Hilfen für Angehörige
Die blauen Ratgeber
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Diese Broschüre wurde gemeinsam erstellt von der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft.
Hilfen für Angehörige Herausgeber: Deutsche Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Str. 40 53111 Bonn Fachliche Beratung: Helga Ebel Krebsberatungsstelle Aachen Holzgraben 10 52062 Aachen Text und Redaktion: Isabell-Annett Beckmann, Deutsche Krebshilfe
Diese Broschüre basiert zum Teil auf der Übersetzung zweier Patientenratgeber der Dänischen Krebsliga („Kraeftens Bekaempelse“). Die Deutsche Krebshilfe bedankt sich herzlich für die Erlaubnis, diese Texte übersetzen und verwenden zu dürfen. Übersetzung: Ludgera Arnswald, Bonn
Ausgabe 01/2004 Druck auf chlorfreiem Papier ISSN 0946-4816
Informationen, Anregungen und Gesprächshilfen für Angehörige von Tumorkranken
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Inhalt Vorwort
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Einleitung
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Die Verarbeitung der Diagnose Sich informieren Informationen im Internet Offen und ehrlich miteinander reden Achtung und Vertrauen
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Die Behandlung
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Der Alltag – Ablenkung oder Herausforderung? Wieder zu Hause Der Alltag verändert sich Ernährung Liebe, Zärtlichkeit, Sexualität Angst, Trauer, Tränen Sie sind nicht allein Hilfe annehmen Auf sich selbst Acht geben Miteinander reden Die kleinen Freuden des Alltags
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„Was fehlt dir, Papa?“ Mein Vater ist krank Der richtige Zeitpunkt Die ganze Wahrheit? Kindliche Reaktionen Wo warst du, Mama? Wenn Kinder wieder in die Hose machen Aggressionen
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HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Nägelkauen und Alpträume Wenn das Kind aufhört zu spielen Schuldgefühle Das Zusammenleben während der Krankheit Körperkontakt gibt Sicherheit Wenn ein Kind keine Fragen stellt Papa und Mama lieben dich Neugierige Fragen Außenstehender Der Alltag kehrt wieder ein Wenn Eltern im Sterben liegen Erwachsene, die nicht zur Familie gehören Kindergarten und Schule werden informiert
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Mama hat Krebs – eine Geschichte für Kinder
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Wo können Sie Informationen und Rat erhalten?
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Informieren Sie sich Informationen für Betroffene und Angehörige Informationen zur Krebsvorbeugung und Krebsfrüherkennung VHS-Videokassetten
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Fragebogen
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Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, als Angehöriger ist man für einen Krebskranken eine sehr wichtige Stütze. Da der Kranke und die Krankheit im Zentrum des Interesses stehen, stellen viele Angehörige ihre eigenen Bedürfnisse oft zurück und vermeiden es, über ihre Probleme zu sprechen. Diese erscheinen ihnen unbedeutend, und aus diesem Grunde finden sie es unangebracht, darüber zu reden. Es ist jedoch wichtig, dass man als Angehöriger nicht vergisst, seine eigenen Interessen wahrzunehmen. Diese Broschüre handelt von den Problemen, Gedanken und Gefühlen, mit denen sich Angehörige konfrontiert sehen werden. Der erste Teil der Broschüre gibt Hilfen für die Situation zwischen erwachsenen Kranken und Angehörigen. Er enthält Ratschläge, wie Sie das veränderte Leben bewältigen können, und zeigt auf, wie und wo man praktische, soziale und psychologische Hilfe finden kann. Im zweiten Teil des Heftes geht es um die besondere Lage von Kindern, von denen Mutter oder Vater krank geworden ist. Diese Kinder benötigen intensive Fürsorge und Zuwendung. Der vorliegende Ratgeber informiert Eltern und andere Betreuer über Signale, die auf eine mangelnde psychische Verarbeitung der Krankheit hinweisen, und lässt auch den bevorstehenden Tod des Vaters oder der Mutter nicht aus. Alle in dieser Broschüre enthaltenen Bilder wurden von krebskranken Kindern gemalt und dem Katalog zur Ausstellung mit dem Titel „... ich sehe was, was du nicht
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HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
siehst ...“ entnommen. Die Deutsche Krebshilfe dankt Prof. Dr. Heribert Jürgens, Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, sowie Frau Christine Klein, Kunsttherapeutin der kinderonkologischen Station, für die Genehmigung zum Abdruck der Bilder. Darüber hinaus danken wir Dr. Gerhard Trabert, DRKKrankenhaus Alzey/Worms für die Geschichte „Mama hat Krebs“. Diese Broschüre kann und darf den persönlichen Kontakt zum Arzt, Psychologen oder Sozialarbeiter nicht ersetzen. Unser Ziel ist es vielmehr, Informationen zu vermitteln, die den Einstieg in notwendige Gespräche mit den Betreuern erleichtern. Darüber hinaus stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Krebshilfe für weitergehende Fragen gern zur Verfügung.
Ihre Deutsche Krebshilfe
Eine Bitte in eigener Sache: Am Ende dieses Ratgebers finden Sie einen Fragebogen, mit dem wir von Ihnen erfahren möchten, ob die Broschüre die von Ihnen benötigten Informationen tatsächlich vermitteln konnte. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns diesen Fragebogen gelegentlich zuschicken würden. Vielen Dank.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Einleitung Wenn ein Mensch an Krebs erkrankt, beeinflusst dies das Leben der ganzen Familie – nicht nur was die Bewältigung des praktischen Alltags anbelangt, sondern vor allem auch in Bezug auf die Gedanken und Gefühle aller Beteiligten. Diese Broschüre ist für diejenigen Angehörigen geschrieben, die zum einen als Nahestehende gefordert sind und helfen wollen oder sollen, zum anderen aber selbst von der neuen Situation ge-(be)troffen sind. Als Angehöriger eines Krebskranken müssen Sie sich mit einer Vielzahl von neuen und unbekannten Dingen auseinandersetzen. Gleichzeitig drängen sich Ihnen ungewohnte, bisher vermutlich nicht gekannte Gedanken und Gefühle auf. Sie stehen plötzlich vor der Situation, die Doppel- und Dreifachaufgabe von Berufstätigkeit, Familie und gesellschaftlichem Leben bewältigen zu müssen. Dies kann sehr belastend für Sie sein, und manch einer mag die Lage zumindest zeitweise als chaotisch empfinden. Viele werden sich in dieser Situation vielleicht auch allein gelassen fühlen. Zögern Sie nicht, Hilfe anzufordern und anzunehmen – selbst dann nicht, wenn Sie bisher noch keine praktische oder psychologische Unterstützung bekommen haben sollten. Es wird nicht nur zu Ihrem eigenen Vorteil sein, sondern auch dem Krebskranken nützen. Je besser Sie die Probleme bewältigen, desto mehr wird der Kranke davon profitieren.
Mehrfachbelastung
Hilfe annehmen
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Die Verarbeitung der Diagnose Durch die Krankheit geht eine Ordnung verloren – mit Ihrer Hilfe kann leichter eine neue entstehen. Auch wenn die Diagnose Krebs dank der Fortschritte in Medizin und Wissenschaft heute nicht zwangsläufig das Todesurteil bedeutet, reagieren alle davon Betroffenen meist stark verängstigt. Dies liegt vor allem daran, dass unsere Sprache für unterschiedlichste bösartige Erkrankungen immer nur das Wort „Krebs“ benutzt und nicht zwischen weniger und sehr bedrohlichen Erkrankungsformen unterscheidet. In dem Augenblick, wo ein Arzt dem Patienten mitteilt „Sie haben Krebs“ beziehen alle Betroffenen all das auf ihre eigene Situation, was sie jemals unter dem Etikett Krebs im Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis gehört oder erlebt haben. Krebs ist nicht gleich Krebs
Dabei stehen hinter dem Wort „Krebs” ganz unterschiedliche bösartige Erkrankungen, weniger und sehr bedrohliche Formen, mit ebenso unterschiedlichen Verläufen, aber diese Unterscheidung lässt unsere Sprache nicht erkennen.
„Schublade Krebs“
Eben weil sie aber nur die eine „Schublade Krebs“ kennen, haben die meisten Menschen das Gefühl, als ob die ganze Welt über ihnen zusammenbricht. Vielen erscheint die neue Situation unüberschaubar. Sie wissen nicht, wie es weitergehen soll, und haben Angst vor der Zukunft.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
In den ersten Tagen nach der Diagnosestellung werden Sie und Ihr(e) Angehörige(r) wahrscheinlich von einer Vielzahl von Informationen überflutet, die Sie kaum aufnehmen können, da Sie sich noch in einer Art Schockzustand befinden. Halten Sie sich deshalb nicht für aufdringlich oder lästig, wenn Sie den behandelnden Arzt erneut ansprechen. Es ist völlig normal, dass man nach einiger Zeit die Notwendigkeit verspürt, über die Krankheit noch einmal ausführlicher und besser informiert zu werden. Ein hilfreicher Tipp: Schreiben Sie sich die Fragen, die Sie stellen wollen, vorher auf. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass Sie sich alle die Punkte erklären lassen, die Ihnen noch unklar sind. Ein Angehöriger weiß oft nicht, wie er mit der neuen Situation umgehen soll und auf welche Weise er dem Kranken am besten helfen kann. Hier gibt es auch keine Patentlösungen. Das Beste, was Sie tun können ist, zusammen mit dem Erkrankten Ihre eigene, ganz persönliche Art der Unterstützung und Anteilnahme zu finden.
„Zellen 2“ - Mädchen 8 Jahre
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Fragen aufschreiben
10 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Sich informieren Allgemeinverständliche Broschüren
Damit Sie die neue Situation besser verstehen können, holen Sie sich Informationen über die Krankheit, über Behandlungsmöglichkeiten und so weiter. Bei der Deutschen Krebshilfe erhalten Sie zum Beispiel allgemeinverständliche Broschüren zu den meisten Krebsarten, zu der wirksamen Behandlung von Schmerzen, Ernährungshinweise für Krebspatienten oder Informationen über Sozialleistungen (eine detaillierte Liste der Ratgeber finden Sie am Ende dieses Heftes). Genauere Kenntnisse über die Krankheit, über Behandlungsmethoden, Risiken und Chancen dienen als Orientierungshilfe und helfen dabei, Entscheidungen bewusster und damit besser zu treffen. Wenn Information richtig erlebt wird, nimmt das Gefühl des Ausgeliefertseins ab und schafft allmählich Raum für Initiative und eine aktive Bewältigung der Krankheit. Da Wissen die Angst vermindert, kann man mit der bedrückenden Situation sehr viel leichter zurechtkommen. Aus der Angst, die alle direkt und indirekt Betroffenen lähmt, wird eine Angst, mit der es sich leben lässt. Je aufgeklärter Sie als Angehöriger sind, um so eher sind Sie in der Lage, den Kranken zu unterstützen.
Informationen im Internet In rasch zunehmendem Ausmaß wird das Internet von Betroffenen und Angehörigen als Informationsquelle genutzt. Das Internet stellt dabei eine unerschöpfliche Quelle von Informationen dar, es ist jedoch auch ein un-
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geschützter Raum. Deshalb müssen bei seiner Nutzung, insbesondere wenn es um Informationen zur Behandlung von Tumorerkrankungen geht, gewisse (Qualitäts)Kriterien angelegt werden: 1. Verfasser einer Internetseite müssen mit Namen, Position und verantwortlicher Institution eindeutig kenntlich sein. 2. Wenn Forschungsergebnisse zitiert werden, muss die Quelle der Daten (zum Beispiel eine wissenschaftliche Fachzeitschrift) angegeben sein und (idealerweise über einen Link) aufgesucht beziehungsweise überprüft werden können. 3. Ein materielles Interesse, zum Beispiel eine finanzielle Unterstützung der Internetseite, muss kenntlich gemacht sein. 4. Das Datum der Erstellung einer Internetseite und ihre letzte Aktualisierung müssen ausgewiesen sein.
Qualitätskriterien für Internetseiten
Es gibt sehr nützliche medizinische Internetseiten zum Thema Krebs, die auch für Betroffene und Angehörige zugänglich sind und allgemein verständliche Infomationen bieten. www.meb.uni-bonn.de/cancernet/deutsch (Informationen des US-amerikanischen Cancernet auf Deutsch) www.studien.de (Therapiestudienregister der Deutschen Krebsgesellschaft) www.med.uni-muenchen.de (Tumorzentrum München: Empfehlungen zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge)
Internetadressen
12 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE www.cancer.org (Adresse der American Cancer Society. Hier gibt es aktuelle, umfangreiche Informationen zu einzelnen Krebsarten und ihren Behandlungsmöglichkeiten. Nur in englischer Sprache.) www.cancer.gov/cancerinfo (Seite des amerikanischen National Cancer Institute. Auch hier gibt es aktuelle Informationen zu einzelnen Krebsarten. Nur in englischer Sprache.) Über Suchmaschinen innerhalb dieser Websites lassen sich auch sehr rasch Fragen zu Therapiestudien beantworten. Insbesondere die Liste der durchgeführten Therapiestudien des US-amerikanischen National Cancer Institutes (NCI) ist sehr umfangreich und vermittelt einen Überblick über Substanzen, die in der klinischen Erprobung sind. Informationen über eine psycho-soziale Beratung finden Sie auf folgenden Seiten: ● ● ● ●
www.vereinlebenswert.de www.psb-zest.de www.psychoonkologie.org www.uni-kiel.de
Offen und ehrlich miteinander reden Besonders zu Beginn der Krankheit wird es allen Beteiligten wahrscheinlich schwer fallen, über die jeweiligen Sorgen und Ängste zu sprechen. Das gilt für den erkrankten Menschen, wenn er Schwierigkeiten haben sollte, seine Krankheit zu akzeptieren. Das kann aber auch auf Sie als Angehöriger zutreffen,
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wenn Sie einmal über Ihre eigenen Probleme reden möchten und merken, dass der Kranke damit Probleme hat. Menschen, die es überhaupt nicht gewohnt sind, mit jemandem ihre innersten Gedanken und Gefühle auszutauschen, wird es um so schwerer fallen, plötzlich sehr persönliche Dinge zu formulieren. Dennoch sollten sie es versuchen. Offene und von gegenseitigem Vertrauen geprägte Gespräche zwischen allen Beteiligten von Anfang an werden dazu beitragen, dass sich die Beziehung zwischen dem Kranken und dem Angehörigen entspannt gestaltet, und dies wird sich positiv auf das Erleben der Gesamtsituation auswirken.
Achtung und Vertrauen Wahrscheinlich neigen Sie dazu, sich voll und ganz nach den Bedürfnissen des Kranken zu richten. Sie möchten so viel wie irgend möglich helfen und geben sich große Mühe, dem Kranken jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Bedenken Sie dabei jedoch, dass auch oder gerade ein kranker Mensch unter Umständen nur ein gewisses Maß an Unterstützung zu akzeptieren bereit ist. Zu Beginn seiner Krankheit möchte er sich die Verantwortung für sein Leben vielleicht nicht aus der Hand nehmen lassen und die Konflikte allein meistern. Auch wenn Sie es nur gut meinen, vermeiden Sie auf jeden Fall, Beschlüsse über den Kopf des Kranken hinweg zu fassen. Dies kann eine Vielzahl von unnötigen Verwicklungen schaffen.
