Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania HSK 23.2
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Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania HSK 23.2
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Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft Handbooks of Linguistics and Communication Science Manuels de linguistique et des sciences de communication Mitbegründet von Gerold Ungeheuer (†) Mitherausgegeben 1985⫺2001 von Hugo Steger
Herausgegeben von / Edited by / Edite´s par Herbert Ernst Wiegand Band 23.2
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen Manuel international d’histoire linguistique de la Romania Herausgegeben von / Edite´ par Gerhard Ernst · Martin-Dietrich Gleßgen Christian Schmitt · Wolfgang Schweickard 2. Teilband / Tome 2
Walter de Gruyter · Berlin · New York
앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die 앪
US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN-13: 978-3-11-017150-1 ISBN-10: 3-11-017150-3 ISSN 1861-5090 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ⬍http://dnb.ddb.de⬎ abrufbar. ” Copyright 2006 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck: Tutte Druckerei GmbH, Salzweg Buchbinderische Verarbeitung: Hendricks & Lützenkirchen GmbH, Kleve Einbandgestaltung und Schutzumschlag: Rudolf Hübler, Berlin
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
V
Inhaltsverzeichnis / Table des matières 2. Teilband / Tome 2 Siglenverzeichnis / Sigles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis / Abréviations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abbildungen / Schémas, tableaux, illustrations . . . . . . .
X.
Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte Facteurs socioculturels dans l’histoire des langues romanes
101.
Vladimir Iliescu, Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Romania du Sud-Est / Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Südostromania . . . . . Pietro Trifone, Politica, sviluppo socio-economico e storia della lingua: Italoromania / Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Italoromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Völker, Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Galloromania / Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Galloromania . . . . . . . . . Francisco Torres Montes, Política, desarrollo socioeconómico e historia de las lenguas iberorrománicas / Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Iberoromania . . . . . . . . . Jürgen Erfurt, Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania / Education et histoire des langues: Romania du Sud-Est . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pietro Trifone, Istruzione e storia della lingua: Italoromania / Bildungswesen und Sprachgeschichte: Italoromania . . . . . . . . Dominique Gerner, Education et histoire des langues: Galloromania / Bildungswesen und Sprachgeschichte: Galloromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . María Antonia Martín Zorraquino / Juan Manuel Cuartero Sánchez, Educación e historia de las lenguas: dominio español y catalán / Bildungswesen und Sprachgeschichte: spanischer und katalanischer Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Ana Ramos, Education et histoire des langues: Portugal et Galice / Bildungswesen und Sprachgeschichte: Portugal und Galicien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
102.
103.
104.
105.
106. 107.
108.
109.
XXV LXII LXX
1153
1167
1178
1190
1203 1214
1224
1232
1248
VI
110.
111.
112.
113.
114. 115.
116.
117.
118.
119a.
119b.
119c.
120.
121.
122.
123.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Arthur Beyrer, Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Rumänisch / Communication de masse et histoire des langues: roumain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paolo Trovato, Comunicazione di massa e storia della lingua: Italoromania / Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Italoromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietmar Osthus, Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania / Communication de masse et histoire des langues: Galloromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Lebsanft, Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel / Communication de masse et histoire des langues: Péninsule ibérique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elsa Lüder, Religion und Sprachgeschichte: Südostromania / Religion et histoire des langues: Romania du Sud-Est . . . . . . . Rita Librandi, Religione, filosofia e storia della lingua: Italoromania / Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Italoromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kramer, Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Galloromania / Religion, philosophie et histoire des langues: Galloromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Bossong, Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel / Religion, philosophie et histoire des langues: Péninsule ibérique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teresa Ferro / Vasile D. Târa ¸ / Doina David, Traduzione e storia della lingua: traduzioni in rumeno / Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Rumänische . . . . . . . . . . . . . Giorgio Faggin, Traduzione e storia della lingua: traduzioni in friulano / Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Friaulische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Kattenbusch, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Dolomitenladinische / Traduction et histoire des langues: traductions en ladin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Dahmen, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Bündnerromanische / Traduction et histoire des langues: traductions en romanche . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Pöckl / Johann Pögl, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Italienische und Sardische / Traduction et histoire des langues: traductions en italien et en sarde . . . . . . . Jörn Albrecht, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische / Traduction et histoire des langues: traductions en français et en occitan . . . . . . . . . . . . Wolfgang Pöckl, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Spanische / Traduction et histoire des langues: traductions en espagnol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Curt Wittlin, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Katalanische / Traduction et histoire des langues: traductions en catalan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1260
1267
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1293 1304
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1362
1365
1367
1373
1386
1403
1410
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
124.
Barbara Schäfer-Prieß / Annette Endruschat / Roger Schöntag, Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische / Traduction et histoire des langues: traductions en portugais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI.
Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik Création de normes linguistiques et critique de l’utilisation des langues
125.
Eugen Munteanu / Flora Suteu, ¸ Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Rumänisch / Aménagement linguistique, interventions sur la langue et défense institutionnalisée de la langue: roumain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Giovanni Frau, Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: friulano / Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Friaulisch . . . . . . Gabriele Iannàccaro, Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: ladino dolomitico / Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Dolomitenladinisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georges Darms, Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Bündnerromanisch / Aménagement linguistique, interventions sur la langue et défense institutionnalisée de la langue: romanche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sergio Raffaelli, Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: italiano e sardo / Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Italienisch und Sardisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Polzin-Haumann, Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Französisch und Okzitanisch / Aménagement linguistique, interventions sur la langue et défense institutionnalisée de la langue: français et occitan . . . . . . . . . Jenny Brumme, Planificación lingüística, intervención lingüística y cultivo institucional de la lengua: Península Ibérica / Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Iberische Halbinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Techtmeier, Laienlinguistik und Sprachchroniken: Rumänisch / Linguistique populaire et chroniques de langage: roumain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Demel, Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch / Linguistique populaire et chroniques de langage: italien . . . . . . Dietmar Osthus, Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch / Linguistique populaire et chroniques de langage: français et occitan . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126a.
126b.
126c.
127.
128.
129.
130.
131. 132.
VII
1416
1429
1445
1450
1455
1463
1472
1487
1510 1523
1533
VIII
133.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Rolf Kailuweit / Volker Jaeckel, Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika / Linguistique populaire et chroniques de langage: Péninsule ibérique et Amérique Latine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XII.
Sprachkontakte und Migration Contacts linguistiques et migration
134.
Rainer Schlösser, Sprachkontakte: Latein und Rumänisch / Contacts linguistiques: latin et roumain . . . . . . . . . . . . . . Gerhard Ernst, Sprachkontakte: Latein und Italoromania / Contacts linguistiques: latin et Italoromania . . . . . . . . . . . . Hans Dieter Bork, Sprachkontakte: Latein und Galloromania / Contacts linguistiques: latin et Galloromania . . . . . . . . . . . . José Jesús de Bustos Tovar, Contactos lingüísticos: latín e Iberorromania / Sprachkontakte: Latein und Iberoromania . . . . . . . Rainer Schlösser, Sprachkontakte: Gelehrte Gräzismen in den romanischen Sprachen / Contacts linguistiques: les hellénismes savants dans les langues romanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Dahmen, Sprachkontakte: Griechisch und Rumänisch / Contacts linguistiques: grec et roumain . . . . . . . . . . . . . . . Manlio Cortelazzo, Contatti linguistici: greco e italiano / Sprachkontakte: Griechisch und Italienisch . . . . . . . . . . . . . Eva Buchi, Contacts linguistiques: langues slaves et langues romanes / Sprachkontakte: Slavisch und Romanisch . . . . . . . . Marco Mancini, Contatti linguistici: arabo e Italoromania / Sprachkontakte: Arabisch und Italoromania . . . . . . . . . . . . Reinhard Kiesler, Sprachkontakte: Arabisch und Galloromania / Contacts linguistiques: arabe et Galloromania . . . . . . . . . . . Raquel Montero Muñoz, Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania / Contacts linguistiques: arabe et Iberoromania . . . . . . Gustav Ineichen †, Sprachkontakte: Hebräisch und Romanisch / Contacts linguistiques: hébreu et roman . . . . . . . . . . . . . . Emil Suciu, Contacts linguistiques: turc et roumain / Sprachkontakte: Türkisch und Rumänisch . . . . . . . . . . . . . Elda Morlicchio, Contatti linguistici: tedesco e Italoromània / Alpi orientali / Sprachkontakte: Deutsch und Italoromania sowie Ostalpenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eugeen Roegiest, Contacts linguistiques: allemand / néerlandais et français / Sprachkontakte: Deutsch / Niederländisch und Französisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eugeen Roegiest, Contacts linguistiques: allemand / néerlandais et ibéroroman / Sprachkontakte: Deutsch / Niederländisch und Iberoromanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Görlach, Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa) / Contacts linguistiques: anglais et roman (Europe) . . .
135. 136. 137. 138.
139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147.
148.
149.
150.
1546
1558 1563 1582 1591
1601 1611 1618 1627 1639 1648 1655 1668 1673
1677
1685
1695 1699
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
151.
152.
153a.
153b.
153c.
154.
155.
156.
157.
158.
159.
160. 161. 162.
163.
164.
Angela Bartens, Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe) / Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (außerhalb Europas) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanda Sora, Contacts linguistiques intraromans: roman et roumain / Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Rumänisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Heinemann, Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Friaulisch / Contacts linguistiques intraromans: roman et frioulan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Videsott, Innerromanische Sprachkontakte: Italienisch und Dolomitenladinisch / Contacts linguistiques intraromans: italien et ladin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Victoria Popovici, Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Bündnerromanisch / Contacts linguistiques intraromans: roman et romanche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Luciano Formisano, Contatti linguistici all’interno della Romània: lingue romanze e italiano, sardo / Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Italienisch, Sardisch . . . . . . . . . . . . . . . . David Trotter, Contacts linguistiques intraromans: roman et français, occitan / Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Französisch, Okzitanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beatrice Schmid, Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica / Innerromanische Sprachkontakte auf der Iberischen Halbinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhold Kontzi † / Johannes Niehoff-Panagiotidis / Isabel ToralNiehoff, Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Italianismen im Maltesischen / Romanismes dans les langues non romanes: italianismes en maltais . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Rettig, Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen / Romanismes dans les langues non romanes: gallicismes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Ingo Radatz, Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Hispanismen in Europa und Nordamerika / Romanismes dans les langues non romanes: hispanismes en Europe et en Amérique du Nord Joachim Born, Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Lusismen / Romanismes dans les langues non romanes: lusismes . . Horst Weinstock, Romanismen im Englischen / Romanismes en anglais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Hetzer, Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Südostromania / Locuteurs alloglottes dans la Romania: Romania du Sud-Est . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Kattenbusch, Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Italoromania / Locuteurs alloglottes dans la Romania: Italoromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmitt, Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania / Locuteurs alloglottes dans la Romania: Galloromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
1708
1726
1737
1743
1751
1758
1776
1785
1801
1806
1821 1827 1834
1842
1849
1857
X
165.
166.
167. 168.
169.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Antonio Martínez González, Hablantes alóglotos en la Península Ibérica / Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberische Halbinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Cichon, Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberoromania (außerhalb Europas) / Locuteurs alloglottes dans la Romania: Ibéroromania (hors d’Europe) . . . . Hermann W. Haller, Lingue degli emigranti e degli esiliati: italiano / Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Italienisch . . Jürgen Eschmann, Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Französisch und Okzitanisch / Langues romanes des migrants et des exilés: français et occitan . . . . . . . . . . . . . . Sabine Albrecht, Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: die Sprachen der iberischen Halbinsel / Langues romanes des migrants et des exilés: les langues de la Péninsule ibérique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIII.
Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht Domaines de la communication, médias et types de textes du point de vue de l’histoire des langues
170.
Werner Forner, Prinzipien der Funktionalstilistik / Les principes de la stylistique fonctionnelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Selig, Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen: Quellentypen und Verschriftungsprinzipien / Les premiers documents en langues romanes: types de sources et principes d’écriture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ion Ghe¸tie †, Histoire de la langue littéraire standard dans la Romania: roumain / Geschichte der Literatur- und Standardsprache in der Romania: Rumänisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maurizio Dardano, Storia della lingua letteraria nella Romània: italiano / Geschichte der Literatursprache in der Romania: Italienisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Bernsen, Geschichte der Literatursprache in der Romania: Okzitanisch / Histoire de la langue littéraire dans la Romania: occitan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thierry Revol, Histoire de la langue littéraire dans la Romania: français / Geschichte der Literatursprache in der Romania: Französisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Curt Wittlin, Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch / Histoire de la langue littéraire dans la Romania: catalan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . César Hernández, Historia de la lengua literaria en la Romania: español / Geschichte der Literatursprache in der Romania: Spanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171.
172.
173.
174.
175.
176.
177.
1870
1878 1886
1892
1896
1907
1924
1944
1958
1980
1996
2014
2028
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
178.
179.
180.
181.
182.
183.
184.
185.
186.
187. 188. 189.
190.
191.
192.
Alberto Gil, Geschichte der Literatursprache in der Romania: Galicisch und Portugiesisch / Histoire de la langue littéraire dans la Romania: galicien et portugais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ileana Oancea, Histoire du langage religieux dans la Romania: roumain / Geschichte der Sprache der Religion in der Romania: Rumänisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franco Pierno, Storia del linguaggio religioso nella Romania: italiano, sardo, Alpi orientali / Geschichte der Sprache der Religion in der Romania: Italienisch, Sardisch, Ostalpenraum . . . . . . . . Claude Buridant, Histoire du langage religieux dans la Romania: français et occitan / Geschichte der Sprache der Religion in der Romania: Französisch und Okzitanisch . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Briesemeister, Geschichte der Sprache der Religion in der Romania: Iberoromania / Histoire du langage religieux dans la Romania: Ibéroromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eugen Munteanu, Histoire des langages politique, juridique et administratif dans la Romania: roumain / Geschichte der Sprache der Politik, des Rechts und der Verwaltung in der Romania: Rumänisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michele A. Cortelazzo / Matteo Viale, Storia del linguaggio politico, giuridico e amministrativo nella Romania: italiano / Geschichte der Sprache der Politik, des Rechts und der Verwaltung in der Romania: Italienisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Becker, Geschichte der Sprache der Politik, des Rechts und der Verwaltung in der Romania: Französisch und Okzitanisch / Histoire des langages politique, juridique et administratif dans la Romania: français et occitan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Francisco A. Marcos Marín, Historia de la lengua de la política, del derecho y de la administración: Península Ibérica / Geschichte der Sprache der Politik, des Rechts und der Verwaltung auf der Iberischen Halbinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Rainer, Geschichte der Sprache der Wirtschaft in der Romania / Histoire du langage économique dans la Romania . . . Annette Gerstenberg, Geschichte der Sprache der Werbung in der Romania / Histoire du langage publicitaire dans la Romania . . . . Joachim Born / Maria Lieber, Geschichte der Sprache des Sports in der Romania / Histoire du langage du sport dans la Romania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ioan Oprea, Histoire des langages techniques et scientifiques dans la Romania: roumain / Geschichte der technischen und naturwissenschaftlichen Fachsprachen in der Romania: Rumänisch . . . Claudio Giovanardi, Storia dei linguaggi tecnici e scientifici nella Romania: italiano / Geschichte der technischen und naturwissenschaftlichen Fachsprachen in der Romania: Italienisch . . . . . . . Katja Flinzner, Geschichte der technischen und naturwissenschaftlichen Fachsprachen in der Romania: Französisch / Histoire des langages techniques et scientifiques dans la Romania: français
XI
2046
2059
2070
2083
2093
2103
2112
2123
2138 2148 2161
2176
2187
2197
2211
XII
193.
194. 195. 196.
197.
198.
199. 200.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Karl-Heinz Röntgen, Geschichte der technischen und naturwissenschaftlichen Fachsprachen in der Romania: Iberische Halbinsel / Histoire des langages techniques et scientifiques dans la Romania: Péninsule ibérique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Gabriel, Die Ausbildung von Terminologien in der Romania / La formation de terminologies dans la Romania . . . . . . . . . . Raymund Wilhelm, Geschichte der Pressesprache in der Romania / Histoire du langage de la presse dans la Romania . . . . . . . . . Uta Helfrich, Geschichte der Sprache von Hörfunk, Kino und Fernsehen in der Romania / Histoire des langages de la radio, du cinéma et de la télévision dans la Romania . . . . . . . . . . . . . Waltraud Weidenbusch, Historische Textsortenlinguistik: Theorie und Aufgabenbereiche / Linguistique historique des genres textuels: théorie et champs de recherche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waltraud Weidenbusch, Historische Textsortenlinguistik: exemplarische Fallstudien / Linguistique historique des genres textuels: études de cas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edgar Radtke, Historische Pragmalinguistik: Aufgabenbereiche / Linguistique pragmatique historique: champs de recherche . . . . . Gudrun Held, Schwerpunkte der historischen Pragmalinguistik: exemplarische Fallstudien / Linguistique pragmatique historique: études de cas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2226 2238 2252
2263
2278
2283 2292
2302
1. Teilband / Tome 1 Siglenverzeichnis / Sigles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis / Abréviations . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abbildungen / Schémas, tableaux, illustrations Vorwort / Préface . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
XXIV LV LXII LXIV
Methodische Grundlagen der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung Fondements méthodologiques de l’historiographie des langues romanes 1.
2.
Gerhard Ernst / Martin-Dietrich Gleßgen / Christian Schmitt / Wolfgang Schweickard, Romanistik und Sprachgeschichtsschreibung / La romanistique et l’historiographie linguistique . . . Michael Metzeltin / Nina Gritzky, Sprachgeschichtsschreibung: Möglichkeiten und Grenzen / L’historiographie linguistique: ses possibilités, ses limites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
15
XIII
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
3.
4.
5.
6.
7. 8. 9.
10. 11.
12.
II.
13. 14.
15. 16. 17. 18.
Helmut Berschin, Synchronie und Diachronie in der romanistischen Sprachgeschichtsforschung / Synchronie et diachronie dans la recherche sur l’histoire des langues romanes . . . . . . . . . . . Peter Blumenthal, Der Begriff der externen und internen Sprachgeschichte in der Romanistik / La notion d’histoire externe et interne des langues en romanistique . . . . . . . . . . . . . . . Richard Baum, Periodisierung in der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung / Périodisation dans l’historiographie des langues romanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pierre Swiggers, Histoire des langues romanes et linguistique historique comparée / Romanische Sprachgeschichte und historisch-vergleichende Sprachwissenschaft . . . . . . . . . . . . Philippe Ménard, Histoire des langues romanes et philologie textuelle / Romanische Sprachgeschichte und Textphilologie . . . . Jean-Paul Chauveau, Histoire des langues romanes et géographie linguistique / Romanische Sprachgeschichte und Sprachgeographie Christoph Schwarze, Romanische Sprachgeschichte und Sprachbeschreibungsmodelle / Histoire des langues romanes et modèles de description linguistique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Koch, Romanische Sprachgeschichte und Varietätenlinguistik / Histoire des langues romanes et linguistique des variétés Ulrich Hoinkes, Prinzipien der genealogischen Klassifikation der romanischen Sprachen / Principes de classification généalogique des langues romanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Jacob, Prinzipien der Typologie und der sprachinternen Klassifikation der romanischen Sprachen / Principes de typologie et de classification interne des langues romanes . . . . . . . . . .
32
38
45
53 62 72
89 102
124
137
Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen Histoire de la réflexion sur les langues romanes Vasile Arvinte, Désignations des langues de la Romania du Sud-Est / Bezeichnungen für die Sprachen der Südostromania . . Dieter Kattenbusch, Bezeichnungen für die Sprachen der Italoromania und des Ostalpenraums / Désignations des langues de l’Italoromania et des Alpes orientales . . . . . . . . . . . . . Jutta Langenbacher-Liebgott, Bezeichnungen für die Sprachen der Galloromania / Désignations des langues de la Galloromania Johannes Kabatek, Bezeichnungen für die Sprachen der Iberoromania / Désignations des langues de l’Ibéroromania . . . Ioana Vintila˘ Ra˘ dulescu, Désignations des langues créoles romanes / Bezeichnungen für die romanischen Kreolsprachen . . Alexandru Niculescu, Histoire de la réflexion sur les langues romanes: le roumain / Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Rumänisch . . . . . . . . . . . . . . . .
.
156
.
164 168
.
174
.
180
.
184
XIV
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27. 28.
29.
30.
31.
32.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Thomas Krefeld, Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Friaulisch, Ladinisch, Bündnerromanisch / Histoire de la réflexion sur les langues romanes: le frioulan, le ladin, le romanche Sergio Lubello, Storia della riflessione sulle lingue romanze: italiano e sardo / Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Italienisch und Sardisch . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechtild Bierbach / Jean-Christophe Pellat, Histoire de la réflexion sur les langues romanes: le français / Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Französisch . . . . . . . Maurizio Perugi, Histoire de la réflexion sur les langues romanes: l’occitan / Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Okzitanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . August Rafanell / Joan Solà, Historia de la reflexión sobre las lenguas románicas: catalán / Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Katalanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . Jenny Brumme, Historia de la reflexión sobre las lenguas románicas: español / Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Spanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Kemmler / Barbara Schäfer-Prieß, Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Portugiesisch / Histoire de la réflexion sur les langues romanes: le portugais . . . . . . . . . . . Ralph Ludwig, Geschichte der Reflexion über die romanischen Sprachen: Kreolsprachen / Histoire de la réflexion sur les langues romanes: les langues créoles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Pfister, Problemgeschichte der romanistischen etymologischen Forschung / Histoire de la recherche étymologique romaniste Andreas Blank †, Problemgeschichte der romanistischen historischen Semantik / Histoire de la sémantique historique romaniste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Victoria Popovici, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Rumänisch / Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: le roumain . . . . . . . . . . . . . . Otto Gsell, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Friaulisch, Dolomitenladinisch und Bündnerromanisch / Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: le frioulan, le ladin, le romanche . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Schweickard, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Italienisch und Sardisch / Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: l’italien et le sarde . . . Anne-Marguerite Fryba-Reber, Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: le français et l’occitan / Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Französisch und Okzitanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
197
208
226
242
254
265
280
297 309
318
330
339
346
357
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
33.
34.
35.
36.
37.
Germán Colón, Estudio y descripción etimológica del léxico de las palabras románicas: catalán / Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Katalanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodo Müller, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Spanisch / Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: l’espagnol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alf Monjour, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Portugiesisch und Galicisch / Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: le portugais et le galicien . . . . . . . Annegret Bollée, Etymologische und wortgeschichtliche Erforschung und Beschreibung der romanischen Sprachen: Kreolsprachen / Etude et description étymologique et historique du lexique des langues romanes: les langues créoles . . . . . . . . Alberto Varvaro, Convergenze e divergenze metodologiche nella storiografia delle lingue romanze / Methodische Konvergenz und Divergenz in der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung . . . .
III.
Forschungsorganisatorische Aspekte der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung Aspects relatifs à l’organisation de la recherche dans l’histoire des langues romanes
38.
Angela Schrott, Romanistische Sprachgeschichtsforschung: Zeitschriften / Recherches sur l’histoire des langues romanes: les revues . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Hillen, Romanistische Sprachgeschichtsforschung: Bibliographien / Recherches sur l’histoire des langues romanes: les bibliographies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rebecca Posner, Recherches sur l’histoire des langues romanes: les sociétés savantes et congrès / Romanistische Sprachgeschichtsforschung: Gesellschaften und Kongresse . . . . . . . . . . . . . . Andreas Michel, Die Stellung der Sprachgeschichte in der romanistischen Forschung und Lehre / La place de l’histoire des langues dans la recherche et l’enseignement de la romanistique . . .
39.
40.
41.
XV
369
376
396
404
411
421
427
433
438
XVI
IV.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
V.
48. 49. 50. 51. 52.
53.
54.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Die romanische Sprachgeschichte aus interdisziplinärer Sicht L’histoire des langues romanes d’un point de vue interdisciplinaire Christian Seidl, Les langues romanes dans l’historiographie des langues indo-européennes / Die romanischen Sprachen in der indogermanistischen Sprachgeschichtsschreibung . . . . . . . . . . Maria Besse, Die romanischen Sprachen in der germanistischen Sprachgeschichtsschreibung / Les langues romanes dans l’historiographie des langues germaniques . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Keipert, Die romanischen Sprachen in der slavistischen Sprachgeschichtsschreibung / Les langues romanes dans l’historiographie des langues slaves . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Weinstock, Die romanischen Sprachen in der angloamerikanistischen Sprachgeschichtsschreibung / Les langues romanes dans l’historiographie des langues anglo-saxonnes . . . . Franz Lebsanft, Geschichtswissenschaft, Soziologie und romanistische Sprachgeschichtsschreibung / Science historique, sociologie et historiographie des langues romanes . . . . . . . . . Theodor Berchem, Literaturwissenschaft und romanistische Sprachgeschichtsschreibung / Etudes littéraires et historiographie des langues romanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
453
460
470
477
481
493
Vorgeschichte und Ausgliederung der romanischen Sprachen Préhistoire et formation des langues romanes Dieter H. Steinbauer, Lateinische Sprachgeschichte / Histoire du latin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Seidl, Les variétés du latin / Varietäten des Lateins . . . Arnulf Stefenelli †, Die lateinische Basis der romanischen Sprachen / Le fonds latin des langues romanes . . . . . . . . . . . Michel Banniard, Délimitation temporelle entre le latin et les langues romanes / Zeitliche Abgrenzung Latein / Romanisch . . . Thomas Krefeld, Methodische Grundfragen der Strataforschung / Questions fondamentales et méthodologiques relatives à la recherche sur les strates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iancu Fischer †, Les substrats et leur influence sur les langues romanes: la Romania du Sud-Est / Substrate und ihre Wirkung auf die romanischen Sprachen: Südostromania . . . . . . . . . . . Paolo Di Giovine, Sostrati, adstrati e superstrati e i loro effetti sulle lingue romanze: Italoromania e Alpi orientali / Sub-, Adund Superstrate und ihre Wirkung auf die romanischen Sprachen: Italoromania und Ostalpenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . .
504 515 530 544
555
568
578
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
55.
56.
57.
58.
59.
60.
VI. 61.
62.
63. 64.
65a.
65b.
Josef Felixberger, Sub-, Ad- und Superstrate und ihre Wirkung auf die romanischen Sprachen: Galloromania / Substrats, adstrats et superstrats et leur influence sur les langues romanes: la Galloromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ma Teresa Echenique Elizondo, Substrato, adstrato y superestrato y sus efectos en las lenguas románicas: Iberorromania / Sub-, Ad- und Superstrate und ihre Wirkung auf die romanischen Sprachen: Iberoromania . . . . . . . . . . . . Emanuele Banfi, Evoluzione delle frontiere delle lingue romanze: Romania del Sud-Est / Entwicklung der romanischen Sprachgrenzen: Südostromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Goebl, Entwicklung der romanischen Sprachgrenzen: Italoromania und Ostalpenraum / Evolution des frontières des langues romanes: l’Italoromania et les Alpes orientales . . . . . . Jakob Wüest, Evolution des frontières des langues romanes: la Galloromania / Entwicklung der romanischen Sprachgrenzen: Galloromania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christina Ossenkop / Otto Winkelmann, Entwicklung der romanischen Sprachgrenzen: Iberoromania / Evolution des frontières des langues romanes: l’Ibéroromania . . . . . . . . . . .
XVII
594
607
622
631
646
658
Die Sprachgeschichte der Romania submersa L’histoire linguistique de la Romania submersa Christian Schmitt, Die verlorene Romanität in Afrika: Afrolatein / Afroromanisch / La Romania submersa en Afrique: l’afrolatin / afroroman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Béla Adamik, Die verlorene Romanität in Mösien, Thrakien und Pannonien / La Romania submersa en Mésie, en Thrace et en Pannonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flavia Ursini, La Romania submersa nell’area adriatica orientale / Die verlorene Romanität im Ostadriaraum . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Haubrichs, Die verlorene Romanität im deutschen Sprachraum / La Romania submersa dans la région de langue allemande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Horst Schmidt, Die verlorene Romanität auf den Britischen Inseln: vor 1066 / La Romania submersa dans les îles britanniques: avant 1066 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Douglas Kibbee, La Romania submersa dans les îles britanniques: après 1066 / Die verlorene Romanität auf den Britischen Inseln: nach 1066 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
668
675 683
695
709
717
XVIII
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
VII.
Die externe Sprachgeschichte der Romania continua L’histoire linguistique externe de la Romania continua
66.
Wolfgang Dahmen, Externe Sprachgeschichte des Rumänischen / Histoire externe du roumain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Goebl, Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Ostalpenraum / Histoire externe des langues romanes: les Alpes centrales et orientales . . . . . . . . . . . . . . Luca Serianni, Storia esterna delle lingue romanze: italiano / Externe Sprachgeschichte des Italienischen . . . . . . . . . . . . . Rosita Rindler-Schjerve, Externe Sprachgeschichte des Sardischen / Histoire externe du sarde . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmitt, Externe Sprachgeschichte des Französischen / Histoire externe du français . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philippe Martel, Histoire externe de l’occitan / Externe Sprachgeschichte des Okzitanischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joan Veny, Historia externa del catalán / Externe Sprachgeschichte des Katalanischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antonio Martínez González / Francisco Torres Montes, Historia externa de la lengua española / Externe Sprachgeschichte des Spanischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ramón Lorenzo, Externe Sprachgeschichte des Galicischen / Histoire externe du galicien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Wesch, Externe Sprachgeschichte des Portugiesischen / Histoire externe du portugais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67.
68. 69. 70. 71. 72. 73.
74. 75.
VIII. 76.
77.
78.
79. 80.
727
747 774 792 801 829 840
852 871 880
Die externe Sprachgeschichte der Romania nova L’histoire linguistique externe de la Romania nova André Thibault, Histoire externe du français au Canada, en Nouvelle-Angleterre et à Saint-Pierre et Miquelon / Externe Sprachgeschichte des Französischen in Kanada, Neuengland und auf Saint-Pierre et Miquelon . . . . . . . . . . . . . . . . . .
895
Ingrid Neumann-Holzschuh, Externe Sprachgeschichte des Französischen in den Vereinigten Staaten / Histoire externe du français aux Etats-Unis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
911
Ingrid Neumann-Holzschuh, Externe Sprachgeschichte des Französischen in der Karibik / Histoire externe du français dans l’espace caraïbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
921
Dalila Morsly, Histoire externe du français au Maghreb / Externe Sprachgeschichte des Französischen im Maghreb . . . . . . . . . .
929
Ambroise Queffélec, Histoire externe du français en Afrique subsaharienne / Externe Sprachgeschichte des Französischen in Zentral- und Westafrika (südlich der Sahara) . . . . . . . . . . .
939
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
81.
82a. 82b.
83. 84. 85.
86.
87.
88.
89. 90.
91. 92.
93.
94. 95. 96a.
96b.
Sabine Ehrhart, Externe Sprachgeschichte des Französischen in Asien, im Indischen Ozean und im Pazifik / Histoire externe du français en Asie, dans l’océan Indien et dans le Pacifique . . . . . . Joseph Cremona, Histoire linguistique externe de l’italien au Maghreb / Externe Sprachgeschichte des Italienischen im Maghreb Lutz Edzard, Externe Sprachgeschichte des Italienischen in Libyen und Ostafrika / Histoire externe de l’italien en Libye et en Afrique orientale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Irene Pérez Guerra, Historia externa del español del Caribe / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in der Karibik . . . . . . Martin-Dietrich Gleßgen, Historia externa del español en México / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Mexiko . . . Juan R. Lodares Marrodán, Historia externa del español en los EEUU y en Puerto Rico / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in den USA und in Puerto Rico . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Schlupp, Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Mittelamerika / Histoire externe de l’espagnol en Amérique centrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . José Joaquín Montes Giraldo, Historia externa del español en Venezuela y en Colombia / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Venezuela und Kolumbien . . . . . . . . . . . . . . José Luis Rivarola, Historia externa del español en los Andes: Ecuador, Perú, Bolivia / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in den Andenländern: Ecuador, Peru und Bolivien . . . . . . . . . Nelson Cartagena, Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Chile / Histoire externe de l’espagnol au Chili . . . . . . . . . . . Adolfo Elizaincín, Historia externa del español en Argentina y Uruguay / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Argentinien und Uruguay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolf Dietrich, Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Paraguay / Histoire externe de l’espagnol au Paraguay . . . . . . Javier Medina López, Historia externa del español en las Islas Canarias y en África / Externe Sprachgeschichte des Spanischen auf den Kanaren und in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Celia Casado-Fresnillo / Antonio Quilis, Historia externa del español en Asia / Externe Sprachgeschichte des Spanischen in Asien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Born, Externe Sprachgeschichte des Portugiesischen in Brasilien / Histoire externe du portugais au Brésil . . . . . . . . . Jan Reinhardt, Externe Sprachgeschichte des Portugiesischen in Afrika / Histoire externe du portugais en Afrique . . . . . . . . K. David Jackson, Histoire externe du portugais en Asie: aspects culturels / Externe Sprachgeschichte des Portugiesischen in Asien: kulturelle Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angela Bartens, Histoire externe du portugais en Asie: aspects linguistiques / Externe Sprachgeschichte des Portugiesischen in Asien: linguistische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIX
953 961
966 972 979
995
1003
1013
1020 1027
1035 1045
1052
1060 1069 1083
1091
1096
XX
IX. 97. 98.
99a.
99b.
100.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Die Sprachgeschichte der Romania creolica L’histoire des langues de la Romania creolica Guido Cifoletti, Storia della lingua franca / Geschichte der Lingua franca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Klingler, Histoire des langues créoles à base lexicale française: la Louisiane et les Antilles / Sprachgeschichte der Kreolsprachen auf französischer Grundlage: Louisiana und Karibik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Robert Chaudenson, Histoire des langues créoles à base lexicale française: l’océan Indien / Sprachgeschichte der Kreolsprachen auf französischer Grundlage: Indischer Ozean . . . . . . . . . . . . Chris Corne †, Histoire des langues créoles à base lexicale française: Saint-Louis (Nouvelle Calédonie) / Sprachgeschichte der Kreolsprachen auf französischer Grundlage: Saint-Louis (Neukaledonien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Thiele, Sprachgeschichte der Kreolsprachen auf portugiesischer und spanischer Grundlage / Histoire des langues créoles à base lexicale portugaise et espagnole . . . . . . . . . . . . . .
.
1100
.
1105
.
1120
.
1131
.
1136
3. Teilband / Tome 3 XIV.
Sprachliche Varietäten aus historischer Sicht Les variétés linguistiques du point de vue historique
201.
Die diastratischen und diasituativen Varietäten der romanischen Sprachen aus historischer Sicht: Rumänisch / Les variétés diastratiques et diaphasiques des langues romanes d’un point de vue historique: roumain Die diastratischen und diasituativen Varietäten der romanischen Sprachen aus historischer Sicht: Italienisch / Le varietà diastratiche e diafasiche delle lingue romanze dal punto di vista storico: italiano Die diastratischen und diasituativen Varietäten der romanischen Sprachen aus historischer Sicht: Französisch und Okzitanisch / Les variétés diastratiques et diaphasiques des langues romanes d’un point de vue historique: français et occitan Die diastratischen und diasituativen Varietäten der romanischen Sprachen aus historischer Sicht: Iberoromania / Las variedades diastráticas y diafásicas de las lenguas románicas desde un punto de vista histórico: Iberorromania Historische Aspekte geschlechtsspezifischer Sprache in der Romania / Aspects historiques de la langue selon les sexes dans la Romania Historische Aspekte der Jugendsprache in der Romania / Aspects historiques de la langue des jeunes dans la Romania
202.
203.
204.
205.
206.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
207. 208. 209. 210. 211a. 211b. 211c.
212. 213. 214. 215. 216.
217.
218.
219.
220.
Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Rumänisch / Histoire de la langue parlée dans la Romania: roumain Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Italienisch / Storia della lingua parlata nella Romania: italiano Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Französisch / Histoire de la langue parlée dans la Romania: français Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Okzitanisch / Histoire de la langue parlée dans la Romania: occitan Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Spanisch / Historia de la lengua oral en la Romania: español Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Katalanisch / Historia de la lengua oral en la Romania: catalán Geschichte der gesprochenen Sprache in der Romania: Galicisch und Portugiesisch / Historia de la lengua oral en la Romania: gallego y portugués Geschichte von Dialekten in der Romania: Südostromania / Histoire des dialectes dans la Romania: Romania du Sud-Est Geschichte von Dialekten in der Romania: Italoromania / Storia dei dialetti nella Romania: Italoromania Geschichte von Dialekten in der Romania: Galloromania / Histoire des dialectes dans la Romania: Galloromania Geschichte von Dialekten in der Romania: Iberoromania / Histoire des dialectes dans la Romania: Ibéroromania Geschichte von Regionalsprachen und Stadtsprachen in der Romania: Südostromania / Histoire des langues régionales et des langues urbaines dans la Romania: Romania du Sud-Est Geschichte von Regionalsprachen und Stadtsprachen in der Romania: Italoromania / Histoire des langues régionales et des langues urbaines dans la Romania: Italoromania Geschichte von Regionalsprachen und Stadtsprachen in der Romania: Galloromania / Histoire des langues régionales et des langues urbaines dans la Romania: Galloromania Geschichte von Regionalsprachen und Stadtsprachen in der Romania: Iberoromania / Evolución de las lenguas regionales y urbanas en la Romania: Iberorromania Die Architektur der romanischen Sprachen im Vergleich / L’architecture comparée des langues romanes
XV.
Interne Sprachgeschichte Histoire interne des langues
221.
Theorien und Prinzipien des Sprachwandels / Théories et principes de l’évolution des langues Interne Sprachgeschichte des Rumänischen: Laut- und Schriftsystem / Histoire interne du roumain: systèmes phonique et graphique
222.
XXI
XXII
223. 224.
225. 226. 227. 228. 229a.
229b.
230.
231. 232.
233. 234. 235.
236. 237.
238.
239. 240.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Interne Sprachgeschichte des Rumänischen: Morphosyntax und Syntax / Histoire interne du roumain: morphosyntaxe et syntaxe Interne Sprachgeschichte des Rumänischen: Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne du roumain: lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Rumänischen: Onomastik / Histoire interne du roumain: onomastique Interne Sprachgeschichte des Dalmatischen / Histoire interne du dalmate Interne Sprachgeschichte des Friaulischen / Storia interna del friulano Interne Sprachgeschichte des Dolomitenladinischen /Histoire interne du ladin Interne Sprachgeschichte des Bündnerromanischen: Laut- und Schriftsystem / Histoire interne du romanche: systèmes phonique et graphique Interne Sprachgeschichte des Bündnerromanischen: Morphosyntax, Syntax, Lexik und Onomastik /Histoire interne du romanche: morphosyntaxe, syntaxe, lexique et onomastique Interne Sprachgeschichte des Italienischen: Laut- und Schriftsystem / Storia interna dell’italiano: sistema fonico e grafico Interne Sprachgeschichte des Italienischen: Morphosyntax und Syntax /Storia interna dell’italiano: morfosintassi e sintassi Interne Sprachgeschichte des Italienischen: Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Storia interna dell’italiano: lessico, formazione delle parole, fraseologia Interne Sprachgeschichte des Italienischen: Onomastik / Histoire interne de l’italien: onomastique Interne Sprachgeschichte des Sardischen / Storia interna del sardo Interne Sprachgeschichte des Französischen: Laut- und Schriftsystem / Histoire interne du français: systèmes phonique et graphique du français Interne Sprachgeschichte des Französischen: Morphosyntax und Syntax / Histoire interne du français: morphosyntaxe et syntaxe Interne Sprachgeschichte des Französischen (Europa): Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne du français (Europe): lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Französischen (außerhalb Europas): Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne du français (hors d’Europe): lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Französischen: Onomastik / Histoire interne du français: onomastique Interne Sprachgeschichte des Okzitanischen / Histoire interne de l’occitan
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
241.
242. 243.
244. 245. 246.
247.
248.
249. 250. 251.
252.
253.
254.
255. 256.
257.
Interne Sprachgeschichte des Katalanischen: Laut- und Schriftsystem / Histoire interne du catalan: systèmes phonique et graphique Interne Sprachgeschichte des Katalanischen: Morphosyntax und Syntax / Historia interna del catalán: morfosintaxis y sintaxis Interne Sprachgeschichte des Katalanischen: Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Historia interna del catalán: léxico, formación de palabras y fraseología Interne Sprachgeschichte des Katalanischen: Onomastik /Histoire interne du catalan: onomastique Interne Sprachgeschichte des Spanischen: Laut- und Schriftsystem / Historia interna del español: sistema fónico y gráfico Interne Sprachgeschichte des Spanischen: Morphosyntax und Syntax / Histoire interne de l’espagnol: morphosyntaxe et syntaxe Interne Sprachgeschichte des Spanischen (Europa): Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne de l’espagnol (Europe): lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Spanischen (außerhalb Europas): Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne de l’espagnol (hors d’Europe): lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Spanischen: Onomastik / Histoire interne de l’espagnol: onomastique Interne Sprachgeschichte des Galicischen / Histoire interne du galicien Interne Sprachgeschichte des Portugiesischen: Laut- und Schriftsystem / Histoire interne du portugais: systèmes phonique et graphique Interne Sprachgeschichte des Portugiesischen: Morphosyntax und Syntax / Histoire interne du portugais: morphosyntaxe et syntaxe Interne Sprachgeschichte des Portugiesischen (Europa): Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne du portugais (Europe): lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Portugiesischen (außerhalb Europas): Wortschatz, Wortbildung und Phraseologie / Histoire interne du portugais (hors d’Europe): lexique, formation des mots et phraséologie Interne Sprachgeschichte des Portugiesischen: Onomastik / Histoire interne du portugais: onomastique Konvergenz- und Divergenzphänomene in der Romania: Lautentwicklung / Phénomènes de convergence et de divergence dans la Romania: l’évolution phonétique Konvergenz- und Divergenzphänomene in der Romania: Morphosyntax und Syntax / Phénomènes de convergence et de divergence dans la Romania: morphosyntaxe et syntaxe
XXIII
XXIV
258.
259.
Inhaltsverzeichnis / Table des matières
Konvergenz- und Divergenzphänomene in der Romania: Lexikon und Semantik / Phénomènes de convergence et de divergence dans la Romania: lexique et sémantique Konvergenz- und Divergenzphänomene in der Romania: Wortbildung / Phénomènes de convergence et de divergence dans la Romania: la formation des mots
XVI.
Die romanischen Sprachen in der internationalen Kommunikation Les langues romanes dans la communication internationale
260.
Romanische Sprachen als Verkehrssprachen: Mittelalter / Le lingue romanze come lingue veicolari: Medio Evo Romanische Sprachen als Verkehrssprachen: Neuzeit / Les langues romanes comme langues véhiculaires: l’époque moderne Romanische Sprachen als Publikationssprachen der Wissenschaft / Les langues romanes comme langues des publications scientifiques Die Bedeutung der romanischen Sprachen im Spiegel ihrer Übersetzungen / L’importance des langues romanes à travers leurs traductions
261. 262. 263.
XVII.
Sach- und Namenregister Index rerum et index nominum
Siglenverzeichnis / Sigles
XXV
Siglenverzeichnis / Sigles AAA AAASH AAIEO II AALA AALFAL AA lp AA n AAP AAR AARB ucure¸sti AATSL AAU
AbhBerlin AbhMainz ABI ABP
Abruzzo ACCSDI , cf. ACSDI
Archivio per l’Alto Adige Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae. A Magyar Tudományos Akadémia klasszika-filológiai közlemenyei Gasca Queirazza, Giuliano (ed.), Atti del secondo congresso della AIEO (Torino 31 agosto – 5 settembre 1987), 2 vol., Montpellier, 1993 Asien, Afrika, Lateinamerika Actas del … Congreso Internacional de la Asociación de Lingüística y Filología de América Latina Annales des Alpes. Recueil périodique des archives des Hautes-Alpes American Anthropologist. Journal of the American Anthropological Association Afrikanistische Arbeitspapiere Atti della Reale Accademia d’Italia Analele Academiei Republicii Populare Romîne / Analele Academiei Republicii Socialiste România / Analele Academiei Române Atti e memorie dell’Accademia Toscana di Scienze e Lettere ‘La Colombaria’ Atti dell’Accademia di Scienze, Lettere e Arti di Udine Abhandlungen der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, ed. Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz Accademie e biblioteche d’Italia ABP. Afrika, Asien, Brasilien, Portugal. Zeitschrift zur portugiesischsprachigen Welt Abruzzo. Rivista dell’Istituto di Studi Abruzzesi
Atti del Convegno del Centro di Studio per la Dialettologia Italiana ACECNA IX Bover i Font, August (ed.), Actes del Novè Col·loqui d’Estudis Catalans a Nord-Amèrica (Barcelona, 1998), Barcelona, 2001 ACFILLM VIII Langue et Littérature. Actes du VIII e Congrès de la Fédération Internationale des Langues et Littératures Modernes, Paris, 1961 ACGF I Ferro Ruibal, Xésus (ed.), Actas do I Coloquio Galego de Fraseoloxía (15–18 de septiembre de 1997), Xunta de Galacia, 1998 ACHA Briesemeister, Dietrich / Hempel, Wido (eds.), Actas del Coloquio hispanoalemán Ramón Menéndez Pidal (Madrid, 31 de marzo a 2 de abril de 1978), Tübingen, 1982 ACHLEAE I Echenique, Ma Teresa, et al. (eds.), Actas del I Congreso de Historia de la Lengua Española en América y España (noviembre de 1994 – febrero de 1995), Valencia, 1995 ACIAIEO I Ricketts, Peter T. (ed.), Actes du Premier Congrès International de l’Association Internationale d’Etudes Occitanes (Southhampton 4–11 août 1984), London, 1987
XXVI
Siglenverzeichnis / Sigles
Cierbide Martinena, Ricardo / Ramos, Eduardo (eds.), Actes du IVe Congrès International de l’Association Internationale d’Etudes Occitanes (VitoriaGasteiz, 22–28 août 1992), 2 vol., Vitoria, 1994 ACIAIEO V Gourc, Jacques / Pic, François (eds.), Toulouse à la croisée des cultures. Actes du Ve Congrès International de l’Association Internationale d’Etudes Occitanes (Toulouse, 19–24 août 1996), Pau, 1998 ACIEA I López Morales, Humberto / Vaquero, María (eds.), Actas del I Congreso Internacional sobre el Español de América (San Juan, Puerto Rico, 4–9 de octubre 1982), San Juan, Puerto Rico, 1987 ACIEA II Moreno de Alba, José G. (ed.), Actas del II Congreso Internacional sobre el Español de América (Ciudad de México, 27–31 de enero de 1986), México, 1986 ACIEA III Hernández, César, et al. (eds.), Actas del III Congreso Internacional de el Español de América (Valladolid, 3–9 de julio de 1989), 3 vol., Valladolid, 1991 ACIHLE I Ariza Viguera, Manuel (ed.), Actas del I Congreso Internacional de Historia de la Lengua Española (Cáceres, 30 de marzo – 4 de abril de 1987), 2 vol., Madrid, 1988 ACIHLE II Ariza Viguera, Manuel (ed.), Actas del II Congreso Internacional de Historia de la Lengua Española (Sevilla, 5 de marzo de 1990), 2 vol., Madrid, 1992 ACIHLE III Gonzáles, A. Alonso (ed.), Actas del III Congreso Internacional de Historia de la Lengua Española (Salamanca, 22–27 de noviembre de 1993), 2 vol., Madrid, 1996 ACIHLE IV García Turza, Claudio (ed.), Actas del IV Congreso Internacional de Historia de la lengua española (La Rioja, 1–5 de abril de 1997), 2 vol., Logroño, 1998 ACIL X Graur, Alexandru, et al. (eds.), Actes du Xe Congrès International des Linguistes (Bucarest, 28 août-2 septembre 1967), 4 vol., Bucure¸sti, 1969/70 ACILR cf. ACILFR , ACILPR ACILR VII Badía, Antonio / Griera, Antonio / Udina, Federico (eds.), Actas del VII Congreso Internacional de Linguística Románica (Univ. de Barcelona, 7–10 abril de 1953), 2 vol., Barcelona, 1953/55 ACILR IX Actas del IX Congresso Internacional de Linguística Românica (Univ. de Lisboa 31 de marco – 4 de abril 1959), 3 vol., Lisboa, 1961/62 ACILPR X Straka, Georges (ed.), Actes du Xe Congrès International de Linguistique et Philologie Romanes (Strasbourg, 1962), 3 vol., Paris, 1965 ACILFR XII Rosetti, Alexandru (ed.), Actele celui de-al XII -lea Congres Interna¸tional de Lingvistic˘a s¸ i Filologie Romanica˘ (1968, Bucure¸sti), 2 vol., Bucure¸sti, 1970/71 ACILPR XIII Boudreault, Marcel / Möhren, Frankwalt (eds.), Actes du XIII e Congrès International de Linguistique et Philologie Romanes, tenu à l’Université Laval (Québec, Canada, 29 août – 5 septembre 1971), 2 vol., Québec, 1976 ACILFR XIV Varvaro, Alberto (ed.), Atti del XIV Congresso Internazionale di Linguistica e Filologia Romanza (Napoli, 1974), 5 vol., Napoli, 1976–81 ACILFR XVI Moll, Aina (ed.), XVI e Congrés Internacional de Lingüística i Filologia Romàniques (Ciutat de Mallorca, 7–12 d’abril 1980), 2 vol., Palma de Mallorca, 1982/85 ACILPR XVII Bouvier, Jean-Claude (ed.), Actes du XVII e Congrès International de Linguistique et Philologie Romanes (Aix-en-Provence, 28 août – 3 septembre 1983), 9 vol., Aix-en-Provence, 1984–86 ACILPR XVIII Kremer, Dieter (ed.), Actes du XVIII e Congrès International de Linguistique et de Philologie Romanes (Trèves, 1986), Tübingen, 1988–92 ACIAIEO IV
Siglenverzeichnis / Sigles
XXVII
ACILFR XIX
Lorenzo, Ramón (ed.), Actas do XIX Congreso Internacional de Lingüística e Filoloxía Románicas (Universidade de Santiago de Compostela, 1989), 9 vol., A Coruña, 1992–97
ACILPR XX
Hilty, Gerold (ed.), Actes du XX e Congrès International de Linguistique et Philologie Romanes (Université de Zurich, 6–11 avril 1992), 5 vol., 1993
ACILFR XXI
Ruffino, Giovanni (ed.), Atti del XXI Congresso Internazionale di Linguistica e Filologia Romanza (Università di Palermo, 18–24 settembre 1995), 6 vol., Tübingen, 1998
ACILPR XXII
Englebert, Annick (ed.), Actes du XXII e Congrès International de Linguistique et de Philologie Romanes (Bruxelles, 23–29 juillet 1998), 9 vol., Tübingen, 2000
ACILFR XXIII
Sánchez Miret, Fernando (ed.), Actas del XXIII Congreso Internacional de Lingüística y Filología Románica (Salamanca 24–30 de septiembre 2001), 5 vol., Tübingen, 2003
ACILLC IV
Colón, Germà (ed.), Actes del IV Col·loqui Internacional de Llengua i Literatura Catalanes (Basileia 1976), Barcelona, 1977
ACILLC IX
Alemany, Rafael (ed.), Actes del novè Col·loqui Internacional de Llengua i Literatura Catalanes (Alacant, Elx, 9–14 de setembre de 1991), 3 vol., Montserrat, 1993
ACILLC X
Schönberger, Axel (ed.), Actes del Desè Col·loqui Internacional de Llengua i Literatura Catalanes (Frankfurt 18–25 de setembre de 1994), Barcelona, 1996
ACILLC XI
Mas i Vives, Joan / Miralles i Monserrat, Joan / Rosselló Bover, Pere (eds.), Actes del onzè Col·loqui Internacional de Llengua i Literatura Catalanes (Palma (Mallorca), 8–12 de setembre de 1997), Palma de Mallorca / Barcelona, 1998
ACISLI V
Gnerre, Maurizio / Medici, Mario / Simone, Raffaele (eds.), Storia linguistica dell’Italia nel Novecento. Atti del V Congresso Internazionale di Studi della Società di Linguistica Italiana (Roma, 1–2 giugno 1971), Roma, 1973
ACISLI XI
Albano Leoni, Federico (ed.), I dialetti e le lingue delle minoranze di fronte all’italiano. Atti dell’XI Congresso Internazionale di Studi della Società di Linguistica Italiana (Cagliari, 27–30 maggio 1977), 2 vol., Roma, 1979
ACISLI XVI
Agostiniani, Luciano / Bellucci Maffei, Patrizia / Paoli, Matilde (eds.), Linguistica storica e cambiamento linguistico. Atti del XVI Congresso Internazionale di Studi della Società di Linguistica Italiana (Firenze, 7–9 maggio 1982), Roma, 1985
ACISLI XIX
De Mauro, Tullio, et al. (eds.), Dalla parte del ricevente: percezione, comprensione, interpretazione. Atti del XIX Congresso Internazionale della Società di Linguistica Italiana (Roma, 8–10 novembre 1985), Roma, 1988
ACISLI XXV
Moretti, Bruno, Linee di tendenza dell’italiano contemporaneo. Atti del XXV Congresso Internazionale (Lugano, 19–21 settembre 1991), Roma, 1992
ACISLI XXIX
Alfieri, Gabriella / Cassola, Arnold (eds.), La ‘lingua d’Italia’: usi pubblici e istituzionali. Atti del XXIX Congresso Internazionale della Società di Linguistica Italiana (Malta, 3–5 novembre 1998), Roma, 1999
ACISLI XXX
Ramat, Paolo / Roma, Elisa (eds.), Sintassi storica. Atti del XXX Congresso Internazionale della Società di Linguistica Italiana (Pavia, 2–28 settembre 1996), Roma 1998
ACISLI XXXI
Benincà, Paola (ed.), Fonologia e morfologia dell’italiano e dei dialetti d’Italia. Atti del XXXI Congresso della Società di Linguistica Italiana (Padova, 25–27 settembre 1997), Roma, 1999
XXVIII
Siglenverzeichnis / Sigles
Fabián, Zsuzsanna (ed.), Semantica e lessicologia storiche. Atti del XXXII Congresso internazionale di studi della Società di Linguistica Italiana (Budapest, 29–31 ottobre 1998), Roma, 2001 ACISLI XXXIV Maraschio, Nicoletta / Poggi Salani, Teresa (eds.), Italia linguistica anno Mille. Italia linguistica anno Duemila. Atti del XXXIV Congresso internazionale di studi della Società di Linguistica Italiana (Firenze, 19–21 novembre 2000), Roma, 2003 ACISO cf. AICOS ACISO VII Battisti, Carlo (ed.), Atti del VII Congresso Internazionale di Scienze Onomastiche (Firenze, 1961), 4 vol., Firenze, 1962–63 ACISR VIII Monteverdi, Angelo (ed.), Atti del VIII Congresso Internazionale di Studi Romanzi (Firenze, 3–8 aprile 1956), 2 vol., Firenze, 1959/60 ACISR IX Limentani, Alberto (ed.), Essor et fortune de la Chanson de geste dans l’europe et l’Orient latin. Actes du IX e Congrès International de la Société Rencesvals pour l’étude des épopées romanes (Padoue-Venise, 29 août – 4 septembre 1982), Modena, 1984 ACLC II Segon Congrés Internacional de la Llengua Catalana, 9 vol., Barcelona, 1989–92 ACLM VII Actes del VII . Congrés de l’Associació Hispànica de Literatura Medieval, 1999 ACLPM Actas do Congresso sobre a situação actual da língua portuguesa no mundo (Lisboa, 1983), vol. 1 (1985, 21990); vol. 2 (1987), Lisboa, 1985/87 Acme Acme. Annali della Facoltà di Lettere e Filosofia dell’Università degli Studi di Milano ACS Amsterdam Creole Studies ACSDI XII Etimologia e lessico dialettale. Atti del XII Convegno per gli Studi Dialettali Italiani (Macerata, 10–13 aprile 1979), Pisa, 1981 ACSDI XIV Elementi stranieri nei dialetti italiani. Atti del XIV Convegno per gli Studi Dialettali Italiani (Ivrea, 17–19 ottobre 1984), 2 vol., Pisa (Ospedaletto), 1986/88 ACSFO Actes du … Colloque de la Société Française d’Onomastique ACSFO 7 (1992) Chaurand, Jacques / Taverdet, Gérard / ABDO (eds.), Onomastique et langues en contact, Actes du 7e Colloque de la Société française d’Onomastique (Strasbourg, 16–18 septembre 1991), Fontaine-lès-Dijon, 1992 ACS tLangob Atti del … Congresso Internazionale di Studi Longobardi ACT Kremer, Dieter / Lorenzo, Ramón (eds.), Tradición, actualidade e futuro do galego. Actas do Colóquio de Tréveris (13–15 de novembro de 1980), Santiago de Compostela, 1982 ACUA Anales científicos de la Universidad Agraria La Molina ADDU -Norte Thun, Harald, Atlas lingüístico diatópico y diastrático del Uruguay-Norte, Kiel, 2000ss. ADHV VIII Strosetzki, Christoph / Stoll, André (eds.), Spanische Bilderwelten. Akten der Sektion ‘Bild und Text’ des Deutschen Hispanistentages (Göttingen, 28. 2.–3. 3. 1987), Frankfurt a.M., 1993 ADHV XIII Gil, Alberto / Schmitt, Christian (eds.), Gramática y pragmática del español, Actas de la sección ‘Grammatik und Pragmatik im Spanischen’ del XIII . Deutscher Hispanistentag (Leipzig, 8.–11. 3. 2001), Bonn, 2003 ADMYTE Archivo digital de manuscritos y textos españoles, 2 vol., CD -ROM , Madrid, 1993/99 ADSSW Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde ACISLI XXXII
Siglenverzeichnis / Sigles
AE AECO AEF
Aevum AFA AFI AFLLSF AFNOR
Agália AGB AGI AH AHES AHP AICED AICOS VI AICOS IX AICOS XVI
AICOS XVIII AICOS XIX
AICOS XX
AIEC AIEO AILC AION -R AIS AISI nd AISC AISIG AIV AJ AJIL AKG AL -An
XXIX
American English Archivum Europae Centro-Orientalis Anuario de Estudios Filológicos Aevum. Rassegna di scienze storiche, linguistiche e filologiche Archivo de filología aragonesa Année francophone internationale Annali della Facoltà di Lingue e Letterature Straniere di Ca’ Foscari Association Française de Normalisation Agália. Revista da Associaçom Galega da Língua Archiv für Geschichte des Buchwesens Archivio glottologico italiano Archivo hispalense. Revista histórica, literaria y artística Annales d’histoire économique et sociale. Revue trimestrielle Arquivo histórico português Anuarul Institutului de Cerceta˘ ri Etnologice s¸ i Dialectologice Rohlfs, Gerhard (ed.), Kongreßberichte. VI . Internationaler Kongreß für Namenforschung (München, 24.–28. August 1958), 3 vol., München, 1960–61 Draye, Henri (ed.), Proceedings of the Ninth International Congress of Onomastic Sciences (University College London, July 3–8, 1966), Louvain, 1969 Boulanger, Jean-Claude (ed.), Actes du XVI e Congrès international des sciences onomastiques (Québec, Université Laval, 16–22 août 1987). Le nom propre au carrefour des études humaines et des sciences sociales, Québec, 1990 Kremer, Dieter (ed.), Onomastik. Akten des 18. Internationalen Kongresses für Namenforschung (Trier, 12.–17. April 1993), 4 vol., Tübingen, 1999ss. Nicolaisen, Wilhelm F. (ed.), Scope, Perspectives and Methods of Onomastics. Proceedings of the XIX th International Congress of Onomastic Sciences (Aberdeen, August 4–11, 1996), 3 vol., Aberdeen, 1998 Boullón Agrelo, Ana Isabel (ed.), Actas do XX Congreso Internacional de Ciencias Onomásticas (Facultade de Filoloxía, Universidade de Santiago de Compostela, 20–25 setembro 1999), 2 vol., A Coruña, 2002 (CD -ROM ) Anuari de l’Institut d’Estudis Catalans Association Internationale d’Etudes Occitanes Anales del Instituto de Lingüística de la Univ. Nacional de Cuyo Annali dell’Istituto Orientale di Napoli. Sezione romanza, Napoli Jaberg, Karl / Jud, Jakob (eds.), Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz, 8 vol., Zofingen, 1928–40 Jaberg, Karl, Index zum Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz, Bern, 1960 Anuarul Institutului de Studii Clasice Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento Atti dell’Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti Alemannisches Jahrbuch American Journal of International Law Archiv für Kulturgeschichte Al-Andalus. Revista de las Escuelas de Estudios Árabes de Madrid y Granada
XXX Alba Regia ALC at ALD -I ALDU ALE ALEC ALECM (an) ALEIC ALEP ALEPO ALF
Alfa ALFAL ALFC orse
Alfinge ALG ALG a ALH ALH afn ALI
Aling AliR ALL ALLG
AlM ALMA ALM ex ALO ALPI ALPO r
Siglenverzeichnis / Sigles
Alba Regia. A Szent István Király Múzeum évkönyve / Annales Musei Stephani Regis Griera, Antoni, Atlas lingüístic de Catalunya, 8 vol., Barcelona, 21964–69 (11923ss.) Goebl, Hans / Bauer, Roland / Haimerl, Edgar (eds.), Atlante linguistico del ladino dolomitico e dei dialetti limitrofi, 7 vol., Wiesbaden, 1998 Thun, Harald, Atlas lingüístico diatópico y diastrático del Uruguay, Kiel, 2000– Alinei, Mario / Weijnen, Antonius A. (eds.), Atlas linguarum Europae (ALE ), Assen, 1975–2002 Flórez, Luis, Atlas lingüístico-etnográfico de Colombia, 6 vol., Bogotá, 1981–83 Atlas lingüístico y etnográfico de Castilla-La Mancha (en proceso de encuestas) Bottiglioni, Gino, Atlante linguistico ed etnografico della Corsica, 10 vol., Pisa, 1933–42 Atlas lingüístico de España y Portugal Canobbio, Sabina / Telmon, Tullio, Atlante linguistico ed etnografico del Piemonte occidentale, Torino, 1985 Gilliéron, Jules / Edmont, Edmond, Atlas linguistique de la France, 10 vol., Paris, 1902–10 Alfa. Revista Lingüística Asociación de lingüística y filología de América Latina Gilliéron, Jules / Edmont, Edmond (eds.), Atlas linguistique de la France, vol. 10: La Corse, Paris, 1914–15 (réimpr. Bologna, 1971) Alfinge Séguy, Jean, Atlas linguistique et ethnographique de la Gascogne, Paris, 1965–85 [1954–73] García, Constantino, et al., Atlas lingüístico galego, 2 vol., A Coruña, 1990/95 Anuario de lingüística hispánica Acta Linguistica Hafniensia. International journal of structural linguistics Pellis, Ugo / Massobrio, Lorenzo, et al., Atlante linguistico italiano, Roma, 1995ss. [Torino, 1924ss.] Anthropological Linguistics. A publication of the archives of languages of the world Tuaillon, Gaston, et al. (eds.), Atlas linguistique roman, Roma, 1998ss. Gardette, Pierre, Atlas linguistique et ethnographique du Lyonnais, Lyon, 1950–76 Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik Al México Archivum Latinitatis Medii Aevi. Bulletin Du Cange Lope Blanch, Juan M. (ed.), Atlas lingüístico de México, México, 1990ss. Massignon, Geneviève / Brigitte Horiot, Atlas linguistique et ethnographique de l’Ouest (Poitou, Aunis, Saintonge, Angoumois), 3 vol., Paris, 1971/74/83 Navarro Tomás, Tomás, Atlas lingüístico de la Península Ibérica, Madrid, 1962 Guiter, Henri, Atlas linguistique des Pyrénées orientales, Paris, 1966
Siglenverzeichnis / Sigles
ALR ALS
Alteridades Altertum ALW
AM
Ama AMAP AMAP (et) AMAR
Amiras AMSDS AMSL
Anali AND
AnLetras AnLiLi Annales AnnIEO ANRW
ANS
Antiquitas Antiquity AO AOASH AOR APA API APK AR
ArchAnz Arhiva ARM AS
XXXI
Pop, Sever / Petrovici, Emil, Atlasul lingvistic român, 1938ss. Ruffino, Giovanni (ed.), Atlante linguistico della Sicilia, Palermo, 1991; Materiali e ricerche dell’Atlante linguistico della Sicilia, Palermo, 1995/97 Alteridades. Anuario de antropología Das Altertum, Amsterdam Haust, Jean, et al., Atlas linguistique de la Wallonie: tableau géographique des parlers de la Belgique romane, d’après l’enquête de Jean Haust et des enquêtes complémentaires, Liège, 1953ss. Annales du Midi. Revue archéologique, historique et philologique de la France méridionale Analecta Malacitana. Revista de la Sección de filología de la Facultad de filosofía y letras de la Universidad de Málaga Atti e memorie dell’Accademia Patavina di Scienze, Lettere ed Arti Atti e memorie dell’Accademia Petrarca di Lettere, Arti e Scienze Atti e memorie dell’Arcadia, Accademia Letteraria Italiana Amiras. Reperes. Revue occitane Atti e memorie della Società Dalmata di Storia Patria Archives des missions scientifiques et littéraires Anali Historijskog instituta JAZU u Dubrovniku, Dubrovnik, 1.1952– 12.1970 Stone, Louise / Rothwell, William, Anglo-norman Dictionary, London, 1977–92 Anuario de letras. Revista de la Facultad de Filosofía y Letras Mexico Anuario del Instituto de Literatura y Linguística La Habana Annales. Histoire, sciences sociales / Annales. Economies, sociétés, civilisations Annales de l’Institut d’Etudes Occitanes. Revue de synthèse des sciences de l’homme d’Oc Temporini, Hildegard (ed.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt (ANRW ). Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung, Berlin et al., 1972ss. Anglo-Norman Studies Antiquitas. Anno: rivista trimestrale di antichità classica Antiquity. An international journal of expert archaeology L’asino d’oro Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae. A Magyar Tudományos Akadémia Orientalisztikai közleményei Anuari de l’Oficina Romànica American Psychological Association Association Phonétique Internationale Aufsätze zur portugiesischen Kulturgeschichte (Portugiesische Forschungen der Goerres-Gesellschaft) Archivum Romanicum. Nuova rivista di filologia romanza Archäologischer Anzeiger Arhiva. Revista de istorie, filologie s¸ i cultur˘a Arheologia Moldovei / The Archeology of Moldavia African Studies. A quarterly journal devoted to the study of African anthropology, government and languages
XXXII Asclepio ASI ASIIA
ASLEF ASNP ASNS ASP
Aspeech ASP r ASRR ASSAB ASSE IV
ASSO AST
Astrado ASV AUB AUI AUL AUN AUP
Aurélio
AUS AUT BA BAC BAIEO
Balcania BAL in BALM BANLE BAP BARBL BAS
Siglenverzeichnis / Sigles
Asclepio: revista de historia de la medicina y de la ciencia Archivio storico italiano. Periodico trimestriale; ossia raccolta di opere e documenti finora inediti o divenuti rarissimi riguardanti la storia d’Italia Lüdtke, Jens (ed.), El español de América en el siglo XVI . Actas del Simposio del Instituto Ibero-Americano de Berlin (23 y 24 de abril de 1992), Frankfurt a.M., 1994 Pellegrini, Giovan Battista (ed.), Atlante storico-linguistico-etnografico friulano, 6 vol., Padova / Udine, 1972–86 Annali della Scuola Normale Superiore di Pisa. Classe di Lettere, ser. I-III Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen Archiv für slavische Philologie American Speech. A quarterly of linguistic usage Archivio storico pratese Annalas da la Societad Retorumantscha Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell’Università di Roma Sture Ureland, Per (ed.), Kulturelle und sprachliche Minderheiten in Europa. Aspekte der europäischen Ethnolinguistik und Ethnopolitik. Akten des 4. Symposiums über Sprachkontakte in Europa (Mannheim 1980), Tübingen, 1981 Archivio storico per la Sicilia orientale Archivio storico ticinese L’Astrado. Revisto bilengo de Prouvenço / L’Astrado prouvençalo Geiger, Paul / Weiss, Richard / Escher, Walter, Atlas der schweizerischen Volkskunde / Atlas de folklore suisse, Basel, 1950ss. Analele Universita˘ t¸ii Bucure¸sti Analele s¸ tiin¸tifice ale Universita˘ t¸ii ‘Al. I. Cuza’ din Ia¸si Arquivos da Universidade de Lisboa Anales de la Universidad de Nariño Annales de l’Université de Paris Ferreira, Aurélio Buarque de Holanda / Dos Anjos, Margarida / Ferreira, Marina Baird, Novo Aurélio Século XXI . O Dicionário da Língua Portuguesa, Rio de Janeiro, 31999 (CD -ROM 2000) Godisnik na Sofijskija Universitet Kliment Ochridski / Annuaire de l’Université de Sofia Analele Universita˘ t¸ii din Timi¸soara. Serie s¸ tiin¸te filologice Balkan-Archiv Boletín de la Academia Colombiana, Bogotá Bulletin de l’Association Internationale d’Etudes Occitanes Balcania. Revue de l’Institut d’Etudes et de Recherches Balkaniques Boletín de administración e lingua Bollettino dell’Atlante linguistico mediterraneo Boletín de la Academia norteamericana de la lengua española Boletín de la Academia Puertorriqueña de la lengua española Bulletin de l’Académie Royale de Belgique. Classe des Lettres et des Sciences Morales et Politiques Buenos Aires Speculum. A journal of medieval studies
Siglenverzeichnis / Sigles
BAVL BBCS BBG BBR BBS c BBSSMF BBUC BCLSMP BCSFLS BCTD BDC BDE BDELC BDH BDL (l)C BDR BEC h
Belfagor BEPB
BerBerlin BF BFE BFUC h BGDSL BH BHR BHS BHS oz
Bibliofilia Biblos BIFR BJL BJR BL BLAG BLC
XXXIII
Boletín de la Academia Venezolana de la Lengua. Correspondiente de la Española, Caracas The Bulletin of the Board of Celtic Studies Blätter für das bayerische Gymnasialschulwesen Buletinul bibliotecii române The Behavioral and Brain Sciences. An international journal of current research and theory with open peer commentary Bollettino di bibliografia e di storia delle scienze matematiche e fisiche Boletim da Biblioteca da Universidade de Coimbra Bulletin de la classe des lettres et des sciences morales et politiques (Académie Royale de Belgique) Bollettino del Centro di Studi Filologici e Linguistici Siciliani, Palermo Bulletin de la Commission Royale de Toponymie et Dialectologie / Handelingen van de Koninklijke Commissie voor Toponymie en Dialectologie Butlletí de dialectología catalana. Revista catalana de linguistica Boletín de dialectología española Corominas, Joan, Breve diccionario etimológico de la lengua castellana, Madrid, 1961 (21967, 31973) Biblioteca de dialectología hispanoamericana de la Facultad de Filosofía y Letras de la Universidad de Buenos Aires, Instituto de Filología Bolletí del Diccionari de la llengua catalana Bulletin de dialectologie romane Bibliothèque de l’Ecole des Chartes. Revue d’érudition publiée par la Société de l’Ecole des Chartes Belfagor. Rassegna di varia umanità Bulletin des études portugaises et brésiliennes Berichte über die Verhandlungen der sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-historische Klasse, Berlin (cf. unten SBL eipzig) Boletim de filologia Boletín de filología española Boletín de filología, Instituto de investigaciones historico-culturales Santiago de Chile / Boletín de filología de la Universidad de Santiago de Chile Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Bulletin hispanique Bibliothèque d’Humanisme et Renaissance Bulletin of Hispanic Studies (1949–2001, cf. BSS ) Beiträge zur historischen Sozialkunde, Verein für Geschichte und Sozialkunde La Bibliofilia. Rivista di storia del libro e di bibliografia Biblos. Revista da Faculdade de Letras da Universidade de Coimbra Buletinul Institutului de Filologie Româna˘ ‘Alexandru Philippide’ Belgian Journal of Linguistics Bulletin des jeunes romanistes Bulletin linguistique Bulletin de linguistique appliquée et générale Boletín de lingüística Caracas
XXXIV Bling BLL
BlWg BM
Bmots BNF BOFCAN
Boletim BOR BOVI BRABLB BRAE BRAEA n BRAG
Brasília BretL Brigantia Britannia BRP h BSFF BSGC BSGL BSHG BSHM BSHPF BSIS BSL BSS BSSI BSSV BSV
Byzantina Byzantion ByzF ByzM ByzZ
Siglenverzeichnis / Sigles
Bibliographie linguistique Bibliographie linguistischer Literatur, Frankfurt a.M., 1971ss. Bloch, Oscar / Wartburg, Walther von, Dictionnaire étymologique de la langue française, 2 vol., Paris, 1932 (1 vol., 51968, 111996) Bündner Monatsblatt. Zeitschrift für bündnerische Geschichte und Landeskunde La banque des mots. Revue semestrielle de terminologie française Beiträge zur Namenforschung Bulletin du réseau des observatoires du Français contemporain en Afrique Noire Boletim da Comissão Nacional da Língua Portuguesa Biserica Ortodoxa˘ Român˘a. Buletinul oficial al Patriarhiei Române Bollettino del Centro di Studi del Consiglio Nazionale delle Ricerche presso l’Accademia della Crusca, Opera del Vocabolario Italiano Boletín de la Real Academia de Buenas Letras de Barcelona Boletín de la Real Academia Española Anejos del Boletín de la Real Academia Española Boletín de la Real Academia Galega Brasília. Faculdade de Letras da Universidade de Coimbra, Instituto de Estudos Brasileiros La Bretagne linguistique. Cahiers du Groupe de recherche sur l’économie linguistique de la Bretagne Brigantia. Revista de cultura Britannia. A journal of Romano-British and kindred studies Beiträge zur romanischen Philologie Bollettino della Società Filologica Friulana G. I. Ascoli Boletín de la Sociedad Geográfica de Colombia Boletim da Sociedade de Geografia de Lisboa Bulletin de la Société d’Histoire de la Guadeloupe Bulletin de la Société d’Histoire moderne Bulletin de la Société de l’Histoire du Protestantisme Français / Bulletin historique et littéraire de la Société de l’Histoire du Protestantisme Français Bulletin of the Society for Italian Studies. A journal for teachers of Italian in higher education Bulletin de la Société de Linguistique de Paris Bulletin of Spanish Studies. Hispanic studies and researches on Spain, Portugal and Latin America (1923–48; 2002ss., cf. BHS ) Bollettino storico della Svizzera Italiana Bollettino della Società di Storia Valdesi; 1935ss.: … di Studi Valdesi Boletín de la Real Sociedad Vascongada de los amigos del país Byzantina. Epistemonikon organon Kentru Byzantinon Ereunon Philosophikes Scholes Artistoteleiu Panepistemiu, Thessalonike, 1.1969ss. Byzantion. Revue internationale des études byzantines Byzantinische Forschungen. Internationale Zeitschrift für Byzantinistik Byzantina, Metabyzantina. Journal of Byzantine and Modern Greek studies Byzantinische Zeitschrift
Siglenverzeichnis / Sigles
XXXV
Cahier
Cahier. Cahiers du Groupe de recherche sur la diglossie franco-occitane
CAIEF
Cahiers de l’Association Internationale des Etudes Françaises
CanSP
Canadian Slavonic Papers
Caplletra
Caplletra. Revista de filologia
Catalonia Monastica
Catalonia monastica. Recull de documents i estudis referents a monestirs catalans
CatR
Catalan Review
Cauce
Cauce. Revista de Filología y su Didáctica
CB
Cahiers balkaniques
CC
Cuadernos Cervantes de la lengua española
CCCEE
Cuadernos del Centro Cultural de la Embajada de España
CCF
Cuadernos de la Cátedra Feijoo
CCM
Cahiers de civilisation médiévale
CDDE
Candrea, I.-Aurel / Densusianu, Ovid, Dic¸tionarul etimologic al limbii romîne. Elementele latine (A-Putea), Bucure¸sti, 1907/14
CDER
CdI
Cioranescu, Alejandro, Diccionario etimológico rumano, La Laguna, 1958/66 Instituto Brasileiro de Bibliografia e Documentação / Instituto Brasileiro de Informação em Ciência e Tecnologia (ed.), Ciência da Informação, Rio de Janeiro, 1972ss.
