzw. der Markenname abgefragt wird, kann eine Aussage hinsichtlich der Markenpräferenz abgeleitet werden.285 Eine zentrale Schwäche der Conjoint-Analyse wird vor allem in der stark
280
Vgl. HEGNER, S. M. (2006): Self-Congruity and Consumer Behavior - A Meta Analysis, Universität Mannheim, S. 32 ff.
281
Vgl. AAKER, Building Strong Brands, a.a.O.; AGARWAL und RAO An Empirical Comparison of Consumer-Based Measures of Brand Equity, a.a.O., S. 238.
282
Vgl. ZAJONK, R. B. und MARKUS, H. (1982): Affective and Cognitive Factors in Preferences, in: Journal of Consumer Research, Jg. 9 (2), S. 124.
283
Vgl. TOLLE und STEFFENHAGEN, Kategorien des Markenerfolgs und einschlägige Meßmethoden, a.a.O., S. 1283 ff.
284
Vgl. GREEN, P. E. und SRINIVASAN, V. (1990): Conjoint Analysis in Marketing Research: A Review of New Developments, in: Journal of Marketing, Jg. 54 (4), S. 3 ff.; JOURDAN, P. (2002): Measuring Brand Equity: Proposal for Conceptual and Methodological Improvements, in: Advances in Consumer Research, Jg. 29 (1), S. 290; SATTLER, H. (1998b): Der Wert von Handelsmarken - Eine empirische Analyse, in: TROMMSDORFF, V. (Hrsg.): Innovation im Handel, Berlin: Gabler, S. 433 ff.; AGARWAL und RAO An Empirical Comparison of Consumer-Based Measures of Brand Equity, a.a.O., S. 240 ff.
285
Eine weitere Entwicklung dieses Messverfahrens stellt das „Relative Utility Premium“ Verfahren dar. Hierbei werden auf der Basis einer auf Nutzen basierten Conjoint Analyse die positiven bzw. negativen Preisdifferenzen ermittelt, die notwendig sind, um den Gesamtnutzen einer Marke aus-
86
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells kognitiven Ausrichtung gesehen, die schnell zu einen „Information overload“ führen können.286 Eine affektionsbasierte Entscheidung kann somit nur schwer ermittelt werden.
III.I) Überdies können intentionsbasierte Messgrößen dieser Kategorie zugeordnet werden. Sie sind für die Markenstärkeermittlung von großer Relevanz, da sie ein logisches Resultat von kognitiven und affektiven Prozessen der Markenwahl darstellen. Ihre Erfassung erfolgt entweder durch eine explizite oder eine implizite Messung.287 Bei der expliziten Messung wird beispielsweise folgende Frage gestellt: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die Marke X bei Ihrem nächsten Kauf erwerben?“ Eine implizite Messung erfolgt gemäß der Discrete-Choice-Methodik. Hierbei wird einem Probanden wiederholt eine Markenauswahl vorgelegt, bei der alternierend eine Marke fehlt. Aus dieser Auswahl soll jeweils eine Kaufentscheidung gefällt werden. Mittels Regressionsanalyse werden die markenspezifischen Koeffizienten, die die Kaufintention darstellen, schließlich ermittelt.288 Laut einer Studie von AGARWAL/RAO (1996) weisen beide Messverfahren eine hohe und signifikante Korrelation mit anderen bestehenden Messverfahren der Markenstärke auf. Daher repräsentiert eine stark ausgeprägte Intention einen wichtigen Indikator für einen hohen Markenstärkewert. III.II) Abschließend können auch Messverfahren des tatsächlichen Kaufverhaltens zu dieser Kategorie gezählt werden. Hierbei wird die Argumentation zugrunde gelegt, dass je häufiger eine Marke von einem Nachfrager erworben wird, desto ausgeprägter auch die Markenstärke sein muss.289 Dieses Kaufverhalten lässt sich auf unterschiedliche Weise erfassen. Ein naheliegendes und erprobtes
zugleichen. Diese errechneten durchschnittlichen Preisdifferenzen ergeben – im Verhältnis zum tatsächlichen Preis – die als „Relative Utility Premium“ definierte Form der Markenstärke. Vgl. FRANCOIS und MACLACHLAN Ecological validation of alternative customer-based brand strength measures, a.a.O., S. 321 ff. 286
Vgl. MEFFERT, H. (2000): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung; Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, 9., überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 548.
287
Vgl. LOUVIERE, J. und WOODWORTH, G. G. (1983): Design and Analysis of Simulated Consumer Choice or Allocation Experiments: An Approach based on Aggregated Data, in: Journal of Marketing Research, Jg. 20 (November), S. 350 ff.
288
Vgl. AGARWAL und RAO, An Empirical Comparison of Consumer-Based Measures of Brand Equity, a.a.O., S. 239.
289
Vgl. AAKER, Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, a.a.O., S. 43 ff.; CRIMMINS Better Measurement and Management of Brand Value, a.a.O., S. 15 f.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
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Verfahren stellt die Messung des Marktanteils dar.290 Dabei wird die Anzahl verkaufter Einheiten einer Marke dem Gesamtabsatz in einer Produkt- oder Servicekategorie gegenübergestellt. Trotz der hohen Praktikabilität weist dieser Ansatz auch wesentliche Schwächen auf. Die Zuordnung eines Marktanteilzugewinns kann nur bedingt auf die Marke zurückgeführt werden. Es können Anpassungen von Preis (z. B. Preisaktionen), Produkt (z. B. Vorratspackungen) oder Distribution (z. B. Auslistungen im Handel) diesen Wert zumindest kurzfristig verzerren. Darüber hinaus gibt die Wiederkaufsrate (Repurchase Rate) einen Aufschluss über die Stärke einer Marke.291 Ein dabei häufig verwendetes Verfahren stellt die so genannte Bedarfsdeckungsrate dar. Diese Kennziffer beschreibt, welcher Anteil der Einkäufe innerhalb einer Produkt- oder Servicekategorie einer bestimmten Marke zuzurechnen ist. Es ist jedoch an dieser Stelle kritisch anzumerken, dass ein zusätzlicher Wissenszugewinn für die Markenstärke durch diese Kenngröße sehr gering ist. Es handelt sich hierbei lediglich um eine verhaltensorientierte Größe, die nicht als Vorsteuergröße eingesetzt werden kann. So ist die Erfassung des tatsächlichen Kaufverhaltens alleine nicht ausreichend, um die Stärke einer Marke zu messen. Jedoch ist es für einen holistischen Ansatz unabdingbar, jede einzelne Stufe der Markenstärkebildung von der Wahrnehmung bis zum tatsächlichen Kaufverhalten zu berücksichtigen. III.III) Ferner kann die Stärke der Marke-Kunde-Beziehung dieser Kategorie zugeordnet werden.292 Grundsätzlich wird sie als eine ganzheitliche, nicht auf einzelne Transaktionen limitierte Gesamtbeziehung zwischen einer Marke und aktuellen sowie potenziellen Kunden verstanden.293 Die wissenschaftliche Literatur beschäftigt sich seit den frühen 90er Jahren verstärkt mit diesem Kons-
290
Vgl. TOLLE, E. und STEFFENHAGEN, H. (1994): Kategorien des Markenerfolgs und einschlägige Meßmethoden, in: Markenartikel, Jg. 8.
291
In Abgrenzung zur Markenloyalität ist die Wiederkaufsrate als ein ausschließlich auf die Verhaltensweise begründetes Konstrukt zu verstehen. Die Markenloyalität umfasst vielmehr auch die Einstellung des Nachfragers gegenüber der Marke. Vgl. FOURNIER, S. (1998): Consumers and Their Brands: Developing Relationship Theory in Consumer Research, in: Journal of Consumer Research, Jg. 24 (March), S. 343.
292
Vgl. WENSKE, Management und Wirkungen von Marke-Kunde-Beziehungen im Konsumgüterbereich, a.a.O., S. 87 ff.
293
Vgl. HADWICH, K. (2003): Beziehungsqualität im Relationship Marketing: Konzeption und empirische Analyse eines Wirkungsmodells, Basler Schriften zum Marketing ; 13, Wiesbaden: Gabler, S. 22.
88
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells trukt.294 Insbesondere die Beiträge von FOURNIER und HOFMEYER/RICE leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Erfassung und Messung der Marken-Kunde Beziehung. Hierbei konzentrierte sich FOURNIER bislang auf die Definition und Konzeptualisierung,295 wohingegen HOFMEYER/RICE sich der Messung der Marke-Kunde-Beziehungsstärke widmeten. Das daraus entstandene Messmodell wurde bereits wiederholt in der Markenstärkeforschung eingesetzt296 und unterscheidet insbesondere vier Aspekte der Marke-Kunde-Beziehung: Vermissen, Involvement, Sympathie und Vertrauen.297 Die Messgröße des Vermissens ermittelt den Grad des Bedauerns bei (möglicher) Nichtexistenz dieser Marke. 298 Ist eine Markenwahrnehmung aufgrund ihrer Markenattribute oder der funktionalen bzw. symbolischen Nutzenassoziationen als sehr ähnlich zu anderen Marken einzustufen, dann ist davon auszugehen, dass der Grad des Bedauerns tendenziell gering ausfallen müsste. Unter Involvement wird gemeinhin die subjektive Relevanz der Marke in der Kauf- oder Nutzungsentscheidung verstanden.299 Sie kann deshalb auch als eine Grundlage und ein Verstärker der übrigen MarkeBeziehungsdimensionen gewertet werden.300
294
Für einen Überblick zum aktuellen Forschungsstand vgl. BURMANN, C. und WENSKE, V. (2007): Stand der Forschung zu Marke-Kunden-Beziehungen; Arbeitspapier Nr. 25 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM), Bremen, S. 65 ff.
295
Vgl. FOURNIER, Consumers and Their Brands: Developing Relationship Theory in Consumer Research, a.a.O., S. 343 ff.; FOURNIER, S. (2005): Markenbeziehung - Konsumenten und ihre Marken, in: ESCH, FRANZ-RUDOLF (Hrsg.): Moderne Markenführung, 4., vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 211 ff.
296
Vgl. HOFMEYER, J. und RICE, B. (2000): Commitment-Led Marketing. The Key to Brand Profits is in the Consumer´s Mind, New York [u.a.]: John Wiley & Sons, S. 212 ff. und 217 ff.
297
Vgl. BURMANN, C. (2006): Direktmarketing im Kontext einer markt- und wertorientierten Unternehmensführung, in: WIRTZ, BERND W. und BURMANN, CHRISTOPH (Hrsg.): Ganzheitliches Direktmarketing, Wiesbaden: Gabler, S. 31.
298
HOFMEYER/RICE definieren dies als Ambivalenz. Vgl. HOFMEYER, J. und RICE, B. (2002): Commitment Marketing. Markentreue aus Begeisterung, München: Redline Wirtschaft bei Verl. M., S. 26.
299
Vgl. FOSCHT, T. und SWOBODA, B. (2005): Käuferverhalten: Grundlagen - Perspektiven - Anwendungen, 2., aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 122; KROEBER-RIEL, W. und WEINBERG, P. (2003): Konsumentenverhalten, Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 8., aktualisierte und erg. Aufl., München: Vahlen, S. 174 und 338.
300
Diese Aufgabe wird auch von dem Konstrukt der generellen Relevanz der Marke übernommen, das in Kapitel B5 detailliert erläutert wird.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
89
Die Sympathie erfasst, inwieweit eine Marke den Nachfrager positiv emotional aktivieren kann.301 Die Tatsache, dass hohe Sympathiewerte sich in einer erhöhten Verwendung niederschlagen können, belegt die zentrale Wichtigkeit dieser Kenngröße für die Ermittlung der externen Markenstärke. Sie reflektiert wichtige symbolische Nutzenassoziationen, die sich im Kauf- und Nutzungsverhalten niederschlagen. Als Kritik an diesem Konstrukt wird wiederholt die mangelnde Unabhängigkeit zu anderen, häufig verwendeten Kenngrößen, insbesondere der Markenbekanntheit, angeführt. Es wird kritisiert, dass die Markenbekanntheit einen maßgeblichen Einfluss auf die Sympathie und Vertrauenswürdigkeit einer Marke ausübt („Mere Exposure Effect“).302 Operationalisiert werden kann diese Kenngröße durch den Anteil der Nachfrager, die eine Marke als sympathisch und begehrenswert bewerten und eine emotionale Beziehung zu ihr aufgebaut haben.303 In Übereinstimmung mit Definitionen von MOORMAN/ZALTMAN/DESHPANDE (1992), MORGAN/HUNT (1994) und CHAUDHURI/HOLBROOK (2001) kann das Markenvertrauen verstanden werden als die Bereitschaft eines Nachfragers, sich auf die Fähigkeiten einer Marke zu verlassen und ihre kommunizierten Funktionen zu erfüllen.304 So kann das wahrgenommene Markenvertrauen anhand einer auf Zustimmung basierenden Itembatterie mit Aussagen wie „Ich vertraue dieser Marke“, „Ich verlasse mich auf diese Marke“, „Dies ist eine ehr-
301
Vgl. HAMMERSCHMIDT, M. (2006): Effizienzanalyse im Marketing - Ein produktionstheoretisch fundierter Ansatz auf Basis von Frontier Functions, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 260. In dieser Definition geht die Markensympathie über das bislang synonym verwendete Verständnis des so genannten Markenaffektes (Brand Affect) hinaus. Zwar bezieht sich letzteres auch auf die positive emotionale Antwort eines Nachfragers, jedoch basiert dies auf der Nutzung der Marke. Vgl. CHAUDHURI und HOLBROOK, The Chain of Effects from Brand Trust and Brand Affect to Brand Performance: The Role of Brand Loyalty, a.a.O., S. 82.
302
Vgl. ESCH, F.-R. (2005): Strategie und Technik der Markenführung, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, München: Vahlen Verlag, S. 76.
303
Vgl. HAMMERSCHMIDT, Effizienzanalyse im Marketing - Ein produktionstheoretisch fundierter Ansatz auf Basis von Frontier Functions, a.a.O., S. 260.
304
Für eine grundlegende Einordnung des Vertrauenskonstruktes in das Markenmanagement vgl. KENNING, P. (2002): Customer Trust Management: ein Beitrag zum Vertrauensmanagement im Lebensmitteleinzelhandel, Gabler Edition Wissenschaft Unternehmenskooperation und Netzwerkmanagement, Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl.. Für Anwendungen des Markenvertrauens in Markenbewertungsansätzen vgl. u.a. RIESENBECK und PERREY Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 308; KÖTTING, Der Y&R BrandAsset Valuator: Eine weltweite Studie über Marken und deren Beziehung zum Konsumenten, a.a.O., S. 722 ff.
90
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells liche Marke“, „Diese Marke ist sicher“ ermittelt werden.305 In Abgrenzung zur wahrgenommenen Markensympathie als einem auf Spontanität basierenden und unmittelbar entstehenden Einstellungskonstrukt ist das wahrgenommene Markenvertrauen als ein auf einem bewertenden Prozess basierendes Konstrukt zu verstehen.306 Zusammen determinieren beide Größen nach CHAUDHURI/HOLBROOK (2001) die Markenloyalität, einen zentralen Indikator der externen Markenstärke.
4.2.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung
Zur konzeptionellen Ausgestaltung der externen Markenstärke ist es zunächst erforderlich, eine Auswahl der einzelnen Indikatoren zu treffen. Vor dem Hintergrund des vorliegenden identitätsbasierten Begriffsverständnisses eine kombinierte Verwendung von wissens-, nutzen- und präferenzorientierten Messgrößen zwingend erforderlich. Denn sie ermöglicht eine detailliertere Erfassung der Markenstärke. So ist es für eine starke Marke alleine nicht ausreichend, ein bestimmtes Maß an markenrelevantem Wissen vorzuweisen, sondern die relevanten Nutzenassoziationen müssen zudem Berücksichtigung finden. Nur wenn beide Aspekte betrachtet werden, kann eine nachhaltige Präferenz der Marke entstehen. Es empfiehlt sich deshalb, eine möglichst holistische Konzeptualisierung der externen Markenstärke unter Berücksichtigung der Messgrößen aller drei Aspekte zu verfolgen. Eine Vielzahl bisheriger Beiträge aus der Markenmanagementforschung beschränkt sich auf eine isolierte Erfassung der Stärke von Markenbekanntheit und Markenimage (Fokus auf wissens- und nutzenorientierte Messgrößen)307 bzw. der Marke-
305
Vgl. CHAUDHURI und HOLBROOK, The Chain of Effects from Brand Trust and Brand Affect to Brand Performance: The Role of Brand Loyalty, a.a.O., S. 82.
306
Vgl. DONEY, P. M. und CANNON, J. P. (1997): An Examination of the Nature of Trust in Buyer-Seller Relationships, in: Journal of Marketing, Jg. 61 (April), S. 37.
307
So ermittelt OWEN im Rahmen einer empirischen Studie, dass ein hoher verhaltenstheoretischer Markenwert auf eine ausgeprägte Markenbekanntheit und positive Bewertung der Markeneigenschaften zurückzuführen ist. Vgl. OWEN, S. (1993): The Landor ImagePower Survey: A Global Assessment of Brand Strength, in: AAKER, DAVID A. und BIEL, ALEXANDER L. (Hrsg.): Brand Equity and Advertising, Hillsdale (N.J.), S. 14. Diese Zusammensetzung der externen Markenstärke aus Markenbekanntheit und Markenimage wurde auch von den Autoren AAKER und KELLER beschrieben, vgl. AAKER, Building Strong Brands, a.a.O., S. 330; KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 730.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
91
Kunde-Beziehung (Fokus auf präferenzorientierte Messgrößen).308 Diese aus der Forschung hervorgegangene Trennung ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Markenbekanntheit und das Markenimage als Auslöser des Nachfragerverhaltens eingestuft werden,309 die Marke-Kunde-Beziehung jedoch als nachhaltige, emotionale Bindung zwischen Marke und Kunde betrachtet wird.310 Es werden allerdings, wie im Folgenden dargestellt, bereits Annäherungen an eine integrierte Erfassung unternommen, wenn auch eine theoretische Fundierung für dieses Vorgehen nicht explizit ausgeführt wird. Ein Markenbewertungsmodell, das diese Herausforderung explizit aufgreift und deshalb an dieser Stelle exemplarisch genannt werden soll, ist das so genannte MarkenEisberg-Modell. Hierbei unterscheiden MUSIOL ET AL. zwischen unmittelbaren und nachhaltigen Determinanten der externen Markenstärke. Erstere repräsentieren die für den Nachfrager sichtbaren Elemente einer Marke, vergleichbar mit einer Eisbergspitze, die auf konkreten bildhaften Signalen der Marke und den damit verbundenen Assoziationen basieren. Sie werden unter dem Begriff Markenikonographie zusammengefasst. Dazu zählen neben der Markenbekanntheit insbesondere die Klarheit, Attraktivität und Eigenständigkeit (Uniqueness) der Marke. Ferner sind ihnen die Determinanten der Kommunikationswirkung zuzuordnen, wie Einprägsamkeit und wahrgenommener Kommunikationsdruck. Zu den nachhaltigen Determinanten der externen Markenstärke, die auch als Markenguthaben definiert werden, zählen insbesondere Sympathie, Vertrauen und Loyalität. Sie repräsentieren in der Analogie des Eisbergs eine dem Nachfrager unsichtbare, jedoch existente und umfangreiche Basis der Markenstärke. Wer folglich das Ausmaß des Markenguthabens verstehen will, muss zunächst die augenscheinlichen Elemente der Markenikonographie unter-
308
Vgl. BURMANN, Direktmarketing im Kontext einer markt- und wertorientierten Unternehmensführung, a.a.O., S. 29 ff.; ZEPLIN Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S 19 ff.
309
Vgl. DEL RÍO, A. B., VÁSQUEZ, R., und IGLESIAS, V. (2001): The Effects of Brand Association on Consumer Response, in: Journal of Consumer Marketing, Jg. 18 (4/5); FAIRCLOTH, J. B., CAPELLA, L. M., und ALFORD, B. L. (2001): The Effect of Brand Attitude and Brand Image on Brand Equity, in: Journal of Marketing Theory and Practice, Jg. 9 (3).
310
Vgl. BLACKSTON, M. (1992): Observations: building brand equity by managing the brand's relationships., in: Journal of Advertising Research, Jg. 32 (3); BURMANN, C. (2005c): Strategisches Management von Ad-hoc-Krisen durch identitätsbasierte Markenführung, in: BURMANN, CHRISTOPH, FREILING, JÖRG und HÜLSMANN, M. (Hrsg.): Management von Ad-hoc-Krisen: Grundlagen, Strategien, Erfolgsfaktoren, Wiesbaden: Gabler, S. 361; KRESSMANN, F. et al. (2003): Dimensionen der Markeneinstellung und ihre Wirkung auf die Kaufabsicht, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 63 (4); WENSKE, Management und Wirkungen von Marke-Kunde-Beziehungen im Konsumgüterbereich, a.a.O., S. 89 ff.
92
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
suchen, um anschließend die tiefgründigen Markenguthaben zu erschließen. Dieses Vorgehen weist somit auf die Relevanz der beidseitigen Erfassung des Markenimages und der Marke-Beziehungsqualität hin, auch wenn dies nicht explizit definiert wird. 311 So integriert beispielsweise auch NITSCHKE in seiner Konzeptualisierung der Markenimagestärke bereits Dimensionen der Marke-Kunde-Beziehung wie Sympathie und Vertrauen. Jedoch weist auch dieser Ansatz keine ausdrückliche Zuordnung zu den Konstrukten des Markenimages und der Marke-Kunde-Beziehung aus.312 Eine erste relevante Messgröße der identitätsbasierten externen Markenstärke stellt die Markenbekanntheit dar, die die Grundlage für das Markenimage bildet. Auch hinsichtlich der internen Markenstärke weist sie eine hohe Relevanz auf. Demnach kann eine hohe Markenbekanntheit positive Auswirkungen auf die Einstellungen der Mitarbeiter gegenüber ihrer Marke hervorrufen. Zudem ist der Einfluss der internen Markenstärke auf das Markenimage von der Markenbekanntheit als ihrer notwendigen Voraussetzung abhängig. Diese Sonderstellung der Markenbekanntheit muss auch in der Modellkonzeptualisierung entsprechende Berücksichtigung finden. In der Erfassung der Markenbekanntheit ist ein Konstrukt zu wählen, das ein hohes Maß an Verhaltensrelevanz des Nachfragers sowie eine klare Differenzierung zu Wettbewerbsmarken aufweist. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Qualitäten soll hier die Erfassung der Markenerinnerung (Brand Recall) berücksichtigt werden. Hierbei werden den Probanden verschiedene Produktkategorien als Stimuli vorgestellt und anschließend aufgefordert, die ihnen spontan einfallenden Marken zu nennen („Wenn Sie an Autos denken, welche Marken fallen Ihnen dann spontan ein?“).313 Die Antworten werden kodiert und die durchschnittliche Rate der Nennung erfasst. Die festgehaltene Reihenfolge der Nennungen ermöglicht zudem Aussagen zur Markenalleinstellung (Top of Mind Awareness).
