Verena Renneberg Auslandskorrespondenz im globalen Zeitalter
VS RESEARCH
Verena Renneberg
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Verena Renneberg Auslandskorrespondenz im globalen Zeitalter
VS RESEARCH
Verena Renneberg
Auslandskorrespondenz im globalen Zeitalter Herausforderungen der nl0dernen TV-Auslandsberichterstattung
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Wien, 2009 Das Werk basiert auf der 2009 an der Universität Wien eingereichten Dissertation mit dem Titel "Quo vadis, Korrespondent? Die Globalisierung als Herausforderung für die Auslandsberichterstattung von ARD und ZDF. untersuchung am Beispiel Lateinamerikas"
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS verlag für Sozialwissenschaften I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Dorothee Koch / Sabine Schöller VS verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede verwertung außerhalb der engen Grenzen des urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17583-6
'We am cumntfy wealtqy,jat, coniförtable anti comploamt. We have cumntfy a bui/t-in aI/ergJ to unpleasant or disturlJing i'!formation. Gur mass media riflect !bis. But unless WB get up iff ourjat surpluses anti recogpiif that television in the main is being used to distrOl0 delude, amuse anti insulate us, then television anti those whojnance i4 those who Iook at it anti those who work at it, mqy see a totaljy dffferentpicture too lote (. ..) But I wouldJus! like to see it riflect occasionaljy the hard, Uf!Yielding realities rf the worId in which WB live. I would like to see it done inside the existingframework, anti I would like to see the doing rf it redound to the credit rf those whojnance anti program it (. ..) The main thing is to try. The responsibifity can be easijy phced, in spite rf aII the mouthings aboutgjving thepublic what it wants. 1t rests on big business, anti on big television, anti it rests at the top. Responsibility is notsomething that can be assigped or delegated. Ami it promises its own reward: gpod business anti good television. (( Edward R Murrowl
t
Murrow, Edw:mI R: speeh ot R1NDA Contenlitm, vom 15. Oktober 1958, online unter Ullli http://www.rtnda.otg/pages/rnedilLitems/edward-r.-mwrow-speech998.php [29. November :ro8].
5
Inhaltsverzeichnis L Auslandsberichterstattung im Zeitalter der Globalisierung
1.1 Einführung 12 Funktionen von Auslandsberichterstattung 13 Arbeitshypothesen 1.4 Schwerpunkte und Sttuk:turietung der Arbeit 15 Spezifizierung des Globalisierungsbegriffs unter Berücksichtigung des erkennt:nisleitenden Interesses 2 Die RoDe der Medien im GIobalisierungsprozess
2.1 Die Bedeutung der Globalisierung für die Medien. 22 Globalisierung und Ökonomisierung der Medienkommunikation 23 Einfluss der Globalisierung auf die Arbeitswelt 23.1 Auswirkungen aufUntemehmenssttukturen 23.2 Auswirkungen aufdie Berufskultur 2.4 Folgen der Globalisierung der Medienkommunikation für das "postmoderne Subjekt" 25 Kommunikation und Weltgese11schaft 2.6 Auslandsberichterstattung: Domestizierungstheorie vs. Konversionstheorie 3. Grundvoraussetzungen der LateinlUIlerika-Berichterstattung
13
13 15 16 18 20 25
25 28
.32 32 34 .37 41 .45 .49
3.1. IV-Auslandskorrespondenten in Lateinamerika: Zwischen Tnuunberuf und medialer Realität 49 3.1.1 "Völliger Wechsel der Lebensumstiinde" 50 3.1.2 Arbeitsbedingungen vor Ort 52 3.13 Die politische und wirtschaftliche Relevanz Lateinamerikas im Globalisierungszeitalter 54 32 Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen: das detzeitige Progr:unmangebot im überbliek. 55 4. Synopse bisheriger Forschung...................................................................•..................61
4.1 Evaluierung aktueller Studien zur Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen 4.1.1 Einordnung in den aktuellen Forschungskontext 42 Syllabus relevanter Konzepte der JounJa1isJ:nustheorie 4.2.1 Prolegomenon 4.22 Historische Fundamentierung 4.23 Gatekeeper-Theorie 4.2.4 Nachrichn:nwert-Theorie 43 Systerntheoretische Grundlagen als Legitimation einer int:egtativen Forschung&;ttll.tl:gie 4.3.1 Perspektiven des Neo-Institutioruilisrnus 43.2 Perspektiven der Ökonomie
61 64
65 65 66 67 68 70 74 76
7
5. Fomchungsdesign und -strategie
5.1 Ein synt:hetisierre systemtheoretisch-orientiertes Forschungsdesign als G=tt fiir ganzheitlichen Erkenntnisgewinn 5.1.1 Verknüpfung ökonomischer und institutioneller Dimensionen 5.12 Aspekte einer emergenten .Agenturfurschung 5.1.3 Methodische Vorgehensweise
77 Tl 79 79
80
6. Sttukture11e Rahmenbedingtmg der TV- Auslandsberichterstattung in Deutschland..•..••83 6.1 Im Fokus: Das duale Rundfunksystan 6.1.1 Strukturen und Finanziemngskonzepte 6.12 Dieintenlependenten Strukturen der ,,Privaten" Exkurs: Global Player - regionale Einflussnalune? 6.1.3 Öffentlich-rechtliche Otganisationsprinzipien: Garant fiir BinnenpIurnlität und
Ptogrnmmvielfult? 6.1.4 Konsequenzen fiir die Auslandsberichterstattung 62 Die "vierte Gewalt": Zwischen Macht und Verantwortung
83 83 86 87 88 93 94
7.lntetnationale Inftastruk:tw:en ....•....•....••....•....••..••....•....•....••....•....•.....•....•..•..•..•...•..•. fI7 7.1 Internationale Dependancen als infuJsttukturelle Basis der Auslandsberichterstattung 7.1.1 Das Korrespondentennetz derARD 7.12 Das Korrespondentennet:z des ZDF. 7.1.3 Verglcich der Infrastrukturen von ARD und ZDF
8. Institutionelle Einflüsse auf die Auslandsberichterstattung 8.1 Konsequenzen der institutionel1en Dimensionen des Fernsehens fiir die Auslandsberichterstattung 82 Hybriditiit des öffentlich-rechtlichen Femsehens 82.1 Empfehlung einer Reform des Fmanziemngsmodel1s von ARD und ZDF 8.3 Konvergenz der Otganisationen ARD und ZDF. 8.3.1 ZWllrJg 8.32 Notmativer Droek 8.3.3 Imitation 8.4 Die Institutionen ARD und ZDF als Otganisationen 8.5 Konsequenzen fiir die Auslandsberichterstattung
97 97 108 113
115 115 117 117 118
118 119 122 l24 127
9. Auslandskorrespondenten im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Programmauftrag131
9.1 Die KormnetzialisierungvonARD und ZDF. 9.1.1 Ökonomisierung als Motor sttukture1len Wandels 9.12 Progrnmmspezifische Ökonomisierung
8
131 131 137
Exkurs: Rezipienten zwischen Angebot und Nachfrage 9.1.3 Einfluss der wirt:scha.ftlic Situation in Deutschland auf die LareinamerikaBerichterstattung 10. Die Situation des Auslandskmrespondenten im System des öffentlich-recht1ichen Fernsehens
10.1 Die Venruuktung fernsehjoumalistischer Produkte 10.1.1 DerAuslandskorrespondentills ,,homo oeconomicus" 10.2 Fazit 10.21 Ent-Individualisierung des Korrespondentenwesens 11. Lateinamerika in der aktuellen Berichterstattung des Ersten und des ZDF.
11.1 Bestandsaufuahme 11.1.1 Beispiel BoIivien. 11.1.2 Einschätzungen der Lareinamerika-Korrespondenten 11.2 Die Bedeutung der Teclmik 11.21 Einfluss technischer Innovationen auf die Auslandsberichterstattung 11.3 Funktionen und WJrlrungsweisen der Nachrichtenagenturen 11.3.1 Die Bedeutung von Nachrichtenagenturen im Globalisierungszeitlllter 11.3.2 Die ,,Agenturhörigkeit" der Heimatredaktionen 11.3.3 Die Auft:ragslage der Agenturen: Zwischen Angebot und Nachfrage 11.3.4 Strukturen und Motive der Agenturen. 11.3.5 Nachrichtenagent:t.u:en; Gatekeeper des Infotmat:ionszeitlllters 11.3.6 Die Relevanz des Bewegtbildrnaterials von Agenturen fiir Korrespondenten und Redakt:ionen
12 LateinaInerika in der kontinuierlichen Berichterstattung 12.1 Eflizienzen der kontinuierlichen Auslandsberichterstattung 12.2 Positionierung des We/tspifgels im Ersten 12.21 Tradition vs. Transfonnation 12.22 Themenauswahl im Wandel: 1963 und 2008 im Vergleich 12.2.3 Konzeption und Funktion der Sendung 12.24 Exemplarische Analysen aktueller Beiträge des WeItJpiegeIs 12.3 Gegenüberstellung von WeItJpiegeI und aJlSlandgoumal.
13. Bewertung der kontinuierlichen AusIandsberichterstattung im Ersten und im ZDF anband der Nachrichtenfakto
142 143
155
155 156 162 163
I65 165 165 169 172 175 177 l77 179 181 185 189 190
193 193 196 197 200 203 206 222
129
13.1 Gegenüberstellung der Nachrichtenfaktoren aus Theorie und Praxis 229 13.1.1 Die kommunikationswissenschaftlchen Nachrichtenfaktoren nach Ruhnnann und Göbbel. 231 13.1.2 Beitragsanalyen anband der kommunikationswissenschaftlichen Nachrichtenfaktoren 234
9
13.13 Beitragsanalysen anband der joumalistischen Nachrichten&ktoren 13.1.4 Fazit.
238 240
14. Die Zukwlft der Lateinamerika-Berichtetstattung bei ARD Wld ZDF.
2A7
14.1 Aus- und Fortbiklungmnöglichkeiten fiir potentielle und designierte
.Auslandskorrespondenten 142 Fokusgruppen-Diskussion: Desiderata der Rezipienten 143 Schlussbet:rnchtung 14.3.1 Ernpfi:hlung einer R.efunn der ARD 1432 Prognosen
247 251 256 260 260
QueIlen- Wld Litemturverzeichnis..•....••...••....•....••....•..••....•....••...••....•....••....•....•..•..•..•.. 263 Literatur Artikel aus Zeitungen und Zeitschriften Lexika / Nachschlagewerke Intemetquellen Vorträge / Reden Interviews E-Mails Persönliche Gespräche TV-Beiträge
Anhang Korrespondenten-Interviews Aders, lbomas (10. April 2008) Buchwakl, Frank: (3.Juli 2007) Gargosch, Stephanie (26. Mai 2008) Pflücke, Rolf (12. Dezember 2007) RocI=, St:efun (30. November 2008) Ronnebwger,Jan-Uwe (3.Juli 2007) Ruegner, Oaus (26. Juni 2007) Sc:h:1a4 St:efun (12 Dezember 2007) Anonymus (7. November 2007) Sendetexte Brasilien: ,,Industriepolitik futal- Wasser nur fiirdie Mächrigen?" Brasilien: ,,Der Tanz der alten Kfunpfer" Haiti: "Wo die Menschen Erde essen" P=guay: ,,stevia- Süßer als Zucker" Dominikanische Republik: "U-Bahn zum Strand" Kolutnbien: ,,Der Leidensgenosse der Ingrid Betancourt" Argentinien: "One night dance - Der Tango--Escort-Service" Brasilien: ,,Kurz und gut - Die Fußballzwetge von BeIf:m" 10
263 269 272 272 273 274 274 275 275
277 277 277 283 288 292 3<XJ 305 308 310 315 322 322 324 325 326 328 329 331 332
WeItspiegel2JXJ8: Sendungen und Beiträge im Zeitraum vonJanuar bis Juni 2JXJ8 Weltspiegel: Beitrngsländer und -.A=ilil früher und heute im Vergl.eich Dank.
334 342 347
11
1. Auslandsberichterstattung im Zeitalter der Globalisiemng
11 Einführung Im Globalisienmgszeita1ter muss der Auslandsberichtcrstattung ein völlig neuer Stellenwert zugeschrieben werden. Kein geringerer als Niklas Luhmann zeigt mit einem einzigen Satz implizit ihre Relevanz auf. "War wir über unsere Gesellschaft, ja über die Massenmedien. ,(2
We~
in der wir leben, wissen, wissen wir durch die
Das Weltbild der Biirger gründet im Wesentlichen auf Medieninfonnationen4 • Darüber hinaus erlangen politische Entscheidungen nicht mehr nur auf lokaler, regionaler und nationaler, sondern auch auf EU- und internationaler Ebene persönliche Relevanz fUr den Bürger, den Rezipienten. Gleiches gilt fUr wirtschaftliche Ereignisse. Weltweite politische und ökonomische Entwicklungen sind - direkt oder indirekt - ausschlaggebend fUr die berufliche Karriere, die Wahl des Arbeitsplatzes und des Lebensmittelpunktes, wie Axel Schwanebeck bestätigt ,,Dar benglithe Fortkommen, die per:rönichen ßnanifellen AmbitüJnen smd 11icht ~ das Priwtleben sind in rleip:lem Maße davon ab~ wie.AWeit ~kii#g azgder Erde unter den BedintJmgen des Intemets smd der globalen De~ wtei/t wird, wie FinattifIriJ"me den Planeten in Sekundenbruchteilen IIOIT'Unden 1IIIddomit das I3ör.renverfJal Jl,l1!Jweit bestimmen '6. Die Interdependenzen der globalen Finanzsttöme sind nicht von der Hand zu weisen. Darüber hinaus können sie sich - und das zeigt die gegenwärtige weltweite Finanzktise - auf die finanzielle Uge der Menschen aller Erdteile direkt auswirlren. Blieb die gegenwärtige Krise zunächst auf den Immobilienmarkt der USA beschränkt, so haben sich die globalen
Abhängigkeitsverhältnisse nur allzu schnell gezeigt Unversehens waren sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen auf anderen Kontinenten betroffen. In diesem Kontext ist bereits die Frage zu stellen, inwiefern die Auslandsberichtcrstattung den Anforderungen im Globalisierungszeita1ter gerecht wird: möglicherweise hätte ein profunder investigativer Auslandsjoumalismus die Uge auf den Luhmann, 2004, S. 9. Zwecks besserer Lesbarl;
20
Historische Definitionen des Begriffs "Globalisierong" werden an dieser Srelle bewusst nicht auJgefiihrt, da sie wenngleich zwcifdlos interessant- im Kontex:t: der vorliegenden Atbei:t irrelevant sind. URL: http://www.brockhaus-suche.de/suche/aootractphp?shortname=b15&u:t:ikeljd=1OOXXJ1301& verweis=1 [15. Mai 2008]. Wagner, 2001, S. 30. Wl11ter/Lmg, 2005, S. 118.
Dieses erweiterte Verständnisses von Globalisierung spiegelt sich auch in einigen Definitionen neuerer Nachschlagewerke wie dem Fischer WeltoJmanochs 2007 wieder:
"Die Globalisierung hat ökonomische, kulturelle, soziale und ökologische Arpekte. «(0 Aus dieser Umschre1btmg der Globalisierung wird bereits ihre Komplexität ersichtlich. Eggo Müller deutet diese Vrelschichtigkeit hingegen vielmehr als seperate Einzelprozesse, die erst unter dem Dach des GlobalisieruIJglbegt:iffes verknüpft werden, ergänzt die betroffenen Bereiche jedoch noch um den der Medien: "Unter dem Slid»wrt der 'GlobalisierHni JWr1en beIeonntich einschneidende ölemwmische, poitische, so#, kultureUe und (medien-)technolo?ftche Entwicklungen der vergangenen J~ ~assfua.