Ce fastu?
Ce fastu? Bollettino ufficiale della Società Filologica Friulana
Celtica
Celtica, Ahrweiler
Centaurus
Centaurus. International magazine of the history of science and medicine
CEO
Centre d’Estudis Occitans
CF
Cahiers de la Francophonie
Cfil
Cerceta˘ ri filozofice / Recherches de philosophie / Filosofskie issledovanija
CFI ng
Cuadernos de filología inglesa
CFI t
Cuadernos de filología italiana
CFS
Cahiers Ferdinand de Saussure
CFV
Cuadernos de filología, Valencia
CH
Cuadernos de humanidades
CIL
Corpus Inscriptionum Latinarum
CILL
Cahiers de l’Institut de Linguistique de l’Université de Louvain-la-Neuve
Cimboa
Cimboa. A Capeverdean journal of letters, arts and studies
CIPL
Comité International Permanent des Linguistes
CJL
Canadian Journal of Linguistics
CJRL
The Canadian Journal of Romance Linguistics
CL
Cadernos de lingua
Clett
Critica letteraria
Clex
Cahiers de lexicologie Cahiers de linguistique française
CLF CLG
Saussure, Ferdinand de, Cours de linguistique générale, eds. Bally, Charles, et al., Paris, 31964; 21922 (Lausanne, 11916)
CLG /de M
Saussure, Ferdinand de, Cours de linguistique générale [Lausanne, 1916], ed. Tullio de Mauro, Paris, 1973
XXXVI CLG /E CLHM
Cling CLO
Clorr CLTA CM CN
CoFIM COM
ComL Contemporanul Contextos Convivium CORDE
CP h CPPA CR CREA
Critique Csig CSDI
Csur CT
Ctes CTL
CuEG Cultura Cum vorbim CV
CyR DA
Dacoromania Daedalus DAG
Siglenverzeichnis / Sigles
Saussure, Ferdinand de, Cours de linguistique générale, ed. Rudolf Engler, Wiesbaden, 1967 Cahiers de linguistique hispanique médiévale Cerceta˘ ri de lingvistic˘a Cahiers linguistiques d’Ottawa Les cahiers lorrains. Siège de la Société d’Histoire et d’Archéologie de la Lorraine Cahiers de linguistique théorique et appliquée Classica et mediaevalia. Revue danoise de philologie et d’histoire Cultura neolatina. Bollettino dell’Istituto di Filologia Romanza dell’Università di Roma Contributi di filologia dell’Italia mediana Ricketts, Peter T., Concordance de l’occitan médiéval, 1 (2001), CD -ROM , Turnhout, 2001ss. Communication et langage Contemporanul. Sa˘ pta˘ mînal al Consiliului Culturii s¸ i Educa¸tiei Socialiste Contextos. Revista trimestral de cultura Convivium: rivista di lettere, filosofia e storia Real Academia Española, Banco de datos. Corpus histórico. Corpus diacrónico del español. Link: Consulta Banco de datos. Corpus histórico. CORDE , 1994ss., (14. 04. 2002) Classical Philology. A journal devoted to research in classical antiquity Cahiers de l’Université / Université de Pau & des Pays de l’Adour Catalan Review. International journal of Catalan culture Corpus de referencia del español actual Critique. Revue générale des publications françaises et étrangères (revue mensuelle) Le champ du signe. Sémantique, poétique, rhétorique Centro di Studio per la Dialettologia Italiana Cuadernos del Sur, Instituto de Humanidades, Universidad Nacional del Sur Les cahiers de Tunisie. Revue de sciences humaines Critica del testo, rivista quadrimestrale, Roma, 1998ss. Sebeok, Thomas A. (ed.), Current Trends in Linguistics, The Hague, 1963ss. Cuadernos de estudios gallegos La cultura. Rivista critica mensile Cum vorbim. Revista pentru studiul s¸ i explicarea limbii Cultura venezolana Fundación de Estudios Sociológicos, Cuenta y razón, Madrid, 1981–90; FUNDES, Cuenta y razón del pensamiento actual, Madrid, 1991ss. Academia Român˘a, Dic¸tionarul limbii române, 5 vol., Bucure¸sti, 1913–49 (= DRL , vol. 1–5) Dacoromania. Jahrbuch für östliche Latinität, Freiburg / München Daedalus. Journal of the American Academy of Arts and Sciences, Cambridge (MA ) Baldinger, Kurt, Dictionnaire onomasiologique de l’ancien gascon, Tübingen, 1975ss.
Siglenverzeichnis / Sigles
Dag Danubius DAO
Daut Dba DBR DCECH DCELC DCVB DCVBE
DDA 1, DDA 2 DDL DDM DEA DEAF DEBPF
DECL (l)C DECOI DEEH DEI DELI DELIN DELP DELR
XXXVII
Aguilò i Fuster, Marian, Diccionari Aguilò, ed. Pompeu Fabra / Manuel de Montoliu, 8 vol., Barcelona, 1915–34 Danubius. Istorie, Etnografie, Gala¸ti Baldinger, Kurt, Dictionnaire onomasiologique de l’ancien occitan, Tübingen, 1975ss. Real Academia Española, Diccionario de Autoridades. Diccionario de la Lengua Castellana […], 6 vol., Madrid, 1726–39 (vol. 1: 21770) Balari y Jovany, José / Montoliu, Manuel de (eds.), Diccionari Balari. Inventario lexicográfico de la lengua catalana, 2 vol., Barcelona, 1926/36 Les dialectes belgo-romans. Revue trimestrielle Corominas, Joan / Pascual, José A., Diccionario crítico etimológico castellano e hispánico, 6 vol., Madrid, 1980–91 Corominas, Joan, Diccionario crítico etimológico de la lengua castellana, 4 vol., Bern / Madrid, 1954–57 Alcover, Antoni Ma / Moll, Francesc de B., Diccionari català-valencià-balear, 10 vol., Palma de Mallorca, 1930–62 (1er fasc. 1926; 91994) Editorial Moll / IEC (eds.), Edició electrònica del Diccionari català-valenciàbalear (DCVB ), 2001/02 (26. 01. 2004) Papahagi, Tache, Dic¸tionarul dialectului aromân general etimologic, Bucures¸ ti, 21974 (11963) Quemada, Bernard, et al. (eds.), Matériaux pour l’histoire du vocabulaire français. Datations et documents lexicographiques, Paris, 1959ss. Dauzat, Albert / Dubois, Jean / Mitterand, Henri, Nouveau dictionnaire étymologique et historique, Paris, 1964 Seco, Manuel, et al., Diccionario del español actual, 2 vol., Madrid, 1999 Baldinger, Kurt / Möhren, Frankwalt (eds.), Dictionnaire étymologique de l’ancien français, Québec / Tübingen / Paris, 1971ss. Massa, Jean-Michel / Massa, Françoise (eds.), Dictionnaire encyclopédique et bilingue portugais-français; vol. 1: Guinée-Bissau (1996), vol. 2: São Tomé e Príncipe / Sainte-Thomas et Prince (1998), vol. 3: Cabo Verde / Cap-Vert (2001), vol. 4: Mozambique (in Vorber.), vol. 5: Angola (in Vorber.), Rennes, 1996ss. Coromines, Joan, Diccionari etimològic i complementari de la llengua catalana, 9 vol., Barcelona, 1980–91 Bollée, Annegret (ed.), Dictionnaire étymologique des créoles français de l’Océan Indien, 2 vol., Hamburg, 1993/2000 García de Diego, Vicente, Diccionario etimológico español e hispánico, Madrid, 1989 (11954) Battisti, Carlo / Alessio, Giovanni, Dizionario etimologico italiano, 5 vol., Firenze, 1950–57 Cortelazzo, Manlio / Zolli, Paolo, Dizionario etimologico della lingua italiana, 5 vol., Bologna, 1979–88 Cortelazzo, Manlio / Cortelazzo, Michele A., Il nuovo etimologico, Bologna, 1999 (= DELI , 2a ed.) Machado, José Pedro, Dicionário etimológico da língua portuguesa, 5 vol., Lisboa, 31977 Reinheimer-Rîpeanu, Sanda (ed.), Dictionnaire des emprunts latins dans les langues romanes, Bucure¸sti, 2004
XXXVIII DEM
Demófilo DEMP DENF DES DESF DEX DG DGLC DHFQ DHLE DHLF DHVS DI
Diacrítica Dicenda Dilema DILR
DISC
Dispositio Dix-huitième siècle DLF DLFr DLPC
DLR DLRM DMF
DN
Siglenverzeichnis / Sigles
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Siglenverzeichnis / Sigles
DNLF DNP DNS DOELP
Dokumente Dolomiti DOLR DOM DR DRAE
DRG DS DSA
DsWien DTA DU
DubR DVLG DW DWA
Eam Ebal Ebib EC ED EDNA EEM EF
Efr Egen EJC EJSS ELA
XXXIX
Dauzat, Albert / Rostaing, Charles, Dictionnaire des noms de lieux en France, Paris, 1963 (21978) Cancik, Hubert (ed.), Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Stuttgart, 1996ss. Die neueren Sprachen Machado, José Pedro, Dicionário Onomástico Etimológico da Língua Portuguesa, 3 vol., Lisboa, 21993 (11984) Dokumente (Bonn). Zeitschrift für den deutsch-französischen Dialog Dolomiti Vernay, Henri, Dictionnaire onomasiologique des langues romanes, Tübingen, 1991ss. Stempel, Wolf-Dieter / Stimm, Helmut, Dictionnaire de l’occitan médiéval, Tübingen, 1996ss. Dacoromania. Buletinul Muzeului Limbii Române, Cluj Real Academia Española, Diccionario de la Lengua Castellana, 2 vol., Madrid, 222001 (11780–211992); avance de la 23a ed., portal del RAE [2004] (26. 01. 2004) Planta, Robert de, et al., Dicziunari rumantsch grischun publichà da la Società retorumantscha, Cuoira / Winterthur, 1939ss. Deutsche Sprache. Zeitschrift für Theorie, Praxis, Dokumentation Wenker, Georg, Deutscher Sprachatlas. Auf Grund des Sprachatlas des Deutschen Reichs von Ferdinand Wrede, Marburg, 1926–56 Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse Battisti, Carlo (ed.), Dizionario toponomastico atesino, 6 vol., 2 suppl., Firenze, 1936–43 Der Deutschunterricht Dublin Review. A quarterly and critical journal Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Les dialectes de Wallonie Deutscher Wortatlas, Gießen, 1951–80 Estudios americanos. Revista de la Escuela de estudios hispano-americanos Estudis baleàrics Estudios bíblicos Etudes créoles. Culture, langue, société Ephemeris Dacoromana Estudios de dialectología norteafricana y andalusí The European English Messenger. Newsletter of the European Society for the Study of English Estudios filológicos de la Facultad de Filosofía y Humanidades, Universidad Austral de Chile Ethnologie française Estudi general. Revista de l’estudi de lletres European Journal of Communication European Journal for Semiotic Studies Etudes de linguistique appliquée. Revue internationale d’applications linguistiques
XL Eleo ELH ELL ELLC ELPR ELTJ
Emerita EMP EMR
EncDant. EncEspasa EncRomâna˘ EnLL Ensino EO
Eocc Eor Eos Epos ER
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Ériu ES ESA
Esbozo EsC
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EtD ETS
EU EUC
Euphrosyne
Siglenverzeichnis / Sigles
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Siglenverzeichnis / Sigles
EuReg EWA ia EWD EWFS EWRS EWW
Fachsprache FC FD FEW
FF
fh FI FIFF
FilM Finlance FK FL FLH FM FMLS FMS t FN
Foegl
Forschung FP FP h FR
Francia Frantext
XLI
Europa regional Mayrhofer, Manfred, Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen, Heidelberg, 1992ss. Kramer, Johannes, et al., Etymologisches Wörterbuch des Dolomitenladinischen, 8 vol., Hamburg, 1988–98 Gamillscheg, Ernst, Etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache, Heidelberg, 21969 (11928) Diez, Friedrich, Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen, Bonn, 1853 (21861, 31869/70, 41878, 51887, Nachdr. Hildesheim, 1969) English World-Wide. A journal of varieties of English Fachsprache. Internationale Zeitschrift für Fachsprachenforschung, -didaktik und Terminologie Filologia e critica Fonetic˘a s¸ i dialectologie Wartburg, Walther von, Französisches Etymologisches Wörterbuch. Eine darstellung des galloromanischen sprachschatzes, 25 vol., Bonn / Berlin / Basel, 1922–2002; ATILF -CNRS, Französisches Etymologisches Wörterbuch, Eine darstellung des galloromanischen sprachschatzes, Index, 2 vol., Paris, 2003 Forschungen und Fortschritte. Nachrichtenblatt der deutschen Wissenschaft und Technik Französisch heute. Informationsblätter für Französischlehrer in Schule und Hochschule Forum Italicum. A journal of Italian studies FIFF -Kommunikation, Forum InformatikerInnen für Frieden und Gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIFF ) Filologia moderna, Pisa Finlance. The Finnish journal of language learning and language teaching Filológiai Közlöny. A Magyar Tudományos Akadémia, Modern Filológiai Bizottsága és a Modern Filológiai Társaság világirodalmi folyóirata Filologia e letteratura Folia Linguistica Historica Le français moderne. Revue de linguistique française Forum for Modern Language Studies Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster De franse Nederlanden / Les Pays-Bas français Foegl d’Engiadina. Organ uffiziel per las vschinaunchas da Samedon, Silvaplauna, Zernez, Tschlin, Ftan, Sent, Scuol, Guarda e Beuer. Organ da publicazium generala per l’Engadina e contuorns Forschung: das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft Le français préclassique: 1500–1650 Forum Phoneticum Filologia romanza Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte Analyse et Traitement Informatique de la Langue Française (ATILF ) / Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS ), Base de données textuelles Frantext, [accès réservé aux abonnés], 1999ss. (11. 04. 2002)
XLII
Siglenverzeichnis / Sigles
FrM
Le français dans le monde
FrRev
French Review, published by the American Association of Teachers of French
FrS
Français et société
FrU
Freiburger Universitätsblätter
FS
French Studies. A quarterly review, Society for French Studies
GAG
Göppinger Arbeiten zur Germanistik
GAVI
Colussi, Giorgio (ed.), Glossario degli antichi volgari italiani, Helsinki / Foligno, 1983ss.
Gdf
Godefroy, Frédéric, Dictionnaire de l’ancienne langue française et de tous ses dialectes du IX e au XVe siècle, 10 vol., Paris, 1881–1902 (réimpr. Vaduz, 1961–69; Genève, 1982)
GdfC
Godefroy, Frédéric, Dictionnaire de l’ancienne langue française et de tous ses dialectes du IX e au XVe siècle, Complément, Paris, vol. 8–10, 1880–1902
GDIU
De Mauro, Tullio, Grande dizionario italiano dell’uso, 7 vol. + CD -ROM , Torino, 1999–2003 (vol. 1–6: 1999/2000; vol. 7 + CD -ROM : 2003)
GDLI
Battaglia, Salvatore, Grande dizionario della lingua italiana, 21 vol., Torino, 1961–2002
GDV
Guida ai dialetti veneti
GEC
Carbonell, Jordi (ed.), Gran Enciclopèdia Catalana, 16 vol., Barcelona, 1970–83 (24 vol., 21987)
GEG
Cañada, Silverio (ed.), Gran enciclopedia gallega, 30 vol., 2 Suppl., Vitoria, 1974ss.
Géolinguistique Géolinguistique. Bulletin du Centre de dialectologie GermL
Germanistische Linguistik
Giano Pannonico Giano Pannonico. Annali italo-ungheresi di cultura GL
General Linguistics
Glin
Germanistische Linguistik. Berichte aus dem Forschungsinstitut für Deutsche Sprache, Marburg a.d. Lahn
GLLF
Guilbert, Louis / Lagane, René (eds.), Grand Larousse de la langue française, 7 vol., Paris, 1971–78
Glotta
Glotta. Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache
GLOW
Generative Linguistics in the Old World
GLU
Baraldi, Claudio / Corsi, Giancarlo / Esposito, Elena (eds.), GLU : Glossar zu Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme, Frankfurt, 21998
GM
Galicien-Magazin
GPSR
Gauchat, Louis / Jeanjaquet, Jules / Tappolet, Ernst, Glossaire des patois de la Suisse romande, Neuchâtel / Paris, 1924ss.
GRAE
Real Academia Española, Gramática de la lengua castellana (1771), ed. facs. y apéndice de Ramón Sarmiento, Madrid, 1984 (ed. orig. 1771; repr. digital, Alicante, 2002) <www.cervantesvirtual.com/FichaObra.html?Ref=8209> (26. 03. 2004)
Grenzgänge
Grenzgänge. Beiträge zu einer modernen Romanistik
Grial
Grial. Revista galega de cultura
GRLF
Le Grand Robert de la langue française. Dictionnaire alphabétique et analogique de P. Robert, ed. Alain Rey, 9 vol., Paris / Montréal, 21986 (éd. augmentée, 6 vol., eds. Alain Rey / Danièle Morvan, Paris, 2001)
Siglenverzeichnis / Sigles
GRLM (A) GRM
Grotta GSLI HAHR HC HEL
Helmántica Hispania Historia 16 History HL HLF
HLFA nt
Hling HM
Houaiss Horizonte HR HSK 1 HSK 2
HSK 3
HSK 5 HSK 10
HSK 11 HSK 12
XLIII
Jauß, Hans Robert / Köhler, Erich (eds.), Grundriß der romanischen Literaturen des Mittelalters, Heidelberg, 1972ss. Germanisch-romanische Monatsschrift La Grotta della Vipera Giornale storico della letteratura italiana Hispanic American Historical Review Hieronymus Complutensis. El mundo de la traducción Histoire. Epistémologie. Langage Helmántica. Revista de filología clásica y hebrea Hispania. Revista española de historia Historia 16. Historia del arte History. The journal of the Historical Association Historiographia Linguistica. International journal for the history of the language sciences Brunot, Ferdinand, Histoire de la langue française des origines à 1900 [depuis 1948: … des origines à nos jours], 13 vol. (vol. 12–13 ed. Charles Bruneau), Paris, 1905–79 (nouvelle éd., ed. Gérald Antoine, Paris, 1966–72; continuée par HLFA nt) Antoine, Gérald, et al. (eds.), Histoire de la langue française, vol. 1: Antoine, Gérald / Martin, Robert (eds.), 1880–1914 (1985), vol. 2: Antoine, Gérald / Martin, Robert (eds.), 1914–1945 (1995), vol. 3: Antoine, Gérald / Cerquiglini, Bernard (eds.), 1945–2000 (2000), Paris 1985–2000 (= continuation de HLF ) Hispanic Linguistics / Hispanic Linguistics Journal Historia Mexicana. Revista trimestral publicada por el Colegio de Mexico Houaiss, Antônio / Villar, Mauro de Salles / Franco, Francisco Manoel de Mello, Dicionário Houaiss da língua portuguesa, Rio de Janeiro, 2001 Horizonte. Italianistische Zeitschrift für Kulturwissenschaft und Gegenwartsliteratur Hispanic Review. A quarterly journal devoted to research in the Hispanic languages and literatures Besch, Werner, et al. (eds.), Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung, 2 vol., Berlin / New York, 1982/83 Besch, Werner / Reichmann, Oskar / Sonderegger, Stefan (eds.), Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, 2 vol., Berlin / New York, 21998/2000 (11984/85), vol. 3: 2003; vol. 4: 2004 Ammon, Ulrich (ed.), Sociolinguistics. An international handbook of the science of language and society / Soziolinguistik, 2 vol., Berlin / New York, 1987/88 Hausmann, Franz Josef, et al. (eds.), Wörterbücher. Ein internationales Handbuch zur Lexikographie, 3 vol., Berlin / New York, 1989–91 Günther, Hartmut / Ludwig, Otto / Baurmann, Jürgen (eds.), Schrift und Schriftlichkeit. Ein interdisziplinäres Handbuch internationaler Forschung, 2 vol., Berlin / New York, 1994/96 Eichler, Ernst, et al. (eds.), Namenforschung. Ein internationales Handbuch zur Onomastik, 3 vol., Berlin / New York, 1995–96 Goebl, Hans, et al. (eds.), Kontaktlinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung, 2 vol., Berlin / New York, 1996/97
XLIV HSK 13
HSK 14
HSK 18 HSK 20 HWR IAA
IbAmer IBLA
IbRom ID
Idearium IEO
IeO IEW IF IFA IG IJAL IJDL IJL IJS IJSL
Iling IMU IPA IS
Ischi Isis Islas IT
ItalAnt Italica
Siglenverzeichnis / Sigles
Posner, Roland / Robering, Klaus / Sebeok, Thomas A. (eds.), Semiotik. Ein Handbuch zu den zeichentheoretischen Grundlagen von Natur und Kultur, vol. 1, Berlin / New York, 1997 Hoffmann, Lothar / Kalverkämper, Hartwig / Wiegand, Herbert Ernst (eds.), Fachsprachen. Ein internationales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft, 2 vol., Berlin / New York, 1998/99 Auroux, Sylvain, et al. (eds.), History of the Language Sciences, 2 vol., Berlin, 2000/01 Haspelmath, Martin, et al. (eds.), Language Typology and Language Universals, 2 vol., Berlin / New York, 2001 Bernardi, Rut, et al., Handwörterbuch des Rätoromanischen, 3 vol., Zürich, 1994 Ibero-amerikanisches Archiv Iberoamericana: América Latina, España, Portugal. Ensayos sobre letras, historia y sociedad, notas, reseñas iberoamericanas Revue de l’Institut des Belles-lettres Arabes Iberoromania. Zeitschrift für die iberoromanischen Sprachen und Literaturen in Europa und Amerika Italia dialettale. Rivista di dialettologia italiana Idearium: revista mensual; órgano de la Escuela Normal de Occidente, Pasto Institut d’Estudis Occitans Italiano e oltre Pokorny, Julius, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, 2 vol., Bern / München, 1959/69 Indogermanische Forschungen. Zeitschrift für Indogermanistik und allgemeine Sprachwissenschaft Blondé, Jacques (ed.), Inventaire des particularités du français en Afrique noire, Paris, 21988 (11983) L’information grammaticale International Journal of American Linguistics International Journal of Dravidian Linguistics, Trivandrum International Journal of lexicography Inostrann«e ѕz«ki v Пkole / Inostrannye jazyki v skole International Journal of the Sociology of Language Incontri linguistici Italia medievale e umanistica International Phonetic Association Italian Studies Igl Ischi. Organ della Romania Isis. Eine Monatsschrift von Deutschen und Schweizerischen Gelehrten Islas, Santa Clara UNESCO, Index translationum, Paris, 1932ss. (elektron. 1979ss.) (13. 07. 2004) Opera del Vocabolario Italiano (OVI ), Il progetto Italant (accessibile in Internet) Italica. The Quarterly Bulletin of the American Association of Teachers of Italian
Siglenverzeichnis / Sigles
Italienisch ItSt IVPM JAL
JbIRSL JbP JBS JDA JFL JFLS JIL JL JLAEA JLS JMMD
JoP JP JPCL
JoPh Jpol JP sych JREL JRS JS
Jsav JSFECL JSI JSK JSLB JVL
Káñina KBS KJ KN
Kodikas Kratylos LAB
Ladinia Lalies
XLV
Italienisch. Zeitschrift für italienische Sprache und Literatur Italienische Studien. Jahresschrift Cunha, Antônio Geraldo da, Indice do Vocabulário do Português Medieval, 3 vol.: A-D, Rio de Janeiro, 1986ss. Journal of African Languages, London Jahresbericht des Instituts für rumänische Sprache, Leipzig Jahrbuch für Philologie Journal of Baltic Studies Jahrbuch des deutschen Alpenvereins Jahrbuch für fränkische Landesforschung Journal of French Language Studies. The journal of the Association for French Language Studies Journal of Italian Linguistics Journal of Linguistics. Publicated for the Linguistics Association of Great Britain Journal of the Language Association of Eastern Africa Journal of Literary Semantics Journal of Multilingual and Multicultural Development Journal of Pragmatics. An interdisciplinary journal of language studies Le Journal du Périgord Journal of Pidgin and Creole Languages Journal of Phonetics J˛ezyk polski. Organ Towarzystwa Milosnikow J˛ezyka Polskiego wydawany z zasilkiem Komitetu Badan Naukowych Journal de psychologie Jahrbuch für romanische und englische Literatur The Journal of Roman Studies Journal of Sociolinguistics Journal central des Académies et Sociétés Savantes, publié sous les auspices de l’Institut de France Jornades de la Secció Filològica de l’Institut d’Estudis Catalans a Lleida Journal of Social Issues Jahrbuch des Südtiroler Kulturinstitutes Journal of the Sri Lanka Branch of the Royal Asiatic Society Jahrbuch. Vorarlberger Landesmuseumsverein, Freunde der Landeskunde Káñina. Revista de artes y letras de la Universidad de Costa Rica Klagenfurter Beiträge zur Sprachwissenschaft Kurtrierisches Jahrbuch Kwartalnik Neofilologiczny Kodikas / Code. Ars semiotica. An international journal of semiotics Kratylos. Kritisches Berichts- und Rezensionsorgan für indogermanische und allgemeine Sprachwissenschaft Linguistische Arbeitsberichte Ladinia. Sföi culturâl dai Ladins dles Dolomites Lalies. Actes des sessions de linguistique et de littérature
XLVI Langages LangSpeech Language LB LEA
LeC LEI LEI -Germ LEIS uppl
LeL Lendemains Lengas LenL Lerz LeS LeSt LetrasC LetrasD Lexicographica Lexis LFr LGL
LgrP Lgs LH
L’Homme LI
LibA Libros Licorne LiLi LimR LimRom Lingua Linguagem Linguistica Lingüística
Siglenverzeichnis / Sigles
Langages. Revue trimestrielle Language and Speech, London Language. Journal of the Linguistic Society of America Linguistische Berichte. Forschung, Information, Diskussion Lingüística española actual Lingua e contesto. Nuovi studi di dialettologia Pfister, Max / Schweickard, Wolfgang (eds.), Lessico etimologico italiano, Wiesbaden, 1984ss. Pfister, Max / Schweickard, Wolfgang (eds.), Lessico etimologico italiano: LEI . Germanismi, ed. Elda Morlicchio, Wiesbaden, 2000ss. Pfister, Max, Lessico etimologico italiano: LEI . Supplemento bibliografico, con la collab. di Rosario Coluccia / Michele R. Linciano, Wiesbaden, 2002 Linguistica e letteratura Lendemains. Etudes comparées sur la France Lengas. Revue de Sociolinguistique Lengua y literatura Die Leibeserziehung Langage et société. Revue trimestrielle Lingua e stile. Rivista trimestrale di filosofia del linguaggio, linguistica e analisi letteraria Letras. Revista do Instituto de Letras Campinas Letras de Deusto Lexicographica. International annual for lexicography Lexis. Revista de lingüística y literatura Langue française Althaus, Hans Peter (ed.), Lexikon der Germanistischen Linguistik, 3 vol., Tübingen, 1973 (21980) Literaturblatt für germanische und romanische Philologie Lo gai saber. Revista de l’Escola Occitana Boyd-Bowman, Peter, Léxico hispanoamericano del siglo XVI –XX : ~ del siglo XVI (1987); ~ del siglo XVII (1983); ~ del siglo XVIII (1982); ~ del siglo XIX (1984); ~ del siglo XX (1994); microfichas, Madison, 1982–94 [cf. también la versión imprimada, más reducida, London, 1971–84] L’homme. Revue française d’anthropologie Lettere italiane Libya Antiqua. Annual of the Department of Antiquities of Libya El País. Libros La Licorne Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik Limba româna˘ , Bucure¸sti, 14.1965ss.; vorher: Limba romîna˘ Limb˘a româna˘ : revista˘ de s¸ tiin¸ta s¸ i cultura filologica˘ , Chi¸sina˘ u, 1.1991ss. Lingua. An international review of general linguistics Linguagem: revista para estudos de língua e literatura Linguistica. Slavisticno Drustvo v Ljubljani Lingüística. Publicación anual de la Asociación de Lingüística y Filología de la América Latina
Siglenverzeichnis / Sigles
Linguistics Linguistique LINX
LiS Litalia Literatures LIV
LIZ LJ b
L&L LL
LlA Llengua & Literatura Lluc LN LN l LPLP LP r LR LRL LRL 1/1 LRL 1/2 LRL 2/1 LRL 2/2 LRL 3
LRL 4 LRL 5/1 LRL 5/2 LRL 6/1 LRL 6/2 LRL 7 LSA
XLVII
Linguistics. An interdisciplinary journal of the language sciences La linguistique. Revue de la Société Internationale de la Linguistique Fonctionnelle LINX . Revue des linguistes de l’Université Paris X Nanterre Language in Society, London Lettera dall’Italia. Bollettino trimestrale dell’Istituto della Enciclopedia Italiana Revista ‘Literatures’ de la Associació d’Escriptors en Llengua Catalana (AELC ) Rix, Helmut, Lexikon der indogermanischen Verben: LIV. Die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen, 2. Aufl. bearb. von Martin Kümmel / H.R., 2001 (11998) Letteratura Italiana Zanichelli: LIZ 3.0. CD -ROM dei testi della letteratura italiana, Bologna, 1997; LIZ 4.0, Bologna, 2000 Literaturwissenschaftliches Jahrbuch Letras & Letras: mensal literário Limb˘a s¸ i Literatura˘ Lletres asturianes. Boletín oficial de l’Academia de la Llingua Asturiana, Principáu d’Asturies Llengua & literatura. Revista anual de la Societat Catalana de Llengua i Literatura Lluc. Revista mensual Lingua nostra Les langues néolatines. Revue de toutes les langues romanes Language Problems and Language Planning Linguistica Pragensia Ligia Romontscha / Lia Rumantscha / Leia Romontscha / Lia Rumauntscha / Leia Rumàntscha Holtus, Günter / Metzeltin, Michael / Schmitt, Christian (eds.), Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL ), 8 vol., Tübingen, 1988–2005 Geschichte des Faches Romanistik. Methodologie (das Sprachsystem) (2001) Methodologie (2001) Latein und Romanisch. Historisch vergleichende Grammatik der romanischen Sprachen (1996) Die einzelnen romanischen Sprachen und Sprachgebiete vom Mittelalter bis zur Renaissance (1995) Die einzelnen romanischen Sprachen und Sprachgebiete von der Renaissance bis zur Gegenwart, Rumänisch, Dalmatisch / Istroromanisch, Friaulisch, Ladinisch, Bündnerromanisch (1989) Italienisch, Korsisch, Sardisch (1988) Französisch (1990) Okzitanisch, Katalanisch (1991) Aragonesisch / Navarresisch, Spanisch, Asturianisch / Leonesisch (1992) Galegisch, Portugiesisch (1994) Kontakt, Migration und Kunstsprachen. Kontrastivität, Klassifikation und Typologie (1998) Linguistic Society of America
XLVIII LS p LSRL
Lusorama LVLT I
LVLT II
LVLT III
LVLT IV
LVLT V
M MAR MB MBFÖ MDAI
MedeR Médiévales MedLR MedRom MeR metaphorik.de MF MFr MGH MGSL MH MHR MIO
Mistral
Mittelalter
Siglenverzeichnis / Sigles
Lebende Sprachen. Zeitschrift für fremde Sprachen in Wissenschaft und Praxis Linguistic Symposia on Romance Languages Lusorama. Zeitschrift für Lusitanistik Herman, Jószef, Latin vulgaire – latin tardif. Actes du Ier Colloque International sur le Latin Vulgaire et Tardif (Pécs, 2–5 septembre 1985), Tübingen, 1987 Calboli, Gualtiero (ed.), Latin vulgaire – latin tardif. Actes du II e Colloque International sur le Latin Vulgaire et Tardif (Bologne, 29 août-2 septembre 1988), Tübingen, 1990 Iliescu, Maria / Marxgut, Werner (eds.), Latin vulgaire – latin tardif. Actes du III e Colloque International sur le Latin Vulgaire et Tardif (Innsbruck, 2–5 septembre 1991), Tübingen, 1992 Callebat, Louis (ed.), Latin vulgaire – latin tardif. Actes du IVe Colloque International sur le Latin Vulgaire et Tardif (Caen, 2–5 septembre 1994), Hildesheim et al., 1995 Petersmann, Hubert / Kettemann, Rudolf (eds.), Latin vulgaire – latin tardif. Actes du Ve Colloque International sur le Latin Vulgaire et Tardif (Heidelberg, 5–8 septembre 1997), Heidelberg, 1999 Els Marges. Revista de llengua i literatura Le Monde Alpin et Rhodanien. Revue régionale d’ethnologie Mitropolia Banatului. Revista oficial˘a a Arhiepiscopiei Timi¸soarei s¸ i Caransebe¸sului s¸ i a Episcopiei Aradului Mitteilungen des Bulgarischen Forschungsinstituts in Österreich Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung / Bullettino dell’Istituto Archeologico Germanico, Sezione Romana Medioevo e Rinascimento. Annuario del Dipartimento di Studi sul Medioevo e il Rinascimento dell’Università di Firenze Médiévales. Langue, textes, histoire Mediterranean Language Review Medioevo romanzo Metodi e ricerche. Rivista di studi regionali metaphorik.de – Das online-Journal zur Metaphorik in Sprache, Literatur und Medien The Mission Field. A monthly record of the proceedings of the Society for the Propagation of the Gospel in Foreign Parts Miscellanea francescana. Rivista trimestrale di Scienze teologiche e di studi francescani Monumenta Germaniae Historica, Serie 1: Scriptores, Serie 2: Leges, Serie 3: Diplomata, Serie 4: Epistolae, Serie 5: Antiquitates, Berlin et al., 1826ss. Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde Museum Helveticum Mediterranean Historical Review Mitteilungen des Instituts für Orientforschung Mistral, Frédéric, Lou tresor dóu Felibrige ou Dictionnaire provençal-français embrassant les divers dialectes de la langue d’oc moderne, Aix-en-Provence, 2 vol., 1879/86 (réimpr. Aix-en-Provence, 1983; Genève, 1984) Das Mittelalter
Siglenverzeichnis / Sigles
Mlad MLA -IB
MlatJb Mling Mlitt MLN MLR MMS MO
Moldova Montfort Mont-Segur MOS
Mots MoyFr MP h MSLP MS tF
Muttersprache NA
Naamkunde NAFMM NALC NALF NALR
Names Nan Nationalia I NCMH NDN NECY
Neophilologus NHV NI
XLIX
Mondo ladino The Modern Language Association, International Bibliography of Books and Articles on the Modern Languages and Literatures, New York, 1969ss. (Vorgänger: American Bibliography. Annual Bibliography, 1921–68) Mittellateinisches Jahrbuch Modèles linguistiques Le Magazine littéraire Modern Language Notes The Modern Language Review of the Modern Humanities Research Association Mitropolia Moldovei s¸ i Sucevei Mitropolia Olteniei. Revista oficial˘a a Arhiepiscopiei Craiovei s¸ i a Episcopiei Rîmnicului s¸ i Arge¸sului Moldova în epoca feudalismului Montfort. Zeitschrift für Geschichte, Heimat- und Volkskunde Vorarlbergs Biblioteca occitana de ‘Mont-Segur’ Movimento operaio e socialista: rivista trimestrale di storia e bibliografia Mots. Les langages du politique Le moyen français. Revue d’études linguistiques et littéraires Modern Philology. University of California Publications, Berkeley Mémoires de la Société de Linguistique de Paris Memorie storiche forogiuliesi. Giornale della Deputazione di Storia Patria per il Friuli Muttersprache. Zeitschrift zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache Nuova antologia. Rivista di lettere, scienze ed arti Naamkunde. Mededelingen van het Instituut voor Naamkunde en Dialectologie te Leuven en het P. J. Meertens-Instituut te Amsterdam Nuovi annali della Facoltà di Magistero dell’Università di Messina Dalbera-Stefanaggi, Marie-José, Nouvel atlas linguistique et ethnographique de la Corse, Paris, 1995ss. Nouvel Atlas Linguistique de la France, dirigé par Albert Dauzat (suite: Atlas linguistiques de la France par régions) Noul Atlas Lingvistic Român pe Regiuni, Bucure¸sti, 1967ss. Names. A journal of onomastics Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung Nationalia I. Drets i minories nacionals. Relacions lingüístiques occitanocatalanes, Barcelona, 1977 New Cambridge Medieval History Marcu, Florin, Noul dic¸tionar de neologisme, Bucure¸sti, 1997 New Europe College Yearbook Neophilologus. A quarterly devoted to the study of the modern languages and their literatures Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen Namenkundliche Informationen
L NJWJ
NlatJb NLLT NM
Nós NphM
NRF NRFH NRO NRP NRom NTS NURC OA OBST OED ÖB ÖN OFPED
Olivar Onoma OPL OPP
Orbis Ortodoxia OVI
PADS
Paideia Papia PAPS
Paragone Paremia PAVal
Siglenverzeichnis / Sigles
Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung Neulateinisches Jahrbuch / Journal of Neo-Latin language and literature Natural Language and Linguistic Theory Neuphilologische Mitteilungen. Bulletin de la Société Néophilologique de Helsinki / Bulletin of the Modern Language Society Nós: boletin mensual da cultura galega Neuphilologische Monatsschrift. Zeitschrift für das Studium der angelsächsischen und romanischen Kulturen und ihre Bedeutung für die deutsche Bildung La nouvelle revue française Nueva Revista de Filología Hispánica Nouvelle Revue d’Onomastique Nueva Revista del Pacífico Neue Romania. Veröffentlichungsreihe des Studienbereichs Neue Romania des Instituts für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap / Norwegian journal of linguistics Projeto de estudo conjunto e coordenado da norma lingüística oral culta de cinco das principais capitais brasileiras Oriens Antiquus. Rivista del Centro per le Antichità e la Storia dell’Arte del Vicino Oriente Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie Simpson, John, A., The Oxford English Dictionary (OED ), 20 vol., Oxford et al., 21989 Der Österreichische Betriebswirt Österreichische Namenforschung. Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Namenforschung Observatoire du Français dans le Pacifique, Université d’Auckland, Nouvelle-Zélande / Centre National de la Recherche Scientifique, Institut National de la Langue Française. Etudes et documents Olivar: revista de literatura y cultura españolas Onoma. Journal of the International Council of Onomastic Sciences / International Centre of Onomastics Leuven L’Osservatore politico letterario: rivista mensile Occitània passat e present Orbis. Bulletin international de documentation linguistique Ortodoxia / L’orthodoxie. Revista Patriarhiei Române Centro di studi Opera del Vocabolario Italiano, Consiglio nazionale delle ricerche, Opera del Vocabolario Italiano, 1983ss. (20. 03. 2002) Publications of the American Dialect Society Paideia. Rivista letteraria di informazione bibliografica Papia. Revista de crioulos de base iberica Proceedings of the American Philosophical Society Paragone. Rivista mensile di arte figurativa e letteratura Paremia Gilliéron, Jules (ed.), Petit Atlas phonétique du Valais roman: sud du Rhône, Paris, 1881
Siglenverzeichnis / Sigles
PBA PBB PBLS PCA PE
Pensée PEW
PFG örres
Pfr PH
PhC Philologus Phonetica PhP PJL
Plakat PL in Plurilingua Plurilinguismes Plurilinguismo PM PM ed PMLA PNU
Poetica Politecnico Ponte Portugália PP as Pfr Pragmatics PRIA PRob
Problemi Probus
LI
Proceedings of the British Academy Hermann Pauls und Wilhelm Braunes Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Proceedings of the Annual Meetings of the Berkeley Linguistics Society Parfums, Cosmétiques, Arômes Página da educação La pensée. Revue du rationalisme moderne Pu¸scariu, Sextil, Etymologisches Wörterbuch der rumänischen Sprache. Lateinisches Element mit Berücksichtigung aller romanischen Sprachen, Heidelberg, 1975 [1905] Portugiesische Forschungen der Görres-Gesellschaft Présence francophone. Revue internationale de langue et de littérature Pfälzer Heimat. Zeitschrift für pfälzische Landeskunde Philologica Canariensa: revista de filología de la Universidad de Las Palmas de Gran Canaria, 1.1995ss. Philologus. Zeitschrift für das klassische Altertum Phonetica Philologica Pragensia Philippine Journal of Linguistics Das Plakat. Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. Papiere zur Linguistik Plurilingua. Schriftenreihe zur Kontaktlinguistik des Brüsseler Forschungszentrums für Mehrsprachigkeit Plurilinguismes. Revue du Centre d’Etudes et de Recherches en Planification Linguistique Plurilinguismo, Udine La presse médicale Perspectives médiévales Publications of the Modern Language Association of America Praxis des neusprachlichen Unterrichts Poetica. Zeitschrift für Sprach- und Literaturwissenschaft Politecnico. Repertorio mensile di studi applicati alla prosperità e cultura sociale Il Ponte. Rivista di politica, economia e cultura Portugália. Revista luso-brasileira Parola del passato. Rivista di studi antichi Présence francophone. Revue internationale de langue et de littérature Pragmatics. Quarterly publication of the International Pragmatics Association Proceedings of the Royal Irish Academy Robert, Paul, Le Petit Robert. Dictionnaire de la langue française, Paris, 1967; Le Nouveau Petit Robert, texte remanié et amplifié, ed. Alain Rey / Josette Rey-Debove, Paris, 1984; Le Nouveau Petit Robert, ed. entièrement revue et amplifiée, Paris, 1993 (avec plusieurs réimpr.) Problemi dell’informazione. Trimestrale di media e comunicazione Probus. International journal of Latin and Romance linguistics
LII PS QALT QDLUF QFR QG aia QGFR QI QIGUC h QIICM QIICT QLO QPL QRP QS QSA QS em QVen
QvR R RA
Radovi RAE RAETes
RätChr RAF RAL RAL inc RAPont Rass.Ib. Razón y Fe
Razprave RB RBA
Siglenverzeichnis / Sigles
Portuguese Studies. Annual journal devoted to the literature, culture, and history of Portugal, Brazil and the Portuguese speaking countries of Africa Quaderni dell’Atlante Lessicale Toscano dell’Accademia Toscana di Scienze e Lettere ‘La Colombaria’ Quaderni del Dipartimento di Linguistica, Università di Firenze Quaderni di filologia romanza I quaderni di gaia. Almanacco di letteratura comparata, 1990–97; 1998ss.: Rivista italiana di letteratura comparata Quaderni della Grammatica friulana di riferimento Quaderni d’italianistica. Revue officielle de la Société Canadienne pour les Etudes Italiennes Quaderni dell’Istituto di Glottologia dell’Università degli Studi G. D’Annunzio di Chieti Quaderni dell’Istituto Italiano di Cultura in Malta Quaderni dell’Istituto Italiano di Cultura di Tunisi Quasèrns de linguistica occitana. La Lenga occitana en occitan Quaderni patavini di linguistica Quaderni di retorica e di poetica Quaderni storici Quaderni di Studi Arabi Quaderni di semantica. Rivista internazionale di semantica teorica e applicata / An international journal of theoretical and applied semantics Quaderni veneti Quo vadis Romania? Zeitschrift für eine aktuelle Romanistik Romania. Revue trimestrielle consacrée à l’étude des langues et des littératures romanes Revista andina. Género y sociedad en los Andes Radovi. Instituta Jugoslavenské Akademije Znanosti i Umjetnosti u Zadru, Zagreb, 1.1954–20.1973 Real Academia Española Real Academia Española, Nuevo tesoro lexicográfico de la lengua española, Madrid, 2000 (Ed. en DVD ) Decurtins, Caspar, Rätoromanische Chrestomathie, 15 vol., Erlangen, 1888– 1919 (Nachdr. Chur, 1982–86) Revista da Academia Fluminense de Letras Review of applied linguistics Rendiconti. Atti della Reale Accademia dei Lincei / Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di Scienze Morali, Storiche e Filologiche Rendiconti. Atti della Pontificia Accademia Romana di Archeologia Rassegna Iberistica Razón y Fe: revista mensual redactada por los padres de la Compania de Jesús Razprave Znanstvenega Drustva v Ljubljani / izdaja Znanstveno Drustvo za Humanistiche Vede v Ljubljani, Ljubljana, 1.1923–18.1940[?] Romanische Bibliographie, Tübingen, 1961/62ss. Rivista delle Biblioteche e degli Archivi. Periodico di biblioteconomia e di bibliografia, di paleografia e di archivistica
Siglenverzeichnis / Sigles
RB ib RBPH RBS RB yz RC RC at RCEH RCR RCS
RdA RdM RDPC RDTP RDW RDW 3
RE REB
Recherche REI REL
Repertori RES
Réseaux RESEE RE spL RE Suppl.
