Wolfgang Posch Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe
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Wolfgang Posch Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe
GABLER RESEARCH Techno-ökonomische Forschung und Praxis Herausgeber: Prof. Dr. Ulrich Bauer, Prof. Dr. Hubert Biedermann, Prof. Dr. Josef W. Wohinz
Ausgewählte Arbeiten aus Forschung und Praxis bei der interdisziplinären Behandlung von ökonomischen und technologischen Fragestellungen bilden den Inhalt dieser Schriftenreihe. In theoretisch fundierter Modellbildung wie in konkreter Anwendung werden insbesondere die Themen Wissensmanagement, Innovationsmanagement, Technologiemarketing, Prozessmanagement und Controlling, Instandhaltung und Qualitätsmanagement behandelt. Die Beiträge richten sich gleichermaßen an MitarbeiterInnen in Wissenschaft und Praxis.
Wolfgang Posch
Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Habilitationsschrift Montanuniversität Leoben, 2010
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Anita Wilke Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2585-5
Geleitwort Vor dem Hintergrund des knapper werdenden konventionellen Energieträgers Erdöl und den damit verbundenen volatilen Energiepreisen sowie der Umweltrelevanz (Emissionshandel) und der Wettbewerbssituation insbesondere von Industrieunternehmen mit hohem Energiebedarf in der Produktherstellung tritt der Aspekt der Energiebewirtschaftung immer stärker in den Vordergrund. Die gesellschaftliche Relevanz des Faktors Energie und des damit verbundenen Klimathemas hat zugenommen und mit ihr auch der kritische Blick auf die Handlungslegitimation des Managements. Zu der rein technisch geprägten Betrachtung tritt eine volks- und betriebswirtschaftliche Komponente, die der Komplexität und Dynamik der Energiemärkte Rechnung tragen muss. Dies ist eine typisch technoökonomische Herausforderung, die, basierend auf natur- und ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen, strategische Fragestellungen und die Gestaltung geeigneter Strukturen im Rahmen des Energiemanagements in den Vordergrund stellt. Diesen Herausforderungen Rechnung tragend, setzt sich Wolfgang Posch das Ziel, „ein Modell, das die relevanten Entscheidungsfelder des betrieblichen Energiemanagements, das Zusammenspiel dieser Entscheidungsfelder sowie ihre Einbindung in das Unternehmen und in das Umfeld wiedergibt“, zu entwickeln. Das vorliegende Buch fasst hierzu den aktuellen Forschungsstand auf den Gebieten der Energie in Umwelt und Industrie einschließlich der betriebswirtschaftlichen Abhandlungen im Energiemanagement zusammen und zeigt ein ganzheitliches Energiemanagement auf. Die technoökonomische Perspektive des Energiemanagements, die entscheidungsorientierte Ausrichtung und der handlungsorientierte Ansatz bilden die Basis vor der die aktuelle Situation der Energiemärkte und die Bedeutung der Energie für Industriebetriebe beschrieben werden. Die Rolle der Energie für die nachhaltige Entwicklung ist ebenso Gegenstand der Abhandlung wie der Einfluss der Ressource Energie mit ihrer energetischen Wertschöpfungskette auf den wirtschaftlichen Erfolg von Industrieunternehmen. Das entwickelte Modell ist mit seinen Elementen und Managementinstrumenten sowohl theoretisch als auch in der möglichen empirischen Umsetzung handlungsanleitend gestaltet. In einem durch spärliche Literatur gekennzeichneten Managementfeld liefert Herr Wolfgang Posch einen hochaktuellen Beitrag sowohl für den wissenschaftlich Interessierten als auch für den an den Fragen des Managements der Energie interessierten Praktiker. Im Sinn der Schriftenreihe „Techno-ökonomische Forschung und Praxis“ ist dem Buch eine breite Leserschaft zu wünschen. o.Univ.Prof. Dipl-Ing. Dr. Hubert Biedermann
Danksagung Mein aufrichtiger Dank gilt allen Personen, die mich bei der Verfassung dieses Buches und den dafür notwendigen Vorarbeiten maßgeblich unterstützt haben – den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Betriebswissenschaften an der Montanuniversität Leoben, meinen Projektpartnern in der Industrie und meiner Familie, die mir den notwendigen Rückhalt gegeben hat. Besonderen Dank möchte ich meinem akademischen Lehrer, Herrn o.Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Hubert Biedermann, Leiter des Departments Wirtschafts- und Betriebswissenschaften an der Montanuniversität Leoben, aussprechen. Er hat mir den Anstoß zu diesem Projekt sowie die Gelegenheit zur wissenschaftlichen Vertiefung an seinem Department gegeben und mir darüber hinaus in vielen Diskussionen den Blick für die wesentlichen Aspekte des wissenschaftlichen Arbeitens geschärft. Äußerst dankbar bin ich auch Herrn Dipl.-Ing. (FH) Franz Stebegg, MBA, Technischer Direktor Uncoated Fine Paper, Mondi E&I, der mir eine mehrjährige Zusammenarbeit mit den Energieexperten von Mondi und damit die Sicherstellung der Praxisrelevanz dieser Abhandlung ermöglicht hat. Überdies ist es mir ein Anliegen, mich bei Herrn Bergrat h.c. Mag. Dipl.-Ing. Helmut Langanger, Vorstandsdirektor Exploration & Produktion, OMV AG, zu bedanken, der mir die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Betätigung neben meinen beruflichen Aufgaben eingeräumt und mich zur Fertigstellung dieses Buches angeregt hat. In ganz besonderem Maße möchte ich mich aber bei meiner Frau Elisabeth und meiner Tochter Katharina bedanken, die mich durch all die Jahre motiviert und gestärkt haben. Ohne ihr Verständnis und ihre Unterstützung wäre die Realisierung dieses Projekts niemals möglich gewesen. Ihnen möchte ich dieses Buch in Dankbarkeit widmen. Wolfgang Posch
Inhaltsübersicht 1
Einführung.............................................................................................................. 1
2
Epistemologische Fundierung.............................................................................. 11
3
Energiewirtschaftliches Umfeld........................................................................... 43
4
Energie und nachhaltige Entwicklung ............................................................... 107
5
Energie im Industriebetrieb................................................................................ 127
6
Betriebliches Energiemanagement..................................................................... 147
7
Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon.................................................. 161
8
Energiepolitik..................................................................................................... 175
9
Energieplanung .................................................................................................. 189
10
Energieorganisation ........................................................................................... 221
11
Energiewirtschaftliche Personalagenden ........................................................... 243
12
Energieinformationsmanagement ...................................................................... 253
13
Energiekontrolle................................................................................................. 273
14
Energiewirtschaftliche Koordination ................................................................. 287
15
Energiewirtschaftliche Entwicklung .................................................................. 317
16
Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................... 329
Literatur....................................................................................................................... 333
Inhaltsverzeichnis 1
Einführung.............................................................................................................. 1 1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung............................................................... 1 1.2 Struktur der Abhandlung............................................................................... 5
2
Epistemologische Fundierung.............................................................................. 11 2.1 Physikalische Grundlagen ........................................................................... 11 2.2 Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ................... 13 2.2.1
Energie als Ressource..................................................................... 14
2.2.2
Funktion des Managements............................................................ 15
2.2.3
Positionierung im Wissenschaftssystem ........................................ 21
2.3 Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre .. 23 2.3.1
2.3.2
Systemtheoretische Aspekte........................................................... 29 2.3.1.1
Management als Komplexitätsbewältigung.................... 29
2.3.1.2
Regelkreissystematik ...................................................... 35
Entscheidungstheoretische Aspekte ............................................... 36 2.3.2.1
Entscheidung als zentrales Managementthema .............. 36
2.3.2.2
Strukturierung von Entscheidungsmodellen................... 38
2.4 Handlungstheoretischer Forschungsansatz ................................................. 39 3
Energiewirtschaftliches Umfeld........................................................................... 43 3.1 Energiewertschöpfungskette ....................................................................... 44 3.1.1
Primärenergie ................................................................................. 47 3.1.1.1
Erschöpfbare Energieträger ............................................ 47
XII Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
3.1.1.2
Erneuerbare Energieträger .............................................. 53
3.1.1.3
Primärenergieportfolio.................................................... 55
3.1.2
Sekundär- und Endenergie ............................................................. 59
3.1.3
Nutzenergie und Energiedienstleistung ......................................... 64
3.2 Energieteilmärkte ........................................................................................ 67 3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.2.4
Erdölmarkt...................................................................................... 68 3.2.1.1
Angebot und Nachfrage .................................................. 68
3.2.1.2
Struktur und Preisgestaltung........................................... 71
Erdgasmarkt ................................................................................... 74 3.2.2.1
Angebot und Nachfrage .................................................. 74
3.2.2.2
Struktur und Preisgestaltung........................................... 76
Kohlemarkt..................................................................................... 79 3.2.3.1
Angebot und Nachfrage .................................................. 80
3.2.3.2
Struktur und Preisgestaltung........................................... 83
Elektrizitätsmarkt ........................................................................... 84 3.2.4.1
Angebot und Nachfrage .................................................. 84
3.2.4.1.1 Fossile und fissile Kraftwerke ................................................ 89 3.2.4.1.2 Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern................. 90 3.2.4.1.3 Dezentrale Stromerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung..... 94
3.2.4.2
Struktur liberalisierter Elektrizitätsmärkte...................... 96
3.3 Akteure des Energiemarkts ....................................................................... 102 4
Energie und nachhaltige Entwicklung ............................................................... 107 4.1 Begrifflichkeit der nachhaltigen Entwicklung .......................................... 107 4.2 Bedeutung der Energie für die nachhaltige Entwicklung ......................... 110
Inhaltsverzeichnis XIII _______________________________________________________________________________________________________________________________
4.3 Energieeffizienz......................................................................................... 119
5
4.3.1
Effizienzniveaus ........................................................................... 121
4.3.2
Hemmnisse bei der Ausschöpfung ökonomischer Energieeffizienzpotentiale............................................................ 124
Energie im Industriebetrieb................................................................................ 127 5.1 Rolle der Energie für Industriebetriebe..................................................... 127 5.2 Innerbetrieblicher Energiefluss ................................................................. 137
6
5.2.1
Energiebezug................................................................................ 139
5.2.2
Energieumwandlung und -verteilung........................................... 141
5.2.3
Energienutzung............................................................................. 143
5.2.4
Energieabgabe oder -recycling..................................................... 144
Betriebliches Energiemanagement..................................................................... 147 6.1 Zweck, Ziele und Aufgaben ...................................................................... 147 6.2 Existierende Betrachtungen....................................................................... 151 6.3 Entscheidungsorientierter Energiemanagementansatz.............................. 157
7
Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon.................................................. 161 7.1 Dimensionen.............................................................................................. 161 7.2 Modellelemente ......................................................................................... 164 7.3 Gesamtbetrachtung.................................................................................... 169
8
7.3.1
Ausgestaltung als Energiepentagon ............................................. 169
7.3.2
Modellcharakterisierung............................................................... 171
Energiepolitik..................................................................................................... 175 8.1 Entscheidungstatbestände.......................................................................... 177
XIV Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
8.2 Managementinstrumente ........................................................................... 178 8.2.1
Energieanalyse ............................................................................. 178
8.2.2
Energiepotenzialmatrix ................................................................ 182
8.3 Koordinationsfunktion .............................................................................. 186 9
Energieplanung .................................................................................................. 189 9.1 Entscheidungstatbestände.......................................................................... 192 9.2 Managementinstrumente ........................................................................... 193 9.2.1
Strategische energiewirtschaftliche Positionierung ..................... 193 9.2.1.1
Generische Strategien ................................................... 193
9.2.1.1.1 Systemerhaltend.................................................................... 194 9.2.1.1.2 Offensiv ................................................................................ 196 9.2.1.1.3 Defensiv................................................................................ 197
9.2.1.2
Energiewirtschaftlich relevante Strategiethemen ......... 198
9.2.1.2.1 9.2.1.2.2 9.2.1.2.3 9.2.1.2.4 9.2.1.2.5 9.2.1.2.6
Energiebeschaffung .............................................................. 199 Energieeffizienz.................................................................... 200 Energiequalität...................................................................... 202 Energiebedingte Emissionen ................................................ 202 Energetische Betriebsführung............................................... 203 Gesamtsicht im morphologischen Kasten ............................ 204
9.2.2
Zielfestlegung............................................................................... 208
9.2.3
Lückenanalyse.............................................................................. 210
9.2.4
Maßnahmenplanung ..................................................................... 216
9.3 Koordinationsfunktion .............................................................................. 219 10
Energieorganisation ........................................................................................... 221 10.1 Entscheidungstatbestände.......................................................................... 222 10.2 Managementinstrumente ........................................................................... 224 10.2.1 Aufgabenanalyse .......................................................................... 225
Inhaltsverzeichnis XV _______________________________________________________________________________________________________________________________
10.2.2 Aufgabensynthese ........................................................................ 227 10.2.2.1 Stabsorganisation der Energiewirtschaft ...................... 232 10.2.2.2 Bereichsorganisation der Energiewirtschaft ................. 234 10.2.2.3 Integrationsorganisation der Energiewirtschaft ............ 234 10.2.2.4 Minimalorganisation der Energiewirtschaft ................. 235 10.2.2.5 Prozessorganisation der Energiewirtschaft................... 235 10.2.3 Weiterführende organisatorische Detaillierung ........................... 236 10.2.4 Energiewirtschaftliches Stellenprofil ........................................... 238 10.3 Koordinationsfunktion .............................................................................. 239 11
Energiewirtschaftliche Personalagenden ........................................................... 243 11.1 Entscheidungstatbestände.......................................................................... 244 11.2 Managementinstrumente ........................................................................... 245 11.2.1 Energiewirtschaftliche Personalentwicklung ............................... 246 11.2.2 Energiewirtschaftliche Motivation............................................... 247 11.3 Koordinationsfunktion .............................................................................. 250
12
Energieinformationsmanagement ...................................................................... 253 12.1 Entscheidungstatbestände.......................................................................... 254 12.2 Managementinstrumente ........................................................................... 257 12.2.1 Energiebuchhaltung...................................................................... 257 12.2.2 Energiekostenrechnung ................................................................ 259 12.2.2.1 Energiekostenspezifika ................................................. 260 12.2.2.2 Abrechnungsorientierte Energiekostenrechnung.......... 263
XVI Inhaltsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
12.2.2.3 Energiekostenrechnung als Deckungsbeitragsrechnung ........................................................... 266 12.2.3 Energieberichte............................................................................. 268 12.3 Koordinationsfunktion .............................................................................. 270 13
Energiekontrolle................................................................................................. 273 13.1 Entscheidungstatbestände.......................................................................... 276 13.2 Managementinstrumente ........................................................................... 278 13.2.1 Die Energiebedarfsabweichungsanalyse...................................... 279 13.2.2 Strategische Kontrolle .................................................................. 283 13.3 Koordinationsfunktion .............................................................................. 284
14
Energiewirtschaftliche Koordination ................................................................. 287 14.1 Übergreifende Koordinationsinstrumente ................................................. 288 14.1.1 Generelle Energiekennzahlensysteme.......................................... 290 14.1.2 Energiewirtschaftliche Koordination mit der Balanced Scorecard ...................................................................... 295 14.2 Intra-energiewirtschaftliche Koordination ................................................ 299 14.3 Einbindung in das Unternehmen ............................................................... 301 14.3.1 Einfluss der Energiewirtschaft auf das Unternehmen.................. 304 14.3.2 Einfluss des Unternehmens auf die Energiewirtschaft ................ 305 14.3.3 Managementsystemintegration .................................................... 306 14.4 Einbindung in die Umwelt ........................................................................ 309 14.4.1 Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt............................................ 310 14.4.2 Makroumwelt ............................................................................... 312
Inhaltsverzeichnis XVII _______________________________________________________________________________________________________________________________
15
Energiewirtschaftliche Entwicklung .................................................................. 317 15.1 Entwicklungsinitiatoren ............................................................................ 319 15.2 Energieinnovation ..................................................................................... 323 15.2.1 Energieinnovationsraum .............................................................. 323 15.2.2 Energieinnovationsprozess........................................................... 325 15.2.3 Institutionalisierung der Energieinnovation................................. 327
16
Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................... 329
Literatur....................................................................................................................... 333
Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1:
Wholesale-Preisentwicklung fossiler Brennstoffe ...................................... 2
Abb. 1-2:
Prognostizierte Energieimportabhängigkeit der Europäischen Union........ 3
Abb. 1-3:
Struktur der Abhandlung............................................................................. 6
Abb. 2-1:
Handlungsebenen des Managements ........................................................ 19
Abb. 2-2:
Einordnung des betrieblichen Energiemanagements in die Wissenschaftssystematik........................................................................... 22
Abb. 2-3:
Veröffentlichungsumfang zum Thema „Betriebliches Energiemanagement“ ................................................................................ 23
Abb. 2-4:
Konzeption der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre........ 26
Abb. 2-5:
Interaktion von Management, Unternehmen und Umwelt ....................... 31
Abb. 2-6:
Ebenen des Energiemanagements ............................................................. 34
Abb. 2-7:
Regelkreissystematik................................................................................. 35
Abb. 2-8:
Entscheidungen im Rahmen des Managementprozesses .......................... 37
Abb. 2-9:
Basiselemente eines Entscheidungsmodells ............................................. 39
Abb. 3-1:
Schema der Energiewertschöpfungskette ................................................. 45
Abb. 3-2:
Vereinfachtes Energieflussbild (Österreich, 2000)................................... 46
Abb. 3-3:
Klassifizierung von Rohstoffvorkommen nach McKelvey ...................... 48
Abb. 3-4:
Verfügbare Ölfördermengen in Abhängigkeit vom Preis......................... 51
Abb. 3-5:
Historische Entwicklung des Primärenergieträgermix ............................. 56
Abb. 3-6:
Primärenergieträgersubstitution seit 1850 ................................................ 57
Abb. 3-7:
Mittelfristige Entwicklungsprognosen für das Primärenergieportfolio .... 58
Abb. 3-8:
Dekarbonisierungstrend der globalen Energieversorgung........................ 61
XX Abbildungsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 3-9:
Endenergieportfolios in Industrie- und Entwicklungsländern in 2004..... 63
Abb. 3-10: Typisches Nutzenergieportfolio für Industrieländer (Bsp. Österreich) .... 64 Abb. 3-11: Für Industrieländer typischer Endenergieeinsatz (Bsp. Österreich) ......... 65 Abb. 3-12: Kostenminimale Erstellung von Energiedienstleistungen ........................ 66 Abb. 3-13: Erdöl: Reserven und Förderung vs. Verbrauch in 2006 ........................... 69 Abb. 3-14: Erdgas: Reserven und Förderung vs. Verbrauch in 2006 ......................... 75 Abb. 3-15: Kohle: Reserven und Förderung vs. Verbrauch in 2006 .......................... 81 Abb. 3-16: Brennwertbezogener Wholesale-Preisvergleich von Erdöl, Erdgas und Steinkohle........................................................................................... 82 Abb. 3-17: Wachstumsraten und Portfolio der globalen Stromerzeugung ................. 85 Abb. 3-18: Charakteristika gängiger Kraftwerkstechnologien.................................... 87 Abb. 3-19: Beispielhaftes Zusammenspiel von Akteuren in einem liberalisierten Strommarkt................................................................................................ 97 Abb. 3-20: Spot- und Termingeschäfte im liberalisierten Strommarkt....................... 99 Abb. 3-21: Akteure des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems ............................. 103 Abb. 4-1:
Energieverbrauch vs. Bruttosozialprodukt für ausgewählte Länder....... 111
Abb. 4-2:
Disaggregation der anthropogen beeinflussten Umweltbelastung.......... 114
Abb. 4-3:
Elastizität des HDI bezüglich des Pro-Kopf-Energieverbrauchs............ 115
Abb. 4-4:
Energieeinsparpotenziale ........................................................................ 121
Abb. 5-1:
Nutzenergieprofile unterschiedlicher Industriebranchen ........................ 130
Abb. 5-2:
Kostenstrukturen unterschiedlicher Industriebranchen........................... 131
Abb. 5-3:
Globaler industrieller Energieverbrauch ................................................. 132
Abb. 5-4:
Industrielles Nutzenergieprofil (Österreich, 2001) ................................. 133
Abbildungsverzeichnis XXI _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 5-5:
Wachstumsraten des industriellen Energieverbrauchs............................ 134
Abb. 5-6:
Globale industrielle Treibhausgasemissionen......................................... 135
Abb. 5-7:
Schema des innerbetrieblichen Energieflusses ....................................... 138
Abb. 6-1:
Energiewirtschaftliche Zielausprägung in Abhängigkeit von den Unternehmenszielen ................................................................................ 148
Abb. 6-2:
Die betriebliche Energiewirtschaft als Wertkette ................................... 158
Abb. 7-1:
Dimensionen des Energiepentagon-Modells .......................................... 162
Abb. 7-2:
Elemente des Energiepentagon-Modells................................................. 165
Abb. 7-3:
Das Energiepentagon .............................................................................. 170
Abb. 8-1:
Managementaspekte der Energiepolitik.................................................. 176
Abb. 8-2:
Inhaltliche Schwerpunkte der energetischen Unternehmensanalyse ...... 179
Abb. 8-3:
Die Energiebilanz als Basis der Energieflussanalyse ............................. 181
Abb. 8-4:
Energiepotenzialmatrix für einen energieintensiven Industriebetrieb .... 184
Abb. 8-5:
Bewertungskriterien der einzelnen Dimensionen der Energiepotenzialmatrix ........................................................................... 185
Abb. 9-1:
Managementaspekte der Energieplanung ............................................... 190
Abb. 9-2:
Doppeltes Gegenstromverfahren des Energieplanungsprozesses........... 191
Abb. 9-3:
Zielspezifische generische Strategieinhalte ............................................ 195
Abb. 9-4:
Produktionstheoretisch fundierte Varianten zur Energieeffizienzsteigerung...................................................................... 201
Abb. 9-5:
Morphologischer Kasten energiewirtschaftlicher strategischer Grundverhaltensweisen ........................................................................... 204
Abb. 9-6:
Resultierende energiewirtschaftliche strategische Grundverhaltensmuster ........................................................................... 207
Abb. 9-7:
Energiewirtschaftliche Zielpyramide ...................................................... 209
XXII Abbildungsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 9-8:
Beitrag der Energiewirtschaft zur Schließung der operativen und strategischen Lücken auf Unternehmensebene ....................................... 211
Abb. 9-9:
Analysegerechte Systembetrachtung eines integrierten Papier- und Zellstoffbetriebs ...................................................................................... 212
Abb. 9-10: Konzeption des Energiemanagement-Assessments ................................ 214 Abb. 9-11: Übersichtsdarstellung beispielhafter Ergebnisse des Energiemanagement-Assessments .......................................................... 216 Abb. 9-12: Beispielhaft ausgefüllte Hemmnisanalyse .............................................. 217 Abb. 9-13: Beispielhaftes energiewirtschaftliches Maßnahmenportfolio................. 218 Abb. 10-1: Managementaspekte der Energieorganisation ........................................ 221 Abb. 10-2: Funktionendiagramm zur Durchführung der Aufgaben-Struktur-Analyse .................................................................... 226 Abb. 10-3: Situative Ausrichtung der organisatorischen Instrumentalvariablen ...... 232 Abb. 10-4: Energiewirtschaftliche Organisationsgrundmuster ................................. 233 Abb. 10-5: Beispielhafte Organisation der Energiewirtschaft in einem Papierbetrieb................................................................................. 237 Abb. 10-6: Vertikale Überlappung von Energieausschüssen.................................... 240 Abb. 11-1: Aspekte energiewirtschaftlicher Personalagenden.................................. 243 Abb. 11-2: Motivationsprozessmodell nach Vroom ................................................. 248 Abb. 12-1: Aspekte des Energieinformationsmanagements ..................................... 254 Abb. 12-2: Charakteristika von Energieberichten ..................................................... 256 Abb. 12-3: Basisinhalte einer Energiebuchhaltung................................................... 258 Abb. 12-4: Charakterisierung der Energiekostenkomponenten ................................ 261 Abb. 12-5: Schema der abrechnungsorientierten Energiekostenrechnung ............... 264 Abb. 13-1: Managementaspekte der Energiekontrolle.............................................. 275
Abbildungsverzeichnis XXIII _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 13-2: Energiewirtschaftlich relevante Formen der Kontrolle........................... 276 Abb. 13-3: Drei Phasen des energetischen Soll-Ist-Vergleichs ................................ 279 Abb. 13-4: Regressionsanalyse zur Ermittlung einer Energieverbrauchsgleichung . 281 Abb. 13-5: Die Energiebedarfsabweichung .............................................................. 282 Abb. 14-1: Struktur des Energiekennzahlensystems nach Bauer.............................. 293 Abb. 14-2: Vertikale Koordinationsfunktion der Balanced Scorecard ..................... 296 Abb. 14-3: Energiewirtschaftlich relevante Umweltebenen ..................................... 310 Abb. 15-1: Entwicklungsphasenspezifische Anforderungen an das betriebliche Energiemanagement ................................................................................ 320 Abb. 15-2: Der Energieinnovationsraum .................................................................. 324 Abb. 15-3: Der Energieinnovationsprozess............................................................... 326
Tabellenverzeichnis Tab. 2-1:
Beispielhafte Umwandlungen von Energieformen ................................... 12
Tab. 3-1:
Ressourcen und Reserven erschöpfbarer Energieträger ........................... 49
Tab. 3-2:
Nutzung und technisches Potenzial erneuerbarer Energieressourcen....... 54
Tab. 3-3:
Zusammensetzung des weltweiten Endenergieportfolios......................... 62
Tab. 3-4:
Charakteristika ausgewählter fossiler, dezentraler Stromerzeugungstechnologien .................................................................. 95
Tab. 4-1:
Energiebedingte Emissionen umweltbeeinträchtigender Substanzen..... 112
Tab. 4-2:
Wirtschaftliches Energieeinsparpotenzial für westeuropäische Verbrauchssektoren................................................................................. 123
Tab. 5-1:
Energieeinsparpotenzial für industrielle Querschnittstechnologien (Deutschland, 1999) ................................................................................ 136
Tab. 6-1:
Aufgabenkatalog der Energiewirtschaft.................................................. 155
Tab. 14-1: Ausgewählte, den Strategiefeldern zugeordnete Energiekennzahlen ..... 292 Tab. 14-2: Auswahl energiewirtschaftlicher Aspekte der Balanced Scorecard ....... 297 Tab. 14-3: Wechselseitige Beeinflussung von Energiewirtschaft und Unternehmen .................................................................................... 303
Abkürzungsverzeichnis Abb...................Abbildung ACEEE.............American Council for an Energy-Efficient Economy AEA .................Austrian Energy Agency API ...................American Petroleum Institute bbl ....................barrel of oil BCG .................Boston Consulting Group Inc. BGR .................Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe BMWA.............Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit boe....................barrel oil equivalent BP.....................British Petroleum plc BRECSU ..........Building Research Energy Conservation Support Unit BRICs...............Brasilien, Russland, Indien und China BSP ..................Bruttosozialprodukt BWK ................BWK-Das Energie-Fachmagazin BWL.................Betriebswirtschaftslehre C .......................Kohlenstoff CADDET .........Centre fort the Analysis and Dissemination of Demonstrated Energy Technologies CBEMA ...........Computer and Business Equipment Manufacturers Association CEC..................California Energy Commission CEN..................Europäisches Komitee für Normung CERA...............Cambridge Energy Research Associates cif .....................cost plus insurance plus freight CO2 ...................Kohlendioxid CPUC ...............California Public Utilities Commission CSFB................Credit Suisse First Boston Bank ct.......................Cent DBW ................Die Betriebswirtschaft
XXVIII Abkürzungsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
DETR ...............Department of the Environment, Transport and Regions DOE .................US Department of Energy DPCA...............Distributed Power Coalition of America DSK..................Deutsche Steinkohle AG DSM.................Demand Side Management DT ....................Dampfturbine DTV .................Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH DUV.................Deutscher Universitätsverlag DVA.................Deutsche Verlags-Anstalt E.R.G. ..............Existence Needs-Relatedness Needs-Growth Needs e.V. ..................eingetragener Verein E.V.A. .............Energieverwertungsagentur (Vorläufer der AEA) ECN..................Energy research centre of the Netherlands EDF ..................Électricité de France EIA ...................Energy Information Administration EJ......................Exajoule EPA ..................Environmental Protection Agency EPRI.................Electric Power Research Institute ETH..................Eidgenössische Technische Hochschule EU ....................Europäische Union EUR..................Euro EVU .................Energieversorgungsunternehmen fob ....................free on board Gt......................Gigatonnen GTL..................Gas to liquids Gtoe..................Gigatonnen Oil Equivalent GuD..................Gas und Dampf GW ...................Gigawatt GWh.................Gigawattstunde
Abkürzungsverzeichnis XXIX _______________________________________________________________________________________________________________________________
HDI ..................Human Development Index HSE ..................Health/Safety/Environment HSEQ ...............Health/Safety/Environment/Quality i. d. R. ..............in der Regel IAEA ................International Atomic Energy Agency IEA ...................International Energy Agency IGCC ................Integrated Gasification Combined Cycle IIASA...............International Institute for Applied Systems Analysis IIR ....................Institute for International Research IMF ..................International Monetary Fund Inst. ..................Institut IOC...................International oil company IPCC.................Intergovernmental Panel on Climate Change IRP ...................Integrated Resource Planning ISO ...................International Organization for Standardization IT......................Informationstechnologie Jg. ....................Jahrgang Kap. .................Kapitel koe....................Kilogramm oil equivalent KOM ................Kommission der Europäischen Gemeinschaften kW....................Kilowatt kWh..................Kilowattstunde KWK ................Kraft-Wärme-Kopplung LNG .................Liquified natural gas (Verflüssigtes Erdgas) m3 .....................Kubikmeter MbO .................Management by Objectives MGI..................Mc Kinsey Global Institute Mio. . ................Million MIT ..................Massachusettes Institute of Technology
XXX Abkürzungsverzeichnis _______________________________________________________________________________________________________________________________
Mrd. .................Milliarde Mtoe .................Millionen Tonnen Oil Equivalent MW ..................Megawatt MWh ................Megawattstunde NARUC............National Association of Regulatory Utility Comissioners NGO.................Non-Governmental Organization NOC .................National oil company NPC..................National Petroleum Council OECD...............Organization for Economic Co-operation and Development ÖEKV ..............Österreichischer Energiekonsumentenverband OPEC ...............Organization of Petroleum Exporting Countries OTC..................Over the counter PG&E...............Pacific, Gas & Electric (ein kalifornisches EVU) PJ......................Petajoule RFF ..................Resources for the Future RMI ..................Rocky Mountain Institute RWZ.................Zeitschrift für Recht und Rechnungswesen SEAV ...............Sustainable Energy Authority Victoria SKE ..................Steinkohleneinheiten sog. ..................sogenannt SPE...................Society of Petroleum Engineers SSM..................Supply Side Management t.........................Tonne Tab. ..................Tabelle tC......................Tonnen Kohlenstoff TJ......................Terajoule toe.....................Tonne Oil Equivalent TQM.................Total Quality Management TÜV .................Technischer Überwachungsverein
Abkürzungsverzeichnis XXXI _______________________________________________________________________________________________________________________________
TWh .................Terawattstunde UN....................United Nations UNDP...............United Nations Development Programme UNEP ...............United Nations Environment Programme USD..................US Dollar VDI ..................Verein Deutscher Ingenieure vgl. ...................vergleiche WCED..............World Commission on Environment and Development WCI..................World Coal Institute WEC.................World Energy Council WRI..................World Resources Institute WTI ..................West Texas Intermediate z.B. ...................zum Beispiel ZfB ...................Zeitschrift für Betriebswirtschaft Ș .......................Wirkungsgrad ȥ.......................Kapazitätsfaktor
1 Einführung Am Ende ihres vielbeachteten Artikels „The End of Cheap Oil“ stellen Campbell und Laherrére im Jahr 1998 kurz und bündig fest: „ …The world is not running out of oil – at least not yet. What our society does face, and soon, is the end of the abundant and cheap oil on which all industrial nations depend.”1 Wenngleich die in diesem Artikel erfolgte Datierung mit 2010 als spätesten Zeitpunkt für das damit angedeutete weltweite Fördermaximum von konventionellem Erdöl zwischenzeitlich nicht mehr aufrecht zu halten ist2, so sind hohe Energiepreise (oft auch in Verbindung mit dem Emissionshandel) und die Energieversorgungssicherheit tatsächlich weltweit zu Vorstandsthemen in vielen Unternehmen avanciert. Damit tritt zu einer bisher zumeist rein technisch orientierten Betrachtungsweise energiewirtschaftlicher Aspekte in Unternehmen auch eine stark betriebswirtschaftliche Komponente, die zunehmend die Managementaspekte dieses Themas in den Vordergrund stellt. 1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung Seit 1998, als der Erdölpreis in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise in Asien einen markanten Einbruch (17,3 USD/bbl Brent (2008 USD)) erlebte, ist ein Anstieg dieses Preises um rund 450% bis 2008 zu verzeichnen.3 Eine ähnliche Entwicklung hat auch der weithin an den Erdölpreis gekoppelte Erdgaspreis und – wenn auch in geringerem Ausmaß – der Preis für Steinkohle mitgemacht (siehe Abb. 1-1). Verbunden mit diesem Preisanstieg der fossilen Primärenergieträger ist auch ein merklicher Preisanstieg des Sekundärenergieträgers „Elektrischer Strom“ zu verzeichnen, der beispielsweise in Österreich trotz eines hohen Wasserkraftanteils zwischen 2003 und 2006 für Industrieunternehmen durchschnittlich um 50% angestiegen ist.4 Ein weiterer Aspekt, der zwischenzeitlich vor allem in energieintensiven Industrien und der Energiewirtschaft selbst für vermehrte Aufmerksamkeit sorgt, ist die in Zusammenhang mit dem von der EU ratifizierten Kyoto-Protokoll erlassene Richtlinie zum Emissionshandel mit Treibhausgasen. Diese kann – vereinfacht dargestellt – zu einer empfindlichen Verteuerung der Ressource „Energie“ führen, wenn die im Rahmen der Allokationspläne zugeteilten Kohlendioxid Emissionsmengen überschritten werden.5
1
Zit. Campbell (1998), S. 83
2
Vgl. Smil (2003), S. 210 ff. und Jackson (2006)
3
Vgl. BP (2009), Preistabellen
4
Vgl. eControl (2007)
5
Vgl. Deutsche Bank Research (2003), S. 3 f.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2 Einführung _______________________________________________________________________________________________________________________________ Preistrends fossiler Primärenergieträger (Basisjahr 1998 = 100) 600 550
Steinkohle 1998: 32 USD/tonne Northwest Europe Marker Price (2008 USD)
500
Erdgas 1998: 2,3 USD/million BTU European Union (2008 USD)
450
Erdöl 1998: 17,3 USD/bbl Brent (2008 USD)
400 350 300 250 200 150 100 50 1998
1999
2000
2001
2002 Steinkohle
2003
2004
Erdgas
2005
2006
2007
2008
Erdöl
6
Abb. 1-1: Wholesale-Preisentwicklung fossiler Brennstoffe
Besondere Bedeutung kommt auch der Entwicklung der Energieversorgungssicherheit und dem damit verbundenen Aspekt der Vermeidung von Ausfallkosten in Unternehmen zu. Dabei liegt das Augenmerk Europas auf drei wesentlichen Aspekten7: f Importabhängigkeit: Bei anhaltendem Wirtschaftswachstum ist davon auszugehen, dass sich die Energieimportabhängigkeit der EU von knapp 40% zu Beginn des 21. Jahrhunderts bis 2030 auf ca. 60% erhöhen wird. Bei Erdöl und Erdgas fällt die Bilanz für 2030 mit einer prognostizierten Importabhängigkeit von ca. 80% bzw. 70% noch deutlich schlechter aus (siehe Abb. 1-2). f Regionale Konzentration der Erdöl- und Erdgasressourcen: Die Konzentration des noch verfügbaren Erdöl- und Erdgaspotenzials in einigen wenigen Ländern (mehr als 70% des verbleibenden Erdöl- und Erdgaspotenzials in den OPEC Staaten und Russland)8 spiegelt sich auch in der Energieimportstatistik der EU wider. Bei Erdgas und Erdöl bezieht die EU ca. 70% des Im-
6
Vgl. BP (2009), Preistabellen
7
Vgl. KOM (2006), S. 3 f.
8
Vgl. BGR (2005), S. 43 u. 53
Ausgangssituation und Zielsetzung 3 _______________________________________________________________________________________________________________________________
ports aus den OPEC Staaten und Russland, wobei sich beim Erdgas diese 70% auf nur 2 Länder aufteilen – Algerien und Russland.9 f Schaffung ausreichender Infrastruktur: Unter der Prämisse, dass die Anzahl der rund 2 Milliarden Menschen, die derzeit keinen elektrischen Anschluss zur Verfügung haben, bei voranschreitendem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in etwa gleich bleibt, geht die IEA 2006 in ihrem „World Investment Outlook“ von einem weltweiten Investitionsbedarf der Energieindustrie von 17 Billionen USD bis 2030 aus.10 Anderenfalls wäre eine Versorgungslücke mit resultierender Eindämmung des Wirtschaftswachstums nicht auszuschließen. Für den EU-Raum spricht die EU-Kommission von einem Investitionsbedarf von rund 1 Billion EUR innerhalb der kommenden 20 Jahre, um eine Versorgungslücke auszuschließen.11
EU-30: Energieimportabhängigkeit 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Kohle
Erdgas 2000
Erdöl 2010
2020
Gesamt
2030
12
Abb. 1-2: Prognostizierte Energieimportabhängigkeit der Europäischen Union
9
Vgl. KOM (2001), S. 40 ff.
10
Vgl. Bray (2006), S. 7
11
Vgl. KOM (2006), S. 3
12
Vgl. KOM (2001), S. 24
4 Einführung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Diese skizzierte Entwicklung der Energiemärkte erfordert von Unternehmen eine gezielte Auseinandersetzung mit der Ressource „Energie“ und welche Rolle diese Ressource im Einzelfall bei der Erzielung der Unternehmenswertschöpfung spielt. Eine „Vogel Strauss“-Politik mit der Hoffnung auf eine in absehbarer Zeit einsetzende Entspannung der Energiesituation scheint jedenfalls nicht angebracht. Denn im Gegensatz zu bisherigen Ölpreisschocks spielt bei der jetzigen Preisgestaltung des Erdöls nicht vornehmlich der Angstfaktor in Zusammenhang mit politischen Geschehnissen eine Rolle. Vielmehr gibt es strukturelle Aspekte wie hohe Entwicklungskosten großer Offshore-Projekte und stark gestiegene Produktionskosten komplexer OnshoreProjekte, ohne deren zu erwartende Fördermenge eine Befriedigung der bei günstigem Wirtschaftswachstum prognostizierten mittelfristigen Nachfrage nach Erdöl nicht möglich ist.13 Für Unternehmen, und in besonderem Maß sind hiervon energieintensive Industrieunternehmen betroffen, reicht es daher längst nicht mehr aus, Energiemanagement mit der Steigerung der Energieeffizienz gleichzusetzen. Vielmehr drängen sich strategische Fragestellungen (z.B. des Energieeinkaufs, des Outsourcings, der Risikominimierung, der geeigneten Organisation) in den Vordergrund, deren Beantwortung in starkem Maße auch davon abhängt, welche Rolle die Ressource „Energie“ in dem jeweiligen Unternehmen spielt. Damit machen sich auch die Schwächen der bisher in den meisten Unternehmen anzutreffenden Ausprägung des Energiemanagements deutlich bemerkbar. Wenngleich bereits bei der Steigerung der Energieeffizienz die Erreichung einer wirtschaftlich optimalen Energieverbrauchseinsparung nicht an technischen Möglichkeiten sondern an anderen Barrieren14 scheitert, die sich letztendlich nur durch Einsatz geeigneter Managementinstrumente überwinden lassen, so spielt dennoch die Beherrschung technologischer Lösungen eine dominante Rolle. Die bisher vorherrschende Betrachtung von Energiemanagement aus der Ingenieursperspektive hat daher vor allem bei energieintensiven Unternehmen bereits zu guten Ergebnissen in Hinblick auf die Energieeffizienzsteigerung geführt. Anders sieht dies bei der unter den jetzigen Gegebenheiten des Energiemarkts vorherrschenden Situation aus, die von zunehmender Komplexität und Dynamisierung gekennzeichnet ist. Dies erfordert die Einbeziehung weit reichender strategischer Fragestellungen und die Gestaltung geeigneter Strukturen zur Bewältigung der Komplexität im Rahmen des Energiemanagements. Der Erfolg hängt nun zum großen Teil davon ab, dass die Energiewirtschaft nicht als rein technisches, sondern unter Einbeziehung des Humanaspekts als sozio-technisches
13
Vgl. Sankey (2009)
14
Vgl. Sorrell (2004), S. 55
Struktur der Abhandlung 5 _______________________________________________________________________________________________________________________________
System15 begriffen wird und geeignete Managementinstrumente zum Einsatz kommen. Und genau an dieser betriebswirtschaftlichen Betrachtung des Energiemanagements scheitern heutzutage viele Unternehmen. Jene, die allerdings den Wandel von rein ingenieurmäßigem hin zu betriebswirtschaftlichem Energiemanagement vollzogen haben, erzielen gute Erfolge.16 Das Ziel dieser Abhandlung liegt in der Gestaltung eines Modells, das die relevanten Entscheidungsfelder des betrieblichen Energiemanagements, das Zusammenspiel dieser Entscheidungsfelder sowie ihre Einbindung in das Unternehmen und in das Umfeld wiedergibt. Überdies soll die situativ geeignete Auswahl von Gestaltungsmöglichkeiten des betrieblichen Energiemanagements entlang dieser Entscheidungsfelder aufgezeigt werden. Wenngleich dieses Modell eine generelle Basis zur Ausgestaltung eines geeigneten betrieblichen Energiemanagements für Unternehmen darstellt, so soll der Schwerpunkt der folgenden Untersuchungen auf die Betrachtung von Industrieunternehmen gelegt werden und die zugrunde liegenden Projektbeispiele sind aus Gründen der besonderen Anschaulichkeit in energieintensiven Branchen angesiedelt. Auch wenn die Ergebnisse dieser Untersuchung präskriptiven Charakter haben, so sollen keine Werturteile über eine absolut „richtige“ oder „falsche“ Ausgestaltung des betrieblichen Energiemanagements abgegeben werden. Vielmehr stehen das Aufzeigen von Möglichkeiten und die zu erwartenden Folgen im Vordergrund. Welche Wahl letztendlich getroffen wird, hängt vornehmlich von der jeweiligen Unternehmensphilosophie und den verfolgten Unternehmensstrategien ab. Das betriebliche Energiemanagement wird in diesem Zusammenhang als Management der betrieblichen Energiewirtschaft, einem funktionalen Teilbereich des Unternehmens, aufgefasst. Insbesondere sollen auch die technischen Aspekte des betrieblichen Energiemanagements ausgegrenzt und nur insoweit betrachtet werden, als sie auf Managemententscheidungen Einfluss haben. Bezüglich dieser technischen Grundlagen sei auf die bereits umfangreich vorliegende Literatur verwiesen.17 1.2 Struktur der Abhandlung Ziel dieser Abhandlung ist es, eine Brücke zwischen Theorie und Praxis zu schlagen. Die Strukturierung der folgenden Kapitel orientiert sich daher nicht am durchlaufenen Forschungsprozess sondern nimmt vielmehr auf didaktische Kriterien Rücksicht.18 Dementsprechend folgen die Kapitel nach einer Beschreibung der epistemologischen 15
Vgl. Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre (2001), S. 43 f. u. S. 75 f.
16
Vgl. Russell (2005), S. 3/142 ff.
17
Siehe beispielsweise: Turner (2005), Thumann (2002), Maier (1994), Petrecca (1993), Witte (1988), Reay (1979), Hugel (1977)
18
Vgl. Hill (1994), S. 54 f.
6 Einführung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Grundlagen, des energiewirtschaftlichen Umfelds und der Rolle von Energie für Industrieunternehmen den einzelnen Modulen des Energiepentagon Modells (siehe Abb. 1-3). Ausgangsbasis
Energie in Umwelt und Industrie
Energiemanagement Modell
Modellelemente
(1) (2)
Einführung
(3) (4) (5)
Energiewirtschaftliches Umfeld
(6) (7)
Betriebliches Energiemanagement
(8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15)
Energiepolitik
Epistemologische Fundierung
Energie und nachhaltige Entwicklung Energie im Industriebetrieb
Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon
Energieplanung Energieorganisation Energiewirtschaftliche Personalagenden Energieinformationsmanagement Energiekontrolle Energiewirtschaftliche Koordination Energiewirtschaftliche Entwicklung
(16) Zusammenfassung und Ausblick
Abb. 1-3: Struktur der Abhandlung
In den Kapiteln 1 und 2 werden ausgehend von der Problemstellung in der industriellen Praxis die Ziele der Abhandlung und die zur Erreichung dieser Ziele geeignete epistemologische Fundierung dargestellt. Dazu werden das geänderte energiewirtschaftliche Umfeld für Industrieunternehmen beschrieben und die resultierenden erfolgskritischen Implikationen für Industrieunternehmen betrachtet. Daraus wird der Bedarf eines entscheidungsorientierten betrieblichen Energiemanagement Modells abgeleitet, wie es derzeit erst in Ansätzen in der Praxis anzufinden ist. Das Forschungsziel, eine für die Praxis geeignete aber gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Ausgestaltung dieses Modells, führt zur epistemologischen Verankerung in der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre und zur Auswahl des handlungstheoretischen Forschungsansatzes. Kapitel 3 dient der Darstellung des energiewirtschaftlichen Umfelds und der Einbindung des betrieblichen Energiemanagements in dieses Umfeld. Ausgehend von der
Struktur der Abhandlung 7 _______________________________________________________________________________________________________________________________
energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette werden die einzelnen, ineinander übergeführten Energiestufen beschrieben. Dies beginnt bei den Primärenergien, setzt sich fort über Sekundär- und Endenergien bis hin zu Nutzenergien und den letztlich erwünschten Energiedienstleistungen. Auf diese prozessorientierte Betrachtung folgt eine Beschreibung der nach den Energieträgern Erdöl, Erdgas, Kohle und Elektrizität sortierten Energieteilmärkte, die die Marktsituation mit Hilfe der Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage sowie der Struktur dieser Märkte erfasst. Abschließend werden die drei wesentlichen Stakeholdergruppen identifiziert und charakterisiert – öffentliche Gremien mit regulierendem Einfluss, Energieunternehmen als die Akteure der Verkäuferseite und die Energieverbraucher auf der Abnehmerseite Kapitel 4 widmet sich der Rolle der Ressource „Energie“ für die nachhaltige Entwicklung. Ausgehend von den möglichen – durchaus kontroversiell diskutierten – Ansätzen der nachhaltigen Entwicklung werden die Auswirkungen des Energieeinsatzes auf die drei Dimensionen (ökonomisch, ökologisch und sozial) derselben aufgezeigt. Anschließend werden die für eine nachhaltigkeitsorientierte Entwicklung des Energiesystems geeigneten drei Zielrichtungen Versorgungssicherheit, Verfügbarkeit und Verträglichkeit, die gemeinsam alle drei Nachhaltigkeitsaspekte abdecken, identifiziert und erläutert. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Energieeffizienz für die Ausrichtung entlang der drei energiewirtschaftlichen Zielrichtungen werden die grundsätzlichen Fragestellungen in Zusammenhang mit unterschiedlichen Energieeffizienzniveaus und die Bedeutung der Überwindung existierender Hemmnisse bei der Realisierung von Energiesparpotenzialen erörtert. In Kapitel 5 wird der zunehmende Einfluss der Ressource „Energie“ auf den wirtschaftlichen Erfolg von Industrieunternehmen dargestellt. Die innerhalb eines Betriebs durchlaufenen Energieumwandlungsstufen werden für die Segmentierung der innerbetrieblichen, energetischen Wertschöpfungskette in die Phasen Energiebezug, Energieumwandlung und -verteilung, Energienutzung und Energieabgabe bzw. -recycling herangezogen. Zweck, Ziele und Aufgaben des betrieblichen Energiemanagements werden zu Beginn des Kapitels 6 untersucht. Vorhandene Betrachtungsansätze des betrieblichen Energiemanagements der letzten 50 Jahre werden im Anschluss daran diskutiert und in Hinblick auf ihre Eignung zur Ausgestaltung eines Energiemanagement Modells zur Entscheidungsunterstützung kritisch hinterfragt. Daraus werden die Rahmenbedingungen für den dieser Abhandlung zugrunde liegenden entscheidungsorientierten Betrachtungsansatz erarbeitet. In Kapitel 7 wird das Energiepentagon Modell auf Basis der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre entwickelt. Die Strukturierung des Modells erfolgt entlang der Managementfunktionen auf normativer, strategischer und operativer Ebene. Be-
8 Einführung _______________________________________________________________________________________________________________________________
sondere Berücksichtigung erfahren sowohl die vertikale Koordination zwischen den Managementebenen als auch die horizontale Koordination zwischen den Managementfunktionen. Als dynamisches Element wird die Entwicklung des Teilsystems „Energiewirtschaft“ aufgegriffen. Die aus dieser Betrachtung resultierenden Segmente des Modells, die als Entscheidungsfelder interpretiert werden können, erfahren eine Charakterisierung. Darüber hinaus werden die Verankerung im Unternehmen und die energiewirtschaftlichen Schnittstellen zum Umfeld betrachtet. Die Kapitel 8 bis 13 widmen sich der detaillierten Darstellung der Modellsegmente. Der Schwerpunkt liegt hierbei neben Fragestellungen der Energiepolitik auf der geeigneten Ausprägung der Managementfunktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle in Abhängigkeit von möglichen Anforderungen. Damit sollen Entscheidungshilfen für die Praxis geschaffen werden, die Entscheidungsträger sowohl bei der Entscheidungsfindung in Zusammenhang mit energiewirtschaftlichen Fragestellungen als auch bei der Ausgestaltung der dazu erforderlichen Managementinstrumente unterstützen. Die Gesamtkoordination der Modellelemente und die Einbindung der Energiewirtschaft in das Unternehmen und in das betriebliche Umfeld werden in Kapitel 14 beschrieben. Ausgehend von den Koordinationserfordernissen zwischen den einzelnen Elementen werden übergreifende Koordinationsinstrumente – insbesondere Kennzahlensysteme unter besonderer Berücksichtigung der Balanced Scorecard – in energiespezifischer Ausprägung vorgestellt. Für die Einbindung des Energiemanagement Modells in das Unternehmen werden sowohl die erforderliche Koordination mit anderen Unternehmensbereichen als auch die Koordination mit anderen Managementmodellen bis hin zur möglichen Integration in diese Managementmodelle diskutiert. Die Einbindung in das betriebliche Umfeld erfolgt unter Berücksichtigung der Stakeholdergruppen des „Value Net“-Bezugsrahmens von Brandenburger und Nalebuff19. Dabei werden die energiewirtschaftlich relevanten Schnittstellen mit Wettbewerbern, Komplementären, Lieferanten und Kunden in Hinblick auf ihre Relevanz und die geeignete Ausgestaltung untersucht. In Kapitel 15 wird der dynamische Aspekt des Energiepentagons betrachtet. Dies erfolgt einerseits unter den Aspekten der Anpassungserfordernisse an die Entwicklung des Gesamtunternehmens und andererseits auch unter den rein energiewirtschaftlich bedingten Innovationsgesichtspunkten. Dabei wird vorrangig auf die Besonderheiten der Energieinnovation eingegangen. Abschließend erfolgt in Kapitel 16 eine zusammenfassende Betrachtung des Energiepentagons und seiner Einbindung in das Unternehmen und das betriebliche Umfeld. Darüber hinaus werden Überlegungen angestellt, welcher Art weiterführende Überle19
Siehe Brandenburger (1998)
Struktur der Abhandlung 9 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gungen im Bereich des betrieblichen Energiemanagements sein könnten. Vor allem auch die mögliche Erweiterung des Modells in Hinblick auf ein umfassendes betriebliches Ressourcenmanagement wird kurz angerissen.
2 Epistemologische Fundierung Wie bereits in Kapitel 1 ausgeführt, kann man sich dem Themenkreis „Betriebliches Energiemanagement“ sowohl aus der Ingenieurperspektive mit Fokus auf technische Fragestellungen und deren Lösungen als auch mit Fokus auf betriebswirtschaftlich relevante Fragestellungen und deren Lösungen mithilfe des Einsatzes geeigneter Managementinstrumente nähern. Gute Ergebnisse für ein Unternehmen lassen sich selbstverständlich nur dann erzielen, wenn beide Aspekte, Technik und Betriebswirtschaft, im Rahmen einer sozio-technischen Systembetrachtung in ausreichendem Maße abgedeckt werden. Die Auswahl der betriebswirtschaftlichen Aspekte als Kern dieser Abhandlung darf auch nicht als Wertung dahingehend verstanden werden, dass die Beherrschung der betriebswirtschaftlichen Aspekte in größerem Umfang zum Erfolg des betrieblichen Energiemanagements beiträgt. Vielmehr wurde diese Sichtweise bisher sowohl im wissenschaftlichen Umfeld als auch in der betrieblichen Umsetzung vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Was immer die letztendliche Ursache für diese Vernachlässigung ist – sei es die Komplexität der erforderlichen Verquickung thermodynamischer Grundlagen mit der Betriebswirtschaftslehre oder die scheinbar fehlende Relevanz für den Unternehmenserfolg, die bisher nur im Rahmen von zeitlich begrenzten Energiekrisen aufgeflackert ist20 – so kann jedenfalls festgestellt werden, dass der Bedarf für Entscheidungshilfen zur Nutzung des erst mit Hilfe von Managementinstrumenten erschließbaren Optimierungspotenzials zwischenzeitlich vor allem in energieintensiven Unternehmen vorhanden ist. Um diesem Bedarf Rechnung zu tragen, erfolgt die wissenschaftstheoretische Verankerung dieser Abhandlung in der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre unter Anlehnung an ein handlungstheoretisches Forschungskonzept. Dies erfordert eine Festlegung der Betrachtungsweise von „Energie“ aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive. Erforderliche physikalische Grundlagen sollen hier vorab nur in aller Kürze angerissen werden. 2.1 Physikalische Grundlagen Energie kann allgemein definiert werden als „… die Fähigkeit stofflicher oder nichtstofflicher Systeme, an ihrer Umgebung Arbeit zu verrichten sowie Wärme oder Strahlung an sie zu übertragen. Man unterscheidet u. a. thermische, mechanische, elektrische, chemische, nukleare und Strahlungs-Energie. …“21 . Eine andere, etwas epischere Beschreibung, die vor allem auf die Umwandelbarkeit der Energieformen ineinan-
20
Vgl. Buenstorf (2004), S. 1 f. und Funk (1991), S. 4 ff.
21
Zit. Maier (1997), S. 3/23
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
12 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
der (siehe Tab. 2-1) und auch auf den Erhaltungssatz der Energie anspielt, lautet: „Energy is the only universal currency: It must be transformed to get anything done.“22 Tab. 2-1: Beispielhafte Umwandlungen von Energieformen Input Strahlung
Chemische Energie
Nuklearenergie
Thermische Energie
Mechanische Energie
Elektrische Energie
n. a.
Chemische Lumineszenz
Radioaktivität
Wärmestrahlung
Teilchenbeschleuniger
Elektr. Licht
Photosynthese
Chemische Prozesse
Ionisation
Thermische Dissoziation
Radiolyse
Elektrolyse
Gamma-Neutronen-Reaktion
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
Solarthermie
Verbrennung
Kernreaktion
Wärmeübertragung
Reibung
Induktionsheizung
Radiometer
Metabolismus
Atombombe
Verbrennungsmotor
Getriebe
Elektromotor
Brennstoffzelle
Isotopenbatterie
Thermoelektrizität
Generator
Umspannung
Output Strahlung Chemische Energie Nuklearenergie Thermische Energie Mechanische Energie Elektrische Energie
23
Photovoltaik
Die physikalische Sicht der Energie stellt den Hauptinhalt der Thermodynamik dar, die häufig auch als allgemeine Energielehre tituliert wird.24 Die Grundaussagen sind im 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik zusammengefasst. Da diese Grundaussagen auch für wesentliche Schlussfolgerungen im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Energieperspektive die Basis bilden, sollen sie hier übersichtsartig dargestellt werden – für eine umfassende Darstellung soll auf die umfangreiche naturwissenschaftliche oder auch anwendungsorientierte technische Literatur verwiesen werden. Gut verständliche Einführungen bieten beispielsweise Cerbe25, dessen Lehrbuch die folgenden Erläuterungen zu den beiden thermodynamischen Hauptsätzen entnommen sind, und Kugeler26. Der erste Hauptsatz postuliert das Naturgesetz von der Erhaltung der Energie in geschlossenen Systemen und ist damit auch die Grundlage für die Bilanzierung von Energien bei deren Transport über Systemgrenzen. Das bedeutet, dass es keinen Energieverbrauch im herkömmlichen Sinn gibt sondern nur die Umwandlung von einer Energieform in die andere (beispielsweise die Umwandlung von in einem Energieträger enthaltener potentieller Energie in kinetische Energie oder umgekehrt). Verbraucht werden hierbei lediglich die Energieträger. 22
Zit. Smil (1994), S. 1
23
Eigene Zusammenstellung, basierend auf Smil (1994), Erdmann (1995) und Buenstorf (2004)
24
Vgl. Cerbe (2005), S. 17
25
Cerbe (2005)
26
Kugeler (2006)
Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive 13 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Der zweite Hauptsatz ist ein Erfahrungssatz, der das Prinzip der Irreversibilität zum Ausdruck bringt. Er besagt im Wesentlichen, dass Energie, die Arbeit zu leisten vermag, in einem geschlossenen System tendenziell abnimmt. Zur rechnerischen Erfassung dieses „Arbeitsvermögens“ der Energie wurde der Begriff der Entropie eingeführt, die als Maßzahl für die „Qualität“ der Energie betrachtet werden kann – je höher die Entropie desto geringer das Arbeitsvermögen (daher auch häufig die Bezeichnung als „Gesetz der Entropiezunahme“)27. Konkret bedeutet dies für die Umwandlung der Energien entlang der Energiewertschöpfungskette eine Entropiezunahme pro Umwandlungsschritt bzw. eine Abnahme des Arbeitsvermögens.28 Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die Geschlossenheit des Systems, da offene Systeme (wie beispielsweise der menschliche Körper oder eben ein Industriebetrieb) durch die Zufuhr von Energie auch eine Entropieabnahme ermöglichen. Zwei Begriffe, die in diesem Zusammenhang häufig verwendet werden, sind „Exergie“ und „Anergie“. Exergie beschreibt den in einer vorgegebenen Umgebung beliebig umwandelbaren Teil der Energie in eine andere Energieform, Anergie den restlichen, nicht verwertbaren Teil der Energie. Dementsprechend könnte man den 2. Hauptsatz der Thermodynamik auch dahingehend formulieren, dass bei allen natürlichen Prozessen Exergie in Anergie umgewandelt wird. Es gibt Energieformen, die nur aus Exergie bestehen (z.B. elektrischer Strom, potenzielle und kinetische Energie) und solche, die nur aus Anergie bestehen (z.B. Wärme bei Umgebungstemperatur). 2.2 Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive Seit dem späten 19. Jahrhundert gibt es immer wieder Ansätze, die die physikalische Energielehre unter dem Begriff der „Energetik“ als Erklärungsansatz für eine große Anzahl von Wissenschaften, darunter auch die Sozialwissenschaften, heranziehen.29 In Hinblick auf die Ökonomie wurden dabei Erklärungsansätze postuliert, die den wirtschaftlichen Wert eines Gutes aus seinem Energieinhalt heraus ableiten, wobei höhere Exergie mit höherem Wert gleichgesetzt wird.30 Konsequenterweise führt dies in weiterer Folge zu Theorieansätzen, die das Funktionieren der Märkte und der darin agierenden Unternehmen aus Energieströmen ableiten, wie beispielsweise das Konzept des industriellen Metabolismus von Ayres31. Letztendlich würde dies eine Verankerung des betrieblichen Energiemanagements auf der Metaführungsebene erfordern, da
27
Vgl. Erdmann (1995), S. 5
28
Vgl. Smil (1999), S. XIII
29
Vgl. Buenstorf (2004), S. 14 ff.
30
Vgl. Mirowski (1988), Costanza (2004)
31
Siehe Ayres (1994)
14 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
das Management der betriebsinternen und der betriebsgrenzüberschreitenden Energieströme die Grundlage aller Führungsentscheidungen wäre. Die Schlussfolgerung, dass der ökonomische Wert eines Produktes gewissermaßen direkt aus dem Exergieinhalt ablesbar ist, erweist sich bei näherem Hinsehen aber als Trugschluss. Dies gilt auch für Produktionsprozesse, bei denen die Exergie des Produkts im Verlauf des wertsteigernden Produktionsprozesses zunimmt (z.B. Umwandlung von Eisenerz in metallisches Eisen, Umwandlung von Kunststoffgranulat in ein Werkstück durch den Spritzgussprozess)32, da der Nutzenwert eines Produkts neben der Exergie auch von Faktoren wie Knappheit, Handhabbarkeit, etc. abhängt. In diesem Fall kann die Exergiezunahme als notwendige aber nicht ausreichende Bedingung zur Wertbestimmung gelten.33 Noch viel deutlicher wird die Entkopplung von Exergiezunahme und ökonomischer Wertsteigerung jedoch bei Prozessen, in denen die Exergie des Werkstücks abnimmt (z.B. auf einer Drehbank). Denn trotz geringerer Exergie aufgrund des Masseverlusts hat das Endprodukt einen höheren Wert als das Ausgangsprodukt, weil es besondere technische Anforderungen erfüllen kann.34 Energie soll daher als notwendiger Input im Rahmen des Produktionsprozesses verstanden werden und das entsprechende Energiemanagement wird als Management der Energiewirtschaft, einem funktionalen Teilbereich des Unternehmens, betrachtet, das sich an übergeordneten Unternehmenszielen orientiert. Denkbar wäre eine Verankerung auf der Metaführungsebene demnach höchstens bei Unternehmen der Energiewirtschaft, wo Energieströme gleichsam den Produktionsprozess darstellen. 2.2.1 Energie als Ressource Da die spezifischen Eigenheiten des Inputfaktors „Energie“ in dem auf Gutenberg35 zurückgehenden Faktorenkonzept als Produktivfaktor nur unzureichend berücksichtigt werden36, wird auf das Ressourcenkonzept von Penrose37 zurückgegriffen. In diesem Konzept wird zwischen Einsatzgütern (Ressourcen) und den von diesen abgegebenen produktiven Beiträgen unterschieden. Der eigentliche Input in den Produktionsprozess ist dann der von einer Ressource geleistete produktive Beitrag. In Übertragung auf den Inputfaktor „Energie“ ist zwischen der eingesetzten Energie bzw. der in den eingesetzten Energieträgern gespeicherten Energie und der bestimmungsgemäß genutzten Energie zu unterscheiden, da bei jeder Energieumwandlung 32
Vgl. Voigt (1980), S. 214
33
Vgl. Georgescu-Roegen (1971), S. 282
34
Vgl. Buenstorf (2004), S. 39
35
Siehe Gutenberg (1979), S. 2 ff.
36
Vgl. Nosko (1986), S. 17 ff.
37
Siehe Penrose (1959)
Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive 15 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Verlustenergie auftritt. Dieses Verhältnis zwischen eingesetzter Energie und bestimmungsgemäß genutzter Energie findet seinen Niederschlag im sog. Wirkungsgrad Ș38: K
Genutzte Energie K 1, technische Betrachtun g Eingesetzt e Energie
>2 1@
Die dem Produktionsprozess zugeführte Energie (häufig in Form von Energieträgern) kann demnach als Ressource betrachtet werden und die tatsächlich genutzte Energie stellt den produktiven Beitrag dar. Die in Abhängigkeit vom Wirkungsgrad nicht genutzte Energie resultiert in Verlustenergie ohne produktiven Beitrag.39 Entscheidend für die Nutzung energetischer Ressourcen ist auch der Einsatz der für die unabdingbaren Umwandlungsprozesse erforderlichen Betriebsmittel. Diese energieaufnehmenden Betriebsmittel sind zugleich auch Energiewandler, die wesentlichen Einfluß auf den Wirkungsgrad haben. In Zusammenhang mit den vorherrschenden Betriebsbedingungen und dem Produktionsoutput determinieren sie die zuzuführende Menge an Einsatzenergie.40 2.2.2 Funktion des Managements Der Begriff „Management“ wird – abgesehen davon, dass er im allgemeinen Sprachgebrauch zu einem „Allerweltsbegriff“ mit allen möglichen Bedeutungen mutiert ist41 – auch in der wissenschaftlichen Literatur keineswegs einheitlich definiert und zumeist über die damit verbundenen Aufgaben bzw. Funktionen festgelegt.42 Eine generische Beschreibung, die auf einer Analyse der deutschsprachigen Managementliteratur fußt, findet sich bei Bessai43. Demnach ist Management „ …eine Sammlung von spezifischen Funktionen (Management-Aufgaben), die mit Hilfe adäquater Techniken (Management-Techniken), von bestimmten Stellen des Systems (Managementpositionen) wahrgenommen werden, in denen die hierfür geeigneten Personen (ManagementPersonen) tätig sind.“ Einer von einigen Autoren44 vorgenommenen Abgrenzung zu den verwandten Begriffen „Leitung“ und „Führung“ soll in dieser Abhandlung nicht
38
Vgl. Brune (2000), S. 24 f.
39
Vgl. Layer (1984), S. 639
40
Vgl. Nosko (1986), S. 22
41
Vgl. Steinmann (2000), S. 5
42
Siehe beispielsweise Wolf (2003), S. 38
43
Siehe Bessai (1974), zit. in Wunderer (1980), S. 65
44
Beispielsweise Wunderer (1980), S. 65, Ulrich (1992), S. 13, Koontz (1964), S. 40 f.
16 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
gefolgt werden, sondern vielmehr sollen diese Begrifflichkeiten gleichbedeutend verwendet werden.45 Wesentlich ist die Unterscheidung zwischen einem funktionellen Ansatz, der die Funktionen und die dazugehörigen Techniken in das Zentrum der Betrachtung stellt, und einem institutionellem Ansatz, der sich auf Positionen und Personen konzentriert.46 Da bei der Ausgestaltung eines geeigneten Energiemanagement Modells die Funktionen im Vordergrund stehen, wird im Folgenden nur mehr der funktionelle Managementansatz betrachtet. Überdies muss zwischen einem allgemeinen Management, das üblicherweise der Gesamtunternehmensleitung zugeschrieben wird, und einem funktionellem Management, das funktionelle Teilbereiche (Einkauf, Personal, Produktion, Energiewirtschaft, …) abdeckt, unterschieden werden.47 Für das funktionale Management, wie es das in dieser Abhandlung betrachtete Energiemanagement darstellt, können zwar die Konzepte des allgemeinen Managements verwendet werden, müssen aber an die speziellen inhaltlichen Anforderungen des Teilbereichs angepasst werden. Im Laufe der Zeit haben sich etliche Funktionskataloge für das Management entwickelt. Diese haben ihren Ausgang zumeist in der unter dem Akronym „P-O-S-D-COR-B“ (Planning, Organizing, Staffing, Directing, COordinating; Reporting, Budgeting) bekannten Funktionsklassifikation von Gulick48, die eine Erweiterung der 5 klassischen von Fayol49 erwähnten Leitungsfunktionen (Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle) darstellt. Eine Gegenüberstellung dieser funktionalen Auflistungen50 in Hinblick auf einen gemeinsamen Nenner erlaubt eine Komprimierung auf die 5 Funktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle:51 f Planung: Planung kann als zukunftsbezogener Willensbildungsprozess verstanden werden, der die systematische und strukturierte Entscheidungsvorbereitung und das anschließende Fällen von Entscheidungen umfasst. Wesentlicher Aspekt ist hierbei die systematisch begründete Festlegung von Zielen und der zu ihrer Erreichung erforderlichen Maßnahmen.52
45
Vgl. dazu Hahn (2001), S. 28, Wolf (2003), S. 40 f. und Bürgin (1972), zit. in Wunderer (1980), S. 63
46
Vgl. Steinmann (2000), S. 5 f.
47
Vgl. Ulrich (1992), S. 15
48
Siehe Gulick (2001)
49
Siehe Fayol (1916), zit. in Ulrich (1992), S. 16
50
Siehe beispielsweise Wolf (2003), S. 38, Küpper (2001), S. 14
51
Vgl. Küpper (2001), S. 15
52
Vgl. Hahn (2001), S. 45
Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive 17 _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Organisation: Auch bei der Organisation ist die wesentliche begriffliche Unterscheidung zwischen institutionellem Ansatz und dem in dieser Abhandlung verfolgten funktionellen Ansatz zu unterscheiden. Im Zentrum der Organisationsfunktion steht die zur Erfüllung der übergeordneten Ziele geeignete Ausgestaltung von Aufbau- und Ablauforganisation. Im Rahmen der Aufbauorganisation erfolgt die Strukturierung der Aufgabeneinheiten, die Zuweisung der erforderlichen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die horizontale und vertikale Verknüpfung der ausdifferenzierten Stellen zu einer organisatorischen Einheit.53 Die Festlegung der erforderlichen Prozesse und die Gestaltung der Prozessabläufe definieren die Ablauforganisation.54 f Personalführung: Wesentlicher Inhalt der Personalführung ist die zielorientierte Ausrichtung des Verhaltens der Mitarbeiter.55 Motivation und Personalentwicklung spielen hierbei eine zentrale Rolle.56 f Information: Die Informationsfunktion dient dazu, den Mitarbeitern das für ihre Aufgabenerfüllung zweckmäßige Wissen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.57 Dabei erfolgt eine Eingrenzung auf die formal geregelte Informationsversorgung (beispielsweise im Rahmen des Rechnungswesens), da die informellen Kommunikationswege per definitionem nicht direkt durch das Management gestaltbar sind.58 f Kontrolle: Grundsätzlich ist darunter ein systematischer, informationsverarbeitender Prozess zu verstehen, der einen beurteilenden Vergleich zwischen zwei oder mehreren Größen zum Inhalt hat.59 In der überwiegenden Anzahl von Fällen stellt die Kontrolle den Vergleich von Soll-Größen und Ist-Größen zur Ermittlung der Ergebnisse der Planungsumsetzung dar. Darüber hinaus erfolgen auch Prämissenkontrollen, die die Gültigkeit von Ausgangsannahmen überprüfen, und Konsistenzkontrollen zur Überprüfung methodischer und inhaltlicher Stimmigkeit. Als Hauptzweck der Kontrolle kann die Sicherung der Planerfüllung und die Verbesserung des Managementprozesses gesehen werden.60
53
Vgl. Steinmann (2000), S. 9
54
Vgl. Liebelt (1989), S. 13 f.
55
Vgl. Bühner (1997), S. 317 f.
56
Vgl. Küpper (2001), S. 194 f.
57
Vgl. Heinen (1992), S. 62
58
Vgl. Küpper (2001), S. 109
59
Vgl. Küpper (2001), S. 169
60
Vgl. Hahn (2001), S. 47 f.
18 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Zwei weitere in Zusammenhang mit Management öfters aufgeführte Funktionen, die Koordination und die Entscheidung, werden in diesem Katalog nicht als eigenständige Managementfunktion aufgelistet. Die Koordination kann vielmehr als eine der wesentlichen Ausflüsse des Managements betrachtet werden, die durch alle oben genannten Einzelfunktionen erreicht wird.61 Eine gesonderte Behandlung der Koordinationsfunktion, vor allem auch in Hinblick auf die Koordination der einzelnen Managementfunktionen untereinander, erfolgt in jüngerer Zeit zumeist im Rahmen von Controllingkonzeptionen62, die diese Funktion unter Zugrundelegung einer koordinationsorientierten Controllingkonzeption teilweise sogar als die das Controlling charakterisierende Problemstellung auffassen.63 Die Entscheidung ist all den oben genannten Funktionen und damit dem Management inhärent, da die Ausübung der Funktionen regelmäßig das Fällen von Entscheidungen als Grundlage jeglichen Handelns erfordert. Die Entscheidung spielt dabei für das Managementkonzept eine ähnliche Rolle wie die Koordination für das Controlling und wird häufig als Kern des Managementprozesses betrachtet64 oder in einigen Fällen werden die Begriffe Entscheidung und Management sogar gleichgesetzt65. In dieser Abhandlung wird ersterem Ansatz gefolgt und die Entscheidung als zentraler Aspekt des Managements betrachtet, das für alle Managementfunktionen relevant ist. Die Managementfunktion als Gesamtheit der einzelnen oben erwähnten Funktionen steht zu den originären betrieblichen Funktionen (z.B. Einkauf, Produktion, Vertrieb) in einem komplementären Verhältnis. Sie kann als Querschnittsfunktion betrachtet werden, die in alle originären betrieblichen Funktionen steuernd eingreift.66 Management ist demnach auch eine Funktion, die auf allen Unternehmensebenen stattfindet. Bei Betrachtung des Unternehmens aus systemischer Sicht kann die Funktion des Managements zusammenfassend als Gestaltung, Lenkung und Entwicklung dieses Systems erfasst werden. Dabei liegt der Schwerpunkt der Entwicklung in der oberen Führungsebene, die Gestaltung wird von oberer und mittlerer Führungsebene verstärkt wahrgenommen und der größte Teil der Lenkung entfällt auf die untere Führungsebene des Unternehmens.67 Durch die Unterscheidung der Managementfunktionen von den originären betrieblichen Funktionen (bzw. Sachfunktionen) lässt sich die Mana-
61
Vgl. Koontz (1964), S. 41
62
Vgl. Haeseler (2004), S. 312
63
Vgl. Küpper (1990), S. 283 f.
64
Vgl. Ulrich (1992), S. 22
65
Vgl. Simon (1977), S. 39
66
Vgl. Steinmann (2000), S. 6 f.
67
Vgl. Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre (2001), S. 74
Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive 19 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gementlehre schließlich auch in der Betriebswirtschaft, die sich aus einzelnen Funktionenlehren zusammensetzt, verorten.68
Orientierungsgrundlagen
Normatives Management
Steuerungsgrößen
Zeithorizonte
Nutzenpotenzial
Unternehmensidentität, Generelle Ziele
Entwicklung, Lebensfähigkeit
Strategisches Management
Komplexität
Managementebenen
Erfolgspotenzial Neue techn. Lösungen, Kundenprobleme
Neue Erfolgspotenziale
Erfahrungskurve, Marktposition
Bestehende Erfolgspotenziale
Operatives Management
Effizienzpotenzial Aufwände, Erträge
Erfolg
Einnahmen, Ausgaben
Liquidität Zeithorizont
69
Abb. 2-1: Handlungsebenen des Managements
Im Laufe der Zeit haben sich für die Wahrnehmung der Managementfunktionen drei Handlungsebenen – die normative, die strategische und die operative Ebene – herauskristallisiert.70 Diese drei Ebenen unterscheiden sich neben dem Zeithorizont vor allem auch durch ihre Potenziale, die den Handlungsebenen als Steuergrößen zugrunde liegen.71 Gleichzeitig bedingen sich diese Handlungsebenen aber auch gegenseitig, indem die Steuergrößen der übergeordneten Handlungsebene jeweils als Vorsteuergrößen für den Erfolg der nachgeordneten Handlungsebene aufzufassen sind ( d. h.: in der normativen Ebene erfolgt die Vorsteuerung für die strategische Ebene und in der strategischen Ebene findet die Vorsteuerung für die operative Ebene statt, wie in Abb. 2-1 dargestellt). 68
Vgl. Steinmann (2000), S. 7
69
Vgl. Schwaninger (1994a), S. 17 und Gälweiler (1990), S. 34
70
Vgl. Ulrich (1992), S. 19
71
Vgl. Gälweiler (1990), S. 23 ff.
20 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die normative Ebene dient der Sinnstiftung und ermöglicht die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens. Dies geschieht als Schaffung des langfristigen Nutzenpotenzials durch Gestaltung einer Unternehmensidentität und die Festlegung der generellen Unternehmensziele.72 Letztendlich dient dies auch der Legitimierung im Sinne einer Daseinsberechtigung durch Nutzenstiftung für Bezugsgruppen. Das strategische Management zeichnet sich im Sinne der Effektivität durch die Schaffung von Erfolgspotentialen (beispielsweise die mittelfristig herausragende Beherrschung einer zukünftigen Schlüsseltechnologie, die sich noch im Entwicklungsstadium befindet) für den mittel- bis langfristigen Erfolg des Unternehmens aus.73 Der Aufbau dieser Erfolgspotenziale benötigt in den meisten Fällen eine längere Vorlaufzeit, während der ein Bedarf an Ressourcen für diesen Aufbau notwendig ist. Unter dem Aspekt der Ressourcenknappheit besteht eine wesentliche Aufgabe des strategischen Managements daher auch darin, die vielversprechendsten Erfolgspotenziale zu identifizieren und eine dementsprechende Ressourcenallokation vorzunehmen. Beim operativen Management steht die unmittelbare Steuerung des wertschöpfenden Prozesses im Mittelpunkt. Unter Zugrundelegung der Knappheit von Ressourcen und des durch den Markt ausgeübten Kostendrucks sind die Steuergrößen dieser Ebene Liquidität und Unternehmenserfolg, die das Ausmaß der Ausschöpfung des Effizienzpotentials wiedergeben.74 Der Betrachtungshorizont ist hier kurz- bis mittelfristig. Die Strukturierung der Managementfunktionen erfolgt im Rahmen von Managementkonzepten, -modellen und -systemen. Diese sind damit gewissermaßen als „…Ganzheit aller Instrumente dieser Aufgaben aufzufassen …“75, indem sie Strukturen, Abläufe und Instrumente zur Bewältigung der Managementfunktionen aufzeigen. Der Übergang zwischen Konzept, Modell und System erfolgt dabei oft fließend. Es bietet sich aber an, eine Unterscheidung in Hinblick auf den Detaillierungs- und Individualisierungsgrad vorzunehmen.76 Demnach dienen Konzepte als gedanklicher Rahmen, die durch die Abbildung in Modellen auf die in der Unternehmensrealität tatsächlich zum Einsatz kommenden Systeme transformiert werden. Konkret bedeutet dies beispielsweise die Transformation von TQM (Konzept) über die Norm ISO 9001 (Modell) in ein bei einem bestimmten Unternehmen umgesetzten und individuell angepaßten Qualitätsmanagementsystem (System).77 Für die Zielsetzung dieser Abhandlung bietet sich die Wahl der Modellebene an, da damit bereits eine praxisnahe Darstellung 72
Vgl. Bleicher (1994), S. 43 f.
73
Vgl. Bleicher (1992), S. 70 f.
74
Vgl. Ulrich (1992), S. 19 f.
75
Zit. Enzler (2000), S. 26
76
Vgl. Seghezzi (2003), S. 212 f.
77
Vgl. Pischon (1999), S. 96 ff.
Energiemanagement aus betriebswirtschaftlicher Perspektive 21 _______________________________________________________________________________________________________________________________
möglich ist, die aber gleichzeitig noch einen Allgemeinheitsgrad aufweist, der die Adaptierung an unterschiedliche Unternehmensgegebenheiten zulässt. In Hinblick auf die Charakterisierung von Modellen lässt sich eine Unterscheidung nach den vier Kriterien der Reichweite, der Reichhaltigkeit, der Flexibilität und der Entwicklungsreife vornehmen.78 Die Reichweite gibt Auskunft über die Breite der vom Modell abgedeckten Aspekte. Die Reichhaltigkeit beschreibt den Detaillierungsgrad und bestimmt zusammen mit der Reichweite den Umfang des Modells. Mit der Flexibilität wird die Anzahl an Freiheitsgraden erfasst, die bei der Ausgestaltung des Modells als Managementsystem im Unternehmen zur Verfügung stehen. Die Entwicklungsreife kann in Anlehnung an Kirsch/Maassen79 in Form von Entwicklungsstufen erfasst werden. Die erste Stufe ist ein konzeptioneller Modellentwurf auf abstrakttheoretischem Niveau. Darauf folgt als Stufe zwei ein detaillierterer Entwurf, der die wesentlichen Aspekte des zu implementierenden Managementsystems abdeckt. Schließlich liegt in Stufe drei ein zur Implementierung frei gegebenes Modell vor und in Stufe vier ein an besondere Gegebenheiten angepasstes Modell. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass es sich beim Energiemanagement Modell nicht um ein Managementmodell für das gesamte Unternehmen handelt, das bei erweiterter Sichtweise häufig auch einen starken unternehmenskulturellen Aspekt miteinbezieht. Es handelt sich vielmehr um ein Teilmanagementmodell rund um die Ressource „Energie“ als Managementobjekt. Dabei bietet sich in besonderem Maße die Betrachtung als Managementmodell im engeren Sinne an, das sich auf instrumentale, technisch-strukturelle Aspekte begrenzt und die kulturellen Aspekte des Unternehmens im Rahmen der Wechselwirkungen zwischen dem Energiemanagement Modell und dem gesamten Unternehmen berücksichtigt.80 2.2.3 Positionierung im Wissenschaftssystem Die Zugrundelegung der betriebswirtschaftlichen Perspektive für das betriebliche Energiemanagement hat auch Konsequenzen für die Einordnung in die Wissenschaftssystematik. Denn damit findet sich das Thema als Teilbereich der Ökonomie in den Sozialwissenschaften wieder (siehe Abb. 2-2). Hierbei wird die Betriebswirtschaftslehre mit der einzelwirtschaftlichen Betrachtung der Dispositionen über knappe Güter der Mikroökonomie gleichgesetzt.81
78
Vgl. Felix (1999), S. 33 ff.
79
Siehe Kirsch (1990), S. 8, angeführt in Felix (1999), S. 36
80
Vgl. Schwaninger (1994), S. 15 f. u. S. 26 f.
81
Vgl. Raffée (1974), S. 25
22 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________ Theologie Metaphysisch Teile der Philosophie Logik Wissenschaften
Formal Mathematik
Nicht Metaphysisch
Naturwissenschaften
f Physik f Chemie f Biologie f etc.
Real Sozialwissenschaften
f Sozialpsychologie f Soziologie f Ökonomie f Politologie f etc.
f Volkswirtschaftslehre f Betriebswirtschaftslehre - Betriebliches Energiemanagement - Anlagenmanagement - Produktionsmanagement - etc.
82
Abb. 2-2: Einordnung des betrieblichen Energiemanagements in die Wissenschaftssystematik
Deutlich öfter als unter betriebswirtschaftlichen Prämissen finden sich Abhandlungen zum Thema „Energie“ im Rahmen der Makroökonomie (siehe Abb. 2-3), die mit ihren gesamtwirtschaftlichen Fragestellungen den zweiten großen Bereich der Ökonomie umfasst und im Rahmen der Naturwissenschaften, wobei hier zwischen den theoretischen Anliegen beispielsweise der Physik, Chemie etc. und den praxeologisch orientierten Anliegen der Ingenieurwissenschaften zu unterscheiden ist. Mit der Verankerung des betrieblichen Energiemanagements in der Betriebswirtschaftslehre sind die Regeln des Forschungsprozesses aber noch nicht ausreichend spezifiziert, da sich die Sozialwissenschaften – im Gegensatz zu den Naturwissenschaften – unter anderem dadurch auszeichnen, dass es keinen Ansatz gibt, der im Sinne eines Paradigmas83 als verbindliche Lehr- und Forschungsbasis existiert.84
82
Basierend auf Raffée (1974), S. 23 und Gabler (2000), S. 3368 f.
83
Vgl. Schülein (2005), S. 160 ff.
84
Vgl. Ulrich (1979), S. 169 f.
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 23 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Themenverteilung energiebezogener Veröffentlichungen (1970 – 2005) Deutschsprachige Literatur
Englischsprachige Literatur
Betriebliches Energiemanagement
Betriebliches Energiemanagement 1%
6% 39 %
21 %
55 %
11 % 2%
68 %
1%
6% 75 %
3% 41 %
1,5 %
43,5 %
26 %
Technologie, Naturwissenschaft
Energiefirmen
Technology, Physics
Energy Companies
Energiemärkte (inkl. Erneuerbare)
Energieeffizienz
Energy Markets (incl. Renewables)
Energy Efficiency
Analyse, Planung, Organisation
Controlling, Kostenrechnung
Analysis, Planning, Organization
Controlling, Cost Accounting
Andere Managementthemen
Other Management
Erfasste Titel: 44.173
Erfasste Titel: 502.420
Datenbanken • Buchveröffentlichungen: TIB Hannover • Journalartikel: BEFO deutsch
Datenbanken • Buchveröffentlichungen: Library of Congress • Journalartikel: Science Direct
85
Abb. 2-3: Veröffentlichungsumfang zum Thema „Betriebliches Energiemanagement“
2.3 Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre Die in Abschnitt 1.1 erörterten Ziele dieser Abhandlung (Modelldarstellung des betriebswirtschaftlich orientierten betrieblichen Energiemanagements und die situativ geeignete Ausgestaltung desselben als funktionaler Teilbereich des Unternehmens) stellen folgende Anforderungen an den zugrunde zu legenden Forschungsansatz: f Anwendungsorientierung: Ausgehend von in der Unternehmenspraxis auftretenden Anforderungen an ein in geeigneter Form strukturiertes betriebliches Energiemanagement sollen Lösungsansätze mit Praxisrelevanz dargestellt werden f Situative Komponente: Die Gültigkeit der Aussage ist eingeschränkt auf das Vorhandensein bestimmter Randbedingungen (Akzeptanz von Quasi Theorien)
85
Siehe Posch (2006)
24 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Abweichen vom Homo oeconomicus: Umsetzungshemmnisse im Bereich des betrieblichen Energiemanagements sind nicht ausschließlich mit rationalem Verhalten erklärbar f Quasi normative Aussagen: Betrachtung des betrieblichen Energiemanagements als funktionalen Teilbereich erfordert die Unterstellung bestimmter Zielsetzungen, die nicht als allgemeingültig zu betrachten sind f Abdeckung der Systematisierungs-, Erklärungs- und Gestaltungsaufgabe: Die relevanten Entscheidungsfelder des betrieblichen Managements sollen in strukturierter Weise dargestellt werden, Auswirkungen bestimmter Ausgestaltungen auf die Unternehmenszielerreichung als Auswahlkriterien für entsprechende Gestaltungsformen dienen und Empfehlungen für bestimmte Ausgestaltungen zum bestmöglichen Beitrag zur Unternehmenszielerreichung gegeben werden f Modellgedanke: Ermöglichung der vereinfachten Darstellung komplexer Wirkungszusammenhänge in Modellform durch Reduktion auf wesentliche Aspekte f Interdisziplinarität: Die betriebswirtschaftliche Betrachtung einer von thermodynamischen Grundlagen determinierten Ressource und die Zugrundelegung nicht rationaler Hemmnisse gegen einen optimalen Ressourceneinsatz fordern die Möglichkeit einer interdisziplinären Betrachtungsweise ohne dabei in den Eklektizismus abzugleiten f Entscheidung als vorrangiges Managementthema: Es wird angenommen, dass der Entscheidungsfindung und -durchsetzung große Bedeutung im Management zukommt und das in dieser Abhandlung entwickelte Modell soll eine wesentliche Entscheidungshilfe bei der Auswahl eines je nach Unternehmensprofil geeigneten Energiemanagement Ansatzes darstellen In besonderem Maße werden diese Anforderungen von der im deutschen Sprachraum auf Heinen zurückgehenden entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre86 abgedeckt, wie die folgende kurze Übersicht über diesen Forschungsansatz zeigt. Die entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre versteht sich als praktisch normative Betriebswirtschaftslehre87. Dies bedeutet, dass sie als angewandte Wissenschaft im Gegensatz zur „reinen“ Wissenschaft, die offene Probleme im Rahmen der wissenschaftlichen Theoriebildung als Ausgangspunkt für ihre Erklärungsaufgabe wählt und Handlungsempfehlungen dezidiert ablehnt88, Lösungsansätze für praktisch auftretende 86
Siehe beispielsweise: Heinen (1992), Heinen (1976)
87
Vgl. Heinen (1969), S. 209
88
Vgl. Raffée (1993), S. 65
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 25 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Probleme der Betriebswirtschaft entwickelt und auch daraus resultierende Handlungsempfehlungen abgibt89. Um bei der Formulierung der explikativen Aussagen nicht regelmäßig an der Realität der Unternehmen zu scheitern, bedeutet dies auch die Akzeptanz von sog. „Quasi Theorien“, die keine generelle Gültigkeit aufweisen, sondern deren Gültigkeit vom entsprechenden Profil bestimmter Kontingenzfaktoren abhängt90. Je spezieller die daraus resultierenden Einschränkungen sind, desto geringer ist natürlich auch der Aussagengehalt. „Praktisch normativ“ bedeutet aber auch, dass zwar keine Werturteile im Aussagenbereich abgegeben werden aber notwendigerweise Werte als Beurteilungsmaßstäbe herangezogen werden, wenn im Rahmen von Lösungsvorschlägen Maßnahmen zur Erreichung angenommener Ziele empfohlen werden91. Es besteht aber jedenfalls eine eindeutige Abgrenzung zur ethisch normativ orientierten Auffassung der Betriebswirtschaftslehre (beispielsweise der den Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtungen stellende Ansatz von Nicklisch92). Im Fokus der Überlegungen steht die Entscheidung als wesentliche Aufgabe und Tätigkeit des Managements von Unternehmen.93 Hierbei erfolgt keine Einschränkung auf die Entscheidung im engeren Sinn, d. h. den Willensakt der Entscheidungsfindung, sondern vielmehr wird der gesamte Entscheidungsprozess, der sich aus den beiden Hauptabschnitten Willensbildung und Willensdurchsetzung zusammensetzt94, betrachtet. Die Betrachtungen können deskriptiver oder präskriptiver Natur sein.95 Bei der deskriptiven Betrachtungsweise steht das Entscheidungsverhalten der betriebswirtschaftlichen Akteure im Verlauf des gesamten Entscheidungsprozesses im Vordergrund. Dieser Schwerpunkt findet sich in besonderem Maß in den entscheidungs-, system- und verhaltensorientierten Ansätzen von Kirsch96. Bei der präskriptiven Ausrichtung steht die Gestaltung von Entscheidungsmodellen im Vordergrund, die als Hilfestellung für idealtypisches betriebswirtschaftliches Verhalten dienen sollen. Der eigentliche Entscheidungsakt wird hier insbesondere hervorgehoben.97
89
Vgl. Ulrich (1984), S. 172 f.
90
Vgl. Raffée (1993), S. 39 f.
91
Vgl. Heinen (1992), S. 28
92
Siehe Nicklisch (1932)
93
Vgl. Heinen (1992), S. 22 f.
94
Vgl. Hahn (2001), S. 32 ff.
95
Vgl. Wolf (2003), S. 99 ff.
96
Siehe Kirsch (1972) und Kirsch (1979)
97
Vgl. beispielsweise Laux (2003)
26 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________ Betriebswirtschaftslehre Bewertung von Handlungsmöglichkeiten Zielforschung Betriebswirtschaftliche Ziele (z.B. Energieeinsatzoptimierung, Emissionsreduktion, ...)
Systematisierungsaufgabe Betriebswirtschaftliche Entscheidungstatbestände (z.B. Problemstellung der Energieplanung, -organisation, -information, etc.)
Erklärungsaufgabe Betriebswirtschaftliche Erklärungsmodelle (z.B. Energiekostenfunktion, Energieverbrauchsfunktion, …)
Grundmodelle Betriebswirtschaftlich relevante Modelle des Menschen, der Gruppe, der Organisation und der Gesellschaft
Supradisziplinäre Konzepte (z.B. Entscheidungs-, Organisations-, Systemtheorie)
Gestaltungsaufgabe Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle (z.B. Energiepotenzialmatrix, …)
Ergebnis interdisziplinärer Forschung
Nachbarwissenschaften (z.B. Volkswirtschaftslehre, Sozialpsychologie, Soziologie, Politologie, Psychologie, Mathematik, …)
Abb. 2-4: Konzeption der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre98
Im Vordergrund dieser Abhandlung steht der präskriptive Charakter, indem Hilfestellungen zur Ausgestaltung eines geeigneten Energiemanagementmodells in unterschiedlichen Unternehmenssituationen gegeben werden sollen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass gerade bei Entscheidungen im Rahmen des Energiemanagements verhaltensorientierte Erkenntnisse wesentliche Erklärungsgrundlagen liefern und Managemententscheidungen aufgrund ihrer Komplexität häufig nicht eindeutig mathematisch zu erfassen sind, womit heuristische Prinzipien an die Stelle analytischer Lösungsverfahren treten99. Das Konzept der eingeschränkten Rationalität bei der Auswahl von Alternativen und das Zugrundelegen von Satisfizierungszielen, die anstatt optimaler die in Hinblick auf das jeweilige Anspruchsniveau zufrieden stellenden Lösungen erlauben, spielen dabei eine wesentliche Rolle.100 In seiner Gesamtheit lässt sich das Wissenschaftsprogramm der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre am besten entlang seiner drei wesentlichen Aufgaben – der Systematisierungs-, der Erklärungs- und der Gestaltungsaufgabe – beschreiben (siehe Abb. 2-4). 98
Vgl. Heinen (1971), S. 431
99
Vgl. Gäfgen (1974), S. 469, Malik (1992), S. 425 ff.
100
Vgl. March (1993), S. 158 ff.
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 27 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Zu Beginn steht die Systematisierungsaufgabe als gedankliche Erfassung und Strukturierung des Objektbereichs in einzelne Betrachtungselemente, wobei diese Segmentierung entlang festzulegender Kriterien erfolgt. Man kann in diesem Zusammenhang auch von Entscheidungstatbeständen sprechen, wobei dies in unserem Fall die einzelnen Elemente sind, aus denen sich das Betriebliche Energiemanagement Modell zusammensetzt. Die Erklärungsaufgabe resultiert in der Erstellung gesetzesähnlicher Aussagen (im Allgemeinen als Beschreibung der Beziehung von Ursache und Wirkung ausgeführt) über den untersuchten Objektbereich und der Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt.101 Eng verwandt mit dem Begriff der Erklärung ist auch der Begriff der Prognose, die auf Basis der gesetzesähnlichen Aussagen die Konsequenzen gewählter Alternativen vorhersagt.102 Wie bereits oben erläutert, handelt es sich bei der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre als praktisch normativer Wissenschaft um QuasiTheorien mit eingeschränkter Gültigkeit. Die Überprüfung auf den Wahrheitsgehalt der gesetzesähnlichen Aussagen erfolgt durch Konfrontation mit der Wirklichkeit, wobei hier im Gegensatz zu den Grundlagenwissenschaften weniger die bestehende Realität im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Nützlichkeit des entwickelten Modells für die im Rahmen der Gestaltungsaufgabe zu schaffenden Wirklichkeit und der daraus resultierende Nutzen oder Schaden über die Eignung des Erklärungsmodells entscheidet.103 Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der insbesondere in den Sozialwissenschaften unabdingbaren homomorphen Abbildung des realen Systems bei der Verwendung von Modellen zu.104 Die damit verbundene Transformation des Forschungsobjekts in eine vereinfachte Form ermöglicht die kognitive Erfassung der wesentlichen Zusammenhänge. Die Vereinfachung erfolgt dabei durch Reduktion der Komplexität, Beschränkung der Dynamik und Eingrenzung der Anzahl möglicher Konstellationen unter Einsatz unterschiedlicher Techniken:105 f Reduktion der Komplexität: Zur Reduktion der Komplexität stehen die isolierende Abstraktion, der „ceteris paribus“ Ansatz und der korrelationale Ansatz zur Verfügung. Bei der isolierenden Abstraktion erfolgt die Identifikation und Isolierung der für das Systemverhalten wesentlichen Parameter und ihre Verwendung für das Modell. Der „ceteris paribus“ Ansatz beruht darauf, dass für die Bestimmung von Einflüssen auf das Modell jeweils nur eine Variable variiert wird und die anderen konstant gehalten werden. Beim korrela101
Vgl. Heinen (1978), S. 29
102
Vgl. Prim (1997), S. 94 ff.
103
Vgl. Ulrich (1984), S. 175
104
Vgl. Eichhorn (1979), S. 65 f.
105
Vgl. Hill (1998), S. 47 f.
28 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
tionalen Ansatz werden schließlich Korrelationen anstatt von Kausalbeziehungen aufgestellt, wodurch statistische Zusammenhänge ohne Erklärung dahinterliegender, komplexer Zusammenhänge dargestellt werden. f Beschränkung der Dynamik: Die Bewältigung der Dynamik kann entweder durch statische Abbildungen (d. h. dass bestimmte Variablen wie beispielsweise Zielsysteme oder Wertvorstellungen als konstant betrachtet werden) in Form von Momentaufnahmen erfolgen oder aus der Verwendung von statistischen Durchschnitten zur Eliminierung von Wertschwankungen resultieren. f Eingrenzung der Anzahl möglicher Konstellationen: Diese Eingrenzung kann durch die Bildung von Idealtypen (beispielsweise in Form von Normstrategien im Bereich strategischer Positionierung) oder durch die bereits oben beschriebene Zulässigkeit von Quasi Theorien mit der damit einhergehenden Eingrenzung der Gültigkeit erreicht werden. Welche Vereinfachungen getroffen werden, hängt von den erwünschten Aussagen und dem betrachteten Objektbereich ab. Die richtige Auswahl der wesentlichen Parameter und der weiteren Vereinfachungsoptionen entscheidet dann auch maßgeblich über die Aussagequalität des Modells. Die Einführung von Zielen als Entscheidungskriterien erweitert die Erklärungsmodelle zu Entscheidungsmodellen.106 Diese ermöglichen es im Rahmen der Gestaltungsaufgabe, aus mehreren Alternativen, die im Erklärungsmodell analysiert wurden, eine zufriedenstellende Lösung auszuwählen und damit betriebswirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten zu bewerten. Zu diesem Zweck wird auf Grundmodelle zurückgegriffen, die die Verhaltensweisen der Entscheidungsträger beschreiben helfen.107 Diese Grundmodelle bilden die theoretische Basis zur Lösung der Erklärungs- und Gestaltungsaufgaben und können nur unter Rückgriff auf Nachbardisziplinen (z.B. Sozialpsychologie, Mathematik) und überdisziplinäre Konzepte (hier vor allem die System-, Entscheidungs- und Organisationstheorie) zufriedenstellend entwickelt werden. Eine weiterführende Beschreibung dieser einzelnen Theorien würde den Rahmen dieser Abhandlung bei weitem überschreiten. Es soll daher an dieser Stelle lediglich in gebotener Kürze auf die für das Verständnis des Energiemanagement Modells relevanten Aspekte der Systemtheorie und der Entscheidungstheorie eingegangen und darauf hingewiesen werden, dass weitere Grundlagen, soweit sie für das Verständnis des Energiemanagement Modells erforderlich sind, an gegebener Stelle der Abhandlung betrachtet werden.
106
Vgl. Heinen (1971), S. 432
107
Vgl. Heinen (1992), S. 259
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 29 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die Integration dieser Disziplinen ist eine Voraussetzung der Leistungsfähigkeit jenes betriebswirtschaftlichen Forschungsansatzes. Die Eigenständigkeit der Betriebswirtschaft erklärt sich demnach auch nicht durch die Abgrenzung zu diesen anderen Disziplinen in der Form einer eigenen, betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise des wirtschaftenden Menschen sondern vielmehr aus dem Untersuchungsgegenstand, der Betriebswirtschaft.108 2.3.1 Systemtheoretische Aspekte Von besonderer Relevanz für die geeignete Ausgestaltung eines Energiemanagement Modells sind die beiden Aspekte der Komplexitätsbeherrschung und der Regelkreissystematik. 2.3.1.1
Management als Komplexitätsbewältigung
Aus systemtheoretischer Perspektive besteht ein wesentlicher Aspekt des Managements in der Bewältigung von Komplexität, mit der Unternehmen und damit das Management konfrontiert sind.109 In dynamischer Sicht äußert sich diese Komplexität in der Vielzahl von Zuständen, die ein System annehmen kann. Die mögliche Anzahl der Zustände wird in der Kybernetik mit der Maßzahl der Varietät erfasst. Mathematisch erfolgt die Darstellung der Varietät zumeist mit einer der beiden folgenden Formeln:110 (a) Formel für die Konstellation von Beziehungen: V
mx
n n 1 2
>2 2@
(b) Formel für die Konfiguration von Elementzuständen: V
zn
>2 3@
V......Varietät n ......Anzahl der Elemente m .....Anzahl der Beziehungen zwischen jeweils zwei Elementen z.......Anzahl möglicher Zustände je Element
Dementsprechend ist die Komplexität eines Systems abhängig von der Anzahl der Elemente eines Systems, dem Ausmaß ihrer gegenseitigen Verknüpfung und der An108
Vgl. Heinen (1992), S. 260
109
Siehe dazu Malik (1996), S. 184 - 210, Bleicher (1996), S. 45 - 53, Schwaninger (1994), S. 16 - 26 und Ulrich (1987), S. 187 - 191
110
Siehe Schwaninger (1994), S. 18
30 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
zahl verschiedener Zustände, die diese Elemente einnehmen können. Dabei zeigt sich, dass – basierend auf den vorhergehenden Überlegungen – bereits sehr einfache Systeme eine äußerst große Varietät aufweisen können. Die Wirklichkeiten, mit denen das Management im Normalfall konfrontiert ist – Unternehmung und Umwelt – stellen sich als dynamische, ausgesprochen komplexe Systeme mit einer ungeheuren Varietät dar, die grundsätzlich niemals vollständig erfassbar sind. Der Zustand unvollständiger Information und unsicherer Zukunft für das Management, der daraus resultiert, dass die Varietät der Situation prinzipiell um ein vielfaches höher als die eigene Varietät ist, lässt sich daher nicht beseitigen. Aus kybernetischer Sicht zeichnet sich erfolgreiches Management dementsprechend durch kontinuierliche Komplexitätsbewältigung aus. Wenn man Ashby´s Gesetz111 der erforderlichen Varietät zugrunde legt, dass Varietät nur durch Varietät absorbiert werden kann (was bedeutet, dass ein System von gegebener Komplexität nur durch ein System mit ebenso großer Komplexität unter Kontrolle gebracht werden kann), münden die Managementaktivitäten in Varietätserhöhung oder Varietätsreduktion zur Ausbalancierung interagierender Systeme. Das Management hat dabei üblicherweise mit zwei interagierenden Systemen zu tun – dem eigenen Unternehmen und dem Umfeld. Gedanklich ist es dabei sinnvoll, das Management als drittes System aus dem Unternehmen herauszulösen (siehe Abb. 2-5). Bedenkt man die bestehenden Grenzen des menschlichen Auffassungsvermögens112, ist es naheliegend, dass das Management vorrangig versucht, die Varietät der anderen beiden Systeme zu reduzieren. Aufgrund der besseren Beeinflussungsmöglichkeit des Unternehmens im Vergleich zur Umwelt ist ein großer Teil der Maßnahmen darauf ausgerichtet, durch Varietätsreduktion ein gewünschtes Verhalten im Unternehmen zu erzeugen. Die Varietät der Umwelt hingegen kann – wenn überhaupt – nur in geringem Maße reduziert werden. Das bedeutet, dass das Unternehmen über ein ausreichendes Verhaltensrepertoire verfügen muss, um der gegebenen Umweltvarietät zu begegnen. Die entsprechenden Maßnahmen zur Varietätssteigerung des Unternehmens resultieren in der Flexibilitätssteigerung von Unternehmen113, die eine gewünschte Zielerreichung auch unter den Bedingungen gesteigerter Umweltvarietät ermöglicht.
111
Siehe Ashby (1964), S. 206 ff.
112
Vgl. Malik (1996), S. 198 ff.
113
Vgl. Ulrich (1987), S. 189
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 31 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Management Kognitive Dämpfer und Verstärker
Strukturelle u. konversationale Dämpfer/Verstärker
Umwelt
Strukturelle u. konversationale Dämpfer/Verstärker
Strukturelle u. konversationale Dämpfer/Verstärker
Unternehmen
Abb. 2-5: Interaktion von Management, Unternehmen und Umwelt114
Mit Espejo/Watt115 kann man die Optionen zur Reduktion oder Verstärkung der Varietät in die drei Gruppen der kognitiven, konversationalen und strukturellen Dämpfer bzw. Verstärker unterteilen. Die Domänen der Managementsysteme sind dabei vor allem die Strukturierung und die Modellbildung, womit die strukturelle und die kognitive Ebene angesprochen werden.116 Die dabei zum Ausdruck kommenden Prinzipien sind die der Rekursion, der Autonomie und der Lebensfähigkeit:117
114
Basierend auf Ulrich (1987), S. 188 und Schwaninger (1994), S. 20
115
Siehe Espejo (1988)
116
Vgl. Schwaninger (1994), S. 18 ff.
117
Siehe dazu Malik (1992), S. 98 - 114, Bleicher (1996), S. 50 - 53, Pischon (1999), S. 67
32 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Rekursion: Das Prinzip der Rekursion ist eines der wesentlichsten Systemstrukturierungsprinzipien. Es besagt, dass in einer Konstellation von Systemen, die sich gemäß der allgemeinen Systemterminologie als Subsysteme, Systeme und Supersysteme darstellen können, jedes System unabhängig von seiner Hierarchieebene dieselbe Struktur aufweist. Dieser in sich gegliederte Aufbau komplexer Systeme ist ein wesentlicher Beitrag zur Bewältigung von Komplexität. Nach Bleicher118 ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei sozialen Systemen eher von einem eingeschränkten Grad der Selbstähnlichkeit auszugehen ist. Wenngleich sich eine prinzipielle Übereinstimmung abstrakter Systemeigenschaften einstellt, führt doch die Unterschiedlichkeit von Kontext, Aufgaben und Potenzialen zusammen mit der kaum limitierbaren Varietät menschlicher Verhaltensweisen zu Abweichungen. Diese Spannung zwischen Selbstähnlichkeit und kontextualer Differenzierung, die situationsspezifisches Verhalten ermöglicht, bedingt aber auch die Entwicklungsmöglichkeit sozialer Systeme. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung ist es allerdings möglich, unter Zugrundelegung der Rekursivität auf allen Systemebenen dieselbe Denkweise, die gleichen Strukturierungsprinzipien, Methoden und Techniken anzuwenden. f Autonomie: Das Autonomieprinzip besagt, dass sich alle Systeme unabhängig von ihrer Hierarchieebene selbst organisieren und dementsprechende Verhaltensfreiheit besitzen. Da diese Subsysteme aber aufgrund der Rekursion in ein umfassendes Ganzes eingebettet sind, muss von einer eingeschränkten Autonomie ausgegangen werden, was die Einflussnahme des übergeordneten Systems impliziert. Die Begründung für diese Einschränkung liegt darin, dass ein Subsystem sehr wohl selbständig auf bestimmte Umweltreize systemerhaltend reagieren kann aber bei anderen in seiner Anpassungskapazität überfordert ist. Die Formen der Einflussnahme – bei organisatorischen Fragestellungen häufig in der Steuerung dezentraler Einheiten zu beobachten – können im Wesentlichen auf Richtlinien, Ressourcenzuteilung und auf direkten Eingriff in das operative Geschäft zurückgeführt werden.119 Das letztere ist allerdings in Hinblick auf die längerfristige Aufrechterhaltung der Subsystemautonomie als fragwürdig einzustufen und lässt auf strukturelle Schwächen des Gesamtsystems schließen. f Lebensfähigkeit: Das Postulat der Lebensfähigkeit besagt, dass die spezifische Zustandskonfiguration, in der sich ein bestimmtes System faktisch befindet, über unbestimmte Zeit aufrechterhalten werden kann. Was nun im 118
Siehe Bleicher (1996), S. 51
119
Vgl. Malik (1992), S. 107
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 33 _______________________________________________________________________________________________________________________________
konkreten Fall unter der Lebensfähigkeit (d. h. der aufrechtzuerhaltenden Konfiguration) zu verstehen ist, muss im Rahmen des normativen Managements festgelegt werden.120 Letztendlich ist die Lebensfähigkeit damit auch der Maßstab für die strukturelle oder systemische Effektivität von in diesem System ablaufenden Prozessen.121 Betrachtet man nun das Unternehmen nach Ulrich als „...produktives soziales System ...., das von der Umwelt gesetzte Zwecke zu erfüllen hat, sich aber im Rahmen dieser Funktionsbedingungen selbst Ziele setzen kann .....“122, erlaubt das Heranziehen dieser Prinzipien, und dabei vor allem die Rekursion und die daraus resultierende Gestaltung der Systemhierarchie123, die Einordnung der Energiewirtschaft als Subsystem des Systems Unternehmung und außerdem auch die Annahme, dass das Managementsystem für das Subsystem „Energiewirtschaft“ in gleicher Form strukturiert ist wie das Managementsystem der Gesamtunternehmung. Unter Gleichsetzung der Begrifflichkeiten Managementsystem und Führungssystem wird „Energiemanagement“ als Führungssystem des Unternehmungssubsystems „Energiewirtschaft“ verstanden. Konsequenterweise gilt auch für das Energiemanagement, dass es sich – wie die Gesamtunternehmensführung – auf die drei hierarchischen Ebenen des normativen, strategischen und operativen Managements aufgliedert, die vertikal integriert sind (siehe Abb. 2-6).124 Betrachten wir diese Stufen von unten nach oben, so erfolgt auf der operativen Ebene die unmittelbare Lenkung des ausführenden Handelns. Um die dabei erfolgenden einzelnen, dispositiven Entscheidungen in Hinblick auf die längerfristigen Ziele der Energiewirtschaft zu koordinieren, ist der operativen Ebene die strategische Ebene übergeordnet, deren Output in Form von strategischen Plänen den Rahmen für die dispositiven Entscheidungen vorgeben. Die Strategien wiederum müssen den energiewirtschaftlich relevanten Wertvorstellungen und den Gesamtzielen der Energiewirtschaft entsprechen, was durch die Vorgaben der Energiepolitik auf der normativen Ebene passiert.
