SALAMANDRA ZEITSCHRIFT FÜR HERPETOLOGIE UND TERRARIENKUNDE
Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologi...
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SALAMANDRA ZEITSCHRIFT FÜR HERPETOLOGIE UND TERRARIENKUNDE
Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V. Frankfurt
BAND 31 • HEFT 3 RHEINBACH, 30. SEPTEMBER 1995
SALAMANDRA Zeitschrift für Herpetologie und Terrarienkunde Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V., Geschäftsstelle: Postfach 14 21, D-53351 Rheinbach. Schriftleiter: Dr. KLAUS HENLE, Leipzig — Dipl.-Biol. HARALD MARTENS, Frankfurt/M. Redaktionsbeirat: A. BAUER, Villanova — W. BISCHOFF, Bonn — Priv.-Doz. Dr. WOLFGANG BÖHME, Bonn — Dr. ROGER BOUR, Paris — Dr. KURT GROSSENBACHER, Bern — Dr. WERNER KÄSTLE, Sachrang/Chiemgau — Dr. KONRAD KLEMMER, Frankfurt/M. — Dipl.-Biol. FRITZ JÜRGEN OBST, Dresden — Prof. Dr. WALTER SACHSSE, Mainz — Dr. BERND SCHILDGER, Frankfurt/M. -- JOSEF FRIEDRICH SCHMIDTLER, München — Prof. Dr. HANS SCHNEIDER, Bonn. Ehrenmitglieder: Priv.-Doz. Dr. WOLFGANG BÖHME, Bonn — FRIEDRICH GOLDER, Mainz; Dr. HANS HEMKER, Burgsteinfurt; Dr. JOHANNES JAHN, Hannover; Dr. KONRAD KLEMMER, Frankfurt/M.; ALFRED A. SCHMIDT, Frankfurt/M.; Prof. Dr. ERHARD THOMAS, Mainz. Vorstand: Dipl.-Ing. INGO PAULER (1. Vorsitzender) — Dr. MICHAEL GRUSCHWITZ (2. Vorsitzender) — Dr. ULRICH JOGER (3. Vorsitzender) — Dr. KLAUS HENLE (1. Schriftleiter) — Dipl.-Biol. HARALD MARTENS (2. Schriftleiter) — RAINER THISSEN (Schatzmeister). Pdf-Version: PROF. DR. GONZO Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde fördert das Wissen über die Amphibien und Reptilien. Dafür gibt sie vierteljährlich die Zeitschriften SALAMANDRA und ELAPHE N.F. sowie die Supplementreihe MERTENSIELLA heraus und richtet Tagungen aus. Die Mitgliedschaft steht allen Personen, Personengruppen und Institutionen offen. Der Bezug der Zeitschriften ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Anträge auf Mitgliedschaft sind an die Geschäftsstelle unter obiger Anschrift zu richten. Schriftleitung und Mitarbeiter dieser Zeitschrift erhalten kein Honorar. SALAMANDRA erscheint ohne gewerblichen Zweck oder materiellen Gewinn. Sie dient allein der Förderung der Herpetologie und Terrarienkunde. Bankverbindungen: Deutsche Bank Frankfurt/M. Nr. 92-1718, BLZ 500 700 10; Postkonten: Frankfurt/M. Nr. 257130-608, BLZ 500 100 60 und Bern Nr. 30-19534-7, BLZ 30. The "Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V." is advancing the knowledge of the amphibians and reptiles. For this purpose, the society publishes the quarterly Journals SALAMANDRA and ELAPHE N.F. as well as the Supplement MERTENSIELLA, which are available through book dealers. The society arranges annual meetings and monthly meetings for the local groups. The membership of the "Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V." is open to all individuals, societies, and institutes. It includes the subscription of the Journals SALAMANDRA and ELAPHE N.F. We ask for direct applications to the secretariat at the address mentioned above.
Salamandra
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Rheinbach,30.9.1995
Zur Haltung und Nachzucht des Pazifikwarans (Varanus Indicus) RENE KOK
Mit 4 Abbildungen Abstract Keeping and breeding the Pacific monitor (Varanus indicus) Three Varanus indicus (DAUDIN, 1802) have been reared from hatchlings to adults within three years. The breeding group (2 (3d, l 9) was kept together from November 1992 to May 1994 in a simply equipped, nearly sterile terrarium. The female laid five clutches (end of February 1992 and end of May 1993, mid September 1993, early December 1993, end of April 1994). The second clutch was transferred to an incubator on May 24th, 4 - 5 weeks after first observing copulation. Two clutches (5 and 7 eggs respectively) were preyed-upon by the male before they could be detected. From the clutches with 92, only egg shell remnants were found in the faeces of a male, and of an unknown depositor. The first clutch (7 eggs, l infertile) yielded six hatchlings (incubation time 150 - 153 days at 26 - 34°C; total length 27-31 cm). Two further clutches (7 and 5 eggs, respectively) were saved. They yielded 12 hatchlings after 182 days. Rearing of the young did not cause any problems. The data are related to available field data. Key words: Sauria: Varanidae: Varanus indicus; maintenance; breeding in captivity. Zusammenfassung Drei Schlüpflinge von Varanus indicus (DAUDIN, 1802) wurden innerhalb von drei Jahren zu Adulttieren großgezogen. Die Zuchtgruppe (2 (50, l 9) war von November 1992 bis Mai 1994 in einem einfach, fast steril eingerichteten Terrarium untergebracht. Das Weibchen setzte fünf Gelege ab (24.2.92, 24.5.93, Mitte 9.93, 5.12.1993, Ende 4.1994). Bei einer Bruttemperatur von 26 - 34°C schlüpften nach 150 - 153 Tagen aus dem zweiten Gelege von 7 Eiern 6 Warane von 27 - 31 cm Gesamtlänge. Von den beiden letzten Gelegen (7 und 5 Eier) schlüpften nach 182 Tagen aus allen Eiern Jungtiere. Die Aufzucht gelingt problemlos. Zwei der Gelege wurden von den Eltern (das erste sicher von einem Männchen) gefressen. Schlagworte: Sauria: Varanidae: Varanus indicus; Haltung; Nachzucht.
l. Einleitung Der Pazifikwaran (Varanus indicus [DAUDIN, 1802]) hat eine weite Verbreitung: bis zu den Salomonen im Osten und Cape York im Süden, im Nordwesten erreicht er Halmahera, im Nordosten kommt er auf den Karolinen, den Marianen und den Marshall-Inseln vor (MERTENS 1942, 1959). Derzeit werden keine Unterarten anerkannt; vermeintliche Synonyme erwiesen sich als selbständige Arten: V. doreanus und V. jobiensis (vgl. BÖHME et al. 1994). - 129 -
Von WIKRAMANAYAKE & DRYDEN (1988) stammt eine detaillierte Freilanduntersuchung der Fortpflanzungsbiologie von V. indicus auf Guam (Marianen). Danach sind männliche Tiere stets größer als weibliche, was auch für die Minimalgröße bei der Fortpflanzung gilt. Das Geschlechterverhältnis dort ist etwa 1:1. Aus den Fettreserven in den (weiblichen) Tieren schlossen die Autoren, daß die Fortpflanzung auf Guam in die Trockenzeit von Januar bis Mai fällt und die Schlupfzeit in die Regenzeit von Juni bis Dezember. Männliche Tiere erscheinen ganzjährig fortpflanzungsfähig. HEDIGER (1934) beobachtete die Art auf Neu Britannien. Nach seinen Feststellungen ist V. indicus dort hauptsächlich Waldbewohner, findet sich aber häufig auch an Flußläufen und am Strand. Aus Mageninhalten bestimmte er Krabben, Echsen, Heuschrekken, Riesendornschrecken und auch eine Schlange (Candoia carinatd] als Nahrung. Nach dem Fressen von Mäusen soll der Waran Gewölle ausspeien. McCoY (1980) beobachtete V. indicus auf den Salomonen-Inseln. Dort werden as Eiablageplätze zerfallende Vegetationsreste, wie zum Beispiel verrottende Baumstämme, aufgesucht. Während der Fortpflanzungszeit führt V. indicus Ritualkämpfe aus, wie MCCOID & HENSLEY (1991) berichteten. UCHIDA hat in mehreren Arbeiten (1966, 1967, 1969) nachgewiesen, daß V. indicus auf verschiedenen Südseeinseln die Rolle eines biologischen Schädlingsbekämpfers zur Kontrolle der Rattenplage spielt. Kürzlich publizierte WESIAK (1993) über eine erste Nachzucht (ein Einzeltier) dieses attraktiven Warans im Terrarium. Nahezu zeitgleich schlüpften bei mir die ersten sechs Tiere. Der Bericht von WESIAK (I.c.) veranlaßt mich, über meine Erfahrungen bei der Pflege und Nachzucht dieser Art zu berichten. 2. Zusammenstellung der Zuchtgruppe Am 28. Juni 1990 erwarb ich drei sehr junge Warane von einem Händler, der mir versicherte, die Tiere kämen von Neuguinea und seien Varanus karlschmidti = V. jobiensis, vgl. BÖHME 1991). Es waren auffällig schön gefärbte Exemplare mit einer dunklen, nahezu schwarzen Grundfärbung und gelben Flecken auf dem Rücken, gelber Unterseite und orangefarbener Kehle. Am auffälligsten war die zu zwei Dritteln blaue Zunge. Die Artzugehörigkeit bezweifelte ich, als ich bei HOSER (1989) ein Bild von V. indicus sah, das meinen Tieren deutlich ihnelte. Mein Zweifel verstärkte sich nach dem Lesen zweier Arbeiten (MERTENS [1951], HORN [1977]) über V. karlschmidti. Herr HORN bestimmte dann meine Warane anhand von Fotos (vgl. Abb. 1) als V. indicus. Sie ähneln deutlich den von HORN gehaltenen Tieren von den Salomonen (HÖRN, pers. Mitt.). Als ich meine drei Tiere erwarb, waren sie ungefähr 28 cm lang. Etwa ein Jahr später hatte das am kleinsten gebliebene Tier eine Gesamtlänge von 50 cm, das größte 55 cm erreicht (14.8.1991). Drei Jahre nach dem Kauf hatten die Tiere eine Gesamtlänge von 90, 105 und 130 cm; damit erschienen sie ausgewachsen. Bei einer Untersuchung der Kloakenregion aller drei Tiere schon eineinhalb Jahre nach dem Kauf stellte ich verdickte Hemipenistaschen fest, das heißt, ich hatte drei männliche Tiere.
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Dann verlor ich einen Waran infolge einer Unüberlegtheit: das größte Männchen erhielt eine Kröte (Bufo bufo), die ich versehentlich bei Gartenarbeiten getötet hatte. Es würgte sie rasch herunter, spie sie aber noch schneller wieder aus. Die Kröte war also nur kurze Zeit verschluckt worden; doch als ich nach einer Stunde wieder in das Terrarium sah, lag der Waran mit dem Kopf nach unten auf einem Ast, hatte das Maul geöffnet und war verendet. Daß die Kröte den Waran vergiftet hatte, bestätigen von ROTTER (1963) zitierte Angaben, wonach ganze Populationen des Pazifikwarans durch Einführung von Bufo marinus auf verschiedenen Südseeinseln ausgerottet wurden. Leider las ich ihn zu spät. Erfreulicherweise stellte mir aber der Leiter des Reptilienhauses von Tilburg, Herr WALHOUT, ein gleichaltes Weibchen (Abb. 2) des Pazifikwarans für Zuchtzwecke zur Verfügung. Dieses Tier paßte auch insofern gut zu meinen beiden Männchen, als es aus demselben Import stammte. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Arbeit (Januar 1994) hat das Weibchen eine Masse von 2600 g, eines der Männchen wiegt 3200 g.
3. Unterbringung und Pflege der Elterntiere Die Zuchtgruppe der V. indicus (2 (3(3, l 9) war in einem Terrarium mit den Maßen 3 x 1,3 x 2,6 m (L x B x H) untergebracht. Ein Wärmestrahler (125 W), der in 60 cm Abstand auf einen Ast gerichtet ist, sorgte für einen Platz zum Aufwärmen. Drei Leuchtstoffröhren (je 60 W) dienten als Hauptlichtquelle. Im Terrarium war ein Zentralheizungskörper installiert, der mit einer Lochplatte abgedeckt war. Dieser Platz wurde von den Tieren ebenfalls gern zum Aufwärmen aufgesucht. Die Lufttemperatur erreichte tags 24 - 27°C, nachts sank sie auf 16 - 20°C. Die Einrichtung des Terrariums war einfach und zweckmäßig. Der Boden war mit alten Zeitungen ausgelegt. Ein Trinkgefäß (1,5 1) war stets mit frischem Wasser gefüllt. In einem großen mit Wasser gefüllten Eimer (20 1) badeten die Tiere jeden Tag mehrere Male. Eine Vielzahl kräftiger Kletteräste strukturierte den Raum; zwischen ihnen befanden sich zusätzlich sieben Versteckplätze, die dem Sicherheitsbedürfnis der Tiere Rechnung trugen, was mir für diese Warane sehr wichtig erscheint. Meist hielten sich die Tiere im oberen Teil des Terrariums auf. Außerdem brachte ich eines der Männchen während des Sommers 1993 in einem großen gläsernen Freilandterrarium (ca. 3 m3) unter. Hier sorgte eine elektrische Bodenheizung für gleichbleibende Minimaltemperaturen. Infolge eines Stromausfalls versagte diese Heizung eines Tages jedoch, und gerade an diesem Tag sank die Außentemperatur auf nur +6°C! Doch das Tier war lebhaft wie zuvor, nachdem es sich sehr lange in der Sonne wieder aufgewärmt hatte. Gefüttert wurden die Warane zweimal pro Woche mit frischtoten Mäusen und toten Eintagsküken. Dabei konnte ich niemals das von HEDIGER (1934) beobachtete Ausstoßen von Gewölle feststellen, was HORN (pers. Mitt.) auch für die von ihm gehaltenen Pazifikwarane bestätigte. In unregelmäßigen Abständen erhielten sie auch käufliches Katzenfutter aus Dosen und im Sommer
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Abb. 1. Varanus Indicus. Drohendes Männchen der Zuchtgruppe. Herkunft unbekannt. V. indicus. Displying male of the breeding group. Origin unknown.
gelegentlich Gehäuseschnecken. Die Futtertiere wurden mit einem Multivitaminpräparat (Gistocal) einmal pro Woche bestreut. Das Trinkwasser wurde ebenfalls vitaminisiert (2 x wöchentlich mit Davitamon: 20 Tropfen/l Wasser, wobei ein Tropfen 270 I.E. Vitamin A und 90 I.E. Vitamin D3 enthält).
4. Fortpflanzung 4.1 Paarungsaktivitäten und Eiablagen Als ich das leihweise erhaltene Weibchen zu den beiden Männchen in das Terrarium setzte (20.11.1992), zeigten sich beide Männchen sofort interessiert, aber erst fünf Monate später (April) beobachtete ich Paarungen. Unerwartet und unbemerkt - das Weibchen hatte weder aufgehört zu fressen, noch sah es ungewöhnlich dick aus - hatte es Eier abgelegt, denn im Kot eines der Männchen fand ich die Schalen von fünf Eiern, und zwar schon am 24. Februar. Die einzigen Hinweise auf die Trächtigkeit des Weibchens - von mir Abb. 2. Varanus indicus. Zuchtpaar im obersten Teil des Terrariums. Links Männchen, rechts Weibchen. V. indicus. Breeding pair in the upper part of the terrarium. Left: male; right: female.
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Abb. 3. Frischgeschlüpfter V. indicus von dorsal und ventral (oben und rechts). Newly hatched V. indicus, dorsal and ventral view (above and right).
allerdings unbeachtet, da sie nicht sehr deutlich waren - waren ein Orientierungszüngeln der Männchen, als ob sie sich paaren wollten, und ein gelegentliches Scharren des Weibchens an verschiedenen Stellen des Terrariums. Paarungen sah ich, wie erwähnt, erstmals im April (13.4.1993). Sie zogen sich mit Unterbrechungen über eine Woche hin (bis zum 20.4.). Beide Männchen waren hieran beteiligt. Sie bestiegen das Weibchen und verbissen sich nach einigen Kopfnicken in ihrem Nacken. Mit der Hemipenisregion versuchten die Männchen durch Drücken und Reiben das Weibchen zu stimulieren und dabei gleichzeitig ihren Schwanz unter den des Weibchens zu schieben. Die eigentliche Kopulation war nur sehr kurz: nach 10-15 pumpenden Bewegungen, was etwa 30 s dauerte, trennten sich die Tiere wieder. An den Kopulationen beteiligten sich beide Männchen, wobei ich interessanterweise das rangniedere Männchen dreimal, das ranghöhere Männchen (Größe, Masse) dagegen nur einmal kopulieren sah. Das Weibchen legte die Eier, wie nach Recherchen von HORN & VISSER (1989) zu erwarten war, etwa vier bis fünf Wochen nach den Kopulationen, am 24.5.1993. Da ich dieses Mal sehr darauf geachtet hatte, daß die männlichen Tiere das Gelege nicht auffraßen und einen mit Torf gefüllten Eimer für die Eiablage bereitgestellt hatte, gelang es mir, das ganze Gelege (7 Eier) herauszunehmen und im Inkubator zu erbrüten (vgl. unten). Die Maße dieser Eier lagen durchschnittlich bei 3,0 x 6,3 cm. Es gab noch drei weitere Eiablagen. So fand ich, zu meinem Bedauern, im September im Kot wiederum die Überreste von 6 Eiern (14.9.1993). Doch ein viertes Gelege (abermals 7 Eier im schon erwähnten torfgefüllten Eimer) konnte ich vor der Gefräßigkeit der - 133 -
Terrariuminsassen sichern (5.12.1993). Die sieben Tiere schlüpften nach 182 Tagen am 5.6.1994. Auch aus allen Eiern des fünften Geleges (Ende April 1994, 5 Eier) schlüpften Junge (Ende September). Nach dieser Eiablage kam das Weibchen wieder zurück zu Herrn WALHOUT. Es legte bis Ende Februar 1995 keine Eier. WESIAK (1993) beschrieb das Paarungsverhalten in ähnlicher Weise und dokumentierte den Paarungsvorgang selbst durch ein treffendes Foto. MCCOID & HENSLEY (1991) berichteten das ganze hier beobachtete Verhalten für freilebende Pazifikwarane von Guam. Allerdings sahen diese Autoren keinen Nackenbiß, der auch bei anderen Waranarten bisher nicht festgestellt wurde. Es muß also offen bleiben, ob es sich hierbei um eine terrarienbedingte Verhaltensweise handelt, die normalerweise nicht auftritt. Zeitlich dagegen stimmen Terrarien- und Freilandbeobachtungen überein. MCCOID & HENSLEY (1991) sahen Kopulationen (am 15.4. und 5.7.1990) auf dem Höhepunkt der Trockenperiode auf Guam, die von Januar bis Juli dauert. Das steht im Widerspruch zu den Überlegungen von WIKRAMANAYAKE & DRYDEN (1988), die anhand ihrer Untersuchungen meinten, daß Kopulationen während der feuchten Jahreszeit zwischen September und Januar stattfänden. Unter der Voraussetzung, daß meinen Terrarienbeobachtungen allgemeine Bedeutung zukommt und außerdem auf die Pazifikwarane des gesamten Verbreitungsgebietes zutrifft, kann man mit einiger Vorsicht schließen, daß V. Indicus ganzjährig fortpflanzungsaktiv sind, das heißt, die beiden zitierten Arbeiten beschreiben jeweils nur Teilaspekte der Fortpflanzung. 4.2 Inkubation und Schlupf Von den sieben im Mai (24.5.1993) gelegten Eiern wies eines eine schlecht ausgebildete, zu weiche Schale auf. Es wurde entfernt. Die restlichen Eier kamen in eine Plastikdose von 20 x 20 x 25 cm (L x B x H), die zu zwei Dritteln mit Torf gefüllt war und in einen Inkubator (umgebauter Kühlschrank) gestellt wurde. In diesem Selbstbau wird die Luft mit einem kleinen Ventilator umgewälzt. Ursprünglich beabsichtigte ich, die Temperatur im Inkubator auf konstant 30°C zu halten, doch gelang das nicht. Die Temperatur schwankte zwischen 26 - 34°C. Ein erfreulicherweise folgenloses Mißgeschick ereignete sich nach drei Monaten Brutdauer: durch eine ungewollte und unbemerkte Berührung des Thermostatschalters erhöhte sich die Inkubationstemperatur für drei Tage auf 43 °C! Nach weiteren zwei Monaten schlüpften die Jungwarane ohne erkennbare Schädigungen. Vor dem Schlupf schnitten die schlupfreifen Tiere die Schale mehrfach (bis zu 7 Mal) an, bevor sie das Ei verließen. Das erste Tier benötigte 150 Tage bis zum Schlupf (20.10.1993), die anderen fünf Tiere folgten zwei bis drei Tage später. Die Tiere benötigten also einen deutlich kürzeren Zeitraum zur Entwicklung im Vergleich zu dem einen, bei WESIAK (1993) geschlüpften Tier, das 174 Tage brauchte (vgl. aber oben). Vermutlich war die niedrigere Bruttemperatur von 28,4°C die Ursache für diesen Unterschied. Die Inkubationszeit bewegte sich in der zu erwartenden Größenordnung (vgl. HORN 1978 und KING 1991).
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Gewogen wurden die Jungtiere nicht, ihre Länge variierte zwischen 27 31 cm; das einzelne Jungtier von WESIAK (1993) hatte eine Gesamtlänge von 26,8 cm. Die frisch geschlüpfen Jungtiere waren wunderschön kontrastreich gefärbt (Abb. 3); ihre Ventralregion zeigten eine dorso-ventral einlaufende Streifung (Abb. 3 rechts).
Abb. 4. Sechs Varanus Indicus wenige Tage nach dem Schlupf. Six V. indicus a few days after hatching.