Wmter und Lang gelangen deshalb zu dem Schluss, dass Globalisierung "somit der Begriff fiir die komplexe Verwobenheit einer Vielzahl von globalen Teilprozessen"29 (s.u.) ist. Die Bedeutung der Kommunikation in diesem Kontext wird jedoch - jenseits der Kommunikationswissenschaften, deren Verständnis von Globalisierung im folgenden Kapitel thematisiert wird - erst von Klaus von Dohnanyi exponiert
"Globalisienmg ist eben Kommunikotionsveiflechtungen. (dO
der
gesamte
~s
weltweiter
Von Dohnanyi erhebt den Kommunikationsprozess selbst zum Wesen der Globalisierung. Nach Ansicht der Verfasserin wird jedoch erst eine differenziertere Definition dem komplexen Phänomen der Globalisierung gerecht. Denn der Aspekt der Kommunikation ist neben dem Aspekt des Transports vielmehr als Voraussetzung der Globalisierung anzusehen. Oftmals werden heide Faktoren als sogenannte "Säulen der Globalisierung" definiert ,;Erst die relativ sinIemdm Kosten.fiir Tmnsport- und Kommtmikotion und die pomIIe/e Verlmilung globaler Tmnsport- und Kmmmmi~ hohen neue Produktions-, Vermarletutttl- undAhsolifJmJe!ien smvie einen al(gemeinenglobalenAmtausch ermijglicht. ,81
Somit wird deutlich, dass erst Transport und Kommunikation die Globalisierung ermöglicht haben und ermöglichen. Die nach Meintmg der Verfasserin genaueste und aktuellste und fiir diese Forschungsarbeit grundlegende Beschreibtmg und Ausdifferenzierung wurde von Helga Reimann aufgestellt. Reimann spezifiziert Globalisierung als einen "Prozess", der "alle Lebensbereiche erfasst" und nicht mehr allein die ,,Expansion multinationaler Konzerne"32 XI
'" '" ., 31
32
FIscher Well2lrnanach 2007, S. 631. Nftiller, R, 2001, S. 9. W=/Lmgp 2005, S. 118. Dohnanyi, 1999, S. 12 ~ Jiir poIiti.sche Bildung (Hrsg.): GIobaIiJierung; Tran.rport- tmd~, online unter URL: http://www.bpb.de/wissen/51RK99.0.0.Transp01curuU1
InnerbaIb der ARD und des ZDF geltm die Korrespondententellen in Washington als besonders prestigeträchtige Positionen. Die Moderatoren der togJsthcmen (Dar Er.rte) und des heHt.jomnalr (ZDF), Tom Buhrow und Oaus Kleber, waren zuvor Kotrespondentm in Washington (beide für die ARD). Auch ihre Vorgiinger, Ulrich Wtekert (ARD) und Wolf von Lojewski (ARD, später ZDF) waren in Washington tätig gewesen. Wagner, 2001, 5.12. Diese Unterschiede wen:len an dieser Stelle nur äußert kwz umrissen, um einen Überblick zugeben. Sie wen:len an späterer Stelle ausfuhrlich etörtert. Schönenbom, 2002b, 5.152
49
V. Renneberg, Auslandskorrespondenz im globalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-531-92724-4_3, © VS verlag für Sozialwissenschaften I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
ihm während seines Auslandsaufenthalts die Chance gegeben, sich auf allen drei Gebieten zu profilieren. Doch das breite Arbeitsfeld ist anderseits auch eine große Herausforderung:
"Die Produktionsbedin!!flngen im Ausland unterscheiden sichgründlich von denen in der Heimat. Gibt es hier Dulifnde F.eporterj die sich hätgig auch noch at! bestimmte Themen speifalisiert haben, muss der Auslandskorrespondent Politik, Wirtschtift und Kultur eines gani!f1 ~ manchmal sogar mehnJrer Uinder im At(ge behalten. 'dSS Die Arbeit der Auslandskorrespondenten ist umfaogreich und breit angelegt, deshalb müssen sie "Spezia1isten fur das Allgemeine"l56 sein, so Wagner: Im Hinblick auf KorrespondentensteIlen in Lateinamerika bekommt diese Definition zusätzlich Gewicht durch Größe und Heterogenität der Berichtsgebiete. Die Vielzahl der Länder, ihre kulturelle, gesellschaftliche Vielfalt, unterschiedliche politische und wirtschaftliche Strukturen müssen von den Korrespondenten durchdrungen werden. Eine zentta1e und Zeit intensive Aufgabe der Korrespondenten ist neben dem Studium einschlägiger literatur über das Berichtsgebiet die Recherche. Sie basiert zumeist auf aktuellen Meldungen lokaler bzw. internationaler Nachrichtensender und Tageszeitungen (Print- oder onlineausgabe).IS7 Der Konsum multimedialer Infonnationsquellen nimmt aufgrund der weitläufigen Berichtsgebiete eine wesentliche Stellung im Korrespondentenalltag ein Darauf folgen meist telefonische Hintergrund- und Informationsgespräche mit Stringern und anderen Kontaktleuten vor Ort. All diese Aufgaben erledigt der Korrespondent von seinem Schreibtisch aus. Martin Wagner schreibt zu dieser Arbeitssituation des Korrespondenten: ,,Er wirrJ beneidet w" fast allen, die diesen wrmeintIichen TrrJIIHjob noch nie gemacht haben, tmd bemitleidet tvf1 denen, die aus eigener Erfahrung wissen, dass sich das Komspondentenleben R-tJder an S011fIigen Shiinden, noch in dJm/eJen Bar.r abspielt. ,dJ8
Die multimediale Vernetzung der Welt ist teils Folge, teils Ursache der Globalisierung und wirkt sich hier unmittelbar auf die Arbeit in einem Auslandsstudio aus. Der Korrespondent muss nicht hinausgehen und nach Informationen suchen, sondem hat Zugriff zu den wichtigsten Quellen, ohne das Studio zu verlassen.
3.1.1 "Vb15ger WechseJ der Lbensumstände" Neben der professionellen Qualifikation muss der Korrespondent auch soziale und organisatorische Kompetenzen mit sich bringen, denn er wird mit einem "völligen Wechsel 155 155
157 158
50
Sch.önenbom, 2002b, Sol53. Wagner, 2IXJ1, S. 25. V~ Anhang: Korrespondentm-Interviews. Wagner,2001,S.12
der Lebensumstände"l59 konfrontiert Der Umzug auf Zeit ist mit logistischen und bürokratischen Strapazen verbunden. Darüber hinaus muss der Korrespondent im Gastland neue soziale Kontakte knüpfen und alte Kontakte über eine große Distanz hinweg pflegen. 100 In Lateinarnerika muss sich der Korrespondent nicht nur auf die Kultur seines Gastlandes, sondern auch auf die der übrigen Länder seines Berichtsgebiets einlassen und neue Sprachen lernen. Oftmals sind die Korrespondenten der Sprachen zu Beginn ihrer Tätigkeit noch nicht mächtig. Dann müssen sie zusätzlich zu logistischen, bürokratischen und professionellen Aufgaben und Umstellungen in der Anfangszeit auch noch Zeit fur den Sprachunterricht aufbringen. Frank. Buchwald, ehemaliger ZDF-Korrespondent in Rio de Janeiro, beschretbt die sprachlichen Fortschritte wie folgt: ,;Erst Wt1TIIII wir noch etwas schiichtem, dann aber, noch dwa einem halben Jahr, haben wir HTIS grtraut Portugiesisch ~ sprechen. ,d61
Bis sie die neue Sprache jedoch ausreichend beherrschten dauerte es, nach Angaben seiner damaligen Co-Korrespondentin Stepharlle Gargosch, weit über ein Jahr: ,jdJ soge es einmal.IV, einen Wzr.uptin Portufiesisch erzählen klJnnte ich nach dwa ~Jahnm. ,d62
Ähnlich beschreibt auch ein ehemaliger ARD-Korrespondent l63 in Buenos Aires seine
sprachlichen Fortschritte: ,,Die Amitssprothe in meinem Team wr Ort 11Jt11' Spanisch, da die meisten Mffarbeiter kein Dl'JItsch sprachen. Ich habe mich sehr schnell eingeatbeitet. Trolif/em dauerte es mindestens ein Jahr bis ich mich sicher beTveffn kIJnnte. ,464
In der Anfangszeit konnten diese Korrespondenten weder selbstständig recherchieren, noch Termine organisieren oder Interviews durchfuhren. In solchen Fällen müssen lokale Mitarbeiter vorerst diese Tätigkeiten übernehmen. Die damit einhergehenden Probleme sind nicht von der Hand zu weisen: Die Arbeit gestaltet sich zeitaufwendiger und Interviews via Dolmetscher sind mühsamer zu führen. Durch Intensiv-Sprachkurse vor Ort und die ". 1.,
161
"" ,., '61
Wagner, 2001, S. 25. Oftrnals leiden auch die finniIiären Beziehungen darunter. Doch die Sender, im Falle der folgenden Beispiele das ZDF, sind zumeist kulant: Srephanie G.ugosch, Fhefum des ehemaligen Südamerika-Korrespondentm FtllIlk Buchwili und ebenfalls ZDF-Joumalistin, wume zur Co-Korrespondeotin ernannt, obwohl der Posten in Rio generell nur mit einer Person besetzt wird. G.ugosch äußert sich dazu im u.g. Interview wie folgt: ,,FtllIlk BuchwlIld wunIe als Studioleiter ernannt und mich fragte man ob ich nicht mit in dem Studio arbeiten wolle. Diese Paarlösung erweist sich in den meisten Fällen als sehr positiv" (G.ugosch, Interview 2008). Carsten Thurau folgte FtllIlk Buchwllld auf den Posten in Rio. Seine damalige Ehefmu Wllr freie Kamemfmu und wunIe vom ZDF fur die Zeit der Korrespondenternärigkeit ihres Ehemannes als erste Kamemfmu des Südamerika-Studios etlgllgiert aIlen:Iings zum großen Nachteil und aufKosten des langjährigen Kamernmanns in Rio. Die Sinnhaftigkeit solcher Entscheidungen san an dieser Stelle jedoch nicht diskutiett werrlen. Buchwald, F., Interview 2ffJ1. G.ugosch, Interview 2008. Dieser Korrespondent möchte anonym bleiben und wird fortan Anonymus genannt. Anonymus, Interview 2ffJ1.
51
zusätzliche Arbeitszeit der in der Regel freiberuflichen lokalen Mitarbeiter entstehen zusätzliche Kosten. 165 Als problematisch erweist sich auch, dass die Korrespondenten zumeist nur fiir drei bis vier Jahre in ihr Berichtsgebiet entsendet werden Würde ein Korrespondent längerfristig im Gastland stationiert werden, so würde er die kritische Distanz verlieren und gewi.ssennaßen "betriebsblind" werden, so der journalistische Konsens. Doch diese relativ kurze Zeitspanne ist vor dem Hintergrund der Sprachkenntnisse in Frage zu stellen: Zudem ist Anonymus der Ansicht, dass ein Berichtsgebiet, dass sich auf mehrere unterschiedliche Länder erstreckt, zu komplex ist, um es in kurzer Zeit zu erfassen und seine Strukturen zu durchdringen: ,;Erst 1/dCh drei Jahrm beginnt man einen Kontinent, seine Menschen, die ~Uschqftichen Hinte1;!riinde und Zusommenhänge wirklich ifI verstehen. ,d66 Auch dieser Umstand muss in einen Diskurs über die Kompetenzen und Voraussetzungen, die ein Korrespondent mit sich bringen sollte, aufgenommen werden 167 Nach Ansicht der Verfasserin erweist es sich als äußert kompliziert fiir die Korrespondenten, den Zuschauem Orienti.erungshilfe zu bieten, wenn sie selbst zu Anfang einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen müssen, um sich selbst einzuleben, zu orientieren, ihren Korrespondentena11mg zu organisieren und Sprachen zu erlernen. 3.1.2 Amitsbedi11f!lingen 1JOT' Ort
Der Vollständigkeit halber wird im Folgenden auf die Arbeitsbedingungen der Llteinamerika-Korte8pondenten eingegangen. Die einzelnen Einflussfaktoren und ihre Auswirkungen werden nur kurz umschrieben, da sie, wie bereits erwähnt, in verschiedenen Handbüchern ausfiilirlich besprochen werden und insgesamt nicht wesentlich zum Erkenntnisgewin im Rahmen der vorliegenden Arbeit beitragen. Die Zeitverschiebung wird von den fiir diese Arbeit interviewten Korrespondenten nicht als stark intervenierender Einflussfaktor wahrgenommen (Anonymus: ,,sie lernen damit umzugehen"l~. Lediglich in Bezug auf die Belieferung abendlicher Nachrichtenformate ihrer Heimatsender wird die zeitliche Differenz zwischen Europa und Llteinamerika z.B. von Thomas Aders, gegenwärtig ARD-Korrespondent in Rio de Janeiro, als Hindernis empfunden: ,,Die ZeikJijfimmz variiert ifUschen 3 und 5 Sbtnden. MonchmoJ kostet dar ein tagessthaustück [sie!], wie z.B. mtJTWI, wenn die ofymjische Fackel durch Buenos Aim getragen wird. ~ 165
1&1
167
,..
52
Der Grond fiir mangelnde Sprachkenntnisse ist, dass ihre Bedeutung in der Aus- und Fortbildung und bei der Vergabe von Korrespondenten zumeist nicht berücksichtigt wird, s. Kapitcl13. Anonymus, Intcrview 2f.XJ1. VgI. Kapitel 14. Anonymus, Intcrview 2f.XJ1.
14:30 Uhr, MESZ: 19:30 Uhr. Weil die etJti. Proteste undAmschnitungen aberehernoch später
stoJ!Iinden, ist es i!I spätJür die 20 Uhr [HouptoHsgabe der Iofpschau, d VetjJ. ,469 Doch wenn ein Ereignis zu spät fUr die Ausstrahlung in der 2O-Uhr-Ausgabe der tagesschau stattfindet, so bleibt die Möglichkeit, den Beitrag zu spärerer Stunde, in diesem Falle etwa in den tagesthemen oder im ZVF nach!Joumal auszustrahlen. Zwar empfinden einige Korrespondenten Zensur und Bürokratie in Lateinamerika als ärgerlich, doch behindern sie ihre Arbeit nicht in allzu großem Ausmaß. Abgesehen von der Situation auf Kuba 170 wird der Stellenwert der Zensur als äußerst gering bewertet. Bürokratische Akte wie z.B. die Beschaffung von Drehgenehmigunge werden als kraftraubend, aber nicht als unüberwindbar eingestuft. l7l Wesentlicher kritischer beurteilen die Korrespondenten die Rolle der Gewalt, der sie bei Dreharbeiten in Bfuger- und Drogenkriegen ausgesetzt sind, wie Stefan Rocker, ehemaliger ARD-Korrespondent in Mexiko-Stadt, bestätigt, dass es ,,mehnnals sehr direkte Gefahrdungen"172 gab. Frank Buchwald und seine CoKorrespondentin Stephanie Gargosch haben während ihrer Dreharbeiten über Drogenkartelle in Rio de Janeiro ebenfalls sehr konkrete Gefährdungen erfahren: ,J)rogenmt!fia und andere Ktiminelk haben unsgelegentlich bedroht-bis hin ifIT' MorrIdrohtmg. ,473
Nach Einschätzung der Verfasserin gründet die Aussetzung konkreter Risiko-Situationen ausschließJich auf den Anforderungen der Heimattedaktionen. Diese fordern aus den lateinamerikanischen Berichtsgebieten primär Beiträge über Krisen und Konflikte ein, wie im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit gezeigt wird 174 Zusammenfassend beschre1bt Stephanie Gargosch die Arbeitsbedingungen der Lateinamerika-Korrespondenten aus ihrer Sicht wie folgt: ,;Druck W1I der Drogenm'!fia, eine korruptes bürokratisches ~ GewaIkJndrohungpi, ab~
oder nicht.funktioniemuJe Sotelliten, nicht sft:ITtende F~, halt das ffI11Z nmmak
uben in SiidomeriIeo, man kmt halt kreativ i!I sein und um Ende klappt es dann schon. ,475 '''' '" 171 172 173 174
175
Aders, Interview 2JJ08. Kuba hat seit zwei Jahren ein Einreiseverbot gegen die ARD-Korrespondenten verhängt, da das Regime die Berichterstattu als zu kritisch einstuft, vg1. Rocker, Interview 2ffJ7 und Schaaf; Interview 2ffJ7. Vgl. Anhang: Kotrespondenten-Inretviews. Rocker, Inte1View 2ffJ7. Buch:wald, F., Interview 2fIJ7. Allerdings divergiert: die Realitiit: in lAt:einamerika erheblich gegenüber der in Deutschland vennittdten medialen Realitiit: des Subkontinents. Die gew.Utsame:l1 Konflikte der DrogenkarreIle in Rio de Janeiro spielen sich nicht an der Copacabana ab. Sie finden in den Annenvierteln, den sogenannten ,,Favelas" der Millionenmetropole s=, weit entfernt von Striinden und Stldt- und Wutschaftszentru Die Autorin weiß aus eigener Erfuhrung, dass es schwer ist, die Scbauplätze ausfindig zu machen und Kontakte zu involvierten Per.ronen hetzusteIlen. Vor allem ausländische Kon:espondenten wecken schon bei der ersten Recherche das Misstrauen der Kriminellen, die sofort Einschüchterungsmaßru ergreifen. Daneben erscheinen technische Probleme vor Ort als zweitrnngig, so wenlen sie auch von den Korrespondenten eingestuft, vg1. Anhang: Korrespondenten-Inretviews. Gatgosch, Inrerview 2008.