RE x RevFil RevLit REW RF RFE RFIC RFLL
LIII
Rivista Biblica: organo dell’Associazione Biblica Italiana Revue belge de philologie et d’histoire / Belgisch tijdschrift voor filologie en geschiedenis Rostocker Beiträge zur Sprachwissenschaft Wirth, Peter, Reallexikon der Byzantinistik, Amsterdam, vol. 1, 1968–76 Review of Culture Revista de Catalunya Revista canadiense de estudios hispánicos Revista de Costa Rica. Historia, geografía, geología, arqueología, historia natural, etnología, genealogía, jurisprudencia Revista brasileira de ciências sociais Revista de Archivística La revue des Deux Mondes Rivista trimestrale di diritto e procedura civile Revista de dialectología y tradiciones populares Tiktin, Hariton / Miron, Paul, Rumänisch-Deutsches Wörterbuch, 3 vol., Wiesbaden, 21986–89 (11903–25 [1895]) Tiktin, Hariton, Rumänisch-Deutsches Wörterbuch, 3., überarbeitete und ergänzte Auflage von Paul Miron / Elsa Lüder-Miron, vol. 1: A-C (2001), Wiesbaden, 2001ss. Wissowa, Georg / Kroll, Wilhelm (eds.), Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung, Stuttgart, 1893–1980 Revue internationale des études balkaniques La recherche Revue des études italiennes Revue des études latines Repertori de catalanòfils. Estudis de llengua i literatura catalanes Revue des études slaves Réseaux, CNET. Communication, technologie, société, Centre National d’Etudes des Télécommunications Revue des études sud-est européennes / Journal of South-East European Studies Revista española de lingüística Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Supplement, begonnen v. Georg Wissowa. Fortgeführt v. Wilhelm Kroll, ed. Konrat Ziegler, 16 vol., Stuttgart, 1903–80 Revista de Extremadura. Cuadernos de investigación y cultura Revista de filología Revista de literatura Meyer-Lübke, Wilhelm, Romanisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg, 31935 (11911–20; 21926) Romanische Forschungen. Vierteljahresschrift für romanische Sprachen und Literaturen Revista de filología española Rivista di filologia e di istruzione classica Revista da Faculdade de Letras (Lisboa)
LIV RFLP RFLUCR RFP RFR RG
Rger RGG RH RHC RHDFE RH ist RHLF RHSA RHSEE
RhVb RI
RicD RicSlav RID RIEN RIGI RIHJJ RIL RILP RILVP
Rinascimento RIO RIO n RIS RJ RJ b RK RK I RK II RK III RK IV RK V
Siglenverzeichnis / Sigles
Revista da Faculdade de Letras do Porto Revista de filología y lingüística de la Universidad de Costa Rica Recherches sur le français parlé Revista de filología románica Romanica Gandensia. Rijksuniversiteit te Gent, Faculteit der Letteren en Wijsbegeerte Recherches germaniques. Revue annuelle Rivista di grammatica generativa Revue hispanique Revista de historia canaria. Dedicada a estudios de historia, lingüística y literatura relacionados con las Islas Canarias Revue historique de droit français et étranger Revue historique, Paris Revue d’histoire littéraire de la France Revue d’histoire des sciences et de leurs applications Revue historique du sud-est européen Rheinische Vierteljahresblätter Revista de istorie 27 (1974) – 42 (1989); [1–26: Academia de Stiinte ¸ Sociale si Politice a Republicii Socialiste România / Sectia de Istorie si Arheologie: Studii; 42ss.: Revista˘ istoric˘a] La ricerca dialettale Ricerche slavistiche Rivista italiana di dialettologia. Lingue, dialetti, società Revista del Instituto Etnológico Nacional Rivista indo-greco-italica di filologia, lingua, antichità. Periodico trimestrale Rasprave Instituta za hrvatski jezik i jezikoslovlje Rendiconti dell’Istituto Lombardo di Scienze e Lettere. Classe di lettere e scienze morali e storiche Revista Internacional de Língua Portuguesa Rapport d’activités de l’Institut des Langues Vivantes et de Phonétique Rinascimento. Rivista dell’Instituto Nazionale di Studi sul Rinascimento, 1.1950–11.1960; 2. ser.: 1. (= 12.) 1961ss. Revue Internationale d’Onomastique (fait suite à: Onomastica. Revue internationale de toponymie et d’anthroponymie) Rivista italiana di onomastica Revista de istorie social˘a Revista Javeriana. Publicación mensual católica de interés general Romanistisches Jahrbuch Dahmen, Wolfgang, et al. (eds.), Romanistisches Kolloquium, Tübingen, 1987ss. Latein und Romanisch (1987) Technische Sprache und Technolekte in der Romania (1989) Die romanischen Sprachen und die Kirchen (1990) Zur Geschichte der Grammatiken romanischer Sprachen (1991) Zum Stand der Kodifizierung romanischer Kleinsprachen (1991)
Siglenverzeichnis / Sigles
RK VI RK VII RK VIII RK IX RK X RK XI RK XII RK XIII RK XIV RK XV
RK XVI RK XVIII RL RL aR RLC RL et RL in RL iR RL it RLLP 12/13
RLM RL ou RLPC RL u RMP RN
Rnaz RNC RNE RN o RN ord RO
Romanitas Romanoslavica
LV
Germanisch und Romanisch in Belgien und Luxemburg (1992) Das Französische in den deutschsprachigen Ländern (1993) Konvergenz und Divergenz in den romanischen Sprachen (1995) Die Bedeutung der romanischen Sprachen im Europa der Zukunft (1996) Sprache und Geschlecht in der Romania (1997) Neuere Beschreibungsmethoden der Syntax romanischer Sprachen (1998) Lexikalischer Sprachkontakt in Südosteuropa / Romanistisches Kolloquium XII (i.Dr.) Schreiben in einer anderen Sprache: zur Internationalität romanischer Sprachen und Literaturen / Romanistisches Kolloquium XIII (2000) Kanonbildung in der Romanistik und in den Nachbardisziplinen / Romanistisches Kolloquium XIV (2000) ‘Gebrauchsgrammatik’ und ‘Gelehrte Grammatik’: französische Sprachlehre und Grammatikographie zwischen Maas und Rhein vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (2001) Romanistik und neue Medien / Romanistisches Kolloquium XVI , Tübingen, 2004 (mit CD -ROM ) Englisch und Romanisch. Romanistisches Kolloquium XVIII (2005) Revue de linguistique Revue des langues romanes Revue de littérature comparée Revista letras. Publicação regular do Curso de Letras da Universidade Federal do Paraná, Curitiba Rivista di linguistica Revue de linguistique romane România literara˘ . Sa˘ pta˘ mînal editat de Uniunea Scriitorilor Clivio, Gianrenzo P. (ed.), 12. e 13. Rëscontr antërnassional dë Studi an sla Lenga e la Literatura Piemonèisa (Quinsne 6–7 maggio 1995, Turin 11–12 maggio 1996), Ivrea, 1998 Recherches linguistiques à Montréal / Montreal working papers in linguistics Revue de Louisiane / Louisiana Review Revue de linguistique et philologie comparée. Recueil trimestriel Revista lusitana. Arquivo de estudos filológicos e etnológicos relativos a Portugal Rheinisches Museum für Philologie Planta, Robert v., et al., Rätisches Namenbuch, Bern / Paris / Zürich, 1939–86 (21979–85) La Rassegna nazionale Revista Nacional de Cultura (Caracas) Revista nacional de educación Romance Notes Revue du nord Revista de occidente Romanitas. Revista de cultura romana; lingua, instituições e direito Romanoslavica. Asocia¸tia Slavi¸stilor din Republica Socialist˘a România, Universitatea din Bucure¸sti
LVI Romantisme RomGG RO r RP RP dH RPF RPGR RP h RPhFL
RQ RQL RQLTA RR RRH RR in RRL RRo RS RSBN RSCI RSEL RSH RSI RSPT RS t RTDE RUA RUB RUBA RUNLP RVF RZLG
Sacer Salesianum Sa˘ pEzik SbBerlin SbLeipzig
Siglenverzeichnis / Sigles
Romantisme. Revue du dix-neuvième siècle Romanistik in Geschichte und Gegenwart Rocznik Orientalistyczny. Archives polonaises d’études orientales Revista de Portugal, Lisboa Revista Portuguesa de História Revista portuguesa de filologia Revue des patois galloromans Romance Philology Revue de philologie française et de littérature / Revue de philologie française, consacrée spécialement à l’étude du français à partir de 1500. Revue trimestrielle / Revue de philologie française et provençale Renaissance quarterly Revue québécoise de linguistique. Revue de l’Association Québécoise de Linguistique Revue québécoise de linguistique théorique et appliquée (fait suite à: RQL ) The Romanic Review Revue roumaine d’histoire Roma nel Rinascimento Revue roumaine de linguistique Revue romane Rivista di sociologia. Periodico quadrimestrale dell’Istituto di Sociologia della Libera Università Rivista di studi bizantini e neoellenici Rivista di storia della Chiesa in Italia Revista española de lingüística. Organo de la Sociedad Española de Lingüística Revue des sciences humaines Rivista storica italiana Revue des sciences philosophiques et théologiques. Revue trimestrielle Romanische Studien Revue trimestrielle de droit européen Revista da Universidade de Aveiro Revue de l’Université de Bruxelles Revista de la Universidad de Buenos Aires Revista de la Universidad Nacional de La Plata Revista valenciana de filología Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte / Cahiers d’histoire des littératures romanes (CHLR ) Sacer. Bollettino dell’Associazione Storica Sassarese Salesianum. Periodicum trimestre Sчpostavitelno ezikoznanie / Sapostavitelno ezikoznanie / Contrastive linguistics Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDR Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philosophisch-historische Klasse (Vorgänger: Berichte über die Verhandlungen der sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-historische Klasse)
Siglenverzeichnis / Sigles
SbMünchen SbWien SC SCB
Schifanoia SCFrSt
Schlern Scientometrics SCIV SCL SC r SC St ¸ SC StBac ¸ a˘ u SD SE SEO SE r SFF SFG örres SFI SG SGI
SicG SIFC SILTA
SiN Sintagma SL
Slavia SL eI SLF SLI SLIE
SL in SLLF SLR
SlS
LVII
Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philosophisch-historische Klasse Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften. Philosophischhistorische Klasse Scrittura e civiltà Studii s¸ i cerceta˘ ri de bibliologie Schifanoia: notizie dell’Istituto di Studi Rinascimentali di Ferrara Seventeenth Century French Studies Der Schlern. Illustrierte Monatshefte für Heimat- und Volkskunde Scientometrics. An international journal for all quantitative aspects of the science of science, communication in science and science policy Studii s¸ i cerceta˘ ri de istorie veche / Etudes et recherches d’histoire ancienne / Trudy i issledovanija po drevnej istorii Studii s¸ i cerceta˘ ri lingvistice Strumenti critici. Rivista quadrimestrale di cultura e critica letteraria Studii s¸ i cerceta˘ ri s¸ tiin¸tifice, Academia Republicii Populare Romîne, Filiala Ia¸si Studii s¸ i cerceta˘ ri s¸ tiin¸tifice, Universitatea din Bac˘au Studi danteschi, Firenze Sa˘ postavitelno ezikoznanie Societat d’estudis occitans Sacris Erudiri. Jaarboek voor godsdienstwetenschappen Società Filologica Friulana Spanische Forschungen der Görres-Gesellschaft Studi di filologia italiana. Bollettino dell’Accademia della Crusca Studi goriziani Studi di grammatica italiana dell’Accademia della Crusca Siculorum Gymnasium. Rassegna semestrale della Facoltà di Lettere e Filosofia dell’Università di Catania Studi italiani di filologia classica Studi italiani di linguistica teorica e applicata Sprog i Norden Sintagma. Revista de lingüística Studia linguistica. Revue de linguistique générale et comparée Slavia, Praha, 1.1922– Studi di lessicografia italiana Studi linguistici friulani Studi linguistici italiani Serianni, Luca / Trifone, Pietro (eds.), Storia della lingua italiana, vol. 1: I luoghi della codificazione (1993); vol. 2: Scritto e parlato (1994); vol. 3: Le altre lingue (1994), Torino, 1993–94 Studium Linguistik Studii de limba literara˘ s¸ i filologie Société de Linguistique Romane Die Slawischen Sprachen. Zeitschrift für Probleme slawischer Schriftsprachen und deren Benützer
LVIII
Siglenverzeichnis / Sigles
Studi mediolatini e volgari Sangeet Natak. Journal of the Sangeet Academy Sociolinguistica Sociolinguistica. Internationales Jahrbuch für europäische Soziolinguistik SoLin Sophia Linguistica. Graduate School of Languages and Linguistics, Linguistic Institute for International Communication, Sophia University: Working papers in linguistics SoSt Società e storia Sot la Nape Sot la nape. Lenghe, leterature, tradizions popolars, vite de societât, recensions SPCT Studi e problemi di critica testuale Speculum Speculum. A journal of medieval studies. Cambridge (MA ) SP h Studia Philologica, Roma SPL Studies in Philippine linguistics Sprache Die Sprache. Zeitschrift für Sprachwissenschaft Sprachpflege Sprachpflege. Gutes Deutsch in Schrift und Wort Sprachwissenschaft Sprachwissenschaft, Heidelberg SR Studi romanzi SRAZ Studia Romanica et Anglica Zagrabiensia SRJ Studia Romanica, Societas Japonica Studiorum Romanicorum S&S Signo & seña. Revista del Instituto de Lingüística / Facultad de Filosofía y Letras, Universidad de Buenos Aires SSCI (SAM ) Settimane di Studio del Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo, Spoleto SSL Studi e Saggi linguistici, Istituto di Glottologia dell’Università di Pisa StCEHU Studia, Centro de Estudos Historicos Ultramarinos StClas Studii clasice StLI Studi latini e italiani dell’Università degli Studi ‘La Sapienza’ StM Studi medievali, Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo, Spoleto StFr Studi francescani: trimestrale di vita culturale e religiosa dei Frati Minori d’Italia StN Studia Neophilologica. A journal of Germanic and Romanic philology StSd Studi sardi STSS Studi trentini di scienze storiche StTeol Studii teologice Studi Studi. Section de celtique Studies Studies. An Irish quarterly review of letters, philosophy and science Studii Studii. Revista de istorie STUF Sprachtypologie und Universalienforschung. Language typology and universals STZ Sprache im Technischen Zeitalter Südost-Europa Südost-Europa. Zeitschrift für Gegenwartsforschung. Monatsschrift der Abteilung Gegenwartsforschung des Südost-Instituts SüdosteuropaSüdosteuropa-Mitteilungen. Vierteljahresschrift der Südosteuropa-GesellMitteilungen schaft SuL Sprache und Literatur in Wissenschaft und Unterricht SVGBU Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung SMLV SN
Siglenverzeichnis / Sigles
Symposium SySe TAPA TAPS TBG TB r TCLC TCLP
Temas Te Reo TESOLQ
TeT TH ThBICC ThLL TL TLA TLF
TLF i
TLIO
TM od TNTL TP hS
Trabe TraLiLi / TraLiPhi TraLing TraLiQ TRANEL
Tranvía Tribuna TSC TSYK TT / T & T
UJ
LIX
Symposium. A quarterly journal in modern literatures Syntax and Semantics Transactions of the American Philological Association Transactions of the American Philosophical Society. Held at Philadelphia for promoting useful knowledge Thurgauer Beiträge zur Geschichte Tholeyer Brief Travaux du Cercle Linguistique de Copenhague Travaux du Cercle Linguistique de Prague Temas de o Ensino. Revista galaico-portuguesa de sócio-pedagogia e sóciolinguistica Te Reo. Proceedings of the Linguistic Society of New Zealand TESOL Quarterly Taal en Tongval. Tijdschrift voor dialectologie Tiroler Heimat. Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde. Beiträge zu ihrer Kenntnis und Wertung Thesaurus. Boletín del Instituto Caro y Cuervo Thesaurus Linguae Latinae, München / Leipzig, 1900ss. Tobler, Adolf / Lommatzsch, Erhard, Altfranzösisches Wörterbuch, 11 vol., Berlin / Frankfurt / Wiesbaden, 1925–2002 Trabalhos em lingüística aplicada Trésor de la langue française. Dictionnaire de la langue du XIX e et du XX e siècle (1789–1960), vol. 1–7 ed. Paul Imbs, vol. 8–16 ed. Bernard Quemada, Paris, 1971–94 Trésor de la Langue Française Informatisé, Centre Nationale de la Recherche Scientifique (CNRS ) / Analyse et Traitement Informatique de la Langue Française (ATILF ) / Université Nancy 2 (accessible in Internet) Consiglio nazionale delle ricerche (CNR ), Centro di studi Opera del Vocabolario Italiano (OVI ), Tesoro della Lingua Italiana delle Origini (TLIO ), 1998ss. (20. 03. 2002) Les temps modernes Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde Transactions of the Philological Society A trabe de ouro. Publicacion galega de pensamento critico Travaux de linguistique et de littérature / Travaux de linguistique et de philologie. Recueil annuel Travaux de linguistique, Gent Travaux de linguistique québécoise Travaux neuchâtelois de linguistique Tranvía. Revue der iberischen Halbinsel Tribuna Treballs de sociolingüística catalana Ta-Ssi-Yang-Kuo. Archivos e annães do Extremo-Oriente português Terminologie et traduction, Luxembourg, 1985–1995; Forts.: T & T: la revue des services linguistiques des institutions européennes, Luxembourg, 1997–2003; Vorg.: Terminologie: bulletin, 1966–1984 Ungarische Jahrbücher
LX Ulisse UNMB
Urgellia UZBGP VARILEX
Veleia Veltro Verba Verbum Versus VES VH
Via Domitia Világtörténet VJaz VKR VN VR VSI VTLF WA WJ WLAD
Word WS WSJ WSL WW WZUB WZUL YM ZAA
ZaL ZB alk ZBLG
ZcP
Siglenverzeichnis / Sigles
Ulisse: periodico trimestrale; rivista di cultura internazionale The University of New Mexico Bulletin. Language Series Urgellia: anuari d’estudis històrics dels antics comtats de Cerdanya, Urgell i Pallars, d’Andorra: la Val d’Aran Uљen«e zapiski Belцckogo GPI im. A. Pycco / Ucenye zapiski. Bel’ckij Gosudarstvennyj Pedagogiceskij Institut Imeni A. Russo Variación léxical del español en el mundo Veleia. Revista de prehistoria, historia antigua, arqueología y filología clásicas Il veltro. Rivista della civiltà italiana Verba. Anuario galego de filoloxía Verbum. Univ. de Nancy II , 1979ss. Versus: Quaderni di studi semiotici Varvaro, Alberto (eds.), Vocabolario etimologico siciliano, vol. 1, Palermo 1986 Verba hispanica Via Domitia. Annales de l’Université de Toulouse-II Világtörténet. Egyetemes történeti negyedéves folyóirat N.S. Vyprosy Jazykoznanija / Fragen der Sprachwissenschaft Volkstum und Kultur der Romanen Vereinte Nationen Vox Romanica. Annales Helvetici explorandis linguis Romanicis destinati Sganzini, Silvio / Spiess, Federico / Lurà, Franco (eds.), Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana, Lugano et al., 1952ss. Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum World Archaeology Werdenberger Jahrbuch. Beiträge zu Geschichte und Kultur der Gemeinden Wartau, Sevelen, Buchs, Grabs, Gams und Sennwald Weigand, Gustav, Linguistischer Atlas des dacorumänischen Sprachgebietes, Leipzig, 1909 Word. Journal of the International Linguistic Association Wörter und Sachen. Zeitschrift für indogermanische Sprachwissenschaft, Volksforschung und Kulturgeschichte Wiener Slavistisches Jahrbuch Die Welt der Slaven Wirkendes Wort. Deutsches Sprachschaffen in Lehre und Leben Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe Yearbook Morphology Zeitschrift für Anglistik und Amerikanistik Zeitschrift für arabische Linguistik / Journal of Arabic Linguistics / Journal de linguistique arabe Zeitschrift für Balkanologie Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte Zeitschrift für celtische Philologie
Siglenverzeichnis / Sigles
ZD ZDL
ZdS ZdW ZeuS ZfGO ZfGS
ZfK ZfM ZfS ZfSem ZfSL ZfVS ZGL
Zibaldone ZMSFL ZNF ZONF ZPAS ZPSK ZRGG ZRiPE u
ZrP ZSG ZS l
LXI
Zielsprache Deutsch Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Zeitschrift für deutsche Sprache Zeitschrift für deutsche Wortforschung Zeitschrift für europarechtliche Studien Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend Zeitschrift für Katalanistik. Revista d’Estudis Catalans Zeitschrift für Mundartforschung / Journal of dialectology / Revue de dialectologie Zeitschrift für Sprachwissenschaft Zeitschrift für Semiotik Zeitschrift für französische Sprache und Literatur Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung Zeitschrift für germanistische Linguistik. Deutsche Sprache in Gegenwart und Geschichte Zibaldone. Zeitschrift für italienische Kultur der Gegenwart Zbornik Matice Srpske za filologiju i lingvistiku Zeitschrift für Namenforschung Zeitschrift für Ortsnamenforschung Zeitschrift für Phonetik und allgemeine Sprachwissenschaft Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte Zeitschrift für Rechtvergleichung, internationales Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für romanische Philologie Schweizerische Zeitschrift für Geschichte / Revue suisse d’histoire / Rivista storica svizzera Zeitschrift für Slavistik
LXII
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
Lateinisch / Latin a. AcI adi. Anon. ap. ca. cf. col. doc. ed. eds. e.g. et al. etc. et sim. f. fo facs. fasc. fem. fig. fol. ib. id. i.e. lib. m. ms. n. no n.b. op.cit. orig. pers. pl. pron. r. s. s. a. sc. / scil. sg. / sing. s.l.
anno accusativus cum infinitivo adiectivum Anonymus apud circa confer columna documentum editor sive editio editores exempli gratia et alii et cetera et simile / similia femininum sive folio folio facsimile fasciculum femininum figura folio ibidem idem id est liber masculinum manuscriptum / manuscripta neutrum sive nota numero nota bene opus citatum originalis persona pluralis pronomen recto sequens sive substantivum sine anno scilicet singularis sine loco
ss. subst. suppl. s.v. tab. v. v.gr. vol. vs.
sequentes substantivum supplementum sub voce tabula verbum sive verso verbi gratia volumen / volumina versus
Deutsch / Allemand aAbb. Abl. Ablt. abruz. Abs. Adj. / adj. Adv. ags. Akk. alb. am. amp. Anm. ant. App. apul. ar. / arab. arag. arom. Art. Asp. ast. Aufl. Ausg. auv. Aux. b. bad. bair.
altAbbildung Ablativ Ableitung abruzzesisch Absatz Adjektiv Adverb angelsächsisch Akkusativ albanisch amerikanisch ampezzanisch Anmerkung antik Appendix apulisch arabisch aragonesisch aromunisch Artikel Aspekt asturisch Auflage Ausgabe auvergnatisch Auxiliar bei obergadertalisch (Val Badia) bairisch
LXIII
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
bar. bask. bearb. bearn. Beih. bell. bes. boliv. brasil. bret. / breton. brm. Bsp. Bt. bündn. bündndt. bulg. byz. bzgl. bzw. camp. chil. chin. cosent. cremon. dän. dakorum. dalm. Dat. d. h. d.i. dial. Diss. d.J. dld. dt. dtir. egd. / engad. els. emil. engad. / egd. engl. enneb. erbw. evtl. f. / fem. Faks. falisk. fam. fass. fem. / f. fläm. Fn. fod. fr. / frz. fränk. friaul. / frl. frk.
baresisch baskisch bearbeitet bearnesisch Beiheft bellunesisch besonders bolivianisch brasilianisch bretonisch bündnerromanisch Beispiel Bantu bündnerisch bündnerdeutsch bulgarisch byzantinisch bezüglich beziehungsweise campanisch chilenisch chinesisch cosentinisch cremonesisch dänisch dakorumänisch dalmatisch Dativ das heißt das ist dialektal Dissertation der Jüngere dolomitenladinisch deutsch deutschtirolerisch engadinisch elsässisch emilianisch engadinisch englisch ennebergisch erbwörtlich eventuell feminin Faksimile faliskisch familiär fassanisch feminin flämisch Fußnote fodom, buchensteinisch französisch fränkisch friaulisch fränkisch
frl. / friaul. frpr. frühnhd. frührom. frz. / fr. Fut. gadert. gal. / galic. gall. gallorom. gask. Gde. geb. Gen. gen. germ. ggf. got. Gr. gr. / griech. graecolat. grd. / grödn. griech. / gr. grödn. / grd. hd. hebr. Hervorh. heth. hispanoam. hisp.-ar. Hl. HochMA holl. i.A. iber. idg. i.Dr. i.-e. imperf. Imperf. Ind. indian. Inf. inkl. insbes. insges. interrom. intervok. ir. it. / ital. jap. Jh. jmd. K. kalabr. Kap. kast.
friaulisch frankoprovenzalisch frühneuhochdeutsch frühromanisch französisch Futur gadertalisch galicisch gallisch galloromanisch gaskognisch Gemeinde geboren Genitiv genannt germanisch gegebenenfalls gotisch Graubünden griechisch graecolateinisch grödn(er)isch griechisch grödn(er)isch hochdeutsch hebräisch Hervorhebung hethitisch hispanoamerikanisch hispanoarabisch Heilige / Heiliger Hochmittelalter holländisch im Allgemeinen iberisch indogermanisch im Druck indoeuropäisch imperfektiv Imperfekt Indikativ indianisch Infinitiv inklusive insbesondere insgesamt interromanisch intervokalisch irisch italienisch japanisch Jahrhundert / Jahrhunderte jemand Kopie kalabresisch Kapitel kastilisch
LXIV kat. / katal. kelt. keltorom. Kgr. klass. klass.-ar. klat. köln. komm. Kond. Konj. korn. Kr. kroat. ksl. / kslav. kymr. lad. langob. lat. leon. lex. lig. lim. log. Lok. lomb. lothr. lt. m. / mask.
katalanisch keltisch keltoromanisch Königreich klassisch klassisch arabisch klassisch lateinisch kölnisch kommentiert Konditional Konjunktion / Konjunktiv kornisch Kreis kroatisch kirchenslavisch kymrisch ladinisch langobardisch lateinisch leonesisch lexikalisch ligurisch limousinisch logudoresisch Lokativ lombardisch lothringisch laut maskulin MA Mittelalter ma. maltesisch maghr. maghrebinisch mak. makedonisch mar. marebbano / ennebergisch masch. maschinenschriftlich mask. / m. maskulin mbündn. mittelbündnerisch m. E. meines Erachtens Med. Medizin mfr. / mfrz. mittelfranzösisch mgr. mittelgriechisch mhd. mittelhochdeutsch Mio. Million / Millionen mittelfrk. mittelfränkisch mittellat. / mlat. mittellateinisch mnd. mittelniederdeutsch mndl. mittelniederländisch mold. moldauisch moselfrk. moselfränkisch Ms. Manuskript münstertal. münstertalisch mundartl. mundartlich munt. muntenisch m.W. meines Wissens N. Nomen n. nördlich nneu-
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
Nachdr. n. Chr. ndl. neap. Neubearb. N.F. niedersorb. nö. Nom. nordit. norm. Nr. N.S. n.u.Z. nw. O. / Obj. o.a. o. ä. oberegd. / oberengad. / oengad. oberfass. obergad. oberit. obersorb. Obj. / O. ö. österr. o.g. oital. / ostital. o.J. okz. olt. oprov. Or. / Orig. osk. ostital. / oital. otosk. P. pad. panrom. Part. pass. pav. pej. Perf. perf. Pers. Pers.pron. pg. / port. / pt. piem. pik. Pl. Plusquamperf. poit. poln.
Nachdruck nach Christus niederländisch neapolitanisch Neubearbeitung Neue Folge niedersorbisch nordöstlich Nominativ norditalienisch normannisch Nummer Neue Serie nach unserer Zeitrechnung nordwestlich Objekt oder andere oder oben angegeben oder Ähnliches oberengadinisch oberfassanisch obergadertalisch oberitalienisch obersorbisch Objekt östlich österreichisch oben genannt ostitalisch ohne Jahr okzitanisch oltenisch ostprovenzalisch Original oskisch ostitalisch osttoskanisch Punkt padanisch panromanisch Partizip passiv pavesisch pejorativ Perfekt perfektiv Person Personalpronomen portugiesisch piemontesisch pikardisch Plural Plusquamperfekt poitevinisch polnisch
LXV
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
port. / pg. / pt. PP. pr. Präd. Präp. Präs. progres. Pron. protorom. prov. Ps. pt. / port. / pg. publ. Qual. Quant. rag. Rel.pron. Res. resp. rev. Rez. rhein. Rmb. rom. romagn. rtr. rum. russ. S. s. s. a. salmant. sard. sass. schwed. schweizerdt. Ser. serb. Sg. siz. sl. / slav. / slaw. slovak. / slowak. sloven. / slowenisch s. o. sö. sog. Sp. sp. / span. spez. splat. s. u. Subj.pron. Subst. südit. südpik. südumbr.
portugiesisch Punkte provenzalisch Prädikat Präposition Präsens progressiv Pronomen protoromanisch provenzalisch Psalm portugiesisch publiziert Qualität(en) Quantität(en) ragusäisch Relativpronomen Resolution respektive revidiert Rezension rheinisch Romanischbünden romanisch romagnolisch rätoromanisch rumänisch russisch Subjekt siehe oder südlich siehe auch salmantinisch sardisch sassaresisch schwedisch schweizerdeutsch Serie serbisch Singular sizilianisch slavisch / slawisch slovakisch / slowakisch slovenisch / slowenisch siehe oben südöstlich so genannt Spalte spanisch speziell spätlateinisch siehe unten Subjektpronomen Substantiv süditalienisch südpikardisch südumbrisch
Suppl. surm. surs. suts. tarent. tir. / tirol. tochar. tosk. trent. trevis. tschech. u. u. a. u.a.m. u. ä. u. E. Übers. / übers. uengad. / unteregd. / unterengad. ugs. ukr. umbr. ung. Univ. unpag. unteregd. / uengad. / unterengad. untergadert. unveröffentl. uridg. urital. urk. urslav. / urslaw. usw. u. U. u.v. a. V. v. v. a. vall. v. Chr. vegl. ven. venet. venez. vgl. vicent. vietn. vlat. / vulgärlat. Vorber. vorgerm. vorkelt. vorrom. vulg.
Supplement surmeirisch surselvisch sutselvisch tarentinisch tirol(er)isch tocharisch toskanisch trentinisch trevisanisch tschechisch und unter anderem oder und andere und anderes mehr und ähnlich unseres Erachtens Übersetzung oder übersetzt unterengadinisch umgangssprachlich ukrainisch umbrisch ungarisch Universität unpaginiert unterengadinisch untergadertalisch unveröffentlicht urindogermanisch uritalisch urkundlich urslavisch / urslawisch und so weiter unter Umständen und viele andere Verb oder Vers von vor allem Vallader vor Christus vegliotisch venezisch venetisch venezianisch vergleiche vicentinisch vietnamesisch vulgärlateinisch Vorbereitung vorgermanisch vorkeltisch vorromanisch vulgär-
LXVI vulgärlat. / vlat. v.u.Z. w. wallon. weißruss. westgerm. westpad. / wpad. wiener. wlomb. wpad. / westpad. z. B. zentralokz. zit. z. T. z. Z. / z. Zt.
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
vulgärlateinisch vor unserer Zeitrechnung westlich wallonisch weißrussisch westgermanisch westpadanisch wienerisch westlombardisch westpadanisch zum Beispiel zentralokzitanisch zitiert zum Teil zur Zeit
COD
coll. com. comm. c.r. cr. D. dac. daco-roum. dat. déf. dét. déterm. dial. dir. doc. DOM
Französisch / Français a. acc. adj. adv. A.E.F. aggl. alb. all. / allem. anc. angl. A.O.F. apr. ar. aram. arch. aroum. art. auv. av. avest. b. béarn. bibl. Bibl.mun. BN
bulg. c. c.-à-d. cast. cat. centr. chap. class.
ancien accusatif adjectif adverbe Afrique Equatoriale Française agglomération albanais allemand ancien anglais Afrique Occidentale Française après arabe araméen archaïque aroumain article ou articulé auvergnat avant avestique bas béarnais bibliographique Bibliothèque municipale Bibliothèque Nationale bulgare centenaire ou carte c’est-à-dire castilien catalan central chapitre classique
dp. éd. / éds. élég. env. esp. ex. f. / fém. fr. frprov. frq. gallo-it. gasc. gaul. gén. germ. got. gr. gr.h. h.auv. hab. hébr. hongr. i.-e. ind. inf. intr. irl. istroroum. it. J.-C. lang. lat. lat.pop. lett. lim. lit. litt. loc. m. / masc.
complément d’objet direct collection coman commun compte rendu croate ou critique Dom dacique daco-roumain datif défini déterminant déterminatif dialectal directeur ou direction document Département d’Outre-mer depuis édition ou éditeur élégie environ espagnol exemple féminin français francoprovençal francique gallo-italien gascon gaulois génitif germanique gothique grec grécohaut haut auvergnat habitant hébreu hongrois indo-européen indicatif infinitif intransitif irlandais istroroumain italien Jésus-Christ languedocien latin latin populaire letton limousin lituanien littéraire ou littéralement locuteur ou locution masculin
LXVII
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
MA
macéd. méd. mégl. mérid. mfr. mil. mlat. mod. mold. motz. moy. ms. / mss. n. no néerl. ngr. nom. n.pr. N.S. O. occ. / occit. p. par ex. / p.ex. pers. p.ex. / par ex. pg. / pt. / port. pic. pl. pol. / polon. pop. port. / pg. / pt. prégaul. prélat. prép. prés. pron. prov. pt. / pg. / port. rééd. rég. réimpr. resp. rhod. roum. rtr. russ. S. s. s.-cr. sect. sept. sg. / sing. sl. / slav. slov. spéc. St. / Ste.
Moyen Age macédonien médiéval méglénoroumain méridional moyen français milieu moyen latin moderne moldave dialecte des mo¸tii moyen manuscrit / manuscrits neutre ou nom ou note numéro néerlandais néogrec nominatif nom propre Nouvelle Série objet occitan point par exemple persan ou personne par exemple portugais picard pluriel polonais populaire portugais prégaulois prélatin préparation ou préposition présent pronom provençal ou province portugais réédition régional réimpression respectivement ou respectif rhodanien ou rhodésien roumain rhéto-roman russe sujet siècle / siècles serbo-croate section septembre singulier slave slovène spécialement Saint / Sainte
subj. subst. suppl. t. tard. tc. tr. trad. turq. ukr. Univ. V. v. var. vénit. vulg. wall.
subjonctif substantif supplément type tardif turc transitif traduction turque ukrainien Université verbe verbe ou vers ou vieux variante vénitien vulgaire wallon
Italienisch / Italien a. / ant. a.a. a.C. acc. accres. ad es. agg. alem. am. anaun. ant. / a. ar. art. / artt. at. a.ted. aust. avv. bad. barb. baron. bav. breg. cal. camp. cap. cat. centr. cit. class. collab. cond. cons. cr.
antico anno accademico avanti Cristo accusativo accresciuto ad esempio aggettivo alemanno americano anaunico antico arabo articolo / articoli atto alto tedesco austriaco avverbio badiotto barbaricino baronese bavarese bregagliotto calabrese campidanese / campano capitolo catalano centrale citato classico collaborazione condizionale consonante croato
LXVIII d.C. dial. dir. ebr. ecc. eccl. ed. ed. / ediz. egiz. engad. es. / ess. fass. f. / femm. fr. fr.a. friul. fut. gall. gallur. gard. gen. ger. gin. gr. grigion. imp. / imperf. indir. inf. ingl. introd. istr. it. / ital. L. lad. lat. lett. log. lomb. luc. m. m. / masch. med. mediev. merid. mil. mod. ms. / mss. n. no n.s. napol. neogr. nurag. O. occ. ogl. ogg.
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
dopo Cristo dialetto diretto ebraico eccetera ecclesiastico editore edizione egiziano engadinese esempio / esempi fassano femminile francese francese antico friulano futuro gallico gallurese gardenese genovese gerundio ginevrino greco grigionese imperfetto indiretto infinito inglese introduzione istriano italiano legge ladino latino letterario o letteralmente logudorese lombardo lucano milione o maschile maschile medio medievale meridionale milanese moderno manoscritto / manoscritti neutro o nota numero nuova serie napoletano neogreco nuragico oggetto occidentale ogliastrino oggetto
p. pad. parl. part.pass. / p.p. per es. / p.es. pers. p.es. / per es. piem. pis. pl. pol. port. posch. p.p. / part.pass. pp. prelat. prep. pres. pron. prov. qc. rist. riv. rom. russ. S. / sogg. sard. sass. sc. scient. scr. sec. sett. / settentr. sg. / sing. sic. sl. slov. sicil. sogg. / S. sopras. sp. stand. sud. suff. sulcit. suppl. svizz. tav. tc. ted. ticin. tosc. trad. trent. triest. ungh. univ.
pagina padovano parlato participio passato per esempio persona o persiano per esempio piemontese pisano plurale polacco portoghese poschiavino participio passato pagine prelatino preposizione presente pronome provenzale qualcosa / qualche cosa ristampa rivisto romanesco russo soggetto sardo sassarese scena scientifico serbocroato secolo / secoli settentrionale singolare siciliano slavone sloveno / a siciliano soggetto sopraselvano spagnolo standard sudanese suffisso sulcitano supplemento svizzero tavola turco tedesco ticinese toscano traduzione trentino triestino ungherese università
LXIX
Abkürzungsverzeichnis / Abréviations
V. ven. / venez. venet. venez. / ven. vicent. volg.
verbo veneziano veneto veneziano vicentino volgare
Spanisch / Espagnol a. / ant. a.C. actual. adv. al. ampl. ant. / a. ár. arag. argent. art. ast. aum. avar. c. cap. cast. cat. cauc. cd. ceb. célt. cient. cit. cons. corr. D. d.C. dim. doc. / docs. ed. eiv. ej. EM
e.p. esp. espec. estr. Fr. fr. frpr. gall. genov. germ. gr.
antigo antes de Cristo actualizado adverbial alemán ampliado antes árabe aragonés argentino artículo / s asturiano aumentado avaro circa capítulo castellano catalán caucásico ciudad cebuano céltico científico citado consonante corregido Dom después de Cristo diminutivo documentado o documento edición eiviseno ejemplo Edad Media en prensa español especialmente estrofa Fray francés franco-provenzal gallego genovés germanico griego
h. hebr. ibér. imp. imperf. ind. inf. ingl. it. lat. laz. loc. mall. / mallor. men. merid. mod. mozár. no / núm. neerl. occ. or. p. part. p.e. / p.ej. pers. pic. pl. pluscuamperf. port. prep. pres. pron. publ. reed. ref. reg. reimpr. renov. repr. resp. rev. s. s. sept. s.f. subj. suf. suj. supl. tag. trad. univ. urug. val. var. vasc. voc.
hasta hebreo ibérico imperativo imperfecto indicativo infinitivo inglés italiano latín lazo locución mallorquino menorquino meridional moderno mozárabe número neerlandés occitán u occidental oriental página / páginas participio por ejemplo persona picardo plural pluscuamperfecto portugués preparación / preparado presente pronombre / pronominal publicado reeditado refundido regional reimpreso renovado reproducido respectivamente revisado san / santo / santa siglo o serie septentrional sin fecha subjuntivo sufijo sujeto suplemento tagalo traducción universidad uruguayo valenciano variante vascuence / vasco vocal
LXX
Verzeichnis der Abbildungen / Schémas, tableaux, illustrations
Verzeichnis der Abbildungen / Schémas, tableaux, illustrations Fig. 117.1. Fig. 117.2. Fig. 145.1. Fig. 150.1. Fig. 153b.1. Fig. 164.1. Fig. 164.2. Fig. 164.3. Fig. 188.1. Fig. 188.2. Fig. 199.1. Fig. 199.2. Fig. 199.3.
Die Sprachverhältnisse im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . Erste und Zweite Übersetzerschule von Toledo . . . . . . . . . . . Ursprüngliche und spätere Einflüsse auf Ladino und Judenspanisch Status potentieller Lehnwörter aus dem Englischen in europäischen Sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Italianismen im Dolomitenladinischen . . . . . . . . . . . . . . . . Approximative Ausbreitung des Französischen als offizielle Sprache Minoritätensprachen in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frz. serpillière im français régional . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pariser Plakat für Taschenknirpse, 1715 . . . . . . . . . . . . . . . Anzeige aus ABC, 1920 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sociolinguistic research . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachfrage nach unverstandenen Redeakten . . . . . . . . . . . . . Bedeutungsdifferenzierungen von fr. adieu . . . . . . . . . . . . . .
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101. Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Romania du Sud-Est
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte Facteurs socio-culturels dans l’histoire des langues romanes 101. Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Romania du Sud-Est Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Südostromania 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Données géopolitiques Empires et Etats nouveaux La population romane Les Turks Le tournant de 1700 La problématique moldave Le Dalmate Bibliographie
1.
Données géopolitiques
1.1. Le Sud-Est La notion ancienne et souvent péjorative de Balkans est remplacée ici par celle plus récente, élargie et neutre, de Sud-Est. Presque entièrement délimité par les eaux – l’Adriatique, la mer Ionienne, la mer Egée, la mer de Marmara, la mer Noire et le Danube – la péninsule balkanique constitue par ses contours nets une unité bien définie. Grâce à ses nombreuses montagnes et cours d’eau, elle dispose d’un relief varié ayant suscité des particularismes fort prononcés. C’est pourquoi mainte enclave ethnique, petite ou grande et dotée de diverses spécificités linguistiques, culturelles, sociales et politiques, s’y maintint assez longtemps. 1.1.1. La Roumanie Certaines régions de la Roumanie du Sud font également partie des Balkans: ceci est vrai, en tout cas, pour la Dobroudja, partiellement pour la Valachie située au Nord du Danube et, en raison de leurs affinités ethniques, religieuses, linguistiques et intellectuelles, pour les parties méridionales de la Moldavie et de la Bessarabie.
1.2. Géohistoire et géopolitique Du point de vue de la «longue durée» (Braudel), les événements balkaniques s’inscrivent dans une logique géopolitique propre, qui explique la répétition – abstraction faite des différences dues à l’écoulement du temps – des processus historiques dans les deux derniers millénaires, car les dirigeants des grands Etats menaient une géopolitique empirique en poursuivant, partir des données géographiques identiques, les mêmes objectifs pour leurs empires. 1.2.1. ‘Longue durée’ Pendant environ 1.300 ans, la péninsule balkanique fut dominée par des empires qui l’avaient conquise petit à petit. Il s’agit – après l’échec des Perses (expédition contre les Scythes européens et les guerres médiques) et l’emprise incomplète des Macédoniens – d’abord de Rome et de la Byzance chrétienne, puis de la Byzance médiévale et finalement des Turcs Ottomans. 1.2.2. Le facteur d’unité A la suite de leur longue présence, ces empires conférèrent à la péninsule certains traits communs au niveau de la langue, des institutions, des mœurs et des mentalités, caractéristiques qui se maintinrent pendant longtemps. Ainsi, les empires qui avaient conquis la péninsule ont agi jusqu’à un certain point, comme facteurs unificateurs de l’espace balkanique, fort divisé. 1.2.3. La conquête méridionale Etant donné que de l’Antiquité jusqu’aux temps modernes la Méditerranée représen-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
tait en raison de ses conditions naturelles favorables – dans une optique européenne – l’épicentre des événements mondiaux, tous les grands empires se formèrent dans ce territoire. C’est pourquoi les Balkans furent toujours conquis à partir du sud, y compris par Rome, située de fait à l’ouest. 1.2.4. Les objectifs En poursuivant les mêmes buts politiques, tous les empires développèrent sans s’en rendre compte la même stratégie, ceci non seulement sur le plan de la politique extérieure mais en partie aussi sur le plan de la politique intérieure, un modèle répété plusieurs fois à des siècles d’intervalles: (a) ils s’assuraient le contrôle des détroits, autant du Bosphore que des Dardanelles. Cette conditio sine qua non de toute géopolitique balkanique était garantie par la flotte, qui protégeait les voies maritimes fluviales ainsi que le territoire de l’empire; (b) la partie inférieure du Danube était envisagée comme frontière septentrionale et finalement établie comme telle; (c) par la suite, on essayait de contrôler le glacis, non seulement les territoires tout proches (le Sud de la Roumanie et de la Bessarabie actuelles) mais aussi ceux qui étaient plus éloignés (le reste de la Roumanie et des parties de l’Ukraine). Pour cela, on constituait, dans un premier temps, des têtes de pont assurées par les propres forces armées, pour établir ensuite une zone d’influence avec des souverains ‘amis’ auxquels on accordait des aides économiques ou même avec des vassaux qui prêtaient une assistance militaire à l’empire ou en devenaient même tributaires; (d) les détroits et les côtes étant contrôlés, la mer Noire devenait une mer intérieure; (e) l’actuelle Crimée était attachée à l’empire pour surveiller les steppes au nord du Pont, porte d’invasion vers l’Europe ou ‘chemin des peuples’, et pour apprendre d’avance les déplacements des peuples migratoires, qui auraient pu menacer les frontières septentrionales de l’empire; (f) une mesure qui touchait tous les empires et dont les conséquences ethniques, linguistiques et politiques se répercutèrent parfois jusqu’au présent, consistait à établir de petits groupes ou même à transférer des tribus entières d’au-delà du Danube ou de l’Asie Mineure. Pendant des périodes de
‘faiblesse’ impériale, des tribus arrivées en intruses furent acceptées et souvent assimilées. 1.2.5. La ‘Terre promise’ Pendant les ‘périodes libres’ (603–971 et 1185–1396), de nombreuses tribus nordiques envahirent les Balkans, ce territoire étant depuis toujours le pays de rêve de tous les Barbares à cause de ses richesses et de ses conditions de vie plus favorables. Ainsi, ils essayèrent tous d’atteindre ce pays d’une manière ou d’une autre de même que, dans les temps modernes, l’Amérique allait devenir la destination privilégiée des pauvres de l’Europe. Ceci explique aussi la poussée des Barbares vers le Sud méditerranéen. 1.2.6. La grande diversité linguistique A la suite de ces événements et de l’occupation préhistorique par les tribus indo-européennes des Thraces (au 15e s. av. J.-C. env.) et des Illyriens (à partir du 13e s. av. J.-C.), ainsi que des vagues de migration helléniques (18e–12e s. av. J.-C.), émergea une grande diversité ethnique et linguistique, semblable à celle du creuset mésopotamien; mais le relief balkanique s’avéra plus favorable au maintien de cette diversité. Aux peuples mentionnés se joignirent des tribus celtiques, des Goths (c’est ici que Ulfilas traduisit le Nouveau Testament), tous les Slaves méridionaux, différentes peuplades turques et même des Sépharades, parlant le ladino, arrivèrent jusqu’en Roumanie. Ces éléments exercèrent aussi une certaine influence sur les langues voisines, y compris la Romania du Sud-Est, même si cette influence ne peut pas toujours être définie d’une façon précise. Elle est évidente au niveau du lexique, surtout dans l’onomastique (→ art. 225).
2.
Empires et Etats nouveaux
2.1. L’Empire romain (cf. LRL II /2, 1995, 6, carte 3) Les Romains arrivèrent du sud lorsqu’ils fondèrent la province de Macédoine (146 av. J.-C.) après avoir détruit le royaume macédonien et occupé la Grèce. A partir de là et au cours des 150 années qui suivirent, l’emprise territoriale des Romains s’étendit jusqu’au Danube, d’abord de façon défensive contre les barbares, puis de façon clairement offensive. Sous Tibère un ancien district militaire devint la province de Mésie. Suivirent
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toutes les mesures géopolitiques énumérées plus haut. De plus, les conquérants romains entamèrent un processus de colonisation qui mena à une forte romanisation des Balkans, à l’exception de la Grèce et des villes grecques de la Thrace du Sud et de certaines parties de la Macédoine (cf. 3.3.). 2.1.1. La conquête de la Dacie Les frontières naturelles de l’empire romain, le Danube et le Rhin, furent respectées pendant un siècle. Puis, Trajan causa, par ses guerres daciques (101–106 apr. J.-C.), un ‘accident de travail’. Pour l’Europe du SudEst ces frontières se révélèrent d’une grande portée historique, comme condition préalable de la formation du peuple roumain et de sa langue, mais du point de vue géopolitique, elles suscitèrent de sérieuses difficultés à Rome. C’est pourquoi en 271 apr. J.-C., en pleine crise, l’Empire fut contraint d’abandonner la Dacie. Mais la frontière du Danube ainsi que l’hégémonie romaine sur les Balkans restèrent intactes, même si elles étaient souvent entamées et remises en question par des envahisseurs venant du nord du Danube. 2.2. L’Empire byzantin (pour la période 271– 1247 cf. LRL II /2, 1995, 10, carte 4) Après la fondation de Constantinople (330 apr. J.-C.), la partie orientale se transforma graduellement, et ainsi prit naissance l’Empire byzantin. Il se détacha de l’Occident dès la mort de Théodose (395 apr. J.-C.), mais sur le plan linguistique et culturel, la séparation se réalisa seulement au cours du 7e s. Bien que de caractère gréco-chrétien, l’Empire byzantin poursuivait les mêmes objectifs que l’ancien Empire romain. En outre, vers la fin du 7e s., les Balkans gagnèrent en importance pour Byzance, dont le territoire avait fortement diminué à la suite de l’expansion arabe. 2.2.1. Revers balkanique Sous la pression des Avars, de l’établissement des Slaves et de l’invasion des Bulgares, l’Empire byzantin dut renoncer pour 370 ans à la frontière du Danube et se contenta du Sud des Balkans. 2.2.2. Le retour au Danube C’est seulement sous la dynastie macédonienne que Byzance retourna vers le Danube (971). L’empire atteignit son apogée autour de l’an 1000, lorsque les provinces danubien-
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nes faisaient partie de l’Empire byzantin. Même si certaines régions se trouvaient seulement sous sa suzeraineté, Byzance continua à contrôler l’Adriatique, la mer Egée et la mer Noire. 2.2.3. L’abandon définitif La révolte des bergers valaques (1185) contre Isaac II Angelos mena à la fondation du deuxième Tsarat bulgaro-valaque. S’ensuivit la séparation définitive des Serbes sous le prince Etienne Nemanja, ce qui marqua la fin de l’hégémonie byzantine sur les Balkans. 2.2.4. Conséquences idéologiques Avant même de renouveler son hégémonie sur les Balkans, Byzance transmit aux Slaves méridionaux, à l’exception des Croates et des Slovènes, ainsi qu’aux Valaques, les futurs Roumains, non seulement l’alphabet cyrillique, mais aussi la totalité de son idéologie grecque par le rite orthodoxe du christianisme. La même écriture et la confession commune constituèrent jusqu’aux temps modernes des facteurs d’unité des peuples balkaniques. 2.3. Les formations politiques slaves Les Slaves, venant de la cuvette supérieure des rivières du Don, Dnjepr et Boug, commencèrent leur expansion vers le nord-ouest et vers le sud-ouest à la fin de l’Antiquité. Ils atteignirent vers 500 le Bas-Danube de la Pannonie jusqu’à la mer Noire et nouèrent des contacts plus intenses avec la population déjà romanisée du nord du Danube. Leurs incursions les menèrent jusqu’au Péloponnèse. Puis les Avars s’implantèrent en Pannonie, anéantirent les Gépides et chassèrent indirectement les Lombards (568). Ils y restèrent et furent actifs environ un siècle. Au cours de leur razzias à travers les Balkans de nombreux prisonniers romans furent emmenés au nord du Danube, et seulement quelques-uns d’entre eux retournèrent dans l’Empire, tout comme auparavant durant les incursions des Goths (4e s.) et des Huns (5e s.). Ainsi la romanité transdanubienne fut sensiblement renforcée. 2.3.1. Les tribus slaves de la Mésie La frontière danubienne de l’empire fut maintenue jusqu’en 603. Ensuite, des vagues slaves déferlèrent sur les Balkans. A la fin du 7e s. la population slave était devenue majoritaire. Ainsi le nombre des Slaves diminua
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considérablement dans les régions transdanubiennes. Ce processus contribua de façon décisive au maintien et renforcement de la romanité au nord du Danube. Les soi-disant Sept Tribus slaves de la Mésie formèrent un Etat seulement après l’établissement des Bulgares au sud du Danube. 2.3.2. Croates et Serbes Au 7e s. les Croates et les Serbes migrèrent également de l’Europe centre-orientale vers le sud et s’installèrent dans les Balkans occidentaux. Après une période de dépendance avare et franque les Croates atteignirent la souveraineté et Tomislav devint leur roi (926). Ils embrassèrent le christianisme grec et suivirent jusqu’au 11e s. une ‘politique byzantine’. Après le schisme (1054), la Croatie se sépara de Byzance, devint catholique et adopta l’écriture latine tout en parlant, jusqu’à aujourd’hui, un dialecte de la même langue que les Serbes. Annexée par la Hongrie (1102), elle va désormais appartenir définitivement au monde latin. Au début, le sort des Serbes ressemblait à celui des Croates, mais en raison de leur situation et faute d’appui de la part d’un royaume catholique, ils demeurèrent dans le monde byzantin et s’éloignèrent des Croates tout en jouant sous la dynastie des Nemanjades (1165– 1371) un rôle important dans les Balkans, avant d’être engloutis par l’empire turc vers la fin du 15e s. 2.4. Les Bulgares Les (Proto-)Bulgares, une peuplade turque, se déplacèrent du Kouban vers le Danube. Ils pénétrèrent dans l’Empire, où ils fondèrent le premier Tsarat bulgare (681). Un autre groupe bulgare plus ancien, arriva des plaines pannoniennes en Macédoine septentrionale. Les deux groupes – slavisés et christianisés après deux siècles – formèrent le noyau militaire et politique du nouvel empire, qui fut presque durant trois siècles une puissance régionale dans les Balkans. Vers 800 ils élargirent leur sphère d’influence au nord du Danube jusqu’à la Tisza avare, c.-à-d. au-delà de la Romania transdanubienne. Entre 971 et 1018, la Bulgarie entière devint une province byzantine. En 1185, le deuxième Tsarat bulgaro-valaque se constitua autour de sa capitale T˘arnovo. Plus tard il se fragmenta et fut occupé par les Ottomans en 1396. Pendant prés de cinq siècles, la Bulgarie resta une province turque (raja).
2.5. Les Hongrois Les Magyars quittèrent la steppe ukrainienne (v. 896) et pénétrèrent dans les plaines pannoniennes où ils assimilèrent assez vite les Slaves, les Romans et autres petites ethnies. Après leur christianisation (v. 1000) sous le roi Etienne (István), ils annexèrent trois régions voisines, la Slovaquie, la Croatie et la Transylvanie. Avec les Hongrois vint aussi la peuplade turco-magyare des Szekler qui s’établit le long de l’arc des Carpates, faisant fonction de rempart frontalier. Dès le 12e s. des colons allemands, les Saxons de Transylvanie, furent appelés par les rois hongrois et reçurent un statut privilégié. Ainsi, il n’y avait ici – depuis 1437 – que trois nations reconnues (les Hongrois, les Szekler et les Saxons) et – depuis 1568 – quatre confessions admises (catholique, calviniste, luthérienne, antitrinitaire), tandis que la majorité valaque (roumaine) de religion orthodoxe n’était que tolérée. Après l’effondrement du royaume (1526) jusqu’à l’annexion autrichienne (1699), la Transylvanie fut de fait indépendante, mais juridiquement vassale de la Porte (1541–1699). Par la suite, une partie des Roumains se rattacha à l’église de Rome (1698–1701). Les prêtres éduqués à Rome lancèrent les idées de l’‘école latiniste’, qui a fait avancer aux 18e et 19e s. de façon décisive la prise de conscience romane des Roumains et a forcé la ‘relatinisation’, parfois exagérée, du roumain (→ art. 18.4.). Le dualisme austro-hongrois (1867) conféra aux Hongrois la prépondérance totale en Transylvanie où ils menèrent une forte politique de magyarisation des Roumains jusqu’en 1918. 2.6. Les peuplades altaïques A côté des peuples voisins importants, qui exercèrent une influence sur l’espace roumain, il y avait des peuplades touraniennes, plus petites et moins développées. Bien qu’elles n’aient laissé dans la langue que des traces insignifiantes, ces peuplades exercèrent une considérable influence sur l’évolution politique des Roumains. 2.6.1. Les Petchenègues Ils migrèrent du bassin inférieur de la Volga jusqu’au delta du Danube, d’où ils chassèrent les Hongrois. Ainsi, ils commencèrent leur expansion vers les Balkans. Sous la pression des Uzes, un peuple turc qui en partie s’implanta en Roumanie et fut, lui aussi,
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menacé par les Coumans, au début du 11e s., les Petchenègues s’installèrent en Roumanie, surtout dans le sud de la Moldavie et dans la plaine valaque. Une grande partie du groupe passa au sud du Danube, où ils furent finalement anéantis par les Byzantins (1091 et 1122). En Transylvanie et en Valachie il y a des traces de leur présence. Les Bérendeys, peuplade presque inconnue, sont mentionnés avec les Uzes et les Petchenègues ou tout seuls. Tous les trois laissèrent des restes linguistiques minces dans l’onomastique. 2.6.2. Les Coumans Après les Petchenègues et jusqu’à l’invasion des Mongols (1060–1237), les steppes entre la mer d’Aral et le Bas-Danube furent contrôlées par une union tribale turque. Vers la fin du 11e s. les Coumans s’installèrent près des derniers Petchenègues et des Uzes dans le Sud de la Moldavie et dans la plaine valaque, d’où ils effectuèrent des raids dans toutes les directions, y compris l’Empire byzantin. Un évêché fut créé (1227) par les autorités hongroises en Moldavie pour les Coumans convertis. Affaiblis par l’expansion des Tatars, ils furent assimilés rapidement par les Roumains. En revanche, ils fournirent la première dynastie (Basarabi) et une grande partie de la haute noblesse roumaine (boieri mari) en Valachie. 2.7. Les Tatars Le nom d’une seule tribu finit par dénommer tous les Mongols. Plus tard, en Europe, il désigna tous les peuples (mongols, turcs et iraniens) des steppes. Leur expansion, presque miraculeuse, influença de façon décisive les destinées de l’Europe orientale et centrale. Ils vainquirent (1223) les armées des Coumans et des Russes et assujettirent les territoires jusqu’en Hongrie et au nord des Balkans. Ils retournèrent dans les steppes de la Volga inférieure et formèrent l’Etat de la Horde d’Or. Au début ils prélevèrent un tribut collecté par leurs propres agents. Ensuite, les percepteurs provenaient de la noblesse locale. En Moldavie et en Valachie, c’étaient les Coumans. Au cours du 14e s. les Roumains se libérèrent de la dépendance tatare. La naissance de l’état valaque et l’établissement d’une Marche orientale de la Hongrie en Moldavie y jouèrent un rôle décisif. Des raids épisodiques dans les provinces roumaines eurent lieu jusqu’au 18e s. D’anciens prisonniers tatars demeurèrent en Moldavie en tant qu’esclaves (robi).
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2.8. Conséquences des invasions asiatiques (a) les nomades de la deuxième vague (des Avars au 6e s. aux Tatars du 13e s.), quoique moins avancés d’un point de vue culturel et économique, s’imposèrent sur le plan militaire et politique au détriment des sédentaires; (b) ainsi ils devinrent chevaliers et fournirent la classe dirigeante (souverains, haute et vieille noblesse); (c) comme les Vikings, ils furent des fondateurs d’Etats (les Bulgares et les Coumans); (d) ils freinèrent l’expansion hongroise à l’Est jusqu’à la fondation de l’état roumain au 14e s.; (e) des notions comme “noble” (roum. boier < anc. sl. bolare; cf. tc. bojlu “haut”; aussi bulg. et russ.) ou “dirigeant” (roum. ban; cf. tc. bajan “riche”; aussi sl. mérid.) et roum. bani “argent”, remontent aux langues des nomades turques. 2.9.
Les principautés roumaines
2.9.1. La Transylvanie Du 12e s. jusqu’au traité de Versailles, la Transylvanie fit partie du royaume hongrois, qui pendant 150 ans subit l’autorité turque, puis appartint durant plus de 200 ans à la monarchie des Habsbourg. Jusqu’en 1919 elle ne resta que dix mois sous la domination d’un prince roumain (Mihai Viteazul, 1599– 1600). Par contre, la Valachie et la Moldavie devinrent de vrais Etats roumains dès la première moitié du 14e s. même si elles ne se réunirent qu’après la guerre de Crimée (1859). 2.9.2. La Valachie Au 13e s. il y avait plusieurs formations politiques en Valachie. Au début du 14e s. la dynastie coumane des Basarabi s’imposa et, après avoir emporté en 1330 une victoire sur le roi hongrois Charles Robert d’Anjou, elle obtint son autonomie. Mais, jusqu’à la défaite de la Hongrie à Mohacs (1526) et à quelques interruptions près, elle resta sous la suzeraineté de la couronne hongroise, parce que la Hongrie tenait à s’assurer le contrôle total de l’importante route commerciale de l’Europe centrale à la mer Noire et aux bouches du Danube, où attendaient les commerçants génois. Bientôt, l’expansion turque engloba la Valachie dans son empire. 2.9.3. La Moldavie Aux 12e et 13e s. existaient apparemment en Moldavie des unités politiques locales
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
contrôlées par les Coumans. La conquête (desca˘ lecat) entreprise par Drago¸s pour la couronne hongroise – à partir du Maramure¸s – fut à l’origine de la fondation d’une Marche orientale contre les Tatars (1347). Peu après (1363), un autre noble roumain de la même région – Bogdan – se rebella et, suivi de nombreux partisans, chassa le successeur de Drago¸s et fonda un état et une dynastie. La Moldavie ne tarda pas à rendre hommage au nouvel Empire des Jagellons et subit, jusqu’à la mort de Sobieski (1696), l’influence de la Pologne, malgré la suzeraineté turque à laquelle elle était soumise dès la fin du 15e s. et bien que la Hongrie elle aussi ait eu un mot à dire dans la région, jusqu’à son écroulement en 1526. 2.9.4. L’unité culturelle A côté de langue commune roumaine, les principautés roumaines se servaient du slavon comme langue administrative et ecclésiastique. Contre le prosélytisme catholique de la Hongrie, le patriarche orthodoxe de Constantinople installa des métropolites en Valachie (1359) et en Moldavie (1389), qui affermirent l’autonomie des principautés et rehaussèrent leur prestige dans le monde orthodoxe.
3.
La population romane
3.1.
La romanité au Sud du Danube
3.1.1. La ligne de démarcation de Jireˇcek Durant les six siècles de domination romaine sur les Balkans (cf. LRL VII , 1998, 932, carte 1), avant la grande invasion slave, un processus de romanisation eut lieu, dont la portée linguistique nous est connue grâce à des données objectives. Partant de la répartition des inscriptions grecques et latines, Jireˇcek (1902–04, vol. 1, 13) traça une ligne de démarcation entre le latin au nord et le grec ancien au sud (cf. LRL VII , 1998, 933, carte 2). Récemment la zone du latin a été corrigée vers le sud. Elle va de l’embouchure du Danube, longeant les villes grecques de la mer Noire, de Histria jusqu’à Varna, puis de Neseba˘ r jusqu’à Sofia au nord de la chaîne montagneuse des Balkans, et de là jusqu’à Gradisko et dans le sud-ouest jusqu’au golfe de Vlorë sur la côte adriatique. Les terres au sud de Turres (Pirot) jusqu’à Apollonia (Pojan-Fieri) étaient probablement bilingues (Mih˘aescu 1993, 156, c. 4). La Panno-
nie, la Dalmatie, la Mésie et la Dacie faisaient partie de la zone latine, tandis que la Macédoine, la Thessalie et la Thrace restaient dans la région grecque. D’autres éléments linguistiques, notamment thraces et illyriens, se maintinrent également. Faute de sources contemporaines, leur nombre reste cependant controversé. Les peuplades germaniques de passage (Wisigoths et Ostrogoths) furent assimilées ou bien quittèrent les Balkans pour l’Italie. 3.1.2. L’impact slave L’invasion des Slaves a heurté la population locale et l’a forcée à quitter les plaines et les vallées fertiles. Beaucoup se réfugièrent dans les montagnes en devenant des pasteurs sédentaires ou même de vrais nomades. Les anciens Albanais subirent le même sort mais ils étaient moins nombreux que les Romans. Une partie de la population romanisée s’enfuit dans les villes et les ports de l’Adriatique et sur le littoral. Leur unité linguistique se désagrégea et de nouvelles langues et dialectes se développèrent dans les groupes locaux isolés. 3.1.3. Les Valaques au Moyen Age Les Romans vivaient dispersés dans les Balkans, dans de petits Etats slaves et dans l’Empire byzantin. Ils ne disposaient d’aucun territoire et ils étaient trop faibles pour créer un Etat qui leur fût propre et durable. La seule tentative lors de la création du deuxième Tsarat bulgaro-valaque ne dura pas très longtemps (1185–1241), après quoi les Valaques (pour le nom de Valaques → art. 13) perdirent leur rôle politique actif. Leur situation s’améliora sous le régime des Turcs, puisqu’ils bénéficièrent dès lors du même statut juridique que les autres sujets chrétiens de l’Empire. Avant l’arrivée des Ottomans un groupe isolé développa le dalmate, une langue romane mineure, alors qu’au sud du Danube, se différencièrent trois dialectes roumains. Au nord du Danube, le dialecte principal, le daco-roumain, est devenu langue officielle des principautés. Le nombre des personnes qui parlaient l’un ou l’autre des trois dialectes au sud du Danube diminua peu à peu aux 19e et 20e s. avec la naissance et le développement des Etats modernes dans les Balkans. De nombreux Valaques furent assimilés alors que d’autres émigrèrent en Roumanie. Aujourd’hui on trouve encore:
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(a) des Aroumains ou Macédo-roumains en Grèce, en Albanie, dans l’ancienne Yougoslavie et en Bulgarie. Ils représentent le plus grand groupe linguistique avec 300.000– 400.000 locuteurs; (b) les Mégléno-roumains ou ‘Méglénites’, env. 5.000 personnes, qui vivent en Grèce, en Macédoine ou en Turquie; (c) les Istro-roumains, groupe le plus petit avec 1.500 locuteurs, qui vit dans les environs de Rijeka. 3.2. Le problème de la continuité au nord du Danube L’évacuation de la Dacie par les Romains vers la fin de la grande crise de l’Empire romain, au 3e s. apr. J.-C., reste une question très controversée, tout d’abord à cause du nombre réduit des sources, rédigées tard, et qui n’offrent pas de détails sur cet important événement. Comme durant le 19e s. on ne s’est servi que des sources écrites, ce sont exclusivement celles-ci qui donnèrent leur empreinte à l’interpretation de l’ensemble de la question. Les répercussions de cette attitude persistent jusqu’à l’histoire contemporaine, car l’interprétation de l’évacuation de la Dacie entraîna des préjugés sur la naissance du peuple roumain et de sa langue. A toute cette problématique se sont ajoutées des revendications territoriales (la Transylvanie) et des passions nationales, ce qui rendit encore plus difficile une solution objective d’un problème déjà compliqué en soi. 3.2.1. L’évacuation de la Dacie Mis à part les historiens byzantins, dont les témoignages tardifs ne possèdent aucune valeur propre – vu leur modèle latin commun –, six auteurs latins mentionnent l’évacuation de la Dacie: Aurelius Victor (A. V.), Eutropius (Eutr.), Festus (Fest.), Historia Augusta (H. A.), Orosius (Or.) et Iordanes (Iord.). Les trois premiers rédigèrent leurs bréviaires entre 361 et 371 apr. J.-C. L’H. A. a êté élaborée autour de l’an 400. Or. écrivit son ‘Histoire’ en 417, alors que Iord. rédigea son œuvre en 551. 3.2.2. Conséquences possibles Etant donné que les sources parlent d’une évacuation totale de la province (Iliescu 1970) et qu’on y rencontre plus tard, après le passage des peuplades germaniques et altaïques et l’installation des tribus slaves, une population romane, il n’y a que deux explications possibles:
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(a) si l’on en croit les sources écrites, la totalité de la population romane s’est établie plus tard dans la région; (b) si l’on remet en question les sources, il faut admettre que la majorité des habitants est restée sur place, et s’est romanisée avec le temps. 3.2.3. La théorie de Roesler La première explication qui reposait apparemment sur les sources, a conduit à ce que l’on appelle la théorie de Roesler (1871). Celle-ci conteste la continuité romane et parle d’une vague d’immigration venant du sud aux 11e et 12e s., et cela malgré l’absence de preuves ou d’informations dans les sources. Cette ‘lacune’ dans les sources et dans la tradition orale est d’autant plus surprenante, qu’il s’agirait du déplacement de masses humaines durant un laps de temps assez long. Pourtant, la tradition orale ne parle que d’une occupation (desca˘ lecat) du Nord, c.-à-d. à partir de la Transylvanie, en passant par les Carpates, vers la Valachie et la Moldavie (Br˘atianu 1980 passim). 3.2.4. La continuité La deuxième explication formulée plus tard est la théorie de la continuité. Elle doute de la véracité des sources en raison de la logique historique et des sources extralinguistiques (découvertes matérielles) et conteste en outre l’hypothèse d’une immigration tardive des Romans du Sud, faute de preuves (cf. supra). 3.2.5. L’analyse des sources Ni les défenseurs de la théorie de Roesler, ni ses opposants n’ont jamais soumis les sources à une analyse critique, tant leur véracité semblait inébranlable. La première conclusion qui s’impose après une telle analyse est l’existence de deux traditions contraires sur l’évacuation de la Dacie. La première tradition, qui croit à l’évacuation totale, et qui fut la seule à être prise en considération, est partiellement fausse ou vise à un but précis et intéressé. Cette version est présentée par Eutr. (IX , 15, 1), Fest. (VIII ) et par l’H. A. (Aur. 39,7). La deuxième tradition, qui ne parle que d’une évacuation partielle, réduite à l’armée et aux autorités, semble être la vraie. Non seulement cette deuxième tradition – que l’on ne retrouve, il est vrai, que chez Iord. (6e s.) – corrige la première, mais elle la complète aussi avec des précieux détails locaux.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Aucun des trois représentants de la première tradition n’avait de connaissances personnelles de la Dacie. Ils reprirent donc sans réfléchir les données de leurs sources. Fest. et l’H. A. reprirent seulement les données d’Eutr., qui les précédait dans la relation de l’évacuation de la Dacie. Eutr. reste le seul porte-parole d’une tradition intéressée, dont personne ne s’est rendu compte. Il fut le seul auteur latin traduit trois fois en grec, devenant ainsi la source de toute l’historiographie byzantine. En outre, son manuel scolaire servit dans l’enseignement du latin jusqu’au 20e s., raison pour laquelle on retrouve chez certains historiens modernes les mêmes mots pour décrire le repli romain. C’est seulement à la lumière de l’idéologie impériale et de l’expérience personnelle d’Eutr. que sa version officieuse de l’évacuation devient compréhensible: (a) de même qu’au 1er s., sur la rive gauche du Rhin les provinces furent appelées ‘Germania’, bien que la vraie Germania sur la rive droite soit restée libre, deux nouvelles Dacies furent crées après le repli au sud du Danube; (b) l’empereur Aurélien, grand héros du 3e s. (restitutor orbis), était censé sauver tous les citoyens romains des mains des Barbares; (c) la paix avec la Perse (juillet 363) imposa l’abandon de la haute Mésopotamie ainsi que de Nisibis et de Singara. C’est ainsi qu’Eutr. assista, peu avant la rédaction de son œuvre, à une évacuation totale. Mais là il s’agissait seulement de l’évacuation de deux villes et non pas de plusieurs provinces. Le porte-parole de la vraie tradition, Iord., originaire du Bas Danube, était un connaisseur de la région et de ses traditions orales. Il montre aussi un vif intérêt pour la Mésie sur laquelle il nous livre des détails souvent inconnus. Mommsen (MGH , V, proem. XLIV ) considérait même qu’il avait transformé l’histoire des Goths en une histoire de la Mésie. Enfin, il corrige et complète les sources consultées, comme il le fait aussi dans le cas de la Dacie (Iliescu 1972, 150). 3.3.
