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Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Dietrich-Alex Koch u...
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Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Dietrich-Alex Koch und Matthias Köckert
Band 208
Vandenhoeck
&
Ruprecht
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Susanne Schewe
Die Galater zurückgewinnen Paulinische Strategien in Galater 5 und 6
Vandenhoeck & Ruprecht
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Bibliografische Infomlation Ocr Deutschen Bibliothek Oie Deutsche BibliOlhek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Intemet über up;!Idnb.ddb.dc ahOlfbar. ISBN 3-525-53072-2
CI 2005 Vandenhoeck 6:. Ruprf..'Cht in Göningen / Internet: www.v-r.de Alle Rechte vorbchaltcn. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlieh geschUtzt. Jede Verv.'el1ung in anderen als dcn gesetzlich zugelassenen F!llIen bedarf der vorherigen schriftlichf..'Tl Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52:1. UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dorfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zuganglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Gennany. Satz: Satzspiegel, Nönen-Hardenbcrg. Druck und Bindung: Huben &. Co., Göuingen. Gedruckt auf aherungsbest:indigcm Papier.
8s)'fir1aChe StMtsb;tlllothek München
Vorwort
Die vorliegende Untersuchung wurde unter dem Titel .. Im Geist beginnen - im Fleisch vollenden? Eine Untersuchung zur Funktion von Gal 5 und
6" im Frühjahr 2003 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Disscl1.3.tion angenommen. Ohne vielfältige Anregung und Unterstützung wäre sie nicht entstanden.
Mein Dank gilt Professor Dr. Jens-W. Taeger, der die Arbeit betreut und ihre Entstehung kritisch begleitet hat, das Erscheinen des Buches aber leider nicht mehr erlebt. Besonders danke ich ihm für den reichlichen Freiraum, den er mir als wissenschaftliche Mitaroeilcrin an seinem Lehrstuhl für die Arbeit an der Dissertation gelassen hat. Professor Dr. Dietrich-Alex Koch danke ich als dem Verfasser des Zweitgutachtens und als Herausgeber der Reihe FRLANT, Professor Or. Martin Rese für seine geschickte Strategie, mich für das Thema der Untersuchung zu gewinnen. Für alle denkerische, emotionale und technische UntersCützung im Raum 211, an diversen Kneipcntischen Münsters, in verschiedenen Arbeitsz.im· Illern Westfalens und der Ostschweiz danke ich herzlich Susanne Gessner, Gunnar Held, Dr. Joachim Jeska, Urs Merz, Thomas Mittring, PD Dr. Angelika Reichert, Hannelore Schewe, Werner Schewe, Dr. Martin Sehe· we, Or. Oagmar Stoltmann sowie dem NTeam Münster. Sl. Gallen, im Dezember 2004
Susanne Schewe
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Inhalt
Einleitung . . . . .
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I. Zur Forschungslage
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I. Literarkritik als Problemanzeige
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2. Die den Forschungsüberblick leitende Perspektive
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3. Das "dogmatische" Modell . . . . . . . . . . 3.1 Die Analyse VOll Gal 5 und 6 bei j. Becker und F. Mußner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Methodische Überlegungen zum "dogmatischen" Modell 4. Das rhetorische Modell. . . . . . . . . . . . . 4.1 Die rhetorische Klassifizierung nach H. D. Betz 4.2 Modifikationen der Betzschen Klassifizierung des Galaterbriefes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Dei' Galaterbrief als rhetorische Mischform . . . . 4.2.2 Die Analyse von Gal 5 und 6 bei B. H. Brinsmead . 4.3 Eine Neukbssifizierung des Galaterbriefes. . . . 4.3.1 Der Galaterbrief als deliberative Rede . . . 4.3.2 Die Analyse VOll Gal 5 und 6 bei R. G. Hall 4.3.3 Die Ana~rse von Gal 5 und 6 bei R. Bruckcr 4.4 Methodische Uberlegungen zum rhetorischen Modell 4.5 Die Einzelauslegung der exhortatio bei H. D. Betz: Betz als Vertreter des historischen Modells 5. Das historische Modell . . . . . . . . . . . 5.1 Eine programmatische Durchführung des historischen Ansatzes bei j.M.G. Barclay . . . . . . . . . . .. 5.2 Zur Plausibilität der rekonstruierten historischen Adressatensitualion bei BelZ und Barclay . . . 5.3 Methodische Überlegungen zum historischen Modell 6. Zusammenfassung
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24 26 26 29 29 31 34 34 36 38 40 42 49 50 53 57
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Inh:tlt
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 lind 6 I. Methodische Vorbemerkungen zur Analyse
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2. Textanalysen 2.1 Gal 5,1-6 2.2 Gal 5,7-12 2.3 Gal 5, \3-15 2.3.1 Gal 5,13
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66 66 73 82 82 86 102 108 116 144 172
Exkurs: Zur Verwendung von oaQl'; in Gal 1,1-5,12. 2.3.2 Gal 5,14 2.3.3 Gal 5,15 2.4 Gal 5,16-26 2.5 Gal 6,1-6 . 2.6 Gal 6,7-10 .
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111. Ergebnis: Die Funktion von Gal 5 und 6 im Gesamtbrief
183
1. Zusammenschau des Textablaufes von Gal 5,1-6,10
183
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2. Auswertung unter dem Gesichtspunkt der beiden Leitfragen . 2.1 Der thematische Zusammenhang zwischen Gal 5,13-6,10 und dem Rest des Briefes . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Funktion des Schlußabschnittes im Rahmen der Gesamtwirkabsicht des Briefes . . 2.3 Die TexLStrategie der Kapitel }-6 . AJlSblick: Der Briefschluß Gal 6,11-18 • • Literatur. . . . . . . . . . . . . . . .
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185 185 190 192 195 203
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Einleitung
Der Galaterbrief ist ein "Kampfbrief in Inhalt, Ton und Form", veranlaßt "durch eine ... einzige Frage" - der Frage nach der Geltung des jüdischen Gesetzes.! Was Paulus mit seinem Brief erreichen will, ist unumstritten: Er möchte die Galater von den Gegnern mit ihrem "anderen Evangelium", das sie auf den Gesetzesgehorsam verpflichten will, distanzieren und für sein geseLZesfreies Evangelium zuruckgewinnen. Eigentümlich ist daher die Sonderrolle, die in der Forschung dem Schlußpassus des Briefes Gal 5,13-6,10 zugeschrieben wird. Dieser sei "deutlich" nicht mehr "auf die akut anstehende Entscheidung der Angesprochenen bezogen", sondern bilde einen "Exkurs".l Er verlasse die "theologische Grundsatzdebatte"} des Apostels mit der Position der Gegner und bringe allgemeine "Paränese, ... Gestaltungshinweise zum christlichen Wandel".4 Oder er wende sich nach der "Polemik gegen Beschneidung und Gesetz"S einer zweiten Gefahr zu, durch die die christliche Freiheit bei den Galatern bedroht sei: der "Korrumpierung ihres Lebens durch das ' h'''6. , FI elSC Der Abschnitt Gal 5,13-6,10 erscheint bei diesen Auffassungen mehr oder weniger stark wie ein Fremdkörper im Rest des Briefes, der sonst so klar auf das eine Problem zugeschnitten ist: Den Zitaten zufolge wendet sich der Passus einem anderen Thema zu, und es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, wie dieser Abschnin dem Ziel des sonstigen Briefes dient, die Adressaten für das gesetzesfreie Evangelium zurückzugewinnen. Vom Text selbst her gibt cs ;t.>doch wenig Veranlassung, ihn nicht als ein Schreiben aufzufassen, das thematisch und funktional einheitlich ausgerichtet ist Diese vCll1lCintliche Abschweifung gerade des Schlußpassus erstaunt um so mehr, als doch zu erwarten wäre, daß ein Verfasser, der taktisch geschickt schreibt, sein Anliegen gegenüber den Adressaten in besonderer Weise am Schluß des Briefes zum Zuge bringt. Sollte Paulus jedoch in seinem Kampfschreiben, mit dem er entschlossen versucht, die Galater vom Gesetzesgehorsam abzuhalten, sein Anliegen am Ende weitgehend aus dem , Vidhauer, Einleitung 112 f. 1 Brucker, Rhetorik 233; vgl. zu dieser Position ausfuhrlicher u. S. 38 H. ) Becker, Galater 83. • Bccker, Galater 83; vgl. zu dit'ser Position ausfuhrlieher u. S. 16ff. ~ Betz, Galaterbrief 467. • Iktt, Galaterbrief H 1j vgl. 7.U dieser Position ausführlicher u. S. 42 H.
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Einleitung
10
Blick verloren und sich anderen Fragen zugewandt haben? Welchen Sinn und welche Funktion haben die Kapitel 5 und 6 innerhalb des Galaterbriefes? Die Untersuchung will der Frage nach Sinn und Funktion von Gal 5,13-6,10 nachgehen und nachweisen, daß dieser Abschnitt keineswegs ein Fremdkörper innerhalb des Galaterbriefes ist, sondern ganz im Dienste der Absicht steht, die Galater von ihrem Vorhaben abzubringen, Gesetz und Beschneidung zu akzeptieren. Der Galaterbrief führt, so die These, durchgiillgig eine "theologische Grundsatzdebatte"7, die einer einzigen Frage gilt - der Frage nach der theologischen Bedeutung von Gesetzesgehorsam und Beschneidung. Mit Gal 5,13 erfolgt kein Umschwung zu allgemeinchristlicher Ennahnung, wird kein Exkurs eingeleitet oder eine zweite Gefährdung der Freiheit in den Blick genommen. Der Verfasser enthüllt vielmehr im Schlußabschnitt die Tiefendimension der Akzeptanz von Gesetzesgehorsam und Beschneidung: Mit einer Entscheidung für den Gesetzesgehorsam verlassen die Adressaten den Bereich des göttlichen nvtl>I1a.. Sie verschreiben sich dem widergöttlichen Bereich des "Nur-Menschlichen", der oaQ~, einer Existenzweise, die sie aufgnllld des Geistempfangs längst hinter sich gelassen haben. Der Schlußpassus des Galaterbriefes setzt das Anliegen des Paulus, seine Adressaten von dieser Entscheidung abzuhalten, rhetorisch pointiert um: In Gal 5,13-6,10 gewinnt der Verfasser seine Adressaten im Text als Pneumatiker zurück, versetzt sie also in der Textwelt an den Ort, an den sie seines Erachtens gehören - in den Herrschaftsbereich des nvtul1Ct, in Einklang mit dem gesetzesfreien Christusevangelium, wie Paulus es vertritt. Damit dist:l.nziert er die Adressaten rhetorisch von ihrem derLeitigen Vorhaben, die jüdische Lebensweise zu übernehmen. Mit dem Schlußp:l.sSUS will Paulus die realen Adressaten am stärksten beeinnussen: Hier bringt er das Will Höhepunkt, was er im vorangegangenen Brief angekündigt und bereits in Teilen vollzogen hat - die Rückgewinnung seiner Adressaten als eine Gemeinschaft von Pneumatikern. Der erste Teil der Arbeit will exemplarisch aufweisen, daß in der Forschung der Schlußpassus des Galaterbriefes durchgängig als Fremdkörper erscheint. Alle Vorschläge, wie der Abschnitt aufzufassen sei, gehen letztlich von einer Themaverschiebung zwischen Hauptteil und Schluß aus bzw. einer Verschiebung der funktionalen Stoßrichtung des Textes. Es gelingt keiner Position, den Galaterbrief als den einheitlichen "Kampfbrief" zu erweisen, der nur durch eine "einzige Frage" veranlaßt ist lind nur das eine Ziel kennt, die Adressaten von der Übernahme des Gesetzes abzuhalten. 1
Ik-cker, Galater 83.
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Einleitung
II
Dieser Aufweis wird begleitet von methodischen Überlegungen, die besonders der Frage gelten, wie sich die Funktion, d. h. die Textstrategie des Schlußpassus methodisch geregelt erheben läßt. In Auseinandersetzung mit dem Vorgehen der Forschungspositionen, die exemplarisch betrachtet werden, kristallisiert sich die Zweckmäßigkeit einer textpragmatischen Analyse heraus, die die individuelle Adressatenlenkung des Einzeltextes erfaßt (siehe unter 1.3.2, 1.4.4, 1.5.3, 1.6. und 11.1.). Der zweite Teil der Arbeit führt eine textpragmatische Einzelanalyse der umstrittenen Kapitel Gal 5 und 6 durch, indem Vers für Vers die fortlaufende Themaentfaltung und die pragmatische Gestaltung des Textes Gal 5,1 bis 6,10 erhoben wird. Ocr dritte Teil faßt die Ergebnisse dieser Analyse zusammen und beantwortet die Frage nach der Funktion von Gal 5 und 6 im Rahmen des Gesamtbtiefes. Dazu wird der Blick geweitet auf den Gesamtablauf der Kapitel 3-6, die Kapitel, in denen Paulus sich explizit mit der aktuellen Adressatensituation auseinandcrsetzt. Die Untersuchung endet mit einem Ausblick auf Gal 6,11-18, in dem skizz.cnartig aufzeigt wird, wie der Verfasser seinen Brief abschließt. Ziel der Untersuchung ist es, ein Verständnis des Galaterbriefes vorwIegen als eines Schreibens, das vom ersten bis zum letzten Vers mit den Adressaten nur um diese eitle Sache ringt: um ihren Stand als nVfUllCttlxoi (Ga I 6,1), den sie aufgeben, wenn sie sich dem Gesetz unterstellen. Als durchgängiger "Kampfbrief" um die Adressaten als Pneumatiker läßt sich der Galaterbrief erst erkennen, wenn man systematisch die strategische Gestaltung des Textes in den Blick nimmt.
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I. Zur Forschungslage
1. Literarkritik als Problemanzeige "I can find nothing specifically Pauline in the colleetion, and nothing that would have had specific hearing on the situation facing the Galatians".l Der Passus Gal 5,13-6,10 gehört nicht ursprunglich in den Galaterbrief so das Urteil von O'Neili aus dem Jahre 1972. Aufgrund fonnalcr sowie inhaltlicher Auffälligkeiten hebe sich dieser so sehr vom Rest des Galaterbriefes ab, daß man ihn nicht mehr als integralen Bestandteil des Briefes verständlich machen könne: Inhaltlich mute es mehr als seltsam an, daß Paulus, nachdem er während des ganzen vorangegangenen Briefes die Galater vor der Beschneidung gewarnt habe, ihnen nun mit einem Mal die Gefahren des Antinomismus vor Augen stelle. 2 Der Abschnitt habe entge· gen dem Rest des Briefes keine bestimmten Gegner im Auge, sondern sei an alle Christen gerichtet "to meet the common human temptations"..\ Fonnal handele es sich um eine unzusammenhängende Sammlung ethischer Ennahnungen, welche sich in fünfzehn kleinere, jeweils voneinander stilistisch wie thematisch getrennte Einheiten untergliedern lasse! Für O'Neill folgt daraus: "Once this formal characteristic is estabJished, it becomes almost impossible to hold that Paul was directly responsible.... The collection was probably added lO lhe epistle at an appropriate place because an epistle meant for building up the Church at large would need lo have its own ethical section."$ 1989 stellt Smil erneut die literarische Integrität des Galaterbriefes in Frage - er aufgnmd von Überlegungen zum rhetorischen Aufbau des Galaterbriefes. Ein als exhortatio klassifizierter Abschnitt, wie CI' in Gal , O'NeiJI, Rcco\'ery 71. I Vg!. O'Neill, Recovery 66. J O'Neil1, Reco\'ery 67. • Vg!. O'Ncill, Recovery 67.71; s. auch seine Gliederung des Abschnittes in fünh.ehn Einheiten Recovery 6S f. s O'Neill, Recovery 67. 71; vg!. Recovery 82 zu den Beweggründen für den Einschub des Abschnittes: "No apostolic leuer could be allowed to 130 out withoul its portion of positive advicc aoom the Christian life."
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1. Literarkritik als Problemanzeige
13
5,13-6, 10 vorliege, lasse sich nicht mit den Vorgaben antiker Rhetorik vereinbaren, woraus er die Konsequenz zieht: "From the rhetorical perspective the question arises whether this exhortation could be a Iatcr addition to the letter."b Sei diese Frage erst einmal zugelassen, würden weitere Indiz.ien für diese Annahme sichtbar. 7 Ähnlich wie O'Neill 8 sieht auch Smit in formaler wie inhaltlicher Hinsicht einen deutlichen Bruch zwischen dem Hauptteil und dem Abschnitt 5,13-6,10. Zum einen behandle der umstrittene Abschnitt gegenüber dem vorangegangenen Brief ein neues Thema. Während dort die Beziehung zwischen Heiden und Juden in Christus Gegenstand der Ausführungen sei, thematisiere der Abschnitt 5,13-6,10, wie Christen sich generell untereinander verhalten sollen. Während in den anderen Briefteilen Christus und Gesetz scharf gegeneinander gesetzt seien, bringe der Schlußteil diese beiden Größen in der Formulierung "Gesetz des Christus" zusammen. Des weiteren ändere sich der Ton. Der aggressive Ton der Auseinandersetzung, der alle Briefteile vorher und nachher bestimme, werde in 5,13-6,10 plötzlich durch einen Aufruf zu wechselseitigem Verständnis und Sanftmut durchbrochen.'J Anders als O'Neill sieht Smit jedoch in 5,13-6,10 keine unzusammenhängende Sammlung einzelner Ermahnungen, sondern eine durchaus in sich geschlossene Einheit - eine Einheit jedoch, die einen unverkennbaren Zusammenhang zwischen Gal 5,7-12 und 6,11-18 unterbricht. 10 Die von O'Neill und Smit verLretene Auffassung, der Abschnitt 5,13-6,10 sei als sekundärer NachLrag zu verstehen, ist in der Forschung vereinzelt geblieben. ll Diese Position sei dennoch als erste genannt, weil gerade sie in besonderer Schärfe die Auffälligkeiten und Probleme des Abschnittes Gal 5,13-6,10 im Rahmen des gesamten Galaterbriefes benennt.
.. Smit, Letter 8. Er will damit jedoch nicht ausschließen, daß der Abschnitt auf Paulus zurückgeht (vgJ. Letter 9 Anrn. I). , Vgl. Srnit, l.elt.er 8. I Q'Neills Vorschlag bezeichnet Smit als "extreme proposal"; dessen Werk ~has right.ly rect·i,'ed litt.le attention" (Smit, l.etter S A11I11. 2). Inwiefem Smiu Vorschlag gegenüber dem \'on O'NeilJ weniger extrem sein soll, ist mir jedoch nicht ganz deutlich. , Vgl. Srnit, l.euer 8. In diesen Eigmarten des Abschnittes spiegelt sich - so Smit dasselbe Motiv wieder, welches auch in der Redaktion anderer Paulusbriefe eine wichtige Rolle spielt: ,,(r)he original parlicularity of the letters had to be adapted in view of thcir more general usc" (Letter 8); vgl. ausfuhrlieher Smit, Redactic 94 r. 107 H. '0 Vgl. Smit. Letter 8. " Vgl. 7.. B. Schnelle, der diese Positionen in seiner Einleitung unbertlcksichtigt läßt: "Die literarische Integrictt des Gal ist unbcstrittcn~ (Einleitung 121).
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I. Zur Forschungslage
14
Die Schwierigkeiten des Abschnittes Gal 5,13-6,10, die beide Exegeten klar herausstellen, lassen sich auf zwei Gnmdprobleme reduzieren: Das erste Problem zeigt sich daran, daß beide einen thematischen Bruch zwischen dem Schlußteil und dem Rest des Briefes wahmehmen: O'Neill diagnostiziert einen Themenwechsel von der Behandlung des akuten galatischen Problems (nämlich der Auseinandersetzung um die Beschneidung 1Z ) hin zum Thema "common human temptations".u Smit stellt fest, der Hauptteil des Briefes beschäftige sich mit dem Verhältnis von Juden und Heiden, der Schlußpassus widme sich dem christlichen Verhalten im allgemeinen. 14 Beide Exegeten stufen diesen Bruch als so gravierend ein, daß sie einen Zusammenhang des Briefes für nicht mehr gegeben halten. Zu diesem Urteil kommen beide u. a. aufgrund der Grundsätzlichkeit der Aussagen von Gal 5, 13-6,1 O.I~ Das zweite Grundproblem läßt sich an der eingangs zitierten Feststellung O'Neills ablesen: "I can find nothing ... in the collection ... that would have had specific bearing on the situation facing the Galatians. "16 Der in Frage stehende Abschnitt ist nach O'Neill für die Adressaten, die in einer konkreten Problemsituation stehen, ohne sichtlichen Belang - mehr noch: Der Abschnitt verfolgt ein ganz anderes Ziel als der Rest des Briefes. Es besteht für O'Neill ein deutlicher Bruch hinsichtlich der fimktionalen Ausrichtung des Abschnittes 5,13-6,10 und der des Restbriefes. Während Gal 1,1-5,12 und 6,11-18 die Galater vor denen wamen sollen, "who were trying to persuade them to be circumcised"17, so zielt die ethische Unterweisung 5,13-6, I0 darauf, allgemein menschlichen Versuchungen zu begegnen. 18 O'Neil! erscheint dieser funktionale Bruch so einschneidend, daß er davon ausgeht, Gal 5,13-6,10 sei für einen anderen Adressatenkreis konzipiert worden als der Rest des Briefes. Er richte sich an eine unspezifische Adressatenschaft, die in dem Moment in den Blick kommt, in dem der Galaterbrief, der auf eine spezielle Situation eingeht, für die allgemeine Christenheit von Belang gemacht werden soll.19 Der Abschnitt Gal 5,13-6,10 hat demnach keinerlei Funktion hinsichtlich der urspninglichen
Vgl. O'Neill, Reco\'ery 66. >J O'Ncill, Recovery 67. " Vgl. noch einmal Smit, Letter 8. Hinzu kommt fUr ihn eine eindeutige Spannung zwischen Schluß- und Hauptteil bei der Behandlung des Themas ~Gesetz.~. Gal 5,1 J-6,1 0 unterbrichl also s. E. eindeutig den thematischen Zusammenh3ng zwischen Gal 1,1-5,12 und 6,11-18. n Vgl. O'NeilJ, Reco\'ery 67; Smit, Letter 8. I. O'Neill, Recovery 71 (Hervorhebung von mir); vgJ. auch Recovery 82: "These aphorisms have nOlhing in p3rticubr to do with the urgent choices facing the Gal:tti:llls~. IJ Q'Neill, Recovery 66. 11 Vgl. O'NeiIJ, Recovery 67. I' Vgl. O'NeiIJ, Reco\'ery 82; vgl. in dieser Richtung auch Smit, Letter 8. 11
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2. Die den Forschungsüberblick leitende Perspektive
15
Adressaten. Grund für diese radikale Einschätzung ist wiederum u. a. die Gnllldsätzlichkeit der Aussagen, die ihn urteilen lassen: "This section is directed to all Christians" .20 Die radikale Position, die O'Neill und Smit veltreten, stellt deutlich die Auffälligkeiten des Abschnittes Gal S, 13-6, 10 im Ablauf des Galaterbriefes vor Augen: Er sticht aufgrund inhaltlicher und formaler Besonderheiten vom restlichen Brief ab. In ihm werden Themen angesprochen, die in Spannung zum vorangegangenen Brief :z.u stehen scheinen, so die positive Bezugnahme auf das Gesetz (Gal S, 14; 6,2) und der Rekurs auf Verhalten im Rahmen eines Lasterkataloges, das an antinomistische Tendenzen denken läßt (Gal S, 19-21). Dic Aussagen sind sehr grundsätzlich und allgemein formuliert, so daß sich die Frage erhebt, was dieser Abschnitt den konkreten Adressaten des Briefes in ihrer speziellen Problemsituation zu sagen hat.
2. Die den ForschJlngsiiberblick leitende Perspektive Wie bereits erwähnt besteht in der Forschung weitgehend Konsens darüber, daß der Galaterbrief als "einheitlicher Palllllsbn'el' aufzufassen ist. 21 Die Position von O'Neill und Smit bildet demnach eine Ausnahme. Wenn man den Abschnitt Gal S, 13-6, 10 als integralen Bestandteil dcs Galatcrbriefes verständlich machen will, sind folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie ist der thematische Zusammenhang zwischen Gal S, 13-6, I0 und dcm Rest des Briefes zu bestimmen? 2. Welche Funktion hat der Abschnitt im Rahmen der Gesamewirkabsicht des Briefes? Das Thema des Abschnittes Gal S,1 3-6, 10 wäre also zum Gesamtthema des Briefes in Beziehung zu setzen und die Strategie dieses Teiltextes durchsichtig zu machen als TeilSlrategie der Hauptstrategie, die den Gesamtbrief leitet. Die These vom Galaterbrief als einem ursprunglich einheitlichen Brief müßte sich daran erweisen, daß der Brief als eine thematische und funktionale Einheit verständlich ist. 22 O'Ncill, Reco\"ery 67 (Hervorhebung \"on mir); vgl. Smil, Ul1cr 8. 11 Bccker, Gal:Hcr 9; vgl. Schnelle, Einleitung 120. Vgl. jedoch Witulski (Adressaten), der Gal 4,8-20 literarkritisch aus dem Gesamtbrief herauslösen möchte. IJ Das Postulat thematischer und pragmatischer Einheit ist als Versuch zu verstehen, auf dem Hintergrund der drei semiotischen Dimensionen des Textes eine handhabbare Definition 1IJ
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I. Zur Forschungslage
16
In dem nun folgenden Forschungsüberblick soll die Literatur, die Gal 5,13-6, I0 als integralen Bestandteil des Briefes versteht, unter der Perspektive gesichtet werden, ob es ihr gelingt, den Galaterbrief tatsächlich als eine thematische lmd fimktio"a!e Ei"heit verständlich zu machen. Unter dieser Befragungsperspektive lassen sich in der Forschung ähnlich gerichtete Antworttypen ausmachen, was eine zusammenfassende Behandlung der Ausführungen bestimmter Exegeten erlaubt.