4.3 Bemerkungen zu den Jungtieren Die Tiere bekamen ein Terrarium von 70 x 40 x 50 cm mit einer Reflektorlampe von 60 W, Sandboden, einigen Steinen und PVC-Rohren (Durchmesser 3 cm) zum Verstecken. Die Temperatur betrug tagsüber 30 - 35°C, nachts 15 - 20°C. Etwa jeden zweiten Tag versprühte ich Wasser; die Wasserschale (30 x 15 x 15 cm) säuberte ich täglich, denn die Warane koteten immer ins Wasser. Es dauerte fünf Tage, bevor die sechs Jungtiere (Abb. 4) erstmals Futter annahmen. Das erste akzeptierte Futter war kommerzielles Katzenfutter. Larven des Großen Schwarzkäfers (Zophobas mono) nahmen die Tiere erstmals nach vierzehn Tagen an. Sie fraßen auch problemlos Heimchen und Grillen, Hauptfutter sind nestjunge Mäuse. Wenn sie gefressen hatten, verschwanden sie oft für mehrere Tage in ihren Verstecken. Zum Sonnen erschienen sie nur für l - 2 Stunden und zogen sich dann wieder zurück. Im Verhalten glichen die juvenilen Warane den Eltern zum Zeitpunkt ihres Erwerbs vor drei Jahren. Die zwölf Jungtiere aus den Gelegen vier und fünf lassen sich ebenfalls problemlos halten. Danksagung Herrn Prof. Dr. HANS-GEORG HORN, Sprockhövel. der mich ermutigte, diese Ergebnisse zu Papier zu bringen und mich bei der Abfassung des Manuskripts mit Ratschlägen und Literaturhinweisen unterstützte, sei dafür herzlich gedankt. Mein besonderer Dank gilt aber Herrn JAN WALHOLT, Direktor des Reptilienhauses „de Oliemeulen" in Tilburg, der mir freundlicherweise den weiblichen Varanus indicus zur Verfügung stellte. Ebenso gilt mein Dank Herrn CHRIS VAN KALKEN von der „Dutch Varanid Association", der ebenfalls Literaturhinweise beisteuerte.
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Schriften BÖHME,
W. (1991): New findings on the hemipenial morphology of monitor lizards and their systematic implications: S. 42-49 in: BÖHME, W. & H.-G. HÖRN (eds.): Advances in Monitor Research. - Mertensiella, Bonn, 2. BÖHME, W., H.-G. HORN & T. ZIEGLER (1994): Zur Taxonomie der Pazifikwarane (Varanusindicus-Komplex): Revalidierung von Varanus doreanus (A.B. MEYER, 1874) mit Beschreibung einer neuen Unterart. - Salamandra, Rheinbach, 30(2): 119-142. HEDIGER, H. (1934): Beitrag zur Herpetologie und Zoogeographie Neu Britanniens und einiger umliegender Gebiete. - Zool. Jb., Jena, 65: 442-581. HÖRN, H.-G. (1977): Notizen zu Systematik, Fundortangaben und Haltung von Varanus (Varanus) karlschmidti (Reptilia, Sauria, Varanidae). - Salamandra, Frankfurt/M., 13(2): 78-88. — (1978): Nachzucht von Varanus gilleni. - Salamandra, Frankfurt/M., 14: 29-32. HÖRN, H.-G. & G.J. VISSER (1989): Review of reproduction of monitor lizards. - Int. Zoo Yb„ London, 28: 140-150. HOSER, R.T. (1989): Australian Reptiles and Frogs. - Sydney N.S.W (Pierson & Mosman), 238 S. KING, D. (1991): The effect of body size on the ecology of varanid lizards: S. 204-210 in: BÖHME, W. & H.-G. HÖRN (Eds.): Advances in Monitor Research. - Mertensiella, Bonn, 2. McCoio, M.J. & R.A. HENSLEY (1991): Mating and combat in Varanus indicus. - Herp. Rev., Athens, Ohio, 22(1): 16-17. McCöY, M. (1980): Reptiles of the Salomon Islands. - Wau Ecology Inst. Handb., Wau, Papua New Guinea, 7: 1-80. MERTENS, R. (1942): Die Familie der Warane (Varanidae). Dritter Teil: Taxonomie. - Abh. senckenberg. naturforsch. Ges., Frankfurt/M., 466: 235-391. — (1951): A new lizard of the genus Varanus from New Guinea. - Fieldiana Zool., Chicago, 31: 467-471. — (1959): Liste der Warane Asiens und der Indo-australischen Inselwelt mit systematischen Bemerkungen. - Senck. biol., Frankfurt/M., 40(5/6): 221-240. — (1963): Liste der rezenten Amphibien und Reptilien. - Das Tierreich, Berlin, 79: 1-26. ROTTER, J. (1963): Die Warane. - Wittenberg Lutherstadt (Ziemsen, Neue Brehm-Bücherei), 75 S. UCHIDA, T.A. (1966): Observations on the Monitor Lizard, Varanus indicus (ÜAUDIN) As a rat control agent on Ifaluk, Western Caroline Islands. - Bull. Whd. Health Org., 35: 976-980. — (1967): Observations on the monitor lizard, Varanus indicus (ÜAUDIN) As a rat control agent on Ifaluk, Western Caroline Inslands. - Micronesia, 3: 17-18. — (1969): Rat-control procedures on the Pacific Islands, with special reference to the efficiency of biological control agents. I. Appraisal of the monitor lizard, Varanus indicus (ÜAUDIN), äs a rat-control on Ifaluk, Western Caroline Islands. - J. Fac. Agriculture, Kyushu Univ., 15(3): 311-330. WESIAK, K. (1993): Über Haltung und Nachzucht von Varanus (Euprepiosaurus) indicus indicus (ÜAUDIN, 1802). - herpetofauna, Weinstadt, 15 (Heft 87): 21-25. WIKRAMANAYAKE, E.D. & G.L. ÜRYDEN (1988): The reproductive ecology of Varanus indicus on Guam. - Herpetologica, Chicago etc., 443: 338-344. Verfasser:
RENE KOK,
Eingangsdatum: 18. Mai 1994 Merellaan 34, NL-4214 DL Vuren, Niederlande.
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Rheinbach,30.9.1995
Mertensiella luschani flavimembris ssp. n., eine neue Unterart des Lykischen Salamanders aus der Türkei (Caudata: Salamandridae) THOMAS MUTZ & SEBASTIAN STEINFARTZ
Mit 8 Abbildungen und l Tabelle
Abstract Mertensiella luschani flavimembris ssp. n., a new subspecies of the Lycian Salamander from Turkey Mertensiella luschani flavimembris ssp. n. is described from a slope approximately 6 km north of Marmaris, Southwest Anatolia. The differences from the other subspecies, especially M. l. helverseni, are presented. River valleys are regarded äs geographic barriers for the different subspecies. The compact alluvial soils do not provide suitable habitat for the Salamanders adapted to the fissures of karst regions. Key words: Caudata: Salamandridae: Mertensiella luschani flavimembris ssp. n..
Zusammenfassung Die von BARAN & ATATÜR (1986) entdeckten Populationen des Lykischen Salamanders aus der Umgebung von Marmaris werden aufgrund von Färbungs- und Zeichnungsmerkmalen als neue Unterart Mertensiella luschani flavimembris beschrieben. Die Terra typica liegt ca. 6 km nördlich von Marmaris. Die Unterschiede zu den anderen Unterarten, insbesondere zu M. l. helverseni, werden dargestellt. Als mögliche geografische Grenzen zwischen den Unterarten werden die Flußtäler angeführt, deren kompakte Schwemmböden den Salamandern, die eine enge Bindung an die Lückensysteme von Karstgebieten aufweisen, keine Lebensmöglichkeiten bieten. Schlagworte: Caudata: Salamandridae: Mertensiella luschani flavimembris ssp. n..
Einleitung Seit der Erstbeschreibung des Lykischen Salamanders Mertensiella luschani (STEINDACHNER, 1891) sind sechs weitere Unterarten dieses Salamanders auf dem türkischen Festland und eine von der griechischen Insel Karpathos beschrieben worden. Alle Unterarten lassen sich anhand ihrer Färbung und Zeichnung klar voneinander unterscheiden (vgl. KLEWEN et al. 1988). Im einzelnen sind bislang folgende Unterarten beschrieben worden: 1. Mertensiella luschani luschani (STEINDACHNER 1891) 2. Mertensiella luschani helverseni PIEPER, 1963 3. Mertensiella luschani atifi BASOGLU, 1967
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Abb. l. Verbreitung des Lykischen Salamanders. / Distribution of the Lycian Salamander. 1: M. I. helverseni auf Karpathos, Kasos und Saria (A) sowie Rhodos (B); 2: M. l. flavimembris ssp. n.; 3: M. l. fazilae; 4: M. L luschani; 5: M. 1. basoglui; 6: M. l. finikensis; 7: M. l. billae; 8: M. l. antalyana; 9: M. l. atifi.
4. 5. 6. 7. 8.
Mertensiella luschani fazilae BASOGLU & ATATÜR, 1974 Mertensiella luschani finikensis BA§OGLU & ATATÜR, 1975 Mertensiella luschani antalyana BAS.OGLU & BARAN, 1976 Mertensiella luschani basoglui BARAN & ATATÜR, 1980 Mertensiella luschani billae FRANZEN & KLEWEN, 1987
Die am weitesten westlich gelegenen Populationen wurden aus der Umgebung von Ula und Marmaris beschrieben (BARAN & ATATÜR 1986). Die Autoren stellten diese Tiere zu der Unterart M. l. helverseni, die ansonsten nur von der ca. 200 km entfernten Insel Karpathos und ihren beiden vorgelagerten Eilanden Kasos und Saria (PIEPER 1970) bekannt ist (Abb. 1). Während einer faunistisch ausgerichteten Exkursion im Frühjahr 1992 konnten auch Exemplare des Lykischen Salamanders in der Nähe von Marmaris gefunden werden (Abb. 2). Bei einem Vergleich mit Tieren von der Insel Karpathos, die zur Unterart M. /. helverseni gehören, ließen sich sehr deutliche Unterschiede feststellen, so daß im folgenden eine neue Unterart des Lykischen Salamanders beschrieben wird: Mertensiella luschani flavimembris ssp. n. Diagnose: Die Morphologie der neuen Subspezies liegt in der Variationsbreite der bisher beschriebenen Unterarten des Lykischen Salamanders. Die
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Abb. 2. Verbreitung von M. l. flavimembris ssp. n. A: Ungefähres Verbreitungsgebiet von M. 1. flavimembris ssp. n.; X: Terra typica; Dreieck: Funde von BARAK & ATATÜR (1986); ?: potentielle Vorkommen; B: Verlauf des DalamanFlusses; Kreis: benachbarte Vorkommen von M. l. fazilae; C: Ungefähre Lage des Bati Menteje Daglan; D: Verlauf des Menderes Nehri. Distribution of M. l. flavimembris ssp. n. A: approximate distribution of M. 1. flavimembris ssp. n.; X: Terra typica; triangle: localities of BARAN & ATATÜR (1986); ?: possible distribution; B: Dalaman River; circle: adjacent localities of M. 1. fazilae; C: approximate position of the Bati Menteje Daglari; D: Menderes River.
Tiere zeigen dorsal eine dunkelbraune Körperfärbung mit unregelmäßig verteilten, sehr kleinen, silbrig-weißen Sprenkeln. Deutlich heben sich die gelben Parotoiden, ebenso wie die hell gefärbten Augendeckel, von der braunen Kopfoberseite ab (Abb. 3 bis 5). Lateral wird die Rückenfärbung in einer scharfen Linie, in deren Bereich durch eine Anhäufung von Iridophoren ein silbrig-weißes Längsband angedeutet wird, von der nahezu unpigmentierten Bauchseite abgegrenzt; durch die Bauchdecke scheinen die inneren Organe durch. Die Extremitäten variieren in der Färbung zwischen blaßgelb und blaßorange. Der Farbkontrast zwischen Dorsal- und Ventralseite ist auch im Schwanzbereich vorhanden, allerdings ist die Schwanzoberseite heller als der Rücken. Im Bereich der Parotoiden und des Schwanzes sind die schwarzen Drüsenöffnungen gut zu erkennen.
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Abb. 3. Holotypus (c3) von M. l. flavimembris ssp. n. Holotype (c5) of M. l. flavimembris ssp. n.
Abb. 4. Paratypus (9) von M. l. flavimembris ssp. n. Paratype (9) of M. l. flavimembris ssp. n.
Mertensiella luschani flavimembris unterscheidet sich von M. l. helverseni durch die blaßgelb bis blaßorange gefärbten Extremitäten, die bei M. l. helverseni immer dunkel pigmentiert sind (Abb. 6). Im Gegensatz zum deutlich ausgeprägten, silbrig-weißen Lateralband dieser Unterart, weist M. l. flavimembris in diesem Bereich lediglich eine leichte Anhäufung von Iridophoren auf, so daß nie ein durchgehendes Band ausgebildet wird. Einzelne Iridophoren bilden auch die silbrig bis weiß wirkende Sprenkelung auf dem Rücken, wo aber in keinem Fall eine ausgeprägte gelbe Fleckung wie bei M. l. helverseni beobachtet werden kann. Bei dieser Unterart ist keine besondere Färbung der Augendeckel und Parotoiden vorhanden, lediglich eine
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Abb. 5. Paratypus (juv.) von M l. flavimembris ssp. n. Paratype (juv.) of M. l. flavimembris ssp. n.
Abb. 6. Weibchen von M. l. helverseni (Karpathos). Female M. l. helverseni (Karpathos).
Abb. 7. Männchen von M. l. fazilae (Terra typica). Male M. l. fazilae (Terra typica).
Häufung der gelben Flecken im hinteren Teil der Paratoiden wird beschrieben (PIEPER 1963), während sich bei M. L flavimembris die Parotoiden deutlich gelb von der übrigen Färbung absetzen. Ein weiterer eindeutiger Unterschied zwischen den beiden Unterarten ist die Färbung der Bauchseite, die bei M. l. flavimembris vollkommen pigmentfrei ist, wogegen M. l. helverseni auf der Ventralseite ein deutliches Muster aus roten und gelben Zonen aufweist, manchmal ergänzt durch eine bläuliche und schwarze Komponente (vgl. KLEWEN et al. 1988). Von der östlich angrenzenden Unterart M. l. fazilae, die eine kontrastreiche rot-schwarze Färbung der Körperoberseite sowie ein breites, weißes Lateralband besitzt, ist M. L flavimembris leicht zu unterscheiden (Abb. 7). Ansonsten unterscheidet sich M. l. flavimembris von: M. l. luschani durch die Färbung der Extremitäten, die gelben Parotoiden und das Fehlen einer großflächigen, silbrigen Zeichnung;
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M. l. basoglui durch die viel dunklere Grundfärbung und die gelben Parotoiden; M. l. finikensis durch die blaßgelbe Färbung der Extremitäten, die gelben Parotoiden und das Fehlen einer silbrigen Zeichnung; M. l. billae durch die einheitliche, dunkelbraune Rückenfärbung und das Fehlen eines deutlichen weißen Lateralbandes; M. l. antalyana durch das Fehlen einer ausgeprägten Gelbzeichnung im Kopfbereich und eines weißen Lateralbandes; M. l. atifi durch eine viel geringere Gesamtlänge und eine bräunlichere Grundfärbung. Terra typica: Etwa 6 km nördlich von Marmaris, ein westlich der Straße Marmaris - Izmir gelegener Hang (Abb. 8).
Abb. 8. Terra typica von / of M. l. flavimembris ssp. n.
Holotypus: ♂ ad., Museum für Tierkunde, Dresden: MTKD D 37174 (Abb. 3). Beschreibung des Holotypus: Beim Holotypus handelt es sich um ein ausgewachsenes Männchen. Die genauen Maße sind in Tabelle l aufgeführt. Die Kopf-Rumpf-Länge macht 56 %, der Kopf 12 % der Gesamtlänge aus; der Anteil des Kopfes an der Kopf-Rumpflänge beträgt 21 %. Der Kopf ist etwa so lang wie breit.
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Die Grundfarbe der Körperoberseite ist tief dunkelbraun, lediglich der Schwanz ist insgesamt etwas heller gefärbt. Rechts und links der Rückenmitte finden sich einzelne, kleine, silbrig-weiße Sprenkel, die von einzelnen Iridophoren gebildet werden. Die Rückenfärbung bildet eine scharfe Grenzlinie mit der unpigmentierten Bauchseite. Entlang dieser Trennlinie findet sich eine leichte Häufung von Iridophoren, so daß stellenweise, wie kurz hinter den Vorderbeinen, ein weißes Lateralband angedeutet wird. Die Ventralseite ist völlig unpigmentiert; ein Farbeindruck entsteht lediglich durch das Hindurchscheinen der inneren Organe.
Exemplar
GL
KRL SL
KL
KB
PL
PB
VBL
HBL
1: Holotypus ♂
130,7
72,7
58,0
15,6
12,3
9,1
4,1
20,5
274
2:
Adult ♂
125,9
70,3
55,6
15,4
12,3
9,7
4,1
22,0
24,5
3: 4: 5: 6:
Adult ♀ Semiadult Semiadult Juvenil
144,8 97,8 117,0 92,7
79,8 55,4 65,4 52,2
65,0 42,4 51,6 40,5
19,2 13,8 15,6 14,7
14,0 10,9 12,2 10,2
10,2 8,6 8,7 8,6
3,3 3,0 3,4 2,7
25,2 19,2 22,5 19,1
28,2 21,8 23,9 21,2
Tab. 1. Körpermaße (in mm) von Mertensiella luschani flavimembris ssp. n. GL = Gesamtlänge, KRL = Kopf-Rumpflänge, SL = Schwanzlänge, KL = Kopflänge, KB = Kopfbreite, PL = Parotoidenlänge, PB = Parotoidenbreite, VBL = Vorderbeinlänge bis zur Spitze des 3. Fingers, HBL = Hinterbeinlänge bis zur Spitze der 4. Zehe. Body measurements (in mm) of M. l. flavimembris ssp. n.: GL = total length, KRL = headbody length, SL = tail length, KL = head length, KB = head width, PL = parotoid length, PB = parotoid width, VBL = length of the front leg, measured to the tip of the 3rd finger, HBL = length of the hind limb, measured to the tip of the 4th toe.
Die Parotoiden sind gelb gefärbt, außer im Übergangsbereich zum Auge, wo eine bräunliche Färbung vorherrscht. Auf der linken Parotoide sind 16, auf der rechten 13 schwarze Drüsenöffnungen deutlich erkennbar. Die Augendeckel sind leicht verwaschen grünlich-gelb gefärbt. Der Schwanzbereich ist etwas gelblich-braun aufgehellt. Im Gegensatz zur dunkleren Rückenmitte sind hier die schwarzen Öffnungen der Giftdrüsen gut zu erkennen. Die Extremitäten sind blaßorange mit einzelnen, schwach erkennbaren, weißen Sprenkeln. Im Ellbogen bzw. Kniebereich ist eine leichte, bräunliche Pigmentierung vorhanden. Die Protuberanz ist im Vergleich zur Körpergröße nicht markant ausgebildet und weist keinen Färbungsunterschied zum Rücken auf. An den Drüsen auf dem Rücken befinden sich kleine Stacheln, durch die die Oberseite des Tieres insgesamt aufgerauht erscheint. Einige dieser Stacheln sind auch im Kehlbereich vorhanden. Paratypen: ♂ad., ♀ ad., 2 Semiad., l Juv. werden zur Zeit noch lebend im Terrarium gehalten.