120
Vgl. Bleicher (1996), S. 53
121
Vgl. Malik (1992), S. 113
122
Zit. Ulrich (1987), S. 13 Vgl. Daenzer (1977), S. 16 ff. Vgl. Bleicher (1992), S. 68 ff.
123 124
34 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Unternehmensziele
Normatives Energiemanagement
Strategisches Energiemanagement Pläne Operatives Energiemanagement
Kontrollinformationen
Unternehmen
Planungsrichtlinien Führungsrichtlinien
Analysen und Prognosen
Energierelevante Umwelt
Anordnungen
Energiebereitstellung und -verwendung
125
Abb. 2-6: Ebenen des Energiemanagements
Neben der vertikalen Integration, die beispielsweise für die Managementfunktion „Planung“ die Übereinstimmung von generellen Zielen der normativen Ebene mit der strategischen Planung und der operativen Planung sicherstellt, ist auch die horizontale Integration von großer Bedeutung.126 Damit wird erreicht, dass die Managementfunktionen untereinander auf den einzelnen Ebenen abgestimmt sind. Ausgehend von den wirtschaftshistorischen Untersuchungen Chandlers127 wurde vor allem die Abstimmung der strategischen Planung mit der Organisationsstruktur als ein wesentlicher Erfolgsbestandteil von Unternehmen bei der strategischen Neuausrichtung identifiziert. 125 126
127
Vgl. Ulrich (1987), S. 16 Vgl. Pischon (1999), S. 106 f. Siehe Chandler (1982)
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 35 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Welches Ausmaß das dabei zu überwindende organisatorische Trägheitsmoment annimmt, ersieht man aus der Tatsache, dass sich die erforderliche Anpassungsdauer (die natürlich auch den gegenseitigen Abgleich der übrigen Managementfunktionen mit einbezieht) üblicherweise über mehrere Jahre erstreckt.128 2.3.1.2
Regelkreissystematik
Zurückgehend auf die von Norbert Wiener eingeführte kausale Rückkoppelung129 bildet der Regelkreis als Basiskonzept der Kybernetik Lenkungsvorgänge in vereinfachter Form ab (siehe Abb. 2-7).
Führungsgröße Prognoseelement
Lenkungseinheit Rückkoppelung
Stellgröße
Vorkoppelung
Sensor Input Steuer- / Regelstrecke
Störgröße
Output
130
Abb. 2-7: Regelkreissystematik
Angewandt auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen bedeutet dies, dass das Unternehmen oder ein Teilbereich des Unternehmens (beispielsweise die Energiewirtschaft) die Regelstrecke darstellt.131 Dabei werden die Istwerte erfasst, über die Rückkoppelung an die Lenkungseinheit geleitet und dort mit den Sollwerten verglichen. Auf Basis eines Soll/Ist Abgleichs werden dann Korrekturentscheide getroffen und als Stellgröße an die Regelstrecke weitergegeben. In seiner einfachsten Form stellt der Regelkreis tatsächlich nur das Output-geleitete Prinzip der Regelung ohne Antizipie128
Ansoff (1984), S. 196 ff.
129
Siehe Wiener (1948), zit. in Capra (1999), S. 67
130
Basierend auf Pischon (1999), S. 65 und Schwaninger (1994), S. 22
131
Vgl. Pischon (1999), S. 64
36 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
rung von Störgrößen dar. Eine derartige Antizipation kann über ein Prognoseelement in Form einer Vorkoppelung erfolgen – dies wird dann als Steuerung bezeichnet. Mit der Anwendung auf soziale Systeme hat sich eine logische Differenzierung zwischen zwei Betrachtungsweisen, der Kybernetik erster und der Kybernetik zweiter Ordnung, ergeben.132 Während der Manager in der Kybernetik erster Ordnung außerhalb des Systems steht, wodurch von einem zweckorientierten System mit gänzlich von außen vorgegebenen Zielen die Rede ist, ist der Manager bei der Kybernetik zweiter Ordnung selbst Teil des Systems. In diesem Fall ist das System zielorientiert und besteht aus Subsystemen mit eigener Zielverfolgung. Das System des Regelkreises wird dabei keineswegs obsolet – vielmehr ist die analytische Trennung von Lenkungseinheit und gelenkter Einheit für Erkenntniszwecke auch von Nutzen, wenn es sich personell um dieselben Menschen handelt. Selbstverständlich kann die komplexe unternehmerische Realität nicht in einem einzelnen Regelkreis abgebildet werden. Die Verknüpfungen der Subsysteme werden als vermaschtes System von hierarchisch gegliederten Regelkreisen dargestellt, wobei der gesamte Regelkreis eines Subsystems der Regelstrecke eines übergeordneten Systems entspricht.133 2.3.2 Entscheidungstheoretische Aspekte Die Begriffe Entscheidung und Management sind untrennbar miteinander verbunden und wenn auch die synonyme Verwendung der beiden Begriffe134 eine sehr großzügige Betrachtungsweise des Entscheidungsbegriffs darstellt, so kann man sicherlich behaupten, dass sich ein Großteil der Managementtätigkeiten im Rahmen entscheidungstheoretischer Überlegungen betrachten lässt.135 2.3.2.1
Entscheidung als zentrales Managementthema
In seiner grundsätzlichsten Form und unter Bezugnahme auf die Regelkreissystematik kann man den Managementprozess als geschlossenen Kreislauf beschreiben, in dem Entscheidungen über zu erreichende Ergebnisse und die dafür notwendigen Maßnahmen getroffen werden, diese durch Anordnungen durchgeführt werden lassen und die erzielten Ergebnisse im Rahmen einer Kontrolle mit den ursprünglich erwünschten Ergebnissen verglichen werden. Der Kreis schließt sich, indem aus dem Abgleich der Soll- und Ist-Werte ein neuer Informationsinput für neuerliche Entscheidungen generiert wird und der Managementprozess von neuem beginnt (siehe Abb. 2-8).
132 133 134 135
Vgl. Schwaninger (1994), S. 24 ff. Vgl. Pischon (1999), S. 66 Vgl. Simon (1977), S. 39 Vgl. Richards (1968), S. 27
Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 37 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Managementprozess Sollwerte bestimmen Entscheiden Maßnahmen bestimmen
Soll- und Istwerte vergleichen
Kontrollieren
Maßnahmen anordnen
Istwerte erfassen
Anordnen
Ausführen
136
Abb. 2-8: Entscheidungen im Rahmen des Managementprozesses
Sowohl im Rahmen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre137 als auch bei entscheidungsorientierter Betrachtung des Managementprozesses138 wird zumeist zwischen den beiden Phasen „Willensbildung“, die mit der Auswahl einer Handlungsalternative als Entscheidung abgeschlossen wird, und „Willensdurchsetzung“, die die Lenkung der Durchführung und die anschließende Kontrolle umfasst, unterschieden. Die Willensbildung setzt sich – vereinfachend betrachtet – aus der Auswahl des Entscheidungstatbestandes, der Suche nach Handlungsmöglichkeiten, der Beurteilung dieser Handlungsmöglichkeiten unter bestimmten Umweltsituationen in Hinblick auf die Zielerreichung und letztendlich aus der Auswahl einer Handlungsmöglichkeit als Entscheidung zusammen.139
136 137 138 139
Vgl. Ulrich (1987), S. 15 Vgl. Heinen (1992), S. 48 ff. Vgl. Hahn (2001), S. 32 ff. Vgl. Hahn (2001), S. 33 f.
38 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die den folgenden Überlegungen zugrundegelegte präskriptive Entscheidungstheorie140 beschreibt nicht die Realität, sondern gibt Verhaltensempfehlungen für alternative Entscheidungssituationen in der Realität. Zu den wesentlichsten Entscheidungshilfen zählen hierbei die sog. Entscheidungsmodelle.141 2.3.2.2
Strukturierung von Entscheidungsmodellen
Ganz allgemein definiert, kann ein Entscheidungsmodell betrachtet werden als „...Ergebnis eines Versuchs, die für wesentlich gehaltenen Elemente und Beziehungen einer als „Problem“ empfundenen Handlungssituation in einer formalisierten Sprache so zu definieren, dass aus dem resultierenden Strukturkomplex die Problemlösung als logische Implikation abgeleitet werden kann“142. Üblicherweise beziehen sich die im Rahmen deduktiver Forschung entwickelten Entscheidungsmodelle nicht auf konkrete, in räumlicher und zeitlicher Hinsicht genau spezifizierte Entscheidungssituationen, sondern bilden bestimmte Typen von Entscheidungssituationen (beispielsweise das Problem der optimalen Zusammensetzung eines Energieressourcenportfolios) mit entsprechenden Lösungsverfahren ab. Mit diesen allgemeinen Modellen besteht die Möglichkeit, reale Entscheidungssituationen eines bestimmten Typs derart zu strukturieren, dass sie mit Hilfe der Logik bzw. nach Möglichkeit mit bestimmten Rechenverfahren einer Lösung zugeführt werden können. In der konkreten Entscheidungssituation wird vorerst ein geeignetes allgemeines Modell ausgewählt und durch die situationsspezifische Festlegung der Modellparameter in ein konkretes Modell umgewandelt, dass dann zur Entscheidungsfindung zum Einsatz kommt.143 Generell bestehen solche Entscheidungsmodelle aus den miteinander in Beziehung gebrachten Elementen „Handlungsalternativen“, „Ergebnisse“, „Umweltzustände“ (bei Bedarf gekoppelt mit der Eintrittswahrscheinlichkeit), „Wertesystem“ und „Maximen“, wobei die letzteren beiden Elemente auch häufig unter dem Begriff „Ziele“ zusammengefasst werden (siehe Abb. 2-9). Die Darstellung des Entscheidungsfeldes (Handlungsalternativen, Umweltzustände und Ergebnisse) erfolgt häufig in Form einer Ergebnismatrix. Die Ergebnisse sind hierbei als die Konsequenzen der alternativen Handlungen unter bestimmten Umweltzuständen zu interpretieren.144
140 141 142 143 144
Vgl. beispielsweise Gäfgen (1974) Vgl. Laux (2003), S. 16 ff. Zit. Brezke (1980), S. 8 Vgl. Laux (2003), S. 17 Vgl. Eisenführ (2003), S. 16
Handlungstheoretischer Forschungsansatz 39 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Basiselemente eines Entscheidungsmodells
Wertesystem und Maximen
Entscheidungsfeld
Handlungsalternativen
Ergebnisse
Umweltzustände
145
Abb. 2-9: Basiselemente eines Entscheidungsmodells
Die Entscheidung für eine bestimmte Handlungsalternative fällt, indem die einzelnen Alternativen unter Heranziehen des Wertesystems bewertet werden und die abschließende Auswahl unter Anwendung der Entscheidungsmaxime vorgenommen wird. Die Bewertung bedeutet in diesem Zusammenhang das Aufstellen einer Skala, deren Werte den einzelnen zu messenden Handlungsalternativen beigelegt werden. Dies kann durch unterschiedliche, von der jeweiligen Entscheidungssituation abhängigen, Operationen (Beobachtung, Manipulation, Kalkulation) erfolgen. Die in der Sozialwissenschaft am Häufigsten zum Einsatz kommenden Bewertungsskalen146 sind – abhängig von der jeweiligen Entscheidungssituation und den Genauigkeitsanforderungen – Nominalskalen (einfachste Form, bei der die zu bewertenden Elemente in einzelne Klassen eingeteilt werden), Ordinalskalen (vergleichende Relationen zwischen allen Paaren der Ergebnisalternativen, d. h. die Möglichkeit der Erstellung einer durchgehenden Rangordnung) oder Kardinalskalen (zusätzliche Möglichkeit, die Differenzen zwischen den einzelnen Elementen zu vergleichen). 2.4 Handlungstheoretischer Forschungsansatz Mit der Zugrundelegung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre tritt die Analyse von bestehenden Ist-Kausalzusammenhängen in den Hintergrund und die Betrachtung der Realisierbarkeit von Soll-Vorstellungen tritt in den Vordergrund. Dies bedeutet gleichermaßen auch, dass die Begründung von Erklärungsmodellen im Ver145
Vgl. Laux (2003), S. 20
146
Vgl. Bortz (2005), S. 70 ff., Gäfgen (1974), S. 144 ff.
40 Epistemologische Fundierung _______________________________________________________________________________________________________________________________
gleich zur Erstellung praxisrelevanter Entscheidungsmodelle an Bedeutung verliert. Diesen Gegebenheiten trägt der handlungsorientierte Forschungsansatz mit seiner Fokussierung auf die Analyse von Ziel-Mittel-Beziehungen Rechnung.147 Die Begründung von Kausalzusammenhängen erfolgt in diesem Fall nur in dem Umfang, wie sie zur Selektion geeigneter Handlungsweisen zur Zielerreichung erforderlich ist. In weiterer Konsequenz bedeutet dies, dass ein Übergang vom Popper´schen Falsifizierungskriterium148 zum Realisierungskriterium, d. h. der relativen Beobachtungshäufigkeit postulierter Zielwirkungen, zur Annahme oder Ablehnung von aufgestellten Hypothesen stattfindet.149 Dabei kommt es zwangsweise zu einem fließenden Übergang zwischen praktischem Handeln und der empirischen Forschung. Nach Ulrich150 lassen sich die Aktivitäten des Forschungsprozess im Rahmen des handlungstheoretischen Forschungsansatzes drei Gruppen, der terminologischdeskriptiven, der empirisch-induktiven und der analytisch-deduktiven Aufgabenstellung, zuordnen: f Terminologisch-deskriptiv: Ausgehend von der Erfassung und Typisierung der zu untersuchenden praxisrelevanten Probleme erfolgt die Schaffung eines Begriffssystems zur Beschreibung der Forschungsobjekte. f Empirisch-induktiv: Aktivitäten dieser Gruppe dienen zur Erfassung empirisch beobachtbarer Zusammenhänge und der daraus resultierenden induktiven Ableitung von Hypothesen durch Verallgemeinerung der Einzelbeobachtungen und der anschließenden empirischen Überprüfung. f Analytisch-deduktiv: Durch logische Schlussfolgerungen erfolgt die Erstellung von Modellen oder die Festlegung von Gestaltungsregeln auf deduktiver Basis. Die Annahme oder Ablehnung der auf diese Art erstellten Modelle oder Gestaltungsregeln erfolgt wieder empirisch-induktiv durch Anwendung in der Praxis. Die weitere Segmentierung dieser Aufgabengruppen in einzelne Aktivitäten erfolgt individuell und abhängig von der Zielsetzung des Forschungsprozesses.151 Selbstverständlich stellen diese Aufgabengruppen nicht sequentiell zu durchlaufende Phasen des Forschungsprozesses dar. Vielmehr handelt es sich um einen iterativen Prozess, der durch die empirische Überprüfung und die dabei immer wieder neu gewonnenen Praxiserkenntnisse mehrmals durchlaufen wird. 147
Vgl. Ulrich (1979), S. 179
148
Siehe Popper (1971), S. 34 - 46
149
Vgl. Ulrich (1979), S. 180 u. S. 186
150
Siehe Ulrich (1979), S. 181 f.
151
Vgl. beispielsweise Hill (1994), S. 39 f. oder Ulrich (1984), S. 193
Handlungstheoretischer Forschungsansatz 41 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die dieser Abhandlung vorausgehenden mehrjährigen Forschungsarbeiten folgten einem Prozess, der auf dem oben beschriebenen handlungstheoretischen Forschungsansatz fußt. Zu Beginn stand die Identifikation und Beschreibung des betrieblichen Energiemanagements aus der Managementperspektive als ein in der Industriepraxis zwar benötigtes aber noch unzureichend verstandenes Thema. Dies erfolgte im ersten Schritt mit der Entwicklung eines konzeptionellen Rahmens, aufbauend auf der Auswertung aktueller Veröffentlichungen, und wurde im Rahmen von Industrieprojekten zu einzelnen Aspekten des Energiemanagements bestätigt. Die eigentliche Erstellung des Energiepentagon Modells erfolgte anschließend iterativ, indem einzelne Energiemanagementaspekte konzeptionell in Anlehnung an bewährte Managementinstrumente erarbeitet und mit Hilfe empirischer Erkenntnisse aus einer Reihe von Industrieprojekten soweit verfeinert wurden, dass sie dem Realisierungskriterium standhielten. Aus diesen so gewonnenen Erkenntnissen wurde das Energiepentagon Modell deduktiv abgeleitet.
3 Energiewirtschaftliches Umfeld Die Energiedienstleistung als eigentlich nachgefragtes energetisches Endprodukt resultiert aus einer Reihe von Umwandlungen von Energieformen ineinander, die auf Primärenergieträger zurückzuführen sind. Diese Folge von Umwandlungen lässt sich als Energiewertschöpfungskette darstellen, die den Weg von den Energierohstoffen (z.B. Kohle, Erdöl, Wasserkraft) über angebotsseitige und nachfrageseitige Umwandlungsstufen (beispielsweise Kraftwerke oder Raffinerien auf der Angebotsseite und Transformatoren oder Heizkessel auf der Nachfrageseite) und Energietransportwege bis hin zur Energiedienstleistung (z.B. ein angenehmes Raumklima, zur Verfügung gestellte Information, geschmolzenes Eisen) beschreibt. Die Bedeutung dieser Energiewertschöpfungskette für das betriebliche Energiemanagement liegt vor allem in der Tatsache, dass eine weitreichende Optimierung des Energieeinsatzes sowohl unter Kostenals auch unter Effizienzgesichtspunkten nur bei Einbeziehung dieser gesamten Wertschöpfungskette zu erzielen ist.152 Die Teilmärkte werden auch häufig entlang der einzelnen Energieträger segmentiert. Man spricht dann vom Ölmarkt, dem Gasmarkt, dem Elektrizitätsmarkt und anderen Energieträgermärkten.153 Diese Teilmärkte sind einerseits aufgrund der Eigenschaften der zugrunde liegenden Energieträger deutlich voneinander abgegrenzt und korrelieren andererseits aufgrund der Umwandlung der Energieformen ineinander und der teilweise gegenseitigen Substituierbarkeit der Energieformen miteinander.154 Wesentliche Unterschiede der Marktcharakteristika resultieren aus begrenzter vs. unbegrenzter Verfügbarkeit, der teilweisen Leitungsgebundenheit beim Transport, der Energiedichte, dem Grad der Speicherbarkeit und weiteren individuellen Eigenschaften der Energieträger. Die Marktteilnehmer setzen sich aus vier wesentlichen Interessensgruppen mit unterschiedlichem Betrachtungsfokus entlang der Energiewertschöpfungskette zusammen. Die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette liegt vor allem im Interesse der Volkswirtschaften und ihrer Vertreter, die diese Interessen durch das Setzen von geeigneten politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen wahrnehmen. Die Angebotsseite wird von der Energieindustrie abgedeckt und die uns im Rahmen dieser Abhandlung vor allem interessierende Nachfrageseite stellt den Fokus für die Energiekonsumenten von energieintensiven Industrien bis hin zu Privathaushalten dar. Die Grenze zwischen Angebots- und Nachfrageseite ist allerdings seit dem Aufkommen von IRP-Überlegungen und der Liberalisierung der leitungsgebundenen Energiemärk152
Vgl. Hawken (1999), S. 121 ff.
153
Vgl. Labys (1988), S. 37 f.
154
Vgl. Erdmann (1995), S. 109
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
44 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
te stark verschwommen.155 Als vierte Stakeholdergruppe sind noch jene energienahen Unternehmen zu nennen, die sowohl der Energieindustrie als auch den Energiekonsumenten Sach- und Dienstleistungen entlang der Energiewertschöpfungskette anbieten. Dabei handelt es sich neben Anlagenherstellern vor allem um Dienstleistungsunternehmen, die entweder im Finanzierungs- oder im Beratungs- und Engineeringbereich angesiedelt sind. In Hinblick auf die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Unternehmen ist auch der merkbare Einfluss des Energieeinsatzes auf die sog. „Triple Bottom Line“156 von Bedeutung. Hierbei stellt sich für Unternehmen vor allem die Frage, inwieweit die Nachhaltigkeit durch geeignete Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Energiemanagements positiv beeinflusst werden soll. 3.1 Energiewertschöpfungskette Die Nutzbarmachung von Energie als Energiedienstleistung erfordert die Umwandlung der in den Primärenergieträgern gespeicherten Energie in sowohl für den Transport als auch für die gewünschte Anwendung geeignete Energieformen. Aus dieser Notwendigkeit resultiert eine Energiewertschöpfungskette (siehe Abb. 3-1), die die Veredlung der Primärenergieträger bis hin zur Energiedienstleistung verdeutlicht.157 Der Weg führt dabei von den endlichen und erneuerbaren Primärenergieträgern über die angebotsseitige Umwandlung zu den Sekundärenergieträgern, die den Energiekonsumenten nach dem Transport als Endenergie zur Verfügung stehen. Die Endenergien werden schließlich durch nachfrageseitige Umwandlung und Distribution zu Nutzenergien am Ort des Verbrauchs, die in Kombination mit anderen technischen Hilfsmitteln in den Energiedienstleistungen resultieren. Selbstverständlich bedeuten Transport und Umwandlung auch deutliche Verluste – weltweit standen 2005 von ca. 485 EJ/Jahr an Primärenergie nur ca. 145 EJ/Jahr als Nutzenergie zur Verfügung, was Transport- und Umwandlungsverlusten von ca. 70 % entspricht.158 Die Energiewertschöpfungskette spiegelt sich auch in der Erstellung von Energiebilanzen auf unterschiedlichen Systemebenen wider. Typischerweise finden diese Energiebilanzen Eingang in die nationalen Wirtschaftsstatistiken und werden auch häufig auf Unternehmensebene zur Verdeutlichung der Energieflüsse eingesetzt, wobei hier detaillierte Erfassungen bis hin zu Einzelaggregaten im Rahmen von Energieanalysen durchaus üblich sind.159 Vor allem auf Ebene der Nationalstaaten ist der Aufbau der 155
Vgl. Leprich (1994), S. 89 ff.
156
Vgl. van Heel (2001), S. 8 ff.
157
Vgl. Jochem (2000), S. 176
158
Siehe IEA (2007), S. 592 und Heinloth (2003), S. 90 f.
159
Vgl. Wohinz (1989), S. 74 ff.
Energiewertschöpfungskette 45 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energiebilanzen weitgehend standardisiert, um Vergleiche zwischen den Ländern zu ermöglichen und auch die Entwicklung des energetischen Profils eines Landes über mehrere Jahre hinweg verfolgen zu können.160 Die Darstellung erfolgt zumeist in Form von Energieflussbildern (siehe Abb. 3-2).
100% / 485 EJ
(22%)
Primärenergieträger
78 % / 378 EJ
(5%)
Sekundärenergieträger
73% / 354 EJ
Endenergie
(40%)
30% / 145 EJ: Nutzenergie, Energiedienstl.
3% / 15 EJ: Nicht energetische Nutzung
Energiedienstleistung
Nutzenergie Nicht energetische Nutzung
- Fossile Energie • Erdöl • Erdgas • Kohle •… - Fissile Energie • Uran • Thorium •… - Erneuerbare Energie • Solarenergie • Wasserkraft • Wind • Geothermie • Biomasse •…
- Brennstoffe • Fest (Kohle, Holz, Biomasse, …) • Flüssig (Kraftstoffe, Heizöle, …) • Gasförmig (Erdgas, Biogas, Wassrstoff, …) - Elektrizität - Wärme • Fernwärme • Abwärme •…
Umwandlung: • Kraftwerke • Raffinerien • Kokereien Transport
Endenergie in Form von Primär- oder Sekundärenergieträgern
Technologie - Prozeßwärme • Hochtemperatur • Niedertemperatur - Heizwärme - Kälte - Mechanische Energie - Nutzelektrizität - Beleuchtung -… - Feedstock -…
Transport, Verteilung
Umwandlung: • Öfen, Kocher • Reaktionseinrichtungen • Motoren, Antriebe • Beleuchtungsanlagen • EDV-Anlagen •…
161
Abb. 3-1: Schema der Energiewertschöpfungskette
160
Vgl. Winje (1991), S. 36 ff.
161
Basierend auf Winje (1991), S. 35
- Geschmolzenes Eisen - Klimatisierte Räume - Transportierte Güter - Gewärmte Speisen -…
46 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energiefluss von Österreich im Jahr 2000 [PJ]
PRIMÄRENERGIEBILANZ
Lager För24 derung 414
Importe 921
Aufkommen 1359 auf Lager
17
Exporte 125
Gesamtenergieverbrauch 1217 Kohle 150 Erdöl 576
Primärelektr. 50
Erdgas 288
Sonstige 153
UMWANDLUNGSBILANZ
Nicht energetischer Verbrauch 101 Energetischer Endverbrauch 965 Sonstige 155 Elektr. Energie 189
Kohle 42
Erdgas 178
Erdöl 401
LETZTVERBRAUCHER
UMWANDLUNGSBILANZ
Eigenverbrauch und Umwandlungsverluste 151
Verluste beim Endverbraucher 374
Nutzenergie Mech. Arbeit Prozeßwärme Heizwärme Mobilität Beleuchtung, EDV
162
Abb. 3-2: Vereinfachtes Energieflussbild (Österreich, 2000)
162
Basierend auf BMWA (2003), S. 1
591 74 165 252 98 2
Energiewertschöpfungskette 47 _______________________________________________________________________________________________________________________________
3.1.1 Primärenergie Primärenergieträger sind die von der natürlichen Umwelt in ihrer ursprünglichen Form angebotenen Energieträger, deren Energieinhalt als Primärenergie bezeichnet wird. Man unterscheidet dabei im wesentlichen zwischen den erschöpfbaren Energieressourcen, deren Wiederaufbau aus Ablagerungen nur in geologischen Zeitdimensionen von Jahrmillionen erfolgt und aus menschlicher Perspektive als endlich zu betrachten sind, und den erneuerbaren Energieressourcen, die direkt oder indirekt auf die Sonneneinstrahlung, auf die Gravitationskräfte des Mondes oder die Erdwärme zurückzuführen sind. Die Zusammensetzung des Verbrauchs an Primärenergieträgern wird als Primärenergieportfolio bezeichnet. 3.1.1.1
Erschöpfbare Energieträger
Unter die erschöpfbaren Energieträger fallen die fossilen Brennstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle sowie der nukleare Brennstoff Uran. Aufgrund der begrenzten Vorkommen spielt die Frage der Verfügbarkeit bei diesen Energieträgern eine zentrale Rolle. In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich zwischen den beiden Begriffen „Reserven“, die den aus derzeitiger Sicht wirtschaftlich förderbaren Anteil der Vorräte bezeichnen und „Ressourcen“, dem zwar vorhandenen aber derzeit als nicht wirtschaftlich förderbar eingestuften Anteil, zu unterscheiden. Die Ressourcen unterteilen sich noch in bereits entdeckte und spekulative Vorräte (siehe Abb. 3-3). Die Grenze zwischen Ressourcen und Reserven ist eine dynamische Trennlinie, die vor allem von den zur Verfügung stehenden Fördertechnologien und den aktuellen Rohstoffpreisen abhängt. Mit zunehmenden Rohstoffpreisen lassen sich auch deutlich aufwendigere Fördermethoden rechtfertigen, womit beispielsweise Offshore Erdölbohrungen in mehreren 1.000 m Meerestiefe oder der Abbau von Ölsanden in Kanada ökonomisch interessant sind. Als gesicherte Verfügbarkeit wird üblicherweise die statische Reichweite der Primärenergieträger herangezogen163, die sich aus der aktuellen Jahresfördermenge und den derzeit vorhandenen Reserven berechnet: Statische Reichweite >Jahre@
Reserven >Menge@ Aktuelle Jahresförderung >Menge / Jahr @
>3 1@
Für Erdöl als dem bedeutendsten fossilen Energieträger pendelt diese Reichweite weltweit bereits seit mehreren Jahrzehnten um einen Wert von ca. 30 – 40 Jahren164, was aus der kontinuierlichen Umschichtung von Ressourcen zu Reserven erklärbar ist. 163
Vgl. Youngquist (1997), S. 190 f.
164
Vgl. Odell (2004), S. 38
48 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Erdgas mit über 60 Jahren und vor allem Stein- und Braunkohle mit über 130 respektive deutlich über 300 Jahren weisen bedeutend längere statische Reichweiten auf (siehe Tab. 3-1).
Wirtschaftlich
Reserven
Unwirtschaftlich
Entdeckt
Entdeckte Ressourcen
Spekulativ
Spekulative Ressourcen
Abb. 3-3: Klassifizierung von Rohstoffvorkommen nach McKelvey
165
Eine größere Rolle als die absolute Reichweite fossiler Energieträger, die sich selbst bei Erdöl als dem knappsten fossilen Brennstoff sicherlich noch bis ins 22. Jahrhundert erstrecken wird166, spielt allerdings der Zeitpunkt des Fördermaximums (lediglich bei Kohle stellt sich diese Frage aufgrund der beträchtlichen Vorkommen derzeit nicht). Ab diesem Zeitpunkt ist nämlich eine weiter steigende oder auch nur gleich bleibende Nachfrage nicht mehr zu erfüllen, was jedenfalls zu merkbaren ökonomischen Einschnitten führt.167 Sowohl über den Zeitpunkt als auch über die zu erwartenden Auswirkungen gibt es naturgemäß stark abweichende Aussagen.
165
Vgl. SPE (2001), S. 12 f.
166
Vgl. Youngquist (1997), S. 453 f.
167
Vgl. Schumacher (1999), S. 95 - 108
Energiewertschöpfungskette 49 _______________________________________________________________________________________________________________________________ 168
Tab. 3-1: Ressourcen und Reserven erschöpfbarer Energieträger
Energieträger
Ressourcen
Reserven
Förderung
[Gtoe] in 2006
[Gtoe] in 2006
[Gtoe] in 2006
konv. Erdöl
81.9
162.5
3.9
187.7
164.6
2.7
5,331.2
439.1
3.2
Weichbraunkohle
768.2
70.0
0.2
Uran*
69,6**
46,5**
0,4**
konv. Erdgas Hartkohle
* Reserven: Reasonably Assured und Inferred Resources, Förderkosten < USD 130/kgU Resourcen: Prognosticated und Speculative Resources, Förderkosten < USD 130/kgU 1 tU = 9.800 - 16.100 toe je nach Ausnutzungsgrad; unterer Grenzwert verwendet ** Werte für 2005
Für konventionelles Erdöl liegt der Großteil der Prognosen für den Zeitpunkt des Fördermaximums vor 2040.169 Unterschiede resultieren vor allem aus unterschiedlichen Annahmen über die absolut erzielbare Fördermenge (neuere Abschätzungen bewegen sich zwischen 2 und 4 Billionen bbl konventionellen Erdöls, wobei ca. 1 Billion bbl bereits gefördert wurde)170 und aus der uneinheitlichen Interpretation der sog. Hubbert-Kurve171. Mit Hilfe dieser Glockenkurve, die den Produktionsverlauf von Ölfeldern abbildet, hat der Geologe M. King Hubbert den Zeitpunkt des Fördermaximums in den USA zutreffend für den Beginn der 1970er Jahre vorausgesagt172. Dieselbe Methode wird heutzutage häufig bei der Prognose des globalen Ölproduktionsverlaufs eingesetzt. Bei konventionellem Erdgas beginnen die Prognosen für das Ende des Produktionsplateaus ab ca. 2045 (Erdgas weist im Vergleich zu Erdöl typischerweise einen rasche168
Eigene Berechnung nach BGR (2007a), S. 6 f. u. 43 ff. und WEC (2007), S. 209 ff.; Der Verfasser ist sich der Problematik der Spannbreite unterschiedlicher Ressourcenabschätzungen bewusst, auf die im folgenden Text eingegangen wird. Aufgrund der vor allem auch im deutschsprachigen Bereich verbreiteten Verwendung werden dieser Tabelle mit Ausnahme der Angaben für Uran (basierend auf dem sog. „Red Book“, NEA (2006)) die Zahlen von BGR zugrunde gelegt.
169
Vgl. beispielsweise Sorrell (2009), S. 139 ff., Campbell (2005), S. 160 ff., Odell (2004), S. 45 ff., Reynolds (2002), S. 108
170
Vgl. Sorrell (2009), S. 150 f., NPC (2007), S. III.A-3 ff. und Smil (2005), S. 200
171
Vgl. Reynolds (2002), S. 95 ff.
172
Vgl. Deffeyes (2001), S. 133 ff.
50 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
ren Produktionsanstieg, gefolgt von einem langen Produktionsplateau und einem abschließenden raschen Abfall auf)173. Je nach Annahme der absolut erzielbaren Fördermenge (Abschätzungen bewegen sich zwischen 300 und 500 Billionen m3, wobei ca. 80 Billionen m3 bereits gefördert wurden) erstrecken sich die Prognosen über einen Zeitraum von 10 - 15 Jahren.174 Eine Verschiebung des Zeitpunkts des Fördermaximums von Erdöl und Erdgas nach hinten – wenngleich auch nur um wenige Jahre – ist allerdings aufgrund zunehmender Förderung der sog. unkonventionellen Kohlenwasserstoffe zu erwarten.175 Die Unterscheidung der unkonventionellen von den konventionellen Kohlenwasserstoffen wird in der Literatur uneinheitlich vorgenommen. Generell werden als unkonventionell jene Vorkommen bezeichnet, deren Fördertechnologien erheblich von den im Normalfall zum Einsatz kommenden Technologien abweichen.176 Üblicherweise zählen dazu aus der Erdölperspektive Bitumen, Schweröle mit einer Dichte < 20° API (derzeit vor allem in Kanada und Venezuela gefördert) und Ölschiefer.177 Aus der Gasperspektive werden hierzu in den meisten Fällen Gasvorkommen in dichten Speichern, in Aquiferen gelöstes Gas, Flözgas und Gashydrate gezählt.178 Die aus derzeitiger Sicht technisch förderbare Menge an unkonventionellen Kohlenwasserstoffen wird bei Erdöl zwischen 1 und 3 Billionen bbl eingeschätzt und bei Erdgas (ohne Aquifer Gas und Gashydrate, für die trotz immenser Vorkommen derzeit noch keine Abschätzung über technisch förderbare Mengen existiert) wird eine untere Grenze von ca. 250 Billionen m3 angenommen.179 Für die Förderung unkonventioneller Kohlenwasserstoffe sind neben der Verfügbarkeit geeigneter Technologien vor allem zwei Aspekte zu berücksichtigen. Dies sind einerseits die hohen Förderkosten, die dauerhaft hohe Öl- und Gaspreise als ökonomische Voraussetzung für langfristige Investitionen bedingen (siehe Abb. 3-4). Andererseits stellt die zu erwartende vergleichsweise geringe Energiegewinnrate, die das Verhältnis der gewonnenen zur eingesetzten Energie wiedergibt, eine Hürde dar, die eine Förderung ab einem bestimmten Punkt nur mehr für spezielle Anwendungen wie beispielsweise Polymere, Düngemittel, Pharmaka, etc. rechtfertigt.180 Ein ansehnliches Beispiel für die generelle Reduktion der Energiegewinnrate mit fortschreitender Er173
Vgl. Campbell (2005), S. 212
174
Vgl. beipielsweise Campbell (2005), S. 211 ff., NPC (2007), S. III.3-2, Odell (2004), S. 74 ff.
175
Vgl. Schollnberger (2006), S. 10 und WEC (2007), S. 51
176
Vgl. IEA (2005), S. 26
177
Vgl. IEA (2005), S. 75 ff.
178
Vgl. BGR (2007), S. 7
179
Vgl. IEA (2005), S. 25
180
Vgl. Youngquist (1997), S. 201, 216 u. 221
Energiewertschöpfungskette 51 _______________________________________________________________________________________________________________________________
schöpfung der Energieressourcen bieten die USA, die auf ihren Ölfeldern um das Jahr 1930 eine Energiegewinnrate von über 100 aufzuweisen hatten und zwischenzeitlich nur mehr eine Rate von 20 erreichen (wobei dies noch bei weitem über den bei unkonventioneller Ölförderung zu erzielenden Energiegewinnraten liegt).181 160 Die im Vergleich zu konv. Erdöl gesteigerten CO2-Reduktionskosten sind nicht berücksichtigt
Produktionskosten [USD/bbl]
140 120 100
Arktis
80
Ölschiefer
Tiefwasser und Ultra-Tiefwasser
60
EOR
Schweröl, Bitumen
40 Bereits produziert
20 0
0
Restl. konv. Erdöl
OPEC (ME)
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
7.000
Verfügbares Erdöl [1.000 Mio. bbl]
182
Abb. 3-4: Verfügbare Ölfördermengen in Abhängigkeit vom Preis
Die Meinungen über die Auswirkungen des Überschreitens des Fördermaximums reichen von der eher unwahrscheinlichen Extremposition eines Zusammenbruchs der Industriegesellschaft183 bis hin zu der Auffassung, dass dem ungebremsten weiteren wirtschaftlichen Aufschwung durch technische Innovationen neue Energiequellen erschlossen werden und kein Einbruch zu erwarten ist184. Eine Evaluierung der aus dieser Bandbreite resultierenden Szenarien würde den Rahmen dieser Abhandlung bei weitem übersteigen. Generell lässt sich aber feststellen, dass langfristig durchaus Ersatzoptionen denkbar sind (z.B. basierend auf Wasserstoff, Erschließung der Gashydrate), während sich mittelfristig vor allem die Frage stellt, ob die in nicht allzu großer Ferne liegende Abnahme der globalen Ölproduktion durch ausreichende Gasprodukti181
Vgl. Cleveland (2005) S. 780 f.
182
Vgl. IEA (2008), S. 218
183
Siehe dazu Heinberg (2003), S. 331 f.
184
Siehe dazu Heinberg (2003), S. 177 ff.
52 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
on aufgefangen werden kann und damit ein gemilderter Übergang anstatt eines schockartigen Ereignisses möglich ist.185 Kohle, einst Treibstoff der industriellen Revolution (sowohl in Hinblick auf die Energiegewinnung wie auch als unverzichtbarer Bestandteil der Stahlerzeugung)186, wurde in der Energiegewinnung nach und nach durch Erdöl und Erdgas ersetzt. Wesentliche Ursachen für diesen Trend waren die günstigere Förderung, geringere Verluste bei der Umwandlung in Elektrizität und vor allem auch die geringere Belastung der Umwelt bei Verbrennung.187 Allerdings beträgt der Anteil von Kohle am gesamten globalen Primärenergieverbrauch noch immer ca. 25%. Damit nimmt die Kohle nach Erdöl den 2. Platz im Portfolio ein und das Auslaufen dieses Primärenergieträgers ist jedenfalls in absehbarer Zeit kaum zu erwarten.188 Die zukünftige Bedeutung wird vornehmlich durch die Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz der mit der Kohlenutzung verbundenen Umweltbelastung oder der Wettbewerbsfähigkeit emissionsreduzierender technischer Verfahren gesteuert, da die Verfügbarkeit aufgrund immenser Ressourcen bis ins nächste Jahrtausend als gesichert gilt.189 Ähnlich wie bei Kohle hängt die zukünftige Verwendung von Uran weniger von der Verfügbarkeit als von der Akzeptanz der Begleiterscheinungen ab. Unter Zugrundelegung der für die Elektrizitätserzeugung im Jahre 2005 verwendeten Menge an Uran kann von einer statischen Reichweite von ca. 100 Jahren ausgegangen werden.190 Dies beruht auf den identifizierten konventionellen Ressourcen (Reasonably Assured und Inferred Resources) von über 4,5 Mio. t Uranerz mit Förderkosten von weniger als 130 USD / kg Uran (Eine häufig verwendete weitere Unterteilung anhand von Förderkostenstufen191 findet hier keine Anwendung). Hinzu kommt noch die mögliche Verwendung von umfangreichen Thorium-Vorkommen (Thorium Reaktoren wurden in den 1960er Jahren entwickelt, kamen aber aufgrund der ausreichenden Verfügbarkeit des besser geeigneten Urans nicht zum Einsatz) und enormer unkonventioneller Uranressourcen von geringer Konzentration in Phosphatablagerungen und im Meerwasser, wobei die Technologie für die Meerwasserextraktion erst im Labormaßstab getestet ist.192
185
Vgl. Smil (2005), S. 216 ff.
186
Vgl. Rogner (2000), S. 147
187
Vgl. Schollnberger (2006), S. 11
188
Vgl. IEA (2006), S. 67
189
Vgl. Smil (2005), S. 232
190
Vgl. WEC (2007), S. 203 und Tab. 3-1
191
Vgl. IEA (2006), S. 377
192
Vgl. Rogner (2000), S. 151 f.
Energiewertschöpfungskette 53 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Dennoch erfordert die zukünftige Zufriedenstellung der Nachfrage eine starke Zunahme der Förderaktivitäten, da der derzeitige Verbrauch an Brennmaterial nur zu 60% aus Abbau gedeckt wird – die restlichen 40% kommen aus der Verwendung ursprünglich für militärische Zwecke angelegter Vorratslager und aus der Wiederaufbereitung. Vor allem bei den militärischen Vorratslagern geht man von einer allmählichen Reduktion der Verfügbarkeit aus.193 Die Akzeptanzproblematik beruht auf zwei Aspekten: die mögliche Gefährdung durch radioaktive Strahlung sowohl während des Betriebs (vor allem bei Unfällen) als auch durch den radioaktiven Abfall und den Missbrauch des spaltbaren Materials für Waffensysteme.194 Andererseits spricht die Emissionsfreiheit von Treibhausgasen bei zunehmender Bedeutung des Klimaschutzes sehr stark für den regulierten Einsatz von Kernkraftwerken.195 Die Berücksichtigung der vermiedenen Kosten für Emissionszertifikate steigert auch die Wirtschaftlichkeit in beträchtlichem Ausmaß. 3.1.1.2
Erneuerbare Energieträger
Die natürlichen Energieflüsse der Erde, die ihren Ausgang von den mit jährlich 5,4 Mio. EJ Energieinhalt auf die Atmosphäre auftreffenden kurzwelligen Sonnenstrahlen nehmen, sind um das tausend- bis zehntausendfache größer als der derzeitige anthropogene jährliche globale Primärenergiekonsum von ca. 470 EJ.196 Aus dieser Quelle werden sowohl die fossilen und fissilen als auch die sog. erneuerbaren Energieressourcen gespeist. Die Limitierung resultiert aus der Verfügbarkeit der Energieressourcen für Anwendungen in Industrie, Transport und anderen Bereichen. Die sog. erschöpfbaren Ressourcen erneuern sich nur in geologischen Zeiträumen, verfügen dafür aber über hohe Energiedichten und lassen aufgrund ihrer Speicherbarkeit einen nach Anwendungsbedürfnissen zeitlich geplanten Einsatz zu. Die erneuerbaren Energieressourcen hingegen weisen generell eine deutlich geringere Energiedichte auf und sind in ihrer Nutzung zeitlich und/oder geografisch reglementiert. Außerdem sind sie mit Ausnahme der Biomasse und – mit einigen Einschränkungen – der Wasserkraft nicht oder nur unzulänglich speicherbar. Dies bedeutet, dass die Nutzung erneuerbarer Energieformen trotz eines weit reichenden technischen Potenzials (siehe Tab. 3-2) derzeit nur in eingeschränktem Ausmaß wirtschaftlich ist.
193
Vgl. WEC (2007), S. 197 ff.
194
Vgl. IEA (2001), S. 217 f.
195
Vgl. WEC (2007), S. 239
196
Vgl. Rogner (2000), S. 167 und IEA (2006), S. 66
54 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________ 197
Tab. 3-2: Nutzung und technisches Potenzial erneuerbarer Energieressourcen
Erneuerbare Ressource
Gegenwärtige Verwendung**
Technisches Potenzial
[EJ pro Jahr]
[EJ pro Jahr]
Wasserkraft
9
50
Biomasse
50
>276
Solar
0.1
>1.575
Wind
0.12
640
Geothermie
0.6
5,000
Meeresenergie
-*
-*
~ 60
>7.500
Gesamt
* keine Abschätzung erfolgt; Theoretisches Potenzial mit 7.400 EJ eingeschätzt ** Elektrizitätsanteil: Rückrechnung auf Primärenergiebasis mit einem angenommenen Umwandlungswirkungsgrad von 0,385
Die wesentlichen erneuerbaren Energieformen sind die Wasserkraft, Energie aus Biomasse, die Photovoltaik, die Solarwärme, die Windkraft, die Geothermie und die Meeresenergie. Vor allem letztere befindet sich mit der Nutzung des Tidenhubs, der Wellenenergie und der Temperaturdifferenz derzeit noch in je nach Anwendung unterschiedlich fortgeschrittenem Versuchsstadium, wobei Gezeitenkraftwerke bereits vereinzelt in kommerziellem Maßstab im Einsatz sind.198 Die Vorteile der Nutzung erneuerbarer Energieformen liegen vor allem in der Vermeidung von Treibhausgasemissionen, ihrer Eignung für die dezentrale Stromerzeugung und der damit verbundenen Steigerung der Versorgungssicherheit sowie ihrem modularen Aufbau mit der daraus resultierenden guten Anpassung an die Energienachfragekurve. Überdies weist die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energieformen eine im Vergleich zu fossilen oder fissilen Kraftwerken deutlich höhere Personalintensität auf, was den nationalen Arbeitsmärkten zugute kommt. Demgegenüber sind vornehmlich die bereits erwähnten Nachteile der vergleichsweise geringeren Energiedichte, des diskontinuierlichen Betriebs und der von regionalen Gegebenheiten abhängigen geographischen Limitierung anzuführen. Letztere beiden können zu Problemen bei der Einspeisung der erzeugten Elektrizität in die Stromnetze führen, da einerseits häufig 197
Entnommen aus Rogner (2000), S. 168
198
Vgl. Tester (2005), S. 589 ff. und WEC (2007), S. 525 ff.
Energiewertschöpfungskette 55 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gerade in Gegenden, die eine ausgeweitete Nutzung erneuerbarer Energieformen begünstigen, das Netz nicht mit der erforderlichen Kapazität ausgebaut ist und andererseits zu starke Schwankungen der Einspeisemenge zu Instabilitäten des Stromnetzes führen. In technisch-wirtschaftlicher Hinsicht ist derzeit noch davon auszugehen, dass für die Nutzung erneuerbarer Energieformen noch in weiten Bereichen erheblicher Entwicklungsbedarf besteht, um eine wirtschaftliche Energiegewinnung zu ermöglichen.199 3.1.1.3
Primärenergieportfolio
Ein Blick auf die langfristige historische Entwicklung des Primärenergieportfolios (siehe Abb. 3-5) einerseits und gesellschaftlicher Entwicklungen andererseits zeigt, dass die Vorherrschaft der Kohlenwasserstoffe zwar erst seit kurzem existiert (und es spricht einiges dafür, dass es ein – menschheitsgeschichtlich betrachtet – kurzes Intervall von ca. 200 Jahren kaum überschreiten wird)200, aber in dieser kurzen Zeitspanne von bisher etwas mehr als 100 Jahren eine unglaubliche Beschleunigung beinahe aller Lebensbereiche (vom Bevölkerungswachstum über die Produktivität und Energieeinsatz bis hin zur Wissensvermehrung)201 bewirkt hat. Dementsprechend bedeutend ist auch die Rolle des derzeit wichtigsten Primärenergieträgers, nämlich Erdöl, in allen gesellschafts- und vor allem machtpolitischen Vorgängen seit Beginn des 20. Jahrhunderts.202 Betrachtet man die Zusammensetzung des Energiemix seit Mitte des 19. Jahrhunderts (siehe Abb. 3-6), wird deutlich, dass im Laufe der Industrialisierung eine gegenseitige Substitution der Primärenergieträger stattgefunden hat, die beinahe wellenförmig vonstatten geht. Der Verdrängung der Biomasse durch die Kohle folgt der Aufschwung des Erdöls und – in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bereits gut erkennbar – der beginnende Anstieg des Erdgasanteils am Energiemix. Wenngleich diese wellenförmige Entwicklung, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Kondratieff-Innovationszyklen203 aufweist, in sehr groben Zügen unangefochten ist, zeigen die tatsächlichen Anteile einzelner Primärenergieträger am Gesamtmix, dass eine vereinfachte Prognose der Entwicklung des Primärenergieträgermix als Resultat determinierter Wellenverläufe, wie dies beispielsweise Marchetti vorschlägt204, zu groben Fehleinschätzungen füh-
199
Vgl. UNEP (2000), S. 5 f.
200
Vgl. Heinberg (2004), S. 60 ff.
201
Vgl. Heinloth (2005), S. 23 ff.
202
Umfassend wiedergegeben bei Yergin (2003)
203
Vgl. Horx (2000), S. 38 ff.
204
Siehe Marchetti (1979)
56 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
ren kann.205 Außerdem zeigt sich am Beispiel der Kohle ganz deutlich, dass die Bedeutung eines Primärenergieträgers keineswegs ausschließlich von seiner Verfügbarkeit abhängt. Vielmehr ist es das Zusammenspiel einer Reihe von Faktoren, die hierfür verantwortlich sind. 100%
Holzkohle 80%
Kohlenwasserstoffe 60%
Brennholz 40%
Kohle
20%
0% 1.000 BC
500 BC
0
500 AD
1.000 AD
1.500 AD
2.000 AD
206
Abb. 3-5: Historische Entwicklung des Primärenergieträgermix
Dies war auch eines der Hauptergebnisse der systemischen Untersuchungen von den Meadows207. Bereits in ihrem 1. Bericht an den Club of Rome haben sie deutlich darauf hingewiesen, dass ihre Untersuchungen keineswegs den Anspruch einer zeitpunktgenauen Prognose haben.208 Vielmehr zeigen sie auf, dass der mögliche Kollaps unserer modernen Gesellschaft eher aus der begrenzten Aufnahmefähigkeit des Ökosystems für die erzeugten Schadstoffe als aus einer Ressourcenknappheit resultiert.209 Diese Tatsache muss man sich bei jeglichen Überlegungen bezüglich der zukünftigen Entwicklung des Primärenergieportfolios vor Augen halten, da häufig die Tendenz besteht, die Ressourcenverfügbarkeit als Hauptindikator zu verwenden. 205
Vgl. Smil (2005), S. 161 ff.
206
Vgl. Smil (1994), S. 233
207
Siehe Meadows (1972) und Meadows (1992)
208
Siehe Meadows (1972), S. 79
209
Vgl. Meadows (1972), S. 114 f.
Energiewertschöpfungskette 57 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Primärenergieträgersubstitution von 1850 bis 2000 100%
80% Neue Erneuerbare Nuklear Wasserkraft Erdgas Erdöl Kohle Trad. Biomasse
60%
40%
20%
0% 1850
1900
1950
2000
210
Abb. 3-6: Primärenergieträgersubstitution seit 1850
Derzeit wird das Primärenergieportfolio mit über 50% von Kohlenwasserstoffen dominiert, wobei Öl mit über 30% den größten Anteil hat. Mittelfristig betrachtet dürfte sich daran auch kaum etwas ändern, da diese Dominanz in den allermeisten Szenarioausprägungen auch bei starker Betonung ökologischer Maßnahmen zumindest bis über das Jahr 2030 hinaus aufrechterhalten bleibt.211 Das stärkste relative Wachstum weisen erneuerbare Energien außer Wasserkraft und Biomasse auf, tragen aber mittelfristig aufgrund eines geringen Ausgangsniveaus auch in ökologisch orientierten Szenarios nur einen relativ geringen Anteil zum Gesamtportfolio bei.212 Die größten Schwankungen gibt es neben dem absoluten Energiebedarf beim Anteil der Kohle am Gesamtportfolio, die in unterschiedlichem Ausmaß durch Erdgas und erneuerbare Energien substituiert wird. Auch die Entwicklung der Nuklearenergie wird unterschiedlich eingeschätzt und reicht von einem im Vergleich zur jetzigen Situation geringeren Anteil am Gesamtportfolio bis hin zu größeren Anteilen, die in ökologisch orientierten Szenarien mit dem positiven Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen argumentiert wird. Dies zeigt sich beispielsweise auch bei der Gegenüberstel210
Vgl. Gosselink (2002), S. 1125
211
Siehe beispielsweise: IEA (2006), S. 66 u. 173, Schollnberger (2006), S. 7 f., Nakicenovic (2000), S. 338, Shell (2005), S. 71, 91 u. 107
212
Vgl. Salameh (2003)
58 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
lung des Referenz- und des Alternativszenarios des World Energy Outlook 2006 der IEA (siehe Abb. 3-7).
Mittelfristige Primärenergie-Szenarien der IEA 21,000
17.095 Mtoe 18,000
[Mtoe]
15,000 12,000
11.204 Mtoe
10%
2%
5% 23%
2,5%
11% 0,5%
10,5%
2%
6%
9,000 32% 6,000 3,000
15.405 Mtoe
2% Andere Erneuerbare Biomasse Wasserkraft Nuklear Erdgas Erdöl Kohle
3%
7% 22%
21% 32% 35%
26%
25%
22,5%
0 2030 Referenzszenario
2004
2030 Alternativszenario
213
Abb. 3-7: Mittelfristige Entwicklungsprognosen für das Primärenergieportfolio
Gravierende Änderungen des Primärenergieportfolios im Vergleich zur gegenwärtigen Situation auch in Hinblick auf eine nachhaltigkeitsorientierte Energieversorgung lassen sich nur über längerfristige Zeiträume nicht unter 100 Jahren und auf globaler Ebene erwarten.214 Denn solche Zeiträume sind für die Adaptierung und ausreichende Verbreitung der spezifischen Energie Infrastruktur denkbar. Dementsprechend weisen derart langfristige Szenarien neben mehrere hundert Exajoule voneinander abweichenden Primärenergieaufkommen in den ökologisch orientierten Ausprägungen regenerative Primärenergieträgeranteile von bis zu mehr als 50% auf.215 Wesentliche Determinanten für das Primärenergieaufkommen sind Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, die Energieintensität und die nachfrageseitige Energieeffizienz. Der Portfoliomix resultiert abgesehen von der Verfügbarkeit der Primärenergieträger aus der Ausprä-
213
Basierend auf IEA (2006), S. 66 u. 173
214
Vgl. Nakicenovic (2000), S. 336 f.
215
Siehe beispielsweise IEA (2003), S. 198, Nakicenovic (2000), S. 345 f.
Energiewertschöpfungskette 59 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gung der Energiepolitik und ihrer Implementierung, der Entwicklungsgeschwindigkeit von energierelevanten Technologien und der erforderlichen Markttransformation.216 3.1.2 Sekundär- und Endenergie Über Umwandlungsprozesse werden die Primärenergieträger in Sekundärenergieträger übergeführt, die in dieser Form den Energiekonsumenten zugeführt werden. Die Energieverluste beim Durchlaufen dieser Umwandlungsprozesse (Eigenverbrauch und Umwandlungsverluste) betragen ca. 22% des ursprünglichen Primärenergieinhalts.217 Aus Kohle werden dabei in den Kokereien unter Luftabschluss die flüchtigen Bestandteile ausgetrieben und der Kohlenstoff zu über 95% angereichert. Der so gewonnene Koks stellt seit knapp über 300 Jahren ein in der Eisenverhüttung verwendetes Reduktionsmittel dar.218 Aus Erdöl werden in den Raffinerien durch fraktionierte Destillation, Reinigung, Cracken und Reformierung die in den Verkauf gelangenden Erdölendprodukte (Benzine, Kerosin, Diesel, Heizöl, Lubrikate, etc.) gewonnen.219 In Kraftwerken entsteht durch von verschiedensten primären Energieformen über Turbinen angetriebene Generatoren der elektrische Strom und in Heizwerken nimmt die Nahund Fernwärme ihren Ausgang. Auch Wasserstoff als möglicher zukünftiger sekundärer Energieträger entsteht auf dieser Umwandlungsstufe. Derzeit werden jährlich rund 50 Mio. Tonnen Wasserstoff mittels katalytischer Dampfreformierung aus Erdgas als Chemierohstoff gewonnen. Die Energiegewinnrate für die elektrolytische Wasserspaltung liegt gegenwärtig noch unter eins.220 Eine wichtige Unterscheidung zwischen Energieträgern ist der Grad ihrer Abhängigkeit von Leitungen zum Transport in größeren Mengen. Typische Beispiele für leitungsgebundene Energieträger sind Elektrizität, Dampf bzw. Heißwasser für Nah- oder Fernheizung und – zumindest auf dem Festland – Erdgas.221 Ein wesentliches Charakteristikum dieser leitungsgebundenen Energieträger ist das Erfordernis einer kostenintensiven Infrastruktur für Transport und Distribution. Diese wird aufgrund der notwendigen hohen Vorabinvestitionen nur errichtet, wenn die Möglichkeit einer längerfristig garantierten wirtschaftlichen Nutzung zur Erzielung einer entsprechenden Rendite durch den Investor gegeben ist. Außerdem lässt das landschaftliche Erscheinungsbild den parallelen, über die technische Notwendigkeit hinausgehenden Aufbau mehrerer Netzwerke kaum zu. Damit sind zwei wesentliche Faktoren für ein natürliches 216
Vgl. Nakicenovic (2000), S. 338
217
Vgl. Heinloth (2003), S. 91
218
Vgl. DSK (2001), S. 21
219
Vgl. Citigroup (2007), S. 55 ff.
220
Vgl. Heinloth (2003), S. 374 f.
221
Vgl. Erdmann (1995), S. 272 ff.
60 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Monopol gegeben222, das auch nach der Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte für den Energietransportbereich leitungsgebundener Energieformen anerkannt ist. Dies hat im Gegensatz zu nicht leitungsgebundenen Energieformen wie Kohle oder Erdöl eine regionale Ausprägung der Energiemärkte mit umfangreichem Regulierungsbedarf zur Folge. Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die Elektrizität ausgehend von einer weltweiten Erzeugung von ca. 8 TWh um 1900 mit einer Erzeugung von ca. 20.000 TWh zu Beginn des 21. Jahrhunderts als wesentlicher Sekundärenergieträger etabliert.223 Die besondere Stellung dieses Energieträgers wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass beinahe 40% der global verbrauchten Primärenergie für die Stromerzeugung aufgewendet werden, wobei ca. 60% der hierfür eingesetzten Primärenergie als Eigenenergieverbrauch und Umwandlungsverlust verloren gehen.224 Dieser weit verbreitete Einsatz der Elektrizität und die damit einhergehende Akzeptanz dieses Energieträgers trotz seiner – auf das Wärmeäquivalent bezogenen – vergleichsweise hohen Preise im Verhältnis zu anderen Energieträgern auf der Endabnehmerstufe225 beruht auf entscheidenden qualitativen Vorteilen, die die wenigen Nachteile überwiegen.226 Wesentliche Vorteile sind die hohe thermodynamische Qualität, da die elektrische Energie eine rein exergetische Energieform ist227, das verzögerungslose An- und Ausschaltverhalten aufgrund vernachlässigbarer Masse und Volumina, die berührungslose Wirkung, die nicht vorhandene Einschränkung der Energiedichte durch thermodynamische Grenzen und die relativ hohe technische Produkthomogenität. Demgegenüber bestehen die Nachteile vor allem in der Leitungsgebundenheit und der nur sehr begrenzt möglichen Speicherbarkeit. Als dominierender Sekundärenergieträger der nächsten Generation wird derzeit vor allem Wasserstoff gehandelt, der mit Brennstoffzellen am Ort der Energienutzung zu Elektrizität umgewandelt wird.228 Hauptargumente hierfür sind die beinahe unbegrenzte Verfügbarkeit von Wasserstoff und die Weiterführung des bereits deutlich erkennbaren Dekarbonisierungstrends in der Energieversorgung (siehe Abb. 3-8). Derzeit befindet sich der Einsatz von Wasserstoff als Energieträger aber erst im Pilotversuchsstadium. Durchaus viel versprechende Resultate lieferte beispielsweise ein Pilotversuch auf Island, der den Betrieb einer öffentlichen Buslinie mit elektrolytisch gewon222
Vgl. Varian (1999), S. 403 ff.
223
Siehe Smil (1994), S. 188 und BP (2007)
224
Berechnungen basierend auf IEA (2006), S. 492 f.
225
Vgl. Erdmann (1995), S. 12
226
Vgl. Erdmann (1995), S. 145 ff.
227
Vgl. Cerbe (2005), S. 146 f.
228
Vgl. Dunn (2002), S. 238 ff.
Energiewertschöpfungskette 61 _______________________________________________________________________________________________________________________________
nenem Wasserstoff und den Betrieb einer Wasserstofftankstelle über einen Zeitraum von 3 Jahren zum Inhalt hatte.229 Aber selbst unter den für die Implementierung einer wasserstoffbasierten Energiewirtschaft besonders günstigen Bedingungen in Island erwartet man sich eine Realisierung derselben frühestens in mehreren Dekaden. Kohlenstoffintensität der globalen Energieversorgung 28
26
24 [ tC/TJ ] 22
20
18 1900
1920
1940
1960
1980
2000
230
Abb. 3-8: Dekarbonisierungstrend der globalen Energieversorgung
Vorrangige Hürden auf dem Weg zur wasserstoffbasierten Energiewirtschaft sind der erforderliche Umbau der auf Benzin und Diesel zugeschnittenen Infrastruktur für den Transportbereich231, die für den weit verbreiteten Einsatz auch von stationären Brennstoffzellen erforderliche Beherrschung einer dezentral organisierten Elektrizitätsversorgung232 und nicht zuletzt die noch ausstehende Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen233. Bei den Brennstoffzellen muss hierbei zwischen 5 Systemen unterschieden werden, von denen sich zwei für den Transportbereich (hier vor allem die im Nie229
Siehe Maack (2006)
230
Siehe Smil (2005), S. 306
231
Vgl. Cherry (2004), S. 128
232
Vgl. Schleicher (2006)
233
Vgl. IEA (2002), S. 28 f.
62 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
dertemperaturbereich betriebene Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle) und die anderen drei für den stationären Betrieb (am weitesten fortgeschritten ist hierbei die in einem Temperaturbereich von ca. 200°C betriebene Phosphorsäure-Brennstoffzelle) eignen.234 235
Tab. 3-3: Zusammensetzung des weltweiten Endenergieportfolios
Globales Endenergieportfolio in 2004 [Mtoe] Kohle
Erdöl
Erdgas
Elektrizität
Nah-/Fernwärme
Biomasse/ Abfall
Industrie
499
665
564
512
100
169
1
-
-
2,510
Transport
-
1,861
-
-
-
-
-
15
93
1,969
Haushalte, Dienstleistungen, Landwirtschaft
106
499
586
689
154
864
7
-
-
2,905
Pro Energieträger
605
3,025
1,150
1,201
254
1,033
8
15
93
7,384
Sektoren
Andere ErBioAndere neuerbare treibstoffe Treibstoffe
Pro Sektor
Zusätzliche nichtenergetische Nutzung: 254 Mtoe
Nach dem Transport zum Endkunden steht ein Mix aus Primär- und Sekundärenergieträgern als Endenergieträgerportfolio zur Verfügung. Ab diesem Punkt der Energiewertschöpfungskette übernimmt im Normalfall der Energiekonsument die Verantwortung für den Weitertransport, erforderliche Umwandlungen und schließlich auch für die mit der Energienutzung einhergehenden Schadstoffbelastungen der Umwelt. Im Jahr 2004 standen weltweit mit über 7.600 Mtoe rund 68% der gesamt erzeugten Primärenergie als Endenergie zur Verfügung. Diese verteilte sich zu 33% auf die Industrie, zu 26% auf den Transport, zu 38% auf Haushalt und Landwirtschaft und zu 3% auf nichtenergetische Nutzung (siehe Tab. 3-3). Im Industriebereich wird der globale Endenergieträgermix von den fossilen Brennstoffen und der Elektrizität dominiert, wobei Erdöl eine eindeutige Spitzenstellung einnimmt. Im Transportbereich stellten Biotreibstoffe 2004 nur einen Anteil von 1% dar. Den mit Abstand größten Anteil im Haushaltskunden- bzw. Landwirtschaftsbereich nimmt die Biomasse ein, gefolgt von Elektrizität und Erdgas. Ein Blick auf die Industrie- und Entwicklungsländer zeigt allerdings auch, dass nicht nur die Menge des Energieverbrauchs große Unterschiede aufweist sondern auch die Zusammensetzung des Endenergieportfolios stark differiert (siehe Abb. 3-9). In den Industrieländern sieht man eine deutliche an234
Vgl. Kordesch (1996), S. 52
235
Zusammengestellt nach IEA (2006), S. 492
Energiewertschöpfungskette 63 _______________________________________________________________________________________________________________________________
teilsmäßige Verschiebung des Endenergieverbrauchs hin zum Transportwesen, in der Industrie eine Reduktion des Kohlenanteils auf 10% bei anteilsmäßiger Zunahme von Erdöl und -gas und im Haushalts- bzw. Landwirtschaftsbereich eine drastische Reduktion des Biomasseanteils auf unter 5% bei gleichzeitiger Zunahme der Elektrizitätsund Erdgasanteile. In Entwicklungsländern fällt der Transportanteil auf deutlich unter 20% und während im Industriebereich die Kohle dominiert, nimmt die Biomasse im Haushalts- und Landwirtschaftsbereich mit einem ca. 60%igen Anteil eine überragende Stellung ein, die vor allem zu Lasten des Erdgas- und Elektrizitätsanteils geht.
Haushalt, Landw. 34%
Industrie Industrie 31%
Haushalt, Landw. 34%
31%
Haushalt, Landw. 45%
Industrie 37% Haushalt, Landw. 45%
OECD
Entw.-Länder [0,9 toe/cap.]
[4,6 toe/cap.]
Transport Transport 18% 18%
Transport Transport 35% 35%
Industrie
Industrie 37%
Transport
Haush., Landw.
100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
OECD
Kohle
Erdöl
Entw.-Länder
Erdgas
OECD
Elektrizität
Entw.-Länder
Wärme
OECD
Biomasse
236
Abb. 3-9: Endenergieportfolios in Industrie- und Entwicklungsländern in 2004
236
Zusammengestellt nach IEA (2006), S. 494 u. 512
Entw.-Länder
Andere Erneuerbare
64 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
3.1.3 Nutzenergie und Energiedienstleistung Beim Endkunden werden die Endenergieträger noch einer nachfrageseitigen Umwandlung unterzogen, bevor sie am Ort der gewünschten Energieanwendung als Nutzenergie zum Einsatz kommen. Abhängig von den unterschiedlichen Anwendungen wird zwischen einzelnen Nutzenergiearten unterschieden.237 Je nachdem, ob man ein Industrie-, Schwellen- oder Entwicklungsland betrachtet, fallen die Anteile der einzelnen Nutzenergiearten an der gesamten Energieanwendung und auch die für die Nutzenergiearten verwendeten Energieträger unterschiedlich aus. Da der Schwerpunkt dieser Abhandlung auf Industrieunternehmen in Industrieländern liegt, wollen wir die Zusammensetzung der Nutzenergie und den spezifischen Endenergieeinsatz am Beispiel Österreichs betrachten (siehe Abb. 3-10 und 3-11).
Nutzenergieportfolio (Östereich, 2005) [PJ] 400 350 300
Nutzenergieverluste (435 PJ)
250
Netto-Nutzenergie (670 PJ)
200 150 100 50 0 Raumheizung u. -kühlung
Dampferzeugung
Industrieöfen
Standmotoren
Mobilität
Beleuchtung und EDV
238
Abb. 3-10: Typisches Nutzenergieportfolio für Industrieländer (Bsp. Österreich)
237
Vgl. beispielsweise Wohinz (1989), S. 105 und Lechner (2004), S. B14 ff.
238
Eigene Berechnungen nach Statistik Austria (2006) und BMWA (2003), S. 0-1
Elektrochemische Zwecke
Energiewertschöpfungskette 65 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Endenergieeinsatz (Österreich, 2005) 100% 90% 80% 70%
Elektrische Energie Fernwärme Erneuerbare Natur-, Gicht-, Kokereigas Erdölprodukte Kohle, Torf
60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
Raumheizung u. -kühlung
Dampferzeugung
Industrieöfen
Standmotoren
Mobilität
Beleuchtung und EDV
Elektrochemische Zwecke
239
Abb. 3-11: Für Industrieländer typischer Endenergieeinsatz (Bsp. Österreich)
Mit jeweils über 300 PJ stellen Mobilität und Raumheizung bzw. -kühlung die beiden Energieanwendungen des österreichischen Nutzenergieportfolios mit den höchsten Endenergieeinsätzen dar. Alleine für die Mobilität werden über 60% der Erdölprodukte eingesetzt, wobei zu berücksichtigen ist, dass rund 67% der für Mobilität eingesetzten Endenergie als Verlustenergie verloren gehen. Einen mit rund 93% noch größeren Verlustanteil findet man bei der Umwandlung von Elektrizität in Licht und EDVAnwendungen. Auf die Prozesswärme entfallen rund 20% der Endenergieträger, wobei die Prozesswärme zur Dampferzeugung vor allem aus der Verfeuerung von Erdgas und biogenen Brenn- und Treibstoffen gewonnen wird. Danach folgen mit einem beinahe 15%igen Anteil am Endenergieverbrauch bereits die Standmotoren, auf die ca. 50% der eingesetzten Elektrizität entfallen. Erneuerbare Energieträger haben insgesamt einen Anteil von rund 12% am Endenergieeinsatz und werden vor allem für die Erzeugung von Prozess- und Raumwärme eingesetzt. Als biogene Treibstoffe finden sie eine derzeit noch geringfügige Anwen239
Zusammengestellt nach Statistik Austria (2006)
66 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
dung im Verkehrsbereich. Typisch für das Nutzenergieportfolio eines Industrielands ist der äußerst geringe Kohleanteil am gesamten Endenergieeinsatz.
Technikeinsatz
EDL gew. IK min
Gewünschtes Energiedienstleistungsniveau minimal erforderliche Kosten Schnittpunkt IK min und EDL gew. TOpt, EOpt Optimaler Technologie- und Energieeinsatz Erzielung der gewünschten EDL zu höheren Kosten mit nicht optimalem Technologie- und Energieeinsatz IK 1 mit dieser Isokostengerade ist EDL gew. nicht möglich IK 2 unnötig hohe Kosten für EDL gew. EDL 1, EDL 2 weitere EDL-Niveaus
IK 2
IK min
IK 1
TOpt
EDL 2 EDL 1 EDL gew.
EOpt
Energieeinsatz
240
Abb. 3-12: Kostenminimale Erstellung von Energiedienstleistungen
Eine besondere Bedeutung vor allem in Hinblick auf die Realisierung von Energieeinsparpotenzialen kommt dem Energiedienstleistungskonzept241 zu. Da es den Konsumenten letztendlich um die resultierenden Nutzeffekte in Form von Energiedienstleistungen geht, sind End- und Nutzenergie als Zwischenprodukt zu betrachten und die Energiewertschöpfungskette ist um den Begriff der Energiedienstleistung zu erweitern.242 Beispielsweise ist man in einer Schmiede weder an der in der Esse erzeugten Wärme noch an der Bewegung des Schmiedehammers an sich als Output interessiert, sondern an dem aus dem Zusammenspiel von Wärme und mechanischer Energie entstehenden, geschmiedeten eisernen Werkstück. Diese Energiedienstleistung besteht demnach aus einem Faktorenbündel, das sowohl aus Energie aber auch aus technischen Systemelementen zusammengesetzt ist. In Anlehnung an die Produktionstheorie kann die Energiedienstleistung damit als Output von mehreren Inputfaktoren verstanden werden, die untereinander eine gewisse 240
Vgl. Herppich (1993), S. 31
241
Vgl. Posch (1996), Teil II / S. 5 ff.
242
Vgl. Hennicke (1991), S. 5 f.
Energieteilmärkte 67 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Substituierbarkeit aufweisen (siehe Abb. 3-12). Dabei ergibt sich die Energiedienstleistung als konvexe Isoquante, die aus in unterschiedlichem Verhältnis zusammengesetzten Faktorenbündeln resultiert. Das bedeutet, dass dieselbe Energiedienstleistung entweder aus hohem Energieeinsatz, gepaart mit geringem Technologieeinsatz oder aber aus geringerem Energieeinsatz gepaart mit höherem Technikeinsatz gewonnen werden kann. Die Konvexität der Isoquante ergibt sich aus der vorliegenden abnehmenden Rate der technischen Substitution.243 Führt man zusätzlich die mithilfe der Kostenfunktion aufstellbaren Isokostengeraden ein, lässt sich jene Faktorenbündelkombination eruieren, die eine gewünschte Energiedienstleistung zu Minimalkosten ermöglicht. In der Grafik ist dieser Kostenminimierungspunkt dadurch gekennzeichnet, dass die Steigung der Isoquante im Berührungspunkt der Steigung der Isokostengerade entspricht.244 Derzeit erfolgt die Erstellung der Energiedienstleistung – unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – zumeist mit einem zu hohen Energieeinsatz und zu geringem Technikeinsatz (E. U. v. Weizsäcker und A. B. Lovins sprechen von einem Faktor Vier, um den der derzeit aufgebrachte Energieeinsatz in vielen Fällen zu hoch ist)245. Das bedeutet, dass ein enormes wirtschaftliches Energieeinsparpotenzial bei Aufrechterhaltung des Energiedienstleistungsniveaus besteht und dabei auf den derzeitigen Komfort nicht verzichtet werden muss. Für Energieversorgungsunternehmen wiederum bedeutet dies, dass es Sinn macht, nicht nur die Endenergie oder Nutzenergie anzubieten, sondern wirtschaftlich optimale Systemlösungen zu offerieren, solange die damit verbundenen langfristigen Grenzkosten geringer sind als die für die Steigerung der Energieerzeugung. Dies erfordert allerdings auch eine neue Ausrichtung der Marketingansätze.246 3.2 Energieteilmärkte Die Segmentierung der Energiemärkte erfolgt üblicherweise entlang der einzelnen Energieträger, da deren Eigenschaften einen starken Einfluss auf Marktstrukturen und Preisbildungsmechanismen haben. Dies bedeutet keineswegs ein indifferentes Existieren dieser Märkte nebeneinander – vielmehr bestehen umfangreiche gegenseitige Abhängigkeiten, die beispielsweise in der Preisgestaltung ihren Niederschlag finden. Im Folgenden sollen vor allem jene Aspekte betrachtet werden, die aus Sicht des betrieblichen Energiemanagements von Industrieunternehmen eine wesentliche Rolle spielen.
243
Vgl. Varian (1999), S. 302
244
Vgl. Varian (1999), S. 325 ff.
245
Vgl. Weizsäcker (1995), S. 15 ff.
246
Vgl. Seifried (1994), S. 21 ff.
68 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Dies sind vornehmlich Fragen der Verfügbarkeit, der angebotsseitigen Industriestrukturen und der Preisfindung. 3.2.1 Erdölmarkt Der Erdölmarkt hat sich im Lauf des 20. Jahrhunderts zu einem globalen CommodityMarkt entwickelt, der die regionale Entkopplung von Produktionsmengen und Verbrauchsmengen möglich macht. Gleichzeitig hat sich Erdöl als eine der Grundlagen für die Wirtschaftsentwicklung in Hinblick auf seine Verfügbarkeit als wesentlicher politischer Faktor des letzten Jahrhunderts erwiesen. 3.2.1.1
Angebot und Nachfrage
Die global vorhandenen Erdölreserven konzentrieren sich unter Einbeziehung unkonventioneller Reserven mit einem Anteil von ca. 50% auf den Mittleren Osten, bereits mit deutlichem Abstand gefolgt von Nordamerika mit rund 16%. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Nordamerika diese zweite Position nur aufgrund überdurchschnittlich großer unkonventioneller Erdölvorkommen (hier sind vor allem die Ölsande von Kanada zu nennen)247 einnimmt und bei ausschließlicher Berücksichtigung der deutlich günstiger zu fördernden konventionellen Erdölreserven nur an vorletzter Stelle vor Europa landen würde, während der Mittlere Osten mit über 60% eine noch stärkere Vormachtstellung aufwiese (siehe Abb. 3-13). Diese Konzentration wird durch die im Jahr 1960 als Gegenpol zur Dominanz der sog. „Seven Sisters“ gegründeten OPEC248 sogar noch deutlich verschärft. Denn diese über den Mittleren Osten hinausgehende kartellähnliche Vereinigung von 11 Nationen (Stand Dezember 2006) mit wesentlichen Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügt über mehr als 75% der konventionellen Erdölreserven.249 Die Vormachtstellung der OPEC-Länder relativiert sich bei Betrachtung der gegenwärtigen Fördermengen ein wenig (von der im Jahre 2006 erfolgten Förderung von 3.914 Mtoe entfallen nur etwas mehr als 40% auf die OPEC-Länder)250, da die nationalen langfristigen Interessen eine weniger intensive aber dafür länger andauernde Förderung bedingen als dies bei den im Rahmen zeitlich beschränkter Lizenzen auf kurzfristige Gewinnoptimierung bedachten internationalen Ölfirmen der Fall ist.
247
Vgl. Campbell (2003), S. 90 ff.
248
Vgl. Yergin (2003), S. 503 u. 520 ff.; Die sog. „Seven Sisters“ bezeichnen die damaligen führenden angelsächsischen Erdölunternehmen Jersey (Exxon), Socony-Vacuum (Mobil), Standard of California (Chevron), Texaco, Gulf, Royal Dutch/Shell und British Petroleum.
249
Vgl. BGR (2007a), S. 9 u. 40
250
Zahlen entnommen aus BP (2007)
Energieteilmärkte 69 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Regionale Erdölreserven [EJ] Europa GUS Afrika Mittlerer Osten Austral-Asien Nordamerika Lateinamerika 0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
Konventionell
3.000
3.500
4.000
4.500
Unkonventionell
Erdölproduktion vs. -verbrauch 100%
80%
60%
40%
20%
0% Produktion Lateinamerika
Nordamerika
Verbrauch Austral-Asien
Mittlerer Osten
Abb. 3-13: Erdöl: Reserven und Förderung vs. Verbrauch in 2006
251
Eigene Berechnung nach BGR (2007a), S. 9 f.
251
Afrika
GUS
Europa
5.000
70 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Allerdings ist dieser Anteil noch immer ausreichend, um eine kartellähnliche Preisgestaltungsmacht auszuüben, wobei vor allem Saudi Arabien mit seinen Reserveproduktionskapazitäten die Rolle eines Ausgleichsproduzenten zukommt. Darüber hinaus gehen die meisten Prognosen aufgrund des baldigen Erreichens des Fördermaximums der nicht aus OPEC-Ländern kommenden Produktion in naher Zukunft von einem deutlichen Anstieg des OPEC-Anteils an der jährlichen Ölproduktion aus.252 Eine besondere politische Tragweite erfährt der Rohstoff Erdöl vor allem dadurch, dass sich diese Ressource, die derzeit global das energetische Rückgrat der Industrie darstellt, darin auszeichnet, dass Vorkommen und Verbrauch regional nicht zusammenfallen. Die drei größten Verbraucherregionen Nordamerika, Europa und AustralAsien sind von der Überschussproduktion im Mittleren Osten, in den GUS-Staaten, in Afrika und Lateinamerika abhängig (siehe Abb. 3-13). Nur in Lateinamerika haben umfangreiche Erdölvorkommen aufgrund des geringeren Vorkommens anderer fossiler Primärenergieträger auch zu einem mit ca. 60% überdurchschnittlich hohen Anteil von Erdöl am Primärenergieträgermix geführt.253 Während die Importabhängigkeit in Europa und Asien aufgrund geringerer Ressourcenvorkommen seit jeher besteht und in den meisten Staaten dieser Regionen zu gesteigerter Energieeffizienz geführt hat, ist die Rolle des Nettoimporteurs für Nordamerika erst aus der zunehmenden Erschöpfung der Ölfelder entstanden – dies ist sicher auch einer der wesentlichen Gründe, dass sich vor allem die USA trotz dieser Nettoimporteur-Rolle durch einen verhältnismäßig hohen Erdölverbrauch pro Kopf auszeichnet. Obgleich der globale Commodity-Markt für Erdöl die Existenz dieses regionalen Ungleichgewichts von Produktion und Verbrauch ermöglicht, resultieren daraus politische Spannungen in Hinblick auf die zukünftige Energieversorgungssicherheit der Nettoimporteure. Nachfrageseitig zerfällt das Produktangebot in einzelne Produktklassen von Bitumen, Petrolkoks und Heizöl über Treibstoffe (z.B. Kerosin, Diesel, Benzin) bis hin zu den Flüssiggasen.254 Die Hauptanwendungen liegen in der Funktion als Treibstoff (Benzin, Diesel, Kerosin, …) und Brennstoff (Heizöl schwer, Heizöl leicht, …), woraus saisonale Nachfrageschwankungen resultieren. Diese stehen in Zusammenhang mit dem gesteigerten Autoreiseverkehr der Sommermonate in USA, Europa und Japan und der Heizsaison der nördlichen Hemisphäre. Mit dem Beginn der 80er Jahre begann allerdings weltweit ein bis heute anhaltender, deutlicher Rückgang der Verwendung von Erdöl als Brennstoff.255 Im Transportsektor hat sich Benzin bis heute als dominierender Treibstoff in den USA behaupten können, während sich in Europa der 252
Vgl. Bahorich (2006), S. 32
253
Eigene Berechnungen aus BP (2007)
254
Vgl. CSFB (2002), S. 23
255
Vgl. BP (2007), Datenblatt: Oil: Regional consumption - by product group
Energieteilmärkte 71 _______________________________________________________________________________________________________________________________
größte Dieselmarkt der Welt entwickelt und Benzin als Treibstoff zurückgedrängt hat.256 Aufgrund der sich bisher abzeichnenden Kopplung der Nachfragesteigerung nach Erdöl mit dem Wachstum des Bruttosozialprodukts257 ist zu erwarten, dass die steigende Nachfrage nach Erdöl in den nächsten Jahren vor allem von den sog. BRICs (Brasilien, Russland, Indien und China)258 als herausragende Wachstumsmärkte vorangetrieben wird. Während allerdings Russland und Brasilien (vor allem seit den Explorationserfolgen im Tupi Offshore-Ölfeld mit einem angenommenen Erdölvorkommen von 5.000 – 8.000 Mio. bbl als möglicher zukünftiger OPEC Teilnehmer gehandelt)259 mit umfangreichen Ölressourcen ausgestattet sind, die eine Rolle als Nettoexporteure erlauben, geht die IEA im Jahr 2007 in ihrem Referenzszenario für China und Indien von einem Nettoimport der beiden Länder von beinahe 20 Mio. bbl/d im Jahr 2030 aus.260 Alleine diese beiden Länder haben einen Anteil von mehr als 40% am erwarteten globalen Erdölverbrauchswachstum bis 2030.261 3.2.1.2
Struktur und Preisgestaltung
Die Struktur der Erdölindustrie orientiert sich entlang der Wertschöpfungskette des Erdölgeschäfts. Diese untergliedert sich in die drei Bereiche Upstream, Midstream und Downstream:262 f Upstream: Der Upstream-Bereich umfasst die Exploration und die Produktion von Kohlenwasserstoffen. Nach dem Erwerb von Explorationslizenzen werden seismische Untersuchungen durchgeführt und auf Basis der Auswertungen Explorationsbohrungen vorgenommen. Wenn diese Bohrungen fündig werden, erfolgt mithilfe von sog. Appraisal-Bohrungen die wirtschaftliche Bewertung der Lagerstätte, die darüber entscheidet, ob eine Feldesentwicklung mit anschließender Produktion vorgenommen wird. Die Einstellung der Produktion erfolgt, wenn die mit zunehmender Förderdauer steigenden Förderkosten pro produziertem Barrel Erdöl zu unwirtschaftlichen Ergebnissen führen. Insgesamt zeichnet sich der Upstream-Bereich durch relativ hohe Renditen gepaart mit hohem Risiko und durch hohe Vorabinvestitionen aus,
256
Vgl. Citigroup (2007), S. 26 und eigene Berechnungen aus BP (2007)
257
Vgl. Citigroup (2007), S. 27
258
Siehe dazu Wilson (2003)
259
Siehe Wheatley (2007), S. 2
260
Vgl. IEA (2007), S. 125
261
Vgl. IEA (2007), S. 118
262
Vgl. Citigroup (2007), S. 4
72 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
da die Zeitspanne von der Exploration bis hin zur ersten Produktion und den damit verbundenen Einnahmen kaum unter 5 Jahren anzusetzen ist. f Midstream: Der Transport von der Förderstätte zur Raffinerie erfolgt im Midstream-Bereich anhand von Tankwagen, Pipelines oder großen Tankerschiffen. Rund ein Drittel der weltweiten Tankerflottenkapazität ist im Besitz der großen integrierten Erdölunternehmen wobei die größten dieser hoch spezialisierten Schiffe bis über 500.000 toe befördern können.263 f Downstream: Der Downstream-Bereich reicht von den Raffinerien bis hin zum Endkundengeschäft und umfasst somit auch das Tankstellengeschäft. In den Raffinerien werden aus dem Rohöl durch fraktionierte Destillation, Cracken, Reformieren und andere Umwandlungs- und Reinigungsprozesse die in den Verkauf gelangenden Endprodukte (Benzin, Diesel, Kerosin, Schmierstoffe, …) gewonnen.264 Einen großen Einfluss auf die Rentabilität der Raffinerien haben neben den Rohölpreisen die Kapazitätsauslastung und die in Zusammenhang mit der Komplexität der Raffinerie stehende anteilsmäßige Zusammensetzung der Endprodukte, der sog. Yield. Tendenziell von Vorteil ist ein hoher Anteil an leichten und mittleren Destillaten.265 Die Erdölunternehmen lassen sich vor allem nach Größe, Abdeckung der Wertschöpfungskette und danach, ob sie Staatsunternehmen oder nicht sind, unterscheiden.266 Während die Staatsunternehmen (zumeist als NOCs bezeichnet) üblicherweise die Erdölressourcen im Auftrag eines Staates verwalten und sich erst in den letzten Jahren vermehrt an der internationalen Exploration und Erdölförderung beteiligen, sind die anderen Ölfirmen (zumeist als IOCs bezeichnet) darauf angewiesen, Lizenzen zur Exploration und Förderung in jenen Ländern zu erwerben, wo die Ressourcen vorhanden sind. Bezüglich des Fördervolumens stellen die größeren NOCs die größten integrierten IOCs eindeutig in den Schatten. Im Jahr 2000 wurden 48% der weltweiten Erdölproduktion von nur 13 Erdölunternehmen erbracht, wobei Exxon Mobil und Shell als die größten IOCs nur an 7. bzw. 8. Stelle lagen und insgesamt nur 4 IOCs in dieser Aufzählung vorkommen.267 Das mit Abstand größte der 13 Unternehmen ist dabei Saudi Aramco, das als NOC von Saudi-Arabien ca. 10% der globalen Erdölproduktion beisteuert. Bei den IOCs finden sich sowohl über die gesamte Wertschöpfungskette integrierte Unternehmen als auch Spezialisten auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen. 263
Vgl. Citigroup (2007), S. 54
264
Vgl. Davis (2006), S. 34 ff.
265
Vgl. CSFB (2002), S. 44 ff.
266
Vgl. Stabell (2006), S. 93 ff.
267
Vgl. Davis (2006), S. 198
Energieteilmärkte 73 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Neben den eigentlichen Erdölunternehmen spielen auch Service-Unternehmen im Upstream-Bereich eine große Rolle, da sich die Erdölunternehmen mehr und mehr auf die Projektabwicklung konzentrieren und die einzelnen Belange an spezialisierte Subkontraktoren vergeben.268 Das vermehrte Outsourcing von technischen Aufgaben resultiert vor allem auch aus dem von Hoch- und Tiefpreisphasen geprägten zyklischen Erdölgeschäft, da sich die Erdölunternehmen durch dieses Geschäftsmodell eine erhöhte Flexibilität verschaffen. Ein wesentlicher Nachteil dieses Geschäftsmodells besteht in der zunehmenden Abhängigkeit der Erdölunternehmen vom technischen Wissen der Service-Unternehmen. Der Rohölpreis wird durch Angebot und Nachfrage auf weltweiter Ebene festgelegt. Neben physischen Faktoren wie beispielsweise Produktions- und Verarbeitungskapazitäten, Lagerbeständen oder der Witterung spielen auch politische Randbedingungen und – vor allem in Hinblick auf den Papiermarkt – psychologisch-spekulative Faktoren bei der Preisfestsetzung eine bedeutende Rolle.269 Ein Großteil des Ölhandels wird über die beiden Börsen „New York Mercantile Exchange“ (NYMEX) und „International Petroleum Exchange“ (IPE) in London abgewickelt, die beide sowohl das physische Spotgeschäft für die unmittelbare Lieferung als auch den Papiermarkt mit Futures- und Optionsverträgen abdecken.270 Als Referenzöle zur Verfolgung der globalen Ölpreisentwicklung kommen vornehmlich WTI-Rohöl für den amerikanischen Raum und Brent-Rohöl für den europäisch-asiatischen Raum zur Anwendung. Abweichende Ölqualitäten werden abhängig von den API-Dichtegraden und dem Schwefelgehalt durch Auf- oder Abschläge bepreist.271 Zwischenzeitlich hat sich der Rohölpreis, der im Laufe des 20. Jahrhunderts von vor allem durch politische Ereignisse ausgelösten zyklischen Hoch- und Tiefpreisphasen272 geprägt war, für einen beträchtlichen Zeitraum bereits jenseits der magischen Grenze von 100 USD per bbl bewegt. Während ein Teil dieses hohen Preises sicherlich aus spekulativen Aspekten resultiert, so gehen viele Analysten davon aus, dass ein nachhaltiger Verfall des Preises unter 50 USD per bbl aufgrund der physisch bedingten Produktionskosten auch mittel- bis langfristig kaum zu erwarten sei.273 Bei dem für die Endprodukte (Benzin, Diesel, Heizöl, …) von den Endkonsumenten zu bezahlenden Preis ist noch zu berücksichtigen, dass aufgrund einer global äußerst inhomogenen Besteuerung dieser Produkte von Nation zu Nation deutliche Unterschiede auftreten. Vor allem die USA zeichnen
268
Vgl. CSFB (2002), S. 67 ff.
269
Vgl. Bergschneider (2001), S. 34
270
Vgl. Citigroup (2007), S. 17 f.
271
Vgl. CSFB (2002), S. 12 f.
272
Vgl. Smil (2005), S. 151
273
Vgl. Hecking (2007), S. 25
74 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
sich durch eine vergleichsweise geringe Besteuerung im Vergleich zu Europa und anderen Regionen aus, wo Steuersätze bis zu 85% anzutreffen sind.274 3.2.2 Erdgasmarkt Ausgehend von einem nur einprozentigen Anteil am weltweiten Primärenergieportfolio in 1945 spielt Erdgas mit einem Anteil von über 20% mittlerweile neben Erdöl und Kohle eine wesentliche Rolle in der Energieversorgung.275 Aufgrund der im Vergleich zu Erdöl und Kohle deutlich höheren Transportkosten haben sich allerdings voneinander relativ unabhängige großregionale Märkte entwickelt. 3.2.2.1
Angebot und Nachfrage
Wie beim Erdöl ist die Verteilung der Erdgasreserven äußerst heterogen. Auf nur drei Länder – Russland, Iran und Katar – entfallen mehr als 55% der weltweiten Erdgasreserven.276 Im Gegensatz zum Erdöl hat sich bisher allerdings kein kartellähnlicher Zusammenschluss der größten Erdgasförder- und -exportländer entwickelt und zeichnet sich derzeit aufgrund sehr heterogener Interessen auch für die nahe Zukunft nicht ab.277 Nordamerika verfügt zwar über eine beachtliche absolut erzielbare Fördermenge, aufgrund der bereits intensiv erfolgten Förderung sind jedoch nur mehr vergleichsweise geringe konventionelle Reserven vorhanden (siehe Abb. 3-14). Allerdings hat Nordamerika einen beachtlichen Vorrat an mittlerweile bereits erschlossenem und in Förderung befindlichem Erdgas aus dichten Speichern.278 Bei der Förderung liegt Russland mit ca. 660.000 Mio. m3 an der Spitze, gefolgt von den USA mit ca. 520.000 Mio. m3 in 2006.279 Insgesamt wurden 2006 mit rund 840.000 Mio. m3 nur etwas weniger als 25% der globalen Erdgasförderung grenzüberschreitend gehandelt, wobei Russland die höchste Exportquote aufweist, die derzeit vor allem auf den europäischen Gasmarkt abzielt. Knapp ein Viertel des grenzüberschreitend gehandelten Erdgases entfällt auf verflüssigtes Erdgas (LNG).280 Generell geht man davon aus, dass der Anteil von LNG am gesamten Erdgashandel über die kommenden Jahre merklich zunehmen und damit auch zu einer fortschreitenden Globalisierung der Erdgasmärkte führen wird.281 274
Vgl. CSFB (2002), S. 48 f.
275
Vgl. Schollnberger (2006), S. 18
276
Vgl. IEA (2006), S. 114
277
Vgl. Oldag (2007), S. 19
278
Vgl. Stevens (2009)
279
Vgl. BGR (2007a), S. 55 u. 57
280
Vgl. WEC (2007), S. 151 ff.
281
Vgl. Kessler (2005), S. 8 ff.
Energieteilmärkte 75 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Regionale Erdgasreserven [EJ] Europa GUS Afrika Mittlerer Osten Austral-Asien Nordamerika Lateinamerika 0
500
1.000
1.500
Konventionell
2.000
2.500
3.000
Unkonventionell
Erdgasproduktion vs. -verbrauch 100%
80%
60%
40%
20%
0% Produktion Lateinamerika
Nordamerika
Verbrauch Austral-Asien
Mittlerer Osten
Abb. 3-14: Erdgas: Reserven und Förderung vs. Verbrauch in 2006
282
Eigene Berechnung nach BGR (2007a), S. 9 f.
282
Afrika
GUS
Europa
76 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Weltweit kann zu Beginn des 21. Jahrhunderts von vier großregionalen Gasmärkten gesprochen werden.283 Dies ist einerseits der europäische Gasmarkt, der durch langfristige Verträge geprägt ist und dem seit der Existenz des sog. Interconnectors auch das vormals als separater Markt zu behandelnde UK zugerechnet werden kann.284 Neben der innereuropäischen Förderung vor allem in UK, den Niederlanden und Norwegen erfolgt die Versorgung vornehmlich aus Russland und Nordafrika. Der zweite, größte Markt ist Nordamerika, der als der am weitesten entwickelte Gasmarkt betrachtet werden kann und sich dadurch auszeichnet, das ca. 80% des gehandelten Volumens auf Monatsbasis beruht.285 Der dritte großregionale Gasmarkt ist der asiatische Gasmarkt. Dieser ist durch große Entfernung zwischen Hauptverbrauchern (z.B. Japan) und Lieferländern (z.B. Australien, Indonesien, Golfstaaten) geprägt, woraus ein schwerpunktmäßiger LNG-Handel resultiert.286 Hinzu kommt noch der sich entwickelnde südamerikanische Markt. Eine besondere Rolle bei der Entwicklung der Nachfrage nach Erdgas spielte im ausgehenden 20. Jahrhundert der Kraftwerkssektor, der 2006 bereits für beinahe 40% des weltweiten Erdgasverbrauchs verantwortlich ist und voraussichtlich auch einen wesentlichen Anteil an der zukünftig zu erwartenden Erdgasverbrauchszunahme haben wird.287 3.2.2.2
Struktur und Preisgestaltung
Die Erdgasindustrie ist in derselben Form wie die Erdölindustrie entlang der Wertschöpfungskette in die Bereiche Up-, Mid- und Downstream unterteilt: f Upstream: Im Upstream-Bereich ist eine Trennung zwischen dem Erdölgeschäft und dem Gasgeschäft kaum vorzunehmen, da Lagerstätten häufig sowohl Erdöl als auch Erdgas beinhalten, nicht separiert werden können und vor allem der Explorationsprozess einerseits derselbe ist und andererseits eine endgültige Spezifizierung des Lagerstätteninhalts erst mit der Explorationsbohrung vorgenommen werden kann. Dementsprechend fördern im Upstream-Bereich tätige Unternehmen üblicherweise sowohl Erdgas als auch Erdöl. Eine gezielte Hinwendung zum Erdgas ist die Ausnahme, wobei hier insbesondere die russische Gazprom, die über die weltweit größten Erdgasreserven verfügt und einen ca. 20-prozentigen Anteil an der weltweiten Erdgasjahresproduktion hat288, und – in deutlich kleinerem Maßstab, aber dennoch 283
Vgl. BGR (2007a), S. 18
284
Vgl. Bergschneider (2001), s. 76 ff.
285
Vgl. Citigroup (2007), S. 30
286
Vgl. Labys (1988), S. 52 f.
287
Vgl. IEA (2006), S. 113
288
Vgl. Malone (2006), S. 1 f.
Energieteilmärkte 77 _______________________________________________________________________________________________________________________________
sehr erfolgreich global tätig – das Unternehmen British Gas zu nennen sind, dessen Reserven von rund 2.200 Mio. boe zu über 75% aus Erdgas bestehen289. f Midstream: Der Transport von Erdgas erfolgt derzeit vornehmlich über Pipelines und in zunehmendem Maß wird auch Erdgas verflüssigt, als LNG mit Spezialschiffen transportiert und im Zielhafen in speziellen Terminals wieder regasifiziert. Eine andere Variante, die sog. GTL-Methode, bei der unter Anwendung des Fischer-Tropsch Verfahrens vergleichsweise einfach zu transportierende und direkt zu verwendende synthetische Treibstoffe (z.B. Diesel) erzeugt werden, steht noch am Anfang.290 Nach wie vor bestehende technische Unsicherheiten bei Anwendung im großen Maßstab und hohe Energieund Kostenintensität hemmen derzeit noch den raschen Ausbau der GTLKapazitäten.291 f Downstream: Der Downstream-Bereich umfasst die Speicherung, die im größeren Maßstab in ausgeförderten Lagerstätten, Aquiferen oder Salzkavernen erfolgt, sowie Verteilung und Vertrieb an die Erdgasendkunden. Dieser Bereich wird in den meisten Fällen von regionalen und städtischen EVUs abgedeckt, die allerdings im Falle der Verstromung des Erdgases auch selbst ein bedeutender Endabnehmer von Erdgas sind. Die Leitungsgebundenheit von Erdgas im Downstream-Bereich hat ursprünglich zur Etablierung von Versorgungsmonopolen, die durch relativ inflexible, langfristige Abnahmeverträge gekennzeichnet waren, geführt. Eine Vorreiterrolle in der Liberalisierung der Gasmärkte haben sowohl die USA, deren Gasmarkt zwischenzeitlich größtenteils als Spotmarkt funktioniert, als auch Großbritannien, das seit 1997 über die erste europäische Gasbörse verfügt, eingenommen.292 Mit der Schaffung eines Binnenmarktes hat sich auch die EU dieses Themas angenommen und in zwei Richtlinien 1998 und 2003 die Grundregeln für die Gestaltung der nationalen Gasmärkte in den EUMitgliedstaaten festgelegt.293 Die wesentliche Zielsetzung dieser Richtlinien ist die Schaffung eines marktorientierten Wettbewerbs im EU-Gasbinnenmarkt, wobei dem transparenten und nicht diskriminierenden Netzzugang auch unter dem Umstand, dass es sich beim Betrieb des
289
Vgl. PFC Energy (2006), S. 9
290
Vgl. Citigroup (2007), S. 70
291
Vgl. Benayoun (2005), S. 7
292
Vgl. dazu im Detail Bergschneider (2001), S. 67 - 80
293
Siehe KOM (1998) und KOM (2003)
78 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Netzes um ein natürliches Monopol handelt, eine wesentliche Rolle zukommt.294 Als wesentliche Instrumente kommen dabei zur Anwendung:295 f Eindeutig geregelter Netzzugang für Dritte auf Basis veröffentlichter und von einer Regulierungsinstanz festgelegter Tarifierung sowie regulierter oder verhandelter Gasspeicherzugang, f Entflechtung integrierter Gasversorgungsunternehmen, um den Netzbetrieb als natürliches Monopol in wirtschaftlicher Hinsicht von den wettbewerbsfähigen Bereichen Trading und Vertrieb zu trennen und Kostentransparenz sicherzustellen296, f Einsetzung nationaler Regulierungsinstanzen mit Mindestbefugnissen zur Gestaltung und Überwachung des Gasmarktes, f Einrichtung einer geeigneten Systemadministration zur Sicherstellung des technisch einwandfreien Netzbetriebs auf Transport- und Verteilungsebene, f Eindeutige Festlegung der Gründe, die es dem Netzbetreiber erlauben, den Netzzugang zu verwehren (Neben technischen Gründen ist hier vor allem auch der Aspekt der nicht zumutbaren wirtschaftlichen Schädigung des Unternehmens aufgrund bereits bestehender Take-or-Pay-Vereinbarungen anzuführen)297. Entsprechend des Fahrplans der 2. Erdgasbinnenmarktrichtlinie (100-prozentige Marktöffnung für Industriekunden ohne Abnahmeuntergrenzen bis Juli 2004 und für alle Kunden bis Juli 2007) bedeutet dies für Unternehmen die Möglichkeit der freien Lieferantenwahl mit der Aussicht auf geringere Erdgaspreise bei gleichzeitigem Anstieg des Versorgungs- und Preisrisikos, was den Einsatz geeigneter Risikoinstrumentarien bedingt.298 Allerdings hinkt die praktische Umsetzung der erwünschten Marktöffnung in einem Großteil der EU-Länder den theoretischen Zielsetzungen zur Schaffung eines EU-weiten Energiebinnenmarktes bereits seit Beginn der Öffnung hinterher, wie die EU-Kommission 2005 in einer Mitteilung an den Rat und das europäische Parlament feststellt.299 Als größtes Manko wird die fehlende transnationale Integration der nationalen Erdgasmärkte festgehalten. Zusätzlich wird ein nach wie vor zu hoher Konzentrationsgrad in den einzelnen Gasmärkten festgestellt und werden die im Erd294
Vgl. Schanda (2003), S. 133 f.
295
Vgl. IEA (2000), S. 75 ff.
296
Vgl. Posch (2005), S. 1
297
Vgl. Schanda (2003), S. 190 ff.
298
Eine prägnante Übersicht über geeignete Risikoinstrumente bietet beispielsweise Fusaro (1998), S. 9 - 35.
299
Siehe KOM (2005)
Energieteilmärkte 79 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gasmarkt zu gering vorhandene Liquidität und mangelnde Transportkapazitäten bemängelt. Für die Erdgaskunden wird konstatiert, dass ein Versorgerwechsel in vielen Fällen an einer mangelnden Anzahl von Anbietern scheitert, was sich auch in – mit Ausnahme von UK – nach wie vor recht geringen Wechselraten ausdrückt. Die bereits im Abschnitt 3.2.2.1 beschriebene Aufteilung des Gasmarktes in 4 großregionale Teilmärkte bringt auch unterschiedliche Preisentwicklungen in diesen Teilmärkten mit sich. Generell kann dabei eine Anlehnung des Gaspreises an den Erdölpreis, das vor allem im Wärmemarkt als Heizöl das Hauptkonkurrenzprodukt darstellt, konstatiert werden.300 Besonders ausgeprägt ist diese Verknüpfung im nach wie vor von Langfristverträgen geprägten europäischen Teilmarkt, wo Gaspreisformeln üblicherweise Ölpreisindizierungen enthalten, die zu einer zeitlich verzögerten Anpassung der Gaspreisentwicklung an die Ölpreisentwicklung führt. Aufgrund der im Vergleich zu Europa deutlich stärker ausgeprägten Spotmarktorientierung im US-amerikanischen Gasmarkt findet sich dort eine stärker an laufendem Angebot und Nachfrage orientierte Preisgestaltung, die vornehmlich auf anerkannten Spotmarktnotierungen mit dem sog. Henry Hub als Benchmark basiert.301 Die Erdgaspreise in Europa weisen im Industriekundenbereich vor allem für große und sehr große Abnehmer mit einem Verbrauch jenseits von 10 Mio. m3/Jahr eine deutliche Konvergenz über alle Mitgliedstaaten hinweg auf. Im Jahr 2005 bewegte sich das Preisband für diese Kunden in einer geringen Spannbreite zwischen EUR 13 – 20 /MWh.302 Sowohl im Wholesale- als auch im Retail-Bereich haben sich die europäischen Erdgaspreise nach einem kräftigen Preisanstieg im Jahr 2000 vorläufig eingeschwungen und zeigen erst seit 2004 wieder eine deutliche Zunahme.303 In Österreich beispielsweise sind die Industriegaspreise für Unternehmen mit großer Bezugsmenge (> 100 GWh pro Jahr) von 2004 bis 2007 um mehr als 60% gestiegen.304 3.2.3 Kohlemarkt Mit weltweiten Hartkohle- und Weichbraunkohlereserven von 727 Gt SKE, einem vielfachen an Ressourcen und jährlicher Förderung von knapp unter 5 Gt SKE im Jahr 2006 stellt sich für Kohle im Gegensatz zu Erdöl und Erdgas nicht die Frage der ausreichenden Verfügbarkeit.305 Dafür rückt die Frage der Beherrschung der Schadstoff300
Vgl. Labys (1988), S. 56 f.
301
Vgl. Bergschneider (2001), S. 68
302
Vgl. KOM (2005a), S. 63
303
Vgl. dazu BP (2007), Gaspreistabelle (European Union cif) und KOM (2005a), S. 58 - 62
304
Siehe e-Control (2007a), S. 103
305
Vgl. BGR (2007a), S. 20 f.; Hartkohle umfasst Anthrazit, Steinkohle und Hartbraunkohle mit einem Energieinhalt > 16.500 kJ/kg.