3. Das .dogmatiKhe" Modell Zunächst findet sich ein Typus im Umgang mit dem umstrittenen Schlußpassus, der den Problemen, die der Abschnitt bereitet, in folgender Weise begegnet: Der Schlußabschnitt Gal 5,13-6,10 ist als Paränese zu verstehen. Die Paulus-Briefe, am deutlichsten der Römer- und der Galaterbrief, gliedern sich in einen lehrhaften Teil, der die Theorie, und einen paränetischen Teil, der die Praxis christlichen Glaubens darlegt. Nach der ,.Dogmatik" erfolgt die Abhandlung der notwendig zu ihr gehörenden ,.Ethik". Diese Sicht vertreten exemplarisch Becker in seinem Kommentar aus dem Jahre 1976 lind Mußner. B
J. J Die A"a!yse
VOll
Ga! .5 und 6 bei j. Becker Imd F. Mußner
Ein solcher paränetischer Teil eines Paulusbriefes, wie Becker und Mußner ihn in Gal 5 und 6 ausmachen, zeichnet sich durch weitgehende Situavon einem "einheillichen Text~ z.u gewinnen (vgl. z.u den Schwierigkeiten, das Phänomen ~Text" generell zu definieren, z. B. Vater, Textlinguistik 10-11; vgl. zu den Textdimensionen auch u. 5.62 Anm. I O~ Die Definition bietet eine M:uimalbestimmung fUr einen kohärenten Text (zu der Frage, welche thematischen und funktionalen "BrUche" innerhalb dieser Definition noch tolerabel sind, bevor die literarische Einheit in Frage steht, vgl. die Überlegungen am konkreten Beispiel 5.11 ff mit Anm. 59). Sie stelll zugleich ein Kriterium bereit für die Beurteilung von Auslegungen des TexlCs. Eine Auslegung des Galaterbriefes, der es gelingt, den Text ann;ihemd als eine solche thematische und pragm;ltische Einheit durchsichtig z.u machen, wird höhere Plausibilitäl für sich beanspruchen dürten als eine, der dies in keiner Weise gelingt - einmal mehr, da der Text Gal 5,13-6,10 selbsl z. ß. keinen expliziten Hinweis auf einen Themawechsel gibt (vgl. u. 5.23). lJ Vgl. die Auslegung z. St. bei ßecker, Galater (1976) 66 ff sowie bei Mußner, Galaterbrief 366 ff; zur Klassifizierung des Abschnittes als P:ll'änesc vgl. Mußner, Galaterbrief 408. - In !lhnliche Richtung gehen die Aufhssungen von Merk (vgl. Beginn 83. 104), Ebeling (vgl. die Auslegung Z..SL Wahrheit 320 ff; zur Einteilung des Briefes in einen belchrenden und ermahnenden Teil vgl. im besonderen Wahrheit 332 ff) und Eckert (vgl. Verkündigung 131 ff).
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3. Das "dogmatische" Modell
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tionsunabhängigkeit aus: Es geht dem Apostel "um allgemeingültige Mahnungen zum christlichen Lebenswandel im Pneuma", welche "ebenso anderen christlichen Gemeinden vorgelegt werden" könnten. H Unter Paränese wird dabei im Anschluß an Dibelius eine fonngeschichtliche Gauung verstandenn: "Paränese nennt man eine Aneinanderreihung verschiedener, häufig unzusammenhängender Mahnungen mit einheitlicher Adressierung."z6 Die charakteristischen Merkmale und Elemente dieser Gattung sind: "lockere Sammlungen ohnc große logische Struktur; fehlende Kohärenz (nur Stichwortverbindungen u. ä.); Reihungen kleiner selbständiger Einheiten, oft in geprägter Foml (Maximen, Gnomen, Sentenzen, Sprichwortc); weitgehende Zeit- und Situationslosigkeit (usuell statt aktuell); Eklektizismus gegenüber der Tradition und bei der Benutzung (,Schatzkasten'); Unoriginalität; Anrede- und Imperativfonnen; Verwendung kleinerer Teilfomlen (Kataloge, Tafeln); bisweilen EnrwickJung kurzer Einheiten (Abhandlungen)."Z7 Die inhaltlichen und fonnalen Besonderheiten des Abschnittes Gal 5,13-6, 10 können so nicht weiter erstaunen: Die weitgehende Situationsunbezogenheit des hier Verhandelten, die Gnmdsätzlichkeit der Aussagen, die Allgemeinheit der FomlUlierungen, die thematischen Spannungen zum Vorangehenden, alles das erklärt sich dadurch, daß eine Paränese, so wie sie hier vorliegt, eben genau diese Eigenschaften haL zs Bei Mußner findet sich zudem noch einen Erklärung dafür, warum ein solcher typischer paränetischer Briefabschluß in der galatischen Situation Sinn macht. 29 Die im Abschnitt Gal 5,13-6,10 cntfalteten Gedanken sind in der galatischen Situation geboten, da die BOlSchaft von der Freiheit der Christen vom Gesetz, die der Brief so radikal vertritt, einem möglichen Mußner, Galaterbrief 374; ...gl. zu Gal 5,26-6,6; "Es handelt sich ... um mehr oder minder konkrete Anweisungen für ein christliches Gemeinschaftsleben, die nicht spC1.ifisch situationsbe1.Ogen sind, sondenl allgemeine Geltung haben." Vgl. aucb ßecker, GalalCr (1976) 4; Die Mahnung "könnte so zu jeder paulinischen Gemeinde gesprochen sein und enthält nichts, was nachweisbar unmittelbar an die galatische Situation erinnert" (Galaterbrief 396). ~ Vgl. die explizite Bezugnahme auf Dibdius bei Ebeling (Wahrheit 321), Eckert (Verkündigung 149) und Mußner (GalalCrbrief 408~ Ik:cker bez.ieht sich nicht direkt auf Dibelius, seine Definition und Kennzeichnung ...on Pamnese deckt sich jedoch mit den Charakterisiel1J11gcn bei Dibclius (...gl. Galater [1976] 67~ "" Dibclius, Geschichte 140. v Popkes, Pamnese 32; ...gl. die Ausfilhn.mgen bei Dibelius Uakoblls 16-23), aus denen Popkes die wichtigsten fomlalen Merkmale der Gattung zusammengestellt h3l; vgl. auch Dibclius, Fonngeschichte 239-244. a MDie Regeln und Weisungen sind nicht fUr bestimmte Gemeinden und konkrete Fälle formuliert, sondem fUr die allgemeinen Bcdilrtnissc der ältesten Christenheit. Sie haben nicht akt 11 e II e, sondern u s u e 11 e Bedeutung~ (Dibelius, Formgeschichte 239). 19 Bccker sicht überhaupt keinen Haftpunkt zwischen der Par!tnese und der galatischen Situation gegeben, sondern versteht den Abschnitt als ...ollkommen situationsunbezogene Mahnung (vgl. Galater [1976) 4). l.
Auch hier sei kurz auf die Fr.lgc nach dem thematischen Zusammenhang des Briefes eingegangen. Brinsmead sieht ihn gesichert über die durchgltngige A~inandersetzung mit der gl'gnerischen Theologie; .5:1-6:10 would be eltpect.ed 10 funetion as a rrjiltatio .... In
thil cllSe it is inugra/ly CQrmtetN wirJr whal JraJ preceded, and ;s s,ill adJrrning ,he wme problem - - ,ht GaUslialll' ac«ptana o/Ihe ;n,ruJen' thrology" (Rt.sponsc 188 (HC'r.'orhebung von mir); \'gl. auch ISO}. Auch hier zeil,"" sich dassdbe methodische Problem wie bereits bei der l:rfusung des funktionalC'n Zusammenhangs. Brinsmead erhebl den thematischen Zusam-
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I. Zur Forschungslage
4.3 Eine NellkL:usijiziemng des Galaterbriefes 4.3.1 Der Galaterbrief als deliberative Rede Eine andere Weise, der Schwierigkeit zu begegnen, die sich mit der eX hortatio verbindet, besteht darin, die Klassifizierung des Briefes als apologetischer Brief grundsätzlich in Frage zu stellen. So erwägt Kennedy als erster, ob der Galaterbrief als ganzer !licht weitaus passender dem genus deliberativum zuzurechnen sei, eine Klassifizierung, der sich viele angeschlossen hahen. 1C7 Als ein entscheidendes Argument macht Kennedy das Vorkommen eines ermahnenden Teils geltend: ..The eXhOrlalion of 5: 1-6: I0 is strong evidence mal the epistle is in fact deliberative in iotent. ... Exhon.ation is one of the two forms of deliberative rhetoric. "101 Beu, so Kennedy, "overemphasizes the presence of narrative and underestimatcs the presence of exhortation ... What Paul is leading to in chapters 1-4 is the exhortation of chapters 5-6. This is lhe point of the letter. "109 Mit der Klassifizierung des Briefes als deliberativ löst sich das zentrale Problem der Beuschen Analyse, daß apologetische Ausrichtung des Hauptteils und ennahnende Ausrichtung des Schlußteils unter pragmatischer Perspektive nicht zusammenpassen. Der Brief hat so in allen Textteilen ei/Je Gesamtstrategie. Die Verteilung der kommunikativen Rollen zwischen Verfasser und Adressaten im Text ist durchgängig dieselbe. Für die Frage nach 4
menh:mg nicht 2US dem Text, sondern schlußfolgert mehr oder minder freischwebend, daß dieser so sein müsse, weil der Abschnitt eine refuuuo sei. Eine solche refuutio ..would condude the deb:ue by apPC21ing to norms to which e\'en the opponents h2d to agree" (Response 189), WOr.lUS zu folgern ist: .. As the pasS2ge is in the style of ethic:&1 exhort:uion, then, these must Ix- the ethia of the opponents themsekes. Paul is altacking 2n ethos thaI is owned by the opposiuon" (Response 189~ Die Vemlulung, Paulus setze sich im Schluß· p:tssus mit der Ethik der Gegner 2usein3nder, ist nicht aus dem Text selbst gewonnen. sondern von 2ußcn :m ihn heunget.ragen 2ufgrond einer rhetorisch begrUndeten Erwartung. Die Fr:lge bleibt bei Brinsrncad unbcrUhn, inwiefem der Text selbst Anh31tspunkte fUr eine direkte Auseinandcrsctzung mil einer gegncrischen Position gibt. Vgl. auch Rcsponse 179, wo Brinsrncad inhaltlich pr:lziscr fonllulicrt: nIn both chapters 3-4 and 5-6 Paul is dc\'e1oping the significana of baplism.'" D;e Verbindung der Abschnilte obcr das lnema "Taufc" muß Brinsmcad aber m. E. erst sehr gczwungen herstellen (vgl. Rcsponse 166 ff), d2 im gan:-.en Brief das Stichwort nTaufe - taufen" lediglich in Vers 3,27 auftaucht Zudem stellt sich die Frage, wie sich diese Bestimmung des lhematischen Zusammenh2ngs des Briefes zu der oben genannlen verhllL W Diese Klassifizierung nehfll('n \'or z. B. Hall (\'gl. Outline 277 ff), Lyons (vgl. AUlobiognphy 136), Mateu (\.gl. Gabuans 11), Vouga (\·gl. G:utung 291 f). Smit (\'gl. Letter 9 ff SO'lo·ie o. S. 12 ff), B2chmann (vgl. Sünder 156 ff), Brucker (vgl. Rhetorik 225), Jegher-8ucher (\'gl. Epistolographie 72 ff) und Witherington 111 (vgl. Gr.lU 27~ - Soweil ich sehe, faßt allein White den Gabterbrief 21s epideiktische Rede auf (vgl. Mission 159 f) - dies jedoch ohne die Klassifizierung näher am Tcxt zu plausibilisieren. 10» Kennedy, Interpret:llion 145 fj vgl. auch I-Iall, Outline 281 f. "" Kennedy, Interpretalion 146.
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4. Das rhetorische Modell
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der funktionalen Einheit des Galaterbriefes ist also mit dieser Gesamtklas~ sifizierung des Briefes als deliberative Rede grundsätzlich einiges gewonnen. Kennedy scheint mit der oben zitierten programmatischen Auskunft die Lösung des Problems von Gal 5 und 6 zu präsentieren. Doch bleibt seine verheißungsvolle Ankündigung, den Schlüssel für Gal 5 und 6 gefunden zu haben, bedauerlicherweise in der Luft hängen. In der Skizzierung der einzelnen Briefteile findet sich zu 5,1-6, I0 nur folgende knappe Ausführung: "The entire section of the proof from 1: 11 to 5: 1 corresponds to the theological sections seen in most other epistles of Paul and provides the basis for the specific commandments which are the practical purpose of the letter. These begin with the negative injunction against circumcision in 5:2, which is complemented by the positive injunction of love in 5:14, followed by a synkrisis of the works of the nesh and the works of the spirit in 5:19-24, amplified in Paul's pleonastic style, with additional pa~ storal commandments. There is a complex interlocking of topics such as circumcision, the nesh, and love".lIo Diese pauschale Abhandlung des Abschnittes läßt nicht erkennen, inwiefern Gal 5,1-6,10 "the point of the letter" I II ist, worin konkret die Pointe des Schlusses in thematischer und funktionaler Hinsicht besteht. So sehr die Auskunft von Kennedy über den Stellenwert des Schlußpassus zutreffen mag, sie ist in dieser Ausführung doch eher eine Behauptung als ein am Text aufgewiesener und plausibel gemachter Lösungsvorschlag. 112 Zwei Positionen aus der Gruppe der Vertreter, die den Galaterbrief als deliberativ einstufen, möchte ich näher betrachten: die Auslegungen von Hall und Brucker. Beide gehen relativ ausführlich auf den Abschnitt ein, der hier zur Debatte steht. Da ihre Positionen sehr verschieden sind, sollen sie nacheinander betrachtet werden. Kennedy, Interpretation 150 f. 111 Kennedy, Interprcl.1tion 146. 111 Auch unter thematischer Perspektive bleiben die Ausfühnmgen bei Kcnnedy unbefriedigend. Er sieht die Absicht des Galaterbriefes darin, die Adressaten davon zu überzeugen, daß ~(t)he Christian COllllTHlllity should not observe the Jewish Iaw and should not practice circull1cision, which is now not only I1nnecessary, but wrong. Conversely, Christians should love one another and practice the Christian life" (Interpretation 146). In dieser Formulierung werden zwei lnemen genannt, "Gesetzesgehorsalll und ßcschneidung~ auf der einen Seite und ~N:ichstenliebe und Praktizieren des christlichen Lebens" auf der anderen Seite. Worin die innere Verbindung beider Themen besteht, vemlag das ~corl\lersely" nicht hinreichend 7.U erklären. Inwiefern Liebe und das Praktizieren des christlichen Lebens ein sachliches GegenstUck zu Gesetzesgehorsam und Beschneidung darstellen, mUßte n:iher erl:tutert werden. Daß offenbar mehrere Themen im Spiel sind, deren Verh:tltnis untereinander nicht gekbrt ist, ].Cigt sich auch an der FOnlmlil'rung: ~·Int're is a rompJf'x inrcrJockiug of topics sudl as circumcision, the nesh, and love" (Interpretation 151 [Hervorhebung \'on mir]). 110
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I. Zur Forschungslage
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4.3.2 Die Analyse von Gal 5 und 6 bei R.G. Hall
Hall versteht den Brief insgesamt als "an exhortation, as every deliberative speech is:'ll} Im Rahmen einer deliberativen Rede macht der Abschnitt 5,1-6,10 keinerlei Schwierigkeiten. Die Emlahnungen Gal 5,1; 5,16-26; 6,7-10 sind "direcl descendents of the hortatory proposition of the letter: deave to me and my gospel (Gal 1:6_9)".114 Die propositio wird in zwei Argumentationssträngen abgesichert: in Gal 1,1 und 1,10-2,21 durch das Aufbauen eines Ethos des auserwählten Überbringers des Evangeliums und in 3,21-4,11 und 4,21-31 durch unterschiedliche Argumentationsgänge, die den Galatern zeigen, daß sie in Christus vom alten Äon befreit und in einen neuen versetzt sind (1,4) und daß ein Bleiben beim paulinischen Evangelium Freiheit bedeutet, das gegnerische Angebot jedoch Sklaverei. Die Abschnitte 3,1-14 und 5,4-5 zielen nach Hall auf den Gedanken: "Ta stand with him is to walk by the Spirit; to stand with them is to walk by the flesh."l1$ Dieser zweite Argumentatiansstrang wird in Gal 5,1; 5,16-26 und 6,7-10 in direkte Ennahnungen umgesetzt, die die propasitio neu fonnulieren und ,.,the logical and pathetic power of his earlier arguments"ll/> bündeln. "ln the process, as the content of Paul's gospel is fleshed out by the new imagery, the basic hortatory proposition ga ins much in moral force, making it all the more attractive to deave to Paul and his gospel. "117 Daß die Ennahnungen sich besonders am Schluß des Briefes konzentrieren, ist im Rahmen der deliberativen Rede leicht zu erkJären: "its concentration there (at the end of the letter; Verf.) is [0 be expected in a work whose primary goal from the beginning is exhortation."118 In der von Hall vorgenommenen GliedenlOg des Galaterbriefes bildet der Schlußpasslis einen Teil des Beweisganges, der den Abschnitt 1,10-6, I0 umfaßt. Diese probatio sieht Hall seinerseits unterteilt in die narratia (1,10-2,21) lind in "Further Headings (3: 1-6: I 0)".119 Diese "(f)urther headings, which show the excellence of standing in Christ and the foolishness of rctuming to the law, prcpare for the strong exhortation to stand with Paul in Christ with which the proof condudes."llo
I-Iall, Oulline 284; vgl. zur n:thercn Begrilndung seiner Klassifizierung des Galalerbriefes Outlinc 278 H. ". Hall, Oullinc 284 f. Il~ I-Iall, Oulline 284. ll. I-Iall, Oullinc 285. 11' Hall, Oullinc 285. 111 I-Iall, Outlinc 285. "' I-Iall, Outlinc 287. [XI I-Iall, Outline 287. llJ
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4. Das rhetorische Modell
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Zur thematischen und funktimlaien Einheit Hall scheint es zu gelingen, den Brief als thematische und funktionale Einheit verständlich zu machen. Funktional dienen alle Abschnitte der einen Absicht, die Adressaten dazu zu bewegen, die Gegner und ihr falsches Evangelium zurückzuweisen und am paulinischen Evangelium festzuhalten. 12l Thematisch besteht in der Darstellung von Hall eine direkte Verbindung zwischen dem Schlußpassus und den vorangegangenen Kapiteln des Briefes. Die Kapitel 5 und 6 bündeln die vorangegangenen, die propositio stützenden Argumentationsgänge, die den Kontrast zwischen dem paulinischen Evangelium und dem der Gegner aufzeigen wollen. 1l2 Der Brief ist also durchgängig mit dem Thema .,paulinisches Evangelium versus gegnerisches Evangelium" befaßt. Obwohl die Analyse von Hall zunächst übeFLeugend wirkt, enthält sie dennoch Probleme. Der behauptete thematische Faden enthält eine Unstimmigkeit. Hall meint, die Schlußemlahnungen bündelten die vorangegangenen ArgumenUtionsgänge und machten diese nun als direkte Emlahnungen geltend. Gal 3,1-14 und 5,4-5 entfalten demnach argumentativ den Gedanken: .,To stand with hirn is to walk by the Spirit; to stand with them is to walk by the f1esh"m; Gal 5,16-26 und 6,7-10 fonnulieren ihn als Ennahnung: ..00 not walk in the f1esh, the principle of the old age, but walk in the Spirit, the principle of the new".IH Diese thematische Übereinstimmung zwischen Gal 3,1-14; 5,4-5 einerseits und 5,16-26; 6,7-10 andererseits läßt sich jedoch so nicht finden: Die von Hall angenommene Aussage ist den Abschninen 3,1-14 und 5,4--5 nicht ohne weiteres zu entnehmen. Im Abschnitt 3,1-14 stellt der Verfasser zwar in den Versen 3,1-5, speziell durch 3,3, eine Verbindung von ii.. lQywv VOJ.lOU mit ociQl; sowie von fJ; clxofK ni.oT~ mit nVEUJ.lO- her, doch läßt sich kaum sagen, der Abschnitt 3,1-14 habe das Argumentationsziel: ..To sund with him is to walk by the Spirit; to stand with them is to walk by the f1esh". Mit Gal 3,6-14 geht der Verfasser vielmehr der in 3,5 gestellten Frage
Vgl. Hall, Ouclinc 283. Wenn Andcrson gegen Halls JrHcgr:nion der exhortatio einwcndet: ~This is, howcver, no solution. Rhetoncal thl'OnslS never discuss general exhortalio ;H :lll, whether the genre is deliber:aove or nOl~ (Anderson, Thcory 131), so scheint mir dieser Einwand Hall nicht ~u treHen. Dieser behauptet ja gar nicht, der Abschnitt 5,1-6,10 sei rhetonsch :lngemessen als exhort:uio ~u klassifizieren. Bei ihm flillt der Abschnitt vielmehr unLCr die Khssifizierung prob:ltio (\'gl. expli~it Hall, Outlinc 285~ In seinen Ausführungen über d:ls keineswegs überr:llschende Vorkommen von Enn:lhnungen im deliber:lliven Genus (\.gl. Oudine 284 f) bezeichnet der Ausdruck "exhorutions~ im Wech.sd mit "summons" (Outline 284) keinen rhetori.schen Rcdettil, sondern die Sprechhandlung, die \·oltzogen wird (\'gl. Pleu, Tcxtwis.sensch:lft 82; Ohmann, Style 124 f). •n Vgl. H:lll, Outline 284 f. UJ "!:lII, Outline 284 . .,.. 101:&11, Outline 284. W
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I. Zur Forschungslage
nach der Herkunft des nvt:\,lJ.u nach und legt dar, daß das nVEul1u nicht aus den Werken des Gesetzes kommt, sondern aus dem Glauben. Daß diese Betonung in Auseinandersetzung mit der gegnerischen Theologie erfolgt, sei unbestritten. Doch zielt der Abschnitt nicht auf die von Hall erhobene Aussage - einmal weniger, da das Stichwort o~ im Abschnitt 3,6-14 gar nicht vorkommt. Das gilt in noch deutlicherer Weise für 5,4-5, wo nur das Stichwort nVEUIJQ. zu finden ist. Das Thema ..Wandel nach dem Geist" bzw...nach dem Fleisch" kommt explizit erst mit S, 16 ins Spiel. In den vorangegangenen Kapiteln findet sich keine Formulierung, die dem nW;UIlUtl REQman:itE vergleichbar wäre. Insofern läßt sich nicht sagen, die Ennahnungen fonnulierten denselben Sachverhalt, der zuvor argumentativ entfaltet wurde, nun in der Fonn direkter Ennahnung. Da der thematische Zusammenhang des Briefes sich nicht im Sinne von Hall bestimmen läßt, ist auch die Frage nach der konkreten funktionalen Kennzeichnung des Schlußahschnittes wieder offen: Welche Funktion haben die Ennahnungen im Dienste der Absicht, die Adressaten dazu zu bewegen. das gegnerische Evangelium zurückzuweisen und am paulinischen Evangelium festzuhalten 1lS , wenn sie nicht dieselben Gedanken. die zuvor argumentativ entfaltet wurden, nun als direkte Emlahnungen geltend machen?