53
Die Lebens- 1.Uld Arbeitsbedingungen 1.Ulterseheiden sich zwar von denen in der Heimat, sind jedoch typisch fiir den amerikanischen Subkontinent 1.Uld der Einfluss der beschriebenen Faktoren ist begrenzt
3.13 Diepolitische und wirtschtftliche ReIemnZ Lzteinamerihzs im Globalisierung~ Llteinamerika findet in der Auslandsberichterstattnng der Gegenwart verhältnismäßig geringe Beachtung. Ein Grund dafür ist, dass es genereIl nur sehr wenige feste Sendeplätze fiir Beiträge aus dem Ausland im deutschen Fernsehen gibt. 176 Doch auch in aktuellen Infonnationssendungen, wie z.B. in Nachrichtenfonnaten, ist Llteinamerika nur selten präsent. Abgesehen von kurzen Berichten oder Meldungen über Stünne und Stunnfluten der alljährlichen Hurrikan-Saison gibt es nur wenige Beiträge aus Zenttal- und Südamerika. 177 Politisch 1.Uld wirtschaftlich kam dem amerikanischen Subkontinent über Jahrzehnte hinweg keinerlei wesentliche internationale Bedeutung zu. Nach den bewegten Zeiten der Revolutionen und Milirii.rdikt:aturen war die politische LJge Iange Zeit stabil, jedoch weltpolitisch irrelevant. Seit der Machtiibemame der sozialdemokratischen bzw. sozia1istischen Parteien in Bolivien, Brasilien 1.Uld Venezuela rückt der amerikanische Subkontinent sukzessive in das internationale politische Bewusstsein In diesem Zusammenhang ist oftmals von einem politischen ,,ünksruck" die Rede, als lateinamerikanische Reaktion auf die weltpolitischen bzw. weltwirtschaftlichen Entwicklungen. Der aktuelle ARD-Korrespondent fiir Mittelamerika, Stefan Schaaf, bestätigt, dass dieser ,,Linksruck"
"sicherlich auch eine AntJwrt at/ Globalisiemng und Neoliberalismus der • irt. Insr!fem gewinnt der Kontinent an politischer Beachtung und Interesse. (d78
Jahr.?!hnte
Neben der Politik wird auch die WJrtschaft Llteinamerikas von einer neuen Dynamik: dominiert. Bereits im Jahr 2004 war die jahreIange Rezession mit einem W1rtschaftswachsturn von 5,6 % überwunden worden. 179 Die Mitgliedschaften in internationalen Handelsorganisationen, sowie der südamerikanische Binnenmarkt Mm:osur (Mercado ComUn rief Smj, bilden gegenwärtig das F1.Uldament des W1rtschaftswachsturns. Der internationale Exporthandel, u.a. mit der EU, wächst, und L1teinamerika gewinnt zunehmend an Attraktivität fiir ausländische Investoren. Die linksgerichteten Machthaber sind sowohl daran interessiert, politisch als auch wirtschaftlich einen Gegenpol zu den USA
176 177
118
179
54
VgL 1.7. VgL Kapitel 12 und 13. Schaaf; Interview 2ffJ7. VgL FIscherWeltalmanach 2ffJ7, S. 640.
in Nordamerika zu bilden und dem Kapitalismus mit den Entwürfen neuer sozialer Ordnungen und WlrtSchaftssysteme entgegenzutreten. Sie erhalten zunehmend Unterstützung anderer lateinamerikanischer Staaten, aber auch von Russland. Es ist nicht auszuschließen, dass mittel- bis 1angfi:istig einige dieser Länder - oder ganze Regionen - fiir Deutschland und die EU eine gleiche Bedeutung wie China oder Indien erlangen 11lJ. Dessen ungeachtet entsteht der Eindruck, dass Berichte und Beiträge über die aktuellen Entwicklungen in Politik und WlrtSchaft Lateinamerikas trotz Globalisiemng selten Gegenstand der deutschen Auslandsberichterstatnmg sind. Frank Buchwald bestätigt den Eindruck, dass der Subkontinent präsenter in der Berichterstatnmg sein müsste: ,Siidamerika aber spielt in den deutschen Vomellmtgen von G/oba/isienmg hJine so gmft Rolle; die DeJl/schen haben Angst f)(JT' China und begreffen gmz gmz Iotwam, dass Indien 01ICh kein jölklmistisches, buntes HIIfJ~ mehr ist. Aber IUiIche Gewichte sich da verschieben, wiI/_ in DeJl/schltmd nichtwirklich sehen. ,d81
Ob dieser Eindruck bestätigt werden kann und welche Ursachen dafiir vorliegen, soll im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Buchwald weist voller Ironie darauf hin, dass bereits die Berichterstatnmg über China zu spät begonnen hat Erst, als die Volksrepublik bereits zu globaler wirtschaftlicher und politischer Macht gekommen war, wurde über sie berichtet Gleiches gilt fiir das wirtschaftlich aufstrebende Indien. Wenn ein Land in den Augen der Zuschauer scheinbar über Nacht zur Weltmacht aufsteigt, ist das beängstigend. Es ist also heute mehr denn je von großer Relevanz, Entwicklungen, Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen, damit der Zuschauer internationale Ereignisse einordnen und verstehen kann Lateinamerika gewinnt, wie gezeigt wurde, zunehmend an Bedeutung in der globalisierten Welt Ereignisse auf dem amerikanischen Subkontinent können Auswirkungen auf die wirtschaftliche und politische Realität in Deutschland und Europa nehmen. Argument genug, um Lateinamerika in der deutschen Auslandsberichterstatnmg neu zu positionieren.
32 Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen: das derzeitige Prograrnmangebot im Überblick
Sendeplätze fiir hintergründige, politische Auslandsberichterstatnmg haben Seltenheitswert in der deutschen Fernsehlandschaft. Reiseberichte und Reisereportagen finden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur in den dritten Programmen (s.u) der ARD ihren
Feste
,.,
Die emporsteigenden Bedeutung der Iat:druunerikan Wl!tllchaft fiir Deutschland, schlägt sich seit geraumer Zeit in den Statistiken und Berichten der Hande1skammem nieder, so bereits ua im Jahresbericht ,,Brasilien" oktsieII der Deuf.rth.-bm.ri/ Indurtrie- undHtIfIIieIskommer 2006.
181
Buchwald, Interview 2fJJ7.
55
festen Sendeplatz. Im Ersten wird unregelmäßig der Ratgeber Reise im Rahmen der RotgeberReihen ausgestrahlt; im ZVP wird dem Zuschauer unregelmäßig eine Folge der Reiselust präsentiert. Im Privatfernsehen bot lediglich Vax' a1lwöchendich mit den Reisernagazinen Vax T0UT:f und wolkenlos seinen Zuschauern Eindrücke aus fernen Iiindem Doch seit dem Frühjahr 2010 sind auch diese Zeiten vorbei: mangels Quote stellte Vax beide Sendungen ein Generell ist aber sowieso zu allen Reise-Fonnaten im deutschen Fernsehen anzumerken, dass sie nur sehr bedingt Aufschluss über die politische oder geseI1schaftIiche Situation in den Reiseländern geben. Hintergründige Infonnationen, die über touristische Ansprüche hinausgehen, fallen aber auch nicht in den Aufgabenbereich einer Reise-Sendung. Ein beachdicher Anteil an Repormgen und Dokurn.ermltionen aus dem Ausland ist bei den privaten Infonnationssendem n-n/82 und N24 183 zu sehen. Allerdings handelt es sich hier in den seltensten Fällen tun deutsche Produktionen oder gar deutsche Eigenproduktionen, sondern zumeist tun US-amerikanische Produktionen, die im Hinblick auf den internationalen 1V-Matkt produziert werden. Sie werden für den deutschsprnehigen. 1V-Matkt übersetzt, sind jedoch inhaldich nicht auf die Bedürfnisse des deutschen Zuschauers zugeschnitten. Zudem beschränken sich die Themen dieser Produktionen zumeist aufThemen aus den Bereichen WISsenschaft und Technik oder Naturl84 und bieten keinerlei Infonnationen, die über den eigentlichen Schwerpunkt hinausgehen. Zumindest im Vorfeld und am Rande internationaler spordicher Großereignisse, wie Fußba11we1tmeisterschaften und Olympischen Spielen, rücken die Austragungsländer in den Blickpunkt medialen Interesses. Sie werden für eine kurze Zeit Gegenstand einer umfangreichen und kostenintensiven Berichterstattung. Allerdings finden diese Veranstaltungen nur alle vier Jahre statt. Ist die Situation eines Land politisch und wirt:schaftlich so brisant wie in China, das im August 2008 Gastgeber der Olympischen Sommerspie1e war, dann rücken Doktunentationsreihen185 in das Programm der öffendichrecht:Iichen Sender, teils sogar auf Sendeplätze in der Primetime. Im Programm des deutsch-französischen Senders arte gibt es regelmäßige Sendeplätze für Doktunentationen und Reportagen mit Auslandsthemen, primär allerdings mit kulturellem, künstlerischem oder gesellschaft:li Bezug oder aus dem Bereich Natur"" ""
184
116
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R.:1LGroppe; als Spartenkanal der Seru:Ierfiunili geiwssetmaßen ,,sammelbecken" fiir Inhalte der Bereiche Aktualitiit, Zeitgeschehm und auch Zeitgeschichte, die aus den Haup1progrnmmen ausgelagert werden. Was fiir den spartensender n-tv innerhalb der R1L-Familie gilt, galt bis 2010 auch fiir N24 innerhalb der PmSiebenSot.l Medio AG. Seit Juni 2D10 winl der Sender jedoch von der nrogegründeten N24 Medio GmbH bettieben. Zu den neuen Gesellschaft=. gehört auch der frühere S~-01efredakteur Stefun Aust (vgI. URL: htIp:/ /www.sueddeutsch.de/medien/spatzwang-bei-n-WllS-erlaube-n-1.984709 [27. August 20101). Die weitere En1wickIung des Senders blcibt somit abzuwarten. ÜbetbJick über aRe n-fl>.SendwJgen onIine unter URLhttp://www.n-tv.de/sendungen; tiiglich aktualisierter Prograrnmüberblick N24, onJine unter URL: http://www.n24.de/php/epg [20. Juli 2lm]. z.B. "Geschichten aus dem Reich der Mitte", ZDF (Sendedatum: 6. August nJ8) und "Chinas Gtößenwllhn am Yang15e", Das Eme (Sendedatum: 28. Juli 2008.)
und Tierwelt Phoenix, der ,,Ereignis- und Dokumenrationskanal"l86 hat viele Wiederholungen von Dokumentationen und Reportagen des Muttersenders ZDF in seinem Programm. Einen eigenen Sendeplatz fiir Beiträge der ZDF-Auslandskorrespondenten bietet das Korrespondenten-Magazin Mein AusIand'87. Doch auch bier finden nur selten politische Themen ins Programm. Die Inhalte ähneln vielmehr denen des ZDF auslantfjomnals (s.u), dem Pendant zum Weltspiegel der ARD. Als Spartenkanal hat Phoenix zudem weitaus geringere :Marktanteile als beispielsweise ZDF, ARD, RIL und ProSieben und erreicht somit nur eine kleine Gruppe besonders interessierter Zuschauer. Bei dem selbst ernannten ,,Ereignis-Sender" finden sogar Live-übertragungen politischer Ereignisse aus dem In- und Ausland ihren Weg in das Programm, zumeist sind dies jedoch Debatten des Deutschen Bundestages oder Ereignisse aus europäischen Nachbarländern, den USA und dem Europapar1ament 3sat, der "Drei-Länder-Sender in Europa"I88, ähnelt in seinem Programmschema den verwandten Sendem arte und Phoenix. Neben WJ.ederholungen von ARD- und ZDFSendungen sind Kultur- und Informationssendungen aus den deutschsprachigen Nachbarländern Österreich und Schweiz zu sehen. Auch bei 3sat wird - ebenso wie bei Phoenix (s.o.) - den ZDF-Korrespondenten ein eigenes Fonun geboten: das ausland.!foumal extm. Als "außenpolitisches Magazin"I89 deklariert, werden hier größtenteils die Beiträge aus dem ZDF auslamijoural wiederholt Die digitalen Spartenkanä1e 1'XJ von ARD (Eins Extra, Eins Plus, Eins Festival) und ZDF (Z.DFi'!f01eanal, ZDFneo (bis November 2009 ZDFdohtkanal), ZDFtheaterkanaI), bieten primär ebenfalls WJ.ederholungen aus dem Hauptprogramm der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Diese Sender werden jedoch aufgnmd ihrer technisch beschränkten Reichweite vom Publikum zum Teil noch nicht empfangen und deshalb nicht wahrgenommen. Auslandsberichterstattung findet hier wenn, dann nur im Rahmen von WJ.ederholungen statt Im Programm der meisten Privatsender findet, mit Ausnahme der Nachrichtensendungen, keine Auslandsberichterstattung statt Bei kabeleins und Vox sind regelmäßig sogenannte ,,Auswanderer-Fonnate"l91 zu sehen. Diese können jedoch keinesfalls uo 187
u. 187
1., 191
Vgl. URL: http://phoenix.de/startseite/l.l.htrn [19. November 2008] z.B. Sendung vom 3. Juni 200i: ,,Mein Ausland: Vulkan-Teufel und Pirnnha-Suppe - Zauberhaftes Südamerika", Ein Film von Gu:sten 'Thumu, ZDF-Studio Rio de Janeiro, Infonruuionen online U11Ier URL: http://www.phoenix.de/t:herna....rnein_ausland/71169.htrn und Sendung vom 4. Dezember 200i: ,,Mein Ausland: Amazonas- und Großstadtdschungel- Beobachtungen in Brasilien", Ein Fihn von Gu:sten Thurnu, ZDF-Studio Rio de Janeiro, Infunnationen online im WWW U11Ier URL: www.phoenix.de/mein_ausIand_amazonas_und....grossstadtdschunge1/2006/05/17/0/10394.1.htrn [7. August 2008]. Vgl. URL: http://www.3satde/[8.Mai2OO8].
EIxl. Vgl. URL: http://www.anl-
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der klassischen, politisch orientierten Auslandsberichterstatnmg, sondern lediglich dem Dokutllinment-Segment zugeordnet werden. Primäres Ziel ist hier die Unterhaltung anstelle der Infonnation: Die porträtierten Auswanderer stehen im Zentrum der Beiträge; über Politik und Gesellschaft erfuhrt der Zuschauer zumeist nichts.Bei dieser Art Fonnaten ist es erfahrungsgemäß nur eine Frage der Zeit, bis das Interesse der Zuschauer nachlässt und verebbt und diese Sendungen schließlich ganz aus dern Programm verschwinden. Denn im Gegensatz zum Weltspiegel ist hier das Fonnat innovativ, während der Inhalt statisch ist, sich an verschiedenen Schauplätzen wiederholt Insgesamt bleiben dem Fonnat der Auslandsmagazine nur drei regelmäßige Sendeplätze im gesamten deutschen Femsehprogramm vorbehalten. Im Gemeinschaftsprogramm der ARD, Das Erste, im ZDF und auf dem privaten Infonnationssender n-tv der R1L-Senderfamilie gibt es jeweils ein wöchentlich ausgestrahltes Auslandsmagazin: den Am/andsreport auf n-tv, das aHSland!foumal im ZDF und den Weltspiegel im Ersten: Den Selbstdarstellungen des WeltspiegeLr und des Amlandsreports zufolge liegt ihr Fokus auf hintergründiger Berichterstattung. 192 Das ZDF hingegen definiert und publiziert an keiner Stelle die Ansprüche oder Kriterien seines aHS/antijournols. Trotzdem werden an das ZDF-Auslandsmagazin, vor allem aus Kritikerkreisen, die gleichen Anforderungen wie an den Weltspiegel gestellt, und das ausland!foumal wird an ihm gemessen. Aber auch n-tv bietet keine Fonnat-Definition seines Amlandsreports, sondern lediglich eine allgemeine Sendungsbeschreibung.193 Hier werden Themenbeispiele gegeben, die pars pro toto zeigen, dass der Am/andsreport keine Hintergründe zur mgesaktuellen politischen Auslandsberichterstattung bietet, wohl aber anhand von Einzelschicksalen Einblicke in die Situation des Gastlandes gewährt Nichr zu vergessen sind die sogenannten dritten Programme/94 der ARD. Doch werden diese allein der Vollsriindigkeit halber erwähnt Zum einen sind sie aufgrund ihrer regionalen Ausrichtung noch immer nicht überall in Deutschland empfangbar, bzw. werden von den Zuschauern nicht wahrgenommen oder akzeptiert Thre regionale Ausrichtung spiegelt sich zwar immer weniger in ihren Programminhalte wieder, doch sind sie als regionale Angebote gelabelt und somit findet beispielsweise das WDRFemsehen (s.u.), dessen Sende- bzw. Einzugsgebiet das Bundesland Nordrhen-Westfalen ist, vor allem beim älteren Publikum in beispielsweise Bayern keine Akzeptanz. Zum anderen bieten die sogenannten
192
103
".,
58
http://www.kabeleins.de/dolnueportage/nroes_leben/httnl [10. August 2008]. V~ ARD (Htsg.): WeIirJiei!I GenJJitJJte, URL: http://www.daserste.de/weItspiegeI/geschichte.asp und URL: http://www.n-tv.de/937014.httnl [30. Juli ZJJ
"" 210
211
62
Hahn/Lönnendonker/Schtöder, 2008, S. 17 - 129. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit win:I das Verllä11nis zwischen Korresponderum und HeiJnaIredaktio in Kapi1cl10 thematisiert. Hahn/Lönnendonk/Schersclnm, 2008, s. 30 ( MüDer/Schtöder, 2008, S. 99 ff. Zwar ist der AufSatz von MüDer und Schtöder sehr aufschlussreich und win:I noch an späterer Stelle berücksichtigt, doch wen:Ien generell, wie auch in diesem Fall, die Aufsätze der einzelnen Autoren von den Hemusgebem nicht mit anderen Teilen der Arbeit verlJ
"" 231 212
213
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Ebd., S. 227. Boetzkes bezieht sich ausschließlich auf die Sendungen der tagJssti:NJN. Er seIbst ist Moderator der 15-Uhr-Ausg1lbe. Inwiefern der sogenannte Gatdreeper seine Nachrichtenauswahl anband der Nachrichtenfitkroren trifft ist zu untet1ruchen. Wie bereits unter 3.23 thematisiert, spielen möglichetweise weitere Faktoren eine essenrielle Rolle. Ruhnnann/Göbbel, '2ffJ7. V gL Kapitel 13. Zitiert aus einer Pressemit:teilu des ~ redmhe, in dessen Auftrag Ruhnnann und Göbbel die Swdie erstellten: ~ redmhe (Hrsg.): ,;Mehr cmotitmale Bilder", Presseinformation vom 11. Mai '2ffJ7, U1lli htIp:/ /www.netzwerkrecherde/presse/index.php?pageid=213 [1. Oktober 2008].
