Stefan Vöth
Dynamik schwingungsfähiger Systeme
Aus dem Programm Technische Mechanik
Klausurentrainer Technische Mech...
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Stefan Vöth
Dynamik schwingungsfähiger Systeme
Aus dem Programm Technische Mechanik
Klausurentrainer Technische Mechanik I-III von J. Berger Lehrsystem Technische Mechanik mit Lehrbuch, Aufgabensammlung, Lösungsbuch sowie Formeln und Tabellen von A. Böge und W. Schlemmer Vieweg Handbuch Maschinenbau herausgegeben von A. Böge Technische Mechanik mit Mathcad, Matlab und Maple von G. Henning, A. Jahr und U. Mrowka Technische Mechanik. Statik von H. A. Richard und M. Sander Technische Mechanik. Festigkeitslehre von H. A. Richard und M. Sander
vieweg
Stefan Vöth
Dynamik schwingungsfähiger Systeme Von der Modellbildung bis zur Betriebsfestigkeitsrechnung mit MATLAB/SIMULINK® Mit 142 Abbildungen
Studium Technik
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Thomas Zipsner Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN-10 3--8348-0111-9 ISBN-13 978-3--8348-0111-1
V
Vorwort Entwicklungszeiten werden heute zunehmend kürzer. Grundlegend ist dies durch den Willen bedingt, Produkte möglichst schnell auf den Markt zu bringen und damit auch maximal das Umsatzpotential auf dem Markt abzuschöpfen. Zudem versprechen kurze Entwicklungszeiten auch einen geringeren Entwicklungsaufwand. Um diese kurzen Entwicklungszeiten umzusetzen, muss der gesamte Entwicklungsprozess möglichst optimal ablaufen. Dies bedeutet insbesondere, Fehlentwicklungen möglichst frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Dabei ist das Risiko ungewünschter dynamischer Systemeigenschaften im Steigen begriffen. Trends wie Gewichtseinsparung, steigende Arbeitsgeschwindigkeiten, zunehemende Prozessdynamik und wachsender Qualitätsanspruch lassen bisher akzeptierte Lösungen nicht mehr zu. Ein Schlüssel zur Reduktion der Entwicklungszeiten im Zeichen dieser Trends liegt in der virtuellen Produktentwicklung. Durch rechentechnische Untersuchung der Produkteigenschaften anhand von Modellen können diese frühzeitig erkannt und gesteuert werden. Damit können dem endgültigen Produkt mit hoher Wahrscheinlichkeit die gewünschten Eigenschaften verliehen werden. Mit den nachfolgend dargestellten Inhalten werden Methoden vorgestellt, die die Analyse des dynamischen Verhaltens mechanischer Systeme ermöglichen. Im Wesentlichen wird auf diskrete Modelle eingegangen. Diese haben eine weit reichende Aussagekraft, sind in der Regel relativ einfach aufzubauen und auch mathematisch zu behandeln. Die sich ergebenden Gleichungssysteme werden meist durch numerische Integration gelöst. Hierdurch ist auch die Berücksichtigung von nichtlinearen Systemeigenschaften und von komplexen, zeitlich veränderlichen Lasten kein Problem. Umfangreiche Modelle aufzubauen ist oft einfach. Weitgehend problematischer ist die Interpretation der aus diesen Modellen resultierenden Ergebnisse. Deshalb wird der Frage eines möglichst einfachen Modells Aufmerksamkeit geschenkt. So werden die Fragen behandelt, wie viele diskrete Massen tatsächlich für eine Abbildung sinnvoll sind, welche Konsequenzen die Annahme von Dämpfungsfreiheit hat und worin der Übergang zu einem starren System mündet. Die Lösung der hier behandelten Themen hat zum Teil einen erheblichen rechentechnischen Aufwand zur Folge. Zweckmäßig ist es, diesen einer geeigneten Software zu übertragen. Hier kommt dafür die Software MATLAB/SIMULINK® zum Einsatz, ein Werkzeug, das sich für viele mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Anwendungen in der Praxis zu einem Standard entwickelt hat. Zu allen Beispielen des Buches können die zugehörigen Dateien unter www.applieddesign.de im Verzeichnis Veröffentlichungen herunter geladen werden. Die Berechnung von Schwingungen setzt die Anwendung bestimmter mathematischer Methoden voraus, die nicht immer ausreichend präsent sind. Deshalb werden Aspekte wie Matrizenrechnung, Komplexe Zahlen und Numerische Integration in dem hier erforderlichen Umfang kurz vorgestellt. Um die Lesbarkeit des Buches zu gewährleisten, sind diese Punkte im „Anhang: Mathematische Methoden“ zusammengefasst. Ziel dieses Buches ist es zunächst, wesentliche Grundlagen der Dynamik diskreter Systeme darzustellen. Darauf aufbauend wird anhand von Beispielen die praktische Anwendung dieser Kenntnisse aufgezeigt. Besondere Beachtung findet dabei die Bearbeitung der Aufgaben und die Interpretation der Ergebnisse. Durch diese durchgängige Darstellung wird der Leser möglichst schnell in die Lage versetzt, eigene Fragestellungen anzugehen und zu lösen. Mit seinem Inhalt richtet sich das Buch an Studierende des Maschinenbaus und des Bauingenieurwesens. Angesprochen sind dabei u.a. Hörer von Veranstaltungen wie Antriebstechnik, Fördertechnik, Konstruktion, Maschinendynamik oder Baudynamik. Die durchgängige Darstel-
VI lung der Thematik ermöglicht es den Studierenden, alle Schritte der Bearbeitung von Aufgaben nachzuvollziehen und zu erarbeiten. Der an der Praxis orientierte Zugang macht das Buch allerdings auch für Ingenieure in Unternehmen interessant, die sich mit der Entwicklung und Konstruktion von Produkten befassen und dabei Schwingungen zu behandeln haben. Hier bietet das Buch einen schnellen Zugang, der eine zielgerichtete Behandlung von Praxissituationen im industriellen Umfeld ermöglicht. Ich freue mich, wenn Ihnen dieses Werk bei Ihren Aufgaben weiterhilft. Die Inhalte sind nach bestem Wissen ausgearbeitet. Trotzdem ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass die Darstellungen im Einzelfall nicht eindeutig oder gar unkorrekt sind. Insofern bin ich für entsprechende Hinweise an den Verlag dankbar. Eine Haftung für die Inhalte und deren Anwendung kann nicht übernommen werden. Abschließend bedanke ich mich bei allen, die zur Erstellung des Buches beigetragen haben. Besonders erwähnen möchte ich dabei die erfreuliche, konstruktive Zusammenarbeit mit dem Lektor, Herrn Zipsner. Velbert im Juli 2006
Stefan Vöth
VII
Inhalt 1
Einführung .......................................................................................................................... 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
2
Systemparameter .............................................................................................................. 14 2.1 2.2
Allgemeines ............................................................................................................ 14 Massen .................................................................................................................... 14
2.3
Steifigkeiten ......................................................................................................... 16 2.3.1 Beispiel: Ermittlung der Ersatzsteifigkeit ................................................... 18 Dämpfungen............................................................................................................ 20 Parameterbestimmung............................................................................................. 23 Systemvereinfachung .............................................................................................. 23 Maxwell-Element.................................................................................................... 24 Kelvin-Voigt-Element............................................................................................. 25
2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 3
Einmassenschwinger......................................................................................................... 28 3.1
3.2
3.3 3.4 3.5 4
Schwingungserscheinungen in der Technik .............................................................. 1 Klassifikation der Systeme........................................................................................ 3 Mathematische Beschreibung ................................................................................... 5 1.3.1 Beispiel: Allgemeiner Schwingungsvorgang ................................................ 8 Harmonische Analyse ............................................................................................... 9 Lissajous Figuren .................................................................................................... 11
EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung ................................................................... 28 3.1.1 Beispiel: Zeitverläufe Einmassenschwinger ............................................... 30 3.1.2 Beispiel: Einmassenschwinger unter Schwerkrafteinfluss .......................... 33 3.1.3 Energieerhaltung schwingender Systeme.................................................... 34 3.1.4 Beispiel: Energieinhalt Einmassenschwinger.............................................. 36 3.1.5 Beispiel: Pendel........................................................................................... 37 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung ..................................................................... 40 3.2.1 Coulomb´sche Reibung............................................................................... 40 3.2.2 Beispiel: Coulomb´sche Reibung................................................................ 45 3.2.3 Viskose Reibung ......................................................................................... 49 3.2.4 Beispiel: Variation des Lehr’schen Dämpfungsmaßes................................ 52 3.2.5 Beispiel: Gedämpfter Pendelstab ................................................................ 56 EMS ohne Dämpfung, mit Kraftanregung .............................................................. 59 3.3.1 Beispiel: Auswuchten starrer Rotoren......................................................... 63 EMS mit Dämpfung, mit Kraftanregung................................................................. 66 EMS mit Weganregung........................................................................................... 70 3.5.1 Beispiel: Fahrwerk eines Automobils ......................................................... 74
Mehrmassenschwinger ..................................................................................................... 79 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6
Differentialgleichungssystem.................................................................................. 79 Reduktion auf erste Ordnung .................................................................................. 81 Numerische Lösung des DGL-Systems .................................................................. 82 4.3.1 Beispiel: Zeitbereichsanalyse eines Fahrwerks ........................................... 86 Tilgung.................................................................................................................... 93 Fundamentlasten ..................................................................................................... 96 Eigenverhalten ........................................................................................................ 97
VIII 4.7
5
Starrkörperkinetik ......................................................................................................... 119 5.1
6
7.3 7.4 7.5
Konzept ................................................................................................................. 144 Beanspruchung...................................................................................................... 144 7.2.1 Klassierverfahren ...................................................................................... 145 Beanspruchbarkeit................................................................................................. 145 Nachweis............................................................................................................... 147 7.4.1 Beispiel: Dynamische Festigkeitsrechnung............................................... 148 Regelwerke ........................................................................................................... 155
Anhang: Mathematische Methoden .............................................................................. 156 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
9
Skalare Schreibweise ............................................................................................ 133 Matrizenschreibweise............................................................................................ 138
Betriebsfestigkeitsrechnung........................................................................................... 144 7.1 7.2
8
Spezielle Systemvereinfachungen......................................................................... 119 5.1.1 Beispiel: Antriebsstrang eines Ventilators ................................................ 119
Modale Analyse............................................................................................................... 133 6.1 6.2
7
Frequenzgang ........................................................................................................ 101 4.7.1 Beispiel: Verhalten eines Antriebsstrangs................................................. 103 4.7.2 Beispiel: Frequenzbereichsanalyse eines Fahrwerks................................. 107
Lösung linearer Gleichungssysteme...................................................................... 156 Matrizenrechnung ................................................................................................. 156 Reduktion der Ordnung von Differentialgleichungen........................................... 157 Numerische Integration......................................................................................... 158 Komplexe Zahlen.................................................................................................. 160
Anhang: Quelldateien..................................................................................................... 162 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9 9.10 9.11 9.12 9.13 9.14 9.15 9.16 9.17 9.18 9.19 9.20
Wurfbahn einer Punktmasse ................................................................................. 162 Auslenkung eines Pendels..................................................................................... 162 Allgemeine periodische Funktion ......................................................................... 162 Allgemeiner Schwingungsvorgang ....................................................................... 163 EMS ohne Dämpfung, ohne Last .......................................................................... 163 Nichtlineares Pendel ............................................................................................. 165 EMS mit Coulomb´scher Reibung, ohne Last....................................................... 165 EMS mit viskoser Dämpfung, ohne Last .............................................................. 167 EMS ohne Dämpfung, mit harmonischer Last...................................................... 168 EMS mit viskoser Dämpfung, mit harmonischer Last .......................................... 169 EMS mit viskoser Dämpfung, mit Wegerregung .................................................. 170 Fahrwerk eines Automobils .................................................................................. 170 Mehrmassenschwinger.......................................................................................... 171 Tilger..................................................................................................................... 173 Frequenzgangmatrix.............................................................................................. 173 Modale Analyse .................................................................................................... 174 Fahrzyklus............................................................................................................. 175 Antriebsstrang bei elastischer Modellierung......................................................... 175 Antriebsstrang bei starrer Modellierung ............................................................... 179 Verhalten eines Antriebsstrangs............................................................................ 182
IX 9.21 9.22
Frequenzbereichsanalyse eines Fahrwerks............................................................ 182 Künstlich konstruierter Spannungsverlauf ............................................................ 196
Quellen.................................................................................................................................... 198 Formelzeichen, Indizes und Abkürzungen.......................................................................... 199 Literatur................................................................................................................................. 201 Regelwerke............................................................................................................................. 203 Stichwortverzeichnis ............................................................................................................. 205
1.1 Schwingungserscheinungen in der Technik
1
1 Einführung In diesem Kapitel werden die grundlegenden Begriffe zur qualitativen und quantitativen Beschreibung von Schwingungserscheinungen eingeführt. Sie sind anschließend mit folgenden Punkten vertraut:
Schwingungen als Sonderfall der Dynamik Klassifikationsmerkmale Amplitude Frequenz bzw. Kreisfrequenz Phasenverschiebung Harmonische Analyse Lissajous-Figuren
Das Verständnis für diese Punkte ermöglicht, die verschiedensten praktischen Schwingungserscheinungen einzuordnen. Mit Hilfe der dargestellten Grundlagen können Schwingungen durch wesentlichen Parameter beschrieben werden. Darüber hinaus ist die anschauliche grafische Darstellung von Schwingungserscheinungen möglich.
1.1
Schwingungserscheinungen in der Technik
Schwingungen sind eine besondere Form der Zustandsveränderung dynamischer Systeme. Im Allgemeinen müssen dynamische Systeme zu keinem Zeitpunkt wieder den Zustand einnehmen, den sie bereits zu einem vorherigen Zeitpunkt bereits einmal eingenommen haben. In der Regel ist es sogar eher schwierig, einen einmal dagewesenen Zustand zu reproduzieren. Ein Beispiel hierfür ist der reibungsfreie Flug einer Punktmasse in einer vertikalen Ebene (Bild 1-1). Nach dem Abschuss mit einer Geschwindigkeit von v = 10 m/s in einer Höhe von h = 10 m nimmt das Wurfobjekt nie wieder die gleiche Position in der Ebene ein. Dies ist allein schon durch die Tatsache bedingt, dass infolge einer konstanten Horizontalgeschwindigkeit die horizontale Lage stetig zunimmt.
2
1 Einführung
Bild 1-1: Wurfbahn einer Punktmasse in der Ebene (siehe Kapitel 9.1) Frage: Die Masse verfügt zum Zeitpunkt des Abschusses über potentielle und kinetische Energie. Wie verändert sich der energetische Zustand während des Fluges? Betrachten Sie dabei die potentielle, die kinetische und die Gesamtenergie? Anders als bei dem Wurf sieht dies bei schwingenden Systemen aus. Diese zeichnen sich gerade dadurch aus, dass bestimmte Zustände oder zumindest einander ähnliche Zustände von einem System immer wiederkehrend eingenommen werden. Anschaulich wird dies an der Bewegung eines ungedämpften, ebenen Pendels mit kleinen Auslenkungen (Bild 1-2). Bestimmte Auslenkwinkel und diesen zugeordnet bestimmte Winkelgeschwindigkeiten werden immer wieder erreicht.
1.2 Klassifikation der Systeme
3
Bild 1-2: Zeitverlauf der Auslenkung eines Pendels (siehe Kapitel 9.2) Kennzeichnend für solche Schwingungsbewegungen ist, dass das System über Energiespeicher verfügt, die immer wiederkehrend geladen und entladen werden. Im Falle des Pendels besteht der Speicher in der potentiellen Energie des Pendels im Erdschwerefeld. Mit zunehmender Auslenkung nimmt die potentielle Energie zu. Bei abnehmenden Auslenkwinkel wird diese potentielle Energie in kinetische Energie gewandelt, welche in der Position der minimalen potentiellen Energie ihr Maximum annimmt. Ähnliche Erscheinungen treten in allen schwingenden Systemen auf. Dabei kann der Speicher beispielsweise mechanisch in einer Feder, elektrisch in einem Kondensator oder pneumatisch in einem Druckluftspeicher bestehen. Im folgenden Text werden ausschließlich mechanische Systeme behandelt. Allerdings sind die mathematischen Beschreibungen ebenso für andere technische Systeme zutreffend. Sind einmal aus den Grundgleichungen einer technischen Disziplin die Gleichungen abgeleitet, die das schwingende System beschreiben, so stellt sich die anschließende mathematische Behandlung der Aufgabe im Wesentlichen immer wieder ähnlich dar. Dies liegt daran, dass selbst unterschiedlichste Kombinationen von physikalischen Effekten zu ähnlichen beschreibenden Differentialgleichungen führen.
1.2
Klassifikation der Systeme
Schwingende System können nach sehr unterschiedlichen Merkmalen unterschieden werden. Offensichtlich ist zunächst, dass schwingende Systeme auf den unterschiedlichsten physikalischen Effekten beruhen können. Schwingungen können in der Mechanik, der Elektrotechnik, der Biologie, der Soziologie, der Ökonomie und vielen anderen Bereichen auftreten. Eine bedeutende und oft getroffene Unterscheidung betrachtet die Art der Anregung des Systems. Es gibt Eigenschwingungen von Systemen, die dann auftreten, wenn ein System nach einer erfolgten Anregung sich selbst überlassen bleibt. Fremderregte Systeme liegen dann vor, wenn von Außen eine in der Regel dynamische Anregung des Systems vorliegt. In diesem
4
1 Einführung
Zusammenhang spielen harmonische Anregungen eine besondere Rolle. Einen Sonderfall stellen selbst erregte Systeme dar, die nicht notwendigerweise dynamisch angeregt werden, allerdings durch eine äußere Energiezufuhr in Kombination mit den inneren Systemeigenschaften zu Schwingungsverhalten führen. Ein Besipiel hierfür sind große Hängebrücken wie die in Bild 1-3 dargestellte Pont de Normandie. Diese können eine Neigung zu selbsterregten Schwingungen zeigen, wobei die Energiezufuhr durch den auf das Fahrbahnprofil anstehenden Wind eine entscheidende Rolle spielt.
Bild 1-3: Pont de Normandie [Gotsch] Neben den realen Systemen werden auch die Modelle zu deren Berechnung nach verschiedensten Merkmalen unterschieden. Hauptunterscheidungsmerkmal ist dabei die Annahme über die Verteilung der Systemeigenschaften. In der Natur sind die meisten Eigenschaften kontinuierlich verteilt. Entsprechend kann dies auch in einem kontinuierlichen Modell abgebildet werden. Vielfach wird jedoch nicht diese kontinuierliche Verteilung modelliert, sondern von einer diskreten Verteilung der Eigenschaften ausgegangen. Dies ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich bestimmte Eigenschaften dominant diskret vorhanden sind. Allerdings können auch Systeme mit nicht diskretem Charakter durch diskrete Modelle abgebildet werden. Dies führt oft dazu, dass durch eine mehr oder minder feine Modellierung, d.h. eine Aufspaltung des kontinuierlichen Systems in eine Vielzahl diskreter Elemente, ein Modell erreicht wird, das in der Lage ist das reale Systemverhalten gut abzubilden (Bild 1-4).
1.3 Mathematische Beschreibung
5
Kontinuierlicher Schwinger
Diskreter Schwinger: n = 1
Diskreter Schwinger: n = 2
Diskreter Schwinger: n > 2
Bild 1-4: Schwinger unterschiedlichen Diskretisierungsgrades Hier werden mechanische Systeme behandelt, die durch eine diskrete Modellierung abgebildet werden. Dabei werden das Eigenverhalten der Systeme und deren Reaktion auf Fremdanregung, insbesondere auch harmonische Anregung, untersucht.
1.3
Mathematische Beschreibung
Je nachdem, über wie viele Eigenschaften ein System verfügt, werden auch entsprechend viele Daten benötigt, um den Zustand des Systems zu beschreiben. Im einfachsten Fall verfügt ein System lediglich über einen Zustand. Dies ist bei einem ebenen Pendel der Fall, das über den Zustand Auslenkwinkel verfügt. Dieser eine Zustand des Systems x ist in einem dynamischen System ein mit der Zeit t veränderlicher Zustand: x
x(t )
Speziell für ein schwingendes System wird davon ausgegangen, dass nach einer bestimmten Zeit T ein bestimmter Zustand wieder erreicht wird, wie z.B. in Bild 1-5 dargestellt:
6
1 Einführung
Bild 1-5: Allgemeiner periodischer Vorgang (siehe Kapitel 9.3) Mathematisch läßt sich dies ausdrücken durch: x(t T )
x(t )
Der Zeitabschnitt T ist die so genannte Periode der Schwingung. Tritt die Schwingung mit der Periode T mehrfach hintereinander auf, so lässt sich berechnen, wie viele Schwingungen pro Zeiteinheit auftreten. Die sich hieraus ergebende Frequenz f berechnet sich als Kehrwert der Periode T: f
1 T
Typische mathematische Funktionen zur Beschreibung von stetigen Schwingungsvorgängen sind die Sinus- bzw. Cosinusfunktion. Ändert sich ein Zustand entsprechend z.B. einer Cosinusfunktion, so kann diese wie folgt formuliert werden: x(t )
C cosZt D
In allgemeiner Form ist diese Funktion im Bild 1-6 dargestellt:
1.3 Mathematische Beschreibung
7
Bild 1-6: Parameter eines allgemeinen Schwingungsvorgangs (siehe Kapitel 9.4) Die Amplitude C beschreibt den Extremwert, den der Zustand x im Laufe der Zeit t annehmen wird. Im Laufe einer Periode, d.h. z.B. im Zeitintervall von t = 0 bis t = T der Schwingung, muss das Argument der Cosinusfunktion um 2S wachsen. Aus dieser Bedingung lässt sich die so genannte Kreisfrequenz Z bestimmen:
Z T D Z 0 D Z
2 S T
ZT
2S
2 S f
Durch den Phasenwinkel D wird angegeben, inwieweit der Zustandsverlauf gegenüber der originären Cosinusfunktion auf der Zeitachse verschoben ist. Der zeitliche Versatz beträgt: t
D Z
Anstatt unter Verwendung des Phasenwinkels D kann die Schwingungsgleichung auch durch Überlagerung einer Sinus- und einer Cosinusfunktion mit unterschiedlichen Amplituden dargestellt werden [Bro 00]: x(t )
C cos(Zt D )
C cos Zt cos D C sin Zt sin D
mit den Amplituden A und B der beiden Winkelfunktionen:
8
1 Einführung
A
C cos D x(t )
C sin D
; B
A cos Zt B sin Zt
Der Zusammenhang zwischen den Parametern der beiden Beschreibungsweisen lautet: C
A2 B 2
; D
arctan
B A
Diese Zusammenhänge können auch dem Zeigerdiagramm in Bild 1-7 entnommen werden.
Im
4 A
3 2
C
4 5
1
1
B
M 1
2
3
3 0,6435
4
36,87q
Re
1 2
3
Bild 1-7: Zeigerdiagramm
1.3.1
Beispiel: Allgemeiner Schwingungsvorgang
Durch welche Größen lässt sich der allgemeine Schwingungsvorgang gemäß Bild 1-6 beschreiben? Die Amplitude des Zustandes ist C = 5. Die Periode der Schwingung beträgt T = 0,5 s. Damit liegt eine Frequenz von f = 2 Hz und eine Kreisfrequenz von Z = 12,6 s-1 vor. Die Phasenverschiebung kann (im vergrößerten Maßstab) auf der Zeitachse mit 0,0625 s gemessen werden, woraus sich eine Verschiebung von Į = S/8 = 45q ergibt. Die Amplituden der nicht phasenverschobenen Cosinus- und Sinusschwingungen ergeben sich zu A = 4,6 und B = 1,9.
1.4 Harmonische Analyse
9
Frage: In der vorhergehenden Aufgabe wurden die Parameter der Schwingung in der Beschreibungsweise mit Phasenverschiebung und der Beschreibungsweise durch Überlagerung zweier Winkelfunktionen bestimmt. Zeigen Sie durch Berechnung der beiden Winkelfunktionen und deren Überlagerung, dass diese Beschreibung äquivalent zur Beschreibung unter verwendung der Phasenverschiebung ist.
1.4
Harmonische Analyse
Wie in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben, lassen sich harmonische Schwingungen durch Winkelfunktionen beschreiben. Dies ist deshalb von Bedeutung, da Winkelfunktionen mathematisch einfach handhabbar sind und hierdurch eine analytische Behandlung der vorliegenden Schwingungsaufgaben möglich wird. Vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert, für Schwingungen generell eine Beschreibung durch gut handhabbare mathematische Funktionen zu finden. Dies gelingt durch Einführung der so geannnten Fourierreihe, welche die Summe einer Konstanten mit einer Vielzahl von Winkelfunktionen darstellt: f
f0
f (t )
¦ fˆ
sk
sin kZt fˆck coskZt
k 1
Die Koeffizienten dieser Reihe lauten: fˆsk
2 T
T
³ f (t ) sinkZt dt
fˆck
und
0
2 T
T
³ f (t ) coskZt dt 0
Der Mittelwert ist definiert durch:
f0
1 T
T
³ f (t ) dt 0
Die bereits vorgestellte analoge Beschreibung durch eine phasenverschobene Winkelfunktion kann auch hiuer angewendet werden: f
f (t )
f0
¦ fˆ
k
sin kZt M 0k
k 1
Die Amplitude ergibt sich wie bereits aufgeführt als geometrische Addition der beiden Teilamplituden: fˆk
fˆck2 fˆsk2
Der Tangens des Phasenwinkels ist durch das Verhältnis der beiden Amplituden bestimmt:
10
1 Einführung
fˆck fˆ
tan M 0k
sk
Ebenso ist auch die komplexe Schreibweise der Fourierreihe f
f (t )
f0
¦ fˆ
k
e jkZt
k f
möglich mit den komplexen Koeffizienten
fˆ k
1 T
T
³ f (t ) e
jkZt
dt
0
Mit dieser Reihe lässt sich bei Berücksichtigung von unendlich vielen Koeffizienten jede periodische Funktion exakt annähern. Insbesondere zur Beschreibung von Funktionsverläufen mit großen Gradienten oder gar Unstetigkeiten sind auch Koeffizienten höherere Ordnung erforderlich. Zur Beschreibung stetiger Funktionen mit relativ geringen Gradienten liefert allerdings bereits die Berücksichtigung der ersten wenigen Koeffizienten eine gute Abbildung der Originalfunktion. Mit der Fourierreihe ist also eine Möglichkeit geboten, jede periodische Funktion durch Winkelfunktionen auszudrücken. Wie später noch zu sehen ist, ist hierüber ein Zugang gegeben, der in relativ einfacher Weise die Behandlung von Schwingern ermöglicht, die in welcher Art auch immer periodisch angeregt werden. Frage: Im folgenden Bild 1-8 ist eine periodische Funktion x dargestellt. Darüber hinaus liegen die harmonischen Bestandteile der Funktion x1 bis x5 vor. Analysieren Sie die vorliegenden Daten. Welche Periode hat die dargestellte Funktion? Beschreiben die vorliegenden Anteile x1 bis x5 in Summe tatsächlich die vorliegende Funktion? Wie lauten die Koeffizienten der Fourierreihe?
1.5 Lissajous Figuren
11
Bild 1-8: Harmonische Analyse einer periodischen Funktion
1.5
Lissajous Figuren
Eine charakterisierende Darstellung von Schwingungsvorgängen ist mit den so genannten Lissajous-Figuren möglich. In diesen Abbildungen wird für eine bestimmte Zeitdauer die Zustandsänderungsgeschwindigkeit des Schwingers über dem Zustand des Schwingers dargestellt. Für den oben dargestellten allgemeinen Schwingungsvorgang sieht die Lissajous-Figur wie in Bild 1-9 dargestellt aus:
12
1 Einführung
Bild 1-9: Lissajous-Figur für einen allgemeinen Schwingungsvorgang (siehe Kapitel 9.3)
Für einen mechanischen Schwinger könnte es sich bei dem beobachteten Zustand um die Auslenkung des Schwingers handeln. Die Zustandsänderungsgeschwindigkeit würde dann der Auslenkungsgeschwindigkeit entsprechen. Bei gleichen Zahlenwerten wie für den oben aufgeführten allgemeinen Schwinger stellt sich die Lissajous-Figur dann wie in Bild 1-10 dargestellt dar:
Bild 1-10: Lissajous-Figur für einen mechanischen Schwinger (siehe Kapitel 9.4)
Durch die Auslenkung und Geschwindigkeit eines mechanischen Schwingers wird indirekt der Energieinhalt des Schwingers dargestellt. Die potentielle Energie ist abhängig von der Auslen-
1.5 Lissajous Figuren
13
kung im Quadrat, die kinetische Energie ist proportional zur Geschwindigkeit im Quadrat. Insofern beschreibt eine Lissajous-Figur den energetischen Zustand eines Schwingers und dessen Entwicklung über die Zeit. Im Folgenden werden Lissajous-Figuren an verschiedenen Stellen deshalb genutzt, um den Charakter einer Schwingung grafisch darzustellen. Frage: Erläutern Sie, auf welchen Punkt im Lissajous-Diagramm sich ein gedämpfter Schwinger, d.h. ein Schwiner mit Energieentzug, ohne äußere Energiezufuhr im Laufe der Zeit zubewegt. Erläutern Sie die Grundlage für dieses Verhalten.
14
2 Systemparameter
2
Systemparameter
In diesem Kapitel werden die wesentlichen Eigenschaften von mechanischen Schwingern dargestellt. Sie erhalten Hinweise, wie diese Eigenschaften, nämlich
Massen, Steifigkeiten, Dämpfungen und typische Kombinationen dieser Elemente
modelliert werden können. Praktisch ist dies der entscheidende Schritt, um von einem realen System zu einem geeigneten Simulationsmodell zu kommen. Darüber hinaus ist nach Bearbeitung dieses Kapitels bekannt, welche Ansätze zur möglichst einfachen Modellierung von realen Systemen existieren und wie komplexe Modelle vereinfacht werden können.
2.1
Allgemeines
Das Schwingen mechanischer Systeme beruht, wie später auch noch gezeigt wird, auf einer permanenten Wandlung von Energie. Immer wiederkehrend wird kinetische Energie in potentielle Energie gewandelt und umgekehrt. Hieraus lässt sich bereits erkennen, dass der mechanische Schwinger zumindest über zwei Eigenschaften verfügen muss, welche die Möglichkeiten zum Aufbau von kinetischer Energie und von potentieller Energie bereitstellen. Zum Aufbau einer kinetischen Energie muss eine Masse existieren, welcher diese kinetische Energie verliehen wird. Zum Aufbau einer potentiellen Energie existieren verschiedene Möglichkeiten. Bei dem schon erwähnten Pendel beruht der Aufbau potentieller Energie darin, die Lageenergie einer Masse im Erdschwerefeld zu erhöhen. Eine weitere und auch öfter auftretende Variante ist der Aufbau einer Verformungsenergie in einer Feder. Sowohl die Masseeigenschaft als auch die Federeigenschaft werden quasi automatisch durch viele Werkstoffe automatisch bereitgestellt. Insofern ist auch die Erkenntnis zutreffend, dass im Grunde jedes Bauteil und jede Konstruktion schwingungsfähig sind. Hieraus ergibt sich eine wesentliche Herausforderung der Maschinendynamik. Da maschinendynamische Analysen eines gewissen Aufwandes bedürfen gilt es, aus der Vielzahl der praktisch erstellten Konstruktionen genau diejenigen zu erkennen, bei denen schwingungstechnische Probleme auftreten können. Nicht erforderliche Berechnungen binden Ressourcen, nicht untersuchte kritische Fälle ziehen dagegen ggf. erhebliche Risiken nach sich. Neben Masse und Steifigkeit ist ein weiterer Parameter von Bedeutung - die Dämpfung. Erfahrungsgemäß wird jedes schwingende System, soweit es nicht immer wieder angeregt wird, irgendwann den Ruhezustand erreichen, da während der Schwingbewegung Energie dissipiert, d.h. in Wärme umgewandelt, wird. Diese Dämpfung kann durch verschiedene Mechanismen bereitgestellt werden, beispielsweise durch die innere Reibung eines Materials oder die Verluste in einem strömenden Fluids.