4.3.3 Die Analyse von Gal 5 und 6 bei R. Brucker Zu ganz anderen Ergebnissen kommt Brucker. Auch er sicht den Galaterbrief durchgängig vom Argumentationsmuster der rhetorischen Gattung .. Beratungsrede" bestimmL 11& Der Brief verfolgt die Strategie, die Adressaten zu einer Entscheidung zwischen zwei konträren Positionen und damit verbundenen Lebenspraxen zu bewegen - natürlich zugunsten der vom Verfasser empfohlenen. 111 Mit dem Abschnitt 5,5-12 sind nach Brucker "die Erfordemisse des rhetorischen Schemas erfollt; die ,Rede im Brier ist zu einem effektvollen Abschluß gekommcn."llg Der noch folgende Abschnitt 5,13-6,10 ist unter rhetorischem Gesichtspunkt als "Exkurs" zu verstehen. Gal 5,13-6,10 erfullt die "Vorschriften für diesen ,Redeteil außerhalb des Schemas'".1l9 "Unverkennbar ist die Anknüpfung von 5.13 ff an bisherige Aussagen des Briefes .... Zugleich ist deutlich. daß 5,13-6,10 Vgl. H:IIII, Outline 284. IA Vgl. Brucker, Rhetorik 225; ~um einzelnen 3.chweis der Zugehörigkeit des G3.I3.terbriefes wr G:IIttung .. lkr:ltungsn:de" vgl. Rhcwrik 220 H. IV Vgl. Bruckcr, Rhcwrik 223.225. Brucker, Rhetorik 233. '''' Brucker, Rhetorik 233. Ilt
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4. Das rhclOrischc Modell
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nicht auf die akut anstehende Entscheidung der Angesprochenen bezogen ist, sondern seine Thematik (Wandel im Geist, nicht nach dem Fleisch) auf einer allgemeineren, grundsätzlicheren Ebene verhandelt"Yo Für einen solchen Abschnitt, "der das eigentliche Thema der Rede verläßt, hält die rhetorische Theorie den Begriff ,Exkurs' ... bereit."!3' Einen solchen Exkurs "können nach Quintilian ,Ausführungen über Schwelgerei, Habgier, frommes Handeln und Pflichten' ... bilden .... Nun ist Gal 5,13-6,10 in seinem Gesamtcharakter sicher ermunternde Mahnung (Parakiese bzw. Paränese) zum Christus-gemäßen Handeln, wie die zahlreichen Imperative mit allgemeiner Ausrichtung zeigen (5,13.25 f; 6,1 f. 4. 6. 9 f), und befaßt sich (in Fornl einer katalogischen Aufzählung) mit Tugenden und Lastern (5,16-26)."132 Gal 5,13-6,10 sei demnach "im rhetorischen Aufbau des Gesamtbriefes" am besten als Exkurs zu verstehen, der "bestimmte Motive aus der Argumentation aufgreift und unter allgemeineren Gesichtspunkten entfaltet." 133
Zur thematischen und funktionalen Einheit Der Vorschlag Bruckers vermag zwar dem Abschnitt unter rhetorischem Gesichtspunkt eine Rolle im Gesamtaufbau des Briefes zuzuweisen, die von den Rhetorikhandbüchem gedeckt ist. Dennoch gelingt es ihm nicht, den Galaterbrief als eine funktionale und thematische Einheit verständlich zu machen. Unter thematischem Gesichtspunkt stellt Brucker seihst fest, der Abschnitt verlasse "das eigentliche Thema der Rede"13\ verhandle "seine Thematik (Wandel im Geist, nicht nach dem Fleisch)"m, die zwar an einzelne "Motive aus der Argumentation"J)(, anknüpfe, ..auf einer allgemeineren, gnmdsätzlicheren Ebene"Y7 Mit dieser Auskunft ist das Problem, wie der thematische Zusammenhang zwischen Schlußteil und dem Rest des Briefes zu bestimmen ist, den der Brief eindeutig signalisiert, eher benannt denn gelöst. Eine Bestimmung des funktionalen Zusammenhangs des Briefes findet sich bei Brucker nicht, mehr noch: Das Bestehen eines solchen Zusammenhangs wird mit der Auskunft ausgcschlossen, mit dem Abschnitt 5,5-12 seien "die Erfordernisse des rhctorischen Schemas erfüllt; die ,Rede im Brief' ist zu einem effektvollen Abschluß gekommen"138 und zudem sei es l~
Brocker, lJl Bruder, III Brucker, lJ) Brucker, ll-l Bnlckcr, IlS ßrucker, lJf> Brucker, lJ1 Bmcker, 1)11 Brocker,
Rhetorik Rhetorik Rhetorik Rhclorik RheLOrik Rh{·torik Rhctorik Rhetorik Rhetorik
233. 233. 233 f. 234. 233. 233. 234. 233. 233.
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I. Zur Forschungslage
",deutlich, daß 5,13-6, I0 nicht auf die akut anstehende Entscheidung der Angesprochenen bezogen ist"Y9 Gal 5,13-6,10 steht demnach in keiner Verbindung mehr zu der im ganzen Brief sonst streng auf die Adressatensituation bezogenen Textstrategie, mit der der Verfasser seine Adressaten "für seine Position zurückgewinnen" will. '40 Damit erhebt sich die Frage, warum der Abschnitt überhaupt im Galaterbrief steht. Welchen Sinn soll ein solcher Exkurs haben, der zwar einzelne Motive der zwischen Verfasser und Adressaten anstehenden Thematik aufnimmt, jedoch nicht mehr auf die akut anstehende Entscheidung der Adressaten bezogen ist? Diese Frage bleibt bei Brucker unbeantwortet. Gal 5,13-6,10 wird zu einem unter funktionalem Gesichtspunkt bezugslosen Fremdkörper im Gesamtbrief. Obgleich die Auslegung von Brocker von einem rhetorischen Ansatz herkommt, trifft sie sich in diesem Punkt mit den Positionen des ",dogmatischen" Modells. 141
4.4 Methodische Oberlegltngen zum rhetorischen Modell
Der Gewinn der rhetorischen Analyse gegenüber der ",dogmatischen" Auslegung besteht darin, daß die Gestaltung von Texten wm Untersuchungsgegenstand wird. 142 Der Text wird nicht in einseitiger Konzentration auf die Sachaussagen ausgelegt, sondern als ein Text in den Blick genommen, der den Erfordernissen der Kommunikationssituation entspricht, deren Teil er 1St. Dennoch erweist keine der hier skizzienen Positionen zufriedenstellend den umstrittenen Abschnitt Gal 5,13-6,10 als einen integralen, thematisch und funktional mit dem Gesamtbrief verbundenen Bestandteil. Daß die Einbettung des Abschnittes in den Gesamtbrief unter funktionalem Gesichtspunkt nicht gelingt, erstaunt besonders angesichts dessen, daß doch von ihrem Ansatz her gerade die rhetorische Analyse dazu geeignet sein müßte, die pragmatische Textdimension zu analysieren. '4J Diese auffällige Fehlanzeige hängt mit einer gnllldsätzlichen Eigenschaft der hier dargestellten rhetorischen Analyse zusammen. Diese untersucht die Einzeltexte unter dem Gesichtspunkt ihrer Zugehörigkeit zu einer Gatt/mg. D. h. die enniuelte Funktion des Gesamttextes bzw. die TeilfunktioBrocker, Rhetorik 23J, 140 Brncker, Rhetorik 223. 1'1 Vgl. o. unter 1.3. IU Vgl. Brocker, Rhetorik 226. ..) Vgl. zur Verwandtschaft der Fragen rl:lch der rhetorischen Gestaltung eines Textes und nach der pragmauschen Dimcnsion cines Textes Bickmann, Kommunikation 44 ff; Kern, Rhetoric 7 ff; Plcu.. Tcxcwisscnschaft 95 f. 1)'1
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4. Das rhetorische Modell
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nen einzelner Abschnitte sind die gawmgstypische", nicht die individuellen eines konkreten Einzelexemplars dieser Gattung. Wenn der Galaterbrief z. B. der Gattung "apologetische Rede" zugeordnet wird, dann ist damit zwar "das kommunikative Gesamtgefälle"IH des Gattungsexemplars Galaterbrief bestimmt. Wie jedoch die apologetische Textstrategie konkret ausfällt lind im einzelnen gestaltet ist, ist damit noch nicht näher gefaßt. Die Funktionsbestimmungen, die sich mit Hilfe rhetorischer Analyse für einen Gesamttext bzw. seine einzelnen Abschnitte ergeben, bleiben notwendig allgemein, typisch, und geben noch keine Auskünfte daruber, wie der konkrete Text eine solche ermittelte Stoßrichtung genau ausfüllt. Der rhetorische Ansatz ist ein nur bedingt hilfreiches Analyseinstrument für die funktionale Einzelgestaltung eines Textes, wenn die Gattungsfrage die Wahrnehmung des Einzeltextes dominiert. Mag die Analyse von Brinsmead ein solches Vorgehen auch karikieren, so tendiert doch das Auslegungsverfahren der rhetorischen Analyse generell dazu, mit den Gattungsvorgaben an den Einzeltext zu gehen und nicht umgekehrt. 14s Geht man diesen Weg von den Gattungsmerkmalen zum Text, besteht die Gefahr, den Text auf ein Muster hin abzufragen und über muster-konfomle Textdaten kaum hinauszukommen. Entsprechend bleiben die Funktionsbestimmungen im allgemeinen gattungstypischen Rahmen. Zudem hilft dann dieses Ergebnis auch nicht in allen Fällen weiter. Um einen Text im einzelnen stimmig zu deuten, scheint es ja nicht auszureichen, Übereinstimmungen zwischen Einzeltext und antik-rhetorischer Theorie zu erheben. 146 Das Problem des sperrigen Abschnittes des Galaterbriefes 5,13-6,10 löst sich ,.. Bickm:mn, Kommunikation 18 f. "l Vgl. Kenl, Rhetoric 1; s. konkret z. ß. d:lS Argumenlationsgefälle bei Bruckcr, das in folgender FornlUlierung ersichtlich wird: Mit dem Abschnitt Gal 5,1-12 sind .die ErfOrdernisse des rhetoriJchen Schemas erfüllt; die ,Rede im Brief' ist zu einem effektvollen Abschluß gekommen" (Rhetorik 233 I Hervorhebung von mir]). Oder. Einen Exkurs "können nach Quimilian ,Ausführungen uber Schwelgerei, Habgier, frommes Handeln und rOichten' ... bilden .... Nun ist Gal 5,13-6,10 in seinem Gesamtcharakter sicher enlluntemde Mahnung ... und befaßt sich (in Form einer katalogischen Aufzllhlung) mit Tugenden und Lastern" (Rhetorik 233 f). Diese Ausführungen wirken wie ein Abgleichen des Textes mit Gattungsvorgaben. 'Oll Das wird schon daran deutlich, daß aus dem Aufbau des Galaterbriefes als Rede noch nicht eindeutig abzuleiten ist, welchem Genus er zuzurechnen ist. Die Frage nach der funktionalen GesarntstoßlichtulIg, die sich mit einer Genuszuordnung verbindet, iSl also mit einem Aufweis rhetorischer Elemente allein noch nicht beantwonet; vgl. Lausberg, Handbuch S 65: .Die Reden der drei grnera können natürlich Elemente der beiden anderen genera enthalten .... Es gibt also im gl.'llll1 iudiciale dcliberati\8 Paulus gehe hier auf das Problem ein, daß die christliche Freiheit zugunsten des Fleisches mißbraucht werden köntlC'i>'" der Satz 5,13 laufe "auf das hinaus, was Paulus anderweitig ,Versuchung' nennt."170 Dies bringt Betz mit der historischen Adressatensituation in Verbindung lind erwägt, ob das offensichtliche Fehlverhalten, das für die Galater ein Problem war, sich nicht "aus einem gewissen ,Libertinismus'" ergeben haben könnte. l71 Bei einer solchen Problemlage könnte der Abschnitt durchaus als"Warnung vor dem Verderben durch das Aeisch" funktionieren - eine Verbindung, die Betz aber selber nicht explizit herstellt. m Diese Problemlage und die damit verbundene Stoßrichtung des Abschnittes steht jedoch in Spannung zu der an anderen Stellen von Betz gezeichneten Situation. m Demnach ist das Problem der Galater nicht drohender Mißbrauch von Freiheit zlIgu1l5um des Fleisches, sondem eine Situation des drohenden Ver/mtenon Freiheit lH all5 Ang51 vor dem Fleisch. Gerade aufgrund eines sehr hohen ethischen Problembewußtseins 'H wollen sie sich den ethisch-nonnierenden BestimBetz, Galaterbrief 67 (Hervorhebung von mir). ,'" Bet7., Galaterbrief 467 (Hervorhebung von mir). '04 Bell., Galaterbrief 464 unler Verwendung eines ZitaLS von Burton (Galatians 291 [Hervorhebung von mir]). IM Vgl. Heu, Galaterbrief 464-466. IJ'O Bell., Galaterbrief 465. 11I Vgl. BeLL, Galaterbrief 466 mit Anm. 16. m Vgl. Betz, Galalerbrid 464; auf diese Ausfühnmgen erfolgt erstaunlicherweise die Funklionsbeslimmung des Abschniltes als Mkonstruktiver Vorschlag" (Galaterbrief 467). Die Funklionsbeslimlllung als Warnung laucht nur in den Überschriflen w diesem Abschnitt auf (vgl. Galaterbrief 67.463), wird aber an keiner Stellt, des KommenIars n:iher erkl:irt oder begrtindeL 1/) Vgl. Betz, Galalerbrief 45 f, aber auch Galaterbrief 466 f. 1/. Vgl. Betz, Galaterbrief 440; .. Die Gefahr, in der sich die Galaler befinden, besteht darin, daß sie ihre Freiheit in Christus verlieren, wenn sie sie nichl gebrauchen." l~ Vgl. Betz., Galaterbrief 466 f: ~Es iSl nichl anwnehmen, daß die Gabler Fehltritte auf 1100
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I. Zur Forschungslage
mungen der Thora unterwerfen, da ihnen die Freiheit als gefährlich erscheint, weil sie ihnen keine Hilfe im Umgang mit der Bedrohung durch das Fleisch zu sein scheinl. l7!> Zu dieser Situation paßt die Funktionsbestimmung des Abschnittes Gal 5,13-24 als "positiver und konstruktiver Vorschlag, wie ... mit dem ,Fleisch' am wirksamsten umzugehen ist"171 eine Verbindung, die Betz auch in diesem Fall nicht explizit hcrstellt.17~ Eine Warnung vor dem Verderben durch das Fleisch ist jedoch in der so umrissenen Problemlage kaum sinnvoll: Adressaten, die offenbar ein sehr stark ausgeprägtes Sensorium für die Gefährdung durch das Fleisch haben, müssen wohl kaum vor dem Verderben durch dieses gewarnt werden. Die bei den Funktionsbestimmungen des Abschnittes 5,13-25 und die je unterschiedlich gezeichnete Problemlage, auf die der Abschnitt reagiert, stehen also jeweils in einem Entsprechungsverhältnis. In die Situation tendenzielllibertinistischen Verhaltens paßt die Erörterung des Themas "Mißbrauch der Freiheit" in Fonn einer"Warnung vor dem Verderben durch das Fleisch". In die Situation der Verunsicherung aufgrund der Gefährdung durch das Fleisch paßt die Erörterung des Themas "Umgang mit dem Fleisch" in der Fonn eines konstruktiven Vorschlags. Sie sind aber weder auf der Ebene der angenommenen Problemlage noch auf der Ebene der funktionalen Ausrichtung des Textes 5,13-24 miteinander zu vermitteln. 179 Es konkurrieren hinsichtlich des Abschnittes 5,13-25 zwei funktionale Bestimmungen miteinander und entsprechend zwei postulierte unterschiedliche Problemlagen, auf die der Abschnitt reagieren soll. Diese Ungereimtheiten stellen eine Einheit des Briefes unter funktionalem Gesichtspunkt in Frage.
Betz als Vertreter des historischen Modells An der gerade betrachteten Einzelauslegung von Gal 5,13-25 läßt sich exemplarisch ablesen, woraus Bett Aufschluß über die Funktion des Gcsamtabschnittes 5,13-6,10 sowie seiner Unterabschnitte und Verse gewinnt:
die leichte Schulter nahmen. Sie tn(issel1 im Gegentril in Sorge gewesen sein, daß solche Vorkommnisse ihre Hoffnung auf Erlösung in Chrislus zunichte machen könnlen." .,. Vgl. Bett, Galaterbrief 46, bes. die Schilderung der Reaktion der Galater, die aus dieser Situalion resultiert: "So war es durchaus verständlich, daß die Galater sich mehr oder weniger dazu emschlossen, sich die Empfehlungen der Gegner des Paulus 7.U Hel7.en zu nehmen, sich beschneiden zu lassen, die Tora gewissenhaft zu befolgen und dadurch ,Erben' der Sicherheit zu werden, die dies alles bedeutete" (Galaterbrief 46 f [Hervorhebung \"on mir]). III Bett, Galaterbrief 465. 111 Vgl. nochmals Betz, Galaterbrief 464 f. ~ Vgl. Betz, Galaterbrief 466 f, wo die miteinander konkurrierenden Annahmen nebeneinander stehen und über das Stichwort" Verwirrung" (Galaterbrief 466) miteinander vcr~ bunden werden - ein Stichwort, das im Blick auf die Annahme einer tendel17.icll libcrtini~ stischen Position tll. E. aber wenig Sinn macht.
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4. Das rhelOrische Modell
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letztlich aus der rekonstruierten historischen Adressatensituation. Sie Ist die entscheidende Größe, auf die er sich bezieht und von der her er Funktion und beabsichtigte Wirkung des Textes bestimmt. 18c Die Rekonstruktion der historischen Adressatensituation sichert also nicht nur die thematische Verbindung zwischen Hauptteil und Schlußpassus trotz zweier verschiedener Themen l81 , sie erklärt auch die funktionale Neuausrichtung des Briefes ab Kapitel 5 von Apologie zur Ennahnung und bedingt die Kennzeichnung der Einzelfunktionen des Abschnittes Gal 5,13-6, I0 und seiner Teilabschnitte. Betz leitet die Funktionsbestimmungen des Schlußabschnittes 5,13-6,10 von einer textexternen Größe, der historischen Adressatensituation, ab. 18 ! Die rhetorische Analyse verwendet Betz nicht als Instrumentarium zur Erhebung der Textstrategie, sondern als Analyse-Instrumentarium zur Erhebung der "Oberflächenstruktur des Briefes", des "fonnale(n) Aufbau(s) Vgl. zur Verdeutlichung z. B. die Ausfilhnmgen zu 6, I: Betz schließt :l.US dem Wortlaut des Textes, hier sei der "Kern der galatisehen Probleme berührt" und rekonstruiert von da aus die hislOrische, dem Brief vorausliegende Situation: "Es ist nicht anzunehmen, daß diese Empfehlung schon vorher einmal gegeben worden war. Anscheinend waren die G:tlater nichl dar.wf vorbereitet, d:tß sie mit Fehltritten in ihrer Mitte konfrontiert werden würden. Erst jetzl, so scheint es, wird um Regeln gebeten, und Paulus gibt ihnen eine. Dies führt zu der Schlußfolgerung, d:tß unerwartet konkrete Beispiele von Fehlverh:tlten in den g:tl:ttischen Gemeinden :tufgetreten w:tren .... Dies wUrde :tuch erklären, w:trum die Galater die Einfuhrung der Tora in Betracht zogen" (Galaterbrief 503). Auf dem Hintergrund dieser rekonstruierten Situation skizziert Betz nun die Stoßrichtung des Verses: "In seiner Empfehlung schlägt Paulus andererseits vor, den Fehltritt in einer Weise zu beh:tndeln, die kei"eswcgs die Ei,ifiihnlllg des Geserus IIo/welldig macht (Galaterbrief 503 [HelVorhebling von mir]). Der Vers wird also in Beziehung zur historischen AdresS3tensiLU:uion gesetzt und bekommt von d:lher seine Stoß richtung und Funktion zugeschrieben. D:tß der Vers eine Alternative (,,:lndererseits") zur Einfühnmg der Thor:t geltend machen will, ist nur zu ersehen, wenn m:tn die rekonstnJierte Situ:ltion mildenkt. Eine solche Frontstellung gegen d:ts Gesel7., und d. h. eine Funktionsbestimmung des Verses :tls altcm:ttive Empfehlung in Abgrenzung zum Gesetz, ist dem Vers :ln sich nicht 7.U entnehmen, denn dieser nennt das Stichwort ~GeS{·tzM gar nicht. Dieser Ged:tnke kommt erst durch die rekonstruierte Adrcssatensitu:ttion ins Spiel. '" S.o. S.43f. ISl Dan Betz seine Anh:tltspunkte fUr die VOll ihm rekonstruierte Siwation dem Text entnimmt (vgl. G:tl:lterbrief 44-47), soll mit dem Ausdruck "textextem" nicht in Fr:tge gestellt werden. Gemeint ist vielmehr, daß nicht :tusschließlich die Textgest:tltung :tn:tlysiel"t wird, um die ihr innewohnende Stoßrichtung und Wirkabsicht zu erhellen, sondem bei der Erhebung der Funktion eine Größe (die historische Adrcss:ttensituation) bestimmend ist, die vom Text unabhllngig ist, :tuch wenn sie :tus ihm gewonnen ist. Text und Adressalcnsitllation sind zw:tr :tufein:tnder bezogen, insofern der Brief sich gezieIl :tn historische Adressaten in ihrer konkreten historischen Situation richtet. Dennoch sind historische Adress:tLCnsituation und Textwclt als zwei ~ Wellen" voneinander zu unterscheiden. Insofem läßt sich der Weg über die historische Situation für die Ermittlung der Funktion des Tex(es als Weg uber eine textex(e17/(' Größe bezeichnen (vgl. zur Verdeutlichung noch einmal d:ts konkrete Vorgehen von Betz o. Anm. 180). IIKI
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1. Zur Forschungslage
und (der) Struktur", um den Brief im Rahmen der .,Konventionen der griechisch-römischen Rhetorik und der Kunst des Briefeschreibens" ver· ständlich zu machen. 18J Seine rhetorische Analyse ist also primär an einem Aufweis dieser konventionellen Elemente des Briefes interessiert und weniger daran, die individuellen Merkmale seiner funktionalen Gestaltung zu erschließen. ls4 Daß beides nicht automatisch zusammenfällt, wird z. B. schon daran deutlich, daß der Aufweis der Disposition einer antiken Rede noch nicht über die Funktion des Textes als Gerichtsrede oder Beratungsrede entscheidet. 18 $ Die genaue Funktion des Gesamttextes und seiner Einzelteile läßt sich nicht automatisch über fonnale Gliederungsmerk.male erheben. Entsprechend erhebt Betz die konkreten Textfunktionen auch anderweitig, erstaunlicherweise nun aber weitgehend unabhängig von der rhetorischen Gestaltung, aus der historischen Adressatensituation. 18/o Aufgrund des Befundes, daß Betz die Funktion des Abschnittes faktisch aus der Adressatensituation gewinnt, läßt sich seme Position strenggenommen nicht mehr zum rhetorischen Modell rechnen, sondern zu dem Auslegungstyp, den ich "das historische Modell" nennen möchte.
Betz, Galaterbrief 57.6. Ein vergleichbarer Umgang mit den Kategorien der antiken Rhetorik findet sich bei Becker in seinem neu überarbeitcten Kommentar; vgl. Bt.'ckers Erwägungen im Einleitungsteil Galater 9-12 und seine Einzelauslegung zum Schlußabschniu Galater 83 ff. UI" Vgl. Snyman; ~The emphasis in all these publications (dcr rhetorischen Analysen von Hetz, Hester, HUbner, Berchm:tn, Hall; Verf.) has been on the arrangcment of material or the structure of the lencr, the so-called dispositio. Questions often ladung werc: Wll:l.t arc the funetions of thc various parts ... ? Why does the text persuade? And espeeially: How docs it persuade?" (Persuasion 475). Bei Betz uigt sich also dasselbe Phänomen, das bereits oben im Hinblick auf den antik-rhetorischen Ansatz herausgestellt worden ist (vgl. o. unter 1.4.4). Vgl. auch noch einmal grundsätzlich Kern: ",(R)hetorical analysis' may bc a new and impro\'cd approach to fonn criticism, attempting to describe tex/llal shape aud roll/eil/ by meawring iu coll/ormity /0 claJJical handbooks on rhetorie. Tnis approach is concerned with neither the shape nor prehistory of the text merely for their own sake; ... /he qlleJ/i01/ 0/ what it call add to the diJCovery 0/ meaning remaim open, for it often addresscs only malters periphernl to the text" (Rhetoric 1 [HelVorhebul1g von mirJ). '16 S. O. S.41 Anm. 146. ,.. Abgesehen von der Kennzeichnung der Gesamtfunktion des Briefcs als Verteidigung gewinnt Betz keine der sonstigen Funktionsbcstimmungen der Teilabschnitte aus einer konsequenten rhetorischen (d. h. textpragmatischen) Analyse der Abschnitte bzw. der Einzclverse. Vgl. auch Anderson: "As rar as rhetorical analysis is concemed, however, apart. from a rhctoricaJly based forensic outline. Bett docs not make much use of aneient rhetoric in the actllaltext of his commentary" (1neory 129~ Dagegen könnte der Abschnitt bei Hetz geltend gemacht werden, in dem er im Anschluß an die fomlale Analyse des Briefes auf "einige Rückschlüsse auf seine Funktion" (Bett, Galaterbrief 68) zu sprechen kommt (Galatcrbrief 68 ff). Ahcr auch diese AusfUhrungen bleiben auf der Ebene der Gesamdunktion des Galaterbriefes bzw. seiner Fornl "Brief' (vgl. zu den Kennzeichnungen als ~magischer Brief' bzw. .. himrnlische[rJ ßrief[]" Galaterbrief 70 f). \0
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5. Das historische Modell
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5. Das historische Modell Unter dieser Bezeichnung lassen sich all die Auslegungen zusammenfassen, die unter Bezug auf die historische Adressatensituation Auskunft über Sinn und Funktion des Galaterbriefes bzw. seines Schlußpassus gewinnen wollen. I !? Als exemplarische Position möchte ich diejenige von Barclay näher darstellen, der sich in starker Anlehnung an Betz ausschließlich auf die Frage nach dem paränetischen Schluß des Galaterbriefes konzentrierr. l88
In dieser Richrung suchen neben Barcby, dessen Position ausführlich dargestellt werden soll, auch Borgen (vgl. Paul 37-44) und Suhl eine Lösung des Problems (vgl. die methodischen Erwägungen Galaterbrief 306? f). Suhl ist der Auffassung, die eigentliche Paränese beginne erst mit Gal 6, I (vg1. Gabterbrid 3127). Bei dem Abschnitt Gal 5,13-25 handle es sich um ..theologische Argumenl.'ltion, welche die Verdächtigung gegen das paulinische Evangelium begrtindet zurückweist~ (Galaterbrief 3122), die Gal 2,I7b z.u entnehmen ist: .. Ist Christus ... nicht ein Diener der Sünde? Damit kann nach dem Wortsinn nur gemeint sein, daß Christus der Sünde aktiv Vorschub leistet. Nach dem Kontext ist das ziemlich eindeutig nur darauf zu bez.iehen, daß die Hinwendung z.u ihm Preisgabe des Gesetz.es bedeutet, und z.war auch für Judenchristen. D:ullit aber ist, so lautet der Vorwurf, das Gesetz in seiner Funktion, der Sünde zu wehren, preisgegeben und der Sünde damit Tor und TUr geöffnet" (Gabterbrief .lIDS f [vgl. auch Galaterbrief 3111]; zur Rekonstruktion dieses Vorwurfes im einz.elnen vgl. Galaterbrief 3098 ff). Mit Gal 5, I3b und c wird "positiv expliz.iert., was in der pointiert. verkürzenden Argumentation 2, 17b ... gemeint war: Die Abkehr vom Gesetz als Heilsweg führt gerade nicht z.u einer Beliebigkeit im Ethischen" (Galaterbrief 3123; vgl. Bachlllann [Sünder 69.84. 119], der sich Suhl's Position im wesentlichen anschließt, den Abschnitt Gal 6,1-10 jedoch nicht wie Suhl als übliche Paränese einstufen will [vgl. Sünder 118], wenngleich er meint, der Abschnitt stehe ..dem paränetischen gemH etwas näher" als Gal 5, 13-26lSilnder 119]; s. auch Eckstein, Verheißung 248 f; Longenecker, Triumph 80). Bei Suhls Analyse zeigt sich eine :ihnliche Dominanz. textextemer Überlegungen gegenOber
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I. Zur Forschungslage
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I. Methodische Vorbemerkungen zur Analyse
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Gegenüberstellung ncuSioxTK tExVCl. - tExVCl. ti)r; iJ.roßf.QalCl. weiter, welches nun neu gegenüber 4,21-31 christologisch verankert wird: Christus ist der Urheber der FreiheiL 12 Die Analyse des Textes kann demnach begriindet mit dem Vers 5,1 einsetzen. In der Forschung wird Gal 5,1-6,10 in der Regel in die Abschnitte Gal 5, I(2)-12 und Gal 5,13-6,10 untergliedert. Je nach Einschätzung der Funktion der beiden Teiltexte wird dabei Gal 5,1 (2)-12 entweder zum vorangegangenen Abschnitt gerechnet, so daß mit Gal 5,13 ein neuer Hauptteil des Briefes beginnt H , oder dieser neue Hauptteil beginnt bereits mit Gal 5,1. 24 Ich möchte meiner Analyse keine Grobgliederung des Abschnittes voranstellen, sondern an möglichst kleinen Teiltexten orientiert vorgehenY Eine Zusammenfassung der kleinen Texteinheiten zu größeren Abschnitten läßt sich m. E. erst im Zuge eines solchen Durchganges plausibel machen.
n Die Rückbezügl)chkeit des Verses spricht auch gegen die ebenfalls \'crtretene Auffassung, der neue Abschnin beginne mit 4,31; so z.8. Cosgro\'e, eron 3\.104; Lagrange, GablC~ 132. n Vgl. Mußner, Galaterbrief 334. Kremendahl argumentiert für den Abschluß des AbschnitlCs 4,21 ff mit 5,1 nlit denl klaren Verweis des Verses 5,1 auf 4,9. Mit 5,1 schließe eine \'00 drei Ringkornpositionen und damit der letzte Abschnitt der argumentatio. Der Impcr:uiv l!..!i nci?.w ~\J'f1iJ oolW:iw; hixeoOt: (5, \)" ist "eine direkte Antwort auf die bestU'l.:te Fragl' zu Beginn der probatiu. n~ cmotQ{;qlcn; nci?.tv [ni tel U061:V1i xui ntWXel OlOlXI:W, oit; nUAI\' iivw{}l:v SOUMOCtV 6ilitl: (4,9). rtUAIV und ~~ n«Alv sowie l3ou>.t:Uf:lIl und SOUMialö verweisen hier gegenseitig aufeinander" (Kremendahl, BOLSl:haft HO; vgJ. auch Witherington [Gncc 339f. 359], der ebcnfalb' den Abschnitt 4,2\ ff mit 5,1 bcendet sicht). Diese ohne Frage deutlich bestehende Parallele zwischen 4,9 und 5, I muß jl-doch nicht im Sinne einer Jen vorangegangenen Glodankcngang abJchließenden Ringkomposition verstanden werden. Es ist genauso gut denkbar, daß 5,1 in rtlckbczüglicher Anspielung auf 4,9 einen neuen Gedankengang eroffnet (zu diesem Versl:indnis vgl. die Auslegung U. S. 66 ff), der das hit'r zuerst genannte Joch der KncchLSch:aft" inh:altlieh pnzisieren soll. Durch den deutlichen Rückbczug :auf 4,8 wtirden dann dirses Joch der KncchLSch:aft bzw. seine inhaltlichen Konkrclioocn sogleich mit den in 4,8 gen;tnnten CJtotxtia p:arallelisiert. D So 1.. B. bei Becker, Galater 74 ff; Dunn, Galatians 260. 272; Lührmann, G:alat.er 79 ff; Mußner, Galaterbrief 342 ff; Vouga, Galater 127. J.o So bei Betz, Galaterbrief 451. ~ Die Begründung Für die Abgrt'nzung die~r Texteinheiten erfolgt jew\'ils zu Ikginn des entsprechenden Unlerabschnittes. M
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
2. Textanalysen 1. I Ca! 5,1-6 Gal 5,1 eröffnet einen gegenüber Gal 4,21-31 neuen Gedankengang, der bis 5,6 reicht. 26 Gal 5,7 spncht die Galater auf ihre Vergangenheit an, das Stichwort U).,TtOf:lQ. zeigt ein gegenüber 5, t -6 modifiziertes Thema an. Eine Rahmung erhält der Abschnitt 5,1-6 durch ..Wir"-Aussagen. Gal 5,5 knüpft mit dem pointiert vorangestellten ~Ilf:l; erneut an 5,1 a an. Gal 5.1 beginnt mit einer Aussage über die Vergangenheit. Wie bereits erwähnt, nimmt der Vers 5,1 a das entscheidende Stichwort .,Freiheit" aus dem vorangegangenen Abschnitt christologisch-sotenologisch gewendet aup1: Christus ist der Urheber der Freiheit, die den Seinen zugute kommt. In der Fonnulienmg ~Jl(i," XQlO,(~ li400f.Q
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
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genüber zu ihrem Standort in 5,2 und 5,4. Der Verfasser stellt seine Adressaten hier in 5,5 an den Ort, an dem er sie sehen will, indem er sie in die Gemeinschaft der Christusgläubigen integriert. Mit dem"Wir" konstruiert der Verfasser die Gemeinsamkeit zwischen sich (bzw. der christlichen Glaubensgemeinschaft) und seinen Adressaten, die er mit seinem Brief allererst wiederherstellen will. 55 Mit der Reintegration der Adressaten in das gemeinchristliche "Wir" werden die Adressaten in eine kritische Distanz zu sich selbst gebracht, so wie sie in 5,2 und 4 erscheinen. Der Verfasser läßt seine Adressaten sich selber entgegentreten. Die vom Verfasser "konstruierte" Adressatenschaft als Teil des gemeinchristlichen "Wirs" (5,5) tritt der "real existierenden" Adressatenschaft in den Versen 5,2 und 4 gegenüber, die aus dieser Gemeinschaft zu fallen droht. In den Versen 5 und 6 präsentiert der Verfasser ihnen das Selbstverständnis, das das ihrige sein sollte, mehr noch: auch nur das ihrige sein kann, insofem es das einzig mögliche ist für von Christus Befreite. Daß die Adressaten dem Verfasser als solche gelten, daran läßt Gal 5,1 keinen Zweifel. Wenn diese Aussage auch für die realen Adressaten gelten soll, dann hängt damit aber unweigerlich dieses in 5,5 f skizzierte, nämlich das gemeinchristliche, Selbstverständnis zusammen. Dann kann für sie nur das gelten, was für alle Christusgläubigen gilt: Freiheit durch Christus und Glaube und damit (theologisch begründete) kritische Distanz zu Beschneidung und jedem Versuch, aus dem Gesetz Gerechtigkeit zu erlangen. Wollen die Adressaten sich als zur Christusgemeinschaft zugehörig betrachten, dann müssen sie ihre eigene gegenwärtige Situation theologisch begrün· det kritisieren und ihren derzeitigen Standpunkt aufgeben zugunsten des theologisch "richtigen" gemeinchristlichen Standpunktes von Gal 5,5 f. Einen solchen Wiedereinstieg in das gemeinchristliche Selbstverständnis und die damit verbundene Dist::mzierung von Beschneidung und Gesetzesgehorsam legt die vom Verfasser gewählte"Wir"-Formulierung von Gal 5,5 den Adressaten mehr als nahe. Sie werden für das in Gal 5,5 f genannte gemeinchristliche Selbstverständnis vereinnahmt und dadurch beinahe dazu "genötigt", sich dieses (erneut) zu eigen zu machen. Zusammenfassend läßt sich für den Abschnitt 5,1-6 festhalten: Sachlich bringt der Abschnitt das in Galatien aktuelle Thema "Gesetzesgehorsam und Beschneidung" in Zusammenhang mit der Negativkategorie "Knechtschaft". Als Positivkategorie steht ihr "Freiheit" entgegen, "Dies gilt auch fUr die ..Wir".Fomlulierungen von Gal 4,31 und Gal 5,1 sowie für die ungebrochene Anrede der Adressaten mit .. Brtldcr~ (vgl. u. a. 4,31. 28; 4,12): Der Verfasser konstruien in seinem Brief die Wirklichkeit, die er mit ihm wieder herstellen möchte. D. h. das Wir" hat die Funktion, Wirklichkeit zu konstruieren und nicht tatsächliche Gegebenheiten abzubilden. ft
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2. Textanalysen
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die mit "Christus", "Geist" und "Glaube" verbunden wird, also mit Leitbegriffen, die die vorangegangenen Argumentationsgänge bestimmten. Unter pragmatischer Perspektive versucht der Verfasser in diesem Abschnitt auf das Vorhaben der Adressaten, Gesetzesgehorsam und Beschneidung zu akzeptieren, direkten Einfluß zu nehmen: Die Adressaten werden zum einen ausdtiicklich gewarnt. Zum anderen sollen sie durch eine Reintegration in das gemeinchristliche "Wir" dazu bewogen werden, den Überzeugungen dieses"Wirs" (erneut) zuzustimmen, was sie in eine kritische Distanz zu ihrem Vorhaben bringt.
2.2 CaI5,7-12
Mit Gal 5,7 läßt sich ein Einschnitt gegenüber 5,1-6 ausmachen.Si> Nachdem der Verfasser in den Versen 5,5 und 6 seine Adressaten für das allgemeinchristliche Selbstverständnis vereinnahmt hat, spricht er sie nun wieder direkt an und zwar zunächst auf ihre Vergangenheit (Gal 5,7a). Das in 5,5 f skizzierte einzig denkbare Selbstverständnis der von Christus Befreiten war auch einmal das ihre: "Ihr liefet so gut!" Diese Weiterführung des Textes verstärkt die rhetorische Kraft des in Gal 5,5 f geltend gemachten"Wirs": Mit dem allgemeinchristlichen Selbstverständnis der Verse 5,5 f wurde den Adressaten kein neues, unbekanntes Identifikationsmodell nahe gelegt, sondern eine vertraute Identität. Die mit 5,5 f postulierte Gemeinsamkeit zwischen dem Verfasser (bzw. der christlichen Glaubensgemeinschaft) und den Adressaten, die zur Zeit der Abfassung des Briefes faktisch nicht gegeben ist, hat einen Haftpunkt: die Vergangenheit, in der es dieses"Wir" und die gemeinsamen ÜberLeugungen gegeben hat. Die"Wir"-FornlU!ierung in 5,5 ist also "icht gelleref/ kontra faktisch, sondern nur beim derzeitigen Stand der Dinge. Sie stimmte für die Vergangenheit, stimmt nicht ;n der Gegenwart, was den Brief notwendig macht. Im Rückgriff auf die Vergangenheit soll sie wieder für die Zukunft geltend gemacht werden. Der Verfasser "erfindet" also die Gemeinsamkeit zwischen sich und den Adressaten nicht neu, sondern kann sie rückbinden an die Vergangenheit, an die cr in 5,la beschwörend appelliert. Die anschließende rhetorische Frage (5,7b) nimmt Ga! 3,1 wieder aup7 Sie .,drückt ... seine ganze Verwunderung über die Vorgänge in Galatien aus und enthält zugleich einen Appell an die Galater, sich doch im Lauf nicht ,aufhalten' zu lasscn."5H Tir; ist wie in 3, I "ein anonymer Hinweis auf .... Zur TcxL1bgrcnwng s. o. S.66. '>J VgL Mußner, Galaterbrief 355; Vouga, Gabler 124. 50! MußIlc::r, Galaterbrid 355; vgl. ßetz, Galalerbrid 452.
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal Sund 6
die ,;udenchristlichen' Lehrer, die in Gal 1,7 als TlV€t;; dargestellt worden sind".59 Der Abschnitt wendet sich also den Gegnern zu. Der gesamte Abschnitt Gal 5,7-12 hat deutliche Parallelen zum Eingangspassus 1,6-960: EX lOU Xo.AOUVlOt;; (5,8) entspricht der Formulienlllg uno lOU Xo.AtOo.VlOt;; in 1,661 ,0 lo.Q
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II. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
te. 90 Er ist derjenige, der auf der "richtigen" Seite steht. Damit sagt er zugleich: Die Gegner, die die Beschneidung verkündigen und nicht verfolgt werden, setzen das axaVOOAOV des Kreuzes außer Kraft. Sie kommen auf der .,falschen" Seite zu stehen, in Opposition zur Wahrheit des Evangeliums. Diese Aussage über die Gegner untennauert zum einen das in 5,10 angekündigte Urteil. Sie werden ihr Urteil tragen, weil sie mit ihrer Verkündigung die Christusbotschaft zerstören. Zum anderen verstärkt der Vers die "Rollenzuweisung" an die Gegner, die sich durch die Analogie zum historischen Präzidenzfall ergibt: Mit dem Stichwort nr.el"to~.l1i werden sie nahe an die Pseudobrüder von 2,4 herangerückt, deren Agitation gegen die christliche Freiheit in engstem Zusammenhang mit der Beschneidung steht (2,3). Der Angriff auf die Gegner, den der Vers 5,11 darstellt, ist jedoch nur die implizite Aussage des Verses, nicht jedoch seine primäre Zielaussage: Im Vordergrund steht die Aussage über den Verfasser. Mit Vers 5,11 entwirft der Verfasser seine eigene "Rolle" als Berater der Adressaten in der gegenwärtigen Konfliktsituation: Er steht auf der Seite der Freiheit, der Wahrheit, die sich mit der Christusverkündigung, der Kreuzesverkündigung verbindet (vgl. auch Gal 3,1). Im Rückblick auf den historischen Modellfall nimmt er also dieselbe Position wie schon damals ein (vgl. noch einmal 2,4 f. 14). So präsentiert er sich als einer, der durchgängig Anwalt der Wahrheit des Evangeliums war und ist, was seine Autorität gegenüber den Adressaten stärkt: Die Beratung der Adressaten bei der Auseinandersetzung mit der Botschaft der Gegner führt hier jemand, der ein authentischer und standhafter Vertreter der Wahr* heit des Evangeliums ist, wofür seine Verfolgung Zeugnis ablegt. Sich dessen Urteil gegenüber zu sperren, hieße, sich gegen die Wahrheit des Evangeliums zu stellen. (Paulus; Verf.), nicht aber uns, bekannt sind"' (Beu, Galaterbrief 457). Zu der VCmlUtung, daß der Verf3.sser sich selbst und seine Gegner im deutlichen Gegenuber stilisiert, s. u. S. 196 ff mit Anm. 38. 'lC Diese Sachaussage läßt sich dem Vers jenseiLS seiner spez.iellen Gestaltung entnehmen. Zur grammatischen Konstruktion des Verses: Ei mil Indikativ ist als Irrealis aufzufassen (vgl. den ähnlichen Fall in Gal 2,2; vgl. Mußner, Galaterbrief 358 Anm. 106; Oepke, Galaler 161; Vouga, Galater 125). Die Konslnlktion mit ClQCl und Indikativ in 5,llb ist ebenfalls im ..Sinne eines Irrealis" zu verstehen (Vouga, Galater 126; vgl. wicdenlrn die Para.llcie in Gal 2,21). Zu den beiden Möglichkeiten, den o.QU-S:ltZ zu beziehen, vgl. z. ß. die ausfuhrlichen Übcdegungen bei Mußner (Galaterbrief 359 f), dessen Lösung einleuchtet; ..N:ther liegt es ...• ihn (den ClQU-Satz; Verf.) auf den Ei-Satz z.urilckwbeziehen; Wenn Paulus in der Tat die Verkündigung des Evangeliums mil der ßeschneidungsforderung verbindet ... , dann ist ,folglich' das Ärgemis des Kreuzes fUr immer beseitigt, und auch die Verfolgung wird aufhören: zwei ineinanderhängende Folgen, die eine als Fragesatz formuliert, die andere als FolgerungssaÜ'." (Mußner, Galaterbrief 360; vgl. ähnlich Vouga, Gabter 125). Zurn Verständnis des Hinweises auf die Verfolgung vgl. Anm. 89.
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2. Textanalysen
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Mit Ga! 5,12 schließt der Verfasser den gegen die Gegner gerichteten Abschnitt mit einem sarkastischen Wunsch 91 ab. Er überzieht Beschneidung und damit die Gegner, die sie propagieren, mit beißendem Spott und Hohn.'12 Die Schärfe des Spotts "liegt möglicherweise darin, daß das cmoxorum{}cll einerseits im Judentum den Ausschluß aus der Gemeinde Gottes bedeutete ... und daß es andererseits im Kybelekult u. a. auch in Galatien rituell ausgeübt wurde."9J Ob solche Anspielungen mitschwingen oder nicht: Die Beschneidung wird bereits allein dadurch zur Karikatur ihrer selbst, daß sie mit der Kastration in Verbindung gebracht wird. 94 Der Vers dient dazu, Beschneidung und die sie fordernden Gegner zu diskreditieren. 9s Auch wenn der Vers seinen Spott über die Beschneidung gegen die Gegner richtet, trifft er in gleicher Weise auch die Adressaten, die mit dem Gedanken spielen) sich beschneiden zu lassen. Ihr sicher ernsthaftes Anliegen wird durch die grobe "Karikatur des jüdischen Rituals der Beschneidung"% ins Lächerliche gezogen. Zusammenfassend ist für den Abschnitt 5,7-12 festzuhalten: Thematisch wendet der Abschnitt sich direkt der aktuellen galatischen Krise bzw. den Gegnern zu. Unter pragmatischer Perspektive verfolgt der Abschnitt folgende Strategie: Während der Abschnitt 5,1-6 darauf zielte, die Adressaten für das rechte christliche Selbstverständnis zUriickzugewinnen, wird dieses allgemeinchristliche Selbstverständnis, die Wahrheit des Evangeliums, nun aufgeboten, um die Adressaten zu einer entschiedenen Distanzierung von den Gegnern zu bewegen. Um dieses zu erreichen, stellt der Verfasser eine Analogie zwischen der aktuellen Adressatensituation und einer modellhaft bewältigten Situation in der Vergangenheit her) dem Apostelkonzil und dem antiochenischen Zwischenfall. Diese vergangene Situation fungiert als eine Art histol;scher Präzidellzfall, der den Adressaten in ihrer aktuellen Situation Orientienmg und Handlungsanweisung gibt. Die Adressaten wer" Unerheblich ist, ob der Wunsch als erfullbar (so z. ß. Dunn, Galatians 282; Mußner, Galaterbrief J6J; vgl. BOR § 359 Anm. 2) oder unerfüllbar gedacht ist (so Betz, G:tl:l.lerbricf 461 f; Vouga, Gal:l.ler 126 im Anschluß an Krämer, Bedeutung 377 f): Der Verfasser wird kaum damit gcrt.-chnet haben, d:lß die Gegner t:lts:tchlich seiner "Empfehlung" (Becker, Gabter 80) nachkommen. • 1 Vgl. Betz, G:tbterbrief 461 f; von Carnpenhauscn, Witz 190 f; Schlier, Galater 240; Nikolakopolous, Ironie 205 f; Lictzmann, Galater 38 f. 9) Vouga, G:tlalcr 126 (mit cnlsprechendcn Belegen); vgl. auch Bcckcr, Galater 80; Betz, G:llaterbrief 461; Lührrn:tnn, G:tbter 8J; Mußner, Galatcrbrief J6J f; Oepke, G:tbtcr 163 Ff. ... Vgl. Betz, G:llaterbrief 462; Lietzlll:tnn, G:lbter J8 f. '\Ol Vgl. 1._ B. Betz, Gabterbrief 462; Longencckcr, Galati:llls 234; Voug:l, Galater 126. Die Ann:lhme, Paulus wolle "die Gegner in ihrem Ehr- und Selbstgefühl treffen" (so Mußner, Galaterbrief J6J), leuchtet nicht ein, da die Gegner nicht die Adressaten des Briefes sind . .. Betz, Galaterbrief 462.
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
den dazu angehalten, ihren Platz auf der Seite der Wahrheit des Evangeliums einzunehmen, was sie dazu nötigt, sich den Gegnern und ihrer Beschneidungsforderung zu widersetzen. Die Beschneidung wird hier nicht nur erneut in schroffen Gegensatz zur Wahrheit des Evangeliums gesetzt, sondern zudem den Adressaten gegenüber drastisch abqualifiziert.
2.3 Ca! 5,13-15 Mit Gal 5,13 beginnt ein Teiltext, der zunächst bis 5,15 reicht. Gal 5,14 und 15 sind von 5,13 abhängig und dienen seiner Erläuterung (yCtQ [5,14], Ei Bi [5,15]). Gal 5,16 markiert durch das vorangestellte )J;yw Bi einen erneuten Einschnitt.
2.3.1 Gal 5,13 Ga! 5,13a richtet sich in engem Anschluß an das Vorangegangene (yCtQ) nachdriicklich an die Adressaten, wie das vorangestellte u~i~ und die direkte Anrede zeigen, Der Verfasser sagt ihnen erneut ihre Berufung zur Freiheit zu. War in Vers 5,12 von den Gegnern die Rede, so setzt 5,13a die Adressaten nun pointiert von diesen ab. Der Vers 5,12 endete bereits mit einer Gegenüberstellung von Gegnern (oi avaamroüvTt:~ \)Ilä~) lind Adressaten (al avUotatoOVlf.'; uJlä~), An dieses distanzierende Ullä~ knüpft ull€i~ in Gal 5,I3a unmittelbar wieder an 97 und verfestigt die Distanz zwischen Gegnern und Adressaten durch die jetzt gemachte Sachauss:\ge En' EAEu6f.Q1Q. EXAi}fr'1t€, Das Verb XUAElV weist zuriick auf Gal 5,8 (Ex' 100 XCtAOÜV10~). Dort brachte der Verfasser die gegnerische "Überredung" in einen Gegensatz zu Gott (6 XCt)..wv). Gal 5,13 nimmt den Gedanken der Berufung wieder auf und gibt ihm positiv die inhaltliche Füllung: Die göttliche Berufung ist eine Berufung zur f;)..€\)OEQlo..~ Freiheit ist das entscheidende Stichwort aus dem vorangehenden Abschnitt (4,21-31) 5,1-12. Mit diesem Stichwort schwingt alles mit, was der Abschnitt Gal (4,21-31) 5,1-12 mit diesem Wort verbunden hat: "Christus" (5,10.51. 4. 2. I), .Geist" (5,5), .Glaube" (5,6.5), .Wahrheit" (5,7), "oxavooAov des Kreuzes" (5,11) im GegensaLZ zu "Beschneidung" (5,12. 11. 6. 3. 2) und "GeseLZesgehorsam" (5,4.3) als Ausdruck der Knechtschaft (5,1). Der Vers ist eine zusammenfassende Zwischenbilanz 9'l, die den "Platz" " Vgl. ßurton, G:llatians 291; M:llCr:t, G:llati:U1S 192; R.cinmuth, Geisl 56; Schlier, G:llalCr 241. 'IlI "Die Pr:1position bti gibt das Ziel an" (Mußner, GalalCrbrief 367); ...gl. Ocpke, Gabler 169; Voug:l, Gabter 129. .. "Die erste Vershälfte faßt.,. den Ertr:tg der ganzen bisherigen Erörterung zusammen" (Ocpkc, Gabler 168).
2. Textanalysen
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der Adressaten noch einmal absichert, den der Verfasser mit 5,1-12 anweisen woBte: Ihr steht auf der Seite der Freihei~ der Wahrheit des Evangeliums und damit nicht auf der Seite der Gegner. der Beschneidung und des Gesetzesgehorsams. Eine enge Verknüpfung von Gal 5,I3a mit 5,1-6. 7-12 ist nicht nur durch das U}.lJ;:lC; gegeben. sondern auch durch Wu6CQlCl und ixXitfrrtn:. Zudem ist der Vers mit YUQ angeschlossen. Es begründet riickbezüglich die in 5,7-10 ",empfohlene" richtige Haltung gegenüber den Gegnern und ihrer Botschaft: Die Disunz.ien.mg von den Gegnern und ihrer Beschnei· dungsforderung ist richtig, da sie, die Adressaten, auf der Seite der Freiheit stehen, die per definitionem die Beschneidung ausschließL 100 Der Versteil ähnelt in dieser Strategie Gal 5,5 f. Auch dort wurde die vorgängige Beurteilung der aktuellen galatischen Lage (5,2-4) mit dem "richtigen" christlichen Selbstverständnis begriindet, für das der Verfasser seine Adressaten erneut gewinnen will. Dieselbe Funktion hat auch der Vers Gal 5,13, obschon er zugleich den Gedankengang wesentlich voranbringt, wie sich an Gal 5,13b und c zeigen wird, er also einen deutlich vorwärts gerichteten Zug hal. IOI Der Verfasser signalisiert jedoch zunächst mit dem ersten Teil von Gal 5,13 eine enge Verbindung des nun beginnenden Abschnittes mit den vorangegangenen Ausführungen. Das läßt es nicht angeraten sein, in Gal 5,13 eine tiefe Zäsur zu sehen, mit der ein "neue(r) Hauptteil" eingeleitet wird. lo2 Gal 5,13a weist vielmehr darauf, das Folgende zu lesen als "Begründung der ganzen Abwehr jenes Kompromisses zwischen Gesetz und Glaube in den W, 1-12 , __ , der den Galatern von den judenchristlichen Propagandisten zugemutet wird,"IO} Wie bereits erwähnt, führt Gal 5,l3a mit dem Stichwort wu6EQla auf den Vers Gal 5,1a z.urück, Vom Sinngehalt sind die Verse 5,1a und l3a fast Vgl. Schlier, Galaler 241; Mußner, Galalerbrief 366. I~I Dem lr3gt die Einsch~t7.ung von IklZ Rechnung, mit Gal 5,13 beginne ein neuer Gespr!lchsgang, der durch das Ycl(l angezeigt würde (vgl. 8el7., G:1laterbril'f 464 unter Hinw('is auf Bauer/Aland, s. v. yci:(l 4. 305~ Eine doppelte Ausrichtung des Verses 5,l3a, wie hier vorgeschlagen, sieht auch Schlier, Galater 241. 101 ßecker, Galaler 83; vgJ. Dunn, Galauans 284; LUhnnann, Galater 85; Mußner, Galaterbrief 364; Ot.'Pke, Galater 165; Schlier, Gal:llcr 241 (bei letz.teren erstaunt, daß sie zwar die engt." Verknupfung zu 5,1-12 explizit fcsmalten (vgl. Ocpke, Galaler 169; Schlier, Galaler 2411, aber dennoch in 5,13-6,10 einen weiteren Hauptteil des Briefes sehen); Vouga, Galaler 127. Auch die;cnigen, die den Beginn eines neuen Hauptteils schon frilher a.nseuen (mil 4,12: vgl. Longeoecker, Galatians 184; mit 5,1: "gl. BeIZ, Galaterbrief 433), bewerten 5,13 als deutliche Zäsur, mit der ein gt.-g~übcr 5,(1)7-12 weitgt'hcnd una.bh:ingiger Abschniu beginnt: vgl. Longeflf'Ckcr, Ga.latians 235; Betz, Ga.laterbrief 435. 463. ~ Schlier, Galater 241; ,'gl. Bccker, Galater 5; Mußner, Ga.laterbrief 366; Vouga, Gabter 128. Die enge Anknüpfung des Verses :an den ,·orderen Kontext wird ,'on allen festgehalten, hat jedoch keine Konsequenzen für ih~ Textabgren1.Ung. 1:xl
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
identisch. 104 Sie gleichen sich jedoch nicht nur in ihrem ersten Teil, sondern weisen im ganzen dieselbe SlnJktur auf. Gal 5,1 und S, 13 machen in ihrem ersten Teil eine Aussage über die Vergangenheit, dann folgen zwei Imperative. [n 5, I findet sich zunächst ein Imperativ, der positiv zu etwas auffordert (5, tb), und dann ein Imperativ, der etwas ausschließen will (5,1c). In 5,13 steht in chiastischer Umkehrung zunächst der Imperativ, der etwas ausschließen will (S,l3b )10\ und dann der Imperativ, der positiv zu etwas auffordert (5,13c). Der Vers 5,13 ist eine euformulierung des Verses 5, I. Dabei nimmt der Vers in seinem ersten Teil unverändert den Sachgehalt von S, 1a auf. In Gal 5,t3b lautet der Imperativ von Gal S,lc ungewohnt neu: An die Stelle des dortigen 11ft miAtV ~uyq> öou4ia~ &VExOOOE tritt nun 110VOV 11ft ri)v 106 iliuO€Qiav Eil; (uj)oQl.lftV tf1 aaQxi. Im Abschnitt 5,2-4 hat der Verfasser klar gemacht, was cr sachlich mit dem Joch der Knechtschaft im Blick auf die konkrete Situation der Adressaten meint: GeselZesgehorsam und Beschneidung. Dieses Thema verläßt auch der Abschnitt 5,7-12 nicht. Er endet mit einer expliziten Bezugnahme auf das Thema "Beschneidung" (5,11 f). Der Appell von 5, 13b. der erneut vor dem Joch der Knechtschaft warnt. zielt also sachlich auf den Gedanken: ..Sich mit dem Joch der Knechtschaft belasten zu lassen", sich beschneiden zu lassen und im Gesetz gerecht werden zu wollen, ist nichts anderes als "der oci~ Gelegenheit zu geben". Mit dieser Neufonnulierong bringt der Verfasser Beschneidung und Gesetzesgehorsam als Konkretionen von Knechtschaft mit der Kategorie o~ in Verbindung. Im unmittelbaren Anschluß an Gal 5.11 und 12 läßt
Vgl. Becker, Gabter 85; Betz., Galaterbrief 463 f; Longenecker, Gal:lolians 238; Luhr· mann. Galat.er 86; MaterlI., Glllauans 196; Vouga, Galater 128 f. Kremendahl vertritt die Auffassung, "die BezUge zwischen dem ersten Vers der Paril.nesc (5,13) und dem letzten der llrgllmfnlalio (5,1)'" seien ~nicht g:lnZ so eng, wie bisweilen behauptet wird~ (Botschaft 250; zu den Det.1ils s. Kremendahl, Botschaft 250 f). Dennoch kOllllllt er zu dcm Schluß: ..TrOt1.· dem bleibt die Substam. der Aussage erhalten; 5,13a zitiert gleichsam 5,1a" (Krcmcnda.hl. Botschaft 251). - Das Verb [X,),itIhlTE in 5,1 Ja ergibt sich aufgrund von i:x {(}I) X(J.).,OÖvtOl; aus 5,8. •:& Auch ohne imperativische Verbfonn funktioniert der Teilvers als Imper:l.tiv, Ergänzt werden könnte &tUE (so BOR § 48\ Anm.l; vgl. Bauer/Aland, s.v. (UPOQII"', 255f) oder eine Fonn von dvul (vgl. BOR § 191 mit Anm. 4). Möglich ist es aber auch, ihn gar nicht als Ellipse aufz.ufassen, sondern hier "du abwehrende 11'" ohne Verb" zu sehen (Schlier, Galater 242; \'g1. Oepke, Galater 169; Betz, Galatert:uief 464 mit Anm. 8). 100 Der A.rtikel ist demonStr.ltiv zu \'erstehen im Sinne eines pointierten Rücherweises auf 5,13a; ..The artide befo~ ÜJ;~i.a.v is demonstr.tti\·c, ~ferring to ü.L~i.a. of lhe preading c1ausc, and through it to thaI of 51 and the implicalion of the ..... hole context (Burton, Galauans 292; \·gl. Betz, Gal2lterbrief 464; Vouga, Galater 129). Der Tcih'ers ist also zu verstehen im Sinne von: .dicJC F~iheit. nii.mlich die, zu der ihr berufen worden seid", 100
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2. Textanalysen
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"Fleisch" an Beschneidung denken, besteht doch eine Assoziationsbriicke von "Aeisch" zu .. Beschneidung Olm Fleisch", nämlich zu ..Vorhaut""o7 Der Vers liest sich so als Appell in unmittelbarer Bezogenheit auf das in Galatien anstehende Thema .. Beschneidung lind Gesetzesgehorsam": .. Nur nicht die Freiheit zur Gelegenheit für das Fleisch (indem ihr euch jetzt beschneiden laßt)!"I08 Es liegt jedoch auf der Hand, daß mit der Assoziation "Beschneidung" die Bedeutungsspanne des zentralen Stichwortes aaQl; nicht vollständig erfaßt ist. LaQ~ deutet auf weitaus mehr als auf Beschneidung(sfleisch). Das wird schon daran deutlich, daß aaQl; hier als personifizierte Größe im Gegenüber zur Freiheit vorgestellt wird, die handlungsfähig ist: Diese Größe kann ihre Gelegenheit ergreifen und die Freiheit für ihre Zwecke instrumentalisieren. 109 Der Bedeutung von aaQ; in Gal S,13 soll nun näher nachgegangen werden. Von dem Verständnis dieses Wortes hängt nicht unwesentlich ab, wie man die Gesamtstoßrichtung des umstrittenen Schlußpassus Gal 5,13-6,10 auffaßt. Das Stichwort o~ ist in der Forschung für viele ein Indiz dafür, daß der Apostel sich mit Gal 5,13 ethischen Fragen zuwendet. 110 Das Wort taucht mit Vers S, 13 nicht zum ersten Mal im Galaterbrief auf. Im Sinne einer textpragmatischen Analyse ist es daher sinnvoll, die Stellen, an denen im vorderen Kontext bereits von aae; die Rede war,
Zu dieser Assoziation, die sich kir jüdisches Bewußtsein mit ociQ; verbinden kann, vgl. ßarday, Truth 203 f (Barday ist jedoch der Auffassung, Paulus bediene sich ihrer erst in Gal 6,12-13); Schweizer, ThWNT VII 108: In der $cpruagin1.1 wird ..im Zshg. mit der Beschneidung gem von der oa.p; der Vorhaut gesprochen" (vgl. Baumgärte1, ThWNT VII 106). - Aber auch für heidnische Ohren ist diese Assoziation ohne weiteres verständlich: Es durfte keine grofk Kunst sein, bei der Kombination MBeschneidung~ und .. F1eisch\ das einen ..,Tell' am Leibe des Menschen" bezeichnet (Sand, Fleisch 238; vgl. Schwei7.er, lllWNT VII 99-103), an die Vorhaut 7,U denken. 101 Wobei ",sich beschneiden bsscn" Gesetzesgehorsarn mit einschließt. Beschneidung b7.w. Geseü'.esgehors:un stehen je.....eils pars pro toto für die jüdische Lebensweise. In Gal 5 bringt der Verfasser den galatischen Wunsch, jüdisch zu leben, verslärkt unter dem Stichwort .. lkschneidung" zur Sprache, wohingegen er ihn in den vorangegangenen Kapiteln unter dem Gesicht5punkt des Gesel7.esgehorsams behandelt hat (zur erstmaligen Erwähnung der Beschneidung im Blick auf die aktuelle Adressatensituation s. o. zu Gal 5,2). Der Wechsel zum Stichwort .,Beschneidung" könnte seinen Gnmd darin haben, daß wegen der erw:thnten Assoziationsbrücke die Vcrknüpfung von jildischer Lebensweise mit der K3tegorie oa.eo; über .. lkschneidung" leichter zu vollziehen ist als über ..Geseü'.esgchorsam". 10'1 Das Wort ir.\p()e~l~ kann den ..Ausgangspunkt", den .. Ansal7.punkt~ bezeichnen (vgl. ßerlfam, ThWNT V 427 f), in militärischen Zusarnmenh:tngen den ..Stiilzpunkt", die .. Oper:J.tionsb:uis" (vgl. BclZ, Galaterbrief ~65; Voug:J., Gabter 129). Bei der Übersetzung mit .,Gelegenheit" schwingt also mit: "Gelegenheit, sich zu betitligen" (vgl. Bauer/Aland, s. v. ir.\Poell~ 256). II~ S. dazu ausführlicher u. S. 96 H. W
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11. Eine textpr:lgmatische Analyse von Gal 5 und 6
daraufhin zu befragen, welcher Bedeutungsgehalt des Wortes den Adressaten bereits nahegelegt worden ist. 111
Exkurs: Zur Verwendung von O(i~ in Gal 1,1-5,12 Die erste Stelle, an der sich das Stichwort oa~ findet, ist Gal 1,16 in der Wendung oa~ xal ar~a. Sie steht synonym für äv6Qwno~.111 Diese Bedeutung ergibt sich aufgrund des Kontextes, in der die Wendung steht. Der Abschnitt 1,10 ffll) stellt die Unabhängigkeit des Verfassers und seines Evangeliums gegenüber menschlichen Instanzen heraus: Sein Evangelium ist weder Xa10. ö.v{}QWnov (1,11) noch naeo. a.v{}Q Der zweite Beleg fUr Clci.Q(; findet sich in der Rede des Paulus an Petrus in Gal 2,14b-21 117 , Dort heißt es in Vers 2,16c: ön r.; EeYwv vo~ou ou OlXCLlWfh;o€1CLl naoa Clv €V tfl aUQxl lloU (4,14). Bezogen sind beide Aussagen auf den Verfasser und sein Auhreten bei den Adressaten. l41 In 4,13 f zeichnet der Verfasser ein Bild seiner selbst, das seine Schwachheit in den Vordergrund stellt. Ocr Verkündiger des göttlichen Evangeliums zeichnet sich durch mensch Iiche Schwach hei t l43 aus (4, 13): Ot' 144 ao6i:vEtUv nie; oUQx6e; Elf'lYYE-
,... Barc1ay, Truth 206. 'Yl Vgl. Barc1ay, Tnlth 85 f. 179; Russel1, Confiict 123 f. 140 Bei einer Gleichsel7.ung g:tbe die Frage von 3,2 keinen Sinn. Vgl. Mußner, Galaterbrief 209 zu Lietzmanns Gleichsetz.ung von nvcu~atl und niotCl sowie oaQlü und Vl)I(~ (Lictz.mann, Galater 18); vgl. Burton, Gal:uians 148 f; Vouga, Galater 68 (s. aber dagegen Galater 132, wo Vouga auch VOI11 "Äquivalent~ spricht, das nder Gegenul7. nw:uJl(l./oa~ ... in der Gegenüberstellung ~ al2 kann oO:Q~ zur Chiffre werden für alles, was nicht der göttlichen Initiative in Christus entspricht. Der Zusammenhang, den der Verfasser zwischen primär "Sachfremdem" wie Gesetzesgehorsam oder Beschneidung und aa.Q~ herstellt, hat seinen sachlichen Grund also in dieser grundsätzlichen Strukturierung der Wirklichkeit durch den Verfasser. 11>3 Nach diesem Durchgang durch die Stellen, an denen vor Gal 5,13 von oO:Q~ die Rede war, gewinnt die Verwendung von aO:Q~ in der Neuformulierung der Warnung vor dem Joch der Knechtschaft von Gal 5,I3b ein klareres Profil. Gal 5,I3b zielt sachlich darauf, Beschneidung und Gesetzesgehorsam der o6:Q~, dem "Nur-Menschlichen" zuzuordnen, also der Kategorie, die dem Göttlichen gegenübersteht. Vorbereitet ist diese Assoziation von Gesetzesgehorsam und Beschneidung mit ao:QS vor allem durch Gal 3,3 und 4,23.29. Ln beiden Fällen erscheint a6:Q~ bereits als personifizierte Macht im Gegenüber zur göttlichen Sphäre, zum llVeÜI1CL. Ln Gal 3,3 wurde schon eine Nähe der"Werke des Gesetzes" zur oCr.~ hergestellt, in Gal 4,23 und 29 oUQS mit ,.Knechtschaft" verbunden. In Gal 5, 13b nutzt der Verfasser die (zunächst vordergründige) Assoziationsbrücke von Beschneidung(sfleisch) auf ao:~, um nun explizit das Unternehmen der Adressaten, Beschneidung und Gesetzesgehorsam zu praktizieren, als "nur menschlich" zu (dis)qualifizieren. Sachlich führt Gal 5,l3b also bruch los die Auseinandersetzung mit Gesetzesgehorsam und Beschneidung weiter. Diese gewinnt mit der Assoziation von Gesetzesgehorsam und Beschneidung mit aO:Q~ eine neue Qualität. Der Verfasser überführt die Auseinandersetzung auf eine gnmdsiitzliche Ebene. Mit Gal 5,13b deckt er die tie/erliegellde Dimemioll des galatischen Konfliktes auf: Das gegenwärtige Verhalten der Galater, ihr Wunsch nach Beschneidung und Gesetzesgehorsam, ist nichts anderes als eine Gefährdung durch die oO:QS, die in den Bereich der von Chl-istus ermöglichten Freiheit einzubrechen droht. Mit Gal 5,13b appelliert der Verfasser an seine Adressaten, dieser Gefahr nicht zu erliegen, der oUQ~ nicht nachzu-
... Barclay, Truth 208. llt./ Vgl. ßarday, Tmth 203 ff. Zur Frage nach dem Stellenwert apokalyptischer Elemente im Denken des Apostels vgl. Käsemann, Apokalyplik 119-131 (kritisch daw Bulullann, Apokalyplik 476-482); Beker, Paul 135 f; Beker, Sieg 21-40; Martyn, Arllinomies 111 ff; Vaug:!, Galater 127. ,... Diese gnulds:Hzlichcn Überlegungen zu o~ als Interpret.1tionskalcgone mUssen sich im folgenden bei der Auslegung des Abschnitles Gal 5,13 ff bewähren, bei dem die oaQ~ n\'~u~a-Antithcsc erst richtig zum Zugt· kommt.
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11. Eine textpragmatische Analyse von Ga! 5 und 6
geben, was konkret heißt: sich nicht beschneiden zu lassen und dem Gesetz nicht gehorsam zu werden. Mit diesem Verständnis von Gal 5, 13b ist eine entscheidende Weiche gestellt für die Einschätzung der Gesamtstoßrichtung des Abschnittes, der mit Gal 5,13 beginnt. Entgegen der gängigen Forschungsansicht eröffnet der Verfasser mit Gal 5,13 keinen neuen Abschnitt, der "sich nun ethischen Fragen"'M z.uwendet und dem Problem ethisch-moralischer Beliebigkeit '65 oder Vemnsichemng ' M> als Folge der Freiheitsbotschaft des Apostels nachgeht. Für einen solchen Themenumschwung kann das Stichwort aciQS nicht als Indiz. gehend gemacht werden. Denn aciQS bezeichnet in Gal 5,13b weder .. moral danger '67 , ethisches "Fehlverhalten und Versagen"'68, "lieblose, sündhafte und irdische Neigungen"'69 noch "krasse Selbstsucht"'70, sondern eben die Sphäre des "Nur-Menschlichen",171 Das Verständnis von aciQ{, als ethisch-moralisch gefüllter Tenninus verdankt sich einer Kombination aus unzutreffender Verhältnisbestimmung der Begriffe "Freiheit", "Geist", "Fleisch" und "Geseu." und einem verfrühten Blick auf den nachfolgenden Kontext, Prctorius, dessen Position exemplarisch steht, sieht die Konstellation der Größen "Freiheit", "Geist", .. Fleisch" und ..Gesetz" folgendemlaßen: "l"e problem addressed in the paraenesis, can be cmdely defined as the ,vacuum' lcft berween them (me Galatians; Ven.) and the aciQ1
242. m Vgl. in dieser Richtung Weder, Norlll:l.tivität 134. Weder legt jt:doch den Vers nicht
3uf die Adressatensitu:l.tion bezogen aus, so daß die Verbindung von Geseuesgchorsam und Beschneidung 7.U o~ bei ihm nicht in den Blick gcr!it. VJ Prctorius, Opposition 444. ll) Prctorius, Opposition 446. v. Pretorius, Opposition 444: zu der stlirker freiheitsbeschr!inkcnden Funktion von Gesetz b7.w. Geist vgl. Opposition 451.
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2. Textanalysen
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Fleisch. Nach dem Wegfall des Gesetzes, das diese Rolle bislang innchatte, erfüllt der Geist die Aufgabe des Gesetzes. l1S Formal betrachtet ergibt sich eine Dreierkonstellation: I. Freiheit - 2. Geist bzw. Gesetz - 3. fleisch. In dieser Konstellation haben Geist bzw. Gesell. den Status von VermiuIungsinstanzcn in einem Konflikt zwischen Freiheit und fleisch. Diese Konstellation findet sich so jedoch nicht im Text. Wic bereits im Zusammenhang mit der Position von Ben und Barday dargestclll, crscheinen in Gal 5,13 ff Geist und GcsclZ nicht als (theoretisch) allcrnative Vermittlungsinstanz.cn im Konflikt im Umgang mit dcm fleisch, das dic Freiheit bedroht. Der Text ist durchgängig vom Gegensatzpaar Gcist - FleiJch, nicht Geist - Gesetz bestimmt. 176 Gcist bzw. Gesell. stehen nicht zwischen den Konfliktgrößcn, sondern sind ihncn lI/geordneL Das Verhältnis der Größen Freiheit, Geist, fleisch und Gesetz ist eine Zweierkonstellation: I. Freiheit/Geist - 2. Gesetz(esgehorsam)/Reisch. Die Zuordnung von Geist und Freiheit haue der Abschniu 5,1-6 vollzogen. In Hinsicht.lich der Zuordnung von Gesetz und fleisch ist zu differenzieren: Das Gesetz. an sich wird dem Fleisch nicht zugeordnet l1l , wohl aber Haltungen, die mit dem Gesetz zusammenhängen. Gal 3,2-5 deutete eine sachliche Nähe von ~ lQywv VOj.lOU mit dem Reisch an. Ga! 5,I3b \'ollzieht die Assoziation des Gesell.esgehorsams (ev VOJ.l'!l SlX(llooo0Ql; Gal 5,4) mit der aCtQS. Das Gesetz ist mit Gal 5,13 also in gefährliche Nähe zur o Esler, Boundaries 229. 'v Esler, Boundaries 229; vgl. auch Boundaries 235; Esler, Family 177. Zu dem Stichwon .,stereotyping~ s. auch Esler, Galatians 55 ff; vgl. grunds!tu.lich zu EslcTS .,Social-Scicntific Approach~ bzw. zur Sozialtheorie, die seine Auslegung tr.tgt: Esler, Boundaries 220~231; Esler, Families 157-162; Esler, Galatians 40-57. 1. Esler, Boundaries 232; vgl. auch Galatians 223; Family 177. 19'1 Esler, Boundaries 235 (Hervorhebung von mir). 10) Vgl. dazu auch u. beim Lasterkatalog S. 130 Anm. 347, wo sich Esl{'rs lösungsvorschlag für dieses Problem findet. lQI Ester, Galatians 225. Die letzte Bemerkung ist kritisch gegen Barclay gerichtet (vgl. Esler, Boundaries 228. 221). Die von Esler vorgeschlagene Integration von Normen in die umfassende Rubrik Identit!tt" vcnnag jedoch das konkrete Problem von Gal 5,13-6, I0 auch nicht zu lösen. lJl Vgl. schließlich auch Vouga (Galater 6.8.68.127.128.129.132), der o~ ebenfalls ft
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2. Tcxlanalysen
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Dem Appell an die Adressaten, der Gefährdung durch die oitQJ; nicht zu erliegen, folgt mit Gal 5,13c eine positive Aufforderung. Dieser Teilvers entspricht strukturell dem Imperativ von Gal 5, Ib ..steht nun fest (im Stand der Freiheit)". Dieser Imperativ wird in 5, 13c neu als Aufforderung zur wechselseitigen Liebe formuliert. Damit werden die Adressaten auf das wesentliche Kennzeichen des Glaubens verpflichtet, der nach Gal 5,5 und 6 das allein gültige Merkmal der Chrisrusgläubigen iSL 20l Sachlich findet sich in Gal 5,6 und in Gal 5, 13c dieselbe Gegenüberstellung von Beschneidung (bzw. Gesetzesgehorsam) und Liebe. Gal 5,6 stellt der ayanll, dem entscheidenden Charakteristikum des Glaubens, die nf.Ql'tOlltl entgegen, Gal 5, 13c stellt der Liebe die oaQo!; gegenüber, die als Akteurin hinter dem Wunsch sichtbar wird, Beschneidung und Gesetzesgehorsam zu akzeptieren. Gal 5,6 formulierte in verobjektivierender Fonn den Grundsatz christ· lichen Selbstverständnisses. In Gal 5,13 werden die Adressaten nun explizit dazu aufgefordert, dieses Selbstverständnis in die Tat umzusetzen, d. h. ihrem Stand als von Christus Befreite gemäß (5,I3a) - der Beschneidung (bzw. dem Gesetzesgehorsam) keine Bedeutung zukommen zu lassen (5,13b), sondern der wechselseitigen Liebe Geltung zu verschaffen (5,13c)."" mit Gesetzesgehorum in Verbindung bringt: In G:a.1 5,13 werden die Adress.aten .aufgefordert, ~im Geiste, das heißt nicht mehr nach der ~ O. L Martyn: Im .apok.alyptischen Szenario des Briefes in die ~ eine kosmische Macht) bzw. unter dem Gesetz. zu leben" (Galater 127}. ieht eindeutig geklirt ist jedoch bei ihm, in welchem VemllilLnis Geseu.esgehorsam und ociQ.; stehen. Einm:loI findet sich die Auskunft, die beiden seien Äquivalente (\'gl. G.alater 129.132), dann, &1; (;qyw" vOllOU sei nicht identisch mit oaQxi, sondern "nur eine Form der Existenz unter der o~" (Galattr 68}. Im gleichen Zusammenhang setzt Vouga sodann ~ zur Bezeichnung dessen, was "zu dieser Welt gehört", deutlich ab von dem Gebrauch von olit~ in Bezug auf ßesdlOeidung, ohne diese bt!iden Verwendungen desselben Wortes miteinander zu vemlitteln (vgl. Galater 68; vgl. duu auch Vougas Auslegung :1'.0 Ga! 6,12: Galater 155~ So kommt die Poime einer Zuordnung von Gesetl.esgehorsam und Beschneidung zur Kategorie OliQo; nicht stringent zum Zuge und die Stoß richtung des Abschnittes Gal 5, I3-6, 10 bleibt eigentümlich in der Schwebe; vgl. folgende Auss:tgcn Vougas miteinander: Aus dem Geislernpfang folgt die Aufforderung, "im GcisLC, d. h. ,aus dem Glauben', und nicht ,nach dem Fleisch', d. h. ,aus' bzw. ,unter dem Gesetz', 7.U wandeln (Gal 5,2-6, (Galater 6); ..(d)ie Adrcsuten haben den Geist empfangen, G:t1 4,6, leben im Geiste, Ga1 5,253, kämltcn durch die o~ gesteuert werden, Gal 5,13. 16, und sollen deshalb im Geiste wandeln, Gal S,25b, so daß sich ,im GejJte< und ,im Fleische' nicht aUSJchließen, sondern durch eine Dialektik zwischen Indik.ativ und Imperativ ausein.andergehalten werden~ (Galaler 7 [Hef\'orhcbung von mir)); Gal 5,13-6,10 ist als "allgemeine() Par.lnese" aufzufassen (Galater 142; vgt. 128.1.0); G.al 5,l3b-15 stellen eine Wamung dar "vor einem Miß\'erstlndnis", einem "Mißbrauch der Freiheit" (Galater 128 f); ~(d)as Thema der Freiheit hat aber in Gal 5, I u. 13a.b nur eine iiJNrleitmde Futllttion, indem es von d" ProblemJJtilt d" GtTtdrtiglteit (und d" Frriheil 'VOm Qsetz, s. Gal 2,4) ZlfT lkfinition der christlichen Existenz als Leben im Geiste ... hinfiihn" (G.alaler 129 (Hef\'orhebung \'on mir)). AI Auch hier wird deutlich, wie stark Gal 5,13 roekbezüglich zu \'erstehen iSL I:» Aufb;ttig ist. daß der Verfasser die Aufforderung zur bebe mit dem Verb oouM:ürw
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
2.3.2 Gal 5,14 Gal 5.14 fährt mit yaQ anknüpfend in verobjektivierender Fonnulienlllg fort. Der Vers nimmt den Gedanken der Liebe auf und erläutert die Aufforderung zur Liebe durch die Aussage, das ganze Gesetz sei im Liebesgebot zur Erfüllung gekommen. Diese positive Bezugnahme auf das Gesetz "irritiert zunächst. Der Paulus, der gerade mit schärfster Polemik das Gesetz als christlich verbindliche Norm abgewehrt hat, begründet nunmehr das Liebesgebot mit der Tora (3. Mose 19, 18)!"205 Der Vers stellt vor sachliche Probleme. Die von Becker benannte Irritation kann noch verstärkt werden. Mit Gal 5,13b rückte der Verfasser das Gesetz in ge· fährliche Nähe zur oa~, indem er den Gesetzesgehorsam mit diesem Bereich des Gegengöttlichen assoziierte. Diese Zuordnung geschah im Rückgriff auf Gal 5,3 f, wobei Ga! 5,3 die Totalität der Beanspruchung durch den Gesetzesgehorsam festhielt, der unlösbar mit der Beschneidung verbunden ist. 206 Gal 5,3 attestiert einem jeden, der sich beschneiden läßt, er sei verpflichtet, Ö)..ov tOV VÖ~tOV nOl'flocu. Gal 5 J 4 fährt fort, daß dieser
fonnuliert, das bislang nur ..in negativem Sinn (vgl. 4,8.9.25)" vorkam (Mußner, Gal:Herbrief 368). Betz erklärt die Verwendung des Verbes damit, daß "die notwendige VerpnLchtung und die Schwierigkeiten, menschliche Beziehungen 3ufrechtzu erhalten", Paulus dazu veranlaßt hätten, ..die freie AusUbung der Liebe als eine Form gegenseitiger Verskbvung zu beschreiben" (Galaterbrief 468). Diese Vermutung erklärt aber nicht, warum der Verfasser fUr diese Aussage ausgerechnet das bislang uneingeschränkt negativ besetzte Verb OOU)"COClV verwendet. Barday ist der Auffassung, mit dieser paradoxen Fonnulierung wolle Paulus klar machen, ,,!hat the ,frccdom' he adv0C3tes has stringent moral obligations built into it - not the obligations of the law but the obligation of love" (rruth 109). Dies läßt sich d('m Text nur entnehmen, wenn man Gesetz und Geist als konkurrierende Größen auffaßt im Umgang mit der moralischen Gef!l.hrJung durch die a~ Zu dieser Konstellation und inhaltlichen Füllung von a~ s. jedoch o. S.96 fr. Mußner meint im Anschluß an Schlier (Schlier, Gabter 2Hf), Paulus wolle den "gegenseitigen Dienst der Liebe" gez.ielt als Skl:l.\'en~ dienst bezeichnen, jedoch als einen, "der vom OOUMOClV der vorher genannten Stellen radikal verschieden ist~ und ein besonderes Profil habe; ",(F)ürdnandcr Sklave sein' ist, soz.iologisch~wcltlich gesehen, eigentlich Unsinn und erst möglich durch Christi beispielhaftes Sklave-Sein (vgl. Joh 13,14-17; Luk 22,27). Seither gibt es einen ,gegenseitigen' Sklavendienst, eben aus der durch Gottes Tat in Christus möglich gewordenen Haltung der CtYCtlt1l her.lus: das ganz für den anderen und fUr alle dasein!" (Mußner, Galaterbrief 368 f). Ob sich solch sachlich weitreichende Schlußfolgerungen aus der Stelle z.iehen lassen, sei dahingestcllL Näher liegt m. E. cin anderer Gedanke; Möglichel"'Neise will der Verfasser mit der Verwendung von OoUMUf:lV die Aufforderung von 5, 13c mit einer gewissen Ironie versehen. In Gal 4,9 stellt der Verfasser die Bereitschaft der Adressaten, Beschneidung und Gesetz.esgehorsam l.U übemehmen, als Wille dar, sich versklaven w lassen. Darauf könnte er in Gal 5.13c anspielen, so daß die Aufforderung folgenden Beiklang h!l.tte: ~ Wenn ihr Euch schon ver· skla\'en lassen wollt, dann nicht durch Beschneidung und GesclZesgehorsam, sondern durch die Liebe". 1Ql ~ker, Galater 86. JDo S. da7.U noch einmal o. S.67,
2. Textanalysen
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Gesetzesgehorsam aus der Verbindung mit Christus reiße, aus der Gnade fallen lasse. Die mit Gal 5,14 gemachte positive Aussage über das Gesetz steht also in provokantem Gegensatz zu der in Gal 5,13 gipfelnden negativen Aussagenreihe über den Gesetzesgehorsam. Zunächst ist danach zu fragen, wie das Y0 Gegen dieses Vcrständnis sprechen folgende Überlegungen: Zunächst ist festzuhalten, daß der Abschnitt durchgängig von Pluralformulierungcn bestimmt ist. Diese schließen aus, daß primär das gläubige hulividl/I/m im Mittelpunkt der Ausführungen steht. 261 Ocr Abschnitt zielt vielmehr auf eine ckklesiologische Aussage. Zudcm setzt die Auffassung, den Unterschieden wcrde die Heilsbcdeutung abgesprochen, voraus, diese hätten ursprünglich eine gehabt. Oie Abgrenzung von Juden und Heiden ist in der jüdischen Tradition zwar durchaus so verstanden worden, "doch nirgendwo ... ist von einer Heilsrelevanz der Differenz z.wischen Sklaven und Herren die Rede. Entsprechendes gilt für die Unterscheidung der Geschlechter."2b2 Da die drei Gegensatz.paare in Ga13,28 gleich geordnet sind, muß die Aufhebung der Unterschiede so verstanden werden, daß sie in gleicher Weise für alle drei Gegensatzpaare zutrifft. Oie Auffassung, die Aufhebung der Unterschiede sei als Aberkennung ihrer Heilsbedeutung zu verstehen, macht jedoch nur im Blick auf ei" Gegensatzpaar Sinn und trifft die
Vogel, Erw:igungen 454; vgl. Betz, Gal:uerbrief 333; Strecker. '111eologie 195 f. ~, Vogel, Erwägungen 454 . .M Ocpke, Galater 126; vgl. Schlier. Galater 174 f. M Strecker, llleologie 355. !oQ Mußner, Gablerbrief 2M; vgl. Burton, Galatians 206 f; Oepke, Galater 126; Schlier, Galater 174 f. VgJ. in ähnlicher Richtung auch Matera, Gabtians 147 sowie ßccker (Galater 60), der den Gedanken der Eingliederung in eine ncuc Gemein~chaft dennoch sl:lrk hervorhebt. 101 Vgl. bes. die pointierte Voranstetlung von nit\'t~ in 3,26 und 3,28cl. Zudem ncnnt Gal 3,28 gnmdlegcnde Sozialbeztlgc und keine individuellen Verfaßtlleiten. Des weiteren Slößt die Pointe in Gal 3,28d ins Leere, wenn man Gal 3,26-28 auf das Individuum bezogen liest. Die Aussage. alle bildeten eine Einheit (vgl. Baucr/Aland, s. v. dl; l.b. 465) m:lcht nur Sinn. wenn t'inc Vielheit der Einheit gegenübergestellt wird und nicht cin Individuum der Einheit. 101 Strecker, -rheologie 355. llt>
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11. Eine textpragmatischc Analyse von Gal 5 lind 6
anderen beiden nicht. Des weiteren stellt sich untcr Annahme der soteriologisch~ heils individualistischen Deutung folgende Frage: Diese geht davon aus, daß die Unterscheidungen Jude - Glieche, Sklave - Freier, männlich - weiblich weiterhin äußerliche Gültigkeit haben, also nach wie vor im Alltag ihre gewohnte Rolle spielen. Wie erklärt sich aber dann die scharfe Verurteilung des Verhaltens Petri im antiochenischen Zwischenfall (Gal 2,11 ff)? Wenn es bei der Aufhebung der Unterscheidung von Jude und Grieche nur darum ginge, um ihre Irrelevanz hinsichtlich des Heils z.u wissen, durfte es keinen derartigen Skandal bedeuten, daß Petrus die Tischgemeinschaft mit den Heidenchristen ablehnt. Dieses Verhalten entspräche doch dann durchaus der paulinischen Auffassung, der Unterscheidung käme coram Deo zwar keine Bedeutung zu, spielte jedoch im alltäglichen Zusammenleben unverändert eine Rolle.l 63 Dagegen könnte der Verfasser kaum die Wahrheit des Evangeliums aufbieten, wie er es jedoch in Gal 2,14 tut. Entgegen der soteriologisch-heilsindividualistischen Auffassung macht der Abschnitt Gal 2.10 ff gerade deutlich, wie alles am Vollzug der unterschiedslosen Gemeinschaft hängt. 264 Für die "sozial-ekklesiologische Delltlmg"265 von Gal 3,26-28 spricht weiterhin die "pointierte Verwcndung des Präsens OtlX lVl (= OtlX ~voonv), das einen dauerhaften Zustand anzeigt".266 Der Verfasser spricht "nicht von utopischen Idealen oder ethischen Forderungen ..., sondem von vollendeten Tatsa-
D. h. man äße zwar nicht miteinander. wüßte aber, daß die Unterscheidung, dic der Tischgelllcinschaft im Wege steht, hcilsirrclevant ist. Dies ist eine kaum vorstellbare Haltung, erst recht nicht in der Welt des I.Jh. n.Chr., die eine Trennung von sozialer Welt und Religion nicht kennt (vgl. Malina, Religion 97; Stret:ker, Theologie 355). lIl.4 Das Problem besteht fUr Paulus weniger in der Inkonsequenz des Petrus bzw. der fragwürdigen Motive seines HandeIns (vgl. z. B. Setz, Galatcrbrief 206 f, Wehnert, Reinheit 124 t). Der Protest gegenüber Pelrus grilndet vielmehr in der grundsätzlichen theologischen ÜberL.eugung des Paulus, daß alle Christusgläubigen, egal ob Juden- oder Heidenchristen, der Thora nicht mehr unterstehcn. D. h. ihre Tischgemeinschafl ist Zeichen der Einheit der Gläubigen. Diese Grunduberzeugung des Verfassers ist nicht aus den Vereinbarungen des Apostelkonzils (vgl. zur historischen Rekonstruktion z. B. Wehnen, Reinheit 118 f) ableitbar (vgl. Voug:l. Galater 52; 7.U dieser Spannung vgl. auch Conloelmann/Lindernann (Arbeitsbuch 552], dcren Schlußfolgcrung jedoch angesichts des theologischcn Stellenwerts, den der Verfasser der gelebtcn Gemeinschaft 7.wischen Juden- und Heidenchristen zuweist, fraglich erscheint (vgl. dazu näher u. S. 113 H; vgl. :luch u. S. 163ff]). Doch zielt die Darstellung des antiochenischen Zwischenfalls durch P:lUlus :luch gar nicht auf den Punkt fehlender Konfon11itäl mit den Beschlüssen von Jerusalem: ~Das l11Cma ist nicht: retrus hätte sich nach Gal 2,6-10 richten sollen, sondern: Das Evangelium ... bedeutet ... , daß die Abgrenzungcn zwischen Juden(christen) und Hciden(chriSlen) wegfallen ... , weil nicht mehr die Antinomien der alten Ordnungen herrschen, sondern die neue Schöpfung Gottes" (Vouga, Galater 52 f). - Einen Zus:lmmenhang zwischen dem antiochenischen Zwischenfall und der GrundsatzerkJärung von Gal 3,26-28 sicht auch Burton (Galatians 206 f), der jedoch 7.U einer etwas sonderbaren FornlUlierung kommt, da er den Passus streng heilsindividualistischsoteriologisch versteht: "Yet that the principle had its indireet social significance is shown in the implications of the Antioch incident'" (Burton, Galatians 207 [Hervorhebung von mir]). Was man sich unter solcher "indireet social significancc" vorstellen soll, bleibt unklar. ~ Strecker, ·l1leologie 357. Vert.reten wird sie u.a \'on Betz (Galaterbrief 333 ff), Meeks (111l:lge 166f. 182 f), RoloH (Kirche 94 f) und Schrage (Ethik 230). .... Strecker, Theologie 357; vgl. RoloH, Kirchc 94. lIl»
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2. Textanalysen
ehen. "267 Diese Sprechfoml läßt nicht zwingend auf ..eine reale Erfahrung schließcn"268, sondern kann auch als .. a solcmn ritual pronounccmcnt"269 aufgcfaßt werden, hintcr der eine faktische Realisierung in den galatischen Gemeinden schwcr auszumachen ist. Aber auch im zweiten Fall z.ielt die Proklamation auf die Rea/isienmg dcs Proklamierten, erhebt also den Anspruch gelcbtcr Wirklichkeit und nicht den eines lediglich religiösen Bewußtscins. 270
Die unterschiedslose Gemeinschaft aller in Christus wird durch die Anerkennung von Gesetzesgehorsam und Beschneidung zerstört, da diese erneut eine hierarchische Gruppenkonstellation etabliert. Die mit Gal 5,15 angesprochene Zerstörung der Gemeinschaft spielt also nicht auf Streitigkeiten an, die als ein weiteres Problem neben dem Thema "Gesetzesgehorsam lind Beschneidung" bestünden. Die Gemeinschaftsschädigung ist vielmehr zwangsliillfige lfußenmg einer Anerkennung der Thoraobservanz und entsprechend theologisch emst zu nehmen. l7I Denn die Zerstörung der Einheit in Christus negiert die Gültigkeit des Handeins Gottes in Christus, dessen Betz, Galaterbrief 333. M Strecker, Theologie 357; IIgl. RoloH (Kirche 94), der 110m ~/ndikativ der Erfährt/ng" sprichL 2tfI Meeks, Image 182. m Vgl. Mecks, Image 182 f. Vgl. Beu., Galaterbrief 334 f. Mit Betz ist festzuhalten: "Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß die Aussagen des Paulus soziale und politische lmplik:uionen lIon geradezu rcvolution:irer Tragweite haben" (Galaterbrief 334). Auch wenn Paulus kaum gesamtgescllschaftJich gedacht habcn wird, so dr:tngt das hier fomlUlierte Programm einer "Kontrastgesellschaft" dennoch uber den gemeindlichen Binnen raum hinaus. Als Signum der Herrschaft Gottes in dieser Welt teilt die Gemeinschaft der Christusgl:iubigen ~den Richtungssinn von Gottes Erbarmen, das alle ergreifen will" (Reichen, Heilswille 94). Sie ist also in Dienst genommen für die Durchsetl.llng des universalen Heilswillens Gottes (vgl. :llIsführlicher zur Sache Reichert, Heilswille 93 ff; Käsemann, Anthropologie 42 ff, bes. 58). Wenig hilfreich ist angesichts dieses Sachzusammenhangs die Unterscheidung bei Paulsen zwischen einer "strikt theologisch(e"f Arg\,mellt.1tion des Textes und einem Drängen "auf eine unvennittelte, gesellschaftliche Ver:inderung" (Einheit 88 [vgl. auch 94 Paulsen vertritt jedoch keine .. rein reljgiöse~ Auffassung, sondem geht durchaus davon aus, daß die Aussage von Gal 3,26-28 ~kollkrete Folgerungen aus sich herausgesetzt hat" [Einheit 88». Diese Unterscheidung macht eine Alternative auf, die angesichts der leiblichen Inanspruchnahmc der Gläubigen in dieser Welt schwer vcrst.'1ndlich ist. v. Sicht m:ln diesen Zusammenhang, wird es m. E. möglich, Erkenntnisse der .. New Perspcctive on Paul" und der ..klassischen" P:lulusexegese miteinander fruchtbar in Verbindung zu bringen. Soviel sei dazu angedeutet: Eine Revision der ~kJassischen'" Position hinsichtlich eincr individualistischen Engfuhrung ist sachlich gefordert (eine Forderung, die jedoch nicht nur von seiten der "New Perspcctive" erhoben worden ist; vgl. 1.. B. K:isemanns Auscinandcrset1.ung mit Bultmann [Käsemann, Anthropologie 24 H]). Oie Vertreter und Vertretcrinnen der .. New Pcrspcctivc" bctonen ganz zu Recht die sozialc Dimension des Rechtfertigungsgeschchcns. Oie "klassische" Position hingegen kann die ~New Persp
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2. Textanalysen
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Oie Aussage von Gal 5,17 zielt also nicht auf den Gedanken einer völligen Blockade des Menschen bzw. des Christen, wie Betz. meint: Das menschliche Ich könne seinen Willen nicht in die Tat umsetzen, "weil es durch diese dualistischen Mächte in seinem Inneren gelähmt ist".301 Gegen diese Deutung spricht, daß ein Appell an die Adressaten keinen Sinn macht, wenn der Verfasser ihnen gegenüber lediglich die gänzliche Handlungsunfähigkeit des Menschen festhalten wollte. 302 Oie Aufforderungen von Gal 5,13 und 5,16 sind ja nur dann verständlich, wenn der Verfasser erwartet, daß die Adressaten ihnen auch nachkommen können. Gal 5,17 spricht aber auch nicht von der menschlichen Entscheidungsfreiheit, der "echte(n) Wahlfreiheit zwischen Gut und Böse", wie Mußner meint. 103 Gegen diese Auffassung spricht, daß oaQ; und nvcü~J,([ in Gal 5,13.16 und 17 als die eigentlichen Handlungsträger des menschlichen Verhaltens benannt werden. Der Mensch ist den Mächten gegenüber keineswegs frei, sondern arbeitet ihnen lediglich zu, wie die Fonnulierungen "der oliQ; Gelegenheit geben" (Gal 5,13) bzw. "die Begierde der oaQl; vollbringen" (Gal 5, 16b) deutlich machen. Ein tragfähiges Verständnis menschlicher Existenz im Kampfbereich der Mächte findet sich m. E. bei Käsemann.30~ Ihm gelingt es, 30m Gedanken der Mächte festzuhalten, die den Menschen wesentlich bestimmen, ohne damit die Annahme verbinden zu müssen, der Mensch sei gänzlich paralysiert. Der Schlüssel liegt in seinem Verständnis der Mächte als "Herrschaftsbereich"30~ und des Menschen als "Projektion einer Welt, die sich von andern, gleichzeitig existierenden oder einander ablösenden, unterscheidet". 306
days, Suhl, Galaterbrief 3124-3126). Barclays Überlegungen gehen in eine andere Richtung. Er ist der Auffassung, die Galater befurchteten, "Paul's talk of ,freedom' and ,following the Spirit' will leave them without moral direction in a stnlcturcless existence ... doing whatever they want" (Barclay, Tnah 11 5). Dieser Sorge begegne Gal 5,17, indem Paulus ihnen versichere, in dieser gefährlichen Situation seien sie gar nicht: "If they walk in the Spirit they arc caught up into this conAict (between Aesh and Spirit; Verf.), which means that they arc not free to do whatever lhey want - 'lva ~liJ Ci citv 6iJ'lJlc TUU1U nOllltE (5.17). Such connict ensures that their freedol11 is not absolute, for lheir walk in the Spirit will set thern against the nesh and thus define the Illoral choices they must make" (Tnlth 112 [vgl. 115 J). Der wesentliche Unterschied zum oben vorgeschlagenen Verständnis besteht in der Sicht der Stoßrichtung des Verses. Der Satz enthält keine eindeutigen Signale, daß er als Versiclwnlng den Adressaten gegenüber funktioniert. Er ist vielmehr als Aussage fomlUliert. Eine Aussage kann zwar pragmatisch als Versicherung funktionieren, so daß die von Barc1ay vorgeschlagene Pragmatik des Verses theoretisch denkbar ist. Sinn an dieser Stelle macht sie jedoch nur unter der Prämisse der von ihm rekonstruierten Adrcssatensitualion, die sich aber aus unterschiedlichen Gründen nicht halten läßt (s. o. 1.5.2; vgl. auch o. S. 96 ff). Damit wird dann auch inhaltlich fraglich, ob im Vers der Gedanke im Vordergrund steht, die Freiheit sci nicht absolut. XlI ßctz, Galaterbrief 477; vgl. auch Galaterbrief 478 f. JOl Vgl. Mußner, Galaterbrief 377 f. JQJ Vgl. Mußner, Galaterbrief 378. Xl< Vgl. Käsernann, Anthropologie 43-57. ~ Käsemann, Anthropologie 53. .JOIo Käsemann, Anthropologie 46.