Die Resultate dieses Forschl.UlgSprojekts von Ruhnnann und Göbbe1 Zl4 werden selbstverständlich innet:halb dieser beriicksichrigt und auf ihre Gültigkeit innerhalb der gegenwärtigen Auslandsberichterstattung hin evaluiert. Zl5 Somit bietet sich in dieser Arbeit auch die Chance eines Modells fur die joumalistische Theorie und Arbeitsweise, nämlich die überarbeitung und Neudefinition eben dieser Nachrichtenfaktoren, zugeschnitten und angewandt auf die Auslandsberichterstattung. Auch Oaus-Brich Boetzkes befasst sich detailliert mit der Nachrichtenwerttheorie. 216 Das System der Nachrichtenfaktoren erweitert er um den Faktor "Organisation". Die Komplexität einer Organisation 237 wird innerhalb dieser Untersuchung reduziert zu einem einzigen Faktor, der neben anderen die Nachrichtenauswahl detenniniert. Boetzkes ist sich zwar der VieIschichtigkeit einer Organisation bewusst, wählt jedoch zur Analyse die falsche Methode:
"Das OrganisatrJTische ist a1!f allen Ebenen ein wichtiger 'bottle neck' bei der Selektion und Produktion von Nachrichten. Die Nachrichtenwe1t-Theorie muss daher um den Faktor 'Organisation' als intemmierende Variable ergäni{ werrlen. ,1238
Georg Ruhnnann kritisiert treffend, dass es sich um den Versuch der Verknüpfung einer ,,intervenierenden Variablen" mit dem Konzept der Nachrichtenfaktoren handelt, welches jedoch auf einer Theorie der Wahrnehmung gründet 239 Dieser Kritik schließt sich die Verfasserin an. Per se kann eine eingreifende, also aktive Variable nicht mit passiven Faktoren gI.eichgesetzt werden. Der Autor kann wiederum die Divergenz von Theorie und Praxis nicht lösen. 240 Die Komplexität der Organisation sollte zwar im Kontext der NachrichtenwertTheorie reflektiert werden. Doch Organisation ist kein Nachrichtenfaktor. Auch dies wird im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit noch ersichtlich. 234
ZlI
236 zr;
211
2Jl
240
Ruhnnann uOO Göbbel ~ am Ende ihrer Studie die verknüpfung von Nachrichtenfaktoren uOO Nachric.htenfulm bzw. Fmrning im Rahmen weiterer F=chung an. Nach Ansicht der Verfusserin ist das ein nicht zu veradumder Appell an zukünftige Forschungsarl>eiten, kann jedoch im Rahmen dieser Ad>eitauJgrund des Umfangs nicht berücksichtigt werden. Die Verflechtung von Nachrichtenfakto Fmrning und Nachrichtenframes gehen inhaltlich über die Rahmenbedingung der Arbeit hinaus. Als Exkw:s ist diese Themarik aufgtund ihrer KompJexiriit nicht zu realisieren. Zuerst soIIten sich in zukünfiigen Forschungsll1beit.en diesbezügliche Analysen kontextualisiert mit den Aspektm des Agenda Settings vor dem Hintetgnmd der empirischen Kommunikarionsfo=hung bzw. der Medienwirkungsfo=hung widmen. Die Grundlagen der Frames bzw. des Frnmings finden sich bci: Scheufele, Bertrnm: Fmmes - ~ - Fmming-EJftkte. ThtmuJisdJe tmd mdhodist:he ~ des Fmming-Ans~ stmie empiri.rthe Beftmde ~ NachrichtenprrxJ, Westdeutscher Verlag, WleSbaden 2003. Vgl. Kapitrl13. Boetzkes, 2tXl8. hier die ARD bzw. die Redaktion ARD akmeII; Untet:suchungsgetand ist wiederum die tag=hau, deren Moderntorerist, s.o. Boetzkes, 2008, s. 13. Ruhnnann, ZOOl, S. 298 E Entsprechend der These der ,,Alpha"- und ,,Beta-Gatekeepet', vgl3.23.
69
43 Systemtheoretische Grundlagen als Legitimation einer integrativen Forschungsstrategie Die systemtheoretische Journalismusforschung baut auf die funktional-strukturelle Systemtheorie Luhmanns auf Diese geht als Denkansatz stets von sozialen Funktionssystemen aus, also von operativ geschlossenen Einheiten, die ein Beziehungsnetzwerk konstituieren. Luhmann ergänzte die Gruppe sozialer Funktionssysteme um das System der Massenmedien. In der systemtheoretischen Journalismusforschung schließlich stellt nicht länger der einzelne Mensch, also das Individuum Journalist, sondern derJournalismus an sich den Forschungsgegenstand dar. Die Erforschung des Journalismus ist ganzheitlicher Art Joumalismus wird hier als System begriffen. Dies ermöglicht einen ganz anderen Zugang zu der Materie, als es beispielsweise bei der Mainzer Schule Usus war. Vorreiter des systemorientierten Verstiindnisses des Journalismus war - wie bereits erwähnt - Manfred Rühl Er gab während der siebziger Jahre die subjektbezogene Theorie auf und beschrieb die Redaktion als soziales System241, welches in seiner Organisationsfonn ,,Redaktion" redaktionelle Entscheidungen trifft, zu denen u.a. die Nachrichtenauswahl (s.u.) gehört Aus diesem Grunde drängt sich, so Bemd Blöbaum, "eine Ano!Jse der joumalistischen EnlJcheidJmgsprogramme 0Jff, um die Operationsweise des jo1l1'11Oistischen i!' besdmiben. ,(}42
.vstemr
Auf die Beschretbung dieser journalistischen Programme wird an späterer Stelle innerhalb dieses Kapitels eingegangen. Jedoch ist bereits anzumerken, dass die von Blöbaum geforderte Analyse auch Teil dieser vorliegenden Arbeit ist Die systemtheoretische Journalismusforschung legitimiert die Betrachtung der Medien als soziales Funktionssystem243, äquivalent zu Wtrtschaft, Politik ete. Diese Systeme sind zwar in sich geschlossen, stehen aber zu den anderen sozialen Systemen innerhalb der Gesellschaft in Beziehung. Die Funktionssysteme gründen nach Luhmann auf der Struktur der funktional differenzierten Gesellschaft: ,,Eine GeseUschafl kann als jimktional diJfermifert be~hnet werden, 1U!fIt1 sie ihre wichtigsten T eil[ysteme im Hinblick 01f! #sehe Probleme bildet, die dann in dem jewtils ~ FIItIktio1lS!YsIlIm g:Hist JUJTrien müssen. t{;N4
Diese Funktionssysteme haben, so Luhmann, ,,als 'formale Organisation' in der modernen
241 242
2
85
bleiben überschaubar. Dieses ökonomische Konzept der "Privaten" wird von Jens Müller und Roland Schröder bestätigt
,,Eine demrtige Simtegje basiert fJI!! rinem kostentJrimtier Kalkül. Ein .flexibles Korresjxmdenten ist!!flnslil!r als derBetrieb eines Amlondsstudios. ,,296
Die Kompetenzen der Auslandsberichterstattung liegen in Deutschland also aufgnmd ihrer stationären Korrespondenten und internationalen Infrnstruktur bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, auf die sich die vorliegende Arbeit konzentriert. 6.1.2 Die interdependente Strukturen der ,,Privaten"
Bei den "Privaten" gibt es also einen konkreten, direkten Zusammenhang zwischen Marktanteil, Einschaltquote und Zuschauerzahlen auf der einen und der Werbefinanzierung auf der anderen Seite. Wie bereits erwähnt, setzen sich diese Sender eine möglichst hohe Einschaltquote und ein quotentIächtiges Progrnmm als Ziel, damit sie sich finanzieren bzw. im Idealfall - Gewinn erwirtschaften können Die Inhalte dieser Progrnmme zielen entsprechend auf die antizipierten Ansprüche und Bedürfnisse der Masse der Rezipienten ab, die mit Hilfe von privaten Marktforschungsinstituten, oder hauseigener Zuschauer- bzw. Medienforschung, ennittelt werden und sich in den Quoten widerspiegeln überfläch1ich betrachtet, dominiert hier somit die Befriedigung der Bedürfnisse der Zuschauer die Berichterstattung. Auf den zweiten Blick ist erkennbar, dass auch diese Sender neben bloßen Profitinteressen auch noch andere vertreten: Ein Blick auf die illte der Sendereigentümer'7 ve1rät bereits, dass oftmals Ver1agsgruppen zu den Eigentümern zählen. Es ist davon auszugehen, dass diese Ver1agsgruppen bemüht sind, ihre politischen Ansichten nicht nur in ihren Printprodukten, sondern auch in den jeweiligen Sendern abbilden. Doch auch innerhalb der öffentlich-rechtlich organisierten Sendeanstalten besteht die Möglichkeit der politischen Einflussnahme, wie in 6.1.3 gezeigt wird.
201
"SI
MiiDer/Schröder, 2008, S. 111. V~ KEK (Hrsg.): BeteiIi!Jmg.JWrhiiftnisse, URL: http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/beteiligunghtml [12. Juni
2008J. 86
Exkurs: Global Player - regionale Einflussnahme? Das prominenteste Beispiel für die Machtbesttebungen und die Einflussname großer Medienkonzerne existiert in den USA: Der - austtalische - Medienmogul Rupert Murdoch298 , genauer sein Konzern News Cop. LJd.299, ist Eigentümer verschiedener Tageszeitungen sowie der Fox Broadcasting ComjJarg (FBq. Der Nachrichtensender Fox News vertritt in seiner Berichterstattung eindeutig und unverhohlen die Positionen der Republican PartY.?ill Dies gilt für den Inhalt der Sendungen, mit denen Fox Zielgruppen mit bestimmten politischen Interessen erreichen und gewinnen will, und auch für die Schaltung von Wahlwerbespots und Trailern. Vom deutschen Medienmarkt hatte sich Murdoch nach Ausbleiben von Erfolg und Rendite bereits vor Jahren zurückgezogen Der "Frauensender" 1m3 scheit.ett.e. Doch im Januar 2008 kaufte sich Murdoch beim deutschen Pay-1V-Sender Premiere ein, in dessen Programm er einen Spielfilmkanal der Fox-Familie integrierte. Auch die deutschsprachige Ausgabe des Dokurnentationssenders NGC (National Geographie Channe~ gehärt Murdoch 301. Somit kann er seinen Einfluss auf den deutschen Medienmarkt ausbauen. Fest steht, dass die Global Player, zu denen auch der deutsche Bertdrmann-Konzern zählt, versuchen - analog zu den Weltmachtbesttebungen einiger Nationalstaaten - ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss weltweit geltend zu machen. J02 Von den Global Players der Wlrtschaft unterscheiden sie sich maßgeblich, da sie nicht nur auf ökonomischer Ebene expandieren, sondern Medieninhalte steuern und somit die Bürger direkt erreichen. Selbst die Politik ist auf die Medien angewiesen, da sie ihre Botschaften und Beschlüsse im Wesentlichen durch sie transportiert Somit können die medialen Global Player auf die globale, aber auch nationale Politik der Länder, in denen sie präsent sind, Einfluss nehmen. Vor diesem Hintergrund wird die existentielle Bedeutung unabhängiger, öffendich-rechtlicher Medien offenkundig.303 Inwieweit die These der politischen Einflussnahme der Verleger und "'" "" >JJ
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n Dl
Munioch besitzt mittlerweile auch die US-amerikanische Stllatsbfugerscbaft. Vgl. u.a. Müller/Scbn'ider, 2008, S. 102. Vgl. u.a. Dokumentation Oufaxed: RHfrrtMmr:loch's War on JoumoIism von Robert Greenwllld; Dernils online unter URL: http//www.outfoxed.org. Vgl.: NN.: MmriotJJs DCllisdJhnd-ErjaJmmg, Web onIirJe vom 9. Januar 2OOl, URL: http://www.welt.de/welcprint/article153611 O/MurdochsJ)eutschlandßrfahrungen.httnl [23. September 2rol] und Siebenhaar, Hans-Pet:er:: MJm/och sftJrfet Fa>< in Dentsr:hIand, erschienen in der online-Ausg:IDe des Hom.Ie/sbIotts vom 19. Mai 2008, URL: http://www.hande1sblatt.com/untemehmen/it-medien/murdochS1Jlrtet-fox-in-deu1schland;1431812 [23. September 2008]. Vgl.22 In Bmsilien gab es lange Zeit llill" ein privatwin:schaf lV-Angebot des Medienkonzem Rede Ghbo, zu dem auch die meist:verbreitet:e Tageszeitung 0 Ghbo gehört. Erst später wurde der Versuch gestlrtet, öffentlichrechtliche und staatliche lV-Sender zu etahlieren, die jedoch nie.mals die gleiche Akzeptllnz wie die der GIoboSendergruppe erreichten. 0 GIobo ist in Brasilien auf politischer Ebene nicht llill" einflussreich, sondern entscheidet sogar Wahlen: da ein beachtlicher Teil der Bevölkerung Brasiliens noch nicht alphabetisiert ist, gründet ihre politische Meinungsbildung ausschließlich auf der Berich==ung von 0 Ghbo.
87
Global Player fur den deutschen Markt belegt werden kann, dem wäre im Rahmen einer anderen Forschungsarbeit nachzugehen. 304 In diesem Zusammenhang müsste auch erforscht werden, inwiefem Eigentümer und Teilhaber aktiv Einfluss auf die Besetzung von Schlüsselpositionen innerhalb der Sender nehmen.
6.1.3 Öffentlich-rechtliche Organisalionsprin~en: Garant.fiir Binnenplnmlität und Programmvielfalt? Betrachtet man Aufbau und Organisationsstrukturen der o.g. öffentlich-rechtlichen
Anstalten, unterscheiden sich deren Funktion und Organisationsstrukturen grundlegend von denen der "Privaten". An der Spitze von ARD und ZDF steht jeweils ein Intendant, der die jeweilige Ansrnlt leitet und nach außen vertritt. Neben dem Intendanten bilden der Verwaltungsrat: und der Rundfunkrat (ARD) bzw. der Fernsehrat (ZDF) als Kontrollinstanzen zwei weitere organisatorische Säulen. Beispielhaft soll im Folgenden der Fernsehrat des ZDF im Zentrum der Betrachtung stehen. Dieser wählt den Intendanten, genehmigt den vom Verwaltungsrat beschlossenen Haushalt und ist fur die inhaltliche Kontrolle des Programms zuständig. Diese Aufgaben nimmt er stellverttetend fur die Bevölkerung wahr. Aus diesem Grunde setzt sich der Fernsehrat aus Vertreterinnen und Vertretem der Gesellschaft305 zusammen. Er besteht aus 77 Mitgliedern, welche die nach einem Schlüssel berechneten sogenannten ,,geseIIschaft:l relevanten Gruppen" vertreten. Darunter sind 12 Vertreter der parteien, wobei die regierenden Parteien anteilsmäßig die Mehrheit gegenüber den anderen Parteien im Fernsehrat stellen. Die Binnenpluralität im Fernsehrat soll die demokratische Struktur der Bundesrepublik Deutschland adäquat abbilden und die Meinungsvielfalt sichern. Anband dieses Organisationsprinzips zeigt sich, dass das ZDF - ebenso wie auch Das Er.rte - ausgesprochen diversifizierte Interessen bedienen muss: Aufgrund der Gebührenpflicht hat der Zuschauer einen Anspruch, seine Interessen - vertteten durch den Fernsehrat - im TV-Programm der öffentlich-rechtlichen Sender, auch in der Auslandsberichterstattung, wiederzufinden. Doch da der Fernsehrat nur die sogenannten gesellschaftlich-relevanten Gruppen repräsentiert, nicht jedoch alle gesellschaftlichen Groppen und Interessen, ist fraglich, ob alle Zuschauer ihre Interessen im ZDF-Programm wiederfinden. 306 Zudem ist zu bezweifeln, dass die im Fernsehrat vertretenen Gruppen ihre ""
.. n
88
Ein beachtlicher Teil dieses FO!Sclrungsgebiet wird bereits abgedeckt von Leidinger, Onistiane: Medien, Ffcmtht5J, GIobaIirimmg - ~ '?fI MedieninhaIten im Zuge tmn.rr1tJIionaI~, Ver:Iag Westfiilisches
Dampfboot, Münster 2003. VgI. ZDF (Hrsg.): FemsNJmi. Konholle durch ~ KrüfIe, URL: http://www.untemehmen.zdEd/index.php? id=66&artid=16&backpid=10&cHash=fOb1110567 [12 Januar 2OOl]. WolJgang Lmgenbucher forderte bereits 1973 einen sogenannte "Umkehtpropotz", um eine übetrlurchschnittliche Präsenz einzelner Personen und Gruppen zu vennciden: ,,Die Zugangschance dner Groppe zum Rundfunkrnt sollte umgekehrt proportional ihrer Zugangschanre zur öffentlichen Kommunikation
Interessen im Programm adäquat vertreten sehen. Aus der Zusammensetzung des Femsehrates wird ersichtlich, dass es eine konkrete Möglichkeit der Einflussnahme der Politik gibt,?IJ7 und dass diese Folgen fiir die Auslandsberichterstattung haben kann, wie im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit thematisiert werden wird. Neben dem Intendanten und dem Fernsehrat hat auch der Verwaltungsrat eine Aufsichts- und Kontroll-Funktion inne: Er überwacht die Tätigkeit des Intendanten. Der Intendant wiederum vertritt die Sendeanstalt nach außen und ist fiir alle Geschäfte und Haushalts&agen, sowie fiir die Gestaltung der Programme verantwortlich. Durch die Binnenpluralität sollen auch die Selbstkontrolle der Sender und die Objektivität der Berichterstattung gesichert werden. Da die privaten Sender nicht über eine solche Struktur verfUgen, sollen hier Objektivität und programmliche Vielfalt von außen gesichert werden. Ztun einen soll die Vielzahl der Sender ein Mindestmaß an programmlicher Vielfalt sicherstellen, so stellt es die Kommission i!"" Ermittlung der Koni!fZtration im Medienbereieh (KEK), zum anderen kontrollieren die jeweiligen Lmdesmedienanstalten die Programme der "Privaten" hinsichtlich Jugendschutz, versteckter PR, Sponsoring und Produet Placement. Die Landesmedienanstalten sind des Weiteren fiir die Lizenzvergabe an private Sender zuständig sind. 308 Sie werden auch aus den Rundfunkgebühren finanziert. Es zeigt sich daran, dass die Rundfunkgebühren - anders als allgemein wahrgenommen - nicht ausschließlich der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient, sondern auch der Organisation des dualen Systems, und somit auch den ,,Privaten", zugute kommen. Die Co-Exist.enz der beiden Systeme, öffentlich-rechtliches und privatwirtschaftliches Fernsehen, soll zudem per se ein Garant fiir Meinungs- und Programmvielfalt sein, da sie unterschiedliche Zielgruppen bedienen. Doch da eine zunehmende Angleichung beider Programme zu beobachten ist (s.u), stellt sich die Frage, inwiefern das Konzept des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch zeitgemäß ist:m sein"; I=genbucher/Mahk; 2008,
s. 77. Das wünie bedeuten, dass im kompletten Gegensatz zur aktuellen
ZusamtnensetzwJ des Femsehrates gerade die Gruppen mehr Sitze und Stimmen im Rat erhalten sollten, die gerade nicht oder nur selten Zugang zur öffentlichen Kommunikation haben. Dagegen sollen Gruppen, die in den Medien ohnehin sehr präsent sind dafur zum Ausgleich weniger Einfluss innethalb des Femsehrates ausüben können - ein interessantes Modell, das sicherlich seine Berechtigung hat.
:m
nI
""
Jedenfulls sind die Kriterien der Zusammensetzung des Femsehmtes in RJchkreisen nicht unumstritten. Doch seinen Urspnmg hat diese Zusammensetzung nicht nur in dem Anspruch, die Melu:hcit der Zuschauerinteresen bedienen zu wollen. In der Hauptsache st>1nd bei seiner ImpJernermuion der Wunsch im Vordergrund, st>1atIiche Einflussnahme zu ved1indem. In demselben Gedanken liegt auch die f5
...
96
Pürer, 2001, S. 3. ZB. zieht der Bau eines neuen VW-Werks in Brasilien die PnxIukrionsverlagerungund somit den Srellenabbau in Da:rtscbland nach sich. Mitderweile beschäftigt VW allein in Brnsilien rund 3O,(XXJ Mitarbeiter in vier Werl=; hinzu konnnen weitere latdnamerikllniche Depandanren in Argentinien und Mociko. Die Teile fiir die brasilianischen Fertigungsstiit:t:en werden auf dem nationalen Marlrt eingekaufi; vgL UIfu ht1p://www.vwgroupsupply.rom/b2b/vwb2bjolder/supplypublic/de/presence/brnsiLhtml [30. November 2008].
7. Internationale Infrastrukturen
7.1 Internationale Dependancen als infrastrukturelle Basis der Auslandsberichterstatnmg Der Auf- und Ausbau der Korrespondentennetze im Ausland ist eine direkte Konsequenz der Globalisienmg. Ohne die Relevanz internationaler Ereignisse gäbe es keine Notwendigkeit für die Sender, kosten- und personalintensive, ständige Dependancen im Ausland zu schaffen. Wie bereits erwähnt, unterhalten die deutschen Privatsender international nur äußert wenige feste Korrespondentenplätze. Die Korrespondenten der "Privaten" sind in den großen westlichen Metropolen, wie London, Paris und Washington, smtioniert Die Auswahl dieser Smndorte basiert auf den Erfahrungswerten von ARD und ZDF, sowie der internationalen Berichtersmttung im Allgemeinen 3ZI Denn als die privatwirtschaftlichen neben die öffentlich-rechtlichen Sender traten, verfugten ARD und ZDF bereits über internationale Infrastrukturen. Die ARD und später das ZDF haben somit das Fundament einer systematischen Auslandsberichtersmttung für Deutschland gelegt. Im Folgenden werden die internationalen Infrastrukturen analysiert Ziel ist es, zu eruieren, inwiefem diese Strukturen Einfluss auf die Qualität und Quantität der Berichtersmttung im Globalisierungszeimlter nehmen. Zu diesem Zweck wird u.a. das Korrespondentennet:z der ARD in seiner historischen Entstehung bzw. Entwicklung thematisiert 7.1.1 Dar Korre.Jpondentetz der ARD
Gegenwärtig unterhalten die ARD-Amtalten insgesamt 26 feste FernsehkorrespondentenPlätze im Ausland 328 Somit zählt ihr TV-Auslandskorrespondentennetz zu den größten der 3ZJ
""
Dass die ,,Privaten" keine Dependancen in lateirunnerika untet:haIt:en, und aufgrund ihrer Strukturen nur wenige Korrespondentenplätze eingerichtet haben, wurde bereits an ftüh= Stelle erläutert. Insofern kommt diesen Sendern im Rahmen dieses Kapitds kcine Bedeutung zu. Es werden nur die Korrespondentennetze von ARD und ZDFberücksichtigt Vgl z.B. ARD (Hn;g.): Die Komspondentm der ARD, URL: ht1p://intem.mgesschau.de/fIash/ index.phpi'c=cGFnZTtLb3]yZXNwb25kZW5OZW4=&h=0f51 [2 Februar 2008]. Allenlings ist anzumerken, dass im Rahmen des ARD-Inrernetaufttitts die I1inder eines jeden Berichtsgebiets nicht einzeln aufgelistet, sondern in PR-Textm die Infotmarionen benutzerfreundlich zusammengefiJsst werden. Dort finden sich Fonmilierungen wie: ,,Das Studio Nairobi beriehtet: fiir die ARD aus fust 40 afrikanischen I1indern südlich der Sal=", vgl. URL: http://intem.mgesschau.de/flash/index.php? c=cGFnZTILb3]yZXNwb25kZW5OZW4=&h=0f51 [18. Oktober 2008]. Bei genauer Bet:rnclrtung der
97
V. Renneberg, Auslandskorrespondenz im globalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-531-92724-4_7, © VS verlag für Sozialwissenschaften I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Welt 329 Ge1egentIich wird es auch als das größte Netz der Welt schlechthin bezeichnet Dieser Irrtum beruht auf einer Verallgemeinerung: Wenn Hörfunk- tmd Fernsehstudios der ARD zusammengerechnet werden11O, ist es tatsächlich das größte Korrespondentennetz einer Rtmdfunkanstalt bzw. eines Medienuntemehmens weltweit Die Zahl der TVKorrespondenten wird jedoch von der der britischen BBC (British Broadcasting ComjJtJt[y) übertroffen. Jedes Auslandsstudio gehört zu jeweils einer ARD_Anstalt131 und wird von dieser verwaltet332 • Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die TVKorrespondentenplätze der ARD im AusIand: 333
Landkarte des Berichtsgebiets stellt sich jedoch heraus, dass es insgesamt exakt 35 Länder sind, nicht knapp vietzig. Das Studio Moskau sei laut ARD-Angaben zusriindig fur 15 GUS-Srnaten, vgI. URL: http://intern.rngesschau.de/flash/index.php?c=cGFnZf1Lb3JyZXNwb25kZW5OZW4=&h=0f51 [18. Oktober 20081. Fakt ist jedoch, dass nur 12 Srnaren zu der GUS gehören und die drei baltischen Srnaren (&tland, Lettland und Iitauen) zwn Berichtsgebiet des Studios Stoekholm gehören, vgI. URL: http://intern.rngesschau.de/flash/index.php?c=cGFnZf1Lb3JyZXNwb25kZW5OZW4=&h=Of51 [18. Oktober 2008]. Weitaus negativer als die inkorrekten ARD-Infonnarionen ist die Tatsache zu beurteilen, dass derartige Angaben anscheinend fiir wissenschaftIic Arbeiten keineswegs zwingend übetprüft werden. Sylvia Breckl übernimmt die fehlerhaften Aussagen der ARD mit der Ausnahme, dass einige Fehler beim Kopieren der ARD-Angaben entstehen: Aus den "fast vietzig Ländern" werden bei Breckl sog.u: "über vierzig I..änder", (vgI.: Breckl, 2006, &31). Auch Dorothea Topf übernimmt die Angaben der ARD aus dern Internet ungeprüft (vgI. Topf; 2003, S. 62). 321 Vf!). ARD (I--Irsg): WeItsJitEeI GeschidJle, URL: http://www.daserste.de/weltspiegel/gesdrlcht:e.asp [17. .Januar 2008]. '" An 24 Standorten befinden sich Hörfunk- und Femsebkorrespondenten-Stellen am gleichen Ort. Die einzige Ausnahme ist Rio de Janeiro, dort hat nur der TV-Korrespondent seinen Sitz. Das ARD-Hörfunk-Studio befindet sich in Buenos Aires. Darüber hinaus unrerltält die ARD vier weitere Hörfunkstudios weltweit an Orten, an denen es keine TV-Dependence gibt Somit hat die ARD insgesamt 30 Niederlassungen in! Ausland, vgL ARD (I--Irsg): Anslond.rkomrponde der ARD-~ und des DeutrtiJIandRodiIJs, in: ARD (Hrsg.): ARDjahrimdJ 2005, online unrer URI.; www.ard.de/intem/publikationen/-/id=2247W/property=downlood/nid=8000/19f4ded/index.pdf [13. Juli 2008], S. 2fJ7. 331 Bis auf die Ausnahmen der Studios in Washington und Madrid, die von jeweils zwei Anstalten bettieben werden. Das Studio Neu DeIbi wurde vom NDR aufgebaut, dann aber nach der deu1llch-deutschen WJedervereinigung an den MDR übetgeben. Im Studio arbeiten gegenwiirtig jeweils ein Kotrespondent des MDR und des HR, vgL URI.; http://~de/jlash/index,php?e=tGFnZT1l.JJ3JyZXNwb25kZW50ZW4=&'h=0J51 [18. Oktober 2008]. 332 Doch drei der neun Anstalten unterhalten keine Dependancen im Ausland: .Rot5o Bmnen (RH) und der SoorliintJi.Ir:h RuntfIimk (SR) haben kein eigenes TV-Pnwamm sondern beIiefem den NDR (RH) bzw. den SWR (SR) mit einzelnen Sendungen. Beide Anstalten sind jeweils fiir nur ein Bundesland, also Bremen und das Saarland - die beiden kleinsten Uinder in Deutschland, zuständig. Hier leben nur rund 6OO.<XXJ (Bremen) bzw. gut eine Million Einwohner (Saarland). Somit beziehen beide Sender nur einen geringen Teil der Rundfunkgebühren und können weder eigene TV-Progrnmme noch Korrespondenten unterl:Jalt:en. Auch der RuntfIimk Betiin Brandenbmg (RBB) unte!hält keine eigenen TV-Korrespondentenplätze, Griinde dafür sind nicht bekannt :m Vf!). http://intem.tagesschau.de/flash/index.php?c=cGFnZTIIb3]yZXNwb25kZW5OZW4=&h=0f51 126. November 2008]
98
Tabelle 1: ARD-Korrespondentennetz (AusIand). Sende Korrespondenanstah ten
Berichtsgebiet
I...ändettahl
(alphabetisch)
-
Briissel
WDR
3
Belgien, Niederlande, LJxemburg, EUund NAlD-Einrichtungen
3+EU+NATD
Genf
SWR
1
Schweiz, UN-Organisationen, liochtenstein
2+UN
Istanbul
BR
2
Tütkei, Irnn
2
Johannesburg
SWR
1
Südafiika, Namibia, Angola, BoowaruJ, Zimbabwe, Mosambique
6
Kairo
SWR
1+ 1Junior-
Agypren, libyen, Sudan,Jemen, ÜInlIn, Vereinigt:e, Arabische Emirate, SaudiArnbien, Quatar, Kuwait,Jordanien, Libanon, Syrien, Irak
13
Großbritannien, Irland
2
Standort
K
lDndon
NDR,
2
Madrid
SWR, HR
2(1 SWR, Spanien, Portugal, Algerien, Marokko IHR) und Tunesien
Mexiko Srndt
SWR
1
Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras, 19 Nicarngua, EI Salvador, Costa Rica, Panama, Eruador, Kolumbien, Venezuela, Guyana, Surinam, Kleine Antillen, Kul:ra, Bahamas,Jamaika, Haiti, Dominikanische Republik
Moskau
WDR
3
Russland, Ukraine, Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan, Moldawien, Weißrussland, Turkmenistan, Aserbaidschan, Anne:nien
12
Nairobi
WDR
2
Kenia, West--Sahara, Mauretanien, Mali, Niger, Tschad, Eritrea, Djibouti, Äthiopien, Sorruilia, Tansania, Malawi, Madagaskar, Zambia, Ruanda, Bumndi, Uganda, Zaire, Kongo, Zenttalafiikanie Republik, Gabun, Kamerun, Äquatorial-Guinea, Nigeria,
35
5
99
Standort (alphabetisch)
-
Sende
Korresponden-
anstalt
teIl
Berichtsgebiet
Länderzahl
Burkina-Faso, Senegal, Guinea, Ghana, EJfenbeinküsre, Liberia, Sierra Leone, Guinea-Bissau, Gambia, Togo, Benin Neu-Delhi
MDR
1
Indien, Pakisrnn, Afghanisrnn, BangIadesch, Nepal, Bhutan, Sri I..anka (Ceylon), Malediven
8
NewYork
WDR
2
New York Srndt, Bundesst2at New YotK, Kanada, UNO-Einrichtungen
2+UNO
Paris
WDR
2
Frankreich und übe:rseegebiete, Monaco, Andotta
2+ überseegebiete
Peking
NDR
1
China, Mongolei, Tibet, Hongkong
3
Prng
HR
1
Tschechien, Shwakei
2
Rio de Janeiro
SWR
1
Brasilien, Argentinien, Chile, Peru, Bolivien, Parnguay, Uruguay
7
Rom
BR
2
I1lIlien, Varikan, Griechenland, Malm, SanMarino
5
Singapur
NDR
1
Singapur, Bunna (Myanmar), Vietnam, Thailand, LIDs, Kambodscha, Malaysia, Indonesien, Papua-Neuguinea, Neuseeland, Austrnlien, Brunei
14
Stockholm
NDR
1
Schweden, Grönland, Finnland, Norwegen, Dänemark, Arktis, Estland, Lettland, Litauen
9
Sttaßburg
SWR
1
Europaparlament, EU-Institutionen, Sttaßbmg
1 + EuropaParlament + EUInstitutionen
Teheran (Büro)
BR
1
Iran
1
TelAviv
BR
1
Israel, Palästina, Zypern.
4
Tokio
NDR
1
Japan, Taiwan, Nord- und Südkorea,
8
Philippinen, Mikronesien, Ozeanien, Pol:ynesien
100
Standort
Sende Korrespondenanstalt teIl
(alphabetisch)
-
Warschau
RBB
Washington
WDR, 4(2 NDR WDR,
1
Berichtsgebiet
Länderzahl
Polen
1
USA
1
Östt:rreich, Ungarn, Rumänien, Slowenien, Kroatien, Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Mazedooien, Bulgarien
1
2NDR),
Wu:n
BR
2
Historische Entwicklung- Fundament der Gegenwart Bereits im Jahr 1948 wurde der erste Korrespondent des deutschen Nachkriegsrundfunks ins Ausland entsendet 334 Produziert wurden jedoch ausschließlich Hörfunk-Beiträge. Erst im Laufe der 1950er Jahre begannen die ersten ARD-Korrespondenten, auch fiir den lVBereich zu arbeiten. Erste Erörterungen zum gemeinsamen Hörfunk- und FernsehAusIandskorrespondentennetz der ARD bzw. der Lmdesrunt!fimkanstalten gab es bereits vor der Gründung der ARD am 4. Februar 1949, doch diese wurden zunächst abgelehnt Neue Vorschläge wurden erst 1953 und 1954 wieder diskutiert, denn zunächst wollten die einzelnen ARD-Anstalten von einander unabhängige Korrespondentennetze aufbauen. 335 Doch war dies den Anstalten finanziell unmöglich. Ende des Jahres 1955 kam es erstmals zu einem Austausch der Korrespondenten-Listen zwischen den Anstalten. In Belgrad und Moskau wurden Korrespondenten stationiert, die fiir alle Anstalten gleichermaßen arbeiteten. 336 Im Oktober 1955 wurde die erste AusIandssendung im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt: Washington-Korrespondent Peter von Zahn ging mit Bilder aus der Neuen Welt auf Sendung. Doch bis zur Etablierung des Weltspiegelr, welche an späterer Stelle zum Topos der vorliegenden Arbeit erhoben wird, wurden die Beiträge der übrigen Auslandskorrespondenten fast ausschließlich in der tagesschau ausgestrahlt 337 Ende der 1950er Jahre schließlich begannen die ARD-Anstalten, ein
'" 335 335
m
Kar! Gebnich wurde in StockhoJm, zweiJahre später Ernst Adam in Lomon stationiert, vgL Vogel, 2002. Vgl. Andreas Dan, Deutrches RmvfIimIe.Am:Jiv, Frankfurt am MaID, E-Mail vom 4. Juni 2008.
Hübner, 1974, S. 47. Vogel,:rnz, s. 27. 101
gemeinsames flächendeckendes Korrespondentennetz aufzubauen. 1'l8 Im Mai 1956 erstellte eine sogenannte "Ad-hoc-Kommission", die Kommission betreffend der gemeinschtf!tlichen Auslandskorrespondenten, Vorschläge bezüglich der Umlage der Kosten, der Systematik der verschiedenen möglichen Beschäftigungen und der Finanzierung. Eine Kooperation der Anstalten wurde jedoch erst in einem Intendanten-Beschluss vom 26. Oktober 1961 legititnierr39 • Schließlich wurde am 21. Mai 1963 der "VertrlIg über die Berichterstattung fur das Deutsche Fernseher?O im Ausland" erstellt 341 Inhalt des Vertrages ist die Det:erminienmg der Berichtsgebiete und die Fest1egung der zuständigen Anstalt Somit ist er das F1.Uldament der weltweiten Expansion der föderalen ARD-Strukturen. Zu Beginn der 1960er Jahre waren jedoch erst sieben Auslandsstudios in Betrieb. Damals wie heute wurden sie von einzelnen ARD-Anstalten betrieben, liefem aber dem gesamten Programm der ARD zu. Der Bqyerische Runt!funk (BR) 1.Ulterhielt Studios in Wien und Rom, der Westdetdsthe Rundfunk (WDR) in Paris und Brüssel1.Uld der Norddeutsche Rmutfimk (NDR) in London und in Hongkong. Zudem gab es damals bereits ein Studio in Washington, dass jedoch von NDR und WDR abwechselnd fur jeweils vier Jahre betrieben wurde. 342 Bis auf Hongkong waren alle Studios mit zwei Korrespondenten besetzt Darüber hinaus gab es elf sogenannte ,,Korrespondentenplätze", ua. in Buenos Aires und in Caracas. Diese 1.Ult:ersehieden sich von den Auslandsstudios durch ihre technische Ausstattung: Letztere wurden dort eingerichtet, wo auch die Möglichkeit bestand, belichtetes Filmmaterial entwickeln zu lassen. Die Auslandsstudios konnten also bereits sendefertige Beitriige, damals in Analogie zum verwendeten Träger noch "Filme" genannt, produzieren. 343 Die Korrespondentenplätze hingegen verfiigten über keine derartigen technischen Möglichkeiten, sondern dienten den Korrespondenten lediglich als Organisationsbüro fur Recherchen und ähnliche Tätigkeiten. Thr Drehmaterial musste in die Zentrale nach Deutschland geschickt werden, wo die Beitriige von Kollegen fertiggestellt wurden. ""
3JJ
"" 34' 3
3Tl
m
108
Quelle: persönliches Gespriich mit Thomas Adern in Rio de Janeiro im August 2005. ARD (Hrsg.): 50]om Fem.reb:n, URL: http://www.daserste.de/SOjalne/ [18. Oktober 2008]. Dies geschah am 1. Oktober 1969, der Standort Wll1" und ist Nairobi in Kenia; vgL Peus, Gunter, damals erster ZDF-Korrespondent in Afrika, zitiert nach WlChterich, Christ Die 4fttik id das Schwierigße, in: k1z Nr. 2925, vom 02. Oktober 1989. Grotesk erscheint in diesem Zusammenhang, dass das ZDF per Staatsvert:rng zur Unterllaltung eines Llndesstudio in Hessens L!ndeshauptstldt WIeSbaden verpflichtet ist. Dieses Studio ist nur wenige Kilometer von der ZDF-Zentrnle in Mainz entfernt Das L1ndesstudio Rheinland-PfuIz hat seinen Sitz in der Mainzer Zentrnle des Senders. Ähnlich verhält es sich mit den Strukturen der ARD: Der HR hat seinen Sitz in WIeSbaden, der SWR ist in Mainz vert:relm. V~: ZDF (Hrsg.): Die ZDF-KomspondenJen, URL: http://auslandsjoumaLzdfde/ZDFde/inhaIt/O/O,1872,2OXl672,OO.html [26. August 2008]. Sylvia Breckl spricht dem ZDF fiilschlicherweise ein Studio in Skandinavien zu. Die Büros und die AußensteIle in NewYotk zählt sie undifferenziert im Pool der Auslandsstudios auf; vgl. Breckl, 2006, S. 31. v~
Dependancen sind mit weniger Personal und Technik ausgestattet und teilweise nicht ständig besetzt. Somit ist die ZDF-Infrastruktur erheblich schlechter ausgebaut, als die der ARD. Doch obwohl das Korrespondentennetz des ZDF nur von einer Anstalt allein betrieben wird, ist ein Teil der Studios - ebenso wie das der ARD - mit mehreren Korrespondenten besetzt, wie der folgende überblick zeigt374
TabeUe 2: ZDF-Korrespondentennetz (Ausland). Korrespondenten
Berichtsgebiet
Ländeaahl
(alphabetisch) Brüssel
3
Belgien, Niederlande, Luxembmg, EUEinrichnmgen
3+EU
Isrnnbul (Korrespondentenstelle)
1
Türkei, Afghanistlln, Iran
Johannesburg
1
Südafi:ika, Angola, Botswana, Komoren, 14 Lesotho, Madagasl=, Malawi, Mauritius, Mayotte, Mosambik, Nanubia, Sambia, Simbabwe, Swasiland
Kairo
1
Agypten, Irak, Libyen, Tschad, Nord-
Standort
14(+4)
Sudan, Saudi-Ambien,Jemen, Oman, Verdnigten Arabischen Emirnt.en, Kuwait, Bahrain,Jordanien, Syrien, Mahgreb-Srnaten (nur bei panambischen, pan-islamischen Themen), libanon
Kiel
1
Dänerruuk, Fmnland, Grönland, Island, Norwegen, Schweden
6
London
1
Großbritannien, Irland +
2+
überseegebiete
überseegebiete
Moskau
3
Annenien, Aserbaidschan, Belarus (Weißrussland), Georgien, Kasachstlln, Kirgistlln, Moldawien, Russland, Tadschikistlln, Turkmenistlln, Ukraine, Usbekistan.
12
Nairobi
1
Athiopien, .Aquatnrial Guinea, Benin,
34
374
Vgl. http://auslandsjoumalzdEde/ZDFde/inhaIt/O/O,1872,2000672,OO.htrnl [26. November 2OOl].
109
Standort
(alphabetisch)
Korrespondenten
Berichtsgebiet
Länder2ahl
Burkina Faso, Bunmdi, Demokratische Republik Kongo, Djibouti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, GuineaBissau, Kamerun, Liberia, Mal.i, Mauretanien, Niger, Nigeria, Prfncipe, Republik Kongo, Ruanda, sao Torne, Senegal, Sierra Leone, Somalia, SüdSudan, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikani Republik. NewYork (Außenstelle)
1
New YotK, Kanada, UNO
Paris
2
Frnnkreich, Spanien, Portugal, Thnesien, 7+ Algerien, Marokko, West-Saham, überseegebiete französische überseegebiete (ausgenommen Französisch-Guyana)
Peking
2
China, Hongkong, Macau, Mongolei, Nordkorea, Südkorea,Japan, Taiwan, Philippinen, Mikronesien
Rio deJandro
1
Brnsilien, Argenrinien, Bolivien, Oille, 13 Ecuador, Französisch-Guyana, Guyana, Kolumbien, Parnguay, Peru, SurinaIn, Uruguay, Venezuela.
Rom
1
Italien, Vatikan, Malta, Griechenland
Singapur
1
Austr.ilien, Bangladesch, Bhutan, 10+ Brunei, Indien, Indonesien, südpa2ifischer Kambodscha, LJos, Malaysia, Bunna Ozean (Myanmar), Nepal, Neuseeland, OstTnnor, Pakistan, Papua-Neuguinea, Sri I..anka, Singapur, südpazifischer Ozean, Thailand, VJ.etruun.
Teheran (Biiro)375
-
-
'"
110
2+UNO
10
4
Nach der Kündigung UJrich Tilgners (vgL 73.21) wurde das ZDF-Biiro in Teheran nicht neu besetzt (vgL http://www.abendblattde/date:n/2008/04/12/868326.htm1[26. November 2008]. Tilgners Nachfolgerin Antonia Rados wunle als Sonderkotrespon eingesetzt Nach ihrer kutzft:istigen Kündigung beim ZDF (s.u) bleibt abzuwarten, ob der Sender das Srodio in Teheran wieder besetzen wini
Korrespondenten
Berichtsgebiet
Länderzahl
(alphabetisch) TelAviv
2
Israel, Palästina, Zypern
3
Tokio (Büro)
0(2)376
Japan
1
Warschau
1
Polen, Estland, Lettland, Litauen
4
Washington
3
USA, Kanada, Costa Rb, Puerto Rieo, 16 Haiti,Jamaika, Dominikanische Republik, Belize, EI Salvador, Honduras, Kuba, Panama, Nicaragua, Guatemala, Trinidad und Mexiko.
Wien
2
Albanien, Bosnien-H=egowina, Bulgarien, Serbien, Montenegro, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Österreich, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn.
Standort
14
Iifrastruktur des ZVF in Udeinamerika Das ZDF ist in ganz Lat:einamerika mit nur einem Studio, nämlich in Rio de Janeiro vertreten. Dieses Studio ist zuständig fur alle Länder Südamerikas, d.h. fur Brasilien, Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Französisch-Guyanam, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Surinam, Uruguay und Venezuela. 378 Somit muss das Studio Rio des ZVF ein fast doppelt so großes Gebiet und fast doppelt so viel Länder mit seiner Berichterstattung abdecken als das Studio der ARD. Leiter und alleiniger Korrespondent des SüdamerikaStudios ist von 2003 bis 2010 Carsten Thurau379 • Vor seinem Ruf nach Rio arbeitete Thurau 376
m
"" 319
Leiter des Büros in Tokio ist Johannes Hano, der gIeichzeirig Studioleiter in Peking ist. Auch Diana Zimmennann ist Konespondentin des Studios Peking und gleichzeitig des Büros in Tokio, vgI. http://auslandsjoumalzdEde/ZDFde/inhalt/O/O,1872,2000672,OO.html j26. November 2008]. Insofern dfufen sie nicht zwcifuch auJgezählt werden. Bis vor wenigen Jahren ficl dieses zu Frankreich gehörende I=d in das Berichtsgebiet des SILldbs Pmis. Zwar ist die Zuonlnung zwn Be:richtsgebiet Südamerika weitaus sinnvoller, doch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum die übrigen frnnzösischen Übersee-DqYartm1ents we:itethin dem Studio Paris unterstehen, vgI. URL: http://auslandsjoumalzdEde/ZDFde/inhalt/31/0,1872,2002015,OO.html, [17. Oktober ZXl8J. Aus Kostengründen ist diese Zuon:lnung jedenfiills nicht zu rechtfertigen. Vg1. URL: http://auslandsjournal.zdEde/ZDFde/inhalt/2/0,1872,2233762,OO.html [29. Oktober 2008]. TIlUrau war bis zwn 4. August 2010 Studio-Leiter in Rio; am 15. August 2010 übemam er die Leilllng des Lmdesstudios Sachsen in Dresden. Auf seinen Posten nach Rio folg Andreas Wunn, zuvor CvD der Che&edaktion in der Sendetzentmle des ZDF in Mainz. Wwm wird seinen neuen Posten allen:lings erst am 15.
111
fiir die Hauptredaktion Aktuelles des ZDP in Mainz. Im Rahmen dieser Tätigkeit sammelte er als Reporter .Auslandserfahr in Washington, auf dem BaIkan und in Kriegs- und Krisengebieten des Mittleren und Nahen Ostens. 3111 Seit August 2010 leitet Thurau das ZDFLandesstudio in Dresden. Die Berichterstattung aus den Staaten Mittelamerikas liegt im Falle des ZDP in der Zuständigkeit des Studios Washington Zwar existierte bis in die 1990er Jahre ein Studio in Caracas, doch wurde dieses 1996 nach Mexiko-Stadt verlegt und 2001 bereits wieder geschlossen 381 Somit umfasst das Berichtsgebiet des Studios in der USamerikanischen Hauptstadt382 die USA383, Kanada und ganz Mitte1amerika, dh. die Karibik 384 mit Costa Rica, Puerto Rico, Haiti, Jarnaika und der Dominika.nischen Republik. ebenso wie Belize, El Salvador, Honduras, Kuba, Panama, Niearngua, Guatemala, Trinidad und Mexiko. Insgesamt sind zwar drei Korrespondenten fiir das Berichtsgebiet zuständig, doch betrachtet man die Größe des Berichtsgebiets und das Ausmaß der Berichterstattung über die US-Politik, so ist das Studio personell unterbesetzt besetzt und, so mokiert RolfPflücke, "keiner dort aber spricht Spanisch"385. Diese Tatsache, dazu die Verlegung und umgehende Schließung des Mitte1amerika-Studios lassen darauf schließen, dass der Region zwischen dem nord- und dem südarnerikanischen Kontinent keine elementare Bedeutung aus Sicht der ZDP-Verantwortlichen zukommt Im ZDP Jahrbuch 2003 argumentiert der Sender, dass die Berichterstattung aus Zentralamerika nicht nur durch das Studio Washington, sondern auch durch die Kooperation mit lokalen 1V-Sendern und mit dem US-amerikanischen Sender NBC (National Broadcasting ComJ1at!Y) gewährleistet würde. 386 Doch dieser Art Kooperationen sind mit großer Skepsis zu betrachten, mehr dazu in Kapitel 11. An dieser Stelle sei erwähnt, dass im ZDPJahrbuch 2()()3 fulschlicherweise zwischen Zentra1- und Lateinamerika unterschieden wird, wobei mit letzterem allein Südarnerika gemeint ist 3IfI Es erscheint äußert kurios, dass ein solch gravierender Fehler in einer Novanber 2010 antreten, zwischenzeitlich ist das Studio in Rio de Janeiro nicht besetzt. Jedoch wird Wunn vom 18. September bis 6. Oktober bereits anlässlich der brasilianischen Priisident8Chaftsw.ilile in Rio sein und von dort berichten. 3lIl
381
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112
Ebd.
VrJ. URL: http://www.3satde/3satphp?http://www.3satde/speciaß/121414/index.httnl [17. Oktober 2008]. Die Gründe für die Vedegung des Studios von Caracas nach Mexiko-Stlldt und die anschließende Schließung sind nicht bekannt Es ist anzunehmen, dass finanzielle Aspekte und die fehlende weItpolitische Relevanz damals zu den Ursachen gehört haben. VrJ. URL: http://auslandsjournalzdEde/ZDFde/inhalt/30/0,1872,5243646,OO.html, [17. Oktober 2008]. AusgenonunenNew Yorlunit seinen UN-Vert:reIl.Inge11 weIehe von der ZDF-AußenstdleNew Yorleitete, wird es fiir ilm einfucher gewesen sein, sich vom ZDF loszusagen. .... Detdrthen Pmrsemt (Hrsg.): Pressekodex, onIine unter Ullli http://www.pressemt.de/Pressekodex.presse.kodex.O.html [19. November 2008].
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,,NeNe TechnoloJien und ~menderöknnomischer DmckgifdlmJen den Journoismus. Um seine QuaIitöt und Unabhän!igleeit i!I sichern, .reIi! sich das NeJi!Verk Recherche.fiir dieses Leitbild ein. "125
Zwar bietet dieser Kodex Journalisten eine Orientierung, doch ist ZU bezweifeln, dass diese in jedem Einzelfall die Gelegenheit haben, dem Kodex entsprechend zu handeln, sofern sie nicht autonom arbeiten, sondern in die gegebenen Strukturen ihrer Sender eingebunden sind und ihnen Parameter wie Zeit, Geld und Inha1t vorgeschrieben werden. LetztIich stellt sich jedoch die Frage, warum der ,,Medienkodex" in neun von zehn Punkten allein an die Vernunft der Joumalisten appelliert und ihre individuelle Verantwortung in den Mittelpunkt rückt Erst im letzten Punkt werden die Medienuntemehmen thematisiert, jedoch wird hier lediglich "Unterstützung" ihrerseits fiir die Joumalisten gefordert. Somit hat der ,,Medienkodex" des neIiJverk recherche zwar seinen Ursprung in den neuen Arbeitsbedingungen, jedoch wurden diese nicht allumfassend erkannt bzw. thematisiert.