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Das adulte Männchen ist kleiner als der Holotypus (Tab. l, Nr. 2), dem es in Färbung und Zeichnung fast völlig gleicht. Lediglich die Färbung der Extremitäten tendiert eher zu einem blassen Gelb. Auffällig ist der sehr kleine Schwanzwurzelhöcker. Das adulte Weibchen ist deutlich größer als der Holotypus (Tab. l, Nr. 3). Seine Färbung entspricht weitgehend der der beiden zuvor beschriebenen Tiere (Abb. 4). Die dunkelbraune Rückenfärbung erscheint einheitlicher, da die weiße Sprenkelung nahezu völlig reduziert ist. Ein weißes Lateralband ist nicht einmal andeutungsweise ausgebildet, lediglich hinter den Vorderbeinen ist beidseitig eine leichte Anhäufung silbrig-weißer Iridophoren zu erkennen. Die Färbung der semiadulten und juvenilen Exemplare entspricht ebenfalls der des Holotypus. Allerdings setzt sich die Extremitätenfärbung nicht ganz so auffällig von der Rückenfärbung ab, da hier eher bräunlich-gelbe Farbtöne vorherrschen. Auch die Parotoiden und die Augendeckel sind etwas stärker gelblich-braun gefärbt als bei den adulten Tieren (Abb. 5). Verbreitung und Ökologie: M. l. flavimembris ist bisher von drei Fundpunkten in der Südwest-Türkei bekannt. BARAN & ATATÜR (1986) fanden ihre Tiere 12 km nördlich von Marmaris und etwa 15 km weiter nördlich davon in der Umgebung von Ula. Zusammen mit der Terra typica ergibt sich ein wahrscheinlich zusammenhängendes Verbreitungsgebiet mit etwa 30 km Durchmesser nördlich von Marmaris (Abb. 2). Aufgrund topographischer und klimatischer Gegebenheiten (vgl. KLEWEN 1991) ist eine weitere Verbreitung in Richtung Westen bis in den Raum um Bodrum möglich. In nördlicher Richtung ist eine Besiedlung des Bati Menteje Daglari bis zum Flußtal des Menderes Nehri denkbar. Als nächst benachbarte Unterart kommt etwa 60 km östlich von Ula beim Ort Gökceovacik die Unterart M. l. fazilae vor (BASOGLU & ATATÜR 1974). KLEWEN et al. (1988) haben diese Unterart auch südlich von Dalyan (150 m ü.NN) unmittelbar östlich des Flusses Dalaman nachgewiesen. Dieser Fluß könnte die geographische Grenze zwischen diesen beiden Unterarten darstellen (Abb. 2). Von der Unterart M. l. helverseni ist M. l. flavimembris durch einen ca. 200 km breiten Meeresarm getrennt, so daß ein rezenter Kontakt auszuschließen ist. Die Terra typica (Abb. 8) entspricht in ihren geologischen und vegetationskundlichen Aspekten den typischen Fundorten von M. luschani (vgl. FRANZEN 1987, FRANZEN & KLEWEN 1987, KLEWEN 1991). Es handelt sich um einen schütter mit Pinus brutia bewachsenen, halbschattigen und ostexponierten Hang. Teilweise ist zwischen den Bäumen eine Krautschicht vorhanden, die aber nur an einigen Stellen höhere Deckungsgrade erreicht. Gewässer sind in der unmittelbaren Umgebung nicht vorhanden. Die Salamander wurden Mitte März 1992 unter den zahlreich vorhandenen Gesteinsbrocken bei Lufttemperaturen von ca. 20 °C gefunden. In der typisch ausgeprägten Karstlandschaft haben die Versteckplätze unter dem Kalkgestein immer Anschluß an ein weit verzweigtes, unterirdisches Lückensystem, das schon im oberflächennahen Bereich einen höhlenartigen Charakter zeigt. Dies
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wird auch durch eine Höhlenschrecke (Troglophilus sp.) aus der Familie Rhaphidophoridae dokumentiert, die in diesem Mikrohabitat zusammen mit den Salamandern gefunden wurde. Derivatio nominis: Die Unterartbezeichnung flavimembris bezieht sich auf die blaßgelbe Färbung der Extremitäten, die sich deutlich von der dunkelbraunen Grundfärbung abhebt und in dieser Kombination kennzeichnend für die Unterart ist. Diskussion Mit der Beschreibung von M. l. flavimembris sind zur Zeit neun Unterarten des Lykischen Salamanders bekannt. Acht davon kommen auf dem türkischen Festland vor, in einem Verbreitungsgebiet, das sich, soweit es bislang bekannt ist, über ca. 330 km Luftlinie längs der Südküste erstreckt. Eine derartige Häufung von Unterarten in einem so kleinen geografischen Raum stellt innerhalb der Wirbeltierfauna der Paläarktis sicherlich ein einmaliges Phänomen dar. Der „biogeographisch und taxonomisch faszinierende Problemkreis" (KLEWEN 1991) der innerartlichen Gliederung von M. luschani ist besonders im Hinblick auf das bislang angenommene Vorkommen der Unterart M. l. helverseni auf dem Festland diskutiert worden. So wird die Bedeutung der Funde von BARAN & ATATÜR (1986) für das Verständnis der Evolution und genetischen Isolation des Lykischen Salamanders von KLEWEN (1991) ausdrücklich hervorgehoben. Auch um Mißverständnissen in dieser Richtung vorzubeugen, ist es uns wichtig, die Eigenständigkeit der Unterart M. l. flavirnembris hervorzuheben. Natürlich wird durch die neu beschriebene Situation die Taxonomie und Verbreitung von M. luschani nicht endgültig geklärt; hierzu fehlen noch weitreichende Feldstudien sowie detaillierte morphometrische und biochemische Untersuchungen. Doch zeichnet sich immer deutlicher das Bild einer hochspezialisierten Art ab, die eine ganz enge Bindung an Karstgebiete aufweist (z.B. KLEWEN & WINTER 1987, KLEWEN 1991). Erst die großen unterirdischen Lückensysteme im Kalkgestein schaffen die Voraussetzungen, wie niedrige Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit, die es dem Salamander ermöglichen, die trockenheißen Sommer dieser Region zu überleben. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Beobachtungen an höhlenbewohnenden M. l. atifi, die ökologisch eine große Ähnlichkeit mit den europäischen Vertretern der Gattung Speleomantes aufweisen (BRUNO 1976). Diese Beobachtungen lassen sich auch auf andere Populationen des Lykischen Salamanders übertragen, wie der Fund der Höhlenschrecke im Lebensraum von M. l. flavirnembris zeigt. Als Barrieren zwischen den einzelnen Unterarten sind die Flußtäler von großer Bedeutung, die mit ihren verdichteten, lückenfreien Schwemmböden nicht besiedelt werden können. Eigene unveröffentlichte Beobachtungen in den Jahren 1990 und 1992 ergaben, daß ein nur ca. 500 m breites Flußtal die exakte Grenze zwischen den Unterarten M. l. billae und M. l. antalyana bildet. Auch von GEBHARDT et al. (1990) wird das Tal des Flusses Aksu als westliche Verbreitungsgrenze von M. l. atifi diskutiert.
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Die enge Bindung an unterirdische Lückensysteme in Karstgebieten und das strikte Meiden von kompakten Schwemmböden ist wahrscheinlich ein Hauptgrund für die Ausbildung zahlreicher Unterarten bei M. luschani. Ansonsten wird das Verbreitungsgebiet der Art gekennzeichnet durch eine Januardurchschnittstemperatur, die über 0 °C liegt und durch eine Jahresniederschlagsmenge von mehr als 1000 mm (KLEWEN 1991). Durch die hauptsächlich unterirdische Lebensweise des Lykischen Salamanders liegen jedoch erst wenige Nachweise innerhalb des potentiellen Verbreitungsgebietes vor. So ist das Fehlen der Art auf Rhodos noch keinesfalls gesichert, und weitere griechische Inseln könnten ebenfalls besiedelt sein. Eine zunehmende Anzahl von Funden zeigt, daß die Unterarten nicht nur auf ihre jeweilige Terra typica beschränkt sind, sondern eine weitere Verbreitung haben, wie es zum Beispiel für M. l. atifi (GEBHARDT et al. 1990) und für M. l. flavimembris dokumentiert ist. Die Untersuchungen über das Farbkleid von M. luschani von KLEWEN & WINTER (1988) informieren ausführlich über die Komponenten, die für die unterschiedlichen Färbungen und Zeichnungen verantwortlich sind. Danach entsteht der Farbeindruck durch die gegenseitige Überlagerung und unterschiedliche Menge verschiedener Pigmentzellen, die in drei dicht beieinander liegenden Hautschichten angeordnet sind. Die blaßgelbe Färbung der Extremitäten wird demnach bei M. l. flavimembris durch die Erythrophoren der untersten Farbschicht bestimmt. Auf der Dorsalseite wird diese Schicht von einer dichten Lage Melanophoren überlagert, wodurch die dunkelbraune Färbung entsteht. Die silbrig-weiße Sprenkelung und das teilweise angedeutete Lateralband werden durch die Iridophoren der äußersten Farbschicht erzeugt. Die gelbe Farbe der Parotoiden wird wahrscheinlich, ähnlich wie für M. l. antalyana beschrieben, durch in der Epidermis liegende Xanthophoren und darunter liegende Iridophoren erzeugt. Innerhalb einer Population ist die Färbung und Zeichnung immer einheitlich. Dies beschreibt zum Beispiel PIEPER (1963) für M. l. helverseni. Auf Karpathos fanden KLEWEN & WINTER (1987) unter 100 Tieren nur ein Männchen mit einer abweichenden Zeichnung. Ähnlich einheitlich präsentieren sich auch die Populationen von M. l. flavimembris (BARAN & ATATÜR 1986). Diese Beobachtung können wir ebenso für Populationen anderer Unterarten bestätigen. Da das Farbkleid des Lykischen Salamanders nicht aus einfach zu verändernden Farbkomponenten besteht, sondern ein morphologisch sehr komplexes System vorliegt, das auf Populations- und Unterartniveau bemerkenswert konstant ist, vertreten wir ebenso wie KLEWEN & WINTER (1988) die Auffassung, daß es sich bei den verschiedenen Formen von M. luschani nicht um Farbvarianten sondern um valide Unterarten handelt. Im Moment sind die verschiedenen Unterarten aber nur aufgrund von Färbungsmerkmalen differenzierbar, so daß weitere Untersuchungen zu diesem Themenkomplex dringend erforderlich sind. Größen- oder Proportionsunterschiede sind bei M. l. flavimembris nicht festzustellen. So entsprechen die Maße der beschriebenen Exemplare den Werten, die BARAN & ATATÜR (1986) an 39 Individuen von Ula und Marmaris - 146 -
ermittelten. Diese Maße liegen im Variationsbereich der anderen Unterarten (vgl. PIEPER 1963, BASOGLU & ATATÜR 1974, BASOGLU & ATATÜR 1975, BASOGLU & BARAN 1976, BARAN & ATATÜR 1980, FRANZEN & KLEWEN 1987). Eine Ausnahme bildet nur M. l. atifi, die erheblich größer und schwerer wird (BASOGLU 1967). Diese Unterart zeigt auch Unterschiede in der Ökologie. Sie kommt in höheren Lagen vor, wo deutlich kältere Winter mit geschlossener Schneedecke und Dauerfrost vorherrschen und ist daher erst viel später im Frühjahr aktiv. Bei M. l. flavitnembris sind dagegen bislang keine ökologischen Unterschiede gegenüber anderen Unterarten festzustellen. Leider konnten bis jetzt auch noch keine Beobachtungen zum Fortpflanzungsverhalten gemacht werden, es ist aber anzunehmen, daß ähnlich wie bei den anderen Unterarten von M. luschani voll metamorphosierte Jungtiere geboren werden. Danksagung Wir danken Herrn UWE KOEPERNIK (Dresden) für seine große Hilfe bei der Organisation der Exkursion und seine Unterstützung während des Türkeiaufenthaltes. Schriften BARAN, I . & M. ATATÜR (1980): On a new form of Mertensiella luschani (STEINDACHNER) living in the vicinity of Ka§ (Southwestern Anatolia). - Sei. Rep. Fac. Sei. Ege Univ. Bornova 248: 1-13. — (1986): On Mertensiella luschani helverseni populations in Southwestern Anatolia. Zoology in the Middle East, Heidelberg, 1: 99-104. BASOGLU, M. (1967): On a third form of Mertensiella luschani (STEINDACHNER). - Sei. Rep Fac. Sei. Ege Univ. Bornova 44: 1-11. BASOGLU, M. & M. ATATÜR (1974): The subspecific division of the Lycian salamander Mertensiella luschani (STEINDACHNER) in Southwestern Anatolia. - Istanbul Univ. Fen Fak. Mecm. Seri B 39(3-4): 147-155. — (1975): A new population of the Lycian Salamander, Mertensiella luschani (STEINDACHNER from Finike in Southwestern Anatolia. - Istanbul Univ. Fen. Fak. Mecm. Seri B 40(1 4): 89-93. BASOGLU. M. & I. BARAN (1976): The subspecific Status of the population of Mertemiella luschani (STEINDACHNER) in the Antalya region of Southwestern Anatolia. - Sci. Rep Fac. Sei. Ege Univ. Bornova 235: 1-13. BRUNO, S. (1976): Ecological observations on Mertensiella luschani atifi BASOGLU, 1967. Atti Soc. ital. Sei. nat. Museo civ. Stör, nat, Milano, 117(1-2): 77-78. FRANZEN, M. (1987): Angaben zur Taxonomie, Verbreitung und Ökologie von Mertensiela luschani (STEINDACHNER, 1891) in der Türkei. - Salamandra, Bonn, 23(1): 26-42. FRAXZEN, M. & R. KLEWEN (1987): Mertensiella luschani billae ssp. n. - eine neue Unterar des Lykischen Salamanders aus SW-Anatolien. - Salamandra, Bonn, 23(2/3): 132-141 GERHARDT, M., A. RODER & J.F. SCHMIDTLER (1990): Neue Fundpunkte von Mertensielh luschani atifi BASOGLU, 1967 in der Türkei. - Salamandra, Bonn, 26(1): 87-89. KLEWEN. R. & H.G. WINTER (1987): Untersuchungen zur Biologie von Mertensiella luschan helverseni PIEPER, 1963 auf der Ägäisinsel Karpathos. - Jb. Feldherpetol.. Köln. 1: 49 67. KLEWEN, R., H.G. WINTER & M. FRANZEN (1988): Die Unterarten des Lykischen Salamander Mertensiella luschani (STEINDACHNER, 1891). - herpetofauna, Weinstadt, 10(53): 15-21 und 10(55): 17-25.
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KLEWEN,
R. (1991): Die Landsalamander Europas, Teil 1. - 2. erw. Aufl. Wittenberg Lutherstadt (A. Ziemsen Verl., Neue Brehm-Bücherei), 208 S. PIEPER, H. (1963): Eine neue Mertensiella - Form von der griechischen Insel Karpathos. Senckenberg. biol., Frankfurt, 44(6): 441-446. — (1970): Neue Beiträge zur Kenntnis der Herpetofauna der südägäischen Inseln. Senckenberg. biol., Frankfurt, 51(1/2): 55-65. STEINDACHNER, F. (1891): Über einige neue und seltene Reptilien- und Amphibienarten. Sber. Akad. Wiss. Wien math.-naturw. Cl. 100(1): 289-314.
Eingangsdatum: 30. Januar 1995 Verfasser: Dipl. Biol. THOMAS MUTZ, Merschkamp 17, D-48155 Münster; SEBASTIAN STKINFARTZ, Aueteichstr. 42, D-38442 Wolfsburg.
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Salamandra
31
3
149-156
Rheinbach,30.9.1995
Eine neue Art und ein Erstnachweis von Fröschen der Gattung Eleutherodactylus aus Bolivien JÖRN KÖHLER & KARL-HEINZ JUNGFER
Mit 6 Abbildungen
Abstract A new species and a first record of frogs of the genus Eleutherodactylus from Bolivia A new species of Eleutherodactylus tentatively placed in the conspicillatus-group is described from montane subhumid forest near Samaipata, Departamento Santa Cruz, Bolivia, 1850 m a.s.l. Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. is a large species of the group (female: 48.6 mm snout-vent-length) characterized by a tarsal fold, lateral toe fringes, and a creamy white venter. Dorsolateral folds, ulnar, and heel tubercles are lacking. In addition, Eleutherodactylus danae is recorded from Bolivia for the first time. Key words: Anura: Leptodactylidae: Eleutherodactylus samaipatae sp. nov.; Eleutherodactylus danae; first record; Bolivia.
Zusammenfassung Wir beschreiben eine neue Eleutherodactylus-Art, die sich provisorisch der conspicillatusGruppe zuordnen läßt, aus einer Region semihumiden Bergwaldes um Samaipata, Departamento Santa Cruz, Bolivien, 1850 m ü.NN. Bei Eleutherodactylus samaipatae sp, nov. handelt es sich um eine große Art in der Gruppe (Weibchen: 48,6 mm Kopf-RumpfLänge), die durch Tarsalfalten, laterale Zehensäume und eine cremefarbene Bauchseite charakterisiert ist. Dorsolateralfalten, Ulnar- und Fersentuberkel fehlen. Zusätzlich wird der Erstnachweis von Eleutherodactylus danae für Bolivien erbracht. Schlagworte: Anura: Leptodactylidae: Eleutherodactylus samaipatae sp. nov.; Eleutherodactylus danae; Erstnachweis; Bolivien.
Einleitung Die Herpetofauna Boliviens ist eine der am wenigsten bekannten in Südamerika. Um diese Wissenslücke ein Stück weiter zu schließen, unternahmen L. DIRKSEN und der Erstautor von Oktober bis Dezember 1994 eine dreimonatige Reise in dieses Land. Unter anderem führten wir Untersuchungen im Gebiet um Samaipata (Departamento Santa Cruz, Provinz Florida) durch, nachdem vorherige Untersuchungen des Botanischen Institutes der Universität Bonn, durchgeführt von P. IBISCH, die biogeographische Besonderheit dieser Lokalität erkennen ließen. Das gesammelte herpetologische Material ist im
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Zoologischen Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig (ZFMK) in Bonn sowie in der Colecciön Boliviana de Fauna (CBF) in La Paz deponiert. Aus Bolivien sind 11 Eleutherodactylus-Arten bekannt: E. cruralis, E. discoidalis, E. fenestratus, E. fraudator, E. mendax, E. mercedesae, E. peruvianus., E. platydactylus, E. sp., E. rhabdolaemus und£. toftae (De LA RIVA 1990, 1993, 1994, DE LA RIVA & LYNCH im Druck). Bei zwei weiteren Arten (E. andicola und E. bockermanni) ist der taxonomische Status unklar (DE LA RIVA 1993). Unter den in Bolivien gesammelten Amphibien lassen sich zwei Formen der Gattung Eleutherodactylus keinem der oben genannten Taxa zuordnen. Während eine als E. danae DUELLMAN, 1978 (Typuslokalität: Departamento Cuzco, Peru) identifizierbar und damit neu für Bolivien ist, erweist sich die zweite als unbekannt für die Wissenschaft. Sie wird im folgenden gemäß dem DiagnoseSchema von LYNCH & DUELLMAN (1980) beschrieben.
Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. H o l o t y p u s: ZFMK 59600, adultes Weibchen, Samaipata: „El Fuerte" (18° 11'S, 63° 53'W), Bolivien, Departamento Santa Cruz, Provincia Florida, 1850 m ü.NN, leg. JÖRN KÖHLER, 23.11.1994 (Abb. 1). Diagnose: Die neue Art ist durch die Kombination folgender Merkmale charakterisiert: (1) Haut dorsal leicht granuliert, ohne Dorsolateralfalten; Bauchhaut leicht granuliert, Kehle glatt; (2) Tympanum deutlich sichtbar, gerundet, jedoch geringfügig höher als breit, Durchmesser etwa die Hälfte des Augendurchmessers; (3) Schnauze lang und leicht zugespitzt in Dorsalsicht, stumpf abgerundet im Profil; Canthus rostralis scharf; (4) oberes Augenlid breiter als die Interorbitaldistanz; keine cranialen Erhebungen; (5) Praevomerzähne kräftig, oval bis dreieckig im Umriß, hinter den Choanen gelegen; (6) erster Finger länger als der zweite; Haftscheiben an Finger III und IV viel größer als die an Finger I und II; Haftscheiben breiter als lang; (7) Finger ohne lateralen Saum oder Kiel; (8) kein Ulnartuberkel; (9) keine Tarsaltuberkel; innere Tarsalfalte vorhanden; (10) zwei Metatarsaltuberkel; der innere kräftig, oval, etwa 2,5 mal so groß wie der äußere; (11) Zehen mit lateralem Saum; Zehenbasis mit Spannhaut-Rudimenten; Haftscheiben der Zehen kleiner als an Finger III und IV; (12) Dorsum rostbraun mit wenigen, kleinen, unregelmäßigen, schwarzen Flecken, sonst ohne Musterung; unregelmäßiger beige-grauer Interorbitalstreifen; schwarzer Canthalstreifen; Supratympanalstreifen schwarz; vertikale Labialstreifen auf Ober- und Unterlippe; Flanken beige-grau mit runden, schwarzen Flecken, sonst ohne Musterung; Oberseite der Hinterbeine mit beige-grauer Grundfarbe und unregelmäßigen, dunkelgrauen Sprenkeln sowie rostbraunen Flecken; Bauch und Ventralseite der Schenkel einheitlich cremefarben; Kehle mit sehr wenigen feinen, grauen Sprenkeln. Eleutherodactylus samaipatae unterscheidet sich von anderen Arten der conspicillatus-Gruppe (vgl. Diskussion), wie E. conspicillatus, E. fenestratus, E. peruvianus, E. vilarsi und E. w-nigrum durch den Besitz einer inneren Tarsalfalte. E. fenestratus hat außerdem eine stark gefleckte Kehle (LYNCH - 150 -
1980). Die beiden nur aus Bolivien bekannten Arten E. fraudator und E. sp. unterscheiden sich von E. samaipatae unter anderem durch dorsolaterale Hautfalten und eine stark gefleckte Ventralseite. E. citriogaster aus dem nördlichen Peru hat nur undeutliche Dorsolateralfalten, unterscheidet sich aber deutlich durch den Besitz eines Ulnartuberkels, die runde Form des Palmartuberkels und das Fehlen lateraler Zehensäume (DUELLMAN 1992). E. condor hat eine dicht pigmentierte Bauchseite und ein ausgeprägtes Rückenmuster. Dorsolateralfalten sind undeutlich, aber vorhanden. E. lanthanites fehlen Dorsolateralfalten. Im Gegensatz zu E. samaipatae besitzt E. lanthanites jedoch einen Fersentuberkel und im Verhältnis größere Haftscheiben an den Zehen, an denen die lateralen Hautsäume fehlen. E. lymani besitzt Dorsolateralfalten und laterale Hautsäume an den Fingern. E. malkini besitzt deutlich ausgeprägte Spannhäute zwischen den Zehen (LYNCH 1980). Beschreibung des Holotypus: Adultes Weibchen, Bauchhöhle mit Eiern gefüllt. Kopf wenig schmaler als der Körper. Kopfbreite 38,5 % der KRL, Kopflänge 40,3 % der KRL. Schnauze in Dorsalansicht zugespitzt, in Lateralansicht rund. Abstand Auge-Nasenöffnung 31,6 % der Kopflänge. Nasenöffnungen leicht vorstehend und nach dorsolateral gerichtet. Canthus rostralis markant und gerade. Lorealregion konkav. Deutlich ausgebildete Supratympanalfalte. Tympanum deutlich, gerundet, geringfügig höher als breit. Horizontaler Tympanumdurchmesser etwas größer als Abstand TympanumAuge. Choanen weit auseinanderliegend. Praevomerzähne kräftig mit je 5 Odontophoren, hinter den Choanen gelegen. Zunge oval, etwas länger als breit. Haut auf dem Rücken leicht granuliert. Keine Dorsolateralfalten. Bauchhaut leicht granuliert. Palmartuberkel deutlich und herzförmig (Abb. 2). Finger ohne laterale Säume oder Kiele. Haftscheiben von Finger III und IV stark verbreitert. Finger I länger als Finger II. Zehen basal mit rudimentären Spannhäuten, jedoch mit schmalen, lateralen Hautsäumen. Haftscheiben der Zehen deutlich kleiner als die der Finger III und IV. Innerer Metatarsaltuberkel kräftig, oval, ungefähr 2,5 mal so groß wie der äußere runde. Die innere Tarsalfalte verläuft über etwa 1/3 der Tarsuslänge. Die Fersen der rechtwinklig zusammengelegten Beine überragen sich stark. Sie überragen bei entlang des Körpers ausgestreckten Beinen die Schnauzenspitze weit. Lebendfärbung: Dorsal kräftig rostbraun mit einem unregelmäßigen beige-grauen Interorbitalstreifen. Kleine unregelmäßige beige-graue und schwarze Flecken auf dem Rücken. Flanken mit beige-grauer Grundfarbe und relativ regelmäßig angeordneten runden, schwarzen Flecken mit etwas mehr als l mm Durchmesser. Ein schwarzer Canthalstreifen zieht sich vom Nasenloch zum Auge. Vor der Nasenöffnung ist die schwarze Farbe weniger kräftig. Hinter dem Auge zieht ein schwarzer Streifen an der Supratympanalfalte hinunter bis zum unteren Rand des Tympanums. Graue Lippenbänder sind auf der Unterlippe deutlich, auf der Oberlippe diffus. Die Oberseiten der Extremitäten weisen unregelmäßige rostbraune Flecken und graue Sprenkel auf. Die caudalen Schenkelseiten sind schwach unregelmäßig grau gesprenkelt. Bauch und Ventralseite der Extremitäten einheitlich cremefarben. Kehle cremefarben mit sehr wenigen feinen, grauen Sprenkeln. Irisfarbe bronze. - 151 -
Abb. 1. Holotypus von Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. (ZFMK 59600). - Aufn. J. KÖHLER
Holotype of Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. (ZFMK 59600).
