~11 Talaulicar Unternehmenskodizes
6ABLER EDITION WISSENSCHAFT
Nil Talaulicar
Unternehmenskodizes Typen und Normier...
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~11 Talaulicar Unternehmenskodizes
6ABLER EDITION WISSENSCHAFT
Nil Talaulicar
Unternehmenskodizes Typen und Normierungsstrategien zur Implementierung einer Unternehmensethik
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Axel v. Werder
Deutscher Universit~its-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~iber abrufbar.
Dissertation Technische Universitiit Berlin, 2006 D 83
1. Auflage April 2006 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universit~its-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Dr. Tatjana Rollnik-Manke Der Deutsche Universit~its-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de
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Das Werk einschliel~lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiJtzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzul~issig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielffiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w~iren und daher von jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-IO 3-8350-0341-0 ISBN-13 978-3-8350-0341-5
Geleitwort Fragen der Untemehmensethik werden heute national und international lebhaft diskutiert. Zur Konjunktur des Themas haben nicht zuletzt die Untemehmensskandale der jiingeren Vergangenheit beigetragen, f'tir die Namen wie Enron, Worldcom oder auch Berliner Bankgesellschafl nur besonders prominente Beispiele markieren. Unabh/~ngig von diesen Einzelf~illen der Wirtschaftspraxis hat sich das Thema Untemehmensethik allerdings auch als anerkanntes Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre seit 1/~ngerem etabliert. Es geht nicht mehr um den Grundsatzstreit frtiherer Jahre, ob eine wissenschaflliche Auseinandersetzung mit untemehmensethischen Fragestellungen tiberhaupt mOglich, geboten oder vielleicht auch gef~ihrlich ist. Die Diskussion hat vielmehr mittlerweile einen Stand erreicht, der auch die Frage legitimiert, wie sich ethische Verhaltensweisen in einem Untemehmen implementieren lassen. An dieser Stelle setzt d i e - schon yon ihrem Umfang her auBergew6hnliche- Dissertation yon Herrn Dr. Till Talaulicar an. Herr Talaulicar untersucht die Frage, wie sich Untemehmenskodizes - unbestritten eine zentrale Komponente jeden Implementierungsmanagements der Untemehmensethik- gestalten lassen, um wirkungsvoll zu einer ,,Ethisierung" der Unternehmensaktivit/iten beizutragen. Ungeachtet dieser praxis- und gestaltungsorientierten Fragestellung zielt der Verfasser allerdings nicht auf die Pdisentation oberflachlicher Gestaltungsempfehlungen ab, die wom6glich noch in Form von Checklisten schematisch abgearbeitet werden k6nnten. Herr Talaulicar interessiert sich vielmehr ftir die Grundlagenfragen des Themas und legt seine Untersuchung dementsprechend breit und tiefschiirfend an. Im Mittelpunkt der Abhandlung steht das Anliegen, die wesentlichen Gestaltungsdimensionen unternehmensethischer Kodizes zu ermitteln und erste Empfehlungen f't~r ihre zweckm~Bige Ausgestaltung zu entwickeln. Konkreter formuliert geht es dem Verfasser um die Erarbeitung einer Kodextypologie aus gestaltungsrelevanten Kodexmerkmalen, die auf das (mehr oder weniger ethische) Verhalten der Untemehmensmitglieder einwirken k6nnen und zugleich durch das Untemehmen gezielt beeinflussbar sind. Diese Kodextypologie soll zum einen eine informative Bestandsaufnahme real vorfindbarer Untemehmenskodizes erlauben. Zum anderen w~ihlt der Verfasser die Kodexmerkmale so aus, dass sich auf der Grundlage seiner Untersuchungen sowohl nicht-triviale als auch wohl-fundierte Empfehlungen zu ihrer Ausgestaltung ableiten lassen. Als Ergebnis seiner aul3erordentlich differenzierten und stets vorsichtig abw/~genden Analyse unterscheidet Herr Talaulicar zun~ichst als grundlegende Kodextypen regelgebundene (RCodes) und prinzipiengebundene (P-Codes) Kodizes. Diese Zweiteilung wird nach der Art der Geltendmachung weiter verfeinert, indem restriktionsbezogene und pr/~ferenzbezogene Implementierungsstrategien fiir regel- bzw. prinzipiengebundene Kodizes unterschieden werden. Wie der Verfasser hervorhebt, handelt es sich bei dieser Typologisierung um die Bildung yon Idealtypen, die in der Realit/~t als Mischformen auftreten k6nnen und h/~ufig auch auftreten werden. Gleichwohl erweist sich die Typologie als durchaus praktisch relevant, da sie zum
Vl
Geleitwort
einen ein konzeptionell fundiertes Raster Dr die Beschreibung realer Kodizes zur Verftigung stellt. Zum anderen lassen sich die Idealtypen mit Blick auf ihr Potential zur 0berwindung von Befolgungsproblemen und Begr~ndungsproblemen der Untemehmensethik bewerten, so dass zugleich auch pr~iskriptive Empfehlungen zur Ausgestaltung praktischer Kodizes m~glich werden. Die gl~inzend geschriebene Untersuchung von Herin Talaulicar i s t - trotz ihrer L~inge - gut lesbar, da der rote Faden der Gedankenfi~hrung stets erkennbar bleibt. Beeindruckend ist dabei die F~ihigkeit des Verfassers, das tiberaus komplexe Untersuchungsfeld schrittweise zu strukturieren, Theoriekomplexe aus verschiedenen Disziplinen souver~in aufzugreifen und seine 0berlegungen mit Hilfe der Kodextypologie zu verdichten. Aufgrund der virtuosen Beherrschung der Materie hat die Arbeit nicht zuletzt einen hohen Informationswert f'tir jeden Leser, der sich grundlegend mit Fragen der Untemehmensethik und untemehmensethischer Kodizes auseinandersetzen mOchte. Vor allem aber ist die Originalit~it der 0berlegungen von Herrn Talaulicar hervorzuheben. Der Verfasser entwickelt ein eigenes, au6erordentlich fundiertes System zur Einteilung untemehmensethischer Kodizes, das neben der Sortierung realer Kodizes auch sorgf~iltig begr0ndete Gestaltungsempfehlungen erlaubt. Herr Talaulicar hat damit die unternehmensethische Forschung einen beachtlichen Schritt vorangebracht. Ich w~nsche der ausgezeichneten Schrift die verdiente positive Resonanz in der weiteren wissenschaftlichen wie auch praktischen Auseinandersetzung mit den Fragen der Untemehmensethik. Prof. Dr. Axel v. Werder
Vorwort Untemehmensethische Kodizes stellen ein praktisch verbreitetes und viel untersuchtes Instrument zur Implementierung einer Unternehmensethik dar. Allerdings steht der Nachweis noch immer aus, ob und inwieweit Kodizes das Untemehmensgeschehen tatsgchlich wirksam ethisieren und moralischen Normen im Untemehrnen Geltung verschaffen. Zur Kl~irung dieser Frage werden in der vorgelegten Abhandlung die wesentlichen Gestaltungsmerkmale unternehmensethischer Kodizes analysiert, grundlegende Kodextypen bestimmt und Normierungsstrategien diskutiert, um die Geltungschancen yon Kodizes zu verbessern. Auf der Basis einer normentheoretischen Grundlegung wird dabei eine gestaltungsorientierte Perspektive verfolgt, die sich auf die gezielt und kontextabh~ingig sinnvoll ver~inderbaren Kodexparameter konzentriert. Eine etwas eingehendere und dennoch rasche Orientierung tiber Anliegen und Aussagen der Arbeit l~isst sich dem Einleitungs- und dem Schlusskapitel entnehmen. Die vorliegende Untersuchung ist im Juni 2005 abgeschlossen und vonder Fakult~it VIIIWirtschaft und Management der Technischen Universit~it Berlin im Wintersemester 2005/2006 als Dissertationsschrift angenommen worden. Ftir die Drucklegung wurden lediglich Formatierungen und das Layout an die verlegerischen Vorgaben angepasst. Meinem Doktorvater, Herin Professor Dr. Axel v. Werder, danke ich ftir das groge Vertrauen, mit dem er meine Forschungen begleitet hat, und for die inhaltlichen Freir~iume, die er mir als wissenschaftlichem Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl gew/~hrt hat. Herin Professor Dr. Ulrich Steger gebtihrt mein Dank ftir die Erstellung des Zweitgutachtens. Zur 0bemahme des Vorsitzes im Promotionsausschuss erklgrte sich Herr Professor Dr. Hans Hirth bereit, wofiar ich ihm ebenfalls herzlich danken m6chte. Meinen Kollegen und den Tutoren am Lehrstuhl Organisation und Untemehmensftihrung der Technischen Universit/at Berlin bin ich ftir eine erlebnisreiche und erftillte Zeit verbunden. Namentlich hervorgehoben seien Herr PD Dr. Jens Grundei, der das Manuskript durchgesehen und kommentiert hat, und unser ehemaliger studentischer Mitarbeiter, Herr Dipl.-Kfm. Michal Pokorski, der sich in besonderem Mage um d i e - mitunter recht aufwendige- Literaturbeschaffung verdient gemacht hat. Ftir die sehr angenehme Zusammenarbeit bei der Erstellung der Druckfassung danke ich schlieBlich meiner Lektorin beim Deutschen Universit/its-Verlag, Frau Dr. Tatjana Rollnik-Manke. Till Talaulicar
Inhaltsiibersicht
1. Kapitel: Einleitung ................................................................................................................
1
A.
G e g e n s t a n d der U n t e r s u c h u n g ........................................................................................
1
B.
G a n g der U n t e r s u c h u n g ..................................................................................................
2
2. Kapitel: U n t e r n e h m e n s e t h i s c h e G r u n d l e g u n g e n ...................................................................
5
A.
B e g r i f f und N o t w e n d i g k e i t der U n t e r n e h m e n s e t h i k .......................................................
B.
Ethische Theorie als moralphilosophisches F u n d a m e n t der U n t e r n e h m e n s e t h i k ........ 13
C.
5
I.
R e f l e x i o n s f o r m e n der Ethik ..................................................................................
13
II.
Systematisierung ethischer Theorien .....................................................................
20
G r u n d p r o b l e m e jeder U n t e r n e h m e n s e t h i k ....................................................................
24
I.
Begrt~ndung und Befolgung moralischer N o r m e n ................................................. 24
II.
M a B n a h m e n zur I m p l e m e n t i e r u n g einer U n t e m e h m e n s e t h i k ............................... 26
III. Ethik und Erfolg ....................................................................................................
49
3. Kapitel: E t h i k - K o d i z e s als u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e s I m p l e m e n t i e r u n g s i n s t r u m e n t ........... 115 A.
B.
C.
Begrt~ndung u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s .............................................................
115
I.
U r s a c h e n der Etablierung u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s ................................ 115
II.
F u n k t i o n e n u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s .......................................................
121
III. B e d e n k e n gegen K o d i z e s ....................................................................................
145
G e s t a l t u n g s d i m e n s i o n e n u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s .........................................
192
I.
Herleitung m6glicher K l a s s i f i z i e r u n g s m e r k m a l e .................................................
192
II.
N o r m i n h a l t ...........................................................................................................
202
III. N o r m i m p l e m e n t i e r u n g ........................................................................................
358
E i g n u n g u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s ...................................................................
537
I.
Arten u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s ................................................................
537
II.
Arten u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r P r o b l e m s t e l l u n g e n ...............................................
539
III. Arten u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r A n w e n d u n g s k o n s t e l l a t i o n e n ................................ 544
4. Kapitel: Z u s a m m e n f a s s u n g und Ausblick .........................................................................
559
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................
XIX
Tabellenverzeichnis ...............................................................................................................
XXI
Abkfirzungsverzeichnis ....................................................................................................... XXIII Symbolverzeichnis .............................................................................................................
XXIX
1. Kapitel: Einleitung ................................................................................................................
1
A.
Gegenstand der Untersuchung ........................................................................................
B.
Gang der Untersuchung .................................................................................................. 2
1
2. Kapitel: Untemehmensethische Grundlegungen ................................................................... 5 A.
Begriff und Notwendigkeit der Unternehmensethik ....................................................... 5
B.
Ethische Theorie als moralphilosophisches Fundament der Unternehmensethik ........ 13
C.
I.
Reflexionsformen der Ethik .................................................................................. 13
II.
Systematisierung ethischer Theorien ..................................................................... 20
Grundprobleme jeder Unternehmensethik .................................................................... 24 I.
Begriindung und Befolgung moralischer Normen ................................................. 24
II.
Mal3nahmen zur Implementierung einer Untemehmensethik ............................... 26 1. Komplement~irer Charakter .............................................................................. 26 2. Synopse prinzipieller M6glichkeiten ............................................................... 29 3. Ethik-Kodizes als Standardinstrument untemehmensethischer Praxis ............ 31 a) Explikation ................................................................................................. 31 b) Praktische Bedeutung untemehmensethischer Kodizes ............................. 36 aa) Verbreitung untemehmensethischer Kodizes ..................................... 36 bb) Interpretation der Befunde .................................................................. 43
III. Ethik und Erfolg .................................................................................................... 49 1. Rechtliche Rahmenbedingungen ..................................................................... 49 2. Konzeptionelle Begrfindungen einfacher Kausalbeziehungen ........................ 53 a) Vorbemerkung ............................................................................................ 53 b) Ethische Harmoniehypothese ..................................................................... 55 c) Konflikthypothese ...................................................................................... 66 d) Okonomische ErmOglichungshypothese .................................................... 70 e) Opportunismushypothese ........................................................................... 76 3. Stand der empirischen Forschung .................................................................... 85 a) Vorgehen und Ergebnisse empirischer Untersuchungen ............................ 85 aa) Grundlegendes Design ........................................................................ 85 bb) Messung der Variablen ....................................................................... 87
XII
Inhaitsverzeichnis co) Obersicht der Befunde ........................................................................ 89 b) Kritik des empirischen Forschungsstands .................................................. 95 aa) Endogene Kritik .................................................................................. 96 bb) Exogene Kritik .................................................................................... 98 cc) Kontingenztheoretische Erweiterungen ............................................ 100 dd) Weitere Differenzierungen ............................................................... 102 4. ZwischenresOmee ...........................................................................................
107
3. Kapitel" Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument ........... 115 A.
Begrtindung unternehmensethischer Kodizes ............................................................. 115 I.
Ursachen der Etablierung unternehmensethischer Kodizes ................................ 115
II.
Funktionen unternehmensethischer Kodizes ....................................................... 121 1. Oberblick .......................................................................................................
121
2. Systematik der Kodexfunktionen ................................................................... 126 a) Moralphilosophische Perspektive: Ethisierungsfunktion ......................... 126 b) Organisationstheoretische Perspektive: Koordinationsfunktion .............. 128 c) Gesellschaftliche Perspektive: Legitimierungsfunktion ........................... 131 d) Rechtliche Perspektive: Deregulierungsfunktion ..................................... 137 III. Bedenken gegen Kodizes ....................................................................................
145
1. Oberblick .......................................................................................................
145
2. Einteilung und Er6rterung der Vorbehalte ..................................................... 147 a) Ethische Einwendungen ........................................................................... 147 aa) Darlegung der Kritik ......................................................................... 147 bb) Replik ............................................................................................... a'
151
Teleologische Gegenrede ............................................................ 151
b' Handlungsdeontologische Verktirzung der Kritik ...................... 153 c'
Verallgemeinerbarkeit und Kategorizit~t der Kodexnormen ...... 156
d' Vereinbarkeit kodifizierter N o r m e n und pers0nlicher Maximen 158 e'
Voraussetzungen einer angemessenen Anwendung der Kodexnormen ..............................................................................
159
b) Emanzipatorische Einwendungen ............................................................ 161 aa) Darlegung der Kritik ......................................................................... 161 bb) Replik ............................................................................................... a'
163
Grunds/~tzliche Zwecksetzung der Herrschaftssicherung ........... 163
b' Grunds~itzliche Tendenz zur Hierarchisierung ............................ 165 c) Empirische Einwendungen ....................................................................... 168 aa) Darlegung der Kritik ......................................................................... 168 a'
Fehlende Kodexkonsequenzen ................................................... 168
b' Fehlgehende Kodexkonsequenzen .............................................. 171
lnhaltsverzeichnis
XIII bb) Replik ............................................................................................... a'
173
Verhaltensrelevanz organisationaler MaBnahmen ...................... 173
b' Empirische Bew~ihrungen der Verhaltensrelevanz
B.
unternehmensethischer Kodizes .................................................
175
a"
175
Auswahl relevanter Beitr~ige ................................................
b"
l]bersicht der Befunde ..........................................................
176
c"
Methodische Bewertung .......................................................
185
d"
Inhaltliche Bewertung ..........................................................
190
Gestaltungsdimensionen unternehmensethischer Kodizes ......................................... 192 I.
Herleitung m6glicher Klassifizierungsmerkmale ................................................
192
1. Normencharakter von Kodizes ......................................................................
192
2. Formalanalytische Betrachtung von Normen ................................................
197
3. Typologisierungsrelevante Merkmale unternehmensethischer Kodizes ........ 200 II.
Norminhalt ...........................................................................................................
202
1. Themenstruktur ..............................................................................................
202
a) Methodik relevanter Untersuchungen ...................................................... 202 b) Obersicht der Befunde ..............................................................................
206
c) Interpretation der Befunde .......................................................................
222
aa) Differenzierung nach angesprochenen Stakeholdern ....................... 222 bb) Differenzierung nach materiell konkretisierten Norminhalten ......... 225 d) Folgerungen ..............................................................................................
230
aa) Vielgestaltigkeit und Verhaltenswirksamkeit der Themenstruktur .. 230 bb) Grenzen einer themenstrukturellen Grundlegung der Kodexklassifizierung ........................................................................
234
cc) Praktische Implikationen ..................................................................
236
2. Formale Gestalt ..............................................................................................
238
a) Sprache .....................................................................................................
238
aa) Grundlegende Bedeutung .................................................................
238
bb) Empirische Untersuchungen zur Sprache unternehmensethischer Kodizes ............................................................................................. a'
240
Rhetorik der Personalpronomen ................................................. 241
b'
Weitere Merkmale funktionaler Linguistik ................................ 244
c'
Competing Values Framework ................................................... 246
cc) Zusammenfassende Einsch~itzung .................................................... 248 b) Fundierung ............................................................................................... aa) Pr~izisierung des Merkmals ...............................................................
249 249
bb) Eignung zur Kodexklassifizierung ................................................... 252 a'
Empirische Befunde der Verhaltenswirkung .............................. 252
b' Konzeptionelle l]berlegungen .................................................... 255
XlV
Inhaltsverzeichnis
cc) Praktische Implikationen .................................................................. c) Konkretheit ...............................................................................................
257 260
aa) D o m i n a n z des U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l s ........................................ 260 bb) E i n g r e n z u n g des U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l s .................................... 265 Formalanalytische Abstraktion ...................................................
265
b' Verbindlichkeit der N o r m ...........................................................
a'
267
c'
N o r m a d r e s s a t e n und -benefiziare ............................................... 271
d' N o r m k e m ....................................................................................
273
cc) U n t e r s c h e i d u n g s m 6 g l i c h k e i t e n des N o r m k e m s ............................... 273 a'
M e r k m a l e der Situation ..............................................................
273
b'
M e r k m a l e der H a n d l u n g s w e i s e ...................................................
277
dd) U n t e r s c h e i d u n g von Regeln und Prinzipien ..................................... 280 a'
Graduelle U n t e r s c h e i d u n g ..........................................................
280
b'
Qualitative U n t e r s c h e i d u n g ........................................................
282
a"
Rechtstheoretische Grundzi.ige ............................................. 282 (1) Ursprtinge im Streit um den R e c h t s b e g r i f f .................... 282 (2) Das P r i n z i p i e n a r g u m e n t gegen den R e c h t s p o s i t i v i s m u s ........................................................
287
(3) Rechtstheoretische Kritik .............................................. 291 b"
Vertiefende K e n n z e i c h n u n g der logischen U n t e r s c h e i d u n g 295 (1) Reichweite einer logischen U n t e r s c h e i d u n g .................. 295 (2) Strukturelle E i g e n s c h a f t e n ............................................. 299 (a) Vollst~indige versus unvollst~indige Aufzahlbarkeit der A u s n a h m e n .......................................................
299
(b) A l l e s - o d e r - N i c h t s - C h a r a k t e r y o n Regeln ................ 301 (c) M e h r - o d e r - W e n i g e r - C h a r a k t e r y o n Prinzipien ....... 305 (3) F o r m e n der A n w e n d u n g ................................................
312
(a) S u b s u m t i o n .............................................................
312
(b) Abw~igung ...............................................................
317
(4) Kollisionsverhalten ........................................................
324
(a) G e m e i n s a m k e i t e n von N o r m k o n f l i k t e n .................. 324 (b) Regelkonflikte .........................................................
326
(c) Prinzipienkollisionen .............................................. 328 (d) Konflikte z w i s c h e n Regeln und Prinzipien ............. 343 c"
Wichtige A b g r e n z u n g e n .......................................................
344
(I) N o r m e n und Werte ........................................................
345
(a) W e r t b e g r i f f ..............................................................
345
(b) Prinzipien und Ideale .............................................. 350 (2) Alternative N o r m k a t e g o r i s i e r u n g e n .............................. 351
Inhaltsverzeichnis
XV (a) Explizite und implizite N o r m e n .............................. 352 (b) Konditional- und Z w e c k p r o g r a m m e ....................... 354
3. Z w i s c h e n r e s t i m e e ...........................................................................................
356
III. N o r m i m p l e m e n t i e r u n g ........................................................................................
358
1. Generelle B e d e u t u n g ......................................................................................
358
2. Stand der Diskussion innerhalb der U n t e m e h m e n s e t h i k ............................... 362 a) Verbreitete U n t e r s c h e i d u n g e n ..................................................................
362
b) Kritische Wtirdigung ................................................................................
364
3. Organisationstheoretische E i n o r d n u n g ..........................................................
368
a) Organisationen und Organisationsnormen ............................................... 368 b) Theorien organisatorischer E i n f l u s s n a h m e .............................................. aa) Die Organisationstypologie von a'
Etzioni
...........................................
E i n f l u s s n a h m e und I n v o l v e m e n t .................................................
b' Anschlussfragen .......................................................................... bb) Die soziale Einflusstheorie von
Kelman
...........................................
371 371 371 374 378
a'
Compliance, Identifizierung und Internalisierung ...................... 378
b'
B e w e r t u n g ...................................................................................
cc) Der gestaltungsorientierte Ansatz von
Ouchi
...................................
380 383
a'
Markt-, Btirokratie- und Clan-Kontrolle ..................................... 383
b'
Fokussierung der Kontrollthematik ............................................ 386
c'
K o n t i n g e n z h y p o t h e s e n ................................................................
dd) Der Btirokratieansatz von a'
Adler
.......................................................
D i m e n s i o n e n der Formalisierung ................................................
388 390 390
b' Oberlegenheit des e r m 6 g l i c h e n d e n K o n t r o l l m o d u s .................... 393 c) Z w i s c h e n f a z i t ...........................................................................................
395
4. U n t e r s c h e i d u n g y o n Implementierungsmal3nahmen nach der Art der intendierten G e l t e n d m a c h u n g ........................................................................
396
a) V e r h a l t e n s b e z u g .......................................................................................
396
aa) Verhaltensmodell ..............................................................................
396
bb) Verhaltenspramissen .........................................................................
398
b) Idealtypische Arten der G e l t e n d m a c h u n g ................................................ 401 aa) Pr~iferenzbasierte Implementierung ..................................................
401
a'
Grundintention ............................................................................
b'
Prinzipielle MafSnahmen .............................................................
403
a"
Partizipation .........................................................................
403
b"
Personalselektion ..................................................................
407
c"
Persuasion ............................................................................
410
c'
401
W i r k u n g s w e i s e der Persuasionsstrategie .................................... 413 a"
A n w e n d b a r k e i t der P e r s u a s i o n s f o r s c h u n g ........................... 413
XVI
Inhaltsverzeichnis (1) Entwicklung und Eignung ............................................. 413 (2) Befunde der Yale-Studien und nachfolgender Untersuchungen ............................................................. 415 (a) K o m m u n i k a t i o n s i n h a l t ............................................ 415 (b) K o m m u n i k a t o r ........................................................ 419 (c) K o m m u n i k a t i o n s r e z i p i e n t ....................................... 423 (d) Kritik ....................................................................... 424 (3) Theoretische Integration ................................................ 426 (a) Das E L - M o d e l l ..................... ................................... 426 (b) Das H S - M o d e l l ....................................................... 430 (c) Das Uni-Modell ...................................................... 433 (d) Bewertung ............................................................... 438 b"
Determinanten der Persuasionsstrategie ............................... 440 (1) K o m m u n i k a t i o n s b e z o g e n e Faktoren ............................. 441 (a) Involvement der Adressaten .................................... 441 (b) BegrOndung der K o d e x n o r m e n ............................... 443 (c) Glaubw~rdigkeit der kodexsetzenden und -begriindenden Instanz ............................................ 446 (2) N o r m e n b e z o g e n e Faktoren ............................................ 450 (a) NutznieBer der N o r m .............................................. 450 (b) H~ufigkeit der Anwendungssituation ...................... 454 (c) Komplexit/~t der A n w e n d u n g s s i t u a t i o n ................... 455
d' Z u s a m m e n f a s s u n g ....................................................................... 456 bb) Restriktionsbasierte Implementierung .............................................. 459 a'
Grundintention ............................................................................ 459
b'
Prinzipielle Maf3nahmen ............................................................. 462
c'
a"
Belohnungen ......................................................................... 462
b"
Bestrafungen ......................................................................... 466
Wirkungsweise der Sanktionsstrategie ....................................... 470 a"
A n w e n d b a r k e i t der Sanktionsforschung .............................. 470 (1) N o r m c h a r a k t e r von Sanktionen ..................................... 470 (2) Sanktionstheorien .......................................................... 473 (a) Vergeltung ............................................................... 473 (b) A b s c h r e c k u n g .......................................................... 477 (c) Besserung ................................................................ 482 (d) Vereinigung ............................................................. 484 (3) Empirische Erkl/~rungsmodelle ...................................... 485 (a) Sanktionstheoretischer Bezug ................................. 485 (b) Outputorientierte Modelle ....................................... 487
Inhaltsverzeichnis
XVII (c) Prozessorientierte M o d e l l e ...................................... 495 b"
Determinanten der Sanktionsstrategie .................................. 500 (1) O u t p u t b e z o g e n e Faktoren .............................................. 500 (a) S a n k t i o n s s t ~ k e ....................................................... 500 (b) Sanktionswahrscheinlichkeit ................................... 503 (c) S a n k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t ....................................... 510 (2) P r o z e s s b e z o g e n e Faktoren ............................................. 517 (a) A c h t u n g ................................................................... 517 (b) A n h 6 r u n g ................................................................ 521 (c) Neutralitat ............................................................... 523 (d) Transparenz ............................................................. 526 (3) N o r m e n b e z o g e n e Faktore n ............................................ 528 (a) Nutzniel3er der N o r m .............................................. 528 (b) H~iufigkeit der A n w e n d u n g s s i t u a t i o n ...................... 530 (c) Komplexit~it der A n w e n d u n g s s i t u a t i o n ................... 531
d' cc)
Z u s a m m e n f a s s u n g ....................................................................... 533
Komplementarit~it der Implementierungsans~itze ............................. 534
C~ Eignung u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s ................................................................... 537 I.
Arten u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r K o d i z e s ................................................................ 537
II.
Arten u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r P r o b l e m s t e l l u n g e n ............................................... 539 1. B e f o l g u n g s p r o b l e m e ...................................................................................... 539 2. B e g r t i n d u n g s p r o b l e m e ................................................................................... 542
III. Arten u n t e m e h m e n s e t h i s c h e r A n w e n d u n g s k o n s t e l l a t i o n e n ................................ 544 1. U n t e r n e h m e n .................................................................................................. 544 2. A d r e s s a t e n ...................................................................................................... 550
4. Kapitel: Z u s a m m e n f a s s u n g und A u s b l i c k ......................................................................... 559
Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 563
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Ethische Harmoniehypothese .......................................................................... 56
Abbildung 2:
Konflikthypothese ...........................................................................................
Abbildung 3:
Okonomische Erm0glichungshypothese ......................................................... 71
66
Abbildung 4:
Opportunismushypothese ................................................................................ 76
Abbildung 5:
Globalzusammenhang zwischen Ethik und Erfolg ....................................... 108
Abbildung 6:
Potpourri der Zielsetzungen unternehmensethischer Kodizes ...................... 125
Abbildung 7:
Prozessuale Hauptkomponenten moralischen Verhaltens ............................ 127
Abbildung 8:
Grundschema der Regelanwendung ............................................................. 313
Abbildung 9:
Lokalisierung des Gewichtungskonflikts ...................................................... 333
Abbildung 10: Begrtindungsstruktur konfliktl6sender Gewichtungsempfehlungen ............. 338 Abbildung 11: Begrtindung einer Gewichtungsempfehlung ................................................. 342 Abbildung 12: Arten normativer Urteile ...............................................................................