L’ethnogénèse des Roumains
3.3.1 Une migration était-elle possible? Les sources existantes ne sont pas explicites et même dans la transmission orale, on ne trouve pas de traces témoignant d’une origine méridionale ou d’une migration des Roumains, bien que, dans une telle hypothèse on soit en droit d’en attendre un certain écho
au moins dans le folklore. En raison de la majorité roumaine qui se manifeste plus tard dans les trois principautés roumaines, y compris la Transylvanie, et qui semble difficilement explicable pour quelques chercheurs, je vais analyser brièvement cette hypothèse, toute invraisemblable qu’elle paraisse. 3.3.2. La réalité historique au nord du Danube après l’an 1000 (a) entre le 11e et le 13e s. (intervalle proposé par les adeptes de Roesler pour l’immigration tardive des Roumains) il n’existait dans les pays roumains aucun ‘espace libre’ qui ne fût sous le contrôle et la souveraineté de structures militaires établies (Hongrois ou Turcs). Même des immigrants assez nombreux (des dizaines voire même des centaines de milliers de personnes) furent facilement repoussés et même exterminés; (b) de petits groupes de centaines, voire de milliers de personnes qui, au cours de plusieurs décennies, auraient souvent tenté de s’infiltrer, auraient été détruits au moins partiellement et les survivants auraient été trop peu nombreux pour constituer, après un ou deux siècles, une majorité dans les pays de langue roumaine; (c) qui aurait pu répartir les nouveaux arrivés dans les trois provinces de telle façon qu’ils puissent assimiler, du moins linguistiquement, tous les ‘allogènes’ qui s’y trouvaient et ce, malgré leur faiblesse politique et militaire? 3.3.3. S’est-il produit un miracle? Il ne s’agit pas d’un miracle comme certains historiens, dans le passé, ont caractérisé les événements. Outre les trois circonstances énumérées – toutes négatives pour la théorie de Roesler – on peut indiquer trois parallèles historiques significatifs pour le phénomène de la continuité roumaine: la Bulgarie, la Normandie et l’Angleterre; (a) les Bulgares avaient, en moins de deux siècles, perdu leur langue turque, et lorsqu’ils adoptèrent le christianisme, ils s’étaient déjà revêtus de la robe slave, car ils étaient entourés d’une forte majorité slave; (b) les Normands arrivèrent au début du 10e s. dans le Nord-Ouest de la France, région à laquelle ils donnèrent leur nom. Lorsqu’ils s’emparèrent de l’Angleterre en 1066 (Hastings), ils parlaient déjà le français; (c) bien que les conquérants normands aient longtemps continué à utiliser le fran-
101. Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Romania du Sud-Est
çais une fois établis en Angleterre, et que cette langue soit même restée la langue des tribunaux jusqu’au milieu du 14e s., c’est l’anglais qui s’est finalement imposé. La même chose s’est produite en Roumanie où seule une majorité romane déjà constituée pouvait assimiler d’abord les Slaves – dans les trois futures principautés – et ensuite les Coumans et autres peuplades turques isolées de la Moldavie et de la Valachie. En Transylvanie elle réussit à s’affirmer contre l’Etat hongrois et les colons allemands. Même dans la plaine valaque – inhospitalière pour les autochtones – à côté des slaves et plus tard des tribus turques il y avait des vieilles régions romanes comme Vla¸sca et Codrul Vl˘asiei (une grande forêt à l’ouest de Bucarest). S’ils avaient été les derniers venus (11e – 13e s.), un tel ‘miracle’ n’aurait pas été possible. C’est pourquoi le dernier et plus important disciple de Roesler, Schramm (1997, 343), postule une dynamique démographique spéciale en Transylvanie concomitante avec une migration ininterrompue des Valaques pendant des siècles, quoique toutes les sources se taisent à ce sujet. 3.3.4. Conclusions En conséquence des faits présentés et des raisons énumérées, on doit admettre que l’ethnogénèse des Roumains et la formation de la langue roumaine – seule survivante notable de la Romania du Sud-Est – se sont déroulées tant au sud qu’au nord du Danube. De même, sans la présence d’une population romane assez nombreuse – bien que dispersée – au nord du Danube à l’arrivée des vagues successives d’envahisseurs, qui s’y sont établis, une majorité roumaine dans chacune des trois provinces – du Moyen Age à l’époque moderne – serait inconcevable.
4.
Les Turcs
4.1. Croissance de l’Empire ottoman Les Turcs ottomans quittèrent l’Asie centrale sous la pression des Mongols de Genghis Khan (1206–07) et s’établirent dans l’Ouest de l’Anatolie. Sous Osman Ier, ils créèrent un Etat qui s’étendit si rapidement, qu’au bout d’un siècle leur empire contrôla non seulement l’Anatolie, mais aussi la quasi-totalité des Balkans. Pendant un demi millénaire (1400–1878), et malgré des défaites politico-
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militaires, surtout durant les deux derniers siècles, le Danube forma la frontière nord de leur Empire. Au 15e s. tous les états grecs disparurent, à commencer par Byzance, qui fut choisie comme capitale (Istanbul). Ainsi, l’Empire ottoman marcha sur les traces de Byzance et reprit les mêmes buts géopolitiques. Les petits Etats des Serbes et Albanais, tout comme la Bosnie et l’Herzégovine, partagèrent le destin des petits royaumes bulgares déjà conquis (1393–96). La mer Noire fut transformée en une mer intérieure, alors que les Tatars de Crimée reconnurent la suzeraineté de la Porte pendant trois siècles (1474– 1774). Les principautés roumaines et la ville libre (1526–1806) de Raguse (Dubrovnik) reçurent le même statut de vassal que les Tatars. Le Sud de l’Ukraine entre Boug et Dniestr (Jedisan 1526) et le Sud-Est de la Moldavie entre Prout et Dniestr (Budschak 1538) furent annexés pour mieux contrôler le glacis de l’Empire, c.-à-d. les Principautés Roumaines et les Tatars de Crimée. Le dépassement des frontières naturelles causa des difficultés à l’Empire. Les Ottomans avancèrent vers l’Europe centrale et s’approchèrent de Vienne après avoir abattu l’Empire hongrois près de Mohács (1526). La Hongrie moyenne devint une province turque (raja 1541), dont la capitale était Buda. La Transylvanie devint aussi un vassal de la Porte. Les trois provinces roumaines (la Moldavie, la Valachie et la Transylvanie) formèrent dès lors une chaîne d’alliés dans le glacis nord de l’Empire turc. Dans un dernier élan celui-ci occupa encore la Crête et la Podolie (1669–72), mais il échoua finalement devant Vienne. 4.2. Le déclin La défaite de Zenta (1697) et le Traité de Karlowitz (1699) présageaient déjà du déclin de l’Empire ottoman. Les cours européennes croyaient à une désagrégation rapide de l’Empire, qui pourtant allait se prolonger encore durant deux siècles (Vienne 1683 – Berlin 1878).
5.
Le tournant de 1700
Vers 1700, se forma le nouveau directoire des Cinq (l’Angleterre, la France, la Prusse, l’Autriche et la Russie), qui allait décider de la politique du monde jusqu’à la Première Guerre mondiale. L’Autriche commença sa politique expansionniste dans les Balkans (vers le port de Salonique) et poursuivit cet
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
objectif jusqu’en 1918. Après avoir ouvert une fenêtre au nord (Saint-Pétersbourg), la Russie tenta d’en ouvrir une autre au sud (Constantinople). Les campagnes d’Eugène de Savoie jusqu’au Traité de Passarowitz (1718) et la campagne manquée de Pierre le Grand en Moldavie (1711) représentent le coup d’envoi de la course pour l’héritage turc des Balkans. C’est ainsi que naquit ce qu’on a appelé la Question d’Orient, qui devait être le brûlot de la diplomatie européenne et allait finalement conduire à la Première Guerre mondiale. Le tournant de 1700 obligea l’Empire à rétablir au nord la frontière géopolitique du Bas-Danube. La Podolie et la Hongrie furent abandonnées. La Hongrie et la Transylvanie revinrent à l’Autriche. La Valachie et la Moldavie gardèrent leur statut de vassal limité, mais après les tentatives des Roumains de se détacher de l’Empire (1596–1711), ces régions furent pendant un siècle encore plus étroitement liées à l’Empire par l’instauration de dirigeants grecs, appelés Phanariotes d’après le quartier grec d’Istanbul. 5.1. La Question d’Orient Au 18e s. l’Autriche s’était alliée plusieurs fois à la Russie et avait discuté d’un plan de partage des Balkans. C’est seulement au 19e s. qu’elle suivit une politique d’expansion unilatérale et de stricte compensation. Après la guerre de Crimée (1856) s’instaura un antagonisme croissant entre l’Autriche et la Russie jusqu’en 1914. La Russie combattit plusieurs fois la Turquie pour arriver aux frontières de la Moldavie (Dniestr) et de la Turquie (Danube), et pour annexer les Principautés Roumaines sur le chemin des Balkans. L’expansion de la Russie était bien plus motivée idéologiquement. Elle combattait pour libérer la population orthodoxe des Balkans, dont la majorité était composée de Slaves. Les prétentions de la ‘Troisième Rome’ (Moscou) sur Carigrad (Istanbul) étaient sous-jacentes bien que non exprimées. Le Panslavisme vint renforcer ces tendances agressives dans la deuxième moitié du 19e s. La France et l’Angleterre essayèrent par leur politique unilatérale ou bien concertée, de ralentir, sinon de bloquer, le procès de désagrégation de l’Empire ottoman pour maintenir le prétendu équilibre européen, tandis que la Prusse, et puis l’Empire allemand furent plus favorables à la Russie, sans pour autant oublier l’équilibre politique sus-
mentionné. Ainsi, la survie de l’Empire ottoman et surtout son emprise balkanique furent prolongées. 5.2. Les Phanariotes (1711–1821) Cette époque a laissé bien des traces, tant dans la société que dans la langue roumaines (→ art. 139). Avec les dirigeants grecs arrivèrent aussi de nombreux collaborateurs compétents (Grecs et autres nationalités balkaniques), qui marquèrent profondément la structure moderne des villes roumaines et la langue citadine. De nombreux noms des habitants des villes roumaines et de la haute noblesse (anciennes familles souveraines) proviennent de cette époque. C’est alors que se fit sentir la première influence française (→ art. 152) et que s’infiltrèrent les idées des Lumières. 5.3. Les principautés roumaines au 18e s. Après 1700, la Moldavie et la Valachie tombèrent dans le tourbillon politique des nouveaux prétendants à la succession balkanique, subissant non seulement leur influence mais devenant même leur objet de dispute et terrain d’expansion: (a) l’Autriche se trouvait dans une situation de départ plus favorable, car elle était plus proche des Balkans et avait un chemin plus court à parcourir qui, d’ailleurs, ne passait pas directement par les principautés roumaines. De plus, elle avait déjà annexé la Transylvanie, ce qui lui permettait d’avoir une longue frontière avec les deux principautés. En outre, l’Autriche était le porteparole de la prestigieuse culture allemande. C’est pourquoi l’allemand d’Autriche a exercé bien plus d’influence sur la langue roumaine que le russe. (b) En revanche, la Russie était très proche des Roumains par la croyance orthodoxe commune, les anciennes relations politiques et les nombreux mots slaves dans le vocabulaire roumain. Il y avait aussi une population roumaine (‘moldave’) jusqu’au Boug. L’attitude de la population roumaine à l’égard des Russes était ambivalente, car seule une minorité de l’élite leur était favorable, tandis que la majorité craignait l’impérialisme russe et préférait la suzeraineté turque. Ceci a contribué à diminuer l’impact du russe sur le roumain. (c) Bien que les deux grandes puissances et ‘prétendants’ aux Balkans aient tenté plusieurs fois de s’emparer des principautés et qu’elles les aient occupées par intervalles, el-
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les ne réussirent – en dépit de toute probabilité historique – à annexer que certaines parties du territoire des principautés. Ainsi l’Autriche détint la Petite Valachie (Olténie) pour vingt ans seulement (1718–39). En revanche, elle obtint (1775) le nord de la Moldavie (Bucovine) qu’elle garda jusqu’en 1918. La Russie eut plus de succès mais n’obtint pas non plus ce qu’elle avait souhaité. Au cours de la guerre de 1768–74 elle voulut annexer les deux provinces roumaines qu’elle avait occupées. Mais le premier partage de la Pologne et le droit d’intervention en Moldavie et en Valachie assouvirent un instant ses désirs. Par la suite elle réclama de nouveau ces régions dans le Traité de Bucarest (1812), mais face à la menace napoléonienne, elle se contenta de la Bessarabie (l’Est de la Moldavie entre le Dniestr et le Prout) pour conclure une paix rapide avec la Turquie. 5.4. Les principautés roumaines au 19e s. L’insurrection de Tudor Vladimirescu et le mouvement de l’Hétairie (1821), suivies de la guerre russo-turque et de la paix d’Andrinople (1828–29) marquèrent la fin des Phanariotes et le début de l’époque moderne en Valachie et en Moldavie. L’administration de l’Etat et les services publics furent organisés selon le Règlement Organique Russe (cf. préfecture de Dolj < Dolnyj Jiu). De jeunes Roumains partirent en France pour y étudier. Ils y obtinrent beaucoup de sympathie pour les Roumains et en retournèrent francophones et francophiles. Leur génération jouera d’ailleurs un rôle politique important. Durant le siècle suivant les rapports franco-roumains seront intensifs et les conséquences politiques et surtout linguistiques profondes. Après le traité de Paris (1856) les principautés danubiennes récupérent le Sud de la Bessarabie et furent réunies par l’élection d’un seul prince, Alexandre Cuza (1859–66), qui commença la modernisation rapide des structures médiévales. Charles de Hohenzollern-Sigmaringen, élu prince des principautés danubiennes en 1866 et roi de Roumanie de 1881–1914 (sous le nom de Carol Ier), obtint à Berlin (1878) l’indépendance et la Dobroudja, mais perdit le Sud de la Bessarabie, obtenue à Paris (1856). Ayant échappé de justesse à une occupation russe en 1878, il adhéra à la Triple Alliance en 1883. Ce fut une époque d’essor économique et surtout culturel de la Roumanie.
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5.5. Les provinces roumaines au 20e s. Arbitre des guerres balkaniques (1912–13), la Roumanie reçut la Dobroudja méridionale (Quadrilatère) à la paix de Bucarest. Sous Ferdinand Ier (1914–27), la Roumanie s’engagea (1916) dans la Première Guerre mondiale à côté des Alliés. Ainsi, après leur victoire, prit naissance la Roumanie Intégrale (România Mare) par la réunion de la Transylvanie, de la Bucovine et de la Bessarabie, sanctionnée par les traités de Saint-Germain (1919) et de Trianon (1920). Carol II (1930–40) finit par introduire la dictature personnelle (1938), mais resta fidèle aux anciens Alliés. En 1940, à la suite de la connivence des Nazis et des Soviétiques (Ribbentrop–Molotov) la Roumanie fut dépouillée de la Bessarabie et de la Bucovine du Nord, ainsi que d’une partie de la Transylvanie et du Quadrilatère. Michel Ier (1927–30 et 1940–47) succéda à Carol II , obligé d’abdiquer. Le général Antonescu instaura un régime militaire (5. 9. 1940–23. 8. 1944). Il fut renversé, après avoir perdu la guerre contre l’URSS (1941–44). S’ensuivit la ‘mise au pas’ soviétique, avec les autres ‘satellites’ de l’URSS. Le 30. 7. 1947, après l’abdication du roi, fut proclamée la République Populaire Roumaine (RPR ), qui devint le 21. 8. 65 la République Socialiste de Roumanie (RSR ). Ceau¸sescu devint en 1965 chef du Parti et en 1974 Président de la République. Après son refus d’entrer en Tchécoslovaquie (1958), il mena, jusqu’à sa chute (1989), une politique ultra-nationaliste. A celle-ci il ajouta en 1972 une sorte de ‘révolution culturelle’ pour supplanter les anciens cadres politiques et professionnels. Détesté à cause de sa politique insensée et répressive, ainsi qu’à cause du rôle néfaste de sa femme Elena, il fut renversé par une population systématiquement affamée à la fin de l’année 1989. Nicolae et Elena Ceau¸sescu furent exécutés. Les élections de mai 1990 ont été remportées par le Front du Salut National, qui deviendra le Parti Social-Démocrate (PSD ) en 2000, dont le chef, Ion Iliescu, devint le Président de la République Roumaine. Il s’est reconstitué un système politique à plusieurs partis: chrétien-démocrate, démocrate, libéral, parti des Hongrois, etc. Actuellement la Roumanie est membre de l’OTAN et candidate à l’adhésion à l’UE en 2007.
6.
La problématique moldave
Le ‘problème moldave’ n’est pas une question linguistique ou historique, mais un faux
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
problème politique, qui a servi à l’ancienne propagande soviétique de justification à l’annexion de la Bessarabie, et aussi pour suggérer la possibilité de la constitution d’une République socialiste de la Moldavie intégrale, c.-à-d. y compris la Moldavie roumaine (cf. la carte contenue dans LRL III , 518). Après l’écroulement de l’URSS et l’indépendance du pays (1991), la Moldavie est devenue un argument ‘scientifique’ pour les adversaires d’une possible réunion avec la Roumanie, comme en 1918. Les adeptes de cette attitude politique soutiennent, qu’une nouvelle langue romane, ‘le moldave’, totalement différente du roumain, se serait développée en Moldavie soviétique, bien qu’on sache qu’il ne s’agit que d’une variante régionale du roumain. 6.1. Histoire Située entre les Carpathes et le Dniestr (Nistru) la principauté moldave s’est formée au 14e s. (cf. 2.9.3.). Au cours des siècles beaucoup de Moldaves se sont établis entre le Dniestr et le Boug, et même au-delà. Jusqu’à la fin du 18e s. ces territoires se trouvaient sous l’autorité de l’Empire ottoman. C’est seulement en 1792 que les régions entre le Boug et le Dniestr seront annexées par la Russie, qui, en 1812, se fait céder aussi la partie orientale de la Moldavie, entre le Prout et le Dniestr, c.-à-d. la Bessarabie. En 1856 (Traité de Paris) les districts méridionaux de la Bessarabie furent rendus à la Moldavie, pour revenir en 1878 (Traité de Berlin) de nouveau à la Russie. Selon le ‘Cartogramme’ de 1817, à peu près 84 % des habitants de la Bessarabie étaient Roumains. Le reste (16 %) était constitué par des minorités (ukrainienne, russe et gagaouze). En 1918 la province fut de nouveau rattachée à la Roumanie. A ce moment-là les Roumains formaient les deux tiers (1,8 millions) de la population. En l’URSS fut crée, en 1924, sur la rive gauche du Dniepr, une république autonome, la Transnistrie, rattachée à l’Ukraine, avec pour capitale Tiraspol. En 1940, selon l’accord Ribbentrop-Molotov, les Soviétiques annexèrent aussi la partie septentrionale de la Bucovine, qui de même que la Bessarabie méridionale, fut rattachée à l’Ukraine, tandis que le reste de la Bessarabie et une partie de la République autonome de la Moldavie formèrent la République Socialiste de Moldavie, dans le cadre de l’URSS. Une première fois en 1941, et ensuite après la guerre, des
dizaines de milliers de Roumains de Bessarabie et de Bucovine ont été déportés en Sibérie. Les Soviétiques ont en outre mené une forte politique d’assimilation des Moldaves (Roumains) avec des conséquences linguistiques, c.-à-d. une notable diminution des roumainophones. Lors de l’écroulement de l’URSS (1991) le pays proclama son indépendance. La nouvelle constitution de 1994, après des combats avec les séparatistes russophones de Transnistrie, prévoit dans le cadre de la Moldavie, l’autonomie de la Transnistrie et de la minorité gagaouze. Pendant le rapprochement moldavo-roumain des premières années, des milliers de lycéens et d’étudiants ont reçu des bourses pour étudier en Roumanie. C’est ainsi qu’une partie de la jeune ‘intelligentsia’ moldave a été ‘reromanisée’, quoique beaucoup d’entre eux ne soient pas retournés en Moldavie, à cause du grand décalage économique. En 1989, sur les 4.250.000 habitants de la République de Moldavie 2.800.000 étaient Moldaves. Depuis, des centaines de milliers de Moldaves sont partis travailler à l’étranger. Un certain nombre de Moldaves (0,325 millions) vivaient en Ukraine (de Tschernovtsi à Odessa, Donetsk et Louhansk) et d’autres (0,23 millions) dans le Caucase, au Kasahstan, au Kirghizistan et en Sibérie (Gabinskij 2002, 133). 6.2. La politique linguistique russe et soviétique Depuis 1828, le roumain de Bessarabie, appelé ‘moldave’ par les autorités russes, commença à être remplacé par le russe en tant que langue officielle. Le roumain se maintint en partie dans les églises et les monastères. Quelques journaux et revues en ‘moldave’ purent, à grand-peine, paraître après la révolution de 1905. L’enseignement du ‘moldave’ cessa complètement d’abord en 1867, décision confirmée en 1873. Dans les années 1924–28 et 1932–38 le roumain standard, graphié à l’aide de l’alphabet latin fut instauré en République de Moldavie par les autorités soviétiques. Entre 1928 et 1932 on essaya d’employer une variante ‘prolétaire’, appelée, d’après son initiateur, ‘madanisme’, qui s’est pourtant avérée inapplicable. La variante dialectale de 1938, avec beaucoup de néologismes et alphabet russe a disparu en 1956 quand on est revenu définitivement au roumain standard, pendant la période du ‘dégel’, mais l’alphabet cyrillique fut conservé (Heitmann 1989, 513–515).
101. Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Romania du Sud-Est
En 1989 l’alphabet latin a été réintroduit et en 1991 le moldave est devenu la langue officielle du pays. En Nistrenia, qui compte 40 % de moldavophones, sont admises trois langues officielles: le russe, le moldave et l’ukrainien.
7.
Le Dalmate
7.1. La période romaine La province romaine de Dalmatie s’étendait du fleuve Aria (Rasa) au nord jusqu’au fleuve Drus (Dirlo) au sud (cf. LRL II /2, 1995, 39, carte 1). L’occupation de cette partie des Balkans par les Romains commença vers les années 229–218 av. J.-C. Notons que la presqu’île d’Istrie fut occupée la première. De fait, la conquête romaine fut accomplie seulement en 9 apr. J.-C., lorsque la dernière révolte des Dalmates et des Pannoniens fut étouffée. La population était composée de tribus illyriennes, avec des éléments celtiques (4e –3e s. av. J.-C.). Lors de la réorganisation et du morcellement des provinces sous Dioclétien (284–305 apr. J.-C.), le Sud devint la province de Praevalitana qui à partir de 379, appartint à la partie orientale de l’empire. L’emplacement de la Dalmatie entre la partie latine et la partie grecque de l’empire anticipa en quelque sorte la grande scission de l’empire en 395. En Dalmatie, le processus de romanisation fut particulièrement fort. Dans 410 localités, on a découvert 8.500 inscriptions, c.-à-d. bien plus que dans les 850 localités des provinces de la Pannonia Inferior, de la Moesia Superior et Inferior et de la Dacia. Cependant, plus de 75 % (6.500) des inscriptions ont été trouvées à l’ouest des Alpes dinariques et de la ligne de partage des eaux des vallées de la Save et du Danube. La population romane de cette région qui se maintint partiellement à proximité de la côte, sur la côte même ou sur les îles parlait une autre langue romane: le dalmate. L’unité de la Romania balkanique étant rompue par l’arrivée des Slaves et par les migrations des Albanais, le dalmate finit par se distinguer nettement du roumain et de ses dialectes. 7.2. La période byzantine La suprématie de quarante ans des Ostrogoths (489–532) ne changea rien dans les Balkans, tandis que les Avars pillèrent des villes importantes telles que, entre autres, Sirmium (Sremsca Mitrovica) et Salona (So-
1165
lin). Si leurs pillages causèrent de grands dégâts, ils ne furent pas irréparables. La conquête slave, par contre, transforma la structure ethnique des Balkans. L’arrivée de réfugiés romans provenant de la Pannonie, de la Dalmatie septentrionale et de la Praevalitana dans les villes anciennes et partiellement aussi dans les nouvelles villes côtières ainsi que dans les îles de l’Adriatique rendit plus difficile ou impossible le contact entre les groupes romans. Ainsi se formèrent des différences dialectales entre les huit villes, différences qui eurent comme conséquence le développement des variétés dalmates. Les plus importantes sont le ragusain (au sud) et le végliote (au nord) parlé à Veglia (Krk). La suprématie byzantine dans l’Adriatique prit fin autour de 1070 (cf. 2.2.) sans qu’il ait eu des changements politiques et linguistiques dans l’arrière-pays slave ou dans les villes romanes (dalmates) situées sur la côte. 7.3. La période post-byzantine Après le retrait de Byzance, le royaume croate et après 1102 le puissant royaume hongrois (cf. 2.5.) ainsi que Venise, la future grande puissance maritime, se disputèrent le contrôle des villes dalmates de la côte adriatique. Grâce à sa flotte, Venise s’imposa. Après des luttes à issues variables entre le 12e et le 15e s., Venise exerça au début du 15e s. son pouvoir sur toutes les villes dalmates, même si Veglia (Krk) fut conquise en 1480 seulement. La seule exception fut la ville de Raguse (Dubrovnik) qui, tout en étant contrôlée par Venise entre 1205 et 1358, devint plus tard une république commerciale entièrement autonome. La conquête des îles Lagosta (Lastovo), Meleda (Mljet), Burzola (Korcula), Lesina (Ilvar) et Brattia (Brac) et du littoral jusqu’à l’embouchure de la Narenta (Naretva) permit à Raguse la formation d’un petit territoire souverain. Jusqu’en 1526, Raguse fut placée sous la suzeraineté nominale de la Hongrie, puis, entre 1526 et 1806, sous celle de l’Empire ottoman et, par la suite, entre 1815 et 1919 de l’Autriche. En raison de la concurrence de vénitien colonial et sous la pression de l’arrière-pays slave, il est, cependant, fort probable que le dialecte ragusain n’existait déjà plus en 1500. Il fut remplacé par le croate. Les six autres villes subirent le même sort bien plus tôt, à une époque que l’on ne saurait préciser. Les locuteurs du dalmate étaient peu nombreux – jusqu’à 50.000 personnes envi-
1166
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
ron (Muljaˇci´c 2000, 195) – et ne réussirent jamais à fonder un véritable Etat et à développer une langue standardisée et homogène. Peu avant 1900, avec le décès d’Udaina Burbur à Krk, disparut le dernier locuteur du dalmate (de type vegliote).
8.
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1167
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Vladimir Iliescu, Aachen
102. Politica, sviluppo socio-economico e storia della lingua: Italoromania Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Italoromania 1. 2. 3. 4. 5. 6.
1.
Le ragioni politiche e sociali di un ritardo storico Le Italie del Medioevo Una lingua senza uno Stato e senza una società Riflessi linguistici dell’unità politica Nuovi fattori di instabilità linguistica nell’Italia post-industriale Bibliografia
Le ragioni politiche e sociali di un ritardo storico
Solo nel corso del Novecento la nostra lingua è diventata patrimonio comune della maggioranza degli italiani. Per tutti i secoli precedenti l’italiano è stato invece attribuzione esclusiva di una ristretta fascia di letterati e, più in generale, di persone colte; anche questi pochi privilegiati dovevano del resto fare continuamente i conti, nell’uso effettivo della lingua, con i vari idiomi locali, dominatori indiscussi della comunicazione parlata così nel Settentrione come nel Mezzogiorno d’Italia. La rigogliosa vitalità dei dialetti e, d’altro canto, la progressiva ascesa quale lingua nazionale di un italiano scritto di derivazione toscano-letteraria, che però ha stentato moltissimo a diffondersi nell’uso parlato, costituiscono senza dubbio i principali caratteri distintivi di gran parte della storia linguistica d’Italia. Fenomeni di così ampia portata e di così lunga durata hanno inevitabilmente motivazioni complesse, le quali riflettono con particolare chiarezza il legame strettissimo e costante delle vicende linguistiche con le condizioni di fondo della realtà politica e sociale italiana. Le diverse componenti di questo intreccio storico erano riepilogate alle soglie dell’Unità, in un
noto passo del «Primato morale e civile degli italiani», da Vincenzo Gioberti, che non dimenticava di menzionare anche la scissione tra lo scritto e il parlato: «V’ha bensì un’Italia e una stirpe italiana congiunti di sangue, di religione, di lingua scritta ed illustre; ma divisa di governi, di leggi, d’instituti, di favella popolare, di costumi, di affetti, di consuetudini» (Gioberti 1842–43/1925, vol. 1, 92s.).
La mia ricostruzione si svolgerà lungo un itinerario espositivo necessariamente sintetico, toccando per gradi successivi alcuni momenti e aspetti fondamentali del rapporto tra lingua, politica e società dal Medioevo a oggi. Anticipo in un quadro sintetico gli snodi problematici ai quali sarà dedicata via via attenzione nelle pagine seguenti: (1) l’accentuata frammentazione politica e lo sviluppo di un vivace policentrismo urbano nell’Italia medievale, che aggiunsero ulteriore linfa alla costitutiva molteplicità dei volgari presenti nelle diverse aree geografiche della penisola, una molteplicità messa in luce con chiarezza già da Dante; (2) la consacrazione di un dialetto passato trionfalmente al vaglio della grammatica e della retorica, il toscano letterario, a lingua comune dell’uso scritto, evento verificatosi nella prima metà del Cinquecento con il contributo essenziale dell’industria tipografica e senza alcun significativo atto di dirigismo linguistico da parte dei governi; (3) la persistenza nei vari Stati regionali presenti sulla scena politica italiana tra Cinquecento e Settecento di un municipalismo oligarchico fondato su privilegi di stampo nobiliare, con la sua intrinseca tendenza alla staticità sociale, culturale e linguistica;
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
(4) gli effetti salutari dell’Unità politicoamministrativa, che determinò un risoluto progresso nel percorso storico di identificazione tra la comunità nazionale e la sua lingua, favorendo il superamento delle antiche fratture tra lo scritto e il parlato, tra l’uso colto e l’uso popolare dell’italiano; (5) le nuove questioni che si pongono per la nostra lingua nella società di oggi, in cui tendono ad assumere un ruolo sempre più dominante i nuovi rivoluzionari sistemi di comunicazione informatica e telematica.
2.
Le Italie del Medioevo
Il prolungato stato di frantumazione politica costituisce uno dei tratti più caratteristici e rilevanti della storia italiana, con inevitabili conseguenze su tutti gli aspetti della vita del Paese. Fondamentali fattori predisponenti sono stati più volte indicati da un lato nella stessa collocazione dello Stivale, proiettato dall’arco alpino verso il centro del Mediterraneo, in un crocevia strategico tra Oriente e Occidente, tra Settentrione e Meridione del vecchio mondo, dall’altro nella particolare conformazione del suolo, con la forte dorsale appenninica a marcarne ulteriormente lo sviluppo longitudinale e a separarne le estesissime coste, con la straordinaria varietà morfologica, climatica e ambientale che caratterizza il territorio della penisola e delle isole. I caratteri della geografia hanno quanto meno assecondato gli eventi della storia nell’attivazione di meccanismi disgregativi che raggiungono proprio nel Medioevo i picchi più elevati di ampiezza e incisività. Per quanto riguarda in particolare la tumultuosa vicenda politica di questo periodo, appare legittima una scansione in tre fasi. La prima e più dirompente di esse si svolge nei secoli immediatamente posteriori al crollo dell’impero, quando il tessuto organizzativo e comunicativo che Roma aveva stabilito, non senza ostacoli e frizioni, tra i diversi popoli presenti nell’Italia antica subisce un generale processo di logoramento e di lacerazione, sotto l’urto sempre più rovinoso delle successive ondate di invasori. Se con i Goti e poi con i Bizantini si era conservata, almeno sotto il profilo strettamente istituzionale, l’unità della penisola, con l’irruzione longobarda della seconda metà del VI sec. si delinea per la prima volta il tema storico delle «due Italie» (Abulafia 1991): un’Italia longobarda, nell’area centro-set-
tentrionale e nei ducati di Spoleto e di Benevento, contrapposta a un’Italia bizantina, comprendente il litorale veneto, la Liguria, il ‘corridoio’ da Ravenna a Roma (con il Patrimonium Petri in posizione di specifico rilievo), Napoli, la Puglia, la Calabria e le isole. La discesa dei Franchi, al seguito del futuro imperatore Carlo Magno, segna sullo scorcio dell’VIII sec. una svolta significativa. In questa seconda fase si contendono il potere in Italia quattro-cinque forze politiche di diverso peso: mentre i Franchi tendono a consolidare la vasta supremazia acquisita nel Centro-Nord, il Centro-Sud rimane diviso in entità territoriali di minore estensione, controllate rispettivamente dalla Chiesa, dai Longobardi e dai Bizantini; nel corso del IX sec., poi, la conquista araba della Sicilia introduce sulla scena meridionale (e più in generale italiana) un altro notevole elemento di frattura. L’affermazione normanno-sveva sull’intero Mezzogiorno e l’esperienza ben diversa dei Comuni nel Settentrione improntano in modo contraddittorio la terza fase, che si realizza pienamente tra l’XI e il XIII sec., ma al tempo stesso produce un sistema di equilibri divergenti destinato a diventare una costante strutturale della storia italiana. La conquista normanna raccoglie tutti i territori a Sud di Roma in un ampio e solido organismo geopolitico, che si imporrà nell’Italia frammentata come il ‘Regno’ per antonomasia, conservando integra la propria fisionomia unitaria fino al 1860, sia pure con vari rivolgimenti dell’assetto interno e con un intervallo durante il dominio aragonese della Sicilia. Nel medesimo tornante cronologico il Settentrione è investito da un processo di senso opposto. Qui, infatti, l’inquadramento feudale dei domini franchi, già di per sé incline alla polverizzazione amministrativa, perde ogni residua coerenza e stabilità ad opera dei vari potentati locali, soprattutto cittadini. Questa pluralità di forze indigene sospinte da interessi di tipo affine promuove, con il contributo determinante dei dinamici ceti emergenti di estrazione borghese, la grande stagione della civiltà comunale. Si precisa così nei suoi contorni definitivi quella fondamentale discrasia storica tra le «due Italie» che per la varietà, l’ampiezza e la rilevanza delle sue implicazioni – tra cui un diverso modo di concepire il rapporto del cittadino con il potere, di tipo più ‘comunale’ e diretto nel Nord, più ‘statuale’ e burocratico nel Sud – avrebbe segnato in modo
102. Politica, sviluppo socio-economico e storia della lingua: Italoromania
permanente lo sviluppo nazionale (cf. Abulafia 1991; Petraccone 2000). Alle tre grandi fasi dell’evoluzione storico-politica ora richiamate corrispondono altrettante fasi dell’evoluzione storico-linguistica, con un parallelismo quasi perfetto, purché si tenga conto naturalmente della maggiore vischiosità dei processi linguistici rispetto alle vicende militari, ai rovesci istituzionali e agli stessi mutamenti della società. Nella prima fase il disfacimento dell’Impero e la formazione dei regni barbarici, con le loro gravi conseguenze sul piano sociale, economico e culturale, determinano una frattura della sostanziale continuità e della relativa unità che la tradizione latina poteva ancora vantare in epoca tardo-imperiale. All’indebolimento della norma grammaticale si collega l’emersione incontrollata dei fenomeni di disomogeneità diatopica, diastratica e diafasica: elementi propri delle varietà locali, popolari, informali si presentano con frequenza sempre maggiore (senza particolari intenti espressivi) nei testi scritti in latino, denunciando macroscopicamente l’accentuata instabilità della situazione linguistica. Nella seconda fase le crescenti tensioni diglottiche tra il latino e le varietà inferiori evolvono verso un netto bilinguismo (per la nozione di «diglossia» cf. Ferguson 1959/73). La definitiva costituzione di un nuovo sistema linguistico, certificata dalle prime coerenti testimonianze di scrittura volgare, non si spiega solo con una ‘presa di coscienza’ determinata dalla «rinascita carolingia» della cultura e dalla conseguente restaurazione scolastica del latino, che peraltro favorì certamente la percezione dello iato non più colmabile tra la norma grammaticale e l’uso spontaneo (cf. Petrucci 1994, 34). L’affermazione dell’autonomia del volgare riflette piuttosto la ‘presa d’atto’ di tutto un complesso di fattori politici, sociali, economici e culturali che imponevano l’adozione, in concorrenza con il latino, di un ulteriore adeguato strumento linguistico. «L’antico uso di combinare latino e volgare in talune scritture e il nuovo sforzo di dare al volgare una veste scritta non risultarono, per un buon tratto di tempo, due operazioni radicalmente diverse» (Sabatini 1968/96, 243).
Fu appunto l’urgenza di una realtà storica profondamente mutata a sollecitare infine il passaggio dai progressivi esercizi di svezzamento alla totale emancipazione del volgare dal latino. Nella terza fase la forte crescita
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demografica ed economica, con la straordinaria rinascita della civiltà cittadina e con il nuovo ruolo assunto dagli esponenti dei ceti mercantili e delle libere professioni, produce effetti salutari anche sullo sviluppo del volgare, che amplia le sue sfere d’uso dalla comunicazione quotidiana a varie tipologie testuali: in successione temporale emergono specifici filoni di scrittura pratica (notarile, amministrativa, commerciale, epistolare), composizioni poetiche di argomento religioso e profano, volgarizzamenti e prose originali di vario genere (cf. Casapullo 1999). Questa produzione in volgare rispecchia con puntualità lo stato di frammentazione politica e linguistica che caratterizzava l’Italia medievale. Anteriormente all’età di Dante le condizioni più favorevoli al sorgere di una scrittura sovraregionale si producono – a riprova del nesso tra politica e lingua – nel regno fortemente accentrato di Federico II : qui, grazie all’eccellenza culturale della corte sveva, e all’interno di un più vasto disegno perseguito dall’imperatore (si pensi alla creazione dell’Università di Napoli), fiorisce nella prima metà del Duecento la scuola poetica siciliana, i cui testi, trasmessi in una veste linguistica ‘normalizzata’ dai copisti toscani, danno avvio alla tradizione letteraria italiana. Si tratta di una preminenza storica riconosciuta dallo stesso Dante, che nel De vulgari eloquentia è il primo autorevole esploratore delle effettive possibilità di elaborazione teorica e pratica di un volgare illustre italiano, ma proprio in quanto tale è anche il primo attentissimo testimone della frazionata realtà linguistica della penisola. L’analisi dantesca – mirante, è opportuno sottolinearlo, alla fondazione di un ben preciso paradigma letterario – stabilisce una prima fondamentale partizione tra i due versanti appenninici, assumendo il criterio geografico, più comodamente gestibile per la sua neutralità, anche dove i dati politici e culturali (oltre che linguistici) avrebbero suggerito piuttosto una prospettiva NordCentro-Sud. Dante distingue quindi almeno quattordici regioni con i relativi volgari, essi stessi soggetti a variabilità interna, persino nell’ambito dello stesso municipio: sul versante occidentale, «Apulia» tirrenica (dal Garigliano alla punta della Calabria), Roma, Ducato di Spoleto, Toscana, «Ianuensis Marchia» (l’attuale Liguria); sul versante orientale, «Apulia» adriatica, «Marchia Anconitana», Romagna, Lombardia (in accezione più ampia dell’attuale),
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
«Marchia Trivisiana cum Venetiis», Friuli e Istria. La Sardegna e la Sicilia vengono annesse ai territori dell’area continentale tirrenica; ne discende un’interessante convergenza siculo-toscana (si ricordi ancora che Dante leggeva i poeti siciliani in manoscritti fortemente toscanizzati). In un quadro di partenza attraversato da discontinuità idiomatiche tanto marcate, il successo del volgare della Toscana, avviato dalla fine del Duecento all’insegna del duplice primato di questa regione nella letteratura e negli affari, era destinato a scontrarsi nell’Italia mediana e settentrionale contro l’orgoglioso autonomismo dei vari centri cittadini, nell’Italia meridionale contro l’immobilismo di una società organizzata su basi feudali: «citando casi estremi, ben diversamente motivata è la refrattarietà della Liguria, dove vige una robusta tradizione locale, da quella della Lucania e della Calabria, per le quali si ignorano manifestazioni scritte di un qualsiasi volgare fino al Quattrocento inoltrato» (Sgrilli 1988, 430).
3.
Una lingua senza uno Stato e senza una società
Nella prima metà del Quattrocento si completa il processo di riassestamento della società italiana post-comunale, con l’aggregazione delle città-Stato in più vasti nessi politico-territoriali organizzati intorno ai centri più importanti o ai prìncipi più autorevoli. La pace di Lodi (1454) sancisce la formazione o il consolidamento di una pluralità di «Stati regionali», a Milano, a Venezia, a Firenze, nel Piemonte, nei territori della Chiesa, nel Regno di Napoli, che caratterizzeranno l’accidentata geografia politica italiana fino all’età napoleonica. La mancanza di uno Stato in grado di affermare la propria supremazia su tutti gli altri ostacolerà fortemente l’unificazione del Paese, suscitando nel contempo gli appetiti espansionistici delle grandi potenze europee. Lo stesso dominio straniero sulla penisola, a partire dal Cinquecento, non varrà comunque a sanare il cronico problema del frazionamento: a questo proposito è stato possibile dire, con un significativo paradosso, che «l’Italia non ha mai avuto la fortuna di essere occupata per intero da un medesimo invasore» (Galli della Loggia 1998, 18). Per quanto riguarda specificamente la diffusione di un modello linguistico unitario, si
impone una distinzione tra la fase quattrocentesca (pregutemberghiana) e quella postcinquecentesca (gutemberghiana): la prima fase è caratterizzata dalla formazione, nel parlato civile delle corti o nei documenti prodotti dalle cancellerie, di koinài linguistiche sovralocali, in cui le punte idiomatiche sono mitigate attraverso il riferimento al latino e al toscano (cf. Tavoni 1992); nella seconda e più matura fase il toscano letterario diviene, grazie al contributo fondamentale della stampa, la lingua comune dell’uso scritto, dotata di un’eccellente codificazione e capace di conquistarsi rapidamente un posto di rilievo tra le grandi lingue di cultura europee (cf. Trovato 1994; Marazzini 1993). «Con l’avvento del nuovo potente mezzo di comunicazione, la sede dell’elaborazione di un modello unitario si trasferisce da un luogo reale com’è la corte, centro di pratiche linguistiche di alto livello sia sul piano dello scritto sia su quello del parlato, a un luogo culturale com’è invece il libro, nel quale lo scritto (e solo lo scritto) celebra la sua apoteosi. È evidente la convergenza tra questo processo e l’altro analogo che ha determinato la sconfitta dei teorici della lingua cortigiana e la vittoria del Bembo, assertore appunto di una varietà libresca. Nella particolare situazione italiana, caratterizzata dalla mancanza di un centro capace di egemonia linguistica, l’interesse per la definizione e la diffusione di un modello standardizzato spinge l’editoria ad accogliere e a promuovere il più collaudato canone disponibile, quello trasmesso dalla grande letteratura fiorentina del Trecento» (Trifone 1993, 428; sulla cosiddetta ‘teoria cortigiana’, e sulle esperienze linguistiche cui essa intendeva richiamarsi, cf. Giovanardi 1998).
Visto che dal Cinquecento all’Ottocento un modello di lingua comune generalmente apprezzato in ogni parte d’Italia c’è stato, visto inoltre che non sono mai emerse alternative linguistiche realmente praticabili sul piano nazionale, non si può fare a meno di domandarsi perché tale modello non sia riuscito, in un lasso di tempo così lungo, ad affermarsi anche come strumento dell’uso popolare e parlato. La frammentazione politica della penisola spiega solo in parte questa sorta di disturbo della crescita di cui è stata vittima la lingua italiana, un disturbo che affonda le sue radici in più ampie e profonde patologie dello sviluppo del Paese. Si consideri innanzitutto che nei vari Stati regionali si impongono sistemi di potere oligarchico ferreamente codificati, atti a confermare la situazione di privilegio dei patriziati cittadini, con grave detrimento per la mobilità sociale.
102. Politica, sviluppo socio-economico e storia della lingua: Italoromania «Dalla seconda metà del Quattrocento al tardo Seicento in tutti i centri urbani della penisola le oligarchie locali, largamente informali, si trasformano in nobiltà più rigidamente formalizzate: ovunque si precisano regole di appartenenza al ceto dominante, si fissano criteri di ammissione, se ne specificano i caratteri distintivi. Il processo conosce la sua più alta espansione tra la metà del XVI secolo e i primi del XVII : sono questi infatti i decenni durante i quali si sviluppa in Italia anche una letteratura volta a dare fondamento ideologico e giuridico all’assetto nobiliare della società italiana, dando luogo a una concezione che non sarà più messa in discussione per oltre un secolo» (Angiolini 1997, 305).
Un altro aspetto rilevante è il complessivo declino o ristagno demografico, a partire dalla seconda metà del Cinquecento, delle città italiane, che si accompagna a un sensibile incremento della popolazione rurale (cf. Sonnino 1996), inserita in circuiti di relazione più limitati e più semplici, tali da non stimolare in modo incisivo il passaggio dal dialetto alla lingua. Va anche sottolineata l’assoluta inconsistenza, almeno fino alle riforme di epoca illuministica, della politica scolastica pubblica, cronicamente incapace di promuovere l’accesso di ampi strati popolari all’alfabetizzazione, e quindi anche di consentire l’apprendimento di massa dell’italiano (→ Art. 106). Le gravi disuguaglianze della società e la scarsa circolazione della cultura cospirano quindi con le barriere imposte dall’assetto politico-amministrativo nel deprimere le possibilità, le occasioni e le stesse esigenze di accesso popolare alla lingua comune. I problemi di diffusione dell’italiano sono stati aggravati in misura notevole dalla confluenza delle spinte conservatrici sopra accennate con gli interessi localistici dominanti all’interno della compagine sociale e delle istituzioni politiche. Per citare soltanto un caso esemplare, ancora nel Settecento l’ingresso di elementi nuovi nel patriziato milanese, i cui membri si spartivano le più alte cariche dell’amministrazione cittadina, era subordinato non solo alla disponibilità di ingenti patrimoni, ma anche a requisiti quali «la residenza da almeno un secolo della famiglia in Milano, l’appartenenza ad un’antica nobiltà e la rigorosa esclusione della famiglia dal commercio e da altre professioni considerate vili» (Carpanetto / Ricuperati 1998, 77).
Il formalismo retorico e il particolarismo dialettale sono stati in ultima analisi i corri-
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spettivi linguistici del conservatorismo e del localismo che hanno caratterizzato, per l’appunto, la vita degli Stati regionali preunitari. L’orientamento preferenziale dei detentori del potere (un potere da intendere qui nell’accezione più ampia possibile, e tuttavia controllato pur sempre da pochi e circoscritti gruppi di riferimento) è andato naturalmente a rivolgersi, con contraddizione solo apparente, verso i poli alternativi dell’italiano aulico e del dialetto. Dalla combinazione di questi due sistemi linguistici antitetici e concorrenti scaturiva infatti una sorta di supersistema di difesa dei privilegi acquisiti, in grado di assicurare una duplice efficace copertura, ‘verticale’ e ‘orizzontale’, rispetto ai tentativi di ascesa interna e di ingerenza esterna. Sul piano verticale, il supersistema in questione si avvaleva di un raro e sofisticato organismo retorico-grammaticale, una lingua di eccellenza specificamente destinata agli impieghi della sfera formale e pubblica, che veniva quindi preclusa, anche per tale via, alla partecipazione attiva delle classi inferiori; mentre sul piano orizzontale era la fresca e spontanea parlata locale a rispondere alle normali esigenze della comunicazione quotidiana e insieme a marcare l’appartenenza dell’individuo al territorio, con le prerogative e i diritti che ne conseguivano rispetto ai forestieri. Non che siano mancate, da parte di individui e ambienti colti di mentalità più aperta e di indole meno conformista, esperienze comunicative di segno diverso, forme di espressione linguistica più duttili, al tempo stesso regolate e libere, interpretazioni della norma meno impettite, più sensibili all’influsso dell’uso colloquiale e popolare. Vi sono inoltre cospicui filoni di scrittura, come la lettera familiare, il diario privato o il testo teatrale, costituzionalmente inclini a tradurre nelle proprie specifiche forme una serie di materiali desunti dalla dimensione dell’oralità, non esclusi certi tratti spiccatamente «irregolari» tipici del parlato spontaneo (cf. Folena 1985; Le forme del diario 1985; Trifone 2000). Né si possono trascurare le testimonianze di tanti uomini e donne di umile condizione che sono riusciti a forzare la dura barriera imposta dall’ordinamento della società e a conquistare il difficile traguardo della lingua scritta, sia pure fermandosi spesso al livello di un italiano imperfetto e instabile, nel quale tendevano a riaffiorare in modo inavvertito elementi caratteristici del fondo dialettale (cf. Bartoli
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Langeli 2000; D’Achille 1994). Ma tutta questa ingente e multiforme casistica, che ha suscitato e continua a suscitare un comprensibile interesse da parte degli studiosi (cf. i saggi raccolti in Bruni 1992–94), va ricondotta alle innegabili risorse di democraticità immanente della nostra tradizione di vivere civile, piuttosto che a progetti organici e a interventi istituzionali di avanzamento e di modernizzazione della società, della cultura e quindi anche della lingua. Si tratta, se è consentito esprimersi così, di una manifestazione di relativa autonomia del corpo rispetto alla testa del Paese. L’apertura di spazi inattesi di mobilità era favorita in alcuni casi da una certa ambivalenza del potere: si pensi soprattutto all’ambivalenza che caratterizza il potere italiano più radicato nella compagine sociale, quello della Chiesa cattolica, con il suo doppio volto aristocratico e popolare, autoritario e misericordioso, dogmatico e conciliante.
4.
Riflessi linguistici dell’unità politica
L’unità d’Italia, proclamata nel 1861 e realizzata nel 1870 con la conquista di Roma, ebbe profonde conseguenze non solo sul piano politico, ma anche su quello economico, sociale e culturale. Si avviò allora una fase di trasformazione e di sviluppo in tutti i settori della vita nazionale, con inevitabili riflessi sulla lingua italiana, che cominciò a diffondersi presso strati più ampi della popolazione e in ambiti d’uso rimasti per secoli dominio esclusivo dei dialetti. I moti migratòri, strettamente legati ai processi di industrializzazione e di urbanizzazione, provvedono a scompaginare i vecchi equilibri linguistici, favorendo il contatto e l’interazione fra ingenti masse di dialettofoni e di queste con gli italofoni alfabetizzati. La burocrazia, l’esercito, gli stessi apparati politici e sindacali diventano centri di diffusione della lingua nazionale; opera nello stesso senso lo sviluppo dell’istruzione, segnato peraltro da ritardi e squilibri. Il modello del fiorentino contemporaneo può giovarsi del patrocinio manzoniano, di una politica scolastica favorevole e della diffusione capillare di opere come Pinocchio (Castellani 1986); ma la dinamica sociolinguistica segue altre strade, e l’uso parlato dell’italiano tende a diffondersi sulla base delle diverse varietà regionali. In questo contesto cresce l’importanza del Settentrione, con i suoi grandi centri urbani indus-
trializzati nei quali la cultura è più diffusa, e di Roma, nuova capitale, fonte di un’italianità nativa non troppo distante da quella toscana. Il progresso della stampa periodica porta alla nascita del linguaggio giornalistico moderno, mentre esclusivamente novecentesca sarà l’affermazione degli altri media contemporanei: il cinema, arricchito negli anni ’40 dal sonoro; la radio, in grado di diffondere capillarmente conoscenze senza richiedere come prerequisito l’alfabetizzazione; la televisione, che unisce la forza d’impatto spettacolare del cinema e la capacità di penetrazione sociale della radio (su tutti gli aspetti qui accennati resta fondamentale la ricostruzione di De Mauro 11963/21995; importanti anche Serianni 1990 e Mengaldo 1994). Dal punto di vista demografico e sociale, l’Italia degli anni dell’Unità, pur disponendo di una cultura urbana più intensa di quella francese o spagnola, rimaneva tuttavia un paese essenzialmente agricolo, con oltre la metà della popolazione dedita al lavoro della terra. «Lungo tutto l’arco del XVIII secolo e ancora, in buona misura, fino alla metà di quello successivo, la popolazione aumenta soprattutto nelle campagne, mentre lo sviluppo demografico delle città appare, nel complesso, assai poco dinamico» (Del Panta 1996, 135).
Secondo il censimento del 1861, solo il 20 % degli italiani risiedeva in centri urbani con oltre 20.000 abitanti (ib., 207), cioè nei centri che agiscono come fonti di innovazione e irradiamento linguistico rispetto al territorio circostante. In una situazione del genere le possibilità di contatti e scambi sociali, e quindi anche linguistici, erano assai circoscritte: per la maggior parte degli italiani il dialetto costituiva lo strumento necessario e sufficiente ad assolvere i compiti comunicativi di base cui occorreva far fronte. Non a caso le punte di massimo conservativismo dialettale competevano alle zone in cui la scarsa urbanizzazione, insieme alla carenza o all’inefficienza del sistema viario, rendevano inattuabile il processo di osmosi tra gruppi umani. Questo stato di cose si modifica progressivamente a partire dagli anni ’70, quando la caduta delle barriere regionali, la riorganizzazione su base provinciale delle strutture amministrative, il notevole miglioramento dei sistemi di trasporto agevolano le migrazioni interne, stimolate dalla ricerca di elevazione socio-economica (cf. Gambi
102. Politica, sviluppo socio-economico e storia della lingua: Italoromania
1982). Le direttrici del fenomeno migratorio sono essenzialmente due: dal Mezzogiorno verso il Settentrione in via di industrializzazione e dalle campagne verso i più avanzati centri cittadini. Per avere un’idea del rimescolamento demografico messo in moto da questa imponente massa di persone basti pensare che nel 1871 nessuno dei maggiori comuni urbani arrivava a mezzo milione di abitanti, mentre nel 1921 tale quota era raggiunta o superata da cinque città: Torino passa da 211.000 abitanti del 1871 a 500.000 del 1921, Milano da 291.000 a 818.000, Genova da 256.000 a 542.000, Roma da 212.000 a 660.000, Napoli da 489.000 a 860.000 (cf. Del Panta 1996, 207). Le conseguenze linguistiche che il processo migratorio indirettamente innesca si riveleranno vaste, profonde e durature. Il contatto fra persone di varia origine e provenienza all’interno di un’unica compagine urbana, infatti, sollecita l’elaborazione di uno strumento di mediazione comunicativa. Ciascuno deve faticosamente rinunciare alle peculiarità più marcate del proprio dialetto e ‘tesaurizzare’ ai fini relazionali gli elementi comuni con i dialetti degli altri. La varietà urbana preesistente, poi, funge insieme da punto di riferimento obbligato e da collante naturale, grazie all’indubbio prestigio esercitato nei confronti dei nuovi arrivati, tanto maggiore quanto più alta è la funzione di polo attrattivo della città. Parallelamente, il contatto linguistico ha come ulteriore conseguenza l’indebolimento della parlata cittadina, che quasi dappertutto va man mano rinunciando ai tratti più tipicamente locali, in nome di quella ‘solidarietà’ linguistica cui i nativi devono necessariamente disporsi, se non altro per arginare l’impatto delle ingenti masse di inurbati. Anche il reclutamento obbligatorio dell’esercito su base nazionale ha avuto una notevole importanza nel diffondere il tipo linguistico unitario. A volte proprio il servizio militare era l’unica occasione per entrare in rapporto diretto con realtà linguistiche diverse dalla propria parlata nativa e con lo stesso l’italiano scritto, grazie alle scuole che l’esercito approntava per gli analfabeti. La diffusa abitudine degli ufficiali piemontesi di usare il proprio dialetto fu combattuta attraverso la consegna generalizzata di parlare italiano. Naturalmente la lingua che risuonava nelle camerate e che in parte si rifletteva nelle lettere dei soldati ai familiari era ben lungi dal potersi definire immune dal re-
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gionalismo; per quanto riguarda in particolare la sua espressione scritta, si configurava piuttosto come italiano popolare (non a caso l’antesignano degli studi sull’italiano popolare è Leo Spitzer, il quale nel 1921 pubblicò e commentò appunto un corpus di lettere di soldati italiani: cf. Spitzer 1976). Al grande fenomeno delle migrazioni interne si somma il flusso emigratorio che nell’arco di un secolo o poco più conduce fuori dai confini nazionali un numero enorme di italiani: oltre 25 milioni, secondo stime basate sui dati ufficiali relativi agli espatri (cf. Del Panta 1996, 196). L’esodo di massa in terra straniera, che raggiunge i picchi estremi di intensità tra la fine dell’Ottocento e l’inizio del Novecento, assesta un’altra seria spallata all’analfabetismo e alla dialettofonia attraverso molteplici vie: in primo luogo, assottigliando la schiera degli analfabeti e dei dialettofoni soprattutto nelle regioni contadine (Veneto, Friuli, Mezzogiorno d’Italia), più arretrate dal punto di vista socio-culturale e insieme più interessate dal fenomeno delle partenze verso l’estero; in secondo luogo, grazie alla diminuita densità abitativa, migliorando indirettamente le condizioni economiche di coloro che restano in patria, i quali possono così disporre di maggiori risorse anche per l’istruzione; infine, consentendo agli emigrati analfabeti di prendere finalmente coscienza dell’importanza dell’istruzione e quindi di farsene essi stessi promotori da lontano. Sono infatti gli stessi analfabeti che «insistono in ogni occasione, quando mandano lettere a casa, perché i bimbi siano mandati a scuola, e nella loro corrispondenza ritorna frequente, doloroso, il lamento di non saper scrivere e leggere» (Lussana 1913, 134).
Ancora il censimento del 1861 ci informa che gli italiani in grado di leggere e scrivere all’indomani della costituzione del Regno erano meno di un quarto dell’intera popolazione del territorio allora annesso, inserendo nel computo anche i molti che sapevano a malapena tracciare la propria firma. In alcune zone del Mezzogiorno la percentuale di analfabeti saliva a più del 90 %, e sfiorava il 100 % nel caso della popolazione femminile (cf. Vigo 1971). In mancanza di statistiche sicure e partendo dal presupposto che la mera frequentazione della scuola elementare non bastasse a garantire una duratura padronanza dell’italiano, Tullio De Mauro ha fissato presuntivamente al 2,5 % la per-
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centuale della popolazione in grado di affrancarsi dall’uso del dialetto, una quota comprensiva di tutti coloro che avessero frequentato la scuola postelementare (meno dello 0,9 %), oltre che dei 400.000 toscani e dei 70.000 romani semplicemente alfabetizzati, ammessi in considerazione della contiguità dei loro dialetti con la lingua comune (cf. De Mauro 11963/21995, 42 s.). A questa stima si è opposto Arrigo Castellani, il quale ha esteso ad altre zone del Lazio, dell’Umbria e delle Marche il criterio applicato da De Mauro per la Toscana e per Roma, ha incluso nel computo quasi tutti i toscani, italofoni ‘per diritto di nascita’, e ha aggiunto tra gli italofoni per cultura anche i religiosi e chi avesse fruito di un’istruzione domiciliare. Rifacendo i calcoli su queste nuove basi, negli anni dell’unificazione gli italofoni sarebbero stati circa il 9,5 % della popolazione (cf. Castellani 1982). Si impone a questo punto una considerazione circa il pericolo insito nel valutare statistiche del genere come dati assoluti: occorre tenere presente, infatti, che la lingua comune e la parlata locale sono i poli contrapposti di un sistema complesso, nel quale si possono distinguere chiaramente varie realizzazioni intermedie, riferibili piuttosto a un italiano regionale o a un dialetto incivilito (su questi aspetti è fondamentale l’insieme dei contributi presenti in Bruni 1992–94). Ciò premesso, risulta comunque innegabile che la grande maggioranza dei cittadini del nuovo Regno poteva dirsi, dal punto di vista linguistico, straniera in patria. Lo sviluppo dell’alfabetismo e, congiuntamente, la diffusione dell’italiano diventano problemi politici con cui la nuova classe dirigente non può evitare di misurarsi (cf. Catricalà 1995). Iniziative meritorie come la legge Casati del 1859 e la legge Coppino del 1877, che sanciscono la gratuità e l’obbligatorietà del primo biennio di scuola elementare, devono peraltro fare i conti con «le difficoltà dovute a un’organizzazione scolastica deficitaria e comunque diseguale nelle varie zone, alla scarsità e alla frequente impreparazione degli insegnanti, al perdurare – nonostante i provvedimenti ministeriali – di un tasso di evasione altissimo, alle stesse resistenze all’alfabetizzazione di massa opposte dalle classi agiate di ispirazione conservatrice» (→ Art. 106).
Questi fattori negativi, bilanciati in parte da una serie di fattori positivi connessi alla stessa formazione dello Stato unitario, non
impedirono un calo progressivo dell’analfabetismo, la cui incidenza generale si ridusse in un solo cinquantennio di oltre la metà (dal 69 % del 1871 al 27 % del 1921), pur restando sensibilmente più alta nelle regioni meridionali (per una puntuale analisi delle statistiche sull’alfabetismo nei cento anni successivi all’Unità, cf. Petrucci 1987, 93–127). Le città si confermano i veri centri di irradiazione della lingua comune da vari punti di vista. Qui si incontrano gruppi di parlanti di diversa provenienza; qui risiede la maggior parte degli italofoni ‘per cultura’; qui si trovano gli uffici, periferici o centrali, dello Stato unitario, dove la burocrazia, con tutto il suo apparato di impiegati, mette radici (ciò vale soprattutto per i capiluoghi regionali e per la nuova capitale d’Italia). Gli impiegati ‘forestieri’ sono costretti a sprovincializzare le loro parlate per comunicare con colleghi e utenti, veicolando in tal modo un tipo sostanzialmente unitario di lingua. Un’altra centrale di italianizzazione operante nelle principali città è rappresentata dalla stampa quotidiana, che conosce un considerevole sviluppo fin dai primi decenni postunitari. Tra i giornali che hanno iniziato la pubblicazione nella seconda metà dell’Ottocento troviamo molte delle maggiori testate italiane del nostro tempo: La Stampa di Torino (1867), il Corriere della Sera di Milano (1876), L’Arena di Verona (1866), Il Gazzettino di Venezia (1887), Il Piccolo di Trieste (1881), Il Secolo XIX di Genova (1886), Il Resto del Carlino di Bologna (1885), La Nazione di Firenze (1859), Il Messaggero di Roma (1878), il Roma e Il Mattino di Napoli (rispettivamente 1861 e 1892), il Giornale di Sicilia e L’Ora di Palermo (1860 e 1900), L’Unione Sarda di Cagliari (1889), La nuova Sardegna di Sassari (1891); si aggiunga un giornale specializzato, La Gazzetta dello Sport di Milano (1896). La graduale diffusione dell’alfabetismo e, insieme, l’esistenza di un unico grande Stato favoriscono l’allargamento del pubblico dei quotidiani. Con l’estensione del diritto al voto (1882) cresce l’interesse per gli articoli di argomento politico; ed è sempre viva la curiosità dei lettori per la cronaca locale. La produzione comincia a strutturarsi in forma industriale, tanto che alcune testate raggiungono alla fine del secolo la formidabile tiratura di centomila copie giornaliere, facendo impennare la richiesta di inserzioni pubblicitarie. Le nuove scoperte – in particolare il telegrafo e poi il
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telefono – permettono di diffondere le notizie molto più velocemente, e contribuiscono alla nascita di un vero e proprio stile giornalistico, franto, conciso, ‘telegrafico’ appunto, in un primo tempo reso necessario dagli elevati costi di trasmissione.