8.3.3 Imitation Die Imitation, zu welcher sich Organisationen von ihrem institutionellen Umfeld inspirieren lassen, so Donges, gründet zumeist in Unsicherheit ,,Bei tmkloren Zielen und tmsicheren Umweltbedingmzgen imitieren Otg,anisoIitmen die StrukJuren andem' Otg,anisationen, die sie.fiirerft/gnich halten. "/25
Die Imitation muss jedoch nicht ausschließlich auf Strukturen anderer Organisationen ausgerichtet sein. Im Falle der Institution Fernsehen gilt innerhalb des dualen Systems diese Imitation primär der Nachahmung von journalistischen Inhalten. Eine Imitation bzw. AngI.eichung zwischen öffent:lich-reehtlichen und privatwirtschaftlich organisierten Sendern auf organisatorischer Ebene steht gegenwärtig nicht zur Debatte, da die jeweiligen Strukturen dies per se nicht gestatten. ARD und ZDF sind seit der Etablierung der ,,Privaten" und deren schnellen Erfolgen (trotz anfungIicher Schwierigkeiten) extrem verunsichert. Schlagartig dezimierten sich die Einschaltquoten von allen öffentlich-rechtlichen Programmen. Nachdem nmd drei Jahrzehnte währenden Monopol des öffentlichreehtlichen Rundfunks hätte niemand aus den Reihen von ARD und ZDF eine existentielle Gefuhrdung durch die neuen Privatsender erwartet. Der PubIikumserfoJg der "Privaten" fuhrte zu starken Irritationen, wie ZDF-Intendant Markus Schächter diskret eingesteht ,,Die tfynomischen Entwicleltmgm az{ dem W Mor:kt (..) haben das duale .fyJ1em fJJI.f der Bahn~ gebmcht. ,,127
"" as 4ZJ
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VgL ~ m:I:JeIrhe (Htsg.): ,,MedienkodeK", onIine unter URL: htip://netzwerllhlreicher Prominenter in Deutschland, d VerE] auf den Hals und dann zahlen wir noch mal 20 Millionen und müssen unsere lieb gewonnen Spartensender dichtmachen": epd (Hrsg.): PR - Klartext. Fin Wörterbuch.fiir jotmllJistm, http://www.epd.de/meclien/medien.Jndex_58367.htmll2O. Oktober 2008]. ZDF (Hrsg.): SpottsrJring alr ~ WerfJejorm, URL: http://www.l.l11l:erIlehmede/ index.php?id=l94&artid=l6G&backpid=26&cHash=f2f7c086f4 [28. Oktober 2008]. Ebd.
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Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch kurz auf Sponsoring-Maßnahmen innerhalb von Untet:haltungssendungen verwiesen. Bei ErfoJgsfonnaten wie z.B. Wetten dass.. ? [siel] (ZDF) und anderen großen Shows sind diese bereits fester Bestandteil der Redaktionsarbeit Denn Aktionen und Gewinnspiele in Kooperationen mit großen Sponsoren, zu denen auch Wohltätigkeitsorganisationen gehören können, bilden hier bereits eigene Programmpunkte. Unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit wird z.B. zuerst eine Spendenaktion vorgestellt, in diesem Zusammenhang jedoch ein Fahrzeug verlost und auf der Bühne ausfiihrlich präsentiert und dem Gewinner übergeben. 48Z Für das Verhältnis zwischen Sendeanstalt und Unternehmen gilt hier gleiches wie im Falle der Programm-Präsentation als SponsoringMaßnahme.
Exkurs: Rezipienten zwischen Angebot und Nachfrage
Eine der Kernfragen der Rezipientenforschung ist, ob das Fernsehen, also das Angebot, entscheidet, was der Zuschauer sieht bzw. sehen will, oder ob der Zuschauer, also die Nachfrage, das Programm bestimmt Es handelt sich hier um eine sogenannte ,,Henne-EiProblematik" - eine KausaIkette, bei der nicht eindeutig ist, ob die Nachfrage die Ursache und das Angebot die Wtrkung ist oder umgekehrt Sicher ist, dass Einschaltquoten und Marktanteile die Programme aller Sender bestimmen. Demnach ist der Zuschauer mitverantwortlich fur die Inhalte, die gesendet werden. Viele Medienmacher schieben somit gern die Verantwortung fur sinnentleerte Sendungen dem Zuschauer zu. Anke Schäferkordt, Chefin von RIL, Deutschlands größtem Privatsender, ist genau dieser Auffassung.483 Sie ist überzeugt, dass allein der Zuschauer und somit die Quote das Programm bestimmt So äußert sie im Zusammenhang mit einer abgesetzten Sendung: ,;Nichtich habe der Serie keine Chana!J?!ben, sondern der Zuschauer (..J Das Publikmn lässt sich höchst 1I1Igem alffNeues ein. ,,* Unter Journalisten und Programmverantwortlichen wird auch die Meinung vertreten, dass der Zuschauer lieber das sieht, was gesendet wird, anstatt das Empfangsgerät abzuschalten.4&5 "" "" ...
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VgL Wellen, iW.. ?-Sendung vom 29. Mlilz 2008. Zitiert nach Hiilsen/'f= ,,Mut zwn Risiko", in: DER SPIEGEL vom fJ7. April 2008, Ausgabe 15 / 2008, S. 104. Elxi; Antwort auf die Frage, warum cine Serie bereits nach der ersten Folge abgesetzt wurde. An anderer Stelle im gleichen Interview gibt Schäfetkon:It bekannt ,,Fine breite Zuschauetschaft ist mir im Zweifel aber w:ichriger als der Beifiill von einigen wenigen." Letztgenannte Theorie ist ~ der Mediensatire ,,Free Rainer", die 2fIJ7 in den deutschsprnchig Kinos zu sehen war. Der Protagonist des FJlms manipuliert zentrnl die Finschaltquotenmessung: Qualit:iitssend und Sender wie arle, 3sot und Phoenix stehen plötzlich an der Spitze der Einschaltquoten. Alle anderen Sender springen
Thorsten Quandt ist der Auffassung, dass es ,,keinen Wunsch des Zuschauers gtbt, permanent auswählen zu dürfen (oder zu müssen)." Er ist der überzeugung, dass diese Auswahl dieJournalisten fiir den Zuschauer treffen müssen: "Genau an dieser Stelle sei:?! ja am:h der Joumalismus an: Er übernimmt einen Teil der Sele/eJionsazggaben, die der Ein~ in einer hochkomplexen GesellscJ4i nidJt mehr erjJ/greich
bewiiItigen Ieonn. ttionären Kon:espondent:e durch den Einsatz von Produkrionsfinnen und "parnclrute oorresponden1s" dienen. Anonymus, Inrerview 2fJJ7.
Dieses Finanzienmgsmodell der Auslandsberichterstatnmg bringt noch einen zweiten großen Nachteil mit sich. Ohne Auftrag kann der Korrespondent sein Studio nicht verlassen. Selbst wenn er einem Thema eine immense Relevanz fiir das Publikum zuspricht, muss er zuallererst eine Redaktion finden, die bereit ist, den Beitrag (oder nur eine Recherche) zu finanzieren l.U1d zu senden. Auch das wird von Buchwald bestätigt
"ZDF-Korrespondenten haben praktisch keine eigenen Etats sondern können nur im AJ!flrag der Redaktionen Geld ausgeben. Aber wir hohen, 1ZfI11fI uns irgend etwas withlig war, noJiirIich sehrfiir die richtigen EntscheidJmgen gtJJVJrlJen. ,649
Nicht nur, wenn dem Korrespondenten sehr an einem Thema gelegen ist, sondern auch, wenn er seiner journalistischen Haupttätigkeit nachgehen und Beiträge absetzen will, muss er seine Beiträge an die Redaktionen "verkaufen". Jens Müller l.U1d Roland Schröder bestätigen diese Tendenz implizit mit ihrer Feststellung über die Budgets: ,,Auf der Angebotsseite ist ein größerer Kostendruck spürbar."sso Der Korrespondent muss also kostengünstig produzieren. Wenn er sich gegenüber der senderintemen Konkurrenz behaupten will, so muss er die Kosten fiir Transport, Unterkunft und Verpflegung reduzieren. Da die Sender oftmals mit bestimmten Hotelketten551 l.U1d Luftfahrtuntemehmen Sonderkonditionen ausgehandelt haben, bleibt dem Korrespondenten diesbezüglich wenig Spieltaum. Somit bleiben ihm nur zwei Möglichkeiten zur Ökonomisierung seiner produktionen. Zum einen muss er bei den Heimatredaktionen darum werben, mögüchst viele Beiträge auf einer Drehreise zu realisieren. Zum anderen muss er sein Zeitbudget kürzen: Weniger Drehrnge bedeuten weniger externe Übernachtungen und geringere Verpflegungskosten. Der Nachteil dabei ist offensichtlich: Steigender Zeitdruck bedeutet weniger Zeit fiir die Recherche vor Ort, fiir die Dreharbeiten und Interviews l.U1d kann somit negative Auswirkungen auf die Qualität der Beiträge haben Des Weiteren kann dieser Stress gesundheitliche Risiken mit sich bringen, insbesondere bei Reisen in andere Zeit- und Klimazonen, was in Ll.teinamerika nicht ungewöhnlich ist
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"Ob Zeitun& Zeitschrift, Ratio, Fernsehen oder lJztemet-Prntal - keine Nachrichtenmiaktion kommt ohne.Agentmme/t/Jmgen aus. NochridJtenogenturen Iijem meistens die ersten I'!formatirmen über !in 1Ie1IeS ETTignis und bieten damit.fiir alleMedien die widJtigrte Planungsgpmdloge. tim
Mit Hilfe der Erkenntnisse Zschunkes und des IPI soll hier die Bedeutung der Nachrichtenagenn.tten im GlobaIisienmgszeitalter herausgestellt werden. (ffi Die Vemetzung der Welt ettnöglicht den Medien, Infonnationen aus allen Wtnkeln der Erde für ihre Rezipienten zur Verfügung zu stellen. Der immense Konkurrenzdruck auf dem deutschen Fernsehmarkt zwingt die Sender dazu, alle Infotmationen, die dem Rezipienten wichtig erscheinen könnten, sofort in sein Nachrichten-Repertoire aufzunehmen. Der Konkurrenzkampf um Infonnationsvorsprung und Einschaltquoten bedingt die Notwendigkeit der Kooperationen mit Nachrichtenagenturen. SeIhst die öffentlichrechtlichen Sender können auf die Dienstleistungen der Agenturen nicht verzichten: Zwar verfügen ARD und ZDF über große Korrespondentennet2e, doch sind die internationalen Strukturen der Nachrichtenagenturen weitaus komplexer (s.u.). Die Infonnationsdienste der Agenturen sind somit zugleich Folge als auch Notwendigkeit der GlobaIisierung: Folge, da nur aufgrund der weltweiten Vemetzung Infonnationen aus anderen Erdteilen an Relevanz für die Bundesbürger gewonnen haben. Notwendigkeit, da nur die Agenturen, nicht die Sender selbst, ein so umfassendes Infonnationsangebot gewährleisten können. Selbst das Infonnationsangebot der Lateinamerika-Korrespondenten wäre ohne die Leistungen der Agenturen nicht denkbar. Thre Berichtsgebiete sind nicht nur durch extreme territoriale Größe, sondern auch durch kulture1le, gesellschaftliche und politische Vtelfalt geprägt. Claus Ruegner, Producer des ZDF-Studios in Rio de Janeiro, muss tagtäglich die Geschehnisse des gesamten südamerikanischen Kontinents beobachten Dies kann ihm nur durch die Kooperation mit Kontaktpersonen außerhalb Brasiliens gelingen - und durch die Beobachtung der Nachrichtenlage mittels der Agenturen: "Ich behalte die NodJridJten und Agenturen im AJ€Ii und bin ständig in Kontakt mit meinen Kollegen inhgentinien, Chile, Ecuador, Kolumbien und V ene~ tlll1
Stefan Rocker gibt an, dass neben dem Kontakt mit Stringem ein "täglicher Nachrichtenüberblick über Agenturen und spezielle Lateinamerika-Dienste"cm notwendig sei. Die Agenturen vereinfachen folglich die Arbeit der Korrespondenten in Lateinamerika. Doch die Kooperationen von Nachrichtenagenturen mit den Heimatredaktionen erweist sich dagegen als äußerst einflussreich auf ihre journalistische Tätigkeit im Ausland, wie im Folgenden gezeigt wird.
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Zsch.unke, 2003, s. 200.
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Die Relev:mz der Agentunneldungen fiir die Arbeit der Redaktionen wird unter 1132 thematisiert.
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Ruegner, Interview 2007. Rocker, Interview 2007.
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11.3.2 Die ,,AgenturiJörigkiit" der Heimatredaktione Die Agentunneldungen erreichen die Heimatredaktionen ebenso schnell- oder aufgnmd der Zeitverschiebung (gemessen arn Tag-Nacht-Rhythmus) sogar schneller bzw. früher - als die der Auslandskorrespondenren Oftmals srehen Korrespondenren ausschließlich Nachrichtendiensre ihrer Berichtsgebiere zur Verfiigung, während die Heimatredaktionen von den großen, internationalen Agenturen beliefert werden. In diesen Tatsachen liegt nach Martin Wagner der Infonnationsvorsprong der Redaktionen begründet
"Heute. in den Redakiionen Kolleginnen undKollegen, die oft schneller aLr der Amlondskomspondent über ein Ereig;zis i'!frnmiert sind, das sich in dessen Berichtsgebiet abspielt. ,(iJ3 Somit hat sich die Situation und die Beziehung zur Heimatredaktion des Korrespondenren maßgebend verändert War er früher, als die Technik diesen Infonnationsvorsprong noch nicht ennäglichre, der omnipotente, allwissende Experte in exotischer Ferne, so ist er heure in der Infonnationskerre zurückgefallen. Zuerst sind die .Agenturen, dann die Redaktionen und schließlich er selbst über aktuelle Ereignisse im Berichtsgebiet infunniert. Welche Ereignisse in Südarnerika fur die deutschen Zuschauer relevant erscheinen, erfuhrt der Korrespondent in Rio aus Deutschland. Bezogen auf die aktuelle Berichrerstattung bedeutet dies, dass er seine Themen nicht anbieret, sondern dass die Redaktionen diese diktieren. 004 Martin Wagner spricht in diesem Zusammenhang von den Redaktionen, "die von den Nachrichrenagenturen mit Infonnationen gefuttert werden und vom eigenen Korrespondenren die Bestätigung dessen erwarten, was sie ohnehin schon wissen. " Daraus folgt, so Wagner, einen Wandel der Funktion des Korrespondenten: ,)n der Rolk des fXkIusiven I'!finmotionwerm hat der Anshndsknmspondent (wn seltenen Ausnahmen abfFehen) also ausgedient. ,{fß
Doch der Korrespondent hat nicht nur seinen Status des "exklusiven Infonnationsvermitders" verloren, sondern ihm wird von den Redaktionen auch seine Funktion als Inrerpret der Ereignisse abgesprochen. Anonymus verifiziert diesen Trend in der aktuellen Berichrerstattung fur Südamerika:
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Wagner,2001,S.13. ZWlg-Femsehen;art3809,4635818, [10. August 2008]. Über die tlllSächlichen Interessen der Zuschauer liegen keine repriisen1Jlriven Messungen bzw. Infonnationen vor. Es ist darum wiederholt zu empfehlen, die Einschaltquoten duoch repriisentative Umfmgen zu etgänzen, da anband der Quoten lediglich erfasst wen:Ien kann, ob die Rezipienten eine Sendung einschalten, jedoch nicht, wdche Gründe sie dafiir haben (evtl. allein einen Mangd an Altemativen) und ob sie mit dem Progrnmm zufrieden sind. Anband der Einscbaltquoten kann weder die Zufi:iedenbeit der Zuscbauet gemessen werden, noch können ihre Wünsche und Interessen erfasst wenlen. VgI. URL: http://www.daserste.de/weItspiegel/an:hiv.asp. [21. Juli 2008]. Die Inhalte der hier angegebenen URL und die im weiteren Vedauf der vorliegenden ArlJeit angt'gebenen Onlinequellen von audiovisueDen Beiträgen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sind ab dem 31. August 2D1O glÖßtentd1s nicht mehr verlUgbar. Der Grund dafiir ist der 12 Rundfunkänderungsstlatsvel:trag (DownIuad unter URL: http://www.rlp.de/fil=Imin/stllatskanzlei/rlp.de/downloads/medien/ 12....rondfunkaenstaatsvertn1g.pdf [26. August 2D10]). Dieser untersagt den öf3i:nrlich-rechtIichen Anstalten die zeitlich unbegrenzte Ver:fugbarlJ
,., 741
' Kenntnisse mtd Fähigkeiten sollJe !in AlISlondsktJmspondent mit sidJ bringen (in jadJlicher mtd menschlicher, persönlicherHinsicht)? Die selben wie Journalisten, die in ihrem Heimatland arbeiten. Dazu vielleicht noch ein wenig Spaß am Fremden und üb=schenden
Denken Sie, dass es im ZII~ der wochsenden Atifr»rierunge an die AlISIondsberid:Jterrtattg in Zukmgi speifelle VorlJmitungesseminore.fiirAlISlondskomspondentenp sollJe?