347
Abbildung 13: Direkte Wirkungszusammenh~inge zwischen Einflussnahme und Involvement ..................................................................................................
377
Abbildung 14: Syllogismus der Urteilsfindung .................................................................... 435 Abbildung 15: Ubersicht verschiedener Geltungsbegriffe .................................................... 503 Abbildung 16: Zeitliche Bezugspunkte der Sanktionsgeschwindigkeit ................................ 512
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1" Tabelle 2"
Obersicht untemehmensethischer ImplementierungsmaBnahmen ................... 30 Obersicht bisheriger Untersuchungen der Verbreitung untemehmensethischer Kodizes ....................................................................... 37
Tabelle 3"
Fallkonstellationen direkter Kausalbeziehungen zwischen Ethik und Erfolg .. 55
Tabelle 4:
Instrumentelle Begrtindungen eines Stakeholder-Managements ...................... 60
Tabelle 5'
Empirische Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen ethischer und 0konomischer Performance .............................................................................. 91
Tabelle 6:
12/bersicht bisheriger Untersuchungen zur Effektivit/at unternehmensethischer Kodizes ..................................................................... 177
Tabelle 7"
Obersicht bisheriger Untersuchungen der Themenstellungen untemehmensethischer Kodizes ..................................................................... 207
Tabelle 8:
Strategien f'tir ein Ethikmanagement nach
Tabelle 9:
Die Organisationstypologie von
Tabelle 10:
Prozesse der Einflussnahme nach
Tabelle 11:
Eignung verschiedener Kontrollarten nach
Tabelle 12:
Kennzeichnung des erzwingenden und des erm• Kontrollmodus nach
Adler
Etzioni
Paine
............................................
363
.........................................................
373
.....................................................
379
Kelman
Ouchi
..........................................
..............................................................................
388 391
Tabelle 13"
Implementationskontext des erzwingenden und des erm0glichenden
Tabelle 14:
Die Organisationstypologie von A d l e r
Tabelle 15"
Informationsgehalt der untersuchten Kontrollbeitrage ................................... 396
Tabelle 16:
Typologie unternehmensethischer Kodizes .................................................... 538
Kontrollmodus nach
Adler
.............................................................................. ...........................................................
393 394
Abkiirzungsverzeichnis Zeitschriftentitel in kursiver Schrifi ABER ABLJ
Akron Business and Economic Review American Business Law Journal
Abs.
Absatz
ACPI
American Institute of Certified Public Accountants
AER
American Economic Review
AG
Die Aktiengesellschafi
AICPA
American Institute of Certified Public Accountants
AJS
American Journal of Sociology Academy of Management Executive Academy of Management Journal Academy of Management Review
AME AMJ AMR Anm.
Anmerkung
AOS
Accounting, Organizations and Society American Political Science Review
APSR
ASR
Annual Review of Psychology Archiv far Rechts- und Sozialphilosophie Administrative Science Quarterly American Sociological Review
Aufl.
Auflage
B&PEJ
Business & Professional Ethics Journal Business & Society Betriebs-Berater
ARP ARSP ASQ
B&S BB Bd.
Band
BE
Business Ethics- A European Review Business Ethics Quarterly Betriebswirtschafiliche Forschung und Praxis
BEQ BFuP BGH
Bundesgerichtshof
BH BSR
Business Horizons Business and Society Review
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BWL
Betriebswirtschaftslehre
CA
California
CEO
Chief Executive Officer
CEP
Council on Economic Priorities
xxIv
Abktlrzungsverzeichnis
CFO
Chief Financial Officer
CFP
Corporate Financial Performance
CJWB
Columbia Journal of Worm Business
CMR
California Management Review
CSP
Corporate Social Performance
CSR
Corporate Social Responsibility
CT
Connecticut
DB
Der Betrieb
DBW
Die Betriebswirtschaft
DC
District of Columbia
ders.
derselbe
d.h.
das heifSt
DU
Die Unternehmung
ebd.
ebenda
EL
Elaboration Likelihood
ELM
Elaboration Likelihood Model
En.
Endnote(n)
EOA
Ethics Officers Association
EPPA
Employee Polygraph Protection Act
EPPM
Extended Parallel Process Model
et al.
et altera
etc.
et cetera
ET&P
Entrepreneurship Theory and Practice
EuS
Ethik und Sozialwissenschafien
f.
folgende (Seite)
ff.
fortfolgende (Seiten)
FCPA
Foreign Corrupt Practices Act
FL
Florida
Fn.
Ful3note(n)
FTSE 350
Gewichteter B6rsenindex der 350 (nach Marktkapitalisierung) gr6fSten Untemehmen mit Notierung an der London Stock Exchange
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GE
General Electric
GG
Grundgesetz for die Bundesrepublik Deutschland
HB
Handelsblatt
HBR
Harvard Business Review
Herv.
Hervorhebung(en)
HR
Human Relations
hrsg.
herausgegeben
Abktirzungsverzeichnis Hrsg.
Herausgeber
HS
Heuristic-Systematic
HSM
Heuristic-Systematic Model
HWB
Handw6rterbuch der Betriebswirtschaft
HWFti
Handw/Srterbuch der Ftihrung
HWInt
HandwOrterbuch Export und Intemationale Unternehmung
HWO
Handw6rterbuch der Organisation (4. Aufl.: Handw6rterbuch
HWP
Handw6rterbuch des Personalwesens
Untemehmensfdhrung und Organisation) HWPlan
HandwOrterbuch der Planung
IA
Iowa
IAS
International Accounting Standards
i.e.
id est
i. e. S.
im engeren Sinne
IJV-BM
International Journal of Value-Based Management
IL
Illinois
IN
Indiana
Inc.
Incorporated
insb.
insbesondere
i. S. v.
im Sinne yon
IT
Informationstechnologie
i. V. m.
in Verbindung mit
JAP
JPSP
Journal of Applied Psychology Journal of Applied Social Psychology Journal of Business Ethics Journal of Business Venturing Journal of Economic Literature Journal fftr Betriebswirtschafi Journal of Financial Economics Journal of Financial and Quantitative Analysis Jahresschrifi far Rechtspolitologie Journal of International Business Studies Journal of Institutional and Theoretical Economics Journal of Management Journal of Management Studies Journal of Organizational Behavior Journal of Political Economy Journal of Personality and Social Psychology
Jr.
Junior
JASP JBE JBV JEL JFB JFE JFQA JfR JIBS JITE JM JMS JOB JPE
XXV
XXVI JZ KZSS LRP
Abktlrzungsverzeichnis
Juristenzeitung KOlner Zeitschrifi fi~r Soziologie und Sozialpsychologie Long Range Planning
MA
Massachusetts
MBA
Master of Business Administration
MD
Maryland
MIR MLR
Management International Review Michigan Law Review
m.N.
mit Nachweis(en)
MN
Minnesota
MNCs
multinational corporations
MSc
Management Science
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
NE
Nebraska
NGO
Non-Governmental Organization
NJ
New Jersey
NLC
National Labor Committee
Nr.
Nummer
NY
New York
NYSE
New York Stock Exchange
o.V.
ohne Verfasser
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
OH
Ohio
OSc OSt
Organization Science Organization Studies
PPD
The Philosophy and Policies of Dana
PR
Public Relations
PSPB
ROB
Personality and Social Psychology Bulletin Review of Financial Economics Research in Corporate Social Performance and Policy Research in Organizational Behavior
S.
Seite(n)
RFE RCSP&P
SA 8000
Social Accountability 8000
sbr
Schmalenbach Business Review
SEC
U.S. Securities and Exchange Commission
SMJ SMR
Strategic Management Journal Sloan Management Review
sog.
so genannt
Sp.
Spalte(n)
Abktlrzungsverzeichnis
StGB
Strafgesetzbuch
TQM
Total Quality Management
Ts.
Taunus
TX
Texas
Tz.
Textziffer
UNCTAD
United Nations Conference on Trade and Development
US[A]
United States [of America]
USW.
und so weiter
V.
von
VAP
Value Added per Person
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
WHO
World Health Organization
WI
Wisconsin
WiSt YLJ
Wirtschafiswissenschafiliches Studium Yale Law Journal
z.B.
zum Beispiel
ZfB
ZHR
Zeitschrift fiir Betriebswirtschafi Schmalenbachs Zeitschrift fiir betriebswirtschafiliche Forschung Zeitschrift Ffihrung + Organisation Zeitschrifi fiir Umweltpolitik und Umweltrecht Zeitschrifi fiir Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift fiir das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
zit.
zitiert
ZOR ZStW
Zeitschrifi far Offentliches Recht Zeitschrift far die gesamte Strafrechtswissenschafi
z.T.
zum Teil
ZWS
Zeitschrift fiir Wirtschafis- und Sozialwissenschaften
ZfbF zfo ZR3 ZGR
XXVII
Symbolverzeichnis In der Reihenfolge des Auflretens im Text 1 S
(eine) Situation (bestimmten Typs)
h
(eine) Handlung(sweise) (bestimmten Typs)
g
(ein) Gebaren (bestimmten Typs)
v
verbindlich
Konditional (,,wenn-dann") 0
obliged, geboten
F
forbidden, verboten
P
permitted, erlaubt Negation (,,nicht")
X
Individuenvariable oder Merkmalstr~iger
(x)
Allquantor (,,Ft~r alle x")
A(A)
Adressat(en) einer Norm
A
Konjunktion (,,und")
B(B)
Benefiziar(e) einer Norm m6glicher Benefiziar einer Norm
/
Schragstrich (bzw. Bruchstrich) bedeutet, dass die links (oben) notierte GrOge aktiv der rechts (unten) notierten Gr6ge gegenObersteht
O
Normgeber gibt zu erkennen, tut kund, verkOndet w6rtliche Verk0ndung des nachstehenden Inhalts
W WSchrift
wOrtliche VerkOndung in Schriftform des nachstehenden Inhalts
N
Norm
Ns R
Sanktionsnorm Regel
i
Laufindex
G
GOltigkeitsoperator
P
Prinzip
P
Pr~iferenzoperator
M
Magnahme, Mittel
f
Funktion
Multiple Bedeutungen einzelner Symbole sind aufgrund ihrer unterschiedlichenVerwendungsweisenin den gebrfiuchlichen Notationen unvermeidlich. Aus dem Zusammenhanggeht jedoch stets eindeutig hervor, mit welcher Bedeutungdas betreffende Symbolim Textjeweils Verwendungfindet.
XXX R-Code P-Code PbI RbI V
Symbolverzeichnis Regelbasierter Kodex Prinzipienbasierter Kodex Pr~ferenzbasierte Implementierung Restriktionsbasierte Implementierung Disjunktion (,,oder")
I. Kapitel" Einleitung A. Gegenstand der Untersuchung Eine praktisch relevante Untemehmensethik befasst sich nicht nur mit der Begrtindung, sondern auch mit der Geltendmachung moralischer Normen im unternehmerischen Kontext. Entsprechende Reflexionen sind demnach nicht darauf begrenzt, guten und gerechten Handlungsweisen ihre Gtiltigkeit zu erweisen. Vielmehr sind zudem Gestaltungshinweise dartiber zu entwickeln, wie die Befolgungschancen dieser Normen unter den konkreten Anwendungsbedingungen der Unternehmenspraxis zu fOrdern sind. Eine stichhaltige Rechtfertigung der moralischen Zutraglichkeit einer Norm reicht im marktwirtschaftlichen Wettbewerb nicht hin, um die Anwendung der Norm zu motivieren. Infolgedessen gilt es zu klaren, welche Magnahmen geeignet sein k6nnen, um eine solche Anwendungslticke zu schlieBen. Unter den einschlagigen Instrumenten zur Implementierung einer Unternehmensethik haben unternehmensethische Kodizes seit jeher eine herausragende Position inne. Dabei handelt es sich um Dokumente, die in schriftlicher Form Handlungsgrundsatze (Normen) beschreiben, die tiber moralische Relevanz verf'tigen und ftir das Unternehmen verbindlich sein sollen. Ethik-Kodizes stellen nicht nur eine auBerst bekannte, sondern auf3erdem eine bereits sehr weit verbreitete Ma6nahme zur unternehmensethischen Institutionalisierung dar. Wenngleich unternehmensethische Kodizes sich einer groBen Popularitat erfreuen und inzwischen zahlreiche Untersuchungen Kodizes zum Gegenstand haben, so ist dennoch weiterhin unklar, ob und inwieweit Ethik-Kodizes im intendierten Sinne verhaltensbeeinflussend wirken und moralischen Normen im Unternehmen Geltung verschaffen, sodass sich in der Konsequenz die moralische Qualitat unternehmerischer Entscheidungen verbessert. Ihre weite Verbreitung mag zwar indizieren, dass dieses Instrument gemeinhin als eine effektive ImplementierungsmaBnahme erachtet wird. Der Nachweis steht allerdings noch immer aus, dass Kodizes das Unternehmensgeschehen tatsachlich wirksam ethisieren. So sind empirische Untersuchungen zu unterschiedlichen und bislang keineswegs konsistenten Befunden dartiber gekommen, inwieweit ein Kodex die Handlungen der Unternehmensmitglieder tangiert. Bereits eine etwas nahere Betrachtung macht deutlich, dass es kaum angebracht ware anzunehmen, dass Unternehmenskodizes entweder generell niatzlich oder nutzlos sind. Die Etablierung (irgend)eines (beliebigen) Kodexdokuments kann nicht genOgen, um die angestrebten Ethisierungseffekte zu erreichen. Vielmehr wird die Effektivitat von Kodizes davon abhangen, wie diese Dokumente ausgestaltet und in das Unternehmensgeschehen eingebunden sind. Obgleich der Gestaltung unternehmensethischer Kodizes demgema6 grundlegende Bedeutung zuzuerkennen ist, liegen bis heute nicht einmal dartiber fundierte Kenntnisse vor, welche kodexbezogenen Gestaltungsparameter tiberhaupt verhaltensrelevant und zugleich kontextabhangig veranderbar sind. Eine derart differenzierte Sicht, die nicht nur das Vorhandensein, sondern tiberdies die konkrete Ausgestaltung eines Kodex berticksichtigt, ist gleichwohl not-
2
Einleitung
wendig, um das Ethisierungspotential von Kodizes genauer ausloten und im Anschluss der Praxis nicht nur ad hoc begrtindete Gestaltungsempfehlungen anbieten zu k6nnen. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit eine umfassende Analyse unternehmensethischer Kodizes erstellt, die dem Normcharakter von Kodizes entsprechend normentheoretisch geleitet ist, und eine Kodextypologie erarbeitet, die auf gestaltungsrelevanten Kodexmerkmalen grtindet. Zu diesem Zweck wird eine dezidiert gestaltungsorientierte Perspektive eingenommen. Die sich ergebende Einteilung soll auf grundlegenden Kodexmerkmalen basieren, die zum einen Verhaltensrelevanz besitzen und zum anderen zugleich durch das Untemehmen gezielt beeinflussbar sind. Anderen Kodexeigenschaften wird ihre Bedeutsamkeit nicht abgesprochen. Es kann jedoch gezeigt werden, dass sich die tibrigen Kodexeigenschaften deshalb nicht sinnvoll variieren lassen, weil sie entweder zu idiosynkratisch und daher als grundlegendes Gestaltungsmerkmal wenig geeignet erscheinen oder aber nur bestimmte ihrer Auspr~igungen als erfolgswirksam auszuzeichnen sind. Das Anliegen der Arbeit ist somit kurz gefasst, die wesentlichen Gestaltungsdimensionen untemehmensethischer Kodizes zu ermitteln und erste Empfehlungen ft~r ihre zweckm/~gige Ausgestaltung zu entwickeln.
B. Gang der Untersuchung Die Arbeit gliedert sich in insgesamt vier Kapitel. Nach dieser Einleitung sind zu Beginn einige Grundlagen der Untemehmensethik zu behandeln (2. Kapitel). Im Zuge dessen werden der hier angenommene Begriff der Unternehmensethik gekennzeichnet (2. Kapitel, Abschnitt A.) sowie Anliegen und Arten der Ethik knapp er6rtert (Abschnitt B.). Im Anschluss werden die Grundprobleme einer praktisch relevanten Unternehmensethik markiert (Abschnitt C.), die sowohl die Gt~ltigkeit (das heiBt: die normative Begrt~ndung) als auch die Geltung (das heiBt: die empirische Befolgung) untemehmensethischer Normen zu thematisieren hat. Zur St~irkung der Geltungschancen moralischer Normen steht eine Reihe untemehmensethischer ImplementierungsmaBnahmen zur Auswahl, von denen Ethik-Kodizes die gr6Bte Bedeutung zukommt. In diesem Abschnitt wird daher aul3erdem zum einen der Begriff untemehmensethischer Kodizes genauer expliziert. Zum anderen wird die bereits sehr weite Verbreitung untemehmensethischer Kodizes belegt, die eine n~ihere Analyse dieses Implementierungsinstruments rechtfertigt. SchlieBlich erfolgt ein etwas eingehenderes Eruieren des Zusammenhangs zwischen Ethik und Erfolg. Damit ist keine konzeptionell orientierte Verh~iltnisbestimmung bezweckt, die an ein konkretes (Untemehmens-)Ethikverst~indnis gebunden ist. Stattdessen wird die empirische Beziehung zwischen den beiden Konstrukten Ethik und Erfolg ausgeleuchtet, da die Erfolgsimplikationen eines ethischen Engagements dazu beitragen k6nnen, dass Fragen der Untemehmensethik in der Praxis (noch) grOBere Aufmerksamkeit erfahren und in der Konsequenz das Interesse an Kodizes und ihrer zweckm~iBigen Ausgestaltung (weiter) zunimmt. Das dritte Kapitel bildet sowohl inhaltlich als auch umffinglich den Hauptteil der Arbeit. Im ersten Abschnitt (3. Kapitel, Abschnitt A. I.) werden zun~ichst die Triebkr~ifte erl~iutert, die eine Kodexetablierung veranlassen k6nnen. Sodann werden mit der Ethisierungs-, der Koor-
Gang der Untersuchung
3
dinations-, der Legitimierungs- und der Dereguliemngsfunktion vier grundlegende Zielsetzungen eingeftihrt, denen Kodizes dienstbar sein k6nnen (Abschnitt A. II.). Da die vorliegende Arbeit Kodizes indes als Instrument zur Implementierung einer Untemehmensethik zum Gegenstand hat, konzentriert sich der Fortgang der Untersuchung darauf, ob und inwieweit Ethik-Kodizes - in Abh~ingigkeit ihrer konkreten Ausgestaltung- befolgt werden und damit dem Guten und dem Gerechten im Unternehmen zur Geltung verhelfen k6nnen (Ethisiemngsfunktion). Eine diesbeztigliche Eignung yon Kodizes wird mit ethisch-normativen, emanzipatorischen und empirischen Argumenten zum Teil fundamental in Frage gestellt (A. III.). Diese Einwendungen sind insoweit detaillierter aufzuarbeiten, als einerseits ihre Grundsatzkritik zwar zu entkr/aflen ist. Auf der anderen Seite sind den vorgebrachten Bedenken jedoch zugleich erste Anhaltspunkte dartiber zu entnehmen, was bei der Kodexgestaltung zweckm/iBigerweise zu erw~igen ist, um das Ethisierungspotential dieses Instruments aussch6pfen zu k6nnen. In Abschnitt B. werden die Gestaltungsdimensionen unternehmensethischer Kodizes entfaltet. Zur Herleitung geeigneter Gestaltungsparameter wird an der Normeigenschaft yon Kodizes angesetzt und demgem~iB eine normentheoretische Analyse m6glicher Gestaltungsvariablen vorgenommen (Abschnitt B. I.). Zur weiteren und notwendigen Einschr~inkung der prinzipiell (fast) unbegrenzten Gestaltungsvielfalt gilt es dabei solche Parameter zu ermitteln, die in der Weise gestaltungsrelevant sind, dass sich ihre Auspr/igungen zum einen durch das Untemehmen gezielt beeinflussen lassen. Zum anderen sollen die zugeh6rigen Parameterauspr~igungen nicht unter allen Umst/anden entweder geeignet oder ungeeignet erscheinen, um die angestrebte Ethisierung zu erreichen. Es soll mit anderen Worten sowohl m6glich als auch zweckmal3ig sein, die Parameterauspr~igungen situationsabhangig zu variieren. Schliel31ich soll es sich um m6glichst grunds~itzliche (und nicht nur idiosynkratische) Kodexmerkmale handeln, die eine sinnvolle Typologisierung unterschiedlicher Kodexarten erlauben. Die generischen Gestaltungsdimensionen lassen sich danach einteilen, ob sie den Norminhalt (B. II.) oder die Normimplementierung (B. III.) betreffen. Im Ergebnis k6nnen beztiglich des Norminhalts prinzipienartige yon regelartigen Kodizes abgegrenzt werden, wobei es sich bei Prinzipien und Regeln um Normen handelt, die in Hinblick auf ihre Struktur, ihre Anwendungsform und ihr Kollisionsverhalten abweichende Eigenschaften aufweisen. Die Art der intendierten Geltendmachung des Kodex hingegen kann entweder pr~iferenz- oder restriktionsbezogen ausgestaltet sein. Die resultierenden Implementierungsstrategien werden als Strategien der Persuasion bzw. der Sanktion bezeichnet und ihre jeweiligen Wirkungsweisen im Detail ausgeftihrt. Abschnitt C. ist ersten Einsch~itzungen fiber die Eignung untemehmensethischer Kodizes gewidmet. Auf der Basis der dargelegten Gestaltungstiberlegungen lassen sich vier Idealtypen untemehmensethischer Kodizes bilden (Abschnitt C. I.). Da die Gestaltungsdimensionen gezielt so gefasst worden sind, dass sie nicht in generell tiber- oder unterlegene Kodexarten mtinden, muss die Beurteilung der Kodexeffektivit~it tiber den Kodex selbst hinausreichen und
4
Einleitung
weitere Kennzeichen der Anwendungsbedingungen einbeziehen. Wie ergiebig die entwickelten Kodextypen und die ihnen zugrunde liegenden Wirkmechanismen sind, verdeutlicht eine erste Diskussion darfiber, ob und inwieweit sich die Kodizes zur Bewfiltigung von unternehmensethischen Befolgungs- und Begrfindungsproblemen anbieten (C. II.). Sodann wird der Blick auf weitere Eigenschaften der unternehmensethischen Anwendungskonstellation ausgedehnt (C. III.) und damit das Bewusstsein daffir geschfirft, dass eine erfolgreiche Kodifizierungsstrategie nicht nur rein normentheoretisch fundiert sein kann, sondern zusfitzlich Merkmale des Untemehmens und der Kodexadressaten zu berficksichtigen hat. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Befunde und ein Ausblick auf m6gliche Anschlussuntersuchungen beschlieBen die Arbeit (4. Kapitel).
2. Kapitel: Unternehmensethische Grundlegungen A. Begriff und Notwendigkeit der Unternehmensethik Da u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e K o d i z e s der I m p l e m e n t i e r u n g einer U n t e r n e h m e n s e t h i k dienen, ist zun~ichst die N o t w e n d i g k e i t y o n U n t e r n e h m e n s e t h i k in einer Marktwirtschafl zu skizzieren. W~ihrend in frt~heren diesern T h e m a g e w i d m e t e n VerOffentlichungen noch heftig tiber Sinn und Z w e c k einer U n t e r n e h m e n s e t h i k gestritten wurde l, kann heute konstatiert werden, dass zumindest fiber ihre N o t w e n d i g k e i t keine ernsthaften Zweifel m e h r vorgebracht w e r d e n 2. Das Fachgebiet hat sich international als eigenst~indige Disziplin etabliert 3. D e n n o c h scheint die B e s t i m m u n g yon U n t e r n e h m e n s e t h i k mitunter diffus oder zumindest m a n g e l n d expliziert. Die Schwierigkeiten einer genauen Explikation des Begriffs Unternehmensethik haben einerseits dazu verffihrt, a u f eine Begriffskl~irung zu verzichten. So stellen Randall~Gibson fest, dass lediglich 22 % der 94 von ihnen analysierten Studien tiber unter-
n e h m e n s e t h i s c h e 121berzeugungen und V e r h a l t e n s w e i s e n ihren G e g e n s t a n d definierten 4. In den fibrigen Ver6ffentlichungen wurde der Leser dar~ber im Unklaren gelassen, wie in der entsprechenden Arbeit Ethik oder ethisches Verhalten verstanden wird 5. A u f der anderen Seite ziehen undeterminierte Begriffe regelm~il3ig eine Vielzahl unterschiedlicher und zum Teil konkurrierender T e r m i n o l o g i e n nach sich. Bei der U n t e r s u c h u n g von 254 D o k u m e n t e n , die tiber Definitionen des Begriffs U n t e r n e h m e n s e t h i k v e r f % e n , isoliert L e w i s 308 unterschiedli-
Neben dem immer wieder zitierten und haufig verkarzt interpretierten Diktum des Nobelpreistragers Friedman (1970) fiber die soziale Verantwortung von Unternehmen in der Marktwirtschaft (vgl. dazu auch unten, S. 67 ff. der vorliegenden Arbeit) ist im deutschen Sprachraum insbesondere auch an die skeptischen Beitrfige von Schneider und Hax zu erinnern [vgl. Schneider (1990); Schneider (1991); Hax (1993); Hax (1995)], die sich allerdings im Kern lediglich auf eine in bestimmter Weise (miss-)verstandene Konzeptualisierung yon Unternehmensethik bezogen haben. 2 Vgl. nur sehr deutlich Steinmann/LOhr (1998), S. 414: ,,DAB Ethik im Rahmen der Unternehmensflihrung ... eine bedeutende Rolle spielt, bedarfmittlerweile keiner besonderen Erlfiuterung mehr". 3 Vgl. bereits Goodpaster (1992), S. 114: ..... business ethics enters the mainstream of management education and corporate policy ...", weiterhin auch den Titel von Langdon (1997): ,,Corporate ethics are now a mainstream management issue", sowie Collier (1998), S. 621: ,,The business ethics enterprise is now well established both academically and in terms of corporate involvement.". Die Institutionalisierung des Feldes wird nicht zuletzt durch die Grandung eigener Fachzeitschriften [Journal of Business Ethics (gegrandet 1982), Business & Professional Ethics Journal (1982), Business Ethics Quarterly (1991), Business Ethics - A European Review (1992)] und internationaler Netzwerke sowie die Einrichtung unternehmensethischer Zentren und Lehrstt~hle indiziert [vgl. z. B. De George (1987), S. 203; Fleming (1987), S. 1; Stark (1993), S. 38; Grabner-Krdiuter (1998), S. 2]. 4 Vgl. Randall~Gibson (1990), S. 461 f. Zu fihnlichen, wenngleich etwas weniger extremen Resultaten gelangt Lewis (1985), S. 379 f.: Nur 49 (31%) der von ihm untersuchten Lehrb0cher bzw. 20 (40 %) der insgesamt 50 betrachteten Zeitschriftenartikel, die sich mit dem Thema Ethik und Moral beschaftigen, verf'dgen fiber eine Defnition des Begriffs ,,business ethics". 5 Dies ist insoweit verwunderlich, als sich zumindest Formaldefinitionen, die Mr viele Untersuchungszwecke ausreichen kOnnen, recht unproblematisch formulieren lassen. Vgl. z. B. Sims (1992a), S. 506 im Original z. T. kursiv: ,,Formally defined, ethical behavior is that which is morally accepted as >>goodrightbadwrong>Ethik>ethicsprogram>movement>licenseto operateethical outsider>deregulationt>richtigenconstantly trimmed>fair~ solution in turn encourages egocentric interpretations of fairness, where parties focus on the solution that is most advantageous to them.".
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
den nicht seltenen F~.llen zu erwarten, bei denen einzelne Kodexnormen konfligieren, ohne dass den Adressaten die dann gebotenen Vorrangsregelungen erkennbar sein miassen 315. Einer solchen dysfunktionalen Ausnutzung verbleibender Handlungsspielr~ume l/~sst sich generell dadurch begegnen, dass diese Entscheidungsfreiheiten weiter eingegrenzt und entsprechend speziellere Kodexnormen erlassen werden. Kodexnormen, die konkret vorgeben, wie sich der Akteur in einer bestimmten Situation verhalten soil, reduzieren sein Ermessen und die damit korrespondierende Unsicherheit, welche Handlungsweise jeweils konkret geboten ist. Diese Ungewissheitsreduktion ist gleichwohl triJgerisch, da Kodizes nicht s/amtliche Entscheidungssituationen vorwegnehmen kOnnen und die Notwendigkeit verbleibt, dass die Adressaten im Zuge der Auslegung und Anwendung der Kodexnormen eigene Urteile treffen mtissen 316. Zugleich suggerieren untemehmensethische Kodizes in der Weise einen umfassenden Geltungsanspruch, dass sie die grundlegenden Standards tiber das gute und richtige Unternehmenshandeln bestimmen. In der Folge wird der (Fehl-)Einsch~itzung Vorschub geleistet, dass all den Sachverhalten, die keiner Normierung durch den Kodex unterliegen, aus Sicht des Unternehmens keine moralische Relevanz zukommt und ihre Behandlung daher dem freiem Belieben der Akteure tiberlassen ist 317. Es kann sich mit anderen Worten die Auffassung durchsetzen, dass alle Handlungsweisen als erlaubt zu erachten sind, sofern sie der Kodex nicht explizit verbietet 318. Bei Problemstellungen, die der Kodex tibergeht, werden sich die individuellen LOsungssuchen erneut an eigenntitzigen Zielen orientieren, zumal die fehlende Kodifizierung die moralische Relevanz der korrespondierenden Entscheidungssituation zu negieren scheint 319. Wenn daher schlieBlich versucht wird, diesen Fehlleitungen durch immer weitere Regulierungen Einhalt zu gebieten, treten die urspriJnglichen Normierungsziele in den Hintergrund, da sich die grundstitzliche Zwecksetzung des Kodex in dem ausufernd detaillierten Regelwerk verliert 32~ Die Akteure orientieren sich nur noch am Wortlaut des (verbosen) Kodex, um sich formal zu versichern, dass ihr Verhalten kodexkonform ist. Diese einseitige Orientierung an
315 Siehe auch Metzger/Dalton/Hill (1993), S. 30: ,,>>Ambiguityabout priorities~ has been identified as a major source of corporate deviance"; Gotterbarn (1999), S. 83: ,,in many situations these [code, T. T.] rules conflict and the code provides offer no guidance as to which principles should have higher priority. This ambiguity of priority leaves the ethical decision maker confused.". 316 Siehe nochmals oben, S. 159 ff. der vorliegenden Arbeit. 317 Vgl. zu dieser Gefahr auch Molander (1987), S. 624, 631 ; Hyman/Skipper/Tansey (1990), S. 16; Staffelbach (1994b), S. 343; Dienhart (1995), S. 433; Johnson/Cassell/Smith (1996), S. 175; Kaptein/Wempe (1998), S. 859; Boatright (2000), S. 368; Tenbrunsel (2000), S. 134; Kaptein/Wempe (2002), S. 276. 318 Siehe auch Grace~Cohen (1995), S. 188: ,,where unethical conduct is not prohibited it may be assumed that it is permitted.". 319 Siehe auch Gotterbarn (1999), S. 83: ,,The problem with an incomplete Code is that it can leave a practitioner without guidance in new situations.". 32o Vgl. z. B. Tenbrunsel (2000), S. 132: ,,Such specificity may result in a focus on the principle itself rather than on the objective behind the principle, causing a neglect of anything not specified by the principle and potentially increasing the undesirable behaviors that the codes are attempting to eliminate.".
Begrtlndung unternehmensethischer Kodizes
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den kodifizierten Tatbestanden kann sowohl kognitive als auch motivationale Ursachen besitzen. Zum einen mtissen die Akteure mit zunehmendem Detaillierungsgrad des Kodex mehr Ressourcen aufwenden, sofern sie sich vergewissern wollen, dass ihr Handeln mit den komplex beschriebenen Kodexauflagen tibereinstimmt. Dartiber hinausreichende Auslegungsanstrengungen, die zudem die Normierungsziele in die Abw~igung der zur Auswahl stehenden Handlungsaltemativen einbeziehen, k6nnen demzufolge rasch an Ressourcenengp~issen scheitern. Zum anderen kann die formal festgelegte Forderung zuvor zum Teil freiwillig gew~ihlter Handlungsweisen die intrinsische Motivation verdrangen und veranlassen, dass die Standards nur noch dann eingehalten werden, wenn andernfalls negative Sanktionen drohen. Die pers6nliche Anerkennung der gebotenen Handlungsweisen wie auch die Einsicht in ihre Notwendigkeit schwinden hingegen unter den Bedingungen, dass das Unternehmen eine unangemessene Ausnutzung verbleibender Handlungsspielr/iume durch seine Mitarbeiter bef'tirchtet, die Normierungslticken deshalb immer starker begrenzt und die Akteure entsprechend mehr Handlungsrestriktionen zu beachten haben. Dies kann zu Reaktanz und Ablehnung des Kodex f'tihren, obgleich seine Normen keineswegs prinzipiell den Pr~iferenzen der Adressaten (h~itten) widersprechen mtissen 321. Bestrebungen, bewusst gegen den (Sinngehalt des) Kodex zu verstoBen, sind daher zu erwarten und insofern unabwendbar, als sich nicht sarntliche Entscheidungsprobleme im Vorhinein vollst~indig strukturieren lassen und nicht alle Probleml6sungen tiberwacht werden k6nnen.
bb) Replik a' Verhaltensrelevanz organisationaler Maflnahmen Es kann als unbestritten gelten, dass sich die Handlungen der Unternehmensmitarbeiter durch organisationale M~nahrnen, zu denen auch unternehmensethische Kodizes zu z~ihlen sind 322, grunds~itzlich beeinflussen lassen 323. Diese Auffassung liegt auch der Kritik der fehlgehenden Kodexwirkungen zugrunde. Organisationsma6nahmen ktinnen daher einen Einfluss austiben, zwar nicht notwendigerweise auf den Menschen selbst, wohl aber auf sein tats~ichliches Verhalten im Untemehmen. Selbst dann, wenn ihre individuellen Eigenschaften, das hei6t ihre grundlegenden Einstellungen, Motive, Oberzeugungen und Ziele (kurz: ihre grundlegenden Pr~iferenzen) unver~inderbar waren, wtirden die Akteure dennoch ihr Verhalten an
32~ Vgl. z. B. auch Callan (1992), S. 762: ,,people feel considerable reactance or a loss of freedom in response to demands to alter their behavior ... the attitude-behavior relationship may break down if employees feel forced to act in certain ways, even if those actions are in line with guidelines for acceptable ethical behavior.". 322 Siehe nochmals oben, S. 128 ff. der vorliegenden Arbeit. 323 Vgl. z. B. Victor/Cullen (1988), S. 102: ,,individual characteristics alone are insufficient to explain moral and ethical behavior. As such, there is an increasing concern for the impact of social factors on individual moral behavior", oder McDonald (1999), S. 146: ,,clearly, some form of normative structure in the form of policy and codes does have an impact on ethical attitudes and possibly behaviour.".
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
die Restriktionen anpassen, die das Unternehmen setzt. Folglich kann ein Kodex demnach wenigstens dann dazu beitragen, dass die kodifizierten Standards mehr Beachtung finden, sofern seine Normen nicht nur g~ingige Praxis beschreiben und sich durch Sanktionen wirksam bewehren lassen. Die Beurteilung der Verhaltenseffekte unternehmerischer Kodizes ist somit nicht allein an der Gestaltung des Kodex selbst festzumachen, sondern sie muss zudem die Art seiner Geltendmachung beri~cksichtigen. Hinzu kommt, dass sich die Menschen nicht so einteilen lassen, dass sie entweder immer nur gut oder ausnahmslos schlecht eingestellt sind und handeln 324. Eine empirische Kodexkritik kann kaum t~berzeugen, wenn ihre empirischen Pr~imissen erkennbar unzutreffend sind. Zum einen wird in der Unternehmenspraxis die tiberw~iltigende Mehrheit der Kodexadressaten keinem der beiden Extreme zuzurechnen sein. Stattdessen ist realistischerweise davon auszugehen, dass die Akteure zwar einen Gerechtigkeitssinn entwickelt haben, aber dennoch nicht in jeder Entscheidungssituation alle tibrigen und insbesondere sfimtliche ihrer subjektiven Interessen dem Guten und Gerechten unterordnen wollen. Bei geeigneter Begrtindung und Bewehrung kann ein Kodex jedoch die normative Erwartung verstfirken, die gebotene Handlungsweise zu ergreifen, und abweichendes Verhalten weniger attraktiv erscheinen lassen. Zum anderen resultieren (unternehmens)ethische Fehlentscheidungen oft nicht aus den (dem Schlechten zugeneigten) Pr~iferenzen der Akteure, sondern daraus, dass ihnen in vielen Konstellationen schlichtweg unklar ist, was das gute und das gerechte Handeln gebietet. Die moralischen Mangel sind dann durch Begrtindungs-, nicht durch Befolgungsdefizite veranlasst 325. Folglich mtissen Kodizes keineswegs generell fehlgehen. Wenn sie in der Lage sind, dem (kognitiv begrenzten) Handlungstrager in komplexen Situationen Orientierung zu geben 326, k6nnen sie sich vielmehr als sehr willkommen erweisen, um die von den Akteuren selbst gewfinschte Erwartungs- und Verhaltenssicherheit zu gew/~hren 327. Diese Orientierung 1/~sst sich gleichwohl nicht mit allen Kodizes und nicht allein aufgrund der Existenz eines Kodex garantieren. Ob Kodizes wirksam sind, hangt daher unter anderem auch davon ab, was sie wie kodifizieren. Den (verbreiteten) Einwendungen, dass Kodizes den (Fehl-)Schluss nahe legen, alle Handlungsweisen als erlaubt zu verstehen, sofern sie der Kodex nicht explizit verbietet, l~isst sich nicht nur normenlogisch 328, sondern auch - und praktisch b e d e u t s a m e r - durch die Art der Normierung begegnen. So kann der Kodex zum einen ausdr~icklich verlautbaren, dass seine
324 Siehe auch die Replik von Dienhart (1995), S. 430: ,,people are not separated neatly into good or evil ... Most of us ... are in some grey area between good and evil.". 325 Siehe zu dieser Unterscheidung nochmals oben, S. 24 ff. der vorliegenden Arbeit. 326 So z. B. auch Grace~Cohen (1995), S. 198: ,,Codes of ethics provide guidance especially in cases which present themselves as morally uncertain.". 327 Vgl. auch Molander (1987), S. 623: ,,an ethical code could provide the kind of guidance executives seem to want and need.". 328 Siehe dazu unten, S. 234 und zu den Grundztigen der Normenlogik bereits S. 192 ff. der vorliegenden Arbeit.
Begrtindung unternehmensethischer Kodizes
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Kodifizierungen nicht beanspruchen, s/imtliche ethisch relevanten Probleme zu adressieren, die sich dem Untemehmen und seinen Mitarbeitern stellen k6nnen 329. Zum anderen lassen sich dezidiert allgemeine (Auffang-)Normen kodifizieren, deren Geltungsanspruch entsprechend selten aufgehoben ist 33~ Die (nur) derart erfassten Problemkonstellationen werden durch den Kodex zwar lediglich sehr begrenzt strukturiert. Allerdings w/ire es ohnehin vermessen und aus normativen Grfinden aul3erdem auch unangemessen, dem Kodex f'tir jede m6gliche Problemsituation eine eindeutige Verhaltensvorgabe entnehmen zu wollen. Kodifizierungen der einen oder der anderen Art bringen beide auf ihre Weise den entsprechend zuriJckhaltenden Normierungsanspruch des Kodex zum Ausdruck. Sie wirken zugleich sowohl zu weitgehenden Erwartungen entgegen als auch der ebenso fehlgehenden, dass der Kodex seine Akteure vorschnell entlastet. Unter Berficksichtigung m6glicher Ausprfigungen ihrer Gestaltung und ihrer Geltendmachung lasst sich unternehmensethischen Kodizes nach alldem nicht vorhalten, dass ihnen grunds~itzlich verwehrt ist, im intendierten Sinne verhaltenswirksam zu werden TM. Diese Feststellung wird auch durch die vorliegenden empirischen Befunde zur Kodexeffektivit~it untermauert.
b'
Empirische Bewiihrungen der Verhaltensrelevanz unternehmensethischer Kodizes
a" Auswahl relevanter Beitrfige Wenngleich es zutriffl, dass die Verhaltenswirksamkeit unternehmensethischer Kodizes bislang vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit erfahren hat 332, ist dennoch inzwischen eine Reihe von empirischen Untersuchungen vorgelegt worden, denen Hinweise auf die Effektivit/at dieses Implementierungsinstruments zu entnehmen sind. Zur Selektion der einschl/igigen Studien wurde ein betont grobmaschiges Netz gespannt, um den Stand der empirischen Forschung zu dieser Thematik entsprechend umfassend wiedergeben zu k6nnen. Die nachstehende Aufstellung enthiilt demzufolge auch Arbeiten, die sich nur mittelbar auf die Verhaltenswirkungen beziehen und beispielsweise zum Gegenstand haben, inwieweit der Kodex von den Mitarbeitern zur Kenntnis genommen 333 und verstanden wird 334 oder mit ihren pers6nlichen
329 So z. B. auch der Software Engineering Code: ,,The list of Principles and Clauses is not exhaustive." [zit in: Gotterbarn (1999), S. 85]. 330 Auf die Konkretheit der Kodexnormen wird sp~iter und aus~hrlich auf S. 260 ff. der vorliegenden Arbeit einzugehen sein. 331 Siehe auch Grace/Cohen (1995), S. 188: ,,The reply to this scepticism is simple. Some codes and values statements are ineffective and unrealistic, while others are vital parts of more extensive programs to promote corporate ethics. Codes can be sued to escape ethical requirements as well as to enforce them.". 332 Siehe nochmals die Nachweise auf S. 169 in Fn. 310 der vorliegenden Arbeit. 333 Vgl. Fritz/Arnett/Conkel (1999), S. 291-295. 334 Vgl. Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 240-243.
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
Wertvorstellungen konvergiert 335. Der empirische Nachweis entsprechender Relationen erlaubt freilich Rtickschltisse auf die Kodexeffektivit~.t, da und soweit Unternehmenskodizes die
intendierten Effekte nur unter den Voraussetzungen erzielen kOnnen, dass ihre Normierungen von den Adressaten sowohl bemerkt als auch begriffen werden und deren persOnlichen 13berzeugungen nicht fundamental widersprechen. Ausgespart bleiben hingegen solche Erhebungen, die ganz generell die Einsch~itzung yon Kodizes erfragen und dabei often lassen, ob die Befragten tiberhaupt Erfahrungen mit diesem Instrument haben oder tiber seine Eignung im Grunde spekulieren mtissen. Es soil nicht in Abrede gestellt werden, dass derartige Meinungsumfragen interessant (gewesen) sein m6gen, um ein Bild der allgemeinen Sichtweise auf Kodizes zu zeichnen 336. Der Erkenntnisgewinn, der sich aus diesen Befragungen ziehen l~isst, ist allerdings an dieser Stelle deshalb gering zu gewichten, weil die grunds~itzliche Eignung von Kodizes zur Ethisierung zum einen bereits aufgrund ihrer weiten Verbreitung zu vermuten war und zum anderen inzwischen auch gegen die ethischen, emanzipatorischen und empirischen Einreden verteidigt werden konnte. Die Auswertung der vorliegenden empirischen Studien zielt mithin nicht mehr darauf, ob Kodizes hilfreich sein k6nnen, sondem inwieweit sie sich in der Praxis tats~ichlich als hilfreich erweisen. b" Ubersicht der Befunde
Tabelle 6 fasst die vorliegenden empirischen Daten zur Verhaltenwirksamkeit unternehmensethischer Kodizes zusammen. Die zuletzt genannte Verengung der Effektivitfitsfrage erweist sich demnach auch insofem als berechtigt, als die einschl~gigen Befunde tiber die Kodexkonsequenzen zwar keineswegs einhellig sind 337. Zugleich gilt es jedoch deutlich hervorzuheben, dass zumindest auch keine Studie zu dem Resultat gelangt, dass Kodizes fehlgehen (Tabelle 6). Dartiber hinaus ist festzuhalten, dass die Studien mehrheitlich positive Kodexwirkungen ausweisen 338. Demnach k6nnen Kodizes im intendierten Sinne effektiv sein und zu einer Ethisierung des Untemehmens beitragen. Betrachtet man die Verteilung positiver und neutraler Befunde, wird des Weiteren erkennbar, dass das Ubergewicht der Nachweise positiver Kodexeffekte im Zeitablauf merklich zunimmt. Dies mag unter anderem daran liegen, dass die Unternehmen gr613ere Anstrengungen aufwenden, um ihren Kodex verhaltenswirksam werden zu lassen. Vor allem aber scheint
335 Vgl. Callan (1992), S. 762-767. 336 Siehe z. B. nur die vielzitierten (HBR-)Umfragen yon Baumhart (1961), S. 156, und Brenner/Molander (1977), S. 66. 337 Siehe auch nochmais die iibereinstimmenden Nachweise auf S. 170 in Fn. 31 1 der vorliegenden Arbeit. 338 So auch die Einsch~.tzungvon Jose/Thibodeaux (1999), S. 134: ,,The effectiveness of ethical codes is a much debated issue where the majority of the researchers ... opine that ethical codes have a positive influence on employee behavior".
Beg~ndung unternehmensethischer Kodizes
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diese E n t w i c k l u n g auch den Studien geschuldet, deren Des igns anspruchsvoller w e r d e n und die nicht mehr nur die globale Frage danach zu b e a n t w o r t e n suchen, ob K o d i z e s ntitzlich oder nutzlos sind. Verfasser
Datengrundlage
Wesentliche Befunde zur Wirkung unternehmensethischer Kodizes
Weaver/Ferrell (1977), S. 477-481; Ferrell/Weaver (1978), S. 70-72
Zufallsstichprobe von 280 MarketingManagern, die der American Marketing Association (AMA) angehOren; Rticklauf: 133 FragebOgen (48 %)
Ein Kodex und seine Bewehrung kOnnen ethische Oberzeugungen verstarken und das ethische Verhalten von MarketingManagern verbessern.
Hegarty/Sims (1979), S. 334-337
Experimentelle Untersuchung mit 91 Studierenden der BWL
Sanktionsbewehrte Kodizes kOnnen vor unethischen Handlungen abschrecken. Allerdings h/ingt das Entscheidungsverhalten starker yon individuellen Faktoren ab.
Ford/Gray/Landrum (1982) 339
Befragung von Managern
Kodizes fiihren nicht dazu, dass dem Unternehmen signifikant h/tufiger unethische Verhaltensweisen angezeigt werden, die Mitarbeiter bei ihren Vorgesetzten (im Rahmen einer Projektkalkulation) beobachten.
Hunt/Chonko/ Wilcox (1984), S. 310 f., 317 f.
Befragung von 4282 Marketingspezialisten, die der American Marketing Association (AMA) angehOren; Rticklauf: 1076 FragebOgen (25 %), wobei sich die Auswertung auf die 460 Antworten von Marktforschern beschr~inkt
Das Vorhandensein eines Kodex hat keinen signifikanten Einfluss auf die Wahrnehmung moralischer Probleme im Unternehmen.
Chonko/Hunt (1985), S. 342 f., 352-354
Befragung von 4282 Marketingspezialisten, die der American Marketing Association (AMA) angehOren; Rticklauf: 1076 FragebOgen (25 %), wobei sich die Auswertung auf die 462 Antworten von Marketing-Managern beschrankt
Marketing-Manager aus Unternehmen, die einen Kodex besitzen, nehmen zwar gering~gig weniger ethisch bedenkliche Vorkommnisse wahr, dieser Zusammenhang ist jedoch statistisch nicht signifikant.
Mathews (1987), S. 108-110, 117-125; Mathews (1988), S. 51 f., 64-76
Die 485 profitabelsten Fertigungsunternehmen in den USA mit einem Jahresumsatz von tiber 100 Millionen US-S; Rticklauf: 346 Antworten (71%), davon 202 aus Untemehmen mit einem Kodex
Unternehmen mit oder ohne Kodex unterscheiden sich nicht danach, wie h~iufig sie (zwischen 1973 und 1980) zum Sanktionsobjekt von vier BundesregulierungsbehOrden geworden sind.
Laczniak/lnderrieden (1987), S. 298-304
Experimentelle Untersuchung mit 113 MBA-Studierenden
Die Ablehnung unethischer Verhaltensweisen in einem fiktiven Unternehmen sind dann umso ausgepr~igter, wenn die Probanden einen Brief des Topmanagements und einen Kodex erhalten. Statistisch signifikante Befunde werden jedoch ledig|ich unter der Bedingung erzielt, dass der Kodex mit Sanktionen bewehrt ist.
339 Ford, Richard~Gray, Bonnie/Landrum, Robert (1982): Do Organizational Codes of Conduct Really Affect Employees' Behavior? In: Management Review, June, S. 53-54, zit. nach Cleek/Leonard (1998), S. 623; Schwartz (2001), S. 250.
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Ethik-Kodizes ais unternehmensethisches Implementierungsinstrument
Ferrell/Skinner (1988), S. 105 f.
Befragung von 1500 Marktforschem; Rilcklauf: 550 auswertbare FragebOgen (37%)
Ein Kodex reduziert die Wahrscheinlichkeit ethisch unzutrfiglicher Forschungsaktivit/tten. Kodexbewehrungen tragen in zwei von drei Unternehmenstypen (d. h.: bei Subkontraktoren und selbstandigen Marktforschungsunternehmen, nicht aber bei unternehmensinternen Forschungsabteilungen) zu ethischeren Verhaltensweisen bei.
Akaah/Riordan (1989), S. 114-118
Befragung von 1366 Mitgliedern der American Marketing Association, die professionell im Marketing tfitig sind; Rticklauf: 420 FragebOgen (31%)
Das Vorhandensein eines Kodex hat keinen signifikanten Einfluss auf die ethische Beurteilung von elf Entscheidungsszenarien.
Ri ch/Sm ith/Mihal ek (1990), S. 34 f.
Befragung einer Zufallssstichprobe von 2000 Mitgliedem der National Association of Accountants sowie yon weiteren 1000 Mitgliedern, die als Controller ausgewiesen waren; Rticklauf: 590 FragebOgen (20 %)
Ein Kodex kann dazu fuhren, dass Mitarbeiter die moralische Relevanz von Problemen eher erkennen. In Unternehmen mit einem Kodex wird ein grOBerer Druck wahrgenommen, finanzwirtschaftliche Ziele zu erreichen.
Singhapakdi/Vitell (1990), S. 5-14
Befragung yon 1993 Mitgliedem der American Marketing Association, die als Marketing- oder Vertriebsmanager tfitig sind; Rticklauf: 529 FragebOgen (27 %)
Marketiers in Unternehmen mit einem sanktionsbewehrtem Kodex nehmen die moralische Relevanz von Entscheidungsproblemen eher wahr und wahlen in dem gegebenen Entscheidungsszenario eher Handlungsaltemativen, die moralisch zutraglich sind.
Vitell/Davis (1990), S. 65, 69
Befragung von 114 Mitgliedern der Southeast Electrical Management Information Systems Association, die als ITManager tatig sind.; Racklauf: 61 Frageb6gen (54 %)
Ethik-Kodizes haben keinen signifikanten Effekt auf die Einschatzungen darfiber, wie einfach und wie hfiufig unethische Verhaltensweisen in dem betreffenden Unternehmen sind.
Callan (1992), S. 762-767
Befragung einer Zufallsstichprobe von 226 Staatsbediensteten aus acht Abteilungen einer Bundesbeh6rde
Kenntnis und Nutzung des Kodex sind kaum mit ethischen Wertvorstellungen und ethischen Trainingsbedt~rfnissen der Befragten korreliert. Mitarbeiter, denen der Kodex weniger vertraut ist, zeigen sich eher besorgt, dass in der Organisation Diskriminierungen stattfinden und sie auf ethische Entscheidungen im Untemehmen wenig Einfluss nehmen kOnnen.
Murphy~Smith~ Daley (1992), S. 13-18
Befragung von 512 US-Speditionsunternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Mio. US-S; RUcklauf: 147 auswertbare FragebOgen (29 %)
Die Bewertung ethisch relevanter Handlungsweisen wird nur in wenigen Fallen von dem Vorhandensein eines Kodex beeinflusst.
Weeks/Nantel (1992), S. 754-757
Befragung von 743 Vertriebsmitarbeitern eines Herstellers von Btiroeinrichtungen aus dem Stidwesten der USA; RUcklauf: 309 auswertbare FragebOgen (42 %)
Unethische Verhaltensweisen werden seltener praktiziert, wenn das Unternehmen tiber einen verstandlichen Kodex verFtigt.
Begrtindung unternehmensethischer Kodizes
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Rob ideaux/Miles/ White (1993), S. 55-57
Befragung von 602 CEOs der Fortune 500 und einiger Unternehmen der Inc. 500; Rticklauf: 96 Frageb~gen (16 %)
Manager besitzen eine grOl~ere Sensibilitat ~ r ethische Problemstellungen bei Budgetierung und Planung, wenn der Kodex ihres Unternehmens ethische Verhaltensweisen im Budgetierungs- und Planungsprozess spezifiziert.
Kohut/Corriher (1994), S. 33 f.
Befragung von 201 Executive MBAStudierenden einer grogen Universitat aus dem Stidosten der USA; Riicklauf: 86 FragebSgen (43 %)
Die (aggregierten) Antworten zu 16 fiktiven Entscheidungsszenarien unterscheiden sich nicht (signifikant) danach, ob die Respondenten aus einem Unternehmen mit oder ohne schriftliche EthikGrundsatze stammen.
Badaracco/Webb (1995), S. 8, 14 f.
Interviews mit 30 Nachwuchsmanagern, die einen Harvard-MBA erworben haben
Formale Ethik-Programme machen kaum einen Unterschied, da sie zur LOsung praktischer Probleme als irrelevant eingeschatzt und entsprechend selten konsuitiert werden.
Turner~Taylor~ Hartley (1995), S. 753-758
Experiment mit 280 MarketingStudierenden; RUcklauf: 263 auswertbare FragebOgen (94 %)
Studierende, die sich in verschiedenen Szenarien in die Rolle eines Beschaffungsmanagers versetzten, sind weniger geneigt, Geschenke von Gesch/tttspartnern anzunehmen, sofern ihr Unternehmen einen sanktionsbewehrten Kodex besitzt, der eine solche Praktik explizit thematisiert und verbietet.
Weaver (1995), S. 373-377
Laborexperiment mit 83 Studierenden der BWL
Einschatzungen der prozeduralen Gerechtigkeit des Unternehmens sind positiver, wenn der Kodex erklarende Begr~ndungen enthalt. Begrtindungen der Kodexnormen tiben hingegen keinen (statistisch signifikanten) Effekt auf die Fahigkeit der Probanden aus, die Kodexnormen rekapitulieren zu k0nnen. Die Erinnerung der Kodexinhalte und die Einschatzung der distributiven Gerechtigkeit des Unternehmens hangen nicht davon ab, ob der Kodex mit Sanktionen bewehrt ist.
Brief/Dukerich/ Brown/Brett (1996), S. 189-193
Zwei Experimente mit Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden (Studie 1) bzw. Controllern (Studie 2), die einem Managementverband angehOren. Rticklauf: 179 (27 %) bzw. 203 Frageb~gen (35 %)
Der Kodex als solcher macht keinen Unterschied in Hinblick aufbetriagerische Finanzberichterstattungen. Spezifischere Kodizes mit Sanktionsbewehrungen bewirken zwar Verhaltenseffekte in der gewiinschten Richtung, die jedoch statistisch nicht signifikant sind.
180
Harrington (1996), S. 263-272
Kitson (1996), S. 1024-1026
McCabe/Trevino/ Butterfield (1996), S. 466-471
Ethik-Kodizes als untemehmensethisches Implementierungsinstrument Befragung yon 219 IT-Mitarbeitern aus 9 Untemehmen in Ohio, USA
Anhand von 5 IT-bezogenen Fallstudien t~ber die missbr/tuchliche Computemutzung im Unternehmen werden die ethischen Urteile und Intentionen der Probanden erfasst. Das Vorhandensein eines generischen wie auch eines IT-spezifischen Kodex hat nur einen sehr geringen und in der Regel statistisch nicht signifikanten Einfluss auf die Auspragungen dieser Variablen.
Interviews mit 17 Managern aus 10 unterschiedlichen Filialen der British Cooperative Bank
Nur zwei der interviewten Manager geben an, dass der Kodex wenig Einfluss auf ihr Entscheidungsverhalten ausgeabt hat. Zehn Manager k6nnen konkrete Ereignisse nennen, bei denen sich der Kodex als hilfreich far ihre Urteilsfindung erwiesen hat.
1179 BWL-Alumni zweier Colleges aus dem Nordosten der USA; Rticklauf: 318 FragebOgen (27 %)
Respondenten, deren Unternehmen einen Kodex hat, berichten ein geringeres AusmaB unethischer Verhaltensweisen. Die negative Beziehung zwischen dem Vorhandensein eines Kodex und dem AusmaB selbst-berichteter unethischer Verhaltensweisen ist umso ausgepragter, je intensiver das Untemehmen seinen Kodex kommuniziert und je stfirker er in die Organisationskultur eingebunden zu sein scheint.