311
Vgl. MUSIOL et al., icon Brand Navigator und Brand Rating für eine holistische Markenführung, a.a.O., S. 381.
312
Vgl. NITSCHKE, Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 97 ff.
313
Diese Form der Frageformulierung kann als allgemein anerkannt eingestuft werden. Vgl. u.a. BURKE MARKETING RESEARCH (1980): Day-after Recall TV Commercial Tesing, Columbus; FRANZEN, G. (1994): Advertising Effectiveness: Findings from Empirical Research, Henley on Themes; NITSCHKE Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von MarkenKommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFAWM 2006, a.a.O., S. 97.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
93
Die zweite zentrale Kategorie der externen Markenstärke beschreibt die Erfassung des Markenimages. Das identitätsbasierte Markenmanagement unterscheidet hierbei zwischen dem Wissen der Nachfrager über die Markenattribute und den darauf aufbauenden funktionalen und symbolischen Nutzenassoziationen.314 Erstere konzentrieren sich auf die Attribute einer Marke, die entweder materieller Natur (z. B. Form, Größe, Farbe etc.) oder immaterieller Natur (z. B. Garantie, Herkunftsland, Preis) sein können.315 Die Wahrnehmung der einzelnen Markenattribute wird vom Nachfrager verdichtet und bewertet. Das Ergebnis ergibt die wahrgenommenen funktionalen und symbolischen Nutzenassoziationen. Vor dem Hintergrund dieser Interdependenzen zwischen attributsbezogenen und nutzenbezogenen Assoziationen erscheint lediglich eine ganzheitliche Erfassung sinnvoll.316 Als Ergebnis dieser Verdichtung ergeben sich die folgenden handlungsrelevanten Messgrößen: x
Ein neuartiges317, jedoch wichtiges318 Konstrukt stellt die Markenklarheit dar. Sie basiert auf Erkenntnissen der Konsistenztheorie.319 Sie geht davon aus, dass ein klares Markenbild von der Stimmigkeit bzw. Integriertheit der für den Aufbau des Markenimages notwendigen Assoziationen abhängt.320 Dabei darf die Markenklarheit nicht nur als ein auf die Assoziationen der Markenattribute begrenztes Konstrukt verstanden werden.321 Zudem ist sie auch für die darauf
314
Eine ausführliche Beschreibung des Konstruktes des Markenimages finden Sie in Kapitel A2.
315
Zudem wird die Wahrnehmung typischer Nachfrager dieser Marke berücksichtigt. Vgl. BURMANN und MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S. 55.
316
Die Komponente des Wissens der Markenattribute wurde in der bisherigen Operationalisierung der Markenimages als Grundlage der Markennutzenassoziationen verstanden und in diesem Kontext nicht eigenständig konzeptualisiert. Vgl. NITSCHKE, Der Event-Marken-Fit als Determinante der Wirkung von Marken-Kommunikation – eine dyadische Längsschnittanalyse des Sponsorings am Beispiel der FIFA-WM 2006, a.a.O., S. 99 ff.
317
Vgl. WEERS, J.-P. (2007): Gedächtnis-basierte und Point of Sale induzierte Markenimagekonfusion als Managementherausforderung, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 48 ff.
318
Vgl. KLANTE, O. (2004): Identifikation und Erklärung von Markenerosion, Gabler Edition Wissenschaft Schriftenreihe der Handelshochschule Leipzig, Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl., S. 145.
319
Vgl. u.a. ABELSON, R. P. und ROSENBERG, M. (1958): Symbolic psycho logic: A model of attitudinal cognition, in: Behavioral Science, Jg. 3 (1); FESTINGER A theory of cognitive dissonance, a.a.O..
320
Dieses Konstrukt wird auch im Rahmen der Markenimagekonfusion unter dem Begriff Markenunklarheit detailliert erörtert. Vgl. WEERS, Gedächtnis-basierte und Point of Sale induzierte Markenimagekonfusion als Managementherausforderung, a.a.O..
321
Unter dem Begriff „cognitive unclarity“ wird die auf der Basis von Informationsstörungen beruhende Markenunklarheit verstanden. Hierbei ist die rationale Verständlichkeit der gesendeten Informationen zu gering. Vgl. COX, D. F. (1967): Risk Handling in Consumer Behavior - An Intense
94
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells aufbauende Ebene der funktionalen und symbolischen Nutzenassoziationen von herausragender Wichtigkeit. So sollte der aus der Marke hervorgehende Nutzen für den Nachfrager jederzeit klar erkennbar sein, um ein entsprechendes Kauf- und Nutzungsverhalten auszulösen. Folglich ist diese Messgröße für die Erfassung der externen Markenstärke von hoher Relevanz.322 x
Die Feststellung einer klaren Marke ist jedoch alleine nicht ausreichend. Vielmehr sind es die mit der Marke verknüpften positiven oder negativen Assoziationen, die die spezifische Markenstärke determinieren. Eine weitverbreitete Möglichkeit stellt in diesem Zusammenhang die wahrgenommene Qualität der Marke dar. Sie repräsentiert das von der Marke ausgehende Leistungsvermögen und die entsprechende Bewertung durch den Nachfrager. Aus diesem Grund kann sie primär den Assoziationen einzelner Markenattribute zugeordnet werden. Die wahrgenommene Qualität adressiert zudem stets auch funktionale und symbolische Nutzenassoziationen, denn die Qualität ist kein Selbstzweck, sondern vielmehr im Kontext einer Bedürfnisbefriedigung zu sehen.
x
Allerdings ist auch die Berücksichtigung der Markenklarheit und der wahrgenommenen Qualität der Marke nicht ausreichend. Zwar können Marken als klar und mit positiven Assoziationen behaftet wahrgenommen werden, jedoch ist dies nicht notwendigerweise kaufentscheidungsfördernd, solange sie sich nicht vom Wettbewerb unterscheiden.323 Die Einzigartigkeit der Marke ist folglich insbesondere aus einer Kaufentscheidungsperspektive von höchster Relevanz. In Abgrenzung zur wahrgenommenen Qualität der Marke kann die
Study of Two Cases, in: COX, D.F. (Hrsg.): Risk Taking and Information Handling in Consumer Behavior, Boston, S. 34 ff. 322
Eine Gefährdung dieser Klarheit geht insbesondere von zwei Umständen aus. Weichen Assoziationen zwischen einzelnen Bezugsobjekten voneinander ab, so handelt es sich um eine InterEinstellungsinkonsistenz. Dies ist beispielweise der Fall, wenn sich Markenimages von IngredientBrands oder einzelnen Markenallianz-Partnern unterscheiden. Weichen kognitive und affektive Assoziationen hinsichtlich desselben Bezugsobjektes voneinander ab, so spricht man von einer Intra-Einstellungsinkonsistenz. Sie treten beispielsweise durch kritische Berichterstattungen einer ansonsten positiv wahrgenommenen Marke auf. Im vorliegenden Kontext ist insbesondere letztere Ursache von entscheidender Wichtigkeit, da eine isolierte Feststellung der Markenstärke unabhängig von weiteren Markeneinflüssen notwendig ist. Vgl. WEERS, Gedächtnis-basierte und Point of Sale induzierte Markenimagekonfusion als Managementherausforderung, a.a.O., S. 48 ff.
323
Diese zunehmende wahrgenommene Gleichheit von Marken wird in der so genannten Parity Studie von BBDO Consulting belegt. Vgl. BBDO (2005a): Brand Parity 2004, Düsseldorf, S. 5.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
95
Einzigartigkeit der Marke tendenziell den symbolischen Nutzenassoziationen zugeordnet werden. Neben einem direkten Bezug zwischen dem Wissen über die Markenattribute und den funktionalen und symbolischen Nutzenassoziationen sind auch Messgrößen der Marke-Kunde-Beziehung von hoher Relevanz. Sie liefern relevante Informationen zu den attributsübergreifenden, nachhaltigen Effekten der externen Markenstärke. Grundsätzlich können dabei die vier Aspekte Sympathie, Vertrauen, Vermissen und Involvement herangezogen werden. Hierbei ist festzustellen, dass bereits in der Operationalisierung des Konstruktes Einzigartigkeit der Marke wesentliche Aspekte des Konstruktes „Vermissen“ enthalten sind. So kann das Vermissen als Resultante einer vom Nachfrager wahrgenommenen Einzigartigkeit einer Marke begriffen werden. Ebenso weist das Konstrukt „Relevanz der Marke“ eine starke Ähnlichkeit zum Konstrukt „Involvement“ auf. So ist anzunehmen, dass insbesondere in Kaufentscheidungen mit einem hohem Grad an „Involvement“ die Marke eine hohe Relevanz aufweist.324 Um eine doppelte Messung der Konstrukte zu vermeiden, wird bei der Messung der Marke-Kunde-Beziehung auf das Vermissen und das Involvement verzichtet. x
Die Sympathie gegenüber der Marke beschreibt grundsätzlich, wie sehr eine Marke positiv wahrgenommen wird. Im Rahmen des identitätsbasierten Markenmanagementmodells ist dieses Konstrukt von besonderer Relevanz, weil dabei das emotionale Zusammenspiel zwischen Markenidentität und Markenimage besonders deutlich wird. Dabei kann ein hoher Sympathiewert als hoher Fit zwischen dem vom Nachfrager erlebten Markenimage, seinem Selbstkonzept und der vom Unternehmen kommunizierten Markenidentität verstanden werden.325
x
Auch das Vertrauen gegenüber der Marke repräsentiert eine wichtige Messgröße der Marke-Nachfrager-Beziehung.326 Allerdings adressiert es, im Ge-
324
Vgl. FISCHER, HIERONIMUS, und KRANZ, Markenrelevanz in der Unternehmensführung - Messung, Erklärung und empirische Befunde für B2C-Märkte, a.a.O., S. 23.
325
Vgl. BURMANN, C. (2005a): Interne und externe Kommunikation in Ad-hoc-Krisen durch identitätsbasierte Markenführung, in: BURMANN, CHRISTOPH, FREILING, JÖRG und HÜLSMANN, MICHAEL (Hrsg.): Management von Ad-Hoc-Krisen. Grundlagen - Strategien - Erfolgsfaktoren, Wiesbaden: Gabler, S. 469.
326
Für eine begriffliche Abgrenzung von “Vertrauen” zu „Glaubwürdigkeit“ und „Authentizität“ vgl. BURMANN, C. und SCHALLEHN, M. (2008): Die Bedeutung der Marken-Authentizität für die Marken-
96
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells gensatz zur Sympathie, stärker kognitive Facetten der Marke-Kunde Beziehung. Es beschreibt die Bereitschaft des Nachfragers, sich auf die Fähigkeiten einer Marke zur Erfüllung der kommunizierten Funktionen und Attribute zu verlassen.327 Im Vergleich beider Dimensionen kann festgestellt werden, dass die Markensympathie tendenziell eine spontane, emotionale Dimension der Markenloyalität abbildet, das Markenvertrauen hingegen eine abwägende, kognitive Dimension.328
Zusammenfassend ergeben sich insgesamt sechs Dimensionen, die für die Erfassung der externen Markenstärke von Relevanz sind (siehe Abbildung 18). Komponenten der externen Markenstärke nach Burmann et al. (2007)
Messgrößen der externen Markenstärke
Vertrauen gegenüber der Marke Markenimage
Sympathie gegenüber der Marke
Symbolische Nutzenassoziationen der Marke MarkeNachfrager Beziehung
Einzigartigkeit der Marke
Funktionale Nutzenassoziationen der Marke
Wahrgenommene Qualität der Marke Klarheit der Marke
Assoziationen zu Markenattributen
Markenbekanntheit
Legende:
Beeinflussung
Markenerinnerung
Zuordnung
Abbildung 18: Konzeptualisierung und Operationalisierung der identitätsbasierten externen Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung
Ein in diesem Kontext wichtiger, jedoch in den meisten Markenbewertungsmodellen nicht offengelegter Aspekt behandelt die Gewichtung der einzelnen Dimensionen der
profilierung. Arbeitspapier Nr. 31 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM) der Universität Bremen, S. 36 ff. 327
Für eine generelle Definition des Begriffs „Vertrauen“ vgl. MOORMAN, C., ZALTMAN, G., und DESHPANDE, R. (1992): Relationships Between Providers and Users of Market Research: The Dynamics of Trust Within and Between Organizations, in: Journal of Marketing Research, Jg. 29 (3), S. 315 ; MORGAN, R. und HUNT, S. (1994): The Commitment-Trust Theory of Relationship Marketing, in: Journal of Marketing, Jg. 58 (July), S. 23.
328
Vgl. DONEY und CANNON, An Examination of the Nature of Trust in Buyer-Seller Relationships, a.a.O., S. 37.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
97
externen Markenstärke. Eine weitverbreitete Annahme, dass die einzelnen Dimensionen der externen Markenstärke zu gleichen Teilen den Gesamteindruck des Nachfragers beeinflussen, kann nicht bestätigt werden. Insbesondere MEFFERT/BURMANN (2005b) weisen darauf hin, dass der Einfluss einzelner Dimensionen der externen Markenwahrnehmung für das Kauf- und Nutzungsverhalten von rationalen hin zu emotionalen Aspekten ansteigend ist.329 Übertragen auf die Ermittlung der externen Markenstärke bedeutet dies, dass der Einfluss der einzelnen wissens-, nutzen- und präferenzorientierten Messgrößen von unterschiedlicher Wichtigkeit für die wahrgenommene externe Markenstärke ist. Diesen Zusammenhang belegen verschiedene Studien der Markenwertermittlung. So wurde in einer umfangreichen empirischen Untersuchung der Unternehmensberatung MCKINSEY & COMPANY die Wahrnehmung von Marken in drei Produktkategorien untersucht.330 Neben der Imagemessung der jeweiligen Marken wurde auch eine Messung der Gewichtung einzelner externer Markenstärkedimensionen durchgeführt. Dabei wurde – grundsätzlich vergleichbar mit den vorliegenden Dimensionen des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells – die Relevanz von insgesamt vier Dimensionen (die emotionale Stärke der Marke, ihre Differenzierungskraft und Leistungsstärke sowie das Vertrauen in die Marke) auf der Basis eines Konstantsummenspiels erhoben und mittels Regressionsanalyse ausgewertet. Das entsprechende Ergebnis ist in Abbildung 19 zusammengefasst. Dabei ist festzustellen, dass der Einfluss der einzelnen Markenstärkedimensionen und somit ihre Gewichtung über die einzelnen untersuchten Produktkategorien hohe Ähnlichkeiten zum identitätsbasierten Markenbewertungsansatz aufweisen.331 Ferner wird auch der Annahme des identitätsbasierten Markenmanagements Rechnung getragen, dass emotionale Aspekte der externen Markenstärke stärker zu ge-
329
Bezug nehmend auf das identitätsbasierte Markenmanagementmodell weisen die Autoren auf die unterschiedliche Relevanz von Markenimage und Markenbekanntheit auf die Kaufentscheidung der Nachfrager hin. Dabei wird festgestellt, dass die Relevanz von der Markenbekanntheit bis hin zu dem symbolischen Nutzenassoziationen der Marke zunimmt. Diese Annahme kann unter der zusätzlichen Berücksichtigung einer Marke-Nachfrager Beziehung erweitert werden. Vgl. MEFFERT und BURMANN, Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S. 54.
330
Diese Studie befragte 1.000 Konsumenten zu Automobilmarken und je 500 Konsumenten zu Kosmetik- und Lebensmittelmarken in Deutschland. Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 312.
331
Die konzeptionellen Parallelen des Modells zur identitätsbasierten Markenführung sind aufgrund der „Münsteraner Schule“ von PERREY naheliegend.
98
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
wichten sind als funktionale Aspekte.332 So wird die Dimension „Emotionalität“ am stärksten gewichtet, gefolgt von der „Differenzierung“, dem „Vertrauen“ und der „Leistung“. Für die Gewichtung der „Differenziertheit“ empfiehlt sich jedoch - insbesondere vor dem Hintergrund der identitätsbasierten Markenbewertung - eine genauere Untersuchung. Dabei ist nicht nur eine rein funktionale Dimension der Markenklarheit, sondern ebenso eine emotionale Dimension der Einzigartigkeit zu berücksichtigen. Dies wiederum würde die exponierte Relevanz innerhalb der Untersuchung erklären. Abgeleitete Gewichte (in %)
Empirische Gewichte (in %) Lebensmitteleinzelhandel
Kosmetik
Emotion
50,0
Differenzierung
25,0
Vertrauen
12,5
Leistung
12,5
52
49
12
50
23
21 18
Automobil
14 11
26 10 14
Abbildung 19: Ergebnisse einer Studie zur Gewichtung von Markenimagedimensionen Quelle: RIESENBECK/PERREY (2005), S. 313.
Zusammenfassend verdeutlicht dieses Beispiel, dass eine Gewichtung der einzelnen externen Markenstärkedimensionen für eine Markenbewertung sinnvoll ist. Eine genaue Erfassung der einzelnen Gewichte für die identitätsbasierte Markenbewertung verlangt eine gesonderte Untersuchung.333 Aus forschungsökonomischen Gründen jedoch werden als erste Annäherung die vorgenommenen Gewichtungen unter gleicher Aufteilung der Dimensionen „Einzigartigkeit“ und „Klarheit“ für die weitere Markenbewertung herangezogen.
332
Vgl. FREUNDT, Verhaltensrelevanz emotionaler Markenimages – eine interindustrielle Analyse auf empirischer Grundlage, a.a.O., S. 256 ff.
333
Eine im Rahmen dieser Bewertung durchgeführten Befragung von Projektmitarbeitern und externen Experten hat die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Markenstärkedimensionen zur Erfassung einer aggregierten Markenstärke bestätigt.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
99
4.3
Konzeptualisierung und Operationalisierung der internen Markenstärke
4.3.1
Forschungsstand der internen Markenstärke
Die interne Markenstärke bildet das Kernstück eines identitätsbasierten Markenwerts. Sie reflektiert die Verankerung der Marke bei internen Zielgruppen (vor allem Mitarbeitern), ermöglicht Aussagen zur „unternehmensinternen Gesundheit“ der Marke334 und ist somit ein Frühindikator für positive oder negative Markenwertentwicklungen. Eine theoretisch fundierte Erforschung der zugrundeliegenden Prozesse zur Bildung und Verankerung der Markenidentität bei Mitarbeitern sowie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Messung der internen Markenstärke haben bislang in der wissenschaftlichen Literatur nur eingeschränkt stattgefunden.335 Auf der Basis der vorgestellten Begriffsverständnisse lassen sich jedoch relevante Dimensionen der internen Markenstärke ableiten. Daher sollen im Folgenden die zentralen Ansätze kritisch gewürdigt werden. Einen Überblick hierzu liefert Abbildung 20. Messverfahren der internen Markenstärke I.
IV.
III.
II.
Personaltheoretisch orientierte Messverfahren
Prozessorientierte Messverfahren
Identitätsbasierte Messverfahren
Führungsorientierte Messverfahren
Beispiele:
Beispiele:
Beispiele:
Beispiele:
I.
I.
I.
I.
Messung des Brand Commitments
II.
Messung des Brand Citizenship Behavior
Erfassung der Markenidentität
Messung des Mitarbeitercommitments
II. Messung der Verankerung der Markenidentität
Messung der Vermittlung einer Markenvision
II. Messung der (non-)verbalen Interaktion der Führungskräfte mit Mitarbeitern III. Messung der Umsetzung von Markenwerten
Abbildung 20: Überblick zu Messverfahren interner Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung
334
Die unternehmensinterne Gesundheit ist insbesondere in Krisensituationen einer Marke dienlich. Vgl. dazu BURMANN, C. (2005b): Strategisches Management bei Ad-hoc-Krisen durch identitätsbasierte Markenführung, in: BURMANN, CHRISTOPH, FREILING, JÖRG und HÜLSMANN, MICHAEL (Hrsg.): Management von Ad-Hoc-Krisen. Grundlagen - Strategien - Erfolgsfaktoren, Wiesbaden: Gabler, S. 359 ff.
335
Vgl. Kapitel B4.1.2
100 I.I)
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Auf der Basis von personalwirtschaftlichen Theorieansätzen entwickelte WITTKE-KOTHE (2001) ein Phasenmodell zur internen Markenführung. Im Kern dieses Modells steht die innere Verankerung der Markenidentität, die durch die Beeinflussung des individuellen Mitarbeiterverhaltens erreicht werden soll. Zentrales Element ist dabei die Berücksichtigung der Markenidentität. Den verhaltenstheoretischen Bezugsrahmen stellen dabei die so genannte ERGTheorie,336 das Rubikon-Modell der Handlungsphasen337 und eine eigens entwickelte Kategorisierung von Änderungswiderständen dar. Als Ergebnis werden sieben Phasen des internen Markenmanagements vorgestellt, denen individuell Aufgaben und geeignete Instrumente des internen Markenmanagements zugeordnet werden. In diesem Phasenmodell beschreibt Phase 1 die Analyse der Ausgangslage, Phase 2 beschäftigt sich mit der Beseitigung von Änderungswiderständen, Phase 3 umfasst die Motivation der Mitarbeiter, Phase 4 definiert die Umsetzungsplanung, Phase 5 besteht aus der Umsetzung, Phase 6 beschäftigt sich mit der Bewertung und Schlussfolgerung und Phase 7 dient der Stabilisierung.338 Insgesamt ist das zugrundegelegte Begriffsverständnis für die interne Markenführung und somit auch für die interne Markenstärke stark prozessual orientiert. Es wird entgegen ihrer Zielsetzung auf die Markenidentität als Messgröße kaum Bezug genommen, das Modell stellt eher ein allgemeines Phasenmodell für Implementierungsaufgaben jedweder Art dar.339 Dabei wird die interne Markenführung als ein einmalig durchzuführendes Projekt eingestuft und nicht als ein kontinuierlicher Prozess definiert.340 Entsprechend feh-
336
In seinem ERG-Modell unterscheidet ALDERFER drei Bedürfniskategorien in Unternehmungen: Existence beschreibt ein Grundbedürfnis, d.h. fundamentale physiologische und sicherheitsorientierte Bedürfnisse, Relatedness definiert soziale Bedürfnisse wie Zuneigung und Anerkennung, Growth umschreibt Entfaltungsbedürfnisse, d.h. Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung, -achtung und –wertschätzung. Vgl. ALDERFER, C. P. (1969): An Empirical Test of a New Theory of Human Needs, in: Organizational Behavior, Jg. 7 (May), S. 142 ff.; WITTKE-KOTHE, Interne Markenführung: Verankerung der Markenidentität im Mitarbeiterverhalten, a.a.O., S. 20.
337
Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen von HECKHAUSEN/GOLLWITZER umfasst insgesamt vier Phasen: eine prädezisionale Motivationsphase, in der Handlungsziele abgewogen und ausgewählt werden, eine präaktionale Volitionsphase, hierbei werden Handlungen geplant und Vorsätze gebildet, eine aktionale Volitionsphase, die das Handeln zur Zielerreichung umfasst, sowie eine postaktionale Motivationsphase, unter welcher die Bewertung der Handlungen sowie die Schlussfolgerungen für das künftige Handeln einzuordnen sind. Vgl. HECKHAUSEN, H. und GOLLWITZER, P. M. (1987): Thought Contents and Cognitive Functioning in Motivational versus Volitional States of Mind, in: Motivation and Emotion, Jg. 11, S. 101 ff.
338
Vgl. WITTKE-KOTHE, Interne Markenführung: Verankerung der Markenidentität im Mitarbeiterverhalten, a.a.O., S. 86.
339
Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 38.
340
Vgl. Ibid., S. 40.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
101
len Hinweise auf regelmäßige Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Mitarbeiter auf der Basis der Markenidentität. II.I) In einem prozessorientierten internen Markenführungsansatz beschreibt ESCH in Anlehnung an Erkenntnisse aus der Change-Management-Forschung vier Phasen: „Sensibilisieren“, „Involvieren“, „Integrieren“ und „Realisieren“.341 Jeder Phase werden geeignete Instrumente und Kommunikationskanäle zugeordnet. So wird zwar grundsätzlich die Relevanz der Führung und Förderung von Mitarbeitern zur Erreichung eines hohen Mitarbeiter-Markencommitments erkannt, eine detaillierte konzeptionelle Ausarbeitung möglicher Erfolgsfaktoren und Steuerungsmöglichkeiten unterbleibt jedoch. Einen weiteren Ansatz dieser Kategorie beschreiben BREXENDORF/TOMCZAK. Hier werden sieben Phasen angeführt.342 Am Anfang stehen die Phasen der Situationsanalyse und der Zielfestlegung der internen Markenführung. Hierbei werden die Relevanz der Mitarbeiter-Kunden-Kontaktpunkte identifiziert sowie unternehmensinterne und -externe Ziele definiert. Werden auf unternehmensexterner Seite vor allem die Erhöhung der Kundenzufriedenheit angestrebt, dann können auf unternehmensinterner Seite insbesondere die Steigerung des Mitarbeitercommitments und die Verankerung der angestrebten Markenidentität verfolgt werden. Es ist jedoch anzumerken, dass die theoretische Ableitung der Ziele sowie mögliche Interdependenzen vernachlässigt werden. In der sich anschließenden Prozessphase wird die Markenidentität entwickelt und das Markenversprechen festgelegt. Die folgenden Prozessphasen können als mitarbeiterfokussierte Stufen aufgefasst werden. Hierunter werden der Aufbau des Mitarbeitercommitments und die Gestaltung einer markenfokussierten Unternehmenskultur, die Vermittlung der Markenidentität und des Markenversprechens sowie das „Leben“ der Markenidentität und des Markenversprechens verstanden. Als abschließende Phase folgt die Kontrolle der Markenidentität, des Markenversprechens sowie der Ziele der internen Markenführung. Gerade dieser Aspekt wäre für die Konzeptualisierung der internen Markenstärke von großer Relevanz, jedoch werden konkrete Messmethoden zur Feststellung der internen Markenfüh-
341
Vgl. ESCH, Strategie und Technik der Markenführung, a.a.O., S. 120 ff.
342
Vgl. BREXENDORF und TOMCZAK, Interne Markenführung, a.a.O., S. 4 ff.
102
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells rung nicht betrachtet. Insgesamt ist dieser Ansatz trotz wertvoller Aspekte als zu wenig theoretisch und empirisch fundiert einzustufen.
III.I) Im Rahmen der führungsorientierten Ansätze wird die Annahme getroffen, dass markenorientiertes Mitarbeiterverhalten insbesondere durch das Verhalten der Führung initiiert wird.343 Dabei werden insbesondere zwei Faktoren genannt, die ein entsprechendes Mitarbeiterverhalten auslösen können. Sie umfassen die Schaffung und Vermittlung einer Markenvision sowie die markenkonforme, verbale oder nonverbale Interaktion mit den Mitarbeitern. Mit Hilfe beider Faktoren sollen die kognitiven, kommunikativen und affektiven Unterschiede kulturell unterschiedlicher Mitarbeiter zum Vorteil der internen Markenführung genutzt werden. Dies ist insbesondere bei der Internationalisierung von Unternehmungen mit großen kulturellen Differenzen in der Belegschaft von großer Relevanz. Bei einer erfolgreichen Umsetzung soll dadurch das Markenverhalten verbessert werden, was für das erfolgreiche Führen von Dienstleistungsmarken notwendig ist. Insgesamt weist dieser Ansatz jedoch deutliche Schwächen auf. Es bleibt unklar, warum das Modell sich auf die Führungsrolle und auf den Dienstleistungssektor spezialisiert. Ferner wurde dieses Modell lediglich konzeptionell erarbeitet. Eine empirische Bestätigung der Ergebnisse ist bislang nicht erfolgt. In einem darauf aufbauenden Beitrag stellen ESCH/VALLASTER relevante Erfolgsfaktoren für das Führungspersonal vor, die eine marktgerechte Ausrichtung von Unternehmungen und Mitarbeitern ermöglichen sollen.344 Dazu zählen unter anderem, ein inspirierendes Markenversprechen zu entwickeln und dieses vorzuleben, sich als Verfechter der Marke unter Zulassung von Individualität zu verstehen und unternehmensinterne und -externe Markenwahrnehmungen zu verfolgen. Kritiker bemängeln jedoch eine willkürliche Auswahl der Erfolgsfaktoren auf der Basis einer fehlenden schlüssigen theoretischen Grundlage.345
343
Vgl. VALLASTER und DE CHERNATONY, Internationalisation of Service Brands: The Role of Leadership During the Internal Brand Building Process, a.a.O., S. 181 ff.
344
Vgl. ESCH, F.-R. und VALLASTER, C. (2005): Mitarbeiter zu Markenbotschafter machen: Die Rolle der Führungskräfte, in: ESCH, FRANZ-RUDOLF (Hrsg.): Moderne Markenführung, Wiesbaden: Gabler, S. 1012 f.
345
So führen die Autoren zwar die transformationale Führung als Grundlage an, die Verbindung zu Erfolgsfaktoren wird jedoch als wenig schlüssig kritisiert. Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 45.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
103
Einen weiteren wichtigen Vertreter dieser Kategorie repräsentiert der Ansatz von AURAND/GORCHELS/BISHOP. Dabei steht die Relevanz der Personalmaßnahmen für die innengerichtete Markenführung im Zentrum der Betrachtung. Sie veranschaulichen im Rahmen einer empirischen Studie, dass die markenbezogene Ausrichtung von Personalführungsfunktionen das persönliche Engagement eines Mitarbeiters gegenüber der Marke positiv beeinflusst.346 Ihre fünf zentralen Einflussgrößen können folgendermaßen zusammengefasst werden: (1) die interne Kommunikation zur Verstärkung der Markenwerte, (2) das Training zur operativen Umsetzung von Markenwerten, (3) die Mitarbeiterauswahl unter Berücksichtigung der Markenführungskompetenzen, (4) die Erfolgsmessung hinsichtlich der Umsetzung von Markenwerten und (5) die Mitarbeiterentwicklungspläne unter Berücksichtigung ihrer Rolle für die Markenumsetzung. Kritisch ist jedoch anzumerken, dass mit der Messung der markenbezogenen Personalführungsfunktion lediglich ein Teilaspekt der internen Markenführung abgebildet wurde. IV.I) Im Gegensatz zu den vorangegangenen Messverfahren, die die Messung der internen Markenstärke lediglich als Nebenprodukt eines Instruments interner Markenführung definierten, widmet sich der identitätsbasierte Ansatz bewusst dieser Messung. Die Grundlage dieses Modells bilden drei Maßnahmenbereiche: Die markenorientierten HR-Aktivitäten, die interne Markenkommunikation und die markenorientierte Führung.347 Erstere umfasst insbesondere die Bereiche des Personalmarketings, der Personalselektion, -integration, -entwicklung und -beförderung. Die interne Markenkommunikation hingegen beschäftigt sich mit der visuellen und verbalen Operationalisierung der Markenidentität, mit unterschiedlichen Formen einer Kommunikation, insbesondere der zentralen, Kaskaden- und lateralen Kommunikation. Die markenorientierte Führung als dritte Determinante umfasst die Bestandteile des Vorlebens der Markenidentität, der markenorientierten transformalen Führung sowie des Empowerments der Mitarbeiter. Diese Maßnahmenbereiche beeinflussen direkt die Einstellung des Mitarbeiters im Sinne einer positiven Disposition gegenüber einer Marke
346
Vgl. AURAND, GORCHELS, und BISHOP Human resource management's role in internal branding: an opportunity for cross-functional brand message synergy, a.a.O., S. 163 ff.
347
Für eine ausführliche Darstellung der einzelnen Maßnahmenbereiche vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 104 ff.
104
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells (Brand Commitment).348 Es wird durch die Identifikation des Mitarbeiters gegenüber der Marke und seiner Internalisierung determiniert.349 Die Wirksamkeit eingesetzter Maßnahmen auf die markenbezogene Einstellung des Mitarbeiters ist insbesondere von zwei Kontextfaktoren abhängig. Eine zentrale Rolle spielt dabei der so genannte Kultur-Fit. Denn nur, wenn eine Kongruenz zwischen den auf der Unternehmenskultur basierenden Werten und den Markenwerten vorliegt, ist eine Internalisierung der Markenidentität und somit der Aufbau des Brand Commitments möglich. Eine weitere zentrale Rolle spielt der so genannte Struktur-Fit. Es wird angenommen, dass Maßnahmen auf das Brand Commitment keine Wirkung aufweisen, wenn die zugrundeliegende Struktur (Organisationsstrukturen und Anreizsysteme), die Markenidentität nicht unterstützt. Damit sich die Einstellungen der Mitarbeiter in ein entsprechendes Verhalten u lassen, sind weitere Kontextfaktoren erforderlich. Dabei ist es von hoher Relevanz, dass relevante Mitarbeiter-Kompetenzen sowie ausreichend Ressourcen im Unternehmen vorhanden sind. Beide Kontextfaktoren sind auch für die Ermittlung der internen Markenstärke von großer Bedeutung, denn sie determinieren, wie gut sich die in den Köpfen der Mitarbeiter verankerte markeninduzierte Einstellung in markenkonformes Verhalten übertragen lässt.
IV.II) Auf der Basis des Brand Commitments bildet sich das Brand Citizenship Behavior. Es repräsentiert eine Verhaltensintention, sich besonders (außerhalb des formal festgelegten Aufgabenbereichs) für eine Marke einzusetzen.350 Diese Verhaltensintention wird durch die Dimensionen „Hilfsbereitschaft“, „Markenenthusiasmus“ und „Entwicklungsbereitschaft“ beschrieben.351 Einen Überblick zum inngengerichteten identitätsbasierten Markenmangement liefert Abbildung 21.
348
Vgl. Ibid., S. 103.
349
Eine ausführliche Beschreibung der Identifikation und Internalisierung liefert Kapitel B4.3.2.
350
Vgl. BURMANN, C. und ZEPLIN, S. (2006): Innengerichtetes Markenmanagement: Ansätze zur Schaffung und Erhaltung von Brand Commitment in markenorientierten Unternehmen, Markenmanagement ; 2, Münster: LIT-Verö-, S. 27.
351
Eine ausführliche Beschreibung der Hilfsbereitschaft, des Markenenthusiasmus und der Entwicklungsbereitschaft liefert Kapitel B4.3.2.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
105
Komponenten des innengerichteten identitätsbasierten Markenmanagements nach BURMANN/Z EPLIN (2005)
Brand Citizenship Behavior
• Kultur-Fit • Struktur-Fit
Markenorientierte HR Aktivitäten
Brand Commitment
Interne Markenkommunikation
Markenorientierte Führung
Abbildung 21: Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement Quelle: BURMANN/ZEPLIN (2005), S. 123.
Im Vergleich der erörterten Ansätze zum innengerichteten Markenmanagement kann festgestellt werden, dass sich der identitätsbasierte Ansatz von ZEPLIN als Basis für die Messung der internen Markenstärke besonders eignet. Zwar wird der Begriff „interne Markenstärke“ in diesem Ansatz nicht explizit erwähnt, jedoch der Begriff der Gesundheit der Markenidentität angeführt.352 So reflektiert die „Gesundheit der Markenidentität“ die Grundlage für eine erfolgreiche Marken-Kunde Beziehung. 353 Dieser Ansatz liefert aufgrund der Erfassung des Brand Commitments und des Brand Citizenship Behavior eine Möglichkeit, auf der Markenidentität basierende Einstellungen und Verhaltensweisen des Mitarbeiters festzustellen. Diese Aspekte dienen in ihrer Gesamtheit als Grundlage, um die interne Markenstärke zu definieren. 4.3.2
Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung
Für die konzeptionelle Ausgestaltung der internen Markenstärke ist zunächst die Auswahl der einzelnen Indikatoren erforderlich. Vor dem Hintergrund des vorliegenden identitätsbasierten Begriffsverständnisses erfolgt eine kombinierte Verwendung
352
Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 27.
353
Die Gesundheit der Markenidentität lässt sich auch auf die Marken-Absatzmittler Beziehung erweitern. Vgl. MALONEY, Absatzmittlergerichtetes, identitätsbasiertes Markenmanagement - Eine Erweiterung des innengerichteten, identitätsbasierten Markenmanagements unter besonderer Berücksichtigung von Premiummarken, a.a.O.
106
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
von einstellungs- und verhaltensbezogenen Messgrößen. Daher ist es für ein hohes Maß an interner Markenstärke alleine nicht ausreichend, markenkonforme Einstellungen vorzuweisen, sondern auch markenkonforme Verhaltensweisen müssen Berücksichtigung finden. Nur wenn beide Aspekte betrachtet werden, kann interne Markenstärke entstehen. Es empfiehlt sich deshalb, eine möglichst holistische Konzeptualisierung der internen Markenstärke zu verfolgen. Besonders die vorgestellte innengerichtete identitätsbasierte Markenführung von BURMANN/ZEPLIN liefert hierzu nützliche Hinweise, die für die folgende Konzeptualisierung herangezogen und für die vorliegenden Anforderungen angepasst werden sollen. Einen Überblick liefert Abbildung 22. Komponenten des innengerichteten identitätsbasierten Markenmanagements nach BURMANN/Z EPLIN (2005)
Messgrößen der internen Markenstärke
Verhalten: Brand Citizenship Behavior
Entwicklungsbereitschaft Enthusiasmus Hilfsbereitschaft Einstellungen:
Brand Commitment
Identifikation mit der Marke Internalisierung der Marke
Legende:
Zuordnung
Beeinflussung
Abbildung 22: Konzeptualisierung und Operationalisierung der internen Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BURMANN/ZEPLIN (2005), S. 123.
Eine erste Kategorie der internen Markenstärke umfasst die Erfassung der Mitarbeiter-Marke-Beziehung. Sie repräsentiert eine wichtige Stufe in der Schaffung von Markenwerten354 und umfasst die Einstellungen, die ein Mitarbeiter gegenüber der Marke aufweist. Zur Erfassung dieser Größe lassen sich insbesondere zwei Variablen unterscheiden: x
Identifikation mit der Marke: Sie bezeichnet die Annahme des sozialen Einflusses auf der Basis eines Zugehörigkeitsempfindens zu einer Gruppe, die eine be-
354
Vgl. Kapitel B1.3.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
107
stimmte Markenidentität repräsentiert. 355 Eine starke Identifikation eines Mitarbeiters mit der Markenidentität bewirkt ein Gefühl der sozialen Verpflichtung gegenüber einer solchen Person oder Gruppe, wie beispielsweise gegenüber der Geschäftsführung, Vorgesetzten oder anderen Mitarbeitern. Diese soziale Verpflichtung beeinflusst das Brand Citizenship Behavior des jeweiligen Mitarbeiters. x
Internalisierung der Marke: Die zweite Dimension der Marke-MitarbeiterBeziehung umfasst die Aufnahme der Markenidentität in das eigene Selbstkonzept. In seiner stärksten Ausprägung ist eine vollständige Überlappung der Markenidentität mit dem eigenen Selbstkonzept möglich.
Als weitere Kategorie der internen Markenstärke repräsentiert das Mitarbeiterverhalten insbesondere das Brand Citizenship Behavior. Es enthält insbesondere die folgenden Determinanten: x
Hilfsbereitschaft: Sie umfasst die positive Einstellung, Freundlichkeit und Empathie gegenüber anderen Bezugsgruppen (insbesondere gegenüber internen und externen Kunden) und die Übernahme von Verantwortlichkeiten neben dem zugeordneten Aufgabenbereich.
x
Enthusiasmus: Er beinhaltet ein herausragendes Engagement für markenbildende Tätigkeiten, die Einhaltung markenrelevanter Verhaltensrichtlinien sowie die Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auch ohne zu erwartende Sanktionen.
x
Entwicklungsbereitschaft: Diese Einflussgröße repräsentiert, inwieweit der Mitarbeiter dazu bereit ist, sich selbst für die Marke weiterzubilden (Selbstentwicklung) oder bereit ist, die Marke aktiv voranzutreiben (Markenentwicklung).
Die Gewichtungen zwischen der Marke-Mitarbeiter-Beziehung, den moderierenden Effekten und dem Mitarbeiterverhalten stellt eine zentrale Herausforderung für die Ermittlung der internen Markenstärke dar. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Dimensionen für die Erklärung der internen Markenstärke die gleiche Wichtigkeit aufweisen und somit in der Operationalisierung gleich stark zu gewichten sind. Folgende Beispiele sollen die Notwendigkeit einer gleichberechtigten Stellung und Gewichtung dieser Dimensionen verdeutlichen. In einem Fall weisen Mitarbeiter ei-
355
Vgl. O'REILLY und CHATMAN, Organizational Commitment and Psychological Attachment: the Effects of Compliance, Identification, and Internalization on Prosocial Behavior, a.a.O., S. 496 f.
108
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
nes Unternehmens ein sehr ausgeprägtes Brand Commitment auf, dennoch kann es aufgrund eines negativen Einflusses der Kontextfaktoren (wie etwa der vorhandenen Ressourcen) nicht auf das Brand Citizenship Behavior übertragen werden. Würde man ausschließlich Letzteres für die Ermittlung der internen Markenstärke heranziehen, würde der gemessene interne Markenstärkewert zu gering ausfallen. Es erscheint folglich empfehlenswert, die Größen gleichgewichtet zu berücksichtigen.356
4.4
Assimilation der internen und externen Markenstärke
Ein zentraler Aspekt des vorliegenden Markenbewertungsmodells besteht in der Zusammenführung der internen und externen Markenstärke. Obwohl bereits in zahlreichen Studien die grundlegenden Wirkungszusammenhänge zwischen den markeninduzierten Einstellungen bzw. dem Verhalten der Mitarbeiter und den Einstellungen bzw. dem Verhalten der Nachfrager nachgewiesen werden konnten,357 sind Studien über die explizite Verbindung zwischen interner und externer Markenstärke – insbesondere im Bereich der Markenbewertung – bislang dem Verfasser nicht bekannt. Dennoch existieren Hinweise aus angrenzenden Forschungsgebieten, die als theoretische Fundierung für die vorliegende Markenbewertung herangezogen werden können. Zu den wichtigsten Vertretern zählt hierbei die Balance-Theorie, die im Folgenden kritisch gewürdigt werden soll.358
356
Vgl. Kapitel B1.
357
Im Jahr 1987 wies GUMMESSON den Zusammenhang zwischen dem Einfluss von „Part-Time Marketer“ auf die externe Markenwahrnehmung nach. So besteht ein signifikanter indirekter Einfluss dieses Mitarbeitertyps auf Erfahrungen und Markenwahrnehmungen von Kunden. Vgl. GUMMESSON The New Marketing - Developing Long-Term Interactive Relationships, a.a.O., S. 10 ff. Ferner konnten beispielsweise MEEHAN/BASCHERA eine positive Korrelation zwischen Mitarbeitermoral, dem Anteil der Markenfans und dem Unternehmenserfolg feststellen. Vgl. MEEHAN, S. und BASCHERA, P. (2002): Lessons from Hilti: How Customer and Employee Contact Improves Strategy Implementation, in: Business Strategy Review, Jg. 13 (2), S. 35 ff. Einen weiteren Beleg für den Einfluss von Einstellungen der Mitarbeiter auf das Markenimage führen NGUYEN/LEBLANC (2002) an. Sie belegen eine signifikante Korrelation zwischen den verdichteten Werten des äußeren Erscheinungsbildes und der Kompetenz und Professionalität von Nachfragerkontaktpersonal auf das Markenimage. Vgl. NGUYEN, N. und LEBLANC, G. (2002): Contact personnel, physical environment and the perceived corporate image of intangible services by new clients, in: International Journal of Service Industry Management, Jg. 13 (3), S. 242 ff.