Grenzen respektieren
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HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Sprechen Sie stattdessen offen über die Wünsche und Bedürfnisse des Betreffenden. Persönliche Grenzen respektieren
Auf diese Weise erkennen Sie die persönlichen Grenzen des Kranken, können Sie respektieren und überschreiten auch das von ihm vorgegebene Tempo nicht so leicht. Es ist ratsam, sich vor einem Arztgespräch darüber abzustimmen, was man gerne wissen will und wer von Ihnen welche Frage stellen sollte. Viele mag es überraschen, aber vielfach wünschen Angehörige und Patienten ganz unterschiedliche Informationen. Als Angehöriger werden Sie sich viele Gedanken über die Zukunft machen: Wie wird die Situation in einem Monat aussehen? Sollte, muss ich aufhören zu arbeiten? Was soll ich mit den Kindern und dem Haus machen? Mancher Kranke zieht es im Gegensatz dazu vor, von einem Tag auf den anderen zu leben. Auf diese Weise kann er vielleicht die Realität besser von sich fern halten.
lich sehr unbehaglich fühlen, wenn Sie mehr wissen als der Kranke selbst. Dieser wiederum würde Ihren Wissensvorsprung eher als Vertrauensbruch erleben.
Für Sie beide ist es wichtig, eine gemeinsame Balance zu finden. Respektieren Sie die Bedürfnisse und Grenzen des Kranken, aber verlieren Sie dabei die eigenen nicht aus den Augen.
Das Krankenhauspersonal wird Ihnen gern allgemeine Auskünfte über die Krankheit geben. Wenn Sie jedoch konkrete Informationen über die besondere Situation Ihres Angehörigen erhalten möchten, ist dessen Anwesenheit oder aber, wenn er dies nicht möchte, zumindest seine Einwilligung erforderlich.
Dazu gehört auch zu erkennen, dass das eigene Leben an Tiefe gewinnen kann. Nur mit Zustimmung des Kranken
„Kleiner Mann geht mit dem Boot auf Reise“ – Junge 8 Jahre
Manche Angehörige empfinden es als unbefriedigend, dass sie ohne die Einwilligung des Patienten nicht dazu berechtigt sind, mit dem Arzt ein Gespräch unter vier Augen zu führen oder sogar Einblick in die Krankenakte zu erhalten. So verständlich es auch sein mag, dass Sie sich über den Krankheitszustand Gewissheit verschaffen möchten, in den meisten Fällen würden Sie sich vermut-
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16 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Die Behandlung
ärztliche Meinung (second opinion), das Recht auf Vertraulichkeit, auf freie Arztwahl, auf Dokumentation und Schadenersatz.
Bald nach der Diagnosestellung werden die Ärzte erläutern, welche Behandlung möglich und sinnvoll ist. Auch wenn Sie noch dabei sind, die nötigen Informationen über die Krankheit selbst zu sammeln und zu verarbeiten, sollten Sie sich so früh wie möglich mit den Wirkungen und Nebenwirkungen der Behandlungsmethode auseinandersetzen, selbst wenn Ihnen dadurch anfangs alles noch unüberschaubarer erscheint.
Weitere Informationen zum Thema Patientenrechte finden Sie im Internet. Die „Charta der Patientenrechte“ der Bundesärztekammer ist unter www.bundesaerztekammer.de veröffentlicht, die „Patientenrechte in Deutschland“ der Gesundheitsminister-Konferenz unter www.mfjfg.nrw.de.
An vielen Arztgesprächen, Untersuchungen und Behandlungsschritten werden Sie teilnehmen wollen. Dies setzt jedoch die Zustimmung des Patienten voraus. Fragen Sie vor Beginn der Behandlung den Betroffenen, inwieweit er wünscht, dass Sie einbezogen werden. Nehmen Sie Ihre Rechte als Patient wahr
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
In diesem Zusammenhang ein grundsätzlicher Hinweis auf die Rechte als Patient, die man hat. „Patienten haben ein Recht auf detaillierte Information und Beratung, sichere sorgfältige und qualifizierte Behandlung und angemessene Beteiligung“, heißt es in dem Dokument „Patientenrechte in Deutschland heute“, das die Konferenz der Gesundheitsminister 1999 veröffentlicht hat.
In manchen Fällen wird sich herausstellen, dass die Krankheit zu weit fortgeschritten ist und deshalb nicht mehr behandelt werden kann. Dann wird sich der Krebspatient möglicherweise aufgegeben und verlassen fühlen, und Ihnen als Angehöriger wird es ebenso ergehen. Halten Sie dann ständigen Kontakt zum Krankenhaus oder zu Ihrem Hausarzt beziehungsweise bauen Sie diesen Kontakt auf. Er könnte Ihnen bei der Bewältigung der Probleme und Beschwerden, die im Laufe der Krankheit auftauchen werden, eine wichtige Hilfe sein. Viele Patienten suchen als Ergänzung zu den Behandlungsmethoden, die vom Krankenhaus angeboten werden, nach zusätzlichen (additiven) Therapien. Auf diese Weise möchten sie aktiv Einfluss auf die Verbesserung ihrer Situation nehmen.
Der informierte und aufgeklärte Patient, der versteht, was mit ihm geschieht, kann zum Partner des Arztes werden und aktiv an seiner Genesung mitarbeiten. Sie als Angehöriger können den Kranken dabei unterstützen, dass er seine Rechte auch wahrnimmt.
Allerdings ist diesen unkonventionellen Methoden eines gemeinsam: Sie sind in ihrer Wirkung und Sicherheit nicht oder nur unzureichend wissenschaftlich untersucht. Deshalb ist immer Vorsicht geboten.
Die individuellen Patientenrechte umfassen dabei insbesondere das Recht auf angemessene und qualifizierte Versorgung, das Recht auf Selbstbestimmung, das Recht auf Aufklärung und Beratung, das Recht auf eine zweite
Es gibt derzeit von der Schulmedizin kontrovers diskutierte Behandlungsmethoden, zu denen nur ungenügende Erfahrungen vorliegen. Für Therapien, die nicht direkt gegen die Tumorerkrankung wirken, aber die
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Weitere Informationen im Internet
Hilfe durch Krankenhaus oder Hausarzt
Zusätzliche Behandluingsmethoden
Wirksamkeit nicht nachgewiesen
18 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Lebensqualität des Betroffenen günstig beeinflussen sollen, gilt insbesondere, dass definitive Aussagen über die Wirksamkeit dieser Methoden noch nicht möglich sind. Hat sich der Kranke für die Anwendung zusätzlicher Methoden entschlossen, sollte er vor Beginn äußerst kritisch dazu eingestellt sein und sich nach der Seriosität der Therapie erkundigen. Er sollte gewisse Ansprüche an die Behandlung stellen und sich klar darüber sein, welche Wirkung er sich davon erhofft. Auch der zeitliche und finanzielle Einsatz verdient eine kritische Betrachtungsweise. Wenn bei dem Kranken selbst oder bei Ihnen als Angehörigem Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der angestrebten zusätzlichen Behandlungsmethode bestehen sollten, zögern Sie nicht, eine zweite unabhängige Meinung zu den Verfahren einzuholen. Unabhängige Zweitmeinung
Leider gibt es immer wieder Scharlatane, die mit der Angst der Betroffenen Geschäfte machen. Eine unabhängige, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Zweitmeinung zu Diagnostik, Therapie oder Nachsorge einer Krebserkrankung erhalten Sie zum Beispiel in den Onkologischen Schwerpunkten und Tumorzentren, die zum Teil mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe eingerichtet wurden. Adressen, an die Sie sich vertrauensvoll wenden können, erhalten Sie bei der Deutschen Krebshilfe (Adresse Seite 70).
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Der Alltag – Ablenkung oder Herausforderung? Wenn mit der Behandlung begonnen wird, empfinden Angehörige dies oft als Erleichterung: Man ist froh darüber, dass endlich etwas Konkretes unternommen wird. Gleichzeitig kann diese Zeit aber auch sehr schwer sein, da es dem Kranken manchmal vielleicht physisch und psychisch relativ schlecht geht – für Sie unter Umständen eine ungewohnte Situation, wenn Sie den Kranken bisher stets als gesund, stark und zuverlässig erlebt haben. Solange der Krebskranke sich im Krankenhaus befindet, können Sie durch die häufigen Besuche in der Klinik sehr gefordert sein: Vielleicht haben Sie einen langen, zeitaufwändigen Anfahrtsweg, müssen Betreuungsmöglichkeiten für Ihre Kinder organisieren oder wichtige Aufgaben übernehmen, die nicht aufgeschoben werden können. Zur rein physischen kommt die psychische Belastung darüber, was die Zukunft bringen wird. Und dennoch: Solange der Kranke in der Klinik ist, bleibt in Ihren eigenen vier Wänden ein Teil „Normalität“ erhalten.
Wieder zu Hause Das kann sich ändern, sobald der Kranke nach Hause entlassen wurde. Nach einer Operation wird vielen Patienten eine Chemotherapie oder Strahlenbehandlung nahegelegt, die meistens ambulant erfolgen kann, das heißt der Patient wird nicht ins Krankenhaus eingewiesen, sondern muss nur für die Dauer der Behandlung dort an-
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Unerwünschte Nebenwirkungen
Schmerzen müssen nicht sein
VHS
Ruhe gönnen
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wesend sein. Für den Angehörigen bedeutet dies, dass er den Kranken zu Hause unterstützen und ihm zur Seite stehen muss. Häufig werden Sie dieser Herausforderung allein begegnen müssen.
gibt Situationen, in denen ist es am besten, wenn Angehörige den Patienten in Ruhe lassen.“ Wenn Sie sich nicht sicher sind, lässt sich auch diese Situation durch eine offene und zugleich feinfühlige Frage klären.
Kranke unter Chemo- oder Strahlentherapie leiden nicht selten unter unerwünschten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall. Da Ihnen zu Hause nicht die Ratschläge eines Arztes oder einer Krankenschwester zur Verfügung stehen, sollten Sie sich vor Beginn der Behandlung erkundigen, wie Sie dem Kranken am besten helfen können. Sollten Sie dennoch nicht mit der Situation fertig werden, zögern Sie nicht und wenden Sie sich direkt an das Krankenhaus, Ihren Hausarzt oder Beratungsdienste.
Mit der Zeit werden Sie ein Gespür für die Stimmungen und Wünsche des Kranken entwickeln und ihm so seine Privatsphäre lassen. Vertrauen Sie auf sich selbst und Ihre Fähigkeiten, sich mit ihm abzustimmen.
Viele Menschen verbinden mit der Krankheit Krebs zwangsläufig Schmerzen. Zugegebenermaßen leiden viele Krebskranke unter Schmerzen; allerdings gibt es heute erprobte, ausgeklügelte und hochwirksame Methoden der Schmerzlinderung, die den Patienten – und auch das ist eine längst überholte Vorstellung – nicht mehr in einen tranceähnlichen Dämmerzustand versetzen oder ihn abhängig machen. Ausführliche Informationen zur Behandlung von Schmerzen enthalten die Broschüre „Krebsschmerzen wirksam bekämpfen – Die blauen Ratgeber 28” sowie das Video „Krebsschmerzen”. Die Broschüre bekommen Sie kostenlos, das Video wird gegen eine Schutzgebühr von 10,– Euro abgegeben (Bestelladresse Seite 70). Es kommt vor, dass der Kranke Phasen hat, in denen er müde, gereizt und abweisend ist. Diese Verschlossenheit könnte ein Signal dafür sein, dass der Kranke vielleicht seine Ruhe haben möchte. Der Psychologieprofessor Jürgen Meuser empfiehlt eine einfache Lebensregel: „Es
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Der Alltag verändert sich Da ein kranker Mensch meistens nicht mehr so belastbar ist wie früher, übernimmt man als Angehöriger oft den größten Teil der Hausarbeit. Die Vielzahl der im Haushalt zu erledigenden Dinge mag für einen allein unüberschaubar wirken. Viele Angehörige werden sich der mehrfachen Anforderung von Haushalt, Kindern, Beruf und der Betreuung des Kranken gegenübersehen und dadurch oft in eine ungewohnte Stress-Situation geraten. Übertreiben Sie Ihre Anstrengungen aber nicht. Das nützt weder Ihnen noch dem Kranken! Handelt es sich bei dem Kranken um ein Elternteil, wird es für Sie als „Kind“ vielleicht ein ungewohntes Gefühl sein, dass Sie sich plötzlich um ihre Mutter oder ihren Vater kümmern, sie aufmuntern, pflegen und versorgen sollen. Durch die Krankheit kehrt sich das Verhältnis von erwachsenen Kindern zu ihren an Krebs erkrankten Eltern um und lässt das Gefühl aufkommen, als sei man selbst ein Elternteil des eigenen Vaters/der Mutter. Die ungewohnte, neue Rollen- und Aufgabenverteilung bei der Hausarbeit kann Anlass zu Konflikten geben. Der
Neue Rollenverteilung
22 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Kranke mag den Eindruck haben, völlig überflüssig zu sein; im Gegenzug wird mancher Angehörige aufgrund der großen Verantwortung, die auf seinen Schultern lastet, möglicherweise viel gereizter reagieren als früher. Versuchen Sie deshalb, eine Lösung zu finden, die nicht nur die besonderen Bedürfnisse des Kranken berücksichtigt, sondern darüber hinaus einen reibungslos funktionierenden Alltag gewährleistet. Stellen Sie sich darauf ein, dass es einige Zeit dauern wird, bis man dieses Gleichgewicht erreicht hat. Alte Muster lassen sich nur schwer verändern.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Schließen Sie ihn unter keinen Umständen aus der Gemeinschaft aus. Wichtige Dinge können auch gedanklich und gefühlsmäßig mitgetragen werden. Seien Sie offen für die Ratschläge und Erfahrungen des Kranken. Ein Krebskranker mag körperlich nicht mehr so leistungsfähig sein - seine geistigen Fähigkeiten jedoch bleiben (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) davon unberührt! Vermeiden Sie es, die anfallenden, für Sie neuen Aufgaben ausschließlich nach Ihren eigenen Vorstellungen zu erledigen, nur weil es für Sie so am einfachsten oder bequemsten ist. Wenn der Kranke zum Beispiel bisher für das Kochen zuständig war, könnte man sich an seine Rezepte halten und ihn zwischendurch um Rat fragen. Hat er sich früher um den Garten gekümmert, sollte man beispielsweise die Kartoffeln an der Stelle pflanzen und die Hecke so schneiden, wie er es sonst immer getan hat. Auf diese Weise werden Sie sich bei der Hausarbeit ergänzen, und zugleich vermeiden Sie, dass Sie sich gegenseitig verletzen.