80 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
reduktion beim Einsatz dieses fossilen Brennstoffs, dessen weltweiter Handel seit dem 2. Ölpreisschock im Jahr 1979 drastisch zugenommen hat306, in den Mittelpunkt. 3.2.3.1
Angebot und Nachfrage
Wenngleich 85% der weltweiten Kohlereserven auf nur 6 Länder verteilt sind (in abnehmender Reihenfolge USA, Russland, China, Australien, Indien und Südafrika), so kann aufgrund der abbauwürdigen Verfügbarkeit von Kohle in über 70 Ländern von einer relativ breiten globalen Reservenverteilung gesprochen werden.307 Mehr als 85% dieser Reserven entfallen auf Hartkohle (siehe Abb. 3-15). Für diese existiert im Gegensatz zur Weichbraunkohle, deren geringer Energieinhalt aus wirtschaftlicher Perspektive keine langen Transporte zulässt, ein globaler Markt. Der resultierende Seehandel zerfällt aufgrund hoher Frachtkosten in den atlantischen und den pazifischen Handelsmarkt.308 Allerdings wird auch die Hartkohle nur zu ca. 15% international gehandelt – die restlichen Mengen werden direkt in den Förderländern verbraucht.309 In China wird nicht nur die weltweit mit Abstand größte Menge an Hartkohle produziert, sondern auch verbraucht – sowohl bei Förderung als auch beim Verbrauch liegt der Weltanteil Chinas bei über 40% (in beiden Fällen gefolgt von der USA mit knapp unter 20% Weltanteil). Dieser aggressive Kohleabbau führt dazu, dass sich China mit einer Förderung von jährlich ca. 2% seiner vorhandenen Reserven vom zweitgrößten Kohleexporteur in 2001 noch vor 2010 zum Nettoimporteur entwickeln wird, was aufgrund der involvierten Mengen starken Einfluss auf den Welthandel haben dürfte.310 Das höchste Fördervolumen und damit implizit auch der höchste Verbrauch von Weichbraunkohle entfallen auf Deutschland.311 Den mit über 25% größten Anteil am Kohlewelthandel hat Australien, dass rund dreiviertel seiner Produktion exportiert. Der Großteil davon verbleibt im asiatischen Raum, wobei vor allem Japan als weltweit größter Kohleimporteur beinahe 50% der australischen Exportkohle abnimmt.312
306
Vgl. Labys (1988), S. 58
307
Vgl. WEC (2007), S. 1 f.
308
Vgl. WCI (2005), S 14
309
Vgl. Bergschneider (2001), S. 86
310
Vgl. Zittel (2007), S 6 u. 27 ff. und BGR (2007), S. 22
311
Vgl. BGR (2007a), S. 79 f.
312
Vgl. WCI (2005), S. 15
Energieteilmärkte 81 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Regionale Kohlereserven [EJ] Europa GUS Afrika Mittlerer Osten Austral-Asien Nordamerika Lateinamerika 0
1.000
2.000
3.000
4.000 Steinkohle
5.000
6.000
7.000
8.000
Braunkohle
Steinkohleproduktion vs. -verbrauch 100%
80%
60%
40%
20%
0% Produktion Lateinamerika
Nordamerika
Verbrauch Austral-Asien
Mittlerer Osten
Abb. 3-15: Kohle: Reserven und Förderung vs. Verbrauch in 2006
313
Eigene Berechnung nach BGR (2007a), S. 9 f.
313
Afrika
GUS
Europa
9.000
82 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Haupteinsatzgebiete der Kohle sind derzeit zu 73% die Stromerzeugung, zu 15% die Stahlerzeugung und zu 12% die Wärmeerzeugung sowohl in Industriebetrieben (z.B. in der Zementindustrie) als auch im Haushaltsbereich.314 Je nach Einsatzgebiet wird zwischen der Kesselkohle (Verstromung und Wärmeerzeugung) und der vor allem für die Stahlerzeugung verwendeten Kokskohle unterschieden. Weichbraunkohle wird aufgrund des hohen Wassergehalts und des geringen Brennwerts im Rahmen von Langfristverträgen fast ausschließlich der grubennahen Verstromung zugeführt.315
Wholesale-Preisentwicklung fossiler Primärenergieträger 100 90 80
[USD/boe]
70 60
Steinkohle: Northwest Europe Marker Price (2008 USD) Erdgas: European Union cif (2008 USD) Erdöl: Brent (2008 USD)
50 40 30 20 10 0 1998
1999
2000
2001
2002 Steinkohle
2003
2004
Erdgas
2005
2006
2007
2008
Erdöl
316
Abb. 3-16: Brennwertbezogener Wholesale-Preisvergleich von Erdöl, Erdgas und Steinkohle
Einerseits hat der Einsatz von Kohle neben der relativ gesicherten Verfügbarkeit vor allem durch die Preisentwicklung von Erdöl und Erdgas im Vergleich zu Kohle (siehe Abb. 3-16) einen starken Auftrieb erhalten (bei einem pro Energieeinheit doppelt so hohen Erdöl- wie Kesselkohlepreis rentiert sich üblicherweise die Substituierung von Erdöl durch Kohle)317. Andererseits steigen im Rahmen der Debatte über den anthropogenen Beitrag zur Erderwärmung die Bedenken über die mit der Verwertung von 314
Vgl. BGR (2007a), S. 29
315
Vgl. Schiffer (1999), S. 87 f.
316
Eigene Berechnung nach BP (2009), Erdöl-, Erdgas- und Hartkohlepreistabellen
317
Vgl. Labys (1988), S. 58 u. 61
Energieteilmärkte 83 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Kohle als Brennstoff einhergehende Schadstoffbelastung. Die erzielbare Begrenzung oder sogar Vermeidung dieser Schadstoffbelastung beruht auf der Entwicklung neuer Kraftwerkstechnologien318, die den Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken auf über 50% (ohne thermische Nutzung) anheben und gleichzeitig auch den Schadstoffanfall pro erzeugter Kilowattstunde reduzieren. Zusätzlich sind weltweit Pilotprojekte mit Projektbeginn innerhalb der kommenden 5 Jahre geplant, die die Verpressung des von Kohlekraftwerken abgeschiedenen CO2 in geologische Formationen zum Inhalt haben. Laufende Projekte zu derartiger Speicherung von CO2 beziehen sich vorerst nur auf CO2-Abscheidungen von Erdgas (z.B. das Sleipner Projekt in der norwegischen Nordsee, das In Salah Projekt in Algerien) oder im Rahmen der Herstellung von Synthesegas aus Kohle (z.B. das Weyburn Projekt in Nordamerika).319 Bei einer Aufrechterhaltung der derzeitigen Preisdifferenz zwischen Erdgas und Kohle können Kohlekraftwerke auf Basis dieser neuen Technologien in Hinblick auf die Stromgestehungskosten auch dann mithalten, wenn die Kosten für die CO2-Abscheidung berücksichtigt werden.320 Über die Wirtschaftlichkeit weitergehender Verpressung des CO2 in geologische Formationen wird schließlich der einer angefallenen Tonne CO2 zugrunde gelegte Preis in Form von Steuern oder anderen Lenkungsinstrumenten entscheiden.321 3.2.3.2
Struktur und Preisgestaltung
Die Kohleindustrie weist starke Konzentrationstendenzen auf. Rund ein Drittel der für den Export bestimmten Förderung und beinahe 50% der gegenwärtigen Erweiterungsprojekte werden von vier großen Konzernen – der sog. RBXA-Gruppe (Rio Tinto, BHP Billiton, XStrata/Glencore und Anglo American) abgedeckt.322 Betrachtet man jedoch die gesamte, auch den Verbrauch in den Förderländern abdeckende Produktion, stellt man eine Dominanz von staatlich gelenkten Firmen fest (z.B. China, Indien, Polen), auf die 55% der Gesamtproduktion entfallen – der Anteil der acht größten privatwirtschaftlichen Firmen an dieser Gesamtproduktion beträgt lediglich ca. 15%. Allerdings haben die steigenden Preise für Hartkohle in letzter Zeit auch vermehrt zum Einstieg kleinerer Unternehmen in den Kohleabbau geführt.323 Während sich die Preisgestaltung der Weichbraunkohle beinahe ausschließlich aus dem Abschluss von langfristigen Verträgen und unter Einbeziehung sozial- und wirtschaftspolitischer Interessen ergibt, existiert für Hartkohle ein Weltmarkt mit Preisen, 318
Vgl. Williams (2000), S. 280 ff.
319
Vgl. IEA (2007a), S. 20 ff.
320
Vgl. Williams (2000), S. 292
321
Vgl. Enkvist (2007), S. 38
322
Vgl. BGR (2007), S. 27
323
Vgl. BGR (2007a), S. 20
84 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
die durch Angebot und Nachfrage zustande kommen. Als Marktteilnehmer treten neben den Produzenten, den Endabnehmern und alteingesessenen Handelshäusern in letzter Zeit vermehrt auch Energiehändler auf. Trotz beginnender Swap-Geschäfte zeichnet sich der Preis für Hartkohle derzeit aber noch durch eine äußerst geringe Volatilität aus.324 Der für den Endverbraucher maßgebliche Preis setzt sich aus den beiden größten Posten Förder- und Seefrachtkosten sowie den Zöllen, Hafengebühren und Überlandtransportkosten zusammen. Damit spielt die Entfernung zu den Förderstätten eine relativ große Rolle. Im Jahr 2005 haben sich die Endabnehmerpreise in Europa für Kesselkohle zwischen 35 – 60 USD/t und für Kokskohle zwischen 44 – 94 USD/t bewegt.325 3.2.4 Elektrizitätsmarkt Etwas mehr als ein Jahrhundert nach der ersten kommerziellen Erzeugung von Elektrizität durch Edisons Electric Light Company zur Beleuchtung der Straßen von New Yorks Finanzdistrikt mit 1300 Glühbirnen im Jahre 1882326 entfällt rund ein Fünftel der in industrialisierten Ländern verbrauchten Endenergie auf diesen sekundären Energieträger. Haupteinsatzgebiet sind elektrische Motoren, Beleuchtung und informationstechnische Anwendungen. Zusätzliche Belebung hat der Elektrizitätsmarkt mit Ende des 20. Jahrhunderts durch die Liberalisierung der Strommärkte vieler Industrienationen – vor allem auch der Teilnehmer am EU-Binnenmarkt – erfahren, was einerseits zu massiven strukturellen Änderungen der betroffenen EVUs geführt und andererseits den Endkunden neue Optionen eröffnet hat. 3.2.4.1
Angebot und Nachfrage
Neben den Raffinerien im Erdölmarkt sind Kraftwerke zur Erzeugung des elektrischen Stroms der zweite große Umwandlungssektor zur Erstellung von Sekundärenergieträgern. Im Unterschied zu diesen wird hier aber nicht ein Primärenergieträger in mehrere nachfragegerechte Produkte aufgespaltet sondern verschiedene Primärenergieträger mithilfe unterschiedlicher Technologien in einen Sekundärenergieträger – die Elektrizität – umgewandelt. Die Weiterverteilung zu den Endkunden erfolgt ausschließlich über Stromleitungen. Diese Leitungsgebundenheit der Elektrizität führt zu regionalen Märkten mit unterschiedlichen Strukturen und auch unterschiedlichen Preisgefügen, die – abgesehen von variierenden Besteuerungen – aus gebietsabhängigen Netzkosten und unterschiedlichen Zusammensetzungen des Erzeugungsportfolios resultieren. 324
Vgl. Bergschneider (2001), S. 86
325
Siehe BGR (2007), S. 31
326
Vgl. Smil (1994), S. 169 f.
Energieteilmärkte 85 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Wachstumsraten der globalen Primärenergieaufbringung und Elektrizitätserzeugung CAGR [%]
10 Primärenergieaufbringung 1950: ~ 2.250 Mtoe 8
Elektrizitätserzeugung 1950: ~ 1.150 TWh (~ 97 Mtoe)
6 4 2 0 50-60
60-70
70-80
80-90
Elektrizität
90-00
00-06 06-15* 15-30*
Primärenergie
*…IEA Referenzszenario 2006
Globales Elektrizitätserzeugungsportfolio 2004 16% 16% 20%
1%
Wind 82 TWh
17.400 TWh Geothermal 56 TWh
7%
Gezeiten u. Wellen 1 TWh
40%
Kohle
Erdöl
Erdgas
Nuklear
Photovoltaik 4 TWh
Wasserkraft
Biomasse
327
Abb. 3-17: Wachstumsraten und Portfolio der globalen Stromerzeugung
327
Eigene Berechnung auf Basis BP (2007), IEA (2006), S.494 f. und Smil (1994), S. 188
86 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Der Anteil der Elektrizität an der global nachgefragten Endenergie hat sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert auf 16% gesteigert und sowohl das Referenz- als auch das Alternativszenario der IEA gehen von einer mittelfristig weiteren Steigerung dieses Anteils auf über 20% aus.328 Die Bedeutung dieses Energieträgers wird noch unterstrichen, wenn man berücksichtigt, dass aufgrund der bei der Umwandlung entstehenden Verluste (je nach eingesetzter Technologie reicht der Bogen von 15% bis zu 70% Umwandlungsverlust) derzeit rund 40% des gesamten Primärenergieaufkommens in die Stromerzeugung fließen. Erwartungsgemäß liegen die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten der global erzeugten Elektrizität auch deutlich über den Wachstumsraten des weltweiten Primärenergieaufkommens. Erst seit 2000 kann eine verstärkte Annäherung der beiden Wachstumsraten festgestellt werden (siehe Abb. 3-17), da in den letzten Jahren wieder eine stärkere Kopplung des Energieverbrauchswachstums an die Steigerung des Bruttosozialprodukts zu verzeichnen ist. Wesentlicher Grund für diese neue vorübergehende Kopplung ist die Entwicklung der BRICs, deren Wirtschaftswachstum derzeit zu einem großen Teil auf rohstoffintensiven Industrien beruht.329 Die im Jahr 2004 weltweit erzeugte Elektrizität von rund 17.400 TWh bei einer installierten Leistung von knapp über 4.000 GW stammt zu über 80% aus fossilen und fissilen Primärenergieträgern, wobei nach wie vor die Kohle dominiert und das Erdöl den mit Abstand geringsten Anteil hat. Erneuerbare Energien haben einen Anteil von unter 20%, wobei nur die Wasserkraft eine wesentliche Rolle spielt. Andere erneuerbare Energieformen haben an der gesamten Elektrizitätserzeugung lediglich einen Anteil von unter 2% – ein Anteil der zwar steigen wird, aber selbst im Alternativszenario der IEA mittelfristig die 10%-Grenze nicht überschreitet. Selbstverständlich sind in den einzelnen Ländern deutliche Abweichungen von diesem Durchschnittswert zu finden. Dies ist entweder bedingt durch die günstige Verfügbarkeit bestimmter Primärenergieträger (z.B. China aufgrund seiner gewaltigen Kohlereserven mit einem beinahe 80%igen Kohleanteil an der Stromerzeugung330, Norwegen und Island aufgrund des enormen Wasserkraftpotenzials mit Wasserkraftanteilen an der Gesamterzeugung von über 80%331) oder durch politische Lenkung (z.B. Frankreich mit einem Atomkraftanteil von über 76% an der gesamten Stromerzeugung332).
328
Vgl. IEA (2006), S. 494 u. 528
329
Shell (2005), S. 190 f.
330
Vgl. IEA (2006), S. 517
331
Vgl. Lako (2003), S. 67
332
Vgl. IEA (2001), S. 103
Energieteilmärkte 87 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Bandbreite Stromgestehungskosten Bandbreite Stromgestehungskosten [ȥ = 8 - 20%][ȥ = 8 - 20%] Photovoltaik Photovoltaik > 2MW [ȥ = 35 Laufwasserkraft - 60%] Laufwasserkraft > 2MW [ȥ = 35 - 60%] Laufwasserkraft < 1MW [ȥ = 20 - 70%] Laufwasserkraft < 1MW [ȥ = 20 - 70%] Windenergie Windenergie [ȥ 20 - 30%] [ȥ 20 - 30%] Biomasse [ȥBiomasse = 25 - 80%] [ȥ = 25 - 80%] Geothermie [ȥ = 45 - 90%] Geothermie [ȥ = 45 - 90%] Steinkohle-DT [Ș = 47%] [Ș = 47%] Steinkohle-DT Steinkohle-IGCC* [Ș > 50%] [Ș > 50%] Steinkohle-IGCC* Erdgas-GuD Erdgas-GuD [Ș = 60] [Ș = 60] Nuklear [Ș = Nuklear 36%] [Ș = 36%]
0
570
10 75
15 80
20 85
90
95
[EUR-ct/kWh] [EUR-ct/kWh]
Bandbreite Investitionskosten Bandbreite Investitionsausgaben Photovoltaik [ȥ = 8 - 20%] [ȥ = 8 - 20%] Photovoltaik Laufwasserkraft > 2MW [ȥ = 35 - 60%][ȥ = 35 - 60%] Laufwasserkraft > 2MW Laufwasserkraft < 1MW [ȥ = 20 - 70%][ȥ = 20 - 70%] Laufwasserkraft < 1MW Windenergie [ȥ Windenergie = 20 - 30%] [ȥ 20 - 30%] Biomasse [ȥ =Biomasse 25 - 80%][ȥ = 25 - 80%] Geothermie [ȥGeothermie = 45 - 90%][ȥ = 45 - 90%]
[Ș = 47%] Steinkohle-DTSteinkohle-DT [Ș = 47%] [Ș > 50%] Steinkohle-IGCC* Steinkohle-IGCC* [Ș > 50%]
Erdgas-GuD [Ș = 60] Erdgas-GuD [Ș = 60%] Nuklear [Ș = 36%] Nuklear [Ș = 36%] 0 500 [EUR/kW]
3500 1000 4000 1500 4500 2000 5000 2500 5500 3000 6000 3500 6500 7000 7500 [EUR/kW]
Lifecycle CO2-Emissionen Lifecycle CO2-Emissionen Photovoltaik Photovoltaik [ȥ = 8 - 20%][ȥ = 8 - 20%] Laufwasserkraft > 2MW [ȥ = 35 - 60%] Laufwasserkraft > 2MW [ȥ = 35 - 60%] Laufwasserkraft < 1MW [ȥ = 20 - 70%] Laufwasserkraft < 1MW [ȥ = 20 - 70%] Windenergie Windenergie [ȥ 20 - 30%] [ȥ 20 - 30%] Biomasse [ȥ Biomasse = 25 - 80%] [ȥ = 25 - 80%] Geothermie [ȥ = 45 - 90%] Geothermie [ȥ = 45 - 90%] Steinkohle-DTSteinkohle-DT [Ș = 47%] [Ș = 47%] Steinkohle-IGCC* [Ș > 50%] Steinkohle-IGCC* [Ș > 50%] Erdgas-GuD [Ș = 60] Erdgas-GuD [Ș = 60] Nuklear [Ș = 36%] Nuklear [Ș = 36%] 0
50
100 450150 500200 550250 600300 650350 700400 750 800 850 900 950
[g CO2/kWh]
[g CO2/kWh]
Zugrundeliegende Parameter f 6.500 Volllaststunden für fossile und nukleare Kraftwerke f Installierte fossile/fissile Nettonennleistungen: Steinkohle: 900 MW; Erdgas: 800 MW; Nuklear: 1.500 MW f Annahmen auf Basis gegenwärtig im Einsatz befindlicher Technologien mit Ausnahme von *(nahe – mittlere Zukunft) f CO2 Emissionen von erneuerbaren Energien: Berücksichtigung erforderlicher Backup-Stromerzeugung f Photovoltaik: CO2 Emissionen für monokristalline Solarzellen
333
Abb. 3-18: Charakteristika gängiger Kraftwerkstechnologien
333
Daten basierend auf Bickel (2005), S. 16-18, Schneider (1998), S. 67 u. 96 f., Turkenburg (2000), S. 266, Goldemberg (2004), S. 50, Marheineke (2000), S. 61
88 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Neben Kriterien wie regionaler Verfügbarkeit und angenommener Preisentwicklung der einzelnen Energieträger treten im Lichte der Erderwärmungsdebatte und der liberalisierten Strommärkte mehr und mehr die Kriterien der minimalen Schadstoffemission und der flexiblen Einsatzplanung kleinerer Module bei der Selektion der geeigneten Kraftwerkstechnologie in den Vordergrund. Einen Überblick über typische Stromgestehungskosten und Investitionsausgaben sowie die spezifischen CO2-Emissionen gängiger Kraftwerkstechnologien bietet Abb. 3-18. Nachfrageseitig wird Elektrizität vor allem für den Betrieb von Standmotoren (in Österreich werden über 60% der Standmotoren als Elektromotoren betrieben), die Beleuchtung und die Informationstechnologie eingesetzt (siehe dazu Abb. 3-11). Hinzu kommen in der Industrie noch Anwendungen im Bereich der Prozesswärme und der Elektrochemie (z.B. das Elektrostahlverfahren, die Aluminiumgewinnung durch Elektrolyse, die Gewinnung von Industriegasen).334 Durch die zunehmende Digitalisierung der elektrischen Anwendungen – getrieben vor allem durch die Mikroprozessortechnologie – ändert sich auch der Qualitätsanspruch an die Elektrizitätsversorgung (In den USA entfallen zu Beginn des 21. Jahrhunderts bereits 10% der Gesamtlast auf derartige digitale Anwendungen – mit stark steigender Tendenz)335. Denn diese digitalen Anwendungen zeichnen sich durch im Vergleich zu den meisten analogen Anwendungen stark gesteigerte Störungsanfälligkeit in Hinblick auf Spannungsschwankungen aus. Trotz des auf den Energieinhalt bezogenen sehr hohen Preises der Elektrizität im Vergleich zu anderen Endenergieträgern (Im Jahr 2000 lag bei Analysen in mehreren OECD-Ländern ein Faktor 3-5 zwischen den industriellen Preisen für Erdgas und Elektrizität)336 ist die Nachfrage nach Elektrizität ungemindert stark steigend, da die qualitativen Vorteile (thermodynamische Qualität, hohe Energiedichte, Homogenität, verzögerungslose Steuerbarkeit, …) diesen Mehrpreis für den Anwender rechtfertigen. Überdies ist bei vielen Anwendungen eine Substituierung durch andere Energieträger gar nicht möglich.337 Aufgrund dieser Sonderstellung der Elektrizität, deren Nutzung eine der Voraussetzungen für eine moderne Wirtschaft ist, wird das Ausmaß der Elektrifizierung eines Landes häufig auch als Indikator für das Vorhandensein eines nachhaltigen Wirtschaftssystems verwendet. Dies gilt in besonderem Maße auch für die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit, da die Elektrifizierung von Haushalten einen wichtigen Beitrag zur Armutsvermeidung und – aufgrund nicht vorhandener Schad-
334
Vgl. Maier (1997), Kap. 5.6.6.1.1 u. 5.6.6.1.2
335
Vgl. Gellings (2004), S. 72 f.
336
Siehe IEA (2002), S. 34
337
Vgl. Erdmann (1995), S. 144 ff.
Energieteilmärkte 89 _______________________________________________________________________________________________________________________________
stoffbelastung am Einsatzort – zur Gesundheit liefert.338 In diesem Zusammenhang ist noch ein weites Betätigungsfeld gegeben, wenn man berücksichtigt, dass im Jahr 2005 weltweit rund 1,5 Mrd. Menschen vor allem in Entwicklungsländern Afrikas und Asiens keinen Zugang zur Versorgung mit Elektrizität gehabt haben.339 3.2.4.1.1
Fossile und fissile Kraftwerke
Im fossilen Kraftwerksbereich zeichnet sich als brennstoffübergreifender Entwicklungstrend die Reduktion der Anlagenkosten gepaart mit einer Steigerung der Wirkungsgrade ab340, wobei bei Kapazitätserweiterungen aus Flexibilitätsgründen auch eine deutliche Tendenz zu Kraftwerksblöcken mit reduzierter installierter Nettoleistung festzustellen ist341. Zusätzlich findet vor allem in Hinblick auf Kohlekraftwerke eine intensivierte Entwicklung von geeigneten Verfahren zur CO2-Abtrennung statt, um auch unter den Rahmenbedingungen aufkommender Emissionsrichtlinien wettbewerbsfähig zu bleiben.342 Einen besonderen Aufwärtstrend hat die Entwicklung der GuD-Anlagen erfahren, die über hohe Wirkungsgrade verfügen und auch bereits im Bereich von wenigen hundert MW installierter Leistung deutliche „Economies of Scale“-Effekte in Hinblick auf die Stromgestehungskosten aufweisen.343 Derzeit vor allem noch auf Erdgas basierend, tritt zunehmend auch die Verwendung von Synthesegas aus der Steinkohlevergasung in sog. IGCC-Anlagen in den Vordergrund. Diese hat einerseits gegenüber den traditionellen Dampfturbinen auf Kohlebasis den Vorteil, dass die CO2-Abtrennung wesentlich kostengünstiger erfolgen kann. Andererseits führt der zunehmende Abstand zwischen den Kohle- und Erdgaspreisen (siehe Abb. 3-16) dazu, dass der Einsatz von Synthesegas aus Kohle trotz des im Vergleich zu Erdgas höheren Aufwands für die CO2-Abtrennung zu vergleichbaren Stromgestehungskosten führt.344 Kernkraftwerke sind aufgrund ihrer hohen Investitionsausgaben und der geringen variablen Stromerzeugungskosten das Paradebeispiel für Grundlastkraftwerke.345 Während sich Kernkraftwerke einerseits durch – auch im Vergleich zum Einsatz von erneuerbaren Energieformen – extrem niedrige Emissionswerte von Schadgasen aus-
338
Vgl. IAEA (2005), S. 29 f.
339
Vgl. IEA (2006), S. 567
340
Vgl. Bickel (2005), S. 16
341
IEA (1999), S. 38 f.
342
Vgl. Deutsche Bank Research (2003), S. 6
343
Vgl. IEA (1999), S. 29 ff.
344
Vgl. Williams (2000), S. 292
345
Vgl. Humer (1989), S. 59
90 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
zeichnen346, besteht andererseits die latente Gefährdung durch mögliche Unfälle mit Austritt radioaktiver Strahlung sowie des Missbrauchs des radioaktiven Materials für terroristische Zwecke und gleichzeitig spricht die Dynamik der liberalisierten Elektrizitätsmärkte gegen die enormen Investitionsausgaben. Dies führte bis vor wenigen Jahren zu einer Stagnation beim Ausbau der Kernkraftwerkskapazität.347 In jüngster Zeit ist allerdings wieder eine stärkere Hinwendung zur Kernkraft festzustellen. Dies beruht auf mehreren Faktoren.348 Da sich durch die Kostenstruktur von Kernkraftwerken die Erhöhung der Kosten für die Primärenergieträger deutlich geringer auf die Erhöhung der Stromgestehungskosten als bei Erdgas und Kohle auswirken (eine Verdopplung der Preise führt bei Kernkraftwerken nur zu einem Anstieg der Stromgestehungskosten um 5-10%, während dies bei Kohle und Erdgas zu Anstiegen von ca. 40% bzw. 70% führt)349, steigt die Wettbewerbsfähigkeit der Kernkraft durch die Preissteigerungen der fossilen und fissilen Brennstoffe über die letzten Jahre. Da derzeit von einer länger anhaltenden Hochpreisperiode ausgegangen wird, sind auch die hohen Investitionsausgaben zu rechtfertigen. Zusätzlich werden die geringen Emissionen von Schadgasen ins Treffen geführt und für viele Länder bedeutet die Kernkraft eine willkommene Möglichkeit zur Diversifizierung der importierten Primärenergieträger, was zu einer Reduktion des Versorgungsrisikos führt. 3.2.4.1.2
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern
Der Anteil der regenerativen Energien an der globalen Stromerzeugung beträgt derzeit rund 18%, wobei 16% auf die Wasserkraft (inkl. großer Speicherkraftwerke, die aufgrund der mit der Wasseraufstauung einhergehenden Umweltbeeinträchtigung häufig nicht zu den förderungswürdigen erneuerbaren Energieformen gerechnet wird)350 entfallen. Die etwas weniger als 2% anderen zur Stromerzeugung beitragenden erneuerbaren Energieformen sind – in abnehmenden Anteilen – Biomasse, Wind, Geothermie, Photovoltaik und die Gezeiten. Das größte Wachstum dieser durchschnittlich etwa 10% pro Jahr wachsenden Energieformen wiesen zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit jeweils rund 30% pro Jahr die Windenergie und die Photovoltaik auf.351 Bis wann und in welchem Umfang diese Energieformen einen größeren Anteil am Erzeugungsportfolio haben werden, hängt – auch unter Berücksichtigung aller ökologischen Vorteile – vor allem von der Erreichung wettbewerbsfähiger Stromgestehungskosten ab. Dementsprechend spielen energiepolitische Lenkungsmaßnahmen, die die Entwicklung der 346
Vgl. Voß (2001), S. 7
347
Vgl. IEA (1998), S. 60 ff.
348
Vgl. WEC (2007), S. 237 ff.
349
Vgl. IEA (1999), S. 35
350
Vgl. UNEP (2000), S. 5
351
Vgl. Goldemberg (2004), S. 49
Energieteilmärkte 91 _______________________________________________________________________________________________________________________________
einzelnen Technologien entlang der Lernkurve352 forcieren, in diesem Zusammenhang eine große Rolle.353 Wasserkraft gilt als ausgereifte Technologie mit – abgesehen von Kleinwasserkrafttechnologien – geringem Verbesserungspotenzial.354 Während in einigen Regionen (Europa, Nordamerika und dem pazifischen OECD-Raum) bereits mehr als 65% des vorhandenen Potenzials genutzt werden, besteht in vielen Entwicklungsländern (vor allem in Afrika und Südostasien) noch großes Wachstumspotenzial. Auch China und Russland verfügen über große ungenutzte Wasserkraftpotenziale.355 Während die ökologische Verträglichkeit der Kleinwasserkraft unbestritten ist, scheiden sich die Geister an der Bewertung großer Staukraftwerke aufgrund der umfangreichen sozialen und ökologischen Auswirkungen dieser Projekte. Zu berücksichtigende Aspekte sind eventuell erforderliche Absiedlungen im Staubereich, der Einfluss auf die Fischpopulation, Sedimentierung, Verschlechterung der Wasserqualität und negative Auswirkungen auf den Flussunterlauf.356 Biomasse ist ein weitgefasster Begriff, der nachwachsende Rohstoffe (Holz, Getreide, …), organische Neben- und Reststoffe (Durchforstungsholz, Stroh, …) und organische Abfallstoffe (Industrie-, Gewerbe- und Haushaltsabfälle, landwirtschaftliche Abfälle, Klärschlämme, Deponien, …) umfasst.357 Die Umwandlung in Energieträger kann auf mehreren Wegen erfolgen.358 Die Umwandlung zu flüssigen Treibstoffen kann durch Methanolerzeugung mit thermochemischer Vergasung oder – besonders erfolgreich mit Zuckerrohr in Brasilien praktiziert359 – durch Ethanolgewinnung über Pressen, Fermentieren und Destillieren erfolgen. Die Erzeugung flüssiger Treibstoffe hat vor allem durch den Ölpreisanstieg und die vermehrt geführte Verknappungsdiskussion einen Auftrieb erfahren. Für die Erzeugung von Elektrizität und Wärme kommen vor allem die Direktverbrennung (Stromproduktion über eine Dampfturbine) und die thermochemische oder biologische Vergasung mit anschließender Stromerzeugung in Gasturbinen zum Einsatz. Die Stromerzeugung (häufig auch mit Wärmeauskopplung) erfolgt derzeit in kommerziellem Maßstab vor allem über Direktverbrennungsanlagen und anschließende Verstromung in Dampfturbinen. Der Einsatz von Wirbelschichtfeuerungen und moderner Gasreinigungstechnologie erlaubt in Großanlagen 352
Vgl. IEA (2000a), S. 21
353
Vgl. Haas (2004)
354
Vgl. Janssen (2002), S. 23
355
Vgl. Turkenburg (2000), S. 251
356
Vgl. Holdren (2000), S. 77 ff.
357
Vgl. Heinloth (2003), S. 339
358
Vgl. Turkenburg (2000), S. 223 f.
359
Vgl. Filho (2004), S. 57 ff.
92 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
zwischen 20 und 100 MW installierter Leistung ohne Wärmeauskopplung elektrische Wirkungsgrade bis zu 40% und wettbewerbsfähige Stromgestehungskosten. In vielen Fällen wird die Biomasse auch in Kombination mit Kohle als Brennstoff eingesetzt. Für die nahe Zukunft vielversprechend erweisen sich die derzeit laufenden Pilotversuche mit GuD-Anlagen mit integrierter Biomassevergasung.360 Neben der zuckerrohrverarbeitenden Industrie sind diese Prozesse vor allem auch für die Papier- und Zellstoffindustrie von großer Bedeutung.361 Das Gesamtenergiepotenzial für Biomasse wird für 2050 unter der Annahme, dass diese erneuerbare Energieform eine politisch erwünschte Alternative darstellt, auf 200 – 400 EJ eingeschätzt.362 Einer der wesentlichen Faktoren für das Erreichen größerer Energiemengen ist die Verfügbarkeit der für den Pflanzenwuchs erforderlichen Bodenfläche.363 Die Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung hat in den letzten Jahren eine enorme Steigerung mit einem jährlichen Wachstum von ca. 30% erfahren, wobei sich in Deutschland und Dänemark (Deutschland ist mit fast 20 GW installierter Leistung weltweit führend und Dänemark weist die höchste installierte Nennleistung pro Einwohner auf) seit 2004 eine Abflachung der Wachstumskurve zeigt. Ende 2005 beläuft sich die weltweit installierte Leistung auf 59 GW, wovon mehr als zwei Drittel auf die EU entfallen.364 Bereits im Jahr 2000 zeichnet sich der Markt für Windenergie durch starke Konzentrationstendenzen aus365: 80% der installierten Windkapazität entfallen weltweit auf 4 Länder (Deutschland, Spanien, USA und Dänemark) und die vier größten Hersteller für Windenergieanlagen beliefern rund zwei Drittel des Weltmarktes. Ein wesentlicher Aspekt für den Siegeszug der Windenergie in diesen Ländern ist eine sowohl für Anlagenbetreiber als auch Investoren gut kalkulierbare, gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung, die an guten Standorten einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen. Weitere Ausbauszenarien beziehen in starkem Maße auch die Nutzung der Küstengewässer für den Bau von Offshore-Windparks mit ein, wobei hier der Einsatz von Windenergieanlagen mit installierten Leistungen bis zu 5 MW zu erwarten ist.366 Generell ist im Zusammenhang mit der Nutzung der Windenergie immer auch der Einfluß dieser nicht kontinuierlich verfügbaren Energiequelle, deren beste Nutzungsmöglichkeit häufig in Regionen ohne starken Netzausbau anzufinden ist, auf die Netzstabilität zu berücksichtigen367, was zu zusätzlichen Kosten für erforderliche Backup360
Vgl. Li (2004)
361
Vgl. Bruce (1999), S. 161 ff.
362
Vgl. Faaij (2007), S. 3
363
Vgl. Hoogwijk (2003), S. 130 ff.
364
Vgl. WEC (2007), S. 480 u. 487 ff.
365
Vgl. Maier (1997), S. 6.5.1.3-1 f.
366
Vgl. Turkenburg (2000), S. 232, WEC (2007), S.480
367
Vgl. Kawy Saleh (2003), Lund (2003)
Energieteilmärkte 93 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Technologien führen kann. In einigen Untersuchungen wird aber festgestellt, dass ein bis zu 20-prozentiger Anteil modern ausgeregelter Windlast an der gesamten Netzlast der Netzstabilität keinen Abbruch tut.368 Geothermie wird sowohl zur Wärme- als auch zur Stromgewinnung eingesetzt.369 Die Wärmegewinnung erfolgt durch direkte Nutzung vorhandener Heißwasser- oder Heißdampfquellen, durch künstliche Tiefbohrungen in heiße Aquifere und über Wärmepumpen. Verwendung findet die so gewonnene Wärmeenergie vornehmlich zur Beheizung von Haushalten oder industriellen bzw. gewerblichen Einrichtungen (Glashäuser, Fischfarmen, …) und zum Betrieb von Thermalbädern. Diese Art der geothermalen Nutzung ist weltweit häufig anzutreffen. Für die wirtschaftliche Erzeugung von Elektrizität durch Dampfturbinen benötigt man Heißwasserdampf ab etwa 140°C. Derartige natürliche Dampflagerstätten findet man vor allem entlang tektonischer Verwerfungen und in Gebieten mit gesteigerter vulkanischer Aktivität. Entsprechende Kraftwerke in größerem Ausmaß finden sich demnach in den USA, in Mexiko, Island, Italien, Indonesien, Neuseeland, auf den Philippinen und in Japan.370 Weltweit sind derzeit rund 8 GW derartiger Stromerzeugungskapazitäten installiert und das Potenzial zur Stromerzeugung aus natürlichen Heißdampfquellen scheint zum überwiegenden Teil ausgenutzt zu sein. 371 Eine eventuelle zukünftige Variante ist das noch im Versuchsstadium befindliche Hot-Dry-Rock-Verfahren (durch heiße Gesteinszonen, die aufgebrochen werden, wird Wasser zur Erhitzung gepresst und anschließend gefördert).372 Die Nutzung der Solarenergie zerfällt in die beiden Bereiche Solarthermie und Stromerzeugung. Die Solarthermie373 wird mithilfe von Sonnenkollektoren, einem geeigneten Wärmespeicher und entsprechender Regeleinrichtungen vorrangig für die Warmwassererzeugung verwendet – Installationen zur gesamten Wohnraumbeheizung befinden sich noch in der Pilotphase. Die Stromerzeugung erfolgt entweder durch Photovoltaik oder mit solarthermischen Kraftwerken374. Bei der zweiten Option werden über die Bündelung der Sonnenstrahlen hohe Temperaturen zwischen 300°C und 1000°C erzeugt und die eigentliche Stromerzeugung erfolgt dann über Dampfturbinen mit derselben Technologie wie bei fossilen Kraftwerken – dies hat den Vorteil einer einfachen Kopplung mit Backup-Technologien auf fossiler Basis. Allerdings befindet 368
Vgl. Janssen (2002), S. 18, WEC (2007), S. 485, Goldemberg (2004), S. 49
369
Vgl. Turkenburg (2000), S. 255 f.
370
Vgl. Smil (2005), S. 292
371
Vgl. Heinloth (2001), S. 355 f.
372
Vgl. Maier (1997), S. 6.10.2.2-1
373
Vgl. Maier (1997), S. 6.6.1.1-1 ff.
374
Vgl. WEC (2007), S. 389 f.
94 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
sich diese Variante noch im Versuchsstadium. Im Gegensatz dazu hat die photovoltaische Stromerzeugung375 in den letzten Jahren Wachstumsraten von rund 30% aufzuweisen – allerdings von geringen Mengen ausgehend und daher ist auch in naher Zukunft nur ein marginaler Beitrag zur gesamten Stromerzeugung zu erwarten. Derzeit sind die Stromgestehungskosten noch auf einem Niveau, das eine rentable Netzeinspeisung nicht zulässt. Interessant ist allerdings der Inselbetrieb, wenn man sich dadurch den Ausbau der Netzinfrastruktur erspart. Der zweite Aspekt, der im Vergleich zu den anderen erneuerbaren Energieformen auffällt, ist die bei einer LifecycleBetrachtung relativ hohe CO2-Emissionsbelastung, die vor allem aus der Herstellung der Solarzellen rührt. Die Nutzung von Gezeiten- und Wellenenergien376 zur Stromerzeugung befindet sich derzeit mit Ausnahme von Gezeitenkraftwerken noch im Versuchsstadium. Für die Nützung des Tidenhubs wurde bereits in den 60er Jahren eine 240 MW-Anlage in Frankreich installiert – weitere Kraftwerksprojekte dieser Größenart sind aber aufgrund mangelnder Rentabilität ausgeblieben. Die Elektrizitätserzeugung aus Wellenenergie befindet sich noch gänzlich im Versuchsstadium. 3.2.4.1.3
Dezentrale Stromerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung
Traditionellerweise fußt die Elektrizitätsversorgung auf großen, zentralen Kraftwerksblöcken im 1000 MW Bereich oder sogar noch deutlich darüber.377 Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung war, dass relevante economies of scale bei den zum Einsatz kommenden Umwandlungstechnologien erst in dieser Größenordnung zum Tragen kamen. Mit der Entwicklung neuer Technologien und der zunehmenden Anforderung an den flexiblen Einsatz von Kraftwerken, die geänderte Lastverläufe modulartig in besserer Annäherung abbilden können, bietet sich mehr und mehr auch die Option der sog. dezentralen Stromerzeugung durch Kleinkraftwerke als Alternative an. Eine eindeutige Definition von dezentraler Stromerzeugung lässt sich derzeit nicht ausmachen.378 Aus der Vielzahl von Erklärungsansätzen können aber folgende übereinstimmende Charakteristika herauskristallisiert werden379: Flexibilität des Einsatzes, keine Notwendigkeit komplexer Fahrplanoptimierung wie bei Großkraftwerken und typischerweise Anbindung an das Niederspannungsnetz direkt am Ort des Stromverbrauchs oder zumindest in der Nähe des Verbrauchs.
375
Vgl. Turkenburg (2000), S. 236 ff.
376
Vgl. Turkenburg (2000), S. 258 ff.
377
Vgl. Swisher (2002), S. 10 f.
378
Siehe beispielsweise CPUC (1998), DPCA (1999), EPRI (1997)
379
Vgl. Wohlgemuth (2001), S. 199
Energieteilmärkte 95 _______________________________________________________________________________________________________________________________ 380
Tab. 3-4: Charakteristika ausgewählter fossiler, dezentraler Stromerzeugungstechnologien
Kenngrößen
Brennstoffzelle
Diesel Motor
Gasmotor
Mikrogasturbine
Kleine Gasturbine
Stirling Motor
Leistungsbereich [kW]
50 - 1.000+
20 - 10.000+
50 - 5.000+
30 - 200
1.000+
0,03 - 200
Investition ohne Wärmeauskopplung [EUR/kW]
1.900 - 3.500
350 - 500
600 - 1.000
600 - 1.100
650 - 900
1.000 - 1.500
Zusätzliche Investition für Wärmeauskopplung [EUR/kW]
inkludiert
n. a.
75 - 150
75 - 350
100 - 200
k. A.
Stromerzeugungskosten [EUR-ct/kWh]
11,1 - 14,4
12,5 - 16,1
5,7 - 9,2
6,8 - 9,0
5,6 - 10
k. A.
n. a. ...nicht anwendbar k. A. ...keine Angabe
Neben Kraftwerkstechnologien auf Basis erneuerbarer Energieformen (Photovoltaik, Biomasse in Zusammenhang mit Wärmeauskopplung und – aufgrund der zumeist vorgenommenen Aggregation in Windfarmen eher als Sonderfall dezentraler Erzeugung betrachtet381 – Wind) kommt eine Reihe fossiler Umwandlungstechnologien zum Einsatz.382 Dazu zählen neben den bereits etablierten Diesel- oder Gasmotoren, Gasturbinen und Stirling-Motoren auch Mikroturbinen und Brennstoffzellen. Einen Überblick über die Kennzahlen dieser Umwandlungstechnologien gibt Tab. 3-4. Bei aller Euphorie über die Möglichkeiten dieser Technologien – in den Jahren 1996 bis 2000 hat das in moderne Kleinaggregate zur dezentralen Stromerzeugung investierte Venture Kapital in den USA um das achtfache zugenommen383 – und die Zukunft der auf dezentraler Erzeugung basierten Elektrizitätsversorgung dürfen auch einige Hürden nicht übersehen werden. Trotz fortgeschrittener Technologien sind die economies of scale in den meisten Fällen noch nicht in gleichem Umfang lukrierbar wie bei großen Kraftwerkseinheiten.384 Bei der Anbindung vieler Eigenerzeugungsanlagen an das Verteilnetz muß die Rückwirkung auf die Spannungsqualität des Netzes berücksichtigt werden und – aus Sicherheitsgründen – ist auch die mögliche Bildung von Inselnetzen zu be-
380
Siehe Wohlgemuth (2001), S. 232
381
Vgl. IEA (2002), S. 19 f.
382
Vgl. Turner (2005), S. 171 f.
383
Siehe The Economist (2000)
384
Vgl. Lee (2003), S. 22
96 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
rücksichtigen.385 Überdies ist sowohl bei Mikroturbinen als vor allem auch bei Brennstoffzellen noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten.386 Aus Industriesicht hat vor allem die KWK-Anwendung dezentraler Erzeugung mit der Auskopplung von Wärme oder Dampf eine große Bedeutung.387 Zu Beginn der Liberalisierungswelle hat der KWK-Markt aufgrund der vorübergehend deutlich reduzierten Strompreise für Industrieunternehmen eher stagniert.388 Mit dem erneuten Anstieg der Strompreise gewann die KWK-Option wieder an ökonomischer Attraktivität und der KWK-Markt verzeichnet wieder Wachstum.389 Ein wesentlicher Aspekt für die Wirtschaftlichkeit einer solchen Anwendung ist der möglichst kontinuierliche und zeitgleich anfallende Bedarf an Wärme oder Dampf und Elektrizität.390 Typische Beispiele finden sich demnach in der Papier und Zellstoffindustrie, in der Nahrungsmittelindustrie, in Spitälern, Hotels, etc.391 Im Fall von größeren Gebäudekomplexen kann die Wärmeauskopplung auch noch um eine Kälteauskopplung zur Abdeckung der Kühllast ergänzt werden, was dann als Trigeneration392 bezeichnet wird. 3.2.4.2
Struktur liberalisierter Elektrizitätsmärkte
In noch stärkerem Ausmaß als Erdgas zeichnet sich die Elektrizität durch ihre Leitungsgebundenheit aus, da alternative, transkontinentale Transportmöglichkeiten, wie es beim Erdgas durch Verflüssigung möglich ist, nicht vorhanden sind. Überdies führt die nur sehr eingegrenzt vorhandene Speicherfähigkeit elektrischer Energie zu hohen Anforderungen an das Lastmanagement des Leitungsnetzes, weil einer Entnahme der elektrischen Energie an den Knotenpunkten des Netzes eine zeitgleiche Einspeisung entsprechen muss.393 Dies hat die Bildung von regionalen Strommärkten zur Folge gehabt, die nach dem zweiten Weltkrieg von den meisten Industriestaaten als Monopolmärkte mit staatlicher Preisregulierung strukturiert wurden. Dementsprechend variieren auch die Industriestrukturen der einzelnen Länder und reichen von der Ausgestaltung marktbeherrschender Unternehmen (beispielsweise die EDF in Frankreich) bis
385
Vgl. Beck (2001), S. 24 ff.
386
Vgl. Bohn (2001), Neubert (2006), Wilk (2006)
387
Vgl. Witte (1988), S. 442 f.
388
Vgl. Adam (2001)
389
Vgl. Sensfuß (2005), S. 131
390
Vgl. Voß (2001a), S. 62
391
Vgl. Maier (1997), Kap. 4.2.1.6 und Bruce (1999), S. 175 ff.
392
Vgl. Hernández-Santoyo (2003)
393
Vgl. IEA (2001a), S. 17 - 20
Energieteilmärkte 97 _______________________________________________________________________________________________________________________________
hin zur Zersplitterung in viele kleine kommunale Stromversorger, wie es in besonderem Maße in der Schweiz anzutreffen ist.394
Akteure des österreichischen Bilanzgruppenmodells Bilanzgruppenkoordinator Messwertaggregate
Abgerufene Ausgleichsenergie, angefallene Regelenergie Liste mit Anbietern für Ausgleichsenergie
Re Ang gel efa zon llen eni eA nte rne usg leic Fah hse rplä ner ne gie
Netzbetreiber
Netznutzungsvertrag, Netzrechnung
Kunde
Messwertaggregate Ein z Me elme ssw ssw erta erte , ggr ega te
Regelzonenführer Regelzonenüberschreitende Fahrpläne
Bilanzgruppenverantwortlicher Internes Verhältnis
Lieferant
ag, rvertr ieliefe Energ rechnung ie Energ
395
Abb. 3-19: Beispielhaftes Zusammenspiel von Akteuren in einem liberalisierten Strommarkt
Anfang der 90er Jahre entstanden in Europa Bestrebungen, die Markteffizienz durch die Schaffung von Wettbewerbsmechanismen für den Elektrizitätsmarkt zu erhöhen. Eine Vorreiterrolle spielten dabei England und Wales, wo mit dem Electricity Act von 1989 der Wettbewerb auf Erzeuger- und Handelsebene eingeleitet wurde.396 Ausgehend vom Gedanken des Binnenmarktes wurde dieser in England und Wales eingeleitete Trend von der EU mit dem Ziel der Elektrizitätskostensenkung für die Endverbraucher aufgegriffen397 und führte letztendlich zur Verabschiedung der 1. Elektri-
394
Vgl. IEA (1999a), S. 25 f.
395
Vgl. e-Control (2005), S. 22
396
Vgl. Eßer (1990)
397
Vgl. Posch (1996), Teil I
98 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
zitätsbinnenmarktrichtlinie in 1996398, die später durch die derzeit gültige 2. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie im Jahr 2003399 ersetzt wurde. Im Kern ermöglicht die Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts die freie Wahl des Stromlieferanten durch den Endverbraucher, wobei Transport und Verteilung als natürliches Monopol aufrechterhalten bleiben, während Erzeugung, Handel und Vertrieb nach Wettbewerbsregeln organisiert werden. Um einen derart funktionierenden Wettbewerbsmarkt zu ermöglichen, wird der diskriminierungsfreie Zugang zum Transportund Verteilnetz für alle Stromanbieter sichergestellt, Wettbewerbsverzerrungen durch Quersubventionierung zwischen Netzbereich und Wettbewerbsbereichen mithilfe der gesellschaftsrechtlichen Entflechtung der Elektrizitätsunternehmen verhindert und der Netzbetrieb entsprechend der Anforderungen zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität geregelt.400 Das Zusammenspiel der Akteure in liberalisierten Strommärkten wird durch nationale Marktregeln festgelegt, die von einer Regulierungsinstanz überwacht werden (siehe Abb. 3-19). Ein typisches Merkmal der liberalisierten Märkte ist die größere Anzahl an Produkten, die dem Endabnehmer zur Optimierung des Stromeinkaufs zur Verfügung stehen.401 Neben die Vollversorgung und die für Stromkunden mit Eigenerzeugungsanlagen erforderlichen Reservelieferungsverträge treten einerseits maßgeschneiderte Lieferverträge mit EVUs und andererseits Spot- und Termingeschäfte. Der Einsatz maßgeschneiderter Lieferverträge erfordert die Ausgestaltung eines Portfoliomanagements, das auf dem zu erwartenden Lastprofil des Stromkunden aufgebaut ist. Als wesentliche Möglichkeiten stehen Bandlieferungen, die sich durch eine über die Vertragslaufzeit konstante Leistung auszeichnen, zur Abdeckung der Grundlast, Programmlieferungen mit genau vorgegebenem Lastverlauf zur Abdeckung des gut prognostizierbaren Anteils des Lastprofils und die Zusatzversorgungsverträge zur Abdeckung auftretender Lastspitzen zur Verfügung. Diese Zusatzversorgungsverträge zur Begrenzung des mit Band- und Programmlieferungen einhergehenden Mengenrisikos sind allerdings eine relativ teure Variante. Eine Alternative stellt die Abdeckung der Lastspitzen im Rahmen von Spotgeschäften (Kontrakte für einen nahen Zeitraum, die üblicherweise eine physische Lieferung beinhalten) dar. Diese Verträge können entweder über die Strombörse oder aber auch bilateral (üblicherweise als „Over the counter (OTC)“ bezeichnet) abgeschlossen werden. Aufgrund der mit der Liberalisierung von Strommärkten üblicherweise einhergehenden hohen Volatilität der Strompreise ist der Bezug über den Spotmarkt mit einem relativ hohen Preisrisiko behaftet. Die als Hedging be398
Vgl. KOM (1996)
399
Vgl. KOM (2003a)
400
Vgl. Dubash (2003)
401
Vgl. Zander (2000), S. 46 - 61
Energieteilmärkte 99 _______________________________________________________________________________________________________________________________
zeichnete Absicherung dieses Preisrisikos erfordert den gezielten Einsatz von Instrumenten des Risikomanagements im Rahmen von Termingeschäften (siehe Abb. 3-20).
Spotmarkt:
Terminmarkt:
Vertragsabschluß und –erfüllung fallen zeitlich fast zusammen
Organisierte Börse
OTCGeschäft
Vertragsabschluß und Erfüllung liegen mindestens eine Woche auseinander
Bedingte Termingeschäfte: Käufer hat Ausübungsrecht, Verkäufer zur Erfüllung verpflichtet
Unbedingte Termingeschäfte: Käufer und Verkäufer zur Erfüllung verpflichtet
Optionen, Caps, Floors, …
Forwards, Futures, Swaps, …
Organisierte Börse (i. d. R. nur Optionen)
OTC-Geschäft (alle Geschäfte)
Organisierte Börse (i. d. R. nur Futures)
OTC-Gschäft (Forwards, Swaps)
402
Abb. 3-20: Spot- und Termingeschäfte im liberalisierten Strommarkt
Auch diese Termingeschäfte können über die Börse oder aber bilateral getätigt werden. Bilaterale Geschäfte zeichnen sich durch die im Gegensatz zu den standardisierten Börseprodukten bestehende Möglichkeit der Maßschneiderung der Verträge aus, haben aber den Nachteil, das ein Adressenausfallsrisiko besteht. Die im Stromhandel zum Einsatz kommenden Termingeschäfte werden als Derivate klassifiziert, da sich der Wert (d. h. der Preis) vom Preis eines Basisprodukts ableitet und damit von der Preisentwicklung dieses Basisprodukts abhängig ist. Generell ist dabei natürlich zu beachten, dass jegliche Absicherung immer auch mit Absicherungskosten verbunden ist, die im Rahmen der Optimierung des Gesamtportfolios zu berücksichtigen sind. Zusätzlich zu den Produktvarianten der Stromlieferung und den damit verbundenen Finanzprodukten hat sich in Zusammenhang mit der Liberalisierung auch ein Energiedienstleistungsmarkt entwickelt.403 Dieser Markt gliedert sich in zwei Produktklassen. Einerseits sind es Dienstleistungsangebote rund um die Optimierung des Energieeinkaufs und des Energieportfolios, da die Strombeschaffung im liberalisierten Markt mit hohem Aufwand verbunden ist, wenn man daraus Vorteile lukrieren möchte. Diese Leistungen werden von Händlern, Brokern oder Portfoliomanagern angeboten. In 402
Angelehnt an Zander (2000), S. 51
403
Vgl. Vine (2005)
100 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
manchen Fällen handelt es sich dabei um Profit Center energieintensiver Unternehmen, die ihre Kompetenz im Bereich der Energiebeschaffung zum Aufbau eines zusätzlichen Geschäftsfeldes nutzen (beispielsweise die Energiemanagement-Kompetenzzentren von Degussa404 und der Deutschen Bahn405, die jeweils als Tochterunternehmen ausgegliedert sind). Die andere Produktklasse umfasst die Optimierung des Energieeinsatzes. Hauptaugenmerk dieser Dienstleistungsangebote, die von Engineering-Firmen, Energieagenturen und EVUs angeboten werden, ist die Reduktion des Energieverbrauchs und teilweise auch die Abdeckung besonderer Anforderungen bezüglich der Versorgungsqualität. Der Ansatz vieler EVUs, diese Dienstleistungen im Rahmen von Bündelangeboten zusammen mit der Energielieferung zu vermarkten und daraus eine bessere Kundenbindung auch ohne merkliche Energiepreisreduktionen zu erzielen, hat sich letztlich als Trugschluss erwiesen.406 Denn vor allem die Industriekunden betrachten die Energielieferung einerseits und die Dienstleistung rund um den optimalen Energieeinsatz andererseits als separate Produkte, wobei insbesondere bei der Energielieferung der Preis das dominierende Einkaufskriterium darstellt.407 Zusätzlich besteht bei EVUs vor allem in Hinblick auf Energieeinsparungen ein Interessenskonflikt mit dem Kerngeschäft des Stromverkaufs.408 Grob gesprochen setzt sich der Strompreis in liberalisierten Märkten aus den drei Komponenten Energiepreis, Netzpreis sowie Steuern und Abgaben zusammen, wobei nur der Energiepreis dem freien Wettbewerb unterliegt. Sowohl der Netzpreis als auch Steuern und Abgaben sind gebietsabhängig und demnach nur durch die Standortwahl bei einer Betriebsansiedlung nicht aber durch die Auswahl eines spezifischen Energielieferanten zu beeinflussen. Dies bedeutet für Kleinkunden auf der untersten Spannungsebene des Verteilnetzes, dass der durch Lieferantenwechsel beeinflussbare Energiepreis dort in wenigen Fällen mehr als ein Drittel des gesamten Preises ausmacht.409 Anders sieht dies bei Industriekunden aus, die den elektrischen Strom üblicherweise direkt aus höheren Spannungsebenen beziehen und damit durch die teilweise Vermeidung von Verteilnetzebenen einen geringeren Netzpreisanteil aufweisen (Der Stromtransport – üblicherweise Spannungsebenen von 110 kV und mehr – verursacht in EULändern ohne Berücksichtigung der Steuern und Abgaben nur zwischen 5 – 10% der auf Transport, Verteilung und Erzeugung entfallenden Versorgungskosten)410. Damit 404
Siehe dazu: (abgerufen am 28. 01. 2008, 18:20)
405
Siehe Pischon (2003)
406
Vgl. Schünemann (2004)
407
Vgl. Kalny (1997), S. 9 f.
408
Vgl. Posch (2006a)
409
Vgl. Bundeswettbewerbsbehörde (2005), S. 68
410
Vgl. IEA (2002a), S. 49 f.
Energieteilmärkte 101 _______________________________________________________________________________________________________________________________
ist der durch einen geänderten Energiepreis erzielbare Preisgesamteffekt durchaus attraktiv. Bei Industriebetrieben, die neben der Arbeits- auch über eine separate Leistungsmessung verfügen, ist zu beachten, dass sich dieser Energiepreis aus dem Leistungs- und dem Arbeitspreis zusammensetzt. Eine Beeinflussung ist daher sowohl durch geringeren Stromverbrauch als auch durch Reduktion der Lastspitzen mit geeignetem Lastmanagement möglich. Über die letzten Jahre haben die Strompreise sowohl für Kleinkunden als auch für Industriekunden kontinuierlich zugenommen und bewegen sich in den EU-Ländern zu Beginn von 2007 für Kleinkunden zwischen 8 – 17 Euro ct/kWh (3.500 kWh/Jahr, inkl. Netzkosten und ohne Steuern) und für Industriekunden zwischen 4 – 9 Euro ct/kWh (24 GWh/Jahr, 4 MW, inkl. Netzkosten und ohne Steuern und Abgaben).411 Welche Rolle die richtige Ausgestaltung der Marktregeln und das daraus resultierende Zusammenspiel der Marktakteure hat, wird klar, wenn man sich das Negativbeispiel des kalifornischen Liberalisierungsversuchs vor Augen hält. Dieser hat in den Jahren 2000 und 2001 unter ökonomischen Gesichtspunkten zur weltweit schwerwiegendsten Krise des Elektrizitätssektors geführt und die Liberalisierungstendenzen in den USA nachhaltig verzögert.412 Die Kosten dieser Krise, die sich in Form von mehreren großflächigen Stromausfällen aus einer Versorgungs- und in Form von Zahlungsunfähigkeit großer EVUs (z.B. PG&E) aus einer Finanzkrise zusammensetzte, sind in ihrer Gesamtheit schwer abschätzbar. Alleine die Ausgaben für Elektrizität am Großhandelsmarkt beliefen sich aber in den Jahren 2000 und 2001 jeweils auf ca. 27 Mrd. USD im Vergleich zu rund 7 Mrd. USD im Jahr 1999 – was Mehrkosten in der Höhe von 40 Mrd. USD impliziert.413 Die Spotmarktpreise auf dem Großhandelsmarkt erreichten dabei im Jahr 2001 mit Preisspitzen über 500 USD/MWh den mehr als 10fachen Wert der Spotmarktpreise von 1999.414 Generell kann die in mehreren Abhandlungen415 analysierte Ursache für das Versagen des kalifornischen Elektrizitätsmarktes auf die drei übergeordneten Aspekte einer zu geringen Kraftwerkskapazität in Kombination mit einer stark ansteigenden Nachfrage, ungeeigneten Regulierungsvorgaben und der Systemmanipulation durch die Stromlieferanten zurückgeführt werden.416 Als besonders relevant und in dieser Form auch spezifisch für Kalifornien wurde – bedingt durch entsprechende Regulierungsanreize – das Fehlen einer Absicherung der EVUs mit langfristigen Versorgungsverträgen bei gleichzeitiger Aufgabe eigener thermischer
411
Siehe e-Control (2007a), S. 60 u. 66
412
Vgl. Rose (2004), S. 29
413
Vgl. Böske (2006), S. 2
414
Vgl. Peterson (2003), S. 59
415
Beispielsweise Joskow (2001), Brennan (2001), Borenstein (2002) und Sweeney (2002)
416
Vgl. Bushnell (2004), S. 1045
102 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Kraftwerkskapazitäten identifiziert.417 Damit bestand eine übermäßige Abhängigkeit der EVUs von den Spotmärkten, was sich in Zusammenhang mit der Tatsache, dass für Tarifkunden im Gegensatz zum Großhandelsmarkt eine Preisobergrenze existierte, als Preisfalle für diese EVUs entpuppte.418 Die Systemmanipulation durch die Stromlieferanten (z.B. das Zurückhalten von Kraftwerkskapazitäten um die Strompreise durch künstliche Verknappung zu steigern, Verschärfung der Knappheit durch entsprechende Tradingaktivitäten419) wird überwiegend zwar als moralisch bedenkliche aber letztendlich legale Eigenoptimierung von Marktteilnehmern im Rahmen des vorgegebenen Systems betrachtet und damit ebenfalls auf unzureichende Marktregeln zurückgeführt.420 Diese Sichtweise wird verstärkt, wenn man berücksichtigt, dass es bereits 1998 eindeutige Anzeichen des Missbrauchs von Lieferantenmacht auf dem Ausgleichsenergiemarkt gab, die von den Regulierungsbehörden nicht adäquat adressiert wurden.421 Wenngleich kleinere Krisen auch auf europäischen Elektrizitätsmärkten aufgetreten sind422, kann bisher dennoch festgestellt werden, dass der EU-Regulierungsrahmen relativ stabile Strommärkte gewährleistet. Ausgehend vom derzeitigen Kraftwerkspark und den – politisch oder technisch bedingten – Restlaufzeiten der darin enthaltenen Kraftwerksblöcke zeichnet sich allerdings in den EU-Ländern über die nächsten Jahre selbst ohne Mitberücksichtigung des zu erwartenden Mehrverbrauchs an Elektrizität eine Lücke von rund 200 GW bis 2020 ab, die durch neue Kraftwerkskapazitäten geschlossen werden muss.423 3.3 Akteure des Energiemarkts Die Akteure des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems lassen sich grob in die vier Gruppen der Energieindustrie, der Energiekonsumenten, der energienahen Industrieund Dienstleistungsunternehmen sowie der staatlichen und öffentlichkeitsnahen Institutionen einteilen (siehe Abb. 3-21).424 Während die Einflussnahme auf einzelne Elemente der Energiewertschöpfungskette durch Vertreter der Energieindustrie und durch Energiekonsumenten im Rahmen der von ihnen getroffenen Entscheidungen direkt erfolgt, stellen die Akteure des energienahen Umfelds die dafür erforderlichen Mittel 417
Vgl. Wollak (2003), S. 28
418
Vgl. Bergschneider (2001), S. 38 f.
419
Siehe am Beispiel von Enron: Fox (2003), S. 196 - 220
420
Vgl. Pierce (2003) und Lovins (2001), S. 3 f.
421
Vgl. Wolak (2003), S. 18
422
Vgl. Böske (2006), S. 6 ff., Woo (2003)
423
Vgl. Bachhiesl (2007), S. 7
424
Vgl. Bouille (2002), S. 182 ff.
Akteure des Energiemarkts 103 _______________________________________________________________________________________________________________________________
in Form von Finanzmitteln, Energieanlagen oder Konzeptideen zur Verfügung. Staatliche und öffentlichkeitsnahe Institutionen als die der generellen oder Makroumwelt zugeordneten Stakeholder beeinflussen und schaffen die Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft innerhalb eines bestimmten geographischen Wirtschaftsraums.425 Darin auch enthaltene Überlegungen zur optimalen Ausgestaltung des Wirtschaftssektorenmix zur Erzielung eines bestimmten Bruttosozialproduktes (aufgrund der unterschiedlichen Energieintensität verschiedener Wirtschaftssektoren von erheblicher Bedeutung für den benötigten Energiebedarf bei – in Geldeinheiten bemessener – gleicher Wirtschaftsleistung)426 sollen im folgenden allerdings ausgeklammert und im Ergebnis als gegebene Randbedingung akzeptiert werden, da diese volkswirtschaftliche Optimierungsdiskussion weit über den Rahmen dieser Abhandlung hinausgeht.
Staatliche und öffentlichkeitsnahe Institutionen Energienahe Industrie- und Dienstleistungsunternehmen Eigenstromerzeugung
Primärenergieträger
Sekundärenergieträger
Energiekonsumenten
Endenergie
IRP
Energieindustrie f Anlagenhersteller f Engineering Firmen f Ministerien f Regierungsstellen f NGOs
Energiedienstleistung
Nutzenergie
f Beratungsunternehmen f Geldinstitute
f Energieagenturen f Regulierungsinstitutionen f Staatl. Forschungseinrichtungen
f Universitäten f Medien
427
Abb. 3-21: Akteure des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems
Der Fokus der Energieindustrie liegt auf der Optimierung der Energiewertschöpfungskette von den Primärenergieträgern bis hin zur Übergabe der Endenergie an die 425
Vgl. Bausch (2006), S. 198 f. und Welge (2005), S. 189 ff.
426
Vgl. MGI (2006)
427
Eigene Darstellung
104 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energiekonsumenten. Diese – als Supply-Side-Management428 bezeichnete – Optimierung erfolgt vornehmlich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten im vorgegebenen gesetzlichen Rahmen, wobei die Struktur der Nachfrage als vorgegebene Randbedingung hingenommen wird. Die Einflussnahme erfolgt in den Bereichen der Energieträgergewinnung und beim Betrieb und Ausbau der angebotsseitigen Energieumwandlungsanlagen sowie der Infrastruktur zum Transport und zur Verteilung der Energieträger. Eine über diese Teilsystemoptimierung hinausgehende Sichtweise wird bei der Anwendung des makroökonomisch orientierten IRP-Konzeptes, dessen theoretische Fundierung in den 80er Jahren in den USA erfolgte429, eingenommen und führt zur Miteinbeziehung der Nachfragebeeinflussung im Rahmen des Demand-SideManagements430. Dieser stark durch Regulierungsmaßnahmen getriebene und vor allem für leitungsgebundene Energieträger zur Anwendung kommende Ansatz verlor allerdings mit der Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte wieder an Bedeutung.431 Übriggeblieben ist das Konzept der Energiedienstleistung, die das EVU im Sinne einer Vorwärtsintegration anstatt der Endenergie anbietet. Damit einher geht für viele EVUs auch die erstmalige Betrachtung der Energiekonsumenten als Kunden, deren unterschiedliche Energiedienstleistungsbedürfnisse eine Segmentierung des Kundenmarkts erfordert, die über reine Abnahmemengen als Segmentierungskriterium hinausgeht.432 Für die Energiekonsumenten stellt Energie eine im Rahmen des Produktionsprozesses oder der Dienstleistungserstellung zu optimierende Ressource dar. Dies kann im Rahmen des Energieeinkaufs durch Portfoliooptimierung, durch möglichst effiziente Nutzenergiegewinnung, durch bestmögliche Wiederverwertung der Abfallenergie oder aber durch andere Maßnahmen zur Einflussnahme auf den innerbetrieblichen Teil der Energiewertschöpfungskette erfolgen. Da es sich bei der betriebswirtschaftlichen Optimierung des Ressourceneinsatzes von Energie neben der Verbrauchsmenge und Struktur auch um Fragen der Versorgungssicherheit und -qualität handelt, stellt DSM nur einen Teilbereich des erforderlichen nachfrageseitigen Instrumentariums dar. Die geeignete Ausprägung des nachfrageseitigen Energiemanagements hängt stark von der Bedeutung des Energieeinsatzes bei den jeweiligen Energiekonsumenten ab, die von vernachlässigbar bis hin zu wettbewerbsentscheidend reichen kann. Eine Rückwärtsintegration entlang der Energiewertschöpfungskette erfolgt im Rahmen von Eigenstromerzeugung zumeist bis hin zur angebotsseitigen Energieumwandlung in Kraftwerken433, kann aber vor allem in Hinblick auf Biomasse auch bis zur Gewinnung von 428
Vgl. Hasse (1996), S. 22 f.
429
Siehe Krause (1988)
430
Siehe dazu beispielsweise Gellings (1993)
431
Vgl. Didden (2003), S. 1310 ff.
432
Vgl. Posch (1999) und Weilharter (1999)
433
Vgl. Zander (2000), S. 69 f.
Akteure des Energiemarkts 105 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Primärenergieträgern reichen. Ein typisches Beispiel für diese Gesamtintegration sind Papier- und Zellstoffunternehmen, die über eigene Baumplantagen oder Wälder verfügen und eine Verstromung von Biomasseabfällen durchführen.434 Die Rolle der energienahen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen besteht vornehmlich in der zur Verfügung Stellung von geeigneten Mitteln zur Beeinflussung der Energiewertschöpfungskette. Die Palette reicht von Finanzierungsformen über die Erstellung von Energiekonzepten bis hin zu Energieanlagen. In Hinblick auf die Energiewertschöpfungskette streben staatliche und öffentlichkeitsnahe Institutionen eine volkswirtschaftlich optimale Ausgestaltung an. Dem Staat stehen dabei zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen steuerliche, ordnungsrechtliche und ausgabenpolitische Instrumente zur Verfügung.435 Die Ziele der zugrundeliegenden Energiepolitik sind häufig an nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven ausgerichtet. So führt beispielsweise die Republik Österreich explizit die Ziele Kosteneffizienz, Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und soziale Verträglichkeit als Prämissen der Energiepolitik an.436 Da es sich dabei um teilweise konkurrierende Ziele handelt, erfordert die Harmonisierung Kompromisslösungen, die durch den Einsatz der oben erwähnten Instrumente forciert werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Optimierungsansätzen des Staates und der Energieindustrie bzw. der Energiekonsumenten besteht in der In- oder Exkludierung sozialer Kosten, die durch den Energieeinsatz verursacht werden.437 Dabei handelt es sich um volkswirtschaftlich relevante Kosten (beispielsweise Behandlungskosten, die durch Krankheiten aufgrund von Luftverschmutzung verursacht werden), die sich in der betrieblichen Kostenrechnung nicht wiederfinden und damit keinen Eingang in die betriebswirtschaftliche Optimierung der Unternehmen finden. Berücksichtigung finden diese sozialen oder externen Kosten in Unternehmen allerdings im Falle der sog. Internalisierung438, die der Staat unter anderem durch Besteuerung oder aber auch durch marktorientierte Mechanismen439, wie sie beispielsweise der Handel mit Emissionszertifikaten darstellt, erzielen kann. Den anderen Institutionen der Makroumwelt obliegen Marktsteuerung und – koordination (vornehmlich durch die Regulierungsbehörden), die Schaffung erhöhter Markttransparenz (Medien, NGOs, Energieagenturen, …) oder aber die Forcierung
434
Vgl. Smith (1997), S. 27 ff.
435
Siehe dazu Schlenzig (1998), S. 18 f.
436
Siehe BMWA (2003), S. 50 ff.
437
Vgl. Masuhr, K.P. (1994)
438
Vgl. Bartelmus (2003), S. 33 ff.
439
Vgl. Stavins (2003)
106 Energiewirtschaftliches Umfeld _______________________________________________________________________________________________________________________________
neuer Technologien und Konzepte als Basis von Markttransformationen440 (Forschungseinrichtungen, Universitäten, …).
440
Siehe zum Konzept der Markttransformation: Geller (1995)
4 Energie und nachhaltige Entwicklung Die Vielzahl der mittlerweile existierenden Definitionen und Auslegungen des Begriffs „Nachhaltige Entwicklung“441 resultiert aus unterschiedlicher Interpretation ökonomisch-ökologischer Zusammenhänge und erfordert eine Festlegung der gewählten Sichtweise. Ausgangspunkt ist zumeist der sog. Brundtland-Bericht, der einen weiten Interpretationsspielraum zulässt. Unabhängig von der gewählten Sichtweise kann aber generell festgehalten werden, dass die Erzeugung und der Einsatz von Energie eng mit diesem Konzept verknüpft sind. In besonderem gilt dies für Aspekte des effizienten Einsatzes von Energie. 4.1 Begrifflichkeit der nachhaltigen Entwicklung Mit dem Erscheinen von „Die Grenzen des Wachstums“ als Bericht an den Club of Rome im Jahr 1972442 setzte eine intensive Diskussion über die Voraussetzungen für anhaltendes wirtschaftliches Wachstum oder eben auch die Grenzen desselben ein. Im ersten Anlauf von der Mehrzahl der Ökonomen abgelehnt443, führten daraus resultierende Überlegungen 1987 schließlich mit der Verabschiedung des Berichts „Our Common Future“ 444 durch die WCED – nach der Vorsitzenden dieser Kommission zumeist als Brundtland-Bericht bezeichnet – zur politisch akzeptierten Verankerung des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung. Dies fand seine Fortsetzung mit den als Ergebnis der Konferenz von Rio de Janeiro im Jahr 1992 verabschiedeten Dokumenten „Rio Declaration on Environment and Development“445 und „Agenda 21“446, dem sog. Kyoto-Protokoll im Jahr 1997 als wesentlicher Schritt in Richtung einer Reduktion der Treibhausgasemissionen447 und schließlich dem Weltgipfel in Johannesburg im Jahr 2002448. Wenngleich die oben erwähnten Dokumente einen breiten Raum für die konkrete Interpretation des Begriffs „Nachhaltige Entwicklung“ zulassen449, so können doch zwei Themenblöcke als gemeinsame Basis der Aussagen identifiziert werden. Dies sind einerseits die intra- und intergenerative Gerechtigkeit und andererseits die dauerhafte 441
Eine gute Übersicht wesentlicher Artikel findet sich beispielsweise in Pezzey (2002).
442
Siehe Meadows (1972)
443
Vgl. Perman (2003), S. 44 ff.
444
Siehe WCED (1987)
445
Siehe UN (1992)
446
Siehe Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1992)
447
Vgl. Anderson (1998)
448
Vgl. Anderson (2003)
449
Vgl. Baumgartner (2006), S. 12
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
108 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Vereinbarkeit ökonomischer Entwicklung mit einem intakten Ökosystem und sozialer Gerechtigkeit.450 Intragenerative Gerechtigkeit zielt darauf ab, dass allen Menschen einer Generation ein angemessener Lebensstandard zusteht und spricht damit in besonderem Maße auch die Verteilungsgerechtigkeit zwischen reichen Industrienationen und den Entwicklungsländern an. Intergenerative Gerechtigkeit beruht darauf, dass die Entscheidungen einer Generation – beispielsweise in Hinblick auf den Verbrauch erschöpfbarer Ressourcen – für nachfolgende Generationen keine nachteiligen Auswirkungen auf die Erfüllung ihrer Bedürfnisse haben sollen.451 Der dabei zu erzielende Ausgleich zwischen ökonomischer, ökologischer und sozialer Dimension wird häufig unter dem von Elkington eingeführten Terminus „Triple-Bottom-Line“452 zur Erstellung von Unternehmensstrategien, die sich an den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung orientieren, herangezogen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Erhaltung eines Kapitalstocks über viele Generationen, wobei sich dieser Kapitalstock aus zwei grundsätzlichen Formen, dem von Menschen geschaffenen Kapital und dem natürlichen Kapital, das alle natürlichen erneuerbaren und nicht erneuerbaren Ressourcen umfasst, zusammensetzt.453 Je nachdem, in welchem Umfang die gegenseitige Substituierbarkeit dieser Kapitalformen bei der Erhaltung des gesamten Kapitalstocks akzeptiert wird, spricht man entweder von schwacher oder starker Ausprägung der Nachhaltigkeit.454 Bei der schwachen Ausprägung wird von einer weitgehenden Substituierbarkeit des natürlichen Kapitals durch das vom Menschen geschaffene Kapital ausgegangen. Diese Ansicht wird vor allem von neoklassisch geprägten Ökonomen wie Solow455 oder Hartwick456, auf den die vielzitierte Hartwick-Regel457 (Die aus dem Verbrauch erschöpfbarer Ressourcen erzielte Rente entspricht dem erforderlichen Kapitalinvestment zur Aufrechterhaltung eines konstanten Konsumniveaus) zurückgeht, vertreten. Verfechter der Nachhaltigkeit starker Ausprägung betrachten das vom Menschen geschaffene Kapital und das natürliche Kapital weniger als substituierbare denn als komplementäre Kapitalformen und gehen von der Notwendigkeit einer Aufrechterhaltung des natürlichen Kapitals aus.458 Diese Auffassung wird vornehmlich von Ökologen
450
Vgl. Biedermann (2005), S. 15 ff.
451
Vgl. Hardtke (2001), S. 59
452
Siehe Elkington (1997)
453
Vgl. Reichert (2004), S. 55 ff.
454
Vgl. Taylor (2002), S. 2
455
Siehe Solow (1974)
456
Siehe Hartwick (1977)
457
Eine umfangreiche Behandlung und Interpretation findet sich bei Asheim (2003).
458
Vgl. Ayres (1996), S. 6 f.
Begrifflichkeit der nachhaltigen Entwicklung 109 _______________________________________________________________________________________________________________________________
und Vertretern der sog. „Ecological Economy“459 geteilt. Ein prominentes Beispiel ist Hermann Daly, der in den frühen 70ern mit seinem „Steady State“-Konzept460, das vor dem Hintergrund thermodynamischer Überlegungen auf konstanten Energie- und Stoffstromdurchsätzen von geringer zu hoher Entropie als Basis nachhaltigen Wirtschaftens beruht, bereits vor dem Aufkommen der Nachhaltigkeitsdiskussion auf Überlegungen des klassischen Ökonomen John Stuart Mill461 zurückgreift. Die Limitierungen des Wachstums sieht er sowohl im ökologischen als auch im ethischsozialen Bereich.462 Abschließend seien hier als Beispiel für die in diesen Diskussionen aufeinanderprallenden Gegensätze noch zwei Zitate von Ernst Bloch bzw. Hans Jonas angeführt. Bloch spricht in den 50er Jahren in seinem Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ von der Hoffnung auf unbegrenztes Wachstum: „Künstliche Düngemittel, künstliche Bestrahlung sind unterwegs oder könnten es sein, die den Boden zu tausendfältiger Frucht ermuntern, in einer Hybris und „Anti-Demeterbewegung“ ohnegleichen, mit dem synthetischen Grenzbegriff eines Kornfelds, wachsend auf der flachen Hand. Kurzum, Technik an sich wäre dazu bereit, fast schon fähig, von der langsamen und regional begrenzten Arbeit der Natur an Rohstoffen unabhängig zu machen, …“463. Der Natur- und Technikphilosoph Jonas nimmt in seinem Hauptwerk „Das Prinzip Verantwortung“ rund 20 Jahre später folgendermaßen dazu Stellung: „Es ist die Frage, wie sich zu diesem intensivierten Angriff „die Natur“ verhalten wird, für die es kein Unterschied ist, ob der Angriff von „rechts“ oder von „links“ – Anspielung von Jonas auf die marxistischen Überzeugungen von Bloch (Anm. d. Autors) - kommt, …Die Frage ist also im Letzteren gar nicht, wie viel der Mensch noch zu tun imstande sein wird – hier darf man prometheisch-sanguinisch sein, sondern wie viel davon die Natur ertragen kann. Dass es hier Grenzen der Toleranz gibt, bezweifelt heute niemand, …“464. Im Rahmen dieser Abhandlung soll keine weitere Beurteilung der beiden Positionen starker bzw. schwacher Ausprägung der Nachhaltigkeit vorgenommen werden. Im Hinblick auf die Energiewirtschaft kann aber festgehalten werden, dass – abgesehen von der Substituierbarkeit unterschiedlicher Energieträger untereinander - die Substituierbarkeit durch vom Menschen geschaffenes Kapital bei der Förderung fossiler Ressourcen in Form von technischen Innovationen zweifelsohne eine bedeutende Rolle 459
Eine umfassende Übersicht über Stand und Entwicklung dieser Forschungsrichtung findet sich bei Ropke (2002).
460
Siehe Daly (1974)
461
Siehe Mill (2004), S. 326 - 332
462
Vgl. Daly (1996), S. 33 ff.
463
Zit. Bloch (1985), S. 1055
464
Zit. Jonas (1984), S. 329
110 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
spielt. Gleichzeitig zeigen die sog. „Peak Oil Diskussion“ und die daraus abgeleiteten Implikationen aber auch die Grenzen dieser Substituierbarkeit auf. Dies würde für den Ansatz einer „kritischen Nachhaltigkeit“465 sprechen, die zwar Substitution zulässt, aber eine „kritische“, aufrechtzuerhaltende Menge an natürlichem Kapital postuliert. 4.2 Bedeutung der Energie für die nachhaltige Entwicklung Die Art des Umgangs mit der Ressource Energie hat einen starken Einfluss auf alle drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung. Denn während der Einsatz von Energie einerseits unabdingbar mit der Aufrechterhaltung bzw. Beschleunigung und Ausweitung von Produktionsprozessen verknüpft ist und die Möglichkeit der Nutzung von Elektrizität im Haushaltsbereich einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität liefert, bedeutet der Einsatz von Energie andererseits auch eine Belastung des Ökosystems entlang der gesamten Energiewertschöpfungskette. Die Wirtschaft basiert auf ausreichender und verlässlicher Versorgung mit Energie. Eine Gegenüberstellung des BSP und des Energieverbrauchs pro Kopf für mehrere Länder zeigt den Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und Energieverbrauch (siehe Abb. 4-1). Generell zeigt diese Darstellung auch, dass der Energieverbrauch eines Landes zusätzlich stark von der preisgünstigen vor Ort Verfügbarkeit abhängt. Beispielhaft herausgegriffen seien Russland, Nordamerika und Norwegen, die deutlich höhere Energieverbrauchsniveaus als vergleichbare Länder mit schlechterem Zugang zu Primärenergieträgern aufweisen. Überdies zeigen Mehrjahresbetrachtungen des Energieverbrauchs eines Landes in Abhängigkeit von der Wirtschaftsentwicklung, dass die Energieintensität eines Landes mit zunehmender Wirtschaftskraft einen typischen Verlauf von rascher Zunahme über Abflachung bis hin zur Abnahme vom erreichten Intensitätsniveau nimmt.466 Ab einem bestimmten Punkt steigt der Energieverbrauch pro Kopf aufgrund rasch zunehmender Industrialisierung und persönlicher Mobilität explosionsartig an, um mit allmählich zunehmender Dominanz des tertiären Sektors deutlich geringere Wachstumsraten aufzuweisen. Ab einem bestimmten Punkt ist weiteres Wirtschaftswachstum schließlich auch ohne vermehrten Energieverbrauch möglich. Diese zunehmende Tertiarisierung der Wirtschaft von Industrienationen führt in Zusammenhang mit seit den Ölpreisschocks gesteigerter Energieeffizienz auch dazu, dass selbst drastische Preissteigerungen für fossile Energieträger, wie sie gegenwärtig beim Erdöl stattfinden, nicht mehr dieselbe dämpfende Wirkung auf das Weltwirtschaftswachstum wie während der ersten Ölpreisschocks haben. Denn während die Steigerung des weltweiten BSP um einen Prozentpunkt vor dem Ölembargo im Jahr 1973 noch mit einer Ölverbrauchssteigerung von 1,6 Prozentpunkten verbunden war, 465
Vgl. beispielsweise Steger (2005), S. 29 und The World Bank (2003), S. 19 - 23
466
Vgl. Shell International Ltd. (2005), S. 191
Bedeutung der Energie für die nachhaltige Entwicklung 111 _______________________________________________________________________________________________________________________________
so ist dafür über die Zeitspanne 1995-2003 betrachtet durchschnittlich nurmehr eine 0,43-prozentige Ölverbrauchssteigerung erforderlich.467 Neben der Energieverbrauchsmenge korreliert auch die Zusammensetzung des Energieportfolios – indirekt proportional vor allem der Anteil des Einsatzes traditioneller Biomasse – mit der Wirtschaftsentwicklung eines Landes.468 Heutzutage geht man von einem BSP von 1.000 2.000 USD/Kopf als Grenzwert aus, ab dem die Transformation vom Einsatz traditioneller hin zum beinahe ausschließlichen Einsatz moderner Brennstoffe in Entwicklungsländern normalerweise vollzogen ist.469
Energieeinsatz vs. Bruttosozialprodukt für ausgewählte Länder im Jahr 2005 10 [toe/Einw.]
18
R 28 27
14
13
15 C
26
1
17 21 5 9 20 11 1 10 22 2 19 8 12 3 4 7
6
23
16 B
25 I
24
0,1 100
[USD/Einw.] 1.000
10.000
100.000
¨ Ausgewählte Länder in Anlehnung an IMF-Einteilung gruppiert
Europa (ohne Osteuropa) 1. Österreich 2. Deutschland 3. Irland 4. Italien 5. Niederlande 6. Norwegen 7. Portugal 8. Spanien 9. Schweden 10. Schweiz 11. Frankreich 12. UK Osteuropa 13. Tschechische Republik 14. Polen 15. Rumänien 16. Türkei Nordamerika 17. USA 18. Kanada Nicht europäische OECD 19. Japan 20. Neuseeland 21. Australien Junge Industrieländer Asiens 22. Südkorea 23. Taiwan Asiatische Entwicklungs-/Schwellenländer 24. Bangladesch 25. Pakistan 26. Thailand Kaspischer Raum 27. Kasachstan 28. Turkmenistan BRIC Länder
470
Abb. 4-1: Energieverbrauch vs. Bruttosozialprodukt für ausgewählte Länder
467
Vgl. Krichene (2002)
468
Vgl. IAEA (2005), S. 18 f.
469
Vgl. Anderson (2000), S. 396 f.
470
Eigene Zusammenstellung basierend auf IMF (2007) und BP (2007)
112 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________ 471
Tab. 4-1: Energiebedingte Emissionen umweltbeeinträchtigender Substanzen
Anthropogener energiebedingter Anteil Art der Umweltbeeinträchtigung
Natürliche Grundwerte [Tonnen/Jahr]
Human Disruption Verbrennung fossiler Index Brennstoffe [%]
Traditioneller Biomasseeinsatz [%]
Andere Quellen [%]
Bleiemissionen in die Atmosphäre
12,000
18
41
-
-
Ölverschmutzung des Meeres
200,000
10
-
-
44 (Ölproduktion und -transport)
1,400
5.4
13
5
31 Millionen
2.7
85
0.5
Kadmiumemissionen in die Atmosphäre Schwefelemissionen in die Atmosphäre
18 (Gewinnung/ Verarbeitung fossiler Brennstoffe)
Methanemissionen in die Atmosphäre
160 Millionen
2.3
-
5
Stickstoffablagerungen
140 Millionen
1.5
30
2
2,500
1.4
20
1
33 Millionen
0.5
12
8
3.100 Millionen (Trockenmasse)
0.12
36
10
-
Quecksilberemissionen in die Atmosphäre Stickstoffoxydemissionen in die Atmosphäre Feinpartikelemissionen in die Atmosphäre
-
Nichtmethan-Kohlenwasserstoffemissionen in die Atmosphäre
1.000 Millionen
0.12
-
5
35 (Verarbeitung/ Verbrennung fossiler Brennstoffe)
Carbondioxydemissionen in die Atmosphäre
150 Milliarden (Kohlenstoff)
0,05*
75
3 (NettoAbholzung für Brennholz)
-
*…Dieser scheinbar geringe Zusatz zu natürlich verursachten CO2-Emissionen führt in der globalen Atmosphäre zu einer jährlichen Konzentrationszunahme von CO2 um 0,4 % und ist damit keinesfalls zu vernachlässigen
Entlang der gesamten Energiewertschöpfungskette führt der Einsatz von Energie zu Auswirkungen auf das Ökosystem mit direktem Einfluss (z.B. Feinpartikel) oder indirektem Einfluss (z.B. Klimaänderung) auf die menschliche Gesundheit.472 Dabei handelt es sich neben unterschiedlichen Formen von Emissionen in die Atmosphäre auch um Verschmutzung von Gewässern und Eingriffe in Naturlandschaften. Gewinnung und Transport von Energieträgern führt zu Eingriffen in die Naturlandschaft in den 471
Eigene Zusammenstellung basierend auf Holdren (2000), S. 64 und UNDP (2002), S. 31
472
Vgl. Goldemberg (2004), S. 40 ff.
Bedeutung der Energie für die nachhaltige Entwicklung 113 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abbaugebieten, zu Verschmutzung der Meere vor allem durch Erdöl und auch zu Emissionen in Zusammenhang mit dem Abfackeln von nicht verwertbarem Erdgas. Bei angebotsseitiger und nachfrageseitiger Umwandlung dominieren die Emissionen in die Atmosphäre aufgrund der Verbrennung fossiler Brennstoffe.473 Bei der angebotsseitigen Umwandlung kommen noch die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die erforderlichen Anlagen (hierunter fallen neben großen Staudämmen vor allem auch Windenergieanlagen) und in Zusammenhang mit großen Staudammanlagen massive Eingriffe in das regionale Ökosystem hinzu. Der gesamte anthropogene Anteil der Emission von umweltbeeinträchtigenden Substanzen wird durch den sog. „Human Disruption Index“474 für einzelne Substanzen erfasst (siehe Tab. 4-1), der das Verhältnis anthropogen zu natürlich bedingter Emission wiedergibt. Neben den energieeinsatzbedingten erfasst dieser Index auch anthropogene Emissionen aufgrund von landwirtschaftlichen Tätigkeiten oder im Rahmen von Industrieprozessen. Einen besonders hohen Beitrag mit über bzw. knapp unter 80% hat der Energieeinsatz an den anthropogenen Emissionen von Schwefel und Kohlendioxyd. Die Auswirkungen erstrecken sich von lokalen über regionale bis hin zu globalen Beeinträchtigungen.475 Lokale Beeinträchtigungen finden sich im kleinsten Rahmen direkt am Arbeitsplatz (z.B. Kohlenstaubbelastung der Minenarbeiter) bzw. im Haushaltsbereich bei Verwendung traditioneller Brennstoffe. In urbanen Bereichen tragen vor allem Hausbrand und Verkehr zur Umweltbelastung bei. Als größere regionale Auswirkungen auf Länder- und Kontinentalebene sind vornehmlich Säurebelastungen (beispielsweise als Folge von Schwefelemissionen), Ozonbildung (beispielsweise durch die Emission von Stickstoffoxyden) und die Emission von Feinpartikeln zu nennen. Global spielen Klimaveränderungen, anthropogen beeinflusst durch die Emission von Treibhausgasen, eine wesentliche Rolle.476 Diesem Aspekt wird seit dem KyotoProtokoll größte Aufmerksamkeit gewidmet und da der energieeinsatzbedingte Anteil anthropogener CO2-Emissionen bei beinahe 80% liegt, hängt die Reduktion der Treibhausgasemissionen auch sehr stark mit der Reduktion des Energieeinsatzes und der Dekarbonisierung des Energiesystems zusammen.477 Eine formale Erfassung der treibenden Kräfte für die anthropogen verursachte Umweltbelastung erfolgt durch das auf Holdren und Ehrlich zurückgehende IPATModell478 (siehe Abb. 4-2). Dieses zeigt die Verknüpfung von Bevölkerungszahl 473
Vgl. Fischedick (2007), S. 7, Metz (2005), S. 81
474
Vgl. UNDP (2002), S. 30 f.
475
Vgl. Holdren (2000), S. 65 ff.
476
Umfangreich dargestellt in Stern (2007)
477
Vgl. IEA (2000b), S. 33 ff.
478
Siehe Holdren (1974)
114 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
(P…People), Wohlstand (A…Affluence) und Technologie (T…Technology) bezüglich des Umwelteinflusses (I…Impact) auf und zerlegt diese Bereiche in weitere Beeinflussungsfaktoren. In Hinblick auf Beeinflussungsmöglichkeiten durch das Energiemanagement erscheint besonders der Technologiebereich von Interesse, der sowohl die Energieeffizienz als auch den schadstoffarmen Einsatz von Primärenergieträgern als Handlungsoptionen umfasst. Umweltbelastung/Jahr Wohlstandsfaktor
Bevölkerungszahl x Bevölkerungszahl
Personen
x (Nachfragefaktor x
Durchsatzfaktor)
Güterbedarf/Jahr
Materialdurchsatz
x
Personen
x
Gütermenge
Technikfaktor
x x
x
(Effizienzfaktor Energiedurchsatz Materialdurchsatz
x
x
Emissionsfaktor) Umweltbelastung Energiedurchsatz
Beeinflussungsmöglichkeiten Familienplanung
Werte
Produkthaltbarkeit
Energieeffizienz
Wohlstand
Preise
Ökodesign
Systemintegration
Energieform Techn. Mitigation
Rolle der Frau
Suffizienz
Recycling
Prozessverbesserung
Standort
… …
… …
… …
… …
… …
Verbesserungsspielraum etwa 2 mal
?
3 bis 10 mal
5 bis 10 mal
100 bis 1.000 mal
0 bis 30 Jahre
0 bis 50 Jahre
Zeitbedarf 50 bis 100 Jahre
0 bis 50 Jahre
0 bis 20 Jahre
479
Abb. 4-2: Disaggregation der anthropogen beeinflussten Umweltbelastung
Die Gegenüberstellung von Sozialindikatoren (beispielsweise Sterblichkeit von Neugeborenen, Analphabetismus, Lebenserwartung, etc. in einem spezifischen Land) mit dem Pro-Kopf-Energieverbrauch einzelner Länder480 zeigt einen engen Zusammenhang der Energieverfügbarkeit mit der Lebensqualität der Bevölkerung auf. Hierbei geht es sowohl um die Verfügbarkeit eines gewissen Ausmaßes an Energie als auch um den Zugang zu möglichst schadstofffreien Energieträgern zur Vermeidung negativer gesundheitlicher Auswirkungen.481 In diesem Zusammenhang wird daher auch häufig der Verbrauch an Elektrizität bzw. adäquater kommerzieller Energieträger als Indikator für einen sozial vertretbaren Lebensstandard herangezogen.482 Allerdings 479
Angelehnt an Meadows (1992), S. 132 f.
480
Vgl. Reddy (2000), S. 42
481
Vgl. IEA (2001b), S. 33 f.
482
Vgl. IAEA (2005), S. 29 ff.
Bedeutung der Energie für die nachhaltige Entwicklung 115 _______________________________________________________________________________________________________________________________
zeigt sich auch, dass ab einem jährlichen Pro-Kopf-Energieverbrauch von ca. 2 toe nur mehr eine geringfügige Verbesserung der Lebensqualität durch vermehrten Energieverbrauch zu erzielen ist. Denn der sog. Human-Development-Index (kurz: HDI), der von UNDP als ein mehrere Sozialindikatoren integrierender Gesamtindikator entwickelt wurde483, erweist sich in Bezug auf den Energieverbrauch ab diesem Wert als beinahe unelastisch (siehe Abb. 4-3). Wenngleich diese Überlegungen vorrangig in Entwicklungs- und Schwellenländern eine wesentliche Rolle spielen, sollte nicht vergessen werden, dass auch in Industrieländern soziale Aspekte der Energieversorgung zu berücksichtigen sind. Hier stehen Überlegungen in Hinblick auf den Anteil des verfügbaren Einkommens, das für die notwendige Energieversorgung verwendet werden muss, im Vordergrund.484
HDI vs. Pro-Kopf-Energieverbrauch im Jahr 2005 1,2
[HDI]
Übergangsbereich
1,0
0,8 Welt
Inelastischer Bereich ¨(HDI) / ¨(E) Æ gering
0,6
Elastischer Bereich ¨(HDI) / ¨(E) Æ hoch
0,4
0,2
…Trendlinie (Abschätzung nach UNDP (2002)) 0,0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
[toe/cap.]
Abb. 4-3: Elastizität des HDI bezüglich des Pro-Kopf-Energieverbrauchs485
483
Siehe UNDP (1990), S. 9 ff. u. S. 109
484
Vgl. Goldemberg (2004), S. 36
485
Eigene Darstellung nach Daten aus UNDP (2007), S. 229-232, UNDP (2002), S. 118, BP (2007), UN (2005) und IEA (2007b), S. 48 ff.
116 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Um eine nachhaltigkeitsorientierte Entwicklung des Energiesystems zu erreichen, bietet sich die Ausrichtung des Systems entlang dreier Zieldimensionen an, die gemeinsam alle drei oben diskutierten Aspekte der Nachhaltigkeit adressieren: Versorgungssicherheit, Verfügbarkeit und Verträglichkeit.486 f Versorgungssicherheit: Der Begriff „Versorgungssicherheit“ umfasst neben der unterbrechungsfreien Zuführung der benötigten Energiemenge auch die Aufrechterhaltung der benötigten Energiequalität.487 Während die Überlegungen auf staatlicher oder sogar Staatenbund-Ebene vornehmlich um den unterbrechungsfreien Zugang zu Primärenergieträgern kreisen (beispielsweise die andauernde EU-Debatte über die Notwendigkeit einer Diversifizierung des Erdgasbezugs zur Vermeidung politischer Erpressbarkeit)488, steht bei Unternehmen vor allem in Industrieländern häufig der Aspekt der ausreichenden Qualität der elektrischen Stromversorgung im Vordergrund. Denn der Einsatz moderner Elektronik im Rahmen der Prozesssteuerung und – überwachung erlaubt nur geringe Abweichungen von der idealtypisch vorgegebenen dreiphasigen Sinusschwingung des elektrischen Stroms (beispielsweise erfasst mit der sog. CBEMA-Kurve, die die in Abhängigkeit von der Abweichungshöhe erlaubte Dauer von Abweichungen von der Nennspannung ohne resultierenden Ausfall von Computern oder Prozesssteuerungen wiedergibt)489. Der durch Spannungsstörungen verursachte mögliche Gesamtschaden variiert von Industriebranche zu Industriebranche. Ausschlaggebend sind dabei neben der während eines Stromausfalls verlorenen und nicht mehr aufzuholenden Produktion auch Faktoren wie die Zerstörung von elektronischen Anlagenteilen aufgrund von Spannungsspitzen, die Vernichtung von im Erzeugungs- / Bearbeitungs- oder Lagerungsprozess befindlichen Produktchargen oder aber auch die benötigte Zeit, um den Normalbetrieb einer Anlage nach der Unterbrechung wieder herzustellen.490 In bestimmten Industriezweigen (beispielsweise große Data Center, Halbleiterhersteller) führt dadurch bereits eine kurzfristige Unterbrechung zu Schäden jenseits einer Mio. Euro.491 Auf nationaler Ebene wird der durch Stromversorgungsstörungen verursachte jährliche wirtschaftliche Schaden beispielsweise für die USA zumindest auf mehrere Milliarden Euro geschätzt, wobei die Angaben je nach 486
Vgl. WEC (2007a), S. 8 f.
487
Vgl. Posch (1996), S. 20 f.
488
Vgl. beispielsweise KOM (2001), S. 72 ff., WEC (2008), Christie (2007), Schleicher (2005), S. 26
489
Vgl. Ryan (1991), S. 9.2
490
Vgl. EPRI (1994), S. 5.8 f.
491
Vgl. Roman (1996), S. 31
Bedeutung der Energie für die nachhaltige Entwicklung 117 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Untersuchung stark schwanken.492 Damit hat die Versorgungssicherheit vor allem auf die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit einen deutlichen Einfluss. f Verfügbarkeit: Ein wesentlicher Schritt zur Eindämmung der Armut ist die Schaffung des Zugangs zu kommerziellen Energieformen im Haushaltsbereich, wobei hier vor allem die Elektrifizierung einen wesentlichen Beitrag zur Hebung des Lebensstandards leistet.493 Dies bedeutet eine drastische Reduktion der für die Beschaffung von traditionellen Energieträgern auf Biomassebasis erforderlichen Zeit, die dann für wertschaffende Tätigkeiten und damit zu einer Verbesserung der sozialen Situation zur Verfügung steht. Gleichzeitig geht damit aufgrund der signifikanten Reduktion der mit der Biomasseverbrennung einhergehenden Schadstoffbelastung auch eine Verbesserung der Gesundheit vor allem von Frauen und Kindern einher. Diese Problemstellung bezieht sich vornehmlich auf das Vorhandensein einer ausreichenden Energieinfrastruktur, die entweder durch die Erweiterung von Leitungsnetzen oder aber auch durch die Errichtung von Insellösungen beispielsweise auf Solarbasis zu erreichen ist. Neben dem physischen Vorhandensein erforderlicher Infrastruktur, das vornehmlich in Entwicklungsländern nach wie vor nicht zufriedenstellend gelöst ist, spielt aber auch die Leistbarkeit der Energieversorgung eine wesentliche Rolle.494 Dieser Aspekt trifft auch auf Industrieländer zu. In diesem Zusammenhang tritt neben den sozialen der wirtschaftliche Aspekt, da die Nachfrage nach Wirtschaftsgütern und damit das Wirtschaftswachstum auch von der nach Abzug existenzrelevanter Ausgaben verbliebenen Verfügbarkeit des Einkommens für diese Güter abhängt. f Verträglichkeit: Die Emission von Schadstoffen entlang der Energiewertschöpfungskette stellt neben den begrenzten Ressourcen fossiler Primärenergieträger eine natürliche Limitierung der eingesetzten Energiemenge dar, wenn der ökologische Aspekt der Nachhaltigkeit berücksichtigt wird. Dies kommt sehr prägnant in den von Daly erstellten operativen Prinzipien der Nachhaltigkeit zum Ausdruck: „Die Nutzungsrate sich erneuernder Ressourcen darf deren Regenerationsrate nicht überschreiten. Die Nutzungsrate sich erschöpfender Rohstoffe darf die Rate des Aufbaus sich regenerierender Rohstoffquellen nicht überschreiten. 492
Vgl. beispielsweise Nerbun (1996), S. 1 und Khatib (2000), S. 115
493
Vgl. UNDP (2002), S. 30
494
Vgl. Reddy (2000), S. 46 f.
118 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die Rate der Schadstoffemissionen darf die Kapazität zur Schadstoffabsorption der Umwelt nicht übersteigen.“495 Dieser limitierende Aspekt der begrenzten Aufnahmefähigkeit von Schadstoffen durch die Umwelt kommt auch sehr deutlich bei den computerbasierten Weltentwicklungsszenarien der Meadows496 zum Ausdruck und dürfte neueren Untersuchungen zufolge zeitlich früher als Einschränkung wirksam werden als dies durch Ressourcenknappheit zu erwarten ist.497 Die Beeinflussung der Verträglichkeit des Energiesystems kann auf unterschiedliche Arten erfolgen, die beispielsweise von Stahlmann498 als Entwicklungsschritte umweltfreundlicher Unternehmensführung dargestellt werden. Die vier angeführten Phasen führen beginnend mit Schadstoffvermeidung durch End-ofPipe-Technologien über Recycling und qualitative Veränderung des Energieaufbringungsportfolios hin zur quantitativen Reduktion der Energie- und Stoffströme. Eine besondere Rolle bei der Erreichung dieser drei Ziele spielt die Energieeffizienz, da eine erhöhte Energieeffizienz bis hin zur vollen Ausnützung des ökonomischen Einsparpotenzials wesentlich zur Erfüllung aller drei Zieldimensionen beiträgt.499 Bei gleichbleibender Wirtschaftsleistung reduziert eine erhöhte Energieeffizienz den dafür benötigten Energiebedarf, womit die Versorgungssicherheit verbessert wird, die Verfügbarkeit vor allem in Hinblick auf geringere Energiekosten erhöht wird und die Umweltbelastung durch reduzierten Energieverbrauch verringert wird. In Hinblick auf die Nachhaltigkeit kommt man nicht umhin, in diesem Zusammenhang auch die über die Energieeffizienz hinausgehende Suffizienz zu erwähnen, die das unbegrenzte Wirtschaftswachstum in Frage stellt.500 Bedeutsam ist dies dahingehend, als die im Verhältnis zur erzielten Wirtschaftsleistung erzielten relativen Energieeinsparungen durch Reboundeffekte (erhöhter Konsum wegen geringerer Kosten pro Einheit) oder durch Mehrverbrauch in Folge höheren Wirtschaftswachstums insgesamt nicht zur angestrebten Reduktion des Energieverbrauchs führen.501 Dies wird erst dann sichergestellt, wenn die Effizienzüberlegungen in Suffizienzüberlegungen mit der Berücksichtigung von Wachstumsgrenzen eingebettet sind. Als Beispiel für Konzepte, die ohne Einbeziehung von Suffizienzüberlegungen kaum realisierbar sind, sei das vom Schweizer 495
Daly (1990), deutsch wiedergegeben in Meadows (1992), S. 251
496
Vgl. Meadows (1992)
497
Vgl. Weizsäcker (1995), S. 273 ff.
498
Siehe Stahlmann (1994), S. 80 f.
499
Vgl. Stead (2004), S. 158 f.
500
Vgl. Hennicke (2002)
501
Vgl. Sachs (2002), S. 52 ff.
Energieeffizienz 119 _______________________________________________________________________________________________________________________________
ETH-Rat verabschiedete 2000-Watt-Konzept502 angeführt. Dieses Konzept postuliert bis Mitte des 21. Jahrhunderts die Schaffung einer 2000 Watt Gesellschaft mit einem durchschnittlichen pro Kopf Energieverbrauch von jährlich 65 GJ. Dieser Wert korrespondiert ungefähr mit dem gegenwärtigen weltweiten pro Kopf Verbrauch – würde aber für Europa eine Reduktion um das 2,5-fache und für die USA eine Reduktion um das 5,5-fache im Vergleich zum gegenwärtigen Energieverbrauch bedeuten.503 Da derartige Suffizienzüberlegungen jedoch weit über den Rahmen der Optimierung selbst des sich über die gesamte Energiewertschöpfungskette erstreckenden Energiesystems hinausgehen und eine Diskussion auf ethisch-normativer Ebene mit der Abwägung geeigneter Wertevorstellungen und Lebensstile erfordern, soll dies in dieser Abhandlung nicht weiter verfolgt werden. 4.3 Energieeffizienz Für das Jahr 2020 fordert der Europäische Rat das Erreichen eines dreifachen 20%Zieles504: eine 20%ige Reduktion der Treibhausgasemissionen in Bezug auf die Werte von 1990, einen 20%igen Anteil erneuerbarer Energie am EU-weiten Energieendverbrauch und schließlich eine Steigerung der Energieeffizienz, um 20% des im Trendszenario für 2020 prognostizierten Energieverbrauchs einzusparen, was mit einem resultierenden Energieverbrauch von 1.520 Mio toe im Jahr 2020 dem EUweiten Verbrauch von 1990 entsprechen würde505. Damit rückt auch das Thema „Energieeffizienz“ in den Mittelpunkt des politischen Interesses. Zu beachten ist, dass es sich dabei um einen relativ generischen Begriff handelt, der an der für eine bestimmte Energiedienstleistung erforderlichen Energiemenge bemessen wird.506 Vereinfacht kann dies als Relation zwischen nützlichem Prozessoutput und dem energetischen Prozessinput dargestellt werden. Je nachdem, in welcher Form der Prozessoutput und der Prozessinput definiert werden, stehen mehrere Varianten von Energieeffizienzindikatoren zur Verfügung, wobei zusätzlich noch die Frage der Systemabgrenzung eine entscheidende Rolle spielt. Man kann zwischen, erstens, rein thermodynamischen Indikatoren (z.B. Enthalpieeffizienzen), zweitens, physikalischthermodynamischen Indikatoren (z.B. Energieverbrauch pro Tonne produzierten Produkts), drittens, ökonomisch-thermodynamischen Indikatoren (z.B. Energieverbrauch pro USD des BSP) oder aber, viertens, rein ökonomischen Indikatoren unterscheiden,
502
Siehe ETH-Rat (1998)
503
Vgl. Marechal (2005), S. 246
504
Siehe EU-Rat (2007), S. 12, 20 und 21
505
Siehe KOM (2005b), S. 38 f.
506
Vgl. Schmid (2004), S. 25
120 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
bei denen auch der Energieinput in monetären Einheiten erfasst wird.507 Während die ersten beiden Indikatorvarianten häufig zum direkten Vergleich von Herstellungsprozessen für dasselbe Produkt bzw. dieselbe Dienstleistung oder zum Effizienzvergleich von Energieumwandlungen herangezogen werden, findet die dritte Variante vor allem im volkswirtschaftlichen Vergleich Verwendung. Die vierte Variante kommt beispielsweise bei der Charakterisierung von Industrien in Hinblick auf ihre Energieintensität zum Einsatz, wo häufig der Energiekostenanteil an den Gesamtkosten als Vergleichsmaßstab herangezogen wird. In den meisten Fällen wird bei Aussagen über die Energieeffizienz bzw. die möglichen Optimierungspotenziale nur der 1. Hauptsatz der Thermodynamik berücksichtigt, wodurch sich die Betrachtung auf Enthalpieeffizienzen reduziert und kein Unterschied zwischen Exergie und Anergie gemacht wird.508 Dabei wird die unterschiedliche thermodynamische Qualität von unterschiedlichen Energieträgern unberücksichtigt gelassen, die sich nach van Gool509 als Verhältnis der Exergie zur Enthalpie in einem Energiefluss darstellt. Unter Heranziehung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik können die Exergieströme gesondert betrachtet werden und erlauben dann eine diesbezügliche Optimierung von energetischen Prozessen. Eine weitere Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik ist die Zugrundelegung der Enthalpieeffizienz eines idealen, reversiblen Prozesses und die Bestimmung des theoretischen, thermodynamischen Verbesserungspotenzials aus dem Vergleich mit dem tatsächlich ablaufenden Prozess.510 Ohne die thermodynamischen Aspekte an dieser Stelle weiter zu vertiefen (hierfür sei auf die bestehende Literatur511 verwiesen), ist in Hinblick auf die folgenden Überlegungen dieser Abhandlung die unterschiedliche Qualität der Effizienzbetrachtungen nach dem 1. und dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik zu berücksichtigen. Für betriebswirtschaftliche Optimierungen darf dabei auch nicht außer Acht gelassen werden, dass eine exergetisch basierte Analyse üblicherweise eines größeren Aufwands als eine Energieanalyse basierend auf dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik bedarf und damit auch deutlich höhere Kosten verursacht.512 Wenn im Folgenden von Energieeffizienz gesprochen wird, soll damit undifferenziert die zur Erzielung einer bestimmten Energiedienstleistung erforderliche Energiemenge gemeint sein – bei Differenzierungen zwischen den oben angeführten unterschiedlichen Effizienzausprägungen wird dies explizit angeführt. 507
Vgl. Patterson (1996)
508
Vgl. Hammond (2004), S. 1793 f., Patterson (1996), S. 378
509
Siehe van Gool (1987)
510
Vgl. Ayres (2003), S. 237, Patterson (1996), S. 379 f.
511
Beispielsweise Grubbstrom (1980), S. 3.1 - 3.24, Brodyansky (1994), Odum (1996), S. 260 - 278, Sciubba (2005), Herendeen (2004)
512
Vgl. Jacques (1988), S. 124 ff.
Energieeffizienz 121 _______________________________________________________________________________________________________________________________
4.3.1 Effizienzniveaus
Einsparpotenzial
Bei der Ermittlung von Energieeinsparpotenzialen ist zwischen verschiedenen Energieeffizienzniveaus zu differenzieren, die abhängig von unterschiedlichen Rahmenbedingungen definiert werden können. Demnach kann man mehrere Arten von dem Ausmaß nach abgestuften Einsparpotenzialen unterscheiden (siehe Abb. 4-4):
Bewertungsproblematik Energieeffizienzlücke bedingt durch Hemmnisse
Marktversagen Organisatorische Hemmnisse
Marktpotenzial
erreichbares postuliertes wirtschaftliches wirtschaftliches Potenzial Potenzial
technisches Potenzial
theoretisches Potenzial
513
Abb. 4-4: Energieeinsparpotenziale
f Theoretisches Potenzial: Ausgangspunkt für die Aufstellung des theoretischen Potenzials ist die Festlegung der Enthalpieeffizienz eines idealen, reversiblen Vergleichsprozesses. Die Differenz zwischen dem tatsächlich ablaufenden Prozess und dem idealen Vergleichsprozess stellt das – in der Praxis nicht erreichbare – theoretische thermodynamische Verbesserungspotenzial dar. f Technisches Potenzial: Das technische Potenzial kann durch den Einsatz der aktuell existierenden, energieeffizientesten Technologien (normalerweise auch unter Einbeziehung von Prototypen) erschlossen werden. Wirtschaftli513
Basierend auf Schmid (2003), S. 6 f. und Schmid (2004), S. 34
122 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
che Überlegungen und die bei großflächigen Betrachtungen maßgeblichen Reinvestitionszyklen für verschiedene Technologien werden dabei nicht in Betracht gezogen. f Wirtschaftliches Potenzial: Die Bezifferung des wirtschaftlichen Potenzials erhält man, wenn man innerhalb eines betrachteten Zeitraums vom Einsatz der energieeffizientesten Technologien bei allen Ersatz-, Erweiterungs- und Neuinvestitionen ausgeht, die unter den gegebenen Marktpreisen kosteneffizient sind. Dies umfasst auch betriebsinterne, nicht-technische Maßnahmen, die zu Energieverbrauchsreduktion führen (beispielsweise eine Erhöhung der Energiekostentransparenz). In vielen Fällen wird hierbei eine Unterscheidung zwischen dem volkswirtschaftlichen Einsparpotenzial, das unter Miteinbeziehung externer bzw. sozialer Kosten festgelegt wird, und dem einzelwirtschaftlichen Einsparpotenzial getroffen, das diese Kosten nur berücksichtigt, wenn diese durch staatlichen Eingriff internalisiert sind.514 Grundsätzlich wird für die Festlegung des wirtschaftlichen Potenzials von den idealisierenden Rahmenbedingungen der neoklassischen Theorie ausgegangen. f Marktpotenzial: Dieses oft auch als Erwartungspotenzial bezeichnete Potenzial resultiert aus der Existenz der sogenannten Energieeffizienzlücke, die auf mehreren Hemmnissen bei der Umsetzung von Energiesparmaßnahmen beruht. Es kann als jenes Einsparpotenzial betrachtet werden, das ohne Veränderung von volkswirtschaftlichen und innerbetrieblichen Rahmenbedingungen quasi von selbst ausgeschöpft wird.515 Eine Prognose ist allerdings schwierig, da der Beitrag einzelner Hemmnisse zur Effizienzlücke nicht feststeht. Beim Vergleich von Einsparpotenzialstudien müssen neben dem Abgleich des definierten Energieeffizienzniveaus immer auch die weiteren methodischen Rahmenbedingungen im Detail betrachtet werden. Dabei spielen unter anderem die Auswahl der berücksichtigten Technologien (beispielsweise branchenübergreifende Querschnittstechnologien516 vs. branchenrelevante Technologien517), die Festlegung der Wirtschaftlichkeitskriterien (Zinsfuß, Amortisationsdauer, …)518 und die Bezugswerte (Energieverbrauch eines Stichjahres519 oder Bezugnahme auf die Verbrauchswerte eines Trend-
514
Vgl. Jochem (2000), S. 184
515
Vgl. Lechner (2004), S. B-59
516
Siehe beispielsweise Schmid (2003)
517
Siehe beispielsweise de Beer (1998), S. 83 ff., S. 127 ff., S. 216 ff.
518
Vgl. de Beer (1996)
519
Siehe beispielsweise Barthel (2006)
Energieeffizienz 123 _______________________________________________________________________________________________________________________________
szenarios520, …) eine große Rolle für das ermittelte Einsparpotenzial. Beispielhaft sei im Folgenden (Tab. 4-2) eine Abschätzung des wirtschaftlichen Einsparpotenzials für einzelne Verbrauchssektoren in Westeuropa dargestellt, die die Ergebnisse mehrerer Untersuchungen zusammenfasst. 521
Tab. 4-2: Wirtschaftliches Energieeinsparpotenzial für westeuropäische Verbrauchssektoren
Wirtschaftliches Potenzial [%]* Sektor / Technologiebereich 2010
2020
Angenommenes Energiepreisniveau
Basisjahr
1995
Industrie Stahl und Eisen
9-15
13-20
1994
Baumaterialien
5-10
8-15
1997
1997
Glasproduktion
10-15
15-25
1997
1997
5-8
7-10
1995
1997
1997
1996
Raffinerien Chemieindustrie (organisch)
5-10
Papier und Zellstoff Konsumgüter
10-20
Nahrungsmittel
10-15
50
1996
1997
15-25
1994
1995
1997
1997
Haushaltsbereich Bestehende Gebäude
8-12
Neubauten Elektrogeräte
20-30
10-20
2000
1997
20-30
2000
1995
35-45
1997
1997
Handel, Öffentlicher Bereich und Landwirtschaft Bürogebäude
30
8-13 cts/kWh
1995
Öffentliche Gebäude
10-20
30-40
7-15 cts/kWh
1992
Land- und Forstwirtschaft
15-20
2000
Büroausstattung
40-50
1995
1995
Transport Autos
25
Züge Luftfahrt, Logistik
15-20
2000
1995
20
2000
1999
25-30
2000
1998
*…Annahme einer konstanten Struktur der Sektoren bzw. eines konstanten Gebrauchs der Technologien
Häufig wird bei der Bestimmung des energetischen Einsparpotenzials eine separate Abschätzung für die elektrische Energie vorgenommen, wobei in diesem Fall zusätzlich zwischen dem Effizienz- und dem Substitutionspotenzial differenziert werden 520
Siehe beispielsweise Lechner (2004)
521
Siehe Jochem (2000), S. 186
124 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
muss. Während Ersteres auf dem Einsatz einer effizienteren Technologie bzw. der effizienteren Anwendung einer bestehenden Technologie beruht, resultiert die Reduktion des Energieeinsatzes im zweiten Fall aus der Substitution durch einen geeigneteren Energieträger.522 4.3.2 Hemmnisse bei der Ausschöpfung ökonomischer Energieeffizienzpotentiale Erklärungen für das aus wirtschaftlicher Sicht nicht vollständig ausgeschöpfte Energiesparpotenzial und die daraus resultierende Energieeffizienzlücke sind Gegenstand einer Reihe von Untersuchungen523. Diese berufen sich neben der neoklassischen Theorie auf die Varianten der neuen institutionenökonomischen Theorie (vor allem Transaktionskostentheorie und Prinzipal-Agent-Theorie) und auf das Konzept der eingeschränkten Rationalität aus der verhaltenswissenschaftlichen Organisationstheorie.524 Da die Auswahl der geeigneten Maßnahmen zur Erschließung dieses Potenzials sowohl auf volks- als auch auf betriebswirtschaftlicher Ebene ein Verständnis der Hemmnismechanismen erfordern, sei an dieser Stelle überblicksartig darauf eingegangen, wobei der Hemmniskategorisierung von Schmid525 nach Bewertungsproblemen, Marktversagen und organisatorischen Hemmnissen gefolgt wird (siehe auch Abb. 44). Als Bewertungsprobleme werden jene Themen zusammengefasst, die häufig als zu überwindende Hemmnisse aufgeführt werden, obwohl sie unter dem Gesichtspunkt der Allokation knapper Ressourcen zur Erzielung eines optimalen Outputs berechtigterweise zur Ablehnung von Energieeinsparmaßnahmen herangezogen werden. Dies führt zu einer Überschätzung des wirtschaftlichen Potenzials.526 Dabei handelt es sich um versteckte Kosten (beispielsweise Informationskosten, nicht erfasste Kosten der Durchführung), im Vergleich zu anderen Investitionen schlechtere Risikobewertungen, Kapitalmangel vor allem in kleinen und mittleren Betrieben und eine geringere als angenommene Anwendbarkeit von Querschnittstechnologien aufgrund der Heterogenität der Unternehmen. Bei all diesen vermeintlichen Hemmnissen kann argumentiert werden, dass sich die bezüglich der Energieeinsparinvestition negative Entscheidung als die wirtschaftlich richtige Entscheidung erweist. Offensichtlich wird dies bei Untersuchungen über die geforderte interne Verzinsung von Energiesparinvestitionen (in der IRP-Diskussion zumeist als implizite Diskontrate bezeichnet), die aus tatsäch522
Vgl. Posch (1996), Teil II / S. 13
523
Siehe beispielsweise Schmid (2004), Ostertag (2003), Sorrell (2004) und die in diesen Untersuchungen angeführten Verweise
524
Zur inhaltlichen Abgrenzung der Theorien siehe beispielsweise Wolf (2003), S. 181 ff. und 257 ff.
525
Siehe Schmid (2004), S. 35 ff.
526
Vgl. Jaffe (1994)
Energieeffizienz 125 _______________________________________________________________________________________________________________________________
lich getätigten Investitionsentscheidungen abgeleitet werden kann.527 Dabei zeigt sich, dass die Rentabilitätsanforderungen für Energiesparinvestitionen häufig höher als für andere Investitionen ausfallen. Bei der Kritik an dieser Benachteiligung wird allerdings übersehen, dass versteckte Kosten, das Risiko (z.B. aufgrund nicht voraussehbarer Energiepreise) und die aufgrund der Knappheit der Mittel erforderliche Priorisierung produktionsnotwendiger Projekte eine derartige Bewertung häufig rechtfertigen.528 Ein Fokus der neoklassischen Theorie ist die Allokation knapper Ressourcen. In diesem Zusammenhang wird von Pareto-Effizienz529 gesprochen, wenn ein Zustand erreicht ist, der es nicht erlaubt, einen Marktteilnehmer besser zu stellen ohne damit auch einen anderen schlechter zu stellen. Grundlage ist ein idealisierendes Marktmodell, in dem für alle gegenwärtigen und zukünftigen Güter Märkte mit eindeutig definierten Eigentumsrechten existieren, keine Externalitäten und öffentlichen Güter auftreten, alle Marktteilnehmer über die notwendige Information verfügen und rationelle Entscheidungen zur Ressourceneinsatzoptimierung treffen sowie perfekter Wettbewerb herrscht. Verletzungen dieser Bedingungen werden als Marktversagen interpretiert und rechtfertigen den regulierenden Eingriff des Staates. Die Messung der Kosteneffizienz der Eingriffe erfolgt durch Anwendung sog. Kostentests, die eine KostenNutzen Bewertung aus dem Blickpunkt wesentlicher Stakeholdergruppen darstellen.530 Das Marktversagen umfasst vor allem Externalitäten, verzerrte Wettbewerbsstrukturen sowie unvollkommene und asymmetrische Information.531 Während die Berücksichtigung bzw. Nicht-Berücksichtigung von externen Kosten oder Nutzen und verzerrte Wettbewerbsstrukturen starken Einfluss auf die Energiepreisgestaltung und damit auf die Wirtschaftlichkeit von Energiesparmaßnahmen haben, liefern sie keinen Erklärungsbeitrag zur Nichtausschöpfung wirtschaftlicher Einsparpotenziale bei bestehenden Energiepreisen.532 Sehr wohl gilt dies aber für die Hemmnisse der unvollkommenen und asymmetrischen Information. Die unvollkommene Information resultiert daraus, dass Information Eigenschaften eines öffentlichen Gutes aufweist und damit von privaten Marktteilnehmern nur insoweit zur Verfügung gestellt wird, als dadurch ein Verkaufsvorteil des eigenen Produkts zu erzielen ist. Die Suche nach geeigneter und umfassender Information bezüglich der Energieverbrauchseigenschaften ist für den Nachfrager daher mit Kosten verbunden, die in der Kostenrechnung nicht aufscheinen.
527
Vgl. Leprich (1994), S. 97 ff. und Herppich (1993), S. 57 ff.
528
Vgl. Sutherland (1996)
529
Vgl. Varian (1999), S. 291 ff.
530
Vgl. Krause (1988), S. 335 ff.
531
Vgl. Sorrel (2004), S. 34
532
Vgl. Jaffe (1994), S. 806
126 Energie und nachhaltige Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Im Zusammenhang mit asymmetrischer Information kann es zu adverser Selektion533 und dem sog. Investor-Nutzer Dilemma534 kommen. Bei Ersterem wird eine dem Verkäufer bekannte, negative Eigenschaft eines Produkts (beispielsweise ein ungünstiges Energieverbrauchsverhalten) für den Käufer erst nach dem Kauf erfahrbar. Aufgrund der fehlenden Überprüfbarkeit dieses Mangels im Vorfeld des Vertragsabschlusses besteht von der Käuferseite keine Bereitschaft, für das vom Verkäufer angekündigte Fehlen der negativen Produkteigenschaft einen höheren Preis zu bezahlen, womit sich die schlechtere Qualität am Markt durchsetzt. Beim Investor-Nutzer-Dilemma kann derjenige, der die Investition getätigt hat, nicht den ökonomischen Nutzen der Energiesparmaßnahme lukrieren (Typischerweise tritt dies in der Wohnungsvermietung auf, kann aber auch in Unternehmen durch falsche Anreizgestaltung auftreten). Organisatorische Hemmnisse auf Unternehmensebene resultieren neben einer ungünstigen Anreizgestaltung (ungeeignete Erfolgskennzahlen, schlecht gestaltete Verantwortlichkeitsbereiche, …) vor allem aus der in der Realität vorhandenen eingeschränkten Rationalität, die sich bei Entscheidungen an Satisfizierungszielen orientiert und subjektive Präferenzen bei der Auswahl von Projekten zulässt.535
533
Vgl. Akerlof (1970)
534
Vgl. Schmid (2004), S. 45 Vgl. Sorrel (2004), S. 48 ff.
535
5 Energie im Industriebetrieb Jegliche Form von Leistungserbringung fußt auf Energieeinsatz. Dies gilt prinzipiell für menschliche Arbeitskraft, die die Leistungserstellung unter Miteinbeziehung tierischer Arbeitskraft über weite Strecken der Menschheitsgeschichte dominiert hat, ebenso sehr wie es für die in modernen Produktionsprozessen zur Anwendung kommenden Maschinen und Anlagen zur Umwandlung von Endenergie zu Nutzenergie gilt.536 Der große Unterschied besteht in der die Industrialisierung erst ermöglichenden Verfügbarmachung großer energetischer Leistung in konzentrierter Form. Dies nahm seinen Anfang mit dem Einsatz der Dampfmaschinen, die das Industriezeitalter ab Beginn des 18. Jahrhunderts prägten (Der menschlichen Leistungsfähigkeit von ca. 102 W pro Person steht um 1800 die Leistung von Watt´s größter Dampfmaschine mit 105 W gegenüber und ein moderner Hochofen kann sich heutzutage mit seiner Leistung im 109 Watt-Bereich bewegen)537. 5.1 Rolle der Energie für Industriebetriebe Ein Industriebetrieb ist dadurch charakterisiert, dass in ihm gewerblich und unter umfangreichen Einsatz von Maschinen, häufig basierend auf dem Prinzip der Arbeitsteilung, Sachgüter zum Verkauf auf großen Märkten erzeugt werden.538 Die Leistungserstellung in Form von Gewinnung, Verarbeitung oder Bearbeitung von Stoffen wird dabei als Transformationsprozess zur Umwandlung der aus der Umwelt entnommenen Inputfaktoren in die als Teil des Gesamtoutputs wieder an die Umwelt abgegebenen Sachgüter betrachtet. Die Unterscheidung zu anderen Produktionswirtschaften (im wesentlichen Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe) basiert vor allem darauf, dass die Menschen als Handlungsträger in besonderem Maße Rohstoffe, Energie und Maschinen im Rahmen dieses Transformationsprozesses einsetzen. Es bietet sich daher an, den Industriebetrieb nicht nur als soziales sondern als sozio-technisches System539 zu charakterisieren, in dem ein Großteil der Problemstellungen durch das Zusammenwirken von Mensch und Maschine geprägt ist.540 Eine weitergehende Segmentierung der Industriebetriebe in Form von Typenbildung lässt sich durch die Heranziehung einzelner Merkmale oder durch eine aus mehreren Merkmalen resultierende Charakterisierung bewerkstelligen. Entsprechende Merk-
536
Vgl. Brune (1998), S. 22 ff.
537
Vgl. Smil (1994), S. 268 f. und Smil (1999), S. 164 ff.
538
Vgl. Gabler (2000), S. 1510
539
Vgl. dazu die grundlegenden Ausführungen in Abschnitt 1.2.1.3.1
540
Vgl. Heinen (1978), S. 37
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
128 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
malskataloge sind in unterschiedlicher Form ausgearbeitet worden541, wobei die Auswahl der Unterscheidungsmerkmale stark vom Verwendungszweck der Segmentierung abhängt.542 Für eine Grobsegmentierung in Hinblick auf die unterschiedliche Ausgestaltung der Energiewirtschaft eignen sich die folgenden Merkmale543: f Nutzenergieprofil: Das Nutzenergieprofil determiniert die grundlegenden technischen Anforderungen an die Energiewirtschaft eines Industriebetriebs und legt in gewissem Rahmen auch die zum Einsatz kommenden Energieträger fest. In erster Annäherung eignet sich die Segmentierung nach Industriebranchen (siehe Abb. 5-1). Da es jedoch in einigen Branchen unterschiedliche Verfahren zur Herstellung der branchentypischen Sachgüter gibt, die sich auch in den energetischen Anforderungen unterscheiden, ist das Herstellungsverfahren zusätzlich zu berücksichtigen (Beispielsweise in der Stahlerzeugung544, wo neben dem Siemens-Martin – und dem Linz-DonawitzVerfahren auch die Elektrostahlerzeugung eine zunehmend wichtige Rolle spielt oder in der Zellstofferzeugung545, wo sowohl chemische als auch mechanische Verfahren zum Einsatz kommen). f Eigenenergieerzeugung: Eine aus energiewirtschaftlicher Sicht bedeutende Entscheidung stellt die Rückwärtsintegration entlang der energetischen Wertschöpfungskette durch den eigenständigen Betrieb eines Kraftwerks dar. Einerseits ist dies aufgrund umfangreicher Investitionen eine sehr langfristige Entscheidung und andererseits stellt der wirtschaftlich optimale Betrieb eines Kraftwerks hohe Anforderungen an die Energiewirtschaft eines Industriebetriebs. f Energiekostenanteil: Die Bedeutung der Ressource Energie für einen Industriebetrieb hängt in starkem Maße davon ab, wie hoch der Anteil der direkten und indirekten Energiekosten an den Gesamtkosten des Unternehmens ist (siehe Abb. 5-2). Wenn man von der Beeinflussung der Kosten durch die Zusammensetzung des Endenergieportfolios absieht, besteht hierbei eine enge Korrelation mit der Energieintensität des Industriebetriebs. Im Rahmen der Allokation knapper Ressourcen hat dies einen großen Einfluss auf die Akzeptanz oder Ablehnung energiewirtschaftlich bezogener Projekte. Consonni und Lesourd haben beispielsweise im Rahmen einer Studie über den Einsatz von Energie Accounting- und Controllingsystemen in Frankreich festgestellt, dass 541
Siehe die Merkmalslisten unterschiedlicher Autoren, angeführt bei Heinen (1978), S. 35
542
Vgl. Lechner (2001), S. 43 f.
543
Vgl. Posch (2005), S. 3/109 ff.
544
Vgl. de Beer (1998a), S. 130 ff.
545
Vgl. Smook (1994), S. 36 ff.
Rolle der Energie für Industriebetriebe 129 _______________________________________________________________________________________________________________________________
sich Maßnahmen zur Energieeinsparung, die über das sog. „Good Housekeeping“ hinausgehen und damit auch einen entsprechenden Kostenaufwand verursachen, erst ab einer bestimmten Schwelle rentieren.546 Diese Schwelle wird von obigen Autoren anhand von Berechnungen auf Basis dieser mehr als 300 französische Firmen umfassenden Studie entweder mit einem Energiekostenanteil von ca. 5% an den Unternehmensgesamtkosten oder einem absoluten jährlichen Energieverbrauch von ca. 3.100 toe angegeben. f Energienutzen: Der neben den Kosten zweite wesentliche Indikator für die Attraktivität der Energiewirtschaft für einen Industriebetrieb ist der Nutzenbeitrag zur Wertschöpfung. Dies können ein von der Qualität der Energieversorgung abhängiger Einfluss auf die Qualität der produzierten Sachgüter, die Vermeidung hoher Folgekosten durch Vermeidung von Energieversorgungsstörungen oder aber auch der Beitrag zu einem positiven Unternehmensimage durch Emissionsreduktion sein. f Energierisikoprofil: Ob und in welcher Form Vorsorgemaßnahmen zur Mitigation des Schadensrisikos in Zusammenhang mit der Energieversorgung zu treffen sind, hängt vom Energierisikoprofil ab. Dieses besteht im Wesentlichen aus den beiden Komponenten Qualitäts- und Preisrisiko. Während das Qualitätsrisiko, das auch den Energieversorgungsausfall inkludiert, durch entsprechende technische und logistische Maßnahmen reduziert werden kann, ist in Hinblick auf das Preisrisiko eine geeignete Hedgingstrategie erforderlich. f Organisatorische Merkmale: Die erforderliche organisatorische Ausgestaltung der betrieblichen Energiewirtschaft resultiert neben der bereits erfassten Attraktivität der Ressource Energie für das Unternehmen aus den organisatorischen Rahmenbedingungen des Industrieunternehmens. Im Besonderen sind dies die Größe des Unternehmens, die Anzahl und Vergleichbarkeit der einzelnen Betriebsstandorte sowie Vorhandensein und Ausprägung oder das Fehlen einer Holdingstruktur.
546
Siehe Consonni (1986)
130 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________ Nutzenergieprofile von Industriebranchen 100% 90% 80% 70%
Elektrochem. Beleuchtung/EDV Fahrzeugmotoren Mech. Arbeit Industrieöfen Dampferz. Raumheizung
60% 50% 40% 30% 20% 10%
ch in Ei en nr ic ht un ge n Ba uw es en
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547
Abb. 5-1: Nutzenergieprofile unterschiedlicher Industriebranchen
Die Bedeutung des Energieeinsatzes in Industriebetrieben zeigt sich auch daran, dass 2004 weltweit rund ein Drittel des Endenergieverbrauchs auf den Industriesektor entfällt (siehe Abb. 5-3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach einer WEC-Studie548 im Jahr 1995 nur 5 Industrien (Eisen und Stahl, Chemie, Raffinerien, Zellstoff und Papier, Zement) für 45% des gesamten industriellen Energieverbrauchs verantwortlich waren. Besondere Bedeutung hat dabei die Prozesswärme, die sich vornehmlich auf die beiden Anwendungen Dampferzeugung und Industrieöfen aufteilt. Als Energieträger werden dazu hauptsächlich Kohle, Erdöl und Erdgas (wenn vorhanden, auch Gicht- und Kokereigas) und in der Dampferzeugung je nach Verfügbarkeit auch Biomasse eingesetzt. Die Industrieländer unterscheiden sich von den Entwicklungsländern vor allem durch den deutlich geringeren Kohleanteil zugunsten eines stärkeren Erdölund Erdgaseinsatzes. Die zweite große Anwendungsform in der Industrie sind Standmotoren, die zugleich für den Großteil des industriellen Stromverbrauchs verantwortlich sind. Siehe dazu als typisches Beispiel für das industrielle Nutzenergieprofils eines Industrielands die Abb. 5-4.
547
Entnommen aus Kaiser (1999), S. 96
548
Siehe WEC (1995)
Rolle der Energie für Industriebetriebe 131 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Kostenstruktur der österreichischen Industrie 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40%
Andere Kosten Arbeit Rohmaterial Energie
30% 20% 10%
G
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549
Abb. 5-2: Kostenstrukturen unterschiedlicher Industriebranchen
Überdies weist der Industriesektor laut dem IEA-Referenzszenario von 2006 in den kommenden Jahren bis 2015 mit einer jährlichen Zunahme von 2,5% das stärkste Wachstum der vier Sektoren Industrie, Transport, Dienstleistung/Haushalt/Landwirtschaft und Feedstock auf, während es sich in der Mittelfristbetrachtung bis 2030 auf 1,7% jährlicher Zunahme abschwächt und damit leicht hinter die Sektoren Transport und Feedstock zurückfällt (siehe Abb. 5-5). Verantwortlich für dieses Wachstum sind vor allem die Entwicklungsländer, in denen im Gegensatz zu den OECD Ländern ein weiterer Ausbau energieintensiver Industriesparten zu erwarten ist.550 Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang China, das seinen Anteil am globalen industriellen Energiekonsum laut dieser Prognose in dem Zeitraum 2004 – 2030 von 19% auf 25% steigert, während der Anteil der OECD Länder von 46% auf 35% fällt.551 Die stärksten globalen Wachstumsraten im Industriesktor weisen dabei im Zeitraum 2004 – 2030 mit über 7% jährlichem Wachstum die erneuerbaren Energieträger auf, die aber trotzdem aufgrund einer sehr geringen Ausgangsposition auch zukünftig eine äußerst kleine Rolle spielen werden. Stark überdurchschnittliches Wachstum zeigt auch die Elektrizität. Zusätzlich nimmt auch der Verbrauch von Erdgas und Kohle deutlich zu, 549
Entnommen aus Kaiser (1999), S. 95 und Steger (2005), S. 124
550
Vgl. EIA (2006), S. 20
551
Berechnung auf Basis IEA (2006), S. 492, 494 u. 516
132 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
wobei die Zunahme des Kohleverbrauchs ausschließlich auf industrielle Anwendungen in den Entwicklungsländern zurückzuführen ist. Die Energieintensität im Industriesektor wird über diesen Zeitraum weltweit als fallend prognostiziert, wobei sich die Intensität der Entwicklungsländer – trotz einer markant schlechteren gegenwärtigen Ausgangsposition – der für die OECD Länder für das Jahr 2030 prognostizierten industriellen Energieintensität von ca. 0,02 koe / USD´05 BSP annähert.552 Hauptgrund für diese erwartete Annäherung ist der derzeitige Einsatz von Technologien mit weitaus geringerer Energieeffizienz in den Entwicklungsländern als dies in den OECD-Ländern der Fall ist. Daraus resultiert ein deutlich höheres realisierbares Energieeinsparpotenzial im Industriesektor der Entwicklungsländer.
Dienstl., Haushalte, Landwirtsch., Feedstock 41%
Zement 5%
Papier&Zellstoff 4% Raffinerien 9%
Endenergieverbrauch 2004: 7.639 Mtoe
Industrie 33%
Andere Industrie 54%
Chemie 14%
Eisen&Stahl 14% Transport 26%
553
Abb. 5-3: Globaler industrieller Energieverbrauch
552
Siehe IEA (2006), S. 458
553
Entnommen aus de Beer (1998), S. 7 und IEA (2006), S. 492
Rolle der Energie für Industriebetriebe 133 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Nutzenergieeinsatz im produzierenden Bereich (Österreich, 2001) 300000 Elektrische Energie
Endenergieverbrauch [TJ]
250000
Biogene Brennund Treibstoffe Brennbare Abfälle
200000
Kokereigas 150000
Gichtgas Naturgas
100000
Erdölprodukte Kohle
50000
0 Raumheizung und Klima
Dampferzeugung
Industrieöfen
Standmotoren
Beleuchtung und EDV
Elektrochemie
Gesamt
554
Abb. 5-4: Industrielles Nutzenergieprofil (Österreich, 2001)
Der starke Energieeinsatz im Industriesektor bedingt auch einen großen Anteil an der Emission von Treibhausgasen.555 Weltweit belief sich der Industrieanteil im Jahr 2002 auf ca. 21% der gesamten Treibhausgasemissionen, wobei der Großteil energiebedingt (Strom- und Wärmeerzeugung, direkte Verbrennung, Abfackelung und Verflüchtigung) und nur ein geringer Anteil prozessbedingt (vor allem in der Zement- und Chemieindustrie) anfällt (siehe Abb. 5-6). Aufgrund des hohen Anteils energiebedingter Emissionen stellt die Steigerung der Energieeffizienz bei den Energieendverbrauchern auch das Maßnahmenpaket mit der größten Auswirkung auf die Eindämmung der Treibhausgasemissionen dar (Im Rahmen eines Assessments hat die IEA diesen Beitrag zur Reduktion mit 45% beziffert)556. Erwartungsgemäß stellen die energieintensiven Unternehmen die Hauptemittenten dar und auf nur sieben Industriezweige (Chemie, Zement, Eisen und Stahl, Nicht-Eisen Metalle, Papier und Zellstoff, Maschinenbau, Nahrungsmittel) entfallen 76% der industriellen Gesamtemissionen. Aber auch geographisch ist eine starke Konzentration der industriellen Treibhausgasemissionen festzustellen, wobei die fünf größten Emittenten (China, EU-25, USA, Indien, 554
Siehe Lechner (2004), S. B-17
555
Zahlenangaben des folgenden Absatzes, wenn nicht anders angegeben, entnommen aus Baumert (2005), S. 69 - 79
556
Siehe IEA (2007a), S. 3
134 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
Japan) für über 60% der globalen industriellen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Prognostiziertes globales Endenergieverbrauchswachstum Gesamter Endenergieverbrauch
Industrie
Transport
2004-2015 2004-2030
Dienstleistung, Landwirtschaft u. Haushalte Feedstock
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
Wachstum pro Jahr [%]
Prognostizierte industrielle Energieverbrauchszunahme 5 Wachstum pro Jahr [%] 4 2004-2015 3 2004-2030
2
1
0 OECD
EU 25
Entwicklungsländer
China
557
Abb. 5-5: Wachstumsraten des industriellen Energieverbrauchs
Anders als beim Energieverbrauch kommt die weit größere Emissionsmenge im Industriesektor aber aus den Entwicklungsländern, wobei alleine China im Jahr 2002 für einen 22%igen Anteil an den weltweiten industriellen Treibhausgasemissionen verantwortlich war. Bis 2020 ist eine weltweite Zunahme der direkten industriellen Treibhausgasemissionen um 26% (bezogen auf das Basisjahr 2002) prognostiziert, wobei Indien und Brasilien mit jeweils rund 65%iger Zunahme den Spitzenplatz einnehmen.
557
Basierend auf IEA (2006), S. 492, 494, 506, 512 u. 516
Rolle der Energie für Industriebetriebe 135 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Industriesegmente
Chemie:
Emissionsarten
22% Fossile Brennstoffe (CO2):
Andere Verursacher 79%
Industrie 21%
Zement:
18%
Eisen & Stahl:
15%
NE-Metalle:
7%
Maschinen: Nahrungsmittel:
5% 5%
49%
Elektrizität & Wärme (CO2): 35%
Papier & Zellstoff: 5%
Restl. Industrie: 23%
Globale Treibhausgasemissionen in 2000: 41.755 Mt CO2-Äquivalent
Prozesse (CO2): 10% Andere THG:
6%
558
Abb. 5-6: Globale industrielle Treibhausgasemissionen
Trotz des im Vergleich zu den Entwicklungsländern bereits fortgeschrittenen Einsatzes von energieeffizienten Technologien ist auch in den OECD-Ländern noch ein beträchtliches wirtschaftliches Energieeinsparpotenzial im Industriesektor vorhanden. Die meisten diesbezüglichen Studien kommen für die einzelnen Industriesektoren zu Abschätzungen zwischen 10% und 20% an mittelfristig vorhandenem wirtschaftlichem Energieeinsparpotenzial.559 Für einzelne Querschnittstechnologien liegt diese Potenzialabschätzung häufig auch höher (siehe Tab. 5-1). Eine Studie über österreichische Energieeinsparpotenziale geht allerdings auch davon aus, dass von dem vorhandenen wirtschaftlichen Energieeinsparpotenzial, das sich an den Werten aus Tab. 5-1 orientiert, lediglich ein Drittel als über die nächsten 6 Jahre realistischerweise zu erschließendes Potenzial verbleibt.560
558
Entnommen aus Baumert (2005), S. 70
559
Vgl. beispielsweise Jochem (2000), S. 186, Lechner (2004), S. B-64, Schmid (2003), S. 241, Enquete-Kommission (2002)
560
Siehe Lechner (2004), S. B-64
136 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________ 561
Tab. 5-1: Energieeinsparpotenzial für industrielle Querschnittstechnologien (Deutschland, 1999)
Anwendungsbereich
Technisches Potenzial
Ökonomisches Potenzial
[%]
[%]
[PJ]*
12**
6***
58
46
14
128
Dampf- und Heisswassererzeuger (Prozesswärme) bis 50 MWth
k. A.
11
41
Industrieöfen
k. A.
25
84
17
8
25
Elektrische Antriebe
16
11
73
Pumpen
25
12 - 15
19
Druckluftanlagen
k. A.
33
23
Kälteerzeugung
k. A.
18
26
40 - 60
30
46
33
24
32
Raumwärme Konventionelle Wärmeerzeuger (Raumheizung/Heisswasser) Wärmedämmung Prozesswärme
Trockner Mechanische Energie
Lüftungs- und Klimaanlagen Beleuchtung Elektrische Beleuchtung
* …bezogen auf deutschen Energiebedarf 1999 in Industrie, Handel und Gewerbe ** …Raumwärme mit Brennwertkessel *** …Annahme: 50% des technischen Potenzials k. A. …keine Angabe
Zusätzlich zur Bedeutung der Energie für Industriebetriebe als Wettbewerbsfaktor aufgrund der steigenden Energiepreise, der verschärften Regulierungen in Hinblick auf die Treibhausgasemissionen und einer mittel- bis langfristig zu erwartenden Verknappung bestimmter fossiler Primärenergieträger kommt eine in den letzten Jahren drastisch zugenommene Dynamik und Komplexität im energiewirtschaftlichen Bereich hinzu. Dies gilt sowohl betriebsintern mit steigenden Qualitätsanforderungen, immer 561
Entnommen aus Schmid (2003), S. 241
Innerbetrieblicher Energiefluss 137 _______________________________________________________________________________________________________________________________
umfassenderen Automatisierungen und den im Rahmen internationaler Expansion geschaffenen, komplexen Organisationsformen. Es gilt aber auch für das Umfeld mit der Beschleunigung des Wettbewerbs, der strukturellen Änderung leitungsgebundener Energiemärkte im Verlauf der Liberalisierung und einer zunehmenden Prognoseunsicherheit bezüglich der Energiepreisentwicklung. 5.2 Innerbetrieblicher Energiefluss Ab Zurverfügungstellung der Endenergie an der Systemgrenze des Betriebs kann der Abschnitt der Energiewertschöpfungskette als innerer betrieblicher Energiefluss betrachtet werden, der – als technisches System betrachtet – hohe Komplexität aufweist. Dies resultiert aus einer Vielzahl einzelner Elemente von hoher Heterogenität, umfangreichen Interdependenzen unterschiedlicher Art und einer ausgeprägten Diskontinuität mit zeitlichen Schwankungen.562 Die einzelnen Abschnitte des Energieflusses orientieren sich an den Umwandlungsstufen und dabei erfolgt üblicherweise eine Segmentierung in die folgenden Bereiche (siehe Abb. 5-7): f Energiebezug: Neben der Selektion und Optimierung der von Lieferanten bezogenen Endenergieträger wird hier auch die energetische Verwertung von betriebsintern anfallenden Bei- oder Abfallprodukten (beispielsweise Holzabfälle, Gicht- oder Koksgas, Schwarzlauge) als Brennstoff behandelt. f Energieumwandlung und -verteilung: In der Regel ist für die Nutzung der Endenergieträger eine zentrale Um- oder zumindest Niveauwandlung und anschließende Weiterverteilung an den Ort der energetischen Nutzung erforderlich. Im Wesentlichen betrifft das Wärmewandler, Stromerzeugungsanlagen, Transformatoren und die Drucklufterzeugung. f Energienutzung: Neben der dominierenden Prozesswärme und den mechanischen Antrieben sind vor allem die Nutzelektrizität, die Beleuchtung und auch die Heizung bzw. Klimatisierung des Arbeitsbereichs als in Industriebetrieben eingesetzte Nutzenergie zu nennen. f Energieabgabe oder -recycling: Soweit möglich, wird die anfallende Verlustenergie einem Wiederverwertungsprozess zugeführt. Besondere Bedeutung hat die Wärmerückgewinnung über Wärmetauscher und die thermische Verwertung anfallender Neben- oder Abfallprodukte. Zusätzlich wird hier auch der potenzielle Verkauf überschüssiger Energie vor allem aus eigener Stromerzeugung oder in Form von Fernwärme betrachtet.
562
Vgl. Schmid (2004), S. 103 f.
138 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
Fremdstrom
Transformator
Beleuchtungseinrichtung
Licht
Biomasse, Abfälle BHKW
Wasserkraft
Informationstechnologie
Drucklufterzeugung
Nutzelektr. Turbine/ Generator
Heizöl, Benzin, Diesel
Kohle, Koks
Elektrochem. Anlagen
Heizkessel
Erdgas
Mechan. Energie
Öfen, Kocher, Wärmetauscher
Prozess-/ Heizwärme
Wärmepumpen
Fernwärme
Energiebezug
Motoren, Antriebe
Energieumwandlung und -verteilung
Energienutzung
Energieabgabe/ -recycling
563
Abb. 5-7: Schema des innerbetrieblichen Energieflusses
Es ist nicht Ziel dieser Abhandlung, in die technischen Aspekte des industriellen Energiemanagements einzuführen oder spezifische Elemente einzelner Abschnitte des innerbetrieblichen Energieflusses in Hinblick auf die Optimierung der energetischen Wertschöpfungskette zu diskutieren, da hierzu bereits umfassende Zusammenstellungen564 in unterschiedlichem Detaillierungsgrad existieren. Es soll aber ein kurzer Überblick über die einzelnen Segmente gegeben werden, soweit dies für das bessere Verständnis der erforderlichen Managementausprägungen dienlich ist. Die Inhalte sind den oben angeführten Zusammenstellungen entnommen, wobei in besonderem Maße die Zusammenfassung in Kapitel 4 von Wohinz (1989)565 als Anhaltspunkt dient.
563
Entnommen aus Wohinz (1989), S. 36
564
Übersichtsdarstellungen: Beispielsweise Wohinz (1989), S. 79 - 121, Schmid (2004), S. 104 110, Syberg (1999) Detaildarstellungen: Beispielsweise Maier (2002), Kap. 5.1 - 5.10, Turner (2005), Thumann (2002), Witte (1988), Petrecca (1993), Hugel (1977), Reay (1979) Energieeinkauf / Handel: Beispielsweise Bergschneider (2001), Zander (2000), Fusaro (1998)
565
Siehe Wohinz (1989), S. 79 - 121
Innerbetrieblicher Energiefluss 139 _______________________________________________________________________________________________________________________________
5.2.1 Energiebezug Ausgangspunkt für die Bereitstellung der erforderlichen Nutzenergie in Industriebetrieben ist der marktseitige Bezug von primären oder sekundären Energieträgern oder die Verwertung unternehmenseigener Energieträger, die im Rahmen des Produktionsprozesses als Nebenprodukte anfallen. Bei diesen Nebenprodukten kann es sich beispielsweise um Holzabfälle oder Schwarzlauge aus der Papier- und Zellstoffproduktion566, Kokereigas aus der Verkokung oder um Gichtgas aus dem Hochofenprozess von Stahlhütten handeln. Beim marktseitigen Bezug ist grundsätzlich zwischen leitungsgebundenen und nicht leitungsgebundenen Energieformen zu unterscheiden. Während nicht leitungsgebundene Energieformen (Kohle, Erdöl, …) im Wesentlichen nach der Bezugsmenge abgerechnet werden, spielt bei leitungsgebundenen Energieformen (Elektrischer Strom, Erdgas, Fernwärme, …) nicht nur die Menge sondern auch die maximale Kapazität eine Rolle, da die erforderliche Infrastruktur (Kraftwerkskapazitäten, Stromleitungen, Pipelines, Anschlüsse, …) nach der Spitzenlast ausgelegt werden muss. Die Bezugskosten für leitungsgebundene Energieformen setzen sich in liberalisierten Energiemärkten daher üblicherweise aus Energie- und Netzkosten, die in arbeitsabhängige und leistungsabhängige Kostenkategorien unterteilt werden, sowie den einmalig anfallenden anschlussabhängigen Kosten und den messgeräteabhängigen Kosten zusammen. Während eine Beeinflussung der arbeitsabhängigen Kosten über die Steuerung der Verbrauchsmenge erfolgen kann, sind die leistungsabhängigen Kosten durch ein geeignetes Lastmanagement steuerbar. Die Optimierung des Energiebezugsportfolios erfolgt unter den Prämissen der quantitativen sowie qualitativen energetischen Anforderungen und der erforderlichen Versorgungssicherheit. Während die energetischen Anforderungen vornehmlich aus den verfahrenstechnischen Grundlagen der unterschiedlichen Industrieprozesse resultieren, erfolgt die Festlegung des erforderlichen Versorgungssicherheitsniveaus, das vor allem Art und Dauer akzeptabler Energiezufuhrunterbrechungen festlegt, aus ökonomischen Überlegungen heraus. Dabei ist zwischen den Mehrkosten für die Mitigation des Ausfallsrisikos und den potenziell durch eine Versorgungsunterbrechung entstehenden Kosten abzuwägen. Zusätzlich sind sozio-ökologische Aspekte bei der Zusammenstellung des Bezugsportfolios zu berücksichtigen, die in zunehmendem Maße auch ökonomische Relevanz haben. Die Optionen zur Optimierung des Bezugsportfolios sind vielfältig. Sie beinhalten die Wahl des Energieträgers, soweit die energetischen Anforderungen Substitutionen zulassen, die Selektion des Lieferanten sowie die Vertragsgestaltung mit diesem und 566
Vgl. Shimizu (1984), S. 22 ff.
140 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
das Ausmaß der Rückwärtsintegration, wobei vor allem die Abwägung zwischen Eigenstromerzeugung und Zukauf von Fremdstrom als auch die Wahl des Übergabepunktes bei Gas und Strom in Hinblick auf die Druckstufe bzw. Spannungsebene relevant sind. Überdies tritt – zusätzlich zu den bereits als Commodity Märkte mit entsprechenden Wahlmöglichkeiten etablierten Erdöl- und Steinkohlemärkten – in liberalisierten Elektrizitäts- und Erdgasmärkten die Auswahl des geeigneten Versorgungsprodukts für leitungsgebundene Energieträger hinzu. Neben die auch zukünftig dominierende Vollversorgung, bei der der gesamte Strombzw. Gasbedarf durch einen Lieferanten abgedeckt wird und zumeist nur durch eine Maximalleistung begrenzt ist, tritt die Kombination verschiedener Produkte, die einzeln jeweils nur einen Teilbedarf abdecken. 567 Basis sind zumeist Bandlieferungen mit über die Vertragslaufzeit konstanter Leistung und Programmlieferungen mit einem genau definierten Lastprofil. Nicht vorhersehbare Lastschwankungen können über Zusatzversorgungsverträge abgedeckt werden. Das resultierende Mengenrisiko aufgrund nicht benötigter Energiemengen oder aufgrund eines unerwarteten Mehrbedarfs kann über den Spotmarkt abgesichert werden, der auch als Alternative zu Zusatzversorgungsverträgen gesehen werden kann. Allerdings bleibt damit ein erhebliches Preisrisiko bestehen, das durch Instrumente des finanziellen Risikomanagements in Form von Termingeschäften mit Derivaten vermindert werden kann (siehe dazu auch Abschnitt 3.2.4.2). Das mit Termingeschäften einhergehende Risiko muss jedoch mit einem im Unternehmen institutionalisierten Risikomanagement überwacht und gesteuert werden.568 Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die tägliche Erfassung und Quantifizierung der aus den Handelsaktivitäten resultierenden finanziellen Risiken. Von den mannigfaltigen Methoden zur Messung dieses Risikos sollen hier aufgrund ihrer weitverbreiteten Anwendung die sog. „Griechen“569 und die „Value at Risk“ – Methode570 genannt werden. Die „Griechen“ – so benannt nach den als Indikatoren verwendeten griechischen Buchstaben Delta, Gamma, Theta, Vega und Rho – sind vor allem für Optionsgeschäfte unerlässlich und beschreiben die Sensitivität des Portfolios auf die Änderung äußerer, maßgeblicher Faktoren (beispielsweise der Preis des Underlyings, die Restlaufzeit, der risikofreie Zinssatz). Die zweite Methode, Value at Risk, hat sich zwischenzeitlich zum Standardverfahren zur Bestimmung des Marktrisikos entwickelt. Im Wesentlichen besteht es aus der Berechnung des maximalen Verlustpotenzials eines Portfolios mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb einer angegebenen Zeitspanne. 567
Vgl. Zander (2000), S. 46 ff.
568
Vgl. Bergschneider (2001), S. 224 ff.
569
Vgl. Miller (1998), S. 149 ff.
570
Vgl. Leong (1998)
Innerbetrieblicher Energiefluss 141 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Allerdings zielt diese Methode nur auf die Risikomessung unter „gewöhnlichen“ Marktbedingungen ab und eignet sich nicht für die Betrachtung von Krisenszenarien. Überdies trifft die Methode auch keine Aussage über das Ausmaß des mit einer Restwahrscheinlichkeit verbleibenden Verlustpotenzials. Dementsprechend ist auch diese Methode mit weiteren Instrumenten zu ergänzen, um ein ausreichendes Risikomanagement sicherzustellen. Ein anerkannter Kanon für den verantwortungsvollen Umgang mit Derivaten findet sich in den sog. „Empfehlungen der Group of Thirty“.571 Der erforderliche große finanzielle und organisatorische Aufwand, der zur eigenständigen Durchführung und Risikoüberwachung von Termingeschäften erforderlich ist, führt dazu, dass nur äußerst wenige Industrieunternehmen (beispielsweise Degussa572, Deutsche Bahn573) diese Aufgabe selbst wahrnehmen. Zumeist bedienen sich auch die energieintensiven Unternehmen der Dienstleistungen von Brokern, Portfoliomanagern oder Händlern. 5.2.2 Energieumwandlung und -verteilung In den meisten Fällen werden die den Industriebetrieben zugeführten primären und sekundären Energieträger einer zentralen Um- oder Niveauwandlungsanlage zugeführt und von dort über Leitungen und Rohre an die Orte der Nutzung verteilt. Große Bedeutung als zentrale Um- oder Niveauwandler haben Wärmeversorgungsanlagen, Anlagen zur Eigenstromerzeugung, Transformatoren und die Verdichterstationen zur Drucklufterzeugung. Neben dem vor allem in Industrieländern aufgrund der hohen Schadstoffbelastung stark reduzierten Einsatz der Energieträger Heizöl und Kohle für die Befeuerung zentraler Wärmeerzeugungsanlagen werden mittlerweile vorrangig Biomasse und Erdgas verwendet. Es existiert eine Vielzahl von Wärmeerzeugungstypen im Leistungsbereich von wenigen kW bis hin zu mehreren 100 MW. Je nach Wärmeträgermedium kommen unter anderem Standard-Wasserkessel, Großraumkessel für Wasser und Dampf als Flammrohr- bzw. Rauchrohrkessel oder Wasserrohrkessel und Thermoölerhitzer zum Einsatz. Die am meisten verbreiteten Wärmeträgermedien sind Wasser für Temperaturen bis zu 180°C, Dampf für darüberliegende Temperaturanforderungen und – deutlich seltener – Thermoöle. Der rationelle Betrieb dieser Wärmeerzeugungs- und -verteilungsanlagen resultiert aus einer geeigneten Temperaturführung der Abgase, da zu hohe Temperaturen Energieverluste mit sich bringen und bei zu niedrigen Tempera-
571
Siehe Group of Thirty (1993), S. 9-24
572
Siehe dazu: (abgerufen am 28. 01. 2008, 18:20)
573
Siehe Pischon (2003)
142 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
turen die Gefahr einer Taupunktkorrosion besteht, der Reduktion von Regelverlusten und einer adäquaten Isolierung. Während Anlagen zur reinen Stromerzeugung eher selten in Industriebetrieben anzutreffen sind, trifft man vor allem in Industriebranchen, wo Energieträger als Nebenprodukte anfallen, häufig auf die Kraft-Wärme-Kopplung (siehe dazu Abschnitt 3.2.4.1.3). Dabei ist zu beachten, dass die hohe Umwandlungseffizienz nur vorteilhaft eingesetzt werden kann, wenn ein entsprechend kontinuierliches Wärmeabnahmeprofil im Betrieb vorhanden ist. Überdies müssen die Erfordernis eines Reserveleistungsvertrags, der bei Unterbrechungen den marktseitigen Ersatz garantiert, und die häufig ungünstigen Einspeisebedingungen für Überschuss-Strom in das wirtschaftliche Kalkül miteinbezogen werden. Transformatoren sorgen für die Niveauwandlung des elektrischen Stroms an der Übergabegrenze und innerhalb des Betriebs. Der Betrieb der Transformatorenstation beim Übergabepunkt erfolgt entweder durch den Netzbetreiber, durch den Betrieb oder aber gemischt. Besondere Bedeutung kommt der richtigen Auslegung der Transformatoren zu, da bei zu hoher Auslastung hohe Energieverluste zu verzeichnen sind. Für die Stromverteilung ist einerseits die für den Betrieb am besten geeignete Spannungsstufe zu wählen, wobei in großen Industriebetrieben durchaus auch Mittelspannung zum Einsatz kommt, und andererseits die erforderliche Spannungsqualität sicherzustellen. Dies kann über die Einrichtung dedizierter Stromkreise für sensible EDV-Anwendungen, die Installation von Filtern, Geräten zur Unterdrückung von kurzfristig auftretenden Spannungsspitzen oder anderen Anwendungen zur Sicherstellung eines gleichmäßigen sinusförmigen Spannungsverlaufs erfolgen. Von besonderer Bedeutung für den rationellen Betrieb sind die Leistungssteuerung und die Blindstromkompensation. Im Rahmen der Leistungssteuerung wird durch unterschiedliche Anlagen, die von einfachen Lastabwurfanlagen bis hin zu integrierenden Lastmanagement Systemen reichen, die Überschreitung vorgegebener innerbetrieblicher Spitzenlasten mit daraus resultierenden hohen Zusatzkosten für den Strombezug vermieden. Der induktive Blindstrom, der zu zusätzlichen Leitungsverlusten über die Betriebsgrenzen hinaus führt, entsteht aus dem Bedarf an Magnetisierungsstrom für elektrische Felder und kann durch den geeigneten Einbau von Kondensatoren kompensiert werden. Dies ist wichtig, da EVUs bei Überschreiten eines bestimmten Blindstromanteils diese Überschreitung gesondert in Rechnung stellen. Die teuerste Energieform in Industriebetrieben ist die Druckluft zur Erzeugung von mechanischer Energie, die aufgrund des geringen Wirkungsgrades der Kompressoren rund zehnmal teurer als die ohnehin schon teure Elektrizität ist. Gleichzeitig besteht bei den Druckluftanlagen ein enormes Einsparpotenzial von weit über 30%, das vor
Innerbetrieblicher Energiefluss 143 _______________________________________________________________________________________________________________________________
allem auf den Leckagen in den Verteilnetzen beruht.574 Dementsprechend ist der Einsatz von Druckluft sorgfältig abzuwägen und die Anlagen sind in ausreichendem Umfang zu warten. 5.2.3 Energienutzung Nach der innerbetrieblichen Verteilung werden die Einsatzenergieträger dem Produktionsprozess oder Hilfsaggregaten zugeführt und in jene Nutzenergien umgewandelt, die zur Erstellung der nachgefragten Energiedienstleistung erforderlich ist. Die dabei verwendeten Aggregate sind zumeist direkt in die Produktionsanlagen integriert und die Umwandlung erfolgt praktisch gleichzeitig mit der Energienutzung. Trotz der Vielfalt an Möglichkeiten und der Erfordernis maßgeschneiderter Anwendungen finden sich durchgängige Grundanwendungen in Form von Querschnittstechnologien, die branchenübergreifende Aussagen zur rationellen Energienutzung zulassen. Die Prozesswärmeanwendung ist die in Industriebetrieben am häufigsten zum Einsatz kommende Nutzenergie, wobei zwischen Niederprozesswärme bis zu 400°C (umfangreicher Einsatz in der Nahrungsmittelindustrie, der Textilindustrie und der Papierund Zellstoffindustrie) und Hochprozesswärme von 400°C bis zu 2.000°C (vorrangiger Einsatz in der Stahl- und Eisenindustrie, bei der Verarbeitung und Verhüttung von NE-Metallen, in der Glasindustrie und der Verarbeitung von Steinen und Erden) zu unterscheiden ist. Typische Anlagen sind beispielsweise Öfen verschiedenster Bauart, Trockner, Kocher, etc., wobei Heißwasser, Dampf und fossile Brennstoffe zur Direktbefeuerung aber auch elektrischer Strom für elektrothermische Anwendungen zum Einsatz kommen. Die hohe Energieintensität dieser Anlagen lässt dem rationellen Energieeinsatz eine hohe Bedeutung zukommen. Dieser mündet in anlagentechnische Maßnahmen, die sich im Anlagenbau niederschlagen, in betriebstechnische Maßnahmen, die die optimale Steuerung und den am besten geeigneten zeitlichen und leistungsmäßigen Einsatz umfassen, sowie organisatorischen Maßnahmen, wie beispielsweise die Vermeidung unnötiger Warmhaltezeiten. Beim Einsatz der Raumwärme hat die Gebäudestruktur in Hinblick auf Wärmedämmung, Geometrie und Ausrichtung einen starken Einfluss auf den rationellen Energieeinsatz. Neben dem rationellen Einsatz spielt bei Klimatisierung und Lüftung auch der Wohlfühlfaktor eine große Rolle. Der bei weitem größte Anteil der Verwendung von elektrischem Strom in Industriebetrieben entfällt auf die Erzeugung mechanischer Energie mit Elektromotoren. Aufgrund des einfachen Aufbaus und des günstigen Preis-Leistungsverhältnis finden zumeist Asynchron-Drehstrommotoren Verwendung, die von 0,1 Watt bis hin zu 15 MW gebaut werden. Für Sonderanwendungen kommen auch Synchron-Drehstrommotoren 574
Vgl. Radgen (2001), S.295
144 Energie im Industriebetrieb _______________________________________________________________________________________________________________________________
und Gleichstrommotoren zum Einsatz. Bei der Auslegung der Antriebe ist vornehmlich auf die Gewährleistung des Betriebs bei Nennlast, die benötigte Beschleunigung und die Stabilität über den erforderlichen Drehzahlbereich für das gesamte System zu achten. Richtige Dimensionierung, optimale Betriebsweise und geeignete Steuerung und Regelung beeinflussen in besonderem Maße den rationellen Energieeinsatz. Nutzelektrizität wird vor allem im elektrochemischen Bereich und mit rasant zunehmender Bedeutung im IT-Bereich eingesetzt. Bei der Elektrochemie handelt es sich häufig um energieintensive Abscheideverfahren im Rahmen einer Elektrolyse, die auch hohe Stoffreinheit bewirkt (beispielsweise Aluminiumgewinnung, Erzeugung von Elektrolytkupfer). Ein weiterer Einsatzbereich ist das Galvanisieren von Oberflächen. Die Informationstechnologie hat sich mit der erfolgten Digitalisierung drastisch gewandelt und der Schwerpunkt liegt hierbei weniger auf der Verbrauchsmenge sondern auf der Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Stromversorgung. In besonderen Fällen greift man dabei auch auf dedizierte Stromkreise zurück, um die sehr sensiblen Anlagen keinen unerwünschten Spannungsschwankungen auszusetzen, die nicht nur zu Unterbrechungen sondern auch zu Hardwareschäden führen können. Für die Beleuchtung resultieren die Anforderungen neben der möglichst rationellen Energieverwendung vor allem auch aus der für die unterschiedlichen Arbeitssituationen erforderlichen hohen Beleuchtungsqualität. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die geeignete Nutzung des Tageslichts durch geeignete bauliche Maßnahmen, was idealerweise bereits in Form von integraler Planung in der Bauphase sichergestellt wird. Außerdem spielt die geeignete Auswahl der Lichtquellen und Beleuchtungssysteme eine große Rolle, da normale Glühlampen einen energetisch äußerst geringen Wirkungsgrad aufweisen, der von Energiesparlampen um das vierfache und von Leuchtstoff- oder Entladungslampen um das sechs- bis elffache übertroffen wird. Als Auswahlkriterien werden die spektrale Lichtverteilung, die Farbtemperatur, die Geometrie der Lichtausstrahlung, die Lebensdauer und der Anschaffungspreis herangezogen. Mit automatischen Schalt- und Regelsystemen lässt sich der beleuchtungsbezogene Energiebedarf bis auf die Hälfte reduzieren.575 5.2.4 Energieabgabe oder -recycling Da nur ein Teil der eingesetzten Energie in den Produkten gespeichert wird, geht ein großer Anteil vor allem in Form von Abwärme an die Umgebung über. Wenn dies aufgrund eines vorhandenen Bedarfs und einem ausreichenden Exergieinhalt wirtschaftlich sinnvoll ist, kann diese Abwärme über Wärmerückgewinnungseinrichtungen entweder für denselben Prozess oder andere betriebsinterne Prozesse recycelt werden. Im Wesentlichen erfolgt dies über Wärmepumpen und Wärmetauscher unterschiedlicher 575
Vgl. Turner (2005), S. 370 ff.
Innerbetrieblicher Energiefluss 145 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Bauart (beispielsweise Rekuperatoren mit feststehendenTrennflächen, Regeneratoren mit rotierender Speichermasse). Eine weitere Form der Energierückgewinnung stellt die energetische Verwertung von entstehenden Neben- oder Abfallprodukten (Holzabfälle, Gicht- und Koksgas, Schwarzlauge, …) dar. Dies kann entweder für die Wärmegewinnung oder für die Eigenstromerzeugung erfolgen. Im Falle der Erzeugung von überschüssiger Energie ist auch der Verkauf dieser Energie an Dritte in Erwägung zu ziehen. Zumeist handelt es sich dabei um überschüssigen Strom aus der Eigenstromerzeugung oder aber um überschüssige Wärme, die in Form von Nahwärme weiterverkauft werden kann. Dazu ist neben der Verfügbarkeit der erforderlichen Infrastruktur vor allem auch der entsprechende Bedarf eines Abnehmers eine Voraussetzung der wirtschaftlichen Umsetzung. Eine betriebsübergreifende Optimierung in dieser Hinsicht erfolgt in industriellen Ökosystemen (beispielsweise der häufig zitierte Industriepark von Kalundborg)576, deren Betriebe bezüglich Bedarf an und Abgabe von Energieüberschüssen und anderen anfallenden Nebenprodukten aufeinander abgestimmt sind.
576
Vgl. Tibbs (2000), S. 205 f.
6 Betriebliches Energiemanagement Die gesamthafte Darstellung der betrieblichen Energiewirtschaft als funktionaler Teilbereich des Unternehmens erfordert die Miteinbeziehung des Humanaspekts, indem der innerbetriebliche Energiefluss nicht nur aus der technischen Perspektive betrachtet sondern auf die sozio-technische Systemebene gehoben wird. Neben den erforderlichen Ausführungsaufgaben entlang der im vorhergehenden Kapitel kurz vorgestellten Teilbereiche des innerbetrieblichen Energieflusses besteht auch der Bedarf zur Lenkung, Gestaltung und Entwicklung dieses Systems. Die damit verbundenen Aufgaben und Funktionen sind im eigentlichen betrieblichen Energiemanagement gebündelt. 6.1 Zweck, Ziele und Aufgaben Betriebliches Energiemanagement wird in dieser Abhandlung als Management der Energiewirtschaft, einem funktionalen Teilbereich des Unternehmens mit Fokus auf die Ressource Energie als notwendiger Input im Rahmen der betrieblichen Wertschöpfung, betrachtet (siehe dazu auch Abschnitt 2.2.2). Aufgrund dieser Einbettung in die betriebliche Energiewirtschaft erfordert die Charakterisierung des eigentlichen Energiemanagements vorab ein Verständnis von Zweck, Ziel und Aufgaben der Energiewirtschaft. Betrachtet man das Unternehmen577 aus systemischer Perspektive, kann die Energiewirtschaft als offenes, sozio-technisches Subsystem des Gesamtunternehmenssystems aufgefasst werden. Wesentliche Systemelemente sind die als Ressource – zumeist in Form von Energieträgern – zugeführte Energie, die für die unabdingbaren Umwandlungsprozesse sowie die Verteilung erforderlichen Betriebsmittel und die in diesen Prozess des innerbetrieblichen Energieflusses involvierten Mitarbeiter des Unternehmens. Die Offenheit des Systems „Energiewirtschaft“ bezieht sich sowohl auf die Einbindung der Energiewirtschaft in das Gesamtunternehmen als auch auf die direkte Berücksichtigung unternehmensrelevanter Impulse aus dem energetischen Umfeld. Der Austausch der Energiewirtschaft mit dem Gesamtunternehmen als übergeordneter Systemebene und den anderen Teilsystemen derselben Systemebene erfolgt in beide Richtungen. Vorgaben des Unternehmens wirken als Kontextfaktoren für die Ausgestaltung der Energiewirtschaft und umgekehrt fließen energiewirtschaftliche Anforderungen in die Entscheidungsfindung auf Unternehmensebene ein. Gleichzeitig erfolgt eine 577
Für die Abgrenzung zwischen den Begrifflichkeiten „Unternehmen“ (bzw. als Synonym auch „Unternehmung“) und „Betrieb“ siehe Gabler (2000), S. 428 ff. u. S. 3181 ff.: Die Unternehmung ist eine örtlich nicht gebundene, wirtschaftlich-finanzielle und rechtliche Einheit und kann aus einem oder mehreren, durch den örtlichen Zusammenhang charakterisierten Betrieb bzw. Betrieben (örtliche, technische und organisatorische Einheit zum Zweck der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen) bestehen.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
148 Betriebliches Energiemanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
laufende Koordination mit den anderen Teilsystemen des Unternehmens zur gegenseitigen Optimierung im Rahmen der Gesamtunternehmensvorgaben. Der Zweck der betrieblichen Energiewirtschaft besteht in der wirtschaftlich optimalen Bereitstellung, Einbringung und darüber hinausgehenden wirtschaftlichen Verwertung der Ressource Energie zur Erfüllung des jeweiligen Unternehmenszwecks. Dazu muss die Ressource Energie als geeignete Energieform in benötigter Menge und Qualität zum richtigen Zeitpunkt am erforderlichen Einsatzort zu den unter diesen Vorgaben geringst möglichen Kosten zur Verfügung gestellt werden.
Kosten
Energiekosten
Qualität
Verfahrenstechnische Qualitätsaspekte
Unternehmenszielabhängige, energiewirtschaftliche Zielaspekte
Versorgungssicherheit, Anpassungsfähigkeit
Zeit
Umweltbeeinflussung, Sicherheit/Komfort
Sozioökologie
578
Abb. 6-1: Energiewirtschaftliche Zielausprägung in Abhängigkeit von den Unternehmenszielen
Vorrangiges Ziel ist die in Teilzielen erfasste Optimierung des Beitrags der Energiewirtschaft zur Unternehmenszielsetzung. Wenngleich diese Zielsetzung von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich ausfällt, können die Teilziele üblicherweise auf die Dimensionen Qualität, Kosten, Zeit und – vor allem seit der erstarkten Nachhaltigkeitsdiskussion – auf den sozio-ökologischen Aspekt zurückgeführt wer578
Eigene Darstellung
Zweck, Ziele und Aufgaben 149 _______________________________________________________________________________________________________________________________
den.579 Eine geeignete Zielsetzung bringt die teilweise in Konkurrenz zueinander stehenden Zielausprägungen dieses Spannungsvielecks in ein ausgewogenes Verhältnis, wobei je nach strategischer Positionierung des Unternehmens eine Dominanz bestimmter Zielausprägungen gegeben ist.580 Eine Auflösung dieses Spannungsverhältnisses wird durch die Verfolgung sogenannter Hybridstrategien581 angestrebt, die im Gegensatz zu den generischen Strategien von Porter582 nicht auf die eindimensionale Ausschöpfung bestimmter Skalenerträge (economies of scale, scope oder speed)583 abzielen, sondern sequentiell584 oder simultan Kosten- und Differenzierungsvorteile in Kombination zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen ausnützen. In diesem Zusammenhang kommt der Flexibilität des Unternehmens sowohl in Hinblick auf die Varietät des Systemverhaltens als auch auf die Zeitkomponente bei Systemänderungen eine bedeutende Rolle zu.585 Der Beitrag der Energiewirtschaft zur unternehmensindividuellen Zielerreichung lässt sich durch die Festlegung geeigneter Teilziele optimieren (siehe auch Abb. 6-1): f Qualität: Eine qualitätsorientierte Strategie wird in starkem Maße durch den Einsatz der für die jeweilige Anwendung geeignetsten Energieform unterstützt. Dabei steht weniger die exergetische Optimierung im Vordergrund als vielmehr verfahrenstechnische Eigenschaften (beispielsweise hochwertiger Koks in der Stahlerzeugung oder Einsatz von elektrischem Strom zur präziseren Steuerung von Temperatur- oder Geschwindigkeitsprofilen). Energiewirtschaftliche Ziele werden daher in geringerem Maße den Energiekosten- als vielmehr den qualitativen Wertschöpfungsaspekt der Energiebereitstellung in den Vordergrund stellen. f Kosten: Kostenführerschaft wird von der Energiewirtschaft vor allem durch eine auf Preissenkungen abzielende Energiebeschaffungsstrategie und die Ausnutzung wirtschaftlicher Energieeffizienzpotenziale gefördert. Der Energieeinsatz wird dabei vorrangig in Hinblick auf die Exergie optimiert und die Maßnahmen zur Mitigation von energieversorgungsbedingten Stillständen orientieren sich ausschließlich an den potenziellen Ausfallkosten. In diesem
579
Vgl. Bentlage (2003), S. 372 f.
580
Vgl. Seghezzi (1996), S. 13 f.
581
Vgl. Welge (2005), S. 395 ff. u. Matzler (2009), S. 16 ff., der dies am Beispiel des „Customer Value“-Wettbewerbs darstellt
582
Siehe Porter (2000), S. 37 ff.
583
Vgl. Bleicher (1996), S. 252 ff.
584
Vgl. D´Aveni (1994), der einen sequentiellen Hybridstrategieansatz zur Beherrschung des Hyperwettbewerbs vorschlägt
585
Vgl. Fleck (1995), S. 190 ff.
150 Betriebliches Energiemanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Fall steht die Reduktion der Energiekosten an oberster Stelle des energiewirtschaftlichen Zielkatalogs. f Zeit: Neben der strategisch bedingten Mitigation von energieversorgungsbedingten Stillständen (beispielsweise bei einem Hersteller von Speicherchips die Sicherstellung des zeitlichen Vorsprungs bei der Markteinführung durch unterbrechungs- und spannungsschwankungsfreie Stromversorgung während Langzeittests neuer Speicherchips)586 spielt hier auch die Anpassungsfähigkeit der energetischen Infrastruktur im Betrieb an wechselnde Produktionsbedingungen bei Ausnützung kurzfristiger Markttrends eine Rolle. Aussagen zur erforderlichen Anpassungsfähigkeit der betrieblichen Energieinfrastruktur und Vorgaben zur Versorgungsqualität dominieren hier die energiewirtschaftlichen Ziele. f Sozioökologie: Sozioökologische Ziele werden durch die Reduktion von energiebedingten Schadstoffbelastungen und den Einsatz erneuerbarer Energieformen unterstützt. Soziale Aspekte betreffend die Energieversorgung spielen in Unternehmen mit Betriebsstandorten in Industrieländern eine untergeordnete Rolle, da entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen bezüglich einer mitarbeitergerechten Gestaltung des Arbeitsumfeldes als Basis existieren und deren Einhaltung behördlich kontrolliert wird. Die energetischen Zielvorgaben beinhalten daher vor allem Vorgaben zur Schadstoffminderung und zum Anteil von erneuerbaren Energieformen am Energieportfolio. Die Aufgaben der Energiewirtschaft fallen in die beiden Kategorien der Ausführungsaufgaben entlang der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette und der Managementaufgaben im Rahmen des eigentlichen betrieblichen Energiemanagements (siehe Tab. 6-1). Die Ausführungsaufgaben reichen von der Beschaffung und dem Einsatz der Energie bis hin zur Anschaffung und Instandhaltung der energiebezogenen Anlagen. Die Managementaufgaben gliedern sich auf normativer, strategischer und operativer Ebene rund um die Funktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle in Zusammenhang mit der betrieblichen Energiewirtschaft. Außerdem werden auch die Koordination innerhalb der Energiewirtschaft sowie mit dem restlichen Unternehmen und die Entwicklung der Energiewirtschaft abgedeckt. Der Zweck des betrieblichen Energiemanagements besteht in der das System konzipierenden Gestaltung, der das System unter Kontrolle haltenden Lenkung und der die vorausschauende Systemadaptation ermöglichenden Entwicklung des offenen, soziotechnischen Systems „Betriebliche Energiewirtschaft“ auf normativer, strategischer
586
Vgl. Posch (1996), S. 42 ff.
Existierende Betrachtungen 151 _______________________________________________________________________________________________________________________________
und operativer Ebene.587 Ein wesentlicher Teilaspekt ist dabei die Koordination systemintern und mit dem Gesamtunternehmen als übergeordnetem System sowie den anderen Teilsystemen des Unternehmens auf derselben Systemebene.588 Die Zielsetzung fällt mit den Teilzielen der betrieblichen Energiewirtschaft zusammen, deren Erreichung durch Ausübung der fünf wesentlichen Managementfunktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle und die damit einhergehende Koordination und Entwicklung sichergestellt werden soll. Mit der Ausübung der fünf wesentlichen Managementfunktionen und der Sicherstellung von Koordination und Entwicklung durch Auswahl und Einsatz geeigneter Managementinstrumente sind bereits die Hauptaufgaben des betrieblichen Energiemanagements erfasst. Hinter diesen Aktivitäten liegt grundsätzlich ein häufig als Managementprozess bezeichneter Regelkreis589 mit der Entscheidung als Kern der Willensbildung sowie – im Rahmen der Willensdurchsetzung – Anordnung und anschließender Kontrolle als Auftakt für neuerliche Entscheidungen. 6.2 Existierende Betrachtungen Die betriebswirtschaftlichen Aspekte des Energiebezugs und –einsatzes in Unternehmen erlangen erst mit den in den siebziger Jahren auftretenden Energiekrisen breitere Aufmerksamkeit.590 Zuvor beschränken sich diesbezügliche betriebswirtschaftliche Abhandlungen vor allem auf Besonderheiten der Energieverbrauchsfunktionen und der Erfassung in der Kostenrechnung.591 Die zunehmende Bedeutung des Faktors Energie zeigt sich nicht zuletzt auch in der Forderung nach einer Erweiterung der in der Betriebswirtschaft weithin verwendeten Produktivfaktoren von Gutenberg592 um den Produktivfaktor „Energie“593, wobei mit dem Aufkommen des Ressourcenkonzepts von Penrose eine für die „Energie“ noch geeignetere Betrachtung als Einsatzfaktor mit produktivem Beitrag zum Produktionsprozess existiert594. Eine umfangreiche Analyse energiebezogener Veröffentlichungen von 1970 bis 2005595 zeigt allerdings 587
Vgl. Schwaninger (1994), S. 16 f.
588
Vgl. Bleicher (1996), S. 70 ff.
589
Vgl. Schwaninger (1994), S. 21 ff.
590
Vgl. Funk (1990), S. 4, Kern (1981), S. 3
591
Siehe Gälweiler (1960), Schenkel (1961), Schenkel (1961a) und Gehrecke (1965)
592
Siehe Gutenberg (1979), S. 2 ff.; Ursprünglich umfassen die Produktivfaktoren die Elementarfaktoren „objektbezogene menschliche Arbeit“, „Arbeits- und Betriebsmittel“ und „Werkstoff“ sowie den dispositiven Faktor „Betriebs- und Geschäftsleitung“.
593
Vgl. Strebel (1980), S. 38 ff.
594
Vgl. Layer (1984), S. 639
595
Siehe Posch (2006) und Abschnitt 2.2.3 dieser Abhandlung
152 Betriebliches Energiemanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
sowohl für den deutschen als auch für den englischen Sprachraum trotz eines gestiegenen betriebswirtschaftlichen Interesses am Thema „Energie“, dass die Veröffentlichungen weiterhin von naturwissenschaftlich-technischen und volkswirtschaftlichen Betrachtungen dominiert werden. Fasst man die separat abgefragten Themengruppen „Energieeffizienz“ und „Betriebliches Energiemanagement“ zusammen, resultiert daraus ein Anteil von 17% an den deutschsprachigen und ein Anteil von 3% an den englischsprachigen, energiebezogenen Veröffentlichungen in diesem Zeitraum. Dabei entfallen im deutschsprachigen Bereich 68% der zu dem Thema „Betriebliches Energiemanagement“ verfassten Abhandlungen auf Untersuchungen rund um die Themenbereiche Kostenrechnung und Controlling, während in der englischsprachigen Literatur mit 55% die Themenbereiche Analyse, Planung und Organisation den größten Anteil an den Veröffentlichungen zum betrieblichen Energiemanagement ausmachen. Aufgrund eines auch für die Betrachtung betriebswirtschaftlicher Aspekte des betrieblichen Energiemanagements erforderlichen fundierten Verständnisses grundsätzlicher verfahrenstechnischer Abläufe und thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten haben sich häufig Vertreter der Ingenieurwissenschaften mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen dieses Themas angenommen.596 Diese Tendenz wurde noch durch die Tatsache verstärkt, dass das Energiemanagement als sehr praxisnahe eingestuft wurde und – nach Meinung des Autors – nach wie vor wird und damit den praxeologisch orientierten Ingenieurwissenschaften nahe liegt. Daraus resultiert eine Form von Abhandlungen, die als Handbücher aufgebaut sind und deren Schwerpunkt auf Anleitungen zur technisch orientierten Optimierung der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette liegt.597 Der betriebswirtschaftliche Anteil wird häufig auf die Investitionsrechnung zur Bewertung von Energieeinsparprojekten reduziert. In einigen Fällen werden auch organisatorische Anforderungen als Voraussetzung eines funktionierenden Energiemanagements postuliert. Erwähnung finden hierbei zumeist die Existenz von Energiezielen, die organisatorische Verankerung eines Energiemanagers sowie geeignete Trainings- und Motivationsmaßnahmen für die Belegschaft. Eine weitere Form von Veröffentlichungen, die sich einer sehr praxisbezogenen Betrachtung des Themas „Betriebliches Energiemanagement“ widmen, sind Leitfäden oder Ratgeber von regierungsnahen Stellen, die das politische Interesse an Energieeffizienz als Reaktion auf auftretende Energiekrisen widerspiegeln.598 Dabei werden ne596
Vgl. Funk (1990), S. 4 f., Leimer (1980)
597
Beispielsweise Maier (1997), Turner (2005), Thumann (2002), Petrecca (1993), Hugel (1977), Reay (1979), Witte (1988), Borch (1986), Browne (1999)
598
Beispielsweise Caffall (1995), DETR (1995), BRECSU (1993), CEC (2000), CEC (2000a), EPA Victoria (2002), Carbon Trust (2004), Kaiser (1999a)
Existierende Betrachtungen 153 _______________________________________________________________________________________________________________________________
ben technischen Aspekten auch übergreifende betriebswirtschaftliche Aspekte erfasst. Diese Leitfäden und Ratgeber weisen aber zugunsten einer einfachen Verständlichkeit kaum wissenschaftlichen Anspruch auf. Häufig handelt es sich um Check-Listen, die eine rasche und einfache Umsetzung einzelner energiewirtschaftlicher Themen im betrieblichen Alltag in den Vordergrund stellen. Typische Beispiele sind Anleitungen zur Durchführung von grundlegenden Energieanalysen599 oder das im Rahmen des britischen „Government´s Energy Efficiency Best Practice Programmme“ entstandene Energy-Assessment-Konzept600, welches vor allem in der angelsächsischen Energiemanagement-Literatur einige Verbreitung gefunden hat601. Tiefergehende betriebswirtschaftliche Abhandlungen konzentrieren sich in den meisten Fällen auf einen Abschnitt der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette (typischerweise die Energiebereitstellung oder die Energienutzung) oder auf die Rolle einer ausgewählten Managementfunktion im Rahmen des betrieblichen Energiemanagements. Im Bereich der Energiebereitstellung ist hier zwischen der Behandlung von Planungs- und Optimierungsproblemen beim Einsatz industrieller Kraftwerke602 und zwischen dem finanztechnisch orientierten Portfolio- sowie dem damit verbundenen Risikomanagement im Energieeinkauf603 zu unterscheiden. Der zweite Aspekt hat vor allem mit der Liberalisierung der leitungsgebundenen Energiemärkte für elektrischen Strom und Erdgas gegen Ende des 20. Jahrhunderts einen starken Aufschwung erfahren. Einen breiten Raum nehmen Untersuchungen zur optimalen Energienutzung unter besonderer Berücksichtigung der Energieeffizienz ein. Neben technisch orientierten Darstellungen604 wird in vielen Fällen eine betriebswirtschaftliche Erklärung für das Phänomen gesucht, dass selbst in energieintensiven Unternehmen das wirtschaftliche Energiesparpotenzial nicht ausgeschöpft wird. Während einige Untersuchungen auf Basis der neoklassischen Theorie argumentieren605, greifen vor allem jüngere Untersuchungen in starkem Maße auf moderne Theorien wie den Principal-Agent-Ansatz, die Transaktionskostentheorie oder auch die verhaltenswissenschaftliche Organisations-
599
Beispielsweise Kaiser (1999), EPA (2003)
600
Siehe DETR (1994)
601
Vgl. Sorrell (2004), S. 321 f.
602
Beispielsweise Funk (1990), VDI-Gesellschaft Energietechnik (2001), Gerstbrein (1980), Papperitz (1980), Fandel (1988), Sarimveis (2003)
603
Beispielsweise Fusaro (1998), Bergschneider (2001), Zander (2000)
604
Beispielsweise De Beer (1998), Brodyansky (1994), Hesselbach (2005),
605
Beispielsweise Jaffe (1994), Sutherland (1996)
154 Betriebliches Energiemanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
und Managementtheorie zurück606 (siehe dazu auch den Abschnitt 4.3.2). Die Entwicklung geeigneter Anreize zur Überwindung der identifizierten Hemmnisse und damit einhergehend das Energiedienstleistungskonzept stellen auch einen zentralen Aspekt der Literatur dar, die im Zuge der Diskussionen über integrierte Ressourcenplanung und das nachfrageseitig orientierte Demand Side Management entstanden ist.607 Die Betrachtung ausgewählter Managementfunktionen in Zusammenhang mit der betrieblichen Energiewirtschaft findet sich in Dissertationen608, Sammelbänden609 und Journalartikeln610. Neben der deskriptiven Betrachtung einzelner Managementthemen in unterschiedlicher Breite wird in diesem Zusammenhang auch über die Notwendigkeit des Einsatzes von Managementinstrumenten zur erfolgreichen Etablierung des Energiemanagements in Unternehmen berichtet. Die zusammenführende Betrachtung im Sinne eines Managementsystems bleibt aber aus. Geschlossene Darstellungen, vornehmlich unter Zugrundelegung der Produktionstheorie, finden sich bei Buenstorf611 und Nosko612. Buenstorf stellt evolutionstheoretische Aspekte des Produktionsprozesses und daraus resultierende energieökonomische Anforderungen in den Vordergrund. Ausgehend von der prinzipiellen Knappheit der Mittel zur Zielerreichung argumentiert Nosko die Notwendigkeit des rationellen Einsatzes der Ressource „Energie“ und unterteilt die möglichen energiewirtschaftlichen Strategievarianten unter Rückgriff auf die Produktionstheorie in Strukturwandel, Energiesubstitution und verbesserte Energieträgerallokation. Strukturwandel reduziert den Einsatz an Energieträgern ohne Variierung der Einsatzmenge anderer Produktionsfaktoren, bei der Substitution wird ein Teil des Energieeinsatzes durch andere Produktionsfaktoren ersetzt und die verbesserte Energieträgerallokation erfolgt durch den wertigkeitsgerechten Einsatz unterschiedlicher Energieträger. Anhand dieser Klassifizierung werden eine Reihe möglicher Maßnahmen zur Strategieumsetzung erläutert. Darüber hinaus streift Nosko auch weitere erforderliche Managementfunktionen im Rahmen der betrieblichen Energiewirtschaft. 606
Beispielsweise Lutzenhiser (1993), Stern (1984), Ostertag (2003), Sorrell (2004), Schmid (2004)
607
Beispielsweise Hennicke (1991), Herppich (1993), Gellings (1992), Newcomb (1994), Leprich (1994), Seifried (1994), Vine (1991), Lenssen (1997), Hasse (1996)
608
Beispielsweise Moor (1985), Bauer (1988), Gneuß (1997), Altenhofer (1997)
609
Beispielsweise VDI-Gesellschaft Energietechnik (1999), VDI-Gesellschaft Energietechnik (2003), Jacques (1988), Gälweiler (1981), Pfaffenberger (1999)
610
Beispielsweise Russell (2005), Layer (1984), Lucado (1975), Lambert (1979), Strebel (1992), Turner (1984), Kern (1984), Alb (1992), Blanck (1992), Spanyar (1981), Weiser (1980), Wiswede (1965), Chapman (1974), Chapman (1974a), Webb (1975), Consonni (1986), Fawkes (1987), Dell (2005), Worrell (2003), Sandberg (2003)
611
Siehe Buenstorf (2004)
612
Siehe Nosko (1986)
Existierende Betrachtungen 155 _______________________________________________________________________________________________________________________________ 613
Tab. 6-1: Aufgabenkatalog der Energiewirtschaft
Prozeßorientierte Aufgabenliste für die betriebliche Energiewirtschaft 1. Prozeßebene
Unternehmensinterne Energiewertschöpfung
2. Prozeßebene
Energiebezug
Energieumwandlung Energieverteilung Energienutzung Energieabgabe / -recycling Energieverkauf Energiemanagement
Energiepolitik
Planung
Organisation
Personal
Information
Kontrolle
Koordination
Entwicklung
613
Vgl. Posch (2005b)
Aufgaben - Lieferantenselektion, Preisverhandlung u. Vertragsgestaltung - Einkauf am Spot- und Terminmarkt - Risikoabsicherung (Hedging, Swaps, ...) - Kooperation mit Einkaufspools -… - Technische Auslegung - Baukoordination - Baudurchführung - Betrieb (Prozeßsteuerung und -überwachung) - Instandhaltung - Laufende Effizienzsteigerungsmaßnahmen - Mitarbeit an Energieprojekten -… - Kundenakquisition und -betreuung - Preisverhandlung und Vertragsgestaltung -… - Energetische Grobanalysen - Festlegung und Formulierung energiepolitischer Ziele - Definition des energetischen Nutzenpotenzials -… - Energetische Betriebsanalyse - Energetische Umfeldanalyse - Assessments und Benchmarking - Ausformulierung energetischer Ziele - Erarbeitung des strategischen Energiekonzepts # Ressourcenmix # Eigen- vs. Fremdstromversorgung # Technologiekonzept # Outsourcing #… - Energetische Lang-, Mittel- und Kurzfristplanung: # Bedarfsplanung # Planung von Energieprojekten und -maßnahmen # Einsatzplanung #… - …. - Festlegung der aufbauorganisatorischen Einbindung - Gestaltung energierelevanter Prozessabläufe - Aufstellung von Energieausschüssen - Erstellung energierelevanter Stellenbeschreibungen -… - Festlegung von Trainingsbedarf und Trainingsplanentwicklung - Motivation (z. B. Entwicklung von Anreizen, …) - Festlegung erforderlicher Energiekompetenzniveaus -… - Energiekostenrechnung - Energiebuchhaltung und Energiestatistik - Erstellung von Energieberichten (Standard u. anlaßbezogen) - Festlegung der Energiereportingstruktur - Energiebezogenes Lobbying -… - Festlegung von Frühwarnindikatoren - Prämissenkontrollen - Abweichungsanalysen - Identifikation von Korrekturbedarf -… - Erstellung und Pflege von Energiekennzahlensystemen - Einbindung in die Balanced Scorecard - Festlegung interner Energieverrechnungssätze - Einbindung in die Budgetierung -… - Entwicklung und Pflege eines Energieinnovationsprozesses - Anpassung an die Unternehmensentwicklung - Anpassung an Umfeldentwicklungen -…
156 Betriebliches Energiemanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Der abschließende Schritt zur umfassenden Darstellung des Betrieblichen Energiemanagements als Managementmodell findet sich bei Wohinz/Moor614. Sie legen ihrem Modell den aus der Systemtheorie stammenden Regelkreis zugrunde, womit vor allem die Lenkung und Steuerung der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette als wesentliche Funktion des Energiemanagements herausgehoben wird. Ein besonderer Vorteil dieses Ansatzes ist die strukturelle Annäherung an die Ausgestaltung der standardisierten Managementmodelle nach ISO, womit die Integration des Energiemanagement Systems mit anderen in vielen Unternehmen etablierten Managementsystemen (vor allem mit dem Umweltmanagementsystem nach ISO 14001615 und dem Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001616) erleichtert wird. Entwürfe zu einer umfassenden Standardisierung auf nationaler Ebene wurden in Anlehnung an bestehende ISO Normen bereits sowohl in den USA als auch in Deutschland entwickelt. In den USA hat das Georgia Institute of Technology mit der Schaffung eines freiwilligen US-amerikanischen Standards (ANSI/MSE 2000617) zur Ausgestaltung von Energiemanagement Systemen im Jahr 2002 einen Vorstoß gemacht.618 In Deutschland wurde mit der Herausgabe der DIN EN 16001619 ein Regelwerk mit Vorgaben für die Ausgestaltung von zertifizierbaren Energiemanagementsystemen geschaffen. Inzwischen hat nun – nachdem mit ISO 13602 bereits eine Normierung für die Analyse technischer Energiesysteme besteht620 – auch die Entwicklung eines ISO-Standards für Energiemanagement Systeme begonnen.621 Die vorliegende Abhandlung stellt die Managementfunktion des betrieblichen Energiemanagements in den Mittelpunkt. Dabei erfolgt eine Hinwendung zum entscheidungsorientierten Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, indem der entscheidungstheoretische Aspekt in den Mittelpunkt gerückt wird. Bei dem hier entwickelten Energiepentagon Modell treten zusätzlich zum Aspekt der Lenkung in stärkerem Maße die Gestaltung und Entwicklung der gesamten Energiewirtschaft zutage und besondere Betonung wird auf die harmonisierenden Integrationsaspekte zwischen den Managementfunktionen, den Managementebenen und im Zusammenspiel mit dem übergeordneten System der Unternehmung gelegt. Überdies erfolgt die Berücksichtigung der neueren – für das Energiemanagement in Industrieunternehmen maßgeblichen – Entwicklun614
Siehe Wohinz (1989)
615
Siehe ISO (2004)
616
Siehe ISO (2000)
617
Siehe Georgia Institute of Technology (2000)
618
Vgl. Brown (2005), Brown (2003)
619
Siehe DIN (2008)
620
Vgl. Grob (2003)
621
Vgl. IEA (2007c), ISO (2008)
Entscheidungsorientierter Energiemanagementansatz 157 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gen in den Energiemärkten, vor allem der Liberalisierung der leitungsgebundenen Strom- und Gasmärkte. 6.3 Entscheidungsorientierter Energiemanagementansatz Die besondere Eignung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre für die Darstellung praxisorientierter Lösungsansätze zur Ausgestaltung eines situativ geeigneten industriellen Energiemanagements auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnis und die Charakteristika dieses Ansatzes wurden bereits detailliert im Abschnitt 2.3 als epistemologische Grundlage dieser Abhandlung dargestellt. Dennoch sollen an dieser Stelle zur Begründung des in den folgenden Kapiteln beschriebenen Energiepentagon Modells noch einmal wesentliche Aspekte zusammenfassend dargestellt werden. Die dieser Abhandlung zugrundeliegenden Problemstellungen wurzeln in der industriellen Praxis und entsprechende Lösungsansätze werden vorrangig zur Schaffung von praktischem, in Industriebetrieben verwertbarem Wissen entwickelt. Eine derartige Ausrichtung ist in besonderem Maße durch die Zugrundelegung der praktisch normativen Sichtweise der Betriebswirtschaftslehre möglich. Diese Sichtweise zeichnet sich als anwendungsorientierte Wissenschaftsbetrachtung aus, in deren Rahmen Handlungsempfehlungen abgegeben werden, die aus Lösungsansätzen für praktische Probleme resultieren. Dies beinhaltet sowohl die Akzeptanz von Quasi-Theorien mit situativ eingeschränkter Gültigkeit als auch von Werten als Beurteilungsmaßstäbe für die Erreichbarkeit vorgegebener Ziele (quasi normative Aussagen, die keinesfalls mit Werturteilen im Aussagesystem verwechselt werden dürfen). Die Lösungsansätze münden entweder in inhaltliche Lösungsvorschläge zur situativ geeigneten Ausgestaltung des Energiemanagements in Industriebetrieben oder in der Ausarbeitung von Lösungsverfahren, die dem Anwender als Managementinstrument zur Verfügung gestellt werden.622 In beiden Fällen spielt der Managementaspekt der Entscheidung eine zentrale Rolle. Während im ersten Fall die Auswahl einer geeigneten betriebswirtschaftlichen Handlungsmöglichkeit aus mehreren Alternativen eines Entscheidungsmodells unter bestimmten Rahmenbedingungen angestrebt wird, steht im zweiten Fall die Auswahl und Gestaltung des geeigneten Entscheidungsmodells zur Lösungsfindung im Vordergrund. Für den Lösungsvorschlag einer Handlungsalternative muss klargestellt werden, dass nur die Rede von Handlungsmustern sein kann, die den Rahmen für die individuell tatsächlich erfolgreiche Lösung abstecken. Denn gerade die nicht allgemein kopierbare Lösung charakterisiert typischerweise den Wettbewerbserfolg.623 Da die Komplexität von Managemententscheidungen durch mathema-
622 623
Vgl. Ulrich (1984), S. 180 f. Vgl. Malik (1992), S. 180 f.
158 Betriebliches Energiemanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
tische Modelle in vielen Fällen nicht abbildbar ist, kommen dabei häufig heuristische Modelle zum Einsatz. Industriebetrieb Energiewirtschaft
Anordnung
Kontrolle
Energieverteilung
Energienutzung
Energieabgabe / -recycling
rge
Energieumwandlung
Entscheidung
Gew innm a
Politik Planung Organisation Personal Information Kontrolle Koordination Entwicklung
rge
Energiebezug
• • • • • • • •
a innm Gew
Management
Energiewirtschaft E-Management
Unternehmensinterne Energiewertschöpfung
624
Abb. 6-2: Die betriebliche Energiewirtschaft als Wertkette
Der entscheidungsorientierte Energiemanagementansatz berücksichtigt die praktisch-normative Ausrichtung, integriert supradisziplinäre Konzepte (z.B. die Systemtheorie) und Nachbarwissenschaftsdisziplinen (z.B.: Sozialpsychologie) zur Entwicklung erklärender Grundmodelle und stellt die Entwicklung von darauf basierenden Entscheidungshilfen in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz beruht auf den Überlegungen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, die im deutschen Sprachraum auf Heinen625 zurückgeht und den präskriptiven Charakter der Entscheidungstheorie unter Miteinbeziehung verhaltensorientierter Erkenntnisse betont. In diesem Kontext erfolgt die Strukturierung der Funktionen des Energiemanagements im Rahmen eines Teilmanagementmodells rund um die Ressource „Energie“ als Managementobjekt. Dieses Teilmanagementmodell ist in den Funktionalbereich der betrieblichen Energiewirtschaft eingebunden (siehe Abb. 6-2). 624
Vgl. dazu Blanck (1992), S. 56
625
Siehe die umfassende Darstellung in Heinen (1976)
Entscheidungsorientierter Energiemanagementansatz 159 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Betrachtet man das Unternehmen in Anlehnung an Porter626 als Wertkette und differenziert bei den unterstützenden Tätigkeiten noch schärfer zwischen Managementaktivitäten (die bei Porter in der Unternehmensinfrastruktur untergehen) und anderen Serviceprozessen, wie dies deutlich bei dem von Krüger627 entwickelten SOS-Konzept zutage tritt, lässt sich die Energiewirtschaft als Serviceprozess des Unternehmens identifizieren, der sich abermals als Wertkette darstellt. Aufgrund der Rekursivität über die Systemebenen hinweg finden sich auch hier wieder die primär wertschöpfenden Aktivitäten, die sich an der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette orientieren und – unter Vernachlässigung der auch hier wieder auftretenden aber üblicherweise im übergeordneten System der Unternehmung wahrgenommenen Serviceprozesse – die für die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der betrieblichen Energiewirtschaft verantwortlichen Managementaktivitäten. Diese basieren auf dem aus Willensbildung und Willensdurchsetzung resultierenden Managementprozess und die vorrangige Betrachtung des diesem Prozess zugrundeliegenden Entscheidungsaspekts zeichnet ebenfalls den entscheidungsorientierten Ansatz aus.
626
Vgl. Porter (2000), S. 67 ff.
627
Vgl. Krüger (1994), S. 124; „SOS-Prozesse“ steht für Steuerungs-, operative und ServiceProzesse.
7 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon Die Strukturierung der dem Energiemanagement zugrundeliegenden Funktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle sowie der alle diese fünf Funktionen betreffenden Koordinations- und Entwicklungsaspekte erfolgt im Energiepentagon Modell. 7.1 Dimensionen Mit den drei Managementebenen, den fünf Managementfunktionen und der Entwicklung als dynamische Komponente weist das Modell drei Dimensionen auf (siehe Abb. 7-1). Die drei Ebenen der ersten Dimension unterscheiden sich durch das durch die jeweiligen Steuergrößen erfasste Potenzial und die zeitliche Reichweite. Auf der normativen Ebene wird mit dem Nutzenpotenzial die Sinnstiftung für die Energiewirtschaft definiert, die im Wesentlichen determiniert, welche Bedeutung die Ressource „Energie“ für das Unternehmen hat. Zusammen mit den Zielausprägungen des Gesamtunternehmens, die sich auch in den Zielen für die Energiewirtschaft widerspiegeln, bildet die in der Energiepolitik erfasste Bedeutung der Energiewirtschaft für das Unternehmen einen grundlegenden Kontingenzfaktor für die Ausprägung der einzelnen Managementfunktionen des Energiepentagons. Auf der strategischen Ebene werden die Erfolgspotenziale erfasst und aufgebaut. Dies beinhaltet vor allem auch die Ressourcenbereitstellung für Projekte, die den zukünftigen Beitrag der Energiewirtschaft zum Unternehmenserfolg sicherstellen. Beim operativen Management steht schließlich die unmittelbare Steuerung des innerbetrieblichen Energiewertschöpfungsprozesses im Vordergrund. Die Ausschöpfung des hierbei abgedeckten Effizienzpotenzials trägt direkt zur Steigerung der Liquidität und des Unternehmenserfolgs bei. Die zweite Dimension orientiert sich an den fünf wesentlichen Managementfunktionen und lässt sich demnach in Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle segmentieren. Kern der Planung ist die systematisch begründete Ausformulierung energiewirtschaftlicher Ziele und die Festlegung der zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen. Mit der Aufbau- und Ablauforganisation werden die Struktur und die Prozesse der Energiewirtschaft ausgestaltet. Die Personalführung zielt auf das energiewirtschaftlich relevante Verhalten der Mitarbeiter zur Erreichung der Energiewirtschaftsziele ab. Durch die Wahrnehmung der Informationsfunktion wird angestrebt, dass den Mitarbeitern die für ihre energiewirtschaftlichen Entscheidungen notwendigen Informationen rechtzeitig und in geeignetem Umfang zur Verfügung stehen. Hauptzweck der Kontrolle ist die Sicherung der energiewirtschaftlichen Planerfüllung und die Verbesserung des Energiemanagementprozesses. W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
162 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon _______________________________________________________________________________________________________________________________
3 Dimensionen
(
Managementebenen
klung Entwic
Managementfunktionen
Normativ
Entwicklung
Politik
Strategisch
Entwic
klung
Operativ Entwic
Planung
Organisation
klung
Personalführung
Information
Kontrolle
628
Abb. 7-1: Dimensionen des Energiepentagon-Modells
Alle fünf Funktionen verschmelzen auf der normativen Ebene in die Energiepolitik, die gewissermaßen als gemeinsames Dach die energiepolitische Zielausrichtung zur gemeinsamen Orientierung der fünf Funktionen vorgibt.629 Zusätzlich wird durch alle fünf Funktionen gemeinsam auch die Koordination sowohl innerhalb der Energiewirtschaft als auch mit dem Unternehmen sichergestellt. Da diese Koordination letztend628
Eigene Darstellung
629
Vgl. Bleicher (1996), S. 519 f.
Dimensionen 163 _______________________________________________________________________________________________________________________________
lich ein Ausfluss der fünf Managementfunktionen ist, wird sie nicht als eigene Managementfunktion im Energiepentagon Modell ausgeführt sondern als zusätzlicher Aspekt betrachtet, der auch übergreifende und nur indirekt zuordenbare Instrumente (z.B. Kennzahlensysteme, Budgetierung) beinhaltet. Die Entwicklung als dritte Dimension stellt die notwendige Dynamik des Modells zur – idealerweise antizipierenden – Anpassung der Energiewirtschaft an Entwicklungen des energetischen Umfeldes oder auch an Unternehmensentwicklungen sicher. Während im ersten Fall politische, ökonomische, soziale oder technische Faktoren den Anstoß zur Weiterentwicklung geben, so stehen im zweiten Fall die im Laufe des Lebenszyklus eines Unternehmens630 geänderten Anforderungen an die Energiewirtschaft im Vordergrund. Das Energiemanagement Modell erlangt seine Ganzheitlichkeit erst durch die harmonisierende Koordination der einzelnen Elemente zu einem gemeinsamen Fit.631 Diese Integration erfolgt in Anlehnung an Krüger632 über einen intrafunktionalen, einen interfunktionalen und einen Fit mit dem übergeordneten System und seinen Elementen. f Der intrafunktionale Fit stellt sicher, dass – ausgehend von den in die Energiewirtschaft übertragenen Zielen der Unternehmung und der im Rahmen der Energiepolitik festgelegten Bedeutung der Energiewirtschaft für den Unternehmenserfolg – die einzelnen Elemente einer Funktion über die Managementebenen hinweg harmonieren. Dies bedeutet für die Planungsfunktion, dass sich die Ziele in den verabschiedeten Strategien widerspiegeln und die operativ festgelegten Maßnahmen aus den Strategien abgeleitet sind. Organisatorisch führt dies zur Übereinstimmung der strukturellen Ausprägung und der Abläufe des installierten Energiemanagementsystems mit der auf normativer Ebene festgelegten Bedeutung der Energiewirtschaft. Auch in der Personalführung besteht eine starke Korrelation zwischen den strategisch erforderlichen Kompetenzen und den operativen Trainingsinhalten für die Mitarbeiter. Schließlich schlägt sich die Bedeutung der Energiewirtschaft auch in starkem Maße in der inhaltlichen und strukturellen Gestaltung der Information sowie in der Häufigkeit und Ausprägung der Kontrollen nieder. f Der interfunktionale Fit stellt das zielgerichtete Zusammenspiel der Funktionen auf den einzelnen Managementebenen sicher. Grosse Bedeutung hat die erforderliche wechselseitige Abstimmung von Organisationsstruktur und strategischer Planung, wobei die Ausprägung des einen funktionalen Elements in 630
Vgl. Bleicher (1996), S. 438 ff.
631
Vgl. Bleicher (1996), S. 498 ff.
632
Vgl. Krüger (1988), S. 30 f.
164 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon _______________________________________________________________________________________________________________________________
starkem Maße die erforderliche Ausprägung des anderen bedingt.633 Eng mit der strategischen Ausrichtung und der Organisationsstruktur sowie den Prozessen sind auch die Ausgestaltung der Informationsflüsse und die Kompetenzprofile der Mitarbeiter gekoppelt. Die Kontrolle weist eine enge Beziehung zur Planung auf, erfordert gleichzeitig aber auch einen entsprechenden Informationsgehalt. f Der Fit mit dem übergeordneten System stellt die Ganzheitlichkeit des Unternehmenssystems sicher. Durch diese Harmonisierung wird gewährleistet, dass kulturelle Aspekte des Unternehmens von dem instrumentellen, technisch strukturellen Teilmanagement Modell berücksichtigt werden. Dies gewinnt besondere Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass gerade bei Entscheidungen rund um das Thema der Energieeinsparung und dafür notwendige Investitionen nicht-rationelle Beweggründe und damit sog. „weiche“ Faktoren eine wesentliche Rolle spielen. Die erforderliche Anpassung an Änderungen des Systems „Unternehmen“ oder an Änderungen des energetisch relevanten Umsystems erfolgt über das dynamische Modellelement der Entwicklung. Ein besonderer Aspekt der Anpassung an das Unternehmen und die Harmonisierung mit anderen Subsystemen des Unternehmens ist die in unterschiedlichem Umfang mögliche Integration mehrerer in einem Unternehmen implementierter Managementsysteme, was mit einer Komplexitätsreduktion einhergeht. Man spricht dann von integrierten Managementsystemen.634 7.2 Modellelemente Die Übereinanderlegung der Modelldimensionen resultiert in den einzelnen Elementen des Modells. Diese können als Managementfunktion auf einer bestimmten Managementebene verstanden werden, wobei der Aspekt der übergreifenden Koordinierung und der Entwicklung als jeweils zusätzliches Element betrachtet werden. Fasst man ferner auf normativer Ebene die Managementfunktionen als Energiepolitik zusammen, erhält man eine Systematik von dreizehn eng miteinander in Beziehung stehenden Elementen. Da vor allem in der pragmatischen Umsetzung die Grenzen zwischen den strategischen und den operativen Ebenen einer Managementfunktion häufig weniger stark ausgeprägt sind als zwischen den Funktionen, werden die Funktionen im folgenden als erste Gliederungsebene betrachtet, wobei auf den eher strategischen oder eben operativen Aspekt bestimmter Entscheidungstatbestände eingegangen wird. Dementsprechend bieten sich als zu betrachtende Hauptsegmente die auf normativer Ebene 633
Vgl. Hax (1991), S. 252
634
Vgl. Adams (1995), S. 153 ff.