Färbung in Alkohol: Sie unterscheidet sich von der Lebendfärbung nur in der schwächeren rostbraunen Farbe auf Dorsum und Extremitäten, so daß die beige-graue Grundfarbe stärker durchscheint (Abb. 3). Maße und Proportionen: Kopf-Rumpf-Länge 48,6; Kopfbreite 18,7; Kopflänge 19,6; Tibialänge 30,5; Fußlänge 28,1; Breite des Augenlids 6,0; Durchmesser Auge 4,9 (Augapfel durch Druck leicht deformiert); Abstand Auge-Nasenöffnung 6,2; horizontaler Tympanumdurchmesser 2,7 (Angaben in mm). Kopfbreite/KRL 0,385; Kopflänge/KRL 0,403; Tibialänge/KRL 0,628; Fußlänge/KRL 0,578; Augenlid/KRL 0,123; Augendurchmesser/KRL 0,101; Tympanumdurchmesser/KRL 0,056; Tympanumdurchmesser /Augendurchmesser 0,551. Verbreitung: Eleutherodactylus samaipatae ist nur von der Typuslokalität bekannt (Abb. 4). H a b i t a t: Das einzige Exemplar schwamm vormittags bei Sonnenschein in ruhigem Wasser eines Bachlaufs (evtl. bei Flucht hineingesprungen?). Die Lufttemperatur betrug 21,5 °C, die Wassertemperatur 16,9 °C. Der Bachlauf war an der einen Seite durch Weideflächen und auf der anderen durch Sekundärwald begrenzt (Abb. 5). Derivatio dominis: Die Art ist nach dem Ort Samaipata benannt, in dessen Umgebung sie gefunden wurde. Damit soll die biogeographische Besonderheit dieser schutzwürdigen Region unterstrichen werden.
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Abb. 2. Hand des Holotypus von E. samaipatae sp. nov., Ventralansicht. Zeichnung: T. ZIEGLER Hand of the holotype of E. samaipatae sp. nov., ventral view.
Abb. 3. Ventral- und Dorsalansicht des konservierten Holotypus von E. samaipatae sp nov - Aufn. J. KÖHLER Ventral and dorsal view of the preserved holotype of E. samaipatae sp. nov.
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Abb. 4. Typuslokalität von Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. (Punkt) und Fundort von Eleutherodactylus danae (Dreieck) in Bolivien. Type locality of Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. (spot) and locality of Eleutherodactylus danae (triangle) in Bolivia.
Eleutherodactylus danae DUELLMAN, 1978 ZFMK 59574, Villa Tunari (16° 58'S, 65° 25'W), Departamento Cochabamba, Provincia Chapare (Abb. 4), 500 m ü.NN, leg. PIERRE IBISCH, 22.08.1991. E. danae gehört zur unistrigatus-Gruppe (sensu LYNCH 1976), deren Arten unter anderem dadurch charakterisiert sind, daß der erste Finger kürzer als der zweite ist. Im Besonderen zeichnet sich E. danae durch laterale Hautsäume an den Fingern und eine E. conspicillatus ähnliche Färbung aus (Abb. 6). Der Frosch mit einer KRL von 32,3 mm stellt den Erstnachweis für Bolivien dar. E. danae war bisher nur aus den peruanischen Yungas des Departamentos Cuzco aus Höhen zwischen 1270 - 1700 m ü.NN bekannt (DUELLMAN 1978, RODRIGUEZ et al. 1993). Der neue, bolivianische Fundort liegt etwa 750 km südöstlich des bisher bekannten Verbreitungsgebietes dieser Art. Zukünftige Nachweise der Art in den Yungas des Departamento La Paz, Bolivien, sind zu erwarten. Diskussion Die Merkmale von Eleutherodactylus samaipatae erlauben eine Zuordnung zur fitzingeri-Gruppe (sensu LYNCH 1976). Auf der Basis der Kiefermuskulatur unterteilte LYNCH (1986) diese in die überwiegend östlich der Anden verbreitete conspicillatus-Gruppe und die zentralamerikanisch-westandine fitzingeri-Gruppe. Bei dem einzigen Exemplar wurde auf eine Sektion zur Untersuchung der Kiefermuskulatur verzichtet. Aufgrund des ostandinen Vorkommens ordnen wir die neue Art aber provisorisch der conspicillatusGruppe zu. Mit E. samaipatae und dem Erstnachweis von E. danae sind nun insgesamt 13 Arten der Gattung Eleutherodactylus sicher für Bolivien bekannt. Diese Zahl wird in Zukunft bestimmt durch Neunachweise, wie auch durch Neubeschreibungen von Tieren, die sich zum Teil schon in Sammlungen befinden, weiter steigen. - 154 -
Abb. 5. Habitat von E. samaipatae sp. nov. - Aufn. J. KÖHLER Habitat of E. samaipatae sp. nov.
Danksagung Herrn Priv.-Doz. Dr. WOLFGANG BÖHME (ZFMK) danken wir für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Dr. KLAUS BUSSE (ZFMK) ist die spanische Zusammenfassung zu verdanken. THOMAS ZIEGLER (ZFMK) fertigte die Zeichnung der Abbildung 2 an. Dr. IGNACTO DE LA RIVA (z.Zt. Lawrence, Kansas) stellte uns freundlicherweise ein noch unveröffentlichtes Manuskript zur Verfügung, so daß dieses hier Berücksichtigung finden konnte. Vielen Dank auch an PIERRE IBISCH (Bonn), der uns seine gesammelten Tiere und Daten zur Bearbeitung überlassen hat. Dr. ALBERT MEYERS (Bonn) sorgte in Samaipata für Unterkunft und Verpflegung. Lic. JAVIER GONZALES (Samaipata) erlaubte das Betreten der archäologischen Ausgrabungsstelle "El Fuerte" für unsere Untersuchungen. Die Coleccion Boliviana de Fauna (CBF) in La Paz erteilte die Sammel- und Ausfuhrgenehmigungen. Resumen Una especie nueva y un primer registro de ranas de! genero Eleutherodactylus para Bolivia Se describe una nueva especie de Eleutherodactylus, la cual puede ser agregada provisoriamente al grupo conspicillatus. Proviene de la regian de bosque semihumedo de montana de Samaipata, Departamento Santa Cruz, Bolivia, de una altura de 1850 m sobre el nivel del mar. Eleutherodactylus samaipatae sp. nov. es una especie grande del grupo (hembra, 48,6 mm LHA), que se caracteriza por pliegues tarsales, dedos del pie ribeteados y un vientre de color crema. Carece de pliegues dorsales, asi como de tuberculos ulnares v de tuberculos del talon. Ademas se registra Eleutherodactylus danae por primera vez para Bolivia.
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Abb. 6. Eleutherodactylus danae (ZFMK 59574). - Aufn. P. IBISCH
Schriften DE LA RIVA,
I. (1990): Lista preliminar comentada de los anfibios de Bolivia con datos sobre su distribuciön. - Boll. Mus. reg. nat. Torino, 8(1): 261-319. — (1993): Sinopsis del genero Eleutherodactylus (Amphibia, Anura, Leptodactylidae) en Bolivia y adicion de tres especies nuevas para el pafs. - Rev. Esp. Herp. 7: 97-105. — (1994): Geographie distribution: Eleutherodactylus peruvianus. - Herp. Rev., Lawrence, 25: 159. DE LA RIVA, I. & J.D. LYNCH (im Druck): A new Bolivian species of Eleutherodactylus (Amphibia: Leptodactylidae). - Copeia, Lawrence, Kansas. DUELLMAN, W.E. (1978): New species of leptodactylid frogs of the genus Eleutherodactylus from the Cosnipata Valley, Peru. - Proc. Biol. Soc. Washington, 91(2): 418-430. — (1992): A new species of the Eleutherodactylus consplcillatus group (Anura: Leptodactylidae) from northeastern Peru. - Rev. Esp. Herp. 6: 23-29. LYNCH, J.D. (1976): The species groups of the South American frogs of the genus Eleutherodactylus (Leptodactylidae). - Occ. Pap. Mus. Nat. Hist. Univ. Kansas, Lawrence, 61: 1-24. — (1980): Taxonomic and distributional synopsis of the Amazonian frogs of the genus Eleutherodactylus. - Amer. Mus. Novit., New York, 2696: 1-24. — (1986): The definition of the Middle American clade of Eleutherodactylus based on jaw musculature (Amphibia: Leptodactylidae). - Herpetologica, Lawrence, 42: 248-258. LYNCH, J.D. & W.E. DUELLMAN (1980): The Eleutherodactylus of the Amazonian slopes of the Ecuadorian Andes (Anura: Leptodactylidae). - Misc. Publ. Mus. Nat. Hist. Univ. Kansas, Lawrence, 69: 1-86. RODRIGUEZ, L.O., J.H. CORDOVA & J. IcocHEA (1993): Lista preliminar de los anfibios del Peru. - Publ. Mus. Hist. nat. Univ. Nac. Mayor San Marcos (A), Lima, 45: 1-22.
Eingangsdatum: 24. April 1995 Verfasser: JÖRN KÖHLER, Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Adenauerallee 160, D-53113 Bonn; KARL-HEINZ JUNGFER, Birkenweg 4, D-74427 Fichtenberg.
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Salamandra
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Rheinbach,15.3.1995
Morphologische Variabilität in den Intergradationszonen von Emys orbicularis orbicularis und E. o. hellenica UWE FRITZ & FRITZ JÜRGEN OBST
Mit 12 Abbildungen
Abstract Morphological Variation in the intergradation belts of Emys orbicularis orbicularis and E. o. hellenica Morphological Variation is studied in the intergradation belts between E. o. orbicularis and E. o. hellenica (Po Plain, Balkans). In the Balkans, three groups of localities are recognized, defined by the hydrographic net and natural landscapes. They are compared with one another and with the Po Plain population. In southeastern Europe, the pond turtles from the Danube area resemble most E. o. orbicularis. However, in certain characters, they exhibit a strong influence from E. o. hellenica (sexually dimorphic head pattern, light plastron colouration in females). From the Marica Basin to Middle Greece, the similarity to E. o. hellenica increases. North of the Carpathians, the populations of the rivers Pruth and Siret show an influence of E. o. hellenica. In the Great Hungarian Plain, the morphological influence of this subspecies probably disappears more and more with an increasing distance to the Danube. In the Po Plain, the morphological heterogeneity exceeds by far the heterogeneity of each of the three Balkanic groups. Key words: Testudines: Emydidae: Emys orbicularis orbicularis, E. o. hellenica; morphology; intergradation; zoogeography; systematics; Europe, Balkans, Italy. Zusammenfassung Die morphologische Variabilität in den Intergradationszonen zwischen Emys orbicularis orbicularis und E. o. hellenica (Po-Ebene, Balkan) wird untersucht. Auf dem Balkan werden drei über das hydrographische Netz und naturräumlich definierte Fundortgruppen unterschieden. Sie werden miteinander und mit Tieren aus der Po-Ebene verglichen. In Südosteuropa ähneln die Populationen im Einzugsgebiet der Donau sehr E. o. orbicularis, erinnern in einigen Merkmalen aber schon deutlich an E. o. hellenica (sexualdimorphe Kopffärbung, helle Plastronfärbung bei Weibchen). Über das Marica-Becken nimmt nach Mittelgriechenland insgesamt die Ähnlichkeit zu E. o. hellenica zu. Nördlich des Karpatenbogens strahlt längs von Pruth und Sereth ein morphologischer Einfluß von E. o. hellenica aus. Im Großen Ungarischen Tiefland verliert sich der Einfluß von E. o. hellenica vermutlich mit zunehmender Entfernung von der Donau. In der Po-Ebene zeigen die Sumpfschildkröten eine wesentlich höhere morphologische Heterogenität als in einer der drei balkanischen Fundortgruppen. Schlagworte: Testudines: Emydidae: Emys orbicularis orbicularis, E. o. hellenica; Morphologie; Intergradation; Zoogeographie; Systematik; Europa, Balkan, Italien.
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1. Einleitung Nach FRITZ (1992) vermischen sich die Sumpfschildkröten-Unterarten Emys orbicularis orbicularis (LINNAEUS, 1758) und E. o. hellenica (VALENCIENNES, 1832) in zwei großen Intergradationszonen: l. In der Po-Ebene in Nord-Italien und 2. in einem großen Gebiet auf der Balkan-Halbinsel, welches sich vom Einzugsgebiet der Donau in Ungarn südwärts bis Thessalien und Nord-Euböa erstreckt. Schon in FRITZ (1992) wurde auf morphologische Unterschiede zwischen verschiedenen Populationen aus diesen Intergradationszonen hingewiesen. In der vorliegenden Arbeit untersuchen wir diese Unterschiede mit einfachen variationsstatistischen Methoden und vergleichen die Tiere aus den Intergradationszonen mit reinrassigen E. o. orbicularis und E. o. hellenica. Bei den deutlichen Unterscheidungsmerkmalen zwischen E. o. orbicularis und E. o. hellenica müßten sich die Tiere aus der Po-Ebene und dem balkanischen Intergradationsgürtel intermediär verhalten. Die beiden Unterarten unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Größe, des Verhältnisses der Kopfgröße zur Carapaxlänge, der Interanalnahtlänge im Verhältnis zur Plastronlänge und in der Färbung. E. o. orbicularis ist eine ausgesprochen große, dunkel gefärbte Unterart mit einer Panzerlänge bis zu 23 cm, recht zierlichem Kopf und im Verhältnis zur Plastronlänge einer kurzen Naht zwischen den Analschildern. Die Kehle ist schwarz gefärbt und zeigt nur kleine gelbe Tupfen. Männchen besitzen eine rötlich-braune bis orangerote Iris (Abb. l a, 3a). E. o. hellenica ist eine kleinwüchsige bis mittelgroße Subspezies, die kaum mehr als 16 cm Carapaxlänge erreicht, meist sogar wesentlich kleiner bleibt. Sie zeichnet sich durch Großköpfigkeit und eine längere Naht zwischen den Analschildern aus. Sie ist deutlich heller als E. o. orbicularis gefärbt. Beim Carapax kann die gelbe Färbung gelegentlich dominieren. Die Kehle ist praktisch immer einfarbig gelb; häufig kommen auch ganz gelbe Plastra vor (Abb. 3h). Die Iris von Männchen ist gelblich bis stechend weiß gefärbt (Abb. 1h; FRITZ 1992, 1993a, 1994).
2. Material und Methoden Insgesamt lagen UWE FRITZ mehr als 1.200 lebende und konservierte E. orbicularis aus dem gesamten Artareal vor. Von speziellem Interesse für diese Arbeit waren davon 226 Tiere (siehe unten). Zusätzlich vermaß FRITZ JÜRGEN OBST im Mai 1971 und im Mai 1972 57 lebende Sumpfschildkröten in Bulgarien vor Ort. Zusammengenommen untersuchten wir damit 283 Exemplare aus den Intergradationsgebieten. Zum Vergleich dienten 171 E. o. orbicularis und mehr als 300 E. o. hellenica (detaillierte Auflistung siehe FRITZ 1994). Bei E. o. hellenica wurden für statistische Zwecke jedoch keine Daten von Tieren aus den krim-kaukasischen Vorkommen, aus Süditalien und von dergroßwüchsigen Neretva-Population verwendet. Da mittelfranzösische E. o. orbicularis-Weibchen eine wesentlich hellere Kehlfärbung zeigen können als Tiere aus dem östlichen Hauptareal, wurde bei diesem Färbungsmerkmal die mittelfranzösische Population ausgeklammert. Bei den Intergrades unterscheiden wir mehrere Fundortgruppen. Die Sumpfschildkröten aus der Po-Ebene (Fundortgruppe Po) stellen wir dem balkanischen Intergradationsgürtel gegenüber. Letzter ist durch Gebirgszüge stark strukturiert. - 158 -
Daher sind ausgeprägte lokale Unterschiede im Sinne eines diskontinuierlichen Merkmalswandels anzunehmen. Um dies zu überprüfen, unterteilten wir die balkanische Intergradationszone von Nord nach Süd in drei Fundortgruppen, die prinzipiell über das hydrographische Netz definiert sind (Abb. 2): Do = Einzugsgebiet der Donau, Ma = Marica-Becken mit allen von Balkangebirge und Rhodopen umgrenzten Gewässern, Ne = übriges westägäisches Drainagesystem mit den wichtigen Flüssen Nestos (Mesta), Struma (Strimön), Axios (Wardar), Aliakmön und Piniös (nach dem Nestos bezeichnet als Ne). Zu dieser Fundortgruppe zählen wir auch noch die Sumpfschildkröten von Nord-Euböa, nicht mehr jedoch die Vorkommen von Süd-Euböa, aus Böotien und von Attika, die schon zu E. o. hellenica gehören. Das Marica-Becken wurde von den anderen westägäischen Flüssen gesondert betrachtet, weil es durch die Rhodopen und das Balkangebirge ein deutlich abgeschirmtes Tiefland bildet und die Sumpfschildkröten habituelle Unterschiede zur Fundortgruppe Ne zeigen. Eine Unterteilung des Donau-Gebietes in eine Fundortgruppe westlich und östlich des Eisernen Tores (Ungarisches versus Rumänisches Tiefland) wurde nicht vorgenommen. Die Sumpfschildkröten aus beiden Regionen ähneln einander sehr, und auch bei statistischen Voruntersuchungen zeigten sich keine Unterschiede. Die in FRITZ (1994: Abb. 12) als E. o. orbicularis aufgefaßten Exemplare aus dem Rumänischen Tiefland und vom Donau-Delta rechnen wir zur Fundortgruppe Do. Bei ihnen handelt es sich durchweg um besonders dunkle Tiere. Im einzelnen lag uns von den vier eben definierten Fundortgruppen folgendes Material vor (soweit nicht anders vermerkt Alkohol-Totalpräparate; Museumsakronyme siehe FRITZ 1992, 1994): Fundortgruppe Po: Material: 13 ♂♂, 15 ♀♀, 7 juv., 15 pull. 5 ♂♂, 2 ♀♀, lebend untersucht; BMNH 1887.8.26.3-12, 2 ♂♂, 2 99, 6 juv.; MCZ 1896ab, 2 pull.; MGL 42006008-09, l ♂ (ausgestopft), l pull.; MHNG 742.24, l pull.; MZUF 41, l pull; MZUF 11675-76, 1♂-1♀ (ausgestopft); MZUF 12613, l ♀; MZUF 17996-97, 2 pull.; NMB 17319, l juv.; SMF 39074-75, 44954, 53661, 2 ♂♂, 2 99; SMF 39336-37, 41109, 47859, l ♂, 3 ♀♀; SMF 39430-31, 49688, l ♂, 2 ♀♀; ZMB 34003, 49390-91, 3 pull.; ZMB 37263, 49393-96, 5 pull.; ZMB 37726, 49578, 2 ♀♀.
Fundortgruppe Do: Material: 19 ♂♂, 32 ♀♀. 3 juv., 2 pull. 6 ♂♂, 5 ♀♀, lebend untersucht; MTKD 14355-62, l d, 7 99; MTKD 27324, 27231, 2 ♂♂: MTKD 33709, l ♀; NMP 5576-77, l ♂, l ♀; NMP-P6J-62/89, l ♀; NMW 14573, l ♂; NMW 14597, l ♀; NMW 18838:2, l ♂; NMW 29532, l ♀; RMNH 1 ♀ ohne Katalognummer; SMF 7602, l ♀; SMF 7612. l juv.; SMF 33855, l ♂; SMF 37271. l juv.; SMF 54080, l juv.; SMF 60049. l ♀; SMF 65554-55, 68814 (Panzer), l ♀, 2 ♀♀; SMF 67774, l ♂; SMF 70093, l ♀; SMNS 3809:1-3, 5884, l ♂, 3 ♀♀; SMNS 3810, l ♀ (Panzer); ZIN l 1305, l ♀; ZMB 47634, l ♀; ZMH-R 00306, 00311, 2 pull.; ZSM 53/1959, l ♀; ZSM 15l/ 1985, l ♀; ZSM-LM 5027. l ♂; ZSM-LM 1-2/1962, 11/1962, l ♂, 2 ♀♀.
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Fundortgruppe Ma: 53 ♂♂, 82 ♀♀, 5 juv. 20 ♂♂, 36 ♀♀, l juv. lebend untersucht; BMNH 1605, l ♂; MTKD 7177-83, 4 ♂♂, 3 ♀♀; MTKD 4365-80, 4383, 4385-89, 4391-92, 4394-95, 9 ♂♂, 17 ♀♀; MTKD 502336, 4 ♂♂, 10 ♀♀; MTKD 8800, l ♀; MTKD 14348-49, l ♂, l juv.; MTKD 22281-82, l ♂, l ♀; NMB 19367, l 9;NMP7112-19, l ♂, 5 ♀♀, 2 juv.; NMP 9477-79, 34233, 4 ♂♂; NMP-P6J-59/89, 2 ♀♀, l juv.; NMW 18644, l ♂; SMF 67775, l ♂; SMNS 7849-50, 2 ♂♂; ZSM 99/1934:1-5, 2 ♂♂, 3 ♀♀; ZSM-LM 5029:1-5, 2 ♂♂, 3 ♀♀.
Fundortgruppe Ne: Material: 15 ♂♂, 17 ♀♀, 5 juv. l ♂, 4 ♀♀, lebend untersucht; HUJ-R 16036-37, 2 juv.; MHNG 1058:11-12, 2 ♀♀ (l ausgestopft); MNHN 1979/7469, l ♀; MTKD 31814, l ♂; NMW 14688, l ♂; NMW 27855, l ♀; SMF 22334, l ♂; SMF 37269, l ♂; ZMUC-R 25217-18, l ♂, l ♀; ZSM 121/1918:113, 6 ♂♂, 4 ♀♀, 3 juv.; ZSM 195/1977, l ♂; ZSM 288/1982, l ♂; ZSM 123/1985, l ♀; ZSM 152/1985, l ♂; ZSM-LM 31/1965:1-3, 3 ♀♀.
Abb. l. Dorsal- und Dorsolateralansichten Europäischer Sumpfschildkröten der im Text erwähnten Unterarten und Fundortgruppen. Außer f) und g) gehören alle Tiere dem orbicularis-Carapaxfärbungstyp an. Dorsal and dorsolateral views of European pond turtles of different subspecies and the groups of localities mentioned in the text. With the exception of f) and g), the carapaces of all specimens belong to the orbicularis-phase. a) Emys orbicularis orbicularis, ♂ (heute MTKD 33708), Plattensee, Ungarn. Beachte die dunkle Gesamtfärbung und tiefrote Iris. Emys orbicularis orbicularis, ♂ (now MTKD 33708), Balaton, Hungary. Note the overall dark colouration and the intensely red iris. b) Fundortgruppe Po, ♂, Mestre bei Venedig. Locality group Po, ♂, Mestre near Venice. c) Fundortgruppe Do, junges ♀ rnit hohem Gelbanteil in der Carapaxfärbung. Tatärszentgyörgy, Ungarn. Locality group Do, young ♀ with extensive yellow pattern. Tatärszentgyörgy, Hungary. d) Fundortgruppe Do, junges ♀, Umgebung von Belgrad, Serbien. Locality group Do, young ♀, environs of Beograd, Serbia. e) Fundortgruppe Ma, ♂, Burgas, Bulgarien. - Aufn.: A. MÖLLERT. Locality group Ma, ♂, Burgas, Bulgaria. f) Fundortgruppe Ma, ♀ mit ziemlich heller Carapaxfärbung (Übergangsfärbung), Bulgarien. - Aufn.: Staatliches Museum für Tierkunde Dresden. Locality group Ma, ♀ with a carapace colouration intermediate between orbicularis and maculosa (Bulgaria). g) Fundortgruppe Ne, ♀ (maculosa-Fürbung), Kaloneri bei Trikala, Griechenland. Locality group Ne, ♀ (maculosa phase), Kaloneri near Trikala, Greece. h) E. o. hellenica, ♂, Kephallenia, Griechenland. Beachte die weiße Iris. E. o. hellenica, ♂, Kephallenia, Greece. Note the white iris.
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2.1 Meßbare Merkmale Wir maßen die folgenden Merkmale aus, mit denen sich subspezifische Unterschiede zwischen E. o. orbicularis und E. o. hellenica zeigen lassen (FRITZ 1992, 1993a, 1994): - Carapaxlänge (Stockmaß, Vorderkante bis Hinterkante); - Kopflänge (bei voll ausgestrecktem Kopf von der Schnauzenspitze bis zur Hautfalte im Nacken); - maximale Kopfbreite; - Plastronlänge (Gular-Vorderkante bis Anal-Hinterkante); - Länge zwischen den Analia (Interanalnahtlänge). Die Auswertung folgt FRITZ (1993a,b, 1994), das heißt, in den Statistiken fanden nur Daten adulter Sumpfschildkröten Verwendung. Männchen und Weibchen wurden nur kombiniert, wenn sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigten. Für jede Fundortgruppe und Unterart wurden aus den Meßwerten die unten genannten Indizes gebildet. Ihre Variabilität verglichen wir anhand von Dice-Leraas-Diagrammen (für Erläuterungen siehe MAYR 1975 und Abb. 5). Ein Vergleich der Carapaxlängen erfolgte durch die Gegenüberstellung von Größenklassen-Verteilungen für die einzelnen Stichproben. Damit ergeben sich folgende metrische Vergleichsmerkmale: a) Größenverteilung der Carapaxlänge; b) Index Carapaxlänge/Kopflänge (CL/KL); c) Index Carapaxlänge/Kopfbreite (CL/KB); d) Index Plastronlänge/Interanalnahtlänge x 10 (PL/AnL x 10). 2.2 Färbungsunterschiede Wir definierten jeweils drei oder vier verschiedene Merkmalszustände für die Färbung oder Zeichnung von Kopf Oberseite, Kehle, Carapax und Plastron. Soweit vom Präparations- und Konservierungszustand her möglich, wurde jedes adulte Tier einer dieser Kategorien zugewiesen. Dadurch wurde eine schnelle Quantifizierung von Unterschieden ermöglicht. Auch hier wurden die Geschlechter nur kombiniert, wenn sich keine deutlichen Unterschiede ergaben.
a) Zeichnung der Kopfoberseite E. o. hellenica zeigt einen scharfen Sexualdimorphismus mit einer retikulierten Zeichnung bei Männchen und einer gepunkteten bei Weibchen. Bei der Nominatform treten dagegen beide Färbungsarten geschlechtsunabhängig auf (FRITZ 1992). Demnach sollte sich im balkanischen Intergradationsgürtel von Süd nach Nord eine abnehmende Geschlechtsspezifität nachweisen lassen. Wir unterscheiden folgende Merkmalszustände: (1) retikuliert: Die Kopfoberseite ist von einem verschlungenen, würmchenartigen braun-schwarzen Muster bedeckt. Zu dieser Kategorie zählen wir - 162 -
Abb. 2. Verbreitung der Unterarten von Emys orbicularis und Verteilung der Fundortgruppen in ihren Intergradationszonen in Südosteuropa und in der Po-Ebene. Nur Fundorte, von denen uns Material vorgelegen hat, sind eingezeichnet. Fundorte, von denen Daten für diese Arbeit verwendet wurden, sind schraffiert unterlegt. ORB = E. o. orbicularis, HFL = E. o. hellenica. Die anderen Abkürzungen beziehen sich auf die im Text definierten Fundortgruppen. Subspecies of Emys orbicularis and groups of localities within the intergradation belts in southeastern Europe and in the Po Plain. Only localities with specimens available to us were plotted. Hatched areas correspond to localities treated in this study. ORB = E. o. orbicularis, HFL = E. o. hellenica. The other abbreviations stand for the groups of localities as defined in the text.
per definitionem auch die gelegentlich auftretenden ganz einfarbigen Kopfoberseiten, die durch ein starkes Nachdunkeln der braunen Färbungselemente entstehen können. (2) intermediär: Übergangsfärbung zwischen (1) und (3), die sowohl als ontogenetische Phase (Erreichen der Geschlechtsreife!) als auch als Dauerzustand auftreten kann. Oft ist bei diesem Färbungstyp die Kopfzeichnung in Richtung Schnauze retikuliert, am Hinterkopf bleiben runde Flecke erhalten. (3) gefleckt: Auf dunkler, meist schwarzer Grundfarbe sitzen rundliche gelbe Flecke.
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Abb. 3. Ventralansichten Europäischer Sumpfschildkröten. Beachte auch die Kehlfärbungen! Ventral views of European pond turtles. Note the throat colouration. a) Emys orbicularis orbicularis, ♂, selbes Tier wie in Abb. la. Emys orbicularis, same specimen as in fig. 1a. b) Fundortgruppe Po, ♂, selbes Tier wie in Abb. 1b. Locality group Po, ♂, same specimen as in fig. 1b. c) Fundortgruppe Do, junges ♀, Belgrad, Serbien, selbes Tier wie in Abb. 1d mit an westmediterrane Unterarten erinnernder Zeichnung.
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Locality group Do, young ♀. Beograd, Serbia, same specimen as in fig. 1d. Plastral pattern resembles slightly the pattern of West Mediterranean subspecies. d) Fundortgruppe Do, altes ♀. Tatärszentgyörgy, Ungarn. Locality group Do, old ♀, Tatarszentgyörgy, Hungary.
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b) Kehlfärbung (1) dunkel: Kehle einfarbig schwarz bis schwarz mit kleinen gelben Flecken. (2) schwarz-gelb: Kehle gefleckt mit etwa gleich großem Anteil beider Farben. (3) gelb-schwarz: Kehle gelb mit wenigen schwarzen Makeln. (4) gelb: Kehle einfarbig gelb. Zu dieser Kategorie zählen wir auch die ausnahmsweise bei sehr alten Tieren auftretende blaß hellgraue Kehlfärbung. c) Carapaxfärbung (1) „maculosa-Färbung": Carapaxgrundfarbe hell, meist bräunlich gelb oder gelb. Darauf können sich schwarze Färbungselemente befinden, die auf jedem Schild radiär angeordnet sein können. Eine helle Grundfarbe dominiert ganz klar (Abb. lg). (2) Übergangsfärbung: vermittelt zwischen (1) und (3), Flächenanteil gelber und schwarzer Färbungselemente etwa gleich (Abb. 1f). (3) „orbicularis-Färbung": Carapaxgrundfarbe schwarz. Darauf sitzen gelbe Zeichnungselemente (Striche oder Punkte), die radiär angeordnet sein können (Abb. la-e, h). Der Färbungstyp (l) bezieht sich auf ein Juniorsynonym von E. o. hellenica, auf Emys europaea var. maculosa DÜRIGEN, 1897. DÜRTGEN stellte diesen Namen für solche hell gefärbten Tiere auf (FRITZ 1992). Die Bezeichnung von Färbungstyp (3) ist an die Färbung der Nominatform angelehnt. Die erheblichen qualitativen Unterschiede zwischen E. o. hellenica und E. o. orbicularis mit dunkler Carapaxfärbung (vgl. FRITZ 1992) blieben bei unserer Definition der drei Färbungstypen unberücksichtigt, da sie schwer statistisch faßbar sind. Die gelben Zeichnungselemente der erstgenannten Unterart sind in der Regel wesentlich größer und zahlreicher als bei der Nominatform. Für die Statistik verwendeten wir keine Tiere mit stark korrodiertem Panzer. Bei solchen Stücken ist der Carapax oft pathogen dunkel gefärbt. d) Plastronfärbung (1) hell: Umfaßt die Spannweite von einfarbig gelben Plastra bis zu einem geschätzten Dunkelanteil von etwa 1/3. (2) mittel: Plastra mit einem geschätzten Dunkelanteil von etwa 1/3 bis zu 2/3.
e) Fundortgruppe Ma, junges ♂ mit noch nicht ausgefärbter Iris, Burgas, Bulgarien. Aufn.: A. NÖLLERT. Locality group Ma, young ♂ with juvenile iris colouration, Burgas, Bulgaria. f) Fundortgruppe Ne, ♀, selbes Tier wie in Abb. lg. Locality group Ne, ♀ same specimen as in fig. lg. g) Fundortgruppe Ne, ♂, zwischen Gerakini und Neo Moudania, Chalkidike, Griechenland. Locality group Ne, ♂, between Gerakini and Neo Moudania, Chalkidike, Greece. h) E. o. hellenica, ♀, Kephallenia, Griechenland. E. o. hellenica, ♀ Kephallenia, Greece.
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(3) dunkel: Plastra mit einer dunklen Färbung, die einen geschätzten Flächenanteil von mehr als 2/3 einnimmt, e) Irisfarbe von Männchen Anhand lebender Tiere (Feldbeobachtungen, Fotografien, untersuchte Liebhabertiere) erfaßten wir zusätzlich die geographische Verteilung der Irisfärbung von Männchen (rötlich versus weiß/gelblich). Unberücksichtigt ließen wir dabei junge Männchen, die zwar ausgewachsen, aber noch nicht ausgefärbt sind. Solche Tiere zeigen grundsätzlich noch dieselbe Irisfarbe wie Weibchen (z.B. Abb. 3e). Sie sind leicht durch frische Zuwachsringe am Panzer zu erkennen.
3. Ergebnisse 3.1 Meßbare Merkmale a) Größenverteilung der Carapaxlänge Bei der Fundortgruppe Po streuen die Maße sehr auffällig (Abb. 4). Kleine Weibchen mit rund 10 cm Carapaxlänge kommen hier genauso vor wie ein Tier mit über 19 cm. Erwähnenswert ist, daß die kleinen Individuen nicht immer mit einem jüngeren Lebensalter gleichzusetzen sind. Dies ist durch die unterschiedlich deutlichen Zuwachsstreifen einfach feststellbar. Bei jüngeren Stücken sind sie klar abgesetzt, bei älteren Stücken dagegen wesentlich schwächer, oder sie fehlen sogar völlig. Trotzdem ist diese Variabilität möglicherweise auf eine Verzerrung durch die kleine Stichprobe zurückzuführen. Die Tiere der Fundortgruppe Do zeigen im Vergleich zu E. o. orbicularis geringere Panzerlängen. Die Weibchen sind aber größer als die Exemplare der Fundortgruppen Ma und Ne. Trotz der geringen Individuenzahl liegen vermutlich auch bei den Männchen die Verhältnisse ähnlich. Bei Do zeigt sich so eine gewisse Häufung von rund 15 cm großen Männchen, was bei den südlicheren Fundortgruppen offenbar nur ausnahmsweise vorkommt. Bei den Fundortgruppen Ma und Ne liegen Männchen und Weibchen insgesamt schon im Bereich von E. o. hellenica. Allerdings ist bei Ma und Ne verglichen mit E. o. hellenica die Durchschnittsgröße leicht nach oben verschoben. Anhand unseres Materials zeigen sich keine sehr ausgeprägten Unterschiede zwischen Ma und Ne. Allenfalls bei den Männchen von Ne läßt sich ein Trend zu einer kleineren Durchschnittsgröße vermuten, was aber anhand umfangreicheren Materials bestätigt werden müßte. In die von uns ermittelten Größenbereiche fallen auch 20 von CRUCITTI et al. (1990) ausgemessene E. orbicularis aus der Gegend von Alexandroupolis (Fundortgruppe Ma). Die größten Stücke, von denen berichtet wird, erreichen Panzerlängen von 12,8 cm. b) Index Carapaxlänge/Kopflänge (CL/KL) Alle vier Mischpopulationen liegen bei diesem Index zwischen den reinrassigen Unterarten E. o. orbicularis und E. o. hellenica (Abb. 5). Bei der PoFundortgruppe ähneln die Männchen eher der Nominatform, die Weibchen dagegen mehr E. o. hellenica. Bei den balkanischen Fundortgruppen zeigt sich ein abgestufter Merkmalsübergang von Nord nach Süd hin zu einem relativ
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Grössenklassen (5mm) Carapaxlänge Abb. 4. Verteilung der Carapaxlängen bei den verschiedenen Fundortgruppen (Po, Do, Ma, Ne), Emys o. orbicularis (orb) und E. o. hellenica (hel). Für Abkürzungen siehe Text. Bei der Fundortgruppe Po wurden Daten von MAZZOTTI (1990) von 6 ♂♂ und 7 ♀♀ aus Alfonsine (nördlich von Ravenna, Italien) hinzugenommen. Distribution of carapace size classes in the groups of localities (Po, Do, Ma, Ne), of Emys o. orbicularis (orb), and of E. o. hellenica (hel). For abbreviations, see text. In the group Po, scores of 6 ♂♂ and 7 ♀♀ (Alfonsine, N of Ravenna, Italy) from MAZZOTTI (1990) were added. Abb. 5. Variabilität des Index CL/KL Carapaxlänge/Kopflänge). Eingezeichnet sind für jede Fundortgruppe bzw. Unterart nach ♂♂ und ♀♀ getrennt: die absolute Wertespanne (senkrechter Strich), der Mittelwert (horizontaler Strich), ein Standardfehler ober- und unterhalb des Mittelwertes innerer schwarzer/weißer Balken bei (♂♂/ ♀♀) und eine Standardabweichung oberund unterhalb des Mittelwertes (äußerer weißer/schraffierter Balken bei ♂♂/♀♀)Für Abkürzungen siehe Text. Variability of the index CL/KL (carapace length/head length). In each group or subspecies, the following scores are plotted for ♂♂ and ♀♀ separately: range (vertical line), mean (horizontal line), one Standard error above and below the mean (interior black/white bar in ♂♂ /♀♀) one Standard deviation above and below the mean (outer white/hatched bar in ♂♂/♀♀) For abbreviations see text.
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größeren Kopf. Vor allem die Weibchen von Fundortgruppe Ne fallen aber etwas aus diesem Schema, da sie verglichen mit Ma und E. o. hellenica kleinköpfig sind. c) Index Carapaxlänge/Kopfbreite (CL/KB) Im Unterschied zum vorherigen Index zeigt sich hier bei den Mischpopulationen vom Balkan ein perfekt abgestufter Merkmalsübergang von der schmalköpfigen E. o. orbicularis hin zur breitköpfigen E. o. hellenica. Auch die Population aus der Po-Ebene vermittelt zwischen den reinen Unterarten (Abb. 6). d) Index Plastronlänge/Interanalnahtlänge (PL/AnL x 10) Alle Intergrades-Populationen ähneln sehr stark E. o. hellenica (Abb. 7). Bei keiner einzigen kommt es zu einer deutlichen Mittelwertsverschiebung in Richtung auf E. o. orbicularis. Ausschließlich bei Fundortgruppe Do existiert erstaunlicherweise ein auffälliger Geschlechtsunterschied: Weibchen besitzen deutlich längere Interanalnähte als Männchen. 3.2 Färbung a) Zeichnung der Kopfoberseite Die Tiere aus der Po-Ebene vermitteln zwischen E. o. orbicularis und E. o. hellenica, wobei für Weibchen eine gefleckte Kopfzeichnung recht charakteristisch ist (Abb. 8). Für noch genauere Aussagen wäre eine größere Stichprobe erforderlich. Im balkanischen Intergradationsgürtel ist nach FRITZ (1992) die Kopfoberseite umso geschlechtspezifischer gezeichnet, je näher man an das Verbreitungsgebiet von reinrassigen E. o. hellenica herankommt. Bei den Männchen bestätigt sich dies sehr schön. Von Nord nach Süd nimmt der Anteil von Männchen mit gelbgefleckter Kopffärbung ab, und der Anteil mit retikulierter Färbung steigt. Aus der Fundortgruppe Ne liegen uns schließlich überhaupt keine Männchen mit geflecktem Kopf vor. Jedoch fällt die Fundortgruppe Do hinsichtlich der Weibchen überraschend aus der Reihe. Hier tritt ein Geschlechtsdichromatismus auf, der nahezu das Ausmaß von E. o. hellenica erreicht. Dies wird allerdings durch zwei Unterschiede abgemildert: 1. zeigen die Männchen von Do meist nur eine Übergangsfärbung zwischen der gepunkteten und der retikulierten Kopfzeichnung und 2. kommt immer noch ein deutlicher Prozentsatz von Männchen mit „weibchentypischer" Fleckenzeichnung vor. b) Kehlfärbung Die sehr auffällige Variabilität bei den norditalienischen Exemplaren (Po) wurde schon von FRITZ (1992) erwähnt. In derselben Lokalpopulation können Tiere mit dunkler Kehle neben solchen mit einfarbig gelber vorkommen (Mündungsgebiet des Piave und Bucht von Venedig). Aus Chirignago bei Mestre liegen uns zwei Männchen und zwei Weibchen mit ganz gelber Kehle vor (BMNH 1887.8.26.3-6). Die Häufigkeitsunterschiede zwischen den Geschlechtern (Abb. 9) sind bei dieser Fundortgruppe möglicherweise durch die geringe Individuenzahl verursachte Artefakte. Bei den drei balkanischen Fundortgruppen zeigt sich ein abgestufter Merkmalsübergang von Nord nach
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Abb. 6. Variabilität des Index CL/KB (Carapaxlänge/Kopfbreite). Für weitere Abkürzungen und Erläuterungen siehe Text und Abb. 5. Die gestrichelte Linie bei Do gibt einen Ausreißerwert an. Dieses ungewöhnlich breitköpfige ♂wurde bei der Berechnung der statistischen Parameter nicht berücksichtigt. Variability of the index CL/KB (carapace length/head width). For other abbreviations and explanations, see text and fig. 5. The aberrant broad-headed specimen in group Do is indicated only by the broken line.
Abb. 7. Variabilität des Index PL/AnL x 10 (Plastronlänge/Interanalnahtlänge x 10). Für weitere Abkürzungen und Erläuterungen siehe Abb. 5 und Text. Bei den weiß-schwarz dargestellten Diagrammen sind Werte von ♂♂ und ♀♀ kombiniert. Variability of the index PL/AnL x 10 (plastral length/length of interanal seam x 10). For additional abbreviations and explanations, see fig. 5 and text. In the ♂♂and ♀♀ are combined.
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Abb. 8. Prozentuale Verteilung der verschiedenen Färbungstypen der Kopfoberseite. Für Abkürzungen siehe Text. Percentage of dorsal head patterns. For abbreviations, see text.
Süd zu einer helleren Kehle. Wie bei den reinrassigen Unterarten besteht bei den Männchen eine Tendenz zu einer dunkleren Färbung (Abb. 9). c) Carapaxfärbung Nach unseren Befunden beträgt bei E. o. hellenica der Prozentsatz von Tieren mit heller Carapaxfärbung (maculosa-Färbung) nur etwa 5 %. Eine relativ helle Übergangsfärbung fanden wir noch bei weiteren runden 10 %. Bei E. o. orbicularis tritt die maculosa-Morphe überhaupt nicht auf. Bis auf ein einziges Exemplar aus Mittelfrankreich sind alle Tiere ausgesprochen dunkel gefärbt. Da bei E. o. hellenica die hellen Färbungstypen statistisch relativ selten sind, bedürfte es wesentlich größerer Serien, um bei den Mischpopulationen regionale Unterschiede feststellen zu können. Erwähnenswert ist, daß wir nur bei Ma und Ne Tiere der hellen Färbungsvarianten fanden.
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Abb. 9. Prozentuale Verteilung der verschiedenen Färbungstypen der Kehle. Für Abkürzungen siehe Text. Percentage of throat colour patterns. For abbreviations, see text.