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
Mit Gal 5,17 will der Verfasser jedoch nicht primär eine seiner ..grundlegenden anthropologischen Lehren"'307 mitteilen und entfalten. Der Vers zielt nicht auf eine Aussage über den Menschen allgemein, sondern über die Adressaten. 308 Gal 5,17c ist in der 2. Person Plural fonnuliert: 'lva I.ll} Ci EclV {)iA"TF: taU,!(l ,wujTi: 309 Zudem zeigt der Fortgang des Gedankengangs, daß es dem Verfasser nicht um eine ausgewogene Entfaltung der theoretischen Möglichkeiten geht, die hinter Gal 5, 17c stehen. Er fährt lediglich an der nVEul.1Cl-Vanante orientiert fort (Ei öE JrvcujlGn äyeaßE; Gal 5,18a) und dies wiederum bezogen auf die Adressaten (Ei öi> nV!.;U~t<Xt1 aycafk. OUX iari uno VOl.lov). An den "Ihr'"-Fonnulierungen der Verse Gal 5, J 7c. J 8 zeigt sich, daß die grundlegende Thematisierung der Auseinandersetzung von miQl; und nvtul.lU im Dienste der Analyse der konkreten galatischen Situation steht. Gal 5, 17c hält sachlich für die Adressaten fest: Das Kampfverhältnis von Geist und Fleisch zerreißt den Zusammenhang ihres Wollens lind Tuns. Der konkrete Bedeutungsgehalt bleibt hier noch offen. Die Zuspitwng auf ihre konkrete Situation bringt Gal5,18. Mit dem Bedingungssatz Gal 5,I8a spricht der Verfasser vom Standpunkt des l1V€0I.lU aus. Mit Gal 5,I8b nimmt er das konkrete Wollen der Adressaten in den Blick, dessen eigentliche Triebfeder das Reisch ist und dessen Umsetzung in die Tat vom Geist blockiert wird: Der Geist blockiert die Umsetzung des vom Fleisch gesteuerten Willens der Galater, unter dem Gesetz sein zu wollen. )10 Der Geist, auf den der Verfasser die Adressaten verpflichten will, stellt sich ihrem Vorhaben entgegen und vereitelt es, sofern sie sich auf ihn einlassen. Daß die Ausführung von Gal 5, I7 f auf dieses konkrete Wollen der Ad ressaten zielt, zeigt nicht nur die adressatenbezogene Fornlulienmg der Verse Gal 5,17c. 18. Gal 5,17f nimmt zudem in terminologischer Übereinstim~ Betz, Galaterbrief 475. )01 Gemeint ist mit dieser Differenzierung nicht, Gal 5, 17c enthalte keine grundlegende anthropologische Aussage. Diese ist aber nichl das, ",'as prima'rund explizit mitgeteilt werden soll; vgl. Martyn, Formula 275 f. Jet Beachtung findet diese Beobachtung bei Barclay (Tnlth 112.115), Longenecker (Galatians 246), Martyn (Formula 275 f; vgl. auch Martyn, Galatians 495 f), die den Vers jedoch in anderer Stoßrichtung interpretieren; vgl. auch Dunn, Galat.ians 300 f; Vouga, Galater 133. Verdeckt wird die Beobachtung bei Mußner, wenn er schreibe ~Zun;tchst ist festzustellen, daß das Subjekt in dem (VU-Salz die Adressalen, :allgemein: die Getauften sind" (Mußner, Galaterbrief 377). G:inzlich unbeachtet bleibt die Formulierung in der 2. Person Plural bei ßcckcr (Galater 88 f), Bet7. (Galalerbrief 475-479), Lielzmann (Galater 40), Lühnnann (Gal:ater 89), Ocpke (Galater 176), Schlier (Galater 250). m Sachlich steht demnach die n\'t:il~la-Variante im Sinne von Buh.rnann im Vordergrund - jedoch in konkreter Zuspitl.ung auf die Adressaten: ,,(O)as lWCVJW k:lmpft gegen die craf.'S, damit (die Adressaten) nicht tu(n), was (sit· wollen) und d. h. die cra(.l~ will" (Bultmann, Christus 46 Anm. 6 [Ab:inderungen des Zitats v.on mir]). )IJl
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2. Textanalysen
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mung Bezug auf Gal 4,21, wo explizit vom Wollen der Adressaten die Rede ist: Atyr:rE ~lOL. oi V0J10V {}i}..ovr8; Elven. 'tov VOJlOV oux aXOU€TE; In ähnlicher Weise spricht auch Gal 4,9 die Adressaten auf ihr gegenwärtiges Vorhaben an: nWo; i:nlO'tQE/PEt:€ naAlv Eni ta aoO€vi} xo.i mwxu OtOlX€lCt ok naAlv ävwOr.v ÖOUA.EU€lV OiAtTt;Jll Mit Gal 5,18 wertet der Verfasser die gnmdsätzliche Ausführung über das Kampfverhältnis von oaQ~ und nv€uJla für die Adressatensituation aus: Das nV€U~la stellt sich der Umsetzung des Wunsches der Adressaten entgegen, unter dem Gesetz sein zu wollen. JI2 Mit dieser Sachaussage entspricht Gal 5,18 dem Vers Gal 5,16. Heide Verse sind parallel aufgebaut. nV€uJlan äy€OO€ (5, 18a) entspricht der Wendung nVEullan 1t€QlllCt't€lTE, das oux EO't€. uno VOIlOV nimmt EnlOUlllo.V oCtQXO~ DU ~.til 'tEAEOll't€ wieder auf. JlJ Der Indikativ in Gal 5,18b (oux
uno
)ll Zur sachlichen Parallelisierung von Versklavung unter den 00044""4
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
iori uno VOllOV), der die Folge der Geistführung benennt, entspricht ganz der in Gal 5,16 festgehaltenen Sachlogik. Fleisch und Geist stehen in einem exklusiven Verhältnis zueinander. Daher schließt der Wandel im Geist automatisch aus, vom Fleisch bestimmt (Ga I 5, 16b) bzw. unter dem Gesetz zu sein (Gal 5,18b). Der Unterschied zwischen Gal 5,16b und Gal 5,ISb besteht darin, daß Gal 5,16b grundsätzlich, Gal 5,18b konkret formuliert ist. Mit Gal 5,I8b führt der Verfasser die Ausführung der grundlegenden kosmischen Dimension, die er mit dem gesamten Abschnitt Gal 5,13-17 aufgerissen hat, zum konkreten Ausgangspunkt zurück, nämlich auf die Frage nach Gesetzesgehorsam und Beschneidung, die bei den Adressaten ansteht. lU Stimmt also Gal 5,18 sachlich mit Gal 5,16 überein, so führt der Vers unter pragmatischer Perspektive einen entscheidenden Schritt weiter. Mit Gal 5, 16a forderte der Verfasser seine Adressaten dazu auf, im Geiste zu wandeln: nVEuJ.uHl ntQlmUEttE. Mit Gal 5, ISa setzt er das als gegeben) wozu er mit Gal 5) 16a drängt: Ei SE nVEUl.l.Un äyooilE. Die Konstruktion Ei mit Indikativ "assumes the reality of the statement"".m Der Verfasser setzt also in Gal 5,I8a voraus, daß die Adressaten dem Appell von Gal 5,16 Folge leisten. Er sieht sie rhetorisch bereits an der Stelle, an die er sie mit (Galatians 495 f) und Mußner (Gal:tterbrief 37S). Betl. (Galaterbrief 479 mit Anm. S4), Burton (Galatians 302), Dunn (Galatians 300f), Longenecker (Galatians 246), Ocpke (Galater 176) stellen lediglich die Wiederaufnahme von Ga! 5,16a mit Gal 5,ISa fest, die Parallelität zwischen Gal 5,16b und Gal 5,ISb wird nicht gesehen. - Ga! S,IS ist eine Kemstclle für die bereits mehrfach abgewiesene Auslegung von Gal 5, J3 ff als Verteidigung des Geistes gegen den Vorwurf, keine hinreichende ethisch-moralische Führung zu geben: Ga! 5,1S zielt im Sinne dieser Auslegung darauf, "to show that a life-style detennincd by the Spirit gives themall ehey need and more. No external constraint or role-book is capable of countering ,the desire of the flesh' adequ;ltcly" (Dunn, Galati:ms 300; vgl. B:lrc1ay 115 fj Betz, Galaterbrief 479; Longenecker, Galatians 247). Daß diese Auslegung den Text niehl treffen kann, zeigt die Struktur von Gal S, IS. Gal 5, 16b und Ga! 5,Igb entsprechen einander genauso wie Gal 5,163 und Gal5, ISa. D. h. oind;olE uno VO~IOV (Gal 5, ISb)ersetzl En\6v~iav oCtQl!.(w; Oll ~it u).OOT\lI: (Gal 5,16b), womit uno VO~QV der oitQ!; zugeordnet wird. Gesetz und Geisl sind also nichl zwei miteinander konkurrierende Größen im Umgang mit der oaQl;, wie die exemplarisch von Betz und Barday vertretene Auslegung annimmt (s. noch einmal o. S. 54 ff und S.96 ff). JI< Mit Blick auf den gesamten Abschnitt Gal 5, 13-IS I:ißI sich sehen, daß der Verfasser mit Gal S,I3 Gesetzesgehorsam und Beschneidung mit der kosmischen Größe oUQ; in Verbindung bringt und so die gegenw!lrtige Adrcssatensitualion in den grundlegenden kosmischen Konflikt einzeichnet, der dann über Gal S,16 in Gal 5,17 zum expli1.iccn Thema wird. Gal 5,ISb führt nun wieder wrück zum Konkretum, zu Geseezesgehorsarn (und Beschneidung). m Longenecker, Galatians 246; vgl. BOR § 371. Der Vers iSI nicht imperativisch fomlUliert, wie Lietzmann ihn wiedergibt: ,,(D)cr Chrisl $Oll sich nicht vom Fleisch, sondern vom Geist ,treiben lassen'~ (Liet.zmann, G:llater 40 [Hervorhebung von mir J). Er benennt vielmehr indibtivisch eine Bedingung.
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2. Textanalysen
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Gal 5,16a allererst versetzen will. l1b Mit Gal 5,18b benennt er dann die 110cwendige Folge, die sich unter dieser Voraussetzung für sie ergibt: Sie sind nicht unter dem Gesetz, d. h. sie setzen ihr derzeitiges Vorhaben nicht in die Tat um. Diese Konsequenz wird für die Adressaten assertorisch festgehalten. lI7 Seine rhetorische Kraft gewinnt der Vers dadurch, daß er die Adressaten vor vollendete Tatsachen stellt. Nach der Auswertung der Ausführung über die Mächte oaQS und nVEÜJ.lu für die konkrete Adressatensituation führt Gal 5,19 den Gedanken zurück auf die grundsätzliche Ebene. In verob;ektivierter Fonnulierung wendet sich der Verfasser eingehender der grundlegenden Kategorie otiQ!; zu. Gal 5.19-21a thematisieren die Eeya tfK oUQxoaQl1uxElu ("Zauberet, "Magie"J2~). Die deutlichsten Bezüge lassen sich im Zentnllll des Lasterkataloges ausmachen, der Reihung der Laster, die gemeinschaftszerstörendes Verhalten benennen. Mit diesem C1usterl2b wird das Thema abgerufen, das der Verfasser seinen Adressaten in Gal 5,15 vor Augen geführt hatte J27 : die ,.,Gemeinschaftszerfleischung", die mit der Akzeptanz von Gesetzesgehorsam und Beschneidung einhergeht, in deren Licht der Verfasser die aktuelle Situation sieht (Gal 4,16 f) und die den entscheidenden Punkt im antiochenischen Zwischenfall darstellt (Gal 2,1\ f).m Daß auf dieses Thema Bezug genommen wird, läßt sich zum einen daran erkennen, daß einige Laster gerade das Problem der Gruppenbildung akzentuieren. ßlxoomolm und CllQ€OEl~. vermutlich auch €Ql{}ElCll bezeichnen primär Gruppenkonflikte und weniger individuelles gemeinschaftszerstörendes Verhalten. J29 Diese
Vgl. Longenecker, Christ 95 f. ):/4 Vgl. Bauer/Aland, s. v. flaoxaiw:lv 274; Delling, ThWNr I 595 f. m Vgl. Bauer/Aland, s. v. qKtQjlUKtia 1702. )21> Mit "Cluster" meine ich eine Ballung von Wörtem, die sell\:lnlisch nahe beieinanderliegen, deren Bedeutungen sich mitunter auch überschneiden und die in dieser Anhäufung einen Gesamteindn.lck erl.eugen. Entspre"f1Ö':Uwv UlllV; Das Stichwort ~liAO~ steht mit Gal 4,17 in Verbindung. Der Verfasser formuliert hier seinen Angriff auf die Gegner unter Verwendung des Verbs ~llAOüv: ~llAOÜOLV UIlU; ou xa~. aU.ex. ExxAi:ioo.l u~ui~ ßf:>"OUOlV. 'lva auTOU;: ~'1>"OÜTf:.m Der Lasterkatalog hebt also gerade in seinem Zentrum stark auf die aktuelle galatische Situation abY4 Gemt;"dt-, in Gal 5,20 ..zwischen l:QIO!;ial und
aiQi;ot;~ allgemeine Parteibildungen innerhalb
der Gemeinde" (Schlier, -I"WNT I 511 ~ W2hrscheinlieh iSl auch l:QtOtia.1 in diesem Zus2mmenh:mg zu "erstehen ("gI. zu dem nicht "eindeutig festgelegte(n) Begriff" Buchsei, ThWNT 11658). Mußner weist dar::J.uf hin, das Wort sei ..\·or dem NT nur bei Aristoteies nachweisbar und meint bei ihm d2s Buhlen um Parteiengunsl" (Mußner. G2laterbrief 382; \·gl. Schlier, Galater 253; Vouga, Galater 137). Schlier halt hinsichtlich dieser Begriffe fest: ..Bemerkens""ert ist ...• daß die drei ... Begriffe des L2sterkauloges, die jene Gesinnungen und Äußerungen charakterisieren, die sieh gegen die Einheit der Kirche richten, einen politischen Kbng haben" (Galater 254). )0 Vgl. noch einmal o. S. 114. m Vgl. Barclay, Truth 208 mit Anm.82. J.IJ Vgl. Longenecker, Christ 97 f. ))) Zry,oC; ist an sich neutr.ll. wie die positi\'e Bcz.ugnahme im folgenden Vers 4,18 zeigt (\'gl. z.u den grundsätzlichen ßedeutungsmöglichkeiten B:werl Aland, s. v. ~i]).,o;; 683; Stumpff, TbWN'T 11 879 ff). Seine Negati"""ertung bekommt ~'l;l,.oiN in Gal ",17 durch die Ausrichtung des Eifers darauf, die Adres5:iten auszuschließen (&xx).,tio4 Inhaltlich hält der Teilvers fest: Gegen die gerade genannten Eigenschaften, gegen dieses Verhalten ist das Gesetz nicht. Der Kommentarsatz "spricht eigentlich eine Selbstverständlichkeit aus"J65, so daß sich zu Recht die Frage stellt: "Why should Paul need to point out that there is no law against ,love. joy. peace' etc.?"J66 Der Kommentarsatz hat die Funktion, die in Gal 5,14 erfolgte "Assoziation" des Gesetzes mit dem göttlichen Gcistbereich 31>7 noch einmal betont abzusichern. Der Hinweis auf das Gesetz erfolgt hier in demselben Koordinatensystem Geist - Liebe - Gesetz wie in Gal 5,13 Galalians 315; Mußncr, GablCrbrief 387). Diese Bedeutung legt sich hier nahe aufgrund des Konlextes, in dem Ital'{lOOuIÜU steht. MuxQO{tUltlU ist in eine Reihe gestell\ mit ciQitVl'1 und XQ11Olonll;. oYO{t(l)('lOVll. Rlonc;. RQUihTIC;, wodurch bei l-lUl'{lOOuIIIO Sl.'irker der Aspekt der Ausübung dieser Tugend gegcnUber anderen betont wird. - Die abschließende Nennung von {;yxQOcno könille d3durch bedingt sein, daß cyxQOn:ta sachlich l-ldKH und J«iJWH korrespondien, den zulet1.t genannten Lastern des Lasterkauloges (vgl. Burton, Galatians 318). 'Eyl«Kin:\o hiltte dann wie xoQti keine spez.ielle Funktion hinsichtlich der aktuellen Situalion, sondern würde die Liste mit immer Richtigem auffüllen, so daß die Aufz.;thlung Modcl1charakter gewinnL JItJ Vgl. zum Bezug von Gal 5,6 ZU Gal 3,26-28 o. S. 68 f. .ItJ
S. o. S. 128 .
Vgl. Barclay, Trum 122; Belz, Galaterbrief 491; Dunn, Galatians 313; Mußner, Galalerbrief 389; Schlier, Galater 262 f; unentschieden bleibt Vouga (Galater 141), ilhnlich Oepke (Galater 183). J66 Mußner, Gal:tterbricf 389; vgl. Barclay, Tnlth 122 f; Oepke, Galater 183; Schlier, Galater 262 . ..... ßarclay, T ruth 122. W Vgl. noch einmal o. die Auslegung 1.1I Gal 5,14 S. 107 f. .\000
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2. Textanalysen
135
und 14 ..l68 Das Gesetz ist in Gal 5,22 f wiederum der Seite des Geistes zugeordnet und erscheint im Zusammenhang mit der Liebe, dem z.entralen Merkmal des Glaubens bzw. des Geistbereichs. Wie in Gal 5,13 f wird im Aussagegefälle von Geist und Liebe herkommend das Gesetz zum Thema. Parallel zu Gal 5, t 3 f gibt Gal S,23b eine Zusatzinforma~ tion WJ , die das Gesetz in einen Zusammenhang mit der Frucht des Geistes bringt. Der Teilvers zielt auf den Gedanken, daß ein Einklang besteht zwischen den genannten Tugenden und dem Gesetz. Anders formuliert: Der Tugendkatalog nennt Werte, die auch vom Gesetz geteilt werden. Diese Aussage ist sachlich tatsächlich selbstverständlich: Natürlich steht das Gesetz nicht gegen die Frucht des Geistes, schon gar nicht nach der Aussage von Gal 5,13 f. Wenn das Gesetz in der Liebe zur Erfüllung gekommen ist, dann kann es kaum etwas gegen die Liebe und die weiteren Tugenden einzuwenden haben, die unter diesem Zeichen stehen. PO Der Vers Gal 5,23b hat genau die Funktion, diese Selbstverständlichkeit auswsagen. Der Verfasser wiederholt pointiert die Sachaussage von Gal 5,13 f: Das Gesetz mit seiner Intention ist in der Frucht des Geistes, der Liebe, zu seiner Erfüllung gekommen. Damit wird die Verbindung des Gesetzes an sich mit dem nVf.\)~la-Bereich bekräftigt,l11 Notwendig ist diese erneute Absicherung dieses Gedankens aufgnmd des Verses Gal 5,18. m Nachdem Gal 5,13 f Gesetzesgehorsam und Gesetz an sich voneinander dissoziiert - Das Stichwort "Geist" findet sich in G:l1 5,22 und impliz.it in G:l1 5, 13c. Daß es sich in 5,1 Jc um eine Aufforderung handelt, sich dem nw:u!Jo.-Bcrcich entsprechend z.u verhalten, ist deutlich ober den Rückbezug des Teikerses auf Vers 5,6, der noch an der Bestimmung nw:u!Jo.u von Gal 5,5 p:lrtizipiert. D:ls Stichwort "Liebe~ kommt in Gal 5,22 sowie in Gal 5,Ue. 10\ vor. Das ~Gesetz.~ findet sich in Gal 5,23b und in Gal 5,14. j/o9 So wie in Gal 5,IH die Aufforderung zur Liebe nicht durch den Hinweis auf das Gcset7. begründet wurde (vgl. o. S. 103), so wird auch hier nicht der Tugendkatalog durch das Gesel1. legitimiert, so daß der Teilvers Gal 5,23b dar:wf zielte, die vorangegangenen Tugenden durch das Arg\lment zu stützen: "Das alles gilt, weil das Gesetz das auch so sicht," Gal 5,23b bietet vielmehr parallel zu Gal 5, IJ feine Erlitutcrung des Tugendkataloges durch einen Hinweis :luf das Gesetz, .l1C Die Vermutung, Paulus denke hier ":ln das Gesetz von Ga13,19" (Vouga, Galater 14lj \'gl, ithnlich Fee, Frccdom 210), er:sL1unt. Auch wenn VOIIOb Vgl. Lambrecht, Admonition 47: "V. 4 is the opposite parallel tO v. y', - Die Auskunft, der Vers setze sich mit dem Thema "Selbstruhm" auseinander (vg1. Heckei, Kraft 184; Klein, Werkruhm 210 fj Mußner, Galaterbrief 40 I im Anschluß an Buhmann rvgl. BullITlann, ThWNT III 650 fJ), erscheint mir insofem irrefuhrend, als in Gal 6,4 doch nicht Sl'lbstruhm das Problem ist, sondem der Ruhm, der im Vergleich mit anderen profiliert wirdj vg1. dazu 0, die folgenden Ausführungen. W 'EaUlOÜ fungiert in der Wendung ro f.QYOV f.o.UlOU als betonter GenitiV (vgl. BOR § 284, 00Il
2).
.... Vgl. BUl1on, Galatians 332. ..... Betz, Galaterbrief 514; vgl. BaumeIl, Gewinn 69 f; Bullmann, ThWNT Jll 651. Zu der Konstruktion von xaUX1W(L mit cU; vgl. Klein, Werkruhm 208 fj Barday, Truth 160 f; Ounn, Galatians 325; Mal1yn, G:.latians 550j umbrecht, Admonition 49. Anders versteht Longenecker X(LVx11IICL ci;; im Sinne von ..basis for boasling i" hirnsclf" (Galatians 276 [Her.. . orhebung von mir]) bzw... i" someone else" (Galatians 277 [Her...orhcbung VOll mir]), Gegen dieses Verständnis spricht, daß tU;: die Richtung angibl, auf die hin der Ruhm geltend gemacht wird, also den "für den Ruhm maßgebliche(n) Relationszusammenhang" benennt (Klein, Werkruhm 209; Klein versteht cU; im Sinne von "vor~, umbrecht u. a. im Sinne von "in respect to" [vgl. umbrecht, Admonition 49]). Beim Longeneckerschen Verständnis ware die sonst bei Paulus übliche Konstruktion mit i:.v w erwarten (...gl. ...or allem Klein, Werkrohm 208 f). Mußner versteht die Wendungen so, daß gesagt sein solle, der Gegenstand des Ruhmes könne "nur fUr ihn sprechen.,., nicht für den anderen" (Mußncr, Galaterbrief 401~ Der Vers hebt aber nun wirkJich nichl darauf ab, stelh'el1retend - ob erfolgreich oder generell aussichtslos - Ruhm für andere geltend 7.U machen, 47ll Bulunann, lnWNT 111 651. Longenecker (Galatians 277) schrank! röv tTCQOV ein auf "a particular wrong·docr" oder ..a general dass of wrong-docrs". Dafür gibt der Text jedoch keinen Anhalt, der im Gegenteil generell spricht, ohne jegliche Einschränkung.