Modellelemente 165 _______________________________________________________________________________________________________________________________
verankerte Energiepolitik, die fünf Energiemanagementfunktionen Planung, Organisation, Personal, Information und Kontrolle sowie die beiden Aspekte der übergreifenden Koordinierung und der Entwicklung an (siehe Abb. 7-2):
Politik • Energieanalyse
Nutzenpotenzial
• Nutzenpotenzial der Energiewirtschaft • Energiepolitische Ziele
Erfolgspotenzial
Planung
Organisation
Personal
• Strategische Positionierung
• Organisationsstruktur
• Personalentwicklung
• Zielformulierung
• Motivation
• Lückenanalyse
• Energiewirtschaftliches Stellenprofil
• Maßnahmenportfolio
• Prozessgestaltung
• Energierelevante Aus- und Weiterbildung
Information • Festlegung des Informationskonzepts
Kontrolle • Prämissenkontrolle • Konsistenzkontrolle • Durchführungskontrolle
Erfolgsrealisierung
• Energiekostenrechnung • Energiebuchhaltung
• Realisationskontrolle mit Abweichungsanalyse
• Energieberichtswesen Koordination
Entwicklung und Koordination
Entwicklung
• Übergreifende Koordinationsinstrumente
• Entwicklungsinitiatoren
• Intra-energiewirtschaftliche Koordination
• Entwicklungsprozess
• Einbindung in das Unternehmen
• Energieinnovation
• Einbindung in die Umwelt
635
Abb. 7-2: Elemente des Energiepentagon-Modells
f Energiepolitik: Im Rahmen der Energiepolitik erfolgt die Legitimierung der Energiewirtschaft als offenes, sozio-technisches Subsystem des Unternehmens, das über die für die eigene Entwicklungsfähigkeit erforderliche Systemautonomie verfügt. Dabei bewegt sich die Energiepolitik unablässig in den Spannungsfeldern zwischen Energiewirtschaft, Gesamtunternehmen und energetischem Umfeld sowie zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.636 Die Harmonisierung zwischen Gesamtunternehmen und Energiewirtschaft erfolgt vornehmlich durch die Bestimmung der Bedeutung der Energiewirtschaft für die Erzielung des Unternehmenserfolgs und die Trans635
Vgl. Posch (2006b)
636
Vgl. Bleicher (1994), S. 119 ff.
166 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon _______________________________________________________________________________________________________________________________
formation der Unternehmensziele in energiewirtschaftliche Teilziele (siehe Abb. 6-1). Daraus resultiert die Vorgabe von Rahmenbedingungen in Form von generellen energiewirtschaftlichen Zielen, die den unternehmenszielorientierten Aufbau energiewirtschaftlicher Erfolgspotenziale sicherstellen. In diesem Zusammenhang erfolgt durch die damit einhergehende Definition eines zukunftsorientierten Entwicklungspfads der Energiewirtschaft auch eine Harmonisierung entlang der Zeitachse. Die Harmonisierung mit dem energetischen Umfeld erfolgt über kontinuierliches Monitoring energetisch relevanter Entwicklungen und der Ableitung adäquater Maßnahmen zur Anpassung. In diesem Fall trägt die Energiewirtschaft zur Zeitautonomie des Gesamtunternehmens bei, indem sowohl geeigneter Zeitpunkt als auch Ausmaß der erforderlichen Systemänderung festgelegt werden und ein selbstbestimmter strategischer Handlungsspielraum bewahrt bleibt.637 Wesentliche Instrumente zur Bestimmung des energiewirtschaftlichen Nutzenpotenzials sind energetische Unternehmens- und Umfeldanalysen sowie die Energiepotenzialmatrix. f Energieplanung: Im Kern der Planung erfolgt die Auswahl zwischen alternativen Zielen und Vorgangsweisen zur bestmöglichen Zielerreichung. Dies beinhaltet sowohl die systematische und strukturierte Vorbereitung als auch das Fällen der Entscheidung bezüglich der zu erreichenden Ziele und der dazu erforderlichen Maßnahmen.638 Damit deckt die Planung auch einen Großteil der technokratischen Koordination ab. Während man bei der Schaffung von Erfolgspotenzialen von der strategischen Planung spricht, fällt die Festlegung von Maßnahmen bei gegebenen Erfolgspotenzialen unter die operative Planung. Neben der Bestimmung der zu erreichenden energiewirtschaftlichen Teilziele ist auch die Kenntnis des Ausgangszustands des energiewirtschaftlichen Systems unabdingbar, um die durch operative und strategische Maßnahmen zu schließende Lücke ableiten zu können. Da die konkrete Ausgestaltung von Strategien von unternehmensindividuellen Kontingenzfaktoren abhängig ist, erfolgt auf der Modellebene nur eine Ausarbeitung von Normstrategien, die sich aus der energiepolitischen Vorgabe des Nutzenpotenzials in Kombination mit idealtypischen Unternehmenszielausprägungen ergeben. Als wesentliche Instrumente kommen Energieassessments und energiewirtschaftliches Benchmarking zur Bestimmung der bestehenden Lücke zwischen Ist- und Sollzustand sowie morphologische Kästen zur Auswahl geeigneter Strategiekombinationen zum Einsatz. Die Priorisierung der abgeleiteten Maßnahmen erfolgt in einem Maßnahmenportfolio unter Berücksich-
637
Vgl. Bleicher (1994), S. 142 ff.
638
Vgl. Hahn (2001), S. 96 ff.
Modellelemente 167 _______________________________________________________________________________________________________________________________
tigung des aufwandbezogenen Wirkungsgrads und der erforderlichen Umsetzungszeit der einzelnen geplanten Aktivitäten. f Energieorganisation: Neben der als eine mögliche Antwort auf die steigende Komplexität erfolgenden Arbeitsteilung stellt die Koordination gewissermaßen die Kehrseite der Organisationsmedaille dar.639 Im Rahmen der Organisation ist dies vor allem die strukturelle Koordination der Energiewirtschaft. Besondere Bedeutung kommt bei der Festlegung der organisatorischen Strukturierung eines funktionalen Teilbereichs neben der internen Strukturierung auch der organisatorischen Eingliederung in das Gesamtunternehmen zu. Für die Energiewirtschaft stehen idealtypische Konfigurationen von Aufbauorganisationen zur Verfügung, aus denen eine geeignete Variante sowohl unter Berücksichtigung des energiewirtschaftlichen Profils als auch der strukturellen Gestaltung der Gesamtunternehmung ausgewählt und anschließend in Teilbereichen angepasst wird.640 Dazu existiert ein Katalog mit entsprechenden Auswahlkriterien. Die Überführung von der bestehenden in die Soll-Organisation erfolgt mit Hilfe einer Aufgaben-Struktur-Analyse. Auch bei der Prozessgestaltung im Rahmen der Ablauforganisation spielt die Einbindung in bestehende Unternehmensprozesse eine große Rolle. Prozessoptimierungen sind eher bei den energietechnischen Prozessen in Hinblick auf die Reduktion der Energieverluste von Belang. f Energiewirtschaftliche Personalagenden: Der energiewirtschaftliche Aspekt des Personalmanagements liegt vorrangig in der Definition geeigneter energiewirtschaftlicher Kompetenzprofile und der Motivation der Mitarbeiter, zur Erreichung energiewirtschaftlicher Ziele beizutragen.641 Die Herausforderung resultiert dabei aus der Tatsache, dass sowohl von den Kompetenzanforderungen als auch vom Beitrag zur Zielerreichung in großem Umfang Mitarbeiter betroffen sind, die primär nicht im funktionalen Teilbereich der Energiewirtschaft tätig sind. f Energieinformationsmanagement: Bei der Informationsfunktion bietet sich die Unterscheidung zwischen dem Management der Information und der Information des Managements (d. h. den Entscheidungsträgern) an, wobei das erstere die Voraussetzung für das zweite darstellt.642 Im ersten Fall steht die zielgerichtete Gewinnung und Verarbeitung der Information im Mittelpunkt während im zweiten Fall die Versorgung der Entscheidungsträger mit der ge639
Vgl. Kieser (1983), S. 103 ff.
640
Vgl. Posch (2005), S. 3/111
641
Vgl. Wohinz (1989), S. 243 ff.
642
Vgl. Bleicher (1996), S. 300 ff.
168 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon _______________________________________________________________________________________________________________________________
eigneten Information zum richtigen Zeitpunkt zu bewerkstelligen ist. Ein wesentlicher Teilaspekt ist die geeignete Erfassung energiewirtschaftlicher Tatbestände in der Kosten- und Leistungsrechnung. Von Bedeutung sind hierbei die richtige Wahl des Kostenträgers, die geeignete Systemabgrenzung und auch die Tatsache, dass man bei ökologischen Bewertungen unter gewissen Umständen auf nicht monetäre Bewertungen zurückgreifen muss. f Energiekontrolle: Gerade in der Energiewirtschaft haben sowohl die strategisch orientierte ex ante als auch die operative ex post Kontrolle eine große Bedeutung. Die ex ante Kontrolle und die damit einhergehende Verwendung von Frühwarnindikatoren643 wurde vor allem innerhalb der letzten Jahre wichtiger, da das energiewirtschaftliche Umfeld von zunehmender Dynamik geprägt ist. Dies umfasst eine zunehmende Planungsunsicherheit bezüglich Preis und Verfügbarkeit aber auch zunehmende Regulierungsaktivitäten. Die ex post Kontrolle spielt in ihrer Funktion als Abweichungskontrolle seit je her eine wichtige Rolle. f Koordination: Für die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Koordinationsinstrumente existieren unterschiedliche Klassifikationsschemata644, die je nach Untersuchungsgegenstand und damit verfolgtem Zweck eine mehr oder weniger geeignete Segmentierung erzeugen. Aufgrund der weiten Verbreitung und der Eignung für die Segmentierung energiewirtschaftlich relevanter Koordinationsinstrumente wird im folgenden die auf Leavitt zurückgehende Differenzierung nach strukturellen, technokratischen und personenbezogenen Abstimmungsinstrumenten vorgenommen.645 Die strukturelle Koordination wird durch die Organisation der Energiewirtschaft und die technokratische Koordination zu einem grossen Teil durch die Energieplanung abgedeckt. 643
Vgl. Ansoff (1984), S. 352 ff.
644
Siehe für eine Übersicht Wolf (1994), S. 115 ff. und Brodel (1996), S. 442 f.; beispielsweise herausgegriffen von existierenden Schemata seien: Leavitt (1964), differenziert nach strukturellen, technokratischen und personenbezogenen Koordinationsinstrumenten; Schreyögg (1999), S. 156 ff., mit der Unterscheidung in vertikale, horizontale und laterale organisatorische Koordinationsinstrumente; Kieser (1983), S. 112 ff., mit der Unterteilung in persönliche Weisungen, Selbstabstimmung, Programme und Pläne; Zielowski (2006), S. 104 ff., erweitert die Einteilung von Kieser noch um Kultur und Hierarchie; Rühli (1991), S. 1165 f., stellt jeweils vertikale vs. horizontale, eigene vs. fremde, formelle vs. informelle sowie unmittelbare vs. mittelbare Koordination gegenüber; Küpper (2001), S. 24 ff., unterscheidet zwischen isolierter, den Managementfunktionen inhärenter und übergreifender Koordination; Ouchi (1979), schlägt eine Differenzierung nach marktlichen, kulturellen und administrativen Koordinationsinstrumenten vor; Prahalad (1981), empfiehlt eine Unterscheidung in ressourcenabhängigen und administrativen Kontext; Galbraith (1976), unterscheidet zwischen Zentralisation, bürokratischer Steuerung und Führungskräftetransfer. Vgl. Leavitt (1964); daran anknüpfend unter anderen Khandwalla (1975), Welge (1980), S. 133 ff., Hoffmann (1984), S. 90 ff., Macharzina (1993)
645
Gesamtbetrachtung 169 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Über den durch die einzelnen Managementfunktionen isoliert wahrgenommenen Beitrag zur Koordinierung der Energiewirtschaft hinaus existieren übergreifende Koordinationsinstrumente technokratischer Natur, die zu einer zusätzlichen Systemkoordination führen.646 Im Besonderen sind das Kennzahlensysteme unter Einbeziehung der Balanced Scorecard, die Budgetierung und die interne Leistungsverrechnung – die von Küpper auch als übergreifend kategorisierten Zielsysteme werden in dieser Abhandlung als isoliertes Koordinationsinstrument im Rahmen der auch die Zielvorgaben umfassenden Planungsfunktion behandelt. Einen wesentlichen Aspekt dieser übergreifenden Koordinationsinstrumenten stellt die Eingliederung in die unternehmensweite Koordination dar. f Entwicklung: Durch die Entwicklung der Energiewirtschaft als dynamisches Element wird die antizipierende oder reaktive Anpassung an Entwicklungen des Gesamtunternehmens oder aber auch in der energetischen Umwelt betrieben. Vor allem in Hinblick auf die energetische Umwelt spielt in diesem Zusammenhang die Energieinnovation eine wichtige Rolle. 7.3 Gesamtbetrachtung Die zusammenfassende Darstellung der einzelnen Modellelemente mündet in der Ausformung des Energiepentagons und lässt sich als ein bestimmter Modelltypus charakterisieren. 7.3.1 Ausgestaltung als Energiepentagon Stellt man das die normative Ebene abdeckende Element der Energiepolitik in die Mitte des Energiemodells und ordnet die fünf Managementfunktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information und Kontrolle rund um die Energiepolitik an, resultiert daraus die Form eines Pentagons (siehe Abb. 7-3). Die zentrale Position der Energiepolitik entspricht ihrer besonderen Aufgabe als Kristallisationspunkt der Integration. Dies resultiert aus der sinnstiftenden Funktion, die die Energiepolitik nicht nur zum Ausgangspunkt des intrafunktionalen Fits macht, sondern auch – ausgedrückt in der Verschmelzung der fünf Managementfunktionen auf normativer Ebene – einen starken Einfluss auf den interfunktionalen Fit ausübt und zusätzlich in großem Umfang zum Fit mit dem übergeordneten System beiträgt, indem im Rahmen der Energiepolitik eine Überführung der Unternehmensziele in energiewirtschaftliche Rahmenziele stattfindet und die Unternehmenskultur über die Sinnstiftung in die Ausgestaltung der Energiewirtschaft einfließt. Die fünf peripher angeordneten Managementfunktionen decken sowohl die strategischen, effektivitätsorientierten als auch die ope646
Vgl. Küpper (2001), S. 25 f.
170 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon _______________________________________________________________________________________________________________________________
rativen, effizienzorientierten Aspekte ab und sind als Netzwerk miteinander verknüpft.647 Diese Koordinierungsaufgabe wird einerseits durch die Funktionen selbst geleistet und andererseits noch durch übergreifende Koordinierungsinstrumente (z.B. Kennzahlensystem inklusive Balanced Scorecard, Budgetierung, interne Leistungsverrechnung) verstärkt.
Energiepentagon Energetische Umwelt
Unternehmen Operativ
g un an Pl
• Wettbewerber • Lieferanten
Strategisch
• Kunden • Komplementäre
o Technologie
le trol Kon
o Gesellschaft
(
Politik
• Unternehmensmanagement • Unternehmensinfrastruktur • Personalwirtschaft • Technologieentwicklung
Pers ona l
o Wirtschaft
tio n
Normativ
• Beeinflussung durch o Politik
Or ga ni sa
• Beschaffung • Eingangslogistik • Produktion / Erstellung • Ausgangslogistik • Marketing & Vertrieb
Information
• Kundendienst
Entwicklung
Abb. 7-3: Das Energiepentagon
648
Die Dynamisierung des Modells erfolgt durch das Entwicklungselement, das – vor allem fußend auf der Energieinnovation – die Selbstentwicklungskraft und Anpassungsfähigkeit an ein sich im Verlauf der Zeit änderndes Umfeld (sowohl das Unternehmen selbst als auch das energetisch relevante Umfeld) sicherstellt. Ähnlich wie bei der Koordination, wo die fünf Managementfunktionen bereits einen großen Anteil an der gesamten, durch übergreifende Koordinationsinstrumente vervollständigten Koordinationsleistung haben, tragen diese Managementfunktionen auch zur Entwicklung einen wesentlichen Anteil bei, der durch die Energieinnovation komplettiert wird. In besonderem Maße wird dies bei der ex ante Kontrolle sichtbar, die in ihrer Funktion als Prämissenkontrolle den Fit zwischen strategischen Planungsprämissen und tatsäch-
647
Vgl. Peters (1984), S. 10 u. 29 ff.; als Kritik zum dort ausgeführten 7S Modell: D´Aveni (1994), S. 238 ff. (fehlende Dynamik) und Krüger (1989) (fehlende Offenheit)
648
Eigene Darstellung
Gesamtbetrachtung 171 _______________________________________________________________________________________________________________________________
licher Umfeldsituation zum Inhalt hat und damit ein Gradmesser des Änderungsbedarfs ist. Als Subsystem ist die Energiewirtschaft in das Unternehmen eingebettet, wobei eine weiterführende Integration des Energiemanagementsystems mit dem Managementsystem des Unternehmens durch die sich im Modellaufbau des Energiepentagons widerspiegelnde Rekursivität über die Systemhierarchien hinweg gegeben ist. Überdies stellt das Energiepentagon auch die Schnittstelle des Unternehmens mit dem energetisch relevanten Umfeld dar. Dadurch erfolgt eine direkte Harmonisierung des Subsystems Energiewirtschaft mit dem energiewirtschaftlich relevanten Unternehmensumfeld und gleichzeitig wird die energetische Anpassung an das Unternehmen weitergegeben, was zur Anpassung des Gesamtunternehmens an Änderungen des energetischen Umfelds führt. 7.3.2 Modellcharakterisierung Die strukturierte Darstellung des Energiemanagements auf Modellebene erlaubt eine im Vergleich zur ideellen Konzeptebene bereits praxisorientierte Darstellung der Einzelelemente und ihrer gegenseitigen Beziehungen von konkret in Unternehmen zu implementierenden Energiemanagementsystemen ohne dabei jene Abstraktionsebene zu verlassen, die über Individualunternehmen hinausgehende Aussagen ermöglicht.649 In Anlehnung an das St. Gallener Managementkonzept650 kann das Energiepentagon als Leerstellengerüst auf Modellebene mit Entscheidungshilfen für die Ausgestaltung der einzelnen Systemelemente des für das Individualunternehmen geeigneten Energiemanagementsystems verstanden werden. Die Anpassung des Energiepentagon Modells an das individuelle Unternehmen erfolgt entlang situativ unterschiedlich ausgeprägter Kontingenzfaktoren. In dieser Funktion dient das real implementierte Energiemanagementsystem vor allem der Bewältigung von mit moderner Energiewirtschaft in Industriebetrieben einhergehender Komplexität. Diese hat in Zusammenhang mit der Liberalisierung leitungsgebundener Energieformen, zunehmender Planungsunsicherheit bei fossilen Brennstoffen, Verflechtungen internationaler Standorte und ausgefeilten Verfahrenstechniken stark zugenommen und erfordert unter Bezugnahme auf Ashby´s Gesetz der erforderlichen Varietät651 ein dementsprechend differenziertes Managementsystem. Gleichzeitig kann das Energiepentagon Modell als kognitiver Dämpfer für das Management verstanden werden, das mit seiner Hilfe eine kognitiv erfassbare Übersetzung der überaus komplexen Abläufe entlang der inner- und außerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette erhält. 649
Vgl. Seghezzi (1996), S. 198 ff. u. Felix (1999), S. 32 ff.
650
Vgl. Bleicher (2004), S. 78 ff. u. Pischon (1999), S. 100 ff.
651
Siehe Ashby (1964), S. 206 ff.
172 Modellhafte Betrachtung als Energiepentagon _______________________________________________________________________________________________________________________________
Vereinfachungen bei der Modellbildung des Energiepentagons betreffen vor allem die isolierende Abstraktion, die Beschränkung der Dynamik und eine Konstellationseinschränkung: f Die isolierende Abstraktion führt einerseits zur Eingrenzung auf die acht Hauptelemente des Energiepentagons, die als wesentliche Faktoren zur Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der betrieblichen Energiewirtschaft identifiziert wurden und andererseits werden sowohl das Unternehmen als auch das energetische Umfeld mit einer auf das wesentliche reduzierten Anzahl von Faktoren berücksichtigt. Beim Unternehmen dient das Porter´sche Modell der Wertkette zur Selektion dieser Faktoren. Für das energetische Umfeld kommt in Hinblick auf die Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt652 der „Value Net“Ansatz von Brandenburger und Nalebuff653 zum Tragen. Die beeinflussenden Faktoren der Makroumwelt werden nach den auf Farmer/Richmann654 zurückgehenden Segmenten Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie gegliedert, wobei der ökologische Aspekt eine wichtige Rolle spielt. 655 f Die Beschränkung der Dynamik spiegelt sich in der grundsätzlich statischen Betrachtung des Modells in Form von Momentaufnahmen wider. Dabei wird davon ausgegangen, dass Entwicklungen sequentiell erfolgen und jeweils eine Status Quo Betrachtung des Systems auf einzelnen Entwicklungsstufen zulassen. Diese Anpassungsnotwendigkeit wird mit dem Entwicklungselement des Energiepentagons erfasst. f Die Konstellationseinschränkung resultiert in der Begrenzung auf idealtypische Lösungsvorschläge für bestimmte Problemtypologien. Beispielhaft seien Normstrategien und organisatorische Grundformen genannt, die jeweils noch einer individuellen Weiterentwicklung für die reale Umsetzung benötigen. Das Energiepentagon ist als ressourcenspezifisches Managementmodell656 einzustufen, das die Ressource „Energie“ und die damit verbundenen Energie- und Stoffströme als Managementobjekt in den Mittelpunkt stellt. Überschneidungen mit anderen Managementmodellen, die entweder ebenfalls ressourcenorientiert oder aber auch nach Funktionen gegliedert sein können, werden in diesem Zusammenhang immer unter der Energiebrille betrachtet. Dies führt in einzelnen Fällen wie beispielsweise dem Personalmanagement zu einer deutlichen Reduktion auf energiewirtschaftlich relevante As652
Vgl. Bausch (2006), S. 198 f.
653
Vgl. Brandenburger (1996)
654
Siehe Farmer (1970), zit. in Welge (2005), S. 189
655
Vgl. Müller-Stewens (2003), S. 205 f., Welge (2005), S. 189 ff. und für eine über die hier vorgenommene Abgrenzung hinausgehende detaillierte Checkliste Buchinger (1983), S. 389 ff.
656
Vgl. Schwaninger (1994), S. 39 ff. u. Bleicher (2004), S. 376 ff.
Gesamtbetrachtung 173 _______________________________________________________________________________________________________________________________
pekte. In Anlehnung an Kirsch und Maassen657 kann das Energiepentagon bezüglich seiner Reichhaltigkeit, seiner Reichweite, seiner Flexibilität und seines Entwicklungsgrades charakterisiert werden. In seiner Begrenzung auf die Ressource „Energie“ ist die Reichweite als eher niedrig, dafür aber die Reichhaltigkeit als eher hoch einzustufen. Die Flexibilität kann als mittel eingestuft werden, da idealtypische Lösungen vorgegeben werden, die nur mehr bedingten Spielraum bei der individuellen Anpassung an das Unternehmen zulassen. Von den vier bei Kirsch und Maassen erwähnten Entwicklungsgraden trifft am ehesten die zweite Stufe – der Detailentwurf – zu. Dies bedeutet, dass eine detaillierte Modellausarbeitung vorliegt, die aber noch nicht über die volle Akzeptanz bei potenziell zur Umsetzung in Frage kommenden Unternehmen verfügt. Diese dritte Stufe der Akzeptanz kann per definitionem erst erreicht werden, wenn das Modell zur allgemeinen Diskussion zur Verfügung steht. Abschließend soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich beim Energiepentagon um ein Teilmanagementmodell handelt, das sich auf instrumentale, technisch-strukturelle Aspekte begrenzt und kulturelle Unternehmensaspekte über die Wechselwirkungen mit dem Unternehmen berücksichtigt.
657
Vgl. Kirsch (1990), S. 8 u. Felix (1999), S. 33 ff.
8 Energiepolitik Die auf der normativen Managementebene angesiedelte Energiepolitik ist gekennzeichnet durch originäre, langfristige und allgemeingültige Entscheidungen.658 Damit werden vorrangig die Legitimierung der Energiewirtschaft als offenes, soziotechnisches Subsystem mit der für die eigene Entwicklungsfähigkeit erforderlichen Systemautonomie und eine Harmonisierung in zeitlicher sowie inhaltlicher Dimension angestrebt (siehe Abb. 8-1). Das Originäre der Energiepolitik ist jedoch zu relativieren. Da es sich bei der Energiewirtschaft um ein Subsystem des Gesamtunternehmens handelt, muss sich die Energiepolitik der Unternehmenspolitik und den daraus resultierenden ausformulierten Unternehmenszielen unterordnen bzw. diese durch die Ausformulierung energierelevanter Zielvorgaben in die energiewirtschaftliche Systemebene transformieren. Somit wird ein wesentlicher Beitrag zur unternehmensinternen, inhaltlichen und zeitlichen Harmonisierung geleistet. Indem das mögliche Ausmaß des Beitrags der Energiewirtschaft zur Zielerreichung des Unternehmens ermittelt wird, erfolgt auch die Festlegung des Nutzenpotenzials. Unter der Prämisse der möglichst effektiven Allokation knapper Ressourcen – vor allem finanzieller und personeller Natur – stellt das Nutzenpotenzial eine wesentliche Richtschnur für die in der jeweiligen Unternehmenssituation am besten geeignete Ausprägungsform des betrieblichen Energiemanagements zur Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Energiewirtschaft und die daraus resultierende Bedeutung als „Intangible Asset“ dar. Diese Betrachtungsweise entspricht dem aus dem ressourcenbasierten Managementansatz entlehnten Kernkompetenzgedanken659. Als Kernkompetenz werden in diesem Zusammenhang Fähigkeitsbündel bezeichnet, die sich vor allem durch Wettbewerbsrelevanz, Dauerhaftigkeit bzw. Einzigartigkeit und Transferierbarkeit auf mehrere Geschäftsfelder auszeichnen.660 Je mehr man sich der Idealvorstellung der Erfüllung dieser Kriterien annähert, desto stärker ist der zum Wettbewerbsvorteil verhelfende Hebeleffekt der zur Weiterentwicklung der (Kern-)kompetenz eingesetzten Ressourcen. Generell kann man hierbei anmerken, dass eine effektive und effiziente Energiebereitstellung ohne Zweifel vor allem in Industriebetrieben zunehmend als relevanter Wettbewerbsfaktor gesehen wird, aber die Einordnung als Kernkompetenz auf Ausnahmefälle beschränkt ist. Exemplarisch dafür sei die sich auf einen Teilbereich der Energiewirtschaft beziehende Energiebeschaffungskompetenz im Rahmen des betrieblichen Energiemanagements genannt, die sich in wenigen Industriekonzer658
Vgl. Ulrich (1987), S. 18 ff.
659
Vgl. Wolf (2003), S. 414 ff.
660
Siehe dazu Wolf (2003), S. 420 ff., Krüger (1997), S. 27, mit einer Reihung der Kriterien in einem Schichtenmodell und Hamel (1996), S. 224 ff.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_8, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
176 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
nen – einhergehend mit der Strom- und Gasmarktliberalisierung – als Kernkompetenz erweist und sogar den Kristallisationspunkt von Spin-offs bildet (beispielsweise als ausgeprägte Kernkompetenz bei der Linde AG661, als Spin-off bei Degussa662 und Deutscher Bahn663).
Energiepolitik Entscheidungstatbestände f Bedeutung der Ressource „Energie“ für das Unternehmen
Managementinstrumente
f Energiewirtschaftliche Grundausrichtung
f Grobenergieanalyse - Unternehmen - Umfeld
f Energiewirtschaftliche Grobziele
f Energiepotenzialmatrix
Koordinationsschwerpunkte Energiepentagon f Prämissen für strategische Aspekte der 5 Mgmt.Funktionen, insbesondere - Planung - Organisation - Personalführung
Unternehmen f Unternehmenspolitik f Unternehmensleitbild f Unternehmensziele
Umwelt f Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie f Ökologische Schwerpunkte
Abb. 8-1: Managementaspekte der Energiepolitik
Die Festlegung des Nutzenpotenzials der Energiewirtschaft in einem Unternehmen erfolgt mithilfe der Energiepotenzialmatrix, die von den beiden Dimensionen Attraktivität und Risiko aufgespannt wird. Als Basis der Positionierung in diesem Feld dient die auf einer energiewirtschaftlichen Unternehmens- und Umweltanalyse beruhende Evaluierung attraktivitäts- und risikorelevanter Kriterien. Die energiepolitische Harmonisierung in zeitlicher sowie inhaltlicher Hinsicht gipfelt in der Vorgabe eines energiewirtschaftlichen Entwicklungspfades in Gleichklang
661
Siehe Schüppstuhl (2004)
662
Siehe dazu: (abgerufen am 28. 01. 2008, 18:20)
663
Siehe Pischon (2003)
Entscheidungstatbestände 177 _______________________________________________________________________________________________________________________________
mit der Unternehmensentwicklung.664 Dieser Ausgleich der Spannungsfelder zwischen Vergangenheit und Zukunft sowie zwischen Energiewirtschaft, Unternehmen und energiebezogener Umwelt erfolgt durch grobe energiewirtschaftliche Zielvorgaben und einer Grundorientierung als Ausgangspunkt für die energiewirtschaftliche Strategieformulierung. 8.1 Entscheidungstatbestände Die Energiepolitik repräsentiert auf der normativen Ebene die oberste Stufe des Energiemanagements, womit den hier getroffenen Entscheidungen ein im Rahmen der durch das Unternehmen vorgegebenen Rahmenbedingungen originärer, allgemeiner und langfristiger Charakter zukommt. Der originäre Charakter unterscheidet die Entscheidungsvorgänge auf der energiepolitischen Ebene methodisch und inhaltlich in besonderem Maße von den Entscheidungsvorgängen auf den anderen Ebenen. Denn bei den hier verwendeten Problemlösungsmethoden zur Entscheidungsfindung kann man sich nicht an einer Zielfunktion orientieren, sondern eben die originäre Bestimmung einer solchen primären Zielfunktion entlang wesentlicher Kontingenzfaktoren des Unternehmens und des energierelevanten Umfeldes kennzeichnet den Entscheidungstatbestand.665 Die weitreichende legitimierende Konsequenz energiepolitischer Entscheidungen, die letztendlich das Ausmaß der Ressourcenallokation für die Energiewirtschaft im Verhältnis zu anderen Funktionalbereichen des Unternehmens determinieren, bedingt zusätzlich die entsprechende Langfristigkeit und Allgemeinheit der Aussage. Damit werden energiepolitische Entscheidungen zu Richtlinien, die auf den nachfolgenden strategischen und operativen Managementebenen inhaltlich weiter konkretisiert und mit Meilensteinen für kürzere Zeitspannen unterlegt werden. Dies bedingt allerdings auch eine enge gegenseitige Abhängigkeit. Denn während die energiepolitischen Richtlinien die unternehmensinterne Harmonisierung von Teilstrategien und operativen Maßnahmen sicherstellen, führt erst die Erstellung von konkretisierenden Strategien und Maßnahmen zur wirksamen Umsetzung der Richtlinien. Die zentrale energiepolitische Fragestellung, deren Beantwortung gleichermaßen die Entscheidung über das Ausmaß der für die Energiewirtschaft zu allozierenden finanziellen und personellen Ressourcen darstellt, lautet: „Welche Bedeutung hat die Ressource Energie für den Unternehmenserfolg?“ Eng damit verbunden sind die beiden anderen energiepolitischen Entscheidungstatbestände, welche energiewirtschaftlichen Grobziele und welche damit einhergehende energiewirtschaftliche Grundausrichtung geeignet sind, um einen bestmöglichen Beitrag der Energiewirtschaft zur Erfüllung der Unternehmensziele zu ermöglichen. 664
Vgl. Pümpin (1986), S. 41
665
Vgl. Ulrich (1987), S. 18
178 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die Bedeutung der Ressource Energie resultiert einerseits aus der Attraktivität, die auf substanzielle Kosteneinsparungsmöglichkeiten oder auf mit Wettbewerbsvorteilen verbundene Nutzeneffekte für das erzeugte Produkt zurückgeführt werden kann, und andererseits aus dem mit der Energiebereitstellung einhergehenden Gefährdungspotenzial, das sich aus Preis- und Ausfallsrisiko zusammensetzt. Dabei erfordert vor allem die Bestimmung des Attraktivitätsniveaus einen Abgleich mit dem Zielprofil des Unternehmens. Denn je nach Ausprägung dieses Profils (Anstreben der Kostenführerschaft, Verfolgung einer Differenzierung durch Qualitätsführerschaft, …) richtet sich auch der mögliche Beitrag der Energiewirtschaft zu dieser Zielerreichung und die damit verbundene Attraktivität aus. Aus der Transformation der Unternehmensziele auf die Ebene der Energiewirtschaft entsteht dann das grobe energiewirtschaftliche Zielprofil (siehe dazu auch Abb. 6-1 in Abschnitt 6.1). Abhängig von der Positionierung in der von den beiden Dimensionen Attraktivität und Gefährdungspotenzial aufgespannten Energiepotenzialmatrix und vom abgeleiteten groben energiewirtschaftlichen Zielprofil ergibt sich schließlich die energiewirtschaftliche Grundausrichtung, die in der strategischen Ebene auf die Teilstrategien in einzelnen Strategiefeldern herabgebrochen wird. Basis dieser Gesamtevaluierung sind die Ergebnisse einer energetischen Unternehmens- und Umfeldanalyse. 8.2 Managementinstrumente Zum Treffen der energiepolitischen Aussagen kommen vornehmlich die energetische Unternehmens- und Umfeldanalyse zur Schaffung der erforderlichen Informationsbasis und die Energiepotenzialmatrix zur strukturierten Auswertung und als Entscheidungshilfe zur geeigneten Positionierung der Energiewirtschaft zum Einsatz. 8.2.1 Energieanalyse Die Informationsbasis für die Evaluierung des Nutzenpotenzials der Energiewirtschaft mithilfe der Energiepotenzialmatrix wird durch eine vorangehende energetische Unternehmens- und Umfeldanalyse geschaffen. Fokus der Betrachtung ist dabei der innerbetriebliche Energiefluss mit den für eine Profilierung wesentlichen Aspekten und die sowohl im Unternehmen als auch im energierelevanten Umfeld angesiedelten Kontingenzfaktoren, die bestimmenden Einfluss auf die Ausgestaltung der Energiewirtschaft haben. Der erforderliche Detaillierungsgrad dieser Analyse richtet sich individuell nach den Anforderungen an die zur energiepolitischen Entscheidungsfindung notwendigen Informationen in einzelnen Unternehmen. Idealerweise werden vertiefende Analysen erst im Rahmen der strategischen oder auch erst der operativen Planung gemacht, wenn geklärt ist, welche energiewirtschaftlichen Schwerpunkte vorrangig verfolgt werden sollen. Dadurch wird ein unnötiger Aufwand für – im detaillierten energetischen Meß- und Auswertungsbereich durchaus mit nicht vernachlässigbarem
Managementinstrumente 179 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Zeit- und Kostenaufwand verbundene – Datenbeschaffung vermieden, die sich rückblickend betrachtet als überflüssig erweist.
Schwerpunkte der energetischen Unternehmensanalyse f Branche, Struktur und Zielprofil des Unternehmens f Zeitraumbezogene Zuführung der Energieträger nach Art, Menge und Kosten f Energieeinsatzentwicklung und beeinflussende Faktoren (z.B.: Profil des Produktionsprozesses, …) f Lastverlauf im stationären und instationären Betriebsbereich f Höhe und Verteilung von Lastspitzen f Zustand der Energieumwandlungsanlagen f Strukturen und Zustand des innerbetrieblichen Energieverteilernetzes f Verteilung der Energieträger auf einzelne Nutzbereiche f Zustand, Betriebsverhalten und Benutzungsprofil der energieverbrauchenden Anlagen f Form und Menge der den Betriebsbereich verlassenden Restenergie (vor allem Abwärmeströme) f Energierückgewinnung nach Art, Menge und Zweck f Umweltbelastung durch einzelne Aggregate
666
Abb. 8-2: Inhaltliche Schwerpunkte der energetischen Unternehmensanalyse
Als Basis für energiepolitische Entscheidungen werden von der energetischen Unternehmensanalyse vorrangig globale Aussagen über bezogene und eingesetzte Energiearten, -mengen und -kosten sowie über die erforderlichen Energieanlagen benötigt. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der vor allem die Nutzenattraktivität mitdeterminiert, ist das Zusammenspiel zwischen Produktionsprozess, Endprodukt und Energieeinsatz. Dies ist einerseits die gegenseitige Beeinflussung aus Produktionsprozess und Energieeinsatz (z.B. aus dem Produktionsprozess resultierende energetische Lastkurven und daraus resultierende Lastspitzen, die Eignung von Kraftwärmekopplung aufgrund eines adäquaten Elektrizitäts- und Wärmebedarfsprofils) und andererseits auch das Ausmaß des möglichen Einflusses der Energiequalität im weiteren Sinne auf die Produktqualität (z.B. Steuerungspräzision, Vermeiden von Spannungsschwankungen, 666
Eigene Zusammenstellung basierend auf Moor (1985) und Bauer (1988)
180 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energieträgerqualität bei chemischen Reaktionen). Als Ausgangspunkt der Analyse des innerbetrieblichen Energieflusses sei auf die in großem Umfang existierenden Checklisten667 zur Durchführung von Energieanalysen verwiesen. Diese erreichen in ihrer Spezifität zwar höchstens die Branchenebene, vermögen aber bei entsprechender Adaptierung an die jeweilige Unternehmenssituation die möglichst vollständige Berücksichtigung der Kernthemen sicherzustellen (siehe Abb. 8-2 mit einem Auszug relevanter Themen). Häufig vernachlässigt wird die Erfassung von nicht direkt energetischen Unternehmensaspekten, die aber wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Energiewirtschaft und die damit einhergehenden energiepolitische Grundaussagen haben. Dies sind vor allem die Unternehmensstruktur mit wesentlichem Einfluss auf die Organisation der Energiewirtschaft und das Zielprofil des Unternehmens, das sich in den energiewirtschaftlichen Zielausprägungen widerspiegeln muss und damit eine starke Auswirkung auf die zu wählende strategische Grundausrichtung der Energiewirtschaft eines Unternehmens hat. Die grundsätzliche Vorgehensweise zur Durchführung der energetischen Unternehmensanalyse umfasst eine Systemabgrenzung, die Datenerfassung auf erforderlichem Niveau, die Synthese der erfassten Daten und schließlich die Auswertung. Die Vorgehenskonzepte der meisten Autoren668 folgen diesem Muster mit manchmal höherem und manchmal niedererem Detaillierungsgrad. Da das Kernobjekt der Betrachtung immer ein auf ein definiertes System bezogener Energiefluss ist, der dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik unterworfen ist, kommt der genauen Festlegung dieses Systems größte Bedeutung zu. Erst dies ermöglicht eine sinnvolle Kontrolle der erfassten Daten in Hinblick auf eine ausgeglichene Energiebilanz, d. h. dass in einem definierten Zeitintervall der Energieinput dem Energieoutput entspricht, wenn sich der Energieinhalt des Systems in dieser Zeit nicht verändert (siehe Abb. 8-3). Als Systemgrenze für die der Energiepolitik zugrundeliegende Analyse empfiehlt sich im ersten Schritt der Betriebsstandort eines Unternehmens. Inwieweit man innerhalb dieses Systems weitere Unterteilungen vornimmt oder den Betriebsstandort im Extremfall als Black Box betrachtet, hängt vom erforderlichen Niveau der Datenerfassung ab. In den meisten Fällen wird das Niveau derart gewählt, dass sich eine aussagekräftige Darstellung des betrieblichen Energieflusses in einem Energiefluss- bzw. Sankey-Diagramm bewerkstelligen lässt, das die einzelnen innerbetrieblichen Energiewertschöpfungsstufen Energiebezug, -umwandlung, -verteilung, -nutzung und -abgabe bzw. -recycling wiedergibt.669 Die Überführung der Einzeldaten in eine gemeinsame Energieeinheit auf Basis ihres Wärmeäquivalents ermöglicht die Aggregation zu Energieteilströmen und schließlich zum gesamten Energiestrom des Betriebsstandortes innerhalb eines defi667
Siehe beispielsweise Overath (2001), EPA (2003), Kaiser (1999), S. 44-86, Capehart (2005)
668
Siehe beispielsweise Stüger (1988), S. 185, Thumann (2002), S. 2 f., Spengler (1998), S. 27 ff.
669
Vgl. Wohinz (1989), S. 73 ff., Labidi (1999), S. 26 f.
Managementinstrumente 181 _______________________________________________________________________________________________________________________________
nierten Zeitraums. Auf dieser Grundlage können die Energieflussanalyse und eine kennzahlenbasierte Auswertung erfolgen.
EPzu
Ezu, Eab…. zugeführte, abgeführte Energieträger
Systemgrenze
EPzu, EPab.. über Produkte zu- oder abgeführte Energien
Eab
Ezu
¨ES....……geänderter Energieinhalt des untersuchten Systems
¨ES
EPab
Ezu + EPzu = Eab + EPab + ¨ES
Abb. 8-3: Die Energiebilanz als Basis der Energieflussanalyse670
Auf der normativen Ebene konzentriert sich die energetische Umfeldanalyse auf die energierelevanten Aspekte der Makroumwelt. Diese lassen sich in die vier Bereiche Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie gliedern, wobei die Prioritäten – sowie bei der energetischen Unternehmensanalyse – auch bei der energetischen Umfeldanalyse unternehmensindividuell festzulegen sind: f Politik: Gerade im Energiebereich spielen politische Entscheidungen mit den resultierenden energie- und umweltpolitischen Regulierungen eine große Rolle. Dies hat nicht nur Einfluss auf die Standortentscheidung sondern unter anderen auch auf die zu beherrschenden Spielregeln und Fähigkeiten (man denke dabei an die Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte) und die Wahl der Energieträger, soweit Substitution möglich ist (man denke an die EURichtlinie für den Handel mit Treibhausgas-Emissionsberechtigungen671 und 670
Vgl. Moor (1985), S. 49 f.
671
Siehe KOM (2003b)
182 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
die damit verbundene Forcierung des Dekarbonisierungstrends beim Einsatz von Energieträgern). f Wirtschaft: Energiewirtschaftliche Themen sind in Hinblick auf Preisentwicklungen in den Energieteilmärkten und auch auf die Verfügbarkeit einzelner Energieträger von besonderem Interesse. f Gesellschaft: Dieser Bereich hat im Rahmen der Nachhaltigkeitsdiskussion stark an Bedeutung gewonnen und hat für Industriebetriebe vor allem eine ökologische Dimension. Die Identifizierung einflussreicher Stakeholdergruppen und deren Programme lässt eine Abschätzung zukünftiger ökologischer Rahmenbedingungen und der erforderlichen energiewirtschaftlichen Antworten zu. f Technologie: Technische Entwicklungen bei Energieumwandlungs- und Energieverteilungsanlagen haben neben der Erzielung prozesstechnischer Fortschritte großen Einfluss auf Effektivität und Effizienz der betrieblichen Energiewirtschaft. Aus energiepolitischer Sicht interessieren hierbei vor allem die möglichen Handlungsspielräume zur Beeinflussung des energetischen Nutzens und der Energiekosten. Die in der Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt abgebildeten Themen kommen vor allem auf strategischer und operativer Ebene zum Tragen und werden dementsprechend nachgelagert und individuell je nach energiewirtschaftlicher Grundausrichtung analysiert. 8.2.2 Energiepotenzialmatrix Mit Hilfe der Energiepotenzialmatrix soll das Entscheidungsproblem, welche generische Energiestrategie zur Maximierung des energiewirtschaftlichen Beitrags zum Gesamtunternehmensziel führt, auf der Ebene des normativen Energiemanagements beantwortet werden. Die Basiselemente eines dafür geeigneten allgemeinen Entscheidungsmodells672, das der Energiepotenzialmatrix zugrunde gelegt wird, können folgendermaßen definiert werden673: f Wertesystem: Vorrangiges Ziel ist die in Teilzielen erfasste Optimierung des Beitrags der Energiewirtschaft zur Unternehmenszielsetzung. Für die Konkretisierung werden die aus dem Unternehmenszielprofil ableitbaren energiewirtschaftlichen Grobziele formuliert. Bezogen auf die vier Dimensionen Qualität, Kosten, Zeit und Soziökologie auf Unternehmensebene bedeutet dies – je nach Zielpriorität auf Unternehmensebene – ein besonderes Augen672
Vgl. Gäfgen (1974), S. 95 ff.
673
Vgl. Posch (2005a), S. 105 f.
Managementinstrumente 183 _______________________________________________________________________________________________________________________________
merk jeweils auf die Optimierung verfahrenstechnischer Qualität, die Senkung der Energiekosten, die Erhöhung von Versorgungssicherheit und Anpassungsfähigkeit oder die Reduktion der Umweltbeeinflussung bzw. die Erhöhung von Sicherheit und Komfort für die Mitarbeiter. f Maxime: Es soll die Auswahl derjenigen generischen Energiestrategie erfolgen, die durch Erfüllung der energiewirtschaftlichen Teilziele den höchsten Beitrag zum Gesamtunternehmensziel verspricht. f Handlungsalternativen: Die möglichen generischen Strategien der Energiewirtschaft bilden die Handlungsalternativen, zwischen denen man sich entscheiden muss. In Anlehnung an die Charakterisierung des Nutzenpotenzials nach den Kriterien „Attraktivität“ und „Gefährdungspotenzial“ werden diese generischen Strategien einerseits durch die Intensität der Attraktivitätsoptimierung (Nutzenerhöhung bzw. Kostenreduktion) und andererseits durch die Intensität der Gefährdungsrisikoabsicherung (Absicherung des Preisrisikos bzw. Reduktion des Versorgungsausfallsrisikos) beschrieben. Auf normativer Ebene ist es ausreichend, zwischen jeweils hoher oder geringer Intensität der Attraktivitätsoptimierung bzw. Gefährdungsrisikoabsicherung zu unterscheiden. Aus der Kombinatorik dieser jeweils zwei Zustände entlang der beiden Dimensionen ergeben sich vier Handlungsalternativen. Diese lassen sich in der Praxis weiter auf drei Optionen einschränken, da die Gefährdungsrisikoabsicherung bei geringer Attraktivitätsoptimierung von untergeordneter Bedeutung ist und eine Unterscheidung zwischen geringer und hoher Gefährdungsrisikoabsicherung für die Bildung generischer Strategien in diesem Fall nicht relevant ist. Dementsprechend existieren die drei Handlungsalternativen „Offensiv“ (Hohe Intensität der Attraktivitätsoptimierung bei geringer Gefährdungsrisikoabsicherung), „Defensiv“ (Hohe Intensität der Attraktivitätsoptimierung bei gleichzeitiger hoher Gefährdungsrisikoabsicherung) und „Systemerhaltend“ (Geringe Intensität der Attraktivitätsoptimierung gepaart mit geringer Gefährdungsrisikoabsicherung). f Umweltzustände: Die Umweltzustände resultieren aus der Beurteilung der „Energiesituation“ eines Unternehmens in Hinblick auf die Attraktivität und das Gefährdungspotenzial der Ressource „Energie“. f Ergebnisse: Die Ergebnisse – als Konsequenz der Verfolgung einer generischen Strategie bei einem bestimmten Umweltzustand – können auf der normativen Managementebene entweder nur qualitativ in Form einer Beschreibung angegeben werden oder bedürfen bei einer Quantifizierung (Man denke dabei an die zahlengestützte Ausformulierung einer Geschäftsplanung) der Angabe der den Berechnungen zugrunde liegenden Annahmen. Diese Be-
184 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
schreibung liefert dann gleichzeitig die – auch für nicht direkt an der Entscheidungsfindung beteiligte Beobachter nachvollziehbare – Begründung für die Rangordnung der möglichen Handlungsalternativen unter Berücksichtigung des Wertesystems. Die Überführung des beschriebenen Entscheidungsmodells in die Energiepotenzialmatrix erfolgt dergestalt, dass durch die zwei Dimensionen Attraktivität und Gefährdungspotenzial das Portfolio der möglichen Umweltzustände aufgespannt wird. Die beiden Achsen werden jeweils in die zwei Segmente „Gering“ und „Hoch“ unterteilt, woraus sich vier Portfoliofelder ergeben. Für jedes der resultierenden vier Felder kann nun die Auswirkung der generischen Energiestrategien, die den Handlungsalternativen entsprechen, beschrieben werden. Energiepotenzial 33
Offensiv Kostenattraktivität 3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
2,5
Attraktivität
Kostenattraktivität
3
Kostenausmaß
Defensiv
Attraktivität
2
1,5
1
1,5 1,5
0,5
0 0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
Nutzenattraktivität
Kostenbeeinflußbarkeit
Systemerhaltend
Nutzenattraktivität 3
2,5
00
1,5 1,5
3
3
Gefährdungspotenzial
2
Risiko
1,5 3
1 2,5
0,5
0 0
0,5
1
1,5
2
2,5
Nutzenrealisierbarkeit
3
…Gewichtete Energiepositionierung
Preisrisiko
Druckluft Dampf Elektrizität Erdgas Schweröl Sauerstoff Fernwärme
Nutzenpotenzial
00
2
1,5
1
0,5
0 0
0,5
1
1,5
2
2,5
Versorgungsrisiko
3
674
Abb. 8-4: Energiepotenzialmatrix für einen energieintensiven Industriebetrieb
In der Beurteilungsphase wird jene generische Energiestrategie in der Rangordnung nach vorne gereiht, die unter dem gegebenen Umweltzustand den besten Beitrag zum Gesamtunternehmungsziel verspricht. Das bedeutet, dass letztendlich für jedes der vier 674
Entnommen aus Posch (2005b), modifiziertes Praxisbeispiel
Managementinstrumente 185 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Felder eine der generischen Energiestrategien „Offensiv“, „Defensiv“ oder „Systemerhaltend“ ausgewählt und als Handlungsempfehlung hinterlegt wird (siehe Abb. 8-4). Im praktischen Einsatzfall der Energiepotenzialmatrix bedeutet dies, dass für die einzelnen Energieträger der entsprechende Umweltzustand ermittelt wird und sich diese dann in der Matrix verteilen, wodurch direkt die entsprechende Handlungsempfehlung für den strategischen Umgang mit diesen Energieträgern ablesbar ist. Dabei ist zu achten, dass man für alle Energieformen dieselbe Stufe der Energiewertkette wählt, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. Für den betrieblichen Einsatz empfiehlt sich hier zumeist die Stufe „Einsatzenergie“ direkt vor der Nutzenumwandlung. Für eine vergleichende aggregierte Darstellung beispielsweise des Energiepotenzials einzelner Produktionsstandorte auf Holdingebene können die einzelnen Energieträger zusammengefasst werden (eventuell mit einer Gewichtung entsprechend der einzelnen Mengen oder auch Kosten) und als ein Energiepunkt in der Energiepotenzialmatrix auf Holdingebene dargestellt werden. Beispielhafte Kriterien zur Bewertung des Energiepotenzials Kosten
Nutzen
Risiko
Kostenausmaß • Energiemenge • Stückkosten • Gesamtkostenanteil • …
Nutzenpotenzial • Mögliche Steigerung der Produktqualität • Möglicher positiver Einfluss auf die Prozessoptimierung • Mögliche Reduktion der Umweltbelastung • Mögliche Steigerung der Arbeitssicherheit • Mögliche Komfortsteigerung • …
Preisrisiko • Volatilität des Marktpreises • Monopolsituation • Dispositionsmöglichkeit • Ausprägung der Terminmärkte • …
Kostenbeeinflussbarkeit • Substituierbarkeit • Lieferantenauswahl • Variabilität der Qualität • Energieeinsparpotenzial • …
Nutzenrealisierbarkeit • Möglichkeit der energetischen Optimierung • Existenz erforderlicher Kompetenzen • Kompetenzvorsprung schwer kopierbar • Vorteil dem Kunden kommunizierbar • …
Versorgungsrisiko • Ressourcenverfügbarkeit • Speicherfähigkeit • Existierende Infrastruktur • Politische Risiken • Anzahl möglicher Versorgungswege • Ausprägung der Spotmärkte • …
675
Abb. 8-5: Bewertungskriterien der einzelnen Dimensionen der Energiepotenzialmatrix 675
Vgl. Posch (2006b)
186 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
Für die Ermittlung des Umweltzustandes werden die beiden Achsen Attraktivität und Gefährdungspotenzial weiter aufgeteilt, wodurch die Komplexität des Ermittlungsvorgangs durch den Zerfall in weitere Einzelbeurteilungen des Umweltzustandes für den Entscheider besser beherrschbar wird. Die Achse Gefährdungspotenzial setzt sich dabei aus den beiden Dimensionen Preisrisiko und Versorgungsrisiko zusammen. Die Achse Attraktivität setzt sich aus den beiden Dimensionen Kosten- und Nutzenattraktivität zusammen, die beide jeweils noch in die Dimensionen Ausmaß und Beeinflussbarkeit zerfallen. Bei der Attraktivitätsbewertung muss man der je nach Zielausprägung jeweils höheren Attraktivität entweder eines Kostenreduktionspotenzials oder eines Nutzenbeitragspotenzials wie beispielsweise die Erhöhung der Versorgungssicherheit gerecht werden. Dazu empfiehlt sich eine zielprofilabhängige Gewichtung von Kosten- und Nutzenattraktivität bei ihrer Transformation auf die Attraktivitätsachse der Energiepotenzialmatrix. Erst auf der untersten Matrixebene werden für die einzelnen Achsen detaillierte Beurteilungskriterien (siehe Abb. 8-5) benutzt, deren Erfüllung durch einzelne Energieträger mithilfe einer Kardinalskala bewertet wird. Durch die entsprechende Verknüpfung dieser Submatrizen werden die Einzelbeurteilungen zu einer Endbeurteilung des jeweiligen Energieträgers in der Energiepotenzialmatrix zusammengefasst (siehe Abb. 8-4). Die mit Hilfe der Energiepotenzialmatrix ermittelte generische Energiestrategie für ein Unternehmen stellt – zusammen mit den energiewirtschaftlichen Grobzielen – den energiepolitischen Ausgangspunkt für die im Rahmen der strategischen Planung erfolgende, weiterführende strategische Positionierung der Energiewirtschaft dar. 8.3 Koordinationsfunktion Die vorrangige Bedeutung der Energiepolitik liegt in ihrer koordinierenden Wirkung, die sicherstellt, dass die einem Unternehmen als soziotechnischem System innewohnenden, aus Eigeninteressen heraus miteinander konkurrierenden Vorstellungen der Führungskräfte und Mitarbeiter in wesentlichen energiewirtschaftlichen Grundsätzen übereinstimmen. Dabei erfolgt eine inhaltliche Harmonisierung, die vorrangig die Übersetzung der Unternehmenspolitik und des daraus abgeleiteten Unternehmenszielprofils in energiewirtschaftliche Tatbestände gewährleistet, eine zeitliche Harmonisierung, die zu einer auf die Änderungen des energetischen Umfeldes und auch auf die Unternehmensentwicklung abgestimmten Entwicklung der Energiewirtschaft führt und schließlich auch eine geistige Harmonisierung, die man am ehesten mit der Schaffung eines gemeinsamen Korpsgeistes vergleichen kann:676
676
Vgl. Ulrich (1987), S. 22 ff.
Koordinationsfunktion 187 _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Inhaltliche Harmonisierung: Im Rahmen der Bestimmung des Nutzenpotenzials der Energiewirtschaft wird der Beitrag der Energiewirtschaft zur Zielerfüllung des gesamten Unternehmens festgelegt. Dabei werden die Ziele auf Unternehmensebene in generelle energiewirtschaftliche Ziele transformiert, die die Richtlinie zur Ausgestaltung der Elemente des Energiepentagons auf den beiden nachgelagerten strategisch und operativ ausgerichteten Ebenen darstellen. Damit wirkt die Energiepolitik einerseits als wesentliches, harmonisierendes Bindeglied zwischen dem System „Unternehmen“ und dem Subsystem „Energiewirtschaft“ und andererseits stellt sie innerhalb des Subsystems gewissermaßen die koordinierende Spitze der Entscheidungspyramide dar. f Zeitliche Harmonisierung: Durch die mit der Festlegung von generellen energiewirtschaftlichen Zielen und der daraus resultierenden energiewirtschaftlichen Grundausrichtung einhergehende Vorgabe eines zukunftsorientierten Entwicklungspfades, der auf den in der Vergangenheit entstandenen Rahmenbedingungen aufsetzt, erfolgt eine Harmonisierung entlang der Zeitachse. In diesem Zusammenhang kommt auch die Rolle der Energiewirtschaft als Schnittstelle des Unternehmens zum energetischen Umfeld zum Tragen. Sie nimmt eine Sensorfunktion für energetisch relevante Entwicklungen im Umfeld wahr und leitet daraus rechtzeitig adäquate Maßnahmen zur Harmonisierung des Unternehmens mit dem energetischen Umfeld ab. Durch das Heranziehen der energiepolitischen Rahmenbedingungen wird eine stabilisierende Kontinuität erreicht und sowohl ein zu spätes Reagieren als auch ein andauerndes Überreagieren mit darauffolgendem Gegensteuern vermieden. Damit trägt die Energiepolitik auch maßgeblich zur Zeitautonomie des Unternehmens bei. f Geistige Harmonisierung: Durch die im Rahmen der Energiepolitik grundlegende und langfristig gültige Formulierung des Sinns und der Bedeutung der Energiewirtschaft für das betreffende Unternehmen kann den Führungskräften und Mitarbeitern eine gemeinsame Grundeinstellung vermittelt werden. Damit basieren die in einem Unternehmen naturgemäß in großer Zahl unabgestimmt getroffenen Einzelentscheidungen auf einer einem Korpsgeist ähnlichen Grundhaltung. Dieser Form der Harmonisierung kommt daher auch eine wesentliche Rolle bei der Filterung der sog. emergenten Strategien677 zu, deren Ursächlichkeit zwar noch nicht ausreichend geklärt ist, die aber mit großer Wahrscheinlichkeit neben unabsehbaren Entwicklungen im energiere677
Siehe dazu Mintzberg (1985), der die Abweichung zwischen der intendierten und der dann tatsächlich umgesetzten Strategie unter Einführung der emergenten Strategien mit einem empirisch gestützten Modell erläutert.
188 Energiepolitik _______________________________________________________________________________________________________________________________
levanten Umfeld vor allem auch durch die nicht im formalen Planungsprozess abgestimmten Einzelentscheidungen von Führungskräften entstehen678. Zusammenfassend übernimmt die Energiepolitik mit ihrer inhärenten koordinierenden Wirkung eine wesentliche Bindegliedfunktion zwischen der Energiewirtschaft des Unternehmens, dem Unternehmen selbst sowie dem energetischem Umfeld und hat innerhalb des Subsystems Energiewirtschaft einen starken Richtliniencharakter für alle Elemente des Energiepentagons.
678
Vgl. Müller-Stewens (2003), S. 70 f.
9 Energieplanung Energieplanung im weiteren Sinne inkludiert in ihrer Funktion als zukunftsorientierter Willensbildungsprozess explizit das auf Basis der strukturierten Entscheidungsvorbereitung vorzunehmende Fällen von Entscheidungen.679 Richtschnur bzw. Ausgangspunkt der Energieplanung sind einerseits die im Rahmen der Energiepolitik festgelegten Grobziele, die im Verlauf der strategischen Planung weiter detailliert werden, und andererseits die energetische Ist-Analyse, die auch bereits zur Formulierung der Energiepolitik durchgeführt wurde und ebenfalls nach Bedarf sowohl auf strategischer als auch auf operativer Ebene selektiv weiter detailliert werden kann. Dementsprechend kann die Energieplanung als zielorientierte Aktionsplanung verstanden werden680, wobei dies auf der strategischen Ebene üblicherweise mit einer angestrebten Potenzialveränderung und damit gekoppelter Effektivitätssteigerung verbunden ist, während auf operativer Ebene die Effizienzsteigerung bei gegebenen Potenzialen im Vordergrund steht681. Wesentliche Aspekte der strategischen Energieplanung sind Detaillierung und Festlegung energiewirtschaftlicher Teilziele sowie Transformation der auf energiepolitischer Ebene festgelegten Grundausrichtung in energiewirtschaftliche Bereichsstrategien zur Erfüllung dieser Teilziele (siehe Abb. 9-1). Aufbauend auf der im Rahmen der energiepolitischen Grundsatzentscheidung erfolgten Aussage über die Bedeutung der Energiewirtschaft für das Unternehmen erfolgt auch eine weiterführende energiewirtschaftsinterne Schwerpunktbildung und damit eine zielorientierte Zuteilung der für die Energiewirtschaft zur Verfügung stehenden Ressourcen entlang strategischer Maßnahmen. Dabei ist ein Ausgleich zwischen notwendiger Fokussierung auf ausgewählte Kosten- und Nutzenpotenziale sowie die damit verbundene Erhöhung der Schlagkraft zur Zielerreichung und zwischen Maßnahmen zur Risikomitigation im erforderlichen Umfang vorzunehmen.682 Ansatzpunkte zur Gestaltung des Verhältnisses von Fokussierung zu Risikomitigation können der Positionierung der Energieträger in der Energiepotenzialmatrix entnommen werden. Wird auf strategischer Ebene damit gewissermaßen das energiewirtschaftliche Konzept bzw. Programm festgelegt (was vor allem bei der erstmaligen energiewirtschaftlichen Konzeptionierung im Rahmen einer Fabriks- oder Standortplanung deutlich in Erscheinung tritt) erfolgen auf operativer Ebene die Planung der zur Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen sowie die für eine effiziente Abwicklung der 679
Vgl. Hahn (2001), S. 45 ff. u. 96 ff.
680
Vgl. Koontz (1964), S. 71
681
Vgl. Gälweiler (1990), S. 28 ff.
682
Vgl. Bleicher (2004), S. 294 f.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
190 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
energiewirtschaftlichen Teilwertschöpfungsprozesse erforderlichen Lenkungsmaßnahmen.
Energieplanung Entscheidungstatbestände
Managementinstrumente
f Strategische energiewirtschaftliche Positionierung
f Morphologischer Kasten
f Energiewirtschaftliche Ziele
f Selektive Energieaudits
f Maßnahmen zur Zielerreichung
f Energie Assessment
f Energie Benchmarking
f Maßnahmenportfolio
Koordinationsschwerpunkte Energiepentagon
Unternehmen
Umwelt
f Energiepolitik
f Unternehmensziele
f Alle vier weiteren Managementfunktionen
f Unternehmensplanung
f Alle Beeinflussungsfaktoren der Makroumwelt
f Funktionale Planungen (z. B.: Produktionsplanung, …)
f Stakeholder des Aufgaben- und Wettbewerbsumfelds
Abb. 9-1: Managementaspekte der Energieplanung
Idealerweise erfolgt energiewirtschaftliche Planung im Sinne eines Gegenstromverfahrens683, wobei es sich dabei – ähnlich dem Gestaltungsprinzip einer Doppelwendel – eigentlich um ein doppeltes Gegenstromverfahren handelt. Einerseits erfolgt der Top-down-Bottom-up-Top-down-Abgleich mit der übergeordneten Unternehmensbzw. Standortplanung und zusätzlich erfolgt ein vor allem auf zusätzlichen Synergiegewinn ausgerichteter derartiger Abgleich innerhalb der Energiewirtschaft, wenn auf Konzernebene über mehrere Standorte ein energiewirtschaftliches Gesamtkonzept gelegt wird (siehe Abb. 9-2). Der Gegenstrom-Abgleich zwischen energiewirtschaftlichen Systemebenen erfolgt gewissermaßen in Form einer weiteren Unterteilung des Prozessabschnitts „Bottom up“ aus dem Abgleich mit der Unternehmensplanung. 683
Vgl. Hax (1991), S. 18 und Horváth (1996), S. 208 ff.
Energieplanung 191 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energiewirtschaftlicher Planungsprozess 1. Formulierung der Grobziele auf Holdingebene
Holdingebene 1
6
2. Formulierung der betrieblichen Grobziele
Energiewirtschaft auf Holdingebene
3. Formulierung des betrieblichen Energiestrategievorschlags
4
4. Abgleich mit der Energiewirtschaft auf Holdingebene Betriebsstandortebene Betriebsstandortebene 7 2 5 Betriebsstandortebene Betriebsstandortebene Betriebliche Energiewirtschaft Betriebliche Energiewirtschaft 3 Betriebliche Energiewirtschaft Betriebliche Energiewirtschaft
5. Formulierung des Betriebsstrategievorschlags 6. Formulierung der Holdingstrategie 7. Finalisierung der Betriebsstrategie / Beginn operativer Planung 8
8. Finalisierung der betrieblichen Energiestrategie / Beginn operativer Planung
Abb. 9-2: Doppeltes Gegenstromverfahren des Energieplanungsprozesses684
Auf strategischer Ebene existiert eine Vielzahl im Rahmen der strategischen Planung oder des strategischen Controllings entwickelter Managementinstrumente zur Entscheidungsunterstützung685, die mehr oder weniger auch für energiewirtschaftliche strategische Entscheidungen adaptierbar sind. Herausgegriffen werden hier der morphologische Kasten, der in Zusammenhang mit dem Zielprofil und den generischen Strategien eine energiewirtschaftliche Positionierung mit strategischen Grundverhaltensweisen erlaubt, das Benchmarking zur Festlegung der zu erreichenden Zielausmaße, die Lückenanalyse zum Aufzeigen des Handlungsbedarfs und schließlich auch das Maßnahmenportfolio zur Priorisierung der abgeleiteten energiewirtschaftlichen Maßnahmen. Die Energieplanung stellt die wichtigste Form der technokratischen Koordination dar, wobei diese Koordination sowohl zeitlich als auch inhaltlich erfolgt. Inhaltlich erfolgt die Harmonisierung innerhalb der Energiewirtschaft sowohl vertikal durch die Transformation der energiepolitischen Grundsätze in operative Energiemaßnahmen als auch horizontal durch die Schaffung – teilweise auch in gegenseitigem Abgleich – von 684
Eigene Darstellung in Anlehnung an Hax (1991), S. 18
685
Siehe beispielsweise Welge (2005), Kreikebaum (1991), Mann (1983), Müller-Stewens (2003)
192 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Rahmenbedingungen für die anderen Managementfunktionen des Energiepentagons. Für die inhaltliche Harmonisierung zwischen Energiewirtschaft und Unternehmen wird der vertikale Ausgleich vor allem durch die Energiepolitik gewährleistet aber die horizontale Koordination erfolgt in hohem Ausmaß auf strategischer Planungsebene durch einen Abgleich mit anderen funktionalen Teilstrategien. Eine zeitliche Harmonisierung erfolgt vornehmlich durch die Festlegung eines zukunftsorientierten Maßnahmenplans zum Aufbau energiewirtschaftlicher Erfolgspotenziale. 9.1 Entscheidungstatbestände Grundsätzlich ist Energieplanung gekennzeichnet durch die Auswahl zwischen alternativen energiewirtschaftlichen Zielen und Vorgangsweisen zur bestmöglichen Unternehmenszielerreichung. Wesentliche Rahmenbedingungen hinsichtlich energiewirtschaftlicher Grundausrichtungen werden hierbei von der Energiepolitik vorgegeben. Unter diesen Prämissen sind Entscheidungen bezüglich der geeigneten strategischen energiewirtschaftlichen Positionierung, des zu erreichenden Zielausmaßes und der Aufstellung eines adäquaten Maßnahmenplanes zur Umsetzung der energiewirtschaftlichen Strategien zu treffen. Generell ist hier festzuhalten, dass auf der hier gewählten Modellebene zwar Normstrategien für idealtypische Konstellationen empfohlen werden können, dass diese aber für die in der Praxis auf der Systemebene an individuellen Unternehmensfaktoren auszurichtenden Strategien nur als Anhaltspunkte dienen können und mehr oder minder zu adaptieren sind. Die geeignete strategische Positionierung stellt eine Verfeinerung der in der Energiepolitik festgelegten generischen Strategien dar. Das Positionierungsprofil setzt sich aus möglichen Verhaltensweisen in bestimmten strategisch relevanten Energiewirtschaftsbereichen unter den aus den Unternehmenszielen abgeleiteten energiewirtschaftlichen Zielprämissen zusammen. Als relevante energiewirtschaftliche Teilbereiche sind die Energiebeschaffung, die Energieeffizienz, die Energiequalität, energiebedingte Emissionen und die energetische Betriebsführung zu nennen. Die energiewirtschaftlichen Grobziele, die direkt aus den Unternehmenszielen abgeleitet sind, werden in Teilziele für die einzelnen strategisch relevanten Energiewirtschaftsbereiche transformiert. Auf dieser Ebene sind neben den Zielinhalten vor allem auch die Zielausmaße festzulegen, die die Meßlatte für die energiewirtschaftliche Zielerreichung durch Durchführung entsprechender Maßnahmen darstellen. Dabei ist – idealerweise unter Zuhilfenahme von Benchmarking, um sich an den wichtigsten Wettbewerbern zu orientieren – darauf zu achten, dass diese Zielausmaße eine gewisse Spannung erzeugen aber gleichzeitig auch erreichbar bleiben. Auf operativer Ebene sind jene Maßnahmen auszuwählen und in einen Aktivitätenplan umzusetzen, die die erfolgreiche Umsetzung der gewählten Strategie sicher-
Managementinstrumente 193 _______________________________________________________________________________________________________________________________
stellen. Wesentliche Aspekte bei der Priorisierung sind einerseits die Auswirkung der Maßnahme auf die Zielerreichung und andererseits die Dauer bis zu den ersten merkbaren Erfolgen. Da Erfolgserlebnisse für die Aufrechterhaltung der Motivation zur andauernden Durchführung von Änderungs- bzw. Verbesserungsmaßnahmen wesentlich sind, dient der zweite Priorisierungsaspekt der geeigneten zeitlichen Reihung für die Durchführung der Maßnahmen. 9.2 Managementinstrumente Besonders für die Managementfunktion „Planung“, die häufig sogar als Synonym für die Vorbereitung und das Fällen von zukunftsorientierten Entscheidungen verwendet wird, existiert eine Vielzahl an analytischen und heuristischen Lösungsverfahren als Managementinstrumente. Die folgende Auswahl versteht sich dabei auch keineswegs als exklusive, einzig verwendbare Teilmenge von Planungsinstrumenten sondern zeichnet sich vor allem auch dadurch aus, dass sie sich in besonderem Maße für die energiewirtschaftliche Planung im Zusammenspiel mit den anderen hier vorgestellten Managementinstrumenten des Energiepentagons eignet. Außerdem haben sich die im folgenden beschriebenen Instrumente morphologischer Kasten (vor allem im Zusammenhang mit der Portfoliomethode der Energiepotenzialmatrix), Benchmarking, Lückenanalyse (hier vor allem das Energiemanagement-Assessment) und Maßnahmenportfolio in der praktischen Anwendung des Autors bei Projekten in Papier-, Stahlund Energieindustrie mehrfach bewährt. 9.2.1 Strategische energiewirtschaftliche Positionierung Die funktionalen strategischen Grundverhaltensweisen der Energiewirtschaft leiten sich aus der das Nutzenpotenzial widerspiegelnden Positionierung in der Energiepotenzialmatrix und aus dem aus den Unternehmenszielen abgeleiteten energiewirtschaftlichen Zielprofil ab. Ihre Ausprägung finden diese strategischen Grundverhaltensweisen in der dementsprechenden Ausgestaltung der energiewirtschaftlichen, strategischen Themenbereiche Energiebeschaffung, Energieeffizienz, Energiequalität, energiebezogene Emissionen und energiewirtschaftliche Betriebsführung. 9.2.1.1
Generische Strategien
Ähnlich einem Januskopf sind die generischen Strategien als direktes Bindeglied zwischen der Energiepolitik und der Energieplanung zu sehen. Auf normativer Ebene verkörpern sie als Resultat der Positionierung der Energieträger in der Energiepotenzialmatrix das Nutzenpotenzial der Energiewirtschaft und auf strategischer Ebene fungieren sie als direkter Ausgangspunkt für die Ableitung der strategischen Grundverhaltensweisen entlang der energiewirtschaftlich relevanten Strategiethemen unter den
194 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Prämissen des auf die Energiewirtschaftsebene transformierten Unternehmenszielprofils (siehe Abb. 9-3). Mit ihrer Mehrdimensionalität, die sowohl die aus Kosten und Nutzen resultierende Attraktivität als auch das Gefährdungspotenzial berücksichtigt, und Raum für die zielbezogene Kombination mehrerer strategischer Grundverhaltensweisen bietet, unterscheiden sich die generischen Strategien wesentlich von gängigen eindimensionalen energiewirtschaftlichen Strategiekonzepten686, die üblicherweise nur auf die Energieeffizienz als wesentliches strategisches Energiethema abstellen. Allerdings werden auch für die Festlegung der generischen Strategien die beiden Dimensionen Attraktivität und Gefährdungspotenzial unterschiedlich gewichtet. Zurückgreifend auf empirische Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass die Energiewirtschaft unterhalb eines bestimmten Attraktivitätsniveaus keinen wesentlichen Beitrag zur Zielerreichung leistet und damit auch das Gefährdungspotenzial für die Zielerreichung nur untergeordnet sein kann. Aus diesem Grund finden wir bei geringer Attraktivität statt der erwarteten zwei mit einer generischen Strategie „Systemerhaltend“ das Auslangen und differenzieren bei höherer Attraktivität je nach niedrigem oder hohem Gefährdungspotenzial zwischen den generischen Strategien „Offensiv“ und „Defensiv“. 9.2.1.1.1
Systemerhaltend
Die Einstufung der Energiewirtschaft in ihrer Bedeutung als „systemerhaltend“ resultiert aus dem als gering bewerteten Attraktivitätspotenzial der Ressource Energie. Häufig wird hier das Unterschreiten eines gewissen Anteils an den Gesamtkosten des Unternehmens als wesentliches Schwellenkriterium herangezogen (Bei Consonni und Lesourd beispielsweise mit 5% bzw. einer jährlichen Energieverbrauchsmenge von 3.100 toe angegeben)687, weil davon ausgegangen wird, dass der unternehmensweite Hebeleffekt von Investitionsprojekten in einem Bereich, der einen derart geringen Kostenanteil repräsentiert, geringer als in anderen Funktionalbereichen mit höheren Kostenanteilen ist.
686
Ausgehend von der Produktionstheorie unterscheiden Lesourd (1985) und Jacques (1988), S. 29 f., in Abhängigkeit vom variierten Produktionsfaktor (Arbeit, Kapital oder Technologie) zwischen kurz-, mittel und langfristig wirksamen Energiesparmaßnahmen und leiten daraus aufeinander aufbauende Stufen des Energiemanagements ab; Nosko (1986), S. 81 ff., differenziert seine Strategiekonzepte zur Steigerung der Energieproduktivität nach denselben produktionstheoretischen Annahmen, vermeidet aber die Abstufung, indem er die Konzepte als Optionen nebeneinander stellt; Fawkes (1987) differenziert vorrangig zwischen der Variation von Arbeit oder Kapital als Einsatzfaktoren bei bestehenden Anlagen – darüber hinaus erachtet er die Berücksichtigung von Energieeffizienz bei Neuerrichtungen und Neubeschaffungen als darüber hinausgehende Energiemanagement-Stufen.
687
Siehe Consonni (1986)
688
Eigene Zusammenstellung Versorgungssicherheit
Zeit
Abb. 9-3: Zielspezifische generische Strategieinhalte
688
Umweltbeeinflussung
Sozioökologie Sichereheit/ Komfort
Verfahrenstechnische Qualitätsaspekte
Qualität
Anpassungsfähigkeit
Energiekosten
Energiewirtschaftlicher Fokus
Kosten
Zieldimensionen des Unternehmens
f Minimalinvestitionen im Rahmen eines „Good Housekeeping“ Ansatzes
f Verfügbarmachung der Ressource „Energie“ unter Einhaltung der Mindestanforderungen an Qualität, Sicherheit und Umweltbelastung
f Überdurchschnittliche hohe Akzeptanz von energieeffizienzsteigernden und emissionsreduzierenden Maßnahmen
f Bezugsportfoliooptimierung zur Risikomitigation und zur Erhöhung des erneuerbaren Energieanteils
f Erweiterung des Bezugsportfolios um erneuerbare Energieträger f Überdurchschnittliche hohe Akzeptanz von energieeffizienzsteigernden und emissionsreduzierenden Maßnahmen
f Umwelt und Mitarbeiter haben besonderen Stellenwert
f Tendenz zum Eigenbetrieb
f Berücksichtigung von Technologie- u. Prozessinnovationen zur Energieeffizienzsteigerung und Emissionsreduktion
f Versorgungsrisikomitigation und Produkt-/ Prozeßqualitätssteigerung durch geeigneten Energiebezug und -einsatz
f Tendenz zum Eigenbetrieb
f Vermeidung der Beeinträchtigung von Prozeßflexibilität und Durchlaufzeiten durch Energieeffizienzsteigerung oder emissionsmindernde Maßnahmen
f Versorgungsrisikomitigation und Vermeidung anderer energiebedingter Produktionsstörungen
f Outsourcingtendenz
f Mitigation des Versorgungsrisikos mit Energiequalitätsmaßnahmen
f Umwelt und Mitarbeiter haben besonderen Stellenwert
f Tendenz zum Eigenbetrieb
f Berücksichtigung von Technologie- u. Prozessinnovationen zur Energieeffizienzsteigerung und Emissionsreduktion
f Fokus auf Steigerung von Produkt- und/oder Prozeßqualität durch geeigneten Energieeinsatz
f Tendenz zum Eigenbetrieb
f Vermeidung der Beeinträchtigung von Prozeßflexibilität und Durchlaufzeiten durch Energieeffizienzsteigerung oder emissionsmindernde Maßnahmen
f Fokus auf Vermeidung energiebedingter Produktionsstörungen
f Outsourcingtendenz
f Ausbau der Bezugsportfoliooptimierung zum Geschäftsfeld
f Offensiver Kostenreduktionsfokus gepaart mit Versorgungs- und Preisrisikomitigation
f Fokus auf Kostenreduktion durch geeignetes Energiebezugsportfolio und Energieeffizienzsteigerung mit kurzer Amortisationszeit f Adressierung von Qualität und Umweltbelangen ausschließlich unter Kostengesichtspunkten
Defensiv
Offensiv
Generische strategische Ausrichtung
f Energiebereitstellung und -einsatz als Basiskompetenz ohne differenzierenden Beitrag zu einzelnen Zieldimensionen
Systemerhaltend
Managementinstrumente 195 _______________________________________________________________________________________________________________________________
196 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Wenngleich mit der alternativen Schwellendefinition einer absoluten Energieverbrauchsmenge auch der Tatsache Rechnung getragen wird, dass ab einem bestimmten Kostenvolumen auch unabhängig vom Anteil an den Gesamtkosten eine ausreichende Hebelwirkung zu erzielen ist, greift diese eindimensionale Schwellendefinition zu kurz. In einigen Fällen kommt der Energiewirtschaft nämlich eine über die Kostenbetrachtung hinausgehende Nutzenattraktivität zu, die aus dem potenziellen Beitrag zu anderen Erfolgsfaktoren des Unternehmens wie Durchlaufzeiten, Produktqualität oder Umweltverträglichkeit resultiert (Daher auch die Aufspaltung der Attraktivitätsachse der Energiepotenzialmatrix in Kosten- und Nutzenattraktivität). Erst wenn auch in diesem Fall von einem geringen Beitrag zur Zielerreichung ausgegangen wird, ist die Kategorisierung „systemerhaltend“ für die Energiewirtschaft gerechtfertigt. Dies bedeutet dann, dass Energiebereitstellung und -einsatz gewissermaßen als Basisfähigkeit ohne differenzierenden Beitrag zu einzelnen Zieldimensionen zu betrachten sind und die aus rechtlicher oder technischer Sicht erforderliche Einhaltung von Mindeststandards den Investitionsbedarf bestimmen. Verbesserungsmaßnahmen gehen nicht über das sog. „Good Housekeeping“ hinaus, das nur einen geringen Kapitaleinsatz mit einschließt. Typische Maßnahmen zur Umsetzung dieser generischen Strategie umfassen geänderte Verhaltensmaßnahmen der Belegschaft (Lüftung, Abschalten elektrischer Geräte, Vermeidung des Betriebs von elektrischen Geräten, die Spannungsstörungen verursachen können, …), Überarbeitung der Energiebezugsverträge, Änderung von Einstellung und Fahrweise bestehender Anlagen und in geringem Umfang die Installation von Messeinrichtungen, um Energiekosten und -verbrauch adäquat erfassen zu können.689 9.2.1.1.2
Offensiv
Bei hoher Attraktivität und geringem Gefährdungspotenzial bietet sich eine offensive generische Energiestrategie an. Da die Form der Attraktivität stark von dem vorgegebenen Zielprofil und dem daraus resultierenden erforderlichen Beitrag zur Zielerfüllung abhängt, differieren die Strategieinhalte auch mit den jeweiligen Zielprofilen und haben vor allem die Tatsache gemeinsam, dass Preis- und Versorgungsrisiko eine untergeordnete Rolle spielen, wie man es beispielsweise bei langfristigen Bezugsverträgen und unproblematischer Substitutionsmöglichkeit oder ausreichender Verfügbarkeit der Energieträger vorfindet. Hat sich das Unternehmen der Kostenführerschaft verschrieben, so stehen die kostenreduzierende Optimierung des Energiebezugsportfolios und Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz, die sich durch kurze Amortisationszeiten auszeichnen, im Vor689
Vgl. Nosko (1986), S. 110 ff., Jacques (1988), S. 109 f.
Managementinstrumente 197 _______________________________________________________________________________________________________________________________
dergrund. Auch die Fremdvergabe der energetischen Betriebsführung stellt unter Kostengesichtspunkten eine interessante Alternative dar. Energetische Qualitäts- und Umweltthemen werden als wirtschaftliche Randthemen wahrgenommen, in die nur dann investiert wird, wenn daraus Kostenvorteile erzielbar sind. Typische Beispiele sind die Steigerung der Stromversorgungsqualität zur Vermeidung von Ausfallkosten oder emissionsreduzierende Maßnahmen zur Vermeidung von Strafzahlungen aufgrund der Verletzung umweltrechtlicher Vorschriften. Spielt Geschwindigkeit für den Unternehmenserfolg eine besondere Rolle (beispielsweise geringe Durchlaufzeiten, minimale Produktentwicklungszeiten), dann liegt der Fokus auf der Vermeidung energiebedingter Produktionsstörungen oder Verzögerungen bei Produkttests. Entsprechende Maßnahmen liegen im Bereich der unterbrechungsfreien Energieversorgung (besondere Bedeutung für die Stromversorgung) und eventuelle Verfahrensbeschleunigungen durch die Wahl der geeigneten Energieträger. Effizienzsteigernde oder emissionsreduzierende Maßnahmen, die negativen Einfluss auf Durchlaufzeiten oder Reagibilität haben, werden vermieden. Bei der Verfolgung einer Qualitätsführerschaftsstrategie durch das Unternehmen steht die Steigerung der Produkt- oder Prozessqualität durch geeigneten Energieeinsatz im Vordergrund. Dies spielt vor allem eine Rolle, wenn die Energieträger mit dem Endprodukt chemische Reaktionen eingehen (z.B. bei der Stahlerzeugung) oder wenn durch die Wahl eines teureren Energieträgers die Steuerungspräzision in der Verfahrenstechnik erhöht werden kann (dies ist ein häufiges Argument für den Einsatz von elektrischem Strom trotz damit verbundener höherer Kosten). In diesem strategischen Umfeld herrscht auch ein günstiges Klima für die Berücksichtigung aktueller Technologie- und Prozessinnovationen zur Energieeffizienzsteigerung und zur energiebedingten Emissionsreduktion. Mit der Betonung sozioökologischer Aspekte rücken Mitarbeiter und Umwelt in den Mittelpunkt. In diesem Fall besteht besondere Bereitschaft – und im Sinne einer glaubwürdigen Unternehmenspolitik – auch die Notwendigkeit für innovative und ganzheitliche Methoden zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Emissionsvermeidung. Das Energiebezugsportfolio wird in verträglichem Maß um erneuerbare Energieträger erweitert. Besondere Bedeutung kommt dabei auch einer geeigneten Datenerfassung und transparenter Berichterstattung zu, da sozioökologische Vorreiterunternehmen in starkem Maße von der mit dieser strategischen Ausrichtung verbundenen Imagewirkung profitieren. 9.2.1.1.3
Defensiv
Tritt zur hohen Attraktivität der Ressource Energie auch ein hohes Gefährdungspotenzial hinzu, so sind neben der Forcierung attraktivitätssteigernder Maßnahmen auch
198 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Maßnahmen zu setzen, die zur Mitigation von Preis- und Versorgungsrisiko führen. Damit wandelt sich die offensive in eine defensive Energiestrategie. Der wesentliche Unterschied zu den oben beschriebenen zielorientierten Ausprägungen der offensiven Strategie ist die Tatsache, dass eine Abwägung bei der Ressourcenallokation innerhalb der Energiewirtschaft zu treffen ist, in welchem Maße man in Risikomitigation investieren möchte bzw. in welchem Ausmaß man gewillt ist, Preis- und Versorgungsrisiko zu akzeptieren.690 Dementsprechend verbleibt eine geringere Investitionssumme für attraktivitätssteigernde Maßnahmen. Während sich die Mitigation des Preisrisikos vorrangig durch ein adäquates Bezugsportfoliomanagement im Energieeinkauf bewerkstelligen lässt, erfordert der Umgang mit dem Versorgungsrisiko unternehmensintern vor allem qualitätssichernde Maßnahmen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung und unternehmensextern den erforderlichen Ausbau der Infrastruktur zur Energielieferung (z.B. Mehrfachanschlüsse an das Stromnetz, Schaffung alternativer Anliefermöglichkeiten fester und flüssiger Brennstoffe). Naturgemäß steht bei kostenorientierten Unternehmensstrategien das Preisrisiko im Vordergrund, während bei qualitäts- und zeitorientierten Unternehmensstrategien das Versorgungsrisiko eine wesentliche Rolle spielt. Die sozioökologische Ausprägung führt zu keiner derartigen Präferenz, vielmehr werden Preis- und Versorgungsrisiko abhängig von der jeweiligen Unternehmenssituation mit individueller Gewichtung berücksichtigt. 9.2.1.2
Energiewirtschaftlich relevante Strategiethemen
In Anlehnung an Pümpin691 werden Strategien in starkem Maße durch den daraus resultierenden Aufbau von strategischen Erfolgspositionen charakterisiert, die zu einem möglichst dauerhaften Wettbewerbsvorteil durch Kosten-, Qualitäts- oder Zeitvorsprung unter zunehmender Berücksichtigung sozioökologischer Aspekte führen (siehe dazu auch Abschnitt 6.1 dieser Abhandlung). Daraus abgeleitet zeichnen sich energiewirtschaftliche Strategien durch ihren Beitrag zum Aufbau dieser unternehmerischen Erfolgspositionen durch jeweils angepasste strategische Grundverhaltensweisen in mehreren strategischen Feldern aus, die dann zu unternehmenszielabhängigen strategischen Handlungsmustern im Rahmen der generischen Strategien führen. Diese strategischen Felder müssen eindeutig voneinander abgrenzbar sein, müssen variierende strategische Grundverhaltensweisen ermöglichen, die durch ihre unterschiedliche Ausprägung wesentlichen Einfluss auf die Zielerreichung haben und sollen 690
Eine detaillierte Betrachtung der dabei zur Entscheidungsunterstützung zum Einsatz kommenden Risikomatrix und der damit verbundenen Risikomaßnahmenprioritätszahl würde hier zu weit führen. Diesbezüglich sei auf Posch (2005), Biedermann (2005) und Strohmeier (2004) verwiesen.
691
Siehe Pümpin (1986), S. 34
Managementinstrumente 199 _______________________________________________________________________________________________________________________________
in ihrer Gesamtheit ein strategisches Profil der Energiewirtschaft darstellen, das eindeutige Rahmenbedingungen für die Auswahl von operativen Umsetzungsmaßnahmen schafft. Erwähnt muss an dieser Stelle allerdings werden, dass die Abgrenzbarkeit nicht notwendigerweise ein indifferentes Verhältnis der Grundverhaltensweisen unterschiedlicher strategischer Felder zueinander bedeutet, sondern dass sich diese strategischen Grundverhaltensweisen auch felderübergreifend durchaus konkurrierend oder komplementär verhalten können. In Hinblick auf die oben getroffene Feststellung, dass der Einfluss auf die Zielerreichung ein wesentliches Kriterium für die Auswahl geeigneter strategischer Felder ist, bietet sich die Einteilung nach möglichen energiewirtschaftlichen Kompetenzen an. Als solche Kompetenzbereiche, die jeweils ein Bündel von Einzelfähigkeiten hinter sich vereinen, können die Energiebeschaffung, die Energieeffizienz, die Energiequalität, die energiebedingten Emissionen und die energetische Betriebsführung ausgemacht werden. Diese Kompetenzbereiche sind außerdem deutlich voneinander abgrenzbar und erlauben in ihrer Gesamtheit eine aussagekräftige strategische Profilierung der Energiewirtschaft mit eindeutigen Rahmenbedingungen zur Ableitung operativer Maßnahmen. Bei den Kompetenzbereichen handelt es sich nicht unbedingt um Kernkompetenzen (wenngleich dies zum Beispiel im Bereich der Energiebeschaffung durchaus der Fall sein kann) sondern zumeist um Kompetenzen 2. Ordnung nach der Einteilung von Krüger/Homp692. 9.2.1.2.1
Energiebeschaffung
Die strategische Bedeutung der Energiebeschaffung hat sich mit der Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte deutlich erhöht und verfügt damit auch über eine größere Anzahl an Gestaltungsoptionen. Während vor der Liberalisierung vor allem die Entscheidung, ob eine Eigenstromerzeugung (eventuell als Kraftwärmekopplung ausgeführt) realisiert werden soll, strategische Relevanz für bereits bestehende Betriebsstandorte hatte, gesellen sich seit der Liberalisierung strategisch bedeutsame Entscheidungen über die Ausbaustufe des Portfoliomanagements hinzu. Während im Falle der Eigenstromerzeugung neben den erforderlichen Kompetenzen der Betriebsführung vor allem auch der innerbetriebliche Infrastrukturaufbau langfristige Implikationen hat, sind es im Falle des Portfoliomanagements vorrangig Fähigkeiten des Portfolio- und Risikomanagements, die in hohem Maß erforderlich sind, weil Fehler in diesem Bereich zu ernsten finanziellen Konsequenzen für das Unternehmen führen können. Die Ausprägungen des Energiebezugs werden demnach vom Grad des Portfoliomanagements (vor allem in Bezug auf die leitungsgebundenen Energieformen Elektrizität und
692
Siehe Krüger (1997), S. 27
200 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Erdgas) und – gewissermaßen überlagernd – von der Frage der Eigenstromerzeugung determiniert.693 Als erste Stufe bietet sich die Vollversorgung durch ein EVU an. Diese zeichnet sich durch problemlos kalkulierbare Energiebezugskosten aber gleichzeitig auch durch die Tatsache aus, dass das volle Potenzial der Liberalisierung nicht ausgenützt wird. Im Wesentlichen bedeutet diese Variante nur geringfügige vertragliche Änderungen im Vergleich zum Energieeinkauf von durch Gebietsmonopole geregelten Energiemärkten. Die zweite Stufe beinhaltet bereits das aktive Portfoliomanagement mit der Kombination verschiedener Produkte, die einzeln jeweils nur einen Teilbedarf abdecken. Üblicherweise bedienen sich Unternehmen für die Durchführung und Risikoüberwachung der damit verbundenen Termingeschäfte der Dienstleistungen von Brokern, Portfoliomanagern oder Händlern, um den für die eigenständige Durchführung erforderlichen großen organisatorischen und finanziellen Aufwand zu vermeiden. Aber auch für die im Unternehmen verbleibende Kontrollfunktion sind umfangreiche Fähigkeiten aufzubauen. Die dritte Stufe beinhaltet neben dem aktiven Portfoliomanagement die Eigenstromerzeugung, womit zusätzliches Optimierungspotenzial verfügbar ist aber gleichzeitig auch eine deutliche Komplexitätserhöhung einhergeht. In der vierten Stufe schließlich erfolgt der Ausbau des Energiebezugs mit eigenständiger Durchführung von Termingeschäften und der Verwaltung eines eigenen Bilanzkreises zum Geschäftsfeld, indem diese Kompetenz auch anderen Unternehmen als Dienstleistung angeboten wird. 9.2.1.2.2
Energieeffizienz
Maßnahmen zur Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz tragen zur Erfüllung mehrerer Zieldimensionen bei. Aus der Reduktion des Energieverbrauchs pro produzierte Leistungseinheit resultieren in erster Linie Beiträge zur Kostenreduktion und zur Reduktion der energiebedingten Umweltbeeinträchtigung. Häufig geht mit der Steigerung der Energieeffizienz und der damit verbundenen gesteigerten Aufmerksamkeit gegenüber den energetischen Anlagen sowie dem Einsatz neuerer Technologien auch eine Verbesserung der Versorgungssicherheit einher, was sich auch positiv auf den Zeitfaktor auswirkt. Diese Kombination von Kostenreduktion bei gleichzeitiger Steigerung der Umweltverträglichkeit kann auch als Erklärung dienen, warum die Energieeffizienz vor allem in Zeiten einer verstärkten Nachhaltigkeitsdiskussion häufig als zentraler – manchmal auch einziger – Aspekt der energiewirtschaftlichen Strategieformulierung aufscheint.
693
Vgl. Zander (2000), S. 46 ff. und S. 190 ff.
Managementinstrumente 201 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Good Housekeeping
E
Einsatz/Verbesserung bestehender Technologien E
E1
a
E2
E a
E1
¨E
Technologieinnovation
¨E
¨E a´
a´
E2
I P
E, E1, E2 ¨E P, P1, P2 ¨P I, I´
a´
E2
I
¨P P1
a
E1
I´
¨P P2
P
P1 P2
I P
Produktionsfaktor „Energie“ Reduktion des Produktionsfaktors „Energie“ Andere Produktionsfaktoren (insbesondere Arbeit, Kapital und Technologie) vermehrter Einsatz anderer Produktionsfaktoren E Isoquanten
694
Abb. 9-4: Produktionstheoretisch fundierte Varianten zur Energieeffizienzsteigerung
Die Energieeffizienz kann in mehreren Stufen gesteigert werden, die sich – produktionstheoretisch – durch ein unterschiedliches Ausmaß an Steigerung anderer Produktionsfaktoren (im wesentlichen Arbeit, Kapital und Technologie)695 charakterisieren lassen (siehe Abb. 9-4). Die erste Stufe, häufig auch als „Good Housekeeping“ bezeichnet, geht von keinen oder nur äußerst geringen Investitionen für Energiesparprojekte aus. Produktionstheoretisch bedeutet dies, dass eine Reduktion des Produktionsfaktors „Energie“ bei gleichem Output ohne zusätzlichen Einsatz anderer Produktionsfaktoren erreicht wird (d. h. dass man sich vor Durchführung der verbessernden Maßnahmen außerhalb des Bereichs effizienter Kombinationen von Einsatzgütern befindet). Häufige, kurzfristig wirksame Maßnahmen sind Änderungen des Verhaltens (Lüften, Ausschalten elektrischer Geräte, …), Vertragsoptimierungen, Änderung von Einstellung und Fahrweise energetischer Anlagen oder – unter geringem Kapitaleinsatz – messtechnische Maßnahmen zur Bereitstellung adäquater energiewirtschaftlicher Daten. Typischerweise findet man dieses strategische Grundverhalten in Unternehmen, wo die energiewirtschaftliche Attraktivität als gering eingestuft wird. Die folgenden Stufen der Energieeffizienz können als Substitution des Produktionsfaktors „Energie“ durch andere Produktionsfaktoren gesehen werden. Dies ist einerseits vor allem mittelfristig wirksamer, gesteigerter Kapitaleinsatz bei gleichbleibendem techno694
Angelehnt an Nosko (1986), S. 82 ff.
695
Vgl. Lesourd (1985)
202 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
logischen Niveau (das bedeutet, dass man sich auf derselben Isoquante bewegt) oder zusätzlich – durch Miteinbeziehung technischer Innovationen – auch die Änderung des technologischen Niveaus mit längerfristiger Auswirkung, was in Abb. 9-4 dem Sprung auf eine neue Isoquante entspricht. Als höchste Stufe wird hier noch der energieintensitätsreduzierende Eingriff in das Produktdesign angeführt.696 Letztendlich handelt es sich auch hierbei um eine Substitution. Aber ein Eingriff in das Produktdesign, der häufig auch weitreichende verfahrenstechnische Konsequenzen hat, findet zumeist vor allem aus Marketing- oder produktionstechnischen Überlegungen statt. Wenn dies aus Energieeffizienzgründen erfolgen soll, ist dies nur durch außerordentliche Kostenattraktivität oder durch eine überdurchschnittlich hohe sozioökologische Zielausprägung erklärbar. 9.2.1.2.3
Energiequalität
Häufiger Auslöser für die Investition in Maßnahmen zur Steigerung der Energiequalität (was unter dem Begriff der unterbrechungsfreien Energieversorgung auch die Versorgungssicherheit beinhaltet) sind hohe potenzielle Ausfallskosten oder aber, wenn auch deutlich seltener, eine signifikante Beeinflussung der Produktqualität durch die Energiequalität.697 Zumeist konzentrieren sich diese Maßnahmen unter dem Schlagwort „Power Quality“ auf die Elektrizität.698 Bei geringem Schadensrisiko (geringe Wahrscheinlichkeit eines Schadensfalls oder geringe Schadenskosten) dominiert die reaktive Grundverhaltensweise, die sich inhaltlich an die ausfallsorientierte Instandhaltungsstrategie699 anlehnt. Bei höherem Schadensrisiko werden vorbeugende Maßnahmen (beispielsweise Mehrfachanschlüsse an das Stromleitungsnetz, elektronische Maßnahmen zur Sicherung der Spannungsqualität, Vorhaltung von Notstromaggregaten) im Rahmen einer proaktiven Grundverhaltensweise getroffen. Dies kann entweder innerbetrieblich erfolgen oder aber – unter besonderen Umständen und dann zumeist in Kooperation mit den zuständigen EVUs – auch zu Maßnahmen im betrieblichen Umfeld führen. 9.2.1.2.4
Energiebedingte Emissionen
Der Umgang mit energiebedingten Emissionen kann entweder defensiv unter einer „soviel tun wie nötig“ Prämisse oder aber offensiv unter einer „mehr als nötig“ Prämisse erfolgen, wobei dem zweiten Fall eine generelle Vermeidungsphilosophie
696
Vgl. Jacques (1988), S. 29 f.
697
Vgl. Posch (1997), S. 20 ff.
698
Siehe Ryan (1991), EPRI (1994)
699
Vgl. Biedermann (2008), S. 63
Managementinstrumente 203 _______________________________________________________________________________________________________________________________
zugrunde liegt, die eine starke sozioökologische Zielausprägung bedingt.700 Die erste Variante findet ihren Ausdruck im Einsatz von sog. „End-of-Pipe“ Technologien und wird vorrangig von Kostenüberlegungen gesteuert. Dies schließt auch nicht aus, dass Strafzahlungen beim Verfehlen gesetzlich festgelegter Grenzwerte akzeptiert werden, wenn dies – im Vergleich zu Investitionen in die Emissionsminderung – geringere Kosten verursacht. Die andere der beiden – sicherlich in dieser Reinform eher selten anzutreffenden – Extremvarianten beruht auf Überlegungen einer niederentropischen Wirtschaftsweise und setzt auf absolute Reduzierung von Energie- und Masseverbrauch. Dies erfordert weitgehende Maßnahmen im Rahmen eines integrierten Umweltschutzmodells wie beispielsweise die Einbindung des Betriebs in ein industrielles Ökosystem. Dabei kommt es auch bereits zu über die Effizienzdiskussion hinausgehende Suffizienzüberlegungen. Die Auswahl einer dieser beiden Grundverhaltensweisen muß daher als Tendenzaussage verstanden werden, ob ein Unternehmen energiebedingte Emissionen vor allem mit der Kostenbrille betrachtet oder auch sozioökologische Maßstäbe anlegt. Zusätzlich zur Einhaltung der gesetzlichen Richtlinien werden dann auch wirtschaftlich zu rechtfertigende Maßnahmen zur Emissionsreduktion gesetzt, die den „End of Pipe“Technologien vorgelagert sind. In diesem Fall kommt es naturgemäß zu einer starken Überschneidung mit energieeffizienzsteigernden Maßnahmen. 9.2.1.2.5
Energetische Betriebsführung
Da die Energiewirtschaft im Normalfall nicht zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens gehört, das nicht im weiteren Sinne der Energieindustrie zuzuordnen ist, ergibt sich die Option des Outsourcings701 für bestimmte energiewirtschaftliche Teilbereiche.702 Besondere Auswirkung auf Organisation und Personalmanagement haben dabei Outsourcingvarianten, die die zentralen Energieerzeugungs- und Energieumwandlungsanlagen (beispielsweise Heizhäuser, Kraftwerke zur Eigenstromerzeugung) betreffen. Man bezeichnet dies häufig als Anlagencontracting (das heißt, dass die Anlage im Besitz des Contractors ist) oder in anderer Ausprägung als Betriebsführungscontracting (in diesem Fall verbleibt die Anlage im Besitz des Unternehmens als Kunde des Contractors, der einen Betriebsführungsvertrag hat).703 Welche dieser beiden Formen zur Anwendung kommt, hängt stark von der individuellen Unternehmenssituation ab und ist häufig auch unternehmenspolitisch motiviert. Eine Unterscheidung in Form von zwei Grundverhaltensweisen soll daher an dieser Stelle nicht getroffen 700
Vgl. Stahlmann (1994), S. 77 ff.
701
Siehe Bruch (1998), S. 16 f.
702
Vgl. Spirig (1996)
703
Vgl. Altenhofer (1997), S. 90 ff.
204 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
werden. Vielmehr soll die Unterscheidung zwischen Eigenbetrieb oder eben der Fremdvergabe der energetischen Betriebsführung vorgenommen werden. Unabhängig vom Kostenaspekt ist hierbei vor allem auch zu beachten, dass mit der Entscheidung für die Fremdvergabe eine Reduktion der möglichen Einflussnahme auf die Steuerung der Anlage einhergeht und auch ein Flexibilitätsverlust damit verbunden ist. 9.2.1.2.6
Gesamtsicht im morphologischen Kasten
Eine zusammenfassende Übersicht über die möglichen strategischen Grundverhaltensweisen in den wesentlichen energiewirtschaftlichen Strategiefeldern gewährt der morphologische Kasten704 (siehe Abb. 9-5).
Strategiefelder
Energiebeschaffung
Energieeffizienz
Ausprägungen
Vollversorgung
Eigenportfoliomanagement
Eigenportfolio-Mgmt. mit Eigenstromerzeugung
Portfoliomanagement als Geschäftsfeld
Minimalinvestition
Technologie/Prozess Optimierung
Einsatz neuer Technologien/ Prozesse
Produkterneuerung
Energiequalität
Energiebedingte Emissionen
Reaktiv
Proaktiv betriebsintern
Proaktiv betriebsin- u. extern
„End of Pipe“ Philosophie
Vermeidungsphilosophie
Eigenbetrieb
Fremdvergabe
Energetische Betriebsführung
Abb. 9-5: Morphologischer Kasten energiewirtschaftlicher strategischer Grundverhaltensweisen705
Wenn man die darin enthaltenen Grundverhaltensweisen mit den generischen Energiestrategien und dem Zielprofil kombiniert, können strategische Grundverhaltensmuster für idealtypische Rahmenbedingungen abgeleitet werden (siehe Abb. 9-6): f Systemerhaltend: Hier liefert die Energiewirtschaft keinen signifikanten, differenzierenden Beitrag zur Zielerreichung des Unternehmens, womit auch keine größeren Investitionen zu rechtfertigen sind. Entscheidend ist die Verfügbarmachung der Ressource „Energie“ unter Einhaltung der technologisch 704
Vgl. Pümpin (1980), S. 74 ff.
705
Eigene Zusammenstellung
Managementinstrumente 205 _______________________________________________________________________________________________________________________________
und rechtlich begründeten Mindestanforderungen an Qualität, Sicherheit und Umweltbelastung. Dementsprechend ist die strategische Ausrichtung weitgehend unabhängig vom Zielprofil des Unternehmens. Tendenziell ist daher von einer Vollversorgung bei minimalen Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen und reaktiver Energiequalitätsstrategie auszugehen. Die Emissionsreduktion stellt in erster Linie ein Kostenproblem dar, womit sich das Unternehmen eher an einer „End of Pipe“ Philosophie ausrichtet. Outsourcing spielt in diesem Fall normalerweise keine Rolle, da das entsprechende Volumen fehlt. Denkbar wäre eventuell ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmen im Bereich des Energiebezugs zur Erzielung von volumenabhängigen Skaleneffekten. f Offensiv: Die Attraktivität der Energiewirtschaft resultiert aus der signifikanten potenziellen Beeinflussung der Zielerreichung. Das Gefährdungspotenzial ist als gering einzustufen. Da die Attraktivität eng mit der Ausgestaltung des Zielprofils verwoben ist, differieren die Grundverhaltensmuster je nach Zielpriorität. Der Energiebezug wird durch aktives Portfoliomanagement optimiert und bei Bedarf und verfahrenstechnischer Eignung des Produktionsprozesses durch Eigenstromerzeugung ergänzt. Energieeffizienzsteigerungen werden im Falle von Kosten- und Zeitpriorität der Unternehmensziele durch Energiesparprojekte mit bestehenden und erprobten Technologien erzielt. Bei Anstreben der Qualitätsführerschaft wird dabei auch auf Technologieinnovationen zurückgegriffen und bei starker sozioökologischer Ausprägung kann auch an die Überarbeitung des Produktdesigns gedacht werden. Energiequalität wird im Falle von Kosten- und sozioökologischer Orientierung eher unter dem Kostenaspekt betrachtet und erfolgt je nach Unternehmenssituation reaktiv oder betriebsintern aktiv. Für Qualitätsführerschaft und Zeitorientierung erfolgt die energiewirtschaftliche Qualitätsstrategie jedenfalls aktiv und kann auch das Umfeld des Unternehmens miteinbeziehen. Der Umgang mit energiebedingten Emissionen tendiert bei Kostenführerschaft und Zeitpriorität eher in Richtung „End of Pipe“-Philosophie während bei den anderen beiden Zielprioritäten die Vermeidungsphilosophie Vorrang hat. Outsourcing spielt erwartungsgemäß bei Kostenführerschaft eine Rolle. Bei Qualitätsführerschaft oder Zeit als verfolgtem Zielschwerpunkt dominiert der Eigenbetrieb, da hiermit eine größere Einflussnahme auf die Anlagensteuerung gewährleistet ist. Unter sozioökologischen Aspekten werden die beiden Optionen Eigenbetrieb und Fremdvergabe als gleichrangig betrachtet, die am ehesten unter Kostengesichtspunkten ausgewählt werden. f Defensiv: Das defensive energiewirtschaftliche Strategieprofil entspricht in großen Zügen dem offensiven Strategieprofil, wobei aufgrund des Bedarfs
206 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
für risikomitigierende Maßnahmen geringere Kapitalressourcen für die Attraktivitätssteigerung zur Verfügung stehen. Unterscheide zeigen sich in den Bereichen der Energiebeschaffung und der Energiequalität, die beide besonderen Einfluss auf die Risikomitigation haben. In beiden Fällen ist eine Verschiebung hin zu den höheren Niveaus der strategischen Grundverhaltensweisen festzustellen. Die Energiebeschaffung, die neben der Bezugskostenreduktion auch die Mitigation des Preisrisikos abdeckt, wird als Kernkompetenz mit dem Potenzial für ein eigenes Geschäftsfeld betrachtet. Ob der weitreichende Schritt zur Gründung eines eigenen Geschäftsfeldes tatsächlich gemacht wird, hängt in starkem Maß von unternehmensindividuellen Bedingungen ab. Die Sicherstellung der erforderlichen Energiequalität und damit einer ausreichenden Versorgungssicherheit wird mit einer aktiven, vorbeugenden Qualitätsstrategie verfolgt, die sich bei Bedarf auch in das Unternehmensumfeld erstrecken kann. Gesamthaft betrachtet, steht dem Energiemanager damit ein Baukasten an strategischen Grundverhaltensweisen zur Verfügung, die er in situativer Abhängigkeit von generischer Strategie und Unternehmenszielausprägung kombinieren kann. Diese hier für idealtypische Rahmenbedingungen vorgeschlagenen Grundverhaltensmuster dürfen nur als Anhaltspunkt verstanden werden und müssen jedenfalls noch an die unternehmensindividuelle Situation angepasst werden. In den meisten Fällen wird der Energiemanager ein und dasselbe Grundverhaltensmuster für alle von der Energiewirtschaft des Unternehmens abgedeckten Einsatzenergieträger als Basis für die Strategieprofilierung wählen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass sich für einzelne Einsatzenergieträger die parallele Verwendung unterschiedlicher Grundverhaltensmuster anbietet. Dies ist dann der Fall, wenn die Positionierung der einzelnen Einsatzenergieträger in der Energiepotenzialmatrix stark streut und eine gemeinsame strategische Positionierung für alle im Unternehmen verwendeten Einsatzenergieträger nicht zielführend erscheint.
Managementinstrumente 207 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Systemerhaltend Energiebeschaffung
Z
Q
S
o
o
o
o
Offensiv
Defensiv
K
Z
Q
S
Eigenportfoliomanagement
o
o
o
o
Eigenportfolio-Mgmt. m. Eigenstromerzeugung
o
o
o
o
Vollversorgung
K
Portfoliomanagement als Geschäftsfeld Energieeffizienz
Minimalinvestition
o
o
o
o
o
Einsatz neuer Technologien/Prozesse
o
o
o
o
o o
Proaktiv betriebsin- u. extern "End of Pipe" Philosophie
Eigenbetrieb Fremdvergabe
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o o
o o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o o
o
o o
o
o
Vermeidungsphilosophie Energetische Betriebsführung
S
o
Proaktiv betriebsintern
Energiebedingte Emissionen
Q
o
Produkterneuerung Reaktiv
Z
o
Technologie/ProzessOptimierung
Energiequalität
K
o o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
K… Kostenfokus Z… Zeitfokus Q… Qualitätsfokus S… Sozioökologie-Fokus o… Strategieempfehlung
706
Abb. 9-6: Resultierende energiewirtschaftliche strategische Grundverhaltensmuster
706
Eigene Zusammenstellung
208 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
9.2.2 Zielfestlegung Die Festlegung der energiewirtschaftlichen Teilziele erfolgt entlang der drei Zieldimensionen Inhalt, Ausmaß und Zeitbezug.707 Der inhaltliche Rahmen ist sehr eng gesteckt und resultiert aus dem strategischen Grundverhaltensmuster sowie den darin definierten Grundverhaltensweisen innerhalb der fünf strategischen Felder der Energiewirtschaft. Zusätzlich stellen die energiewirtschaftlichen Grobziele und ihr bezüglich ihrer Bedeutung aus dem Unternehmenszielprofil hergeleitetes Verhältnis zueinander gewissermaßen als Spitze der energiewirtschaftlichen Zielpyramide eine Orientierungsgrundlage dar.708 Das bedeutet, dass die Zielthemen Energiekosten, Versorgungssicherheit, Anpassungsfähigkeit, verfahrenstechnische Qualitätsaspekte, Umweltbeeinflussung und Sicherheit/Komfort auf die aus den einzelnen strategischen Feldern ausgewählten Grundverhaltensformen heruntergebrochen werden. Dementsprechend gibt es dann Ziele für die Energiebeschaffung, die Energieeffizienz, die Energiequalität, die energiebedingten Emissionen und den sozioökologischen Aspekt. Diese Ziele für die Grundverhaltensformen münden in ihrer Gesamtheit in die Grobziele der energiewirtschaftlichen Ebene (siehe Abb. 9-7). Als Deduktionsbasis für die Bestimmung des Zielausmaßes eignen sich vorrangig die energiewirtschaftlichen Kenndaten branchengleicher Unternehmen. Für ausgewählte energiewirtschaftliche Funktionen (vor allem Management des Energiebezugsportfolios und das Betreiben von Energieanlagen) stellen auch EVUs geeignete Vergleichspartner dar. Branchenfremde Vergleiche gestalten sich auch auf Prozessebene schwierig, da gerade Produktionsprozesse, die damit verbundene Verfahrenstechnik und daraus resultierende energiewirtschaftliche Anforderungen sehr branchentypisch sind. Aufgrund des sich in einigen Branchen voneinander fundamental unterscheidenden Fertigungsverfahrens für vergleichbare Endprodukte ist der Kreis möglicher Vergleichspartner manchmal sogar noch enger zu fassen (siehe auch Abschnitt 5.1 dieser Abhandlung). Die Ableitung der Zieldaten aus dem Vergleich mit anderen Unternehmen erfolgt idealerweise im Rahmen des auf Rank Xerox709 zurückgehenden Benchmarkingprozesses, wobei zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit das Benchmarkingobjekt genau zu definieren und abzugrenzen ist.710 Denkbar ist hier das Gesamtunternehmen, Betriebsstätten oder aber auch energiewirtschaftliche Teilfunktionen oder Anlagengruppen. Der große Vorteil derart festgelegter Zielwerte (im Vergleich zu Top-down verordneten Zielwerten ohne nachvollziehbare Zahlenbasis) ist 707
Vgl. Heinen (1971a), S. 59 ff.
708
Vgl. Kupsch (1979), S. 67 ff.
709
Vgl. Best, R.J. (1997), S. 151 f.
710
Siehe Biedermann (2008a), S. 92 ff., Welge (2005), S. 280 ff., Müller-Stewens (2003), S. 382 ff., Camp (1989)
Managementinstrumente 209 _______________________________________________________________________________________________________________________________
die damit verbundene Akzeptanz bei den betroffenen Mitarbeitern. Allerdings muss man bei der Umlegung der Ergebnisse von den Branchenbesten auf das eigene Unternehmen vorsichtig sein, wenn man selbst noch am Anfang der Lernkurve steht. Denn sowie zu niedrig angesetzte Zielwerte mögliches Potenzial ungenützt lassen, tritt bei überschießenden Zielwerten ein Frustrationseffekt ein, da das Ziel unerreichbar scheint und dementsprechend erst gar keine Anstrengung zur Erreichung unternommen wird.711
Unternehmensebene Kosten
Qualität
Zeit
Sozioökologie
Energiewirtschaftsebene Verfahrenstechnische Qualitätsaspekte
Energiekosten
Energiebeschaffung
Energieeffizienz
f Energieträgerkostenintensität
f Energiemengenintensität
f Anteil erneuerbarer Energieträger
f Rückgewinnungsanteil
f Ergebnisbeitrag aus Fremdgeschäft
f Energieproduktivität
f Mengenflexibilität bei Bezug
f Anteil plankonform abgewickelter Energiesparprojekte
f Value at Risk
f…
Versorgungssicherheit
Energiequalität f Engpasssicherheit f Produktionsausfallszeitfaktor f Energiestörungskosten
Anpassungsfähigkeit
Umweltbeeinflussung
Sicherheit/ Komfort
Energiebedingte
Energetische
Emissionen
Betriebsführung
f Emissionsbezogenes Unternehmungsrisiko
f Energieanlagenintensität
f CO2-Ausstoß pro Jahr
f Instandhaltungsintensität der Energieanlagen
f Energiebedingte Arbeitsunfallsquote
f Spezifischer Ausstoß von Schadstoffen/ Leistungseinheit
f…
f Mitigationskosten
f Engpasskapazität f…
f…
f…
Strategiefelder
712
Abb. 9-7: Energiewirtschaftliche Zielpyramide
Der Zeitbezug der energiewirtschaftlichen Ziele soll einerseits eine gewisse zeitliche Kontinuität sicherstellen und damit auch mittel- bis langfristige Wirkung haben und andererseits auch eine zumindest jährliche Kontrolle der Zielerreichung ermöglichen.713 Vor diesem Hintergrund sollten die Energiegrobziele auf Energiewirtschaftsebene eher mittel- bis langfristig definiert sein, während die für die Grundverhaltens711
Vgl. Stedry (1966)
712
Eigene Darstellung
713
Vgl. Gälweiler (1986), S. 134 ff.
210 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
weisen spezifisch definierten Ziele neben einem eventuell mittel- bis langfristigen auch einen kurzfristigen, das heißt einjährigen Zeithorizont aufweisen sollten. Als Zielobjekte714 kommen dabei keineswegs nur die energiewirtschaftliche Abteilung oder deren Teilbereiche in Frage. Vielmehr sind energiewirtschaftliche Ziele – abhängig von der Struktur der Unternehmensorganisation und der damit verbundenen Verantwortlichkeitsaufteilung – auch für andere Unternehmensbereiche sinnvoll, um die tatsächliche Umsetzung energiewirtschaftlicher Maßnahmen zu forcieren. Dabei kann es sich beispielsweise um Einkauf, Produktion, Instandhaltung oder Forschung und Entwicklung handeln. Der Prozess der Zielfestlegung folgt dabei dem doppelten Gegenstromverfahren des Energieplanungsprozesses. 9.2.3 Lückenanalyse Zur Identifizierung der erforderlichen Maßnahmen, um die definierten Ziele zu erreichen, bedarf es einer Gegenüberstellung des energiewirtschaftlichen Ist-Profils mit dem angestrebten Soll-Profil. Dies muss sowohl für die technisch orientierten Belange der betrieblichen Energiewertschöpfungskette als auch für das eigentliche Energiemanagementsystem erfolgen, da für ein bestimmtes energiewirtschaftliches Niveau auch ein adäquat strukturiertes Managementsystem und der Einsatz der geeigneten Managementinstrumente unabdingbar sind. In Anlehnung an die auf Unternehmensebene angewandte Lückenanalyse, die die prognostizierten Entwicklungen einer wertorientierten Spitzenkennzahl für die drei Fälle „Weiterführung des Basisgeschäfts ohne Verbesserungsmaßnahmen“, „Wahrnehmung nur operativer Verbesserungsmaßnahmen“ und „Wahrnehmung operativer und strategischer Verbesserungsmaßnahmen“ gegenüberstellt715, können die in Hinblick auf die Erreichung der energiewirtschaftlichen Ziele bestehenden operativen und strategischen Lücken identifiziert werden. Aufgrund der Herleitung der energiewirtschaftlichen Ziele aus den Unternehmenszielen kann damit auch aufgezeigt werden, welcher Beitrag zur Schließung der Lücke im strategischen und operativen Bereich von der Energiewirtschaft geleistet wird (siehe Abb. 9-8). Im technischen Bereich müssen – aufbauend auf der zur Festlegung der Energiepolitik bereits erfolgten energetischen Grobanalyse (siehe Abschnitt 8.2.1) – weitere Detailanalysen erfolgen. Die Auswahl, welche Analysen in welchen Bereichen erforderlich sind, hängt in starkem Maß vom jeweiligen Grundverhaltensmuster ab. Demnach können sich diese Analysen schwerpunktmäßig mit dem Einsparungspotenzial, der Energiequalität oder aber auch mit einem ausgewählten Energieträger oder einer ausgewählten Anlage beschäftigen. 714
Vgl. Weber (2004), S. 138 f.
715
Vgl. Kreikebaum (1991), S. 41 ff.
Managementinstrumente 211 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Steigerung des Unternehmenserfolgs
Unternehmenserfolg
EVA, CFROI, EBIT, …
Energiewirtschaftliche Niveausteigerung
Energiewirtschaftliches Leistungsniveau
Energiewirtschaftliche Verbesserungsmaßnahmen Unternehmensinterne Wertschöpfung Strategisch f
Strategische Verbesserung
f f f
Strategische Lücke Operative Lücke
Operative Verbesserung
f
Aufbau Portfoliomanagement KWK-Implementierung Outsourcingkonzept Änderung Produktdesign …
Basisniveau
Implementierung Energieausschuß Integration in Umweltmanagementsystem f Aufbau Energiekennzahlensystem f …. f f
Operativ Gestaffelte Anfahrweise f Regelmäßiges Druckluftaudit f Sensorgesteuerte Beleuchtung f …. f
Basisgeschäft
Management
Zeitnahe Energiekostenerfassung Standardisierung der Energieberichte f Prämierung von Verbesserungsideen f …. f f
Zeit
Abb. 9-8: Beitrag der Energiewirtschaft zur Schließung der operativen und strategischen Lücken auf 716 Unternehmensebene
Je nach Analyseerfordernis gibt es zwischenzeitlich ein umfangreiches Arsenal an Analysemethoden (beispielsweise die Pinch-Analyse zur thermodynamischen Prozessanalyse und -optimierung717, Exergie- und Emergie-Analysen718, Power Quality Audits719), deren Behandlung hier zu weit führen würde und diesbezüglich auf die umfangreich bestehenden Anleitungen verwiesen werden soll (siehe Abschnitt 8.2.1 und die dort angeführte Literatur). Grundsätzlich sei allerdings angemerkt, dass eine sorgfältige Auswahl zu erfolgen hat, um einerseits die vielzitierte „Paralyse durch Analyse“720 zu vermeiden und andererseits auch den finanziellen und zeitlichen Aufwand in Grenzen zu halten, da einige dieser Methoden durchaus beträchtlichen Zeitaufwand mit nicht zu vernachlässigenden Kosten verursachen. Außerdem sei auf die Bedeutung der vorausgehenden genauen Abgrenzung und auch Typisierung des Analyseobjekts hingewiesen. Dies ist sowohl für den innerbetrieblichen Vergleich beispielsweise unterschiedlicher vergleichbarer Anlagengruppen oder Standorte als auch für den Ver716
Eiene Darstellung in Anlehnung an Kreikebaum (1991), S. 41
717
Siehe Labidi (1999), S. 27 ff., Jacques (1988), S. 157 ff., Zhelev (2004)
718
Siehe Odum (1996), Brodyansky (1994), Sciubba (2003), Sciubba (2005), Cleveland (2000), Herendeen (2004), Chang (2003)
719
Siehe Lonie (1991), Moore (1995), Gilker (1996), Ahuja (1996), Cavallaro (1995)
720
Vgl. Lenz (1985)
212 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
gleich mit anderen Unternehmen von größter Bedeutung. Denn dies stellt nicht nur die Vergleichbarkeit sicher sondern ermöglicht darüber hinaus auch eine gezielte Ursachenforschung zur Erklärung voneinander abweichender Ergebnisse. Denn nur bei Kenntnis der eingesetzten technischen Anlagenkomponenten kann unterschieden werden zwischen Abweichungen, die auf den Einsatz unterschiedlich Technologien zurückzuführen sind und Abweichungen, die aus menschlichem Verhalten resultieren (Siehe dazu in Abb. 9-9 beispielhaft die im Rahmen eines Projekts für internes Benchmarking erfolgte Systembetrachtung für einen integrierte Papier- und Zellstoffbetrieb721, die die Erstellung vergleichbarer Teilenergiebilanzen zulässt und durch die Spezifizierung der energierelevanten Technologien auch eine Ursachenforschung ermöglicht).
Ebene 1
Ebene 2
Integrierte Papier- und Zellstofffabrik
Holzplatz
Zellstofferzeugung
Stoffaufbereitung
Ebene 3
Papiererzeugung
Veredelung/Ausrüstung
Lager
Konstantteil
Transport
Service Prozesse
Sieb- und Pressenpartie
Gebäude
Kraftwerk
Trockenpartie
Elektrizität Ebene 4
Antriebsmotoren
Vakuum
Pumpen
Mischen
Refining
Ventilation
Andere
Dampf
722
Abb. 9-9: Analysegerechte Systembetrachtung eines integrierten Papier- und Zellstoffbetriebs
Die Bewertung des Energiemanagementsystems kann im Rahmen eines Energiemanagement-Assessments723, das als Referenzmodell das Energiepentagon verwendet, erfolgen. Im Gegensatz zu dem im Rahmen des britischen „Government´s Energy Efficiency Best Practice Programmme“ entstandenen Energy Assessment Konzept724, das sich aufgrund seines leicht verständlichen Aufbaus und geringen Detaillierungsgrades 721
Siehe Mandl (2006)
722
Vgl. Mandl (2006)
723
Siehe Posch (2009), S. 46 f. und Baumgartner (2009); zum Assessment Begriff im Allgemeinen siehe Seghezzi (1996), S. 281 ff. und Seghezzi (1997), S. 82 ff.
724
Siehe DETR (1993)
Managementinstrumente 213 _______________________________________________________________________________________________________________________________
(die Ausprägung von Energiepolitik, Organisation, Motivation, Informationsmanagement, Marketing und Investment werden auf einer Skala von 0-4 bewertet, wobei jede Stufe eine qualitative Referenzbeschreibung hat) vor allem für eine rasche Erstindikation eignet, erlaubt dieses Energiemanagement-Assessment eine in die Tiefe gehende Bewertung entlang von knapp 100 Bewertungskriterien. Diese Bewertungskriterien sind nach den 8 Elementen des Energiepentagons segmentiert und für Planung, Organisation, Personal, Information und Kontrolle auch nach strategischen und operativen Aspekten sortiert. Die Bewertung erfolgt pro Kriterium auf einer Skala von 1(schlecht) bis 4 (sehr gut), wobei die einzelnen Stufen soweit wie möglich quantitative und in allen anderen Fällen qualitative Referenzbeschreibungen haben (siehe die konzeptionelle Übersicht in Abb. 9-10). Diese Form der Erhebung eignet sich auch dafür, gleichzeitig den für die angestrebten Ziele erforderlichen Sollzustand entlang der Kriterien festzulegen und damit sehr detailliert den Handlungsbedarf aufzuzeigen. Eine Übersichtsauswertung in einem Spinnennetzdiagramm (siehe Abb. 9-11) lässt auf einen Blick die Managementbereiche mit den gößten Lücken und die bestehende oder eben nicht existierende Ausgewogenheit der einzelnen Elemente des Energiemanagementsystems erkennen. Idealerweise erfolgt gemeinsam mit dem Energiemanagement-Assessment auch eine sog. Hemmnisanalyse (siehe Abb. 9-12), mit deren Hilfe abgeschätzt werden kann, welche der Hemmnisse, die zur Vernachlässigung ökonomischer Energiesparpotenziale führen, im betreffenden Unternehmen vorzufinden sind (siehe dazu auch Abschnitt 4.3.2). Dies ermöglicht die Identifikation zusätzlicher erforderlicher Maßnahmen, um die geeigneten Rahmenbedingungen zur Umsetzung eines adäquaten Energiemanagementsystems zu schaffen. Der Erfolg eines Assessments hängt auch wesentlich davon ab, dass einerseits eine objektiv begründbare Beurteilung vorliegt und andererseits eine Identifikation der betroffenen Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens stattfindet, da auf ihren Schultern dann auch die Umsetzungsarbeit ruht. Dies erreicht man dadurch, dass die betroffenen Mitarbeiter nach einer gemeinsamen Einschulung die Bewertung einzeln durchführen und sich ein externer Assessor in begleitenden Interviews zusätzlich einen Überblick verschafft, der eine begründete externe Beurteilung zulässt. In einem gemeinsamen Workshop werden die Ergebnisse zu einem von allen Beteiligten mitgetragenen Ergebnis verdichtet, das dann einem Entscheidungsgremium vorgelegt wird. Andere in der Literatur angeführte Vorgehensweisen, von Fragebögen bis hin zu umfangreich dokumentierten Analysen, können unter bestimmten Umständen aber sicherlich auch ihre Berechtigung haben.
725
Deskriptoren
Siehe Posch (2006b)
1
4
- Höhere Investitionshürden als bei anderen Projekten - Unstrukturierte Erfassung und Priorisierung - Seltene, unregelmäßige Planung - Nur "Good Housekeeping" Maßnahmen
- Erfolgspotenziale und Langfristigkeit - Abstimmung mit Unternehmensund Teilstrategien - Jährliche Planung - Koordinierter Planungsinstrumenteneinsatz - Beteiligung des gesamten Managementteams
- Keine strategisch orientierte Planung - Isolierte Betrachtung - Seltene, unregelmäßige Planung - Unstruktiertes Vorgehen - Unabgestimmte Erarbeitung durch Einzelpersonen
- Mehrdimensionale Ziele - Normative Positionierung als Strategieausgangspunkt - Leitlinien als akzeptierte Entscheidungsgrundlage - Regelmäßige, strukturierte qualitative und quantitative Analysen
- Keine energiewirtschaftlichen Ziele - Normative Positionierung und energiepolitische Leitlinien nicht vorhanden - Unregelmäßige, unstrukturierte energiewirtschaftliche Analysen
- Selektiv geringere Investitionshürden als bei anderen Projekten - Aus Strategie abgeleitete Erfassung mit mehrdimensionaler Priorisierung - Unterjährige Planung - Maßnahmen bis hin zu Produktneugestaltung
- Inhalt / Zeithorizont - Fit mit Unternehmensund Teilstrategien - Intervall - Planungsinstrumente - Zusammensetzung des Planungsteams - Investitionshürden - Erfassung und Priorisierung - Intervall - Art von Maßnahmen
Energieplanung Strategisch Operativ
- Energiewirtschaftliche Ziele - Normative Positionierung und energiepolitische Leitlinien - Art und Umfang von energiewirtschaftlicher Unternehmens- und Umfeldanalyse
Energiepolitik
- Keine E-Mgmt. Abteilung u. keine Erwähnung in Stellenbeschreibungen - Keine Konzernkoordination u. Inselfunktion an Betriebsstandorten - Kein dedizierter Energiemanager - Ausschließlich Antragskompetenz
- E-Mgmt. Abteilung mit Energieausschuß - Konzernkoordination und Einbindung in Standortorganisation - Energiemanager als Bereichsleiter - Eingriff in Produktion möglich
- Organisatorische Ausprägung - Einbindung in die Gesamtorganisation - Hierarchiestufe und Kompetenz des Energiemanagers
- Keine Prozeßbetrachtung - Keine energiebezogenen Arbeitsanweisungen - Keine Erfolgsmessung mit abgeleiteten Verbesserungsmaßnahmen - Einsatz nur mit mehrstündiger Vorlaufzeit
- Energiewirtschaft als integrierter Unternehmensprozeß - Durchgehende energiebezogene Arbeitsanweisungen - Kontinuierliche Verbesserung entlang definierter Erfolgskriterien - Soforteinsatz möglich
- Prozeßausprägung - Energiebezogene Arbeitsanweisungen - Prozeßoptimierung - Reaktionsfähigkeit
Energieorganisation Strategisch Operativ
- Kein energiewirtschaftlich bezogenes Anreizsystem - Keine energiespezifischen Fähigkeitsprofile und Personalentwicklungspläne
- Erreichung von Energiezielen ist bonusrelevant - Energiespezifische Fähigkeitsprofile sind beförderungsrelevant - Koordinierte energiespezifische Schulungsmaßnahmen existent
- Ausmaß energiewirtschaftlicher Motivation - Ausmaß energiewirtschaftlicher Personalentwicklung
- Keine energiespezifischen Schulungen - Kein energiespezifisches Trainingsbudget
- Teilnahme an energiespezifischen Kursen im Rahmen der Entwicklungspläne - Überdurchschnittlich hohes energiespezifisches Trainingsbudget
- Ausprägung des energiewirtschaftlichen Trainings
Energierelevantes Personalmanagement Strategisch Operativ
214 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 9-10: Konzeption des Energiemanagement-Assessments
725
Deskriptoren
1
4
- Undifferenzierte Energiekostenerfassung - Sporadische, händische Datenerfassung - Kein Energiemanagementsystem im Einsatz
- Aggregatspezifische Energiekostenerfassung mit ausreichender Energiekostenartendifferenzierung - Regelmäßige automatisierte Datenerfassung - Einsatz standortübergreifender, webbasierter Energiemanagementsysteme
- Einbindung energiespezifischer Kennzahlen in das Unternehmensreporting - Gezielte Einflußnahme auf Energiepolitik
- Keine energiespezifische Reportingstruktur - Kein energiespezifisches Lobbying
- Ausprägung der Energiekostenrechnung - Ausprägung des Energieberichtswesens
- Energiespezifische Informationsstruktur - Ausmaß des energiespezifischen Lobbyings
Energieinformationsmanagement Strategisch Operativ
- Keine energiespezifischen Frühwarnsignale - Keine Überprüfung strategischer Rahmenbedingungen
- Unregelmäßige, isolierte Energieverbrauchskontrollen - Auswertungsergebnisse für Mitarbeiter nicht verfügbar
- Kein Energieinnovationsprozess - Kein energiespezifisches Vorschlagswesen 1…geringe Ausprägung; 4…sehr starke Ausprägung
- Kein Energiebezug in der Strategy Map - Isoliertes Mgmt.-System - Keine energiespezifische Budgetplanungeine - Keine Berücksichtigung in innerbetrieblicher Leistungsverrechnung - Keine zusammenhängenden Kennzahlen
- Konzernweiter, strukturierter Energieinnovationsprozess - Umsetzungen entlang Tollgates - Energiespezifisches Vorschlagswesen
- Teil der Strategy Map - Eingebunden in integriertes Managementsystem - Alljährliche energiespezifische Budgetplanung - Energiespezifische interne Leistungsverrechnung - Energiespezifische Werttreiberhierarchien
- Unterjährige, aggregatspezifische Energieverbrauchs- und qualitätskontrollen - Erstellung einer strukturierten Abweichungsanalyse - Auswertungsergebnisse für berechtigte Mitarbeiter abrufbar
- Regelmäßiges Monitoring definierter Frühwarnsignale - Zumindest jährliche Überprüfung der Gültigkeit strategischer Rahmenbedingungen
Entwicklung - Ausprägung Energieinnovationsprozess - Einbindung in betriebliches Vorschagswesen
Koordination - BSC-Einbindung - Einbindung in ein integriertes Managementsystem - Budgeteinbindung und interne Leistungsverrechnung - Kennzahlensystem
- Umfang und Ausprägung der ex post Kontrolle - Verfügbarkeit der Kontrolldaten
- Frühwarnsignale - Prämissenkontrolle
Energiekontrolle Strategisch Operativ
Managementinstrumente 215 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 9-10: Konzeption des Energiemanagement-Assessments (Fortsetung)
216 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________ Strategische Lücke Policy 4.00
Entwicklung
Gesamtlücke
1.00
0.00
Koordination
3.00
Planung
2.00
Policy 4.00
Entwicklung
3.00
Organisation
Planung
2.00 Kontrolle
Personal
1.00 Information
0.00
Koordination
Operative Lücke
Organisation
Policy 4.00
Entwicklung
3.00
Planung
2.00
1.00
Kontrolle
Personal Koordination
Organisation
0.00
Information
Sollausprägung
Kontrolle
Personal
Ist-Assessment Information
Abb. 9-11: Übersichtsdarstellung beispielhafter Ergebnisse des Energiemanagement-Assessments
726
9.2.4 Maßnahmenplanung Um das Schließen der identifizierten Lücke in dem durch die Ziele vorgegebenen Zeitrahmen sowohl unter Berücksichtigung knapper Personalressourcen als auch unter den budgetären Restriktionen zu ermöglichen, sind identifizierte Maßnahmen einerseits zu priorisieren und andererseits auch in einen Zeitplan einzubinden. Die Priorisierung erfolgt entlang der drei Dimensionen Auswirkung auf die Zielerreichung, Zeitdauer bis zu den Ergebnissen und – wenn der Zugang zu Kapital nicht gerade besonderen Beschränkungen unterworfen ist – der als Priorisierungskriterium eher nachgereihten Dimension des Investitionsbedarfs (siehe Abb. 9-13).727
726
Vgl. Posch (2006b)
727
Vgl. Posch (2005c), S. 31
Managementinstrumente 217 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Mögliches Hemmnis
Spielt eine Rolle oft
manchmal
kaum
Ungeeignete Technologien am 1 Werksstandort
3
Kosten der Produktionsunterbrechung
Versteckte Kosten
2
Unerwünschte Unannehmlichkeiten
Kapazität zur Identifikation von geeigneten 4 Einsparmöglichkeiten Kosten von erforderlichem Mitarbeiter5 Training oder Mitarbeiterwechsel
7
Kapitalzugang
Andere Prioritäten bei Vergabe des 6 Investitionskapitals Fehlendes Investitionskapital
9
Risiko
Angst vor negativer Beeinflussung des 8 Anlagenverhaltens Technisches Risiko
Unabwägbarkeiten des Marktes (z. B. 10 Energiepreisentwicklung) Informationsdefizit
Fehlende Information über energieefiziente 11 Lösungsalternativen Schwierigkeit, Energieverbrauchskosten 12 einer neuen Anlage zu eruieren Fehlende Zeit, um sich mit Energiefragen zu 13 beschäftigen
15
Fehlendes technisches Know How Fehlender Einfluß des Energiemanagers
Anreizproblematik
14
Keine Kostenverantwortung einzelner 16 Abteilungen für den Energieverbrauch Energiethemen nicht in betriebliche 17 Entscheidungen eingebunden Generell geringe Priorität des Energiethemas
Bedingte Rationalität
18
Fehlendes Energiebewußtsein der 19 Belegschaft Interessenskonflikt innerhalb des 20 Unternehmens
728
Abb. 9-12: Beispielhaft ausgefüllte Hemmnisanalyse
728
Vgl. Sorrell (2004), S. 290 ff. und S. 326 f.
218 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Da die Auswirkung auf die Zielerreichung häufig nur schwierig eindimensional darzustellen ist, behilft man sich mit dem im Rahmen der Investitionsrechnung ermittelbaren Wertbeitrag. Unternehmensindividuell werden dabei unterschiedliche Zielgrößen verwendet, die einerseits eine zu überspringende Hürde für die Freigabe von Projektinvestitionen darstellen aber darüber hinaus auch eine weiterführende Reihung der Optionen zulassen. Häufig zum Einsatz kommen der Kapitalwert, die Amortisationsdauer oder auch ein interner Zinssatz.729
Maßnahmenportfolio
Umstellung von Vollversorgung auf Portfoliomanagement
mittel niedrig
Auswirkung
groß
Einsetzung eines Energieausschuß KWK-Installation
Durchführung Pinch-Analyse
BSC-Einbindung
Geringe Investition
Mittlere Investition
Verbesserung Energieinnovationsdatenbank
kurz
mittel
Große Investition
lang
Zeitdauer bis zu ersten Ergebnissen
730
Abb. 9-13: Beispielhaftes energiewirtschaftliches Maßnahmenportfolio
Der Zeitdauer bis zur sichtbaren Realisierung erster Ergebnisse kommt ebenfalls besondere Bedeutung zu. Dies resultiert aus den Erkenntnissen der Change Management Forschung. Demnach kann man die für ein längerfristiges Umsetzungsprogramm erforderliche Motivation der durchführenden Mitarbeiter nur aufrechterhalten, indem relativ rasch erste Erfolge erkennbar sind und dann auch über die Umsetzungsphase hinweg immer wieder sichtbare Zwischenerfolge zu verzeichnen sind. Dies ist bei der 729
Vgl. Schweitzer (1998), S. 52 f.
730
Eigene Darstellung
Koordinationsfunktion 219 _______________________________________________________________________________________________________________________________
zeitlichen Abfolgeplanung der Maßnahmen zu berücksichtigen. Ein häufiger Fehler ist die vorrangige Auswahl von größeren Maßnahmen mit entsprechender Auswirkung auf die meist mittelfristige Zielerreichung ohne begleitende kleinere aber schnell zu realisierende Projekte. Gerade wenn mit den Projekten größere Investitionen einhergehen, reagiert auch die Unternehmensführung zumeist ungeduldig bis hin zum Projektabbruch wenn innerhalb von wenigen Monaten oder zumindest innerhalb eines Jahres nicht auch erste Erfolge darstellbar sind.731 Insgesamt zeichnet sich ein guter Umsetzungsplan dann dadurch aus, dass er alle drei Dimensionen gebührend berücksichtigt. Darin sind sowohl die mittel- bis langfristig wichtigen strategischen Maßnahmen rechtzeitig eingeplant, aber auch rasche Erfolge vorgesehen und über den Zeitverlauf immer auch die aus der Finanzplanung resultierende jährlich variierende Investitionsobergrenze berücksichtigt. Selbstverständlich muss zusätzlich zu den in dem Maßnahmenportfolio erfassten, geplanten Verbesserungsmaßnahmen auch die operative Energiebedarfsplanung und Energiebewirtschaftungsplanung732 durchgeführt werden und der damit einhergehende Aktivitätenkatalog in Bezug auf Humanressourcen- und Kapitalverfügbarkeit zeitlich mit den Verbesserungsmaßnahmen abgestimmt werden. Dieser Aktivitätenkatalog stellt gewissermaßen das Fundament der energiewirtschaftlichen Tätigkeiten zur Aufrechterhaltung des Betriebs dar und dient – in Anlehnung an Abb. 9-8 – zur Weiterführung des Basisgeschäfts ohne Verbesserungsmaßnahmen. 9.3 Koordinationsfunktion Die Energieplanung als Kernelement der energiewirtschaftlichen technokratischen Koordination hat vertikal und horizontal sowohl in Hinblick auf die Einbindung der Energiewirtschaft in die Gesamtunternehmung als auch innerhalb des Subsystems Energiewirtschaft eine stark harmonisierende Wirkung. Vertikal wird diese Wirkung noch unterstützt durch die Ausgestaltung der die Systemebenen miteinander verbindenden Zielpyramide, die als Orientierungsgrundlage der Planung dient.733 Durch die Ausrichtung entlang der Zielpyramide werden nicht nur die Unternehmensstrategien in energiewirtschaftliche Strategien heruntergebrochen sondern – durch die auch am Umfeld ausgerichteten Ziele – überdies eine inhaltliche Harmonisierung mit dem energiewirtschaftlich relevanten Umfeld erzeugt. Durch diese hierarchische Übersetzung ist gewährleistet, dass die energiewirtschaftlichen Maßnahmen gewissermaßen als operative Umsetzung der Energiestrategien einen relevanten Beitrag zur Unternehmenszielerreichung leisten. Gleichzeitig wird durch die in die Zu731
Vgl. Kotter (1996), S. 117 ff.
732
Vgl. Wohinz (1989), S. 58
733
Vgl. Küpper (2001), S. 85 f.
220 Energieplanung _______________________________________________________________________________________________________________________________
kunft orientierte Planung auch eine zeitliche Koordination der resultierenden Maßnahmen erzeugt. Horizontal erfolgt die Abstimmung mit anderen funktionalen Planungen des Unternehmens. Besondere Bedeutung hat dabei der Abgleich mit der Produktionsplanung, die direkt mit der Energiebedarfsplanung gekoppelt ist. Die auf die Planung zurückzuführende Harmonisierung innerhalb der Energiewirtschaft erfolgt durch das Übersetzen der Energiepolitik auf normativer Ebene in die Maßnahmen der operativen Ebene, durch die Abstimmung der einzelnen Abschnitte der betrieblichen Energiewertschöpfungskette durch eine gemeinsame, abgestimmte Planung und durch die interfunktionale Koordination der Managementfunktionen des Energiepentagons.
10 Energieorganisation Der Hauptbeitrag der Energieorganisation zur Erreichung der energiewirtschaftlichen Ziele ist die Realisierung einer bestmöglichen organisatorischen Effizienz durch die Reduktion von Transaktionskosten734. Dies erfolgt vornehmlich durch eine optimierte Ausnützung knapper Ressourcen mit einer geeigneten Arbeitsteilung, durch die Sicherstellung unternehmensweiter effizienter und effektiver Informationsflüsse und vor allem auch durch die unternehmensweite Koordination energiewirtschaftlicher Tätigkeiten (siehe Abb. 10-1). Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang auch der Standardisierungseffekt durch die Förderung der unternehmensweiten Durchsetzbarkeit energiewirtschaftlicher Richtlinien und Maßnahmen.
Energieorganisation Entscheidungstatbestände
Managementinstrumente
f Auswahl des organisatorischen Grundmusters
f Funktionendiagramm
f Integrationsvariante für energiewirtschaftliche Aufgaben
f Koordinationsinstrumente
f Aufgaben-/Prozess-Selektion
f Differenzierungsinstrumente f Energieorganisationstypologie
f Energiewirtschaftliches Stellenprofil
Koordinationsschwerpunkte Energiepentagon
Unternehmen
Umwelt
f Unternehmensorganisation
f Energieplanung
f Regulierungsvorgaben der Politik
f Energierelevantes Personalmanagement
f Lieferanten und Komplementäre
f Energiepolitik
f Energieinformation
Abb. 10-1: Managementaspekte der Energieorganisation 734
Vgl. Roberts (2004), S. 88 ff.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_10, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
222 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die Energiewirtschaft zeichnet sich durch einen ausgeprägten Querschnittscharakter aus. Damit kommt neben der internen Konfiguration der EnergiemanagementAbteilung auch der externen Konfiguration mit der Fragestellung nach der – in Hinblick auf die Reduktion der Transaktionskosten – bestmöglichen Einbindung der Energiewirtschaft in die übergeordnete Unternehmensorganisation eine wesentliche Rolle zu. Die Betonung als Querschnittsfunktion bedingt hierbei in besonderem Maße die laterale Koordination mit anderen Unternehmensbereichen (z.B.: Produktion, Forschung und Entwicklung, Einkauf). Da die Beeinflussung anderer Unternehmensbereiche durch disziplinarische Maßnahmen im Rahmen der Primärorganisation für den Energiemanager im Normalfall kaum möglich ist, besteht ein besonderer Bedarf, sich der Möglichkeiten der Sekundärorganisation735 zu bedienen. Dies umfasst neben der Schaffung eines ständigen Energieausschusses auch die Durchführung zeitlich begrenzter, abteilungsübergreifender Energieprojekte. Die Eignung einer bestimmten organisatorischen Konfiguration der Energiewirtschaft variiert von Unternehmen zu Unternehmen. Die wesentlichen Rahmenbedingungen sind im übergeordneten System der Unternehmung verankert und determinieren mit ihrer jeweiligen Ausprägung in hohem Maße die bestmögliche Konfiguration einer Energieorganisation. Damit bietet sich der situative Organisationsansatz736 zur fundierten Festlegung der für ein bestimmtes Unternehmen geeigneten Energieorganisation an. Neben der Aufbauorganisation spielt die Ablauforganisation im Fall der Energiewirtschaft eine eher untergeordnete Rolle, da hierbei die Einbindung energiewirtschaftlicher Aspekte in allgemeine Unternehmensprozesse im Vordergrund steht. Abgesehen von den verfahrenstechnischen Prozessen existieren damit für die Ausgestaltung energiewirtschaftlicher Prozesse nur geringe Spielräume. Wichtiger als die Prozesseffizienz ist die Prozesseffektivität der nicht-technischen Prozesse, das heißt die Wahrnehmung der relevanten energiewirtschaftlichen Aktivitäten im je nach Einfluss auf den Unternehmenserfolg richtigen Ausmaß. 10.1 Entscheidungstatbestände Die in Zusammenhang mit der Energieorganisation zu treffenden Entscheidungen resultieren aus dem Bestreben, die Energiewirtschaft im jeweiligen Unternehmen derart zu konfigurieren, dass jegliche Transaktionskosten minimiert werden. Diese Entscheidungen betreffen in ihrer Gesamtheit das unter den jeweils gegebenen Umständen richtige Zusammenspiel von Differenzierung und Koordination.737 735
Vgl. Hill (1994), S. 134, Diederichs (2004), S. 212 ff.
736
Vgl. Kieser (1983), Mintzberg (1979), Hill (1994)
737
Vgl. Schreyögg (1999), S. 112 ff.
Entscheidungstatbestände 223 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Sowohl für Differenzierung als auch für Koordination stehen mehrere Instrumente zur Verfügung. Die Differenzierung resultiert vornehmlich aus der Arbeitsteilung zur geeigneten Gruppierung von Aufgaben, aus der Delegation zur adäquaten Abtretung von Kompetenzen an nachgeordnete Stellen sowie aus der Arbeitszerlegung, die zur personalisierten Aufgabenteilung führt. Zur Gliederung der Koordinationsinstrumente wird die verbreitete und auch für die im Rahmen der Energieorganisation zu treffende Einteilung sehr geeignete Segmentierung nach Leavitt in strukturelle, technokratische und personenbezogene Abstimmungsinstrumente verwendet.738 Die strukturelle Koordination umfasst die koordinierende Funktion formaler organisatorischer Regelungen, bei der technokratischen Koordination handelt es sich um personenunabhängige, institutionell verselbständigte, formale Regelungen und die personenbezogene Koordination beruht auf persönlicher Beeinflussung. Schließlich erfolgt mit der Konfiguration die strukturelle Zuteilung der Aufgaben und Kompetenzen, die aus dem – unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren – bestmöglichen Zusammenspiel von Differenzierung mit Koordination resultiert. Diese Kontextfaktoren können in voneinander unabhängige Primärfaktoren (Attraktivität der Ressource Energie, Unternehmensgröße, …) und Sekundärfaktoren (z.B. Integrationsgrad), deren Ausprägung von der Ausprägung der Primärfaktoren abhängt, unterschieden werden und geben die zu berücksichtigenden Umweltzustände vor.739 Selbstverständlich kann es sich bei den auf Modellebene vorgeschlagenen Organisationsmustern unter bestimmten idealtypischen Randbedingungen nur um Musterkonfigurationen handeln, die im Einzelfall noch auf die bestehende Organisation des jeweiligen Unternehmens maßgeschneidert werden muss. Dies trifft nach der Festlegung des Grundmusters vor allem auch auf die außerhalb der Energieabteilung liegenden energetischen Aufgaben zu, deren Gruppierung und Zuteilung sich im wesentlichen an den – auch stark von den angewandten Managementkonzepten beeinflussten – individuellen, organisatorischen Rahmenbedingungen des Unternehmens orientiert. Außerdem sind die zusätzliche Komplexität aber auch das erweiterte Synergiepotenzial zu berücksichtigen, die eine gerade bei energieintensiven Unternehmen häufig anzutreffende internationale Konzernstruktur mit sich bringt.740 Ergänzend ist dafür zu sorgen, dass der Energiemanager einem Rollenbild entspricht, das deutlich über eine rein technisch orientierte Rolle hinausgeht und vom Managementgedanken geprägt ist. Darüberhinaus muss sichergestellt sein, dass für alle Mitarbeiter, die zwar nicht in der Energieabteilung arbeiten aber dennoch energiewirtschaftlich relevante Tätigkeiten wahrnehmen, eine ausreichende Motivation 738
Vgl. Leavitt (1964); siehe auch Abschnitt 7.2 dieser Abhandlung
739
Vgl. Mintzberg (1979), S. 220 ff., Hill (1994), S. 323 ff., Horváth (1996), S. 792 ff.
740
Vgl. Bartlett (1989), S. 57 ff.
224 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
besteht, diese Tätigkeiten im Sinne der energiewirtschaftlichen Zielerfüllung zu verrichten. 10.2 Managementinstrumente Pragmatisch und vereinfachend betrachtet beschäftigt sich die Organisation mit der Zuordnung von Aufgaben an die bestgeeigneten Personen und der begleitenden Ausstattung dieser Personen mit der zur Ausführung dieser Aufgaben erforderlichen Verantwortung, Kompetenzen und sonstiger Hilfsmittel.741 Die Organisationsgestaltung zerfällt dabei in zwei wesentliche Schritte, die Aufgabenanalyse und die Aufgabensynthese.742 Handelt es sich um die Erstellung einer neuen Organisation, erfolgt in der Analysephase die Auflistung eines idealtypischen Aufgabenkatalogs, der bereits nach Prozessen und darunterliegenden Teilprozessen gegliedert ist (siehe für die Energiewirtschaft beispielsweise Tab. 6-1 in Abschnitt 6.1 dieser Abhandlung) und der geplanten Organisationseinheiten, die zur Verteilung der Aufgaben zur Verfügung stehen. Diese Aufgaben-Struktur Analyse erfolgt zweckmäßigerweise mithilfe eines Funktionendiagramms743. Wenn von der Reorganisation einer bestehenden Organisation die Rede ist, beinhaltet die Analysephase vorrangig die Erfassung der von den bestehenden Organisationseinheiten tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben in einem solchen Diagramm. Idealerweise spiegelt die Struktur des Erfassungsbogens bereits die nach Prozessen und darunterliegenden Teilprozessen gegliederte Aufgabenliste wider. Dies ermöglicht das frühzeitige Erkennen offensichtlicher Brüche und Doppelgleisigkeiten in den Prozessabläufen744. Ergänzend können in der Analysephase auch Kommunikationsdiagramme745 zum Aufzeigen bestehender Beziehungen und von Informationsflüssen zum Einsatz kommen Die Aufgabensynthese umfasst die aus der kontextabhängigen Festlegung der organisatorischen Instrumentalvariablen resultierende (Neu-)Bündelung und (Neu-)Verteilung der Aufgaben auf die Organisationseinheiten. Dies beinhaltet sowohl die Streichung oder Ergänzung bestehender Aufgaben als auch die Streichung, Ergänzung, Trennung oder Zusammenlegung bestehender Organisationseinheiten. Dies mündet abschließend in die Stellenbeschreibung746, wo neben den Aufgaben unter anderem
741
Vgl. Nauer (1993), S. 183
742
Vgl. Bleicher (1991), S. 42 ff.
743
Vgl. Schmidt (1989), S. 279 ff.
744
Vgl. Hammer (1994), S. 50 ff.
745
Vgl. Schmidt (1989), S. 286 ff.
746
Vgl. Weber (1991)
Managementinstrumente 225 _______________________________________________________________________________________________________________________________
auch die damit verbundenen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen747 festgehalten sind. 10.2.1 Aufgabenanalyse Das zentrale Instrument zur Erfassung der bestehenden Aufgabenwahrnehmung der einzelnen Organisationseinheiten ist das Funktionendiagramm, das es im Rahmen der Aufgaben-Struktur Analyse ermöglicht, die existierende Aufgabenzuordnung übersichtlich und gut interpretierbar darzustellen (siehe Abb. 10-2). Auf der vertikalen Achse werden die einzelnen Aufgaben der Energiewirtschaft – geordnet nach den Managementfunktionen und dem Energiewertschöpfungsprozess – aufgelistet und auf der horizontalen Achse werden die existierenden Organisationseinheiten – je nach erforderlichem Detaillierungsgrad bis hinab zu Abteilungen oder sogar bis hinab zu Arbeitsgruppen – der Gesamtorganisation des Unternehmens aufgelistet. Dabei ist es wichtig, sich nicht auf die der Energiewirtschaft zugeordneten Organisationseinheiten zu beschränken, sondern tatsächlich das gesamte Unternehmen zu berücksichtigen. Nur damit kann man der Querschnittsfunktion der Energiewirtschaft gerecht werden, die sich dadurch auszeichnet, dass einzelne Energiewirtschaftsaufgaben sinnvollerweise eben direkt in der Produktionsabteilung oder auch in anderen, disziplinarisch nicht dem Energiemanager zugeordneten Abteilungen wahrgenommen werden. In die so entstehenden Felder können je nach gewünschtem Erhebungsergebnis entweder nur die Art der Wahrnehmung der einzelnen Aufgaben eingetragen werden oder aber auch der erforderliche Zeitaufwand für die Wahrnehmung einer Aufgabe in den einzelnen Organisationseinheiten. Während ersteres relativ rasch durch Eintragen geeigneter Kurzformen erfolgen kann (z.B. „E“ für Entscheidung, „D“ für Durchführung und „U“ für Unterstützung) und vor allem auch Prozessabläufe erkennen lässt, erfordert die zweite Variante eine vorab durchgeführte Erfassung der pro Organisationseinheit zur Verteilung verfügbaren Personenjahre (Die Anzahl der Personenjahre resultiert aus den in einer Organisationseinheit im gesamten Jahr tatsächlich angefallenen Arbeitsstunden, die durch die Anzahl der pro Mitarbeiter üblichen Jahresarbeitsstunden dividiert wird). Nur damit kann sichergestellt werden, dass weder zu viele noch zu wenige Stunden der tatsächlichen Arbeitszeit zugeteilt werden. Der große Vorteil der zweiten, aufwendigeren Variante ist die Möglichkeit, anhand eines Prozessbenchmarkings festzustellen, ob der für einen bestimmten Output angefallene Aufwand geringer oder größer als bei vergleichbaren Unternehmen ist. Letztendlich deutet dies auf das bestehende Optimierungspotenzial durch organisatorische Maßnahmen hin.
747
Vgl. Nauer (1993), S. 59 ff.
Entscheidung
Energieumwandlung bei der Nutzung
Energiefortleitung und -verteilung
Energieumund Niveauwandlung
Energiebereitstellung
Prozeßschritte
x MT
x MT
x MT
x MT
Auf-wand / Prozeßschritt COO
Stab 2
D
Laufende Effizienzsteigerung
Instandhaltung
Betrieb
D
D
D
U D
D
U
CFO
Baudurchführung
CEO
D
Stab 1
D
BU 1
D
Technologie
D
E
Papier Maschine
E
IH (Mech.)
Baukoordination
E
Administration
BU 1 IH (Elektr.)
Technische Auslegung
Laufende Effizienzsteigerung
Instandhaltung
Betrieb
Baudurchführung
Baukoordination
Technische Auslegung
Laufende Effizienzsteigerung
Instandhaltung
Betrieb
Baudurchführung
Baukoordination
Technische Auslegung
Handel mit Emissionszertifikaten
Interner Energieeinkauf
Kooperation mit Einkaufspools
Risikoabsicherung
Einkauf am Terminmarkt
Einkauf am Spotmarkt
Preisverhandlung
Vertragsgestaltung
Lieferantenselektion
Aufgaben BU 2
Zellstoff Entladung
D
Einträge: E... D... U... BU 2
Aufgabenwahrnehmung
Paper Maschine
Datum: TT. MM. JJJJ
Technologie
Ausfüllender: Energiemanager Org.-Einheit: Kompetenz-Center Energie
Administration
Betrieb 1 1 Betrieb
D
U
D
D
D
D
IH (Mech.)
Betrieb 3
D
U
D
D
D
U
D
D
D
U
Entscheidung Durchführung Unterstützung
Betrieb 4
D
D
D
D
Schneiden 2
Holding
IH (Elektr.)
arge innm Ge w
E-Management
ZellstoffProd.
Energiewirtschaftsaufgaben
Kontrolle
Anordnung
Politik Planung Organisation Personal Information Kontrolle Koordination Entwicklung
• • • • • • • •
Energieabgabe / -recycling
Energienutzung
Energieverteilung
Energieumwandlung
Energiebezug
Technologie
Betrieb 2
BU 3
Betrieb 1
Schneiden 1
rge
Vgl. Posch (2005)
Ge w innm a
748 BU 3 Technologie
Organisationsstruktur
IH (Mech.)
D
U
D
D
IH (Elektr.)
D
U
D
D
226 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abb. 10-2: Funktionendiagramm zur Durchführung der Aufgaben-Struktur-Analyse
748
Admin und Prod.
Managementinstrumente 227 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Ergänzend können die bestehenden Kompetenzen und Verantwortlichkeiten einzelner Stellen erfasst werden und auch die Kommunikationsbeziehungen mithilfe eines Kommunikationsdiagramms dargestellt werden. Die Durchdringung der bestehenden Kontakt- und Informationsintensität zwischen einzelnen Organisationseinheiten kann vor allem für die geeignete örtliche Anordnung der energiewirtschaftlich relevanten Stellen hilfreich sein. 10.2.2 Aufgabensynthese Die (Neu-)Konfiguration der energiewirtschaftlichen Aufgaben zu einer die Transaktionskosten minimierenden Energieorganisation im jeweiligen Unternehmen erfolgt durch das Wechselspiel von Differenzierung und Koordination. Die Ausgestaltung der Instrumentalvariablen richtet sich situativ nach der Ausprägung der Kontextfaktoren. Diese Faktoren werden einerseits nach ihrer Relevanz für die Ausgestaltung der Energieorganisation ausgesucht und andererseits soll die Variation der Faktoren auch in ausreichendem Maß die möglichen Umfeldzustände wiedergeben können, um eine generische Anpassung der Energieorganisation an die jeweilige Umfeldsituation zu ermöglichen. Wichtig ist hierbei die Auswahl einiger weniger aber aussagekräftiger Faktoren, um die Komplexität der Entscheidung nicht unnötigerweise zu erhöhen. Man darf dabei nicht aus dem Auge verlieren, dass die finale Ausgestaltung einer Organisation aufgrund der damit verbundenen, instrumentell nicht abdeckbaren Komplexität nur bis zu einem gewissen Grad schematisiert werden kann und vor allem in der Detaillierung viel Erfahrung aber auch einen gewissen Mut zum Versuch mit anschließender Korrektur erfordert. Differenzierung und Koordination stellen die beiden Pole der Organisation dar und erfordern bei der Ausgestaltung der jeweiligen Instrumentalvariablen eine enge Abstimmung. Denn je stärker die Differenzierung von Aufgaben in Form von weitreichender Dezentralisierung oder auch von hoher Spezialisierung ausgeprägt ist, umso wichtiger sind geeignete Koordinationsmaßnahmen, um Reibungsverluste durch nicht abgestimmte Vorgehensweisen zu unterbinden. Umgekehrt schränkt ein hoher Zentralisierungsgrad zwar die Flexibilität von Tochterunternehmen eines Konzerns ein, reduziert aber den zusätzlichen Koordinierungsbedarf deutlich. Die für die Ausgestaltung der Energieorganisation wesentlichen, differenzierenden Organisationsinstrumente749 sind die Arbeitsteilung, die Delegation und die Arbeitszerlegung: 749
Siehe dazu beispielsweise Hill (1994), S. 170 ff., Kieser (1983), S. 80 ff., Bleicher (1991), S. 48 ff., Schreyögg (1999), S. 113 ff., Mintzberg (1979), S. 65 ff., Scott (2003), S. 234 ff.; Wenngleich sich sowohl die Bezeichnungen als auch der Detaillierungsgrad für die bei den einzelnen Autoren beschriebenen Bündel von differenzierenden Organisationsinstrumenten unterscheiden, kann als kleinster gemeinsamer Nenner die Unterteilung in horizontale und vertikale Differenzierung herausgefiltert werden. In dieser Abhandlung wird der Typisierung und Bezeichnung von Hill (1994) gefolgt und eine zusätzliche explizite Trennung von differenzierenden und koordinierenden In-
228 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Arbeitsteilung: Die Arbeitsteilung – häufig auch unter dem Begriffspaar Zentralisierung/Dezentralisierung verwendet – beschreibt die nach bestimmten Kriterien erfolgende Gliederung der Aufgaben und die daraus resultierende Zuordnung und Verteilung der Aufgaben zu Stellen und Abteilungen des Unternehmens. Im Unterschied zur Delegation, die die vertikale Kompetenzaufteilung über die Hierarchiestufen hinweg zum Inhalt hat, ist die Arbeitsteilung horizontal zu verstehen. Dabei kommt es letztendlich immer parallel zu einer Zentralisierung und Dezentralisierung zugleich. Denn die Gruppierung nach einem bestimmten Kriterium bedeutet zwar in Hinblick auf dieses Kriterium eine Zentralisierung gleichzeitig aber auch eine Dezentralisierung in Hinblick auf andere Kriterien. Als wesentliche Kriterien der Gliederung finden Funktion, Objekt, Region und Prozessabschnitt Anwendung. Im Falle der Funktion wäre dies beispielsweise die Konzentration der energiewirtschaftlichen Instandhaltungsaufgaben in einer Instandhaltungsabteilung, typische Objekte wären beispielsweise große Anlagen oder bestimmte Produkte, die regionale Gliederung könnte beispielsweise für den Energieeinkauf eine Rolle spielen und die Gliederung nach einzelnen Phasen eines Prozesses bietet sich vor allem für Managementaufgaben (z.B. die Gruppierung von Planungs- und Arbeitsvorbereitungsaufgaben in Expertenabteilungen, …) an. In der Praxis werden diese Gliederungskriterien miteinander kombiniert und sind auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen von unterschiedlicher Bedeutung. Während auf der oberen Unternehmensebene üblicherweise eine Entscheidung zwischen einer vorrangigen Gliederung entweder nach Regionen oder nach Objekten (im Sinne einer produktbezogenen Divisionalisierung) getroffen wird, trifft man ab einer bestimmten hierarchischen Ebene mit Sicherheit auf die funktionale Gliederung. Das Ausmaß der Dezentralisierung bezieht sich bei dem hier beschriebenen Verständnis der Arbeitsteilung auf die durchschnittliche horizontale Autonomie bzw. den Beziehungsgrad zwischen unterschiedlichen Abteilungen. f Delegation: Die Delegation regelt die vertikale Autonomie, indem sie das Ausmaß der Kompetenzverteilung über die Hierarchiestufen hinweg zum Inhalt hat. Dabei sind einerseits stellenbezogene Kriterien zu berücksichtigen, womit vor allem die Übereinstimmung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung erfasst wird, und andererseits entscheidungsbezogene Kriterien, die die Tragweite von Entscheidungen, die auf einzelnen Hierarchiestufen gefällt werden können, behandeln. strumenten vorgenommen. Daher finden sich von den fünf bei Hill aufgeführten Instrumenten die beiden Instrumente der Standardisierung und der Partizipation in dieser Abhandlung unter den koordinierenden Instrumenten (Partizipation wird durch die strukturelle und Standardisierung durch die technokratische Koordination abgedeckt).
Managementinstrumente 229 _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Arbeitszerlegung: Unter der Arbeitszerlegung wird die Aufteilung eines operativen Prozesses in miteinander korrespondierende Einzelabschnitte und die Zuweisung dieser Abschnitte zu einzelnen Stellen bzw. Personen verstanden. Bei dieser daraus resultierenden Spezialisierung kann zwischen der Schaffung tatsächlicher Spezialisten im Sinne von Berufsdifferenzierung und der Schaffung von spezialisierten Arbeitsplätzen für angelernte Mitarbeiter im Sinne des Taylorismus750 unterschieden werden. In Hinblick auf die Energiewirtschaft bedeutet dies vor allem die Entscheidung, ob für bestimmte energiewirtschaftliche Aufgaben eine eigene Stelle geschaffen wird, oder ob die energiewirtschaftlichen Aufgaben nur einen Teil der einer Stelle zugewiesenen Aufgaben ausmachen. Zur Einteilung und Beschreibung der Koordinationsinstrumente wählen wir, wie bereits oben in Abschnitt 10.1 dargelegt, die auf Leavitt zurückgehende Einteilung nach struktureller, technokratischer und personenbezogener Koordination: f Strukturelle Koordination: Wie der Name bereits impliziert, versteht man unter der strukturellen Koordination alle koordinierenden Aspekte der Primär- und Sekundärorganisation. Bei der Primärorganisation sind dies vornehmlich die Überlagerung mehrerer Dimensionen in der Aufbauorganisation (Matrix- oder – bei mehr als zwei Dimensionen – sogar Tensororganisation) und die – ergänzend zur disziplinarischen Weisungskompetenz – häufig existierende Richtlinienkompetenz im Sinne einer sogenannten „Dotted Line“Beziehung für Stabsfunktionen. Die Koordination im Rahmen der Sekundärorganisation erfolgt für energiewirtschaftliche Belange vornehmlich durch die Bildung eines ständigen „Energieausschusses“ und – jeweils zeitlich begrenzt – durch Energieprojekte oder energiebezogene Task Forces. f Technokratische Koordination: Die technokratische Koordination umfasst personenunabhängige, institutionell verselbständigte Formen der Abstimmung. Darunter fallen beispielsweise Ziele, Pläne, Richtlinien, Handbücher und einige mehr. Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Begriff ist die Standardisierung als Einschränkung von Varietät bei der Abwicklung wiederholt ablaufender Prozesse. Wie auch die strukturelle Koordination kann die technokratische Koordination als formal eingestuft werden. f Personenbezogene Koordination: Die personenbezogene Koordination kann als informelle Ergänzung der formalen Koordinationsvarianten betrachtet werden. Sie resultiert aus der persönlichen Beziehung und der damit verbundenen Absprache zwischen den einzelnen Stelleninhabern.
750
Siehe Taylor (1916), Vgl. Kieser (1999), S. 75 ff.
230 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die situativ geeignete Konfiguration der Energiewirtschaft resultiert schließlich aus der Berücksichtigung ausgewählter Kontextfaktoren beim Einsatz der Organisationsinstrumente. Im Falle der Energiewirtschaft als Subsystem des Unternehmens sind dies neben der Bedeutung der Energiewirtschaft für den Unternehmenserfolg vor allem Faktoren, die den Zustand des Unternehmens und die daraus erforderlichen Integrationsaspekte für Funktionalabteilungen erfassen. Dabei ist zwischen den unabhängigen Primärfaktoren und den in ihrer Ausprägung zwar von den Primärfaktoren abhängigen aber für die Ausgestaltung der organisatorischen Instrumentalvariablen dennoch maßgeblichen Sekundärfaktoren zu unterscheiden. Die Primärfaktoren für die Strukturierung der Energiewirtschaft umfassen als dominierenden Faktor die Attraktivität der Ressource „Energie“ für das Unternehmen, und als unternehmenscharakterisierende Faktoren die Größe und die Konfiguration des Gesamtunternehmens. Die Sekundärfaktoren sind der Integrationsgrad und die Hierarchie der Einbindung der Energiewirtschaft in das Unternehmen. Ein besonders für die Energiewirtschaft maßgeblicher, zusätzlicher Faktor, der auch als Sekundärfaktor einzustufen ist, da er einerseits die Attraktivität in gewissem Maße bedingt und andererseits aber eine entsprechende Unternehmensgröße voraussetzt, ist die Existenz einer Eigenstromerzeugung. In ihrer Gesamtheit ergeben diese Faktoren ein aussagekräftiges Bild des für die Organisation der Energiewirtschaft eines Unternehmens relevanten Umfeldes: f Attraktivität der Ressource „Energie“: Die Attraktivität der Ressource „Energie“ stellt den dominierenden Kontextfaktor dar. Denn nur bei ausreichender Attraktivität, die letztendlich gleichzusetzen mit dem Ausmaß an möglichem Einfluss auf den Unternehmenserfolg ist, werden knappe Kapitalund Humanressourcen des Unternehmens für die Energiewirtschaft zur Verfügung gestellt. Damit einher geht auch die organisatorische Ausgestaltung. Je attraktiver sich die Ressource „Energie“ darstellt und je wichtiger die Energiewirtschaft damit für den Unternehmenserfolg ist, desto prominenter wird sich die Energiewirtschaft auch in der Organisation des Gesamtunternehmens mit eigener Abteilung oder sogar einem eigenen Bereich manifestieren. f Unternehmensgröße: Die Unternehmensgröße hat starken Einfluss auf das Ausmaß an Spezialisierung, da erst eine gewisse Mindestgröße und die damit verbundene Auslastung die Bereithaltung von Spezialisten für gewisse Funktionalthemen wirtschaftlich rechtfertigt. Außerdem bedingt eine bestimmte Mindestgröße auch das zentral-dezentrale Wechselspiel von Funktionen innerhalb des Unternehmens, das zur Aufgabengliederung nach unterschiedlichen Kriterien führt. f Konfiguration des Unternehmens: In Hinblick auf die organisatorische Einbindung der Energiewirtschaft in die Gesamtorganisation spielt die Kon-
Managementinstrumente 231 _______________________________________________________________________________________________________________________________
figuration des Gesamtunternehmens eine große Rolle. Dies macht sich vor allem bemerkbar bei der Wahl der Koordinationsinstrumente, die an die im Unternehmen gängigen Instrumente angepasst werden müssen, und bei der grundsätzlichen Entscheidung für eine Prozessorganisation der Energiewirtschaft, die nur sinnvoll ist, wenn das gesamte Unternehmen in Form einer Prozessorganisation strukturiert ist. Außerdem spielt die übergeordnete Konfiguration eine Rolle bei der Auswahl der Gliederungskriterien für energiewirtschaftliche Aufgaben, die in die Organisation integriert werden (beispielsweise objektorientierte vs. funktional orientierte Gruppierung der Instandhaltungsaufgaben). f Integrationsgrad: Die Separierung bestimmter Aufgaben der Energiewirtschaft im Sinne der Bildung einer eigenen Abteilung hängt vor allem von der Attraktivität des Themas und der Unternehmensgröße ab. Der als sekundärer Kontextfaktor daraus resultierende Integrationsgrad, der mit zunehmender Separierung abnimmt, hat seinerseits wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Energieorganisation. f Hierarchische Einbindung: Die hierarchische Einbindung resultiert vor allem aus der Attraktivität – je attraktiver desto höher ist das Energiethema in der Unternehmensorganisation angesiedelt. Selbstverständlich hat dieser sekundäre Kontextfaktor eine große Auswirkung auf die organisatorische Ausgestaltung der Energiewirtschaft. f Eigenstromerzeugung: Als äußerst energiespezifischer Faktor stellt sich die Eigenstromerzeugung dar. Diese geht üblicherweise einher mit einer bestimmten Attraktivität der Ressource „Energie“ und einer gewissen Mindestgröße des Betriebs. Das Vorhandensein einer Eigenstromerzeugung mit dem damit verbundenen Bedarf an Betriebspersonal bedingt im Normalfall eine in der Linie aufgehängte energiewirtschaftliche, den Kraftwerksbetrieb umfassende Abteilung oder gar einen energiewirtschaftlichen Bereich. Die Gegenüberstellung der möglichen Extremausprägungen der Kontextfaktoren mit den möglichen Variablen der Organisationsinstrumente in einer Matrix (siehe Abb. 103) erlaubt bei Auswahl der je nach Extremausprägung der Kontextfaktoren situativ geeigneten Variablen (siehe dazu die vorangehende Beschreibung der Organisationsinstrumente und der Kontextfaktoren) das Erkennen fünf organisatorischer Grundmuster für die Energiewirtschaft: die Stabs-, die Bereichs-, die Integrations-, die Minimalund die Prozessorganisation (siehe Abb. 10-4).751
751
Vgl. Posch (2005)
232 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________ Organisatorische Basiskonfigurationen der Energiewirtschaft Kontext
Instrumente
Hohe Attr./großes Unt. keine Erz.
Erz.
Hohe Attr./kleines Unt. keine Erz.
Erz.
Geringe Attr./ Geringe Attr./ großes Unt. kleines Unt.
Integr. Integrationsgrad Sep. / Int. Separat oben Hierarchische Einbindung unten
untergeordnet untergeordnet
Stab Linie Arbeitsteilung Stab zentr./ dezentr. Linie dezentral hoch Delegationsgrad niedrig hoch Arbeitszerlegung niedrig zentral
Koordinationsaufwand
Einfluß auf die dezentrale Verteilung der E-Mgmt. Ausführungsaufgaben
untergeordnet untergeordnet
hoch
Einfluß auf strukturelle Koordination (Matrixorg.)
niedrig
Prozessorientierung
Konfiguration d. Gesamtunternehmens
abh. von abh. von abh. von Konfiguration Konfiguration Konfiguration
abh. von Konfiguration
abh. von Konfiguration
abh. von Konfiguration
E-Managementaufgaben
Stab
Linie (zentr.)
Linie (zentr.)
Linie (zentr.)
Linie (dez.)
Linie (dez.)
E-Ausführungsaufgaben
Linie
Linie
Linie
Linie
Linie
Linie
Nur relevant bei Prozessorganisation des Gesamtunternehmens
Abb. 10-3: Situative Ausrichtung der organisatorischen Instrumentalvariablen752 10.2.2.1 Stabsorganisation der Energiewirtschaft
Kommt der Ressource „Energie“ in einem großen Unternehmen eine hohe Attraktivität zu, dann besteht jedenfalls der Bedarf nach einer Separierung der Energiemanagement-Aufgaben in einer eigenen Abteilung. Ob diese Abteilung vorrangig koordinierende Aufgaben oder auch in größerem Umfang operative energiewirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen soll, hängt zu einem großen Teil davon ab, ob das Unternehmen über Anlagen zur Eigenstromerzeugung verfügt oder nicht. Ist dies nicht der Fall, treten koordinierende Aufgaben in den Vordergrund und das Energiemanagement wird tendenziell in einer Stabstelle wahrgenommen, während die operativen energiewirtschaftlichen Aufgaben auf die Linienorganisation des Unternehmens aufgeteilt und dort integriert werden. Man kann dann kurz von einer Stabsorganisation der Energiewirtschaft sprechen. Die Hierarchiestufe des Energiestabs ist jedenfalls hoch anzusetzen, ob sie allerdings direkt unter der Geschäftsführung oder eine Stufe tiefer unter der ersten Managementebene anzusiedeln ist, muss individuell in Abhängigkeit von Präferenzen der Geschäftsführung bezüglich der eigenen Leitungsspanne festgelegt werden. Aufgrund der Größe des Unternehmens kann in diesem Fall eher von einer Tendenz zum Einsatz von Spezialisten, also stärker ausgeprägter Arbeitszerlegung, ausgegangen werden. 752
Vgl. Posch (2005b)
Managementinstrumente 233 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Auch der Delegationsgrad, zumindest was die energiewirtschaftlichen Belange betrifft, wird eher hoch anzusetzen sein.
Stabsorganisation
Bereichsorganisation
Integrationsorganisation
Minimalorganisation
Energiewirtschaft
Erzeugung
Typischer Kontext
f Hohe
Attraktivität Unternehmen Erzeugung
Hierarchie
f Eigenstromerzeugung
Mgmt. der Ausführungsaufgaben
f Integration
f Hohes
Niveau
f Zentralisierung
Arbeitsteilung
Delegationsgrad Arbeitszerlegung Koordinationsaufwand Prozessorientierung
Attraktivität Unternehmen
f Großes
f Keine
f Separierung
Integration
f Hohe
f Großes
der
Managementaufgaben im Stab f Hoch f Starke
Attraktivität Unternehmen
f Kleines
f Geringe
Attraktivität
f Keine
Eigenstromerzeugung
f Separierung
fNur
relevant bei Prozessorganisation des Unternehmens
Mgmt. f Integration ohne f Totale Integration u. einiger AusEigenstromerzeugung f Mgmt.-Separierung bei führungsaufgaben f Restl. Aufgaben integr. Eigenstromerzeugung
fProzessintegration
f Hohes
fUnterstützungsprozess
Niveau
f Linienzentr.
des Mgmts. und einiger Ausführungsaufg.
f Hoch
Zerlegung
f Hohe
Prozessorganisation
f Starke
Zerlegung
f Hohes
Niveau
f Linienzentr.
f Niedriges
Niveau
des Managements f Eigene Abteilung bei Eigenstromerzeugung
f Dezentralisiert
f Gering
f Gering
f Geringe
Zerlegung
fProzessorientierte
Arbeitsteilung
f Geringe
fHoch
Zerlegung
fStark/Gering
je nach Unternehmensgröße
f Hoch
f Hoch
f Gering
f Gering
fHauptkoord.
durch Prozessstrukturierung
f Nein
f Nein
f Nein
f Nein
fJa
E-Managementaufgaben E-Ausführungsaufgaben
753
Abb. 10-4: Energiewirtschaftliche Organisationsgrundmuster
Die Verbindung der Energiestabstelle zu den die operativen energiewirtschaftlichen Aufgaben ausführenden Stellen wird sich vornehmlich traversal über das Ausüben von Richtlinienkompetenzen im Sinne einer „Dotted Line“ Beziehung darstellen.754 Die disziplinarische Eingliederung der Energiespezialisten oder auch die Zuordnung energiewirtschaftlicher Aufgaben zu anderen Stellen wird durch die Gliederungskriterien der Unternehmensorganisation geregelt, wobei sich entweder eine funktionale oder eine objektorientierte Gruppierung anbietet. Die regionale Gliederung spielt eher konzernübergreifend eine Rolle und ist beispielsweise bei der Integration des Energieeinkaufs denkbar. Der Koordinationsaufwand ist aufgrund der Unternehmensgröße und der Dezentralisierung der operativen energiewirtschaftlichen Aufgaben als eher hoch anzusetzen und
753
Vgl. Posch (2005)
754
Vgl. Bleicher (1991), S. 124 f., Koontz (1964), S. 272 ff.
234 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
erfordert im Normalfall den Aufbau einer Sekundärorganisation in Form eines ständigen Energieausschusses. 10.2.2.2 Bereichsorganisation der Energiewirtschaft
Tritt zur hohen Attraktivität der Ressource „Energie“ in einem großen Unternehmen auch eine Eigenstromerzeugung hinzu, dann empfiehlt sich aufgrund der rund um das Kraftwerk anfallenden Betreiberaufgaben, die üblicherweise objektorientiert um das Kraftwerk gebündelt werden, die Einrichtung einer Energieabteilung mit Liniencharakter oder – abhängig vom Umfang der anfallenden Aufgaben und der damit verbundenen Personalstärke – sogar eines eigenen Bereichs mit Energieabteilungen. In diesem Fall erfolgt eine stärkere Separierung der Energiewirtschaft, da auch ein Großteil der operativen energiewirtschaftlichen Aufgaben in eigens dafür geschaffenen Abteilungen wahrgenommen wird. Mit der stärkeren funktionalen Bündelung von operativen Energiewirtschaftsaufgaben besteht auch die Möglichkeit, die Energiewirtschaftsorganisation in ihrer Innenorganisation zentraler zu gestalten als dies bei der energiewirtschaftlichen Stabsorganisation der Fall ist. Dies reduziert jedenfalls den Koordinationsaufwand, wobei er aufgrund der Unternehmensgröße noch immer als relativ hoch einzustufen ist, weil auch in dieser Organisationsform operative energiewirtschaftliche Aufgaben integriert in der Unternehmensorganisation wahrgenommen werden (beispielsweise im Bereich der Produktion). Bezüglich Delegationsgrad und Arbeitszerlegung sind keine nennenswerten Unterschiede zur Stabsorganisation der Energiewirtschaft zu erwähnen. Der Bedarf nach einem Energieausschuss bleibt ebenfalls vorhanden, da auch bei der Existenz einer Energieabteilung in der Linie die Abstimmung mit den anderen Linienbereichen, vor allem mit dem Produktions- und dem Finanzbereich, von großer Bedeutung für die Durchsetzung bereichsübergreifender Energieprojekte ist. 10.2.2.3 Integrationsorganisation der Energiewirtschaft
Die Organisation kleinerer Unternehmen unterscheidet sich von der großer Unternehmen vor allem durch eine weitaus geringere Arbeitszerlegung und der daraus resultierenden Tendenz vom Spezialisten hin zum Allrounder. Das bedeutet für die Organisation der Energiewirtschaft auch bei hoher Attraktivität eine deutlich stärkere Integration in die Unternehmensorganisation. Eine eigene Abteilung ist in diesem Fall fast nur denkbar, wenn Eigenstromerzeugung vorliegt, was bei kleineren Unternehmen aufgrund des zumeist geringeren Energiebezugs eher als Ausnahme zu betrachten ist. Wenngleich die geringere Größe des Unternehmens gewöhnlich einen im Vergleich zu großen Unternehmen reduzierten Koordinationsaufwand verursacht (Annahme ei-
Managementinstrumente 235 _______________________________________________________________________________________________________________________________
nes produzierenden Industrieunternehmens, da dieser Rückschluss für moderne Netzwerkorganisationen der Dienstleistungsbranche nicht gültig ist)755, ist aufgrund der ausgeprägten Integration dennoch die Abstimmung zwischen den einzelnen Stellen, die neben anderen auch energiewirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen, sicherzustellen. Mit abnehmender Unternehmensgröße spielt dabei die personenbezogene Koordination neben formellen Varianten der Koordination eine zunehmende Rolle. Auch bei kleinen Unternehmen führt die Attraktivität der Ressource „Energie“ zu einer hohen hierarchischen Verankerung des Themas. Im Vergleich zu großen Unternehmen bringt sich selbst die Geschäftsführung in überdurchschnittlich großem Ausmaß in das Thema ein. 10.2.2.4 Minimalorganisation der Energiewirtschaft
Unabhängig von der Größe des Unternehmens bedingt die geringe Attraktivität der Ressource „Energie“ die totale Integration der zur Systemerhaltung erforderlichen energiewirtschaftlichen Aufgaben. Hier fehlt auch eine institutionalisierte Wahrnehmung von Energiemanagementaufgaben – vielmehr geht man davon aus, dass jeder Mitarbeiter im Sinne eines „Good Housekeeping“ agiert und alle über die technisch erforderliche Sicherstellung der Energieverfügbarkeit hinausgehenden Vorkehrungen zur Reduktion des Energieverbrauchs trifft, die keinen oder nur äußerst geringen zusätzlichen finanziellen oder zeitlichen Aufwand verursachen. Energiemanagementaufgaben (soweit diese erforderlich sind) und operative energiewirtschaftliche Aufgaben werden komplett in die Unternehmensorganisation eingegliedert, wobei je nach Unternehmen funktionale oder objektorientierte Gliederungskriterien herangezogen werden. 10.2.2.5 Prozessorganisation der Energiewirtschaft
Nur in der nach wie vor sehr selten anzutreffenden prozessorientierten Organisationsform, die sich kompromisslos an den Wertschöpfungsprozessen des Unternehmens ausrichtet und dementsprechend horizontal orientierte Prozessverantwortlichkeiten anstatt von vertikal orientierten Abteilungsverantwortlichkeiten aufweist756, ist die Integration der Energiewirtschaft als wertschöpfungsorientierter Prozess mit entsprechender Prozessverantwortung sinnvoll. Im Gesamtunternehmen ist die Energiewirtschaft dann als einer von mehreren Serviceprozessen einzustufen, der bei hoher Attraktivität aber durchaus zu den wettbewerbsentscheidenden Leistungsprozessen gezählt werden kann. 755
Vgl. Tapscott (2000), S. 7 ff.
756
Vgl. Suter (1995)
236 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die Arbeitsteilung erfolgt in diesem Fall vorrangig nach den Prozessphasen und der Delegationsgrad ist im Sinne der Steigerung der Prozessdurchlaufzeit durch rasche Entscheidungen eher als hoch einzustufen. Die Koordination erfolgt in diesem Fall vorrangig durch die Prozessstrukturierung und die den Prozessablauf steuernden technokratischen Koordinationsinstrumente. 10.2.3 Weiterführende organisatorische Detaillierung Über die Festlegung der energiewirtschaftlichen Organisationsgrundstruktur hinaus sind noch die Entscheidungen über die geeignete Zuordnung der operativen energiewirtschaftlichen Ausführungsaufgaben zu treffen. Aufgaben rund um die Energieumwandlung und die Energieverteilung werden üblicherweise nach funktionaler Gliederung gruppiert und – wenn vorhanden – in der Energieabteilung in der Linie wahrgenommen oder ansonsten in der zentralen Engineering- oder Instandhaltungsabteilung des Unternehmens angesiedelt. Planung, Konstruktion und Errichtung neuer energiebezogener Anlagen finden sich ebenfalls oft in der Energie- oder zentralen Engineeringabteilung, sind aber aufgrund ihres diskontinuierlichen Anfalls, ihrer Abgrenzbarkeit und Planbarkeit auch ideale Kandidaten für eine Auslagerung. Für die Aufgaben rund um den Energiebezug existieren im Wesentlichen zwei Varianten der Zuordnung, die sich jeweils aus der funktionalen Gruppierung ableiten lassen. Einerseits bietet sich die Bündelung aller einkaufsrelevanten Fähigkeiten in der Unternehmenseinkaufsabteilung an, wobei sich einige Einkäufer das energiespezifische Wissen aneignen müssen. Das Trading wird dabei je nach Umfang ebenfalls im Einkauf oder aber in einer separaten Tradingabteilung wahrgenommen. Andererseits kann man den Energieeinkauf auch in der Energieabteilung ansiedeln. In diesem Fall ist das Energiewissen vorhanden und eine zur Erfüllung der Einkaufsaufgaben erforderliche Anzahl an Mitarbeitern muss sich das Einkaufswissen aneignen. Darüber hinaus eignet sich der Energieeinkauf vor allem in Verbindung mit dem Energiehandel ab einer bestimmten Größe auch zur Auslagerung an Tradingspezialisten. Energiebezogener Betrieb und Instandhaltung am Ort der Energienutzung können in Anlehnung an die objektorientierte Gliederung direkt von der Bedienungsmannschaft der Gesamtanlage (beispielsweise einer Papiermaschine oder einer Hochofenanlage) wahrgenommen werden. Oder aber es herrscht in der Instandhaltung des Unternehmens eher ein funktonales Denken vor – dann werden die energiebezogenen Instandhaltungsaufgaben in einer zentralen Instandhaltungsabteilung angesiedelt. Die energetischen Betriebsaufgaben verbleiben aber idealerweise auch in diesem Fall bei der Betriebsmannschaft der Anlage, da diese den erforderlichen kontinuierlichen Anlagenkontakt hat. Ausschlaggebend sind bei Betrieb und Instandhaltung jedenfalls die Konfigurationsgrundsätze des Gesamtunternehmens.
Managementinstrumente 237 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Planung Energieorganisation, Festlegung strat. Energieziele Emissionsmanagement
Betrieb
Projektidentifizierung
Laufende Effizienzsteigerungsmaßnahmen, Instandhaltung
Energiepolitische Zielsetzung, Projektgenehmigung
Geschäftsführung
HSEQ
Papiererzeugung
Ausrüstung
Engineering
Finanz & Administration
Papier Maschinen
Zuschnitt
Projektbüro
Rechnungswesen
Technologie & Steuerung
Technologie
IH-Zentral
Controlling
Administration
Administration & Verteilung
Lagerwirtschaft
Einkauf
IH. Mech.
IH. Mech.
Energie
IT
IH. El.
IH. El.
Labor
Zellstoffanlieferung
Projektidentifizierung
Unternehmens -entwicklung Personal
Techn. Auslegung, Baukoordination, Projektselektion, Projektkoordination Energieeinkauf u. Trading, Vertragsgestaltung
Dienstleister Baudurchführung, Projektdurchführung
Energieum- u. Niveauwandlung, Energiefortleitung u. –verteilung, Energieanalyse, Energiekonzept, Standortplanung, Entwicklungsplanung, Planung Entsorgung, Operative Energieplanung, Energiebuchhaltung, Kontrolltätigkeit, Erstellung Energieberichte, Koordination / Steuerung, Energiekostenrechnung, Lobbying, Überwachung Rechtskonformität
757
Abb. 10-5: Beispielhafte Organisation der Energiewirtschaft in einem Papierbetrieb
Für die energiebezogenen Aufgaben der Planung, Konstruktion und Errichtung, der Instandhaltung und des Energieeinkaufs stehen beim Vorliegen eines als Managementholding strukturierten Konzerns758 zusätzliche Möglichkeiten zur Ausnützung von economies of scope zur Verfügung.759 Hierzu werden auf Holdingebene Kompetenzcenter mit Experten für betriebsstandortübergreifende und eher diskontinuierlich auftretende Themen eingerichtet, während kontinuierlich wahrzunehmende und mit dem Standort oder der Anlage sehr spezifisch einhergehende Energieaufgaben vor Ort angesiedelt sind. Die Festlegung der energiewirtschaftlichen Organisationsgrundstruktur führt schließlich gemeinsam mit der weiterführenden organisatorischen Detaillierung zur organisatorischen Einbindung der Energiewirtschaft in das Unternehmen. Eine für Pa-
757
Vgl. Posch (2005)
758
Vgl. Wenger (1999), S. 128 ff.
759
Vgl. Goold (1994), S. 187 ff., Steidl (1999), S. 205 ff.
238 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
pierunternehmen mögliche Lösungsvariante mit der Gliederung und Zuteilung energiewirtschaftlicher Aufgaben ist beispielhaft in Abb. 10-5 dargestellt. 10.2.4 Energiewirtschaftliches Stellenprofil Das Rollenbild und Selbstverständnis eines modernen Energiemanagers umfasst neben den technischen Grundlagen in ebenso großem oder sogar größerem Ausmaß Führungs- und Managementfähigkeiten. Vielleicht in noch stärkerer Ausprägung als bei Managern mit umfangreichen disziplinarischen Befugnissen bedarf es empathischer und sozialer Fähigkeiten760, die die Beeinflussung anderer Entscheidungsträger im Sinne der eigenen Sache (d. h. in Hinblick auf die Realisierung energiewirtschaftlicher Pläne) auch ohne die hierarchisch begründete Entscheidungs- und Weisungskompetenz ermöglichen. Diese Fähigkeiten ermöglichen einerseits die betriebs- oder sogar konzernweite Koordination der energiewirtschaftlichen Belange. Andererseits sind sie auch das Rüstzeug, um bereichsübergreifende Energieprojekte im Wettbewerb gegen andere Projekte durchzusetzen und dann auch im vorgegebenen Zeit- und Budgetrahmen abzuwickeln. Das bedeutet, dass neben den technischen Anforderungen auch wirtschaftlichrechtliche Anforderungen mit abgedeckt werden müssen761. Dies lässt in weiterer Folge auch den Schluss zu, dass eine energiewirtschaftliche Abteilung keineswegs nur technische Mitarbeiter sondern auch Mitarbeiter mit Wirtschaftsausbildung benötigt, um den ganzheitlichen Aufgaben nachzukommen.762 Über die erforderliche Größe der Abteilung lässt sich aufgrund der vielfachen Einflussfaktoren (Bedeutung der Ressource „Energie“, Komplexität, Unternehmensgröße, …) keine generische Aussage auf Modellebene treffen. Jedenfalls erscheint der eindimensionale Ansatz des „Energy Efficiency Office“763, den Personalbedarf an den energiebedingten Ausgaben auszurichten (Je ein Mitarbeiter pro 1 Mio. EUR für die ersten 3 Mio. EUR, danach jeweils ein weiterer Mitarbeiter pro 2 Mio. EUR bis zu 10 Mio. EUR und darüber hinaus je ein weiterer Mitarbeiter pro 4 Mio. EUR), vor diesem Hintergrund derart vereinfachend, dass er zu verwerfen ist. Dass diese Multidisziplinarität für eine gut funktionierende Energiewirtschaft eines Unternehmens von größter Wichtigkeit ist, zeigen Untersuchungen, die das Scheitern des betrieblichen Energiemanagements in den meisten Fällen auf das Fehlen von Füh-
760
Vgl. Goleman (1998), S. 163 ff.
761
Vgl. Petrecca (1993), S. 401 f.
762
Vgl. Spanyar (1981)
763
Siehe BRECSU (1993), S.19
Koordinationsfunktion 239 _______________________________________________________________________________________________________________________________
rungs- und Managementfähigkeiten und dem damit verbundenen fehlenden innerbetrieblichen Durchsetzungsvermögen zurückführen.764 Hinzu kommen noch die für alle Mitarbeiter, die energiewirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen, wichtigen motivatorischen Anreize, um diese Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Ein gängiges Mittel ist im Rahmen des „Management by Objectives“Ansatzes765 die Aufnahme energierelevanter Aspekte in die stellenbezogenen Erfolgskriterien, deren Erreichung die Auszahlung variabler Gehaltsbestandteile determiniert. Außerdem erfordert die durchgängige Wahrnehmung energiewirtschaftlich sinnvoller Maßnahmen eine Verankerung der energiewirtschaftlichen Ziele in der Unternehmenskultur. 10.3 Koordinationsfunktion Koordination liegt der Schaffung von Organisationsstrukturen als zentrales Element und Gegenpol zur Differenzierung zugrunde. Dabei bedient sich die Organisation auch anderer Managementfunktionen (Planung, Information, …), um den Koordinationsbedarf innerhalb bestimmter Organisationsformen in ausreichendem Maß zu gewährleisten. Gleichzeitig liefert auch die Organisationsstruktur selbst als strukturelle Koordination einen bedeutenden Beitrag zur Koordination. Dabei handelt es sich bei der Primärorganisation vornehmlich um mehrdimensionale Strukturen der Aufbauorganisation, die beispielsweise Kundenorientierung mit Funktionalorientierung kombinieren und um die Existenz von „Dotted Line“-Beziehungen, die funktionalen Managern durch unternehmensweite Richtlinienkompetenz im Rahmen ihrer Funktion eine standardisierende Koordination ermöglichen. Besondere Bedeutung für die Energiewirtschaft hat die Koordination durch Strukturen der Sekundärorganisation766, die die Primärorganisation überlagern. Neben dem ständigen Energieausschuss sind das die temporären Energieprojekte. Der Energieausschuss ist ein bereichsübergreifendes Komitee, das sich in regelmäßigen Abständen trifft, um Energiebelange von bereichsübergreifendem Interesse zu diskutieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Das beinhaltet neben strategischorganisatorischen Themen vor allem auch die Durchführung von Energieprojekten in unterschiedlichen Unternehmensbereichen und neue zu befolgende energiewirtschaftliche Richtlinien. Dieser Ausschuss ist formal von der primären Organisationsstruktur entkoppelt, womit innerhalb des Komitees hierarchische Unterschiede wegfallen und die Diskussion zwischen allen Komiteemitgliedern gewissermaßen auf gleicher Augenhöhe stattfindet. Dies kommt vor allem dem Energiemanager entgegen, der inner764
Sorrell (2004), S. 54 ff., Russell (2005a), Russell (2005b)
765
Siehe Wunderer (1980), S. 305 ff.
766
Vgl. Steidl (1999), S. 215 ff.
240 Energieorganisation _______________________________________________________________________________________________________________________________
halb der Primärorganisation hierarchisch häufig unter den Bereichsleitern angesiedelt ist, aber in seiner Funktion als Energieausschussleiter innerhalb des Komitees als Primus inter Pares die Möglichkeit hat, energiewirtschaftliche Belange auch bereichsübergreifend mit Nachdruck zu vertreten.
Schwerpunktthemen
Holding Funktionen auf Holdingebene
Holding Energieausschuss Energiepolitik f Energieeinkauf auf Holdingebene f Emission Trading auf Holdingebene f Energiecontrolling auf Holdingebene f Festlegung Spitzenkennzahlen f Energielobbying f Investitionsentscheidungen auf Holdingebene f
Betrieb 1
Betrieb 2
Betrieb 3
Betriebsenergieausschüsse f Energiestrategie f Energieorganisation f Energierichtlinien auf Betriebssebene f Energieprojekte f Monitoring, Kennzahlenentwicklung und –abstimmung f Energieinnovation
Leiter des Holding Energieausschusses Leiter der Betriebsenergieausschüsse (Funktion als Linking Pins) Energieausschussmitglieder auf Betriebsebene
Abb. 10-6: Vertikale Überlappung von Energieausschüssen
767
Als ständige Mitglieder sollten dem Komitee neben dem Energiemanager typischerweise Entscheidungsträger der Produktion, der Instandhaltung, des Einkaufs (wenn der Energieeinkauf in der Einkaufsabteilung angesiedelt ist) und des Controllings angehören, wobei zusätzlich noch außerordentliche Mitglieder für ausgewählte Zusammenkünfte anzudenken sind. Dies sind für ausgewählte Themen weitere Experten des Unternehmens und im Falle von Entscheidungen, die von der Unternehmensleitung zu treffen sind, auch Mitglieder der Geschäftsführung. Die koordinierende Funktion des Energieausschusses ist in erster Linie eine bereichsübergreifende, horizontale Koordination der energiewirtschaftlichen Belange eines Betriebsstandorts. Al767
Vgl. Posch (2005)
Koordinationsfunktion 241 _______________________________________________________________________________________________________________________________
lerdings kann in einem Konzerngefüge auch eine über die einzelnen Konzernebenen hinweg überlappende Ausschussstruktur768 geschaffen werden (siehe Abb. 10-6). In diesem Fall wird über die Bindegliedfunktion sogenannter „Linking Pins“ eine vertikale Koordination erzeugt.769 Dies funktioniert derart, dass Mitglieder von Energieausschüssen der Konzerntöchter auch Mitglieder des Energieausschusses auf Konzernführungsebene sind und damit als „Linking Pins“ agieren. Idealerweise wird die Rolle der „Linking Pins“ in diesem Fall von den Energiemanagern wahrgenommen. Die koordinierende Funktion kann auch noch gesteigert werden, indem die Energiemanager nicht nur am Energieausschuss, sondern auch an anderen Ausschüssen eines Betriebs (z.B. einem Produktionsausschuss) teilnehmen und damit gewissermaßen ein Koordinationsnetzwerk in horizontaler und vertikaler Richtung begründen, wie es Likert als Basis der teamorientierten Organisation empfiehlt770. Zeitlich befristete Energieprojekte werden üblicherweise von funktionsübergreifenden Teams771 durchgeführt, die sich je nach Anforderung aus Fachkräften einzelner Abteilungen zusammensetzen. Durch die Bildung und Auflösung dieser Teams und den dabei je nach Projektinhalt stetig wechselnden Zusammensetzungen entsteht eine formale horizontale Koordination zwischen den „Stammabteilungen“ dieser Teammitglieder und zusätzlich wird die informelle Variante der personenbezogenen Koordination stark gefördert. Je nach Anzahl und Gleichzeitigkeit dieser Projekte wird auch ein Programmmanagement zur Steuerung dieser Projekte benötigt. Dafür bietet sich wiederum der Energieausschuss an.
768
Vgl. Theisen (1991), S. 200 f.
769
Vgl. Gomez (1993), S. 95 ff.
770
Siehe Likert (1975), S. 212
771
Vgl. Robbins (2001), S. 313
11 Energiewirtschaftliche Personalagenden Personalmanagement umfasst in seiner Gesamtheit alle mitarbeiterbezogenen Gestaltungsmaßnahmen zur Realisierung der Unternehmensziele.772 Während eine Betrachtung aller dazu erforderlichen Funktionen an dieser Stelle zu weit führen würde und diesbezüglich auf die vorliegende Personalmanagement-Literatur773 verwiesen wird, sollen jene beiden Aspekte, die für die Erreichung energiewirtschaftlicher Ziele von besonderer Bedeutung sind und einer spezifischen energiewirtschaftlich-orientierten Ausprägung bedürfen, herausgegriffen werden.
Energiewirtschaftliche Personalagenden Entscheidungstatbestände
Managementinstrumente
f Erforderliches Fähigkeitsprofil
f Personalentwicklung
f Trainingsbedarf
f Motivation
f Auswahl geeigneter Motivationsmethoden
Koordinationsschwerpunkte Energiepentagon
Unternehmen
f Energiepolitik
f Unternehmenskultur
f Energieplanung
f Personalmanagement
f Energieorganisation
Umfeld f Änderungen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie f Ausbildungseinrichtungen
Abb. 11-1: Aspekte energiewirtschaftlicher Personalagenden
Wenn man berücksichtigt, dass energiewirtschaftliche Aufgaben häufig über eine spezialisierte Abteilung hinaus von Mitarbeitern anderer Abteilungen auf allen Hierarchiestufen wahrgenommen werden, sind dies einerseits die Befähigung zur Wahrnehmung energiewirtschaftlicher Aufgaben durch Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Personalentwicklung und andererseits die Motivation zur zielorientierten Wahr-
772
Siehe Gabler (2000), S. 2388
773
Beispielsweise Bühner (1997), Berthel (2000), Scholz (1989)
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_11, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
244 Energiewirtschaftliche Personalagenden _______________________________________________________________________________________________________________________________
nehmung auch durch Mitarbeiter, die nicht der Energiewirtschaftsabteilung angehören (siehe Abb. 11-1). 11.1 Entscheidungstatbestände Unter Personalentwicklung wird die planmäßige und zielorientierte Erweiterung der fachlichen, methodischen, sozialen und persönlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter verstanden.774 Dabei werden sowohl Organisationsziele zum längerfristigen Abgleich betrieblicher Anforderungen mit dem vorhandenen Fähigkeitsprofil als auch Individualziele zur Ausnutzung der individuellen Mitarbeiterfähigkeiten in Erwägung gezogen. In Zusammenhang mit der Energiewirtschaft sind es die erforderlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter in den unterschiedlichen Positionen, um die energiewirtschaftlichen Ziele erfüllen zu können. Die vorrangigen Fragestellungen in diesem Zusammenhang sind, welche Fähigkeitsprofile in den unterschiedlichen Unternehmenspositionen erforderlich sind, wie groß die Lücke zu existierenden Mitarbeiterfähigkeiten ist und welche Trainingsvariante zum Schließen dieser Lücke zum Einsatz kommen soll. Ausgelöst wird der Entwicklungsbedarf daher durch die Diagnose der Lücke zwischen Soll- und IstFähigkeitsprofil, wobei das Soll-Fähigkeitsprofil grundsätzlich von der Bedeutung der Ressource „Energie“ und der daraus resultierenden strategischen Positionierung der Energiewirtschaft, den spezifisch eingesetzten Energieträgern in Zusammenhang mit den Produktionsverfahren und der Energieorganisation bestimmt wird. Allerdings können sich die Anforderungen sowohl aufgrund unternehmensinterner Einflussgrößen (beispielsweise Strategieänderungen, Schaffung neuer Positionen) als auch aufgrund externer Einflussgrößen (beispielsweise Verfügbarkeit neuer Technologien und Methoden, neue rechtliche Rahmenbedingungen) ändern und damit neuen Entwicklungsbedarf generieren. In Hinblick auf die Energiewirtschaft sind dies unternehmensintern beispielsweise geänderte organisatorische Rahmenbedingungen, der Einsatz neuer Produktionsverfahren mit geänderten energetischen Anforderungen oder die Errichtung neuer Betriebsstandorte. Extern kommen vor allem die geänderte Verfügbarkeit bestimmter Energieträger, neue Energietechnologien und geänderte bzw. neue regulatorische Rahmenbedingungen in Frage. Während der energiebezogene Schulungsbedarf für Mitarbeiter, die nicht direkt in der Energieabteilung des Unternehmens arbeiten, abgesehen von der Vermittlung einer bestimmten Grundeinstellung bezüglich des effizienten Umgangs mit der Ressource „Energie“ vorrangig fachlicher Natur zur Abdeckung energiewirtschaftlicher Einzelaufgaben ist, reicht die Palette bei Mitarbeitern der Energieabteilung von fachlichen über methodische bis hin zu sozialen Themen, da auch die Leitung von Energieprojek774
Vgl. Bühner (1997), S. 117
Managementinstrumente 245 _______________________________________________________________________________________________________________________________
ten und Energieausschüssen wichtige Bestandteile des Tätigkeitsprofils darstellen. Detailanforderungen nehmen mit zunehmender Hierarchieebene innerhalb eines Unternehmens zugunsten des Verständnisses ganzheitlicher Zusammenhänge ab. Motive entstehen aus unbefriedigten Bedürfnissen und bestimmen die Handlungen von Mitarbeitern zur Erreichung individueller Ziele, die zur Bedürfnisbefriedigung führen.775 Die Beeinflussung dieses Motivationsprozesses dahingehend, dass sich die Erreichung individueller Ziele weitgehend mit der Erreichung der Unternehmensziele und der darunterliegenden energiewirtschaftlichen Ziele deckt, liegt der Auswahl geeigneter Motivationsinstrumente zugrunde. Dazu ist den Überlegungen im ersten Schritt ein Menschenbild zur Charakterisierung der Mitarbeiter als Arbeitshypothese zugrunde zu legen. Nach Mc Gregor776 wird hier beispielsweise zwischen der Theorie X (Charakterisierung durch Arbeitsablehnung, Passivität, Verantwortungsvermeidung und Individualzielen, die mit den Unternehmenszielen konfligieren) und der Theorie Y (Charakterisierung durch Empfindung von Arbeit als positivem Lebensbestandteil, Eigeninitiative, Verantwortungsfreudigkeit und die Vereinbarkeit von Individual- mit Unternehmenszielen) unterschieden. Auch andere Konzepte777 bewegen sich zwischen diesen beiden Polen und je nachdem für welche Sichtweise sich ein Manager entscheidet, wird die Wahl seiner Motivationsmethoden ausfallen. Während Anhänger der Theorie X vor allem zu extrinsischen Anreizen mit Hinwendung zum „KITA“-Ansatz778 greifen werden, führt die Zugrundelegung der Theorie Y eher zur Verwendung intrinsischer Anreize779. 11.2 Managementinstrumente Die aus den Besonderheiten der Ressource „Energie“ und ihrem Einsatz in Unternehmen sowie dem ausgeprägten Querschnittscharakter der Energiewirtschaft resultierenden Sonderanforderungen an das Personalmanagement schlagen sich vor allem in der Personalentwicklung und in der geeigneten Anreizgestaltung zur Motivierung der Mitarbeiter nieder.
775
Vgl. Bühner (1997), S. 329
776
Siehe Mc Gregor (1970)
777
Beispielsweise das Konzept von Schein (1980)
778
Siehe Herzberg (2003); „KITA“, die Abkürzung für „Kick in the Ass“, steht als Metapher sowohl für negative als auch positive extrinsische Anreize.
779
Vgl. dazu March (1993), S. 71 ff.
246 Energiewirtschaftliche Personalagenden _______________________________________________________________________________________________________________________________
11.2.1 Energiewirtschaftliche Personalentwicklung Der erste Schritt der energierelevanten Personalentwicklung ist die Ermittlung des Entwicklungsbedarfs in Hinblick auf energiewirtschaftliche Fähigkeiten.780 Dazu erfolgt vorab die Erstellung gewünschter, stellenbezogener energiewirtschaftlicher Fähigkeitsprofile. Prinzipielle Unterschiede im erforderlichen Fähigkeitsprofil treten dabei sowohl zwischen den Hierarchieebenen des Unternehmens als auch zwischen Mitarbeitern einer dedizierten Energieabteilung und Mitarbeitern auf gleicher Hierarchieebene auf, die energiewirtschaftliche Aufgaben im Rahmen einer anderen Hauptfunktion wahrnehmen. Je höher die Hierarchieebene, desto geringer ist der Bedarf an operativen Detailkenntnissen, während das strategische, ganzheitliche Verständnis der energiewirtschaftlichen Anforderungen des Unternehmens wichtiger wird.781 Mit zunehmender Entscheidungsgewalt gewinnen daher neben technischen Aspekten auch ökonomischrechtliche Themen der Energiewirtschaft an Bedeutung, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Für Mitarbeiter der Energieabteilung spielen neben technischen auch methodische und soziale Fähigkeiten zur Lösung energiewirtschaftlicher Aufgabenstellungen eine große Rolle. Dies resultiert aus dem Erfordernis, Energieprojekte bzw. ganze Energieprogramme zu leiten und energiewirtschaftliche Themen im Unternehmen zu propagieren und im Wettstreit mit anderen Funktionen entsprechende Finanz- und Humanressourcen dafür zu lukrieren. Neben eher abteilungsübergreifenden technischen Fähigkeiten spielen vor allem auch rechtlich-ökonomische Fähigkeiten zur Bewältigung der eigentlichen Energiemanagement Aufgaben eine große Rolle. Für Mitarbeiter anderer Funktionen stehen normalerweise energietechnische Detailthemen in Zusammenhang mit der jeweiligen Hauptfunktion im Vordergrund des energiewirtschaftlichen Fähigkeitsprofils (z.B. Instandhaltungsthemen782, Energieaspekte von Produktionsanlagen). Lediglich im Einkauf sind es eher rechtlich-wirtschaftliche Detailaspekte der Energiewirtschaft, wenn die Endenergieträgerbeschaffung vom Einkauf wahrgenommen wird. Zur Ermittlung der Entwicklungserfordernisse einzelner Mitarbeiter in den unterschiedlichen Organisationsstellen des Unternehmens erfolgt ein Profilvergleich783 zwischen den von diesen Mitarbeitern abgedeckten energiewirtschaftlichen Fähigkeiten und den für die jeweilige Stelle gewünschten energiewirtschaftlichen Fähigkeiten. Das 780
Vgl. Bühner (1997), S. 120 ff.
781
Vgl. Wohinz (1989), S. 246 ff.
782
Siehe Bannister (1999)
783
Vgl. Bühner (1997), S. 131 f.
Managementinstrumente 247 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Schließen bestehender Lücken erfolgt mit Planung und Durchführung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Personalentwicklung wobei in diesem Zusammenhang auch das Entwicklungspotenzial der betroffenen Mitarbeiter berücksichtigt werden muss. Zur unternehmensweiten Verankerung und Institutionalisierung des Energiethemas trägt vor allem auch der Einbau energiewirtschaftlicher Aspekte in die über die Energieabteilung hinausgehende unternehmensweite Organisations- und Personalentwicklung bei. Dies betrifft die gezielte Berücksichtigung energiewirtschaftlicher Anforderungen in den Stellenbeschreibungen, die Aufnahme energierelevanter Aus- und Weiterbildungsangebote in den Trainingskatalog des Unternehmens und die Berücksichtigung der Erfüllung energiewirtschaftlicher Stellenanforderungen bei Personalbeurteilungsgesprächen. 11.2.2 Energiewirtschaftliche Motivation Motivation liefert den Antrieb dafür, dass entsprechende Anstrengungen unternommen werden, um eine bestimmte Leistung zur Erreichung von Zielen zu erbringen.784 Wesentliche Ansatzpunkte zur Einflussnahme auf die Motivation von Mitarbeitern liefern die Prozesstheorien der Motivation. Im Gegensatz zu den Inhaltstheorien785, die die Identifizierung und Erklärung verhaltensbestimmender Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, befassen sich die Prozesstheorien mit dem Ablauf und den wesentlichen Elementen, die Motivation und daraus resultierender Handlung zugrunde liegen.786 Dieses Verständnis erlaubt Annahmen über die geeignete Gestaltung von Anreizen zur Steigerung der Motivation, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Weite Verbreitung haben die Erwartungs-Valenz-Modelle gefunden, die darauf aufbauen, dass der erwartete Nutzen einer Entscheidung aus der Summe der Produkte aus Nutzen und Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen resultiert.787 Aus mehreren Alternativen wird dann jene Entscheidung mit dem größten erwarteten Nutzen ausgewählt. Ausgehend von diesem grundlegenden Prinzip hat sich neben anderen Ansätzen788 eine Reihe von Ausprägungen der sog. VIE-Theorie789 (V=Valenz, I=Instrumentalität, E=Erwartung) entwickelt790, die davon ausgehen, dass die Stärke einer 784
Vgl. Küpper (2001), S. 249
785
Siehe beispielsweise die Bedürfnispyramide von Maslow (1970), die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg (1959), die E.R.G.-Theorie von Alderfer (1969)
786
Vgl. Bühner (1997), S. 329
787
Vgl. Mayrhofer (1996), S. 245 ff.
788
Siehe dazu die Übersicht in Wunderer (1980), S. 206 ff.
789
Vgl. Mayrhofer (1996), S. 246
790
Siehe dazu die Übersichten in Wunderer (1980), S. 196 ff. und in Bühner (1997), S. 329 ff.
248 Energiewirtschaftliche Personalagenden _______________________________________________________________________________________________________________________________
Handlungstendenz von Erwartungsstärke und Attraktivität einer gewählten Lösungsvariante und den damit verbundenen Konsequenzen für den Handelnden abhängt. Als Basismodell dieser VIE-Theorieausprägungen gilt das Modell von Vroom791 (siehe Abb. 11-2), das im folgenden kurz erläutert wird und dazu dienen soll, Rückschlüsse zu ziehen, in welcher Form die Motivation der Mitarbeiter, energiewirtschaftliche Ziele zu erreichen, positiv beeinflusst werden kann.