In manchenLokalpopulationen können diese vielleicht sogar dominieren. So liegen uns von zwei Fundorten ausschließlich Tiere der macuhsa-Morphe vor (Svilengrad, Bulgarien, ZSM 99/1934, 2♂♂, 3♀♀; Porto Lagos, Griechenland, MHNG 1058:11-12, 2 99; vgl. FRITZ 1989, 1992). Die Fundortgruppen Po und Do zeigen durchweg eine dunkle Färbung wie die Nominatform (Abb. 10). d) Plastronfarbung: Hier kann es zu gravierenden ontogenetischen Veränderungen kommen (Altersmelanismus!), die bei kleinen Stichproben stark verzerrend wirken können. So ist zu vermuten, daß das völlige Fehlen von Tieren mit dunklem bzw. dunklerem Plastron bei den Fundortgruppen Ne und Po auf ein derartiges Artefakt zurückzuführen ist. Auch muß hervorgehoben werden, daß bei den
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Abb. 10. Prozentuale Verteilung der verschiedenen Carapax-Färbungstypen. Für Abkürzungen siehe Text. Percentage of carapace colouration types. For abbreviations, see text.
untersuchten Populationen große Unterschiede bei der Bauchpanzerfärbung existieren, die nach unserem Schema von Färbungstypen nicht erfaßt werden. Vor allem bei c3d der Nominatform und der Fundortgruppe Do kommt oft eine dunkle Plastronfärbung vor, die aus im Alter verschmelzenden schwarzen Strichen besteht. Diese strahlen von den Areolen jedes einzelnen Schildes radiär aus (Abb. 3a). Eine solche Zeichnung findet man außer bei E. o. orbicularis, E. o. colchica und der Population im türkisch-syrischen AmikMaras-Graben kaum. Bei E. o. hellenica und den Fundortgruppen Po und Ne treten in der Kategorie „hell" hauptsächlich Tiere mit einfarbig gelbem Plastron auf, während die anderen Populationen bei „hell" meist noch kräftige dunkle Makel besitzen. Dunkle Färbungselemente sind bei E. o. hellenica außerdem häufiger al s bei der Nominatform verwaschen, was eingeschränkt auch für die südlichen intermediären Populationen gilt. Trotz dieser Einschränkungen ist offenkundig, daß die Tiere aus der Po-Ebene mit ihrer hellen Bauchpanzerfärbung sehr stark E. o, hellenica ähneln (vgl. auch Abb. 3). Bei den Männchen der balkanischen Fundortgruppen zeigt sich von Nord nach Süd ein Ansteigen der hellen Färbungsanteile. Dieser Trend wiederholt sich weniger deutlich bei den weiblichen Tieren (Abb. 11). Hier fällt die relativ helle Färbung der Weibchen aus dem Donau-Gebiet auf. Verglichen mit den dazugehörigen Männchen muß sogar von einem ausgeprägten Sexualdichromatismus gesprochen werden, der in diesem Ausmaß den anderen Populationen fehlt. Am ehesten neigen noch die Männchen der Nominatform zu einem dunkleren Plastron. Dies ist jedoch statistisch weniger auffällig (Abb. 11).
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Abb. 11. Prozentuale Verteilung der verschiedenen Plastron-Färbungstypen. Für Abkürzungen siehe Text. Percentage of plastral patterns. For abbreviations, see text.
Erwähnt werden muß auch, daß jüngere ♀♀ besonders bei der Donaupopulation eine an die westmediterranen Unterarten erinnernde Bauchpanzerzeichnung zeigen können. Sie besteht aus isolierten Einzelflecken an den Distalnähten vor allem der Pectoralia und Abdominalia (Abb. 3c). e) Irisfarbe bei Männchen Die in FRITZ (1992) erstmals erwähnten Unterschiede zwischen E. o. orbicularis und E. o. hellenica konnten von uns mittlerweile anhand lebender Tiere vielfach bestätigt werden. Inzwischen wurde uns ein Männchen mit rotbrauner Iris von einem südöstlich von Istrien gelegenen Fundort bekannt (Insel Cres, Belegfotografien von M. GRABERT). Dies zeigt, daß bei der Irisfarbe ein gewisser Einfluß der Nominatform noch über Istrien hinaus wirksam ist (Abb. 12). Bei einem Männchen von Sithonia (Chalkidike, Griechenland) besitzt die rötliche Iris einen sehr eigentümlichen, perlmuttartigen Schimmer. Vermutlich ist die rötliche Irisfärbung ein dominantes Merkmal, da bei den Fundortgruppen Do, Ma und Ne ausschließlich dieser Färbungstyp auftritt. - 174 -
Abb. 12. Geographische Verteilung der Irisfarbe bei Männchen. Sumpfschildkröten aus Italien südlich der Po-Ebene, aus Deutschland, Frankreich und Nordafrika sind nicht berücksichtigt. Geographic distribution of different iris colours in males. Pond turtles from Italy south of the Po Plain, Germany, France, and North Africa are not considered.
4. Diskussion Die vorliegende Arbeit erbrachte über die Variabilität in den beiden sekundären Intergradationszonen von E. o. orbicularis und E. o. hellenica (PoEbene, Balkan) zahlreiche neue Details. Die Sumpfschildkröten aus der PoEbene sind von der Färbung und vielleicht auch von der Größe her wesentlich heterogener als die Exemplare aus den einzelnen Fundortgruppen im balkanischen Intergradationsgebiet. Besonders erwähnenswert sind Stücke aus der Gegend Venedigs, die sich morphologisch absolut nicht von reinrassigen E. o. hellenica unterscheiden lassen. In derselben Region und nahe der PiaveMündung kommen aber auch Tiere vor, die schon allein von der Färbung her als deutliche Intergrades angesprochen werden müssen (dunkle Kehlfärbung, FRITZ 1992; Abb. 3b). Diese Heterogenität spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Irisfärbung von Männchen und möglicherweise auch in auffällig variablen Panzerlängen wider (Abb. 4, 12). - 175 -
Die in der Po-Ebene zu beobachtende Variabilität läßt sich keinesfalls auf eine Aussetzung oder Verwilderung von allochthonen Tieren zurückführen. Venedig wird zwar immer wieder als Handelszentrum der ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Mitteleuropa zum Kauf angebotenen Sumpfschildkröten erwähnt. Zeitgenössische Autoren bezeichnen jedoch explizit die Umgebung Venedigs, namentlich Mestre, als Herkunftsort dieser Tiere (FRIEDEL 1874, DAHMS 1912). Da in der Po-Ebene selbst heute noch stellenweise extrem individuenreiche Populationen der Sumpfschildkröte vorkommen, bestand in früheren Zeiten mit Sicherheit erst recht kein Grund für eine zusätzliche Einfuhr. In Übereinstimmung mit FRITZ (1992) deuten wir die große morphologische Spannweite vielmehr als Indiz für eine Intergradation zwischen L. o. orbicularis und E. o. hellenica jüngeren Datums als auf dem Balkan. Wir vermuten, daß in der Po-Ebene von der mediterranen Küste ins kontinentalere Landesinnere eine Abnahme des Einflusses von E. o. hellenica zugunsten eines E. o. orbicularis-artigeren Phänotyps zu verzeichnen ist. Auf dem Balkan ist generell von Nord nach Süd ein Merkmalswandel von E. o. orbicularis hin zu E. o. hellenica zu beobachten. Er trägt durch die naturräumlichen Barrieren, die letztendlich mit zu unserer Fundortgruppen-Definition beigetragen haben, einen von Fundortgruppe zu Fundortgruppe abgestuften Charakter. Eine Ausnahme von diesem gleichgerichteten, von Nord nach Süd verlaufenden Merkmalswandel stellt allerdings der in einigen Merkmalen ausgeprägte Sexualdimorphismus der Fundortgruppe Do dar. Hinsichtlich der Kopffärbung ähnelt diese Population viel mehr E. o. hellenica als die südlichechen Fundortgruppen Ma und Ne. Abgeschwächt ist ähnliches auch bei der Plastronfärbung zu beobachten. Der Index PL/AnL x 10 zeigt sogar ausschließlich bei Do eine Geschlechtsspezifität, nicht aber bei den reinrassigen Unterarten oder den übrigen Fundortgruppen. Dieses Phänomen läßt sich nicht völlig befriedigend interpretieren. Da im letzten Glazial praktisch die gesamte Fläche der Donau-Tiefländer bis fast zum Delta mit Permafrostböden bzw. langer jahreszeitlicher Gefrornis bedeckt war (FRENZEL 1968), läßt sich eine Reliktpopulation in diesem Gebiet ausschließen. Die Kleinstrefugien, die anderen hermophilen Formen wie Nymphaea lotus oder der Wasserschnecke Melanopsis pareysi (Prosobranchia) ein Überleben ermöglichten (BÄNÄRESCU & BOSCAIU 1978), waren für E. orbicularis sicher bedeutungslos. Vielleicht stellt daher der überraschende Sexualdimorphismus der Donaupopulation eine sehr junge postglaziale Errungenschaft dar, bei der ein Foundereffekt in diesen durch Gebirge relativ stark isolierten Gebieten eine Rolle gespielt hat. Weiterer Forschungsbedarf besteht vor allem noch hinsichtlich des Status der Vorkommen am Plattensee, in der Hortobägy-Puszta, im Bodrog-TheissGebiet, in Siebenbürgen sowie nördlich der Karpaten entlang der DonauNebenflüsse Pruth und Sereth. In diesen Gebieten ist ähnlich wie an der Save (FRITZ 1992) mit einem allmählich nachlassenden hellenica-Einschlag zu rechnen. Die uns bekannten Stücke sind phänotypisch entweder überhaupt nicht von E. o. orbicularis zu unterscheiden (Plattensee, Ungarn, MTKD 33708, l ♂) oder der Nominatform so ähnlich (Iasi, Rumänien, ZSM 53/1959, ZSM-LM l/ 1962, 11/1962, l ♂, 3 ♀; Roman, Rumänien, SMF 33855, l ♂; - 176 -
Debrecen, Ungarn, ZSM 100/1934:1-7, 5 ♂♂, 2 ♀♀), daß es letztendlich Ermessenssache ist, sie noch als Intergrades oder schon als reinrassige E. o. orbicularis zu betrachten. Es ist dabei allerdings ein Problem, daß auch einzelne Stücke aus anderen Gebieten des Donau-Einzugsbereichs phänotypisch kaum von reinrassigen E. o. orbicularis zu unterscheiden sind (vgl. auch Abb. 12 in FRITZ 1994). Für sichere Aussagen bedürfte es hier aussagekräftiger, repräsentativer Serien aus den einzelnen Lokalpopulationen. Wir stellen hier die Vorkommen vom Plattensee und aus der Umgebung Debrecens provisorisch zur Nominatform. Die Sumpfschildkröten von Pruth und Sereth betrachten wir dagegen als Intergrades, da drei der fünf uns vorliegenden Stücke eine ganz oder fast ganz gelbe Kehle besitzen. Unsere Auffassung wird dadurch bekräftigt, daß FUHN & VANCEA (1961), denen viel Material von Iass vorlag, für Rumänien eine maximale Carapaxlänge von 16,3 cm für Männchen und 17,1 cm für Weibchen angeben. Dies liegt deutlich unter den Maximalwerten reinrassiger E. o. orbicularis (FRITZ 1994). Für Ungarn gibt DELY (1978) für Männchen dagegen eine Panzerlänge bis zu 19,5 cm an, was im Bereich sehr großer Stücke der Nominatform liegt und von Intergrades wahrscheinlich nie erreicht wird. Bei unserer südlichsten Fundortgruppe Ne stammen die größten und dunkelsten Exemplare aus dem Katlanowo-See bei Skopje (Mazedonien, ZSM 121/ 1918:1-4, l ♂, 3 ♀♀)- Dies ist erstaunlich, da speziell im Wardartal weiter südlich Tiere mit stärker hellenica-artigem Habitus vorkommen. Die Möglichkeit eines Austausches zwischen dem nördlichen Wardargebiet und der Donaupopulation über das Tal der Südmorawa ist hier nicht völlig von der Hand zu weisen. Über eine ganz ähnliche Route ist Testudo hermanni bis zum Eisernen Tor vorgedrungen (vgl. Karte bei RADOVANOVIC 1951) und die ichthyofaunistischen Beziehungen vom Wardar zum Donausystem sind altbekannt (BÄNÄRESCU 1960, 1992). Im Ungarischen Tiefland wird die Donaupopulation durch das Dinarische Gebirge ansonsten sehr effektiv von den E. o. hellenica an der Adriaküste abgeschirmt. Schon TOMASINI (1894), WERNER (1899) und der 1925 verstorbene VEITH (herausgegeben 1991) brachten die auffällige Verschiedenheit der adriatischen und inländischen Populationen des Balkans mit taxonomischen Unterschieden und einer verschiedenen Besiedlungsgeschichte in Zusammenhang. Dieses Wissen geriet aber für lange Zeit in Vergessenheit, bis einer von uns fast hundert Jahre später zu ganz ähnlichen Resultaten kam (FRITZ 1992). Sie lassen uns heute die Donaupopulation als postglazial entstandene Mischform zwischen einer pontischen Unterart, E. o. orbicularis, und der ostmediterranen E. o. hellenica verstehen. Allerdings haben die Sumpfschildkröten von der Donau schon ein gewisses Maß an morphologischer Eigenständigkeit erworben, wie die vorliegende Untersuchung zeigt. Die Fundortgruppen Ma und Ne sind südliche Varianten mit einem stärkeren Einschlag von E. o. hellenica, die in wahrscheinlich demselben Intergradationsprozeß entstanden sind. Ihre Verbreitung überlagert heute das ältere, präglaziale Areal von E. o. hellenica, das sich im Pliozän von Griechenland über das Ägäisfestland bis zum westlichen Kleinasien erstreckte (FRITZ 1993a, FRITZ & FREYTAG 1993). Die Intergradation in der Westägäis könnte möglicherweise aber schon älter als das Würmglazial sein, da nicht vollkommen auszuschließen - 177 -
ist, daß in diesem Gebiet ein eigenes Glazialrefugium bestand, in dem eine Mischform zwischen E. o. hellenica und E. o. orbicularis überdauert hat. Wie in anderen Teilen des Areals von E. orbicularis stellt das rezente Verbreitungsmuster auf dem Balkan ein kompliziertes Mosaik dar. Es resultiert aus verschieden alten Disjunktionen, Arealfluktuationen, Differenzierungsund Vermischungsvorgängen, die teilweise noch in das Tertiär hineinreichen. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, wollte man hierauf detailliert eingehen. Dies soll an anderer Stelle erfolgen (FRITZ in Vorbereitung). Hier soll ein Ausblick auf die relativ leicht rekonstruierbaren Verhältnisse in den nördlicheren Gebieten der Balkan-Halbinsel genügen. Dort herrschen wie im übrigen nördlicheren Eurasien durch die völligen, kaltzeitlichen Auslöschungen und warmzeitlichen Neubesiedlungen vergleichsweise einfache Verhältnisse vor. Nach einem erstmals von FRITZ (1992) entwickelten Modell trafen sich auf der Balkan-Halbinsel im frühen Postglazial zwei völlig getrennte, von Süden (hellenica) und Osten (orbicularis) her kommende und nach Mitteleuropa gerichtete Besiedlungsströme. Als direkte Folge ihrer Begegnung kam es zur Ausbildung eines zunächst sicher nur schmalen Intergradationsgürtels. Darauf folgte eine Phase der Nivellierung, verbunden mit gegenläufigen Gen-Einwanderungen in Richtung auf die reinrassigen Populationen, wodurch es zu einer Ausweitung des Intergradationsgebietes vor allem donauaufwärts kam. Dieses letztere Bild bietet sich heute. Dabei blieben die reinrassigen Unterarten, abgeschirmt durch geographische Barrieren, in großen Gebieten erhalten. E. o. orbicularis besiedelt nördlich des Karpatenbogens ein gewaltiges Gebiet, das sich von Mitteleuropa nach Osten bis in die Gegend des Aralsees erstreckt. E. o. hellenica kommt in mehreren isolierten Regionen auf dem Peloponnes, dem Westbalkan, im westlichen Kleinasien und auf der Krim vor, wobei die Abtrennung der kleinasiatischen Vorkommen wahrscheinlich sogar schonfrühpleistozänen Ursprungs ist. Wie die sekundäre Intergradation zwischen E. o. orbicularis und E. o. hellenica auf dem Balkan zeigt, besteht offenbar trotz der bedeutenden morphologischen Unterschiede zwischen beiden noch eine völlige genetische Kompatibilität. MAYR (1967: Kapitel 13) hat überzeugend ausgeführt, daß bei solchen Unterarten mit einer immer weiteren Ausdehnung des Intergradationsgürtels zu rechnen ist, wie es auch für die Sumpfschildkröte angenommen werden muß. Im Laufe der Zeit müßten sich sogar in einer theoretischen, barrierenfreien Landschaft durch den gegenseitigen Genaustausch die vorhandenen Unterschiede völlig verwischen. In der Realität wird dieser Zustand in Südosteuropa durch die reiche Gliederung durch Gebirgszüge und Meeresarme nie erreicht werden. Vielmehr ist anzunehmen, daß es bei einer bevorstehenden erneuten katathermen Klima-Entwicklung zu, einer Auslöschung der verbindenden Mischpopulationen kommen wird. Dies müßte dann sogar zu einer weiteren Profilierung der wieder voneinander isolierten Reliktpopulationen beitragen, so wie es im Pleistozän mit Bestimmtheit schon wiederholt geschehen ist.
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Danksagung Wir danken den Kuratoren der im Text genannten Museumssammlungen für die Möglichkeit, von ihnen verwaltetes Material untersuchen zu dürfen. H. ABERLE, Vaihingen/Enz, D. CAPOLONGO, Roccarainola, M. GRABERT, Welzheim, J. MAIER, Esslingen, A. MÖLLERT, Jena, H. RUMMLER, Aichwald und Dr. F. SCHAEFEEL, Tübingen, erlaubten uns, von ihnen gehaltene Sumpfschildkröten zu untersuchen oder überließen uns Fotografien. B. FARKAS, Budapest, übersetzte ungarische Literatur für uns. Schriften BÄNÄRESCU,
P. (1960): Einige Fragen zur Herkunft und Verbreitung der Süßwasserfischfauna der europäisch-mediterranen Unterregion. - Arch. Hydrobiol., Stuttgart, 57(1/2): 16-134. — (1992): Zoogeography of Fresh Waters. Volume 2. Distribution and Dispersal of Freshwater Animals in North America and Eurasia. - Wiesbaden (Aula), S. 519-1091. — & N. BOSCAIU (1978): Biogeographie. Fauna und Flora der Erde und ihre geschichtliche Entwicklung. - Jena (Gustav Fischer), 392 S. CRUCITTI, P., A. CAMPESF. & M. MALORI (1990): Popolazioni sintopiche di Emys orbicularis e Mauremvs caspica nella Tracia, Grecia Orientale (Reptilia: Testudines: Emydidae). Boll. Mus! reg. Sei. nat. Torino, 8(1): 187-196. DAHMS, P. (1912): Über das Vorkommen der Sumpfschildkröte in Westpreußen (3. Mitteilung). - Bericht Westpreuß. bot.-zool. Ver., Danzig, 35: 131-144. DKLY, O.G. (1978): Hüllök - Reptilia. - Magyarorszäg Allatviläga/Fauna Hungariae, Budapest, 20(4): 1-120. DÜRIGEN, B. (1897): Deutschlands Amphibien und Reptilien. - Magdeburg (Creutz), VI, 676 S., 12 Tafeln. FRENZEL, B. (1968): Grundzüge der pleistozänen Vegetationsgeschichte Nord-Eurasiens. Wiesbaden (Franz Steiner), 326 S., 2 Einlege-Karten. FRIKDEL, E. (1874): Thierleben und Thierpflege in Italien. VII. Venedig. - Zool. Garten, Frankfurt a.M., 15(9): 347-351. FRITZ, U. (1989): Zur innerartlichen Variabilität von Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758). 1. Eine neue Unterart der Europäischen Sumpfschildkröte aus Kleinasien Emys orbicularis luteofusca subsp. nov. - Salamandra, Bonn, 25(3/4): 143-168. — (1992): Zur innerartlichen Variabilität von Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758). 2. Variabilität in Osteuropa und Redefinition von Em\s orbicularis orbicularis (LINNAEUS, 1758) und E. o. hellenica (VALKNCIENNES, 1832). - Zool. Abh. Staatl. Mus. Tierk. Dresden, 47(5): 37-77. — (1993a): Weitere Mitteilung zur innerartlichen Variabilität, Chorologie und Zoogeographie von Emys orbicularis (LJNNAEUS, 1758) in Kleinasien (Testudines: Cryptodira: Emydidae). - Herpetozoa, Wien, 6(1/2): 37-55. -- (1993b): Zur innerartlichen Variabilität von Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758). 3. Zwei neue Unterarten von der Iberischen Halbinsel und aus Nordafrika, Emys orbicularis jrit:juergenobsri subsp. nov. und E. o. occidentalis subsp. nov. - Zool. Abh. Staatl. Mus. Tierk. Dresden, 47(11): 131-155. (1994): Zur innerartlichen Variabilität von Emys orbicularis (LINNAFUS, 1758). 4. Variabilität und Zoogeographie im pontokaspischen Gebiet mit Beschreibung von drei neuen Unterarten - Zool. Abh. Staatl. Mus. Tierk. Dresden, 48(4): 53-93. & O. FREYTAG (1993): The distribution of Mauremys in Asia Minor. and first record of l/, caspica caspica (ÜMELIN, 1774) for the internally drained central basin of Anatoüa (Testudines: Cryptodira: Bataguridae). - Herpetozoa, Wien, 6(3/4): 97-103.
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FUHN,
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Eingangsdatum: 18. Juni 1994 Verfasser: Uwe FRITZ, Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten, Postfach 50 12 27, 3-70342 Stuttgart (Korrespondenzadresse) und Institut für Zoologie (220), Universität Hohenheim, D-70593 Stuttgart & Dipl.-Biol. FRITZ JÜRGEN OBST, Staatliches Museum für Tierkunde, Augustusstraße 2, D-01067 Dresden.
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Salamandra
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Rheinbach, 30.9.1995
Kurze Mitteilung Erstnachweis von Podocnemis lewyana DUMERIL, 1852 (Testudines) in Venezuela Mit 2 Abbildungen und l Tabelle The first find of Podocnemis lewyana DUMERIL, 1852 (Testudines) for Venezuela First record of Podocnemis lewyana DUMERIL 1852 in Venezuela. Podocnemis lewyana is described for the first time from Venezuela. It was found in the south of Lake Maracaibo in the State of Zulia. Key words: Testudines, Podocnemis lewyana; first record; Venezuela. Schlagworte: Testudines, Podocnemis lewyana; Erstnachweis; Venezuela.