5.
Nuovi fattori di instabilità linguistica nell’Italia post-industriale
La società e l’economia d’Italia sono investite da un generale processo di modernizzazione: nel giro di pochi decenni quella che era una realtà prevalentemente agricola si è evoluta in senso post-industriale. Le novità si susseguono ormai a un ritmo talmente accelerato da configurarsi come continue emergenze, portando in primo piano i temi della flessibilità professionale e della formazione permanente. Si affermano stili di vita più aperti e dinamici, che implicano il superamento di antichi vincoli nei rapporti tra le persone e, quindi, negli scambi tra i parlanti. In particolare, l’accesso all’occupazione risulta meno condizionato che in passato da fattori predeterminati quali l’attività paterna, il sesso e l’età. Gli aspetti principali della trasformazione del mercato del lavoro sono «l’accentuarsi del processo di terziarizzazione, l’emergere di una nuova disponibilità remminile, lo sviluppo della scolarità, la diffusione di modelli flessibili e l’orientamento della domanda verso le componenti più qualificate. È venuto meno il modello tradizionale, basato sul lavoro del capofamiglia e quindi sulla netta distinzione, in termini occupazionali, professionali, salariali, sindacali, tra un segmento ‘primario’ dell’offerta di lavoro, composto dagli uomini nelle età centrali, e un segmento ‘secondario’, composto dalle donne e dagli uomini giovani e anziani» (Zuliani 2000, 11).
Contribuisce ad arricchire l’articolazione del quadro la cospicua e crescente presenza di lavoratori stranieri: «L’Italia è ormai un paese di immigrazione. La stima del numero di stranieri residenti regolari al 1° gennaio 1999 nel nostro paese è pari a 1.126.000, con un’incidenza del 2 % sul totale della popolazione. L’incremento registrato nel corso del 1998 risulta superiore a quello dell’anno precedente e pari al 13,6 %» (ISTAT 1999, 131; ma nel 2005 gli immigrati sono quasi 3 milioni).
La classe di provenienza incide ancora fortemente sui destini professionali degli individui; le donne continuano a incontrare maggiori difficoltà degli uomini nella scelta
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dell’occupazione e nello sviluppo della carriera; la formazione scolastica non è collegata in modo adeguato con il mondo del lavoro; sussistono sacche di disagio soprattutto tra gli anziani, tra le famiglie numerose del Mezzogiorno e tra gli immigrati. Nonostante questi problemi, è innegabile un generale avanzamento della società e una migliore distribuzione delle risorse economiche e culturali. I progressi civili (nuove tecnologie incluse: si pensi all’influenza della televisione) si riflettono positivamente sull’uso dell’italiano, che si diffonde in misura sempre maggiore sul piano della comunicazione parlata oltre che di quella scritta, e mostra una nuova capacità di attrazione anche fuori dei confini nazionali, in particolare nei Paesi dell’area mediterranea (cf. Simone 1992). La ‘democratizzazione’ linguistica in atto porta a considerare in modo meno accigliato di un tempo una serie di forme e strutture tipiche dell’italiano parlato, tradizionalmente escluse dall’italiano scritto perché censurate dalla grammatica normativa: il pronome lui in funzione di soggetto è definitivamente riabilitato, l’uso di cosa al posto di che cosa nelle interrogative (cosa vuoi?) o di che al posto di in cui nelle temporali (il giorno che ci incontrammo) non scandalizza nessuno, mentre il tipo a me mi piace, di tono più trasandato, diviene il titolo ammiccante di una rubrica del dotto supplemento domenicale del Sole-24 ore (per una compiuta rassegna critica di questa fenomenologia emergente cf. Sabatini 1985, 154–184). L’impiego ora citato di a me mi in una sede di prestigio è riconducibile alla notevole diffusione, soprattutto nella stampa quotidiana e periodica, di «testi misti», caratterizzati dalla contaminazione di diversi piani culturali e dei corrispondenti modelli linguistici (Dardano 1994, 361–365). Per una sorta di nemesi storica, il parlato si prende una rivincita sullo scritto, rischiando però di depauperare la lingua dei suoi usi più raffinati e complessi, anche per l’inarrestabile tendenza a sostituire, in un numero sempre maggiore di circostanze, la scrittura a mano con il chiacchiericcio del telefono cellulare o della chat (sul rilancio planetario del parlato promosso dalla diffusione dei nuovi media cf. Simone 2000, 47–49). Con la chat, in particolare, nasce un genere discorsivo del tutto nuovo, una sorta di sintesi tra scritto e parlato fortemente influenzata dalle peculiarità del mezzo elettronico: questo moderno sistema
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
di comunicazione consente infatti di scambiarsi via Internet messaggi digitati al computer del tutto paragonabili alle battute di un dialogo a viva voce, data la produzione e la fruizione sincrona, ‘in tempo reale’, degli interventi. L’inevitabile ridimensionamento dei processi di elaborazione testuale contribuisce a promuovere il largo ricorso da parte degli utenti delle chat al registro colloquialeinformale, con una frequente coloritura ludica di chiara impronta giovanile, e culmina nell’adozione dei cosiddetti emoticons, piccole icone di facce umane delineate con i segni della punteggiatura, che esprimono in modo ideografico anziché alfabetico una serie di emozioni (cf. Pistolesi 2004). L’effervescenza delle varietà costitutive del repertorio linguistico e l’esposizione a una congerie di stili comunicativi producono talvolta «un comprensibile senso di disorientamento nell’utente medio dell’italiano, che da un lato non può più contare sul tradizionale modello della lingua letteraria, dall’altro non può neppure surrogare quel modello con la lingua dei mass-media, troppo eterogenea e quindi incapace di garantire un punto di riferimento unitario» (Trifone 1999, 77).
In una situazione del genere dovrebbe crescere l’importanza della scuola come luogo deputato alla promozione di usi linguistici ‘virtuosi’, non certo nel senso dell’orchestrazione di campagne neopuristiche o dell’addestramento a un’esteriore abilità retorica, ma nel senso dell’educazione a una piena padronanza dei registri elevati, formali e tecnici della lingua, in aggiunta a quelli colloquiali sperimentati quotidianamente. Se le cose stanno così, appare discutibile una certa politica scolastica oggi di moda, orientata in sostanza a privilegiare saperi empirici immediatamente funzionali, come la navigazione in Internet (che oltre tutto gode già per suo conto di un enorme successo presso i giovani), rispetto a saperi astratti, scientifici e umanistici, più profondamente formativi. La situazione linguistica è ulteriormente movimentata dal declino dell’italiano scientifico, incapace di contrastare l’egemonia dell’inglese, e dalla sorprendente resistenza dei dialetti, o almeno di specificità diatopiche nettamente riconoscibili. Quest’ultimo fenomeno, in sé tutt’altro che negativo, fornisce d’altra parte un argomento di notevole potere suggestivo alle spinte centrifughe di
matrice localistica. Va rilevato, a tale riguardo, che i traguardi raggiunti dal Paese non hanno cancellato completamente il profondo stigma impresso da secoli di divisioni geopolitiche e socioculturali. Non si può non ammettere che il celebre aforisma «fatta l’Italia bisogna fare gli Italiani», ripetuto con insistenza negli anni successivi all’unificazione, conserva gran parte della sua attualità, se è vero che si continua ancora a discutere molto sulla stessa esistenza di un’identità comune del popolo italiano, a lamentare le sue carenze di senso civico, di coesione morale e di orgoglio nazionale. Si veda ad esempio la seguente affermazione di Alberto Asor Rosa, emblematica nel suo sconsolato pessimismo: «Io trovo che lo spirito pubblico in Italia – cioè il senso profondo della comunità nazionale sotto leggi e regole uniformi e valide per tutti – sia semplicemente a pezzi» (2000, 17). Simili giudizi e stati d’animo risentono certamente del successo di dimensioni inattese ottenuto nel Settentrione dai movimenti leghisti di opposizione allo Stato centrale (oltre l’8 % del totale dei voti nazionali alla Lega Nord nelle elezioni del 1992 e del 1994). È significativo che questi movimenti organizzino politicamente la difesa di posizioni ideologiche ed economiche ispirate a un ruvido autonomismo issando esplicitamente la bandiera della più remota tradizione comunale, e trovando proprio nella perdurante diversità degli accenti linguistici un appiglio per l’audace operazione di recupero. Si tratta di un’impostazione che ignora disinvoltamente una lunga e complessa vicenda di rapporti e di scambi tra le varie zone del Paese, con il ricco patrimonio comune di memorie, convinzioni, usanze e pratiche quotidiane per tale via accumulato (cf. Romano 11994/21997), ma che al tempo stesso conferma nel modo più clamoroso quanto siano profonde e tenaci le radici dell’antico particolarismo italiano.
6.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
103. Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Galloromania Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Galloromania 1. 2. 3. 4.
Introduction Les facteurs extralinguistiques et leur impact linguistique Résumé Bibliographie
1.
Introduction
1.1. Dans l’article présent, nous devons tenir compte, outre les périodisations proposés par les linguistes (résumées de façon raisonnée pour le français par Eckert 1990; → art. 5), des diachronies sociale, économique et géopolitique, qui, elles, suivent leur propre cours et leur propre logique. Pour échapper aux divergences inévitables dans la périodisation de ces différents sous-systèmes historiques, nous suivons d’abord la tripartition du Moyen Age proposée par l’historien André Chédeville (91994), pour progresser ensuite siècle par siècle. 1.2. Au sein des sous-paragraphes constitués par ce classement chronologique, l’agencement consiste à donner, dans un premier temps, un panorama des traits les plus importants de l’histoire géopolitique, politique, constitutionnelle, économique et sociale de la Galloromania ou de la France, puis de focaliser ces données, dans un deuxième temps, sur les conséquences majeures au plan linguistique. Nous tenons à préciser que ces conséquences sont susceptibles de se manifester à trois niveaux: (a) au niveau de l’extension des langues gallo-romanes ainsi que de leur substitution à d’autres langues, (b) au niveau des transformations, qui, au sein des langues, affectent l’architecture des variétés, (c) au niveau des modifications apportées directement à la structure interne des langues et des variétés gallo-romanes.
2.
Les facteurs extralinguistiques et leur impact linguistique
2.1. La Gaule devient la France et le gallo-roman se transforme en français (des débuts jusqu’au Xe s.) 2.1.1. Malgré le traditionnel ‘Nos ancêtres, les Gaulois’, répété par des générations d’écoliers, personne ne conteste que le français est une langue romane. Le latin et ses variétés parlées et écrites dans les provinces gauloises de l’empire romain constituent la base des langues gallo-romanes. Ce fut entre 125 et 118 av. J.-C. que les Romains occupèrent la région située entre Marseille, Arles, Nîmes, Narbonne et Toulouse après avoir été appelés par les colons grecs de Marseille pour les aider dans un conflit militaire avec les Ligures, les Allobroges et les Avernes. Ainsi commença la colonisation de cette région par les Romains, suivie de sa latinisation profonde. Sous le nom de Provincia Gallia Narbonensis elle développa vite des liens sociaux et économiques très étroits avec les autres provinces romaines et permit aux Romains de contrôler leurs communications avec les provinces ibériques. Après sa conquête par Jules César (58–51 av. J.-C.), le reste de la Gaule fut rattaché à l’empire romain. Jusqu’au III e s. s’ensuivit une phase de stabilité politique, économique et sociale garantie par Rome, la pax romana. Sans que les Romains eussent recours à des moyens tyranniques, le latin s’imposait comme langue dominante en Gaule. L’immigration de colons romains (assez faible), l’urbanisation, l’administration, le système scolaire, l’échange commercial accru et, plus tard, le christianisme sont des facteurs qui privilégièrent le latin. Ce fut au plus tard au VI e s. que les derniers vestiges linguistiques du celtique continental disparurent. A partir du III e s., les provinces de la Gallia se virent constamment attaquées par des tribus germaniques. Rome réagit par une politique de pacification reposant sur la coopération et sut maintenir son contrôle sur les provinces gauloises pendant un certain temps. Cependant, au tournant des IVe et Ve s., la situation s’aggrava: l’Imperium
103. Politique, développement socio-économique et histoire des langues: Galloromania
Romanum, déstabilisé par les invasions jusqu’à son centre italique, n’avait plus les moyens de résister et s’effondra en 476. Parmi les peuples germaniques envahissant le territoire de la Gaule, les Francs s’illustrèrent au Ve s. comme les plus compétitifs. Burgondes et Wisigoths laissèrent aux Francs les places-fortes qu’ils détenaient dans le Sud-Est et le Sud-Ouest de la Gaule, de sorte qu’un royaume franc, d’une extension respectable, put se former dans la Gallia. Au VI e s., les souverains mérovingiens arrivèrent à garantir une certaine stabilité extérieure à ce royaume, sans que pour autant celui-ci eût atteint l’essor culturel, politique et économique de l’époque gallo-romaine. La victoire de Charles Martel contre les Sarrasins (Poitiers, 732) fut la base de l’avènement de la dynastie carolingienne à partir de 751, dynastie qui perdura jusqu’en 987 dans la partie ouest de l’Empire franc et qui ajouta à la stabilité externe un surplus de stabilité interne. Aux époques mérovingienne et carolingienne, dans la vie sociale, juridique, administrative, linguistique et religieuse, les traditions gallo-romaines coexistaient avec les traditions germaniques, s’entremêlaient avec elles et, assez souvent, l’emportaient sur elles. Le paysage rural restait organisé en domaines indépendants. La plupart des villes, cependant, perdirent une bonne partie de leurs fonctions administratives. Constitutionnellement, les royaumes mérovingiens continuèrent la tradition de la chefferie tribale transformée tant bien que mal en une ‘royauté tribale’. Les Carolingiens organisèrent leur empire sous la forme d’un régime féodal, fondé sur un système de vassalité dans lequel étaient intégrés l’aristocratie gallo-romaine aussi bien que les nobles francs. Par le traité de Verdun (843) et par l’extinction de la dynastie carolingienne (911 dans la partie est, 987 dans la partie ouest), le partage de l’Empire franc fut accompli avant l’an mil. Les Othoniens de la partie orientale s’assurèrent aussi bien la dignité impériale que la domination sur la Lotharingie, la partie centrale de l’empire issue de la division (cf. Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 158–189; Chédeville 91994, 7–41; Dupâquier et al. 1988, vol. 1, 65–206; HdF 1970–72, vol. 1, 81–285; Giordanengo 1983; Lodge 1993, 29–84; Sée 1929, 11–33; Sieburg 41997, 9–23; Wartburg 91969, 11–80).
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2.1.2. La période comprise entre le Ve et le Xe s. est marquée par des bouleversements historiques de première importance à tous les niveaux. Les conséquences majeures qui en découlèrent pour le développement linguistique sont liées étroitement aux événements historiques: – L’occupation et l’intégration de la Gaule dans l’empire romain sont la base de sa latinisation. Cette latinisation constitue le point de départ d’un développement linguistique qui mène aux langues gallo-romanes telles que nous les connaissons aujord’hui. – Le substrat celtique comme le superstrat germanique laissent des traces remarquables dans la structure des langues galloromanes, surtout dans le lexique (cf. Wartburg 91969, 22–31; 54–60; → art. 55). – Entre le Ve et le Xe s., à travers une phase de diglossie et de bilinguisme, les Grandes invasions et la colonisation par les Francs réduisent l’extension du latin (ou des langues gallo-romanes) dans l’Est et le NordEst de la Gaule; se forment alors les premières manifestations de la frontière linguistique entre la Galloromania et la Germania (cf. Pfister 1995). – La latinisation plus ou moins intense, le caractère différent des provinces de la Gaule romaine, l’afflux plus ou moins grand de colons francs, la décomposition politique et économique de la Gaule sous les souverains mérovingiens et la faiblesse interne du règne franc privilégiant l’aristocratie locale et régionale mènent, au niveau linguistique, à une décomposition double de la Galloromania: la différenciation entre l’occitan, le français et le franco-provençal, mais aussi la dialectalisation de la Galloromania sont dues à ces facteurs historiques dont l’importance proportionnelle est toujours controversée (cf. Lodge 1993, 51–53; 71–84; Schmitt 1974; Wartburg 91969, 79–89). – En même temps, la faiblesse interne du règne mérovingien favorise la croissance de la distance linguistique entre le latin classique et ses variétés vulgaires. La connaissance du ‘bon’ latin au sein de la plus grande partie de la population diminue. Telle est la situation de départ qui permet qu’au IX e s. commence l’émergence des variétés / langues vulgaires comme langues écrites. Les conditions dans lesquelles se produit le passage à l’écrit dans les différentes traditions discursives varient d’ailleurs sensiblement (cf. Koch 1993; Raible 1998; Selig 1996a).
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2.2. Les grands siècles du Moyen Age (XI e–XIII e s.) 2.2.1. Les Capétiens, qui arrivèrent au pouvoir en 987 dans la partie occidentale de l’ancien empire franc, héritèrent d’une monarchie en pleine crise politique. Au IXe, mais surtout au Xe s., la royauté carolingienne n’avait ni le prestige ni les moyens pour imposer sa volonté à une aristocratie trop forte. Si Philippe le Bel, à sa mort, en 1314, laissa un royaume fort comme il ne l’avait jamais été avant, ceci est surtout dû à une politique poursuivie par les Capétiens qui visait à agrandir le domaine et le pouvoir royaux au sein du royaume. Les rois sortirent vainqueurs du conflit avec la dynastie anglo-angevine des Plantagenêts (achevé au début du XIII e s.), de la croisade contre les Albigeois (1209–44) et d’autres guerres contre l’aristocratie régionale. Géopolitiquement, l’expansion territoriale du royaume fut de moindre importance par rapport à l’expansion du domaine royal (expansion pourtant mouvementée et encore précaire). Hormis les croisades (gains territoriaux éphémères), le succès des Normands en Angleterre (1066) se révéla avantageux pour la langue française, mais, pendant plus d’un siècle (en raison des ambitions des Plantagenêts), nettement moins favorable pour la couronne capétienne. Jouissant d’une filiation en ligne directe sans aucune interruption, la dynastie capétienne profita, au niveau constitutionnel, d’une transformation sous-jacente de la monarchie élective en une monarchie héréditaire. Ainsi, vers la fin de la période capétienne, saint Louis (1226–70) disposait des moyens et du pouvoir pour entreprendre une réforme judiciaire et administrative. Cette réforme, qui, aux dépens de la féodalité postcarolingienne dont l’apogée fut aux XI e et XII e s., favorisa des institutions dépendant du roi, donna naissance à une nouvelle couche d’officiers (p. ex. les baillis) qui, exerçant des fonctions non héréditaires, s’occupaient – comme les ministériaux au niveau seigneurial – de l’administration (pour les problèmes de distinguer cette couche cf. pourtant Bloch 1928). La stabilité politique croissante permit une renaissance de l’économie monétaire tout comme une reprise de l’économie d’échange, conduisant ainsi à un essor économique remarquable. Les conséquences sociales en furent l’augmentation de la population et, en
raison de l’afflux de main-d’œuvre et de la floraison de l’économie, la rénovation de la vie urbaine. Dans la suite, la féodalité se trouva remise en question par l’essor des élites urbaines, mais aussi de l’administration royale, deux groupes de la société qui se mirent à disputer aux seigneurs une quantité croissante des fonctions administratives, politiques et économiques (cf. Bourin-Derruau 1990, 11–229; Caput 1972/75, vol. 1, 28–35; Chédeville 91994, 42–94; Dupâquier et al., 1988, vol. 1, 207–311; HdF 1970– 72, vol. 1, 253–390; Favier 1984, 13–257; Sée 1929, 35–116; Sieburg 41997, 24–37). 2.2.2. Parallèlement à la stabilisation politique et économique du royaume, le français et ses variétés entrent dans une première phase d’expansion. C’est là que se met en place, en outre, la hiérarchisation de son architecture: – Suite à l’invasion normande en 1066, le français (sous la forme de l’anglo-normand) devient langue administrative en Angleterre, et le reste pendant au moins 300 ans (cf. Burgess 1995). – Par ses réussites militaires contre les Albigeois, la couronne française arrive à briser l’indépendance de l’aristocratie languedocienne: les fondements de l’entrée de la langue française dans les pays d’oc sont posés (cf. Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 211; Lodge 1993, 132 s.). – Secondé par le pouvoir accru de la couronne capétienne, par le rayonnement européen de la littérature en langue française et par les contacts culturels internationaux (facilités par les Croisades), le français exerce une grande influence linguistique et culturelle en Italie, en Allemagne, aux Pays-Bas et dans d’autres pays qui ne sont ni francophones ni français au sens politique du terme (cf. HLF 1905–79, vol. 1, 376–417; Caput 1972/75, vol. 1, 56–60). – Favorisées par les réformes administratives, par l’accroissement de la bourgeoisie urbaine, par l’essor commercial et par le succès de la littérature en lange vulgaire, les variétés écrites du français et de l’occitan connaissent, au dépens du latin, une phase de croissance et d’extension. Non sans modifier l’architecture variationnelle, les scriptae littéraires et administratives apparaissent; ceci, il faut bien le souligner, vaut et pour le français et pour l’occitan (cf. Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 190–206; BourinDerruau 1990, 31–40; Favier 1984, 196;
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Lodge 1993, 118–152; NHLF 1999, 91–143; Selig 1996a). – Sans entrer dans les détails de la discussion sur les scriptae, nous devons constater qu’une partie considérable des sources écrites témoignent, en région d’oïl ainsi qu’en région d’oc, d’une certaine ‘standardisation’. La recherche linguistique est cependant encore loin d’en connaître la vigueur et l’apport des différents facteurs favorisant cette standardisation précoce. Les seuls facteurs ‘Paris / Ile-de-France / francien’ ne suffisent guère à expliquer le phénomène. Il faut sans doute également prendre en compte l’aspect diatextuel (rôle de la littérature, facteur de première importance pour ce qui est de l’occitan), l’aspect diastratique / diatechnique (rôle de la langue administrative et surtout de la chancellerie royale) et l’aspect diamédial (l’écrit permettant une communication à longue distance) (cf. Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 203–213; Caput 1972/75, vol. 1, 46–48; Cerquiglini 21993, 93–124; Gleßgen / Pfister 1995; Gsell 1995; Lodge 1993, 85–117; Picoche / MarchelloNizia 41996, 19–26; Selig 1996b; Völker 2003; Wartburg 91969, 89–93). 2.3. Temps de crise dont la France sort renforcée (XIVe–XVe s.) 2.3.1. En raison de l’interruption de la succesion capétienne en ligne directe, suivie de l’avènement des Valois en 1328, la France entra dans une ère difficile de guerres et de ruptures. Déclenchée en 1337/39 par le différend entre Philippe de Valois (1328–50) et Edouard III d’Angleterre (1327–77) portant sur le droit à la couronne française, la Guerre de cent ans laissa des traces profondes dans les structures politiques, économiques et sociales de la France. Pendant longtemps, les rois de France résistèrent tant bien que mal aux armées anglaises, qui étaient souvent plus petites que les armées françaises, mais considérablement mieux organisées et beaucoup plus efficaces. Ce n’est que par l’intervention, devenue légendaire, de Jeanne d’Arc (1429–31) que la chance se mit du côté français. Après des années de fer et de sang, les conflits se terminèrent en 1453 sur les champs de Castillon. Le bilan territorial en fut nettement positif pour la royauté: hormis Calais, la couronne anglaise avait perdu tous ses domaines sur le continent. Quand, par ailleurs, en 1477, la mort de Charles le Téméraire aux portes de Nancy permit de mettre fin au ‘problème bourgui-
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gnon’ (les ducs de Bourgogne ayant pactisé avec les Anglais), la couronne put en outre stabiliser et agrandir ses possessions à l’Est. A l’Ouest, la Bretagne devint française par mariage en 1491. Cependant, ces succès avaient été payés cher par la population et par la noblesse du royaume. Dès le début du XIVe s. l’agriculture avait atteint les limites de sa productivité et ne pouvait plus suivre le rythme de l’accroissement de la population. Des famines en furent la conséquence, qui décimèrent surtout la population des villes dont les possibilités de vivre du commerce furent de plus diminuées par les guerres. Venant des ports du Midi, plusieurs épidémies de peste ravagèrent la France et l’Europe. On estime qu’en France, un tiers de la population trouva la mort dans ces épidémies. Les pertes en ressources humaines (causées par les guerres et par la peste), les coûts énormes de la guerre et l’augmentation constante de la charge fiscale avaient engendré une opposition à la royauté, assez souvent au profit des Anglais et des Bourguignons. Sous ce fardeau, la société se transforma profondément pendant et après la Guerre de cent ans. La noblesse d’épée, humiliée sur les champs de bataille, perdit de plus en plus son influence. Pour mieux pouvoir se défendre contre la menace anglo-bourguignonne, les rois centralisèrent et modernisèrent, aux dépens d’une féodalité devenue inefficace, l’organisation de l’armée et de l’administration. Le manque de main-d’œuvre causé par la peste de 1348 engendra une poussée de l’ innovation technologique et favorisa également l’innovation administrative. Les officiers et la bourgeoisie, tous deux bénéficiaires de ces innovations, se manifestèrent non seulement dans le domaine militaire, le commerce, l’administration et l’agriculture, mais aussi, acte de reconnaissance constitutionnelle, dans les délibérations politiques des Etats généraux, convoqués pour la première fois en 1302 (cf. BL 1993, vol. 1; Chédeville 91994, 95–125; Dupâquier et al. 1988, vol. 1, 313–511; HdF 1970–72, vol. 2, 9–75; Favier 1984, 259–437; Herlihy 52001, 39–57; Sée 1929, 117–156; Sieburg 41997, 38–48; Treffer 1998, 83–103). 2.3.2. Les XIVe et XVe s. sont caractérisés par des progrès continus du français langue administrative, mais en particulier par des changements ‘intralinguistiques’ rapides et profonds:
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– En région d’oïl, au cours de la centralisation progressive du royaume et encouragé par l’activité de la bourgeoisie urbaine (‘Städte-Bürgertum-These’, cf. Herrmann 1995, 149 s.), le français, langue administrative et langue véhiculaire, gagne du terrain par rapport au latin, qui avait encore dominé le XIII e s. (cf. NHLF 1999, 110–124). – Favorisé par la centralisation de l’administration royale et rendu possible par la fin de la domination anglaise dans le SudOuest, le français fait ses débuts comme langue administrative dans les régions d’oc, sans qu’il se substitue pour autant entièrement ni au latin ni à l’occitan (cf. Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 211–213; Caput 1972/75, vol. 1, 80). – Le français subit des mutations profondes dans sa structure grammaticale, surtout au niveau de la morphosyntaxe. Ce qui est controversé, c’est l’interdépendance entre ces mutations linguistiques et les mutations politiques, économiques et sociales. Vossler (21921, 128–202), d’un point de vue idéaliste, a regardé le moyen français comme une langue en pleine crise qui reflète d’une manière directe les turbulences politiques. Eckert (1986) souligne par contre que (a) l’individu a toujours été libre dans son comportement linguistique (ce qui exclut l’influence directe et irréfléchie de facteurs extérieurs sur la parole) et que (b) les changements typologiques (postdétermination paradigmatique vs. prédétermination syntagmatique) peuvent aussi être expliqués comme l’élimination d’une concurrence typologique au sein de l’ancien français. Pour ce qui est de la rapidité et de l’intensité des changements, elle admet pourtant l’influence de facteurs extérieurs comme la succession accélérée des générations (due à la guerre, aux famines et à la peste), l’instabilité politique, une augmentation des mouvements migratoires et la rupture avec la tradition littéraire de l’époque de l’ancien français (cf. ib., 340–353). 2.4. Le siècle des «joyeuses espérances» et des «grandioses confusions» (XVI e s.) 2.4.1. Le XVI e s. est marqué par un caractère nettement hétérogène, par un dynamisme vertigineux et, à maints égards, par des tendances contradictoires. Jean Meyer a fait un bilan particulièrement idoine de ce siècle de la Renaissance, qu’il décrit comme un «siècle de lucre et de stupre, de gloire et de honte, de joyeuses espérances et de grandioses confu-
sions. Siècle d’ombres et de lumières, encore empêtré dans un Moyen Age odieusement renié mais qui, en réalité, n’en finit pas d’achever son crépuscule. Les uns n’ont vu que sa modernité, les autres n’ont voulu démontrer que son enracinement dans le passé. En un mot, un siècle plein de bruit et de fureur […]. Sûrement siècle passionné, tumultueusement contradictoire, tantôt proche de nous, tantôt lointain» (1985, 150 s.).
Déclenché par les différends sur l’influence en Italie, l’antagonisme franco-habsbourgeois commença à dominer l’agenda politique de la royauté française dans la première moitié du siècle. Avec François Ier du côté français (1515–47) et Charles Quint du côté des Habsbourg (1519–56), deux personnalités fortes et ambitieuses se disputèrent l’hégémonie sur le continent. En fin de compte, le profit territorial pour la France fut modeste (les Trois Evêchés de Metz, Toul et Verdun; base pourtant importante pour la future politique d’expansion vers l’est), mais, les champs de bataille se trouvant souvent hors de France, les sacrifices de la population ne furent pas comparables non plus à ceux de la Guerre de cent ans. Profitant de la stabilité interne du royaume, François Ier entreprit une réforme administrative et fiscale qui se fonda sur la création d’un corps de fonctionnaires. Renouant avec les ébauches de centralisations réalisées par ses prédécesseurs, le roi jeta ainsi les fondements d’une monarchie absolue. Au niveau économique, le commerce et la production artisanale connurent une belle reprise et permirent aux Français de regagner la productivité des autres peuples européens. L’afflux de métaux précieux venus d’outre-mer (surtout des colonies espagnoles) et le capitalisme financier gagnèrent la France. Le revers de la médaille: une inflation considérable et bien des mauvaises récoltes. Des perturbations commerciaux et politiques causées par les guerres de religion qui, sans que les destructions atteignent le niveau de la Guerre de cent ans, affligèrent la France dans la deuxième moitié du siècle eurent pour conséquence que les innovations techniques de l’époque virent le plus souvent le jour en Italie, en Angleterre et en Allemagne (l’imprimerie), non en France. Les guerres de religion ne se terminèrent que sous la règne d’Henri IV par la proclamation de l’Edit de Nantes (1598). Le bilan social est ambigu: dans les villes, les maîtres de métiers et les commerçants s’enrichirent. Avec les officiers royaux, les
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plus riches d’entre eux se mirent à former une nouvelle classe sociale. Parmi la noblesse d’épée, seuls ceux qui acceptèrent les règles du nouveau système capitaliste maintinrent leur rang social. Les autres s’appauvrirent tout comme la quasi totalité de la petite paysannerie. A la fin du siècle, les écarts sociaux entre riches et pauvres s’étaient accentués (cf. BL 1993, vol. 1; Caput 1972/75, vol. 1, 88–92; Dupâquier et al. 1988, vol. 2; HdF 1970–72, vol. 2, 77–120; Meyer 1985, 9–249; Sée 1929, 157–211; Sieburg 41997, 49–61; Treffer 1998, 104–125). 2.4.2. Vu le dynamisme et l’hétérogénéité des développements politiques, sociaux et économiques du siècle de la Renaissance, il est particulièrement difficile d’établir des liens incontestables entre le cours de l’histoire en général et le cours de l’histoire linguistique. D’autres facteurs extralinguistiques, comme la religion, les médias, les traductions etc., jouent un rôle particulièrement inportant au XVI e s. Si nous nous limitons aux facteurs politiques et socioéconomiques au sens strict, au moins trois champs d’influence peuvent être distingués: – La célèbre ordonnance de Villers-Cotterêts (1539) s’inscrit dans les réformes judiciaires et administratives entreprises par François Ier. N’oublions pas que les art. 110 et 111 prescrivant l’usage du français comme langue administrative et judiciaire du royaume ne sont qu’un élément minime de toute l’ordonnance. En ce qui concerne leur intention ainsi que leurs conséquences (ne pas confondre les deux!), ces articles ont fait couler beaucoup d’encre. Pris au pied de la lettre, les paragraphes ne virent que contre le latin, non contre les langues régionales. Cependant, nous savons qu’après Villers-Cotterêts commence le déclin définitif non seulement du latin administratif, mais aussi le recul des scriptae régionales qui étaient toujours en usage, notamment celles des pays d’oc (cf. Caput 1972/75, vol. 1, 163s.; Droixhe / Dutilleul 1990, 439 s.; Gossen 1957; Lodge 1993, 125–127). – Profitant des nouvelles catégories sociales montantes (commerçants, fonctionnaires royaux etc.), les arts, les sciences et les métiers fleurissent. En France se produit, tout comme dans le reste de l’Europe de la Renaissance, un élargissement et une laïcisation des connaissances. Il en résulte que le français conquiert, aux dépens du latin, le domaine de la publication scientifique et fait
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ainsi son entrée dans le monde des sciences et des connaissances. En raison des exigences accrues auxquelles doit suffire la langue vulgaire, les premiers grammairiens et lexicographes s’intéressent au français et mettent en marche un processus de régularisation et de standardisation intentionnelle (cf. HLF 1905–79, vol. 2; Huchon 1988). – Pendant les guerres d’Italie (1494– 1516), le contact avec l’Italie, parvenue au plus haut niveau dans le domaine économique et culturel, a profondément influencé la France. Les Médicis et les courtisans italiens venus en France changent l’allure de la cour de Paris (qui s’installe alors sur les bords de la Loire) et contribuent beaucoup à ce que la politique des rois devienne plus machiavélienne. Au niveau linguistique, l’influence italienne se manifeste en particulier par les nombreux italianismes entrés dans le vocabulaire français au XVI e s. (cf. Wartburg 91969, 151–153). 2.5. Le siècle du Grand Roi (XVII e s.) 2.5.1. Renouant avec la politique de ses prédécesseurs (Henri IV, 1589–1610, et Louis XIII , 1610–43), et profitant des visions politiques tout comme de l’habileté des deux grands cardinaux-conseillers, Richelieu (1624–42) et Mazarin (1643–61), Louis XIV (1643–1715), mena le pouvoir royal à son apogée. Le Grand Roi arriva à résoudre les deux grands problèmes hérités du siècle précédent: (a) il minimisa les ambitions politiques et l’impact de la Réforme (stratégie aboutissant à la révocation de l’Edit de Nantes en 1685); (b) il mit fin aux ambitions et au pouvoir – toujours considérable – de la haute noblesse française (répression de la Fronde en 1653). L’autorité du roi devint prééminente, voire absolue: après la fin de la Fronde, le Parlement se trouva réduit à l’obéissance et ni Louis XIV ni son successeur ne convoquèrent les Etats généraux une seule fois. Partant de cette stabilité interne, la France, vainqueur et bénéficiaire de la Guerre de trente ans – qui ravagea et dévasta l’Allemagne – prit l’avantage sur son grand concurrent, l’Empire des Habsbourg. Louis XIV réalisa des annexions territoriales majeures aux dépens de l’Empire (qui, lui, n’était arrivé à contrôler ni la Réforme ni le particularisme des princes et était, de plus, affaibli par les attaques turques): la Décapole en Alsace (1648), l’Artois et le Roussillon (1659), Lille et d’autres places importantes dans les
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Flandres (1668), la Franche-Comté (1679), enfin Strasbourg (1681). C’est au XVII e s. que la politique française découvrit l’économie comme un champ d’action se prêtant à merveille à l’accroissement de la puissance de l’Etat et du Roi. Colbert (contrôleur général des Finances 1661–83) perfectionna le mercantilisme, politique économique qui visait à favoriser la vente de marchandises françaises en France et à l’étranger, à atteindre, au niveau national, un solde positif de la balance des comptes, à accumuler des réserves en or et en métaux précieux, à soutenir le développement des manufactures et à maintenir ainsi l’indépendance économique du pays. Particulièrement cher à Colbert, le développement de la flotte commerciale et militaire tout comme la politique coloniale ne se limitèrent pas à suivre l’exemple espagnol, portugais, anglais et hollandais, mais s’inscrivirent aussi dans la doctrine mercantiliste. Somme toute, l’économie vécut, après son essor du XVI e s., une période de stabilisation à haut niveau. Le revers de la médaille: en raison de nombreuses guerres entreprises par le Grand Roi, les problèmes budgétaires s’aggravèrent. La France, au XVII e et au XVIII e s., était le pays le plus peuplé en Europe. L’ordre social hérité du siècle précédent se maintint grosso modo. Pourtant, la révocation de l’Edit de Nantes provoqua de grandes ruptures au sein de la société française: entre 300.000 et 350.000 protestants quittèrent la France et émigrèrent, p. ex. vers la Prusse, la Hollande et Genève – une véritable saignée puisque les émigrants (souvent des artisans spécialisés) n’étaient pas les moins doués dans leurs métiers (cf. BL 1993, vol. 1 et 2; Caput 1972/75, vol. 1, 184–192; Grenier 1996; HdF 1970–72, vol. 2, 122–209; Meyer 1985, 251–371; 478; Sée 1929, 213–368; Sieburg 41997, 62–83). 2.5.2. La civilisation et la langue françaises jouissaient au XVII e s. d’un prestige énorme, prestige qui reflétait la stabilité intérieure de la monarchie absolue et qui allait de pair avec le rôle prééminent que jouait la France dans le concert des puissances politiques en Europe. La langue fut l’objet d’un discours public vaste et ambitieux qui concernait sa normalisation et sa régularisation. Le français standard d’aujourd’hui doit sa nature et son apparence à ce discours. Mais limitonsnous à nouveau aux facteurs politiques et socioéconomiques au sens strict:
– Après les annexions réalisées par Louis XIV, l’extension de la France continentale
atteint déjà presque l’ampleur d’aujourd’hui. Par ces annexions, les fondements géopolitiques sont posés pour la francisation de régions non-francophones (comme le Roussillon et l’Alsace), y compris les colonies d’outre-mer. – Le français comme langue écrite fait des progrès remarquables dans le Midi. La proportion des facteurs d’influence étant toujours controversée, il est hors de doute que le perfectionnement de l’administration royale dans le cadre de l’absolutisme et la formation d’un marché national dans le cadre du mercantilisme y contribuent sensiblement (cf. Droixhe / Dutilleul 1990, 446 s.). – Au niveau international, le XVII e s. voit les débuts de l’ascension du français comme langue de la diplomatie. Secondée par les diplomates du Grand Roi, la langue française «devint la langue des Etats, parce qu’elle était devenue la langue des Cours et des aristocraties» (HLF 1905–79, vol. 5, 431). – En 1635, Richelieu ordonne la fondation de l’Académie française dont la tâche sera de normaliser et de régulariser la langue française. C’est la première fois que la politique intervient non seulement pour la propagation du français, mais qu’elle se mêle en même temps directement des questions intralinguistiques. Dans la première moitié du siècle surtout, le discours normatif mené par les Malherbe, Vaugelas, Balzac se déploie en toute proximité avec le pouvoir politique (cf. Caput 1972/75, vol. 1, 183–312; Lodge 1993, 153–187). – L’engagement pour la construction d’une norme linguistique reflète aussi le besoin, ressenti par la noblesse, de souligner, par sa conduite linguistique, la différenciation sociale vis-à-vis des couches non-nobles de la société. Dans cette perspective, le discours normatif peu être interprété comme une réaction de la noblesse à la montée économique et sociale de la bourgeoisie en cours depuis le XVI e s. (cf. Lodge 1993, 175–178; 187). 2.6. Le XVIII e s. et la Grande Révolution 2.6.1. La prédominance de la France en Europe ne tarda pas á éveiller la méfiance de ses voisins. Conduits par les Anglais, ceux-ci serrèrent les rangs et formèrent des coalitions pour mettre fin à l’expansion territoriale de cette super-puissance du XVII e s. Après la Guerre de sept ans (1756–63), guer-
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re européenne autant que mondiale, Louis XV (1715–74) perdit une grande partie de ses colonies au profit de l’Angleterre (la Nouvelle-France, la Louisiane, les Indes). En Europe, au contraire, par l’achat de la Corse (1768/69) et, après la mort de Stanislas Leszczynski, par la cession définitive du duché de Lorraine à Louis XV (1766), la France progressa encore une fois dans son expansion territoriale. Pour ce qui est du commerce et de l’industrie (surtout de la petite industrie), le bilan économique du siècle est nettement positif, au moins jusqu’en 1789. Dans le domaine de la grande industrie, la France était pourtant loin d’atteindre le niveau remarquable de la grande rivale de l’époque, l’Angleterre. Nourrie par la participation de la France à des guerres coûteuses (1741–48 Guerre de succession d’Autriche, 1756–63 Guerre de sept ans, 1777–83 Guerre d’indépendance américaine) ainsi que par la vie luxueuse de la Cour, la crise financière permanente de l’Etat ouvrit la voie aux événements de 1789. Les impôts toujours plus importants pesaient lourd sur les paysans, les artisans et la bourgeoisie, mais non sur la noblesse et le clergé, qui, eux, bénéficiaient du privilège de l’exonération. Alors que, jusqu’au milieu du siècle, la société aristocratique avait bien réussi à absorber l’avant-garde ambitieuse de la bourgeoisie montante, dans la seconde moitié du siècle une partie croissante du Tiers Etat, idéologiquement soutenue par les Lumières, commença à s’opposer à la noblesse et à la Cour. La crise de l’agriculture (livrée à l’alternance de mauvaises récoltes et de chute des cours), le décalage social entre la bourgoisie, économiquement puissante, et la noblesse, économiquement et politiquement affaiblie (mais privilégiée fiscalement et juridiquement), les difficultés fiscales de l’Etat, la ville de Paris faisant de plus en plus figure de «monstre démographique et sociologique» (Meyer 1985, 481), enfin le rôle des philosophes (cf. la célèbre citation de Gavroche dans Les Misérables, selon laquelle, la Révolution française, «[…] c’est la faute à Voltaire, […] c’est la faute à Rousseau»), voilà tout un éventail de facteurs favorisant la révolution. La discussion historiographique sur l’importance des différents facteurs est d’ailleurs loin d’être achevée. Les changements sociaux, politiques, constitutionnels et économiques que la Grande Révolution apporta à la France fu-
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rent sans précédent. Les principales victimes des événements de 1789–99 furent la noblesse, supprimée, proscrite, ruinée; le clergé, poursuivi, décimé, divisé; enfin la famille royale, Louis XVI et Marie Antoinette étant guillotinés en 1793. Parmi les gagnants se trouvèrent tous ceux qui disposèrent des moyens pour acheter des biens nationaux: bourgeois, entrepreneurs, paysans riches; sans parler d’un nouveau type social, le bureaucrate. Ce dernier dut son rôle prépondérant dans la société révolutionnaire à la construction d’une administration entièrement nouvelle, se basant sur l’abolition totale des privilèges et sur l’organisation du pays en départements, surveillés par des ministères parisiens très puissants. Le bilan économique de cette dernière décennie du siècle est désastreux, à cause des guerres civiles (1793–96 Guerres de Vendée), de la fuite des capitaux, de l’inflation et, tout particulièrement, de l’effondrement du commerce colonial. Menacée en plus par la réaction hostile des monarchies avoisinantes, la France dut déployer toutes ses forces pour ne pas sombrer dans le chaos (cf. BL 1993, vol. 2; Caput 1972/75, vol. 2, 10–16; Dupâquier et al. 1988, vol. 2; HdF 1970–72, vol. 2, 211–316; Hincker 1976; Meyer 1985, 373–482; Sée 1929, 369–400; Sieburg 41997, 84–118; Tulard 1985, 10–169). 2.6.2. Abstraction faite du lexique (qui s’élargit au fur et à mesure que les sciences et les métiers progressent), la structure de la langue française du XVIII e s. reste stable par rapport à la norme fixée au siècle précédent (cf. Wartburg 91969, 200 s.). C’est au niveau de l’architecture linguistique et de l’extension du français, que l’impact linguistique s’illustre le plus manifestement. – Dans la lignée des succès du XVII e s. et s’appuyant sur le rôle politique toujours prépondérant que joue la France en Europe, le français défend et renforce sa position comme langue internationale de la diplomatie et de l’aristocratie (cf. Caput 1972/75, vol. 2, 86; HLF 1905–79, vol. 8). – La Révolution crée, du jour au lendemain, le cadre institutionnel dans lequel peut se déployer ce que nous appelons ajourd’hui l’‘opinion publique’. Sous la monarchie constitutionnelle comme sous la République, la nouvelle organisation du pouvoir et du discours politique, auxquels participent beaucoup plus de gens que sous
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l’Ancien Régime, engendre un besoin accru de communication et d’intercompréhension (cf. Habermas 1962, spéc. 81–85) – et laisse en même temps des traces dans le vocabulaire politique. – Les questions linguistiques deviennent ainsi des questions politiques, voire constitutionelles, de première importance (voir p. ex. le fameux rapport de l’abbé Grégoire: → art. 128, 4.3.). Sous la Terreur, les langues ethniques de la France furent l’objet d’une propagande sans pitié. Bertrand Barère de Vieuzac déclara ainsi devant le Comité de salut public en 1794: «Le fédéralisme et la superstition parlent bas-breton; l’émigration et la haine de la république parlent allemand; la contre-révolution parle italien et le fanatisme parle basque. Cassons ces instruments de dommage et d’erreur […]» (cité dans Hagège 1996, 83).
– Au sein de l’éventail variationnel du français même, la propagation du standard atteint alors (diastratiquement parlant) le Tiers Etat et (diamédialement parlant) l’oral, c.-à-d. les domaines qui, jusque là, n’avaient pas encore été touchés par la standardisation. C’est d’ailleurs à juste titre que Lodge (1993, 187; 216) a souligné le caractère logique et pourtant en quelque sorte paradoxal de cette évolution, puisque le standard avait été, au XVII e s., un moyen de différenciation sociale, tandis que la Révolution le propageait comme un moyen de participation et de solidarité nationale (cf. Caput 1972/75, vol. 2, 88–128; HLF 1905–79, vol. 9; Lodge 1993, 188–200; Wartburg 91969, 211–216). 2.7. Le XIX e s. 2.7.1. Sous Napoléon Ier (1799–1815), la France sortit des troubles révolutionnaires et retrouva sa stabilité interne ainsi qu’externe. L’échec final du Corse à l’échelle européenne ne doit pas faire oublier qu’après le congrès de Vienne (1814/15), le territoire national conservait ses frontières de 1792. Cependant, par rapport à l’Angleterre, qui domina les négociations de Vienne, la France rétrograda définitivement à la deuxième place parmi les puissances européennes. Les Pays-Bas (1815), la Belgique (1830) et le Luxembourg (1839), les deux derniers partiellement francophones, naquirent sous leur forme moderne. L’idée d’un bloc neutre entre la France et la Prusse (entrée, par la victoire contre Napoléon, dans le club des grandes puissances européennes) fut pour-
suivie par la diplomatie britannique, qui visait à équilibrer les puissances continentales européennes. Au cours du siècle les différends entre la France et la Prusse s’intensifièrent; ils atteignirent leur point culminant avec la revendication de la rive gauche du Rhin par Napoléon III , avec, ensuite, la guerre francoallemande de 1870/71 et finalement avec la perte de l’Alsace et d’une partie de la Lorraine au profit de l’Allemagne, non seulement vainqueur de cette guerre, mais aussi unifiée et renforcée après 1871. D’autre part, onze ans avant, Napoléon III avait profité des guerres liées à l’unité de l’Italie (contre l’Autriche) et avait intégré la Savoie et Nice au territoire français. Suivant l’exemple anglais, la France entra, par la conquête de l’Indochine (achevée en 1883), de Madagascar (1896) et d’une grande partie de l’Afrique du nord (1830–81), dans une nouvelle ère de colonialisation. En politique intérieure, la monarchie (1815–48), les révolutions (1830, 1848), les républiques (II e 1848–52, III e 1870–1940) et le Second Empire (1852–70) se succédèrent, sans que la politique continue de centralisation fût abandonnée. Une vraie révolution se déroula dans le domaine de l’économie. Stimulée par l’emploi croissant des machines à vapeur, l’économie exigea toujours plus de charbon, de main-d’œuvre, d’acier, de capitaux. Il en résulta la concentration de la population et des forces productrices dans les villes (urbanisation). Le monde rural en fut affaibli, certes moins qu’en Angleterre et en Allemagne, mais néanmoins de façon considérable. Le décalage social éclata entre ceux qui possédaient des capitaux, et ceux qui ne pouvaient vendre que leur propre force de travail (cf. BL 1993, vol. 3; Bodineau / Verpeaux 2000; Caput 1972/75, vol. 2, 130–143; Caron 1985, 11–446; Dupâquier 1988, vol. 3; HdF 1970–72, vol. 2, 319–421; vol. 3, 9–207; Sée 1929, 401–510; Sieburg 41997, 118–161; Tulard 1985, 171–440). 2.7.2. Non qu’en politique l’hexagone ne soit pas soumis à des changements, mais c’est surtout au niveau économique et social que la France évolue au XIX e s. Les influences majeures sur la langue se déroulent dans les domaines suivants: – Le français, langue mondiale, est, pour la première fois depuis longtemps, concurrencé par une autre langue, l’anglais. Tout
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au long du siècle, la Grande-Bretagne sait garder sa suprématie marine et s’en sert pour établir le British Empire, premier empire véritablement mondial. La menace qui en résulte pour le statut international du français mène à la fondation de l’Alliance Française en 1883, dont le devoir consiste, jusqu’à aujourd’hui, à promouvoir dans le monde la langue et la civilisation françaises (cf. Picoche / Marchello-Nizia 41996, 158– 161). – Par son expansion coloniale, la France fait entrer dans la sphère francophone un assez grand nombre de pays non-européens (surtout en Afrique du nord; cf. NHLF 1999, 345–375). – Industrialisation, urbanisation, mobilité accrue et facilitée par la construction d’un réseau étendu de chemins de fer: tels sont les facteurs qui encouragent le brassage géographique de la population et qui font avancer le français standard au dépens des patois, ceux-ci étant étroitement liés au monde rural (cf. Lodge 1993, 206–227; Posner 1997, 59). – L’expansion du français standard en France est soutenue par une série de mesures prises au niveau politique: la centralisation continue, la scolarisation obligatoire, gratuite et laïque (1881–86, associée au nom de Jules Ferry) et le service militaire, pratiquée à partir de 1792, qui réunit les recrues des régions les plus diverses (cf. Lodge 1993, 217 s.; Wartburg 91969, 213). – Au fur et à mesure que le français standard se répand à l’oral et dans toutes les couches sociales, il se trouve lui-même exposé à l’influence des variétés ‘basses’. Des discussions à vocation puriste éclatent, critiquant tous les auteurs qui, comme Balzac et Zola, se servent d’éléments non-standards dans leurs livres (cf. Caput 1972/75, vol. 2, 185–191; NHLF 1999, 389–401). 2.8. Le XX e s. 2.8.1. Le XX e s. peut être divisé en trois phases: la première (1900–45) est marquée par les deux grandes guerres de 1914–18 et de 1939–45, la deuxième (1945–89) par la guerre froide entre l’OTAN et les pays du pacte de Varsovie; enfin la troisième, ouverte en 1989 par les événements en Pologne, en Hongrie et par la chute du mur de Berlin, ne connaît plus qu’une seule super-puissance, les Etats-Unis. Grosso modo, la taille et la texture des états nationaux européens sont, tels qu’ils se
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présentent aujourd’hui, le produit de la guerre de 1914–18. Depuis que l’intermezzo de l’opposition entre l’Ouest et l’Est a été surmonté depuis 1989, l’intégration paneuropéenne de ces Etats nationaux domine l’agenda politique du tournant du XXI e s. Tous les pays (partiellement ou entièrement) francophones européens sont aujourd’hui des démocraties, soit organisées sous la forme de monarchie constitutionnelle (p. ex. la Belgique), soit sous la forme de république (la France, la Suisse). Suivant l’exemple de la plupart des Etats européens, rompant pourtant avec une de ses vieilles traditions ‘sacrées’, la politique française a pris depuis la dernière guerre mondiale et plus nettement encore à partir de 1981 (victoire de la gauche aux présidentielles et aux législatives) et non sans succès, des mesures de décentralisation pour revitaliser les forces endogènes dans les régions. Il faut également noter que, à l’échelle mondiale, les dominations coloniales française et anglaise se sont effondrées dans les années 50 et 60. Des centaines de milliers de colons d’origine française et d’Algériens musulmans, ayant servi dans l’armée française (les ‘harkis’) ont dû être intégrés dans la vie politique, sociale et économique de la métropole. L’économie française et européenne est soumise, tout particulièrement depuis les années 60, à une modernisation réduisant la part de l’industrie lourde, renforçant les technologies de pointe et le secteur des services. La croissance de l’économie est cependant restée stable et durable après 1945, ce qui a permis de faire bénéficier une très grande partie de la population de la prospérité. Cette participation est le résultat d’une entente politique entre les syndicats et le patronat, entente par laquelle les luttes de classes du XIX e et de la première moitié du XX e s. ont pu être surmontées, en dépit des grandes grèves de 1968 et de 1995. Autre résultat de cette politique: plusieurs inventions techniques, certaines datant de la fin du XIX e s., comme la voiture, la radio, le téléphone et la télévision devinrent, tout comme la presse, un phénomène de masse et modifièrent sensiblement la société (cf. BL 1993, vol. 4; Caput 1972/75, vol. 2, 222–226; Caron 1985, 447–602; Droixhe / Dutilleul 1990, 458; Dupâquier et al. 1988, vol. 4; HdF 1970–72, vol. 3, 209–420; Pletsch 1997, 277–287; Rémond / Sirinelli 1988; Sieburg 41997, 162–214).
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2.8.2. Il est certainement trop tôt pour faire le bilan linguistique du XX e s., à peine terminé. Il y a pourtant au moins trois lignes d’évolution linguistique dont l’interdépendance avec les développements socio-économique et politique peut passer pour sûre: – Le français perd de l’importance comme langue internationale et passe au deuxième rang derrière l’anglais. Au XX e s., la promotion de l’anglais n’est plus due à l’empire britannique, mais à la suprématie politique, technologique, idéologique et économique des Etats-Unis. Vers la fin du siècle, le français se voit en plus concurrencé par de nouvelles langues à vocation supranationale, comme l’espagnol et l’arabe. Pour compenser la perte des colonies et la diminution de l’influence internationale est apparu le concept de ‘francophonie’, qui a, entre autres, une vocation politique, mais qui vise surtout à défendre et promouvoir la langue et la civilisation françaises dans les anciennes colonies et dans le monde (cf. Hagège 1996, 134–147). – Le XX e s. voit s’accélérer le recul des dialectes et des langues minoritaires en France. Cette évolution, qui a déjà commencé au siècle précédent, est renforcée par les nouveaux outils et voies de communication: la radio, le téléphone, la presse de masse et la télévision; mais aussi la voiture, le chemin de fer toujours plus rapide et l’avion (cf. Droixhe / Dutilleul 1990, 458; Lodge 1993, 225). Parallèlement aux milieux ruraux, d’autres milieux socioprofessionnels déclinent ou disparaissent, auxquels sont liées les variétés et les langues en danger. Stroh (1993, 178) a p. ex. pu démontrer que la substitution du français au lottrénger platt en Moselle s’est accélérée au moment où l’industrie minière est entrée dans une phase de crise. D’autre part, depuis les années 60, la France connaît, avec l’arabe, une nouvelle langue minoritaire en voie de croissance qui influence sensiblement le langage des jeunes d’aujourd’hui (cf. p. ex. Bollée 2000). – Encouragé par la participation des classes ouvrières à la prospérité (suivie de l’embourgeoisement de ces classes), l’usage du français standard se répand de plus en plus à travers toutes les régions et toutes les couches sociales. Cependant, les nouveaux utilisateurs n’adoptent pas le standard sans l’influencer de leur côté: la ‘crise’ du français standard, héritée du siècle précédent, se poursuit. Le décalage entre le standard conservateur de l’écrit et un nouveau substandard innovateur créé à l’oral s’agrandit.
Lodge va même jusqu’à se demander s’il peut en résulter, dans le futur, une situation de diglossie comparable à celle du latin et du latin vulgaire (cf. Lodge 1993, 257–260; Posner 1997, 59).
3.
Résumé
Parlant des influences politiques et socioéconomiques sur l’histoire linguistique, nous nous trouvons toujours en face du même problème: celui de l’empirie qui va audelà de la plausibilité. Françoise Gadet met le doigt sur le point sensible quand elle écrit dans ses préliminaires (la citation vaut pour tous les siècles): «Au XX e s., des changements majeurs apparaissent dans les modes de vie des Français et l’organisation sociale, qui ne peuvent pas ne pas avoir eu d’effets sur l’évolution de la langue et sur les modes de communication. Pourtant, il est difficile d’évaluer lesquels d’entre eux ont eu un impact direct sur la langue, tant les facteurs en jeu relèvent d’ordres divers, institutionnel, technologique ou social» (NHLF 1999, 587).
En linguistique diachronique nous manquons souvent d’outils qui nous permettent de relier, d’une manière méthodologiquement irréprochable, nos connaissances extralinguistiques aux faits linguistiques (cf. p. ex. la critique de l’idéalisme vosslerien par Gauger / Oesterreicher / Windisch 1981, 133– 144, et Wartburg 31970, 102, dont les arguments valent bien au-delà de l’idéalisme). Il serait fort souhaitable d’intensifier dans le futur la discussion méthodologique sur ce point et de mettre à l’épreuve de nouveaux instruments empiriques. L’ordinateur, la linguistique de corpus et les paradigmes d’interprétation offerts par la linguistique variationnelle seraient à cet égard de bons points de départ (cf. Cerquiglini 1989, 103–116; Gleßgen sous presse; Völker 2003).
4.
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Harald Völker, Berlin
104. Política, desarrollo socioeconómico e historia de las lenguas iberorrománicas Politik, sozioökonomische Entwicklung und Sprachgeschichte: Iberoromania 1. 2.
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La romanización de Hispania La aparición de los pueblos germánicos en la Península Ibérica y el fin del Imperio Romano La invasión árabe: La ‘Reconquista’ y el nacimiento de las nacionalidades y de los romances peninsulares Las lenguas románicas ibéricas en el Renacimiento. La formación de dos imperios ultrapeninsulares. La expansión del español y del portugués Las lenguas románicas ibéricas en los s. XVIII y XIX El s. XX : Las dictaduras en la Península Ibérica. El retorno a la democracia: La Constitución Española de 1978 y las lenguas de España. Las lenguas oficiales de los dos estados ibéricos Bibliografía
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La romanización de Hispania
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1.1. Los romanos llegan a la Península Ibérica en una fecha relativamente temprana (218 a. C.), immediatamente después de su desembarco en las islas mayores (Sicilia, Córcega y Cerdeña), con el fin de desplazar a los cartagineses, que dominaban el Mediterráneo Occidental. La excusa que motivó la entrada de los romanos en Iberia, con lo que conseguían un nuevo comercio, unos ricos yacimientos mineros y abundantes recursos agrícolas, fue la destrucción por par-
te de los cartagineses de Sagunto (ciudad próxima a Valencia y aliada a Roma). La presencia del latín desde fechas tan tempranas en Hispania, y el alejamiento de Roma, es decir su situación lateral respecto del Imperio, dieron al latín hispánico un carácter arcaico y conservador, característica ya apuntada por Carnoy (1906, 233), y posteriormente, entre otros, por Silva Neto (1979, 114ss.) y Lapesa (1983, 87–94). Consecuencias de este latín diferenciado son determinados rasgos fonético-fonológicos, morfosintácticos y léxicos que corroboran expresas manifestaciones de Varrón o determinadas características de la lengua de los hispanos-romanos Quintiliano, Séneca, Marcial, Columela, etc. (cf. ib., 83–86; Cano 1988, 28), que permanecen en las lenguas iberorromances y cuya manifestación es mayor cuanto más a occidente de la Península. Otra de las causas aducidas para justificar la diferenciación del latín hispánico, defendida, sobre todo, por Menéndez Pidal (1968, 52–55), ha sido el carácter dialectal suritálico, traído por los soldados y colonos oscos, sabinos, umbros, etc. que se asentaron en amplias zonas hispánicas. No obstante, frente a la anterior teoría del conservadurismo y arcaísmo, que es aceptada por todos los investigadores sin reticencias, esta última, como dice Baldinger, es «hipotética y problemática» (1972, 179) y, por lo tanto, presenta
104. Política, desarrollo socioeconómico e historia de las lenguas iberorrománicas
múltiples dudas para ser aceptada sin más, como ya señaló Rohlfs, gran conocedor de los dialectos del sur de Italia (1955, 221–225). 1.2. Otras circunstancias, no menos importantes, que influyeron en la diferenciación del latín hablado en Hispania con el de otras provincias del dominio romano, son las de carácter sustrático, debido al largo período de bilingüismo que existió en muchas regiones. Las lenguas prerromanas que han dejado una huella más patente han sido, por un lado, las lenguas célticas o precélticas, y, por otro lado, el vasco – o lenguas vascoides – y la lengua ibera, que luego contribuyeron a la separación de las lenguas iberorrománicas (cf. Tovar 1968, 88 ss.; Baldinger 1972, 231– 240). Existían, además, dentro de la Península Ibérica divergencias lingüísticas de carácter geográfico y social motivadas, entre otras causas, por el distinto grado de romanización y por el nivel socio-cultural de los colonizadores de tal manera que lo que en muchos casos fueron diferencias de carácter diastrático terminaron siéndolo de carácter diatópico (cf. Vàrvaro 1984, 98 s.). Estas divergencias, andando el tiempo y alentadas por determinadas circunstancias históricosociales, dieron lugar al nacimiento de los distintos romances peninsulares: español, catalán y gallego-portugués (cf. 3.2.). Se sabe que la romanización de la Península fue muy irregular; intensa en las zonas donde se prodigaban los núcleos urbanos, en la Bética (de esta provincia son los escritores Séneca y Lucano, y los emperadores Trajano y Adriano) y en el este, principalmente en la Tarraconense; débil en zonas de la Celtiberia, la Lusitania y la Gallaecia, sobre todo en las zonas rurales; y prácticamente nula en las regiones de Cantabria, Vasconia y zonas pirenaicas, en alguna de cuyas regiones la romanización no llegó a asentarse sino siglos después de haber caído el dominio de Roma (aunque hay autores que defienden la romanización temprana del País Vasco; cf. Echenique 1998, 43–56, y la bibliografía que allí aparece). 1.3. Las diferencias diatópicas y diastráticas existentes en el latín hispánico no entorpecían la relativa unidad lingüística de la Península, de modo que la comunicación entre los habitantes de Hispania y de éstos con el resto del vasto territorio del Imperio Romano se llevaba a cabo en el sermo vulgaris. Dos factores principales contribuyeron a la unidad lingüística peninsular, por un lado, el
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mantenimiento de la unidad política y administrativa, primero desde Roma y después, con los visigodos, desde Toledo; y, por otro, la red de vías de comunicación que establecieron los romanos que vertebraba Hispania, donde existían tres importantes rutas: la Calzada litoral del Mediterráneo, cuyo centro principal era Tarraco; la Calzada de la Plata, que tenía como principales nudos de comunicaciones las ciudades de Emerita (Mérida) y Asturica (Astorga); y la del Valle del Ebro, que desde Tarraco enlazaba con el Pirineo central por Caesar Augusta (Zaragoza) y llegaba a la Meseta Norte.