Tendenz TiH zur Auswahl einer Handlungsalternative Hi Ergebnsivalenz VjErg Handlungsalternative 1 i (= 1…n)
Erwartung
Eij
Ergebnis j (= 1…n)
Instrumentalität
Ijk
Valenz
Ereignis k (= 1…n)
V kE
Ergebnsivalenz VjErg
Problem
Handlungsalternative 2
Erwartung
E2j
Ergebnis j
Instrumentalität
Ijk
Valenz
Ereignis k
V kE
Individuelle Ziele
Ergebnsivalenz VjErg
Handlungsalternative n
Ti H
n
¦E
ij
Erwartung
Enj
Ergebnis j
Instrumentalität
x V jErg
Ijk
V jErg
j 1
Valenz
Ereignis k
V kE
n
¦I
jk
x VkE
k 1
792
Abb. 11-2: Motivationsprozessmodell nach Vroom
Das Modell von Vroom baut auf folgendem Begriffssystem mit vier zentralen Elementen auf, die multiplikativ miteinander verknüpft sind:793 f Erwartung: Dabei handelt es sich um eine subjektive Einschätzung, mit welcher Wahrscheinlichkeit die zur Auswahl stehenden Handlungsalternativen zu einem bestimmten Ergebnis führen. Der Erwartungswert liegt zwischen Null (Handlungsalternative führt aus subjektiver Einschätzung heraus keines-
791
Siehe Vroom (1964)
792
Angelehnt an Bühner (1997), S. 332
793
Vgl. Wunderer (1980), S. 196 f., Bühner (1997), S. 331, Mayrhofer (1996), S. 246 f.
Managementinstrumente 249 _______________________________________________________________________________________________________________________________
falls zum gewünschten Ergebnis) und Eins (Ergebniserreichung mit der Handlungsalternative erscheint als gesichert). f Ergebnisvalenz: Das Ergebnis besitzt in Hinblick auf die Erreichung der individuellen Ziele eine subjektiv wahrgenommene Wertigkeit. Diese kann sowohl positive als auch negative Werte haben und resultiert aus der Summe der multiplikativen Verknüpfung von Instrumentalitäten und Valenzen in Hinblick auf zumeist mehrere durch das jeweilige Ergebnis beeinflusste individuelle Ziele. f Instrumentalität: Die Instrumentalität stellt den subjektiv geschätzten Zusammenhang zwischen dem Handlungsergebnis und einem Ereignis dar, wobei plus Eins einen garantierten Eintritt des Ereignisses bei erreichtem Handlungsergebnis, minus Eins eine garantierte Verhinderung des Ereignisses durch Ergebniserzielung und Null eine angenommene Indifferenz von Ergebnis und Ereignis bedeuten. f Valenz: Das Ereignis stellt für den Entscheidungsträger wiederum einen subjektiven Wert bezüglich seiner individuellen Ziele dar. Bei einem positiven Wert wird angenommen, dass das Ereignis der Erreichung der individuellen Ziele förderlich und daher anzustreben ist. Bei einem negativen Wert wird das Ereignis dementsprechend vermieden und bei Null besteht Indifferenz bezüglich des Ereignisses. Die formale Darstellung des Modells von Vroom in Abb. 11-2 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei keineswegs um eine quantitative Theorie handelt sondern um komparative Hypothesen über Handlungstendenzen. Die multiplikative Verknüpfung unterstreicht die Bedeutung jedes einzelnen Elements für die Motivation – denn wird eines der Elemente Null oder gar negativ, bedeutet dies, dass das Individuum sich nicht anstrengen bzw. sogar eine Vermeidungshaltung an den Tag legen wird.794 In Hinblick auf die Mitarbeiterführung in Unternehmen und damit auch für die Förderung der energiewirtschaftlichen Zielerreichung können aus dem oben dargestellten Modell drei wesentliche Punkte abgeleitet werden.795 Erstens muss es ein Grundverständnis darüber geben, welche Erfolgswahrscheinlichkeiten die Mitarbeiter einzelnen Handlungsalternativen unterstellen und was sie generell von der Arbeit erwarten, um die Valenzen abschätzen zu können. Dies gibt Auskunft über die geeignete Gestaltung von Anreizen (Siehe dazu auch Abschnitt 11.1). Zweitens muß sichergestellt sein, dass die Zielanforderungen des Unternehmens von allen Mitarbeitern in derselben Art und 794
Vgl. Küpper (2001), S. 250
795
Vgl. Mayrhofer (1996), S. 248
250 Energiewirtschaftliche Personalagenden _______________________________________________________________________________________________________________________________
Weise verstanden werden, damit die Anstrengungen in die richtige Richtung gehen. Und drittens ist ein enger Konnex zwischen den unterschiedlichen Entgeltvarianten und den individuellen Leistungen herzustellen. Für energiewirtschaftliche Belange bedeutet dies konkret, dass die energiewirtschaftlichen Ziele sowohl ihrem Inhalt als auch ihrer Bedeutung für Unternehmen und Umwelt nach unmissverständlich und unternehmensweit kommuniziert werden müssen. Neben der wiederholten Erläuterung im Rahmen der unternehmensinternen Kommunikation (Mitarbeiterzeitung, Unternehmensportale, …) bedeutet dies auch einen Einbau energiewirtschaftlicher Belange in übergreifende Koordinationsinstrumente (beispielsweise in Kennzahlensysteme). Dies stellt einen intrinsischen Anreiz im Sinne der Theorie Y dar, da Arbeitsinhalte, die bei Erreichung sozioökologischer Energieziele zur positiven Beeinflussung der Umwelt beitragen, normalerweise als vorteilhaft und erstrebenswert beurteilt werden. Zusätzlich sollte die Erreichung energiewirtschaftlicher Ziele durch extrinsische Anreize im Rahmen eines MbO-Modells796 angestrebt werden.797 Dies hat den Vorteil, dass eine unternehmensweite Zielorientierung der individuellen Anstrengungen gegeben ist, da die Objectives normalerweise in eine Zielhierarchie eingeordnet sind. Außerdem wird den Mitarbeitern eine eigenverantwortliche Auswahlmöglichkeit zwischen Handlungsalternativen überlassen, indem zwar die Ziele aber nicht der Weg zur Erreichung der Ziele vorgegeben ist. Wenn die Erstellung der Ziele darüber hinaus auch kooperativ erfolgt, ist nicht nur die Beeinflussbarkeit der Zielerreichung durch die Auswahl einer geeigneten Handlungsalternative in der Wahrnehmung der Mitarbeiter verankert sondern auch eine Identifikation mit den Zielwerten gegeben. Die Aufgabe der Personalwirtschaft besteht in diesem Zusammenhang aufgrund des Querschnittscharakters der Energiewirtschaft vor allem auch darin, dass energiewirtschaftliche Objectives in Zusammenarbeit mit dem Energiemanager nicht nur in die Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern der energiewirtschaftlichen Abteilung sondern auch in die Zielvereinbarungen aller anderen Mitarbeiter, die energiewirtschaftliche Tätigkeiten wahrnehmen, Eingang finden. 11.3 Koordinationsfunktion Ein wesentlicher Beitrag zur unternehmensweiten Koordination energiewirtschaftlicher Belange kann durch aufeinander abgestimmte und in die Personalentwicklung integrierte, energiebezogene Aus- und Weiterbildungsangebote erfolgen. Ziel ist hierbei sowohl die Schaffung eines gemeinsamen Grundverständnisses zum Umgang mit der Ressource „Energie“ durch ein eventuell für alle Mitarbeiter verpflichtendes Basis796
Vgl. Wunderer (1980), S. 306 ff.
797
Vgl. Stern (1984), S. 115 ff.
Koordinationsfunktion 251 _______________________________________________________________________________________________________________________________
trainingsmodul mit allgemeinen Inhalten als auch eine Standardisierung von angewendeten Verfahren und Bewertungen im Rahmen der Energiewirtschaft, die sowohl technischer als auch ökonomischer Natur sein können. Diese Standardisierung erfolgt in maßgeschneiderten Trainingseinheiten, die stellenspezifisch zu durchlaufen sind. Für Mitarbeiter des energiewirtschaftlichen Bereichs bedeutet dies umgekehrt auch die Teilnahme an Basistrainingsmodulen für Schnittstellenbereiche (Controlling, Produktion, …), um ihrerseits in diese Bereiche und die dort verwendeten Methoden, Verfahren und Berichtsstandards integriert zu sein und eine Isolierung der Energiewirtschaft zu vermeiden. Bei der Auswahl zwischen rein firmeninternen Weiterbildungsveranstaltungen und extern angebotenen Kursen ist zwischen dem stärker standardisierenden Charakter interner Veranstaltungen und dem möglichen firmenübergreifenden Erfahrungsaustausch zwischen Experten bei externen Veranstaltungen abzuwägen. Tendenziell wird man sich mit zunehmender Spezialisierung der Ausbildungsinhalte vermehrt externer Veranstaltungen bedienen, da dann das fachliche Thema überwiegt. Im Rahmen der Motivation findet sich ebenfalls eine technokratische Koordination, die bei Anwendung des Führungsmodells „Management by Objectives“ zum Tragen kommt. Bei Aufnahme energierelevanter Objectives in die Zielvereinbarungen erfolgt eine Verstärkung und eine – in Richtung energiewirtschaftlicher Ziele – Erweiterung der vertikalen Harmonisierung durch die Zielpyramide. Darüber hinausgehend führt die unternehmensweite Verankerung und Berücksichtigung motivationstheoretischer Grundannahmen zu einer geistigen Harmonisierung, wie sie in anderer Form auch durch die Energiepolitik erzielt wird. Im Fall der Motivation beruht diese über energiewirtschaftliche Belange hinausgehende Harmonisierung auf der von allen Organisationsmitgliedern geteilten Zugrundelegung eines Menschenbildes. Dieses gemeinsame Verständnis schafft bei Fragen der Mitarbeiterführung eine unbewusste, gemeinsame Entscheidungsgrundlage.
12 Energieinformationsmanagement Generell liegen allen Entscheidungen, die zur Zielerreichung in einem Unternehmen getroffen werden, Informationen zugrunde.798 In diesem Sinne sind Informationen zielgerichtete Nachrichten bzw. Auskünfte und damit zweckorientiertes Wissen, das aus der zielorientierten Verarbeitung von – als unbearbeiteten Tatsachenabbildungen noch nicht zweckgerichteten – Daten resultiert.799 Soweit es sich bei den zu treffenden Entscheidungen um Entscheidungen zur Erreichung energiewirtschaftlicher Ziele handelt, ist bei den zugrundeliegenden Informationen von Energieinformationen zu sprechen. Diese können – in Anlehnung an die Betrachtung des EnergiemanagementModells als Teilmanagementmodell – als Teilmenge der Gesamtheit der für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen erforderlichen Informationen angesehen werden.800 Vorrangig wird das Energieinformationsmanagement von den Informationsbedürfnissen der energiewirtschaftlichen Entscheidungsträger determiniert. Dadurch wird festgelegt, für wen welche Information wann und in welcher Form verfügbar sein muss.801 In zunehmendem Maß gewinnt allerdings auch das Informationsbedürfnis relevanter Stakeholder aus dem Unternehmensumfeld an Bedeutung.802 Dabei handelt es sich einerseits um die Übermittlung von in Hinblick auf Zeitpunkt und Inhalt genau vorgeschriebener und öffentlich zumeist nicht in vollem Umfang zugänglicher Information an Behörden und andererseits um die Information der interessierten Öffentlichkeit. Diese Öffentlichkeitsinformation (beispielsweise im Rahmen einer Nachhaltigkeitsberichterstattung803) kann zwar als selbstauferlegte Verpflichtung der Unternehmen betrachtet werden, spielt aber aufgrund einer wachsenden Sensibilisierung bezüglich umwelt- und damit auch energierelevanter Themen eine wesentliche Rolle. In extremer Ausprägung können derartige Fragestellungen in der sog. „License to Operate“804 münden und damit in höchstem Grade betriebsrelevant sein.
798
Vgl. Gäfgen (1963), S. 96 f. und S.126 ff.
799
Vgl. Bleicher (2004), S. 363
800
Vgl. Heinen (1971a), S. 24
801
Vgl. Küpper (2001), S. 157
802
Vgl. Matzler (2003), S. 6 f.
803
Vgl. Pretscher (2005)
804
Vgl. van Heel (2001), S. 32 f.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_12, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
254 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energieinformationsmanagement Entscheidungstatbestände
Managementinstrumente
f Informationsbedarf
f Energiebuchhaltung
f Berichtsprofil
f Energiekostenrechnung
f Konfiguration des Informationssystems
f Energieberichte
Koordinationsschwerpunkte Energiepentagon
Unternehmen
Umfeld
f Energieplanung
f Informationsmanagement
f Politik und Gesellschaft
f Energieorganisation
f Rechnungswesen
f Energiekontrolle
f Berichtswesen
f Stakeholder des Aufgaben- und Wettbewerbsumfelds
f Ökocontrolling
Abb. 12-1: Aspekte des Energieinformationsmanagements
Zum Management der Energieinformationen kommen als Instrumente vor allem die Energiebuchhaltung, die Energiekostenrechnung und das Energieberichtswesen zum Einsatz (siehe Abb. 12-1). Die Energiebuchhaltung umfasst die auf die Energiedatenerfassung aufsetzende Bereitstellung und Auswertung der zur Berichterstattung erforderlichen Energieinformation. Art, Inhalt und Umfang dieser Buchhaltung werden durch die unternehmensindividuellen Informationsbedürfnisse bestimmt. Die Energiekostenrechnung stellt die Schnittstelle zu einem der zentralen Informationsinstrumente des Unternehmens – dem Rechnungswesen – dar und berücksichtigt bei der Auswahl der geeigneten Kostenarten, -stellen und -träger die Besonderheiten der Ressource „Energie“. Die Verteilung und damit Verfügbarmachung der Energieinformation für die Entscheidungsträger erfolgt im Rahmen des Energieberichtswesens. 12.1 Entscheidungstatbestände Gemeinsam mit Ziel- und Sozialsystemen stellen Informationssysteme die Determinanten von Entscheidungen in Unternehmen dar.805 Gleichzeitig sind sie aber – ebenfalls wie Ziel- und Sozialsysteme – selbst auch Gegenstand von Entscheidungen. Diese Entscheidungen betreffen den zu erreichenden Informationsstand, der für die ange805
Vgl. Heinen (1971a), S. 23 ff.
Entscheidungstatbestände 255 _______________________________________________________________________________________________________________________________
strebte Entscheidungsgüte erforderlich ist. Damit wird Art und Umfang der Informationsgewinnung und -verarbeitung ebenso bestimmt wie auch der dazu erforderliche Einsatz von Informationstechnologie806. Eine generelle Aussage über erforderliche Inhalte oder notwendige Informationsgüte in Hinblick auf einzelne energiewirtschaftliche Entscheidungen lässt sich auf der Modellebene nicht tätigen, da die unterschiedlichen Unternehmensanforderungen von einer Vielzahl individueller, nicht zu schematisierender Bedingungen abhängen. Tendenziell orientiert sich der Informationsaufwand aber an der Auswahl der generischen Strategie. Während im Fall der systemerhaltenden Variante eine Aufwandsminimierung mit dem Ziel der Bereitstellung von Basisinformationen angestrebt wird, resultiert die Verfolgung der offensiven oder defensiven Strategien in höherem Informationsaufwand, wobei die Schwerpunktsetzung bezüglich des Informationsinhalts und der erforderlichen Detailinformationen von der Auswahl der strategischen Grundverhaltensweisen abhängt. Für die Energiebuchhaltung als strukturelle Grundlage der Energieinformationsgewinnung und -aufbereitung ist vorab die Entscheidung zu treffen, welche Energieinformationen in welchem Detaillierungsgrad und in welcher Häufigkeit erfasst werden. Neben quantitativen Daten können dies in Hinblick auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch qualitative Informationen sein. Außerdem hängt die Strukturierung und Aufbereitung der Informationen stark von den Anforderungen späterer Berichtsempfänger ab. Ähnlich ist die Situation bei der Energiekostenrechnung gelagert. Eine besondere Einflussgröße stellt hier das Rechnungswesen des Unternehmens dar, mit dem jedenfalls Kompatibilität herzustellen ist. Das Profil der Energieberichte wird von inhaltlichen, formalen, zeitlichen und personellen Deskriptoren bestimmt, die eng mit dem Berichtszweck verknüpft sind (siehe Abb. 12-2). Inhaltliche Merkmale beziehen sich auf die in den Berichten enthaltene Art von Informationen, formale Merkmale vor allem auf die Darstellungsform und die Art der Übermittlung, zeitliche Merkmale auf Berichtszeitraum sowie –termin und personelle Merkmale beschreiben schließlich Sender und Empfänger des betreffenden Berichts. Aus diesen Alternativen ist entlang der vier Merkmalsperspektiven das Profil des jeweiligen Energieberichts festzulegen, wobei vor allem auch zwischen Standard-, Abweichungs- und Bedarfsberichten zu unterscheiden ist807. Vor allem bei Standardberichten ist in hohem Maß auf den Erstellungsaufwand zu achten, da die routinemäßige Durchführung zu ansonsten merkbaren Kosten führen kann.
806
Siehe Capehart (2004)
807
Vgl. Küpper (2001), S. 153 f.
256 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Informationsgegenstand f Aussagen f Genauigkeit f Anzahl f Verdichtung
f Übersichtlichkeit f Art der Erstellung f Übermittlungsmedium
inhaltlich
formal
Berichtszweck
zeitlich
personell
f Berichtszeitraum f Berichtstermin
f Sender f Empfänger
808
Abb. 12-2: Charakteristika von Energieberichten
In letzter Konsequenz bestimmt die Entscheidung über den Informationsbedarf – vor allem, was zeitnahe Information, Manipulierbarkeit der Auswertungen und Detaillierungsgrad betrifft – auch den erforderlichen Einsatz der Informationstechnologie. Dies beginnt bei der Festlegung von Anzahl und Art der Messgeräte, womit die Qualität der Basisdatenerfassung determiniert wird. Weiters betrifft dies auch den Umfang der Auswertungsmöglichkeiten und die Art und Struktur, wie die Daten abgespeichert werden. Schließlich ist die Frage zu beantworten, ob ein Web-basiertes Informationssystem809 zum Einsatz kommen soll, das vor allem bei der Koordination mehrerer Betriebsstandorte Vorteile aufzuweisen hat aber gleichzeitig auch erhöhte Anforderungen an die Gewährleistung der erforderlichen Datensicherheit stellt. Außerdem ist bei der energiewirtschaftlichen IT-Architektur sehr genau darauf zu achten, dass die Kompa808
Vgl. Küpper (2001), S. 158
809
Vgl. Mimno (2004)
Managementinstrumente 257 _______________________________________________________________________________________________________________________________
tibilität mit der unternehmensweiten IT-Landschaft sichergestellt ist, um die Nachteile von Insellösungen zu vermeiden. 12.2 Managementinstrumente Gewinnung, Aufbereitung und Bereitstellung der als Entscheidungsgrundlage erforderlichen Energieinformation erfolgt im Wesentlichen mit drei Informationsinstrumenten. Während Gewinnung und Aufbereitung vornehmlich von Energiebuchhaltung und Energiekostenrechnung abgedeckt werden, erfolgt die Bereitstellung durch Energieberichte. 12.2.1 Energiebuchhaltung Mit der Energiebuchhaltung810 liegt ein Instrument zur strukturierten Informationsgewinnung und -auswertung vor, das die Ausgangsbasis für das energiewirtschaftliche Berichtswesen darstellt. Die wesentlichen Bezugsdaten der Energiebuchhaltung stammen vom energetischen Messwesen entlang der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette und aus der Produktion. Zusätzlich werden auch Daten, die energiewirtschaftlich relevante Einflussgrößen darstellen (z.B. Temperaturdaten) zu Informationen verarbeitet. Art und Umfang der Auswertungen und auch die Strukturierung der Information hängen abgesehen von der Bedeutung der Energiewirtschaft und dem damit verbundenen geringeren oder höheren Energieinformationsbedarf in starkem Maße von unternehmensindividuellen Anforderungen ab, da idealerweise eine Harmonisierung mit dem Informationssystem des Gesamtunternehmens anzustreben ist. Wesentliche Kontextfaktoren sind branchenspezifische Anforderungen, organisatorische Randbedingungen, das Rechnungswesen und damit verbunden der Aufbau der Kostenrechnung (hierbei vor allem auch die Kostenstellenstruktur) sowie die vorgegebene ITArchitektur und die Berichtssoftware des Unternehmens mit den daraus resultierenden Möglichkeiten und Limitierungen. Generelle Basisinformationen der Energiebuchhaltung beinhalten Strukturdaten zur Beschreibung energiewirtschaftlich relevanter Infrastruktur, Einflussgrößen, die das energiewirtschaftliche Profil determinieren, Energiebezugsdaten, produktionsbezogene Energiebedarfsdaten und Betriebsdaten sowie standardisierte Auswertungen (siehe Abb. 12-3). Selbstverständlich sind darüber hinausgehende Anforderungen in Abhängigkeit von den oben erwähnten Kontextfaktoren bei der Einrichtung der Energiebuchhaltung zu berücksichtigen. Idealerweise ermöglichen es der Inhalt und der Aufbau der Energiebuchhaltung, dass die Erstellung der Energieberichte ohne weitere Manipulation der Informationen erfolgen kann und sich – im Besonderen in Hinblick 810
Vgl. dazu Wohinz (1989), S. 137 f., Moor (1985), S. 146 ff., Turner (1984), Thumann (2002), S. 7 ff.
258 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
auf Standardberichte – auf ein Abrufen und Zusammenstellen bereits vorhandener Informationen beschränken kann. Dies gilt vor allem auch für die Informationsbereitstellung für die durchzuführenden Energiekontrollen.
Energiebuchhaltung Grunddaten
Kontextfaktoren
Energiebezugsdaten
f Baukörper
f Außentemperaturkurve
f Bezugsverträge
f Haustechnik
f Produktionskenngrößen
f Rechnungsbelege
f Umwandlungsanlagen
f Mitarbeiter
f Energiepreise
f Verteilungsnetze
f Betriebszeiten
f Lagerbestände an
f Produktionsanlagen
f Einschaltdauern
f Organisationsplan
f Energierelevante
Gesetzestexte
f…
f…
Energieträgern f Bezugsmengen f Lieferantendaten f Zugeteilte Treibhaus-
gasemissionszertifikate f…
Betriebsdaten
Standardauswertungen
Sonderauswertungen
f Laufende Messdaten
f Diagramme
f Exergiebilanzen
f Produktionsdaten
f Energiebilanzen
f Auswertungen für
f Kesselprotokolle
f Energiekennzahlen
f Prüfprotokolle
f Energieverbrauchs-
f Laufzeiten der
Energieanlagen f Schadensberichte f Emissionsdaten
funktionen
ökologische Bewertungsverfahren f…
f Interne
Energieverrechnung f…
f…
811
Abb. 12-3: Basisinhalte einer Energiebuchhaltung
Typische inhaltliche Erweiterungen der Energiebuchhaltung sind Exergieinformationen, Auswertungen in Zusammenhang mit im Unternehmen eingesetzten ökologischen Bewertungsverfahren und energiebedingte Emissionsinformationen. Der Aufbau 811
Angelehnt an Moor (1985), S. 147
Managementinstrumente 259 _______________________________________________________________________________________________________________________________
einer Energiekostenrechnung auf Exergiebasis ist aufgrund des damit verbundenen Aufwands (und nicht zuletzt auch aus voraussichtlich mangelnder Akzeptanz aufgrund des fehlenden erforderlichen thermodynamischen Wissens bei einem Großteil der wirtschaftlichen Entscheidungsträger) derzeit noch auf die Wissenschaftsliteratur beschränkt.812 Aber punktuelle exergetische Analysen (z.B. die Pinch-Analyse) zur Optimierung thermischer Prozesse werden bereits vermehrt durchgeführt, womit Exergiebilanzen für die energiewirtschaftlichen Experten des Unternehmens von Interesse sind. Ökologische Bewertungsverfahren813 haben im Rahmen der zunehmenden Nachhaltigkeitsberichterstattung stark an Bedeutung gewonnen, wobei gerade bei diesen Verfahren eine Vielzahl an Varianten existiert. Je nach Variante sind die erforderlichen Energieinformationen unterschiedlich aufzubereiten und für die Bewertung zur Verfügung zu stellen, was durchaus auch qualitative Aussagen für beschreibende Verfahren beinhalten kann. In diesem Zusammenhang sind häufig auch Emissionsinformationen (energiebedingter Ausstoß an Treibhausgasen, Partikel, weitere Schadstoffe, …) erforderlich. 12.2.2 Energiekostenrechnung Die Kosten- und Leistungsrechnung im Allgemeinen – und damit auch die Energiekosten- und Energieleistungsrechnung – erfolgt zu vier wesentlichen Zwecken814. Diese sind die Preiskalkulation, mit der Frage der durch den Preis für eine entsprechende Leistung erzielbaren Abdeckung der damit verbundenen Kosten, die Wirtschaftlichkeitskontrollmöglichkeit, die Gewinnung von Unterlagen für Entscheidungsrechnungen und die Erfolgsermittlung mit der Gegenüberstellung von Leistungen und den damit verbundenen Kosten. Das für die Erfassung der Kosten als Produkt aus Kostengütermenge und Kostengüterpreis erforderliche Mengengerüst wird im Normalfall durch die Energiebuchhaltung zur Verfügung gestellt. Auch im Fall der Energie sind hierbei die Abgrenzungen von Kosten zu Aufwand und von Aufwand zu Ausgaben zu beachten.815 Zusätzlich zu den Energiekosten als betriebszweckbezogener, bewerteter Verbrauch von Energie in nutzbarer Form innerhalb einer Periode816, existieren auch neutrale Energieaufwendungen. Dies können beispielsweise betriebsfremde Energieaufwendungen für Sporteinrichtungen sein, die den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden oder aber auch außerordentliche Aufwendungen aufgrund von Energieversorgungsstörungen. Über Energieaufwendungen durch zeitliche Abgrenzung hinausgehende Energieausgaben treten vor allem bei umfangreicher Einlagerung von 812
Vgl. Jacques (1988), S. 124 ff. und Sciubba (2003)
813
Vgl. Sulaiman (2005), S. 24 ff. und die dort angegebenen Autoren
814
Vgl. Plinke (2002), S. 20 f.
815
Vgl. Schweitzer (1998), S. 26 ff.
816
Vgl. Mueller (1970), S. 51
260 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energieträgern (z.B. Holz, Kohle) ohne periodengleiche Verwertung auf, was zu einer Zunahme der Bestände von Einsatzfaktoren in der betrachteten Periode führt. In Zusammenhang mit der Ressource „Energie“ als Kostenfaktor sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Diese energiespezifischen Besonderheiten betreffen vor allem die Kostenabgrenzung und die aus der unterschiedlichen Reagibilität einzelner Energiekostenarten in Zusammenhang mit einer Änderung des betrieblichen Beschäftigungsgrads resultierenden Kostenverläufe. Die kostenrechnerische Information kann – je nach Anwendungszweck und Ausprägung des Rechnungswesens in dem betreffenden Betrieb – sowohl abrechnungsorientiert mit der Zuordnung von Kostenarten über Kostenstellen zu Kostenträgern als auch teilkostenorientiert mit dem Aufzeigen von Deckungsbeiträgen erfolgen. 12.2.2.1 Energiekostenspezifika
Bei genauer Betrachtung handelt es sich bei den einzelwirtschaftlichen Energiekosten um die mit Kostengüterpreisen bewertete Kostengütermenge an Nutzenergie. Dieser Einsatz von Nutzenergie für eine bestimmte betriebliche Leistungserstellung entspricht einem Verbrauch nutzbarer Energie, der thermodynamisch durch den bei jeder Energieumwandlung auftretenden Exergieverlust ausgedrückt wird. Die daraus resultierenden Nutzenergiekosten sind allerdings äußerst schwierig zu bewerten und nur mit unvertretbar hohem Aufwand messbar, womit sie für die Energiekostenbetrachtung in Unternehmen nicht geeignet sind.817 Theoretisch müsste zum Erhalt der Nutzenergiekosten der die Nutzenergie generierende Einzelwandler der letzten Umwandlungsstufe im Produktionsbereich aus den Produktionsanlagen zur kostenrechnerischen Betrachtung herausgelöst werden. In den meisten Fällen ist eine derartige Inselbetrachtung einzelner Bestandteile der Produktionsaggregate aber verfahrenstechnisch aufgrund komplexer gegenseitiger Abhängigkeiten der Bestandteile kaum realisierbar und erscheint in Hinblick auf den dadurch erzielbaren minimalen Zugewinn an entscheidungsrelevanten Kosteninformationen auch nicht erforderlich. Vielmehr ist es zielführend, die Energiekosten auf jene Energieträger zu beziehen, die unmittelbar vor der letzten Umwandlungsstufe zur Nutzenergie bereitgestellt werden und deren Mengenverbrauch relativ einfach messbar ist.818
817
Vgl. Moor (1985), S. 55 f.
818
Vgl. Layer (1984), S. 648
Managementinstrumente 261 _______________________________________________________________________________________________________________________________ Reagibilität
Fixkosten
Kostenart
Kosten zugekaufter Endenergieträger
Deckung Prozessenergiebedarf
Deckung Komfortenergiebedarf
Leitungsgebundene Kapazitätsbereitstellung
Sprungfixe Kosten
Kosten der Einlagerung speicherfähiger Endenergieträger
Kosten für Abschreibungen, Verzinsung und Versicherung energiebezogener Anlagen und für Miete von Zählern und anderen Messeinrichtungen
Dispositive Tätigkeiten
Operative Tätigkeiten
Energiebezogene Personalkosten
Kosten für Material und Hilfsstoffe zur energiebezogenen Wartung und Instandsetzung …dominierende Betrachtungsweise
Variable Kosten
…erweiterte Betrachtungsweise
819
Abb. 12-4: Charakterisierung der Energiekostenkomponenten
Die Energieträger werden an dieser Stufe der betrieblichen Energiewertschöpfungskette als Einsatzenergieträger bezeichnet, womit bei Energiekosten sinnvollerweise von Einsatzenergiekosten die Rede ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass mit der Bereitstellung der Einsatzenergieträger nicht nur die als Repetierfaktoren zugekauften Endenergieträger sondern entlang der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette auch mehrere Potenzialfaktoren820 (Umwandlungsanlagen, Verteilungsanlagen, Rückgewinnungsanlagen, menschliche Arbeit, …) in direktem Zusammenhang stehen.821 Diese sind bei der Kostenerfassung konsequenterweise ebenfalls zu berücksichtigen. Während die Bestimmung der Preis- und Mengenkomponenten für die Endenergieträger relativ einfach zu bewerkstelligen ist, muss man sich bei den Potenzialfaktoren mit 819
Vgl. auch Moor (1985), S. 72
820
Siehe zur Erläuterung der Potenzial- und Repetierfaktoren Heinen (1992), S. 131 ff.
821
Vgl. Fünfgeld (1999)
262 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Abschätzungen über den jährlichen Verschleiß, die erwartete Lebensdauer und weitere wertbestimmende Tatbestände für die Festlegung jährlich durchschnittlich anfallender Kosten behelfen. Die Einsatzenergiekosten setzen sich dementsprechend aus den folgenden Kostenkomponenten zusammen, die sich in ihrer Reagibilität bei Beschäftigungsgradänderungen deutlich unterscheiden (siehe Abb. 12-4)822: f Kosten der zugekauften Endenergieträger: Diese Kosten sind bei gegebenen technischen Anlagen und konstanten Faktorpreisen vor allem vom Verbrauch an Einsatzenergie abhängig. Allerdings haben die Kosten der für die Erbringung von Komfortleistungen verwendeten Energieträger eher fixen Charakter, während die Kosten für die Energieträger zur Erbringung der eigentlichen Prozessenergie teilweise unabhängig (beispielsweise das durchgehende Aufrechterhalten eines bestimmten Temperaturniveaus) und teilweise direkt abhängig vom Beschäftigungsgrad sind und somit sowohl fixen als auch variablen Charakter haben. Schließlich sind beim Bezug leitungsgebundener Energieträger auch die Kosten zur Bereitstellung einer bestimmten Kapazität (zumeist unter dem Begriff „Leistungspreis“ verrechnet) zu berücksichtigen, die am ehesten einen sprungfixen Charakter aufweisen. f Kosten der Einlagerung speicherfähiger Endenergieträger: Die Abhängigkeit dieser Kosten vom Beschäftigungsgrad besteht nur in größeren Intervallen, womit strenggenommen ein sprungfixer Charakter gegeben ist. Vereinfachend können diese Kosten aber als fixe Kosten berücksichtigt werden, wenn man sich der bestehenden Abhängigkeiten bewusst ist und diese Grenzbereiche bewusst ausklammert. f Kosten für Abschreibungen, Verzinsung und Versicherung energiebezogener Anlagen und für Miete von Zählern und anderen Messeinrichtungen: Tendenziell handelt es sich hierbei um fixe Kosten, wenngleich eine Annäherung der kontinuierlichen Auslastung an die Kapazitätsgrenze zu erhöhtem Verschleiß und höheren Umwandlungsverlusten führt, was eine Kapazitätserweiterung wirtschaftlich sinnvoll macht. Dementsprechend kann man in größeren Intervallen auch von sprungfixen Kosten sprechen. f Energiebezogene Personalkosten für dispositive Tätigkeiten: Diese Kosten stellen typische „Overhead“-Kosten dar und sind als Fixkosten zu behandeln. f Energiebezogene Personalkosten für operative Tätigkeiten: Auch diese Kosten bleiben von der Änderung des Beschäftigungsgrads weitgehend unberührt und sind als fixe Kosten zu betrachten. Eine eventuelle Variabilisierung 822
Vgl. Moor (1985), S. 72 ff., Wiswede (1965), S. 144 ff.
Managementinstrumente 263 _______________________________________________________________________________________________________________________________
kann durch Fremdvergabe und dementsprechende Vertragsgestaltung erreicht werden. f Kosten für Material und Hilfsstoffe zur energiebezogenen Wartung und Instandsetzung: Je nach Material und Hilfsstoff besteht hier variabler Charakter (z.B. Schmierstoffe) oder fixer Charakter (z.B. in vorgegebenen zeitlichen Intervallen durchgeführter Austausch von Verschleißteilen). Eine derartige – über die Kosten der zugekauften Endenergieträger hinausgehende – Anreicherung des Begriffs der Energiekosten führt auch zu einem deutlich gesteigerten Erfassungsaufwand und wird daher in der betrieblichen Praxis häufig nicht in vollem Umfang angewendet. Dies vor allem auch deshalb, weil die Berücksichtigung der Kosten für die zugekauften Endenergieträger zur Ermittlung von Stückkosten häufig ausreichend ist. Je mehr man aber die Energiekosten zusätzlich für Steuerungszwecke des Energiemanagements heranziehen möchte, desto wichtiger wird auch die Erfassung weiterer energiebezogener Kostenkomponenten. Die Abwägung, in welchem Umfang dies im jeweiligen Unternehmen erforderlich ist, basiert einerseits auf dem relativen Kostenbeitrag einzelner Kostenkomponenten zu den gesamten Energiekosten und andererseits auch auf der Beeinflussbarkeit dieser Kostenkomponenten durch einzelne Faktoren (z.B. Betriebsgröße, Betriebsweise der Produktions- und Energieanlagen, dispositive und operationale Fähigkeiten des Personals, Werkstoffeinsatz)823. 12.2.2.2 Abrechnungsorientierte Energiekostenrechnung
Beim abrechnungsorientierten Vorgehen824 werden die Energiekosten als Kostenarten erfasst und anschließend – zumeist über den Zwischenschritt der Zurechnung zu einer Kostenstelle – auf Kostenträger weiterverrechnet (siehe Abb. 12-5). Die Differenzierung nach Kostenarten erfolgt zweckmäßigerweise nach Einsatzenergieträgern, die bei Bedarf auch noch weiter nach unterschiedlichen Druck-, Spannungs- oder Temperaturstufen segmentiert werden können. Wie im vorhergehenden Abschnitt beschrieben, bietet sich die Einsatzenergiestufe zur Erfassung der Kosten an, weil der Einsatzenergieträgerverbrauch im Gegensatz zum Nutzenergieträgerverbrauch gut messbar ist, durch die Produktionsbedingungen Art und Menge des Einsatzenergieträgerverbrauchs determiniert werden und die Umwandlung von der Einsatz- zur Nutzenergie zumeist eng mit dem Produktionsprozess gekoppelt und daher messtechnisch schlecht zugänglich ist.
823
Für eine umfassende und strukturierte Darstellung der Beeinflussungsfaktoren siehe Wohinz (1989), S. 154 ff. und Moor (1985), S. 59 ff.
824
Vgl. Moor (1985), S. 161 ff. und Layer (1984), S. 648 ff.
264 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________ Kostenartenrechnung f Kosten zugekaufter Endenergieträger f Kosten der Einlagerung speicherfähiger Energieträger f Kosten für Abschreibung, Verzinsung, Versicherung energiebezogener Anlagen und für
Miete von Zählern und anderen Messeinrichtungen f Energiebezogene Personalkosten f Kosten für Material- und Hilfsstoffe zur energiebezogenen Wartung und Instandsetzung
Gemeinkosten
Sondereinzelkosten der Fertigung
Kostenstellenrechnung Sammlung auf den Einsatzenergieträgern zusortierten Vorkostenstellen
Sekundärkosten in den energieverbrauchenden Endkostenstellen
Interne Leistungsverrechnung
Gemeinkosten Kostenträgerrechnung In Halb- und Fertigfabrikate direkt und indirekt eingehende Einsatzenergiekosten
825
Abb. 12-5: Schema der abrechnungsorientierten Energiekostenrechnung
Die Erfassung der Einsatzenergiekosten erfordert neben den Kosten des Endenergieträgerbezugs auch die Erfassung der direkt zuordenbaren Energiekostenkomponenten entlang der vorgeschalteten Phasen der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette (z.B. Kosten für Energieumwandlungs- und Verteilungsanlagen, Wartungs- und Instandhaltungskosten dieser Anlagen, Einlagerungskosten, energiebezogene Personalkosten). Nur in ausgesuchten Fällen werden die Einsatzenergiekosten ohne den Zwischenschritt über die Kostenstellen direkt als Sondereinzelkosten der Fertigung verrechnet. Dies trifft vor allem zu, wenn sie als stoffliche Einsatzenergieträger in Kombination mit anderen Rohstoffen eingesetzt werden (z.B. bei der Eisenverhüttung in Form von Koks) oder sich ihr Verbrauch direkt den Leistungseinheiten zur Erstellung des Endprodukts zurechnen lässt (z.B. bei Elektrolyseverfahren).826
825
Angelehnt an Weber (2002), S. 169
826
Vgl. Gälweiler (1981), Sp. 469
Managementinstrumente 265 _______________________________________________________________________________________________________________________________
In den überwiegenden Fällen erfolgt eine Behandlung als Gemeinkosten. Dies beinhaltet auch echte Gemeinkosten (beispielsweise bei der Kuppelproduktion mehrerer Energieträger oder bei zugrundeliegenden mehrdimensionalen Kostenfunktionen)827, zumeist handelt es sich aber um unechte Gemeinkosten. Die Sammlung der einzelnen energiebezogenen Kostenarten zur Bildung eines einheitlichen Verrechnungssatzes für die einzelnen Einsatzenergieträger erfolgt idealerweise auf diesen direkt zuordenbaren Vorkostenstellen.828 Von dort werden sie im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung als Sekundärkosten auf die energieverbrauchenden Endkostenstellen entsprechend des Mengenverbrauchs weiterverrechnet und mit geeigneten Kalkulationsverfahren auf die Kostenträger umgelegt. Soweit wirtschaftlich vertretbar, sollte die Feststellung des Mengenverbrauchs durch Messung am Orte des Verbrauchs stattfinden. Die Verrechnung über Umlageschlüssel ist nur vertretbar, wenn die geringen Einsatzenergiekosten den Messaufwand nicht rechtfertigen.829 Besonders zu berücksichtigen ist bei der Abrechnung der energieerzeugenden Stellen, dass Energieformen nur bedingt speicherbar sind und die Erzeugung daher im zeitlichen Verlauf häufig dem Energiebedarfsverlauf der energieverbrauchenden Stelle folgen muß. Das bedeutet, dass die energieerzeugenden Anlagen nach der im zeitlichen Verlauf auftretenden Spitzenlast zu dimensionieren sind und außerdem beim Überschreiten dieser Last kapazitätsmäßig anzupassen sind. Im Sinne der Steuerfunktion der Energiekostenrechnung ist es wichtig, dass die für die energieverbrauchenden Stellen verantwortlichen Mitarbeiter die erforderlichen Informationen erhalten, um kostenminimierende Maschineneinstellungen und Fahrweisen der Anlagen vornehmen zu können (beispielsweise durch gestaffeltes Anfahren mehrerer Anlagen zur Vermeidung von Lastspitzen). Da dies bei Verrechnung von Durchschnittskosten für den Energieverbrauch nicht gegeben ist, sollte eine Differenzierung der Verrechnungssätze für nicht speicherbare Einsatzenergieträger nach Lastbereichen erfolgen.830 Im Falle der industriellen Eigenerzeugung von Elektrizität tritt häufig die Situation der gekoppelten Erzeugung mehrerer Einsatzenergiearten ein, da dies technologisch vorteilhaft ist und bei entsprechendem Abnahmeprofil geringere Kosten als bei getrennter Erzeugung anfallen (z.B. Kraft-Wärme Kopplung). Da die Einsatzenergieträger-Vorkostenstellen im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung zu entlasten sind, scheidet eine von den Kosten losgelöste Verrechnung nach frei vereinbarten Verrechnungspreisen oder in Anlehnung an Marktpreise aus.831 Bei den einzelnen 827
Vgl. Schweitzer (1998), S. 490 f.
828
Vgl. Wohinz (1989), S. 159
829
Vgl. Gälweiler (1981), Sp. 468
830
Vgl. Layer (1984), S. 651
831
Vgl. Moor (1985), S. 165
266 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Einsatzenergieträgern handelt es sich um „gleichwertige“ Produkte und nicht um typische Haupt- und Nebenprodukte. Daher ist für die Verrechnung die Kostenverteilungsmethode der Restwertmethode vorzuziehen832 (Anders als bei Kraft-Wärme Kopplung ist allerdings beispielsweise beim Anfall von Gichtgas in Hüttenwerken, Koksgas in Kokereien oder Schwarzlauge in Papier- und Zellstoffunternehmen sehr wohl eine Unterscheidung in haupt- und Nebenprodukte möglich und dementsprechend auch die Restwertmethode anwendbar). Als Basis für die Kostenverteilung bieten sich technisch-physikalische Schlüsselgrößen an (z.B. kalorische Kostenaufteilung, exergetisch orientierte Kostenaufteilung). Allerdings ist bei stark schwankenden und/oder von der Anfallsrelation der Kuppelenergien stark abweichenden Abnahmemengen der einzelnen Kuppelenergien durch einzelne Produkte oder Produktgruppen Vorsicht bei der vergleichenden Aussage über die Profitabilität der Produktgruppen geboten. Denn je nach Abrechnungsschlüssel wird beispielsweise bei der KraftWärme-Kopplung entweder das strom- oder wärmeintensivere Produkt bevorzugt.833 Eine gesonderte Betrachtung im Rahmen der Energiekostenrechnung ist auch bei der Rückgewinnung von Einsatzenergiearten aus Abfallenergie (z.B. Wärmerückgewinnung) erforderlich. Wird die rückgewonnene Einsatzenergie im gleichen Prozess wiedereingesetzt, so resultiert ein verminderter Mengenbedarf an „originärer“ Einsatzenergie, was bei Berücksichtigung der Wiedergewinnungskosten zur zutreffenden Bewertung des Prozesses führt. Wird die rückgewonnnene Einsatzenergie allerdings in einem anderen Prozess eingesetzt, ist die die Abfallenergie erzeugende Stelle mit der Differenz zwischen den Kosten für eine alternative Bereitstellung und den Kosten für die Rückgewinnung zu entlasten und die empfangende Kostenstelle damit zu belasten.834 12.2.2.3 Energiekostenrechnung als Deckungsbeitragsrechnung
Mit der Deckungsbeitragsrechnung liegt eine Methode zur Ausgestaltung der Stückund Periodenerfolgsrechnung vor.835 Indem die Erlöse und Kosten eines bestimmten Bezugsobjektes gegenübergestellt werden, kann festgestellt werden, in welchem Umfang die Erlöse über die objektbezogenen Kosten hinaus auch weitere Kosten, die einem dem Bezugsobjekt direkt übergeordneten Objekt zugeordnet sind, abdecken kann – daher die Bezeichnung „Deckungsbeitrag“. In diesem Sinne ist die Deckungsbeitragsrechnung eine wesentliche Entscheidungshilfe, da sie die Erfolgsänderung bei
832
Vgl. Plinke (2002), S. 110 u. 113
833
Vgl. Layer (1984), S. 652, Gälweiler (1981), Sp. 467 f.
834
Vgl. Layer (1984), S. 654
835
Vgl. Schweitzer (1998), S. 372
Managementinstrumente 267 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Auswahl alternativer Möglichkeiten (z.B. unterschiedliche Produktgruppen) widerspiegelt. 836 In der Praxis stößt man zumeist auf zwei Verfahren, die unterschiedliche Teilkosten zur Bildung des Deckungsbeitrages heranziehen. Das ist einerseits die ein- oder mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung auf Basis der variablen Teilkosten und andererseits die relative Deckungsbeitragsrechnung auf Basis der (relativen) Einzelkosten.837 Bei der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung, auch bekannt unter dem angelsächsischen Begriff „Direct Costing“, wird von der Summe der produktbezogenen Deckungsbeiträge der gesamte Unternehmensfixkostenblock abgezogen.838 In der erweiterten mehrstufigen Variante erfolgt eine Aufspaltung des Fixkostenblocks in beispielsweise einzelnen Produkten, Produktgruppen oder Bereichen direkt zuordenbare Fixkosten. Dieses Konzept kann noch zu einer mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnung verfeinert werden, indem die Zurechenbarkeit nach mehreren Dimensionen (z.B. Kundengruppen, Absatzregionen, Produktgruppen) herangezogen wird und damit parallel mehrere mehrstufige Deckungsbeitragsrechnungen mit unterschiedlichen Einblicken in die Kostenstruktur erzeugt.839 Der Deckungsbeitrag auf Basis variabler Teilkosten gibt dabei letztendlich darüber Auskunft, in welchem Umfang sich der Gewinn verändert, wenn eine Leistungseinheit mehr oder weniger verkauft wird. Die auf Riebel840 zurückgehende relative Deckungsbeitragsrechnung fußt unter anderem auf dem Identitätsprinzip, das besagt, dass jene Kosten und Erlöse einander gegenübergestellt werden, die von derselben Entscheidung über ein Objekt verursacht worden sind.841 Außerdem werden alle Kosten als (relative) Einzelkosten erfasst, die einem Bezugsobjekt direkt zurechenbar sind. Zu diesem Zweck wird eine Bezugsobjekthierarchie erstellt, auf deren unterster Ebene Produkte mit den Entscheidungen über die Produktionsmengen und darüber in aufsteigender Reihenfolge Kostenstellen, Bereiche und Betrieb mit den jeweiligen dazugehörigen Entscheidungen denkbar sind. Einzelkosten eines übergeordneten Bezugsobjekts sind dann immer Gemeinkosten des untergeordneten Bezugsobjekts.842 Die Differenz zwischen den einer Entscheidung bezüglich eines Bezugsobjekts zurechenbaren Erlösen und Kosten ergibt dann den jeweiligen Deckungsbeitrag. Damit können Erfolgsänderungen als Resultat alternativer Entscheidungen aufgezeigt werden. 836
Vgl. Plinke (2002), S. 194
837
Vgl. Plinke (2002), S. 197 f.
838
Vgl. Moor (1985), S. 167
839
Vgl. Schweitzer (1998), S. 372
840
Siehe Riebel (1994)
841
Vgl. Schweitzer (1998), S. 494
842
Vgl. Schweitzer (1998), S. 492 f.
268 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Für derartige Deckungsbeitragsrechnungen sind die Einsatzenergiearten zumindest bezüglich der kostenverursachenden Betriebsleistungsbündel, des Ortes ihrer Kostenentstehung, der Abhängigkeit von kostenbeeinflussenden Faktoren und der zeitlichen Struktur der beschäftigungsunabhängigen Kosten im Rahmen einer Grundrechnung zu spezifizieren.843 Generell sind alle Eigenschaften zu erfassen, die für die gewünschten Auswertungen erforderlich sind. Auf Basis dieser Spezifikation der Einsatzenergiearten können die unterschiedlich ausgeprägten Kostenkomponenten der Einsatzenergiekosten unterschiedlichen Bezugsobjekten auf unterschiedlichen Stufen der Bezugsobjekthierarchie zugeteilt werden. Beispielsweise können die mengenabhängigen Kosten für den Endenergieträgerbezug den erzeugten Produkten direkt zugeordnet werden, während mengenunabhängige Bezugskosten oder Kosten für Potentialfaktoren der Energieumwandlung und –verteilung einem Bereich oder dem Betrieb zuzuordnen sind, da sie mit Produktentscheidungen nicht beeinflussbar sind. 12.2.3 Energieberichte Energieberichte sind im Sinne des Unterrichtungszwecks zusammengefasste Energieinformationen, die schwerpunktmäßig innerbetrieblich weitergegeben werden. Allerdings können Energieberichte auch für externe Empfänger bestimmt sein, wie dies beispielsweise bei Energieinformationen in Geschäftsberichten oder Nachhaltigkeitsberichten der Fall ist. Der Berichtszweck leitet sich direkt aus dem Informationsbedarf ab, denn die beste Nutzung durch den Empfänger ist dann zu erwarten, wenn eine weitgehende Deckung mit den subjektiven Informationsbedürfnissen gegeben ist. Im Sinne der wirtschaftlichen Zielerfüllung ist dabei allerdings auch auf die anfallenden Kosten der Berichtserstattung zu achten und daraus die geeignete Berichtsform abzuleiten. Die Charakterisierung unterschiedlicher Energieberichte erfolgt – angelehnt an die klassische Profilierung durch die Fragewörter „Was“, „Wie“, „Wer“ und „Wann“ (das „Wo“ fällt bei der Berichterstattung mit dem „Wer“ zusammen) – anhand inhaltlicher, formaler, personeller und zeitlicher Deskriptoren844: f Inhaltliche Merkmale: Der Informationsgegenstand zeigt die Tatgegenstände des jeweiligen Energieberichts auf, die beispielsweise das gesamte Energiemanagementsystem, das energetische Umfeld, Abschnitte der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette oder aber auch einzelne Energieträger betreffen können. Zu unterscheiden ist hierbei auch nach der Art der Aussagen, ob es sich um faktische, prognostische oder andere Informationen handelt und in welcher Form Vergleichsinformationen – innerbetrieblich, bran843
Vgl. Layer (1984), S. 655 f., Moor (1985), S. 168 f.
844
Vgl. Küpper (2001), 158 ff.
Managementinstrumente 269 _______________________________________________________________________________________________________________________________
chenintern oder auch prozessbezogen – zur Erhöhung des Aussagegehalts zum Einsatz kommen. Entscheidend für die Strukturierung der Energieberichte sind überdies die Genauigkeit der beinhalteten Informationen, wobei diese direkt relational mit den Kosten zur Erfassung der Messdaten ist, und die Anzahl der beinhalteten Informationen. Bei der Festlegung der Menge an enthaltenen Informationen ist zwischen der universellen Einsetzbarkeit für mehrere Empfänger mit dem Nachteil einer gewissen Unübersichtlichkeit und der geringeren Komplexität spezieller Berichte für einen allerdings kleinen Empfängerkreis abzuwägen. Ein wichtiges Mittel zur Anpassung an den unterschiedlichen Informationsbedarf der Empfänger unterschiedlicher Unternehmenshierarchieebenen ist die Verdichtung von Informationen. Diese nimmt mit höherer Hierarchiestufe zu, begleitet von geringerer Genauigkeit mit Trendcharakter und geringerer Formalisierung der Energieinformationen.845 Um dem im Einzelfall gegebenen Interesse an Detailinformationen gerecht zu werden, können Berichte hierarchisch verknüpft werden, womit – ausgehend von einer groben Übersicht – eine strukturierte Rückverfolgung bis hin zu Einzeldaten möglich ist. f Formale Merkmale: Die Berichtsformalität ist geprägt von der Darstellungsform mit der damit einhergehenden Übersichtlichkeit, der Art der Erstellung und dem verwendeten Übermittlungsmedium. Eine hohe Formalisierung führt bei Berichtsempfängern zu hohem Wiedererkennungswert und damit auch zu einer einfacheren Lesbarkeit und Interpretierbarkeit. Mit dem umfangreichen Einsatz der Informationstechnologie wird die Formalität stark von den Möglichkeiten der EDV determiniert. f Personelle Merkmale: Mit den personellen Merkmalen werden die Sender und Empfänger von Energieberichten erfasst. Zu unterscheiden ist dabei vor allem in Hinblick auf den bzw. die Empfänger zwischen unterschiedlichen Hierarchiestufen, dem Bezug zum Berichtsinhalt (Inhaltliche Nähe des Empfängers zur Energiewirtschaft) und der Anzahl der Zielempfänger. f Zeitliche Merkmale: Der Zusammenhang zwischen Berichtszeitraum, der von den Energieinformationen abgedeckten Zeitspanne, und Berichtstermin, dem Zeitpunkt der Informationsübermittlung, bestimmt die Aktualität der Information. Tendenziell benötigt der Empfänger mit zunehmender operationaler Einbindung in energiewirtschaftliche Prozesse eine zunehmende Aktualität bis hin zu Echtzeitinformationen mit zusammenfallendem Berichtszeitpunkt und -termin.
845
Vgl. Seghezzi (1996), S. 170 und Bleicher (2004), S. 365
270 Energieinformationsmanagement _______________________________________________________________________________________________________________________________
Darüber hinaus können die Energieberichte nach Standard-, Abweichungs- und Bedarfsberichten kategorisiert werden846, die jeweils gemeinsame Charakteristika aufweisen. Standard-Energieberichte resultieren aus einem vorab ermittelten Informationsbedarf eines genau festgelegten Empfängerkreises, haben, wie die Bezeichnung bereits impliziert, einen standardisierten Inhalt mit gleichbleibender Form und werden zu genau festgelegten Berichtsterminen übermittelt. Ein typisches Beispiel sind Energiemonats- oder Energiejahresberichte, die einen Überblick über die Energiewirtschaft des Unternehmens geben. Dies beinhaltet in den meisten Fällen die Dokumentation des gesamtbetrieblichen Energieeinsatzes mit der dazugehörigen Verwendung im Berichtszeitraum, zeigt vergangene und zukünftige Entwicklungstrends der Energiewirtschaft auf und gibt einen Überblick über die energiewirtschaftlichen Projektaktivitäten.847 Bei einer Überhandnahme von Standardberichten kann auf Abweichungsberichte ausgewichen werden, die in Form und Inhalt ebenfalls standardisiert sind, aber nur dann übermittelt werden, wenn Grenzwerte festgelegter Toleranzbereiche überschritten werden. Dies ermöglicht eine stärkere Fokussierung auf wesentliche Probleme. Ein typisches Beispiel sind Berichte im Rahmen zustandsbasierter Instandhaltung von Energieanlagen. Bedarfsberichte schließlich sind die individuellste Form von Berichten und werden von den Empfängern in bestimmten Situationen extra angefordert. Inhalt und Form werden von Bericht zu Bericht separat an die subjektiven Informationsbedürfnisse der anfordernden Empfänger angepasst. Solche Berichte werden beispielsweise in Zusammenhang mit energiebedingten Zwischenfällen (z.B. außerplanmäßige Produktionsstillstände, Unfälle mit Personenschaden, Umweltverschmutzungen) von der Geschäftsführung angefordert. 12.3 Koordinationsfunktion Die untereinander abgestimmte und zielgerichtete Erfüllung einzelner Arbeitsschritte und das damit verbundene Treffen zielorientierter Entscheidungen hängen in besonderem Maße von der Verfügbarkeit der richtigen Informationen zur richtigen Zeit und beim richtigen Empfänger ab. Dabei handelt es sich weniger um ausschließlich vertikale und horizontale Informationskanäle in Zusammenhang mit der technokratischen Koordination sondern vielmehr um ein Kommunikationsnetz848, das neben der formellen auch die informelle Information (die vor allem der personenbezogenen Koordina846
Vgl. Küpper (2001), S. 153 f.
847
Vgl. Wohinz (1989), S. 224
848
Vgl. Baumgartner (2006), S. 95
Koordinationsfunktion 271 _______________________________________________________________________________________________________________________________
tion zugrunde liegt) umfasst. Ein gut strukturiertes Informationssystem ist daher als Ausgangsbasis jeglicher Koordination in einem Unternehmen zu verstehen und wird daher auch beispielsweise von Bleicher849 als die Grundlage aller weiteren Management(teil)systeme angesehen.
849
Vgl. Bleicher (2004), S. 362
13 Energiekontrolle Betrachtet man den Managementprozess als geschlossenen Kreislauf, so steht die Kontrolle als wesentliches drittes Element neben – erstens – der Entscheidung über zu erreichende Ziele und die dafür erforderlichen Maßnahmen sowie – zweitens – der Anordnung zur Durchführung dieser Maßnahmen. Durch den dabei erfolgenden Vergleich zwischen den Soll-Werten und den tatsächlich vorliegenden Ist-Werten wird ein Informationsinput für neuerliche Entscheidungen geliefert, womit der Managementprozess wieder von vorne beginnt. Generell kann die Kontrolle als systematischer, informationsverarbeitender Vorgang verstanden werden, in dem ein beurteilender Vergleich zwischen zwei Größen vollzogen wird. Damit ist die Kontrolle keineswegs auf Soll-Ist-Vergleiche beschränkt, sondern erfasst alle Vergleiche zwischen einer als Norm angesehenen Größe und der zu beurteilenden Prüfgröße – womit auch Vergleiche, die nicht direkt in Zusammenhang mit einer erfolgten Planung stehen, inkludiert sind. 850 Häufig folgen dem eigentlichen Vergleich auch noch eine Abweichungsanalyse und die Einleitung von Korrekturmaßnahmen im Rahmen der Kontrolle. In die Kontrollfunktion als zentrales Element der Managementfunktionen fließt in vielen Fällen ein hoher zeitlicher und auch materieller Aufwand. Die erforderliche Effektivität und Effizienz sind nur durch eine spezifische Anpassung des Kontrollprozesses an den jeweiligen Kontrollzweck zu erreichen. Nach Koontz sind dabei 10 Kriterien besonders zu beachten:851 1. Ausrichtung auf den Kontrollzweck: Der Kontrollprozess und die dabei eingesetzten Instrumente müssen sich an dem jeweiligen Kontrollzweck orientieren – keinesfalls sind ein einheitlicher Prozess und dieselben Instrumente zur bestmöglichen Erfüllung aller Kontrollaufgaben geeignet. Dementsprechend sind auch für die Energiekontrolle spezifische Anpassungen erforderlich. 2. Zeitnahe Feststellung von Abweichungen: Idealerweise werden mögliche Abweichungen bereits vorausschauend anhand von entsprechenden Frühwarnindikatoren festgestellt, um bereits im Vorfeld gegensteuern zu können und die Abweichung zu verhindern. Zumindest ist aber eine möglichst rasche Identifikation erfolgter Abweichungen erforderlich, um rechtzeitig Korrekturmaßnahmen einleiten zu können.
850
Vgl. Küpper (2001), S. 169
851
Vgl. Koontz (1964), S. 541 ff.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_13, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
274 Energiekontrolle _______________________________________________________________________________________________________________________________
3. Zukunftsorientierung: Ein effektives Kontrollsystem weist neben der operativen ex post Kontrolle auch die strategische ex ante Kontrolle auf und ist damit in die Zukunft gerichtet. 4. Flexibilität: Heutzutage häufig auftretende Planungsänderungen oder Änderungen im Umfeld müssen auch in den Kontrollprozessen abbildbar sein und dürfen nicht zu einem automatischen Versagen der Kontrollfunktion führen. In vielen Fällen geht ein flexibler Kontrollprozess dabei Hand in Hand mit einer flexiblen Planung. 5. Wirtschaftlichkeit: Die Kosten der Kontrolle sollen ihren Nutzwert nicht übersteigen. Es ist allerdings häufig schwierig, den tatsächlichen Nutzwert zu ermitteln. Einen Anhaltspunkt für das sinnvolle Ausmaß der Kosten für die Vermeidung von Abweichungen und daraus resultierenden Schäden (unter anderem erfolgt dies auch durch Kontrollmaßnahmen) liefern dabei in vielen Fällen die potenziell mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit anfallenden Schadenskosten. 6. Prioritätensetzung: Aufgrund begrenzter zeitlicher Ressourcen des Managements sollte die Kontrollfunktion eine Fokussierung auf die erfolgskritischen Abweichungen ermöglichen. Dabei ist nicht nur das Ausmaß der Abweichung von Bedeutung, sondern auch auf welches Thema sich die Abweichung bezieht – eine große Abweichung in einem für die Zielerreichung nebensächlichen Bereich kann durchaus vernachlässigbar im Vergleich zu einer geringfügigen Abweichung in besonders erfolgskritischen Belangen sein. 7. Objektivität: Die Objektivität der Kontrolle und die Transparenz der eingesetzten Kontrollinstrumente entscheidet maßgeblich über die Akzeptanz der daraus resultierenden Maßnahmen bei den Mitarbeitern. 8. Verständlichkeit: Eine wirksame Kontrolle soll in geeigneten Korrekturoder Anpassungsmaßnahmen zur Erreichung vorgegebener Ziele münden. Zu diesem Zweck muss das Kontrollergebnis in verständlicher Weise kommunizierbar sein, damit die Entscheidungsträger die richtigen Schlussfolgerungen ziehen können. 9. Berücksichtigung organisatorischer Strukturen: Kontrollprozesse müssen sich in ihren Abgrenzungen an den organisatorischen Gegebenheiten, insbesondere der Kostenstellenstruktur eines Unternehmens orientieren. In besonderem Maß sind dabei Verantwortlichkeiten und Kompetenzen zu berücksichtigen. Dies zeigt sich deutlich bei Kostenabweichungen, die für einen Manager als Handlungsanleitung nur dann relevant sind, wenn er die Abweichung in seinem Bereich verantworten und beeinflussen kann.
Energiekontrolle 275 _______________________________________________________________________________________________________________________________
10. Ausweis von Korrekturmöglichkeiten: Selbstverständlich ist der ausschließliche Nachweis von bestehenden oder drohenden Abweichungen nicht ausreichend. Ein geeignetes Kontrollsystem zeigt auf, wo die Abweichung verursacht wird, wer dafür verantwortlich ist und lässt Rückschlüsse auf Korrekturmaßnahmen zu. Für die Energiewirtschaft haben sowohl die operative Kontrolle mit dem Schwerpunkt des energetischen Soll-Ist-Vergleichs als auch die strategische Kontrolle mit Prämissen-, Konsistenz- und Durchführungskontrolle eine große Bedeutung (siehe Abb. 13-1).
Energiekontrolle Entscheidungstatbestände f Kontrollinhalt, -umfang und -häufigkeit
Managementinstrumente f Operative Kontrolle
f Änderungsbedarf
- Modellbildung - Realisationskontrolle f Strategische Kontrolle - Prämissenkontrolle - Konsistenzkontrolle - Durchführungskontrolle
Koordinationsschwerpunkte Energiepentagon
Unternehmen
f Energiepolitik
f Controlling
f Energieplanung
f Ökocontrolling
f Energieinformation
f Produktion
f Entwicklung
f Instandhaltung
Umfeld f Änderungen der Makroumwelt und der Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt
Abb. 13-1: Managementaspekte der Energiekontrolle
Im Rahmen der operativen Kontrolle spielt neben der budgetorientierten Kontrolle mit Schwerpunkt auf Mengen- und Kostenabweichungen auch die technische Kontrolle der Energie- und Produktionsanlagen – zumeist in Zusammenhang mit einer zu-
276 Energiekontrolle _______________________________________________________________________________________________________________________________
standsorientierten Instandhaltung – eine große Rolle zur rechtzeitigen Erkennung von Abweichungen energierelevanter Parameter von idealen Betriebskennwerten. Die strategische Kontrolle ist in Zusammenhang mit der Energiewirtschaft nicht zu vernachlässigen, da die Annahmen über energierelevante Umweltzustände (zu erwartende Umweltgesetzgebungen, Regulierungsmaßnahmen oder auch technologische Neuerungen, …) einen wesentlichen Einfluss auf die energiewirtschaftliche Planung und eine sinnvolle energetische Zielsetzung haben. 13.1 Entscheidungstatbestände Einerseits fungiert die Kontrolle häufig als Auslöser von Entscheidungsvorgängen und beeinflusst dabei die Entscheidung über erforderliche Korrekturmaßnahmen mit den Ergebnissen der Abweichungsanalyse auch inhaltlich. Andererseits sind im Rahmen des Kontrollprozesses grundlegende Entscheidungen über die geeignete Form der Kontrolle zu treffen. Diese lässt sich anhand von Kontrollobjekten, Kontrollinhalten, Vergleichsarten und die Form der Ermittlung und Verarbeitung charakterisieren (siehe Abb. 13-2).
Kontrollformen
Ausprägungen
Kontrollobjekte
Kontrollinhalte
Vergleichsarten
Anlagen, Güter
Prämissenkontrolle
Ist-Ist
Ermittlung und Verarbeitung
Prozesse
Durchführungskontrolle
Konsistenzkontrolle
Soll-Soll
Soll-Ist
Soll-Wird
Persönlich
Realisationskontrolle
Wird-Ist
Wird-Wird
Maschinell
852
Abb. 13-2: Energiewirtschaftlich relevante Formen der Kontrolle
Bei den Kontrollobjekten ist vorrangig zwischen energierelevanten Anlagen bzw. Gütern und Prozessen zu unterscheiden. Während im ersten Fall die technische Kontrolle im Rahmen der Instandhaltung dominiert steht im zweiten Fall häufig der mengen- und damit auch kostenbezogene Soll-Ist-Vergleich in Zusammenhang mit dem 852
Vgl. Küpper (2001), S. 174
Entscheidungstatbestände 277 _______________________________________________________________________________________________________________________________
erforderlichen Energiebedarf im Vordergrund. Letztendlich stehen beide Kontrollobjekte aber in engem Zusammenhang, da Abweichungen energierelevanter Parameter von idealen Betriebskennwerten der kontrollierten Anlage häufig einen Frühwarnindikator für erhöhte Energieverluste und damit einhergehend auch erhöhte Energiekosten darstellen. Bei den Kontrollinhalten ist zwischen der strategischen und der operativen Kontrolle zu unterscheiden. Die strategische Kontrolle setzt sich aus der Prämissen-, der Konsistenz- und der Durchführungskontrolle zusammen. Die Prämissenkontrolle steht zu Beginn der strategischen Planung und beinhaltet den Abgleich von getroffenen Annahmen in Hinblick auf wesentliche Kontextfaktoren des betrieblichen Umfeldes bzw. auch des Unternehmens mit den tatsächlich vorhandenen oder aber auch den für die Planungsperiode zu erwartenden Ausprägungen. Die Konsistenzkontrolle wiederum ermöglicht die Überprüfung der Vereinbarkeit mehrerer verfolgter Zieldimensionen oder aber auch unterschiedlicher Teilpläne. Die Durchführungskontrolle schließlich dient der Überwachung der Erreichung definierter Zwischenziele bei der Umsetzung strategischer Maßnahmen. Die operative Kontrolle beruht vornehmlich auf der Realisationskontrolle, die ähnlich der Durchführungskontrolle erreichte Resultate mit den Planresultaten vergleicht. Im Gegensatz zur strategischen Durchführungskontrolle handelt es sich dabei aber zumeist nicht um die Zwischen- sondern um die Endresultate operativer Maßnahmen. Neben der gemeinhin häufig mit der Kontrollfunktion gleichgesetzten Soll-IstAbweichungsanalyse existieren auch andere Vergleichsarten, die energiewirtschaftliche Bedeutung haben.853 Ist-Ist-Vergleiche eignen sich für die Betrachtung von Zeitreihen bereits realisierter Größen (beispielsweise das Anfahrverhalten einer Anlage) oder aber auch für energetische Betriebsvergleiche. Im Gegensatz zum Soll-IstVergleich, der auf dem Vergleich beeinflussbarer Größen in der Durchführungs- und Realisationskontrolle beruht, liegen dem Wird-Ist-Vergleich nicht beeinflussbare Größen (z.B. energiepolitische Entwicklungen) zugrunde, womit sich dieser Vergleich für die Prämissenkontrolle eignet. Die drei anderen Vergleichsarten „Soll-Soll“, „SollWird“ und „Wird-Wird“ haben einen ex ante Charakter, da sich auch die zu beurteilende Größe auf die Zukunft bezieht. Soll-Soll-Vergleiche dienen vorrangig zur Konsistenzkontrolle von Zielen und Plänen, mit dem Soll-Wird Vergleich erfolgt im Rahmen der Durchführungskontrolle der Abgleich geplanter Zielgrößen mit dem für sie prognostizierten Wert, womit die voraussichtliche Zielerreichung frühzeitig überprüft werden kann und mit dem Wird-Wird-Vergleich werden Prognosewerte nicht beeinflussbarer Größen für die Prämissenkontrolle abgeglichen.
853
Vgl. Küpper (2001), S. 175
278 Energiekontrolle _______________________________________________________________________________________________________________________________
In der Energiewirtschaft spielt die maschinelle neben der persönlich durchgeführten Kontrolle eine große Rolle. Dies beruht auf dem Erfordernis technisch anspruchsvoller Messvorrichtungen zur Erfassung der kostenstellenspezifischen Energieverbräuche und auch auf der besonderen Eignung automatisierter Steuerungen zur Optimierung vieler energetischer Prozesse. Beispielsweise seien hier die – zunehmend auch Webbasierten – technischen Energie-Management-Systeme genannt, die neben der Höchstlastoptimierung auch weitere energieverbrauchsoptimierende Aufgaben in Industriebetrieben aber auch in anderen Gebäudekomplexen übernehmen.854 Die Auswahl der letztendlich zum Einsatz kommenden, geeigneten Kontrollform erfolgt idealerweise entlang der vorab aufgelisteten zehn Kriterien von Koontz, wobei festgehalten werden kann, dass der maschinelle oder persönliche Soll-Ist-Vergleich für die Realisationskontrolle energetischer Prozesse den bei weitem größten Anteil an allen energiewirtschaftlichen Kontrollprozessen hat.855 13.2 Managementinstrumente Eine zentrale Kenngröße für das Energiemanagement ist der Energiebedarf für die unterschiedlichen Aktivitäten eines Industriebetriebs. Daher kommt der Durchführung von Energiebedarfsabweichungsanalysen im Rahmen der operativen Energiekontrolle eine besondere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang spielt auch die technische Kontrolle energierelevanter Anlagen des Unternehmens eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich einerseits um den Sicherheitsaspekt (z.B. Überprüfung der fachgerechten Durchführung von Elektroinstallationen, Inspektion von Druckkesseln). Andererseits betrifft dies aber auch die Wirtschaftlichkeit, da beispielsweise falsche Dimensionierungen elektrischer Anlagen (z.B. Transformatoren, Elektromotoren), die sich in vielen Fällen aus der Erweiterung der Produktionskapazität ohne ausreichende Berücksichtigung der Infrastruktur ergeben, zu unnötig hohen Umwandlungsverlusten und damit zu höheren Energieverbräuchen und -kosten führen. Vor allem in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit stellt die technische Kontrolle – üblicherweise Bestandteil zustandsorientierter Instandhaltung – eine essentielle Methode der Früherkennung dar (beispielsweise das Erkennen von sog. Hot Spots mit Hilfe von Infrarotkameras856), die das rechtzeitige Ergreifen von Maßnahmen erlaubt, bevor es zu merkbaren Energieverbrauchsabweichungen von den geplanten Sollgrößen kommt. Mit der zunehmenden Dynamik der Energiemärkte, dem verstärkten politischen Augenmerk auf die Energieversorgungssicherheit auf nationaler und transnationaler Ebene sowie die Umweltbeeinflussung durch die Emission von Treibhausgasen ge854
Vgl. Fryer-Stein (2004)
855
Vgl. Moor (1985), S. 197 ff.
856
Vgl. Bannister (1999), S. 39 ff.
Managementinstrumente 279 _______________________________________________________________________________________________________________________________
winnt auch die strategische Prämissenkontrolle an Wichtigkeit. Dies beinhaltet neben der steigenden Volatilität der Energiepreise (man denke beispielsweise an den Einfluss der Annahmen über zukünftige Kerosinpreise für die strategische Planung von Luftfahrtunternehmen) auch sich ändernde Spielregeln der Energiemärkte, die neben Optimierungspotenzialen (deren Hebung zumeist neue Kompetenzen erfordert) auch zusätzlichen administrativen Aufwand bedeuten, sowie politisch-rechtliche Richtlinien, die üblicherweise zusätzliche Kosten verursachen und Standortdiskussionen initiieren können. 13.2.1 Die Energiebedarfsabweichungsanalyse Die Energiebedarfsabweichungsanalyse beruht auf einem Soll-Ist Vergleich zwischen dem geplanten und dem tatsächlichen Verbrauch eines Einsatzenergieträgers innerhalb eines festgelegten Energieverbrauchsbezirks. Idealerweise stimmen die Energieverbrauchsbezirke auch mit der Kostenstellenstruktur überein, womit die Verantwortlichkeiten sowohl für die erfolgte Abweichung als auch für die Durchführung erforderlicher Korrekturmaßnahmen eindeutig zuordenbar sind und damit in ein MbO-Schema eingehen können. Modellbildung Vergangenheitsdaten über Energiebedarf und Produktion
Planvorgaben
Planproduktion
Energieverbrauchsgleichung (Regressionsrechnung)
Plankontrolle
IstProduktion
PlanEnergiebedarf
SollEnergiebedarf
Energieverbrauchsbezirke und Einflußparameter
Abweichungsanalyse, Korrekturvorschläge
Gemessener Ist-Energiebedarf
857
Abb. 13-3: Drei Phasen des energetischen Soll-Ist-Vergleichs
Der energetische Soll-Ist Vergleich erfolgt in seiner Gesamtheit in drei Phasen (siehe Abb. 13-3). Der erste Schritt beinhaltet die Modellbildung in Form einer Verbrauchsgleichung, im zweiten Schritt werden Planproduktion und der daran gekoppelte Planenergieverbrauch festgelegt und der dritte Schritt führt dann über die 857
Angelehnt an Wohinz (1989), S. 145
280 Energiekontrolle _______________________________________________________________________________________________________________________________
Bestimmung eines Sollenergiebedarfs anhand der tatsächlich erfolgten Produktion sowie die Feststellung des Ist-Energieverbrauchs zur Abweichungsanalyse und den resultierenden Korrekturvorschlägen. Im Mittelpunkt der ersten Phase steht die Erstellung der Energieverbrauchsgleichung858. Zur Aufstellung dieser Gleichung benötigt man eine Korrelation zwischen Kenngrößen einzelner betrieblicher Aktivitäten, wobei hier besonders der Produktionsprozess von Interesse ist, und dem damit verbundenen Energieverbrauch E. Im Normalfall findet man dabei einen linearen Zusammenhang mit einem von der Produktion unabhängigen, fixen Energieverbrauchsanteil E0 und einem produktionsspezifischen Energieverbrauch ep, der durch Multiplikation mit der korrelierenden Produktionskenngröße P den variablen Energieverbrauchsanteil ergibt859: E
E 0 eP x P
>13 1@
Bei dieser Energieverbrauchsgleichung ist vor allem in Zusammenhang mit leitungsgebundenen Energieträgern zu beachten, dass die Gleichung nur die verbrauchte Menge, nicht aber die energetische Leistung erfasst. Außerdem muss die zum Ansatz kommende Zeitspanne festgeschrieben werden, da der fixe Energieverbrauchsanteil E0 zeitabhängig ist. Die Ermittlung dieser energetischen Verbrauchsgleichung ist mit einer einfachen Regressionsanalyse möglich860, wenn eine ausreichende Anzahl an für eine bestimmte Zeitspanne und für denselben Energieverbrauchsbezirk erhobenen Vergangenheitsdaten für die Wertepaare E und P eines Produktionsprozesses verfügbar sind (siehe Abb. 13-4). Es sei hier darauf hingewiesen, dass die Regressionsanalyse lediglich als Hilfsmittel für die quantitative Darstellung von qualitativ bekannten Beziehungen dient – es ist daher die Aufgabe des Energiemanagers, aufgrund seiner Expertise jene Produktionskenngröße zu wählen, die einen kausalen Zusammenhang mit dem variablen Energieverbrauch aufweist. Zur Überprüfung der ausreichenden Kausalität und damit vertretbaren statistischen Streuung dient das Bestimmtheitsmaß B, eine quadratische Funktion des Korrelationskoeffizienten. Empirisch wurden eine Mindestanzahl von ca. 30 Wertepaaren und ein Bestimmtheitsmaß B60% als Kriterien zur für die Praxis geeigneten Verwendbarkeit der Ergebnisse der Regressionsanalyse definiert.861
858
Vgl. Schenkel (1961a)
859
Vgl. Mueller (1943), zit. in Schenkel (1961a), S. 148
860
Vgl. Schenkel (1961), Schenkel (1962)
861
Vgl. Wohinz (1989), S. 142 ff.
e(MWh/t)
E(MWh/CH)
Managementinstrumente 281 _______________________________________________________________________________________________________________________________
1,4 1,2 1,0
2,0
Formelapparat zur einfachen Regression
y e
1,5
E P
E
...
E0 eP x P
.. .. . . ... . . ... Durchschnittscharge
1,0
0,8 0,5 0,6
a bx x
¦ y b x §¨ ¦ x ·¸
a
y bx x
b
x y ¦ x x y ¦ n¦ x ¦ x ¦n
¨ n ¸ ¹ ©
n
2
2
E0 P 0,5
1,0
1,5
E0
Produktionsunabhängiger Energieverbrauch
eP
Produktionsspezifischer Energieverbrauch
P
Produktionskenngröße
n
Anzahl der Messpunkte
2,0
2,5
3,0
Bestimmtheitsmaß B
t/Charge
Stromverbrauch (E) beim Erschmelzen von Grauguss in Abhängigkeit vom kalten Einsatzgewicht (t) je Charge
B
§ ¦ x¦ y ·¸ b x ¨¨ ¦ x x y ¸ n © ¹ x 100 2 y 2 ¦ ¦y n
Statistisch zulässiger Streubereich, wenn
B t 60 %
n t 30
862
Abb. 13-4: Regressionsanalyse zur Ermittlung einer Energieverbrauchsgleichung
Eine wesentliche Voraussetzung für die Verwendbarkeit dieser einfachen Energieverbrauchsgleichung ist der maßgeblich bestimmende Einfluss der ausgewählten Produktionskenngröße auf den Energieverbrauch und die lediglich vernachlässigbare Beeinflussung durch andere Faktoren. Besteht ein merkbarer Einfluss mehrerer Faktoren, so muss die Gleichung um diese Faktoren erweitert werden und die Bestimmung der Gleichung erfolgt mit Hilfe einer Mehrfachregression.863 Phase 2 besteht aus der Produktionsplanung und der Energieverbrauchsplanung anhand der auf Basis empirischer Erkenntnisse angesetzter Energieverbräuche in Abhängigkeit von der Produktionsmenge. Die so erhaltenen Planwerte bilden die Ausgangsbasis für die Normgrößen des Soll-Ist-Vergleichs. Die Plankontrolle in Phase 3 resultiert nach Erfassung von Ist-Produktion und tatsächlichem Energiebedarf schließlich in der Analyse der Energiebedarfsabweichung und den darauf beruhenden Korrekturvorschlägen zur Erreichung der energiewirt862
Vgl. Moor (1985), S. 154 ff., Schenkel (1961)
863
Vgl. Moor (1985), 154
282 Energiekontrolle _______________________________________________________________________________________________________________________________
schaftlichen Zielvorgaben. Die Energiebedarfsabweichung ist eine Mengenabweichung, die sich aus einem produktionsbedingten Anteil und einem energiebedingten Anteil zusammensetzt (siehe Abb. 13-5). Energiebedarfsabweichung Energiebedingte Energiebedarfsabweichung
' EEnergie
EIst ¨EGesamt Energiebedarf E
EPlan
Produktionsbedingte Energiebedarfsabweichung
¨EEnergie
' EPr oduktion
¨EProduktion
ESoll
E Ist E Soll
E Soll E Plan
Gesamte Energiebedarfsabweichung
E0
E
' EGesamt
E0 eP x P
E Ist E Plan
' EEnergie ' EPr oduktion
Ist-Energiebedarf
E Ist PIst PPlan Produktionskenngröße P E0
Produktionsunabhängiger Energieverbrauch
eP
Produktionsspezifischer Energieverbrauch
P
Produktionskenngröße
E0Ist ePIst x P Ist
Plan-Energiebedarf
E Plan
E0Plan ePPlan x P Plan
Soll-Energiebedarf
E Soll
E0Plan ePPlan x P Ist
864
Abb. 13-5: Die Energiebedarfsabweichung
Der produktionsbedingte Anteil resultiert aus einer von der Planproduktionsmenge abweichenden Istproduktionsmenge und ist die Differenz zwischen dem SollEnergiebedarf (geplante Energieverbrauchsgrößen bei Ist-Produktion) und dem PlanEnergiebedarf (geplante Energieverbrauchsgrößen bei Plan-Produktion). Damit stellt er das energetische Pendant zur budgetbezogenen Plan-Ist-Abweichung der flexiblen Plankostenrechnung dar.865 Diese Abweichung hat energetisch nur insofern Relevanz, als dass bei andauernder Abweichung Maßnahmen im Bereich des Lastmanagements oder energetische Kapazitätserweiterungen erforderlich sein können. Der energiebedingte Anteil als Differenz zwischen dem gemessenen Ist-Energiebedarf und dem Soll-Energiebedarf ist jene Abweichung, die auf geänderte fixe oder spezifische Ener864
Vgl. Wohinz (1989), S. 146
865
Vgl. Schweitzer (1998), S. 642
Managementinstrumente 283 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gieverbräuche zurückzuführen ist. Die Ursache für die Abweichung ist daher energetischer Natur und ist im Rahmen der Energiewirtschaft abzuklären. Eine darüber hinausgehende Erhebung der Preisabweichung866 durch Gegenüberstellung der für die Budgetplanung eingesetzten Plan-Energiepreise mit den realisierten Energiepreisen bei Ist-Energiebedarf hat in Hinblick auf zu ergreifende Korrekturmaßnahmen nur geringe Aussagekraft. 13.2.2 Strategische Kontrolle Wenngleich derzeit noch gering bei den Unternehmen ausgeprägt, gewinnt die strategische Kontrolle mit all ihren drei Ausprägungen, der Prämissen-, der Konsistenz und der Durchführungskontrolle an Bedeutung.867 Die Prämissenkontrolle mit Wird-Ist- und Wird-Wird-Vergleichen hinterfragt die Planungsannahmen vor allem in Hinblick auf die nicht beeinflussbaren Kontextfaktoren des energetisch relevanten Umfelds aber auch des Unternehmens. Dies betrifft zunehmend volatile Energiepreisannahmen, Verfügbarkeit von Energieträgern, Marktmechanismen vor allem der leitungsgebundenen Energieträger und politisch-rechtliche Rahmenbedingungen, die häufig zu einer Internalisierung von bis dato externen Kosten führen. Alle diese Faktoren bestimmen maßgeblich die Zusammensetzung des Energieportfolios, Entscheidungen über Eigenstromerzeugung, die strategischen Maßnahmen zur Risikomitigation, den wirtschaftlich rechtfertigbaren Aufwand zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduktion von Emissionen sowie auch Standortentscheidungen. Als geeignetes Instrument bietet sich die Szenarioanalyse868 an, mit deren Hilfe unterschiedliche Umfeldsituationen geschaffen werden, die eine Beurteilung der Auswirkung unterschiedlicher Strategien unter diesen Umfeldbedingungen erlauben. Dabei können einerseits jene Strategien herausgefiltert werden, die sich auch bei geänderten Umfeldbedingungen als stabil erweisen aber andererseits auch jene Kontextfaktoren, die erheblichen Einfluss auf den Erfolg einer bestimmten Strategie haben. Ein weiteres hilfreiches Instrument stellen die sog. schwachen Signale869 in ihren unterschiedlichen Stadien der Früherkennung870 (ausgehend von einer Überzeugung, dass es zu Umbrüchen kommt über Bekanntsein grober Charakterzüge des Umbruchs bis hin zur Kalkulierbarkeit der Auswirkungen) dar, deren geeignete Interpretation eine rechtzeitige strategische Antwort auf sich ändernde Umfeldfaktoren erlaubt.
866
Vgl. Egger (1999), S. 172 ff., Plinke (2002), S. 170 f.
867
Vgl. Müller-Stewens (2003), S. 694 ff., Hahn (2006)
868
Vgl. Geschka (1997)
869
Vgl. Ansoff (1984), S. 352 ff.
870
Vgl. Krystek (2006)
284 Energiekontrolle _______________________________________________________________________________________________________________________________
Konsistenzkontrollen beinhalten sowohl die methodische als auch die inhaltliche Konsistenzkontrolle bei der Festlegung von Zielen und der Erstellung strategischer Pläne.871 Im Verlauf der methodischen Kontrolle wird überprüft, ob ausreichende Informationen als Planungsgrundlage eingeholt und berücksichtigt worden sind und ob der Planungsprozess in seiner vorgegebenen Form eingehalten worden ist. Für diese Form der Kontrolle sind allerdings vordefinierte Planungsrichtlinien erforderlich, die gewissermaßen als Normvorgabe fungieren. Die inhaltliche Konsistenzkontrolle erfasst vertikale und horizontale Stimmigkeit der energiewirtschaftlichen Ziele und Pläne sowohl untereinander als auch mit anderen Teilzielen und -plänen des Unternehmens. Aus energiewirtschaftlicher Sicht ist hier besonders auf eine Abstimmung mit anderen Managementsystemen (vor allem HSE-Managementsysteme), der Technologieentwicklung, der Produktion und der Instandhaltung zu achten (siehe auch Abschnitt 14.3 dieser Abhandlung). Die Durchführungskontrolle ist eigentlich eine Planfortschrittskontrolle zu bestimmten Projektabschnitten, die aufgrund der Langfristigkeit strategischer Maßnahmen oder Projekte erforderlich sind, um die aufrechte voraussichtliche Zielerfüllung zu überprüfen. Dabei wird aufbauend auf einem Soll-Ist Vergleich bezüglich der Erreichung vorgegebener Meilensteine ein Soll-Wird Vergleich durchgeführt, der die auf Basis des Realisationsgrads der Zwischenziele prognostizierte Zielerreichung zum Inhalt hat. 872 Konsequenzen können sowohl zusätzliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Erreichung ursprünglich festgelegter Ziele sein als auch die Änderung der Zielinhalte aufgrund neuer Umfeldbedingungen oder der Erkenntnis, dass die Ziele zu optimistisch formuliert worden sind. 13.3 Koordinationsfunktion Innerhalb des Energiepentagons erfolgt die inhaltliche Harmonisierung vor allem mit Planung und Information, wobei die Kontrolle den Management-Regelkreis schließt und dabei durch das Feedback aus der Abweichungsanalyse ein neuer Planungsanreiz bzw. eine neue Entscheidungsgrundlage geschaffen wird. Planung und Kontrolle werden daher häufig auch als untrennbare und sich ergänzende Funktionen des Managements betrachtet, die für eine kontinuierliche inhaltliche Harmonisierung sorgen.873 Im Rahmen der strategischen Kontrolle kommen der Prämissenkontrolle eine gewisse Zielausrichtungsfunktion und damit auch eine vertikale Koordinierungsaufgabe zu. In besonderem Maße trägt aber die inhaltliche Konsistenzkontrolle sowohl zu einer vertikalen als auch horizontalen technokratischen Koordination sowohl innerhalb des 871
Vgl. Hahn (2006), S. 457 f.
872
Vgl. Hahn (2006), S. 460
873
Vgl. Hahn (2001), S. 45 ff.
Koordinationsfunktion 285 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energiepentagons als auch darüber hinaus mit anderen Teilbereichen des Unternehmens und mit dem energiewirtschaftlich relevanten Umfeld bei.
14 Energiewirtschaftliche Koordination Das zielgerichtete Zusammenspiel der funktionalen Elemente des Energiemanagementsystems, die Einbindung in das übergeordnete System des Unternehmens und der darüber hinausgehende Abgleich mit der energiewirtschaftlich relevanten Umwelt erfordern zusätzlich zur Wahrnehmung der Managementfunktionen eine harmonisierende Koordination. Diese erfolgt auf drei Ebenen. Sie stellt auf der ersten Ebene den Gleichklang innerhalb der Energiewirtschaft sicher, wobei dies einerseits für die Elemente des Energiemanagementsystems sowohl intrafunktional über die drei Managementebenen hinweg als auch interfunktional zwischen den Managementfunktionen und andererseits auch zwischen den einzelnen Abschnitten des innerbetrieblichen Energieflusses erfolgt. Als zweite Ebene kann der Ausgleich mit dem übergeordneten System des Unternehmens betrachtet werden, wobei es hier einerseits um die Einbindung in die auch auf der Unternehmensebene existierenden Managementfunktionen und andererseits um den Abgleich mit anderen Teilbereichen des Unternehmens (beispielsweise die Produktion) geht. Die dritte Koordinationsebene stellt schließlich die Harmonisierung mit der energiewirtschaftlich relevanten Umwelt sicher, wobei dem Energiemanagementsystem dabei neben der eigenen Ausrichtung auf relevante Umweltfaktoren auch die Harmonisierung des gesamten Unternehmens mit den energiewirtschaftlich relevanten Umweltaspekten obliegt. Die dabei zum Einsatz kommenden Koordinationsinstrumente können in strukturelle, technokratische und personenbezogene Instrumente874 differenziert werden (siehe Abschnitte 7.2 und 10.2) und zusätzlich bietet sich noch die Einteilung in isolierte und übergreifende Instrumente875 an. Als isolierte Instrumente werden die Managementfunktionen betrachtet, die ihnen direkt zuordenbare Harmonisierungswirkungen – wie in den vorangehenden Kapiteln beschrieben – entfalten. Energiepolitik, Planung und Kontrolle haben einen starken Anteil an technokratischer Koordination, die Organisation verkörpert die strukturelle Koordination und Personalmanagement und Information tragen sowohl zur technokratischen als auch zur personenbezogenen Koordination bei. Die nicht den Managementfunktionen eindeutig zuordenbaren, übergreifenden Koordinationsinstrumente sind vor allem Kennzahlensysteme unter Einbeziehung der Balanced Scorecard, die Budgetierung und die interne Leistungsverrechnung. Bei Budgetierung und interner Leistungsverrechnung sind hierbei – abgesehen von der zu erfolgenden Einbindung energiewirtschaftlicher Budgetdaten und Verrechnungspreise in die unternehmensweit eingesetzten gleichnamigen Instrumente und einem damit verbundenen Abstimmungsbedarf – keine energiebedingten Besonderheiten zu be874
Vgl. Leavitt (1964)
875
Vgl. Küpper (2001), S. 25 f.
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_14, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
288 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
trachten. Bei der Gestaltung von für die Energiewirtschaft geeigneten Kennzahlensystemen und bei der Einbindung energiewirtschaftlicher Aspekte in die Balanced Scorecard sind hingegen einige energierelevante Spezifika zu berücksichtigen, auf die im nachfolgenden Abschnitt näher eingegangen wird. 14.1 Übergreifende Koordinationsinstrumente Zusätzlich zur bereits von den einzelnen Managementfunktionen wahrgenommenen Koordinierungsfunktion im strukturellen, technokratischen und personenbezogenen Bereich existieren noch darüber hinausgehenden Koordinationsinstrumente, die keinem der Managementfunktionen alleine zuordenbar sind und daher unter der Bezeichnung übergreifende Koordinationsinstrumente zusammengefasst werden können. Ein wesentlicher Aspekt dieser Koordinationsinstrumente ist die unternehmensweite Einbindung einzelner Teilbereiche und Funktionen des Unternehmens. Im Rahmen der energiewirtschaftlichen Koordination sind dies vor allem die technokratischen Koordinationsinstrumente Kennzahlensystem unter besonderer Berücksichtigung der Balanced Scorecard, Budgetierung und interne Leistungsverrechnung – die von Küpper auch in diese Kategorie einsortierten und von den Kennzahlensystemen nur bedingt separierbaren Zielsysteme werden in dieser Abhandlung als isolierte technokratische Koordinationsinstrumente im Rahmen der Planungsfunktion, die auch die Zielvorgabe umfasst, behandelt. Häufig werden diese übergreifenden Koordinationsinstrumente auch als charakteristische Instrumente des Controllings bezeichnet, die diesem zur Wahrnehmung der von ihm zu erfüllenden Koordinationsaufgabe unzweifelhaft zurechenbar sind.876 Ein Budget ist eine zumeist auf Wertgrößen beruhende, formalzielorientierte Planungsvorgabe von bestimmter Verbindlichkeit für einen abgegrenzten Verantwortungsbereich des Unternehmens und für einen eindeutigen, meist kurzfristigen Zeitraum.877 Im Gegensatz zu einer sachzielorientierten und aktions- statt bereichsbezogenen Planvorgabe, wie sie beispielsweise die Maßnahmenplanung darstellt, gibt die Budgetplanung nur einen Handlungsrahmen vor und die Wahl der geeigneten Mittel und Aktionen zur Erfüllung der Budgetvorgaben liegt in der Entscheidungsfreiheit des Budgetverantwortlichen. Das Gesamtunternehmensbudget ergibt sich aus der Summe der Teilbudgets für die einzelnen, nachgeordneten Teilbereiche des Unternehmens.878 Für die Energiewirtschaft bedeutet dies, dass energiewirtschaftliche Aspekte einerseits in mehreren Abteilungsbudgets als energiebezogene Kosten und/oder geplante, abteilungsspezifische Energieprojekte auftauchen und andererseits bei Existenz einer Ener876
Vgl. Küpper (2001), S. 313
877
Vgl. Küpper (2001), S. 318 ff., Göpfert (2000), S. 310 f.
878
Vgl. Egger (1999), S. 57
Übergreifende Koordinationsinstrumente 289 _______________________________________________________________________________________________________________________________
gieabteilung auch ein Budget für diese Abteilung existiert, dessen Zusammensetzung stark davon abhängt, ob diese Abteilung auch eine Eigenstromerzeugung für das Unternehmen betreibt. Im Gegensatz zu dem im folgenden Abschnitt diskutierten Energiekennzahlensystem liegt die koordinierende Wirkung der Budgetierung nicht in einem strukturierten Zusammenführen energetischer Aspekte eines Unternehmens sondern in der durch die Abstimmung der Teilbudgets erfolgten Ausrichtung der Teilpläne und der dafür erforderlichen energierelevanten Aufwendungen auf ein definiertes Unternehmensgesamtziel, dem das aus den Teilbudgets resultierende Gesamtunternehmensbudget gerecht wird.879 Der Güter- und Dienstleistungsverkehr zwischen dezentralen Einheiten eines Unternehmens wird durch intern festgelegte Verrechnungspreise gesteuert, womit sich eine koordinierende Lenkungsmöglichkeit durch die Preisfestlegung ergibt. Die Verrechnungspreise erlauben den Bereichsverantwortlichen das Treffen von Entscheidungen unter nachgestellten Marktbedingungen und damit eine Orientierung an Bereichserfolgen. Durch die Bestimmung der Verrechnungspreise (marktorientiert, kostendeckend oder auch frei verhandelbar) soll bewirkt werden, dass die Optimierung der einzelnen Bereichserfolge letztendlich auch zur unternehmenszielorientierten Maximierung des Gesamtunternehmenserfolgs führt.880 Dies gilt auch für die Energiewirtschaft, wobei es sich bei den Verkaufsobjekten in diesem Zusammenhang in den meisten Fällen entweder um Dienstleistungen und eine entsprechende Verrechnung von Stundensätzen oder aber um die in eigenen Anlagen erzeugten Energieträger Elektrizität, Dampf oder Heißwasser handelt. Umgekehrt werden von der Energiewirtschaft auch Koppelprodukte aus anderen Unternehmensbereichen (Gichtgas, Koksgas, Schwarzlauge, Biomasseabfall, …) eingekauft. Durch eine Festlegung des Preises nicht über dem Marktpreis kann in beiden Fällen beispielsweise der Bezug des unternehmensinternen Produkts im Vergleich zum Bezug eines Konkurrenzprodukts am Markt gefördert werden. Durch die Erstellung eines geeigneten, energiespezifischen Kennzahlensystems lässt sich die Steuerwirkung von Kennzahlen mit einer Koordinationsfunktion verbinden.881 Die Zielorientierung des Systems muss sich dazu an den Gesamtunternehmenszielen und den daraus abgeleiteten Bereichszielen ausrichten. Dabei kommt es auch zu einer unternehmensweiten Erfassung und Zusammenführung von Energieaspekten, womit eine bereichsübergreifende, energiewirtschaftliche Optimierung ermöglicht wird.
879
Vgl. McCarthy (1979), S. 420 f.
880
Vgl. Küpper (2001), S. 378 ff.
881
Vgl. Küpper (2001), S. 348
290 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
14.1.1 Generelle Energiekennzahlensysteme Kennzahlen stellen quantitative Größen dar, die in bewusster Verdichtung und Vereinfachung der komplexen Realität über relevante Sachverhalte und deren Zusammenhänge informieren.882 Dabei kommen sowohl Absolut- als auch Verhältniszahlen zum Einsatz, wobei bei zweiteren zwischen Beziehungszahlen, die verschiedenartige aber in sachlichem Zusammenhang stehende Größen ins Verhältnis setzen, Gliederungszahlen, die den Anteil einer Größe an einer Gesamtmenge angeben und Indexzahlen, die inhaltlich gleichartige aber zeitlich oder örtlich unterschiedliche Größen aufeinander beziehen, zu unterscheiden ist.883 Um den Aussagewert über einzelne Sachverhalte zu erhöhen, werden vorzugsweise nicht isoliert nebeneinander stehende Kennzahlen mit – im ungünstigsten Fall – widersprüchlichen Aussagen verwendet sondern die Kenzahlen werden in einem Kennzahlensystem geordnet. Die darin enthaltenen Kennzahlen stehen in einer sachlich sinnvollen Beziehung, ergänzen sich und/oder erklären einander und sind insgesamt auf einen bestimmten Sachverhalt ausgerichtet.884 Daraus resultiert auch eine stark koordinierende Funktion, die sich bei entsprechender Zielorientierung des Kennzahlensystems in einer Harmonisierung der Einzelentscheidungen auswirkt. Die Klassifizierung solcher Kennzahlensysteme kann nach unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgen, wobei häufig Unterscheidungen nach der Art der Verknüpfung der Kennzahlen und nach der Funktion der Kennzahlensysteme getroffen werden.885 Die Verknüpfung der Kennzahlen erfolgt entweder in einem Ordnungssystem, dass durch sachlogische Zusammenhänge zwischen den Kennzahlen gekennzeichnet ist (beispielsweise das Rentabilitäts-Liquiditäts-Kennzahlensystem von Reichmann/ Lachnitz886) oder in einem Rechensystem, in welchem die einzelnen Kennzahlen formallogisch miteinander verknüpft sind (beispielsweise das DuPont-Kennzahlensystem887). Häufig findet sich auch eine Mischform zwischen diesen beiden (beispielsweise das ZVEI-Kennzahlensystem888). Die Funktion der Kennzahlensysteme kann sowohl analytischer als auch steuernder Natur sein.889 Als analytisches Informationsinstrument liefern sie Entscheidungsprämissen, Beurteilungsgrößen und fungieren als Indikatoren für schwer messbare oder prognostizierbare Tatbestände. 882
Vgl. Göpfert (2000), S. 340, Gladen (2001), S. 12
883
Vgl. Küpper (2001), S. 341 f.
884
Vgl. Reichmann (1976), S. 707
885
Vgl. Bauer (1988), S. 57 ff.
886
Siehe Reichmann (1976)
887
Vgl. Gutternigg (1994), S. 202 f.
888
Siehe ZVEI (1976)
889
Vgl. Staehle (2001), S. 59
Übergreifende Koordinationsinstrumente 291 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Wenn aus den Kennzahlen ein Zielsystem entwickelt wird, dominiert die Steuerungsfunktion mit Zielen zur Planung und Bewertung von Alternativen, Beeinflussung von Mitarbeitern und Kontrollmöglichkeiten.890 Wesentlich bei der Erstellung von Kennzahlensystemen ist, darauf zu achten, dass ein rationelles Arbeiten mit der zur Verfügung gestellten Information möglich ist, indem ein Ausufern der Anzahl an Kennzahlen vermieden wird und eine Konzentration auf die essentiellen Kernbotschaften erfolgt. Gleichzeitig darf die Vollständigkeit des Systems nicht außer Acht gelassen werden und die Erfassung aller wesentlichen Daten muss gewährleistet sein, um falsche Rückschlüsse zu vermeiden. Idealerweise weist das Kennzahlensystem auch eine entsprechende Flexibilität auf, die bei Bedarf die Erweiterungen mit ergänzenden und/oder detaillierenden Kennzahlen zulässt.891 Energiekennzahlen geben in konzentrierter Form Auskunft über betriebswirtschaftliche und technische Sachverhalte der betrieblichen Energiewirtschaft und beinhalten alle Formen von Kennzahlen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Beziehungszahlen zu, die energetische Sachverhalte mit anderen Unternehmenssachverhalten in Relation setzen und somit den Kontext der Energiewirtschaft zum Gesamtunternehmen verdeutlichen. In dieser Form dienen die Energiekennzahlen als Kontrollgrößen der Energiewirtschaft häufig dem innerbetrieblichen und externen Vergleich.892 In Tab. 14-1 werden ausgewählte Energiekennzahlen aufgeführt, thematisch geordnet nach den energiewirtschaftlichen Strategiefeldern, über deren Sachverhalte sie informieren. Eine derartige Auswahl kann immer nur als Gedankenanstoß verstanden werden und muss selbstverständlich für die jeweilige Unternehmenssituation und die daraus resultierenden Informationsbedürfnisse angepasst und erweitert werden. Idealerweise werden die benötigten Informationsinhalte in der Energiebuchhaltung erfasst und zur weiteren Auswertung zur Verfügung gestellt. Häufig stehen in den Unternehmen Aussagen über die anfallenden Kosten (beispielsweise mit den Kennzahlen „EinheitsEinsatzenergiekosten“ und „Energieträgerkostenintensität“), die eingesetzten Mengen (beispielsweise mit der Kennzahl „Energiemengenintensität“) und vor allem in letzter Zeit auch über die damit verbundene Umweltbelastung durch Emissionen (beispielsweise mit der Kennzahl „CO2-Ausstoß pro Jahr“) im Mittelpunkt.
890
Vgl. Küpper (2001), S. 344 ff.
891
Vgl. Reichmann (1976), S. 707 f.