2. Textanalysen
161
Auf den ersten Blick mag es ers13unen, daß Paulus hier positiv vom EQYOV spricht, nachdem er ..Werk" im vorangegangenen Brief in den Wendungen i:Qya TT)t; Otiov als Wiederaufnahme von tn fkle'l aus Gal 6,2: vgl. Betz, Galaterbrief 516; Burton, Galatians 334; Lambrecht, AdmonitiOI1 50; Mußner, Galaterbrief 401 f mit Anm.36; vgl. KJein, Werkruhm 209. Versteht man jedoch Gal 6,5 als eine Art Neufonnulierung von Gal 6,2, dann besteht ein Widerspruch zwischen beiden Sachaussagen, der sich nicht recht durch einen Hinweis mildem läßt wie z. B.: "(D)ie gegenseitige Hilfe beim Tragen der Lebenslast" schließt nicht aus, "d:tß jeder lernen muß, mit sich selber fertig zu werden" (Betz, Galaterbrief 517; vgl. einen :tltemativen Venniulungsversuch zwischen Gal 6,2 und 6,5 bei Klein, Werkruhm 209). Um einem möglichen Widerspruch zwischen Gal 6,5 und 6,2 zu entgehen, schlägt Baumert vor, lpOQtlOV im Sinne von ",Frucht', ,Ware' und in der Landwirtschaft ,Ertrag, Produkt, Ernte'" aufzufassen (Gewinn 71). Dieses Verständnis von qlOQtlOV ist zwar theoretisch denkbar (vgl. Liddell/Scott/]ones, s. v. lpOQ1iov 2.b. 1952), es h:tndelt sich jedoch um eine eher entlegene Bedeutung (vgl. trotz der Beteuerung Baumerts, lpOQtlOV hieße "vor allem ,Frucht, Ware'" [Gewinn 71 lHeTVorhebung von mirll, die Folie der Belege bei Liddell/Scottl]ones fUr f.POellOV im Sinne von .. Last, Burde" gegenüber den vereinzelten Stellen, an denen '
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11. Eine textpragmatische Analyse von Gal 5 und 6
Mußner z. B. setzt ihn sehr groß an, so daß er von echter Wahlfreiheit ausgeht.~·o D:u ist jedoch in Anbetracht der Ausführungen von Gal 5,16 ff kaum einsichtig zu machen. Von hier legt es sich kaum nahe, daß der Mensch gänzlich frei zwischen Aeisch und Geist wählen und damit seihst über sein Geschick entscheiden kann, sondern es gilt wohl eher, was Käsemann festhäh: .. Der Mensch hat sich nicht in eigener Regie. Sein Heil und Unheil liegt in seinem jeweiligen Herm".~' Bei einem solchen Verständnis ist die Autonomie des Menschen so minim wie eben möglich anzusell.en, ohne jedoch die Grenze zum Dctenninismus z.u überschreiten. Menschliche Verantwonung kann dann als die Aufgabe beschrieben werden, "treu erfunden zu werden und in der Profanit:tt des AJltags Gon zu dienen" s42 • oder anders fonnuliert: die Herrschaft Gottes anzuerkennen, sich der göttlichen Macht zur Verfilgung zu stellen und gegen den Angriff der widergön. lichen Macht beim gegebenen Herrn und in seiner Herrschaft zu bleiben. sn
Mit Gal 6,7 und 6,8 stellt der Verfasser das in den Grundregeln benannte Verhalten der irdischen Gemeinschaft der Christusgläubigen (Gal 6,1-6) in den Horizont der konkurrierenden Mächte. Nachdem er sich mit Gal 5,25-6,6 ganz auf die Innenperspektive des nVl;;ü~lCl-Bereiches konzentriert hat, weitet er die Perspektive und nimmt emeut wie in Gal 5,16 ff den grundsätzlichen Konflikt zwischen den beiden Mächte in den Blick, die um den Menschen ringen. Gegenüber Gal 5,16 ff fonnuliert er dabei aus der anthropologischen Innenperspektive, d. h. aus der Sicht des Menschen, der unter der Herrschaft der Mächte lebt und handelt (0 ontlQwV).S4~ Die Wiederaufnahme der Amithese oaQ/; - nVEullCl zeigt, daß Gal 6,7 und 6,8 über die Konzentration auf den nVEüllCl-Bereich in Gal 5,25-6,6 hinaus die gesamten Ausführungen über die aktuelle galatische Situation im Spannungsfeld von oQ.Qi; und nVEUIlCl kommentieren, die der Verfasser ab Gal 5,13 entfaltet haL S4s Das Vorangegangene wird unter der Perspektive der Machtbereiche gebündeIL Die Konkretisierungen der Kategorien oCr.Ql; und nV(;ü~lO. in den Versen Ga! 5,13 ff gehen wieder in ihren übergeordneten Kategorien auf: Die Konkretion der Herrschaft der oaQ/; in der ..Akzeptanz von Ge· setzesgehorsam und Beschneidung" (Gal 5,13b. 18) lind des damit verbundenen ..gemeinschaftszerstörenden Verhalt{'ns" (Gal 5, IS. 19-21 b. 26) wird ~
Vgl. Mußner, Galaterbrief 405. ~l K:tsemann, Anthropologie 55; vgl. Taeger, Paulus 101. 108. ~ K:lsemann, Anthropologie 57. ~ Vgl. K:lsemann, Gottesgercchtigkeit 188. S. :lUch Klein, der die menschliche Antwort :lUr das göttliche Handeln ..nichl als r~ieO Willens~nt.schcidung ~ines autonomem Subj~kt.s, sondern als abgenötigte (um nicht l.U sagen: abgeKhm~ichehe) und jedenralls zutiefst ins Da~in einschneidend~ Antwort aur Gottes schöprerischen Ruf'" besch~ibl {Aspekte 59~ ,... Das stellt nicht in Frage, daß der Mensch grund.s:nz.lich voo d~n Mlichten ~stimml ist.: Als gr:r.mmatisch~s Subjekt ist ö on.t~ ... noch ntcht autoo001 Handelnder. lo06 Vgl. Barclay, T ruth 164: ..lnis final refertncc to nesh/Spirit sums up Paul's ~xhortatioo, and, indeed, (he message of the wholc letter"; s. auch Burton, Galatians 340; Dunn, Gal.uians .HO.
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2. Textanalysen
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in dem Bild "Säen auf das eigene Fleisch"'$% wsammengefaßt. Die Konk.retisierung der Herrschaft des nV{:u~l(l im gemeinschaftsfördemden Verhalten unter dem Zeichen der Liebe, das die egalitäre Gemeinschaft aller in Christus Gestalt gewinnen läßt (Gal 5,6. 13c. 22-23a; 6,1-6), findet im "Säen auf den Geist" seinen zusammenfassenden Ausdruck. Das pointierte Aufzeigen der eschatologischen Ernte, die die Mächte aus sich entlassen, geht sachlich über die vorangegangenen grundsätzlichen Ausführungen über oaQ~ und nVf:u~LU hinaus. Gal 5,15 und 5,2 t b deuteten zwar bereits an, was von der al; Beschneidung (und GeseLZesgehorsam) mit der !nterpretationskategorie 00.(>1; (Gal 5, 13b). Damit deckt er die tieferliegende Dimension der galatischen Situation auf. Zum anderen reklamiert er mit Gal 5,14 über die "Liebe", die das wesentliche Merkmal des Christusgbubens ist (Ga I 5,6. 13c), die umstrittene Größe "Gesetz" für den Christusbereich. Damit verlegt er den Ort des Gesetzesgehorsams in den nw:ü~a-Bereich und definiert Gesctzesgehorsarn neu als Befolgung des Liebesgebotes. Schließlich expliziert er mit Gal 5,15 das -rhema "Zerstö-
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IIJ. Ergebnis: Die Funktion von Gal 5 und 6 im Gesamtbrief
rung der egalitären Gemeinschaft in Christus", die der Akzeptanz von Gesetzesgehorsam und Beschneidung innewohnt. Damit stellt er einen bislang nur angedeuteten Aspekt der Krise in den Vordergrund. Diese drei Fäden bestimmen miteinander verwoben die folgenden Aus-
führungen bis Gal 6,10: Gal 5.16-26 führt die mit Gal 5,13 begonnene Aufdeckung der tieferliegenden Dimension des galatischen Konflikts aus. Der galatische Konflikt wird eingezeichnet in den Machtkampf zwischen O(i~ und TtW;UI.W (Gal 5,16-18) und aufgewiesen an den Auswirkungen dieser Machtbereiche auf die zwischenmenschliche Gemeinschaft (im Lasterkatalog Gal 5,19-21 a und im Tugendkatalog Gal 5,22-23a). In den Dienst dieses Aufweises stellt der Verfasser den bereits mit Gal 5,15 benannten Aspekt der Zerstönmg der egalitären Gemeinschaft in Christus (Gal 5,19-21 a), der der Akzeptanz jüdischer Lebensweise innewohnt. Positiv entspricht diesem Aspekt die dem Glauben innewohnende Gestaltung der egalitären Gemeinschaft unter dem
Zeichen der Liebe (Gal 5,22-23a). Gal 5,23b bekräftigt die in Gal 5,14 vollzogene Reklamation des Gesetzes für den nVEü,.ux-Bereich über die Liebe. Daß die Adressaten sich in der kosmischen Auseinandersetzung zwischen a6.~ und nv(.u~a bewegen, deckt der Verfasser nicht ..objektiv-neutral" auf, sondern rhetorisch gelenkt. Er entfernt seine Adressaten zunehmend vom aa~-Bereich und assoziiert sie immer stärker mit dem Ttv('ü~la Bereich. Diese rhetorische Umpositionierung wird an den Versen Gal 5,13b. 16. 18a. 25 greifbar. Mit Gal 5,13b konfrontiert der Verfasser die Adressaten unmittelbar mit der mi(>l;-Sphäre und fordert sie auf zur Wahl zwischen ocle; und nv(.ü~a zugunsten der nv(.ü~a-Variante. Mit Gal 5,16 verpflichtet der Verfasser sie explizit auf den Wandel im Geiste, was einer Distanzierung vom oa~·Bereich gleichkommL Daß die Adressaten diesem Appell tatsächlich nachkommen, läßt der Verfasser mit Gal 5,18a rhetorisch .. real" werden. Mit Gal 5,25 schließlich stehen die Adressaten an dem vom Verfasser gewünschten Ort: im nvr.ü~ta-Bereich. Mit Gal 5,25 sind sie dem Verfasser erneut Glaubensgeschwister. Als solche spricht cr sie im folgenden an: ul-lEit; Ol nVEU~LO.TlXOl (Gal 6.1). Im Ablauf des Textes Gal 5,13-25(26) spitzt der Verfasser den Gedankengang auf den nvEi)~ta-Bereich zu. Entsprechend konzentriert er sich im folgenden Abschnitt Gal (5,26) 6.1-6 ganz auf diesen und stellt die Gestaltung der egalitären Gemeinschaft unter dem Zeichen der Liebe in den Vordergrund. Gal 6,2 schließt die Verlegung des Gesel.Zesgehorsams in den nVEü~a-Bereich ab. Spiegelbildlich zur Gemeinschaftszerstönlllg, die dem Gesetzesgehorsam entspringt, entwirft der Verfasser eine Instruktion an die Pneumatiker, die dazu anleitet, die egalitäre Gemeinschaft (wiedcr)herL.llstellen lind dauerhaft zu erhalten. Hier wird also die mit Gal 5,15 angesagte Zerstörung der egalitären Gemeinschaft in Chrisws zum
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2. Auswertung unter dem Gesichtspunkt der beiden Lcitfragen
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her:tusgehobenen Thema, jedoch in Fonn eines spiegelbildlichen Gegenentwurfes. Mit Ga! 6,7-8 bricht Paulus diese Konzentr:ttion auf den m'Eu~a-Be reich noch einmal auf, indem er emeut den kosmischen Horizont des Mächtekampfes vor Augen stellt, diesmal anthropologisch gewendet. Gal 6,7-8 rundet den Aufweis der Tiefendimension der aktuellen Adressatensituation, den Gal 5,13 begann und der in Gal 5,16-26 durchgeführt wurde, mit einer eschatologischen Wamung ab. Zugleich zielen die Verse im Verbund mit Gal 6,9-10 dar:tuf, die rhetorisch mit Gal 5,25 bzw. Gal 6,1 erreichte Rückgewinnung der Adressaten für den nv(;u~LQ-Bereich zu festigen.
2. AuswerlHng unter dem Gesichtspunkt der beiden Leit/ragen 2.1 Der thematische Zusamme"hang zwischen Gal 5,13-6,10 und dem Rest des Briefes Unter thematischer Perspektive zeigt sich, daß der umstrittene Abschnitt Gal 5,13-6,10 das Gesamtthema des Briefes weiterführt. Keiner weiteren Erläuterung bedarf es, daß der v6~LOC;4Faden, den Gal 5,14 neu ausrichtet, mit dem vorangegangenen Brief thematisch verbunden bleibt. Das prima facie neu erscheinende Thema des Miteinanders in der Gemeinsch:tft der Christusgläubigen bzw. der damit zusammenhängenden StalUsfrage des Einzelnen erweist sich als ein Teilthema des Gesamtthemas ..Gesetzesgehorsam und Beschneidung", das zudem bereits die früheren Ausführungen des Briefes durchzieht (vgl. Goi 2,2.6.9. 12; Goi 3,26-28 und Gal 4,16. 17). Die Analyse h3t schließlich gezeigt, daß der mit Gal 5, 13b eingeleitete Übergang zur grundsätzlichen Darlegung des Kampfes zwischen oaQ~ und llvr.u~la keine TIlemaverschiebling mit sich bringt. Die gnmdlegenden AusfUhrungen erfolgen vielmehr im Dienste der Auseinandersetzung mit dem l""ema "Gesetz.esgehorsam lind Beschneidung", Ersichtlich ist dies vor allem an den Stellen des Abschnittes, die Gesetzesgehorsam und Beschneidung unmittelbar mit der Interpret3tionskategorie oci.~ verknüpfen: Der Anschluß \'on Gal 5,I3b an G:tl 5,12 bedient sich der Assoziationsbrücke von "Beschneidung" auf "Fleisch", Gal 5,18 weist uno v6~ov der Kategorie oci.~ zu, Gal 6,8 spielt mit der Wendung 0 01U:lQWV Ei; ri]v oitQxa. mOlOl> emeut auf die Beschneidung :tn. Daß der Verfasser mit Gal 5,13 ff die Tiefendimension der galalischen Krise aufdeckl, zeigt sich jedoch nicht allein am Einz.el:tbschnitt Gal 5,13-6,10. Vielmehr benennt der Verfasser diese Tiefendimension z.uvor im
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1II. Ergebnis: Die Funktion von Gal 5 und 6 im Gesamtbricf
Brief. Bereits in GaJ 3,3 verwendet der Verfasser die Antithese von oä.~ und nvco~a als lnterpretacionskategorie für die galatische Krise. Der Vers ist die erste Stelle des Briefes, an der die Antithese vorkommL I Der Verfasser setzt sie ein, um die gegenwä'rtige galatische Situation zu deuten: \lVV oaQiü Enl'lwio{tE; Sachlich wird die Kategorie oaQ!; durch den unmittelbaren Kontext (Gal 3,2. 5) mit f.Qya V6~lOl) gefüHL 1 D. h. schon hier teilt der Verfasser das Ergebnis seiner Analyse der ticferliegenden Ursachen für die galatische Krise mit, verknüpft er den Geset7..csgehorsam mit der Kategorie "nur menschlich" und stellt sie der Positivkategorie nvt::ü~C1 gegenüber. Von der Struktur des Abschnittes Ga13,1-5 her steht die Diagnose von 3,3 an exponierter Stelle. In Gal 3,2 fragt der Verfasser nach der Herkunft des nvtü~ mit der Alternative El; f.Qywv v6~ou oder r.; axo1)r; niOlf.O>C;:. Diese Frage wiederholt er in 3,5 und geht ihr im folgenden nach. Dazwischen geschaltet findet sich die rhetorische Frage von 3,3, die den Gegensatz zum nvcü~C1 nennt: OÖtw.;; avörp:oi &on:. i;v~a~Ol ll\1:Vj.wn v\)v aapx; i:nm:ltio&; Gal 3,3 bildet also einen überschuß, einen Gedanken, der über das mit 3,2 Thematisierte hinausgeht, dann jedoch sogleich wieder zuriickgcsteUt wird zugunsten der zuerst in Gal 3,2 gestellten Frage (Gal
3,5 ): 3,2
nVEU~a
fl; teywv
It
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3,3 3,5
"
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llVf:Vj.W
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Aufgrund der hervorgehobenen Bedeutung der Abschnittes Gal 3,1-5 ist diese Auffälligkeit in der Struktur des Abschnittes von besonderer Wich· tigkeit: Nach den Ausführungen über die Autorität des Apostels und seines Evangeliums (Gal ',10-24)3 legt der Verfasser mit Gal 2, I-I 0, 11-21 den Vgl" die An21yse unter thcIl12tischem Aspckl o. im Exkurs: Zur Verwendung von o~ in G21 \,1-5,12. 1 Vgl. RusselI, Confliet 123 f. ) Es encMinl mir nichl 7.wingend, den Abschnitl 21s Verteidigung zu \"erstehen (vgl. Betz., G2bterbrief 122 ff; Becker, Gabler 10; Mußner, G2bterbrief 62; Suhl, G2121erbrief J088-J096). Das Her.aussu:llen der eigenen Autorltllt durch [>2ulus muß nicht zwingend ein Reflex 2uf (12t.s~chlich) gegen ihn ,·orgebr.achte Vorwilrfe sein (Suhl rekonSlruien z.. B. den Vorwurf der ..A b I rü n n i g k e i t \'on Jeruukm ..., um mil seinem gesetzesfR'ien Evangelium Menschen 7.U gehlIen" (G2btcrbrief J094J; \'gl. Betz's \"orsichtiges methodisches Vorgehen bei der RekonSlroktion [G2latcrbrief 4\; vgl. 2uch G21:11erbrief 123] z. B. im Unler· schied zu Mußncr [G2bterbrief 62». Der Einleitungsteil des Briefes könnte vielmehr dnu dienen, ohne 2pologelischen Hintersinn Aulorit11 gegenUbcr den Adrcsuten auf7.Uhaucn, 1
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2, Auswertung unter dem Gesichtspunkt der beiden Leitfr:tgen
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"historischen Modellfall" für die galatische Situation dar," Die Rede an Petms in Gal 2,15-21 hat dabei die Funktion, sowohl den historischen Modellfall sowie die aktuelle Adressatensituation theologisch zu beurteilen,~ In Gal 3, I markiert die pointierte Anrede der Adressaten (waV()1l"wl raAUTClt) einen Einschnitt, Zum ersten Mal seit Gal 1,6-10 spricht der Verfasser seine Adressaten direkt auf ihre derL.eitige Situation an, die sein Schreiben motiviert,/t Mit Gal 3,1-5 konzentriert der Verfasser die Ausführungen auf die aktuelle Adressatensituation: "Pau! could now at last begin to address the Galatian crisis directly, and thus to embark on the main section of his exposition,"] Gegenüber G:tl 1,6-10 ist mit G:tl 3,1-5 nun die Stelle im Brief erreicht,:tn der der Verhsser sich explizit und :tusschließlich dem g:tlatischen Problem zuwendet. G:tl 1,6 haue zwar bereits das Grundproblem benannt, das nach Auffassung des Verfassers darin besteht, d:lß die Adressaten sich einem anderen Evangelium :lnschließen. In Gal 1,6-10 spricht jedoch lediglich Gal 1,6 die Adressaten direkt auf ihr Verhalten an: O(lwa~w ön oi.')"r~ TClxtUX; ju:mri{}t;a{}co.no mü y.aAi:oavn)~ o~ui~ tv xCtem IXQ1CltQU] d~ ~tcQOv EOOyytAIOV. Anknüpfend an das Stichwort ~,tQOv tOOyyü..l0V stellen Gal 1,7-10 dann sachlich die Fr:tge nach "wahrem" oder "falschem" Evangelium und seinen Verkündigem in den Vordergrund. Gal 3,1-5 ist somit die erste Stelle des Briefes, an der die AdressateIl und ihr Verhalten explizites Thema sind.
Fomlal betrachtet ist der Abschnitt eine Art Überschrift zu den Ausfnhrungen der Kapitel 3-6. Der Abschnitt zeigt an, wie der Verfasser seine Auseinandersetzung mit der aktuellen Adressatensituation, den Hauptteil seines Briefes, gestalten wird. 8 Der Verfasser kündigt zwei Gedankengänge die den Apostel als Repräsentanten des Göttlichen ausweisen soll. Dies hatte das Ziel, seinen Ausführungen den Rang gönlicher Belehrung beizulegen, was es den Adll'ssall'n erheblich erschwerte, sich gegen die im Brief \'orgetragene Position ZU entscheiden; \'gl. in dieser Richtung Lyons, Autobiography 143 f. • Vgl. in dieser Richtung Betz, Galaterbrief 174. 178; Dunn, Galatians 150 (Dunn spricht \'on einern ersten und zweiten .,test case s Unabhangig \'on dl'r Frage, wie der Passus im einzdnen aufwfassen ist (so \'l'rstehen ihn einige Ausleger als propositio (vgl. z. B. Betl" Galaterbrief 212-215; Bnlcker, Rhetorik 229 f; Longenocker, Galatians 80 f; kritisch dazu ßachmann, Sünder 156 ffi Vouga, Gabter 55 fl), besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß die Rede des Paulus an PetnlS im Blick auf die aktuelle Adressatensituation fonnuliert ist und theologische Gnmdubcrzeugungen fUr diese Auseinandl'rsetzung vorbringt (vgl. Barday, Tn.Jth 76; Bccker, Galater 41; Betz, Galaterbrief 21 3; Brueker, Rhetorik 229 fi Dsehulnigg, Überlegungen 16; Mußner, Galaterbrief 145 f; Schlier, Galater 87 f; Suhl, Galaterbrief 3098; Vouga, Galater 55 ff). • VgJ. Cosgrove, Cross 39; Vouga, Galater 66. Die Anrede der Adressaten in Gal 1,13 kann hier unberücksichtigt bleiben (\'gl. den Hinweis auf diese Stelle bei Dunn. Galatians 151; Vouga, Galater 66), da der Verfasser an dieser Stelle nicht mit der Adressatensituation beschäftigt ist, sondem mit der Entfaltung sei"es "WerdegangsM. , Dunn, Galatians 150; \'gl. Cosgrove, Cross 28; Vouga, Galater 66. • Aufgnmd der Funktion des Abschnittes, die Argumentation der folgl'nden Kapitel k
).
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111. Ergebnis: Die Funktion von Gal 5 und 6 im Gesallltbricf
an: eine ,.Aufklärung'" über Herkunft und Anteilhabe am nvtu~lC1 (Gal 3,2. 5) und eine Analyse der Gegenwart vermitteIs der Interpretationskategorie nV€U~C1 - ociQ!; (Ga I 3,3).9 Entsprechend sind die Kapitel Gal 3-6 VOll diesen beiden Säulen der Argumentation 10 bestimmt: Gal 3,6-4,6(-11) führen die Belehrung über das nV€Ü~I(l aus. ll Die Gegenwartsdiagnose von Gal 3,3 entfaltet der Verfasser in Gal 5,13-6,10: Hier löst er den Überschuß, die schlaglichtartig präsentierte Analyse der aktuellen Adressatensituation, ein, indem er die galatische Situation in den grundlegenden Konflikt zwischen ociQ!; und nV€U~C1 einzeichnet ll In den Ausführungen über das nv€ü~a (Gal 3,6-4,11) bleibt die Diagnose von Gal 3,3 unkommentiert. Die Antithese von ociQ!; und nVf;u~C1 tritt in den Hintergrund, die Aufmerksamkeit gilt ausschließlich dem nV€Ü~C1, der Überschuß aus Gal 3,3 bleibt zunächst bestehen. In Gal 4,21-31 führt der Velfasser das Gegensatzpaar ociQ!; - nVEü~a wieder ein, die Gegenwartsdiagnose von Gal 3,3 expliziert er jedoch erst mit Gal 5,13 ff, dem Abschnitt, in dem er die Tiefendimension der aktuellen Aclressatenlage thematisiert. Gal 4,21_31 13 nimmt z.war den Gegensatz von o Mit XOtvt; X'tlOU:; bringt der Verfasser die egalitäre Gemeinschaft der Christusgläubigen. die Liebe als maßgebliche enupricht dann den Versen G:rol 5,13b. c und 5,6, die ebenf:r.lls mit 1 Dieser Beschluß hebt die Dringlichkeit des Segenswunsches hervor, der das Anliegen des Briefes in gedrängter Fornl wiedergibt. Der Wunsch bedarf einer letzten Beteuerung: Es möge wirklich so sein, wie der Verfasser es den Adressaten nahegelegt hat. Zugleich zielt das allnV darauf, daß die Adressaten einstimmen in dieses Amen, es .,laut lind mit voller Zustimmung nachsprechen ..., wenn ihnen der Brief ... vorgelesen werden wird. "'1>2 Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Abschnitt Gal 6,11-18 die Gedankenfäden von Gal 5,13-6,10 auszieht und die Textstrategie der Kapitel 3,1-6,10 bis zum Ende weiterführt. Auf den Ablauf der Kapitel 3-6 bezogen, entspricht der Abschnitt in seinem ersten Teil den Abschnitten, die das Verhältnis von Adressaten, Verfasser und Gegner betreffen, nämlich Gal 4,12-20 und Gal 5,7-12. So wie Gal 4,12-20 den ersten Argumentationsgang (Ga I 3,6 ff) mit einer Auseinandersetzung mit den Gegnem beschließt und Gal 5,7-12 zum zweiten Argumentationsgang überleitet, so beendet Ga16,1 1-14 den zweiten Argumentationsgang (Gal 5,13 ff) mit einem letzten Angriff auf die Gegner. Das Material dieser Polemik gewinnt er aus den Gedanken von Gal 5,13-6,10. Zugleich beendet der Abschnitt den Gesamtbrief. Die letzte Selbstpräsentation des Verfassers gleitet über in eine sachliche Gesamtzllsarnmcnfassung und eine letzte Absicherung des rhetorischen Ziels, das der Verfasser mit dem Brief erreichen will: die Rückgewinnung einer Gemeinschaft von Pneumatikem.
.., VOUg3, Galater 159; vgl. Dunn, Gal:itians ,H7 f; Martyn, Galatians 569. •, Es besteht wenig Anlaß zu der VemlUtung. d:iß das eq111V nicht vom Verf3sser selbst stammt, sondem nachtrllglich eingefngt worden ist (vg1. Belz., Galalerbrief 552). TextkriLisch ist es unstritlig :lls zum Text gehörig bdegL tU Mußner, Gal:Joterbrief 421; vgl. Dunn, G:il:ltians 348; Martyn, Galatians 596f.
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V&R Vandenhoeck &Ruprecht