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La aparición de los pueblos germánicos en la Península Ibérica y el fin del Imperio Romano
2.1. A partir del s. III , en el latín peninsular se produce un proceso de ruralización, con introducción de localismos indígenas y vulgarismos, al huir empobrecida la población por una fuerte crisis económica de los núcleos urbanos (civitas) a las zonas agrícolas (villae), de las que nos han quedado numerosos testimonios en la toponimia rural, la mayoría de origen antroponímico; esta circunstancia ocasionó el aplebeyamiento de la lengua. A principios del s. V, después de la penetración en la Península Ibérica de distintos pueblos germanos (suevos en la Gallaecia, vándalos silingios en la Bética, alanos en la Lusitania y Cartaginense), los romanos sólo ejercían un control efectivo en la Tarraconense y en la zona más oriental de la Cartaginense, territorios que ocupaban los visigodos – fieles a Roma – y cuyo centro de poder lo tenían al sur de la Galia, en Tolosa. Caído el Imperio de Roma (476), a la muerte del emperador Rómulo Augústulo, los visigodos, que estaban establecidos en el nordeste de la Península, al sentirse herederos del poder romano, se fueron desplazando al centro para emprender la labor de unificar las tierras de Hispania. La unidad política la consigue Leovigildo (585) con la derrota de los suevos en la Gallaecia y el dominio de los cántabros y vascones; y la religiosa, su hijo Recaredo en el III Concilio de Toledo (589), cuando el rey, en el nombre de los visigodos, abjura del arrianismo y toma oficialmente el credo de Roma; aunque las dos comunidades (goda e hispanorromana) durante tiempo vivieron separadas, de lo que han quedado muestras en la toponimia (Godos, Godinhos y Romão, Romãs en Portugal, y
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Godos, Revillagodos y Romanillos, Romanos, etc. en España); esta separación llevó consigo diferencias lingüísticas en el uso del romance según las comunidades (cf. Menéndez Pidal 1968, 26; 116 s.). 2.2. Los visigodos, cuando llegan a la Península, ya habían asimilado la lengua y la cultura latina como prueba que no se haya encontrado un solo documento escrito en su lengua vernácula; sólo dejaron unas pocas voces germánicas. El latín de esta etapa, lejos del espíritu elitista de la época imperial, sigue ruralizándose y empobreciéndose como testimonian las pizarras godas (sólo dos obras se salvan de la penuria cultural del período visigodo hispano, Las Etimologías de San Isidoro de Sevilla (570–636) y el Liber Iudicorum o Fuero Juzgo (654), recopilación de normas jurídicas mandadas a hacer por el rey Recesvinto). En consecuencia, la lengua hablada en la Hispania visigoda, como en el resto de la Romania, se fue separando del latín culto y literario y desarrolló el camino que ya había iniciado en el Bajo Imperio: al final de este período, principios del s. VIII , «todos en la monarquía visigoda usarían como lengua familiar un llano romance» (Menéndez Pidal 1964, 11). En el protorromance hispánico se consolidan nuevos fonemas consonánticos que ya se habían documentado en etapas anteriores, en el latín vulgar de la etapa tardoimperial; éstos son los casos de los dorso-dentales y dorso-palatales que ocupan estos órdenes vacíos en el sistema consonántico latino. 2.3. Al final de la etapa visigoda ya se dibujaban, según Lapesa (1983, 127), las principales características de los romances iberorrománicos. Por eso, nos parece más acertado considerar que estas diferencias diatópicas peninsulares se gestan en la etapa visigoda – frente a la teoría de Wartburg que considera la Península Ibérica en esta etapa como una unidad lingüística cerrada (1941, n. 190) –, y que luego con la invasión de los árabes se acentúan y fomentan.
3.
La invasión árabe: La ‘Reconquista’ y el nacimiento de las nacionalidades y de los romances peninsulares
3.1. Las luchas intestinas entre distintos bandos de la aristocracia visigoda, que die-
ron lugar al debilitamiento de la monarquía, y la aparición simultánea de un período de hambrunas y de epidemias facilitaron la invasión y rápida conquista de Hispania por los árabes (711), formando una nueva provincia del Imperio del Islam, llamada AlAndalus. Aunque muy pronto en las montañas más septentrionales de la Península, que habían quedado fuera del dominio árabe, surgió una serie de núcleos de hispanogodos que se organizaron de forma autónoma y dieron lugar al nacimiento de reinos y comunidades independientes entre sí, cada uno con su romance, desde donde se emprendió la Reconquista de los territorios de Al-Andalus. 3.2. Estos acontecimientos políticos dieron lugar a un cambio de la situación lingüística hispana a partir de s. VIII ; pues hizo que fuera diferente según se tratase del territorio de dominio árabe (que hasta mediados del s. XI correspondía a la mayor parte y a las ciudades más pobladas de la Península Ibérica) o de los reinos cristianos del norte. En el primer caso, existía en Al-Andalus, sobre todo en los núcleos urbanos, una importante población autóctona hispana (los mozárabes “cristianos”), que, junto a la lengua árabe, continuaron empleando su romance (rumí, latiní o ladino). La lengua de los mozárabes se prolongó, en una situación de postración, hasta la segunda mitad del s. XI o principios del XII , época en la que, por una parte, importantes núcleos de mozarabías se integraron en las poblaciones del norte tras las conquistas, sobre todo, de Coimbra (1064) y Toledo (1085); y por otra, los cristianos que aún permanecían en tierras del Islam fueron exterminados o expulsados al norte de África por la llegada a Al-Andalus de dos invasiones de integristas musulmanes, los almorávides (1086) y los almohades (1147). Hay que señalar, no obstante, que antes de desaparecer del todo las hablas mozárabes, que presentaban diferencias entre sí, dejaron su impronta lingüística e influyeron, en algunos casos de forma importante, en las lenguas romances del norte peninsular en las que se habían integrado, constituyendo nuevas modalidades lingüísticas (cf. Menéndez Pidal 1968, 435–440; Herculano de Carvalho 1973, 161–170). Los mozárabes – junto al duradero contacto de los reinos cristianos con el Islam, próximo a los ochocientos años en el caso de Castilla – incorporaron en las lenguas del norte, junto a formas autóc-
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tonas, un crecido número de arabismos, que han dado una especial fisonomía a las lenguas neolatinas ibéricas. Los reinos cristianos no podían sustraerse a la influencia de la superior cultura que irradiaba del foco del califato de Córdoba (cf. Silva Neto 1979, 342–344; Lapesa 1983, 133–142). Estos hechos históricos fueron de tal importancia que, si hoy en la Península Ibérica existen dos estados, España y Portugal, y una determinada situación lingüística, con tres lenguas románicas, se debe a la voluntad de los hispano-cristianos de no ser absorbidos política, religiosa, cultural y lingüísticamente por el Islam. De este espíritu nació la Reconquista de los territorios usurpados, una empresa que unió todos los reinos cristianos peninsulares, al mismo tiempo que despertó y afianzó los nacionalismos y las modalidades lingüísticas, al surgir una serie de comunidades cristianas independientes de Al-Andalus y al quedar interrumpida la unidad política y la comunicación al fijarse fronteras entre unos reinos y otros (cf. Castro 1966, 175–198; Menéndez Pidal, 1968, 489–501). Tres son los focos iniciales de la Reconquista: uno, occidental, entre la cordillera Cantábrica y el Atlántico; otro, oriental, en los Pirineos; y el tercero en el centro, al sur de la Cantabria. 3.3. El foco occidental. Aparece en los límites de la antigua Gallaecia romana, que comprendía desde el río Duero hasta al Cantábrico, al norte, y el río Sella, al este, el límite con Cantabria, donde existía un fuerte sustrato celta, desde las tierras gallegas a las lusitanas, y una estructura cultural básica común que en la lengua se manifiesta, sobre todo, en el léxico (cf. Krüger 1947, 137; Piel 1989, 55–60; García 1985, 48 s.). En este territorio no se produjo una unidad lingüística, aunque sí ciertas afinidades. Es decir, aparecen distintas manifestaciones romances provenientes de un latín conservador importado de la Bética, que tiene dos principales modalidades: una oriental, en territorio astur-leonés, luego influida y, finalmente, absorbida por el castellano, de cuyo dialecto hoy quedan restos inconexos en Asturias, la región leonesa y nordeste de Portugal; y otra occidental, el romance gallego, que después se prolonga en el portugués. El territorio que ocupaba la comunidad gallega, aunque no tuvo un centro de poder político independiente, pues perteneció desde su nacimiento al reino de León – con algún anecdótico pe-
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ríodo de independencia –, sí poseyó un centro religioso y cultural importante en la ciudad de Santiago, que ejerció el papel de guía y normalizador del romance nacido en esta región. Así se escribían en gallego sus documentos oficiales, donaciones, testamentos, cartas, e, incluso, una rica literatura, muy influida por la provenzal que traían los peregrinos a Santiago. En el período inicial el límite de Galicia fue el río Miño, luego, con la expansión hacia el sur, el gallego avanzó, primero, hasta el río Duero, y más tarde hasta el Mondego. Si hasta el s. XI existió una unidad lingüística, a partir de la ocupación de la región de Beira y de Coimbra (1064) se produce – como muy bien ha señalado Silva Neto (1979, 360) – en la zona que va desde el río Duero al Mondego un sentimiento diferenciado con las gentes del norte, pues esta población toma como fin prioritario la conquista de los territorios del sur, en poder de los árabes, y este sentimiento da rienda suelta a la creación de un nuevo modus vivendi y de una nueva modalidad lingüística, fruto de la nivelación de la mezcla de gentes de habla gallega con otras de habla leonesa y, sobre todo, mozárabe; estos últimos incorporados de los territorios recién conquistados. La independencia del antiguo condado de Portu Cale (> Portugal) se inicia cuando el rey de Castilla y León, Alfonso VI (1040–1109), deja a su hija, Teresa, y a su yerno, Enrique de Borgoña, estas tierras, separándolas de las de Galicia por el río Miño, que desde entonces servirá de frontera política – que no lingüística – del que será nuevo reino (Ribeiro 1987, 45–67). 3.3.1. Las distintas variantes lingüísticas del portugués, por circunstancias históricopolítico y sociales, se integrarán en Lisboa, al convertirse esta ciudad en el gran centro de emigración del país, primero, a partir de ser declarada la capital del reino (1250); después, en la etapa de los descubrimientos, al convertirse en receptora de población de distintos lugares y en el puerto y puerta de entrada y salida a otros mundos. Precisamente en Lisboa – proclamada símbolo de la unidad e integridad nacional ante las aspiraciones territoriales de Castilla sobre Portugal (frenadas por la victoria de los portugueses en Aljubarrota, 1385), y con una nobleza y una burguesía ascendente, sobre todo a partir del reinado de Juan I (1385–1433) –, al constituirse en centro político-administrativo y, junto a ello, en el principal foco
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
cultural y universitario del país, triunfará la nueva modalidad lingüística, donde prevalecerán las soluciones dialectales centrales y meridionales del país, y esta modalidad servirá de patrón del portugués estándar (cf. Silva Neto, 1979, 381–390); este nuevo modelo de lengua se aparta, por tanto, del portugués septentrional y del gallego. Mientras en Galicia, la lengua vernácula dejará de ser lengua de cultura y tendrá cada vez una mayor influencia del castellano. No obstante, hay que señalar que hasta principios del s. XV, aun perteneciendo las tierras de uno y otro lado del río Miño a dos comunidades políticas distintas, se mantiene unida la lengua literaria, sobre todo en la poesía lírica, en el llamado gallego-portugués, como demuestran los Cancioneros (como los de Ajuda y el Vaticano, s. XIV ), que mantuvieron una lengua fosilizada, empleada en los s. XIII y XIV, no sólo por gallegos y portugueses sino también por leoneses y castellanos (aunque en el territorio portugués, como elemento diferenciador, aparecen las grafías provenzales lh, y nh que sustituyen a las tradicionales ll y ñ hispanas). La prosa, sin embargo, al existir en Portugal un centro cancilleresco de prestigio en Lisboa, tomó un camino diferenciado que culminará en el s. XV con la elegante lengua del cronista Fernando Lopes († 1460). Desde este período hasta el siglo siguiente se producen en la lengua portuguesa grandes cambios en el sistema fonético-fonológico (cf. 4.2.). 3.4. El foco oriental o pirenaico. Se formó este foco por pequeños condados y algún reino en las proximidades de esta cadena montañosa, con la particularidad de que giraban alrededor de la esfera política de los francos; de occidente a oriente: al reino de Pamplona-Navarra, los condados de Aragón, Sobrarbe, Ribagorza, Urgel, Pallars, Rosellón, Gerona, y, más al sur, Barcelona. Es ésta una región muy compleja lingüística y culturalmente, pues ha ejercido sobre ella una fuerte influencia la lengua vasca o lenguas vascoides, más intensa y duradera cuanto más a occidente, ya que en algunas de estas comarcas occidentales no llegó la romanización hasta una fecha tardía; las modalidades lingüísticas que se forman proceden de un latín innovador y progresista, cuyo centro había estado en Tarraco; otro foco que influyó notablemente, sobre todo en la zona oriental, fue el galo, principalmente las lenguas y dialectos meridionales
(gascón y lenguas languedoccianas) por la relación que desde antiguo habían mantenido los pueblos de uno y otro lado de los Pirineos. Todo ello, unido a lo accidentado de la orografía, que forma numerosos valles de muy difícil intercomunicación, hizo, al igual que en el dominio astur-leonés, que en todo este territorio, a excepción del extremo oriental donde se formó el romance catalán, no se consiguiera una unidad lingüística o coiné, por lo que en el primitivo dominio lingüístico de los valles altopirenaicos han permanecido hasta nuestros días numerosas hablas dialectales (dialectos aragonés y navarro), en las que en las isoglosas se entremezclan los rasgos autóctonos con los del español, que desde fines de la Edad Media ha ejercido una notable influencia en toda esta región. 3.4.1. El caso del romance catalán fue diferente, pues el castellano no influyó en la etapa medieval; aunque sí ejercieron una importante influencia, hasta fines del XII , las variantes romances del sudeste de la antigua Galia, por la supeditación política y cultural, sobre todo una modalidad del provenzal, el lemosín, lengua que fue aceptada por los altos sectores de la sociedad catalana como medio de expresión escrita, culta y literaria; hecho que demoró el auge de su romance autóctono. De modo que en esta comunidad se produjo en una primera etapa una especial situación triglósica al emplearse el latín en distintas manifestaciones de la lengua culta, el provenzal en la lengua cortesana y literaria, y el catalán en el habla coloquial. Habrá que esperar hasta el s. XIII , cuando por la expansión de la corona catalano-aragonesa por tierras del levante hispano y por el Mediterráneo se autoafirme el catalán, debido a un nacionalismo emergente, para que se tome conciencia de su importancia, y el romance vernáculo, o lengua de us, vaya poco a poco reemplazando, en unos casos, al latín y, en otros, al lemosín (cf. Nadal / Prats 1987, 255–258); pero lo que representa un hito importante en el prestigio del catalán fue convertirlo en la lengua de la Cancillería Real del reino de Aragón; de aquí pronto se extendió a las manifestaciones literarias, que con Ramón Llull († 1315) alcanza su madurez. 3.4.1.1. La primitiva región catalana penetraba en el sur de Francia, en el actual departamento de los Pirineos Orientales hasta el macizo montañoso las Corberas, que ha
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permanecido hasta hoy como frontera lingüística con el provenzal. La vinculación de Cataluña con el mediodía de la Galia se establece, primero, en época romana, luego, se acrecienta con los visigodos, y, finalmente, con el Imperio Carolingio, ya que los condados pirenaicos orientales servían a los francos de defensa de los musulmanes; esta situación de dependencia política del imperio franco se prolongó hasta el s. X, aunque la social y cultural se prolongó por más tiempo. Conseguida la independencia, la política catalana se concentra en las tierras hispanas, se extiende al sur de su primitivo solar (Catalunya vella) y comienza su expansión por dominios del Islam, primero por el Campo de Tarragona (dando lugar a la formación de la Catalunya nova); más tarde, unidos a los aragoneses en una misma corona (1137), dan un gran impulso a la conquista a costa de los territorios árabes del levante peninsular, hasta el sur de la provincia de Alicante (por el tratado de Almizra, 1244, entre Jaime I y el infante Alfonso X de Castilla), donde se forma el reino de Valencia, dentro de la Corona de Aragón, y que según el reparto del territorio (para los catalanes el litoral, la zona más rica, para los aragoneses las tierras de interior), traerá como consecuencia la distribución lingüística que, con mínimos cambios, ha llegado hasta hoy. Simultáneamente los catalanes se extienden por el Mediterráneo donde compiten por los mercados con los pisanos y genoveses, sobre todo; en primer lugar toman el archipiélago de las Baleares (1229–87), luego las tierras meridionales de Italia e incluso llegan a Atenas (resto de la antigua presencia de la lengua catalana en el Mediterráneo es el actual algherés, dialecto de la localidad de Alghero en Cerdeña). 3.5. El foco cántabro-castellano. Equidistante con los dos focos laterales que acabamos de ver, aparece en la zona centro-septentrional de la antigua Iberia, con una heterogeneidad étnica (cántabros, vascones y astures), una serie de hablas con elementos comunes que enlazan, en un continuum lingüístico, con el dialecto astur-leonés por occidente y con el riojano, el navarro y el aragonés por oriente. Estas hablas son el fruto del sustrato cántabro-vasco y de un territorio excasamente romanizado. Poco a poco irá tomando protagonismo el romance nacido en el minúsculo condado de Castilla, en las estribaciones de la cordillera Cantábrica
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con el norte de Burgos, territorio vinculado políticamente al reino astur-leonés. El carácter independiente y rebelde de los castellanos los llevó pronto a conseguir la autonomía política (s. X); durante la primera etapa de independencia, que llega hasta al s. XI , Castilla permanece circunscrita a sus reducidos límites entre dos poderosos reinos, el de León, del que había dependido, y el de Navarra; pero desde la mitad de este último siglo la hegemonía política pasa de los reyes astur-leoneses a la nueva dinastía castellano-vasco-navarra que instaura Fernando I, con quien el antiguo condado pasa a reino (1032), y más tarde se anexiona el de León; paralelamente nace en Castilla una punjante burguesía que se enriquece, sobre todo, con el comercio de la lana. Junto a estos acontecimientos, la lengua de Castilla tuvo un desplazamiento desde la primitiva zona montañosa de Cantabria, con un castellano arcaizante, a las tierras llanas de Burgos hasta el Duero, donde aparecía una variante dialectal más innovadora y de una profunda personalidad, fruto de un proceso de nivelación lingüística por la afluencia de repobladores con distintas hablas dialectales (cf. Ridruejo 1995, 241 ss.; Echenique 1998, 47 s.); de esta coiné sus hablantes se sienten orgullosos por lo que reafirman los rasgos diferenciadores con el romance de la corte leonesa y dialectos vecinos. 3.5.1. A partir de estos hechos (segunda mitad del s. XI ), Castilla deja de estar encerrada en sí misma y levanta su mirada hacia Europa; se trazan nuevas vías en el llamado ‘camino francés’ que lleva a Santiago a los peregrinos de allende de los Pirineos; al mismo tiempo que llega un aluvión de clérigos cluniacenses del vecino país, que ocupará las abadías, monasterios y diócesis de mayor importancia del reino; se reforma la escritura (se introduce la letra carolingia), en la liturgia religiosa se abandona el rito hispánico o mozárabe para adoptar el francés o romano; en la corte se da una nueva política de casamientos con príncipes y princesas extranjeros; y en esta etapa, en todos los romances hispanos, se incorpora un importante número de galicismos. Consolidado un nuevo y poderoso reino castellano en la Península Ibérica, éste avanzará con sus conquistas al Islam hacia el sur, el este y el oeste, y, con el dominio político en las nuevas tierras, se irá imponiendo su romance en detrimento de las hablas autóc-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
tonas; llevando a cabo, en su expansión, la ruptura de la relativa uniformidad lingüística del resto de los romances peninsulares – según la conocida tesis de Menéndez Pidal (1964, 125) –, separando en bloques aislados las lenguas extremas, por un lado el gallegoportugués y por otro el catalán. El castellano forma en su avance la famosa cuña de la que habló el citado investigador. No obstante, sin negar el efecto de cuña que tuvo el castellano, cada día se matiza la discrepancia lingüística del primitivo castellano con los dialectos vecinos centrales, pues algunas de las soluciones lingüísticas, que han sido consideradas exclusivas de aquel romance – por lo que se le ha tildado de dialecto ‘revolucionario’ (cf. Penny 1995, 407) – son compartidas, si no en la totalidad por cada dialecto, en un porcentaje mayor o menor por los dialectos vecinos (cf. Pascual, 1996/97, 90–92). Lo que sí hizo el castellano fue darles personalidad y fijeza a estos rasgos discrepantes y, con su prestigio, extenderlos por tierras donde se conocían otras variantes. Estos hechos ocurrieron a partir de la toma de la ciudad de Toledo (1085) por el rey Alfonso VI y, sobre todo, desde la llegada a Andalucía (s. XIII ): La lengua de Castilla se fue haciendo cortesana, fue sustituyendo al latín en la documentación administrativa, creó primero una literatura juglaresca, y, aunque todavía vacilaban algunas soluciones a las distintas variantes lingüísticas y ortográficas – hecho que se prolongó hasta mediados del XIII –, proclamó su hegemonía lingüística en el centro y sur peninsular; será con Alfonso X (1252–84) con quien se normalice la lengua en un castellano drecho (“castellano puro, correcto”), desplazándose de la modalidad burgalesa a la toledana; sin embargo no permaneció ajeno a determinadas influencias de los dialectos que iba absorbiendo por lo que, como fruto de la nivelación de las distintas variantes, se enriqueció y dio lugar a lo que García de Diego llamó «complejo dialectal» (1950, 107 ss.).
4.
Las lenguas románicas ibéricas en el Renacimiento. La formación de dos imperios ultrapeninsulares. La expansión del español y del portugués
4.1. Antes de acabar el s. XIII los reinos extremos peninsulares (Portugal y la Corona catalano-aragonesa) habían concluido la
conquista a los árabes de los respectivos territorios de Al-Andalus que tenían asignados; Castilla, sin embargo, por distintas causas internas no pudo completar su conquista hasta finales del s. XV, fecha en que se apodera del último territorio en poder del Islam, el reino nazarí de Granada. Precisamente en 1492 – año en que finaliza la Reconquista y Colón con sus naves, bajo el pabellón de Castilla, llega a América – el humanista Antonio de Nebrija publica en Salamanca el Diccionario latino-español y la primera gramática renacentista de una lengua romance, la Gramática castellana. Con los Reyes Católicos se estaban poniendo las bases para el nacimiento de una nueva potencia en Europa. Con su nieto, Carlos V, el poder de España se consolida, y con su descendiente, Felipe II , unidos en su corona los reinos peninsulares (España y Portugal), junto al poder político – como ya anunció Nebrija – se propaga el castellano, ya convertido en español, al extenderse por todos los reinos peninsulares – y aceptarse como lengua nacional de la nueva monarquía española –, y por Europa tanto en las posesiones que la monarquía tenía en Italia; y en Flandes (en Amberes son numerosas las publicaciones en español), como en las principales cortes del viejo continente: Francia, Portugal, y en menor intensidad Inglaterra y Alemania. El antiguo dialecto de Castilla, ahora lengua de prestigio en expansión, acompaña a los españoles en sus conquistas fuera de la Península; primero en las islas Canarias (desde principios del s. XV y, definitivamente, desde 1477), en África, después en América (1492), y llega hasta las lejanas tierras orientales de las islas Filipinas (1521). Fruto de la empresa colonizadora ultrapeninsular, llevada a cabo por la corona de Castilla, es la presencia actual del español en estos continentes. Paralelamente, en esta época del Siglo de Oro de la cultura española – cuando se llega al cenit de la lengua literaria con Cervantes, Lope, Quevedo, Calderón, etc. – se produce en la lengua, en un corto período de tiempo, una reestructuración de su sistema fonético-fonológico y cambios en el plano morfosintáctico que lo conducen al español moderno. 4.2. El reino de Portugal, habiendo finalizado la Reconquista con bastante antelación a Castilla (las tierras del Algarve se toman en el s. XIII ), pone sus ojos fuera de la Península y comienza su expansión por ultramar
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impulsado, primero, por Enrique el Navegante († 1460), y, posteriormente, culminará en una extraordinaria aventura africanoasiático-americana. En esta nueva situación, surgen poderosas clases sociales, al margen de la aristocracia tradicional apegada a la tierra: los comerciantes y una alta burguesía que se enriquecen rápidamente y se sienten orgullosos – e incluso altaneros – de su estatus y nación, situación que tan bien retrata el dramaturgo Gil Vicente en su Auto da India (1509). Durante el s. XVI terminará el proceso de fijación y unidad de la lengua portuguesa en la que las gramáticas de distintos humanistas harán una labor paralela a la que Nebrija llevó a cabo para el español, y la lengua literaria llega a su cima con Luis de Camoens (1524–80). En Portugal durante el Renacimiento – a pesar de que existe un bilingüismo en la corte y en la literatura, donde el castellano es la lengua de cultura (cf. Vázquez Cuesta 1988, 43–54) – surge un movimiento reivindicativo de la lengua vernácula; entre los gramáticos defensores del portugués hay que destacar tres nombres, Oliveira, Barros y Magallães de Gândavo, que siguiendo las ideas de la época defienden la lengua propia, tanto para promover la conciencia nacional, sobre todo para superar el colonialismo castellano, como para servir de eficaz instrumento del imperio lusitano y de la difusión del cristianismo. En su expansión, los portugueses llevarán su lengua por el Atlántico, primero a las islas Azores y Madeira (1430); más tarde continuarán su aventura marinera y, bordeando las tierras africanas, llegarán a Angola y Mozambique y otras zonas de este continente, donde desde el s. XV se han formado distintos dialectos o lenguas criollas o neocriollas del portugués; y desde Alfonso de Alburquerque (1511), llegan a Asia, donde llevan el portugués, de cuyos restos, en un estado de decadencia, permanecen hoy algunas de las lenguas mixtas. Por último, por las discrepancias que surgieron con la corona de Castilla por las disputas en la adjudicación de nuevas tierras y áreas de influencia para el comercio en occidente – resueltas diplomáticamente, con la intercesión de Roma, por el Tratado de Tordesillas (1494) – Portugal consiguió, también, posesiones en América: las inmensas tierras de Brasil, donde se habla la variante portuguesa brasileira. 4.3. Por su parte, la lengua catalana llega en el s. XV a su máximo esplendor. La cultura
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italiana penetra en este reino por el largo contacto que mantienen, debido a la dependencia política del sur de Italia de la confederación catalano-aragonesa. En esta etapa, en la lengua destaca la variante catalana del Reino de Valencia, llamada valenciá, donde surge una literatura que se manifiesta en todos los géneros. No obstante lo dicho, a fines de este período empieza a hacerse patente la influencia del castellano como lengua literaria, situación que se intensifica con la unidad de los reinos peninsulares con los Reyes Católicos. A partir de entonces el catalán comienza un largo camino de decaimiento cultural, al mismo tiempo que se inicia en esta lengua un período de postración que llega hasta la segunda mitad del s. XIX . 4.4. En la zona noroccidental de España, en las tierras de dominio lingüístico gallego, aunque todavía en el XV se encuentran poetas que siguen escribiendo en un gallegoportugués fosilizado, ya hacía tiempo, desde el reinado del Rey Alfonso el Sabio (s. XIII ), que el romance vernáculo había iniciado un lento y paulatino proceso de debilitamiento y desprestigio, al ser desplazado por el castellano entre la nobleza y los altos sectores sociales, de tal manera que comenzó a dibujarse la situación que más tarde se impondría, sobre todo desde fines del XV, el español dominará los ambientes urbanos y el gallego irá poco a poco, durante los siglos siguientes, arrinconándose en las zonas rurales y en los sectores populares.
5.
Las lenguas románicas ibéricas en los s. XVIII y XIX
5.1. Establecida la Restauração en Portugal, al conseguir, de nuevo, la independencia del otro reino ibérico, resurge en estas tierras un fuerte espíritu nacionalista y se emprende un nuevo camino, mirando siempre con recelo a España. Con la aparición de la nueva estética neoclásica, el español pierde su estatus de lengua de prestigio, y los portugueses pondrán sus ojos en la cultura francesa. El habla culta de Lisboa se consolida como patrón del portugués; aunque no faltan escritores que reivindican la primitiva lengua de las regiones del Miño y Traso-sMontes. Con el ilustrado Marqués de Pombal se inicia una nueva política lingüística al imponer el portugués como lengua obligatoria en las escuelas, no sólo de la metrópolis
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sino también del Imperio (1757), por lo que esta lengua desplazará en la enseñanza y en la evangelización de las colonias a las lenguas indígenas, que hasta entonces habían sido utilizadas por los misioneros para el adoctrinamiento (situación que paralelamente se da en España, a partir de Carlos III , 1768, para todos sus territorios, especialmente para las colonias americanas, donde los misioneros evangelizaban en las lenguas amerindias). 5.2. En las tierras de la corona española, con la llegada de la nueva dinastía de los Borbones, tras la guerra de Sucesión se levanta el aislamiento a las ideas y a los avances técnicos y científicos que desde Felipe II habían surgido en Europa; lo que hace que penetre en el español un crecido número de neologismos, principalmente galicismos. Un hito muy importante en el comienzo de este período fue la creación de la Real Academia Española (1713), a imagen de la francesa, que desde sus primeras actuaciones dio cumplimiento a los principios del lema de su fundación: limpiar, fijar y dar esplendor a la lengua. El proceso de españolización se intensificó aún más en los antiguos reinos de España, al producirse una mayor centralización administrativa, a imitación de la monarquía francesa. Las normas centralizadoras se dejaron sentir, particularmente, en las tierras de habla catalana, donde se mantenía la lengua vernácula en el pueblo; pues con el decreto de Nueva Planta (1716) desaparecen la administración e instituciones autóctonas catalanas; este proceso culmina ya en el s. XIX , con la Ley Moyano (1857), por la que se proclama el español como única lengua en la enseñanza oficial y obligatoria. Aunque hay que advertir que simultáneamente a esta última ley se inicia en las comunidades de lenguas románicas autóctonas un movimiento que pretende reivindicar las señas de identidad de su región, empujado por el espíritu nacionalista que trae el Romanticismo; la reinstauración de los Juegos Florales en las lenguas vernáculas se inicia en Barcelona (1859) para el catalán y en La Coruña (1861) para el gallego. Estos movimientos regionales comenzaron alentados por un grupo de escritores e intelectuales tanto en Galicia como en Cataluña – y en menor grado en otras regiones, como en las Islas Baleares – y son conocidos respectivamente como el Rexurdimento y la
Renaixença. En Cataluña, el proceso de recuperación de la lengua vernácula ha sido mucho más intenso, pues junto a prestigiosos escritores e intelectuales que realizan un considerable esfuerzo – Milá i Fontanals (1818–84), mosén Jacinto Verdaguer (1845– 1902), Juan Maragall (1860–1911), Santiago Rusiñol (1861–1931) – existía en esta región una influyente burguesía, que se organiza políticamente en la Lliga regionalista, de la que carecía Galicia, que defendía la lengua y la cultura del país como señas de su identidad. 5.3. En Galicia continúa en estas centurias el abandono y desprestigio de la lengua nativa que habían empezado siglos antes; aunque cabe destacar que en el XVIII tímidamente se alzan algunas voces aisladas, entre las que sobresalen, por su prestigio, las de los sacerdotes Feijoo, Sobreira y, sobre todo, Sarmiento, que piden que se implante el gallego en la enseñanza y responsabilizan de esta situación de abandono a las clases dominantes; no obstante, las reivindicaciones de estos intelectuales apenas tuvieron eco y la situación lingüística continuó en el mismo estado en que se encontraba. Todavía en el s. XIX la inmensa mayoría de la población, que habitaba en zonas rurales, tiene como lengua propia y única un empobrecido gallego; el español es, no obstante, la lengua de la administración, de prestigio y de la cultura. Empero el Romanticismo despierta también aquí, en un sector de la hidalguía local, unos sentimientos nacionalistas que reivindicarán el uso del gallego y un federalismo con el estado español en el que se incluiría la patria gallega. Fracasada esta petición de poder político, varios escritores, entre los que destacan, en la primera etapa, los nombres de Rosalía de Castro (1837–57), Eduardo Pondal (1835–81) y Curro Enriques (1857–85), dirigen sus pasos, ahora, sólo hacia la defensa de la cultura y de la lengua gallegas. Alrededor de este movimiento se institucionalizaron los Juegos Florales (cf. González González 1985, 102–105). 5.4. El s. XIX es un siglo marcado por grandes convulsiones políticas y sociales en la Península Ibérica; se inicia con la invasión de las tropas napoleónicas, continúa con la independencia de las colonias americanas – Brasil de Portugal (1822), y la mayor parte de la América española (entre 1817–36) –;
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con las luchas entre liberales y absolutistas o tradicionalistas, sin faltar los pronunciamientos militares; con la implantación de organizaciones sindicales, en muchos casos de tendencia anarquista, en una población mayoritariamente analfabeta; y con la humillante derrota de España por EEUU (1898), que cierra el siglo, por la que España pierde los últimos restos de su Imperio colonial. Paralelamente al derrumbamiento de los imperios ibéricos se producen diversas reacciones sociales y culturales que desembocan en España en un movimiento literario de importancia (la Generación del 98 y el Modernismo), y en Portugal, en un auge literario que alcanza su máximo esplendor con Camilo Branco († 1890) y, especialmente, con Eça de Queirós († 1900).
6.
El s. XX : Las dictaduras en la Península Ibérica. El retorno a la democracia: La Constitución Española de 1978 y las lenguas de España. Las lenguas oficiales de los dos estados ibéricos
6.1. Desaparecidos o mermados considerablemente los imperios coloniales de los reinos hispánicos, los dos países sufren en las primeras décadas del pasado siglo una etapa de aislamiento y ostracismo que, en muchos casos, agrava la del oscuro período inmediatamente anterior – exceptuando la fugaz etapa española de la Segunda República (1931– 36), que brilla en las artes y en la literatura y que dará lugar a lo que algunos han llamado la Edad de Plata de la cultura española –. Los dos países caminan por senderos paralelos: Las monarquías son derrocadas y sustituidas por regímenes republicanos (en Portugal en 1910, en España en 1931), que terminarán – después de revoluciones, golpes de estado, y una guerra civil en España (1936–39) – en sendas y prolongadas dictaduras, en Portugal con Oliveira Salazar (1938–68) seguido por Marcello Caetano, a quien derrocó la ‘Revolución de los claveles’ (1975); en España con el general Franco (1936–75). Ambos estados, después de este largo y oscuro período de autarquía en el que se defiende un lenguaje purista e imperial, desembocarán en la reposición de gobiernos democráticos que darán fin al aislamiento y terminarán con la incorporación de los dos países en la actual Comunidad Europea (1984).
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6.2. La Constitución Española de 1978 tiene una extraordinaria importancia en la nueva configuración política del país (‘Estado de las autonomías’) y en la recuperación de las lenguas regionales de España. En el proceso de recuperación de estas lenguas, hay que destacar dos hitos: uno es el establecimiento de lengua oficial en su territorio en la Segunda República, que, como se ha dicho, termina con la dictadura franquista; el otro es la Constitución de 1978, que da de nuevo a las regiones de lenguas vernáculas un notable grado de autonomía política y establece la oficialidad de estas lenguas en sus comunidades. Aunque no son muchos los pasajes en los que la última carta magna española trata de las lenguas y de los problemas lingüísticos que tradicionalmente éstas han planteado en España (cf. Juaristi 1996, 193–201); no obstante, la actual Constitución y la republicana de 1931 son las únicas de las españolas que, frente a la concepción unitaria de la nación española impuesta desde el advenimiento de los Borbones, declaran que España es un país plural desde el punto de vista político, cultural y lingüístico; así en el preámbulo proclama la necesidad de «proteger a todos los españoles y pueblos de España en el ejercicio de los derechos humanos, sus culturas y tradiciones, lenguas e instituciones» (el subrayado es mío). En primer lugar, en el Título Preliminar, art. 3, se hace mención de la lengua oficial del Estado, a la que se le denomina con el nombre histórico de castellano por presión de los parlamentarios con lenguas regionales. A continuación hace alusión a las demás lenguas del Estado sin nombrarlas: «Las demás lenguas españolas serán también oficiales en las respectivas comunidades autónomas de acuerdo con sus estatutos». Esta imprecisión en la enumeración y denominación de las lenguas de España se debe, en parte, a no disgustar el sentimiento anticatalanista de los valencianos (cf. 6.2.2.1.) y ha dado lugar a que políticos sin escrúpulos, sobre todo en los años inmediatamente después de ponerse en vigor la Constitución, hayan pretendido que determinados dialectos tengan en su comunidad el reconocimiento de lengua propia, en pie de igualdad con la lengua oficial del Estado (estos son los casos, entre otros, del bable o llingua asturiana en Asturias, donde se crea una Academia de la Llingua, o de la fabla en Aragón). Más adelante, el Título VIII de la
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Constitución trata de la organización del Estado en comunidades autónomas, en su cap. III , art. 148 dice que las comunidades autónomas podrán asumir el fomento de la cultura, la investigación y la enseñanza de la lengua de la comunidad autónoma. Siguiendo este precepto, cada región con lengua propia ha legislado en su territorio la aplicación de la cooficialidad de las dos lenguas (en el caso de Cataluña se reconoce, además, que se dará una especial protección al aranés, una variedad del gascón que vive en las tierras catalanas del Valle de Arán) y la política lingüística y educativa. En la política lingüística, que generalmente se ha denominado ‘normalización lingüística’, se ha tratado de incentivar y promocionar el uso de la lengua regional frente a la del Estado. 6.2.1. En Galicia, después del largo paréntesis de la dictadura franquista, se rescató el Estatuto de Autonomía republicano, a partir del cual se incluye el gallego en el sistema de enseñanza. Alrededor de la Universidad de Santiago surge un movimiento para recuperar la lengua autóctona, que había quedado relegada a los registros más informales, de tal manera que en esas fechas (1980) la inmensa mayoría de la población era ágrafa en la lengua vernácula. Como no existía un gallego estándar, uno de los esfuerzos que ha habido que hacer es normativizar la lengua; donde han surgido dos tendencias: La aislacionista o autonomista, defensora de recuperar la lengua al margen del portugués, pues se consideran dos lenguas; y la reintegracionista, que pretende acercar el gallego al portugués, pues éste se considera una modalidad más desarrollada de la misma lengua (en esta última corriente existe un grupo más radical, que pretende unificar la ortografía de las dos modalidades lingüísticas; cf. Rojo 1982, 93–112). La tendencia triunfante ha sido la autonomista, por lo que en 1982 se fijaron las normas ortográficas y morfológicas del gallego al margen del portugués; y en 1983 el Parlamento de la Comunidad Gallega aprobó la ley, hoy en vigor, de ‘Normalización lingüística de la Lengua Gallega’, que, aunque mucho menos radical que la catalana, está dando sus frutos en la recuperación de la lengua vernácula. Desde los inicios de la década 80 se ha producido un significativo proceso de recuperación y prestigio del gallego, al ser adoptado por determinadas clases cultas (especialmente intelectuales), al reinstitucionalizarse el Par-
lamento Gallego, donde rige como lengua oficial, al crearse cátedras en esta lengua, al ser vehículo de expresión de estudios y revistas especializados, y al emitirse en medios de comunicación (radio y televisión). El gallego, por primera vez en muchos siglos, según los datos del Mapa sociolingüístico de Galicia (1994; cf. Rojo 1996, 207) empieza a apreciarse positivamente en la valoración lingüística de los hablantes, por lo cual se está rompiendo la concepción de lengua estigmatizada, propia de las gentes rudas e incultas; no obstante, todavía en Galicia se produce en muchos sectores un bilingüismo diglósico, donde la lengua autóctona está en la situación de lengua B (Rojo 1996, 216 ss.; Fernández Rei 1988, 104–107; 1994, 55 ss.). 6.2.2. La situación lingüística de los territorios de habla catalana en la última centuria ha sido muy diferente a la gallega, ya que en Cataluña, desde principios de siglo, el pueblo se unió a sus clases dirigentes en defensa de la lengua vernácula en el movimiento que recibió el nombre de L’Avenç. Este período de excitación y entusiasmo en pro de la lengua catalana culminó con el Primer Congrés Internacional de la Llengua Catalana (1906), en el que hubo más de 3.000 inscripciones. El prestigio social adquirido por la lengua catalana es considerable hasta el punto de que los emigrantes castellanoparlantes que quieren ascender socialmente necesitan aprender esta lengua. El caso del catalán es llamativo, ya que es de las lenguas románicas que no son idioma oficial de un estado, la que ha resuelto de forma más eficaz sus problemas de recuperación y mejor se ha adaptado a la vida actual. Primero fue el período de recuperación, después de estandarización de la lengua, en las que ha jugado una extraordinaria importancia el Institut d’Estudis Catalans (creado en 1907), que por la iniciativa de Pompeu Fabra aprobó las Normes ortogràfiques (1913), e hizo una gran labor en la estandarización de la lengua, en la que se tomó como referente la variante del catalán central, es decir, el de Barcelona. No obstante, en 1980 el porcentage de catalanohablantes había descendido, con respecto de la etapa republicana, por dos factores, uno por haber perdido la condición de lengua oficial en la era franquista, y otro por el notable número de emigrantes que de otras zonas de España había llegado hasta 1975 a estas tierras en busca de trabajo. Des-
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pués de entrar en vigor los estatutos de autonomía de las comunidades con lengua catalana, se ha restablecido en sus respectivos territorios el uso de esta lengua como oficial, junto con el español, y se ha llevado al sistema de enseñanza en todos sus niveles. En Cataluña su Parlamento ha aprobado la Llei de Normalització Lingüística (1982), con la que trata de que la lengua vernácula sea hablada por toda la población y esté presente en todos los ámbitos sociales. La comunidad española que en este último período ha legislado más y ha hecho una planificación y política lingüísticas más intensa y radical, ha sido la catalana – para la normalización del léxico se ha dispuesto del Centre de Terminologia Catalana y del Diccionari de la llengua catalana de l’Institut d’Estudis Catalans –. Con la aprobación de la última ley citada se ha tratado no sólo de la protección del catalán sino también la ‘inmersión lingüística’ en esta lengua en su territorio autonómico, para que la aprendan los niños en edad escolar que no la tengan como lengua materna. Los resultados del crecimiento del catalán son elocuentes; pues según los datos del último censo del que dispongo, de 1991, el porcentaje de habitantes de la comunidad capaz de entenderlo es del 93,8 %, el de hablarlo, del 68,3 %, y el de leerlo, del 67,6 % (cf. Payrató 1996, 25–27). Normas que, en una segunda ley aprobada a finales de 1997 por el Parlamento de Cataluña, la llamada Ley del catalán, han sido ampliadas y están siendo puestas en vigor en la actualidad (1999). Ante esta ley se han alzado tímidamente algunas protestas y reclamaciones de ciertas plataformas sociales catalanas (como el ‘Foro de Babel’), donde se denuncia que por este sendero se camina hacia un monolingüismo, o un bilingüismo diglósico en el que ahora el español pasaría a ser la lengua B en Cataluña. 6.2.2.1. En las otras dos comunidades bilingües dentro del dominio lingüístico catalán (la balear y la valenciana), se ha proclamado en sus respectivos estatutos la cooficialidad de ambas lenguas, y en posteriores reglamentos se ha regulado el uso de la modalidad lingüística catalana. Por lo que respecta a las islas Baleares, aun reconociendo las variantes locales, que pertenecen al catalán oriental, se ha adoptado como lengua culta y estándar la que se ha normalizado en Cataluña. En la Comunidad valenciana, sin embargo, se ha declarado un enfrentamiento entre
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los defensores de incluir el valenciano dentro de las variantes del catalán y aquéllos que lo consideran como una lengua independiente, situación que ha llevado a una lucha política entre partidos y organizaciones sociales que ha dado lugar al nacimiento de un conflicto lingüístico en la región. A pesar del citado enfrentamiento, desde 1982 se han dado, con titubeos, pasos en pro de la defensa del valenciano por parte del gobierno regional. En 1983 se aprobó la Ley de Enseñanza y Uso de la Lengua, aunque oficialmente esta variedad es considerada como lengua independiente del catalán, por lo que no se mantienen relaciones de coordinación lingüística con las otras comunidades de lengua catalana. En nuestros días, aunque todavía se considera en Valencia el español como lengua de prestigio, se han experimentado significativos avances del uso del valenciano en el coloquio, no obstante en la escritura se emplea aún de manera muy minoritaria (Casanova 1996, 135 ss.). 6.3. Por lo que respecta a las lenguas oficiales de los dos estados ibéricos, hay que señalar, primero, que la lengua española ha perdido su hegemonía absoluta en los territorios bilingües de España; situación que se había mantenido hasta 1978 – año en que se aprueba la constitución vigente –; porque en estos territorios comparte, como se ha señalado, la oficialidad con las lenguas autóctonas, y en muchos casos la protección institucional se da a estas últimas. El caso de Portugal es bien distinto, al ser un país unilingüe, su Constitución (1976) proclama que la lengua oficial del estado es el portugués (anecdóticamente hay que citar que se ha aprobado la implantación del mirandés, dialecto del leonés, en la escuela primaria de su región; cf. 3.3.). Segundo, que tanto para el español como para el portugués contemporáneos se busca, de las distintas normas de prestigio que tienen estas lenguas, el establecimiento de un modelo (patrón culto) que sirva de referente a los iberoparlantes, para emplearlo, por un lado, en los respectivos medios de comunicación, y, por otro, en la enseñanza de estas lenguas a extranjeros (cf. Moreno Fernández 1994, 521), demanda que en los últimos años ha crecido extraordinariamente, sobre todo del español, a lo que ha contribuido la creación del Instituto Cervantes; para la difusión de la lengua y cultura portuguesas se crearon el Instituto Camoens y el Instituto de Cultura e Lingua
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Portuguesa (actualmente ambos refundidos en el primero). Por último, en cuanto a la lengua portuguesa hay que señalar que establecida una escisión entre el portugués continental y la modalidad brasileña o brasileiro (con una estructura más arcaica que la metropolitana y con una notable incorporación de indigenismos y vulgarismos, cf. Anderson 1995, 1 ss.), han quedado separados por dos sistemas ortográficos diferenciados (a partir de la aprobación del Formulario ortográfico brasileño, promulgado en 1943); después de años de trabajo de una comisión de especialistas, de uno y otro lado del Atlántico, por consensuar una reforma ortográfica, se ha llegado a un acuerdo (1986) para unificar las dos principales modalidades del portugués, que debe ser ratificado por los dos parlamentos; sin embargo, lamentablemente, hasta la fecha, no se ha puesto en vigor en ninguno de los dos países.
7.
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Francisco Torres Montes, Granada
105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania
1203
105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania Education et histoire des langues: Romania du Sud-Est 1. 2. 3. 4. 5.
Gegenstand und Thesen Rumänisch Aromunisch Moldauisch Literatur
1.
Gegenstand und Thesen
Romanischsprachige Kulturen sind in mehreren Regionen Südosteuropas zu Hause und haben in der Geschichte unter vielfach wechselnden Herrschafts-, politisch-administrativen und religiösen Verhältnissen gelebt. Für die Sprachen, die im Rahmen einer Darstellung zu Bildungswesen und Sprachgeschichte in der Südostromania in Betracht kommen sollen – Rumänisch, Aromunisch, Moldauisch – wäre auf die Dominanzverhältnisse unter türkischer, griechischer, russischer, habsburgischer, sowjetischer, ukrainischer, bulgarischer, albanischer oder madekonischer Herrschaft zu verweisen, die auf unterschiedliche Weise die Ausformung oder Unterdrückung von Bildungs- und schriftkulturellen Verhältnissen beeinflusst haben. Nur in den Gebieten des heutigen Rumänien, der Republik Moldova und der Ukraine haben rumänischsprachige Gemeinschaften ihre Bildungsaspirationen in einem staatlichen Kontext organisieren können. In anderen Staaten haben weder die rumänischsprachigen noch die übrigen romanischsprachigen Kulturen ein Bildungswesen in ihren Sprachen aufbauen können. In den Ausführungen weitgehend unberücksichtigt bleiben daher Meglenorumänisch, Istrorumänisch und Dalmatisch, für die als oral tradierte Idiome kein institutionalisierter Schriftsprachenerwerb zu belegen ist. Hier ebenso unberücksichtigt bleibt die Sprache der Spaniolen – das Judenspanische – in Rumänien und Griechenland, das andernorts dargestellt wird. Ein Zusammenhang von Bildungswesen und Sprachgeschichte kann in einer die Problematik etwas verkürzenden Weise da angenommen werden, wo im Rahmen des institutionellen Sprach- und Bildungserwerbs in die sprachlichen Verhältnisse einer Gesellschaft eingegriffen wird. Hierbei handelt es sich im Hinblick auf den Datenbereich dieser Studie um folgende Bereiche: (a) die Aneignung und Ausformung eines
schriftsprachlichen Codes zu Varietäten romanischer Volkssprachen, hier des Rumänischen, Aromunischen oder Moldauischen, in Institutionen wie Kirche, Schule, Universität oder Familie sowie dessen Nutzung als kulturelle Ressource – parallel zum Latein, Kirchenslawischen oder Griechischen, vom 18. Jh. an auch zum Französischen oder Italienischen – für die Etablierung sozialer, rechtlicher, wirtschaftlicher, religiöser oder persönlicher Beziehungen; (b) die Wissensvermittlung und der damit einhergehende Ausbau des sprachlichen Korpus wie der sprachlichen Kompetenz der Schüler, wie sie über die Elementarfächer Lesen, Schreiben, Rechnen, Moralerziehung, Katechismus, ggf. auch Geographie oder Geschichte, hinaus v. a. in der fachpraktischen Ausbildung, z. B. in Landwirtschaft und Landvermessung in den moldauischen Schulen seit dem frühen 19. Jh., angestrebt und später in der vollen Breite des modernen Wissens verwirklicht wird; für die Frühphase des rumänischen Schulwesens ist die Übersetzung von Lehrbüchern aus anderen Sprachen (insbes. Französisch, Italienisch und Deutsch) kennzeichnend; (c) die Prozesse der sprachlichen Normierung und später die Standardisierung einschließlich der Durchsetzung von Normen des ‘richtigen’ Schreibens, d. h. der Orthographie, und des ‘richtigen’ Sprechens, d. h. der Orthoepie, sowie die Ausformung von sprachlichem Bewusstsein über dialektale, hoch- und schriftsprachliche Varietäten und über Mehrsprachigkeit; (d) die Reproduktion von Macht- und Herrschaftsverhältnissen von bestimmten Sprachgemeinschaften gegenüber anderen im Rahmen von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit bzw. umgekehrt, die Marginalisierung von ethnischen Gemeinschaften und deren Sprachen im Zuge von Unterdrückung oder Ausschluss aus dem Bildungssektor. (e) die Formierung sprachlich-hegemonischer Gruppen (Eliten) einerseits und die Demotisierung der Schrift im späten 19. und im 20. Jh. andererseits, verbunden mit der Frage danach, welche Fähigkeiten und Kenntnisse im Umgang mit Sprache und Schrift – (Ver-, Vor-, Nach-)Lesen, (Ab-, Unter-, Auf-)Schreiben, Diktat, freies For-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
mulieren etc. – den Schülern zur Bewältigung ihrer Lebensaufgaben in die Hand gegeben werden. Im Weiteren seien drei Thesen formuliert, die es in der nachfolgenden Darstellung zu illustrieren und belegen gilt. (1) Bis zum 16. Jh. fallen der sprachliche Code für die gesprochene Sprache – hier in erster Linie die Varietäten des Rumänischen – und der sprachliche Code für die Sprache, in der etwas aufgeschrieben wird, auseinander. Gesprochen wird Rumänisch, geschrieben wird in Kirchenslawisch, Griechisch oder Latein. Diese Situation soll als heterozentrierte Sprachpraxis bezeichnet werden. Vom 16. Jh. an belegen Dokumente, dass nun auch – neben den genannten Schriftsprachen – in Rumänisch geschrieben wird. Es setzt ein mehrere hundert Jahre dauernder Übergangsprozess ein, der zu einer Schreibpraxis in derselben Sprache hinführt, in der auch gesprochen wird, eine Situation, die als autozentrierte Sprachpraxis bezeichnet werden soll. Ein wesentlicher Aspekt der Sprachgeschichte der romanischen Sprachen, und hier im Konkreten der Varietäten des Rumänischen, besteht also im Übergang von einer heterozentrierten zu einer autozentrierten Sprachpraxis (das Begriffspaar ‘autozentriert’ / ‘heterozentriert’ hat Maas 1985; 1986 eingeführt). Autozentrierte Sprachpraxis entfaltet ihre Potentiale – nun in der Terminologie von Heinz Kloss – im Ausbau von Korpus und Status einer Sprache und der Lebenspraxis der Sprachgemeinschaften. (2) Der autozentrierte Ausbau der Sprachpraxis ist wesentlich an die institutionalisierte Vermittlung und Aneignung der Sprache, insbes. im Bildungswesen, gebunden und zugleich in sozialer Hinsicht bis in die moderne Zeit hinein stark differenziert. Potentiell überwunden wird diese Differenzierung durch die Demotisierung der Schrift (cf. Maas 1986; Bochmann et al. 1993), die in der rumänischen Gesellschaft nachhaltig erst im Laufe des 20. Jh. erreicht wird. Mit Demotisierung ist der kulturhistorisch außerordentlich bedeutsame Prozess des allgemeinen Verfügbarwerdens schriftkultureller Verhältnisse gemeint, der – über Alphabetisierung hinausgehend – bedeutet, dass die Schrift nicht mehr nur ein (Herrschafts-)Instrument einer gesellschaftlichen Elite bzw. derer, die sich ihrer bedienen können, ist, sondern sie zunehmend ein Medium der Partizipation an den gesellschaftlichen Ver-
hältnissen wird. Wesentliche Voraussetzung für die Demotisierung der Schrift ist – neben der oft bereits bestehenden Elitebildung – der Aufbau eines Volksschulwesens und die Erlernbarkeit der Normen, Formen und Funktionen der Schriftsprache, hier insbes. auch der orthographischen Normen (cf. Erfurt 1992; 1994). (3) Autozentrierung und Demotisierung in der Südostromania werden in den mehrsprachigen Räumen wie in Siebenbürgen, Banat, Bukowina, Moldova oder im Verbreitungsgebiet des Aromunischen von der Sprach-, Kultur- oder Wirtschaftspolitik der jeweils dominanten Nationalitäten / Ethnien / Gemeinschaften gekreuzt, in der Art, dass ihre Bildungsaspirationen und -institutionen ausgeschaltet, diskriminiert oder marginalisiert werden. Den sich nicht selten in Form von Sprachkonflikten entladenden Ungleichbehandlungen liegt dabei meist ethnische, religiöse, rechtliche oder wirtschaftliche Diskriminierung zugrunde.
2.
Rumänisch
2.1. Frühe Formen der Schriftpraxis und Schriftaneignung Vom ersten Beleg für das Rumänische, einem Brief des Bojaren Neac¸su aus Cîmpulung an den Bürgermeister von Kronstadt / Bra¸sov, Johannes Benkner, aus dem Jahre 1521, bis zum Ende des 16. Jh. wächst nach Ghe¸tie / Mare¸s (1985, 450) die Zahl der überlieferten Dokumente in rumänischer Sprache auf etwa 200 an, wobei die meisten Texte in den letzten beiden Jahrzehnten dieses Zeitraums zu datieren sind. Für diese Phase des Beginns schriftsprachlicher Verhältnisse in rumänischer Sprache – neben der ansonsten noch überwiegenden kirchenslawischen oder lateinischen Schreibpraxis – sind mehrere Aspekte von Bedeutung: (a) Etwa zwei Drittel dieser Schriftdokumente sind Produkte säkularen Schreibens: juristisch-administrative Texte zur Regelung von Besitzständen (Kauf- und Verkaufsurkunden, Tausch-, Schenkungs- und Teilungsurkunden etc.), Briefe an hochgestellte Persönlichkeiten in finanziellen, rechtlichen und politischen Angelegenheiten, weiterhin Rechnungen, Inventarlisten, Testamente und Vollmachten. Das verbleibende Drittel verweist auf die Schreibpraxis in Klöstern und kirchlichen Institutionen, in Anlehnung an Ludwig (1994, 58) monastisches Schreiben ge-
105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania
nannt: liturgische Texte, Homilien, Katechismen, Apostelgeschichten, Psalmen, Lieder usw. Weiterhin bemerkenswert ist der Sachverhalt, dass die meisten dieser religiösen Texte Übersetzungen aus dem Kirchenslawischen, aber auch aus dem Ungarischen, Deutschen und Lateinischen sind (Ghe¸tie / Mare¸s 1985, 177 ss.; 450; → Art. 118). Gerade diese Texte in kopierter oder gedruckter Form sind es, die über die regionalen politischen Grenzen hinaus Verbreitung finden und die dialektale Variation, zugleich jedoch die sprachliche Nähe zwischen den kulturellen Zentren in Transsilvanien, der Moldau, der Walachei oder im Banat sichtbar werden lassen. Ansonsten bleibt festzuhalten, dass die rumänisch verfassten Texte in deutlich geringerer Zahl vorliegen als jene in Kirchenslawisch, Latein oder in Griechisch. (b) Nur wenige Jahre nach dem ersten Beleg für das Rumänische erscheinen in den 40er Jahren des 16. Jh. in Sibiu / Hermannstadt und Bra¸sov / Kronstadt, später auch in Cluj / Klausenburg, Ora˘ s¸ tie und anderen Orten, die ersten gedruckten rumänischen Texte, die allesamt religiösen Inhalts sind. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Wirken des aus dem muntenischen Tîrgovi¸ste stammenden Diakons Coresi, der in Bras¸ ov / Kronstadt als Verfasser, Bearbeiter wie als Drucker von kirchenslawischen wie rumänischsprachigen Texten hervortritt. Mit dem Druck rumänischer Texte setzt somit die Phase der überregionalen Ausbreitung von Schriftlichkeit in rumänischer Sprache ein. Ansonsten sind, wie in anderen romanischen Kulturen auch, lange Zeit die Klöster – wie etwa das Kloster Putna in der Moldau – der zentrale Ort, an denen Texte kopiert und damit einem breiteren Kreis von Lesekundigen verfügbar gemacht werden. (c) Ebenfalls im 16. Jh. begegnen uns in Siebenbürgen wie in der Moldau Formen des scholastischen Schreibens: in sporadischer Form in der für die Zöglinge der Fürstenhöfe eingerichteten Lateinschule in Cotnari, in serieller Form in Siebenbürgen in den vom Humanismus und Protestantismus gegründeten Schulen in Scheii ¸ Bra¸sovului oder an der von 1581 bis 1603 existierenden Universität in Cluj / Klausenburg, an der in Latein, Griechisch und Hebräisch gelehrt wurde (cf. Istoria României 1964, vol. 2, 1038). (d) Unter der Herrschaft von Mihail Viteazul (1593–1601) in der Walachei und unter Petru Schiopul ¸ (1574–91, mit Unter-
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brechungen) in der Moldau nimmt das Rumänische als Sprache der höfischen Kanzleien einen größeren Platz ein. Dem steht entgegen, dass selbst noch in der zweiten Hälfte des 18. Jh. der Unterricht an den Schulen der Fürstenhöfe in Ia¸si und Bukarest in Griechisch und Latein erfolgt, dass selbst neuere Fremdsprachen wie Französisch und Italienisch gelehrt werden, nicht aber Rumänisch. Die Schreib- und Lesepraxis in Rumänisch ist somit eine Angelegenheit eines Teils des Klerus, der Bojarenschaft und der höfischen Verwaltungsbeamten. Noch nicht, zumindest nicht massiv und ansonsten erst ab Ende des 18. Jh. treten Kaufleute, städtisches Bürgertum oder Handwerker in Erscheinung, deren wirtschaftliche Aktivitäten – wie in anderen Gebieten der Romania, so etwa in Oberitalien, Frankreich, Katalonien oder Kastilien bereits vom 13. Jh. an – zu einer deutlichen Ausweitung der schriftlichen Verhältnisse führen. Ein erstes Fazit sei gezogen: Die sozialen Orte, an denen bis weit ins 18. Jh. hinein der Umgang mit der Schriftpraxis des Rumänischen erworben wird, sind vorwiegend die Klöster, die Kirche, die aristokratische Familie und – im noch geringen Maße – auch die Latein- und kirchenslawischen Schulen. Die Schriftpraxis des Rumänischen hat als Modell lateinisches Schreiben in Siebenbürgen, der Bukowina und im Banat, kirchenslawisches und griechisches Schreiben in den rumänischen Fürstentümern. Der Umgang mit der Schrift erfolgt sozial und funktional differenziert. Der niedere Klerus und Verwaltungsbeamte verfügten meist nur über Lesefähigkeiten und ggf. über Abschreibfähigkeiten, ein kleiner Teil der Aristokratie hingegen auch über den freien Umgang mit der Schrift. Über die Formen, Techniken und Hilfsmittel des Schrifterwerbs und die Funktionsweise der Schulen ist wenig überliefert. Eine metasprachliche Reflexion im Sinne der Beschreibung von Regeln und Strukturen des Rumänischen, die eine wichtige Vorleistung für den institutionalisierten Spracherwerb ist, setzt erst in der zweiten Hälfte des 18. Jh. ein. 2.2.