Podocnemis lewyana ist wahrscheinlich die am wenigsten bekannte Art der Gattung und war bisher nur aus dem Gebiet des Rio Magdalena in Kolumbien bekannt. Die beiden von DUMERIL (1852) zur Beschreibung herangezogenen Exemplare werden im Museum National d'Histoire Naturelle in Paris (MNHN) aufbewahrt. WILLIAMS (1954) designierte das Exemplar MNHN 8985 als Lectotyp von Podocnemis lewyana und stellt fest, daß es sich bei MNHN 8360 um ein Exemplar der erst 1935 von MÜLLER aus dem venezolanischen Barinas beschriebenen P. vogli handelt. Als Fundort von MNHN 8985 nennt DUMERIL „les environs de Santa Fe de Bogota". Auf dem Holzsockel, auf dem die Schildkröte montiert ist, und im Sammlungskatalog findet sich der zusätzliche Hinweis „Riviere de la Magdaleine", d.h. Rio Magdalena. Das kleinere Exemplar MNHN 8360 (Podocnemis vogli) trägt den Fundort „Republique de Venezuela". Aus dem Gebiet des Rio Magdalena sind zahlreiche Fundorte bekannt. SIEBENROCK (1902) erwähnt das Vorkommen der Art in den Stromgebieten des Magdalena und des Orinoko, ohne für letzteres Belege zu geben. Er vermutet auch, daß die von GOELDI (1886) aus dem Rio Negro beschriebene P. coutinhii zu P. lewyana zu stellen ist, wobei ihm nur die - auch nach seiner Einschätzung äußerst unpräzise - Erstbeschreibung von P. coutinhii vorlag. WILLIAMS (1954) stellt fest, daß die von BOULENGER (1889) und SIEBENROCK (1902) veröffentlichten Bestimmungsschlüssel für Podocnemis unbefriedigend sind. Auch MÜLLERS (1935) Schlüssel erwies sich als unzureichend. Wer Podocnemis-Arten kennt, weiß, daß vor allem die
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eindeutige Determination von Jungtieren - insbesondere bei alten Präparaten schwierig sein kann. LUEDERWALDT (1926) übernahm SIEBENROCKS Fundort in Brasilien unkritisch. Es ist nicht festzustellen, aufgrund welcher Befunde WERMUTH & MERTENS (1955, 1961) Venezuela als Verbreitungsgebiet von P. lewyana angeben. Es besteht jedoch die Vermutung, daß auch hierbei SIEBENROCKS (1902) Arbeit als Basis genommen wurde. In den Synonymieangaben bei WERMUTH und MERTENS findet sich dieselbe ungewöhnliche Schreibweise „göldi", während „goeldi" die übliche Schreibweise ist. Allerdings findet sich auch bei BOULENGER (1889) „Colombia (Bogota) and Venezuela" - wahrscheinlich von DUMERIL (1852) übernommen. Bei seinen umfangreichen Untersuchungen standen WILLIAMS (1954) über 300 P. expansa und über 100 P. unifilis zur Verfügung, aber nur 12 P. lewyana, welche ausschließlich aus dem Gebiet des Rio Magdalena stammten. PRITCHARD & TREBBAU (1984) erwähnen in ihrem umfassenden Werk „Turtles of Venezuela" die Art nicht. Aus dem Staate Zulia ist bisher keine Podocnemis-Art bekannt. Im November 1993 besuchte ich (INGO PAULER) einige Farmen im Süden des Lago Maracaibo (Venezuela). Vielfach werden dort Schildkröten bis zu ihrer Schlachtung in primitiven Pferchen gehalten. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um Rhinoclemmys diademata, welche bei regnerischem Wetter häufig an Land aufgelesen werden und gut schmecken sollen. Der in diesem Gebiet vorkommende Phrynops zuliae wird nur äußerst selten gefunden und soll nicht gut schmecken. Noch nie fand ich bisher in derartigen „Sammlungen" eine Podocnemis. Ich war daher sehr überrascht, als ich inmitten unzähliger R. diademata ein ca. 15 cm großen Männchen einer Podocnemis entdeckte und bei genauerem Hinsehen feststellte, daß es sich offensichtlich um eine P. lewyana (Abb. l und 2) handelte. Auf meine Frage nach dem Fundort wurde mir erklärt, daß die Schildkröte aus dem in unmittelbarer Nähe vorbeifließenden Rio Tarra, einem Nebenfluß des Rio Catatumbo, stammte. Zu bestimmten Jahreszeiten könne man auch große Tiere beim Sonnen sehen, sie seien allerdings sehr scheu. Um die vorläufige Bestimmung zu bestätigen und gegebenenfalls Unterschiede zu Exemplaren aus dem Gebiet des Rio Magdalena festzustellen, wurden Alkohol- und Trockenpräparate der folgenden Museen untersucht: Zoologisches Museum, Hamburg (ZMH), Senckenberg Museum, Frankfurt/ Main (SMF), Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn (ZFMK) und Zoologische Staatssammlung, München (ZSM). R. BOUR lieferte die Maße der im Museum National d'Histoire Naturelle (MNHN) Paris aufbewahrten Exemplare - inklusive des Lectotyps. Anhand des vorliegenden Materials läßt sich das Exemplar aus dem Rio Tarra eindeutig als P. lewyana bestimmen. Für eine etwaige Unterscheidung im Range der Subspecies liegt nicht genügend Material vor. Das venezolanische Exemplar wirkt allerdings optisch „zarter". Zur Klärung dieser Frage wäre die Untersuchung weiterer Schildkröten vom venezolanischen Fundort erforderlich. Bei der Durchsicht des Museumsmaterials stellte sich heraus, daß offensichtlich in der Zoologischen Staatssammlung München das bisher größte
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bekannte Exemplar der Art aufbewahrt wird. WILLIAMS (1954) nennt als maximale Carapaxlänge 411 mm, WERMUTH & MERTENS (1961) nennen 40 cm. Das von HELLMICH gesammelte Weibchen (ZSM 75/1937) von Jesus del Rio (Bolivar)/ Kolumbien hat eine Carapaxlänge (Stockmaß) von 463 mm. Die übrigen Daten sind Tabelle l zu entnehmen. Das Einzugsgebiet des Rio Magdalena und jenes des Lago Maracaibo sind durch die ca. 300 km lange und maximal 3750 m hohe Sierra de Perija getrennt (ViLA 1956). Dieses Bergland wurde bereits im Paläozän bis zum Plio-Pleistozän aufgefaltet. Im Bereich des Fundortes sind die Berge nur maximal 530 m hoch und stammen aus dem Pliozän oder Miozän. Da Podocnemis stark ans Wasser gebundene Schildkröten sind, ist eine Wanderung zur Besiedlung des venezolanischen Gebietes auszuschließen. Eventuell käme eine Ansiedlung durch Menschen in Frage, da Podocnemis in ihrem gesamten Verbreitungsge-
Sex CL CB PL ML IG H P Ab F An KB KL
EBRG
ZFMK
ZFMK
2889 20.2.1994 ♂ 167 139 148 132 18 10 30 30 28 16 28 38
49029
49030
♂ 154 127 139 137 13 9 27 31 30 17 26 35
♀ 242 163 215 190 28 6 66 28 44 18 34 47
ZSM
ZSM
ZMH
75/1937 211/1988 R01016 ♀ 463 364 405 380 50 10 89 101 88 40 61 81
♂ 304 241 247 214 33 9 55 50 34 33 33 57
♂ 141 1 14 126 115 10 4 25 29 26 11 23 30
MNHN MNHN 8985
5712
♂ 245 193 205 176 27 10 44 40 47 14 35 58
♂ 195 71 70 66 8 3 15 16 15 8 17 25
Tab. l. Morphometrischer Vergleich von Museumsmaterial von Podocnemis lewyana mit EBRG 2889. Bei den im Senckenberg-Museum (SMF) aufbewahrten Exemplaren handelt es sich ausschließlich um Jungtiere und sind daher in der Tabelle nicht berücksichtigt. Morphometric comparison of preserved specimens of Podocnemis lewyana with EBRG 2889. All specimens in the Senckenberg collection are very young. Therefore they are not included in the table. Abkürzungen / Abbreviations: Alle Maße in mm / all measures in mm: CL = Carapaxlänge / carapace length, CB = Carapaxbreite / carapace width, PL = Plastronlänge / plastron length. ML = Mittelnahtlänge / length of middle seam. IG = Intergularelänge/ length of intergulare. H = Humeralelänge / length of humerale, P = Pectoralelänge / length of pectorale, Ab = Abdominalelänge / length of abdominale. F = Femoralelänge / length of femorale, An = Analelänge / length of anale. KB = Kopfbreite / head width, KL = Kopflänge / head length.
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Abb. 1. Podocnemis lewyana - Kopf. Podocnemys lewyana - Head.
biet gerne gegessen werden. Anderenfalls müßte die Population des Rio Tarra vor einigen Millionen Jahren von jener des Rio Magdalena getrennt worden sein. Dafür spricht eine Parallele im Bereich der Chelidae. Phrynops dahli wurde aus Sincelejo (Bolivar) im Einzugsgebiet des Rio Magdalena beschrieben (ZANGERL & MEDEM 1958), wo die Population allerdings seit vielen Jahren erloschen zu sein scheint. P. zuliae lebt im Süden des Lago Maracaibo (PRITCHARD & TREBBAU 1984). Die beiden Arten sind visuell kaum voneinander zu unterscheiden. Leider sind von beiden Arten nur sehr wenige Museums-Exemplare vorhanden. Ein Vergleich wäre hochinteressant. Die Arten der Gattung Phrynops und insbesondere jene des Subgenus Batrachemys werden kaum von Menschen gegessen, da sie beim Fang übelriechende Stoffe aus ihren Inguinaldrüsen ausscheiden und bei den Eingeborenen im Ruf stehen, auch ein übelriechendes Fleisch zu haben. In diesem Fall ist also ein anthropogener Einfluß auf die Verbreitung auszuschließen. Auch Wanderungen sind bei Phrynops wenig wahrscheinlich. Beim Austrocknen von Gewässern pflegen sie sich eher im Schlamm einzugraben und eine Trockenruhe zu halten.
Abb. 2. Podocnemis lewyana.
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Es wäre wünschenswert, umfangreicheres Material von P. lewyana aus Venezuela zu untersuchen und mit kolumbianischen Exemplaren zu vergleichen. Das venezolanische Belegexemplar von P. lewyana befindet sich lebend beim Verfasser INGO PAULER und wird nach seinem Tod im Museum der Estacion Biologica Rancho Grande unter der Nummer EBRG 2889 hinterlegt werden. Wir danken den venezolanischen (Profauna) und deutschen (Bundesamt für Naturschutz) Behörden für ihre schnelle und unbürokratische Unterstützung. Weiters bedanken wir uns für die Bereitstellung von Museumsmaterial und Literatur bei den folgenden Herren: BÖHME (ZFMK), BOUR (MNHN), GRUBER (ZSM), GRÜNWALDT (ZMH), IVERSON (Earlham College, Richmond, Indiana), KLEMMER (SMF) und TIEDEMANN (NMW). Resumen Se registra por primera vez la presencia de Podocnemis lewyana para Venezuela. Se encontro al sur del Lago Maracaibo, Edo. Zulia. Schriften BOULENGER,
G.A. (1889): Catalogue of the Chelonians, Rhynchocephalians and Crocodiles in the British Museum (Natural History) London, p. 203. - London (Brit. Museum). DUMERIL, A. (1852): Description des Reptiles nouveaux ou imparfaitement connus de la collection du Museum d'Histoire Naturelle, Paris. - Arch. Mus. Nat., Paris, 6: 242, Tafel 18,19 (partim). GOELDI, E.A. (1885): Über eine vermuthlich neue Schildkröte der Gattung Podocnemis vom Rio Negro und über Chelonier des Amazonas-Gebietes im Allgemeinen. - Jahres-Ber. St. Gallisch. Naturw. Ges. 1884/1885: 273-280. IVERSON, J.B. (1992): A Revised Checklist with Distribution Maps of the Turtles of the World. - Richmond, Indiana (Privately Printed). KROONENBERG, S.B., J.G.M. BAKKAR & M. VAN DER WIEL (1990): Late Cenozoic uplift and paleography of the Colbmbian Andes: constraints on the development of high-Andean biota. - Geologie en Mijnbouw 69: 279-290. LUEDERWALD, T.H. (1926): Os chelonios brasileiros com a lista dos especies do Museu Paulista. - Rev. Mus. Paulista 14: 404-468. MÜLLER, L. (1935): Über eine neue Podocnemis-An (Podocnemis vogli) aus Venezuela nebst ergänzenden Bemerkungen über die systematischen Merkmale der ihr nächstverwandten Arten. - Zool. Anz., Leipzig 110: 97-109. PRITCHARD, P.C.H. & P. TREBBAU (1984): The Turtles of Venezuela - Soc. Stud. Amphib. Rept. Contrib. Herpetol. 2: 1-403. SCHUBERT, C. (1976): Evidence of former glaciation in the Sierra de Perija, western Venezuela. - Erdkunde 30(3): 222-224. SIEBEXROCK, F. (1902): Zur Systematik der Schildkröten-Gattung Podocnemis WAGLER. Sitz.-ber. k. Akad. Wiss. Math, naturw. KL, Wien, Bd. CX I, Abth.I. VILA, M.A. (1956): Geografia de Venezuela, 3° ed. - Fundacion Eugenio Mendoza (Caracas): 26-28.
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WERMUTH,
H. & R. MERTENS (1961): Schildkröten - Krokodile - Brückenechsen. - Jena, (Gustav Fischer). WILLIAMS, E. (1954): A key and description of the living species of the Genus Podocnemis (sensu BOULENGER) (Testudines, Pelomedusidae). - Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard, Cambridge, 111: 279-295. ZANGERL, R. & F. MEDEM (1958): A new species of chelid turtle, Phrynops (Batrachemys) dahli, from Colombia. - Bull. Mus. Comp. Zool., Harvard, Cambridge, 119: 375-390.
Eingangsdatum: 22. August 1994 Verfasser: INGO PAULER. Im Sandgarten 4, D-67157 Wachenheim; Dr. PEDRO TREBBAU. Quinta Maruria. CL 8. Laaunita, Caracas, Venezuela
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Salamandra
31
3
187-192
Rheinbach, 10.9.1995
Buchbesprechungen
TYI.ER, M.J. (1992): Frogs. - In: STRAHAN, R. (ed.): Encyclopedia of Australian Animals. Pymble/NSW (ANGUS & ROBERTSON for the National Photographie Index of Australian Wildlife, Australian Museum), 109 S., 200 Lebend-Farbaufnahmen und etwa ebensoviele zweifarbige Verbreitungskarten.
Nach dem Reptilienband dieser Enzyklopädie der australischen Tierwelt von EHMANN (1992; vgl. meine Besprechung in SALAMANDRA 28(3/4): 286-287, Januar 1993 [für 1992|) liegt nun auch der gleichermaßen strukturierte und ebenso prachtvoll ausgestattete Band über die Amphibien vor. Amphibien bedeutet in Australien natürlich Froschlurche. Verfasser ist der seit langem ausgewiesene erste Fachmann für diese Gruppe auf dem Kontinent, MICHAEL J. TYLER vom Südaustralischen Museum in Adelaide, dem wir neben zahlreichen Einzelarbeiten bereits mehrere hervorragende Bücher zur australischen Anurenkunde verdanken. In diesem Buch richtet er sich nach den Vorgaben der Serie, deren, Gesamtedition R. STRAHAN betreut. Daher sind alle formalen Erläuterungen dieselben, die ich bereits in der oben angegebenen Besprechung für EHMANNS Reptilienband ausführlich dargestellt habe. Ich fasse dies daher hier verkürzt zusammen. Die wieder mit hervorragenden Farbphotos und zweifarbigen Verbreitungskarten ausgestatteten Artkapitel liefern Standardangaben zu Morphologie, Ökologie und Biologie. Dazu gehen sie zwar gerafft, aber intensiv auf Arealgröße, Häufigkeit und Populationsstatus ein. Entsprechend dem anvisierten breiteren Leserkreis dominiert der Trivialname den wissenschaftlichen in der Schriftgröße, während letzterer auf Autoren und Beschreibungsjahr verzichten muß. Dafür wird hier wiederum
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- wie bei den Reptilien - versucht, dem anglophonen Leser eine einigermaßen korrekte Aussprache der wissenschaftlichen Namen zu ermöglichen, der es hier ja schwerer hat als z.B. ein deutschsprachiger. Wiederum ist letzterer freudig überrascht, zu sehen, daß TYLERS Umschrift etwa von „ostrah-lee'-ah-kus" tatsächlich ein gesprochenes „australiacus" ergibt! Die anschließenden etymologischen Ableitungen dieser so schön phonetisch adaptierten Gattungs- und Artnamen sind jedoch zum Teil mit Fehlern oder Vermeidbarkeiten behaftet: So heißt es z.B. bei Litoria tornieri (S. 35) „identity of TORNIER unknown". Nun hat GUSTAV TORNIER (1859-1938) zwar nichts mit Australien zu tun gehabt, war aber einer der prominentesten deutschen Afrika-Herpetologen um die Jahrhundertwende, dem das Berliner Museum viel verdankt. Oder - ein anderes Beispiel: Die Leptodactyliden-Gattung Mixophyes wird etymologisch mit „possibly ,slimy kind', hence ,slimy-frog'" abgeleitet, was nicht stimmt. Richtig wäre „mixed shape", also wie eine Mischung aus zwei verschiedenen Froschtypen aussehend. Solche Kleinigkeiten wären durch Anfragen bei altsprachlich ausgebildeten, europäischen Herpetologen leicht zu klären gewesen. Apropos Leptodactylidae. TYLER favorisiert das traditionelle Konzept, die australischen Südfrösche in dieselbe Familie wie die südamerikanischen Vertreter zu stellen, anstatt sie als eigene Familie Myobatrachidae aufzufassen. Entsprechend sind die australischen Laubfrösche bei ihm nach wie vor Hyliden und keine Pelodryadiden. Nun sind höhere Kategorien, wie jeder weiß, keine objektiven Einheiten, und es ist schwer, den subjektiven Standpunkt der einen oder anderen Seite zu begründen. Insgesamt werden heute 197 verschiedene Arten australischer Froschlurche unter-
schieden, einschließlich der eingeschleppten Aga-Kröte (Bufo marinus), die auf 26 Gattungen verteilt werden. Sicher werden noch weitere entdeckt. Für die bis jetzt bekannten ist hier ein hervorragender Überblick geschaffen worden, der die biologische und ökologische Diversität einer weiteren Tiergruppe dieses zoogeographisch so bedeutsamen Kontinents umfassend beleuchtet. WOI.FGANG BÖHME, Bonn
NIGG, ANDREA (1993): Die Reptilien; BROGGI, MARIO F. (1993): Rote Liste der gefährdeten
und seltenen Reptilien Liechtensteins. - Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein. Band 14; Vaduz (Regierung des Fürstentums Liechtenstein) 63 Seiten, 14 Farbbilder (8 Reptilien, 6 Habitate), 7 ganzseitige Verbreitungskarten. Das Fürstentum Liechtenstein umfaßt eine Fläche von 160 km2 und reicht von 430 m bis 2600 m Höhe. Im Rahmen eines Reptilieninventarprojekts wurden in einer ersten Phase möglichst viele Hinweise (235) aus der Bevölkerung gesammelt, denen dann im Sommerhalbjahr 1988 nachgegangen wurde, wobei weitere 407 Beobachtungen dazukamen. Die Art der Erfassung (Habitatbeschreibung, ökologische Parameter) lehnte sich hierbei an die in der Schweiz übliche Praxis an. Insgesamt liegen Daten zu neun Reptilienarten vor, von denen allerdings drei ausgesetzt wurden (Emys orbicularis, Mauremys caspica und Podarcis muralis maculiventris). Während die Schildkröten nur in Einzelexemplaren beobachtet wurden, bilden die Mauereidechsen eine prosperierende Population, die wahrscheinlich auf aus dem Tessin eingeschleppte Tiere zurückgeht. Geradezu verblüffend ergänzen sich die Verbreitungskarten von Zauneidechsen (im Unterland; bis 940 m Höhe) und Bergeidechse (bis 2150 m Höhe; hier bestimmt der richtige deutsche Name); Überschneidungen gibt es kaum. Die abgebildete Bergeidechse ist übrigens außerordentlich kontrastreich gefärbt. Ringelnatter und Blindschleiche wurden schwerpunktrnässig im Talboden nachgewiesen, erstere geht bis 1000 m, letztere doch bis 1840 m
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Höhe. Nur vereinzelt und sehr verstreut liegen Funde der Schlingnatter vor (bis 1730 m Höhe). Sie ist wie in vielen Räumen Mitteleuropas das große Sorgenkind des Naturschutzes. Die Kreuzotter ist im Fürstentum Liechtenstein ein reines Gebirgstier, das nicht unter 1300 m und bis 2100 m Höhe geht; 34 Fundorte in dem kaum über 50 km2 großen Areal zeugen von einem verhältnismäßig guten Status dieser Art. Verschiedene Diagramme zur Habitatwahl zeigen Höhenverbreitung, Exposition und Front. Die Exposition wird hierbei großmaßstäblich verstanden, die Front dagegen gibt das Mikrorelief wieder. In beiden Fällen herrschen West- und Südwest-Lagen vor, was allerdings auch mit dem Relief des gesamten Landes zusammenhängt, wo Ostexpositionen kaum vorkommen. Habitattypen werden vorgestellt und mögliche Gefahrenquellen besprochen; nach Ansicht des Autors sind die Einflüsse der intensivierten Landwirtschaft am schwerwiegendsten. Bei einer kleinen Landesfläche wie dem Fürstentum Liechtenstein ist es im Schlußkapitel möglich, auf die wertvollsten Reptilienhabitate einzeln einzugehen und Vorschläge zu deren Schutz und Pflege zu bringen. In der Roten Liste werden lediglich die Blindschleiche und die Bergeidechse (in Berglagen) als vorläufig nicht gefährdet eingestuft. Die Mehrzahl der Arten ist gefährdet, die Schlingnatter sogar stark gefährdet. Der Schutz der bisher rechtlich nicht geschützten Kreuzotter wird dringend gefordert. KURT GROSSENBACHER, Bern
Mitteilungen des Landesverband für Amphibien- und Reptilienschutz Bayern, Band 14(1), 1994 - c/o Zoologische Staatssammlung, Münchhausenstr. 21, D-81247 München, 68 S., mit 11 Schwarzweißabbildungen. ISSN 0944-9655. Mit dem Ende 1994 erschienenen ersten Heft des Bandes 14 haben die Mitteilungen des LARS eine neue Gestalt erhalten. Das äußere Aussehen und die gesamte Aufmachung entsprechen jetzt auch im Erscheinungsbild deutlich einer Zeitschrift und ist
professionell gestaltet. Auch Druckqualität und die Wiedergabe der Fotos ist ausgezeichnet. Das Heft im Format der SALAMANDRA ist zweispaltig gesetzt und von der Schriftgröße her gut lesbar. Für die Sorgfalt bei der Herausgabe spricht, daß vom Rezensenten kaum ein Druckfehler entdeckt werden konnte. Heft 14(1) enthält fünf Originalarbeiten: Eine detaillierte Analyse des Laichhabitates des Moorfrosches (Rana arvalis) im Isarmündungsgebiet von DITTLER, eine Arbeit über Gewässer als Flucht verstecke für die Bergeidechse von SCHMIDTLER, einen Bericht über ein überregional bedeutendes gemeinsames Vorkommen von Wechsel- (Bufo viridis) und Kreuzkröte (B. calamita) in Oberbayern von ANDRÄ, eine Analyse der Habitatwahl der Äskulapnatter (Elaphe longissima) in Ostbayern von DROBNY und ein Artenhilfsprogramm für die Wechselkröte im Raum München von GRUBER et al. Alle fünf Artikel bringen Informationen, die auch für Feldherpetologen außerhalb Bayerns von Interesse sind. Die Arbeiten sind verständlich geschrieben und dabei fachlich ansprechend. Zu kritisieren wäre diesbezüglich lediglich ein Fehler, der in feldherpetologischen und naturschutzorientierten Arbeiten fast durchweg gemacht wird: Bei Habitatanalysen sollte unbedingt stets berichtet werden, wie häufig die verschiedenen Kategorien im Untersuchungsgebiet vorhanden sind, da erst dann wirklich eine Aussage über Habitatwahl getroffen werden kann! Zukünftig sollen in den Mitteilungen des LARS Originalarbeiten, Übersichtsarbeiten und Kurzmitteilungen zu Biologie, Faunistik und Schutz der Amphibien Bayerns, der angrenzenden Bundesländer und Regionen sowie Mitteleuropas in deutscher Sprache veröffentlicht werden. Die Zeitschrift dient gleichzeitig der Information der Mitglieder über die Aktivitäten des Verbandes. Die Mitteilungen sollen künftig 1-2 mal jährlich erscheinen. Die Mitteilungen gehören in das Regal jedes Feldherpetologen und aller am Schutz der Herpetofauna interessierten Naturschützer in Bayern. Darüber hinaus stellen sie auch für andere mitteleuropäische Feldherpetologen eine Informationsquelle dar, die jedem empfohlen werden kann, der über
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den eigenen engen Tellerrand hinausschauen und von den Erfahrungen in anderen Bundesländern profitieren möchte. KLAUS HENLE, Leipzig
WAITE,
E. R. (1929): The Reptiles and Amphibians of South Australia. - Adelaide (Harrison Weir, Govt. Printer, North Terrace). Faksimile-Nachdruck 1993, Society for the Study of Amphibians and Reptiles/ SSAR), 270 S.