2.2
Massen
Räumliche Körper verfügen über sechs Freiheitsgrade im Raum. Bzgl. jeden Freiheitsgrades verfügt die Masse über eine Trägheitseigenschaft. Im einfachsten Fall der Betrachtung einer eindimensionalen, translatorischen Bewegung einer Punktmasse ist von diesen verschiedenen Trägheitsmerkmalen lediglich noch die Masse m des Körpers selbst relevant. Bei Beschleunigung der Masse in positive x-Richtung ist auf die Masse wirkend die so genannte
2.2 Massen
15
d’Alembert’sche Trägheitskraft anzusetzen. Diese wirkt entgegengesetzt zur Beschleunigungsrichtung, somit in negative x-Richtung: m x
FT
Bild 2-1 veranschaulicht die Wirkung dieser Trägheitskraft FT: x x mx
FT
m Bild 2-1: Auf eine Punktmasse wirkende D’Alembert’sche Trägheitskraft für den Fall der eindimensionalen Translation
Wirken beliebige äußere Kräfte Fi auf die Masse, welche untereinander nicht im Gleichgewicht sind, so wird die Masse beschleunigt. Für den translatorischen Fall ergibt sich aus dem Kräftegleichgewicht an der Masse die aktuell vorliegende Beschleunigung der Masse:
¦ F ¦ F F ¦ F m x x
i
i
i
0
i
¦F
Fbeschleunigend Fverzögernd
m
m
i
x
T
i
Maßgebend für den Beschleunigungszustand ist also neben der Masse die Differenz aus beschleunigenden und verzögernden Kräften welche auf die Masse einwirken. Wird aus dem Beschleunigungszustand durch Integration der Geschwindigkeitszustand ermittelt, so lässt sich die Punktmasse mit einem Freiheitsgrad wie folgt (Bild 2-2) als SIMULINK®-Modell abbilden:
Bild 2-2: SIMULINK®-Modell einer Masse mit einem Freiheitsgrad
Rotiert die Masse um eine Achse, so ist analog zu der Trägheitskraft FT bei der Translation ein entsprechendes Trägheitsmoment MT anzunehmen. Dieses ist das Produkt aus Drehmasse und Winkelbeschleunigung um die Drehachse:
16
2 Systemparameter
MT
2.3
TM
Steifigkeiten Neben Massen können als diskrete Elemente Steifigkeiten bzw. Federn auftreten. Diese Federn können an den Kraftangriffspunkten theoretisch entlang den gleichen sechs Freiheitsgraden verformt werden, in deren Richtung sich eine Masse verschieben oder verdrehen kann.
Bild 2-3: Fahrzeugfeder [Ahle]
Im einfachsten Fall liegt eine in einer Achse translatorisch verformbare Feder vor, wie die in Bild 2-3 dargestellte nichtlineare Fahrzeugfeder. Eine an einem Ende aufgebrachte Verformung in positiver Koordinatenrichtung bewirkt auf das angeschlossene Bauteil eine Reaktionskraft in negative Koordinatenrichtung. Für eine lineare Feder hat die Reaktionskraft folgende Größe: FC
cx
Umgekehrt kann auch formuliert werden, dass eine konstante einwirkende Kraft zu einer konstanten Verformung in Wirkungsrichtung der Kraft führt. Das Bild 2-4 veranschaulicht diese Situation: x
x FC
c
cx
Bild 2-4: Reaktionskraft für eine verformte Feder
Aus dem Kräftegleichgewicht an der Masse ergibt sich die vorliegende Deformation der Feder:
¦ F ¦ F F ¦ F cx x
i
i
C
i
i
2.3 Steifigkeiten
17
¦F
Fverlängernd Fkomprimierend
c
c
i
x
i
In Bild 2-5 ist das SIMULINK®-Modell für die Feder für den Fall dargestellt, dass nicht die Kraft eingeprägt wird, sondern über die Geschwindigkeiten an den beiden Federenden die Deformation der Feder. Diese Deformation führt zu einer entsprechenden Reaktionskraft der Feder.
Bild 2-5: SIMULINK®-Modell einer Steifigkeit mit einem Freiheitsgrad
Liegt eine Drehfeder mit der Steifigkeit ct vor, so tritt analog zur Reaktionskraft bei der Translation ein Reaktionsmoment MC in folgender Größe auf: MC
ct M
Die Steifigkeit eines Bauteils kann sich beliebig kompliziert aus dem Aufbau des Bauteils ergeben. Für triviale Bauteile mit konstruktiv vorgesehenen, wenigen Freiheitsgraden lassen sich die Steifigkeiten wie folgt angeben: Bauteil Zugstab Biegestab, einfach eingespannt Biegestab, beidseitig gelenkig gelagert Biegestab, beidseitig eingespannt Torsionsstab
Federsteifigkeit EA c L 3EI c L3 48 EI c L3 192 EI c L3 GI T c L
Tabelle 2-1: Federsteifigkeiten verschiedener Bauteile
Praktisch verfügen Federn in aller Regel nicht über eine lineare Kennlinie. Die Ausprägung der Nichtlinearitäten ist dabei z. B. von den konstruktiven Gegebenheiten wie der Federgeometrie
18
2 Systemparameter
und der Größe der Federverformung abhängig. In Bild 2-6 ist exemplarisch die messtechnisch aufgenommene Federkennlinie eines Federbeins für einen Personenkraftwagen zu sehen.
Bild 2-6: Nichtlineare Kennlinien einer Feder für ein Federbein
Deutlich zu erkennen ist der nichtlineare Charakter der Feder, der sich durch ein „weicheres“ Verhalten im Zugbereich der Feder und durch ein „härteres“ Verhalten im Druckbereich der Feder ausweist. Darüber hinaus ist auch die Hysterese der Feder markant, d. h. der Unterschied in der Federkraft zwischen dem Belastungs- und dem Entlastungsprozess der Feder. Diese Hysterese ist durch Reibung im System bedingt.
2.3.1
Beispiel: Ermittlung der Ersatzsteifigkeit
Sind in einem System mehrere Steifigkeiten miteinander verschaltet, so können diese zu einer Gesamtsteifigkeit zusammengefasst werden. Dabei berechnet sich diese Gesamtsteifigkeit c* für Parallelschaltungen und Reihenschaltungen wie folgt: Parallelschaltung:
c*
¦c
i
i
Reihenschaltung:
1 c*
1
¦c i
i
Ein in der Praxis öfter vorkommendes Beispiel ist die Verschaltung von Tellerfedern. Durch die gute Kombinierbarkeit und die Nichtliearität dieser Type werden Tellerfedern oft eingesetzt, um auf relativ kleinem Bauraum gezielt eine bestimmte Kennliniencharakteristik einzustellen. Die einfachsten Stapelungen dieser Federn bestehen in der reinen Parallelschaltung zur Erhöhung der Steifigkeit des Paketes und in der reinen Reihenschaltung zur Verminderung der Steifigkeit des Paketes jeweils im Vergleich zur Einzelfeder (Bild 2-7).
2.3 Steifigkeiten
19
Bild 2-7: Tellerfedern in Parallelschaltung und Reihenschaltung
Parallelschaltung und Reihenschaltung können wie in Bild 2-8 zu sehen beliebig kombiniert werden, um die gewüschten Eigenschaften des Federpakets zu erreichen.
Bild 2-8:
Kombination von Reihen- und Parallelschaltung in einem Tellerfederpaket
Das in Bild 2-9 dargestellte ebene System mit einem Freiheitsgrad soll als Einmassenschwinger abgebildet werden. Ermitteln Sie die Ersatzmasse m* und die Ersatzfedersteifigkeit c*, die für den äquivalenten Einmassenschwinger anzusetzen sind.
EA
EA
f, EI , L EA
f
EI
f
f, EI , L
c m x
Bild 2-9: Schwinger mit mehreren miteinander verschalteten Federn
Das System verfügt insgesamt über vier diskrete Elemente. Dies sind die Punktmasse, eine Zug-/Druckfeder sowie zwei Biegefedern. Darüber hinaus sind die beiden Biegefedern über einen gelenkig angebundenen, starren Stab gekoppelt. Die beiden Biegefedern sind parallel geschaltet. Durch die Kopplung über den starren Stab weisen die linksseitig eingespannten Biegefedern auf deren rechter Seite stets die gleiche Durchbiegung auf. Somit addiert sich deren jeweilige Einzelbiegesteifigkeit zur Gesamtbiegesteifigkeit. c **
2c B
2
3EI 3
L
6 EI L3
20
2 Systemparameter
Zur Gesamtsteifigkeit resultierend aus den beiden Biegefedern, liegt die Zug-/Druckfeder in Reihe. Somit ergibt sich die Ersatzfedersteifigkeit des Systems aus der entsprechenden Reihenschaltung. 1 L3 c 6 EI
1 c*
6 EIc
c*
6 EI cL3
Die Ersatzmasse besteht schlicht aus der vorliegenden Punktmasse.
m*
m
Somit liegt das in Bild 2-10 dargestellte Ersatzsystem vor:
c* m* x
Bild 2-10: Ersatzsystem für Schwinger mit mehreren miteinander verschalteten Federn
Frage: Wie verändert sich die Ersatzfedersteifigkeit des Systems, wenn der starre Stab nicht gelenkig sondern starr mit den beiden Biegefedern gekoppelt wird?
2.4
Dämpfungen
Neben der Masseeigenschaft und der Steifigkeitseigenschaft kann eine Dämpfungseigenschaft auftreten. Wie die vorgenannten Eigenschaften kann diese ebenfalls bei Bewegungen in allen sechs Freiheitsgraden auftreten. Im einfachsten Fall einer translatorischen Bewegung in einer Achse und viskoser Dämpfung verursacht diese Dämpfung bei Bewegung in positive Koordinatenrichtung eine Reaktionskraft in folgender Größe auf die angeschlossenen Bauteile: FD
d x
Eine entsprechende Kraftwirkung geht u.a. von Einrohrdämpfern für Fahrzeuge aus (Bild 2-11), deren Dämpfungswirkung im Wesentlichen durch ein viskoses Modell abgebildet werden kann.
2.4 Dämpfungen
21
Bild 2-11: Einrohrdämpfer für Fahrzeuge [Sachs]
Das Bild 2-12 gibt die von einem viskosen Dämpfer ausgehende Kraft bei einer konstanten Auslenkungsgeschwindigkeit wieder: x
x dx
FD
d
Bild 2-12: Reaktionskraft eines viskosen Dämpfers
Für das viskose Dämpfungselement ergibt sich die konstante Verformungsgeschwindigkeit unter Krafteinwirkung aus der Kräftebilanz:
¦ F ¦ F F ¦ F dx x
i
i
¦F i
d
i
i
i
x
D
FAntrieb FAbtrieb d
Analog zur Feder ist das SIMULINK®-Modell auch hier wieder in der Form formuliert, dass die Verformungsgeschwindigkeit des Dämpfers eingeprägt wird. Für diesen Fall ergibt sich eine von der Dämpfungskonstante abhängige Reaktionskraft (Bild 2-13).
Bild 2-13: SIMULINK®-Modell eines viskosen Dämpfers
22
2 Systemparameter
Bei rotatorischer Bewegung wirkt analog zur Reaktionskraft bei Translation folgendes Reaktionsmoment auf die angeschlossenen Bauteile: MD
d t M
Die hier modellierte proportionale Abhängigkeit der Dämpferkraft von der Hubgeschwindigkeit des Dämpfers ist ein erster einfacher Ansatz der Modellierung. Praktisch sind Dämpferkennlinien vielgestaltig und insbesondere nichtlinear. Exemplarisch ist das der in Bild 2-14 aufgetragenen Kennlinie zu entnehmen, die das Verhalten eines Dämpfers für ein Federbein für Personenkraftwagen beschreibt.
Bild 2-14: Nichtlineare Kennlinie eines Dämpfers für ein Federbein
Die vorgestellten SIMULINK®-Modelle für Masse Steifigkeit und Dämpfer sind in sich noch relativ einfach strukturiert. Um die Transparenz eines Modells auch dann noch zu wahren, wenn eine Vielzahl von Elemente verschaltet wird, kann ein Modell in SIMULINK® zu einem Block zusammengefasst werden. Der Block verfügt dann über Eingänge und Ausgänge, die denen des zugrunde liegenden Modells entsprechen. Das Bild 2-15 zeigt die auf diese Weise erstellten Blöcke für die bisher behandelten drei diskreten Strukturelemente.
Bild 2-15: Maskierte SIMULINK®-Modelle für Masse, Steifigkeit und Dämpfer
2.5 Parameterbestimmung
2.5
23
Parameterbestimmung
Um eine gute Modellqualität zu erreichen, ist neben der Wahl einer angemessenen Modellstruktur die möglichst wirklichkeitsnahe Festlegung der einzelnen Modellparameter wichtig. Bei allen Eigenschaften besteht natürlich grundsätzlich die Möglichkeit, diese in einem Experiment zu bestimmen. Hierbei ist mehr oder weniger Aufwand zu treiben, so dass diese Variante in den meisten Fällen nicht die praktikable erste Wahl ist. Am unproblematischsaten stellt sich die Bestimmung der Masseeigenschaften dar. Für die meisten Bauteile ist die Dichteverteilung bekannt, in der Regel liegt sogar eine konstante Dichte vor. So kann die Geometrie bestimmt werden, aus der sich in Verbindung mit der Dichteverteilung die Masseeigenschaften ergeben. Liegen 3-D-Modelle von Bauteilen in CAD-Systemen vor, so liegt diese Berechnung meist automatisiert vor. Die Steifigkeiten liegen für primitive Geometrien und auch viele komplexere Bauteile und Baugruppen Informationen in der Literatur vor [Hol94]. Darüber hinaus sind für Bauteile, die in Bereichen Anwendung finden, in denen die Steifigkeit von besonderem Interesse ist, oft Informationen der Hersteller verfügbar. Gerade für in Serie hergestellte Bauteile sind dies dann auch experimentell abgestützte Daten. Liefern alle diese Quellen keine Informationen, so müssen Steifigkeiten berechnet werden. Dies kann bei hinsichtlich Geometrie oder Homogenität komplexen Bauteilen bis zur Durchführung von FE-Analysen gehen. Die Dämpfung stellt den kompliziertesten Parameter dar. Sie kann rechnerisch nicht ermittelt werden. Deswegen sind experimentelle Daten erforderlich. Aus der Erfahrung vielfältiger versuche können der Literatur Anhaltswerte entnommen werden [Dre06]. Allerdings steckt gerade in den auf dieser Basis ermittelten dämpfungsbeschreibenden Parametern immer eine Unsicherheit. Diese kann lediglich durch Experimente wie Ausklingversuche am relevanten System gemindert werden.
2.6
Systemvereinfachung
Eine wesentliche Frage, die sich im Rahmen der Modellierung ergibt ist die, in welcher Feinheit ein System zu modellieren ist. In der Realität sind die Systemeigenschaften Masse, Steifigkeit und Dämpfung verteilt vorhanden. Insofern sind für eine diskrete Modellierung, die hier fokussiert behandelt wird, grundsätzlich vereinfachende Annahmen zu treffen, um diese überhaupt vornehmen zu können. Die Idee der Diskretisierung besteht im Kern darin, die verteilten Systemeigenschaften zu konzentrieren. Nahe liegend ist eine solche Konzentration, wenn die Verteilung der Eigenschaft über die Struktur hinweg ungleich ist. In diesem Falle kann an dem Ort, wo die Eigenschaft besonders intensiv auftritt ein entsprechendes diskretes Element vorgesehen werden. Unklarer stellt sich die Vorgehensweise bei der Diskretisierung bei einer gleichmäßigen Verteilung der Eigenschaft dar. Dann lässt sich zumindest ad hoc kein bevorzugter Ort für diskrete Elemente angeben. In diesem Fall drängt es sich auf, die Anzahl der vorgesehenen Elemente äquidistant über das System zu verteilen. Bei einer hohen Anzahl an Elementen wird es hierdurch gelingen, das Systemverhalten relativ genau abzubilden. Allerdings steigt der Aufwand bei Modellierung und Berechnung. Wird aus Gründen des Aufwandes die Anzahl der Elemente kleiner gehalten, so ist mit ungenaueren Ergebnissen zu rechnen. Darüber hinaus können auch nicht alle Eigenschaften des Systems, wie z. B. Eigenformen und –frequenzen, rechnerisch bestimmt werden. Von besonderer Bedeutung bei der Modell- und Parameterfindung ist die Beobachtung der Erscheinungen an ausgeführten Systemen. Bei Neuentwicklungen ist diese meist nicht möglich. Da dynamische Analysen aber oft auch nach aufgetretenen Problemen durchgeführt wer-
24
2 Systemparameter
den, ist diese Beobachtung bei einem Teil von Aufgabenstellungen durchaus anzustellen. Idealerweise kann der Charakter der zu untersuchenden Schwingungserscheinung aufgenommen werden. Von besonderem Interesse sind dabei Eigenfrequenzen und Eigenformen der vorliegenden Schwingung. Ist dieser Charakter bekannt, so ist bei der Modellierung und Parameterzuweisung darauf zu achten, dass die Festlegungen die Abbildung der beobachteten Erscheinungen ermöglichen. Ebenso relevant ist die Berücksichtigung der auftretenden Lasten. Diese sollten hinsichtlich der involvierten Anregungsfrequenzen untersucht werden. Modell und Parameter sollten dann alle Systemeigenfrequenzen bis zur größten Anregungsfrequenz und im Bereich der einzelnen Anregungsfrequenzen abbilden. Aus den genannten Gründen macht es Sinn, vor der Definition eines endgültigen Modells die Systemeigenschaften detailliert zu untersuchen und z. B. folgende Fragen zu beantworten:
An welchen Orten treten bestimmte Eigenschaften konzentriert auf?
Welche Eigenschaften des Systems sind ggf. vernachlässigbar?
Liegen zunächst definierte diskrete Elemente gleicher Art direkt in Reihe oder parallel zueinander und können so zusammengefasst werden?
Hat das System Symmetrie, die bei der Modellierung berücksichtigt werden kann?
Kann das in Erwägung gezogene Modell die zu untersuchenden Systemeigenschaften abbilden?
Die Beantwortung dieser Fragen wird helfen, ein einfaches aber hinreichendes Modell für den beabsichtigten Zweck zu finden.
2.7
Maxwell-Element
Neben den diskreten Einzelelementen tauchen in der praktischen Modellierung des Öfteren auch Kombinationen auf. Eine dieser Kombinationen ist das Maxwell-Element (Bild 2-16), eine Reihenschaltung von Feder und viskosem Dämpfer. x x c
FC
cx
FD
dx
d
Bild 2-16: Maxwell-Element
Mit dem Maxwell-Element lässt sich z.B. die Deformation eines Werkstoffs beschreiben, der unter einer aufgebrachten Last sich zunächst spontan verformt und anschließend aufgrund der anstehenden Last ein langsames Ansteigen der Verformung infolge Kriechen aufweist. Dieses Verhalten weisen Kunststoffe bereits bei Raumtemperatur und Metalle bei erhöhten Temperaturen auf. Grundlegend für das Maxwell-Element ist, dass sowohl die Verformung der Feder als auch die Verformungsgeschwindigkeit des Dämpfers von der von außen einwirkenden Kraft abhängen.
2.8 Kelvin-Voigt-Element
25
Diese Kraft, welche gleichermaßen von Feder und Dämpfer übertragen wird, und ihre Einwirkungsdauer bestimmen die Deformation des Maxwell-Elements. Unter einer konstanten Kraft setzt sich die Verformung des Elements summarisch aus einer konstanten Verformung der Feder und einer mit konstanter Geschwindigkeit anwachsenden Verformung des Dämpfungselements zusammen: xMaxwell
F F dt c d
³
Entsprechend diesem Zusammenhang ist auch das SIMULINK®-Modell des MaxwellElements (Bild 2-17) aufgebaut:
Bild 2-17: SIMULINK®-Modell eines Maxwell-Elements
Frage: Welche Verformung weist ein Maxwell-Element bei einer anliegenden Last nach unendlich langer Zeit auf? Mit welcher Verformung reagiert das Maxwell-Element auf eine kurzzeitige, schlagartige Belastung?
2.8
Kelvin-Voigt-Element
Neben der Reihenschaltung ist auch die Parallelschaltung von Feder und viskosem Dämpfer, das so genannte Kelvin-Voigt-Element, geläufig (Bild 2-18). x
x c
FC
cx
d
FD
dx
Bild 2-18: Kelvin-Voigt-Element
Das Kelvin-Voigt-Modell ist besispielsweise geeignet, Federbeine in PKW abzubilden. Federbeine stellen durch das Ineinanderschieben von Stoßdämpfer und Feder eine Parallelschaltung dieser beiden diskreten Elemente dar (Bild 2-19).
26
2 Systemparameter
Bild 2-19: Als Kelvin-Voigt-Modell abbildbare Federbeine in einem Fahrzeug [Volkswagen]
Beschreibend für das Kelvin-Voigt-Modell ist, dass die übertragene Kraft sich als Summe der von Feder und von Dämpfer übertragenen Kraft ergibt. FKelvin Voigt
c x d x
Unter einer konstanten Kraft nimmt die Verformung des Kelvin-Voigt-Elements stetig entsprechend der vorliegenden Dämpfung und bisher aufgebauten Rückstellkraft der Feder zu. Die Verformung nimmt zu, und zwar so lange bis die aufgebaute Federrückstellkraft mit der einwirkenden Kraft im Gleichgewicht steht. Genau dann besteht kein Kraftanteil mehr, der ein weiteres Verfahren des Dämpfers einleiten könnte. Für das SIMULINK®-Modell ist hier die inverse Aussage modelliert (Bild 2-20). Diese besagt, dass die von außen einwirkende Kraft abhängig ist vom aktuellen Verformungs- und Geschwindigkeitszustand des Elements.
Bild 2-20: SIMULINK®-Modell eines Kelvin-Voigt-Elements
Genauso wie für die diskreten Einzelelemente sind hier auch die Blöcke für die beiden FederDämpfer-Kombinationen angelegt (Bild 2-21).
2.8 Kelvin-Voigt-Element
27
Bild 2-21: Maskierte SIMULINK®-Modelle für Kelvin-Voigt-Modell und Maxwell-Modell
Frage: Welche Lage erreicht ein Kelvin-Voigt-Modell nach theoretisch unendlich langer Zeit? Welche Verformung weist ein kelvin-Voigt-Modell bei kurzzeitiger, schlagartiger Belastung auf?
28
3 Einmassenschwinger
3
Einmassenschwinger
Der Einmassenschwinger (EMS) stellt die einfachste Möglichkeit dar, ein schwingungsfähiges System in diskreter Form zu modellieren. Zu diesem Einmassenschwinger werden in diesem Abschnitt behandelt:
Modellaufbau Eigenkreisfrequenz Coulomb´sche Reibung und viskose Dämpfung Harmonische Lasten Ableitung der systembeschreibenden Differentialgleichung Energiebilanz.
Mit den Kennntissen aus diesem Kapitel können Schwinger behandelt werden, bei denen sich die Massen auf eine diskrete Masse zusammenfassen lassen, die über genau einen Freiheitsgrad verfügt. Damit kann eine Vielzahl in der Praxis auftretender Schwingungsaufgaben geeignet behandelt werden.
3.1
EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung
Bei diesem Schwinger liegen als Systemeigenschaften lediglich die Masse und die Steifigkeit vor. Beide Eigenschaften werden durch diskrete Elemente abgebildet, die in Reihe geschaltet und an der starren Umgebung angelenkt sind. Die Masse kann sich lediglich in horizontaler Richtung bewegen, es liegt also ein System mit einem Freiheitsgrad vor. An der frei geschnittenen Masse wirken zwei Kräfte (Bild 3-1), nämlich die Federkraft an der Schnittstelle zur Feder und die bei Beschleunigung anzusetzende Trägheitskraft. Beide Kräfte wirken bei Auslenkung und Beschleunigung in positive Koordinatenrichtung in negative Koordinatenrichtung. x
x c
FC
cx
FB
mx
m
Bild 3-1: Einmassenschwinger, ohne Dämpfung, ohne Anregung
Aus dem Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung an der Masse ergibt sich: mx cx
0
mx cx
0
bzw.
Infolge Division durch die Masse m ergibt sich:
3.1 EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung
29
x
c x m
0
Damit liegt eine lineare, homogene Differentialgleichung (DGL) 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten vor. Deren allgemeine Lösung lautet bekanntermaßen [Bro00]: A cosBt C sin Dt
x(t )
Durch zweimaliges Ableiten nach der Zeit und Einsetzen in die DGL ergibt sich für die Faktoren B und D: B
D
c m
Z
Bei Z handelt es sich um die Kreisfrequenz, die im Zusammenhang mit der allgemeinen Schwingungsgleichung bereits eingeführt wurde. Mit dieser Kreisfrequenz lautet die allgemeine Lösung der DGL: A cos Zt C sin Zt
x(t )
Die Konstanten dieser allgemeinen Lösung werden durch Berücksichtigung der Anfangsbedingungen gewonnen. Die Anfangsauslenkung und die Anfangsgeschwindigkeit lauten in allgemeiner Form wie folgt: x(0)
x0
; x (0)
x0
Durch Einsetzen der Anfangsbedingungen in die DGL ergeben sich die bisher unbekannten Konstanten A und C in allgemeiner Form: x ( 0)
x (0)
x0
x0
A o
A
CZ o C
x0
x0
Z
Damit lautet die spezielle Lösung der DGL: x(t )
x0 cos Zt
x0
Z
sin Zt
Äquivalent hierzu ist wie bereits vorgestellt auch folgende Formulierung unter Verwendung der Phasenverschiebung möglich: x(t )
C cos(Zt D )
Die Amplitude und die Phasenverschiebung haben dabei in Anlehnung an die bereits vorgestellte Umrechnung zwischen A, B und C, Į folgende Größe:
30
3 Einmassenschwinger
§ x · x0 2 ¨ 0 ¸ ©Z ¹
C
D
arctan
2
x0 Z x0
Damit steht fest, dass der Einmassenschwinger ohne Dämpfung und ohne Anregung über die Zeit eine Schwingung mit dem Charakter einer Sinus- bzw. Cosinusfunktion ausführt. Die Amplitude der Schwingung ist von der Anfangsauslenkung und der Ausgangsgeschwindigkeit der Masse abhängig. Die Phasenverschiebung der Schwingung hängt von der Relation der beiden Anfangsbedingungen zueinander ab. Sind beide Anfangsgrößen zu Beginn gleich Null, so ist auch die Amplitude gleich Null und es findet keine Schwingung statt. Frage: Die Überlagerung von Schwingungen kann auch durch die Addition von Zeigern in einem Zeigerdiagramm dargestellt werden. Zeigen Sie in einem solchen Zeigerdiagramm den Zusammenhang zwischen den Größen Amplitude, Phasenverschiebung, Anfangsauslenkung und Anfangsgeschwindigkeit auf.
3.1.1
Beispiel: Zeitverläufe Einmassenschwinger
Ein Einmassenschwinger ohne Dämpfung und ohne äußere Anregung verfügt über eine Masse von m = 2 kg, und eine Steifigkeit von c = 3000 N/m. Wie lauten die Zeitverläufe für Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung, wenn der Schwinger über eine Anfangsauslenkung von x0 0,01 m und eine Anfangsgeschwindigkeit von x 0 1,0 m/s verfügt? Stellen Sie die Zeitverläufe für die erste halbe Sekunde sowie die zugehörige Lissajous-Figur grafisch dar. Die Eigenkreisfrequenz bestimmt sich aus den Systemparametern:
Z
c m
N m 2kg
3000
38,7s 1
Die spezielle Lösung der relevanten DGL lautet wie ausgeführt: x(t )
x0 cosZt
x0
Z
sin Zt
Durch Einsetzen der hier konkret vorliegenden Daten folgt hieraus die Lösungsfunktion: x(t )
0,01 m cos 38,7s 1t 0,0258 m sin 38,7s 1t
Der Geschwindigkeitsverlauf ergibt sich durch einmalige Ableitung des Auslenkungsverlaufs nach der Zeit:
3.1 EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung x0 Z sin Zt x0 cosZt
x (t ) x (t )
31
0,387 m/s sin 38,7s 1t 1,0 m/s cos 38,7s 1t
Der Beschleunigungsverlauf ist durch die Ableitung des Geschwindigkeitsverlaufs nach der Zeit definiert: x(t ) x(t )
x0 Z 2 cosZt x0 Z sin Zt
15m/s 2 cos 38,7s 1t 38,7ms 2 sin 38,7s 1t
Alternativ können die Zeitverläufe auch unter Angabe der Phasenverschiebung angegeben werden: Amplitude: § x · x0 2 ¨ 0 ¸ ©Z ¹
C
2
§ 1m/s · ¸ 1 ¸ © 38,7s ¹
0,01m 2 ¨¨
2
0,0277 m
Phasenverschiebung:
D
arctan
x 0 Z x0
arctan
Auslenkung: x(t )
C cos(Zt D )
Geschwindigkeit: x (t )
CZ sin(Zt D )
x(t )
CZ 2 cos(Zt D )
Beschleunigung:
1m/s 38,7s 1 0,01m
1,2015
68,8q
0,0277 m cos 38,7s 1t 1,2015
1,0728m/s sin 38,7s 1t 1,2015
41,55m/s 2 cos 38,7s 1t 1,2015
Wie zu erwarten, führen beide Formulierungen zu gleichen Zeitverläufen, wie sie in Bild 3-2 dargestellt sind. Alle Zeitverläufe zeigen einen sinusförmigen Charakter. Dabei ist zu erkennen, dass die Verläufe von Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung zueinander jeweils eine Phasenverschiebung von ½S bzw. 90q aufweisen. In allen Größen kehrt das System immer wieder in ursprüngliche Zustände zurück – es ist nicht gedämpft. In der im Bild 3-3 aufgetragenen Lissajous-Figur wird dies dadurch deutlich, dass das System sich auf einer geschlossenen Bahn bewegt. Die MATLAB®-Dateien zur Berechnung der dargestellten Funktionen sind Kapitel 9.5 zu entnehmen.
32
3 Einmassenschwinger
Bild 3-2: Zeitverlauf von Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung des untersuchten Einmassenschwingers ohne Dämpfung und ohne Last
Bild 3-3: Lissajous-Figur des untersuchten Einmassenschwingers ohne Dämpfung und ohne Last
3.1 EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung
33
Soll die DGL dieses Systems in SIMULINK® abgebildet werden, so ist dies auf Grundlage der umformulierten DGL möglich: x
c x m
Die aktuelle Auslenkung wird durch zwei in Reihe geschaltete Integrationen der Beschleunigung berechnet. Dabei werden den Integratoren als Anfangsbedingungen die Anfangsauslenkung und die Anfangsgeschwindigkeit mitgegeben. Die aktuelle Beschleunigung des Systems berechnet sich entsprechend der umgestellten DGL aus der Rückkopplung der aktuellen Auslenkung unter Berücksichtigung des negativen Verstärkungsfaktors (Bild 3-4).