„Zelt am Fluss auf einer Wiese, links scheint die Sonne“ – Mädchen 9 Jahre
Manch ein Konflikt wird sich vermeiden lassen, wenn der Kranke die Möglichkeit erhält, so weit wie möglich am alltäglichen Leben teilzunehmen. Auch wenn er nicht mehr so viel Kraft wie früher haben sollte und bestimmte Dinge nicht mehr selbst erledigen kann:
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Immer wieder werden Sie den Eindruck haben, dass Sie als Angehöriger den gestellten Anforderungen – sei es nun im Hinblick auf den Kranken, die alltäglichen Dinge des Haushalts oder aber hinsichtlich Ihres Berufes – nicht gerecht werden. Es kann sehr belastend sein, den Großteil seiner Zeit mit der Neu- beziehungsweise Umorganisation des Alltags zu verbringen. Stellen Sie deshalb keine zu hohen Anforderungen an sich selbst. Ihre Mitmenschen werden Verständnis dafür haben, dass Sie nicht immer hundertprozentig funktionieren können.
Ratschläge annehmen
24 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Angehörige neigen dazu, sich selbst und ihre Bedürfnisse zurückzustellen. Sie benötigen jedoch hin und wieder Erholungsphasen, damit Sie wieder genügend Energie aufbringen können. Schätzen Sie deshalb Ihre Kräfte realistisch ein oder hören Sie auf warnende Worte von Freunden und anderen Angehörigen. Erkundigen Sie sich nach Unterstützung, die von der Krankenkasse und der Gemeinde angeboten wird, und nehmen Sie solche Angebote wahr!
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Veränderungen im Körper. So kann der Geschmack hinsichtlich „süß“ und „bitter“ verändert und die Empfindungen für Sättigung und Hunger gestört sein. Verstärkt wird dies durch mögliche Nebenwirkungen der medizinischen Krebstherapie. So steht mancher Angehörige vor dem Dilemma, dass der Kranke zum einen mehr und mehr an Gewicht verliert, zum anderen jedes Essen ablehnt, ganz gleich, was man ihm serviert. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihre gutgemeinten Anstrengungen nicht immer gleich zum Erfolg führen.
Ernährung Da man weiß, dass sich gesunde Ernährung förderlich auf den Gesundheitszustand des Kranken auswirken kann, kommt der Ernährungstherapie und -beratung als Ergänzung der medizinischen Behandlung erhebliche Bedeutung zu. Eine richtige Auswahl der Speisen, die unbedingt die persönlichen Wünsche des Patienten berücksichtigt, ist notwendig und lässt sich mithilfe der entsprechenden Ernährungsberater auch verwirklichen. Im Übrigen haben Angehörige unter Umständen das Bedürfnis, mehr Zeit auf das Kochen zu verwenden. Die Zubereitung der Mahlzeiten gibt einem Angehörigen das Gefühl, etwas Konkretes für den anderen tun, ihn verwöhnen zu können. Appetitlosigkeit
Viele Krebspatienten leiden während bestimmter Phasen jedoch an Appetitlosigkeit oder empfinden Abneigungen gegen den Geruch oder Geschmack bestimmter Lebensmittel. Ursachen für diesen Appetitmangel können nicht nur Niedergeschlagenheit und Angst sein, sondern auch
Zu diesem Thema bietet die Deutsche Krebshilfe eine umfangreiche Broschüre mit dem Titel „Ernährung bei Krebs“ an (Bestelladresse Seite 70). Das Heft enthält grundsätzliche Informationen über vollwertige und gesunde Ernährung und gibt ausführliche Hinweise und Empfehlungen zur Ernährung bei bestimmten Beschwerden.
Einige hilfreiche Tipps gegen Appetitlosigkeit: ● Lüften Sie das Zimmer des Kranken stets gut und vermeiden Sie Essensgerüche. ● Verteilen Sie mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag. ● Stellen Sie Portionen bereit, die besonders ansprechend zubereitet sind. ● Decken Sie den Tisch schön ein. ● Probieren Sie neue Gerichte oder Essgewohnheiten aus; das bringt Abwechslung. ● Sorgen Sie beim Essen für Ablenkung. ● Feste Essenszeiten müssen nicht sein. Der Kranke sollte immer dann essen können, wenn er gerade Appetit hat.
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26 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE ● ●
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Stellen Sie kleine Schalen mit Essen bereit, das zum Zugreifen „verführt“. Achten Sie auf genügend Vorräte im Haus (auch Tiefgefrorenes), das sich schnell zubereiten lässt, wenn der Kranke plötzlich Heißhunger auf etwas bekommt. Falls ein Schlückchen Alkohol erlaubt ist, kann ein Glas Sherry, Wermut oder Sekt vor dem Essen appetitanregend wirken.
Liebe, Zärtlichkeit, Sexualität Jeder Mensch besteht aus Leib und Seele, und deshalb darf in dieser Broschüre auch ein Abschnitt über die körperlichen Bedürfnisse und ihre möglichen Veränderungen durch die Krankheit nicht fehlen. In vielen Ehen oder Partnerschaften kann das Sexualleben unter dem Einfluss der Krebserkrankung an Bedeutung verlieren, so dass der Kranke selbst ebenso wie der Ehepartner phasenweise keine Lust mehr verspürt. Äußerliche Veränderungen
Wenn sich der Kranke äußerlich verändert hat, sei es durch eine Operation, durch Chemo- oder Strahlentherapie oder durch Auswirkungen der Krebserkrankung auf den gesamten Organismus, fällt es Ihnen vielleicht schwer, mit ihm in Körperkontakt zu treten. Denken Sie als Angehöriger vor allem daran, dass sich der Betroffene in seinem Selbstwertgefühl verletzt fühlen kann. Sie sollten deshalb sehr behutsam vorgehen, wenn Sie ihn oder sie auf Operationsfolgen wie zum Beispiel eine amputierte Brust ansprechen.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Bei dem Kranken selbst können körperliche Veränderungen, Nebenwirkungen der Behandlung wie Müdigkeit oder Übelkeit, aber auch die tiefgreifenden Ängste und Sorgen, die sein Leben in dieser Phase bestimmen, zu mangelndem Interesse an sexuellem Kontakt führen. Es kann für beide Seiten ein schwieriger, unter Umständen langwieriger Balanceakt werden, die körperlichen Wünsche und Bedürfnisse einander wieder anzupassen. Versuchen Sie in einem ruhigen Gespräch herauszufinden, wie beide Seiten ihre Intimität am besten bewahren können.
Reden Sie offen miteinander
Bedenken Sie jedoch: Auch wenn der Kranke im Moment kein Bedürfnis nach Sexualverkehr haben sollte, sehnt er sich möglicherweise um so mehr nach körperlicher Nähe, Zuwendung und Zärtlichkeit. Zeigen Sie ihm deshalb Ihre Liebe und Zuneigung, und geben Sie ihm das Gefühl der Geborgenheit.
Angst, Trauer, Tränen Wie schon an anderer Stelle erwähnt, wird eine Krebserkrankung das Denken und Fühlen aller Beteiligten über einen langen, vielleicht sehr langen Zeitraum beeinflussen und manchmal auch blockieren. In Abhängigkeit von der Behandlung, dem Verlauf und der Prognose der Krankheit wird das emotionale Empfinden dabei oft alle nur denkbaren Höhen und Tiefen erreichen. Bei den meisten ist das beherrschende und immer wiederkehrende Gefühl die Angst. Im Angesicht einer so schweren Erkrankung darf man Angst haben und sie auch zeigen dürfen: Seitens der Angehörigen wird dies
Angst
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HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
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einen Gesprächspartner, der ihnen aufmerksamer und einfühlsamer Zuhörer ist. Auch wer nicht besonders gläubig ist, aber das Bedürfnis danach verspürt, sollte nicht zögern, zum Seelsorger seiner Gemeinde oder zum Klinikseelsorger Kontakt aufzunehmen. Als gutes und notwendiges „Ventil für die Seele“ sollten Sie das Weinen betrachten: Weinen löst, entspannt und entkrampft. Dabei ist es wichtig, dass Menschen, die sich lieben und unter der Bedrohung einer schweren Krankheit stehen, auch miteinander weinen können.
„Ein Männchen steht zwischen einer gelben und einer schwarzen Sonne, es hat zwei Paar Zauberschuhe, mit denen es in ein Märchenland laufen kann“ – Mädchen 3 Jahre
Weinen
Verbergen Sie Ihre Trauer und Tränen nicht um jeden Preis vor dem Kranken, sondern gehen Sie auch in dieser Hinsicht offen miteinander um.
Sie sind nicht allein vor allem Angst vor dem Verlust des geliebten Menschen sein und Angst vor der Zukunft. Wichtig ist, dass Sie mit dem Kranken über die ihn und Sie beherrschenden Ängste sprechen. Diese Offenheit wird allen Beteiligten dabei helfen, dass sie sich durch ihre Ängste nicht gegenseitig blockieren. So haben zum Beispiel Kranke immer wieder berichtet, dass die Verlustangst ihrer Angehörigen für sie schlimmer war als ihre eigene Angst vor der Krankheit oder dem Tod und sie noch Kräfte investieren mussten, um ihren Angehörigen diese Angst zu nehmen. In Konfrontation mit einer schweren, unter Umständen lebensbedrohlichen Krankheit stellen sich viele Menschen die Fragen „Warum?“ und „Warum gerade mein Mann/meine Mutter?“. Manche suchen dann vielleicht Trost in ihrem Glauben und finden in einem Seelsorger
Familie, Freunde und Kollegen können für einen Angehörigen eine große Stütze sein. Vielen fällt es jedoch schwer, „Fremde“ um Mithilfe zu bitten und mit ihnen über ihre eigenen Probleme zu sprechen. Einige haben Angst davor, dass sie zur Last fallen könnten, während sich andere wiederum für ihre Unsicherheit oder Hilflosigkeit schämen. Für manch einen ist es sicherlich auch nicht einfach, für sich selbst um Unterstützung zu bitten, wenn die Familie und die Freunde sich immer nur nach dem Befinden des Kranken erkundigen. Die Zeit der Behandlung ist für alle Beteiligten eine Zeit der Hoffnung und der Angst, der widersprüchlichen Gefühle zwischen himmelhochjauchzend und mutlos-tieftraurig. In dieser Situation braucht der Kranke intensive Zuwendung, Aufmerksamkeit, Fürsorge und Unterstützung; in ebensolchem Maße trifft dies jedoch auch auf den Angehörigen zu.
Familie und Freunde
30 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Seien Sie deshalb offen für die Hilfe, die von Familienmitgliedern und Freunden angeboten wird: Sie können hierdurch etwas mehr Zeit für sich selbst gewinnen. Niemand kann auf Dauer für einen anderen Menschen zur Verfügung stehen, ohne sich selbst hin und wieder eine Atempause zu gönnen. Dabei wird man nicht den gesamten Freundes- und Bekanntenkreis in die Betreuung des Kranken einbeziehen wollen; auch sollte der Kranke mitbestimmen, wer um Unterstützung gebeten werden soll und wer nicht. Es kann sinnvoll sein, zwischen denjenigen Personen zu unterscheiden, mit denen Sie über Ihre Probleme sprechen möchten, und denjenigen, mit denen Sie Ihre Freizeit verbringen möchten. Zum einen bleiben Ihnen auf diese Weise Enttäuschungen zum Beispiel darüber erspart, dass der andere Ihre Probleme nicht nachvollziehen und Ihnen demzufolge auch nicht die erhoffte Hilfe sein kann; zum anderen werden Sie es als wohltuend empfinden, Ihre wenigen freien Stunden mit Menschen zu teilen, die Ihnen relativ unbelastet begegnen.
Kollegen
Manchen fällt es leichter, sich Menschen anzuvertrauen, die nicht persönlich betroffen sind, und finden in ihren Arbeitskollegen eine wertvolle Stütze. Man kann mit ihnen über Dinge reden, die einem im Gespräch mit dem Kranken oder der näheren Umgebung nur äußerst schwer über die Lippen kommen würden.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
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Hilfe annehmen Die Bedrohung durch eine Krebserkrankung löst bei allen Beteiligten Angst aus: vor der Behandlung und ihren Folgen, vor der Zukunft und vielfach auch vor dem Tod. Dies führt fast zwangsläufig dazu, dass man die Welt mit anderen Augen betrachtet und sich die persönliche Werteskala verändert. Die Probleme und Gesprächsthemen anderer erscheinen einem oft banal und oberflächlich. Man beginnt vielleicht, sich von den Menschen seiner näheren Umgebung zu distanzieren. Achten Sie aber darauf, dass Sie sich nicht selbst ins Abseits manövrieren und zu sehr isolieren!
Isolation vermeiden
Wann und auf welche Weise ein Angehöriger auf die stattfindenden Veränderungen in seinem Leben reagiert, wird individuell immer verschieden sein. Erfahrungsgemäß halten viele in der ersten Zeit ihre Gefühle noch stark zurück, da die Gedanken vor allem um den Kranken und dessen Bedürfnisse kreisen. Erst wenn etwas mehr Ruhe eingekehrt ist und der Alltag mit eventuell veränderter Routine wieder Raum zu greifen beginnt, gesteht man sich selbst eigene Reaktionen zu. Angehörige von Krebspatienten sind nicht nur psychischen Belastungen ausgesetzt. Auch der Körper reagiert auf die zahlreichen Umwälzungen, und es kann dazu kommen, dass Sie sich häufig unpässlich fühlen. Zu den häufigsten Beschwerden gehören Schlafstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Herzklopfen, mangelnder Appetit und Durchfall. Haben Sie keine Hemmungen, deswegen Ihren Hausarzt um Rat zu fragen. Lassen Sie sich helfen, auch wenn Sie Ihre Beschwerden im Vergleich zur Krebs-
Körperliche Reaktionen
32 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE erkrankung Ihres Partners oder eines Elternteils für unbedeutend halten. Denken Sie daran, dass Sie Ihrerseits nur für den Kranken da sein können, wenn Sie selbst genügend Kraft haben und sich wohlfühlen. An besonders schweren Tagen kann vielleicht sogar ein Glas Wein oder eine Tablette ganz hilfreich sein, um besser abspannen oder schlafen zu können. Sie sollten es jedoch keinesfalls zur Gewohnheit werden lassen. Reizbarkeit
Wut
Möglicherweise stellen Sie auch fest, dass Sie selbst auf die unbedeutendsten Dinge empfindlich und gereizt reagieren, sich ihren Mitmenschen gegenüber aggressiver verhalten, launenhaft sind oder unter Konzentrationsschwierigkeiten leiden. Wenn man sich lange der Anforderung ausgesetzt sah, immer der Starke sein zu müssen, der sich um alles kümmert, ist es ganz natürlich, dass die eigene Toleranzgrenze sinkt. Unter Umständen entwickeln Sie auch dem Kranken und dem ganzen Behandlungssystem gegenüber Wutgefühle. Ursache hierfür ist meist die eigene Ohnmacht, die in schwierigen Situationen besonders stark zu spüren ist. Oft hat man ein schlechtes Gewissen, wenn man den Kranken seinen Unwillen spüren lässt. Wenn Sie wirklich einmal die Geduld verlieren und zornig werden, verzeihen Sie sich selbst Ihr Verhalten; Sie würden sonst Schuldgefühle entwickeln, die zu einer zusätzlichen Belastung führen würden.