Die „Society for the Study of Amphibians and Reptiles" (SSAR), eine amerikanische Schwestergesellschaft der DGHT, ist seit Jahren.auf dem Gebiet von Faksimile-Nachdrucken historisch bedeutsamer Werke aktiv. Dabei beschränkt sie sich keineswegs auf amerikanische Klassiker, sie fördert die internationale Herpetologie auch durch Wieder- Verfügbarmachen längst vergriffener, antiquarisch kaum erschwinglicher und daher schwer beschaffbarer Bücher aus der europäischen und asiatischen Herpetologie. Die Auswahl gerade dieses Buches, das die erste und bis heute einzige komplette Bearbeitung der Herpetofauna eines australischen Bundesstaates ist, gerade im Jahre 1993, hat den 2. Herpetologischen Weltkongreß zum Anlaß, der Ende 1993 in Adelaide, also im Staate Südaustralien, abgehalten worden ist. Das Buch wird diesem Anlaß voll gerecht. Es enthält in seinem originalen Teil ausführliche einführende Kapitel über die Reptilien und Amphibien im Kontext der übrigen Wirbeltiere (WAITE 's eigentliche Spezialgruppe waren Fische!). Es werden Schlüssel und Strichzeichnungen zur Erläuterung der Merkmale gegeben. In den einzelnen Artkapiteln kommen auch zahlreiche Photos dazu, die meist den Habitus der betreffenden Art zeigen. Der Text, vor allem in den Einführungskapiteln zu den einzelnen Gruppen, enthält nicht nur morphologisch-anatomische, sondern auch zahlreiche biologische und ökologische Informationen. Die Herausgeber und Bearbeiter dieser Ausgabe, MICHAEL TYLER und MARK HUTCHINSON, stellen daher zu Recht am Ende ihres Vorworts fest, daß das Werk von WAITE auch heute noch ein substantieller und äu-
ßerst signifikanter Beitrag zur australischen Herpetologie ist. Dies ist natürlich - gegenüber einer antiquarischen Originalausgabe - bei diesem Nachdruck in höherem Maße der Fall, denn die Herausgeber haben sämtliche von WAITE behandelten Arten nomenklatorisch aktualisiert und korrigiert. Letzteres heißt, daß offenbar eine Reihe von Arten, aufgrund von Verwechslungen mit ähnlichen Verwandten, irrtümlicherweise für Südaustralien aufgeführt ist; darunter auch das berühmte Foto zweier kommentkämpfender „Varanus giganteus", die in Wirklichkeit zu Varanus spenceri gehören, der aber eben nicht in Südaustralien vorkommt. Auf diese Verwechslung hat übrigens H. -G. HÖRN schon 1981 in der „Salamandra" (17: 7881) hingewiesen. Der Titelseite des Reprints ist eine Farbtafel gegenübergestellt, die - ebenfalls faksimiliert - ein von WAITE selbst gefertigtes Aquarell zweier Froscharten (Pseudophryne australis und Crinia signifera) zeigt. Es gibt dem Buch, zusammen mit der soliden Gesamtherstellung, auch äußerlich das Gepräge, das für einen Anlaß vom Kaliber eines Weltkongresses angemessen ist. Das Verdienst der SSAR, wichtige Werke wie dieses der Fachwelt erneut zugänglich zu machen, wirft die Frage auf, ob ein solches Programm nicht auch anderen Gesellschaften, etwa in Europa, gut stünde. WOLFGANG BÖHME, Bonn
BROWN, W.C. (1991): Lizards of the Genus Emoia (Scincidae) with Observations on their Evolution and Biogeography. - Mem. Calif. Acad. Sei., San Francisco, Nr. 15; 94 S., 38 Textabb., davon 2 Farbtafeln mit je 8 Photos.
Lygosomine Skinke sind seit jeher eine taxonomisch besonders schwierige Reptiliengruppe, und die bis heute andauernde Instabilität ihrer Klassifizierung legt davon Zeugnis ab. Früher zum großen Teil in einund dieselbe Sammelgattung Lygosoma hineingepreßt (deren Umfang und geographischer Rahmen heute noch immer strittig
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sind), sind die zahlreichen Arten meist kleinwüchsiger, unscheinbarer Glattechsen auf eine Reihe von Gattungen verteilt, was die Übersichtlichkeit verbessern sollte. Doch einige davon, z.B. Leiolopisma oder Sphenomorphus, sind immer noch so groß bzw. artenreich, daß man erneut weitere, näher miteinander verwandte Artenbündel als eigene Gattungen wertet. Mit derzeit 72 Arten ist die indo-australisch-pazifische Gattung Emoia ebenfalls schwer überschaubar. Will man hier einen Überblick gewinnen, muß man sich viele Jahre einarbeiten. Dies hat WALTER C. BROWN getan. Bereits seit den 50er Jahren hat er sich mit Emoia und mit der pazifischen Inselwelt beschäftigt, so daß er einer der kompetentesten Herpetologen für diesen Raum und dieses Unterfangen ist. Von den 72 aktuellen Emoia-Arten werden nicht weniger als 13 in der hier besprochenen Abhandlung beschrieben, erwiesen sich also erst im Zuge der Gesamtrevision als neu! BROWN unterscheidet 8 Artengruppen, die in einem dichotomen Schlüssel identifizierbar sind, was für ihre verwandtschaftliche Homogenität spricht. Pro Gruppe führt je ein weiterer Schlüssel zu den jeweiligen Arten, bei polytypischen Arten entsprechend sogar zu den Subspezies. Die Abschnitte der Arten/Unterarten sind einheitlich gegliedert: Beschreibung, Vergleiche, Fortpflanzung, Habitat, Verbreitung, gefolgt von einer Auflistung aller untersuchten Belege mit zugehörigen Inventarnummern. Ergänzt werden diese Angaben durch vergleichende Tabellen und Habitusbilder, letztere meist gute S/W-Photos, seltener Strichzeichnungen. Auf diesen wohl dokumentierten speziellen Teil folgt noch ein allgemeines Kapitel, welches die Evolution der Gattung und die Verwandtschaft der einzelnen Artengruppen untereinander diskutiert. Dies schafft die Grundlage für eine fundierte Biogeographie, die wiederum über die spezielle Bearbeitung einer Scincidengattung hinaus große allgemein-biologische Bedeutung hat. Wegen dieser zwei Aspekte wird sowohl der Spezialist lygosominer, Skinke als auch der an pazifischer Biogeographie interessierte Zoologe oder Botaniker diese vorbildliche Revision gern konsultieren. WOLHGANG BÖHME, Bonn
TRUTNAU, LUDWIG
(1994): Terraristik. Stuttgart (Eugen Ulmer Verlag); 320 Seiten, 100 Farbfotos, 49 Schwarzweißfotos, 15 Zeichnungen. Preis DM 68.-. ISBN 38001-7306-9. Das vorliegende Buch umfaßt eine sehr große Spannweite von Themen, von der Allgemeinen Biologie der Amphibien und Reptilien bis hin zur Krokodilhaltung im Gewächshaus, wobei das Verhältnis der Seitenzahlen etwas zugunsten der allgemeinen Kapitel (165 Seiten) verschoben ist. Hier ist es zunächst das Anliegen des Autors, den Leser mit Körperbau und der Lebensweise von Amphibien und Reptilien vertraut zu machen. Hieraus werden dann die Ansprüche der Pfleglinge abgeleitet. Abschnitte über Körperbau, Ökologie und Verhalten führen dabei zur Terrarienkunde hin. Inwieweit anatomische Details notwendig sind, darüber kann man sich streiten. Verbale Einzelheiten zu Kreislauf- und Urogenitalsystem (S. 14/15) oder Schädelbau (S. 21) sind jedoch hier eher belastend, wenn sie weder durch Skizzen erläutert werden noch in offenkundiger Beziehung zu Fragen der Terrarienhaltung stehen. Ähnliches gilt auch für die chromosomale Geschlechtsbestimung, deren Besprechung auf S. 54/55 verwirrend ist. Sehr gut gelang dem weitgereisten Autor die Darstellung der verschiedenen Ökosysteme in Wort und Bild, (S. 41-53), wobei mancher Leser sicher für eine Veranschaulichung der Klimatypen' durch Diagramme dankbar wäre. Im Bereich der Terrarienkunde ist eine sehr ausführliche Darstellungen von Krankheiten und ihrer Heilung sehr zu begrüßen. Gleiches gilt für die Behandlung juristischer Probleme. Der Hinweis (S. 52), daß Wüstenreptilien durch schnelles Laufen einen Ventilationseffekt erzielen und dadurch die Körpertemperatur senken, klingt nicht überzeugend. Dagegen liest man die Bemerkung (S. 137) „Bei allen Reptilien hängt die Anzahl der Eier von der Größe und Anzahl der Weibchen ab" zweimal, um herauszufinden, was der Autor damit erklären will.
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Bei der Aufzählung geeigneter Terrarienpflanzen wäre es günstig, zumindest bei großwüchsigen Formen, wie Cissus, Pathos, Asplenium nidus, Platycerium, Himbeere, Brombeere, Lonicera xylosteum (S. 212 ff.), auch die Behältergröße anzugeben. Viele Leser wären dem erfahrenen Autor sicher dankbar, genaueres über Dosierungsmengen zu erfahren, zum Beispiel bei der Anwendung von Oxytocin zur Auslösung der Ovulation (S. 137), dem Einsatz von Quecksilberdampflampen (S. 100) oder der Lichtintensität für tagaktive Wüstentiere. Bei der Tierauswahl im speziellen, zweiten Teil des Buches (13 Schanzlurche, 13 Froschlurche, 2 Krokodile, 8 Schildkröten, 12 Echsen und 18 Schlangen) zeigt der Autor eine Vorliebe für imposante und oftmals teuere „Schauobjekte" (z.B. Cryptobranchus alleganiensis, Necturus maculosus, Amphiuma means, Bufo blombergi, Iguana iguana, Pogona barbata, Lacerta lepida, Ophisaurus apodus, Heloderma suspectum, 4 Arten von Riesenschlangen). Eine Behältergröße von 100 cm Länge ist für Bergmolche (Triturus alpestris) wohl etwas hoch gegriffen. Der Hinweis, die genannten Arten seien regelmäßig im Tierhandel erhältlich, ist wohl etwas großzügig gefaßt. Bei den anatomischen Daten der Terrarientiere haben sich einige Ungenauigkeiten eingeschlichen, z.B. (S. 188) daß Cryptobranchus alleganiensis an den Vorderund Hintergliedmaßen fünf Finger besitzt (S. 167), die Hynobius keyser/ingii-Männchen mehrere Kloakenschlitze aufweisen (S. 88), daß Iguana iguana (S. 246) und Phelsuma madagascariensis auf den Oberschenkeln der Hinterbeine zahlreiche Femoralporen tragen, oder daß die Präanalporen auf der Unterseite der Hinterschenkel sitzen (S. 240). Einige Druckfehler bei den Maßeinheiten machen wohl auch den Anfänger stutzig, wenn er z.B. liest (S. 167), daß die Larven von Cryptobranchus alleganiensis anfangs 29 cm lang sind (S. 167) oder die Jungen von Vipera aspis (S. 72) im Alter von einem Jahr 15-20 mm messen. Gelegentlich bleiben die technischen Hinweise etwas unbestimmt, zum Beispiel wenn
es bei Nerodia sipedon heißt "ein geräumiges Aquaterrarium" oder bei Iguana iguana ein „ihrem Wachstum und ihrer Größe angemessenes Großterrarium". Der spezielle Teil enthält eine Fülle von Daten zum Raum- Licht- und Wärmebedürfnis, zur Tages- und Jahresperiodik, zur Fortpflanzung einschließlich der Inkubationstemperaturen, wobei der Autor aus dem reichen Schatz jahrzehntelanger Terrrarienpraxis schöpft und dem Leser auch seine schlechten Erfahrungen mitteilt. Die Ausstattung des Buchs mit Farbbildern ist hervorragend und reich, wobei nicht nur die besprochenen Arten sondern auch verwandte Formen gezeigt werden. Somit erscheint der Preis durchaus angemessen. Jedem, der die besprochenen Arten pflegt, bi t t d B h i i h Q ll I f
Salamandra 31(2): 116: Korrektur/Correction
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mationen und hilft ihm, Haltungsfehler zu vermeiden. Das Gleiche gilt für den Anfänger, der sich über die Grundlagen der Amphibien- und Reptilienhaltung informieren will. Darüber hinaus wird sich jeder Terrarianer über die eindrucksvollen Tier- und Biotopaufnahmen freuen. Manchmal sind die Hinweise allerdings etwas entmutigend, zum Beispiel wenn man auf S. 272 erfährt, daß Natrix sipedon 8-99 Junge wirft, die einzeln in Kleinterrarien aufzuziehen sind. In eigener Sache ist zu vermerken, daß Fachverbände zwar im Literaturverzeichnis auftauchen, doch wäre gerade der Anfänger für konkrete Hinweise mit Adressenangaben dankbar, um Kontakt zu Interessengleichen zu finden. WERNER KÄSTLE, Aschau
Richtlinien für Autoren In der SALAMANDRA werden Originalarbeiten aus dem Gesamtgebiet der Herpetologie und Terrarienkunde in deutscher Sprache veröffentlicht. Wir bitten, das Manuskript (Original und zwei Kopien) zu senden an: Herrn Dr. KLAUS HENLE, Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle GmbH, Permoserstr. 15, D-04318 Leipzig oder Herrn HARALD MARXENS, Wormser Str. 17, D-60598 Frankfurt. Alle Manuskripte: Bitte beschreiben Sie die Blätter einseitig, mit weitem Zeilenabstand (zweizeilig, mindestens 1,7) und halten Sie zu allen Rändern mindestens 2,5 cm Abstand ein. Abbildungs- und Tabellenlegenden sind auf einem gesonderten Blatt aufzulisten in derselben Reihenfolge, in der Sie im Text darauf verweisen. Die Legenden sind in Deutsch und Englisch zu formulieren. Jeder Arbeit müssen der englische Titel, ein „Abstract" und die „Key words" vorangestellt sein, gefolgt von der „Zusammenfassung" und „Schlagworte". Eine anderssprachige Zusammenfassung steht gegebenenfalls vor dem Kapitel „Schriften". Bei kurzen Mitteilungen entfällt die Zusammenfassung. Methoden (Haltungsbedingungen, Versuchseinrichtungen, Meßmethoden usw.) sind so genau darzustellen, daß sie nachvollziehbar sind. Nur die im Text zitierte Literatur (MERTENS & WERMUTH 1960, MERTENS 1971, DAREWSKIJ 1984 [Namen in Nprmalschrift oder Kapitälchen]) wird in den „Schriften" aufgelistet. Das Schriftenverzeichnis ist in alphabetischer Reihenfolge der Autoren anzufertigen. Arbeiten eines Verfassers aus demselben Jahr werden mit a, b, c unterschieden. Werden mehrere Arbeiten eines Verfassers oder Autorenteams zitiert, ersetzt ab der zweiten Arbeit ein Strich den oder die Namen. Zitieren Sie nach folgendem Muster (Sammelband, Zeitschriftenartikel und Buch): DAREWSKIJ, I. S. (1984): Lacerta strigata EICHWALD, 1831 - Kaspische Smaragdeidechse. In: BÖHME, W. (Hrsg.): Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas. Bd. 2/1 Echsen II: 82-99. - Wiesbaden (Aula-Verlag). MERTENS, R. (1971): Beobachtungen an Schlanknattern der GattungLeptophis. Salamandra, Frankfurt/M., 7(3/4): 117-122. MERTENS, R. & H. WERMUTH (1960): Die Amphibien und Reptilien Europas (Dritte Liste, nach dem Stand vom 1. Januar 1960). - Frankfurt/M. (Kramer), 264 S. Abbildungsvorlagen müssen reproduktionsfähig sein und sollen gesondert, nicht in den Text eingeordnet, mitgesandt werden. Bilder: scharf und gut belichtet; Papierabzüge: mindestens im Format 9x 13 cm; Zeichnungen: schwarze Tusche auf Transparentpapier oder weißem Zeichenkarton, höchstens im Format A4; Beschriftungen: Schablonen verwenden; EDV-Grafiken: Ausdruck mit Laser- oder gutem Tintenstrahldrucker. Erwünscht sind klischierfähige Tabellen und Grafiken in der Breite 6 cm, 12,1 cm oder größer; auf leserliche Schriftgröße achten. Manuskripte mit Schreibmaschine: Schreiben Sie bitte den Text fortlaufend mit einheitlicher Schrifttype und -große, ohne Einrückungen oder Trennungen. Schreiben Sie mit neuerem Farbband und sauberen Typen. Manuskripte mit PC: Wählen Sie bitte Schriftgröße 12 Punkt, linksbündig, keine Einrückungen, keine Silbentrennungen, keine Tabulatoren, keinen erweiterten Zeichenabstand. Achten Sie auf die Leerstellen (nur je eine zwischen Wörtern, eine auch nach Punkt, Komma, Doppelpunkt und geschlossener Klammer). Möglichst Artnamen kursiv schreiben und Eigennamen in KAPITÄLCHEN, aber keinesfalls in Großbuchstaben und nicht in Fettdruck. Schicken Sie eine Diskette (3,5" oder 5,25") erst, nachdem Sie das Manuskript überarbeitet haben. Wir können Dateien, die mit gebräuchlichen Textprogrammen erstellt wurden, oder eine ASCII-Datei weiterverarbeiten. Der Autor erhält / Die Autoren erhalten / 25 Sonderdrucke seiner / ihrer / Arbeit ohne Berechnung. Weitere Exemplare sind zum Selbstkostenpreis erhältlich (Preis auf Anfrage).
Auslieferung für den Buchhandel / Delivery to book dealers: Warlich Verlag GmbH, Am Hambuch 5, D-53340 Meckenheim
Inhalt KOK , R.: MUTZ, T.
Zur Haltung und Nachzucht des Pazifikwarans (Varanus indicus) ...... & S. STEINFARTZ: Mertensiella luschani flavimembris ssp. n., eine neue Unterart des Lykischen Salamanders aus der Türkei (Caudata: Salamandridae) KÖHLER, J. & K. -H. JUNGFER: Eine neue Art und ein Erstnachweis von Fröschen der Gattung Eleutherodactylus aus Bolivien .................................................... FRITZ, U. & F.J. OBST: Morphologische Variabilität in den Intergradationszonen von Etnys orbicularis orbicularis und E. o. hellenica ....................................... Kurze Mitteilung PAULER, I & P. TREBBAU: Erstnachweis von Podocnemis lewyana DUMERIL, 1852 (Testudines) in Venezuela .................................................................................... Buchbesprechungen ..................................................................................................
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