Hannes Leischner
BASICS Onkologie
ELSEVIER IJR llAN& FISO IER
URBAN &: FISCHER München
Zuschriften und Kritik bitt...
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Hannes Leischner
BASICS Onkologie
ELSEVIER IJR llAN& FISO IER
URBAN &: FISCHER München
Zuschriften und Kritik bitte an: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Lektorat Medizinstud ium , Hackerbrücke 6, 80335 Mlinchen
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Die Deutsche Nationa lbibliothek verzeich net diese Publi kation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http: //dnb .ddb.de abru fbar.
Alle Rechte vorbehalten
2. Auflage Januar 20 I 0 © Elsevier GmbH, M linchen Der Urban & Fischer Verl ag ist ein Imprint der Elsevier GmbH. 10
II
12
13
14
6 5 432
Für Copyright in Bezug au f das verwendete Bi ldmaterial siehe Abbildun gsnachweis. Der Verlag hat sich bemüht, sämtiiche Rechteinhaber von Abbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber dennoc h der Nachweis der Rech tsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar gezahlt. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerh alb der en~e n Gre nzen des Urheberrech tsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzu ngen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Programmleitung: Alexandra Frntic Lektorat: Inga Dopatka, Ines Mergenhagen Redaktion: Text + Design Jutta Cram, Augsburg Herstellung: Rainald Schwarz, Elisabeth Märtz Satz: Kösel, Krugzell Druck und Bindung: L.E.G.O. S. p. A., Lavis, Italien Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu·Ulm Titelfotografie: © DigitalVision/Gettylmages , München Gedruckt auf 100 g Eurobulk I , I f. Vol. Printed in Italy ISBN 978-3·437-42327·7
Aktu elle Informationen finden Sie im Intern et unter www.elsevier.d e und www. elsevie r.com
Vorwort
IV I v
Für ih re fachliche Unterstützung danke ich: Dr. N. Bubnoff das vorliegend e Buch soll einen Überblick über die häufigsten Dr. C. Miething klinischen Krankheitsbilder bzw. die im klinischen AusbiI· Dr. T. Dechow Dr. H. Krönig dungsabschnitt wich tigen grundlegenden Themen der aktu· ellen Onkologie geben . Dabei war es mir besonders wichtig, Dr. F. Lordick die Grenzen der einzelnen Fächer zu überschreiten, um Ge· Dr. M. Kremer meinsamkeiten und Grundprinzipien aufzeigen zu können. Dr. R. Langer Dr. P. Becker Dr. C. H. von Weyhern In keinem Fall kann oder soll dieses Buch die Beschäftigung mit ausführlicheren, fachbezogenen Informationsquellen Dr. B. Luber Dr. G. Keller ersetzen. Über Anmerku ngen, Kritik und Verbesserungsvor· schläge würde ich mic h se hr freuen. Dr. J. Dorn Dr. N. Gottschalk Prof. Dr. G. Rauthe Besonderer Dan k gebührt an dieser Stelle einer Vielzahl an Menschen, ohne deren Unterstützung dieses Projekt undenk· Dr. F. Pfa b Prof. Dr. M. Ollert bar gewesen wäre: Ines Mergenhagen, Jnga Dopatka und Bettina Meschede von Elsevier Urban & Fischer fü r die Zusam· Dr. B. Belloni Dr. B. Brücher menarbeit im Rahmen dieses Projekts. Meiner Familie und meinen Freunden für die Unterstützung, die ich von euch Dr. G. F. Weber erfahren habe. Dr. B. Retz Dr. B. Hofmann Dr. G. Meisetschläger Dr. A. Wawer H. Ziegler T. Schuster Dr. D. Pouget·Schors Dr. B. Pickard K. Müller· Lieb Liebe Leserin, lieber Leser,
München, im Sommer 2009
Hannes Leischner
Abkürzungsverzeichnis 5-]ÜR
® A A. Abb. AAH Abk. ACTH ADH AEG AFP ALL AML anal. ANE Anw. a.-p. Art. ASD Ätiol. BET Bez. biogr. Bq Bsp. BTM BWS bzw. C Ca ca. Ca2+ CDK CEA CIN CIS
CICU cm CML CT CrQuotient D. d. h. DD desc. Diagn. DI e d.-p. Durchf. EDV EEG EGFR EKG
5-]ahres-Überlebensrate Handelsname (bei Arznei- und Pflegemitteln) Ampere Arteria Abbildung atypische adenomatöse Hyperplasie Abkürzung adrenokortikotropes Hormon antidiuretisches Hormon Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs a -Fetoprotein akute lymphatische Leukämie akute myeloische Leukämie Anatomisch anorexia, nausea, emesis Anwendung an terior-posterior Articulatio Vorhofseptumdefekt Ätiologie Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Bezeichnung Biografie, biografisch Becquerel Beispiel Betäubungsmittel Brustwirbelsäule beziehungsweise Coulomb Karzinom circa (ungefähr) Kalzium Cyclin-dependent Idnase karzinoembryonales Antigen zervikale intraepitheliale Neoplasie Carcinoma in situ (0 = duktales, L = lobuläres) Chlorid chronische lymphatische Leukämie Zentimeter chronische myeloische Leukämie Computertomographie Herz-Thorax-Quotient Ductus das heißt Differentialdiagnose descendens Diagnostik, Diagnose disseminierte intravasale Koagulopathie dorsal'palmar Durchführung elektronische Datenverarbeitung Elektroenzephalogra mm epidermaler Wachsrumsfa kto rrezeptor Elektrokardiogramm
EMG engl. ER ERCP Erkr. etc. eV evtl. FAP FKDS FNH FNP franz.
fT 3 fT 4 FUO G-CSF GRH Ggs. griech. GTP GvHD Gy h HCC HCG HOT HE HL HLA HNPCC H.p. HPV HWS HWZ Hz i.d . R. i.e.S. i. m. Ind. inf. Innerv. i. v. i. w.S. J KG KHK Klassifik. KM KMT Komp!. Kontraind. Krea I LA
Elektromyogramm englisch Östrogenrezepwr endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie Erkrankung et cete ra Elektronenvol t eventuell familiäre adenoma töse Polyposis coli farbkod ierte Doppler-Sonographie fokal noduläre Hype rpl asie Feinnadelpu nktion französi sch freies TriiodthYTonin freies Terraiodthyronin (Thyroxin) fever of unknown origin granulocyte colony stimul atin g factor Gonadotropin-releasing- Hormon Gegensatz griechisch Guanosi ntriphosphat Gra ft versus Host Disease Gray Stunde hepatozelluläres Karzi nom humanes Choriongonadolropin Hochdosis-Chemotherapi e Hounsfield-Einheiten Hodgkin-Lymphom humanleucocyte antigen heredi räres Non- Polyposis- Kolonkarzinom Helicobacter pylori
humane Papillomaviren Halswirbelsä ule Halbwertszeit Hertz in der Regel im engeren Sinn intramusku lär Indikation inferior Innervation (bei anat. Begriffen) in travenös im weiteren inn Joule Körpergewich t korona re Herzk rank.heit Kla. sifikation Kontrastmittel Knoc hen mark lransp lan tation Komplikationen Kon lraindikation( en) Kreatinin Li te r linker Vorhof
Abkü rzu ngsverze ichnis
Laktatdehydrogenase luteinisierendes Hormon Releasing Hormon Ligamentum Lebensjahr Lymphknoten linker Ventrikel Lendenwirbelsäule Morbus, Musculus mukosa·associated lymphatic tissue Magen·Darm-Passage mindestens Magnetresonanz·Cholangiopankreatikographie Minuten Millionen möglich Magnetresona nztomogramm, Magnetresonanztomographie ms Millisekunde mV Millivolt Nervus N. Na+ Natrium neg. negativ NHL Non-Hodgkin·Lymphom NK·2elle natürliche Killerzelle NSCLC nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom NSGOT nicbtseminomatöser Hodentumor NW Nebenwirkung( en) Pulmonalarterie PA p.-a. posterior·anterior p.i. post injectionem Patient Pat. Pathol. Pathologie Pathogen. Pathogenese peR Polymerase· Kettenreaktion PE] perkutane Alkoholinjektion PET Positronenemissionstomographie p.o. per os pos. positiv PR Progesteronrezeptor Progn. Prognose
LOH LHRH Lig. Lj. LK LV LWS M. MALT MDP mind. MRCP Min./m in Mio. mögl. MRT
Prophyl. PSA PV PW RA RFTA RLA RV s s. a. s. c. SCLC Sek. SERM SIADH SLN(B) s. o. Std. s. u. Sv S2T Tab. Tbc Tber. TSH u.a. usw. u.U. V V.
Va. v.a. VEGF VSD WS z.B. ZNS 2.n. z.T. zzt.
VI l VII
Prophylaxe prostataspezifisches Antigen Pulmonalvene prostatische intraepitheliale Neoplasie rechter Vorhof radio-frequency thermal ablation re troperitoneale Lymphadenektomie rechter Ventrikel Sekunden siehe auch subkutan kleinzelliges Bronchialkarzinom Sekunde(n) selektiver Östrogenrezeptormodulator Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion Sentinel-Lymphknoten( -Biopsie) siehe oben Stunde(n) siehe unten Sievert Stammzellentransplantation Tabelle Tuberkulose Therapie thyreoideastimulierendes Hormon unter anderem und so weiter unter Umständen Volt Vena Verdacht auf vor allem vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor Ventrikelseptumdefekt Wirbelsäule zum Beispiel Zentralnervensystem Zustand nach zum Teil zurzeit
Inhalt
VIII
I IX
A Allgemeiner Teil
1 - 19
Tumoren der Haut . .. . . ... . .... ... .... .
62-69
Grundlagen ..... ... ...... .... . . .. . .. . .
2- 19 2 4 6
I Spinaliom (Plattenepithelkarzinom oder Haut) . I Basalzellkarzinom (Basaliom) .. .... ...... . . . I Melanom I ........... . .. .. ........... .
62 64 66
• Melanom Il .......... .. .... . ... . . . . . . . .
68
8 10 12 14 16 18
Gastrointestinale Tumoren ............. .
70-83
I Pankreastumoren . . ........ . . ..... .... . . I Ösophaguskarzinom ....... ......... . ... .
70 72 74 76 78 80
I Einleitung und Definition I . ... ....... ... . . I Einleitung und Definition 11 ........ . ...... . I Epidemiologie I .. . ................ .. ... .
• Epidemiologie 1I ... ... ......... .... . ... . • Invasion und Metastasierung .. . ....... ... . . I Molekulare Mechanismen I ..... ...... .... . I Molekulare Mechanismen II ........... . .. . I Systematik I ... .. .. .. .... ... . . ... . . ... . I Systematik II ....... .. ........... .. . ... . B Spezieller Teil
20 - 83
Hämatoblastosen
22 -33
• Akute und allgemeine Leukämien . . .... .... . • Chronische myeloische Leukämie (CML) I . .. . . I Chronische myeloische Leukämie (CML) Il ... . I Chronische lymphatische Leukämie (CLL) . . . . . • Hodgkin·Lymphom . .... . . . ..... .. ... ... . • Non·Hodgkin·Lymphome ................ .
• • • •
Magenkarzinom I .... . .............. . .. . Magenkarzinom II . ... ... ..... .. .... . ... . Kolorektales Karzinom I .. . . . ...... . . .. .. . Kolorektales Karzinom II .. .. . .. .... . .... . . I HepatozeJluläres Karzinom . . ..... ... . .. . . .
ZNS-Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 24 I ZNS·Tumoren I . . .. .... .. .. . ..... . .... . . 26 I ZNS·Tumoren II ... ..... . . ... . ... . .... . .
28 30 32
82 84-87 84 86
Endokrine Tumoren .... . .. ........ .... .
88-89
I Schilddrüsenkarzinom .. ... ....... .. ..... .
88
Gynäkologische Tumoren .. . . . ...... ... .
34-45
I Mammakarzinom I .. .... ....... . .. .... . .
34 36
Zusatzwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92-113
38 40 42 44
• • • •
• Mammakarzinom 1I .............. . .. ... . I Zervixkarzinom I . . . . ... .... .. .. . .... .. . • Zervixkarzinom II . ...... . .. ..... . .. .... . • Ovarialkarzinom . . ...... . ......... . ... . . I Endometriumkarzinom ... .. . .. ... .... ... .
C Erweiterter Teil ... . ......... .. ..... 90 - 113
I
Urologische Tumoren .......... .. .. ... .
• Prostatakarzinom 1I .. ... .... . ... . . ...... . • Nierenzellkarzinom .. . . .. ............... . I Harnblasenkarzinom . ...... .. . . ......... .
46 - 55 46 48 50 52 54
Tumoren der Lunge . ................. . .
56-59
• Bronchialka rzinom I ... .... . ....... . .... . I Bronchialka rzinom Il ..... .... . . ... . . .... .
56 58
Kopf-Hals-Tumoren .. ... . ............ . .
60-6 1
I Maligne Tumoren des Kopf·Hals·Bereichs ..... .
60
I Hodentumoren ... ........ . . . ..... . .... . I Prostatakarzinom I ...... ............. .. .
• I
• • I
•
Onkologische Erkrankungen im Kindesalter . . . . Therapieverfahren I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapieverfahre n II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochenmark·/StammzeJltransplantation . . . . . . Leitsymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infektionen bei onkologischen Patienten . . . . . . . Psychoonkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tumor· und therapieassoziierte Notfälle I . . . . . . Tumor· und therapieassoziierte Notfälle II . . . . . . Supportive Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen eines Tumors auf den Körper ...
92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 11 2
0 Fallbeispiele . ..... . ................ 114-12 1
• Fall 1: Knotige Veränderungen der Brust .. .. .. • Fall 2: Merkwürdige Veränderungen der Haut. . • Fall 3: Merkwürdiger Husten ...... . .. .....
116 118 120
E Anhang .. ... ... .. .......... . .. ... .. 122 - 125
F Register ..... .. .... . ............ . ... 126-134
Grundlagen
2 4 6 8 10
Einleitung und Definition I Einleitung und Definition II Epidemiologie I Epidemiologie II Invasion und Metastasierung
12 14 16 18
Molekulare Mechanismen I Molekulare Mechanismen II Systematik I Systematik II
Einleitung und Definition I Statistisch sind Tumoren nach den Erkrankungen des Herz- Kreislauf-Systems die zweithäufigste Todesursache in Deutschland_ Allen gemeinsa m ist ein zugrunde liegendes Übersch usswachstum, in der klinischen Symptomatik können sie sich jedoch sehr stark unterscheiden. So führen manche Tumoren trotz Therapie in kürzester Zeit zum Tode, wohingegen andere bei entsprechender Behandlung die Lebenserwartung des Patien ten kaum beeinflussen. Auf den folgenden Seiten werden im "Allgemeinen Teil" unter anderem die Grundlagen der Entstehung, die biologischen Eigenschaften und neben der The rapie die Auswirkun gen eines Tumors auf den Körper des Patienten erläutert. Dies schafft eine Basis zum besseren Verständnis des speziellen Teils, der sich mit den beim Menschen relativ am häufigsten vorkommenden Tumoren beschäftigt. Definition des Tumorbegriffs
Unter Tumor (auch: Geschw ulst, Neoplasma = Neubildung, Neoplasie) versteht man im eigentlichen Sinn eine abnorme Gewebeneubildung, die unter anderem auc h dann stattfindet, wenn kein wachstumsauslösender Faktor mehr vorhand en ist. Verantwortlich dafür sind Defekte der zellulären Wachsturnskontrolle, der Ausdiffe renzierung sowie des programmierten Zelltodes (= Apoptose), die auf unterschiedlichste Weise entstehen können. Typische Charakteristika von Tumoren sind (I Abb. 1):
Merkmal
Gutartig
Bösartig
Klinische Charakt er islerung ~
Wa chst um
~
Langsam
~
Rasch
~
Allgemeinstörun g
~
Meist leicht
~
Verschlechternd
~
Verlau fsdauer
~
Meist lang
~
Unterschi edlich
~
Meta stasen
~
Keine
~
Häufig
~
Geheilt
~
Oft Rezid ive
..,. Ve rh alten nach Rezi diven
Zytologische Chara kterisierung ~
Zeilgröße
~
Gleich
~
Verschieden
~
Zytoplasma
~
Wi e Ursprungszelle
~
Meist basophi l
.... Ke rn-Pl asma-Relati on
~
Norm al
~
Verschoben
... Ke rnform
~
Typi sch
~
Atypi sch
Histologisch e Charakterisierung ~
Begrenzung
~
Wachstum sari
~
Differenzierung
• Scharf • Verdrängend • Hoch ~ Meist organoid
• Zellanordnung
I
Autonomes Wachstum Bildung von Tumorparenchym und Tumorstroma ~ Fähigkeit zur Invasion und Metastasierung (Streuung von Tumorzellen im Körper) ~ Fähigkeit zur Induktion von Ge fäßneubildun gen (Tumorangiogenese) Die klinische Symptomatik befasst sich mi t den lokalen und systemischen Auswirkungen des Tumors, z. B. dem
~
Invasiv-desl ru ierend
~
Sehr verschieden
~
Meist ungeord net
Tab_ 1. Un tersc h eidung sm e rk m ale vo n Tumo re n . [21
lokalen, womöglich invasiv-destruierenden Wachstum, den Folgen der Metastasieru ng oder möglicher systemischer Auswirkunge n von Stoffwechselprodukten. Näheres zu den Auswirk ungen eines Tumors auf den Organismus ist auf Seite 112 f. bzw. in den jeweiligen Kapiteln zu den Tumoren zu fi nden.
Der Begriff .Tumor" Im allgemeinen Sinn,
z. B. als Kardlrialaymptom der Entzilndu"" beßlchnet eigentlich el~ GeWeb&sohwellufl.1f dl; nicht neoplastl89h8l'l
Ursprungalab
Dignitätsbeurteilung von Tumoren
In der klinischen Praxis unterteilt man Tumorerkrankungen in gutartige (benigne), bösartige (maligne) und semimaligne Formen. Diese Unterteilung basiert pri mär auf den Wachstumseigensc ha ften des Tumors und steht u. a. in unm ittelbarem Zusammenhang mit der Thera piestrategie sowie der Prognose des Pati enten. Die wichtigsten Kriterien zu r Unterscheid ung zwischen gutartigen und bösa rtigen Tum oren sind in I Tabelle 1 aufgefü hrt.
Apoptoseresistenz
~
~
• Unsc harf
keine Reaktion auf externe Wachstumssignale
eigene Angioneogenese
Selbststeuerung der Wachstumssignale
unbegrenztes Replikations· potential
Invasion und Metastasierung
I
Abb . I : Eigensc haften
von Tum orze llen . [ 16 [
Grundlagen
213
Histologisch besitzen maligne Tumoren im Vergleich zum Normalgewebe unter anderem einen geringen Differenzierungsgrad, daneben treten zusätzlich viele der folgenden Merkmale für Tumorzellen (Zellatypien) auf: ~ Kernhyperchromasie: Dies bezeichnet einen im Vergleich zu normalen Zellen erhöhten DNA-Gehalt. ~ Verschobene Kern-Plasma-Relation: Hierbei ist die Zellkerngröße im Verhältnis zur Zellgröße stark erhöht, was häufig auf einen polyploiden Zellkern zurückzuführen ist. ~ Mitosefiguren: Im Gewebe findet sich ein erhöhtes Vorkommen von atypischen Kernteilungsfiguren der Zellen. ~ Kernpolymorphien: atypische Unterschiede in der Zellkernform ~ Erhöhte Basophilie der Tumorzellen: Bedingt wird dies durch einen erhöhten RNA-Gehalt der Zellen, welche aufgrund ihrer Entartung einen erhöhten Proliferationsstoff· wechsel besitzen. ~ Polymorphie: In einem ursprünglich homogenen Gewebe existieren viele Zellen unterschiedlichster Form nebeneinander.
I Abb. 2: Ein unscharf begre nztes ma lignes Schilddrüsenkarzinom (b) im Vergleich zu einem gekapselten ben ignen Schilddrüsenadenom (a). 1161
Benigne Tumoren
Benigne Tumoren weisen ein langsames, verdrängendes Wachstum ohne Invasion des umliegenden Gewebes auf und sind deshalb makroskopisch und mikroskopisch gut von diesem abgrenzbar [I Abb. 2a). Histologisch zeigen sie einen hohen Differenzierungsgrad, d. h. sie ähneln stark dem nicht entarteten Normalgewebe. Die Symptome entwickeln sich aufgrund der langsamen Wachstumsrate über Monate und Jahre. Im Vergleich zu malignen Tumoren lassen sich benigne Tumoren mittels therapeutischer Maßnahmen häufig vollkommen heilen, z. B. durch chirurgische Exzision. Neben der Heilung gibt es jedoch auch die Möglichkeit schwerwiegender Komplikationen, z. B. falls ein benigner Tumor der Hirnhäute zu einer Kompression lebenswichtiger Hirnareale führt.
Die klinische Symptomatik maligner Tumorerkrankungen zeigt häufig eine sehr schnelle Symptomentwicklung, in der Regel begleitet von den Auswirkungen der Invasion und Destruktion der umgebenden Organe durch den Tumor. Rechtzeitige Früherkennung (z . B. Mam mografie beim Mammakarzinom der Frau) erhöht die im Vergleich zu beni· gnen Tumoren niedrigeren Heilungschancen. Durch Invasion und Metastasierung ist die Möglichkeit eines Wiederauftre· tens des Tumors (Rezidiv) wahrscheinlicher und erschwert dessen erfolgreiche Therapie.
Zusammenfassung • Charakteristika von Tumoren sind - Fähigkeit zu r Tumorangiogenese, - Fähigkeit zur Invasion und Metastasierung, - Bi ldung von Tumorpa renchym und Tumorstroma sowie - autonomes Wachstum.
Maligne Tumoren
Maligne Neoplasien zeigen im Gegensatz dazu ein schnelles, häufig invasiv-destruierendes Wachstum (I Abb. 2b). Zusätzlich zur Invasion besitzen sie die Fähigkeit der Metastasierung (s. S. 10) . Aufgrund dieses Wachstumsverhaltens fällt es häufig sc hwer, den Tumor eindeutig vom gesunden Gewebe abzugrenzen.
X Benigne Tumoren - wachsen langsam und verdrängend, - besitzen einen hohen Differenzierungsgrad und - zeigen eine langsame klinische Symptomatik. • Maligne Tumoren - wachsen schnell und verdrängend bzw. invasiv, - besitzen einen geringen Differenzierungsgrad, - können Metastasen bilden und - zeigen eine schnelle klinische Symptomatik.
Einleitung und Definition 11 Sonderformen
Es gibt es einige Gewebsveränderungen, die nicht eindeutig in das beschriebene Klassifizierungsmuster passen: ~ ~ ~
Semimaligner Tumor Präinvasives Karzinom Mikroinvasives Karzinom
Schichtung des
I Abb. 3: Dysplas ie-Karzinom-Sequenz. [1 61
Plattenepith els, basal kubi sche Zellen, o berflächlich flache Zellen
Dysplasie, Zell sch ich tung noch erhalten, Zell- und Kernatypien
Semimaligner Tumor
Dieser Begriff beschreibt maligne Neopi asien, die invasiv und destruktiv wachsen, jedoch ohne die Fähigkeit zur Metastasierung. Als Beispiel sei das Basaliom der Haut genannt, welches die Dermis und das subkutane Fettgewebe infiltriert, ohne dabei zu metastasieren.
Carcinoma in situ, Zell schichtung aufgehoben, Basalmembran intakt
Invasives Karzinom, Basa lmembran ze rstö rt, Tumorzellinvasion in das Stroma
Präinvasives Karzinom
Hierbei handelt es sich um epitheliale Tumoren, die alle Merkmale von malignen Gewebeneubildungen besitzen, ohne jedoch initial invasiv zu wachsen oder zu metastasieren. Wichtig ist die hohe Wahrscheinlichkeit, mit der sie sich später zu einem invasiv wachsenden, metastasierenden Tumor weiterentwickeln (I Abb. 3). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer "obligaten Präkanzerose" .
~ Präkanzeröse Konditionen wie genetische Disposition oder erworbene chronische Infektionen (s . S_ 6 ff.) ~ Präkanzeröse Läsionen sind histologische Schädigungen, die in obliga te sowie fakultative Präkanzerosen unterteilt werden. Sie gehen mit einem sehr hohen bzw. eher niedrigen Entartungsrisiko einher. Beispiele solcher Läsionen sind in 1 Tabelle 2 aufgeführt.
Mikroinvasives Karzinom
Diese Tumoren weisen eine nur histologisch nachweisbare Infiltration auf; sie entstehen aus einem präinvasiven Karzinom (s.o.).
Differenzierung und Histogenese
Tumoren weisen gewe bsspezifische funktionelle und zelluläre Charakteristi· ka auf. Abhängig vom Differenzierungs-
grad des Tumors kann dieser eine starke (hoch differenziert) bzw. schwache (gering differenziert) Ähnlichkeit mit dem Normalgewebe zeigen . Diese Differenzieru ng kann im Rahmen der Anaplasie (Entdifferenzierung, d. h. Verlust der spezifische n Charakteristika) jedoch auch verloren gehen. Dieser Prozess kann unter anderem dazu führen, dass anaplastische Tumoren unterschiedlichster Gewebe nu r noch geringe morphologische Unterschiede erkennen lassen und somit schwer voneinander zu differen zieren sind. Man macht sich dies bei der Diagnostik sowie in der Therapieabstimmung zunutze, indem man mittels der Charakteristi ka (Struktur und
Frühkarzinom
Frühkarzinome, z. B. des Magens, zeigen eine geringe Invasion des Gewebes und besitzen im Gegensatz zu fortgeschrittenen Magenkarzinomen eine wesentlich bessere Heilungschance. Präkanzerosen
Präkanzerose n sind genetische und morphologische Gewebsveränderungen, die mit einer erhöhten In zidenz von malignen Tumoren einhergehen. Unterschieden werden hierbei:
I Abb . 4: Colili s ulcero sa. 121
Grundlagen
415
I Tab. 2: Beispiele ob ligater und fakultativer Obligat
Fakultativ
~
Fortgeschritlene Dysplasien (Mund und Schleimhäute)
~
Chronische atrophische Gastritis
~
Carcinoma in situ (Mamma und Zervix)
~
Coli tis ulcerasa (I Abb. 4)
~
Leukoplakie
~
Leberzirrhose
~
Polyposis coli
~
Solitäre Adenome des Kolons
Tumormarker
Vorkommen
Onkofetale Antigene (z. B. AFP)
Leberzellkarzinom
Hormone (z. B. Kalzitonin)
Medulläres Schilddrüsen karzinom
Isoenzyme (z. B. saure Prostataphosphatase)
Prastatakarzinom
Präkanzerosen.
Spezifische Glykoproteine (z. B. Thyreoglobul in)
Schildd rüsenka rzinom
Intermediärfilamente (z. B. Keratine)
Karzinome
Sonstige Glykoproteine (z. B. CA 19-9)
Kolon- und Pankreaskarzinome
I
anderer Erkrankungen wie der Leber· zirrhose oder der Hepatitis diese Pro· teine ebenfalls in Gewebe nachgewie· sen werden können, eignen sie sich nur zur Verlaufskontrolle bereits diagnostizierter Tumoren.
Spezifische Proteine
Hormone
Intermediärfilamente
Hormone (z. B. Insulin oder Parathormon) finden ebenfalls in der Dia· gnostik und Verlaufskontrolle Ver· wendung.
Intermediärfilamente bilden mit den Mikrotubuli und den Aktinfilamenten das Zytoskelett der Zellen (z. B. Kera· tine). Sie werden bestimmt, um zwi· schen epitheloiden und mesenchymalen Tumoren zu differenzieren.
Form des Tumors} auf das Ursprungs· gewebe bzw. auf den Primärtumor im Fall einer Metastasierung schließen kann. Tumormarker
Tumormarker sind von Tumorzellen synthetisierte Substanzen, die im Rah· men der Diagnostik oder der TherapieVerlaufskontrolle bestimmt werden können (I Tab. 3). Onkofetale Antigene
Isoenzyme
Onkofetale Antigene (z. B. karzinoembryonales Antigen oder Alpha·Fetoprotein) sind Proteine, die in gesundem Gewebe nur im Rahmen der embryonalen Entwicklung synthetisiert werden. Manche Tumoren weisen diese Proteine im Laufe ihres Wachstums erneut auf. Aufgrund der Tatsache, dass im Verlauf
Tab . 3: Tumorm arker.
Organspezifische Proteine (z. B. das prostataspezifische Antigen oder Thyreo· globulin) lassen sich in Tumorgewebe und Serum nachweisen.
Proteine, die aus unterschiedlichen Aminosäuren aufgebaut sind, jedoch dieselben Reaktionen katalysieren (z. B. saure Prostataphosphatase beim Prostatakarzinom), werden primär zur Verlaufskontrolle bei bereits diagnostizier· ter Tumorerkrankung verwendet.
Zusammenfassung
x Sonderformen von Tumoren sind - semimaligne Tumoren, - das präinvasive Karzinom sowie - das mikroinvasive Karzinom. X Tumormarker sind Substanzen, die im Rahmen der Diagnostik und Therapiekontrolle Verwendung finden, da sie i. d. R. von Tumorzellen gebildet werden .
Epidem iologie I Die Epidemiologie befasst sich mit der Verbreitung und dem Verlauf von Krankheiten in der Bevölkerung. Neben der Erforschung von Krankheitsursachen untersucht sie auch Möglichkeiten der Prävention. In der Krebsepidemiologie werden regionale und internationale Daten zu Vorkommen und Verlauf von Tumorerkrankungen erfasst und analysiert. Mittels dieser Angaben ist man u. a. in der Lage, Risikofaktoren, die zur Entstehung von Krebs führen, zu identifizieren bzw. Präventionsprogramme und Therapiemodelle auszuwerten und zu verbessern.
altersbezogene Inzidenz 700
Lungenkarzinom " '"
600 500
Prostatakarzinom ..............
400 300 200 100
I Abb . 1: Al tersbezogene Inzidenz maligner Tu moren. 121
Mund,5% Rachen
1 % Haut
Haut 1 %
28 % Mamma ·· .... Lunge 22%
10 % Lunge 8 % Ösophagus, Magen, Pan kreas
Ösophagus, 10 % Magen, Pankreas
15 % Kolon . .... ··· Rektum
Kolon , 15 % Rektum
18 % Gebärmutter. Ovarien
Prostata 20%
Inzidenz und Mortalität
Als Tumorinzidenz bezeichnet man die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Tumoren bzw. Tumorgruppen innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Sie ist definiert als die Zahl der Neuerkrankungen pro 100000 Personen im Jahr und wird daher oft auch als ,,[Tumor-) Neuerkrankungsrate" bezeichnet. Um die ermittelten Inzidenzen von Regionen und Ländern mit unterschiedlichen Bevölkerungsstrukturen vergleichen zu können, werd en die erhobenen Daten auf ei ne Standardaltersverteilung um gerechnet [I Abb. I). Die Tumormortalität bezeichnet die Anzahl Menschen pro 100000 im Jahr, deren Tod auf eine Tumorerkrankung zurückzuführen ist. Die derzeitige altersstandardisierte Tumormortalität ergibt, dass 25 %aller Menschen in Westeuropa an einer malignen Tumorerkrankung sterben.
.....
2 % Mund, Rachen
4 % Harnwege
Harnwege 8 %
7 % Leukämie, Lymphome
Leukämie, 9 % Lymphome
7 % Übrige
I
Übrige 10%
Abb. 2: Relative Häufi gke it maligner Tumoren bei Mann und Fra u. 121
Altersverteilung
Regionale Unterschiede
Statistisch betrachtet treten maligne Tumoren im höheren Alter häufiger au f, jedoch gibt es organspezifische Unterschiede. Maligne Neoplasien der Keimzellen, maligne embryonale Tumoren und einige hämatopoetische Neoplasien kommen bevorzugt im Kindes- bis frü hen Erwachsenenalter vor. Karzinome und Lymphome hi ngegen zeigen eine deutlich erhöhte lnzidenz im fortgeschrittenen Lebensalter.
Inzidenz und Mortalität maligner Tumoren ze igen eine ausgeprägte geografisc he Variabilität, die stark von Risikofaktoren, Früherkennungsmethode n un d Therapiemöglich keiten abhängig ist:
Geschlechtsverteilung
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Tumorinzidenz [I Abb. 2) beschränken sich nicht nur auf maligne Neoplasien des Genitaltrakts. Bei Frauen zeigt sich eine bis heute noch nicht erklärbare Neigung zu Meningeomen, malignen Melanomen und Schilddrüsenkarz inomen. Männer zeigen hingegen eine erh öhte Inzidenz an malignen Tumoren des Respi rati onsund Verdauungstrakts sowie der Harn wege. Diese Unterschiede werden u. a. auf eine ungleiche Exposition gegenüber den Risikofaktoren zu rü ckgefü hrt.
~ Prostata -, Kolon-, Mamma- und Lungenkarzinome kommen besonders häufi g in Westeuropa und Nordamerika vor. ~ Leber- und Zervi xkarzinome hingegen zeigen eine deutliche Häufung in Asien und Afrika.
Krebsrisikofaktoren Chemische Verbindungen als Krebsrisikofaktoren
Die chemischen Bestandteile des Tabakrauchs wie 3,4·Benzpyren sind prozentual be trachtet di e am häufigsten Krebs ve ru rsachend en Substanzen [= Kanzerogene I Tab. I), Sie sind in Westeuropa fü r 30- 50%aller Tumoren verantwortlich, allein deutsc hlandweit sterben jährlich etwa 50000 Mensc hen an den gesundheitlichen Folgen des Taba kkonsu ms.
Grundlagen
Karzinogene Verbindungen
Tumor
Quelle
Aromat ische Kohlenwa sserstoffe Ruß, Teer, Minera löle
Hautkarzinom
Berufsbedingte Exposition
3,4-Benzpyren
Bronchialkarzinom
Zigarettenrauch
Magen-, KOlon-,
Nitrate und Nitrite in Nahrung,
Leberkarzinom
Kunstdünger, Tabak rauch
Leukämie, Lymphom
Zytostatika, Kampfgifte
Nitrosamine
Dimethylnitrosamin
617
Helicobacter aus Nitraten und Nitriten kanzerogene Nitros· amine, die zur Entstehung von Tumoren im Magen·DarmTrakt führen können (I Abb. 3).
I a) Pro k arzinogene: Benzpyre ne I
• Abb. 3: Chemische Kan zerogen ese. [21
Alkyl ierende Substanzen Cyclophosphamid, N-Lost
Orga nische Substa nzen/ Lösu ngsmittel
Vinylchlorid
Glioblastom
PVC-Herstellung
Benzol
Leukämie
Chemische Industrie
Leberkarzinom
Aspergillus flavus
Umwandlung in Karzinogene an der KontaktsteIle:
Bronchialkarzinom
Biologische Substanzen Aflatoxin
I
Tab. 1: Für M enschen bedeu tsam e karz in ogene chemisc he Substanzen.
I b) Prokarzinogene: aromatische Amine I
Ein weiteres Kanzerogen ist Asbest, ein Stoff, der bis Ende der 70er-Jahre als Bausubstanz verwendet wurde. Unter anderem können Pleuramesotheliome und Bronchialkarzinome auf den Kontakt mit Asbest zurückgeführt werden. In vielen Ländern Asiens werden biologische Substanzen wie z. B. die Aflatoxine von Schimmelpilzen neben Hepatitis-B' Infektionen fü r die hohe Inzidenz an Leberkrebs verantwortlich gemacht.
Blase
Pathogenese: Wie wi rken chem ische Verbindun ge n kanzerogen?
Die Kanzerogene bzw. ihre Spaltprodukte reagieren mit der DNA und RNA. Hierdurch kommt es im Verlauf der Replikation und Reparatur im Genom zu Fehlern, die je nach Lokali· sation zu einer neoplastischen Entartung der Zellen führen können. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Prokanzerogenen. Dabei handelt es sich um chemische Substanzen, die erst nach ihrer Metabolisierung im Organismus ihre kanzerogene Wirksamkei t entfalten. Ein Beispiel hierfür sind aromatische Amine, die in der Farbstoff- und GummiherstelJung verwendet werden. Sie verursachen nicht unmittelbar nach ihrer Aufnahme in den Körper, sondern erst nachdem sie verstoffwechseJ t wurden, in den ableitenden Harnwegen neoplastische Gewebsveränderungen: Die zur metabolischen Transformation notwendigen Enzyme kommen nur in Leber und Niere vor und nicht, wie bei den aromatischen Kohlen· wasserstoffen, ubiquitär im ganzen Körper (I Abb. 3). Die in Teer und Tabakrauch enthaltenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe hingegen werden durch ubiquitär vorkom mende Enzyme metabolisiert und entfalten deshalb bereits an ihrer Eintri ttspforte in den Körper ihre kanzerogene Wirkung (I Abb. 3). Großer Au fme rksamkeit bedarf di e Konversion von über die Nahrung aufgenommenen chemischen Verbindungen durch im Mage n·Darm·Trakt vorhandene Bakterien. So entstehen z. B. in Anwesenheit von Proteinen und dem Bakterium
-_. Magen
Umwandlung In Nitrosamine
(~I~~~ene)
Darmbakterien
~~
-- Darm
"""'1
Karzinom 1I
Zusammenfassung
*' Die Epidemiologie befasst sich mit der Verbreitung und dem Verlauf von Krankheiten in der Bevölkerung.
*' Sie hilft, Risikofaktoren, die zur Entstehung von Krebs führen , zu identifizieren bzw. Präventionsprogramme und Therapiemodelle auszuwerten und zu verbessern.
*' HTumorinzidenz" bezeichnet die Häufigkeit des Auf*'
tretens bestimmter Tumoren bzw. Tumorgruppen innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Tumormortalität" bezeichnet die Anzahl an Menschen pro 100000 im Jahr, deren Tod auf eine Tumorerkran-
H
kung zurückzuführen ist.
Epidemiologie 11 Krebsrisikofaktoren (Fortsetzung)
Pathogenese vira ler Infektionen Man unterscheidet zwei Gruppen von Viren, die eine Rolle in der Kanzerogenese spielen: DNA· und RNA-Tumorviren. Die durch DNA-Tumorviren verursachte Transformation (Veränderung von normalen zu Krebszellen) verläuft über Jah re und wird mit den folgenden Theorien erklärt:
Ernährung
Die hohe Inzidenz von Karzinomen des Kolons, Rektums, der weiblichen Brust sowie der Ovarien und der Prostata steht in einem engen Zusammenhang mit ungesunder Ernährung. Eine kalorienärmere, ballaststoffreichere Diät mit einem höheren Anteil an Obst, Gemüse und ungesättigten Fettsäuren in Verbindung mit mehr körperlicher Aktivität würde die hohe Zahl von auf Ernährungsgewohnheiten zu rückzuführenden Tumoren bedeutsam reduzieren.
~ Ein Weg ist di e Integration der Yirus-DNA in das Genom der Wirtszelle. Die integrierte DNA interferiert, je nach Lokalisation, mit der Expression zell ulärer Gene (I Abb. 4) . ~ Zusätzl ich kann es zur Komplexbildung zwischen viralen und zellulären tumorsupprim ierenden Proteinen kommen. So binden die Proteine E6 und E7 der Papillomaviren die Genprodukte der Tumorsuppressorgene Rb und p53.
Chronische Infektionen
Der Anteil an Tumoren, deren Entstehung durch chronische Infektionen begünstigt wird , wird auf 15 - 20 % beziffert. Die in I Tabelle 2 aufgeführten Erreger sind hier von besonderer Bedeutung. Malignom
Er reger
Helicobacter pylor;
MALT-Lymphome
Hepatitis-B- und oe-Viren
Leberzellka rzinome
Papi llomaviren
Zervixkarzinome
Epstein-Barr-Virus
Hodgkin-Lymphome
I
Tab . 2: Durch chron ische Infektionen verursachte ma ligne neoplast ische Erkrankungen .
Auch chronische Entzündungen mit undefinierten Erregern werden mit Tumoren in Zusammenhang gebracht, z. B. eolitis ulcerosa ~ Kolonkarzinom.
Replikation
Im Gegensatz zu den DNA-Yiren besitzen einige RNA-Viren [= Retroviren ) eine virale reverse Transkriptase und verur-
sachen eine wesentlich schnellere Transfo rmation infizierter Zellen (innerhalb von Wochen). Beispiele für derartige Viren sind das T-Zell-Leukämievirus (verursacht eine T-Zell-Leukämie) sowie das HI·Yi rus (Kaposi-Sarkom). Man differenziert akute von latenten Retroviren. Sie unterscheiden sich in ihrer Transformationsgeschwindigkeit, außerdem sind akute RNA-Viren Träger von viralen Onkogenen (v-onc), welche über die Integration in das Wirtsgenom aktiv onkogen wirken (I Abb. 5). Laten te RNA-Yiren besitzen hingegen keine v-one. Sie können transformierend wirken, indem sie ihre als Promotor funktionierende DNA in die Nähe von Protoonkogenen des Wirtsgenoms einbauen und es hierdurch zu einer verstärkten Transkription z. B. von Wachstu msfaktoren kommt.
Verm ehrung
Zytolyse
~
~ ~ -~
4a
3a DNA-Virus
•
Virus- DNA
CD
.,//
~
'\ ---"' ~ \
I
@ ~ ~ -4-~ ~
_ I \
I \
/
"~-~~~ ~
I
I Abb. 4: Vereinfachte Darstellung der onkogenen Wirkung von Viren. [16] 1 = DNA-Viru s dringt in eine Ze ll e ein . 2 = Das Viruskapsid (K) wird aufgebrochen und ve rbleibt im Zytoplasma, die DNA verlagert sich in den Kern. 3a = Die Viru s-DNA wird in tra nuk leär repl iz iert, ohne in das Wirtsgenom eingeba ut zu sein.
K
2 Infektio n
DNA-In teg ratio n
~
m aligne Transformation
4a - Komp lettierung der Virusbi ldung im Zytop lasma mit Neubi ldung von Kapsiden und ansc hli eßender Zytolyse. 3b ~ Einbau der Virus-DNA in das Wirtsze ll enge nom. 4b - Das T-Gen wird mit dem Wirt sge nom rep liziert und im Zytoplasma-T-Antigen kodi ert,
T-Gen
3b
womit die ma ligne Tra nsform ation abgescillos eil ist und entsprec hende Oberflächenantigen_ exp ri male erschei nen.
Grundlagen
RNA·Virus
I Abb. 5: Onkogene Wirkung von RNA-Viren. (16)
\IV'
CD reverse
Tran sk ~Ptase
@
DNA
Virusprotein
t
®
Virale m· RNA
~~) a
819
Virus·DNA v·onc
!
~
a 1 = Retroviren ge langen rezeptorgesteuert in das Zytoplasma. 2 = Die virale RNA wird durch die reverse Transkripta se in virale DNA transkribiert. 3 = Aufnahme der viralen DNA im Zellkern. 4 - Integration der viralen DNA in das ze lluläre Genom. 5 = Transkription in virale m-RNA. 6 = Synthese von viralem Protein . 7 = Ausschleusen replizierte r Viren. b Virus-DNA im zellulären Genom. Die Enden werden von speziellen Sequenzen markiert (LTRs; Long Terminal Repea ts). Mit dem Virusgenom ist ein Onkogen in die zelluläre DNA eingebaut worden (v-onc). Dieses kann ein t ransform ierendes Protein kodieren.
Transkription
transformierendes Protein
Strahlung
Man unterscheidet zwischen ultravioletter und ionisierender Strahlung. Unter den tumorverursachenden Strahlen ist die UV-Strahlung von größter medizinischer Bedeutung. Chronische Exposition gegenüber diesem Kanzerogen, z. B. starke Sonnenexposition, verursacht epitheliale Tumoren der Haut. Selbst unregelmäßige, jedoch intensive Strahlungsbelastung, z. B. im Urlaub, kann maligne Melanome verursachen. So konnte in den nordischen Ländern unter der hellhäutigen Bevölkerung, unter anderem aufgrund sich verändernder Freizeitgewohnheiten, über die letzten zehn Jahre eine Verdopplung der sonnenbestrahlungsassoziierten Tumoren beobachtet werden. a-, ß- und y-Strahlen unter Einschluss der Röntgenstrahlen wirken ebenfalls kanzerogen. Jedoch ist das relative Risiko nach Strahlenexposition wesentlich geringer als bei UVStrahlen. Die onkogene Wirksamkeit von ionisierenden und ultravioletten Strahlen besteht hauptsächlich in der direkten Schädigung der DNA.
Elektromagnetischer Strahlung, wie sie von Mobiltelefonen emittiert wird , konnte bis heute keine kanzerogene Wirkung nachgewiesen werden.
Genetische Faktoren
Ca. 5% aller menschlichen Tumoren sind nach dem heutigen Kenntnisstand auf genetische Prädisposition (genetisch bedingte Anlage oder Empfänglichkeit für bestimmte Krankheiten) zurückzuführen. So ist die familiäre Adenomatosis coli eine autosomal-dominant vererbte Krankheit, die durch Mutationen des APC-Gens verursacht wird. Bei den betroffenen Patienten entstehen im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt Hunderte von Adenomen (primär gutartige Geschwulst aus Schleimhaut oder Drüsengewebe) im gesamten Kolon. Aus diesen Adenomen entwickeln sich mit 99,9%iger Wahrscheinlichkeit maligne Tumoren. Auch Töchter von Trägerinnen der Brustkrebsgene BRCA 1 und BRCA2 besitzen, wenn sie selbst Trägerinnen des Gens sind, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken.
Zusammenfassung • Risikofaktoren, die eine Tumorentstehung begünstigen, sind - chemische Substanzen, z. B. Benzpyrene (Bestandteile des Tabakrauchs), - UV-Strahlen, - genetische Disposition, - chronische Infektionen, - ungesunde Ernährung: 30% aller Tumoren stehen im Zusammenhang mit ungesunden Ernährungsgewohnheiten.
Invasion und Metastasierung Die Fähigkeit zu Invasion und Metastasierung (I Abb_ 1) ist ein charakteristisches Merkmal maligner Tumoren. Beide sind von großer klinischer Bedeutung, denn im Fall einer Metastasierung ist die Wahrscheinlichkeit eines Spätrezidivs des Tumors wesentlich erhöht. Zusätzlich können Organe durch die Entstehung von Metastasen in ihrer Funktion gestört bzw. vom Tumor geschädigt werden.
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Invasion I
Das invasive Wachstum eines Tumors erfolgt in drei Schritten: ~
~
~
Auflösung von ZeB-ZeB-Kontakten Umbau der extrazellulären Matrix Bewegung der Tumorzellen
Auflösung der Zell-ZellKontakte
Der erste Schritt der Invasion wird durch den Verlust bzw. die Veränderung zeBulärer Haftstrukturen bedingt. Beispielhaft sollen hier die Cadherine erwähnt werden. Dabei handelt es sich um eine Gruppe zellulärer Haftproteine auf Epithelzellen, die aus einer intrazellulären und einer extrazellulären Domäne bestehen. Letztere bindet an Cadherine anderer Epithelzellen, wohingegen die Domäne innerhalb der Zelle mit dem zelleigenen Aktinskelett oder mit Signaltransduktionsmolekülen interagiert. Kommt es durch die Mutation von Cadherin-Genen oder durch Allelverlust zur feh lerhaften Expression dieser Proteine, wird das invasive Wachstum der Tumorzellen (z. B_KarzinomzeBen) begünstigt. Umbau/Degradation der extrazellulären Matrix
Bei diesem Teilschritt der Invasion kommt es zu einer reversiblen Degradation der extrazellulären Matrix_Diese erfolgt durch die Sekretion von Enzymen der Tumorzellen, z. B. Metalloproteasen, Hyaluronidasen, Proteoglykanasen oder Serinproteasen. Diese Proteasen werden durch ze lluläre Inhibitoren in aktiver und inaktiver Form
Abb. 1: Metastas ierungskaskade. 1: Tum orzellen erlangen invas ive Potenz . 2: Tumorzell en infiltrie ren die Basalmemb ran und das angrenzende Bindegewebe. 3: Invasion der Wand eines Blutgefäßes. 4: Imrnun ologische Überwachung durch unterschiedliche Imrnunzellen. 5: Adhäsion an den Endothe lzellen des Rea li sationsortes. 6: Extravasation mit Infi ltrati on durch die Gefäßwa nd . 7: Metas tase nbi ldung rn it Ang io-
neogenese. 1161
gehemmt. Verläuft diese Inhibition aufgrund fehlender bzw. mangelhafter Synthese falsch, kann es zu einer Degradation der extrazellulären Matrix kommen . Von großer Bedeutung sind hierbei die Metalloproteasen, die wie folgt unterteilt werden: ~ Kollagenasen-Zersetzu ng von Kolla gen 1- III ~ Gelatinasen-Zersetzung von Kolla· gen IV und denaturiertem Kollagen (Gelatin) ~ Stromelysine-Zersetzung von Kollagen IV
Aktive Bewegung von Tumorzellen
Nach der enzymatischen Eröffnung von Geweberäumen kann es durch aktive, amöboide Fortbewegung der Zellen zu einer Migration von Tumorzellen in das umliegende Gewebe kommen. Für diesen Vorgang sind Matrixrezeptoren der Zellen verantwortlich. Ihre extrazelluläre Domäne haftet sich an di e Bestandteile des Extrazellulärraums, z. B. die Basalmembran oder das Stroma. Ihr intra zellulärer Teil stellt den für die Bewegung notwendigen Fixpunkt am zellulären Aktinskelett dar.
fernte Körperregionen mit Ausbildung einer Tochtergeschwulst (= Metastase) ohne Kontinuität mit dem Primärtumor. Sie lässt sich in folgend e Schritte unterteilen (I Abb. 2): ~ Eindringen in die Metastasierungswege (= Intravasation) : Hierbei ge-
langen Tumorzellen in die Lymphe, das Blut oder Flüssigkeiten von Körperhöh len. ~
Verschleppung der Tumorzellen Austritt aus den Metastasierungswegen (Extravasation) ~
Viele Tumoren besitzen bestimmte Zielorgane im Rahmen ihrer Metastasierung. Als Ursache hierfür wird vermutet, dass die Tumorzellen aufgrund ihrer Oberflächenproteine nur mit bestimmten Organen mi t ebenfalls spezifischen Oberflächenproteinen interagieren und nur in diese metastasieren können.