Bild 3-4: SIMULINK®-Modell für den Einmassenschwinger ohne Dämpfung und ohne Last
3.1.2
Beispiel: Einmassenschwinger unter Schwerkrafteinfluss
Entsprechend ihrer Masse unterliegen schwingende Systeme der Schwerkraft. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu stellen, inwieweit sich das Schwingungsverhalten durch die Wirkung der Schwerkraft verändert. Um diese Frage zu beleuchten, wird der bisher betrachtete Einmassenschwinger nun vertikal angeordnet und der Erdbeschleunigung ausgesetzt. Infolge der Erdbeschleunigung wird als zusätzliche Kraft die Gewichtskraft auf die Masse einwirken. Diese Gewichtskraft führt im Ruhezustand zu einer statischen Auslenkung xst der Masse. Aus diesem Grunde wird nun der Nullpunkt der x-Achse in die Ruhelage der Masse hineingelegt. Dies führt dazu, dass jede Auslenklung der Masse durch die Summe xst + x statt durch die Koordinate x alleine beschrieben wird. Damit greifen die in Bild 3-5 dargestellten Kräfte an der Masse an:
34
3 Einmassenschwinger FB
c
mx
FC
cxst x
m g
x
x mg
Bild 3-5: Einmassenschwinger im Erdschwerefeld
Das Aufstellen des Kräftegleichgewichts in vertikale Richtung führt zu folgender DGL: mg c xst x mx 0
Die statische Auslenkung ergibt sich aus dem Eigengewicht der Masse und der Federsteifigkeit: xst
mg c
Wird dieser Zusammenhang in die DGL eingesetzt, so fallen alle Terme, welche die Erdbeschleunigung beinhalten, heraus. Es liegt wieder die bisher behandelte DGL ohne Einflüsse aus der Erdbeschleunigung vor: x
c x m
0
c m
g xst
mit
Z2
Die Erdbeschleunigung hat also keine Auswirkung auf das Eigenverhalten des Systems. Die Schwingung eines Systems im Erdschwerefeld kann als Überlagerung der statischen Verformung aus der Erdbeschleunigung mit der dynamischen Verformung aus evtl. Anfangsbedingungen und/oder äußeren Lasten beschrieben werden. Frage: Aus der Betrachtung des Schwingers im Erdschwerefeld geht hervor, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der statischen Auslenkung und der Eigenkreisfrequenz eines Systems gibt. Bestimmen Sie, über welche Eigenfrequenz ein Einmassenschwinger verfügt, der eine statische Auslenkung von 0,01 mm aufweist.
3.1.3
Energieerhaltung schwingender Systeme
Im Folgenden wird die Frage untersucht, wie sich der Energieinhalt des dämpfungsfreien Einmassenschwingers gemäß Bild 3-1 im Laufe der Zeit verhält. Der Einmassenschwinger verfügt über eine potentielle Energie der Größe
3.1 EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung
35 1 F x 2
Epot
1 2 cx , 2
die in der Feder mit der Steifigkeit c gespeichert wird (Bild 3-6). F
E pot
x
c
Bild 3-6: In einer linearen Feder gespeicherte potentielle Energie
Darüber hinaus verfügt der Einmassenschwinger über kinetische Energie der Größe Ekin
1 m x 2 , 2
die in der Masse m gespeichert ist. Der gesamte Energieinhalt des Schwingers ist dementsprechend gegeben durch die Summe aus potentieller und kinetischer Energie: Eges
Epot Ekin
Wird der allgemeine Schwingungsvorgang mit beliebigen Parametern beschrieben durch x(t )
C sin Zt D ,
so haben die einzelnen Energieanteile und die Gesamtenergie folgende Größe [Bro00]: Epot
Ekin
1 c x2 2
1 m x 2 2
1 c C 2 sin 2 Zt D 2
1 m Z 2C 2 cos 2 Zt D 2 Eges
Eges
Da c
1 c C 2 1 cos2Zt 2D 4 1 mZ 2 C 2 1 cos2Zt 2D 4
E pot E kin
1 1 c C 2 1 cos2Zt 2D mZ 2 C 2 1 cos2Zt 2D 4 4
mZ 2 gilt, gilt nun für die Gesamtenergie Eges:
36
3 Einmassenschwinger Eges
1 c C2 2
1 m Z2 C2 2
const.
Wie den beiden Ausdrücken für die einzelnen Energieanteile zu entnehmen ist, weisen sowohl potentielle als auch kinetische Energie über die Zeit einen gleichen Mittelwert von Epot,m
Ekin,m
1 c C2 4
auf. Um diesen gleichen Mittelwert schwingen beide Energieanteile mit einer Amplitude von Epot,a
Ekin,a
1 c C2 . 4
Aufgrund betragsmäßig gleichen Mittelwerten und Amplituden schwanken beide Energieanteile im Laufe der Zeit zwischen Null und dem Maximalwert. Die Schwingung der Energieanteile findet mit einer Kreisfrequenz von 2Z statt, wobei zwischen potentieller und kinetischer Energie eine Phasenverschiebung von S vorliegt. Wenn der Schwinger die statische Ruhelage durchläuft, ist die Gesamtenergie als kinetische Energie in der Masse gespeichert – die Feder ist komplett entspannt. Bei maximaler Auslenkung des Schwingers ist die Gesamtenergie als potentielle Energie in der Feder gespeichert – die Geschwindigkeit der Masse und somit die in ihr gespeicherte kinetische Energie ist gleich Null. Potentieller und kinetischer Energieinhalt überlagern sich so, dass zu jeder Zeit die gleiche Gesamtenergie vorliegt. Dies erscheint plausibel, da dem System weder Energie von außen zugeführt noch entnommen wird.
3.1.4
Beispiel: Energieinhalt Einmassenschwinger
Der bereits betrachtete Einmassenschwinger ohne Dämpfung und ohne äußere Anregung mit einer Masse von m = 2 kg, einer Steifigkeit von c = 3000 N/m, einer Anfangsauslenkung von x0 0.01 m und einer Anfangsgeschwindigkeit von x0 1,0 m/s liegt wieder vor. Wie hoch ist die gesamte gespeicherte Energie? Zeichnen Sie den zeitlichen Verlauf von potentieller Energie, kinetischer Energie und Gesamtenergie während der ersten halben Sekunde. Der Gesamtenergieinhalt beträgt: Eges
1 c C2 2
1 N 3000 0,0277 m 2 2 m
1,15 J
In Bild 3-7 ist die zeitliche Veränderung der potentiellen Energie, kinetischen Energie und Gesamtenergie grafisch dargestellt. Die MATLAB®-Dateien zur Berechnung der dargestellten Funktionen sind Kapitel 9.5 zu entnehmen.
3.1 EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung
37
Bild 3-7: Zeitliche Verläufe von potentieller, kinetischer und gesamter Energie für einen ungedämpften Einmassenschwinger ohne Anregung
3.1.5
Beispiel: Pendel
Gegeben ist das in Bild 3.8 dargestellte mathematische Pendel:
l g
M
m
m M l mg
Bild 3-8: Mathematischer Pendel
Wird die Masse des Pendels frei geschnitten, so wirken auf diese die eingezeichneten Kräfte resultierend aus der Erdbeschleunigung und der Tangentialbeschleunigung der Masse auf dem von ihr beschriebenen Kreisbogen. Durch Ansetzen des Drehmomentengleichgewichts um den Drehpunkt des Pendels erhalten wir:
38
3 Einmassenschwinger
mg sin M l mM l 2
M
g sin M l
0
0
Da der Auslenkwinkel in der DGL als Argument einer Sinusfunktion auftaucht, handelt es sich hierbei um eine nichtlineare Differentialgleichung, die nicht ohne weiteres einer analytischen Lösung zugänglich ist. Lediglich unter der Annahme kleiner Auslenkungen lässt sich die Differentialgleichung linearisieren. Für kleine Auslenkungen mit M | 0 gilt: sin M | M
Werden die beiden Seiten gleichgesetzt, geht die nichtlineare DGL in eine lineare DGL mit der bereits bekannten Struktur über: g l
M M
0
Diese lineare DGL ist analog zur bisherigen Behandlung lösbar. Die Eigenkreisfrequenz des Pendels ist durch die Länge des Pendels und die Erdbeschleunigung bestimmt – die Masse des Pendels ist interessanterweise nicht von Einfluss. g Z2 l Frage: Wird das Pendel laut der linearisierten Form der DGL schneller oder langsamer schwingen, als es sich nach der nichtlinearen DGL ergibt? Folgend sollen die Lösung der linearisierten und der nicht linearen DGL durch Modellierung und Simulation mit SIMULINK® bestimmt werden. Bilder 3-9 und 3-10 zeigen die beiden zugeordneten Modelle. Der Unterschied zwischen den beiden Modellen liegt ausschließlich in der zusätzlichen Sinusfunktion für das nichtlineare Modell:
3.1 EMS ohne Dämpfung, ohne Anregung
Bild 3-9: Blockdiagramm für das linearisierte Pendel
Bild 3-10: Blockdiagramm für das nichtlineare Pendel
39
40
3 Einmassenschwinger
Bild 3-11: Auslenkung des linearisierten Pendels und des nichtlinearen Pendels bei verschiedenen Anfangsauslenkungen
In Bild 3-11 sind die Ergebnisse der Simulation für zwei verschiedene Anfangsauslenkungen des Pendels aufgetragen. Für eine kleine Anfangsauslenkung von ĭ0 = 0,1 liegt keine Abweichung der beiden Lösungen voneinander vor. Für eine größere Anfangsauslenkung von ĭ0 = 1,0 wird ein Unterschied in den Lösungen deutlich. Die Berücksichtigung der Nichtlinearität hat eine größere Periode / eine geringere Frequenz der Pendelschwingung zur Folge.
3.2
EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
Praktisch existieren keine Systeme ohne Dämpfung. Vielmehr können verschiedene Dämpfungseffekte auftreten, sowohl bzgl. der Ursachen als auch hinsichtlich der Auswirkung. Hier werden die Coulomb´sche Reibung und die viskose Reibung betrachtet. Die Coulomb´sche Reibung beschreibt in aller Regel Dämpfungen gut, die durch mechanische Reibung von relativ zueinander bewegten Kontaktflächen verursacht wird. Die viskose Reibung bildet Dämpfungseffekte gut ab, die im Zusammenhang mit verlustbehafteten laminaren Strömungen stehen. Andere Eigenschaften wie die Materialdämpfung können am besten durch die Coulomb’sche Reibung im Bereich großer Auslenkungen und durch die viskose Reibung im Bereich kleiner Auslenkungen beschrieben werden.
3.2.1
Coulomb´sche Reibung
Grundlage der Coulomb´schen Reibung ist die mechanische Reibung zwischen zwei relativ zueinander bewegten Oberflächen, zwischen denen eine Normalkraft übertragen wird. Diese Situation kann wie im Bild 3-12 dargestellt abgebildet werden.
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
41 x
x
FC
c
cx
FR
m FB
FR
mx
R ° ® 0 ° R ¯
für
x ! 0 x 0 x 0
Bild 3-12: Einmassenschwinger mit Coulomb´scher Reibung und ohne äußere Anregung
Auf die frei geschnittene Masse wirkt neben der Federkraft und der Trägheitskraft die Reibungskraft ein. Das charakteristische der Coulomb´schen Reibung ist, dass diese Reibungskraft mit konstanter Größe R entgegen der aktuellen Bewegungsrichtung wirkt. Damit ist für die sich aus dem Kräftegleichgewicht ergebende DGL hinsichtlich der Wirkungsrichtung der Reibkraft eine Fallunterscheidung vorzunehmen: mx cx
R ® ¯R
für
x ! 0 x 0
Mit der bereits bekannten Kreisfrequenz Z
Z2
c m
und der auf die Federsteifigkeit normierten Reibkraft r r
R c
ergibt sich für die DGL: x Z 2 x
° Z 2 r ® 2 °¯ Z r
für
x ! 0 x 0
Für den Fall, dass anfänglich lediglich eine Auslenkung größer Null aber keine Anfangsgeschwindigkeit vorliegt, lauten die Anfangsbedingungen: x(t
0)
x0 ! 0 ; x (t
0)
0
In einem ersten Zeitabschnitt ist davon auszugehen, dass aufgrund der positiven Anfangsauslenkung die Masse eine negative Geschwindigkeit annehmen wird. Deshalb ist zunächst vom zweiten Fall der DGL auszugehen: Zeitabschnitt 1: Kräftegleichgewicht für eine Bewegung in negativer x-Richtung:
42
3 Einmassenschwinger x
FC
cx
FB
mx
R
Bild 3-13: Kräftegleichgewicht im Zeitabschnitt 1: x Z 2 x
Z 2r
Die allgemeine Lösung dieser DGL setzt sich summarisch aus der allgemeinen Lösung der homogenen DGL und einer Partikularlösung zusammen. Die allgemeine Lösung der homogenen DGL ist bereits bekannt: xh t1
A cosZ t1 B sin Z t1
Die Partikularlösung hat die inhomogene DGL zu erfüllen. Hier ist relativ schnell ersichtlich, das die Partikularlösung xp t1 r
betragen muss. Das Einsetzen in die inhomogene DGL bestätigt dies. Insofern lautet die allgemeine Lösung der inhomogenen DGL: x(t1 )
xh t1 xp t1
A cosZ t1 B sin Z t1 r
Durch Einsetzen der Anfangsbedingungen ergeben sich die Integrationskonstanten: x(t1
x (t1
Ar o
x0
0)
0)
0
A
x0 r
ZB o B
0
Damit ergeben sich für den ersten Zeitabschnitt als Auslenkungs- und Geschwindigkeitsverlauf: x(t1 ) x (t1 )
( x0 r ) cosZ t1 r ( x0 r ) Z sin Z t1
Der erste Zeitabschnitt ist beendet, wenn die Masse die Geschwindigkeit Null annimmt und damit kurz vor der Umkehr der Bewegungsrichtung steht. § x ¨ t1 ©
S· ¸ 0 Z¹
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
43
Die Auslenkung zu diesem Zeitpunkt hat die Größe
S· ¸ x0 2 r Z¹
§ x¨ t1 ©
Nach Ablauf beginnt nun ein zweiter Zeitabschnitt. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass sich ab sofort die Masse in positive Koordinatenrichtung bewegt, die Geschwindigkeit also positiv ist. Deshalb kommt nun der erste Fall der DGL zum tragen: Zeitabschnitt 2: Kräftegleichgewicht für eine Bewegung in positiver x-Richtung: x
FC
cx
FB
mx
R
Bild 3-14: Kräftegleichgewicht im Zeitabschnitt 2: x Z 2 x
Z 2 r
Die Ermittlung der Lösung für diesen Zeitabschnitt verläuft analog zum ersten Zeitabschnitt. Lediglich das Vorzeichen der Partikularlösung der DGL ändert sich: xp t 2
r
Allgemeine Lösung: xh t 2 xp t 2
x(t 2 )
A cosZ t 2 B sin Z t 2 r
Umsetzung der Anfangsbedingungen für dieses Zeitintervall: x(t2
0)
§ x¨ t1 ©
x (t2
0)
S· ¸ Z¹ § x ¨ t1 ©
Ar
S· ¸ Z¹
x0 2r
BZ
0
o
o
A
B
x0 3r
0
Damit liegen im zweiten Zeitintervall als Auslenkungs- und Geschwindigkeitsverläufe vor: x(t 2 )
( x0 3r ) cosZ t2 r
x (t2 )
( x0 3r ) Z sin Z t2
44
3 Einmassenschwinger
Auch der zweite Zeitabschnitt ist wiederum beendet, wenn die Masse die Geschwindigkeit Null annimmt.
S· ¸ Z¹
§ x ¨ t 2 ©
2S · ¸ Z ¹
§ x¨ t ©
0
Zu diesem Zeitpunkt betägt die Auslenkung: § x¨ t 2 ©
S· ¸ Z¹
2S · ¸ Z ¹
§ x¨ t ©
x0 4 r
Wie zu erkennen ist, wird durch jeden Zeitabschnitt eine Halbperiode der Dauer T 2
S Z
beschrieben. Die Amplitude der Schwingung nimmt mit jeder Halbperiode um 2r ab. Sobald die maximalen Auslenkungen der Feder so klein werden, dass die Federkraft die Reibung nicht mehr überwinden kann, kommt die Schwingung zum Erliegen. Alternativ zu oben aufgeführter Formulierung kann die Bewegung im zweiten Zeitabschnitt auch in der Zeit t1 statt in der Zeit t2 ausgedrückt werden: x Z 2 x
Z 2 r
Allgemeine Lösung: x(t1 )
xh t1 xp t1
A cosZ t1 B sin Z t1 r
Anfangsbedingungen: § x¨ t1 ©
S· ¸ Z¹ § x ¨ t1 ©
A r
S· ¸ Z¹
x0 2r
BZ
0
o
o
Auslenkungs- und Geschwindigkeitsverlauf: x(t1 )
( x0 3r ) cosZ t1 r
x (t1 )
( x0 3r )Z sin Z t1
x0 3r
A
B
0
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
45
Gegenüber der Beschreibung in t2 hat die Amplitude (x0 – 3r) aufgrund der Phasenverschiebung von S ein positives statt einem negativen Vorzeichen. Frage: Interpretieren Sie die auf die Federsteifigkeit c normierte Reibkraft R, nämlich r, hinsichtlich ihrer physikalischen Bedeutung.
3.2.2
Beispiel: Coulomb´sche Reibung
Im Folgenden soll ein Einmassenschwinger mit Coulomb’scher Reibung mit konkreten Daten betrachtet werden. Der bereits betrachtete Einmassenschwinger mit einer Masse von m = 2 kg und einer Steifigkeit von c = 3000 N/m liegt wiederum vor. Die Anfangsauslenkung beträgt wie bisher x0 0,01 m , die Anfangsgeschwindigkeit beträgt allerdings abweichend von den bisherigen Annahmen x 0 0,0 m/s . Die Reibkraft hat eine Größe von R = 4,5 N. Ermitteln Sie für einen Zeitraum von ca. 0,25 s die Zeitverläufe von Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung der Masse. Zeichnen Sie die Lissajous-Figur der sich ergebenden Bewegung. Stellen Sie die zeitlichen Verläufe von potentieller, kinetischer und Gesamtenergie dar. Diskutieren Sie die erhaltenen Ergebnisse. Neben den Anfangsbedingungen gehen in die Lösungsgleichungen die Eigenkreisfrequenz und die normierte Reibkraft ein: Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems:
c m
Z
N m 2kg
3000
38,7s 1
Normierte Coulomb’sche Reibkraft: R c
r
4,5 N N 3000 m
1,5 10 3 m
Eine halbe Schwingungsperiode hat die Dauer: T 2
S Z
S 38,7s 1
0.081s
Somit finden die ersten drei Halbschwingungen innerhalb einer Zeit statt, die knapp dem zu untersuchenden Zeitraum entspricht. Für diese drei Zeitabschnitte lauten die Funktionen für die Auslenkung und die Geschwindigkeit: Zeitabschnitt 1:
0dt d
S Z
46
3 Einmassenschwinger
x(t )
( x0 r ) cosZ t r
x (t )
( x0 r ) Z sin Z t 8,5 10 3 m 38,7s 1 sin 38,7s 1 t
Zeitabschnitt 2:
x(t ) x (t )
Zeitabschnitt 3:
x (t ) x (t )
8,5 10 3 m cos 38,7s 1 t 1,5 10 3 m
2S S td Z Z ( x0 3r ) cosZ t r
5,5 10 3 m cos 38,7s 1 t 1,5 10 3 m
( x0 3r ) Z sin Z t 5,5 10 3 m 38,7s 1 sin 38,7s 1 t 2S
Z
td
3S
Z
( x0 5r ) cosZ t r
2,5 10 3 m cos 38,7s 1 t 1,5 10 3 m
( x0 5r ) Z sin Z t 2,5 10 3 m 38,7s 1 sin 38,7s 1 t
In Kapitel 9.7 sind die Programmtexte zur Berechnung und grafischen Darstellung der gesuchten Größen zu finden.
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
47
Bild 3-15: Zeitverläufe von Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung des Einmassenschwingers mit Coulomb´scher Reibung und ohne Last
Das Ergebnis für die Auslenkung ist abschnittsweise jeweils für halbe Schwingungsperioden definiert. Für jede nächste Halbperiode nimmt die Amplitude der Schwingung um 2r ab und der Mittelwert der Schwingung wechselt zwischen den Werten r r. Wenn die Masse maximal ausgelenkt ist, muss die vorgespannte Feder die Masse wieder zurückziehen. Dies gelingt, so lange die Auslenkung der Feder x größer ist als normierte Reibungskraft r. Hier ist dies dreimal der Fall. Während dieser Phase fällt die Amplitude linear ab. Im vierten Umkehrpunkt ist die Auslenkung so gering (x < r), dass die Feder nicht mehr in der Lage ist, die Masse gegen die Reibung wieder zu beschleunigen. Die durch die Reibung in ihrer Position gehaltene Masse hält die Feder unter Vorspannung. Die Geschwindigkeit und die Beschleunigung verhalten sich entsprechend dem Auslenkungsverlauf. Dabei weist der Beschleunigungsverlauf Unstetigkeiten auf. Diese sind durch die Umkehr der Wirkungsrichtung der betragsmäßig konstanten Reibkraft bedingt. Die hieraus resultierenden Unstetigkeiten in der Krafteinwirkung auf die Masse bilden sich als Unstetigkeiten im Beschleunigungsverlauf ab. Die Unstetigkeiten zeigen sich durch (in der Grafik kaum wahrnehmbare) Knicke im Geschwindigkeitsverlauf.
48
3 Einmassenschwinger
Bild 3-16: Lissajous-Figur des Einmassenschwingers mit Coulomb´scher Reibung und ohne Last
Bild 3-17: Zeitlicher Verlauf des Energieinhaltes des Einmassenschwingers mit Coulomb´scher Reibung und ohne Last
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
49
Die Lissajous-Figur in Bild 3-16 zeigt, dass der Schwinger zu Anfang und Ende keine Geschwindigkeit aber jeweils eine unterschiedliche Auslenkung aufweist. Die Figur weist eine Spiralform mit im Laufe der Zeit abnehmenden Radien auf. Dies weist auf einen abnehmenden Gesamtenergieinhalt des Schwingers hin, wie er auch der Auftragung der Energieanteile zu entnehmen ist. Die Energie wird allerdings nicht im kompletten Umfang über Reibung dissipiert. Vielmehr bleibt die Feder im Endzustand leicht vorgespannt und damit auch ein Anteil potentieller Energie erhalten. Der Abbau der Energie findet ebenfalls in Wellen statt. Während in den Endlagen kaum Energie dissipiert wird, findet dieser Prozess zu den Zeiten maximalen kinetischen Energieinhalts seine größte Ausprägung (Bild 3-17). Hier schlägt sich nieder, dass die dissipierte Reibungsleistung geschwindigkeitsproportional ist. PR
3.2.3
FR x
Viskose Reibung
Viskose Reibung beschreibt Verlustvorgänge, die in reibungsbehafteten, laminaren Strömungen auftreten. Insofern können durch die viskose Reibung Reibungseffekte in fluidischen Systemen zum Teil gut abgebildet werden. Allerdings zeigt auch die Dämpfung von gängigen Konstruktionswerkstoffen Aspekte der viskosen Reibung. Kennzeichnend für die viskose Reibung ist eine Dämpfungskraft, welche proportional zur Bewegungsgeschwindigkeit in entgegen gesetzter Richtung zu dieser wirkt (Bild 3-18). x
x c
FC
cx
d
FD
dx
FB
mx
Bild 3-18: Einmassenschwinger mit viskoser Reibung und ohne Anregung
Unter Berücksichtigung der viskosen Reibungskraft ergibt sich das Kräftegleichgewicht in x-Richtung für den Einmassenschwinger zu: FB FD FC
0
mx dx cx
0
Mit den Definitionen für den Dämpfungsgrad 2G
d m
Z2
c m
und die Eigenkreisfrequenz
50
3 Einmassenschwinger
lässt sich dies umformulieren zu: x 2 G x Z 2 x
0
Der eingeführte Wert des Dämpfungsgrades G hat dabei in diesem Moment noch keine erkennbare physikalische Bedeutung. Diese lineare, homogene DGL zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten lässt sich durch folgende Ansatzfunktion mit den Konstanten A und O lösen: x(t )
A e Ot
Die ersten beiden Ableitungen der Ansatzfunktion nach der Zeit lauten: x (t )
A O e Ot
x(t )
AO2 e Ot
Diese eingesetzt in die DGL führen zu:
O
2
2 G O Z 2 Ae Ot
0
Da die e-Funktion für keine Zeit t zu Null werden kann, wird die Bedingung nur dann erfüllt, wenn die Klammer zu Null wird:
O2 2 G O Z 2
0
Durch Auflösen der quadratischen Gleichung lässt sich bestimmen, für welche O diese Gleichung erfüllt werden kann [Pap01]. Die beiden möglichen Lösungen lauten:
O1/2
G r G 2 Z 2
Mit Einführung des Lehr´schen Dämpfungsmaßes D
G kann diese Gleichung auch umforZ
muliert werden:
O1/2
G r Z
D2 1
Je nach dem, ob der Radikand positiv, negativ oder gleich Null ist, sind nun drei Fallunterscheidungen vorzunehmen: Starke Dämpfung: D > 1
O1/2
G r P
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
51
mit
Z D2 1
P x(t )
A1e O1t A2 e O2t
e Gt A1e Pt A2 e Pt
x(t )
Diese Lösung beschreibt ein System, welches keine Schwingungen ausführt. Liegt eine Auslenkung aus der statischen Ruhelage vor, so bewegt sich das System wieder auf diese Ruhelage zu. Dies geschieht in kriechender Weise. Aufgrund der relativ geringen Geschwindigkeiten spielen die Massenkräfte eine untergeordnete Rolle. Der Prozess ist dadurch geprägt, dass die vorgespannte Feder gegen die schon bei geringer Geschwindigkeit in erheblicher Höhe auftretenden Kräfte im Dämpfer arbeiten muss. Aperiodischer Grenzfall: D = 1
O1
O2
G
x(t )
A1e O1t A2teO2 t
x(t )
A1e Gt A2te Gt
Der aperiodische Grenzfall ist vom Fall der starken Dämpfung vom Charakter der Bewegung her kaum zu unterscheiden. Allerdings tritt in diesem Fall die niedrigste Dämpfung auf, die gerade noch ein Schwingen des Systems verhindert. Aufgrund dieser niedrigen Dämpfung für den schwingungslosen Fall wird die statische Ruhelage schnellstmöglich erreicht. Diese Einstellung wird für Systeme angestrebt, die möglichst stabil und ohne erhebliche Schwingungserscheinungen eine bestimmte Lage einhalten sollen, z. B. Tische von messtechnischen Einrichtungen. Schwache Dämpfung: D < 1 G r i Z 1 D 2
O1/2
x(t )
x(t )
G r i Zd
A1e O1t A2 e O 2 t
e Gt A1e iZ d t A2 e iZ d t
Mit dem Zusammenhang [Bro00] e r iZt
cos Zt r i sin Zt
führt dies zur Formulierung der Lösung unter Verwendung von Winkelfunktionen:
52
3 Einmassenschwinger
e Gt A cos Zd t iB sin Zd t
x(t )
mit A
A1 A2
A1 A2
B
und
Wie dieser Lösung zu entnehmen ist, wird das viskos gedämpfte System frei nicht mehr in der Eigenkreisfrequenz Z sondern in der Eigenkreisfrequenz des gedämpften Systems Zd schwingen. Diese liegt ein bestimmtes Maß niedriger als die Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems. Der Abstand der Eigenkreisfrequenzen des ungedämpften und des gedämpften Systems wird durch das Lehr´sche Dämpfungsmaß D bestimmt. Die Amplituden der Schwingung des schwach gedämpften Einmassenschwingers klingen im Laufe der Zeit entsprechend einer e-Funktion ab.
3.2.4
Beispiel: Variation des Lehr’schen Dämpfungsmaßes
Der bereits betrachtete Einmassenschwinger mit einer Masse von m = 2 kg und einer Steifigkeit von c = 3000 N/m liegt wiederum vor. Die Anfangsauslenkung beträgt wie bisher x0 0.01 m , die Anfangsgeschwindigkeit x 0 0,0 m/s . Das Lehr´sche Dämpfungsmaß betrage D = 0,1, 1,0 bzw. 10,0. Ermitteln Sie für einen Zeitraum von 0,8 s die Zeitverläufe von Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung der Masse. Zeichnen Sie die LissajousFigur der sich ergebenden Bewegung. Stellen Sie die zeitlichen Verläufe von potentieller, kinetischer und Gesamtenergie dar. Diskutieren Sie die erhaltenen Ergebnisse. Zunächst ist auf Grundlage des gegebenen Lehr´schen Dämpfungsmaßes D die nicht direkt festgelgte Dämpfungskonstante d zu ermitteln:
D
d
d 2m c m
G Z
2 D mc
d 2 mc
D 154,9
kg s
Zur Lösungsfindung wird die Differenteilgleichung zweiter Ordnung mx dx cx
0
in das Differentialgleichungssystem erster Ordnung § x · ¨¨ ¸¸ © x¹
§ 0 ¨ c ¨ © m
1 ·§ x · d ¸¨ ¸ ¸¨ x ¸ m ¹© ¹
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
53
mit den Anfangsbedingungen xt x (t
0
x0 0)
0,01m x0
0
umgewandelt und anschließend numerisch integriert. Bzgl. der Vorgehensweise zur numerischen Integration wird auf den „Anhang: Mathematische Methoden“ verwiesen. Die Ausführung des auf dieser Grundlage erstellten Programmtextes (siehe Kapitel 9.8) führt zu folgenden Ergebnissen:
Bild 3-19: Einmassenschwinger mit viskoser Dämpfung (D=10) und ohne Last
Wie bereits der mathematischen Ableitung zu entnehmen war, führt das stark gedämpfte System keine Schwingung aus. Die zu Beginn vorhandene Anfangsauslenkung verringert sich im Laufe der Zeit. Da der Schwinger über eine Anfangsgeschwindigkeit von Null verfügt, wird dieser zunächst stark beschleunigt. Durch diese Beschleunigung erreicht er eine zunächst relativ große Geschwindigkeit. Mit dieser Geschwindigkeit wird die Auslenkung reduziert. Mit abnehmender Auslenkung und damit Federvorspannung reduziert sich auch die Geschwindigkeit. Hierdurch verläuft die Entspannung des Systems mit permanent abnehmender Geschwindigkeit. Hierdurch bedingt erreicht das System den entspannten Zustand nicht binnen endlicher Zeit. Die Gesamtbewegung läuft sehr langsam ab. Deshalb weist der Schwinger zu keiner Zeit nennenswerte kinetische Energie auf. Der Energieinhalt besteht fast ausschließlich aus poten-
54
3 Einmassenschwinger
tieller Energie, welche in der Feder gespeichert ist. Diese potentielle Energie nimmt im laufe der Zeit sukzessive ab.
Bild 3-20: Einmassenschwinger mit viskoser Dämpfung (D=1,0) und ohne Last
Für den aperiodischen Grenzfall sehen die Zeitverläufe ähnlich aus wie bei starker Dämpfung. Allerdings findet der Vorgang deutlich schneller statt. Ist der stark gedämpfte Schwinger nach 0,8 s noch deutlich verspannt, so ist hier bereits nach ca. 0,2 s der entspannte Zustand erreicht. Diese Schnelligkeit des Prozesses ist daran erkennbar, dass die Maximalgeschwindigkeit fast das Zehnfache des stark gedämpften Schwingers beträgt. Auch bei Betrachtung des energetischen Zustandes wird deutlich, dass für den aperiodischen Grenzfall höhere Geschwindigkeiten auftreten. Nach wie vor besteht der Gesamtenergieinhalt aus potentieller Energie. Allerdings liegt nun auch ein deutlich erkennbarer Beitrag aus der kinetischen Energie vor.
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
55
Bild 3-21: Einmassenschwinger mit viskoser Dämpfung (D=0,1) und ohne Last
Für den Fall der schwachen Dämpfung liegt nun ein völlig anderes Verhalten vor. Das System schwingt. Das zu Anfang ausgelenkte System wird relativ schnell entspannt. Allerdings verbleibt es nicht in diesem entspannten Zustand. Da das System im entspannten Zustand über eine hohe Geschwindigkeit und damit viel kinetische Energie verfügt, bewegt es sich über den entspanntenZustand hinaus und verspannt sich wieder. Dieser Vorgang wiederholt sich unter Umkehrung der Bewegungsrichtung permanent. Es liegt eine Schwingung vor. Aufgrund der vorliegenden Dämpfung nehmen die maximalen Auslenkungen, die Amplituden, entsprechend einer e-Funktion ab. Entsprechend einer e-Funktion kommt die Schwingung in endlicher zeit nicht zum Erliegen. Die Lissajous-Figur stellt eine Spirale mit im Laufe der Zeit abnehmenden Radien dar. Da der aktuelle Radius ein Maß für den Energieinhalt ist, ist hieran der stetige Abbau des Energieinhalts des Schwingers erkennbar. Der Auftragung der einzelnen Energiebestandteile ist zu entnehmen, dass eine ständige Energiewandlung vorliegt. Andauernd findet eine Wandlung von potentieller in kentische Energie vor und umgekehrt. Charakertistische Zustände treten bei maximaler Auslenkung (es liegt nur potentielle Energie vor) und Nullauslenkung (es liegt nur kinetische Energie vor) vor. Es verbleibt die Frage, wie die Dämpfungsparameter ermittelt werden können. Relativ einfach stellt sich dies noch dar, wenn von einem schwingenden System der Zeitverlauf einer Schwingung aufgenommen wurde. Zur Bestimmung des Lehr’schen Dämpfungsmaßes werden zwei Amplituden im zeitlichen Abstand Td gemessen. Die Auslenkung zu einem beliebigen Zeitpunkt t beträgt:
56
3 Einmassenschwinger Ce Gt cosZd t D
x(t )
Eine Periode, d.h. die Zeit Td später, verfügt der Schwinger über die Auslenkung x(t Td )
Ce G (t Td ) cosZd t Td D Ce G (t Td ) cosZd t D
Werden die Auslenkungen zu den beiden Zeitpunkten in Relation zueinander gesetzt – und diese Relation ist den aufgenommenen Messdaten entnehmbar – so liegt vor: x(t ) x(t Td )
eGTd
Damit ergibt sich das so genannte logarithmische Dekrement zu: /
ln
x(t ) x(t Td )
GTd
G
2S
D
2S
Zd
1 D2
Durch Umstellung lassen sich hieraus das Lehr’sche Dämpfungsmaß D oder die Dämpfungskonstante d ermitteln.
3.2.5
Beispiel: Gedämpfter Pendelstab
Gegeben ist der im Bild 3-22 dargestellte starre, masselose Pendelstab, an dem eine Masse, eine Feder und ein viskoser Dämpfer als diskrete Elemente angebunden sind. Der Stab ist an seinem linken Ende in der Ebene drehbar gelagert. Das Bild stellt die statische Ruhelage des Systems dar. Im unteren Abschnitt sind die Drehmomente aufgetragen, die bei Drehung um das Lager an dem Pendelstab angreifen.
c
m a
M
m M a 2
Bild 3-22: Masseloser Pendelstab
a
c M 4 a 2
a
d
d M 9 a 2
3.2 EMS mit Dämpfung, ohne Anregung
57
Die Parameter haben folgende Größe: m = 100 g, c = 100 N/m, d = 0,01 kg/s, a = 30 mm.
Wie groß darf die Dämpfungskonstante d maximal sein, damit eine schwach gedämpfte Schwingung stattfindet? Kann das vorliegende System schwingen?
Wie lautet die Bewegungsgleichung des Pendelstabes unter der Annahme, dass der Schwinger zum Zeitpunkt Null in der statischen Ruhelage über eine definierte Winkelgeschwindigkeit um das zweiwertige Lager verfügt?
Zu welchem Zeitpunkt hat der Schwinger 50 % seiner Startenergie verloren?
Das Momentengleichgewicht um den Drehpunkt des Pendelstabes lautet:
¦M
m M a 2 c M 4 a 2 d M 9 a 2
0
0
Hieraus ergibt sich die systembeschreibende DGL:
M
9d 4c M M m m
0
Mit den standardmäßigen Koeffizienten der Lösungsfunktion und ihrer ersten Ableitung nach der Zeit 2G
9d m
Z2
4c m
und
lässt die DGL sich auch in gewohnter Weise darstellen:
M 2 G M Z 2 M
0
Die Eigenfrequenz des ungedämpften Systems beträgt damit: f
Z 2S
1
S
c m
1 100 N / m S 0,1kg
10,1Hz
Damit noch eine Schwingung stattfindet, muss das Lehre’sche Dämpfungsmass D kleiner als Eins sein: D
G Z
9d 1 2m 2
m c
9d 4 mc
1
58
3 Einmassenschwinger
Damit ist die einzuhaltende Bedingung für die Dämpfungskonstante d gegeben: d
4 mc 9
4 0,1kg 100 N / m 9
1,41kg / s
Da die reale Dämpfungskonstante deutlich kleiner ist, ist das System schwingfähig. Faktisch beträgt das Lehr´sche Dämpfungsmaß D
9d 4 mc
9 0,01kg / s 4 0,1kg 100 N / m
0,0071
Die allgemeine Bewegungsgleichung lautet
M (t ) Ce Gt cosZd t D mit der Kreisfrequenz des gedämpften Systems Zd:
Zd Zd
Z 1 D2
Z 1 D2
1 2
c m
1
81 d 2 16 mc
10,1Hz 1 0,00712
10,1Hz
Durch die geringe vorliegende Dämpfung ist die Eigenfrequenz des gedämpften Systems kaum gegenüber der des ungedämpften Systems verschoben. Damit lautet die Bewegungsgleichung unter den vorliegenden Anfangsbedingungen:
M (t )
M 0 Gt § S· e cos¨ Zd t ¸ Zd 2¹ ©
M 0 Gt e sin Zd t Zd
Der Energieinhalt entspricht zu jedem Zeitpunkt der der virtuellen potentiellen Energie, die sich aus der aktuellen, virtuellen Auslenkungsamplitude ableitet: Epot
1 c Mˆ 2 2
Der aktuelle Energieinhalt ist als proportional zum Quadrat der aktuellen Auslenkungsamplitude: Epot a Mˆ 2
Entsprechend der Lösung der DGL klingt die anfängliche Auslenkungsamplitude nach einer e-Funktion ab:
3.3 EMS ohne Dämpfung, mit Kraftanregung
59
M0 Gt e Zd
Mˆ
Mˆ 0 e Gt
Damit ist der Energieinhalt proportional zum Quadrat der e-Funktion:
Epot a e Gt
2
Die Lösung liegt also für den Fall vor, dass die quadrierte e-Funktion auf die Größe von 0,5 abgeklungen ist:
e G
t 2
0,5
Die Lösung für diesen Zusammenhang lautet: t
ln 0,5 G
mit dem Dämpfungsgrad
G
9d 2m
9 0,01kg / s 2 0,1kg
0,45s 1
Damit hat der Schwinger zur Zeit t 0,77 s 50 % seiner Startenergie verloren. Bis zu diesem Zeitpunkt führt das System 7,8 Schwingungen aus.
3.3
EMS ohne Dämpfung, mit Kraftanregung
Gegenüber dem nicht angeregten Schwinger soll nun als weitere Kraft an der Masse die äußere Last F angreifen: x
x c m
F0 cos :t
FC
cx
FB
mx
F0 cos :t
Bild 3-23: Einmassenschwinger ohne Dämpfung, mit harmonischer Last mx cx F
0
Die äußere Kraft hat hier einen harmonischen Charakter und schwinge mit der Amplitude F0 sowie der Kreisfrequenz :. F
F0 cos :t
60
3 Einmassenschwinger
In der Diskussion der Ergebnisse dieser Überlegungen wird darauf eingegangen, weshalb diese Wahl getroffen wird. Damit liegt eine lineare, inhomogene DGL zweiter Ordnung vor. mx cx
F0 cos :t
Mit den Abkürzungen für die Eigenkreisfrequenz Z und die statische Auslenkung x0
Z2
c m
x0
F0 c
und
lässt sich die Differentialgleichung umformen zu: x Z 2 x
Z 2 x0 cos :t
Die Lösung dieser Differentialgleichung besteht aus der Summe von homogener Lösung und partikularer Lösung. Die homogene Lösung ist uns bereits bekannt. xh xp
x
mit C cos(Zt D )
xh
Für die Partikularlösung machen wir einen Ansatz vom Typ der rechten Seite: xp
x0V cos :t
Das Einsetzen in die inhomogene DGL führt zur so genannten Verstärkungsfunktion: V
Z2
1
Z 2 :2
1 K 2
mit dem Frequenzverhältnis
K
:
Z
Damit lautet die allgemeine Lösung der Differentialgleichung:
3.3 EMS ohne Dämpfung, mit Kraftanregung x
xh xp
61
C cos(Zt D ) x0V cos :t
Der erste Summand der Lösung, die homogene Lösung, stellt das Verhalten des Schwingers ohne äußere Krafteinwirkung dar. Die auftretenden Amplituden hängen für diesen Lösungsteil also von den Anfangsbedingungen ab und fallen bei einer tatsächlich immer vorliegenden Dämpfung im Laufe der Zeit auf Null ab. Die Amplitude des zweiten Summanden x0 V kann je nach Verhältnis der Anregungsfrequenz zur Eigenfrequenz des Systems nahezu beliebige Werte annehmen. Insbesondere bei kleiner Differenz zwischen den beiden Frequenzwerten kann diese Amplitude sehr hoch ausfallen (Bild 3-24, zur Berechnung siehe Kapitel 9.9). In diesem Fall wird von Resonanz gesprochen. Für sehr kleine Anregungsfrequenzen entspricht die Amplitude der statischen Auslenkung x0. Für sehr große Frequenzen kann die Masse der Anregung aufgrund ihrer Trägheit nicht mehr folgen die Amplitude wird gleich Null. Für ein Frequenzverhältnis von Eins, den so genannten Resonanzfall treten theoretisch unendlich große Amplituden auf. Der Phasenwinkel M gibt an, wie stark die Auslenkung gegenüber der Kraftanregung verschoben ist. Bis zu einem Frequenzverhältnis von K = 1 tritt keine Verschiebung auf. Kraft und Auslenkung treten quasi synchron auf. Darüber entsteht schlagartig eine Phasenverschiebung von M = S bzw. M = 180q. D.h. die Auslenkung tritt exakt in Gegenphase zur Kraftanregung auf.
Bild 3-24: Amplituden- und Phasenfrequenzgang des harmonisch erregten Einmassenschwingers
62
3 Einmassenschwinger
Zur Bestimmung der Bewegungsgleichung im Resonanzfall ist für die partikuläre Lösung ein höherer Funktionsansatz zu wählen. Deshalb wird der bisherige Ansatz nochmals mit der Zeit t multipliziert: x0V t sin :t
xp
Einsetzen in die inhomogene DGL liefert:
Z
V
2
1 x0 Z t sin Zt 2
xp
Die Amplitude wächst im Resonanzfall also linear mit der Zeit an. Praktisch bedeutet dies, dass ein kurzer Aufenthalt im Resonanzbereich des Schwingers nicht schädlich sein muss. Die Verformungen werden nicht allzu groß und können ggf. toleriert werden, z. B. unter Festigkeitsaspekten. Deshalb können Maschinen beim Hochlauf, wenn er schnell genug passiert, auch durchaus durch Resonanzbereich fahren. Kritisch wird es dann, wenn der Schwinger sich länger im Resonanzbereich aufhält und unzulässig hohe Verformungenbzw. Spannungen im Material aufgebaut werden. Die Partikularlösung der Differenzialgleichung kann auch durch einen komplexen Lösungsansatz gefunden werden. Mit der Beziehung nach Euler e jM
cos M j sin M
lässt sich die Krafterregung auch durch den Realteil folgender komplexer Schreibweise beschreiben: F
komplexe Zahlen F0 cos :t reelleZahl eno o F
F0 e j:t
F0 cos :t j sin :t
Mit diesem Übergang in die komplexe Zahlenebene lautet die DGL nun mx cx
F0 e j:t
Analog zur obigen Behandlung wird nun in der komplexen Zahlenebene ein Ansatz vom Typ der rechten Seite, d. h. vom Typ einer e-Funktion mit komplexem Argument gemacht.
xp
x0V e j:t
Die Ableitungen dieses Ansatzes nach der Zeit lauten: x p
x0V jZ e j:t
3.3 EMS ohne Dämpfung, mit Kraftanregung
xp
63
x0V Z 2 e j:t
Einsetzen in die DGL und Auflösen nach der Vergrößerungsfunktion ergibt wiederum die Verstärkungsfunktion: V
Z2
1
Z 2 :2
1 K 2
mit dem bereits behkannten Frequenzverhältnis
K
:
Z
.
Schwingungsaufgaben lassen sich auf dem realen Zahlenstrahl unter Verwendung von Winkelfunktionen oder in der komplexen Zahlenebene unter Verwendung von komplexen eFunktionen lösen. Es ist grundsätzlich zu prüfen, welche Beschreibungsform die günstigere sein mag. In aller Regel ist eine komplexe Beschreibungsweise zu empfehlen, da diese meist schneller und / oder einfacher zum Ziel führt.
3.3.1
Beispiel: Auswuchten starrer Rotoren
Eine praktische Aufgabe besteht oft darin, umlaufende Massen auszuwuchten, dass heißt eine symmetrische Massenverteilung um die Drehachse herzustellen. Diese gleichmäßige Masseverteilung mit einer bestimmten Qualität ist zur Vermeidung so genannter freier Fliehkräfte erforderlich, die erhebliche dynamische Lasten in die Konstruktion einleiten können und hierdurch ggf. auch Schwingungen verursachen. Relevant ist dies z. B. für Autoräder, die als eine Scheibe idealisiert betrachtet werden, d. h. in einer Ebene ausgewuchtet werden. Resultat der Radwuchtung ist meist das Anbringen von Ausgleichsgewichten auf einem bestimmten Montageradius (Bilder 3-25 und 3-26).
Bilder 3-25 und 3-26: PKW-Rad mit Ausgleichsgewichten
Zum Auswuchten kann eine Auswuchtmaschine dienen, in der die Drehmasse in horizontaler Richtung elastisch und in vertikaler Richtung starr aufgenommen ist. Dreht sich die über eine Unwucht verfügende Drehmasse, so wird die dann vorliegende freie Fliehkraft
64
3 Einmassenschwinger
FF
m r Z2
horizontale Auslenkungen bewirken. Eine solche Maschine ist prinzipiell in Bild 3-27 dargestellt. Die horizontalen Verformungen infolge der Fliehkraft werden durch die Wegaufnehmer erfasst. Kraftaufnehmer x
Z
r Unwuchtmasse
Fliehkraft
Bild 3-27: Prinzipieller Aufbau einer Auswuchtmaschine für das Auswuchten in einer Ebene
Bild 3-28: Maschine für das Auswuchten von Rotoren [Schenck]
3.3 EMS ohne Dämpfung, mit Kraftanregung
65
Zu bestimmen ist für diese Konstellation die Ausgleichsmasse m* in Abhängigkeit von der gemessenen Kraftamplitude xˆ , der stationären Drehzahl n des Rades, der Masse des Rades m und dem Montageradius r für die Ausgleichsmasse. Die Berechnung erfolgt über das horizontale dynamische Kräftegleichgewicht an dem Rad: m x c x
m r Z 2 cosZt
Für den stationären Zustand erfolgt die Lösung über einen Lösungsansatz vom Typ der rechten Seite. xt
xˆ cosZt
Durch zweifaches Ableiten nach der Zeit und Einsetzen in die DGL ergibt sich für die horizontale Schwingungsamplitude: m m c
xˆ
m 2 S n 2
r 1
Die für den Ausgleich erforderliche Masse auf einem vorbestimmten Radius r beträgt damit: 1
m
r 2 S n 2
c 2 S n m xˆ 2
Sollte für einen Auswuchtvorgang mit einer festen Ausgleichsmasse m gearbeitet werden, so wäre diese alternativ auf folgendem Radius r zu montieren: r
· 1 §¨ c m ¸¸ xˆ 2 ¨ m © 2 S n ¹
Praktisch ist beim Auswuchten jeweils zu entscheiden, ob durch Hinzufügen (z.B. Aufkleben von Ausgleichsgewichten an Rädern) oder Wegnehmen von Masse (z.B. spanende Bearbeitung von Rotoren) auf fixem oder variablem Radius der Auswuchteffekt erzielt wird. Ganz wesentlich wird das Konzept natürlich von dem vorliegenden Bauteil und dessen Verwendung bestimmt. Die hier unterstellte Messung der horizontalen Verformung als Grundlage für die Bestimmung der Unwucht ist nicht der Regelfall. Meist wird die Drehmasse auch in horizontaler Richtung steif aufgehängt und die sich ergebende horizontale Stützkraft direkt durch Kraftaufnehmer gemessen.
66
3.4
3 Einmassenschwinger
EMS mit Dämpfung, mit Kraftanregung
Reale Systeme sind natürlich immer reibungsbehaftet und weisen deshalb Dämpfung auf. Es stellt sich nun die Frage, wie diese Dämpfung das stationäre Schwingungsverhalten eines harmonisch angeregten Systems beeinflusst. Kann das Dämpfungsverhalten als viskos beschrieben werden (Bild 3-29), so liegt folgende Differentialgleichung vor: x
x c
F0 cos :t
m d
mx
FC
cx
FB
FD
dx
F0 cos :t
Bild 3-29: Einmassenschwinger mit viskoser Dämpfung und harmonischer Last mx dx cx
F0 cos :t
Mit folgenden Definitionen können wir die DGL umformen: d m
2G
Z2
;
x 2Gx Z 2 x
c m
;
x0
F0 c
Z 2 x0 cos :t
Für den eingeschwungenen Zustand wählen wir den gleichen Lösungsansatz wie für das ungedämpfte System. Allerdings wird eine Phasenverschiebung M zwischen der Kraftanregung und der Verformung vorgesehen: xp
x0V cos:t M
Diese Ansatzfunktion kann auch geschrieben werden als: xp
x0V cos:t M
x0 V cos :t cos M sin :t sin M
Ableiten nach der Zeit und einsetzen in die DGL ergibt: x0V
:2
Z
2
cos :t cos M sin :t sin M 2 Dx0V : sin :t cos M cos :t sin M ... Z
x 0V cos : t cos M sin : t sin M
Mit dem Frequenzverhältnis K
:
Z
ergibt sich durch ordnen:
x 0 cos : t
3.4 EMS mit Dämpfung, mit Kraftanregung
VK
2
67
cos M 2 DVK sin M V cos M 1 cos :t ...
VK 2 sin M 2 DVK cos M V sin M sin :t
0
Diese Gleichung ist für alle Zeiten t nur dann erfüllt, wenn beide Klammerausdrücke zu Null werden.
V K 2 cos M 2 DK sin M cos M
1
und K 2 sin M 2 DK cos M sin M
0,
da die Lösung V = 0 nicht zutreffen wird. Aus der zweiten Gleichung ergibt sich der so genannte Phasenfrequenzgang, d.h. die Phasenverschiebung in Abhängigkeit von dem Frequenzverhältnis: 2 DK
tan M
1 K 2
Mit den beiden Beziehungen sin M
tan M 1 tan 2 M
cos M
;
1 1 tan 2 M
ergibt sich für die Vergrößerungsfunktion, die auch Amplitudenfrequenzgang genannt wird: V
1
1 K
2 2
4 D 2K 2
Folgende Sonderfälle können in dieser Gleichung auftreten: Anregungsfrequenz gleich Null:
V K
0 1
In diesem Fall wird der Schwinger quasistatisch belastet. Die Kraft wird sehr langsam aufgebracht. Damit werden so gut wie keine Trägheitskräfte wirksam und der Schwinger weist zu jedem Zeitpunkt die statische Verformung unter der aktuellen Last auf. 1 Anregungsfrequenz gleich Eigenfrequenz: V K 1 2D Insofern eine Dämpfung vorliegt, ist das Lehr’sche Dämpfungsmaß D ungleich Null. In diesem Fall treten lediglich begrenzte Amplituden auf. Das Wachstum der Amplitude auf unbegrenzte Werte wie beim ungedämpften Schwinger ist nicht mehr gegeben.
68
Anregungsfrequenz gleich Unendlich:
3 Einmassenschwinger V K o f o 0
In diesem Fall wird versucht, die Masse extrem schnell zu beschleunigen. Als Folge werden die Trägheitskräfte sehr groß. Gegen diese großen Trägheiten bewirkt die angreifende Kraft keine Verformung. Für den Amplitudengang und für den Phasengang ergeben sich entsprechend dem in Kapitel 9.10 dargestellten Quelltext für ein Frequenzverhältnis von Null bis Zwei die im Bild 3-30 dargestellten Verläufe.
Bild 3-30: Frequenzgang des viskos gedämpften, harmonisch erregten Einmassenschwingers
Für den viskos gedämpften Schwinger bleiben die Schwingungsamplituden also auch im Resonanzfall begrenzt. Dennoch treten durchaus große Vergrößerungsfaktoren auf. Wenn ausschließlich Werkstoffdämpfung vorliegt, so kann das Lehr´sche Dämpfungsmaß deutlich unter D = 0,1 liegen und auch im gedämpften Fall ein Vielfaches der statischen Auslenkung an Amplitude auftreten. Weiterhin ist zu erkennen, dass sich mit steigender Dämpfung die Maximalamplitude hin zu kleineren Frequenzen verschiebt. Der Phasenwinkel hat bei vorliegender Dämpfung keinen Sprung mehr. Vielmehr findet schon bei kleinen Frequenzen eine leichte Verschiebung statt. Die maximale Verschiebung von M = 180q wird erst für sehr große Frequenzen erreicht, die wesentlich über K = 1 liegen.
3.4 EMS mit Dämpfung, mit Kraftanregung
69
Etwas einfacher können diese Frequenzgänge wiederum ermittelt werden, wenn die Lösung der DGL analog zum nicht gedämpften Schwinger in der komplexen Zahlenebene gesucht wird: F0 e j:t
mx dx cx
Mit dem bereits bekannten Lösungsansatz für die partikuläre Lösung x0V e j:t
xp
ergibt sich unter Berücksichtigung der bereits eingeführten Definitionen für Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems, Dämpfungsgrad, Lehr´sches Dämpfungsmaß und Frequenzverhältnis
Z2
c m
2G
;
d m
;
G Z
D
;
K
:
Z
die Gleichungen : 2 mx0Ve j:t j:dx0Ve j:t cx0Ve j:t : 2 mx0V j:dx0V cx0V
F0 e j:t
F0
und damit die komplexe Verstärkungsfunktion V
1 2
1 K j 2 DK
Der Amplitudenfrequenzgang ist der Betrag dieses komplexen Frequenzganges. Dieser ergibt sich hier durch zwei Operationen. Zunächst ist durch Erweiterung des Bruchs mit der konjugiert komplexen des Nenners die imaginäre Einheit aus dem Nenner zu eliminieren (siehe Anhang „Mathematische Methoden“). Anschließend ist der Betrag des Zählers durch geometrische Addition von Realteil und Imaginärteil zu bilden: V
1
1 K 4D K 2 2
2 2
Der Tangens des Phasenwinkels ergibt sich als Quotient aus Imaginärteil und Realteil des Amplitudenfrequenzganges: tan M
2 DK 1 K 2
Aus den beiden Varianten der Berechnung wird ersichtlich, dass sich der Rechenweg bei Beschreibung in der komplexen Zahlenebene deutlich einfacher gestaltet.
70
3 Einmassenschwinger
Wie zu erkennen ist, hat der Lösungsgang hier keine Lösung im Zeitbereich zur Folge. Vielmehr hängen die Lösungen für die Verstärkung und die Phasenverschiebung neben den Systemparametern von der Anregungsfrequenz : ab. Es liegt eine Lösung im so genannten Frequenzbereich vor. Diese Lösung hat nur eine Aussagekraft dahin gehend, wie das System auf eine harmonische Anregung mit einer bestimmten Frequenz : reagiert. Praktisch ist diese Betrachtungsweise allerdings von großer Bedeutung, lassen sich so doch die Auswirkungen besonders kritischer Anregungssituationen untersuchen. Es wurde also eine Transformation der DGL vom Zeitbereich in den Frequenzbereich vorgenommen. Gelungen ist dies dadurch, dass für die Lösung der Auslenkungsfunktion x der gleiche Charakter angesetzt wurde wir für die Anregungsfunktion f, nämlich eine harmonische Funktion. Zur Vereinfachung wird diese harmonische Funktion durch eine e-Funktion formuliert. Ableitungen nach der Zeit haben bei einem solchen Funktionsansatz nun zur Folge, dass diese nach einem relativ einfachen Schema gebildet werden:
xp x p
xp
xˆ e j:t j:xˆ e j:t
: 2 xˆ e j:t
… Wie diese Auslenkungsfunktion und ihre Ableitungen werden auch beliebige andere Größen behandelt, welche bei harmonischer Anregung in einen harmonischen Schwingungszustand verfallen. Werden alle Größen in einer vorliegenden DGL entsprechend substituiert, so liegt keine DGL mehr vor, da alle Ableitungen nach der Zeit ersetzt sind. Stattdessen liegen nur noch die Amplituden der einzelnen Größen selbst vor, welche ggf. im Produkt mit der imaginären Einheit j, der Anregungsfequenz : und der e-Funktion auftauchen. Nach dem Herauskürzen der e-Funktion liegt eine algebraische Gleichung in der komplexen Zahlenebene vor, die nach der gesuchten Amplitude aufgelöst werden kann. Diese Transformation stellt ein gängiges Mittel zur Untersuchung dynamischer System dar und findet beispielsweise auch in der Regeltechnik [Föl03] breite Anwendung.
3.5
EMS mit Weganregung
In den folgenden Betrachtungen liegt keine äußere Last an dem Schwinger an. Vielmehr wird dieser über eine fest eingeprägte harmonische Wegerregung der Anschlusskonstruktion mit der Amplitude u0 zum Schwingen gebracht.
3.5 EMS mit Weganregung
71 x
x c( x u )
FC
c m
FB
mx
u (t ) u0 e j:t Bild 3-31: Wegerregter Einmassenschwinger
Im Unterschied zu den bisherigen Fällen mit Krafterregung ist nun die wirkende Federkraft abhängig von der Differenz der Verschiebungen der Masse x und der Anschlusskonstruktion u. Für diesen Fall ist beispielsweise von Interesse, mit welcher statiönären Schwingungsreaktion der Masse zu rechnen ist. Für das nicht gedämpfte System liegt folgende DGL vor: mx cx u mx cx cu
0
cu0 e j:t
Trotz der Tatsache, dass keine äußere Kraft angreift, liegt eine inhomogene DGL vor. Als Störterm tritt die über die Federsteifigkeit einwirkende Wegerregung auf. Mit dem bereits bekannten Ansatz für die partikuläre Lösung u0V e j:t
xp
ergibt sich für den Amplitudenfrequenzgang: V
c c m :2
1 1 K 2
mit dem Frequenzverhältnis
K
:
Z
.
Da der Frequenzgang nicht komplex ist, stellt dieser direkt den Betrag des Amplitudenfrequenzganges dar. Die Verstärkungsfunktion entspricht exakt der bei Krafterregung. Es liegt keine Phasenverschiebung vor. Für den Fall, dass parallel zu der Feder eine viskose Dämpfung mit der Konstante d vorliegt, ergibt sich die DGL zu: mx d x u cx u
0
72
3 Einmassenschwinger
Für die Wirkung der Dämpferkraft ist nun die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen der Masse und der Umgebungskonstruktion relevant. mx dx cx
jZ d c u0 e j:t
du cu
Mit dem bekannten Ansatz für die partikuläre Lösung xp
u0V e j:t
lässt sich unter Einbeziehung der Definitionen
Z2
c , 2G m
d , D m
G ;K Z
:
Z
hieraus die Verstärkungsfunktion ableiten: V
1 j 2 DK 1 K 2 j 2 DK
Der Amplitudenfrequenzgang ist der Betrag dieses komplexen Frequenzganges. Dieser ergibt sich zu:
V
1 4 D 2K 2
1 K
2 2
4 D 2K 2
Der Tangens des Phasenwinkels ergibt sich als Quotient aus Imaginärteil und Realteil des Amplitudenfrequenzganges: tan M
2 DK 3
1 K 2 4D2 1
Die mit Hilfe des Programms aus Kapitel 9.11 vorgenommene Berechnung führt zu dem in den Bildern 3-32 und 3-33 dargestellten Frequenzgang.
3.5 EMS mit Weganregung
73
Bild 3-32: Frequenzgang des viskos gedämpften, harmonisch wegerregten Einmassenschwingers
Vergleichbar zu der krafterregten Schwingung verläuft der Amplitudengang. Für kleine Frequenzen liegt die Vergrößerung bei Eins. Sie nimmt mit steigender Frequenz zu und hat ihr Maximum im Bereich der Eigenfrequenz. Für sehr hohe Frequenzen tendiert die Amplitude gegen Null. Der Phasengang hat auch Ähnlichkeit zur krafterregten Situation. Liegt die Phasenverschiebung zunächst bei Null so steigt sie für größere Frequenzen deutlich an. Allerdings konvergiert die Phasenverschiebung für sehr hohe Frequenzen gegen
M
S 2
und nicht etwa gegen S wie beim krafterregten Schwinger.
74
3 Einmassenschwinger
Bild 3-33: Frequenzgang des viskos gedämpften, harmonisch wegerregten Einmassenschwingers (größerer Frequenzbereich)
3.5.1
Beispiel: Fahrwerk eines Automobils
Für ein gefedertes, nicht gedämpftes Fahrzeug soll bestimmt werden, mit welchen vertikalen Schwingungen der Karosserie zu rechnen ist, wenn aufgrund des Fahrbahnprofils mit einer harmonischen Weganregung an den Rädern zu rechnen ist. Dabei soll das gesamte Fahrzeug wie in Bild 3-34 dargestellt in einfacher Weise als Einmassenschwinger modelliert werden. m
250 kg
c
10 5 N/m
x
u (t ) u0 e j:t Bild 3-34: Modell eines Fahrzeugs
Zu bestimmen ist, wie die Reaktion in zwei verschiedenen Betriebszuständen aussieht, nämlich während der Fahrt über Kopfsteinpflaster bzw. lange Bodenwellen auf einer schnell befahrbaren Straße. Die Daten zu den beiden Betriebszuständen lauten:
3.5 EMS mit Weganregung
75
Kopfsteinpflaster:
Pflastersteinlänge L = 20 cm Höhendifferenz Pflasterstein 'h = 1 cm Fahrgeschwindigkeit v = 50 km/h
Bodenwellen:
Länge einer Bodenwelle L=5m Höhendifferenz Bodenwelle 'h = 5 cm Fahrgeschwindigkeit v = 150 km/h
Wie verändert sich die Reaktion in beiden Fällen, wenn parallel zu der Feder ein Dämpfer mit d = 3000 kg/s eingebaut wird? Lösung ohne Dämpfung: 1 1 K 2
V
mit dem Frequenzverhältnis, welches hier von der Fahrgeschwindigkeit und der Bodenwellenlänge abhängig ist: :
K
Z
:
m c
2S
v L
m c
Kopfsteinpflaster: 50km/h 250 kg 20cm 105 N/m
K
2S
V
1 1 K 2
1 1 21,82
21,8
0,0021
Für die Fahrt auf dem Kopfsteinpflaster ist damit mit folgender Doppelamplitude zu rechnen: xspan
0,021 mm
Die Verstärkung fällt sehr klein aus. Dies war aufgrund des hohen Frequenzverhältnisses K zu erwarten. Damit beträgt die zu erwartende Schwingspanne 0,021 mm und ist deutlich kleiner, als die anregende Größe. Dies ist für ein Fahrzeug mit Insassen sicherlich ein gewünschter Effekt. Bodenwelle:
K
2S
V
150 km/h 250 kg 5m 10 5 N/m
1 1 K 2
1 1 2,62 2
2,62
0,17
76
3 Einmassenschwinger 8,5 mm
xspan
Im Fall der Bodenwelle wird die Anregung ebenfalls nicht voll auf die Karrosserie durchgeleitet und es kommt zu einer Schwingspanne von -8,5 mm. Wegen des relativ nahe bei Eins liegenden Frequenzverhältnisses ist die Amplitudenreduktion allerdings nicht besonders stark. Eine relativ geringe Reduzierung der Anregungsfrequenz wird aus diesem Zustand heraus zu einer deutlichen Erhöhung der auftretenden Schwingungen führen. Hinsichtlich Fahrkomfort und Fahrsicherheit ist dies ein nicht unbedingt wünschenswerter Zustand. Lösung mit Dämpfung: Als Folge der Dämpfung sind in der Tendenz kleinere Amplituden zu erwarten – zumindest soweit es den Frequenzbereich der Eigenfrequenz betrifft. Für große Frequenzverhältnisse kann auch eine Vergrößerung der Amplituden auftreten. Mit der bekannten Verstärkungsfunktion erhält man folgende Reaktionen des Fahrzeugs: 1 4 D 2K 2
V
1 K
2 2
4 D 2K 2
mit dem Frequenzverhältnis und dem Lehr’schen Dämpfungsmaß: :
K
Z
D
G Z
:
m c
d 2m
v L
2S
m c
m c d
2 mc
Kopfsteinpflaster: D
V
d
3000 kg/s
2 mc
2 250 kg 10 5 N/m
1 4 D 2K 2
1 K
2 2
0,3
1 4 0,32 21,82
1 21,8
2 2
4 D 2K 2 xspan
4 0,32 21,82
0,028
0,28 mm
Auch bei vorliegen des Dämpfers wird die Anregungsamplitude reduziert, so dass eine Schwingbreite von 0,28 mm vorliegt. Dieser Wert liegt allerdings deutlich höher als vor dem Einbau des Dämpfers. Die Erhöhung ist dadurch zu begründen, dass hier eine Anregung mit einer Frequenz vorliegt, welche größer ist als die Systemeigenfrequenz. In diesem so genannten „überkritischen Bereich“ führt die Dämpfung zu einer Anhebung und nicht etwa zu einer Reduktion der Karosserieschwingung. Im Bereich solch hoher Frequenzverhältnisse zeigt der Frequenzgang ohne Dämpfer niedriger Werte als der mit Dämpfer.
3.5 EMS mit Weganregung
77
Bodenwelle: D
V
d
3000 kg/s
2 mc
2 250 kg 10 5 N/m
1 4 D 2K 2
1 K
2 2
0,3
1 4 0,32 2,62 2
1 2,62
2 2
4 D 2K 2 xspan
4 0,32 2,62 2
0,31
1,53 cm
Bei Fahrt über die Bodenwellen ergibt sich durch den Einbau des Dämpfers ebenfalls eine Erhöhung der Schwingspanne auf 1,53 cm. Wie bei der Fahrt über das Kopfsteinpflaster liegt dieser Betriebspunkt auch im überkritischen Bereich, womit eine Amplitudenanhebung bei Dämpfereinbau verbunden ist. Allerdings ist der Effekt aufgrund des relativ kleineren Frequenzverhältnisses nicht so groß. Bild 3-35 zeigt auf Grundlage des Berechnungsgangs aus Kapitel 9.12 die ermittelten Größen:
Bild 3-35: Frequenzgang der Fahrzeugschwingung mit und ohne Dämpfer
Insgesamt wird hier deutlich, dass der Einbau eines Dämpfers in ein System nicht zwangsläufig zu einer Reduktion der Schwingungen im System führt. In diesem Fall liegen zwei Betriebszustände im überkritischen Bereich vor. In beiden Fällen führt ein Dämpfereinbau zu einer Amp-
78
3 Einmassenschwinger
litudenerhöhung in den betrchteten Betriebspunkten. Allerdings ist bei Einbau eines Dämpfers immer in Betracht zu ziehen, welche Betriebszustände relevant sind, d.h. insbesondere welche Anregungsfrequenzen vorliegen, und welche Eigenschaften des Dämpfers den Betrieb in Summe positiv beeinflussen können. Liegen im Betrieb Betriebszustände im unterktischen Bereich oder gar im Bereich der Eigenfrequenz vor, so ist der Dämpfereinsatz i.d.R. positiv zu werten, wenn nicht sogar zwingend erforderlich. Leichte Anstiege in den Amplituden höherer Frequenzen sind dann im Zweifelsfalle als „Preis“ zu zahlen. In dieser Aufgabe sind die Konstanten der Feder c und des Dämpfers d gegeben. Praktisch werden diese Kenngrößen des Dämpfers konstruktiv gestaltet. Ziel dieser Konstruktion ist es, in einem bestimmten Betriebszustandsspektrum maximale Dämpfungsarbeit des Dämpfers zu erzielen. Resultat dieses Prozesses ist oft eine nichtlineare Kennlinie sowohl der Feder als auch des Dämpfers. Die realen Eigenschaften einer Feder-Dämpfer-Kombination werden meist auf servohydraulischen Prüfständen, wie im Bild 3-36 dargestellt, praktisch getestet. Neben der Ermittlung der Kennlinien von Feder und Dämpfer im statischen als auch dynamischen Zustand spielen dabei auch die Bestimmung der Erwärmung und der Lebensdauer des Dämpfers eine wesentliche Rolle.
Bild 3-36: Federbein auf einer servohydraulischen Prüfmaschine [Carsynergies]
4.1 Differentialgleichungssystem
4
79
Mehrmassenschwinger
Mit dem Einmassenschwinger können viele Situationen beschreiben werden. Allerdings lässt sich doch nicht immer das vorliegende System durch eine einzige diskrete Masse modellieren, z.B. weil zwei relevante Massen durch eine relativ weiche Stelle voneinander getrennt sind. In diesem Fall ist das System mit mehreren diskreten Massen, also als Mehrmassenschwinger, abzubilden. Für solche Mehrmassenschwinger werden behandelt:
Modellierung Aufstellung der System beschreibenden Differentialgleichung Numerische Lösung des Differentialgleichungssystems Tilgung von Schwingungen Fundamentlasten Eigenfrequenzen Frequenzgang.
Mit dem Ansatz des Mehrmassenschwingers können komplexe Systeme modelliert und berechnet werden. Typische Systeme, auf die dieser Ansatz Anwendung findet, sind z. B. Antriebsstränge elektromechanischer Antriebe oder Bauwerke. Aufgrund Modellkomplexität und/oder Modellgröße ist eine analytische Lösung der Differentialgleichung nicht mehr möglich. Die in diesen Fällen in der Regel zur Anwendung kommende numerische Integration kann nach Abschluss dieses Kapitels zur Anwendung gebracht werden. Darüber hinaus können die verschiedensten veränderlichen Größen während des Schwingungsvorgangs bestimmt werden, die Amplituden einzelner Schwingungsgrößen systematisch reduziert werden sowie die Reaktion des Modells auf eine harmonische Anregung bestimmt werden.
4.1
Differentialgleichungssystem
Beispielhaft für einen Mehrmassenschwinger wird das in Bild 4-1 dargestellte System betrachtet. Die beiden Massen verfügen jeweils lediglich über einen Freiheitsgrad sie können sich jeweils in horizontale Richtung verschieben. Wegen der zwei Freiheitsgrade handelt es sich um einen Zweimassenschwinger.
c1
x1
x2
f1
f2 c2
d1
c3 m2
m1 d2
d3
Bild 4-1: Zweimassenschwinger
Der Schwinger soll über folgende Eigenschaften verfügen: Massen:
m1 = m, m2 = 2 m, m = 1000 kg
Steifigkeiten:
c1 = c, c2 = 2 c, c3 = 3 c, c = 107 N/m
80
4 Mehrmassenschwinger
Dämpfungen:
d1 = d, d2 = 2 d, d3 = 3 d, d = 1000 kg/s
Anfangsauslenkung:
x10 = 0,010 m
Alle weiteren Anfangsauslenkungen und –geschwindigkeiten sind gleich Null. Dies trifft ebenso für die beiden angreifenden Kräfte f1 und f2 zu. An den beiden frei geschnittenen Massen wirken die in Bild 4-2 aufgetragenen Kräfte. Es treten neben den äußeren Kräften Trägheitskräfte, Dämpfungskräfte und Federkräfte auf. Wird das Kräftegleichgewicht erstellt, so führt dies zu zwei inhomogenen, linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung. x1 x2 c1 x1 c2 x1 x2 d1 x1 d 2 x1 x 2
m1 x1
c3 x2 c2 x2 x1
f1
d 3 x 2 d 2 x 2 x1
m2 x2 f2
Bild 4-2: Kräftegleichgewicht am Zweimassenschwinger m1x1 d1 x1 c1 x1 d 2 x1 x2 c2 x1 x2 m2 x2 d 2 x2 x1 c2 x2 x1 d 3 x2 c3 x2
f1 f2
Bei den Differentialgleichungen handelt es sich um gekoppelte Gleichungen. D. h. in beiden Differentialgleichungen treten die Koordinaten x1 und x2 auf. Die Differentialgleichungen können deshalb nicht separat, sondern nur gemeinsam, als Differentialgleichungssystem, gelöst werden. In Matrizenform lässt sich dieses Differentialgleichungssystem folgendermaßen schreiben: § m1 0 · § x1 · § d1 d 2 ¨¨ ¸¸ ¨¨ ¸¸ ¨¨ © 0 m2 ¹ © x2 ¹ © d 2
d 2 · § x1 · § c1 c2 ¸¨ ¸¨ d 2 d 3 ¸¹ ¨© x 2 ¸¹ ¨© c2 M x D x C x
c2 · § x1 · ¸¨ ¸ c2 c3 ¸¹ ¨© x2 ¸¹
f
mit folgenden speziellen Benennungen: Massenmatrix
M
§ m1 0 · ¨¨ ¸¸ © 0 m2 ¹
Dämpfungsmatrix
D
§ d1 d 2 ¨¨ © d2
§1 0· ¸¸ m ¨¨ ©0 2¹
d2 · ¸ d 2 d 3 ¸¹
§ 3 2· ¸¸ d ¨¨ © 2 5 ¹
§ f1 · ¨¨ ¸¸ © f2 ¹
4.2 Reduktion auf erste Ordnung
81
Steifigkeitsmatrix
C
§ c1 c2 ¨¨ © c2
Lastvektor
f
§ f1 · ¨¨ ¸¸ © f2 ¹
4.2
c2 · ¸ c2 c3 ¸¹
§ 3 2· ¸¸ c ¨¨ © 2 5 ¹
Reduktion auf erste Ordnung
Soll dieses DGL-System nun gelöst werden, so besteht eine Möglichkeit darin, dies numerisch zu tun. Die gängigen Verfahren zur numerischen Integration sind allerdings darauf ausgelegt, DGL-Systeme erster Ordnung zu lösen. Dies trifft auch für die in MATLAB® implementierten Verfahren zu. Um also diese Verfahren anwenden zu können, ist zunächst das Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung in ein Differentialgleichungssystem erster Ordnung umwandeln. Siehe hierzu den „Anhang: Mathematische Methoden“. Durch diese Ordnungsreduktion wird die Anzahl der Differentialgleichungen verdoppelt. Wie im Anhang dargestellt, lautet das Resultat der Umwandlung: z
§ x · ¨¨ ¸¸ © v ¹
I
0 § ¨ ¨ M 1 C ©
M
1
· § x· § 0 ¸ ¨ ¸ ¨ 1 D ¸¹ ¨© v ¸¹ ¨© M f
· ¸ ¸ ¹
Az h
Im Detail also für den konkret vorliegenden Fall: § x1 · ¨ ¸ ¨ x 2 ¸ ¨ x ¸ ¨ 1¸ ¨ x ¸ © 2¹
0 § ¨ 0 ¨ ¨ c1 c2 ¨ m1 ¨ c 2 ¨ ¨ m 2 ©
0 0 c2 m1 c2 c3 m2
1 0 d1 d 2 m1 d2 m2
0 · § 0 · ¸§x · ¨ ¸ 1 1 ¸¨ ¸ ¨ 0 ¸ d2 ¸ ¨ x2 ¸ ¨ f1 ¸ ¸ ¨ x ¸ ¨ m ¸ m1 ¸¨ 1¸ ¨ 1 ¸ d 2 d 3 ¸ ¨ x ¸ ¨ f 2 ¸ © 2¹ ¨ ¸ m2 ¸¹ © m2 ¹
Durch Einsetzen der konkreten Systemdaten lautet das DGL-System: § x1 · ¨ ¸ ¨ x 2 ¸ ¨ x ¸ ¨ 1¸ ¨ x ¸ © 2¹
§ 0 ¨ ¨ 0 ¨ 3 c ¨ m ¨ c ¨ © m
0
1
0 c 2 m 5 c 2m
0 3
· § 0 · ¸ § x1 · ¨ ¸ 1 ¸¨ ¸ ¨ 0 ¸ d ¸ ¨ x2 ¸ ¨ f1 ¸ 2 ¨ ¸ m ¸ ¨ x1 ¸ ¨ m ¸ 5 d ¸ ¨ x ¸ ¨ f 2 ¸ ¸© 2¹ ¨ ¸ 2 m¹ © 2m ¹ 0
d m
d m
Dieses DGL-System erster Ordnung, welches gemeinsam mit der Anfangsbedingung
z t
0
§ x1 · ¨ ¸ ¨ x2 ¸ ¨ x ¸t ¨ 1¸ ¨ x ¸ © 2¹
0
§ 0,010 · ¨ ¸ ¨ 0 ¸ ¨ 0 ¸m ¨ ¸ ¨ 0 ¸ © ¹
82
4 Mehrmassenschwinger
ein so genanntes Anfangswertproblem darstellt, kann nun durch die Anwendung numerischer Integrationsverfahren (siehe „Anhang: Mathematische Methoden“) gelöst werden.
4.3
Numerische Lösung des DGL-Systems
Die Lösung des Systems für die ersten zwei Zehntel Sekunden liefert zunächst unter Vernachlässigung der angegebenen Dämpfung die folgenden Auslenkungsverläufe (Bild 4-3).
Bild 4-3: Auslenkungen des Mehrmassenschwingers unter Vernachlässigung der Dämpfung
Beide Massen schwingen. Die Masse 1 startet mit ihrer Anfangsauslenkung und schwingt anscheinend um die Ruhelage mit Auslenkung Null. Die Masse 2 zeigt ein ähnliches Verhalten, wobei entsprechend den Anfangsbedingungen keine Anfangsauslenkung vorliegt. Die Schwingungen beider Massen scheinen nicht nur durch eine Harmonische beschrieben werden zu können. Vielmehr scheint eine Überlagerung zumindest zweier Harmonischer vorzuliegen, welche in der Konsequenz zu den unterschiedlich großen Auslenkungsmaxima und –minima über der Zeit führen. Im Wesentlichen stellen sich die Schwingungen der Massen 1 und 2 als gegenläufig zueinander dar. Erreicht die eine Masse eine Maximalauslenkung im positiven Bereich, so liegt eine solche bei der anderen Masse im negativen Bereich vor und umgekehrt. Wird die angegebene Dämpfung mit einbezogen, so sehen die Verläufe während der ersten zwei Zehntel Sekunden wie folgt aus (Bild 4-4).
4.3 Numerische Lösung des DGL-Systems
83
Bild 4-4: Auslenkungen des Mehrmassenschwingers unter Berücksichtigung der Dämpfung
In der Hauptsache gibt es in den Schwingungserscheinungen keinen Unterschied zu dem ungedämpften System. Es fällt allerdings auf, dass im Laufe der Zeit die Maximalauslenkungen der Massen nicht mehr so hoch ausfallen, wie beim ungedämpften System. Es liegt offensichtlich eine Reduktion des Energieinhaltes des Systems vor, der durch die Dissipation in den Dämpfern bedingt ist. Es ist zu erwarten, dass im Laufe der Zeit alle Energie dissipiert wird und der Schwinger in seine statische Ruhelage zurückkehrt. Diese Tendenz ist auch Bild 4-5 zu entnehmen, das eine Integration über eine Zeitdauer von drei Sekunden zeigt.
84
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-5: Auslenkungen des Mehrmassenschwingers unter Berücksichtigung der Dämpfung (größere Integrationszeit)
In einer dritten Variante wurde nun die Dämpfungskonstanten um den Faktor Zehn erhöht. Das folgende Bild 4-6 zeigt die Resultate der numerischen Integration:
4.3 Numerische Lösung des DGL-Systems
85
Bild 4-6: Auslenkungen des Mehrmassenschwingers bei 10-fach erhöhter Dämpfungskonstante
Die Erhöhung der Dämpfung hat erhebliche Auswirkungen. Beide Auslenkungsverläufe werden wesentlich stärker gedämpft und verlieren somit schnell an Energie. Mit der Abnahme an Energie geht einher, dass die höherfrequenten Schwingungsanteile an Gewicht verlieren. Nach einer Zehntel Sekunde ist in beiden Auslenkungsverläufen in der Hauptsache ein niederfrequenter Anteil wieder zu entdecken. Darüber hinaus schwingen die beiden Massen auch nicht mehr gegenläufig zueinander, sondern fast gleichläufig.
86
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-7: Auslenkungen des Mehrmassenschwingers bei 10-fach erhöhter Dämpfungskonstante (größerer Zeitausschnitt)
Bei Betrachtung eines größeren Zeitausschnittes (Bild 4-7) entsteht der Eindruck, dass die Massen für größere Zeiten sich synchron und harmonisch bewegen.
4.3.1
Beispiel: Zeitbereichsanalyse eines Fahrwerks
Untersucht werden soll die Vertikaldynamik eines vierrädrigen Automobils. Für das Automobil soll wie in Bild 4-8 dargestellt ein Modell mit sieben Freiheitsgraden herangezogen werden.
x3
M2 x5
m3
x4 m5 , 41 , 4 2
m1
u3
M1
m4
u4
x1 x2 u1
m2 u2
Bild 4-8: Modell mit sieben Freiheitsgraden
4.3 Numerische Lösung des DGL-Systems
87
Vier vertikal schwingende Punktmassen m1 bis m4 bilden die Massen im Bereich der vier Radaufhängungen ab. Die weiteren drei Freiheitsgrade ergeben sich aus der vertikalen Translation sowie dem Kippen und dem Rollen des Aufbaus. Mit diesen Freiheitsgraden sind die Masse m5 und die Drehmassen T1 und T2 verbunden. Die Eigenschaften der Räder und der Federbeine werden durch Kelvin-Voigt-Modelle mit den jeweiligen Steifigkeiten c und Dämpfungen d abgebildet (im mechanischen Modell sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die Federn eingezeichnet). Im Einzelnen liegen für das Fahrzeug folgende Systemeigenschaften vor: Radmasssen
m1
m2
m3
m4
Aufbaumassen
m5
800kg, T1
Radeigenschaften
cri
1000 N/m, d ri
100kg/s
Federbeineigenschaften
cai
1000 N/m, d ai
100kg/s
200kg
10kgm 2 , T 2
30kgm 2
In Bild 4-9 ist das SIMULINK®-Modell dieser Struktur dargestellt. Es besteht aus einem Modell für den gesamten Aufbau des Fahrzeugs sowie vier gleichartigen Modulen, die jeweils eine Fahrwerksviertel beschreiben. Gekoppelt sind die Module durch die Kräfte und Geschwindigkeiten, die zwischen diesen übertragen werden.
88
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-9: Modell eines automobilen Fahrwerks als Schwinger mit sieben Freiheitsgraden Bild 4-10 gibt das Modell für den Fahrzeugaufbau wider. Im Kern beinhaltet dieses Modell die drei Massen bzw. Drehmassen, die die Trägheit des Aufbaus darstellen. Diese Trägheiten werden durch die wirkenden Kräfte zu Bewegungen angeregt. Entsprechend der Ausprägung der drei Koordinaten für die drei Trägheiten sind die Auslenkungen an den Stellen des Aufbaus ausgeprägt, an denen die vier Radaufhängungen angelenkt sind.
4.3 Numerische Lösung des DGL-Systems
89
Bild 4-10: Teilmodell des Fahrzeugaufbaus mit drei Freiheitsgraden
Die einzelnen Radaufhängungen sind wie in Bild 4-11 dargestellt modelliert. Im Einzelnen handelt es sich um eine Reihenschaltung folgender Elemente:
Fahrbahnbedingte Wegerregung Kelvin-Voigt-Modell zur Abbildung der Radeigenschaften Punktmasse zur Abbildung der Massen im Bereich der Radaufhängung Kelvin-Voigt-Modell zur Abbildung der Eigenschaften des Federbeins zwischen Rädern und Aufbaus des Fahrzeugs.
90
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-11: Teilmodell eines Fahrzeugviertels mit einem Freiheitsgrad Bild 4-12 zeigt die Struktur der in diesen Modellen verwendeten Kelvin-Voigt-Modelle. Diese entspricht der bereits vorher abgegebenen Beschreibung. In Bild 4-13 ist die Struktur der Massen im Bereich dar Radaufhängung dargestellt.
Bild 4-12: Kelvin-Voigt-Modell
4.3 Numerische Lösung des DGL-Systems
91
Bild 4-13: Modell der Massen im Bereich der Radaufhängung
Mit diesem Modell soll nun untersucht werden, wie das Fahrzeug auf einen Absatz im Fahrbahnprofil reagiert. Der Absatz gehe über die gesamte Breite der Fahrbahn und erfasst somit die Räder an der Vorderachse gleichzeitig. Analoges gilt für die Hinterachse. Der überfahrene Absatz weist eine Höhe von 3,5·10-3 mm auf und hat leichten Rampencharakter (Bild 4-14). Über die Fahrgeschwindigkeit und den Radstand ist hier nichts Näheres bekannt. Vielmehr wirkt der Absatz auf die Vorderräder und auf die Hinterräder mit einem Zeitabstand von einer halben Sekunde ein. Dies entspricht einer Fahrgeschwindigkeit von 18 km/h bei einem Radstand von 2,5 m. Betrachtet wird ein Zeitraum von zwanzig Sekunden.
Bild 4-14: Verlauf des Fahrbahnprofils
Das Vorderrad wird quasi schlagartig von dem Absatz getroffen. Wegen der Nachgiebigkeit des Rades folgt die Radmasse der Anregung allerdings mit deutlicher Verzögerung. Infolge der Dämpfung der Struktur ist das Überschwingen der Radmasse deutlich begrenzt und die Schwingung klingt während der ersten Perioden deutlich ab (Bild 4-15).
92
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-15: Auslenkung des linken Vorderrades
Das Rad an der Hinterachse zeigt ein etwas unterschiedliches Verhalten zu dem Vorderrad (Bild 4-16). Statt sich im Niveau anzuheben, wie es der Absatz nahe legt, bewegt sich das Rad zunächst nach unten. Dies ist dadurch bedingt, dass der Stoß auf den Aufbau im Vorderradbereich eine Verdrehung des Aufbaus bewirkt. Diese Verdrehung um die Querachse des Aufbaus drückt den Aufbau im Bereich der Hinterachse zunächst nach unten. Durch diesen Effekt kommt es anschließend zu einer größeren Überschwingreaktion als am Vorderrad. Bezogen auf die eigentliche Sprungfunktion liegt fast ein Stoßfaktor von zwei vor. In der Folgezeit klingt die Schwingung ähnlich wie am Vorderrad relativ schnell ab.
Bild 4-16: Auslenkung des linken Hinterrades
4.4 Tilgung
93
Die oben angenommene Verdrehung des Aufbaus um die Querachse ist Bild 4-17 zu entnehmen. Durch die bezogen auf den Massenschwerpunkt exzentrische, stoßartige Anregung des Aufbaus führt dieser eine Rollschwingung aus. Diese weist eine relativ hohe Dämpfung auf.
Bild 4-17: Verdrehung des Aufbaus um die Querachse
4.4
Tilgung
Wie für den Zweimassenschwinger zu sehen ist, führen vorhandene Anfangsauslenkungen zu einer harmonischen Auslenkung der einzelnen Massen. Wie beim Einmassenschwinger ist diese Auswirkung auch bei harmonischer Anregung gegeben. Praktisch kann nun das Ziel bestehen, trotz einer äußeren Anregung keine Auslenkung an einer Masse vorliegen zu haben. Bekannt ist diese Thematik z. B. von Fußgängerbrücken, die infolge der Last der über Sie hinweg gehenden Menschen nicht allzu stark in Schwingungen versetzt werden sollen. Ein Beispiel hierfür Ist die Millenium Bridge, London, die kurz nach der Inbetriebnahme infolge bestimmungsgemäßer Lasten erhebliche Schwingungen ausführte (Bild 4-18). Erreicht werden kann dieses Ziel durch eine elastisch oder viskoelastisch an das System angekoppelte Masse, eines so genannten Tilgers. Bild 4-19 zeigt einen der Tilger, die zur Beruhigung der Millenium Bridge zur Anwendung kamen. Eine Vielzahl von solchen und ähnlichen Tilgern ist in diesem Fall kaum ersichtlich in die Brückenkonstruktion integriert worden (Bild 4-20).
94
Bild 4-18: Millenium Bridge [Arup]
Bild 4-19: Schwingungstilger [Gerb]
4 Mehrmassenschwinger
4.4 Tilgung
95
Bild 4-20: Eingebauter Schwingungstilger [Gerb]
Hier soll die harmonisch angeregte Masse m1 in Ruhe versetzt werden. Hierzu wird exakt an dieser Masse elastisch mit der Steifigkeit cT ein Tilger mit der Masse mT angebracht. x1
x2
f1
f2
c1
c2
c3 m2
m1
cT
mT xT
Bild 4-21: Zweimassenschwinger mit Tilger
Durch die Anbringung des Tilgers ergibt sich ein Dreimassenschwinger (Bild 4-21) mit folgenden beschreibenden DGLen. m1x1 c1 x1 c2 x1 x2 cT x1 xT m2 x2 c2 x2 x1 c3 x2 mT xT cT xT x1 0
0
Fe j:t
96
4 Mehrmassenschwinger
Ein harmonischer Lösungsansatz für den Auslenkungsvektor führt zu folgendem Gleichungssystem für die Auslenkungen: § m1: 2 c1 c2 cT ¨ ¨ c2 ¨¨ cT ©
c2
· § xˆ1 · ¸¨ ¸ ¸ ¨ xˆ 2 ¸ 0 ¸ 2 mT : cT ¸ ¨© xˆ3 ¸¹ ¹ cT
m2 : 2 c2 c3 0
§ Fˆ · ¨ ¸ ¨0¸ ¨ ¸ ¨0¸ © ¹
Die Auslenkung der Masse m1 hat folgende Größe:
Fˆ m2 : 2 c2 c3 mT : 2 cT
xˆ1
Siehe hierzu die Thematik der Lösung linearer Gleichungssysteme im Anhang „Mathematische Methoden“. Diese Auslenkung soll für den Fall der Tilgung nun theoretisch gleich Null werden:
Fˆ m2 : 2 c2 c3 mT : 2 cT
0
Die Erregerkraft sowie die Parameter in der ersten Klammer sind stets ungleich Null. Deshalb wird diese Bedingung nur dann erfüllt werden, wenn die zweite Klammer gleich Null wird. Damit ist folgende Bedingung einzuhalten: cT mT
:2
D. h. die Schwingung der Masse kann unterdrückt werden, indem ein Tilger an dieser Masse angebracht wird, der mit seiner Eigenfrequenz der Erregerfrequenz entspricht. Theoretisch sind also die Masse und die Steifigkeit des Tilgers relativ frei wählbar. Es ist allerdings darauf zu achten, dass der Tilger seine ihm zugedachte Schwingungsamplitude realisieren können muss. Insofern ergeben sich konstruktive Randbedingungen, die Einfluss auf die Wahl der Tilgereigenschaften nehmen. Praktisch ist es schwierig, einen Tilger perfekt auf die Rahmenbedingungen abzustimmen. Zum einen ist dies bedingt durch die Tatsache, dass Anregungsfrequenzen nicht unbedingt präzise bekannt bzw. im Betrieb auch stabil sind. Darüber hinaus können natürlich auch die Steifigkeit und die Dämpfung des Tilgers nicht auf den Punkt baulich realisiert werden. Aus diesem Grunde werden Tilger meist mit einem Dämpfer versehen [Ger02]. Dieser sorgt dafür, dass zwar der Tilgungseffekt in der Anregungsfrequenz nicht voll erreicht werden kann. Allerdings wirkt die Bedämpfung über ein breites Frequenzband und die gewünschte Wirkung wird auch bei leicht abweichenden Betriebsbedingungen erzielt.
4.5
Fundamentlasten
Schwingungen von Systemen sind oft nicht zu vermeiden. In vielen Fällen werden Schwingungen sogar gezielt erzeugt, wie beispielsweise bei Betriebsfestigkeitsprüfungen. Allerdings ist in diesen Fällen darauf zu achten, dass die in die Umgebung eingeleiteten Lasten, die so genannten Fundamentlasten, nicht ein zulässiges Maß übersteigen. Für den hier vorliegenden Zweimassenschwinger betragen die Fundamentlasten an der linken und rechten Abstützung:
4.6 Eigenverhalten
97
c1 x1 d1 x1
FF links FF rechts
c3 x2 d 3 x 2
Im Falle des ungedämpften Schwingers reduzieren sich die Beziehungen. FF links FF rechts
c1 x1 c3 x2
Für das eingeführte Beispiel eines Zweimassenschwingers mit einer Anfangsauslenkung ergeben sich die in Bild 4-22 dargestellten Fundamentlasten. Den Verläufen für die Fundamentlasten ist zu entnehmen, dass die maximalen Lasten im rechten Lager rund doppelt so hoch sind wie im linken Lager. Dies scheint auch vor dem Hintergrund zutreffend zu sein, dass beide Massen steifer an das rechte Lager als an das linke Lager angebunden sind. Hierdurch führt jegliche Auslenkung zu einer stärkeren Belastung auf der rechten Seite.
Bild 4-22: Fundamentlasten des ungedämpften Mehrmassenschwingers
4.6
Eigenverhalten
Wie beim Einmassenschwinger, der nach einer Anregung im lastfreien Zustand in seiner Eigenfrequenz schwingt, ist auch für den Mehrmassenschwinger das Schwingen in einer dem System eigenen Frequenz zu erwarten. Dieses Eigenverhalten soll hier zunächst für das unge-
98
4 Mehrmassenschwinger
dämpfte System bestimmt werden. Hierzu wird als Lösungsansatz für die Auslenkungen der einzelnen Massen die harmonische Veränderung des Amplitudenvektors angesetzt: xˆ e
x (t )
jZ t
Eingesetzt in die für das Eigenverhalten harmonische DGL M x C x
0
ergibt sich
Z
2
M C xˆ e jZt
0
Die e-Funktion ist für alle Zeiten ungleich Null. Der Amplitudenvektor muss ungleich Null sein, sonst liegt keine Schwingung vor. Deshalb hat die Gleichung für alle Zeiten t nur dann interessierende Lösungen, wenn die Determinante der in Klammer gesetzten Matrix zu Null wird. Mit den oben konkretisierten Systemdaten ergibt sich für die Determinante:
det Z 2 M C
0
c c
0 c2 2 Z 4
det Z 2 M C
1
2
Z 2 m1 c2 c3 Z 2 m2 c2 2 11 2 2 11 4 Z0 Z Z0 2 2
mit der Abkürzung
Z0 2
c m
Aus der resultierenden Gleichung lassen sich die Eigenkreisfrequenzen und somit die Eigenfrequenzen des Mehrmassenschwingers ableiten. In diesem relativ einfachen Fall ist dies manuell möglich. In vielen Fällen ist die allerdings nicht darstellbar. Dann können numerische Eigenwertlöser zur Bestimmung der Eigenfrequenzen herangezogen werden. Mit der Substitution
O Z2 lässt sich die Gleichung in eine quadratische Gleichung überführen: 0 c2 2 O2
11 2 11 Z0 O Z0 4 2 2
Deren Lösungen lauten:
O1/2
°1,31Z0 2 ® °¯4,19Z0 2
4.6 Eigenverhalten
99
Durch Rücksubstitution erhalten wir die Eigenkreisfrequenzen:
Z1/2
Mit f
Z und T 2S
° r 1,15 ° ® ° °r 2,05 ¯
c m
r1,15
10 7 N/m 1000kg
115 s 1
c m
r2,05
10 7 N/m 1000kg
205 s 1
1 betragen die Eigenfrequenzen und Schwingungsperioden: f
18,3 Hz ® ¯32,6 Hz
f1/2
T1/2
0,05s ® ¯0,03s
Durch das Einsetzen der Eigenfrequenzen in das für das Eigenverhalten relevante homogene Gleichungssystem lassen sich die so genannten Eigenvektoren ermitteln:
Z
2
M C xˆ
0
Zunächst wird die erste Eigenfrequenz betrachtet und die zugeordnete Eigenkreisfrequenz in das homogene Gleichungssystem eingesetzt: 1. Eigenfrequenz:
§ 3c 1,15 2 c · 2c ¨ ¸ xˆ 2 ¨ 5c 1,15 c 2 ¸¹ 2c ©
0
Hieraus ergeben sich zwei Gleichungen gleicher Aussage: 1,68 xˆ1 2 xˆ2
0 und 2 xˆ1 2,36 xˆ2
0
Es verbleibt damit lediglich die Aussage: xˆ1 1,19 xˆ 2
0 bzw. xˆ 2
0,84 xˆ1
Wird xˆ1 1 gesetzt, lautet der 1. Eigenvektor x1
§ 1 · ¨¨ ¸¸ © 0,84 ¹
§1· ¨¨ ¸¸ © N1 ¹
Üblich ist auch die Darstellung, in welcher der Betrag des Vektors auf den Betrag 1 normiert ist:
100
4 Mehrmassenschwinger
x1
§ 0,77 · ¨¨ ¸¸ © 0,65 ¹
Nun erfolgt die Betrachtung der zweiten Eigenfrequenz. In das Gleichungssystem wird also die zweite Eigenkreisfrequenz eingesetzt: 2. Eigenfrequenz:
§ 3c 2,052 c · 2c ¨ ¸ xˆ 2 ¨ 5c 2,05 c 2 ¸¹ 2c © 1,2 xˆ1 2 xˆ2
0
0 und 2 xˆ1 3,4 xˆ2
0
Es verbleibt damit lediglich die Aussage: xˆ2
0,59 xˆ1
x2
§ 1 · ¨¨ ¸¸ © 0,59 ¹
§1· ¨¨ ¸¸ ©N 2 ¹
In normierter Darstellung: x2
§ 0,86 · ¨¨ ¸¸ © 0,51¹
Welche Bedeutung haben nun die Eigenfrequenzen und Eigenvektoren bzgl. des Schwingungsverhaltens? Erste Schwingungsform: Es liegt die in Bild 4-23 dargestellte gleichsinnige Schwingung der beiden Massen mit den relativen Amplituden des ersten Eigenvektors in der ersten Eigenfrequenz vor. Die allgemeinen Bewegungsgleichungen für die beiden Massen in dieser ersten Eigenfrequenz lauten: x11
0,77 A1 cos 115 s 1t M1
x12
0,65 A1 cos 115 s 1t M1
m1
m2
Bild 4-23: Gleichsinnige Bewegung der beiden Massen in der ersten Eigenfrequenz
4.7 Frequenzgang
101
Zweite Schwingungsform: Es liegt eine gegensinnige Schwingung der beiden Massen mit den relativen Amplituden des zweiten Eigenvektors in der zweiten Eigenfrequenz vor (Bild 4-24). Die allgemeinen Bewegungsgleichungen für die beiden Massen lauten hier: x21 x22
0,86 A2 cos 205 s 1t M 2
0,51A2 cos 205 s 1t M 2
m2
m1
Bild 4-24: Gegensinnige Bewegung der beiden Massen in der zweiten Eigenfrequenz
Das System kann in beiden Schwingungsformen schwingen, sei es rein in der einen oder anderen Form oder in einer Überlagerung der beiden Formen. Offen ist für den konkreten Fall, zu welchen Anteilen die einzelnen Schwingungsformen zur Gesamtschwingung beitragen und in welcher Phasenlage die Anteile zueinander liegen. Bestimmt werden die Anteile durch die Anfangbedingungen der freien Schwingung, die wie beim Einmassenschwinger die Parameter Ai und Mi steuern.
4.7
Frequenzgang
Eine zentrale Frage für schwingungsfähige Systeme ist die, wie ein System auf eine harmonische Anregung in einer konkreten Frequenz reagiert. Für den Einmassenschwinger wurde gezeigt, dass dieser Zusammenhang durch den Frequenzgang beschrieben wird. Dieser ist hier nun für den Mehrmassenschwinger zu entwickeln. Für den bekannten Zweimassenschwinger in seiner ungedämpften Form, der mit zwei denkbaren harmonischen Lasten angeregt wird, sieht die Situation wie folgt aus (Bild 4-25):
c1
x1
x2
Fˆ1 e jZt
Fˆ2 e jZt
c2 m1
c3 m2
Bild 4-25: Harmonisch erregter Zweimassenschwinger
Die systembeschreibende DGL zweiter Ordnung lautet in allgemeiner Form: M x D x C x
f
102
4 Mehrmassenschwinger
Mit der harmonischen Anregung, die hier in komplexer Schreibweise formuliert werden soll, ergibt sich für den konkreten Fall ohne Dämpfung: fˆe jZt
M x C x
Mit dem Lösungsansatz xˆ e jZt
x
und seiner zweiten Ableitungen nach der Zeit x Z 2 xˆ e jZt
ergibt sich:
Z
2
M C xˆ e jZt
fˆ e jZt
Damit ergibt sich für den Frequenzgang, d.h. die Relation zwischen Auslenkungsamplituden und Anregungsamplituden. F jZ
xˆ fˆ
Z
2
M C
1
Mit den bekannten Matrizen M
§ m1 0 · ¨¨ ¸¸ © 0 m2 ¹
§1 0· ¨¨ ¸¸ m ©0 2¹
und C
§ c1 c2 ¨¨ © c2
c2 · ¸ c2 c3 ¸¹
§ 3 2· ¨¨ ¸¸ c © 2 5 ¹
lautet der Frequenzgang also § 3c Z 2 m 2c ·¸ F jZ ¨¨ 5c Z 2 2m ¸¹ © 2c
1
Zur Invertierung der Matrix siehe den Anhang „Mathematische Methoden“. F jZ
1 2 4 2m Z 11mcZ 2 11c 2
§ 5c Z 2 2m 2c ·¸ ¨ ¨ 2c 3c Z 2 m ¸¹ ©
4.7 Frequenzgang
103
Bei dem Frequenzgang handelt es sich hier um eine Frequenzgangmatrix. Diese Matrix umfasst vier Frequenzgänge, die die Auslenkungsamplituden in den beiden Koordinaten x1 und x2 in Abhängikeit von den beiden möglichen Kraftamplituden f1 und f2 ausdrücken. Bild 4-26 zeigt die beiden Frequenzgänge F11 und F12, die die Amplituden der Masse m1 für den Fall ausweisen, dass entweder in der Koordinate x1 oder x2 eine harmonische Anregung stattfindet. F11 jZ
5c Z 2 2m 2m 2Z 4 11mcZ 2 11c 2
F12 jZ
2c 2m Z 11mcZ 2 11c 2 2
4
Bild 4-26: Frequenzgänge F11 und F12 des Zweimassenschwingers
In den beiden Frequenzgängen treten die Eigenfrequenzen deutlich hervor. In deren Umfeld steigen die Amplituden massiv an. Die Phasenverschiebung zwischen Anregung und Auslenkung wechselt über das Frequenzband mehrfach zwischen synchroner und asynchroner Lage.
4.7.1
Beispiel: Verhalten eines Antriebsstrangs
Betrachtet wird in diesem Beispiel der Antriebsstrang eines Verdichters (Bild 4-27). Dieser besteht aus einer Reihenschaltung von Motor, Kupplung, Getriebe und einstufigem Verdichter.
104
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-27: Antriebsstrang eines Verdichters [KKK]
Reduziert auf eine Welle kann der Antriebsstrang wie in Bild 4-28 abgebildet als Zweimassenschwinger modelliert werden. Als wesentliches weiches Element in dem Strang ist die Kupplung in dem Modell abgebildet. Somit umfasst die linksseitige Drehmasse die Massen des Motors, der linksseitigen Wellen sowie die linksseitige Kupplungshäfte. Die rechte Kupplungshälfte, die rechtsseitigen Wellen, das Getriebe sowie der Vedichter sind hinsichtlich ihrer Masseneigenschaft in der rechtsseitigen Drehmasse zusammengefasst.
M1
M2
c
41
42
Bild 4-28: Als Zweimassenschwinger abgebildeter Antriebsstrang
Systemdaten:
4 kgm 2
Linksseitige Masse
T1
Rechtsseitige Masse Steifigkeit
T 2 1 kgm 2 c 2 Nm
Wie eingeführt, beschreibt der Frequenzgang die harmonische Antwort eines Systemzustandes aufgrund einer harmonischen Anregung des Systems. An welcher Stelle und in welcher Form die Anregung stattfindet ist ebenso offen wie die Frage, welcher Systemzustand hinsichtlich der Auswirkungen betrachtet wird. Hier liegt konkret folgender Fall vor: Im Betrieb soll der Verdichter infolge funktionaler Störung durch ein nicht geplantes harmonisches Lastmoment mit einer Amplitude von
4.7 Frequenzgang
105
Mˆ L
15 Nm
und einer Frequenz von f
450 Hz
beaufschlagt werden. Es soll untersucht werden, welche Auslenkungsamplituden an der linken Drehmasse dieses Störmoment im stationären Betrieb zur Folge hat. Darüber hinaus interessiert das aus der ungeplanten Anregung resultierende Schnittmoment zwischen den beiden Massen, ebenfalls im eingeschwungenen Zustand des Systems. Das Drehmomentengleichgewicht an den beiden Drehmassen führt zu folgenden beiden Differentialgleichungen: T1 M1 M A c M 2 M1 0 T 2 M2 M L c M1 M 2 0
In Matrizenschreibweise zusammengefasst lautet das Differentialgleichungssystem: §T1 0 ·§ M1 · § c c ·§ M1 · ¨¨ ¸¸¨¨ ¸¸ ¨¨ ¸¸¨¨ ¸¸ © 0 T 2 ¹© M2 ¹ © c c ¹© M 2 ¹
§MA · ¨¨ ¸¸ © ML ¹
Ein von außen angreifendes Drehmoment auf der Antriebsseite MA ist bei dem hier betrachteten Lastfall nicht vorhanden. Das Drehmoment auf der Lastseite ML ist harmonisch und kann in komplexer Schreibweise folgend formuliert werden: ML
Mˆ L e jZt
Bei harmonischer Anregung kann davon ausgegangen werden, dass im eingeschwungenen Zustand auch die Auslenkungen einen harmonischen Charakter haben:
M t Mˆ e jZt Die Ableitungen des Auslenkungsvektors nach der Zeit lauten:
M t Mˆ jZ e jZt
Mt Mˆ Z 2 e jZt Eingesetzt in das Differentialgleichungssystem folgt hieraus: § 0 · § c c·· §T j Zt ¨ Z2¨ 1 ¸ ¨ 0 T ¸¸ ¨¨ c c ¸¸ ¸ Mˆ e ¨ 2¹ © ¹¹ © ©
§ 0 · j Zt ¨¨ ¸ ˆ ¸e ©ML ¹
106
4 Mehrmassenschwinger
Die e-Funktionen haben den gleichen Wert und sind für alle Zeiten ungleich Null. Sie können daher herausgekürzt werden. Damit betragen die Amplituden der Auslenkungen: § c Z 2T1 c ·¸ ¨ ¨ c c Z 2T 2 ¸¹ ©
Mˆ
Mˆ
1
§ c Z 2T 2 1 ¨ c Z 4 T1 T 2 c Z 2 T1 T 2 ¨©
§ 0 · ¨¨ ¸ ˆ ¸ ©ML ¹ ·§ 0 · ¸¨ ¸ c Z T1 ¸¹ ¨© Mˆ L ¸¹ c
2
Details zur Invertierung der Matrix können dem „Anhang: Mathematische Methoden“ entnommen werden.
Mˆ
c § · ˆ 1 ¨¨ ¸ ML 2 2 Z T1 T 2 c Z T1 T 2 © c Z T1 ¸¹ 4
Für die Auslenkung der linken Masse liegt damit vor:
Mˆ1
c Mˆ L Z 4 T1 T 2 c Z 2 T1 T 2
Mˆ1 1,5 10 6
8,7 10 5q
Die Amplitude des Schnittmoments zwischen den Massen ist definiert durch den Zusammenhang: Mˆ S
c Mˆ1 Mˆ 2
Mit der oben bereits bestimmten Amplitude der Auslenkung der Drehmasse 1 und der Amplitude der Auslenkung der Drehmasse 2
c Z T Mˆ 2
1
Mˆ 2
L
Z T1 T 2 c Z T1 T 2 4
Mˆ 2
6,7 10 3
2
0,38q
ergibt sich hieraus: Mˆ S
c Z 2 T1 Mˆ L Z T1 T 2 c Z 2 T1 T 2 4
4.7 Frequenzgang
107 Mˆ S
0,013Nm
Die unterschiedlichen Vorzeichen der beiden Auslenkungsamplituden weisen darauf hin, dass die Auslenkungen der beiden Drehmassen asynchron stattfinden. Insofern überlagern sich die beiden Amplituden zur Amplitude der Verdrehung der zwischen den Drehmassen liegenden Steifigkeit.
4.7.2
Beispiel: Frequenzbereichsanalyse eines Fahrwerks
Im Folgenden soll untersucht werden, wie das Fahrwerk eines Fahrzeugs (Bild 4-29) auf eine vertikale, harmonische Weganregung infolge eines entsprechenden Fahrbahnprofils reagiert.
Bild 4-29: Fahrwerk eines Automobils [Volkswagen]
Für die Untersuchung wird ein relativ einfaches Modell herangezogen. Betrachtet wird lediglich ein Viertel des Fahrzeugs. Dieses Fahrzeugviertel wie in Bild 4-30 dargestellt als wegerregter Zweimassenschwinger abgebildet. xk mk
mr
xr
u
Bild 4-30: Abbildung eines Fahrwerks als Zweimassenschwinger (zur Vereinfachung ohne Darstellung der parallel zu den Federn eingebauten Dämpfer)
Die obere Masse repräsentiert die Karosserie, die untere Masse das Rad inklusive seiner Aufhängung. Steifigkeit und Dämpfung zwischen Karosserie und Rad bilden im Wesentlichen das
108
4 Mehrmassenschwinger
Federbein, bestehend aus Feder und Stoßdämpfer, ab. Die Eigenschaften des Rades werden durch die untere Steifigkeit und Dämpfung abgebildet. Das Fahrzeug lässt sich in diesem Modell durch folgende Parameter beschreiben: Eigenschaften der Karosserie:
Masse Steifigkeit Dämpfung
mk 300kg ck 20000 N/m d k 1700kg/s
Eigenschaften des Rades:
Masse Steifigkeit Dämpfung
mr 40kg cr 200000 N/m d r 500kg/s
Es ist zu untersuchen, welche Auswirkung die Fahrt über eine Wegstrecke mit harmonischer Anregung hat. Zu betrachten sind die Auswirkungen der harmonischen Wegerregung auf folgende Größen: x
Beschleunigungsampliuden der Insassen, welche mit den Beschleunigungsamplituden der Karosserie gleichgesetzt werden können. Diese Amplitudne sind von Interesse, da diese ein Maß für den Fahrkomfort darstellen.
x
Aufstandskraftamplitude der Räder. Da diese Amplituden im Radkontakt zur Straße entlastend wirken, sind diese ein Indikator für die noch übertragbaren Tangentialkräfte im Rad-Straße-Kontakt. Entsprechende Tangentialkräfte können infolge Beschleunigung, Verzögerung oder Kurvenfahrt auftreten.
Beschrieben wird die Relation zwischen den Amplituden der gesuchten Größen und der Amplitude der Wegerregung durch die Frequenzgänge der jeweiligen Amplituden. Das Differentialgleichungssystem für den Zweimassenschwinger lautet: § mk ¨¨ © 0
0 · § xk · § d k ¸¨ ¸¨ mr ¸¹ ¨© xr ¸¹ ¨© d k
d k · § x k · § ck ¸¨ ¸¨ d k d r ¸¹ ¨© x r ¸¹ ¨© ck
ck · § xk · ¸¨ ¸ ck cr ¸¹ ¨© xr ¸¹
Hierbei resultiert die rechte Seite des DGL-Systems f
0 § ¨¨ c u dr © r
· ¸ u ¸¹
aus den Eigenschaften des Fahrbahnprofils. In Matrizenschreibweise kann das DGL-System geschrieben werden als:
M x D x C x
a u b u
0 § ¨¨ © cr u d r
· ¸ u ¸¹
4.7 Frequenzgang
109
Durch Transformation in den Frequenzbereich geht dieses DGL-System über in: Z 2 M xˆ jZ D xˆ C xˆ
a uˆ jZ b uˆ
Durch entsprechende Umformung ergibt sich hieraus der Frequenzgang für die Auslenkungsamplitude, die auf die Insassen einwirkt: xˆ uˆ
Z
2
M jZ D C
1
a jZ b
Die auf die Insassen wirkende Beschleunigungsamplitude ergibt sich somit zu: xˆ uˆ xˆ uˆ
Z 2
xˆ uˆ
Z 2 Z 2 M jZ D C
1
a jZ b
Durchgerechnet lautet der Frequenzgang der Beschleunigungsamplitude:
F jZ
a jb c jd
mit
Z 2 d A d RZ 2 c Ac R
a b
c
Z 3 c R d A c A d R
m A m RZ 4 d A 2 m A c A c R d A d A d R mR c A Z 2 c A c A c R c A 2
m A d A d R mR d A Z 3 d AcR c Ad R Z
d
Für die Radaufstandskraft ergibt sich der Frequenzgang in entsprechender Weise zu: F jZ
a jb c jd
mit a b
Z 2 c R m A mR m A d R d A mR d A d R Z 2 c Ac R m A mR
Z 2 m A mR d RZ 3 m Ac R d A mR c R d A m Ac A d R mR c A d R Z
110
4 Mehrmassenschwinger
c
m A mRZ 4 d A 2 m A c A c R d A d A d R mR c A Z 2 c A c A c R c A 2 d
m A d A d R mR d A Z 3 d AcR c Ad R Z
Diese beiden Frequenzgänge wurden hier programmtechnisch umgesetzt und mittels MATLAB® mit einer Schnittstelle zur Bedienung durch den Benutzer (engl.: Graphical User Interface) versehen. Die entwickelte Anwendung hat folgendes Erscheinungsbild:
Bild 4-31: Erscheinungsbild der Anwendung zur Analyse von Frequenzgängen eines Fahrwerks
Die sechs in dem Modell aufgeführten Systemeigenschaften können durch Eingabe von Zahlenwerten und über Schieberregler gesetzt werden. Für diese Eigenschaften können die verschiedensten Frequenzgänge in einem vorzugebenden Frequenzspektrum der Anregungsfrequenz berechnet werden. Der berechnete Betrag des Frequenzgangs wird visuell dargestellt. Zur Studie der Änderung des Frequenzgangs bei Variation einer bestimmten Systemeigenschaft können für diese verschiedene Werte vorgegeben werden und die zugehörigen Frequenzgänge bestimmt und dargestellt werden. Die Ergebnisse können in linearer oder in logarithmischer Skalierung dargestellt werden. Darüber hinaus ist die Bewertung der Frequenzgänge durch einen Mittelwert des Frequenzgangs möglich. Für die eingangs beschriebenen Systemdaten ergibt sich für die vertikale Beschleunigung der Insassen im Frequenzbereich 0-100 Hz der im Bild 4-31 dargestellte Frequenzgang. Zur besseren Ersichtlichkeit des interessanten Bereich ist folgend der Frequenzbereich 0-20 Hz dargestellt. Wie für einen Zweimassenschwinger zu erwarten weist der Frequenzgang zwei Resonanzstellen auf. An diesen Stellen weist die Beschleunigungsamplitude ein lokales bzw. ein
4.7 Frequenzgang
111
absolutes Maximum auf. Für niedrige Anregungsfrequenzen fällt auch die Beschleunigung der Karosserie niedrig aus. Mit zunehmender Frequenz steigt auch die Karossereibeschleunigung. Dieser Anstieg trifft zu, bis die Anregungsfrequenz das Niveau der zweiten Eigenfrequenz erreicht. Größeren Anregungsfrequenzen führen wieder zu einem Abfall der Karossereiebeschleunigung. Dies ist dadurch bedingt, dass bei diesen höheren Frequenzen die Masse der Karossereie aufgrund ihrer Trägheit nicht mehr in der Lage ist, größere Auslenkungen zu vollführen.
Bild 4-32: Frequenzgang der Insassenbeschleunigung im Frequenzbereich 0-20 Hz
Interessiert nun die Frage, wie dieser Frequenzgang auf die Veränderung der Aufbaumasse reagiert, so kann dies durch Variation des entsprechenden Parameters erreicht werden. Hier wird die Aufbaumasse vierfach um den Faktor 1,2 erhöht bzw. verringert. Dies führt zu dem in Bild 4-33 dargestellten Spektrum an Frequenzgängen. Erwartungsgemäß werden die von den Insassen zu ertragenden Beschleunigungsamplituden bei kleinerer Masse größer und bei größeren Massen entsprechend kleiner. Eine größere Masse wird infolge der Trägheit hochfrequenten Anregungen nicht mehr folgen. Diese Aussage gilt allerdings nur für große Frequenzen. Im Bereich unter der ersten Eigenfrequenz zeigt sich ein umgekehrtes Verhalten.
112
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-33: Frequenzgang der Insassenbeschleunigung im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbaumasse
Das folgende Bild 4-34 zeigt die Veränderung des Frequenzganges bei Variation der Aufbausteifigkeit. Im Gegensatz zur Veränderung der Aufbaumasse finden nun die wesentlichen Veränderungen nicht mehr im Bereich der zweiten Eigenfrequenz, sondern im Bereich der ersten Eigenfrequenz statt. Je höher die Steifigkeit, desto größer die zu erwartenden Beschleunigungsamplituden. Eine hohe Steifigkeit der Feder führt tendenziell einfach zur Durchleitung einer auf einer Seite der Feder eingeleiteten Verschiebung. Das beschriebene Verhalten kann im Wesentlichen über das gesamte Frequenzspektrum festgestellt werden.
Bild 4-34: Frequenzgang der Insassenbeschleunigung im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbausteifigkeit
4.7 Frequenzgang
113
Eine Verringerung der Aufbaudämpfung hat im Bereich der ersten Eigenfrequenz erhöhte Amplituden für die Insassenbeschleunigung zur Folge [Bild 4-35]. Im Bereich der zweiten Eigenfrequenz werden die Amplituden durch die Maßnahme deutlich reduziert. Im Gegensatz zur Veränderung der Aufbaumasse und der Aufbausteifigkeit, die Veränderungen jeweils im Bereich nur einer Eigenfrequenz bewirken, sind bei Variation der Aufbaudämpfung im Bereich beider Eigenfrequenzen erhebliche Amplitudenänderungen die Folge. Hieraus resultiert praktisch die Aufgabe, die Funktion eines Dämpfers präzise auf das gewünschte Systemverhalten abzustimmen. Je nachdem, welche Anregungsfrequenzen zu erwarten sind und welches Betriebsverhalten in diesen Frequenzen eingestellt werden soll, ist die Dämpfung geeignet zu wählen.
Bild 4-35: Frequenzgang der Insassenbeschleunigung im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbaudämpfung
Die drei folgenden Grafiken zeigen die gleichen Analysen für die Radaufstandskraft wie diese bisher für die Insassenbeschleunigung dargestellt wurden. Wie zu erkennen ist, zeigen sich qualitativ deutlich unterschiedliche Ergebnisse zur Betrachtung der Insassenbeschleunigung.
114
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-36: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbaumasse
Gemessen an der maximalen Amplitude der Radaufstandskraft im Bereich der zweiten Eigenfrequenz ergibt sich durch die Variation der Aufbaumasse kaum eine Veränderung [Bild 4-36]. Im Bereich der ersten Eigenfrequenz sind deutliche Veränderungen zu beobachten, die im unterkritschen und überkritischen bereich unterschiedliche Vorzeichen aufweisen. Allerdings liegen die Amplituden unabhängig von diesen Veränderungen im Bereich der ersten Eigenfrequenz grundsätzlich auf niedrigem Niveau.
Bild 4-37: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbausteifigkeit
4.7 Frequenzgang
115
Die Variation der Aufbausteifigkeit zeigt in der Tendenz gleiche Auswirkungen wie die Variation der Aufbaumasse [Bild 4-37]. Die Wirkungen fallen allerdings bei gleicher prozentualer Variation insbesondere im Bereich der ersten Eigenfrequenz etwas größer aus.
Bild 4-38: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbaudämpfung
Extreme Auswirkungen auf die Amplitude der Radauftstandskraft hat die Variation der Aufbaudämpfung [Bild 4-38]. Durch die Absenkung der Aufbaudämpfung steigen die Amplituden in beiden Eigenfrequenzen deutlich an. Dies wirkt sich besonders im Bereich der zweiten Eigenfrequenz aus, in dem die Amplituden der Radauftandskraft massiv anwachsen. Es ist nicht eindeutig optimal, die Aufbaudämpfung zu steigern oder zu reduzieren. Dies zeigen bereits die wenigen hier vorgenommenen Betrachtungen. Eine niedrigere Dämpfung steigert zumidest in bestimmten fahrsituationen den Komfort, sprich die Amplitude der Insassenbeschleunigung sinkt. Allerdings ist dabei in Kauf zu nehmen, dass die Amplituden der Radaufstandskraft situationsbedingt steigen können. Damit das risiko eines nicht so stabilen Kontaktes zwischen Rad und Straße einher. Diese Aspekte sind zu bewerten und daraus eine entsprechnde systemabstimmung zu finden. Neben dieser umfangreichen Aufgabe ist zu beachten, dass die Untersuchungen hier für ein relativ einfacheres Modell vorgenommen worden, welches nicht die Untersuchung aller relavanten Fahr- und damit Schwingungssituationen gestattet. Aus dem Gesagten leitet sich ab, dass eine Bewertung der einzelnen Frequenzgänge zielführend ist. Aus diesem Grunde ist in dem beschriebenen Werkzeug eine entsprechende Möglichkeit eingebaut worden. Dabei bestimmt sich die ermittelte Bewertungskennziffer aus der Multiplikation des Frequenzganges mit einer frequenzabhängigen Bewertungskennzahl. Dieser Bewertungsfilter kann sich aus Regelwerken ableiten, wie diese z. B. für Bauwerke definiert sind, oder der Erfahrung des Herstellers entsprechen. Das folgende Bild 4-39 zeigt die Bewer-
116
4 Mehrmassenschwinger
tung der Spektren für die Radaufstandskraft für den einfachsten Fall, nämlich eine gleichmäßige Gewichtung der Amplituden über das gesamte Spektrum. Damit wird faktisch der Mittelwert des Spektrums bestimmt. Wie der Grafik auch schon ansatzweise zu entnehmen ist, fällt dieser Mittelwert der Insassenbeschleunigungsamplitude mit zunehmender Aufbaufämpfung ab.
Bild 4-39: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-20 Hz bei Variation der Aufbaudämpfung mit Bewertung
Die anschließenden Bilder 4-40 bis 4-42 zeigen die Ergebnisse für ein reduziertes Spektrum bis 5 Hz, die hierzu gehörigen Amplitudengänge in logarithmischer Darstellung sowie die gleiche Analyse mit einer erhöhten Anzahl an Varianten des Variationsparameters.
Bild 4-40: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-5 Hz bei Variation der Aufbaudämpfung mit Bewertung
4.7 Frequenzgang
117
Die Veränderung des Frequenzspektrums [Bild 4-40] zeigt sofort eine gravierende Veränderung in den Bewertungskennziffern für die Frequenzgänge. Für den kleineren Ausschnitt des Frequenzbandes fallen die Bewertungen deutlich unterschiedlich aus. Hier wird deutlich, dass die Empfehlung für die Wahl eines Systemparameters deutlich von den zu erwartenden Betriebzuständen abhängt.
Bild 4-41: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-5 Hz bei Variation der Aufbaudämpfung mit Bewertung, logarithmische Darstellung
Die Wahl einer logarithmischen Skalierung der Grafik macht grundsätzlich dann Sinn, wenn die dargestellten Größen sehr unterschiedliche Werte aufweisen, d. h. um Größenordnungen voneinander abweichen. Dies ist hier für die Amplitude der Radaufstandskraft [Bild 4-41] nicht der Fall. Insofern ist diese Darstellung hier nicht praktikabel.
118
4 Mehrmassenschwinger
Bild 4-42: Frequenzgang der Radaufstandskraft im Frequenzbereich 0-5 Hz bei Variation der Aufbaudämpfung mit Bewertung, erhöhte Anzahl an Variationen
Soll ein Optimum in der Abstimmung des Systems gefunden werden, so ist natürlich darüber nachzudenken, in welchem Maß eine Größe zu Untersuchungszwecken variiert wird. Für den hier vorliegenden Fall der Variation der Aufbaudämpfung mit dem Stufenspruch von 1,2 sind in Bild 4-42 neun statt vorher vier Variationen dargestellt. In diesem besipiel ist erkennbar, dass die Bewertungskennziffer für eine weitere Steigerung der Dämpfung zunehmend stärker ansteigt. Die Empfindlichkeit des Systemverhaltens gegenüber einer Dämpfungsänderung steigt also. Im Bereich der weiteren Absenkung der Dämpfung ist hingegen zumindest der Grafik kaum eine Änderung zu entnehmen. Einer solchen Betrachtung kann ein grundsätzlicher Eindruck zum Systemverhalten entnommen werden. Es bietet sich die Möglichkeit zur Findung von Tendenzen zur Systemabstimmung.
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
5
119
Starrkörperkinetik
Wie bereits gesehen, können durch die Modellierung und Berechnung eines schwingungsfähigen Systems vielfältige Aussagen gewonnen werden. Allerdings gelingt dies zum Teil lediglich mit erheblichem Aufwand. In diesem Kapitel wird erläutert, wie durch Anwendung der Starrkörperkinetik, d.h. die Starrsetzung von Elastizitäten, mit deutlich weniger Aufwand Informationen über das vorliegende System erlangt werden können. Die erhaltenen Informationen haben einen geringeren Umfang als bei elastokinetischer Betrachtungsweise, ermöglichen allerdings dennoch in vielen Fällen eine Beantwortung der vorliegenden technischen Fragestellung.
5.1
Spezielle Systemvereinfachungen
Die spezielle Systemvereinfachung der Starrkörperkinetik liegt darin, Elastizitäten bei der Modellierung nicht zu berücksichtigen. Die diskreten Elastizitäten werden in diskrete starre Elemente überführt, die weder über Masse, Steifigkeit noch Dämpfung verfügen. Diese starren Elemente übertragen alle mechanischen Größen direkt und haben somit keinerlei Einfluss auf das Systemverhalten. Insofern können diese starren Elemente auch gänzlich aus dem Modell entfernt werden. Es besteht lediglich noch aus Massen und ggf. Dämpfungselementen. Ergebnis dieser Betrachtungsweise ist, dass das System keine Schwingungsfähigkeit mehr besitzt. Es exisitieren keine Speicher für potentielle Energie mehr. Dennoch können der Berechnung eines solchen Modells Informationen entnommen werden, die für die Auslegung von technischen Systemen relevant sind. Durch Ergänzung um messtechnisch ermittelte Systemcharakteristika kann eine starrkörperkinetische Betrachtung für bestimmte Fragestellung die komplexere Bearbeitung eines elastokinetischen Modells ersetzen.
5.1.1
Beispiel: Antriebsstrang eines Ventilators
An einem konkreten Beispiel soll aufgezeigt werden, welche Informationen aus einer starrkörperkinetischen Untersuchung gewonnen werden können. Hierzu wird der Antriebsstrang eines Ventilators betrachtet (Bild 5-1). Der Strang besteht aus einer Reihenschaltung von Asynchronmotor, Keilriementrieb, Zwischenwelle und Ventialtorrad.
120
5 Starrkörperkinetik
Bild 5-1: Antriebsstrang eines Ventilators [Optibelt]
Für diesen Antriebsstrang soll nun untersucht werden, welche Schnittgrößen in dem Riementrieb während eines charakteristischen Fahrprozesses auftreten. Aufgrund der elastischen Eigenschaft des Antriebsstrangs wird ein instationärer Betrieb mit einem bestimmten Grad an Dynamik automatisch zu Schwingungen des Antriebsstrangs führen. Schwingungen werden ganz wesentlich wegen des in Relation zur Massebehaftung ausgeprägt weichen Riementriebs auftreten. Alle weiteren Bauteile sind im Vergleich zum Riementrieb eher steif und stark massebehaftet. Aus genannten Gründen wird der Antriebsstrang hier wie in Bild 5-2 dargestellt als Zweimassenschwinger abgebildet. Der Torsionsschwinger ist bzgl. der Rotation um die Längsachse nicht gelagert sondern frei beweglich. Die linksseitge Masse fasst die Massen von Motor und antreibender Riemenscheibe zusammen. Mit der rechtsseitigen Masse werden die angetriebene
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
121
Riemenscheibe, die Zwischenwelle und das Ventilatorrad abgebildet. Zwischen den Massen befindet sich der Riementrieb. Dieser wird neben der Steifigkeit durch die im erheblichem Maße vorhandene Dämpfung beschrieben. MM
ML
MB
M1
M2
c, d
41
42
Bild 5-2: Modell des Antriebsstrangs als Zweimassenschwinger
Im Einzelnen liegen folgende diskrete Eigenschaften vor, nachdem die einzelnen Größen entsprechend den aus der Energiebilanz resultierenden Gleichungen (hier nicht abgeleitet)
T red
cred
Ti ii2 ci ii2
auf die Motorwelle reduziert wurden: 5 kgm 2
Masse Antriebsseite:
T1
Masse Abtriebsseite:
T 2 1 kgm 2
Steifigkeit:
c 1000 Nm
Dämpfung:
d
1 kg/s
Auf den Antriebsstrang wirken verschiedenen Lasten ein. An der Antriebsseite wirken ein Asynchronmotor und eine in den Motor eingebaute Scheibenbremse. Der Asynchronmotor weist folgende charakteristischen Eigenschaften auf: Kippmoment:
Mk
Synchrondrehzahl:
ns
500 Nm 1500 min 1
Gemäß der Kloss’schen Gleichung
122
5 Starrkörperkinetik 2 Mk , sk s s sk
M
die das Verhalten von Asynchronmaschinen in guter Näherung in analytischer Form beschreibt, resultiert hieraus mit dem Schlupf s
n 1 ns
die in Bild 5-3 dargestellt Motorkennlinie. Wie zu erkennen ist, hängt das wirkende Drehmoment von der aktuellen Drehzahl des Antriebs an der Motorposition ab. Während der Anlaufphase ist das Motormoment zunächst niedrig ausgeprägt. Es steigt mit zunehmender Drehzahl an um im so genannten Kipppunkt sein Maximum zu erreichen. Anschließend fällt das Motormoment steil ab, bis es bei der Synchrondrehzal das Niveau Null erreicht.
Bild 5-3: Kennlinie des Asynchronmotors
Die Scheibenbremse mit exponentieller Einfallcharakteristik weist folgende Kennwerte auf: Bremsmoment:
MB
Zeitkonstante:
T
1000 Nm 1s
Damit ergibt sich entsprechend der Gleichung
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
123
M
t § M B ¨1 e t ¨ ©
· ¸ ¸ ¹
der in Bild 5-4 dargestellte Bremsmomentenverlauf über der Zeit. Das Bremsmoment ist also nach Betätigung der Bremse alleine von der Zeit abhängig und konvergiert gegen den Maximalwert MB. Die pratisch immer vorhandede Totzeit des Bremssystems, die aus den Trägheiten der Steuerung und der Mechanik resultiert, sei hier vernachlässigt.
Bild 5-4: Bremsenkennlinie
Auf der Abtriebsseite liegt ein Lastmoment vor, welches unterschiedliche Größe aufweisen kann. Im lastfreien Betrieb liegt infolge von Reibungsverlusten ein geringes, konstantes Lastmoment vor. Im Nennbetrieb des Ventilators unter Last steigt dieses Moment auf ein deutlich höheres, ebenfalls konstantes Niveau an: Lastfreier Zustand:
M L lastfrei
Belasteter Zustand:
M L last
50 Nm 300 Nm
Mit dieser Antriebskette und den aufgefürten Lasten wird der in Bild 5-5 dargestellte Prozess (siehe Kapitel 9.17) gefahren: Im Ausgangszustand ist der Antrieb in Ruhe und nicht verspannt. Nach der ersten Sekunde wird der Asynchronmotor eingeschaltet. Der Antrieb wird gegen das geringe Lastmoment im lastfreien Zustand angefahren. Nach Ende der sechsten Sekunde wird der Motor abgeschaltet und die Bremse gleichzeitg und ohne Reaktionszeit in Eingriff gebracht. In den folgenden 1,5 Sekunden wird mit dem sich aufbauenden Bremsmoment gebremst. Anschließend wird die Bremse gelüftet und der Antrieb vom Zeitpunkt
124
5 Starrkörperkinetik
T = 7,5 s bis zur fünfzehnten Sekunde wieder motorisch angetrieben. Nach Ablauf der zwölften Sekunde wird die Last zugeschaltet und das Lastmoment steigt von seinem Betrag her entsprechend an.
Bild 5-5: Fahrzyklus mir dem zeitlichen Verhalten von Motormoment, Bremsmoment und Lastmoment
Wird diese Situation analog zum bereits behandelten Mehrmassenschwinger modelliert und simuliert (siehe Kapitel 9.18), so resultieren hieraus die in den folgenden Bildern 5-6 bis 5-10 dargestellten Ergebnisse:
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
Bild 5-6: Verdrehwinkel der Antriebs- und Abtriebsseite
Bild 5-7: Verdrehgeschwindigkeit der Antriebs- und Abtriebsseite
125
126
5 Starrkörperkinetik
Bild 5-8: Verdrehung der Feder zwischen Antriebs- und Abtriebsseite
Bild 5-9: Torsionsmoment im Riementrieb zwischen Antriebs- und Abtriebsseite
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
127
Bild 5-10: Durch Motor, Last und Bremse eingeleitete Drehmomente
Der Antrieb wird wie zu erwarten beschleunigt bis sich zwischen Motormoment und dem Lastmoment im lastfreien Zustand ein Gleichgewicht eingestellt hat. In diesem Gleichgewichtszustand nimmt der Verdrehwinkel mit konstanter Geschwindigkeit zu. Durch das Einfallen der Bremse wird die Geschwindigkeit schnell reduziert. Die Bremsung erfolgt nicht bis zum Stillstand, sondern zum Abschluss der Bremsung ist nach wie vor eine Restgeschwindigkeit vorhanden. Von diesem niedrigen Geschwindigkeitsniveau aus wird der Antrieb wieder auf den ursprünglichen Gleichgewichtszustand beschleunigt. Infolge des abschließend auftretenden Lastmomentes wird der Antrieb verzögert und es stellt sich ein neuer Gleichgewichtszustand zwischen dem Motormoment und dem Lastmoment ein. Den Momentenverläufen ist zu entnehmen, dass die Motorkennlinien abgefahren werden. Die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht, hängt von dem zur Beschleunigung zur Verfügung stehenden Drehmoment ab. Das Motormoment nimmt im Laufe der Zeit maximal das Kippmoment an und verweilt auf diesem Niveau jeweils nur kurz. Danach fällt das Motormoment auf das Niveau des aktuellen Lastmomentes ab. Da die Bremse nur kurz zugeschaltet wird, erreicht diese nicht das maximal mögliche Bremsmoment, sondern lediglich ca. 75 % hiervon. Im den drei auftretenden nahezu stationären Betriebzuständen halten das antreibende Motormoment und das bremsende Lastmoment einander das Gleichgewicht. Der Verdrehwinkel zwischen den beiden Massen und das Torsionsmoment in diesem Querschnitt sind gekennzeichnet durch einen mittleren Verlauf dem Schwingungen überlagert sind. Diese Schwingungen finden in der dem System eigenen Frequenz statt. Diese bestimmt sich zu:
128
5 Starrkörperkinetik
det Z 2 M C
0
§ 0 · § c c·· §T ¸¸ ¨¨ ¸¸ ¸ det ¨¨ Z 2 ¨¨ 1 ¸ T 0 c c 2 ¹¹ © © ¹ © § c Z 2T 1 det ¨ ¨ c ©
· ¸ c Z 2T 2 ¸¹
0
T 1 T 2 Z 4 cT 1 T 2 Z 2
0
c
Z1/2
0 ° ° ® ° 5 c °¯ 6 T1
f1/2
0 ® ¯5,5Hz
0
Die Frequenz von f = 5,5 Hz findet sich in den Torsionsschwingusverläufen wieder. Dies ist insbesondere dem vergrößerten Ausschnitt in Bild 5-15 zu entnehmen. Als zweite Eigenfrequenz wird f = 0 Hz ermittelt. Hierbei handelt es sich nicht im eigentlichen Sinn um eine Schwingungsform. Diese Frequenz bildet die mögliche Starrkörperbewegung des um die Längsachse rotatorisch nicht abgestützten Antriebsstrangs ab. Wird die Feder zwischen den beiden Massen entsprechend dem Modell der Starrkörperkinetik starr gesetzt, so lässt sich das hieraus ergebende Modell analog zu den bisherigen Darstellungen simulieren. Ein hierfür anwendbarer Quelltext ist Kapitel 9.19 zu entnehmen. Die Ausführung des Programms führt zu den in den Bildern 5-11 bis 5-13 dargestellten Resultaten.
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
129
Bild 5-11: Verdrehwinkel
Bild 5-12: Verdrehgeschwindigkeit
Was den Verdrehwinkel (Bild 5-11) anbelangt, ist zwischen den Berechnungen von elastischem und starrem System kein wesentlicher Unterschied zu erkennen. Auch hinsichtlich der Verdrehgeschwindigkeit (Bild 5-12) zeigt sich in den beiden Rechnungen ein ähnlicher Verlauf. Allerdings ist festzustellen, dass bei der elastischen Rechnung Schwingungen auftreten, die für das starre System schon durch das Modell bedingt nicht berechnet werden. Vielmehr scheint das Resultat für das starre System genau den Mittelwertverlauf der Berechnung des elastischen Systems abzubilden. Ähnliches kann für das Torsionsmoment im Riementrieb zwischen der Antriebsseite und der Abtriebsseite (Bild 5-13) festgestellt werden. Auch hier wird durch die Ergebnisse der starr-
130
5 Starrkörperkinetik
körperkinetischen Betrachtung der Mittelwertverlauf des Momentes aus der elastokinetischen Berechnung geliefert.
Bild 5-13: Torsionsmoment im Riementrieb zwischen Antriebs- und Abtriebsseite
Es stellt sich nun die Frage, welche Bedeutung das Ergebnis des Vergleichs einer elastokinetischen Berechnung mit einer starrkörperkinetischen Berechnung für die Praxis hat. Wie der elastokinetischen Berechnung zu entnehmen ist, werden die auftretenden Schwingungen jeweils durch abrupte Änderungen des Systemzustandes verursacht. Anregungsquellen liegen z. B. in dem Einschalten des Motors, dem Lüften der Bremse und der stoßartigen Veränderung der Last. Praktische Erfahrungen z. B. aus Beanspruchungsmessungen mittels Dehnungsmessstreifen (Bild 5-14) an realen Systemen zeigen, dass die Größe der auftretenden Amplituden von zwei Größen abhängig ist:
Größe der abrupten Zustandsänderung Charakter des Systems.
5.1 Spezielle Systemvereinfachungen
131
Bild 5-14: An einem Bauteil applizierte Dehnungsmessstreifen zur indirekten Messung von Beanspruchungen
Der Charakter kann durch den so genannten Stoßfaktor M beschrieben werden:
M
' max dyn ' statisch
Dieser gibt das Verhältnis der maximalen dynamischen Zustandsveränderung zur statischen Zustandsveränderung an. Im Bild 5-15 sind diese Größen für das Torsionsmoment in dem Moment aufgezeigt, in dem der Motor erstmalig eingeschaltet wird.
Bild 5-15: Stoßfaktor
132
5 Starrkörperkinetik
Ist dieser Stoßfaktor für eine bestimmte Zustandsveränderung eines konkreten Systems bekannt, so können die maximal auftretenden Amplituden auch aus der starrkörperkinetischen Untersuchung abgeleitet werden. Dies entspricht einer oft geübten Praxis.
6.1 Skalare Schreibweise
133
6
Modale Analyse
6.1
Skalare Schreibweise
Eine wesentliche Eigenschaft von Mehrmassenschwingern ist es, dass diese durch ein System gekoppelter Differentialgleichungen beschrieben werden. Dieses System lässt sich in einfacher Weise nicht von Hand analysieren und lösen. Die Modale Analyse bietet nun eine Möglichkeit, das Gleichungssystem zu entkoppeln und hierdurch eine Anzahl relativ einfach zu lösender Differentialgleichungen zu generieren. Das Verfahren wird folgend dargestellt. Betrachtet werden soll der Zweimassenschwinger aus Kapitel 4.1:
c1
x1
x2
f1
f2 c2 m2
m1 d1
c3
d2
d3
Bild 6-1: Zweimassenschwinger
Die beiden Differentialgleichungen lauteten unter Vernachlässigung der Dämpfung und der äußeren Last: DGL 1: x1
c1 c2 c x1 2 x2 m1 m1
0
DGL 2: x2
c2 c c3 x1 2 x2 m2 m2
0
Die angestrebte Entkopplung gelingt durch die Einführung so genannter generalisierter Koordinaten yi. Diese werden gebildet unter Verwendung der Elemente N1 des ersten Eigenvektors und N2 des zweiten Eigenvektors. Die Eigenvektoren wurden bereits ermittelt: x1
§ 1 · ¸¸ ¨¨ © 0,84 ¹
§1· ¨¨ ¸¸ © N1 ¹
x2
§ 1 · ¸¸ ¨¨ © 0,59 ¹
Damit lauten die beiden generalisierten Koordinaten: y1 y2
N 2 x1 x2
0,59 x1 x2
N1 x1 x2
0,84 x1 x2
§1· ¨¨ ¸¸ ©N 2 ¹
134
6 Modale Analyse
Die Differentialgleichungen in den generalisierten Koordinaten entstehen durch die entsprechende Linearkombination der beiden Differentialgleichungen: Neue DGL1: -0,59 DGL 1 – DGL 2 Neue DGL2: 0,84 DGL 1 – DGL 2 Damit liegen zwei DGLen in den generalisierten Koordinaten vor:
y1 1,31
c y1 m
0
y2 4,19
c y2 m
0
Die erhaltenen Differentialgleichungen sind entkoppelt, d. h. es sind DGLen in nur noch einer (generalisierten) Koordinate. Der harmonische Charakter der DGLen bleibt erhalten. Die Eigenkreisfrequenzen der beiden DGLen entsprechen exakt den beiden Eigenfrequenzen des Originalsystems: c °1,31 m ® c °4,19 m ¯
O1/2
Die entkoppelten DGLen weisen als Lösungen freie Schwingungen in den Eigenfrequenzen des Originalsystems auf: y1 (t )
K1 cos Z1t M1
y 2 (t )
K 2 cos Z 2t M 2
Aus den Definitionen der generalisierten Koordinaten lassen sich die Lösungen in den Originalkoordinaten zurückrechnen: y2 y1 1,43
x1
x2
y1 0,7 y2 1,7
Zu Beginn der Betrachtung sei die Masse m1 ausgelenkt. Die anderen Anfangsbedingungen sind gleich Null: x1 (0)
0,1 m
6.1 Skalare Schreibweise
135 x1 (0)
x2 (0)
x 2 (0)
0
Die gegebenen Anfangsbedingungen sind nun zunächst in die generalisierten Koordinaten zu transformieren: 0,59 x1 (0) x2 (0)
y1 (0)
0,84 x1 (0) x2 (0)
y 2 ( 0)
0,059m 0,084m
Da alle Anfangsgeschwindigkeiten in den Originalkoordinaten gleich Null sind, trifft dies auch in den generalisierten Koordinaten zu: y1 (0)
0
y 2 (0)
0
Mit diesen Anfangsbedingungen lassen sich die beiden entkoppelten Differentialgleichungen lösen: Hieraus leitet sich für y1 ab: K1 cos M1
y1 (0) y1 (0)
Damit sind K1 vor:
0,059 m und M1
0,059m
K1Z1 sin M1
0
0 . Die Lösung für die generalisierte Koordinate y1 liegt
§ c ·¸ 0,059m cos¨1,15 t ¨ m ¸¹ ©
y1 (t )
Analog ergibt sich für die generalisierte Koordinate y2: K 2 cosM 2
y 2 ( 0) y 2 (0)
Damit sind K 2 0,084 m und M1 somit ebenfalls vor: y 2 (t )
0,084m
K 2Z2 sin M 2
0
0 . Die Lösung für die generalisierte Koordinate y2 liegt
§ c ·¸ 0,084m cos¨ 2,05 t ¨ m ¸¹ ©
136
6 Modale Analyse
Die Lösung in den Originalkoordinaten x1 und x2 ergibt sich durch Rücktransformation mit den Gleichungen x1
x1 (t )
x2 (t )
y2 y1 1,43
und
x2
y1 0,7 y2 . 1,7
§ § c ·¸ ·¸ c ·¸ 1 §¨ t 0,059m cos¨1,15 t 0,084m cos¨ 2,05 ¨ ¨ m ¸¹ m ¸¹ ¸¹ 1,43 ¨© © © § § 1 §¨ c ·¸ c ·¸ ·¸ 0,059m cos¨1,15 t 0,7 0,084m cos¨ 2,05 t ¨ ¨ 1,7 ¨© m ¸¹ m ¸¹ ¸¹ © ©
In Bild 6-2 sind die Lösungen für die generalisierten Koordinaten sowie in den Originalkoordinaten aufgetragen:
Bild 6-2: Zeitverläufe der Lösungen für die Auslenkungen in den generalisierten Koordinaten und den Originalkoordinaten.
Die Geschwindigkeiten sowohl in den originalen Koordinaten als auch in den generalisierten Koordinaten ergeben sich aus den Ableitung nach der Zeit der einzelnen Auslenkungsverläufe (Bild 6-3):
6.1 Skalare Schreibweise
137
y1 (t )
y 2 (t )
x1 (t )
x2 (t )
1 1,7
0,059m 1,15
0,084m 2,05
§ c c ·¸ sin ¨1,15 t ¨ m m ¸¹ © § c c ·¸ sin ¨ 2,05 t ¨ m m ¸¹ ©
§ § c ·¸ ·¸ c §¨ c ·¸ 1 t t 0,059m 1,15 sin ¨1,15 0,084m 2,05 sin ¨ 2,05 ¨ ¨ m ¸¹ ¸¹ m ¸¹ 1,43 m ¨© © © § § c §¨ c ·¸ c ·¸ ·¸ t 0,7 0,084m 2,05 sin ¨ 2,05 0,059m 1,15 sin ¨1,15 t ¨ ¸ ¨ ¨ m© m ¹ m ¸¹ ¸¹ © ©
Bild 6-3: Zeitverläufe der Lösungen für die Geschwindigkeitsverläufe in den generalisierten Koordinaten und den Originalkoordinaten.
138
6.2
6 Modale Analyse
Matrizenschreibweise
Allgemein für n Freiheitsgrade kann die Modale Analyse auch in Matrizenschreibweise formuliert werden. Für eine Lösungsfindung im Raum der generalisierten Koordinaten und die Rücktransformation sind folgende Schritte abzuarbeiten: Schritt 1: Aufstellen der DGL zweiter Ordnung M x C x
0
Schritt 2: Ermittlung der Eigenfrequenzen des Systems
det Z 2 M C
0
Schritt 3: Ermittlung der Eigenvektoren des Systems
Z
2
M C xˆ
0
Schritt 4: Aufstellung der entkoppelten DGLen in generalisierten Koordinaten Hierzu ist durch Zusammenführen der Eigenvektoren als Spaltenvektoren zu einer Matrix die so genannte Modalmatrix zu bilden:
I
xˆ1 , xˆ 2 ,..., xˆ n
Einführung neuer Koordinaten, der so genannten Hauptkoordinaten oder generalisierten Koordinaten: x Iy
bzw.
y
I 1 x
Durch Substitution der Koordinaten und Multiplikation mit der transformierten Modalmatrix ergibt sich ein neues DGL-System in den generalisierten Koordinaten. Die einzelnen Gleichungen dieses Systems sind entkoppelt, d. h. in einer Gleichung tritt jeweils nur eine Unbekannte generalisierte Koordinate yi auf: M I y CI y
0
I T M I y I T CI y
0
Darin sind, ohne dass dies hier bewiesen werden soll, I T M I und I T CI Diagonalmatrizen, nun mit m und c benannt.
6.2 Matrizenschreibweise
139 m y c y
0
Schritt 5: Lösung der entkoppelten DGLen Die entkoppelten DGLen können nun analog zu der allgemeinen Lösung des Einmassenschwingers unter Berücksichtigung der Randbedingungen gelöst werden. Hierzu sind zunächst die Randbedingungen in den generalisierten Koordinaten auszudrücken: y 0 I 1 x0 y 0 I 1 x 0
Die Inverse der Modalmatrix kann, ohne dass dies hier bewiesen sein soll, einfach wie folgt bestimmt werden:
I 1 m 1I T M Damit lauten die Lösungen der entkoppelten DGLen: yi
yˆ i cosZi t M i
mit dem Amplituden
yˆ i
§ y 0 · yi 0 ¨¨ i ¸¸ © Zi ¹
2
2
und den Phasenverschiebungen y i 0 yi 0 Zi
tan M i
Schritt 6: Rücktransformation in die realen Koordinaten Die Lösung im Bereich der generalisierten Koordinaten ist schließlich wieder in die Originalkoordinaten zu transformieren. x Iy
Für das in diesem Kapitel behandelte Beispielsystem sehen diese Schritte konkret wie folgt aus: Schritt 1: Aufstellen der DGL zweiter Ordnung
140
6 Modale Analyse m1 0
0 x1 c1 c2 c2 m2 x2
c2
x1
0
c2 c3 x2
0
Die DGL ist durch die Festlegung von Massen- und Steifigkeitsmatrix bekannt. M
C
m1
0
m
0
0
m2
0
2m
c1 c2
c2
3c
2c
c2
c2 c3
2c
5c
Schritt 2: Ermittlung der Eigenfrequenzen des Systems
det Z 2 M C
c c
0
1
det Z 2 M C
2
0 Z4 mit Z0 2
Die Lösung mittels der Substitution O
11 2 2 11 4 Z0 Z Z0 2 2 c m
Z 2 lautet: O1/2
Z1/2
Z 2 m1 c2 c3 Z 2 m2 c2 2
°1,31Z0 2 ® °¯4,19Z0 2
° r 1,15 ° ® °r 2,05 ¯°
f1/2
c m c m
115 s 1 205 s 1
18,3 Hz ® ¯32,6 Hz
Schritt 3: Ermittlung der Eigenvektoren des Systems
Z
2
M C xˆ
0
Dabei führt das Einsetzen der ersten Eigenkreisfrequenz zum ersten Eigenvektor, das Einsetzen der zweiten Eigenfrequenz zum zweiten Eigenvektor. Entsprechendes gilt für Systeme mit mehr Freiheitsgraden.
6.2 Matrizenschreibweise
141 x1
x2
§ 1 · ¸¸ ¨¨ © 0,84 ¹ § 1 · ¨¨ ¸¸ © 0,59 ¹
Hiermit steht die Lösung der Bewegungsgleichungen nach Anwendung der Anfangsbedingungen fest:
¦ A xˆ cosZ t M
x(t )
i i
i
i
i
mit Ai ,M i xi 0 , xi 0 Schritt 4: Aufstellung entkoppelter DGLen in generalisierten Koordinaten
xˆ1, xˆ 2
I
m
1 0,84 m 0 1 1 1 0,59 0 2m 0,84 0,59
IT M I
c I T CI
1 1 0,84 0,59
1
0,84
3c
1 0,59 2c
2c 1
2,41 0 m 0 1,70
1
5c 0,84 0,59
m y c y
0
y Z 2 y
0
3,17
0
0
7,10
bzw.
mit der Matrix der Eigenfrequenzen
Z
2
1
m c
0,41 m 0
00 3,17 0 c 0,59 0 7,10 m
y1 1,30 0 c y1 0 4,19 m y 2 y2
1,30 0
0 0
0
c 4,19 m
c
142
6 Modale Analyse
Schritt 5: Lösung der entkoppelten DGLen Die Anfangsbedingungen in den generalisierten Koordinaten lauten:
I
1
0,41 m
1 T
m I M
0 1 0,84 m 0 0,59 1 0,59 0 2m m
0
0,69 x10
0,41 0,59
0,41 0,69 0 0,59 0,70 0
y 0 I 1 x 0
0,69
0,59 0,70
0,59 0,70 0
0,41
y 0 I 1 x0
0,41
x10
0
Mit diesen Anfangsbedingungen ergeben sich die Lösungen für die entkoppelten DGLen: yi
yˆ i cosZi t M i
mit § y 0 · yi 0 2 ¨¨ i ¸¸ © Zi ¹
yˆ i
2
und tan M i
y i 0 yi 0 Zi
Parameter:
y1 t
y2 t
yˆ1
y1 0
0,41 x10 und M1
0
yˆ 2
y2 0
0,59 x10 und M 2
0
yˆ1 cosZ1t M1
§ c · 0,41 x10 cos¨ 1,3 t ¸ ¨ m ¸¹ ©
yˆ 2 cosZ2t M 2
§ c · 0,59 x10 cos¨ 4,19 t ¸ ¨ m ¸¹ ©
Schritt 6: Rücktransformation in die realen Koordinaten
6.2 Matrizenschreibweise
143
x
x
Iy
1
1
y1 t
0,84 0,59 y2 t
° § § c · c ·½° x10 ®0,41cos¨ 1,3 t ¸ 0,59 cos¨ 4,19 t ¸¾ ¨ ¨ m ¸¹ m ¸¹°¿ °¯ © © ° § § c · c ·½° x10 ®0,34 cos¨ 1,3 t ¸ 0,34 cos¨ 4,19 t ¸¾ ¨ ¨ m ¸¹ m ¸¹°¿ °¯ © ©
Die hier gefundene Lösung für die Zeitverläufe der Auslenkungen x1 und x2 stimmt exakt mit den Lösungen entsprechend der skalaren Formulierungsweise überein.
x
° § § c c · c c ·½° x10 ® 0,41 1,3 sin ¨ 1,3 t ¸ 0,59 4,19 sin ¨ 4,19 t ¸¾ m ¨© m ¸¹ m ¨© m ¸¹°¿ °¯ ° § § c c · c c ·½° x10 ® 0,34 1,3 sin ¨ 1,3 t ¸ 0,34 4,19 sin¨ 4,19 t ¸¾ ¨ ¸ ¨ m © m ¹ m © m ¸¹°¿ °¯
Wie den vorangegangenen Ausführungen zu entnehmen ist, liefert die Modale Analyse einen ganz speziellen Blick auf einen Mehrmassenschwinger. Der Schwinger wird quasi statt durch ein DGL-System durch Eigenfrequenzen und Eigenformen beschrieben. Man könnte sagen, die beiden Möglichkeiten der Beschreibung sind einander äquivalent. Hieraus ergeben sich eine Vielfalt von Nutzungsmöglichkeiten, die hier allerdings nicht weiter im Detail beschrieben werden sollen:
Durch den Abgleich beobachteter Schwingungserscheinungen (Eigenfrequenzen, Eigenformen) mit den modalen Modelleigenschaften können Modelle und deren Parametrisierung verfeinert werden.
Komplizierte Modelle mit vielen Freiheitsgraden können mit Hilfe der Modalen Analyse vereinfacht werden. Dies kann durch Vernachlässigen höherer Eigenfrequenzen und der zugeordneten Eigenformen in der modalen Beschreibung geschehen.
Die Modale Analyse bietet die Möglichkeit, Modelle in Gänze experimentell aufzubauen. Werden Eigenfrequenzen und die zugeordneten Eigenformen meßtechnisch ermittelt, so liegt ein ein Äquivalent zur systembeschreibenden DGL vor. Die Kunst bei der meßtechnischen Modalanalyse liegt in der geeigenten Wahl von Meßpunkten am Untersuchungsobjekt und der anschließenden Datenfilterung und –reduktion.
144
7
7 Betriebsfestigkeitsrechnung
Betriebsfestigkeitsrechnung
Eine wesentliche Stoßrichtung der dynamischen Analyse mechanischer Systeme ist die Festigkeitsberechnung von Bauteilen. Die Lebensdauer dynamisch beanspruchter Bauteile hängtneben anderen Faktoren - dominant von den auftretenden Spannungsamplituden im Bauteil ab. Diese Spannungsamplituden können für einen konkreten Bauteilquerschnitt unter Anwendung der bisher behandelten Methoden ermittelt werden. Die wesentlichen Schritte zur Beschreibung und Auswertung dieser Spannungsamplituden im Rahmen der Betriebsfestigkeitsrechnung wird folgend aufgezeigt.
7.1
Konzept
Das grundlegende Konzept der Betriebsfestigkeitsrechnung besteht darin, die Beanspruchung eines Bauteils der Beanspruchbarkeit des Bauteils gegenüberzustellen (Bild 7-1). Beanspruchung und Beanspruchbarkeit werden dabei für eine konkrete Bauteilzone ausgewertet. Last
Material
Beanspruchung
Beanspruchbarkeit
Nachweis
Bild 7-1: Konzept der Betriebsfestigkeitsrechnung
Dabei können grundsätzlich zwei verschiedene Ziele der Berechnung unterschieden werden. Mit einem Dauerfestigkeitsnachweis kann nachgewiesen werden, dass ein Bauteil die einwirkenden Beanspruchungen auf Dauer, d.h. theoretisch unbefristet ohne Anriss oder Bruch, ertragen kann. Alternativ kann ein Zeitfestigkeitsnachweis angestellt werden. Dieser dient dazu nachzuweisen, dass die einwirkende Beanspruchung über ein bestimmte Zeit hinweg ertragen werden kann. Diese Zeit muss dann typischweise hinreichend sein, um die Schadensfreiheit des Bauteils über die geplante Einsatzdauer zu gewährleisten.
7.2
Beanspruchung
Die Beanspruchung im Material eines Bauteils ergibt sich aus dem Materialgesetz. Liegt im einfachsten Falle ein eindimensionales, linear elastisches Materialverhalten vor, so handelt es sich bei dem Materialgesetz um das Hook´sche Gesetz:
V
E H
Mit dem Hooke´schen Gesetz wird das Materialverhalten von z. B. Metallen im elastischen Bereich beschrieben. Das Hooke´sche Gesetz besagt, dass also Spannungen ermittelt werden können, wenn der Dehnungszustand bzw. der Verformungszustand bekannt ist. Im Falle statischer Belastung kann die Verformung, welche sich nicht ändert, relativ einfach bestimmt wer-
7.3 Beanspruchbarkeit
145
den. Im Falle einer dynamischen Last unterliegt die Verformung einer zeitlichen Änderung. Soll nun ein dynamischer Spannungs-Zeit-Verlauf ermittelt werden, so ist entsprechend den vorgestellten Verfahren ein dynamisches Modell für die vorliegende Struktur zu erstellen. Dieses Modell muss natürlich in der Lage sein, die Verformung an der Stelle des zu untersuchenden Querschnitts abzubilden. Resultat der Simulation des Modells sind dann Verformungen, Dehnungen und schließlich Spannungen in ihrem zeitlichen Verlauf. Entsprechend den bisherigen Darstellungen werden die sich ergebenden zeitlichen Verläufe durch Wechsel zwischen den Betriebszuständen sowie die Eigenfrequenzen und/oder Anregungsfrequenzen des Systems geprägt sein (Bild 7-2).
Bild 7-2: Spannungsverlauf geprägt durch Betriebszustandswechsel und Eigenverhalten
7.2.1
Klassierverfahren
Die berechneten Spannungs-Zeit-Verläufe zeichnen sich durch einen hohen Datenumfang aus. Dies trifft insbesondere auf Langzeitbetrachtungen zu, die im Zuge von Dauerfestigkeits- oder Zeitfestigkeitsanalysen anfallen. Dieser große Datenumfang ist weder gut handhabbar noch tatsächlich für eine Betriebsfestigkeitsrechnung erforderlich. Kennzeichnend für die Schädigungswirkung von Spannungs-Zeit-Verläufen sind dominant die Größe der anfallenden Spannungsamplituden sowie bereits im geringeren Maße die zugeordneten Mittelwerte der jeweiligen Schwingung. Vor diesem Hintergrund wurden verschiedene so genannte Klassierverfahren entwickelt, die die Information entsprechend reduzieren. Bekannte Verfahren sind z. B. die Spannenzählung, das Klassengrenzüberschreitungsverfahren sowie die Rainflowklassierung. Breite Verwendung findet heute die Rainflowklassierung, die als zweiparametriges Verfahren sowohl die Mittelwerte als auch die Amplituden von Spannungsverläufen klassiert.
7.3
Beanspruchbarkeit
Wie bereits zum Thema Klassierverfahren ausgeführt, hängt die dynamische Beanspruchbarkeit von metallischen Werkstoffen im linear elastischen Bereich neben den Bauteileigenschaften im Wesentlichen von Spannungsamplituden und zugeordneten Spannungsmittelwerten ab.
146
7 Betriebsfestigkeitsrechnung
Einflussgrößen wie die konkrete Form des Spannungsverlaufs zwischen seinen Maxima und die Beanspruchungsfrequenz sind von untergeordneter Bedeutung. Die dauerhaft oder auf begrenzte Zeit ertragbaren Spannungsamplituden werden für eine vorliegende Mittelspannung im so genannten Wöhlerdiagramm dargestellt:
Va
Zeitfestig
Dauerfestig
keitsbereich
keitsbereich
Kurzzeitfestig keitsbereich
VD ND
N
Bild 7-3: Wöhlerdiagramm
Wöhler war davon ausgegangen, dass Spannungsamplituden bis zu einer bestimmten Größe dauerhaft ertragen werden können. Deshalb ist in dem Diagramm ein so genannter Dauerfestigkeitsbereich ausgewiesen. Praktisch stellt sich heraus, dass durchaus auch auf niederem Spannungsamplitudenniveau Brüche bei höheren Spannungsspielzahlen auftreten können. Dies wird z.B. durch die im Bild 7-4 dargestellten Modifikationen nach Haibach und Corten-Dolan beschreiben.
Va Corten Dolan
VD Haibach ND
N
Bild 7-4: Wöhlerdiagramm mit Modifikationen
Praktisch treten in einem nachzuweisenden Querschnitt verschiedene Mittelspannungen auf. Diese sind oft kennzeichnend für verschiedene Betriebszustände (Bild 7-2). Für diese verschiendenen Mittelspannungszustände ist jeweils eine andere Wöhlerkurve gültig. Da meist die Dauerfestigkeitsgrenze oder eine bestimmte Zeitfestigkeitsgrenze interessiert, werden die Informationen aus einer Vielzahl von Wöhlerversuchen in so genannten Dauerfestigkeitsdiagrammen oder Zeitfestigkeitsdiagrammen nach Haigh oder Smith dargestellt. Das Diagramm nach Haigh (Bild 7-5) stellt die zulässige Spannungsamplitude in Abhängigkeit von der vorliegenden Mittelspannung dar. Mit steigender Mittelspannung fällt die zulässige Spannungsmaplitude ab.
7.4 Nachweis
147
Va
Vm Bild 7-5: Dauerfestigkeitsdiagramm nach Haigh
Das Diagramm nach Smith (Bild 7-6) stellt die zulässige Oberspannung und Unterspannung über der Mittelspannung dar. Hierdurch wird – im Gegensatz zum Diagramm nach Haigh – deutlich, dass mit steigenden Mittelspannungen trotz abnehmender zulässiger Spannungsamplituden auch die zulässige Oberspannung ansteigt.
V
500 N/mm 2
800 N/mm 2
N=f
N=105
V
500 N/mm 2
Bild 7-6: Dauerfestigkeitsdiagramm und Zeitfestigkeitsdiagramm nach Smith
7.4
Nachweis
Der Nachweis kann nun in einem Nachweis der Dauerfestigkeit oder der Zeitfestigkeit bestehen. Im Falle des Nachweises der Dauerfestigkeit ist die dauerhaft einwirkende maximale Spannungsamplitude Va vorh mit der auf Dauer ertragbaren Spannungsamplitude VD, der so genannten Dauerfestigkeit, zu vergleichen. Wird die Bedingung
V a vorh d V D
148
7 Betriebsfestigkeitsrechnung
eingehalten, so ist nicht mit einem Versagen zu rechnen. Zumindest tritt Versagen mit der Wahrscheinlichkeit nicht auf, die den zugrunde gelegten Dauerfestigkeitswerten entspricht. Soll ein Zeitfestigkeitsnachweis durchgeführt werden, so liegen in der Regel Spannungsamplituden vor, welche über dem Niveau der Dauerfestigkeit liegen. Insofern kann keine Festigkeit auf Dauer sondern nur auf Zeit nachgewiesen werden. Für eine Spannungsamplitude wird durch Vergleich der vorhandenen Spannungsspielzahl mit der auf Zeit ertragbaren Spannungsspielzahl eine so genannte Teilschädigung S berechnet (Bild 7-7).
Va
Va
n N Bild 7-7: Teilschädigung auf einem Spannungsniveau
N
n N
S
Liegt die Summe der Teilschädigungen durch verschiedene auftretende Spannungsamplituden unter Eins, so ist entsprechend der Schadensakkumulationshypothese nach Palmgren-Miner kein Versagen zu erwarten. S
ni
¦N i
1
i
Auch diese Aussage gilt mit der Wahrscheinlichkeit, die den Zeitfestigkeitsdaten in der Wöhlerlinie entspricht.
7.4.1
Beispiel: Dynamische Festigkeitsrechnung
Gegeben sei ein im Wesentlichen auf Biegung beanspruchtes Bauteil. Es handelt sich um den Turm eines Hafenmobilkrans (Bild 7-8).
7.4 Nachweis
149
Bild 7-8: Auf Biegung beanspruchter Turm eines Hafenmobilkrans [Gottwald]
In der bruchgefährdeten Zone der Biegerandfaser des Turms liege folgender Spannungs-ZeitVerlauf (Bild 7-9) vor, der sich während der Einsatzdauer 105-mal wiederholt. Für die Betrachtung hier wurde dieser Spannungsverlauf gemäß Kapitel 9.22 künstlich hergestellt. Alternativ kann der Turm bei einer anderen Verwendung des Mobilkrans auch Lasten ausgesetzt sein, die zu exakt doppelt so hohen Spannungen im Laufe der Zeit führen.
Bild 7-9: Spannungs-Zeit-Verlauf
150
7 Betriebsfestigkeitsrechnung
Zunächst ist dieser Spannungs-Zeit-Verlauf zu klassieren. In Bild 7-10 sind die Extremwerte des Spannungs-Zeit-Verlaufs eingetragen, die sich zur Vorbereitung einer Klassierung nach dem Rainflowverfahren des Spannungs-Zeit-Verlaufs ergeben.
Bild 7-10: Extremwerte des Spannungs-Zeit-Verlaufs
7.4 Nachweis
151
Die Klassierung nach der Rainflowmethode führt zu folgendem zweiparametrigen Kollektiv: Spannungsamplitude Va in N/mm2 20
30
…
190
200
530 510 …
Spannungsmittelwert Vm in N/mm2
550
10
1 2 1
210
1
3 1
190
1
1
1
170
1
Bild 7-11: Klassierter Spannungs-Zeit-Verlauf
Die maximal auftretende Spannungsamplitude beträgt Va=86 N/mm2 bei einer Mittelspannung von Vm=199 N/mm2. Der Werkstoff zeichne sich in der bruchgefährdeten Zone unter Berücksichtigung aller denkbaren Einflussfaktoren durch folgende Wöhlerlinie aus (Bild 7-12). Va
VZ
400 N/mm 2
VD
100 N/mm 2 NZ
Bild 7-12: Wöhlerlinie
10 4
ND
2 10 6
N
152
7 Betriebsfestigkeitsrechnung
Die Wöhlerlinie ist gültig für eine nicht vorliegende Mittelspannung. Bei vorliegender Mittelspannung modifiziert sich die zulässige Spannungsamplitude auf:
V a zul V m V a zul V m
0 0,05 V m
Damit beträgt die dauerfest ertragbare Spannungsamplitude bei der vorliegenden Mittelspannung:
V a zul V m
199 N/mm 2
100 N/mm 2 0,05 199 N/mm 2
90 N/mm 2
Da damit
V a vorh
86 N/mm 2 d V zul
90 N/mm 2
gilt, ist das vorliegende Beanspruchungsgeschehen dauerfest ertragbar. Alle auftretenden Spannungsamplituden liegen unter dem Niveau der Dauerfestigkeit. Nun soll der Mobilkran unter der höheren Last betrachtet werden. Dies führt in der betrachteten Biegerandfaser des Turms zu einer exakt doppelt so hohen Beanspruchung. Dem entsprechend fallen auch die Extremwerte doppelt so hoch aus (Bild 7-13).
Bild 7-13: Spannungs-Zeit-Verlauf bei erhöhter Last
Auf Grundlage dieser Extremwerte wird ebenfalls eine Klassierung des Spannungs-ZeitVerlaufs nach dem Rainflowverfahren vorgenommen. Im Sinne der Vergleichbarkeit der Ergebnisse wird die Klassenaufteilung zu dem ersten Klassiervorgang konstant gehalten. Folgend ist das sich ergebende Kollektiv dargestellt.
7.4 Nachweis
153
Spannungsamplitude Va in N/mm2 20
30
…
190
200
530
550
10
2 3 1
1 1
1 1
1
…
1
170
190
210
Spannungsmittelwert Vm in N/mm2
510
1
Bild 7-14: Klassierter Spannungs-Zeit-Verlauf bei hoher Last
Die maximal auftretende Spannungsamplitude beträgt Va=172 N/mm2 bei einer Mittelspannung von Vm=398 N/mm2. Bei dieser Mittelspannung liegt die Dauerfestigkeit bei
V a zul V m
398 N/mm 2
100 N/mm 2 0,05 398N/mm 2
80 N/mm 2
Somit kann wegen der Relation
V a vorh
172 N/mm 2 t V zul
80 N/mm 2
das nun antrengendere Beanspruchungsgeschenen nicht dauerfest von dem Bauteil ertragen werden. Die Lebensdauer des Bauteils ist begrenzt. Die zu erwartende Lebensdauer kann durch eine Zeitfestigkeitsanalyse abgeschätzt werden. In diesen Zeitfestigkeitsnachweis gehen lediglich die Spannungsamplituden ein, die über der Dauerfestigkeitsgrenze liegen. Da hier von der klassischen Wöhlerlinie ausgegangen wird, verursachen alle kleineren Amplituden keine Schädigungsbeiträge. Aus diesem Grunde finden nur zwei Schwingspiele Berücksichtigung:
154
7 Betriebsfestigkeitsrechnung
V1
V m1 r V a1
410 r 90 N/mm 2
V2
V m 2 r V a2
398 r 172 N/mm 2
Hierzu lassen sich äquivalente Spannungsamplituden auf einem Mittelspannungsniveau von Null bestimmen:
V a1 eq
V a1 0,05 V m1
90 0,05 410 N/mm 2
110,5 N/mm 2
V a2 eq
V a2 0,05 V m2
172 0,05 398 N/mm 2
191,9 N/mm 2
Für diese Spannungsamplituden ist zu bestimmen, welche Lastspielzahl theoretisch maximal von dem Bauteil ertragen werden kann. Diese Lastspielzahl ergibt sich aus der Geradengleichung im Zeitfestigkeitsbereich der Wöhlerlinie. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist diese Gleichung hier als Zahlenwertgleichung aufgeschrieben:
log V in N/mm 2
0,261 log N in 1 3,646
Umgestellt nach der gesuchten zulässigen Lastspielzahl auf den einzelnen Spannungshorizonten: 3, 646log V a1 eq
N1
10
0, 261
1,38 10 6
3, 646log V a2 eq
N2
10
0, 261
1,67 105
Wird der vorliegende Beanspruchunszyklus 105-mal abgefahren, so führt dies auf den einzelnen Beanspruchungsniveaus zufolgenden Teilschädigungen: S1
0,07
S2
;
0,60
Summiert ergibt sich hierus eine Gesamtschädigung von: S
0,67
Diese Schädigung bedeutet, dass das Bauteil nach 105 Zyklen nicht versagt haben wird. Vielmehr kann eine Lebensdauer von N max Lastzyklen erreicht werden.
1 105 0,67
1,5 105
7.5 Regelwerke
155
Im Ergebnis zeigt sich also, dass auf dem niederen Spannungshorizont im ersten Einsatzfall mit einer dauerfesten Auslegung des Bauteils gerechnet werden kann. Die geforderte Lebensdauer von 105 wird damit beliebig deutlich überschritten. Insofern kann das Bauteil als überdimensioniert angesehen werden. Auf dem höheren Spannungshorizont ist die dauerfeste Auslegung nicht mehr gegeben. Es gibt zwei Spannungsamplituden, die das Niveau der Dauerfestigkeit übersteigen. Die Schädigungsrechnung zeigt, dass die geforderte Lebensdauer um ca. 50 % überschritten wird. In diesem Fall ist genauer zu prüfen, ob dies hinreichend ist. Dabei ist insbesondere in Betracht zu ziehen, welche Ausfallwahrscheinlichkeiten den herangezogenen Beanspruchbarkeitsdaten zugrunde liegen. Dieser Aspekt wurde hier nicht betrachtet. Frage: Entscheidend geprägt werden kann das Ergebnis einer Schädigungsrechnung durch die Klasseneinteilung bei der Klassierung des Beanspruchungsverlaufes. Wie ist dieser Aspekt hinsichtlich seiner Ergebniswirkung für die hier vorgenommene Berechnung zu bewerten?
7.5
Regelwerke
Die Betriebsfestigkeitsrechnung ist für viele Produkte und Anwendungsbereiche in Normen behandelt. Beispiele sind hierfür z.B. folgende Regelwerke:
DIN EN 13001: Krane – Konstruktion allgemein DIN 743: Tragfähigkeitsberechnung von Wellen und Achsen FKM Richtlinie, Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile
Ziel dieser Regelwerke ist es, die komplexen Zusammenhänge auf dem Gebiet der Betriebsfestigkeitsrechnung derart zu verdichten und zu beschreiben, dass hieraus praktisch anwendbare Berechnungsgänge resultieren. Darüber hinaus soll natürlich auch ein einheitliches Sicherheitsniveau gegen das Versagen von Bauteilen in bestimmten Anwendungsbereichen erzielt werden. Der wesentliche Inhalt der Normen liegt darin, dass der Aspekt der Beanspruchbarkeit sehr detailliert beschrieben ist. Darüber hinaus werden auch Hinweise zur Beschreibung der Beanspruchung gegeben. Allerdings wird in der Regel nicht oder nur ansatzweise behandelt, wie die Beanspruchungen für ein konkretes System zu ermitteln sind. So werden meist keine Hinweise zur Modellierung oder zu dem anzuwendenden Klassierverfahren gegeben. Bis zu einem bestimmten Grad stellt in dieser Hinsicht die Norm EN 13001 eine Ausnahme dar. In ihrem Anhang geht diese konkret auf das zu verwendende Modell für Hubwerke und Krananlagen zur Ermittlung von Beanspruchungen ein.
156
8
8 Anhang: Mathematische Methoden
Anhang: Mathematische Methoden
Bei der Berechnung von Schwingungen spielt der Einsatz mathematischer Methoden eine zentrale Rolle. Da diese Methoden in aller Regel nicht umfänglich präsent sind, sollen diese hier im erforderlichen Umfang dargestellt werden. Weitere Details können der Literatur zur Mathematik, z.B. [Pap01] entnommen werden.
8.1
Lösung linearer Gleichungssysteme
Die Lösung eines linearen Gleichungssystems Ax
c
mit n Gleichungen für n Unbekannte lautet nach der Cramerschen Regel: xi
Di D
mit der Determinante der Matrix A D
det A z 0
sowie der der Determinanten von A Di, wobei allerdings die i-te Spalte durch den Vektor c ersetzt wird.
8.2
Matrizenrechnung
Addition
A B
C mit Cik
Aik Bik
Dies bedeutet, dass lediglich Matrizen mit gleicher Zeilen- und Spaltenzahl addiert werden können. n
Multiplikation
A B
C mit Cik
¦A
ij
B jk
j 1
Somit können lediglich Matrizen miteinander multipliziert werden, bei denen die Spaltenzahl der ersten Matrix der Zeilenzahl der zweiten Matrix entspricht. Transponierung
C T mit CikT
Cki
Bei der Transponierung wird die Anzahl der Spalten zur Anzahl der Zeilen und umgekehrt. Invertierung
Invertiert werden kann eine Matrix, die quadratisch und regulär ist. Regularität bedeutet, die Determinate der Matrix ist ungleich Null.
8.3 Reduktion der Ordnung von Differentialgleichungen
A 1
§ A11 ¨ 1 ¨ A12 det A ¨ ... ¨ ¨A © 1n
Aik
1 ik
157
A21 A22 ... A2 n
... An1 · ¸ ... An2 ¸ ... ... ¸ ¸ ... Ann ¸¹
Dik
Dik: (n-1)-reihige Unterdeterminate (in der Determinante der Matrix wird die i-te Zeile und die k-te Spalte gestrichen). Bei der Invertierung bleibt somit die Anzahl von Zeilen und Spalten der Matrix erhalten. A1 A
Multiplikation mit der Inversen
I mit I ii
1 , I ik
0
Die Multiplikation der beiden quadratischen Matrizen gleicher Größe führen zu einer Einheitsmatrix gleicher Größe.
8.3
Reduktion der Ordnung von Differentialgleichungen
Aus Modellierung und Bilanzierung geht für mechanische Systeme meist das folgende Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung hervor: M x D x C x
f
Numerische Lösungsverfahren für Differentialgleichungssysteme lösen in aller Regel Differentialgleichungssysteme erster Ordnung. Deshalb ist eine entsprechende Umformung vorzunehmen. Dies gelingt mit der Substitution v x ,
durch welche das Differentialgleichungssystem auf folgendes System erster Ordnung gebracht werden kann: v
M 1 C x M 1 Dv M 1 f
Durch Einführung des Zustandsvektors z
x v
lässt sich das Differentialgleichungssystem wie folgt schreiben:
158
8 Anhang: Mathematische Methoden I
0
x v
0 x 1 M C M D v M f 1
1
z
Az h
Auf dieses DGL-System erster Ordnung können die bekanten numerischen Integrationsverfahren angewendet werden, um die z. B. hier betrachteten Anfangswertprobleme zu lösen. Dabei liegen folgende Größen vor:
Zustandsvektor
z
Systemmatrix
A
Belastungsvektor
h
x v I
0 1
M 1 D
M C
0 M
1
f
Bei dem gewonnenen Differentialgleichungssystem handelt es sich wie gewünscht um ein System erster Ordnung. „Preis“ für dieses Resultat ist die Verdopplung der Anzahl der Differentialgleichungen in dem System.
8.4
Numerische Integration
Wie gezeigt, lassen sich die Beschreibungen diskreter dynamischer Systeme auf die DGL z
Az h
umformen. Die Lösung dieser DGL kann nun analytisch vorgenommen werden. Dies ist allerdings in vielen Fällen aufwändig. In den meisten Situationen wird die DGL einer analytischen Lösung gar nicht zugänglich sein. In weitaus mehr Fällen gelingt die Lösung der DGL durch numerische Integration. Hier bietet sich ein ganzes Bündel an Verfahren an, die sich durch die Details in der Durchführung unterscheiden. So wird z.B. unterschieden zwischen impliziten und expliziten Verfahren, Einschrittund Mehrschrittverfahren sowie Verfahren mit konstanter und variabler Schrittweite. Durch die Wahl des Verfahrens in Verbindung mit einer bestimmten Schrittweite bzw. Genauigkeit wird entschieden über den Aufwand und die Qualität der Rechnung. Das einfachste verfügbare Verfahren zur numerischen Integration ist das Verfahren nach Euler: x i1
x i x i 't
8.4 Numerische Integration
159
Das Verfahren nach Adams-Bashfort nutzt zur Steigerung der Integrationsgenauigkeit die Ableitungen zurückliegender Stützstellen: x i1
16 5 § 23 · x i ¨ x i x i1 x i2 ¸'t 12 12 © 12 ¹
Ebenfalls ein genaues Ergebnis bei hoher Verfahrensstabilität liefert das Verfahren nach Runge-Kutta, welches die Ableitung im folgenden Integrationsintervall mehrmals abschätzt: x i1
~ 1 x i §¨ x i 2 ~ x i1/2 2 ~ x i1/2 ~ x i1 ·¸'t 6© ¹
mit ~ x i1/2 ~ ~ x i1/2 ~ x i1
x i x i
't 2
xi ~ x i1/2
't 2
~ xi ~ x i1/2 't
Details zu den einzelnen Verfahren sollen hier nicht dargestellt werden. Nähere Informationen finden sich z.B. in [Wal75] und [Kah04]. In allen numerischen Integrationen in diesem Buch kommt das Runge-Kutta-Verfahren nach Dormand und Prince zum Einsatz. Bei diesem Verfahren kann die Schrittweite durch den Vergleich der Ergebnisqualität zweier parallel gerechnter Approximationen vierter bzw. fünfter Ordnung gesteuert werden. Dieses Verfahren wird weit verbreitet als erstes Verfahren zur effizienten Lösung numerischer Integrationsaufgaben mit ansprechender Qualität empfohlen. Die Koeffizienten des Verfahrens lauten:
160
8.5
8 Anhang: Mathematische Methoden
Komplexe Zahlen
Die imaginäre Einheit ist als Wurzel aus minus Eins definiert: 1
i
Mit dieser imaginären Einheit lässt sich die komplexe Zahl z definieren: a ib
z
Diese besteht aus einem Realteil a und einem Imaginärteil b. Die komplexe Zahl z = 4 + i3 ist beispielhaft in der Gauß´schen Zahlenebene dargestellt. In dieser Zahlenebene ist in einer Achse der Realteil, in der anderen Achse der Imaginärteil der komplexen Zahl abgetragen.
Im
4 a
3
4 b
2
r
1
M
1
3
5
1
2
0,6435
3
4
36,87q
Re
1 2 3
Bild 8-1: Gauß´sche Zahlenebene
Mit der Euler´schen Gleichung, die hier nicht bewiesen werden soll, e r iM
cos M r i sin M
gilt der Zusammenhang: z
a ib
re iM
mit
8.5 Komplexe Zahlen
161 z
a2 b2
5 und M
arctan
b a
0,6435rad
Somit gilt also: 4 3b
z
5e i 0,6435
Die komplexe Zahl kann also als Zeiger mit einem Betrag von Fünf betrachtet werden, der sich aktuell in einer bestimmten Winkellage befindet (M = 0,6435). Wird nun angenommen, dass der Zeiger nicht steht sondern im mathematisch positiven Sinne umläuft, so kann dies dadurch ausgedrückt werden, dass sich ein aktueller Winkel aus einer vorliegenden Winkelgeschwindigkeit Z multipliziert mit dem aktuellen Zeitpunkt t ergibt. Wird eine Winkelgeschwindigkeit von Z = 0,06435 s-1 angenommen, so sieht die Zeitfunktion für den Zeiger wie folgt aus: z
5e i 0,06435s
1
t
Zum Zeitpunkt t = 0 besteht der Zeiger lediglich aus einem Realteil der Größe Fünf. Nach zehn Sekunden ist der in der Grafik dargestellte Zustand mit einem Realteil von Vier und einem Imaginärteil von Drei erreicht. Es ist also offensichtlich, dass eine harmonisch veränderliche Größe zumindest auf zwei Weisen dargestellt werden kann. Entweder durch eine trigonometrische Funktion oder aber durch eine e-Funktion. Wie sich an vielen Stellen zeigt, ist die e-Funktion vielen mathematischen Operationen wesentlich einfacher zugänglich als die trigonometrischen Funktionen. Deshalb liegt es nahe, die e-Funktion zu verwenden. Eine wichtige Operation ist die Multiplikation mit der kunjugiert komplexen einer imaginären Zahl. Liegt die imaginäre Zahl z
a ib
vor, so lautet die hierzu konjugiert komplexe Zahl z* a ib
Das Produkt der beiden Zahlen beträgt dann z z*
a ib a ib
a2 b2
Es wird deutlich, dass die Multiplikation mit der konjugiert komplexen Zahl zu einem realen Ergebnis führt. Deshalb kommt diese Multiplikation oft zur Erweiterung von Brüchen zur Anwendung, deren Nenner von einer imaginären Zahl in eine reelle Zahl überführt werden soll.
162
9 Anhang: Quelldateien
9
Anhang: Quelldateien
9.1
Wurfbahn einer Punktmasse
function wurf () g=9.81; s0=10; v0=10; a=30; tmax=2.025; t=(0:0.001:tmax); sx=v0*cos(a*pi/180).*t; sy=-1/2*g*t.^2+v0*sin(a*pi/180).*t+s0; figure(1) h=plot (sx,sy,'k'); set (h, 'linewidth', 2); grid; title ('Wurfbahn einer Punktmasse'); xlabel('Horizontaler Weg in m'); ylabel('Vertikaler Weg in m'); print -f1 -r600 -djpeg wurf
9.2
Auslenkung eines Pendels
function pendel () g=9.81; l=0.5; s0=2*pi/180; tmax=4; t=(0:0.001:tmax); s=s0*sin((sqrt(g/l)).*t); figure(1); h1=plot (t, s, 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); grid; title ('Auslenkung eines Pendels'); xlabel('Zeit in s'); ylabel('Auslenkung in rad'); print -f1 -r600 -djpeg pendel;
9.3
Allgemeine periodische Funktion
function periodischefkt () t = [0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10]; x = [1 1 3 1 1 3 1 1 3 1 1]; figure (1); h1 = stem (t, x, 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); grid; title ('Allgemeine Schwingung'); xlabel ('Zeit in s'); ylabel ('Zustand');
9.4 Allgemeiner Schwingungsvorgang h2 = line ([2 5], [2.2 2.2]); set (h2, 'linewidth', 1, 'color', 'k'); h3 = text (3.5, 2.3, 'T'); print -f1 -r600 -djpeg periodischefkt;
9.4
Allgemeiner Schwingungsvorgang
function allgschwingung () o=2*pi*2; p=-.8; s0=5; tmax=1; t=(0:0.001:tmax); s=s0*sin(o.*t-p); v=s0*o*cos(o.*t-p); figure (1); h1 = plot (t, s, 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); grid; title ('Allgemeine Schwingung'); xlabel('Zeit in s'); ylabel('Zustand'); figure (2); h2 = plot (s, v, 'k'); set (h2, 'linewidth', 2); grid; title ('Lissajous-Figur der allgemeinen Schwingung'); xlabel('Zustand'); ylabel('Zustandänderungsgeschwindigkeit'); axis ([-5.5 5.5 -70 70]); print -f2 -r600 -djpeg lissajousallgschwingung; figure (3); h3 = plot (s, v, 'k'); set (h3, 'linewidth', 2); grid; title ('Lissajous-Figur eines mechanischen Schwingers'); xlabel('Auslenkung in m'); ylabel('Geschwindigkeit in m/s'); axis ([-5.5 5.5 -70 70]); print -f3 -r600 -djpeg lissajousmechschwinger;
9.5
EMS ohne Dämpfung, ohne Last
function schwingung_ohne_ohne () m=2; c=3000; x0=0.01; x0p=1; o=sqrt(c/m); C=sqrt(x0^2+(x0p/o)^2); alpha=atan(x0p/(x0*o)) t=(0:0.001:.5); s=x0*cos(o*t)+x0p/o*sin(o*t);
163
164
9 Anhang: Quelldateien
v=(-1)*x0*o*sin(o*t)+x0p*cos(o*t); a=(-1)*x0*o^2*cos(o*t)-x0p*o*sin(o*t); s2=C*cos(o*t-alpha); v2=(-1)*C*o*sin(o*t-alpha); a2=(-1)*C*o^2*cos(o*t-alpha); ep=0.5*c*s.^2; ek=0.5*m*v.^2; eg=ep+ek; figure(1); subplot (311); h1 = plot (t, s, 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); grid; title ('Einmassenschwinger ohne Dämpfung, ohne Last'); ylabel('Auslenkung in m'); subplot (312); h2 = plot (t, v, 'k'); set (h2, 'linewidth', 2); grid; ylabel('Geschwindigkeit in m/s'); subplot (313); h3 = plot (t, a, 'k'); set (h3, 'linewidth', 2); grid; xlabel('Zeit in s'); ylabel('Beschleunigung in m/s^2'); print -f1 -r600 -djpeg einmassenschwinger_odol1 figure(2); subplot (311); plot (t,s2); grid; title ('Einmassenschwinger ohne Dämpfung, ohne Last'); ylabel('Auslenkung in m'); subplot (312); plot (t,v2); grid; ylabel('Geschwindigkeit in m/s'); subplot (313); plot (t,a2); grid; xlabel('Zeit in s'); ylabel('Beschleunigung in m/s^2'); print -f2 -r600 -djpeg einmassenschwinger_odol2 figure(3); h1 = plot(t, ep, 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); hold; h2 = plot(t, ek, 'k'); set (h2, 'linewidth', 1); h3 = plot(t, eg, 'k'); set (h3, 'linewidth', 3); grid; title('Energieinhalt des ungedämpften Einmassenschwingers'); xlabel('Zeit in s'); ylabel('Energie in J'); legend('Potentielle Energie','Kinetische Energie','Gesamtenergie'); print -f3 -r600 -djpeg einmassenschwinger_odol3
9.6 Nichtlineares Pendel figure(4); h1 = plot(s,v,'k-',s(1),v(1),'ko'); set (h1, 'linewidth', 2); grid; text (s(1)*1.1,v(1)*1.1,'Anfangszustand'); title ('Lissajous-Figur des ungedämpften Einmassenschwingers ohne Last'); xlabel ('Auslenkung in m'); ylabel ('Geschwindigkeit in m/s'); print -f4 -r600 -djpeg einmassenschwinger_odol4
9.6
Nichtlineares Pendel
function plotpendel (a, b, c, d) figure (1); subplot(1,2,1); h1 = plot(a(:,1), a(:,4), 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); hold; h2 = plot(c(:,1), c(:,4), 'k'); set (h2, 'linewidth', 1); grid; xlabel('Zeit in s'); ylabel ('Auslenkung in rad'); title('Pendel bei Anfangsauslenkung \phi_0=0.1'); legend('linear', 'nichtlinear'); axis ([0 5 -.1 .1]); subplot(1,2,2); h1 = plot(b(:,1), b(:,4), 'k'); set (h1, 'linewidth', 2); hold; h2 = plot(d(:,1), d(:,4), 'k'); set (h2, 'linewidth', 1); grid; xlabel('Zeit in s'); ylabel ('Auslenkung in rad'); title('Pendel bei Anfangsauslenkung \phi_0=1.0'); legend('linear', 'nichtlinear'); axis ([0 5 -1 1]); print -f1 -r600 -djpeg pendel_nichtlinear
9.7
EMS mit Coulomb´scher Reibung, ohne Last
function schwingung_coulomb_ohne () m=2; c=3000; x0=0.01; R=4.5; r=R/c; o=sqrt(c/m); t=(0:0.001:3*pi/o); sizeoft=size(t); for i=1:sizeoft(1,2) if ((i-1)*1e-3)