~I
Kann nicht schaden Am besten ist es meiner Meinung nach, möglichst früh, also lange vor dem Abitur, Auslandserfahmngen zu sammeln. SollJe dar ThemaAllSlondsberiehtersfßttHng eine wichtigere Rolle in derAlISbi/dnng angehenderJ01I1'I1t1!isten spielen? Ich kenne die heutige Journalisten-Ausbildung zu wenig, um darauf antworten zu können Wer das journalistische Handwerkszeug beherrscht und eine ordentliche Aßgemeinbildung sowie Lust zum Lernen hat, ist schon ganz gut ausgerüstet
Ruegner, Cku.t.r (26. Juni 2007)816 Sie sind Produair mit Sitz in Rio mtd mit Einsäli!f1 iibemII in Siidamerika. Wie kam es dai!t? Gab es damals eine
,Morktliiclee" ? Ich hatte lange als Manager in einem Reisebüro gearbeitet und suchte mich nach einem neuen Job um. Meine ehemalige Sekretärin arbeitete inzwischen bcim ZDF Studio Rio, wo ein producer gearbeitet wurde. Ich bin sozusagen "quereingestiegen". In Rio bin ich einer der wenigen producer, die fließend deutsch und portugiesisch sprechen
Wie Viren Sie die Schwierigkeit, einengpnWZ Kontinentim.AJl~ behalten ifI müssen? Ich behalte die Nachrichten und Agenturen im Auge und bin ständig in Kontakt mit meinen Kollegen in Atgentinien, Oille, Ecuador, Kolumbien und Venezuela.
Wie!fOß irt die NacijirJge t1IIS Europa nach Themen t1IIS Südomerikd Sehr wechselhaft, oft werden die Themen vorgegeben
Kjjnnen Sie sidJ mit den.fertigen Beiträgen identfftiferen? Nichtttnmer.
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Zw:u: kennt die Verlilsserin den Producer persönlich und hat dieses Interviews aus diesem Grunde mit der Anrede in der zweiten Person singular gefuhrt, doch wurde das Interview für die vorliegende wissenschaftIic futmaIisiert und die zweite durch die dritte Person ersetzt
WekttJ Uinder und &r.srntr dominieren die BetidJIeTYtott1mg? Wamm?
Brasilien und Atgentinien, Gesellschaft, Sport und Politikund Wtrtschaft Das sind die wichtigsten Länder und Themen in Südamerika. WekttJ.Auswah1kriteTien 5egm den Themen ~? Das kann ich nicht beurteilen, denn ich kenne den AJ1&lg in den Redaktionen der Sender oder freien Produkrionsfinnen nicht Wie hoch ist derDruck derAktualität? Steigt dieser aujpmd der neHe1I bifOrmotions- und Übertmg;mgstechniken?
Mäßig, denn nicht immer sind in Südamerika aktuelle Themen auch in Europa interessant Beeinflusst die Zeitverschiebung Um Arbeit? Gibt es tlot/mrh Probleme?
Ja, manchmal schon, es ist ein Wettrennen mit der Zeit, besonders wenn es um Satellitenübertragungen geht..
Mit we!dJen Schwierigjeeiten bei derArbeit werden Sie kmffrontiert (iß.zenJ'U1j technische Probleme, Bürokratie)? Es hält sich in Grenzen, Bürokratie und technische Probleme gibt es manchmal. Hat sich die Pressefreiheit in Brasilien Ländem?
unter Lula
verbessert
I verschlechtert? Und in den anderen
In Brasilien und den meisten anderen Ländern Südamerikas gibt es keine Probleme mit der Pressefreiheit Derzeit kann man das Phänomen der Zensur lediglich in Venezuela beobachten.
Sind die Menschen wr Ort 011 Deiner Arbeit interessiert? Ist es ilmen lIJicfJIi& dass Du Brasiien in Eurupa bekannter machst?
VIelen ist es wichtig, dass Brasilien positiv d:u:gestellt werden, oft: manchen sich die Menschen Sorgen, dass Brasilien in schlechtem licht d:u:gestellt wird. Denken S~ dass die Beiträge sehr tJe1'Ieiir.if sind, oderdie WtrkIichkeit im Rahmen derMöglichkeiten abbilden? Die kwzen Beiträge geben im Rahmen der Möglichkeiten die Realitiit relativ gut wider.
Hot sich aujpmd der Globalisiemng die Arbeit derAHslond.rknmrpondenten Ihrer .Ansicht noch verändert? Wuerde ich nicht unbedingt behaupten.
WiinsdJen Sie sich mehrBerichtmtattung aus Siidomerika? Ich meine, man könnte mehr aus Südamerika berichten...
Können Sie als Brasiioner die tlijlige DistanZ i!' den Themen bewahren? Eigentlich schon....
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Müssen Sie sith bei der Arbeitg:kgentIich einschränken, i,B.weil es um Gewalt geht und es (/J'I1 SchaHplotz ~ gifdhrfich wird?
Sehr selren.
Denken S~ dass die DeHtschen ein rrdirIisches Bild 1JOn Rio haben? Womn liW dar? Relativ realistisch, es körmte besser sein. Die Nachrichtenagenturen vennitteln oft ein fulsches Bild.
Wie sehen Sie Du die Zu/emfft der AnslondsberichlerstottHng? WmJ sie an BixJeuhmggpUnnen? Und im Hinblick ot! SiidameTika? Das kommt lIlIf das Wdtg=hehen an,
generell abet dürfte der südamerikanische Kontinent an
Bedeutung gewinnen.
SchrJ4 Stifan (12. Dewnber2007) Wie kom es ~ dars Sie MittelameTika-Korrespondent WH11ien? Da sind einige Faktoren zusammengekommen. Ich war sieben Jahre lang Korrespondent im südliche Afrika. Danach habe ich mich mit den Verantwortlichen meines Senders zusammengesetzt und überlegt, wie kann man diese eigentlich erfolgreiche Kombination fortfuhren. In sieben Jahren Auslandstätigkeit erwirbt man sich bei den Redaktionen natürlich auch eine gewisse Reputation - das hilft dann bei der Arbeit in einem anderen Büro. Und es war mein Wunsch, weiter im Ausland tätig zu sein - das ist auch ein wenig wie ein VltUS. Zum anderen kommt meine Frau aus Oille und ich habe von daher schon sehr private Verbindungen zu Lueinamerika. Der Kontinent war schon immer in unserem Blickfeld, ZU1IllI1 meine Frau sdbst Joumal.istin ist Und schließlich haben Lateinamerika und Afrika gemein, dass sie beides - aus der Sicht von Europa aus - Kontinente in Randlage sind, d.h. nicht wichtig, kaum wahrnehmbat. Dabei sind es beides ungeheuer spannende Erdteile mit wichtigen Themen und Konflikten. Ich finde es sehr reizvoll, zu versuchen, halb vergessene Länder über gut etzählte Geschichten wieder ins Bewusstsein zu rücken. Hoben Sie sith berI!its eingelebt?
Das ist relativ. Ich bin jetzt seit knapp sieben Monaten hier und fust seit dem ersten Tag ständig unterwegs. Meinen Standort, Mexiko-Stlldt, habe ich eigentlich noch gar nicht kennen gelernt. Das riesige Berichtsgebiet mit übet zwanzig Lindern erfordert vom Korrespondenten ständige Reisen.
Wie rmifassendwaren I sind IhnJ Kenntnisse über dieses Gebiet? Auch das ist relativ. Durch private Reisen in der Vergangenheit (s.o.) ist mir das Gebiet schon einigermaßen vertraut, und natürlich bereitet man sich auch durch intensive Lektüre lIlIf so ein Betichtsgebiet vor. Aber man lernt ein Gebiet erst richtig kennen, wenn man es sich "er-reist", WetUl man es fiihlen und schmecken kann. Man kann viel übet Hugo Chavez und Venezuda lesen, aber erst WetUl man vor Ort einmal mit Menschen geredet hat, bekommt man ein Gespüt dafiir, wie polarisiert
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diese Gesellschafi: ist und wie vorsichtig man mit Beurteilungen sein muss. Ich glaube, eine Qualität eines guten Korrespondenten ist auch, dass er klarmacht, dass er nicht im Besitz der letzten Weisheit ist
Wie 11JtJTT!1I / sind lJmi Spmehkßl1ntnisse in Spanisch? Meine passiven Sprnchkenntnisse waren schon vor der Ankunft relativ gut, und meine aktiven verbessern sich jetzt täglich
AJgwelchem WtgI eigpen Sie sich das notwendige W&f.fe71 über Poitik, WrrtrchaftmtdKulturan? Intensive Lektüre der hiesigen Zeirungen und Zeitschriften, lokales Fernsehen, Bücher. Aber wichtiger noch: das allriigliche Leben in einer lateinamerikanischen Gesellschaft dringt langsam in die eigene Haut ein und man bekommt ein Gefiihl fiir das kulturelle Umfeld.
WielfTißist Ihr Teom wr Ort? Wrr lliJben einen deutschen Kamernmann und eine deutsche Cutterin. Unsere Producerin ist DeutschMexikanerin, unserTonmann und zweiter Cutter sind Mexikaner. Das war's.
In welchen Städten mtdüindem haben Sie Kontaktleute, Stringer? Wrr lliJben Stringer in den derzeit fiir uns wichtigen Berichtsländem: Kuba, VenezueJa, Kohunbien, Ecuador. In den anderen Iiindem suchen wir uns jedes Mal, wenn wir eine Geschichte realisieren wollen, eine Kontaktperson
Wie lfTiß ist die NacJfrage l1JIS der Hrimot nach Themen l1JIS Ihrer Region? Ir! sk /ffVßer / kleiner als das Interesse an Themen l1JIS Ajika? Das ist noch schwer fiir mich zu sagen. Was Afrika angeht, gtbt es ja die Vorstellung vom verlorenen Kontinent, der kaum noch in den Medien vorkommt - eine Wahrnehmung, die ich eigentlich nicht teilen kann. Wrr lliJben sehr viele Geschichten aus Afrika plat2ieren können, es gtbt ein großes Interesse an diesem Erdteil. L.t.reinlImerik hat es womöglich etwas schwerer, weil der Kontinent nicht so dramatische Ausreißer (Krankheiten, Kriege etc) zu bieten hat wie Afrika - der Erdteil ist ein nonnaler. Gleichzeitig spricht man der-.a:iI: gerne vom Unksruck in Lu:einamerika, der sicherlich auch eine Antwort auf Globalisierung und Neoliberalismus der letzten Jah=hnte ist Insofern gewinnt der Kontinent an politischer Beachtung und Interesse.
WeMi I.iindermtd &rSOTtr dominierm lJmi BeridJtmtattung? Wamm? Es sind derzeit ziemlich eindeutig Kuba und Venezuela. Das hängt natürlich auch mit den dortigen Präsidenten, Fidel Castto und Hugo Chavez, zusammen, Rcizfiguren ersten Ranges und Vertteter eines fiir erledigt geglaubten sozialistischen Systems. Diese Länder sind fiir die aktuelle Berichterstattung (etwa in der Tagesschau) immer wieder interessant Im hintergründigen Weltspiegel sind wir dagegen in der Lige, Geschichten aus vielen Iiindem zu erzählen, und da muss nicht immer die politische Komponente überwiegen. Vielleicht hilft eine Liste der letzten Weltspiegel-Geschichten: Kindertoreros in Mexiko, Kinderhandel in Guatemala, Drogeokrieg in Aeapulco, die Maiskrise in Mexiko, Ölversch:mutzung in Ecuadors Amazonien-Gebier etc., Landreforrn in Venezuela.
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Wie man an oben genannten Themen ersehen kann, müssen sie eine gewisse Relevanz haben - sie müssen etwas über die Gesellschaft des jeweiligen Landes aussagen können. Rein bunte Themen sind im Wdtspiegd nicht ohne weiteres zu machen. Bei aktuellen Themen ist es so, dass vor allen KarnstrophenBerichterstatnmg (Hurrikane, Überschwemmungen) einen immer größeren Raum einnimmt - Themen, die politische Zusarnmenhiinge erldären (z.Bsp. auch Wahlen in den einze1nen I1indem) sind ganz schwer in den aktuellen Formaten unt:etzubringen.
Bieten Sie hauptsächlich Themen an, oder sind die meisten Briträge ,~'; angifordert?
W11
den Heimt:JirMoktionen
Was den Wdtspiegd lttlgt:ht, bieten wir Themen fast zu hundert Prozent sdbst an; bei der aktuellen Berichterstatnmg schreiben sich Themen manchmal von sdbst (Hurrikane), aber auch hier bieten wir jede Woche Themen offensiv an. So verschicken alle Auslandsbüros jeden Donnerstag ihre Angebote an die ARD Aktuell Redaktion in Hamhtug.
Wie tiefe und welche RedoIeJionen be5tjem Sie dtm:hsthnittlich (pro W~ / Mrmot)? Das variiert - aber die letzten sechs Monate bieten folgenden Durchschnitt pro Monat 1-2 Wdtspiegel, pro Monat zwei -vier Tagesschauen/Tagesthemen sowie diverse Beiträge fiir Mittagsmagazin und MotgenIIl3glIZin Hinzukommen aufwendige und zeitraubende Feature-Produktionen: in den letzten sechs Monaten war das ein 30minütiges Feature über das Hochland Mexikos sowie eine 45minütige Reisereporrnge am Amazonas entlang.
Ku.
Ko.
Sind Ihre in denjeJuiIigen Heimatredoktionen mit Ihm'A1!fberritung eines Themas immer einverstanden odergibt es Einspriit;he +nJ unterschiedlicher Sichtweisen (~ß.lVIJÜ die in Deutschland nicht so unfangrrich über dar Thema itgörmiert sind)? Es gibt ab und wann Differenzen bei der Aufbereitung eines Themas (m Bild und/oder Text), aber bei diesen Differenzen handdt sich eigentlich fast nie um verschiederte Si.chtweisen - da habe ich eigentlich bisher keine Eingriffsversuc erlebt Es geht vielmehr um die Versriindlichkeit eines Themas. WIe hoch istder Dntck der Aktualitöt?
Das variiert Als Büro ,,in Randlage" haben wir manchmal vide Wochen ohne Druck, und dann stehen wir - gernde in Zeiten von Nan.u:kat:astrophen - unter ganz enonnen aktuellen Druck. Dazu kommt, dass wir nicht die Infrastruktur eines großen Büros wie in Washington haben. Das macht das aktuelle Arbeiten dann noch schwerer.
Beei1iflmst die Zeitvmchiebung IhreArtJeit? Gibt es dodm-ch Probleme?
Ja,
ganz erheblich. Zum einen bieten wir Themen an, die bei uns nachmittags passieren, fiir die Tagesschau ist das dann ein Thema von gestern bereits und somit in der "Tages"schau nicht unt:etzubringen. Zum anderen bedeutet die Arbeit mit der Zeitverschiebung unter aktuellem Druck, dass wir in der Nacht schneiden müssen (fiir Morgen-MitrngstruJgazi und Tagesschau) und dann rngsüber weiter recherchieren und drehen müssen. Das karm u.u. bedeuten, dass man tage- und nächtelang dun:hlu:beiten muss. 312
Mit weIdJen ScJ.nvierigkciten bei derAmeit sehen Sie sich ktJ'!firmtiert (i:B.z1IfISUTj Bürokratie)? Bürokratie ist ein großes Thema - in vielerlei Hinsicht erinnert mich Mexiko an Kairo und Ägypten. In diesen Lindem muss die Bürokratie erfunden worden sein Zensur spielt vor allen Dingen im Falle von Kuba eine Rolle. Die ARD darf seit zwei Jahren nicht mehr auf die Insel einreisen, weil in der ARD einmal ein Film gesendet worden ist, der den Machthabem in Havanna zu kritisch war.
Denken S~ dass Sie in Ihnm J3eiträgm die Wtrklichkeit im Rahmen derMöglichkeiten abbilden ktJnnten? Das ist eine große Frnge. Kann man in 1'30 die Wu:kIichkeit eines Llndes abbilden? - wohl kaum. Man kann ein Spotlight auf eine Siruation werfen, man kann Interesse wecken, aber gerade im Fernsehen ist es sehr schwer, Zusammenhänge zu zeigen und zu erläutern. Da sind wir doch eher die großen Vereinfucher. Ich glaube, es ist wichtig, dass man das ab und wann in den Beitriigen auch deut:Iich macht
KiJ'nnen Sie die niitige Distanz iJI Ihren Themen bewahren?
Ich hoffe doch. & ist ein tägliches Bemühen von Beitrng zu Beitrng. Ich glaube, da hilft einem auch die langjährige Berufserfuhrung. Und so wichtig wie die Distanz zu den Themen ist auch, dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt
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