Erfahrungsaustausch hilft
Im Laufe der Behandlungszeit des Kranken werden Sie sicher auch Angehörige von Mitpatienten kennenlernen, die vielfach ähnliche Probleme zu bewältigen haben wie Sie und mit denen sich – Sympathie vorausgesetzt – ein Erfahrungsaustausch, gern außerhalb der Krankenhausmauern, lohnt.
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Auch Mitglieder von Selbsthilfegruppen nach Krebs, die zwar eigentlich für die Patienten gedacht sind, werden Ihnen bei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite stehen. Anschriften von solchen Gruppen in Ihrer Nähe erhalten Sie bei der Deutschen Krebshilfe (Adresse siehe Seite 70). Wenn Sie mit der Situation allein nicht mehr fertig werden, sollten Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Hier leisten Krebsberatungsstellen wertvolle Arbeit. Vielleicht sind Sie an Gruppenangeboten oder Seminaren interessiert, die unter anderem von solchen Beratungsstellen durchgeführt werden. Auch die Dr. Mildred Scheel Akademie in Köln bietet verschiedene Seminare an. Wenn Sie sich einen Überblick über das Kursangebot verschaffen möchten, fordern Sie das Jahresprogramm an:
Professionelle Hilfe
Dr. Mildred Scheel Akademie
Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung gGmbH Joseph-Stelzmann-Str. 9 · 50931 Köln Telefon: 02 21/ 94 40 49 - 0 · Telefax: 02 21/ 94 40 49-44 E-Mail:
[email protected] Internet: www.mildred-scheel-akademie.de Ein Psychologe oder ein Seelsorger kann Ihnen ebenfalls dabei helfen, einen Überblick über Ihre Lage zu gewinnen. Sie können ihm Ihre Probleme schildern und müssen dabei kein schlechtes Gewissen haben: Zuhören und helfen gehört zu den Aufgaben beider Berufsgruppen. Fassen Sie es also keinesfalls als Niederlage auf, wenn Sie sich psychologischen oder seelsorgerischen Beistand holen. Es geht vielmehr darum, für eine schwierige Situation die bestmögliche Lösung zu finden. Manchmal kommt es vor, dass die Familie durch die Krebserkrankung in eine finanzielle Notlage gerät. Es können zum Beispiel krankheitsbedingte Kosten entstehen,
Härtefonds für finanzielle Notlagen
34 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE die das – vielleicht ohnehin geschmälerte – Einkommen zu stark belasten. Kosten, die keine Krankenkasse oder andere Institution übernimmt. Hier hilft der Härtefonds der Deutschen Krebshilfe schnell und unbürokratisch (Adresse Seite 70). Die einmalige finanzielle Unterstützung ist in der Höhe begrenzt. Damit die Gelder denen zugute kommen, die sie am dringendsten benötigen, sind die Zuwendungen an bestimmte Familieneinkommensgrenzen gebunden. Allein 2002 hat die Deutsche Krebshilfe auf diese Weise knapp 4,3 Mio. Euro an direkter Hilfe an 9415 bedürftige Krebspatienten gegeben.
Auf sich selbst Acht geben
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Seit bei Ihrem (Ehe-)Partner, bei einem Elternteil oder einem anderen nahen Verwandten die Diagnose Krebs gestellt wurde, haben Sie sich fast ausschließlich nach den Bedürfnissen des Kranken gerichtet. Sie müssen aber darauf achten, dass Sie selbst nicht zu kurz kommen, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Vielleicht haben Sie das Gefühl, den Kranken im Stich zu lassen, wenn Sie einen Stadtbummel machen, ins Kino oder ins Konzert oder essen gehen. Gönnen Sie sich diese Atempausen. Niemand kann ständig auf Hochtouren laufen; auch der leistungsfähigste Mensch hat seine Grenzen und braucht Erholungsphasen, in denen er abschalten und neue Energie tanken kann. Einigen bietet körperliche Betätigung eine sehr gute Entspannungsmöglichkeit: Sie treiben Sport, machen Spaziergänge oder arbeiten in Haus und Garten. Andere wiederum ziehen es vor, Musik zu hören, ein gutes Buch zu lesen oder in die Sauna zu gehen. Gönnen Sie sich selbst etwas Gutes, legen Sie Pausen ein, und gehen Sie Ihren eigenen Interessen nach. Wenn Sie nicht ausreichend auf sich selbst Acht geben, wird Ihnen schon bald die notwendige Kraft fehlen, die Sie brauchen, um dem Kranken weiterhin beistehen zu können. Denken Sie daran, dass Sie eine unentbehrliche Stütze für ihn sind.
„Spiegelung des Sonnenuntergangs am Meer mit drei Segelbooten“ – Mädchen 9 Jahre
Die lange Behandlungszeit und die nerven- und kräfteraubende Situation lastet schwer auf Ihnen. Aber im Laufe der Zeit werden Sie feststellen, dass Sie in der Tat sehr viel mehr verkraften können, als Sie je vermutet hätten. Wahrscheinlich werden Sie Seiten an sich entdecken, die Ihnen vorher völlig unbekannt waren. Nicht nur die Kran-
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36 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Das Leben gewinnt an Tiefe
ken selbst, sondern auch viele Angehörige haben berichtet, dass ihr Leben durch die Krebserkrankung an Tiefe gewonnen hat.
Miteinander reden Viele Probleme lassen sich vermeiden, viele Konflikte lösen, wenn man miteinander redet: ein Rat, der vielfach leichter zu geben als zu befolgen ist. Oft steht man vor dem Dilemma, dass man einerseits gerne den richtigen Zeitpunkt abwarten möchte, um über eine bestimmte Sache zu reden, andererseits nicht unbegrenzt auf die passende Gelegenheit warten kann. Angehörige neigen dazu, ihre eigenen Probleme – verglichen mit denen des Kranken – als unbedeutend abzutun. Sie halten sich zurück, da sie den anderen unter allen Umständen schonen und nicht mit alltäglichen Kleinigkeiten behelligen möchten. Aber vielleicht möchte er gerade diese Normalität erleben. Krebskranke möchten sich, ihre Situation und die daraus resultierenden Anforderungen zwar ernst genommen wissen, sie wünschen sich Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Probleme, aber sie möchten nicht pausenlos und ausschließlich über ihre Krankheit sprechen. Alltagsprobleme thematisieren
„Behelligen“ Sie den Kranken ruhig auch mit alltäglichen Schwierigkeiten. Sie lenken ihn damit vielleicht sogar für eine gewisse Zeit von seiner Krankheit ab und geben ihm das Gefühl, zum Beispiel während des Krankenhausaufenthaltes am Leben „draußen“ teilhaben zu können. Auch ein kranker Mensch hat das Bedürfnis, seinem Partner beizustehen.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Wissen Sie nicht, wie Sie ein ernstes Thema am besten anschneiden können? Dann erinnern Sie sich, in welchen Situationen Sie sich früher am besten mit dem Kranken unterhalten konnten. Haben Sie beispielsweise tiefgehende Gespräche bei gemeinsamen Spaziergängen geführt, bei einem guten Essen oder abends, wenn die Kinder im Bett waren? Versuchen Sie, soweit es die gesundheitliche Situation des Kranken zulässt, solche Rahmenbedingungen auch jetzt zu schaffen. Ein künstlich erzwungenes Gespräch auf dem Krankenhausflur oder am Küchentisch ist sicher keine gute Ausgangssituation.
Gesprächsatmosphäre schaffen
Eine funktionierende Kommunikation zwischen dem Angehörigen und dem Kranken vermittelt beiden Seiten Nähe und hilft, die Bedürfnisse des anderen zu erkennen.
Die kleinen Freuden des Alltags Eine Krebserkrankung kann sich lange hinziehen. Zu manchen Zeiten bestimmen die zahlreichen Arzttermine für Untersuchungen, Behandlungen und Kontrollen den Alltag. Für einen Angehörigen sind es oft sehr schwere Tage und Wochen, man wird von der Angst vor der Zukunft, vor dem Tod und dem Verlust eines geliebten Menschen vollends beherrscht. Einige Menschen entwickeln auch ein Gefühl der Ungerechtigkeit und der Wut: Sie möchten gemeinsam mit ihrem Ehepartner alt werden oder die Mutter oder der Vater sollen miterleben dürfen, wie es einem in Zukunft ergehen wird. Um sich selbst zu schützen, versuchen Sie vielleicht phasenweise, von einem Tag auf den anderen zu leben und alle Gedanken an die Zukunft weit von sich zu schieben. Aber selbst dann werden in Ihnen immer wieder Zukunftsängste aufsteigen, über die Sie sprechen möchten und sollten.
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Zukunftsängste
38 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Vertrauen Sie sich einer außenstehenden Person an, wenn Sie den Kranken nicht damit belasten wollen. Im Krankenhaus könnte dies zum Beispiel ein Sozialarbeiter oder ein Seelsorger sein; in der Nähe Ihres Wohnortes gibt es sicher auch eine Krebsberatungstelle. Eine schwere Krankheit wird über weite Strecken das Denken, Fühlen und Handeln aller Beteiligten bestimmen. Versuchen Sie gerade deshalb, den Alltag an diese Situation anzupassen und ihm neue Inhalte zu geben. Schaffen Sie für sich und den Kranken positive Erlebnisse.
Erfolgserlebnisse motivieren
Setzen Sie sich realistische Ziele, auf die Sie hinarbeiten und über deren Erreichen Sie sich freuen können (vergleiche dazu auch den untenstehenden Kasten „Problemflut - Problembewältigung“). Es müssen nicht immer große Unternehmungen sein, auch kleine Erfolgserlebnisse motivieren. Stellen Sie sich jedoch darauf ein, dass der eine oder andere Ihrer Pläne durchkreuzt werden kann, dann sind Sie nicht allzu enttäuscht, wenn es wirklich passiert.
Problemflut – Problembewältigung Die im Folgenden beschriebene Vorgehensweise erhebt nicht den Anspruch, allen Angehörigen in allen Problemlagen helfen zu können. Sie hat sich aber vielfach als geeignetes Instrument für Angehörige bewährt, die das Gefühl haben, von einer Problemflut überrollt zu werden, und Klarheit und Übersicht bekommen möchten, um mit den anstehenden Problemen besser fertig werden zu können.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Beantworten Sie folgende Fragen: ● Wie wichtig sind die Probleme für Sie selbst? Versuchen Sie, eine genaue Beschreibung zu geben (nervenaufreibend, bedrückend, ärgerlich, einschränkend und so weiter). ● Listen Sie die Probleme auf und beschreiben Sie sie stichwortartig. Versuchen Sie, verschiedene Verhaltens- und Lebensbereiche zu trennen. ● Wenden Sie sich nun dem einfachsten Problem zu. Beschreiben Sie genau: wann das Problem auftritt, welche Verhaltensweisen genau damit verbunden sind, welche Situationen damit verbunden erscheinen, woran Sie und andere merken würden, dass das Problem gelöst ist. ● Stellen Sie für dieses Problem kleine, überschaubare Teil(Verhaltens-)ziele für die nächsten Tage auf. Um Ihren Zielen nahe zu kommen, greifen Sie, soweit es geht, auf bekannte, gewohnte Verhaltensweisen zurück. ● Gehen Sie, wenn Sie wollen, die anderen Probleme auf die gleiche Weise an. ● Nehmen Sie sich nicht zuviel vor. Die Wirkung dieser Vorgehensweise besteht darin, dass kleine Erfolgserlebnisse das Vertrauen, Probleme aus eigener Kraft lösen zu können, steigern. Dieser Ansatz scheitert, wenn das erste Ziel nicht klar begrenzt ist.
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40 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE „Was fehlt dir, Papa?“ Wenn Eltern sterben
Im ersten Teil dieses Ratgebers ging es um das Leben als Angehöriger eines Krebskranken im Allgemeinen. Auf den nun folgenden Seiten wollen wir einen Aspekt besonders beleuchten, nämlich die Situation von Kindern, die damit konfrontiert werden müssen, dass ein Elternteil an Krebs erkrankt ist. Wir beschreiben die Auswirkungen eines solchen Ereignisses auf die Erlebniswelt von Kindern und möchten Ratschläge geben, wie Eltern und andere Erwachsene den Kindern in einer solchen Situation helfen können.
Mein Vater ist krank „Ich habe einen Vater, der sehr krank ist. Er hat eine schwere Krankheit, die Leukämie heißt, eine Krebskrankheit. Als ich das erfuhr, wurde mir ganz komisch zumute. Mir schwirrten tausend Gedanken durch den Kopf. Das erste, woran ich dachte, war der Tod.“ (Stine, 12 Jahre) Das Leben eines Kindes verändert sich, wenn Vater oder Mutter ernsthaft erkrankt sind. Kinder besitzen die Fähigkeit, auch in solchen Zeiten zu spielen und fröhlich zu sein; dennoch empfinden sie die Phase der Krankheit wie ein Erwachsener als eine Zeit der Angst und Sorge. Um diese Belastung so gut wie möglich überstehen zu können, bedürfen Kinder besonderer Aufmerksamkeit und Fürsorge.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Die Eltern beziehungsweise der gesunde Elternteil werden diese Situation allein nicht bewältigen können. Sie sollten Beistand und Hilfe von Großeltern, Freunden, Nachbarn, Lehrern, Psychologen, Pflegepersonal, Ärzten oder Seelsorgern annehmen.
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Holen Sie sich Hilfe
Eltern machen sich oft Gedanken darüber, ob und inwieweit sie ihre Kinder über die Krebserkrankung eines Elternteils in Kenntnis setzen sollen. Sie zögern unter anderem deshalb, weil sie nicht wissen, wie sehr sie ihre Kinder mit solch schwerwiegenden Problemen belasten können und sollen, und weil sie ihnen nur ungern absichtlich Sorgen bereiten möchten. Dennoch ist es wichtig, dass in der Familie über die neue Situation gesprochen wird. Auf die Dauer werden Sie ohnehin vor den Kindern nicht verbergen können, dass etwas nicht in Ordnung ist. Kinder besitzen eine besondere „Antenne“, ein ausgeprägtes Gespür für Stimmungen und bemerken rasch, wenn die Eltern bekümmert und bedrückt sind. Erfahren sie den Grund dafür nicht, werden sie ihrer ausschweifenden Phantasie freien Lauf lassen und sich mitunter Szenarien ausmalen, die die Wirklichkeit vielleicht bei weitem übertreffen. Mit solchen Gedanken allein gelassen, kann besonders bei sehr sensiblen Kindern ein Gefühl der Unsicherheit, des Verlassenseins und der Isolation entstehen. Für Kinder getrennt lebender oder geschiedener Eltern kann sich eine noch kompliziertere Situation ergeben. Leben sie bei dem nicht erkrankten Elternteil, müssen sie ihre Gefühle, zum Beispiel die Angst um den kranken Vater oder die kranke Mutter, offen zeigen dürfen, auch wenn das Verhältnis zwischen den Eltern gespannt sein sollte. Ist jedoch der Elternteil krank, bei dem sie leben, werden sie mit der Krankheit eine existentielle Bedrohung verbinden.