Mitchell/Daniels/ Hopper/GeorgeFalvy/Ferris (1996), S. 443, 445-451
Morris~Marks~ Allen~Perry (1996), S. 1123-1128
Befragung der Personalmanager yon 152 Unternehmen der Elektroindustrie mit 100 bis 5000 Mitarbeitern; Rticklauf: 31 Frageb6gen (20 %)
Das Vorhandensein eines Kodex ist mit der perzipierten Hfiufigkeit illegaler Handlungsweisen im Untemehmen nicht signifikant korreliert. Kodexverletzungen werden jedoch dann htiufiger berichtet, wenn die Kodexnormen eindeutig sind und ein korrespondierendes Anreizsystem etabliert ist.
Vollerhebung der (629) Mitglieder der South African Marketing Research Association (SAMRA); Rt~cklauf: 210 auswertbare FragebOgen (33 %)
Mit zunehmender Umweltturbulenz steigt die Oberzeugung, dass Kodizes wirksam sind. Allerdings erweise sich Kodizes insoweit als ineffektiv, als die intendierten Verhaltensweisen zur LOsung ethischer Entscheidungsprobleme sich nicht in Abh~ngigkeit davon unterschieden, far wie wirksam Kodizes gehalten werden.
Begrtindung unternehmensethischer Kodizes
Pierce~Henry (1996), S. 428, 430-432
Zufallsstichprobe von 2551 Mitgliedem der Association of Information Technology Professionals (AITP); Rt~cklauf: 356 FragebOgen (14 %), davon 171 (48 %) aus Untemehmen mit einem formalen EthikKodex
181 Die Befragten bescheinigen dem formalen Ethik-Kodex ihres Unternehmens einen moderaten Effekt zur Abschreckung unethischer Verhaltensweisen. Die Befragten geben an, dass flar ihre eigene Urteilsfindung wie auch im Unternehmen generell jeweils den pers0nlichen Oberzeugungen des Entscheidungstr~tgers die grt~Bte Bedeutung zukommt. Sofem das Untemehmen jedoch einen formalen Ethik-Kodex besitzt, ist dessen Einfluss auf die moralischen Entscheidungender Befragten wie auch im Untemehmen insgesamt st~trker als der eines informellen Kodex.
Nwachukwu/Vitell (1997), S. 762-765
Zufallsstichprobe von 3000 Marketingund Werbepraktikern; Rticklauf: 364 auswertbare Frageb0gen (12 %)
Die ethische Beurteilung yon Werbeanzeigen unterscheidet sich nicht in Abhangigkeit davon, ob das Unternehmen des Befragten einen Ethik-Kodex besitzt. Ein Effekt ist hingegen z. T. (in zwei von acht Versuchskonstellationen) zu beobachten, wenn das AusmaB der Kodexbewehrung berticksichtigt wird. Dabei wird die ethisch bedenkliche WerbemaBnahme eher akzeptiert, sofern das Unternehmen einen sanktionsbewehrten Kodex besitzt.
Cleek/Leonard
Laboruntersuchung mit 150 Studierenden
Die Antworten zu fiktiven Entscheidungsszenarien unterscheiden sich nicht signifikant, wenngleich die Hfilfie der Probanden mit den Fragen einen Ethik-Kodex ausgehandigt bekam.
1179 BWL-Alumni zweier Colleges aus dem Nordosten der USA; RUcklauf: 318 Frageb0gen (27 %)
Die Respondenten, deren Unternehmen einen Kodex hat, beobachten geringfl~gig weniger unethische Verhaltensweisen.
(1998), S. 624-627
Trevino/Butterfield/ McCabe (1998), S. 454-465
In dem Subsample der Kodex-Respondenten ist das AusmaB der beobachteten unethischen Verhaltensweisen und der Kodeximplementierung stark negativ korreliert. Die Beziehung zwischen beobachteten unethischen Verhaltensweisen und dem Ethik-Klima eines Unternehmens ist umso ausgepragter, sofern das Unternehmen keinen Kodex besitzt. In Unternehmen mit einem Kodex werden bei fast allen Klimatypen vergleichsweise weniger unethische Verhaltensweisen beobachtet.
182
Ethik-Kodizes als unternehmensethisches lmplementierungsinstrument
Ekin/TezOlmez (1999), S. 21-26
Befragung von 300 Managers aus 20 ttlrkischen Unternehmen; Rilcklauf: 160 Frageb6gen (53 %)
Die Antworten zu ethischen Entscheidungsszenarien unterscheiden sich nicht in Abh/ingigkeit davon, ob das Unternehmen der Respondenten einen Ethik-Kodex besitzt.
Fritz/A rnett/Conkel (1999), S. 291-295
Befragung von 868 Mitarbeitern eines groBen Dienstleitungsunternehmens
Die Mitarbeiter nehmen den Ethik-Kodex dann umso mehr wahr, wenn sie der Auffassung sind, dass die Kodexstandards durch das Unternehmen ernsthaft bewehrt und durch das Topmanagement persOnlich unterstatzt werden. Gesprache aber den Kodex steigern seine Bekanntheit nur in den Managementrfingen, nicht aber auf der tiefer liegenden Hierarchieebene der befragten Associates.
Stevens (1999), S. 114-116, 118 f.
Befragung von 215 Mitarbeitern zweier Hotels einer Kette der gehobenen Kategorie in zwei Grogstadten des mittleren Westens der USA; Racklauf: 101 auswertbare Frageb6gen (47 %)
Die Befragten bescheinigen Ethik-Kodizes einen moderaten Nutzen zum Erlernen moralischer ProblemlOsungen. Von 10 Instrumenten werden Kodizes als die viertwichtigste Quelle eingestuft, aus denen die Mitarbeiter Kenntnisse der Unternehmensethik gewonnen haben. Auf die offene Frage, welche Dokumente sich f'tir das Erlernen der Unternehmensethik am natzlichsten erwiesen haben, entfallen fund ein Zehntel (11%) der 54 Nennungen auf den Ethik-Kodex, 4 1 % jedoch aufdas Unternehmenshandbuch. Fiar fast ein Drittel (30 %) der antwortenden Mitarbeiter ist kein Dokument als besonders hilfreich hervorzuheben. Die Befragten geben an, dass ihre ethischen Entscheidungen vor allem durch ihre persOnlichen Werte und Standards geprfigt sind. Der Ethik-Kodex tibt danach jedoch einen st~.rkeren Einfluss aus als das Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen.
Stohs/Brannick (1999), S. 314-322
Interviews mit 348 irischen Managern, die durch eine Zufallsstichprobe aus der 1993 Golden Pages List und der Business and Finance List der 1000 grOBten irischen Unternehmen ausgew~ihlt wurden
Der Kodex beeinflusst die Urteile dariaber, ob Handlungsweisen falsch sind, sofem es sich um Sachverhalte handelt, die das Untemehmen betreffen (unfaire Preispolitik, Verz6gerung von Zahlungen). Hingegen iabt der Kodex keinen Effekt aus, wenn es um die Beurteilung von mitarbeiterbezogenen Verhaltensweisen (Insiderhandel, Kickbacks, Abrechnungsbetrug), gesellschaftsbezogenen Verhaltensweisen (Irrefiihrung von Konsumenten, Diskriminierung, Verkauf unsicherer Produkte), Steuerhinterziehung oder Umweltverschmutzung geht.
Begrtindung unternehmensethischer Kodizes
Weaver/Trevino (1999), S. 324-328
Befragung einer Zufassstichprobe von 2000 Mitarbeitern eines groBen Finanzdienstleistungsunternehmens; Rticklauf: 420 Frageb6gen (21%)
183 Zunehmende Compliance- ais auch zunehmende Wertebasiertheit eines Ethikprogramms fiahren dazu, dass die Mitarbeiter ~ r ethische Themen sensibler werden, ihre ethische Entscheidungsqualitat steigt, sie eher Rat bei ethischen Problemen einholen und weniger unethische Verhaltensweisen im Unternehmen beobachten. Zunehmende Wertebasiertheit des Ethikprogramms tragt zudem dazu bei, dass die Mitarbeiter sich mit dem Unternehmen starker verbunden tilhlen, weniger Rollenkonflikte erleben und es eher als akzeptabel ansehen, Vorgesetzten schlechte Nachrichten zu Oberbringen. Die Effekte eines compliancebasierten Ethikprogramms wirken in dieseibe Richtung wie die eines wertebasierten, sind jedoch jeweils schwacher ausgepragt.
Cowton/Thompson (2000), S. 168-173
Befragung der 36 Banken, die dem United Nations Environment Programme (UNEP) beigetreten sind, und einer Vergleichsgruppe von 105 Banken; RUcklauf: 57 FragebOgen (40 %), davon 20 aus UNEPUnternehmen
UNEP-Unternehmen berOcksichtigen haufiger Umweltbelange in ihrer formalen Kreditvergabepolitik und bei der Einschatzung von Kreditrisiken. Ailerdings unterscheiden sich die beiden Gruppen nur vereinzelt in Hinblick auf die Einschatzung der Wichtigkeit, die sie Zielen einer umweltorientierten Kreditvergabestrategie und konkreten umweltbezogenen Kriterien bei der Kreditentscheidung beimessen.
Marnburg (2000), S. 203-206
Zufallsstichprobe von 1010 Mitgliedern zweier norwegischer Berufsverbande; Rticklauf: 449 Frageb6gen (44 %)
Die ethisch relevanten Einstellungen von Mitarbeitern unterscheiden sich nicht signifikant in Abhangigkeit davon, ob ihr Untemehmen einen Kodex besitzt.
Pierce~Henry (2000), S. 312-317
Zufallsstichprobe von 2551 Mitgliedem der Association of Information Technology Professionals (AITP); Riicklauf: 356 Frageb6gen (14 %)
Die Probanden beurteilen 6 von 9 Szenarien unterschiedlich, wenn ihr Unternehmen einen Ethik-Kodex besitzt. Gleichwohl beeinflussen Kodizes im Wesentlichen nur die Einschatzung darOber, wie ethisch fragliche Handlungsweisen aus Sicht des Unternehmens zu bewerten sind, nicht aber die Bewertung durch Kollegen oder den Befragten seibst.
A dams/Tashchian/ Shore (2001), S. 202-207
Strukturierte Interviews mit 766 Probanden, die wahrend ihres Berufslebens bereits mit einer ethischen Dilemmasituation konfrontiert waren
Die Befragten, deren Untemehmen einen Kodex besitzt, geben an, dass das ethische Verhalten in ihrem Untemehmen auf samtlichen Ebenen (Topmanagement, Vorgesetzte, Peers und GeRihrte) positiver ist, ihr Unternehmen ethische Handlungsweisen starker unterst~tzt und sie mit dem Ausgang des beschriebenen Ethikdilemmas zufriedener sind.
184 Schwartz (2001), S.
251-253
Somers (2001 ), S.
188-191
Trevino/Weaver
(2001), S. 658-664
Ethik-Kodizes als untemehmensethisches lmplementierungsinstrument Halbstrukturierte Interviews mit 57 Mitarbeitem, Managern und Ethikbeauftragten aus vier kanadischen Grol3untemehmen unterschiedlicher Branchen
Die Mehrheit der Befragten gibt zwar an, dass ihr eigenes Verhalten nicht durch den Kodex beeinflusst wird. Dennoch kann der Kodex verhaltenswirksam sein. Darauf weisen die Beispiele yon kodexbezogenen Verhaltens~nderungen hin, welche die Respondenten auffllhren oder sich aus den Anfragen an die Ethikbeauftragten ergeben haben.
7 %-ige Zufassstichprobe unter den Mitgliedern des Institute of Management Accountants (IMA); Rticklauf: 613 auswertbare Frageb6gen (20 %)
Respondenten, deren Unternehmen einen Kodex besitzt, geben h~ufiger an, keine unethischen Verhaltensweisen in ihrem Unternehmen wahrzunehmen und sich stfirker mit ihrem Unternehmen zu identifizieren.
Befragung einer Zufassstichprobe von 6300 Mitarbeitern aus vier GroBunternehmen unterschiedlicher Branchen; Rticklauf: 1823 FragebOgen (29 %)
Mit zunehmender Durchsetzungsintensitgt des Ethikprogramms werden weniger unethische Verhaltensweisen beobachtet und steigt die Bereitschaft, dem Unternehmen unethische Verhaltensweisen anzuzeigen. Die Auswirkungen der Durchsetzungsintensitfit auf das AusmaB unethischer Verhaltensweisen sind geringer, wenn die Mitarbeiter das Unternehmen insgesamt als gerecht wahmehmen.
Wotruba/Chonko/ Loe (2001), S. 63-
66
Befragung von 1700 Mitgliedem der U.S. Direct Selling Association (DSA); Racklauf: 286 FragebOgen (17 %)
Mitarbeiter nehmen einen Kodex als umso hilfreicher ~ r die Urteilsfindung wahr, je vertrauter sie mit seinem Inhalt sind. Mitarbeiter bewerten das Ethik-Klima ihres Unternehmens umso positiver, je hilfreicher ihnen der Kodex Nr die Urteilsfindung erscheint.
Peterson (2002), S.
318-323
Valentine~Barnett
(2002), S. 193, 196 f. Valentine/Fleischmann (2002), S.
303,305-307
Zufallsstichprobe von 700 Alumni einer groBen US-Universittit; Rticklauf: 202 auswertbare Frageb6gen (29 %)
Die Korrelation zwischen den Dimensionen eines Ethik-Klimas und dem AusmaB selbst-berichteter unethischer Verhaltensweisen ist stfirker, wenn das Unternehmen keinen Kodex besitzt. In Untemehmen mit einem Kodex werden bei fast allen Klimatypen weniger unethische Verhaltensweisen eingerfiumt.
3000 Vertriebsmitarbeiter und -manager in den USA; Rticklauf: 373 Antworten und 212 auswertbare FragebOgen (7 %)
Mitarbeiter, deren Unternehmen einen Kodex besitzt, bewerten die ethische Zutr~glichkeit ihres Untemehmens positiver.
1500 Personalmanager, Wirtschaftsprafer und RechtsanwNte in den USA; Racklauf: 143 FragebOgen (10 %)
Respondenten, deren Unternehmen einen Kodex besitzt, erweisen sich als diversitfitstoleranter. Kodizes kOnnen demnach die ethischen Uberzeugungen ihrer Adressaten beeinflussen.
BegrOndung unternehmensethischer Kodizes Chonko/Wotruba/ Loe (2003), S. 240243
Befragung von 1700 Mitgliedem der U.S. Direct Selling Association (DSA); Rticklauf: 286 Frageb6gen (17 %)
185 Die Vertrautheit und die subjektive Ntitzlichkeit eines Kodex sind umso geringer, je turbulenter die Umwelt des Unternehmens ist. Manager, deren pers6nliche Moralphilosophie relativistisch ist, sind mit den Kodexinhalten weniger vertraut und schatzen den Kodex als weniger hilfreich ein. Die Ntitzlichkeit eines Kodex wird positiver bewertet, wenn die persOnliche Moralphilosophie idealistisch ausgepragt ist.
Granitz (2003), S. 105-109, 115-117
Szenariobasierte Interviews mit 44 Mitarbeitern (unterschiedlicher funktonaler Spezialisierungen) eines muitinationalen US-Unternehmens der Tabakindustrie
Mitarbeiter, die der Auffassung sind, das der Kodex in den vorgelegten Entscheidungsszenarien ein bestimmtes Verhalten gebietet, zeigen eine grOBere Obereinstimmung in Hinblick auf ihre BegrOndung und Absicht, die ethisch gebotene Handlungsweise zu ergreifen.
Valentine~Barnett (2003), S. 361-364
3000 Vertriebsmitarbeiter und -manager in den USA; Rticklauf: 373 Antworten (12 %) und 181 auswertbare Frageb6gen (6%)
Mitarbeiter, denen das Vorhandensein eines Kodex bekannt ist, perzipieren ihr Unternehmen als ethischer und ~hlen sich starker mit ihm verbunden (Commitment).
Vitell/P aolillo/ Thomas (2003), S. 72-78
Befragung von 2000 MarketingManagern, deren Anschritten tiber einen prominenten Anbieter von Adressenlisten beschafft wurden und sich in 1560 Fallen als zutreffend erwiesen; Rticklauf: 235 Frageb6gen (15 %)
Die MaBe der Kodexdurchsetzung und der ethischen Untemehmenswerte sind hochgradig positiv korreliert. Je starker der Kodex durchgesetzt wird, desto positiver bewerten die Mitarbeiter die ethischen Untemehmenswerte. Zudem wird Ethik umso eher als langfristige und h6chste Prioritat im Unternehmen wahrgenommen, je stfirker die Kodexdurchsetzung erscheint.
Schwartz (2004), S. 327-340
Tabelle 6."
Halbstrukturierte Interviews mit 57 Mitarbeitern, Managern und Ethikbeauftragten aus vier kanadischen Gro6unternehmen unterschiedlicher Branchen
Nach Auffassung der Respondenten soilten Kodizes Anwendungsbeispiele enthalten, klar (und daher eher negativ) formuliert, nicht zu lang, relevant und realistisch sein, durch das Topmanagement, Trainings- und Reinforcement-MaBnahmen unterstOtzt werden, um ihre Wirksamkeit zu verbessern.
Ubersicht bisheriger Untersuchungen zur Effektivit(~t unternehmensethischer Kodizes
c" Methodische Bewertung r0ber die Gesamtheit der einbezogenen Untersuchungen finden verschiedene und verschieden elaborierte M e t h o d e n Verwendung. Gleichwohl dominieren Felduntersuchungen mit Perzeptionsmagen, u m die K o n s e q u e n z e n von Kodizes zu bestimmen. Die experimentellen Anordnungen haben tendenziell h~iufiger zu neutralen Befunden fiber die Kodexeffektivit~it ge-
186
ftihrt 340. Lediglich
Ethik-Kodizes ais unternehmensethisches lmplementierungsinstrument eine einzige (der insgesamt 51) Studie(n) hat die abh~ingige Variable so
operationalisiert, dass ihre Messung auf objektiven Daten (namentlich der Anzahl der Sanktionen durch vier Bundesregulierungsbeh6rden) basiert TM. Die Kodexwirkungen werden dabei zwar an ,hard facts' festgemacht und dadurch von subjektiven Verzerrungen freigehalten, allerdings auch nur entsprechend eingeschr~akt ergrtindet, da die Ethisierung eines Unternehmens tiber die Beachtung von (den wenigen ausgewfihlten) gesetzlichen Auflagen 342 weit hinausreicht 343 und nicht einmal notwendigerweise auf eine Verringerung illegaler Akte angelegt sein muss 344. Hinzu kommt, dass weitere Unternehmensmerkmale daftir verantwortlich sein k~nnen, ob und inwieweit ein Unternehmen rechtlichen Sanktionen unterworfen wird 345. Demgegentiber kOnnen PerzeptionsmaBe als vorzugswiirdig anzusehen sein, weil es letztlich auf die Perzeptionen der (befragten) Adressaten ankommt, damit der Kodex verhaltenswirksam wird. Dennoch sind die erfragten Perzeptionen selbstredend nur Ann/iherungen daran, wie sich die Mitarbeiter tats~ichlich verhalten, wenn sie moralische Entscheidungsprobleme im Unternehmen 16sen 346. Subjektive Mal3e des ethischen Engagements sind regelm~iBig mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass die Respondenten bewusst (Impression Management) oder unbewusst (Selbsttauschung) dazu tendieren (kOnnen), sich in mOglichst gutem Lichte darzustellen 347. Dieses Problem des sozial erwi.inschten Antwortverhaltens ist allerdings zum Teil bei der Studiengestaltung adressiert worden. Die korrigierenden Vorgehensweisen haben gemein, dass sie nicht (nur) direkt nach dem eigenen (Fehl-)Verhalten fragen, das die Respondenten begangen haben oder beabsichtigen. Stattdessen wird diese Frage entweder mit einer
34o Vgl. Laczniak/Inderrieden (1987), S. 298-304; Weaver (1995), S. 373-377; Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 189-193; Cleek/Leonard(1998), S. 624-627. 34~ Vgl. Mathews (1987), S. 108-110, 117-125, bzw. Mathews (1988), S. 51 f., 64-76, die keinen Kodexeffekt feststellt. 342 Bei den vier BundesregulierungsbehOrden, deren Sanktionen zur Operationalisierung des (un)ethischen Verhaltens der untersuchten Unternehmen herangezogen werden, handelt es sich um die Food and Drug Administration, die Environmental Protection Agency, die Consumer Product Safety Commission sowie die National Highway Traffic Safety Administration [vgl. Mathews (1987), S. 109, und Mathews (1988), S. 64]. 343 Siehe auch nochmals die Diskussion t~ber die Vor- und Nachteile der MaBe, die zur Operationalisierung des ethischen Engagements von Unternehmen auf S. 87 ft. der vorliegenden Arbeit angel~hrt worden sind. 344 So auch Felo (2001), S. 207: ,,However, ethics programs are not necessarily designed to reduce illegal behavior. There are already criminal statutes designed to reduce criminal behavior. Ethics programs are more concerned with behavior in ))gray~ areas where individuals have legal alternatives that may be unethical.". 345 Siehe dazu nur King/Lenox (2001), S. 108: ,,A firm that possesses good legal resources may better forestall lawsuits.". 346 Vgl. auch Somers (2001), S. 193: ,,The consistent pattern of results suggesting that corporate codes of ethics are associated with less employee awareness of wrongdoing sheds little light on the question of how employees will respond when faced with unethical activity in their organizations.". 347 Siehe zum Social Desirability Bias nochmals Zerbe/Paulhus (1987), S. 250; Randall/Fernandes (1991), S. 805; Fernandes/Randall (1992), S. 183, sowie bereits die analogen Hinweise oben, S. 44 und S. 122 der vorliegenden Arbeit.
Begrilndung unternehmensethischer Kodizes
187
z w e i t e n ethisch neutralen kombiniert ( R a n d o m i z e d R e s p o n s e T e c h n i q u e ) 34s, a b w e i c h e n d danach gefragt, i n w i e w e i t die R e s p o n d e n t e n im U n t e r n e h m e n unethische V e r h a l t e n s w e i s e n (durch Mitarbeiter oder Vorgesetzte) beobachten 349 bzw. an tibergeordnete Einheiten berichten 35~ oder die N e i g u n g z u m Impression M a n a g e m e n t zus~itzlich erhoben und in der A u s w e r tung (als Kontrollvariable) erfasst 351. D a n e b e n sind in einer Studie z u m Vergleich Archivdaten h e r a n g e z o g e n worden, um die Validit~it der PerzeptionsmaBe zu tiberprtifen 352. AuBerdem kOnnen sich die subjektiven MaBe d a h i n g e h e n d unterscheiden, dass sie bestimmte Perzeptionen e n t w e d e r isoliert auswerten 353 oder aber aggregieren 354, um zu verl~isslicheren Daten zu gelangen, da durch die Z u s a m m e n f a s s u n g zuf'~illige Messfehler eher ausgeglichen werden 355. A b w e i c h e n d e Befunde kOnnen daher nicht nur d a r a u f zurtickzuf'tihren sein, dass es sich e n t w e d e r u m Feld- oder L a b o r u n t e r s u c h u n g e n handelt oder inwieweit objektive
348 So Weeks/Nantel (1992), S. 755: Die Respondenten sollen dabei dann mit ,da" antworten, wenn sie entweder eine bestimmte unethische Handlung begangen haben (Beispiel: ,Im vergangenen Monat habe ich Btiromaterial des Unternehmens fiir persOnliche Zwecke entwendet.') oder ein ethisch neutrales Statement zutrifft (Beispiel: ,Mein Geburtsjahr ist eine gerade Zahl.'). Die ethisch neutralen ,Kombi'-Fragen sind so auszuw~ihlen, dass flir ihre Antworten tiber die Gesamtheit der Befragten eine bekannte oder am einfachsten (wie im Beispiel) eine Gleich-Verteilung angenommen werden kann. Werden in Kombination mit der ethisch sensiblen Frage im Ergebnis Abweichungen von dieser Verteilung erhalten, da wesentlich mehr (als 50 %) der Befragten mit ,ja" antworten, deutet dies darauf, dass im Unternehmen unethische Verhaltensweisen stattgefunden haben (und - im Beispiel - ein Missbrauch von Unternehmenseigentum zu beklagen ist) [siehe zu dieser Methode auch Robertson (1993), S. 592 f. m. w. N.J. 349 Vgl. Trevino/Butterfield/McCabe (1998), S. 455 f.; Weaver/Trevino (1999), S. 325; Somers (2001), S. 189; Trevino/Weaver (2001), S. 659. 350 Vgl. Somers (2001), S. 189; Trevino/Weaver (2001), S. 659. 351 Vgl. McCabe/Trevino/Butterfield (1996), S. 469; Trevino/Butterfield/McCabe (1998), S. 456; Valentine/ Fleischmann (2002), S. 304; Valentine~Barnett (2003), S. 362-364. 352 Vgl. Mitchell/Daniels/Hopper/George-Falvy/Ferris (1996), insb. S. 449, die insgesamt sechs unethische Verhaltensweisen untersucht haben, bei denen es sich zugleich um GesetzesverstOBe handelt. 353 Vgl. Weaver/Ferrell (1977), S. 477-481; Ferrell/Weaver (1978), S. 71 f.; Hegarty/Sims (1979), S. 333; Laczniak/Inderrieden (1987), S. 299 f.; Akaah/Riordan (1989), S. 117 f.; Singhapakdi/Vitell (1990), S. 9 f.; Murphy/Smith/Daley (1992), S. 16 f.; Weeks/Nantel (1992), S. 757; Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 190 f., 195; Harrington (1996), S. 268-271; Mitchell/Daniels/Hopper/George-Falvy/Ferris (1996), S. 450 f.; Pierce~Henry (1996), S. 428, 430-432; Nwachukwu/Vitell (1997), S. 762-765; Stevens (1999), S. 115, 118; Cowton/Thompson (2000), S. 171; Pierce~Henry (2000), S. 316 f.; Adams/Tashchian/Shore (2001), S. 204, 206; Somers (2001), S. 189-191; Granitz (2003), S. 107 f. 354 Vgl. Hunt/Chonko/Wilcox (1984), S. 317 f.; Chonko/Hunt (1985), S. 352; Ferrell/Skinner (1988), S. 105 f., 108; Callan (1992), S. 763 f.; Robideaux/Miles/White (1993), S. 56; Kohut/Corriher (1994), S. 34 f.; Turner/Taylor/Hartley (1995), S. 756 f.; McCabe/Trevino/Butterfield (1996), S. 469; Morris~Marks~Allen~Perry (1996), S. 1124 f.; Cleek/Leonard (1998), S. 626; Trevino/Butterfield/McCabe (1998), S. 455 f.; Ekin/ Tez61mez (1999), S. 23; Fritz/Arnett/Conkel (1999), S. 292 f., 298; Stohs/Brannick (1999), S. 320 f.; Weaver/Trevino (1999), S. 325; Trevino/Weaver (2001 ), S. 659; Wotruba/Chonko/Loe (2001), S. 64-66; Peterson (2002), S. 318-323; Valentine~Barnett (2002), S. 195, 199; Valentine/Fleischmann (2002), S. 304; Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 240 f.; Valentine~Barnett (2003), S. 361 f.; Vitell/Paolillo/Thomas (2003), S. 7375. 355 Siehe nur Rushton/Brainerd/Pressley (1983), S. 18 f.: ,,the sum of a set of multiple measurements is more stable and unbiased estimator than any single measurement from the set. One reason is that there is always error associated with measurement. When several measurements are combined, these errors tend to average out, thereby providing a more accurate picture of relationships in the population.".
188
Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
oder subjektive Messungen v o r g e n o m m e n werden. Vielmehr k6nnen die Art und die Gtite der jeweiligen Operationalisierungen der abh/~ngigen Variable im Detail sehr unterschiedlich ausgepr/agt und f'tir die ausgewiesenen Ergebnisse (mit)verantwortlich sein 356. In Hinblick a u f die unabhangige(n) Variable(n) beschr~nken sich die groBzahligen Feldstudien darauf, mit einer einzelnen, bin/ar codierten Frage zu erheben, ob das U n t e m e h m e n nach Kenntnis des befragten Mitarbeiters - tiber einen Ethik-Kodex verftigt 357. Hinzu tritt teilweise lediglich die Messung, ob 358 bzw. inwieweit 359 dieser Kodex - nach Auffassung der Befragten - durch Sanktionen bewehrt ist. Dieses Vorgehen unterliegt naturgemal3 der Gefahr, die Realit~it insofern unzutreffend abzubilden, als sich die Respondenten tiber das Vorhandensein eines Kodex oder fiber (die Intensit/at) seine(r) Bewehrung im Irrtum befinden 36~ Diese Gefahr ist gleichwohl deshalb wenig virulent, weil es auch genau diese - und unter Umst~inden subjektiv v e r z e r r t e n - W a h m e h m u n g e n sind, auf deren Grundlage die Adressaten sich in der U n t e m e h m e n s p r a x i s entscheiden, ob und inwieweit sie Handlungen ergreifen, die mit den K o d e x n o r m e n tibereinstimmen 361. Wesentlich bedeutsamer mutet hingegen an, dass dieses Verfahren die konkrete Ausgestaltung des Kodex unbeachtet bel~isst. Die Angaben der Respondenten k6nnen sich demnach auf sehr unterschiedlich ausgestaltete (und sehr unterschiedlich sanktionierte) Kodexdokumente beziehen. Vor diesem Hintergrund k6nnen uneinheitliche Befunde kaum noch tiberraschen, da und soweit unterschiedliche Kodizes eben auch unterschiedliche Konsequenzen haben. Der Ethik-Kodex, dessen Effekte zu untersuchen sind, bleibt auch dann eine Black Box, wenn die unabh/angigen Kodexvariablen nicht bin~ir codiert sind, s o n d e m abgestuft erfragt wird, inwieweit die Adressaten den Kodex ihres Unternehmens w a h r n e h m e n 362, verstehen 363,
356 SO auch - wenngleich mit Blick auf die Ethik-Klima-Konsequenzen - Peterson (2002), S. 315. 357 Siehe Weaver/Ferrell (1977), S. 478; Ferrell/Weaver (1978), S. 70; Hunt/Chonko/Wilcox (1984), S. 317; Chonko/Hunt (1985), S. 352; Ferrell/Skinner (1988), S. 105; Akaah/Riordan (1989), S. 117; Vitell/Davis (1990), S. 68; Murphy/Smith/Daley (1992), S. 14; Robideaux/Miles/White (1993), S. 56; Kohut/Corriher (1994), S. 34; McCabe/Trevino/Butterfield (1996), S. 467; Mitchell/Daniels/Hopper/George-Falvy/Ferris (1996), S. 447; Pierce~Henry (1996), S. 436; Nwachukwu/Vitell (1997), S. 760, 765; Trevino/Butterfield/McCabe (1998), S. 455; Ekin/TezOlmez (1999), S. 21 f.; Stohs/Brannick (1999), S. 315; Pierce~Henry (2000), S. 311; Adams/Tashchian/Shore (2001), S. 203; Somers (2001), S. 189; Peterson (2002), S. 318; Valentine~Barnett (2002), S. 195; Valentine/Fleischmann (2002), S. 304; Valentine~Barnett (2003), S. 362. 358 Siehe Weaver/Ferrell (1977), S. 478; Ferrell/Weaver (1978), S. 70; Ferrell/Skinner (1988), S. 105. 359 Siehe Nwachukwu/Vitell (1997), S. 764 f.; Fritz/Arnett/Conkel (1999), S. 292; Weaver/Trevino (1999), S. 326; Trevino/Weaver (2001), S. 660 f.; Vitell/Paolillo/Thomas (2003), S. 75. 36o So auch Trevino/Butterfield/McCabe (1998), S. 455: ,,It is possible that some respondents who answered the code existence question in the negative actually work for an organization that has a code tucked away in a file drawer, or that the code exists but is not distributed to employees .... a negative response to the code existence question represents lack of knowledge that a code exists rather than a definitive, objective answer to the question of code existence.". 361 Vgl. auch Ross/Robertson (2000), S. 435: ,,Company information is not, therefore, the best information to help us predict how an employee will respond to a situation; employee perceptions of the company situation are.". 362 Siehe Callan (1992), S. 763.
Begrtlndung unternehmensethischer Kodizes
189
nutzen 364 oder als ntitzlich ansehen 365. In diesen F/allen sind zwar entsprechend konsistentere Befunde zu erwarten 366. Da jedoch keine origin~en Kodexdimensionen erhoben worden sind, bleiben die Ursachen daffir unklar, warum manche Kodizes von manchen Mitarbeitern stoker wahrgenommen, besser verstanden, intensiver genutzt oder positiver bewertet werden. Diese Unklarheit besteht im Besonderen auch dann, sofern die Daten innerhalb eines Untemehmens bzw. f'tir einen speziellen Kodex gewonnen worden sind 367. Auf diese Weise wird zwar die durch die jeweilige Art des Kodex bedingte Varianz eliminiert, da die Auspr~igungen originfirer Kodexmerkmale konstant gehalten werden. Dies hat jedoch zur Konsequenz, dass sich die Auswertungen der Kodexeffektivit~it grunds~itzlich nicht mehr nach der Art des Kodex differenzieren lassen. Die Perzeptions- und die nachfolgenden Ethisierungsunterschiede k6nnen demgem~8 nicht mit der Art des Kodex in Verbindung gesetzt werden. Diese Erkenntnisgrenzen lassen sich auch dutch Konsultation der experimentellen Untersuchungen nicht fiberschreiten. Die Experimente vergleichen zwar nicht lediglich das (Entscheidungs-)Verhalten der Probanden bei An- oder Abwesenheit eines Kodex 368. Vielmehr manipulieren sie teilweise durchaus einzelne Kodexmerkmale. Konkret wird analysiert, welche Auswirkungen es hat, wenn der Kodex speziellere Handlungsvorgaben 369, erkl~ende Statements 37~ oder explizite Sanktionswamungen 371 enth~ilt. Diese Manipulationen sind jedoch sehr fallspezifisch ausgepr~igt und die korrespondierenden Befunde daher kaum verallgemeinerbar. Das Versagen, positive Kodexeffekte nachweisen zu kOnnen, mag dabei unter anderem bereits durch die Ursprungsform des Kodexdokuments bedingt sein, der den Probanden ausgeh~indigt wird. Allerdings erlaubt die gegebene Datenbasis nur Spekulationen dartiber, welche Kodexmerkmale f~r die mangelnde Verhaltenswirksamkeit verantwortlich sind.
363 Siehe Weeks/Nantel (1992), S. 755; Wotruba/Chonko/Loe (2001), S. 64 f.; Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 240 f. 364 Siehe Callan (1992), S. 763. 365 Siehe Wotruba/Chonko/Loe (2001), S. 64 f., oder Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 240 f. 366 Siehe auch - in Hinblick auf die Verst~indlichkeit von Kodizes -Morris~Marks~Allen~Perry(1996), S. 1121: ,,variation in the degree to which people know and understand the content of codes relevant to them could mask their effect on decision making in a cross-sectional study". 367 Siehe Callan (1992), S. 762; Weeks/Nantel (1992), S. 754; Kitson (1996), S. 1024; Fritz/Arnett/Conkel (1999), S. 291; Stevens (1999), S. 114 f.; Weaver/Trevino (1999), S. 324; Wotruba/Chonko/Loe (2001), S. 63; Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 240; Granitz (2003), S. 108. 368 So aber Hegarty/Sims (1979), S. 335, und Turner/Taylor/Hartley (1995), S. 754, 759. Cleek/Leonard (1998), S. 624, vergleichen streng betrachtet nicht, ob das Vorhandensein, sondern die Aushandigung eines EthikKodex einen Unterschied macht, da die Kontrollgruppe zumindest die Instruktion erhalten hat, dass das Unternehmen in dem Entscheidungsszenario tiber einen Kodex verfiigt. Dass im Anschluss ein neutraler Befund erzielt wird, muss daher umso weniger tiberraschen. 369 Siehe Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 190, 196. 37o Siehe Weaver (1995), S. 373 f., 382. 371 Siehe Laczniak/Inderrieden (1987), S. 299, 306, sowie Weaver (1995), S. 374, 382 f.
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
Obgleich diese K o d i z e s allgemeiner gehalten sind 372, w~ire es daher beispielsweise verfehlt, daraus den Schluss ziehen zu wollen, dass spezielleren K o d i z e s generell der Vorzug zu geben ist 373.
d" Inhaltliche Bewertung Ungeachtet der m e t h o d i s c h e n Detailbetrachtungen bleibt zu konstatieren, dass K o d i z e s nicht nur grunds~itzlich v e r h a l t e n s w i r k s a m sein k 6 n n e n und tiberwiegend auch tats~ichlich V e r h a l t e n s w i r k s a m k e i t entfalten, sondern dass K o d i z e s vor allem unterschiedlich effektiv sein k6nnen. Es k o m m t d e m n a c h nicht allein d a r a u f an, ob ein U n t e r n e h m e n tiberhaupt einen E t h i k - K o d e x besitzt. Das A u s m a g der K o d e x w i r k u n g e n wird v i e l m e h r y o n weiteren Determinanten bestimmt. Dabei ist e i n e r s e i t s - sehr v e r e i n z e l t - a u f den Einfluss von M e r k m a l e n des U n t e r n e h m e n s (z. B. das vorherrschende E t h i k - K l i m a 374) bzw. seiner U m w e l t (z. B. deren T u r b u l e n z 375) und der Adressaten (z. B. ihre pers6nliche M o r a l p h i l o s o p h i e b z w . - i d e o l o g i e 376) hingedeutet worden. A u f der anderen Seite h~ingt die Kodexeffektivit~it auch und im Besonderen v o n d e r Art des K o d e x und seiner E i n b i n d u n g in das U n t e r n e h m e n s g e s c h e h e n ab. So verspricht ein K o d e x umso gr6geres Ethisierungspotential, je besser er k o m m u n i z i e r t 377, von den Mitarbeitern verstanden 378 und in die Organisationskultur e i n g e b u n d e n wird 379. B e m e r k e n s wert h~iufig wird schlieglich ausgewiesen, dass die K o d e x e f f e k t i v i t a t unter der B e d i n g u n g zunimmt, dass Sanktionen drohen, sofern die N o r m e n tibertreten w e r d e n 38~
372 Vgl. Cleek/Leonard (1998), S. 624: ,,The chosen code of ethics, which was based on the code of ethics used by McDonnell Douglas Company, was chosen due to its general nature". 373 Wohltuend zurtickhaltend sind daher auch die Hinweise bei Cleek/Leonard (1998), S. 627 f.: ,,It may also be that the chosen Corporate Code of Ethics was not sufficiently detailed enough for this particular study.", und Weaver (1995), S. 379 im Original z. T. kursiv: ,,Within the confines of an abstract, highly formal style of ethics code, content variations may prompt little response because the overall format encourages little careful consideration on the part of organization members.". Einen solchen Schluss kann im Obrigen auch die Untersuchung von Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 189-193, nicht erm6glichen, da zwar unterschiedlich spezifische Kodizes vorgegeben werden, diese sich jedoch anhand weiterer Eigenschaften unterscheiden. Dies decken die Verfasser zum einen selbst auf, wenn sie tiber ihren mit Testpersonen durchge~hrten Manipulationscheck berichten, dass ,,the abstract code, in fact, was seen as vague, ambiguous, ill-defined, etc., the specific code, in fact, was seen as specific, clear, well-defined, etc." [Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 190]. Zum anderen ist dem Abdruck der verwendeten Kodizes zu entnehmen, dass nicht nur die Generalitfit der Kodexnormen, sondern zum Beispiel auch ihre Sanktionsbewehrung verfindert wurde [vgl. Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 196]. 374 Siehe Peterson .(2002), S. 319-323. 373 Siehe Morris/Marks/Allen/Perry (1996), S. 1127 f., und Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 242 f. 376 Siehe Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 242 f. 377 Siehe McCabe/Trevino/Butterfield (1996), S. 467-471. 378 Siehe Wotruba/Chonko/Loe (2001), S. 65 f. 379 Siehe McCabe/Trevino/Butterfield (1996), S. 467-471. 380 Siehe Weaver/Ferrell (1977), S. 478-481; Ferrell/Weaver (1978), S. 71; Hegarty/Sims (1979), S. 337; Laczniak/Inderrieden (1987), S. 304; Ferrell/Skinner (1988), S. 106; Turner/Taylor/Hartley (1995), S. 757-759;
BegrilndunguntemehmensethischerKodizes
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Diese empirischen Bew~ihrungen reichen zwar hin, um die Vorbehalte zu widerlegen, dass die Kodexkonsequenzen grunds~itzlich fehlen oder fehlgehen. Zudem gelingt es aufzuzeigen, dass die tats~ichlich erzielten Ethisierungswirkungen nicht nur von dem Kodexdokument selbst abhangen, sondem auch vonder Art seiner Implementierung. Hingegen stellen sich die deskriptiven Untersuchungen als wenig hilfreich dar, wenn eine dezidiert manageriale Perspektive eingenommen wird, die den Gestaltungsaspekt in den Vordergrund riackt und das Interesse auf die praktische Ntitzlichkeit der empirischen Belege richtet. Diese Einschatzung resultiert daraus, dass den Studien kaum konkrete Anhaltspunkte daf'tir zu entnehmen sind, wie Kodizes zweckmaBigerweise ausgestaltet werden sollten, um ihr Ethisierungspotential mfglichst weit auszuschOpfen. So sind die genannten Nachweise zwar verdienstvoll, aber sicherlich alles andere als kontraintuitiv, dass die Effektivit~it eines formalen Kodex steigt, wenn die Kodexstandards wirksam vermittelt sind, von ihren Adressaten zutreffend ausgelegt werden und sich im Zusammenspiel mit den im Untemehmen informell vorherrschenden Normen als (ausreichend) konsistent erweisen. Die praktische Anwendung dieser Erfolgshypothesen verlangt jedoch detailliertere Empfehlungen dariaber, wie die Gestaltung und die Geltendmachung von Kodizes ausgepr~gt sein sollten, damit ihre Normierungen jeweils tats~ichlich wahrgenommen, nachvollzogen und in die Organisationskultur integriert werden. In dieser Hinsicht haben die empirischen Untersuchungen zur Kodexeffektivit~it kaum etwas beizutragen, da sie es weitestgehend vers~iumen, origin~e Kodexmerkmale in den Blick zu nehmen und insbesondere solche Kodexeigenschaften zu thematisieren, deren Auspr~igungen ein Untemehmen gezielt setzen k6nnte. Insofem schlagen die methodischen Ausgestaltungen der Studien darauf durch, inwieweit ihre inhaltlichen Aussagen praktisch nutzbar sind. Ebenso machen die positiven Sanktionsbefunde in diesem Zusammenhang zwar deutlich, dass es nicht nur auf den Kodex selbst ankommt, sondem auch auf seine begleitenden MafSnahmen. Gleichwohl erscheint es auch hier wiederum wenig Oberzeugend, Sanktionsbewehrungen nur generell als ntitzlich oder nutzlos auszeichnen zu wollen. Vielmehr werden nicht beliebige (Arten von) Sanktionen der Kodexdurchsetzung dienlich und bestimmte (Arten von) Sanktionen sogar sch~idlich sein. Diese Differenzierungen sind jedoch entscheidend, wenn die aufgezeigten Relationen Gestaltungsimplikationen besitzen sollen. Besonders schwer wiegt schlieBlich das Defizit, dass bislang nicht einmal adressiert worden ist, welche Gestaltungsparameter ethischer Kodizes sich durch das Untemehmen tiberhaupt sinnvoll variieren lassen, wenn ein Kodex eingeftihrt werden soil. Im Anschluss stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich Kodexarten bestimmen lassen, die nicht generell gut oder schlecht sind, sondem vielmehr Gestaltungsoptionen markieren, die sich unter unterschiedlichen Bedingungen als unterschiedlich zweckm~iBig erweisen k6nnen. Dass die Kodexnormen kommuniziert, verstanden und kulturkonform sein mtissen, um m6glichst weitge-
Fritz/Arnett/Conkel (1999), S. 293 f.; Weaver/Trevino 664; Vitell/Paolillo/Thomas (2003), S. 75 f., 78.
(1999), S. 326-329; Trevino/Weaver (2001), S. 660-
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Ethik-Kodizes als untemehmensethischeslmplementierungsinstrument
hende Ethisierungseffekte zu erzielen, ist indes aus einer Gestaltungsperspektive wenig tiberraschend und kaum zu bezweifeln, sofern ein emsthafles Interesse daran besteht, die ethische Entscheidungsqualit~it im Untemehmen zu verbessem. Aus einer Gestaltungsperspektive ist
der Blick stattdessen darauf zu lenken, welche Kodexparameter sich zweckm~iBigerweise ver~indem lassen, um die angestrebten Effekte in m6glichst hohem MaBe zu realisieren. Es gilt daher, die Black Box unternehmensethischer Kodizes zu 6ffnen und ihre Gestaltungsm6glichkeiten genauer auszuloten.
B. G e s t a l t u n g s d i m e n s i o n e n
unternehmensethischer
I.
Herleitung m6glicher Klassifizierungsmerkmale
1.
Normencharaktervon Kodizes
Kodizes
Nachdem geklfirt wurde, aus welchen Grfinden und mit welchen Zielsetzungen unternehmensethische Kodizes eingeffihrt werden k6nnen, stellt sich die Frage nach der Art der Kodizes, mit denen Unternehmen die angestrebten Ethisierungseffekte verwirklichen wollen (bzw. sollten). Die Klfirung dieser Frage setzt es voraus, grundlegende UnterscheidungsmOglichkeiten untemehmensethischer Kodizes herauszuarbeiten und die vorliegenden deskriptiven Befunde fiber ihre Ausgestaltung in der Praxis zu diskutieren. Auf diesem Fundament und unter Hinzuziehung eines geeigneten Verhaltensmodells lassen sich die Ethisierungswirkungen von Kodizes ermitteln und pr~iskriptive Gestaltungsempfehlungen entwickeln, die auch den genannten kritischen Einwendungen Stand halten. In diesem Abschnitt gilt es zungchst, die prinzipiellen Gestaltungsparameter einer Kodexeinft~hrung aufzuzeigen. Dabei soll es s i c h - als Gestaltungsparameter- zum einen um solche Kodexmerkmale handeln, deren Ausprggungen das Unternehmen tatsfichlich gezielt beeinflussen kann. Zum anderen sind aus der Gesamtheit m6glicher Gestaltungsvariablen grundlegende Parameter gesucht, die zugleich als Klassifizierungsdimensionen herangezogen werden k6nnen, um auf dieser Grundlage generische Kodextypen zu bilden. Die sich daraus ergebende Klassifizierung (oder Typologisierung 1) unternehmensethischer Kodizes ist derart auszugestalten, dass sich unterscheidende Kodexarten gekennzeichnet werden k0nnen, die fiber verallgemeinerbare Eigenschaften verft~gen und komparative Untersuchungen ihrer Ethisierungswirkungen wie auch die Zuordnung praktischer Kodexbeispiele erlauben 2. Die Abgrenzung unterschiedlicher Kodexarten dient mithin nicht nur deskriptiven Zwecken. Sie ist vielmehr notwendiger Bestandteil einer Untersuchung fiber die Effektivit~t dieses Implementie-
Die beiden Begriffe k0nnen insoweit abereinstimmendverwendetwerden, als es sich bei einer Typologie um eine mehrdimensionaleKlassifizierunghandelt [vgi. z. B. Blau/Scott(1963), S. 41]. 2 Siehegenerell zu diesen Anforderungen nur tibereinstimmend Meznar/Nigh (1993), S. 33 im Original z. T. kursiv: ,,Classification systems should accomplish at least three objectives: differentiation, generalization, and identification.".
Gestaltungsdimensionen unternehmensethischer Kodizes
193
rungsinstruments 3, da sich Aussagen fiber m6gliche Ethisierungsbeitr~ige nicht undifferenziert f'tir s~ntliche Kodizes generieren lassen werden, sondern das Ethisiemngspotential v o n d e r Art des untemehmensethischen Codes abhangt 4. U m die Vielzahl der Klassifizierungsm6glichkeiten sinnvoll zu begrenzen und einer Trivialisierung der sich anschlieBenden Effektivit/~tsanalyse entgegenzuwirken, wird ftir die Einteilung zudem gefordert, dass sie keine Kodextypen beinhaltet, deren Oberlegenheit oder Untauglichkeit offensichtlich ist. Dies ist gleichbedeutend damit, dass nur solche Gestaltungsund Typologisierungsmerkmale gesucht sind, deren zul/assige Auspr/~gungen sich nicht bereits unmittelbar und kontextunabh/angig nach ihrer Vorzugswtirdigkeit (in Hinblick auf die angestrebte Ethisierungsfunktion) ordnen lassen. Die Gestaltungs- bzw. Einteilungsmerkmale sollen mit anderen Worten keine erfolgsdominanten (und daher auch keine erfolgsdominierten) Auspr/agungen besitzen. Eine Merkmalsauspr/agung ist dann dominant, wenn die entsprechenden Kodizes in Hinblick auf den relevanten BewertungsmaBstab generell den tibrigen Kodextypen tiberlegen sind, welche die altemativen Auspr/~gungen aufweisen. Umgekehrt kann eine Merkmalsauspr~igung als dominiert bezeichnet werden, sofem es einen anderen Wert des Unterscheidungskriteriums gibt, bei dem regelm~iBig weiterreichende Erfolgswirkungen des Kodex realisiert werden. Theoretisch geschlossene Typologien untemehmensethischer Kodizes sind trotz der groBen Zahl kodexbezogener Untersuchungen bislang nicht vorgelegt worden 5. Da Kodextypen nicht ex nihilo kreiert werden k6nnen, ist zur theoretisch fundierten Herleitung geeigneter Gestaltungsparameter und zur darauf folgenden Systematisierung unterschiedlicher Kodexarten zweckm/~Bigerweise an dem Normencharakter dieser D o k u m e n t e anzusetzen 6. Prinzipiell lassen sich N o r m e n zun/achst nach ihren Elementen klassifizieren. Da der Normbegriff jedoch sehr schillemd ist, ist eine m6glichst pr/~zise Darstellung erforderlich, um keine relevanten
3 Vgl. zum Stellenwert dieser Typenbildung auch generell Stohl/Redding (1987), S. 454, die Klassifizierungen als eine der Basisprozeduren wissenschaftlicher Forschung bezeichnen und betonen, dass ,,the ultimate outcome of categorizing is ideally the construction of a scientific taxonomy, central to the formation of hypotheses as to the nature of things.". Die Vorteilhaftigkeit einer Typologie richtet sich daher danach, inwieweit sie zur Hypothesenbildung geeignet und damit erkenntnisffOrdernd ist: ,,The greatest level of ,success' that a typology may achieve is if it is able to generate new hypotheses and if it signposts relationships that were previously not recognized." [Clegg/Dunkerley (1980), S. 142]. 4 So z. B. auch Weber (1993), S. 425: ,,The effectiveness of the code should also be investigated to determine which type of code better promotes ethical employee behavior."; Weaver (1995), S. 367 im Original z. T. kursiv: ,,It is also possible, however, that variations in the design and content of a code affect people's responses to the code."; Brief/Dukerich/Brown/Brett (1996), S. 186: ,,all codes of conduct are not alike and may vary in their effects"; Cassell/dohnson/Smith (1997), S. 1088: ,,a number of factors are important in understanding the effects a corporate code will have on the behaviour of organizational members. Firstly, there is the ,nature of the code' which comprises its content and the processes by which it has been designed and implemented.". 5 Vgl. jedoch die - v o n den Autoren als logisch bezeichnete - Einteilung von Robin/Giallourakis/David/Moritz (1989), S. 72, sowie aus jUngster Zeit einen Vorschlag von Gaumnitz/Lere (2004), S. 330-335, und dazu S. 203 Fn. 62 der vorliegenden Arbeit. 6 Vgi. nochmals oben, S. 31 ff. der vorliegenden Arbeit.
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
N o r m e l e m e n t e im Vorhinein zu tibersehen 7. Es bietet sich daher eine formalanalytische Kennzeichnung yon N o r m e n an, die Anleihen an die deontische (Normen-)Logik nimmt 8. Unter der deontischen Logik ist die Logik der deontischen Begriffe und S~itze zu verstehen 9. Deontische S~itze sind S~itze, die mit Hilfe deontischer Begriffe (geboten, verboten, erlaubt) gebildet werden. Da unter (der formalen) Logik generell die Lehre des gtiltigen SchlieBens verstanden werden kann 1~ untersucht die deontische Logik (bzw. die Normenlogik) deontische bzw. normative S~itze nicht nach ihrer moralischen Begrtindung oder l]berzeugungskraft, sondern ausschlieBlich nach ihrer formallogischen Richtigkeit II. Beurteilungskriterien sind demnach die formale Schltissigkeit wie beispielsweise die Folgerichtigkeit oder die Widerspruchsfreiheit normativer Aussagen. A u f dieser Grundlage analysiert die deontische Logik Folgerungszusammenh~inge und Vertr~iglichkeitsbedingungen zwischen normativen S/itzen!2. Da sie nicht vorrangig Moral und Moralit/it thematisiert, sondern die dartiber getroffenen Urteile (einer normativen Ethik), ist die deontische Logik der Metaethik zuzuordnen 13, welche tiber die M6glichkeiten einer wissenschaftlichen Ethik reflektiert und ihre wissenschaftlichen Methoden kritisiert14.
7 Vgl. in diesem Sinne auch Eichner (1981), S. 13. 8 Vgl. zur deontischen Logik bzw. (synonym) Normenlogik z. B. Kalinowski (1973); von Kutschera (1973), S. 11-72; Keuth (1974); von Wright (1977); von Wright (1979), S. 133-185; Morscher (1980), S. 452 f.; von Kutschera (1982), insb. S. 1-38; Lichtenberg (1989), S. 197; Feldman (1992), S. 736-740; Alexy (1994), insb. S. 182-185; Pieper (1994), S. 73-76, 171-175; Forrester (1996), S. 11-39. 9 Vgl. z. B. Kalinowski (1973), S. 8 und passim; Pieper (1973), S. 1017; von Kutschera (1982), S. 4 f.; Feldman (1992), S. 736; Alexy (1994), S. 182. l0 Vgl. z. B. von Kutschera/Breitkopf(1971), S. 10; Lichtenberg (1989), S. 189; zu den (weiteren, hier ausgeblendeten) verschiedenen Facetten und Verwendungen des Worts Logik ferner auch Czermak (1980), S. 377382, sowie die Unterscheidung eines weiten (eine Vielzahl unterschiedlicher philosophischer Fragen einschlieBenden) und eines engen (auf formalanalytische Themenstellungen beschr~inkten) Begriffs der Logik bei Feldman (1992), S. 736. i1 Vgl. auch Pieper (1994), S. 218 Herv. im Original: ,,Die Logik entscheidet nur tiber dieformale Gtiltigkeit eines moralischen Urteils oder Arguments, nicht aber tiber dessen moralische Gtiltigkeit.". 12 Vgl. z. B. Lichtenberg (1989), S. 197. 13 So auch Kambartel (1984a), S. 864; Pieper (1994), S. 75; Kr~imer (1995), S. 373. 14 Siehe zur Metaethik und weiteren Nachweisen nochmals oben, S. 17 ff. der vorliegenden Arbeit.
Gestaltungsdimensionen unternehmensethischer Kodizes
195
Die analog zur A u s s a g e n l o g i k bestehenden und weiterentwickelten 15 VerknOpfungs- und Analysem/Sglichkeiten normativer S~itze sind f'tir die Z w e c k e der v o r l i e g e n d e n Schrift von nachgeordneter Bedeutung, da logische U n t e r s u c h u n g e n nur die formale Korrektheit von Schlussf olgerungen z u m G e g e n s t a n d haben und von den k o n k r e t e n Inhalten der betrachteten A u s s a g e n abstrahieren 16. So liegt die Einsch~itzung nahe, dass Kodizes, die inkonsistente N o r m e n beinhalten, schlechte V o r a u s s e t z u n g e n f'ttr die angestrebte Ethisierung des Untern e h m e n s besitzen ~7. Positiv formuliert kOnnten konsistente N o r m e n als eine mOgliche Wirks a m k e i t s v o r a u s s e t z u n g gefordert werden Is. Mit solchen (vermeintlichen) Plattittiden soil kein e s w e g s die A n a l y s e der Widerspruchsfreiheit und Vertr~iglichkeit kodifizierter N o r m e n trivialisiert wer den 19. Es ist eher ganz im Gegenteil a n z u n e h m e n , dass die deontische L o g i k
~5 Siehe zur historischen Entstehung der deontischen Logik, ihren wesentlichen Beitragen und noch offenen Kontroversen nur den sehr knappen Abriss bei Feldman (1992), S. 737 f. Dartiber soll nicht verschwiegen werden, dass inzwischen zwar nicht mehr die M/)glichkeit einer Logik filr Normen [vgl. z. B. Ross (1968), S. 143; Morscher (1980), S. 455, sowie zum normenlogischen Skeptizismus ausfiahrlich Weinberger (1992), S. 431-497, insb. S. 432 f.], vereinzelt wohl aber die Erforderlichkeit einer gesonderten deontischen Logik in Frage gestellt wird, da und soweit sich die deontischen Operatoren durch normale Pradikate definieren lieBen [vgl. Alexy (1991), S. 95 Fn. 169; Alexy (1995), S. 21 f. m. w. N. ~ r und wider das Erfordernis einer gesonderten Normenlogik, sowie Forrester (1996), S. 19 f., und dazu die Gegentiberstellung von Normativismus und Reduktionismus bei Weinberger (1977), S. 180 f.]. Dieser Streit ist insoweit unerheblich, als in einem solchen Falle dennoch eine Normenlogik im hier verstandenen Sinne verfi~gbar ware, die sich dann gleichwohl ausschlieBlich der Sprache der normalen Logik bedienen miasste. ~6 Vgl. nur Brandt (1959), S. 18: ,,Perhaps the Devil is perfectly consistent, but all his ethical principles are incorrect.". ~7 Damit ist auch gesagt, dass Kodizes als Normenkataloge keine Ansammlung beziehungsloser Normen darstellen, sondern systemisch zu verstehen sind. Es handelt sich mit anderen Worten um Normensysteme, das heiBt eine Menge von Normen, zwischen denen Beziehungen oder Strukturen bestehen bzw. herstellbar sind [siehe zum Begriff des Normensystems z. B. von Kutschera (1973), S. 28, der ethische Kodizes explizit als Beispiel ~ r ein Normensystem nennt, sowie Lautmann (1971), S. 65; Weinberger (1977), S. 183; Raz (1990), S. 9 und passim; Sieckmann (1990), S. 21 m. w. N.]. ~s Es ist bewusst nur von einer mOglichen Voraussetzung gesprochen worden, da die logische Gtiltigkeit zwar als eine notwendige Bedingung fi~r die Begrtindung einer Norm angesehen werden mag [vgl. z. B. Hoerster (2003), S. 73 Herv. im Original: ,,So wichtig Widerspruchsfreiheit und systematischer Zusammenhang als notwendige Kriterien Far den Erweis von moralischer Erkenntnis auch sein mOgen, hinreichend sind sie nicht.", siehe zur Forderung iogischer Korrektheit (bzw. nach ,,L-Rationalitat") auch Peczenik (1989), S. 56: ,,L-rationality is a minimum demand. A >>justificationThese employees messed up. They violated our way of doing business.>Comply with all laws and regulations~highest ethical standards>emptyformalism.~". ~88 So auch McDonald (1999), S. 147: ,,it is imperative, when designing Codes, that organisations develop their own. It is tempting to borrow another company's Code of Conduct but the more the Code looks at and reflects the culture of an organisation, the greater the chance it will be accepted by its employees.".
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Ethik-Kodizes ais unternehmensethisches Implementierungsinstrument
Aus dem hier angenommenen unternehmensethischen Verst~ndnis folgt 189, dass sich die Norminhalte nicht nur darauf beschr~inken dtirfen, die Einhaltung rechtlicher Auflagen sicherzustellen. Ethik-Kodizes, die sich der Implementierung einer Untemehmensethik verpflichten, m0ssen sich vielmehr auch der untemehmenspraktischen Probleme der Begrtindung und Befolgung moralisch gebotener Handlungsweisen annehmenl9~ Dies verlangt eine hinreichend breite Themenstruktur 191, die sich nicht auf einzelne materiell spezifizierte Problemstellungen reduziert 192.
2.
Formale Gestalt Unter der Kategorie der formalen Gestalt sind die Merkmale der Kodexinhalte zu subsu-
mieren, die nicht unmittelbar an eine bestimmte (materiell konkretisierte) Themenstruktur gebunden sind. Trotz identischer Themenstruktur kOnnen sich Kodizes dennoch grundlegend hinsichtlich ihrer formalen Gestalt unterscheiden. Bei der formalen Gestalt unternehmensethischer Grundsatzdokumente geht es um ihre Sprache und Fundierung sowie die Konkretheit der kodifizierten Aussagen. Wie eingangs bereits angektindigt 193, kommt dabei dem Merkmal der Konkretheit for die gestaltungsrelevante Systematisierung unterschiedlicher Kodexarten zentrale Bedeutung zu.
a) Sprache aa) Grundlegende Bedeutung Der Begriff der Sprache wird als ,,eigenttimlich mehrdeutig ''!94 umschrieben und auf dementsprechend vielf~iltige und unterschiedliche Weise verwendet. Sprache meint nicht lediglich die verwendete Nationalsprache (wie Deutsch oder Englisch), sondern die Verbalisierung im Allgemeinen 195. Sie stellt als konkretes Gebilde das Erkenntnisobjekt der Sprachwissenschaft oder Linguistik dar bzw. bei logisch-abstrahierender Betrachtung das der logischen Sprachanalyse. Schliel31ich muss Sprache nicht nur ein Mittel verbaler Verstfindigung zwischen Men-
189 Siehe nochmals oben, insb. S. 24 ff. der vorliegenden Arbeit. 190 Im Ergebnis 0bereinstimmend daher die These yon Brenner (1992), S. 397, tiber die ,,three different general types of concerns [in corporate ethics programs, T. T.]: avoidance of law breaking; dealing with emerging gray areas; and responding appropriatelyto profit/performance pressures.". 191 Siehe zu einer solchen Empfehlung auch White~Montgomery (1980), S. 86. ~92 Vgl. ganz in diesem Sinne Raiborn/Payne (1990), S. 883: ,,the code should be comprehensive enough to envelope the spirit of ethics and morality". 193 Siehe nochmals oben, S. 201 der vorliegenden Arbeit. 194 Wunderlich (1989), S. 316. 195 Vgl. z. B. Wunderlich (1989), S. 316.
Gestaltungsdimensionen unternehmensethischer Kodizes
239
schen sein, sondem kann generell als ein System von Zeichen verstanden werden und bildet dann den Gegenstand der allgemeinen Zeichentheorie oder Semiotik 196. Da sich ftir den Zeichenvorgang (die Semiose) mit dem Zeichentr~iger (das heiBt der konkret erscheinenden Zeichengestalt), dem Designat (auf das im Zeichen Bezug genommen wird) und dem Interpretanten drei Komponenten unterscheiden lassen, untergliedert sich die Semiotik entsprechend in drei Teile 197. Die Syntaktik untersucht die logisch-grammatikalischen Beziehungen zwischen den linguistischen Zeichen einer Sprache, ohne Beziage zu den Objekten und Interpreten in den Blick zu nehmen. Die Semantik als zweite semiotische Teildisziplin hingegen ist objektbezogen und zielt darauf, die Bezeichnung oder Bedeutung der linguistischen Zeichen aufzudecken. Die Pragmatik schliel31ich bezieht den Interpretanten ein und thematisiert die Beziehungen zwischen den linguistischen Zeichen und ihren Benutzem, das heiBt Sprechern, H6rern, Lesern. Sie analysiert mithin, wie sprachliche Ausdrticke kommunikativ gebraucht werdenl98. L/asst man die sich aus solchen sprachtheoretischen oder philosophischen Er6rterungen ergebenden Weiterungen zun/achst ausgeblendet, so ist (auf der Basis gesunden Menschenverstands) bereits zu konstatieren, dass die Sprache unternehmensethischer Kodizes fraglos einen Effekt darauf hat, ob und inwieweit sie durch ihre Adressaten wahrgenommen und infolgedessen verhaltenswirksam werden. Der Sprache muss demgem/aB bei der Gestaltung unternehmensethischer Grundsatzdokumente gr6Bere Aufmerksamkeit zuteil werden. Schlecht formulierte Kodizes kOnnen das Ethisierungspotential dieses Implementierungsinstruments nicht aussch6pfen. Demgem/~13 besteht groBe Einigkeit, dass Kodizes einfach, leicht verst/andlich und gut lesbar formuliert sein sollten, damit die Botschaft der in ihnen kodifizierten Normen klar kommuniziert wird 199. Dies bedeutet auch, dass die Komplexit/~t der Darstellung die Gesamtheit der Kodexadressaten berticksichtigen 2~176 und nicht etwa den Ausbildungshintergrund der Kodexautoren widerspiegeln sollte 2~ Die Erfolgsvoraussetzung der sprachlichen Ver-
196 Siehe zu diesen verschiedenen Bedeutungen nur Seiffert (1989a), S. 313. 197 Vgl. z. B. Rodi (1989), S. 298 f. m. w. N. 198 Vgl. zu den drei Dimensionen der Semiotik z. B. Ross (1968), S. 6 f.; Kalinowski (1973), S. 2 f.; Rodi (1989), S. 298 f.; Wunderlich (1989), S. 321-325; Lueken (1999), S. 1497. 199 Vgl. z. B. Sanderson/Varner (1984), S. 31; Ethics Resource Center (1990), S. III-1; Pitt/Groskaufmanis (1990), S. 1638 Fn. 459 und S. 1649; Raiborn/Payne (1990), S. 883, 884; Velasquez (1990), S. 239; Ryan (1991), S. 131; Alderson/Kakabadse (1994), S. 439; Brien (1996), S. 27; Cassell/dohnson/Smith (1997), S. 1080; Joseph (2001), S. 49; Palmer/Zakhem (2001), S. 83; Chonko/Wotruba/Loe (2003), S. 238. 200 Vgl. z. B. Raiborn/Payne (1990), S. 884: ,,a useful ethics code should be: clear and understandable to the average person", oder Pitt/Groskaufmanis (1990), S. 1638 Fn. 459: ,,A code's primary purpose is to communicate effectively to a variety of levels of corporate employees. Thus, codes should be drafted in plain English, and not legalese, to ensure that they are understood by employees.", sowie Pierce~Henry (2000), S. 310: ,,to be effective these codes must be written such that they provide guidance to all users". 2o~ Vgl. dazu explizit Martens~Day (1999), S. 166, sowie die empirischen Befunde von Sanderson/Varner (1984), S. 31, wonach die komplexen, schwierig lesbaren Satzkonstruktionen vieler Kodizes der Unternehmenspraxis ,,reflect the heavy participation of legal departments.". Siehe eingehender zu den Problemen, die bei der Verwendung fachsprachlicher Termini auftreten k/Snnen, Ebert (1997), S. 37 f.
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
st~ndlichkeit beinhaltet ferner die f'tir internationale Unternehmen dringliche Empfehlung, den Kodex sorgffiltig 2~ in die verschiedenen Landessprachen zu iibersetzen, damit nicht bereits nationalsprachliche Barrieren das Verst~indnis des Kodex behindern 2~ Das Merkmal der Verst~indlichkeit ist zwar distinktiv, das heiBt, es erlaubt eine Bedeutungsunterscheidung unternehmensethischer Kodizes. Diese Differenzierung ist jedoch praktisch insoweit wenig relevant, als unverst~indlich formulierte Kodizes eben generell weniger effektiv sein und eine bestenfalls nur geringere Ethisierung des Unternehmens bewirken werden. Sofern keine erkennbar dysfunktionalen Kodexarten erfasst werden sollen, sind diese sprachlichen Ausdrucksformen zur Herleitung einer sinnvollen Kodexdifferenzierung daher untauglich, da sie erfolgsdominante bzw. -dominierte Kodextypen konstituieren wiirden 2~ Weitergehende sprachliche Merkmale scheinen hingegen zu idiosynkratisch 2~ und sich daher far eine erste Typenbildung nicht zuvorderst anzubieten 2~ Das Idiosynkratische mag zum einen erkl~iren, warum sprachanalytisch fundierte Studien unternehmensethischer Kodizes bislang in nur ~iuBerst begrenzter Zahl durchgeftihrt worden sind 2~ Dabei soll nicht geleugnet werden, dass diese Zurtickhaltung zum anderen sicherlich auch aus der besonderen Interdisziplinarit~it dieser Untersuchungen resultiert, die profunde Kenntnisse der Sprachwissenschaft und/oder Semiotik voraussetzen 2~
bb) Empirische Untersuchungen zur Sprache unternehmensethischer Kodizes Die Einschfitzung, dass die in sprachanalytischen Studien erfassten Merkmale unternehmensethischer Kodizes ftir eine erste Systematisierung weniger geeignet sind, soll im Folgen-
202 Sorgfaltskriterien kOnnen dabei dem wissenschaftlichen Forschungsprozess entliehen werden, woes allgemein anerkanntem Standard entspricht, im Rahmen internationaler Befragungen notwendige Obersetzungen dutch Rticktibersetzung auf ihre Angemessenheit zu prtifen. 203 Vgl. z. B. Martens~Day (1999), S. 166, oder Kearney (1999), S. 214. So liegt beispielsweise der Kodex yon Shell in 51 verschiedenen Sprachen vor. Damit k0nnen 99,9 % der Mitarbeiter des Konzems auf eine Version des Kodex in ihrer Muttersprache zurtickgreifen [vgl. Kaptein/Wempe (2002), S. 295]. 204 Siehe dazu nochmals oben, S. 193 der vorliegenden Arbeit. 205 Vgl. nut die Einschfitzung yon Fulmer (1969), S. 50: ,,True, the writing [of codes, T. T.] may leave something to be desired, but the authors have every right to counter their critics with the comment, >>Ilike my way of doing it better than your way of not doing it.too-pronounyou-focusedwe-focused>explain the intent, as well as the letter of the code.>thou shalt'sthou shalt not'swhat not to do.universal< the expression >more universal< has no sense.". 383 Vgl. auch Ross (1968), S. 109 f. 384 Siehe auch nochmals oben, S. 238 ff. der vorliegenden Arbeit.
Gestaltungsdimensionen untemehmensethischer Kodizes
d'
273
Normkern Eine U n t e r s c h e i d u n g von N o r m e n nach ihrer Konkretheit, die auch ftir u n t e r n e h m e n s e t h i -
sche Kodizes R e l e v a n z aufweist, m u s s sich nach d e m V o r s t e h e n d e n somit a u f den N o r m k e r n beziehen. U n t e m e h m e n s e t h i s c h e K o d i z e s sind generell bzw. genereller, sofern sie sich aus N o r m e n z u s a m m e n s e t z e n , die tiber einen generellen (bzw. generelleren) N o r m k e r n verftigen. Im Weiteren ist darzulegen, was far die anschliegende T y p e n b i l d u n g unter generellen bzw. speziellen K o d i z e s verstanden w e r d e n soil.
cc) UnterscheidungsmSglichkeiten des Normkerns a'
Merkmale der Situation Die D i f f e r e n z i e r u n g des N o r m k e r n s kann e n t w e d e r an der normierten Situationsbeschrei-
bung oder der geforderten H a n d l u n g s w e i s e ansetzen 385. In Hinblick a u f die Situation lassen sich N o r m e n d a n a c h unterscheiden, ob und inwieweit ihr G e l t u n g s a n s p r u c h situativ eingeschr~akt wird 386. So gibt es z u m einen N o r m e n , die keine situativen A n w e n d u n g s b e d i n g u n g e n beinhalten und daher unbedingt sind. Sie verlangen von den N o r m a d r e s s a t e n , in allen mOglichen Situationen so zu handeln, wie es der H a n d l u n g s w e i s e h entspricht 387. N o r m e n (z. B. ,,Du sollst nicht t6ten.") k 6 n n e n durchaus ohne die N e n n u n g von Einschr/ankungen formuliert sein. Sie w e r d e n sich j e d o c h nur dann nicht einfach als ungeeignet zuriackweisen lassen, w e n n sie in ein N o r m e n s y s t e m eingeordnet sind, das auftretende N o r m k o n f l i k t e und zul/assige Ausn a h m e b e d i n g u n g e n (z. B. ,,Notwehr") regelt 388. Der semantische G e h a l t v o n N o r m e n wird daher regelm/aBig M e r k m a l e von S i t u a t i o n s b e s c h r e i b u n g e n enthalten 389. H i n g e g e n sind unbe-
3ss Dabei sei daran erinnert, dass es im Einzelnen nicht immer eindeutig und willkiarfrei mOglich sein mag, die Inhalte der beiden Normkomponenten streng zu trennen. Vgl. nur Raz (1990), S. 50, wonach diese Unterscheidung ,,does not imply belief in the possibility of determining on some good grounds for every factor whether it is part of the act or of the circumstances in which the act was performed.". 386 Vgl. z. B. auch Williams~Gibbs (1968), S. 205; Raz (1972), S. 837; Lachmayer (1977), S. 45 f., 50; von Wright (1979), S. 83; Kambartel (1984b), S. 1030; Gginther (1988), S. 29; Penski (1989), S. 106. 387 Vgl. zu einer solchen Unbedingtheit auch Singer (1958), S. 169. 388 Siehe zu diesem Beispiel auch Penski (1989), S. 107, oder Habermas (1991), S. 170 im Original z. T. kursiv: ,,Verbotsnormen vonder Art ~Du sollst nicht tOten~t erwecken den Anschein, dab ein solches Verhalten ~unbedingt~ im Sinne strikter Allgemeinheit fiir jedermann unter allen Umstanden und ein ~r allemal, eben kategorisch, untersagt ist .... Freilich belehrt uns schon der zweite Blick, dab negative Rechte und Pflichten genau so wenig ~absolute~ Geltung beanspruchen kOnnen wie positive.", oder Dawson (1994), S. 148: ,,we could imagine a rather naive community formulating a code of practice which had only a single principle, say, >Do not killgenericity>integrity is expected of every employee of XYZ Corporation.>people>Restriktionenconstraints>windowdressingpolitical< use as an indicator of a change in company policy in response to a negative public opinion may be problematical in terms of the likely impact on corporate culture.". 4s3 Vgl. in diesem Sinne auch die Anmerkung von Arvey/Jones (1985), S. 373: ,,the publication of revised ethical standards may cause previous behavior to be viewed as unethical even if it occurred before the new standards were released.". 484 Vgl. auch Raiborn/Payne (1990), S. 882: ,,When management drafts a code of ethics, many employees feel that there is an implication that someone is doing something wrong. That implication may be true. But, if it is the top managers who are the persons who are violating the code, trying to communicate the value of ethics to lower level employees becomes very difficult.", sowie Kaptein/Wempe (2002), S. 279: ,,Employees judge the motives of senior management in implementing integrity. It is therefore important that they perceive it to be a sincere attempt to have all employees do what is right instead of an attempt to create a back door for executives in case of a legal mishap.".
450
Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
Kodex begleiten sollen. Bei schwerwiegenden Verwicklungen kann die Glaubwiardigkeit des Topmanagements so weit aufgezehrt sein, dass seine Kommunikation die Mitarbeiter nicht mehr tiberzeugen, sondern nur noch als zynisch wahrgenommen wird. Solche (Ethik-)Krisen lassen sich durch eine kodexbasierte Strategie der Persuasion erst dann bewWtigen, nachdem erforderliche Ver~inderungen im Topmanagement vorgenommen worden sind. (2) Normenbezogene Faktoren
(a) NutznieBer der Norm Die im Zuge der Diskussion tiber die kommunikationsbasierten Determinanten der Persuasionsstrategie bereits angedeuteten normenbezogenen Relativierungen sind im Weiteren etwas n/aher zu er6rtern, sofern sie nicht die Typologisierungsdimension der Normkonkretheit betreffen. Es sind daher nur die Normfaktoren zu besprechen, die for Kodizes sinnvoll variierbar und nicht bereits durch die Wahl der Normart determiniert sind. Die Handlungskomponente der Norm bleibt aus diesem Grunde zun~ichst ausgeblendet. Stattdessen werden die Nutzniel3er der Norm sowie anschlie6end in Hinblick auf den Norminhalt die H/aufigkeit und die Komplexit~it der Anwendungssituation behandelt. Die Kategorie der Nutznie6er bezeichnet die Gesamtheit der Akteure, die von der (Einhaltung der) Norm profitieren 485. Da die (Einhaltung der) Norm ftir diese Akteure Nutzen stiftet, ist dies gleichbedeutend damit, dass die entsprechende Norm offenbar als prfiferenzkompatibel ausgezeichnet werden kann. Folglich sind Mal3nahmen der Persuasion zur Normimplementierung insoweit entbehrlich, als keine normative Abweichung besteht, auf deren Abbau diese Implementierungsakte gerichtet sein k6nnten 486. Die Persuasionsstrategie zielt nach ihrer Grundintention generell dahin, die Pr~iferenzen der Kodexadressaten in der Weise zu verst/arken, zu verfindern oder neu auszubilden, dass die Einhaltung der kodifizierten Normen pr~iferenzkompatibel erscheint, demnach als vorteilhaft bewertet und somit als nutzenstiftend wahrgenommen wird. In diesem Sinne versucht die Persuasionsstrategie also, s/amtliche Kodexadressaten zu Nutzniel3ern der kodifizierten Normen zu machen 487. Um den Anwendungsbereich der Persuasionsstrategie etwas genauer abzugrenzen, gilt es zu beachten, dass die (mehr oder weniger weitreichende bzw. mangelnde) Pr~iferenzkompatibilit~it erstens nicht unmittelbar ersichtlich, zum Z w e i t e n - was wiederum Wesen und Bedeutung der Persuasionsstrategie a u s m a c h t - keineswegs unveranderbar sein muss und schlie61ich drittens konditional gebunden sein kann. 485 Siehe oben, S. 199 der vorliegenden Arbeit. 486 Siehe in diesem Sinne auch Tyler (1990), S. 24: ,,Voluntary compliance [wie sie durch die Persuasionsstrategie herbeigeftihrt werden soll, T. T.] is of course important only to the extent that compliant behavior is different from behavior derived from self-interest.". 487 Vgl. dazu auch aus der Rhetorik von Aristoteles (1980), S. 45 (Buch I, 8. Kapitel): ,,Denn alle werden tiberredet durch das, was Nutzen bringt.".
Gestaltungsdimensionen untemehmensethischer Kodizes
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Da Pr~ferenzen in Hinblick a u f ihre Objekte und ihre Reichweite sehr ve r s chieden und ihrerseits begrtindungsbedtirftig sind 488, ist es sinnvoll und verbreitet, unterschiedliche E b e n e n und Tiefenstrukturen v o n Pr~iferenzen zu differenzieren 4s9. K o n k r e t gentigt es Ftir das Weitere gleichwohl, einerseits generelle und grundlegende(re) sowie andererseits n o r m b e z o g e n e Pr~iferenzen a b z u g r e n z e n , wobei letztere sich unmittelbar a u f die Einsch~itzung der Vorteilhaftigkeit der k o r r e s p o n d i e r e n d e n N o r m beziehen und in ihrer Auspr~igung durch die tieferliegenden Pr~iferenzen beeinflusst sind. Die generelleren Pr~iferenzen kOnnen m e h r oder w e n i g e r grundlegend sein und sind gegen externe B e e i n f l u s s u n g s v e r s u c h e in ihren tiefer liegende nden Strukturen fiuBerst resistent, da diese (Meta-)Prfiferenzen a u f existentiellen E n t s c h e i d u n g e n beruhen 49~ und das Selbstverst~indnis der betreffenden Person (fiber ihre Pers6nlichkeit, ihre Weltsicht, ihre Lebensftihrung) g r u n d l e g e n d bestimmen. Die Persuasionsstrategie kann demnach zwar durchaus fiber die Beeinflussung n o r m b e z o g e n e r Pr~iferenzen hinausreichen, nicht aber den Kern einer Person und (zu) tief sitzende Pr~iferenzstrukturen zu verfindern beabsichtigen 491"
488 Siehe nochmals oben, S. 336 der vorliegenden Arbeit. 489 Besonders prominent ist dabei innerhalb der (Moral-)Philosophie die Unterscheidung yon Frankfurt (1971), insb. S. 6 f., zwischen Pr~iferenzen (bzw. Wt~nschen) erster und zweiter Ordnung. Wfihrend Pr~iferenzen erster Ordnung bestimmen, ob eine Handlung vorzugswi~rdig ist und deshalb durchgefiihrt werden sollte, haben Prfiferenzen zweiter Ordnung zum Gegenstand, welche Prfiferenzen erster Ordnung vorteilhaft oder wiinschensweft erscheinen. Dabei wird es als ein charakteristisches Merkmal des Menschen - im Unterschied zu anderen Spezies - angesehen, Prfiferenzen zweiter Ordnung ausbi|den und damit tiber die eigenen Wtinsche reflektieren zu kOnnen: ,,Besides wanting and choosing and being moved to do this or that, men may also want to have (or not to have) certain desires and motives. They are capable of wanting to be different, in their preferences and purposes, from what they are. Many animals appear to have the capacity for what I shall call >>first-order desires>desires of the first order,>Starkealgebra< that could translate the desert for a particular crime into a specific sentence". 587 Die anderslautende Ansicht von Bradley (2003), S. 21 f., dass ,,retribution tells us little about what a particular defendant's sentence ought to be, or even how to define a range of acceptable punishments for a given crime.", wirkt demnach in dieser Generalit/at wenig tiberzeugend.
Gestaltungsdimensionen untemehmensethischer Kodizes
477 . .
(b)
Abschreckung Im Unterschied zu den Vergeltungstheorien handelt es sich bei den Theorien der Abschre-
ckung und Besserung um Pr~iventionstheorien, welche Bestrafungen mit der Zwecksetzung begrtinden, zuktinftige Normverletzungen abzuwenden. Die Sanktionsbegrt~ndung erfolgt demgemaB folgen- bzw. zukunftsorientiert 588, weshalb auch von prospektiven Theorien gesprochen werden kann 589, die im Grundsatz die Realisierung bestimmter Zwecke zur Rechtfertigung der Strafe heranziehen. Da die Begrtindung der Bestrafung in Relation zu bestimmten Zwecken (hier: der Verhinderung zuktinftiger Normverletzungen) vorgenommen wird, liegt eine relative Theorie der Sanktionsbegrtindung vor 59~ Bestraft wird, damit kein Unrecht geschieht 591. Den Theorien der Abschreckung ist die Intention gemein, durch die Androhung von Bestrafungen geplante Normverst613e zu verhindern. Bestrafungen sind mit Nachteilen ftir das Sanktionsobjekt verbunden, welche die Vorteile kompensieren sollen, die eine Missachtung der Kodexnorm zun~ichst attraktiv erscheinen lassen m6gen. Sofern der beschr~,nkt rationale Akteur die Norm nicht ohnehin befolgt, wird er bei seiner Entscheidung t~ber die Normbeachtung (mehr oder weniger bewusst) kalkulieren, welche Kosten-Nutzen-Relationen zu erwarten sind, wenn er die Norm einh~ilt oder bricht 592. Im Falle wirksamer Abschreckungen, bei denen die Akteure aufgrund der angedrohten Sanktionen auf einen Normbruch verzichten, muss die Strafe derart ausgepr~igt sein, dass sie die Vorteile aufwiegt, die sich die Akteure yon der Normverletzung versprechen. Aus diesem Grund richtet sich die Bemessung der Bestrafung nicht nach der Schwere der Tat, sondern nach dem Nutzen, den die Normmissachtung dem T~ter einbringen w~rde. Gewichtigere Normen sind daher nur dann mit strengeren Sanktionen zu bewehren, wenn ihre Einhaltung den Adressaten einen vergleichsweise gr613eren Aufwand abverlangt, der sich anhand der direkten Befolgungskosten wie auch der Opportunit~itskosten in H6he der entgangenen Gewinne bemisst, die sich bei einer Verletzung der Norm realisieren liel3en. Grunds~itzlich wird unterstellt, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Abschreckungswirkung mit der H6he der angedrohten Bestrafung steigt 593. Eine abschreckende Wirkung ist
588 So z. B. auch Baurmann (1987), S. 6; Hoerster (1991), S. 214; Kershnar (2001), S. xi. 589 Vgl. z. B. v. d. Pfordten (1996), S. 280. 59o ,Poena est relativa ad effectum.' [vgl. z. B. Noll (1962), S. 12, oder Jescheck (1978), S. 55 (w 8 IV)]. 591 ,Punitur, sed ne peccetur.' [vgl. z. B. Jakobs (2004), S. 6]. 592 Vgl. z. B. Becker (1968), S. 176; Zimring (1971), S. 3; Ehrlich (1973), S. 523-525; Tullock (1974), S. 105; Geerken/Gove (1977), S. 425; Beyleveld (1979a), S. 136; Cook (1980), S. 216 f.; Grasmick/Bryjak (1980), S. 471 f.; Grasmick/Green (1980), S. 326; Luckenbill (1982), S. 820; Vanberg (1982), S. 22 f.; von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 6; Polinsky/Shavell (2000), S. 47; Mendes/McDonald (2001), S. 590. 593 Vgl. z. B. Singer (1970), S. 414: ,,the more severe the punishment, the more effective it is in suppressing behavior."; Jescheck (1978), S. 59 (w 8 1V 5): ,,es liegt an sich in der Logik der Abschreckung, dab m6glichst
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j e d o c h nicht nur von der Strafh6he, s o n d e m auch von der W ahr s cheinlichke it abh~ingig, den Nachteil der Bestrafung tats/achlich erleiden zu mtissen. D r a k o n i s c h e S t r a f a n d r o h u n g e n bleiben d e m n a c h wirkungslos, w e n n der A k t e u r d a v o n a u s g e h e n kann, dass ihm N o r m v e r l e t z u n gen nicht n a c h w e i s b a r oder aber die v o r g e s c h r i e b e n e n Strafen dermaBen hoch sind, dass sie k a u m vollstreckt w e r d e n 594. Die Sanktionswahrscheinlichkeit setzt sich folglich aus der A u f d e c k u n g s - und der Vollstreckungs- bzw. V o l l z u g s w a h r s c h e i n l i c h k e i t z u s a m m e n , da die Verletzung einer N o r m zun/achst entdeckt und die v o r g e s e h e n e Strafe dann auch verh/angt w e r d e n muss 595. Bei einem g e g e b e n e n StrafmaB 1/isst sich die A b s c h r e c k u n g s w i r k u n g d e m n a c h verst/arken, w e n n sowohl die Intensit~it, mit der N o r m v e r l e t z u n g e n verfolgt werden, als auch der Anteil tats~ichlich sanktionierter N o r m v e r l e t z u n g e n (das heiBt: die S a n k t i o n s g e l t u n g 596) gesteigert w e r d e n 597. SchlieBlich wird a n g e n o m m e n , dass die a b s c h r e c k e n d e W i r k u n g von Bestrafungen positiv mit der G e s c h w i n d i g k e i t von Sanktionen korreliert ist 598. Die Sanktionsge-
strenge Strafen im Hinblick auf den Eindruck, den sie in der Allgemeinheit hervorrufen, auch die wirkungsvollsten sein mtiBten."; Ross (1981), S. 6: ,,the more severe the perceived eventual penalty .... the greater will be the effect of the legal threat."; Luckenbill (1982), S. 811 im Original kursiv: ,,The greater the severity of the threatened punishment, the greater the likelihood the target will comply". 594 Vgl. z. B. Grasmick/Bryjak (1980), S. 473: ,,Whatever the perceived consequence of being caught, it is not a potential cost if people believe they will not be caught."; Grasmick/Green (1980), S. 327: ,,Regardless of the perceived severity of that form of punishment, if the actor believes the certainty of arrest is zero, then the perceived potential cost, in terms of legal sanctions, is zero."; Cameron (1988), S. 306: ,,more severe punishment will be totally ineffective if the criminal still believes that he will not experience it."; Nagin (1998), S. 34: ,,Credibility is assuredly crucial. If a sanction threat is not credible it will not be effective."; von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 7: ,,If potential offenders believe they are unlikely to be apprehended and convicted, even the threat of draconian sanctions may have little effect - because of those persons' expectations of being able to escape the threatened penalty.". Aus diesem Grunde erklart sich auch der Befund, dass ,,present evidence indicates that certainty is more important than severity of punishment in deterring crime" [Geerken/Gove (1977), S. 425]. 595 Siehe auch von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 6 Fn. im Zitat gelOscht: ,,))Certainty~ would be used to refer to the likelihood of being caught, and made liable to punishment, given commission of an offense. In practice, this ordinarily means the likelihood of being arrested and convicted.". 596 Vgl. dazu auch bereits Abbildung 15 auf S. 503 der vorliegenden Arbeit sowie z. B. Popitz (1980), S. 35, oder Raiser (1995), S. 260. 597 Vgl. z. B. Singer (1970), S. 417: ,,The more certain the punishment, the more effective it is in suppressing behavior."; Gibbs (1975), S. 105: ,,The deterrence doctrine seemingly asserts an inverse relation between the certainty of punishment of a type of crime and the crime rate."; Ross (1981), S. 6: ,,The greater the perceived likelihood of apprehension, prosecution, conviction and punishment, the greater will be the effect of the legal threat."; Luckenbill (1982), S. 812 im Original kursiv: ,,The more believable the source's threat of punishment, the more likely the target will comply"; Hollinger/Clark (1983), S. 414: ,,Prior research on deterrence has consistently reported a negative relationship between perceived certainty of apprehension (or risk) and self-reported involvement in illegal activity."; Pestello (1984), S. 594: ,,as certainty increases, crime rates decrease.". 598 Vgl. z. B. Cheyne/Walters (1969), S. 231: ,,punishment that occurs early in a response sequence is a more effective inhibitor of punished responses than is punishment that occurs only after a response has been consummated."; Singer (1970), S. 418, und in Hinblick auf die Durchsetzung von Rechtsnormen ebd, S. 442: ,,by accelerating our legal processes we can increase the effectiveness of punishment."; Geerken/Gove (1975), S. 500 im Original kursiv: ,,The greater the speed with which punishment occurs .... the greater the effectiveness of the deterrence system."; Ross (1981), S. 6: ,,the more quickly it [i.e., the penalty, T. T.] it is seen to be administered, the greater will be the effect of the legal threat."; Huesmann/Podolski (2003), S. 78: ,,punishment must be immediate in order to be effective.".
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schwindigkeit ist umso gr0Ber, je geringer der zeitliche Abstand zwischen der Verletzung der N o r m und der Verhangung der Sanktion ausf'allt. Hingegen t~ben Strafen einen geringen (oder im Extrem gar keinen) Abschreckungseffekt aus, wenn Normbrfiche zwar aufgedeckt und mit merklichen Strafen belegt werden sollen, der Nachteil ffir den Delinquenten jedoch erst in (unendlich) ferner Zukunft spt~rbar wird. Zusammengefasst ist die Abschreckung eine Funktion der H6he, der Wahrscheinlichkeit und der Geschwindigkeit der Bestrafung 599. Offensichtlich entf~.llt die abschreckende Wirkung von Bestrafungen, wenn eine dieser Variablen den Wert Null einnimmt, das heil3t, die H6he der Strafe ganzlich vernachlfissigbar erscheint, das lJbertreten der Norm nicht entdeckt oder die Bestrafung nicht tatsfichlich bzw. erst in unendlicher Zukunft vollzogen wird 6~176 Wenngleich die Intention der Abschreckungstheorien, durch die Androhung von Sanktionen Normverletzungen verhfiten und damit den N o r m e n zu umfassender(er) Geltung verhelfen zu wollen, den angestrebten Wirkungen restriktionsbasierter ImplementierungsmaBnahmen entspricht, k6nnen diese Theorien dennoch nicht allein genfigen, um eine restriktionsbasierte Kodeximplementierung zu fundieren, da und soweit diesem Zweck nicht alles untergeordnet und die Geltung eines unternehmensethischen Kodex - wie auch schon im Falle der pr~ferenzbasierten Implementierung 6~ - nicht durch illegitime Mittel herbeigeffihrt werden soll. Konkret sind die reinen Abschreckungstheorien weder in der Lage zu begrt~nden, w a r u m Sanktionen tatsfichlich vollzogen werden mfissen, wenn allein ihre Androhung bereits (hinreichend) abschreckend wirkt und der Strafvollzug keinen Effekt ffir eine verbesserte N o r m b e folgung in der Zukunft erwarten lfisst 6~ noch k6nnen sie rechtfertigen, dass auf die Bestrafung Unschuldiger oder auf drakonische Sanktionen ffir leichte Normverst6Be auch unter solchen Umstfinden zu verzichten ist, bei denen diese MaBnahmen die Abschreckungswirkung und in der Folge die Realisationsgrade des angestrebten Sanktionszwecks steigern k6nnten 6~
599 Vgl. z. B. auch Geerken/Gove (1975), S. 500; Gibbs (1975), S. 5; Beyleveld (1979b), S. 216; Bailey (1980), S. 1309; Ross (1981), S. 6; Hollinger/Clark (1983), S. 399; Selke (1983), S. 36; Pestello (1984), S. 593; Clark (1988), S. 109; Howe/Brandau (1988), S. 797, 801; Legge/Park (1994), S.'595; Yu (1994), S. 355; Howe/Loftus (1996), S. 227; von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 5; Nagin/Pogarsky (2001), S. 865; McGuire (2002), S. 189; Ivancevich/Duening/Gilbert/Konopaske (2003), S. 121; Kleck (2003), S. 292; Pogarsky/Piquero (2003), S. 97. 6oo Siehe zur multiplikativen Verknt~pfung der Variablen in einem mathematischen Modell der Abschreckungswirkung z. B. Becket (1968), S. 178; Ehrlich (1973), S. 529; GrasmickJGreen (1980), S. 327; Luckenbill (1982), S. 823; Howe/Brandau (1988), S. 801 f., 809; Beets/Killough (1990), S. 117; Howe/Lofius (1996), S. 227; Lamnek (1996), S. 21; Nagin (1998), S. 21; Mendes/McDonald (2001), S. 590; Mendes (2004), S. 65. 601 Siehe nochmals oben, S. 410 ft. der vorliegenden Arbeit. 602 Siehe auch dezidiert Rawls (1975), S. 97, wonach (utilitaristische) Prfiventionstheorien nach dem Prinzip verfahren, ,,Vergangenes ist vergangen und nur kt~nftige Folgen sind Gegenstand jetziger Entscheidungen". 6o3 Vgl. z. B. Bradley (2003), S. 28: ,,Under a theory of deterrence .... it is impossible to argue that one innocent must not be sacrificed to demonstrate the iaw's fury, if general peace could thereby be secured.", oder Huigens (2003), S. 33 f.: ,,The scapegoating objection points out that if punishment is justified by deterrence, or by any other beneficial consequences, then a net gain in good consequences should be pursued regardless of traditional notions of guilt and desert.", sowie Lacey (2003), S. 176: ,,Utilitarian theories struggle to provide adequate limits on the amount and distribution of punishments: if a penalty of life imprisonment for
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Ethik-Kodizes als unternehmensethisches Implementierungsinstrument
Gegen diese Einreden behelfen sich die Vertreter der Abschreckungstheorien mit begriffiichen oder empirischen Erwiderungen, die allerdings nicht ausreichen, um ein (normativ verbindliches) Verbot solcher, der Gerechtigkeit offenbar widerstreitenden Akte zu begrOnden 6~ So wird entgegnet, dass Unschuldige deshalb nicht zu sanktionieren sind, weil der Sanktionsbegriff voraussetze, dass (zun~ichst) eine Norm schuldhaft gebrochen worden ist 6~ Eine derartige ,,Definitionssperre ''6~ kann gleichwohl keine anders bezeichneten Mal3nahmen unterbinden, die Unschuldigen ein 15bel zuRigen, um die Abschreckungswirkung der (Kodex-)Normen zu erh0hen. Daher wird erg~inzt, dass Strafen (oder anders designierte Mal3nahmen mit Abschreckungsintention) nicht abschreckend wirken, sofern sie letztlich Jeder und damit auch ein Unschuldiger f'tirchten muss, obgleich er sich persOnlich normkonform verhalten hat 6~ Dieses (empirische) Argument trtigt sp~itestens dann nicht mehr, wenn die Bestrafungen Unschuldiger nicht rein randomisiert, sondern bewusst zweckm~iBig verh~ingt werden und sich auf Familienmitglieder, Freunde und Verwandte ausdehnen, die dem Delinquenten nahe stehen. Dass von derartigen Bestrafungen eine abschreckende Wirkung ausgehen kann, lasst sich schwerlich leugnen 6~ Unter Bezugnahme auf den folgenorientierten Utilitarismus, der den Abschreckungstheorien als philosophische Grundlegung dient 6~ wird dem daher lediglich entgegengehalten, dass eine solchermal3en normierte Ordnung nicht mehr dem gr6fSten Gltick der gr613ten Zahl dienstbar sei. Selbst dann, wenn die Bestrafung Unschuldiger im Einzelfall weitere Normverletzungen unterbinden k0nnte, wiirde dieser Nutzen durch die Unsicherheit aufgewogen, die ein entsprechendes Strafsystem unter den Normadressaten erzeugen wtirde 61~ Die fehlende Gerechtigkeitsanbindung dieser Moralphilosophie gereicht ihr nun aller-
parking offences were so effective a deterrent that it would almost never have to be inflicted, the utilitarian moral calculation might well regard it as justified.". 6o4 So z. B. auch von Hirsch (1992), S. 58 f. Fn. in Satz 2 des Zitats gel~3scht: ,,If the criterion for punishing is utility, what is to prevent the punishment of a few innocent persons - if their pains are outweighed by the aggregate benefits in deterring crime and reassuring the public? Utilitarians' suggested answers to this query that the sacrifice of innocents will produce long-run ill effects, or that a practice of punishing innocents cannot easily be supported in utilitarian terms - seem unconvincing.". 6o5 Siehe exemplarisch zu einer solchen (begriffiichen) Eskapade z. B. die Nachweise bei Rawls (1975), S. 117 f. En. 8. Aufschlussreich auch die Formulierung von Vanberg (1982), S. 9 Herv. T. Y.: ,,so wird auch im Rahmen einer generalprfiventiven Straftheorie davon ausgegangen, dab die Bestrafung einer bestimmten Person allein dadurch gerechtfertigt werden kann, dab diese Person >schuldig< ist". 606 Hart (1971), S. 62. 6o7 So z. B. die Behauptung von Vanberg (1982), S. 9 f. Herv. im Original: ,,dab eine solche willk~irliche Bestrafungspraxis zwangslfiufig mit dem Ziel einer allgemeinen Abschreckung in Konflikt geraten miafSte: Wenn Strafen ohne erkennbaren systematischen Zusammenhang mit einem vom Bestraften begangenen Delikt verhfingt wiarden, h~tte der einzelne tiberhaupt keine Veranlassung mehr, sich durch die Strafdrohung von Rechtsverletzungen abhalten zu lassen.". 6o8 Siehe in diesem Sinne auch Gibbs (1975), S. 30 Fn. 1. 609 Vgl. z. B. Grasmick/Bryjak (1980), S. 471; Grasmick/Green (1980), S. 326; Ross (1981), S. 6; Selke (1983), S. 31; Vitiello (1997), S. 397. 610 Vgl. z. B. Hart (1971), S. 69.
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dings insoweit z u m Nachteil, als sie allein aus sich heraus nicht begrtinden kann, dass selbst kleinere (oder kleinste) Gesellschaftsgruppen nicht diskriminiert w e r d e n dOrfen, um das Gltick einer gr613eren Zahl zu m e h r e n TM. Bei einer reinen F o l g e n o r i e n t i e r u n g kann die Strafe nur instrumentell begrtindet werden, da ihre A n d r o h u n g mit d e m Z w e c k erfolgt, den Delinquenten (spezielle Pr~ivention) oder die Gesamtheit der N o r m a d r e s s a t e n (generelle Pr~ivention) von zuktinftigen N o r m a b w e i c h u n g e n abzuhalten 612. Eine normative Rechtfertigung wird durch die Effektivit~it einer Strafe j e d o c h weder entbehrlich noch vorausgesetzt, u m abschreckend wirken zu kOnnen 613. Es bleibt daher festzuhalten, dass die Theorien der A b s c h r e c k u n g zwar die Intention der K o d e x i m p l e m e n t i e r u n g insofern teilen, als sic GestaltungsmafSnahmen der Art empfehlen, die den K o d e x n o r m e n m6glichst weitreichende Geltung verschaffen und zuki.infiige N o r m v e r s t 0 Be vereiteln sollen. Die A b s c h r e c k u n g s t h e o r i e n sind j e d o c h z u m einen erg~inzungsbediarfiig, da und soweit die angestrebte Zweckdienlichkeit nicht zu verabsolutieren ist. Z u m anderen
611 Vgl. z. B. Huigens (2003), S. 34 Fn. 5: ,,if the public consists of thoroughgoing consequentialists who do not mind scapegoating to enhance overall welfare, then a legal system that engaged in scapegoating would be morally justified.". Utilitaristisch fundierte Gerechtigkeitskonzeptionen sind daher entweder konservativ, da sie Verfinderungen des Status Quo zuungunsten einzelner Gesellschaftsmitglieder nicht rechtfertigen k6nnen (bzw. wollen), oder kategorisch zu ergfinzen, wofiir die Theorie von Rawls (1996) als ein pr~,gendes Beispiel gilt. Konkret sei ~ r die Rechtfertigung von (staatlichen) Strafen nachrichtlich erwfihnt, dass Rawls (1975), insb. S. 97 f., hier vergeltungstheoretische und utilitaristische Argumente verbindet, indem er mit der Rechtfertigung einer Praxis (bzw. eines Regelsystems oder einer geregelten Ordnung) und der Rechtfertigung einer einzelnen Handlung, die innerhalb dieser Ordnung vollzogen wird, zwei Begrtindungsebenen unterscheidet. Die tibergeordnete Rechtfertigung der generellen Ordnung soll danach utilitaristisch erfolgen, um die Gestaltung eines Systems sicherzustellen, das insgesamt im Interesse der Gesellschaft liegt, da es mit (mehr) positiven Folgen verbunden ist. Die Rechtfertigung der Bestrafungen Einzelner ist hingegen vergeltungstheoretisch beg~ndet und an der Schuld der vergangenen Tat (des Rechtsbruchs) orientiert. Ahnlich unterscheidet Hart (1971), insb. S. 66, die beiden Rechtfertigungsebenen des allgemeinen Strafsystems (das heilsame Konsequenzen haben soil) und der individuellen Strafzuerkennung (die sich nur auf Strafltiter erstrecken darf). 612 Siehe z. B. Tugendhat (1993), S. 372: ,,Es ist daher der Standardeinwand gegen eine reine Abschreckungstheorie, dab sie ungerecht ist: Personen werden nicht bestrafl, weil sie die Strafe verdienen, sondern um andere davon abzuschrecken, tihnlich zu handeln; die bestrafte Person wird auf diese Weise instrumentalisiert.", oder Hassemer (2000), S. 206: ,,Die normativ argumentierende Kritik wendet - in ihrer schfirfsten Form - der Lehre vonder Abschreckungsprfivention eine Verletzung der Menschenwtirde ein .... indem sic die Abstrafung eines einzelnen zur Bef0rderung des allgemeinen Wohls veranstalte und diesen damit nicht als Person, nicht als Zweck an sich selbst nehme, sondern ihn zu einem Funktionselement innerhalb des Systems degradiere.", sowie Duce (2003), S. 44: ,,Utilitarianism uses the criminal as a means to satisfy social purposes and not primarily as a person who has an intrinsic worth in himself or herself. The person to be punished does not necessarily have to be guilty, so long as he or she can be used as an example.". 613 Vgl. nur Zimring/Hawkins (1973), S. 33: ,,When concerned with the efficacy of punishment-for-deterrence, we ask the question, Will it work?; when concerned with the justice of punishment-for-deterrence, we ask, Is it morally acceptable to punish for this reason? These two issues are not identical. It is easy to imagine punishments that would be effective but unjust; for an extreme example of this, we need only consider the random execution of every tenth parking violator.", oder Tullock (1974), S. 108 Herv. im Original: ,,It should be emphasized that the question of whether the death penalty deters murder is a different one from the question of whether we wish to have the death penalty. One widespread minor crime is failing to return to the parking meter and put in a coin when the time expires. I take it that we could reduce the frequency with which this crime is committed by boiling all offenders in oil. I take it, also, that no one would favor this method of deterrence. Thus, the fact that we can deter a crime by a particular punishment is not a sufficient argument for use of that punishment.".
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zeichnet sich die Grundidee der Abschreckungstheorien zwar durch ihre Einfachheit aus 614 Dennoch muss letztlich empirisch gekl~.rt werden, ob sch~irfere, bestimmtere und raschere Sanktionen tats~ichlich unter s~ntlichen Bedingungen abschreckender wirken.
(c) Besserung Bei den Theorien der Besserung handelt es sich um eine Form der Spezialpr~ivention, da der einzelne Delinquent, der eine Norm gebrochen hat, von zuktinftigen Normabweichungen abgehalten werden sol1615. Das Einwirken auf die Normgeltung soll nun indes nicht mittels der Androhung von Bestrafungen erreicht werden, sondern durch den Vollzug besonderer Sanktionsakte. Hierzu zahlen spezielle Betreuungsprogramme, die dem Normbrecher gewahrt werden, damit er beispielsweise eine berufliche Ausbildung oder eine psychologische Behandlung erf~ihrt 6R6. Diese Sanktionsmal3nahmen sollen dergestalt ausgepr~igt sein, dass sie den Delinquenten in die Lage versetzen, die Gtiltigkeit der Kodexnormen einzusehen und insoweit anzuerkennen, als er sie zuktinftig zu befolgen beabsichtigt. Der Vollzug der Sanktionen soll mit anderen Worten zu einer Besserung des Delinquenten ftihren, sodass er von Normmissachtungen in der Zukunft Abstand hfilt 617. Sofern derartige Mal3nahmen sich tats~ichlich als effektiv erweisen, k6nnen sie fraglos zur Implementierung eines Kodex hilfreich sein und die Geltung seiner Normen starken. Eine nur etwas eingehendere Betrachtung dieser Strategie der Geltendmachung macht jedoch bereits ersichtlich, dass es sich bei solchen Implementierungsakten weder um Bestrafungen noch um
614 Vgl. auch Ross (1981), S. 6: ,,The deterrence model is intuitively plausible", oder Mendes (2004), S. 60: ,,The theoretical logic of criminal deterrence is disarmingly simple, and perhaps for that reason, persuasive.", sowie Zimring/Hawkins (1973), S. 12 ,,Belief in the deterrent efficacy of penal sanctions is as old as the criminal law itself.". Daher erschien der Abschreckungsgedanke auch schon dann t~berzeugend, bevor die angenommenen Zusammenhange genauer hinsichtlich ihrer empirischen Geltung untersucht worden waren: ,,Although it has not yen been empirically demonstrated that the threat of punishment acts as an effective deterrent upon potential law violators (general deterrence) or that actual punishment does in fact prevent recidivism (special deterrence) the public still have confidence in fear of punishment threatened by the law as a powerful deterrent." [Fattah (1976), S. 21 ]. 615 Siehe zur Unterscheidung spezieller und genereller PraventionsmaBnahmen nochmals Noll (1962), S. 12; Zimring (1971), S. 2; Zimring/Hawkins (1973), S. 91; Gibbs (1975), S. ix, 4; Fattah (1976), S. 13 f.; Jescheck (1978), S. 53 (w 8 II 3); Nagin (1978), S. 95 f.; Beyleveld(1979b), S. 211; Cook (1980), S. 218; Ross (1981), S. 6; Selke (1983), S. 31; Wilson/I-Ierrnstein (1985), S. 494; Legge/Park (1994), S. 603; Yu (1994), S. 355; von Hirsch/Bottoms/Burney/Wikstr6m (2000), S. 5; Duff (2001), S. 4; Vidmar (2001), S. 35; Kleck (2003), S. 292. 616 Vgl. z. B. Hart (1971), S. 84. 617 Entsprechende Theorien der Besserung gehen auf das sog. Marburger Programm von v. Liszt (1883), S. 1743, zu~ck, der die Strafe dem Zweck der Spezialprfivention verpflichtete [vgl. v. Liszt (1883), S. 31: ,,Die richtige, d. h. die gerechte Strafe ist die notwendige Strafe. Gerechtigkeit im Strafrecht ist die Einhaltung des durch den Zweckgedanken erforderten StrafmafSes.", und dazu z. I3. Roxin (1973), S. 36-45; Jescheck (1978), S. 57 (w 8 IV 3); Papageorgiou (1994), S. 52]. Sie sind in der Strafpraxis zwar schon seit 1900 zunehmend be~cksichtigt worden [vgl. z. B. Hart (1971), S. 84], haben aber insbesondere in den 1970er Jahren unter dem Stichwort der Resozialisierung gr6fSere Beachtung in Hinblick auf eine (recht grundsfitzliche) Strafrechtsreform gefunden [siehe zu dieser Debatte z. B. Roxin (1973), S. 32-70].
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restriktionsbasierte MaBnahmen in einem weiteren Sinne handelt. Die Sanktionen von Normverletzungen, wie sie die Theorien der Besserung empfehlen, lassen sich zunfichst nicht unter den Begriff der Bestrafung subsumieren, da der Delinquent eine (durchaus mit einem mehr oder weniger betrfichtlichen Ressourcenaufwand verbundene) Behandlung erf'fihrt, die ihm Sinn und Zweck einer (bzw. konkret: der kodifizierten) Normordnung vermitteln soil, sodass er sie zu verstehen und vor allem anzuerkennen in der Lage ist. Ein solches Gebaren kann kaum als ein Schaden oder ein Nachteil bedeutet werden, der den Akteuren, die eine Kodexnorm schuldhafi missachtet haben, nach dem gemeinhin geteilten Sanktionsbegriff beigebracht werden sol1618. Eine Person zu bessern, lfisst sich nicht ernsthafi als Bestrafung auslegen 619. Maf3nahmen der intendierten Besserung k6nnen demnach zwar in Reaktion a u f N o r m brfiche verh~ngt werden, aber sie k6nnen keine Strafe sein, da und soweit sie dem Sanktionsobjekt keinen Nachteil zuffigen, sondern ihm die Chance geben, sich zu bessern62~ Die vorgeschlagenen MalZ3nahmen der Besserung lassen sich infolgedessen nicht als Bestralung auffassen. Dass eine n~.here Auseinandersetzung mit diesen so genannten Sanktionstheorien entbehrlich ist, ist allerdings nicht ausschlief31ich dem angenommenen Begriffsverstfindnis geschuldet und dutch eine daraus resultierende Definitionssperre begrfindet 621. Hinzu kommt, dass Besserungsmal3nahmen nicht nut keine Bestrafungen, sondern auch keine restriktionsbasierten Mal3nahmen in einem weiteren Sinne darstellen, da sie nicht mit einer Ver~.nderung der Handlungsbedingungen einhergehen, sondern Kenntnisse und Einsichten fiber die Kodexnormen vermitteln, um letztlich die Person selbst bzw. ihre Prfiferenzstruktur zu beeinflussen. Soweit die Einwirkungen im Rahmen yon Besserungsmal3nahmen im Ergebnis darauf zielen, die normative Abweichung zwischen den pr~,ferierten und den kodifizierten Normen zu verringern, unterscheiden sie sich ihrem Wesen nach nicht yon den bereits diskutierten Implementierungsakten der Persuasion. Ein Unterschied besteht lediglich insofern, als diese Maf3nahmen notwendigerweise erst dann eingeleitet werden, nachdem ein NormverstoB stattgefunden hat.
618 Siehe zum Begriff der Bestrafung nochmals oben, S. 466 und n~iher S. 471 ft. der vorliegenden Arbeit. 619 Dies gilt zumindest solange, wie tiber das angestrebte Gute (hier: die Gtiltigkeit der kodifizierten Normen) Einigkeit besteht. Andernfalls tun sich grundlegende Rechtfertigungsprobleme von (dann selbsternannten) BesserungsmaBnahmen auf, die Konformit~itnicht durch Einsicht ermOglichen, sondern erzwingen [siehe dazu auch Roxin (1973), S. 8, 28]. 6z0 Vgl. dazu z. B. auch Jescheck (1978), S. 50 (w 8 I 2 b): ,,Die Leugnung des Obelscharakters der Strafe wiirde nichts anderes bedeuten als die Leugnung des Strafbegriffs selbst.". 621 Dass sich mit definitorischen Festlegungen - wie schon bei den Theorien der Abschreckung - sachlichen Einwtinden nicht begegnen lfisst, wird auch daran deutlich, dass es durchaus, wenn auch vergleichsweise selten abweichende Definitionsvorschl~ige gibt. Siehe z. B. Noll (1962), S. 17: ,,Die Strafe ist zwar ein notwendiges Ubel, aber nicht auch notwendig ein Obel".