358
Neben der Balance-Theorie beschäftigen sich auch das Identity-Reputation Gap Modell von DE CHERNATONY sowie die Anreiz-Beitrags Theorie mit der Verbindung unternehmensinterner und externer Markenwahrnehmung. Vgl. DE CHERNATONY, L. und HARRIS, F. (2000): Developing Corporate Brands Through Considering Internal and External Stakeholders, in: Corporate Reputation Review, Jg. 3 (3), S. 268., BARNARD, C. I. (1982): The functions of the executive, 30. anniversary ed, Cambridge, Mass. u.a.: Harvard Univ. Press; SIMON, H. A. (1997): Administrative behavior: a
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells 4.4.1
109
Aktueller Forschungsstand
Ihren Ursprung hat die Balance-Theorie in den Arbeiten von HEIDER (1958). Sie bilden die Basis für die kognitiven Dissonanztheorie359 oder auch die Kongruenztheorie.360 Zentraler Gegenstand dieser Theorie ist ein System, das als Dreiecksbeziehung zwischen zwei Bezugsgruppen361 und einem Objekt beschrieben werden kann. Dieses System zeichnet sich dadurch aus, dass es sich entweder in einem ausbalancierten oder einen nicht ausbalancierten Zustand befindet. Stehen sich in einem ausbalancierten Zustand die beiden Bezugsgruppen ausgeglichen gegenüber, dann treten in einem nicht ausbalancierten Zustand Spannungen auf, die ausbalanciert werden müssen, wenn das System langfristig bestehen soll. Ein System wird als ausbalanciert definiert, wenn beide Bezugsgruppen in gleichem Ausmaß Einstellungen und Verhaltensintentionen gegenüber einem Objekt aufweisen. Dagegen gilt ein System als nicht ausbalanciert, wenn die Einstellungen oder die Verhaltensintentionen einer Bezugsgruppe gegenüber dem Objekt abweichen, so zum Beispiel, wenn die eine Bezugsgruppe dem Objekt ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringt, jedoch die andere Bezugsgruppe nicht. Dies führt zu Spannungen, die letztendlich Aktivitäten beeinflussen, das Gleichwicht des Systems wiederherzustellen. Auch im Kontext unternehmensinterner und -externer Bezugsgruppen findet die Balance-Theorie schon erste Anwendungen. So untersuchten beispielsweise SCHWETJE (1999) und HOMBURG/STOCK (2005) die Wirkungen von Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit anhand dieser Theorie.362 Analog kann sie auch für den vorliegenden Fall der internen und externen Markenstärke herangezogen werden.
study of decision-making processes in administrative organizations, 4., New York, NY: Free Press; MARCH, J. G., SIMON, H. A., und GUETZKOW, H. (1994): Organizations, 2. Aufl., Cambridge, Mass. [u.a.]: Blackwell. 359
Vgl. u.a. FESTINGER, A theory of cognitive dissonance, a.a.O.
360
Vgl. exemplarisch TANNENBAUM, The congruity priciple revisited: Studies in the reduction, induction and generalization of persuasion, a.a.O.
361
Vertreter dieser Theorie sehen ursprünglich Personen oder Personengruppen als zentrale Teilnehmer des Systems. Im vorliegenden Kontext werden diese erweiternd als Bezugsgruppen definiert, um auch die unternehmensinterne und unternehmensexterne Gruppen zu reflektieren.
362
Vgl. SCHWETJE, T. (1999): Kundenzufriedenheit und Arbeitszufriedenheit bei Dienstleistungen: Operationalisierung und Erklärung am Beispiel des Handels, Schriftenreihe Unternehmensführung und Marketing ; 37, Wiesbaden: Gabler; HOMBURG und STOCK Exploring the Conditions Under Which Salesperson Work Satisfaction Can Lead to Customer Satisfaction, a.a.O., S. 292 ff.
110
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Im vorliegenden Kontext wird angenommen, dass sich die interne Markenstärke und die externe Markenstärke über den Zeitverlauf grundsätzlich ausbalancieren müssen, um das „System“ der Marke aufrechtzuerhalten.363 Grundsätzlich kann dabei die Herstellung der Balance von beiden Seiten erfolgen. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass eine Veränderung der externen Markenstärke durch die interne Markenstärke gesteuert wird. Diese Erkenntnis wird auch von HEIDER (1958) gestützt. Er beschreibt den aktiven Einfluss der einen Bezugsgruppe auf die andere als zentralen Treiber der Balance. Dieser aktive Einfluss wird maßgeblich den Mitarbeitern zugeschrieben.364 Ferner ist auf der Basis des „Mere Exposure“-Effekts davon auszugehen, dass die Mitarbeiter einer Marke häufiger den Einflüssen der Marke ausgesetzt sind, folglich die Einstellungen eines Mitarbeiters gegenüber einer Marke als stabiler und widerstandsfähiger gegenüber Veränderungen eingestuft werden können. 365 Der Einfluss der internen Markenstärke auf die externe Markenstärke kann deshalb folgendermaßen abgebildet werden (einen Überblick über diesen grundsätzlichen Zusammenhang liefert Abbildung 23): Es wird ein positiver Effekt zwischen der internen und der externen Markenstärke angenommen, solange die interne oberhalb der externen Markenstärke liegt (Alternative A), und ein negativer Effekt, sofern die interne unterhalb der externen Markenstärke liegt (Alternative B). Dieser Wirkungszusammenhang ist zeitversetzt, d. h. eine heute stärker ausgeprägte interne Markenstärke führt zu einer Zunahme der schwächer ausgeprägten externen Markenstärke in der Zukunft (Alternative A). Entsprechend führt eine heute schwächer ausgeprägte interne Markenstärke zu einer Abnahme der schwächer ausgeprägten externen Markenstärke in der Zukunft (Alternative B).
363
Die Marke kann deshalb als System verstanden werden, da es eine Gebilde von Elementen darstellt, die aufeinander bezogen sind und in einer Weise wechselwirken, dass es als eine aufgabengebundene Einheit verstanden werden kann (Aufgabe: Verhaltenspräferenzen zu erzeugen) und sich diesbezüglich von der Umwelt abgrenzt. Vgl. u.a. HALL, A. D. und FAGEN, R. E. (1968): Definition of systems, S. 81.
364
Vgl. u.a. WILLIAMS, M. R. und ATTAWAY, J. S. (1996): Exploring Salespersons' customer orientation as a mediator of organizational culture's influence on buyer-seller relationships, in: Journal of Personal Selling & Sales Management, Jg. 16, S. 33 ff.
365
Vgl. HOMBURG und STOCK Exploring the Conditions Under Which Salesperson Work Satisfaction Can Lead to Customer Satisfaction, a.a.O., S. 397; HANSEN, F. (1981): Hemispheral laterization: Implications for understanding consumer behavior, in: Journal of Consumer Research, Jg. 8 (June), S. 23 ff.; OBERMILLER Varieties of mere exposure: The effects of processing style of repetition on affective response, a.a.O., S. 17 ff. Daher wird eine primäre Beeinflussung von der internen Markenstärke auf die externe Markenstärke angenommen.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
111
Dieser balancierende, zeitlich versetzte Wirkungszusammenhang ist abhängig von moderierenden Effekten zwischen der im Unternehmen entstandenen internen Markenstärke und der beim Nachfrager auftretenden externen Markenstärke.366 Das bedeutet: Bestehen intensive Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen und Nachfrager,367 dann ist die Hebelwirkung der internen Markenstärke auf die externe Markenstärke größer. Besteht hingegen nur ein geringer Austausch, dann ist der moderierende Effekt geringer. Die Stärke dieses moderierenden Effekts zeigt sich visuell in der absoluten Zunahme bzw. Abnahme der externen Markenstärke in t1 (vgl. Abbildung 23).
Alternative A: MS Intern > MS Extern
Interne Markenstärke
Externe Markenstärke
Interne Markenstärke
t0
Externe Markenstärke t1
Alternative B: MS Intern < MS Extern
Interne Markenstärke
Externe Markenstärke
t0
Interne Markenstärke
Externe Markenstärke
t1
Abbildung 23: Anwendung der Balance Theorie auf die interne und externe Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Balance-Theorie die Wirkungszusammenhänge zwischen interner und externer Markenstärke gut abzubilden vermag. Sie wird deshalb für die weitere Konzeptualisierung des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells als theoretische Grundlage herangezogen.
366
Zur generell zeitversetzten Wirkung von Marketingmaßnahmen vgl. MEFFERT, Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung; Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, a.a.O., S. 973.
367
Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen und Nachfrager umfassen sämtliche Interaktionsmöglichkeiten in Kaufentscheidungs- und Nutzungsprozessen, wie bspw. Informationsgespräche, Vertragsverhandlungen, Verkaufsgespräche, Kundenbetreuung, After Sales Service, etc.
112 4.4.2
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung
Anhand der Ausführungen zur Balance-Theorie lässt sich erkennen, dass der Ausgleich zwischen interner und externer Markenstärke eine zentrale Rolle für die Bestimmung einer ganzheitlichen Markenstärke spielt. Hierbei ist die so genannte Interaktionsintensität von zentraler Bedeutung.368 Grundsätzlich ist sie dafür verantwortlich, in welchem Ausmaß sich die interne auf die externe Markenstärke auswirkt. Vor dem Hintergrund der Balance-Theorie kann dieser Effekt weiter präzisiert werden: Dabei beeinflusst die Höhe der Interaktionsintensität das Ausmaß der Assimilation369 zwischen interner und externer Markenstärke.370 Die Interaktionsintensität wird bislang als ein monokausaler moderierender Effekt verstanden, der aufgrund seiner Fokussierung auch als Mitarbeiterinteraktionsintensität begriffen wird. Als Repräsentant einer Marke ermöglicht der Mitarbeiter durch seine Interaktion mit dem Nachfrager, dass die interne Markenstärke erfahrbar gemacht wird.371 Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob sich dieser Mitarbeiter aufgrund seiner formalen Rolle (etwa als Außendienstmitarbeiter) in einem direkten Kontakt zum Nachfrager befindet.
368
Einen ersten Hinweis auf die Existenz der Interaktionsintensität innerhalb der identitätsbasierten Markenführung liefert ein Beitrag von MEFFERT/BURMANN aus dem Jahr 1996. Hierbei wird sie zunächst als Variable zur Erfassung der Stärke der Markenidentität, d.h. als Bestandteil der internen Markenstärke, begriffen. Vgl. MEFFERT und BURMANN, Identitätsorientierte Markenführung Grundlage für das Management von Markenportfolios, a.a.O., S. 38. In einer konzeptionellen Weiterentwicklung wurde sie in einem Beitrag von BURMANN (2006) als moderierender Effekt eingestuft. Vgl. BURMANN Direktmarketing im Kontext einer markt- und wertorientierten Unternehmensführung, a.a.O., S. 32.
369
Der Begriff „Assimilation“ beschreibt generell die Angleichung zweier Subjekte oder Objekte. In der Soziologie wird beispielsweise unter Assimilation die Angleichung gesellschaftlicher Gruppen verstanden. Im vorliegenden Zusammenhang umfasst sie die Reduktion der Differenz zwischen interner und externer Markenstärke.
370
Ebenso hat die Größe Interaktionsintensität eine Auswirkung auf den Zeitraum der Assimilation. So kann davon ausgegangen werden, dass eine Erhöhung der Interaktionsintensität grundsätzlich den Zeitraum der Assimilation verkürzen könnte, somit ein schnellerer Ausgleich beider Größen stattfinden könnte.
371
Dieser Wirkungszusammenhang wird auch in der GAP-Analyse anschaulich verdeutlicht (Vgl. dazu Kapitel A3). Demnach führt eine hohe Mitarbeiterinteraktionsintensität zumeist auch zu einer hohen Überlagerung oder sogar Deckungsgleichheit zwischen den in der Markenidentität festgelegten Werten (Ist-Markenidentität) und der beim Nachfrager wahrgenommenen Markenimage (Ist-Markenimage). Vgl. BURMANN und MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung, a.a.O., S. 65; KRAPPMANN, L. (2005): Soziologische Dimensionen der Identität: strukturelle Bedingungen für die Teilnahme an Interaktionsprozessen, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, 10. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
113
Zwar wird dieser Einfluss in besonderem Maß durch die Interaktion der im Kundenkontakt befindlichen Mitarbeiter determiniert.372 Dennoch ist davon auszugehen, dass sämtliche Mitarbeiter einer Unternehmung für das erfolgreiche Einlösen eines Markenversprechens mitverantwortlich sind.373 In diesem Zusammenhang unterscheidet GUMMESSON zwischen „Full-Time“- und „Part-Time“-Marketer, die beide an der Gestaltung der Marke-Kunde-Beziehung mitwirken. Im Gegensatz zu „Full-Time“Marketern, die formal einer Marketing- oder Vertriebsabteilung zuzurechnen sind, zeichnen sich „Part-Time“-Marketer durch ihr markenkonformes Verhalten im Rahmen ihrer formal nicht der Marketingabteilung zuzuordnenden Funktion aus.374 Es kann jedoch festgehalten werden, dass sich eine gesteigerte Interaktionsintensität positiv auf die externe Markenstärke auswirken kann. Denn mit zunehmender Interaktion zwischen den Akteuren steigt das gegenseitige Vertrauen.375 Neben der Dauer ist hierbei ferner die Häufigkeit der Interaktion von Bedeutung.376 Sie hängt maßgeblich von den angebotenen Leistungen ab. Handelt es sich um standardisierte Produkte mit geringem Erklärungsbedarf, ist die Notwendigkeit der Interaktion als eher gering einzuschätzen. Handelt es sich jedoch um komplexe Produkte mit hohem Erklärungsbedarf oder um Dienstleistungen, dann ist die Mitarbeiterinteraktionsintensität als sehr hoch einzustufen. Neben direkten Kontaktsituationen sind auch indirekte Kontaktsituationen zwischen Mitarbeitern und Nachfragern zur Erklärung des Wirkungszusammenhangs zwischen interner und externer Markenstärke relevant, die eine differenziertere Analyse der moderierenden Effekte notwendig erscheinen lassen. So könnte die These vertreten werden, dass ebenso Intensität zwischen Mitarbeitern und Absatzmittlern377 oder die
372
Vgl. PETERMANN, F. (1996): Psychologie des Vertrauens, 3., korr. Aufl., Göttingen [u.a.]: Hogrefe NGUYEN und LEBLANC, Contact personnel, physical environment and the perceived corporate image of intangible services by new clients, a.a.O., S. 242 ff.
373
Vgl. DAVIS, S. M. (2000): Brand Asset Management. Driving Profitable Growth through Your Brands, New York: Free Press, S. 244.
374
Vgl. GUMMESSON, The New Marketing - Developing Long-Term Interactive Relationships, a.a.O..
375
Vgl. MAYER, R., C., DAVIS, J. H., und SCHOORMAN, D. F. (1995): Integrative model of organizational trust, in: Academy of Management Review, Jg. 20 (3), S. 727; REMPEL, J., HOLMES, J., und ZANNA, M. P. (1985): Trust in Close Relationships, in: Journal of Personality and Social Psychology, Jg. 49 (1-6), S. 98.
376
Vgl. LUHMANN, N. (1973): Vertrauen: ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Soziologische Gegenwartsfragen ; N.F., 28, 2., erw. Aufl., Stuttgart: Enke, S. 43.
377
Der Einfluss von Absatzmittlern für die identitätsbasierte Markenführung wurde insbesondere in der Arbeit von Maloney detailliert herausgearbeitet und empirisch untersucht. Vgl. MALONEY, Absatzmittlergerichtetes, identitätsbasiertes Markenmanagement - Eine Erweiterung des innenge-
114
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
mediale Interaktionsintensität die Angleichung zwischen interner und externer Markenstärke beeinflussen können. Dies wurde bislang in der wissenschaftlichen Literatur nur selten aufgegriffen. Die Absatzmittlerinteraktionsintensität ist insbesondere dann von hoher Relevanz, wenn sich die zentralen Nachfragerkontaktpunkte einer Marke aufseiten eines Absatzmittlers befinden. Eine hohe Absatzmittlerinteraktionsintensität kann dazu beitragen, dass die interne Markenstärke in hohem Maß auf die externe Markenstärke übertragen wird, wie das folgende Beispiel eines führenden Katzenfutteranbieters verdeutlicht. Zur Veranschaulichung des hohen qualitativen Standards von ShebaProdukten verköstigen leitende Vertriebsmitarbeiter das Produkt vor den Augen der Absatzmittler. Eine derart stark ausgeprägte interne Markenstärke kann in vielfacher Hinsicht zu positiven Effekten bei den Absatzmittlern führen. Erstens beeinflusst dies die direkte Kommunikation zwischen Absatzmittler und Nachfrager, sei es durch persönliche Gespräche, Mailings oder Kataloge etc. Zudem kann dies die Warenplatzierungsentscheidungen des Absatzmittlers beeinflussen, die wiederum einen wichtigen Einfluss auf die nachfragerseitige Markenwahrnehmung haben.378 Die mediale Interaktionsintensität als dritter moderierender Effekt beschreibt den Einfluss der öffentlichen Kommunikation der Marke auf die externe Markenstärke. So ist es beispielsweise denkbar, dass positive Berichterstattungen über herausragendes Brand Commitment der Mitarbeiter das Markenimage positiv beeinflussen können. Je häufiger und andauernder die Medienpräsenz einer Marke unter Beibehaltung der anderen moderierenden Effekte ist, desto stärker ist der Einfluss der internen auf die externe Markenstärke. Dabei beschränkt sich die Öffentlichkeitspräsenz nicht nur auf das Verhalten eines exponierten Mitarbeiters, wie eines CEO oder eines Aufsichtsratsvorsitzenden.379 Diese Bedeutung der medialen Interaktionsintensität interner Bezugsgruppen spiegelt sich in einem aktuellen Kommunikationstrend wider. Hierbei werden immer häu-
richteten, identitätsbasierten Markenmanagements unter besonderer Berücksichtigung von Premiummarken, a.a.O., S. 160 ff. 378
Die Absatzmittlerinteraktionsintensität könnte grundsätzlich auch die Interaktion zwischen dem Absatzmittler und dem Nachfrager umfassen. Es ist in diesem Modell jedoch explizit nicht berücksichtigt, da der Absatzmittler in der Regel eine hohe Interaktion mit dem Endkunden aufweist, zudem die Steuerungsmöglichkeiten eines Absatzmittlers nur bedingt vorhanden sind. Vgl. Ibid.
379
So trägt Richard Branson zu einem erheblichen Anteil zur Markenwahrnehmung der Virgin Unternehmensgruppe bei internen und externen Anspruchsgruppen bei.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
115
figer Mitarbeiter als Testimonials in Werbekampagnen eingesetzt.380 So repräsentieren beispielsweise Mitarbeiter von DHL, FedEx, Erdinger Weißbier, Ritter Sport und Tchibo ihre Marken in aktuellen TV-Spots oder Print-Anzeigen. Eine solche Kommunikationsstrategie verfolgt dabei unterschiedliche Ziele. Aus einer Nachfragerperspektive verleiht sie der Marke insbesondere ein gesteigertes Maß an Transparenz, Glaubwürdigkeit und sozialer Kompetenz. Aus unternehmensinterner Perspektive ist auch mit einem zusätzlichen, positiven Effekt hinsichtlich Brand Commitment und Brand Citizenship Behavior zu rechnen. Der Einsatz von Mitarbeitern als Testimonials setzt jedoch echtes Brand Commitment und Brand Citizenship Behavior voraus. Aufgesetzte oder inszenierte Auftritte können sowohl unternehmensintern (von eigenen Mitarbeitern) als auch unternehmensextern (durch Berichterstattung) negative Folgen mit sich bringen.
Mitarbeiterinteraktionsintensität
(Interne Markenstärke t0 ; Externe Markenstärke t0 )
t0
Absatzmittlerinteraktionsintensität
Interaktionsintensität ()
Häufigkeit
Dauer
Mediale Interaktionsintensität
(Interne Markenstärke t1; Externe Markenstärket1 )
t1
Abbildung 24: Interaktionsintensität als moderierender Effekt zwischen interner und externer Markenstärke Quelle: Eigene Darstellung
Die drei beschriebenen Determinanten weisen einen unterschiedlich starken Einfluss auf die Interaktionsintensität auf. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass das direkte Verhalten der Mitarbeiter einen maßgeblichen Einfluss auf die veränderte Wahrnehmung der Nachfrager ausübt. Dies wird insbesondere durch die Erkenntnisse aus der Balance-Theorie gestützt, in der bislang weder die Interaktion durch Absatzmittler oder die Medienpräsenz Erwähnung findet.
380
Vgl. HOFMANN, F. (2007): Mitarbeiter halten den Kopf hin. in: Handelsblatt, Düsseldorf, http://www. handelsblatt.com/news/Unternehmen/Handel-Dienstleistungen/_pv/_p/200040/_t/ft/_b /1251069/default.aspx/mitarbeiter-halten-den-kopf-hin.html, Abruf: 5.04.2007, S. 1.
116
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
(Interne Markenstärke; Externe Markenstärke)
Eine in diesem Zusammenhang bislang unbeantwortete Fragestellung ist, wie sich nun das Ausmaß der Interaktionsintensität bestimmen lässt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit steigender Interaktionsintensität die Abweichung zwischen interner und externer Markenstärke im Zeitverlauf degressiv abnimmt. Das bedeutet beispielsweise im Fall einer hohen Interaktionsintensität, dass in einem definierten Zeitrahmen eine große Abweichung zwischen interner und externer Markenstärke in (absolut) höherem Ausmaß verringert werden kann als bei eine geringe Abweichung. Eine Begründung kann darin gesehen werden, dass es bei einer hohen Übereinstimmung (geringer Abstand zwischen interner und externer Markenstärke) einen erheblichen (zeitlichen) Mehraufwand erfordert, um einen vollkommenen Ausgleich zwischen interner und externer Markenstärke zu erzielen. Dieser Zusammenhang zwischen dem Niveau der Interaktionsintensitäten und der Reduktion der Differenz zwischen interner und externer Markenstärke (Assimilation) im Zeitablauf ist in Abbildung 25 dargestellt.
Marken mit niedriger Interaktionsintensität
Marken mit mittlerer Interaktionsintensität
Marken mit hoher Interaktionsintensität t0
t1
tn
Abbildung 25: Die Entwicklung der Differenz zwischen interner und externer Markenstärke in Abhängigkeit der Interaktionsintensität im Zeitverlauf Quelle: Eigene Darstellung
Aus forschungsökonomischen Gründen werden als Näherungswert für die Interaktionsintensität Ergebnisse aus im Rahmen des Anwendungsprojekts durchgeführten Expertengesprächen herangezogen.381 Dabei wurde Modell entwickelt, das näherungsweise die Interaktionsintensität abbilden soll. Dazu werden Indikatoren entlang der Dimensionen Mitarbeiter- sowie Absatzmittlerinteraktionsintensität und der medialen Interaktionsintensität bewertet.
381
So wurden im Rahmen des Anwendungsprojektes vier Experten aus dem Bereich Telekommunikation zur Einschätzung von Interaktionsaktionsintensitäten befragt. Vgl. Kapitel C1.3.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
117
Für die Einteilung der Mitarbeiterinteraktionsintensität wird ein prozessuales Vorgehen gewählt. Es gilt hierbei eine Einschätzung zu treffen, wie häufig und wie lange der Nachfrager die Mitarbeiter eine Marke in den einzelnen Phasen des Kauf- und Nachkaufprozesses kontaktiert. Hierbei lassen sich die Vorkaufphase, die Phase der Kaufentscheidung und die Nachkaufphase (Servicephase) voneinander unterscheiden.382 Die Einschätzung erfolgt durch Befragung bei Vertriebsmitarbeitern mit direktem Kundenkontakt. Zudem sollte eine Validierung durch Endkunden erfolgen. Die Einteilung der Absatzmittlerinteraktionsintensität orientiert sich ebenfalls an den Phasen des Kauf- bzw. Nachkaufprozesses. Hierbei muss eine Einschätzung von den Vertriebsmitarbeitern getroffen werden, wie häufig und andauernd ihre Interaktionen mit Absatzmittlern ist. Dabei lassen sich die Vorkaufphase, die Phase der Kaufentscheidung und die Servicephase voneinander unterscheiden. Als letzte Kategorie wird die Medienpräsenz bewertet. Hierbei müssen insbesondere zwei Aspekte berücksichtigt werden. Erstens, wie häufig und andauernd die Marke in der Presse in Erscheinung tritt. Zweitens, wie häufig und andauernd einzelne führende Mitarbeiter Gegenstand der Medienberichterstattung sind. Zur Einschätzung der medialen Präsenz können Mitarbeiter der Presseabteilung befragt werden. Ein aggregierter Wert der Interaktionsintensität entsteht durch die Summe der gewichteten Dimensionen. Aufgrund der vergleichsweisen hohen Relevanz der Mitarbeiterinteraktionsintensität wird ihr ein Gewicht in Höhe von 50 % zugewiesen. Der Absatzmittlerinteraktionsintensität wird ein Gewicht von 30 % zugeschrieben. Die restlichen 20 % des Gewichtes entfallen auf die mediale Interaktionsintensität. Einen Überblick zu diesem Modell liefert Abbildung 26.
382
Die Nachkaufphase beschreibt hierbei insbesondere die Abwicklung der Warenübergabe. Da diese Phase zeitlich getrennt von der Kaufentscheidungsphase auftreten kann und somit weitere Interaktionsmöglichkeiten zwischen Mitarbeitern und Nachfragern auftreten können, ist sie im Rahmen des Modells separat zu berücksichtigen. Ebenso ist die Nutzungsphase von dieser Phase separat zu betrachten. Hierbei steht die Verwendung des Produktes im Zentrum der Betrachtung. Zu den einzelnen Nachfragerkontaktpunkten vgl. MEFFERT, Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung; Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, a.a.O., S. 1411.
118
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Kriterium
Ø
Häufigkeit
Mitarbeiterinteraktionsintensität:
Sehr selten
Dauer Sehr häufig
Sehr kurz
Sehr lange
• Vorkaufphase: • Kaufentscheidung: • Nachkaufphase (Service):
w = 50 %**
Absatzmittlerinteraktionsintensität:* • Vorkaufphase: • Kaufentscheidungsphase: • Nachkaufphase (Service):
w = 30 %**
Mediale Interaktionsintensität: • Markenbezogen: • Mitarbeiterbezogen: * Sofern Absatzmittler vorhanden (nicht Direktvertrieb) ** Gewiichungsfaktor
w = 20 %** Gesamt Interaktionsintensität:
Abbildung 26: Kriterien des Interaktionsintensitäts-Scores Quelle: Eigene Darstellung
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die drei Aspekte der internen Markenstärke, die Interaktionsintensität und die externe Markenstärke zentrale Wichtigkeit für die Bestimmung eines ganzheitlichen Markenwerts aufweisen. Ihr Resultat in Form der gesamthaften Markenstärke bildet die wesentliche Grundlage für die Ermittlung des Markenbarwerts und des Markenpotenzialwerts. In Ersterem determiniert sie das markenspezifische Risiko, das für die Diskontierung der markeninduzierten Zahlungsüberschüsse anzusetzen ist (markenspezifischer Diskontierungsfaktor). In Letzterem wirkt sie auf die zukünftige Erfolgswahrscheinlichkeit von Markenerweiterungsstrategien.
4.5
Formal-analytische Darstellung
Aus der konzeptuellen Herleitung lassen sich für die Erfassung der Markenstärke folgende Formeln darstellen: So lässt sich die Markenstärke als korrigierter Wert der externen Markenstärke (MSi Extern) des Kundenstammwertsegmentes i zum Ende eines Prognosezeitraums T beschreiben: (2)
MSi
MSiExtern ;T
Die Basis dieser prognostizierten externen Markenstärke bildet die externe Markenstärke zum Zeitpunkt (t=0). Dieser Basiswert wird durch die interne Markenstärke (ebenfalls in t=0) positiv oder negativ beeinflusst. Diese treibt jedoch nur dann die
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
119
externe Markenstärke positiv, wenn sie relativ kleiner ist. Andererseits beeinflusst sie die externe Markenstärke negativ, wenn diese größer als die interne Markenstärke ist. Nur wenn beide Größen, interne und externe Markenstärke einen identischen Wert aufweisen, erfolgt keine formal analytische Beeinflussung. Anders formuliert findet eine kontinuierliche Assimilation zwischen der internen und der externen Markenstärke statt. Die Intensität dieser Assimilation ist abhängig von der Interaktionsintensität (). Je höher die Interaktionsintensität ist desto schneller assimilieren sich die interne und externe Markenstärke. Ferner wird ein degressiv steigender Zusammenhang unterstellt, d. h. die Assimilation zwischen externer und interner Markenstärke nimmt im Zeitverlauf mit abnehmender Steigung zu und somit die Differenz der beiden Größen ab. Es ergibt sich die folgende Formel: (3)
MSiExtern MSiExtern ;T ;t 0
§ ¨MSIntern MSExtern i;t 0 i;t 0 ©
·§ DT ¸¨¨1 e ¹©
· ¸¸ ¹
Zur Berechnung der externen Markenstärke (in t=0) ist die Erfassung der folgenden Determinanten notwendig: Die Markenerinnerung (MBi) repräsentiert die Grundlage der externen Markenstärke, die den Determinanten des Markenimages und die Determinanten der Marke-Nachfrager-Beziehung vorgeschaltet ist. Das Markenimage besteht wiederum aus den Dimensionen der Markenklarheit (MKi), der wahrgenommenen Qualität der Marke (WQMi), der Markeneinzigartigkeit (MEi). Als Determinanten der Marke-Nachfrager-Beziehung werden die Sympathie der Marke (MSYi) und das Vertrauen der Marke (MVi) herangezogen. Wie aus der konzeptionellen Ausgestaltung zu erfahren, ist der Einfluss der einzelnen Markenstärkedeterminanten auf die externe Markenstärke unterschiedlich. Diese einzelnen Determinanten sind nach ihrem Einfluss für die Kaufentscheidung zu gewichten, was in den Konstanten (; ; ; ; ) zum Ausdruck kommt.383
383
Aufgrund der Tatsache, dass hierbei die relative Gewichtung der einzelnen Markenstärkedimensionen herausgefunden werden soll, ergibt die Summe der einzelnen Konstanten stets „1“.
120
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Ferner ist eine unterschiedliche Gewichtung zwischen Markenbekanntheit und den übrigen Markenstärkedimensionen zu berücksichtigen (c; d). Es ergibt sich die folgende Formel zur Erfassung der externen Markenstärke:
K * MBi;t MSiExtern ;t (4)
§
O * ¨© FMKi;t GWMQi;t HMEi;t MMSYi;t VMVi;t
· ¸ ¹
In der mathematischen Ausgestaltung von FISCHER wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der verwendeten Heuristik eine stärkere Gewichtung der Markenimagedimensionen (hier die Dimensionen des Markenimages und der Marke-NachfragerBeziehung) gegenüber der Markenbekanntheit (und somit auch der Markenrelevanz) vorgenommen werden müsse.384 Ein Quadrieren der Werte wird jedoch nicht empfohlen, da die Berücksichtigung der internen Markenstärke bereits zu einer stärkeren Gewichtung der Gesamtmarkenstärke führt.385 Ein weiterer wichtiger Aspekt der Konzeptualisierung der externen Markenstärke beschreibt die Kalibrierung des Modells, d. h. die Festlegung eines Nulllevels sowie die Bestimmung positiver oder negativer Abweichungen. Grundsätzlich ist hierbei festzustellen, dass die ermittelten Werte stets im Vergleich zum Wettbewerb zu erfassen sind. Das Ausmaß des Markenimages und der Marke-NachfragerBeziehungsdimensionen wird als Index mit einem auf „1“ normierten Wert festgelegt, der dem Wettbewerbsdurchschnitt entspricht. So führt eine positive Abweichung zu einem Aufschlag bzw. eine negative Abweichung vom Wettbewerbsdurchschnitt zu einem entsprechenden Abschlag, der wiederum durch Prozentwerte ausgedrückt wird. Diese Normierung der Markenstärke ist insofern notwendig, da sie eine gemeinsame Basis für die Aggregation der Markenstärke bildet. Denn auch die interne Markenstärke wird auf der Basis eines normierten Werts gebildet. Das Resultat, die externe Markenstärke, stellt einen normierten Indexwert dar. Das bedeutet, dass eine im Wettbewerb durchschnittliche Marke einen Markenstärkewert
384
Vgl. FISCHER, M. (2004): Valuing Brand Assets in Financial Reports: A Model Proposition; Research Paper of the Anderson Graduate School of Management UCLA .
385
Zum Quadrieren der externen Markenstärke vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 309.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
121
von „1“ einnimmt. Positive und negative Abweichungen werden als Prozentwerte erfasst und auf diesen normierten Wert zugeschlagen oder abgezogen. Das Gegenstück zur externen Markenstärke bildet die interne Markenstärke. Ihre mathematische Formulierung kann folgendermaßen ausgestaltet sein. Aus der konzeptionellen Ausgestaltung ist zu entnehmen, dass insbesondere die MarkeMitarbeiter-Beziehung und das Mitarbeiterverhalten die interne Markenstärke determinieren. Die Marke-Mitarbeiter-Beziehung wird operationalisiert durch die Identifikation des Mitarbeiters mit der Marke (MIDi) sowie der Internalisierung der Marke bei den Mitarbeitern (MINi). Das Mitarbeiterverhalten beinhaltet insbesondere die Hilfsbereitschaft (Hii), der Enthusiasmus gegenüber der Marke (EHi) sowie die Entwicklungsbereitschaft des Mitarbeiters (EBi). Die Gewichtung der einzelnen Determinanten wird durch die Gewichtungsfaktoren festgelegt. Hierbei kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sowohl einstellungs- als auch verhaltensrelevante Determinanten für die interne Markenstärke von gleichrangiger Relevanz sind. So genügen die Einstellungen der Mitarbeiter nicht für die interne Markenstärke, ebenso wenig wie eine isolierte Betrachtung des Mitarbeiterverhaltens. Wie bereits in der konzeptionellen Ausgestaltung ausgeführt wurde, wird eine Gleichstellung der einzelnen Determinanten empfohlen. Sie tragen zu gleichen Teilen zur internen Markenstärke bei, deshalb ist jede Determinante mit dem Gewichtungsfaktor z ausgestattet. So kann die Gleichung folgendermaßen dargestellt werden.
(5)
MSiIntern ;t
§ ¨ zMID i ;t ©
zMINi;t zHii;t zEHi;t zEBi;t
· ¸ ¹
Auf Basis der Berechnung der verhaltenstheoretischen Markenstärke kann nun die Konzeptualisierung und Operationalisierung des monetären Markenbarwertes erfolgen.
5
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Markenbarwerts
5.1
Aktueller Forschungsstand
Eine zentrale Herausforderung und zugleich eine maßgebliche Schwachstelle bestehender kombinierter Marken(bar)wertmodelle liegt in der Überführung einer verhal-
122
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
tenstheoretisch orientierten Markenstärke in einen finanzwirtschaftlich orientierten Markenwert.386 Unter den zahlreichen Möglichkeiten verschiedener rein finanzwirtschaftlich orientierter und kombinierter Modelle wird in der aktuellen Diskussion zur Standardisierung der monetären Markenbewertung387 eine Herangehensweise hervorgehoben, in der ein monetärer Markenwert aus der Verbindung zwischen den Zahlungsüberschüssen und dem markenspezifischen Anteil resultiert. Diese Herangehensweise überzeugt im Vergleich zu anderen Ansätzen insbesondere mit folgenden Argumenten: So wird die in den kostenorientierten Verfahren angemerkte Kritik der schwierigen Zuordnung von markenspezifischen Kosten umgangen. Ebenso entfallen die schwierigen Vergleiche zu unmarkierten aber qualitativ gleichwertigen Produkten oder Dienstleistungen (preisorientierte Verfahren). Ferner können sowohl börsennotierte als auch nicht börsennotierte Unternehmen untersucht werden (Problem bei kapitalmarktorientierten Verfahren). So liegen die zur Berechnung notwendigen Informationen dem Unternehmen in der Regel vor. Zudem ist es möglich, eine Bewertung auch für Wettbewerbsmarken durchzuführen, da die Informationen zumeist öffentlich zugänglich sind.388 Im Rahmen der vorliegenden Herangehensweise werden zum Zeitpunkt der Markenbewertung die entstandenen markeninduzierten Zahlungsüberschüsse zu einem Bewertungsstichtag diskontiert. In diesen Diskontierungszinssatz fließt neben branchenund unternehmensspezifischen Einflussgrößen auch eine markenstärkespezifische Risikoprämie ein. Da das gesamte Resultat somit einen Gegenwartswert aktueller und zukünftig planmäßiger Zahlungsüberschüsse der Marke darstellt, wird es nachfolgend als Markenbarwert bezeichnet.389
386
Vgl. u.a. TROMMSDORFF, V. (2004): Verfahren der Markenbewertung, in: BRUHN, MANFRED (Hrsg.): Handbuch Markenführung, 2. vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 1855.
387
Brand Valuation Forum, eine deutsche Initiative zur Standardisierung der Markenbewertung. Vgl. dazu Kapitel B1.
388
Vgl. dazu Kapitel A4.
389
Der Begriff „Barwert“ (engl. „Present Value“) beschreibt den Gegenwartswert einer zukünftigen Geldleistung. Vgl. ALISCH, Gabler-Wirtschaftslexikon: die ganze Welt der Wirtschaft: Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Recht, Steuern, a.a.O., S. 316. Interessanterweise wurde der Begriff Markenbarwert hingegen in bestehenden deutschsprachigen Markenbewertungsmodellen nach aktuellem Kenntnisstand nicht eingeführt.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells 5.2
123
Formalanalytische Darstellung
Der Markenbarwert beschreibt die diskontierten markeninduzierten Zahlungsüberschüsse. Folglich bildet in der Formel der Berechnung des Markenbarwerts (MBW) der Kundenwertsegmente i der Cashflow (CF) die Grundlage der mathematischen Operationalisierung. Diese Cashflows werden mit der isolierten Markenleistung (ML), die den Anteil der Marke auf die Kaufentscheidung repräsentiert, multipliziert. Diese Isolierung ist aus Wirtschaftsprüfungssicht zwingend erforderlich, da nicht alle CashFlows auf die Marke zurückzuführen sind.390 Vielmehr ist die Marke nur für einen isolierbaren Anteil der Zahlungsüberschüsse verantwortlich. Das Resultat der markeninduzierten Cashflows wird dann mittels des Diskontierungsfaktors (DF) über die Lebensdauer der Marke diskontiert.
MBW
(6)
i
CF i u ML i DF
Die isolierte Markenleistung stellt dabei einen prozentualen Wert dar, der Cashflow hingegen einen monetären Wert. Der Diskontierungsfaktor repräsentiert ebenfalls einen prozentualen Wert. Der Markenbarwert stellt folglich ebenso einen monetären Wert dar.
5.3
Konzeptualisierung und Operationalisierung der Zahlungsüberschüsse
5.3.1
Aktueller Forschungsstand
Die Vertreter des Barwertverfahrens sehen den Wert eines Unternehmens darin, für seine Anteilseigner zukünftig finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften.391 Auf der Basis dieser Überlegung wird eine Berechnung vorgenommen, die eine Prognose zukünftiger finanzieller Überschüsse aus der Sicht der Anteilseigner erstellt. Das Resultat wird als Barwert bezeichnet.392 Die einzelnen Verfahren dieser Kategorie unterscheiden sich in der Definition finanzieller Überschüsse und angewandter Diskon-
390
Vgl. O.V. (2007): Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte, in: IDW Fachnachrichten (11), S. 617.
391
Vgl. HAYN, M. (1997): Bewertung junger Unternehmen, Herne: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, S. 84.
392
Vgl. MANDL, G. und RABEL, K. (1998): Unternehmensbewertung: eine praxisorientierte Einführung, [Nachdr.], Wien: Ueberreuter, S. 51.
124
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
tierungsraten. Zu den wichtigsten Vertretern dieser Verfahren zählen das Discounted-Cashflow-Verfahren, das Ertragswertverfahren und das Economic-Value-AddedVerfahren. Wie in den folgenden Ausführungen dargelegt, konnten diese Verfahren bereits auf die Markenbewertung angewendet werden. Das Discounted-Cashflow-Verfahren repräsentiert ein im englischen Wirtschaftsraum weit verbreitetes Instrument der Unternehmensbewertung, das auf dem investitionstheoretischen Konzept der Kapitalwertmethode basiert.393 Die zentrale Idee dieses Ansatzes besteht darin, dass der Unternehmenswert durch den Barwert der zukünftigen Cashflows determiniert wird.394 In Abhängigkeit der Definition der Cashflows und der jeweiligen Diskontierungssätze lassen sich vier Typen unterscheiden.395 Im Rahmen der so genannten Nettoverfahren (Equity-Approach) erfolgt die Messung des Bewertungsobjekts direkt durch die Diskontierung des Zahlungsstroms, der den Eigenkapitalgebern zufließt, nachdem Investitionen, Steuern, Zinsen und Tilgungen abgezogen wurden.396 Im Rahmen der Markenbewertung verfolgt insbesondere KAPFERER diesen Ansatz.397 Zur Berechnung des Markenwerts wird die Summe aller Einkünfte, die in bestimmten Zeiträumen auf die Marke zurückzuführen sind, ermittelt (RMt). Unter Zuhilfenahme eines Diskontierungssatzes (r) werden die markeninduzierten Einkünfte auf einen Bewertungsstichtag diskontiert. Ein Markenbarwert ergibt sich aus der zusätzlichen Betrachtung eines so genannten Restwerts, der über den
393
Vgl. BALLWIESER, W. (1998): Unternehmensbewertung mit Discounted Cash Flow-Verfahren, in: Die Wirtschaftsprüfung, Jg. 51 (3), S. 81.
394
Vgl. COPELAND, T. E., KOLLER, T., und MURRIN, J. (2002): Unternehmenswert: Methoden und Strategien für eine wertorientierte Unternehmensführung, Management, 3., völlig überarb. und erw. Aufl., Frankfurt/Main u.a.: Campus-Verl., S. 107 ff; HACHMEISTER, D. (1999): Der Discounted Cash Flow als Maß der Unternehmenswertsteigerung, Betriebswirtschaftliche Studien Rechnungs- und Finanzwesen, Organisation und Institution (Nr. 26), 3., korrigierte Aufl, Frankfurt am Main u.a.: Lang; RAPPAPORT und KLIEN Shareholder Value: Ein Handbuch für Manager und Investoren, a.a.O., S. 25 ff.
395
Es ist allerdings zu konstatieren, dass bei konsistenter Verwendung sämtliche Typen des Discounted Cashflow-Verfahrens deckungsgleiche Resultate erzielen. Vgl. COPELAND, KOLLER, und MURRIN, Unternehmenswert: Methoden und Strategien für eine wertorientierte Unternehmensführung, a.a.O., S. 171.
396
Vgl. NOWAK, K. (2003): Marktorientierte Unternehmensbewertung: Discounted Cash Flow, Realoption, Economic Value Added und der Direct Comparison Approach, Gabler Edition Wissenschaft Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung, 2., aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl., S. 29.
397
Vgl. KAPFERER, The new strategic brand management: creating and sustaining brand equity long term, a.a.O.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
125
Betrachtungshorizont hinausgeht und ebenfalls diskontiert wird.398 Die entsprechende Bewertungsformel lautet:
(7)
MW
¦ RM 1 r T
t 1
EK
t t
RW
T
1 r T EK
Eine zweite Kategorie der Discounted-Cashflow-Verfahren umfassen die so genannten Bruttoverfahren (Entity Approaches). Bei dieser in der Praxis häufig verwendeten indirekten Ermittlung der diskontierten Zahlungsüberschüsse werden von den Jahresüberschüssen die jeweiligen nichtwirksamen Einzahlungen subtrahiert und die nichtwirksamen Auszahlungen addiert. Diese Ansätze können ferner unterschieden werden nach dem so genannten Weighted Average Cost of Capital (WACC) und dem Adjusted Present Value (APV). Das Weighted Average Cost of Capital-Verfahren (WACC) als ein in der Praxis weit verbreitetes Verfahren399 umfasst insgesamt zwei Stufen. In einer ersten Stufe wird der Marktwert des Gesamtkapitals ermittelt, in einer zweiten Stufe der Marktwert des Fremdkapitals abgezogen. Auch hierbei können wiederum zwei Ansätze unterschieden werden: der so genannte Free-Cashflow-Ansatz und der Total-CashflowAnsatz. Im Rahmen des Free-Cashflow-Ansatzes wird der Marktwert des Gesamtkapitals auf der Basis freier Cashflows erfasst, der den Eigen- und Fremdkapitalgebern verfügbar ist.400 Dabei ist zu beachten, dass der verwendete freie Cashflow als finanzierungsneutral behandelt wird. Ein möglicher Mehrwert aus der Vorteilhaftigkeit einer Fremdfinanzierung, das so genannte Tax Shield, bleibt bei diesem „fiktiven“ Cashflow somit unberücksichtigt. Die Vernachlässigung dieses steuerlichen Vorteils wird jedoch mit dem gewichteten Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital = WACC) in der Diskontierung behoben. Auch im Rahmen der Markenbewertung findet dieses Verfahren in adaptierter Form seine Anwendung. Insbesondere im Brand
398
Der Restwert definiert sich durch das Verhältnis der zukünftigen Erträge und dem Abzinsungsfaktor bzw. der Differenz aus Abzinsungsfaktor und prognostizierter Wachstumsrate der Einkünfte.
399
Vgl. RICHTER, F. (1997): DCF-Methoden und Unternehmensbewertung: Analyse der systematischen Abweichungen der Bewertungsergebnisse, in: Zeitschrift für Bankwirtschaft und Bankrecht, Jg. 9, S. 229.
400
Vgl. RAPPAPORT und KLIEN, Shareholder Value: Ein Handbuch für Manager und Investoren, a.a.O., S. 40.