Gespür für Stimmungen
Wenn Eltern getrennt leben
42 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Ungeachtet der Familienverhältnisse sind Nähe, Geborgenheit und Sicherheit überaus wichtig für die Kinder. Es gibt noch einen weiteren wichtigen Grund, ihnen die Wahrheit nicht vorzuenthalten: Kleinere Kinder können einzelne Erlebnisse und Eindrücke nur schwerlich in einen größeren Zusammenhang einordnen. So verstehen sie zum Beispiel nicht, dass der Vater, der ihrem Empfinden nach gesund aussieht, todkrank sein kann, während die Mutter, die eine schwere Operation hinter sich gebracht hat, völlig gesund nach Hause kommt.
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Aufgrund ihrer scharfen Beobachtungsgabe und ihres guten Gespürs für besondere Situationen werden viele Kinder ohnehin ahnen, dass irgendetwas „nicht in Ordnung ist“. Wenn Sie sie so lange im Unklaren lassen, bis sie die Wahrheit aus anderer Quelle erfahren haben, riskieren Sie, dass die Kinder nun ihrerseits nicht wagen, Sie offen zu fragen, und deshalb ihrem Kummer allein überlassen bleiben.
Helfen Sie Ihren Kindern, die Situation besser einzuordnen und zu verstehen, indem sie jederzeit offen für deren Fragen sind. Sie werden sie damit gleichzeitig vor unnötiger Angst bewahren.
Der richtige Zeitpunkt Wie bei vielen Fragen des menschlichen Miteinanders gibt es keine Faustregel, wann der richtige Zeitpunkt ist, um das Kind über die Erkrankung eines Elternteils aufzuklären. Und auch die Art und Weise, wie ein solches Gespräch ablaufen soll, werden Sie selbst bestimmen müssen. Warten Sie nicht zu lange
Auch Sie werden vielleicht versucht sein, ein solches Gespräch hinauszuzögern. Sie laufen dabei jedoch Gefahr, dass die Kinder die Wahrheit von anderen erfahren oder zufällig Zeuge eines Gespräches zwischen Ihnen und einem Dritten werden.
„Kleines Haus unterm Regenbogen“ – Junge 8 Jahre
Kinder haben die Fähigkeit, selbst mit sehr dramatischen und traurigen Nachrichten umgehen zu können. Von zentraler Bedeutung ist hierbei jedoch, dass sie von liebevollen und verständnisvollen Erwachsenen aufgefangen werden, die ihnen das Gefühl von Nähe und Geborgenheit geben.
Nähe und Geborgenheit geben
44 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Wenn die Krankheit lebensbedrohlich ist
Sollte die Erkrankung des Vaters oder der Mutter so weit fortgeschritten sein, dass sie lebensbedrohlich ist, müssen Sie auch in diesem Fall dem Kind die Wahrheit sagen. Machen Sie ihm klar, dass die Ärzte zwar alles in ihrer Macht Stehende tun, aber dass auch diese keine Wunder vollbringen können. Machen Sie dem Kind keine falschen Hoffnungen, auch wenn die Versuchung sicher groß ist, den Kummer des Kindes noch möglichst gering zu halten. Für ein Kind ist es sehr beruhigend, wenn die Erwachsenen ihm versprechen, rechtzeitig Bescheid zu geben, wann der Zeitpunkt des Abschiednehmens gekommen ist. Auf diese Weise kann sich das Kind besser auf andere Dinge konzentrieren.
Die ganze Wahrheit? Sprechen Sie sich ab
Bevor die Eltern ihrem Kind mitteilen, dass ein Elternteil an Krebs erkrankt ist, sollten sie gemeinsam beraten, was sie über die Krankheit erzählen wollen. Sie sorgen so dafür, dass das Kind von beiden Elternteilen die gleichen Erklärungen erhält. Fällt es vielen Erwachsenen schon schwer, mit anderen Erwachsenen über ein so schwieriges Thema zu sprechen, sind sie bei Kindern über die Gesprächsführung erst recht verunsichert.
Kindliches Auffassungsvermögen ist anders
Berücksichtigen Sie auf jeden Fall, dass Kinder eine grundlegend andere Denkweise und ein anderes Auffassungsvermögen als Erwachsene haben. Kinder denken „in kleinen Portionen“, selektiv. Wenn Sie ihnen alle Einzelheiten über die Krankheit, die Behandlungsmethoden und die Folgen für die Familie auf einmal erzählen wür-
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den, wären sie gar nicht in der Lage, alle Informationen zu verarbeiten. Die Kinder wären infolgedessen vielleicht erst recht verunsichert. Beschränken Sie sich deshalb in mehreren Gesprächen immer nur auf einzelne Details, und versuchen Sie herauszufinden, woran das Kind im Moment besonders interessiert ist. Vielleicht beschäftigt Ihr Kind sich beispielsweise gerade damit, wie die Krankheit den Alltag verändert hat, dass der Tagesablauf durcheinander geraten ist, weil die Mutter durch die Behandlung oft müde ist. Oder es möchte darüber sprechen, warum der Vater die Haare verliert oder so häufig ins Krankenhaus muss. Kinder sind es gewohnt und können es deshalb verstehen, dass nicht immer alle ihre Fragen auf einmal beantwortet werden. Vermeiden Sie es aber, allzuviele Fragen offen zu lassen. Ein offenes, von Vertrauen geprägtes Verhältnis zu den Erwachsenen ist für Kinder das Wichtigste. Sie müssen das Gefühl haben, alles fragen und sich so geben zu können, wie ihnen gerade zumute ist – ob sie nun glücklich oder traurig sind.
Kindliche Reaktionen Kinder sind innerhalb kurzer Zeitspannen zu starken Gefühls- und Gemütsschwankungen fähig. War es eben noch sehr verängstigt, kann es schon wenig später zum heiteren Spiel mit Freunden übergehen. Im Gegensatz zu den meisten Erwachsenen können Kinder Kummer zeitweise „ausblenden“ und schützen sich
Starke Gefühlsschwankungen
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46 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE auf diese Weise davor, dass er zu überwältigend wird. Aber Angst und Kummer kommen wieder. Kinder in solchen Situationen haben deshalb ein besonders starkes Bedürfnis nach Fürsorge und Zuwendung, selbst wenn sie zeitweise glücklich und unbekümmert erscheinen. Geschwister reagieren unterschiedlich
Die Reaktionen von Geschwistern auf die Krankheit eines Elternteils können oft sehr unterschiedlich sein. Während das eine Kind sich in sich selbst zurückzieht, wird das andere vielleicht seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Unabhängig von den verschiedenen Verhaltensweisen braucht das eine Kind ebenso viel Unterstützung wie das andere.
Wo warst du, Mama? Kleinere Kinder reagieren immer besonders auf eine Trennung von ihren Eltern. Unabhängig davon, ob der Grund hierfür eine Reise oder ein Krankenhausaufenthalt ist: Sie vermissen den Vater oder die Mutter; sie sind verunsichert, weil der alltägliche Rhythmus gestört wird. Trennungsängste
Kinder unter vier Jahren erleben die Trennung von ihren Eltern am schlimmsten, da sie - meist von der Mutter noch sehr abhängig sind. Sie haben Angst davor, dass der Vater oder die Mutter nicht zurückkommt. Oft bäumt sich das Kind dagegen auf, dass man es allein gelassen hat: anfangs vielleicht noch lautstark, aber nach einiger Zeit lässt der vehemente Protest nach. Das Kind scheint sich der neuen Situation anzupassen und wendet sich dem anwesenden Elternteil, den Großeltern oder anderen vertrauten Erwachsenen zu. Unter der scheinbar ruhigen Oberfläche aber verbleibt eine starke Sehnsucht nach dem anderen Elternteil. Gleichzeitig ist das Kind enttäuscht und zornig darüber, dass der Kranke nicht da ist. Vielfach bricht die Enttäu-
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schung hervor, wenn der kranke Elternteil nach Hause kommt: Dann tut das Kind so, als würde es den Vater oder die Mutter nicht mehr kennen, es geht ihm beziehungsweise ihr vielleicht völlig aus dem Wege. Nach einiger Zeit kann sich das Verhalten wieder ändern: Das Kind kommt mit Vorwürfen, weint und klammert sich an denjenigen, der fortgewesen ist. Räumen Sie Ihren Kindern das Recht ein, heftig und bisweilen aggressiv zu reagieren. Sie helfen ihnen damit, schneller über den zeitweisen Verlust hinwegzukommen und in den normalen Alltag zurückzufinden. Die meisten Kinder haben ein überaus gutes Gedächtnis für Ereignisse und Empfindungen. Selbst mehrere Monate nach einem Krankenhausaufenthalt kann dies in Fragen zum Ausdruck kommen wie: „Wo warst du, Mama? Warum warst du nicht bei mir? Ich habe dich so sehr vermisst.“ Sorgen Sie möglichst dafür, dass Ihr Kind während der Abwesenheit des erkrankten Elternteils von einer Person betreut wird, mit der es vertraut ist und der es vertraut. Das ist nicht immer zwangsläufig die Oma, wenn diese weit weg wohnt und Ihr Kind sie nur selten sieht. Eine Freundin oder andere Person, zu der Ihr Kind ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat, ist in solchen Fällen sicher die bessere Lösung – vorausgesetzt, diese Person sieht sich in der Lage, diese anspruchsvolle Aufgabe zuverlässig zu übernehmen. Soweit es machbar und dem Kind gegenüber vertretbar ist, sollte es Vater oder Mutter regelmäßig im Krankenhaus besuchen können.
Zuverlässige Betreuung durch vertraute Person
48 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Stellen Sie sich jedoch darauf ein, dass Sie nach der Rückkehr aus der Klinik Zeit brauchen, damit Sie gemeinsam mit dem Kind die fremden Eindrücke verarbeiten können. So helfen Sie Ihrem Kind, mit der ungewohnten Situation fertig zu werden.
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Hinter derlei Aggressionen verbirgt sich die Trauer über das Geschehene und ein Verlangen nach Nähe und Verständnis. Ein Zehnjähriger hat dieses Verhalten einmal sehr treffend beschrieben: „Wenn ich Amok laufe, will ich am allerliebsten getröstet werden.“
Wenn Kinder wieder in die Hose machen Kleinere Kinder mit ernsthaften Problemen neigen dazu, in ein früheres Entwicklungsstadium zurückzufallen. So kann es beispielsweise passieren, dass sie wieder in die Hose machen, obwohl sie schon längere Zeit sauber sind; andere nuckeln wieder am Daumen, stammeln oder sind quengelig wie ein Kleinkind.
Nägelkauen und Alpträume
Dies alles sind Hilferufe nach Aufmerksamkeit und Zuwendung, damit sie ein neues Gleichgewicht finden können.
Die Reaktionen der Kinder können breit gefächert sein. Es gibt jedoch eine Reihe von Verhaltensweisen, die sich sehr häufig finden.
Aggressionen Trennungsängste bei älteren Kindern
Bei älteren Kindern drücken sich die Trennungsängste wieder anders aus. Wenn Vater oder Mutter für längere Zeit im Krankenhaus ist, kann sich die Sehnsucht eines Kindes darin äußern, dass es gegenüber seiner vorübergehenden Aufsichtsperson mit Zorn und Aggressionen reagiert. Vielleicht fängt es an zu schimpfen oder schlägt in seiner Verzweiflung sogar auf den Erwachsenen ein. Das Kind kann auch dem Kranken gegenüber aggressiv reagieren, da dieser seinen bisherigen Aufgaben und Gewohnheiten nicht mehr nachkommt und ihm beispielsweise keine Gutenachtgeschichte vorliest oder mit ihm gemeinsam auf Angeltour geht.
Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt ist, ist jedes Kind von der neuen Situation zu Hause betroffen - auch wenn es nicht über die Krankheit des Vaters oder der Mutter spricht.
Das Kind: ● kaut Nägel, kratzt, schlägt um sich, tritt mit den Füßen; ● weint und ist traurig; ● ist wehleidig; ● ist gereizt und zornig oder versucht, Aufmerksamkeit zu erregen; ● hat Angst vor der Dunkelheit oder davor, von zu Hause fort zu müssen; ● hat Alpträume oder Einschlafprobleme; ● leidet unter Essstörungen oder Bauchschmerzen; ● kann sich nur schwer konzentrieren; ● hat Angst vor Katastrophen und davor, dass noch andere Familienmitglieder krank werden könnten.
Typische Verhaltensweisen
50 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Wenn das Kind aufhört zu spielen Kinder haben einen sehr ausgeprägten Spieltrieb.
Besonders aufmerksam sollte man deshalb sein, wenn das Kind: ● übertrieben folgsam ist; ● sich isoliert; ● die Schule schwänzt; ● Verhaltensstörungen in der Schule oder im Kindergarten aufweist; ● nicht mehr spielt.
Eltern-LehrerGespräch
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Umwelt haben können. Häufig sind sie davon überzeugt, dass sie die Krankheit des Vaters oder der Mutter verursacht haben, weil sie ihnen irgendwann einmal anlässlich eines Streites Schlechtes gewünscht haben. Ihrer Ansicht nach bekommen sie nun folgerichtig ihre „gerechte Strafe“ für solche Gedanken. Selbst wenn Kinder zu solchen Vorstellungen neigen, sind sie dennoch in der Lage, Zusammenhänge richtig zu durchschauen. Doch die Schuldgefühle gewinnen oft Oberhand über die Vernunft und können das Kind sehr belasten, wenn es mit niemandem darüber sprechen kann.
Diese Reaktionen sind typisch für Kinder, die allein mit ihren schweren Gedanken kämpfen und dringend die Hilfe von Erwachsenen benötigen.
Das Zusammenleben während der Krankheit
Deshalb ist es wichtig, dass sowohl die Eltern wie auch die Erzieher beziehungsweise Lehrer besonders aufmerksam auf veränderte Verhaltensweisen der Kinder achten.
Ist Krebs ansteckend? Kann Papa sterben, während ich in der Schule bin? Was macht der Krebs mit Mama? Wird Papa noch kränker werden, wenn ich Lärm mache? Werden mich meine Klassenkameraden damit hänseln, dass meine Mutter keine Haare hat?
Fällt einer der Kontaktpersonen des Kindes irgendetwas Ungewöhnliches auf, muss ein Gespräch zwischen dem Elternhaus und dem Erzieher/Lehrer stattfinden. Ein enger Kontakt zwischen dem Elternhaus und dem Kindergarten/der Schule kann für das Kind eine Hilfe von unschätzbarem Wert sein.
Schuldgefühle Kinder haben oft Probleme damit, Wirklichkeit und Phantasie voneinander zu trennen. Sie glauben, dass ihre Worte und Wünsche dramatische Auswirkungen auf die
Im Laufe der Zeit, wenn das Kind versteht, dass sein Vater oder seine Mutter an Krebs erkrankt ist, werden immer mehr Fragen auftauchen. Das Kind wird infolgedessen oft über die Krankheit sprechen wollen. Ausgelöst durch die große Verlustangst um den geliebten Vater oder die geliebte Mutter, befürchtet es vielleicht, dass noch andere Familienmitglieder krank oder von einer Katastrophe betroffen werden könnten.