Bildungswesen und Sprache von 1780 bis 1880
2.2.1. Die rumänischen Fürstentümer Moldau und Walachei Im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jh. waren die rumänischen Fürstentümer Schau-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
platz der Auseinandersetzungen zwischen den drei Großmächten Russland, Österreich und Türkei. In sozialer und ökonomischer Hinsicht bestehen die spätfeudalen Abhängigkeitsverhältnisse fort. Bis 1821, dem Jahr des Aufstands unter Vladimirescu, wurde die politische Herrschaft stellvertretend für die Hohe Pforte von den griechischen Fanarioten ausgeübt. In den 30er Jahren des 19. Jh. besetzt Russland die Fürstentümer und legt ihnen das ‘Organische Reglement’ auf, das einerseits die Bojarenherrschaft stützt, andererseits jedoch auch die Kulturund Bildungsaspirationen des jungen rumänischen Bürgertums sprießen lässt. In den 40er Jahren – und mit der 48er Revolution als Kulminationspunkt – formiert sich eine breite aus Kreisen des Bürgertums und der Bojarenschaft zusammengesetzte nationalromantische Bewegung, deren Ziel, die Schaffung einer Nation und eines rumänischen Nationalstaates, 1859 mit der Vereinigung der beiden Fürstentümer Moldau und Walachei und 1877/78 mit der staatlichen Unabhängigkeit von der Türkei entscheidend vorangebracht wird (cf. Bochmann 1979). An den Ideen der französischen und deutschen Aufklärung geschult, sind es Angehörige der Bojarenschaft und des Bürgertums, die den Grundstein für ein Bildungswesen in rumänischer Sprache legen: 1814 durch Asachi in Ia¸si, der auch später eine umfangreiche kulturelle und publizistische Tätigkeit in rumänischer Sprache initiiert, und 1818 durch den aus Siebenbürgen stammenden Laza˘ r an der Bukarester Schule Sf. Sava. Sein Nachfolger wird sein Schüler Ion Heliade R˘adulescu, späterhin einer der bedeutendsten Publizisten und Intellektuellen des Landes. Die Schulen in beiden Fürstentümern existieren zunächst nur wenige Jahre. In der Zeit der russischen Besatzung und des Organischen Reglements nehmen sie ihre Tätigkeit jedoch wieder auf und werden durch weitere rumänischsprachige Schulen wie auch durch weiterführende Schulen für höhere Studien, so z. B. die Academia Vasiliana˘ in Ia¸si und die Academia Mih˘aileana˘ in Bukarest, ergänzt. Daneben bestehen Klosterschulen und Priesterseminare fort, in denen zunehmend Rumänisch als Unterrichtssprache verwendet wird. Auf dem Lande bleiben die Bildungsverhältnisse noch lange Zeit weit rückständiger als in den Städten, wiewohl auch hier – von den 20er Jahren an – einzelne Bojaren, wie etwa
Golescu, Dorfschulen mit Rumänisch als Unterrichtssprache unterhalten (cf. Istoria României 1964, vol. 3, 1052). Nach den Festlegungen des Organischen Reglements sollen die Elementarschulen öffentlich, kostenlos und für die Dauer von vier Jahren eingerichtet werden, wobei in den beiden unteren Klassen Lesen, Schreiben, die vier Grundrechenarten und Katechismus, in den beiden oberen Klassenstufen neben Geometrie und Mechanik auch handwerklich orientierte Kenntnisse vermittelt werden sollen. Ein Novum ist weiterhin, dass der Schulbesuch für Mädchen vorgesehen wird. Allerdings werden gravierende geschlechterspezifische Unterschiede in der Schulbildung noch weit über ein Jahrhundert lang bestehen. Ein akutes Problem in diesem Prozess der Säkularisierung der Bildung ist der Mangel an Lehrern. Auch hier ist es Asachi, der Anfang der 30er Jahre in der Moldau eine Art Lehrerausbildung für den Anfängerunterricht in die Wege leitet. Gleiches entsteht in Bukarest, wo ohne Ansehen von sozialer Herkunft und Religion Lehrer ausgebildet werden sollen. Für die Kontrolle der pädagogischen Arbeit werden staatlicherseits Posten eines Revisors eingerichtet. Einzelne begabte junge Leute werden durch Stipendien gefördert, die es ihnen erlauben, in Frankreich, Deutschland oder Österreich zu studieren. Wenn auch zunächst noch ohne praktische Konsequenzen, so zeigt während der 48er Revolution die Proklamation von Izlaz, in der ‘gleiche Bildung für alle’ gefordert wird, den Geist jenes nationalen Aufbruchs, der dann gut ein Jahrzehnt später, nach der Vereinigung der Fürstentümer (1859), in gesetzgeberische Schritte zur Reform des Bildungswesens überführt wird. In der Amtszeit Cuzas (1860–66) sind es Politiker und Literaten aus der Generation der Achtundvierziger wie Koga˘ lniceanu und Bolintineanu, die bedeutsame Maßnahmen auf kulturellem Gebiet voranbringen: die Gründung der Universitäten Ia¸si (1860) und Bukarest (1864) und insbes. das Gesetz über die öffentliche Bildung (1864), das den Aufbau eines einheitlichen Schulsystems im ganzen Land vorschreibt, bestehend aus einer vierjährigen obligatorischen und kostenlosen Grundschulbildung, einer weiterführenden Sekundarbildung von sieben Jahren und einer dreijährigen Universitätsausbildung. Zu jener Zeit umfasst das Schulnetz Rumäniens gerade einmal 2.008 Primarschulen, 8 Gymnasien, 3 Sekundarschulen,
105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania
7 Seminare und 22 konfessionelle Schulen mit etwa 78.000 Schülern (cf. Ionescu 1997, 11 s.). Mit diesem Gesetz wird die Grundlage für einen tief greifenden Wandel von Kultur und Sprachpraxis geschaffen, der sich jedoch, in Anbetracht der rückständigen ökonomischen Verhältnisse v. a. im ländlichen Milieu, über einen relativ langen Zeitraum erstrecken wird. Während bis etwa 1870 rumänische Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler ausschließlich aus der Aristokratie bzw. dem Bürgertum stammen, setzen sich nach 1870 erstmals auch Intellektuelle durch, deren soziale Herkunft in bäuerlichen oder handwerklichen Verhältnissen liegt. Diese Veränderung wirkt sich auch in der rumänischen Schriftsprache aus, die über die Werke eines Co¸sbuc, Creanga˘ , Slavici oder Vlahu¸ta˘ eine große Zahl regionaler und dialektaler Formen aufnimmt (cf. Arvinte 1989, 302). Nicht wenige der namhaften Literaten Rumäniens greifen selbst in die Elementarschulbildung ihrer Landsleute ein: als Dorfschullehrer (Creanga˘ , Vlahu¸ta˘ ), Verfasser von Büchern für den Elementar- und Sekundarunterricht (Creanga˘ , Odobescu, Slavici, Alecsandri, Vlahu¸ta˘ , Co¸sbuc, Sadoveanu, cf. Chiosa 1964, 6). Ein Topos, der sich durch alle Schulbücher zieht, ist der von Patriotismus und Vaterlandsliebe, kombiniert mit Gottesfürchtigkeit und einer Idyllisierung des Bauernlebens. 2.2.2. Siebenbürgen, Banat, Bukowina bis 1918 Die habsburgische Herrschaftspolitik auf dem Balkan in Frontstellung zum Osmanischen Reich führt 1699 zur Besetzung Transsilvaniens, 1718 des Banats und 1775 des Nordwestens des Fürstentums Moldau, von Österreich Bukowina benannt. Bis zu ihrer Eingliederung in den rumänischen Staat im Jahre 1918 unterliegen diese mehrheitlich von Rumänen besiedelten Gebiete österreichischer bzw. österreichisch-ungarischer Dominanz. Während in Siebenbürgen und im Banat neben den orthodoxen Rumänen katholische und protestantische Ungarn, Sachsen und Szekler sowie in Banat auch orthodoxe Serben leben, sind in der Bukowina bis zur habsburgischen Besetzung 1755 v. a. griechisch- bzw. russisch-orthodoxe Moldauer und Ruthenen, Juden und islamische Armenier, danach dann auch, im Zuge von Einwanderung und Ansiedlung, weitere Juden, zahlreiche Deutsche, Lippowaner, Polen,
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Slowaken, Ungarn und Roma (cf. Turczynski 1993, 27 ss.). Die wirtschaftliche, kulturelle und juristische Situation der Rumänen in diesen Gebieten ist von weitgehender Rechtlosigkeit und starker wirtschaftlicher Abhängigkeit bestimmt. Politische und wirtschaftliche Unruhen v. a. der rumänischen Bauern einerseits und Ideen über die Romanität der Rumänen und ihre ursprüngliche Ansässigkeit in Transsilvanien andererseits lassen in der zweiten Hälfte des 18. Jh. ein politisches Bewusstsein entstehen, das in die Forderung auf Anerkennung als ‘vierte Nation’ in Siebenbürgen – nach Ungarn, Sachsen und Szeklern – mündet. Diese Forderung, u. a. in Form der Bittschrift Supplex Libellus Valachorum (1791; 1792) formuliert, wird von einer sich ebenfalls im 18. Jh. herausbildenden rumänischen bürgerlichen Schicht aus Kaufleuten, Geistlichen und Intellektuellen getragen, die in der national orientierten Bewegung der ‘Siebenbürger Schule’ ihren Ausdruck findet. Zwar bleiben die Rumänen auch weiterhin gegenüber den anderen Völkern stark benachteiligt, im Zuge der an der Aufklärung orientierten Politik unter Maria Theresia und Joseph II . fallen jedoch die Bildungsaspirationen des rumänischen Bürgertums in den Habsburger Gebieten im letzten Viertel des 18. Jh. auf fruchtbaren Boden. In Siebenbürgen, im Banat von 1774 an und in der Bukowina von 1780 an werden Schulen gegründet, in denen auch in Rumänisch gelehrt wird. Zu den ersten Lehrern in der Bukowina gehört aufgrund seiner Deutsch- und Rumänischkenntnisse der Siebenbürger de Marki, der die Leitung der zweiklassigen Schule in Czernowitz übernimmt und später das erste Lehrbuch für das Rumänische verfasst (de Marki 1808). Bis zum Jahre 1792 existieren in der Bukowina zeitweilig 32 provisorisch eingerichtete Schulen, an denen in deutscher und rumänischer Sprache unterrichtet wird (cf. Turczynski 1993, 53). Während in den Städten Czernowitz und Suceava auch weiterhin Schulen bestehen und das Bildungssystem auch in anderen Sprachen ausgebaut wird, werden zahlreiche rumänischsprachige Dorfschulen in der Bukowina und in Siebenbürgen nach kurzer Zeit wegen Lehrer- oder Geldmangels geschlossen. Die konfessionelle Bildung erhält nach dem Toleranzerlass von Joseph II . (1781) einen Aufschwung, so dass auch die orthodoxen Rumänen in neu gegründeten Priesterseminaren Geistliche und Lehrer ausbilden kön-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
nen, so z. B. in Blaj / Blasenburg, Oradea, Arad und Beiu¸s. In den 30er Jahren des 19. Jh. engagieren sich die bürgerlichen Intellektuellen in Transsilvanien für eine Reorganisation der Schulausbildung, um den veränderten wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernissen gerecht zu werden. Im Mittelpunkt steht eine Reform der mittleren und höheren Ausbildung, die auf Initiative von Bra¸sover Kaufleuten den Bedürfnissen des Handels nachkommen soll. Mathematik, Physik, Philosophie und Geschichte – auf Rumänisch gelehrt – ziehen in die mittlere und höhere Schulbildung ein. Die Rumänisierung der Schulen und das wachsende rumänische Nationalbewusstsein bleiben indes nicht unumstritten: 1842 versucht der Landtag in Cluj / Klausenburg ein Verbot des Rumänischen und die ausschließliche Verwendung des Ungarischen als Unterrichtssprache durchzusetzen (cf. Istoria Românei 1964, vol. 3, 1056). Für die Ausbildung von Lehrern werden die sog. ‘Normalschulen’ eingerichtet, die älteste von ihnen, 1812 in Arad gegründet, wird 1869 in ein Pädagogisches Institut umgewandelt. 1849 wird das für ganz Österreich gültige Gesetz über das Sekundarschulwesen verabschiedet, mit dem die achtjährige Schulbildung verankert wird. Der Forderung der Rumänen auf Einrichtung von insges. 18 staatlich finanzierten Lyzeen, Gymnasien und Realschulen wird jedoch in den folgenden Jahrzehnten nicht entsprochen, so dass bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. lediglich vier konfessionelle Sekundarschulen (Beiu¸s, Blaj, Brad und Bras¸ ov / Kronstadt) sowie eine rumänische Realschule existieren (cf. Istoria României 1964, vol. 4, 697 s.). Während in Transsilvanien und im Banat die ethnischen und konfessionellen Spannungen bes. nach 1867 sehr akut werden und Ungarn gegenüber den Rumänen auf Assimilation oder auf Repression setzt (cf. Hofbauer / Roman 1993, 44), war der Vielvölkerraum der Bukowina von einer Atmosphäre der Toleranz geprägt. Dazu mag beigetragen haben, dass von den 50er Jahren an der Religionsunterricht an den Schulen in der jeweiligen Muttersprache erteilt wird und die Bukowiner ethnische und konfessionelle Unterschiede vorurteilsfreier betrachten (Turczynski 1993, 141). Nach der Niederlage Habsburgs gegen Preußen im Krieg von 1866 sieht sich die rumänische Bevölkerung mit der Eingliederung von Transsilvanien, Banat und Cri¸sana in das Königreich Ungarn ihrer nationalen Rechte
beraubt. Wien war zu Zugeständnissen an die ungarischen Magnaten auf Kosten der Rumänen gezwungen. Einzig die Bukowina verblieb in Cisleithanien, womit die dortigen Rumänen von den repressiven Maßnahmen verschont blieben (cf. Hofbauer / Roman 1993, 39 s.). Der kulturelle Entwicklungsstand der Rumänen blieb dennoch dürftig. Wenn auch in der Bukowina die Zahl der Schulen zwischen 1850 und 1865 von 34 auf 104 stieg und in jenem Jahr insges. 107 Lehrer ca. 3.200 Schüler unterrichteten, so erhielten damit nicht einmal 10 % der schulreifen Kinder eine Schulausbildung (ib., 40). Wie alle Orthodoxen lernten die Rumänen auf Druck der Kirche im kyrillischen Alphabet lesen und schreiben, wiewohl in den anderen rumänischen Gebieten längst das lateinische Alphabet eingeführt war. Bischof Hacman glaubte noch 1871, die lateinische Schrift verderbe die Seele, und verbot auch die Einrichtung von Druckereien in den rumänischen Klöstern (cf. ib.). 1872 erhielten Transsilvanien mit der Gründung der ungarischsprachigen Universität Cluj / Klausenburg und 1875 die Bukowina mit der deutschsprachigen Universität Czernowitz eine Hochschule, an der jeweils auch Kurse in Rumänisch belegt werden konnten. Die Universitätsgründung in Cerznowitz war von den Rumänen, die zuvor außerhalb der Bukowina, meist in Wien, studierten, seit langem gefordert worden. Nach dem 1. Weltkrieg wurden Transsilvanien und die Bukowina in den großrumänischen Staat inkorporiert. Während des 2. Weltkriegs wurde die Bukowina geteilt. Der Süden blieb rumänisch, der Norden wurde als ‘Czernowitzer Distrikt’ zur Ukrainischen Sowjetrepublik geschlagen. 2.3. Grammatikographie und Sprachdidaktik des Rumänischen 1780 bis 1880 Die Anfänge einer Grammatikschreibung des Rumänischen gehen auf siebenbürgische Gelehrte zurück: auf Dimitrie Eustatievici (Bra¸soveanul), Lehrer an der Schule Sf. Nicolaie in Scheii ¸ Bra¸sovului, der – wie damals nicht anders bekannt – in kyrillisch seine Gramatica rumâneasc˘a (Bucure¸sti, 1757) verfasste, dann die sog. ‘erste wissenschaftliche Grammatik’ des Rumänischen, erarbeitet von zwei Hauptvertretern der Siebenbürger Schule, Gheorghe Sincai ¸ und Samuil Micu, Elementa linguae daco-romanae sive valachicae (Cluj / Klausenburg, 1780/21805)
105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania
(zur sprachgeschichtlichen Einordnung, cf. u. a. Iv˘anescu 1980; Bahner 1967). Sincais ¸ und Micus Grammatik hat als ersten Teil eine Abhandlung zur Orthographie, beginnend mit der Erläuterung der lateinischen Buchstaben und nachfolgend einer Unterweisung, wie die Buchstaben in rumänischen Wörtern auszusprechen seien (12 s.). Mit anderen Worten: Sincai ¸ verwendet hier erstmals das lateinische Alphabet zur Verschriftung des Rumänischen und formuliert, jeweils an Beispielen, die graphisch-phonologischen Korrespondenzregeln für das Rumänische. Im zweiten Teil, der mit Etymologie überschrieben ist, behandelt Sincai ¸ vorwiegend morphologische Phänomene und im dritten Teil dann auch die Syntax des Rumänischen. Ein Appendix oder Adaos enthält vergleichende Angaben zur lateinischen und rumänischen Wortbildung. 1788 erscheint in Wien die Deutsch-Walachische Sprachlehre von Johann Molnar und wenige Jahre später die Gramatica româneasc˘a (Sibiu, 1797) von Radu Tempea. Diese Grammatik ist im Sinne einer Elementargrammatik konzipiert, bestehend aus Formenlehre und Syntax, der ein Orthographieteil (De ortografie sau drepta scrisóre) beigegeben ist. Etwa von 1830 an wird dieser Aufbau dominierend; bis dahin enthalten viele der Grammatiken neben der Morphologie und Syntax ein Glossar, einen orthographischen Teil, eine Anweisung zum richtigen Sprechen oder auch einen Konversationsteil (cf. u. a. Diaconovici-Loga 1822; Clemens 1823; Alexi 1826; zur Diskussion über diese Grammatiken, cf. Popovici 1972, 263 ss.). Nahezu unverändert nimmt Tempea ein Grammatikverständnis auf, wie es schon in der ersten rumänischen Grammatik von Eustatievici 1757 vorgezeichnet wurde, ohne dass Tempea vermutlich davon Kenntnis haben konnte – «Gramatica este me¸ste¸sug carele înva¸ta˘ bine a gr˘ai s¸ i drept a scrie» (Eustatievici Bra¸soveanul 1757/1969, 11) – und wie es auch um die Mitte des 19. Jh. noch so gefasst wurde: Die Lehre oder das Handwerk, richtig zu sprechen und zu schreiben, «dupa firé limbei» – wie Diaconovici-Loga (1822, 1) hinzufügt (cf. auch B˘ala˘ s¸ escu 1850, 5). Vor diesem Hintergrund erhält nun auch der uns heute unüblich erscheinende Aufbau der frühen rumänischen Grammatiken und Sprachbeschreibungen seine Erklärung. Orthographie, Orthoepie, Sprachlehre und häufig auch Konversationsübungen gehörten dem Grammatikverständnis nach zu-
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sammen und wurden von den Autoren demzufolge auch der Reihe nach abgehandelt. Grammatikographie und Sprachbeschreibung des Rumänischen werden von einer nationalen Ideologie getragen, in der die Autoren ihren Werken verschiedene Funktionen zuweisen: – Sprachbeschreibung zum Zwecke der Lehre des Rumänischen in den Schulen sowie für die Bedürfnisse des Handels und des Reisens; Sprachbeschreibung auch für die deutschsprachige Beamtenschaft in den von Österreich verwalteten rumänischen Gebieten (cf. Molnar 1788; de Marki 1808); – Sprachbeschreibung und Sprachlehre als Instrument der Erziehung der Jugend (Diaconovici-Loga 1822); – Sprachbeschreibung zum Zwecke der Verbreitung moderner Schriftpraxis (cf. die Briefsteller in Molnar 1798 und Ursescu 1860) und aufgeklärter bürgerlicher Lebensverhältnisse (cf. die Konversationsbücher von Asachi 1842, das Cabinet de conversa¸tie 1839ss., die Konversationsteile in den Grammatiken von Micu / Sincai ¸ 1780; Molnar 1788); – Grammatikographie als Demonstrationsobjekt für die Romanität des rumänischen Volkes und seiner Sprache (Micu / Sincai ¸ 1780/21805); – Sprachbeschreibung im Sinne sprachpolitischer Finalitäten. Dazu zählt der Zugriff auf ein neues Graphiesystem, um gegenüber Ungarn, Deutschen und Österreichern den historischen Rechtsanspruch auf Raum und Kultur in Siebenbürgen, im Banat und der Bukowina zu verdeutlichen. Andererseits schließt die Übernahme der lateinischen Graphie auch ökonomische Erwägungen der Buch- und Druckgestaltung und des Marktes mit ein. – Sprachbeschreibung zum Zwecke der Normierung, das hieß v. a. Beseitigung von paradigmatischen Unregelmäßigkeiten in den jeweiligen Dialekten und Bereicherung der Sprache durch die Potenzen der Wortbildung. In der nach einigen Jahrzehnten folgenden Auflösung der Polyfunktionalität dieser Werke zeigen sich mehrere Prozesse: (a) De Markis Sprachlehre in deutscher und wallachischer Sprache für Normal- und Hauptschulen (1808) und Diaconovici-Logas Grammatik für die Jugend (1822) scheinen die ersten Arbeiten zu sein, die mehr und mehr didaktisch und für die Verwendung in Elementarschulen konzipiert sind,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
d. h. die nicht schlechthin systematisch in der Art der lateinischen Wortartengrammatiken aufgebaut sind, sondern eine innere thematische Progression aufweisen. Zu nennen wären daneben v. a. die Fibeln, darunter Grigore Ple¸soianus Abecedariu greco-român (Bucure¸sti, 1824), Teodor Paladis Abecedariu, silabismu, lectur˘a, prescurtare de Aritmetica˘ , Gramatic˘a, Geografie, Istorie (Bucure¸sti, 1826), Ple¸soianus Abecedariu român cu stampe din istoira material˘a (Sibiu, 1828) u. a. Weiterhin entstehen nach 1835 die ersten Schulgrammatiken für Anfänger, darunter z. B. Ion Pops Gramatica româna˘ pentru clasele începetóre (Bucure¸sti, 1835) und vom selben Autor die Gramatica româna˘ pe scurt pentru începetori (Bucure¸sti, 1836). Erwähnt werden muss auch die Vielzahl der Lehrbücher der Bukarester Schule Sf. Sava in den 40er Jahren und auch später. (b) Während in den ersten Sprachbeschreibungen ein kurzer Konversationsteil enthalten war, der Dialoge und manchmal auch einen kurzen Briefsteller umfasste, gewinnen ab 1830 zunächst eigenständige zweisprachige Dialogsammlungen und etwa ab 1840 rumänische Konversationsbücher beträchtlich an Verbreitung. Von 1839 an erscheinen z. B. mehrere Auflagen eines Cabinet de conversa¸tie pentru 10 limbi, 1842 in Ia¸si das Lexicon de conversa¸tie von Gheorghe Asachi, 1845 eine Sammlung über Höflichkeitsformen und -formeln, 1847 in Buda ein Lexicon de conversa¸tie istorico-religioas˘a von Alexandru Grava usw. (c) Zwischen 1807 als dem Erscheinungsjahr von Petru Maiors Ortographia romana sive latino-valachica (Buda) und 1826 werden einige eigenständige Orthographien und Orthoepien publiziert. Sie finden indes in den 30er und 40er Jahren nur sporadische Fortsetzung und werden erst nach 1880 im Zuge der Debatten um die rumänische Orthographie wieder aktuell. Schließlich wäre auf einen anderen Wandelprozess in der Grammatikschreibung einzugehen, der in gewisser Weise als eine Folge der wachsenden Ausbreitung schriftsprachlicher Verhältnisse, ihrer Demotisierung, anzusehen ist. Die frühe rumänische Grammatikschreibung ist zunächst dominierend auf die gesprochene Sprache referentialisiert. Während sich z. B. die Sprachdiskussion im Frankreich des 17. Jh. an den Werken der besten Autoren orientiert und die Grammatikographie sich auf die Regelbeschreibung in der Schriftsprache einschwört, übernimmt
die rumänische Grammatikographie nach 1780 eine Doppelfunktion: (a) die gesprochene Sprache zu ‘ver’regeln und (b) gleichzeitig die Demotisierung der Schriftsprache voranzutreiben. Erst in diesem Kontext erhält der Aufbau der Sprachwerke seinen Sinn: Orthographie und Orthoepie, Morphologie und Syntax, Konversationsteil und Vokabular sind gleichermaßen auf die Doppelfunktion abgestellt. In dem Maße, wie sich im Laufe des 19. Jh. die Schriftsprachlichkeit unter den Rumänen ausweitet, wendet sich die Grammatikschreibung der Schriftsprache zu. Hiervon zeugen sowohl die Debatten um die Orthographie seit den 60er Jahren als auch die späterhin in Grammatiken übliche Erläuterung grammatischer Regeln an Belegen aus literarischen Werken. 2.4. 1880 bis heute In der Zeit zwischen der Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit Rumäniens (1878) und der Schaffung des großrumänischen Staates (1918) kommen die Industrialisierung (Bergbau, Hüttenindustrie, Maschinenbau) und die verkehrstechnische Erschließung des Landes durch die Erweiterung des Eisenbahnnetzes voran. Der Gründungselan der bürgerlichen Elite, die 1864 den Grundschulbesuch für obligatorisch und kostenlos erklären konnte, sieht sich jedoch mit den mangelnden wirtschaftlichen Ressourcen der Landbevölkerung, der insges. schwachen ökonomischen Entwicklung des Landes und dem bildungslähmenden Einfluss der Kirche konfrontiert, so dass eine Durchsetzung der Schulpflicht noch lange nicht in Sicht ist. Mit dem Elementarschulgesetz von 1896 wird ein Versuch unternommen, Schritte gegen die schlechte bauliche Verfassung der Schulgebäude und ihrer unzureichenden Ausstattung mit Lehrmaterial zu unternehmen. Gleichzeitig wird die Schulzeit auf dem Lande auf fünf Jahre gegenüber vier Jahren in der Stadt erhöht, womit in erster Linie auf den saisonbedingten Schulbesuch reagiert wird. Unter Bildungsminister Spiru Haret wird 1898 ein weiteres Bildungsgesetz über die Sekundarund studienvorbereitende Schulausbildung an Gymnasien und Normalschulen verabschiedet. Die Gesetze führen in den folgenden zwei Jahrzehnten zu einer Erhöhung des Schulbesuchs, wiewohl die nach wie vor deutlich geringere Alphabetisierungsrate von Mädchen augenfällig ist (cf. Ionescu 1997, 11; Tab. 105.1).
1211
105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania Tab. 105.1 Schulbildung von Mädchen in Rumänien, 1900–15
1900–01
1914–15
Schulbesuch
Schulabschluss
total:
282.225
total:
12.499
weibl.:
54.782
weibl.:
1.286
total:
524.179
total:
42.066
weibl.:
187.370
weibl.:
9.819
Zu den Leitideen der sozialistischen Bildungspolitik Rumäniens nach 1948 gehört deshalb die Vereinheitlichung der Ausbildung und Chancengleichheit für Mädchen und Jungen. Auf dem Wege der Zentralisierung und mittels umfangreicher Investitionen im Bildungssektor wird die Schulpflicht durchgesetzt und erreicht, dass der Grad der Alphabetisierung unter der rumänischen Bevölkerung deutlich anwächst. Zahlreiche Universitäten, Polytechnische Hochschulen, Lehrerbildungsinstitute usw. werden gegründet; die Zahl der Hochschulabsolventen vervielfacht sich innerhalb weniger Jahrzehnte. Von 22,7 Mio. Einwohnern im Jahre 1994/95 betrug die Zahl der Schüler (ohne Studenten) 3,62 Mio., die in ca. 14.000 Schulen und Gymnasien, 1.300 Lyzeen und 1.350 Berufsschulen unterrichtet werden. Signifikante Unterschiede in der Zahl der Schulabschlüsse von Frauen und Männern lassen sich nicht mehr erkennen (cf. Ionescu 1997, 110). Über den hiermit angedeuteten bildungssoziologischen Wandel hinaus hat das Bildungswesen im 19. und 20. Jh. entscheidend in die Aneignung und Verbreitung sprachlicher Normen(-systeme) eingegriffen. 1866 brachte Titu Maiorescu mit seiner Schrift Despre scrierea limbii române (Ja¸si) die Diskussion um eine phonographische Verfassung der Orthographie maßgeblich voran, der er und zahlreiche andere Intellektuelle und Lehrer aus dem Umfeld der literarischen Vereinigung ‘Junimea’ den Vorzug gegenüber den zahlreichen Varianten einer etymologisierenden, an der lateinischen Basis des Rumänischen ausgerichteten Orthographie gaben. Für den schulischen Erwerb von Lesen und Schreiben betrachteten sie das etymologische Prinzip geradezu als verhängnisvoll. In der Rumänischen Akademie, die lange Zeit einer etymologischen Schreibung anhing, und um sie herum entwickeln sich über Jahrzehnte hinweg heftige Debatten über die Orthographie des Rumänischen (cf. Onu 1989), die 1881, 1904, 1932, 1953, 1965 und schließlich 1991 zu Orthographie-
reformen führten. In der Tendenz wurde die rumänische Orthographie auf das phonographische Prinzip eingestellt, mit Ausnahme der Regelungen von 1965 und 1991, die getroffen wurden, um den lateinischen Charakter der rumänischen Sprache und des rumänischen Volkes über die Graphie sichtbar zu machen. Besonders in den 50er Jahren, im Zuge der Demotisierung schriftsprachlicher Verhältnisse, wurden aufwändige und umfangreiche Kampagnen zur Verbreitung der neuen Orthographie in der Öffentlichkeit und in den Schulen organisiert.
3.
Aromunisch
Das Aromunische als eine mit dem (Dako-)Rumänischen eng verwandte Varietät ist die einzige der drei süddanubischen Varietäten (Aromunisch, Istrorumänisch und Meglenorumänisch), für die ein Zusammenhang von Bildungswesen und Sprachgeschichte gegeben ist. Während zum Beispiel für die Meglenorumänen im 19. Jh. nur vereinzelt eine schulische Unterweisung in Griechisch und daneben auch in (Dako-)Rumänisch überliefert ist (cf. Capidan 1928, 9 ss.), ist bei den Aromunen von Anfang des 19. Jh. an ein Bedürfnis nach Verschriftung, Schriftaneignung und grammatischer und sprachdidaktischer Literatur zu ihrer eigenen Varietät zu verzeichnen. Die heute schätzungsweise 200.000– 300.000 Aromunen (cf. Dahmen 1991, 29) leben in Albanien, Griechenland, Bulgarien und Rumänien und befinden sich folglich in Sprachkontaktsituationen gleich mit mehreren anderen Kulturen: je nach sozialem Raum weist ihre Sprache mehr Gräzismen, Albanismen oder Bulgarismen auf. Die Anfänge der Verschriftung des Aromunischen liegen im 18. Jh., und die ersten Versuche seiner Kodifizierung in Form von Grammatiken und Sprachlehrwerken fallen in die Zeit des josephinischen Denkens, als Constantin Ucuta 1797 in Wien die in griechischem Alphabet verfasste Sprachlehre Nea Paidagogia veröffentlichte. In späteren Grammatiken, so insbes. in der von Michail Bojadschi, Romanische oder Macedonowlachische Sprachlehre (Wien, 1813) wird das Aromunische mit lateinischem Alphabet geschrieben, um die Romanität dieser Sprache besser propagieren zu können (cf. Dahmen 1991, 30). In den Jahren nach der Gründung des rumänischen Staates (1859) engagieren sich rumänische Intellektuelle wie Bolintineau für eine kulturelle Förderung der Aro-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
munen, stützen das aufkeimende nationale Bewusstsein (cf. Peyfuss 1996) und veranlassen die Gründung rumänischer Schulen und die Entsendung rumänischer Lehrer. In der Folge gerät das Aromunische «endgültig in die Abhängigkeit vom Dakorumänischen» (Dahmen 1991, 32) und wird von Seiten Rumäniens mit großem nationalen Eifer seine Kodifizierung nach Maßgabe der rumänischen Schriftsprache betrieben. Von der zweiten Hälfte des 19. Jh. an werden zahlreiche aromunische Schulen gegründet, in denen vielfach Lehrbücher aus Rumänien verwendet und rumänische Lehrer eingesetzt werden. Mit der Neuordnung der Grenzen nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs auf dem Balkan und nach dem 1. Weltkrieg werden dann vielfach aromunische Schulen geschlossen und reißen die Verbindungen untereinander sowie zum Rumänischen ab (cf. Saramandu 1998), so dass sich die Varietäten der in Griechenland lebenden Gemeinschaften zunehmend von jenen in Albanien, Rumänien oder Mazedonien unterscheiden. Sichtbarer Ausdruck der Diversifizierung sind konkurrierende Orthographien (cf. Kramer 1989), die maßgeblich von im Ausland lebenden Aromunen ausgearbeitet und über Zeitschriften verbreitet werden. Hierbei stellt sich gerade für die in Griechenland lebenden Aromunen das Problem der Loyalität zur Staatssprache und deren Schriftsystem, weshalb eine Vereinheitlichung der aromunischen Schriftsprache z. Z. weiter entfernt zu sein scheint als zu Beginn des 19. Jh., wie Dahmen (1991, 36) die aktuelle Problematik resümiert.
4.
Moldauisch
Im Zuge der Kämpfe zwischen Russland und dem Osmanischen Reich um die Vorherrschaft auf dem Balkan annektiert 1812 der russische Zar den nordöstlichen Teil des rumänischen Fürstentums Moldau, den er Bessarabien nennt, und der nach dem 1. und während des 2. Weltkriegs ein umkämpftes Gebiet zwischen Rumänien und Russland bzw. der Sowjetunion wird und schließlich 1990 mit der Gründung der Republik Moldova ihre Unabhängigkeit von der UdSSR erlangt (zur historischen Situation Bessarabiens, cf. Boldur 1992; van Meurs 1996). Unter russischer und später sowjetischer Herrschaft verwandelt sich dieser zunächst vorwiegend rumänischsprachige Raum in eine mehrsprachige Gesellschaft, in der das
Russische und die sich nun ansiedelnde russophone Bevölkerung zur dominanten Kultur wird, die Sprachen der anderen Ethnien hingegen wie Rumänisch, Deutsch, Jiddisch, Ukrainisch oder Gagausisch zunehmend der Marginalisierung ausgesetzt werden. In sprachlicher Hinsicht zeigt sich eine Konsequenz der russischen Annexion darin, dass die kulturelle Orientierung der rumänischsprachigen Moldauer künftig stark von der russischen Kultur geprägt wird und sich der moldauische Dialekt der in Bessarabien lebenden Rumänen auf andere Weise wandelt als die rumänischen Varietäten im weitgehend einsprachigen Rumänien. Wenn in diesem Teil der Moldau bis zur russischen Annexion der Schriftsprachenerwerb nur im geringen Maße und dazu fast ausschließlich in Kirchenslawisch und Griechisch erfolgte, so verändert sich die kulturelle Situation schon wenige Jahre nach der Annexion nachhaltig. Das Russische wird nun als offizielle Sprache gefördert, ohne jedoch zunächst noch das Rumänische auszuschließen. Das Modell hierfür bieten die nach dem britischen Pädagogen Lancaster benannten Schulen, deren Sprachkonzept im parallelen Unterricht in Russisch und Rumänisch bestand. Neben der LancasterSchule in Chi¸sina˘ u entstehen in den 1820er Jahren weitere in Ba˘ l¸ti, Ismail, Bender und Hotin (cf. Ciobanu 21992, 136). Gleichzeitig veranlasst die russische Regierung die Ausarbeitung von zweisprachigen Grammatiken, Fibeln und Übungsbüchern für den Schulunterricht in Russisch und Rumänisch in Bessarabien, deren Funktion sowohl die Vermittlung des Rumänischen für die russische Beamtenschaft, v. a. aber die Vermittlung des Russischen als ein Instrument der Assimilation der moldauischen Bevölkerung ist. Nach einer ersten zweisprachigen Grammatik aus dem Jahre 1819 erscheinen von den 20er Jahren des 19. Jh. an zahlreiche Fibeln, sog. bucoavne und abe¸tedare, Sprachlehren und Grammatiken, darunter auch die späterhin bedeutsamen Lehrbücher von Margella˘ (1827), einem Beamten im Petersburger Außenministerium, von Hîncu (1840), selbst Absolvent des Seminars von Chi¸sina˘ u, sowie von Doncev (1865), der das erste in Bessarabien herausgegebene Rumänischlehrbuch verfasste (cf. Ciobanu 1992, 89 ss.). Die russische Sprachpolitik gegenüber dem Rumänischen ändert sich ab Mitte der 60er Jahre. Künftig dominiert das Russische in den Schulen. Bis zum Ende der Sowjetunion
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105. Bildungswesen und Sprachgeschichte: Südostromania
hält die zeitweilig repressive, zeitweilig assimilationistische Politik gegenüber den Moldauern an. Zwar war das inzwischen zum Moldauischen mutierte Rumänisch in der Sowjetunion vor 1989 als Nationalitätensprache offiziell anerkannt und wurde in der Grundschule und in einigen Fächern auch bis zur Universität gelehrt, sein faktischer Platz in der Gesellschaft war jedoch eher der einer funktional restringierten Minderheitensprache im ansonsten zweisprachigen Repertoire der Moldauer. 1989 wurde das Moldauische zur Staatssprache der damals noch Moldauischen Sowjetrepublik erklärt und das Graphiesystem von russisch-kyrillisch auf lateinisch umgestellt. Seit der Unabhängigkeit der Republik Moldova 1991 gilt dem Spracherwerb des Rumänischen / Moldauischen – das Glottonym als Symbol für eine bestimmte kulturelle Ausrichtung ist Gegenstand heftiger Sprachdebatten, cf. Heitmann 1989; Bochmann 1997 – oberste Priorität, wobei von den sprachpolitischen Akteuren der sprachliche Ausbau und die Orientierung an der Standardsprache Rumäniens dezidiert vorangetrieben wird, gleichzeitig jedoch auch Zündstoff für neue Sprachkonflikte dadurch ausgelegt wird, dass ein am Rumänischen Rumäniens orientierter puristischer Diskurs eines Teils der Intellektuellen nicht frei von einer Abwertung der Sprachpraxis des Großteils der Moldauer ist (cf. Erfurt 1998; Dumbrava 1998). In der Ukraine, wo heute etwa 500.000 Rumänen bzw. Moldauer leben, konzentriert sich diese heute wohl durchgängig mehrsprachige Minderheit im Raum Cern˘au¸ti / Czernowitz und in der Region Odessa. 1990 wurde parallel zur Entwicklung in der Republik Moldova das Moldauische mit kyrillischem Alphabet durch das lateinisch geschriebene Rumänisch ersetzt und damit begonnen, ein komplexes rumänischsprachiges Schulwesen aufzubauen. Heute gibt es in der Ukraine 113 rumänische Schulen mit Rumänisch als Unterrichtssprache, davon 87 in der Region Cern˘au¸ti. Rumänisch ist Unterrichtssprache auch in der Gymnasialstufe und in einigen Bereichen der Hochschulbildung an den Universitäten von Cern˘au¸ti und Kiew. Die Varietätenproblematik stellt sich ähnlich wie in der Republik Moldova, wiewohl die soziolinguistische Situation insges. deutlich komplizierter ist, weil auf dieser Minderheit der Assimilationsdruck durch die russische und ukrainische Gesellschaft im starken Maße lastet.
5.
Literatur
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Jürgen Erfurt, Frankfurt a. M.
106. Istruzione e storia della lingua: Italoromania Bildungswesen und Sprachgeschichte: Italoromania 1. 2. 3. 4. 5. 6.
1.
Cenni sull’alfabetizzazione medievale La scuola umanistica e rinascimentale La ‘riconquista’ della chiesa: nascita dell’istruzione organizzata La stagione delle riforme scolastiche La scuola nell’Ottocento e nel Novecento Bibliografia
Cenni sull’alfabetizzazione medievale
La tradizione scolastica medievale è pressoché interamente latina, così come la massima parte delle scritture giunte fino a noi.
Elemento cardine dell’acculturazione erano le scuole ecclesiastiche, annesse a conventi, monasteri, sedi vescovili, e frequentate dai rampolli delle famiglie facoltose nella prospettiva di una carriera sia clericale sia laica, ma talora aperte anche al popolo, che vi apprendeva inni sacri e preghiere. Il latino, naturalmente, era la lingua ufficiale dell’insegnamento; al più, nelle scuole di grammatica il volgare riusciva talora a ritagliarsi uno spazio quasi clandestino quando veniva impiegato con mera funzione strumentale per glossare o tradurre termini latini difficili, nelle spiegazioni di nozioni grammaticali o
106. Istruzione e storia della lingua: Italoromania
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in altri frangenti didattici. Tuttavia, nelle pieghe di un tessuto latino apparentemente impermeabile, è forse possibile ipotizzare già all’altezza del più antico documento toscano in nostro possesso, il Conto navale pisano (inizi del XII sec.), l’organizzazione di una qualche forma di insegnamento privato o domestico in volgare, visto anche il carattere linguisticamente maturo di questo testo (cf. Miglio 1986, 88; Baldelli 1973; Castellani 31980, 123–148). Tale ipotesi diviene certezza per i primi del Trecento, allorché un notaio di Genova conserva un foglietto in volgare che rimanda senz’altro a esercizi di scrittura compiuti in ambito scolastico (cf. Lucchi 1982, 106), da collegarsi forse alla pratica del docere bibinabo (sillabazione dei suoni della lingua materna), attestata nella stessa città ligure un secolo più tardi (cf. Petti Balbi 1979, 63). Il passaggio epocale da un’istruzione di stampo ecclesiastico in latino a una di marca laica in volgare si avvia in concomitanza con la cosiddetta ‘rinascita’ delle città: tale fenomeno, che influenza la temperie culturale europea all’incirca dall’XI al XIII sec. e in Italia interessa soprattutto le regioni centrosettentrionali, si collega all’ascesa sociale di un forte ceto mercantile, con le sue necessità di un tipo di alfabetizzazione di orientamento pratico da realizzare in tempi rapidi (cf. Bartoli Langeli 2000). Nel momento in cui la produzione scrittoria cessa di essere dominio quasi esclusivo dei monasteri, specie benedettini, ed emerge lentamente la novità dello scrivere in volgare, nasce anche l’esigenza di una didattica specifica. Ciò che la borghesia chiedeva era appunto l’insegnamento della scrittura in volgare piuttosto che l’insegnamento del volgare: il possesso di una grafia nitida e scorrevole, insieme alla conoscenza delle più comuni note abbreviative e formule epistolari, era il principale obiettivo di un’alfabetizzazione ad usum mercatorum; del resto la lingua della comunicazione quotidiana non era ‘insegnabile’, in quanto non codificata e avvertita anzi come priva di regole grammaticali. In questo clima rinnovato si afferma una diversa relazione tra il letterato e la sua opera: al tradizionale sistema della dictatio si affianca ora, fino a opporsene, la stesura materiale e l’eventuale rielaborazione del testo da parte dell’autore (basti pensare al Petrarca), secondo un costume mutuato dalla prassi scrittoria dei notai. L’autografia notarile influenzò anche l’attività dei mer-
canti, non solo nella tipicità degli schemi formali e nella grafia peculiare (la mercantesca, derivata appunto de una base notarile), ma soprattutto nella spinta allo scrivere in prima persona, in un rapporto diretto con la penna che in breve sfociò nella fondazione di un alfabetismo libero e laico, operante «al di fuori di precise funzioni sociali o di obbliganti costrizioni giuridiche» (Petrucci 1983, 507; sull’origine della mercantesca cf. Miglio 1986). Un discorso a parte merita evidentemente la Toscana, da cui proviene quasi il 90 % dei testi volgari editi di datazione anteriore al 1375. Sin dalla fine del Duecento la Toscana conosce una vera e propria fioritura di scuole d’abaco esclusivamente in volgare, aperte in pratica a tutti i ceti sociali, alle quali vanno aggiunti i numerosi maestri dediti all’istruzione di base e gli insegnanti di grammatica, e ciò non solo nei principali centri ma persino nelle più sperdute plaghe, quasi per una sorta di emulazione tra campanili. Il merito di questa primogenitura è attribuibile al precoce affacciarsi sulla scena di un ceto mercantile assai attivo, con la relativa necessità di annotare entrate e uscite, un’esigenza propria non solo dei grandi banchieri ma anche degli umili bottegai: appunto nelle botteghe, infatti, nasce l’uso del libro di ricordi, in un processo di acquisizione della scrittura volgare che «per la prima volta arriva dal basso rispetto all’élite culturale tradizionale» (Poggi Salani 1997, 407). Alla semplice registrazione dei movimenti monetari si aggiungono in progresso di tempo le cronache dedicate alle vicende interne della famiglia (ritenuta, anche psicologicamente, la base stabile dell’azienda) e a quelle più ampie della città, con la descrizione delle mutevoli situazioni politiche, importanti in quanto capaci di influenzare le fortune del mercante. Se le indicazioni relative al livello di scolarizzazione a Firenze nella prima metà del Trecento fornite da Giovanni Villani nella sua Cronica coeva vanno senz’altro ridimensionate (il tasso maschile oscillerebbe addirittura tra il 67 e l’83 %), tuttavia esse riflettono con malcelato orgoglio l’esistenza di un fenomeno reale e certamente diffuso anche al di fuori di una ristretta cerchia di privilegiati. Le numerose memorie dei grandi mercanti (Paolo da Certaldo, Giovanni di Pagolo Morelli, Buonaccorso Pitti), ma anche i ricordi lasciati dai rappresentanti dei ceti rurali subalterni (cf. Balestracci 1984), e
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
perfino dalle donne, che avevano qui più che altrove la possibilità di accedere al mondo della scrittura (cf. Petrucci / Miglio 1988, 473 ss.; Trifone 1989, 70–72), fanno meritare alla Toscana la felice definizione di «regione con la penna in mano» (Balestracci 1984, 15).
2.
La scuola umanistica e rinascimentale
Il periodo umanistico conosce un’autentica esplosione della pedagogia laica, svincolata da istituzioni religiose (anche se spesso gli ecclesiastici continuano a svolgere funzioni di insegnanti). Accanto ai maestri stipendiati dai vari comuni e a quelli attivi nelle scuole a pagamento operano numerosi istitutori privati, talora letterati di rilievo: così, ad es., nella Firenze del secondo Quattrocento il Poliziano tiene lezioni ai figli di Lorenzo il Magnifico. Nei centri minori gli insegnanti privati erano spesso l’unica fonte di istruzione. In tutti questi casi, la didattica era rivolta ancora esclusivamente al latino, con il volgare nella consueta funzione strumentale. Tracce di questo volgare parlato nelle scuole restano nella tradizione delle glosse e nei manuali umanistici contenenti spesso liste di forme e locuzioni in latino e in volgare, interessanti dal punto di vista storico-linguistico perché «riportano alle condizioni di una lingua non formalizzata a livello letterario, ma distinta tuttavia anche dall’orizzonte della quotidianità o della dialettalità» (Marazzini 1985, 72). Così, per es., in un glossario latino-sabino della fine del Quattrocento è possibile rinvenire termini che, contrapponendosi al sabino di base, rimandano al polo di attrazione più prossimo, il volgare coevo di Roma, di cui vengono tuttavia respinti i municipalismi troppo marcati in favore di «forme tipiche della scripta […] ‹media› dell’Italia centrale» (Vignuzzi 1984, 24). Questo fenomeno di delocalizzazione linguistica dei testi didattici riceverà poi un ulteriore impulso dall’opera regolarizzatrice di editori e tipografi, tanto che per il volgare dei libri di testo primo-cinquecenteschi a stampa Marazzini (1984, 63) si spinge a parlare di una sorta di italiano regionale ante litteram (cf. anche Matarrese 1999). Ma che cosa studiavano gli alunni dell’epoca? Nel Quattrocento si assiste nelle scuole latine di livello medio-alto a una sostituzione, supportata da solide premesse
teorico-pedagogiche, dei vecchi programmi (lettura di autori medievali e di alcuni poeti antichi, grammatica, ars dictandi) con gli aggiornati studia humanitatis (classici, etica, eloquenza, retorica, greco, logica e – innovazione originale – storia), mentre nelle scuole in volgare i programmi si dipanano senza direttive, nel segno della continuità con la cultura laico-mercantile del tardo Medioevo. Grendler (1991, 154 s.) probabilmente esagera quando attribuisce alla quasi totalità delle scuole italiane l’adozione del canone umanistico in tempi ristrettissimi, che così si configurerebbe come «una rivoluzione nei programmi scolastici, una delle poche nella storia dell’educazione occidentale»; è più verosimile che i programmi e i canoni scolastici umanistici attecchissero lentamente nelle scuole italiane, prima presso i ceti egemoni urbani e poi nel resto della popolazione (cf. Trovato 1998, 21). A livello di istruzione di base, invece, «non ci fu nessuna rivoluzione didattica. Lo scolaro del Rinascimento imparava a riconoscere le lettere dell’alfabeto, poi a leggere sillabe, parole e frasi nello stesso modo usato dagli scolari greci, romani, medievali» (Grendler 1991, 156),
impiegando la Tavola e il Salterio, cioè l’abbecedario e il libro di lettura. L’alunno imparava a compitare con l’ausilio del maestro, per passare gradualmente alla lettura dell’intera parola e dei brani compresi nel Salterio. Anche l’insegnamento della scrittura seguiva un percorso analogo: dal tratteggio di singoli grafemi alla compiuta capacità di scrivere, in un lasso di tempo di circa un anno, al termine del quale il fanciullo poteva accedere alla scuola latina o a quella d’abaco in volgare. Quest’ultimo tipo di scuola costituiva una sorta di circuito non ufficiale, in cui aveva corso lo studio a fini pratici della matematica, esiliata dalle scuole latine; vi erano insegnate anche le tecniche per la contabilità e per il calcolo delle conversioni monetarie. Quanto alla diffusione dell’alfabetismo, possediamo dati statistici riguardanti Firenze e Venezia, seppure in periodi diversi della loro storia. Sulla base del catasto del 1480, Grendler (1991, 87) ipotizza per la città toscana un livello di alfabetizzazione maschile di circa il 30–33 %, praticamente uguale a quello riscontrabile a Venezia nel 1587: 0,2 % di femmine e 26 % di maschi frequentanti scuole regolari, che però diventano rispettivamente il 12–13 % e il 33 % tenendo conto
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dell’educazione domestica o conventuale. Per la Roma primo-cinquecentesca, un’indagine paleografica condotta da Petrucci (1978) ci informa che nell’umile ambiente lavorativo di una «pizzicarola» trasteverina la capacità di scrivere costituiva «un valore socialmente rilevante» ed era quindi largamente diffusa, almeno al livello di semialfabetismo funzionale o di alfabetismo elementare (ib., 184). L’insegnamento avveniva anche in sedi irrituali, quali la famiglia e la bottega, dove il componente più anziano fungeva da precettore, basandosi esclusivamente sulla pratica e sulle proprie disorganiche conoscenze (cf. ib., 192). Riguardo al resto della penisola occorre in genere sospendere il giudizio, anche se tutto lascia pensare che al di fuori delle classi dominanti e lontano dai centri urbani l’alfabetismo fosse un fenomeno marginale (per alcune testimonianze non istituzionale cf. Ortalli 1996, 151). L’introduzione della stampa provoca un’accelerazione del processo di circolazione non elitaria di testi e un aumento della richiesta di istruzione. Soprattutto arride una grande fortuna ai libri in volgare, che però continuano a essere proibiti nelle scuole di grammatica, almeno ufficialmente. Nelle scuole d’abaco, meno dipendenti dalla tradizione latina, si leggono Dante, Petrarca, i poemi epici (a Venezia detti anche ‘libri de batagia’), i volgarizzamenti di Virgilio, Boezio e Seneca, a fianco di operette didascalico-edificanti. Sia pure nell’ambito di un’acculturazione di tipo pratico come quella delle scuole d’abaco, e limitatamente a centri avanzati quali Firenze e Venezia, l’emancipazione della cultura volgare da quella latina arriva così a coinvolgere «il settore più istituzionale dell’uso sociale del libro, l’alfabetizzazione elementare» (Bartoli Langeli / Infelise 1997, 957). È lecito supporre che processi analoghi comincino a interessare anche le classi subalterne lontane dalle grandi città, se in una causa per eresia intentata alla fine del ’500 contro un mugnaio friulano, Domenico Scandella detto Menocchio, l’accusato dichiara di aver letto almeno undici libri in volgare (cf. Ginzburg 1976, 35 s.; 59). Di Menocchio ci sono giunte lettere e memorie le cui irregolarità testuali rinviano a una fenomenologia tipica della produzione dei semicolti, chiaro riflesso di un apprendimento deficitario, avvenuto spesso per via ‘spontanea’ tramite i più svariati canali (cf. D’Achille 1994). Un caso limite, in tale direzione, è quello individuato dalla formula
‘analfabetismo dell’individuo, alfabetismo di gruppo’, con riferimento alla pratica della lettura collettiva, diffusa nelle campagne fino a tempi recenti (cf. Bongrani / Morgana 1997, 112 s.; Trifone 1990, 508; 510). Le prime grammatiche in volgare non avevano una grossa ricaduta sulla didattica, almeno su quella organizzata; tuttavia, insieme ad altri strumenti quali il ‘Babbuino’ (una sorta di tavola sillabica), manuali, rimari e lessici proposti in gran copia dalla neonata industria tipografica (cf. Lucchi 1978, 613), esse potevano far parte dell’armamentario di base degli autodidatti. Il gradino successivo «per chi dall’alfabeto volesse direttamente accedere, spesso senza nemmeno passare attraverso il latino, al territorio della letteratura» (De Blasi 1993, 394) era costituito in primo luogo dalla lettura delle opere petrarchesche, che proprio nella prima metà del Cinquecento conobbero una vastissima fortuna editoriale, assumendo un ruolo fondamentale nel processo di alfabetizzazione (cf. Quondam 1978, 580). Quanto alle Prose del Bembo, così com’erano strutturate risultavano poco fruibili in fase di apprendimento; se ne trassero pertanto delle versioni semplificate, che però si risolsero spesso in semplici vademecum atti a soddisfare singoli dubbi. D’altra parte, è l’interna fase antica della grammaticografia italiana, orientata decisamente sul versante letterario piuttosto che pedagogico, ad essere macchiata dal peccato originale della scarsa utilità scolastica (cf. Marazzini 1997, 16–18). Occorrerà aspettare ancora un paio di secoli prima che il nesso tra scuola e grammatica italiana si renda esplicito.
3.
La ‘riconquista’ della Chiesa: nascita dell’istruzione organizzata
Pur essendo ancora viva la pratica del maestro pubblico (specie di abaco) e dell’istitutore privato, il Cinquecento maturo riconsegna sostanzialmente alla Chiesa il compito di educare e istruire il popolo. In tempi di movimenti riformatori e di nuove richieste di istruzione religiosa, il sacerdote Castellino da Castello fondò nel 1536 a Milano la prima delle scuole di Dottrina cristiana che in breve si sarebbero diffuse nel Nord e poi in tutta la penisola; tali scuole avviarono uno stuolo di bambini non solo al catechismo ma anche alla lettura e alla scrittura, giacché Castellino e i suoi seguaci «consideravano l’ignoranza spirituale e l’analfabeti-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
smo come due aspetti di uno stato di deprivazione» (Grendler 1991, 363). Il panorama mutò con l’affacciarsi sulla scena di nuovi ordini religiosi, in particolare dei Gesuiti, la cui prima scuola si inaugurò a Messina nel 1548. La frequenza gratuita e l’offerta più ampia rispetto alle scuole catechistiche fecero dell’iniziativa gesuitica un’autentica novità, fino a quando vennero soppressi i corsi elementari per puntare sull’educazione di giovani aristocratici, con l’istituzione di collegi-convitti. Il programma gesuitico – esclusivamente latino – riecheggiava quello delle scuole umanistiche, con uno studio più approfondito del greco e l’introduzione di insegnamenti religiosi. Nella scia dei Gesuiti vengono i Barnabiti, che si rivolgono con un programma latino a studenti di ceti medioalti già alfabetizzati, e i Somaschi, divisi tra il ruolo originario di educatori di orfani e quello acquisito di maestri d’élite. La Chiesa controriformistica sottopone le attività culturali a un rigido controllo dogmatico, ma al tempo stesso produce un’intensificazione delle iniziative socio-assistenziali e un avvicinamento del clero alle masse popolari. Gli indirizzi della politica educativa post-tridentina si articolano tenendo conto dei diversi livelli di utenza: accade così che il toscano, escluso dalla ratio studiorum dei Gesuiti, assuma invece un grande rilievo nell’opera pastorale di Carlo e Federico Borromeo (cf. Bongrani / Morgana 1997, 108). In questa luce si spiega il sovvertimento del sistema didattico operato da Giuseppe Calasanzio, che nel 1596 apre a Roma la prima delle sue Scuole Pie, introducendo l’innovazione decisiva «di far partire anche lo studio del latino dalla lingua volgare» (De Blasi 1993, 398). Il metodo del Calasanzio e dei suoi Scolopi prevedeva l’insegnamento generalizzato della lettura, mentre l’insegnamento della scrittura e del far di conto era limitato nel tempo e destinato ai discepoli più capaci, con la frequente conseguenza di un alfabetismo zoppo che predisponeva all’analfabetismo di ritorno. Un’efficace e capillare attività educativa viene dispiegata nella Napoli del Settecento dal fondatore dell’ordine dei Redentoristi, Alfonso Maria de Liguori, che combina predicazione religiosa e istruzione popolare. Seguendo il suo esempio, persino «i fedeli più umili e appena ‹infarinati di lettere›» impartiscono il catechismo nei quartieri degradati della città (Bianchi / De Blasi / Librandi 1993, 144). I numerosi testi devozionali del
Liguori, pubblicati dagli intraprendenti Remondini di Bassano, conobbero un successo che «non ha pari probabilmente nell’intera storia editoriale» (Bartoli Langeli / Infelise 1997, 968 s.), grazie anche all’uso consapevole di un linguaggio semplice, chiaro e diretto (cf. Bertini Malgarini / Vignuzzi 1999). Su questa stessa linea si colloca la composizione dei Brevi avvertimenti per la lingua toscana, una grammatichetta pensata dal Liguori in funzione dell’insegnamento (cf. Librandi 1984): la materia vi è esposta in forma di lezione orale; le regole sono formulate sinteticamente; gli esempi si fondano sui bisogni degli utenti piuttosto che sulle attestazioni dei letterati.
4.
La stagione delle riforme scolastiche
Un provvedimento del 1729 stabilì che nelle scuole sabaude l’insegnamento del latino venisse tenuto con l’ausilio di un manuale scritto in italiano; si trattava di una prima indiretta legittimazione, che fu seguita quattro anni dopo dall’inserimento dell’italiano tra le materie di studio degli istituti superiori (cf. Marazzini 1991, 51–58). Sempre in Piemonte, sul finire del secolo la crescente francesizzazione caricò di significati politici lo studio dell’italiano, facendolo apparire come «una scelta ‹nazionale›» (ib., 26), anche sulla scorta delle riflessioni di Gian Francesco Galeani Napione. La pedagogia del Settecento non poté fare a meno di riconoscere un ruolo autonomo all’insegnamento dell’italiano rispetto a quello del latino, sia pure lasciando intatta la tendenza a riservare il latino ai signori e l’italiano al popolo (cf. De Blasi 1993, 400); la divaricazione tra chi era destinato a proseguire gli studi e chi li avrebbe abbandonati sarà del resto ribadita, ancora in pieno Novecento, dalla legge Gentile. Una svolta generale si ebbe dopo la soppressione dell’ordine dei Gesuiti (1773) e la conseguente chiusura dei loro collegi, che impose ai governi di riorganizzare su nuove basi il sistema educativo, tenendo conto della crescente richiesta di un’istruzione più pratica e funzionale che proveniva dal basso. Fino ad allora la scuola aveva curato soprattutto la formazione dei ceti egemoni, aprendo qualche varco a determinate categorie delle classi medie (artigiani e commercianti), mentre la maggior parte della popolazione, in particolare quella rurale, era stata lasciata
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nella più completa ignoranza (cf. Vigo 1983). Le idee illuministiche, sorrette alla fine del secolo dalla forza politico-militare di Napoleone, contribuiscono all’avvio di un processo di modernizzazione, anche se la trasposizione sul piano concreto delle istanze innovatrici si rivelò il più delle volte velleitaria, scontrandosi con problemi di ogni sorta: dal disinteresse del popolo (preso da altri più immediati problemi) all’esiguità e impreparazione del corpo insegnante, dall’insufficienza degli investimenti alla mancanza di piani organici di istruzione. I nuovi regolamenti scolastici dei vari Stati tendono a privilegiare l’italiano nell’insegnamento di base, destinando lo studio del latino all’istruzione superiore (cf. Matarrese 1993, 27–30). Nel Ducato estense, ad es., l’Istruzione interinale per le Basse scuole del 1777 fa una decisa scelta di campo in favore dell’italiano, con l’obiettivo dichiarato di emancipare gli scolari dall’influsso dei dialetti locali, definiti «barbari, imperfetti, dimezzati, rozzi, ingratissimi ad ascoltarli, a scriversi sempre malagevoli e talvolta ancora impossibili» (Ballerini 1985, 283). La maggiore attenzione per l’italiano, finalmente assurto alla dignità di lingua-base dell’istruzione, fece reclamare più saldi strumenti di apprendimento linguistico, promuovendo fra l’altro l’adozione prima in Lombardia e poi in tutti gli Stati (tranne il Regno di Napoli) del Compendio del metodo delle scuole normali per l’uso delle scuole della Lombardia Austriaca (1786) del padre somasco Francesco Soave, un adattamento alla situazione italiana di un sistema impiegato nelle scuole primarie austriache (cf. Matarrese 1993, 31 s.). Un’esplicita destinazione scolastica ha la grammatica di Salvatore Corticelli Regole e osservazioni della lingua toscana (Bologna, 1745), che conosce una straordinaria diffusione per tutto il secolo, e anche molto oltre: il Corticelli ‘riduce a metodo’ la materia, cioè la espone in forma agevolmente consultabile e memorizzabile dai seminaristi di Bologna, cui la prima edizione era indirizzata (cf. Marazzini 1997, 14). Nel Mezzogiorno i tentativi di riforma si rivelarono incapaci di colmare il divario con l’Italia settentrionale (cf. Bianchi / De Blasi / Librandi 1993, 137). Si consideri che verso la metà del Settecento la percentuale degli alfabetizzati non raggiungeva neppure il 10 % della popolazione del Regno; all’interno di tale quadro negativo, assume peraltro
uno specifico risalto la situazione di Napoli, che presentava invece un tasso di alfabetizzazione di circa il 40 %, reggendo almeno in parte il confronto con le città del Nord (cf. Orlandi 1996, 78–97). Il relativo dinamismo di Napoli è confermato da esperienze culturali di diverso tipo e livello, dall’impegno missionario a favore dei diseredati di Alfonso de Liguori, cui si è già accennato, alle lezioni universitarie tenute da un intellettuale di statura europea (e di umili origini) come Antonio Genovesi in italiano anziché in latino, contro una consolidata prassi accademica (cf. Pennisi 1987, 151). Nel complesso, il secondo Settecento ci appare come un periodo fondamentale nella storia dell’istruzione italiana, perché segna dappertutto la riorganizzazione e la laicizzazione del sistema educativo, l’apertura di scuole elementari pubbliche e private, l’avvio di un processo di convergenza degli ordinamenti e dei programmi, il capovolgimento del tradizionale rapporto latino-italiano, l’estensione dell’insegnamento della lingua, in un generale sforzo di promozione dell’alfabetismo spesso supportato da moderne analisi teorico-pedagogiche. Se i risultati effettivi di tale sforzo furono nell’immediato molto inferiori alle attese, va comunque riconosciuto che l’attività riformatrice dei governi e l’urto rivoluzionario di fine secolo posero le basi politiche e culturali per l’accesso all’istruzione di fasce sempre più ampie della popolazione italiana.
5.