126
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Equity Meter von MCKINSEY wird diese Idee aufgegriffen. Hierbei wird der Unternehmenswert (UW), irreführenderweise als Customer Equity (CE) bezeichnet,401 folgendermaßen operationalisiert:402
Markenumsatz der letzten 3 Jahre
CE = UW =
x
1-
Grenzsteuersatz
x
EBITDA. Marge der letzten 3 Jahre
-
Investitionsrate der letzten 5 Jahre
ln ( 1+ wacc – langfristig erwartete Inflationsrate)
(8) Dabei werden insbesondere die folgenden Determinanten berücksichtigt:
x
Durchschnittlicher Markenumsatz: Diese Kennziffer beschreibt den aktuellen Stand der ökonomischen Leistungen der Marke. Um möglichen temporären Schwankungen entgegenzuwirken, wird ein Durchschnittswert vergangener Jahre gebildet, der grundsätzlich bei drei Jahren angesetzt wird, jedoch bei längerfristigen Zyklen entsprechend angepasst werden sollte.
x
EBITDA-Marge: Mit Hilfe dieser Determinante kann der operative Cashflow vor Steuern ermittelt werden.403 Auch hierbei wird ein Durchschnittswert von drei Jahren antizipiert, um mögliche temporäre Schwankungen auszugleichen.
x
Investitionsrate: Sie umfasst ausschließlich Investitionen, die zur Erhaltung des bestehenden Geschäftsvolumens notwendig sind. Auch hier wird ein Durchschnittswert (fünf Jahre) ermittelt, um temporäre Schwankungen zu nivellieren. Jedoch werden darüber hinausgehende Investitionen zur Erweiterung der Produktion oder des Vertriebs (und somit auch Markenerweiterungen) nicht berücksichtigt, da die Cashflows aus diesen Investitionen als spekulativ eingestuft werden.
401
Vgl. BURMANN und JOST-BENZ, Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte, a.a.O., , S. 27 ff.
402
Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 315.
403
EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) beschreibt den Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Zuschreibungen.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
127
x
Grenzsteuersatz: Diese Determinante beschreibt den Anteil der Steuern, die für den operativen Cashflow entrichtet werden müssen. Analog zur Erfassung der Investitionsrate ist auch hierbei vom Prinzip der Vorsicht auszugehen. Deshalb sollte auf einen derzeitig aktuellen und angemessenen Steuersatz zurückgegriffen werden.
x
WACC: Definiert als gewichteter durchschnittlicher Kapitalkostensatz umfasst diese Determinante die erwartete Verzinsung für Eigen- und Fremdkapitalgeber. Der Eigenkapitalkostensatz kann mit Hilfe der Capital-Asset-PricingMethode (CAPM) ermittelt werden.404
x
Langfristig erwartete Inflationsrate: Eine Berücksichtigung dieser Determinante erscheint den Autoren notwendig, da angenommen wird, dass sich die Preissteigerung einer angebotenen Marke proportional zur erwarteten Inflationsrate entwickelt.
Ein dem Free-Cashflow-Ansatz eng verwandtes Verfahren ist der Total-CashflowAnsatz. Auch hierbei werden Zahlungsströme diskontiert. Allerdings wird nicht ein „fiktiver“ Zahlungsstrom aus vollständiger Eigenkapitalfinanzierung unterstellt, vielmehr werden die tatsächlichen Kapitalstrukturen herangezogen und somit ein Total Cashflow zugrunde gelegt. Dieser Zahlungsstrom berücksichtigt direkt den steuerlichen Vorteil durch die Abzugsfähigkeit des Fremdkapitals (Tax Shield). Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zum Free-Cashflow-Verfahren wurde bislang kein Markenbewertungsmodell auf der Basis des Total-Cashflow-Verfahrens konzeptualisiert. Ein letzter Vertreter der Discounted-Cashflow-Verfahren ist der so genannte Adjusted-Present-Value-Ansatz. Im Gegensatz zu den Ansätzen des Weighted Average Cost of Capital wird hier eine additive Ermittlung des Unternehmenswerts vorgenommen, d. h. der Wert eines Unternehmens wird als Summe aller Wertbeiträge definiert.405 So setzt sich der Marktwert des Gesamtkapitals aus dem Wertbeitrag des „fiktiv“ unverschuldeten Unternehmens und dem Wertbeitrag des Steuervorteils aufgrund der tatsächlichen Kapitalstruktur und der damit verbundenen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen zusammen. Eine Untersuchung der Markenwerte mit Hilfe
404
Vgl. COPELAND, KOLLER, und MURRIN, Valuation: Measuring and Managing the Value of Companies, a.a.O.
405
Vgl. FRANKE, G. und HAX, H. (2004): Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, Springer-Lehrbuch, 5., überarb. Aufl., Berlin [u.a.]: Springer, S. 324 - 337.
128
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
des APV-Ansatzes wurde bislang nicht vorgenommen. Dies ist jedoch nicht weiter überraschend, da eine Berücksichtigung steuerlicher Aspekte im Rahmen der Markenbewertung nicht im Zentrum der Betrachtung steht, folglich die APV-Ansätze und die WACC-Ansätze diesbezüglich als weitestgehend identisch einzustufen sind. Das Ertragswertverfahren als zweiter Typ der Zukunftserfolgswertverfahren stellt eine im deutschsprachigen Raum weit verbreitete Form der Unternehmensbewertung dar.406 Wie schon in den Discounted-Cashflow-Verfahren basiert auch diese Form der Unternehmensbewertung auf der Kapitalwertmethode.407 Die maßgeblichen Unterschiede zum Discounted-Cashflow-Verfahren treten insbesondere hinsichtlich der Begriffsverständnisse der finanziellen Überschüsse und der Diskontierungssätze auf. Im Zentrum des Ertragswertverfahrens steht die Ermittlung der in Zukunft für das Unternehmen zu erwartenden Erträge. Der Unternehmenswert wird somit als ein Barwert der diskontierten Unternehmenserträge und der Netto-Liquiditätserlöse aus dem Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen verstanden. Dies kann in folgender Formel zusammengefasst werden:
(9)
UW
¦ 1Er T
t 1
t
t
FW
T
1 r T
NBV
0
.
Auch in der Markenbewertung findet das Ertragswertverfahren seinen Einsatz. Insbesondere die Ansätze von KERN (1962) und SCHULZ/BRANDMEYER (1989) zählen zu seinen wichtigsten Vertretern. Im ersten Ansatz wird der Markenwert als „Summe der auf den gegenwärtigen Zeitpunkt diskontierten Zusatzgewinne“408 definiert und als umsatzabhängige Funktion berechnet. Ein weiterer zentraler Bestandteil dieses Modells ist ein branchenüblicher Lizenzsatz zur näherungsweisen Abschätzung der „Zusatzgewinne“ einer Marke. Er bringt die marktorientierte Perspektive des Modells zum Ausdruck. Eine entsprechende Formel lautet:
406
Vgl. SCHULTZE, W. (2003): Methoden der Unternehmensbewertung: Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Perspektiven, 2., erw. und überarb. Aufl., Düsseldorf: IDW-Verl., S. 328 ff.
407
Vgl. RUDOLF, M. und WITT, P. (2002): Bewertung von Wachstumsunternehmen: traditionelle und innovative Methoden im Vergleich, Wiesbaden: Gabler, S. 59.
408
KERN, Bewertung von Warenzeichen, a.a.O., S. 26.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
(10)
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3
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2
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n
129
1
n * §¨ q 1 ·¸ . © ¹
Zentraler Vorteil dieses Ansatzes ist die Zukunftsorientierung durch die Analyse des Markenpotenzials. Als wesentlicher Nachteil muss bemerkt werden, dass Einnahmeund Ausgabegrößen mittels Prognoseverfahren festgestellt werden und somit subjektiven Einschätzungen unterliegen.409 Diese Prognoseverfahren wiederum beeinträchtigen die Transparenz des Modells. Ferner kann das Modell keinen exakten, sondern nur den relativen Wert bestimmen. Ein weiterer Markenbewertungsansatz, der auf das Ertragswertverfahren Bezug nimmt, ist das so genannte Brand-Performance-System410 von SCHULZ/ BRANDMEYER (AC NIELSEN). Es handelt es sich hierbei um ein praxisbasiertes Kombinationsmodell, das den Markenwert als ein dreidimensionales Konstrukt aus Markenstärke, Inhalten des Markenbilds und Finanzwert der Marke begreift.411 Dieser Ansatz ist als zweistufige Markenwertberechnung konzipiert. Eine erste Stufe umfasst die Bestimmung der relativen Markenstärke, d. h. des Verhältnisses der Markenstärke eines untersuchten Unternehmens und der Summe der Markenstärken aller am Markt vertretenen Marken.412 In einer zweiten Stufe findet die Transformation der relativen Markenstärke in einen monetären Markenwert mittels des proprietären „Brand-Value-Systems“ und des „Brand-Control-Systems“ statt. Dazu wird zunächst das Ertragspotenzial des Marktes geschätzt und anschließend auf die jeweili-
409
Vgl. SIEBEN, G. (1993): Unternehmensbewertung, in: WITTMANN, WALDEMAR et al. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 5., völlig neu gestaltete Aufl., Stuttgart: SchäfferPoeschel, S. 4323.
410
Das Brand Performance System ist auch unter dem Begriff Brand Performancer bekannt. Vorläufer dieses Modells ist die von Schulz, Brandmeyer und AC Nielsen entwickelte Markenbilanz (vgl. SCHULZ und BRANDMEYER, Die Marken-Bilanz: Ein Instrument zur Bestimmung und Steuerung von Markenwerten, a.a.O., S. 366 ff.9). In Zusammenarbeit mit Trommsdorff wurde dieser Ansatz weiterentwickelt, weshalb der Brand Performancer auch als Nielsen-Bilanz der 2. Generation bekannt wurde (vgl. FRANZEN, O. (1995a): Die praktische Nutzung der Markenbewertungs-Systeme, in: BRANDMEYER, K., DEICHESL, A. und OTTE, T. (Hrsg.): Jahrbuch Markentechnik, Frankfurt: Deutscher Fachverlag, S. 134.)
411
Vgl. FRANZEN, Die praktische Nutzung der Markenbewertungssysteme, a.a.O., S. 562.
412
Die Markenstärke wird mittels einer Scoring-Methode aus folgenden Kategorien mit gewichteten Kriterien ermittelt: Marktattraktivität (Marktvolumen und Marktwachstum), Durchsetzungsstärke der Marke im Markt (Marktanteil und Marktanteilswachstum), Handelsakzeptanz (numerische und gewichtete Distribution) sowie Konsumentenakzeptanz (Markenbekanntheit und Marken im Relevant Set). Die (relative) Markenstärke wird anhand der vom Unternehmen entwickelten Module eines „Brand Monitor“ und eines „Brand-Steering-System“ ermittelt.
130
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
gen Marken anhand der relativen Markenstärke verteilt. In einem letzten Schritt wird eine Zukunftsprognose erstellt und mittels Diskontierung der Barwert der Marke ermittelt.413 Da es sich hierbei um ein kommerzielles Verfahren handelt, liegt keine mathematische Operationalisierung vor. Die Stärke dieses Praxisverfahrens ist, dass es verhaltenstheoretisch orientierte und monetäre Größen verbindet.414 Als zentrale Schwächen des Modells sind die Intransparenz im Aufbau und die Kriterienauswahl der Markenstärke zu nennen. Neben der subjektiven Auswahl und Gewichtung der Kriterien415 kann kritisiert werden, dass diese ausschließlich mit dem Kaufprozess verbunden sind. Vor- und nachgelagerte psychische Prozesse der Kaufhandlung werden nicht berücksichtigt.416 Ferner liegt in diesem Ansatz nur eine bedingte Zukunftsorientierung vor, denn bei der Ermittlung der relativen Markenstärke (erste Stufe) wird eine gegenwartsbezogene und damit statische Perspektive eingenommen. Das Economic-Value-Added-Verfahren (EVA-Verfahren) als dritter Typ der Zukunftserfolgswertverfahren beschreibt ein neueres, aus der Praxis stammendes Verfahren, das von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co. entwickelt wurde.417 Die Grundüberlegung dieses Verfahrens ist so einfach: Wenn es einem Unternehmen gelingt, in einer Periode die Erträge in Höhe der Kapitalkosten zu generieren, bleibt der Wert dieses Unternehmens erhalten. Bei einer Übererfüllung steigt folglich der Unternehmenswert, bei Nichterfüllung sinkt er. Folglich besteht der Unternehmenswert in diesem Ansatz aus dem investierten Betriebskapital und dem Barwert zukünftig erwarteter (Unternehmenswertsteigerungs-)Beiträge, die als Economic Value Added verstanden werden. Diese Wertsteigerungsbeiträge werden mittels der Differenz aus dem betrieblichen Übergewinn (Net Operating Profit After Taxes =
413
Vgl. NIELSEN, A. C. (1993): Brand Performancer, Frankfurt, S. 6 ff, FRANZEN, Die praktische Nutzung der Markenbewertungssysteme, a.a.O., S. 565.
414
Vgl. BEKMEIER-FEUERHAHN, Marktorientierte Markenbewertung. Eine konsumenten- und unternehmensbezogene Betrachtung, a.a.O., S. 84 f.
415
Vgl. SCHEMUTH, J. (1996): Möglichkeiten und Grenzen der Bestimmung des Wertes eines Kunden für ein Unternehmen der Automobilindustrie, München: FGM Verlag, S. 90.
416
Vgl. IRMSCHER, Markenwertmanagement: Aufbau und Erhalt von Markenwissen und -vertrauen im Wettbewerb; eine informationsoekonomische Analyse, a.a.O., S. 288. Auch Customer Equity Modelle beschränken sich bislang auf die Analyse von Kaufprozessen. Eine Integration von Markenimages, welche den Kaufprozessen vor- und nachgelagert sind, wäre für eine verbesserte Messung sehr dienlich.
417
Vgl. STEWART, G. B. (1998): The quest for value: the EVA management guide, [Nachdr.], [New York, N.Y.]: HarperBusiness.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
131
NOPAT) und den Kapitalkosten ermittelt. Diese wiederum setzen sich aus dem Produkt von eingesetztem Kapital und dem Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital = WACC) zusammen.418 Dies ergibt folgende Formel: (11)
EVA NOPAT Capital*WACC
Auch die bisher publizierten Ansätze der Markenbewertung bedienen sich dieses Verfahrens. Insbesondere das von INTERBRAND entwickelte Brand-Valuation-Modell greift in seiner ökonomischen Erfassung auf dieses Verfahren zurück.419 Hierbei wird der EVA anhand der folgenden Stufen ermittelt: In einer ersten Stufe werden die Gesamtumsätze um die nicht markenbezogenen Umsätze (wie beispielsweise aus den Geschäften für OEMs) bereinigt. Von den resultierenden markenbezogenen Umsätzen werden in einer zweiten Stufe die markenrelevanten Kosten, wie beispielsweise Personal-, Marketing- und Administrationskosten, abgezogen. Ferner werden Goodwill-Abschreibungen und Sondereinflüsse berücksichtigt. Daraus resultieren die so genannten Erträge vor Steuern und Zinsen (Earnings Before Interest and Tax = EBIT). In einer dritten Stufe werden die Steuern abgezogen. Es entsteht der betriebliche Übergewinn (Net Operating Profit After Taxes = NOPAT). Dieser wird auf einer vierten Stufe um die Kapitalkosten (WACC) bereinigt. Als Ergebnis resultiert der Economic Value Added (EVA). Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die drei vorgestellten Kategorien unter Berücksichtigung gleicher Bewertungsannahmen und Bewertungsvereinfachungen zu einem identischen Unternehmenswert führen können.420 Eine Zusammenfassung der einzelnen Verfahren in Hinblick auf die Verwendung in der Markenbewertung liefert Tabelle 3.
418
Vgl. COPELAND, KOLLER, und MURRIN, Unternehmenswert: Methoden und Strategien für eine wertorientierte Unternehmensführung, a.a.O., S. 185.
419
Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 439 f.
420
Vgl. SIEBEN, G. (1995): Unternehmensbewertung: Discounted Cash Flow Verfahren und Ertragswertverfahren - Zwei völlig verschiedene Ansätze?, in: LANFERMANN, JOSEF und HAVERMANN, HANS (Hrsg.): Internationale Wirtschaftsprüfung : Festschrift zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Havermann, Düsseldorf: IDW-Verl., S. 713 ff.
132
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Ansatz
Zahlungsüberschüsse
Diskontsatz
Anwendung in der Markenbewertung
Einzahlungsüberschuss nach Zinsen und Unternehmenssteuern
Eigenkapitalkosten
Bruttoverfahren I: Weighted Average Cost of Capital-Ansatz (WACC)
Einzahlungsüberschuss bei (fiktiver) vollständiger Eigenfinanzierung
Steuerangepasste durchschnittliche gewogene Kapitalkosten
McKinsey Brand Equity Meter
Bruttoverfahren II: Total Cashflow-Ansatz (TCF)
Einzahlungsüberschuss inclusive Tax Shield
Gewogene Kapitalkosten (vor Unternehmenssteuern)
Keine
Bruttoverfahren III: Adjusted Present ValueAnsatz (APV)
Einzahlungsüberschuss bei (fiktiver) vollständiger Eigenfinanzierung
Eigenkapitalkosten bei vollständiger Eigenfinanzierung
Keine
Steuervorteile der Fremdfinanzierung
Fremdkapitalkosten (wenn Fremdkosten bekannt)
Zukünftig erwartete Unternehmenserträge
Eigenkapitalkosten
Nettoverfahren: Flow to Equity Aproach
Ertragswertverfahren
Kapferer PriceWaterhouse Coopers/GfK/Sattler Advanced Brand Valuation
Kern (1962) AC Nielsen Brand Performance System
Economic Value AddedVerfahren
Tabelle 3: Quelle:
5.3.2
Betrieblicher Übergewinn (NOPAT)
Steuerangepasste durchschnittliche gewogene Kapitalkosten
Interbrand Brand Valuation
Anwendung der Discounted-Cashflow-Verfahren in der Markenbewertung Eigene Darstellung in Anlehnung an NOWAK (2003), S. 38
Implikationen für das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell
Aus einer praktischen Perspektive zeigt sich, dass das Netto-Verfahren für die identitätsbasierte Markenbewertung wichtige Vorzüge aufweist. So besteht das grundsätz-
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
133
liche Ziel dieser Analyse in der Ermittlung eines zukünftigen finanziellen Nutzens, der wiederum durch Zahlungsüberschüsse festgelegt wird. Diese beschreiben den Überschuss der Einzahlungen über die Auszahlungen, der in dem auf den Bewertungsstichtag folgenden zukünftigen Zeitraum zu erwarten ist.421 Da jedoch die Prognose der zukünftigen Einzahlungsüberschüsse mit der Unsicherheit der Zukunftserwartung behaftet ist, die sowohl Risiken als auch Chancen beinhaltet, müssen die zukünftigen Einzahlungsüberschüsse mit einem Risikoabschlag zum Bewertungsstichtag versehen werden. Ferner wird dieses Verfahren auch im Rahmen der Grundsätze einer monetären Markenbewertung bevorzugt behandelt.422 Zur Ermittlung des identitätsbasierten Zukunftserfolgswerts lassen sich zwei Komponenten unterscheiden: der freie Cashflow und die Diskontierungsfaktoren. Zur Berechnung des freien Cashflows müssen die folgenden Determinanten bestimmt werden:
x
Durchschnittlicher Markenumsatz: Diese Größe beschreibt die aktuelle ökonomische Leistung der Marke, da er die tatsächliche Kaufentscheidung der Nachfrager repräsentiert. Dieser Umsatz spiegelt den durch die Marke erreichten mengenbedingten Absatz und gegebenenfalls auch das erzielte Preispremium wider.
x
Die Erfassung des Markenumsatzes kann entweder auf der Basis von Durchschnittsbetrachtungen vergangener Umsätze oder Prognosen über zukünftig erwartete Umsatzentwicklungen stattfinden.423 Aus Gesichtspunkten einer konservativen Bewertung des Markenwerts wird dabei auf die Durchschnittsbetrachtung zurückgegriffen.424
421
Es handelt sich hierbei ausschließlich um die Prognose zukünftiger Zahlungsströme unter der Prämisse eines Fortführungswerts (Going Concern Markenwert). Der Wert markenstrategischer Optionen, wie etwa durch Product Brand Extensions, wird im Markenpotenzialwert erforscht. Diese Einteilung stammt von Sattler. Vgl. SATTLER, Markenbewertung: State-of-the-Art, a.a.O.
422
Vgl. dazu Kapitel B1.
423
Nach RAPPAPORT wird diese Größe aus dem Umsatz des Vorjahrs und der Wachstumsrate des Umsatzes ermittelt.
424
Es empfiehlt sich dabei, auf die marktspezifischen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. So kann in sich schnell entwickelnden Märkten von kürzeren Prognosezeiträumen ausgegangen werden. Generell empfiehlt sich ein Zeitraum von 3 - 5 Jahren. Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O.; RIESENBECK und PERREY Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 316 f.
134
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
x
Markenerhaltungsaufwendungen: Durch Abzug der zur Markenführung notwendigen Investitionen wird der operative Cash-Gewinn aus dem markenspezifischen Umsatz errechnet.425
x
Unternehmenssteuersatz: Beim freien Cashflow handelt es sich um eine Größe, die den Eigentümern nach den Steuerabgaben frei zur Verfügung steht. Folglich muss hierbei der entsprechende Steuersatz berücksichtigt werden. Dabei werden jedoch etwaige Steuervorteile unberücksichtigt gelassen.
x
Diskontierungsfaktoren: Eine detaillierte Erfassung der markt-, unternehmens- und markenspezifischen Risiken erfolgt in Kapitel B5.5.2.
5.3.3
Formal-analytische Darstellung
Die Zahlungsüberschüsse werden nach der konzeptionellen Ausgestaltung auf der Basis des Discounted-Cashflow-Verfahrens ermittelt werden.426 Hierbei wird folgende Formel angewandt:
CFi =
Markenumsatz der letzten 3 Jahre
-
Markenerhaltungsaufwendungen der letzten 3 Jahre
x
1
-
Unternehmenssteuersatz
(12) 5.4
Konzeptualisierung und Operationalisierung der Isolierung von Markenleistung
Nach der Erfassung der Zahlungsüberschüsse stellt nun die Isolierung der Markenleistung eine weitere Herausforderung des identitätsbasierten Markenbewertungs-
425
Eine Abgrenzung der Markenerhaltungsaufwendungen ist in Praxis nur unter erheblichen Ressourcenaufwand möglich. So wird empfohlen nicht nur die ausgewiesenen Marketingkosten anzusetzen, sondern eine Analyse der notwendigen Markenerhaltungsaufwendungen vorzunehmen. Das bedeutet, dass lediglich diejenigen Aufwendungen zu berücksichtigen sind, die auch tatsächlich einen Einfluss auf die Markenleistung haben. Diese sind stets im Kontext des vorliegenden Geschäftsmodells zu definieren. So sind beispielsweise für Technologiemarken mit einem sehr forschungsintensiven Geschäftsmodell auch die Kosten für Forschung und Entwicklung (zumindest diejenigen F&E-Personalkosten mit direktem Kundenkontakt) einzubeziehen. Dies bedingt jedoch eine Abfrage der Treiberwirkung der Marketingmaßnahmen auf die Kauf- und Nutzungsentscheidung.