Metastasierungswege Lymphogene Metastas ierung
Metastasierung
"Metastasierung" wird definiert als die Verschleppung von Tumorze llen in ent-
Im Verlauf der lymphoge nen Metastasierung kommt es zur Tumorausbreitung über die Lymphe mit Tumorwachstum in den Lymphknoten (Lymphknoten-
Gr undlagen
10
I
11
fischen Zielorganen kommt. Die ansch ließend e Extravasation bezeichnet den Übertritt der Tumorzellen aus dem Gefäßsystem. Man unterscheidet in der hämatogenen Metastasierung anhand der weiterleitenden venösen Gefäße sowie der Ziel organe (I Tab. I ) folgende Metastasierungstypen: Lebermetastasen
~
11. hämatogene Metastasierung
I Primärtumor: Kolonkarzinom
I
I. lymphogene Metastasierung 11 1. kavitäre Metastasierung Lymphangiosis carcinomatosa
,, \
,
Lymphknoten-' metastasen
", \
" \ /:~ Peritonealkarzinose
Ductus thoracicus
Venenwinkel
I
Abb. 2: Prinzipi en der Metasta sierung am Be isp ie l eines Kolontumors. [2J
metastasen) und in den Lymphgefäßen (Lymphangiosis carcinomatosa). Der in diesem Zusammenhang als "SentineI· " oder "Wächterknoten" bezeichnete Lymphknoten ist jener Knoten, in dem die Lymphe eines umschriebenen Ge· webeteils abfließt. Im Fall eines metastasierenden Tumors würde man in
Pri märtumor
Metastasen
Magen·Darm-Tumoren Bronchialk arzinom
Leber
Hämatogen e Metastasierung Die hämatogene Metastasierung beginnt mit dem Eintritt der Tumorzellen in die Gefäße (Intravasation), bis es zu deren Arre tierung (Stopp) in den tumorspezi·
Ka vitäre Met astasie rung Sie bezeichnet das Wachstum eines Tumors in einem Hohlraum des Körpers, nachdem der Tumor in diesen eingewachsen ist. Dies geschieht häufig in serösen Höhlen (Pleura, Perikard und Peritoneum) oder auch in den Liquorräumen des Gehirns.
Zusammenfassung der extrazellulä ren Matrix und Bewegung der Tumo rzellen .
Malignes Melanom Sarkome
Lunge
Mammakarzinom
Knochen
Prostatakarzinom
• Die drei Phasen der Metastasierung sind Intravasation, Verschleppung und Extravasation. • Ein wichtiger Faktor des Metastasenwachstums ist die von den Tumor-
Nierenkarzinom Bronchialkarzinom ZNS
Malignes Melanom Bronchialkarzinom
zeIlen induzierte Angiogenese. • Die zwei am häufigsten in den Knochen metastasierenden Tumoren sind Mamma- und Prostatakarzinom.
I
Natürlich ist auch diese Einteilung nicht immer zutreffend. So kommt es durchaus vor, dass Organe übersprungen werden oder ein Tumor zuerst in die Lunge und dann in die Leber metastasiert.
• Die Invasion wird unterteilt in drei Phasen: Zellkontaktverlust, Auflösung
Mammakarzinom
Mammakarzinom
diesem Knoten als Erstes Metastasen erwarten.
Kava·Typ: Hier metastasieren Tumoren der Organe aus dem Einflussbereich der V. cava inferior-oeer superior in die Lunge, z. B. Tumoren der Schilddrüse, Niere, Leber und des distalen Rektums. ~ Lungen-Typ: Zellen von Primärtumoren der Lunge gelangen über den linken Ventrikel in das Blutsystem und metastasieren in Organe des großen Kreislaufs. ~ Pfortader-Typ : In die Leber metastasieren primär Tumoren aus dem Pfortadereinzugsbereich wie z. B. Magen-Darm, Pankreas und Milz.
Tab . 1: Zielorgane von Metastase n.
Molekulare Mechanismen I
.
genetische Faktore n
~ 11 Genom der somatischen Zelle
1--
Mutationen in Onkogenen und Suppressorgenen
!
initiierte Zell e
1--
alterierte Genprodukte
1
klonale Expansion
--
weitere Mutationen und Genalterationen
1
Progression
Heterogenität - maligner Tumor
--
!
Telomerase Immortalisierung
11
exog ene Ka rzin ogenesefaktoren - chemisch - aktinisch - viral
I
Abb . 1: Sc hritte der Kanzerogenese. 1161
Ka nzerogenese
Onkogene
Der Prozess, in dem Zellen aufgrund genetischer Defekte transformieren, umfasst mehrere Schritte (I Abb. 1). In dem Modell der Kanzerogenese unterscheidet man deshalb zwischen
Die Onko- bzw. Protoonkogene umfassen eine Gruppe von ca. 200 Genen, die mittels ihrer Expressionsprodukte (Onkoproteine) die Proliferation, Mobilität und Differenzierung von Zellen steuern. Die durch Mutationen von Protoonkogenen zu Onkogenen entstehend en Onkoproteine verlieren häufig ihre spezifischen Eigenschaften . Beispielsweise kann es dazu kommen, dass ein Protein konstitu tiv aktiviert bleibt, d. h. keine Ligandenbindung zur Aktivierung benötigt. Die Onkogen produkte müssen jedoch nicht zwangsläufig in ihrer Funktion gestört sein, damit es zu r Transformation der Zelle kommt. Häufig erfolgt diese ebenfalls durch die Aktivierung eines Onkogens und eine anormale Synthese des intakten Genprodukts. Das Ergebnis beider Mechanismen ist immer eine gesteigerte Funktion des Gens oder des Genprodukts ("gain of fu nction" , 1 Tab. 1).
~ ~
~
Initiierung, Latenzphase und Progression/Realisation.
Der Ausgangspunkt der Tumorentwicklung ist eine Veränderung der chromosomalen DNA (Initiierung) . In den meisten Fällen werden diese Mutationen durch zelleigene Reparaturmechanismen beseitigt, es sei denn, diese sind ihrerseits in ihrer Funktion beeinträchtigt oder die Veränderungen übertreffen die Möglichkeiten der zellulären Kompensationsfähigkeit. Zu diesem Zeitpunkt sind die Tumorzellen nur mit molekulargenetischen Analyseverfahren nachweisbar. In der darauf folgenden Latenzphase kommt es zur Proliferation der initial geschädigten Zellen, der durch weitere Veränderungen der DNA die eigentliche Tumorerkrankung folgt. Diese letzte Phase der Tumorgenese wird deshalb auch Progression oder Realisation genannt. Durch die Schädigung der DNA kommt es zur pathologischen Transformation der ursprünglich gesunden Zelle. Die bedeutsamsten molekularen Elemente in diesem Prozess sind die antagonistisc h funktionierenden Onkogene und Tumorsuppressorgene sowie ihre Genprodukte, die Onkoproteine und die Tumorsuppressorproteine.
Funkt ion
Onkogen
Zykline und zyklinabhängige Kinasen
Zykline si nd ze ll zykJ usregu lierend e Proteine, die abhängig von den Zellzyklusphasen hoch· bzw. herunterreguliert werden . Sie vermitteln ihre mitogene (= zellteilungsfördernde ) Wirkung u. a. durch die Aktivierungsog. CDK (eyelin-dependent kinases). Transkriptionsfaktoren
Transkriptionsfa ktoren sind intrazelluläre Proteine, die naeh ihrer Aktivierung dureh die Bindung an bestimm te DNA-Se-
Protei n
Wachstumsfaktor
SIS
ß-Kette des Thrombozytenwachstumsfak tors
Wachstumsfaktorrezeptoren
ERB-BI
Epiderma ler Wachstumsfaktor (auch EGFR)
Intrazelluläre Wachstum svermittlung
SRC
SRC-Pro teinkinase
Tra nskripti onsfaktoren
MYC-Gene
MYC- Protei ne
I Tab. 1: Die häufigsten Onkogene und Proteine .
Grundlagen
quenzen deren Transkription steuern. Prominentes Beispiel dieser Gruppe von Genen ist das MYC·Gen. Sein Genprodukt myc induziert die Proliferation und hemmt die terminale Differenzierung von Zellen. Überexpression des myc-Proteins aufgrund einer Amplifikation des MYC-Gens kann in vielen Tumoren wie z. B. dem Neuroblastom, dem Astrozytom oder auch dem kleinzelligen Bronchialkarzinom nachgewiesen werden. Wachstumsfaktorrezeptoren
Wachstumsfaktoren sind Proteine, die durch Ligandenbindung aktiviert werden und ihrerseits intrazelluläre Signalwege aktivieren. Meistens kommt es entweder zu einer Überexpression oder zu einer Expression fehlerhaft funktionierender Proteine. Ein Beispiel hierfür ist FLT3 (FMS-like tyrosine kinase) . Diese Rezeptortyrosinkinase wird physiologisch von hämatopoetischen Vorläuferzellen exprimiert. Bei 30% aller akuten myeloischen Leukämien (AM L) kann die Expression funktionell veränderter, konstitutiv aktivierter RT3-Proteine nachgewiesen werden. Elemente der intrazellulären Signaltransduktion
Die Signaltransduktion innerhalb von Zellen, d.h. zwischen dem aktivierten Rezeptor und der zellulären Reaktion, ist aus mehreren Elementen bzw. Proteinen aufgebaut, die agonistisch und antagonistisch interagieren . Jedes Protein agiert mit anderen Proteinen und beeinflusst somit auf unterschiedlichste Weise z. B. die Zellteilung. Damit besitzt jedes dieser Signalkettenglieder ein onkogenes Potenzial. Von zentraler Bedeutung in der Entstehung vieler Tumoren ist die RAS-Gen-Familie. Sie kodiert für membranständige
12
I
13
Proteine, deren Aktivierung durch Stimulation u. a. zur Proliferation der Zelle führt. Mutationen dieser Gene führen häufig zu einer konstitutiven Aktivierung der Proteine und verursachen damit eine unkontrolIierte Zellteilung. Wachstu msfa ktoren
In vielen Magenkarzinomen hat sich eine autokrine Stimulation durch tumoreigene Wachstumsfaktoren als Bestand teil der Tumorgenese herausgestellt. Hierbei geht man davon aus, dass ein aktiviertes Onkogen für die Expression eines verän· derten, aber dennoch wirksamen Wachstumsfakto rs verant· wortlich ist. Wachstum von Tumoren
Die Entstehung eines Tumors hat ihren Ursprung in der Transformation einer gesunden Zelle. Durch deren Proliferation entsteht eine zunächst homogene Zellformation aus Subklonen, deren genetische Instabilität, u. a. verursacht durch Defekte der DNA·Reparaturmechanismen, eine zunehmende Tumorzellheterogenität bewirkt. Ab einer Größe von 1-2 mm hängt das weitere Wachstum des Tumors primär von der Bildung neuer Gefäße ab. Kann sich ein Tumor bis zu dieser Größe noch durch Diffusion mithilfe des umliegend en Gewebes ernähren, ist er nun gezwungen, Substanzen wie Angiogenin oder den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) zu synthetisieren. Damit wird die Bildung neuer Gefäße induziert. Rein hypo· thetisch kann ein Tumor weiterwachsen, solange er genug Raum und Nährstoffe zur Verfügung hat. Der größte limitierende Faktor ist immer der Organismus, in dem er entsteht.
Zusammenfassung • Das aktuelle Modell der Kanzerogenese unterscheidet drei Schritte: Initiation, Latenzphase und Realisation. • Onkogene sind eine Gruppe von ca. 200 Genen, die durch ihre gesteigerte unregulierbare Funktion von großer Bedeutung in der Kanzerogenese sind. • Wichtige Onkogengruppen sind jene Gene, die für Wachstumsfaktoren, Proteine der intrazellulären Signaltransduktion, Wachstumsfaktorrezeptoren, Zytokine und Transkriptionsfaktoren kodieren. • Veränderte RAS-Gene, wie sie bei Ka rzinomen des Kolons und des Pankreas bei vielen Patienten nachgewiesen werden können, sind ein Beispiel für eine Untergruppe von Onkogenen. • Eine Überexpression von Zyklinen, z. B. durch die Amplifikation eines Genlokus, kann molekularbiologische Ursache einer neoplastischen Erkrankung sein .
Molekulare Mechanismen 11 Aktivierungsmechanismen
Es gibt eine Reihe von Mechanismen, die zur Aktivierung von Onkogenen führen. Am häufigsten treten die folgenden auf: ~
~ ~
Amplifikation Chromosomale Translokation Punktmutation
I
Gen
Locus
Tumor
Rb
13q 14
Retinoblastolll, Osteosarkom u. a.
DCC
18q2 1
Kolonkarzinom
BRCAI
17q21
Mamma- und Ovarialkarzinom
E-Cadherin
16q21 -22
Diffuses Magenkarzinom
Tab. 3: Wic htige Tumorsupp ressorgene und Loci.
Amplifikation
"Amplifikation" bezeichnet die Vervielfachung von DNA z. B. im Rahmen einer zell ulären Reaktion auf einen erhöhten Bedarf des Genprodukts oder durch fehlerhafte Replikation. Es handelt sich um die Vermehrung eines Genlocus im Ver· gleich mit dem Ploidisierungsgrad (:= Anzahl der Chromosomensätze) der Zelle, wodurch die Zahl der Genkopien im Genom erhöht wird. Manche Tumorzellen amplifizieren auch als Reaktion auf eine Chemotherapie die durch die Medikamente beeinflussten Gene bzw. deren Genprodukte. Ein Beispiel für die therapeutische Bedeutung von Amplifikationen in der Diagnostik und Therapie liefert Erb-B2 (auch HER2/neu) in Mammakarzinomen. In einem Teil der Patientinnen mit Mammakarzinomen kann eine Target-Therapie mit einem Antikörper gegen diesen Rezeptor erfolgen. Im Verlauf von Studien hat sich gezeigt, dass nur Patientinnen mit einer Amplifikation des HER2/ neu-Locus von einer Therapie mit dem Antikörper profitieren (I Tab. 2). Chromosomale Translokationen
Unter einer "Translokation" versteht man die Neuordnung von Chromosomen oder Teilen derselben innerhalb eines Chromosomenbestands. Produkt eines solchen Vorgangs kann ein überexprimiertes Onkogen oder auch ein Fusionsgen sein. Eines der bekanntesten Beispiele ist Bcr-Abl. Es entsteht im Rahmen einer Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 . Durch diesen Austausch entsteht das sog. Philadelphia-Chromosom, das als Tyrosinkinase wirkt. Es kann bei einem hohen Prozentsatz von chronisch-myeloischen Leukämien mittels PCR nachgewiesen werden Punktmutationen
Tumorsuppressorgene
Tumorsuppressorgene regulieren durch ihre Expressionsprodukte das Wachstum von Zellen. Im Gegensatz zu Onkogenen kommt es bei ihnen im Verlauf der Kanzerogenese nicht zu einem "gain of function", sie verlieren vielmehr ihre zellzyklusregulierende Funktion ("loss of function" ). Von den vielen bekannten Genen (I Tab. 3) werden in diesem Buch exemplarisch das Retinoblastom- und das p53-Gen behandelt. Rb-Gen
Mittels seines Produkts fungi ert dieses Gen als Regulator des Zellzyklus in der GloS-Phase der Zellteilung (I Abb. 2). Seinen Namen erhielt es nach der Erforschung seiner wichtigen Rolle im Rahmen der Genese des Retinoblastoms. Es wird jedoch auch bei vielen anderen Tumoren in defektem Zustand vorgefunden. Durch molekulare Techniken konnte nachge-
Zykline 0, E
Bei dieser Art von Mutationen kommt es zu Veränderungen von einem einzelnen oder wenigen Basenpaaren. Sie können bei 90% aller Patienten mit Adenokarzinomen (innerhalb der
I
RAS-Gen-Familie) des Pankreas nachgewiesen werden. Als Ursache werden vor allem Fehler im Verlauf der DNA-Reparatur diskutiert.
Gen
Tumor
N-Myc
Neuroblastom
ERB-B2
Mammakarzinom
ERB-B2
Ovarialkarzinom
A
zyklin
CDK ~-· ~CDK
1 - 1-
1
-. . . , [
Inhibitoren [
G)!
®
rnRNA für:
DNA
Tab. 2: Onkogene, die durch ihre Amplifikation eine Rolle in der Tum or-
genese spielen.
• Abb. 2: Zellzyklu sreguli erend e Funktion des Rb-Pro te in s. 116 1
Grundlagen
14
I
15
• Abb. 3: Das Tumorsuppressorgen P53 und seine Funktion. [21
persistierender
~ p21-waf1
Zyklinl CDK
k"
I
t
I GA;D45
l
Zellzyklusblockade
DNAReparatur
'
DNA-Schaden
APo- I
I ptose
"'li.:"
IG ------------~. I M~ose
I
wiesen werden, dass der Defekt immer in einem in der Region 13q 14 liegenden Gen auftritt. p53 Der "Hüter des Genoms" besitzt wie das Rb-Gen eine tumorsuppressive Funktion. Im Fall eines Schadens der DNA entscheidet pS3 darüber, ob dieser reparabel ist oder nicht. Ist Letzteres der Fall, stoppt es die Teilung der Zelle und initialisiert deren Apoptose (I Abb. 3). In der Regel verlieren mutierte pS3-Proteine ihre Funktion im Zellzyklus, was zu unreguliertem Wachstum sowie zu chromosomaler Instabilität der transformierten Zellen führt. Besonders Letzteres hat eine Akkumulation von genetischen Veränderungen zur Folge, wie sie häufig bei Tumorzellen vorgefunden wird. Darüber hinaus hat der Funktionszustand von pS3 auch eine therapeutische Bedeutung: Tumorzellen mit feh lerhafter Funktion sind häufiger resistent gegenüber Chemo- und Strahlentherapie als Zellen mit normal funktionierendem pS3.
Patienten im Zusammenhang mit dem HNPCC (hereditäres Non-Polyposis-Kolonkarzinom) gefunden. Hierbei wurden Mutationen in vier Reparaturgenen festgeste llt [hMSH2, hMLH 1, hPMS I und hPMS2J, die zusammen mit weiteren Mutationen einen Teilschritt in der Entwicklung des Kolonkarzinoms darstellen. Ein zweites Krankheitsbild, das auf den Defekt von DNAReparaturmechanismen zurückzuführen ist, stellt das Xeroderma pigmentosum dar. Die mit dieser Krankheit vergesellschaftete erhöhte Wahrscheinlichkeit von Hautkrebs ist Folge einer Ansammlung von UV-Licht-induzierten Pyrimidin-Dimeren, die eine fehlerfreie DNA-Replikation verhindern.
Zusammenfassung • Drei wichtige Aktivierungsmechanismen von Onkogenen sind Amp[ifikation, chromosomale Trans[okation und Punktmutationen. • Eine Amplifikation von DNA-Bestandteilen erfolgt im
DNA-Reparaturgene in Tumorzellen
Fehlerhafte Basenpaarungen, die im Verlauf der Replikation oder durch kanzerogene Einflüsse entstehen, werden durch bestimmte Reparaturmechanismen behoben. Mittlerweile sind mehrere Krankheiten bekannt, die auf Defekte von Genen zurückzuführen sind, die für DNA-Reparaturproteine kodieren. Die ersten wissenschaftlich untersuchten Gene dieser Gruppe waren die des Mut-HLS-Systems von E. eoli, das in der Lage ist, Fehlpaarungen von bis zu vier Basenpaaren zu reparieren. Äquivalente humane Gene wu rden mittlerweile bei
Rahmen einer physiologischen, zellulären Reaktion oder pathologisch durch Fehler in der DNA-Reparatur. • Durch chromosomale Translokationen kann es zur Entstehung von Fusionsgenen wie BCR-Abl kommen. • Punktmutationen der RAS-Gene können bei 90% aller Pankreaskarzinome nachgewiesen werden. • Bei Tumorsuppressorgenen kommt es im Verlauf der Kanzerogenese zu einem Funktionsverlust, dem "Ioss of function". Produkte bekannter Tumorsuppressorgene sind das Rb-Protein sowie p53. • Veränderte DNA-Reparaturgene spielen besonders in der Genese des HNPCC und des Xeroderma pigmentosum ein bedeutende Rolle.
Systematik I Die Einteilung von Tu moren stützt sich neben ihrem biologischen Verhalten (Dignität) und der Ausbreitung (Staging) auch auf das Ursprungsgewebe des Tumors. Folgende Tumoren können unterschieden werden:
Benigne epitheliale Tumoren
Zusätzlich werden in diesem Kapitel die dysontogenetischen Tumoren behandelt. Dies ist eine Gruppe von Tumoren, die aufgru nd em bryonaler Fehlentwicklung entsteht.
Zu den benignen epithelialen Tumoren gehören die Adenome (I Abb. I) und Papillome. Papillome sind Tumoren des oberflächlichen Plattenepithels der Haut und von Plattenepi thel bedeckter Schleimhaur und Urothel. Ihr finge rförmiges Wachstum (papillär) ist hierbei namensgebend. Adenome bestehen aus Drüsenepithel und Parenc hym und si nd makroskopisch als knotige, abgekapselte Strukturen erkennbar (I Abb. 2). Nach ihrem Wachstum we rden sie in tubu läre, trabekuläre, follikuläre und zystische Adenome unterteilt.
Epitheliale Tumoren
Maligne epitheliale Tumoren
Das Ursprungsgewebe epithelialer Tumoren sind Platten- oder Drüsenepithel bzw. Urothel. Benigne epitheliale Tumoren enden auf -om, maligne auf -karzinom.
Karzinome sind die häufigsten Malignome. Sie machen 90%aller Malignome aus und werden an hand ihrer Ursprungsepithelien in drei Gruppen unterteilt:
~ Tumoren des inneren und äußeren Keimblatts (epitheliale Tumoren) ~ Tumoren des mittleren Keimblatts (mesodermale Tum oren)
I
Abb. 1: Tubu läres Adenom des Kolons (mikroskop isc he Aufnahme). [21
~ Das Plattenepithelkarzinom wächst endophytisch (" nach innen wachsend"), knotig und häufig ulzerierend (I Abb. 3). Es entsteht aus organständigem Plattenepithel bzw. Plattenepithelmetaplasien, z. B. in der BronchialI Abb. 2: Tubu lä re s Adenom des Kolons schleimhaut. (mak roskop ische Aufnahme). [2)
Benennung epithelialer Tumoren • Benigne: - Papillom - Adenom • Maligne: - Karzinom (Adeno-)
exophytisch
polypös
endophytisch
papi ll är
I
solide
ulzerös
knotig
d iffu s
~
~
I Abb _3: Wu chsform en von Tum oren . [2]
Grundlagen
16
I
17
~ Adenokarzinome gehen vom Drüsengewebe oder von zylinderepithelhaltiger Schleimhaut aus. Sie zeigen unterschiedliche Wachstumsformen (tubulär, papillär oder diffus), beispielhaft hierfür ist das in I Abbildung 4 dargestellte Adenokarzinom des Magens. ~ Bei Urothelkarzinomen handelt es sich um maligne Tumoren, die zu 90% in der Harnblase und den ableitenden Harnwegen vorkommen.
Mesenchymale Tumoren
I Abb. 4: Adenokarz inom des Magen s. (2 )
Ursprungsgewebe der mesenchymalen Tumoren sind Muskel-, Binde- und Stützgewebe sowie Gefäßgewebe und Blutzellen. Benigne Tumoren des Mesoderms enden stets auf -om, maligne auf -sarkom. Als ,,-blastome" werden benigne mesodermale Tumoren bezeichnet, die aus den mesenchymalen Vorläuferzellen entstanden sind . • Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Systematik der gesamten Tumorgruppe.
Ausgangsgewebe
Gutartiger Tumor
Bösartiger Tumor
Lymphatisches Gewebe
Malignes Lymphom
Hämatopoetisches Gewebe
Leukämie
Plasmazellen
Plasmozytom
Bindegewebe
Fibrom
Glatte Muskulatur
Leiomyom
Leiomyosarko m
Quer gestreifte Muskulatur
Rhabdomyom
Rhabdomyosarkom
Fettgewebe
Lipom (I Abb. 5a)
Liposarkom (I Abb. 5b)
Knorpe lgewebe
Chondrom
Chondrosarkom
Knochengewebe
Osteom
Osteosarkom Hämangiosarkom
Fibrosarkom
Blutgefäße
Hämangiom
Lymphgefäße
Lymphangiom
Lymphangiosa rkom
Meningen
Menineom
Meningeosarkom
Melanozyten
Nävuszellnävus
Malignes Melanom
Lebergewebe (primitive Trabekel)
I
I
Abb. 5: Mikroskopische Bilder eines Lipoms (a) und eines Liposarkoms (b).
(2)
Hepaloblasto m
Tab . 1: Systematik mese nchyma ler Tumoren.
Zusammenfassung • Gutartige epithe[iale Tumoren enden auf -om. • Bösartige epitheliale Tumoren enden auf -karzinom. • Ursprungsgewebe von Karzinomen sind z. B. - Plattenepithel (z. B. Zervixkarzinom) - Drüsenepithel (z. B. Adenokarzinom des Magens) - Urothel (Harnblasen karzinom)
Systematik 11 Dysontogenetische Tumoren
Weitere embryonale Tumoren sind:
Unter diesem Begriff werden alle Tumoren zusammengefasst, die auf eine Störung der embryonalen und fetalen Entwicklung zurückzuführen sind:
~
~
~ ~
Teratome (I Abb. 6) Embryonale Tumoren Hamartome
Neuroblastom: Tumor des sympathischen Nervensystems Hepatoblastom: Tumor aus den Vorläuferzellen des Leberparenchyms ~ Wilms-Tumor: Tumor aus embryonalen Nierenzellen ~
Hamartome
Ursprungsgewebe der Teratome sind alle drei Keimblätter. Dementsprechend enthalten sie Gewebe des Ekto·, Ento· und Mesoderms. In der Regel findet man bei Erwachsenen Tumoren, die gut differenzierte, jedoch stark unterschiedliche Gewebe enthalten (z. B. Haare, Haut und Knochen), bei Kindern hingegen häufiger maligne unreifere Teratome. Embryonale Tumoren gehen auf eine fehlerhafte Entwicklung von Gewebe im Lauf der Organentwicklung zurück. Beispiel· haft für einen solchen Tumor ist das Retinoblastom. Hierbei kommt es durch den Verlust eines Suppressorgens zur Entste· hung eines infiltrativ wachsenden Tumors aus embryonalen Netzhautzellen.
Dieser Begriff bezeichnet tumorartige Gewebsveränderungen mit normaler Differenzierung aufgrund fehlerhaften Wachstums. Im Tumor befinden sich differenzierte, jedoch ungeordnete Zellen, die nicht der normalen Organarchitektur entsprechen . Neoplasien dieser Art sind jedoch sehr selten und noch weniger häufig maligner Dignität (z. B. Hamartochondrom der Lunge bzw. Angiomyolipom der Niere) . Weitere Tumoren
Einige Tumoren können nicht in die genannten fünf Gruppen eingeteilt werden: ~ Mischtumoren: Sie enthalten mehrere Gewebetypen. Das pleomorphe Adenom der Speicheldrüse besteht z. B. aus mesenchymalem und epithelialem Gewebe. ~ Gliom: Dies sind Tumoren des ZNS. ~ Onkozytome sind Tumoren, die aus bestimmten eosinophilen Drüsenepithelzellen entstehen, z. B. dem der Speichel· drüse.
a
I
Abb .
6:
Makroskopische Abbildung eines Teratoms.
121
Grundlagen
18
I 19
Staging und Grading Prlflx und Suffix Die folgenden Buchstaben sind bisweilen vor der TNM-Klassifikation zu finden (Präfix): ~ p: pathologisches Stadium ~ c: klinisches Stadium ~ r: Rezidiv ~ u: Ultraschalldiagnostik ~ y: Zustand nach Therapie ~ a: Autopsie
Im Rahmen einer möglichst effektiven Therapie spielen u. a. die Bestimmung des Tumortyps, sei nes Malignitätsgrads (Grading) und der Ausbreitung im Körper (Staging) wichtige Rollen. Die Stadieneinteilung des AJCC (American Joint Cancer Committee) und der UI CC (Union Internationale Contre le Cancer) sind gröbere Einteilungen zur Therapieentscheidung, die auf dem TNM-System aufbauen und weitere Kriterien (Grading) einbeziehen.
Das Suffix nach dem T in der TNM-Klassifikation bedeutet: ~ m: multiple Tumoren der gleichen Region ~ Is: Carcinoma in sltu ~ cy: zytologisch (aus Pleuraerguss oder Aszites)
Von besonderer Bedeutung sind aufgrund ihrer klinischen Relevanz die TNM-Klassifikation, die R-Klassifikation und das histopathologische Tumorgrading (G).
Das Suffix nach dem N kann folgende Bedeutung haben: ~ sn: Sentinel-Lymphknoten ~ i: isolierte Tumorzelle ~ mol: molekulargenetische Untersuchung
Histopathologisches Tumorgrading
Das Grad ing stuft den Malignitätsgrad des Tumors ein. Anhand zytologischer und histologischer Kriterien werden die Tumoren in Gruppen unterteilt: von GI (hoch differenziert) bis G4 (entdifferenziert). Die hierbei verwendeten Kriterien decken sich mit den auf S. 3 erwähnten.
Bei Tumoren des Gehirns und Hämatoblastosen findet nur das Gradlng, jedoch kein Staging Anwendung.
x-Suffix nach der TNM-, G- und R-Klassifikation zeigt an, dass eine sichere Zuordnung aufgrund ungenügender Angaben nicht m5glieh Ist.
R-Klassifikation
Die R-Klassifikation gibt die Vollständigkeit der operativen Tumorentfernung an. RO steht für keinen nachweisbaren Residualtumor, Rl beschreibt einen nur histologisch nachweisbaren Residualtumor. Im Unterschied dazu sind bei einem R2-resizierten Tumor noch makroskopisch sichtbare Tumorreste vorhanden.
TNM-Klassifikation von Tumoren T = Primärtumor
Das am häufigsten angewandte Verfahren zur Klassifizierung von Tumoren erfolgt anhand von makroskopischer Untersuchung des Primärtumors (T), des Lymphknotenbefalls (N ) und der Fernmetastasen (M). Bei multiplen Tumoren nimmt man die höchste T-Kategorie und setzt die Multiplizität oder Anzahl in Klammern dahinter, z. B. pT2(3) (I Tab. 2).
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden.
TO
Es gibt kein Anzeichen für einen Primärtumor.
Tis
Carcinoma in situ
T 1- T4
Größe und loka le Ausbrei tung des Tumors in umliegendes Gewebe
N = Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten sind nicht beurteilbar.
NO
Es sind keine regionären Lymphknotenmetastasen feststell bar.
N l - N3
Befall regionärer Lymphknoten. direkt durch den Primärtumor
M = Fernmetastasen MX
Fernmetaslasen können nicht beurteilt werden.
MO
Keine vorliegenden Fernmetastasen
M1
Fernmetaslasen
I Tab. 2: TNM-Klassifikation von Tum oren.
Zusammenfassung
*' Dysontogenetische Tumoren werden unterteilt in Teratome, embryonale Tumoren und Hamartome.
*' Teratome bestehen in der Regel aus Geweben aller drei Keimblätter. *' Einer der häufigsten embryonalen Tumoren ist das Retinoblastom. *' Hamartome sind in den seltensten Fällen maligner Dignität.
Hämatoblastosen
Kopf-Ha Is-Tumoren
22 24
Akute Leukämien Chronische myeloische Leukämie (CML) I Chronische myeloische leukämie
60
(CML) " Chronische lymphatische Leukämie (Cll) Hodgkin-Lymphom Non-Hodgkin-lymphome
Tumoren der Haut
26 28 30 32
62 64 66 68
Maligne Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs
Spinaliom (Plattenepithelkarzinom der Haut) Basalzellkarzinom (Basaliom) Melanom I Melanom 11
Gynäkologische Tumoren
34 36 3B 40 42 44
Mammakarzinom I Mammakarzinom" Zervixkarzinom 1 Zervixkarzinom 11 Ovarialkarzinom Endometriumkarzinom
Gastrointestinale Tumoren
70 72 74 76 78
BO Urologische Tumoren
46 4B 50 52 54
Hodentumoren Prostatakarzinom I Prostatakarzinom 11 Nierenzellkarzinom Harnblasenkarzinom
82
Pankreastumoren Ösophaguskarzinom Magenkarzinom I Magenkarzinom I1 Kolorektales Karzinom I Kolorektales Karzinom" Hepatozelluläres Karzinom
ZNS-Tumoren
B4 86
ZNS-Tumoren I ZNS-Tumoren 11
Tumoren der Lunge
Endokrine Tumoren
56 SB
88
Bronchialkarzinom I Bronchialkarzinom 11
Schilddrüsen karzinom
Akute und allgemeine Leukämien Allgemeine Leukämien
Dieser Gruppe neoplastischer Erkrankungen liegt die autonome Proliferation einer Leukozytenform zugrunde_ Jährlich erkranken ca_ 10250 Menschen unterschiedlichen Alters (I Abb_ 1) in Deutschland (5500 Männer und 4750 Frauen) an einer der verschiedenen leukämieformen: ~
Akute Leukämie (ALL oder AML) Chronische myeloische Leukämie (CML) ~ Chronische lymphatische Leukämie (Cll) ~
Histologisch erkennt man Leukämien am Vorhandensein von Tumorzellen im Blut und vor allem in den blutbildenden Organen sowie an der Verdrängung normaler Blutzellen aus dem Knochenmark_ Klinisch ergeben sich aus den histologisch feststellbaren Prozessen die charakteristischen Leitsymptome Anämie, Blutungen (ThrombozytopenieJ, Infektanfälligkeit (Granulozytopenie) und Beeinträchtigungen der Organfunktionen_ Die typische Ablauf einer Leukämie besteht aus mehreren Phasen, die nach der im Blut vorhandenen Zahl von Leukozyten benannt sind_ ~ Die aleukämische Phase ist durch eine auf das Knochenmark beschränkte Proliferation von entarteten unreifen Zellvorstufen (Blasten) definiert ~ In der subleukämischen Phase
befinden sich schon erste unreife Vorstufen im peripheren Blut. ~ In der letzten, der sog. leukämischen Phase, nehm en diese za hlenmäßig deutlich zu. Die Klassifikation der Leukämien wi rd an hand der Entstehungsgeschwindigkeit, des vorherrschenden Zelltyps und der Leukozytenzahl in akut oder chronisch, lymphatisch oder leukämisch bzw. leukämisch, subleukämisch oder aleukämisch vorgenomm en. Ätiologie Meistens sind die genauen Ursachen unbekannt. Als gesichert gilt, dass Umweltfaktoren und genetische Faktoren bei vielen Leukämieformen eine entscheidende Rolle in der Entstehung spielen (I Tab. 1). Diagnosti k und Therapie Die Diagnose wird grundsätzlich mithilfe einer immunohistologischen Untersuchung des Bluts sowie diversen weiteren Untersuchungsmethoden gestellt Die therapeutischen Maßnahmen sind ebenso vielfältig wie die diagnostischen und variieren von Leukä mie zu Leukämie. Akute myeloische (AM L) und akute lymphatische (ALL) leukämie
Beide Erkrankungen entstehen en tweder aus myeloiden (AML) oder lymphozytären (ALL) Vorläuferzellen.
Häufigkei t Faktor
Leuk i m leform
Genetfsch Trisomie 2 1
ALL
Philadelphia-Chromosom
CML
Umwelt
0
20
40
60
Lebensjahre
• Im Kindesalter überwiegend akut lymphatisch. im Erwachsenenalter akut myeloisch.
-----
I Abb. I : Altersverteilung der wichtigsten Leuk ämieformen. [151
Ionisierende Strahlen
AM L + CML
Chemische Substanzen
CML + AML
Zytostatika
AML
Viren
T-Ze ll-Leukämie
I Tab. I : Bekannle Fa ktoren bei der Leukämieen tstehung.
Im Gegensatz zur ALL, die 80% aller akuten Leukämien im Kindesalter ausmacht, leiden 80% aller akuten Leukämiepatienten im Erwachsenenalter an einer AML. Insgesamt erkranken jährlich in Deutschland ca. 3600 Menschen an ei ner AML sowie 550 an einer ALL. Kli nik AML
Die klinische Symptomatik wird in erster Li nie durch die verminderte Knochenmarkfunktion und die daraus resultierende Störung der normalen Hämatopoese bestimmt: ~ Die Patienten sind aufgrund einer verringerten Anzahl funktionstÜChtiger Granulozyten anfälli g für Infektionen. ~ Eine Blutungsneigung sowie Petechien, Schleimhautblutungen oder auch Hämatome sind Symptome der verringerten Thrombozytenzahl. ~ Durch die parallel stattfindende Beeinflussun g der Hämatopoese zeigen die Patienten häufig Anzeichen einer Anämie wie z. B. Leistungsknick, Kopfschmerzen, Schwäche.
Des Weiteren gibt es, bedingt durch die erhöhte Zellzahl und den unphysiologischen Zell ze rfall , eine Reihe von häufi g auftretend en, sog. metabolischen Effekten. Die Hyperurikämie beispielsweise entsteht durch ei ne interstitielle oder intra urethrale Obstruktion bereits bei mäßiger oder mittlerer Leukozytose. Ein weiteres Beispiel ist die disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC). ALL Patienten mit einer ALL zeigen aufgrund der beeinträchtigten Knochenmarkfunktion und der erhöhten Zellzahl ähnliche Symptome wie AML-Patienten. Häufig werden eine Ve rschlechterung des AJlgemeinzustands und in vie len Fällen Beschwerden, die auf den Befal l von weiteren Organen zurückzufü hl'en si nd, beklagt. Diagnostik un d Klassifi kation Die Diagnose wird primär durch AnaIy. e del' Zell morphologie im Knochen-
Hämatoblastosen
22 I 23
mark, Zytochemie, Immunzytologie, Zytogenetik, Molekulargenetik und selten anhand der Histologie gestellt. Die Klassifikation erfol gt nach zytochemischen und mor· phologischen Kriterien anhand der FAB-(AML-] bzw. der MIC-(ALL·]Klassifikation. Therapie 1 Abbildung 2 verdeutlicht die Grundsätze einer Therapie von akuten Leukämien. Sie ist meistens dem Subtyp ange· passt und besteht aus folgenden Teilen:
nein
Palliative Therapi e
~
Der symptomatische Teil konzentriert sich primär auf die Behandlung der durch die Knochenmarkverdrängung auftretenden Beschwerden des Patienten. ~ Ziel des zytostatischen Therapieteils ist die Vernichtung bzw. Reduktion der neoplastischen Zellklone. ~ Die Knochenmarktransplantation (KMT] findet i. d. R. nach einer Myeloablation des Knochenmarks statt. Dieses Verfah· ren wird auf Seite 96 genauer erläutert. Prognose Zu den Prognosefaktoren zählen u. a. zytogenetische Faktoren (z. B. konstitutiv aktivierte Rezeptortyrosinkinasen wie FLT3 bei AML·Patienten] sowie bestimmte immunologische Merkmale. Da es diese in großer Anzahl gibt, ist eine komplette Aufstellung nur seh r schwer und daher lediglich unter Vorbehalt möglich (I Tab. 2].
Postremissionstherapie
Kurative Zielsetzung?
Induktionstherapie Tod
Rezidiv
t
bei jüngeren
Remission
Patienten
Autologe oder Allogene KMT
Konsolidierungstherapie
Erhaltungstherapie
I
Abb . 2: Vereinfachte Darstellung der Therapie ak uter Leukämien. [15]
Zytogenetik (Prognosefaktoren)
(Patient '" 60 Jahre)
Allogene SZT (= Stam mzelltransplantation)
Günstig
Intermediär
Ungünstig
-
63%
44%
57%
45%
58 %
40%
Autologe SZT Chemotherapie
91 %
I Tab. 2: 5-Jahres-Überlebensrate von AM L-Pati enten in Abhängigkeit von zytogenetisc hen Prognosefaktoren.
Zusammenfassung
*' Leukämien entstehen aufgrund einer Entartung von hämatopoetischen Vorläuferzellen. Jährlich erkranken rund 10000 Menschen in Deutschland an diesen neoplastischen Erkrankungen des Blutes.
*' Typische klinische Symptome sind Leistungsknick, Infektanfälligkeit, Blutungsneigung und unphysiologische Organvergrößerungen.
*' Die Entstehung einer Leukämie lässt sich anhand der vorhandenen neoplastischen Blasten grob in die aleukämische, subleukämische und leukämische Phase einteilen.
*' In Abhängigkeit vom Erkrankungstyp und vom Allgemeinzustand des Patienten wird eine individuell ausgerichtete, multimodale Therapie angewendet.
Chronische myeloische Leukämie (CML) I Myeloproliferative Erkrankungen, zu denen die chronische myeloische Leukämie (CM L), Polycythaemia vera, die essenzielle Thrombozytopenie und die Osteomyelofibrose zählen, zeichnen sich durch ei ne unphysiologische Proliferation einer oder mehrerer hämatopoetischer Zellreihen aus. Sie alle sind in der ersten Phase klinisch meist nicht leicht zu differenzieren (s. Kasten "Differentialdiagnosen CML"). Als häufigste neoplasbsche Erkrankung dieser Gruppe, an der jährlich 1600 Menschen in Deutschland erkranken, wird in diesem Kapitel speziell die CML behandelt. Klinik Klinisch verläuft diese Krankheit in drei Phasen. Die chronische Phase dauert in der Regel drei bis fünf Jahre. Dabei sind die Patienten meist asymptomatisch, wobei bei einigen eine Vergrößerung der Milz, Anämie und Nachtschweiß beobachtet werden können. Häufig wird daraufhin die CML im Rahmen einer routinemäßigen Untersuchung entdeckt. Auf die chronische Phase fo lgt die Akzelerationsphase (I Abb. I), die nur wenige Monate dauert. Neben zuneh· mender Milzgröße, Leukozytose mit zunehmender linksverschiebung, Anämie, Thrombozytopenie oder Thrombo· zythämie zeigen die Patienten zusätzlich eine ausgeprägte B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust). Seltenere Symptome dieses Stadiums sind Knochenschm er· zen oder eine Mil zruptur. Die letzte Phase wird als Blastenkrise bezeic hnet und verläuft wie eine akute Leukämie. Es werden viele myeloische, lymphatische, erythroide Vorläuferzellen (Blasten ) ins Blut ausgeschwemmt. Dieser meistens therapierefrak täre Teil des Krankheitsverlaufs endet durchschnittlich nach vier bis fünf Monaten mit dem Tod des Patienten.
Viele Komplikationen im Verlauf der CML gründen sich auf die abnormal hohe Leukozytenzahl im Blut - bis zu 500 x 109 Leukozyten. Neben Thrombosen oder Organinfarkten zeigen die Patienten häufig Anzeichen des Tumoriyse-, Leukostase- oder SweetSyndroms (Hautausschlag mit schmerzhaften dunkelroten Papeln).
Ätiologie Die Ätiologie der CML ist bis heute noch nicht vollständig geklän, Benzol und ionisierende Strahlen gelten jedoch mit großer Sicherheit als Risikofaktoren. Für die pathogene Prolifera ti on eines Zellklons scheint nach heutigem Kenntnisstand in 90 %dei' Fälle das durch strukturelle chromosomale Aberra tion entstehende PhiladelphiaChromosom mitverantwortlich zu sein (I Abb. 2). Hierbei kommt es zu einer reversen Translokation zw ischen den Chromosomen 22 und 9. Resultat dieses Vorgangs ist neben dem Philadelphia-Chromosom das Fusionsgen bcr-abl. Durch die konstitutiv aktivierte Tyrosinkinase, zu deren Expression es aufgrund der Translokation kommt, erhält der initial transformierte Zellklon einen solchen Wachstumsvorteil, dass schon in der chronischen Phase meistens ein völliges Überwiegen der bcr-abl-positiven Zell klone beobachtet werden kann. Weitere genom isclle Veränderungen, die häufig bei CMLPatienten diagnostiziert werden, sind Punktmutationen von Proteinen wie p53. Bemerkenswerterweise gibt es CML-Patienten (weniger als 5%), bei denen sich zyto- und mOlekulargenetisch kein PhiladelphiaChromosom bzw. bcr-abl-Fusionsgen nachweisen lässt. Auf der anderen Seite gibt es auch gesunde Menschen mit dem bcr-abl-Fusionsgen.
I Abb. I: Histologisches Bild eines CML-Patienten in der Ak zelerationsph ase: hyperze lluläres Knochenmark mit erhöhtem Bia stenan teil.121
Hämatoblastosen
Ch romosom 22
24 125
I Abb. 2: Theorie zur Entstehung des Philadelphia-Chromosoms. ( 15)
Chromosom 9
Philade lphi aCh romosom
o
0
. ~.0", bcr
q
abi
abi
bcr
ab l-bcrFusionsgen
Kodiert proliferationsstimulierende 1 Proteinkinase
Unkontrollierte Zellvermehrung eines Zellklons
-
Unterdrückung der normalen Hämatopoese
Diagnostik Neben der Untersuchung des Blutbilds und des Knochenmarks ist der Nachweis der zytogenetische Nachweis des Philadelphia-Chromosoms von großer diagnostischer Bedeutung. Das Blutbild zeigt initial in der chronischen Phase eine deutliche Neutrophilie sowie eine Erhöhung von Vorläuferzellen der Myelopoese, wobei der Blastenan teil nicht über 10% liegt. Im Knochenmark kann man eine quantitative Zunahme der Myelopoese in Kombination mit uncharakteristischen Megakaryozytenveränderungen sowie einer Eosinophilie feststellen. Die chronische Phase kann einige Monate bis wenige Jahre dauern. Im weiteren Verlauf der Krankheit nimmt der Blastenanteil im Knochenmark oder im peripheren Blut bis auf über 20% zu, wobei es sich in 3,4 der Fälle um eine myeloische Blastenkrise handelt. Zusätzlich sind meistens eine erhöhte Basophilie sowie eine Veränderung der Thrombozytenzahl in Form einer Thrombozytopenie zu finden.
Differentialdiagnosen CML Atypische chronische myelolsche Leukämie: Blutbild wie bei CML: zytogenetisch kein Philadelphia-Chromosom und molekulargenetisch kein bcr-abl nachweisbar; Prognose meist schlechter als bei der typischen CML ~ Chronische Neutrophllen-Leukämie: Blutbild zeigt eine Vermehrung von stabkemigen und reifen segmentkernigen Granulozyten ohne Vorstufen; i. d. R. keine bcr-abl-Transformation nachweisbar; geringe Progressionstendenz ~ Leukämolde Reaktion: massive Linksverschiebung des Blutbilds; Auslöser können z. B. Sepsis, Militartuberkulose oder schwere Infektionen sein; die Abgrenzung zur CML erfolgt durch den Anteil an unreifen Zellen von :S 15%. ~ Neutrophlle Leukozytose: Das Blutbild zeigt meist eine Leukozytose von :s; , 00 000/,.11 ohne atypische Vorläuferzellen; Ursachen können u.a. Entzündungen, Infektionen oder endokrine Störungen sein. ~
Chronische myeloische Leukämie (CML) 11 Therapie
Imatinib
In der chronischen Phase haben therapeutische Maßnahmen die besten Erfolgsaussichten. Bei Patienten, die jünger als 55 Jahre sind, versucht man i. d. R., eine allogene Knochenmarktransplantation durchzuführen. Dies ist die einzige kurative Maßnahme. Im Rahmen der Chemotherapie werden u. a. Imatinib (I Abb. 3) oder andere Therapeutika wie Interferon, Cytarabin oder Hydroxyharnstoff verwendet. Ziel der Therapie ist neben der Leukozytosereduktion, die Proliferation der bcr'abl'positiven Klone zu unterdrücken, um eine Progression in den Blasten· sc hub so lange wie möglich zu verhindern.
Imatinib ist ein Tyrosinkinaseinhibitor, der primär zur Therapie der chronischen myeloischen Leukämie verwendet wird. Der Wirkstoff blockiert selektiv und kompetitiv die ATp· Bindungsstelle von Tyrosinkinasen wie dem Genprodukt von bcr·abl. Im Gegensatz zu gesunden Zellen sind die leukämischen Zeilen derartig von Abi abhängig, dass es deren Proliferation einschränkt und somit zur Verminderung der Anzahl Blasten im Blut führt. Imatinib (Glivec®) ist wahrscheinlich das wichtigste Medikament in der Hämatologie des letzten Jahrzehnts. Es kann nicht nur hämatologische, sondern auch zytogenetische Remissionen induzieren. In der sog. IRIS·Studie leben nach
ATP bindende Domäne
Substrat bindende Domäne
pdhfr, c-kit/CD117 c-abl, c-arg bcr-abl
I
Abb. 3: Funktion des Tyrosinkin aseinh ib itors Imatinib. (2)
1
Signaltransduktion und zelluläre Antwort
Hämatoblastosen
I
26 127
Tab. 1: ltems des CM L-Gratwohl-Scores.
ltem
Punkte
HLA-identischer-Spender
Verwandt
~
0
Nicht verwandt - 1 Krankheitsstadium
Erste chronische Phase - 0 Akze leration - I Blastenkrise - 2 Zweite chroni sche Phase - 2
,;; 20 = 0
Aller (Jah re)
20-40 = 1 '" 40 - 2 Gesch lechtskombination
Empfänger männlich, Spender weiblich - I Al le anderen - 0
,;; 12 Monate - 0
Zeit seit Diagnose
Sonst - 1
fünflahren noch 90% der mit Imatinib behandelten CML-Patienten, was vor der Imatinib-Ära unvorstellbar gewesen wäre. Prognose Die meisten Patienten sterben innerhalb von fünf Jahren. Unter Interferontherapie beträgt die durchschnittliche S-Jahres-Überlebensrate ca. 60%, wobei es jedoch nicht zu einer Heilung kommt. Im Gegensatz dazu liegt die Heilungswahrscheinlichkeit einer mit Knochenmarktransplantation behandelten CML zwischen 50 % und 70%. Mithilfe des Hasford- (für Patienten mit Interferon therapie) und des Gratwo hl-Scores (für Patienten mit allogener KMT; 1 Tab. 1) versucht man, die S-Jahres-Überlebensrate (I Tab. 2) abzuschätzen.
Score
5·JÜR(%)
Behandlungsbedingte Mortalität nach 5 jahren (%)
o
72
20
70
23
62
31
4
48
46
40
51
18
7I
22
73 89
I
Tab. 2: Progn osti sche Aussage des Gratwohl-Scores aus der Summe der
e inze lnen Item s.
Zusammenfassung • Die CML ist eine klonale Proliferation pluripotenter Stammzellen mit Expansion der Granulopoese, an der primär Menschen ab dem 50. Lebensjahr erkranken. • 90% aller CML-Patienten besitzen das sog. Philadelphia-Chromosom, das aus einer reversen Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 entsteht. • Der Krankheitsverlauf lässt sich in drei Stadien unterteilen: - Chronische Phase: durchschnittliche Dauer 3 - 5 Jahre - Akzelerationsphase: Dauer wenige Monate - Blastenkrise: Dauer ebenfalls wenige Monate • Imatinib ist ein Tyrosinkinaseinhibitor, der in der Therapie von CML-Patienten mit hoher Wirksamkeit eingesetzt wird.
Chronische lymphatische Leukämie (CLL) I Abb . 1: Vergrößerle ingui nale Lymphknoten eines CLL-Palienlen. 1151
Die chronische lymphatische Leukämie ist eines der am häufigsten diagnostizierten Non-Hodgkin-Lymphome (N HL). Mit 2500 jährlichen Neuerkrankungen ist sie in Deutschland, wie auch in anderen Ländern Europas und Nordamerika, die häufigste leukämische Erkrankung. Durchschnittlich betrifft sie häufiger Männer als Frauen, das med ia ne Erkrankungsalter beträgt 65 Jahre.
Klinik Im Frühstadium der Krankheit sind die meislen Patienten asymptomatisch bzw. zeigen nur uncharakteristische Symptome wie Lymphknotenschwellungen (I Abb. 1) oder eine erhöhte Infektanfälligkeit. Im fortgeschrittenen Stadium kann bei Patienten häufig Splenomegalie oder B-Symptomatik beobachtet werden. Zusätzlich gibt es einige typische Komplikationen im Verlauf der CLL. Eine ist das Hyperviskositätssyndrom durch Leukostase (s. Kasten).
Tumorlysesyndrom und HypervIskositätssyndrom Durch den erhöhten Zerfall von Zellen im Verlauf oder durch die Therapie von neoplastischen Erkrankungen können vermehrt intrazelluläre Bestandteile freigesetzt werden. Dies kann zu Symptomen führen, die als Tumorlysesyndrom zusammengefasst werden: ~ Nierenversagen aufgrund erhöhter Uratkonzentration ~ Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, primär verursacht durch eine erhöhte Kaliumkonzentration im Blut ~ Tetanie, Krampfanfälle oder auch Bewusstseinsstörungen, verursacht durch eine reaktiv verringerte Ca 2 +-Konzentration Therapeutisch begegnet man diesem Syndrom durch intravenöse Zufuhr von isotoner Kochsalzlösung, Gabe von Diuretika, Allopurinol sowie Harnalkalisierung. Neben dem Tumorlysesyndrom kann es bei Leukämien zum Hypervlskosltitssyndrom kommen. Dieses präsentiert sich klinisch durch Kopfschmerzen, Hörstörungen oder einen Myokardinfarkt. Therapie der Wahl ist in Abhängigkeit von der Ursache Aderlass, Flüssigkeitszufuhr oder Plasmapherese.
Diagnostik Von großer Bedeutung für Diagnostik und Stadieneinteilung ist die genaue körperliche Untersuchung. Ihr folge n zwei weitere, im Rahmen der Diagnostiksicherung obligate Unters uchungsschritten. Mittels eines Blutausstrichs (erster obligater Schritt) werden beim Vorliegen einer CLL meistens eine permanente Erhöhung des absoluten Lymphozytenwerts (über 5000 / ~d) sowie deformierte Lymphozyten (mit Gumprecht-Kernschatten) festgestellt (I Abb. 2). Die Immunphänotypisierung ist der zwe ite obligate Schritt im Rahmen der Diagnosesicherung. Hierbei we ist man ein für CLL-Zellen typisches Antigenmuster nach. Weitere basisdiagnostische Maßnahmen sind bildgebende Verfahren wie Ab·
domen-Sonografie, Röntgen-Thorax und ein Thorax· oder Abdomen-CT. Laborchemische Untersuchungen
des Bluts dienen der Früherkennung von Komplikationen, der Prognoseeinschätzung und der Feststellung der Leukämieausbreitu ng. Bei diagnostischen Zweifelsfällen kann ZUSätzlich die histopathologische Untersuchung eines vergrößerten Lymphknotens oder eine zytogenetische Untersuchung leukämischer Zellen durchgefü hrt werden. Durch Letztere lassen sich z. B. chromosomale Aberrationen feststellen, die von prognostischem Wert sind (I Tab. I). Knochenmarkausstriche von CLL-Patienten lassen in vielen Fällen GumprechtKernschatten in den Lymphozyten erkennen.
I Abb. 2: Knochenillarkau ss lrich eines CLL-Palienlen. 1151
Hämatoblastosen
I
Chromosomenaberration
Häufigkeit (%)
Prognostische Bedeutung
13q-Deletion
55
Günsti g
11 q-Deletion
18
Ungünstig
Tri somie 21
16
Unsicher
Tab. 1: Häufige Chromosomenaberrationen und ihre prog no stisc he
Bedeutung.
Im Verlauf der histopathologischen Untersuchung kommt es zur Beurteilung der Lymphknotenarchitektur sowie zur genauen Abgrenzung der CLL von Lymphomen, di e ähnliche Oberflächenmarker besitzen (MantelzeIHymphom , Marginalzonenlymphom). Ätiologie Ursache der ma lignen Erkrankung ist die Transforma tion einer B-Zelle, die zu deren unkontrolIierter Proliferation (klonale Expansion) führ t. Als auslösende Faktoren sind Umwelteinflüsse, Infekte sowie genetische Disposition im Gespräch. Klassifikation In der REAL- oder WHO·Klassifizierung wird di e CLL zu den lymphozytären Non-Hodgkin·Lymphomen der B·ZeH-Reihe gezählt, wobei die T-Lymphozyten-Leukämie und leukä mische Verlaufsformen anderer NHL unterschieden werden
28 1 29
müssen. Eine weitere Klassifikation der CLL ist die Stadieneinteilung nach Binet, sie hat primär prognostische Funktion (I Tab. 2). Therapie Die Methoden zur Therapie der CLL sind vielfältig. Dies hat dazu geführt, dass es für einige Stadien der CLL keine verbindlichen Therapieempfehlungen gibt. Generell sind nur wenige Patienten zu m Zeitpunkt der DiagnosesteIlung derart symptomatisch, dass eine sofortige Therapie notwendig ist. Bei Patienten, die sich in den Binet-Stadien A oder B befinden (I Tab. 2), wird deswegen, wenn überhaupt, wesentlich spä· ter mit einer zytotoxischen Therapie begonnen als bei Patienten im C-Stadium. Die Therapiewahl wird außerdem du rch die körperliche Verfassung beeinflusst. Grundsätzlich setzt sich die Therapie der CLL aus zwei Bestandteilen zusa mmen, der Chemotherapie sowie der supportiven Therapie. Durch den Mangel an gesunden Blutzellen kann es zu Infektionen, Blutungen oder Schwäche und Müdigkeit kommen. Dem versucht man durch supportive Maßnahmen wie z. B. die Gabe von Antibiotika oder Immunglobulinen zu begegnen. Die Hochdosis-C hemotherapie kann in Kombination mit einer Stammzelltransplan tation (SZT) stattfinden. Im Vergleich weist sie zwar die höchste Remissionsrate auf, aufgrund ihrer unerwünschten Nebenwirkungen bleibt sie jedoch nur Hoch· risikopatienten in guter körperlicher Verfassung vorbehalten, di e nicht älter als 60 Jahre si nd.
Stadium
Diagnose
Überlebenszeil
A
~
;:, 10 l ahre
Anha ltende Lymphozytose im peri pheren Blut
> 5000h tl
I
~
Hämoglobin ;:' 10 g/d l
~
Til rornbozyten ;:'
~
Max. 2 befallene Lymphknotenregionen
B
~
" 3 befallene Lymphknotenarea le
- 5 Jahre
c
~
Hämoglobin < 10 g/d l oder Thrombozyten
2 - 3 Jahre
Tab. 2: Stadienei nteilung n ach Binet.
100000/~tI
< lOOOOOf>t1
Zusammenfassung • Die CLL ist mit einem Anteil von 11 % das häufigste NHL und die häufigste Leukämieform. • Die CLL besitzt keine charakteristischen Leitsymptome. Die häufigsten Symptome in frühen Stadien sind Lymphknotenschwellungen und eine erhöhte Infektanfälligkeit, im späteren Verlauf B-Symptomatik oder Hepatosplenomegalie. • Diff erentialdiagnostisch sind u. a. virale Infekte, z. B. mit dem Epstein-BarrVirus, zu unterscheiden.
Hodgkin-Lymphom Das Hodgkin-Lymphom (auch M. Hodgkin oder Lymphgranulomatose) ist eine aus einer B-Zell-Neoplasie entstehende Erkrankung, die ihren Ursprung in den Lymp hknoten hat. Namensgebend sind die in den Lymphknoten nachweisbaren monoklonalen Hodgkin- und SternbergReed-Zellen.
Epidemiologie und Ätiologie Jährlich erkranken ca. 3 von 100000 Menschen in Deutschland an einem M . Hodgkin, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Im Unterschied zu anderen neoplastischen Erkrankungen zeigt die Altersverteilung zwei Gipfel: einen im dritten Leben sjahrzehnt und einen ab dem 50. Lebensjahr. Die Ätiologie ist bis heute noch unklar. Diskutiert werden Viren wie das Epstein-Barr-Virus, dessen DNA bei 50% aller M.-Hodgkin-Patienten nachgewiesen werden kann. Auch Umweltfaktoren scheinen eine Entstehung von Hodgkin-Lymphomen zu begünstigen. Zu dieser Annahm e geben vor allem geografische Unterschiede der Inzidenz Anlass.
Im Gegensatz da zu si nd Lymphknoten, deren Vergrößerung auf eine Infektion zurückzu fü hren si nd , weich, druckdolent und leicht verschieblich. Die B-Symptomarik ze igt sich im Vergleich zur Lymphknotenschwellung bei wesentlich wen iger Patienten (nur ca. 25%) . Sie umfasst Nach tschweiß, Gewichtsverlu st von mehr als 10% in weniger als sechs Monaten sowie nicht erklärbares Fi eber mit undulierendem Verlauf. Weitere Allgemeinsymptome sind Appetitlosigkeit, Schwäche, Alkoho lsc hmerz oder generalisierter Juckreiz . Extranodaler Befall kommt bei Hodgkin Lymphomen vergleichsweise wen iger häufig vo r als bei Non-Hodgkin-Lymphomen.
stadium und die Therapie fes tgelegt werden . Die Stadieneinteilung, auch "m odifizierte Ann-Arbor-Klassifikation " (I Tab. I ) genannt, basiert neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung auf weite ren Maßnahmen, die der Ausbreitungs- und Risikofaktorbesti mmung dienen . Hierzu gehören u_ a_ CT, Leberbiopsie, Röntgen-Thorax, Knochenmarkbiopsie, Sonografie des Abdomens sowie eine Untersuchung des Bluts. Als Risikofaktoren gelten: ~
Diagnostik und Staging
Großer Mediastinaltumor Extranodaler Befall ~ Massiver Milzbefall ~ Drei oder mehr befallene Lymphknotenarea le ~ Deutliche BSG-Beschleunigung
Nach einer eingehenden basisdiagnostischen Untersuchung erfolgt die Lymphknotenexstirpation zur Bestimmung des histologischen Typs nach WHO-Kriterien (I Tab. 2) . Zum wei teren Staging der Erkrankung bestimmt man die betroffenen Lymphknotenregionen bzw. in fil trierten ex tranodalen Regionen des Körpers, anhand derer das Krankheits-
Histologie des Morbus Hodgkin Histologisch charakteristisc h sind einkernige Hodgkin- ("Eulenaugenzellen") und mehrkernige Sternberg-Reed-Zellen (Riesenzellen) (I Abb. 1 und 2) sowie viele nicht neoplastische Zellen (Lymphozyten, Plasmazellen, Makrophagen, neutrophile und eosinophile Granulo-
~
Klinik Leitsymptom des M. Hodgkin ist die Lymphknotenvergrößerung in Kombination mit der sog. B-Symptomatik. Weitere häufige Symptome sind eine erhöhte BSG, generalisierter Juckreiz und Schmerzen nach Alkoholkonsum ("Alkoholsch merz") . Die Lymphknotenvergrößerung ist zum Zeitpunkt der DiagnosesteIlung bei mehr als 90% aller Patiente n feststellbar. Primär sind es die zervikalen und die mediastinal en Lymphknoten , die sich derb-gummiartig anfühlen, nicht druckdolent und schlecht verschieblich sind.
I
Tab. 2: Histologische Kl assi fik at io n
von Hod gkin -Lymphom en.
Stadium
-
Befall Befall einer einzigen Lymphkno tenregion oder eines loka lisiert en ext ra noda len Herd s
Befall von zwei oder mehr Lymphkotenregionen und /oder loka lisierte extranodale Herd e auf einer Seite des Zwerch fells 3
3. I
Befall von zwei oder mellr Lymphknotenregionen oder loka lisierte extranoda le Herde au f beiden Seiten des Zwerchfells Subphrenisc he Lokalisation beschrän kt auf Mi lz. zöliakale und /o der porla le Lymphknoten allein oder gemeinsam
3.2
Subphren ische Lokalisa tion mit Beteiligung paraaortaler, mesent eri aler. iliakaler und oder inguinalerLymphknoten allein oder gemeinsam Di sse minierter Befa ll einer oder mellrerer ex tranodale r Strukturen
I
Tab. 1: Ann -Arbor-Klass ifik a ti on von Hodgki n-Lymphomen.
Subtyp
Häufigkeit
Lokalisation
Patienten
Prognose
Nod ulär-sklerosierend
60%
Med iastin al
Weibl.. 20.- 30. Lj .
Gul
Mischtyp
24%
Zervikal
Männl .. 50. - 70. Lj .
Abhängig vom Stadium
Lym phozytenreich
3%
Zervikal
Männl. . 30.- 40. Lj.
Sehr gU I
Ly mphozytenBrm
1%
Abdominal
Männl.. 70. - 80. Lj.
Sc hlec hlesle aller HL
-
Hämatoblastosen
30 131
zyten). Meist machen die malignen Hodgkin-/ Sternberg- Reed· Zellen nur einen kleinen Anteil der Zellen in dem von der Krankheit betroffenen Gewebe aus. Man vermutet, dass diese gesunden Zellen Ausdruck einer immunologischen Reaktion auf die neoplastischen Zellen sind. Therapie Unter Berücksichtigung der Risikofaktoren sowie einer eingehenden Toxizitätsbeurteilung findet aufgrund der
I
Abb. 1: Hodgkin-Zell e. 12)
I
Abb. 2: Sternberg-Reed-Zelle. [4)
Strahlen- und Chemotherapiesensibilität der Erkrankung meist eine Kombination aus bei den Behandlungsformen statt. Von großer Signi·
fikanz im Rahmen der Therapieplanung ist neben der angestrebten Heilung auch die Minimierung des Risikos therapiebedingter Zweitkarzinome. Die Radiotherapie findet meist vier bis sechs Wochen nach dem Staging der Erkrankung statt und erfolgt in frühen und mittleren Stadien mittels der Involved-Field-Technik (I Abb. 3). Patienten in fortgeschrittenem Krankheitsstadium werden nach einer intensiven Chemotherapie nur noch auf ResttumoI Abb. 3: Darstellung der Extended-Field-Bestrahlung (b) im Vergleich zur Involved-Field-Bestrahlung (c) ren bestrahlt. bei Hodgkin-Lymphomen. [13) Die Chemotherapie findet adaptiert an das Stadium des Patienten meist in Kombination mit einer Radiotherapie statt. Die Diagnostik und Therapie werden häufig innerhalb von Studien (z. B. DeutZusammenfassung sche Hodgkin-Lymphome·Studiengruppe) durchgeführt. tt M. Hodgkin ist eine B-Zell-Neoplasie, die von den Lymphknoten ausgeht. Bei mehrfachen Rezidiven und kurativer tt Histologisch charakteristisch sowie namensgebend sind die sog. SternZielsetzung kann eine intensivierte berg-Reed- und die Hodgkin-Zellen. Chemotherapie in Kombination mit X Leitsymptome des M. Hodgkin sind Lymphknotenschwellung und einer Stamm zell transplantation durchgeführt werden. In frühen Phasen von B-Symptomatik. Spätrezidiven kann eine erneute chemott Mittels einer Kombination aus Radio- und Chemotherapie werden heute therapeutische Behandlung in Betracht stadienabhängig 65% bis mehr als 80% geheilt. gezogen werden. tt Differentialdiagnosen sind Lymphknotenschwellungen unterschiedlichster
Genese: virale oder bakterielle Infektionen, Kollagenosen, Amyloidosen oder andere Malignome (Metastasen). X Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden abhängig von Stadium und histologischem Typ (I Tab. 1 und 2) durchschnittlich 70% aller Patienten geheilt, wobei die Toxizität der Therapie nicht unterschätzt werden darf. Etwa 2% aller Patienten (früher 10%) entwickeln eine Zweitneoplasie, darunter viele eine AML.
Non-Hodgkin-Lymphome Non-Hodgkin-Lymphome (N HL) sind eine uneinheitliche Gruppe von B- und T-Zell-Lymphomen, die sich neben ihrer Histologie durch ihre klinische Präsentation von den Hodgkin-Lymphomen unterscheiden_ Zu dieser Gruppe hämatologischer Erkrankungen gehört auch die chronische lymphatische Leukämie, die auf den Seiten 28 und 29 ausführlich besprochen wird.
Epidemi ologie Die NHL sind eine Gruppe häufig vorkommender neoplastischer Erkrankungen. Etwa zehn von 100000 Menschen sind in Deutschland jährlich davon betroffen, wobei in den vergangenen Jahren eine stetige Zunahme der Inzidenz beobachtet wurde. Betrachtet man die Geschlechterverteilung, zeigt sich, dass durchschnittlich mehr Männer als Frauen zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr mit einem NHL diagnostiziert werden .
~ ~ ~ ~
~
Lymphknotenschwellung B-Symptomatik Extranodaler Befall Knochenmarkinfiltration Splenomegalie (bei 20%der Patienten)
NHL unterscheiden sich von den Hodgkin-Lymphomen durch eine häufigere extranodale Manifestation (33%).
Eine Lymphknotenschwellung ohne Infektionszeichen, die län ger als vier Wochen an dauert, ist neben der charakteristischen B-Symptomatik ein Leitsymptom der NHL. Die extranodulären ManiFestationen finden sich z. B. in der Haut (T-Zell-Lymphom) oder im Gastroin testinaltrakt (MALT). Bei 30 - 50 % aller Pa tienten ist eine Infiltration des Knochenmarks festste llbar, was sich durch alle mit einer Panzytopenie einhergehenden Symptome bemerkbar macht.
Ätiologie Wie bei vielen anderen neoplastischen Erkrankungen des hämatologischen Systems sind auch die Ursachen der NHL großteils noch ungeklärt. Am deutlichsten scheint der Zusammenhang zwischen viralen Infekten und der Entstehung von Lymphomen der NHL-Gruppe. So gilt es als bewiesen, dass das humane T-Zell-LeukämieVirus I (HTLV-I) T-Zell-Lymphome veru rsach t. Eine ähnliche Funktion wird dem Epstein-Barr-Virus im Rahmen der Genese des Burkitt-Lymphoms zugeschrieben. Neben den viralen Infekten werden bei vielen NHL-Patienten chromosomal e Translokationen, die u. a. zur Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen führen, beobachtet. Auch chemischen Noxen, die z. B. in Herbiziden, Haarfärbemitteln oder Pesti ziden zu finden sind, wird die Fähigkeit zugesagt, fördernd auf die Entstehung von NHL zu wirken.
Auch immungeschwächte Patienten nach einer Organtransplantation oder Chemotherapie haben ein erhöhtes Risiko, an einem NHL zu erkranken.
Klinik 80% aller Non-Hodgkin-Lymphome entwickeln sich aus dem B-, 10 - 15% aus dem T-Zell-System . Klinische Charakteri stika sind:
B-Zell-
~ Vorläu fer-B-Iympho-
blas ti sc hes Lymphom
Lym phome Reife B-ZellLymph ome
Im Ze ntrum der Diagnostik steht die Lymphknotenexstirpation. In ihrem Verlauf werden einerseits die Diagnose geSichert und and ererseits das Lymphom klassifiziert. Weitere diagnostische Maßnahmen sind : ~ Eine detaillierte Anamnese, in deren Rahmen gezielt nach der B-Symptoma tik gefragt wird ~ Eine körperliche Untersuchung, um u. a. extranodale Manifestationen zu diagnostizie ren und den Lymphknotenstatus zu erheben
Das Staging des Lymphoms findet durch bildgebende Ma ßnahmen wie Röntgen-Thorax, Abdomen-Sonografie oder CT (zur Diagnose und Verlaufsbeurtei lung) sowie eine Knochenmarkbiopsie sta tt. Zur Abklärung eines extranodalen Befalls können wei tere Untersuchungen wie Koloskopie oder Gastroskopie Anwendung find en. Analog zu den Hodgkin·Lymphomen verwendet man auch bei den NHL die mOdifiZierte Ann-Arbor-Klassifikation (s. S. 30, 1 Tab. I ). Zur Klassifi ka tion der NHL existieren heute zwei unterschiedliche Systeme: die Kiel-Klassifikation sowie die WHO-Klassifikation (I Tab. I ). Die Ki el-Klassifikation unterteilt die NHL nach ihrem Wachstumsverhalten in hoch- und niedrigmaligne
T-Zell-Neoplaslen
B-Zell-Neoplasien Vorläu fer-
Diagnostik und Klassifikatio n
Vorl äufer-
~
Vorläu fer-T-Iymphoblasl isches Lymph om
T-ZellLymphome ~
Peripheres T-Zell-
~ Burkitt-Lymphom
~
NK-Zell-Leukämie
~ Plasmazell-Myelom
~
~ Haarzell- Leuk ämie
11 Abb.
~ B-CLL
1)
Reife T-ZellLymphome
Lymph om Anap lastisches großzelliges Lymphom
I Tab. I : WHO-Kla
sifikal io n d er NHL.
Hämatoblastosen
sowie anhand zellulärer Charakteristika in B- und T-Zell-Lymphome. Die WHO-Klassifikation verzichtet auf das Prinzip des Malignitätsgrads und klassifiziert die NHL anhand morphologischer, immunologischer und genetischer Charakteristika. Im klinischen Alltag werden NHL immer noch als .hoch-" oder . niedrigmaligne" bezeichnet. Diese Differenzierung basiert primär auf der Therapierbarkeit. Niedrigmaligne Lymphome mit einem geringen Blastenanteil zeigen einen weniger aggressiven klinischen Verlauf als hochmaligne Lymphome, die einen gröBeren Blastenanteil besitzen. Entgegen ihrem Namen sind hochmaligne Lymphome besser therapierbar als die niedrigmalignen.
Th e ra pi e In Abhängigkeit vom Krankheitsstadium besteht die Therapie meistens aus Strahlen-, Chemo- oder einer Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation. Weitere, neue Therapieansätze wurden in den letzten Jahren entwickelt bzw. befinden sich in der Entwicklung. Ein Beispiel ist der Antikörper Rituximab. Er bindet an das CD20-Antigen, das auf B-Zellen vorhanden ist, und führt so - vor allem
•'. • l't
32
I 33
zusammen mit konventioneller Chemotherapie - zu deren gezielter Zerstörung. Durch die Hinzunahme von Rituximab konnte die Prognose von vielen NHL signifikant verbessert werden. Niedrigmaligne NHL Im Stadium 1 findet in der Regel eine kurative Strahlentherapie Anwendung, wobei zur Verringerung von Rezidiven zusätzlich benachbarte Lymphknoten bestrahlt werden. Im Fall eines niedrigmalignen NHL in generalisierten Stadien (extranodaIer Befall) oder in Stadien mit B-Symptomatik gibt es keine allgemeingültigen Therapiekonzepte. Von abwartender Strategie bis zur Hochdosis-Chemotherapie mit kombinierter Stammzelltransplantation können unterschiedlichste Methoden zur Anwendung kommen. Hochmaligne NHL Bei diesen Lymphomtypen kommt es stadienabhängig zur Durchführung einer Chemotherapie mit Bestrahlung bzw. alleiniger Chemotherapie oder einer Nachbestrahlung bei großen Lymphomen. Die Bestrahlung des Schädels oder eine intrathekale Chemotherapie sind sehr selten und finden zur Verhinderung intrazerebraler Rezidiven statt. Im Fall eines Rezidivs wird eine Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation durchgeführt.
.~
Prognose
. ....
In Abhängigkeit von histologischem Typ, Ausdehnung, Lokalisation, Lebensalter und Allgemeinzustand des Patienten liegt die 5-JÜR von Patienten mit hochmalignen NHL zwischen 25% und 75%. Bei Patienten mit einem niedrigmalignen NHL gelingt es nur selten, eine Heilung zu erreichen. Diese Patienten sprechen zwar auf die Medikamente an, jedoch kommt es i. d. R. wieder zu Rezidiven, sodass die mittlere Überlebenszeit dieser Patienten zwischen zwei und zehn Jahren liegt.
Zusammenfassung
x
NHL unterscheiden sich vom Hodgkin-Lymphom primär histologisch und klinisch. Sie besitzen keine Sternberg-Reed- oder Hodgkin-Zellen und zeigen häufiger einen extranodalen Befall.
X 60% aller NHL sind B-Zell-Lymphome. X Klinisch präsentiert sich der B-Zell-Lymphom-Patient mit Lymphknotenschwellung, B-Symptomatik, Splenomegalie oder mit Symptomen extranodalen Befalls. X Hochmaligne NHL haben trotz ihres Namens eine bessere Heilungschance als niedrigmaligne NHL. X Die CLL gehört zu den niedrigmalignen NHL und ist mit 10% die häufigste Form dieser Lymphomgruppe. I Abb. 1: Haarze ll-Leukämie. [2[
Mammakarzinom I Das Mammakarzinom ist mit ca. 25% aller Krebsneuerkran· kungen bei Frauen die häufigste Krebserkrankung. Etwa jede zehnte Frau entwickelt im Laufe ihres Lebens ein Mamma· karzinom. Insgesamt liegt die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland zurzeit bei über 55 100 im Jahr. Das durch· schnittliche Erkrankungsalter liegt um das 62. Lebensjahr. Pathogen ese Grundsätzlich kann das Mammakarzinom aus lobulärem (Urspungsgewebe Brustdrüsenläppchen) oder duktalem (Ur, sprungsgewebe Brustdrüsengänge) Brustgewebe entstehen. Als "Carcinoma in situ" (CIS) bezeichnet man in diesem Zu· sammenhang Frühformen des Mammakarzinoms, die durch eine intakte Basalmembran vom gesunden Gewebe abge· grenzt sind. Die duktalen Carcinomata in situ (DCIS) stellen mit etwa 90% die häufigere Form dar. Das seltenere lobuläre Carcinoma in situ (C LIS/ lobuläre Neoplasie) unterscheidet sich zusätzlich durch eine längere Latenzzeit und sein multi· zentrisches Auftreten vom DCIS. Für die Früherkennung haben die Selbstuntersuchung, die ärztliche Untersuchung und die Mammografie Bedeutung. Unter den bildgebenden Verfahren hat die Mammografie die höchste Sensitivität (90 - 95%). Der im Rahmen dieser UnterSUChung feststellbare HMikrokalk" ist die zurzeit beste Möglichkeit, In-situ- oder Frühkarzinome zu erkennen, und bildet daher die Grundlage für das Mammografle-Screening.
Sonderformen Der Morbus Paget ist eine besondere Erscheinungsform des duktalen Mammakarzinoms, meist eines DCIS. Hierbei drin· gen Paget·Zellen in die Epidermis der Mamille vor und zeigen das Bild einer ekzematoiden Hautveränderung der Brustwar· ze und des Warzenhofs. Beim inflammatorischen Karzinom breiten sich Tumor· zellen diffus entlang den Lymphspalten aus und verursachen massive En tz ündungszeichen (Lymphangiosis carcinomatosa). Es besitzt einen hohen Malignitätsgrad und wird häufig mit einer Mastitis verwechselt.
men. Hauptrisikofaktoren des sporad ischen Mammakarzi· noms sind ein durch endogene oder exogene Ursachen erhöhter Östrogenspiegel, frühe Menarche, Nulliparität, höheres Lebensalter und sonstige konstitutionelle Faktoren (fleisch· und fettreiche Ernährung, Adipositas). 5%der Malignome entstehen im Rahmen eines hereditären Tumorleidens durch vererbte Keimbahnmutationen, wobei in 50% der Fälle Mutationen der "Brest Cancer Genes" (BRCA I und BRCA2 ) vorliegen. Kl inisch untersc heiden sich die hereditären Malignome von den sporadischen Karzino· men du rch ihr frühes Manifestationsalter und insbesondere durch das erhöhte Risiko, an einem Ovarialkarzinom zu er· kranken. Präve ntion Der Prävention kommt beim Mammakarzi nom eine große Bedeutung zu. Im Rahmen der primären Prävention ist eine ges undheitsbewusste Lebensweise mit reichlich körperlicher Aktivität/Sport und ausgewogener Ernährung - "Iow·fat diet", Vermeidung von Alkohol, Gewichtsreduktion bei Übergewicht - sehr förderlich . Trotz positiver Stud ienergebnisse, die eine präventive Funktion von Antiöstrogenen nachgewiesen haben, gibt es in Deutschland noch keine Substanz, die zur Prävention des Mammakarzinoms zugelassen ist. Die präventive Mastektomie und Adnexek omie zur Reduktion des Erkrankungsrisikos bei noch nicht erkrankten Mutationsträgerinnen führen zu einer hohen, jedoch nicht vollständ igen Risikoverminderung und bleiben wegen der erheblichen traumatischen Eingriffe mit noch nicht bekannten psychologischen Langzeita uswirkungen nur Einzelfäll en vorbehalten. Wichtigster Bestandteil der sekundären Prävention ist die Mammografie. Die Selbstunter. suchung hat sich als nicht ausre ichend erwiesen.
Kl inik und Ausb re itu ng Ein tastbarer Knoten ist das Leitsymptom des Mammakarzinoms. Allge mein sollte bei Veränderu ngen der Brust wie Größen· oder Formveränderungen, Mamillenretraktion, einseitiger, beso nders blur.iger Mamillensekretion, Hautein· ziehunge n, Mastitis außerhalb der Stil lperiod e, Orangenhaut Ätiologie (= Peau d'Orange, durch gestörten LymphabOuss), "Brust· Bei der weitgehend noch unbekannten Ätiologie des Ma mma· warzenekzem" sowie bei Schwellungen der axil lären oder sup raklavikulären Lymphknoten oder plötzlich auftretenden karzinoms unterscheidet man grob zwischen sporadischen und durch genetische Veränderungen entstehend en Karzino· Schmerzen immer eine maligne neoplastische Ursache aus·
Gynäkologische Tumoren
I
34135
Abb. 1: Häufigke itsverteilung und lymphogene
Metastasierungswege des Mammakarzinoms.
[41
-.•
Diagnostik und Klassifikation geschlossen werden. Bei fortgeschrittenen Tumoren kann es zur Entstehung von Hautulzerationen oder knotigen Verände- Zu den basisdiagnostischen Maßnahmen gehören neben Anamnese und klinischer Untersuchung die Mammografie rungen der Haut durch Tumormetastasen kommen. und Sonografie der Brüste. Zeigen sich hierbei Kriterien des Die lokale Ausbreitung des Tumors erfolgt zunächst lymphoMammakarzinoms, wie gruppierter Mikrokalk oder inhomogen (I Abb. 1) und erst später hämatogen (am häufigsten in gene Herdbefunde, erfolgt die zytologische oder histologische Knochen, Pleura, Lungen, Leber und Gehirn). Als "SentinelLymphknoten" wird in diesem Zusammenhang jener LymphDiagnosesicherung mittels Feinnadel- oder Stanzbiopsie, bei knoten bezeichnet, der die erste lymphogene Metastasenstanicht tastbaren Läsionen ultraschall- oder mammografischtion (in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation) des Tumors stereotaktisch gesteuert, ist dies nicht möglich, durch offene darstellt. Sein histologischer Zustand (tumorfrei oder nicht) ist Biopsie. richtungweisend für die Entscheidung zur Entfernung der Die Einteilung des Mammakarzinoms erfolgt anhand seiner axillären Lymphknoten. Ausbreitung durch die TNM-Klassifikation (I Tab. 1). Histologisch unterscheidet man die Tumoren anhand ihres Ursprungsgewebes (lobulär oder duktal) und ihrer Dignität Am häufigsten entsteht das Mammakarzinom Im oberen äußeren (Carcinoma in si tu oder fortgeschrittene Karzinome). Quadranten der Brust (knapp 50% der Fälle).
Lobuläres Kanlnom
Duktales Kanlnom
~
Carcinoma lobu lare in situ
~
Duktales Carcinoma in situ (DCIS)
(CLlS)
~
Invasives, duktales Karzinom
Invasives, lobuläres Mamma-
~
Medulläres Karzinom
karzinom
~
Gallertkarzinom
~
Tubuläres Karzinom
~
Papilläres Karzinom
~
Morbus Paget der Mamille mit invasivem
~
duktalem Mammakarzinom
I
Tab, 1: Kla ssifik ation d es M ammakarzinoms .
~
Weitere Subtypen
Mammakarzinom 11 Therapie Aufgrund der frühen Metastasierung zu m Zeitpunkt de r Dia· gnose beinhaltet di e Therapie des Mammakarzinoms ni cht nur die lokale, sondern häufi g auch eine systemische Behand· lung des Tumors (I Abb. 4). Generell ist die Therapie des Mamma·Ca vielschichtig und in erste r Li nie vom Stadium des Tumors abhängig. Besteht die Möglichkeit, den Tumor im Gesunden zu ent· fernen, wird eine brusterhaltende Operation (BET) an· gestrebt, auf die immer eine Bestrahlung folgt Die radikale Mastektomie hingegen beinhaltet die Ent· fernung der Brust und u. a. der axillären Lymphknoten (I Abb. 2). In diesem Zusammenhang wi rd der Methode des SentinelLymphknotens zunehmend Bedeutung beigemessen. Hier· bei wird der Tumor präoperativ umspritzt, um den ersten Lymphknoten des Lymphabflussgebiets des Tumorgewebes (Sentinel = Wächterlymphknoten) radioaktiv zu markieren. Dieser Lymphknoten wird histopathologisch auf Tumorzellen untersucht
Techniken zur Brustrekonstruktion Die Wiederherstellung eines adäquaten äußeren Erscheinungsbildes spielt nach der operativen Therapie des Mammakarzinoms besonders nach einer Mastektomie eine wichtige Rolle. Es kommt eine Vielfalt von Verfahren zur Anwendung, z. B_ mit autologem Material (Eigengewebe) oder alloplastischen (Fremdmaterial, z. B. Silikon- bzw. Kochsalzlösungsprothesen) Materialien (I Abb. 3).
.""
apika le LK Level 11 zentrale LK
infraklavikuläre LK (Level 111)
I
sub· lare LK skapu
l11~~~
re tros ternal e LK
Level I
peklora le LK
zur kontra latera len
Brust ziehende Lymphbahnen
I Abb . 2: Lym phabflu ssgebiete der Mamma und Lymphkno tenausräurnung Leve l 1- 111. [3 1
Aufgrund der hohen Wahrsc heinlichkeit bereits zum Zeitpunkt der Diagnose vorhand ener Metastasen wird mit der adjuvanten systemischen Therapie versucht, diese Filiae des Tu mors zu elimi nieren. Sie erfolgt durch die Gabe von Zytostatika, end okrin e Maßnahmen oder die Verabreichung von An tikörpern . Eine endokrine Therapie ist nur bei horm onrezeptorpositiven Tumoren (Östrogenrezeptor ER+, Progesteronrezeptor PR +) sinnvol l. Zum Einsatz komm en An tiöstrogene, Aromatasehemmer ode r GnRH -A na[oga, di e die Östrogenfreisetzung der
."
""
Transversale Rectus-abdominis- Lappenplastik (TRAM)
La lissim us-dorsi-La ppen plas ti k
I Abb . 3: v rfahr n zur B, ust, konstrukti on. 131
Gynäkologische Tumoren
I
Histologische Diag nosesicherung : M ammakarzinom
, Ggf. primäre Chem otherapie ,
36
I 37
Abb. 4 : Therapiest ra t egien bei p rimärem
M ammak arzi nom. [1 3[
I
5% des resezierten Gewebes
~
Tl c: Tu mordi agnose durc h Nade lbiopsie
Grading
48 149
Moderat bzw. schlecht differenziert
T2
Tumor au f die Prostata begrenzt
Sch lecht differenziert
3
8 - 10
T3
Tumordurchbruch durch die Prosta takapsel
Undiffere nziert
4
11- 12
T4
Tumorinfiltration in andere Naehba rstrukturen als Samenblase
NI
Regionäre Lym phknotenme tastasen
MI
Fernm eta stasen ~
M l a: nich t regionäre Lymphknoten metastase
~
M lb : Knoehenmetastasen
~
M l e: andere Organmetastasen
I
Tab. 2: Grading und Gleason-Score des Prostata karzinoms.
Tab. 1: TNM- Klass ifikati on des Pros ta t aka rzinom s.
1 Klassifikation Neben dem TNM-Klassifikationssystem werden zur Bestimmung des Mal ignitätsgrads der Gleason-Score sowie die Klassifizierung nach Dhom verwendet (I Tab. 1 und 2 sowie 1 Abb. 3).
2
Klini k In der frühen Entwicklungsphase bereitet das Prostatakarzinom selten Beschwerd en. Einzig kl eine Geschwulstknoten im Rahmen einer digital-rekta len Untersuchun g können festgestellt werden. In fortgeschrittenem Stadium kommt es aufgrund des wachsenden Tumors zu subvesikulärer Obstruktion mit Abschwächung des Harnstrahis sowie häufigem und nächtlichem Wasserlassen . Tiefe und ziehende Rückenschmerzen entstehen oft aufgrund einer Metastasierun g in der Wirbelsäule. Deshalb bedürfen - beso nd ers bei Männern mit bis dato nich t untersuchte r Prostata - plötzlich auftretende Rückenschmerzen einer genauen Abklärung. Ausbreitung Meistens kommt es zunächst zu einer lymphogenen und dann zu einer hämatogenen Tumorausbreitung. Erste Stationen der lymphogenen Metastasierung sind die Fossa obturatoria sowie die präsakralen und inguinalen Lymphknoten. Hämatogen metastasiert das Prostatakarzinom bevorzugt in das Skelettsystem.
3
•
4
5 I
Abb. 3: Hi stologisches Grading des Prostat akarzinoms nach Gleason.
[21
Prostatakarzinom 11 Di agnost ik Die Hauptbestand teile der Diagnostik zur Abklärung eines möglichen Prosta· takarzinoms sind:
Phase besser zu behandeln ist als in der späten symptomreichen Entwicklungs· phase, stellen dabei große Probl eme dar. Deshalb wird jedem Mann ab dem 45 . Lebensjahr geraten, regelmäßig zur Vorsorgeu nte rsuchung zu gehen . Dieser Empfehlung komm en jedoch lediglich I I % der Männer nach. Im Rahmen der rektalen Untersuchung wird eine digitale rektale Palpation der Prostata durchgeführt, um etwaige Ver· änderungen der Prostata festzustellen . Die Bestimmung des PSA nimmt eine wichtige Rolle innerhalb der Prostata· diagnostik ein. Es handelt sich dabei um ein Glykoprotein, das zur Verflüssigung
~
Rektale Untersuchung Bestimmung des prostataspezifischen Antigens [PSA) ~ Suprapubische/ transrektale Sono· grafie ~ Stanzbiopsie [erforderlich ab einem PSA·Wert ~ 4 ng/ ml). ~
Das späte Auftreten von Symptomen und die Tatsache, dass das Prostatakarzi· nom in seiner frühen, symptomarmen
Hypothalamus
_ - -( GnRH-Agon isten
Hypophyse
Th erap ie Abhängig von Tumorstad ium, Differen. zierungsgrad , Allgemei nzustand und dem biologischen Alter des Patienten gibt es unlerschiedliche Therapieansätze [I Abb. 4): ~ Kontrolliertes Zuwarten: bei älteren Patienten, deren Lebenserwartung durch den Tumor nicht mehr beeinflusst wi rd ~ Radikale Prostatovesikulektomie oder Radiotherapie: bei lokal begrenztem Prostatakarzinom ~ Antiandrogene Therapie: bei vor· handenen Metastasen indiziert; durch eine Unterbrechung des hormonellen Stimulus versuc ht man , das Tumor· wachstum bzw. die Tumormasse zu verringern .
Eine Chemotherapie ist aufgrund des durchschnittlich schlechten Anspre.
Hoden
männliche N ebennierenho rm one
Blase
Prostat a
des Samens in den Ductuli Portae der Prostata gebildet wird. Ist der gemessene Wert 4 nglml oder höher, so besteht die Möglichkeit einer malignen neoplastischen Erkrankung der Prostata. Der PSA·Wen kann jedoch auch bei entzündlichen [Prosta titis), benignen neoplastischen [BPH) oder tra umatischen Vorgängen (Biopsie) erhöht bzw. bei kleineren Tumoren normal sein. Nach einer sonografischen Untersuchung entnimmt man zu r Sicherung der Diagnose noch mehrere Stanzbiopsien.
Q
Prostata _______ .
Stap
---HI---~
+.
:::>c::
17ßÖstradiol
(E 2)
Dihydrotes tosteron
I All b. 4: Th l upi vO lg h nb i Pa lienten mit P, SIAlnkAfli n m. 11 81
Urologische Tumoren
chens (weniger als 20% aller Tumoren sprechen auf eine Chemotherapie an) nur bei Patienten mit symptomatischer Tumorprogression indiziert. Ziel ist in diesem Fall eine Verbesserung der Lebensqualität. Hormontherapie beim Prostata'karzinom Die antiandrogene Therapie des Prostatakarzinoms stellt bei inoperablem Befund, Lymphknotenbefall und Femmetastasen heute die Therapie der Wahl dar und umfasst folgende Bestandteile: ~ GnRH-Analoga (Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten) blockieren die GnRH-Rezeptoren der Hypophyse. Sie reduzieren nach einem initialen Anstieg den Testosteronspiegel. ~ Antiandrogene reduzieren den Testosteronspiegel durch zweierlei Mechanismen. Wirkstoffe wie Cyproteronacetat wirken direkt auf die Leydig-Zellen und greifen zuslltzllch in den Rückkopplungsmechanismus zwischen Hypophyse und Gonaden ein (I Abb. 5). Nicht steroldale Antiandrogene wie Flutamid hemmen hingegen die zelluläre Aufnahme von Testosteron und führen somit nicht zur erektilen Dysfunktion wie andere Antiandrogene, da sie den Testosteronspiegel im Serum nicht verringem. ~ Eine Östrogentherapie findet heute kaum mehr Anwendung, weil sie keine eindeutigen Vorteile gegenüber den LHRH-Analoga zeigt. ~ Testosteronentzug durch Orchiektomie (bilateral subkapsulir oder auch radikal)
lokal
lokal
begrenzter Tumor
fortgeschrittener Tumor
Metastasierung
Strahlen-
antiandrogene Therapie
altern ativ bei OP-Unfähigkeit: Strahl entherapie
Nachsorge
ehemo-/ Immuntherapie I Abb . 5: Therap ievorgehen beim Prostataka rzinom. [ 181
fortsc hreitenden Tumors bzw. tumor· bedingter Nebenwirkungen beinhaltet folgende Untersuchungen: ~ ~
Nachsorge Die Nachsorge eines Prostatakarzinompatienten zur Früherkennu ng eines
50 151
~
~ ~
Zwischenanamnese Digitale rektale Untersuchung Sonografie Skelettszin tigrafie Regelmäßige PSA-Bestimmung
Prognose
Die Prognose hängt stark vom histologischen Typ, von der Malignität des Tumors und der Tumorgröße ab. Die durchschnittlich besten Überlebensraten haben Patienten mit früh diagnostizierten, kleinen, nicht die Kapsel überschreitenden, hoch differenzierten Karzinomen.
Zusammenfassung • Das Prostatakarzinom ist der zweithäufigste Tumor des Mannes nach dem Bronchialkarzinom. Ab dem 80. Lebensjahr stellt es die häufigste Todesursache unter den Tumoren dar. • Hauptrisikofaktoren scheinen Umweltfaktoren sowie eine hereditäre Belastung zu sein; Letztere ist nur bei 10% aller Patienten zu finden. • Heutzutage sind zwei Arten von Präkanzerosen im Gespräch: die prostatische intraepitheliale Neoplasie und die atypische adenomatöse Hyperplasie. • Die 1O-Jahres-Überlebensrate liegt abhängig vom Tumortyp zwischen 34% und 87%. • Differentialdiagnosen des Prostata karzinoms sind Adenome und Metastasen.
Nierenzell karzi norn Beim Nierenzellkarzinom (auch "Nierenkarzinom") handelt es sich um ein Adenokarzinom unterschiedlichen Phänotyps (I Tab . 1). jährlich erkranken ca. 16000 Menschen daran. Es ist ein Tumor, der sehr schlecht auf Chemound Radiotherapie anspricht und zudem häufig klinisch erst spä t symptomatisch wird.
I Tab. I: Hi stologisc he Nierenkarzino mtype n. Tumortyp
Häufigkeit
Klarzelliges Ka rzinom (I Abb . I)
83%
Papilläres Karzinom
11 %
~
Basophi ler Typ
~ Eosinophiler Typ
Chromoph obes Karzinom
5%
Sammel rohrkarzinom
~ I%
Un klassifiziertes Karzinom
~ I%
Epid em iologie Mi t 3% aller malign en Tumoren zählt das Nierenzellkarzinom zu den sechs häufigsten Tumoren des Menschen . j ährlich erkranken ca. neun von 100000 M enschen, meist im Alter zwischen 50 und 60 jahren, wobei Männer dreimal häufiger betroffen sind als Frauen.
Ätiologie und Morphologie Die Kanzerogenese des Nierenkarzinoms ist bis heute noch nich t klar definiert. Generell geht man davon aus, dass Nikotinkonsum, Bluthochdruck und Adipositas prokanzerogen wirken. Des Weiteren gibt es eine enge Korre lation zwischen dem Phänotyp des Tumors und Veränderungen im Genom. Im Rahmen der Entstehung des Tumors geht man, ähnlich wie bei kolorektalen Tumoren, von einer Sequenz an geneti-
schen Alterationen aus, die tumortypen spezifisch sind. Morphologisch handelt es sich beim Nierenzellkarzinom i. d. R. um einen unila teral auftretenden Tumor des proximalen und distalen Tub ulus sowie des Sammelrohrgewebes. Aufgrund der häufig erst mit fortgeschrittener Tumorgröße beginnenden klinischen Symptome können Nierentumoren zu m Diagnosezeitpunkt bis zu 15 cm groß sein . 1 Tabelle 1 zeigt die verschied enen his· tologischen Nierenkarzinomtypen .
Klassifikation Die Klassifi zierun g des Nierenkarzinoms erfol gt nach der TNM -Systematik, die sich an der Tumorgröße, den befallenen Lymphknoten und evtl. vo rh andenen Metastasen ori entiert (I Tab. 2) .
Klinik Patienten, die an einem Nierenkarzinom erkranken, ze igen selten ausgeprägte Früh symptome. Dies liegt zumeist daran , dass der Tumor keine Verbindung zum Hohlsystem des Organs besitzt. Erst später, wenn aufgrund der Tumorgröße eine so lche Verbindung besteht, kommt es zu den Leitsymptomen eines Nierenzellkarzinoms, der schmerzlosen Hämaturie in Kombination mit weiteren unspezifischen Sym ptomen wie Flankenschmerz, tumorbedingter Anämie und Fieber. Besonderes Augenmerk sollte den möglichen paran eoplastischen Symptomen geschenkt werd en, die bei 5% aller Patienten vorkommen : ~ ~
Stoffwechsels töru ngen Polyglobu lien
TNMStad ium
Größe und Befall
TI
S 7 cm , begrenzt au f di e Niere
T2
> 7 cm , begrenzt au f die Niere
T3a
Invasion in Nebenniere oder perirena les Gewebe unt er der Gero la-Faszie
T3 b
T3c Zwel'c hfells
T4 NI
N2
-------
I 1 ~ b. 7: 1 NM-Kla ifikatl ol1 d
I Abb. I : Mak roskopische (al und mikro kopi sc h (bi Aufn ahm e eine s klarz lIi gen Ni r nz 11· karzin oms. 121
Nicrenkarzinonns.
Urologische Tumoren
52 I 53
Vorteil dieser Methode ist, dass nicht das ganze Organ entfernt werden muss und sich die Prognose des Patienten wie die von Patienten mit einer radikalen Nephrektomie nicht verschlechtert. [m Fall vorhandener inoperabler Fernmetastasen wird die Niere nur dann entfernt, wenn der Tumor zu Beschwerden beim Patienten führt. Chemo· und Radio· therapie finden bis heute nur geringe Anwendung, da Nierenzellkarzinome sehr schlecht darauf ansprechen.
Immun -/ Chemotherap ie
operative Therapie
Immun- / Chemotherapie
Prognose Insgesamt liegt die 5·jahres-Überlebensrate von Nierenzellkarzinompatienten zwischen 20%und 25%. Sie variiert je· doch stark zwischen den verschiedenen Tumortypen , z. B. haben basophile chro· mophobe Tumoren eine bessere Prognose als papilläre. Wie bei anderen Tumorerkrankungen hängt die 5-jahresÜberlebensrate am stärksten von der Aus· dehnung des Primärtumors sowie dem evtl. Lymphknotenbefall ab (I Tab. 3).
I Abb. 2: Therapeuti sc hes Vorge hen beim Ni erenze llkarzinom . [181
Renale Hypertonie durch eine erhöhte Reninausschüttung ~ HyperkaJiämie (erhöhter ACTHSpiegel) ~ Hyperkalziämie (erhöhter Parathormon-Spiegel) ~ Neuromuskuläre Paraneoplasien ~
Als Ursache einer symptomatischen Varikozele sollte immer auch ein Nieren-
Therapie Die therapeutischen Maßnahmen sind primär davon abhängig, ob der Tumor bereits metastasiert hat (I Abb. 2). Ist dies nicht der Fall oder sind die vorhan· denen Metastasen operabel, stellt die Nephrektomie das Mittel der Wahl dar. Sie kann bei kleineren, peripher gelegenen Tumoren sogar partiell erfolgen.
I
TNM-Stadium
5-jahres-Überlebensrate
pT1 - pT2
81 - 91 %
pT3a
64 - 72%
pT3b
41 - 49%
pT4
16-20%
Fernmetastasen
12 - 20%
Positiver Lymphknotenbefall
15 - 20%
Tab . 3: 5-JÜR von Patienten mit Nierenze il-
karzinom.
zeIltumor ausgeschlossen werden.
Diagnostik Neben der Analyse des Urins wird das Blut für eine optimale Therapieplanung speziell auf Nierenfunktionsparameter untersucht. Nicht se lten sind Nieren· zellkarzinome Zufallsbefund e bei einer Sonografie des Abdomens. Letztere ist, aufgrund ihrer hol1en enaui gkeit, die Method e der Wahl zur Dia nose des Nierenka rzinoms. Weite re geeignete bildgebend e V rfahr n zu Diagnostik und Kl ass ifi zierun des radin s und Stagings sind omputer- lind Kernspintomografie sowi das Uro ramm.
Zusammenfassung
x
Das Nierenkarzinom ist ein Adenokarzinom, an dem vorwiegend Menschen im Alter von 50 - 60 Jahren erkranken.
X Leitsymptom des Nierenkarzinoms ist eine schmerzlose Hämaturie, die in 5% der Fälle von paraneoplastischen Symptomen begleitet wird . X Differentialdiagnosen des Nierenzellkarzinoms sind Nebennierentumoren, Nierenbeckentumoren, Metastasen anderer Tumoren, Lymphome oder Urogenitaltuberkulose. Gutartige Tumoren der Niere, die es vom Karzinom abzugrenzen gilt, sind Adenom, Onkozytom, Angiomyolipom und Fibrom. X Aufgrund des schlechten Ansprechens auf ehemo- und Strahlentherapie ist die chirurgische Therapie das Mittel der Wahl.
lblasenkarzinom ::-: :.rnblasenkarzinom ist ein maligner Tumor, als dessen niiüplfisikofaktor das Rauchen gilt.
:::: '-.ö
Pro karzinogene: aromatische Amine aromatische Amine
Ep idemiologie Jährlich wird in Deutschland bei ca . 30 von 100000 Men· schen ein Harnblasenkarzinom diagnostiziert (I Abb. I). Insgesamt macht es ca. 90% aller malignen Tumoren des Urothels der ableitenden Harnwege aus. Histologisch handelt es sich bei Harnblasenkarzino men zu 95% um Urothelkarzinome. Plattenepithelkarzinom e, Adenokarzinome und Urachuskarzinome sind deutlic h seltener (sie machen ca. 5% aus). Das Verhältnis zwischen betroffenen Männern und Frauen beträgt drei zu eins. Des Weiteren tritt das Harnblasen karzinom am häufigsten bei Menschen zwischen dem 65. und 70. Lebensjahr auf.
Hydroxylierung und Konjugation -- Niere
I Abb . 2: Darstellung der kanze rogenen Wirkung vo n aro mati sc hen Amin en in der Bla se . 121
Klinik
Ät iologie Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung eines Harn· blasenkarzinoms ist der Zigarettenrauch. Raucher haben ein vierfach höheres Risiko, an diesem Krebs zu erkranken, als Nichtraucher. Als weitere hochpotente Kanzerogene gelten aromatische Amine (I Abb. 2) und Nitrosamine. Es wurde beobachtet, dass Menschen , die in der farb- und gummi verarbeitenden Industrie tätig sind , vergleichsweise übermäßig häufiger an Harnblasenkarzinomen erkranken als and ere Berufsgruppen. Molekularpathologisch zeigt sich häufig ein heterogenes Bild an Chromosomenaberrationen, besonders auf dem Chromosom 9, die u. a. zu einem Verlu st von Tumorsuppressorgenen oder einer Überexpression von Wachstumsfaktorrezeptoren füh ren . Le tztere wird bei mehr als 40% aller Harnblasenkarzinompatienten beobachtet, bei ihnen kann man eine erhöhte Expression vom EGFR (epiderma ler Wachstumsfaktorezeptor) feststellen.
Leitsympto m des Harnblasenkarzinoms ist eine schmerzlose Hämatu ri e, die sich sc hon in der früh en Phase der Tumorentstehung manifes tiert. Im Spätstadium ueten dann zusätzlich Flankenschmerz, Anämie und Gewichtsabnahme auf. Zystitische Beschwerden wie Dysurie, Aigurie oder retropubischer Druckschmerz könn en ein Harn blasenkarzinom maskieren und bedürfen besonders nach erfolgloser antibiotisCher Behandlung genauerer Abklärung. Diagnostik
Die Untersuchung des Urins die nt u. a. zur Abklärung der Hämaturie bzw. zu m Ausschluss einer and eren Erkrankung der ableitenden Harnwege . Weitere diagnostische Verfahren sind Sonografie, Urogramm sowie eine manuelle Palpation der Harnblase. Besonders erschwert wird die Diagnostik durch die Tatsache dass 47 % aller Harnblasenkarzinome mu ltiloku lär vorkom- '
I Abb. I: Zy toskopi ch Aufna hm
In
Harnblascnk a, ~ in Ill S.
121
i
Urologische Tumoren
L
54 1 55
men. Aus diesem Grund werden im Verlauf der Diagnose mehrere Umfeldbiopsien aus den benachbarten Quadranten des Tumors durchge führt.
Klassifik ati on TNM· Klassifi· kation
Befall, Größe
Ta
Papillär, nic htinvasiv
Tl
Infiltration in subepith eliales Bindege webe
T2
Infiltration in den Muskel ~
T2a: ob erfl äch liche Musk ulat ur
~
T2b: ti efe Musk ul at ur
T3
Infiltration des perivesikalen Gewebes
T4
Infiltration der perivesika len Organe
Nt
Solitä r, < 2 cm
N2
Solitär, 2 - 5 cm, multi pel ';; 5 cm
N3
> 5 cm
Ta Cl
Ta G2- 3; Ta Gl - 2 Rez.; Tis; Tl Gl -2
Tl G3; Tl G2-3 Rez.; Tis Rez.; T2--4
lo kal e Chem oth era pie! Immun t he rapie
Zyste ktomie
I Tab. 1: TNM-Kl assifik al ion des Harnbl asen-
Fern -
metastasen (Ml)
systemi sche Chemoth e rap ie
Nachsorge
karzinoms.
Th erap ie I Abbildung 3 zeigt, welche Therapiemaßnahmen heute in Abhängigkeit vom Tumor, dessen Klassifizierung mittels bildgeben der Verfahren, manueller Palpation und transurethraler Biopsie· entnahme angewendet werd en.
palI. syst . Che moth e rapi e ± Radi o th e rap ie I Abb . 3 : Therapiesc he ma des Harnbla senkarz inoms. [181
Prognose
Im Allgemeinen gilt auch bei diesem Tumor, dass kleine, gut differenzierte, noch nicht infiltrative Malignome eine deutlich bessere Prognose haben. Bei ihnen liegt die 5'JÜR bei 80 %- 90%, wohingegen Patienten mit einem schlech t differenzierten und infiltra tiv gewachsenen Tum or eine deutlich geringere 5·JÜR vo n etwa 20% haben. Vergleicht man di e zw ei untersc hiedlichen Vorstufen des Karzinoms hinsichtlich ihrer Wahrschei nlichkeit, maligne zu entarten, ze igt sich, dass sich 60% aller Carcin omata in situ und 30% allel' exophytischen Vorstu fen tatsäc hlich zu einem malignen Tum or weiterent· wickeln .
Zusammenfassung
x
Männer erkranken dreimal häufiger an einem Harnblasenkarzinom als Frauen, unabhängig vom Geschlecht liegt der Altersgipfel zwischen dem fünften und dem sechsten Lebensjahrzehnt.
X Hauptrisikofaktor sind Bestandteile des Tabakrauchs, gefolgt von Nitrosaminen und aromatischen Kohlenwasserstoffen. X Leitsymptom ist die schmerzlose Hämaturie. X Die transurethrale Elektroresektion ist einer der ersten Schritte in der Therapie des Harnblasenkarzinoms. X Die Prognose (5-JÜR) des Patienten ist u. a. stark abhängig vom Differenzierungsgrad des Tumors und variiert zwischen 80% und 90% bei gut differenzierten und 25% bei schlecht differenzierten Tumoren.
Bronchialkarzinom I oder das rad ioaktive Edelgas Rad on veru rsach t. Auch chroDas Bronchialkarzinom ist ein hochmaligner Tumor, der vom Bronchialepithel ausgeht und dessen Hauptrisikofaktor der in- nische interstiti elle Lungenerkrankungen stellen aufgrund halative Zigarettenkonsum ist. Histologisch we rd en Bronchial- der durch sie verringerten Clearance der Karzinogene und des erhöhten Ze ll ull1satzes einen weiteren Risikofaktor dar karzinome in kleinzellige (SC LC = "small-celliung cancer" ) (I Abb _2). und nicht kleinzellige (NSC LC = "non-small-celliung Stud ien konnten eine deutliche Dosisabh ängigkeit zwischen cancer") Tumoren unterteilt. der Dauer des Ziga rettenkonsu ms und dem Erkrankungsrisiko Epid emiologie zeigen. Pauschal geht man davon aus, dass lebenslanger Zigarertenkonsum das Erkran ku ngsrisiko bei einem Rauc her um Das Lungenkarzinom ist weltweit der häufigste bösartige das 20- bis 30-Fache im Vergleich zu einem Nich traucher steiTumor des Mannes und stellt mittlerweile in vielen Ländern der Welt auch bei Frauen die häufigste Krebstod esursache dar gert. (I Abb _ 1)_Deu tschlandweit erkranken jährlich ca_ 50 bis 60 Die moleku larpathologische Genese des Lungenkarzinoms ist von 100000 Personen zwischen dem 55_ und 60_ Lebensjahr nach heutigen Erken ntnissen vergleichbar mit der Adenoman einem Lungenkarzinom _Dies bedeutet, dass bezogen auf Karzinom-Sequenz des Kolonka rzinoms. Wie beim Kolonkardie Gesamtbevölkerung ca. 40000 bis 50000 Neuerkrankun- zinom liegt auch der Entstehung des Lungenkarzinoms eine gen pro Jahr auftreten. Im Jahr 2008 verstarben ca_ 40000 sc hrittweise Akkumulation von genetischen Defekten zugrunMenschen an einem derartigen Malignom_ de. Häufig beobachtete Veränderungen si nd z. B_ M utationen Im Gegensatz zur Anzah l männlicher Patienten, die über die des Tumorsuppressorgens p53 und des Retinoblastomgens. vergangenen Jahre rückläufig war, hat man seit den 70er-jahNeben diesen Mutationen gibt es genom ische Alterationen , ren einen kontinuierlichen Anstieg an weiblichen Patientindie bei einigen Tumortypen häufiger auftreten als bei annen beobachten könne n. Als primäre Ursache dieser Entwick- deren . Ein Beispiel ist die Ampl ifikation des myc-Ge ns, die lung wird u. a. der zunehmende und immer frühe r beginnen- nur bei einem geringen Anteil an NSCLC nachweisbar ist de Zigarettenkonsum von Fra uen angesehen. (~ 10%), dafür jedoch bei 113 aller SC LC nachgewiesen werden kann (ca. 30 %) . Ätiologie Als Hauptrisikofaktor wird der inhalative Konsum von ZigaPaaalvrauchen rettenrauch bzw. dessen kanzerogenen Inhaltsstoffen angeEin Zusammenhang zwischen passivem Kontakt mit den kanzerosehen. Wesentlich weniger Lungenkarzinome werden durch genen Bestandteilen des Tabakrauchs und einem erhöhten ErIc~ Karzinogene wie Asbest, Arsen, Bestandtei le von Kfz-Abgasen kungsrlsiko gilt als sicher. So besitzen etwa Personen, die länger als zehn Jahre einer erhöhten PassIvrauchbelastung ausgesetzt waren (z. B. an verrauchten Arbeitaplltzen), ein fast dOPpelt so ~ hes ErkrankungsrIsiko wie gering oder nicht belastete Personen.
Sterberate 100000 Ei nwohner
Klassif ikation
80 -
Neben der Kl assifikation nach dem TNM-System (I Tab. 1) werd en Lungen tumoren anhand ihrer Histologie und ihrer anatomischen Lage (Hauptbronchus, ber-, Mittel-, Unterl ap_ pen ) bzw. makroskopischer Gesichtspunkte unterteilt. Di e klin isch bedeutsam e histologisc he Klassifi ka tion untersc heidet grob zwi schen zwei Gruppen: klein zellige (SC LC)
70 60 50 40 30
20 10
1930
----- --.,.-' 1940
1950
1960 Jahr
,. "
-" - ,.."-- ........... -
,.
Luftv runreinigllllg 2% j----->., Passivrauchen 4,3%
1 - - - - - ' 1 Radon in Wo hnungen 7% r-----~ Arb it platz 7- 12%
1970
1980
1990
Männer
Frauen
Lunge
Lunge
Kolon/ Rektum
Kolon/ Rektum
Prostata
Andere Faktoren? (G n tik, Ern ähru ng)
- - -
Tabakrauch 89%
Brust
I Abb . I : Verlauf der Krebssl erberale bei Mann und Frau . [ l i
I All b. 2: Iiauplri ikofaklor nd
Lung nk 17In0 I115. 117I
Tumoren der Lunge
i
und nicht kleinzellige (NSCLC) Karzinome_ Diese Bezeichnungen sind auf die unterschied lic he Größe der Tumorzellen zurückzuführen . Die kleinzelligen Bronchialkarzinome stellen mit 15 - 20% nur einen kleinen Teil der Malignome der Lunge dar. Wesentlich häufiger (80 - 85%) si nd die nicht kleinzelligen Bronchialkarzinome. Letztere werden in drei weitere Gruppen unterteilt, von denen das Platten· epithelkarzinom mit 40-50% am häufigsten vorkommt. Mit ca. 25%deutlich seltener diagnostiziert wird das Adenokarzinom. Dieser Tumortyp wird am häufigsten bei Nichtrauchern sowie bei Frauen gefunden. Großzellige Karzinome sind meistens Varianten von Adeno· und PlattenepithelkarZinomen mit charakteristischen Riesenze llen. Kleinzellige Karzinome bestehen aus Zellen, die in einem lockeren Zeilverband angeordnet sind. Man vermutet, dass diese Tumoren ursprünglich aus Zellen des APUD-Systems hervorgehen. Hierbei handelt sich um Zellen neuroepithelialen Ursprungs mit para- und endokriner Funktion, die im Gewebe der Lungen und des Magen-Darm-Trakts vorkommen. Diese Theorie stützt sich unter anderem auf das häufige Auftreten von paraneoplastischen Syndromen. Insgesamt stellen sie ein Fünftel aller Bronchialkarzinome dar. In der makroskopischen Klassifikation (I Abb. 3) werden die Lungenkarzinome an hand ihrer Ausbreitung und Lage in zentral und hilusnah (Plattenepithelkarzinome oder SCLC), peripher [Adenokarzinome) sowie diffus (Alveolarzellkarzinom) unterteilt. Eine primär klinisch verwendete Klassifikation ist die Unterteilung der SCLC in Iimi ted (LD ) und extensive desease (ED). Von einer LD wird gesprochen, sofern der Tumor auf einen Hemithorax beschränkt ist und eine Lymphknotenmetastasierun g nur ipsilatera l mediastinal und supraklaviku lär sowie kontralateral hilär nach gewiese n werden kann. Jegliche Ausbrei tung des Tumors über die bena nnten Regionen und rganteile hinaus wird als " ED" bezeichnet. Diese Eint i1ung hat v I' all m therapeutische I~ e l van z. Eine Sonderform des p ripll r n Brüll-
chialkarzinoms stellt der PancoastTumor dar. Er wächst von der Lungenspitze aus in die Thoraxwand ein und
TNM-
56
I 57
führt durch die Zerstörung von Strukturen der Halsregion zu charakteristischen Symptomen (s. Klinik).
Befall, Größe
Klassifikation Tx
Positive Zytologie aus Sputum oder 8ronchiallavage, jedoch nicht radiologisch oder branchoskopisch nachweisbar
TO
Kei n Anhalt für Primärtumor
Ti s
Carcinoma in situ
Tl
Tumordurchmesser (T) < 3 cm, Hauptbronchus frei
T2
Eines der folgenden Kennzeichen: ~ T~ ~
T3
3 cm
Belall Hauptbronchus, ~ 2 cm oder noch weiter distal der Carina
~
Inliltration viszeraler Pleura
~
Assozi ierte Atelektase
Tumor jeder Größe mit Infi ltration von 8rustwand/Zwerchlell/Perikard, mediastinaler Pleura, Infiltration des Hauptbronchus > 2 cm distal der Carina oder Totalatelektase der Lunge
T4
Tumor jeder Größe mit Invasion von Mediastinum/ Herz/großen Gefäßen / Trachea/Ösophagus / Wirbelkörper jCarina
I
NO
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
NI
lpsilaterale hiläre/peribronchiale/intrapulmonale LYl'llphknolenmetastasen
N2
Ipsi laterale mediastina lejsubkarinale Lymphknotenmetastasen
N3
Kontralaterale mediastinale oder hiläre oder supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen
MI
Fernmetas tasen
Tab . 1: TNM- Klassifik ati on des nicht kleinzelli gen Bronchialkarzinoms.
Stadium
TNM
IA
Tl NO MO
IB
T2 NO MO
IIA
Tl N l MO
11 8
T2 N l MO T3 NO MO
lilA
Tl/2 N2 MO T3 NO MO
IIIB
Tl- 3 N3 MO
3
T4 NO-3 MO IV
I
C
Tl- 4 NO - 3 Ml
Tab . 2: Stad iene inteilung
des ni cht k leinzelli gen Bronch ialkarzinom s.
A zentrales / intermediäres Karzinom B peripheres Karzinom / Rundherd C pneumonisch wachsendes (Alveolarzell-)Karzinom o sog . Pancoast-Tumor
I
Abb . 3: Topografi e und Komplika -
ti onen m aligner Lungen tumoren.
121
1 2 3 4
Überblähung Atelektase / Retentionspneumonie Pleuraerguss bei Pleurabeteiligung Bronchiektasen / Retentionspneumonie
Bronchialkarzinom 11 Klinik Die klinischen Symptome von Patienten mit einem Bronchial karzinom sind vielfältig und werden von mehreren Faktoren wie der Lokalisation oder der Ausbreitung des Tumors beeinflusst. Der Tumor verursacht selten Frühsymptome, weshalb er meist erst in fortgeschri ttenen Stadien diagnostiziert wird . Mehr als 50 % der Patienten beschreiben anfänglich Beschwerd en, die auf einen Befall der Atemwege durch den Tumor zurückzufü hren sind. Hierzu gehören chronischer Husten mit wechse lnder Charakteristik oder Hämoptoe. Auch Dyspnoe ist ein häufiges, unspezifisches Symptom, das z. B. durch den tumorbedingten Verschluss der Atemwege verursacht werden kann. In fortgeschrittenen Tumorstadien, wenn der Tumor die Organgrenzen überschreitet, werden die Symptome der Patienten meist eindeutiger: ~ Durch Parese des N. recurrens leid en die Patienten häufig an Heiserkeit. ~ Läsionen des oberen Halsganglions können zur Entwicklung des HornerSyndroms (Miosis, Ptosis, Enoph thalmus) führen . Es tritt v. a. bei sog. Pan(oast-Tumoren auf. Hierbei handelt es sich um in der Lungenspitze sitzende Lun genkarzinome, die in die Thoraxwand einwachsen und durch Nervenreizung und Zerstörung zu Schulter· schmerzen, Horner-Syndrom und Armschwellung führen. ~ Als Folge eines Pleurabefalls entwickeln sich häufig Pleuraergüsse.
Tumor
Synd rom
SCLC
• Hyperkal ziämie --> inadäqu ate Pa rathormonsekretion
• Diabetes insipidus
erhöhte ADH-
Sekreti on NSCLC
• Finger Clubbing --> Hypertrophie des Bindegewebes der Endphalangen
I Tab. 3: Typische paraneoplastische Syndrome bei Bron chia lka rzinomen.
Typische Symptome, die durch Fernmetastasen verursacht werden, sind : ~
Schmerzen bei Metastasen in den Knochen ~ Kopfschmerzen und Schwindel bei Metastasen im ZNS
Bei Rauchern über 45 Jahre mit einem Husten, der länger als drei Wochen anhält, oder einer Pneumonie sollte immer ein Bronchialkarzinom ausgeschlossen werden.
Diagnostik Um eine optimal e Th erapie des Patiente n zu garantieren, sind die Bestim mung des histologischen Typs und die
Beschwerden, die nicht direkt auf lokale Auswirkungen des Tumors zu rückzuführen sind, beinhalten neoplastische Syndrome und Symptome durch Fernmetastasen. Paran eoplastische Syndrome treten vor all em bei Patiente n mit kleinzelligen Karzinomen auf, jedoch können auch nicht klein zell ige Tumoren paraneop lastische Syndrome verursachen (I Tab. 3), diese sind jedoch deutlich seIlener.
[
I Abb. 4 : Basi sdiagnos tik
Diag no s 9
I
Ausbrei tung des Tumors von gro ßer Bedeutung. Die durchgeführten diagnostischen Schritte, z. B. die BronchoskoPie (I Abb. 5), sind in erster Li nie abhängig vom zu erwartenden Tumortyp, vom Zustand des Patienten, von der Größe und Lokalisation des Tumors sowie von evtl. vorhandenen Metastasen. Obligater Bestandteil der Diagnose eines Lungenkarzinoms ist ein positiver histologischer oder zytologischer Befund. 1 Abbildung 4 stellt vereinfac ht die basisdiagnostischen Schritte bei Verdacht auf ei n Bronchialkarzi nom dar. Tum ormarker besitzen aufgrund ihrer geringen Spezifität und Sensitivität weder im Rahmen der Diagnostik noch in der Nachsorge einen großen Stellenwert. Weiterführend e diagnostische Untersuchungen dienen dem Aussch luss von Fernmetaslasen und der Feststellung der Operabili tät. Hierzu gehören sonogra fi sche Untersuchungen des Abdomens, Mediastinoskopie, Ganzkörper_ Positronenem issionstomografie (PET) sowie die kardio respiratorische Funktionsdiagnostik. Zukun ftsträchtig erscheinen die SOwohl klinische als auch die molekularbiologi. sche harakterisierun g und Erarbeitung
~
b i Verd acht auf Brol1c hialk al/il1 o m.
Tumo ren der Lunge
58
I 59
• Abb . 5: Bronchoskopische Aufnahme eines Bronchialkarzinoms. [11
eines diesbezüglich dezidierten Diagnos- Leider können aufgrund der häufig erst logischem Typ, Stadium bzw. Ausbreitik- (und Therapie-)Algorithmus. Endziel spät erfolgend en Diagnose nur 30% aller tung sowie Allgemeinzustand, Alter und Geschlecht des Patienten ab (die 5-]ÜR ist die individualisierte Tumortherapie . Patienten ku rativ operiert werden. Tumoren in fortgesc hrittenen Stadien wer- bei Frauen ist durchschnittlich höher als Therapie den hingegen mi t einer Radio-IChemo- bei Männern). Die Tatsache, dass ca. 66 % aller Patienten mit inoperablen Die Therapie find et stadienadaptiert therapie behandelt und ggf. palliativ statt und ist vor allem vom histologiTumoren diagnostiziert werden, verdeutoperiert (z. B. Tumorteilresektion mit schen Typ des Tumors abhängig. Kleinlicht die Bedeutung der Frühdiagnose. Sten timplantation). zeIlige Karzinome werden primär mit In Abhängigkeit vom Stadium liegt die 5-]ÜR bei NSCLC zwischen 2% und einer Polychemotherapie behandelt. Prognose Hauptgrund hierfür ist neben de r hohen Die durchschnittliche 5-JÜR aller Patien- 67%. Bei SCLC ist sie mit 1-20% deutSensibilität der kl ein zelligen Tumoren ten beträgt ca. 5%. Sie hängt von histo- lich geringer. die zum Zeitpunkt der DiagnosesteIlung häufig bereits stattgefund ene Metastasierung des Tumors. Nur in den wenigsten Fällen ist eine kurative Rese ktion mit anschli eßend er Chemotherapie Zusammenfassung möglich. x Das Lungenkarzinom ist weltweit der häufigste maligne Tumor des Nicht kleinzellige Karzinome hingegen Mannes, an dem in Deutschland pro Jahr ca. 45000 Menschen neu sprechen weniger gut auf eine zytostatische Therapi e an, metastasieren im erkranken. Vergleich zu kleinze lligen Mal ignomen X Im Gegensatz zur sinkenden Inzidenz bei Männern steigt die Anzahl später und können desha lb in den frübetroffener Frauen immer noch an. hen Stadien primär operativ, in Kombination mit einer adjuvamen oder neoX Hauptrisikofaktor ist der inhalative Konsum von Zigarettenrauch. adjuvanten Chemotherapie, versorgt X Anhand der TumorzeIlgröße unterteilt man Bronchialkarzinome grob in werd en. kleinzellige (SCLC) und nicht kleinzellige Tumoren (NSCLC) , eine Klassi-
fikation, die vor allem für die Therapieplanung von Bedeutung ist. X Patienten mit einem Lungenkarzinom zeigen meist erst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung Symptome. X Kleinzellige Tumoren können aufgrund ihrer frühen Metastasierung nur selten kurativ reseziert werden. Deshalb werden Patienten mit solchen Tumoren in den meisten Fällen mit einer Polychemotherapie behandelt. X Nicht kleinzellige Karzinome werden, sofern sie früh genug diagnostiziert wu rden, primär operativ in Kombination mit einer adjuvanten oder neoadjuvanten Chemotherapie behandelt.
Maligne Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs Unter den Malignomen des Kopf·Hals· Bereichs fasst man alle malignen Neoplasien der Nase und der Nasen· nebenhöhlen, des Nasopharynx, der Mundhöhle, des Oropharynx, des Hypo· pharynx, des Larynx, der Kopf· und Gesichtshaut sowie der Speicheldrüsen zusammen .
Epidemiologie Jährlich erkranken in Deutschland ca. 13000 Menschen an Malignomen des Kopf·Hals·Bereichs. Ihre Inzidenz nimmt stark zun und zeigt geografische Unterschiede. In Südchina und Nord· afrika erkranken sechsmal mehr Men· sehen als in den westlichen Ländern. Die Geschlechterverteilung ze igt, dass Männer dreimal häufiger an solchen Tumoren erkranken als Frauen. Das Hauptmanifestationsalter liegt bei Männern im 6 1. und bei Frauen im 69. Lebensjahr.
Ätiologie Zu den Risikofaktoren zäh len vo r allem Nikotin· und Alkoholkonsum. So ist z. B. bei Rauchern die Inzidenz eines Larynx karzinoms wesentlich höher als bei Nichtrauchern. Des Weiteren wer· den Infektionen durch das Epstein·Barr· Virus und humane Papillomavi ren als prädisponi erende Faktoren disku tiert. Histologisch betrachtet handelt es sich fast immer um Plattenepithelkarzinome, die sich aus Präkanzerosen (prämal ignen Dysplasien) wie z. B. Leukoplakien ent· wickeln .
Kl inik Typische Symptome des Nasopharynx· karzinoms sind ein rezidivierender Paukenerguss, Nasenatm un gsbehinde· run g, Epistaxis sowie Hirnnervenaus· fälle. Bei Malignomen des 01'0· und Hypopharynx kommt es in den frühen Stadien der Erkrankung häufig zu Dys· phagie und Globu sgefüh l. Die Ausbre i· tung der Tum oren erfolgt primär Iym· phatisch in die lokalen Lymphknoten, Fernmetastasen treten in der Regel erst spät auf.
Therapie Die Wahl der Therapiemethod e hängt stark vom Stadium der Erkrankung ab. Bei lokal begrenzten Tumoren sind eine operative Therapi e und/ oder Strahl en· therapie indiziert. Lokal metastasieren· de Tumoren werd en primär opera tiv in Kombination mit einer adjuva nte n Radiotherapie behand elt. Auch eine kombin ierte Radiochemotherapie wi rd aktuell bei Patienten in fortgeschritte· nen Stadi en durchgeführt. Di e Prognose ist stadienabhängig. Lokal begrenzte Tumoren weisen eine bessere Prognose auf als metastasierte .
In Abh ängigkeit vo n ihrer Loka lisation unterteil t ma n die Tumoren des Kehlkopfes in glotti sche, supraglottisehe und subglottise he Karzinome. Glottiskarzinome machen mit 65 % den Großteil aller malignen epithelialen Tum oren des Kehlkopfs aus. Supraglotti_ sehe Karzinome (30%) besitzen im Vergleich zu den Glottiskarzinoillen eine deutlich schlechtere Prognose. Ursache hierfür sind die frühe Metastasierung des Primärtumors und das durchSchnitt_ lich weit fortgeschrittene Krankheitsstadium zum Ze itpunkt der Diagnose.
Au sbre itung Larynxkarzinom
Larynxk arzinome breiten sich primär lymphogen aus, wobei sie zunäChst
Das Larynxkarzinom ist der häufigs te Tumor aller Neoplasien im HNO·Be· reich. Jährlich erkranken in Deutsc h· land ca . 3500 Menschen daran . Zwar sind immer noch neunmal so viele Män· ner wie Frauen betroffen, jedoch hat man in den vergan genen Jahren einen stetigen Anstieg der Za hl weiblicher Patienten verze ichnet. Diese Entwick· lung wi rd vor allem auf den gesti egenen Zigaretten· (die Zahl der Nichtraucher unter den Patienten geht gegen null ) und Alkoholkonsum zu rückgeführt. Als wei tere prädispon ierende Faktoren werden humane Papillomaviren, Asbest· exposition und chronische Laryngitis disku tiert.
Klassifikation Unter histologischen Gesichtspunkten betrachtet, hand elt es sich bei den La· rynxkarzinomen in über 90 % der Fäll e um Plattenepithelkarzinome. Adeno· karzinome und und ifferenzierte Tumo· ren machen ei nen wesentlich g ri nge· ren Anteil aus.
Die meisten Larynxkarzinome entwickeln sich aus dysplastischam Gewebe, selten entstehen sie direkt aus gesundem Gewebe.
in die ipsilateralen Halslymphknoten metastasieren. Ein e hämatogene Metastasierung in Lunge und Leber ist selten und erfol gt meist erst im späteren Krankheitsverlauf.
Klinik Pa tie nte n mit einem Glottiskarzinom berichten hä ufi g bereits in frUhen Krankheitsphasen von Heiserkeit (Dysphonie) . Aus diesem Grund sollte bei jeder Heiserkeit, die länger als drei Wochen anhält, ein Malignom als Ursache ausgeschlossen werden. In späteren Stadien der Erkrankun g kom mt es dureil die Ausbreitun g des Tu mors häufi g zu Strid or und Dyspnoe, vergleic hbar mit den Leitsymptomen der tra nsglotti_ sehen Ka rz inom e. Bei supraglotti se hen Karzinomen klagen die Patienten am häufi gsten über Dyspha gie. Erst im späteren Verlauf kommt es durch eine Einschränkung der Stimm_ lippenbeweglichk it zur Entwickl ung von H iserkeit. Weitere pätsymptome sind ein proji zierter hrensch merz und Dyspn oe (I Abb. I ). Diagnostik Di e I.aryn goskopie mit ßiopsi gewin nung st Iit das Mitt I d I' Wahl in der iagnostik d s Kehlkopfka rzinoms dar. Zu d n w it I' n dia n sti. ehen SChritt n g·h··n i Pan nd sk pi e, da
Kopf- Hals-Tumo ren
Projizierler Ohren-
Heiserkeit
Dyspnoe
HaIslymphknotenmetastasen bei suprag lottischem Ca
I Abb . 1: Symptomatik bei Larynxkarzinom en. [5]
Patienten mit Tumoren im Kopf-Hals- Bereich in 10-15% der Fälle zu Zweittumoren neigen. Ergänzt wird das Staging durch einen Röntgen -Thorax und durch die Sonografie der Leber. Eine ebenfalls durchgeführte Sonografie der HaIsweichteile dient vor allem der Beurteilung der Lymphknoten und der Weichteile der Halsregion. CT und MRT sind Untersuchungen, die ggf. im Rahmen des Tumorstagings durchgeführt werden. Therapie Kurative Therapiemethode der Wahl ist die vollständige ope· rative Entfernung des Tumors. Dabei entstehen häufig funktionelle Defekte, welche jedoch mittels re konstruktiver Verfahren wieder beseitigt werden können. Radiotherapie erfolgt aktuell nur bei der kurativen Therapie von kleinen Tumoren (TI - Stimmlippenkarzinom) oder adjuvant postoperativ bei größeren Tumoren (ab T2).
60
I 61
(z. B. Aspiration). Weiter fortgeschrittene Tumoren werden meist im Rahmen einer totalen Laryngektomie entfernt. Glottiskarzinome können, wenn früh genug erkannt, mittels Radiotherapie kurativ behandelt werden (TI - Stimmlippenkarzinom) . Eine Alternative ist die chirurgische Entfernung des Tumors z. B. mit Laser, wobei diese jedoch mit einer größeren Beeinträchtigung der Stimmfunktion einhergeht. Patienten mit Tumoren in fortgeschrittenen Stadien werden operativ mit einer Teilresektion nach Leroux-Robert oder einer Totalresektion des Kehlkopfs (Laryngektomie) behandelt. Eine totale Laryngektomie ist außerdem die Methode der Wahl bei transglottisehen und rein subglottischen Tumoren . Eine engmaschige Nachsorge ist aufgrund der hohen Rate an Lokalrezidiven und Zweittumoren von immenser Bedeutung. Deshalb erfolgen bei den meisten Patienten zunächst alle sechs Wochen eine klinische Untersuchung der umliegenden Schleimhäute sowie eine sonografische Untersuchung der Halsweichteile. Bildgebende Verfahren (z. B. Röntgen-Thorax, Hals-MRT, Abdomen-CT) werden ggf. angewandt Ein großes Problem stellt häufig die geringe Compliance der Patienten dar, insbesondere das Missachten der Nikotin- und Alkoholkarenz. Prognose Die Prognose der Patienten ist individuell von der Lokalisation und dem Stadium des Tumors abhängig_ Mit einer 5-JÜR von fast 100% besitzen kleine Glottiskarzinome (Stadium 1) die beste Prognose. Diese sinkt jedoch mit fortschreitendem Stadium des Tumors, sodass sie im Stadium T4 nur noch bei 50 % liegt. Patienten mit einem supra- oder transglottischen Tumor haben eine deutlich schlechtere Prognose. In frühen Stadien liegt ihre 5-JÜR bei ca. 70% und verringert sich mit Fortschreiten der Erkrankung auf 30%_
Zusammenfassung • An Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs erkranken in Deutschland jährlich ca. 13000 Menschen. • Hauptrisikofaktoren sind Alkohol- und Tabakkonsum.
Die Chemotherapie spielt In der Behandlung vom Larynxkarzinom keine groBe Rolle.
• Das Larynxkarzinom macht 40% aller malignen Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs aus und ist damit
Supraglottisc he Tumoren können in früh en Stadien (Tl und T2) mi ttels einer horizontalen Kehlkopftei[rese ktion nach Alonso operativ entfernt werden. Durch diese Methode bleibt zwar die Stimme erh alten, jedoch berichten die Patienten häufig von ausgeprägten postoperativen chluckbeschwerden
das am häufigsten vorkommende Malignom dieses Körperbereichs. • Die Ausbreitung des Larynxkarzinoms erfolgt primär lymphogen in die regionären Lymphknoten. • Differentialdiagnostisch sind vor allem entzündliche Prozesse sowie benigne und semimaligne Tumoren auszuschließen.
Spinaliom (Plattenepithelkarzinom der Haut) Unter allen Organen des Körpers besitzt die Haut, bedingt durch ihre Größe und starke Exposition gegenüber Kan zerogenen , die höchste Inzidenz an Tu moren. Viele davon sind benigner Dignitä t; u. a. deshalb und wegen der steigenden An zahl maligner Erkrankungsfälle sind Tumoren wie das Basaliom, das Spinaliom sowie das Mela nom im heutigen klinischen Alltag von immer größerer Bedeutung. Der in der Gesellschaft stetig zu nehmende Wunsch nach sonnengebräunter Haut hat in den ve rgan genen Jahren zu einem rasanten Anstieg an malignen neoplasti schen Ent· artungen von Zellen der Haut geführt. Man differenziert die Tumoren der Haut anhand ihres Ursprun gsgewebes: ~
Neoplastische Erkrankungen des Pigmen tsystems - Melanom ~ Neoplastische Erkrankungen anderer Bestand teile der Haut - Basalzellkarzinom - Spi nalzellkarzinom - Kaposi-Sarkom - Merkel-Zell-Karzi nom - Kutane Lymphome
Stratum basale, aus denen sich dann das spätere Spi naliom entwickel t. Seltener ist das Auftreten von Spina liomen nach Kontakt mit Arsen od er aufgrund vo n genomischen Präd ispositionen wi e dem Xerod erma pigmentosum oder bei Pa ti enten nach einer allogenen Organtran splantati on infolge der medikamentösen Immunsuppression . Klinik Kl inisch präsentiert sich das Spinaliom anfänglich als eine fest haftende Horn schich t au f der sol aren Keratose, die kon tinuierl ich an Größe zunimmt. Im späteren Verlau f ko mmt es Zu Ul ze ration en und der Tumor kann knotige oder au ch papilläre Formen annehmen: ~ Knotig-keratotische r Typ (I Abb. 2): Dieser Typ zeigt meist ein exophytisch es Wachstum mit va riierender Verhorn ung ("papillärer Tumor mi t apikaler Keratose bzw. Hornkegel" ). ~ Knotig-ulzerierende r Typ (I Abb. 3): exophytisch wachsen des Mal ignom mi t Ul ze rationen statt Horn bi ldung ("papi llärer Tumor mit ze ntraler Ulzeration" )
Die Haut hat von allen Organen des Körpers die höchste Inzidenz an Tumoren.
Nichtmelanom e Die häu fi gsten Tumoren dieser Gruppe sind das Basalzellkarzinom und das Spinalzellkarzinom. Deutlich seltener kommen Kaposi-Sarkome oder kutane lymphozytäre Tumoren bzw. Merkel-Zell-Tumoren vor. Neben ihrem Ursprungsgewebe unterscheiden sich diese Tu moren vo m Melanom durch dessen grö ßere Malignität und die daraus resulti erend e schlechtere Prognose. Das Spinaliom oder auch "verhorn tes Plattenepi thelkarzinom " ist nach dem Basaliom der häufigste Tum or der Haut mit einem Altersgipfel im 50. Lebensjah r. Wie das Basalze llkarzinom entsteht es auf der Basis von Strahl enschäden und wächst lokal infiltrierend -destruierend. Es un terscheidet sich durch zwei Merkmale signifikant vom Basa liom: Zum einen metastasiert es sehr schnell (ab 1 cm TumorgrößeJ, zum anderen besitzt es die solaren Keratosen als Präkanzerose (I Abb . 1).
Aufgrund veränderter Freizeitgewohnheiten erkranken in der heutigen Zeit auch immer mehr junge Menschen an einem Splnaliom.
Ätiologie Wie das Basa liom man ifestiert sich das Spinaliom vorwi g nd au f lichtexponierte n Teilen des Körpers. Di e auFdie Hau t treffende UV-Strah lung führt durch ihr mutagene Wirku ng in den meiste n Fä llen zu r Entstehu ng vo n Tumorz llkl n n im
I Abb. I : inc so la, K ' aIOS, di Ih c 1ar i I1 WUl dc.
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_________________________________________________________________________________
Tumoren der Haut
62
I 63
I Abb. 2: Makroskopische Aufnahme eines spinoze llu lären Karzinoms vom knotig-keratotischen Typ. 1141
I Abb. 3: Knotig-ulzerierendes Spinaliom, das sich aus einer so laren Keratose entwicke lt hat. 1141
~ Nackt-papillärer Typ: exophytisch wachsender Tumor ohne Verhornung, häufig blutend ("blumenkohlartiger roter Tumor")
Therapie und Diagnostik Anhand klinisch-histologischer Untersuchungen in Kombination mit bildgebenden Verfahren erfolgen die Diagnose und die Klassifizierung (I Tab. 1) des Tumors. Therapiemethod e der Wahl ist die operative Entfernung unter histologischer Kontrolle. Radiologische Therapiemaßnahmen (sog. fotodynamisch e Therapie) stehen an zweiter Stelle. Weitere Methoden in Abhängigkeit vom Tumorstadium sind Chemotherapi e oder Biomodulation mit Interferonen oder Retinolsäure. Für die Tumornachsorge werden in den ersten fünf Jahren In tervalle von drei bis sechs Mona ten empfohlen. Erfolgreichster Therapiebestandteil ist auch hier die sorgfältige Prävention, d. h. die Vermeidung übermäßi ger, ungeschützte r Sonnenexposition.
TNM·Stadlum
Tumorgröße und Befall
Metastasierungswahrscheinlichkeit (%)
o
Tis
Carcinoma in situ
T1
< 2 cm
4
T2
2-5cm
13
T3
> 5 cm
20
T4
Invasion extradermaler Organe (Knochen oder Muskel)
30
NI
Regionärer Lymphknotenbefall
N2
Fernmetastasierung
I Tab. 1: TNM-Klassifikation des Sp in alioms.
Zusammenfassung • Das Spinaliom ist der zweithäufigste maligne Tumor der Haut, der infiltrierend-destruierende WachstumseigenschafteA besitzt. • Hauptursache ist eine kanzerogene Dosis an UV-Strahlung durch zu starke Exposition gegenüber Sonnenlicht.
Ist die Tumorgröße geringer als 1 cm, besteht eine nahezu 100%Ige Heilungschance.
• Differentialdiagnosen: solare Keratose, Morbus Bowen und das Keratoakanthom. • Sonderformen dieses Tumors sind die verruköse Form, das desmoplatische Plattenepithelkarzinom sowie das Merkel-Zell-Karzinom.
Basalzellkarzinom (Basaliom) I Abb. I : Hi stologisc he Aufnahm e ei nes
Epidemiologie Das Basaliom ist die häufigste ma li gne Neoplasie der Haut (I Abb. 1 und 2). Jährl ich erkranken ca. 60 bis 80 von 100000 Menschen in Deutschland dar· an, wobei der Altersgipfel im sechsten Lebensjahrzehnt liegt und keine Ge· sc hlechtsspezifi tät zu beobach ten ist.
Basa lzel lka rzi noms. 1141
Ätiologie Im Gegensatz zu Spinaliom und Mela· nom entsteht dieser Tumor nicht aus einer Präkanze rose, sondern direkt aus transformierten, epidermalen Stamm· zellen der Haarfollikel. Diese Transfor· mation wird in einem Großteil der Fälle direkt auf Strahleneinwirkung (Sonnen· strahlen) zurückgeführt. Seltener treten Basaliome im Rahmen genetischer Syn· drome, z. B. Xeroderma pigmentosum oder Gorlin·Goltz·Syndrom, auf. Klinik und Klassifikation Basaliome manifestieren sich primär im Gesicht (80%), sie können jedoch auch an anderen lichtexponierten Körper·
I Abb . 2: Makroskopi sc he Aufnah me ein es Basa lzellk arzinolll s. 1141
teilen wie Armen, Beinen oder dem Kopf lokalisiert sein. Ihr Wachstumsverlauf ist uneinheitJicll, einer längeren Wacllstumsphase folgt häufig eine Ruhephase. Generell weist
di eser Tumortyp ein vergleichsweise langsa mes Wachstum auf. Ein weiteres klin isches Charakteristi. kum ist die sehr seltene Metastasierung was die Tumoren nicht davon abhält , '
I Ab b. : UI, ri r nd cl , Pa l i nl hi 11. 1141
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Tumoren der Haut
64165
I Abb. 4: Planes Ba sa liom. [141
ausgedehnt die Haut zu befallen und per continuitatem benachbarte Organe zu infiltrieren .
plexe und wird durch weitere (namensgebende) Charakteristika in folgende Untergruppen unterteilt: - Knotiges Basalzellkarzinom - Ulzerierendes Basalzellkarzinom Basalzellkarzinome metastasieren nur - Knotig-ulzerierendes Basalzelläußerst selten und nur dann, wenn sie karzinom über längere Zeit unbehandelt bleiben. ~ Planer Typ (I Abb. 4): Er macht 10%aller Basaliome aus und imponiert Anhand der Wachstumsart, der Gewebs- vor allem durch sein flaches, subepizerstörungspotenz und des Pigementie- dermales Wachstum. rungsgrads unterscheidet man klinisch ~ Pigmentierter Typ: Dieser Typ ist folgende Typen von BasalzeIlkarzinose hr sc hwer von den beiden anderen zu men: unterscheiden, da diese ebenfalls pigmentiert sein können. ~
Diagnosesicherung und Klassifizierung sowie bildgebenden Verfahren zur Aus· breitungsbestimmung hat sich die totale chirurgische Exzision als am wirkungsvollsten herausgestellt. Alternativ können Patienten mit einer Radiotherapie, Kryotherapie oder einer fotodynamischen Therapie behandelt werden. Das Basaliom ist, wenn es früh genug erkannt wird, ein sehr gut heilbarer Krebs. Dennoch sollte in den ersten drei Jahren eine engmaschige Nachkontrolle alle drei bis sechs Monate erfolgen.
Knotig-ulzerierender Typ
(I Abb. 3): Er macht 80 %aller Basaliome aus, imponie rt durch kompakt angeordnete, perlenartige Tumorzellkom-
Therapie Nach einer ausführlichen Basisdiagnostik (Anamnese), einer histologischen
Zusammenfassung • Das Basaliom ist vor Spinaliom und Melanom der häufigste maligne Tumor der Haut und tritt primär im Gesicht auf. • Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines Basalioms sind Bestandteile des Sonnenlichts. • Früh diagnostiziert ist das Basaliom sehr gut heilbar. Die Heilungsrate liegt nach mikrografischer Chirurgie bei 99%. • Differentialdiagnosen: spinozelluläres Karzinom, Nävuszellnävus, Melanom (pigmentiertes Basalzellkarzinom), Ekzem oder Psoriasis (00 planes Basaliom).
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_21anom [I Abb. 1 und 2) ist ein maligner Tu mor, der von den M elan o· zyten der Haut au sgeht. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Neuerkrankungen deutlich zugenommen. Neben der an steigenden lnzidenz ist dieser Tumor aufgrun d seines hohen Malignitätsgrad s von enormer kli nischer Bedeutung [90% aller Tod esfälle durch Hauttumoren sind auf Melanome zurückzuführen).
Epidemiologie Die hohe Inzidenz zeigt deutliche ethnisch e [häufiger bei Weißen) und geografische Umerschiede. Epid emiologi schen Studien zu folge erkran ken in Europa fünf bis zehn von 100000 Menschen pro Jahr, wohingegen in Australien und den Südstaaten der USA 40 bis 60 Neu erkrankungen pro 100000 gemeldet werden. Zwar gibt es unter den Hauttumoren weitaus häufigere Tumorarten, jedoch besitzt das Melanom, nach dem Bron chialkarzinom der Frau, die zw eitgrößte Pati entenzuwachsrate. Hand in Hand mit diesen Veränderungen geht eine Verschiebung des Altersgipfels. Lag dieser vor 30 Jahren noch
im sechsten Lebensjah rzehn t, erkranken heu te zunehmend jüngere Menschen an einem Melanom. Primär wird dies auf veränderte Freize itgewohnheiten in Kombination mit dem Untersc hä tze n der kan ze rogenen Wirkung des Sonnenlichts zurückgeführt.
Pathologie und Klini k Wie man bereits an den untersc hiedlichen geogra fi schen Inzidenzzahlen sehen kann, scheint beim Melanom die UV-Strah lung der bedeutsamste Risikofaktor zu sein. Das Erkrankungsrisiko steigt allerdings nicht mit der kum ulativen UV-Stra hlenenergie, sondern mit der Anzahl erlittener schwerer Sonn enbrände. Weitere Risikofaktoren sind Nävi und familiäre Prädisposition . Auf zellulärer Eben e entsteht das Mela· nom aus Pigmemzellen [Melanozyten) der dermoepithelialen Junktion szon e. In dieser Zone verbleiben die transformierten Ze llen in den ersten Phasen des Tumorwac hstums (Melanoma in situ). Wi e im Kapitel "Moleku lare Mechanismen" [So 12 ff. ) besch rieben, unterlaufen die Tumorzellen daraufhin weitere genomische Veränd erungen, aufgrund derer am Ende ve rschiedene Tumor-
klone umerschiedlicller DifferenZierung und Fähigkeiten entstehen.
Präkursoren Melanome können aus unveränderter Haut oder bereits vorhandenen Läsionen entstehen. Zu Letzteren zählen große (
Im Gegensatz zu anderen Tumoren spricht man beim Wachstu m des Melanoms von der "horizontalen" und "vertikal en Wach stumsphase" . Die häufig zuerst stattfind ende horizontale Phase beschreibt die oberfl ächliche Ausbrei _ tu ng des Tumors. Auf diese folgt meist die vertikale Phase , in der es nach Durchbruch der Basalmembran zum Tiefenwachstum des Tu mors ko mmt. Speziell dieser Wach stumsabschnitt des Melanoms ist mit ei ner hohen M etastasierungswah rscheinlichkeit verbunden. In der Regel metastasieren Mel anom e lymphogen in andere Hautareale, die Lunge, das ZNS oder die Knochen.
I Abb. I : Sup rfi zi 11 spr itend
Melanom
(makros kopi sc he Aufn ahm e) . I t 41
I Abb . 2: M ali nos M lan m (hi I lo ·j che Aufnahm ). ( 141
Tumoren der Haut
I
Im Rahmen der Genese des Melanoms spielt das körpereigene Immunsystem eine bedeutsa me Rolle. Zum einen beobachtet man an den Tumoren häufig starke Immunantworte n in Form von Entzündungen, zum anderen kann man bei immunschwachen Patienten wesentlich aggressivere Verlaufsformen des Tumors beobachten. Dieses Wissen hat man sich besonders in der Therapie zunutze gemacht. In-situ-Melanome Die häufigste dieser intraepithelial gelegenen Melanomvorstufen ist die Lentigo maligna. Sie erscheint als braunschwarzer Fleck mit unregelmäßigen Begrenzungen. der schon mit dem bloßen Auge erkennbar ist. Ebenfalls nicht selten sind In-situ-Melanome mit den Charakteristika von superfiziell spreitenden Melanomen. die jedoch aufgrund ihrer Unscheinbarkeit schlechter zu erkennen sind. Insitu-Melanome des nodulären Melanoms sind eher selten zu beobachten.
Klassifikation
Anhand des Entwicklungswegs, des Wachstumsverhaltens und der Lokal isation kann man fol gend e Melanomtypen unterscheiden: ~ ~ ~
~
Lentigo-maligna-Melanom Superfiziell spreitendes Melanom Akrolentiginöses Melanom Primär noduläres Melanom
Abb. 3: Nodu lä res Melanom. [14]
tion ist geschlechtsabhängig, Männer erkranken primär am Oberkörper, Frauen an den Beinen. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei ca. 50 Jahren. Differentialdiagnostisch lässt es sich vom Lentigo-maligna-Melanom durch seine flächige (nicht knotige) Beschaffenheit abgrenzen.
töser Oberfläche aus (I Abb. 3). Er zeigt ein vergleichsweise schnelles Wachstum (Monate), die Patienten erkranken durchschnittlich im 55. Lebensjahr.
Akrolentiginöses Melanom Dieses Melanom besitzt eine fleckenfö rmige, unregelmäßige und inhomogene Form. Namensgebend ist neben den "Flecken" die akrale Lokalisation. Manifest wird es durchschnittlich im 65. Lebensjahr.
~ Nicht klassifizierbare, kutane Melanome ~ Nävusassoziierte Melanome, die sich klinisch durch einen makulopapulösen Herd in einem bereits bestehenden Nävuszellnävus bemerkbar machen. ~ Melanome hautnaher Schleimhäute
Noduläres Melanom Dieser Melanomtyp zeichnet sich durch einen knotigen, braunschwarz pigmenti erten Tumor mit ulzerierter bzw. krus-
1 Tabelle 1 zeigt die Kriterien zur Klassifikation des malignen Melanoms sowie die durchschnittliche 5-Jahres-Überlebensrate.
Lentigo-maligna-Melanom Das Lentigo-maligna-Melanom ist in seiner Form scharf bzw. un sc harf begrenzt und zeigt eine inhomogene Braunpigmentierung sowie Aufhellungszonen (Regression ). Es tritt vorw iegend im Gesicht von Frauen im Alter von 65 Jahren auf. Diagnostisch ist es durch tastbare Verdickun gen oder auch knoten artige Wuchsform en von and eren Melanomen zu unterscheiden .
Sonstige Melanome Folgende Melanome werden nicht den genannten vier Typen zugeordnet:
TNM-Stadlum
Dicke/Befall
5-Jahres-Überlebensrate
pTI
Tumordicke " 1,0 mm Mit oder ohne Ulzeration
90 - 95 %
pT2
Tumordicke
77 -89%
1,01 - 2,00 mm pT3
Tumordick e
63 - 78 %
2,0 I - 4,00 mm pT4
Tum ordicke
45 - 67 %
> 4mm
Superfiziell spreitendes Melanom Diese maligne Neoplasie präse ntiert sich als unregelmäßi verl aufend er, scharf begrenzter Herd mit braunschwarze n Teilen sowie Aufhellungszon n und röt· licher Pigmentierun g. Häufi g z igen sich sekund äre Phänomen wi ch uppun g, Krusten und Ul zeration n. Di e Lokalisa-
66 167
I
NI
I Lymphknoten
29 - 69%
N2
2 - 3 Lymphknoten
24 - 50%
N3
> 4 Lymphknoten
26%
Ml a
Fernrnetastasen in Haul und Subkutis
19%
Mlb
Lungenmetastasen
M le
Alle weiteren Fernm etas ta sen
Ta b. 1: TNM -Klassifik atio n des m align en Me lano m s.
7% 10%
Melanom 11 Diagnostik und Therapie Die Früherkennung des Melanoms ist ein w ichtiger Besta nd teil einer erfolgreiche n Therapie dieses Tumors_Als erster Schritt zur DiagnosesteIlung eines melanom verdächtigen Befunds erfolgen eine Beurteilung des Hau ta reals nach der ABCD-Regel sowie eine Begutachtung der Pigmen tläsion mittels eines Auflichtmikroskops_Typische Merkm ale für ein Melanom sind: ~
Unregelmäßiges Pigmentnetzwerk, das meist sehr sta rk ausgeprägt ist ~ Pseudopod ien ~ Unregelmäßige Depigmentierun g ~ Graublauer oder weißlicher Schleier
ABCD-Re,el zur klinischen Ab,renzung maligner Melanome ~ Asymmetrie Im Aufbau ~
Begrenzung unregelmiBig Colorit inhomogen ~ Durchmesser ~ 5 mm ~
Zu r vollständigen Sicherung der Diagnose wird immer eine Biopsie mit anschließender histologischer Beurteilung durchgeführt Bestätigt sich der Verdacht, werden weitere diagnostische Maßnahmen insbesondere zur Beurteilung der Tumorausbreitung durchgeführt (z_ B_ Sentinel-Lym phknotenBiopsie, Rön tgen-Thorax, Abdomen-Sonografie). In der Therapie des Melanoms, die stadienabhängig erfolgt, lassen sich grund sätzlich zwei Ansätze unterscheiden: zum einen die direkte Behandlung des Tumors und zum anderen die Stärkung des Immunsystems des Patienten. Die chirurgische Exzision ist im Fall eines klinisch und bioptisch gesicherten Melanoms die Behandlungsmethod e der Wahl. Von großer Bedeutung für die Operationsplanung ist die Bestimmung der Tumordicke_ Di ese bedingt neben dem intraoperativen Sicherheitsabstand (zum neoplastischen Gewebe) zusätzlich die durchgeführten Staging-Untersuchungen_Bei einer Tumordicke s; 3 mm erfolgen in der Regel eine präoperative sonografische Untersuchung der regionären Lymphknoren und des Abdomens, eine Röntgenaufnahme des Thorax sowie eine Bestimmung der Routinelaborparameter.
2. Jahr
1. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
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01, · gno~e
Anamnese, klinische X Unters uchung
-
Sich erheitsabstand
In situ
0,5 cm
< 1 mm
lem
1- 4 mm
2em
> 4 mm
3cm
Nachsorge Die kl inische Nachsorge vo n Melanompatienten hat neben der Früherkennung der Tumorprogression folgende weitere Ziele: ~ Di agnose eines Zweitmelanoms: Melanompatienten besitzen im Vergleich zu gesu nden Personen lebenslang ein zehnfach erhöhtes Risiko, an einem Zweitmelanom zu erkranken_ ~ Überwachun g adju va mer Therapien in Hinsicht auf das Behandlungsergebnis sowi e möglicher Nebenwirkungen ~ Psychosoziale Hilfeste llung: Neben den bereits erwähnten Aspekten der Nachsorgeuntersuchungen stellen die Gespräch e zwischen Arzt und Pati ent eine wichti ge psychosoziale Hilfe dar. Der Patient kann gegenüber einer fac hlich qualifi zierten Person seines Vertrau ens Th emen ansprechen, für die in seinem sozialen Um fe ld keine esprächspartner vorhanden sind.
-
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6. Jahr
5. Jahr
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X
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X
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J
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I Tab. 2: Exzision stherapie bei Tumoren im klinischen Stadium I und 11.
Beträgt die Tumordicke ~ 3 mm, erfolgen zusätzlich noch ein CT von Thorax und Abdomen sowie ein MRT des Schädels (I Tab. 2). Die Strahlenthera pi e wird 11eute nur noch bei nicht operablen Malignomen od er im Rahmen der palliativen Therapie durchgeführt, z. B. wenn der körperliche Zustand des Patienten eine Operation nicht zu lässt oder die Exzision des Tumors mit ausreichendem Sicherhei tsabsta nd aufgrund der an atomisch en Lage nicht mögl ich ist. Unter den weiteren Therapieverfahren des Melanoms hat sich die Interferontherapie als am erfolgversprechendsten herausgestellt. Diese Beh andlung basiert prim är auf der immunmodulatorischen Wirkung des In terferons.
M on. Mon. M on. Mon . Mon. Mon. Mon . Mon . Mon. Mon . Mon
Labor
---
Tumordicke
-
I
Abb . 4 : N ac h o rg unt r uc hung nb i inem
M lano mpall 111 n (Tum o rd ic k
3 mm).
1171
Tumoren der Haut
Clark ("levels")
Breslow (Tu mordicke)
68
I 69
I Abb. 5: Bestimmu ng der Eindringt iefe nach Clark und Breslow. [21
o
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I 2
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3
• - 4 mm
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Dokumentation der Behandlungsergebnisse: Ausführliche Nachsorgeuntersuchungen können neben wichtigen epidemiologischen Erkenntnissen auch Informationen über die Effektivität von Therapiemaßnahmen geben. Prognose Generell gilt: Je früh er das Melanom diagnostiziert wird, desto höher ist die Chance auf eine kurative Therapie, während
die Prognosen für fortgesch rittene Tumoren meistens nicht sehr günstig sind. Man geht davon aus, dass 85 %aller Melanome in einer nicht invasiven Phase diagnostiziert werden könnten. Leider geschieht dies aus verschiedenen Gründen heute nur bei ca. 45% der Patienten. Wichtige prognostische Kriterien sind die Invasionstiefe (I Abb. 5), da sie stark mit der Wahrscheinlichkeit der Metastasierung korreliert, sowie der Ort der Metastasierung.
Zusammenfassung
*' Das Melanom ist ein von den Melanozyten ausgehender Hauttumor, dessen Inzidenz in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat.
*' Hauptrisikofaktor im Rahmen der Entstehung sind die physikalischen Auswirkungen von Sonnenstrahlen auf die Melanozyten, wobei nicht die kumulative Dosis ausschlaggebend ist.
*' Bis auf seine auffällige Pigmentierung besitzt das Melanom keine Frühsymptome. Erst in Spätstadien kann es zu Ulzerationen und Blutungen kommen. In den seltensten Fällen beschreiben die Patienten Juckreiz oder Schmerzen.
*' Prognostisch günstig ist eine frühe Diagnose. Leider werden nur etwa 45% aller Patienten in diesen Stadien diagnostiziert. Dieser Anteil könnte durch Verbesserung der Früherkennungsuntersuchungen auf bis zu 85% angehoben werden.
*' Differentialdiagnostisch müssen u. a. melanozytäre bzw. dysplastische Nävi, die pigmentierte seborrhoische Keratose, das pigmentierte Basaliom, das Merkel-Zell-Karzinom oder subkorneale Einblutungen ausgeschlossen werden.
*' Die Therapie des Melanoms verfolgt zwei Ansätze: zum einen direkt den Tumor (chirurgische Entfernung) und zum anderen die Modulation des Immunsystems.
Gast rointestinale Tumoren
,
L
74 1 75
I Abb. 1: Endoskopi sc he Aufnahme eines Magenkarzi noms. (1)
Magenfrühkarzinom Magenfrühkarzinome sind Tumoren, deren Wachstum sich auf die Mukosa (M-Typ) und Submukosa (SM-Typ) beschränkt. Es kommt nicht zur Infiltration der Lamina muscularis propria. Trotz dieser Tatsache können diese Tumoren metastasieren. So können beim SM-Typ zum Zeitpunkt der Diagnose in 10- 20%der Fälle Metastasen in den Lymphknoten nachgewiesen werden. Beim M-Typ ist dies nur selten der Fall. Makroskopisch unterscheidet man nach Borrmann drei Grundtypen: ~ Typ 1: polypöse Form ~ Typ 2: besitzt meist eine leicht erhabene Form, liegt im Schleimhautniveau oder unterhalb davon ~ Typ 3: die ulzerierte Form, wobei der Ulkusgrund tumorfrei ist und Tumoranteile nur am Rand nachweisbar sind Mikroskopisch weisen diese Tumoren ein diffuses oder tubuläres WachstumSbild (nach Lauren) mit niedrig oder hoch differenzierten Tumoranteilen auf. Die klinische Bedeutung der Magenfrühkarzinome wird deutlich, wenn man sich die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten vor Augen führt. Sie liegt in spezialisierten Zentren nach einer kurativen Resektion bei 50 - 60%. Für Magenfrühkarzinome beträgt hingegen die Heilungsrate nach fünf Jahren ca. 90%. Leider werden in Deutschland nur 10 - 15%aller Magenkarzinompatienten mit einem Magenfrühkarzinom diagnostiziert. Im Gegensatz dazu liegt dieser Prozentsatz In Japan aufgrund dort implementierter Vorsorgeuntersuchungen für das Magenkarzinom bei ca. 50%. Derzeit wird die Screening-Endoskopie in der westlichen Welt aufgrund der hier niedrigeren Prävalenz als nicht effektiv betrachtet. Die Therapie Ist bel einem kurativen Ansatz In der Regel eine totale Gastrektomie mit radikaler En-bloc-Lymphadenektomie des ersten und zweiten Kompartiments.
Klinik und Diagnostik Das Magenkarzinom verläuft lange symptomlos. In der frühen Phase können vom Patienten dyspeptische Beschwer· den, Appetitlosigkeit und ein Leistungsknick beschrieben werden. Im späteren Verlauf sind Gewichtsverlust, Oberbauchbeschwerden und eine Aversion gegen Fleisch typisch. Weniger häufige Symptome sind Hämatemesis und Meläna aufgrund einer Blutung. Die endoskopische Biopsie mit einer histologischen Analyse hat sich als sicherste Diagnosemethode etabliert. Typische, wenn auch nicht sehr spezifische Laborbefunde sind Zeichen des Eisenmangels, Vitamin-B '2-Mangel sowie Veränderungen der Tumormarker CEA, CA 19-9 und CA 72-4.
Magenkarzinom 11 Typ 1 polypös
Klassifikation Neben der TNM-Klassifikation und der daraus resultierenden UICC- Einteilung werden Magenkarzinome zusätzlich noch nach makroskopischen (Borrmann-Klassifika tion , 1 Abb. 2) und mikroskopischen Gesich tspunkten unterteilt. Nicht unerwähnt soll hier aufgrund der unterschiedlichen thera· peutischen Konsequenzen die Klassifikation der Kardiakarzinome nach Siewert bleiben (I Tab. 1). Die Borrmann-Klassifikation unterscheidet bei den fortgeschrittenen Ma· genkarzinomen anhand makroskopi· sc her Charakteristika zwischen vier Typen. Typ 1 ist ein polypöser, gut begrenzbarer Tumor. Aus ihm können sich Typ-2·Karzinome entwickeln, die durch scharf begrenzte Form, wallartigen Rand und Ulzerationen imponieren. Typ-3· Tumoren besitzen ebenfalls Ulzerationen, jedoch keinen klar abgrenzbaren Rand. Bei Tumoren vom Typ 4 handelt es sich um flache Tumoren mit unscharfer Begrenzung und verdickten Schleim· hautfalten (I Abb. 2) . Tumoren vom Typ 3 oder 4 sind eine besondere Herausforderung für den behandelnden Arzt, da sie sich häufig unter der normalen Schleim haut aus· dehnen. Es gibt mehrere histologische Klassifizierungen, welche die Tumoren nach unterschiedlichen Merkmalen unterteilen: ~ WHO: Sie unterscheidet nach dem vorherrschenden Wachstumsmuster tubu läre, papilläre, muzinöse und siege l· zellige Adenokarzinome. ~ Modifizierte Lauren-Klassifikation: siehe unten ~
Histogenetische Differenzierung:
Hierbei werden die Magenkarzinome anhand ihrer zellulären Differen zierung
Typ
Typ 2 ulzeriert mit scharfem Rand
I Abb. 2: Kl ass ifik ati on des Magenka rzino ms nach Bo rrm ann. [2 1
Typ 3 ulzeriert mit unscharfem Rand
Typ 4 nicht ulzeriert, unscharfer Rand
in gastral, intestinal und gastral·intestinal eingeteilt. Namensgebend sind bei dieser Art der Klassifizierung im Tumor· gewebe vorkomm ende Pro teine wie intestinale Bürstensaumantigene oder magentypische En zyme. Die Lauren-Klassifikation differen· ziert anhand des Adhäsionsverhaltens der Tumorzell en zwisc hen intestin alen (tubulären) und diffusen Ad enokarzino· men des Magens. Tubuläre Tumoren be· stehen meist aus höher differenzierten Zellen, die kohärent wachsen und Tu· buli bild en. Di ese Magenkarzinomart entsteht häu figer im Antrum · und Ka rdiabereich und ist makroskopi sch leich· ter abzugrenze n als das diffuse Karzi-
Ausbreitung
Ad enoka rzin ome des distal en Ösophagus, entstanden aus intestin alen Metaplasien des Ösoph agus ohne/mit Infiltration des Magens
Adenok arzinome di stal der Kard ia mit Infiltration des ösophagogastralen Überg ngs
I Tab. I : Einteilung der Kardi akarzin ome nac h Siewert.
nom, das nur unscharf zu unterscheiden ist und eher im Korpusbereich entsteht. Diffuse Tumoren bestehen aus gering differenzierten Zellen, die ein diffuses bzw. nicht kohärentes Wachstumsmuste r aufweisen. Klin isch ist die Lauren·Klassifizierung insofern von Bedeutung, als bei einem intestinalen Typ der Resektionsabstand im Verlauf der Operation i. d. R. kleiner ist. Therapie Durch randomisierte Studien kon nte mittlerweile der Stellenwert einer neo. adjuvanten Chemotherapi e bei lokal fortgeschri tte nen Tumoren (Stadien 2 und 3) b I gt werd en. Ein weiterer
f
Gastrointestinale Tumo r en
L
Ansatz ist die postoperative Radiochemotherapie, deren Stellenwert nach optimaler Resektion jedoch weiterhin di skutiert wird. Eine Chemotherapie wird auch in der palliativen Therapie von Magenkarzinompatienten häufi g angewandt. Als operative Standardtherapien werden in Abhängigkeit von histologisc hem Tumortyp, Größe und Lage des Tumors eine Gastrektomie (diffuser Typ nach Lauren) oder eine 4/s-Resektion (i ntestinaler Typ nach Lauren ) durchgeführt. Als sicherer Resektionsabstand vom Tumor werden beim intestinalen Typ 4 cm und beim diffusen Typ 6 cm an-
gesehen. Eine Splenektomie oder/ und Pankreatektomie werden im Rahmen ei ner Operation nur dann durchgeführt, wenn der Tumor diese Organe direkt infiltriert. Eine palliative Therapie findet statt, wenn der Tumor z. B. in das Retroperitoneum eingebrochen ist bzw. eine diffuse Peritonealkarzinose oder Lebermetastasen bestehen. Neben chirurgischen Maßnahmen wie einer Gastroen terostomie oder endoskopischen Verfahren z. B. zur Behebung von Tumorstenosen (I Abb. 3) findet vor allem die Chemotherapie Verwendung. Mit Remissionen von bis zu 40% führt diese
76 I 77
zu einer Verlängerung der Überlebenszeit sowie zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Patienten. Bei kardianahen Karzinomen hängt die chirurgische Therapie vom Sub typ ab; bei Typ 1 wird eine Ösophagektomie durchgeführt, während eine transhiatal erweiterte Gastrektomie bei Typ 2 und 3 Anwendung findet. Prognose
Die 5-]ahres-Überlebensrate der Patienten steht im engen Zusammenhang mit dem Tumorstadium (I Tab. 2), durchschnittlich liegt sie bei kurativ behandelten Patienten zwischen 50 und 60 %.
Stadium
5-JahresOberlebensrate 67 % 37%
14%
o
4
I b
Abb. 3: Pa ll iativverfahren beim Mage nk arz in om. 111
0%
Resektabel und LK-negat iv
31 %
Resek tabel und LK-positiv
6%
I
Tab. 2: Überlebensrate in Abhängigkeit vom Tumorstadium .
Zusammenfassung • Das Adenokarzinom des Magens ist weltweit der zweithäufigste maligne Tumor_ • Magenfrühkarzinome sind Tumoren, die auf die Mukosa und Submukosa beschränkt sind. Auch bei Frühkarzinomen können bereits Lymphknotenoder hämatogene Metastasen vorliegen. • Fortgeschrittene Magenkarzinome werden nach der Lauren-Klassifikation
in diffuse und intestinale Typen unterteilt. • Therapien der Wahl sind in Abhängigkeit vom Lauren-Typ eine Gastrektomie mit En-bloc-Lymphknotendissektion oder eine 4js-Resektion des Magens. • Differentialdiagnosen sind maligne Lymphome (MALT), Sarkome, Stromatumoren, Karzinosarkome oder Karzinoide und andere neuroendokrine Tumoren. • Die Erkrankung verläuft meist bis zu fortgeschrittenen Stadien asymptomatisch, die häufigsten Frühsymptome sind dyspeptische Beschwerden, Leistungsknick und Appetitlosigkeit.
Kolorektales Karzinom I Epitheliale Neoplasien des Kolons und Rektums werden primär aufgrund ihrer Distanz zur Anokutanlinie in Kolonbzw. Rektumkarzinome unterte ilt. Meistens werden sie unter dem Begriff "kolorektale Karzinome " zusammen gefasst, da sie sich abgesehen von ihrer Therapi e im Hinblick auf Ätiologie oder Klassifikation nicht sonderlich unterscheiden. Epidemiologie Das kolorektale Karzinom ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen in Deutschland. Jährlich werden ca. 30 bis 40 Neuerkrankungen pro 100000 Einwohner gemeldet - mit einer kontinuierlichen Zunahme in den letzten Jahren. Der Altersgipfelliegt im sieb ten und achten Lebensjahrzehnt, eine Geschlechterpräferenz kann nicht beobachtet werden . Die geografische Verteilung korreliert stark mit derjenigen der Kolonpolypen und zeigt eine deutliche Häufung in westlichen Ländern. Im menschlichen Organismus findet man diesen Tumor am häufigsten in Rektum (60%), Sigma (20%) und Zäkum/Colon ascendens (10%) .
Klinik und Diagnostik Gastrointestinale Symptome treten meist erst in fortgeschrittenem Stad ium auf. Initial berichten die Patienten häufig von Müdigkeit, Leistungsknick und Schwäche. Später sind es Teerstühle oder sichtbare Blutbeimengungen im Stuhl sowie Veränderungen der Stuhlgewohnheiten. Diesen Beschwerden liegen meistens Ulzerationen des Tumors oder eine Stenosierung des Darms durch Tumormasse zugrunde. Da 30 - 40 % aller Tumoren im Rahmen einer körperlichen Untersuchung (abdomina le Palpation und rektal-d igitale Austastung) tastbar sind, ist diese fester Bestandteil der Basisdiagnostik. Eine KOlo-, Sigmoido- oder Rektoskopie mit Biopsi e gi lt noch vor dem Doppelkontrastmitteleinlauf als Nachweismethod e der Wahl. Letztere Untersuchungstechnik wird meist dann durchgeführt, wenn es im Rahm en der Endoskopie nicht möglich ist, den kompl etten Darm ei nzusehen.
Trotz dieser hoch entwickelten Unter· suchungsmethod en werden 25% der Patienten mit einem bereits metastasierten Tumor diagnostiziert. Zur Kontroll e des Th erapi eerfolgs werden neben den Param etern des Ro utinelabors die Tumormarker CEA und CA 19-9 bestimmt.
versch iedener genetischer Alterationen sind (I Abb. I ). In diesem Prozess schein t weniger die Reihenfolge als vielmehr die Summe der genetischen Veränderungen von Bedeutung zu sein . Al s Ursachen dieser genetischen Veränderungen wird den Umweltfaktoren eine Hauptrolle zugeschrieben. Hinweise ergeben sich vor all em aus epidemiologischen Studien, die ze igen, dass sich Bei Patienten ab dem 45. Lebensjahr das Erkrankungsrisiko umweltabhängig sollten jeder Blutabgang per anum bzw. verändert. Neben den Risikofaktoren Änderungen der Stuhlgewohnheiten eine Übergewicht, Bewegungsmangel, Alkokomplette Kolonuntersuchung nach sich ziehen, da dies immer malignomverdächhol und Nikotinkonsum erhöht außertig ist. dem ein gesteigerter Konsum von tierisch en Fett und Fleisch, die den Darm lan gsamer passieren, in Kombination Ausbreitu ng mit gerin gen Mengen pflanzenfaserDer Tumor breitet sich initial durch invasives Wachstum in die Darmwand haitiger Kost das Erkrankungsrisiko. und häu fig über diese hinaus au s. So Folge der verzögerten Nahrungspassage kann es zur Infiltration anderer Organe ist ein längerer Kontakt zwischen powie Blase, Prostata oder Uterus kom tenzi ell kan ze rogenen Substanzen und men. der Darmsc hleimhaut. Dieser Ansatz Die Metastasierung erfolgt lymphogen könnte erklären, weshalb die Inzidenz in die regionären Lymphknoten oder des kolorek talen Karzinoms in soziohämatogen in die Leber und von dort ökonom isch stärkeren Länd ern deutlich aus meist sekundär in die Lun ge . Ein e höher ist als in sozioökonomisch SchWäAusnahme sind tief im Rek tum entcheren Ländern. In Letzteren nehmen stehende Tumoren, die aufgrund ihres die Menschen durchschnittlich weniger venösen Abflusses in die Vena cava Fleisch und mehr pflanz liche Nahrung häufig direkt in die Lunge metastasiezu sich. ren . Je nach Lokalisation des Tumors Weitere ri sikoerhöhende Faktoren sind verläuft die lymphogene Metastasierung neben den Adenomen eine langjährige über drei Wege: Coli tis ulcerosa , das Alter und eine positive Familienanamnese. Neben den ~ In die paraaortalen Lymphknoten erworbenen genetischen Alterationen metastasieren primär hoch sitzende Tu - könn en Karzinome auch vererbt wermoren. Di ese liegen ca . 8- 16 cm von den. Zwei dieser Sonderformen sind das der Anokutanlinie entfernt. hereditäre, nicht polypöse Kolonkarzi~ Tumoren, die 4- 8 cm von der An nom (HNP oder Lynch -Syndrom) sookutanlinie lokalisiert sind , meta stasiewie die familiäre adenomatöse PolYPoSis ren primär in die Becken lymphknoten . coli (FAP). ~ In den inguinalen Lymphkno en lasB im HNPC handelt es sich um eine sen sich vor allem Metastasen ti ef sitze n- auto omal·dom inante Tumordisposition , der Malignome (0 - 4 cm Entfernung für die ein Auftreten von kolorektalen von der Anoku tanl inie) nachweisen. Karzin m n b r its im vierten Lebensja hrze hnt typisch i: t. Etwa 5- 10% aller pilh lial n Tum I' n im Kolon oder Ätiologie und Pathogenese R ktum sind auf da: HNI C zu rückDie Ursachen des kolorektal en Karzizuführ n. Unt rsuchun n hab n ernoms sind mu ltifaktoriell. Neben Um · welteinflüssen konnten auch en tisc he g b n, da s das kumulativ I~ i s iko ei nes HNP ·1ati nten, bis ~ um 70. LebensPrädisposition n id entifizi tt w rd n, ja hr an in m Karzin m zu rkranken die zur Entstehung d s Tumors fühl' n. zwi sc h n % für Frau n und 9 1% ' Man geht davon aus, da s sich üb r für Männ t· li gr. , n tisch b ruht das 90% aller Karzinome auf d m 13 d n eines Ad enoms ntwick In und R sultat HNPCC.Syndr m au f I f-kl -n d
Gastrointestinale Tumoren
\..
I
normales Kolonepithel
..
I
V frühes Adenom
~
APC-Funktionsverlust [5q] I
I Ki-ras-Aktivierung [12p]
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intermediäres Adenom
11
DCC-Funktionsverlust [18q]
~
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großes Adenom
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"I
78 1 79
I I
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Karzinom 1
~
weitere genetische Veränderungen
,.
Metastasen
I,
Abb. ' G'''''" h"
DNA-Mismatch-Reparatursystems. Am häufigsten find et man Mutationen in den Genen hMSH2 und hM LH1_Ei ne Fehlfunktion dieser Gene fördert die Entstehung von Replikationsfehlern, die neben Tumoren in Kolon und Rektum auch die Entstehung and erer maligner Neoplasien begünstigen_
I
Mo',"'"' E",""ho," kolorektaler Karzinome. [2)
Die FAP ist ebenfalls eine autosomaIdominant vererbte Krankheit, die auf eine Keimbahnmutation des Tumorsuppressorgens APe zurückzuführen ist und zur Ausbildung zahlreicher Ad enome führt (I Abb _2). Die FAP besitzt eine Penetranz von nahezu 100%, zeigt keine Geschlec htsprädisposition und
I Abb. 2: Adenomatosis co li . [ 1)
wird für I %aller kolorektalen Karzinome verantwortlich gemacht. Da es sich um eine obligate Präkanzerose handelt, entwickeln unbehandelte Patienten nach durchschnittlich 30 Krankheitsjahren Karzinome. Die Therapie der Wahl besteht in einer totalen Proktokolektomie_
Zusammenfassung
x Die Ursachen des kolorektalen Karzinoms sind multifaktoriell. Neben Umweltfaktoren (Ernährung) gibt es auch genetische Prädispositionen, die eine Entwicklung des kolorektalen Karzinoms zu begünstigen scheinen. X 90% aller kolorektalen Karzinome entwickeln sich auf der Basis eines Adenoms. Von den unterschiedlichen Adenomtypen haben die breitbasigen, villösen das höchste Entartungsrisiko. X Die Therapie besteht primär in der operativen Entfernung des Tumors.
Kolorektales Karzinom 11 Klassifikation Kolorektale Karz inome werden wi e die meisten Tumoren anhand ihres Wachstumsverhaltens und ihrer Metastasierun g nach der TNM-Klassifikation ein geteilt Parallel dazu hat sich die sog_ Dukes-Klassifikation etabliert [I Abb_ 3). Makroskopisch un terscheidet man ulzerierend, polypoid und diffus-infiltrierend wachsende Neoplasien. Häufig ist eine Korrelation zwischen Wachstumsverhalten und klinischer Symptomatik feststellbar. Histologisch werden im Rahmen der WHO-Klassifizierung folgende kolorektale Tumortypen unterschieden:
Mukosa
Dukes A Tumor auf Mukosa und Submukosa beschränkt
I Abb. 3: Sta dieneintei lung des Kolonk arzi noms nach Duk es. [ 11
Submukosa Muscularis propria -==---~":='"=-----,
Subserosa Serosa
" - - - - Lymphknoten
Dukes B Tumor infiltriert alle Wandschichten
~
Adenokarzinome (85-90%) ~ Muzinöse Adenokarzinome (5 - 10%) ~ Adenosquamöse Karzinome ~ Kleinzellige Karz inome ~ Plattenepithelkarzinome
Ad enokarzinome, der häufigste histologische Tumortyp, werden an hand ihres Differenzierungsgrads weiter in niedrigmaligne (gut bis mäßig differenziert) und hochmaligne [schlecht bis undi fferenziert) un terschieden.
Dukes C lokale Lymphknotenmetastasen
Dukes D Fernmetastasen
Adenome des Dickdarms Die zu den benignen epithelial en Neoplasien des Dickdarms zählenden Ade· norne sind aufgrund ihres Potenzials, neoplastisch zu entarten, von großer klin isch er Bedeutung. Gemäß der WHO-Definition sind es benigne Neoplasien mit Dysplasien unterschiedlichen Grades, die bei 50 - 60 % aller Menschen im Alter vo n 60 Jahren nachgewiesen werden könne n. Etwa 90 % al ler kolorekta len Karzinome Histologisch unterscheidet ma n die vier entwickeln sich aus Adenom en Typen tubulär, villös, tu bulovillös und [I Abb. 4). Deshalb wird immer ine pseudopapillär, woh in gegen nach morEntfernung dieser Gewebsveränd erunphologischen Kriterien nur die zwei gen angestrebt Ist dies im Rahm en Formen gestielt und breitbasig differeneiner Endoskopie nicht möglich, wi rd ziert werden . Von großer klin ischer ei ne Resektion des entsprech end nT ilBedeutung ist ihr malignes Entartungsabschni tts des Dickd arms empfohl n. potenzial, was sie zu präkan zerösen Läsion en (Präkan zerosen) macht. Die Therapi e breitbasigen villösen Adenome haben das höchste Entartungsrisiko. Sie weisen Die Therapi eansätz von Tum l' nd 5 durchschnittlich den geringsten Differen- Ko lons und Rektum s unt rse l1 id n siel1 in einigen Punkten. B i b id n Tum or n zieru ngsgrad und das höchste Ausmaß erfo lgt primär die op rativ Enlf mung an Dysplasie auf.
fII
d s Tumors, wo bei in Abh ängigkeit von der Loka lisation untersch iedliche p rationst ehnik n zur Anwen dung komm n. Beim Ko lonkarzin m rfol t eine operativ Th rapi unabll ängig von ihrer palliativ n der kurativ n Zielse tzung. Im Rall men in s kura tiv n Ansatzes rührt man m iSl in En-bloc-Resektion des tum ortragend n K I nabscllni tts mi t in m i 11 rheitsa bstand vo n mind ost ns em zu m gsund n wb du r h. ß 115 II 1'l nM lastas nd r L bI' o l' Lun g w I'd n dies in
Gastrointestinale Tumoren
L
80 181
" I Abb. 4: Versc hiedene Adenomtypen und ih re Häufigkeit. [2J
kolorektale Adenome
tubulär 62 .9%
tubulovillös 26.0 %
tiert an das Tumorstadium, hat sich hingegen als wirkungsvoll erwiesen. Rektumkarzinome sprechen besser auf Radio- und Chemotherapie an, sodass diese in Kombination adjuvant im Rahmen einer kurativen Therapie angewendet werden. Häufige Nebenwirkungen dieser Behandlung sind Stenosen, Schrumpfblase und Fisteln. Ei ne neoadjuvante (präoperative) Radiochemotherapie wird bei fortgeschrittenen Rektumkarzinomen durchgeführt, um durch Verkleinerung des Tumors eine spätere RO-Resektion zu ermöglichen. Da in 10- 30% aller Fälle innerhalb der ersten beiden postoperativen Jahre nach kurativer Resektion lokoregionale Tumorrezidive des Tumors auftreten, erfolgt innerhalb der ersten drei Jahre eine besonders engmaschige Nachsorge der Patienten. Prognose
vi llös 11 .1%
Kombination mit einer Chemotherapie ebenfalls operativ entfernt. Die operative Therapie des Rektumkarzinoms hän gt von der Lo kalisation und der Größe des Tumors ab. Nach Möglichkeit wird versucht, den Tumor kontinenzerhaltend zu entfern en. Hierzu werden die an teriore Rektumresektion, die abdom inoperineale Rektum exstirpation sowie die intersphinktäre Rektumresektion durch geführt. Pa lliativ-operative Eingriffe bei Pa tienten mit Rektumkarzinomen dienen der Verbesserung der Lebensqualität, z. B. durch Wiederherstell un g der Da rmpassage.
Die Radiotherapie ist aufgrund der umliegenden strahJensensiblen Organe kein Bestand teil der kurativen Therapie des Kolonkarzinoms. Die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie, adap-
Die Prognose des Patienten ist sowohl vom Stadium des Tumors (I Tab. 1) als auch von der Erfahrung des Opera teurs abhängig. Letzteres beeinflusst die 5-]ahres-Überlebensrate stadienabhängig um mehr als 30 % und verdeutlicht, weshalb solche Operationen nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden sollten.
TumorlokalIsation
5-Jahrea-Überlebensrate bei UICC-Stadlum
Colon ascend ens
87 %
85%
43 %
10%
Colon transversum
75 %
80%
39 %
2%
Colon descendens
8 1%
64%
39%
3%
Rektum
88%
79 %
29 %
4%
3
4
I Tab. 1: 5-JÜR bei kolorekta len Karzinomen.
Zusammenfassung • Das kolorektale Karzinom ist eine der häufigsten malignen Tumorerkrankungen in Deutschland, an der im Durchschnitt jeder 50. Deutsche erkrankt. • Aufgrund ihres langzeitig asymptomatischen Wachstums haben 25% aller Tumoren zum Zeitpunkt der DiagnosesteIlung bereits metastasiert. • Primär breitet sich das kolorektale Karzinom regional hämatogen oder lymphogen aus. Eine system ische Metastasierung ist seltener.
Hepatozelluläres Karzinom Epidemiologie Das hepatozelluläre Ka rzinom (HCC) ist weltweit der fünfthäufigste Tumor, wobei die Inzide nz geografisch stark schwankt. In Deutschland erkranken jährlich ca. ein bi s vier von 100000 Menschen an einem solchem Tumor, in Afrika und Südostasien sind es deutlich meh r (20 - 100 Erkrankun· gen pro 100000 Menschen). Allerdings sollte diese Zahl nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Inzidenz in Deutschland und anderen westlichen Ländern in den letzten zeh n Jahren stark angestiegen ist. Als Hauptursache hierfür wird u. a. die Zuna hme an Hepatitis·lnfektionen verantwortlich gemacht. Au ch das Erkrankungsalter variiert. Im Gegensatz zu Patien ten in Afrika erkranken Patienten in Deutsch land erst im fortgeschri tte nen Alter an einem HCC. Risikofaktoren 60 - 90% aller diagnostizierten HCC entstehen in einer zirrhotisch veränderten Leber. Von ätiologischer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang vor allem virale Hepatitid en, Al kohol, Aflatoxine (pilzgift des Schimmelpilzes) oder auch Stoffwechselerkrankungen (Hämatochromatose). Pathophysiologische Studien postuli eren, dass der Entstehungsprozess des HCC in mehrere n Schritten abläuft (I Abb. I ). Das Lebenszeitrisiko, an einem HHC zu erkranken, ist abhängig vo n der Ätiologie der Zirrhose: ~ Chronische HCV-Infektion: 60% ~ Chronische HBV- Infektion: 50 % ~ Hämochromatose: 40 % ~ Alkoholabusus: 30 % ~ Morbus Wilson: < 10%
Metastasen and erer Tumoren Metastasen extrahepatischer Tumoren sind die häufigsten Tumoren der Leber, wobei der Primariu s zum eist in Lunge, Mamma oder Gastrointestinaltrakt (Rektumkarzinom) liegt. Neoplasien wie Leukämien und Lymphome infiltrieren diffus das Leberparenchym und verursachen auf diese Weise eher eine verwaschene Leberläppchenstruktu r. Die Metastasen werden aus prognostischen GeSichtspunkten in solche von Kol onkarzinomen und solche anderer Primärtu moren unterteil t. Studien zeigen, dass hepatogene Absied lungen kolorekta ler Karzinome erfo lgreicher zu th erapieren sind als ei n Großteil der Metastasen anderer Tumoren. Klinik und Therapie Klinisch werden Patienten mi t einem HCC i.d. R. erst im fortgeschritte nen Stad ium symptomatisch. Zusätzlich zum späten Zeitpunkt der Symp w matik sind die initialen Beschwerden häufig unspezifisch und sehr va ri abeL Di e Patiente n berichten von Schmerzen, Druckgefühl im Oberbauch sowie Appetitlosigkeit und Gewichtsabna hme. Nicht selten werd en die Sym ptome des Tumors vo n denen d I' Begleiterkrankunge n, z. B. einer Leberzi rrho e, überlagert. Weitere Sy mptom sind Müdigkeit, Abgeschlagenheit und subfebrile Tempera turen .
Zusammenfassung der Symptome von Patienten mit einem HCC: ~
Schmerzen und Druckgefühl im Oberbauch Appetitlosigke it ~ Müdigkeit und Abgeschlagenheit ~ Subfebrile Temperaturen ~ Paraneoplastische Syndrome (Erythrozytose, Hypoglykämie) ~
Prävention erfolgt u. a. durch die Impfung gegen virale Hepatitiden sowie eine optimale antivirale Therapie bei erfolgter Infektion . Eine Vermeidung der Aufnahm e/ Entstehung vo n Anatoxinen kann durch das rechtze itige Entsorgen von Lebensmitteln sowie durch Aufbewah rung derselben in Kü hlschränken erreicht werden . Besonders letz terer Pun kt ist wen iger ein Problem der westlicllen Länd er als eines der Menschen in Teilen Afrikas oder Asiens . Weitere Bestandteile der Primärprävention sind Alkoholkarenz oder bei fortgeschrittener Leberzirrhose eine Lebertransplantation.
Diagnostik und Tumorausbreitung Neben der klinischen Anamnese, bildgebenden Verfahren sowie der Diagnosesicherun g dllrch eine Biopsie beSitzt der Tumormarker Alpha-Fetoprotein eine besondere Bedeutung_ Das HCC metastasiert im Vergleich zu anderen Neoplasien spät, im Fall einer Metastasierllng jedoch zuerst in die Lunge und am zweithäufigsten in die Knochen. Wie bei anderen Tumoren gibt es auch für das HCC eine UlCC- Klassifikation : T-Primärtumor ~
TI Solitär ohne Gefäßinvasion ~ T2 Solitär mit Cefäßin vasion bzw. multipel ohne Gefäßinvasion (jedoch nicht größer als 5 cm) ~ T3 Multiple und grö ßer als 5 cm in größter Ausdehnung mit Invasion größerer Pfortader- oder Lebervenenäste ~ T4 In vasion von Nachbarorganen
-
Pathogenese des HC(
Normal
leber
, HBV. HCV (80%1) Alkohol. Iscn
Metabolische
I
Erkra nkungen
FIIHOSC
Umweltraktore n,
I
Chro nische EntlU ndung
Rege nerati on
Zi rrhose
Mall snc
lIee
Trft" sfonnatloo
!I
IIßv .rmn,nkIIVlorun R (Hlh AS, I runkk'llc~ pr~ . - Ag) Afinloxhi 0,
I
I AblJ . I : Pall1o' n s mod 11 d
11
GOll etlsche Verände rung en
l
t
II GV.lnleRrAl lon
xl,lntl,c
ONA· h«d n
.
J
I
Gastrointestinale Tumoren
L
82 I 83
I Abb. 2: Leberkarzinom im CT-Scan (a) und mak roskopisch in einer explant ierten Leber (b). [201
Stadien ~ I) Tl NO MO ~ II) TZ NO MO ~ III ) ~ Tl N I MO ~ T2 NI MO ~ T3 NO MO ~ IVA) T4 NO· I MO ~ IVB) TI-4 NO· I MI
Weiter gibt es eine Reihe kli nisc her Stagingsystemen, die u. a. der besseren Prognoseabschätzung di enen sollen. In deren Rahmen werden di e folgend en Parameter verwendet: Prognose ~ Tumorstadium ~ Allgemeinzustand des Patienten ~ Leberfunklion ~ AFP·Level im Serum ~ Wah l der Therapie Klassifikation ~ Tumorgröße ~ Extrahepatisc he Tumormanifestation ~ Gefäßinvasion ~ Leberfunktionsparameter
Alpha-Fetop rote in AFP Hierbei handelt es sich um so . embryo· nales Tumoramigen, desse n Expression nach der Gebu rt deutlich v rringe rt wird. Physiologisc h find et sich ein rumspiegel von < 15 pg/ pl , wobei di se Werte im Rahm en einer chwan 1" schaft erhöh t sein können. B i I atient n mit einem H C ist in ca . 65 Yo d I' Fäl l die Serumkonz ntration I·höht. W i· tere neoplastisc h Erkrankun n, bei denen die K nz ntrati n v m AFP erhöht sein kann, sind ni hl s min . matöse Hod nlumor n d I' BI' n hial· karzinom.
The ra pie
lieh, den Tumor, sondern auch das Die kurative Therapie eines HCC ist bis restliche zirrhotische Lebergewebe zu entfernen. Diese Therapie hat, in Ab· heute i. d. R. nur im Rahmen einer chir· hängigkeit vom durchführenden Zent· urgischen Therapie möglich. Hierzu rum, eine 5·JÜR von ca. 70%. Aufgrund zäh len zum einen die partielle Leber· der geringen Anzahl Spenderorgane resektion sowie eine Lebertra nsplanta· besteht eine Wartezeit von 1,5 Jahren , tion; des Weiteren find en sog. perku· ei n Zeitraum, der bei einigen Patienten tane Therapieverfahren Anwendung. schon zu lang ist. Die systemische Therapie hat im Perkutane Therapieverfahren sind ei ne Rahm en der Therapie einen geringen effiziente Behandlungsmethode von Stellenwert Patienten, die an einem chirurgisch Die chirurgische Resektion des Tu· nicht behandelbaren HCC erkrankt mors kommt bei ca. 5%aller Patienten sind. Hierbei erfolgt unter computer· infrage, wobei u. a. eine ausreichende tomografischer bzw. sonografischer Kon· Restleberfunktion gegeben sein muss, trolle eine Zerstörung der Tumorzellen die in den häufigsten Fällen durch das z. B. durch die Injektion von Alkohol Ausmaß der Leberzirrhose bestimmt (PE I), die Applikation von Radiofre· wird . Auch bei einer erfolgreichen Re· quenz (RFTA) oder auch Laser. Als letzte sektion der Leber ist die Prognose eher Methode sei hier noch die transarteriei· mäßig, da es trotz erfolgreicher Resek· le Chemoembolisation genannt, bei der tion in über 70 % aller Fälle zu einem eine tumorversorgende Arterie ver· Rezid iv innerhalb der ersten fün f Jahre kommt. Des Weiteren kommt es in 50% schlossen und der Tumor von seiner Blutversorgung abgeschnitten werden der Fälle zu HCC·Neubildungen in üb· soll. Trotz der vielen therapeutischen ri g gebliebenem Lebergewebe. Methoden liegt die stadienadaptierte Die Lebertransplantation ist die The· 5·JÜR zwischen 55% (Stadium I) und rapi eoption mit der höchsten Heilungs· cllance. Hiermit ist es nicht nur mög· 16% (Stadium III ).
Zusammenfassung
x Weltweit erkranken über 500000 Menschen jährlich an einem HCC, wobei die Anzahl in Ländern Afrikas und Asiens deutlich höher ist als in westlichen Ländern wie Deutschland. X Therapeutisch kurative Maßnahmen stellen die chirurgische Resektion und die Lebertransplantation dar. X Bei 69 - 90% aller HCC-Patienten entsteht der Tumor auf der Basis einer Leberzirrhose. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Ätiologie, Dauer und Aktivität der Lebererkrankung und dem Risiko, an einem HCC zu erkranken.
ZNS-Tumoren I Unter "Tumoren des Gehirns" versteht man neben den sog. primären Tumoren des Gehirns (primär = aus Hirngewebe entstanden) auch Metastasen von Tumoren anderer Organe (sekundär). Di e primären Tumoren sind nicht nur hinsichtlich ihrer Prognose und Therapi e sehr unterschiedlich, sondern auch bezüglich der unterschiedlichen Gewebetypen des Gehirns, aus denen sie entstehen . In diesem Kapitel sollen zuerst die grundlegenden In formationen der Klassifikation, Diagnostik und Therapie erlä utert werden, um dann im zweiten Teil au f die häufigsten Tumoren näher einzugehen. Epidemiologie und Ätiologie Jährlich erkranken ca . fünf von 100000 Menschen an einem primären Tumor des zentralen Nervensystems. Diese Inzidenz ist in den letzten Jahrzehnten weitgehend konstant geblieben, mit Ausnahme der primären malignen ZNS-Lymphome, deren Inzidenz innerhalb der letzten Jahre zugenommen hat. Insgesamt sind Männer häufiger betroffen als Frauen. Betrachtet man die AJtersverteilung, zeigen sich zwei Häufig· keitsgipfel:
• 5. - 10. Lebensjahr . 50. - 55. Lebensjahr Trotz intensiver Forschung ist es bis heute nicht gelungen, Umweltfaktoren zu identifizieren, die direkt für die Entstehung von Gehirntumoren verantwortlich sind . Gesichert gilt bis heute nur, dass es durch ionisierende Strah len, z. B. im Rahmen der Behandlung von Leukämien im Kindesalter, zu einer Häufung von Tumoren im ZNS kommt. Ob elektromagnetische Felder, wie sie von Mobilfunktelefonen erzeugt werden, die Entwicklung von Tumoren begünstigen, ist ebenso Gegenstand von Studi en wie die Wirkung von in der Landwirtschaft verwendeten Pestiziden. Als gesichert gilt der Zusammenhang zwischen gene tischer Prädisposi tion und der Entstehung von primären Geh irntumoren (I Abb. I ).
I
Differenzierte Astrozyten oder Vorläuferzellen p53 Mutation
, LOH 19q (::: 50%) I Anaplastisches Astrozytom J1
I Sekundäres Glloblastom Jj I
~ Entzündliche Prozesse wie Enzephali tis, Tuberkulome oder auch parasitäre Zysten ~ Vasku läre Prozesse wie inuakranielle Blutungen, intrazerebrale Hämatome oder angeborene Gefäßmissbildungen ~ Kei mzelltumoren wie z. B. Germinome oder Teratome ~ Arachno idal- oder Kolloid zysten
Di ag nostik und Klassifikation Den bildgebenden Verfahren wird ein zen tral er Platz im Rahmen der Diagnostik von ZNS-Tumoren eingeräumt. MRT und CT find en in Abhängigkeit der Fragestellung Verwendung, wobei das MRT eine höhere ensitivität besitzt, das CT aufgrund se iner hohen Nachweisrate (90 - 95 %) und seiner breiten Verfügbarkeit jedoch das primäre Untersuchungsverfahren ist.
Jl
Amplifikation (::40%) Uberexpressio n (:::50%) MDM2 Amplifikation « 10%) PTEN Mutation (::: 30°Yo ) LOH 10p und 10q (> 60 %) Deletion (32%) p16 Deletion (44%) p14
INiedriggradiges Astrozytom J1
LOH 10q (> 50%)
Klinik Die Klinik ist von mehreren Faktoren abhängig; neben der Lokalisation des Tumors (I Abb. 2) ist u. a. die Wachstumsgeschwindigkei t von klinischer Bedeutung. So können langsam wachsende Tum oren wie das Meningeom jahrelang symptom los wachsen . Typische Symptome sind psychopathologische Veränderungen, wie Konzentrationsschwierigkeiten, Ermüdbarkeit oder Dysphorie. Neu aufgetretene Kopfschmerzen werden von ca. 55 % aller Patienten besch rieben. Des Weiteren sollte man bei epileptischen Anfällen, vor allem wenn diese im Erwachsenenalter erstmalig auftreten, immer eine neoplastische Erkrankung des zen tralen Nervensystems als Ursache ausschließen. Auch Zeichen eines erhöhten Hirndrucks entstehen häufig im Verlauf einer neoplastischen Erkrankung des Gehirns oder bedingt durch das expansive Wachstum des Tumors. Differentialdiagnostisch ist an folgende Ursachen für die Symptome des Pa tienten zu den ken:
EGFR
(> 65%)
p16 Deletion (13%) p14 Deletion (44%)
Metastasen von Tumoren anderer Organe sind deutlich häufiger
als primäre Malignome des zentralen Nervensystems.
, Primäres Glloblastom
denovo
Jl
I Abb . I : G n l isc he V ränd rung nb i cl r Oll I hung d s prim ären lind se kund är n Gli ob laSl olll . 12 1
ZNS -Tumoren
L
,I
84 1 85
I Ab b. 2: Kl ini sc he Symptome von Hirn tumoren in Abh ängigkeit ihrer Lokali sat ion. [ 181
Pariet al hirn
Hemiparesen, fokale Anfälle,
Hemihypästhesien, Hem ipa rästheslen
Okzipital hirn Hemianopsie,
optische Halluzinationen, optische Agnosie, Dyslexie
Kleinhirn
At ax ie, Nystagmus, Schwindel, Übelkeit, Gangunsicherhei t, Apraxie
Tempora lhirn Absencen, psychomol. Anfälle, Sprechs törungen,
Hlm stamm
Zwi~ c h e nh l rn
Aphasien
Hirn nervenstöru n9en,
Hemianopsien,
(a uf d er d om inant en
Vig il.:l nzstörungcn,
Hypophysenslörungen
Seite)
Atemdepression
Indikationen CT ~ Genereller Einsatz bei Tu morverdacht ~ Biopsieplanung ~ Artdiagnostische Abklärung bei Tumoren, die zur Ver· kalkung neigen ~ Abklärung vo n Hi rndruckzeichen Indikationen MRT ~ Genauere Bestimmung der Tumorausdehnung, u. a. zur OP·Planung ~ Negative CT und auffällige/ suspekte klinische Symptome des Patienten
halb sind die nun aufge führten Therapiekonzepte als Faust· regeln zu verstehen. Tumoren vom WHO·Grad I werden kurativ operiert, mit der Zielsetzung, das Malignom vollständig zu entfernen. Tumoren vom Grad II bis IV werden primär operiert und in Abhängig· keit des Tumors strahlen· bzw. chemotherapeutisch behan· delt: WHO-Grad I: ~ Kurative OP mit dem Ziel der kompletten Tumor· entfernung.
WHO-Grad 11: Primäre Gehi rn tum oren werd en zu m einen an hand ihres ~ OP Ursprunggewebes unterteil t, zum ande ren untersc he idet sie ~ Bestrahlung bei progredientem Tumorwachstum anhand des WH O·Gradings in vier Gruppen un terschiedlicher ~ Chemotherapie nach erfolgloser operativer und strahlen· Malignitätsgrad e. Hierbei werd en histo logische und zytologi· therapeutischer Behandlung sehe Kriterien analysiert, um eine Aussage über die biologische Wertigkeit des Tumors zu machen (I Tab. I). Generell sind die WHO-Grad III: S·JÜR mit Vorsicht zu betrachten, da selbst ein benigner Tum or, ~ Multi modale Therapie mit OP, Strahlentherapie und wenn er z. B. inoperabel ist, lebenswichtige Struk tu ren beschä· adjuvanter Chemotherapie digen und somit zu m Tode des Pa tienten füh re n kö nnte. Im Rahmen der supportiven Therapie finden Kortikosteroide zur Reduktion des tumorbedingten Hirnödems und anti· Therapie konvulsive Therapeutika Verwendung. Bei Verlegung der Das therapeutisc he VO I· ehen ist von vielen Faktoren abhä n· Liquorwege und einem daraus resultierenden akut auftreten· den Hydrozephalus wird i. d. R. ein Shunt implantiert. gig, u. a. von der Loka lisa tion und der Art des Tumors. Des·
Orld
Poatoper.tlve Oberlebenuelt
I ben ign e
:2:
11 semibenigne
3 - 5 Jahr
111 semimallgne
2 - 3 JOhr
5 Jahre
Tumoren Pllozysl lsCh s ASlrozylom. Meningeom, Neurin om, Hypo· pny nad 110m, Ploxuspa pillom
Ollgodon I"ogllom, anapla !isches Ependymom, anaplasti·
IV maligne
6 - 15 M OnA t mallsn S Lympnol11
~-----------------------
I Tab. 1: WH O-Grading von Tumoren des ZNS.
ZNS-Tumoren 11 Die drei häufigsten Tumoren des ZNS sind das Astrozytom, das Glioblastom und das Meningeom. Auf diese Tumoren soll in den folgenden Abschnitten detaillierter eingegangen werden.
Astrozytom Das Astrozytom sind Tumoren des neuroendothelialen Gewebes und werden grob in zwei Gruppen eingeteilt: die pilozytischen Astrozytome und die diffus infiltrierenden Astrozytome. Beide Gruppen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Prognose, sondern auch hinsichtlich des durchschnittlichen Alters der erkrankten Patienten.
Pilozytisches Adenom Das pilozytische Adenom ist das ein zig heilbare Gliom. Es manifestiert sich vorw iegend im Kindesalter und stell t nach dem Medulloblastom den zweithä ufigsten Hirntumor dar. Im Gegensatz zu anderen Hirntumoren, wie dem Meningeom, si nd beide Geschlechter gleich häufig betroffen. Klinisch manifestieren sich Tumo ren dieser Gruppe durch Rumpf- und Extremitätenataxien , Nystagmus oder Kopfschmerzen . Da es sich um verhä ltnismäßig langsam wachsende Tumoren handelt, entwicke ln sich diese Symptome meist über einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre) . Der therapeu tische Ansatz hängt von der Lokalisation des Tumors ab_ In vielen Fällen ist eine operative Totalresektion nicht mehr möglich; eine Ausnahme stellt das Kleinhirnastrozytom dar, das aufgrund der besseren intraoperativen Zugänglichkeit meist erfolgreicher resizierbar ist.
Diffus infiltri ere nde Astrozytome Zu den diffusen Astrozytomen zählen mehrere Tumoren mit dem WHO-Grad 11. Zu dieser Gruppe gehören u. a. das gemistozytäre od er das fibrilläre Astrozytom . Di ese Tumoren treten vor all em bei jungen Erwachse nen zwi schen dem 30. und dem 40. Lebensjahr auf und wachsen langsam in fi ltri erend. Männer erkrank en doppelt so häufig wie Frau en. Klini sch man iFestieren sich diese Tumoren, die vorwi egend in den Frontalen und frontotemporalen Großhirnhemi-
sphären auftreten, durch fokale Anfälle od er psychische Veränd erun gen. Die Prognose ist bei erfolgreicher Totalresektion, sofern die Tumorlokalisation ei ne solche zu lässt, gut. Bei Rezidiven kommt es häufig zu einer Transform ation in ein maligneres Asuozytom, sodass sich aus Astrozytomen Grad 1I Tumoren des Grad es III oder auch IV enrwickeln kön nen.
Glioblastom Das Glioblastom ist ein schn ell und infiltrativ wachsend er hoch maligner glialer Tumor, der sich 11äufig aus niedrigmalignen Astrozyromen enrwickelt, jedoch auch de novo entstehen kann. Primär erkranken Menschen im SO . bis 60_ Lebensjahr an diesem Tumor, der vorwiegend in den frontotemporalen Großhirn hemisphären enrsteht. Klinisch ist eine sehr schnelle Symptomentwicklung innerhalb von Wochen und Monaten typisch . Hä ufig leid en die Patienten unter Kopfschmerzen, Hemiparesen oder auch Bewusstsein sstörungen. Auch kann es aufgrund des sc hnellen Tumorwachstums zu einer raschen Entwicklung einer Hirndrucksymptomatik komm en. Über die Ätiologie dieser Tumoren ist bis heUle noch nicht vi el bekannr, mi t Ausnahme ihres VOI'kommens im Rahmen des Li -Fraum eni-Syndroms. Molekularbiologisch wurd en bis heute ei nige genetische Veränd erun gen entdeckt, die typisch für ein sekundä res GlioblaslOm (d. h. aus ein em niedrigmalignem Astrozytom entstand en) und ein sog. Denovo-Glioblastom si nd. Makroskopisch und mikroskopisc h unterscheiden sich Gl iobla slome von anderen Astrozytomen vor allem durch ihr schnelles, diffus infi ltratives Wachstum, das häufig über den Balken hinaus in die kontralaterale Hemisph äre reicht (I Abb. 3), du rch clmakterisli scll Blu tungen und Nekrosen sowi e durch ein hohe Mitoserate_ Th erapeutisc h wird ine Totall' s kli n an gestrebt, di j doch in vi len 'äll n wegen der Tumorau sbreitung ich! mehr möglich ist. Auf rund d s aggr ssiven biologis hen V rha lt ns und d r schl echten perabilität owi e d s Ansprechens auf Strahlen- und h mo-
th erapie liegt die mi ttlere Überlebenszeit umer Therapie bei 12 - 14 Monaten.
Meningeome Die Meningeome bilden mit 20% aller primären neoplastischen Z S-Tumoren eine der häufigste n primären intrakraniellen Tumorgruppen. Es handelt sich hierbei um benigne, da sehr langsam wachse nde Tumoren mesodermalen Ursprungs, die sich sehr gut von dem sie umgebenden Gewebe abgrenzen. Auffällig ist ein häufigeres Auftreten bei Frauen als bei Männern. Am häufigsten entstehen diese Tumoren in der Parasagittalregion der Großhirnhemisphären. Bedingt du rch ihr langsam es Wachstum ist die Klinik eher schleichend. Typisch sind langsam progrediente Kopfschmerzen, epileptische Anfälle oder auch psychisc lle Veränderun gen wi e gesteigerte Aggressivität ode r Antri ebsverlusL Auch eine einseitige Paraparese der Beine kann im Rah men eines sog_Mantelkantensyndroms vorkommen. Therapeutisch wird immer eine Totalresektion des Tumors angestrebt, wobei hier die La ge des Tumors therapielimitierend ist Bei erfolgter Totalresektion iSI die Prognose jedoch sehr gut.
Metastasen Metastasen im zentralen Nervensystem entstehen bei 25 % aller Patienten mit einem soliden Primärtumor in einem and eren Gewebe_Am häufigsten maniFes ti rn sich die Metastasen im frontopa ri etal n Bereich d s Gehirns (I Abb . 4), wobei die Meta tas ierung i.d. R.
l A b. 3: Makr kop i eh Aufn all l11 Glioblas toms·12 1
in
ZNS-Tumoren
hämatogen (über das Blut) in das Hirnparenchym oder die Meningen erfolgt. Der häufigste Primarius ist bei Männern das Bronchialkarzinom und bei Frau en das Mammakarzinom. Die klini sche Symptomatik hängt von der Lokalisation der Metastase ab: ~ Supratentorielle Lokalisation: Kopfschmerzen und neurologische Ausfälle wie Hemiparesen oder Aphasie ~ Infratentorielle Lokalisation: Ataxi e oder Nystagmus ~ Meningeosis carcinomatosa: Hirnnervenausfälle oder Meningism us
86
I 87 I
Bronchialka rzinom
J J J
t=J 0
M elanom Ma mmakarzi nom Magen-Darm -Karzinom Retroperitonealka rzinom Sarkom
o I
Abb. 4: LOkali sa t ion von Hirnme t as tasen
Erkrankung
Gen
I
I
20%
40%
1181.
Chrom.,.
Wichtigste Manifes-
som
tationen der Nerven-
Erkrankung Haut
Sonstige Organe
Cafe-au-Iait-Flecken
Irishamartome (Lisch-
systeme
Therapeutisch werden nur singuläre Metastasen operiert, wobei das Behand lungskon zept von mehreren Faktoren beeinfl usst wird (z. B. Lokal isation oder Stadium des Primärtumors). Radio- bzw. Chemotherapie kommen postoperati v (Radiotherapie) oder bei chemotherapiesensiblen Tumoren (Lympho men) zur Anwendung.
Neurofibro-
NFI
17q 11
Neurofibrome, pilo-
matose Typ I
zytische Astrozytome
Knötchen), Phäochromo-
(M. von Reck-
(Optikusgliom)
zytom, Skelettdeformitä-
lingh ausen) Neurofibro-
ten, Katarakt NF 2
22q 12
ma tose Typ 2
Bilaterale Akustikus-
Cafe-au-Iait-Flecken
neurinome, spinale
(selten)
Neurinome, Meningeome, Mikrohamartome (Großhirn) von-Hippel-
VHL
3p25
Lindau-Syndrom
Klei nhirnangioblastom,
-
Angiomatose der
chromozytom, Zysten in
Retina
Erb lic he Tu morsyndrome Tumoren im zentralen Nervensystem kommen im Rahmen von fam iliären Tumorsyndromen vor. I Tabelle 2 gibt einen Überblic k über die häufigsten dieser Syndrome, das betroffene en und die klinischen Manifestati on.
Tuberöse
TSC I
9q34
Sk lerose Typ t
Tuberöse
Nierenkarz inom, PhäoNiere und Pankreas
Ko rtik ale Tubera (Kn öt-
Angiofibrom e (Ge-
ehen) , Ve rk alkungen,
sicht: Adenoma se-
Angiolipo leiomyon (Niere),
subependymale
baceum) , hypopig-
Rhabdomyome (Herz),
Riesenzellastrozytom e
mentierte Flecke n,
Angiofibrome (sublingual)
Retin ale Hamartome
Fibrome (Nagelfalz),
TSC2
t6pt3
Retinobl as tom
Rbl
13q l4
Retinobl as tom (Auge)
Osteosarkom, Mamma-
Li-Fraumeni -
P53
17p 13
Gliome (Astrozytom,
Mammaka rzinom, Neben-
Glioblastom), Medullo-
nierenrindenka rzinom,
blas tom
Sarkom, Leukämie
fibröse Plaque s
Sklerose Typ 2
(Kopf)
karzinom
ZNS- Lymph ome Lymphom e des zentralen N rvensystems sind im Vergleich zu Tum oren anderen histologischen Ursprun gs eher selten, sollen jedoch kurz erwähn t werden, da sie die ein zig ruppe von Tumoren ist, deren InzidellZ üb r die vergangenen Jahre zu enolllm n hat. Histologisch handelt s sich III ist um Lymphom e des ß·Zell-Typs, die vor allem im Bereich d I' tamlll an li n oder in den Croßhil'l1h misphär n entstehen. Vor all m kommen diese Neoplasien des ZN b i HIV-p siliv n und immu nsupprimi rt n Pali nl n vor; die 5-JÜR 11 gLb i 0%.
Syndrom
I
Tab . 2: Erb licile Tumorsyndrome.
Zusammenfassung
x Metastasen extrakranieller Tumoren sind die häufigste Ursache für intrakranielle maligne neoplastische Raumforderungen im Erwachsenenalter. X Die häufigsten extrakraniellen Tumoren, bei denen es zu einer Metastasierung in das ZNS kommt, ist bei Männern das Bronchialkarzinom und bei Frauen das Mammakarzinom. X Durch einen tumorassoziierten intrakraniellen Druckanstieg kann es zu
einer lebensbedrohlichen Einklemmung des Gehirns kommen.
X Astrozytome sind die häufigsten Tumorarten. X Das pilozytische Astrozytom ist das häufigste Gliom im Kindes- und Jugend-
alter. Es ist das einzige Gliom, das geheilt werden kann . X Patienten im Erwachsenenalter, die von neu auftretenden Krampfanfällen
beri chten, sollten immer auch auf eine intrakranielle Neoplasie untersucht werden.
L_
Schilddrüsenkarzinom Das Schilddrüsenkarzinom ist der häufigste Tumor der Schilddrüse. Wesentlich seltener sind Lymphome, Fibrosarkome oder Teratome. Jährlich werden in Deu tschland ca. 2500 Neuerkrankungen registriert. In Ländern wie China oder der Ukraine ist diese Zahl höher. Betrach let man die Gesch lechterverteilung, so kommen auf einen männ lichen Patiente n zwei we ibliche. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 50 Jahren. Klass ifi kat ion Schilddrüsenkarzinome werden in vier Typen unterteilt, die sich in ihrer Histologie, Ätiologie, Therapie und Prognose deutlich untersc heiden. Wie and ere Tumorerkrankungen werden auch die Schild drüsenka rzinome an hand ihrer Größe und Ausbreitung in TNM-Stadien unterteilt (I Tab. 1). Das papilläre Schilddrüsenkarzinom macht 55% der Karzinome aus und ist der häufigste Typ. Histologisch zeigt es papilläre und follikuläre Gewebsformationen . Follikuläre Karzinome haben eine deutlich schl ec htere Prognose sowie ein höheres Rezidivrisiko. Histologisch gleichen sie normalem Schilddrüsengewebe. Diese Tumoren treten gehäuft in Iodmangelgebieten auf und sind mit 30 % die zweithäufigste Karzinomart der Schilddrüse. Im Gegensatz zu den differenzierten follikulären und papillären Tumoren sind die anaplastischen Karzinome schlecht differenziert (I Abb. 1). Sie betreffen i.d.R. nur 1- 2% aller Schilddrüsenkarz inompatienten und weisen i. d. R. ein rasches invasives Wachstum auf, weshalb es häufig schnell zu einer lymphogenen Metastasierung und lokalen Komplikationen kommen kann.
TNM-5tadium
Befall, Größe
Tl
:5 2 cm, auf die Schi lddrüse beschränkt
T2
~
2 - 4 cm, au f die Sch ilddrüse beschränkt
T3
2: 4 cm, auf di e Schilddrüse beschrän kt oder minmale extrathyreoidale Ausbreitung
T4
Jedes Übersc hreiten der Schilddrüsen kapsel ~
T4 a: Infiltra tion von subku tanen Weichteilen
~ T4b: Infi ltration der prävertebra len Faszie, A. caro t is oder der mediasti nalen Gefäße
NI
Regionaler Lymphknotenbefall
I Tab . 1: TNM-Klassifikation des Schi lddrüse nkarzinom s.
Am vierten Tumortyp, dem medullären Schilddrüsenkarzinom, erkranken etwa 5 - 10% aller Patienten. Dieser Tumortyp geht nicht von follikulären EpithelzeIlen, sondern von den C-Zellen der Schilddrüse aus. Weitere histologische und molekularpathologische Charakteristika sind: ~
Produktion von Kalzitonin, CEA sowie dem "calcitonin gene peptide" ~ Einlagerung von Amyloid im Stroma Ätiologie Als geSicherter Risikofaktor gut differenzierter und anaplastischer Schilddrüsenkarzinome zählt radioaktives Iod. Als Ouellen dafür dienen die Radiotherapien anderer Organe, bei denen die Schilddrüse mitbestrahlt wird, sowie Atombombenexplosionen und Reaktorunfälle (z. B. Tschernobyl). Therapeutische Applikationen von radioaktivem Iod im Rahmen der Radioiodtherapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen (Autonomien, M. Basedow) spielen allerdings nach dem heutigen Wissenstand keine Rolle bei der Entstehung des Schilddrüsenkarzinoms oder anderer Malignome. Bei med ullären Schilddrüsenkarzinomen vermutet man aufgrund des
sporad ischen und familiären Auftretens genetische Ursachen. Klin ik Tumoren der Schilddrüse äußern sich im Frühstad ium als einzelne, schmerzlose und langsam wachsende Knoten. Eine Ausnahme stellt das anaplastische Karzinom mit seinem sc hnellen Wachstum dar. Die typischen Symptome Heiserkeit, Stridor, Dysphagie oder das HornerSyndrom entstehen zu einem späteren Zeitpunkt und sind Ausdruck der lokalen Ausbreitung des Tumors. Beim medullären Karzinom kommt es bei bis zu 30% der Patienten aufgrund einer paraneoplastischen Sekretion von vasoaktiven Substanzen zu Flush, Diarrhö oder Bauchschmerzen. Diagnostik Die Diagnostik hat einen hohen Stellenwert, denn nur hin ter einem geringen Teil der häufig vorkommenden knOtigen Schilddrüsenveränderungen steckt ein Karzinom. Folgende Veränderungen der Schilddrüse sollten differentiald iagnos_ tisch ausgeschlossen werden: ~ ~ ~ ~
I Abb. 1: Pat ie nt mit anapla stischem Schi lddrüsenkarzinom . [1 J
Kolloidknoten Zysten Narben Thyreoiditis
Die Basisdiagnostik eines festgeste llten Schilddrüsenknotens umfasst neben Anamnese und klinischer Untersuchung die Messung der Konzentrationen von fT3 , fT4 und TSH im Serum. Eine sonografische Untersuch un g sowie eine Sc hilddrüsenszintigrafi e sind weitere Umersuchun gssch ritte. Tumoren stellen sich dabei als kalte Knoten dar, Teile des
Endokrine Tumoren
Schilddrüsengewebes, die im Vergleich zu gesundem Gewebe deutlich weniger radioaktiv markiertes Iod aufnehmen . Zur Diagnosesicherung mu ss bei einer tumorverdächtigen Gewebeveränderung immer eine Feinnadelpunktion (FNP) durchgeführt werden. Eine we iterführende diagnostische Maßnahme ist die Radioiod-GanzkÖrperszintigrafie. Eine letzte Sicherheit bei dri ngendem klinischem Verdacht (z. B. eindeutige Größenprogredienz eines szintigrafisch bekannten kalten Knotens) bietet, auch bei unauffälliger FNP, allerdi ngs nur eine Schilddrüsenoperation zur histologischen Klärung_ Im Rahmen des Tumorstagings erfolgende Untersuch ungen sind Hals- und Thorax-CT, eine MRT im Fall unk la rer CI-Befunde sowie eine Skelettszintigrafie. Bei geringer differenzierten Sch ilddrüsenkarzinomen und beim medullären Schilddrüsenkarzinom spielen die Positronenemissionstomografi e (PET) und die PEI-CT mit unterschiedlichen Tracern eine zunehmend e Rolle_ Ausbreitung Die Ausbreitung der Tumoren erfolgt primär lymphogen in die lokalen Lymphknoten und hämatogen in die Lunge und das Skelett, wobei es von Typ zu Typ Unterschiede gibt: ~
Papilläre Karzinome metastasier'en primär in die benach barten Lymphknoten. ~ Follikuläre Karzinome metastasieren primär häm atoge n in Lu nge und Knochen, und zwar bereits in fr ühen Tumorstadien .
88
I 89
~ Medulläre Karzinome streuen zunächst lymph atisch in regionäre Lymphknoten und dann hämatogen . ~ Undifferenzierte Karzinome ze ichnen sich beso nders durch eine frühzeitige lymphatische und hämatogene Metastasieru ng in lokale Lymphknoten und andere Orga ne aus.
Patienten mit einem medullären Karzinom können nur dann kurativ behandelt werden, wenn eine vollständ ige Entfernung des Tumors und der befallenen Lymphknoten gelingt. Eine operative Therapie mit kurativem Ansatz ist bei anaplastischen Karzinomen aufgrund des schnellen Wachstums meist nicht mehr möglich. Die häufig daraus resultierende palliative Therapie und Nachsorge Zentrale Punkte der kurativen Therapie Tumorresektion wird immer mit einer lokoregionären Radiotherapie kombivon Schilddrüsenka rzinomen sind di e möglichst vollständige operative Tumor- niert. Die Radioiodtherapie spielt primär bei entfernung im Sinne einer Thyreoidekder Behandlun g des papillären und foll itomie mi t selektiver, kompartimentkulären Karzinoms eine Rolle, bei meorientierter Lymphadenektomie sowie dullären Karzinomen aufgrund der in die Radioiodtherapie_Strahl en- und Chemotherapie sind mögliche therapeu- der Regel nicht vorhandenen Radiotische Optionen bei nicht iodspeichern- iodspeicherpotenz nur in seltenen Ausden Tumoren (medulläres Schilddrüsen- nahmen. Dabei kommt es zur Zerstörung des iodspeichernd en Tumorgewekarzinom) oder bei einer palliativen bes durch die vom radioaktiven Iod-13 1 Therapie. freigesetzte ß-Strahlung. Die Therapie Papilläre Tumoren werd en bis zu einer wird in Abständen von einigen Monaten Größe von 1 cm und bei singulärem Auftreten in der Schilddrüse (pTl ) ohne so oft durchgeführt, bis das bei der Operation möglicherweise verbliebene postoperative Radioiodtherapie behanRestschildd rüsengewebe und evtl. Ferndelt. Meist sind dies Zufal lsbefunde der histologischen Aufarbeitung bei Schild- metastasen vollständig eliminiert wordrüsenteilresektionen [z. B. bei Knoten- den sind. struma). Gewöhnlich erfolgt eine totale Die Nachsorge sollte aus zwei Gründen Thyreoidektomie mit modifizierter neck immer lebenslang durchgeführt werden : Erstens neigen Schilddrüsentumoren dissection der zentralen Lymphknoten. auch noc h nach Jahrzehnten zu SpätFollikuläre Tumoren werden immer rezidiven, zweitens können Rezidive mit einer rad ikalen Thyreoidektomie, und Metastasen häufig noch erfolgreich selektiven Lymphadenektomie und therapiert werden. Radioiodtherapie behandelt.
Zusammenfassung
x
Typische Frühsymptome sind einer oder mehrere derbe und schmerzlose Strumaknoten. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es durch die lokale Ausdehnung des Tumors häufig zu Heiserkeit, Dysphagie oder Zeichen des Horner-Syndroms.
X Differentialdiagnosen sind benigne knotige Veränderungen der Schildd rüse wie Zysten, Thyreoiditis oder Kolloidknoten. X Therapie der Wahl ist eine totale Resektion des Tumors/Thyreoidektomie in Abhängigkeit vom Tumortyp mit postoperativer Radioiodtherapie. X Die 5-Jahres-Überlebensrate hängt von der Histologie des Tumors sowie vom Gesundheitszustand des Patienten ab; durchschnittlich beträgt sie 50 - 75%. Für den häufigsten Typ, das papilläre Schilddrüsenkarzinom, beträgt die 1O-Jahres-Überlebensrate 85 - 90%.
Zusatzwissen
92 Onkologische Erkrankungen im Kindesalter 94 Therapieverfahren I 96 Therapieverfahren II 98 Knochenmark-jStammzelltransplantationen 100 Leitsymptome 102 Infektionen bei onkologischen Patienten
104 Psychoonkologie 106 Tumor- und therapieassoziierte Notfälle I 108 Tumor- und therapieassoziierte Notfälle II 110 Supportive Therapie 112 Auswirkungen eines Tumors auf den Körper
Onkologische Erkrankungen im Kindesalter Epid emio logie
Jährlich erkranken etwa 2000 Kinder in Deutschland an einem malignen Tumor. Neben Unfällen stellen diese Tumo· ren damit die zwei thäufi gste Todesursache von Kindern dar. Insgesamt handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe von Erkrankungen. Hämatoblastosen sind die häufigsten malignen Neoplasien bei Kindern . Unter den soliden malignen Tumoren bilden Hirntumoren die größte Gruppe (I Tab. I ).
Jährlich erkranken 15 von 100000 Kindern unter 15 Jahren in Deutschland an einem malignen Tumor. Die Häufigkeiten variieren je nach Alter des Kindes. Maligne Neoplasien w ie das Neuroblastom oder der Wilms-Tumor treten vermehrt im Kleinkind- und Säuglingsalter auf, Knochentumoren (Osteosarkom, 1 Abb. 1, Ewing-Tumor) oder Morbus Hodgki n kommen hingegen eher bei älteren Kindern und Jugendlichen vor. Die Geschlechterverte ilung weist für Jungen ein statistisch höheres Risiko auf, an einem Tumor zu erkranken, als für Mädchen.
Der häufigste bei Kindern vorkommende Tumor ist die akute lymphatische Leukämie (ALL) mit einen Anteil von 27% an allen malignen Tumoren.
Klinik und Diagnostik Ätiologie
Häufig präsentieren sich maligne Tumoren im Kindesalter symplomarm und schnell wachsend . Diese beiden Eigenschaften verdeutlichen die Bedeutung einer frühen und präzisen Diagnostik im Rahmen einer erfolgreichen Therapie. Dies wird am besten durch eine frühe Zuweisung der Kinder an eine Kinderkl inik mit hämatologisch -onkologischer Abteilung ermöglicht.
Die Ätiologie von malignen Tumoren bei Kindern ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Allgemein differenziert man zwischen exogenen und endogenen Faktoren, die zur Krankheitsentstehung führen . Es zeigt sich jedoch, dass maligne Tumoren im Kindesalter, die durch endogene Faktoren hervorgerufen werden, gegenüber en dogen verursachten Tumoren im Erwachsenenalter überwiegen . Beispiele für endogene Faktoren sind:
Als Ursache einer unklaren Schwellung oder persistierender Schmerzen (vier Wochen) muss immer an einen malignen Tumor gedacht werden.
~ Down-Syndrom : Diese Krankheit wird durch eine numeri sche Chromosomenaberration verursac ht (Trisomie 21) und geht mi t einem erhöhten AML-Risiko einher. ~ Fanconi-Anämie: Hierbei handelt es sich um eine Erbkrankheit, bei der es aufgrund eines feh lerha ften DNAReparaturmechanismus zu einem erhöh ten Vorkommen maligner Tumoren kommt.
Exogene Faktoren sind z. B.: ~ Radioaktive Strahlung; der Unfall in Tschernobyl z. B. führte in der umliegenden Region bei Kindern und Erwachsenen zu einem erhöhten Vorkommen von Schilddrüsenkarzinomen . ~ Viren; Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus werden in Zusammenhang mit Lymphomen wie dem Non-HodgkinLymphom (N HL) gebracht.
I
Abb. 1: a) CT-Aufnahme und b) Resekti onsp räpara t eines Osteosarkoms.
[21
Zusatzwissen
I Tab. I: Häufigkeit maligner Tumoren bei Kindern und Ju gendlichen < 15 Jahren (1995 - 2004, Kind erkrebsregister).
Leukäm ien
Lymphom e
Häufige solide Tumor en
33, 1%
12,2%
51 , 1%
ALL
Hodgk in
Hirntumoren 2 1,4 %
92 I 93 Andere 4,5%
Lange rhans-ZellHistiozytose
AIv1L
Non-Hodgkin
NephroblDstom 6,9 %
Endokrine Tumore n
Neuroblastom 8,3%
Hepatoblastom
Kn ochentumoren 4,5%
Nasophrynxkarzinom
Weichleilsarkome 6,6 % Keimzelltum oren 3,4%
Therapi e
Die Therapie von onkologischen Erkrankungen im Kin desalter ist immer auf Heilung ausgerichtet. Sie beinhaltet abhängig von Diagnose und Diagnosestellung (Biopsie) meist eine multimodale Therapie bestehend aus Chemotherapie (adjuvant, neoadjuvant) und ggf. Lokaltherapie (Operation oder Bestrahlung). Große Aufmerksamkeit wird während der Behand lung und im Anschluss daran auf die Untersuchun g möglicher Spätfolgen und Rückfälle gelegt. Nicht selten führen der Tumor oder die Behandlung durch Chemo- und Strahlentherapie zu Schäden an Knochen, Hormondrüsen oder am Herzen. Bei 5% aller behandelten Ki nde r kommt es erneut zu einer Neoplasie, wobei sehr schwierig zu differen zieren ist, welches der einzelnen Therapieelemen te dafür verantwortlich ist.
Mögliche Spätfolgen einer Therapie ~ Knochen- und Knorpelschäden (Osteoporose) ~ Wachstumsstörungen ~ Schilddrüsenfehlfunktion ~ Leber- und Nierenschäden (insbesondere tubuläre Funktionsstörung der Niere) ~ Fibrosierung z. B. von kardialem Gewebe (Herzinsuffizienz) ~ Infertilität, Ovarialinsuffizienz ~ Schwerhörigkeit ~ Lungenfibrose ~ Neurologische Schäden (Entwicklungsverzögerung, Teilleistungsstörungen, Polyneuropathie)
Prognose Im Gegensatz zu Erwachsenen besitzen Kinder durchschnittlich eine wesentlich bessere Prognose. Aufgrund der großen Fortschritte der Therapie liegt die mittlere 5-JÜR aller malignen Tumoren bei ca. 70 %.
Zusammenfassung " Maligne Tumoren sind nach Unfällen die zweithäufigste Todesursache bei Kindern. " Jährlich erkranken 15/100000 Kindern unter 15 Jahren in Deutschland an einer malignen Erkrankung. X Die 5-JÜR aller malignen Tumoren liegt bei 70%. X Maligne Tumoren präsentieren sich häufig symptoma rm, z. B. in Form einer schme rzlosen Schwellung oder durch diffuse Schmerzen. X Bei 5% aller behandelten Kinder kommt es zur erneuten Entstehung einer Neopla sie. " Hämat oblastosen, speziell ALL und AML, machen einen Großteil der onkologischen Erk rankungen im Kindesalter aus.
Therapieverfahren I Operative Therapie
Trotz der ständig verbesserten, multimodalen therapeutischen Möglichkei ten beträgt die Heilungsrate aller Krebspatienten in Deutschland aktuell nicht mehr als 50 %. Diesem Umstand liegt vor allem die Zunahme der Patienten mit Mamma·, Bronchial· und Kolonkarzinomen zugrunde, Krankheiten, die mit den heutigen Therapiemaßnahmen (I Abb. 1) nur schwer heilbar sind. Grundsätzlich unterscheidet man in der Thera· pie maligner Erkrankungen zwischen drei Ansätzen: ~ ~
~
Operative Maßnahmen sind wichtiger Bestandteil aktueller multimodaler Therapieansätze von Krebserkrankungen . Nicht selten werden sie in Kombination mit nicht operativen, adjuvanten/neoadjuvanten Therapiemaßnahmen durchgeführt. Man differenziert zwischen kurativen, nicht kurativen und präventiven Eingriffen (I Tab. 1) . Zusätzlich werden operative Verfahren auch im Rahmen des Tumorstagings durchgeführt. Als kurative Eingriffe gelten solche, die den Tumor radikal resezieren (RO), wobei keine Fernmetastasen vorliegen bzw. diese ebenfalls radikal entfernt werden können. Ein Beispiel ist die Mono-bloc-Entfernung des Magens bei vorliegendem Magenkarzinom. Operationen, bei denen der Tumor nicht komplett entfernt werden kann bzw. Fernmetastasen vorliegen und eine Heilung des Patienten nicht mehr möglich ist, bezeichnet man als "nicht kurative Maßnahmen". Diese Eingriffe werden weiter in palliativ und symptomatisch unterteilt: Von einer palliativen Tumorbehandlung erwartet man keine Heilung des Patienten, sondern in erster Linie eine Symptombesserung. Beispiel hierfür ist eine palliative Magenresektion bei Magenausgangsstenose (I Abb. 2).
Kurativ (auf Heilung ausgerichtet) Lebensverlängernd Pall iativ (lindernd)
Bei einer kurativen Therapie erfolgt, unter Berücksichtigung der Therapierisiken, die Heilung des Patienten durch vollständige Entfernung der Tumors oder Zerstörung aller Tumorzellen. Ist dies nicht mehr möglich, versucht man, eine Lebensverlängerung des Patienten zu erreichen bzw. dem Patienten ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Remission Im Rahmen der Therapie von Malignomen beschreibt der Begriff der Remission die Verkleinerung von Tumor oder Metastasen unterschiedlichen Ausmaßes. Von einer "vollständigen Remission" spricht man beim vollständigen Rückgang oder bei der kompletten Entfernung des Tumors für mindestens vier Wochen. Eine partielle Remission liegt vor, wenn sich das Tumorvolumen um mehr als 50%verringert hat und in einem Zeitraum von vier Wochen keine neuen Metastasen und keine Tumorprogression nachweisbar sind.
Chirurgie
Zytostatische Therapie
Die zytostatische Therapie (= Chemotherapie) basiert auf einer Vielzahl von Wirkungsmechanismen. Die verwendeten Substanzen führen u. a. zur Apoptose, Zelldifferenzierung oder Seneszenz (lat. alt werden) der Tumorzellen. Aufgrund der Unterschiede zwischen malignen und gesunden Zellen greifen chemotherapeutische Maßnahmen Erstere stärker an und führen dadurch vor allem zu deren Zerstörung. 1 Tabelle 2 zeigt einige mögliche Kriterien, nach denen Chemotherapien unterteilt werden können. Aufgrund der Tatsache, dass auch gesunde Zellen durch die Chemotherapie angegriffen werden, kann es zu Nebenwirkungen kommen. Dabei unterscheiden sich die Symptome je nach betroffenem Organsystem (Hämatopoese, Verdauungssystem, Nervensystem, Niere etc.) . Nebenwirkungen von besonderer klinischer Relevanz sind z. B. die temporäre Beeinträchtigung des Immunsystems sowie die toxischen Auswirkungen mancher Medikamente auf Herz, Gastrointestinaltrakt oder Nieren. Begleiterscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen sind aufgrund verbesserter Medikamente heute
Strahlentherapie
-
Krankheitsbild
Tumor
Kryptorchismus
Hodenkarzinom
Orchidopexie
Familiäre adenomatöse Polyposis
Kolonkarzinom
Kolektomie
Mammakarzinom
SUbkutane Mastek tomie -
Prä ventive Operation
(FAP)
Familiäres Mammakarzinom
I Abb. 1: Die drei Pfei le r der heutigen Tumortherapie. [11
I
Tab. 1: Präventive Operationen bei Tum orerkra nkunge n.
Zusatzwissen
~-----------------------------------------------------------
o
b I Abb. 2: Palliative Operation sverfahren beim Magenka rzinom. a) Endoösophagealer Tubus b) Gastroenterostom ie. [ 11
gut behandelbar und deshalb meist von geringerer klinischer Bedeutung. Hochdosis-Chemotherapie und Stammzelltransplantation
Das Knochenmark ist bei vielen Therapien der dosislimitierende Faktor, da bei diesen Chemotherapien das blutbildende System stark angegriffen werden kann. Durch die Möglichkeit einer hoch dosierten Chemotherapie (Hochdosis-Chemotherapie, HDT) in Kombination mit einer Stammzelitransplantation (SZT) ist man jedoc h in der Lage, die Therapie zu intensivieren mit dem Ziel einer größeren Nachhaltigkeit. Die Stammzelltransplantation ist in diesem Zusammenhang notwendig, weil es durch die hohe Dosierung der verwendeten Substanzen zu einer irreversiblen Schädi gung des Knochenmarks kommt. Anhand der Herkunft der ve rwe ndeten Stammzelien differenziert man zwisc hen einer autologen und einer allogenen Transplantation.
Bei einer autologen SZT verwendet man patienteneigene Stammzellen, die vor der Chemotherapie gewonnen, konserviert und nach der Therapie retransfundiert werden. Hauptindikationen einer autologen SZT mit HDT sind gegenwärtig maligne Lymphome und multiple Myelome. Im Rahmen einer allogenen SZT erhält der Patient Stammzellen eines fremden Spenders. Dabei spielt die Immunreaktion der transplantierten Zellen gegen den Empfänger (sog. Graft-versus-Host-Reaktion ) eine wichtige Rolle, weshalb möglichst nur Transplantate verwendet werd en, deren Histo· kompatibilitätsantigene identisch mit denen des Empfängers sind. Der Vorteil der allogenen SZT gegenüber der autologen liegt zum einen darin, dass die Spenderzellen von einem gesunden Patienten stammen und somit frei von Leukämie- oder Lymphomzellen sind. Zum anderen entsteht möglicherweise eine Immunaktivität des Transplantats gegen di e Zellen des Malignoms (sog. Graft-versus-Leukemia-Effekt) . Hauptindikationen einer allogenen SZT si nd in erster Linie Leukämien. Die Nebenwirkungen und Komplikationen einer allogenen KMT können schwerwiegend sein. Typisch sind Infekte (bedingt durch die lang anhaltende Immunsuppression nach der Transplantation), Immunreaktionen (Graftversus- Host-Reaktion) oder Transplantatversagen (fehlende oder inkomplette Rekonstitution der Hämatopoese durch das Knochenmark des Spenders). Hormontherapie
Durch eine Veränderung der Hormoneinflüsse au f den Tumor versucht man in der Therapie einiger Tumoren, deren Wachstum zu inhibieren. Die verwendeten Substanzen wirken z. B. als Antihormone am Hormonrezeptor des Tumors proapoptotisch. Vorteile dieses Therapieverfahrens sind neben seiner Antitumorwirkung die überwiegend ein· fache Einnahme (oral) und meist relativ geringe Nebenwirkungen (wenig hämatotoxische Wirkung) . Eine Hormontherapie kann jedoch bis heute nur bei einigen Subgruppen bestimmter Tumorerkrankungen (z. B. Mamma- und Prostatakarzinom) angewendet werden.
Zeitpunkt der Anwendung
Therapieziel
Art der Anwendung
Substanzklassen
~ Induktionstherapie
~ Kurati v
~ Systemisch
~
Alky lanzien
~ Konsol idierungsl herapie
~ Hoc hdosis-Chemotllerapie
~ Regional
~
Ant ibiotika
~
Adjuvant
~
Symptomatisc h
~
.. Anlirnetaboliten
~
Neoadjuvan t
~
Palliati v
~ Erhaltungsth erapie ~
Salvage-Th erapie
Topisch
94195
.... Pfl anzenderivate
I Tab. 2: Einteilun gsmöglichkeiten von zytostati scher Th erap ie be i mali gne n Erkrankungen.
Therapieverfahren 11 Monoklonale Antikörper wirken gegen spezifische Zielstrukturen, die vermehrt auf den zu therapierenden Tumorzellen Die Immuntherapie von Krebserkrankungen kann man grob in aktiv und pas- gefunden werden. Sie werden mittels gentechnologischer Verfahren konstrusiv unterteilen. "Aktiv" bedeutet, dass iert und in Zellkulturen amplifiziert, das Immunsystem des Patienten stimuliert wird, damit es die Tumorzellen be- bevor sie beim Patienten im Rahmen der Therapie zur Anwendung kommen kämpft (vergleichbar mit einer aktiven (I Abb. 3). Impfung). Im Rahmen einer passiven Chimäre Antikörper bestehen teilweise Immuntherapie bekommen die Patienaus humanen bzw. tierischen Kompoten z. B. fertige Antikörper "gegen" die Zellen des Tumors verabreicht Beispiele nenten. Zur Herstellung eines chimären Antikörpers werden z. B. die variablen für Bestandteile der passiven ImmunDomänen eines IgG-Moleküls der Maus therapie sind: auf die konstanten Regionen eines ~ Antikörpertherapie (s. u.) menschlichen Antikörpers transferiert. ~ Adoptiver T-Zell-Transfer Sinn dieses Verfahrens ist eine Verringe~ Die Behandlung mit lymphokinaktirung der Immunogenität der murinen vierten Killerzellen ist eine TherapieAntikörperanteile, die u. a. zu einer methode, die sich noch in der kliniklinischen Hypersensibilisierung des schen Studienphase befindet. Hierbei Patienten führen kann. Beispiele etawerden u. a. in vitro mononukleäre blierter Antikörpertherapien sind: Zellen stimuliert, um sie anschließend zur Behandlung des Patienten zu ver~ Rituximab bei B- und T-Zell-Lymphowenden. men ~ Trastuzumab bei HER2-überexprimierenden Mammakarzinomen Antikörpertherapie
Immuntherapie
Im Rahmen der Antikörpertherapie kommen eine Vielzahl Antikörper zu Anwendung, wobei in den meisten Fällen rekombinante, monoklonale oder chimäre Antikörper verwendet werden.
anderen Behandlungsmethoden (Chemotherapie, Operation) im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzepts eingesetzt wird.
mit einem UnE!srbesclttl8ü Elektronen und Ph~ltn"'IAn'l Im Rahmen der Bri,chvthilli gegen kommen y-Strahler zu "1II"'''"IUurU'_',
Ziele
Neben Heilung und langfristiger Tumorkontrolle sind der Funktionserhalt von Organen und Normalgewebe sowie im Rahmen einer palliativen Therapie die Eindämmung von krankheitsbedingten Symptomen weitere Ziele der Strahlentherapie. Beispiel für eine organerhaltende Therapie ist die Bestrahlung des Mammakarzinoms. Galt bis vor zehn bis 15 Jahren die Brustamputation als einzige Heilungschance, ist es heute möglich, naheStrahlentherapie zu 80 % aller Patientinnen mittels einer Insgesamt erhalten ca. 213 aller Krebsinterdisziplinären Therapie aus Operapatienten eine Strahlentherapie, die ent- tion und Bestrahlung erfolgreich zu behandeln . weder allein oder in Kombination mit
Antigenbindung sstelle (Paratop)
Fab-Fragment
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~ Fe- Frag ment
Oligosaeeharid : (Komplement- : bindungsstelle) ,
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eOOH :
1 ______ - - - - - - - - _ 1
Vl =Variabler Anteil der L-Kette V H = Variabler Anteil der H-Kette
I Abb . 3: Sc l1elll ali sc l1 e Oarstellun g ein es Antikörpers. 131
Zus atzwissen
Risiken und Nebenwirkungen Die erfolgreiche Bestrahlung von Lymphomen, Kehlkopf- oder Prostatakarzinomen ist exemplarisch für die kurativen Zur Vermeidung von Gewebsschäden Ansätze in der Stral1lentherapie. durch die strahlentherapeutischen MaßAuch im Rahmen von palliative n Thera- nahmen ist das Wissen um die Strahlenpieansätzen findet die Strahlentherapie empfindlichkeit von normalem und Anwendung, beispielsweise können in Tumorgewebe essenziell. Generell 80% der Fälle durch Knochenmetastaun terteilt man die Folgen in akut und sen bedingte Schmerzen mittels strahlen- chronisch. therapeutischer Intervention gelindert Akute Folgen treten Minuten bis Tage werden. nach der Strahleneinwirkung auf und betreffen meist rasch regenerierende Gewebe wie Knochenmark, Lunge, Formen der Strahlentherapie Mund- oder Darmschleimhaut. Durch Generell unterscheidet man drei Forverschiedene Fraktionierungsschemata men der Strahlentherapie: in der Strahlenbehandlung versucht ~ ~
~
96
I 97
man, diese akuten Strahlenfolgen zu verringern. Chronische Beschwerden treten erst deutlich später nach der Behandlung auf und können in praktisch allen Geweben vorkommen. Von besonderer klinischer Relevanz sind in diesem Zusammenhang chronische Strahlenfolgen an Lunge, Herz, Hirn, ZNS und den Nieren. Aufgrund der verbesserten Therapieplanung, u. a. durch bessere technische Möglichkeiten und neue Erkenntnisse wissenschaftlicher Studien, sind Nebenwirkungen der Strahlentherapie, wie man sie aus den Anfängen kennt, heutzutage weitaus weniger häufig (I Abb. 4).
Teletherapie Brachytherapie Radionuklidtherapie
Unter "Teletherapie" (auch "externe" oder "perkutane Bestrahlung") versteht man eine Form der Strahlentherapie, bei der sich die Strahlenquelle in einem vergleichsweise großen Abstand (ca. 100 cm) zum Patienten befindet. Da das gesunde Gewebe ebenfalls durchstrahlt wird, versucht man durch unterschiedliche Techniken (z. B. Mehrfeldertecl1nik), die Strahlenbelastung für dieses so gering wie möglich zu halten . Bei der Brachytherapie wird die Strahlenquelle in unmittelbare Nähe des Tumors gebracht. Diese Methode wird vor allem in Körperhöhlen (z. B. Uterus ) oder vorgeformten Körperwegen (z. B. Ösophagus) angewandt. Die Wirkung der Radionuk lidtherapie beruht vor allem auf der Anreicherung des Pharmakons im Tumorgewebe. Bekanntestes Beispiel hierfür ist das Schilddrüsenkarzinom, das durch die Gabe radioaktiven Iods erfolgreich therapiert werden kann.
I Abb. 4: Chronisch-ulzerierende Radiodermatitis bei einer Patientin. die vor 20 Jahren wegen einer Lymphknotenmetastase bestrahlt wurde. [14]
Zusammenfassung Je Trotz des ständigen Fortschritts beträgt die Heilungsrate aller Krebspatienten in Deutschland aktuell nicht mehr als 50%. Je Grundsätzlich unterscheidet man zwi schen drei Ansätzen in der Therapie maligner Erkra nkungen : ku rativ (auf Heilung ausgerichtet), lebens-
•. Ibhlnll,
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verl ängernd sowie palli ati v (lindernd). Je Die Chemot herapie basiert auf einer Vielzahl von Wi rkmechanismen . Die verwendeten Substanzen fü hren z. B. zu Apoptose, Zelldifferenzierung oder Seneszenz der Tumorzellen. Je Insgesa mt erhalten ca .
2/3 aller Krebspatienten eine stra hlentherapeu-
tische Behandlung, bei der man grob zwischen drei Formen differenziert: Telethera pie, Brachytherapie und Radionuklidtherapie.
Knochenmark-jStammzelltransplantation Das Grundprinzip der Stam mzelltransplantation ist es, nach einer myeloablati ve n und damit stammzell toxischen Chemound Strahlentherapie den Patienten wieder mit einem funktioni erenden Knochenmark ausz ustatten_ In Abhä ngigkei t vom Spender des Knochenmarks unterscheidet man zwei Arten vo n Knochenmarktransplantationen: Bei der alloge nen Transplantation erhält der Patient Stammzellen vo n einem anderen Menschen (Spender) , bei der autologen (E igenspend e) erhält er eigenes Knochenmark nach durchgeführter myeloablativer Therapie_ Auto loge Stammze ll transp lantation Hierbei erhält der Patient nach erfo lgter Therapie eigene hämatopoetische Stammzellen, aus denen sich alle drei Zellreihen der Häma topoese wi eder regenerieren_ Die Indikation für eine Sta mm zelltransplantation kann bei fol genden Krankheiten bestehen: ~ Ch ronische lymphatische l eukämie (Cll) ~ Chronische myeloide leukämie (CML) ~ Hodentumor ~ Multi ples Mye lom ~ Hod gkin-Lymphome (nach einem Rezidiv) ~ Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome (nach einem Rezidiv) ~ Ni edrigmali gne Lymphom e
Der zeitliche Ablauf gestaltet sich derart, dass nach erfolgter Polychemothe rapi e dem Patienten 4- 5 Tage lang ein hämatopoetischer Wachstum sfaktor (G-CSF Granulocyte Colony Stimula ting Factor) injiziert wird , um die Stammzellen des Knoch enmarks zu mobil isieren_ Sobald eine ausreichende Menge an CD34-positiven Zellen im Blut des Patienten festgestellt wurde, erfolgt eine Sammlung dieser Zellen mittels einer sog_Zytapherese aus dem peripheren Blut des Patienten_CD34 ist hierbei der leitende Oberflächen marker der Stammzellen_ Deshalb wird der Gehalt an CD34-positiven Zellen als ein Marker für den Stammzellgehalt des Bluts angesehen_ Um eine autologe Transplantation durchzuführen, ist eine Mindestanzahl von 2 x 106 CD34-positive Zellen/ kg KG notwend ig_ Alternativ können die Stammzellen auch durch eine Knochenmarkpunktion gewonnen werden _ Da das zukünftige Transplantat (d_ h_ die gesammelten Zellen) immer noch Tumorzellen enthalten kann, versucht man mittels des sog. "Purgings", die Stamm zellen von den TumorzeIlen zu trennen. Im Rahmen des "Purgings" macht man sich erneut die CD34-Expression der Stammzellen zunutze, indem man einen an Eisenpartikel gebundenen CD34-Antikörper verwendet Da Antikörper an die StammzeUen binden, ist man in der Lage, die Antikörper und die an sie gebundenen Stammzellen zu selektieren. Nach der erfolgreichen Gewinnung der Stammzellen wird der Patient im Vorfeld der eigentlichen Transplantation mit einer sog. Konditionierungstherapie behandelt, deren Aufbau sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung richtet Nach Vollendung dieser Therapie erfolgt dann die Retransfusion der Stammzeilen_ Die Transplantation ist jedoch nicht ohne gewisse Risiken _So
kann es durch Bestand teile der Lösung, in denen die StammzeIlen konserviert werden (DMSO-Dimethylsulfoxid ), zu Pankreas- und Nephrotoxizität kommen_ Des Weiteren sind die Patienten nach der Transplantation aufgrund ihrer temporär unzureichenden Knochenmarksfunktion anfällig für Infekte. Allogene Sta mmzelltra nsplantation Hierbei erfolgt die Stammzellspende von einem HLA-identischen Spender und nicht vom Patienten selbst. Generell wird hierbei ein HLA-kompatibler Spender aus der Familie einem Fremdspender vorgezogen, wobei nach internationalen Standards eine Übereinstimmung in zwei von fünf HLA notwendig ist. Sollte kein Spender gefunden werden, kann in ausgewählten Fällen auch eine HLA-haploide Transplantation von einem Familienmitglied durchgeführt werden.
Die allogene Knochenmarkst ransplantation im Rahmen de r Behand lung der akuten myelo ischen Leukämie (AML) Bei Patienten, die an einer AML erkrankt sind, kann auch unter Chemotherapie nur bei einem geringen Anteil ein Langzeitüberleben erreicht werden . Deshalb besteht bei der AML bereits in der ersten kompletten Remission eine Indikation zur allogenen Stammzelltransplantation. Hierbei zeigt sich in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Transplantation (erste, zweite oder dritte kompl~tte Remission) eine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit des Uberlebens nach der Transplantation (I Abb. 1). Kompli kation en Die möglichen Komplikationen, die im Rahmen einer Knochenmarktransplantation entstehen können, sind vielfältig. Zum einen beruhen sie auf der Toxizität der verwendeten Chemotherapeutika, zum anderen auf der noch nicht 100%igen Funktion des transplantierten Knochenmarks Wahrschei nlich keit des Überlebens 1.0
0.9 0.8 0,7 0,6 0.5
I CR 2: N~~
0,3
0.2 0.1
o
p ( 0.001
o
730 1460 2190 2920 3650 4380 5110 5840 6570 7300 8030 8760
Tage nach Transplantation
• Abb . 1: Gesamtüberleben von erwach senen AIv1L-Patienten nach all ogener Stammzell transplantation. [191
Zusa t zwissen
,/~-------------------------------------------------~~~~~ nach der Transplantation wie auch auf einer möglichen Transplantatsabstoßung bzw. einer Graft·versus·Host·Reaktion. Organtoxizität
Im Rahmen der Konditionierungsthera· pie des Patienten kann es durch die ver· wendete Chemotherapeutik, Bestrah· lung oder Immunsuppressiva zu Schädi· gungen von Organen wie Leber, Niere, Herz oder Lunge kommen. Häufig kommt es bei den Patienten z. B. zu Haarausfall und / oder Entzündungen der Mundschleimhaut nach einer Ganz· körperbestrahlung. Auch kann es im Rahmen der Therapie zu Nierenversa· gen und zerebralen Symptomen kom· men, u. a. bedingt durch die Schädigung des Endothels der Gefäße. Infektionen treten vor allem in der sog. Aplasiephase auf, d. h. direkt nach der Transplantation, wenn das frisch trans· plantierte Knochenmark des Patienten noch ausreichend funktioniert, um eine genügende Immunabwehr zu gewähr· leisten. Virale Infektionen sind aufgrund der verbesserten antiviralen Prophylaxe deutlich seltener. Häufiger erkranken aplastische Patienten an Infektionen durch Bakterien oder Pilze. Transplantatabstoßung
Während bei Transplantationen von HLAdifferent transplantierten Patienten in 20-30%der Fälle eine Abstoßung des Transplantats beobachtet werden kann, erfolgt dies bei HLA·identischen Transplantationen nur in ca. 2% der Fälle. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der HLA·Identität von Spender und Empfänger. Die Abstoßung erfolgt durch eine immu· nologische Reaktion des Empfängers gegenüber dem Transplantat, an der vor allem zytotoxische T-Lymphozyten be· teiligt sind.
I
Limited cGvHD
Extensive cGvHD
~
~
GvHD, Veränderungen Schleimhäute ohne andere Maßnahmen
98
I 99
Manifestationen an zwei oder mehr Organen
~ Moderate Leberwertveränderungen
~ ~
~
Papulomatöse Plaques
~
Fasziitis, Kontrakturen oder Seors itis
~
Augentrockenhe it
~
Mäßig· bis hochgradige Leberwerterhöhungen
Tab . 1: Eintei lung der c hronischen
15% Gewichtsverlust
GvHD.
die Histokompatibilitätsantigene des Patienten/ Empfängers. In Abhängigkeit von der Zeit sowie den klinischen Symptomen unterscheidet man eine akute GvHD, die innerhalb der ersten 100 Tage nach erfolgter Trans· plantation auftritt, sowie eine chroni· sche GvHD (cGvHD), die frühestens 100 Tage nach der Transplantation ent· steht und sich auch in ihrem klinischen Erscheinungsbild von der akuten GvHD unterscheidet. Die chronische GvHD wird an hand der beeinträchtigten Orga· ne in "limited" und "extensive" unter· schieden (I Tab. 1). Die GvHD kommen zwar bei 60" aller HLA-Identisch Transplantierten und bei 80" aller HLA-Kompatiblen vor, jedoch sind die Reaktionen nur in ca 50" der Flille so stark ausgeprägt, dass eine medikamentöse Therapie notwendig wird.
Typische klinische Symptome einer chronischen GvHD sind: .. Husten, Sinusitis, Dyspnoe, Pleura· ergüsse .. Polyneuropathie, Vaskulitis .. Übelkeit, Erbrechen, Dysphagie, Diar· rhö, Gewichtsverlust und Aszites
.. Sklerodermie, Teleangiektasien, maku· lopapilöses Exanthem .. Gingivitis, Sicca·Syndrom, Korneal· ulzera Die akute GvHD wird in unterschied· liche Schweregrade unterteilt. Prophy' laktisch erfolgt die Gabe von Cyclospo· rin A am Tag vor der Transplantation. Hierdurch kommt es zu einer redu· zierten Sekretion von Zytokinen aus aktivierten T-Zellen. Risikofaktoren für eine akute GvHD· Reaktion sind: .. Geschlecht des Spenders (weiblich gilt hier als weniger vorteilhaft) .. Schwangerschaften in der Vorge· schichte des Spenders .. Transfusionen des Spenders in seiner medizinischen Vorgeschichte
Rezid iv Trotz der Erfolg versprechenden Ergeb· nisse kann es auch nach einer erfolg' reichen Knochenmarktransplantation zu einem Rezidiv der Erkrankung kom· men. Die Wahrscheinlichkeit ist umso höher, je fortgeschrittener die Grunder· krankung zum Zeitpunkt der Transplan· tation war.
Zusammenfassung • In Abhängigkeit vom Spender unterscheidet man zwischen autologer und allogener Stammzelltransplantation. • Wichtiges Kriteri um der Spenderkompatibilität ist die HLA-Kompatibilität des Spenders und Empfängers. • Komplikationen im Rahmen einer Transplantation sind Infektionen, Schädi-
Graft versus Host Disea se (GvHD )
Hierbei handelt es sich um ein bedeut· sames Problem nach allogener Stamm· zell transplantation. Im Rahm en der GvHD erfolgt eine Immunreaktion des Transplantats (Graft) gegen den Organis· mus, in den es transplantiert wurde. Diese Reaktion ist ebenfalls primär T-Zell·vermittelt und richtet sich gegen
gung anderer Organe durch die verwendeten Chemotherapeutika oder auch die Abstoßung des Transplantats. • Die GvHD ist eine weitere Komplikation der Knochenmarktransplantation . Hierbei kommt es zur Immunreaktion des Transplantats gegenüber dem Organismus des Patienten.
• GvHD werden in akut (max. 100 Tage nach Transplantation) und ch ronisch (ab dem 100. Tag nach Transplantation) unterschieden.
Leitsymptome In Ab hän gigke it von der Erkrankung zeigt sich bei Krebspatienten eine Vielza hl klinischer Symptome. Deren Ersclleinun gsbild ist uneinhei tl ich und durch die lokalen und systemischen Auswirkungen des Tumors bedingt, z. B. durch die Infiltration des umgebenden Gewebes oder die Freisetzung von im Tumorgewebe synthetisierten Signalstoffen . Man sollte sic h jedoch bewusst sein, dass diese Symptome nich t nur im Rahmen von malignen neoplastischen Erkrankungen vorkommen, sondern auch nicht neoplastisc her Genese sein können. 1 Tabell e 1 enthält einige dieser Symptome. Allgemeine Symptome
Allgemeine Symptome ~
Gewichtsverl ust
~
Ikterus
.... Obere Einflu sss tauu ng
~
Müdigkeit
~
Lymphknotensc hwellung
~
Lokaler Schmerz
~
Fieber
~
Infek tanfälligkeit
~
Heiserk eit
~
Juckreiz
~
Blut ungszeichen
~
Husten und Atemnot
Zu den spezi fischeren Symptomen gehört z. B. der Ikterus. Ursache hierfür ka nn etwa eine maligne Cholestase durch Tumoren der Leber oder des Pankreas sein (I Abb. 1). Durch Immundefekte, die oft im Rahmen von hämatologischen Malignomen auftreten, erkranken Patienten auffallend häufig an ungewöhnlich und überdurchsc hnittlich lang verlaufenden Infekten. Auch Blutungsanomalien gehören zu den spezifischen Symptomen von Patien-
~
Hä moptysen
~
Störungen der Nahrun gsaufnah me Miktionsbeschwerden
~
~ Gynäkologische Fun kti onss töru ngen
I
~
Ha utveränderungen
~
ZNS-Symptome
Tab. 1: Leitsymplom e von Krebserkrankungen.
ten mit einer hämatoonkologischen Erkrankung. Diese zeigen sich klinisch vor allem durch petechiale Blutungen, Hämaturie oder Epistaxis. Sie sind auf eine Thrombozytopenie, humorale Gerinnungsstörungen und Vaskulopathien zurückzuführen. Ein weiteres, spezifischeres Symptom ist die Anämie, die vor allem durch Blässe der Haut und Schleimhäute klinisch imponiert. Sie kann unterschiedlicher Genese sein:
Zu den Allgemeinsymptomen maligner Erkranku ngen gehören Gewichtsverlust, Müdigkeit, Fieber (= B-Symptomatik) oder Juckreiz. Der Gewichtsve rlust ist häufig größer als 10% in sec hs Mona ten. Oft besc hrei~ Verursacht durch die Infiltration des ben die Patienten begleitende AppetitKnochenmarks (z. B. Bronchial- oder losigkeit und Übelkeit. Mammakarzinom) durch Tumorzellen Eine nachlassende Leistungsfähigkeit oder im Rahmen paraneoplastischer wird häufig im Spätstadium bei einsetze nd er zytokinvermi tteIter TumorSynd rome kachexie beobachtet. ~ In Kombination mit Eisenmangel kommt es besonders bei Patienten mit Der Juckreiz und zusätzliche Hauteinem gynäkologischen oder gastroente· effloreszenzen sind weitere allgemeine Symptome , wobei man zwisc hen kuta· rologischen Tumor z. B. bei Blutungen nen Neoplasien und unspezifischen zur Entwicklung einer Anämie. Ha utveränderungen differenzieren ~ Autoimmunhämolytische Anämien muss. Sie können z. B. im Rahmen einer können bei Patienten mit Lymphomen tumorbedingten Cholestase oder neooder chronischen Leukämien auftreten. plastischen lymphatisc hen Erkrankung Sie werden z. B. durch Wärme- und Kälteagglutinine verursacht. auftreten. Spezifische Symptome
Organbezogene Symptome
Spezifische Symptome
Lymphknotenschwellungen betreffen am häufigsten die Ha ls-, Axilla- und Inguinalregion . Palpatorisch lassen sich nur Hinweise auf eine maligne Genese
gewinnen ; Anzeichen dafür sind eine verhärtete Konsistenz, geringe Druckdolenz sowie eine schlechte Oberfläc henverschiebbarkei t. Organbezogene Symptome
Zu einer oberen Einflussstauung, d. h. einer Zunahme des Halsumfangs mit Ödemen und zyanotischer Verfärbung des Gesichtsbereichs in Kombination mit einem Anschwellen der oberen Extremitäten, kommt es meistens durch eine Kompression der Vv. subclaviae und der V. cava superior. Tumoren, die dies bewirken, sind z. B. Bronchialkarzinome. Häufig berichten die Patienten auch über lokale Schmerzen, die auf eine Expansion des Tumors zurückzuführen sind. ~ Husten, Heiserkeit und Singultus sind Leitsymptome von Tumoren der KopfHals-Region, aber auch subphrenisch lokalisierte Tumoren (Magenkarzinom oder Pankreaskarzinom ) können einen Singultus hervorrufen. ~ Hämoptysen werden durch primäre Lungentumoren oder Metastasen anderer Tumoren in der Lunge hervorgerufen. Ursachen hierfür sind z. B. tumorbedingte Gefäßarrosionen.
I
Abb. 1: Patien t mit Ik te ru s und den dafür
typi sche n verfärbten Skleren.
[91
Zusatzwissen
~ Die Störung der Nahrungsaufnahme ist nicht selten das Resultat einer tumorbedingten Obstruktion des Oropharynx oder des Ösophagus. ~ Patienten mit malignen neoplastischen Erkrankungen im Darmbereich berichten häufig von lang anhaltender Obstipa· tion, Diarrhö und Stuhlbeimengungen. ~ Harnauffälligkeiten und Beschwerden beim Wasserlassen können Hinweise auf verschiedene maligne Erkrankungen sein. Typische Symptome sind Hämaturie, Pollakisurie, schmerzhafte Miktion, Harnverhalt oder Inkontinenz. ~ Zu den gynäkologischen Funktionsstörungen, die eine neoplastische Erkrankung nahelegen, zählen vor allem atypische Blutungen, Schmerzen, vaginaler Fluor, Spannungsgefühl im Becken sowie Miktionsstörungen. Atypische Blutungen werden besonders bei Patientinnen mit entstehenden Endometri·
100
I
101
umkarzinomen beobachtet. Vaginaler Fluor kommt hingegen sowohl bei vorliegendem Endometriumkarzinom als auch bei Patientinnen mit einem Zervixkarzinom vor_ ~ Veränderungen der Haut, die Symptome einer onkologischen Erkrankung sind, entstehen entweder direkt durch den Tumor selbst, durch Tumoren in benachbartem Gewebe bzw. Zellen anderer Malignome oder im Rahmen paraneoplastischer Syndrome. Melanome sind ein Beispiel für eine dermale Veränderung, die direkt durch die Tumorerkrankung hervor· gerufen wird. Metastasen epithelialer Tumoren wie des Magen- oder Bronchialkarzinoms verursachen subkutane, derbe Knoten (I Abb. 2). Exemplarisch für Hautveränderungen, die im Verlauf paraneoplastischer Syndrome entstehen, ist die Hypertrichose. Sie kann z. B. bei Patienten mit Bronchialkarzinomen beobachtet werden .
I Abb. 2: Knot ige Hautmetastasen bei einem Patienten mit Magenkarzinom.
[141
Zusammenfassung
x
Das Erscheinungsbild von onkologischen Erkrankungen ist uneinheitlich und wird in erster Linie durch die lokalen und system ischen Auswirkungen der Tumorerkrankung bedingt.
X Grob kann man die Symptome in allgemein, spezifisch und organbezogen unterteilen. X Allgemeine Symptome sind Gewichtsverlust, Müdigkeit, Fieber und Juckreiz. X Die organbezogenen Symptome werden in erster Linie durch die direkten Auswirkungen der Tumorerkrankung auf das betroffene Organ bzw. die betroffenen Organe hervorgerufen.
Infektionen bei onkologischen Patienten Prädisponierende Faktoren für Infekte bei hämatoonkologisehen Patienten sind eine verminderte Funktion der T-Zellen, der neutrophilen Granulozyten und der Makrophagen. Des Weiteren kann es auch durch einen Mangel an Antikörpern und die immunsuppressive Therapie zu einer verstärkten Infektanfälligkeit kommen. Studien haben gezeigt, dass bei onkologischen Patienten das Risiko, einen Infekt zu bekommen, im direkten Zusammenhang mit ihrer Anzahl neutrophi ler Granulozyten in ihrem Blut steht. Ris ikogruppen Die Patienten können in Hinsicht auf ihr Infektionsrisiko grob in drei Gruppen unterteilt werden: Niedrigrisiko-, Standardri siko- und Hochrisikopatienten . Niedrigrisikopatienten sind Patienten nach einer Standardchemotherapie bei Lymphomen oder soliden Tumoren, die eine kurze Neutropeniedauer aufwe ise n und keine wei teren Risikofaktoren besitzen. Standardri sikopatienten haben eine erwartete Neutropeniedauer von 6 - 9 Tagen nach autologer Stammzelltransplantation oder intensivierter Chemotherapie. Hochrisikopatienten haben eine erwartete Neutropeniedauer von über zehn Tagen, z. B. nach einer allogenen Knochenmarktransplantation oder einer Konsolidierungsth erapi e bei einer akuten myeloischen Leukämie. Des Weiteren unterscheidet man patienten assoziierte (z. B. Alter), umweltassoziierte (z. B. Exposition gegenüber Erregern) und behandlun gsassoziierte (z. B. vorausgegangene Pilzinfektion ) Risikofaktoren.
Grampositive
Gramnegative
Bakteri en
Bakterien
~
S. aureus
~
~
Streptococcus
~
~
Cornybacterium
~
Pseudomonas
~
Enterococcus
spp. faecalis
I
Anaerobier
Pilze
E. Coli
~
Clostridium difficile
~ Candida spp .
Klebsiell a spp.
~
Bacteroides spp.
~
Aspergillus
~
Fusobacterium
~
Zygomyceten
spp.
~
Fusarium spp.
~
Proprionibacterium
aeruginosa ~
Enterobacter spp.
Tab. 1: Häufige Erreger von Infekten bei neutropenen Patienten. [19]
apparent. Zu Enterokolitiden oder Ösophagitiden kann es durch Infektion mit gramnegativen Stäbchen wie E. coli oder durch eine Candida- oder Herpesinfektion kommen. Eine Beteiligung des ZNS im Rahmen einer neutropenen Infektion erfolgt meist in Form eines Hirnabszesses oder einer Meningitis. Die Diagnostik sollte neben einer genauen klinischen Untersuchung auch eine intensive mikrobiologische Analyse beinhalten. Diese besteht u. a. aus der Abnahme von Blutkulturen bei Fieberanstieg und vor Antibiotikaprophylaxe. Dabei sollten auch aus einem liegenden Venenkatheter BlutkuIturen abgenommen werden, um diesen als potenziellen Herd der Infektion auszuschließen. Bei Patienten nach einer allogenen Stammzelltransplantation wird diese mikrobiologische Diagnostik weiter intensiviert. Therap ie
Epidemiologie
Studien besagen, dass bei über 75 % aller Patienten der Standard - oder Hochrisikogruppe im Zeitraum ihrer Neutropenie Fieber festgestellt werden kann, wobei sich in 50% der Fälle kein Infektionsherd finden lässt. Klinik Neben dem Fieber können Patienten mit einer Neutropenie fo lgende Symptome aufweisen: ~ Sepsis ~ Hepatolienale Candidose ~ Hirnabszess ~ Katheterinfektionen ~ Lungenödem ~ Pseudomembranäse Enterokolitis ~ FUO (Fever of unknown origin) Erregerspektru m 75% aller Infektionen von hämatoonkologischen Patienten lassen sich auf sechs bakterielle Erregergruppen zurückführen. Pilzinfektionen werden mit 10- 15% deutlich seltener als Infektionsursache diagnostiziert. I Tabelle 1 gibt einen Überblick über die häufigsten Erreger bei neutropenen Patienten, die an einem Infekt mit Fieber erkranken. Die klinische Symptomatik hängt stark von den Infektionskeimen sowie dem betroffenen Organ ab. Infektionen der oberen und unteren Atemwege werden in Form einer Sinusitis (obere Atemwege) oder Pneumonie (untere Atemwege) klinisch
Nachdem Studien eine deutliche Reduktion der infektionsassoziierten Letalität durch die initial ungezielte Gabe von Breitspektrumantibiotika zeigen konnten, wird heute bis zum Vorliegen des mikrobiologischen Befunds initial eine sehr breite antibiotische Therapie durchgeführt. Die I Abbildungen 1 und 2 stellen das Vorgehen bei Fieber unbekannter Ursache (FUO) bei onkologischen Patienten mit niedrigem und hohem Risikoprofil dar. Prop hylaxe Bei stark neutrophilen Patienten wurden mehrere Strategien entwickelt, um die Infektionserkrankungen dieser Menschen so gering wie möglich zu halten. Isolierung: im Rahmen der sog. Umkehrisolierung wird der Patient vor seiner Umgebung geschützt, indem er u. a. einen Mundschutz trägt. In der Regel ist eine Unterbringung in einem Einzelzimmer nicht zwingend notwendig, es sei denn der Patient leidet an einer infektiösen Durchfallerkrankung , oder einer anderen stark infektiösen Krankheit. Auch für Besucher des Patienten gelten besondere Vorsorgekriterien. Sie sollten sich bei Betreten des Patientenzimmers einen Mundschutz und einen Schutzkittel anlegen. Der Besuch von Kindern ist in den meisten Kliniken nur nach Rücksprache mit dem Arzt möglich und wird i. d. R. nur erlaubt, wenn die Kinder weder erkältet sind noch an einem Husten leiden. Bl umen und Pflanzen sind aufgrund der erhöhten Infektionsgefahr in Zimmern von neutropenen Patienten verboten .
Zusatzwissen
~--------------------------------------------------------Ungeklärtes Fieber bei NIedrigrisikopatienten (FUO)
Patient für orale Therapie geeignet?
I
102
103
Infektiöses Fieber ohne Erregemachwels bel Hochrisikopatienten (FUO)
J
,) Monothe rapi e: Cefta zidim, Cefe pime, Pip era cillin -Tazo bactam oder Carbapenem
2) Duoth erapie: Acylaminopenicillin ode r Dritt-{Viertge nerations-Cep halosporin
jeweils mit Aminoglykosid Nein
Ja
1) Monotherapie: Ceftazidim , Ce fepime, Piperacillin·Tazobactam oder Carbapenem z) Acylaminopenicillin + Aminoglykosi d oder 3) Dritt -/Viertenge neration s-Cephalosporin +
Aminoglykosid
Ja
/~
Ja
terung? Oder Lung en-
infi ltrat
L_
)
Klinische Verschlech· terung?
Klinische Verschlech·
Nein
Reeva luation
Fieber nach 72- 1000/1) 2 fieberfreie Tage
Ja
Keine Modifikation
Cephalosporin + Aminog lykosid
Fi eber nach 7Z- 10 mmHg. Weitere, jedoch weni- prägte Kopfschmerzen ein Erstsymptom, gegen die zu erwartenden neurologiweitere unspezifische Symptome sind ger spezifische Symptome sind Zeichen schen Defizite abgewogen werden. Übelkeit oder Erbrechen. Weitere Symder Herzinsuffizienz, Ödeme, Hepatosplenomegalie sowie Halsvenenstauung ptome können sein:
dem zehnten onkologischen Patienten einen Perikarderguss nachweisen. Tumoren, bei denen häufig das Perikard involviert ist, sind:
Tumor- und therapieassoziierte Notfälle 11 LeukostasejHyperviskositätssyndrom
tid PTH-rP, das wie das Parathormon zu einer gesteigerten Freisetzung von Kalzium aus den Knochen führt Das klinische Bild der Hyperkalzämie ist facettenreich, initial sind die Patienten häufig beschwerdefrei und entwickeln erst im fortgesch rittenen Stadium klinische Symptome:
Hierbei kommt es durch vermehrte oder abnorme Plasmaproteine oder auch korpuskuläre Bestandteile des Bluts zu einer starken Erhöhung der Blutviskosität Diese Erhöhung führt in vielen Organen zu einer Beeinträchtigung ihrer Funktionen_ Am häufigsten findet man das Leuko~ Kardial: OT-Zeit-Verkürzung oder stasesyndrom bei Patienten mit einer Arrhythmien CML Generell kommt es bei myelo~ Neuromuskulär: Adynamie, Hypoischen Leukämien häu figer zu einem reflexie, Bewusstseinseintrübungen Leukostasesynd rom als bei lymphati~ Renal: Polyurie, Polydipsie schen Leukämien_ Die klinische Sym- ~ Gastrointestinal: Inappetenz, Übelptomatik ist vielfältig, wobei eine Sym- keit, Obstipation, Pankreatitis ptomentrias aus Sehstörungen, neuropsychiatrischen Störungen und Blutungen Therapeutisch gibt es drei Prinzipien, charakteristisch ist. Des Weiteren leiden auf denen die Behand lung der Hyperdi e Patienten häufig an unspezifischen kalzämie basiert: die Reduktion der Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche, enteralen Kal ziumresorption, die Hemperiph eren Polyneuropathien oder auch mung der Kalziummobilisierung sowie pulmonalen Komplikationen_ Weitere eine Steigerung der Urinkalziumausscheidung_ Symptome können sei n: Haut- und Schleimhautblutungen Zephalgien, Tinnitus oder Bewusstseinsstörungen ~ Visusverschlech terungen ~ Herz- und Niereninsuffizienz ~
~
Hyponatriämie bei inadäquater ADH- Sekretion (SIADH)
gleichs der Natriumkonzentration Gegenstand aktueller Diskussionen ist Hypoglykämie
Die Hypoglykämie kommt vor allem bei Insulinomen oder bei neuroendokrinen Tumoren als paraneoplastisches Syndrom vor_ Auch kann eine spontane Hypoglykämie bei ausgedehntem Leberbefall oder sehr großen Tumormassen auftreten _ Pathophysiologisch liegen der Hyperglykämie eine inadäquate Synthese von Insulin oder insu linähnlichen Substanzen zugrund e_ Des Weiteren kann es zur Interaktion zwischen den Antidiabetika und verwendeten Zytostatika kommen. Durch einen ausgedehnten Leberbefall erfolgt eine Verringerung der Glykogenreserven sowie bei sehr stoffwechselaktiven Tumoren eine starke Erhöhung des Glukoseverbrauchs_ Therapeutisch wird neben einer Therapie der Grunderkrankung eine rein symptomatische Behandlung durChgeführt
Therapieassoziierte Notfälle Vor allem bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen kommt es in ca. 10% aller Die im Verlauf einer Tumortherapie am Fälle zu einer gesteigerten Sekretion des häufigsten entstehenden Notfälle sind antid iuretischen Hormons [ADH)_ Paravasate sowie das Tumorlysesyndrom_ Therapeutisch führt man bei einem Durch AD H erfolgt in den Nieren eine Leukostasesynd rom Aderlässe (Polyerhöhte Retention von Wasser, was u_ a_ zythämie), Thrombopherese (Thrombo- zu einer Hyponatriämie und HypervolZytostatika pa ravasate zythämie) oder eine Leukapherese ämie des Plasmas sowie einer HyperHierbei kommt es zur fehlerhaften Verosmolarität des Urins führt Neben der (Leukostase) in Kombination mit einer abreichung von Chemotherapeutika in zytostatischen Therapie durch _Bei einer paraneoplastischen PrOduktion durch die Haut statt ins Gefäß_ Hierdurch ein Bronchialkarzinom kann es auch im kann es in Abhängigkeit vom veraberhöhten Plasmaviskosität findet vor Rahmen von Nebenwirkungen während reichten Zytostatikum zu einer Schädiallem die Plasmapherese Anwendung_ der Therapie mit Zytostatika, Neurogung des umliegenden Gewebes komSollte es dennoch weiterhin zu Gerinleptika oder Antidepressiva zu einem men_ Nach dem Untergang des geschänungsstörungen kommen, kann eine SIADH kommen_ digten Gewebes besteht die Gefahr, dass Substitution mit Frischplasma durchKlinisch manifestiert sich die Hyponatri- die schädigenden Substanzen erneut geführt werden_ ämie in Abhängigkeit vom Serumnatrifreigesetzt werden und als letzte theraumgehalti so kann es bei schwerem Ver- peutische Möglichkeit nur eine chirurHyperkalzämie lauf zu einem Koma des Patienten kom- gische Entfernung des Gewebes übrig Dieses tumorassoziierte Syndrom kann bleibt. men_ Anfänglich leiden die Patienten grundsätzlich bei allen Tumorarten aufbei akuter Hyponatriämie unter Kopftreten, wobei es jedoch vermehrt bei ~ Substanzen mit geringer Toxizität Mamma-, Bronchial- und Nierenzellkar- schmerzen, Halluzinationen oder auch (wenn paravasal verabreicht) Krampfanfällen. zinomen sowie Myelomen diagnostiDocetaxel Therapeutisch steht in Abhängigkeit ziert wird. Ursache ist entweder eine - Topotecan von den Natriumwerten die Besserung ausgedehnte Knochenmetastasierung Methotrexat der akuten Symptomatik im Vorderoder die Synthese von Proteinen, die grund, sofern die Natriumkonzentration ~ Substanzen mit mäßiger Toxizität den physiologischen Knochenstoff- Bleomycin nicht unter 120 mmol/ l sinkt, wobei wechsel beeinflussen_ Ein Beispiel hier- Etoposid die ideale Geschwindigkeit des Ausfür ist das parathormonverwandte Pep-
Zusatzwissen
~
Substanzen mit starker Toxizität
- Doxorubicin - Vinblastin Klinisch kann es akut zu Schmerzentwicklung, Rötung oder Ödembildung kommen, auch besteht die Möglichkeit einer systemischen Reaktion wie Übelkeit oder Erbrechen. Nach einigen Tagen wird dann eine Gewebsnekrose erkennbar, wobei vor allem die Gefahr der Superinfektion besteht. Prophylaktisch sollten u. a. die Zytostatika nur durch geschultes Personal verabreicht, die Lage des Zugangs vor Gabe des Zytostatikums geprüft und der Patient während der Verabreichung des Medikaments beaufsichtigt werden. Des Weiteren sollten Zytostatika mit starker lokaler Toxizität, wenn möglich, immer über einen zentralvenösen Zugang verabreicht werden. Therapeutisch ist ein Paravasat wie ein akuter Notfall zu behandeln, dabei unterteilt man die Maßnahmen grob in Basis· und substanzspezifische Maßnahmen (I Tab. 1l.
~ Kardiologisch: Herzrhythmusstörungen bedingt durch eine Hyperkalämie ~ Nephrologisch: Nephrokalzinose und Uratnephropathie ~ Metabolisch: Hypoglykämie ~ Neurologisch: Apathie, Bewusstseinsstörungen ~ Hämatologisch: Verbrauchskoagulopathie, Hämolyse
I
109
Um der Entstehung eines Tumorlysesyndroms vorzubeugen, sollte zuerst das Risiko der Entstehung eines solchen abgeschätzt und dann im Verlauf der Therapie u. a. eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gesichert werden. Auch eine engmaschige laborchemische Kon· trolle sowie ein vorsichtiger Beginn der Therapie können die Entstehung des Tumorlysesyndroms vermeiden helfen.
Substanzspezifische Maßnahmen bei Paravasation (n. TUZ Uni Ulmj www.uni-ulm.de/klinik/tzu) Substanzen
Spezifische Maßnahmen
... Amsacrin
~ Lokale Kälte für 15 min. sechsstündlich Eispackung für mind. drei Tage oder
~
Cis platin
~
Dactinomycin
~
Daunorubicin
alle 3 - 4 h für mind. drei Tage (besser: 14 Tage). Auftragen und an der Luft trocknen
~
Doxorubicin
lassen. Das Intervall kann ab Tag 4 auf sechs Stunden verl ängert werden .
~
Epirubicin
~
Idarubicin
~
Mitomycin
~
Mitoxantron
~ Daunorubicin liposomal ~
Abdeckung mit Eisbeuteln für 24 h ~ Lokale App li kation von 99%igem Dimethylsulfoxid (DM SO) mit ei nem Watteträger
~ Lokale Kä lte für 15 min, sechsstünd li ch Eispackung für mind. drei Tage od er
Doxorubicin liposomal
Abdeckung mit Eisbeuteln für 24 h ~ Cave! Kein DM SO anwenden. Aufgrund der Eigenschaften von DMSO ist die Frei-
setzung der Anthrazyk lin e aus den Liposomen und damit eine größere Schädigung zu befürchten! ~
Vinblastin
~ Loka le Untersprilzung mit Hyaluronidase: 4 - 8 Amp.
... Vincristin
Tumorlysesyndrom Bei Patienten, die an Tumoren erkrankt sind, die sehr schnell proliferieren und gut auf eine zytostatische Therapie ansprechen, kann es im Rahmen ihrer Behandlung zu einem sog. Tumorlysesyndrom kommen. Prädestiniert hierfür sind akute Leukämien oder hochmaligne NHL, bei soliden Tumoren tritt dieses Syndrom seltener auf. Im Rahmen des therapieinduzierten Tumorzerfalls kommt es pathophysiologisch zu einer vermehrten Freisetzung intrazellularer Substanzen, deshalb kann es u. a. zu einer Hyperphosphatämie, Hyperurikämie oder Hyperkalzämie kommen. Zu den Faktoren, die das Entstehen eines Tumorlysesyndroms begünstigen, zählen eine vorbestehende Niereninsuffizienz oder Dehydratation. Klinisch kann sich das Tumorlysesyndrom sehr variabel präsentieren, die Symptome reichen von eher leichteren Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Lethargie hin zu akuten lebensbedrohlichen Zuständen (Bewusstseinstörungen, Herzrhythmusstörungen l:
108
~
Vindesin
~
Vinorelbin
a 150 IE. Die großzügige
Unterspritzung der Paravasatregion verursacht starke brennende Schmerzen. Die Nuuenabwägung ist dennoch positiv! ~ ~
Gabe eines oralen Analgetikums erwägen Lokale milde trockene Wärme für bis zu 24 h (Cave! Feuchte Wärme mazeriert das Gewebe und fördert die nekrotische Wirkung!)
Paclitaxel
~ Lokale Unterspritzung mit Hyaluronidase: 4 - 8 Amp.
a 150 IE. Die großzügige
Unterspritzung der Paravasatregion verursacht starke brennende Schmerzen. Die Nutzenabwägung ist dennoch positiv!
I
~
Gabe eines oralen Analgetikums erwägen
~
Sei Paclitaxel ist eine Wärmeanwend ung nicht nützlich.
Dacarbazin
Cava! Kein Sonnenlicht!
Oxaliplatin
Cave! Keine ka lten Umschläge!
Tab. 1: Maßnahmen bei Paravasation. [19}
Zusammenfassung • Komplikationen während einer Therapie kann man grob in tumor- und therapieassoziiert unterteilen. • Das V.-cava-superior-Syndrom ist in 50 - 60% der Fälle das erste Symptom einer bis dato nicht diagnostizierten Tumorerkrankung. • Bei schnell proliferierenden Tumoren kann es innerhalb kürzester Zeit zur Symptomatik einer Rückenmarkskompression kommen, ohne dass hierfür ein akutes traumatisches Ereignis stattgefunden haben muss_ • 10% aller Tumorpatienten entwickeln einen symptomatischen Perikarderguss.
Supportive Therapie Im Rahmen dieses Kapitels werden einige Aspekte der supportiven Therapie in der Onkologie behandelt. Jeden Aspekt dieses essenziellen Teils der onkologischen Therapie zu behandeln würde jedoch den Rahmen dieses Buches sprengen, weshalb bei größerem Interesse ein entsprechendes Fachbuch zurate gezogen werde n sollte_
z. B. Hirnmetastasen. Metabolische Störungen, die zu Übelkeit und Erbre· ehen führen, sind Elektrolytstörungen, Störungen des Säure·Basen-Haushalts oder eine Leberinsuffizienz. Unter funktionellen Ursachen der Emesis versteht man sensorische Irritationen sowie chronische Erschöpfung oder and ere psychische Faktoren.
Antiemese
Risikofaktoren und Therapie
Die Sym ptome Anorex ia (Appetitlosigkeit), Nausea (Übelkeit) und Emesis (Erbrechen) werden von vielen Patienten im Verla uf ihrer chemotherapeutischen Behandlung beschrieben, sie werden auch unter dem Begriff "ANE-Syndrom " zusammengefasst. Nicht selten führen diese Symptome ohne entsprechende Therapie zu einem Abbruch der Behandlung, weshalb eine effiziente antiemetische Behandlung essenzieller Bestandteil vieler onkologischer Therapieschemata ist. Insgesamt untersc hei det man drei Formen von Emesis: die innerhalb von 24 Stunden auftretende akute, die verzögerte (2 - 5 Tage nach Eintri tt) und eine antizipatorische Emesis_ Letztere ist vor allem psyc hisch bedingt und kann vor, während und nach einer Chemotherapie vorkommen. Ursache ist in den meisten Fällen eine nicht ausreichende Emesisprophylaxe in vorherigen Zyklen, wesha lb als beste Therapie eine ausreichende Prophylaxe vor dem ersten Zyklus der Chemotherapie angesehen wird . Die akut eintretende Emesis beginnt während bzw. unmittelbar nach der Chemotherapie, wobei die Dauer von Patient zu Patient variiert. Typisch für cisplatinhaltige Therapie ist das Auftreten der verzögerten Emesis, die 2 - 5 Tage nach der Behandlung auftreten kann_ Klinisch muss man bei einem onkologischen Patienten neben der Chemotherapie andere Ursachen für die Übelkeit und das Erbrechen ausschließen_ Hierbei handelt es sich um organische, metabolische und funktionelle Ursachen. Organische Ursachen können im Gastrointestinaltrakt zu finden sein, z_ B. bei einem mechanischen oder paralytischen Ileus, oder neurologischer Genese sein,
Die Risikofaktoren werden in patientenspezifische, tumorbedingte und zytostatikaspezifische Faktoren unterteilt. Patienten weiblichen Geschlechts in einem Alter von unter 35 Jahren mit einer positiven Anamnese für chemotherapieind uzierte Emesis haben ein erhöhtes "Erkrankungsrisiko" . Weitere patientenspezifisc he Risikofaktoren sind eine ängstliche Grundhaltung sowie ein schwaches sozioökonomisches Umfeld. Tumorassoziierte Risikofaktoren sind eine hohe Malignität sowie ein fortgeschrittenes Tumorstadium. Die zytostatikaspezifischen Risikofaktoren bezeichnen das emetogene Potenzial unterschiedlicher Substanzen,
von denen nachfolgend einige exempla· risch aufgeführt sind: ~ Zytostatika mit hohem emetogenem Potenzial, d. h. Häufigkeit des Erbrechens > 90 %: Carmustin, Cisplatin, Cyclophosphamid ~ Zytostatika mit moderatem Potenzial (30 -90% d. Fälle): Carboplatin, Danorubicin, Epirubicin ~ Zytostatika mi t geringem Potenzial (10 - 30% d. Fälle) : Cetuximab, Etoposid, Gemcitabin ~ Zytostatika mit minimalem Potenzial « 10% d. Fälle) : Bleomycin, Vinblastin
Die im Rahmen der Therapie verwendeten Substanzen werden nach ihrem Wirkspektrum sowie dem emetogenen Potenzial der in der Behandlung eingesetzten Medikamente ausgeWählt (I Tab. 1). Auf der 2004 stattgefundenen Konsensuskonferenz der Multi· national Association of Supportive Care in Cancer (MASCC) wurden die heute noch gültigen Therapierichtlinien für akute und verzögerte Emesis fes tgelegt (I Tab. 2).
Übersicht über gängige Antiemetika Subst anz-
Präparat e
gr uppe
(Beispiele)
Angriffspunkte
Antiemetische
Nebenwirkungen
Wirksamkeit 5-HT3-Rezeptor
Hoch
5-HT3-
Ondansetron
Rezeptor-
Tropisetron
Müdigkeit Kopfschmerzen
Antagonis ten
Granisetron
Obstipation
Dolasetron Pa lonosetron Substituierte
Metoclopramid
Benzamide
Alizaprid
Neurokini- l -
Aprepitant
Dopamin-D2-Rezeptor
Hoch
Neurokinin- 1-Rezeptor
In Kombinat ion
Obstipation
hoch
Diarrhö
Extrapyramidale Dysk inesien (Antido t : Akineton) Sedierung
Rezeptor-
Müdigkeit
An tagonisten
Tran saminasenaktivitäts. anstieg Kortikosteroide
Neuroleptika
Mittel
Dexamethason
Chemorezeptorentrig-
Methylprednisolon
gerzone (Membran-
Kopfschmerzen
stabilisierung')
Blutzuckerspiegelentgleisung
Levomepromazin
Dopamin-D2-Rezeptor
Mittel
Perianale Irritat ion
Sed ierung Extrapyramidale Dyskinesien
Promethazin Triflupromazin Domperidon Haloperidol Antih istaminika
Dimenhydrinat
Muscarincholinerger
Gering
Sedierung
Gering
Sedierung
Rezeptor Benzodiazepine
Diazepam
Limbisch es System
Lorazepam
I Tab. 1: Antieme ti ka. die k linisch im Rahm en der onko logischen Antiem ese verwendet werden . [191
Zusatzwissen
Schme rztherap ie
Im Rahmen der onkologischen Schmerztherapie wird der Entstehungsmechanismus des Schmerzes in zwei Gruppen unterteilt: zum einen in den nozizeptiven Schmerz, der durch die Stimulation von Nozizeptoren der Haut oder innerer Organe hervorgerufen wird, und zum anderen in den neuropathischen Schmerz, der durch die Affektion peripherer Nerven, aber auch des sympathischen Nervensystems entsteht. Eine weitere Schmerzart dieser Gruppe ist der Phantomschmerz, der nach der Durchtrennung afferenter Nerven entstehen kann . Auch die Ätiologie des Schmerzes ist von therapeutischer Bedeutung; hier differenziert man zwischen drei Gruppen: den durch die Therapie, den Tumor selbst oder durch Begleitmorbiditäten verursachten Schmerz. ~ Tumorbedingt: Befall von Organen, Infiltration vom Nervensystem ~ Tumorassoziiert: Thrombosen, paraneoplastische Syndrome ~ Therapieassoziiert: Polyneuropathie, Mukositis
Die Schmerztherapie ist prinzipiell darauf ausgelegt, den Schmerz zu reduzieren, ohne dabei einen negativen Effekt auf die Lebensqualität des Patienten zu haben. Um dies zu ermöglichen, gibt es einige grundlegende Prinzipien, von denen nachfolgend einige beschrieben sind: ~ Oraler Applikation ist der Vorzug vor transdermaler Applikation zu geben. ~ Lang wirksame Schmerzmittel [Basistherapie) sind mit kurz wirksamen Medikamenten zur Behandlung von Schmerzspitzen zu kombinieren. ~ Die Therapie sollte ein festes Einnahmeregime ermöglichen.