892
Vgl. Wohinz (1989), S. 150
292 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________ Tab. 14-1: Ausgewählte, den Strategiefeldern zugeordnete Energiekennzahlen893 Kennzahl
Berechnung
Zielorientierung
Beschreibung
Energiebeschaffung
Energieges amtkosten >EUR @ Einsatzene rgie >MJ @
EinheitsEinsatzenergiekosten
f Einheit: [EUR/MJ]
f Energiekosten
f Einheit: [%]
f Energiekosten
EBIT E Portfoliom gmt . >EUR @
Ergebnisbeitrag aus Fremdgeschäft
EBIT gesamt >EUR @
f Verhältnis der Energieträgerkosten zum Umsatz des
Unternehmens
Energieträgererneuerbar >MJ @ x 100 Energieträgergesamt >MJ @
Anteil erneuerbarer Energieträger
f Kosten (Energieträger- und Energiesystemkosten)
pro Mengeneinheit Einsatzenergie
Energieträ gerkosten >EUR @ x 100 Unternehme nsumsatz >EUR @
Energieträgerkostenintensität
f Einheit: [%]
f Umwelt-
beeinflussung
f Energieinhaltsbezogener Anteil energetisch
verwerteter, erneuerbarer Energieträger am gesamten Energieträgerbezug für energetische Verwertung f Einheit: [%]
x 100
f Energiekosten
f Beitrag zum operativen Unternehmensergebnis aus
dem Drittgeschäft mit Energieportfoliomanagement
Energieeffizienz
Energiebed arf Herstellun g >kJ @
Energiemengenintensität
>
3
@
2
Herstellun gsmenge kg , m , m , m,... Einsatzene rgie Rückgewinn ung >MJ @ x 100 Einsatzene rgie gesamt >MJ @
Rückgewinnungsanteil
Nutzenergi e>MJ @ x 100 Energiebed arf gesamt >MJ @
Energieproduktivität
f Energiekosten f Umwelt-
beeinflussung f Energiekosten f Umwelt-
beeinflussung f Energiekosten f Umwelt-
beeinflussung
f Einheit: [kJ/kg, m3, m2, m, ….] f Energiebedarf pro Maßeinheit des erzeugten
Produkts f Einheit: [%] f Beitrag der Energierückgewinnung zur
Einsatzenergie f Einheit: [%] f Anteil der Nutzenergie an der gesamten
Energiebereitstellung
Energiequalität · § ¨ vorhandene Energiemen ge >MJ @ ¸ ¸ ¨ ª º ¨¨ benötigte Energiemen ge « MJ Tag » ¸¸ ¬ ¼¹ © Beschaffun gsdauer >Tage @
Engpasssicherheit pro Energieträger
Produktionsausfallszeitfaktor Energiestörungskosten
P roduktions ausfall energiebed ingt >min @ P roduktions ausfall gesamt >min @
x 100
Gesamtkost en Energiestö rung >EUR @ Arbeitsunf älle energiebed ingt ># @
Energiebedingte Arbeitsunfallsquote
Arbeitsunf älle gesamt ># @
x 100
f Versorgungs-
sicherheit f Anpassungs-
fähigkeit f Verfahrenstech-
nische Qualitätsaspekte
f Einheit: [-] f Energieträgerbezogener Reservefaktor (nicht zu
verwechseln mit der Engpassleistung von Kraftwerken)
f Einheit: [%] f Anteil des energiebedingten Produktionsausfalls an
gesamten Stillständen f Einheit: [EUR]
f Energiekosten
f Sicherheit/
Komfort
f Summe der energiebedingten Ausfallkosten
(Materialschaden + Personalkosten + Gewinnentgang + Anlagenschaden) f Einheit: [%] f Anteil energiebedingter Arbeitsunfälle an allen
Arbeitsunfällen des Unternehmens
Energiebedingte Emissionen Emissionsbezogenes Unternehmensrisiko im Bezugszeitraum
n
¦ Risikofaktor x Entsorgungsmenge ª«¬kg a º»¼ i
i
i 1
f Umweltbeein-
flussung
f Einheit: [kg/a] f Unternehmensweite Risikozahl aus den Emissionen
(aufsummiert über alle n Entsorgungsstoffe) f Einheit: [-]
Risikofaktor je Entsorgungsstoff in einem Bezugszeitraum
vorhandene Werte>kg @ x GGF gesetzliche Werte>kg @
f Umweltbeein-
CO2-Ausstoß pro Jahr
CO2 >to @ Jahr>a @
f Umweltbeein-
flussung
flussung
f Kennzahl für das Risiko einzelner Entsorgungsstoffe
(Der Gefahrengewichtungsfaktor GGF resultiert aus den unterschiedlichen Grenzwerten, bezogen auf auf den Wert des mengenmäßig größten Entsorgungsstoffs) f Einheit: [to/a] f Unternehmensbezogener CO2-Aussoß pro Jahr
Energetische Betriebsführung
Energieanlagenintensität Instandhaltungsintensität Energieanlagen
893
Anlageverm ögen Energie >EUR @ Anlageverm ögen gesamt >EUR @
x 100
Insta ndhaltungs kosten Energie >EUR @ Insta ndhaltungs kosten gesamt >EUR @
f Energiekosten f Anpassungs-
fähigkeit
x 100
f Energiekosten f Sicherheit/
Komfort
f Einheit: [%] f In Energieanlagen gebundenes Kapital im Verhältnis
zum gesamten Anlagevermögen f Einheit: [%] f Anteil der Instandhaltungskosen für Energieanlagen
an den gesamten Instandhaltungskosten
Selektiv entnommen aus Bauer (1988), Overath (2001), Gneuß (1997), Posch (1997)
Übergreifende Koordinationsinstrumente 293 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Zur Erhöhung der Aussagequalität und zur Darstellung gegenseitiger Abhängigkeiten eignet sich auch bei Energiekennzahlen die strukturierte Zusammenführung in Energiekennzahlensysteme. Bei der Auswahl der voran gestellten energiewirtschaftlichen Zielgrößen und der dahinterliegenden Energiekennzahlen ist den unternehmensindividuellen Informationsbedürfnissen Rechnung zu tragen, um ein rationelles Arbeiten zu ermöglichen. EKZ - Analysesystem
EKZ - Steuerungssystem
(1) Versorgungssicherheit
Regler 0 Engpasssicherheit
Produktionsausfallszeitfaktor
Stellgröße
(2) Wirtschaftlichkeit Wertmäßig
Energiekosten Energiekostenintensität
Mengenmäßig
Einheitsenergiekosten
Problemfeld 1
Rationeller Energieeinsatz Stellgröße
Energiekosten
Energiemenge
Regler 1 Versorgungssicherheit
Energieproduktivität
Regler 2 Wirtschaftlichkeit Problemfeld 2
(3) Umweltrisiko Entsorgungsstoffe
Durchschnittl. Entsorgungsqualität
Unternehmensrisiko
sachlogische Verknüpfung
Energieanlagen & Entsorgung
Anlagenrisiko
Stellgröße
Regler 3 Umweltrisiko
Anlagenspezifische Entsorgungsstoffe
Problemfeld 3
formallogische Verknüpfung
Abb. 14-1: Struktur des Energiekennzahlensystems nach Bauer
894
Beispielhaft sollen das Energiekennzahlensystem von Bauer895 und das auf den VDMA (Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.) zurückgehende MASTER-Kennzahlensystem896 kurz vorgestellt werden: f Energiekennzahlensystem nach Bauer: Hierbei handelt es sich um ein Mischsystem zwischen Ordnungs- und Rechensystem, das sich an den drei 894
Entnommen aus Bauer (1988), S. 249
895
Siehe Bauer (1988)
896
Siehe Overath (2001), Overath (1999)
294 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
energiewirtschaftlichen Zieldimensionen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeitsstreben und den Schutz von Umwelt und Mitarbeitern ausrichtet. Diese drei Perspektiven bilden mit den dahinterstehenden drei Problemfeldern, die von den mehr als 30 miteinander in Verbindung gebrachten Kennzahlen erfasst werden, gleichzeitig auch die oberste Gliederungsebene des Kennzahlensystems. Im Zentrum des Problemfelds Versorgungssicherheit steht die Kennzahl „Engpasssicherheit“, die in Anlehnung an den häufig zur kapazitiven Charakterisierung von thermischen Kraftwerken verwendeten Reservefaktor ein Maß für die Sicherheit gegenüber Versorgungsengpässen darstellt. Dazu werden entweder die vorhandenen und die benötigten Kapazitäten zueinander ins Verhältnis gesetzt oder aber als zweite Ermittlungsvariante die Relation von vorhandener Energieträgerreichweite zur Beschaffungsdauer gebildet. Die Spitzenkennzahl des Problemfelds Wirtschaftlichkeitsstreben stellen die Einheits-Einsatzenergiekosten dar, die mit der Berücksichtigung von Kostenaspekten und Mengenaspekten sowohl die wertmäßigen als auch die mengenmäßigen Wirtschaftlichkeitstreiber berücksichtigt. Dazu werden im Zähler die anfallenden energierelevanten Kosten und im Nenner die eingesetzten Energiemengen erfasst. Im dritten Problemfeld, das um den Schutz von Umwelt und Mitarbeitern kreist, werden die dahinterliegenden Detailkennzahlen in der entsorgungsstoffbezogenen Kennzahl „Unternehmensrisiko“ zentral in einer Risikobetrachtung zusammengefasst. Diese Betrachtung wird in weiterer Folge auch anlagenbezogen durchgeführt. Dabei werden die Einzelentsorgungsmengen mit einem Risikofaktor multipliziert, der aus nach der Gefährlichkeit der einzelnen Entsorgungsstoffe gewichteten Normüberschreitungsfaktoren resultiert. Anschließend erfolgt eine anlagenspezifische bzw. in weiterer Folge unternehmensweite Aufsummierung der Entsorgungsstoffrisiken (siehe dazu auch Tab. 14-1). Die analytische Funktion wird in enge Beziehung zur steuernden Funktion dieses Kennzahlensystems gebracht, indem ausgewählte Leitkennzahlen der jeweiligen Hauptgliederungsebenen des Analysesystems als Stellgrößen für die Steuerung der jeweils korrespondierenden Regelkreise im Steuersystem Verwendung finden (siehe Abb. 14-1).897 f MASTER-Kennzahlensystem: Bei diesem Kennzahlensystem, das ursprünglich zum energetischen Betriebsvergleich für die Maschinenbauindustrie entwickelt wurde, handelt es sich um ein Ordnungssystem. Knapp 30 Energiekennzahlen werden in 5 Gruppen strukturiert. Dabei wird zwischen betriebswirtschaftlichen, verbrauchsrelevanten, vertragsrelevanten, prozess897
Vgl. zur Verwendung von Kennzahlen zur Unternehmenslenkung im Rahmen von Regelkreismodellen auch Heinen (1976), S. 177 ff.
Übergreifende Koordinationsinstrumente 295 _______________________________________________________________________________________________________________________________
und produktrelevanten sowie umweltrelevanten Energiekennzahlen unterschieden. Die im jeweiligen Anwendungsfall erfolgende branchen- und unternehmensspezifische Auswahl der relevanten Kennzahlen führt im Normalfall zu einem betrachteten Energiekennzahlensystem von 10 – 15 Energiekennzahlen. Durch den Abgleich der eigenen, unternehmensspezifisch erhobenen Kennzahlenwerte mit den in einer Datenbank branchenspezifisch gespeicherten Werten, die aus seit 1987 regelmäßig durchgeführten Befragungen von über 1500 Betrieben stammen, kann eine energetische Standortbestimmung des Unternehmens durchgeführt werden. In der betrieblichen Praxis empfiehlt es sich, eines der bestehenden Energiekennzahlensysteme als Ausgangsbasis für die Bildung eines unternehmensspezifischen Energiekennzahlensystems heranzuziehen. Die Auswahl der geeigneten Kennzahlen richtet sich dabei nach den vorherrschenden, energiewirtschaftlichen Fragestellungen des Unternehmens. Beispielhaft können das die Energieverluste entlang der Produktwertschöpfungskette innerhalb eines Betriebs sein. Eine Untersuchung in einem deutschen Stahlhüttenwerk898 führte in Zusammenhang mit dieser Fragestellung unter Bezugnahme auf das Energiekennzahlensystem von Bauer zur Auswahl von 6 Energieleitkennzahlen („Spezifischer Energieeinsatz“, „Energiekosten“, „Einheits-Einsatzenergiekosten“, „Einsparpotenzial“, „Rückgewinnungsanteil“ und „Nutzungsgrad“), die – schwerpunktmäßig basierend auf der Energielandkarte des Unternehmens – in komprimierter und umfassender Weise Auskunft über den Status der Energiekosten und -verlustsituation des Hüttenwerks geben. 14.1.2 Energiewirtschaftliche Koordination mit der Balanced Scorecard Mit der von Kaplan/Norton zu Beginn der 90er Jahre vorgestellten Balanced Scorecard899 liegt ein inzwischen weithin angewendetes Instrument zur eng an der Unternehmensstrategie ausgerichteten Unternehmenssteuerung vor. Wesentlicher Zweck dieses Instruments ist die Ausrichtung des Gesamtunternehmens an einem einheitlichen Zielsystem und die dahingehende Koordinierung der einzelnen Managemententscheidungen im Unternehmen.900 Konsequenterweise kann die Balanced Scorecard daher als strategische Werttreiberhierarchie betrachtet werden, die die Strategie des Unternehmens durch die strukturierte Darstellung der wesentlichsten erfolgsrelevanten Werttreiber und das Aufzeigen ihrer zumeist sachlogischen Verknüpfung als Ursachen-Wirkungskette mit dem Ziel der Unternehmenswertsteigerung verdeutlicht.901 898
Siehe Kletz (2005)
899
Siehe Kaplan (1997)
900
Vgl. Küpper (2001), S. 367 ff. und Fink (2002)
901
Vgl. Bramsemann (2004)
296 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die im Konzeptnamen zum Ausdruck kommende Ausgewogenheit bezieht sich darauf, dass sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Kennzahlen Verwendung finden, dass mit der Strukturierung in vier Perspektiven eine Balance zwischen extern orientierter (Kapitalgeber und Kunden) sowie intern orientierter Leistungsmessung (Prozesse und Mitarbeiter) gegeben ist und dass daraus auch die gleichzeitige Verwendung von als Leistungstreiber bezeichneten vorlaufenden Indikatoren und von als Ergebnis bezeichneten nachlaufenden Indikatoren resultiert.902 Vertikale Integration Organisationshierarchie
Managementebenen
Holdingebene BSC
Strategie
Kostenführerschaft
Teilziele
Senkung der Energiekosten
Kennzahlen
Energiekostenintensität
Vorgaben
75 ct / kg
Operative Maßnahmen
Ausbau der Energierückgewinnung
Divisionsebene
BSC
BSC
BSC
Abteilungsebene
BSC
BSC
BSC
BSC
BSC
BSC
Abb. 14-2: Vertikale Koordinationsfunktion der Balanced Scorecard
903
Die koordinierende Wirkung der Balanced Scorecard entfaltet sich vorrangig vertikal sowohl über Organisationshierarchien als auch über die Ebenen des Managements (siehe Abb. 14-2). Die Koordination über Organisationshierarchien und Unternehmensebenen hinweg resultiert aus dem kaskadierenden Erstellen von Balanced Scorecards, wobei die Balanced Scorecards der nachgelagerten Unternehmensebenen stets auf die Balanced Scorecards der übergeordneten Unternehmensebenen Bezug nehmen. 902
Vgl. Horváth (2006), S. 141 und - vor allem in Hinblick auf die Bedeutung der Kombination von vorlaufenden und nachlaufenden Indikatoren - Young (2001), S. 293 ff.
903
Vgl. dazu Horváth (2006), S. 153 u. 168
Übergreifende Koordinationsinstrumente 297 _______________________________________________________________________________________________________________________________ 904
Tab. 14-2: Auswahl energiewirtschaftlicher Aspekte der Balanced Scorecard
Finanzen
Teilziele
Kennzahlen
Maßnahmen
f Energiekostenreduktion
f Einheits-Einsatzenergiekosten, Energie- f Optimierung Energiebezugsportfolio,
f Gewinnsteigerung des
f Ergebnisbeitrag aus Fremdgeschäft, …
trägerkostenintensität, Energiestörungskosten, … Fremdgeschäfts
Durchführung Energiesparprojekte, … f Akquisition zusätzlicher Kunden, Kostensenkung
durch Standardisierung, …
f … f Erhöhung von Arbeitssicherheit
Kunden / Märkte
und Komfort f Beibehalt der Flexibilität
f Anzahl energiebedingter Arbeitsunfälle,
Energiebedingte Arbeitsunfallsquote, … f Engpasssicherheit pro Energieträger,
Energiebedingter Rüstzeitanteil, … f Risikoreduktion
f Emissionsbezogenes
f Sicherstellung der
f Produktionsausfallszeitfaktor,
Unternehmensrisiko, Risikofaktor je Entsorgungsstoff, … Versorgungssicherheit
Engpasssicherheit pro Energieträger, …
f Durchführung Sicherheitsaudits, Modernisierung
der Klimaanlagen, … f Aufbau Lagerbestände, Verbesserung der
Bedienbarkeit, Einbau, Einbau von Flexibilität in Versorgungsverträge, … f Einsatz umweltfreundlicher Verfahren und
Materialien, Aufbau eines Umweltmanagementsystems, … f Aufbau von Reservekapazitäten, Einplanung von
Energieträgersubstitution, …
f … f Reduktion des spezifischen
Energieverbrauchs f Emissionsreduktion
f Energiemengenintensität,
Energieproduktivität, … f CO2-Ausstoß pro Jahr,
f Durchführung von Energieanalysen und
Energieeinsparprojekten, Einsatz energiesparender Technologien, … f Ausbau der Energierückgewinnung, Sequestrie-
rung von CO2, Einsatz erneuerbarer Energieformen, … Plankonforme Projektabwicklung f Abweichung von Plankosten und –dauer f Aufbau der Projektmanagement-Kompetenz, bei Energieprojekten, … Standardisierung der Projektabwicklung, … Umsetzung Outsourcingkonzept f Umsetzungsfortschritt, Outsourcingf Abwicklung des Outsourcingprozesses, … Volumen im Energiebereich, … Steigerung der Energiequalität f Produktionsausfallszeitfaktor, f Einbau enegiequalitätsfördernder Bauteile und Energiestörungskosten, … Anlagen, Regelmäßige Durchführung von Energiequalitätsanalysen, … …
Prozesse
Rückgewinnungsanteil, …
f f f
Lernen & Entwicklung
f
f Erhöhung des
f Absolvierte energierelevante
f Aufnahme von Energiethemen in die Leitlinien, Trainingsstunden pro Mitarbeiter, Abhaltung von Trainings, … Umsetzung Kommunikationskonzept, … f Aufbau energiewirtschaftlicher f Energiespezifisches Trainingsangebot, f Einbau von Energietrainings in den und –technischer Kompetenzen Absolvierte Trainingsstunden, Anzahl verpflichtenden Trainingskatalog, Benennung Mitarbeiter mit einschlägiger Ausbildung, eines/mehrerer Energieverantwortlichen/r, … … f Gewährleistung des sicheren f Absolvierte Sicherheitstrainings pro Mit- f Durchführung Sicherheitstrainings, BerücksichtiUmgangs mit Energie arbeiter, Sicherheitsfachkräfteanzahl, … gung bei leistungsabhängiger Entlohnung, … f …
Energiebewußtseins
Die Harmonisierung der Managementebenen erfolgt im Zuge der Erstellung der Balanced Scorecard. Dies beginnt mit der Ableitung der Teilziele für die Strategielandkarte aus der Unternehmensstrategie, wird dann mit der Auswahl geeigneter Kennzahlen zur Messung der Teilzielerreichung fortgesetzt, führt zur Festlegung von zu erfüllenden Vorgabewerten für die Kennzahlen und mündet schließlich in die Festlegung operativer Maßnahmen, um die Teilziele zu erreichen und damit letztendlich die Strategie erfolgreich umzusetzen. Durch diesen Prozess wird die Lücke zwischen strategischer und operativer Ebene äußerst effektiv geschlossen und es wird sichergestellt, dass sich tägliche operative Entscheidungen in letzter Konsequenz an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens orientieren. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn 904
Eigene Zusammenstellung
298 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
sich die quartalsweise zu kontrollierende Erreichung der Vorgabewerte in den Zielvereinbarungen der Mitarbeiter und dem davon abhängigen variablen Vergütungsanteil widerspiegelt. Geringer ausgeprägt aber dennoch vorhanden ist auch eine horizontale Koordinationskomponente zwischen Unternehmensfunktionen. Dies erfolgt indirekt durch die Verknüpfung der Teilziele zu einer Ursachen-Wirkungskette in der Strategielandkarte. Da hinter den Teilzielen häufig mehrere Funktionalbereiche des Unternehmens zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen stehen, führt die Verknüpfung bereits zum Zeitpunkt der Maßnahmenplanung zu einer gegenseitigen Abstimmung der in Abhängigkeit voneinander zu verrichtenden Arbeitspakete. Die Einbindung energiewirtschaftlicher Belange in die Balanced Scorecard und damit eine strategisch geprägte Koordination zwischen der Energiewirtschaft und anderen Bereichen des Gesamtunternehmens kann in drei Ausprägungen erfolgen905: f Integration in die vier konventionellen Perspektiven: Die Einbindung in die vier konventionellen Perspektiven der Balanced Scorecard erfolgt entweder über die Formulierung energiewirtschaftlicher Kennzahlen und/oder Maßnahmen hinter allgemeiner formulierten Teilzielen oder aber über die Formulierung spezifisch energiewirtschaftlicher Teilziele in der Strategielandkarte. Eine derartige Einbindung in Form beider Varianten ist in allen vier Perspektiven denkbar (siehe dazu Tab. 14-2). In den meisten Fällen finden sich jedoch energiewirtschaftliche Teilziele in der Prozessperspektive und in den anderen Perspektiven werden energiewirtschaftliche Kennzahlen und/oder Maßnahmen hinter allgemeiner formulierten Teilzielen eingeordnet. Wenngleich diese Integrationsvariante durch die direkte Einbindung in die strategische Werttreiberhierarchie des Unternehmens den stärksten Integrationscharakter aufweist, hat sie den Nachteil, dass eine Strategielandkarte mit idealerweise nicht mehr als 25 Teilzielen nur eine sehr begrenzte Möglichkeit zu einer detaillierteren Darstellung energiewirtschaftlicher Aspekte bietet. Diese Detaillierung muss dann auf der Kennzahlen- und Maßnahmenebene erfolgen. f Erweiterung um eine energiewirtschaftliche Perspektive: Die grundsätzlich offene Architektur der Strategielandkarten erlaubt bei entsprechender strategischer Bedeutung auch Erweiterungen um weitere Perspektiven.906 Bei entsprechender Bedeutung der Energiewirtschaft für den Unternehmenserfolg ist daher durchaus auch die Erweiterung um eine energiewirtschaftliche Perspektive denkbar. Diese Variante hat den Vorteil, dass die Bedeutung der 905
Vgl. Hahn (2002), S. 54 ff.
906
Vgl. Funkl (2003), S. 232 ff.
Intra-energiewirtschaftliche Koordination 299 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energiewirtschaft deutlich dokumentiert ist und eine detailliertere Darstellung energiewirtschaftlicher Teilziele in der Strategielandkarte existiert. Ein eindeutiger Nachteil ist allerdings die dadurch erfolgende Verstärkung einer isolierten Sichtweise auf die Energiewirtschaft, die ohnehin häufig mit der fehlenden aber notwendigen (Teil-)Integration in andere Unternehmensbereiche zu kämpfen hat. f Erstellung einer energiewirtschaftlichen Balanced Scorecard: Die isolierteste aber gleichzeitig auch detaillierteste Erfassung strategischer, energiewirtschaftlicher Aspekte liegt bei der Erstellung einer dedizierten Energiewirtschafts-Scorecard als Sub-Scorecard zur Unternehmens-Scorecard vor. Diese Variante ist in ihrer Reinform aufgrund des damit verbundenen Zusatzaufwands nur argumentierbar, wenn das Unternehmen eine umfangreiche energiewirtschaftliche Abteilung mit Industriekraftwerk und portfoliobasiertem Energieeinkauf hat. Allerdings trifft man vermehrt auf die separate Erstellung von dedizierten Umwelt- und Sozialscorecards, die ein integriertes Managementsystem für Sicherheit, Umwelt, Gesundheit und Qualität widerspiegeln. In dieser Art von Sub-Scorecards finden sich auch detaillierte energiewirtschaftliche Teilziele. Die Verankerung dieser Energieiwirtschaftsoder Umwelt- und Sozial-Scorecards in den Unternehmens-Scorecards erfolgt üblicherweise durch ein Teilziel in der Strategielandkarte, das die gesamte Sub-Scorecard repräsentiert. Bei der Auswahl einer der drei oben beschriebenen Optionen ist immer eine KostenNutzen Abwägung durchzuführen, da die Implementierung und der fortlaufende Einsatz des Balanced Scorecard Instrumentariums mit zunehmender Anzahl der Perspektiven und Scorecards in einem Unternehmen auch zunehmenden Aufwand verursacht. Daher muss der Grenznutzen einer zusätzlichen Perspektive oder sogar einer zusätzlichen Scorecard immer im Verhältnis zu den korrespondierenden Grenzkosten gesehen werden. In vielen Fällen wird man sich dann für eine Einbindung des energiewirtschaftlichen Aspekts als Teilziel in die vier konventionellen Perspektiven der Strategielandkarte der Unternehmens-Scorecard entscheiden. 14.2 Intra-energiewirtschaftliche Koordination Die erste Koordinationsebene umfasst die Harmonisierung entlang der drei Dimensionen des Energiemanagementmodells und die einheitliche Ausrichtung sowie den Abgleich der einzelnen Abschnitte des innerbetrieblichen Energieflusses. Die intrafunktionale Koordination der Inhalte auf normativer, strategischer und operativer Managementebene nimmt ihren Ausgang in der auf normativer Ebene angesiedelten Energiepolitik, die gewissermaßen den koordinierenden Rahmen der energie-
300 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
wirtschaftlichen Entscheidungen repräsentiert. Die Übersetzung energiepolitischer Vorgaben bis hin zur operativen Ebene erfolgt maßgeblich durch die Energieplanung und die damit verbundene Ausgestaltung einer Zielpyramide. Letztendlich bewirkt dies eine Übersetzung energiepolitischer Vorgaben in strategische und – davon abgeleitet – operative Ziele sowie die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen strategischen und operativen Maßnahmen. Unterstützend kommt die vertikale Koordinationswirkung der Balanced Scorecard hinzu. Vor allem der Brückenschlag zwischen strategischen Zielen und operativen Maßnahmen, die die tägliche Arbeitsroutine determinieren, wird durch dieses übergreifende Koordinationsinstrument sichergestellt. Diese Koordination liegt bereits dem Erstellungsprozess zugrunde, der, ausgehend von den strategischen Zielen, den daraus abgeleiteten Teilzielen in den einzelnen Perspektiven und den Zielvorgaben für die zur Messung der Zielerreichung verwendeten Kennzahlen, in der Festlegung und Zuordnung der erforderlichen operativen Maßnahmen zur Erreichung der Teilziele und damit der energiewirtschaftlichen Gesamtziele gipfelt. Auch die interfunktionale Koordination zwischen den Managementfunktionen des Energiepentagons fußt auf den energiepolitischen Vorgaben, die sich als Richtlinien über die Funktionen hinweg erstrecken. Die Umsetzung des Abgleichs erfolgt zu einem großen Teil im jährlichen Energieplanungsprozess, der alle Funktionen mit einbezieht und damit zu einer gegenseitigen Abstimmung führt. Besondere Bedeutung kommt darüber hinaus der Kopplung von strategischer Planung und Organisation zu, die sich durch die Zusammenführung von richtungsbestimmender Effektivität und Effizienz durch dafür geeignete Strukturen und Prozesse gegenseitig bedingen. Die weitere Umsetzung der daraus resultierenden Vorgaben findet sich dann in den energiebezogenen Kompetenz- und Aufgabenprofilen der Stellenbeschreibungen und den damit einhergehenden Personalmaßnahmen. Den Abschluss findet der Planungszyklus dann nach erfolgten Umsetzungsbemühungen in der Kontrolle, wo mit dem Resultat der Abweichungsanalyse gewissermaßen der Anstoß für den nächsten Planungszyklus gegeben ist. Durch die Zielorientierung bei gleichzeitiger Erfassung mehrerer Funktionen tragen auch Kennzahlenhierarchien wesentlich zur abgestimmten, interfunktionalen Ausrichtung bei. Im Rahmen der Balanced Scorecard findet dieser Abgleich bei der Ausgestaltung der Ursachen-Wirkungsbeziehungen zwischen den Teilzielen der Strategielandkarte statt, da dies automatisch zu einer Abstimmung zwischen den für die Erreichung der jeweiligen Teilziele zuständigen Funktionalbereichen führt. Die stabilisierende Harmonisierung entlang der Zeitachse fußt auf dem durch die Energiepolitik vorgegebenen, zukunftsorientierten Entwicklungspfad, der auf den in der Vergangenheit entstandenen Handlungsmustern aufsetzt und damit die auch für zukunftsgerichtete Erneuerungen erforderliche Kontinuität des Systems gewährleistet. Eine Operationalisierung erfährt die Harmonisierung entlang der Zeitachse in der jähr-
Einbindung in das Unternehmen 301 _______________________________________________________________________________________________________________________________
lichen Mittel- bis Langfristplanung und vor allem auch in den dabei zum Einsatz kommenden Prämissen- und Konsistenzkontrollen. Eine ganzheitliche harmonisierende Wirkung des betrieblichen Energiemanagements, resultierend aus dem Zusammenspiel der als isolierte Koordinierungsinstrumente wirkenden einzelnen Energiemanagementfunktionen, erstreckt sich über die einzelnen Segmente der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette. Durch aufeinander abgestimmte Zielsetzung und Planung, eine den erforderlichen Informationsaustausch und die Koordination fördernde Struktur, eine ein prozessübergreifendes Verständnis fördernde Personalentwicklung, ein empfängerorientiertes Reporting auf Basis eines geeigneten Kostenrechnungssystems und ein rechtzeitiges Aufzeigen kritischer Abweichung im Rahmen von Kontrollen entfaltet sich diese harmonisierende Wirkung. Da sich diese innerbetriebliche Energiewertschöpfungskette über mehrere Organisationseinheiten eines Unternehmens erstreckt, leisten auch überreifende Koordinationsinstrumente einen maßgeblichen Beitrag zur Abstimmung der einzelnen Segmente. Besonders deutlich tritt dies im jährlichen Budgetierungsprozess zutage, wo die für das kommende Jahr geplanten Aufwendungen organisatorischer Einheiten und damit auch die anfallenden energiebezogenen Aufwendungen in einem Unternehmensbudget zusammengeführt und im Laufe dieses Prozesses auf ihre unternehmensweite Konsistenz überprüft werden. Unterstützt wird dieser Abgleich durch den Einsatz aussagekräftiger Kennzahlen sowohl auf operativer Ebene als auch – im Rahmen der Balanced Scorecard – auf strategischer Ebene. Im Allgemeinen ist festzustellen, dass ein funktionierendes Informationsnetzwerk das Rückgrat aller Koordination – sowohl intrafunktional, interfunktional und zeitlich für das Energiemanagementsystem als auch entlang der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette – darstellt. Denn das Vermögen zum Treffen abgestimmter und auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichteter Entscheidungen resultiert in hohem Maß aus der Verfügbarkeit der richtigen Informationen zur richtigen Zeit beim richtigen Empfänger. 14.3 Einbindung in das Unternehmen Generell kommt bei der Einbindung eines funktionalen Teilbereichs wie der Energiewirtschaft die Gesamtheit der isolierten und übergreifenden Koordinationsinstrumente zum Einsatz. Dennoch scheitert die erfolgreiche Implementierung von Teilmanagementsystemen in Unternehmen häufig an der Integrationshürde. Bei dem Versuch, moderne und für die spezifischen Anforderungen des betroffenen funktionalen Teilbereichs des Unternehmens besonders gut geeignete Managementinstrumente zu etablieren, wird immer wieder darauf vergessen, das Teilmanagementsystem und damit auch den gesamten funktionalen Teilbereich in bestehende Systemlandschaften des Unternehmens zu integrieren, sich der etablierten Managementinstrumente zu bedienen und
302 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
dadurch die Koordination mit den anderen Unternehmensbereichen zu forcieren. Das Resultat eines derartigen Vorgehens ist nur allzu oft ein isoliertes Managementsystem mit separatem Berichtswesen, dem es bei den Entscheidungsträgern des Unternehmens an Akzeptanz fehlt und das dadurch in den Hintergrund gedrängt oder aber überhaupt nach kurzer Zeit wieder abgeschafft wird. Um dies zu vermeiden, ist eine in Bezug auf das Unternehmen ganzheitliche Sichtweise erforderlich, die ein ausgewogenes Wechselspiel zwischen der Forcierung des Teilbereichs und der Integration in das Gesamtunternehmen und seine Systemlandschaft ermöglicht.907 Dies bedingt die Existenz eines übergeordneten, unternehmensweiten Orientierungsrahmens, der für alle Teilsysteme Gültigkeit hat. Ein derartiger Orientierungsrahmen kann durch ein generisches (Meta-)Managementsystem geschaffen werden. Ein gelungenes Beispiel, das sich auch sehr gut zur Integration des Energiemanagementsystems eignet, ist das Leobner Generic Management Konzept908. Dieses versteht sich als „… Führungsansatz zum Management unternehmensinterner und -externer Anforderungen und Ansprüche unter Berücksichtigung dynamischer und komplexer Prozesse und Rahmenbedingungen, um damit eine dauerhafte und nachhaltige Unternehmensentwicklung sicherzustellen.“909 Selbstverständlich dürfen im Verlauf der Einbindung Zweck und Ziele des betrieblichen Energiemanagementsystems und der damit gesteuerten Energiewirtschaft nicht aus den Augen verloren werden. Aber bei der Wahl der vorrangig verwendeten Managementinstrumente und der Berichtsstandards sind maßvolle Kompromisse bezüglich eingespielter Unternehmensstandards, die nach einer gewissen Zeit der anhaltenden Akzeptanz auch wieder zugunsten besser für die Energiewirtschaft geeigneter Managementinstrumente korrigiert werden können, angebracht. Um diese Kompromisse in geeigneter Weise einzugehen, ist es vorab erforderlich, sich über die wesentlichen Interdependenzen der Energiewirtschaft mit den anderen Teilbereichen des Unternehmens im Klaren zu sein.910 Für die Veranschaulichung der Intensität der gegenseitigen Einflussnahme von Unternehmensbereichen und Teilbereichen der Energiewirtschaft eignet sich die Darstellung mithilfe einer Einflussmatrix.911 Dies erlaubt sowohl die Beeinflussung des Subsystems „Energiewirtschaft“ durch das übergeordnete System „Unternehmen“ als auch die Einflussnahme energiewirtschaftlicher Entscheidungen auf das Gesamtunternehmen darzustellen (siehe Tab. 14-3). 907
Vgl. Baumgartner (2006), S. 60 ff.
908
Siehe Baumgartner (2006)
909
Zit. Baumgartner (2006), S. 61
910
Vgl. Prüß (2003), S. 196 ff., der die Bedeutung des Verständnisses dieser Interdependenzen für den funktionalen Teilbereich der Anlagenwirtschaft skizziert.
911
Vgl. Vester (2001), S. 196 ff.
Einbindung in das Unternehmen 303 _______________________________________________________________________________________________________________________________ 912
Ma na ge me nt He u. alt Su h/S pp afe ort ty/ Te En ch vir no on log me iee Be nt ntw sch i ckl aff un un g g E in ga ng slo gis Pro tik du ktio n An la g en wir tsc Au ha sg ft an gs l og Ma i stik rke tin g/ V ert Ku rie nd b en die ns t
Tab. 14-3: Wechselseitige Beeinflussung von Energiewirtschaft und Unternehmen
Gesamtunternehmen
Energiewirtschaft
Einfluss der Energiewirtschaft auf das Unternehmen:
Energiemanagement Energieentwicklung Energiebezug Energieumwandlung Energieverteilung Energienutzung E-Abgabe/-Recycling
Einfluss des Unternehmens auf die E-Wirtschaft
Einfluss der EWirtschaft auf das Unternehmen
Einfluss des Unternehmens auf die Energiewirtschaft: ……Zunehmende Beeinflussung
Die Betrachtung des Unternehmens als Wertkette eignet sich in besonderer Weise für die Analyse der – in dieser Darstellungsweise als wertschöpfende Aktivitäten verstandenen – Verknüpfungen von Teilbereichen des Unternehmens.913 Dazu werden die von Porter914 eingeführten Teilbereiche als zu betrachtende Einzelelemente des Unternehmens gewählt, wobei aufgrund der besonderen Bedeutung für die Energiewirtschaft die zumeist als „HSE“ bezeichnete Zusammenfassung der Managementsysteme für Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheit und Umwelt915 sowie die Anlagenwirtschaft916 912
Methodisch angelehnt an Vester (2001), S. 196 ff.; Die Abschätzung der Stärke der Beeinflussung der einzelnen Elemente untereinander resultiert aus mehreren Interviews des Autors mit Entscheidungsträgern energieintensiver Betriebe im Rahmen gemeinsamer EnergiemanagementProjekte und ist als generische Annäherung zu verstehen – jedenfalls sind derartige Abschätzungen unternehmensindividuell durchzuführen, um unternehmensspezifischen Anforderungen gerecht zu werden.
913
Vgl. Welge (2005), S. 250 ff.
914
Vgl. Porter (2000), S. 67 ff.
915
Vgl. Wohinz (1989), S. 251 ff. und Enzler (1999), S. 199 ff.
916
Vgl. Biedermann (2009) und Miyoshi (1994), S. 32 ff.
304 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
als zusätzliche Elemente eingefügt werden (Personalwirtschaft und Unternehmensinfrastruktur werden unter „Management und Support“ eingegliedert). Für die Energiewirtschaft bietet sich ebenfalls die bereits in Abschnitt 6.3 eingeführte Betrachtung als Wertkette mit den dort definierten Einzelelementen – ergänzt um die Energieentwicklung – an. Auf eine Detailbetrachtung der Managementfunktionen wird aus Gründen der Komplexitätsreduktion bewusst verzichtet, da die enge Verknüpfung der Managementfunktionen auf energiewirtschaftlicher Ebene mit den Managementfunktionen auf Unternehmensebene außer Frage gestellt ist. Die insgesamt eher gering ausgeprägte Interdependenz (verdeutlicht durch die aggregierte Darstellung der jeweiligen aktiven Einflussnahme aufeinander) resultiert einerseits aus unumstößlichen physikalischen Gesetzmäßigkeiten als Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft, auf die ein Unternehmen keinen Einfluss hat, und andererseits auf der heterogenen Beeinflussung einzelner Unternehmensbereiche durch die Energiewirtschaft. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gegenseitige Abstimmung einzelner Unternehmens- und Energiewirtschaftselemente in vielen Industriebetrieben einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg liefert. Das bedeutet, dass Energiewirtschaft und ihre Eingliederung in das Unternehmen ab einer bestimmten Bedeutungsschwelle (beispielsweise verdeutlicht mit Hilfe der Energiepotenzialmatrix) aufgrund der damit verbundenen maßgeblichen Beeinflussung wesentlicher Unternehmensaspekte eine wesentliche Rolle spielen und entsprechender Aufmerksamkeit bedürfen. Gleichzeitig kann aber festgestellt werden, dass die Energiewirtschaft in bestimmten Unternehmen auch lediglich eine systemerhaltende Rolle spielen kann.917 14.3.1 Einfluss der Energiewirtschaft auf das Unternehmen Über alle Unternehmenselemente hinweg betrachtet üben das Energiemanagement und der Energiebezug den größten Einfluss auf das Unternehmen aus. Beim Energiemanagement gilt das neben der Beeinflussung des unternehmensweiten Managementsystems durch energiespezifische Festlegungen, die Anforderungen der Umwelt reflektieren und daher auch auf Unternehmensebene übernommen werden müssen, in Hinblick auf Organisation und Ausmaß möglicher Handels- und Bezugsportfoliooptimierungsaktivitäten auch für die Beschaffung, für die generell eng mit der Energiewirtschaft verwobene Produktion und für das Marketing, das für bestimmte Kundensegmente die umweltbeeinflussenden Aspekte der Energiewirtschaft berücksichtigen muss. Durch die im Rahmen der verfahrenstechnischen Möglichkeiten erfolgende Festlegung der bezogenen Energieträger und die vor allem bei leitungsgebundenen Energieträgern relevante Ausgestaltung des Liefervertrags und des daraus resultierenden eigenen Be917
Für eine vertiefende Betrachtung der Bedeutung der Energiewirtschaft für das Unternehmen sei auf Abschnitt 9.2.1 dieser Abhandlung verwiesen.
Einbindung in das Unternehmen 305 _______________________________________________________________________________________________________________________________
darfsumfangs an Portfolio- und Risikomanagement geht ein großer Einfluss des Energiebezugs auf das Gesamtunternehmen aus. Dies spiegelt sich naturgemäß besonders stark in der Beschaffung und der Eingangslogistik wider, hat aber auch merkbaren Einfluss auf das Umweltmanagement, die Technologieentwicklung, die Produktion (sowohl verfahrenstechnisch als auch ablauftechnisch) und die Anlagenwirtschaft. Weiters geht auch eine merkbare aktive Beeinflussung des Unternehmens von Energieentwicklung, Energieumwandlung, Energienutzung und Energieabgabe/-recycling aus. Den größten Einfluss übt die Energieentwicklung durch das Aufbringen energietechnischer Innovationen auf die Technologieentwicklung des Unternehmens aus. Davon betroffen sind in etwas geringerem aber immer noch deutlichem Ausmaß auch HSE, Beschaffung, Produktion und Anlagenwirtschaft, die vor allem technologische Erneuerungen aber teilweise auch organisatorisch-administrative Neuentwicklungen aus der Energieentwicklung heraus für sich übersetzen müssen. Die jeweilige Ausgestaltung der anlagenintensiven Energieumwandlung wirkt sich erwartungsgemäß stark auf erforderliche HSE-Maßnahmen, Technologieentwicklung und Anlagenwirtschaft aus. In der Eingangslogistik macht sich die Energieumwandlung vor allem in der Lagerwirtschaft bemerkbar, da die Auswahl der Umwandlungsvariante einen entsprechenden Energieträgerbedarf von unterschiedlicher Lagerfähigkeit und -notwendigkeit determiniert. Die Energienutzung, die sich vorrangig an den produktionstechnischen Anforderungen orientiert und häufig sogar in die Produktionsanlagen integriert ist, löst vorrangig Aktivitäten in der Technologieentwicklung und der Anlagenwirtschaft aus. Während das Energierecycling vor allem die Technologieentwicklung beeinflusst, hinterlässt die Energieabgabe ihre Spuren in der Ausgangslogistik und – im Falle eines Energieverkaufs – in Marketing und Vertrieb. Die Energieverteilung übt nur geringen aktiven Einfluss aus, der sich auf den technischen Bereich der Technologieentwicklung, der Produktion und der Anlagenwirtschaft beschränkt. 14.3.2 Einfluss des Unternehmens auf die Energiewirtschaft Die mit Abstand am stärksten determinierende Wirkung hat die Produktion auf die Energiewirtschaft. Sie umfasst alle Bereiche der Energiewirtschaft, da verfahrens- und ablauftechnische Vorgaben direkten Einfluss auf Energiemanagement und alle Segmente der Energiewertschöpfungskette nehmen. Umgekehrt sind Verfügbarkeit von Energieträgern und energietechnische Limitierungen auch wesentliche Kontingenzfaktoren der Produktion und wirken sich in der Standortentscheidung aus. Auch HSE, Technologieentwicklung und Anlagenwirtschaft beeinflussen die energiewirtschaftlichen Elemente maßgeblich. HSE hat einerseits ausgeprägten Vorgabencharakter für die Ausgestaltung einzelner Funktionen des betrieblichen Energiema-
306 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
nagements (man denke an Reportinganforderungen oder die strategische Positionierung in Hinblick auf die Energieeffizienz), wirkt sich aber auch direkt auf die technische Umsetzung entlang der Energiewertschöpfungskette aus. Die Technologieentwicklung weist die größte Interdependenz mit der Energieentwicklung auf, wobei hier tatsächlich von einer gegenseitigen Beeinflussung ohne dominante Position eines der beiden Elemente gesprochen werden kann. Vor allem auch auf die eher produktionsnahen Elemente der Energiewertschöpfungskette wie Verteilung, Nutzung und Recycling wirken sich Resultate der Technologieentwicklung gestaltend aus. Wenig überraschend nimmt die Anlagenwirtschaft den größten Einfluss auf Energieumwandlung, verteilung und -nutzung, da diese Bereiche in besonderem Maße von allen Aktivitätsfeldern der Anlagenwirtschaft (von Anlagenprojektierung über Anlagennutzung und instandhaltung bis hin zu Anlagenaussonderung und -ersatz) mitbestimmt werden. Letztendlich nimmt die Anlagenwirtschaft damit auch merklichen Einfluss auf gestaltende Aspekte des Energiemanagements wie beispielsweise die strategische Positionierung oder organisatorische Details. Das Managementsystem des Unternehmens übt erwartungsgemäß einen dominierenden Einfluss auf das Energiemanagementsystem aus, da die einzelnen Funktionen des übergeordneten Managementsystems einen koordinierenden Rahmen für die selbstähnlichen Funktionen des untergeordneten Managementsystems darstellen. Marketingvorgaben wirken sich auf alle jene Bereiche der Energiewirtschaft aus, in denen vorrangig Einfluss auf die mit dem Energieeinsatz verbundene Imagewirkung in Hinblick auf Ressourcenschonung und Umweltbeeinflussung genommen wird. Während sich Beschaffung mit der Beeinflussung des Energiebezugs und Ausgangslogistik mit der Beeinflussung der Energieentsorgung bzw. dem Energieverkauf punktuell auf Elemente der Energiewirtschaft auswirken, sind Eingangslogistik und Kundendienst als Kontingenzfaktoren der Energiewirtschaft zu vernachlässigen. 14.3.3 Managementsystemintegration Ein wesentlicher Managementaspekt besteht in der Bewältigung der Komplexität, mit der das Unternehmen und damit auch die Entscheidungsträger konfrontiert sind. Da sich nach Ashby918 Varietät nur durch Varietät absorbieren lässt, ist zur Ausbalancierung des unterschiedlichen Komplexitätsniveaus der interagierenden Systeme Umwelt und Unternehmen entweder eine Varietätsreduktion oder eine Varietätserhöhung erforderlich. Als wesentliches Hilfsmittel dienen dazu Managementsysteme, die durch Strukturierung und Modellbildung als strukturelle und kognitive Dämpfer bzw. Verstärker fungieren.919 Um der rasch ansteigenden Komplexität mit zunehmender Unter918
Siehe Ashby (1964), S. 206 ff.
919
Siehe dazu im Detail Abschn. 2.3.1.1 dieser Abhandlung
Einbindung in das Unternehmen 307 _______________________________________________________________________________________________________________________________
nehmensgröße gerecht zu werden, zerfällt das Managementsystem des Unternehmens in auf Teilfunktionen und Teilbereiche des Unternehmens ausgerichtete Teilmanagementsysteme. Mit zunehmender Separierung steigt hierbei der Bedarf an Koordination, womit sich ab einem gewissen Entwicklungsgrad die Frage der Integration der nebeneinander bestehenden Teilmanagementsysteme des Unternehmens stellt.920 Mit einer derartigen Integration werden mehrere Ziele verfolgt.921 Dies umfasst f die Aufrechterhaltung der Basisziele der beteiligten Managementsysteme, f die Verfolgung von Effizienzzielen durch Ausschöpfung von Synergiepotenzialen im Zuge der Zusammenlegung, f die Erfüllung von Sicherungszielen in Hinblick auf die Idealvorstellung einer gerichtsfesten Organisation, f das Anstreben von Verbesserungszielen durch Gewährleistung einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und Optimierung des integrierten Systems sowie f schließlich die Berücksichtigung von Flexibilitätszielen durch offene und modulare Gestaltungsweise. Letztendlich muss zwischen den beiden Extrempositionen der absoluten Separierung und des absoluten Verschmelzens der von der Integration betroffenen Teilsysteme ein vernünftiges Mittelmaß angestrebt werden, das dem maximalen Integrationsnutzen entspricht. Untersuchungen zeigen nämlich, dass ab einem bestimmten Integrationsgrad die – diesmal von der zunehmenden Komplexität des integrierten Managementsystems getriebenen – Integrationskosten die Kosteneinsparung durch aus der Zusammenlegung resultierende Synergieeffekte übersteigen.922 Daraus folgen mit zunehmendem Integrationsgrad die Ansätze der Adsorption, der partiellen Absorption, der systemübergreifenden Absorption und der Resorption:923 f Adsorption: Diese eher als Vorstufe zu einer wirklichen Integration zu bezeichnende Variante beruht darauf, dass einem bereits bestehenden Managementsystem „additiv“ die Elemente des hinzukommenden Managementsystems angefügt werden und beide Teilmanagementsysteme als solche bestehen bleiben. Dies wirkt sich vor allem auf der Dokumentationsebene mit der Er920
Zur definitorischen Abgrenzung zwischen Integration, Koordination und Separation siehe Baumgartner (2006), S. 36 – 40 und Felix (1999), S. 41 ff.
921
Vgl. Baumgartner (2006), S. 44, Pischon (1999), S. 293 ff.
922
Vgl. Felix (1999), S. 44 ff.
923
Vgl. dazu Enzler (2000), S. 161 ff., Pischon (1999), S. 302 ff., Baumgartner (2006), S. 46 ff., Seghezzi (2003), S. 274 ff.
308 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
stellung eines gemeinsamen Handbuchs unter Verwendung angepasster Begrifflichkeiten aus. f Partielle Absorption: Wie bei der Adsorption wird auch bei der partiellen Absorption ein bestehendes Managementsystem als „Basissystem“ herangezogen. Die Elemente des hinzukommenden Systems werden ihren Anforderungen nach soweit wie möglich in die einzelnen Elemente des Basissystems integriert. Nicht zur Integration geeignete und daher separat verbleibende Elemente des hinzukommenden Systems werden additiv angeknüpft. Auch hier beschränkt sich die Integration häufig auf die Dokumentationsebene mit integrierten Verfahrens- und Arbeitsanweisungen. f Systemübergreifende Absorption: Bei näherer Betrachtung lässt sich feststellen, dass der Großteil der Teilmanagementsysteme aus Elementen besteht, die sich den drei Bereichen Managementaufgaben, Produktions- bzw. Wertschöpfungsprozess und Querschnittsprozesse zuordnen lassen.924 Bei der systemübergreifenden Absorption werden die Elemente der einzelnen Teilsysteme, die die Managementaufgaben betreffen, herausgehoben und gewissermaßen zu – wie es Adams nennt – einem „Management der Managementsysteme“ zusammengefügt.925 Die verbleibenden fachspezifischen Elemente der einzelnen Teilsysteme, die die Wertschöpfungs- oder Querschnittsprozesse betreffen, verbleiben als Komponenten auf der zweiten Ebene des integrierten Systems und werden soweit wie möglich aneinander angeglichen. f Resorption: Bei der Resorption ist die Kopplung der Teilsysteme so stark, dass es beinahe nicht mehr möglich ist, die Einzelsysteme voneinander zu unterscheiden. In diesem Fall werden die Teilsysteme von den Beteiligten oftmals nur mehr als ein integriertes Gesamtsystem wahrgenommen.926 Als Optionen bieten sich entweder die prozessorientierte Integration mit einer Integration der Systemelemente in die Unternehmensprozesse927 oder aber die vollständige Integration in ein geeignetes Basissystem, dass eine ausreichende Rahmenstruktur vorgibt (z.B. basierend auf dem Leobner Generic Management Konzept928, dem Grazer Konzept für Industrielles Management929, dem St. Galler Management Konzept930, dem EFQM-Excellence Modell931). 924
Vgl. Adams (1995), S. 155
925
Vgl. Adams (1995), S. 161
926
Felix (1999), S. 45
927
Vgl. Enzler (2000), S. 204 ff. u. 259 ff.
928
Siehe Baumgartner (2006)
929
Siehe Wohinz (2003)
930
Siehe Bleicher (2004)
Einbindung in die Umwelt 309 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Die Frage des geeigneten Integrationsgrads stellt sich in diesem Zusammenhang auch für das Energiemanagementsystem. Mit zunehmender Bedeutung der Energiewirtschaft für das Unternehmen und der damit zunehmend personal- sowie anlagenintensiven und inhaltlich spezifischen Ausprägung steigt auch der Grad der Separierung und die Integration wird nicht weit über eine Adsorption hinausgehen. Umgekehrt ist bei geringer Bedeutung durchaus eine Resorption durch Einbau der einzelnen Energiemanagement-Module in andere Teilprozesse des Unternehmens oder aber auch in ein unternehmensweites Managementsystem denkbar. Eine Absorption unterschiedlichen Ausmaßes bietet sich vor allem mit dem Umweltmanagementsystem eines Unternehmens an932, da die Energiemanagement-Module hier in vielen Bereichen als Teilaspekte der Umweltmanagement-Module betrachtet werden können (z.B. Energieeffizienz als Beitrag zur Reduktion der Umweltbelastung, Energiekostenrechnung als Aspekt des Öko-Controllings). Eine stärkere Vereinheitlichung auch in Hinblick auf eine Integration von Elementen des Qualitätsmanagements zusätzlich zu den Umweltmanagement-Elementen wird sich mit der bereits abzusehenden Fertigstellung eines ISO-Standards für Energiemanagement Systeme ergeben, der sich konzeptionell erwartungsgemäß an die für das Umwelt- und das Qualitätsmanagement bestehenden und aneinander angeglichenen Standards ISO 14001 und ISO 9001 anlehnen wird.933 Das in dieser Abhandlung bewusst etwas generischer formulierte EnergiepentagonModell erfüllt in Hinblick auf die Auswahl und Ausgestaltung der Einzelelemente die Voraussetzungen zu einer problemlosen Überführung in eine entsprechende ISONorm und einer weiterführenden Integration. 14.4 Einbindung in die Umwelt Über den intra-energiewirtschaftlichen Fit und den Abgleich mit dem übergeordneten System des Unternehmens hinaus erfolgt auf der dritten Koordinationsebene die Harmonisierung mit der energiewirtschaftlich relevanten Umwelt. Neben der Ausrichtung der Energiewirtschaft auf relevante Umweltfaktoren obliegt dem betrieblichen Energiemanagementsystem dabei vor allem auch die Aufgabe der Harmonisierung des Gesamtunternehmens mit für die Unternehmensentwicklung relevanten energiewirtschaftlichen Aspekten. Damit kommt dem betrieblichen Energiemanagement auch die Rolle eines Rezeptors des Unternehmens für energiewirtschaftliche Signale schwacher oder starker Natur aus der Umwelt des Unternehmens zu, der diese Signale in für Unternehmensentscheidungen relevante Informationen verarbeitet.
931
Siehe Seghezzi (2003), S. 255 ff.
932
Vgl. Wohinz (1989), S. 251 ff., Wohinz (2003), S. 190 ff.
933
Siehe dazu Abschn. 6.2 dieser Abhandlung
310 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
Politik
Energiewirtschaft
Lieferanten
Industriebetrieb
Kunden
Wirtschaft
Technologie
Wettbewerber
Komplementäre
Gesellschaft
934
Abb. 14-3: Energiewirtschaftlich relevante Umweltebenen
Dieser Abgleich erfolgt einerseits mit der branchenspezifischen Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt, die das unmittelbare Aktionsfeld des Unternehmens umfasst (siehe Abb. 14-3). Die Einflussfaktoren dieses Umfeldes wirken direkt und stark auf das Unternehmen ein und gleichzeitig ist auch die Einflussnahme des Unternehmens auf die Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt merkbar vorhanden. Andererseits ist auch ein Abgleich mit der das Unternehmen eher indirekt beeinflussenden Makroumwelt zu suchen. Im Wesentlichen lassen sich die branchenübergreifenden Einflussfaktoren den vier Bereichen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Technologie zuordnen. 14.4.1 Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt Die Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt wird in großem Ausmaß von den darin agierenden Stakeholdern determiniert, deren Beziehungsgeflecht mit dem Unternehmen bzw. mit Teilbereichen des Unternehmens vorrangig für das zu berücksichtigende
934
Vgl. Bausch (2006), S. 198 f., Welge (2005), S. 189 ff.
Einbindung in die Umwelt 311 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Kräftefeld verantwortlich ist.935 Eine für energiewirtschaftliche Themen besonders geeignete Variante ist der von Brandenburger und Nalebuff auf spieltheoretischer Basis entwickelte „Value Net“-Bezugsrahmen.936 Dabei wird zusätzlich zu Wettbewerbern, Lieferanten und Kunden die für energiewirtschaftliche Betrachtungen relevante Stakeholdergruppe der Komplementäre eingeführt, die der für alle Beteiligten Mehrwert kreierenden Kooperation Raum schafft. Dabei kann es sich um Unternehmen mit sich gegenseitig ergänzenden oder sogar sich gegenseitig bedingenden Produkten handeln, die durch ihre Zusammenarbeit Mehrwert für den Kunden schaffen und den Kundenkreis sogar erhöhen, ohne sich gegenseitig Kunden abzuwerben. Gleichzeitig verschwimmt aber auch die Grenze zu den Wettbewerbern, da auch bei Wettbewerbern nur am Rande zu den Kernkompetenzen beitragende Teilbereiche des Unternehmens existieren, die wirtschaftlich sinnvoll vor allem durch Zusammenarbeit gestärkt werden können. Daraus kann beispielsweise den Unternehmen einer Großregion ein gemeinsamer Vorteil im Wettstreit mit außerregionalen Unternehmen erwachsen, der an die Kunden zur Stärkung der Marktposition weitergegeben wird. Dies wäre beispielsweise bei einer die Energiewirtschaft betreffenden Kooperation der Fall. Vorrangig sind also die energiewirtschaftlich relevanten Interaktionen mit den vier Stakeholdergruppen der Wettbewerber, Lieferanten, Kunden und Komplementäre zu berücksichtigen und nach Möglichkeit auch zum Vorteil des eigenen Unternehmens zu beeinflussen: f Wettbewerber: In energiewirtschaftlicher Hinsicht sind bei Wettbewerbern vor allem produktionsnahe Energieanwendungen laufend zu beobachten, da diese oft verfahrenstechnisch eng mit der Produktionstechnologie verknüpft sind. Der Einsatz neuer Technologien oder Verfahren kann daher in diesem Bereich über die direkte Produktauswirkung zu merkbaren Wettbewerbsvorteilen führen, die es im eigenen Unternehmen durch entsprechende Aktivitäten zu neutralisieren gilt. Im Allgemeinen empfiehlt es sich, sich an veröffentlichten energiewirtschaftlichen Branchenindikatoren zu orientieren, um einen Kosten- oder Qualitätsnachteil durch Mängel in der betrieblichen Energiewirtschaft zu vermeiden. f Lieferanten: In Hinblick auf die Energieversorgung ist die wesentliche Schnittstelle hier zwischen dem Energieeinkauf und den Energieversorgungsunternehmen oder im Falle eines eigenen Portfoliomanagements mit verschiedenen Energieanbietern inklusive einer Energiebörse gegeben. Diese Schnittstelle wird von der Ausgestaltung der Energiebezugsverträge geprägt. Im Falle einer Eigenstromversorgung oder des Betriebs großer Energieanla935
Vgl. Müller-Stewens (2003), S. 196 ff.
936
Siehe Brandenburger (1996)
312 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
gen sind hier auch noch Überlegungen hinsichtlich des Betriebs der Eigenstrom- und weiterer Energieanlagen anzustellen. In einigen Fällen lohnt sich die Übergabe des Betriebs in im Einzelfall zu definierendem Ausmaß an einen Energieexperten. Überdies sind in diesem Zusammenhang noch die Kontakte mit Energieberatern und auf die Energiewirtschaft spezialisierten Engineering-Firmen zu erwähnen, wobei hier zumeist dienstleistungsähnliche Projektbeziehungen bestehen. f Kunden: Abgesehen von der Ausnahmesituation, dass Überschussenergie an Kunden weiterverkauft wird und daraus ein gängiges Lieferanten-Kundenverhältnis entsteht, ist hierbei eher an Imageeffekte bei den Kunden der Unternehmensprodukte zu denken. Dies kann der Fall sein, wenn der Kunde aufgrund seiner strategischen Positionierung Wert auf eine ressourcenschonende und mit möglichst geringer Umweltbeeinflussung verbundene Produktherkunft legt. Um auf derartige Anforderungen vorbereitet zu sein, sind entsprechende Trends in den einzelnen Kundensegmenten rechtzeitig zu orten. f Komplementäre: In Unternehmensteilbereichen wie der Energiewirtschaft ist durchaus eine zielgerichtete Kooperation auch mit Wettbewerbern möglich, ohne Wettbewerbsvorteile aufzugeben. Dies kann sich auf den Energieeinkauf und die durch Bündelung erzielbare Preisreduktion beziehen, kann aber auch in der Teilnahme an unternehmensübergreifenden, energietechnischen Ausschüssen münden. Eine besondere Ausprägung erfährt das Konzept der Kooperation mit Komplementären im Falle eines Öko-Industrieparks (beispielsweise sei Kalundborg in Dänemark erwähnt) wo Industrieprozesse über Betriebsgrenzen hin zum gegenseitigen Vorteil abgestimmt werden.937 Die Rolle des betrieblichen Energiemanagements ist hier die einer Schnittstelle des Unternehmens zu den anderen Stakeholdern der Wettbewerbs- und Aufgabenumwelt bezüglich energiewirtschaftlicher Aspekte. Dabei gilt es, dieses Netzwerk laufend zu analysieren, die richtigen Schlüsse zu ziehen und zum Vorteil des eigenen Unternehmens zu beeinflussen. 14.4.2 Makroumwelt Die Makroumwelt beinhaltet jene für eine Branche oder auch darüber hinausgehend gültigen Kontextfaktoren, die häufig indirekt auf die Einzelunternehmen wirken und von diesen als Einzelunternehmen kaum bis gar nicht beeinflusst werden können.938 Eine gängige Segmentierung, die sich auch in Hinblick auf die energiewirtschaftliche 937
Vgl. Tibbs (2000), S. 204 ff.
938
Vgl. Welge (2005), S. 189 ff.
Einbindung in die Umwelt 313 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Relevanz anbietet, führt zu einer Unterteilung der Kontextfaktoren in politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Einflussfaktoren.939 In der Praxis haben sich hierfür die Akronyme „PEST“ oder „STEP“ unter Bezugnahme auf die englische Übersetzung der Segmente (Politics, Economics, Society, Technology) eingebürgert.940 Diese Einteilung, die bei Bedarf auch um weitere Aspekte wie beispielsweise die Ökologie erweitert wird941, nimmt für sich zwar sicherlich keine vollständige Erfassung der möglichen Kontextfaktoren in Anspruch. Nichtsdestotrotz dient sie als geeignete Hilfestellung, um die Berücksichtigung der wichtigsten Umweltaspekte zu garantieren. Daher soll diese Einteilung auch den Rahmen für die Darstellung der energiewirtschaftlich relevanten Einflüsse der Makroumwelt auf ein Unternehmen bilden: f Politik: Gesetzliche Rahmenbedingungen mit energiewirtschaftlichem Inhalt haben einerseits großen Einfluss auf die Marktmechanismen der für das Unternehmen aufgrund seines Energieträgerbedarfs relevanten Energiemärkte und bedingen häufig auch die Internalisierung von bis dato externen Kosten in Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Umwelt. Besonders deutlich haben sich seit Ende des 20. Jahrhunderts die aufgrund der Liberalisierung leitungsgebundener Energieträgermärkte geänderten Marktmechanismen ausgewirkt. Die Internalisierung externer Kosten macht sich mit Beginn des 21. Jahrhunderts vor allem in Zusammenhang mit der Diskussion um die Reduktion von Treibhausgasen und damit einhergehenden Regelmechanismen (beispielsweise einem auf Emissionszertifikaten basierenden Emissionshandel) bemerkbar. Generell kann festgestellt werden, dass der politische Einfluss auf energiewirtschaftliche Fragestellungen sehr hoch ist, da energetische Ressourcenverfügbarkeit und energetische Versorgungssicherheit als Aspekte der nationalen Sicherheit betrachtet werden. f Wirtschaft: Die sich einstellenden Angebots- und Nachfrageverhältnisse auf Energiemärkten und neben anderen Faktoren auch daraus resultierende Energiepreisentwicklungen üben einen großen Einfluss auf Unternehmen aus und können gravierende Maßnahmen bis hin zu Standortentscheidungen nach sich ziehen. Häufig sind Energiepreisentwicklungen – hierbei in besonderem Maß der international wirksame Erdölpreis – eng gekoppelt mit der globalen Wirtschaftsentwicklung, die in besonderem Ausmaß auf Unternehmen einwirkt.
939
Vgl. Müller-Stewens (2003), S. 205 f.
940
Die verbreitete Verwendung dieser Akronyme offenbart sich vor allem bei Eingabe derselben in internetbasierte Suchmaschinen – in der dem Autor vorliegenden wissenschaftlichen Literatur wird die Verwendung der Akronyme dagegen vermieden.
941
Vgl. beispielsweise Kotler (1995), S. 241 ff. und Kreikebaum (1991), S. 33 ff.
314 Energiewirtschaftliche Koordination _______________________________________________________________________________________________________________________________
f Gesellschaft: Das in Hinblick auf die Schonung knapper Ressourcen (z.B. fossile Energieträger) und den aus dem Energieeinsatz resultierenden Umwelteinfluss (jede Form energetisch bedingter Emission) erstarkende Interesse der Gesellschaft lässt Unternehmen ihre Energiepolitik überdenken. Zu einem großen Teil bündelt sich dieses Gesellschaftsinteresse in den Aktivitäten und Forderungen von Interessensgruppen, die sich politisches Gehör verschaffen. Bei entsprechendem gesellschaftlichen Druck mündet dies ultimativ in neue zu befolgende Energiegesetze. f Technologie: Die Entwicklung neuer und die Fortentwicklung bestehender Energietechnologien in der Makroumwelt bedingt starke Impulse für die energiewirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens. Dies gilt sowohl für die Eigenenergieerzeugung, die durch fortschreitende Kraftwerksminiaturisierung an Attraktivität gewinnt als auch für den produktnahen Nutzenergieeinsatz, dessen Weiterentwicklung neue Produktionsverfahren ermöglicht. Darüber hinaus ist davon auch die wirtschaftlich sinnvolle Steigerung der Energieeffizienz in einzelnen Unternehmen massiv betroffen. Im Gegensatz zur Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt, wo durch die stärkere Einflussnahme einzelner Unternehmen auch relativ plötzliche Änderungen zu erwarten sind und eine entsprechende Flexibilität für notwendige Ausweichmanöver oder Gegenangriffe erforderlich ist, bauen sich die Kräfte der Makroumwelt abgesehen von Katastrophenszenarien über längere Zeiträume auf und zeichnen sich durch Trends ab. Ebenfalls im Gegensatz zur Aufgaben- und Wettbewerbsumwelt ist aber dann ein rasches Ausweichmanöver geschweige denn ein Gegenangriff des Unternehmens ohne Standortwechsel nur sehr schwer möglich, da die wirkenden Kräfte großräumig und umfassend auftreten. Um ein rechtzeitiges Ausrichten des Unternehmens auf geänderte Umweltsituationen zu ermöglichen, bedient man sich des Instruments der Frühaufklärung942, die auf der Detektion und Interpretation sog. schwacher Signale943 fußt. Diese sind zwar in ihrer Bedeutung mit recht hoher Unsicherheit behaftet, lassen aber genügend Reaktionszeit bis zum Eintritt des später folgenden Ereignisses. Ein kontinuierliches Verfolgen und Re-interpretieren der sich zu einer Trendaussage verdichtenden Einzelsignale ermöglicht eine mit mehrmaligen Korrekturen erfolgende rechtzeitige Anpassung des Unternehmens an Bedingungen der Makroumwelt. Bei zyklischen Prozessen wie beispielsweise der energiewirtschaftlich äußerst relevanten Ölpreisentwicklung weisen diese Signale auf Umbrüche und eine daraus resultierende Trendumkehr hin, deren frühzeitiges Erkennen strategische Relevanz hat. 942
Vgl. Krystek (2006), Hahn (1983)
943
Vgl. Ansoff (1984), S. 352 ff.
Einbindung in die Umwelt 315 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Operationalisiert wird dieser Anpassungsprozess mit der Szenariotechnik944, mit deren Hilfe mehrere Parallelwelten aufgespannt und entsprechend erfolgversprechende Strategien entwickelt werden. Auf diese wird zurückgegriffen, wenn eines dieser Szenarien eintritt bzw. die Frühwarnsignale auf den Eintritt eines spezifischen Szenarios hinweisen. Für energiewirtschaftlich bedeutende Entwicklungen und daraus resultierende Einflussfaktoren der Makroumwelt übernimmt das betriebliche Energiemanagement die Rolle eines Unternehmensradars mit anschließender Interpretation der aufgefangenen Signale. Wie aus der obigen Betrachtung der einzelnen Umweltsegmente ersichtlich, handelt es sich dabei um eine Vielzahl von Ereignissen, die es zu detektieren und auszuwerten gilt (z.B. politische Diskussionen, Preisentwicklungen, Investitionen, Gesellschaftsströmungen, Patentanmeldungen). Die Herausforderung liegt in der von jedem Unternehmen selbst festzulegenden, richtigen Intensität dieser Aktivitäten, um einerseits keinen wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen Aufwand zu generieren und andererseits keine wesentlichen energiewirtschaftlichen Entwicklungen zu übersehen.
944
Vgl. Geschka (1997), Höhn (1983)
15 Energiewirtschaftliche Entwicklung Um der zentralen Aufgabe einer andauernden und im Vergleich zu Mitbewerbern größeren Wertschöpfung für die Stakeholder des Unternehmens gerecht zu werden, ist eine fortwährende Unternehmensentwicklung erforderlich. Dies kann als Evolution des Unternehmens als produktivem sozialem System im Spannungsfeld der sich ändernden Chancen und Gefahren der Umwelt verstanden werden, die zur laufenden Generierung und Ausschöpfung von Erfolgspotenzialen durch das Unternehmen erforderlich ist.945 Ähnlich dem naturwissenschaftlichen Phänomen der dissipativen Strukturen946, die sich als selbstorganisierende Systeme jenseits des thermodynamischen Gleichgewichts stabil verhalten, wirkt die aus der Evolution resultierende Dynamik mit einem Wechselspiel zwischen Beharrungs- und Veränderungszyklen947 für das Unternehmen stabilisierend. Während die Phasen der Beharrung von kontinuierlicher Verbesserung948 bei der Ausschöpfung von für das Unternehmen bereits zugänglich gemachten Erfolgspotenzialen und der damit verbundenen Nutzung des Erfahrungskurveneffekts949 geprägt sind, sind die Phasen der Veränderung durch Innovationen und das Aufspüren neuer Erfolgspotenziale sowie den damit zumeist auch erforderlichen Umbrüchen in Bezug auf Strukturen und Normen des Unternehmens geprägt.950 Eine wichtige Fähigkeit des Unternehmens zur Bewältigung der im Laufe der evolutionären Entwicklung kontinuierlich erforderlichen Anpassung und Veränderung stellt das organisationale Lernen dar.951 Dieses ist „…der Prozess der Veränderung der organisationalen Wissensbasis, die Verbesserung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz sowie die Veränderung des gemeinsamen Bezugsrahmens von und für Mitglieder der Organisation …“952. Wenngleich das individuelle Lernen eine Voraussetzung des organisationalen Lernens darstellt, so ist eindeutig festzuhalten, dass das organisationale Lernen eine eigenständige, über die Aufaddierung individueller Lernergebnisse hinausgehende Qualität besitzt, die auf der Interaktion der Organisationsmit-
945
Vgl. Bleicher (2004), S. 498
946
Vgl. Prigogine (1980)
947
Vgl. Sommerlatte (1987), S. 9 ff.
948
Vgl. Seghezzi (1996), S. 111 ff.
949
Vgl. Henderson (1984)
950
Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Paradoxien der Unternehmensentwicklung sei auf Bleicher (2004), S. 497 – 588 und die dort angeführten Referenzen verwiesen.
951
Vgl. Pischon (1999), S. 76
952
Zit. Probst (1998), S. 17
W. Posch, Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe, DOI 10.1007/978-3-8349-6645-2_15, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
318 Energiewirtschaftliche Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
glieder beruht.953 Dies bedingt eine gegenseitige Offenlegung und Verfügbarmachung des individuellen Wissens, eine Kommunikation an einen großen Personenkreis und daraus resultierende kollektive Transparenz sowie schließlich die Internalisierung in Form von unternehmensweit gültigen Handlungstheorien.954 Die Ergebnisse des organisationalen Lernens sind für die Organisation als Ganzes relevant und kann von dieser als von ihren Mitgliedern unabhängiges Wissen mit daraus resultierenden Fähigkeiten abgespeichert werden.955 Zurückgehend auf Argyris/Schön lassen sich drei Lernebenen unterscheiden.956 Dies ist erstens das Anpassungs- oder Single-Loop-Lernen, das zu Anpassung und Veränderung der Handlungen im Rahmen bestehender organisatorischer Normen führt. Diese Ebene des Lernens ist vornehmlich in den Phasen der Beharrung zielführend. Die zweite Ebene stellt das Veränderungs- oder Double-Loop-Lernen dar, das sich durch das Hinterfragen der den Handlungen zugrundeliegenden Zielen und Normen auszeichnet und damit zur Bewältigung der Veränderungsphasen erforderlich ist. Schließlich existiert noch die Metaebene des Prozess- oder Deutero-Lernens, auf der die Organisation selbstreflektierend den Lernprozess in Frage stellt und entsprechend der neuen Anforderungen zur Erzielung besserer Ergebnisse abändert. Für die Energiewirtschaft als funktionalen Teilbereich und Subsystem des Unternehmens bedeutet dies, dass sie ebenfalls einer evolutionären Entwicklung mit Anpassungs- und Veränderungsprozessen unterworfen ist. Zu diesem Zweck müssen in den organisationalen Lernprozessen auch energiewirtschaftlich relevante Aspekte berücksichtigt werden.957 Die erforderliche Dynamisierung des betrieblichen Energiemanagements kann in Anlehnung an die Unternehmensentwicklung als energiewirtschaftliche Entwicklung bezeichnet werden. Auslöser für den Anpassungs- oder Veränderungsbedarf für die Energiewirtschaft können entweder im Unternehmen selbst stattfindende Veränderungen sein oder aber auch Änderungen in der energiewirtschaftlich relevanten Umwelt (z.B. neue Technologien, neue Richtlinien, neue Marktregeln). Im zweiten Fall kommt die Funktion des betrieblichen Energiemanagements als Schnittstelle des Unternehmens zur energiewirtschaftlich relevanten Umwelt zum Tragen und die Interpretation und Kommunikation der energetischen Umweltsignale kann den Auslöser für einen Anpassungs- oder Veränderungsprozess des Unternehmens darstellen.
953
Vgl. Pischon (1999), S. 76 f., Probst (1998), S. 19 ff.
954
Vgl. Bennett (1995)
955
Vgl. Pischon (1999), S. 77 u. Probst (1998), S. 21
956
Vgl. Argyris (1978), S. 17 ff. u. Probst (1998), S. 35 ff.
957
Vgl. Felix (1999), S. 30 ff.
Entwicklungsinitiatoren 319 _______________________________________________________________________________________________________________________________
15.1 Entwicklungsinitiatoren Der Anstoß zu Anpassungs- oder Veränderungsaktivitäten erfolgt gewöhnlich aus der Differenz zwischen erwarteten Resultaten und den tatsächlichen Ergebnissen in einem Unternehmen.958 Ursachen für diese Abweichung finden sich sowohl unternehmensintern als auch im Umfeld des Unternehmens. Die Wahrnehmung dieser Abweichung erfolgt entweder erst beim Eintreten der daraus resultierenden Konsequenzen, womit das resultierende Anpassen oder Verändern einer Krisenbewältigung gleichkommt, oder aber bereits vorausschauend im Rahmen von nach vorne gerichteten Analysen, womit eine geordneter Wandel eingeleitet werden kann. Zweiteres wird zumeist mit dem Vorhandensein redundanter Ressourcen (zumeist – auch in deutschsprachiger Literatur – als „organizational slack“ bezeichnet) in Verbindung gebracht.959 Diese steigern nicht nur Flexibilität und Koordinationsvermögen des Unternehmens, sondern stellen auch freie Kapazitäten dar, um im Unternehmen und in der Umwelt nach innovativen Lösungen für anstehende Probleme zu suchen bzw. mögliche Probleme zu antizipieren und bereits vorab Lösungsvarianten zur Vermeidung des Auftretens einer Krise zu entwickeln.960 Ein wesentlicher innerbetrieblicher Motor für die energiewirtschaftliche Entwicklung ist die kontinuierliche Unternehmensentwicklung, die – ähnlich den biologischen Lebenszyklen – im Laufe eines Unternehmenslebenszyklus zu typischen Entwicklungsstadien und damit verbundenen Ausprägungen führt. Dies erlaubt eine Einteilung in vier idealtypische Phasen – die Pionierphase am Unternehmensbeginn, die darauffolgende Wachstumsphase, die anschließende Reifephase und schließlich die Wendephase.961 Die Pionierphase zeichnet sich durch eine von einem Entrepreneur geprägte Gründerzeitmentalität, durch geringe Komplexität, häufige Improvisation und kaum vorhandene organisatorische Strukturen aus. Der Fokus liegt gewöhnlich auf einem sehr begrenzten Produktangebot für eine überschaubare Kundenzahl. Die Vergrößerung der Produktpalette und des Kundenstamms führt zu raschem Wachstum mit sprunghaft ansteigender Komplexität und dem raschen Bedarf nach formalisierten Strukturen und Standards. Das Ausnützen von Erfahrungskurveneffekten steht im Vordergrund und allmählich beginnt auch die Internationalisierung des Unternehmens.
958
Vgl. Probst (1998), S. 49
959
Vgl. Scott (2003), S. 237 f.
960
Vgl. Probst (1998), S. 50 ff.
961
Vgl. Pischon (1999), S. 79 ff., Gomez (1993), S. 153 ff. u. Bleicher (2004), S. 529 ff., der eine feinere Granulierung der Segmente vornimmt und dabei zwischen innerbetrieblich und außerbetrieblich verursachter Entwicklung unterscheidet.
320 Energiewirtschaftliche Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________ Idealtypische Unternehmensentwicklung
Umsatz
Pionierphase f Geringe
Komplexität
Wachstumsphase f Rasche Komplexi-
tätszunahme
Reifephase f Stabile Strukturen
und Abläufe
f Schmale Produkt-
f Schnelle Geschäfts-
f Hochentwickelte
palette/Kleiner Kundenkreis Prägung durch Entrepreneur Intuition / Improvisation dominieren Rudimentäre Organisation Hohe Mitarbeitermotivation
expansion (Multiplikation / Diversifikation) f Lernkurveneffekte f Formalisierung mit Strukturen und Standards f Beginnende Internationalisierung
Managementinstrumente f Konzernstrukturen für internationale Präsenz f Wachstum durch äußere Entwicklung (Akquisition und Kooperation)
f f f f
Wendephase f Festhalten an
Bestehendem f Kurzfristige
Erfolgsorientierung f Stagnation und
Geschäftsrückgang f Verkrustete Struk-
turen und Überadministration f Geringe Mitarbeiter-
motivation f Restrukturierung
oder Auflösung Zeit
Phasenspezifische Anforderungen an das betriebliche Energiemanagement Politik
f Positionierung des Ener-
giethemas durch den Unternehmensgründer f Grobenergieanalyse
Planung
f Kurzfristige Versor-
gungssicherstellung f Einhaltung erforderlicher
Mindeststandards
Organisation
f Minimal- oder
Integrationsorganisation f Wahrnehmung energie-
wirtschaftlicher Aufgaben als Zusatzaufgabe
Personalagenden
Informationsmgmt.
Kontrolle
Koordination
Entwicklung
f Zuweisung der
Energieverantwortung zu einem Mitarbeiter
f Festlegung des
Nutzenpotenzials f Grobziele in Anlehnung
an Unternehmensziele f Zieldefinition und stra-
tegische Positionierung f Identifikation/Umsetzung
erster Energieprojekte f Installation eines
Energiemanagers f Aufbau einer
energiewirtschaftlichen Primärorganisation f Ausformulierung
erforderlicher Fähigkeitsprofile
f Einfache Berücksichti-
f Aufbau der
gung der Energiebezugskosten in der Kostenrechnung
f Erweiterte
f Selektive operative
Kontrolle f Hauptsächlich
personenbezogene Koordination
f Aufrechterhaltung der
Versorgung f Detektion des Über-
gangs zum Wachstum
Energiebuchhaltung Energiekostenrechnung f Aufbau der institutionali-
sierten operativen Kontrolle f Strukturelle, techno-
f Unternehmensweite
Institutionalisierung des betrieblichen Energiemanagements f Soll-Ist Abgleich auf
Assessment Basis f Institutionalisierter
Planungsprozess f Zusätzliche
Sekundärorganisation (Energieausschuss) f Nutzung von
strukturanpassung an das Wachstum
energiewirtschaftlicher Ziele f Strategische
Neupositionierung f Neubewertung von
Energieprojekten f Strukturelle Anpassung f Refokussierung auf
erfolgskritische Energieaufgaben
Konzernsynergien f Motivationsfördernde
Maßnahmen (MbO) f Verpflichtendes Training f Integriertes
Energieberichtswesen f Abgleich mit Öko-
f Maßnahmen zur
Aufrechterhaltung der Motivation f Punktuelle Sonder-
berichte zur Neupositionierung
Controlling f Ausgestaltung strategi-
scher und Weiterführung operativer Kontrolle f Managementsystem-
kratische und personenintegration bezogene Koordinations- f Betriebsübergreifende instrumente Koordination f Übergreifende Koordif Nutzung von nationsinstrumente Komplementären f Vorauseilende Infra-
f Aufrechterhaltung
f Innovationsmanagement
f Gezielte Einzelkontrollen f Gezielte Prämissen-
kontrolle f Einbindung in den
Restrukturierungsprozess
f Change Management
f Imperativ der
Wirtschaftlichkeit
f Abfolge von Adaption
und Umbruch
962
Abb. 15-1: Entwicklungsphasenspezifische Anforderungen an das betriebliche Energiemanagement
Mit dem Erreichen eines bestimmten Sättigungsrades tritt das Unternehmen schließlich in die durch Stabilität und Effizienzorientierung bestimmte Reifephase ein. An diesem Punkt sind die Managementinstrumente sehr gut ausgebaut und den internationalen Anforderungen an ein mehrdivisionales Unternehmen wird zumeist mit einer 962
Eigene Zusammenstellung, methodisch angelehnt an Bleicher (2004), S. 529 ff.
Entwicklungsinitiatoren 321 _______________________________________________________________________________________________________________________________
Konzernorganisation begegnet. Wachstum erfolgt in dieser Phase vor allem durch Akquisitionen und Kooperationen. Das zunehmende Festhalten an bestehenden Werten, Normen und Strukturen, die sich in der Vergangenheit als erfolgreich bewiesen haben, resultiert in Stagnation mit verkrusteten Strukturen. Letztendlich führt dies – begleitet durch eine zunehmende Erosion der Mitarbeitermotivation – zu deutlichem Geschäftsrückgang. An diesem Punkt wird eine Restrukturierung des Unternehmens notwendig, um die Auflösung zu vermeiden und das Unternehmen gewissermaßen als Neubeginn in eine frühere Phase des Lebenszyklus zurückzuversetzen. Erwartungsgemäß haben alle diese vier Phasen unterschiedliche Anforderungen an ein gut funktionierendes betriebliches Energiemanagement und häufig sind krisenhafte Zustände während des Übergangs von einer Phase zur anderen zu bewältigen. Die phasenspezifischen Anforderungen an das betriebliche Energiemanagement führen zu einer gemeinsamen Anpassungs- bzw. Veränderungsorientierung für alle Teilfunktionen des Energiemanagements, um über den ganzen Lebenszyklus den Gesamtfit des Managementsystems zu gewährleisten: f Pionierphase: Die Positionierung des Themas „Energie“ im Unternehmen ist stark von der Einstellung des Unternehmensgründers zu diesem Thema abhängig. Zentraler Aspekt des Energiemanagements in der Pionierphase ist aber in jedem Fall die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung, die den für die Produktion verfahrenstechnisch erforderlichen Mindeststandards entspricht. Die dabei anfallenden Energiekosten spielen eine vergleichsweise geringe Rolle, womit sich auch der energiebezogene Verwaltungs- und Kontrollaufwand in kleinem Rahmen bewegt. In Hinblick auf die Entwicklung ist es besonders wichtig, den Übergang zur Wachstumsphase und den daraus resultierenden Bedarf zur Schaffung von Strukturen und Standards rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. f Wachstumsphase: Spätestens zu Beginn der Wachstumsphase muß im Unternehmen ein ungeteilter Konsens über das Ausmaß der Bedeutung der Energiewirtschaft für den Unternehmenserfolg bestehen. Die Festlegung des Nutzenpotenzials und eine daraus abgeleitete strategische Positionierung der Energiewirtschaft bieten die Basis dafür. Generell ist jedenfalls ein vermehrter Koordinationsaufwand zur Bewältigung der rasch ansteigenden Komplexität erforderlich. Dazu bedarf es der Schaffung organisatorischer Strukturen und der Implementierung technokratischer Koordinationsinstrumente in einem Umfang, der aufgrund der Bedeutung der Energiewirtschaft für das Unternehmen ökonomisch sinnvoll ist. Im Falle einer offensiven oder defensiven strategischen Grundausrichtung bedeutet dies zumindest die Installation eines Energiemanagers und den Aufbau eines Energieberichtswesens mit einer er-
322 Energiewirtschaftliche Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
weiterten Energiekostenrechnung. Für die Entwicklung bedeutet die rasche Expansion eine Abfolge von Phasen des Umbruchs, wenn das Überschreiten kritischer Größenordnungen neue Lösungskonzepte verlangt, und von Phasen kontinuierlicher Verbesserung zur Ausschöpfung des Erfolgspotenzials bis zum nächsten Umbruch. Dies verlangt das Aufrechterhalten einer gewissen Flexibilität durch eher kurzfristige Amortisationszeiten bei Energieprojekten und außerdem eine vorauseilende Infrastrukturanpassung, um das Wachstum der Produktion nicht einzuschränken. f Reifephase: Fokus auf Effizienz und die graduelle Verbesserung einer in den Grundzügen gleichbleibenden Struktur, die die Realisierung konzernweiter Synergiepotenziale ermöglicht, kennzeichnen die Energiewirtschaft in dieser von relativer Stabilität und Verdrängungswettbewerb geprägten Phase. Der Optimierungsbedarf wird mit Hilfe eines Energie-Assessments eruiert und im Rahmen eines mittel- bis langfristigen Energieprogramms erfolgt die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen. Parallell erfolgt mit der Einführung eines Energieausschusses und der Schaffung eines integrierten Managementsystems die Institutionalisierung der Energiewirtschaft. Begleitet werden all diese Maßnahmen von kontinuierlicher Verbesserung der im Rahmen des betrieblichen Energiemanagements zum Einsatz kommenden Managementinstrumente. Externes Wachstum durch Akquisitionen führt eher zur Eingliederung in bestehende Strukturen als zu Erneuerungen. f Wendephase: Hauptaufgabe der Energiewirtschaft ist die Beibehaltung einer das Alte mit dem Neuen verbindenden Kontinuität durch die Weiterverfolgung definierter, energiewirtschaftlicher Ziele in dieser Phase des Wandels und der Neuorientierung. Gleichzeitig bedeutet dies auch für die Energiewirtschaft ein Überdenken wahrgenommener Aufgaben und verwendeter Instrumente im Rahmen einer Refokussierung auf die erfolgskritischen Kernbereiche des Energiemanagements. Neben dem innerbetrieblichen Anstoß zur Weiterentwicklung der Energiewirtschaft existiert auch der Einfluß der Umwelt, der aus der Änderung von Umweltfaktoren resultiert und Anpassungs- oder Veränderungsbedarf hervorruft. Auslöser können energiepolitische Neuerungen, die Änderungen wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, technologische Neu- bzw. Weiterentwicklungen oder auch für Energie- und Umweltfragen sensibilisierte Stakeholdergruppen sein. In diesem Fall reagiert die Energiewirtschaft nicht nur durch eigene Anpassung oder Veränderung sondern fungiert auch als Rezeptor des Gesamtunternehmens für energierelevante Umweltsignale und löst dadurch auch Anpassungs- und Veränderungsaktivitäten des Unternehmens aus.
Energieinnovation 323 _______________________________________________________________________________________________________________________________
15.2 Energieinnovation Eine vorrangige Ursache dafür, dass Umbrüche häufig von herkömmlichen energiewirtschaftlichen Änderungskonzepten und relativ selten von innovativen Energiekonzepten begleitet werden, ist die in vielen Fällen fehlende Information über bereits am Markt existierende Lösungen. Dies führt dazu, dass der für erfolgreiche Innovationen so wichtige Brückenschlag von der im Umfeld bereits existierenden Invention hin zur Implementierung der innovativen Lösung im Unternehmen nicht erfolgt. Ein wesentlicher Schritt zur Beseitigung dieses Hindernisses stellt die Implementierung eines institutionalisierten Energieinnovationsmanagements dar, welches das auf unterschiedliche Marktteilnehmer wie Technologielieferanten, Forschungsinstitutionen, etc. verteilte Wissen über energieeffiziente Technologien und Prozesse strukturiert, internalisiert und einem unternehmensinternen Selektionsprozess sowie der anschließenden Umsetzung zuführt.963 15.2.1 Energieinnovationsraum Zumeist erfolgt die Energieinvention in Hinblick auf einen effektiveren und effizienteren Einsatz von Energie außerhalb des betreffenden Unternehmens. Typischerweise findet man die Inventoren in Firmen, die das Themenfeld „Energie“ als Kernkompetenz betrachten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Energieversorgungsunternehmen, Hersteller von Energieerzeugungs- u. Umwandlungsanlagen, Anbieter besonders energieintensiver Produktionsanlagen, mehr oder weniger universitätsnahe Forschungseinrichtungen, Universitätsinstitute oder auch Beratungsunternehmen. Um aus dieser verstreuten Ansammlung von Ideen die geeigneten herauszufiltern, bedarf es eines auf die unternehmensindividuellen Erfordernisse abgestimmten Rasters, der gewissermaßen das Suchfeld für geeignete Inventionen eingrenzt. Aus diesen Überlegungen folgt der sogenannte Energieinnovationsraum, der von den für das beschriebene Suchfeld relevanten Dimensionen „Produktionsprozess, Energiewertschöpfungskette und Technologiegruppen“ aufgespannt wird (siehe Abb. 15-2). Indem diese drei Dimensionen in ihrer Ausprägung an die individuelle Unternehmenssituation angepasst werden, beschreiben sie das unternehmensspezifische Spielfeld für geeignete Energieinnovationen. Dabei dienen sie einerseits dazu, innovative Lösungsansätze, die sich beispielsweise aus Gesprächen mit Anlagenherstellern ergeben, in strukturierter Weise abzulegen und andererseits dazu, im Anlassfall gezielt nach speziellen Lösungsvarianten suchen zu können.
963
Siehe Posch (2006) und Kepplinger (2007), der die Umsetzung des Energieinnovationsmanagements in einer Papierfabrik erläutert.
324 Energiewirtschaftliche Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Energieinnovationsraum eines Papierbetriebs Thermische Integration/Wärmerückgewinnung Andere Energiespartechnologie Prozessoptimierung Motoren/Pumpen Druckluft Klimatisierung
Holzplatz Zellstofferzeugung Stoffaufbereitung Konstantteil
Produktionsprozess
Sieb-/Pressenpartie Trockenpartie Ausrüstung Lager Gebäude
…Schuhpresse n pe up gr e i log no ch Te
Energiewertkette
Kraftwerk
Energieabgabe / Energierecycling
Energienutzung
Energieverteilung
Energieumwandlung
Energiebezug
Energiemanagement
Weitere
964
Abb. 15-2: Der Energieinnovationsraum
Die Produktionsprozessachse gliedert sich in die Wertschöpfungsstufen des zu betrachtenden Unternehmens. Die Feinheit der Segmentierung des Wertschöpfungsprozesses sollte derart gewählt werden, dass eine gute Übersicht gegeben ist aber kein wesentlicher Einzelaspekt verloren geht. Ein aus energetischer Sicht wichtiger Punkt ist die neben dem Produktionsprozess – zumeist als eigenes Segment – zusätzliche Berücksichtigung der Gebäude, die ganz besonderen energietechnischen Anforderungen unterliegen und zumeist nicht zu vernachlässigen sind (Klimatisierung, Beleuch964
Vgl. Posch (2006)
Energieinnovation 325 _______________________________________________________________________________________________________________________________
tung, Automatisationen, etc.). Ob und in welcher Form der Werksverkehr berücksichtigt wird, hängt vom Einzelfall ab. Außerdem ist es sinnvoll, die Eigenstromerzeugung aufgrund ihrer sehr spezifischen Problemstellung in Hinblick auf das Energiemanagement als eigenen Bereich aufzuführen. Entlang der Dimensionsachse der betriebsinternen Energiewertschöpfungskette muß prinzipiell zwischen Managementaktivitäten und den eigentlichen wertschöpfenden Aktivitäten unterschieden werden. Die wesentliche Überschneidung mit dem Produktionsprozess liegt selbstverständlich im Bereich der Nutzenergieanwendung. Die Dimensionsachse „Technologiegruppen“ führt zur Gliederung der Technologien und Prozesse, die zur Verbesserung der Energieeffizienz und -effektivität führen, in aus technologischer Sicht ähnliche Bereiche. Dies ist erforderlich, weil gewisse Technologien wie beispielsweise Pumpen oder Elektromotoren jeweils sehr spezifische Lösungsansätze zur energetischen Optimierung haben (eben beispielsweise die Bestimmung des optimalen Arbeitspunkts oder drehzahlgeregelte Antriebe) und diese Technologien oft über den gesamten Produktionsprozess hinweg eingesetzt werden. Grundsätzlich ist dabei natürlich zwischen Technologielösungen und Prozessoptimierungen zu unterscheiden. Zweitere sind neben den technischen Anwendungen (z.B. Prozessführungsverbesserung als Ergebnis einer Pinch-Analyse) vor allem auch für den Management-Bereich relevant. Typische Segmente für diese Dimensionsachse sind beispielsweise Hoch- und Niedertemperaturanwendungen, Motoren und Pumpen, Druckluft, Klimatisierung, Beleuchtung, Prozessoptimierungen, etc. 15.2.2 Energieinnovationsprozess Eine wesentliche Voraussetzung zur nachhaltigen Verankerung des Energieinnovationsmanagements in einem Unternehmen ist die Festlegung eines Energieinnovationsprozesses (siehe Abb. 15-3). Dieser dient einerseits dazu, die zumeist vorhandene Lücke zwischen Invention und tatsächlicher Implementierung der innovativen Lösung zu schließen (und nur wenn es auch zum Einsatz der Invention kommt, spricht man von Innovation) und andererseits wird durch den Einbau von Filtern sichergestellt, dass die Innovation ökonomisch zielführend ist. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, gliedert sich dieser Prozess in zumindest drei Phasen, die Ideengenerierung, die Inkubationsphase und die Implementierungsphase.965 Die Inkubationsphase wird häufig noch in zwei Teilabschnitte untergliedert, wobei im Rahmen des ersten Teilabschnitts ein technologisch orientiertes Monitoring mit einer finanziellen Grobabschätzung stattfindet und in der Pilotphase als zweitem Teilabschnitt dann das Pilotprojekt und die detaillierte Investitionsrechnung mit der abschließenden Freigabe zur Implementierung durchgeführt werden. 965
Vgl. Mueller (1987), S. 34
326 Energiewirtschaftliche Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
Der Energieinnovationsprozess
Pilotphase
Komitee
Monitoring
Komitee
Ideengenerierung
Datenbank
Inkubationsphase
Implementierung
f Informationserfassung
f Technologie-Controlling
f Pilotstudie
f Investitionsentscheidung
f Technologie-Monitoring
f Technologie-Reporting
f Investitionsantrag
f Projektrealisierung
f Technologie-Assessment
Abb. 15-3: Der Energieinnovationsprozess
966
Am Ende jeder dieser Phasen werden die Inventionen in Hinblick auf ihre Tauglichkeit gefiltert. Am Ende der Inventionsphase ist dies ein erster grober Abgleich, ob die Invention überhaupt in den unternehmensspezifischen Energieinnovationsraum passt. Nach der Monitoring-Phase findet eine technische und grobe finanzielle Evaluierung als Freigabe für die Pilotphase statt. Abschließend findet nach der Pilotphase dann die Freigabe für die Implementierung statt, wenn das Projekt den unternehmensspezifischen Investitionskriterien entspricht. Im Detail stellt sich das folgendermaßen dar: f Ideengenerierung: Aus der Sicht des betroffenen Unternehmens ist die Phase der Ideengenerierung weniger durch den kreativen Erfindungsprozess sondern vielmehr durch die gezielte Auffindung innovativer Ideen, die sich möglicherweise zur Anwendung eignen, auf dem Markt gekennzeichnet.967 Diese Prozessphase kann deutlich abgekürzt werden, wenn eine Datenbank auf Basis des Energieinnovationsraums angelegt und kontinuierlich befüllt und gepflegt wird. Denn mit zunehmendem und gut strukturiertem Inhalt steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man im Anlassfall die erforderliche innovative Lösung bereits in dieser Datenbank findet. Die entsprechenden innovativen Lösungsvorschläge zum Eintrag in die Datenbank können aus den unterschiedlichsten Gegebenheiten resultieren. Häufig werden Gespräche mit Lieferanten, Kongresse und Seminare oder Fachliteratur die Quelle für neue Einträge sein. Man kann dies aber auch gezielt steuern, indem man in regelmäßigen Abständen eine Trendanalyse bei Forschungsinstituten in Auftrag gibt oder eine von Experten moderierte Diskussion zum Thema „Innovativer Energieeinsatz“ führt und die Resultate in die Datenbank überträgt. Letztendlich ist 966
Vgl. Posch (2006)
967
Vgl. Steger (2005), S. 34 ff.
Energieinnovation 327 _______________________________________________________________________________________________________________________________
der Eintrag in die Datenbank, die nach den Dimensionen des Energieinnovationsraums aufgebaut ist, auch die Überwindung der ersten Hürde. Denn wenn die Innovationsidee sich in diese Struktur in allen drei Dimensionen einfügen lässt, ist sie zumindest prinzipiell für die Anforderungen des Unternehmens geeignet. f Monitoring: Diese Phase zeichnet sich durch eine technisch orientierte Evaluierung der vorliegenden innovativen Lösungsvorschläge aus. Dies erfolgt idealerweise in einem Kreis von unternehmensinternen Experten, die als Gruppe sowohl den Energie- als auch den Produktionsbereich abdecken. In dieser Phase erfolgt auch noch eine vergleichende Abwägung mit anderen Lösungsoptionen. Am Ende dieser Phase werden die Vorschläge einem entscheidungsbefugten Gremium vorgelegt, das über die Weiterverfolgung der innovativen Idee in Form eines Pilotprojekts oder den Abbruch entscheidet. Basis der Entscheidung sind an dieser Stelle vorrangig technische Analysen und eine erste grobe finanzielle Abschätzung. f Pilotphase: Hier wird die innovative Lösung in eingeschränktem Umfang angewendet, um bei unliebsamen Überraschungen den Schaden begrenzt zu halten. Der tatsächliche Ablauf dieses Pilotprojekts hängt stark von der Art des Unternehmens und den konkret zur Anwendung kommenden Inventionen ab. Dementsprechend kann die Dauer dieser Phase auch sehr variieren. Neben der Gewissheit, dass die innovative Lösung auch im Anwendungsfall funktioniert, liefert diese Phase die erforderliche Datenbasis, um mit ausreichender Zuverlässigkeit einen Business Case für die Gesamtimplementierung zu erstellen. Dieser Business Case ist dann die Grundlage für den Investitionsantrag, dessen Annahme oder Ablehnung durch ein entscheidungsbefugtes Gremium die letzte Hürde in dem Innovationsprozess darstellt. f Implementierung: In dieser Phase ist neben der technologischen Umsetzung vor allem auch darauf zu achten, dass die betroffenen Mitarbeiter eine Akzeptanz für die neue Lösung entwickeln. Dies ist vor allem dann erfolgskritisch, wenn mit der neuen Lösung auch eine Umstellung des Arbeitsablaufs einhergeht. In vielen Fällen müssen in dieser Phase auch Schulungskonzepte erstellt und eine entsprechende Mitarbeiterfortbildung durchgeführt werden. 15.2.3 Institutionalisierung der Energieinnovation Um den im letzten Abschnitt beschriebenen Energieinnovationsprozess nicht nach einmaliger Durchführung wieder einschlafen zu lassen, ist eine Institutionalisierung des Energieinnovationsmanagements erforderlich.968 Dies erfolgt einerseits durch eine 968
Vgl. Floyd (1997), S. 183 ff.
328 Energiewirtschaftliche Entwicklung _______________________________________________________________________________________________________________________________
organisatorische Verankerung und andererseits durch eine möglichst benutzerfreundliche Ausgestaltung der Datenbank. Die organisatorische Verankerung hat drei Aspekte, die zu beachten sind. Besonders wichtig – und dies ist in Zusammenhang mit dem kompletten Energiemanagement eines Unternehmens zu sehen – ist die Existenz eines Kümmerers, der sich mit diesem Thema identifiziert und der auch den Rückhalt des Top Managements hat. In den meisten Fällen wird es sich dabei um den Energiemanager des Unternehmens handeln. Große Bedeutung hat auch die regelmäßige Abhaltung von Sitzungen der Entscheidungsgremien – hier eignet sich beispielsweise der Energieausschuss eines Unternehmens. Dieser hat neben einem regelmäßigen Versammlungstermin auch den Vorteil, dass die für Energiefragen wesentlichen Entscheidungsträger beteiligt sind. Damit ist mit unternehmensweiter Akzeptanz der hier gefällten Energieentscheidungen zu rechnen. Abschließend ist auch noch die organisatorische Verankerung des Prozesses sicherzustellen. Idealerweise existiert bereits ein generelles Innovationsmanagement mit entsprechenden Prozessen. In diesem Fall wird der Energieinnovationsprozess an den allgemeinen Innovationsprozess angepasst. Die Verantwortung soll allerdings zumindest inhaltlich beim Energiemanager verbleiben und nicht auf den Innovationsmanager übergehen. Denn ohne diese inhaltliche Verantwortung besteht die Gefahr, dass andere Innovationsthemen zu Lasten des Energiethemas in den Vordergrund gestellt werden. Die Notwendigkeit der EDV-technischen Unterstützung des Energieinnovationsprozess braucht heutzutage kaum mehr erwähnt werden. Zu beachten sind zwei erfolgskritische Aspekte. Einerseits muß darauf geachtet werden, dass die Bedienoberfläche einfach gehalten wird – sowohl in Hinblick auf den Bedienkomfort als auch das Verständnis des Datenbankinhalts quer durch das Unternehmen. Andererseits ist es auch äußerst wichtig, eine möglichst gute Zugänglichkeit zu gewährleisten. Die Berücksichtigung beider Aspekte sorgt dafür, dass keine Berührungsängste mit dem neuen Thema aufkommen und dass auch tatsächlich Ideen in die Datenbank eingetragen werden.
16 Zusammenfassung und Ausblick Die Preise für fossile Energieträger sind innerhalb der letzten Jahre um mehrere hundert Prozentpunkte angestiegen, wobei Erdöl, das derzeit das globale Endenergieportfolio dominiert, die größten Preissteigerungen aufzuweisen hat. Wenngleich Finanzspekulationen auch ihren Anteil an dieser Entwicklung haben und vor allem immer wieder zu kurzfristigen Extremausschlägen in der Preisentwicklung führen, so zeichnen – vor allem bei Erdöl und Erdgas – auch fundamentale physische Marktfaktoren für diese Entwicklung verantwortlich. Die zunehmende Peak-Oil-Diskussion, die inzwischen auf weiter Front das kurz- bis mittelfristige Erreichen eines Fördermaximums für Erdöl postuliert, rückt die Endlichkeit fossiler Ressourcen in das Blickfeld einer breiten Öffentlichkeit. Ein wachsender Ressourcennationalismus, der auf der Verfügungsgewalt einiger weniger Länder über einen Großteil dieser Ressourcen fußt (wenn man von der homogener verteilten Kohle absieht), wird von ressourcenarmen Industrienationen als nationale Bedrohung wahrgenommen. Und schließlich zeichnen sich die noch verbleibenden, für internationale Unternehmen zugängigen Lagerstätten durch hohe Erschließungs- und Förderkosten aus, da sie entweder durch Komplexität oder durch besondere Abgelegenheit charakterisiert sind. Zusammengenommen deuten diese Faktoren eher auf eine zunehmende Verschärfung der Energiesituation als auf eine Entspannung der Energiemärkte hin. Gleichzeitig erlaubt es der im Rahmen einer fortschreitenden Globalisierung der Märkte kontinuierlich zunehmende Wettbewerbsdruck kaum, steigende Kosten der Produktionsfaktoren an die Kunden weiterzugeben. Dies gilt vor allem auch für energieintensive Industriezweige, wo sich ein Wettbewerbsvorsprung aufgrund reifer und leicht zugänglicher Technologien zumeist nur schwer durch Differenzierung entwickeln lässt. Dies führt zu einer stark steigenden Aufmerksamkeit des Managements für Fragen der innerbetrieblichen Energiewirtschaft. Während der Fokus in diesem Zusammenhang bisher auf technischen Fragestellungen gelegen ist, erfordert die derzeitige Situation eine verstärkt betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise, die die Managementthemen rund um die Ressource „Energie“ betont. Im Vordergrund stehen hierbei der Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele, die Abdeckung aller wesentlichen, beeinflussbaren Aspekte der Energiewirtschaft durch einen ganzheitlichen Ansatz und eine friktionslose Integration in das Unternehmensgeschehen. Ein auf die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Energiewirtschaft ausgerichtetes ganzheitliches Energiemanagementsystem, das die damit verbundenen Anforderungen erfüllt und dabei auch Managementinstrumente zur Verfügung stellt, die sich zur Beherrschung der jüngsten Entwicklungen in den Energiemärkten eignen (beispielsweise der Umgang mit der Liberalisierung leitungsgebundener Energiemärkte),
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330 Zusammenfassung und Ausblick _______________________________________________________________________________________________________________________________
wird in der bestehenden Literatur nur in unzureichendem Maße beschrieben. In dieser Abhandlung wird ein Energiemanagement Modell auf Basis der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre vorgestellt, das die für einzelne Industriebetriebe maßgeschneiderte Implementierung eines derartigen ganzheitlichen Energiemanagementsystems ermöglicht. Durch die Einbindung der Energiewirtschaftsziele in die Zielpyramide des Unternehmens erfolgt eine automatische Ausrichtung der energiewirtschaftszielorientierten Tätigkeiten an den Unternehmenszielen. Die Energiemanagementfunktion als Gesamtheit der einzelnen im Energiemanagementsystem gebündelten Funktionen (Planung, Organisation, Personal, Information, Kontrolle) steht zu den originären energiewirtschaftlichen Funktionen (z.B. Energieeinkauf, -umwandlung, nutzung), die in der innerbetrieblichen Energiewertschöpfungskette erfasst sind, in einem komplementären Verhältnis. Sie kann als Querschnittsfunktion betrachtet werden, die in alle originären energiewirtschaftlichen Funktionen steuernd eingreift. Dadurch ist sichergestellt, dass sowohl alle Aspekte des Managements als auch alle Aspekte der energiewirtschaftlichen Wertschöpfung abgedeckt sind. Durch die Nutzung der den Energiemanagementfunktionen inhärenten Koordinationswirkung und den zusätzlichen Einsatz sogenannter übergreifender Koordinationsinstrumente wird nicht nur ein gesamtheitlicher, intra-energiewirtschaftlicher Fit erzielt sondern auch eine Einbindung in das Unternehmen und die energierelevante Umwelt ermöglicht. Zusätzlich führt die Energieentwicklung als dynamische Komponente des Energiemanagementsystems zu einem kontinuierlichen Abgleich mit den im Rahmen der Unternehmensentwicklung durchlaufenen Abschnitten des Unternehmenslebenszyklus und den maßgeblichen Änderungen der energierelevanten Umwelt. Das auf Basis mehrjähriger Forschungsarbeiten entwickelte und in dieser Abhandlung beschriebene Energiepentagon Modell als Ausgangspunkt für den Aufbau von für einzelne Unternehmen maßgeschneiderten Energiemanagementsystemen trägt all den oben angeführten, erforderlichen Charakteristika Rechnung. Es weist drei Dimensionen auf. In der ersten Dimension werden die drei Managementebenen – normativ, strategisch und operativ – abgedeckt, in der zweiten erfolgt die Segmentierung in die fünf Managementfunktionen Planung, Organisation, Personalführung, Information sowie Kontrolle und in der dritten Dimension wird das dynamische Element der Entwicklung abgebildet. Durch die Übereinanderlegung der Modelldimensionen erhält man die einzelnen Elemente des Modells. Diese können als Managementfunktion auf einer bestimmten Managementebene verstanden werden, wobei der Aspekt der übergreifenden Koordinierung und der Entwicklung als jeweils zusätzliches Element betrachtet werden. Fasst man ferner auf normativer Ebene die Managementfunktionen als Energiepolitik zusammen, erhält man eine Systematik von dreizehn eng miteinander in Beziehung stehenden Elementen.
Zusammenfassung und Ausblick 331 _______________________________________________________________________________________________________________________________
In dieser Form liefert das Energiepentagon als Leerstellenmodell ein Gerüst, das sowohl die drei Managementebenen als auch die Managementfunktionen berücksichtigt und besitzt ausreichend Flexibilität und eine dynamische Entwicklungskomponente, um an spezifische Unternehmenssituationen angepasst zu werden. Überdies beinhaltet es Vorschläge für in den dreizehn Modellelementen verortete entscheidungsorientierte Managementinstrumente und deren situativen Einsatz. Damit liefert es einen wichtigen Beitrag zur lösungsorientierten Entscheidungsvorbereitung für das Management des Unternehmens. Dieser praxisorientierte, auf einfachen und anpassungsfähigen Strukturen basierende Ansatz deckt hiermit alle Managementaspekte der Energiewirtschaft ab und erlaubt durch die dem Modell inhärenten Koordinationsinstrumente sowie aufgrund der Entwicklungsfähigkeit des Modells eine sehr gute Integration in das Unternehmen. Der generische, an den allgemeinen Managementfunktionalitäten ausgerichtete Ansatz resultiert in einer hohen Kompatibilität mit anderen Managementsystemen des Unternehmens. Insbesonders ist dabei an eine Absorptionsintegration in die in vielen Unternehmen bereits bestehenden HSEQ-Systeme, die sich häufig an den Standards der Umwelt- oder Qualitätsmanagementsysteme nach ISO orientieren, zu denken. Sicherlich wird der sich derzeit noch im Entwicklungsstadium befindliche ISO Standard für Energiemanagement, der sich im Aufbau an den ISO Umwelt- und Qualitätsstandards orientieren wird, dieser Entwicklung förderlich sein. Besonders interessant erscheint die zukünftige Erweiterung des Managementmodells um die Einbindung von Stoffströmen des Unternehmens. Dies bietet sich aufgrund der ähnlichen Betrachtungsweise von Energie- und Stoffströmen durch das Unternehmen an und entspricht auch dem Trend zu einer gesamtheitlichen Optimierung der energetischen und stofflichen Ressourcen von Unternehmen. Dies könnte in zukünftigen kompetenzbasierten Betrachtungen des Unternehmens häufiger zu Überlegungen führen, die Fähigkeiten, die das Management von unternehmensweiten Energie- und Stoffströmen betreffen, als gebündelte Ressourcenkompetenz zu erfassen. Diese Kompetenz wird sich dann in vielen Fällen als Kernkompetenz des Unternehmens erweisen, was bei einer isolierten Betrachtungsweise von Energie- und Stoffströmen eher als Ausnahme zu werten ist.
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