426
Vgl. Kapitel B5.3.2.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
135
modells dar. Denn hierbei treffen unterschiedliche Anforderungen der identitätsbasierten Markenführung und der geltenden Rechnungslegung aufeinander. Aus der Sicht der identitätsbasierten Markenführung ist eine solche Überführung relativ einfach, denn auf der Basis der Definition der Marke als gesamtes Nutzenbündel427 lässt sich ableiten, dass sämtliche markierten428 Zahlungsüberschüsse des Unternehmens vollumfänglich der Marke zuzurechnen sind und somit den Markenwert darstellen würden. Aus der Sicht der geltenden internationalen Rechnungslegungsvorschriften jedoch ist die Isolierung der Markenleistung eine zwingende Voraussetzung für einen bilanzfesten Markenwert: „Die zentrale Aufgabe der Bewertung besteht unabhängig von der gewählten Methode in der Abgrenzung der markenrelevanten Umsätze, die durch das Vorhandensein der Marke beeinflusst werden.“429 Dies beschränkt sich nicht nur auf die Trennung von markierten und nichtmarkierten Zahlungsüberschüssen, sondern bezieht sich auch auf die Isolierung der Markenleistung von anderen immateriellen Vermögensgegenständen. Eine Isolierung der Markenleistung hat aus einer Notwendigkeit der Bilanzierungsfähigkeit der Marke deshalb auch in der identitätsbasierten Markenbewertung Berücksichtigung zu finden. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze kritisch gewürdigt und Implikationen für das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell herausgearbeitet. 5.4.1
Forschungsstand zur Isolierung der Markenleistung
Zur Isolierung der Markenleistung bildeten sich in der Forschung zwei wesentlichen Herangehensweisen heraus. Die erste isoliert die Markenleistung durch eine direkte Messung der im Markt wirksamen Effekte der Markenleistung. Zu den wichtigsten Vertretern zählt das Verfahren des Preis-/Mengenpremiums. Eine zweite (indirekte)
427
Vgl. Kapitel A1.
428
Hierunter sind Produkte und Dienstleistungen zu verstehen, die unter einem rechtlich geschützten Markennamen angeboten werden. Diese Einschränkung ist notwendig, da nur rechtlich geschützte Marken nachhaltig als Zahlungsüberschüsse dem Unternehmen exklusiv zufließen können. Im Falle eines fehlenden Rechtsschutzes ist es ebenso Wettbewerbern erlaubt, die Marke zu nutzen. Da sie in diesem Falle nicht mehr die unternehmenseigenen Leistungen glaubwürdig vom Wettbewerb differenzieren kann, verliert die nicht rechtlich schützbare Marke ihre Relevanz im Kaufentscheidungsprozess.
429
O.V.,
Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte, a.a.O., S. 617.
136
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Herangehensweise isoliert die Markenleistung durch ein Konstrukt des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung. Im Rahmen des Preis-/Mengenpremium-Ansatzes wird davon ausgegangen, dass eine starke Marke am Markt ein Preis- bzw. Mengenpremium erzielen kann.430 In der Forschung lassen sich hierbei nochmals die Ansätze eines reinen Preispremiums und eines kombinierten Preis-/Mengenpremiums unterscheiden. Zu Ersteren zählen insbesondere die Ansätze von CRIMMINS (1992) und SANDER (1994), zu Letzteren zählt beispielsweise der überarbeitete Ansatz von MUSIOL et al. (2004). CRIMMINS (1992) untersucht den relativen Markenwert im Vergleich zum Wettbewerb anhand von Inhalt, Höhe und Breite des Markenwerts.431 Der Inhalt umfasst die spezifischen Qualitäten der Marke, die zugleich die Grundlage für den Markenwert darstellen.432 Die Höhe des Markenwerts besteht aus dem Verhältnis des Marktpreises einer Marke zu einem fiktiven Wettbewerber mit gleicher Produktqualität. Die Breite des Markenwerts hingegen beschreibt die Fähigkeit, einen Markenmehrwert in unterschiedlichen Produktkategorien zu generieren, und wird mittels möglicher Markenerweiterungsszenarien bestimmt. Im hedonischen preisorientierten Modell von SANDER (1994) wird der Markenwert als eine Produkteigenschaft definiert.433 Die von ihm verursachte Erlöswirkung kann mittels Regression festgestellt werden. Multipliziert man den durch die Markierung entstandenen Mehrerlös pro Stück mit den abgesetzten Einheiten, so ergibt sich der markeninduzierte Umsatz. Der markenspezifische Gewinn und somit Markenwert ergibt sich aus der Differenz zwischen diesem Umsatz und den anfallenden markeninduzierten Kosten. Im Preis-/Mengenpremium-Ansatz von MUSIOL et al. (2004) bildet ebenfalls die Erfassung von Preisabständen die Grundlage der Markenwertberechnung. Hierbei wird im Rahmen von Befragungen zunächst die Vergleichbarkeit von (realen) Anbietern erhoben, gefolgt von einer Einschätzung der Preisabstände zu der untersuchten
430
Vgl. KING, A. M. und COOK, J. (1990): Brand Names: The Invisible Assets, in: Management Accounting, Jg. 72 (November), S. 41, CRIMMINS, Better Measurement and Management of Brand Value, a.a.O., S. 16 ff.
431
Vgl. CRIMMINS, Better Measurement and Management of Brand Value, a.a.O., S. 16 ff.
432
Vgl. BBDO, Brand Equity Excellence - Band 1: Brand Equity Review, a.a.O., S. 39.
433
Vgl. SANDER, Die Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken: eine Analyse aus Sicht des Markeninhabers, a.a.O., S. 78.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
137
Marke. Im Fall eines nicht vorliegenden Preispremiums erfolgt im Modell zusätzlich eine direkte Erhebung des Mengenpremiums. Der zentrale Vorteil der ersten direkten Herangehensweise besteht in der Umgehung der Gefahr, die Markenstärke transformieren zu müssen. So fließt die Markenstärke nicht in die Erhebung des Preis- bzw. Mengenpremiums mit ein, sondern dient lediglich Validierungszwecken. Hierbei wird eine Wertkorrektur im Preis- bzw. Mengenpremium vorgenommen, wenn die Markenstärke Hinweise auf unrealistische Werte liefert, wie etwa sehr hohe Preispremien bei geringer Markenstärke. Zu diesem Zweck sind indes vergleichbare Informationen für Preis- bzw. Mengenpremien und Markenstärke erforderlich. In der Sonderrolle der Markenstärke für die Markenbewertung liegt jedoch auch ein zentraler Nachteil. So wird die vorliegende Wirkungsbeziehung zwischen interner und externer Markenstärke auf die Einstellungen und das Verhalten der Nachfrager nicht berücksichtigt. Es liegt somit ein verkürztes Markenverständnis vor. In einer zweiten, indirekten Herangehensweise wird die Markenleistung auf der Basis der Markenstärke und des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung isoliert. Im Folgenden soll der Fokus insbesondere auf der zweiten Teilkomponente liegen. Der Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung erfasst die generelle Bedeutung der Marke als Treiber der Nachfrage434 und beschreibt somit den Grad, mit dem die Markenstärke in das tatsächliche Nachfragerverhalten einfließt. Diesen Aspekt greifen schon unterschiedliche Markenbewertungsmodelle auf. Zu den wichtigsten Vertretern zählen BBDO/ERNST&YOUNG, MCKINSEY und INTERBRAND. Eine Zusammenfassung der einzelnen Verfahren liefert Tabelle 4.
434
Vgl. AAKER Portfolio Strategy: Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, and Clarity, a.a.O., S. 104; RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 340 ff.; STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 440 ff.
138
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Modell
Begriff
Definition
Erhebung
Brand Equity Valuation for Accounting (BBDO/ Ernst&Young)
Markenrelevanz in der Branche
Multiplikator, der die relative Bedeutung von Marken eines Marktes bzw. einer Branche im Kaufentscheidungsprozess widerspiegelt
Nicht veröffentlichte Auswertungen von Sekundärdaten (“auf der Basis von gesammelten empirischen Befunden”)
Brand Equity Meter (McKinsey)
Allgemeines Gewicht der Marke im Kaufprozess
Generelle Bedeutung der Marken für das Kauf- und Konsumverhalten in einer Produktkategorie
Primärforschung auf der Basis von Konsumentenbefragungen (Konstantsummenverfahren)
Interbrand Modell (Interbrand)
Stellenwert der Marke
Einfluss der Marke auf die einzelnen Kaufentscheidungsfaktoren in einem Markt
Nicht veröffentlichte Auswertungen auf der Basis von Primärforschung (Workshops, Interviews) Sekundärforschung (Marktforschungsdaten)
(Anbieter)
Tabelle 4: Quelle:
Überblick über die Ermittlung des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung Eigene Darstellung
BBDO/ERNST&YOUNG begreift den Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung als Multiplikator, der die relative Bedeutung von Marken eines Markts bzw. einer Branche im Kaufentscheidungsprozess widerspiegelt. Er wird folgend als Markenrelevanz definiert und mittels eines proprietären und nicht veröffentlichten Verfahrens auf der Basis von Sekundärdaten festgestellt.435 Gerade diese Intransparenz ist eine zentrale Schwäche des Modells, denn somit ist eine nachvollziehbare Transformation einer verhaltenstheoretisch orientierten Markenstärke in einen finanzwirtschaftlichen Markenwert nicht möglich.
435
Vgl. HANSER, HÖGL, und MAUL, Die Tank AG - Wie neun Bewertungsexperten eine fiktive Marke bewerten, a.a.O., S. 68.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
139
MCKINSEY liefert eine transparente Ermittlung des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung auf der Basis von Primärdaten.436 Die Autoren beschreiben sie als generelle Bedeutung der Marken für das Kauf- und Konsumverhalten in einer Produktkategorie. Dabei werden Nachfrager im Rahmen eines Konstantsummenspiels aufgefordert, unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung, wie beispielsweise Preis, Qualität und Marke, zu bewerten. Daher kann dieser Ansatz als isoliertes Vorgehen begriffen werden. Dieser Ansatz ist jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So kann die Ausstrahlungswirkung der Marke auf alle anderen Bestandteile eines vom Nachfrager gewünschten Nutzenbündels nur unzureichend separiert werden.437 Diese Kritik nimmt das Markenbewertungsmodell von INTERBRAND auf, indem der Einfluss der Marke auf die einzelnen Kaufentscheidungsfaktoren, die sich an dem Konstrukt des Nutzenbündels orientieren, betrachtet wird.438 Deshalb kann diese Form auch als integriertes Vorgehen verstanden werden. Leider verwendet INTERBRAND jedoch ein nicht transparentes Verfahren auf der Basis von Primär- und Sekundärdaten. Ferner werden im Interbrand-Modell der Einfluss der Marke (Role of Brand Index) und die Markenstärke (Brand Strength Score) entkoppelt.439 So fließt der Einfluss der Marke in die Betrachtung der markeninduzierten Zahlungsüberschüsse ein, hingegen die Markenstärke in den Diskontierungsfaktor. 5.4.2
Implikationen für das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell
Vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungen zur Isolierung der Markenleistung ist zu konstatieren, dass für das identitätsbasierte Markenbewertungsmodell aus folgenden Gründen eine indirekte Herangehensweise zu bevorzugen ist: Erstens ist die Verwendung der internen und externen Markenstärke für die Berechnung des Markenwerts ein elementarer Bestandteil des Modells, der berücksichtigt werden muss. Die Verwendung eines Preis-/Mengenpremiums würde lediglich das Resultat des
436
Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 340 ff.
437
Vgl. BURMANN und JOST-BENZ, Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte, a.a.O., , S. 27 ff.
438
Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 441.
439
Vgl. INTERBAND, Wert haben und Wert sein. Die Markenbewertung von Interbrand, a.a.O., S. 44 ff.
140
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Wirkungsverhältnisses darstellen und keine Implikationen auf die Steuerung der Markenstärke zulassen. Zweitens weist die Ermittlung des Preis-/Mengenpremiums in der Operationalisierung gewisse Schwierigkeiten auf. So müssen für jede Produkt-/Servicekategorie gesondert die Preis-/Mengenpremien abgefragt werden. Vor dem Hintergrund zunehmender Individualisierung der Produkt- und Serviceangebote kann ein solches Vorgehen einen erheblichen Ressourcenaufwand bedeuten, insbesondere da in diesem Vorgehen ebenso vergleichbare Produkte und Dienstleistungen der Wettbewerber mit zu untersuchen sind. Zudem ist eine Ermittlung des Preis-/Mengenpremiums für Dachbzw. Unternehmensmarken, deren Leistungen nicht mit dieser, sondern mit unabhängigen Produktmarken markiert sind, nur bedingt aussagekräftig. Für die indirekte Herangehensweise des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells ist aufgrund der ganzheitlichen Markendefinition eine Weiterentwicklung des isolierten und integrierten Ansatzes erforderlich. Dabei werden insbesondere zwei Aspekte reflektiert: Erstens erfolgt eine Untersuchung des allgemeinen Stellenwerts
innerhalb der Kaufentscheidungsfaktoren. Dies entspricht der Auffassung des identitätsbasierten Markenmanagements insofern, da die Marke nicht als ein isolierbarer Treiber der Nachfrage verstanden werden kann. Vielmehr beeinflusst sie direkt die einzelnen Kaufentscheidungsfaktoren. Zweitens ist eine Gewichtung einzelner Kundenwertsegmente notwendig, da diese einen unterschiedlich starken Einfluss auf den Markenwert ausüben. Die Wichtigkeit unterschiedlicher Kundenwerte wird generell im identitätsbasierten Markenbewertungsmodell hervorgehoben. Somit kann die folgende Weiterentwicklung als ein integrierter Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung nach Kundenwertsegmenten bezeichnet werden. Einen schematischen Überblick im Vergleich zu bestehenden isolierten und integrierten Ansätzen liefert Abbildung 27.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Isoliertes Verfahren
141
Integriertes Verfahren nach Kundenwertsegmenten
Integriertes Verfahren
Einfluss Marke auf Kaufentscheidung (Werte in %)
Leistung
30
30
Qualität
20
Qualität
20
Verfügbarkeit
20
Verfügbarkeit
20
Preis
10
Preis Marke
3 10 2
5
10
20 0
10
KWS1
KWS2
KWS3
Leistung
2
3
2
Qualität
10
12
9
Verfügbarkeit
3
2
2
Preis
5
7
6
20
23
19
(Werte in %)
(Werte in %)
Leistung
= 20
Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung
30
= 20
0
10
Einfluss Marke auf Kaufentscheidung
20
30
= 20
* KWS = Kundenwertsegment
Beispiel:
Beispiel:
Beispiel:
McKinsey Brand Equity Meter
Interbrand Modell
Identitätsbasiertes Markenbewertungsmodell
Abbildung 27: Ansätze zur Isolierung der Markenleistung Quelle: Eigene Darstellung
Zur Herleitung des integrierten Einflusses der Marke ist es daher notwendig, vier aufeinander aufbauende Stufen zu beachten: Eine erste Stufe stellt die Identifikation und Gewichtung der relevanten Kaufentscheidungsfaktoren dar. In einer zweiten Stufe erfolgt die Erfassung der Kaufentscheidungsfaktoren nach Kundenwertsegmenten. Die dritte Stufe widmet sich der Ermittlung des markenspezifischen Anteils an relevanten Kaufentscheidungsfaktoren. In einer abschließenden vierten Stufe findet die Aggregation zu Werten des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung nach Kundenwertsegmenten statt (siehe Abbildung 28). 1. Identifikation der Kaufentscheidungsfaktoren: Zunächst erfolgt eine Vorauswahl. Zu Zwecken der Vergleichbarkeit ist es insbesondere wichtig, dass die Kaufentscheidungsfaktoren möglichst universell einsetzbar und auch durch das Unternehmen direkt steuerbar sind.440 Daraus ergeben sich folgende Dimensionen:441
440
Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 310.
441
Diese Dimensionen wurden im Rahmen einer Befragung von Experten abgeleitet. Hierbei wurde die Dimension der Kommunikation ausgeschlossen, da diese gänzlich durch die Marke beeinflusst wird.
142
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Beschaffenheit der Leistung: Dieser Kaufentscheidungsfaktor beinhaltet die Beschaffenheit des angebotenen Produkts oder der angebotenen Dienstleistung. Qualität der Leistung: Dieser Kaufentscheidungsfaktor erforscht, inwieweit die Qualität des Produkts/der Dienstleistung einen Auslöser für den Kauf darstellen.442 Verfügbarkeit: Dieser Kaufentscheidungsfaktor elaboriert sowohl die räumliche als auch die zeitliche Verfügbarkeit der angebotenen Leistung. Preis: Hierbei wird erforscht, inwieweit der Preis ein nachfrageentscheidendes Kriterium darstellt. 2. Bemessung der Relevanz der Kaufentscheidungsfaktoren nach Kundenwertsegmenten: Die Erfassung der Relevanz dieser Kaufentscheidungsfaktoren kann grundsätzlich mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren erfolgen. Neben komplexen und funktional fokussierten Conjoint Analysen bieten sich auch einfach strukturierte Analysen an, wie beispielsweise das Konstantsummenspiel. Hierbei wird den Befragten die Aufgabe gestellt, eine festgelegte Anzahl von Punkten auf unterschiedliche Kaufentscheidungsfaktoren zu verteilen. Der Vorteil dieses Verfahrens wird darin gesehen, dass der Befragte nicht einer so genannten Anspruchsinflation unterliegt, d. h. sämtliche Kaufentscheidungsfaktoren als sehr wichtig einstuft, sondern gezwungen wird, sich zwischen einzelnen Kaufentscheidungsfaktoren zu entscheiden.443 3. Bemessung des markenspezifischen dynamischen Anteils an relevanten Kaufentscheidungsfaktoren: Innerhalb der kundenspezifischen Kaufentscheidungsfaktoren kann ein bestimmter Anteil der Marke zugeschrieben werden. Dies ist grundsätzlich mit Hilfe eines Konstantsummenspiels möglich. Ferner kann eine Berücksichtigung eines Wachstumsfaktors für den Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung auf Basis der gesamten Markenstärke vorgenommen werden. Durch die Untersuchung der internen und externen Markenstärke ist es
442
An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass es sich nicht um die wahrgenommene Qualität der Marke handelt, die bereits im Rahmen der externen Markenstärke erhoben wird. Vgl. Kapitel B4.2.2.
443
Dennoch muss sich dieses Verfahren der Kritik stellen, dass wie auch in der Conjoint Analyse ein rationales Verhalten zugrunde gelegt wird. Emotionale Nachfragefaktoren werden hingegen kaum berücksichtigt.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
143
möglich eine Entwicklung der gesamten Markenstärke abzubilden. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf eine Entwicklung des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung ab. So ist davon auszugehen, dass bei einer stark vom Wettbewerb positiv abweichenden gesamthaften Markenstärke die Mitarbeiter bzw. Absatzmittler verstärkt das Argument der Marke in ihren Verkaufsprozessen einsetzen werden, somit der Einfluss der Marke zunehmen würde. Analog würde dies für eine stark negativ vom Markt abweichenden Marke gelte. Hierbei würde der Mitarbeiter bzw. Absatzmittler von einer markenbasierten Argumentation absehen. Zur Erfassung des Wachstumsfaktors ist auf Basis der Abweichung der Markenstärke vom Wettbewerb die Einschätzung von Experten erforderlich. 4. Aggregation zu kundenwertsegmentspezifischen Werten des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung: Zur Reflektion unterschiedlicher Kundenwertsegmente ist es notwendig, eine Kategorisierung vorzunehmen. Darauf aufbauend werden die markenspezifischen Teilwerte der Kaufentscheidungsfaktoren für jedes Kundenwertsegment addiert.
Stufe 1: Identifikation der Nachfragefaktoren
Stufe 2:
Stufe 3:
Bemessung der Relevanz der Nachfragefaktoren nach Kundenwertsegmenten
Stufe 4:
Bemessung des markenspezifischen dynamischen Anteils an den Nachfragefaktoren
Aggregation zu kundenwertsegmentspezifischen MarkenrelevanzWerten
Empfohlene Verfahren:
Experteninterviews
Konstantsummenspiel
Befragung Experteninterviews
Mathematische Verknüpfung
Abbildung 28: Vier Stufen des integrierten Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung Quelle: Eigene Darstellung
5.4.3
Formal-analytische Darstellung
In der mathematischen Umsetzung der isolierten Markenleistung (ML) kann auf folgendes Vorgehen zurückgegriffen werden, das bereits ähnlich in der Praxis breite Verwendung findet.444 Zur Erhebung dieser Komponente sind Kundenbefragungen
444
So wird im Brand Equity Meter von MCKINSEY die Relevanz der Marke in der Kaufentscheidung als ein prozentualer Wert erfasst. Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg
144
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
notwendig. Zu diesem Zweck werden im MCKINSEY Ansatz sowohl Kunden als auch Nichtkunden befragt.445 Auch wenn sich insgesamt der identitätsbasierte Markenwert auf die existierenden Kundenwertsegmente bezieht, so ist eine Berücksichtigung von Nichtkunden an dieser Stelle notwendig, da eine relative Markenstärke im Vergleich zum Wettbewerb festgestellt werden muss. In einer mathematischen Formulierung bedeutet dies, dass sie die Summe der markeninduzierten Gewichtungen der Kaufentscheidungsfaktoren () in Relation zur Summe der Gewichte von Kaufentscheidungsfaktoren darstellt. Zudem wird die auf Basis der Markenstärke erzielbare Wachstumsrate der Markenleistung (WRM) berücksichtigt. Die Markenleistungen werden stets in für jedes Kundenstammwertsegment (i) ermittelt.