Grundlegendes Schema der Schmerztherapie hinsichtlich der verwendeten Medikamente ist das der WHO, bei dem man grob drei Stufen unterscheidel: Stufe I: Nicht-Opioid-Anal getikum + Adjuvans ~ Stufe 11: Schwach wirksames Opioid ~
110
I 111
Therapievorschlag bei akuter und verzögerter Emesis gemäß emetogenem Potenzial
[mod. N. Koeller et al.: www. Mascc.org] Kategorie
Hoch
Akute Emesis
Verzögerte Emesis (Tag 2 vor Chemotherapie-
(Tag 1 vor Chemotherapieeinleitung)
behandlung und folgende Tage)
5-H T3 + Oex (20 mg)
Dex (2-maI 8 mg / d über 2 - 3 Tage) + Aprep itant
+ Aprepitant (125 mg)
(80 mg p.o. Tag 2 + 3)
Moderat
5-HT3 + Oex (10 - 20 mg)
Dex (2-maI4-8 mg / d über 2- 3 Tage), Oex
Gering
Oex (4-20 mg), MCP oder andere
+ 5-HT3, HT3 , MCP oder MCP + 5-HT3
Keine Therapie
(Neuroleptika, Anti histaminika, Benzodiazepine) Minima l 5-HT3
I
=
Keine Th erapie
Keine Therapie 5-HT3- Rezeptor-Anlagonist, OEX
=
Oexamethason, MCP = Metoclopramid
Tab. 2: Th erapierich tii nien f ür ak ute und verzögerte Emesis. [19J
+ Nicht-Opioid-Analgetikum + Adju-
vans ~ Stufe III: Stark wirksames Opioid + Nicht-Opioid-Analgetikum + Adjuvans Bleibt die systemische Schmerztherapie ohne Erfolg oder sind die Nebenwirkungen zu gravierend, kann eine invasive Therapie erwogen werden. Hierbei kann man im Rahmen der rückenmarknahen Regionalanästhesie, z. B. bei diffusen ossären Schmerzen durch die epidurale oder intrathekale Injektion von Opioiden, dem Patienten Linderung verschaffen, Eine weitere Technik ist die perkutane Neurolyse, bei der z. B. Ethanol am Ganglion coeliacum injiziert wird. Die Radiotherapie ist ebenfalls Bestandteil der palliativen onkologischen Schmerztherapie, ihr Vorteil ist u. a. die schnelle Wirkung und die hohe Ansprechrate. Ind ikationen sind Metastasen im Bereich der Knochen oder des ZNS sowie Kompressionssyndrome im Bereich der Wirbelsäule.
Fe rtilitätserhaltende Maßnahmen
Für immer mehr onkologische Patienten ist, u. a. aufgrund therapeutischer Fortschritte, die Frage nach fertilitätserhaltend en Maßnahmen zunehmend von Interesse. Den Patienten die Möglichkeit zu geben, nach überstandener Krebserkrankung eine Familie zu gründen, ist von großer Bedeutung hinsichtlich ihrer Lebensqualität. Zum einen gibt es die Möglichkeit der Kryokonservierung von Spermien, im Rahmen derer eine Konservierung von männlichen Spermien in flüssigem Stickstoff erfoJgt, um bei einer Infertilität nach der Therapie durch reproduktionsmedizinische Verfahren eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Für Frauen hat das Bewahren der Ovarialfunktion große Bedeutung, zum einen um einen späteren Kinderwunsch zu ermöglichen, zum anderen um eine vorzeitige Menopause zu verhindern.
Zusammenfassung • Drei Formen der chemotherapieinduzierten Emesis werden differenziert: akut, verzögert und antizipatorisch, Ihre Therapie ist integraler Bestandteil einer qualitativ hochwertigen Tumortherapie. • Das Tumorschmerztherapieschema der WHO differenziert zwischen drei Stufen der Therapie mit unterschiedlichen Medikamentenkombinationen. • Jeder Patient sollte im Vorfeld einer sterilitätsmindernden Therapie über die zur Verfügung stehenden fertilitätserhaltenden Maßnahmen aufgeklärt werden.
Auswirkungen eines Tumors auf den Körper Tumoren können unterschiedliche Auswirkungen auf den Organismus haben, zum einen lokal, z. B. durch verdrän· gendes und invasives Wachstum, und zu m anderen systemisch, z. B. durch Sekretion von Hormonen bzw. Stoffwechselprodukten. Neben diesen definierten Gruppen existieren noch die paraneoplastischen Syndrome. Dabei hand elt es sich um Krankheitszustände, die nich t direkt mit den lokalen und system ischen Auswirkungen des Tumors zu erkJären sind.
Fistelbildung
System ische Auswirkungen
Aufgrund von Tumornekrosen kann es zu einer unphysiologischen Verbindung zwischen zwei Organen kommen ; so können z. B. bei Tumoren im Rektum oder in der Vagina Rektovaginalfisteln entstehen.
Hierbei handelt es sich um Symptome , die vor allem durch die Sekretion von Hormonen, durch den Metastasierungsprozess und den tumoreigenen Stoffwechsel hervorgerufen werden (I Abb. 2).
Stenosierung
Tumorkachexie
Tumorbedingte Stenosen trelen häufig "Tumorkachexie" bezeichnet die Verin Organen kanalikulärer Art auf, z. B. schlec hterung des Aligemein- und im Magen-Darm-Trakt, im Tracheobron- Ernährungszustand s eines Patienten. ch ialsystem oder auch in den ableitenTypische Symptome sind Abmagerung, lokale Tumorauswirkungen den Harnwegen. Dort kann es durch die Kraftverlust, Appetitlosigkeit sowie Die hä ufi gsten lokalen Tumorauswirkun- Gewebsvermehrung von einer LumenApathie. Die genaue Pathogenese dieser gen aufgrund von Tumorexpansion und einengung bis hin zu einem kompletten systemischen Auswirkung ist noch nicht Nekrotisierung von Tumorgewebe sind Verschluss kommen. gekJärt. Man geht davon aus, dass Stoff(I Abb . I): wechselprodukte des Tumors den katabolen Stoffwechsel des Körpers erhÖhen_ Kompression ~ Stenosierung Zusätzlich können lokale TumoraUSWir~ Fistelbildu ng Tumorgewebe kann des Weiteren durch kungen z. B. im Magen-Darm-Trakt oder ~ Kompression Kompression anderen Gewebes zu im ZNS dazu führen, dass es zu Störun~ Blutungen dessen Schädigung bzw. Funktionseingen der Nahrungsve rwertung und -aufschränkung führen. nahme kommt. Zusätzlich kann es bei jedem Tumor zu speziellen lokalen Auswirkungen kom· Blutungen Tumoranämie und Tumorfieber men. So füh rt z. B. ein Osteosarkom verstärkt zu Knochenbrüchen. Blutungen können durch Ulzerationen Neben der Kachexie können Tumorund Nekrotisierung von Tumorgewebe patienten auch eine Tumoranämie, z. B. entstehen. Eine weitere Ursache kann aufgrund eines das Knochenmark betrefeine Infiltration von Gefäßen durch den fenden Tumors, oder ein Tumorfieber Tumor sein. aufweisen. Letzteres entsteht im Rahmen einer immunologischen Reaktion auf sekundäre Infekte oder aufgrund vermehrt absterbenden Gewebes.
Gefäßarrosion Ulzeration
- - - - - ----t{
Per for otion - - - - - - - - - ----. , •
Kompression von Nachbarorganen Fistelbi ldung
,
------------------------~------------ ,
Paraneoplastische Syndrome
Paraneoplastische Syndrome (I Abb. 2) sind Allgemeinerscheinungen des Patienten, die zusammen mit einem Tumor auftreten, jedoch direkt nicht auf dessen lokale oder systemische hormonelle Auswirku ngen zurückzufüh ren sind.
•
--------~-----------=---tIIt
Stenose (ServieHenring) Lumenverlegung
1 Abb. t: Lokale Auswirkungen von Tu moren . [4]
,
Die Diagnose paraneoplastischer Syndrome (10% aller Tumorpatienten besitzen diese) ist von großer klinischer Bedeutung: ~ Sie können die Manifestation eines okkulten Tumors darstellen. ~ Sie können einen letalen Verlauf nehmen.
Zusatzwissen
I Abb . 2: Syste mische und paraneoplast isc he Auswirkungen von Tumoren. 14]
112
I
113
Endokrine Paraneoplasien
Fieber - -- - -- - -- - -
Sie treten bei hormonsezernierenden Tumoren wie dem Bronch ia lkarzinom auf (I Tab. 1).
Kac hexie - - - - - --
Kutane Paraneoplasien
Blässe - -- - --
-
- - -- - - --
-
-
---
Sie reichen von Akanthosen (Verdickung der Epidermis) bis zur Dermatomyositis (Entzündu ng der Haut mit Muskelbetei· Jigung).
paraneaplaslische Synd rome: endok rin
ADH _ _ _ __ _ _ __ _ _ _ ACTH
neu romuskulär
Hämatologische Paraneoplasien
kula n - - - - - - - - - - - - -- - -
Hierbei kommt es in Abhängigkeit vom betroffenen Organ zu Anämien, Throm· bosen oder Polyglobulien. Neuromuskuläre Paraneoplasien
Klin ische Symptome
Neoplasie
Wirkungsmechan ismen
Cush ing-Syndrorn
Kleinzelliges Bronchia lka rzinom
ACTH
Polyzythäm ie
Nierenkarzinom
Erythropoe ti n
Endokrinopathien
Neuromuskuläre Syndrome kommen in unterschiedlichen Formen vor. Sie sind allgemein auf Schädigungen von Nerven und Muskeln zurückzuführen.
Ne urologisc he und muskulä re Syndrome
Myasthenie
Bronchialkarzinom
Unklar (evtl . immunologisch )
Bronchialka rzinom
Unklar (evtL immunologisch bzw. toxisch)
Pank reaskarzinom
Hyperkoagu labilität
Dermat ologische St örungen oermatomyositis
Hämatologische Störungen Venent hrom bose
I Tab. 1: Paraneoplastisc he Syndrome.
Zusammenfassung
x
Man unterscheidet lokale und systemische Tumorauswirkungen auf den Körper.
X Häufige lokale Tumorauswirkungen sind: - Stenosierung Fistelbild ung Kompression Blutungen X Bei den systemischen Auswirkungen differenziert man unter anderem: Kachexie Anämie Fieber X Paraneoplastische Syndrome sind Krankheitszustände, die nicht direkt mit den lokalen und systemischen Auswirkungen des Tumors zu erklären sind.
Fallbeispiele
116 Fall 1: Knotige Veränderung der Brust 118 Fall 2: Merkwürdige Veränderung der Haut 120 Fall 3: Merkwürdiger Husten
Fall 1: Knotige Veränderung der Brust In Ih re Sprechstunde komm t eine 38 Jahre alte Pa tientin, di e bei der Selbstuntersuchung der Brust einen Knoten ertastet ha t. Bis auf den getasteten Knoten ist die Patientin beschwerdefrei. Frage 1: Welche Basisumersuc hunge n führen Sie zunächst durch? Antwort 1: Anam nese , Inspektion de r Brust, Palpation de r Brust sowie der Lymphknoten (z. B. Ax illa und Fossa supraclavicularis) .
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Die Palpation der Brust ergibt einen gut verschieblichen, derb'elastischen, nicht druckdolenten Knoten in der Brust der Patientin . Weder die Lymphknoten der Axilla oder der Fossa supraclavicularis noch der Inspektionsbefund sind auffällig.
Im Rahme n Ihrer Untersuchung tasten Sie einen gut verschieblichen, nicht druckdolenten, prall·elastischen Knoten. Weder ist der Inspektionsbefund auffällig noch sind die Lymphknoten der Axilla und Fossa supraclavicularis palpabel.
Im Rahmen der Palpation und Inspektion der Brust tasten Sie einen derben, nicht schmerzhaften und nicht verschieblichen Knoten. Die Lymphknoten sind nicht palpabel, jedoch fallen Ihnen eine Asymmetrie der Brüste sowie eine Einziehung der Haut über dem Tastbefund auf.
Frage 2: Handelt es sich Ihrer Ansicht nach um einen gutartige n oder um einen bösartigen Prozess? Frage 3: Die Sonografie ergi bt einen ova len, echoarmen, soliden Tumor mit dorsaler Schallverstärkung (I Abb. 1). In der Mammografie erkennen Sie eine scharf begrenzte Verschattung ohne Kalk· einlagerungen . Welche Diagnose können Sie anhand de r Befunde stellen?
Frage 4: Handelt es sich Ihrer Ansicht nach um einen gutartigen oder um einen bösartigen Befund? Frage 5: Welche weiteren Unter· suchungen führen Sie durch? Frage 6: In der Ultraschalluntersuchung erkennen Sie eine ovale, echoleere Raumforderung mit Schallverstärkung und scharfer Begrenzung (I Abb. 2). Wie interpre tieren Sie diesen Befund ? Frage 7: Wie gehen Sie weiter vor?
1 Abb. 1: So nog rafie. [ 10J
1 Abb. 2: Sonografie. [1OJ
Frage 8: Handelt es sich Ihrer Ansicht nach um einen malignen oder um einen benignen Prozess? Frage 9: Welche Untersuchung führen Sie daraufhin durch? Frage 10: Die Mammografie zeigt eine Verschattung mit Ausläufern und polymorphen Mikroverkalkungen (I Abb. 3). Wie bewerten Sie den Befund und welche weiteren Untersuchungen sollten Ihrer Ansicht nach durchgeführt werden? Frage 11 : Die Probebiopsie ergibt, dass es sich um ein invasives, duktales Mammakarzinom handelt. Welche Untersuchungen sollten zur optimalen Therapieplanung noch durchgeführt werden?
I Abb. 3: Mammografie. [1 0J
Fall 1: Knot ige Ve rände rung de r Brust
116
I
117
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 2: Aufgrund der guten Ver· schieblichkeit handelt es sich sehr wahr· scheinlich um einen benignen Prozess. Trotzdem ordnen Sie eine Sonografie und eine Mammografie an, um einen mali· gnen Prozess auszuschließen. Antwort 3: Die ovale Form und die dor· sale Schallverstärkung in der sonografi· sehen Untersuchung sowie die scharfe Begrenzung und die nicht vorhandenen Kalkeinlagerungen in der Mammografie sprechen für einen benignen Prozess. In diesem Fall handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Fibroadenom. Dies ist ein gutartiger Tumor der Brust, der vorwiegend bei Patientinnen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auftritt.
Antwort 4: Aufgrund der guten Ver· schieblichkeit und des prall·elastischen Tastbefunds handelt es sich eher um einen gutartigen Prozess (z. B. eine Zyste). Antwort 5: Zwar gehen Sie von einem gutartigen Prozess aus, jedoch müssen Sie bei jeder knotigen Veränderung des Brust· gewebes diagnostisch ein Mammakarzi· nom ausschließen. Deshalb entschließen Sie sich, eine Ultraschall unte rsuchung durchzuführen. Antwort 6: Ein solcher Befund spricht für eine benigne Zyste und gegen einen malignen Prozess (z. B. Mammakarzi· nom). Antwort 7: Aufgrund der Tatsache, dass sich derartige Zysten meistens innerhalb von fün f Monaten wieder zurückbilden, wartet man primär ab. Erst bei keiner erkennbaren Rückbildung oder bei einem nicht eindeu tigen Ultraschallbefund er· folgt eine Punktion der Zyste unter Ultra· schallkontrolle mit anschließender zyto· logischer Untersuchung des Punktats.
Antwort 8: Die Ergebnisse der Palpation (Unverschieblichkeit) und Inspektion (Hauteinziehung) sprechen für einen bös· artigen Prozess. Antwort Q: Mammografie. Antwort 10: Aufgrund des sehr suspek· ten Befunds ordnen Sie umgehend eine Probebiopsie an. Antwort 11: Zur weiteren Therapiepla· nung veranlassen Sie umgehend Staging· Untersuchungen wie z. B. ein RöntgenThorax, Sonografie der Leber und der Knochen, die Bestimmung der Tumormarker sowie eine gynäkologische Untersuchung.
Fall 2: Merkwürdige Veränderung der Haut In Ihrer Sprechstunde stellt sich eine 63-jährige Patientin vor, die eine hautfarbene, 2 x 2 cm große, knotige Veränderung im Gesicht hat. Auf die Frage, wann sie diese Veränderung zum ersten Mal bemerkt habe, gibt sie an, dass sie diese bereits eine geraume Zeit besäße, nun jedoch auf Anraten ihrer Enkelin (Medizinstudentin!) vorstellig werde. Sie sei jedoch völlig beschwerdefrei und verstünde die ganze Aufregung gar nicht. Frage 1: Welche möglichen Differentiald iagnosen gibt es für eine solche Hautveränderung? Antwort 1: Spinaliom, aktinische Keratose, dermaler Nävus, Basaliom , Keratoakanthom, Fibrom-Histiozytom, nicht pigmentiertes malignes Melanom, nicht pigmentierte, seborrhoische Keratose.
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Im weiteren Gespräch meint die Patientin sich erinnern zu können, diese Läsion zum ersten Mal vor ca. 1,5 Jahren bemerkt zu haben. Im Verlauf der Untersu· chung der Haut der Patientin entdecken Sie weitere, ähnlich aussehende Veränderu ngen (I Abb. I). Diese imponieren als oval·runde, trockene und raue Läsionen (teilweise verrukös oder horn artig) mit Hyperkeratose.
Nach eingehender Anamnese stellt sich heraus, dass sich diese Veränderung der Haut (I Abb. 2) innerhalb kürzester Zeit (einige Wochen) entwickelt und in der letzten Zeit deutlich in ihrem Wachstum stagniert hat. Befragt zu ihrer auffällig sonnengebräunten Haut, erwidert die Patientin, dass sie sich diese durch regelmäßige Solariumsbesuche erhalte.
Nach einigem Nachdenken erinnert sich die Patlentin, diese Hautveränderung (I Abb. 3) bereits vor 2-3 Jahren be· merkt zu haben. "Anfangs war es nur ein kleiner, hautfarbener Knoten, der dann je. doch immer größer wurde", berichtet sie.
Frage 2: Welche Verdachtsdiagnose lässt sich anhand der erhobenen Befunde stellen? Frage 3: Wie (im Hinblick auf die Entität der Läsionen) sieht das weitere therapeu· tische Vorgehen aus?
Frage 4: )n Anbetracht der bis zu diesem Zeitpunkt erhaltenen Informationen des Anamnesegesprächs kommt Ihnen wel· ehe Verdachtsdiagnose in den Kopf? Frage 5: Welcher Entität ist diese Läsion zuzuordnen? Frage 6: Welche diagnostischen Maßnahmen veranlassen Sie? Frage 7: Ihre Verdachtsdiagnose bestätigt sich, es handelt sich um ein Keratoakanthom. Welche weiteren therapeutischen Maßnahmen veranlassen Sie?
Frage 8: Welche diagnostischen Unter. suchungen veranlassen Sie? Befund: Im Rahmen der klinischen Untersuchung der Haut mittels eines Auflichtmikroskops erkennen Sie Teleangiektasien, einen perlschnurartigen Randwall sowie eine glatte Oberfläche die bisweilen matt glänzt und perlmut~. farben ist. Des Weiteren scheint die Läsion aus Einzelknötchen zusammengesetzt. In der histologischen Unter. suchung zeigen sich palisadenartige Zellverbände, hyperchromatische Zellen sowie Nester neoplastischer Keratinozyten. Frage 9: Welche Verdachtsdiagnose haben Sie? Frage 10: Welche Therapiemöglich· keiten ergeben sich für die Behandlung des Malignoms? Frage 11 : Was wissen Sie über die Pro. gnose der Patientin?
• Abb. 1: Hautfarbene Läsion. [1 2)
1 Abb. 3: Makroskopische Ansicht der Hautveränderung. [12)
1 Abb. 2: Hautfarbene Veränderung im Gesicht. [14)
Fall 2: Merkwürdige Veränderung der Haut
/~>----------------------------------------------~~--------~~------
118
I
119
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 2: Die beschriebenen Läsionen
Antwort 4: Die Verdachtsdiagnose lautet
Antwort 8: Nach der klinischen Unter-
legen den Verdacht einer aktinischen Keratose nahe . Antwort 3: Aufgrund der Tatsache, dass ca. 5% aller aktinischen Keratosen in ein Spinaliom übergehen, müssen sie behan· delt werden. Hierfür bieten sich mehrere Methoden an, wie z. B. eine Entfernung mittels Kürettage, 5-Fluorouracil, Kryochirurgie oder lmiquimod. Nach der Therapie ist besonderes Augenmerk auf Lichtschutzmaßnahmen und eine regelmäßige (halbjährliche) klinische Kontrolle zu legen.
aufgrund der knotigen Erscheinung mit zentraler keratotischer Verhornung Keratoakanthom. Antwort 5: Pseudokanzerosen wie das Keratoakanthom können trotz ihres benignen Krankheitsbilds Malignomen wie dem Spinaliom sehr ähnlich sehen und auch in diese übergehen. Antwort 6: Aufgrund der möglichen Verwechslung mit einem Spinaliom ist eine Exzisionsbiopsie indiziert. Antwort 7: Therapie der Wahl ist die Exzision mit Sicherheitsabstand (3- 5 mm). Bei multiplen Läsionen oder Inoperabilität wird eine konservative Therapie z. B. mit 5-Fluorouracil durchgeführt, dies jedoch eher in Ausnahmefällen.
suchung der Haut muss immer eine histopathologische Untersuchung der Haut erfolgen. Antwort 9: Der aus derben, glänzenden Knötchen bestehende Tumor, an dessen Oberfläche multiple Teleangiektasien zu erkennen sind, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Basalzellkarzinom. Antwort 10: Aufgrund der Tatsache, dass das Basalzellkarzinom trotz seines lokal destruierenden Wachstums nur sehr selten metastasiert, ist die Therapie der Wahl eine chirurgische Exzision des Tu· mors. Eine Strahlentherapie wird nur bei inoperablen Fällen angewendet. Antwort 11: Allgemein ist die Prognose der Patientin gut. Die 5-JÜR hängt von der geWählten Behandlungsmethode ab: ~ ~ ~
Chirurgische Exzision: 95% Elektrokauter und Kürettage: 90% Mikrografische Techniken: 99%
Fall 3: Merkwürdiger Husten Ihnen stellt sich ein 62-jährige r Patient vor, der über hartnäckigen Husten klagt. Auf Ihr Nachfragen gibt er an, dass dieser Husten bereits seit mehreren Monaten bestehe. Des Weiteren sei Auswurf dabei, der gelegentlich kleine Blutbeimengunge n enthalte, sonst allerdings eher weißgrau bzw. gelblich gefärbt sei. Der Patient berichtet im Zusammenhang mit Belastungssituationen wie z. B. Treppensteigen über Atemnot. Im weiteren Gespräch erzählt Ih nen der Patient, dass er seit ca. 33 Jahren täglich mindestens eine Schachtel Zigaretten rauche. Frage 1: An welche Differentialdiagnosen müssen Sie au fgrund der Anamnese de nken? Frage 2: Welche Untersuchungen ve ra nlasse n Sie? Antwort 1: Chro nisch·obstru ktive Bronchitis, Tuberkulose , Bronchialkarzinom, interstitielle Lungenerkrankungen , Pneumokoniose oder Lungenfibrose. Antwort 2: Körperliche Untersuchung, Röntgen -Thorax, Tuberkulintest, Überprüfung der Lungenfunktion .
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Neben dem Tuberkulin test sind weder die körperliche Untersuch ung noch die Lungenfun ktionsdiagnostik auffällig. Den Röntgen·Thorax zeigt 1 Abbildung 1.
Die körperliche Untersuchung ist wie die Lungenfunktionsdiagnostik unauffällig. In der weiteren Anamnese beschreibt der Patient leichtes, seit mehreren Wochen unregelmäßig auftretendes Fieber. Auch sei er nicht mehr so leistungsfähig wie früher. Die Röntgenaufnahme des Thorax zeigt multiple, kleine, flaue Verschattungen in den überlappen beider Lungen· flügel.
Trotz der unauffälligen körperlichen Uno tersuchung und der Röntgenaufnahme des Thorax (I Abb. 1) stellen Sie beim Auskultieren des Patienten ein exspirato. risches Giemen fest. Der Tuberkulintest ist negativ. Folgende Werte ergibt die Lungenfunktionsdiagnostik (I Tab. 1):
Frage 3: In Anbetracht des Röntgenbilds denken Sie an welche Verdach ts· und Differen tialdiagnosen? Frage 4: Welche weiterfüh renden Untersuchungen ordnen Sie an? Befunde: Es zeigt sich ein 2,5 x 3 cm großer Tumor im CT, wobei die Lymph· knoten nicht befall en sind. In der Biopsie lassen sich maligne Zellen nachweisen, die von einem Platte nepithelkarzinom stammen. Die mikrobiologische Unter· suchung gibt keinen Hinweis auf eine Tuberkulose. Frage 5: Welche weiteren Untersuchun· gen veranlassen Sie im Hinblick auf die Therapieplanung? Befund: Die Untersuchungen ergeben keine Hinweise auf vorhandene Fernmetastasen. Die Tumormarker sind erhöht. Die Lymphknoten sind frei von Tumor· zellen. Frage 6: Welche Therapie sollte bei die· sem Patienten durchgeführt werden?
1 Abb . 1: Röntgen-Thorax. [10J
Frage 7: Welche Verdachtsdiagnosen liegen nahe und welche Diagnostik sollte durchgeführt werden, um diese zu klä· ren? Befund: In der mikrobiologischen Untersuchung der bronchoalveolären Lavage können säurefeste Stäbchen nachgewie· sen werden. Weder in der zytologischen noch in der histologischen Untersuchung der Biopsie lassen sich maligne Zellen nachweisen. Damit kann man davon ausgehen, dass eine Tuberkulose vorliegt. Der zusätzlich durchgeführte intrakutane Tuberkulintest fällt nach ca. drei Tagen ebenfalls positiv aus (I Abb. 2) . Frage 8: Wie verläuft die weitere Thera· pie des Patienten?
Messwert
pO,
84 mmHg (75 - 95 mmHg)
pco,
43 mmHg (35 - 45 mmHg)
VC(Vital· kapazität)
3,91
FEV,
61 %
Absolute FEV
85%
1 Tab. 1:
Lungenfunktionsdiagnostik.
Frage 9: Welche Krankheiten können Sie mittels der Befunde ausschließen? Frage 10: Welche Diagnose ist wahr· scheinlich? Frage 11: Wie verläuft die Therapie des Patienten?
I Abb. 3: Röntgen-Thorax. [IIJ
Fall 3: Merkwürdiger Husten
120
I
121
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 3; Anhand des Röntgenbilds liegt folgende Verdachtsdiagnose nahe : Bronchialkarzinom im rechten Oberfeld (s. Pfeile). Differentialdiagnosen: Lym· phom, Tuberkulose oder Lungenmetastasen. Antwort 4: Thorax-CT, Bronchoskopie mit Zytologie, Mikrobiologie und Probebiopsie. Antwort 5: Zur OP-Planung sind neben der Lungenfunktionsdiagnostik EKG und Labor notwendig. Aufgrund möglicher Fernmetastasen z. B. in Leber, Knochen oder Gehirn sollten diese Organe mittels der folgenden Methoden untersucht werden: Schädel-Cr (ggf. PET), Sonografie des Abdomens und Skelettszintigrafie. Ist der Lymphknotenstatus nicht eindeutig, sollten eine endosonografisch gesteuerte Feinnadelpunktion oder eine Mediastinoskopie durchgeführt werden. Zur späteren Kontrolle des Therapieverlaufs sollten Tumormarker wie CYFRA 21-1 bestimmt werden. Antwort 6: Die weitere Therapie des Patienten ist stadienabhängig. In diesem Fall ergeben die Untersuchungen im Rahmen des Stagings einen Tumor im Stadium 1. Da weder EKG, Labor noch die Lungenfunktion des Patienten gegen eine Resektion des Tumors sprechen, wird dies die Therapie der Wahl darstellen.
Antwort 7: Verdachtsdiagnosen: Lungen· metastasen oder Tuberkulose. Diagnostik: Zur Abklärungsind CT des Thorax, Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage und, wenn notwendig, eine transbronchiale Biopsie angezeigt. Antwort 8: Aufgrund der Tatsache, dass Mykobakterien im Sputum des Patienten nachgewiesen werden konnten, handelt es sich um eine offene Tuberkulose. Deshalb muss der Patient isoliert und mit einer antibiotischen Kombinationsthera· pie behandelt werden.
Antwort 9: Aufgrund des unauffälligen Röntgenbilds und des negativen Tuberkulintests lassen sich ein Tumor und Tuberkulose als Ursache der Beschwerden ausschließen. Die ermittelten Blutgaswerte und die Vitalkapazität sind ebenfalls im Normbereich bzw. entsprechen dem Alter. Auffällig sind die verringerten FEV,-Werte sowie die im Rahmen einer Body-Plethysmografie ermittelten Werte. Diese geben ebenfalls Hinweise auf eine obstruktive Erkrankung der Atemwege. Antwort 10: Aufgrund der beschriebenen Symptomatik und der Ergebnisse der Lungenfunktion kann man von einer geringgradigen COPD ausgehen (I Tab. 2). o
Risiko-
Husten und Auswurf
gruppe
bei norm. Spirometrie
Mild
FEV , " 80%
Mäßig schwer
FEV, 50 - 80%
3
Schwer
FEV , 30 - 50%
4
Sehr schwer
FEV , ,; 30% oder FEV, ~
50 % und chron. resp.
Insuff. oder Cor pulmonale
I Tab. 2: Schweregrade der chronischobstruktiven Bronchitis nach Lungenfunktion.
I Abb. 2: Positive r Intrakutantest nach Mendel-Mantoux. [151
Antwort 11: Bei diesem Patienten sollte das Hauptaugenmerk auf der Rauchkarenz liegen. Durch diese lässt sich in vielen Fällen das Fortschreiten der Erkrankung verhindern. Des Weiteren können Inhalationen und Physiotherapie dabei helfen, den Schleim zu lösen. Bei fortschreitender Obstruktion wird Ld. R. eine stadienadaptierte, antiobstruktive Therapie durchgeführt.
I
,
Anhang Keimzelltumoren
Vorläuferläsion: intratubu läre ma ligne Keimzellen
(85-90%)
Seminom
(45 - 50%)
.. Variante: Seminom mit synzytiotrophoblastären Zellen
Spermatozytische s Seminom
(I - 25%)
.. Variante: sperma tozytisches Seminom mit Sarkom Nich tseminomatäse Keimzelltumoren einheitlicher Bauart
( 15 - 18%)
.. Embryonal es Karzi nom ~
Dottersacktumor
• Polyembryom .. Chorionkarzinom • Teratom • Reifes Teratom ~
Dermoidzyste
• Un re ifes Te ratom .. Teratom mi t malignen Arealen Kombi niert e Keimzelltumoren (Mischformen)
(10 - 15%)
Tumoren des Gonadenstromas
(3-5%)
Leydi g-Zell-Tumoren
Serto li-Zell-Tumoren ~
Großze lliger verkalk ender Sertoli-Zell-Tumor
Leydi g-Sertoli-Zell-Mischtumoren Keimzellen-Stroma-Mischtumoren (Gonadoblastom)
(1%)
Maligne Lymphome
(6-8%)
Andere und parate stikuläre Tumoren
(6-8%)
I Tab . 1: Modifizierte WHO-Klassifikation von Hodentumoren. [21
Weiterführende Literatur
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Anhang
~r------------------------------------------------------------------------~
1241125
Quellenverzeichnis
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Register A
B
ABCD-Regel 68 Achalasie 72 Adenol<arzinom 17,52,54,57,72, 74,80 - muzinöses 80 Adenom 16,53,80 - pilozytisches 86 Adenomatosis coli 9 Aderlass 108 Adnexektomie 40 Adoptiver T-Zell-Transfer 96 Aflatoxine 7,82 Afterloading-Methode 40 A]CC (American Joint Cancer Committee) 18 Aktivierungsmechanismen 14 akute lymphatische Leukämie (ALL)
Bakterium Helicobacter pylori 74 Basalzellkarzinom 62, 64 Basophilie, erhöhte 3 bcr-abl 24, 26 Benzol 24 Bewusstseinsstörungen 108 Billroth-[] -Operation 74 Blastenkrise 24 Blutausstrich 28 Blutungen 112 - petechiale 100 Body-Mass-Index 72 Borderline-Tumor 42, 43 Borrmann-Klassifikation 76 Brachytherapie 97 Brest Cancer Genes 34 Bronchialkarzinom 56, 58, 87 Bronchoskopie 58 Brustgewebe - duktales 34 - lobuläres 34 Brustrekonstruktion 36 B-Symptomatik 30, 42 Burkitt-Lymphom 32
22 akute myeloische Leukämie (AML) 22,92 Alkoholabusus 82 Alpha-Fetoprotein (AFP) 83 Alveolarzellkarzinom 57 Amplifikation 14 Amyloid 88 Anämie, autoimmunhämolytische 100 ANE-Syndrom 110 Angiomyolipom 53 Ann-Arbor-Klassifika tion 32 Anokutanlinie 78 Antiandrogene 51 Antidiuretisches Hormon (ADH) 108 Antigene, onkofetale 5 Antikoagulation 106 Antikörper - chimäre 96 - rekombinan te 96 Antikörpertherapie 96 Antriebsstörung 107 Aplasiephase 99 APUD-System 57 Arachnoidal- oder Kolloidzysten 84 Asbest 7 Astrozytom 86 - diffus infiltrierendes 86 - fibrilläres 86 - gemistozytisches 86 - pilozytisches 87 Aszites-Abdomen 42 Auswirkungen, systemische 112 Azinuszellkarzinom 70
Diarrhö 101 Differenzierung, histogenetische 76 Dignitätsbeurteilung 2 DNA-Reparaturgene 15 DNA-Tumorviren 8 Down-Syndrom 92 Drucksteigerung, intrakranielle 107 Dukes-Klassifikation 80 Duodenopankreatektomie, pyloruserhaltende, partielle 71 Dysontogenetische Tumoren 18 Dysphagie 73 Dyspnoe 106
E
ED (extensive desease) 57 EGFR (epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor) 54 Embryonale Tumoren 18 Emesis - akut eintretende 110 - antizipatorische 110 - verzögerte 110 En-bloc- Lymphadenektomie 75 En-bloc-Resektion 80 Endometriumkarzinom 101 c Enterokolitiden 102 Eosinophilie 25 Carcinoma in situ (CIS) 34 Epidemiologie 6 - duktale (DClS) 34 epileptische Anfälle 84 - lobuläre (CLIS/iobuläre Neuplasie) 34 Epistaxis 100 Epitheliale Tumoren 16 CD20-Antigen 33 CD34 98 Epstein-Barr-Virus 32,60 CEA 88 ERCP (endoskopische retrograde Chemoembolisation, transarterielle 83 Cholangiopankreatikografie) 70 Ergotherapie 105 Chemotherapie 29 Ernährung 8 - adjuvante 47 Ewing-Tumor 92 - neoadjuvante 76 Extrazelluläre Matrix 10 - simultane 40 Cholestase - maligne 100 F - tumorbedingte 100 Chronische GvHD 99 Faktoren Chronische Infektionen 8 exogene 92 CIN, zervikale intra epitheliale familiäre adenomatöse Polyposis coli Neoplasien 38 (FAP) 78 Cyproteronacetat 51 Fanconi-Anämie 92 Feinnadelpunktion (FNP) 89 Fever of unknown origin I 02 D Fibrom 53 Fibrosarkome 88 De-novo-Glioblastom 86 Fistelbildung 112 Dexamethason 107
Register
FLT3 (FMS-like tyrosine kinase) 13 Flutamid 51 Früherkennung 3 Frühkarzinom 4
G
Ganzabdomenbestrahlung 43 Ganzkörper-Positronenemissionstomografie (PET) 58 Gastrektomie 75 G-CSF 98 Genetische Faktoren 9 Gewichtsverlust 100 Glioblastom 86 - sekundäres 86 Gliom 18 GnRH-Analoga (GonadotropinReleasing·Hormon-Agonisten) SI Gorlin-Goltz-Syndrom 64 Grading 18 Graft versus Host Disease (GvHD) 99 Graft-versus-Host-Reaktion 95 Graft-versus-Leukemia-Effekt 95 Granulozytopenie 103 Gratwohl-Score 27 Gruppentherapie, psychoedukative 105
H
H.-p.-Gastritis 74 Halsvenenstauung 107 Hamartom 18 Hämatoblastosen 92 Hämatochromatose 82 Hämaturie 52,100,101 Hämochromatose 82 Hämoptysen 100 Harnblasenkarzinom S4 Harnverhalt 101 Hasford-Score 27 HBVInfektion, chronische 82 HCVInfektion, chronische 82 HeJicobacter-pylori-lnfektion 72 Hepatitiden, virale 82 Hepatitis-B-Infektion 7 Hepatitis-Infektionen 82 Hepatoblastom 18 Hepatolienale Candidose 102 Hepatosplenomegalie 107 Herzinsuffizienz 107 High-Risk-Tum or 47 Hirnabszess 102
Hirn metastasen 87 Histogenese 4 HLA-Identität 99 HNPCC 78 Hoc hdosis-Chemotherapie 95 Hochrisikopatienten 102 Hodentumor 46 - kontralateraler 46 Hodgkin-/Sternberg-Reed-Zellen 31 Hod gkin-Lymphom 30 Hormone 5 Hormontherapie 95 Horner-Syndrom 58, 88, 106 HPVlnfektionen 38 Hyperandrogenismus 42 Hyperkalzämie 108, 109 Hyperosmolaritä t 108 Hyperöstrogeni sm us 42 Hyperphosphatämie 109 Hyperplasie, atypische adenomatöse 51 Hypertrichose I 01 Hyperurikämie 22, 109 Hyperviskositätssyndrom 28, 108 Hypervolämie 108 Hypoglykämie 108 Hyponatriämie 108
Ikterus 70, 100 Ileussymptomatik 42 Imatinib 26, 27 Immunphänotypisierung 28 Immun therapie 96 Initiierung 12 INK4a 70 Inkontinenz 101 In-situ-Melanome 67 Interferontherapie 27,68 Intermediärfi lamente 5 Invasion 10 Intervention - therapeutische 104 Involved-Field·Technik 31 Iod, radioaktives 88 Isoenzyme 5 Isolieru ng 103
K
Kachexie, progrediente 42 Kalziton in 88 Kanzerogen 6, 7
1281 129
Kanzerogenese 12 Kardiakarzinom 74 Karzinom - adenosquamöses 44, 70, 80 - anaplastisches 88 - duktales 70 - em bryonales 46 - follikuläres 88, 89 - Frühkarzinom 4, 39 - glottisches 60 - hepatozelluläres 82 - inflammatorisches 34 - invasives 39 - kleinzelliges 80 - kolorektales 78, 80 - medulläres 89 - Mikro- 39 - mikroinvasives 4 - muzinöses 70 - papilläres 44, 70, 89 - präinvasives 4 - serös-klarzelliges 44 - sphinkternahes 72 - subglottisches 60 - subkardiales 74 - supraglottisches 60 - undifferenziertes 89 Katheterinfe ktionen 102 Kaudakompressionssyndrom 106 Kehlkopfteilresektion 61 Keimzelltumoren 84 - kombinierte 46 Keratosis palmaris et plantaris 72 Kern-Plasma-Relation, verschobene 3 Kernhyperchromasie 3 Kernpolymorphien 3 Killerzellen, lymphokinaktivierte 96 KIass ifi ka ti on - Dhom 49 - histologische 56, 76 - Kiel- 32 - REAL- 29 - TNM- 35 - WHO· 29 Kleinhirnastrozytom 86 Knochenmarkstransplantation 27,98 - allogene 26, 98 Knochentumor 92 Knoten , subkutane, derbe 101 Knotig-keratotischer Typ 62 Knotig-ulzerierender Typ 62,65 Koagulopathie, disseminierte intravasale 22
Register Kolloidknoten 88 Komplikationen, pulmonale 108 Kompression I 12 Konditionierungstherapie 98 Konsolidierungstherapie 102 Krampfanfälle 107 Krankheitsverarbeitung 104 K-Ras-Onkogen 70 Krebsrisikofaktoren 6 Krikopharyngealrau m 72 Krukenberg-Tumoren 74 Kryokonservieru ng 111 Kunsttherapie 105 Kutane Lymphome 62
L
Laryngoskopie 60 Larynxkarzinom 60 Latenzphase 12 Lauren-Klassifika tion 76 LD (Iimited desease) 57 Lebensqualität 104 Lebertransplantation 83 Lentigo maligna 67 Len tigo-maligna-Melanom 67 Letali tät, infektionsassoziierte 103 Leukämie - akute 22 - allgemeine 22 - chronische lymphatische 22 - chronische myeloische 22, 24, 26 Leukapherese 108 Leukoplakie 38 Leukostasesyndrom 108 Li-Fraumeni-Syndrom 86 Lokalisation - infraentorielle 87 - supraorientelle 87 Low-Risk-Tumor 47 Lungenödem 102 Lymphadenektomie 40 - kompartimentorientierte 89 - retroperitoneale 47 Lymphknoten - inguinal 49 - präsakral 49 Lymphknotenvergrößerung 30 Lymphome 88
M
Magenfrühkarzinom 74,75 Magenkarzinom 74,76 - fortgeschrittenes 74 Maldescensus testis 46 Malignom - hämatologisches 100 Mammakarzinom 34, 36, 87 Mannitol 107 Mastektomie, radikale 36 Mastitis 34 Megakaryozytenveränderung 25 Melanom 62, 66, 68 - akrolentiginöses 67 - kutanes 67 - nävusassoziiertes 67 - superfiziell spreitendes 67 Meningeome 86 Meningeosis carcinomatosa 87 Merkel-Zell-Karzinom 62 Mesenchymale Tumoren 17 Metastasen 86 Metastasierung 10 - Extravasation 10 - hämatogene 11 - Intravasation 10 - kavitäre I 1 - lymphogene 10 - Wege 10 Mikroinvasives Karzinom 4 Miktion 101 Miktionsbeschwerden 42 Mischtumor 18 Mitosefiguren 3 Molekulare Mechanismen 12 Mono-bloc-Entfernung 94 Morbus Hod gkin 92 Morbus Menetrier 74 Morbus Paget 34 Morbus Wilson 82 Mukosa (M-Typ) 75 Multinational Association of Supportive Care in Cancer (MASCC) 110 Myelopathie - generalisierte 106 - segmentale 106 Myelopoese 25
Nävi - dysplastisc he 66 - kongenitale 66 Neoplasie - maligne 64 - prostatische intraepitheliale 51 Nephrektomie 53 Neuroblastom 18 Neurolyse, perkutane 111 Neutropeniedauer 102 Neutrophili e 25 NHL - hochmaligne 33 - niedrigmaligne 33 Nichtmelanome 62 Niedrigrisikopatienten 102 Nierenzellkarzinom 52 N-Myc 88 Numerische Chromosomenaberration 92 Non-Hod gkin-Lym phome (NHL) 28, 32 Notfälle, tumorassoziierte 106 NSCLC (non-small-celliung cancer) 56
o Obstipation 42, 10 1 Ödeme 107 Onkofetale Antigene 5 Onkogene 12 Onkozytengewinnung 111 Onkozytom 18, 53 Operation, brusterhaltende (BET) 36 Opioide 111 Organtoxizität 99 Oropharynx 101 Ösophagitiden 102 Ösophagus 101 Ösophaguskarzinom 72 Osteomyelofibrose 24 Osteosarkom 92 Ös trogenrezeptormod ula toren (SERM) 44 Ovargewebe 111 Ovarialkarzinome 42 - extraovarielle 43
p N
Nackensteifigkeit 107 Nackt-papillärer Typ 63 Nasopharynxkarzinom 60
p53 15, 56, 70 Panendoskopie 60 Pankreastu moren 70 Papillomaviren 60
Register
,~----------------------------------------------------------------------~--Papillome 16 Paraneoplasien - endokrine 113 - hämatologische I 13 - kutane 113 - neuromuskuläre 113 Pathogenese 7 Perikarderguss 106 Phantomschmerz 110 Phase - Akzelerationsphase 24 - aleukämische 22 - chron ische 24 - leukämische 22 - subleukämische 22 Philadelphia-Chromosom 14, 24 Pigmentierter Typ 65 Planer Typ 65 Plasmapherese 108 Plattenepithelkarzinom 16,38, 54, 57,60,72,80 Plummer-Vinson-Syndrom 72 Pneumonie 102 Pollakisurie 101 Polycythaemia vera 24 Polymorphie 3 Polyneuropathien, periphere 108 Positronenemissionstomografie (PET) 89 Prädisposition, genetische 9 Präinvasives Karzinom 4 Präkanzerosen 4, 80 Progression 12 Prokanzerogen 7 Prostatakarzinom 48 , 50 Prostataspezifisches Antigen (PSAl 50 Proteine, spezifische 5 Prozesse - entzündliche 84 - vaskuläre 84 Psychoätiologie 104 Psychoonkologie 104 PTH-rP 108 Pulsus paradoxus 107 Punktmutationen 14 Purging 98
Q
Querschnittssymptomatik 106
R Radiochemotherapie 40 Radi oiod-Ganzkörperszintigrafie 89 Radionu klid therapie 97 Radiotherapie 31 Radon 56 RAS-Gen-Famil ie 13 Rb-Gen 14 Rektum 78 Rektumexstirpation - abdominoperinale 81 - anteriore 81 - intersphinktäre 81 Remission 94 Resektion, chirurgische 83 Retinoblastomgen 56 Retroviren 8 Risikofaktoren - tumorassoziierte 110 - zytostatikaspezifische 11 0 Rituximab 33, 96 R-Klassifikation 19 RNA-Tumorviren 8 Rückenmarkskompressionssyndroms 106
s Schilddrüsenkarzinom 88 - medulläres 88 - papilläres 88 Schilddrüsenszin tigrafie 88 Schilddrüsenteilresektion 89 Schmerz - neuropathischer 110 - nozizeptiver 110 Schmerzen, thorakale 106 Schmerztherapie I 10 SCLC (small-celllung cancer) 56 Sentinel-Lymphknoten 35, 36 Sepsis 102 Siegelringkarzinom 70 Sigma 78 Signaltransduktion, intrazelluläre 13 Singultus 100 Sinusitis 102 SMAD4 70 Sonografie, suprapubische/ transrektale 50 Spinaliom 62 Spinalzellkarzinom 62 Staging 18
130
I 131
Stammzelltransplantation (SZT] 29,95, 98 - allogene 98 - autologe 98 Standardrisikopatienten 102 Stanzbiopsie 50 Stenosierung 1 12 Störungen, vegetative 107 Strahlung - ionisierende 9,24 - ultraviolette 9 Strahlentherapie 96 Strumaknoten 89 Submukosa (SM-Typ) 75 Surveillance 47 Symptomatik - klin ische 2 - radikuläre 106 Symptome, organbezogene 100 Syndrome, paraneoplastische 82, 100
T Tabak 6 Tachypnoe 106 Teletherapie 97 Teratome 18, 88 Therapie - adjuvante systemische 36 - antiandrogene 50 - antiödematöse 106 - endokrine 36 - kurative 94 - lebensverlängernde 94 - palliative 94 - perkutane 83 - supportive 29, 110 - symptomatische 23 - system ische 83 - zytostatische 23, 94 Therapiemethoden , psychoonkologische 105 Thrombopherese 108 Thrombosierung 106 Thrombozytopenie 25, 100 - essenzielle 24 Thyreoglobulin 5 Thyreoidektomie 89 Thyreoiditis 88 Tinnitus 108 TNM-Klassifikation 19 Trachealbifurkation 72 Transkriptionsfaktoren 12 Translokation, chromosomale 14
Register Transplantatabstoßung 99 Transplan tation - allogene 95 - autologe 95 Transplantatversagen 95 Trastuzumab 96 Tumor 2 - benigner 3 - benigner epithelialer 16 - embryonaler 18 - epithelialer 16 - lnzidenz 6 - Keimzell- 46 - latenter 48 - maligner 3 - maligner epithelialer 16 - mesenchymaler 17 - Mortalität 6 - okkulter 48 - semimaligner 4 - Stroma- 46 - suprabifurkal 72 - zervikal 72 Tumoranämie J 12 Tumorauswirkungen, lokale 112 Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs 60 Tumorfieber J J2 Tumorgrading, histopathologisches 19 Tumorkachexie 112 - zytokinvermitte1te J00 Tumorleiden, hereditäres 34 Tumorlysesyndrom 28, 109 Tumormarker 46, 5
w
Tumorstenosen 77 Tumorsuppressorgene 14 Tumorsyndrome, erbliche 87 Tumorviren 8 Tumorzellen, aktive Bewegung 10 Typ-I-Karzinom 44 Typ-2-Karzinom 44 T-Zell-Leukämie-Virus I (HTLV-I ) 32 T-Zell-Lymphome 32
Wachstumsfaktoren 13 Wachstumsfaktorrezeptoren 13 Wait-and-see-Strategie 47 Wertheim-Meigs-Operation 40 WHO-Grad I 85 WHO-Grad II 85 WHO-Grad III 85 Wilms-Tumor 18,92
u
x
UICC (Union Internationale Contre le Cancer) 18 Ulkuskrankheit 74 Umkehrisolierung 103 Untersuchung - histopathologische 28 - rektale 50 - zytogenetische 28 Urachuskarzinom 54 Urothelkarzinom 17,54 Uterussarkom 45 UV-Strahlung 9,66
Xeroderma pigmentosum 64
v Vaskulopathie 100 Vena-cava-superior-Syndrom l06 Visusverschlechterungen 108
z Zäkum/ Colon ascendens 78 Zellen, neoplastische 30 Zephalgien 108 Zervixkarzinom 38, 40, 101 ZNS-Lymphome 87 ZNS-Tumoren 84, 86 Zuwarten, kontrolliertes 50 Zyanose 107 Zystadenokarzinom, muzinöses seröses 70 Zytapherese 98 Zytostatikaparavasate 108 Zytostatikum 109