Schuldgefühle ausräumen
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HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
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Körperkontakt gibt Sicherheit Muss man mit einem Kind ein ernstes Gespräch führen, sollte man für eine angemessene Gesprächsatmosphäre sorgen. Im Gegensatz zu Erwachsenen ist es vielfach hilfreich, Körperkontakt zum Kind zu halten: Umarmen Sie es, halten Sie seine Hand oder kuscheln Sie sich gemeinsam in eine Sofaecke. Manche Kinder fühlen sich noch sicherer, wenn sich der Erwachsene mit ihm in Augenhöhe unterhält.
Angemessene Gesprächsatmosphäre
Physische Nähe vermittelt besser als alle Worte: „Wir beide sind jetzt hier zusammen, ich habe dich gern, du bist nicht allein.“
„Der Regenbogen beschützt die kleine Blume, Gewitterwolken ziehen von links nach rechts vorüber“ – Mädchen 11 Jahre
Geben Sie Ihrem Kind Sicherheit, indem Sie ihm erläutern, dass es nicht nur schwere Krankheiten gibt. Für ein Kind ist es beruhigend zu wissen, dass eine Erkältung oder eine Magenverstimmung – anders als eine Krebserkrankung – durchaus nicht lebensbedrohlich ist. Gegebenenfalls sollten Sie Ihrem Kind auch versichern, dass die anderen Familienmitglieder gesund sind. Denken Sie aber auch in diesem Fall daran, dass Kinder nicht daran gewöhnt sind, lange Gespräche zu führen. Sie sprechen und weinen in kurzen Sequenzen und leben hauptsächlich in der Gegenwart. Sie stellen Fragen, bekommen Antworten und wenden sich dann wieder ihrem Spiel zu. Wenig später tauchen neue Fragen auf.
Wenn ein Kind keine Fragen stellt Nicht alle Kinder stellen viele Fragen. Vielleicht haben sie das Gefühl, dass ihre Fragen bereits beantwortet wurden. Schweigen kann aber auch ein Zeichen für Verunsicherung sein, ausgelöst durch die unbekannten und heftigen Gefühle, die die Erkrankung des Vaters oder der Mutter bei ihm hervorgerufen hat. Erst wenn ein Kind dazu bereit ist, seine Gefühle mit den Eltern oder anderen Erwachsenen zu teilen, wird es sich nach und nach mit seinen Fragen an sie wenden. Die meisten Kinder werden ihre innersten Gefühle nicht offenbaren, wenn sie sich dazu gedrängt fühlen. Die Eltern können jedoch versuchen, anhand von einfachen Beispielen die Gesprächsbereitschaft des Kindes zu fördern: „Viele Kinder sind böse auf ihren Vater, wenn er krank ist“ oder „Viele Kinder glauben, dass sie daran
Gesprächsbereitschaft fördern
54 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Schuld sind, dass ihre Mutter krank ist.“ Das Kind kann daran erkennen, dass man ruhig über seine tiefsten Gefühle sprechen darf. In den meisten Fällen sollte es dann auch den Mut finden, sich selbst zu öffnen. Der – verständliche – Wunsch vieler Erwachsener, Kinder mit einer Aussage wie „Es wird schon alles gut“ zu beschwichtigen, wird auf Dauer keine zufriedenstellende Lösung bringen. In den meisten Fällen wird eine solche Antwort das Kind demotivieren und verunsichern, und es wird in letzter Konsequenz ganz aufhören, Fragen zu stellen.
Papa und Mama lieben dich Für ein Kind ist es von existentieller Bedeutung zu wissen, dass es von Vater und Mutter geliebt wird. Wenn die Eltern nicht mehr so viel Zeit mit ihnen verbringen, glauben viele Kinder, dass man sie nicht mehr so lieb hat wie früher. Zeigen Sie den Kindern Ihre Liebe
Sagen Sie deshalb Ihren Kindern immer wieder, wie lieb Sie sie haben. Tun Sie es besonders auch dann, wenn Sie bisweilen traurig, ermattet oder gereizt sein sollten. Erklären Sie den Kindern, weshalb Sie beispielsweise auf bestimmte Dinge oder in bestimmten Situationen sehr viel aufbrausender reagieren als früher. Bereiten Sie sich darauf vor, dass durch die Krankheit sowohl die Eltern als auch die Kinder vielfach unausgeglichener, reizbarer und aggressiver sein können als früher. Selbst so banale Dinge wie der Abwasch können Anlass zu Auseinandersetzungen geben.
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Neugierige Fragen Außenstehender Viele Menschen sind überaus neugierig, und so kann es gelegentlich vorkommen, dass Ihre Kinder unter dem Deckmantel des Mitgefühls mit taktlosen Fragen nach der Krankheit von Vater oder Mutter von „wohlmeinenden“ Außenstehenden konfrontiert werden. Kleinere Kinder verfügen noch nicht über das nötige Wissen und die Einsicht, um darauf angemessen antworten zu können. Deshalb können Sie in einer solchen Situation oft stark verwirrt und verschreckt reagieren. Damit Ihre Kinder nicht gänzlich unvorbereitet sind, sollten Sie vielleicht gemeinsam mit ihnen eine passende, dem Alter des Kindes entsprechende Antwort überlegen wie etwa: „Mein Vater hat Krebs und bekommt starke Medizin. Die bewirkt, dass er seine Haare verliert und häufig müde ist. Aber bald ist er wieder gesund.“ Kinder untereinander können oft grausam sein. Vielleicht wird Ihr Sohn oder Ihre Tochter von den Spielkameraden gehänselt, weil die Mutter es im Augenblick nicht vom Kindergarten abholt oder weil der Vater an der jüngsten Fahrradtour nicht teilnehmen konnte. Erklären Sie Ihrem Kind, dass es am besten den Spielkameraden gegenüber offen und ehrlich über die Krankheit des Elternteils und die Folgen für die Familie sprechen soll. So können Sie unter anderem vermeiden, dass sich Ihr Kind von den Freunden entfernt und vereinsamt. Das Spiel mit anderen Kindern hilft Ihrem Kind bei der Bewältigung der schwierigen Lebensphase.
Antworten vorbereiten
56 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Krankheitsverarbeitung im Spiel
In der Zeit, in der Vater oder Mutter schwer krank ist, brauchen Kinder besonders die Möglichkeit, sich kreativ zu entfalten. Im Spiel drücken sie ihre Gefühle aus und geben somit den Eltern die Gelegenheit zu erfahren, was sie beschäftigt.
Entlastung von der Beaufsichtigung und Versorgung der Kinder bekommt, sollte man sich eine vertrauenswürdige und den Kindern bekannte Person suchen, die einen zu Hause vertritt.
Viele kleinere Kinder spielen beispielsweise „Krankenhaus“. Mit ihren Puppen übernehmen sie die unterschiedlichen Rollen von Arzt und Patient. Im Spiel arbeitet das Kind diejenigen Gedanken auf, die es sonst nur schwer in Worte fassen kann. Das Spiel mit Verbänden und Spritzen (ohne Kanüle) kann eine große Hilfe sein bei der Bewältigung der starken Gefühle, die die Krankheit des Vaters oder der Mutter hervorruft.
Wenn Eltern im Sterben liegen
Häufig malen Kinder auch Bilder, die mit der neuen Situation der Familie in Zusammenhang stehen. Die Zeichnungen können einen guten Ausgangspunkt für den Zugang zum Kind bieten.
Der Alltag kehrt wieder ein Kinder fühlen sich am geborgensten, wenn das alltägliche Leben so gut wie eben möglich weitergeführt wird. Bedenken Sie, dass selbst eine kurze Trennung vom erkrankten Elternteil beim Kind Angstgefühle hervorrufen kann. Auch die Furcht, dass man den kranken Vater oder die Mutter während der Kindergarten- oder Schulzeit von zu Hause abholen könnte, ist nicht ungewöhnlich. Zu Hause bleiben
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
In den Fällen, in denen die Krankheit des Vaters/der Mutter lebensbedrohlich ist, kann es für ein Kind sehr viel besser sein, wenn es zu Hause bei dem Kranken bleiben darf. Bei schulpflichtigen Kindern wird sich für eine absehbare Zeitspanne sicher eine Regelung finden lassen. Damit der gesunde Elternteil hin und wieder die nötige
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Ist die Krankheit des Vaters oder der Mutter zu weit fortgeschritten, um geheilt werden zu können, kommt irgendwann die letzte Lebensphase: Der Vater oder die Mutter liegt im Sterben und muss vom Leben Abschied nehmen. Wenn das Kind es möchte, sollte es die Gelegenheit bekommen, die letzte Zeit mit dem Kranken gemeinsam zu verbringen. Kleinere Kinder drücken ihre Zuneigung und Fürsorge gerne aus, indem sie dem Kranken zum Beispiel selbstgemalte Bilder oder Blumen schenken. Dies gibt ihnen das Gefühl, ein gleichwertiges Mitglied der Familie zu sein. Ältere Kinder helfen den Erwachsenen vielleicht gerne bei der Pflege des Kranken. Der Tod des geliebten Vaters oder der geliebten Mutter ist für die Kinder ein traumatisches Erlebnis. Dennoch können schöne Erinnerungen dabei helfen, den Schmerz zu lindern. Vielleicht kann der Kranke noch einen Brief ganz allein für das Kind schreiben oder ein Tonband zum Beispiel mit dem Lieblingsmärchen besprechen. Vielleicht vereinbart die kranke Mutter mit dem Kind, dass jeden Abend beim Zubettgehen ein bestimmtes Ritual eingehalten wird und das Kind so immer das Gefühl hat, die Mutter sei bei ihm.
Erinnerungen schaffen
58 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
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Kommt es zu einem plötzlichen Todesfall, kann die Trauer sehr viel länger andauern, als wenn das Kind auf den Verlust eines geliebten Menschen vorbereitet werden konnte. Kinder können in dieser Situation mit Wut reagieren, weil sie den Eindruck haben, dass man sie nicht rechtzeitig informiert hat.
Erwachsene, die nicht zur Familie gehören Wenn in einer Familie ein schwerer Krankheitsfall auftritt, benötigen Kinder mehrere Menschen, die ihnen in dieser schweren Zeit beistehen.
„Der zerbrochene Regenbogen“ – Mädchen 14 Jahre
Kinder sollten die Möglichkeit bekommen, sich vom Sterbenden verabschieden zu können. Dies hat vielleicht große Auswirkungen darauf, wie sie später eigene Trauer erleben werden. Schicken Sie die Kinder deshalb in den letzten Tagen und Stunden des Kranken nicht unbedingt von zu Hause fort, sondern geben Sie ihnen die Gelegenheit, jederzeit zur Stelle zur sein. Dabei ist es wichtig, dass immer eine Person in der Nähe der Kinder ist, zu der sie volles Vertrauen haben. Beizeiten Abschied nehmen
Im Interesse der Kinder sollten sie mit dem Abschiednehmen beginnen, wenn der Kranke noch dazu in der Lage ist. Das Kind braucht in dieser Situation intensiven Beistand und liebevolle Zuwendung – eine anspruchsvolle Aufgabe, die Angehörigen, Freunden, aber auch Pflegepersonal und Seelsorgern zufällt.
Neben dem gesunden Elternteil, den Geschwistern, Großeltern und anderen Verwandten gehören auch Kindergärtnerinnen, Lehrer und andere Erwachsene, die ihnen nahe stehen, dazu. Manche Kinder möchten ihre Eltern schonen und bitten deshalb lieber Außenstehende, zu denen sie Vertrauen haben, sie bei der Bewältigung der Situation zu unterstützen.
Mehrere Bezugspersonen
Falls der Kranke allein mit dem Kind zusammenlebt, sollte er sich nach verantwortungsbewussten, hilfsbereiten Menschen umschauen, die sich sowohl um das Kind als auch um ihn selbst kümmern können. Kinder alleinerziehender, an Krebs erkrankter Elternteile, sind oft von sehr großen Zukunftsängsten bestimmt, da sie nicht wissen, was aus ihnen werden wird, wenn der Vater oder die Mutter gestorben ist. Geschwister haben vielfach Angst davor, voneinander getrennt zu werden und nach dem Elternteil auch noch die Geschwister zu verlieren. Wenn die Krankheit unheilbar ist, sollte die Mutter oder der Vater beizeiten versuchen, gemeinsam mit den Kin-
Alleinerziehende Elternteile
60 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Gemeinsam Lösungen finden
dern Lösungsmöglichkeiten für deren zukünftiges Leben zu finden. Vielleicht möchten sie bei dem anderen Elternteil leben, bei einem ihrer Paten oder einem guten Freund des Kranken. Wenn Sie bei diesen Fragen Hilfe brauchen, können Sozial- und Gesundheitsämter wichtige Ratschläge erteilen.
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bart werden, ob die Freunde und Spielkameraden über die neue Familiensituation aufgeklärt werden sollten. Ältere Kinder sollten selbst entscheiden dürfen, inwieweit man die Klassenkameraden darüber in Kenntnis setzt. In vielen Fällen möchten die Kinder selbst von der Krankheit des Vaters oder der Mutter erzählen.
Kindergarten und Schule werden informiert Informationen vermitteln
Erzieherinnen und Lehrer sollten beizeiten ausführliche Informationen über die Krankheit, die Behandlungsmethoden und gegebenenfalls über die Prognose erhalten, damit sie dem Kind so gut wie möglich helfen können. So müssen sie zum Beispiel wissen, ob der Kranke in eine Klinik eingeliefert wurde und wann er wieder nach Hause entlassen wird. Um auf ganz konkrete Fragen der Kinder antworten zu können, müssen sie beispielsweise auch darüber Bescheid wissen, dass nach Beendigung einer Chemotherapie die Haare wieder nachwachsen oder dass Krebs nicht ansteckend ist. Derlei Gespräche lassen sich vielleicht am besten führen, wenn der Lehrer Sie zu Hause besucht. Unter Umständen ist es Ihnen aber auch lieber, die Erzieherin oder den Lehrer auf „neutralem Boden“, also im Kindergarten beziehungsweise in der Schule oder in der Wohnung der jeweiligen Person zu besuchen. Wenn Sie als Eltern nicht selbst mit den Erzieherinnen oder Lehrern sprechen möchten, bitten Sie eine informierte Person Ihres Vertrauens, diese Aufgabe zu übernehmen. Erzieherinnen und Lehrer sollten mit den Eltern beraten, auf welche Weise und wie ausführlich sie mit dem Kind über die Krankheit reden sollen. Es müsste auch verein-
Zur Erinnerung noch einmal die wichtigsten Punkte: ● Nehmen Sie sich genügend Zeit für „Kuschelstunden“ und körperlichen Kontakt. ● Sprechen Sie in „kleinen Häppchen“ – verzichten Sie auf lange Erklärungen. ● Versichern Sie dem Kind immer wieder, dass es geliebt wird und keine Schuld an der Krankheit trägt. ● Erklären Sie, dass sowohl Vater wie auch Mutter durch die Krankheit gereizter und aufbrausender reagieren können als sonst. ● Gestehen Sie im Gegenzug dem Kind das Recht zu, seine Gefühle zu äußern – sei es nun Freude oder Zorn. ● Erlauben Sie dem Kind, sich fürsorglich und hilfsbereit zu zeigen, aber lassen Sie nicht zu, dass es die Rolle eines Erwachsenen annimmt. ● Loben Sie es nicht dafür, dass es tapfer ist, aber bestärken Sie es in seiner Haltung. ● Geben Sie dem Kind genügend Zeit, um mit seinen Kameraden zu spielen. Bestärken Sie es darin, sich mit ihnen über die Krankheit des Vaters oder der Mutter zu unterhalten. ● Bedenken Sie, dass Kinder nicht nur Fürsorge benötigen. Sie können einer Familie, in der ein Krankheitsfall aufgetreten ist, auch sehr viel zurückgeben.