La scuola nell’Ottocento e nel Novecento
Negli anni della Restaurazione l’insegnamento tende a ritornare nell’orbita religiosa, mentre riemergono antiche ostilità ideologiche nei confronti dell’organizzazione scolastica statale. Tuttavia, il terreno concimato nella stagione precedente si rivela fertile, almeno per quanto riguarda le iniziative di individui o gruppi illuminati, come le scuole elementari di ‘mutuo insegnamento’ ideate dall’inglese Joseph Lancaster, nelle quali gli allievi migliori potevano essere incaricati dal maestro di tenere lezioni al resto della classe, o come gli asili d’infanzia fondati da Ferrante Aporti in Lombardia e attivati poi in altre zone della penisola (cf. Serianni 1989, 31). In Toscana gli intellettuali legati al circolo del Viesseux promuovono l’apertura di asili, scuole di base, istituti tecnici e professionali, nel quadro di una peda-
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gogia più liberale, che «è all’origine […] del sistema educativo popolare dell’Italia unita» (Genovesi 1998, 48). A Napoli fiorisce la celebre scuola di Basilio Puoti, autore di un fortunato manuale (Regole elementari della lingua italiana, Napoli, 1833), la cui influenza «contraddistingue […], anche ai livelli più semplici, lo studio dell’italiano nell’intero Meridione per una lunga stagione» (Bianchi / De Blasi / Librandi 1993, 159). Con le Regole il letterato napoletano si rivolge ai padri di famiglia ancor prima che agli insegnanti di italiano – in tempi e luoghi nei quali l’istruzione di base era per lo più ancora privata, spesso domestica –, facendo precedere lo studio propriamente grammaticale da un attento esame dei problemi di pronuncia, e ricorrendo spesso alla comparazione tra lingua e dialetto. Con la nascita del nuovo Stato la questione dell’istruzione torna a porsi in termini sociali vasti e drammatici. Secondo il censimento del 1861, coloro che non erano in grado nemmeno di tracciare la propria firma ammontavano ad oltre tre quarti dei sudditi del Regno d’Italia, con punte estreme al Sud, nelle campagne, tra le donne; anche nel Settentrione, dove la situazione era migliore, il fenomeno investiva comunque la maggioranza della popolazione (cf. Serianni 1990, 18–23). In una realtà come quella italiana, caratterizzata da tanti dialetti diversi, l’analfabetismo e lo stesso semialfabetismo rappresentavano un gravissimo ostacolo alla diffusione della lingua nazionale. La percentuale degli italofoni, concentrati soprattutto in Toscana e a Roma (fortemente toscanizzata fin dal Cinquecento), si sarebbe approssimata al 10 % secondo la stima più articolata di Castellani (1982), mentre in base ai calcoli restrittivi di De Mauro (31995, 42 s.) si sarebbe attestata intorno al 2,5 %. Il nodo di problemi costituito dall’incapacità di usare la penna e dall’incapacità di usare l’italiano non poteva certamente sfuggire, per la sua rilevanza e per le sue stesse dimensioni, alla nuova classe dirigente. Una prima risposta all’esigenza di allargare la base alfabetizzata venne dalla legge Casati del 1859, progressivamente estesa a tutto il giovane Regno, e dalla legge Coppino del 1877, che sancirono la gratuità e l’obbligatorietà del primo biennio di scuola elementare. Gli effetti di questi provvedimenti tuttavia tradirono le attese, anche perché essi ammettevano l’esclusione legale dalla frequenza obbligatoria per coloro che risiedevano nei
nuclei rurali (cf. Foresti / Marri / Petrolini 1997, 388), cioè per gran parte degli italiani. Riguardo alla questione del modello di lingua da adottare nelle aule e del sistema più consono per insegnarlo, si fa promotore di un’importante iniziativa il ministro della Pubblica Istruzione Emilio Broglio, che nel 1868 chiama il Manzoni a occuparsi in termini concreti del problema. Questi, coerentemente con le proprie idee sul primato del fiorentino vivo, propone di spedire maestri nati o educati in Toscana nelle scuole di tutto il Regno e di compilare un vocabolario dell’uso fiorentino (il futuro Novo vocabolario di G. B. Giorgini ed E. Broglio, Firenze, 1870–97), che avrebbe agevolato la diffusione di quell’idioma. Le tesi manzoniane, dotate di sostegno politico e accreditate dall’autorevole esempio dei Promessi Sposi, trovarono inoltre un efficace strumento di propaganda in veri e propri best-seller dell’epoca, alcuni dei quali in grado di costituirsi come modelli culturali della neonata nazione: le letture di Carlo Collodi della serie Giannettino (La grammatica di Giannettino, La geografia di Giannettino, ecc.) e soprattutto il famoso Pinocchio; il quasi altrettanto fortunato Cuore e L’idioma gentile di Edmondo De Amicis; periodici come il Giornalino della Domenica e perfino un trattato di gastronomia, La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene di Pellegrino Artusi (una rassegna esauriente in Castellani 1986, 118–123). La linea manzoniana, che con il suo apprezzamento del parlato non poteva certo entusiasmare i tradizionalisti, trovò avversari anche su altri fronti. Nel Proemio all’Archivio glottologico italiano (1873) Graziadio Isaia Ascoli affermò che l’unificazione linguistica non si sarebbe realizzata imponendo un modello d’autorità, ma attraverso la diffusione della cultura, in particolare di una cultura più moderna, immune dal vizio patrio della retorica. L’ampliamento delle attività intellettuali e civili avrebbe finalmente promosso, senza particolari interventi disciplinatori, un fecondo sviluppo della lingua nazionale. Il glottologo goriziano invitava anche a valorizzare il patrimonio costituito dagli idiomi locali, in un passaggio che non a caso sarà richiamato da Monaci (1918, 19) nel manifesto programmatico di una serie di manualetti per l’insegnamento della lingua attraverso il dialetto. Va peraltro riconosciuto che proprio la marcata e differenziata dialettofonia della maggioranza degli italiani giustificava in qualche modo
106. Istruzione e storia della lingua: Italoromania
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il riferimento a un modello unico di lingua: una soluzione più pragmatica e attuabile rispetto al
nelle varie zone, alla scarsità e alla frequente impreparazione degli insegnanti, al perdurare – nonostante i provvedimenti ministeriali – di un tasso di evasione altissimo, alle stesse resistenze all’alfabetizzazione di massa opposte dalle classi agiate di ispirazione conservatrice, ridussero l’efficacia dello sforzo propulsivo postunitario, ma non lo vanificarono del tutto. Quelle difficoltà furono del resto compensate, almeno in parte, da una serie di circostanze favorevoli offerte dal nuovo Stato o conseguenti alla sua nascita, dalla centralizzazione amministrativa alla leva militare su base nazionale, fino a eventi di grande portata socio-demografica come l’emigrazione, l’industrializzazione, l’urbanesimo (cf. De Mauro 31995). Nel quarantennio 1871–1911 si assiste ovunque a un calo progressivo dell’analfabetismo, la cui incidenza passa in generale da poco meno del 70 % a poco meno del 40 %, ma resta comunque sensibilmente diversa da regione a regione, come mostra con evidenza il seguente grafico (Tab. 106.1.). Nel primo Novecento l’idealismo crociano dissolse la grammatica nell’estetica. Il quasi unanime coro delle riflessioni antigrammaticali, tuttavia, lungi dal decretare la fine di ogni insegnamento della grammatica, produsse semplicemente il «perpetuarsi di metodi didattici antiquati e passivamente
«lucido ragionamento [ascoliano,] destinato […] a restare fondamentalmente distaccato, nella sua elevatezza, nel suo rivoluzionario colpire la radice autentica del problema, nel suo rifiuto alla normatività, dalla realtà del mondo della scuola» (Poggi Salani 1983, 935).
Le discussioni teoriche e le iniziative politiche furono accompagnate da un attivismo editoriale senza precedenti nel settore della didattica dell’italiano e della stessa divulgazione linguistica (cf. Catricalà 1991). Nei decenni successivi all’Unità si pubblicano testi scolastici e parascolastici di ogni genere e orientamento, ma con una complessiva prevalenza delle posizioni premanzoniane: «nella maggior parte dei libri più largamente adottati si continuò a perpetuare la tradizione bembesca» (Catricalà 1995, 220). Dalle scarne notizie di cui disponiamo, l’istruzione privata, ancora molto diffusa nel secondo Ottocento specie presso le ragazze ‘di buona famiglia’, si allineò alla didattica pubblica, continuando a privilegiare la lezione retorico-letteraria degli autori, con l’aggiunta tutt’al più di «un discreto condimento di toscanità viva» (Trifone 1990, 508). Le difficoltà dovute a un’organizzazione scolastica deficitaria e comunque diseguale
Tab. 106.1. Tasso di analfabetismo nelle regioni italiani (De Fort 1995, 40)
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
improntati alla tradizione» (De Blasi 1993, 413). La riforma Gentile (1923) consolidò la supremazia della cultura umanistico-letteraria fondata sul ruolo centrale del liceo classico, ma al tempo stesso accolse nei programmi delle elementari le idee innovative del pedagogista catanese Giuseppe Lombardo Radice: ad es. quelle concernenti l’utilità del confronto tra l’italiano e le parlate locali, che subiranno però un fortissimo ostracismo da parte del nazionalismo fascista, dialettofobo non meno che xenofobo. Le concezioni di Lombardo Radice saranno riprese in anni più recenti, nel clima di maggiore interesse per la didattica della lingua conseguente all’istituzione della scuola media unificata (1963) e a ulteriori sviluppi in senso moderno della legislazione. Si pensi al ridimensionamento del ‘tema’ a vantaggio di prove scritte più vicine a usi reali o, per un caso marginale ma comunque significativo, alla possibilità di insegnare il ladino, accanto al tedesco e all’italiano, nelle scuole della provincia di Bolzano. I progressi realizzati nel corso del secolo si traducono nel crollo percentuale degli analfabeti (che continuano a essere concentrati soprattutto nel Mezzogiorno) e nel quasi totale allineamento della secolare forbice tra istruzione maschile e femminile. Nella realtà socioculturale profondamente mutata degli ultimi decenni, quando si affermano nuovi formidabili fattori di diffusione nazionale della lingua comune (a cominciare dal più potente di tutti: la televisione), l’attenzione degli educatori più avvertiti tende a concentrarsi soprattutto sulla dicotomia scritto-parlato, erede contemporanea delle dicotomie storiche latino-volgare e italiano-dialetto. Esperienze didattiche avanzate, talora discusse, come quelle poste in atto nella scuola di Barbiana di don Lorenzo Milani o nella scuola di san Gersolè, concordano nell’intento di superare un tipo linguistico aulico, tutto stintonizzato sulla ‘supernorma’ scritta, per approdare a una lingua meno artificiosa, non troppo distante dall’uso medio anche parlato. Di rimando, la stessa scuola tradizionale ha cominciato a offrire un insegnamento linguistico più flessibile e aperto, rendendo possibile, perché non sanzionabile in determinati impieghi, l’emersione delle forme colloquiali, delle varietà regionali, dei diversi sottocodici. E se «si ha l’impressione che l’impeto della nuova didattica […] si sia un po’ attenuato negli ultimi anni» (Mengaldo 1994, 24), è pur vero che esso è stato essenziale per ribal-
tare atavici equilibri e mettere in discussione radicate certezze. Nel complesso panorama di una scuola rinnovata, più attenta agli impulsi e agli stimoli provenienti dalla società, compito peculiare dell’educazione linguistica sarà quello di rendere consapevole l’alunno dell’esistenza di vari livelli di lingua, addestrandolo a riconoscere quelli più correttamente spendibili nei vari contesti. Un obiettivo difficile da realizzare in modo compiuto senza spostare in avanti, oltre il limite della scuola elementare e media, i traguardi minimi dell’istruzione.
6.
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Pietro Trifone, Siena
1224
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
107. Education et histoire des langues: Galloromania Bildungswesen und Sprachgeschichte: Galloromania
4. 5.
Observations préliminaires L’invention de l’université La mise en place de l’enseignement secondaire L’enseignement primaire pour tous Bibliographie
de l’école ne peut que marquer par son expression et son contenu la langue de communication dont l’usage est le plus répandu. Après, quand l’obligation de scolarité passe dans les faits, la faculté d’interférence du pouvoir politique devient manifeste.
1.
Observations préliminaires
1.4. La brève esquisse qui va suivre se limitera nécessairement à quelques lignes directrices de l’histoire du système éducatif, à la description de l’évolution de ses structures essentielles, sans en prendre nécessairement en compte les implications politiques, sociales ou économiques. La venue à maturité successive des trois grands degrés d’enseignement, supérieur, secondaire et primaire, à mesure que l’éducation pénètre plus profondément le corps social, gouvernera l’ordre suivi.
1. 2. 3.
1.1. L’histoire de l’éducation publique en France illustre quelques tendances générales tout aussi bien discernables en d’autres lieux. L’une est que l’éducation paraît toujours tenue par l’institution qui distille l’idéologie dominante: l’Eglise, d’abord, que l’Etat ne privera définitivement de la maîtrise du système éducatif de la nation qu’à leur séparation institutionnelle en 1905, au terme du plus d’un siècle d’efforts. Une autre est qu’en tout temps ses structures reflètent celles de la société: une société libérale se dote d’un système libéral, une société élitiste d’un système élitiste. Un autre trait, qui est un développement récent, est l’accroissement remarquable de la scolarisation, en nombre d’individus concernés et en qualité. 1.2. L’importance de l’éducation privée, donnée à domicile par des précepteurs, est impossible à quantifier. Il est certain cependant qu’elle a joué à certaines époques un rôle majeur dans la transmission de la culture et du savoir; mais ses objectifs étaient globalement analogues à ceux de l’enseignement institutionnel auquel elle suppléait ou qu’elle concurrençait, et l’on peut légitimement supposer que son influence sur l’évolution de la langue n’en a pas été très différente. 1.3. L’histoire de l’influence de l’enseignement institutionnel sur la langue française se partage en deux périodes: avant et après l’instauration de la scolarité obligatoire. Avant, quand la langue vernaculaire n’est pas objet d’enseignement, quand l’autorité de tutelle n’imagine pas pouvoir ou devoir agir en matière linguistique, aucune influence directe n’est observable. Une influence indirecte est, en revanche, probable à toute époque, quand enseignement implique mobilité des maîtres et des élèves et accroît les occasions de contacts linguistiques, quand le discours
2.
L’invention de l’université
2.1.
Le Haut Moyen Age. Avant les universités
2.1.1. Antiquité tardive et époque mérovingienne L’école antique était bien implantée en Gaule. Elle a pu survivre après les Invasions, pendant la prise progressive du pouvoir par des germanophones, jusque vers la fin du Ve s., mais on perd ensuite toute trace de son existence (Riché 1968, 112). Une éducation privée s’est maintenue, cependant, dans la Lyonnaise jusqu’au VI e s. au moins (Bischoff / Gorman 1994, 11), en Aquitaine jusqu’au milieu du VII e s. (Riché 1979, 20). L’Eglise chrétienne avait calqué ses institutions sur le solide modèle impérial, mais sans s’inféoder à l’Etat. Elle survit quand celui-ci s’effondre et peut étendre sa mission pastorale à l’assimilation des nouveaux peuples. Ne serait-ce, par ailleurs, que pour sa liturgie et la conservation de son patrimoine scripturaire elle a besoin de lecteurs, de chantres, en plus des ministres de la Parole. Elle met donc en place des écoles épiscopales (Concile de Tolède, 527), des écoles paroissiales, comme en Italie (Concile de Vaison, 529). La règle de saint Benoît (apr. 534) impose la lecture: les monastères pourvoient alors à l’instruction qui ne se donne
107. Education et histoire des langues: Galloromania
plus ailleurs. En outre, dans la mesure où le droit romain reste en vigueur, elle prêtera ses hommes aux cours mérovingiennes pour perpétuer les compétences minimales indispensables au fonctionnement de leurs chancelleries. Ainsi, à la faveur des circonstances, avant de s’en faire une doctrine, l’Eglise s’investit, pour de longs siècles, du monopole de l’enseignement. Au tournant du VII e s. resurgit le problème de la culture païenne. Didier de Vienne qui, comme après lui Isidore de Séville († 636), cultive les lettres antiques est fustigé par Grégoire le Grand († 604). Des bribes de cette culture antique traverseront le Moyen Age dans des ouvrages de seconde main, de compilateurs ayant relu surtout les auteurs de la basse latinité. 2.1.2. Epoque carolingienne Charlemagne se veut le gardien de l’authenticité de la Tradition; celle-ci passe par l’écrit. Sous l’impulsion d’Alcuin († 804), qui comprend que l’initiative individuelle locale ne peut suffire à la formation du clergé séculier, il dessine, en quelques directives (Admonitio generalis de 789) et dans sa correspondance, l’esquisse d’une institution scolaire à trois degrés: écoles paroissiales, écoles cathédrales – dans le prolongement desquelles naîtra l’université –, et académie palatine. Cette dernière réunissait, au centre du pouvoir, quelques uns des meilleurs esprits du temps et prodiguait la touche finale à l’éducation d’une étroite élite austrasienne appelée à administrer l’empire. Des abbayes, telles celle de Saint-Gall, tenaient déjà des écoles extérieures; à côté de celles-ci quelques évêques mirent en place leurs propres écoles; mais il est douteux que la pratique réelle ait correspondu aux ambitieuses aspirations du prince, auquel manquaient des maîtres formés et les ressources engagées ailleurs. Le programme de ces écoles épiscopales est à déduire de celui de l’école du Palais, résumé dans les Didascalia d’Alcuin; il incluait au moins Donat et Priscien, l’un ou l’autre traité d’Alcuin luimême, l’œuvre de Cassiodore († 583), d’Isidore de Séville, de Porphyre (McKitterick 1995, 30). Les témoignages attestant la mise en place effective des écoles paroissiales sous Charlemagne sont rares, mais leur nombre crût certainement sous Charles le Chauve († 877), après le règne tourmenté de Louis le Pieux.
1225 2.1.3. De Charles le Chauve à saint Louis Les X e et XI e s. voient des écoles épiscopales acquérir un renom certain: Reims, avec Gerbert (de 972 à 984); Chartres, avec Fulbert († 1028); Paris, Laon, avec Lambert, Anselme, rivalisent avec les abbayes du Bec, de Fleury ou de Fécamp. On y élargit l’étude de la logique, des mathématiques, on relit Virgile, Lucain, Térence. Au XII e s. l’essor des villes favorise le développement de ces écoles cathédrales. Lucratives mais affranchies de la règle monastique, elles enrôlent des aspirants – nobles encore pour la plupart – à une carrière séculière déjà tracée. Sans statuts définis, elles ne délivrent pas de grades. A Paris, à côté des écoles de Saint-Victor, de Sainte-Geneviève (théologie), de l’école du Cloître Notre-Dame, s’installent Abélard († 1143) dès 1105–08, Albéric de Paris, Robert de Melun († 1167) ou autres Gilbert de Poitiers († 1154) et Adam de Balsham († 1181). Le climat intellectuel et les hommes sont là qui vont permettre la naissance de l’université. 2.2. L’université en France au Moyen Age Le 13 avril 1231, Grégoire IX scelle la bulle Parens scientiarum. Elle précise et impose à Paris la mise en œuvre effective de dispositions antérieures tel le privilège de 1194 ou les statuts de Robert de Courçon de 1215 et constitue le véritable acte de naissance de son Université, terme qui désigne bientôt l’ensemble de la communauté enseignante et étudiante. L’événement est significatif car l’institution parisienne constituera dans son fonctionnement et ses principles le modèle qui inspirera les universités françaises et européennes jusqu’au XIX e s. – le modèle bolonais, plus ancien, sera sans postérité. Il marque aussi le début d’une reprise en main effective par la puissance idéologique dominante, l’Eglise de Rome, d’une mission abandonnée en fait depuis des siécles, en dehors des cloîtres, à l’initiative locale du clergé séculier ou à la pratique privée. Dès sa création, en effet, l’institution s’affranchit de l’emprise du pouvoir politique local – la royauté capétienne en l’occurrence –, mais se place en revanche sous la protection directe en même temps que sous la surveillance de Rome, qui l’aide à naître et la protège car elle voit en elle un précieux instrument de formation des cadres indispensables au programme d’expansion universaliste que semble légitimer sa nouvelle suprématie.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Très vite aussi, pour répondre aux besoins des chancelleries ecclésiastiques et princières en plein essor, le recrutement s’élargit, à partir du XIII e s., bien au delà des rejetons des élites aristocratiques guerrières (Verger 1986, 90), qui vont désormais partager une partie de leur pouvoir politique avec les lettrés, et l’éducation sera perçue de plus en plus nettement comme une voie permettant d’accéder à ce dernier. La mission de l’université médiévale est double: enseignement et accueil des étudiants. Une université qui offre, à l’instar de celle de Paris, un studium generale possède une faculté des arts, propédeutique à trois facultés supérieures: de théologie, de droit (‘de décrets’) et de médecine. Héritière des écoles urbaines, la faculté des arts, où l’on entre à 14 ou 15 ans, instruit dans les disciplines du trivium et du quadrivium, essentiellement la grammaire – Alexandre de Villedieu († 1240/50) et Evrard de Béthune († 1212) complétant Donat – et la dialectique aristotélicienne (logica nova), et délivre la maîtrise, exigée vers la fin du XIII e s. par la faculté de théologie. Les très longues études de théologie, discipline reine, prolongeaient, avec la métaphysique, le parcours philosophique des artiens, mais étaient surtout consacrées à la Bible et aux Pères, sinon à leurs seuls commentaires dans les Sentences de Pierre Lombard († 1160). Comme pour les arts, une licencia docendi pouvait être sollicitée du chancelier avant la maîtrise (ou doctorat). L’enseignement du droit canon, dans lequel Paris excella au XIII e s., reposait déjà sur le Corpus juris canonici (Décret et Décrétales), celui du droit romain sur le Corpus juris civilis (Code de Justinien, Digeste). En médecine, six à huit ans d’études livresques des auctoritates – les progrès vers la pratique seront lents – conduisaient à la licence, peu demandée, et à la maîtrise. Le recrutement des maîtres et des étudiants était cosmopolite. Ils furent amenés à se grouper en ‘nations’ – quatre à Paris en 1237 – qui géraient leur vie quotidienne et jouèrent un rôle important dans le fonctionnement de l’université, élisant un procureur artien qui était aussi, jusqu’à la fin du XIII e s., le recteur de l’université. La licence était gratuite, mais les études, comme le simple entretien des étudiants, excédaient les modestes ressources des jeunes gens pauvres que l’élargissement du recrutement drainait vers les études (la proportion des nobles tombera en dessous de 10 % au XIVe s.). De
généreux donateurs fondèrent alors des collèges jouissant de locaux et de rentes, tel celui doté en 1257 par Robert de Sorbon. 2.3. Développement ultérieur Le modèle universitaire connaît ensuite une extension géographique notable dans toute l’Europe. Montpellier (1289), dont l’école de médecine rayonnait depuis un siècle et demi, Toulouse (1233, la bulle d’Honorius III de 1217 n’ayant pas été suivie d’effet), Avignon (1303), dans le Sud, adoptent le système parisien, Orléans (1306), au Nord; douze autres seront créées en France av. la fin du XVe s., sept autres seulement jusqu’à la Révolution. Mais le mouvement est plus apparent que réel, car Paris garde à toutes les époques une nette prééminence numérique (recevant encore en 1939 la moitié des étudiants français). Son université conserve longtemps prestige et autorité, mais son influence sur le progrès des idées, des connaissances et des techniques ne cesse pourtant de décliner jusqu’à la fin de l’Ancien Régime. Un conservatisme invétéré lui fait manquer presque toutes les occasions de se réformer, et des établissements concurrentiels naissent en dehors d’elle: les collèges lui ravissent sa clientèle artienne; dans le prolongement de l’institution des Lecteurs Royaux par François I er (1530), le roi fonde le Collège de France (1611); au XVIII e s., les séminaires commencent à enseigner et l’Etat à créer les écoles qui formeront ses ingénieurs (Ecole d’artillerie de Douai, 1679, etc.); ces dernières constituent aujourd’hui encore – trait du système français – une branche distincte de son enseignement supérieur. L’autonomie de celui-ci est, dans le même temps, largement restreinte, ses statuts régulièrement modifiés dans le sens d’une inféodation croissante au pouvoir de l’Etat. La Convention peut la supprimer sans grand dommage en 1793. Le XIX e s. consacre la prise en main de l’institution par l’Etat. Avec la création en 1806 de l’Université Impériale, le terme change de signification: elle devient la corporation publique qui jouit du monopole théorique de l’enseignement. Son grand maître est en 1824 le ministre de l’Instruction publique, décision qui sanctionne son absorption définitive par la fonction publique. Plus récemment, la Ve République tente une reconstruction de l’institution: la loi Faure (12-11-1968), remodelée en 1984 (loi Savary), démantèle les facultés en Unités d’Enseignement et de Recherche regroupées en
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universités, qui retrouvent une certaine personnalité et un statut leur autorisant une relative autonomie d’initiative; mais le contrôle de l’Etat, soucieux de conserver une reconnaissance nationale des diplôme, reste étroit et tatillon. L’histoire récente en est encore marquée par une explosion démographique sans précédent: de peut-être 8.000 étudiants dans toute la France en 1403 (Verger 1986, 81) on est lentement passé à 20.000 en 1890, mais à plus d’un million en 1990, grossi encore de quelque 50 % en dix ans. Une telle croissance réclame clairement une redéfinition des missions et des structures de l’institution universitaire. 2.4. Enseignement et langue française au Moyen Age On peut légitimement douter que pendant très longtemps l’enseignement institutionnel ait exercé une influence directe quelconque sur la langue vernaculaire. Aucune étude parmi celles qui tentent de cerner la réalité de l’institution dans les temps reculés ne se pose même la question. L’éducation la plus poussée au Haut Moyen Age était réservée aux enfants des grands et de leur entourage, un milieu resté longtemps germanophone dans le Nord. Quand d’autres groupes y accédèrent, il leur convint à eux aussi de s’initier d’abord à l’usage exclusif de la langue latine, dans laquelle les meilleurs lettrés non seulement s’exprimeront, mais penseront couramment jusqu’au XII e s. (Wolff 1971, 178). Au bas de l’échelle, le peu de latinité maîtrisée par les humbles clercs ne pouvait interférer avec le vernaculaire ambiant, exception faite peut-être pour les prédicateurs qui continuaient à faire passer en roman des vocables religieux. Une influence indirecte de l’éducation sur le développement de la langue ne saurait en effet être totalement niée. Jusqu’au XI e s., la vie intellectuelle resta confinée dans les écoles monastiques. Et c’est dans ces lieux de transmission du savoir que des clercs élaborèrent les scriptae qui, le moment venu, surent représenter le roman, c’est là qu’ils polirent une langue cultivée, tâches menées à bien, nécessairement, avec les seuls outils dont leur éducation latine les avait dotés. Le développement des universités n’alla pas non plus sans un regroupement important de locuteurs romanophones d’origine dialectale variée; la pression du vernaculaire put se faire plus forte et entamer le monopole d’usage de la langue de travail, le latin.
Ce facteur circonstanciel permit au roman d’étendre son domaine d’exercice, concourut à un début de normalisation d’un acrolecte, facilita sa diffusion dans l’aire de recrutement des universités du domaine d’oïl, les trois phénomènes se renforçant mutuellement. Il est aisé de constater, p.ex., dès les premières traductions, au XII e s., comment se met en place dans sa diversité, le processus de relatinisation de la langue, un indice clair, parmi d’autres, du changement de statut du roman.
3.
La mise en place de l’enseignement secondaire
3.1. Croissance des collèges 3.1.1. Multiplication et transformation des établissements. Simples lieux d’hébergement à l’origine, les collèges du Moyen Age, pour répondre à une demande croissante, délivrent bien vite un cursus complet – dès 1302 au collège Lemoine –, à savoir un enseignement préparatoire de grammaire, à côté de répétitions et accompagnement des cours de la faculté des arts. On comptait 14 collèges à Paris en 1300, mais une autre cinquantaine voit le jour av. 1500. Se substituant en partie aux facultés, ils peuvent s’en éloigner, et la densité régionale se renforce à partir du milieu de XIVe s. L’élan se poursuit avec la Réforme; elle multiplie, dans les régions où son influence s’étend, des ‘académies’ qui dispensent un enseignement analogue, couronné par la théologie. Un modèle germanique largement imité en France sera celui du gymnase fondé par Jean Sturm († 1589) en 1538 à Strasbourg, devenu académie en 1556 après avoir inscrit philosophie et théologie à son syllabus. Les catholiques réagissent lentement d’abord, puis plus efficacement quand interviennent les congrégations et, à la Révolution, on compte, sur le territoire de la France d’alors, 562 collèges, de valeur et de renom divers, certes. 3.1.2. Enseignements. La Renaissance humaniste, qui n’a qu’effleuré l’université, influence durablement l’éducation des plus jeunes. On se détourne d’un entraînement dialectique et logique pour une culture littéraire qui renoue avec l’antiquité classique. Pendant que Petrus Ramus († 1572) combat l’aristotélisme médiéval, Jean Sturm enseigne Cicéron et l’éloquence. Chez les Jésuites, un cycle d’‘humanités’ vient s’inscrire entre
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
grammaire et logique, dont la séparation s’identifie de plus en plus nettement, au XVII e s., à la distinction entre les collèges, qui dispensent une culture humaniste aux classes aisées, et l’université, qui forme médecins, juristes et théologiens. L’épanouissement de l’humanisme philosophique au XVIII e s., suscitant un désir de connaissance universelle, eut un moindre retentissement sur les programmes scolaires que sur les esprits d’innombrables particuliers, mais rendit indispensable la création des écoles spéciales professionnelles (cf. 2.3). 3.1.3. A la Renaissance encore, on se livre à des réflexions sur l’éducation que l’on va élaborer en doctrines pédagogiques (cf. Pantagruel VIII , p. ex.), que les différents courants de pensée vont affiner et tenter d’appliquer. Parmi les congrégations qui vont y contribuer, les Jésuites jouent un rôle de premier plan. De 1603 à 1650, ils prennent la direction de 59 collèges, dont l’enseignement, sinon la pension, est gratuit; ils en tiennent 120 quand ils sont expulsés en 1764. Le Ratio atque institutio studiorum (Romae, 1599) du père Claudio Acquaviva, devient la charte de l’enseignement secondaire français pour trois siècles; la pédagogie détaillée dans le Christianis litterarum magistris de ratione dicendi et docendi […] (Parisiis, 1692, 132–134) du père Joseph de Jouvancy est universellement appliquée par les ‘régents’ dans les collèges, et se révèle être un puissant instrument d’unification de la méthode. Les Oratoriens de Pierre de Berulle († 1619) seront plus ouverts aux sciences (Bernard Lamy, Entretiens sur les sciences, Bruxelles, 1684). Les ‘petites écoles’ créées par le courant janséniste de Port-Royal, vers 1635, touchent peu d’individus, mais ses maîtres (Arnauld, Nicole, Lancelot, Sacy, etc.) laissent une œuvre didactique importante et promeuvent l’usage du français. Relevant de la même obédience, Charles Rollin enregistre dans son Traité des Etudes (Paris, 1726, in: Œuvres complètes de Charles Rollin, ed. Jean-Marie Pardessus, Paris, 1818–20, vol. 23–26) ce qu’il conçoit être le meilleur des pratiques pédagogiques de son temps. Depuis l’école antique, les méthodes pédagogiques n’avaient guère évolué. Plusieurs innovations sont tentées à la Renaissance. Jean Standonck († 1504) est sans doute un des premiers, p. ex., à diviser les élèves en classes de niveaux différents, avec chacune leur régent, initiative reprise par Jean Sturm,
qui précise le programme de chacune des neuf sections parcourues par les enfants de six à 15 ans. 3.1.4. Evolution récente. Les lycées napoléoniens (11 floréal an X / avril 1801) constitueront la pièce maîtresse de l’Université impériale quand elle verra le jour. Leur création est l’expression brutale de la prise en main du système éducatif par l’Etat, qui en nomme proviseurs et censeurs, eux-mêmes contrôlés par les préfets. Les régimes qui suivront seront agités par les affrontements farouches des défenseurs et adversaires de la liberté d’enseignement. Puis le progrès économique, qui à la fois requiert et autorise le progrès de l’instruction, permet, au XIX e s., à des couches sociales qui en étaient jusqu’alors exclues d’y accéder, mais elles ont d’autres besoins. L’enseignement technique, esquissé par la loi Guizot de 1847, repensé par Duruy en 1863, n’a pas encore aujourd’hui trouvé le statut qui lui permettrait de répondre efficacement aux besoins de la nation. Etrangement encore, reproduisant les structures de classes, se met en place, à côté des lycées – dotés de leur propre cycle élémentaire –, un enseignement primaire supérieur (1833), sans accès à l’université. Vers 1939, 6,5 % des élèves de onze ans entraient dans la filière classique, 5 % dans le primaire supérieur. Finalement, sous la 5e République (réforme Haby de 1975), naît le ‘collège unique’ pour tous les élèves de onze à quinze ans. Le mot lycée ne désigne plus que les établissements dispensant les trois années d’enseignement préparatoire au baccalauréat. 3.1.5. Orientations. Pendant plus de quatre siècles, la finalité principale de l’enseignement secondaire avait été l’acquisition d’une culture littéraire surtout latine et rhétorique. Cette orientation est remise en question vers 1880 (Houdart-Mérot 1998, 239), mais le latin survit dans le secondaire jusqu’à une date très récente, en fait comme critère de sélection sociale, et ce n’est guère av. la fin des années 1960 que s’affirme résolument la primauté de l’enseignement scientifique et que les mathématiques remplacent le latin comme jauge d’excellence académique. 3.1.6. L’éducation des filles. Que notre civilisation ait tenu les femmes à l’écart de la fonction sacerdotale peut expliquer que leur éducation soit longtemps restée un souci mineur. Seuls les couvents, dont la règle impo-
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sait la lecture, se préoccupaient de fournir un rudiment d’instruction aux jeunes filles qui leur étaient confiées. Un précurseur, Pierre Fourier († 1640) encourage la création d’une congrégation enseignante en Lorraine, Madame de Maintenon crée, en 1686 à Saint-Cyr, un établissement, qui n’est pas un couvent, où 250 filles pauvres (mais nobles) peuvent recevoir une éducation, François Fénelon († 1715) rédige en 1680 son Traité de l’éducation des filles (Paris, 1687, réimpr. Amsterdam, 1687; ed. Jacques Le Brun, 1983, vol. 1): ce sont là quelques prémices d’une aspiration qui ne verra pas la création de cours secondaires féminins avant la loi Camille Sée du 21-12-1880; l’école normale de Fontenay-aux-Roses, créée la même année, formera le personnel d’encadrement du nouvel enseignement. 3.2.
Enseignement et langue française de la Renaissance à la Révolution
3.2.1. Expansion et normalisation du français Le français acquiert progressivement, au cours de cette période, le statut d’une langue de civilisation. Il se répand largement sur le territoire du royaume, dans le Sud, notamment, au détriment des parlers locaux. Partout, le prestige croissant de la langue du roi, accru par le succès de sa littérature, incite une part plus grande du corps social à se l’approprier, en même temps qu’il favorise son acquisition par les élites européennes. Mais pour l’immense majorité de ses usagers d’alors, le français ne se confond pas avec la langue naturelle, il est une langue seconde, adoptée, donc apprise, donc normalisée. Dans de telles conditions, la normalisation d’une langue s’opère naturellement, comme de soi-même; mais avec la large diffusion de la chose imprimée, le concept se fait explicite. On prend vivement conscience du registre, de l’archaïsme, etc. Malherbe († 1628) légifère, Vaugelas († 1650) enregistre l’usage – le bon. La norme en tout cas n’est pas définie en termes linguistiques, mais en vertu de critères obscurément esthétiques, comme le goût, et surtout sociaux: l’usage de la Cour. C’est elle qui naturalise les italianismes aux XVI e et XVII e s., non l’Université. L’essentiel du travail de normalisation, de ‘purification’ et de fixation de la langue a été accompli dans les milieux cultivés, littéraires, en dehors du système éducatif, par des personnes néanmoins passées par celui-ci.
3.2.2. Rivalité du latin La part directe prise par le système éducatif dans ce processus a été en effet certainement négligeable. Une bonne raison en est que si le français avait fait reculer le latin dans plusieurs domaines, ce dernier restait aussi fermement implanté qu’au Moyen Age dans l’Eglise et à l’Université, sous l’autorité desquelles était dispensé un enseignement qui bannissait rigoureusement l’emploi de la langue maternelle, sauf pour les très jeunes enfants: le latin restait l’ornement indispensable de la culture d’une élite toujours plus nombreuse. La place fut longue à investir, mais le XVIII e s. connaît de nettes avancées. Port-Royal, des Oratoriens, ont donné l’exemple, Rollin approuve, des encyclopédistes militent. En 1730 on enseigne les mathématiques en français, Charles-François Lhomond fait paraître en 1780 ses Elémens de la grammaire françoise (Paris; ed. E. J. Faratte, Paris / Metz, 1876), le droit français pénètre à l’université en 1679. Les frères des Ecoles Chrétiennes instruisent en français les plus jeunes depuis 1694. 3.2.3. Influence indirecte Ne serait-ce que subrepticement encore, pourtant, l’enseignement a dû exercer son influence sur l’évolution de la langue parlée autant qu’écrite. Une bonne partie des locuteurs dont la norme s’imposait étaient au moins passés par les collèges – le roi luimême avait eu des précepteurs –, et comme au Moyen Age, mais sans doute plus naturellement, la langue du milieu enseignant, moins cosmopolite qu’alors, avait influencé la leur. Dans la langue écrite, à des degrés divers, continuent à se manifester les tendances déjà observables dans la prose juridique ou littéraire des XIVe et XVe s.: le lexique ne cesse de s’enrichir – massivement au début de la période – du vocabulaire technique spécialisé manipulé dans les écoles, celui du droit, de la philosophie, de la théologie, des sciences; la syntaxe du discours reste consciente du modèle latin; mais, en outre, le modèle rhétorique présenté au collège imprime plus nettement sa marque sur le style et sur l’expression.
4.
L’enseignement primaire pour tous
4.1. Avant Guizot 4.1.1. On sait peu de chose de l’alphabétisation à l’époque carolingienne. On peut ima-
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giner qu’elle ne différait guère de ce que l’on en connaît pour le Moyen Age, qui fonctionna très longtemps comme une société de l’oral. L’Eglise elle-même ne cherchait guère alors, semble-t-il, qu’à assurer le renouvellement de son clergé. Dans les villes, elle tenait de petites écoles de grammaire où l’on étudiait les rudiments du latin jusqu’à l’âge de douze ou treize ans et d’où l’on pouvait se diriger vers la faculté des arts. Dans les campagnes, les curés assuraient le plus souvent seuls l’instruction minimale requise de leurs servants. C’est dans cet étroit vivier qu’elle trouvait à recruter ses élites. 4.1.2. Un changement perceptible s’observe à la Renaissance. On prend conscience que l’instruction peut être une voie du salut et, en tant que telle, doit être ouverte à tous. Qu’elle contribue aussi, comme certains le croient, à l’apprentissage de l’ordre social n’ôte rien à son intérêt. Les Réformés se lancent vaillamment dans l’entreprise, suivant le vœu de Luther (An die Rathherren aller Städte deutschen Landes, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen, Wittenberg, 1524, in: id., Werke; Abt. Schriften, Weimar, 1899, vol. 15, 27–53). Le concile de Trente (1545–63) vota, en réaction, les canons qui devaient permettre d’affronter les Réformés sur le même terrain, mais la mise en pratique en fut longue et timide, l’effort variable selon les régions, plus intense, cependant, au nord d’une ligne Saint-MaloGenève. Si, dès la fin du XVI e s., on trouve la trace en Lorraine de ‘petites écoles’ dans des paroisses rurales (Rohan-Chabot 1985, 19), le cas reste exceptionnel. Au siècle suivant, elles se multiplient dans les villes, où bourgeois et artisans croient en l’utilité d’une instruction de base; mais ce n’est qu’au tournant du XVIII e s. que les évêques commencent à se préoccuper de l’alphabétisation des campagnes. L’Etat les appuie: une déclaration royale de 1698 demande l’établissement d’écoles dans toutes les paroisses; mais la question scolaire n’est pas encore une préoccupation politique majeure, et les écoles créées sont le plus souvent payantes. Au XVIII e s., cependant, de plus en plus de penseurs et d’hommes de pouvoir s’intéressent à la question scolaire. Le ministre Turgot († 1781), avec les physiocrates, est convaincu de l’intérêt économique et social d’une instruction contrôlée par l’Etat; mais d’autres pensent encore que «il est à propos que le peuple soit guidé, et non pas qu’il soit ins-
truit; il n’est pas digne de l’être» (Voltaire, Lettre à Damilaville, 1766, in: id., Correspondance, ed. Théodore Besterman, Paris, 1983, vol. 8, 422s.). Les progrès restent lents malgré de méritoires efforts, tels ceux des frères des Ecoles Chrétiennes (1694) de JeanBaptiste de la Salle († 1719): on estime à 40.000 le nombre de leurs élèves vers 1750. Alphabétisation et instruction des filles restent à la traîne pendant toute cette période. 4.1.3. La Révolution n’en fut pas une dans le domaine de l’enseignement. La Convention s’empêtra dans des projets idéologiquement controversés et économiquement non viables (Julia 1981), infligeant une longue pause à l’alphabétisation des campagnes; mais l’Etat marquait clairement son intention de s’emparer du contrôle de l’institution, conçue comme moyen de gouverner les esprits. Les nombreux régimes qui viendront ensuite, autoritaires ou progressistes, soutiens ou adversaires de l’Eglise, ne s’écarteront guère de la ligne tracée, et le pouvoir politique s’attachera à diriger et à contrôler de plus en plus étroitement le fonctionnement des plus petits rouages de l’institution. 4.2. L’école obligatoire, gratuite et laïque On estime que le Nord, avec 13 millions d’habitants, scolarisait 740.000 enfants en 1827, le Midi, avec 18 millions d’habitants, 346.000, soit pour le pays entier, moins d’un quart des enfants scolarisables. La loi Guizot du 28-6-1833, préparée par l’ordonnance du 29-2-1816, oblige toutes les communes à scolariser les enfants qui les habitent et prévoit un dispositif de formation des maîtres, mais n’impose ni obligation d’assiduité ni gratuité. Celles-ci viennent avec les lois Ferry; celle du 16-6-1881 prescrit la gratuité, celle du 28-3-1882 l’obligation – portée à 16 ans en 1959 –, et la laïcité religieuse (la discrétion politique viendra plus tard): «école […] à l’origine vouloir d’Eglise, à l’occasion raison d’Etat, est devenue besoin collectif des français.» (Furet / Ozouf 1977, 79). Plus de cinq millions d’enfants sont alors scolarisés, en partenariat tendu avec le privé (le principe radical de 1870 ‘à écoles privées, fonds privés, à écoles publiques, fonds publics’ attend encore aujourd’hui de passer dans les faits). 4.3. Pédagogie et méthodes 4.3.1. La lecture s’enseignait depuis toujours sur des textes latins, les mêmes depuis
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des siècles (les Psaumes), et le sera encore en quelques lieux jusqu’au milieu du XIX e s. On justifie encore le procédé au XVIII e s. en invoquant le caractère phonétique de l’orthographe du latin, mais de la Salle rompt avec la tradition et enseigne la lecture en français, mince progrès pour des enfants en majorité dialectophones. L’apprentissage de l’écriture venait seulement ensuite; pendant des siècles, des hommes et des femmes purent ainsi épeler ou lire sans savoir écrire. Ce n’est qu’au début du XIX e s. qu’on s’aperçut que les deux activités pouvaient être menées de front. Enfin, et éventuellement, venait le calcul, longtemps pratiqué avec des jetons. Au XIX e s., on apprend par cœur les procédures détaillées des opérations arithmétiques élémentaires, qu’on récite à haute voix en les exécutant. 4.3.2. Le maître, traditionnellement, enseignait les élèves individuellement et successivement. De la Salle innove en répandant la méthode simultanée: les élèves, divisés en groupes, reçoivent collectivement et simultanément l’enseignement du maître. La methode mutuelle d’Alexandre de Laborde († 1842), préconisée par Carnot († 1823) en 1815, lui fait pendant quelque temps une concurrence infructueuse; mais Guizot entérine en 1834 l’organisation par classes de niveaux. 4.4. Enseignement et langue française lors de ces deux derniers siècles 4.4.1. Elimination des parlers régionaux: œuvre de la III e République. L’institution de la scolarité obligatoire apparaît comme un événement fondamental de l’histoire linguistique de la France. A aucun moment, sous l’Ancien Régime, on ne peut, semble-t-il, déchiffrer dans les décisions du pouvoir central une politique linguistique clairement articulée pour s’appliquer à l’enseignement. En revanche, avec le rapport de Barère du 27-1-1794, avec celui de l’abbé Grégoire […] sur la nécessité et les moyens d’anéantir les patois et d’universaliser l’usage de la langue française du 4-6-1794, le principe est posé; mais il ne pourra être mis en œuvre avant l’instauration de l’école obligatoire, dont la langue, cela va de soi, ne peut être que le français. L’opprobre social que les maîtres attachèrent à l’usage des patois ou autres parlers locaux contribua rapidement à en limiter l’usage même au sein du groupe familial, et quand les enfants ne le parlèrent plus, souvent approuvés par les parents, ces par-
lers s’éteignirent, ceci en moins d’un siècle. Une rare exception est l’Alsace, où, aujourd’hui encore, plus de la moitié de la population peut s’exprimer couramment en un dialecte germanique local, mais 80 % le pouvaient en 1939. En Corse, les 150.000 locuteurs de l’un des deux principaux dialectes de l’île en font un usage certainement moins intensif que les Alsaciens du leur; mais, depuis 1974, le Corse peut être enseigné dans les écoles publiques. 4.4.2. L’adoption par tous de la norme centrale ainsi que la rapidité du processus ont permis à la langue d’acquérir une homogénéité géographique inconnue d’autres nations européennes. Mais en fixant plus fermement encore une langue écrite déjà très normalisée et figée, l’enseignement généralisé a accru l’écart que celle-ci présentait avec une langue orale toujours vivante et qu’aucune institution ne saurait empêcher d’évoluer, écart que l’influence prépondérante aujourd’hui des médias tendrait inversement à réduire.
5.
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Dominique Gerner, Strasbourg
108. Educación e historia de las lenguas: dominio español y catalán Bildungswesen und Sprachgeschichte: spanischer und katalanischer Raum 1. 2. 3. 4. 5.
Introducción Castellano Astur-leonés y aragonés Catalán Bibliografía
1.
Introducción
1.1. Precisiones metodológicas: educación e historia de la lengua Aunque el término ‘educación’ designa un proceso complejo, que puede durar toda la vida del ser humano – el desarrollo o perfeccionamiento de las facultades intelectuales, afectivas, morales y físicas de la persona –, en el presente trabajo lo limitamos a su acepción más tradicional: «la transmisión de saberes por parte de un maestro a su discípulo o discípulos» (cf. Gutiérrez et al. 1988, 606) según los usos vigentes (o las normas que la regulan) en una comunidad. De modo más concreto, en relación con las lenguas que cultivan la escritura, la educación implica el aprendizaje de una serie de habilidades o destrezas – leer, escribir y hablar –, con referencia, habitualmente, a formas lingüísticas ejemplares (Coseriu 1992, 40; 164 ss.). Por ello, y a pesar del interés que presentan otras facetas de la educación (su contribución para la creación de una nueva terminología – cf. Chervel 1977 – o de formas discursivas singulares – v. gr., los libros de texto: cf. Hutchinson / Torres 1994 –, lo que incide más directamente en el cambio lingüístico), nos hemos centrado, sobre todo, en el análisis de la educación como medio de transmisión de ‘técnicas diversas de la palabra’.
1.2. Primeros testimonios de la educación en el área iberorrománica Los ámbitos iberrománicos castellano, astur-leonés, aragonés y catalán comparten, junto con el gallego (y, en ciertas etapas, también con el portugués), una historia común, especialmente a partir del reinado de los Reyes Católicos (1474–1504/16), cuyo matrimonio determina la unión de las Coronas de Castilla y Aragón y la expansión cada vez más pujante del castellano. A pesar de la vitalidad de las lenguas vulgares en la Península Ibérica durante la EM – confirmada gradual y sostenidamente por la documentación desde fines del s. XII o principios del XIII –, el latín siguió siendo el vehículo más representativo de cultura, para la educación, hasta el último tercio del s. XVIII (e incluso, en ciertos medios universitarios, hasta entrado el XIX ). El legado cultural clásico (criticado y remodelado) fue absorbido por la Iglesia: San Isidoro transmitió el saber antiguo con sus Etimologías; el otro pilar cultural fueron los monasterios (Gutiérrez et al. 1988, 541), los cuales, a partir de la llegada de los musulmanes (711) y hasta el despertar de las ciudades, fueron los focos principales de cultura. Sus bibliotecas revelan diversos grados de especialización temática (Gutiérrez et al. 1988, 543), muestran la existencia de diversas tradiciones de escritura (Menéndez Pidal 1926, §§ 1–11; Blecua et al. 1998; Sánchez-Prieto 1998, 23) y desvelan el uso del romance escrito, de forma más o menos esporádica: v. gr., las Glosas Emilianenses y Silenses (s. XI ) (cf. Lapesa 1942, § 41; Rico 1978). Con el desarrollo de las ciudades (desde fines del XI ) adquie-
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ren importancia las escuelas catedralicias – si bien no alcanzan en la península el esplendor de las francesas –, que acogen no sólo a clérigos, sino también a niños de coro y a hijos de nobles y burgueses (Gutiérrez et al. 1988, 543): las de Toledo (con D. Raimundo y su escuela de traductores), Santiago, Osma, Palencia, Huesca y Tortosa fueron famosas. El aprendizaje de la lengua latina incluía la lectura y la escritura (como primer paso para un conocimiento más profundo de la gramática, retórica y dialéctica), con el Salterio y con fragmentos de los gramáticos más notables (Donato y Prisciano) y los Dísticos de Catón; se utilizaba también como texto básico las Etimologías isidorianas (cf. Esteban / López 1994, 125; Díaz y Díaz 1979, 15 s.). Se cultivaba el ars dictaminis (redacción de cartas, etc.), y se estudiaba el trivium, y, en Toledo y en algunas ciudades del reino aragonés, el quadrivium (Gutiérrez et al. 1988, 544). La conciencia de la oposición entre ‘latín’ y ‘romances’ – y de la dignificación cultural de estos – se vio radicalmente favorecida por la aparición de la escritura en lengua vulgar manifiesta en la reducción progresiva del latín y su sustitución por el romance entre los notarios y en la cancillería real (en Castilla, en el primer cuarto del s. XIII : Lapesa 1942, §§ 46; 62; Hilty 1954) y con el desarrollo de las literaturas románicas en los reinos cristianos.
nicipales, gremiales, etc. – (Estudios particulares – cf. Partida II , Ley I), que imparten, generalmente, el trivium (cf. Esteban / López 1994, cap. V; Sánchez Albornoz 1976–80; Gil 1981, 340 s., da noticia de escuelas de latinidad medievales en Murcia, Soria, Alcalá, Cuenca, Guadalajara, etc.). Gutiérrez et al. (1988, 555) anotan, como documentación escolar conservada, un texto con modelos de cartas (Palencia, s. XIII ) y diversos manuscritos con artes retóricas (s. XV ). La presencia del latín como lengua de cultura explica la entrada en el romance de cultismos (y semicultismos) referidos a diversos ámbitos y a partir de distintas necesidades expresivas (cf. Menéndez Pidal 1926, 502 ss.; Bustos Tovar 1974, 45–50; 70 ss.; Lapesa 1942, §§ 66; 68). Pero el contexto de la progresiva secularización del saber a partir del XIII hace pensar en la necesidad de una cierta formación instrumental en romance: como anota Petrucci (1988, 212 s.), la gran masa de lectores en lengua vulgar estaba compuesta, al final de la EM , por personas alfabetizadas que, aunque no sabían latín, habían aprendido a leer y escribir (mercaderes, artesanos, tenderos, artistas, contables, empleados, algunos trabajadores y algunas mujeres). Por otra parte, los testimonios que se recogen en el XVI (cf. 2.2.) prueban que el conocimiento del latín no era, en las instituciones educativas españolas, comparable al habitual en las italianas, p. ej.
2.
2.2. La educación en el Renacimiento: el humanismo y la instrucción en lengua vulgar Desde el último cuarto del s. XV (y en buena parte del XVI ) las ideas humanistas dan lugar a dos fenómenos aparentemente opuestos: de una parte, una nueva valoración de la tradición clásica (Rico 1979) – con la renovación de los estudios en latín (Nebrija, Vives, Arias Montano, etc. escribirán en esta lengua) –, de otra, una actitud de apoyo y dignificación cultural y política de las lenguas vulgares. La obra de Nebrija refleja ese compromiso humanista: en 1481 se editan sus Introductiones latinae (en 1601, por Real Cédula, será declarado texto único para aprender el latín; todavía en 1890 tenía vigencia en Salamanca: cf. Gil 1981, 116); y en 1492 se publica la Gramática castellana y su Diccionario (cf. asimismo, en este contexto, el Ars grammatica de Guterrius Cesarianus – Andrés Cerezo – de 1485). En el prólogo del
Castellano
2.1. Los últimos siglos de la Baja EM En efecto, la configuración ortográfica se plasma en la Cancillería de Fernando III el Santo (1217–52) (Sánchez-Prieto 1998, 79) y se consolida en la corte de Alfonso X el Sabio (1252–84), quien, en cierto modo, ‘oficializa’ la presencia del romance en la documentación (Lapesa 1942, § 63), y, sobre todo, dirige una impresionante obra de traducción (árabe / hebreo – romance – latín) y edición de textos, que significa la creación de la prosa en castellano, lo que otorga a este una nueva dimensión cultural (Hilty 1954). Sin embargo, la lengua de la educación sigue siendo la latina, tanto en las universidades o Estudios generales – reconocidos oficialmente a partir del XIII (cf. Gutiérrez et al. 1988, 548–555) y definidos y regulados en la Partida II del Rey Sabio –, como en las escuelas clericales y laicas – mu-
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texto gramatical de 1492, Nebrija encarece el estudio de la gramática castellana para facilitar el del latín, para enseñar a los extranjeros y para fijar la lengua (Nebrija, 1492/1989, 112 ss.). Pero una cosa son los deseos, y otra, la realidad. En primer lugar, debe decirse que el índice de lectores – y escribientes – hacia fines del XV no era muy halagüeño: como indica Chartier (1989, 129), en la Península (en concreto, en Valencia), en ese momento, poseen libros nueve de cada diez clérigos, tres de cada cuatro miembros de profesiones liberales, uno de cada dos nobles, uno de cada tres comerciantes y sólo uno de cada diez trabajadores manuales. En cuanto al estatuto del latín en la educación, es claro que era la lengua objeto de estudio y la de uso obligado en las universidades, pero la situación real no se correspondía con lo ideal – ni con lo previsto por las normas. Así, entre los s. XV y XVI las universidades potenciaron frecuentemente sus escuelas de gramática para mejorar las humanidades de sus estudiantes (Gutiérrez et al. 1988, 556). Por otra parte, González de la Calle (1925, 797–815) muestra que, en el Estudio General salmanticense, el «nullus audiatur nisi latine loquens» (Constitutio XII ), debía ser prescrito con matizaciones y no siempre se respetaba de acuerdo con lo normado. En definitiva, como mantenía el Brocense, «Latine loqui corrumpit ipsam Latinitatem» (ib., 812). En cuanto al uso del castellano en la educación, Nebrija, Vives, Simón Abril y otros lo encarecen para comenzarla (como ‘puerta’ para aprender el latín). La primera cartilla impresa conocida en castellano (cf. Infantes 1999, 8) es la Breve doctrina y enseñança que ha de saber y poner en obra todo christiano y christiana, en la qual deven ser enseñados los moçuelos primero que en otra cosa de fray Hernando de Talavera (Granada, 1496); en el s. XVI , se publicaron sistemáticamente Cartillas y Doctrinas – editadas sin encuadernar ni coser, en pliegos sueltos – (Infantes 1999, 13): la mayoría de ellas utilizan el contenido religioso para el aprendizaje lecto-escritor, completándose así el currículum de la Escuela de Primeras Letras o Elemental (lectura, escritura y piedad cristiana). Al lado de estos dos nuevos modelos de cartilla, aparecen las primeras obras que sólo contienen los instrumentos de la lectura, con las primeras nociones de la gramática y la lista de las abreviaturas más utilizada en los impresos; la de Bernabé del Busto se considera
la primera impresa: Arte para aprender a leer y escrevir perfectamente en romance y latín (Salamanca, Alonso de Porras, 1532, cf. Infantes 1999, 15; Conde de la Viñaza 1893/ 1978, vol. 2, § 400; Lapesa 1942, § 77). A partir de ese momento se editan muchas más cartillas para España (de Simón Abril, Mares, etc.; o tratados – Salinas – y tablas – Simón Abril) y para las Indias (Infantes 1999, 15–21; cf. Conde de la Viñaza 1893/1978, vol. 2, col. 838–910). En 1569 Pedro de Ocharte imprime la primera cartilla en América – también se imprimen dichos textos en Flandes (cf. Infantes 1999, 19). La gramática apenas se enseña en las cartillas pero hubo autores (Luis de Pastrana, Simón Abril, etc.) que trataron de facilitar el aprendizaje de aquella (cf. ib., 21). Después de 1583, el Cabildo de Valladolid obtiene el privilegio de impresión de la cartilla (con abecedario en redonda y en cursiva, el silabario, los textos de la Doctrina cristiana – oraciones mandamientos, enemigos del ánima, paternoster – en latín y en romance, y la tabla de contar: cf. ib., 22); de ella se imprimirán 100.000 ejemplares al año, es decir, 2.000.000 de textos en los últimos 17 años del s. XVI , y 20.000.000 en el XVII (según cálculo de Infantes, ib.). Pero todo lo expuesto no significa que en España se generalice la enseñanza primaria – propugnada por la Reforma protestante –: no llega a haber en el s. XVI una popularización de la educación, ni se generalizan la lectura y la escritura – sólo las clases privilegiadas (clero, nobleza y burguesía comercial) tienen acceso directo a los puestos de gobierno y a la cultura – (se estima en un 80–90 % el número de analfabetos en España en esta coneturia: cf. Fernández Álvarez 1984, 11). En 1587, García de Loaisa presenta a Felipe II un Memorial en el que muestra lo penoso de la situación de las escuelas municipales de Madrid («no se hallará en [ellas] una dozena de muchachos que se pueda dezir que escriben bien», cf. Conde de la Viñaza 1893/1978, vol. 2, col. 1169); dicho texto, muy esclarecedor, por su minuciosidad, contiene también propuestas concretas para remediar la situación (col. 1166–79). Pero no serán los municipios los que asuman el protagonismo real de la tarea educativa, sino la Iglesia, siguiendo las disposiciones tridentinas (1545–65), la cual llegará a buena parte de la población a través de las parroquias, y, sobre todo, mediante la actividad de los jesuitas (y, más tarde, de los escola-
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pios), y de otras órdenes religiosas (dominicos, franciscanos, agustinos etc.) (cf. 2.3.). El s. XVI conoce la edición de numerosas ortografiías y artes de escribir (cf. Conde de la Viñaza 1893/1978, vol. 2, col. 1077–1094). Nebrija defiende, y será seguido por muchos en ello, la acomodación de la escritura a la pronunciación (cf. Tollis 1971), pero dicho principio fonético contenderá en seguida con el del respeto a la etimología (Villalón) – un tercer criterio-base para la ortografía será el del ajuste al uso de la tradición escrita (cf. Esteve 1982, 14) –; las posturas se radicalizarán en el XVII . La imprenta aportará una notable regularidad ortográfica, aunque menos absoluta de lo que suele creerse (Sánchez-Prieto 1998, 24): la normatividad gráfica se percibe como importante, pues se requiere cada vez más de secretarios, escribanos, empleados, etc. que dominen el arte de escribir (cf. Egido 1995). Las gramáticas son mucho menos numerosas que las ortografías y se escriben fundamentalmente desde el extranjero y para los extranjeros (Miranda, Corro, Oudin, Percyvall, Stepney, Minsheu, etc.): el español se pone de moda en el XVI y es útil por razones políticas y comerciales (cf. Roldán 1976; Conde de la Viñaza, vol. 1, col. 514–524). El anónimo de Lovaina (1559) concibe someter a arte la ortografía y la etimología, pero no la sintaxis ni la prosodia; tras haber aprendido aquellas, recomienda: «dense a leer, escrivir i hablarla [la lengua], que mui presto llegaran con ella al cabo» (ib., 215). Resulta arriesgado, de otra parte, postular que exista una forma ejemplar o estándar de lengua en el XVI : en el Diálogo de la Lengua de Juan de Valdés se sugiere una diversidad de normas cultas regionales (Valdés 1535/1969, 62); las propias preferencias de Valdés revelan fluctuaciones – se adhiere a «rasgos tradicionales, a la sazón en franco declive» y a usos «que en el futuro acabarían imponiéndose» (Frago 1999, 611) –; no es afecto a los usos andaluces (ni a la autoridad) de Nebrija; ensalza a la Celestina y censura a Mena (por escribir oscuro), y juzga que el castellano no alcanza el nivel de perfección del latín o del griego; más que a una forma ejemplar de habla – la de los refranes y la cortesana suelen parecerle modélicas –, Valdés apunta a un ideal intelectual y moral de hablante: cf. «[…] todo el bien hablar castellano consiste en que digáis lo que queréis con las menos palabras que pudiéredes» (Valdés 1535/1969, 158) o «si yo uviesse de scoger, más querría
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con mediano ingenio buen juizio, que con razonable juizio buen ingenio» (ib., 166). Y, de hecho, el XVI ofrece numerosos libros de «educación y buenas costumbres» (manuales de criança: cf. Infantes 1999, 21 s.), sobre todo, los venidos de Italia – El Cortesano (1534) y el Galateo español (1586) (cf. Capitán 1991, vol. 1, 480–485) –, y refleja, asimismo, inquietud por la instrucción y, especialmente, la educación moral de las mujeres (ib., 523–535). En lo tocante a la retórica, los textos se escriben casi exclusivamente en latín y se basan en autoridades clásicas – incluso la de Salinas (1541), la primera en lengua castellana, remite a modelos clásicos (Capitán 1991, vol. 1, 144 ss.). Y, en fin, tanto en latín como en castellano, en el XVI se recomienda hablar lo mejor posible (si bien las destrezas previsibles en una y otra lengua no eran, al parecer, las mismas ni siquiera para los doctos: «todos los colegiales deste colegio siempre que entre sí hablaren en actos de letras o en combersaciones particulares procuren de hablar latín lo mejor que pudieren y unos a otros se corrigan, y quando se ajuntaren en combersación común […] procuren de hablar castellano polido, avisándose y anotándose los unos a los otros», Estatutos del Colegio de San Jerónimo, de la Universidad de Zaragoza, 1589, ap. Frago 1999, 624; el cursivo es nuestro).
2.3. La enseñanza religiosa: la Ratio studiorum jesuítica y la presencia de otras órdenes (de fines del XVI al XVIII ) Según Pedro Fernández de Navarrete (Conservación de monarquías, 1626), a principios del s. XVII había en España 32 universidades y más de 4.000 estudios de gramática – más numerosos, parece, que las Escuelas Elementales (cf. Carrillo Guerrero 1928; Capitán 1991, 315). En 1565 el Estudio general de Salamanca contaba 5.000 estudiantes, y el de Alcalá, en 1550, 2.000 (ib.). El latín sigue siendo la lengua objeto de estudio fundamentalmente, pero está en declive, como forma prestigiosa para la sociedad, frente al castellano, desde principios del XVII (cf. González de la Calle 1925, 815 s., y los testimonios que aporta Gil 1981, 47–51). El latín rige, sin embargo, en las Escuelas de Gramática y en las Facultades (cf., con todo, los Estatutos salmantinos de 1538, que declaran exentos de su uso a «los lectores de gramática de menores y astrología y
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música» – cf. González de la Calle 1925, 797); perdura especialmente como lengua técnica de la filosofía escolástica, la teología y la ciencia (Gil 1981, 54). En este contexto hay que destacar la enorme importancia de los jesuitas, que desarrollan una enseñanza cíclica – la Ratio studiorum – fiel al latín. Desde su implantación en España (en Gandía, 1546), los colegios de la Orden (ubicados generalmente en núcleos urbanos) se multiplicaron rápidamente (cf. ib., 357 ss.; Gutiérrez et al. 1988, 563 s., y, sobre todo, Astrain 1912–25). En 1585, se contaban 45 colegios en España (16 en Castilla), donde 20.000 alumnos aprendían letras humanas; en 1608, llegaban a 62 (de ellos, unos 35 distribuidos entre Portugal, Perú, México y otros lugares de América: cf. Gil 1981, 357 s.). