Hans Albert Richard Manuela Sander
Technische Mechanik. Dynamik
Aus dem Programm Grundlagen Maschinenbau und Verfahre...
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Hans Albert Richard Manuela Sander
Technische Mechanik. Dynamik
Aus dem Programm Grundlagen Maschinenbau und Verfahrenstechnik Klausurentrainer Technische Mechanik von J. Berger Lehrsystem Technische Mechanik mit Lehrbuch, Aufgabensammlung, Lösungsbuch sowie Formeln und Tabellen von A. Böge und W. Schlemmer Vieweg Handbuch Maschinenbau herausgegeben von A. Böge Technische Strömungslehre von L. Böswirth Technische Mechanik mit Mathcad, Matlab und Maple von G. Henning, A. Jahr und U. Mrowka Thermodynamik für Ingenieure von K. Langeheinecke, P. Jany und G. Thieleke Technologie der Werkstoffe von J. Ruge und H. Wohlfahrt Technische Mechanik. Statik von H. A. Richard und M. Sander Technische Mechanik. Festigkeitslehre von H. A. Richard und M. Sander Werkstoffkunde von W. Weißbach Aufgabensammlung Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung von W. Weißbach und M. Dahms
vieweg
Hans Albert Richard Manuela Sander
Technische Mechanik. Dynamik Grundlagen – effektiv und anwendungsnah Mit 135 Abbildungen
Viewegs Fachbücher der Technik
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2008 Lektorat: Thomas Zipsner Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-528-03995-0
V
Vorwort Das vorliegende Lehr- und Übungsbuch „Technische Mechanik – Dynamik“ mit anwendungsnahen Beispielen, Prüfungsaufgaben und Lösungen stellt den dritten Teil eines dreibändigen Lehrbuches der Technischen Mechanik dar. Das didaktische Konzept der beiden ersten Bände „Technische Mechanik – Statik“ und „Technische Mechanik – Festigkeitslehre“ wird fortgesetzt. Unter dem Motto „Lasst Bilder und Skizzen sprechen“ werden auch hier in einem Anfangskapitel Fragestellungen und Probleme der Dynamik dargestellt und formuliert. Dies soll die Motivation, sich mit dem Inhalt des Buches auseinander zu setzen, erhöhen und es dem Leser von Anfang an ermöglichen, auch notwendige Details in einem Gesamtzusammenhang zu sehen. Erst nach diesem Anfangskapitel werden dann alle wesentlichen Grundlagen und ihre Anwendungen dargestellt. Diese Vorgehensweise hat sich in zahlreichen Lehrveranstaltungen, welche von den Autoren an der Universität Paderborn für Ingenieursstudenten der Fächer Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Elektrotechnik und Studierende angrenzender Gebiete, wie Technomathematik und Ingenieurinformatik, gehalten werden, bewährt. Sie führt zu einer hohen Aufmerksamkeit von Beginn an und einer aktiven Mitwirkung der Studierenden in Vorlesungen und Übungen. Im Wesentlichen beschäftigt sich dieses Buch mit Bewegungen und Schwingungen, wie sie bei Fahrzeugen, Maschinenteilen und in der Natur vorkommen. Betrachtet werden Bewegungen und ihre Ursachen, die Kinematik und die Kinetik von Massenpunkten, Massenpunktsystemen und starren Körpern. Dargestellt werden Bewegungsbahnen, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen bei geradliniger, ebener und räumlicher Bewegung. Weiterhin behandelt werden die Grundgesetze (Axiome) der Kinetik, die NEWTONschen Grundgleichungen in verschiedenen Koordinatensystemen sowie Impuls-, Drall-, Arbeits- und Energiesätze für den Massenpunkt und den starren Körper. Alle Themengebiete werden durch Anwendungs- und Praxisbeispiele verdeutlicht. Dem schließt sich eine Betrachtung von freien und erzwungenen, gedämpften und ungedämpften Schwingungen an. Das Buch wendet sich an Studierende der Ingenieurwissenschaften und angrenzender Gebiete an Universitäten und Fachhochschulen. Es ist aber auch als Ratgeber für in der Praxis tätige Ingenieure gedacht, welche die Gelegenheit nutzen wollen, die wichtigen Grundlagen der Mechanik im Hinblick auf ihre derzeitigen Tätigkeiten in der Forschung, Produktentwicklung, Konstruktion, Berechnung und Fertigung aufzufrischen. Die Technische Mechanik ist nicht allein durch das Lesen eines Buches erlernbar. Notwendig sind das selbständige Bearbeiten und Lösen von Fragestellungen. Dieses Buch soll daher auch als Arbeitsanleitung verstanden werden. Die zahlreichen Beispiele können und sollen vom Leser nachvollzogen werden. Durch *** gekennzeichnete Beispiele behandeln prüfungsrelevante Inhalte. Des Weiteren wird dem Lernenden anhand von formulierten Klausuraufgaben die Möglichkeit gegeben, völlig selbständig Fragestellungen und Probleme der Dynamik zu lösen und somit den eigenen Kenntnisstand zu überprüfen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude beim Erlernen und beim Anwenden der Technischen Mechanik. Herzlich gedankt sei an dieser Stelle Frau cand.-Ing. Melanie Stephan für das Zeichnen der Bilder und das Übertragen der Texte und Formeln in das Manuskript. Den derzeitigen und den
VI
Vorwort
ehemaligen Mitarbeitern der Fachgruppe Angewandte Mechanik der Universität Paderborn danken wir für die Anregungen zu einigen Beispielen und Prüfungsaufgaben. Weiterhin gilt unser Dank dem Vieweg Verlag für die gewährte Unterstützung und insbesondere Herrn Thomas Zipsner für das Lektorat und die wertvollen Hinweise. Paderborn, August 2007
Hans Albert Richard und Manuela Sander
VII
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................. VII 1
Fragestellungen der Dynamik .......................................................................................... 1
2
Bewegungen – ihre Ursachen und Folgen ....................................................................... 5 2.1 Vieles ist in Bewegung............................................................................................... 5 2.2 Ursachen für Bewegungen ......................................................................................... 6 2.3 Folgen von Bewegungen ............................................................................................ 7 2.4 Idealisierungen ........................................................................................................... 8 2.4.1 Massenpunkt.................................................................................................. 8 2.4.2 Starrer Körper................................................................................................ 8 2.4.3 Massenpunktsystem....................................................................................... 9 2.5 Einteilung der Bewegungen ..................................................................................... 10 2.6 Kinematik und Kinetik ............................................................................................. 11
3
Kinematik des Massenpunktes....................................................................................... 12 3.1 Bewegungsbahn, Geschwindigkeit, Beschleunigung............................................... 12 3.1.1 Bewegungsbahn........................................................................................... 12 3.1.2 Geschwindigkeit .......................................................................................... 14 3.1.3 Beschleunigung ........................................................................................... 15 3.2 Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten........................ 16 3.2.1 Bewegungsbahn........................................................................................... 16 3.2.2 Geschwindigkeit .......................................................................................... 16 3.2.3 Beschleunigung ........................................................................................... 18 3.3 Geradlinige Bewegung ............................................................................................. 20 3.3.1 Bestimmung von Geschwindigkeit und Beschleunigung aus gegebenem Weg .................................................................................... 20 3.3.2 Bestimmung von Geschwindigkeit und Weg aus gegebener Beschleunigung.................................................................... 22 3.4 Ebene Bewegung...................................................................................................... 35 3.4.1 Kartesische Koordinaten ............................................................................. 36 3.4.2 Polarkoordinaten ......................................................................................... 36 3.4.3 Natürliche Koordinaten ............................................................................... 44 3.5 Räumliche Bewegung............................................................................................... 49 3.5.1 Kartesische Koordinaten ............................................................................. 50 3.5.2 Zylinderkoordinaten .................................................................................... 50 3.6 Darstellung von Bewegungen .................................................................................. 52 3.6.1 x-t-, v-t- und a-t-Diagramme (Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungs-Zeit-Diagramme)............................................................. 52 3.6.2 Phasendiagramm.......................................................................................... 53 3.6.3 Bahnkurve ................................................................................................... 54 3.6.4 Hodografenkurve......................................................................................... 54
VIII
Inhaltsverzeichnis
4
Kinetik des Massenpunktes ............................................................................................ 55 4.1 Grundgesetze (Axiome) der Dynamik...................................................................... 55 4.1.1 Erstes NEWTONsches Gesetz: Trägheitsgesetz.......................................... 55 4.1.2 Zweites NEWTONsches Gesetz: Bewegungsgesetz ................................... 56 4.1.3 Drittes NEWTONsches Gesetz: Wechselwirkungsgesetz ........................... 57 4.2 NEWTONsche Grundgleichung in verschiedenen Koordinatensystemen ............... 57 4.2.1 NEWTONsche Grundgleichung in kartesischen Koordinaten .................... 58 4.2.2 NEWTONsche Grundgleichung in natürlichen Koordinaten...................... 58 4.2.3 Gewichtskraft............................................................................................... 59 4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen........................................... 60 4.3.1 Ermittlung der Kräfte, die bei einer vorgegebenen Bewegung wirken ....... 60 4.3.2 Ermittlung von Bewegungen, die durch Kräfte hervorgerufen werden....... 60 4.3.3 Wurfbewegung ohne Luftwiderstand .......................................................... 61 4.3.4 Freier Fall mit Luftwiderstand..................................................................... 66 4.3.5 Geführte Bewegung ohne Reibung.............................................................. 68 4.3.6 Geführte Bewegung mit Reibung ................................................................ 69 4.4 Impulssatz................................................................................................................. 72 4.5 Drall und Drallsatz.................................................................................................... 73 4.5.1 Moment einer Kraft ..................................................................................... 73 4.5.2 Drall, Drehimpuls, Impulsmoment .............................................................. 74 4.5.3 Drallsatz, Momentensatz ............................................................................. 74 4.5.4 Drallerhaltungssatz ...................................................................................... 75 4.5.5 Drallsatz bei ebener Bewegung ................................................................... 75 4.5.6 Ermittlung des Dralls mit den Komponenten des Impulses......................... 76 4.5.7 Drall und Drallsatz für die Drehbewegung.................................................. 76 4.5.8 NEWTONsche Grundgleichung für die Drehbewegung............................. 77 4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad ............................................................................... 79 4.6.1 Arbeit und Leistung bei geradliniger Bewegung......................................... 79 4.6.2 Arbeit und Leistung bei allgemeiner Bewegung ......................................... 80 4.6.3 Arbeit und Leistung bei geführter Bewegung ............................................. 81 4.6.4 Arbeit und Leistung bei der Drehbewegung................................................ 82 4.6.5 Wirkungsgrad .............................................................................................. 83 4.7 Arbeitssatz, kinetische Energie................................................................................. 84 4.8 Energiesatz ............................................................................................................... 86 4.8.1 Potentielle Energie oder Potential der Gewichtskraft.................................. 87 4.8.2 Potentielle Energie oder Potential einer Federkraft ..................................... 88
5
Bewegungen von Massenpunktsystemen....................................................................... 91 5.1 Systeme mit kinematischen Bindungen .................................................................... 91 5.1.1 Bewegungen mit einem Freiheitsgrad ......................................................... 92 5.1.2 Ebene Bewegungen ..................................................................................... 92 5.1.3 Räumliche Bewegungen .............................................................................. 93 5.2 Systeme mit physikalischen Bindungen ................................................................... 94 5.3 Äußere und innere Kräfte eines Massenpunktsystems ............................................. 94 5.4 Kinetik der einzelnen Massen................................................................................... 95 5.5 Kinetik des Gesamtsystems ...................................................................................... 97 5.5.1 NEWTONsche Grundgleichung für das Gesamtsystem (Schwerpunktsatz)98
Inhaltsverzeichnis
5.6 5.7 5.8
IX
5.5.2 Gesamtimpuls, Impulssatz und Impulserhaltungssatz ................................. 99 5.5.3 Gesamtdrall, Drallsatz und Drallerhaltungssatz ........................................ 100 5.5.4 Energiesatz für das Massenpunktsystem ................................................... 101 Gerader zentrischer Stoß zweier Massenpunkte..................................................... 101 5.6.1 Stoß ohne Energieverlust........................................................................... 102 5.6.2 Stoß mit Energieverlust ............................................................................. 104 Schiefer zentrischer Stoß zweier Massen ............................................................... 106 Stoß eines Massenpunktes an einer Wand.............................................................. 108
6
Kinematik des starren Körpers.................................................................................... 111 6.1 Freiheitsgrade eines starren Körpers ...................................................................... 111 6.2 Translation.............................................................................................................. 113 6.3 Rotation .................................................................................................................. 114 6.3.1 Rotation um feste Achse............................................................................ 116 6.3.2 Rotation um einen raumfesten Punkt......................................................... 118 6.4 Allgemeine Bewegung eines starren Körpers im Raum......................................... 121 6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers .............................................. 122 6.5.1 EULERsche Beziehung für die ebene Bewegung ..................................... 122 6.5.2 Beschreibung der Bewegung in kartesischen Koordinaten ....................... 123 6.5.3 Momentanpol der Geschwindigkeit........................................................... 124 6.5.4 Rastpolbahn und Gangpolbahn.................................................................. 127 6.5.5 Geschwindigkeitspol, Rastpolbahn und Gangpolbahn beim Abgleiten einer an eine Wand angelehnten Leiter ..................................................... 128
7
Kinetik des starren Körpers ......................................................................................... 133 7.1 Translation.............................................................................................................. 133 7.2 Rotation um feste Achse......................................................................................... 135 7.2.1 NEWTONsche Grundgleichung für die Drehbewegung........................... 135 7.2.2 Drall und Drallsatz .................................................................................... 137 7.2.3 Arbeit und Leistung................................................................................... 137 7.2.4 Kinetische Energie..................................................................................... 137 7.2.5 Gegenüberstellung von Translation und Rotation ..................................... 137 7.3 Massenträgheitsmomente ....................................................................................... 139 7.3.1 Definition der Massenträgheitsmomente ................................................... 140 7.3.2 Massenträgheitsmomente um parallel verschobene Achsen...................... 141 7.3.3 Berechnung der Massenträgheitsmomente einzelner starrer Körper ......... 143 7.3.4 Massenträgheitsmomente einiger Körper .................................................. 145 7.4 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers .............................................. 148 7.4.1 NEWTONsche Grundgleichungen für die allgemeine ebene Bewegung.. 149 7.4.2 Kinetische Energie bei allgemeiner ebener Bewegung ............................. 149 7.4.3 Arbeitssatz ................................................................................................. 150 7.4.4 Energiesatz ................................................................................................ 150
8
Schwingungen ................................................................................................................ 155 8.1 Mechanische Schwingungssysteme........................................................................ 155 8.1.1 Feder-Masse-Schwinger ............................................................................ 155 8.1.2 Drehschwinger........................................................................................... 155
X
Inhaltsverzeichnis
8.2
8.3
8.4 8.5
8.6
9
8.1.3 Schwerependel........................................................................................... 155 8.1.4 Gedämpfte Schwingungssysteme .............................................................. 156 8.1.5 Schwingungssysteme mit Weg- oder Kraftanregung ................................ 157 Schwingungsarten................................................................................................... 157 8.2.1 Periodische Schwingung............................................................................ 157 8.2.2 Harmonische Schwingung ......................................................................... 158 8.2.3 Ungedämpfte Schwingung ........................................................................ 159 8.2.4 Gedämpfte Schwingung ............................................................................ 159 8.2.5 Freie Schwingung (Eigenschwingung)...................................................... 159 8.2.6 Erzwungene Schwingung .......................................................................... 159 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen) ..................................... 160 8.3.1 Geradlinige Schwingung eines Feder-Masse-Systems ............................. 160 8.3.2 Federkonstanten elastischer Systeme......................................................... 168 8.3.3 Längsschwingungen eines Stab-Masse-Systems ....................................... 175 8.3.4 Geradlinige Schwingungen von Feder-Masse-Systemen mit mehreren Federn.................................................................................. 176 8.3.5 Biegeschwingungen von Balken-Masse-Systemen ................................... 177 8.3.6 Torsionsschwingungen eines Stab-Masse-Systems................................... 178 8.3.7 Drehschwingungen eines Feder-Masse-Systems....................................... 179 8.3.8 Schwerependel........................................................................................... 182 Freie gedämpfte Schwingungen ............................................................................. 185 8.4.1 Viskose Dämpfung .................................................................................... 185 8.4.2 Schwingungen von gedämpften Feder-Masse-Systemen .......................... 186 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen.............................................................. 192 8.5.1 Arten der Erregung .................................................................................... 193 8.5.2 Schwingungen eines Feder-Masse-Systems bei Wegerregung.................. 194 8.5.3 Schwingungen bei Krafterregung mit konstanter Amplitude .................... 198 8.5.4 Schwingungen bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude ..... 201 Erzwungene gedämpfte Schwingungen.................................................................. 203 8.6.1 Gedämpfte Schwingungen bei Wegerregung ............................................ 203 8.6.2 Gedämpfte Schwingungen bei Krafterregung mit konstanter Amplitude . 206 8.6.3 Gedämpfte Schwingungen bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude .................................................................................................. 206
Klausuraufgaben ........................................................................................................... 210 9.1 Aufgabenstellungen ................................................................................................ 210 9.2 Ergebnisse............................................................................................................... 213
Anhang ................................................................................................................................... 217 A1 Literatur .................................................................................................................. 217 A2 Symbolverzeichnis.................................................................................................. 217 Sachwortverzeichnis.............................................................................................................. 220
1
1 Fragestellungen der Dynamik Die Technische Mechanik beschäftigt sich mit der Lehre von den Kräften sowie den Bewegungen, Spannungen und Verformungen, welche diese bei Körpern, Bauteilen, Maschinen sowie anderen natürlichen oder technischen Strukturen hervorrufen. Die Dynamik ist ein wichtiges Teilgebiet der Technischen Mechanik. Sie behandelt die Lehre von den Bewegungen von Körpern, Fahrzeug- und Maschinenteilen und untersucht Schwingungsvorgänge in Natur und Technik. Die Dynamik mit den Teilgebieten Kinematik und Kinetik (siehe z. B. Kapitel 2.6) ist damit ein wichtiges Werkzeug für die Analyse von Bewegungsvorgängen aller Art. Sie baut dabei konsequent auf den Methoden der Statik auf. Auch die Idealisierung der Bauteile und Strukturen als starre Körper wird weiterhin verwendet. Die Grundlagen der Dynamik dienen dem Ingenieur im Wesentlichen dazu, x
sich einen Überblick über die bei Fahrzeugen, Maschinen und Maschinenkomponenten ablaufenden Bewegungsvorgänge zu verschaffen,
x
bei Bewegungen auftretende Geschwindigkeiten und Beschleunigungen zu analysieren,
x
Bewegungsbahnen von Massenpunkten und einzelnen Körperpunkten einer Maschine zu berechnen,
x
die bei Bewegungen auftretenden Kräfte und Momente zu bestimmen,
x
die verrichtete Arbeit, die Leistung bzw. die gespeicherte oder freigesetzte Energie zu ermitteln sowie
x
Schwingungsvorgänge im Alltag und in der Technik zu untersuchen.
Bevor die Grundlagen und Methoden der Dynamik beschrieben werden, sollen die Aufgaben des Ingenieurs im Folgenden anhand von Fragestellungen der Dynamik erläutert werden.
Bild 1-1 Sportwagen bremst vor einem Hindernis ab
Fragestellung 1-1 beschäftigt sich mit einem Auto, das mit hoher Geschwindigkeit v auf der Autobahn fährt, Bild 1-1. Als der Fahrer in einem bestimmten Abstand s ein Hindernis auf der Fahrbahn erblickt, bremst er das Fahrzeug ab. Es stellt sich die Frage, ob er bei der vorliegenden Bremsverzögerung av noch rechtzeitig vor dem Hindernis zum Stillstand kommt. Von Interesse sind auch die Geschwindigkeits-, Beschleunigungs- und Weg-Zeit-Verläufe bei konstanter und zeitlich verstärkter Bremsverzögerung.
2
1 Fragestellungen der Dynamik
Bild 1-2 Flugzeug beim Startvorgang
Ein Mittelstreckenflugzeug (Masse m = 25000 kg, max. Reisegeschwindigkeit v = 795 km/h) wird auf einer Strecke von s = 800 m auf eine Startgeschwindigkeit von vs = 272 km/h beschleunigt, Fragestellung 1-2, Bild 1-2. In diesem Zusammenhang ergeben sich z. B. folgende Fragen, die mit den Methoden der Dynamik gelöst werden können: a)
Wie groß ist die mittlere Beschleunigung beim Startvorgang?
b) Welche kinetische Energie besitzt das Flugzeug kurz vor dem Abheben? c)
Wie groß ist die maximale Umfangsgeschwindigkeit der Räder beim Startvorgang?
Bild 1-3 Basketballspieler beim Korbwurf
Beim Sport treten ebene und räumliche Bewegungen vielfältiger Art auf. So möchte ein Basketballspieler beim Freiwurf punkten, Fragestellung 1-3. Er wirft den Ball unter einem Winkel von D = 55° ab, Bild 1-3. Wie groß muss die Abwurfgeschwindigkeit v0 sein, damit der Ball direkt in den Korb trifft (Flugbahn 1)? Zu untersuchen ist außerdem der Stoßvorgang am Brett, wenn der Ball über die Flugbahn 2 in den Korb gelangt. Der Rotor einer Windkraftanlage, Fragestellung 1-4, mit einer maximalen Leistung von 1500 kW, einer Masthöhe von 65 m und einem Rotordurchmesser von 70 m dreht sich bei mittlerer Windstärke mit einer Drehzahl von 18 Umdrehungen pro Minute, Bild 1-4. Gesucht sind z. B.: a)
die Umfangsgeschwindigkeit vF an der Flügelspitze,
b) das Massenträgheitsmoment des Rotors, c)
die Fliehkräfte in den Flügeln und
d) die maximalen Spannungen infolge der Fliehkräfte im Rotorblatt.
1 Fragestellungen der Dynamik
3
Bild 1-4 Windkraftanlage
Ein Schienenfahrzeug, Fragestellung 1-5, bewegt sich bei Geradeausfahrt mit einer Geschwindigkeit v von 200 km/h. Bezüglich des Radsatzes, Bild 1-5, stellt sich bei einem Raddurchmesser von d = 900 mm die Frage, mit welcher Winkelgeschwindigkeit Z sich der Radsatz dreht. Von Interesse sind auch die Geschwindigkeiten in den Punkten 1 bis 4 des Rades sowie die kinetische Energie des Radsatzes.
Bild 1-5 Radsatz eines Schienenfahrzeugs
Eine Maschine, Fragestellung 1-6, ist, wie in Bild 1-6 dargestellt, auf Gummilagern, die sowohl Feder- als auch Dämpfungseigenschaften besitzen, aufgelagert. Die Maschine erfährt durch eine periodisch wirkende Kraft eine Schwingungsanregung. Gesucht sind die Schwingungsdifferentialgleichung und die Eigenfrequenz des Systems. Von Bedeutung ist zudem die maximale vertikale Schwingungsamplitude.
4
1 Fragestellungen der Dynamik
Bild 1-6 Lagerung einer Maschine
Ein ringförmiges Werkstück mit einem Durchmesser von 4 m wird auf einem RundtischBearbeitungszentrum spanend bearbeitet, Bild 1-7. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang, Fragestellung 1-7, die Größe der Massenträgheitsmomente von Tisch, Spanneinrichtungen und Werkstück sowie die Schnittgeschwindigkeiten am Außenrand des Werkstücks bei einer Drehzahl von 60 U/min des Tisches.
Bild 1-7 Rundtisch-Bearbeitungszentrum
Diese und viele andere Fragestellungen lassen sich mit den Methoden der Dynamik lösen. Die Vermittlung der Grundlagen der Dynamik wird stets begleitet durch zahlreiche anwendungsnahe, aber auch abstrakte Beispiele. Ausgewählte Klausuraufgaben sollen eine selbstständige Überprüfung des bereits gelernten Stoffes ermöglichen und Sicherheit beim Umgang mit ingenieurtechnischen Fragestellungen liefern.
5
2 Bewegungen – ihre Ursachen und Folgen Die Dynamik ist die Lehre von den Bewegungen und den Kräften, welche diese Bewegungen hervorrufen. Bevor nun die Bewegungen von Massenpunkten, Massenpunktsystemen und starren Körpern, als Modelle für Strukturen, Fahrzeuge und Maschinen, mit den Methoden der Kinematik und Kinetik genauer untersucht werden, sollen die Bewegungen, ihre Ursachen und ihre Folgen zunächst grundsätzlich dargestellt werden.
2.1
Vieles ist in Bewegung
Bewegungen kommen überall vor: in der Natur, in der Technik, im Verkehr und z. B. im Sport. In der Natur wiegt sich beispielsweise ein Getreidehalm im Wind. Ebenso ergeht es einem Fernsehturm, der durch Windböen zu nicht unbeträchtlichen Schwingungen angeregt wird. Eine größere Anzahl von rotatorischen und translatorischen Bewegungen kommt z. B. beim fahrenden Auto vor. Aber nicht nur Strukturen, Fahrzeuge und Maschinen sind in Bewegung. Auch Menschen und Tiere bewegen sich ständig. Der sportliche Mensch beispielsweise geht, läuft, springt, schwimmt, wirft einen Ball bzw. einen Speer oder fährt Fahrrad. Auch ein sitzender Mensch ist in Bewegung. Er bewegt z. B. seine Augen, seinen Kopf, seine Hände und Arme, usw. Sein Herz schlägt mit hoher Taktzahl.
Bild 2-1 Bewegungen in Natur und Technik a) Getreide- oder Grashalm wiegt sich im Wind b) Fernsehturm führt Schwingungen um die Ruhelage aus c) Sportler setzt zum Sprung an
6
2 Bewegungen – ihre Ursachen und Folgen
2.2 Ursachen für Bewegungen Ursachen für Bewegungen oder Bewegungsänderungen sind Kräfte und/oder Momente.
G Bild 2-2 Flugbahn einer Kugel (Masse m) beim Kugelstoßen (Abstoßgeschwindigkeit v0 , Abstoßwinkel D) a) Flugbahn der Kugel für den unrealistischen Fall, dass keine Kraft einwirkt b) Reale Flugbahn entsteht durch Einwirkung der Gewichtskraft G = m · g
Kräfte rufen Beschleunigungen oder Verzögerungen, d. h. Geschwindigkeitsänderungen hervor. Auch die Bewegungsrichtung wird durch Kräfte beeinflusst. Dies wird beispielsweise bei einer Flugbewegung von Sportgeräten, z. B. einer Kugel, deutlich. Eine Kugel, die von einem G Kugelstoßer mit einer Geschwindigkeit v0 unter einem Winkel D abgestoßen wird, würde ohne Einwirkung von Kräften einer geradlinigen Flugbahn folgen, Bild 2-2a. Dies ist natürlich unrealistisch. Tatsächlich folgt die Kugel unter der Einwirkung der Gewichtskraft einer parabelförmigen Bahn, Bild 2-2. Zudem beeinflussen z. B. Windkräfte und Luftwiderstandskräfte den Bahnverlauf.
Bild 2-3 Antriebswelle wird durch das Antriebsmoment MT in eine beschleunigte Drehbewegung versetzt
Momente führen bei beweglichen Körpern zu Drehbewegungen oder zu Änderungen von bisherigen Bewegungszuständen. So wird z. B. die Antriebswelle in Bild 2-3 durch das Torsionsmoment MT beschleunigt gedreht (Winkelbeschleunigung H Z ), d. h. die Winkelge-
2.3 Folgen von Bewegungen
7
schwindigkeit Z wird verändert. Auch der Drehwinkel M ändert durch die Einwirkung des Torsionsmoments seine bisherige Zeitabhängigkeit.
2.3 Folgen von Bewegungen Mit Fahrzeugen kann man sich mehr oder weniger schnell fortbewegen. Die Bewegungen der Räder führen aber auch zu Lärm, zu Verschleiß oder zu Materialermüdung, siehe z. B. das Eisenbahnrad in Bild 2-4. Während Lärm eine Umweltbelastung darstellt, führt Verschleiß dazu, dass Reprofilierungs- oder Instandhaltungsarbeiten anfallen. Zyklisch belastete Teile müssen dauerfest ausgelegt sein, um Schäden durch Dauerbruch zu vermeiden.
Bild 2-4 Folgen von Bewegungen am Beispiel eines Eisenbahnrades: Lärm, Verschleiß, Materialermüdung
Zeitlich veränderliche Belastungen oder Bewegungen führen zur Verminderung der Festigkeit der eingesetzten Materialien durch die so genannte Materialermüdung. Bei hohen Lastwechselzahlen (z. B. > 106) verringert sich die Festigkeit (Dauerfestigkeit) auf ca. 40 bis 45% der statischen Festigkeit, siehe Bild 2-5c.
Bild 2-5 Verminderung der Festigkeit von Materialien durch zyklische Belastung a) Statische Festigkeit bei statischer Belastung b) Zeitfestigkeit bei zeitlich begrenzter zyklischer Belastung c) Dauerfestigkeit bei permanenter zyklischer Belastung
Beim Menschen, der Sport treibt, führen wiederholte Bewegungen zu Fitness. Dies ist positiv. Dagegen können stark beschleunigte oder verzögerte Bewegungen beim Menschen Unwohlsein auslösen. Ein Beispiel hierfür ist das schnelle Kurvenfahren beim Auto.
8
2 Bewegungen – ihre Ursachen und Folgen
2.4 Idealisierungen Verschiedene Idealisierungen der Mechanik sind bereits aus der Statik bekannt (siehe z. B. [1]). Hier wurde unter anderem der Massenpunkt, die Einzelkraft und insbesondere der starre Körper definiert. Diese Idealisierungen gelten auch in der Dynamik. Hier unterscheidet man x
den Massenpunkt,
x
das Massenpunktsystem und
x
den starren Körper.
Diese Idealisierungen werden nun aus Sicht der Dynamik erläutert.
2.4.1 Massenpunkt Beim Massenpunkt oder materiellen Punkt handelt es sich um einen massebehafteten Körper kleiner Abmessungen. Die Körperabmessungen müssen dabei lediglich klein im Verhältnis zur Bewegungsbahn sein. D. h. eine Kugel kann beim Kugelstoßen als klein gegenüber der Flugbahn angesehen werden. Gleiches gilt für die globale Bewegung einer Rakete, die sich auf einer Bahn zum Mond befindet. Stoßen dagegen zwei Autos auf einer Kreuzung gegeneinander, kann nicht von dem Zusammenstoß zweier Massenpunkte ausgegangen werden. Ein Massenpunkt, der sich frei im Raum bewegen kann, hat drei Freiheitsgrade der Bewegung. Es handelt sich um drei Translationen. Der Massenpunkt kann sich somit z. B. mit einer Geschwindigkeit vx in x-Richtung, einer Geschwindigkeit vy in y-Richtung und einer Geschwindigkeit vz in z-Richtung bewegen, Bild 2-6a.
Bild 2-6 Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) eines Massenpunktes a) Drei Freiheitsgrade im Raum b) Zwei Freiheitsgrade in der Ebene
In einer Ebene besitzt der Massenpunkt zwei Freiheitsgrade, Bild 2-6b. Es sind somit eine Bewegung mit der Geschwindigkeit vx in x-Richtung und eine Bewegung mit einer Geschwindigkeit vy in y-Richtung, d. h. zwei Translationen, möglich.
2.4.2 Starrer Körper Bei einem starren Körper (Abkürzung: SK) handelt es sich um einen massebehafteten Körper, der sich nicht verformt (siehe auch Kapitel 2.3 in [1]). Aber absolut starre Körper gibt es nicht (siehe z. B. Kapitel 3.4 in [2]). Die Idealisierung starrer Körper lässt sich jedoch mit guter Näherung auch für wenig verformbare Körper anwenden, versagt aber bei Massen, die sich bei Bewegung stark verformen oder verändern. Z. B. verhält sich ein rohes Ei bei einer Bewegung
2.4 Idealisierungen
9
nicht wie ein starrer Körper, ein gekochtes Ei kann dagegen als starrer Körper angesehen werden. Ein starrer Körper, der sich frei im Raum bewegen kann, besitzt insgesamt sechs Freiheitsgrade der Bewegung: drei Translationen und drei Rotationen. Er kann sich in die x-, y- und zRichtung z. B. mit den Geschwindigkeiten vx, vy und vz translatorisch bewegen und er kann sich bei allgemeiner räumlicher Bewegung jeweils um die x-, y- und z-Achse mit den Winkelgeschwindigkeiten Zx, Zy und Zz drehen, Bild 2-7a. Bewegt sich ein starrer Körper in oder auf einer Ebene, so verbleiben ihm noch drei Freiheitsgrade, nämlich die Translationen in x- und y-Richtung und die Rotation um die z-Achse, Bild 2-7b.
Bild 2-7 Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) eines starren Körpers a) Sechs Freiheitsgrade im Raum: 3 Translationen, 3 Rotationen b) Drei Freiheitsgrade in der Ebene: 2 Translationen, 1 Rotation
2.4.3 Massenpunktsystem Unter einem Massenpunktsystem versteht man eine endliche Zahl von Massenpunkten, die miteinander in Verbindung stehen. Die Verbindungen können starr sein, in diesem Fall spricht man von kinematischen Bindungen, oder z. B. elastisch sein, hier liegt dann eine physikalische Bindung vor. Man unterscheidet somit x
kinematische Bindungen und
x
physikalische Bindungen.
Bild 2-8 Massenpunktsysteme a) Drei-Massen-System mit kinematischen Bindungen b) Zwei-Massen-System mit physikalischer Bindung
10
2 Bewegungen – ihre Ursachen und Folgen
Bei kinematischen Bindungen bestehen zwischen den Massenpunkten geometrische Beziehungen. Dies ist z. B. der Fall, wenn Massen durch starre Stangen miteinander verbunden sind, Bild 2-8a. Liegen physikalische Bindungen vor, so bestehen zwischen den Abständen und den Bindungskräften physikalische Zusammenhänge. Dies ist der Fall, wenn z. B. zwei Massen durch eine Feder verbunden sind, Bild 2-8b. Bei Massenpunktsystemen hängen die Freiheitsgrade der Bewegung von der Anzahl der Massen, der Art und der Anzahl der Bindungen sowie von der Bewegungsart (räumliche Bewegung, ebene Bewegung, einachsige oder geradlinige Bewegung) ab.
2.5 Einteilung der Bewegungen Bewegungen können u. a. eingeteilt werden in x
geradlinige Bewegungen,
x
ebene Bewegungen,
x
räumliche Bewegungen,
x
Translationen,
x
Rotationen,
x
gleichförmige Bewegungen,
x
beschleunigte Bewegungen,
x
einmalige Bewegungen,
x
wiederkehrende Bewegungen.
Bei der geradlinigen Bewegung handelt es sich um die einfachste Form der Bewegung, die aber große praktische Bedeutung hat. Die Bahnkoordinate oder x-Koordinate fällt mit der Bahn zusammen, Bild 2-9a. Geschwindigkeit und Beschleunigung sind Zeitableitungen der Koordinate x.
Bild 2-9 Einteilung der Bewegungen eines Massenpunktes a) geradlinige Bewegung b) ebene Bewegung c) räumliche Bewegung
Bewegungen in oder auf einer Ebene können z. B. mit kartesischen Koordinaten, Bild 2-9b, Polarkoordinaten oder natürlichen Koordinaten dargestellt werden. Bewegungen im Raum, Bild 2-9c, lassen sich z. B. in kartesischen Koordinaten und in Zylinderkoordinaten beschreiben.
2.6 Kinematik und Kinetik
11
Bei einer Translation, Bild 2-10a, verschieben sich alle Punkte eines Körpers um den gleichen Betrag. Somit sind auch die Geschwindigkeiten und die Beschleunigungen für alle Punkte gleich. Eine reine Rotation, Bild 2-10b, liegt vor, wenn sich alle Punkte eines starren Körpers um eine gemeinsame Achse drehen. Somit sind der Verdrehwinkel, die Winkelgeschwindigkeit und die Winkelbeschleunigung für alle Punkte des Körpers gleich, siehe auch Bild 2-3. Eine Überlagerung von Translation und Rotation ergibt sich z. B. bei einem rollenden Rad, siehe z. B. Bild 2-4.
Bild 2-10
Unterscheidung zwischen Translation und Rotation beim starren Körper a) Translation: Geschwindigkeit v ist für alle Punkte des SK gleich b) Rotation: Winkelgeschwindigkeit Z ist für alle Punkte des SK gleich
Gleichförmige Bewegungen liegen vor, wenn sich ein Massenpunkt oder ein starrer Körper mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Bei beschleunigten Bewegungen ist die Geschwindigkeit hingegen nicht konstant. Die Geschwindigkeitsänderungen führen zu Beschleunigungen oder Verzögerungen. Bewegungen können auch eingeteilt werden in einmalige Bewegungen oder wiederkehrende Bewegungen. Zu den einmaligen Bewegungen zählen z. B. Wurf- oder Sprungbewegungen, siehe z. B. Bild 2-1c und Bild 2-2. Schwingungen stellen dagegen wiederkehrende Bewegungen dar, siehe z. B. Bild 2-1a und Bild 2-1b.
2.6 Kinematik und Kinetik Die Betrachtung der Bewegungen von Massenpunkten, starren Körpern und Massenpunktsystemen erfolgt in den Teilgebieten Kinematik und Kinetik. Die Kinematik als reine Bewegungslehre betrachtet insbesondere die Geometrie der Bewegung, d. h. die Bewegungsbahn, sowie die Geschwindigkeiten und die Beschleunigungen, die beim Bewegungsvorgang auftreten. Grundgrößen der Kinematik sind Weg (Länge) und Zeit. Die Kinetik beschreibt die Beziehungen zwischen den Bewegungen bzw. den Bewegungsänderungen und den sie beeinflussenden Kräften. Wichtige Größen der Kinetik sind dementsprechend Weg (Länge), Zeit, Masse und Kraft. In den nachfolgenden Kapiteln werden jeweils die Grundlagen der Kinematik und der Kinetik anhand von Massenpunkten, Massenpunktsystemen und starren Körpern beschrieben.
12
3 Kinematik des Massenpunktes In Natur und Technik können Bewegungsvorgänge in vielen Fällen als Bewegungen eines Punktes oder eines Massenpunktes idealisiert werden. Die Kinematik beschäftigt sich mit der Ortsänderung eines Punktes in einem bestimmten Zeitraum und damit auch mit der Geschwindigkeit und der Beschleunigung des Punktes. Betrachtet wird also die Bewegungsbahn, die zunächst einmal geometrisch zu beschreiben ist. Gleichzeitig ist die Abhängigkeit der Geschwindigkeit oder der Beschleunigung von der Zeit oder dem Weg von Interesse. Nach den Ursachen der Bewegung wird zunächst nicht gefragt. Dies geschieht in Kapitel 4: Kinetik des Massenpunktes.
3.1 Bewegungsbahn, Geschwindigkeit, Beschleunigung Die Bewegung eines Massenpunktes lässt sich durch den Ortsvektor, die Geschwindigkeit und die Beschleunigung in Abhängigkeit von der Zeit beschreiben. Neben Geschwindigkeit und Beschleunigung ist dabei insbesondere auch die Bewegungsbahn von großer Bedeutung. Die Bewegungsbahn kann sich u. U. beliebig im Raum entwickeln (freie Bewegung), z. B. beim Flug eines Düsenflugzeugs, ist in vielen Fällen aber bereits vorgegeben, z. B. bei Schienenfahrzeugen, den Kolben im Motor, usw. Bei den zuletzt genannten Fällen spricht man von geführter Bewegung.
3.1.1 Bewegungsbahn Die Bewegungsbahn kann als Folge der Aufenthaltsorte eines Massenpunktes zu verschiedenen Zeiten aufgefasst werden, Bild 3-1.
Bild 3-1 Bewegungsbahn als Abfolge der Aufenthaltsorte eines Punktes P zu verschiedenen Zeiten G G G ex , ey und ez : Einheits- oder Basisvektoren G G G G r (t ) , r0 , r1 , r2 : Ortsvektoren der Bahnkurve zu verschiedenen Zeitpunkten
G Die Bahn wird durch den Ortsvektor r , der sich mit der Zeit t ändert, beschrieben, wobei G G r r (t ) (3.1)
3.1 Bewegungsbahn, Geschwindigkeit, Beschleunigung die Bahngleichung darstellt. In kartesischen Koordinaten lautet die Bahngleichung G G G G r ex x(t ) ey y (t ) ez z (t )
13
(3.2)
G G G mit den Einheitsvektoren e x , e y und e z und den zeitveränderlichen Koordinaten (Komponenten) des Ortsvektors x(t), y(t) und z(t), Bild 3-1.
Beispiel 3-1
y x
z
Ein Flugzeug bewegt sich unmittelbar nach dem Start mit den Koordinaten x = A · t + B · t2, y = C · t und z = D · t. Man bestimme die Position des Flugzeugs eine Minute, sechs Minuten und zwölf Minuten nach dem Start. geg.: A = 270 km/h, B = 600 km/h2, C = 18 km/h, D = 120 km/h Lösung: Die Bewegungsbahn lässt sich durch den Ortsvektor G G G G r ex x(t ) ey y (t ) ez z (t ) G G G ex ( A t B t 2 ) ey C t ez D t
beschreiben. Für die Koordinaten des Flugzeugs gilt allgemein: x
At B t2
270 km/h t 600 km/h 2 t 2
y
C t 18 km/h t
z
D t 120 km/h t
Nach einer Minute Flugzeit besitzt das Flugzeug die Koordinaten x
4,66 km ,
y
0,3 km , z
2 km .
Position des Flugzeugs nach 6 Minuten: x
33 km ,
y 1,8 km , z 12 km .
Position des Flugzeugs nach 12 Minuten: x
78 km ,
y
3,6 km , z
24 km .
14
3 Kinematik des Massenpunktes
3.1.2 Geschwindigkeit Ein Massenpunkt, der sich auf einer Bahn bewegt, befindet sich zum Zeitpunkt t im Bahnpunkt P1 und zum Zeitpunkt t + 't im Bahnpunkt P2. Beide Bahnpunkte werden durch die OrtsvektoG G G G ren r (t ) und r (t 't ) r (t ) 'r beschrieben. Bei der Bewegung legt der Massenpunkt soG mit in einem Zeitintervall 't den Weg 'r zurück, Bild 3-2a. Die mittlere Geschwindigkeit G G vm zwischen den Punkten P1 und P2 ergibt sich dann aus dem Weg 'r dividiert durch die Zeit 't mit G G 'r (3.3). vm 't Die mittlere Geschwindigkeit zeigt in die Richtung der Sehne der Kurve, d. h. in die Richtung G von 'r , Bild 3-2b.
G
Bild 3-2 Zur Definition der Geschwindigkeit: Die momentane Geschwindigkeit v im Punkt P1 ergibt sich durch Zeitableitung des Ortsvektors r(t) G a) Bahnkurve mit den Bahnpunkten P1 und P2 zum Zeitpunkt t und t + 't mit dem Weg 'r G G b) Mittlere Geschwindigkeit vm in Richtung der Sehne der Kurve (Richtung von 'r ) G c) Die momentane Geschwindigkeit v ist stets tangential zur Bahn gerichtet
Für ein extrem kurzes Zeitintervall erhält man die momentane Geschwindigkeit des Massenpunktes (z. B. in Punkt P1) durch den Grenzübergang 't o 0. Danach ist die momentane Geschwindigkeit wie folgt definiert: G G G 'r dr G v lim r (3.4). dt 't o 0 't G G G Die Geschwindigkeit v ergibt sich somit durch zeitliche Ableitung des Ortsvektors: v r 1. Die Geschwindigkeit eines Massenpunktes ist stets tangential zur Bahn gerichtet, Bild 3-2c. G D. h. für 't o 0 zeigt 'r in Richtung der Tangente.
Die Geschwindigkeit besitzt die Dimension Länge/Zeit [l / t] und die Einheit m/s oder km/h.
1
G G Die Zeitableitung dr / dt wird i. Allg. als r abgekürzt.
3.1 Bewegungsbahn, Geschwindigkeit, Beschleunigung
15
Bei der Bewegung eines Punktes lassen sich zwei Sonderfälle unterscheiden: G x die Richtung der Geschwindigkeit v ist konstant oder G x der Betrag der Geschwindigkeit v ist konstant. Im ersten Fall handelt es sich um eine Bewegung auf geradliniger Bahn. Im zweiten Fall liegt eine gleichförmige Bewegung vor. Demgegenüber ändert bei allgemeinen Bewegungssituationen die Geschwindigkeit im Laufe der Zeit Betrag und Richtung. Es tritt also eine Beschleunigung auf.
3.1.3 Beschleunigung Die Beschleunigung ist ein Maß für die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit. Die GeG schwindigkeit v (t ) , Bild 3-3a, ändert im Verlauf der Bewegung ihre Richtung und ihren BeG trag. Nach einem Zeitintervall 't ergibt sich die Geschwindigkeit v (t 't ) . Die mittlere BeG G schleunigung am errechnet sich aus der Geschwindigkeitsänderung 'v und dem Zeitintervall 't mit G am
G 'v 't
(3.5).
G G am zeigt somit in die Richtung von 'v .
Bild 3-3 Zur Definition der Beschleunigung G G a) Geschwindigkeit v (t ) ändert Richtung und Betrag im Verlauf der Bewegung: v (t ) wird zu G v (t 't ) im Zeitintervall 't G b) Darstellung der Geschwindigkeitsänderung 'v
G Die momentane Beschleunigung a einer Bewegung erhält man durch den Grenzübergang 't o 0: G G G 'v dv G a lim v (3.6) dt 't o 0 't G als erste Zeitableitung der Geschwindigkeit v oder, in Verbindung mit Gleichung (3.4), als G zweite zeitliche Ableitung des Ortsvektors r : G G d 2 r G a r (3.7)2. dt 2
2
G G G G Die Zeitableitung dv / dt wird i. Allg. als v abgekürzt; für d 2 r / dt 2 gilt r .
16
3 Kinematik des Massenpunktes
G Der Beschleunigungsvektor a kann je nach Bewegung beliebige Richtungen annehmen. Er ist bei allgemeiner Bewegung nicht tangential zur Bahn gerichtet, Bild 3-4. Die Beschleunigung besitzt die Dimension Länge/Zeit2 [l / t2] und die Einheit m/s2.
G G Bild 3-4 Geschwindigkeitsvektor v und Beschleunigungsvektor a bei allgemeiner Bewegung eines Massenpunktes
3.2 Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten G Bewegungsbahn, Geschwindigkeit und Beschleunigung lassen sich durch den Ortsvektor r G G G G und seine Zeitableitungen r v und r a allgemein beschreiben. Für die praktische BehandG G G lung von Bewegungsvorgängen ist die Darstellung von r , v und a z. B. in kartesischen Koordinaten sinnvoll.
3.2.1 Bewegungsbahn
G G Die Bewegungsbahn wird durch den Ortsvektor r r (t ) beschrieben (siehe Kapitel 3.1.1). G Der Ortsvektor r , Gleichung (3.2), hat dann im Raum die Komponenten x(t), y(t) und z(t), G G G Bild 3-5a. Die Basisvektoren ex , e y und ez , Bild 3-5a, sind dabei zeitunabhängig.
3.2.2 Geschwindigkeit
G G Die Geschwindigkeit v ergibt sich durch Zeitableitung des Ortsvektors r . In kartesischen Koordinaten gilt bei räumlichen Bewegungsvorgängen somit G G G G G v r ex x (t ) ey y (t ) ez z (t ) (3.8)
mit den Geschwindigkeitskomponenten vx
x
(3.9),
vy
y
(3.10),
vz
z
(3.11).
3.2 Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten
17
Der Betrag der Geschwindigkeit errechnet sich als Diagonale des aufgespannten Quaders, Bild 3-5b, mit v
Mit x
G v
v x 2 v y 2 vz 2
dx / dt , y v
dy / dt und z
1 dx 2 dy 2 dz 2 dt
x 2 y 2 z 2
(3.12).
dz / dt gilt auch ds dt
s
(3.13).
Mit s als Bahnkoordinate, Bild 3-5a, stellt der Wurzelausdruck in Gleichung (3.13) ein Linienelement ds der Bahnkurve und ds / dt s die Bahngeschwindigkeit dar.
Bild 3-5 Darstellung der Bewegungsbahn, der Geschwindigkeit und der Beschleunigung in kartesischen Koordinaten G a) Bewegungsbahn mit dem Ortsvektor r (t ) und den Koordinaten x(t), y(t) und z(t), BasisG G G vektoren e x , e y , ez G b) Geschwindigkeitsvektor v (t ) mit den Geschwindigkeitskomponenten v x x (t ) , v y y (t ) und v z z (t ) G c) Beschleunigungsvektor a (t ) mit den Beschleunigungskomponenten a x v x (t ) x(t ) , a y v y (t ) y(t ) und a z vz (t ) z(t )
18
3 Kinematik des Massenpunktes
3.2.3 Beschleunigung
G Die Beschleunigung a resultiert bekanntlich aus der zeitlichen Änderung der GeschwindigG G keit. a erhält man durch die Ableitung der Geschwindigkeit v (t ) bzw. durch die zweite AbG leitung des Ortsvektors r nach der Zeit. Somit gilt: G G G G G a v ex vx ey v y ez vz (3.14)
oder G a
rG eG x eG y eG z x y z
(3.15)
mit den Beschleunigungskomponenten ax
vx
x
(3.16),
ay
v y
y
(3.17),
az
vz
z
(3.18).
Der Betrag der Beschleunigung errechnet sich als Diagonale des aufgespannten Quaders, Bild 3-5c, mit a
G a
a x 2 a y 2 az 2
x2 y2 z2
(3.19).
Bei allgemeiner Bewegung kann der Beschleunigungsvektor beliebig im Raum liegen. Der Betrag der Beschleunigung entspricht daher i. Allg. nicht der zweiten Ableitung der Bahnkoordinate s, d. h. a z s .
Die Ermittlung von Geschwindigkeit und Beschleunigung für eine vorgegebene Bahn stellt eine wichtige Grundaufgabe der Kinematik dar. Die Vorgehensweise wird mit dem nachfolgenden Beispiel verdeutlicht.
Beispiel 3-2
*** Der Flug eines als Massenpunkt idealisierten Skispringers kann durch die Gleichungen x = b·t, y = -0,5g·t2 und z = 0 beschrieben werden. Bestimmen Sie Flugbahn
a) die Flugbahn sowie b) die Geschwindigkeit und c) die Beschleunigung während des Fluges.
3.2 Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten
19
geg.: b = 34 m/s, g = 9,81 m/s2 Lösung: a) Flugbahn G r
G G 1 ex b t e y ( g t 2 ) 2
G G G e x x e y y ez z
mit x
(1)
b t
und
1 g t2 2
y
Mit t = x / b aus (1) erhält man auch
y
(2). 1 § x· g ¨ ¸ 2 ©b¹
2
(3). t [s]
x [m]
y [m]
z [m]
0
0
0
0
-20
1
34
-4,91
0
-40
2
68
-19,62
0
3
102
-44,15
0
4
136
-78,48
0
y
40
20
60
80
100
120 x
-60 -80
b) Geschwindigkeit während des Fluges v x x b 34 m/s G G G v ex b e y ( g t )
vy
y
Flugbahn
g t
Į
Betrag: v
2
vx v y
Richtung:
2
2
2
2
x y
tan D
vy
b ( g t )
vx
D
§ g t · arctan¨ ¸ © b ¹
c) Beschleunigung während des Fluges a x x 0 G G a e y ( g )
Betrag:
ay
a
y
2
g
ax ay
2
9,81 m/s 2
0 ( g )
2
v
a
2
g
t [s] vx [m/s] vy [m/s]
Į
0
34
0
0
1
34
-9,81
16,1°
2
34
-19,62
30,0°
3
34
-29,43
40,9°
4
34
-39,24
49,1°
20
3 Kinematik des Massenpunktes
3.3 Geradlinige Bewegung In den Kapiteln 3.1 und 3.2 wird die allgemeine Bewegung eines Massenpunktes im Raum beschrieben. Wegen der großen praktischen Bedeutung stellt die geradlinige Bewegung einen wichtigen Sonderfall der allgemeinen Bewegung dar. Beispiele für geradlinige Bewegungen sind x
die Fahrt mit einem PKW auf gerader Straße,
x
der freie Fall einer Masse,
x
die Kolbenbewegung im Motor, usw.
Die Beschreibung der Bewegung erfolgt z. B. in kartesischen Koordinaten, wobei im Idealfall die verwendete Koordinate mit der geraden Bahn zusammenfällt. Je nach Bewegungsrichtung kann die x-, y- oder die z-Koordinate als Bahnkoordinate benutzt werden. Im Folgenden wird stets die x-Koordinate verwendet. Dementsprechend hat der Ortsvektor nur eine x-Komponente. Sowohl der Geschwindigkeitsvektor als auch der Beschleunigungsvektor zeigen dann in xG G Richtung. Somit kann man auch auf den Vektorcharakter von v und a verzichten und lediglich Komponentengleichungen verwenden. Die Geschwindigkeit v einer geradlinigen Bewegung errechnet sich dann durch zeitliche Ableitung der Wegkoordinate x mit v
x
(3.20).
Die Beschleunigung a erhält man durch die erste Ableitung der Geschwindigkeit oder die zweite Ableitung der Wegkoordinate: a
v
x
(3.21).
Für den Fall, dass sich v und a negativ ergeben, zeigen die Geschwindigkeit und die Beschleunigung in negative x-Richtung. Eine negative Beschleunigung nennt man Verzögerung.
Bild 3-6 Bewegung eines Massenpunktes P auf gerader Bahn: die Bahnkoordinate x, die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a zeigen in Richtung der Bewegungsbahn
Zu den Grundaufgaben der Kinematik gehört die Bestimmung kinematischer Größen aus anderen gegebenen kinematischen Größen. So kann z. B. der Weg in Abhängigkeit der Zeit bekannt sein. In diesem Fall sind Geschwindigkeit und Beschleunigung gesucht. Ist dagegen die Beschleunigung vorgegeben, sind z. B. die Geschwindigkeit und der Weg unter bestimmten Bedingungen zu bestimmen. Beide Varianten sollen nun eingehender untersucht werden.
3.3.1 Bestimmung von Geschwindigkeit und Beschleunigung aus gegebenem Weg Ist der Weg x(t) in Abhängigkeit von der Zeit bekannt, so kann die Geschwindigkeit nach Gleichung (3.20) durch die erste Ableitung des Weges nach der Zeit gewonnen werden:
3.3 Geradlinige Bewegung v
x
21
dx dt
(3.22).
Die Beschleunigung erhält man nach Gleichung (3.21) durch die erste Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit: a
v
dv dt
(3.23)
oder durch die zweite Ableitung des Weges nach der Zeit: a
x
d 2x
(3.24).
dt 2
Beispiel 3-3 Die geradlinige Bewegung eines Massenpunktes ist durch die Funktion x = A · t3 gegeben. Man bestimme a) den Weg in Abhängigkeit von der Zeit, b) die Geschwindigkeit, c) die Beschleunigung und d) die Weg-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- sowie Beschleunigungs-Zeit-Diagramme der Bewegung. geg.: A = 0,5 m/s3 Lösung: a) Weg x
A t3
0,5 m/s3 t 3
b) Geschwindigkeit der Bewegung v
x
3A t 2
1,5 m/s 3 t 2
c) Beschleunigung a
x 6 A t
3 m/s 3 t
d) Weg-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und Beschleunigungs-Zeit-Diagramme t [s] 0 1 2 3 4
x [m] 0 0,5 4 13,5 32
v [m/s] 0 1,5 6 13,5 24
a [m/s2] 0 3 6 9 12
22
3 Kinematik des Massenpunktes x [m]
v [m/s]
a [m/s 2 ]
32
32
32
28
28
28
24
24
24
20
20
20
16
16
16
12
12
12
8
8
8
4
4
4
1
2
3
4
5
t [s]
1
2
3
4
5
t [s]
1
2
3
4
5
t [s]
3.3.2 Bestimmung von Geschwindigkeit und Weg aus gegebener Beschleunigung Entsprechend der vorgegebenen Beschleunigung ergeben sich fünf Grundaufgaben. Die Beschleunigung kann x
null sein: a = 0 gleichförmige Bewegung
x
konstant sein: a = konst. gleichförmig beschleunigte Bewegung
x
sich mit der Zeit verändern: a = a(t)
x
sich in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit verändern: a = a(v) oder
x
sich in Abhängigkeit vom Weg verändern: a = a(x).
In allen Fällen erhält man die Geschwindigkeit und den Weg durch Integration unter Berücksichtigung von Anfangsbedingungen. Als Anfangsbedingungen zum Zeitpunkt t = t0 können z. B. die Anfangsgeschwindigkeit v0 und der Anfangswert des Weges x0 gewählt werden. Diese Anfangsbedingungen lassen sich auch wie folgt schreiben: v(t = t0) = v0
(3.25),
x(t = t0) = x0
(3.26).
Der Index 0 kennzeichnet dabei die Anfangswerte. Für einen beliebigen Zeitpunkt werden die Bezeichnungen v für die Geschwindigkeit und x für den Weg verwendet. Die Integration der jeweils vorliegenden Differentialgleichungen kann als unbestimmte Integration oder als bestimmte Integration erfolgen: x
Bei der unbestimmten Integration erhält man die Integrationskonstante durch Einsetzen der Anfangswerte.
x
Bei der bestimmten Integration entsprechen die unteren Grenzen den Anfangswerten, siehe z. B. Kapitel 3.3.2.1. Die oberen Grenzen entsprechen dann den Variablen zu einem beliebigen Zeitpunkt.
Um eine Verwechslung mit den oberen Grenzen zu vermeiden, werden die Integrationsvariablen unter dem Integral entsprechend gekennzeichnet oder umbenannt. Z. B. steht dann für t die Integrationsvariable t , usw.
3.3 Geradlinige Bewegung
3.3.2.1
23
a = 0: Gleichförmige Bewegung
Die Bewegung findet auf gerader Bahn ohne Beschleunigung statt. Die Ermittlung der Geschwindigkeit erfolgt mit Gleichung (3.23), wobei a = 0 zu setzen ist: a
dv dt
v
0
(3.27).
Durch Umformung erhält man (3.28)
0
dv
und die Integration von Gleichung (3.28) liefert mit der Anfangsbedingung v(t = t0) = v0 die Geschwindigkeit v
v0
konst.
(3.29).
Die Geschwindigkeit v bleibt über den gesamten Bewegungsvorgang konstant, siehe auch Bild 3-7b. Man spricht in diesem Fall von einer gleichförmigen Bewegung. Für die Ermittlung des Weges geht man von Gleichung (3.22) aus, wobei für v nun v0 eingesetzt werden kann: v
x
dx dt
v0
(3.30).
Durch Umformung (Trennung der Veränderlichen3) ergibt sich dx
v0 dt
(3.31).
Den Weg x erhält man nun durch Integration dieser Differentialgleichung. Als Anfangsbedingung wird dabei x(t = t0) = x0 (siehe auch Gleichung (3.26)) gewählt. Die Integration kann dabei als unbestimmte oder als bestimmte Integration ausgeführt werden. Bei der unbestimmten Integration ergibt sich aus Gleichung (3.31)
³ dx ³ v0 dt und somit x
v0 t C x
(3.32).
Durch Einsetzen der Anfangswerte t = t0 und x = x0 erhält man x0
v0 t0 C x
und daraus die Integrationskonstante Cx
x0 v0 t0 .
Setzt man Cx in Gleichung (3.32) ein, so folgt für den Weg x die allgemeine Formel x
3
x0 v0 t t0
Siehe z. B. „Trennung der Variablen“ in [3].
(3.33),
24
3 Kinematik des Massenpunktes
siehe auch Bild 3-7c. Für den Fall, dass zum Zeitpunkt t0 = 0 der Weg x0 = 0 ist, vereinfacht sich diese Gleichung und es gilt: x
v0 t
(3.34).
Da bei gleichförmiger Bewegung v = v0 und damit konstant ist, kann man auch die Beziehung x
v t
(3.35)
verwenden. Bei der bestimmten Integration von Gleichung (3.31) werden die Anfangswerte t = t0 und x = x0 als untere Grenzen eingesetzt. Als obere Grenzen gelten dann t und x. Um eine Verwechslung mit den oberen Grenzen zu vermeiden, werden die Integrationsvariablen in t und x umbenannt. Somit gilt: x
³
t
dx
x0
³ v0 d t
(3.36).
t0
Durch Integration und Einsetzen der oberen und unteren Grenzen erhält man x x0
v0 t t0
(3.37).
Die Umstellung nach x ergibt wiederum die allgemeine Beziehung nach Gleichung (3.33). Zur Verdeutlichung der Bewegung kann man die Situation in Beschleunigungs-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und Weg-Zeit-Diagrammen darstellen. Für die hier betrachtete gleichförmige Bewegung sind die in Bild 3-7 gezeigten a-t-, v-t- und x-t-Diagramme. Es wird deutlich, dass bei gleichförmiger Bewegung die Beschleunigung null, Bild 3-7a, und die Geschwindigkeit konstant ist, Bild 3-7b, und der Weg sich linear mit der Zeit verändert, Bild 3-7c.
Bild 3-7 Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Weg-Zeit-Diagramme bei gleichförmiger Bewegung a) Beschleunigung: a = a0 = 0 b) Geschwindigkeit: v = v0 = konst. c) Weg: x = x0 + v0 · (t – t0)
3.3 Geradlinige Bewegung
25
Beispiel 3-4
***
LKW B
LKW A
l
b
LKW A
l
l
LKW B
c
l
x
Auf der Autobahn findet ein so genanntes Elefantenrennen statt, d. h. ein LKW A mit der Geschwindigkeit vA wird von einem anderen LKW B mit der Geschwindigkeit vB überholt. Der Überholvorgang beginnt im Abstand b der beiden LKW. a) Wie lange dauert der Überholvorgang, wenn LKW B mit einem Abstand c vor dem LKW A wieder einschert? b) Welche Strecke legt dabei LKW B zurück? c) Stellen Sie den Überholvorgang in einem Weg-Zeit-Diagramm dar. geg.: vA = 80 km/h, vB = 85 km/h, b = 20 m, c = 30 m, l = 10 m Lösung: a) Dauer des Überholvorgangs Die Weg-Zeit-Funktion der LKWs kann mit Gleichung (3.33) beschrieben werden. Für LKW A ist zum Zeitpunkt t0 = 0 x0 = l + b und v0 = vA und somit: xA
l b vA t
Für LKW B gilt t0 = 0, x0 = 0 und v0 = vB: xB
vB t
Am Ende des Überholvorgangs beträgt die Differenz von xA und xB genau c + l. Somit gilt: xB x A
vB t (l b vA t )
( v B vA ) t
t
b c 2l vB vA
b) Strecke des LKW B xB
vB t 1190 m
b c 2l 50,4 s
cl
26
3 Kinematik des Massenpunktes
c) Weg-Zeit-Diagramm
x [m] LKW B
c+l LKW A
l+b
t [s]
3.3.2.2
a = a0 = konst.: Gleichförmig beschleunigte Bewegung
Betrachtet wird nun eine Bewegung auf einer geraden Bahn, die mit konstanter Beschleunigung a = a0 erfolgt. Auch für diese gleichförmig beschleunigte Bewegung gilt es, die Geschwindigkeit v = v(t) und den Weg x = x(t) zu bestimmen. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Geschwindigkeit ist erneut Gleichung (3.23). Mit a = a0 gilt: a
dv dt
v
a0
(3.38).
Nach Trennung der Veränderlichen ergibt sich dv
(3.39).
a0 dt
Diese Differentialgleichung gilt es unter Berücksichtigung der vorliegenden Anfangsbedingungen zu integrieren. Mit den Anfangsbedingungen nach den Gleichungen (3.25) und (3.26) folgt bei bestimmter Integration v
³
t
dv
v0 v
vv
³ a0 dt
(3.40),
t0
t
a0 t t
0
0
sowie v v0
a0 t t0
und daraus v
v0 a0 t t0
(3.41).
Für den Sonderfall t0 = 0 gilt v
v0 a 0 t
(3.42)
3.3 Geradlinige Bewegung
27
und für t0 = 0 und v0 = 0 erhält man v
a0 t
(3.43).
Ausgangspunkt für die Ermittlung des Weges ist erneut Gleichung (3.22): dx dt
v
(3.44),
v(t )
die sich nach der Trennung der Variablen wie folgt schreiben lässt: dx
(3.45).
v(t ) dt
Mit v(t) nach Gleichung (3.42) und den Anfangsbedingungen x = x0 für t = t0 = 0 erhält man bei bestimmter Integration x
³
t
³ v0 a0 t dt
dx
t0 0
x0
und daraus den Weg x
x0 v0 t a0
t2 2
(3.46).
Für den Sonderfall x0 = 0 und v0 = 0 bei t0 = 0 folgt unter Beachtung von Gleichung (3.43) x
a0
t2 2
v2 2 a0
(3.47).
Für die betrachtete gleichförmig beschleunigte Bewegung sind die Zusammenhänge zwischen Beschleunigung, Geschwindigkeit und Weg in Bild 3-8 verdeutlicht.
Bild 3-8 Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Weg-Zeit-Diagramme bei gleichförmig beschleunigter Bewegung a) konstante Beschleunigung b) lineare Geschwindigkeitsänderung c) Wegänderung (quadratische Funktion)
28
3 Kinematik des Massenpunktes
Beispiel 3-5
***
h=5m
s=x
Ein Schnelllauftor mit einer Höhe h wird voll geöffnet. Zu Beginn des Öffnungsvorgangs wird das Tor über eine Strecke s1 mit konstanter Beschleunigung auf die Maximalgeschwindigkeit vmax beschleunigt. Die Maximalgeschwindigkeit bleibt dann für die Strecke s2 konstant. Bis zum vollständigen Öffnen wird das Tor über eine Strecke s3 mit konstanter Verzögerung abgebremst. Man ermittle a) die Beschleunigung aB und die Verzögerung aV beim Öffnungsvorgang, b) die Zeit zum vollständigen Öffnen des Tores, c) die Beschleunigungs-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und die Weg-Zeit-Diagramme der Bewegung, d) die mittlere Geschwindigkeit beim Öffnen des Tores. geg:. vmax = 4 m/s, h = sges = s1 + s2 + s3 = 5 m, s1 = 1 m, s2 = 3,2 m, s3 = 0,8 m Lösung: a) Beschleunigung aB: Nach Gleichung (3.47) folgt: s1
x1
vmax 2 aB 2a1
a1
Verzögerung aV: aV
a3
vmax 2 2s3
10 m/s 2
b) Zeit zum vollständigen Öffnen tges
t1 t 2 t3
Nach Gleichung (3.47) gilt:
vmax 2 2s1
8 m/s 2
3.3 Geradlinige Bewegung
s1
a1
t12 t1 2
29 2 s1 a1
0,5 s sowie t3 s2
Nach Gleichung (3.34) gilt: t2 tges
2s3 a3
0,4 s
0,8 s und somit:
vmax
0,5 s 0,8 s 0,4 s 1,7 s
c) Grafische Darstellung der Bewegung Beschleunigungs-Zeit-Diagramm: a aB
t aV
t1
t2 tges
t3
t2
t3
Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm: v vmax
t1
t
Weg-Zeit-Diagramm: s h
s3 s2 s1 t1
t2
t3
d) Mittlere Geschwindigkeit beim Öffnen des Tores vm
vmax t1 v t vmax t 2 max 3 2 2 t1 t 2 t3
h tges
2,94 m/s
t
30
3 Kinematik des Massenpunktes
Beispiel 3-6
***
Von einem Heißluftballon, der sich in einer Höhe h befindet, fällt ein Sandsack herab. Nach welcher Zeit erreicht der Sandsack die Erde, wenn der Heißluftballon a) unbeweglich ist oder b) mit einer Geschwindigkeit von 3 m/s steigt? c) Welchen Weg hat der Sandsack nach t = 2 s und t = 5 s dann jeweils zurückgelegt?
x
d) Welche Geschwindigkeit hat der Sandsack unmittelbar vor dem Auftreffen auf der Erde? Bemerkung: Der Luftwiderstand sei zu vernachlässigen! geg.: g = 9,81 m/s2, h = 200 m Lösung: a) Zeit für v0 = 0 x
a0
t12 2
h
2x a0
t1
2 200 m s 2 9,81 m
2h g
6,39 s
b) Zeit für v0 = -3 m/s x
x0 v0 t 2 a0
t22 2
mit x0 = 0 folgt: t 2 2
t2
h
2v0 2h t2 g g
§v v 0 r ¨¨ 0 g © g
2
· 2h ¸¸ g ¹
0 3m s2 r s 9,81m
2
2 § 3m s2 · ¨ ¸ 2 200 m s ¨ s 9,81m ¸ 9,81 m © ¹
6,7 s
c) Weg v0
0:
x(t1 )
g
t12 2
v0
3 m/s :
x(t 2 )
v0 t 2 g
t22 2
x(t1
2 s) 19,62 m
x(t 2
2 s) 13,62 m
x(t1
5 s) 122,625 m
x(t 2
5 s) 107,625 m
d) Geschwindigkeit unmittelbar vor Auftreffen des Sandsacks auf der Erde v0
0:
v
v0
3 m/s : v
g t1
62,64 m/s
v0 g t 2
62,71 m/s
3.3 Geradlinige Bewegung
3.3.2.3
31
a = a(t): Zeitlich veränderliche Beschleunigung
Bei zahlreichen Bewegungen in der Technik ist die Beschleunigung nicht konstant. Sie ändert sich mit der Zeit, so dass allgemein a = a(t) gilt. Auch in diesem Fall ist Gleichung (3.23) Ausgangspunkt für die Ermittlung der Geschwindigkeit: a
v
dv dt
a (t )
(3.48).
Nach der Trennung der Veränderlichen erhält man dv
a(t ) dt
(3.49).
Mit der Anfangsbedingung nach Gleichung (3.25) folgt bei bestimmter Integration v
t
³ dv
v0
³ a(t ) dt
(3.50).
t0
Für die linke Seite ergibt die Integration v – v0; die rechte Seite lässt sich bei Vorgabe einer Funktion a a (t ) integrieren. Somit folgt für die Geschwindigkeit t
v
v0 ³ a (t ) dt
(3.51).
t0
Für die Ermittlung des Weges geht man auch hier von Gleichung (3.22) aus. Nach Trennung der Veränderlichen und bestimmter Integration mit der Anfangsbedingung nach Gleichung (3.26) sowie v = v(t) nach Gleichung (3.51) erhält man den Weg t
x
x0 ³ v(t ) dt
(3.52).
t0
Bild 3-9 zeigt, dass sich je nach Beschleunigung a = a(t) beliebige Geschwindigkeits- und Wegabhängigkeiten ergeben können.
Bild 3-9 Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Weg-Zeit-Diagramme bei zeitlich veränderlicher Beschleunigung a) zeitlich veränderliche Beschleunigung b) Geschwindigkeits-Zeit-Funktion c) Weg-Zeit-Funktion
32
3 Kinematik des Massenpunktes
Beispiel 3-7
***
Ein ICE fährt mit einer Geschwindigkeit v0 von 252 km/h. In welcher Zeit kommt er zum Stehen, wenn die Bremsverzögerung a) a = a0 = konst. bzw. b) a(t) = a0 + b · t beträgt? c) Wie lang ist der Bremsweg in beiden Fällen? geg.: a0 = -0,5 m/s2, b = -0,01 m/s3 Lösung: a) Konstante Bremsverzögerung v(t )
v0 a 0 t t
v0 a0
0 (Stillstand) 140 s
b) Zeitlich veränderliche Bremsverzögerung t
v(t )
t
v0 ³ a (t ) dt
v0 ³ (a0 b t ) dt 0
t0
t2
v0 a0 t
2a 0 2v t 0 b b
b 2 t 2
0 (Stillstand)
0 2
2v a §a · 0 ¨ 0¸ 0 b b b © ¹
t
78,45 s
c) Bremsweg Fall 1: a = konst. x
x0 v 0 t a 0
t2 2
4900 m
Fall 2: a = a0 + b · t t
x
x0 ³ v(t ) dt t0
t
x0 ³ (v0 a 0 t 0
b 2 t ) dt 2
x0 v 0 t a 0
t2 b 3 t 2 6
3148,2 m
3.3 Geradlinige Bewegung
3.3.2.4
33
a = a(v): Geschwindigkeitsabhängige Beschleunigung
Bei dem nun zu untersuchenden Bewegungsvorgang ändert sich die Beschleunigung mit der Geschwindigkeit, d. h. a = a(v) ist bekannt. Als Anfangsbedingungen sollen wiederum die Bedingungen nach Gleichung (3.25) und (3.26) herangezogen werden. Die Ermittlung der Geschwindigkeit geht auch hier von Gleichung (3.23) aus: a
dv dt
v
(3.53).
a(v)
Nach der Trennung der Variablen v und t erhält man dv a (v)
dt
(3.54).
Die Integration erfolgt unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen nach Gleichung (3.25): t
v
³ dt
³ a (v )
t0
dv
(3.55),
v0
wodurch sich v
t
t0
dv
³ a (v )
t (v )
(3.56)
v0
ergibt. Man erhält also die Zeit t in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit v. Es gilt nun die Umkehrfunktion und somit die Geschwindigkeit v
v(t )
(3.57)
zu finden4. Die Ermittlung des Weges startet auch hier mit Gleichung (3.22): v
dx dt
(3.58).
v(t )
Nach der Trennung der Veränderlichen und mit Gleichung (3.54) erhält man die Differentialgleichung dx
v dt
v dv a (v)
(3.59).
Die Integration liefert den Weg t
x
x0 ³ v(t ) dt t0
4
v
x0
v
³ a ( v ) dv
v0
Zur Definition von Umkehrfunktionen siehe z. B. in [3].
(3.60).
34
3 Kinematik des Massenpunktes
Beispiel 3-8
***
Ein Fallschirmspringer springt in der Höhe h aus einem Flugzeug und öffnet unmittelbar seinen Fallschirm. Unter Berücksichtigung des Luftwiderstands ergibt sich eine Verzögerung von a(v) = g · (1 – b · v2). Bestimmen Sie a) die Fallgeschwindigkeit v(x) und b) die Geschwindigkeit v(x = h) unmittelbar vor dem Aufsetzen. h
geg.: h = 2000 m, g = 9,81 m/s2, b = 0,02 s2/m2
x
Lösung: a) Fallgeschwindigkeit v(x) v
x
x0
v ³ a ( v ) dv
v0
v
v
³ g (1 b v 2 ) dv 0
v
x
1 2g b v dv 2 g b g (1 b v 2 ) 0
x
mit
³
v 1 ln g (1 b v 2 ) 0 2g b
e 2 g b x
1 b v2
³
f c( x) dx f ( x)
ln f ( x) C
1 ªln g (1 b v 2 ) ln g º »¼ 2 g b «¬ v( x)
1 ln 1 b v 2 2g b
1 (1 e 2 g b x ) b
b) Aufsetzgeschwindigkeit v( x
3.3.2.5
h)
7,07 m/s
a = a(x): Wegabhängige Beschleunigung
Ändert sich die Beschleunigung mit dem Weg, d. h. ist a = a(x) vorgegeben, so lassen sich ebenfalls Geschwindigkeit und Weg errechnen. Nach Gleichung (3.23) gilt unter Verwendung der Kettenregel und von Gleichung (3.22) a
v
dv dt
dv dx dx dt
dv v dx
a(x)
(3.61).
Durch Umformen (Trennung der Veränderlichen v und x) erhält man v dv
a ( x) dx
Die Integration liefert
(3.62).
3.4 Ebene Bewegung v
³
35
x
v dv
³ a( x ) dx
v0
x0
und somit x
1 2 1 2 v v0 2 2
³ a( x ) dx
x0
bzw. x
v
v0 2 2 a( x ) dx
³
v( x)
(3.63).
x0
Den Weg erhält man mit Gleichung (3.22) und v = v(x): v
dx dt
v(x )
bzw. nach Trennung der Veränderlichen mit: dt
dx v( x)
(3.64).
Die Integration liefert x
t
t0
dx
³ v( x )
t ( x)
(3.65)
x0
und die Umkehrung ergibt x
x(t )
(3.66).
Es ist also die Umkehrfunktion der sich nach der Integration von Gleichung (3.65) ergebenden Funktion t = t(x) zu finden.
3.4 Ebene Bewegung Gegenüber der allgemeinen Bewegung eines Massenpunktes im Raum, siehe Kapitel 3.1 und Kapitel 3.2, stellt die Bewegung des Massenpunktes in oder auf einer Ebene einen Sonderfall dar. Die Beschreibung des Bewegungsvorgangs ist hierbei mit kartesischen Koordinaten, mit Polarkoordinaten oder mit natürlichen Koordinaten möglich. Dabei kann die Kreisbewegung als Sonderfall der ebenen Bewegung angesehen werden.
36
3 Kinematik des Massenpunktes
3.4.1 Kartesische Koordinaten Im Gegensatz zur räumlichen Bewegung, Kapitel 3.2, entfällt bei ebener Bewegung die Komponente senkrecht zur Ebene. Dies bedeutet, dass in den Gleichungen (3.2), (3.8) und (3.15) jeweils die z-Komponente entfällt.
Bild 3-10
Darstellung der ebenen Bewegung in kartesischen Koordinaten G a) Bewegungsbahn mit dem Ortsvektor r und den Komponenten x und y G b) Geschwindigkeitsvektor v mit den Komponenten vx und vy G c) Beschleunigungsvektor a mit den Komponenten ax und ay
G Die Bewegungsbahn, Bild 3-10a, wird beschrieben durch den Ortsvektor r oder durch die Komponenten x(t) und y(t): G G G r ex x(t ) ey y (t ) (3.67).
G Für die Geschwindigkeit v gilt: G G G v ex x (t ) ey y (t )
(3.68)
mit den Komponenten vx x (t ) und v y y (t ) , Bild 3-10b. G Die Beschleunigung a lässt sich darstellen durch G G G a ex x(t ) ey y(t )
(3.69)
mit den Komponenten ax
x(t ) und a y
y(t ) , Bild 3-10c.
3.4.2 Polarkoordinaten Bei bestimmten Bewegungsvorgängen in der Ebene ist es sinnvoll, diese in Polarkoordinaten G zu beschreiben. Bild 3-11a zeigt die Bewegungsbahn mit dem Ortsvektor r , den PolarkoordiG G G naten r und M sowie den Basisvektoren er und eM . Der Basisvektor er zeigt dabei stets auf G G G den Massenpunkt, d. h. in Richtung von r . Der Basisvektor eM steht senkrecht auf er , zeigt aber bei allgemeiner Bewegung nicht in Richtung der Bahntangente.
3.4 Ebene Bewegung
37
Bild 3-11
Darstellung der ebenen Bewegung in Polarkoordinaten G a) Bewegungsbahn mit dem Ortsvektor r , den Polarkoordinaten r, M und den orthogonalen G G G G Basisvektoren er und eM ; er zeigt immer in Richtung von r G G b) Drehung der Basisvektoren er und eM um den Winkel dM
3.4.2.1
Bewegungsbahn
3.4.2.2
Zeitableitung von er
G Die Bewegungsbahn lässt sich mit dem Ortsvektor r beschreiben, wobei die Bahngleichung G G r er r (3.70) G lautet und r r die Polarkoordinate darstellt. Die Geschwindigkeit des Punktes P ergibt sich bekanntlich durch Zeitableitung des Ortsvektors. Da sich die Lage von P, Bild 3-11a, mit der G G Zeit ändert, sind auch er und eM zeitabhängig, müssen also differenziert werden. G
G G Betrachtet wird die infinitesimale Drehung der orthogonalen Basisvektoren er und eM um den G Winkel dM, Bild 3-11b, in der Zeit dt. Der sich ergebende Vektor der steht dabei senkrecht auf G G G G er und hat somit die Richtung von eM . Der Betrag von der errechnet sich mit er 1 und dM quasi als Bogenmaß: G G der er dM 1 dM dM . G G dM ist damit der Betrag und eM die Richtung von der : G der
G eM dM .
Somit ergibt sich durch Zeitableitung G G der G dM G eM M er eM dt dt
(3.71).
38
3 Kinematik des Massenpunktes
3.4.2.3
G Zeitableitung von eM
G G Mit ähnlichem Überlegungen kann nun auch eM ermittelt werden. Für deM gilt nach Bild
3-11b G deM
G er dM .
Durch Zeitableitung erhält man G deM G G dM G eM er er M dt dt
3.4.2.4
(3.72).
Geschwindigkeit in Polarkoordinaten
G Die Geschwindigkeit ergibt sich nun durch Zeitableitung des Ortsvektors r unter Verwendung der Produktregel ( y u v o y c u c v u vc ) G G G G G G v r (er r ) er r er r (3.73). G Mit er nach Gleichung (3.71) erhält man G G G v er r eM r M (3.74).
Die Geschwindigkeit besitzt die radiale Komponente (Radialgeschwindigkeit) vr
(3.75)
r
und die zirkulare Komponente (Quergeschwindigkeit) vM
(3.76)
r M
sowie den Betrag der Geschwindigkeit G v
v
vr 2 vM 2
r 2 r 2 M 2
(3.77),
Bild 3-12a.
3.4.2.5
Beschleunigung in Polarkoordinaten
Die Beschleunigung erhält man durch Zeitableitung der Geschwindigkeit. Somit folgt mit den Gleichungen (3.6) und (3.74) G G G G (3.78). a v (er r eM r M ) Mit den Produktregeln y = u · v o y’ = u’ · v + u · v’ und y = u · v · w o y’ = u’ · v ·w + u · v’ ·w + u · v · w’ folgt: G a
G G G G G . er r e r r eM r M eM r M eM r M
3.4 Ebene Bewegung
39
G G Durch Ersetzen von er und eM , siehe Gleichung (3.71) und Gleichung (3.72), erhält man die Beschleunigung
G a
G G er (r r M 2 ) eM (r M 2r M )
(3.79).
Die Beschleunigung besitzt eine radiale Komponente (Radialbeschleunigung) r r M 2
ar
(3.80)
und eine zirkulare Komponente (Querbeschleunigung) r M 2r M
aM
(3.81).
G Die Beschleunigung a ist i. Allg. nicht tangential zur Bahn gerichtet. Der Betrag der Beschleunigung errechnet sich nach folgender Beziehung: G a
a
ar 2 aM 2
(3.82),
Bild 3-12b.
Bild 3-12
Geschwindigkeit und Beschleunigung in Polarkoordinaten G a) Geschwindigkeitsvektor v mit den Komponenten vr und vM G b) Beschleunigungsvektor a mit den Komponenten ar und aM
3.4.2.6
Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung
G In der Zeit dt überstreicht der Ortsvektor r einen Winkel dM, Bild 3-13. Die Winkelgeschwindigkeit Z ergibt sich als Zeitableitung des Winkels M:
Z
dM dt
M
(3.83).
Die Winkelgeschwindigkeit hat die Dimension 1/Zeit und die Einheit 1/s. Die Winkelbeschleunigung H entspricht der ersten Ableitung der Winkelgeschwindigkeit Z
H
dZ dt
Z
oder der zweiten Ableitung des Winkels M
(3.84)
40
3 Kinematik des Massenpunktes d 2M
H
dt 2
(3.85).
M
Die Dimension ist 1/Zeit2 und die Einheit 1/s2.
Bild 3-13 Zur Definition von Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung
Beispiel 3-9
***
Die Bewegung eines Massenpunktes wird durch die Polarkoordinaten r = A · t und M = B · t2 beschrieben. Man bestimme a) die Bewegungsbahn für die Zeit 0 d t d 3 s und b) die Geschwindigkeit und die Beschleunigung des Massenpunktes allgemein sowie nach 1 s und 3 s. geg.: A = 2 m/s, B = 0,5 s-2 Lösung: a) Bewegungsbahn für 0 d t d 3 s r
At
M
B t2
mit t
(1)
2 m/s t 0,5 s 2 t 2
M B
(2)
t [s]
r [m]
M [rad]
M [°]
0
0
0
0
0,5
1
0,125
7,16
1,0
2
0,5
28,65
1,5
3
1,125
64,46
2,0
4
2
114,59
2,5
5
3,125
179,05
3,0
6
4,5
257,83
aus (2) folgt mit (1) auch r
A B
M
2,83 M (3).
3.4 Ebene Bewegung
41 t = 1,5 s t=1s t = 0,5 s
aij Bewegungsbahn (Archimedische Spirale)
a
ar
vij
vr
v
t=3s
b) Geschwindigkeit und Beschleunigung des Massenpunkts Winkelgeschwindigkeit:
2 B t 1 s 2 t
Z M
Geschwindigkeitskomponenten: vr
r
vM
r M
vM (t
Geschwindigkeit:
A
1 s)
2 m/s (konst.)
2A B t 2
A t 2B t 2 m/s
vM (t
G v
G G er A eM 2 A B t 2
v
G v
v r 2 vM 2
2 m/s 3 t 2
3 s) 18 m/s
G G er 2 m/s eM 2 m/s3 t 2
A2 4 A2 B 2 t 4
4 m2 / s2 4 m2 / s6 t 4 v(t 1s)
Winkelbeschleunigung:
H
Beschleunigungskomponenten: a r
r r M 2
2 m/s 2
6 m/s 2
G G er 4 A B 2 t 3 eM 6 A B t
G a
a
a r 2 aM 2 6,32 m/s 2
ar (t
6A B t
G a
a(t 1s)
3 s) 18,11 m/s
0 A t (2 B t ) 2
r M 2r M
aM (t 1s)
Beschleunigung:
v(t
Z M 2 B 1s -2 (konst.)
ar (t 1s) aM
2,83 m/s
aM (t
3 s)
2 m/s 5 t 3 54 m/s 2
6 m/s 3 t 3 s) 18 m/s 2
G G er 2 m/s 5 t 3 eM 6 m/s 3 t
4 m 2 / s10 t 6 36 m 2 / s 6 t 2 a(t
3 s)
56,92 m/s 2
42
3 Kinematik des Massenpunktes
3.4.2.7
Kreisbewegung
Die Kreisbewegung stellt einen Sonderfall der allgemeinen ebenen Bewegung dar. Bewegt G sich ein Punkt auf einem Kreis, so zeigt eM stets in Richtung der Bahntangente und der Betrag G r r des Ortsvektors ist konstant, Bild 3-14a.
Bild 3-14
Bewegungsbahn, Geschwindigkeit und Beschleunigung bei der Bewegung eines Massenpunktes auf einer Kreisbahn a) Bewegungsbahn mit den Polarkoordinaten r und M , wobei r = konst. ist b) Geschwindigkeit v c) Beschleunigungskomponenten ar und aM
Für den Ortsvektor gilt somit G G r er r
(3.86),
Bild 3-14a. Die Geschwindigkeit erhält man durch Ableitung von Gleichung (3.86) oder durch Einsetzen von r 0 in Gleichung (3.74): G G G v eM r M eM r Z (3.87). Die Geschwindigkeitskomponenten sind vr
0
vM
r M
(3.88)
und r Z
v
(3.89).
D. h. bei der Kreisbewegung zeigt v = vM stets in Tangentenrichtung, Bild 3-14b. Die Beschleunigung ergibt sich durch Ableitung von Gleichung (3.87) oder durch Einsetzen von r r 0 in Gleichung (3.79): G a
G G er r M 2 eM r M
(3.90)
mit den Beschleunigungskomponenten ar
r M 2
r Z 2
als Zentripetalbeschleunigung ( bedeutet zum Zentrum hin gerichtet) und
(3.91)
3.4 Ebene Bewegung aM
r M
r Z
43 r H
(3.92)
als Tangential-, Umfangs- oder Bahnbeschleunigung, Bild 3-14c.
3.4.2.8
Kreisbewegung mit konstanter Bahn- und Winkelgeschwindigkeit
Die Bewegung eines Massenpunktes auf einer Kreisbahn mit konstanter Bahngeschwindigkeit v und somit mit konstanter Winkelgeschwindigkeit Z nennt man gleichförmige Kreisbewegung. Für diesen Sonderfall errechnet sich die Geschwindigkeit mit der Beziehung v
vM
r Z
(3.93),
Bild 3-15a. Für die Beschleunigung gilt a
ar
r Z 2
v2 r
(3.94)
und aM = 0, Bild 3-15b. Dies bedeutet, dass trotz konstanter Winkel- und Bahngeschwindigkeit eine Zentripetalbeschleunigung r · Z2 auftritt, Bild 3-15b.
Bild 3-15
Gleichförmige Bewegung eines Massenpunktes auf einer Kreisbahn a) Bahngeschwindigkeit v = r · Z = konst. b) Zentripetalbeschleunigung a = r · Z2 = v2/r
Beispiel 3-10 Eine Schiffswelle (Durchmesser d = 500 mm) läuft mit einer konstanten Drehzahl von n = 100 min-1. Man bestimme a) die Winkelgeschwindigkeit der Welle, b) die Geschwindigkeit und die Beschleunigung an einem Punkt auf dem Umfang der Welle und c) den Weg, den ein Oberflächenpunkt in einer Minute zurücklegt.
44
3 Kinematik des Massenpunktes
Lösung: a) Winkelgeschwindigkeit:
Z
2S n
2S 100
1 min min 60 s
10,47 s -1
b) Geschwindigkeit und Beschleunigung am Umfang v Ȧ ar
0,250 m 10,47 s -1
v
vM
r Z
a
ar
r Z 2
2,62 m/s
0,250 m 10,47 2 s -2
27,4 m/s 2
d
c) Weg eines Oberflächenpunktes in einer Minute x
v t
2,62 m/s 60 s 157,08 m
3.4.3 Natürliche Koordinaten Neben der Beschreibung in kartesischen Koordinaten oder Polarkoordinaten lässt sich die ebene Bewegung auch in natürlichen Koordinaten darstellen. Dabei wird ein Koordinatensystem verwendet, das sich mit dem Massenpunkt längs seiner Bahn bewegt, Bild 3-16.
Bild 3-16
Darstellung einer ebenen Bewegung in natürlichen Koordinaten a) Bewegungsbahn mit der Bahnkoordinate s, dem momentanen Krümmungsradius U der G G G Bahn und den orthogonalen Basisvektoren et und en ; et zeigt stets tangential zur Bahn G b) Massenpunkt bewegt sich in der Zeit dt um den Betrag dr entlang der Bahn
G G s ist dabei die Bahnkoordinate (Bogenlänge der Bahn), et und en sind Basisvektoren von G G G denen et stets in Tangentenrichtung und en in Normalenrichtung zeigt. D. h. en steht senkG recht auf et und zeigt zum momentanen Krümmungsmittelpunkt M der Bahnkurve hin. U entspricht dem momentanen Krümmungsradius der Bahnkurve.
3.4 Ebene Bewegung
3.4.3.1
Bewegungsbahn
3.4.3.2
Geschwindigkeit in natürlichen Koordinaten
45
G Die Bewegungsbahn lässt sich wiederum mit dem Ortsvektor r beschreiben, Bild 3-16a, wobei dieser jetzt in Abhängigkeit von der Bogenlänge s = s(t) gegeben ist: G G G r r ( s ) r ( s (t )) (3.95).
G G Die Geschwindigkeit v ergibt sich bekanntlich als Zeitableitung des Ortsvektors r . Somit gilt unter Anwendung der Kettenregel G G G G G dr dr ds dr (3.96). s v r dt ds dt ds G G Da dr in Richtung der Tangente zeigt, Bild 3-16b, gilt dr ds mit ds als differentiell kleiG nem Bahnstück. Somit lässt sich dr als G G dr et ds G darstellen. Dies liefert für den Basisvektor et die Beziehung G G dr (3.97). et ds G Für die Geschwindigkeit v des Massenpunktes gilt somit G G G v et s et v (3.98).
Die Geschwindigkeit hat dementsprechend nur eine Komponente v
vt
s
(3.99),
siehe auch Bild 3-18a.
3.4.3.3
G Zeitableitung von et
Da sich das Koordinatensystem mit der Bahn mitbewegt, ändern sich i. Allg. auch die RichG G tungen von et und en mit der Zeit. Für die Ermittlung der Beschleunigung ist u. a. die ZeitabG leitung von et erforderlich. Dazu wird die infinitesimale Drehung des orthogonalen BasisvekG tors et , Bild 3-17a, um den Winkel dM in der Zeit dt betrachtet. G G Der sich ergebende Vektor det steht dabei senkrecht auf et und hat somit die Richtung von G G G en . Der Betrag von det errechnet sich mit et 1 und dM quasi als Bogenmaß der Drehung: G G det et dM 1 dM dM . G G dM ist damit der Betrag und en die Richtung von det : G G det en dM .
46
3 Kinematik des Massenpunktes
Somit ergibt sich durch Zeitableitung G G det G dM G en M et en dt dt
(3.100).
Bild 3-17
Drehung des Koordinatensystems bei Bewegung eines Massenpunktes auf einer ebenen Bahn G G a) Infinitesimale Drehung der orthogonalen Basisvektoren et und en während der Bewegung (siehe auch Bild 3-16a) b) Krümmungsradius U und Bogenstück ds der Bahnkurve bei einer Verdrehung um dM in der Zeiteinheit dt
3.4.3.4
Beschleunigung in natürlichen Koordinaten
Die Beschleunigung erhält man bekanntlich durch Zeitableitung der Geschwindigkeit. Somit folgt mit den Gleichungen (3.6), (3.7) und (3.98) nach der Produktregel G G G G G G a v r (e t s) e t s e t s (3.101). G Durch Einsetzen von et , Gleichung (3.100), erhält man die Beschleunigung in natürlichen Koordinaten G G G a et s en s M (3.102).
Mit s v , M G a
Z , ds
U dM (Bild 3-17b), v
G G et v en v Z
G G v2 et v en
U
s
U M
U Z bzw. Z
v / U gilt auch
(3.103).
Die Beschleunigung hat somit die Komponenten at
v
s
als Bahnbeschleunigung und
(3.104)
3.4 Ebene Bewegung
an
s M
v Z
47 v2
U
U Z2
(3.105)
als Normalbeschleunigung, Bild 3-18b. Die Bahnbeschleunigung zeigt in Richtung der Tangente und ist für das Schneller- und Langsamerwerden des Massenpunktes verantwortlich. Die Normalbeschleunigung wirkt in Normalenrichtung, also senkrecht zur Bahn, und zeigt in Richtung des Krümmungsradius U zum momentanen Krümmungsmittelpunkt M hin.
Bild 3-18
Geschwindigkeit und Beschleunigung in natürlichen Koordinaten G a) Geschwindigkeitsvektor v zeigt in Richtung der Tangente G b) Beschleunigungsvektor a mit den Komponenten at und an
Beispiel 3-11
*** y
x Ein Düsenjet fliegt mit konstanter Geschwindigkeit v entlang einer Flugbahn, die durch die Funktion y(x) beschrieben werden kann. Man bestimme a) den Krümmungsradius U = U(x) der Flugbahn, b) die Beschleunigung des Düsenjets beim Flugmanöver und c) die maximale Beschleunigung. geg.: y ( x)
a b ( x c) 2 , a = 10000 m, b = 0,0005 m-1, c = 4000 m, v = 200 m/s
48
3 Kinematik des Massenpunktes
Lösung: a) Krümmungsradius (1 y c2 )3 / 2 aus [3] y cc
U
mit y c
2b ( x c)
und
y cc
2b
folgt: 3 2 2 {1 [2b ( x c)] }
U
{1 [0,001m
1
3 2 2 ( x 4000 m)] }
0,001m 1
2b
b) Beschleunigung des Düsenjets G a
G G v2 et v en U
G a
G en
G v2 en U v2
3 2 2 {1 [2b ( x c)] }
( v G en
0 , da v = konst.) v 2 2b 3 2 2 {1 [2b ( x c)] }
2b
c) Maximale Beschleunigung Maximale Beschleunigung tritt auf, wenn der Nenner minimal wird, d. h. x c x
c
4000 m
a
3.4.3.5
0 bzw.
an
v 2 2b
(200 m/s) 2 2 0,0005 m -1
40 m/s 2
Kreisbewegung
Für eine Bewegung eines Massenpunktes auf einer kreisförmigen Bahn mit dem Radius r, Bild 3-19, gilt mit U = r = konst. für die Wegstrecke s
(3.106),
r M
Bild 3-19a, die Geschwindigkeit v
s
r M
(3.107),
r Z
Bild 3-19b, und für die Beschleunigungskomponenten at
v
an
v Z
Bild 3-19c.
r M r Z v2 r
r H
r Z2
(3.108), (3.109),
3.5 Räumliche Bewegung
49
Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung in natürlichen Koordinaten bei einer beschleunigten Kreisbewegung (Bewegung eines Massenpunktes auf der Kreisbahn) a) Weg s b) Geschwindigkeit v c) Beschleunigungskomponenten at und an
Bild 3-19
Für den Fall der gleichförmigen Kreisbewegung sind v und Z konstant sowie at und H null.
Beispiel 3-12 Ein Schwungrad mit dem Durchmesser d wird von der Drehzahl n1 = 500 min-1 auf die Drehzahl n2 = 1000 min-1 beschleunigt. Die Drehzahl erhöht sich dabei gleichmäßig in 't = 10 s um 'n = 100 min-1. Bestimmen Sie a) die Dauer des Beschleunigungsvorgangs, b) die Winkelbeschleunigung und c) die Anzahl der Umdrehungen während des Beschleunigungsvorgangs. Lösung: a) Dauer des Beschleunigungsvorgangs t
n2 n1 't 'n
b) Winkelbeschleunigung
2S 'n 't
H
50 s
1,047 s -2
c) Umdrehungszahl während des Beschleunigungsvorgangs n
n0 Z 0 t H
t2 2
3926,99
3.5 Räumliche Bewegung Die Bewegung eines Massenpunktes im Raum kann z. B. in kartesischen Koordinaten oder in Zylinderkoordinaten beschrieben werden.
50
3 Kinematik des Massenpunktes
3.5.1 Kartesische Koordinaten Bezüglich der Beschreibung von räumlicher Bewegungsbahn, Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten sei auf die Kapitel 3.1 und 3.2 verwiesen. Aufmerksam gemacht sei auch auf die Beispiele 3-1 und 3-2.
3.5.2 Zylinderkoordinaten Zylinderkoordinaten, Bild 3-20a, stellen eine räumliche Verallgemeinerung der PolarkoordinaG ten dar, wobei sich der Basisvektor ez nicht mit der Zeit ändert. Zu beachten ist auch, dass die G Zylinderkoordinate r nicht dem Betrag des Ortsvektors r entspricht, sondern dessen Projektion auf die x-y- bzw. r-M-Ebene.
Bild 3-20
Darstellung einer Bewegung im Raum mittels Zylinderkoordinaten a) Bewegungsbahn mit den Zylinderkoordinaten r, M und z b) Geschwindigkeitskomponenten vr, vM, vz c) Beschleunigungskomponenten ar, aM, az
G Für den Ortsvektor r gilt somit G G G r er r ez z
(3.110)
G mit den Komponenten r und z. Die Geschwindigkeit v ergibt sich durch Ableitung des OrtsG vektors r , Gleichung (3.110), bzw. durch Erweiterung von Gleichung (3.74): G G G G G v r er r eM r M ez z (3.111)
mit den Komponenten vr
r
(3.112),
vM
r M
(3.113),
vz
z
(3.114),
Bild 3-20b.
3.5 Räumliche Bewegung
51
G Die Beschleunigung erhält man durch Ableitung der Geschwindigkeit v , Gleichung (3.111), bzw. durch Erweiterung von Gleichung (3.79): G G G G a er (r r M 2 ) eM (r M 2r M ) ez z (3.115)
mit den Komponenten ar
r r M 2
(3.116),
aM
r M 2r M
(3.117),
az
z
(3.118),
Bild 3-20c.
Beispiel 3-13 z
Der Greifer eines Industrieroboters führt in einem kurzen Arbeitsschritt die Bewegung r = A + B · t, M = C · t2 und z = D + E · t aus. Man bestimme a) die Position, b) die Geschwindigkeit und
z
ez
c) die Beschleunigung
eij
des Greifers nach einer Zeit von t = 2 s. geg.: A = 1,2 m, B = 0,3 m/s, C = 0,25 s-2, D = 1,8 m, E = 0,1 m/s
ij x
Lösung: a) Zylinderkoordinaten des Greifers nach t = 2 s r
A B t 1,8 m
M
C t2
z
D E t
57,3q 2m
b) Geschwindigkeit Geschwindigkeitskomponenten allgemein und nach t = 2 s: vr
r
B
vM
r M
vz
z
E
0,3 m/s ( A B t ) 2C t
0,1 m/s
1,8 m/s
er
y r
52
3 Kinematik des Massenpunktes Geschwindigkeitsvektor: G G G G G v r er vr eM vM ez vz Betrag der Geschwindigkeit: G v
v
vr 2 vM 2 vz 2
1,83 m/s
c) Beschleunigung Beschleunigungskomponenten allgemein und nach t = 2 s: ar
r r M 2
0 ( A B t ) (2C t ) 2
aM
r M 2r M
az
z 0
1,8 m/s 2
( A B t ) 2C 2 B 2C
1,5 m/s 2
Beschleunigungsvektor: G G G G a r e a e a r
r
M
M
Betrag der Beschleunigung: G a
G a
ar 2 aM 2
2,34 m/s 2
3.6 Darstellung von Bewegungen Bewegungen lassen sich i. Allg. grafisch veranschaulichen. Hierbei ist zwischen geradlinigen, ebenen und räumlichen Bewegungen zu unterscheiden. Für die geradlinigen Bewegungen bieten sich die Darstellungen in Weg-Zeit- (x-t-), Geschwindigkeits-Zeit- (v-t-) und Beschleunigungs-Zeit- (a-t-) Diagrammen sowie die Veranschaulichung der Bewegung in einem Phasendiagramm an. Für ebene bzw. räumliche Bewegungen eignet sich zur Veranschaulichung die Bahnkurve bzw. die Hodografenkurve.
3.6.1 x-t-, v-t- und a-t-Diagramme (Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungs-Zeit-Diagramme) Weg-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und Beschleunigungs-Zeit-Diagramme wurden bereits in Kapitel 3.3 verwendet, siehe z. B. Bild 3-7, Bild 3-8 und Bild 3-9 bzw. Beispiel 3-3. Auch die Bewegung x
A sin Zt
(3.119)
lässt sich im x-t-Diagramm, Bild 3-21a, darstellen. Man erkennt, dass es sich hierbei um eine harmonische Schwingung, siehe auch Kapitel 8.2.2, handelt.
3.6 Darstellung von Bewegungen
Bild 3-21
53
Anschauliche Darstellung einer harmonischen Schwingung a) Weg-Zeit-Diagramm b) Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm c) Beschleunigungs-Zeit-Diagramm
Die Geschwindigkeit, die sich beim Schwingungsvorgang ergibt, erhält man durch Zeitableitung von Gleichung (3.119) v
x
A Z cos Zt
(3.120),
siehe Bild 3-21b. Für die Beschleunigung gilt a
v
x A Z 2 sin Zt
(3.121),
Bild 3-21c.
3.6.2 Phasendiagramm Schwingungen werden häufig in einem Phasendiagramm oder durch eine Phasenkurve verdeutlicht. Dabei wird in einem Diagramm der Weg x als Abszisse und die Geschwindigkeit v als Ordinate aufgetragen. Für die oben beschriebene Schwingung, Kapitel 3.6.1, ergibt sich mit den Gleichungen (3.119) und (3.120) eine elliptische Phasenkurve, Bild 3-22.
54
Bild 3-22
3 Kinematik des Massenpunktes
Phasendiagramm einer harmonischen Schwingung mit dem Weg als Abszisse und der Geschwindigkeit als Ordinate
3.6.3 Bahnkurve Ebene und räumliche Bewegungen können durch die jeweiligen Bahnkurven veranschaulicht werden. Ebene Bahnkurven können z. B. in kartesischen Koordinaten (x-y-Koordinaten) oder Polarkoordinaten (r-M-Koordinaten) dargestellt werden. Beispiele hierfür sind z. B. in den Bildern 2-2, 2-9b, 3-10a, 3-11a und 3-12a gezeigt. Für die anschauliche Darstellung räumlicher Bewegungen eignen sich z. B. kartesische Koordinaten (x-y-z-Koordinaten) oder Zylinderkoordinaten (r-M-z-Koordinaten). Beispiele hierfür sind z. B. in den Bildern 2-9c, 3-1, 3-5a und 3-20a zu finden.
3.6.4 Hodografenkurve Ebene und räumliche Bewegungen lassen sich auch durch eine Hodografenkurve kennzeichG nen. Dazu trägt man z. B. die Geschwindigkeitsvektoren v (t ) einer Bewegung in einem kartesischen Koordinatensystem der Geschwindigkeiten mit den Geschwindigkeitskomponenten vx und vy bei ebener Bewegung und vx, vy und vz bei räumlicher Bewegung als Koordinaten auf. Während bei der Bewegung ein Punkt die Bahnkurve durchläuft, wandert der Endpunkt des Geschwindigkeitsvektors auf der Hodografenkurve.
Bild 3-23
Hodografenkurve (Geschwindigkeitskurve) einer räumlichen Bewegung mit den Geschwindigkeitskomponenten vx, vy und vz als Koordinaten
In ähnlicher Weise lässt sich auch eine Beschleunigungskurve darstellen.
55
4 Kinetik des Massenpunktes In der Kinematik, Kapitel 3, wird die Bewegung eines Massenpunktes, d. h. seine Ortsänderung in einer bestimmten Zeit und damit auch seine Geschwindigkeit und seine Beschleunigung untersucht. Nach den Ursachen der Bewegung wird nicht gefragt. Die Erfahrung lehrt uns jedoch, dass Bewegungen bzw. Bewegungsänderungen unter dem Einfluss von Kräften erfolgen. Die Kinetik verknüpft die Kräfte mit den kinematischen Größen. Wichtige Größen der Kinetik sind somit der Weg, die Zeit, die Masse und die Kraft. Kräfte und ihre Wirkungen wurden bereits in der Statik (siehe z. B. Kapitel 2 in [1]) grundlegend erläutert.
4.1 Grundgesetze (Axiome) der Dynamik Basis für die Kinetik des Massenpunktes sind die drei NEWTONschen Grundgesetze (Axiome). Axiome sind Grundtatsachen, die durch die Erfahrung bestätigt werden (siehe auch die Axiome der Statik in Kapitel 2.3 in [1]).
4.1.1 Erstes NEWTONsches Gesetz: Trägheitsgesetz Das erste NEWTONsche Gesetz, auch Trägheitsgesetz genannt, lautet: „Jeder Körper beharrt in seinem Zustand der Ruhe oder gleichförmig geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern.“ G Führt man als wichtige Bewegungsgröße den Impuls p mit G G p mv (4.1) G als Produkt von Masse m und Geschwindigkeit v ein, so lautet das erste NEWTONsche Gesetz auch „Wenn auf einen Massenpunkt keine Kraft wirkt, so ist der Impuls konstant.“ Formelmäßig gilt somit G G p m v konst., bei Abwesenheit von Kräften (4.2). Dieses NEWTONsche Gesetz wird auch Trägheitsgesetz, Verharrungsgesetz oder „Satz von der Erhaltung des Impulses“ genannt.
Bild 4-1 Zur Veranschaulichung des Impulses: G Eine Masse m, die sich entlang der Bahn mit der Geschwindigkeit v bewegt, besitzt den G G Impuls p m v , der wie die Geschwindigkeit in Richtung der Bahntangente zeigt.
56
4 Kinetik des Massenpunktes
G G Der Impuls p zeigt, entsprechend Gleichung (4.1) in Richtung der Geschwindigkeit v , d. h. in Richtung der Bahntangente, siehe auch Kapitel 3.1.2 und Bild 4-1. Das 1. NEWTONsche Gesetz bedeutet somit auch, dass nur eine geradlinige, gleichförmige Bewegung ohne Krafteinwirkung erfolgt. D. h. Bewegungsänderungen (Geschwindigkeitsänderungen nach Betrag und Richtung) erfordern Kräfte.
4.1.2 Zweites NEWTONsches Gesetz: Bewegungsgesetz Das zweite NEWTONsche Gesetz lautet:
„Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht in Richtung derjenigen geraden Linie, nach der jene Kraft wirkt.“ Mit dem Impuls als Bewegungsgröße, Gleichung (4.1), gilt die Formulierung:
„Die zeitliche Änderung des Impulses ist gleich der auf den Massenpunkt wirkenden Kraft.“ Formelmäßig lautet das zweite NEWTONsche Gesetz: G G G F p (m v ) (4.3), G wobei F die einwirkende Kraft bzw. die Resultierende der einwirkenden Kräfte darstellt. Dieses Gesetz wird auch als „Impulssatz“ bezeichnet. Ist die Masse m konstant, so gilt G G G F m v m a (4.4) G G mit der Beschleunigung a v . Gleichung (4.4) wird i. Allg. „Dynamische Grundgleichung“ oder „NEWTONsche Grundgleichung“ genannt. Sie lautet in der geläufigen Form in Worten Kraft
Masse Beschleunigung ,
G zur Verdeutlichung der NEWTONschen Grundgleichung siehe Bild 4-2. Die Kraft F und die G Beschleunigung a zeigen entsprechend Gleichung (4.4) in die gleiche Richtung. Diese fällt bei allgemeiner ebener oder räumlicher Bewegung nicht mit der Bahntangente zusammen. G G Für den Fall F 0 folgt aus dem 2. NEWTONschen Gesetz wiederum das 1. NEWTONsche Gesetz. Der „Impulserhaltungssatz“ ist somit ein Sonderfall des „Impulssatzes“.
G Bild 4-2 Zur Verdeutlichung der NEWTONschen Grundgleichung: GAuf die Masse m wirkt die Kraft F G ein und erzeugt eine Beschleunigung a in Richtung von F
Das 2. NEWTONsche Gesetz gilt in der oben angegebenen Form nur für ein ruhendes Bezugssystem (Inertialsystem). Für technische Anwendungen kann die Erde näherungsweise als Iner-
4.2 NEWTONsche Grundgleichung in verschiedenen Koordinatensystemen
57
tialsystem angesehen werden. Darüber hinaus gilt das 2. NEWTONsche Gesetz nur für Geschwindigkeiten, die deutlich kleiner als die Lichtgeschwindigkeit (| 300000 km/s) sind, da sonst die Gesetze der Relativitätstheorie beachtet werden müssen. Derart hohe Geschwindigkeiten (nahe der Lichtgeschwindigkeit) treten aber i. Allg. im Maschinenbau nicht auf.
4.1.3 Drittes NEWTONsches Gesetz: Wechselwirkungsgesetz Dieses Gesetz lautet:
„Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich oder die Wirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich und von entgegengesetzter Richtung.“ Dies bedeutet:
„Wirkung = Gegenwirkung“ oder
„actio = reactio“, bzw. etwas anders formuliert:
„Zu jeder Kraft gibt es stets eine entgegengesetzt gerichtete, gleich große Gegenkraft.“ Dieses Axiom, auch „Wechselwirkungsgesetz“ genannt, ist bereits aus der Statik bekannt (siehe z. B. Kapitel 2.33 in [1]).
4.2 NEWTONsche Grundgleichung in verschiedenen Koordinatensystemen Das zweite NEWTONsche Gesetz, Kapitel 4.1.2, lässt sich als Impulssatz, siehe Gleichung (4.3), oder als NEWTONsche Grundgleichung bzw. Dynamische Grundgleichung, siehe Gleichung (4.4), formulieren. In der Technik hat u. a. die NEWTONsche Grundgleichung eine besondere Bedeutung. Sie erlaubt das Aufstellen von Bewegungsgleichungen bzw. Bewegungsdifferentialgleichungen und somit das Lösen zahlreicher technischer Fragestellungen. In der Vektorgleichung G G F ma (4.5) bedeutet m die Masse des bewegten MassenpunktesG (oder des als Massenpunkt idealisierten G Körpers), a stellt den Beschleunigungsvektor und F die Resultierende aller auf den Massenpunkt einwirkenden Kräfte dar. Für die praktische Behandlung von Fragestellungen der Kinetik ist es sinnvoll, die NEWTONsche oder Dynamische Grundgleichung als Komponentengleichungen in den verschiedenen Koordinatensystemen zu verwenden.
58
4 Kinetik des Massenpunktes
4.2.1 NEWTONsche Grundgleichung in kartesischen Koordinaten Bei einer räumlichen Bewegung lässt sich die Vektorgleichung, Gleichung (4.5), in drei Komponentengleichungen schreiben. Somit gilt Fx
m ax
Fy
m ay
m x m y
Fz
m az
m z
(4.6), (4.7), (4.8),
mit Fx, Fy, Fz als den Kraftkomponenten, Bild 4-3a, komponenten, Bild 4-3b, in x-, y- und z-Richtung. (3.17) und (3.18) gilt zudem a x x , a y y und az
und ax, ay, az als den BeschleunigungsEntsprechend den Gleichungen (3.16), z .
Bild 4-3 Kraft- und Beschleunigungskomponenten in kartesischen Koordinaten bei einer räumlichen Bewegung b) Die Kraftkomponenten Fx, Fy, Fz greifen am Massenpunkt mit der Masse m an b) Die Beschleunigungskomponenten a x x , a y y und az z des Massenpunktes
Liegt eine ebene Bewegung vor, so entfällt Gleichung (4.8). Bei der geradlinigen Bewegung gilt nur eine der drei Komponentengleichungen, z. B. Fx
m x
(4.9).
4.2.2 NEWTONsche Grundgleichung in natürlichen Koordinaten Ebene Bewegungen lassen sich auch in Polarkoordinaten (siehe z. B. Kapitel 3.4.2) oder in natürlichen Koordinaten (siehe z. B. Kapitel 3.4.3) beschreiben. Dementsprechend lässt sich die NEWTONsche Grundgleichung auch in diesen Koordinatensystemen formulieren. In natürlichen Koordinaten gilt Ft Fn
m at m an
m s m
v
(4.10) 2
U
m U Z2
m U M 2
(4.11)
mit Ft als Kraftkomponente tangential, Fn als Kraftkomponente normal zur Bahn, Bild 4-4a, sowie at als Beschleunigungskomponente tangential und an als Beschleunigungskomponente
4.2 NEWTONsche Grundgleichung in verschiedenen Koordinatensystemen
59
normal zu Bahn, Bild 4-4b. Nach den Gleichungen (3.104) und (3.105) gilt für at s und für an v 2 / U U Z 2 U M 2 , wobei U den momentanen Krümmungsradius der Bahn darstellt.
Bild 4-4 Kraft- und Beschleunigungskomponenten in natürlichen Koordinaten bei einer ebenen Bewegung b) Kraftkomponenten Ft tangential und Fn normal zur Bahn b) Beschleunigungskomponenten at tangential und an normal zur Bahn (m: Masse, s: Bahnkoordinate, U: momentaner Krümmungsradius der Bahn)
Für eine geradlinige Bewegung entfällt Gleichung (4.11) und es gilt Ft
m s
(4.12)
mit s bzw. s = x als Wegkoordinate.
4.2.3 Gewichtskraft Auf einen Körper oder einen Massenpunkt der Masse m in der Nähe der Erdoberfläche wirkt stets die Gewichtskraft G. Diese lässt sich z. B. mit Gleichung (4.7) und Fy = -G bzw. ay = -g, mit g = 9,81 m/s2 als Erdbeschleunigung, mit der Beziehung G
mg
(4.13)
beschreiben.
Bild 4-5 Masse m im Schwerefeld der Erde mit dem Gewicht G = m · g und der Erdbeschleunigung g
60
4 Kinetik des Massenpunktes
Das Gewicht G errechnet sich somit aus der Masse m und der Erd- oder Schwerebeschleunigung g und ist, wie g, stets zum Erdmittelpunkt gerichtet. Das Gewicht hat, wie jede andere Kraft, die physikalische Einheit N, wobei 1 N = 1 kg·m/s2 entspricht.
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen Mittels der NEWTONschen Grundgleichung können insbesondere zwei Fragen beantwortet werden: x
Wie groß sind die zur Bewegung notwendigen Kräfte, wenn der Verlauf der Bewegung bekannt ist?
x
Wie verläuft die Bewegung, wenn die Kräfte vorgegeben sind?
Beide Fragestellungen lassen sich mit den Gesetzen der Kinematik und Kinetik lösen.
4.3.1 Ermittlung der Kräfte, die bei einer vorgegebenen Bewegung wirken Bei dieser Fragestellung geht man von einer vorgegebenen oder gemessenen Bewegung aus. Aus den bekannten Koordinaten der Bewegung ermittelt man mittels kinematischer Methoden, z. B. mit den Gleichungen (3.4) und (3.6) oder den entsprechenden Komponentengleichungen in den Kapiteln 3.2, 3.3.1, 3.4 oder 3.5, die Geschwindigkeit und die Beschleunigung. Die Kinetik, d. h. die NEWTONsche Grundgleichung, siehe z. B. Gleichung (4.5) oder die Komponentengleichungen in den Kapiteln 4.2.1 oder 4.2.2, liefert dann die zur Bewegung notwendige Kraft bzw. die bei der Bewegung auftretenden Kraftkomponenten.
Beispiel 4-1 Die Weg-Zeit-Kurve eines Massenpunktes der Masse m, der sich auf geradliniger Bahn bewegt, lässt sich durch die Beziehung x = A + B · t + C · t2 beschreiben. Man bestimme die Kraft, die erforderlich ist, um diese Bewegung zu ermöglichen. geg.: m = 1000 kg, A = 10 m, B = 2 m/s, C = 1,5 m/s2 Lösung: Geschwindigkeit:
v
x
B 2C t
Beschleunigung:
a
v
x 2C
Erforderliche Kraft: F
Fx
ma
m ax
m x 2m C
2 1000 kg 1,5 m/s 2
3 kN
4.3.2 Ermittlung von Bewegungen, die durch Kräfte hervorgerufen werden Bei technischen Problemen sind häufig die Bewegungen bzw. die Bewegungsabläufe zu ermitteln, die sich in bestimmten Situationen ergeben. Zur Lösung des Problems bestimmt man zunächst die auf den Massenpunkt einwirkenden Kräfte bzw. die sich daraus ergebende resultierende Kraft. Dazu ist es erforderlich den Massenpunkt freizuschneiden (siehe z. B. Kapitel 2.2 und 4.2 in [1]). Mittels der NEWTONschen Grundgleichung, Gleichung (4.5), bzw. mittels der Komponentengleichungen in den Kapiteln 4.2.1 oder 4.2.2, erhält man dann die Beschleunigung oder die
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen
61
entsprechenden Beschleunigungskomponenten. Daraus lassen sich dann mithilfe der Kinematik durch Integration (unter Berücksichtigung von Randbedingungen) die Geschwindigkeit und der Weg bzw. die Bewegungsbahn bestimmen. Für die geradlinige Bewegung ist die Ermittlung von Geschwindigkeit und Weg aus einer vorgegebenen oder ermittelten Beschleunigung in Kapitel 3.3.2 gezeigt. Bei anderen Bewegungen kann die Integration erhebliche mathematische Schwierigkeiten bereiten. Einige Anwendungen sind in den nachfolgenden Kapiteln gezeigt.
4.3.3 Wurfbewegung ohne Luftwiderstand
G Ein Massenpunkt (Masse m) wird mit einer Anfangsgeschwindigkeit v0 unter einem Winkel D zur Horizontalen (x-Achse) abgeworfen, Bild 4-6a, und unterliegt der Schwerkraft (so genannter schiefer Wurf). Es handelt sich hierbei um eine freie Bewegung eines Massenpunktes unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes, wofür die Wurfbahn, die Wurfweite und die Wurfhöhe zu ermitteln sind.
Bild 4-6 Schiefer Wurf eines Massenpunktes G a) Bewegungsbahn des Massenpunktes mit der Masse m, der Abwurfgeschwindigkeit v0 und dem Abwurfwinkel D b) Geschwindigkeitskomponenten v0x v0 cos D und v0y v0 sin D beim Abwurf c) Freigeschnittener Massenpunkt mit der Gewichtskraft G = m · g
Die Lösung des Problems folgt mit der NEWTONschen Grundgleichung. Dazu ist zunächst der Massenpunkt, der sich frei bewegen kann, freizuschneiden, Bild 4-6c. Auf den Massenpunkt der Masse m wirkt während der Bewegung lediglich die Gewichtskraft G = m · g. Es handelt sich somit um eine ebene Bewegung, die im x-y-Koordinatensystem beschrieben werden kann. Die während der Bewegung auftretenden Kraftkomponenten sind somit Fx
0
Fy
G
(4.14)
und m g
(4.15).
62
4 Kinetik des Massenpunktes
Das negative Vorzeichen in Gleichung (4.15) ist zu verwenden, da G entgegengesetzt zur yRichtung wirkt. Ausgehend von der dynamischen Grundgleichung in kartesischen Koordinaten, siehe die Gleichungen (4.6) und (4.7), erhält man die Bewegungsgleichungen m x
Fx
0
(4.16),
m y
Fy
m g
(4.17),
bzw.
(4.18)
x 0 y g
(4.19)
Die zweifache Integration der beiden Differentialgleichungen führt zu x
C1
(4.20),
y
g t C2
(4.21),
x
C1 t C3
(4.22),
y
bzw.
g t2 C2 t C 4 2
(4.23).
Die Integrationskonstanten C1...C4 erhält man aus den Anfangsbedingungen. Es wird angeG nommen, dass zum Zeitpunkt t = 0 die Wurfbewegung mit einer Geschwindigkeit v0 (d. h. den Geschwindigkeitskomponenten v0 x v0 cos D und v0 y v0 sin D ) und den Koordinaten x x0 0 und y y0 0 beginnt. Somit ergibt sich für C1 v0x v0 cos D , C2 v0y v0 sin D und C3 C4 0 . Mit diesen Integrationskonstanten folgt die Bewegungsbahn x
v0 t cos D
y
(4.24),
g t2 v0 t sin D 2
(4.25),
als Parameterdarstellung mit dem Parameter t. Bestimmt man aus Gleichung (4.24) die Zeit t und setzt diese in Gleichung (4.25) ein, so erhält man die Bahngleichung y ( x)
x tan D
g 2
2
2v 0 cos D
x2
(4.26).
Der Massenpunkt bewegt sich also beim schiefen Wurf entlang einer Parabel, der so genannten Wurfparabel, Bild 4-7. Mit Gleichung (4.26) erhält man auch die Wurfweite und die Wurfhöhe.
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen
63
Bild 4-7 Bahnkurve (Wurfparabel) beim schiefen Wurf eines Massenpunktes (ohne Luftwiderstand) mit der Wurfweite l und der Wurfhöhe h
Setzt man die Koordinaten des Auftreffpunktes, y = 0 und x = l, in Gleichung (4.26) ein, so erhält man die Wurfweite l
v0 2 sin 2D g
(4.27).
Die maximale Wurfweite l = lmax wird erreicht für sin2D = 1, d. h. für einen Abwurfwinkel von D = 45°. Die Wurfhöhe h ergibt sich aus der Überlegung, dass die Wurfparabel an der höchsten Stelle eine horizontale Tangente besitzt. Damit folgt aus dy dx
0
tan D
g 2
v0 cos 2 D
x
die x-Koordinate des Scheitelpunktes x
xh
v0 2 sin 2D 2g
und mit Gleichung (4.26) die Wurfhöhe h
v0 2 sin 2 D 2g
(4.28).
Beispiel 4-2
*** y A
h
x
c
Į b
B
Nach einer geradlinigen Steigungsstrecke springt ein Motocrossfahrer vom Punkt A bis zum Punkt B.
64
4 Kinetik des Massenpunktes
Man berechne a) die erforderliche Geschwindigkeit v0 in Punkt A, b) die Flughöhe h und c) die Flugdauer tB bis zum Aufsetzen in Punkt B. geg.: b = 15 m, c = 5 m, D = 20° Lösung: a) Erforderliche Geschwindigkeit v0 in Punkt A Der Motocrossfahrer wird als Massenpunkt idealisiert und der Luftwiderstand wird vernachlässigt. Mit Gleichung (4.26) folgt: y ( x)
x tan D
g 2
2
2v0 cos D
x2
Für den Auftreffpunkt gilt: y( x
b)
b tan D
g 2
2v0 cos D
b tan D c b
2
v0
2
b2
c
g 2
2v0 cos 2 D g b2
(b tan D c) 2 cos 2 D 9,81 m/s 2 (15 m) 2 2
(15 m tan 20q 5 m) 2 cos 20q
10,93
b) Flughöhe h Mit Gleichung (4.28) folgt: h
v0 2 sin 2 D 2g
(10,93 m/s) 2 2 9,81 m/s
2
sin 2 20q
c) Flugdauer tB bis zum Aufsetzen in Punkt B Mit Gleichung (4.24) folgt: tB
b v0 cos D
15 m 10,93 m/s cos 20q
1,46 s
0,71 m
m s
39,35
km h
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen
65
Beispiel 4-3
*** l1
l2
Verlesetisch B
m A
h C
Mit einem Kartoffelvollernter werden Kartoffeln geerntet, indem sie durch Spatenschare aus der Erde gehoben werden. Nachdem die Kartoffeln von Erdklumpen durch spezielle Trenngeräte separiert wurden, gelangen sie über ein Förderrad im Punkt A auf ein Fließband, den so genannten Verlesetisch. Nach der Sortierung fallen die Kartoffeln vom Fließband im Punkt B in den leeren Vorratsbunker in Punkt C. Das Fließband läuft mit einer konstanten Geschwindigkeit vF. Man bestimme a) die Zeit, die zum Verlesen der Kartoffeln verbleibt, b) den Abstand l2 vom Punkt B des Verlesetisches zum Auftreffpunkt C im Bunker, c) die Falldauer der Kartoffeln. geg.: l1 = 1500 mm, h = 600 mm, g = 9,81 m/s2, vF = 0,5 m/s Lösung: a) Zeit zum Verlesen der Kartoffeln l1
vF t
t
(siehe Gleichung (3.34)) l1 vF
1500 mm 0,5 m/s
3s
b) Abstand l2 vom Punkt B des Verlesetisches zum Auftreffpunkt C im Bunker y ( x)
x tan D
g 2
2v0 cos 2 D
x2
Mit dem Abwurfwinkel D = 0° gilt für den Auftreffpunkt in C: y( x
l2 )
l2
g 2vF 2
l2 2
h 2vF 2 g
h 600 mm 2 0,5 m/s 2 9,81 m/s 2
174,9 mm
66
4 Kinetik des Massenpunktes
c) Falldauer der Kartoffel Mit Gleichung (4.24) folgt: t
l2 vF
174,9 mm 0,5 m/s
0,35 s
4.3.4 Freier Fall mit Luftwiderstand Die bei einer Bewegung in Luft auftretenden Widerstandskräfte sind geschwindigkeitsabhängig. Sie entstehen erst durch die Bewegung und sind der Bewegung entgegengerichtet. Für die Luftwiderstandskraft FW gilt eine quadratische Geschwindigkeitsabhängigkeit: FW
k v2
(4.29).
k ist hierbei der Widerstandskoeffizient, der experimentell ermittelt werden muss. Er ist von der Geometrie und der Oberflächenbeschaffenheit des Körpers sowie der Dichte U des umgebenden Mediums abhängig und hat die Einheit Ns2/m2. Betrachtet werden soll nun der freie Fall mit Luftwiderstand, Bild 4-8a. Dazu wird eine Punktmasse m aus einer bestimmten Höhe ohne Anfangsgeschwindigkeit fallengelassen (zum Zeitpunkt t = t0 = 0 sind v = 0 und s = 0). Gesucht sind die Geschwindigkeit und der Weg zur Zeit t.
Bild 4-8 Freier Fall mit Luftwiderstand a) Fallbewegung mit der Wegkoordinate s und der Geschwindigkeit v b) Freischnitt des Massenpunkts m mit der Gewichtskraft G = m · g und der Luftwiderstandskraft FW = k · v2
Zur Lösung soll die NEWTONsche Grundgleichung (dynamische Grundgleichung) in natürlichen Koordinaten verwendet werden. Da es sich um eine geradlinige Bewegung handelt, wird lediglich Gleichung (4.10) in der Form m s m v
Ft
(4.30)
herangezogen. Die resultierende Kraft Ft in Bewegungsrichtung ergibt sich aus der Gewichtskraft G und der Luftwiderstandskraft FW zu Ft
G FW
m g k v2
(4.31),
wobei G in Richtung der Koordinate s zeigt (daher positives Vorzeichen) und FW in entgegengesetzte Richtung wirkt (negatives Vorzeichen). Setzt man Gleichung (4.31) in Gleichung (4.30) ein, so erhält man
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen
67
m g k v2
m v
bzw. durch Umformen die Differentialgleichung v
§ · k v 2 ¸¸ g ¨¨1 © m g ¹
(4.32).
Mit einer zweckmäßigen neuen Konstante m g k
N2
(4.33)
erhält man v
§ v2 · g ¨1 2 ¸ ¨ N ¸ ¹ ©
dv dt
(4.34).
Die Trennung der Veränderlichen führt auf 1 g
dt
dv
§v· 1 ¨ ¸ ©N ¹
2
und die Substitution v/N = w bzw. dv = N · dw ergibt
dt
N
dw
(4.35).
g 1 w2
Die Integration dieser Differentialgleichung liefert t
N g
³
dw
C
1 w2
bzw. t
N g
arctanh(w) C
oder (nach Rücksubstitution) t
N g
arctanh
v
N
C
(4.36).
Mit der Randbedingung v(t = 0) = 0 folgt C = 0 und somit t
N g
arctanh
v
N
(4.37).
Die Umkehrung von Gleichung (4.37) führt zur Geschwindigkeit v
N tanh
g t
N
(4.38).
68
4 Kinetik des Massenpunktes
Der sich ergebende Geschwindigkeitsverlauf über der Zeit ist in Bild 4-9 dargestellt.
Bild 4-9 Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm für den freien Fall mit Luftwiderstand vG: Grenzgeschwindigkeit
Mit zunehmender Zeit t nähert sich die Geschwindigkeit v der Grenzgeschwindigkeit vG, die sich für t f aus Gleichung (4.38) ergibt: vG
N
mg k
(4.39).
Im Fall der Grenzgeschwindigkeit ist die Gewichtskraft G und die Luftwiderstandskraft FW im Gleichgewicht und Ft = 0. Es liegt also eine gleichförmige Bewegung vor. Somit kann man die Grenzgeschwindigkeit vG auch mit Gleichung (4.31) erhalten. Die Integration von Gleichung (4.38) liefert mit s(t = 0) = 0 den Weg s
N2 g
ln cosh
g t
N
(4.40).
4.3.5 Geführte Bewegung ohne Reibung In Kapitel 4.3.3 wurden freie Bewegungen eines Massenpunktes behandelt, bei der keine feste Bahn vorgegeben ist. Im Gegensatz dazu steht die geführte Bewegung, bei welcher der Massenpunkt gezwungen wird sich auf einer vorgegebenen Fläche oder Bahn zu bewegen. Ein freier Massenpunkt hat bekanntlich drei Freiheitsgrade, siehe auch Kapitel 2.4. Diese Anzahl der Freiheitsgrade wird bei der geführten Bewegung eingeschränkt. Bewegt sich ein Massenpunkt auf einer Fläche, so hat er nur zwei Freiheitsgrade der Bewegung. Ein Massenpunkt, der sich auf einer Kurve bewegt, hat lediglich einen Freiheitsgrad. G Neben den üblicherweise auf den Massenpunkt einwirkenden Kräften (eingeprägte Kräfte) Fe , G z. B. dem Gewicht, treten auch Führungs- oder Zwangskräfte Fz (z. B. Reaktionskräfte der Führungsebene oder Führungsbahn) auf. Führungskräfte stehen senkrecht zur Bahn, sie können, wie die übrigen Kräfte, durch Freischnitt des Massenpunktes sichtbar gemacht werden. Für geführte Bewegungen kann die NEWTONsche Grundgleichung, siehe Gleichung (4.5), auch wie folgt geschrieben werden: G G G G m a F Fe Fz (4.41). Die Vorgehensweise für geführte Bewegungen soll an einem Massenpunkt, der sich auf einer reibungsfreien Halbkreisbahn bewegt, verdeutlicht werden, Bild 4-10. Gesucht ist in diesem Fall die Bewegungsgleichung und die Führungskraft (Zwangskraft) der Bewegung.
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen
Bild 4-10
69
Geführte Bewegung: Massenpunkt bewegt sich auf einer Halbkreisbahn a) Bewegung des Massenpunkts b) Freigeschnittener Massenpunkt mit der Gewichtskraft G (eingeprägte Kraft) und der G G Normalkraft N (Führungskraft) sowie den Basisvektoren et und en für die Beschreibung der Bewegung in natürlichen Koordinaten (siehe auch Kapitel 3.4.3)
Sinnvoll ist hierbei die Verwendung der NEWTONschen Grundgleichung in natürlichen Koordinaten, Kapitel 4.2.2. Diese lauten mit s = r · M bzw. s r M bzw. U = r: m at
m s m r M
m an
m U M 2
Ft
m r M 2
(4.42),
Fte Fn
Fne Fnz
(4.43).
Dabei entsprechen Fte = G · cosM der Gewichtskraftkomponente in tangentialer Richtung G (Richtung von et ) und Fne = G · sinM der Gewichtskraftkomponente in Normalenrichtung G (entgegengesetzte Richtung von en ). Die Führungskraft (Zwangskraft) Fnz entspricht der Normalkraft: Fnz = N. Somit erhält man die Differentialgleichungen m r M G cos M
(4.44),
m r M 2
(4.45),
N G sin M
als Beziehungen für die Unbekannten M und N.
4.3.6 Geführte Bewegung mit Reibung Bei der Bewegung eines Körpers (Massenpunktes) auf rauer Unterlage tritt zusätzlich zu den bereits wirkenden Kräften eine Gleitreibungskraft als eingeprägte Kraft auf. Diese ist eine Widerstandskraft und als solche stets der Bewegung entgegengerichtet. Die Gleitreibungskraft R errechnet sich mit dem COULOMBschen Reibungsgesetz R
PG N
(4.46),
mit PG als Gleitreibungskoeffizient und N als Normalkraft (Führungskraft oder Zwangskraft) zwischen Unterlage und bewegter Masse (siehe auch Kapitel 10.3 in [1]). Eine Bewegung mit Gleitreibung liegt z. B. bei einem Körper der Masse m vor, der durch eine äußere Kraft F auf rauer, horizontaler Unterlage (Gleitreibungskoeffizient PG) bewegt wird, Bild 4-11a.
70
4 Kinetik des Massenpunktes
Von Bedeutung ist nun, herauszufinden, welche Beschleunigung der Körper erfährt und wie groß die Führungskraft während der Bewegung ist.
Bild 4-11
Reibungsbehaftete Bewegung auf horizontaler Unterlage a) Bewegungssituation auf rauer Unterlage (Gleitreibungskoeffizient PG) mit der äußeren Kraft F und den Koordinaten x und y b) Freischnitt des Körpers mit den eingeprägten Kräften F (äußere Kraft), G = m · g (Gewichtskraft) und R = PG · N (Reibungskraft) sowie der Führungskraft oder Zwangskraft N (Normalkraft)
Zur Lösung des Problems werden ein kartesisches Koordinatensystem mit den Koordinaten x und y sowie die dynamische Grundgleichung in kartesischen Koordinaten, siehe Gleichungen (4.6) und (4.7), gewählt. Der Freischnitt des Körpers zeigt, dass neben der äußeren Kraft F noch die Gewichtskraft G, die Führungskraft (Normalkraft) N und die Reibungskraft R auf den Körper der Masse m einwirken, Bild 4-11b. Somit wirkt bei diesem Fall die resultierende Kraftkomponente Fx
FR
F PG N
(4.47)
in x-Richtung und die resultierende Kraftkomponente Fy
N G
N m g
(4.48)
in y-Richtung auf den Körper. Die Kräfte erhalten ein positives Vorzeichen, wenn sie in positive Koordinatenrichtung zeigen und umgekehrt. Setzt man die resultierenden Kraftkomponenten in die Gleichungen (4.6) und (4.7) der NEWTONschen Grundgleichung ein, so erhält man die Beziehungen m x
Fx
F PG N
(4.49),
m y
Fy
N m g
(4.50).
Da bei dieser einachsigen Bewegung die y-Koordinate und somit die zweite Zeitableitung y der Koordinate null bleibt, ergibt sich mit Gleichung (4.50) unmittelbar die Führungskraft (Normalkraft) N
mg
Setzt man N in Gleichung (4.49) ein, so erhält man m x
F PG m g
(4.51).
4.3 Anwendungen der NEWTONschen Grundgleichungen
71
und somit die Beschleunigung der Masse x
F PG g m
(4.52).
Da F, m, PG und g konstant sind, erhält man eine gleichförmig beschleunigte Bewegung. Die Geschwindigkeit v x und den Weg x erhält man dann durch Integration unter Beachtung von Randbedingungen (siehe z. B. Kapitel 3.3.2.2).
Beispiel 4-4
***
Ein Skifahrer mit der Masse m lässt sich mit einem Lift den Berg hochziehen. Zwischen dem Ski und der Piste wirkt der Gleitreibungskoeffizient PG. a) Welche Normalkraft herrscht zwischen Ski und Piste? b) Welche Beschleunigung erfährt der Skifahrer? geg.:
ȕ Į
D = 15°, E = 45°, m = 80 kg, FLift = 300 N, PG = 0,05
Lösung: Freischnitt FLift
ED
y R = ȝG · N
x G=m·g
N
D
Die Newtonschen Grundgleichungen lauten: : m x G sin D R FLift cosE D : m y
N G cos D FLift sin E D
(1) (2)
a) Normalkraft zwischen Ski und Piste Aus (2) folgt mit y 0 N
m m g cos D FLift sin E D 80kg 9,81 2 cos 15q 300 N sin 30q s
608,06 N
72
4 Kinetik des Massenpunktes
b) Beschleunigung des Skifahrers Mit (1) folgt: m x m g sin D PG >m g cos D FLift sin E D @ FLift cosE D F ª º F x g sin D PG « g cos D Lift sin E D » Lift cosE D m m ¬ ¼
ª º 300 N 300 N cos 30q 9,81 m/s 2 sin 15q 0,05 «9,81 m/s 2 cos 15q sin 30q» 80 kg ¬ ¼ 80 kg 0,33 m/s 2
4.4 Impulssatz Das zweite NEWTONsche Gesetz, Kapitel 4.1.2, lässt sich als NEWTONsche Grundgleichung, siehe Gleichung (4.4) und Kapitel 4.3, oder als Impulssatz, siehe Gleichung (4.3), formulieren. Der Impulssatz kann auch in der Form G (m v )
G d (m v ) dt
G F
G F (t )
(4.53)
geschrieben werden. Eine alternative Formulierung erhält man nach Trennung der VeränderliK G chen durch bestimmte Integration von Gleichung (4.53) mit den Anfangswerten v v0 für G t = t0 als untere Grenzen und v und t als obere Grenzen der Integrale: G v
³
G v0
G m dv
t
³
G F (t ) dt
(4.54).
t0
Durch Integration der linken Seite von Gleichung (4.54) folgt: G G m v m v0
t
G
³ F (t ) dt
(4.55)
t0
bzw. mit Gleichung (4.1) G G G p p0 ³ F (t ) dt Somit lautet der Impulssatz:
G „Die Änderung des Impulses 'p Kraft.“
(4.56). G G p p0 ist gleich dem Zeitintegral über die
Die Gleichungen (4.55) und (4.56) stellen ein erstes Integral des zweiten NEWTONschen Gesetzes dar und werden i. Allg. Impulssatz genannt. In dieser Form findet der Impulssatz insbesondere bei Stoßvorgängen Anwendung. Zweckmäßigerweise wird das in den Gleichungen (4.55) und (4.56) auftretende Integral Kraftstoß oder Stoßkraft genannt. Man erhält damit ein Maß für die Wirkung der Kraft.
4.5 Drall und Drallsatz
73
Bei einem Stoß wirkt eine große Kraft über einen sehr kurzen Zeitraum, Bild 4-12a, b. Dabei erfährt die Masse m, wie aus den Gleichungen (4.55) und (4.56) hervorgeht, eine plötzliche Geschwindigkeits- bzw. Impulsänderung, Bild 4-12c.
Bild 4-12
Verdeutlichung eines Stoßvorgangs a) Stoß: Die Kraft F = F(t) wirkt kurzzeitig auf die Masse m b) Kraft-Zeit-Diagramm beim Stoß, Stoßdauer tS c) Geschwindigkeitsänderung 'v = v – v0 durch den Stoß d) Die Fläche unter der F(t)-Kurve entspricht dem Betrag der „Stoßkraft“
Der zeitliche Verlauf von F(t), Bild 4-12b, ist bei schnellen Stoßvorgängen meist unbekannt. Daher kann die Einführung einer so genannten „resultierenden Stoßkraft“ G FS
t
G
³ F dt
(4.57)
0
sinnvoll sein. Der Betrag FS entspricht dann nach Bild 4-12d der Fläche unter der F(t)-Kurve, die Einheit dieser so genannten Stoßkraft ist Ns oder kg m/s. Stoßvorgänge werden ausführlich in Kapitel 5.6 behandelt. Für F = F(t) = FS = 0 gilt wiederum der Impulserhaltungssatz (siehe Kapitel 4.1.1).
4.5 Drall und Drallsatz Neben der physikalischen Größe „Impuls“ spielt auch die physikalische Größe „Drall“, auch „Drehimpuls“ oder „Impulsmoment“ genannt, in der Dynamik eine bedeutende GRolle. Ein Massenpunkt m, der sich entlang einer Bahn bewegt, erfährt infolge einer Kraft F eine Impulsänderung (siehe Kapitel 4.4). Betrachtet man diesen Vorgang von einem G Punkt 0 außerhalb der Bahn, so bewirkt dieG Kraft bezüglich dieses Punkts ein Moment M bzw. eine Dreh impuls- oder Dralländerung L .
4.5.1 Moment einer Kraft
G G Das Moment M der Kraft F bezüglich des Bezugspunktes 0 errechnet sich mit dem OrtsvekG tor r aus dem Vektorprodukt G G G M ruF (4.58),
74
4 Kinetik des Massenpunktes
siehe auch Kapitel 3.1 in [1]. G G G Der Momentenvektor M steht somit senkrecht auf der von r und F aufgespannten Ebene, Bild 4-13a, und wird i. Allg. durch einen Doppelpfeil dargestellt.
Bild 4-13
Moment, Drall bzw. Drehimpuls G G G a) Moment einer Kraft bezüglich des Bezugspunktes 0: M G r u F G G b) Drall oder Drehimpuls bezüglich des Bezugspunktes 0: L r u p
G G r umv
4.5.2 Drall, Drehimpuls, Impulsmoment Der Drall G pulses p G L
G oder Drehimpuls ist definiert als das Vektorprodukt des Ortsvektors r und des ImG mv : G G rup (4.59),
siehe auch Bild 4-13b. Der Drall oder Drehimpuls, auch Impulsmoment genannt, ist ebenfalls auf den Bezugspunkt 0 G G G G bezogen und steht senkrecht auf der Ebene von r und p bzw. von r und v . Auch hierbei erfolgt die Darstellung als Doppelpfeil.
4.5.3 Drallsatz, Momentensatz Die Zeitableitung des Dralls ergibt die Drall- oder Drehimpulsänderung: G G G G G G G G G L (r u p ) (r u m v ) r u m v r u m v (4.60). G G G G G Der Term r u m v ist Null, da v r und m v parallel. Es verbleibt somit für die Dralländerung G G G G G L r u p r u m v (4.61). G G G Setzt man in die Momentenbeziehung, Gleichung (4.58), für F die Impulsänderung p m v nach dem zweiten NEWTONschen Gesetz, Gleichung (4.3), ein, so erhält man G G G G G G G M r u F r u m v r u p (4.62) und mit Gleichung (4.61) G G M L
(4.63).
4.5 Drall und Drallsatz
75
Diese Beziehung nennt man Drallsatz, Drehimpulssatz oder Momentensatz. Sie gilt für einen G G beliebigen Bezugspunkt, jedoch müssen M und L auf denselben Punkt bezogen werden. In Worten lautet der Drallsatz: „Die zeitliche Änderung des Dralls (Drehimpulses) ist gleich dem Moment der am Massenpunkt angreifenden Kraft bezüglich desselben Bezugspunktes.“
4.5.4 Drallerhaltungssatz
G Verschwindet das Moment, d. h. ist M G G G L r u p konst.
G G 0 , so folgt L
G 0 bzw.
(4.64).
Diese Beziehung wird als „Satz von der Erhaltung des Dralls“ bezeichnet, der in Worten wie folgt lautet: „Wenn kein Moment wirkt, ist der Drall konstant.“
4.5.5 Drallsatz bei ebener Bewegung
G G Bei einer Bewegung in einer x-y-Ebene haben der Drallvektor L und der Momentenvektor M lediglich eine Komponente in z-Richtung. Damit gilt für das Moment G G M ez M z (4.65)
und für den Drall G G L ez Lz
G ez p r sin M
G ez m v r sin M
G ez m v l
G ez p l
(4.66),
siehe auch Bild 4-14.
Bild 4-14
G Darstellung des Dralls bei ebener Bewegung: Der G Drallvektor L zeigt stets in z-Richtung, er kann auch als Drehpfeil mit L als Betrag von L gezeichnet werden
l ist hierbei der Hebelarm des Impulses p und L = Lz =p · l = m · v · l das Impulsmoment bezüglich des Bezugspunktes 0. Der Drallsatz, Gleichung (4.63), lautet somit bei ebener Bewegung Mz
Lz
(4.67)
76
4 Kinetik des Massenpunktes
oder M
L
(4.68),
da für M und L jeweils nur eine Komponente in z-Richtung existiert. Bei der Anwendung des Drallsatzes ist zu beachten, dass M und L bzw. L auf denselben Bezugspunkts bezogen werden.
4.5.6 Ermittlung des Dralls mit den Komponenten des Impulses Mit den Komponenten der Geschwindigkeit vx und vy bzw. den Komponenten px = m · vx und py = m · vy des Impulses, sowie den Koordinaten x und y des Massenpunktes lässt sich der Drall bezüglich des Bezugspunktes 0 wie folgt errechnen: L
p l
m vy x m vx y
p y x px y
(4.69),
siehe Bild 4-15.
Bild 4-15
Ermittlung des Dralls aus den Komponenten des Impulses (vx, vy: Geschwindigkeitskomponenten; px, py: Komponenten des Impulses)
4.5.7 Drall und Drallsatz für die Drehbewegung Bei einer Kreisbewegung errechnet sich der Drall L bezüglich des Drehpunktes 0 als Produkt des Impulses p = m · v und des Hebelarms l = r: L
pr
(4.70),
mvr
siehe auch Bild 4-16. Mit der Geschwindigkeit v
r Z
(4.71) 2
(siehe Kapitel 3.4.2.7) und m · r = 4 als dem Massenträgheitsmoment (siehe Kapitel 7.3.3.3) der Masse m bezüglich des Drehpunktes 0, erhält man den Drall für die Kreisbewegung auch mit folgender Beziehung: L 4 Z
(4.72).
4.5 Drall und Drallsatz
77
Daraus folgt mit Gleichung (4.68) der „Drallsatz für die Drehbewegung“: M
Bild 4-16
L 4 Z
(4.73).
Kreisbewegung eines Massenpunktes m mit dem Impuls p = m · v und dem Drall L = p · r (v: Geschwindigkeit, Z: Winkelgeschwindigkeit des Massenpunktes)
4.5.8 NEWTONsche Grundgleichung für die Drehbewegung Mit Z M und Z M , siehe Kapitel 3.4.2.6, erhält man aus dem Drallsatz, Gleichung (4.73), die „NEWTONsche oder dynamische Grundgleichung für die Drehbewegung“: M
(4.74).
4 M
Das Massenträgheitsmoment 4 kann entsprechend Kapitel 7.3 berechnet werden oder ist in Bild 7-9 für grundlegende Fälle angegeben. Bei der Kreisbewegung eines Massenpunktes, Bild 4-16, ist 4 = m · r2, bezogen auf den Drehpunkt 0.
Beispiel 4-5
*** A l
Idealisierung:
ij S
l
ij
m m
Ein Kind der Masse m schaukelt. Bestimmen Sie, unter der Annahme, dass das Kind als Punktmasse idealisiert werden kann, die Bewegungsgleichung des schaukelnden Kindes mit a) dem Drallsatz/ Momentensatz, b) der dynamischen Grundgleichung für Drehbewegungen und
78
4 Kinetik des Massenpunktes
c) der dynamischen Grundgleichung in natürlichen Koordinaten sowie zusätzlich die Kraft im Seil. geg.: l, m, g Lösung: Freischnitt A ij l
ij: positive Drehrichtung
v S
G=m·g l · sinij
a) Bewegungsgleichung mit Drallsatz/ Momentensatz M (A)
L( A )
M (A)
m g l sin M (- : Drehung von M ist entgegengesetzt von M)
(Gleichung (4.68))
L( A )
mv l
Mit v
l Z
l M folgt L( A)
L( A )
m l 2 M
(1)
(Gleichung (4.66))
(2) (3)
m l 2 M und somit
(Drall- oder Drehimpulsänderung)
(4)
Aus (1), (2) und (4) folgt die Bewegungsgleichung m g l sin M
m l 2 M
M
g sin M l
0
b) Bewegungsgleichung mit dynamischer Grundgleichung für Drehbewegungen M (A)
4 ( A ) M
(Gleichung (4.74))
Mit (2) und 4 ( A ) m g l sin M
(5)
m l 2 folgt: m l 2 M
M
g sin M l
0
c) Bewegungsgleichung mit dynamischer Grundgleichung in natürlichen Koordinaten sowie die Größe der Seilkraft S ij
en
et
G · sinij s
G · cosij G
4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad :
Ft
s
m g sin M und
l M
s l M folgt die Bewegungsgleichung:
m g sin M
:
m l M
m U M 2
Fn
Mit Fn
(Gleichung (4.10))
m s
Mit Ft
79
g sin M l
0
(Gleichung (4.11))
S G cos M und U
S m g cos M
M
m l M 2
l folgt die Seilkraft: S
m ( g cos M l M 2 )
4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad Arbeit und Leistung sind wichtige Begriffe der Mechanik. Diese werden im Folgenden für die geradlinige Bewegung, die allgemeine Bewegung und die Kreisbewegung definiert. Der Wirkungsgrad spielt bei Maschinen und technischen Anlagen eine wichtige Rolle.
4.6.1 Arbeit und Leistung bei geradliniger Bewegung Führt ein Massenpunkt unter Einwirkung einer konstanten Kraft F eine geradlinige Bewegung aus, so ist die Arbeit W der Kraft das Produkt aus Kraft F mal Weg x: W
Fx
(4.75).
In Worten:
„Arbeit = Kraft · Weg“. Die Arbeit hat die Dimension Kraft · Länge und die Einheit Nm.
Bild 4-17
Bewegung auf geradliniger Bahn: Der Massenpunkt m wird mit einer konstanten Kraft F entlang der Bahn (x: Bahnkoordinate, Verschiebeweg) bewegt
Die Leistung P ist definiert als die Arbeit W pro Zeit t und somit P
dW dt
F x
F v
(4.76).
In Worten gilt:
„Leistung = Arbeit pro Zeit = Kraft mal Geschwindigkeit“. Die Dimension der Leistung ist Kraft · Länge/Zeit. Die Einheit der Leistung ist Nm/s = 1 W (Watt). Der Vergleich mit der früher gebräuchlichen Leistungseinheit PS liefert: 1 kW ˆ 1,36 PS .
80
4 Kinetik des Massenpunktes
Beispiel 4-6 Ein Triebzug mit einer Masse von 108 t fährt mit einer konstanten Geschwindigkeit von A nach B. Bestimmen Sie a) die Arbeit, die der Triebzug auf einer Strecke von 25 km verrichten muss, wenn der Rollund der Luftwiderstand mit 1% der Gewichtskraft angenommen werden kann, und b) die erforderliche Antriebsleistung, wenn der Zug die Strecke von A nach B in 10 min zurücklegt. A
B
25 km
Lösung: a) Arbeit des Triebzuges FW= 0,01FG
W
FW x
0,01m g x
0,01 108000 kg 9,81 m/s 2 25000 m
264870 kNm
b) Erforderliche Antriebsleistung x t
Geschwindigkeit des Zuges: v P
FW v
0,01m g v
441450 Nm/s
25 km 10 min
150 km/h
0,01 108000 kg 9,81 m/s 2 150 km/h
441450 W
441,45 kW
4.6.2 Arbeit und Leistung bei allgemeiner Bewegung
G Wird ein Massenpunkt durch eine beliebige Kraft F (veränderlich nach Größe und Richtung) auf einer beliebigen Bahn, Bild 4-18, bewegt, so ergibt sich bei einer Verschiebung um den G infinitesimal kleinen Weg dr das Arbeitsdifferential G G dW F dr (4.77).
Hierbei handelt es sich um das Skalarprodukt zweier Vektoren, d. h. es gilt auch (4.78) G G mit D als dem Winkel zwischen F und dr . Mit den Kraftkomponenten Fx, Fy und Fz und den G Komponenten dx, dy und dz des Verschiebewegs dr ergibt sich dW
F dr cos D
dW
Fx dx Fy dy Fz dz
(4.79).
4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad
Bild 4-18
81
G Bewegung auf beliebiger Bahn: Die Kraft F verschiebt den Massenpunkt m um den G Weg dr
Die Arbeit zwischen den Bahnpunkten 0 und 1, Bild 4-18, erhält man durch Integration des Arbeitsdifferentials: 1
W
W0,1
G G ³ F dr 0
1
³ F cos D dr
(4.80)
0
oder G r1
W
G
G
(4.81).
³ F dr G
r0
In Gleichung (4.80) stellt der Ausdruck F · cos D die Kraft in Verschieberichtung dar. Somit gilt allgemein:
„Arbeit = Kraft in Verschieberichtung · Verschiebeweg“. In Komponenten ergibt sich W
³ ( Fx dx Fy dy Fz dz) ³ Fx dx ³ Fy dy ³ Fz dz
(4.82) Wx Wy Wz
Dies bedeutet, dass sich die gesamte Arbeit durch Addition der Arbeiten Wx, Wy und Wz ergibt.
4.6.3 Arbeit und Leistung bei geführter Bewegung Bei einer geführten Bewegung, siehe auch Kapitel 4.3.5, G G setzen sich die Kräfte aus eingeprägten Kräften Fe und Zwangs- bzw. Führungskräften Fz zusammen. Da die Zwangskräfte senkrecht zur Bahn stehen, verrichten sie keine Arbeit. Ausgehend von Gleichung (4.80) gilt somit auch die Beziehung 1
W
G
G
³ Fe dr 0
(4.83).
82
4 Kinetik des Massenpunktes
In Worten ausgedrückt bedeutet dies:
„Nur eingeprägte Kräfte verrichten Arbeit.“ Dementsprechend ist die Leistung von Zwangskräften null. Für die Leistung gilt somit G G G G P F v Fe v (4.84). G D. h., die Leistung errechnet sich aus dem Skalarprodukt der eingeprägten Kräfte Fe und der G Geschwindigkeit v des Massenpunktes.
4.6.4 Arbeit und Leistung bei der Drehbewegung Bei einer geführten Kreisbeweung eines Massenpunktes errechnet sich das Arbeitsdifferential dW, ausgehend von Gleichung (4.77) mit der Beziehung G G F dr
dW
F dr cos D
Ft ds cos 0q Fn ds cos 90q
(4.85)
mit dr
ds
(4.86)
r dM
als dem differentiell kleinen Wegabschnitt auf dem Kreisbogen, Ft als Tangential- und Fn als Normalkraft (Zwangskraft), Bild 4-19. Da Fn · ds · cos 90° = 0, verbleibt für die Arbeit dW
Ft ds
Ft r dM
M dM
(4.87).
M = Ft · r ist dabei das Moment der Tangentialkraft Ft bezüglich des Koordinatenursprungspunktes (Hebelarm, Radius r).
Bild 4-19
Kreisbewegung eines Massenpunktes mit der Winkelkoordinate M, dem Verschiebeweg G dr ds , der Tangentialkraft Ft und der Zwangskraft (Normalkraft, Zentripetalkraft) Fn
Die Arbeit bei einer Drehbewegung kann somit wie folgt in Worten dargestellt werden:
„Arbeit = Moment · Drehwinkel.“ Für die gesamte Arbeit zwischen dem Bahnpunkt 0 (Drehwinkel M0) und dem Bahnpunkt 1 (Drehwinkel M1), Bild 4-19, gilt somit
4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad
83
M1
W
³ M dM
(4.88).
M0
Für die Leistung ergibt sich P
dW dt
M dM dt
M M
M Z
(4.89),
wobei Z M die Winkelgeschwindigkeit beschreibt. In Worten gilt somit „Leistung = Arbeit pro Zeit = Moment · Winkelgeschwindigkeit“. Da in der Technik häufig die Drehzahl von Maschinen angegeben wird, gilt auch die Beziehung P
M
S n
(4.90).
30
Hierbei erhält man die Leistung P in der Einheit Watt (W), wenn das Moment M in der Einheit Nm und die Drehzahl n in der Einheit Umdrehungen pro Minute bzw. 1/min eingesetzt wird.
4.6.5 Wirkungsgrad Bei allen Maschinen und technischen Anlagen treten Energieverluste, z. B. infolge von Reibung, auf. Der Wirkungsgrad K ist als das Verhältnis von Nutzarbeit WN und aufgewendeter Arbeit WA
K
WN WA
(4.91)
bzw. als Verhältnis von Nutzleistung PN zu aufgewendeter Leistung PA definiert:
K
PN PA
(4.92).
Somit gilt K < 1 bei allen reibungsbehafteten Vorgängen.
Beispiel 4-7
G = m·g
Ein Turmdrehkran wird mit einem Elektromotor mit einer Leistungsaufnahme von 9 kW betrieben. Welche Masse kann der Kran bei einer Hubgeschwindigkeit v = 20 m/min heben, wenn der Wirkungsgrad 0,9 beträgt?
84
4 Kinetik des Massenpunktes
Lösung: PN PA
K
F v PA
m g v PA
m
K PA g v
0,9 9000 W 9,81 m/s 2 20 m/min
2477 kg
4.7 Arbeitssatz, kinetische Energie Geht man von der Arbeit bei Verschiebung eines Massenpunktes zwischen G den Bahnpunkten 0 und 1 aus, siehe Bild 4-18, und setzt in Gleichung (4.80) für die Kraft F die NEWTONsche Grundgleichung G G G dv (4.93), F m v m dt siehe auch Gleichung (4.4), ein, so erhält man für die Arbeit 1
W
³
G G F dr
0
1
³ 0
G G dr m dv dt
G Mit der Geschwindigkeit v 1
W
G G ³ m v dv 0
m
(4.94).
G dr / dt , siehe auch Gleichung (3.4), folgt: G 1 v2 2
0
G G m v12 m v0 2 2 2
(4.95).
G v0 und G m v12 / 2 Bild 4-20.
G G v1 sind die Geschwindigkeiten und die Ausdrücke m v0 2 / 2 Ek0 und Ek1 die kinetischen Energien des Massenpunktes bei den Bahnpunkten 0 und 1,
Bild 4-20
Massenpunkt m wird auf beliebiger Bahn zwischen den Bahnpunkten 0 (Geschwindigkeit G G v0 ) und 1 (Geschwindigkeit v1 ) bewegt. Die Arbeit W entspricht dabei der Differenz der kinetischen Energien Ek1 und Ek0.
Allgemein gilt für die kinetische Energie
4.7 Arbeitssatz, kinetische Energie G mv2 2
Ek
85
m v2 2
(4.96),
mit der Einheit kg m2/s2 = Joule, siehe auch A2.4 in [1]. Mit Gleichung (4.95) und Gleichung (4.96) erhält man den Arbeitssatz: W
Ek1 Ek0
(4.97).
Dieser lautet in Worten:
„Die Arbeit, welche Kräfte zwischen zwei Bahnpunkten verrichten, ist gleich der Änderung der kinetischen Energie.“ Der Arbeitssatz entspricht somit dem ersten Integral der NEWTONschen Grundgleichung: 1
W
G ³ F dr 0
m v12 m v0 2 2 2
(4.98).
In Gleichung (4.98) kommen Geschwindigkeiten und keine Beschleunigungen vor. Der Arbeitssatz gilt für alle eingeprägten Kräfte und somit auch für Widerstandskräfte (Reibungskräfte). Somit lassen sich auch reibungsbehaftete Vorgänge mit dem Arbeitssatz behandeln, siehe hierzu z. %. Beispiel 4-8.
Beispiel 4-8
***
x h
In einem Rohrpostsystem rutscht ein Paket der Masse m eine raue schiefe Ebene hinunter. Die Anfangsgeschwindigkeit im Punkt L beträgt v0 = 0.
LĮ M
Man bestimme a) die Beschleunigung des Pakets und die zwischen Paket und Rohr wirkende Normalkraft mit der Dynamischen Grundgleichung sowie b) die Geschwindigkeit im Punkt M mit dem Arbeitssatz. geg.: m = 2 kg, h = 2000 mm, D = 30°, PG = 0,3, g = 9,81 m/s2 Lösung: Freischnitt:
y x R = ȝG · N G=m·g
N D
86
4 Kinetik des Massenpunktes
a) Normalkraft und Beschleunigung des Pakets Dynamische Grundgleichungen in kartesischen Koordinaten (Gleichungen (4.6) und (4.7)) m x G sin D R m y
N G cos D
(1)
m g sin D P G N
(2)
N m g cos Į
Mit y 0 folgt aus (2): N
m g cos D
Mit (1) folgt: m x m g sin D P G m g cos D und somit die Beschleunigung: x
g (sin D PG cos D )
9,81 m/s 2 (sin 30q 0,3 cos 30q)
2,36 m/s 2
b) Geschwindigkeit im Punkt M Arbeitssatz (Gleichung(4.97)) W
WG WR
m v12 m v0 2 2 2
m g sin D x P G N x
m v12 2
Nur Gewicht und Reibungskraft verrichten Arbeit. Dagegen verrichtet die Normalkraft N (Zwangskraft) keine Arbeit. Mit N v1
m g cos D folgt: g (sin D PG cos D ) x
2 g (sin D P G cos D ) x
v12 und somit 2
2 g h (1 P G cot D )
2 9,81 m/s 2 2 m (1 0,3 cot 30q)
(x
h / sin D )
4,34 m/s
4.8 Energiesatz Der Energiesatz ist eine spezielle, einfachere Form des Arbeitssatzes für reibungsfreie Vorgänge. In diesem Fall sind die eingeprägten Kräfte konservative Kräfte, die ein Potential besitzen (Konservative Kräfte: alle eingeprägten Kräfte mit Ausnahme der Widerstandskräfte). Die Potentialänderung bei einer Bewegung zwischen Bahnpunkt 0 und 1, Bild 4-21, errechnet sich mit der Beziehung Ep1 Ep0
1 G G F dr
³
W
(4.99).
0
Hierin sind Ep1 das Kräftepotential oder die potentielle Energie im Bahnpunkt 1 und Ep0 das Kräftepotential oder die potentielle Energie im Bahnpunkt 0.
4.8 Energiesatz
Bild 4-21
87
Änderung des Kräftepotentials zwischen den Bahnpunkten 0 und 1: Ep0: Kräftepotential oder potentielle Energie im Punkt 0 Ep1: Kräftepotential oder potentielle Energie im Punkt 1
Mit dem Arbeitssatz, Gleichung (4.97), und Gleichung (4.99) folgt: Ep1 Ep0
Ek1 Ek0
und daraus der Energiesatz Ek0 Ep0
Ek1 Ep1
(4.100),
der sich allgemein in folgender Form schreiben lässt: Ek Ep
konst.
(4.101).
In Worten lautet der Energiesatz:
„Bei reibungsfreier Bewegung ist die Summe aus kinetischer und potentieller Energie konstant.“
4.8.1 Potentielle Energie oder Potential der Gewichtskraft Wirkt auf einen Massenpunkt, der sich in Erdnähe befindet, Bild 4-22, lediglich die Gewichtskraft G = m · g ein, so ergibt sich das Potential bzw. die potentielle Energie mit G G Ep ³ F dr (4.102), G G G G wobei für F m g ey die Gewichtskraft und für dr ey dy einzusetzen ist: Ep
m g ³ dy
m g y C
(4.103).
Zweckmäßig ist die Festlegung der Konstanten C derart, dass sich Ep = 0 für y = 0, d. h. an der Erdoberfläche, ergibt. In diesem Fall wird C = 0 und man erhält die allgemeine Beziehung für das Potential bzw. die potentielle Energie der Gewichtskraft
88
4 Kinetik des Massenpunktes Ep
m g y
(4.104).
D. h., die gespeicherte Energie nimmt mit der Höhe über dem Erdboden zu, was anschaulich der potentiellen Energie entspricht.
Bild 4-22
Errechnung der potentiellen Energie der Gewichtskraft G = m · g
4.8.2 Potentielle Energie oder Potential einer Federkraft Betrachtet man eine Feder mit der Federkonstanten c, die um einen Weg x aus ihrer Ruhelage ausgelenkt wird, Bild 4-23a und Bild 4-23b, so entsteht eine Federkraft FF = c · x, die entgegengesetzt zur Auslenkung gerichtet ist, Bild 4-23c.
Bild 4-23
Potentielle Energie eines Feder-Masse-Systems a) Die Masse m befindet sich in der Ruhelage auf einer reibungsfreien Unterlage. Die Feder mit der Federkonstanten c ist unbelastet b) Durch die Auslenkung der Masse um einen Betrag x wird die Feder gedehnt; es entsteht eine rückstellende Kraft FF c) Wirkung der Federkraft FF = c · x auf die Masse m d) Federkraft-Federverlängerungs-Diagramm mit der potentiellen Energie Ep der Feder
Mit Gleichung (4.102) und G G G F ex FF ex c x und G dr
G ex dx
4.8 Energiesatz
89
erhält man Ep
³ FF dx
c ³ x dx
und somit die potentielle Energie oder das Potential der Feder: Ep
1 c x2 2
1 FF x 2
(4.105).
Diese Beziehung gilt für lineare Federkennlinien. Die potentielle Energie der Feder lässt sich auch als Fläche unter dem Federkraft-Federverlängerungs-Diagramm darstellen, Bild 4-23d.
Beispiel 4-9
*** v1x
h1
h0
S
v2y
v0x
h2 l
Ein Stabhochspringer, der die Latte in der Höhe h1 überspringt, soll als Punktmasse idealisiert werden. Über der Latte hat er eine horizontale Geschwindigkeit v1x, die einem Zehntel der Anlaufgeschwindigkeit v0x entspricht. Man bestimme a) die erforderliche Anlaufgeschwindigkeit v0x, damit er die Höhe h1 überspringen kann und b) die vertikale Auftreffgeschwindigkeit v2y auf dem Mattenstapel. geg.: h0 = 1,2 m, h1 = 6,1 m, h2 = 1 m, g = 9,81 m/s2 Lösung: a) Erforderliche Anlaufgeschwindigkeit Ek0 Ep0
Ek1 Ep1
(Energiesatz)
Betrachtet wird die Situation kurz vor dem Absprung und über der Latte. Somit gilt: m v0x 2 m v0x / 10 2 m v1x 2 m g h 0 m g h1 m g h1 2 2 2
1 1 · § v0x 2 ¨1 ¸ 2 100 ¹ ©
g h1 g h 0
90
4 Kinetik des Massenpunktes
v0x
2 g (h1 h 0 ) 1 1 100
2 9,81 m/s 2 (6,1 m 1,2 m) 1 1 100
9,85 m/s
b) Vertikale Auftreffgeschwindigkeit v2y Ek1 Ep1
Ek2 Ep2
Lediglich die vertikalen Geschwindigkeiten werden betrachtet:
m v1y 2 2
m g h1
m v2y 2 2
m g h 2
Mit v1y = 0 folgt: v2y
2 g (h1 h 2 )
2 9,81 m/s 2 (6,1 m 1 m)
10,0 m/s
91
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen In Kapitel 3 wurde die Kinematik und in Kapitel 4 die Kinetik des einzelnen Massenpunktes betrachtet. Bei vielen Bewegungsvorgängen in Natur und Technik sind jedoch mehrere Körper beteiligt, die vielfach als Massenpunkte idealisiert werden können. Unter einem Massenpunktsystem, siehe auch Kapitel 2.4.3, versteht man eine endliche Zahl von Punktmassen, die untereinander in Verbindung stehen. Man unterscheidet dabei Systeme mit x
kinematischen Bindungen und
x
physikalischen Bindungen.
Diese Systeme werden zunächst vorgestellt. Später werden die Kinetik der Einzelmasse, die Kinetik des Gesamtsystems und der Stoß zweier Massenpunkte betrachtet.
5.1 Systeme mit kinematischen Bindungen Kinematische Bindungen liegen vor, wenn die Einzelmassen eines Massenpunktsystems durch starre Strukturen miteinander verbunden sind. Zwischen den Koordinaten der Massenpunkte bestehen dann feste geometrische Beziehungen, die durch kinematische Bindungsgleichungen beschrieben werden können. Somit können sich die Einzelmassen eines Massenpunktsystems nicht unabhängig voneinander bewegen. Vielmehr führen die Massen des Systems eine voneinander abhängige (also eine gekoppelte) Bewegung aus. Damit reduzieren sich die Freiheitsgrade der einzelnen Massen und des Gesamtsystems. Die Freiheitsgrade f eines Massenpunktsystems sind durch die Zahl n der Massen und die Zahl d der kinematischen Bindungen bestimmt. Bei räumlichen Bewegungen gilt die Beziehung f
3n d
(5.1).
Diese ergibt sich mit folgender Überlegung: x
Ein Massenpunkt im Raum hat drei Freiheitsgrade (siehe auch Kapitel 2.4.1).
x
n Massenpunkte haben somit 3n Freiheitsgrade.
x
Die Zahl der Freiheitsgrade wird um die Anzahl d der Abstandsbindungen reduziert.
Bei ebener Bewegung errechnet sich dementsprechend die Anzahl der Freiheitsgrade mit der Formel f
2n d
(5.2).
Bei einachsiger Bewegung gilt f
nd
(5.3).
Beispiele für einachsige, ebene und räumliche Bewegungen werden im Folgenden betrachtet.
92
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
5.1.1 Bewegungen mit einem Freiheitsgrad Massenpunktsysteme mit einem Freiheitsgrad sind in Bild 5-1 gezeigt. Bei dem System in Bild 5-1a sind zwei Massen durch ein dehnstarres (aber biegeschlaffes), masseloses Seil, das über eine masselose Umlenkrolle geführt ist, miteinander verbunden. Für die einachsige Bewegung ergibt sich entsprechend Gleichung (5.3) mit n = 2 Massen und einer Abstandsbindung (d = 1) f
nd
2 1 1
(5.4),
also ein Freiheitsgrad.
Bild 5-1 Massenpunktsysteme mit einem Freiheitsgrad a) Zwei Massen sind durch ein dehnstarres, masseloses Seil miteinander verbunden b) Drei Massen sind durch zwei dehnstarre, masselose Seile miteinander verbunden
Die Wege x1 und x2, welche die Massen bei Bewegung des Systems zurücklegen, sind nicht unabhängig voneinander. Es gilt die kinematische Beziehung oder Bindungsgleichung x1
x2
(5.5).
Die Bewegungen des Gesamtsystems können also durch die Koordinate x1 oder die Koordinate x2 beschrieben werden. Bei dem Massenpunktsystem in Bild 5-1b sind drei Massen (n = 3) durch zwei masselose und dehnstarre Seile (d = 2) miteinander verbunden. Es handelt sich hierbei ebenfalls um ein System mit einem Freiheitsgrad, siehe Gleichung (5.3): f
nd
32 1
(5.6).
Die kinematische Beziehung (Bindungsgleichung) lautet somit x1
x2
x3
(5.7).
5.1.2 Ebene Bewegungen Das Massenpunktsystem in Bild 5-2 führt ebene Bewegungen aus (x-y-Ebene). Das System besteht aus zwei Massen (n = 2), die durch eine masselose, starre Stange (d = 1) miteinander verbunden sind. Die Anzahl der Freiheitsgrade ergibt sich mit Gleichung (5.2):
5.1 Systeme mit kinematischen Bindungen f
2n d
93 (5.8).
2 2 1 3
Bei den drei Bewegungsmöglichkeiten handelt es sich um zwei Translationen, z. B. x1(t) und y1(t), und eine Rotation, z. B. M (t).
Bild 5-2 Ebene Bewegung eines Massenpunktsystems
Bei der Bewegung ist der Abstand l der Massen konstant. Somit ergibt sich die kinematische (geometrische) Beziehung oder Bindungsgleichung:
x2 x1 2 y2 y1 2
l2
(5.9).
5.1.3 Räumliche Bewegungen Das Massenpunktsystem in Bild 5-3 kann räumliche und ebene Bewegungen ausführen. Es besteht aus drei Massen (n = 3), die durch masselose, starre Stangen (d = 3) verbunden sind. Bei räumlicher Bewegung hat das System insgesamt sechs Freiheitsgrade (siehe Gleichung (5.1)): f
3n d
33 3 6
(5.10),
d. h. drei Translationen und drei Rotationen.
Bild 5-3 Räumliche Bewegung eines Massenpunktsystems
Damit kann das Massenpunktsystem in Bild 5-3 auch als Modell eines starren Körpers, siehe Kapitel 2.4.2 bzw. Kapitel 6 und Kapitel 7 angesehen werden.
94
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
Bei ebener Bewegung, z. B. in der x-y-Ebene, hat das Massenpunktsystem in Bild 5-3 insgesamt drei Freiheitsgrade, d. h. nach Gleichung (5.2) folgt f
2n d
23 3 3
(5.11).
Dies bedeutet, auch in einer Ebene bewegt sich das System wie ein starrer Körper mit zwei translatorischen und einem rotatorischen Freiheitsgrad.
5.2 Systeme mit physikalischen Bindungen Zwischen den Massen eines Massenpunktsystems können auch physikalische Bindungen vorliegen. In diesem Fall bestehen zwischen den Bindungskräften und den Abständen der Massen physikalische Zusammenhänge. Beispiele hierfür sind Feder-Masse-Systeme oder auch Planeten- und Satellitensysteme. Die Kräfte hängen hier über das Federgesetz bzw. über das Gravitationsgesetz vom Abstand der Massen ab.
Bild 5-4 Massenpunktsystem mit physikalischer Bindung a) Zwei Massen sind durch eine Feder (Federkonstante c) miteinander verbunden b) Freischnitt der Massen mit der auf sie einwirkenden Federkraft FF
Das in Bild 5-4a gezeigte Feder-Masse-System besteht aus zwei Massen, die durch eine Feder (Federkonstante c) miteinander verbunden sind. Zwischen den Massen herrscht bei Bewegung die Federkraft FF. Diese verändert sich mit dem Abstand der Massen voneinander, was zu der physikalischen Bindungsgleichung FF
c ( x2 x1 )
(5.12),
mit x1 und x2 als den Koordinaten der Massen bei einachsiger Bewegung, führt.
5.3 Äußere und innere Kräfte eines Massenpunktsystems Die Kinetik beschreibt ja die Beziehungen zwischen den Bewegungen bzw. Bewegungsänderungen und den sie beeinflussenden Kräften. Daher ist es zunächst erforderlich, die bei einem Massenpunktsystem wirkenden Kräfte zu untersuchen. Bei dem in Bild 5-5 dargestellten Massenpunktsystem mit den Massen mi, mj und mk oder allgemein mi (mit i = 1..k) wirken die äuG G G G ßeren Kräfte Fi , Fj und Fk oder allgemein Fi (mit i = 1..k) sowie die inneren Kräfte
5.4 Kinetik der einzelnen Massen
95
G G G G N ij , N ik , N ji , ... oder allgemein N ij . Aufgrund des Wechselwirkungsgesetzes (siehe Kapitel G G G G 4.1.3 in diesem Buch oder Kapitel 2.3.3 in [1]) gilt zudem N ij N ji , N ik N ki , usw.
Bild 5-5 Äußere Kräfte und innere Kräfte G eines Massenpunktsystems G (Massen mi,..., äußere Kräfte Fi,... , innere Kräfte N ij,... )
Die Bewegungen eines Massenpunktsystems lassen sich durch die Betrachtung der Bewegungszustände der Einzelmassen oder durch Untersuchung der Bewegungen des Gesamtsystems analysieren. Beide Vorgehensweisen werden nachfolgend beschrieben.
5.4 Kinetik der einzelnen Massen Die Bewegung jeder Einzelmasse kann mit der NEWTONschen Grundgleichung (siehe auch Kapitel 4.2) beschrieben werden. In vektorieller Form lautet diese dann G mi ai
G mi ri
G Fi
G
¦ Nij
(5.13),
G G G wobei mi die untersuchte Masse,G ai ri die Beschleunigung der Masse mi, Fi die Resultierende der äußeren Kräfte und 6 N ij die Summe aller inneren Kräfte bedeuten, welche auf die Masse mi einwirken, siehe Bild 5-6.
In kartesischen Koordinaten (x-y-z-Koordinatensystem) kann die NEWTONsche Grundgleichung wie folgt geschrieben werden: mi xi
mi aix
mi yi
mi aiy
mi zi
mi aiz
¦ Fix ¦ Fiy ¦ Fiz
(5.14) (5.15) (5.16)
96
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
(vgl. auch Kapitel 4.2.1) mit mi als der betrachteten Masse, xi aix als der Beschleunigung in x-Richtung, yi aiy und zi aiz , sowie z. B. 6Fix als Summe aller äußeren und inneren Kräfte (in x-Richtung), welche auf den Massenpunkt mi einwirken, usw.
G Bild 5-6 Freischnitt der Masse mi mit der resultierenden eingeprägten (äußeren) Kraft Fi und den G inneren Kräften N ij
Die NEWTONschen Grundgleichungen erlauben das Aufstellen von Bewegungsgleichungen bzw. Bewegungsdifferentialgleichungen und somit das Lösen zahlreicher technischer Fragestellungen. Beim Massenpunktsystem werden die NEWTONschen Grundgleichungen, Gleichungen (5.14) bis (5.16), zunächst für jede Einzelmasse aufgestellt. Da die Bewegungen der Massen aber i. Allg. abhängig voneinander sind, werden zur Lösung des Problems noch die kinematischen oder physikalischen Bindungsgleichungen, siehe Kapitel 5.1 und Kapitel 5.2, benötigt. Man erhält die noch unbekannten Kräfte, i. Allg. die inneren Kräfte, und die Beschleunigungen der Einzelmassen. Mit den bereits bekannten kinematischen Methoden (siehe Kapitel 3) lassen sich daraus auch Geschwindigkeiten und Wege der Einzelmassen und des Massenpunktsystems ermitteln. Die Ermittlung von Beschleunigungen und inneren Kräften eines Massenpunktsystems ist in Beispiel 5-1 gezeigt.
Beispiel 5-1
*** Zwei Massen (m1 > m2) sind durch ein dehnstarres, masseloses Seil verbunden, das über eine masselose Rolle läuft. Wie groß sind a) die Seilkräfte und b) die Beschleunigungen der Massen,
m1 x2
x1 m2
wenn das System sich selbst überlassen wird? geg.: m1, m2, g
5.5 Kinetik des Gesamtsystems
97
Lösung: a) Seilkräfte Freischnitt:
Systemgrenze Masse m1
S1
S2
S1
S2
Systemgrenze Masse m2 x2
Annahme:
x1 G1 = m1· g
G2 = m2· g
m1 bewegt sich nach unten und damit m2 nach oben
Dynamische Grundgleichung für Masse m1: m1 x1
(1)
m1 g S1
Dynamische Grundgleichung für Masse m2: m2 x2
(2)
m2 g S 2
Wegen masseloser Rolle gilt:
S1
S2
S
(3)
Kinematische Beziehung: x1
x2
x1
Aus (1) – (4) folgt:
(4)
x2 S
2m1 m2 g m1 m2
b) Beschleunigungen der Massen Aus (1) bzw. (2), (3) und (4) folgt: x1
g
S m1
m m2 g 1 m1 m2
x2
5.5 Kinetik des Gesamtsystems Bisher wurden die Bewegungen der Einzelmassen und die zwischen den Einzelmassen wirkenden inneren Kräfte eines Massenpunktsystems analysiert. Dazu war der Freischnitt jeder Einzelmasse, siehe Bild 5-6 und Beispiel 5-1, und das Aufstellen der NEWTONschen Grundgleichung für jede Teilmasse erforderlich (vgl. die Vorgehensweise bei mehrteiligen Tragwer-
98
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
ken in [1]). Es ist aber auch möglich, das Massenpunktsystem als Gesamtsystem zu betrachten und die kinetischen Beziehungen für die globalen Bewegungen des Systems aufzustellen.
5.5.1 NEWTONsche Grundgleichung für das Gesamtsystem (Schwerpunktsatz) Geht man von der NEWTONschen Grundgleichung für die Einzelmasse, Gleichung (5.13), aus, so kann man das Bewegungsgesetz für das Gesamtsystem erhalten, indem man die Gesetzmäßigkeiten für alle Teilmassen i = 1..n aufsummiert. Man erhält dann G
G
G
G
¦ mi ai ¦ mi ri ¦ Fi ¦¦ Nij i
i
i
i
(5.17).
j
G Die Summe G Güber alle inneren Kräfte, 66 N ij , ist null, da aufgrund des Wechselwirkungsgesetzes N ij N ji ist. Somit ergibt sich G
G
¦ mi ri ¦ Fi i
(5.18),
i
siehe auch Bild 5-7. Dies bedeutet, für die Kinematik des Gesamtsystems sind nur die äußeren Kräfte von Bedeutung, die inneren Kräfte beeinflussen die Bewegung des Gesamtsystems nicht.
G G Bild 5-7 Gesamtsystem mit den Massen mi, den äußeren Kräften Fi , den Ortsvektoren ri , dem MasG senmittelpunkt S und dem Ortsvektor rs des Massenmittelpunktes
Mit der Formel für den Massenmittelpunkt G rs
G
¦ mi ri ¦ mi
G 1 mi ri m i
¦
(5.19),
5.5 Kinetik des Gesamtsystems
99
siehe Kapitel 9.1.5 in [1], erhält man auch G
¦ mi ri
G m rs
(5.20)
i
bzw. durch Differentiation G
¦ mi ri
G m rs
G m as
(5.21).
i
G Die Summe über alle äußeren Kräfte in Gleichung (5.18) lässt sich auch als Resultierende F der äußeren Kräfte schreiben: G
G F
¦ Fi
(5.22).
i
Setzt man Gleichung (5.21) und Gleichung (5.22) in Gleichung (5.18) ein, so erhält man mit G F
G m as
(5.23)
die NEWTONsche oder Dynamische Grundgleichung für den Schwerpunkt des Massenpunktsystems. Diese Beziehung wird auch Schwerpunktsatz genannt. In Worten lautet dieser:
„Der Schwerpunkt eines Massenpunktsystems bewegt sich so, als ob die Gesamtmasse in ihm vereinigt wäre und alle äußeren Kräfte an ihm angriffen.“ In kartesischen Koordinaten gilt: m xs m ys
Fx
(5.24)
Fy
(5.25)
m zs
Fz
(5.26),
mit m als Gesamtmasse, xs , ys , zs als Schwerpunktsbeschleunigungen und Fx, Fy, Fz als resultierende äußere Kräfte in x-, y- und z-Richtung.
5.5.2 Gesamtimpuls, Impulssatz und Impulserhaltungssatz
G Den Gesamtimpuls p des Massenpunktsystems erhält man durch Summation der Impulsanteile aller Einzelmassen mit der Beziehung G p
G
G
¦ pi ¦ m vi i
(5.27).
i
Mit der ersten Ableitung von Gleichung (5.20), nämlich mit G
G
¦ m ri ¦ m vi i
G m rs
G m vs
i
erhält man den Gesamtimpuls für das Massenpunktsystem:
(5.28),
100
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen G p
G m vs
(5.29), G mit m als der Gesamtmasse und vs als der Schwerpunktgeschwindigkeit des Massenpunktsystems. Der Impuls ist somit das Produkt aus der Gesamtmasse und der Schwerpunktgeschwindigkeit. Der Impulssatz für das Massenpunktsystem lautet damit G F
G p
G (m vs )
(5.30),
siehe auch Kapitel 4.1.2. In Worten ausgedrückt, gilt:
„Die zeitliche Änderung des Gesamtimpulses ist gleich der Resultierenden der äußeren Kräfte.“ Für den Fall, dass keine resultierende äußere Kraft auf das G GMassenpunktsystem einwirkt, gilt der Impulserhaltungssatz, siehe auch Kapitel 4.1.1. Mit F 0 folgt somit G p
G
G
¦ pi ¦ m vi i
konst.
(5.31).
i
5.5.3 Gesamtdrall, Drallsatz und Drallerhaltungssatz Für jede Einzelmasse m, Bild 5-6, ist der Drall definiert als das Vektorprodukt des Ortsvektors G G G ri und des Impulses pi m vi (siehe auch Kapitel 4.5.2): G Li
G G ri u pi
G G ri u mi vi
(5.32).
Der Gesamtdrall für das Massenpunktsystem ergibt sich nun durch die Summation über alle Einzelmassen mit G L
G
G
G
G
G
¦ Li ¦ (ri u pi ) ¦ (ri u m vi ) i
i
(5.33).
i
Der Gesamtdrall ist dabei auf den Koordinatenursprungspunkt 0, Bild 5-5, bezogen. Der Drallsatz für das Massenpunktsystem kann in Anlehnung an die Definition in Kapitel 4.5.3 formuliert werden. Dementsprechend gilt:
„Die zeitliche Änderung des Gesamtdralls ist gleich dem resultierenden Moment der am Massenpunktsystem angreifenden Kräfte.“ Formelmäßig ergibt sich G G M L (5.34), G G wobei M und L auf denselben Bezugspunkt zu beziehen sind. G Existiert kein resultierendes Moment, so ist der Gesamtdrall L , Gleichung (5.33), konstant:
5.6 Gerader zentrischer Stoß zweier Massenpunkte G L
G
G
G
G
¦ (ri u pi ) ¦ (ri u m vi ) i
konst.
101 (5.35).
i
Diese Beziehung wird als „Satz von der Erhaltung des Dralls“ bezeichnet (siehe auch Kapitel 4.5.4).
5.5.4 Energiesatz für das Massenpunktsystem Für den Massenpunkt, Kapitel 4.8, wie für das Massenpunktsystem, gilt der Energiesatz: E k Ep
konst.
(5.36).
Dieser lautet in Worten:
„Bei reibungsfreier Bewegung ist die Summe aus kinetischer und potentieller Energie konstant.“ Bei Massenpunktsystemen setzt sich die kinetische Energie aus den kinetischen Energien aller Einzelmassen zusammen. Somit gilt: Ek
¦ i
mi vi 2 2
¦ i
mi ri 2 2
(5.37).
Auch die potentielle Energie ist für das gesamte Massenpunktsystem zu berechnen.
5.6 Gerader zentrischer Stoß zweier Massenpunkte Bei den bisher betrachteten Massenpunktsystemen stehen die Einzelmassen in Verbindung miteinander (siehe Systeme mit kinematischen Bindungen, Kapitel 5.1, und Systeme mit physikalischen Bindungen, Kapitel 5.2). Es gibt aber auch Fälle, wo sich die Einzelmassen zunächst unabhängig voneinander bewegen können. In diesen Fällen kann es zu einem Aufeinandertreffen von Einzelmassen, d. h. zu einem Stoßvorgang und damit zu einer Bewegungsänderung der Einzelmassen, kommen. Diese Vorgänge, die ebenfalls große praktische Bedeutung haben, gilt es zu untersuchen. Betrachtet wird zunächst der gerade zentrische Stoß zweier Massenpunkte. Dieser Stoßvorgang ist in Bild 5-8 verdeutlicht. Vor dem Stoß, Bild 5-8a, bewegt sich die Masse m1 mit der Geschwindigkeit v1 auf die Masse m2 mit der Geschwindigkeit v2 < v1 zu. Beim Zusammenstoß, Bild 5-8b, wird in kurzer Zeit eine große Kraft (innere Kraft) zwischen den Massen m1 und m2 übertragen. Nach dem elastischen oder teilplastischen Stoß bewegen sich die Massen m1 und m2 mit den Geschwindigkeiten v1* und v2* getrennt voneinander. Von Bedeutung sind insbesondere die Bewegungszustände vor und nach dem Stoß. Bei der Untersuchung dieser Bewegungszustände kann die komplizierte Stoßphase außer Acht gelassen werden.
102
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
Bei Stoßvorgängen unterscheidet man den
x
Stoß ohne Energieverlust (d. h. den vollkommen elastischen Stoß) und den
x
Stoß mit Energieverlust (d. h. den teilplastischen Stoß oder den vollkommen plastischen Stoß).
Beide Stoßarten werden nachfolgend eingehend untersucht.
Bild 5-8 Gerader zentrischer Stoß zweier Massenpunkte a) Situation vor dem Stoß: Masse m1 bewegt sich schneller als Masse m2, d.h. v1 > v2 b) Beim Stoßvorgang wird in kurzer Zeit eine große Kraft übertragen c) Situation nach dem Stoß: Die Massen m1 und m2 bewegen sich beim elastischen und beim teilplastischen Stoß getrennt voneinander mit den Geschwindigkeiten v1* und v2*
5.6.1 Stoß ohne Energieverlust Die Bewegungsabläufe, d. h. die Geschwindigkeiten vor und nach dem Stoß ohne Energieverlust, also dem vollkommen elastischen Stoß, erhält man durch Anwendung des Impulserhaltungssatzes, Kapitel 5.5.2, und des Energiesatzes, Kapitel 5.5.4. Betrachtet werden jeweils die Gegebenheiten vor und nach dem Stoß. Da bei dem geraden zentrischen Stoß, Bild 5-8, sich die Massen in einer Richtung bewegen, kann auf die Vektordarstellungen der Geschwindigkeiten verzichtet und nur mit den Beträgen der Geschwindigkeiten gearbeitet werden. Für den Gesamtimpuls vor dem Stoß (Bild 5-8a) gilt somit nach Gleichung (5.27): p
¦ pi ¦ mi vi i
m1 v1 m2 v2
(5.38).
i
Der Gesamtimpuls nach dem Stoß (Bild 5-8c) lautet somit p
¦ mi vi i
m1 v1 m2 v2
(5.39).
5.6 Gerader zentrischer Stoß zweier Massenpunkte Nach dem Impulserhaltungssatz, Gleichung m1 · v1 + m2 · v2 = m1 · v1* + m2 · v2* bzw. m1 (v1 v1 )
103 (5.31),
ist
p = p*
m2 (v2 v2 )
und
damit
(5.40).
Die kinetische Energie vor dem Stoß errechnet sich mit Gleichung (5.37): mi vi 2 ¦ 2 i
Ek
m1 m v1 2 2 v2 2 2 2
(5.41).
Für die kinetische Energie nach dem Stoß gilt Ek
m v ¦ i 2i i
2
2 m1 2 m2 v1 v2 2 2
(5.42).
Die potentielle Energie vor und nach dem Stoß, Bild 5-8, ist gleich: Ep
Ep
(5.43).
Somit liefert der Energiesatz, Gleichung (5.36), mit Ek m1 m v1 2 2 v2 2 2 2
Ek
2 m1 2 m2 v1 v 2 2 2
bzw. 2
m1 (v1 2 v1 )
2
m2 ( v 2 v 2 2 )
(5.44).
Durch Umformen von (5.44) und (5.40) erhält man mit v2 v1
v1 v2
(5.45),
die so genannte „Stoßbedingung“. Diese sagt aus, dass die Geschwindigkeitsdifferenz vor dem Stoß gleich der Geschwindigkeitsdifferenz nach dem Stoß ist. Mit Gleichung (5.45) und Gleichung (5.40) erhält man dann die Geschwindigkeiten v1* und v2* nach dem Stoß: v1
m1 v1 m2 (2v2 v1 ) m1 m2
(5.46),
v 2
m2 v2 m1 (2v1 v2 ) m1 m2
(5.47).
104
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
5.6.2 Stoß mit Energieverlust Auch für den Stoß mit Energieverlust gilt der Impulserhaltungssatz, Gleichung (5.40). Die Stoßbedingung, Gleichung (5.45), wird nun durch die NEWTONsche Stoßhypothese ersetzt: v2 v1
e (v1 v2 )
(5.48).
Dies stellt eine Idealisierung des Geschehens dar. Die so genannte Stoßzahl e ist vom Material der Einzelmassen abhängig und muss deshalb experimentell bestimmt werden. e kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen: (5.49).
0 d e d1
Für e = 0 ergibt sich dann der vollkommen plastische Stoß und für e = 1 liegt ein vollkommen elastischer Stoß vor. Die Geschwindigkeiten nach dem Stoß ergeben sich mit Gleichung (5.48) und Gleichung (5.40): v1
m1 v1 m2 v2 e m2 (v2 v1 ) m1 m2
(5.50),
v 2
m1 v1 m2 v2 e m1 (v1 v2 ) m1 m2
(5.51).
Der Energieverlust EV beim Stoß (durch Plastifizierung, Wärme, Schall) ergibt sich aus dem Vergleich der kinetischen Energie vor und nach dem Stoß: EV
Ek E k
(5.52).
Somit gilt mit Gleichung (5.41) und Gleichung (5.42) EV
2 m 2 m1 m m v1 2 2 v2 2 1 v1 2 v2 2 2 2 2
(5.53)
sowie mit Gleichung (5.50) und Gleichung (5.51) EV
1 e 2 m1 m2 (v1 v2 ) 2 2 m1 m2
(5.54).
Wie man erkennt, entspricht e = 1 dem Grenzfall des Stoßes ohne Energieverlust (EV = 0, vollkommen elastischer Stoß). Für den Grenzfall e = 0, d. h. für den vollkommen plastischen Stoß, tritt maximaler Energieverlust auf: EV
E Vmax
1 m1 m2 (v1 v2 ) 2 2 m1 m2
(5.55).
5.6 Gerader zentrischer Stoß zweier Massenpunkte
105
Die Geschwindigkeiten nach einem vollkommen plastischen Stoß ergeben sich für e = 0 aus Gleichung (5.50) und Gleichung (5.51): v1
m1 v1 m2 v2 m1 m2
v2
v
(5.56).
D. h. die beiden Massen bewegen sich mit gemeinsamer Geschwindigkeit weiter.
Beispiel 5-2
*** s
Auf dem Hövelmarkt steht ein „Hau den Lukas“, bei dem mit einem Hammer der Masse mH auf eine Wippe (idealer masseloser starrer Balken, gleicher Schenkellängen) gehauen wird. Dadurch wird eine Kugel der Masse mK in die Höhe katapultiert. Drückt die Kugel die Feder (Federsteifigkeit c) an der Oberseite des Gerätes um eine Strecke s zusammen, leuchtet eine Lampe auf.
mH h y mK
Bestimmen Sie a) die Auftreffgeschwindigkeit des Hammers, damit die Lampe aufleuchtet, und b) die notwendige Auftreffgeschwindigkeit bei der Verwendung eines Hammers, der nur halb so schwer ist, unter der Annahme eines geraden zentrischen Stoßes durch den Hammer auf die Wippe mit einer Stoßzahl e = 0,8. geg.: h = 2m, s = 50 mm, mH = 10 kg, mK = 1 kg, g = 9,81 m/s2, e = 0,8, c = 10 N/mm Lösung: a) Auftreffgeschwindigkeit des Hammers, damit die Lampe aufleuchtet Geschwindigkeit der Kugel nach dem Stoß: vK *
mK v K mH v H e mH (v H v K ) mK mH
mit vK = 0 folgt:
vK *
mH vH (1 e) mK m H
(1)
Energiesatz: Ek0 Ep0
Mit
Ek1 Ep1
Ek0
mK v K * 2
Ep0
0
2
Ek1
0
Ep1
Ep1, Feder Ep1, Gewicht
1 c s 2 mK g ( h s ) 2
106
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
und (1) folgt: mK 2
§ m v (1 e) · ¸¸ ¨¨ H H © mK mH ¹
vH
2
1 c s 2 mK g ( h s ) 2
c s 2 2 mK g ( h s ) mK m H mK mH (1 e) 10 N/mm (50 mm) 2 2 1,0 kg 9,81 m/s 2 2,05 m 1kg 10 kg 1kg 10 kg (1 0,8) 4,94 m/s
b) Auftreffgeschwindigkeit bei halber Hammermasse vH
10 N/mm (50 mm)2 2 1,0 kg 9,81m/s 2 2,05 m 1kg 5 kg 1kg 5 kg (1 0,8)
5,38 m/s
5.7 Schiefer zentrischer Stoß zweier Massen Nach dem geraden zentrischen Stoß soll der schiefe zentrische Stoß zweier Massen betrachtet werden. In diesem Fall, Bild 5-9a, bewegen sich die Masse m1 mit der Geschwindigkeit v1 und die Masse m2 mit der Geschwindigkeit v2 schräg aufeinander zu.
Bild 5-9 Schiefer zentrischer Stoß zweier Massenpunkte a) Situation vor dem Stoß: Die Masse m1 und die Masse m2 bewegen sich schräg mit den Geschwindigkeiten v1 und v2 aufeinander zu b) Bei glatten Oberflächen der Massen kann beim Stoß keine Kraft in y-Richtung übertragen werden, es wirkt lediglich die Kraft F(t) in x-Richtung (Richtung der Stoßnormalen) c) Situation nach dem Stoß: Die Massen bewegen sich mit v1* und v2* auseinander
5.7 Schiefer zentrischer Stoß zweier Massen
107
Beim Stoß zweier Massen mit glatten Oberflächen (keine Reibung) wirkt lediglich eine Kraft F(t) = FSx(t) in Richtung der Stoßnormalen und keine Kraft in y-Richtung. Damit ergibt sich in Anlehnung an den Impulssatz, Kapitel 4.4, Gleichung (4.55) und Gleichung (4.57), in y-Richtung m1 v1y m1 v1y
FSy
0
(5.57)
und somit v1y
v1y
(5.58)
sowie m1 v2 y m2 v2 y
FSy
0
(5.59)
und somit v2 y
v2 y
(5.60).
Die Geschwindigkeitskomponenten senkrecht zur Stoßnormalen (d. h. in y-Richtung) sind somit beim Stoß zweier Massen, bei der beide Massen eine glatte, reibungsfreie Oberfläche besitzen, konstant. In Richtung der Stoßnormalen gelten die Beziehungen wie beim geraden Stoß, siehe die Gleichungen (5.46), (5.47), (5.50) und (5.51). Allerdings sind hier lediglich die Geschwindigkeitskomponenten in x-Richtung, d. h. in Richtung der Stoßnormalen einzusetzen. Somit gilt für den Stoß ohne Energieverlust v1x
m1 v1x m2 (2v2 x v1x ) m1 m2
(5.61),
v2 x
m2 v2 x m1 (2v1x v2 x ) m1 m2
(5.62)
und für den Stoß mit Energieverlust v1x
m1 v1x m2 v2 x e m2 (v2 x v1x ) m1 m2
(5.63),
v2 x
m1 v1x m2 v2 x e m1 (v1x v2 x ) m1 m2
(5.64).
108
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
5.8 Stoß eines Massenpunktes an einer Wand Trifft ein Massenpunkt schräg auf eine glatte Wand, Bild 5-10, so gilt v1y
v1y
(5.65),
siehe auch Gleichung (5.58). Mit v2x = 0 und m2 o f (für die Wand) erhält man aus Gleichung (5.61) für den elastischen Stoß v1x
v1x
(5.66).
Bild 5-10 Schiefer Stoß eines Massenpunktes an einer Wand
Mit Gleichung (5.66) und Gleichung (5.65) erhält man zudem 2
v1
v1x v1y
2
v1
v1x 2 v1y 2
(5.67)
und
D D
(5.68).
D. h. beim schiefen elastischen Stoß einer Masse mit einer Wand sind die Geschwindigkeiten und die Winkel beim Auftreffen und beim Abprallen gleich groß. Für den Stoß einer Masse mit einer Wand mit Energieverlust gilt Gleichung (5.65) sowie nach Gleichung (5.63): v1x
e v1x
(5.69).
Für e = 1 (vollkommen elastischer Stoß) erhält man Gleichung (5.66), siehe auch Bild 5-11a, für e = 0 (vollkommen plastischer Stoß) ergibt sich v1x* = 0, Bild 5-11c. Im zuletzt genannten Fall gleitet die Masse entlang der Wand. Beim teilplastischen Stoß, Bild 5-11b, ist D z D .
5.8 Stoß eines Massenpunktes an einer Wand
Bild 5-11
109
Fallunterscheidung beim schiefen Stoß eines Massenpunktes an eine Wand a) Vollkommen elastischer Stoß b) Stoß mit Energieverlust (teilplastischer Stoß) c) Vollkommen plastischer Stoß an glatter Wand
Trifft der Massenpunkt senkrecht auf die Wand auf, so gilt: v1y
v1y
0
(5.70)
v1x
e v1x
(5.71)
und
bzw.
v
e v
(5.72).
Beispiel 5-3
*** 2 1
y mBall
ĮB hB
ĮB
v0 Į0 x
hK hS
l
lK
Ein Basketballspieler möchte bei einem Freiwurf punkten (siehe Fragestellung 1-3). Er wirft den Ball unter einem Winkel D0 ab. Der Luftwiderstand sei zu vernachlässigen.
110
5 Bewegungen von Massenpunktsystemen
Man bestimme die Abwurfgeschwindigkeit v0, damit a) der Ball direkt in den Korb geht (Flugbahn 1), b) der Ball zunächst das Brett trifft und dann unter der Voraussetzung eines elastischen Stoßes und anschließender geradliniger Bewegung in den Korb geht. geg.: hS = 2,20 m, hK = 3,05 m, l = 5,80 m, lK = 0,3 m, g = 9,81 m/s2, D0 = 55° Lösung: a) Abwurfgeschwindigkeit v0, damit der Ball direkt in den Korb geht
y ( x)
x tan D 0
g 2
2v0 cos 2 D 0
y ( x l ) l tan D 0
v0
x 2 (Gleichung (4.26))
g 2
2
2v0 cos D 0
l2
hK hS
g l2 2 cos 2 D 0 (l tan D 0 hK hS )
8,21 m/s
b) Abwurfgeschwindigkeit v0, damit der Ball zunächst das Brett trifft bevor er in den Korb geht Voraussetzung: geradlinige Flugbahn nach dem elastischen Stoß y( x
l lK )
(l lK ) tan D 0
g 2
2
2v0 cos D 0
(l lK ) 2
(1)
hK hB
Auftreffwinkel: y c( x l l K )
ĮB ĮB
ĮB
hB
hB
tan D 0
g 2
2
v0 cos D 0
(l lK )
tan D B
hB lK
ª º g (l l K )» l K « tan D 0 v0 2 cos 2 D 0 «¬ »¼
Mit (1) folgt: (l l K ) tan D 0
v0
g 2v0 2 cos 2 D 0
(l l K ) 2
g 2
2 cos D 0 (l tan D 0 hK )
ª º g (l lK )» hK l K « tan D 0 v0 2 cos 2 D 0 «¬ »¼
(l 2 l K 2 )
9,78 m/s
111
6 Kinematik des starren Körpers Bei einem starren Körper (Abkürzung: SK) handelt es sich um einen massebehafteten Körper, der sich nicht verformt (siehe Kapitel 2.4.2 in diesem Buch und Kapitel 2.3 in [1]). Ein starrer Körper kann auch als ein System von unendlich vielen Massenpunkten aufgefasst werden, deren Abstände sich nicht ändern. Die allgemeine Bewegung des starren Körpers ist aus Translationen und Rotationen zusammengesetzt. Die Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) und die Kinematik der Bewegungen eines starren Körpers sollen im Nachfolgenden näher untersucht werden.
6.1 Freiheitsgrade eines starren Körpers Ein starrer Körper, der sich frei im Raum bewegen kann, hat f = 6 Freiheitsgrade, Bild 6-1a. Er kann sich jeweils in die x-, y- und z-Richtung translatorisch bewegen und sich jeweils um die x-, y- und z-Achse drehen. Die drei Translationen werden durch die Geschwindigkeiten vx, vy und vz und die drei Rotationen durch die Winkelgeschwindigkeiten Zx, Zy und Zz beschrieben. Die Bewegungen können getrennt voneinander, z. B. hintereinander, oder auch gleichzeitig, d. h. überlagert, oder in verschiedenen Kombinationen vorkommen.
Bild 6-1 Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) eines starren Körpers im Raum a) Starrer Körper frei im Raum; f = 6 Freiheitsgrade: 3 Translationen, 3 Rotationen b) Starrer Körper, an einem Punkt festgehalten (1 Fixpunkt); f = 3 Freiheitsgrade: 3 Rotationen c) Starrer Körper, an zwei Punkten festgehalten (2 Fixpunkte); f = 1 Freiheitsgrad: Rotation (Drehung) um eine feste Achse (Drehachse, z. B. x-Achse)
Ist der starre Körper an einem Punkt festgehalten (Bewegung um Fixpunkt), so entfallen die Translationen, Bild 6-1b. Der Körper hat lediglich drei Freiheitsgrade (f = 3), nämlich die drei Rotationen. Er kann sich also getrennt voneinander oder gleichzeitig um die x-, y- und z-Achse drehen. Diese Rotationen können dann durch die Winkelgeschwindigkeiten Zx, Zy und Zz beschrieben werden.
112
6 Kinematik des starren Körpers
Ist der starre Körper an zwei Punkten fixiert, wie z. B. eine zweifach gelagerte Welle, so liegt nur noch ein Freiheitsgrad (f = 1) vor, Bild 6-1c. Der Körper rotiert (dreht) um eine feste Achse, z. B. die x-Achse, mit der Winkelgeschwindigkeit Zx.
Bild 6-2 Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) eines starren Körpers in der Ebene a) Starrer Körper frei in der Ebene; f = 3 Freiheitsgrade: 2 Translationen, 1 Rotation b) Starrer Körper, an einem Punkt festgehalten (1 Fixpunkt); f = 1 Freiheitsgrad: Rotation um die z-Achse
Bewegt sich ein starrer Körper frei auf oder in einer Ebene, so hat er insgesamt drei Freiheitsgrade (f = 3), Bild 6-2a. Er kann sich in x- und/oder y-Richtung bewegen und er kann sich in oder auf der Ebene (um eine z-Achse) drehen. Die beiden Translationen werden dann durch die Geschwindigkeiten vx und vy, die Rotation durch die Winkelgeschwindigkeit Z = Zz beschrieben. Ist der starre Körper an einem Punkt gelagert (fixiert), so ist nur noch eine Drehung um den Fixpunkt möglich (Freiheitsgrad f = 1). Die Drehung wird dann durch die Winkelgeschwindigkeit Z = Zz beschrieben.
Bild 6-3 Einachsige Bewegung eines starren Körpers; f = 1 Freiheitsgrad: Translation in Richtung der x-Achse
Wird der starre Körper z. B. so geführt, dass er nur eine einachsige Bewegung ausführen kann, Bild 6-3, so besitzt er nur einen Freiheitsgrad. Er kann sich z. B. mit der Geschwindigkeit vx in x-Richtung bewegen. Die Kinematik dieser hier dargestellten Bewegungen wird im Folgenden genauer untersucht. Betrachtet wird zunächst die Translation, die Rotation und die allgemeine Bewegung im Raum. Danach folgt die Beschreibung der Bewegungen in der Ebene. Die einachsige Bewegung ist dann ein Sonderfall der räumlichen bzw. ebenen Bewegungen, d. h. eine Translation mit z. B. vx in x-Richtung.
6.2 Translation
113
6.2 Translation Die Translation lässt sich wie folgt definieren: „Bewegung, bei der alle Punkte eines Körpers in der Zeit dt die gleiche VerG schiebung dr erfahren.“ Dies wird auch in Bild 6-4 verdeutlicht.
Bild 6-4 Translation: Alle Punkte des starren Körpers (hier als Dreieck dargestellt) erfahren die gleiche G Verschiebung dr
G Wird der Punkt P in der Zeit dt um den Vektor dr nach P’ verschoben, so erfahren bei reiner Translation alle übrigen Punkte des starren Körpers die gleiche Verschiebung (z. B. verschiebt sich A nach A’ und B nach B’).
In diesem Fall sind auch die Geschwindigkeiten und die Beschleunigungen für alle Punkte des starren Körpers gleich. Für die Geschwindigkeit gilt somit: G v
G dr dt
G r
(6.1).
Die Beschleunigung errechnet sich mit der Beziehung: G a
G dv dt
G v
rG
(6.2).
Dies bedeutet:
„Bei der Translation ist die Bewegung eines beliebigen Körperpunktes repräsentativ für die Bewegung des ganzen starren Körpers.“ Es gelten somit dieselben Gesetzmäßigkeiten wie für den Massenpunkt (siehe z. B. Kapitel 3.1: „Bewegungsbahn, Geschwindigkeit, Beschleunigung“, aber auch Kapitel 3.2: „Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten“ und Kapitel 3.3: „Geradlinige Bewegung“).
114
6 Kinematik des starren Körpers
6.3 Rotation Eine Rotation liegt vor, wenn alle Punkte eines Körpers um eine gemeinsame Drehachse rotieren. Man unterscheidet dabei folgende Bewegungsarten: x
Rotation um eine feste Achse (siehe z. B. Bild 6-1c) und
x
Rotation um einen raumfesten Punkt (siehe z. B. Bild 6-1b).
Bei der Rotation um eine feste Achse bleibt die Lage der Achse im Raum unveränderlich. Bei der Rotation um einen Fixpunkt ändert sich die Richtung der Achse mit der Zeit. Beide Bewegungsarten sollen nun eingehender untersucht werden.
Beispiel 6-1
***
y Werkstück 1
x
h
3 h 2 b
b
Bei modernen Fertigungseinrichtungen wird zum Zwecke der Zeitersparnis nicht das Werkzeug, sondern das Werkstück bewegt. In dem dargestellten Fertigungsmodul wird das Werkstück von der Ausgangssituation mit einer maximalen Geschwindigkeit vmax und einer Beschleunigung/Verzögerung a zu den rotierenden Werkzeugen durch Bewegung in x- und y-Richtung verfahren. Die Spindeln haben eine maximale Drehzahl nmax. Um Anlaufzeiten zu sparen, laufen alle Spindeln, auch wenn sie nicht im Eingriff sind, mit einer Drehzahl nmin und werden innerhalb von 0,2 s auf nmax beschleunigt. Das Werkstück soll an drei Stationen c, d und e nacheinander bearbeitet werden. Die Bearbeitungszeit tB an den Stationen beträgt jeweils 1 Sekunde. Bestimmen Sie a) das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm des Werkstückes und das Winkelgeschwindigkeits-Zeit-Diagramm der Spindeln, b) die Gesamtdauer des Bearbeitungsvorganges bei optimalem Anlaufen der Spindeln und c) die Beschleunigung der Spindeln.
6.3 Rotation
115
Hinweis: Die Bewegung des Werkstücks während der Bearbeitung an den jeweiligen Stationen ist zu vernachlässigen. geg.: b = 200 mm, h = 500 mm, nmin = 1200 U/min
vmax = 40 m/min,
a = 6 m/s2,
nmax = 20000 U/min,
Lösung: a) Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm des Werkstücks und Winkelgeschwindigkeits-ZeitDiagramm der Spindeln Werkstück v tB
tB
t1
tB
t2
t3
t4
t
Spindel Ȧ
Spindel 1
Spindel 2
Spindel 3 t
b) Gesamtdauer des Bearbeitungsvorganges t
t1 t 2 t3 t 4 3t B
Verfahrzeit zur 1. Station: t1 vmax
a ta
sa
vmax 2 2a
s1
2sa s v1
s v1 t1
(40 m/min)2 b
s v1
2 sa s v 2
6 m/s 2
0,11s
vmax
125,93 mm
125,93 mm 40 m/min
0,19 s
0,41 s 2 ta t v 2
sv 2
(Zeit zur Beschleunigung)
(Weg zur Beschleunigung)
b 2 sa
sv1
t v1
2 0,11 s 0,19 s
2h
40 m/min
37,04 mm
2 6 m/s 2
Verfahrzeit zur 2. Station: t 2 s2
vmax a
ta
vmax t v1 2ta t v1
2 ta t v1
2 h 2 sa
925,93 mm
(Weg mit vmax)
(Zeit mit vmax)
116
6 Kinematik des starren Körpers
sv 2 t2
vmax t v 2 2ta t v 2
2 sa s v 3
sv 3 t3
vmax t v 3 2ta t v 3
925,93 mm 40 m/min
vmax
1,39 s
2 0,11 s 1,39 s 1,61s
Verfahrzeit zur 3. Station: t3 s3
sv 2
tv 2
2 ta t v 3
h 2 4b 2
sv 3
sv 3
tv3
h 2 4b 2 2sa
566,24 mm 40 m/min
vmax
566,24 mm
0,85 s
2 0,11s 0,85 s 1,07 s
Verfahren zur Ausgangsposition s4
2 sa s v 4
sv 4 t4
vmax t v 4 2ta t v 4
h2 b2
sv 4
tv 4
2 0,11s 0,70 s
sv 4 vmax
h 2 b 2 2 sa
464,44 mm 40 m/min
464,44 mm
0,70 s
0,92 s
Gesamtdauer des Vorganges: t
t1 t2 t3 t 4 3tB
0,41s 1,61s 1,07 s 0,92 s 3 1s
7,01s
c) Winkelbeschleunigung der Spindeln H
'Z Zmax Zmin 2S (nmax nmin ) 't 't 't 2S (20000 U/min 1200 U/min) 1 9843,66 2 0,2 s s
6.3.1 Rotation um feste Achse Bei der Rotation um eine raumfeste Drehachse bewegen sich alle Punkte des starren Körpers auf Kreisbahnen, deren Ebenen senkrecht zur Drehachse stehen, Bild 6-5. Die Rotation um eine feste Achse kann somit wie folgt definiert werden: „Bewegung, bei der alle Punkte eines Körpers in der Zeit dt die gleiche Verdrehung dM erfahren.“ Dies bedeutet u. a.: Der Punkt P wird in der Zeit dt um den Winkel dM nach P’ verdreht, Bild 6-5. Bei reiner Rotation verdrehen sich somit auch alle übrigen Punkte des starren Körpers um den Winkel dM (z. B. verdreht sich A nach A’ und B nach B’). Wenn alle Punkte die gleiche Verdrehung erfahren, so sind auch die Winkelgeschwindigkeit und die Winkelbeschleunigung für alle Punkte gleich. Für die Winkelgeschwindigkeit Z gilt somit:
6.3 Rotation
Z
117
dM dt
(6.3).
Die Winkelbeschleunigung H ist somit
H
dZ dt
Z
(6.4).
M
Da sich bei reiner Rotation alle Punkte des starren Körpers auf Kreisbahnen bewegen, gelten somit die gleichen physikalischen Beziehungen wie für den Massenpunkt, der sich auf Kreisbahnen bewegt. Dies gilt für die Winkelgeschwindigkeit Z und die Winkelbeschleunigung H, Kapitel 3.4.2.6, und auch für die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen einzelner Körperpunkte, Kapitel 3.4.2.7 und Kapitel 3.4.2.8.
Bild 6-5 Rotation um eine raumfeste Drehachse: Alle Punkte des starren Körpers erfahren die gleiche Verdrehung um den Winkel dM
G Die Geschwindigkeit vP für einen beliebigen Körperpunkt P, Bild 6-5, errechnet sich mit der Beziehung G vP
G eM vM
(6.5),
mit der Geschwindigkeitskomponente vM in M-Richtung bzw. dem Betrag der Geschwindigkeit vP: vM
r Z
r M
vP
(6.6).
G Die Beschleunigung aP eines beliebigen Punkte P ergibt sich mit G aP
G G er ar eM aM
(6.7).
118
6 Kinematik des starren Körpers
Hier gelten die Beschleunigungskomponenten ar
r Z 2
aM
r Z
r M 2
(6.8)
und r M
(6.9).
Bei einer Rotation des starren Körpers mit konstanter Winkelgeschwindigkeit Z gilt für die Geschwindigkeit vP
vM
r Z
(6.10)
und die Beschleunigung aP
ar
r Z 2
v2 r
(6.11),
siehe auch Kapitel 3.4.2.8.
6.3.2 Rotation um einen raumfesten Punkt Bei der Rotation eines starren Körpers um einen raumfesten Punkt bewegen sich alle Punkte des starren Körpers auf momentanen Kreisbahnen um eine momentane Drehachse, siehe Bild 6-6a. G Die Drehbewegung erfolgt mit der Winkelgeschwindigkeit Z , wobei sich die Lage der Drehachse mit der Zeit verändert. Lediglich der Punkt A der Drehachse bzw. des starren Körpers ist während der gesamten Bewegung raumfest. Es handelt sich somit um einen Fixpunkt. Die Rotation um einen raumfesten Punkt kann wie folgt definiert werden: „Bewegung, bei der alle Punkte sich auf Kreisbahnen um eine momentane Drehachse bewegen.“ Betrachtet man eine momentane, infinitesimale Drehung dM des starren Körpers, so wandert G der Punkt P in der Zeit dt nach P’, Bild 6-6b. Dabei wird er um drP verschoben. G Der Betrag von drP ergibt sich aus den geometrischen Gegebenheiten, Bild 6-6b, als Bogenmaß der Kreisbahn zwischen P und P’: G drP
rAP sin J dM
(6.12).
Mit dM = Z · dt folgt G drP
Z rAP sin J dt
G drP
Z u rAP dt
(6.13), G G wobei Z rAP sin J dem Betrag des Vektorproduktes Z u rAP entspricht. Somit gilt auch G G
(6.14).
6.3 Rotation
119
Bild 6-6 Rotation um einen raumfesten Punkt: Alle Punkte des starren Körpers bewegen sich auf momentanen Kreisbahnen um eine momentane Drehachse G G G G a) Punkt P des starren Körpers mit den Ortsvektoren rP rA rAP mit rA konst. b) Verdeutlichung der momentanen Drehung des starren Körpers. In der Zeit dt wird der G Punkt P nach P’ um dM = Z · dt verdreht. Er verschiebt sich dabei um drP G ( drP rAP sin J dM ).
G Die Geschwindigkeit vP eines beliebigen Punktes P des starren Körpers folgt mit Gleichung (3.4) und Gleichung (6.14): G vP
G rP
G drP dt
G
G
Z u rAP
(6.15).
Die Geschwindigkeit eines beliebigen Körperpunktes P ergibt sich aus dem Vektorprodukt der G G G Winkelgeschwindigkeit Z mit dem Ortsvektor rAP . vP steht somit senkrecht auf der Ebene G G G von Z und rAP und zeigt in Richtung von drP , siehe Bild 6-6b und Bild 6-7a. Mit G rP
G G rA rAP
(6.16),
G siehe Bild 6-6a, ergibt sich für vP auch G vP G Wegen rA G vP
G rP
G G rA rAP G konst. ist rA
G rAP
G vAP
(6.17). 0 und somit G
G
Z u rAP
(6.18).
120
6 Kinematik des starren Körpers
Bild 6-7 Geschwindigkeit und Beschleunigung bei der Rotation um einen raumfesten Punkt G G G G G G a) Geschwindigkeit v P v AP Z u rAP steht senkrecht auf der Ebene von Z und rAP und zeigt in Richtung der momentanen Bewegungsbahn G G G b) Komponenten der Beschleunigung a P mit der Umfangsbeschleunigung Z u rAP in BeweG G G G gungsrichtung, der Tangentialbeschleunigung Z · ( rAP Z ) in Richtung von Z (d. h. paG G rallel zur momentanen Drehachse) und der Zentripetalbeschleunigung rAP Z2 in entG gegengesetzter Richtung von rAP (zeigt zum Fixpunkt A hin)
G Die Beschleunigung aP des Punktes P des starren Körpers folgt mit Gleichung (3.6) und Gleichung (6.15): G aP
G vP
G G (Z u rAP )
G
G
G
G
Z u rAP Z u rAP
(6.19).
G Mit rAP nach Gleichung (6.18) erhält man G G
G
G G
G G
G G
G aP
Z u rAP Z u (Z u rAP )
G aP
Z u rAP Z (rAP Z ) rAP Z 2
(6.20). G G G G G G G G G Mit der Rechenregel A u ( B u C ) B (C A) C ( A B ) für das Mehrfachprodukt (siehe auch [3]), ergibt sich die Beschleunigung eines beliebigen Punktes P
G wobei Z 2
G
(6.21),
G G die Umfangsbeschleunigung (steht senkrecht auf der Ebene von Z und rAP und zeigt in Richtung der momentanen Bewegungsbahn (Kreisbahn), d. h. in RichG tung von vP ), G G G G Z (rAP Z ) die Tangentialbeschleunigung (zeigt in Richtung von Z , d. h. ist parallel zur momentanen Drehachse) und G G rAP Z 2 die Zentripetalbeschleunigung (zeigt in entgegengesetzte Richtung von G rAP , d. h. auf den Fixpunkt A hin). AP
x
G
Z 2 gilt.
Hierbei sind: G G x Z u r
x
G
6.4 Allgemeine Bewegung eines starren Körpers im Raum
121
6.4 Allgemeine Bewegung eines starren Körpers im Raum Die allgemeine Bewegung (völlig ungehinderte Bewegung) eines starren Körpers im Raum setzt sich aus Translation und Rotation zusammen. Dies bedeutet, dass sich der bisherige Fixpunkt A, siehe Kapitel 6.3.2, ebenfalls bewegt, d. h. eine Translation ausführt (d. h. G G G vA rA z 0 ). Gleichzeitig dreht der starre Körper mit der Winkelgeschwindigkeit Z um den Punkt A, führt also eine Rotation aus. G Nach Bild 6-8 ergibt sich der Ortsvektor rP mit G rP G wobei rA
G G rA rAP G rA (t ) sich mit der Zeit verändert.
(6.22),
Bild 6-8 Allgemeine Bewegung eines starren Körpers: Alle Punkte des starren Körpers bewegen sich. Die Bewegung setzt sich zusammen aus Translation (Bewegung des Punktes A) und Rotation (Drehung um die momentane Drehachse)
G Die Geschwindigkeit vP eines Punktes P erhält man durch Zeitableitung des Ortsvektors. Somit folgt G vP G Mit vAP G vP
G G G G G rP rA rAP vA vAP G G Z u rAP nach Gleichung (6.18) erhält man G G G vA Z u rAP
(6.23).
(6.24),
die so genannte „EULERsche Beziehung“, d. h. die Grundformel der Kinematik des starren Körpers. Gleichung (6.24) verdeutlicht nochmals, dass sich eine allgemeine Bewegung eines starren Körpers im Raum aus Translation und Rotation zusammensetzt. Dies bedeutet, die Angabe der
122
6 Kinematik des starren Körpers
G G Geschwindigkeit vA eines Punktes A und der Winkelgeschwindigkeit Z um eine momentane G G Achse durch A beschreibt den Bewegungszustand. Die beiden Vektoren vA und Z entsprechen somit sechs skalaren Gleichungen für die sechs Freiheitsgrade des starren Körpers im Raum, siehe auch Kapitel 6.1. G Die Beschleunigung aP eines Punktes P ergibt sich durch Zeitableitung der Geschwindigkeit G G G G G v . Mit Gleichung (6.24), a v , a v sowie Gleichung (6.21) erhält man: P
P
P
A
A
G G G G G G G G aA Z u rAP Z (rAP Z ) rAP Z 2 (6.25). G Hierbei entspricht aA der Beschleunigung des Punktes A und der restliche Ausdruck stellt die Beschleunigungsanteile dar, die sich aus der Rotation um Punkt A ergeben (siehe auch Kapitel 6.3.2). G aP
6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers Bei der allgemeinen ebenen Bewegung bewegen sich alle Punkte des starren Körpers in einer Ebene oder parallel zu dieser Ebene. Die Bewegung setzt sich aus zwei Translationen und einer Rotation zusammen.
6.5.1 EULERsche Beziehung für die ebene Bewegung Bewegt sich der starre Körper in einer oder parallel zu einer Ebene, so sind alle Geschwindigkeitskomponenten parallel zu dieser Ebene und der Winkelgeschwindigkeitsvektor steht stets senkrecht zur Ebene.
Bild 6-9 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers: Alle Punkte des starren Körpers bewegen sich in einer Ebene. Die Bewegung setzt sich aus Translation (Bewegung des Punktes A) und Rotation (Drehung um momentane Drehachse durch A, die senkrecht auf der Ebene steht, d. h. in z-Richtung zeigt) zusammen
Die EULERsche Beziehung, Gleichung (6.24), ist allgemeingültig und gilt somit auch für die ebene Bewegung eines starren Körpers. Wählt man für die Beschreibung der ebenen BeweG gung eine x-y-Ebene, Bild 6-9, so zeigt der Z -Vektor stets in z-Richtung. Mit G
G
Z Z ez
(6.26)
6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers
123
lässt sich die EULERsche Beziehung auch wie folgt schreiben: G vP
G G G vA Z (ez u rAP )
(6.27).
6.5.2 Beschreibung der Bewegung in kartesischen Koordinaten Ein starrer Körper, der sich frei in einer Ebene bewegen kann, hat bekanntlich drei Freiheitsgrade, siehe Kapitel 6.1 bzw. Bild 6-2. Dies sind zwei Translationen in die x- und y-Richtung und eine Rotation um die z-Achse. Die Bewegung kann somit durch drei Lagekoordinaten beschrieben werden. Die Koordinaten xA = xA(t) und yA = yA(t) definieren die Lage des Punktes G A, während xA und yA sowie der Abstand AP rAP l konst. und M = M(t) die Lage des Punktes P beschreiben, Bild 6-10.
6.5.2.1
Koordinaten eines beliebigen Körperpunktes
Die Koordinaten eines beliebigen Punktes P ergeben sich mit den Gleichungen xP
xA l cos M
(6.28),
yP
y A l sin M
(6.29),
Bild 6-10.
Bild 6-10
Beschreibung der ebenen Bewegung mit den Koordinaten xA(t), yA(t) und M(t). Beim starren Körper ist der Abstand l zwischen den Punkten A und P konstant.
6.5.2.2
Geschwindigkeitskomponenten
Die Geschwindigkeitskomponenten des Punktes P ergeben sich mit vPx
x P
dxA dxAP dM dt M dt d
Kettenregel
sowie dM / dt M Z zu
124
6 Kinematik des starren Körpers vPx
x P
x A l Z sin M
(6.30)
vPy
y P
y A l Z cos M
(6.31).
bzw.
Die Gleichungen (6.30) und (6.31) stellen die EULER-Beziehung in kartesischen Koordinaten dar. Sie beschreiben die ebene Bewegung eines starren Körpers und sind u. a. Basis für die Ermittlung des Geschwindigkeitspols der Bewegung (siehe Kapitel 6.5.3).
6.5.2.3
Beschleunigungskomponenten
Die Beschleunigungskomponenten eines beliebigen Punktes P des starren Körpers ergeben sich durch Zeitableitungen der Gleichungen (6.30) und (6.31): aPx aPy
xA l Z sin M l Z 2 cos M 2
yA l Z cos M l Z sin M
(6.32), (6.33).
6.5.3 Momentanpol der Geschwindigkeit Die allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers setzt sich aus zwei Translationen und einer Rotation zusammen, siehe Kapitel 6.5.2. Die Bewegung lässt sich aber auch zu jedem Zeitpunkt als reine Drehbewegung um einen momentanen (augenblicklichen) Drehpunkt auffassen. Dieser Drehpunkt wird als Momentanpol der Geschwindigkeit oder Geschwindigkeitspol bezeichnet. Im Momentanpol ist die Geschwindigkeit im betrachteten Augenblick null. Es gilt somit in Gleichung (6.27) G G G v P vG 0 G wobei vG die Geschwindigkeit im Geschwindigkeitspol bezeichnet.
(6.34),
In kartesischen Koordinaten gilt: vPx
6.5.3.1
vPy
0
(6.35).
Koordinaten des Geschwindigkeitspols
Mit vPx = vGx = 0, siehe auch Gleichung (6.35), erhält man aus Gleichung (6.30) 0
x A l Z sin M
bzw. l sin M
x A
Z
(6.36).
Gleichung (6.31) liefert mit vPy = vGy = 0, siehe auch Gleichung (6.35), den Zusammenhang
6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers l cos M
y A
125 (6.37).
Z
Setzt man Gleichung (6.37) in Gleichung (6.28) und Gleichung (6.36) in Gleichung (6.29) ein, so erhält man die Koordinaten des Momentanpols G der Geschwindigkeit xG
xA
yG
yA
y A
(6.38),
Z x A
(6.39).
Z
D. h. für alle allgemeinen ebenen Bewegungen, zusammengesetzt aus Translation und Rotation, d. h. für alle Z z 0 , existiert ein Momentanpol der Geschwindigkeit (Drehpol). Bei reiner Translation, d. h. bei Z = 0, liegt der Momentanpol im Unendlichen.
6.5.3.2
Anschauliche Darstellung der allgemeinen ebenen Bewegung eines starren Körpers
Die allgemeine Bewegung eines starren Körpers setzt sich aus Translation und Rotation zusammen. Bei der reinen Translation bewegen sich alle Körperpunkte mit der gleichen Geschwindigkeit, Bild 6-11a. Somit ist die Geschwindigkeit eines jeden Punktes G v
G vP
G vA
(6.40).
Bei der reinen Rotation drehen sich alle Punktes des starren Körpers mit der gleichen WinkelG G geschwindigkeit. Diese ist bei einer Bewegung in der x-y-Ebene Z ez Z . Die Geschwindigkeit eines beliebigen Körperpunktes ergibt sich dann mit G v
G vP
G
G
G
G
(6.41), G G siehe auch Kapitel 6.4 und Kapitel 6.5.1. vP steht dabei stets senkrecht auf rAP , Bild 6-11b.
Z u rAP
Z (ez u rAP )
Die allgemeine ebene Bewegung setzt sich aus der Translation von Punkt A, Bild 6-11a, und der Rotation um Punkt A, Bild 6-11b, zusammen, Bild 6-11c. Dementsprechend ergibt sich für die resultierende Geschwindigkeit G v
G vP
G G G vA Z u rAP
(6.42),
d. h. es gilt die bereits bekannte EULERsche Beziehung, siehe Kapitel 6.4 und Kapitel 6.5.1. Die allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers kann auch als reine Rotation um den Momentanpol G der Geschwindigkeit angesehen werden, Bild 6-11d. Die momentane Geschwindigkeitsverteilung ergibt sich dann so, als ob der Geschwindigkeitspol ein fester Punkt wäre, um den sich der Körper dreht. G Die Geschwindigkeit des Punktes P lässt sich dann unter Verwendung des Ortsvektors rGP mit G v
G vP
G G
Z u rGP
(6.43)
126
6 Kinematik des starren Körpers
errechnen. G G G G G Da Z senkrecht auf der Ebene steht, ist vP , d. h. Z u rGP , stets senkrecht zu rGP .
Bild 6-11
Verdeutlichung der allgemeinen ebenen Bewegung eines starren Körpers a) Reine Translation: Alle Punkte des SK bewegen sich mit gleicher Geschwindigkeit G G G v vP vA b) Reine Rotation: Alle Punkte des SK drehen mit gleicher WinkelgeschwindigG G G G G G G G G keit Z ez Z . Die Geschwindigkeit v vP ergibt sich mit vP Z u rAP Z (ez u rAP ) G und steht stets senkrecht auf rAP c) Überlagerte Darstellung von Translation und Rotation mit der resultierenden GeschwinG G G G G digkeit v v P v A Z u rAP d) Darstellung der allgemeinen ebenen Bewegung als reine Rotation um den Momentanpol G G G der Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit v vP errechnet sich dann mit G G G G G v vP Z u rGP , wobei rGP als Ortsvektor zwischen den Körperpunkten G und P verwendet wird
6.5.3.3
Vereinfachte Ermittlung der Geschwindigkeiten einzelner Körperpunkte
Ist die Lage des Geschwindigkeitspols G bekannt, so lassen sich die Geschwindigkeiten verschiedener Körperpunkte mit einer vereinfachten Methode ermitteln, Bild 6-12. Die Richtung der Geschwindigkeit, z. B. im Punkt P1, ergibt sich senkrecht zur Verbindungslinie von G und P1 in Drehrichtung. Der Betrag der Geschwindigkeit errechnet sich aus der Winkelgeschwindigkeit Z und dem Abstand rGP1 zwischen G und P1:
6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers v1
127 (6.44),
Z rGP1
siehe auch Gleichung (6.43).
Bild 6-12
Vereinfachte Ermittlung der Geschwindigkeiten einzelner Körperpunkte: Die Geschwindigkeit v1 in Körperpunkt P1 steht senkrecht auf der Verbindungslinie von P1 zum Pol G; der Betrag entspricht v1 Z rGP1 , usw.
Die Geschwindigkeit in Punkt P2 ergibt sich mit v2
(6.45).
Z rGP2
Sie steht senkrecht auf der Verbindungslinie von P2 und G, usw., Bild 6-12.
6.5.3.4
Grafische Ermittlung des Geschwindigkeitspols G
Kennt man die Richtungen der momentanen Geschwindigkeiten zweier Punkte eines starren Körpers, so ergibt sich der Geschwindigkeitspol G (Momentanpol der Geschwindigkeit) als Schnittpunkt der zu den Geschwindigkeiten senkrechten Geraden, Bild 6-13. Der Geschwindigkeitspol kann grundsätzlich auch außerhalb des starren Körpers liegen.
Bild 6-13 Grafische Ermittlung des Geschwindigkeitspols: Geschwindigkeiten v1 und v2 sind bekannt. G ergibt sich als Schnittpunkt der zu den Geschwindigkeiten senkrechten Geraden
6.5.4 Rastpolbahn und Gangpolbahn Der Geschwindigkeitspol G hat für einen bestimmten Zeitpunkt der Bewegung eine bestimmte Lage. Im Lauf der Bewegung ändert G seine Lage und wandert sowohl in der ortsfesten (raumfesten) Bewegungsebene als auch bezüglich des bewegten Körpers.
128
6 Kinematik des starren Körpers
Markiert man aufeinanderfolgende Lagen des Geschwindigkeitspols in der Bewegungsebene, d. h. bezüglich eines ortsfesten Koordinatensystems, erhält man die so genannte Rastpolbahn. Markiert man die Lagen des Geschwindigkeitspols auf dem bewegten Körper oder bezüglich eines körperfesten Koordinatensystems, so ergibt sich die so genannte Gangpolbahn. Damit lässt sich die allgemeine ebene Bewegung anschaulich darstellen: Die körperfeste Gangpolbahn rollt auf der ortsfesten (raumfesten) Rastpolbahn gleitungsfrei ab. Der Berührungspunkt der beiden Kurven entspricht der momentanen Lage des Geschwindigkeitspols.
6.5.5 Geschwindigkeitspol, Rastpolbahn und Gangpolbahn beim Abgleiten einer an eine Wand angelehnten Leiter Für den Fall, dass eine an eine Wand angelehnte Leiter abgleitet, sind die aufeinanderfolgenden Lagen des Geschwindigkeitspols und die momentanen Geschwindigkeiten einzelner Leiterpunkte gesucht, Bild 6-14. Zum Aufsuchen des Geschwindigkeitspols G ermittelt man den Schnittpunkt der zu den Geschwindigkeiten vA (am Boden) und vB (an der Wand) senkrechten Geraden (siehe auch Kapitel 6.5.3.4).
Bild 6-14
Ermittlung des Geschwindigkeitspols G und der Geschwindigkeit vP für eine abgleitende Leiter vA: Geschwindigkeit des Fußpunktes A vB: Geschwindigkeit des Wandpunktes B G: Geschwindigkeitspol für einen momentanen Bewegungszustand vP: Momentane Geschwindigkeit eines Leiterpunktes P
Kennt man den Geschwindigkeitspol G, so kann man die Richtung der Geschwindigkeit vP eines Leiterpunktes P ermitteln: vP steht senkrecht auf der Verbindungslinie GP. Der Betrag von vP ergibt sich mit vP
Z rGP
(6.46),
wobei rGP die Länge der Strecke zwischen G und P darstellt (siehe auch Kapitel 6.5.3.3). Die Winkelgeschwindigkeit Z errechnet sich z. B. mit
Z
vB rGB
(6.47).
6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers
129
Die Geschwindigkeiten weiterer Körperpunkt ergeben sich mit der gleichen Vorgehensweise. Der ermittelte Geschwindigkeitspol G, Bild 6-14, stellt zugleich einen Punkt sowohl der Rastpol- als auch der Gangpolbahn dar. Die vollständige Rastpolbahn und die komplette Gangpolbahn ergeben sich für weitere Bewegungszustände der Leiter, Bild 6-15.
Bild 6-15
Rastpolbahn und Gangpolbahn für eine abgleitende Leiter a) Die Rastpolbahn ergibt sich als Verbindungskurve aller Geschwindigkeitspole für verschiedene Bewegungszustände der Leiter in einem raumfesten Koordinatensystem b) Die Gangpolbahn ergibt sich, indem man die körperfesten (leiterfesten) Koordinaten aller Geschwindigkeitspole auf eine Leiterposition überträgt
Die Rastpolbahn, Bild 6-15a, verbindet die Lagen aller Geschwindigkeitspole in einem raumfesten Koordinatensystem. Es ergibt sich ein Viertelkreis mit der Leiterlänge l als Radius.
Bild 6-16
Bei der Bewegung rollt die Gangpolbahn auf der Rastpolbahn ab
130
6 Kinematik des starren Körpers
Die Gangpolbahn, Bild 6-15b, erhält man, indem man die körperfesten Koordinaten aller Geschwindigkeitspole auf eine Leiterposition überträgt. Die Gangpolbahn bildet einen Halbkreis mit dem Radius l/2. Bei der Bewegung rollt die Gangpolbahn ohne zu gleiten auf der Rastpolbahn ab, Bild 6-16. Der Geschwindigkeitspol G, Kapitel 6.5.3, stellt den Berührpunkt zwischen Gang- und Rastpolbahn dar.
Beispiel 6-2
*** 3
Ȧ P
r 2 y
ij
Ein Schienenfahrzeug, Fragestellung 1-5 im Kapitel 1, bewegt sich bei Geradeausfahrt mit einer konstanten Geschwindigkeit v von 200 km/h.
rMP
M
4
v
rM x
1
Bestimmen Sie a) die Winkelgeschwindigkeit Z der Räder, b) den Momentanpol der Geschwindigkeit, c) die kartesischen Koordinaten eines beliebigen Punktes P entlang des Laufkreisdurchmessers des Rades, d) die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen in den Punkten 1 bis 4 des Rades und e) die Rastpol- und Gangpolbahn. geg.: r = 450 mm, v = 200 km/h Lösung: a) Winkelgeschwindigkeit der Räder
v
r Z
Z
v r
200 km/h 450 mm
123,5 s -1
b) Momentanpol der Geschwindigkeit Bewegung setzt sich aus Translation und Rotation zusammen
Ȧ·r=v
vP2
v
2v
v
G
Der Radaufstandspunkt (Punkt 1) ist der Geschwindigkeitspol: vG = 0
6.5 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers
131
c) Kartesische Koordinaten eines beliebigen Punktes P entlang des Laufkreisdurchmessers des Rades xP
xM r sin M
yP
yM r cos M
d) Geschwindigkeiten und Beschleunigungen in den Punkten 1 bis 4 des Rades Geschwindigkeitskomponenten entlang des Laufkreisdurchmessers des Rades vPx
x P
x M r Z cos M
v v r cos M r
v (1 cos M )
vPy
y P
y M r Z sin M
v 0 r sin M r
v sin M
Betrag der Geschwindigkeiten in den Punkten 1 bis 4 vP1
vG
vP2
Z rGP2
mit Z vP3
0
Z 2r
v folgt: r
vP2
Z 2r
Z rGP3
2v
vP3
vP2
v 2r r
2v
vP4
282,8 km/h
400 km/h
2v
2v
v
vP4
Die Geschwindigkeiten stehen senkrecht auf den Verbindungslinien von G zu den einzelnen Punkten.
2v
G
Beschleunigungskomponenten entlang des Rades aPx
Mit v
xM r Z cos M r Z 2 sin M
konst. folgt xM
0 und Z
0:
2
§v· r ¨ ¸ sin M ©r¹
aPx
r Z 2 sin M
aPy
y r Z sin M r Z 2 cos M
v2 sin M r
r Z 2 cos M
r
v2 r2
cos M
v2 cos M r
132
6 Kinematik des starren Körpers
Punkt 1:
Punkt 2:
Punkt 3:
Punkt 4:
aP1x
(200 km/h) 2 sin 180q 450 mm
0
aP1y
(200 km/h) 2 cos 180q 450 mm
6858,7 m/s 2
aP2 x
(200 km/h) 2 sin 270q 450 mm
6858,7 m/s 2
aP2 y
(200 km/h) 2 cos 270q 450 mm
0
aP3 x
(200 km/h) 2 sin 0q 450 mm
0
aP3 y
(200 km/h) 2 cos 0q 450 mm
6858,7 m/s 2
aP4 x
(200 km/h) 2 sin 90q 450 mm
6858,7 m/s 2
aP4 y
(200 km/h) 2 cos 90q 450 mm
0
e) Rastpol- und Gangpolbahn Gangpolbahn
Rastpolbahn
133
7 Kinetik des starren Körpers In der Kinematik, Kapitel 6, werden die Bewegungen eines starren Körpers, d. h. die Freiheitsgrade, die Koordinaten, die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen untersucht. Die Kinetik verbindet nun diese Bewegungsgrößen mit den Ursachen für die Bewegungen, d. h. mit den Kräften und Momenten. Zunächst wird die Translation eines starren Körpers behandelt. Dann folgen die Rotation um eine feste Achse und die axialen Massenträgheitsmomente. Dem schließen sich Untersuchungen der allgemeinen ebenen Bewegung des starren Körpers an.
7.1 Translation Bei der Translation eines starren Körpers erfahren alle Punkte des starren Körpers die gleiche Verschiebung, die gleiche Geschwindigkeit und die gleiche Beschleunigung, siehe Kapitel 6.2. D. h., die Bewegung eines Körperpunktes P ist repräsentativ für den gesamten starren Körper, Bild 7-1. Es gelten somit dieselben Gesetzmäßigkeiten wie für den Massenpunkt (siehe Kapitel 4). Dies bedeutet, die Grundgesetze der Dynamik, Kapitel 4.1, gelten für den Massenpunkt und für die Translationsbewegung des starren Körpers gleichermaßen.
Bild 7-1 Translation eines starren Körpers der Masse m: G Alle Körperpunkte bewegen sich unter Einwirkung der resultierenden Kraft F mit der gleiG G chen Geschwindigkeit v und der gleichen Beschleunigung a
Bei der Translation des starren Körpers, Bild 7-1, behalten somit auch die NEWTONsche Grundgleichung G G F ma (7.1), der Impuls G G p mv
(7.2),
134
7 Kinetik des starren Körpers
der Impulssatz G
G G p p0
³ F (t )dt
(7.3),
die Arbeit G
W
G
³ F dr
(7.4),
G G F v
(7.5),
die Leistung P
die kinetische Energie, G m v 2 m v2 Ek 2 2
(7.6),
der Arbeitssatz W
Ek1 Ek0
(7.7),
sowie der Energiesatz E k Ep
konst.
(7.8),
wie beim Massenpunkt Gültigkeit.
G In diesen Gleichungen ist m die Masse (Gesamtmasse) des starren Körpers, v die GeschwinG G digkeit, a die Beschleunigung, F die auf einen starren Körper einwirkende resultierende G Kraft, p der Impuls, W die Arbeit, P die Leistung, Ek die kinetische Energie und Ep die potentielle Energie. Die Einzelheiten zu den oben genannten Gesetzmäßigkeiten sind in Kapitel 4 erläutert. Für die Beschreibung der Bewegung in kartesischen Koordinaten siehe insbesondere Kapitel 4.2 und Kapitel 4.3. Bei einachsiger Bewegung entlang des Weges x gilt für die Geschwindigkeit v
(7.9)
x
und die Beschleunigung a
(7.10).
x
Die dynamische Grundgleichung lautet somit: Fx
m x
(7.11).
7.2 Rotation um feste Achse
135
7.2 Rotation um feste Achse Bei der Rotation um eine feste Achse bewegen sich alle Punkte des starren Körpers auf Kreisbahnen, deren Ebenen senkrecht zur Drehachse stehen. Alle Punkte des starren Körpers erfahren somit die gleiche Verdrehung, die gleiche Winkelgeschwindigkeit und die gleiche Winkelbeschleunigung, siehe auch Kapitel 6.3.1. Der Zusammenhang zwischen dem Antriebsmoment M, z. B. einer Maschinenwelle, und der Winkelbeschleunigung H Z M wird durch die NEWTONsche Grundgleichung für die Drehbewegung beschrieben. Diese soll im Folgenden für die Rotation eines starren Körpers um eine feste Achse entwickelt werden.
7.2.1 NEWTONsche Grundgleichung für die Drehbewegung Betrachtet wird die Drehung (Rotation) eines starren Körpers, z. B. eines homogenen starren Kreiszylinders, um eine raumfeste Drehachse. Angetrieben wird der Körper durch ein Moment M, das eine Winkelbeschleunigung H Z hervorruft, Bild 7-2a. Zur näheren Betrachtung der Bewegung geht man zunächst von einem Massenteilchen dm aus, das auf einer Kreisbahn um die Drehachse bzw. um den Drehpunkt 0 rotiert, Bild 7-2b. Für das Massenteilchen gelten dann die Gesetzmäßigkeiten, die bereits für die Bewegung eines Massenpunktes, Kapitel 3 und Kapitel 4, bekannt sind.
Bild 7-2 Rotation eines starren Körpers um eine feste Achse a) Homogener starrer Kreiszylinder der Masse m rotiert, angetrieben von dem Moment M, um eine feste Drehachse b) Betrachtung der Drehung in einem Schnitt des Körpers bzw. in der Draufsicht. Das Massenteilchen dm rotiert wie eine Punktmasse um den Drehpunkt 0.
Für die Bewegung des Masseteilchens auf der Kreisbahn gilt entsprechend Kapitel 3.4.2.7 bzw. Kapitel 3.4.3.5 für die Geschwindigkeit
136
7 Kinetik des starren Körpers v
r M
(7.12)
r Z
und für die Tangentialbeschleunigung at
v
r M r Z
r H
(7.13).
Die dynamische Grundgleichung für das Masseteilchen dm lautet in tangentialer Richtung (in Anlehnung an Kapitel 4.2.2) dFt
dm a t
r M dm
(7.14),
wobei dFt eine kleine tangentiale Ersatzkraft bezüglich des Masseteilchens dm darstellt. Das Teilmoment dM, das sich infolge der kleinen tangentialen Kraft dFt um die Drehachse (bzw. den Drehpunkt 0) ergibt, errechnet sich mit der Beziehung dFt r M r 2 dm
dM
(7.15).
Für den gesamten starren Körper muss nun über alle Teilmassen integriert werden. Es ergibt sich somit das Gesamtmoment M: M
³ dM ³ M r
2
dm
(7.16).
Da M Z H für alle Punkte des starren Körpers gleich ist, lässt sich Gleichung (7.16) auch wie folgt schreiben: M
M ³ r 2 dm
(7.17).
Der Ausdruck ³ r 2 dm stellt darin das Massenträgheitsmoment 4 bezüglich der Drehachse dar. Es gilt somit
4
³r
2
dm
(7.18).
m
Für den in Bild 7-2a gezeigten Kreiszylinder ist
4
m ra 2 2
(7.19),
mit ra als dem Außenradius des homogenen Zylinders, siehe auch Kapitel 7.3.4. Mit Gleichung (7.17) und Gleichung (7.18) folgt die Grundgleichung für die Drehbewegung eines starren Körpers: M
4 M
(7.20).
Hierbei sind sowohl das Moment M als auch das Massenträgheitsmoment 4 auf die Drehachse zu beziehen. Die NEWTONsche Grundgleichung für die Drehbewegung eines starren Körpers, Gleichung (7.20), unterscheidet sich somit prinzipiell nicht von der NEWTONschen Grundgleichung für die Bewegung eines Massenpunktes auf einer Kreisbahn, Gleichung (4.74). Lediglich die Massenträgheitsmomente sind unterschiedlich. Die Ermittlung der Massenträgheitsmomente wird in Kapitel 7.3 behandelt.
7.2 Rotation um feste Achse
137
7.2.2 Drall und Drallsatz In Analogie zum Drall eines Massenpunktes, der sich auf einer Kreisbahn bewegt (siehe Kapitel 4.5.7), lässt sich der Drall eines rotierenden starren Körpers mit der Beziehung L 4 M
4 Z
(7.21)
berechnen. 4 ist hierin das Massenträgheitsmoment des starren Körpers bezüglich der Drehachse, Z die Winkelgeschwindigkeit. Für den Drallsatz gilt ebenso wie in Kapitel 4.5.7 die Beziehung M
L
(7.22),
wobei das Drehmoment M und der Drall L bzw. die Dralländerung L auf die Drehachse zu beziehen sind.
7.2.3 Arbeit und Leistung Für die Rotation eines starren Körpers um eine feste Achse gilt in Analogie zu Kapitel 4.6.4 für die Arbeit M1
W
³ M dM
(7.23),
M0
mit M als dem Drehmoment bezüglich der Drehachse und M als dem Drehwinkel, Bild 7-2b. Für die Leistung P gilt: P
M Z
(7.24)
mit M als Drehmoment und Z als Winkelgeschwindigkeit. Auch die Gleichung (4.90) kann bei der Drehung eines starren Körpers um eine feste Achse Anwendung finden.
7.2.4 Kinetische Energie Die kinetische Energie Ek für die Rotation eines starren Körpers um eine Drehachse ergibt sich mit Ek
1 4 Z 2 2
(7.25).
In dieser Beziehung sind 4 das Massenträgheitsmoment bezüglich der Drehachse und Z die Winkelgeschwindigkeit.
7.2.5 Gegenüberstellung von Translation und Rotation Zwischen Translation und Rotation um eine feste Achse bestehen verschiedene Analogien. Daher sind in Bild 7-3 die wesentlichen Größen der Mechanik einmal gegenübergestellt. Man erkennt, dass sich die Gleichungen der Rotation aus denen der Translation ergeben, wenn man z. B. den Weg x durch den Winkel M, die Geschwindigkeit v durch die Winkelgeschwindigkeit
138
7 Kinetik des starren Körpers
Z, die Masse m durch das Massenträgheitsmoment 4 und die Kraft F durch das Moment M ersetzt. Translation
x v
x
a
v
x
m p
F Ek
mv
m x 1 m v2 2
Rotation
Weg
M
Winkel
Geschwindigkeit
Z M
Winkelgeschwindigkeit
Beschleunigung
H
Masse
4
Impuls
L 4 Z
Drall (Drehimpuls)
Dynamische Grundgleichung
M
Dynamische Grundgleichung
Kinetische Energie
Ek
1 4 Z 2 2
Z M
Winkelbeschleunigung Massenträgheitsmoment
4 M
Kinetische Energie
W
³ F dx
Arbeit
W
³ M dM
Arbeit
P
F v
Leistung
P
M Z
Leistung
Bild 7-3 Gegenüberstellung von Translation und Rotation um eine feste Achse
Beispiel 7-1
***
Der Rotor einer Windkraftanlage mit einer maximalen Leistung von 1500 kW, einer Masthöhe von 65 m und einem Rotordurchmesser von 70 m, dreht sich bei mittlerer Windstärke mit einer Drehzahl von 18 Umdrehungen pro Minute. Windkraftanlage:
Rotorblatt: mF
Querschnitts- S fläche A b D
l
Jedes Rotorblatt besitzt eine Masse mF. Die Querschnittsfläche des Rotorblattes am Übergang zum Rotor-Mittelteil ist A. Der Rotor besitzt ein Gesamtmassenträgheitsmoment 4D bezüglich der Drehachse D.
7.3 Massenträgheitsmomente
139
Bestimmen Sie a) die Winkelgeschwindigkeit Z und die Umfangsgeschwindigkeit vF an der Spitze des Rotorblattes, b) den Drall und die kinetische Energie des Rotors, c) die Fliehkräfte in den Flügeln und d) die Spannungen in den Flügeln infolge der Fliehkräfte im Rotorblatt. geg.: mF = 5000 kg, b = 14 m, l = 35 m, A = 5000 mm2, 4D = 4000000 kg m2, n = 18 min-1 Lösung: a) Winkelgeschwindigkeit Z des Rotors und Umfangsgeschwindigkeit vF an der Flügelspitze
Z
2S n
vF
l Z
2S 18
1 min
35 m 1,885
1 s
1,885
1 s
65,97
m km ˆ 237,5 s h
b) Drall und kinetische Energie des Rotors L 4D Z
Ek
4000000 kg m 2 1,885
1 4D Z 2 2
1 s
7539822,4
1 1 4000000 kg m 2 1,8852 2 2 s
kg m 2 s
7106115,2
kg m 2 s2
7106115,2 Nm
c) Fliehkraft im Flügel FF
mF b Z 2
5000 kg 14 m 1,8852
1 s
2
248714,0
kg m s2
248714,0 N
d) Normalspannung im Flügel infolge der Fliehkraft
V
FF A
248714,0 N 5000 mm
2
49,7
N mm 2
7.3 Massenträgheitsmomente In der Statik werden Flächenmomente 1. Ordnung, die so genannten statischen Momente zur Schwerpunktsberechnung verwendet, siehe z. B. Kapitel 9.2.6 in [1]. In der Festigkeitslehre spielen dagegen die Flächenträgheitsmomente als Momente 2. Ordnung eine entscheidende Rolle, siehe z. B. Kapitel 5.3. in [2]. In der Dynamik sind die Massenträgheitsmomente (ebenfalls Momente 2. Ordnung) von großer Bedeutung. Massenträgheitsmomente werden insbesondere bei der Rotation, sowie der allgemeinen ebenen und der allgemeinen räumlichen Bewegung von Körpern benötigt.
140
7 Kinetik des starren Körpers
7.3.1 Definition der Massenträgheitsmomente Bei den Massenträgheitsmomenten unterscheidet man axiale Massenträgheitsmomente und zentrifugale Massenträgheitsmomente (Deviationsmomente). Diese sollen zunächst definiert und später berechnet werden.
7.3.1.1
Massenträgheitsmoment bezüglich einer Drehachse
Bezüglich einer Drehachse z eines starren Körpers, Bild 7-4, lässt sich das Massenträgheitsmoment 4 z wie folgt definieren:
4z
³r
2
dm
m
³ (x
2
y 2 ) dm
(7.26).
m
In dieser Gleichung sind dm ein Masseteilchen des starren Körpers und r der senkrechte Abstand von dm zur Drehachse. Die Definition gilt sowohl für eine beliebige Achse, als auch für den Fall, dass es sich bei z um eine Schwerpunktsachse handelt. Die Integration erfolgt über die gesamte Masse bzw. das gesamte Volumen des starren Körpers. Massenträgheitsmomente bezüglich einer Drehachse sind bereits in Kapitel 4.5.7, Kapitel 4.5.8 und Kapitel 7.2.1 behandelt worden.
Bild 7-4 Zur Definition der Massenträgheitsmomente eines starren Körpers m: Gesamtmasse dm: Masseteilchen x, y, z: Koordinaten der Achsen r: senkrechter Abstand von dm zur Drehachse (hier: z-Achse)
7.3.1.2
Massenträgheitsmomente bezüglich der x-Achse bzw. der y-Achse
Das Massenträgheitsmoment bezüglich der x-Achse errechnet sich analog zu Gleichung (7.26) mit
4x
³ (y
2
z 2 ) dm
(7.27),
m
das Massenträgheitsmoment bezüglich der y-Achse erhält man mit
4y
³ (z
m
2
x 2 ) dm
(7.28),
7.3 Massenträgheitsmomente
141
siehe auch Bild 7-4. Alle axialen Massenträgheitsmomente sind stets positiv.
7.3.1.3
Deviationsträgheitsmomente und Hauptträgheitsmomente
Neben den axialen Massenträgheitsmomenten, siehe Kapitel 7.3.1.1 und Kapitel 7.3.1.2, können auch Zentrifugal- oder Deviationsmomente auftreten. Diese sind wie folgt definiert:
4 xy
³ x y dm 4 yx
(7.29),
³ y z dm 4 zy
(7.30),
³ z x dm 4 xz
(7.31).
m
4 yz
m
4 zx
m
Die Deviationsmomente können positiv, negativ oder null sein. Achsen, bei denen die Deviationsmomente verschwinden, nennt man Hauptachsen. Die Massenträgheitsmomente bezüglich der Hauptachsen nennt man Hauptmassenträgheitsmomente. Sie werden i. Allg. mit 41 , 4 2 und 43 bezeichnet.
7.3.2 Massenträgheitsmomente um parallel verschobene Achsen Das Massenträgheitsmoment bezüglich der Schwerpunktsachse z ist in Anlehnung an Gleichung (7.26) wie folgt definiert:
³ rS
4S 4 z
2
(7.32),
dm
m
Bild 7-5. Für das Massenträgheitsmoment bezüglich einer Achse A parallel zur z-Achse gilt unter Bezugnahme auf Gleichung (7.26)
4A
³ rA
2
(7.33),
dm
m
wobei rA den Abstand zwischen dem Masseteilchen dm und der Achse A beschreibt. Mit dem Satz von Pythagoras folgt nach Bild 7-5 für y2
rS 2 x 2
rA 2 (a x) 2
bzw. rA 2
rS 2 x 2 a 2 2a x x 2
rS 2 a 2 2a x
Setzt man Gleichung (7.34) in Gleichung (7.33) ein, so erhält man
4A
³ (rS
m
2
a 2 2a x) dm
(7.34).
142
7 Kinetik des starren Körpers
bzw.
4A
³ rS
m
2
dm a 2 ³ dm 2a ³ x dm m
(7.35).
m
Bild 7-5 Massenträgheitsmoment 4A um eine parallel verschobene Achse A (parallel zur Schwerpunktsachse z) m: Gesamtmasse dm: Masseteilchen x, y, z: Schwerpunktsachsen 4S = 4z: Massenträgheitsmoment bezüglich der Schwerpunktsachse z Abstand von dm zur Schwerpunktsachse z rS: Abstand von dm zur Achse durch A rA: a: Abstand zwischen der Schwerpunktsachse z und der parallelen Achse durch A
Der erste Term in Gleichung (7.35) entspricht dem Massenträgheitsmoment 4S bezüglich der Schwerpunktsachse (siehe Gleichung (7.32)). Der zweite Term ergibt a² · m. Im dritten Term stellt ³ x dm das statische Moment, siehe Kapitel 9.13 in [1], bezüglich des Schwerpunktes (Massenmittelpunktes), das per Definition null ist, dar. Somit verbleibt
4A
4S a 2 m
(7.36).
Das Massenträgheitsmoment 4A um eine zur Schwerpunktsachse parallel verschobene Achse A errechnet sich somit aus dem Massenträgheitsmoment 4S bezüglich der Schwerpunktsachse sowie der Masse m und dem Quadrat des Abstands a zwischen S und A. Dieser Sachverhalt wird als Satz von STEINER bezeichnet.
7.3 Massenträgheitsmomente
143
7.3.3 Berechnung der Massenträgheitsmomente einzelner starrer Körper In Kapitel 7.3.1 wurden die allgemeinen Definitionen der wesentlichen Massenträgheitsmomente angegeben. Damit lassen sich die Massenträgheitsmomente einzelner starrer Körper berechnen.
7.3.3.1
Stab
Für einen dünnen Stab der Masse m und der Länge l, Bild 7-6, lässt sich mit Gleichung (7.26) und y 2 | 0 das Massenträgheitsmoment 4S 4 z bezüglich des Schwerpunkts berechnen:
4S 4 z
³ (x
2
y 2 ) dm
m
³x
2
(7.37).
dm
m
Mit dm = U · A · dx folgt l
l
2
4S 4 z
2 ³ x U A dx
l 2
2
U A
2 ³ x dx
l 2
x3 U A 3
l
2
l
U A
l3 12
(7.38).
2
Setzt man in Gleichung (7.38) die Gesamtmasse m = U · A · l ein, so ergibt sich
4S 4 z
4y
m l2 12
(7.39)
als Massenträgheitsmoment bezüglich des Schwerpunktes S bzw. bezüglich der Schwerpunktskoordinaten z und y.
Bild 7-6 Dünner Stab der Masse m und der Länge l S: Schwerpunkt, 0: Stabende, dm U A dx : Teilmasse, m U A l : Gesamtmasse des Stabs
Das Massenträgheitsmoment 4 0 bezüglich des Stabendes (Punkt 0) berechnet sich mit dem Satz von STEINER, Gleichung (7.36),
4 0 4S a 2 m und a = l / 2 zu 2
40 bzw.
m l2 § l · ¨ ¸ m 12 ©2¹
m l2 3 m l2 12 12
144
7 Kinetik des starren Körpers m l2 3
40
(7.40).
„Massenträgheitsmomente für einen Punkt außerhalb des Schwerpunktes sind stets größer als Massenträgheitsmomente bezüglich des Schwerpunktes.“
7.3.3.2
Kreisscheibe
Das Massenträgheitsmoment für eine dünnwandige Kreisscheibe, Bild 7-7, errechnet sich ebenfalls mit Gleichung (7.26) und dm = U · dA · t
³r
4z
2
dm
m
³r
2
U t dA
A
U t ³ r 2 dA
(7.41).
A
Der Ausdruck ³ r 2 dA ist bereits aus der Festigkeitslehre bekannt. Es handelt sich um das polare Flächenträgheitsmoment IP (siehe Kapitel 5.3.1.3 in [2]). Für eine Kreisfläche beträgt IP = S · d 4 / 32 = S · ra4 / 2. Somit ergibt
4z
U S ra 2 t
ra 2 2
und mit der Gesamtmasse m = U · S · ra2 · t folgt das Massenträgheitsmoment bezüglich der Schwerpunktsachse z:
4z
m ra 2 2
(7.42).
Bild 7-7 Dünnwandige Kreisscheibe mit der Masse m, dem Radius ra und der Dicke t dm U dA t : Teilmasse m U S ra 2 t : Gesamtmasse
7.3.3.3
Punktmasse an Stab
Für eine Punktmasse m, die an einer Stange der Länge l hängt, Bild 7-8, ergibt sich für den Fall, dass die Stabmasse mS vernachlässigt werden kann, das Massenträgheitsmoment bezüglich des Aufhängepunktes A mit dem Satz von STEINER, Gleichung (7.36), zu
7.3 Massenträgheitsmomente
145
4 A 4S l 2 m bzw. mit 4S | 0 (Punktmasse: Masse mit kleinen Abmessungen):
4A
m l2
(7.43).
Bild 7-8 Punktmasse m an Stab der Länge l
Für den massebehafteten Stab mit der Stabmasse mS = m / 5 ergibt sich
4 A 4 A Masse 4 A Stab
(7.44).
Mit
4 A Masse
m l2
nach Gleichung (7.43) und
4 A Stab
1 mS l 2 3
1 m l2 15
nach Gleichung (7.40) erhält man
4A
16 m l2 15
(7.45).
7.3.4 Massenträgheitsmomente einiger Körper In Bild 7-9 sind die Massenträgheitsmomente einiger starrer Körper zusammengestellt. Sie beziehen sich in den meisten Fällen auf die Schwerpunktsachsen x, y und z. Diese sind dann auch Hauptmassenträgheitsachsen (siehe auch Kapitel 7.3.1.3).
146
7 Kinetik des starren Körpers Dickwandiger Hohlzylinder
Zylinder
4x
4y 4z
§ r 2 l2 · m¨ a ¸ ¨ 4 12 ¸ © ¹ m
4x
4y
ra 2 2
4z
§ (r 2 r 2 ) l 2 · i ¸ m¨ a ¨ 4 12 ¸¹ © m
(ra 2 ri 2 ) 2
Dünner Kreisring
Dünne Kreisscheibe 2
m
4x
4y
4z
m
4x
m h2 12
4y 4z
Dünne Rechteckplatte
ra 4
4z
m rm 2
4x
m (h 2 l 2 ) 12
m b2 12
4y
m (b 2 l 2 ) 12
m (h 2 b 2 ) 12
4z
m (b 2 h 2 ) 12
ra 2 2 Quader
Dünner Stab
4 y 4z
rm 2 2
4y
Kugel
4x
m
4x
2 m r2 5
4S 40
Bild 7-9 Massenträgheitsmomente einzelner starrer Körper
l2 12 l2 m 3
m
7.3 Massenträgheitsmomente
147
Beispiel 7-2
*** Werkstück y
Spannkopf
1000
x Spannschienen Spanntisch
4300 4000 500
Spannschiene
Werkstück
z
Spannkopf x
300
100
70
Spannkopf
Spannschienen Spanntisch
200 100
2000 60
3000
Zur Bearbeitung ringförmiger Werkstücke werden Rundtisch-Bearbeitungszentren eingesetzt. Die Spannvorrichtung für das Werkstück besteht aus einem Spanntisch und acht Spannschienen mit jeweils einem Spannkopf. Bestimmen Sie a) das Massenträgheitsmoment des Werkstückes aus Stahl, b) das Massenträgheitsmoment der Spanneinrichtung, bestehend aus Spanntisch, -schienen und -köpfen (Stahl) sowie c) die Schnittgeschwindigkeit am Außenrand des Werkstückes bei einer Drehzahl von 60 U/min des Tisches. geg.: U = 7,85 g/cm3 Lösung: a) Massenträgheitsmoment des Werkstückes
4z
m
(ra 2 ri 2 ) 2
S h (ra 2 ri 2 ) U
S 0,5 m [(2,15 m) 2 (2 m) 2 ] 7,85
(ra 2 ri 2 ) 2 g
cm
3
[(2,15 m)2 (2 m) 2 ] 2
33092,7 kg m 2
148
7 Kinetik des starren Körpers
b) Massenträgheitsmoment der Spanneinrichtung Massenträgheitsmoment Spanntisch: m
4 Tisch
ra 2 2
S h ra 2 U
ra 2 2
1 S h ra 4 U 2 4
g 1 § 3000 mm · S 300 mm ¨ ¸ 7,85 3 2 2 ¹ © cm
18727,33 kg m 2
Massenträgheitsmoment einer Spannschiene:
4Schiene
m (b 2 l 2 ) a2 m 12
l b h U (b 2 l 2 ) a2 m 12
2000 mm 60 mm 100 mm 7,85 g/cm3 [(60 mm)2 (2000 mm)2 ] 12 2
· § 1000 mm ¨ 1000 mm ¸ (2000 mm 60 mm 100 mm 7,85 g/cm3 ) 2 ¹ © 243,38 kg m 2
Massenträgheitsmoment eines Spannkopfes: m (b 2 l 2 ) a2 m 12
4 Kopf
l b h U (b 2 l 2 ) a2 m 12
100 mm 70 mm 200 mm 7,85 g/cm3 [(70 mm)2 (100 mm)2 ] 12 2
§ 4300 mm 100 mm · 3 ¨ ¸ (100 mm 70 mm 200 mm 7,85 g/cm ) 2 ¹ © 53,21 kg m 2
Gesamtmassenträgheitsmoment:
4 gesamt
4 Tisch 8 (4Schiene 4 Kopf ) 21100,0 kg m 2
c) Schnittgeschwindigkeit am Außenrand des Werkstückes v
ra Z
ra 2S n
4300 mm 2S 60 U / min 13,51 m/s 2
7.4 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers Eine allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers setzt sich aus zwei Translationen und einer Rotation zusammen. Sinnvollerweise beschreibt man die Bewegung mit den Schwerpunktskoordinaten xS und yS sowie der Winkelkoordinate M, welche die Drehung um den Schwerpunkt repräsentiert, Bild 7-10. Unter diesen Voraussetzungen lassen sich die NEWTONschen Grundgleichungen, die kinetische Energie, der Arbeitssatz und der Energiesatz für die allgemeine ebene Bewegung definieren.
7.4 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers
Bild 7-10
149
Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers der Masse m mit den Koordinaten xS und yS für die Translation und der Winkelkoordinate M für die Drehung um den Schwerpunkt S
7.4.1 NEWTONsche Grundgleichungen für die allgemeine ebene Bewegung Die Bewegung wird auf den Schwerpunkt des starren Körpers bezogen. Somit gelten, ausgehend von den Gleichungen (4.6) und (4.7) sowie von Gleichung (4.74), die NEWTONschen Grundgleichungen für die allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers, Bild 7-10: m x m xS
Fx
(7.46),
m y
Fy
(7.47),
m yS
4S M M S
(7.48).
Gleichung (7.46) beschreibt die Bewegung in x-Richtung, Gleichung (7.47) beschreibt die Bewegung in y-Richtung und Gleichung (7.48) beschreibt die Drehung um den Schwerpunkt S. In Gleichung (7.48) stellt 4S das Massenträgheitsmoment bezüglich der Schwerpunktsachse und MS die Summe aller Momente, ebenfalls bezogen auf die Schwerpunktsachse, dar.
7.4.2 Kinetische Energie bei allgemeiner ebener Bewegung Da sich die allgemeine ebene Bewegung aus der Translation (z. B. Translation des Schwerpunktes) mit der Schwerpunktsgeschwindigkeit vS und aus der Rotation um den Schwerpunkt S mit der Winkelgeschwindigkeit Z zusammensetzt, ergibt sich die kinetische Energie als Summe der Translations- und der Rotationsenergie. Mit der Translationsenergie Ek trans
1 m vS2 2
(7.49)
(siehe auch Gleichung (7.6) in Kapitel 7.1) und der Rotationsenergie Ek rot
1 4S Z 2 2
(7.50)
(siehe auch Gleichung (7.25) in Kapitel 7.2.4) ergibt sich die kinetische Energie bei allgemeiner ebener Bewegung:
150
7 Kinetik des starren Körpers Ek
1 1 m vS2 4S Z 2 2 2
(7.51).
4S ist hierbei das Massenträgheitsmoment bezüglich des Schwerpunktes bzw. bezüglich der Schwerpunktsachse.
7.4.3 Arbeitssatz Der Arbeitssatz bei allgemeiner ebener Bewegung eines starren Körpers lässt sich in gleicher Weise formelmäßig darstellen, wie bei der Bewegung eines Massenpunktes, siehe Kapitel 4.7: Ek1 Ek0
(7.52).
W
Allerdings sind die kinetischen Energien für die Bahnpunkte 0 und 1 mit Gleichung (7.51) zu ermitteln.
7.4.4 Energiesatz Der Energiesatz für die allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers lässt sich ebenso wie bei der Bewegung des Massenpunktes formulieren, siehe Kapitel 4.8: Ek 0 Ep0
Ek1 Ep1
(7.53)
bzw. Ek Ep
konst.
(7.54).
D. h., bei reibungsfreier Bewegung ist die Summe aus kinetischer und potentieller Energie konstant. Die kinetische Energie ergibt sich wiederum mit Gleichung (7.51). Für die Ermittlung der potentiellen Energie kann z. B. die Schwerpunktslage des starren Körpers betrachtet werden.
Beispiel 7-3
*** (0) m
ij
(1)
r
y
S
Ȧ1
G=m·g
x h
v1 Į
Eine Kugel mit der Masse m und dem Massenträgheitsmoment 4S rollt, ohne zu gleiten, eine schiefe Ebene hinunter.
7.4 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers
151
Bestimmen Sie a) die Schwerpunktsbeschleunigung der Kugel und b) die Endgeschwindigkeit v1 sowie die Winkelgeschwindigkeit Z1, nachdem die Kugel aus der Ruhe (v0 = 0, Z0 = 0) einen Höhenunterschied h zurückgelegt hat. geg.: m, h, r, v0 = 0, Z0 = 0, D, 4S = 2m · r2/5 Lösung: a) Schwerpunktsbeschleunigung der Kugel Freischnitt: y x
G=m·g RH N
Į
Į
Lösung mit NEWTONscher Grundgleichung m xS
Fx
m g sin D RH
(1)
m yS
Fy
N m g cos D
(2)
Da yS
0 , folgt:
4S M M S
N
m g cos D
2 m r 2 M 5
(3)
RH r
Aus der Kinematik folgt die Rollbedingung: xS
r M
und somit: xS
r M
bzw.
M
xS r
(4)
r M
bzw.
M
xS r
(5)
und xS
Mit (5) in (3) folgt:
RH
Mit (6) in (1) folgt:
m xS
2 m xS 5
m g sin D
(6) 2 m xS 5
und somit die Schwerpunktsbeschleunigung: xS
5 g sin D 7
152
7 Kinetik des starren Körpers
b) Endgeschwindigkeit v1 und Winkelgeschwindigkeit Z1 Lösung mit Energiesatz: Ek0 Ep0
(7)
Ek1 Ep1
Ek0
0
Ek1
1 1 m v12 4S Z12 2 2
Ep0
Mit (4) folgt: Ek1 Ep1
mg h
1 1 2 §v · m v12 m r 2 ¨ 1 ¸ 2 2 5 ©r ¹
2
7 m v12 10
0 7 m v12 10
Mit (7) folgt: m g h
und somit die Endgeschwindigkeit : v1 sowie die Winkelgeschwindigkeit:
Z1
10 g h 7
v1 r
1 10 g h 7 r
Beispiel 7-4
***
In einem Kopierer wird ein Blatt Papier der Masse mP mit der Kraft F(v) = b · v + F0 über eine Unterlage gezogen. Dabei wird das Papier mittels einer Walze der Masse mW niedergehalten. Die Walze mit einem Radius r und einem Massenträgheitsmoment 4W ist an einer masselosen, starren Stange befestigt und rollt auf dem Papier. Zwischen dem Papier und der Unterlage wirkt der Reibbeiwert P. a) b) F m ,4 W
W
Fmax
r
F = b · v + F0
mP
P
F
Man bestimme a) die Konstanten b und F0 des Kraftverlaufs F(v) = b · v + F0 und b) die Beschleunigung des Papierblattes. geg.: Fmax, mP, mW, 4W = mW · r2/2, g, r, vmax, P
vmax
v
7.4 Allgemeine ebene Bewegung eines starren Körpers
153
Lösung: a) Konstanten des Kraftverlaufes Unter Berücksichtigung der Randbedingungen ergibt sich: F (v
0)
Fmax
F (v
vmax )
F0
b vmax Fmax
0
b
Fmax vmax
Für den Kraftverlauf ergibt sich somit: F (v )
Fmax v Fmax vmax
§ v Fmax ¨¨1 © vmax
· ¸¸ ¹
b) Beschleunigung des Papierblattes Freischnitt System Walze ij
GW= mW· g
S
P
P: Haftkraft zwischen Walze und Papier
N1 N1
System Papier
P y
F
R N2
x
GP = mP· g
System Papier: mP x
F RP
mP y
N 2 N1 mP g N2
F P N2 P 0 , da y 0
(1) (2) (3)
N1 mP g
System Walze:
S:
4 W M P r
mW x
PS S
P
P
1 mW r M 2
(4)
0 , da wegen starrer Stange x 0
(5)
154
7 Kinetik des starren Körpers mW y
0 , da y 0
N1 mW g N1
(6)
mW g
Aus kinematischen Betrachtungen folgt die Rollbedingung: x und somit x r M mit (4) folgt: P
1 mW x 2
in (1):
F P N2
mP x
x r
M
r M
(7)
1 mW x 2
mit (3) und (6) folgt: mP x
F P ( N1 mP g ) (mP
x
1 mW ) x 2
1 mW x 2
F P g (mW mP )
1 mW x 2
F P g (mW mP )
F P g (mW mP ) 1 mP mW 2
§ v Fmax ¨¨1 v max ©
· ¸¸ P g (mW mP ) ¹ 1 mP mW 2
155
8 Schwingungen Von Schwingungen spricht man, wenn physikalische Größen mehr oder weniger regelmäßige Schwankungen aufweisen. Diese Erscheinungen kommen vielfach in der Natur und in der Technik vor. Man kennt Schwingungen mechanischer Systeme, aber auch Schwingungen im elektrischen Stromkreis, usw. Bei mechanischen Schwingungen, nur diese werden hier behandelt, können die zeitlich veränderlichen physikalischen Größen z. B. Wege, Drehwinkel, Geschwindigkeiten, Kräfte oder Momente sein.
8.1 Mechanische Schwingungssysteme Schwingungen von Maschinen und technischen Strukturen können in der Regel auf einfache Schwingungssysteme zurückgeführt werden. Mit diesen Idealisierungen gelingt i. Allg. die mathematische Beschreibung der Schwingungsvorgänge. Grundlegende mechanische Schwinger werden nachfolgend vorgestellt.
8.1.1 Feder-Masse-Schwinger Der einfachste mechanische Schwinger besteht aus einem starren Körper der Masse m und einer elastischen Aufhängung (bzw. einer elastischen Abstützung), die durch eine Feder mit einer Federkonstante c charakterisiert wird. Viele Systeme in der Technik lassen sich somit als einfache Feder-Masse-Schwinger, Bild 8-1a, behandeln. Durch Auslenkung der Masse entsteht in der Feder eine rücktreibende Kraft, welche das Zurückfedern des Systems und somit die Schwingung bewirkt. Der Schwinger in Bild 8-1a kann freie ungedämpfte Schwingungen mit einem Freiheitsgrad ausführen. Die zeitabhängige physikalische Größe ist hierbei die Auslenkung x = x(t) der Masse m beim Schwingungsvorgang.
8.1.2 Drehschwinger Andere Bewegungen in der Technik lassen sich als Drehschwingungen eines Feder-MasseSystems charakterisieren, Bild 8-1b. Hierbei ist als Idealisierung die Masse m mit einer starren Struktur (hier z. B. einer starren Stange) verbunden, die sich um einen Fixpunkt A dreht. Die Elastizität des Gesamtsystems wird durch die beiden elastischen Federn mit den Federkonstanten c realisiert. Bei diesem Schwingungsvorgang ist der Drehwinkel M = M(t) die zeitabhängige Größe.
8.1.3 Schwerependel Bei den Bewegungen eines Pendels handelt es sich ebenfalls um mechanische Schwingungen. Auch das schaukelnde Kind in Beispiel 4-5 führt Pendelbewegungen aus. Im Allgemeinen unterscheidet man in der Physik Fadenpendel (mathematische Pendel) und Körperpendel (physikalische Pendel). Aber auch ein Rollschwinger, Bild 8-1c, oder ein Schaukelstuhl führt Pendelbewegungen und somit mechanische Schwingungen aus. Alle diese Pendel nennt man auch
156
8 Schwingungen
Schwerependel, weil das Gewicht der bewegten Masse die rücktreibende Kraft darstellt. Zeitabhängige physikalische Größe ist i. Allg. ein Winkel, z. B. M = M(t), Bild 8-1c.
8.1.4 Gedämpfte Schwingungssysteme Neben den ungedämpften Schwingungssystemen, die i. Allg. eine Idealisierung darstellen, existieren in der Technik auch zahlreiche mehr oder weniger gedämpfte Schwingungssysteme. Dabei spielen z. B. Flüssigkeitsdämpfer eine wichtige Rolle. Die Dämpfungswirkung kann dann z. B. durch eine Konstante k charakterisiert werden. Bei dem freien gedämpften Schwinger in Bild 8-1d ist die Auslenkung x = x(t) die zeitabhängige Größe. Infolge der Dämpfung verringert sich die Amplitude dieser Schwingung mit der Zeit, siehe auch Bild 8-2c.
Bild 8-1 Mechanische Schwingungssysteme a) Einfacher Feder-Masse-Schwinger mit der Masse m und der Federkonstante c führt freie ungedämpfte Schwingungen x = x(t) aus b) Drehschwingungen eines Feder-Masse-Systems mit dem Winkelausschlag M = M(t) c) Rollschwinger (als spezielles Schwerependel) führt Schwingungen mit der Koordinate M = M(t) aus d) Gedämpfter Feder-Masse-Schwinger mit der Masse m, der Federkonstante c und der Dämpfungskonstante k führt freie gedämpfte Schwingungen x = x(t) aus e) Erzwungene Schwingungen eines ungedämpften Feder-Masse-Systems mit der Federanregung xe = xe(t) und dem Weg x = x(t) der Masse m
8.2 Schwingungsarten
157
8.1.5 Schwingungssysteme mit Weg- oder Kraftanregung Neben den Schwingungssystemen, die nach einmaliger Anregung (sich selbst überlassen) freie ungedämpfte Schwingungen, Bild 8-1a bis Bild 8-1c, oder freie gedämpfte Schwingungen, Bild 8-1d, ausführen, existieren auch Schwingungssysteme, die permanent von außen angeregt werden. Hierbei unterscheidet man Wegerregung oder Krafterregung. Ein Beispiel für die Wegerregung (Federerregung) ist in Bild 8-1e gezeigt. Die Anregung des oberen Federendes mit xe = xe(t) beeinflusst dabei den Weg x = x(t) der Masse m erheblich, siehe Kapitel 8.5.2. Bei der Erregung der Masse durch eine Kraft F = F(t) unterscheidet man Krafterregung mit konstanter Amplitude und Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude, siehe Kapitel 8.5.3 und Kapitel 8.5.4.
8.2 Schwingungsarten Je nach dem zeitlichen Verlauf der Schwingung kann man verschiedene Schwingungsarten unterscheiden. Die grundlegenden Schwingungen werden nachfolgend erläutert.
Bild 8-2 Schwingungsarten a) Periodische Schwingung: Verlauf x(t) wiederholt sich nach einer Zeit T b) Harmonische Schwingung: Größe x(t) ändert sich sinus- oder kosinusförmig c) Gedämpfte Schwingung: Amplitude nimmt mit der Zeit ab
8.2.1 Periodische Schwingung Die Schwingungsvorgänge können periodisch ablaufen, Bild 8-2a. Dann wiederholt sich der Verlauf von x(t) oder von M(t), Bild 8-1, nach einer Zeit T. T ist dabei die Periode der Schwingung oder die Schwingungsdauer.
158
8 Schwingungen
Die Frequenz f der Schwingung errechnet sich als Kehrwert der Schwingungsdauer: f
1 T
(8.1).
Die Frequenz f gibt die Zahl der Schwingungen pro Zeiteinheit an. Die Dimension der Frequenz ist 1/Zeit. Die Einheit 1/s = 1 Hz (Hertz).
8.2.2 Harmonische Schwingung Bei einer harmonischen Schwingung ändert sich die Größe x(t) oder die Größe M(t), siehe Bild 8-1, sinus- oder kosinusförmig. Die in Bild 8-2b dargestellte harmonische Schwingung kann durch die Beziehung x(t ) A sin(Z0 t ) (8.2) beschrieben werden. In Gleichung (8.2) ist A die Amplitude der Schwingung und Z0 die Kreisfrequenz oder Eigenfrequenz der Schwingung. Die Eigenfrequenz Z0 ist eine wichtige Größe bei der Behandlung von Schwingungsvorgängen. Es existiert ein Zusammenhang zwischen der Eigenfrequenz und der Schwingungsdauer T bzw. der Frequenz f der Schwingung:
Z0
2S T
2S f
(8.3).
Bild 8-3 Die Überlagerung einer Sinusschwingung und einer Kosinusschwingung ergibt eine reine Sinusschwingung mit der Phasenverschiebung J: x(t ) A sin(Z0 t ) B cos(Z0 t ) C sin(Z0 t J )
8.2 Schwingungsarten
159
Der reinen Sinusschwingung, Gleichung (8.2), (oder auch Kosinusschwingung: x = B · cos(Z0 · t)) sind spezielle Anfangsbedingungen zugeordnet. So gilt für die Sinusschwingung nach Gleichung (8.2) die Anfangsbedingung für den Weg x(t
0)
(8.4)
0
und für die Geschwindigkeit x (t
0)
(8.5).
A Z0
Für beliebige Anfangsbedingungen gilt die Beziehung x(t )
A sin(Z0 t ) B cos(Z0 t )
x1 (t ) x2 (t )
(8.6).
Alternativ kann auch die Formel x(t )
C sin(Z0 t J )
(8.7)
zur Beschreibung der harmonischen Schwingung verwendet werden. Beide Beziehungen, Gleichung (8.6) und Gleichung (8.7), sind vollkommen gleichwertig. Dies wird auch in Bild 8-3 deutlich. Dort erkennt man, dass die Überlagerung einer Sinusschwingung x1(t) und einer Kosinusschwingung x2(t) eine reine Sinusschwingung x(t) mit einer verschobenen Phase (Phasenverschiebung J) ergibt.
8.2.3 Ungedämpfte Schwingung Bei einer ungedämpften Schwingung bleibt die Amplitude der Schwingung bzw. die maximale Amplitude der Schwingung im betrachteten Zeitraum gleich. Dies ist bei der periodischen Schwingung (Kapitel 8.2.1, Bild 8-2a) und bei der harmonischen Schwingung (Kapitel 8.2.2, Bild 8-2b) der Fall. Beispiele für ungedämpfte freie Schwinger sind in Bild 8-1a bis Bild 8-1c gezeigt.
8.2.4 Gedämpfte Schwingung Bei einer gedämpften Schwingung nimmt die Amplitude der Schwingung infolge vorhandener Dämpfung mit der Zeit ab, siehe Bild 8-2c. Unter bestimmten Bedingungen kann die Dämpfung so groß sein, dass gar keine Schwingung zustande kommt. Man spricht dann von aperiodischer Bewegung oder von aperiodischem Grenzfall (siehe Kapitel 8.4.2.5 und Kapitel 8.4.2.6).
8.2.5 Freie Schwingung (Eigenschwingung) Von einer freien Schwingung oder einer Eigenschwingung spricht man, wenn der Schwinger nach einmaliger Anregung sich selbst überlassen wird. Die sich einstellende Eigenschwingung ist lediglich von den Eigenschaften des Systems (wie z. B. der Masse m und der Federkonstante c und somit der Eigenfrequenz Z0) abhängig. Beispiele für freie Schwinger sind in den Kapiteln 8.1.1 bis 8.1.4 und Kapitel 8.3 beschrieben bzw. in Bild 8-1a bis Bild 8-1d dargestellt.
8.2.6 Erzwungene Schwingung Bei einer erregten oder erzwungenen Schwingung erfährt der Schwinger permanent eine Anregung. Die Schwingung wird dabei maßgeblich durch die Art und die Frequenz der Anregung
160
8 Schwingungen
beeinflusst. Beispiele für Schwingungssysteme mit fortlaufender Schwingungsanregung sind in Kapitel 8.1.5, Bild 8-1e sowie den Kapiteln 8.5.1 und 8.6 dargestellt.
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen) Im Nachfolgenden werden freie ungedämpfte Schwingungen, so genannte Eigenschwingungen, von Systemen mit einem Freiheitsgrad untersucht. Es handelt sich somit um einfache Schwinger ohne Dämpfung.
8.3.1 Geradlinige Schwingung eines Feder-Masse-Systems Untersucht werden zunächst geradlinige Schwingungen eines Feder-Masse-Systems, siehe z. B. Bild 8-4a. Bewegt sich die Masse m des Feder-Masse-Systems beim Schwingungsvorgang, so wird die Feder (Federkonstante c) gedehnt oder gestaucht. Bei einer Auslenkung der Masse um den Weg x, Bild 8-4b, wirkt auf die Masse m bei reibungsfreier Bewegung lediglich die rücktreibende Federkraft FF = c · x entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung, Bild 8-4c.
Bild 8-4 Schwingung eines Feder-Masse-Systems a) Ruhelage des Feder-Masse-Systems mit der Masse m und der Federkonstante c b) Beim Schwingungsvorgang erfährt die Masse eine Auslenkung (Koordinate x) aus der Ruhelage c) Bei reibungsfreier Bewegung wirkt in horizontaler Richtung lediglich die rücktreibende Federkraft FF = c · x auf die Masse
8.3.1.1
Schwingungsdifferentialgleichung
Die Schwingungsdifferentialgleichung für die geradlinige Schwingung eines Feder-MasseSystems erhält man mittels der NEWTONschen Grundgleichung (Kapitel 4.2). Gleichung (4.9) liefert mit Fx
FF
c x
(8.8)
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
161
( FF , da FF entgegengesetzt von x wirkt) die Beziehung m x
Fx
(8.9)
c x
und somit die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m x c x
0
(8.10).
Dividiert man diese Gleichung durch m, so ergibt sich c x m
x
(8.11)
0
und mit der Abkürzung
Z0 2
c m
(8.12)
folgt x Z0 2 x
0
(8.13),
die allgemeine Schwingungsdifferentialgleichung für eindimensionale (geradlinige) Schwingungen von Feder-Masse-Systemen. Es handelt sich hierbei um eine lineare homogene Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstantem Koeffizienten.
Z0 ist hierin die Eigenfrequenz der Schwingung bzw. des Schwingers. Für das in Bild 8-4 gezeigte Feder-Masse-System ist entsprechend Gleichung (8.12) c m
Z0
(8.14),
mit c als der Federkonstanten des elastischen Systems und m als der Masse der bewegten starren Struktur. Für andere eindimensionale Feder-Masse-Systeme gilt ebenfalls Gleichung (8.13). Lediglich die Eigenfrequenz Z0 ändert sich von System zu System (siehe z. B. die Kapitel 8.3.2 bis 8.3.5).
8.3.1.2
Schwingungsdifferentialgleichung für ein vertikal schwingendes FederMasse-System
Für ein vertikal schwingendes Feder-Masse-System (Bild 8-5) ergibt sich ebenfalls die Differentialgleichung nach Gleichung (8.13), wie sich nachfolgend zeigen lässt. Für die Ruhelage, Bild 8-5b und Bild 8-5c, ergibt sich mit der Gleichgewichtsbedingung Fx = 0 in x-Richtung: G FSt
(8.15)
0
bzw. mit G = m · g und FSt = c · xSt m g c xSt
und somit
0
(8.16)
162
8 Schwingungen xSt
m g c
(8.17).
Bild 8-5 Vertikale Schwingung eines Feder-Masse-Systems a) Unbelastetes elastisches System mit der Federkonstanten c b) Ruhelage des Feder-Masse-Systems mit der Masse m und der statischen Auslenkung xSt c) Freischnitt der Masse m im Fall der Ruhelage mit der Gewichtskraft G = m · g und der statischen Federkraft FSt = c · xSt d) Schwingungsvorgang mit der Auslenkung der Masse um den Weg x aus der statischen Ruhelage e) Freischnitt der Masse m beim Schwingungsvorgang mit der Gewichtskraft G = m · g und der Gesamtfederkraft FF = c · (xSt + x)
Beschreibt man nun den Schwingungsvorgang, Bild 8-5d und Bild 8-5e, mit der NEWTONschen Grundgleichung in x-Richtung, so gilt mit Fx
(8.18)
G FF
sowie G = m · g und FF = c · (xSt + x) m x m g c ( xSt x)
bzw. (8.19).
m x m g c xSt c x
Da nach Gleichung (8.16) m · g – c · xSt = 0, erhält man auch für das vertikal schwingende Feder-Masse-System m x c x
0
(8.20)
x Z0 2 x
0
(8.21)
bzw.
die bereits bekannte Schwingungsdifferentialgleichung mit Z0
c/m .
Dies bedeutet, das Gewicht G = m · g führt zu einer statischen Auslenkung der Feder. Der Schwingungsvorgang erfolgt somit um die statische Ruhelage des Systems.
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
8.3.1.3
163
Grundsätzliches zum Aufstellen der Schwingungsdifferentialgleichung
Beim Ermitteln der Schwingungsdifferentialgleichung eines Feder-Masse-Systems ist grundsätzlich zu beachten: „Die Schwingungsdifferentialgleichung erhält man, wenn man die Auslenkung des Systems aus der statischen Ruhelage betrachtet.“ D. h., die Gewichtskraft kann beim Aufstellen der Schwingungsdifferentialgleichung für ein Feder-Masse-System vernachlässigt werden. Für die Ermittlung der am Schwingungsvorgang aktiv beteiligten Federkraft ist lediglich die Auslenkung der Masse aus der Ruhelage von Bedeutung.
8.3.1.4
Allgemeine Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung
Ausgangspunkt für die Untersuchung von geradlinigen Schwingungen von Feder-MasseSystemen ist die Schwingungsdifferentialgleichung nach Gleichung (8.13) bzw. Gleichung (8.21). Es handelt sich um eine homogene Differentialgleichung 2. Ordnung, die in dieser Form für zahlreiche Feder-Masse-Systeme Gültigkeit besitzt (siehe z. B. die Kapitel 8.3.3 bis 8.3.5). Die allgemeine Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung lautet x(t )
A sin(Z0 t ) B cos(Z0 t )
(8.22)
mit der Eigenfrequenz Z0 der Schwingung (folgt unmittelbar aus der Differentialgleichung, siehe Gleichung (8.13), und z. B. Gleichung (8.14)), der Zeit t und den Konstanten (Integrationskonstanten) A und B als Amplituden der Sinus- und Kosinusschwingung. Diese Konstanten A und B sind für die jeweils vorliegenden Anfangsbedingungen oder Randbedingungen zu bestimmen (siehe Kapitel 8.3.1.5). Anstatt der in Gleichung (8.22) angegebenen Lösung kann als allgemeine Lösung der Differentialgleichung auch x(t )
C sin(Z0 t J )
(8.23)
herangezogen werden. Die Konstante C stellt hierbei die Amplitude der Sinusschwingung dar. Die Konstante J beschreibt die Phasenverschiebung der Schwingung. C und J sind ebenfalls durch Anfangsbedingungen oder Randbedingungen zu bestimmen. Beide Lösungen, Gleichung (8.22) und (8.23), sind vollkommen gleichwertig (siehe auch Kapitel 8.2.2 und Bild 8-3).
8.3.1.5
Spezielle Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung
Die spezielle Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung, Gleichung (8.13), erhält man durch Berücksichtigung von Anfangsbedingungen, die beim Schwingungsvorgang vorliegen. Für einen Feder-Masse-Schwinger nach Bild 8-6 kann z. B. angenommen werden, dass zu Beginn des Schwingungsvorgangs, d. h. zum Zeitpunkt t = 0 der Weg bzw. die Auslenkung x = x0 des Schwingers null ist, x(t
0)
x0
0
(8.24),
164
8 Schwingungen
und die Geschwindigkeit v x (t
0)
x , mit der sich die Masse bewegt, v0 beträgt:
v0
(8.25).
Bild 8-6 Anfangsbedingungen für den Schwingungsvorgang eines Feder-Masse-Schwingers: x(t = 0) = x0 = 0 und x (t 0) v0
Setzt man die Anfangsbedingung nach Gleichung (8.24) in die allgemeine Lösung, Gleichung (8.22), ein, so erhält man x(t
0)
x0
0
B
(8.26)
und daraus die Konstante B
(8.27).
0
x0
Die erste Zeitableitung des Schwingungsausschlages nach Gleichung (8.22) ergibt die Geschwindigkeit der Schwingung x (t )
A Z0 cos(Z0 t ) B Z0 sin(Z0 t )
(8.28).
Setzt man die Anfangsbedingung nach Gleichung (8.25) in Gleichung (8.28) ein, so erhält man x (t
0)
v0
A Z0
(8.29)
und daraus die Konstante A
v0
(8.30).
Z0
Durch Einsetzen der Konstanten A und B in die allgemeine Lösung, Gleichung (8.22), ergibt sich die spezielle Lösung für den Schwingungsausschlag x bzw. den Weg der Masse m beim Schwingungsvorgang x(t )
v0
Z0
sin(Z0 t )
(8.31).
Es handelt sich somit um eine Sinusschwingung mit der Amplitude v0/Z0. Alternativ hätte das Einsetzen der Anfangsbedingungen, Gleichung (8.24) und Gleichung (8.25), in Gleichung (8.23) die Konstanten C
v0
Z0
(8.32)
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
165
und 0, S , 2S ,...
J
(8.33)
und somit dieselbe spezielle Lösung, Gleichung (8.31), geliefert. Der Weg-Zeit-Verlauf der Schwingung ist in Bild 8-7a dargestellt.
Bild 8-7 Darstellung des Weges, der Geschwindigkeit und der Beschleunigung beim Schwingungsvorgang eines Feder-Masse-Schwingers a) Weg-Zeit-Diagramm b) Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm c) Beschleunigungs-Zeit-Diagramm
8.3.1.6
Geschwindigkeit
Durch Ableitung des Weges, Gleichung (8.31), nach der Zeit erhält man den Geschwindigkeits-Zeit-Verlauf der Bewegung: v(t )
x (t )
v0 cos(Z0 t )
(8.34).
166
8 Schwingungen
Dieser ist in Bild 8-7b darstellt. Man erkennt, dass die Geschwindigkeit beim Durchgang der Masse durch die Ruhelage betragsmäßig maximal ist.
8.3.1.7
Beschleunigung
Die zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit, Gleichung (8.34), ergibt den BeschleunigungsZeit-Verlauf während des Schwingungsvorganges: a(t )
x(t )
v0 Z0 sin(Z0 t )
(8.35).
Nach Bild 8-7c erkennt man, dass die Beschleunigung an den Umkehrpunkten der Schwingungsbewegung betragsmäßig maximal ist. Die Beschleunigung zeigt jeweils in entgegengesetzte Richtung im Vergleich zur Bewegung.
8.3.1.8
Eigenfrequenz der Schwingung
Die Eigenfrequenz Z0 erhält man unmittelbar aus der Differentialgleichung, Gleichung (8.13). Für den in Bild 8-4 bzw. Bild 8-6 betrachteten Schwinger ist c m
Z0
8.3.1.9
(8.36).
Schwingungsdauer
Die Schwingungsdauer errechnet sich mit der Beziehung T
2S
(8.37),
Z0
siehe auch Gleichung (8.3). Für den in Bild 8-4 bzw. in Bild 8-6 dargestellten Schwinger gilt mit Gleichung (8.37) T
2S
m c
(8.38).
8.3.1.10 Frequenz der Schwingung Für die Frequenz einer Schwingung gilt nach Gleichung (8.3) f
1 T
Z0 2S
(8.39).
Der Schwinger nach Bild 8-4 bzw. Bild 8-6 besitzt somit die Frequenz f
1 c 2S m
(8.40).
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
167
8.3.1.11 Lösung für andere Anfangsbedingungen Eine spezielle Lösung für die Schwingungsdifferentialgleichung, Gleichung (8.13), ist in Kapitel 8.3.1.5 beschrieben. Wählt man andere Anfangsbedingungen für den Schwingungsvorgang, so ergibt sich auch eine andere spezielle Lösung.
Bild 8-8 Andere Anfangsbedingungen für den Schwingungsvorgang: x(t 0) x0 und x (t 0) v0 0
Für den Feder-Masse-Schwinger nach Bild 8-8 wird z. B. angenommen, dass zu Beginn des Schwingungsvorganges, d. h. zum Zeitpunkt t = 0, die Auslenkung des Schwingers maximal, d. h. der Weg x = x0 ist: x(t
0)
(8.41).
x0
Die Geschwindigkeit ist zu diesem Zeitpunkt (d. h. am unteren Umkehrpunkt) null: x (t
0)
v0
0
(8.42).
Setzt man die Anfangsbedingung nach Gleichung (8.41) in die allgemeine Lösung, Gleichung (8.22), ein, so erhält man die Konstante B
(8.43).
x0
Mit der Anfangsbedingung nach Gleichung (8.42) folgt die Konstante A
v0
Z0
0
(8.44).
Bild 8-9 Weg-Zeit-Diagramm bei einer Kosinusschwingung mit der Amplitude x0
Durch Einsetzen der Konstanten in die allgemeine Lösung, Gleichung (8.22), ergibt sich die spezielle Lösung für den Schwingungsvorgang
168
8 Schwingungen x(t )
x0 cos(Z0 t )
(8.45).
Es handelt sich um eine Kosinusschwingung mit der Amplitude x0, Bild 8-9.
8.3.2 Federkonstanten elastischer Systeme Alle Systeme in der Technik und in der Natur sind mehr oder weniger verformbar. Unter Belastung können sie sich z. B. dehnen, verbiegen oder verdrehen (tordieren), siehe z. B. in [2]. Geht die Belastung zurück, so verschwindet bei elastischen Systemen auch wieder die Verformung. Bei zeitlich veränderlicher Belastung oder auch nach einmaliger Anregung können alle elastischen Systeme Schwingungen ausführen, siehe z. B. Kapitel 8.3.1. Die Eigenfrequenz Z0 des Schwingungssystems hängt dabei maßgeblich von der schwingenden Masse m und der Verformungsfähigkeit des Systems ab. Das schwingungsfähige System wird dabei z. B. durch eine oder mehrere Federn und die entsprechenden Federkonstanten charakterisiert. Daher werden im Folgenden zunächst die Federkonstanten von elastischen Einzelsystemen untersucht. Daran schließt sich die Ermittlung von Federkonstanten für zusammengeschaltete elastische Systeme (Federsysteme) an.
8.3.2.1
Feder
Die Schwingungseigenschaften eines Feder-Masse-Schwingers werden maßgeblich durch die Verformungseigenschaft der Feder, d. h. durch die Federkonstante c, beeinflusst, Bild 8-10a. Die Federkonstante kann man ermitteln, indem man mit einer Kraft F an der Feder zieht und dabei die Verlängerung bestimmt, Bild 8-10b. Es ergibt sich dann ein FederkraftFederverlängerungs-Diagramm, indem die Federkonstante c der Steigung der Geraden entspricht, Bild 8-10c.
Bild 8-10
Federkonstante eines Feder-Masse-Systems a) Feder-Masse-System schwingt um die Ruhelage b) Die Auslenkung x wird ebenfalls erreicht, indem man an der Feder mit der Kraft F zieht c) Kraft-Verlängerungs-Diagramm der Feder: Die Steigung der Geraden entspricht der Federkonstanten c
Formelmäßig ergibt sich somit für die Federkraft F F
cx
(8.46),
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
169
mit der Federkonstanten c und dem Federweg x. Durch Umstellen der Gleichung (8.46) erhält man den Federweg x
F c
(8.47)
und die Federkonstante c
F x
(8.48).
Ein linearer Zusammenhang zwischen Kraft und Verformung tritt auch bei anderen elastischen Systemen auf. Wie die nachfolgenden Kapitel zeigen, lässt sich auch dann eine Federkonstante definieren.
8.3.2.2
Stab
Eine Masse m, die an einem elastischen, masselosen Stab befestigt ist, kann Schwingungen in Stabrichtung (Koordinate x) ausführen, Bild 8-11a. Die Stabverlängerung 'l = x erhält man nach Kapitel 4.1.1 in [2] mit der Beziehung 'l
x
F l EA
(8.49).
Die Längenänderung ist somit abhängig von der Kraft F, der Stablänge l und der Dehnsteifigkeit E · A, mit E als dem Elastizitätsmodul des Materials und A als der Querschnittsfläche des Stabs, Bild 8-11b.
Bild 8-11
Federkonstante eines Stabschwingers a) Stab-Masse-System schwingt in Stabrichtung b) Verlängerung 'l = x eines Stabes bei der Belastung durch die Kraft F c) Kraft-Verlängerungs-Diagramm des Stabes mit der Federkonstanten c = cS als Steigung der Geraden
Die Federkonstante c = cS stellt die Steigung im Kraft-Verlängerungs-Diagramm dar, Bild 8-11c. Sie lässt sich durch Gegenüberstellung von Gleichung (8.49) mit Gleichung (8.47) oder durch Einsetzen von Gleichung (8.49) in Gleichung (8.48) ermitteln:
170
8 Schwingungen c
cS
EA l
(8.50),
siehe hierzu auch Kapitel 4.1.1 in [2].
8.3.2.3
Balken
Eine Masse m, die an einem elastischen, masselosen Balken befestigt ist, kann Biegeschwingungen (Koordinate x) ausführen, Bild 8-12a. Die Durchbiegung w = x des Balkens, Bild 8-12b, erhält man nach Kapitel 5.4.5 in [2] mit der Beziehung w
x
F l3 3E I
(8.51).
Die Durchbiegung ist abhängig von der Kraft F, der Balkenlänge l und der Biegesteifigkeit E · I mit E als dem Elastizitätsmodul des Materials und I als dem axialen Flächenträgheitsmoment um die Biegeachse. Die Federkonstante c = cB stellt die Steigung der Geraden im Kraft-Durchbiegungs-Diagramm dar, Bild 8-12c. Sie ergibt sich mit Gleichung (8.51) und Gleichung (8.48):
c
cB
3E I l3
(8.52),
siehe auch Kapitel 5.4.7 in [2].
Bild 8-12
Federkonstante eines Biegeschwingers a) Balken-Masse-System führt Biegeschwingungen mit der Koordinate x aus b) Durchbiegung w = x des Balkens bei Belastung durch die Kraft F c) Kraft-Durchbiegungs-Diagramm mit der Federkonstanten c = cB als Steigung der Geraden
Für den Biegeschwinger in Bild 8-13a erhält man nach Kapitel 5.4.5 in [2] die Durchbiegung w
x
F l3 48 E I
Bild 8-13b, und somit die Federkonstante
(8.53),
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen) c
cB
48E I l3
171 (8.54),
siehe auch Kapitel 5.4.7 in [2].
Bild 8-13
Biegeschwingung eines Rotors a) Balken-Masse-System führt Biegeschwingungen mit der Koordinate x aus b) Durchbiegung w = x des Rotors bei Belastung durch die Kraft F
8.3.2.4
Torsionsstab
Eine Scheibe der Masse m mit dem Massenträgheitsmoment 4 ist an einem elastischen, masselosen Stab befestigt. Sie kann Torsionsschwingungen ausführen, die sich mit der Winkelkoordinate M beschreiben lassen, Bild 8-14a. Die Verdrehung M = MT des Stabs, Bild 8-14b, erhält man nach Kapitel 7.1.2 und Kapitel 7.2.2 in [2] mit der Beziehung
M MT
Bild 8-14
MT l G IT
(8.55).
Federkonstante eines Torsionsschwingers a) Torsionsschwinger mit der schwingenden starren Masse m (Massenträgheitsmoment 4) und dem Torsionsstab mit der Federkonstanten c = cT führt Schwingungen mit der Koordinate M aus b) Verdrehung M = MT des Stabs infolge des Torsionsmomentes MT c) Torsionsmoment-Verdrehungwinkel-Diagramm mit der Federkonstanten c = cT als Steigung der Geraden
172
8 Schwingungen
Die Verdrehung ist abhängig von dem Torsionsmoment MT, der Stablänge l und der Torsionssteifigkeit G · IT mit dem Schubmodul G und dem Torsionsträgheitsmoment IT (siehe auch Kapitel 7.2.3 in [2]). Die Federkonstante c = cT stellt die Steigung der Geraden im TorsionsmomentVerdrehungswinkel-Diagramm dar, Bild 8-14c. In Anlehnung an Kapitel 7.1.4 in [2] bzw. mit den Beziehungen MT
(8.56)
cT M
bzw. cT
MT
(8.57)
M
erhält man die Federkonstante des Torsionsschwingers in Bild 8-14: c
8.3.2.5
G IT l
cT
(8.58).
Parallelschaltung elastischer Systeme
Elastische Systeme können beliebig miteinander kombiniert auftreten. Je nach Art der Kopplung kann dann das Gesamtsystem mehr oder weniger verformbar sein. Ist das elastische Gesamtsystem weniger verformbar als die Teilsysteme, d. h. das Gesamtsystem ist härter als die Teilsysteme, so spricht man von einer Parallelschaltung. Beispiele für Parallelschaltungen sind in Bild 8-15 dargestellt (siehe auch Kapitel 4.4.2, Kapitel 5.4.7 und Kapitel 7.1.4 in [2]). Bei der Parallelschaltung zweier Federn nach Bild 8-15a ergibt sich entsprechend Kapitel 4.4.2 in [2] die Gesamtfederkonstante c
c1 c2
(8.59).
Gleichung (8.59) gilt ebenso für die Federschaltung in Bild 8-15b. Für die Parallelschaltung eines Balkens und eines Stabs nach Bild 8-15c erhält man die Gesamtfederkonstante c
cB cS
(8.60).
Mit der Federkonstanten cB des Balkens nach Gleichung (8.52) und der Federkonstanten cS des Stabs nach Gleichung (8.50) ergibt sich c
3E I a
3
EA b
(8.61)
als die Gesamtfederkonstante des Balken-Stab-Systems. Bei Bild 8-15d handelt es sich um eine Parallelschaltung zweier Torsionsfedern (Torsionsstäbe, Wellen). Die Gesamtfederkonstante ergibt sich dann mit der Gleichung c
cT
cT1 cT2
(8.62).
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
Bild 8-15
173
Parallelschaltung elastischer Systeme a) Parallelschaltung zweier Federn mit den Federkonstanten c1 und c2 und der Gesamtfederkonstanten c = c1 + c2 b) Parallelschaltung zweier Federn mit der Gesamtfederkonstanten c = c1 + c2 c) Parallelschaltung von Balken und Stab mit der Gesamtfederkonstanten c = cB + cS d) Parallelschaltung zweier Torsionsstäbe mit der Gesamtfederkonstanten c = cT = cT1 + cT2
In Anlehnung an Gleichung (8.58) gilt für die Torsionsfederkonstanten der Stäbe G I T1
cT1
(8.63)
a
und G I T2
cT 2
(8.64)
b
und für die Gesamttorsionsfederkonstante c
cT
G I T1 a
G I T2 b
(8.65),
siehe auch Kapitel 7.1.4 in [2].
8.3.2.6
Reihenschaltung elastischer Systeme
Eine Reihenschaltung elastischer Systeme liegt vor, wenn das Gesamtsystem verformbarer (nachgiebiger) als jedes Teilsystem ist, d. h. das Gesamtsystem ist weicher als die Teilsysteme.
174
8 Schwingungen
Beispiele für Reihenschaltungen sind in Bild 8-16 dargestellt (siehe auch Kapitel 4.4.1, Kapitel 5.4.7 und Kapitel 7.1.4 in [2]).
Bild 8-16
Reihenschaltung elastischer Systeme a) Reihenschaltung zweier Federn mit den Federkonstanten c1 und c2 und der Gesamtfederkonstanten c = c1 · c2 / (c1 + c2) b) Reihenschaltung von Balken und Stab mit der Gesamtfederkonstanten c = cB · cS / (cB + cS) c) Reihenschaltung zweier Torsionsstäbe mit der Gesamtfederkonstanten c =cT = cT1 · cT2 / (cT1 + cT2)
Bei der Reihenschaltung zweier Federn nach Bild 8-16a ergibt sich nach Kapitel 4.4.1 in [2] die Gesamtfederkonstante mit der Beziehung 1 c
1 1 c1 c2
(8.66)
c1 c2 c1 c2
(8.67).
bzw. mit c
Für die Reihenschaltung eines Balkens und eines Stabs nach Bild 8-16b erhält man die Gesamtfederkonstante nach Gleichung (8.67) oder mit c
cB cS cB cS
(8.68).
Mit der Federkonstanten cB des Balkens nach Gleichung (8.52) und der Federkonstanten cS des Stabs nach Gleichung (8.50) ergibt sich
c
3E I E A b a3 3E I E A b a3
3E I A 3I b A a 3
(8.69).
Bild 8-16c zeigt die Reihenschaltung zweier Torsionsstäbe. Die Gesamtfederkonstante erhält man durch die Beziehung
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
c
cT
cT1 cT2
175
(8.70),
cT1 cT2
mit cT1 nach Gleichung (8.63) und cT2 nach Gleichung (8.64).
8.3.2.7
Kombinationen von Parallel- und Reihenschaltungen
Bild 8-17 zeigt ein Beispiel für eine Kombination von Parallel- und Reihenschaltung. Die Federn mit den Federkonstanten c1 und c2 sind parallel geschaltet. Sie lassen sich zu einer Feder mit der Federkonstanten c1,2
c1 c2
zusammenfassen. Diese Feder ist mit der Feder mit der Federkonstante c3 in Reihe geschaltet. Für die Gesamtfederkonstante gilt somit c
c1,2 c3 c1,2 c3
( c1 c2 ) c3 c1 c2 c3
(8.71).
Bild 8-17 Schwingungssystem als Kombination von Parallelund Reihenschaltung a) Reales Schwingungssystem b) Ersatzsystem mit der Gesamtfederkonstanten c
D. h., das Schwingungssystem in Bild 8-17a kann durch eine Feder mit der Gesamtfederkonstanten c ersetzt werden, Bild 8-17b. Weitere Kombinationen von Parallel- und Reihenschaltungen sind in Kapitel 4.4.3, in Beispiel 4-4 und in Beispiel 7-2 in [2] beschrieben.
8.3.3 Längsschwingungen eines Stab-Masse-Systems Die Längsschwingungen eines Stab-Masse-Systems lassen sich ebenfalls mit der Schwingungsdifferentialgleichung nach Gleichung (8.13) beschreiben. Auch gelten die allgemeinen Lösungen für die Schwingung nach Gleichung (8.22) und Gleichung (8.23). Für die Eigenfrequenz gilt die Gleichung (8.14). Ersetzt man hierin c durch die Gleichung (8.50), so erhält man für die Eigenfrequenz des Systems
176
8 Schwingungen
Z0
c m
EA ml
(8.72).
Eine spezielle Lösung für die Schwingung erhält man, wie in Kapitel 8.3.1.5 beschrieben, durch Berücksichtigung von Anfangsbedingungen.
8.3.4 Geradlinige Schwingungen von Feder-Masse-Systemen mit mehreren Federn Geradlinige Schwingungen von Feder-Masse-Systemen mit mehreren Federn, siehe z. B. Bild 8-15a und Bild 8-15b sowie Bild 8-16a und Bild 8-17, lassen sich ebenfalls mit der Schwingungsdifferentialgleichung nach Gleichung (8.13) beschreiben. Auch gilt die allgemeine Lösung für die Schwingung nach Gleichung (8.22). Lediglich die Eigenfrequenz Z0 ändert sich abhängig vom Schwingungssystem. Für das jeweilige Schwingungssystem ergibt sich die Eigenfrequenz durch das Einsetzen der Gesamtfederkonstanten c = cges in Gleichung (8.14). Für die Schwingungssysteme in Bild 8-15a und Bild 8-15b gilt dann mit Gleichung (8.59)
Z0
c m
c1 c2 m
(8.73).
Das Schwingungssystem nach Bild 8-16a besitzt mit der Federkonstanten c nach Gleichung (8.67) eine Eigenfrequenz:
Z0
c1 c2 (c1 c2 ) m
(8.74).
Die Eigenfrequenz für das System nach Bild 8-17 erhält man mit der Beziehung
Z0
(c1 c2 ) c3 (c1 c2 c3 ) m
(8.75).
Beispiel 8-1 Die Radaufhängung eines Geländewagens ist als eine Starrachse ausgeführt. Die Hinterachse ist wie skizziert durch zwei Federn mit den Federkonstanten cF1 und cF2 am Fahrzeugaufbau angebracht. Die Federung des Reifens sei durch die Federkonstanten cR1 und cR2 berücksichtigt. Unter der Annahme, dass die Aufbaumasse m sich gleichmäßig auf beide Achsen verteilt, bestimme man für die Schwingungen in vertikale Richtung (x-Richtung) die Eigenfrequenz des Systems. geg.: m, cF1 = cF2, cR1 = cR2
x
cF1 cR1
cF2 1000 1500
cR2
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
177
Lösung: m cF1
cF2
cR1
cR2
Gesamtfederkonstante Fahrzeugaufbau: cF cF1 cF2 (Parallelschaltung)
Gesamtfederkonstante Reifen: cR cR1 cR 2 (Parallelschaltung)
Gesamtfederkonstante des Systems: cges
(cF1 cF2 ) (cR1 cR 2 )
cF cR cF cR
cF1 cF2 cR 1 cR 2
(Reihenschaltung)
Eigenfrequenz:
Z0
cges m 2
2 (cF1 cF2 ) (cR 1 cR 2 ) m cF1 cF2 cR 1 cR 2
2c ges m
8.3.5 Biegeschwingungen von Balken-Masse-Systemen Die Biegeschwingungen von Balken-Masse-Systemen, wie sie z. B. in Bild 8-12a und Bild 8-13a gezeigt sind, lassen sich ebenso wie die Feder-Masse-Systeme als eindimensionale Schwinger mit dem Schwingungsausschlag x betrachten. Somit gelten auch hier die Differentialgleichung nach Gleichung (8.13) und die allgemeinen Lösungen der Differentialgleichungen nach Gleichung (8.22) und Gleichung (8.23). In diesen Beziehungen ändert sich lediglich die Eigenfrequenz Z0. Für das Balken-Masse-System nach Bild 8-12a gilt mit Gleichung (8.14) und Gleichung (8.52)
Z0
c m
cB m
3E I
(8.76).
m l3
Die Eigenfrequenz des Balken-Masse-Systems nach Bild 8-13a ist hingegen
Z0
48E I
(8.77).
m l3
Für das System nach Bild 8-15c, d. h. für die Parallelschaltung von Balken und Stab ergibt sich mit Gleichung (8.60) und Gleichung (8.61)
Z0
cB cS m
3E I ma
3
EA mb
Analog gilt für das System in Bild 8-16b
(8.78).
178
8 Schwingungen cB cS (cB cS ) m
Z0
(8.79)
bzw. 3E I A
Z0
(3I b A a 3 ) m
(8.80).
8.3.6 Torsionsschwingungen eines Stab-Masse-Systems Für einen Torsionsschwinger nach Bild 8-14a erhält man mit der NEWTONschen Grundgleichung für die Drehbewegung nach Gleichung (7.20), dem Massenträgheitsmoment 4 der schwingenden Masse m und dem rücktreibenden Moment M = MT = cT · M der Torsionsfeder (siehe Kapitel 8.3.2.4)
4 M M
M T
cT M
(8.81)
und somit die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form
4 M cT M
0
(8.82).
Dividiert man diese Gleichung durch 4, so ergibt sich
M
cT
4
M
0
(8.83).
Mit der Abkürzung
Z0 2
cT
(8.84)
4
folgt
M Z0 2 M
0
(8.85),
die allgemeine Form der Schwingungsdifferentialgleichung für Torsionsschwingungen von Stab-Masse-Systemen. Es handelt sich hierbei wiederum um eine lineare homogene Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstantem Koeffizienten, siehe auch Gleichung (8.13).
Z0 ist hierin die Eigenfrequenz der Schwingung bzw. des Schwingers. Diese errechnet sich entsprechend Gleichung (8.84) mit der Beziehung Z0
cT
4
(8.86)
mit cT als Torsionsfederkonstante des elastischen Systems und 4 als dem Massenträgheitsmoment bezüglich der Drehachse der starren, sich drehenden Struktur der Masse m. Für den in Bild 8-14a gezeigten Torsionsschwinger gilt mit cT nach Gleichung (8.58)
Z0
G IT 4 l
(8.87)
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
179
und mit dem Massenträgheitsmoment
4
m ra 2 2
(8.88)
für die Kreisscheibe (siehe Kapitel 7.3.3.2 bzw. Kapitel 7.3.4) die Eigenfrequenz
Z0
2G I T
m ra 2 l
(8.89).
Für die Welle nach Bild 8-15d erhält man mit cT nach Gleichung (8.62)
Z0
cT1 cT2
4
(8.90),
wobei cT1 nach Gleichung (8.63), cT2 nach Gleichung (8.64) und 4 nach Gleichung (8.88) einzusetzen ist. Die Eigenfrequenz Z0 für den Torsionsschwinger nach Bild 8-16c erhält man unter Berücksichtigung von Gleichung (8.70) mit der Beziehung
Z0
cT1 cT2 (cT1 cT2 ) 4
(8.91).
Die allgemeine Lösung für die Differentialgleichung der Schwingung, Gleichung (8.85), lautet in Analogie zu Gleichung (8.22)
M (t ) M T (t )
A* sin(Z0 t ) B* cos(Z0 t )
(8.92)
mit der Eigenfrequenz Z0, der Zeit t und den Konstanten A* und B* als Amplituden der Sinusund Kosinusschwingung. Die spezielle Lösung für den Schwingungsvorgang folgt unter Berücksichtigung der jeweiligen Anfangsbedingungen.
8.3.7 Drehschwingungen eines Feder-Masse-Systems Ein Feder-Masse-System, bestehend aus einer elastischen Feder (Federkonstante c) und einer Masse m, die z. B. an einer starren, masselosen Stange drehbar gelagert ist, kann Drehschwingungen um den Drehpunkt A ausführen, Bild 8-18a. Lenkt man das System um einen kleinen Winkel M aus der Ruhelage aus, so verschiebt sich die Masse um den Weg x = l · M. Die Feder wird gespannt und es entsteht eine rücktreibende Federkraft FF
cx
c l M
(8.93),
Bild 8-18b. Mit der NEWTONschen Grundgleichung für die Drehbewegung, Gleichung (7.20), folgt
4 A M M A wobei
(8.94)
180
8 Schwingungen m l2
4A
(8.95)
das Massenträgheitsmoment des Systems bezüglich des Drehpunktes A (siehe auch Kapitel 7.3.3.3) und MA
c l 2 M
FF l
(8.96)
das Drehmoment bezüglich A darstellt.
Bild 8-18
Drehschwingungen eines Feder-Masse-Systems a) Masse m befindet sich an starrer, masseloser Stange. Die Elastizität des Systems wird durch die Feder mit der Federkonstanten c repräsentiert b) Bei Auslenkung des Systems um den Winkel M aus der Ruhelage wirkt die Federkraft FF = c · x = c · l · M als rücktreibende Kraft
Mit den vorgenannten Beziehungen folgt m l 2 M c l 2 M
(8.97)
und somit die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m M c M
0
(8.98).
Dividiert man diese Beziehung durch m und führt die Abkürzung c / m = Z02 ein, so erhält man die allgemeine Form der Schwingungsdifferentialgleichung für die Drehbewegung eines Feder-Masse-Systems
M Z0 2 M
0
(8.99)
mit der Eigenfrequenz
Z0
c m
(8.100).
Bei einem Vergleich der Differentialgleichungen nach Gleichung (8.99) und Gleichung (8.13) erkennt man erneut die Analogie zwischen der geradlinigen Bewegung und der Drehbewegung. Die allgemeine Lösung für Drehschwingungen von Feder-Masse-Systemen lässt sich mit der Beziehung
M (t )
A** sin(Z0 t ) B** cos(Z0 t )
(8.101)
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
181
beschreiben. Spezielle Lösungen für derartige Schwinger erhält man unter Beachtung von Rand- bzw. Anfangsbedingungen.
Bild 8-19
Drehschwingungen eines Feder-Masse-Systems mit mehreren Federn a) Die Masse m befindet sich an starrer, masseloser Stange. Die Elastizität des Systems wird durch zwei Federn charakterisiert b) Bei der Auslenkung des Systems um einen kleinen Winkel M aus der Ruhelage entstehen die rücktreibenden Federkräfte F1 = c · a ·M und F2 = c · 2a ·M
Für einen Drehschwinger mit mehreren Federn und einer Masse, Bild 8-19a, erhält man mit
4A
m (3a ) 2
9m a 2
(8.102)
und dem rücktreibenden Moment MA
F1 a F2 2a
c a M a c 2a M 2a
c a 2 M 4c a 2 M
5c a 2 M
(8.103),
Bild 8-19b, und der dynamischen Grundgleichung nach Gleichung (8.94) 9m a 2 M
5c a 2 M
(8.104)
bzw. 9m M 5c M
0
(8.105).
Daraus folgt mit
M
5 c M 9m
0
(8.106)
ebenfalls die Differentialgleichung (8.99) mit der Eigenfrequenz
Z0
5 c 9 m
für das Schwingungssystem in Bild 8-19a.
(8.107)
182
8 Schwingungen
8.3.8 Schwerependel Bei Pendelbewegungen handelt es sich ebenfalls um mechanische Schwingungen. Allgemein unterscheidet man Fadenpendel (mathematische Pendel), siehe Beispiel 4-5, und Körperpendel (physikalische Pendel). Aber auch ein Rollschwinger, siehe Bild 8-1c, oder ein Schaukelstuhl führt mechanische Schwingungen aus. Alle diese Schwinger nennt man Schwerependel, weil das Gewicht der bewegten Masse die rücktreibende Kraft darstellt. Zeitabhängige physikalische Größe ist i. Allg. ein Winkel, z. B. M = M(t). Mit der NEWTONschen Grundgleichung für die Drehbewegung, Gleichung (8.94), erhält man für das Pendel in Bild 8-20a (8.108).
4 A M M A
Bild 8-20
Schwerependel a) Fadenpendel (mathematisches Pendel) mit dem Schwingungsausschlag M und der rücktreibenden Kraft G = m · g b) Körperpendel (physikalisches Pendel) mit dem Schwingungsausschlag M und der rücktreibenden Kraft G = m · g (Gewicht greift im Schwerpunkt des Körpers an)
Hierin sind
4A
m l2
(8.109)
das Massenträgheitsmoment und MA
m g l sin M
(8.110)
das Drehmoment um Punkt A. Mit diesen Beziehungen ergibt sich mit m l 2 M
m g l sin M
bzw.
M
g sin M l
0
(8.111),
eine homogene nichtlineare Schwingungsdifferentialgleichung (siehe auch Beispiel 4-5). Da für kleine Winkelausschläge sinM | M ist, gilt auch
8.3 Freie ungedämpfte Schwingungen (Eigenschwingungen)
M
g M l
183
0
(8.112),
die lineare Schwingungsdifferentialgleichung zweiter Ordnung. Mit der Abkürzung g l
Z0 2
(8.113)
folgt erneut die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form
M Z0 2 M
0
(8.114).
Die Eigenfrequenz des mathematischen Pendels errechnet sich entsprechend Gleichung (8.113) mit g l
Z0
(8.115).
Die Schwingungsdauer ergibt sich, entsprechend Gleichung (8.37), mit T
2S
l g
(8.116).
Für das Körperpendel nach Bild 8-20b gilt ebenfalls die Differentialgleichung nach Gleichung (8.114). Die Eigenfrequenz ist dann
Z0
m g lS
(8.117).
4A
Auch für andere Schwerependel gilt die Differentialgleichung (8.114). Lediglich die Eigenfrequenz Z0 ist von Fall zu Fall verschieden. Als allgemeine Lösung kann für alle Schwerependel wiederum Gleichung (8.101) herangezogen werden.
Beispiel 8-2 Das Modell eines Metronoms besteht aus einer starren Stange der Masse m2, die im Punkt A drehbar gelagert ist, einem Einstellgewicht der Masse m1 und einem scheibenförmigen Gegengewicht der Masse m3. An der Stange ist im Punkt A eine Torsionsfeder mit der Federsteifigkeit cT angebracht.
m1 l
d
b
b
m2
Bestimmen Sie a) das Massenträgheitsmoment des Pendels bezüglich des Drehpunktes A, b) die Schwingungsdifferentialgleichung für kleine Amplituden und c) den erforderlichen Abstand d des Einstellgewichts, um eine Schwingungsdauer T von 1 s zu erhalten.
e
A r
cT m3 Dicke t
184
8 Schwingungen
geg.: m1 = 3m, m2 = m, m3 = 10m, m = 20 g, r = 15 mm, b = r = 15 mm, e = r = 15 mm, l = 10r = 150 mm, cT = 20m · g · r = 58,9 Nmm Lösung: a) Massenträgheitsmoment des Pendels um den Punkt A
4 m(A)
m1 (b 2 b 2 ) d 2 m1 12
4 m(A)
m2 l 2 § l · ¨ e ¸ m2 12 2 ¹ ©
4 m(A)
m3 r 2 (e r ) 2 m3 2
1
2
3
2
m(
2
3
m r2 3d 2 m 2
m (10r ) 2 ( 4r ) 2 m 12 5m r 2 4r 2 10m
(A) 4 Pendel 4 m(A) 4 m(A) 4 m(A) 1
3m 2r 2 3d 2 m 12
73m r 2 3
45m r 2
73m r 2 m r2 3d 2 m 45m r 2 2 3
419 2 r 3d 2 ) 6
b) Schwingungsdifferentialgleichung für kleine Amplituden (A) 4 Pendel M M A
ij
ª º §l · « m3 g (e r ) m2 g ¨ 2 e ¸ m1 g d » sin M cT M © ¹ ¬ ¼ > 20m g r 4m g r 3m g d @ sin M 20m g r M 3m · g
Für kleine Amplituden gilt: sin M | M (A) 4 Pendel M 36m g r M 3m g d M
419 2 m( r 3d 2 ) M m g M (36r 3d ) 6
M
36r 3d g M 419 2 r 3d 2 6
m·g
m g M (36r 3d ) A
cT · ij
0
0 10m · g
c) Erforderlicher Abstand d des Einstellgewichts, um eine Schwingungsdauer T von 1 s zu erhalten
Z0
2S T
2S 1s
2S
1 s
Z0 2
36r 3d g 419 2 r 3d 2 6
d2
g
Z0
2
d
(1)
3Z0 2 d 2 3d g
419 2 12 r 2 rg 18 Z0
0
419 2 2 Z0 r 36r g 6
0
8.4 Freie gedämpfte Schwingungen
d1,2
185 2
§ g · ¨ ¸ 419 r 2 12 r g r 2 2¸ ¨ 18 2Z0 Z0 2 © 2Z0 ¹ g
mit (1) folgt: d1,2 d
d1
9,81 m/s 2
2
§ 9,81 m/s 2 · ¨ ¸ 419 (15 mm) 2 12 15 mm 9,81 m r 2 2 ¸ ¨ 18 2 (2S ) (2S ) 2 s2 © 2 (2S ) ¹ 110,12 mm
8.4 Freie gedämpfte Schwingungen Die in Kapitel 8.3. behandelten ungedämpften Schwingungen stellen nur einen Idealfall dar. In Wirklichkeit treten stets Bewegungswiderstände auf, so dass die Amplitude der Schwingung mit der Zeit abnimmt. Diese so genannten gedämpften Schwingungen sind keine periodischen Bewegungen mehr, jedoch treten Ereignisse auf (Nulldurchgänge, relative Maximalausschläge), die sich periodisch wiederholen.
8.4.1 Viskose Dämpfung Bewegungswiderstände treten z. B. bei Bewegungen mit Gleitreibung sowie bei Bewegungen in Luft oder Flüssigkeiten auf. Die Widerstandskräfte wirken stets der Bewegung entgegen. Dabei ist die Reibungskraft bei der Gleitreibung geschwindigkeitsunabhängig (siehe Kapitel 10.3 in [1]). Bei Bewegungen in Flüssigkeiten ergibt sich eine geschwindigkeitsproportionale Dämpfungskraft. Bei Bewegungen in Luft kann die Widerstandskraft i. Allg. proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit angenommen werden (siehe auch Kapitel 4.3.4).
Bild 8-21
Flüssigkeitsdämpfung (viskose Dämpfung) G a) Ein Kolben bewegt sich mit der Geschwindigkeit v in einem Flüssigkeitstopf G b) Freischnitt des Kolbens: Bei der Bewegung tritt eine Dämpfungskraft FD entgegengesetzter Richtung zur Geschwindigkeit auf
G k v in
In der Technik spielen die Flüssigkeitsdämpfer (viskose Dämpfer) eine wichtige Rolle. Diese sollen daher im Folgenden besprochen werden. Man kann sich diese so genannte viskose
186
8 Schwingungen
Dämpfung durch die Bewegung eines Kolbens in einem, mit einer zähen Flüssigkeit gefüllten, Zylinder (Dämpfungstopf) realisiert denken, Bild 8-21a. Nach dem Reibungsgesetz von STOKES ergibt sich die Dämpfungskraft G G FD k v (8.118), G mit k = kF als der Dämpfungskonstanten und v der Geschwindigkeit des Kolbens, Bild 8-21b. Bei einachsiger Bewegung kann auf die Vektordarstellung verzichtet werden. Für die Bewegungskoordinate x gilt somit FD
k v
k x
(8.119)
als Dämpfungskraft. Diese wirkt stets der Geschwindigkeit entgegen. Die Dämpfungskonstante k muss i. Allg. experimentell ermittelt werden. Sie besitzt z. B. die Einheit Ns/m.
8.4.2 Schwingungen von gedämpften Feder-Masse-Systemen Untersucht werden geradlinige Schwingungen von gedämpften Feder-Masse-Systemen, wie sie in Bild 8-22 gezeigt sind. Bewegt sich die Masse m des gedämpften Feder-Masse-Systems beim Schwingungsvorgang um den Weg x, Bild 8-22a, so wirkt auf die Masse die Federkraft FF = c · x und die Dämpfungskraft FD k x entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung, Bild 8-22b.
Bild 8-22
Schwingungen von gedämpften Feder-Masse-Systemen a) Gedämpftes Feder-Masse-System mit der Masse m, der Federkonstanten c und der Dämpfungskonstanten k b) Freischnitt der Masse m bei Bewegung aus der Ruhelage mit der Federkraft FF = c · x und der Dämpfungskraft FD k x c) Gedämpftes Feder-Masse-System mit alternativer Anordnung von Feder und Dämpfer d) Der Freischnitt der Masse m zeigt, dass auch in diesem Fall die Federkraft FF und die Dämpfungskraft FD entgegengesetzt zur Bewegung wirken
8.4 Freie gedämpfte Schwingungen
187
Feder und Dämpfer sind bei Bild 8-22a parallel geschaltet. Dies gilt auch für das gedämpfte Feder-Masse-System in Bild 8-22c und Bild 8-22d.
8.4.2.1
Schwingungsdifferentialgleichung
Für das Aufstellen der Schwingungsdifferentialgleichung ist lediglich die Bewegung des Schwingungssystems aus der Ruhelage zu betrachten. Mit der NEWTONschen Grundgleichung nach Gleichung (4.9) erhält man somit m x
Fx
c x k x
(8.120)
für beide Schwingungssysteme in Bild 8-22. Die Umstellung von Gleichung (8.120) liefert die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form
m x k x c x
0
(8.121).
Die Division durch die Masse m ergibt die allgemeine Form der Differentialgleichung für gedämpfte Systeme: x
k c x x m m
0
(8.122).
Hierin ist c m
Z0 2
und somit c m
Z0
(8.123)
die Eigenfrequenz des ungedämpften Schwingungssystems, siehe auch Kapitel 8.3.1.1 und Gleichung (8.14).
8.4.2.2
Dimensionslose Darstellung der Differentialgleichung
Die dimensionslose und somit allgemeingültige Form der Differentialgleichung ergibt sich, wenn man an Stelle der Zeit t als unabhängige Variable die dimensionslose Zeit (Eigenzeit) z
Z0 t
(8.124)
einführt. Dies bedeutet, die Eigenzeit z wird auf die Periode der ungedämpften Schwingung bezogen. Damit wird in Gleichung (8.122) die Größe x(t) in die Größe x(z) überführt, wobei die Umrechnungen x
dx dt
dx dz dz N dt N xc
und
Z0
xc Z0
(8.125)
188
8 Schwingungen x
xcc Z0 2
(8.126)
gelten. Setzt man Gleichung (8.126) und Gleichung (8.125) in Gleichung (8.122) ein, so erhält man
Z0 2 xcc
k Z0 xc Z0 2 x m
0
bzw. nach Division durch Z0 2 xcc
k xc x m Z0
0
(8.127).
Mit der Abkürzung k m Z0
(8.128)
2N
ergibt sich die dimensionslose Form der Differentialgleichung xcc 2N xc x
0
(8.129).
Diese gilt für alle freien gedämpften Schwingungen der in Bild 8-22 dargestellten Art. Nur die Konstante N ist abhängig von dem jeweiligen Schwingungssystem. Liegt eine Drehschwingung eines Feder-Masse-Dämpfer-Systems vor, so kann die Koordinate x durch die Koordinate M ersetzt werden (siehe auch Kapitel 8.3.7).
8.4.2.3
Dämpfungsfaktor Die Konstante N in der Schwingungsdifferentialgleichung, Gleichung (8.129), stellt das Dämpfungsmaß bzw. den Dämpfungsfaktor nach LEHR dar. Dieser errechnet sich, ausgehend von Gleichung (8.128), mit der Beziehung
N
k 2m Z0
(8.130).
Hierin sind k die Dämpfungskonstante des Flüssigkeitsdämpfers, m die schwingende Masse und Z0 die Eigenfrequenz der ungedämpften Schwingung. Der Dämpfungsfaktor ist wie die Differentialgleichung, Gleichung (8.129), dimensionslos.
8.4.2.4
Allgemeine Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung
Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung, Gleichung (8.129), erhält man mit dem Exponentialansatz x
eO z
(8.131)
xc
O eO z
(8.132)
und
8.4 Freie gedämpfte Schwingungen
189
bzw. xcc O 2 e O z
(8.133).
O ist hierbei eine Konstante. Setzt man diese Beziehungen in die Differentialgleichung, Gleichung (8.129), ein, so erhält man mit e O z z 0 die charakteristische Gleichung
O2 2N O 1 0
(8.134)
und daraus die Lösung N r N 2 1
O1,2
(8.135).
Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung ergibt sich als Linearkombination der Teillösungen e O1 z und e O2 z zu C1 e O1 z C2 e O2 z
x
2 2 C1 e N z N 1 z C2 e N z N 1 z
(8.136).
Je nach Größe von N lassen sich drei Fälle unterschieden:
N ! 1: 1:
N
N 1:
große Dämpfung, aperiodische Bewegung, Grenzdämpfung, aperiodischer Grenzfall, kleine Dämpfung, gedämpfte Schwingung.
Diese Fälle werden nachfolgend untersucht.
8.4.2.5
Aperiodische Bewegung
Für N > 1 ist die Wurzel im Exponenten in Gleichung (8.136) reell und es folgt mit den Hyperbelfunktionen sinh und cosh die allgemeine Lösung x
e N z ª« A sinh( N 2 1 z ) B cosh( N 2 1 z )º» ¬ ¼
(8.137).
Diese lässt sich auch in der Form x
Ce N z sinh( N 2 1 z J )
(8.138)
schreiben. In Gleichung (8.137) sind A und B und in Gleichung (8.138) C und J die Integrationskonstanten. Diese werden bekanntlich aus Anfangsbedingungen bestimmt. Wählt man erneut die Anfangsbedingungen nach Gleichung (8.24) und Gleichung (8.25), so lauten diese mit Gleichung (8.124) und Gleichung (8.125) auch x( z
und
0)
0
(8.139)
190
8 Schwingungen xc( z
v0
0)
(8.140).
Z0
Mit diesen Anfangsbedingungen und Gleichung (8.138) erhält man z. B. (8.141)
0
J und C
v0
(8.142)
Z0 N 2 1
und somit die spezielle Lösung v0
x
2
e N z sinh( N 2 1 z )
(8.143)
Z0 N 1 für die aperiodische Bewegung (siehe auch Bild 8-23).
Bild 8-23
Darstellung der aperiodischen Bewegung (N > 1) für die Anfangsbedingungen x(z = 0) und xc( z 0) v0 / Z0
8.4.2.6
Aperiodischer Grenzfall
Für N = 1 liegt der aperiodische Grenzfall vor. Die Dämpfung ist immer noch so stark, dass keine Schwingung entstehen kann. Der Massenpunkt kehrt nach der Auslenkung aus der Ruhelage wieder dorthin zurück. Für diesen Fall kann die vereinfachte allgemeine Lösung x
( C1 C2 z ) e z
(8.144)
verwendet werden. Mit den Anfangsbedingungen nach Gleichung (8.139) und (8.140) gilt die spezielle Lösung x
8.4.2.7
v0
Z0
z e z
(8.145).
Gedämpfte Schwingung
Für N < 1 liegt eine schwache Dämpfung vor und es ergibt sich eine gedämpfte Schwingung. Die Wurzel im Exponenten in Gleichung (8.136) ist in diesem Fall negativ, so dass aus
N 2 1 i 1 N 2
8.4 Freie gedämpfte Schwingungen
191
1 wird. Mit den EULERschen Beziehungen
mit i
e ri M
cos M r i sin M
(8.146)
folgt die allgemeine Lösung für die Schwingungsdifferentialgleichung, Gleichung (8.129), x
e N z ª« A sin( 1 N 2 z ) B cos( 1 N 2 z )º» ¼ ¬
(8.147),
x
C e ț z sin( 1 N 2 z J )
(8.148).
bzw.
Es ergibt sich also eine Schwingungsbewegung mit exponentiell abnehmenden Amplituden. D. h., es liegt keine periodische Bewegung vor, aber gewisse Ereignisse wie Nulldurchgänge und Maximalausschläge folgen in zeitlich konstanten Abständen. Mit den Anfangsbedingungen nach Gleichung (8.139) und Gleichung (8.140) gilt die spezielle Lösung x
v0
Z0 1 N
2
e N z sin( 1 N 2 z )
(8.149).
Mit z *
1 N 2 z ergibt sich die in Bild 8-24 dargestellte Schwingungsbewegung.
Bild 8-24
Darstellung einer gedämpften Schwingung für die Anfangsbedingungen x(z = 0) und xc( z 0) v0 / Z0
Nulldurchgänge ergeben sich für z* = 0, S, 2S, ... Die Hüllkurven werden berührt für z* = S/2, 3S/2, ... Die Maximalausschläge der Schwingung liegen etwas links von den Berührpunkten. Die „Periode“ der gedämpften Schwingung kann z. B. als Abstand zweier Nulldurchgänge definiert werden. Somit gilt für die in Bild 8-24 dargestellte Schwingung
z*
1N 2 z
2S
Mit der Eigenzeit z = Z0 · t, Gleichung (8.124), folgt somit auch
(8.150).
192
8 Schwingungen 1 N 2 Z0 t
8.4.2.8
2S
(8.151).
Schwingungsdauer
Die Zeit t in Gleichung (8.151) entspricht der Schwingungsdauer TD der gedämpften Schwingung. Diese lässt sich somit mit der Beziehung TD
2S
Z0 1 N 2
(8.152)
errechnen. Dabei stellt 2S / Z0 = T, siehe Gleichung (8.37), die Schwingungsdauer der ungedämpften Schwingung dar. Somit gilt auch TD
T 1N 2
(8.153).
Dies verdeutlicht: Die Dämpfung verlangsamt die Schwingung.
8.4.2.9
Frequenz der gedämpften Schwingung
Die Frequenz einer Schwingung ergibt sich als Kehrwert der Schwingungsdauer, siehe auch Gleichung (8.1). Mit Gleichung (8.152) erhält man somit die Frequenz fD der gedämpften Schwingung fD
1 TD
Z0 1 N 2 2S
(8.154).
Mit der Frequenz f = Z0 / 2S der ungedämpften Schwingung, Gleichung (8.39), erhält man auch fD
1N 2 f
(8.155).
8.5 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen Im Gegensatz zu den Schwingungssystemen, die nach einmaliger Anregung, sich selbst überlassen, freie ungedämpfte oder freie gedämpfte Schwingungen (siehe Kapitel 8.3 und Kapitel 8.4) ausführen, existieren auch Schwingungssysteme, die permanent von außen angeregt werden. Die Art der Anregung und die Erregerfrequenz beeinflusst dabei das Schwingungsverhalten des Systems erheblich. Die Arten der Erregung und die daraus resultierenden Schwingungen der Systeme werden nachfolgend behandelt.
8.5 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen
193
8.5.1 Arten der Erregung Man unterscheidet bei Feder-Masse-Systemen verschiedene Arten der Erregung: x
Wegerregung,
x
Krafterregung mit konstanter Amplitude und
x
Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude.
Bild 8-25
Arten der Erregung bei erzwungenen Schwingungen a) Wegerregung: Federende wird mit xe = r · sin(Ze · t) periodisch bewegt b) Krafterregung mit konstanter Amplitude: Periodische Kraft Fe F sin(Ze t ) mit F konst. wirkt auf den Massenpunkt c) Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude: Periodische Kraft Fe F sin(Ze t ) mit F me r Z e 2 wirkt auf die schwingende Masse
Zudem existieren noch zahlreiche andere Schwingungserscheinungen, wie z. B. selbsterregte und parametererregte Schwingungen, auf die im Rahmen der hier vorgestellten Grundlagen aber nicht eingegangen wird. Bei der Wegerregung, Bild 8-25a, wird das obere Federende mit der Frequenz Ze (Erregerfrequenz) periodisch auf und ab bewegt. Der Federweg lässt sich mit der Funktion xe
r sin(Ze t )
(8.156)
beschreiben, mit r als der Amplitude der Erregung, Ze als der Erregerfrequenz und der Zeit t. Die Bewegung x der Masse m wird hierbei maßgeblich von der Anregung des oberen Federendes beeinflusst. Bei der Krafterregung mit konstanter Amplitude, Bild 8-25b, wirkt auf die Masse m eine periodische Kraft (Erregerkraft) Fe
F sin(Ze t )
(8.157),
wobei die Kraftamplitude F konstant ist. Hiervon zu unterscheiden ist die Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude, Bild 8-25c. Hierbei wird die Gesamtmasse m z. B. durch eine umlaufende Teilmasse me zu Schwingungen angeregt. Die Amplitude der dabei entstehenden Erregerkraft ist von der Erregerfrequenz abhängig und errechnet sich mit
194
8 Schwingungen me r Ze 2
F
(8.158).
Dabei ist me die Erregermasse (z. B. Unwuchtmasse), r der Radius zwischen Erregermasse und Drehpunkt und Ze die Erregerfrequenz (Frequenz der umlaufenden Bewegung der Masse me). Zur Unterscheidung von der Eigenfrequenz Z0 wird die Erregerfrequenz stets mit Ze bezeichnet. Das Verhältnis von Erregerfrequenz und Eigenfrequenz wird auch Frequenzverhältnis genannt und mit K bezeichnet. Es errechnet sich mit
Ze Z0
K
(8.159).
Bei allen hier vorgestellten Erregungsarten wird dem Schwingungssystem die Erregung permanent aufgezwungen. Während die Eigenschwingung wegen der stets vorhandenen Dämpfung allmählich abklingt, bleibt nach einer gewissen Zeit nur noch die erzwungene Schwingung als stationäre Bewegung erhalten. Von Bedeutung ist dabei das Verhalten der Amplitude der erzwungenen Schwingung in Abhängigkeit von der Erregerfrequenz Ze bzw. dem Frequenzverhältnis K. Für den Fall Ze = Z0 bzw. K = 1 tritt Resonanz ein, d. h. der Schwingungsausschlag x bzw. die Amplitude der Schwingung wächst über alle Maße.
8.5.2 Schwingungen eines Feder-Masse-Systems bei Wegerregung Betrachtet wird ein Feder-Masse-System, bei dem das Federende (hier oberes Federende) mit xe = r · sin(Ze · t) periodisch bewegt wird, Bild 8-26a. Zu untersuchen ist, welche Schwingungsbewegungen die Masse bei dieser Art von Erregung ausführt. Da sich bei dem in Bild 8-26a gezeigten Schwingungszustand die Masse m mit x und das obere Federende mit xe nach unten bewegt, wird die Feder um den Betrag x – xe gedehnt. Somit ergibt sich die Federkraft c ( x xe )
FF
Bild 8-26b.
Bild 8-26
Wegerregung a) Feder-Masse-Schwinger bei Wegerregung b) Freischnitt der Masse m mit der Federkraft FF = c · (x – xe)
(8.160),
8.5 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen
8.5.2.1
195
Schwingungsdifferentialgleichung
Mit der NEWTONschen Grundgleichung, Gleichung (4.9), ergibt sich unter Beachtung der Bewegungsrichtung x und der Richtung der Kraft FF in Bild 8-26b m x
Fx
(8.161).
c ( x xe )
Durch Umstellung dieser Beziehung und Einsetzen von xe, siehe Gleichung (8.156), erhält man die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m x c x
c xe
c r sin(Ze t )
(8.162).
Die Division durch die Masse m ergibt c x m
x
c r sin(Ze t ) m
(8.163).
Mit c/m = Z02, siehe auch Gleichung (8.12), erhält man die allgemeine Form der Differentialgleichung für erzwungene ungedämpfte Schwingungen mit Wegerregung x Z0 2 x
Z0 2 r sin(Ze t )
(8.164).
Es handelt sich um eine lineare inhomogene Differentialgleichung 2. Ordnung, die auf der rechten Seite ein zeitabhängiges Störglied enthält. Z0 ist hierbei die Eigenfrequenz des Schwingungssystems, die sich bei dem System in Bild 8-26 mit c m
Z0
(8.165)
ergibt.
8.5.2.2
Allgemeine Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung
Nach der Theorie der linearen Differentialgleichungen setzt sich die allgemeine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung, Gleichung (8.164), aus der allgemeinen Lösung (siehe z. B. Gleichung (8.23)) der homogenen Differentialgleichung (siehe Gleichung (8.13)) und einer Partikularlösung xP
C1 sin(Ze t )
(8.166)
zusammen. Somit ergibt sich die allgemeine Lösung x(t )
C sin(Z0 t J ) C1 sin(Ze t )
allgemeine Lösung der homogenen Differentialgleichung
(8.167).
Partikularlösung
Die Integrationskonstanten C und J folgen wiederum aus Anfangsbedingungen, siehe z. B. Gleichung (8.24) und Gleichung (8.25). Die Berechnung von C1 erfolgt, in dem man die Partikularlösung und ihre Ableitungen in die Differentialgleichung, Gleichung (8.164), einsetzt. Mit xP
C1 sin(Ze t ) , x P
C1 Ze cos(Ze t ) , xP
C1 Ze 2 sin(Ze t )
196
8 Schwingungen
erhält man C1 Ze 2 sin(Ze t ) Z0 2 C1 sin(Ze t ) Z0 2 r sin(Ze t )
und daraus C1
Z0 2 r
(8.168).
Z0 2 Z e 2
Mit dem Frequenzverhältnis K nach Gleichung (8.159) ergibt sich auch C1
Bild 8-27
r
(8.169).
1 K 2
Erzwungene ungedämpfte Schwingung mit der Anregungsphase und der Phase stationärer Schwingung
Da bei realen Systemen, wegen stets vorhandener Dämpfung die Eigenschwingung (Lösung der homogenen Differentialgleichung) abklingt, bleibt nach hinreichender Zeit nur die erzwungene Schwingung, d. h. die Partikularlösung als Lösung für das Schwingungssystem (Bild 8-27). Lässt man die Anregungsphase außer Acht, so ergibt sich für den Schwingungsausschlag des Systems lediglich die Partikularlösung nach Gleichung (8.166). Hierin ist C1 nach Gleichung (8.169) abhängig von r und K. Somit ergibt sich für den Schwinger mit Wegerregung die Lösung x
xP
r
1 K 2
sin(Ze t )
für den Schwingungsausschlag.
(8.170)
8.5 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen
8.5.2.3
197
Resonanz
Wie man erkennt, ändert sich die Amplitude C1 der Schwingung in Abhängigkeit von der Erregerfrequenz Ze bzw. von dem Frequenzverhältnis K, siehe Gleichung (8.169) und Gleichung (8.170). Diese Abhängigkeit wird häufig in einer so genannten Resonanzkurve dargestellt, Bild 8-28.
Bild 8-28
Resonanzdiagramm bei Wegerregung ohne Dämpfung des Schwingungssystems K 1 : Unterkritischer Bereich: Für K 0 ist C1 = r, d. h. gleich der Amplitude der Schwingungsanregung K 1 : Resonanz: C1 o f; der Schwingungsausschlag wächst theoretisch über alle Grenzen K ! 1 : Überkritischer Bereich: Für K o f ist C1 = 0
Der kritischste Punkt ergibt sich für K = 1, d. h. für Ze = Z0. In diesem Fall wächst der Schwingungsausschlag theoretisch über alle Grenzen: C1 o f . In der Technik sind Resonanzschwingungen sehr gefährlich. Sie können zur Zerstörung der schwingungsfähigen Struktur führen und sind daher unerwünscht. Maschinen und Anlagen werden i. Allg. im unterkritischen oder im überkritischen Bereich betrieben. In diesen Bereichen sind die Amplituden erheblich geringer als im Resonanzbereich.
Beispiel 8-3 Der Fahrersitz eines LKW ist mit einer hydraulisch gedämpften Luftfeder ausgestattet. Während der Fahrt wird der Sitz durch die Fußpunkterregung xe(t) in Schwingung versetzt. Aufgrund eines Defekts in der Hydraulik versagt die Dämpfung des Sitzes. Die Masse m von Fahrer und Sitz beträgt 100 kg. Die Steifigkeit des Sitzpolsters ist durch die Federkonstante cPolster und die der Luftfeder mit cFeder anzusetzen.
xe (t)
198
8 Schwingungen
Man bestimme a) die Eigenfrequenz des Systems, b) die Schwingungsdifferentialgleichung und c) die maximale Auslenkung xmax der stationären Schwingung. geg.: m = 100 kg, cFeder = 10000 N/m, cPolster = 100000 N/m, xe(t) = r · sin(Ze · t), r = 30 mm, Ze = 5 Hz Lösung: a) Eigenfrequenz des Systems
Z0
cges
m
m
Federsteifigkeit cges cges
cPolster cFeder cPolster cFeder 100000 N/m 10000 N/m 100000 N/m 10000 N/m
x
9090,9 N/m
Z0
cPolster
xe (t)
9090,9 N/m 100 kg
cFeder
9,53 Hz
b) Schwingungsdifferentialgleichung m x cges ( x xe )
x Z0 2 x
Z0 2 r sin(Ze t )
c) Maximale Auslenkung xmax der stationären Schwingung Partikularlösung: xP
mit K
C1 sin(Ze t )
Ze Z0
5 Hz 9,53 Hz
0,52
folgt: xmax
C1
30 mm
r 1 K
2
1 0,52 2
41,38 mm
8.5.3 Schwingungen bei Krafterregung mit konstanter Amplitude Betrachtet wird ein Feder-Masse-Schwinger, bei dem die Masse durch die Kraft Fe F sin(Ze t ) periodisch bewegt wird, Bild 8-29a. Neben der Erregerkraft Fe wirkt beim Schwingungsvorgang noch die Federkraft FF = c · x, Bild 8-29b.
8.5 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen
199
Bild 8-29
Krafterregung mit konstanter Amplitude a) Feder-Masse-Schwinger bei Krafterregung mit konstanter Amplitude b) Freischnitt der Masse m mit der Erregerkraft Fe F sin(Ze t ) und der Federkraft FF = c · x
8.5.3.1
Schwingungsdifferentialgleichung
Mit der NEWTONschen Grundgleichung, Gleichung (4.9), erhält man unter Berücksichtigung der Bewegungsrichtung sowie der Richtung der Kräfte die Bewegungsgleichung m x
Fx
c x F sin(Ze t )
(8.171).
Durch Umstellen dieser Beziehung folgt die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m x c x
F sin(Ze t )
(8.172).
Die Division durch die Masse m und das Ersetzen von c / m durch Z02 ergibt die allgemeine Form der Differentialgleichung für ungedämpfte erzwungene Schwingungen bei Krafterregung mit konstanter Amplitude: x Z0 2 x
F sin(Ze t ) m
(8.173).
Die linke Seite der inhomogenen Differentialgleichung entspricht der Lösung für die Wegerregung, Gleichung (8.164). Die rechte Seite, das Störglied, unterscheidet sich von dem Störglied bei der Wegerregung lediglich durch die Amplitude ( F / m anstatt Z02 · r). Für Z0 gilt wiederum Gleichung (8.165).
8.5.3.2
Allgemeine Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung
Als allgemeine Lösung kann wiederum Gleichung (8.167) herangezogen werden. Da nach gewisser Zeit lediglich die Partikularlösung von Bedeutung ist (siehe Bild 8-27), ergibt sich für den eingeschwungenen, stationären Zustand x
xP
C1 sin(Ze t )
(8.174).
Setzt man xP und xP in die Differentialgleichung, Gleichung (8.173), ein, so erhält man
200
8 Schwingungen
C1
8.5.3.3
F m Z 0 2 Ze 2
1 F c 1 K 2
(8.175).
Resonanz
Die Resonanzkurve hat bei einer Krafterregung mit konstanter Amplitude denselben Verlauf wie bei der Wegerregung, Bild 8-28. Allerdings wird der Weg r durch den Ausdruck F / c ersetzt. Resonanz tritt bei K = 1 ein.
Beispiel 8-4 m
x F(t)
c1
c2
c3
Ein Bearbeitungszentrum ist auf einem Fundament montiert. Das Fundament liegt auf Gummilagern auf, die lediglich Federeigenschaften besitzen. Das System mit der Gesamtmasse m erfährt durch eine periodisch wirkende Kraft F(t) eine Schwingungsanregung in vertikaler Richtung. Man bestimme a) die Gesamtfederkonstante des Systems, b) die Eigenfrequenz des Systems, c) die Schwingungsdifferentialgleichung und d) die maximale vertikale Schwingungsamplitude. geg.: m = 20000 kg, c = c1 = c2 = c3 = 4300 N/mm, F (t ) Ze 15 Hz
F sin(Ze t ) , F
2000 N ,
Lösung: a) Gesamtfederkonstante des Systems cges
c1 c2 c3
3c
cges m
c1 c2 c3 m
F(t)
x
b) Eigenfrequenz des Systems
Z0
m
3 4300 N/mm 12900 N/mm
3 4300 N/mm 20000 kg
25,4
1 s
FF
FF
FF
8.5 Erzwungene ungedämpfte Schwingungen
201
c) Schwingungsdifferentialgleichung m x 3FF F sin(Ze t )
m x cges x
x Z0 2 x
cges x F sin(Ze t )
F sin(Ze t )
F sin(Ze t ) m
d) Maximale vertikale Schwingungsamplitude Partikularlösung der Schwingungsdifferentialgleichung (siehe Gleichung (8.174)) x
xP
C1
xmax
C1 sin(Ze t ) , x P
F 2
2
m (Z0 Ze ) C1
C1 Ze cos(Ze t ) und xP
F § Z 2· cges ¨1 e 2 ¸ ¨ Z ¸ 0 ¹ ©
C1 Ze 2 sin(Ze t )
2000 N § 152 ·¸ 12900 N/mm ¨1 ¨ 25,4 2 ¸ © ¹
0,24 mm
0,24 mm
8.5.4 Schwingungen bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude Betrachtet wird ein Feder-Masse-Schwinger mit der Gesamtmasse m, bei der eine umlaufende Teilmasse me eine Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude in x-Richtung hervorruft, Bild 8-30a. Neben der Erregerkraft Fe = me · r · Ze2 · sin(Ze · t) wirkt die Federkraft FF = c · x auf die Masse m.
Bild 8-30
Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude a) Feder-Masse-Schwinger: Umlaufende Masse me bewirkt bei seitlicher Führung der Masse eine Krafterregung in x-Richtung b) Freischnitt der Masse m mit der Erregerkraft Fe = me · r · Ze2 · sin(Ze · t) und der Federkraft FF = c · x
202
8 Schwingungen
8.5.4.1
Schwingungsdifferentialgleichung
Mit der NEWTONschen Grundgleichung, Gleichung (4.9), erhält man m x
Fx
c x me r Ze 2 sin(Ze t )
(8.176).
Stellt man diese Beziehung um, so ergibt sich die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m x c x
me r Ze 2 sin(Ze t )
(8.177).
Die Division durch m und das Einsetzen von c / m = Z02 ergibt die allgemeine Form der Differentialgleichung für ungedämpfte erzwungene Schwingungen bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude: x Z0 2 x
8.5.4.2
me r Ze 2 sin(Ze t ) m
(8.178).
Allgemeine Lösung der Schwingungsdifferentialgleichung
Als allgemeine Lösung kann wiederum Gleichung (8.167) herangezogen werden. Da nach gewisser Zeit die Eigenschwingung abgeklungen ist, ergibt sich für den eingeschwungenen, stationären Zustand x
xP
C1 sin(Ze t )
(8.179).
Setzt man xP und xP in die Differentialgleichung, Gleichung (8.178), ein, so erhält man C1 Ze 2 sin(Ze t ) Z0 2 C1 sin(Ze t )
me r Ze 2 sin(Ze t ) m
und daraus
C1
8.5.4.3
me r Ze 2 m Z0 2 Ze 2
me K2 r m 1 K 2
(8.180).
Resonanz
Die Abhängigkeit von ~C1~ von dem Frequenzverhältnis K ist in Bild 8-31 dargestellt. Resonanz ergibt sich für K = 1, d. h. für Ze = Z0. In diesem Fall wächst der Schwingungsaussschlag über alle Grenzen, d. h. C1 o f . Für K < 1 liegt ein unterkritischer Bereich und für K > 1 ein überkritischer Bereich vor. Für K = 0 ist C1 = 0 und für große K, d. h. K o f , ist ¸C1¸ = me · r / m.
8.6 Erzwungene gedämpfte Schwingungen
Bild 8-31
203
Resonanzdiagramm bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude für ein ungedämpftes Schwingungssystem K < 1: Unterkritischer Bereich: Für K = 0 ist C1 = 0 K = 1: Resonanz: C1 o f K > 1: Überkritischer Bereich: Für K o f ist ¸C1¸ = me · r / m
8.6 Erzwungene gedämpfte Schwingungen Auch bei erzwungenen Schwingungen werden die Bewegungen durch Bewegungswiderstände beeinflusst. Betrachtet wird auch hier die in der Technik häufig vorkommende viskose Dämpfung, Kapitel 8.4.1. Dabei ist erneut nach den Arten der Erregung (Wegerregung, Krafterregung mit konstanter Amplitude und Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude) zu unterscheiden (siehe auch Kapitel 8.5.1).
8.6.1 Gedämpfte Schwingungen bei Wegerregung Betrachtet wird ein gedämpftes Feder-Masse-System bei Wegerregung, Bild 8-32a. Als Federerregung wird xe = r · sin(Ze · t) gewählt. Somit wirken die Federkraft FF = c · (x – xe) und die Dämpfungskraft FD k x auf die Masse m, Bild 8-32b.
8.6.1.1
Schwingungsdifferentialgleichung
Mit der NEWTONschen Grundgleichung, Gleichung (4.9), erhält man entsprechend Bild 8-32b m x
Fx
c ( x xe ) k x
(8.181).
Durch Umstellen dieser Beziehung und Einsetzen von xe erhält man die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m x k x c x
c r sin(Ze t )
(8.182).
204
8 Schwingungen
Die Division durch die Masse m ergibt k c x x m m
x
c r sin(Ze t ) m
(8.183).
Mit c / m Z0 2 erhält man die Differentialgleichung für erzwungene gedämpfte Schwingungen bei Wegerregung in der Form k x Z0 2 x Z0 2 r sin(Ze t ) m
x
(8.184).
Bild 8-32
Erzwungene gedämpfte Schwingung bei Wegerregung a) Feder-Masse-Dämpfer-System bei Wegerregung b) Freischnitt der Masse m mit der Federkraft FF = c · (x – xe) und der Dämpfungskraft FD k x
8.6.1.2
Dimensionslose Darstellung der Differentialgleichung
Die dimensionslose und somit allgemeingültige Form der Differentialgleichung ergibt sich, wenn man an Stelle der Zeit t die Eigenzeit z einführt, siehe Gleichung (8.124). Mit den Beziehungen für x , Gleichung (8.125), und x , Gleichung (8.126), sowie
Ze t
Ze Z0 t K z N Z N0 K
(8.185)
z
erhält man
Z0 2 xcc
k Z0 xc Z0 2 x Z0 2 r sin(K z ) m
bzw. nach der Division durch Z02 xcc
k xc x m Z0
r sin(K z )
(8.186).
Mit der Abkürzung nach Gleichung (8.128) ergibt sich die dimensionslose Form der Differentialgleichung
8.6 Erzwungene gedämpfte Schwingungen xcc 2N xc x
205
r sin(K z )
(8.187).
Diese gilt für alle erzwungenen gedämpften Schwingungen der in Bild 8-32 dargestellten Art. Der Dämpfungsfaktor N, siehe auch Kapitel 8.4.2.3, ist abhängig vom jeweiligen Schwingungssystem.
8.6.1.3
Allgemeine Lösung der Differentialgleichung
Für die inhomogene Differentialgleichung nach Gleichung (8.187) ergibt sich die allgemeine Lösung aus der Lösung für die homogene Differentialgleichung, siehe z. B. Gleichung (8.148), und einem Störglied: x
C e N z sin( 1 N 2 z J ) C1 sin(K z \ )
Eigenschwingung 0 für große t bzw. z
(8.188).
Störglied
Da die Eigenschwingung abklingt, gilt für die stationäre Bewegung x
xP
C1 sin(K z \ )
(8.189).
\ ist darin die Phasenverschiebung infolge der Dämpfung, beschreibt somit das Nachhinken der Masse gegenüber der Erregung. C1 und \ sind aus den Gegebenheiten des Schwingungssystems zu berechnen.
8.6.1.4
Amplitude der Schwingung
Bildet man die Ableitungen xc dx / dz und xcc d 2 x / dz 2 von Gleichung (8.189) und setzt diese in die Differentialgleichung, Gleichung (8.187), ein, so erhält man nach einiger Umformung C1
Bild 8-33
r
1 2 2
(1 K ) 4N 2 K 2
(8.190).
Resonanzdiagramm bei Wegerregung bei einem gedämpften Schwingungssystem. Die Kurvenverläufe sind vom Frequenzverhältnis K und dem Dämpfungsfaktor N abhängig
206
8 Schwingungen
Die Auftragung von ~C1~ über dem Frequenzverhältnis K Ze / Z0 ergibt mit dem Dämpfungsfaktor N als Parameter die Resonanzkurven der Schwingungsbewegung, Bild 8-33. Die Dämpfung vermindert die Amplituden der Schwingung erheblich und entschärft somit die Resonanzsituation. Die Maxima der Kurven treten bei Werten von K < 1 auf.
8.6.1.5
Phasenverschiebung
Die durch die Dämpfung eintretende Phasenverschiebung \ errechnet sich mit der Beziehung tan\
2N K
(8.191).
1 K 2
Dieses Nachhinken der Masse gegenüber der Erregung ist ebenfalls vom Frequenzverhältnis K und vom Dämpfungsfaktor N abhängig.
8.6.2 Gedämpfte Schwingungen bei Krafterregung mit konstanter Amplitude Bei einer gedämpften Schwingung mit Krafterregung mit konstanter Amplitude gelten, wie schon im Kapitel 8.5.3 gezeigt, analoge Beziehungen wie bei der Wegerregung. Es gilt somit für die Schwingungsbewegung ebenfalls die Gleichung (8.189). Für die Amplitude ergibt sich C1
F 1 2 2 c (1 K ) 4N 2 K 2
(8.192).
Die Phasenverschiebung kann mit Gleichung (8.191) errechnet werden.
8.6.3 Gedämpfte Schwingungen bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude Bild 8-34 zeigt ein gedämpftes Schwingungssystem bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude. Die Erregerkraft Fe = me · r · Ze2 · sin(Ze · t) wird durch eine umlaufende Teilmasse me erzeugt, Bild 8-34a. Auf die Gesamtmasse m wirken somit die Erregerkraft Fe, die Federkraft FF = c · x und die Dämpfungskraft FD k x , Bild 8-34b.
8.6.3.1
Schwingungsdifferentialgleichung
Mit der NEWTONschen Grundgleichung erhält man die Schwingungsdifferentialgleichung in der Form m x k x c x
8.6.3.2
me r Ze 2 sin(Ze t )
(8.193).
Lösung der Differentialgleichung
Die Lösung für die stationäre Schwingungsbewegung (nach dem Abklingen der Eigenschwingung) lautet
8.6 Erzwungene gedämpfte Schwingungen x
xP
C1 sin(K z \ )
207 (8.194)
mit der Amplitude der Schwingung C1
me K2 r m (1 K 2 ) 2 4N 2 K 2
(8.195).
Die Phasenverschiebung errechnet sich auch hier mit Gleichung (8.191).
Bild 8-34
Erzwungene gedämpfte Schwingung bei Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude a) Feder-Masse-Dämpfer-System bei Krafterregung durch umlaufende Masse me b) Freischnitt der Masse m mit der Erregerkraft Fe = me · r Ze2 sin(Ze · t), der Federkraft FF = c · x und der Dämpfungskraft FD k x
8.6.3.3
Resonanzdiagramm
Das Resonanzdiagramm, das sich nach Gleichung (8.195) ergibt, Bild 8-35, zeigt, dass die Dämpfung die Amplituden erheblich vermindert. Die Maxima der Kurven treten bei Werten von K > 1 auf.
Bild 8-35
Resonanzdiagramm bei Krafterregung mit einer frequenzabhängigen Amplitude bei einem gedämpften Schwingungssystem
208
8 Schwingungen
Beispiel 8-5 Für das in Beispiel 8-4 dargestellte System eines Bearbeitungszentrums bestimme man unter der Annahme, dass die Gummilager zusätzlich dämpfende Eigenschaften besitzen und keine Fremderregung vorliegt, a) die und
m x
F(t)
Schwingungsdifferentialgleichung k1
b) die Dämpfungskonstante k für den aperiodischen Grenzfall.
c1
k2
c2
k3
c3
Bestimmen Sie ferner für den Fall der Schwingungsanregung durch eine periodisch wirkende Kraft F(t) c) die Schwingungsdifferentialgleichung, d) die maximale Schwingungsamplitude bei einem Dämpfungsfaktor N = 0,8 und e) die Phasenverschiebung. geg.: m = 20000 kg, c = c1 = c2 = c3 = 4300 N/mm, k1 = k2 = k3 = k, F (t ) 2000 N , Ze
F
F sin(Ze t ) ,
15 Hz
Lösung: a) Schwingungsdifferentialgleichung m x
Fx
x
3FF 3FD
3k 3c x x m m
3c x 3k x
mit Z0
0
3c m
25,4
1 s
m
x
b) Dämpfungskonstante k für den aperiodischen Grenzfall Mit x
xcc Z0 2
xc Z0 und x
folgt: xcc
3k xc x m Z0
FF
0
FD
FF
2N
Für den aperiodischen Grenzfall gilt: N = 1, d. h. 3k 2 m Z0
1
k
2 m Z0 3
2 1 20000 kg 25,4 3 s
338624,7
Ns m
FD
FF
FD
8.6 Erzwungene gedämpfte Schwingungen
209
c) Schwingungsdifferentialgleichung des gedämpften, fremderregten Systems m x 3c x 3k x F sin(Ze t )
m x 3k x 3c x
x
3k x Z0 2 x m
F sin(Ze t )
m
x
F sin(Ze t ) m
F(t)
d) Maximale Schwingungsamplitude des gedämpften, fremderregten Systems F
C1
K
cges
Ze Z0
FF
1 (1 K 2 ) 2 4N 2 K 2
15 Hz 25,4 Hz
0,591
Mit N = 0,8 gilt: C1
2000 N 1 3 4300 N/mm (1 0,5912 ) 2 4 0,82 0,5912
0,135 mm
e) Phasenverschiebung tan\
2N K 1 K
2
2 0,8 0,591 1 0,5912
1,45
\
55,4q
FD
FF
FD
FF
FD
210
9 Klausuraufgaben Die Technische Mechanik ist nicht allein durch das Lesen eines Buches erlernbar. Die folgenden Aufgaben, Kapitel 9.1, sollen den Leser dazu ermuntern, selbstständig Fragestellungen und Probleme der Kinematik und Kinetik zu lösen und sich so auf anstehende Klausuren vorzubereiten. Zur Kontrolle der eigenen Rechnungen sind die Ergebnisse in Kapitel 9.2 aufgeführt. Neben diesen Klausuraufgaben stellen auch die mit *** gekennzeichneten Beispiele der vorangegangenen Kapitel klausurrelevante Fragestellungen dar.
9.1 Aufgabenstellungen Aufgabe 1
Ein PKW fährt mit vPKW = 50 km/h auf den Beschleunigungsstreifen einer Autobahn auf. Zu diesem Zeitpunkt fährt auf der rechten Fahrspur auf gleicher Höhe ein LKW mit der konstanten Geschwindigkeit vLKW = 80 km/h. Bestimmen Sie a) die konstante Beschleunigung, mit der der PKW beschleunigen muss, damit er am Ende der Einfädelspur mit der Länge lE unter Vernachlässigung der Fahrzeuglängen mit einem Sicherheitsabstand b vor dem LKW auf die Fahrspur wechseln kann, b) die Geschwindigkeit, die der PKW bis zum Spurwechsel erreicht hat, c) die Beschleunigungs-Zeit-, die Geschwindigkeits-Zeit- und die Weg-Zeit-Diagramme der beiden Fahrzeuge unter Angabe der charakteristischen Werte. geg.: lE = 300 m, b = 60 m, vPKW = 50 km/h, vLKW = 80 km/h
9.1 Aufgabenstellungen
211
Aufgabe 2 Im Hafen wird ein voll beladener Container (idealisiert als Quader) mittels einer quaderförmigen Hebevorrichtung angehoben und verladen. Nach dem Anhalten des Krans beginnt die Last mit kleinen Amplituden zu schwingen. Bestimmen Sie a) das Massenträgheitsmoment 4A um die Drehachse durch A für die Hebevorrichtung und den Container, b) die Schwingungsdifferentialgleichung für den Freiheitsgrad M, c) die Eigenkreisfrequenz Z0 des Systems und d) die Auslenkung M(t), die Winkelgeschwindigkeit M (t ) und die Winkelbeschleunigung M(t ) für eine Anfangsauslenkung M(t = 0) = M0 und eine Anfangsgeschwindigkeit M (t 0) 0 . geg.: l = 15 m, b = bC = bH = 6 m, hC = 2,6 m, hH = 0,5 m, mC = 24 t, mH = 5 t
Aufgabe 3 Nach dem Aufschlag aus Position A trifft der Tischtennisball unter einem Winkel D im Punkt B auf die Platte auf. Dabei wird der Ball vollelastisch und reibungsfrei abgestoßen und durch den Gegenspieler im Punkt C zurückgeschlagen. Man bestimme a) die Geschwindigkeit v1 unmittelbar vor Erreichen der Platte, damit der Ball im Punkt C seinen höchsten Bahnpunkt erreicht, b) die Höhe des Tischtennisballs im Punkt C sowie c) die Geschwindigkeit, mit der der Gegenspieler schlagen muss, um den Tischrand (Punkt D) zu treffen. In Punkt C ist von einem teilplastischen Stoß (e = 0,6) auszugehen. geg.: a = 1 m, l = 1,37 m, D = 20°, mBall = 2,7 g, mSchläger = 170 g
212
9 Klausuraufgaben
Aufgabe 4 Ein Segelboot segelt mit einer konstanten Geschwindigkeit vB = 7 m/s auf einem Fluss mit einer Strömungsgeschwindigkeit vF = 2 m/s flussabwärts. Das Boot soll durch einen Anker mit der Masse mA, der in eine am Grund des Flusses befindliche Öse einhakt, angehalten werden. In Flussrichtung erfährt der Anker eine Widerstandskraft Fwx = k · (vx,Anker – vF). In Vertikalrichtung wirkt die Auftriebskraft FA = VA · UW · g. Man bestimme a) die Bewegungsgleichung des Ankers in y-Richtung, b) die Zeit, die der Anker benötigt, um die Öse zu erreichen, c) die Entfernung, mit der der Anker ins Wasser gelassen werden muss, damit er die Öse genau trifft. geg.: h = 5 m, k = 2 kg/s, UW = 1 g/cm3, vB = 7 m/s, vF = 2 m/s, mA = 13 kg, VA = 1500 cm3 Hinweis:
dx
³ ax b
1 ln ax b a
Aufgabe 5 Mit einem Kran soll die Last m1, die zunächst auf dem Boden aufliegt, in die Höhe h gehoben werden. Hierzu greift an der Seiltrommel (idealisiert als Zylinder) mit dem Radius r und der Masse m2 das Antriebsmoment MA an. Das Seil und die Umlenkrollen werden als masselos angenommen. Bestimmen Sie a) die Beschleunigung des Systems in den gegebenen Koordinaten x und M, b) die Seilkraft FS, c) die Arbeit, die vom Kran geleistet wurde, wenn die Last die Hubhöhe h erreicht hat sowie d) die maximale Last m1, damit die zulässige Seilkraft FS,max = 15 kN nicht überschritten wird. geg.: m1 = 1100 kg, m2 = 750 kg, MA = 10000 Nm, g = 9,81 m/s2, r = 0,75 m, h = 33 m
9.2 Ergebnisse
213
Aufgabe 6
Auf einer Fabrikdecke (vereinfacht als Balken) ist eine Maschine der Gesamtmasse mM aufgestellt, die eine mit der Winkelgeschwindigkeit Ze umlaufende Masse me mit der Exzentrizität e besitzt. Unter Vernachlässigung der Masse des Balkens bestimme man für die auftretende Biegeschwingung des Balkens: a) die Federkonstante, b) die Eigenfrequenz, c) die Fliehkraft infolge der Erregermasse me, d) die Schwingungsdifferentialgleichung für die erzwungene Biegeschwingung und e) die infolge des Betriebs der Maschine auftretende Durchbiegung des Balkens. geg.: mM, me, Ze, e, a, E, I
9.2 Ergebnisse Aufgabe 1 a) Beschleunigung des PKW, um vor dem LKW mit einem Sicherheitsabstand einzufädeln aPKW
2 2vLKW lE 2vPKW vLKW (lE b)
(lE b)
2
m 2,57 2 s
b) Geschwindigkeit, die der PKW bis zum Spurwechsel erricht hat v
l b vPKW aPKW E vLKW
150 km/h
c) Beschleunigungs-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und Weg-Zeit-Diagramme
214
9 Klausuraufgaben
Aufgabe 2 a) Massenträgheitsmoment 4 A für die Hebevorrichtung und den Container um die Drehachse durch A 2
4A
mC (b 2 hC2 ) h · m (b 2 hH2 ) § § h · mC ¨ l hH C ¸ H mH ¨ l H ¸ 12 2 ¹ 12 2 ¹ © ©
2
8037196,7 kg m 2
b) Schwingungsdifferentialgleichung
M
ª h · § § h ·º «mC ¨ l hH C ¸ mH ¨ l H ¸»M 4A ¬ 2 ¹ 2 ¹¼ © © g
M 0,59 M
0
0
c) Eigenkreisfrequenz
Z0
g
ª
§
hC ·
§
hH ·º
m ¨ l hH ¸ mH ¨ l ¸» 4 A «¬ C © 2 ¹ 2 ¹¼ ©
0,77 Hz
d) Auslenkung M (t ) , Winkelgeschwindigkeit M (t ) und Winkelbeschleunigung M(t )
M (t ) M 0 cos(Z0 t ) M (t ) M 0 Z0 sin(Z0 t ) M(t ) M 0 Z0 2 cos(Z0 t )
9.2 Ergebnisse
215
Aufgabe 3 a) Geschwindigkeit v1 unmittelbar vor Erreichen der Platte, damit der Ball im Punkt C seinen höchsten Bahnpunkt erreicht v1
(2l a) 2 g sin 2D
7,29
m s
b) Höhe des Tischtennisballs im Punkt C h
v12 sin 2 D 2g
31,7 cm
c) Geschwindigkeit vSchläger , um den Tischrand (Punkt D) zu treffen vSchläger
9,34 m/s
Aufgabe 4 a) Bewegungsgleichung des Ankers in y-Richtung
y
§V · 1 g t 2 ¨¨ A U W 1¸¸ h 2 © mA ¹
b) Zeit, die der Anker benötigt, um die Öse zu erreichen t
2h · § VA ¨¨ U 1¸¸ g ¹ © mA
1,07 s
c) Entfernung, mit der der Anker ins Wasser gelassen werden muss, damit er die Öse genau trifft x
§ mA t · mA ¸ ¨ vF t (vF vB ) ¨ e k 1¸ k ¸ ¨ ¹ ©
34,6 m
216
9 Klausuraufgaben
Aufgabe 5 a) Beschleunigung des Systems x
M
1
m · §M ¨ A m1 g ¸ 1,72 2 m2 © r ¹ s (m1 ) 2 x r
1
· §M ¨ A m1 g ¸ m2 © r ¹ ) r (m1 2
b) Seilkraft FS FS
m1 ( x g ) 12687,0 N
c) Arbeit, wenn die Last die Hubhöhe h erreicht W
FS h
418670,3 Nm
d) Maximale Last m1, damit die zulässige Seilkraft FS,max nicht überschritten wird FS, max x g
m1
1300,5 kg
Aufgabe 6 a) Federkonstante c
cB
6E I a3
b) Eigenfrequenz
Z0
cB mM
6E I mM a 3
c) Fliehkraft infolge der Erregermasse me Fz
me e Ze2
d) Schwingungsdifferentialgleichung für die erzwungene Biegeschwingung x Z02 x
me e Ze2 sin(Ze t ) mM
e) Durchbiegung des Balkens infolge des Betriebs der Maschine xmax
C1
Ze2 me e 6E I mM Ze2 3 mM a
2,3
m s2
217
Anhang A1 Literatur [1]
Richard, H. A.; Sander, M.: Technische Mechanik.Statik. Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2005
[2]
Richard, H. A.; Sander, M.: Technische Mechanik.Festigkeitslehre. Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2006
[3]
Papula, L.: Mathematische Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2006
A2 Symbolverzeichnis G a, a
Beschleunigung, Beschleunigungsvektor
ar
Radialbeschleunigung (radiale Beschleunigungskomponente)
aM
Querbeschleunigung (zirkulare Beschleunigungkomponente)
an
Normalbeschleunigung (normale Beschleunigungkomponente)
at
Bahnbeschleunigung (tangentiale Beschleunigungkomponente)
ax, ay, az
Beschleunigungskomponenten in x-, y- bzw. z-Richtung
c
Federkonstante
cB
Federkonstante eines Balkens
cS
Federkonstante eines Stabes
cT
Torsionsfederkonstante
e G G G ex , ey , ez G G et , en G G er , eM
Stoßzahl
Basisvektoren in Polarkoordinaten
f
Frequenz
fD
Frequenz der gedämpften Schwingung
g
Erdbeschleunigung (= 9,81 m/s2)
h
Wurfhöhe
k = kL
Widerstandskoeffizient bei Bewegungen in Luft
k = kF
Dämpfungskoeffizient bei Flüssigkeitsdämpfer
l
Wurfweite, Länge
Einheitsvektoren in x-, y- bzw. z-Richtung Basisvektoren in natürlichen Koordinaten
218
Anhang
'l
Stabverlängerung
m
Masse
n
Drehzahl
G p, p
Impuls, Impulsvektor
p x, p y
Impulskomponenten in x-, y- bzw. z-Richtung
r, M G r
Polarkoordinaten
s
Weg
t
Zeit
Ortsvektor
G v, v
Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsvektor
v1, v2
Geschwindigkeiten der Massen m1 und m2 vor dem Stoß
*
v1 , v2
*
Geschwindigkeiten der Massen m1 und m2 nach dem Stoß
vG
Grenzgeschwindigkeit
vr
Radialgeschwindigkeit (radiale Geschwindigkeitskomponente)
vM
Quergeschwindigkeit (zirkulare Geschwindigkeitskomponente)
vx, vy, vz
Geschwindigkeitskomponenten in x-, y- bzw. z-Richtung
w
Durchbiegung eines Balkens
x, y, z
Koordinaten
xst
statische Auslenkung eines Feder-Masse-Systems
A, B *
Amplituden der Sinus- bzw. Kosinusschwingung *
A,B **
**
Amplituden der Sinus- bzw. Kosinusschwingung bei einer Torsionsschwingung
A ,B
Amplituden der Sinus- bzw. Kosinusschwingung bei einer Drehschwingung
E
Elastizitätsmodul
Ek Ek
kinetische Energie *
kinetische Energie nach dem Stoß
Ek,trans
Translationsenergie
Ek,rot
Rotationsenergie
Ep
potentielle Energie
EV
Energieverlust
G F, F
Kraft, Kraftvektor
FD
Dämpfungskraft
Fe
einwirkende (eingeprägte) Kraft
FF
Federkraft
Fst
statische Federkraft
Ft, Fn
tangentiale bzw. normale Kraftkomponente
Anhang
219
FW
Luftwiderstandskraft
Fx, Fy, Fz
Kraftkomponenten in x-, y- bzw. z-Richtung
Fz
Führungs- oder Zwangskraft
G
Gewicht bzw. Schubmodul
I
axiales Flächenträgheitsmoment
I T, I p
Torsionsflächenträgheitsmoment, polares Flächenträgheitsmoment
L
Drall oder Drehimpuls
M
Moment
N
Normalkraft
MT
Torsionsmoment
P
Leistung
R
Reibungskraft
T
Schwingungsdauer
TD
Schwingungsdauer der gedämpften Schwingung
W
Arbeit
D
Abwurfwinkel
J, \
Phasenverschiebung
H
Winkelbeschleunigung
M
Polarkoordinate, Winkel
N
Dämpungsfaktor
O1, O2
Teillösungen der Schwingungsdifferentialgleichung
K
Wirkungsgrad, Frequenzverhältnis
PG
Gleitreibungskoeffizient
U
Krümmungsradius
Z
Winkelgeschwindigkeit
Z0
Eigenfrequenz
Zx, Zy, Zz
Winkelgeschwindigkeitskomponenten in x-, y- bzw. z-Richtung
4
Massenträgheitsmoment
4A
Massenträgheitsmoment bezüglich einer Achse A parallel zur Schwerpunktsachse
4S
Massenträgheitsmoment bezüglich Schwerpunktsachse
4x, 4y, 4z
Massenträgheitsmoment bezüglich der x-, y- bzw. z-Achse
4xy, 4yz, 4zx Deviationsmassenträgheitsmoment 41, 42, 43
Massenträgheitsmoment bezüglich der Hauptachsen
Diese und auch weitere Formelzeichen werden im Text erläutert.
220
Sachwortverzeichnis Allgemeine Bewegung - , Arbeit 80 - , Leistung 80 Amplitude - , Drehschwingung 180 - , Krafterregung 198, 201, 206, 207 - , Schwingung 158, 163 - , Torsionsschwingung 179 - , Wegerregung 196, 205 Anfangsbedingung 22, 163, 167, 189 Anregungsphase 196 aperiodische Bewegung 189 - , spezielle Lösung 190 aperiodischer Grenzfall 190 Arbeit 79 - , allgemeine Bewegung 80 - , aufgewendete 83 - , Drehbewegung 82, 137 - , geführte Bewegung 81 - , geradlinige Bewegung 79 - , Komponenten 81 - , Massenpunkt 79 - , Nutzarbeit 83 - , starrer Körper 134 Arbeitsdifferential 80 Arbeitssatz 84 - , ebene Bewegung 150 - , Massenpunkt 84 - , starrer Körper 134 aufgewendete Arbeit 83 aufgewendete Leistung 83 äußere Kraft 94 axiales Massenträgheitsmoment 140 Axiome 55 Bahnbeschleunigung 43, 46 Bahngeschwindigkeit 17 Bahngleichung 13 - , schiefer Wurf 62 Bahnkoordinate 17, 20, 44
Bahnkurve siehe Bewegungsbahn Bahnpunkt 14 Balken 170 Balken-Masse-System - , Biegeschwingung 177 - , Eigenfrequenz 177 Basisvektor - , Zeitableitung 37, 45 Beispiel - , "Hau den Lukas" 105 - , Antriebswelle 6 - , Basketballspieler 2, 109 - , Bearbeitungszentrum 4, 147, 200, 208 - , Düsenjet 47 - , Fahrersitz 197 - , Fallschirmspringer 34 - , Fertigungseinrichtung 114 - , Flugzeug 2, 13 - , Geländewagen 176 - , Hafenkran 211 - , Heißluftballon 30 - , ICE 32 - , Industrieroboter 51 - , Kartoffelvollernter 65 - , Kopierer 152 - , Kran 212 - , Kugel 150 - , Kugelstoßer 6 - , LKW 25 - , Maschine 213 - , Massenpunkt 21, 40, 60 - , Massenpunktsystem 96 - , Metronom 183 - , Motocrossfahrer 63 - , PKW 210 - , Rohrpostsystem 85 - , Schaukel 77 - , Schienenfahrzeug 3, 130 - , Schiffswelle 43 - , Schnelllauftor 28 - , Schwungrad 49
- , Segelboot 212 - , Skifahrer 71 - , Skispringer 18 - , Sportwagen 1 - , Stabhochspringer 89 - , Tischtennis 211 - , Triebzug 80 - , Turmdrehkran 83 - , Windkraftanlage 2, 138 beschleunigte Bewegung 10 Beschleunigung 15 - , beliebiger Körperpunkt 120 - , Betrag 18 - , geschwindigkeitsabhängige 33 - , kartesische Koordinaten 16, 18 - , Komponenten 18, 46, 51, 124 - , Kreisbewegung 43 - , mittlere 15 - , momentane 15 - , natürliche Koordinaten 46 - , Normal- 47 - , Polarkoordinaten 38 - , radiale 39 - , Schwingung 166 - , starrer Körper 113, 122 - , Tangential- 43, 120 - , Umfangs- 43, 120 - , wegabhängige 34 - , Winkel- 39 - , zeitlich veränderliche 31 - , Zentripetal- 42, 120 - , zirkulare 39 Beschleunigungskomponenten 18, 46, 51, 124 Beschleunigungsvektor 16, 18 Beschleunigungs-ZeitDiagramm 21, 24, 27, 31, 52, 165
Sachwortverzeichnis Bewegung 5 - , beschleunigte 10 - , Darstellung 52 - , ebene 10, 35 - , einmalige 10 - , Einteilung 10 - , Folgen 7 - , geradlinige 10, 20 - , gleichförmig beschleunigte 26 - , gleichförmige 10, 23 - , Massenpunkt 12 - , Massenpunktsystem 91 - , räumliche 10 - , Rotation 10 - , Schwingung 155 - , starrer Körper 111, 133 - , Translation 10 - , Ursache 6 - , wiederkehrende 10 Bewegungsbahn 12, 16, 37, 54 - , kartesische Koordinaten 36 - , natürliche Koordinaten 45 - , Polarkoordinaten 37 - , Zylinderkoordinaten 50 Bewegungsgesetz 56 Bewegungsgleichung 57, 62, 68, 70 Bewegungsmöglichkeiten - , Massenpunkt 8 - , Massenpunktsystem 9, 91 - , starrer Körper 8, 111 Biegeschwingung 170, 177 Biegesteifigkeit 170 Bindung - , kinematische 9, 91 - , physikalische 9, 94 Bindungsgleichung 92, 96 Coulombsches Reibungsgesetz 69 Dämpfung 159, 185 Dämpfungsfaktor 188, 205 Dämpfungskonstante 186
221 Dämpfungskraft 185, 186 Dämpfungsmaß 188 Dehnsteifigkeit 169 Deviationsmoment 140 Drall 73 - , Drehbewegung 76, 137 - , Kreisbewegung 76 Drallerhaltungssatz 75 - , Massenpunkt 75 - , Massenpunktsystem 100 Drallsatz 73 - , Drehbewegung 76, 137 - , ebene Bewegung 75 - , Massenpunkt 74 - , Massenpunktsystem 100 - , starrer Körper 137 Drehbewegung - , Arbeit 82, 137 - , Drall 76, 137 - , kinetische Energie 137 - , Leistung 82, 137 - , Newtonsche Grundgleichung 135 Drehimpuls 73 Drehschwingung 155, 179 - , allgemeine Lösung 180 - , Differentialgleichung 180 - , Eigenfrequenz 180 Drehwinkel 82 Drehzahl 83 Durchbiegung 170 Dynamik 5, 55 Dynamische Grundgleichung 56 - , Drehbewegung 77 - , kartesische Koordinaten 58 - , Massenpunkt 56 - , Massenpunktsystem 98 - , natürliche Koordinaten 58 - , starrer Körper 133, 135 Ebene Bewegung 10, 35 - , Arbeitssatz 150 - , Beschleunigung 124 - , Energiesatz 150 - , Eulersche Beziehung 122
- , Geschwindigkeit 123 - , kartesische Koordinaten 36, 123 - , kinetische Energie 149 - , Massenpunktsystem 92 - , natürliche Koordinaten 44 - , Newtonsche Grundgleichung 149 - , Polarkoordinaten 36 - , starrer Körper 112, 122, 148 Eigenfrequenz 158, 161, 166 - , Feder-Masse-System 166 - , Schwerependel 183 - , Torsionsschwingung 178 Eigenschwingung 159, 160 Eigenzeit 187, 204 einachsige Bewegung - , Massenpunkt 20 - , Massenpunktsystem 101 - , starrer Körper 112 eingeprägte Kraft 68, 81 elastischer Stoß 102 elastisches System - , Federkonstante 168 - , Parallelschaltung 172 - , Reihenschaltung 173 Energie - , kinetische 84, 137 - , potentielle 86 Energiesatz 86 - , ebene Bewegung 150 - , Massenpunkt 86 - , Massenpunktsystem 101 - , starrer Körper 134 Energieverlust beim Stoß 102, 104 Erdbeschleunigung 59 Erregerfrequenz 192, 194 Erregerkraft 193 Erregermasse 194 Erregungsarten 193 erzwungene gedämpfte Schwingung 203 erzwungene Schwingung 159
222 erzwungene ungedämpfte Schwingung 192 - , Anregungsphase 196 - , Erregerfrequenz 194 - , Erregerkraft 193 - , Erregermasse 194 - , Frequenzverhältnis 194 - , Krafterregung 193 - , stationäre Schwingung 196 - , Wegerregung 193 Eulersche Beziehung - , allgemein 121 - , ebene Bewegung 122 - , kartesische Koordinaten 124 Fadenpendel 182 Feder 168 Federkonstante 160, 168 - , Balken 170 - , Parallelschaltung 172 - , Reihenschaltung 173 - , Stab 169 - , Torsionsstab 171 Federkraft 160, 168 - , potentielle Energie 88 Feder-Masse-Schwinger 155 Feder-Masse-System 160, 176, 179 - , Drehschwingung 179 - , Eigenfrequenz 161, 166 - , Frequenz 166 - , gedämpfte Schwingung 186 - , Krafterregung 198, 201 - , Lösung Dgl. 163 - , Schwingungsdauer 166 - , ungedämpfte Schwingung 160 - , Wegerregung 194 Federverlängerung 168 Federweg 169 Flüssigkeitsdämpfung 185 freie gedämpfte Schwingungen 185 freie Schwingung 159, 160 freier Fall 66
Sachwortverzeichnis Freiheitsgrad 8, 91 - , Massenpunkt 8 - , Massenpunktsystem 9, 91 - , starrer Körper 9, 111 Frequenz 158, 166 - , gedämpfte Schwingung 192 - , ungedämpfte Schwingung 166 Frequenzverhältnis 194, 197, 205 Führungskraft 68, 81 Gangpolbahn 127 - , Leiter 128 gedämpfte Schwingung 159, 186, 190 - , allgemeine Lösung 188, 191 - , Differentialgleichung 187 - , Frequenz 192 - , Krafterregung 206 - , Schwingungsdauer 192 - , spezielle Lösung 191 - , Wegerregung 203 gedämpftes Schwingungssystem 156 geführte Bewegung - , Arbeit 81 - , Leistung 81 - , mit Reibung 69 - , ohne Reibung 68 gerader Stoß 101 - , Geschwindigkeit 103 geradlinige Bewegung 10, 20 - , Arbeit 79 - , Beschleunigung 20 - , Geschwindigkeit 20 - , Leistung 79 geradlinige Schwingung 160, 176 Gesamtdrall - , Massenpunktsystem 100 Gesamtfederkonstante 172, 174, 175 Gesamtimpuls 99 Geschwindigkeit 14
- , beliebiger Körperpunkt 119 - , Betrag 17, 38 - , kartesische Koordinaten 16 - , Komponenten 16, 50, 123 - , Kreisbewegung 43 - , mittlere 14 - , momentane 14 - , natürliche Koordinaten 45 - , Polarkoordinaten 38 - , radiale 38 - , Richtung 14 - , Schwingung 164, 165 - , starrer Körper 113, 121 - , Stoß 103 - , Winkel- 39 - , zirkulare 38 geschwindigkeitsabhängige Beschleunigung 33 Geschwindigkeitspol - , grafische Ermittlung 127 - , Koordinaten 124 - , Leiter 128 Geschwindigkeits-ZeitDiagramm 21, 24, 27, 31, 52, 165 Gewicht 182 Gewichtskraft 59 - , potentielle Energie 87 gleichförmig beschleunigte Bewegung 26 gleichförmige Bewegung 10, 23 Gleitreibung 69 Gleitreibungskoeffizeint 69 Grenzgeschwindigkeit 68 Harmonische Schwingung 158 Hauptachse 141 Hauptmassenträgheitsmoment 141 Hodografenkurve 54 Idealisierung 8 - , Massenpunkt 8
Sachwortverzeichnis - , Massenpunktsystem 8, 9 - , starrer Körper 8 Impuls 55 - , Massenpunkt 55 - , Massenpunktsystem 99 - , starrer Körper 133 Impulserhaltungssatz 55, 99 Impulsmoment 73 Impulssatz 56, 72, 99 - , Massenpunkt 56 - , Massenpunktsystem 99 - , starrer Körper 134 Inertialsystem 56 innere Kraft 94 Integrationskonstante 163 Kinematik 11 - , Massenpunkt 12 - , Massenpunktsystem 91 - , starrer Körper 111 kinematische Beziehung 92 kinematische Bindung 9, 91 Kinetik 11 - , Massenpunkt 55 - , Massenpunktsystem 95, 97 - , starrer Körper 133 kinetische Energie 84 - , Drehbewegung 137 - , ebene Bewegung 149 - , Massenpunkt 84 - , Massenpunktsystem 101 - , starrer Körper 134 Klausuraufgaben - , Aufgabenstellung 210 - , Ergebnisse 213 konservative Kraft 86 Koordinaten - , Geschwindigkeitspol 124 - , Körperpunkt 123 Körperpendel 182 Kosinusschwingung 159 - , Amplitude 163 Kraft - , eingeprägte 68, 81 - , Federkraft 160 - , Führungskraft 68, 81 - , Gewichtskraft 59
223 - , Gleitreibungskraft 69 - , konservative 86 - , Stoßkraft 72 - , Zwangskraft 68, 81 Kräftepotential 86 Krafterregung - , allgemeine Lösung 199, 202 - , Differentialgleichung 199, 202 - , frequenzabhängige Amplitude 193 - , konstante Amplitude 193 - , Resonanz 200, 202 Kraftstoß 72 Kreisbahn 42 Kreisbewegung 42 - , Beschleunigungskomponenten 48 - , gleichförmige 43 - , konstante Winkelgeschwindigkeit 43 - , natürliche Koordinaten 48 Kreisfrequenz 158 Krümmungsradius 44, 59 Längsschwingung 175 Leistung 79 - , allgemeine Bewegung 80 - , aufgewendete 83 - , Drehbewegung 82, 137 - , geführte Bewegung 81 - , geradlinige Bewegung 79 - , Massenpunkt 79 - , Nutzleistung 83 - , starrer Körper 134 Luftwiderstand 61, 66 Luftwiderstandskoeffizient 66 Luftwiderstandskraft 66 Massenmittelpunkt 98 Massenpunkt 8 - , Beschleunigung 15 - , Bewegungsbahn 12 - , Freiheitsgrad 8 - , geradlinige Bewegung 20
- , Geschwindigkeit 14 - , Kinematik 12 - , Kinetik 55 Massenpunktsystem 8, 9, 91 - , äußere Kraft 94 - , Drallerhaltungssatz 100 - , Drallsatz 100 - , ebene Bewegung 92 - , einzelne Massen 95 - , Energiesatz 101 - , Freiheitsgrad 91 - , Gesamtdrall 100 - , Gesamtimpuls 99 - , Gesamtsystem 97 - , Impulserhaltungssatz 99 - , Impulssatz 99 - , innere Kraft 94 - , kinematische Bindung 91 - , Kinetik 95, 97 - , Newtonsche Grundgleichung 95, 98 - , physikalische Bindung 94 - , räumliche Bewegung 93 - , Schwerpunkt 99 Massenträgheitsmoment 76, 136, 139, 171, 179, 180 - , axiales 140 - , Berechnung 143 - , Drehachse 140 - , Hauptträgheitsmoment 141 - , Kreisscheibe 144 - , Masse an Stab 144 - , parallel verschobene Achse 141 - , Stab 143 - , verschiedener Körper 145 - , zentrifugales 140 Materialermüdung 7 mathematisches Pendel 182 mechanisches Schwingungssystem 155 mittlere Beschleunigung 15 mittlere Geschwindigkeit 14 Moment 73, 82 momentane Beschleunigung 15 momentane Drehachse 118
224 momentane Geschwindigkeit 14 momentane Kreisbahn 118 Momentanpol 124 Momentenvektor 74 Newtonsche Grundgesetze 55 Newtonsche Grundgleichung 56, 160 - , Anwendungen 60 - , Drehbewegung 77, 135, 179 - , ebene Bewegung 149 - , kartesische Koordinaten 58 - , Komponenten 58 - , Massenpunkt 56 - , Massenpunktsystem 95, 98 - , natürliche Koordinaten 58 - , räumliche Bewegung 58 - , starrer Körper 133 Normalbeschleunigung 47 Normalkraft 69 Nutzarbeit 83 Nutzleistung 83 Ortsvektor 12, 42, 50, 121 Parallelschaltung 172 Partikularlösung 195, 199 Pendel - , Fadenpendel 182 - , Körperpendel 182 - , mathematisches 182 - , physikalisches 182 Pendelbewegung 182 Periode der Schwingung 157 periodische Schwingung 157 Phasendiagramm 53 Phasenverschiebung 159, 163, 205, 206 physikalische Bindung 9, 94 physikalisches Pendel 182 plastischer Stoß 104
Sachwortverzeichnis Potential 86 - , Federkraft 88 - , Gewichtskraft 87 potentielle Energie 86 - , Federkraft 88 - , Gewichtskraft 87 Querbeschleunigung 39 Quergeschwindigkeit 38 Radialbeschleunigung 39 Radialgeschwindigkeit 38 Rastpolbahn 127 - , Leiter 128 räumliche Bewegung 10, 49 - , Beschleunigung 122 - , Geschwindigkeit 121 - , kartesische Koordinaten 50 - , Massenpunkt 12, 49 - , Massenpunktsystem 93 - , starrer Körper 111, 121 - , Zylinderkoordinaten 50 Reibung 68 Reibungsgesetz von Stokes 186 Reihenschaltung 173 Resonanz - , Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude 202 - , Krafterregung mit konst. Amplitude 200 - , Wegerregung 197 Resonanzdiagramm 197, 203, 206 - , gedämpfte Schwingung 207 - , Krafterregung 203, 207 - , Wegerregung 197, 205 Rollschwinger 182 Rotation 10 - , feste Achse 116, 135 - , Fixpunkt 118 - , Momentanpol 125 - , raumfester Punkt 118 - , starrer Körper 114, 135 Rotationsenergie 149
Ruhelage 160 - , statische 162 Satz von der Erhaltung des Impulses 55 Satz von Steiner 142 schiefer Stoß 106 - , Geschwindigkeit 107 - , Wand 108 schiefer Wurf 61 - , Bahngleichung 62 - , Wurfhöhe 63 - , Wurfweite 63 Schwerependel 155, 182 - , Eigenfrequenz 183 - , Schwingungsdauer 183 - , Schwingungsdgl. 183 Schwerpunkt - , Massenpunktsystem 99 Schwerpunktsatz 98 Schwerpunktsbeschleunigun g 99 Schwerpunktsgeschwindigkeit 100 Schwingung 155 - , Amplitude 158, 205 - , Dämpfung 159 - , Drehschwingung 155, 179 - , Eigenfrequenz 158, 166 - , Erregerfrequenz 192 - , Erregerkraft 193 - , Erregung 193 - , erzwungene 159 - , erzwungene gedämpfte 203 - , erzwungene ungedämpfte 192 - , freie 159, 160 - , freie gedämpfte 185 - , Frequenz 158, 166 - , gedämpfte 159 - , geradlinige 160 - , Geschwindigkeit 164, 165, 166 - , harmonische 158 - , Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude 201
Sachwortverzeichnis - , Krafterregung mit konst. Amplitude 198 - , Kreisfrequenz 158 - , Periode 157 - , periodische 157 - , Resonanz 197, 200, 202 - , Schwingungsdauer 157, 166, 183 - , stationäre 196 - , Torsionsschwingung 171, 178 - , ungedämpfte 159 - , Wegerregung 194 Schwingungsamplitude 197 Schwingungsanregung 159 Schwingungsart 157 Schwingungsausschlag 164, 177, 196 Schwingungsdauer 157 - , gedämpfte Schwingung 192 - , Schwerependel 183 - , ungedämpfte Schwingung 166 Schwingungsdifferentialgleichung - , allgemein 161 - , allgemeine Lösung 163, 179 - , Aufstellen 163 - , dimensionslose Darstellung 187, 204 - , Drehschwingung 180 - , Feder-Masse-System 160 - , gedämpfte Schwingung 187 - , Krafterregung mit frequenzabhängiger Amplitude 202 - , Krafterregung mit konst. Amplitude 199 - , Schwerependel 183 - , spezielle Lösung 163 - , Torsionsschwingung 178, 179 - , Wegerregung 195, 203 Schwingungssystem - , gedämpftes 156
225 - , Kraftanregung 157 - , mechanisches 155 - , ungedämpftes 159 - , Weganregung 157 Sinusschwingung 159 - , Amplitude 163 Stab 169 Stab-Masse-System 175 - , Eigenfrequenz 175 - , Torsionsschwingung 178 Stabverlängerung 169 starrer Körper 8 - , allgemeine Bewegung 121 - , Beschleunigung 113 - , Bewegung mit Fixpunkt 111 - , Drall 137 - , Drallsatz 137 - , ebene Bewegung 112, 122, 148 - , einachsige Bewegung 112 - , Energiesatz 134, 150 - , Eulersche Beziehung 121, 122 - , Freiheitsgrad 9, 111 - , Geschwindigkeit 113 - , Kinematik 111 - , Kinetik 133 - , Modell 93 - , Rotation 9, 114 - , Translation 9, 113, 133 - , Winkelbeschleunigung 117 - , Winkelgeschwindigkeit 116 stationäre Schwingung 196 statische Ruhelage 162 Störglied 205 Stoß 73 - , gerader zentrischer 101 - , kinetische Energie 103 - , mit Energieverlust 104 - , ohne Energieverlust 102 - , schiefer 106 - , vollkommen elastisch 102
- , vollkommen plastisch 104 - , zweier Massenpunkte 101 - an Wand 108 Stoßbedingung 103 Stoßhypothese 104 Stoßkraft 72 Stoßnormale 107 Stoßzahl 104 Tangentialbeschleunigung 43, 120 Torsionsfeder 178 Torsionsfederkonstante 178 Torsionsschwingung 171, 178 - , allgemeine Lösung 179 - , Differentialgleichung 179 - , Eigenfrequenz 178 Torsionsstab 171 Torsionssteifigkeit 172 Trägheitsgesetz 55 Translation 10 - , starrer Körper 113, 133 Translationsenergie 149 Umfangsbeschleunigung 43, 120 ungedämpfte Schwingung 159 Unwuchtmasse 194 Verdrehung 171 Verzögerung 20 viskose Dämpfung 185 Wechselwirkungsgesetz 57 wegabhängige Beschleunigung 34 Wegerregung 193 - , allgemeine Lösung 195 - , Differentialgleichung 195, 203 - , Resonanz 197 Weg-Zeit-Diagramm 21, 24, 27, 31, 52, 165
226 wiederkehrende Bewegung 10 Winkelbeschleunigung 39, 117 Winkelgeschwindigkeit 39, 116 WinkelgeschwindigkeitsZeit-Diagramm 114 Wirkungsgrad 79, 83
Sachwortverzeichnis Wurf - , ohne Luftwiderstand 61 - , schiefer 61 Wurfhöhe 63 Wurfparabel 62 Wurfweite 63 Zeitableitung - , Basisvektor 37, 45
zeitlich veränderliche Beschleunigung 31 zentrifugales Massenträgheitsmoment 140 Zentripetalbeschleunigung 42, 120 Zwangskraft 68, 81 Zylinderkoordinaten 50