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Mama hat Krebs –
Mittags holt Opa Willi wie an jedem Dienstag beide ab.
Eine Geschichte für Kinder zwischen 5 und 10 Jahren*
„Opa, weißt du, was mit Mama und Papa los ist? Seitdem Mama aus dem Krankenhaus zurück ist, sind beide so komisch“, fragt Janina. Opa schluckt und seufzt. Es ist ein schöner, warmer Sommertag, und sie machen wie immer mit Opa einen kleinen Umweg am Weiher mit den vielen Enten vorbei. Opa setzt sich mit Marc und Janina auf eine Bank direkt am Weiher und sagt: „Kommt mal her, ihr zwei.“.
Marc, 5 Jahre, geht in den Kindergarten. Seine Schwester Janina ist gerade 8 Jahre geworden und geht in die 2. Schulklasse. Zu Janinas Geburtstag waren wieder sehr viele Kinder eingeladen, und es war sehr lustig. Aber Marc und Janina bemerkten auch, dass Papa und Mama nicht so lustig waren wie früher. Mama war kurz zuvor 2 Wochen lang im Krankenhaus gewesen. „Ob die Eltern deshalb noch so ein bisschen traurig sind?“, überlegen Marc und Janina. „Aber Mama ist doch wieder ganz gesund, oder?“, fragt Janina plötzlich während des Frühstücks. Papa und Mama sagen nichts, und Marc sieht, wie Mama ein paar kleine Tränen an der Wange herunterlaufen. „Hol’ bitte deinen Schulranzen Janina, und du, Marc, deinen Kindergartenbeutel. Ihr müsst jetzt los, es ist höchste Zeit“, sagt Papa. Auf dem Weg reden die beiden immer noch über das komische Verhalten der Eltern.
* Der Autor der Geschichte, Dr. Gerhard Trabert, ist innerhalb der psycho-sozialen Betreuung von onkologischen Patienten des DRKKrankenhauses Alzey/Worms tätig. Die Idee zur Geschichte entstand aufgrund der Auseinandersetzung mit den Erfahrungen, Berichten und Erlebnissen betroffener Patientinnen. Gemeinsam mit den Müttern, die selbst an Brustkrebs erkrankt sind, wurde die Geschichte besprochen und reflektiert. Sie soll dabei helfen, kleinen Kindern verständlich zu machen, was „mit Mutter ist”. Dr. med. Diplom Sozialpädagoge Gerhard Trabert, Karolingerstr. 7, 55130 Mainz
Dann fängt er an zu erzählen: „Ihr wisst ja, Mama war im Krankenhaus.“ „Ja, aber jetzt ist sie wieder zuhause und gesund“, sagt Marc. „So ganz stimmt das noch nicht“, sagt Opa Willi. „Wieso?“ rufen Marc und Janina fast gleichzeitig. „Hört mal zu“, fährt Opa Willi fort. „Eure Mutter hat eine Krankheit, die man Krebs nennt.“ „Ist nicht Oma Martha an Krebs gestorben?“, erschrickt Janina. „Ja“, antwortet Opa, „aber Oma Martha hatte einen ganz anderen Krebs.“ „Was ist denn eigentlich Krebs? Hat das was mit dem Krebs, der im Wasser lebt, zu tun?“, fragt Marc. „Nein“, schmunzelt Opa. „Krebs nennt man Krankheiten, bei denen bestimmte Körperzellen krank sind und verrückt spielen. Ihr wisst ja, dass der Körper aus vielen kleinen Teilen, den Zellen, besteht. Sie sorgen dafür, dass alles in unserem Körper gut funktioniert: dass wir laufen und spielen können, dass wir atmen und sehen können, dass unsere Haare wachsen und so weiter. Und diese verrückten kranken Zellen, man nennt sie dann Krebszellen, fressen die gesunden Zellen sozusagen auf. Das ist gefährlich, denn wenn nicht mehr genügend gesunde Zellen in unserem Körper sind, können wir nicht mehr leben. Deshalb muss man diese bösen Zellen aus dem Körper vertreiben, irgendwie einfach wegholen. Um das zu errei-
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64 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE chen, haben die Ärzte verschiedene Möglichkeiten entwickelt. Das einfachste ist, die bösen Zellen einfach herauszuschneiden. Das nennt man Operation. Das klingt zwar für Euch sehr schlimm, aber bevor die Ärzte das tun, bekommt der kranke Mensch eine Medizin, die ihn so fest zum Schlafen bringt, dass er die Operation nicht spürt. Dann kann man mit verschiedenen Medikamenten die bösen Zellen zerstören. Die Krebszellen vermehren sich nämlich sehr schnell, und die Medikamente greifen im Körper genau die Zellen an, die schnell wachsen und sich vermehren. Leider tun dies aber auch manche gesunde Körperzellen, und dann können die Medikamente nicht zwischen guten und bösen Zellen unterscheiden und zerstören alle. Zu den Zellen, die schnell wachsen, gehören zum Beispiel diejenigen, die die Haare wachsen lassen. Wenn sie zerstört werden, fallen dem Kranken dann alle Haare aus. Wenn das Medikament aber nicht mehr gegeben wird, wachsen die Haare wieder nach.“. „Gibt es sonst nichts, was die Ärzte gegen Krebs machen können?“, fragt Janina. „Doch“, antwortet Opa Willi. „Sie können auch ganz starke Strahlen, so genannte Röntgenstrahlen, auf die bösen Zellen richten und sie damit zerstören. Es gibt auch bestimmte Pflanzen, Kräuter, Vitamine und andere Nahrungsbestandteile, die die Abwehrmöglichkeiten des Körpers im Kampf gegen die bösen Zellen unterstützen.“ Opa sieht, dass Marc ganz tief durchatmet und den Kopf hängen lässt. „Das war alles sehr schwierig zu verstehen, nicht wahr Marc!“ „Ja!“, seufzt Marc. „Ich will versuchen, es Dir an den Fischen in meinem Aquarium nochmals zu erklären“, sagt Opa. „An den Fischen in deinem Aquarium?“, fragt Janina ungläubig.
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„Stellt Euch einmal vor, das Aquarium ist der Mensch, der Körper eines kranken Menschen, und die Fische darin sind die Körperzellen. Sie leben friedlich nebeneinander, und jeder Fisch fühlt sich wohl – so wie die Zellen in einem Körper. Rote, blaue, gelbe, grüne Fische sind zum Beispiel Haut-, Haar-, Muskel- oder Herzzellen. Plötzlich spielen alle roten Fische verrückt und beginnen, alle anderen aufzufressen. Jetzt muss man diese roten Fische aufhalten, sonst gibt es bald keine anderen Fische mehr. Man kann versuchen, die roten Fische einfach zu fangen und aus dem Aquarium zu werfen. Das wäre so ähnlich, als ob man den Körperteil mit den bösen Zellen herausoperiert. Oder man gibt ein Pulver in das Aquarium, das alle rötlichen Fische unschädlich macht. Leider würde es aber nicht nur die roten, sondern auch die orangenen, rosafarbenen und weinroten Fische beseitigen. Das würde der Medizin entsprechen, die ich vorhin erwähnt habe, der so genannten Chemotherapie. Oder man könnte das Aquarium mit besonderem Licht bestrahlen, das wieder besonders rötliche Fische unschädlich macht, leider aber auch wieder ähnlich aussehende Fische. Das wäre wie bei den Röntgenstrahlen.“ „Und was ist jetzt mit Mama?“, fragt Marc ganz ungeduldig. „Mama hat vor einiger Zeit einen kleinen Knoten in ihrer rechten Brust gefühlt. Sie ist zu ihrem Frauenarzt Dr. Freunth gegangen, der sie gründlich untersucht hat. Er hat dann eurer Mama erklärt, dass man den Knoten schleunigst herausoperieren müsse, um zu sehen, ob er aus guten oder bösen Zellen besteht. Und genau das haben die Ärzte neulich im Krankenhaus getan“. „Hierbei haben sie festgestellt, dass böse Zellen in dem Knoten waren. Deshalb mussten sie Mama einen Teil der rechten Brust wegoperieren, damit möglichst alle bösen Zellen weg sind“, erklärt Opa Willi.
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66 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE „Also so ähnlich wie mit den roten Fischen im Aquarium, die man versucht, zu fangen und aus dem Aquarium hinauszuwerfen“, sagt Janina. „Ja, genau.“ „Muss Mama jetzt sterben?“, fragt Marc ganz aufgeregt. „Nein“, erwidert Opa Willi ganz ruhig und zieht an seiner Pfeife, die er sich mittlerweile angezündet hat. „Aber ich glaube, es ist besser, wenn wir jetzt gemeinsam mit Mama und Papa darüber reden.“
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tet ihr davon, was die drei auf der Bank am Weiher besprochen haben. „So, so, da hat Opa euch ja schon viel erzählt.“ „Mama, tut dir denn jetzt etwas weh?“, fragt Janina. „Eigentlich nicht, nur manchmal noch ein bisschen die Operationswunde“, antwortet Mama. „Dürfen wir mal sehen, wie das aussieht, dort, wo du operiert wurdest?“, fragt Marc. Mama schluckt und gibt Papa zu verstehen, dass sie sich ein wenig unbehaglich fühlt. Papa nimmt Mama ganz liebevoll in den Arm, gibt ihr einen Kuss und sagt: „Lasst Mama sich erst selbst einmal an ihre Narbe gewöhnen, dann wird sie sie euch später auch mal zeigen.“ Papa erklärt dann auch, dass Mama in den nächsten Wochen öfter für kurze Zeit ins Krankenhaus zur Chemotherapie muss. „Was ist denn das schon wieder?“, fragt Marc. „Ist das Pulver, das die bösen Zellen kaputt macht?“, fragt Janina. „Ja“, antwortet Papa, „woher weißt du denn das schon wieder?“ „Von Opa!“, sagen Marc und Janina fast gleichzeitig.
„Schmetterlinge 1“ – Mädchen 12 Jahre
Als Marc, Janina und Opa Willi zu Hause angekommen sind, hat Mama schon Pfannkuchen mit Obst auf den Essenstisch gestellt. „Wo wart ihr denn so lange?“, fragt Mama. „Wir haben mit Opa über Krebs gesprochen“, sagt Janina. Mama schaut nur etwas verwundert und sagt nichts. Dann legt Opa den Arm um Mamas Schulter und berich-
Marc holt dann schnell seine Taschenlampe aus dem Spielzimmer und sagt: „Und ich mache jetzt alle bösen Zellen mit meinem roten Licht kaputt – wie die Ärzte mit den Sowieso-Strahlen!“ „Röntgenstrahlen“, verbessert Opa, und alle lachen. Als Mama und Papa am Abend Marc und Janina ins Bett bringen, weint Marc plötzlich und sagt: „Aber Oma ist doch an diesem Krebszeugs gestorben!“ „Ja“, sagt Papa, „aber weißt Du, Marc, Krebs ist nicht gleich Krebs. Bei Oma war die Krankheit schon so weit fortgeschritten, dass die Ärzte Oma leider nicht mehr gesund machen konnten. Aber Mama hat den Knoten in ihrer Brust so rechtzeitig gespürt, dass sie wieder ganz gesund werden kann.“
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68 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE „Mama, fallen dir denn auch die Haare aus?“, fragt Janina. „Dann bekommt sie von meinem Lieblingsfastnachtsindianerkostüm die lndianerperücke“, sagt Marc. Mama lächelt. „Das ist lieb von dir, aber dann hole ich mir eine richtig schöne Perücke vom Friseur, bis meine eigenen Haare wieder nachgewachsen sind.“ „Aber jetzt wird geschlafen, ab ins Bett, hug, ich habe gesprochen“, sagt Papa mit seiner Fastnachtshäuptlingsstimme. „Für Oma war es immer ganz, ganz wichtig zu wissen und zu spüren, dass ihr alle da seid und dass ihr sie lieb habt“, sagt Opa. „Und für mich ist das auch ganz wichtig“, ergänzt Mama. „Und wenn ich vielleicht manchmal traurig bin und sogar weinen muss, dann halten wir uns einfach ganz fest!“ „Oh ja, das ist schön“, ruft Marc, drückt dabei Mama ganz fest und gibt ihr einen dicken Kuss. „Aber ein bisschen Angst habe ich doch“, flüstert Janina. „Ich glaube, die haben wir alle“, sagt Papa. „Aber wenn wir uns alle immer die Wahrheit sagen, dass wir Angst haben oder traurig sind, und aufeinander Rücksicht nehmen, werden wir das schon gemeinsam schaffen“, fügt er noch hinzu. „Und vergesst dabei nicht die Freude und das Lachen über die vielen schönen und lustigen Dinge im Leben, das ist nämlich die beste Medizin, hat eure Oma Martha immer gesagt“, erklärt Opa im Hintergrund und ahmt Omas Stimme etwas nach. Jetzt lachen alle und wünschen sich eine gute Nacht. Bevor Papa das Licht ausknipst, sagt Marc noch: „Wenn Mama wieder ins Krankenhaus muss, gebe ich ihr meinen Lieblingsteddy mit, der kann dann auf sie aufpassen.“ – „Und ich meine Lieblingspuppe Sanseray“, fügt Janina hinzu. „Schön“, flüstert Mama und schmunzelt. „Aber jetzt schlaft und träumt was Schönes!“
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Wo können Sie Informationen und Rat erhalten? Rasche, kompetente Hilfestellung, Unterstützung und Beratung erhalten Krebspatienten und ihre Angehörigen bei der Deutschen Krebshilfe. Selbstverständlich kostenlos. Die Deutsche Krebshilfe verfügt über eine umfangreiche Dokumentation von aktuellen, detaillierten Adressen, auf die Krebskranke und ihre Angehörigen zurückgreifen können. Bei medizinischen Fragen geben wir Ihnen zum Beispiel die Adressen von Tumorzentren oder onkologischen Schwerpunktkrankenhäusern in Ihrer Nähe, an die Sie sich vertrauensvoll wenden können. Auch die Auskunft, wo sich an Ihrem Wohnort die nächstgelegene Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe befindet, erhalten Sie bei uns. Adressen von Fachkliniken und Kliniken für Krebsnachsorgekuren liegen uns ebenfalls vor.
Umfangreiche Informationsmöglichkeiten
Ebenso verfügen wir über die Anschriften der in der Bundesrepublik eingerichteten und zum Teil von der Deutschen Krebshilfe geförderten Stationen für palliative Therapie. Bei Fragen zum Thema Schmerz stehen Ihnen dort besonders kompetente Ansprechpartner zur Verfügung. Bei der Bewältigung von sozialen Problemen hilft die Deutsche Krebshilfe denjenigen Krebspatienten, die durch ihre Erkrankung in eine finanzielle Notlage geraten sind. Der Härtefonds der Deutschen Krebshilfe gewährt Krebspatienten unter bestimmten Voraussetzungen eine einmalige finanzielle Unterstützung. Auch wenn Sie Schwierigkeiten im Umgang mit Behörden, Versicherun-
Hilfe bei finanzieller Notlage
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HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
gen und anderen Institutionen haben, helfen und vermitteln wir im Rahmen unserer Möglichkeiten.
Internetadresse
Die Adresse
Darüber hinaus bietet die Deutsche Krebshilfe zahlreiche Broschüren und einige Videos an, in denen Diagnostik, Therapie und Nachsorge einzelner Krebsarten erläutert werden. Benutzer des Internets können die Hefte unter der Adresse „www.krebshilfe.de“ aufrufen und lesen beziehungsweise per Computer bestellen. Deutsche Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Str. 40 53111 Bonn
Postfach 1467 53004 Bonn
Telefon: (Mo bis Do 9 - 16 Uhr, Fr 9 - 15 Uhr) Zentrale: 02 28/72 99 0 - 0 Härtefonds: 02 28/72 99 0 - 94 Informationsdienst: 02 28 / 72 99 0 - 95 Telefax: 02 28 / 72 99 0 - 11 E-Mail:
[email protected] Raucher-Hotline
Bei krebskranken Menschen, die weiter rauchen, verschlechtert sich die Durchblutung des Körpers. Damit nimmt zum Beispiel auch die Wirksamkeit einer Chemotherapie ab. Die Deutsche Krebshilfe bietet daher in Zusammenhang mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum eine Raucher-Hotline für Krebspatienten und deren Angehörige an. Interessierte erhalten werktags zwischen 15 und 19 Uhr ein intensives Beratungsgespräch. Je nach Wunsch stehen dem Anrufer zwei Varianten der telefonischen Beratung zur Verfügung. Die einmalige Beratung umfasst die Vorgeschichte des Anrufers (Anamnese), Information,
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Motivation, eine konkrete Maßnahmenplanung sowie verhaltensbezogene und gedankliche Bewältigungsstrategien. Wer möchte, kann aber auch Folgeanrufe vereinbaren, bei denen die Fortschritte, schwierige Situationen sowie Entzugssymptome ermittelt und besprochen werden. Dabei steht im Vordergrund, dass ein Rückfall vermieden werden soll. Sie erreichen dieses Rauchertelefon: Montag bis Freitag von 15.00 bis 19.00 Uhr Telefon: 06221/424224
Die Nummer
Die im Jahr 1992 von der Deutschen Krebshilfe gegründete Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung ist eine Weiter- und Fortbildungsstätte für alle diejenigen, die tagtäglich mit der Krankheit Krebs konfrontiert werden. Das Programmangebot der Akademie ist sehr vielseitig und richtet sich sowohl an Krebskranke und ihre Angehörigen, an Leiter und Mitglieder von Krebs-Selbsthilfegruppen, an hauptamtliche Mitarbeiter aller Berufsgruppen und Institutionen, die in der Behandlung, Pflege und Betreuung Krebskranker tätig sind, als auch an ehrenamtliche Helfer, Medizinstudenten und interessierte Bürger.
Dr. Mildred Scheel Akademie
Die Akademie ist im Dr. Mildred Scheel Haus auf dem Gelände der Kölner Universitätsklinik beheimatet, das außerdem eine Palliativstation für schwerstkranke Krebspatienten, einen Hausbetreuungsdienst und eine Schmerzabulanz beherbergt. Wenn Sie sich für das Veranstaltungsangebot der Dr. Mildred Scheel Akademie interessieren, können Sie das ausführliche Seminarprogramm anfordern:
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Weitere nützliche Adressen
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung gGmbH Joseph-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln Telefon: 02 21/ 94 40 49 - 0 Telefax: 02 21/ 94 40 49 - 44 E-Mail:
[email protected] Internet: www.mildred-scheel-akademie.de
Deutsche ILCO e.V. (für Kranke mit künstlichem Darm- oder Blasenausgang) Landshuter Str. 30 85356 Freising Telefon: 0 81 61/ 93 43 01 Telefax: 0 81 61/ 93 43 04 E-Mail:
[email protected] Internet: www.ilco.de
Deutsche Krebsgesellschaft e.V. Steinlestr. 6 60596 Frankfurt/M. Telefon: 0 69 / 63 00 96 - 0 Telefax: 0 69 / 63 00 96 - 66 E-Mail:
[email protected] Internet: www.krebsgesellschaft.de
Bundesverband der Kehlkopflosen e.V. Annaberger Str. 231 09120 Chemnitz Telefon: 03 71/ 22 11 18 Telefax: 03 71/ 22 11 25 E-Mail:
[email protected] Internet: www.kehlkopflosenbundesverband.de
Krebsinformationsdienst KID Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 69120 Heidelberg Telefon: 0 62 21/ 41 01 21 Internet: www.krebsinformation.de
Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen e.V. Thomas-Mann-Str. 40 53111 Bonn Telefon: 02 28 / 3 90 44 - 0 Telefax: 02 28 / 3 90 44 - 22 E-Mail:
[email protected] Internet: www.leukaemie-hilfe.de
Als kompetente Ansprechpartner für Angehörige von Tumorpatienten erweisen sich immer wieder die Selbsthilfegruppen von Krebskranken. Die im Folgenden genannten Bundesverbände können Ihnen sagen, wo sich in Ihrer Nähe eine Gruppe befindet, zu der Sie Kontakt aufnehmen können. Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. B6, 10/11 68159 Mannheim Telefon: 06 21/ 2 44 34 · Telefax: 06 21/ 15 48 77 E-Mail:
[email protected] Internet: www.frauenselbsthilfe.de
Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs) Krefelder Str. 3 41539 Dormagen Telefon: 0 21 33 / 4 23 29 Telefax: 0 21 33 / 4 26 91 E-Mail:
[email protected] Internet: www.adp-dormagen.de
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74 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Bundesarbeitsgemeinschaft Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. Alte Str. 4 30989 Gehrden Telefon: 0 51 08/ 92 66 46 Telefax: 0 51 08/ 92 66 47 E-Mail:
[email protected] Internet: www.prostatakrebs-bps.de Deutsche Hirntumorhilfe e.V. Karl-Heine-Straße 27 04229 Leipzig Telefon: 0 34 37/ 76 39 27 Telefax:0 34 37/ 76 39 27 E-Mail:
[email protected] Internet: www.hirntumor.net In Offenbach gibt es den Verein „Hilfe für Kinder krebskranker Eltern e.V.”, der Kindern bei anstehenden Problemen helfen will. Strahlenklinik Offenbach/M. Starkenburgring 66 63069 Offenbach/M. Frau Dr. L. Schneider Telefon: 0 69/ 67 72 45 05 Telefax: 0 69 / 84 05 - 33 34 E-Mail:
[email protected] Internet: www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de Geschäftsstelle : Dr. Lida Schneider Güntherstr. 4a 60528 Frankfurt/M.
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
Informieren Sie sich Informationen für Betroffene und Angehörige „Die blauen Ratgeber“ (ISSN 0946-4816) 01 Krebs – Wer ist gefährdet? 02 Brustkrebs 03 Gebärmutter- und Eierstockkrebs 04 Krebs im Kindesalter 05 Hautkrebs 06 Darmkrebs 07 Magenkrebs 08 Hirntumoren 09 Schilddrüsenkrebs 10 Lungenkrebs 11 Rachen- und Kehlkopfkrebs 12 Krebs im Mund-, Kiefer-, Gesichtsbereich 13 Speiseröhrenkrebs 14 Krebs der Bauchspeicheldrüse 17 Prostatakrebs 18 Blasenkrebs 19 Nierenkrebs 20 Leukämie bei Erwachsenen 21 Morbus Hodgkin 22 Plasmozytom – Multiples Myelom 28 Krebsschmerzen wirksam bekämpfen 29 Wegweiser zu Sozialleistungen 31 TEAMWORK. Die Arzt-Patienten-Beziehung 33 Ernährung bei Krebs 34 Fatigue – Chronische Müdigkeit bei Krebs 39 Klinische Studien
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76 HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE Informationen zur Krebsvorbeugung und Krebsfrüherkennung „Präventionsratgeber“ (ISSN 0948-6763) 41 Gesund bleiben – Gesünder leben. Krebsprävention durch gesunde Lebensweise 42 Ratsam – 10 Regeln gegen den Krebs 43 Aufatmen – Erfolgreich zum Nichtraucher 44 Wertvoll – Gesunde Ernährung 46 Hirnverbrannt – Jugendliche und Rauchen
HILFEN FÜR ANGEHÖRIGE
VHS-Videokassetten Die Filme werden gegen eine Schutzgebühr von 10,– Euro abgegeben! ● ● ● ● ● ● ●
48 Nichtraucher-Aufsteller 49 Nichtraucher-Aufkleber 50 Es liegt in Ihrer Hand (Anleitung zur Selbstuntersuchung der Brust) 55 Kind und Sonne. Eine Familienbroschüre
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Informationen über die Deutsche Krebshilfe 61 Faltblatt Deutsche Krebshilfe 62 Faltblatt Deutsche KinderKrebshilfe 63 Zeitschrift Deutsche Krebshilfe (ISSN 0949-8184) 64 Geschäftsbericht Deutsche Krebshilfe (ISSN 1436-0934) 65 Ihr letzter Wille 75 Programm der Dr. Mildred Scheel Akademie
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Blasenkrebs – Diagnose und Behandlung Brustkrebs – Diagnose, Behandlung, Nachsorge Darmkrebs – Diagnose, Behandlung, Nachsorge Leukämie bei Erwachsenen Leukämie bei Kindern Lungenkrebs – Diagnose und Behandlung Männersache: Prostatakrebs – Diagnose, Behandlung, Erfahrungsberichte Männersache: Hodenkrebs – Diagnose und Behandlung Chemotherapie – Das sollten Sie wissen Stammzelltransplantation Fatigue bei Krebs. Chronische Müdigkeit und Erschöpfung Krebsschmerzen Leben mit Krebs Wunder sind möglich. Unerklärliche Heilungen bei Krebs
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Diese Druckschrift ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Nachdruck, Wiedergabe, Vervielfältigung und Verbreitung (gleich welcher Art) auch von Teilen oder von Abbildungen bedürfen der schriftlichen Genehmigung des Herausgebers.
53111 Bonn
Deutsche Krebshilfe e.V. Thomas-Mann-Str. 40
Antwortkarte
Wie alle Schriften der Deutschen Krebshilfe wird auch diese Broschüre von namhaften onkologischen Spezialisten auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft und ständig aktualisiert. Sie richtet sich in erster Linie an medizinische Laien und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
79 Die Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt.
Ihren Beruf:
Ihr Geschlecht:
Ihr Alter:
Aus statistischen Gründen wüssten wir gern:
Bitte beantworten Sie die Fragen auf der Rückseite und schicken Sie uns das Blatt in einem Umschlag zurück. Vielen Dank.
die Deutsche Krebshilfe sieht eine ihrer Hauptaufgaben in der Information und Aufklärung von Krebsbetroffenen und ihren Angehörigen. Nachdem Sie diesen blauen Ratgeber gelesen haben, möchten wir deshalb gern von Ihnen erfahren, ob Ihre Fragen beantwortet werden konnten und ob Sie zusätzliche Wünsche haben.
Liebe Leserin, lieber Leser,
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30-01/2004
(PLZ) Ort:
Straße:
Name:
❒ nein
Prof. Dr. Dagmar Schipanski Präsidentin der Deutschen Krebshilfe
die Deutsche Krebshilfe hat in den vergangenen Jahren mit ihren vielfältigen Aktivitäten Verantwortung in unserer Gesellschaft übernommen, die beispielgebend ist. Sie hat Forschungen über Krankheitsursachen, Therapie und Diagnose tatkräftig unterstützt und damit unser Wissen über diese bedrohliche Krankheit erweitert. Zugleich wurde von der Deutschen Krebshilfe eine offene Diskussion über die Krankheit Krebs und aller damit verbundenen Aspekte in der Öffentlichkeit geführt. Diese Leistungen ließen sich nur dank der Hilfsbereitschaft vieler Hunderttausender Menschen verwirklichen, die mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz, ihren Spenden, Aktionserlösen und Mitgliedsbeiträgen unsere Arbeit erst ermöglichen. Als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe möchte ich mich aus ganzem Herzen in den Dienst der Bekämpfung dieser – noch – unbesiegten Krankheit stellen. Damit auch künftig beraten, geforscht und aufgeklärt werden kann, brauchen wir weiterhin Sie und Ihre wohlwollende Unterstützung der Deutschen Krebshilfe. Herzlichen Dank.“
(Dafür benötigen wir Ihre Anschrift!)
der Deutschen Krebshilfe.
im Mildred Scheel Kreis, dem Förderverein
Ich interessiere mich für eine Mitgliedschaft
Deutsche Krebshilfe Helfen. Forschen. Informieren.
❒
❒ ja
Kannten Sie die Deutsche Krebshilfe bereits?
❒ mehr als 4 ❒ 2-4 ❒1
Von wie vielen Personen ist die Broschüre gelesen worden?
Sonstige:
❒ zufriedenstellend ❒ unzureichend ❒ gut ❒ sehr gut
Ist der Text allgemeinverständlich?
❒ sehr gut ❒ gut❒ zufriedenstellend❒ unzureichend
Hat die Broschüre Ihre Fragen beantwortet?
Sollte der Ratgeber zusätzliche Informationen enthalten (welche)
❒ Bücherregal im Wartezimmer ❒ Angehörige/Freunde ❒ Internetbestellung ❒ Klinik ❒ Arzt ❒ Selbsthilfegruppe ❒ Hinweis in der Presse
Wo und von wem haben Sie diesen Ratgeber erhalten?
❒ Angehöriger ❒ Betroffener
Sind Sie
Welchen Ratgeber haben Sie gelesen?
❒ Interessierter?
oder haben Sie Wünsche/Anregungen?
Ihre Meinung ist uns wichtig!
„Liebe Leserin, lieber Leser,
• Information und Aufklärung über Krebskrankheiten und Möglichkeiten der Krebsvorbeugung • Motivation, die jährlichen kostenlosen Früherkennungsmaßnahmen zu nutzen • Verbesserungen in der Krebsdiagnostik • Weiterentwicklungen in der Krebstherapie • Finanzierung langfristiger Krebsforschungsprogramme über die Dr. Mildred Scheel Stiftung für Krebsforschung • Gezielte Bekämpfung der Krebskrankheiten im Kindesalter • Hilfestellung, Beratung und Unterstützung in individuellen Notfällen • Förderung der psycho-sozialen Krebsnachsorge Die Deutsche Krebshilfe ist für Sie da: Rufen Sie uns an: montags bis donnerstags 9 –16 Uhr, freitags 9 –15 Uhr Zentrale: 02 28 /72 99 0 - 0, Härtefonds: 02 28 / 72 99 0 - 94 Informationsdienst: 02 28 / 72 99 0 - 95 Oder schreiben Sie uns: Deutsche Krebshilfe, Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn E-Mail:
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