(13)
ML
§ Marke _ in _ Leistung Marke _ in _ Qualität Ei ¨Ei ¨ Leistung Qualität ¨ E Ei i ©
i
*
1WRM i
E E
Marke _ in _ Verfügbark eit i Verfügbark eit i
E
E
Marke _ in _ Pr eis i
Pr eis i
· ¸ ¸ ¸ ¹
Unter der Bedingung, dass die Summe der Gewichtungen das Kaufverhalten gänzlich erklärt, kann die Summe der Kaufentscheidungsfaktoren „1“ betragen. Daher ergibt sich vereinfachend folgende mathematische Formulierung:
(14)
§¨ Marke_ in _ Leistung Marke_ in _ Qualität Marke_ in _Verfügbarkeit Marke_ in _ Pr eis ·¸ E Ei Ei Ei © i ¹
ML i
*
1WRMi
In der praktischen Umsetzung können die isolierten Markenleistungen der einzelnen Kundenwertsegmente in vier Schritten erhoben werden, wie in Kapitel B5.4.2 ausgeführt.
messen, machen, managen, a.a.O., S. 306. Im Rahmen des INTERBRAND Modells erfolgt ebenfalls die Berechnung des Einflusses der Marke auf die Kaufentscheidung mittels eines prozentualen Werts. Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 430 ff. 445
Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 306.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
145
5.5
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Diskontierungsfaktors
5.5.1
Aktueller Forschungsstand zum Diskontierungsfaktor in der Markenbewertung
Zur Erfassung des Markenbarwerts ist es neben der Erfassung der markeninduzierten Zahlungsüberschüsse erforderlich, das bestehende und zu erwartende Risiko mittels des so genannten Diskontierungsfaktors abzubilden. Er erfüllt eine Zeitausgleichsfunktion, da heutige Zahlungsüberschüsse in Zukunft einen geringeren Wert aufweisen und mittels dieses Faktors auf einen Barwert abgezinst werden. Zudem bildet er die Erwartungen der Eigentümer der Marke bzw. Investoren bezüglich einer zu erzielenden Mindestverzinsung des eingesetzten Markenkapitals ab. Seine Erfassung fällt in den bestehenden Markenbewertungsmodellen mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad aus. Eine erste Kategorie orientiert sich an der Erfassung von markt- und unternehmensspezifischen Risiken. Zu den wichtigsten Vertretern zählen hierbei die Verfahren von KONZEPT & MARKT446 und MCKINSEY447. Erstere konzentrieren sich dabei auf die Erfassung des gewichteten Kapitalkostensatzes (WACC), der die Verzinsung berücksichtigt, die Eigen- und Fremdkapitalgeber vom Unternehmen erwarten können. Letztere fügen zudem noch die erwartete Inflationsrate hinzu. Beide Herangehensweisen sind grundsätzlich praktikable und allgemein anerkannte Lösungen zur schnellen Einstufung vorliegender Risiken. Sie bilden jedoch die Realität nur ungenügend genau ab. So wird der Fokus auf markt- und unternehmensspezifische Entwicklungen gelegt, markenstärkespezifische Aspekte jedoch nicht berücksichtigt. Gerade diese sind notwendig, da sie maßgeblich für die zukünftigen Kauf- und Nutzungsentscheidungen des Nachfragers ursächlich sind. Eine zweite Kategorie erfasst die markenspezifischen Risiken auf der Basis der Markenstärke. Zu den wichtigsten Vertretern zählt hierbei das Interbrand-Modell.448 Im Kern dieses Ansatzes steht die Überlegung, dass die Realisierung prognostizierter
446
Vgl. FRANZEN, O. (2004): Das Brand Performance System von ACNielsen: Standardisierte Markenbewertung auf Grundlage von Marktforschungsdaten, in: SCHIMANSKY, A. (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 146 ff.
447
Vgl. RIESENBECK und PERREY, Mega-Macht Marke. Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 318 f.
448
Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 430 ff.
146
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
Zahlungsüberschüsse mit Unsicherheiten verbunden ist. Eine bekannte und starke Marke ist jedoch imstande, diese prognostizierten Zahlungsüberschüsse tatsächlich zu generieren. Somit wird ein direkter Zusammenhang zwischen Markenstärke und Risiko unterstellt.449 In der konzeptuellen Ausgestaltung wird die Markenstärke mittels eines ScoringModells erfasst. Dabei wird die Markenstärke einer „idealen“ und somit „risikofreien“ Marke ermittelt. Zudem wird die relative Markenstärke der untersuchten Marke im Vergleich zum Wettbewerb bestimmt. Im Anschluss wird mittels einer Transformationsfunktion die relative Markenstärke in einen entsprechenden Diskontierungsfaktor überführt. Dieses Vorgehen ist schematisch in Abbildung 29 dargestellt.
Markenstärke
Transformationsfunktion
Risikoloser Zins
Dimensionen der Markenstärke
Diskont. faktor
Markenrisiko
Dimension 1 Dimension 2 Dimension 3 Dimension 4
WACC
Dimension 5 0%
10%
20%
Max. Stärke = 100 % Markenstärke = 69 %
30%
Markenstärke = 69 % n/a 0%
25 %
50 %
75 %
100 %
Markenstärke
Abbildung 29: Ermittlung des Diskontierungsfaktors im Interbrand Modell Quelle: HANSER/HÖGL/MAUL (2004), S. 121 f.
Trotz seines innovativen Charakters eine direkte Verknüpfung zwischen Markenstärke und markenspezifischem Diskontierungsfaktor herzustellen, weist dieser Ansatz verschiedene Schwächen auf. Erstens betrachtet er lediglich die externe Markenstärke. Er unterschlägt, dass insbesondere auch die interne Markenstärke das Risiko für zukünftige Zahlungsströme maßgeblich mit beeinflusst. Zweitens ist die Auswahl der Determinanten der (externen) Markenstärke nicht transparent. Ebenso die Annahme, dass diese gleichgewichtet in den markenspezifischen Diskontfaktor einflie-
449
Vgl. HANSER, HÖGL, und MAUL, Die Tank AG - Wie neun Bewertungsexperten eine fiktive Marke bewerten, a.a.O., S. 116.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
147
ßen. Drittens wird ein s-förmiger Zusammenhang zwischen Markenstärke und markenspezifischem Risikofaktor unterstellt. Eine Annahme, die bislang nicht belegt werden konnte.450 Viertens werden weitere unternehmens- und branchenspezifische Risiken nicht isoliert, sondern werden gesamthaft mit dem markenstärkespezifischen Risiko erfasst. Eine dritte Kategorie berücksichtigt auch markt-, unternehmens- und markenspezifischen Risiken auf der Basis von Scoring-Modellen. Zu den wichtigsten Vertretern dieser Kategorie zählt insbesondere das Modell von BRAND RATING.451 Hierbei werden folgende Aspekte zur Erfassung eines Diskontierungsfaktors herangezogen.
x
Branchenspezifischer Kapitalkostensatz: Hierbei wird der übliche gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) herangezogen, der durch die Peer-Group adjustiert wird.
x
Branchenspezifische Inflationsrate: Hierbei wird die in der Branche angesetzte Inflationsrate übernommen.
x
Branchenspezifische Entwicklungen (Branchenstrukturanalyse): Hierbei werden in einer elaborierten Branchenstrukturanalyse unterschiedliche Aspekte, wie rechtlicher Schutz, technologische Entwicklung der Marke, Konzentration der Anbieter und Abnehmer überprüft. Dabei ist wichtig zu erkennen, dass nicht nur die Entwicklungen des Markts einbezogen werden, sondern auch die relative Entwicklung des betrachteten Unternehmens.
x
Assetspezifisches Risikoprämie: Es beinhaltet dasjenige Risiko, dass durch den Vermögensgegenstand Marke zu erwarten ist.
Zusammenfassend kann für das Brand Rating Modell konstatiert werden, dass es sich hierbei um ein detailliertes Verfahren zur Ermittlung des Diskontierungssatzes handelt. Dennoch muss angemerkt werden, dass die individuellen markenstärkespezifischen Risiken nicht erfasst werden.
450
Vgl. BURMANN und JOST-BENZ, Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte, a.a.O., , S. 24.
451
Vgl. MUSIOL et al., icon Brand Navigator und Brand Rating für eine holistische Markenführung, a.a.O., S. 370 ff.
148 5.5.2
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells Implikationen für die identitätsbasierte Markenbewertung
In der konzeptionellen Ausgestaltung des identitätsbasierten Markenbewertungsmodells ist es notwendig, möglichst umfassend die vorliegenden Risiken zu betrachten. Dabei werden folgende Teilaspekte vorgeschlagen, die in einem gesamthaften Diskontierungsfaktor resultieren:
x
Marktspezifischer Diskontierungsfaktor: Hierbei ist die branchenspezifische Inflationsrate zu berücksichtigen.
x
Unternehmensspezifischer Diskontierungsfaktor: Hier wird der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) herangezogen.
x
Markenstärkespezifischer Diskontierungsfaktor: Dieser Risikofaktor bemisst einen Zu- oder Abschlag zukünftiger Zahlungsüberschüsse aufgrund der vorhandenen Markenstärke.
Aufgrund der offensichtlichen Ausgestaltung von markt- und unternehmensspezifischen Diskontierungsfaktoren soll im Folgenden die Ausgestaltung des markenstärkespezifischen Diskontierungsfaktors erläutert werden. Sie bildet die Verknüpfung der in Kapitel B4 dargestellten Markenstärke und des finanzwirtschaftlichen Markenbarwerts. Die wesentliche Überlegung hierbei ist: Je stärker eine Marke ist, desto geringer sind zukünftige Ausfälle und desto sicherer sind zukünftige Zahlungsüberschüsse einzuschätzen.452 Die Ausgangslage bildet hierbei die Erfassung eines sogenannten assetspezifischen Diskontierungsfaktors. Dieser Wert reflektiert das grundsätzliche Risiko, das durch die Marke als Vermögensgegenstand anzunehmen ist. So wird angenommen, dass insbesondere bei immateriellen Vermögensgegenständen stets mit einem Ausfall der Zahlungsströme in Zukunft gerechnet werden muss. Auf den assetspezifischen Diskontierungsfaktor wirkt die Markenstärke. In Anwendung der schon dargestellten Logik führt eine positive Abweichung der Markenstärke zum Wettbewerb zu einer Abnahme des Risikos, zukünftig Zahlungsüberschüsse zu realisieren. Somit führt dies zu einer reduzierten markenspezifischen Risikoprämie. Ebenso führt eine negative Abweichung der Markenstärke zum Wettbewerb zu einer Zunahme des Ri-
452
Dieser grundlegende Zusammenhang wurde auch bereits in anderen Markenbewertungsmodellen aufgegriffen. Vgl. STUCKY, Monetäre Markenbewertung nach dem Interbrand Ansatz, a.a.O., S. 443 ff.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
149
sikos, zukünftige Zahlungsüberschüsse zu erreichen.453 Um diese 30 % Abweichung ist das assetspezifische Risiko zu reduzieren. Liegt der assetspezifische Diskontierungsfaktor bei 1 % und die Markenstärke bei 30 % über dem Wettbewerb, so ist der markenspezifische Diskontierungsfaktor mit 0,7 % auszuweisen. 5.5.3
Formal-analytische Darstellung
Auf der Basis dieser konzeptionellen Ausarbeitung in Kapitel B5.5.2 kann die folgende mathematische Formel abgeleitet werden. Hierbei setzt sich der Diskontierungsfaktor aus den drei Teilen des marktspezifischen Diskontierungsfaktors (DFMarkt), des unternehmensspezifischen Diskontierungsfaktors (DFUnternehmen) und markenstärkespezifischen Diskontierungsfaktors (RPMarke) zusammen. (15)
DF
DF
Markt
DF
Unternehme n i
RP
Markenstär ke
Der marktspezifischen Diskontierungsfaktor (DFMarkt) umfasst dabei die im Markt vorliegende Inflationsrate (in Prozent). Der unternehmensspezifische Diskontierungsfaktor (DFUnternehmen) umfasst die gewichteten Kapitalkosten (ebenfalls in Prozent). Hinsichtlich des markenstärkespezifischen Risikoprämie (RPMarkenstärke) lässt sich folgende Formel ableiten: (16)
RP
Markenstär ke
Maximale Risikopräm ie
*
1 MS i
Hierbei bildet die maximale assetspezifische Risikoprämie der Marke die Basis der Berechnung. Er spiegelt das Risiko wider, das per se der Marke als immateriellen Vermögensgegenstand zugeschrieben werden muss. Er wird als prozentualer Wert angegeben. Auf diesen Wert wirkt die Markenstärke. Die Berechnung Markenstärke (MSi) wurde bereits in Kapitel B4.5 dargelegt. Der mögliche Wert von MSi liegt dabei zwischen (absoluten) Werten von 0 und 2. Ein Wert von 1 entspricht dabei dem Wettbewerbsdurchschnitt, ein Wert von 1,3 einer positiven Abweichung in Höhe von 30 %, ein Wert von 0,7 einer negativen Abweichung von 30 %. Um einen entsprechenden Auf- bzw. Abschlag für den assetspezifischen Diskontierungsfaktor zu erzielen, ist es notwendig MSi in einen prozentualen Wert zu überführen. Dies wird er-
453
Im vorliegenden Modell werden die interne und externe Markenstärke stets im Vergleich zum Wettbewerb dargestellt. Mittels Einsatz der Interaktionsintensität entsteht ein gesamter Markenstärkewert, der relativ zum Wettbewerb ausgewiesen wird.
150
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
reicht, indem der MSi von der Zahl 1 abgezogen wird.454 Aus der anschließenden Multiplikation mit maximalen assetspezifischen Risikoprämie der Marke ergibt sich für eine stärkere Marke (mit höherem Markenstärkewert) ein niedriger Gesamtdiskontsatz, somit ein geringeres Risiko zukünftige Zahlungsüberschüsse zu generieren. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch die Diskontierung der markeninduzierten Zahlungsüberschüsse der so genannte Markenbarwert entsteht. Er repräsentiert den finanzwirtschaftlich orientierten Wert einer Marke bei planmäßiger Entwicklung. Eine konzeptionelle Ableitung eines Markenwerts, der aus den zukünftigen Entwicklungspotenzialen erwächst (Markenpotenzialwert), zeigt das folgende Kapitel.
6
Konzeptualisierung und Operationalisierung des Markenpotenzialwerts
6.1
Aktueller Forschungsstand zum Markenpotenzialwert
Im Allgemeinen stellt der Markenpotenzialwert eine für die Markenbewertung wichtige Einflussgröße dar. Im Gegensatz zum Markenbarwert, der die Entwicklungen einer Marke aus den bestehenden Geschäftsfeldern berücksichtigt, konzentriert sich der Markenpotenzialwert auf zukünftige Entwicklungspotenziale aus neuen, bisher noch nicht bearbeiteten Geschäftsfeldern.455 Er liefert somit wichtige Informationen für strategischen Planungen oder Kauf- bzw. Verkaufsgesprächen von Marken. Seine Relevanz für die Erfassung eines Markenwerts ist dabei nicht zu unterschätzen. So weist beispielsweise SATTLER (2000) in einer Studie zur Beurteilung von Markeninvestitionen darauf hin, dass der Wert markenstrategischer Optionen in vielen Fällen über 50 % des Kaufpreises betragen kann.456 Es ist folglich von zentraler
454
Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass der maximal erreichbare Markenstärkewert 100 % über dem Wettbewerbsniveau liegen darf.
455
Aus bilanzrechtlicher Sicht ist darauf hinzuweisen, dass gemäß des Vorsichtsprinzips ein Markenpotenzialwert nur dann in der Bilanz berücksichtigt werden darf, wenn konkrete Handlungsabsichten vorliegen, das bedeutet, wenn bereits konkrete Maßnahmen zum Einstieg in das neue Geschäftsfeld eingeleitet wurden. Vgl. HGB, §252 I 4.
456
Zu diesem Zweck wurde eine ausgedehnte Simulationsanalyse anhand der Earning Multiples bei Unternehmenskäufen vorgenommen. Vgl. SATTLER, H. (2000): Eine Simulationsanalyse zur Beurteilung von Markeninvestitionen, in: OR Spektrum - Quantitative Approaches in Management, Jg. 22 (1), S. 173.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
151
Wichtigkeit, diesen Wert, wenn möglich auf einer monetären Basis, in einer Markenbewertung zu erfassen. Folgende Arbeitsdefinition wird dabei formuliert: 457
Unter dem Begriff Markenpotenzialwert wird ein monetärer Wert verstanden, der die markenstrategischen Dehnungsmöglichkeiten auf der Basis von Markenerweiterungsstrategien widerspiegelt. Im Gegensatz zu einer intensiven Auseinandersetzung der wissenschaftlichen Literatur mit dem Konzept der Markenerweiterung458 erfährt die Erforschung eines quantifizierbaren Markenpotenzialwerts bislang wenig Beachtung.459 Zu den wenigen Ansätzen, die sich dieser Thematik widmeten, zählen insbesondere der Brand-RatingAnsatz von B.R. BRAND RATING in Kooperation mit ICON BRAND NAVIGATION sowie der Advanced-BrandValuation-Ansatz von PRICEWATERHOUSECOOPERS/GFK/SATTLER. Neben der Erfassung einer verhaltenstheoretisch orientierten Markenstärke und eines diskontierten Preisabstands widmet sich der Brand-Rating-Ansatz explizit der Messung eines so genannten Brand-Future-Scores.460 Diese Größe umfasst die individuelle Entwicklungsperspektive einer Marke und wird anhand eines proprietären Scoring-Modells ermittelt. Ihr konzeptioneller Aufbau ist dreigeteilt: Eine erste Kategorie untersucht das Marken-Dehnungs-Potenzial, das hinsichtlich der möglichen Leistungsangebote, Regionen, Vertriebskanäle und Zielgruppen im Rahmen einer qualitativen Analyse untersucht wird. Eine zweite Kategorie erfasst das Entwicklungspotenzial der Marke in ihrem Kerngeschäft, d. h. sie untersucht die markenspezifischen Mengen- und Preisentwicklungen im Vergleich zur Gesamtmarktentwicklung. Eine dritte Kategorie widmet sich dem Markenschutz. Es stellt sich die Frage,
457
Bislang wurde der Begriff „Markenpotenzialwert“ noch nicht definiert, jedoch existieren bereits Ansätze, die das Konstrukt inhaltlich untersuchen. Vgl. dazu im Folgenden dargestellte Vertreter B.R. BRAND RATING/ICON BRAND NAVIGATION, PRICEWATERHOUSECOOPERS/GFK/SATTLER.
458
In Abgrenzung zum Begriff Markenexpansion, der unausgeschöpfte Erfolgspotenziale in bestehenden und neuen bzw. neuartigen Geschäftsfeldern umfasst, konzentriert sich die Markenerweiterung ausschließlich auf neue bzw. neuartige Geschäftsfelder. Diese Konzentration ist für den Markenpotenzialwert erforderlich, da die Entwicklung der Marke in bestehenden Geschäftsfeldern bereits im Markenbarwert berücksichtigt wird. Zur Markenexpansion vgl. BURMANN, C., MEFFERT, H., und BLINDA, L. (2005): Markenevolutionsstrategien, in: MEFFERT, HERIBERT, BURMANN, CHRISTOPH und KOERS, MARTIN (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. 192.
459
Vgl. SATTLER, Markenbewertung: State-of-the-Art, a.a.O., S. 52.
460
Vgl. MUSIOL et al., icon Brand Navigator und Brand Rating für eine holistische Markenführung, a.a.O., S. 388.
152
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
inwieweit die untersuchte Marke gegenüber zukünftigen Krisen anfällig ist und inwieweit die Elemente dieser Marke schützbar sind. Die Erfassung dieser Kategorien erfolgt laut Angaben der Autoren mittels repräsentativer Primärforschung und Sekundäranalysen. Ihre Ergebnisse werden im Brand-Future-Score zusammengefasst und mittels einer nicht offengelegten Transformationsfunktion in einen monetären Markenpotenzialwert übertragen.461 Ein zentraler Vorteil des Ansatzes besteht in der möglichst breiten Erfassung der markenstrategischen Optionen. Selbst mögliche markenschutzrechtliche Verletzungen, die die markenstrategische Entwicklung beeinflussen könnten, werden in diesem Ansatz mit aufgegriffen. Die generelle Schwäche dieses Ansatzes besteht in der hohen Intransparenz in der Auswahl, Gewichtung und Verknüpfung der Determinanten. Daher bleibt die Bewertung der einzelnen Brand-Future-Score-Kategorien ausschließlich der subjektiven Bewertung von Experten unterstellt. Zudem ist die Transformation dieses Score-Werts in einen monetären Markenpotenzialwert nicht transparent dargelegt. Einen zweiten Lösungsansatz zur Messung des Markenpotenzialwerts bietet der Advanced-Brand-Valuation-Ansatz von PRICEWATERHOUSECOOPERS/GFK/SATTLER. Ein Modul dieses Ansatzes, das so genannte Options-Modul, widmet sich explizit der Erfassung des Werts markenstrategischer Optionen.462 Die Grundlage bildet die Überlegung, dass diese markenstrategischen Optionen auf den Möglichkeiten der Markenerweiterungen basieren. Diese können mit Hilfe eines so genannten Stretching-Scores ermittelt werden. Der Stretching-Score repräsentiert die Erfolgswahrscheinlichkeit der Markenerweiterung und basiert auf Erkenntnissen von SATTLER/VÖLCKNER/RIEDIGER (In Erscheinung). Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit wurden relevante Determinanten des Markenerweiterungserfolgs identifiziert und gemessen.463 Dazu zählen insbesondere die Qualität der Muttermarke,464 die Historie des Markentransfers, das Markeninvolve-
461
Eine praktische Anwendung des Brand Rating Modells findet sich in der Analyse der Tank AG. Vgl. HANSER, HÖGL, und MAUL, Die Tank AG - Wie neun Bewertungsexperten eine fiktive Marke bewerten, a.a.O., S. 97 ff.
462
Vgl. MAUL, K.-H. und MUSSLER, S. (2004): ABV - Advanced Brand Valuation, in: SCHIMANSKY, ALEXANDER (Hrsg.): Der Wert der Marke, Markenbewertungsverfahren für ein erfolgreiches Markenmanagement, München: Vahlen, S. 77 ff.
463
Zu diesem Zweck wurde ein Strukturgleichungsmodell (LISREL) eingesetzt.
464
Die Autoren verwenden auch synonym den Begriff „Stärke der Muttermarke“.
Konzeption eines identitätsbasierten Markenbewertungsmodells
153
ment, die Erfahrungen mit der Muttermarke, die Marketingunterstützung, die Handelsakzeptanz, der Fit zwischen der Muttermarke und dem Transferprodukt, das wahrgenommene Kaufrisiko und die Innovativeness einer Marke.465 Eine Übersicht dieser Determinanten und ihrer Wirkungsbeziehungen liefert Abbildung 30.
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