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(d) Vereinigung D a sowohl V e r g e l t u n g als auch V o r b e u g u n g legitime und wichtige Strafzwecke m a r k i e r e n und die reinen Theorien der Retribution bzw. Prfivention f't~r sich aus den g e n a n n t e n Grfinden nicht ausreichen, u m Be strafungen konsistent begrt~nden zu kOnnen, sind Ansfitze gesucht, welche die v e r s c h i e d e n e n Elemente von V e r g e l t u n g und V o r b e u g u n g vereinigen und daher als V e r e i n i g u n g s t h e o r i e n bezeichnet werden 622. Dabei wird g e m e i n h i n a ngema hnt, dass diese Zusammenft~hrung nicht bloB additiv erfolgen darf, u m nicht auch die Nachteile der reinen Theorien zu summieren. V e r e i n i g u n g s t h e o r i e n mfissen vielmehr dialektischer N a t u r sein 623. Wie diese dialektische V e r e i n i g u n g im E i n z e l n e n v o l l z o g e n w e r d e n sollte, ist gleichwohl noch i m m e r strittig 624. D e m e n t s p r e c h e n d gibt es verschiedene V er e inigungs theor ien, die sich (unter anderem) danach einteilen lassen, ob sie e n t w e d e r die Vorherrschaft eines b e s t i m m t e n
622 Vgl. z. B. Roxin (1973), S. 10 f.; Jescheck (1978), S. 59 (w 8 V); Hassemer (2000), S. 199 f., und ~ r den angloamerikanischen Sprachraum Duff(2001), S. xviii: ,,>mixed< theories that combine consequentialist and retributivist elements", oder Lacey (2003), S. 176: ,,a consensus has emerged among liberal philosophers that this apparent deadlock may be broken by adopting a pragmatic theory of punishment which accommodates the virtues of each of the utilitarian and retributive theories.". 623 Vgl. z. B. Roxin (1973), S. 28, oder Jescheck (1978), S. 59 (w 8 V) im Original z. T. fett: ,,Die Vereinigungstheorien versuchen, zwischen den absoluten und relativen Theorien zu vermitteln, na~rlich nicht durch bloBe Summierung sich widersprechender Grundgedanken, wohl aber durch die praktische Oberlegung, dab die Strafe in der Wirklichkeit ihrer Anwendung gegent~ber dem betroffenen Menschen und seiner Umgebung immer die Gesamtheit ihrer Funktionen entfaltet, so dab es darauf ankommt, silmtliche Strafzwecke in ein ausgewogenes Verhilltnis zu bringen (dialektische Methode)". 6z4 Vgl. z. B. Lacey (2003), S. 176: ,,Controversy continues to rage over just what these virtues [of the utilitarian and the retributive theories, T. T.] are and how they may be combined in a >mixed< theory.". Dies gilt im Obrigen auch ~ r die t~bliche Praxis des Strafrechts, das zwar sowohl retributive als auch prilventive Strafzwecke verfolgt, die Art ihrer Vermittlung jedoch often lilsst [vgl. Walker (1991), S. 8: ,,Most codes, however, are deliberately non-committal on the subject. In democracies whose members are divided about it legislators realize that ambiguity, not honesty, is the best policy."]. Das deutsche Strafrecht bezieht sich ausd~cklich sowohl auf retributive als auch auf prilventive Grundsiltze der Strafbemessung. Nach w 46 Abs. 1 Satz 1 StGB muss sich das StrafmaB (vergeltungstheoretisch) an der Schuld des Tilters orientieren. Prilventionserwilgungen liegen hingegen den Normen zugrunde, die Auswirkungen der Strafe auf das kt~nftige Leben des Tilters bei der Strafzumessung zu bert~cksichtigen (w 46 Abs. 1 Satz 2 StGB) oder mittels (kurzer Freiheits-)Strafen die Rechtsordnung zu verteidigen (w 47 Abs. 1 StGB). Dass in den Streit zwischen den Straftheorien der Vergeltung und der Vorbeugung weder der Gesetzgeber noch die Rechtsprechung eingreift und Konflikte vereinigungstheoretisch zu lOsen sind, hat das Bundesverfassungsgericht in einer einschlilgigen Urteilsbeg~ndung dezidiert ausge~hrt: ,,Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit Sinn und Zweck des staatlichen Strafens befaBt, ohne zu den in der Wissenschaft vertretenen Straftheorien grundsiltzlich Stellung zu nehmen. Auch im vorliegenden Fall besteht kein Grund, sich mit den verschiedenen Straftheorien auseinanderzusetzen; denn es kann nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein, den Theorienstreit in der Strafrechtswissenschaft yon Verfassungs wegen zu entscheiden. Der Gesetzgeber hat in den Strafrechtsreformgesetzen seit 1969 zu den Strafzwecken ebenfalls nicht abschlieBend Stellung nehmen wollen und sich mit einer begrenzt offenen Regelung begnt~gt, die keiner der wissenschaftlich anerkannten Theorien die weitere Entwicklung versperren wollte ... Das geltende Strafrecht und die Rechtsprechung der deutschen Gerichte folgen weitgehend der sogenannten Vereinigungstheorie, die - allerdings mit verschieden gesetzten Schwerpunkten - versucht, silmtliche Strafzwecke in ein ausgewogenes Verhilltnis zueinander zu bringen. Dies hillt sich im Rahmen der dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen zukommenden Gestaltungsfreiheit, einzelne Strafzwecke anzuerkennen, sie gegeneinander abzuwilgen und miteinander abzustimmen. DemgemilB hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung nicht nur den Schuldgrundsatz betont, sondern auch die anderen Strafzwecke anerkannt." [BVerfGE 45, 187 (253)].
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Strafzwecks annehmen, den es lediglich zu flankieren gilt 625, oder primar prozedural orientiert sind, indem sie Vorgehensweisen zur AuflOsung von Zielkonflikten entwickeln, die bei der Bemessung und Vollstreckung von Strafen anzuwenden sind 626. A u f eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesen - mitunter recht komplexen - Modellvorschl~igen kann hier verzichtet werden, da es - wie bereits angedeutet worden ist 627 - in der vorliegenden Arbeit nahe liegt, sich des bereits eingeftihrten Prinzipienbegriffs zu erinnern und eine prinzipientheoretisch begrt~ndete Vereinigung von Vergeltung und Vorbeugung vorzunehmen 628. Demnach werden Vergeltung und Vorbeugung als abstrakt gleichrangige Prinzipien angesehen, deren m6glichst umfassende Verwirklichung dem Sanktionssubjekt aufgetragen ist. Bestrafungen als restriktionsbasierte MaBnahme einer Kodeximplementierung sollen folglich den Kodexnormen in der Weise zur Geltung verhelfen, dass begangene Kodexverletzungen angemessen geahndet werden und beabsichtigten Kodexverletzungen entgegengewirkt wird. Welches der Prinzipien im Einzelnen st~irker zu gewichten ist, muss ftir den konkreten Anwendungsfall auf der Basis einer begrtindeten Konfliktbew~.ltigung entschieden werden. St~irkere Eingriffe bei einem Prinzip lassen sich demnach nur dann rechtfertigen, wenn der Einschr~nkung des Prinzips ausreichend bedeutsame Grtinde gegentiberstehen. Dabei sind die Kriterien der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verh~.ltnism~iBigkeit zu beriicksichtigen 629, um die gebotene Bestrafung zu bestimmen.
(3) Empirische Erkl~irungsmodelle (a) Sanktionstheoretischer Bezug Sanktionstheorien sind normativ, da sie den Sinn und Zweck von Sanktionen rechtfertigen sollen. Eine normativ fundierte Bewertung der MaBnahmen, die zur Kodeximplementierung in Erw~igung gezogen werden, ist deshalb notwendig, weil sich die mit dem Kodex angestrebte Ethisierung des Unternehmens nicht durch erweislich illegitime Mittel herbeiftihren l~isst (oder wenigstens nicht herbeiftihren lassen soll). Ftir die Geltendmachung des Kodex sind
625 SO Z. B. Jescheck (1978), S. 62 ({} 8 V 4) for eine spezialprfiventive Schwerpunktsetzung, oder Roxin (1994), S. 50, zum Begriff der vergeltenden Vereinigungstheorie. 626 Zu dieser Gruppe zfihlt die sogleich eingef'tihrte prinzipientheoretische Vereinigung yon Vergeltung und Vorbeugung. Bei einer solchen Zweiteilung gelten weiterhin die Vereinigungstheorien als verfahrensbezogen, welche Bestrafungen systemisch differenzieren und beispielsweise zwischen der generellen Institution der Strafe und dem speziellen Akt einer konkreten Bestrafung unterscheiden, die jeweils verschieden zu rechtfertigen sind [vgl. z. B. nochmals Hart (1971), insb. S. 66, oder Rawls (1975), insb. S. 97 f.]. 627 Siehe nochmals oben, S. 472 der vorliegenden Arbeit. 628 Hinweise darauf findet man z. B. auch bei Hart (1971), S. 67: ,,Die ganz allgemeine Lehre, die man hieraus ziehen kann, geht tiber den Gegenstand der Strafe hinaus. Sie besagt, dab wir uns in Bezug aufjede gesellscha~liche Einrichtung, nachdem wir ihr allgemeines Ziel bestimmt haben, fragen sollten, ob es irgendwelche Prinzipien gibt, die der uneingeschrtinkten Verfolgung dieses Zieles entgegenstehen, und wie diese Prinzipien aussehen.". 629 Siehe dazu nochmals oben, S. 331 ff. der vorliegenden Arbeit.
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indes letztlich die tats~ichlich realisierten Verhaltenseffekte entscheidend. Infolgedessen mtissen s t o k e r empirisch gefasste Beitr~ige in den Blick g e n o m m e n werden, welche die Wirkungsweise von Sanktionen zum Gegenstand haben. Diese Erkl~irungsmodelle sind von den normativen Begrandung(stheori)en der Strafe gleichwohl keineswegs v611ig unabh~ingig 63~ Z u m einen basieren die Rechtfertigungen des Sanktionszwecks teilweise selbst auf (angen o m m e n e n ) empirischen Zusammenh~ingen. Zum anderen steht zu vermuten, dass die Art der Sanktionsbegrtindung die Akzeptanz kodexbezogener Bestrafungen und in der Folge die Kodexgeltung beeinflusst. Die normative Begrtindung der Kodexsanktionen hat demnach Implikationen far die intendierte wie auch die tatsfichliche Wirkung einer konkreten Implementierungsmagnahme. Empirische Erklfirungsmodelle lassen sich danach einteilen, ob sie die Verhaltenseffekte von Bestrafungen entweder nur auf die (Bewertung der) resultierenden Restriktionsveranderungen zurtickftihren (outputorientierte Modelle) oder eine verfahrensbezogene Sichtweise einnehmen, wonach Verhaltens~inderungen auch durch den Prozess der Bestrafung als solchen bedingt sein k6nnen (prozessorientierte Modelle). Bei beiden Perspektiven sind die Sanktionswirkungen ferner insoweit zu differenzieren, als sie den einzelnen Delinquenten (spezielle Sanktionswirkungen) oder die Gesamtheit der Kodexadressaten (generelle Sanktionswirkungen) betreffen k6nnen TM. Ftir die Geltendmachung eines Unternehmenskodex erscheinen die generellen Sanktionswirkungen dabei aus zwei Grtinden besonders bedeutsam. Z u m Ersten liegt ihnen ein Hebeleffekt zugrunde, da sic das kodexbezogene Verhalten nicht ausschliel3lich eines Einzelnen, sondern einer Vielzahl von Personen beeinflussen 632. Die speziellen Sanktionswirkungen mtissen fiir das Unternehmen und die Implementierung seines Kodex jedoch nicht nur ein geringes Gewicht besitzen. Sic k6nnen zum Zweiten sogar insofern irrelevant erscheinen, als das Unternehmen auf die spezielle Kodexverletzung mit der Entlassung
630 Siehe zur generellen Notwendigkeit einer Verschrfinkung normativer und deskriptiver Analysen auch nochmals oben, S. 24 der vorliegenden Arbeit und die dort angegebenen Nachweise, sowie speziell fiir die Wirkungsweise von Bestrafungen Gibbs (1975), S. 2 Fn. 2: ,,it would be a mistake to dismiss such philosophical works, for many issues and even questions about punishment cannot be resolved or answered by appealing to [empirical, Y. T.] science", oder Trevino/Weaver (1998), S. 105 f.: ,,The recent focus on justice in understanding reactions to punishment offers a bridge between descriptive/empirical approaches and normative/prescriptive perspectives because a justice approach to punishment indicates that many parties are concerned about the ethics of punishment (what is right) as well as its instrumental outcomes (what works).". 631 Siehe zu dieser Unterscheidung nochmals Noll (1962), S. 12; Zimring (1971), S. 2; Zimring/Hawkins (1973), S. 91; Gibbs (1975), S. ix, 4; Fattah (1976), S. 13 f.; Jescheck (1978), S. 53 (w 8 II 3); Nagin (1978), S. 95 f.; Beyleveld (1979b), S. 211; Cook (1980), S. 218; Ross (1981), S. 6; Selke (1983), S. 31; Wilson/Herrnstein (1985), S. 494; Legge/Park (1994), S. 603; Yu (1994), S. 355; von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 5; Duff(2001), S. 4; Vidmar (2001), S. 35; Kleck (2003), S. 292. 632 So auch Trevino (1992c), S. 669: ,,indirect effects [of punishment, T. T.] on observers' attitudes and behaviours are likely to be more important than direct effects on violators because they have an impact on a greater number of people".
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des verantwortlichen Mitarbeiters reagiert, der den unternehmensspezifischen Normen in der Zukunft dann tiberhaupt nicht mehr Folge leisten muss und kann633.
(b) Outputorientierte Modelle Den Outputmodellen liegt eine (komparativ) statische Betrachtung zugrunde. Die Wirkungsweise von Bestrafungen wird zun~ichst ausschlieBlich auf die ver~inderten Handlungsrestriktionen zurtickgeftihrt, die mit der Etablierung (und Vollstreckung) negativer Sanktionen verbunden sind. Dem liegt das Menschenbild eines (mehr oder weniger rational) kalkulierenden Akteurs zugrunde, der die (perzipierten und subjektiv bewerteten) Vor- und Nachteile einer Normbefolgung bzw. -verletzung abw~igt und sich im Ergebnis ftir die Handlungsalternative entscheidet, die ihm den gr~Bten bzw. einen ausreichend groBen (Netto-)Nutzen verspricht 634. Bestrafungen machen Normmissachtungen teurer und daher unter den Voraussetzungen seltener, dass der Akteur ftirchtet, die (angedrohte und abschreckende) Strafe tats~ichlich (und zeitnah) erleiden zu mtissen, wenn er die Kodexnorm tibertreten sollte. Dieses Outputmodell mit seinem kalktilgeleiteten Erklfirungsmechanismus weist eine groBe N~ihe zu den Theorien der Abschreckung auf, deren normative Rechtfertigung von Sanktionen auf der Annahme basiert, dass ein solcher Wirkungszusammenhang besteht. Die resultierenden Bestrafungen mtissen demnach ausreichend hoch, wahrscheinlich und zeitnah sein, um l:Ibertretung e n d e r Kodexnormen abzuschrecken und die (spezielle wie die generelle) 121bereinstimmung mit dem Kodex zu verbessern635. Strafandrohungen kann (und wird) nicht die grundsfitzliche Eignung abgesprochen werden, unter bestimmten Bedingungen abschreckend wirken zu k6nnen 636. Diskutabel ist folglich nicht, ob sich durch die Androhung von Sanktionen tiberhaupt (positive) Verhaltenseffekte verwirklichen lassen, sondern inwieweit konkrete Bestrafungen tats~ichlich zu einer Verbesserung der Kodexgeltung beitragen. Die Analyse der Sanktionswirkungen konzentriert sich daher im Wesentlichen auf die marginalen Abschreckungseffekte, die nach einer Ver~inderung
633 Ganz in diesem Sinne auch Trevino/Ball (1992), S. 751: ,,In practical terms, observers' reactions to punishment may be as important, if not more important than reactions of the punished individual. For example, an employee who is terminated is no longer an organizational member. Thus, his or her reactions to the punishment may be less significant than the reactions of workers who remain.". Die Trennung von Mitarbeitern, die den Kodex missachtet haben, stellt naturgemfiB zugleich die einzige Strafe dar, bei der das Unternehmen Gewissheit hat, dass die Delinquenten zukt~nftignicht erneut zum Schaden des Unternehmens yon Kodexnormen abweichen. Siehe dazu auch O'Reilly/Weitz(1980), S. 480: ,,dismissal prohibits recurrence". 634 Vgl. statt vieler z. B. Luckenbill (1982), S. 820: ,,In deciding between these alternatives [i.e., compliance and opposition, T. T.], the target weighs the relative merits of each and selects the one judged most useful in preserving well-being". 635 Siehe dazu auch nochmals oben, S. 477 ft. der vorliegenden Arbeit. 636 So z. B. auch Fattah (1976), S. 22; Nagin (1978), S. 136; Cook (1980), S. 213; Wilson/Herrnstein (1985), S. 494; Greenberg/Bies (1992), S. 440; von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 1; Sunstein/Schkade/ Kahneman (2000), S. 239; Duff(2001), S. 5, McGuire (2002), S. 195; Kleck (2003), S. 293.
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der H6he, W a h r s c h e i n l i c h k e i t oder G e s c h w i n d i g k e i t der angedr ohten Sanktionen auftreten637. D a m i t S t r a f b e w e h r u n g e n im A l l g e m e i n e n und die marginale Variation ihrer A u s p r a g u n g e n im B e s o n d e r e n die intendierten Prgventionseffekte erzielen, mtissen eine Reihe v o n V o r a u s s e t z u n g e n vorliegen, die sich unterschiedlich detailliert k e n n z e i c h n e n und a b w e i c h e n d z u s a m m e n f a s s e n lassen 63s. Unterstellt m a n vereinfachend, dass sich die m e n s c h l i c h e E n t s c h e i d u n g s findung in die drei Phasen der I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g , der I n f o r m a t i o n s b e w e r t u n g und des H a n d l u n g s e n t s c h l u s s e s einteilen l~isst, k 0 n n e n die n o t w e n d i g e n V o r a u s s e t z u n g e n der A bs c h r e c k u n g s w i r k u n g entsprechend z u g e o r d n e t werden. Konkret mtissen den A k t e u r e n zunfichst die Auspr~.gung und die A n d e r u n g der H a n d l u n g s restriktionen zur Kenntnis gelangen. Ftir die a b s c h r e c k e n d e W i r k u n g k o m m t es dabei nicht a u f die faktisch g e g e b e n e n Auspr~igungen der Variablen an, sondern allein a u f die Perzeptionen der Kodexadressaten639. Dies hat zur K o n s e q u e n z , dass S a n k t i o n s b e w e h r u n g e n nicht abschreckend wir ken k6nnen, solange die Akteure B e s t r a f u n g e n von K o d e x a b w e i c h u n g e n entweder nicht k e n n e n oder aber verkennen64O. Die Restriktion(s~inderung)en mtissen den A k t e u ren folglich w i r k s a m k o m m u n i z i e r t werden, damit sie deren H a n d l u n g s w a h l tats~ichlich beein-
637 Siehe zum Begriff der marginalen Abschreckungswirkungen erstmals Stigler (1970), S. 527, sowie ferner auch Zimring (1971), S. 2; Zimring/Hawkins (1973), S. 14, 72; Gibbs (1975), S. 32 f. Fn. 3; Fattah (1976), S. 14; Beyleveld (1979b), S. 214; Cook (1980), S. 214; Selke (1983), S. 31; yon Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 1, 5; Polinsky/Shavell (2000), S. 63 f. 638 Vgl. z. B. auch Zimring (1971), S. 56; Geerken/Gove (1975), S. 497; Fattah (1976), S. 10-12; Beyleveld (1979a), S. 136 f.; Beyleveld (1979b), S. 208-210; von Hirsch/Bottoms/Burney/WikstrOm (2000), S. 7; McGuire (2002), S. 188; Piquero/Pogarsky (2002), S. 154. 639 Vgl. zur Subjektivitfit der Abschreckung z. B. Geerken/Gove (1975), S. 498: ,,Most deterrence theorists have recognized that the immediate determinant of criminal behavior (from the deterrence standpoint) is the perceived risk and severity of punishment rather than the actual risk and severity."; Beyleveld (1979a), S. 139: ,,deterrence is a function of subjective attitudes and perceptions of potential offenders."; Beyleveld (1979b), S. 213: ,,As deterrence has been defined it is always the potential offender's beliefs about sanctions which are the crucial variables."; Grasmick/Green (1980), S. 326 Herv. T. T.: ,,according to deterrence theory, an individual's perception of the certainty and severity of legal punishment should influence his decision whether to commit an illegal act."; Hollinger/Clark (1983), S. 399 Herv. im Original: ,,writers who have examined the >>deterrence doctrinejust punishment< prevails", sowie Weaver/Trevino (1999), S. 323: ,,punishment for misconduct may signal that the organization upholds standards of justice". 673 Siehe zu solchen Diskrepanzen auch Trevino (1992c), S. 669: ,,observers' reactions may be quite different from those of the punishment recipient.". 674 Siehe zum Begriff der Bestrafung nochmals oben, S. 466 und ngher S. 471 ff. der vorliegenden Arbeit. 675 Vgl. z. B. Milbourne/Francis (1980), S. 55 im Original z. T. kursiv: ,, Punishment may cause a punished worker to avoid or counterattack the punisher. Just as the supervisor punishes the worker for inappropriate behavior, the worker may punish the supervisor for causing displeasure. This may be done by sabotage or
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verzichten, da diesen nicht intendierten Nebeneffekten durch eine geeignete Verfahrensftihrung begegnet w e r d e n kann 676. So folgt aus empirischen Untersuchungen, dass Bestrafungen nicht nur generell, sondern auch aus der Sicht der speziellen Sanktionsobjekte positiver bewertet werden, w e n n der Prozess der Sanktionierung gerecht gestaltet ist, das heiBt, Aspekte der Verfahrensgerechtigkeit beachtet worden sind 677. D i e -
lange Zeit vernachlfissigte 6 7 8 -
Bedeutung fairer Prozeduren reicht dabei so weit, dass die Akteure selbst ftir sie unvorteilhafte Ergebnisse und gewichtigere Nachteile eher akzeptieren, sofern sie das Verfahren nachvollziehen k6nnen, das der B e m e s s u n g dieser Strafen zugrunde liegt, und es als gerecht bewerten 679. Positive Einsch~tzungen der prozeduralen Gerechtigkeit k6nnen ihrerseits w i e d e r u m das Ansehen der sanktionierenden Instanz(en) wie auch die Autorit~it des K o d e x st/~rken68O. Ein Sanktionierungsverfahren gilt dann als gerecht, wenn tiber die ( A n g e m e s s e n h e i t der vorab vorgesehenen und konkret zu verhfingenden) Strafe fair entschieden w o r d e n ist. Dies
>>malicious obedience.antennas.< All units of the organization had a responsibility not only to report confirmed violations of the >Business Ethics Policy< but also >probable violations.celerity>lashingout,>valueexpressiveSanctions< are therefore required not as the normal motive for obedience, but as a guarantee that those who would voluntarily obey shall not be sacrificed to those who would not. To obey, without this, would be to risk going to the wall. Given this standing danger, what reason demands is voluntary co-operation in a coercive system.".
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(b) H~iufigkeit der Anwendungssituation Aus der Sicht des Unternehmens sind tendenziell eher die Kodexnormen mit Sanktionen zu bewehren, deren Anwendungsvoraussetzungen h~ufiger vorliegen. Je h~ufiger eine Norm gfiltig ist, desto hfiufiger kOnnen auch die Sch~den eintreten, die bei ihrer unzureichenden Beachtung zu ffirchten sind. Vor dem Hintergrund dieser Schadensneigung werden Unternehmen die Einhaltung solcher Kodexnormen intensiver kontrollieren, die nicht nur selten verbindlich sind und die entsprechend bestfindig missachtet werden kOnnen. Intensivere lJberwachungen lassen es wahrscheinlicher erscheinen, dass Ubertretungen einer Norm entdeckt werden. Gleichwohl wird die Aufdeckungswahrscheinlichkeit auch unabhfingig von einer Veranderung der Kontrollintensitfit davon beeinflusst, ob die Gfiltigkeitsbedingungen der korrespondierenden Kodexnorm mehr oder weniger hfiufig gegeben sind. Da sich die Aufdeckungswahrscheinlichkeit aus dem Anteil der entdeckten im Verhfiltnis zu der Gesamtzahl der Normabweichungen ergibt 815, muss die Aufdeckungswahrscheinlichkeit zwar keineswegs zwingend mit der Hfiufigkeit der Anwendungssituation steigen. Eine zunehmende Hfiufigkeit der Anwendungssituation verstfirkt jedoch den Eindruck, dass zumindest eine von Null verschiedene Aufdeckungsquote wahrscheinlich ist, da sich nicht (mehr) s~.mtliche Normverletzungen verbergen lassen. Die geschfitzte H6he der Aufdeckungswahrscheinlichkeit muss deshalb nicht eindeutig mit der Hfiufigkeit der Anwendungssituation korrelieren, weil sie auch unter Berficksichtigung der generellen Befolgungsquote zu bestimmen ist, welche die Norm im Unternehmen insgesamt erzielt. Danach kann ein potentieller Delinquent sogar eine tendenziell geringere Aufdeckungswahrscheinlichkeit annehmen, wenn die Norm zwar hfiufiger gfiltig ist, aber zugleich gemeinhin (yon den Anderen) im Unternehmen eingehalten wird. Dennoch steigt fur den einzelnen Delinquenten ceteris paribus das Risiko, ~berffihrt zu werden, wenn er eine Norm nicht nur einmal oder ganz vereinzelt, sondern wiederholt und entsprechend hfiufig bricht. In einer diesbezfiglichen Kalkulation gilt es zudem zu beachten, dass einmal entdeckte Verfehlungen im Falle h~ufig gt~ltiger Normen Anschlussuntersuchungen dar~ber nach sich ziehen k6nnen, ob auch in der Vergangenheit bereits Verst6f3e stattgefunden haben. Sofern derartige Nachforschungen der Sanktionssubjekte m6glich 816 und in dem Sinne erfolgreich sind, dass sie die mangelnde Normfibereinstimmung als Notorietfit nachweisen k6nnen, erschweren sie es dem Beschuldigten, ein nachgiebiges Ahnden seiner Vergehen einzufordern. Zudem werden dem Delinquenten Entlastungsoptionen genommen, da und soweit die Hfiufigkeit der Normgfiltigkeit seine erdenklichen Erkl~,rungen unglaubwfirdig oder unerheblich erscheinen lassen, die gebotenen Handlungsweisen nicht gekannt oder ihre Durchffihrung nicht gekonnt zu haben. Je 6fter sich die Adressaten in Situationen befinden, in denen sie den
815 Siehe nochmals oben, S. 503 ff. der vorliegenden Arbeit. 816 Siehe zu Einschrfinkungenoben, insb. S. 517 der vorliegenden Arbeit.
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Geltungsanspruch der Norm beurteilen mtissen, desto mehr werden im Allgemeinen ihre Unsicherheiten darOber reduziert, ob eine Norm nun tats~ichlich g01tig und die durch sie gebotene Handlungsweise unter unterschiedlichen Befolgungsbedingungen verbindlich ist. Dieser Lerneffekt, der mit zunehmender H~iufigkeit und wiederholter Subsumtion der Normgtiltigkeit einhergeht, legt zugleich insofern (ausreichend scharfe) Sanktionsbewehrungen nahe, als sich andernfalls ebenso unzutreffende Einsichten verfestigen und sich in der Folge die irrtOmlichen Auffassungen im Unternehmen verbreiten k0nnen, eine Norm unter Umstfinden schlicht ignorieren zu dtirfen817
(c) Komplexit/it der Anwendungssituation Die Komplexit~it der Anwendungssituation einer Kodexnorm bemisst, wie schwierig es ist, die Normg01tigkeit zu bestimmen 818. Dieses Merkmal der Komplexit~it schl~igt v o n d e r Kodexnorm auf die diesbezOgliche Sanktionsnorm durch, da die an die Kodexordnung gebundenen Sanktionsnormen nur dann zur Anwendung gelangen sollen, wenn die korrespondierenden Kodexnormen missachtet worden sind sl9, und da die Verletzung einer Norm deren Verbindlichkeit voraussetzt. Sanktionen, die Kodexnormen zur Geltung verhelfen sollen, deren Verbindlichkeit sich generell oder unter speziellen Umst~inden nur aufwendig ermitteln l~isst, haben daher gleichermal3en komplexe Anwendungsvoraussetzungen. Diese Implikationsthese der Komplexit~it legt zwei Anschlussbemerkungen nahe, die einmal logischen und einmal empirischen Charakter tragen. Zur Klarstellung sei erstens erg~inzt, dass es sich bei dem beschriebenen Zusammenhang um eine einseitige Implikations- (und keine )kquivalenz-)beziehung handelt: Komplex bedingte Kodexnormen implizieren entsprechend komplexe Bewehrungen. Gleichwohl k6nnen hingegen Kodexnormen, deren Verbindlichkeit immer eindeutig feststeht, dennoch durch komplex bedingte Sanktionsnormen geschtitzt werden, da die GOltigkeit der korrespondierenden Kodexnorm nur eine (zwar notwendige), nicht aber die einzige Voraussetzung daftir ist, dass die einschlfigige Sanktionsnorm Umsetzung verlangt. Praktisch bilden die Gtiltigkeitsmerkmale der Kodexnorm somit stets eine Teilmenge der GOltigkeitsmerkmale der Sanktionsnorm. Dennoch ist es zum Zweiten zun~ichst durchaus vorstellbar, dass sich die Implikationsbeziehung der Komplexitat aufheben l~isst, indem den Sanktionsnormen dezidiert einfache Anwendungsvoraussetzungen beigeftigt werden. Konkret k6nnte normiert werden, dass nur solche (kodexdevianten) Akte zu bestrafen sind, die sich unter Umst~inden zugetragen haben, bei denen den Delinquenten die NormgOltigkeit jeweils
817 Vgl. in diesem Sinne z. B. auch Trevino/Weaver (2001), S. 655: ,,The organization's failure to deal with ethical problems or lapses indicates to employeesthat >>crimemight pay,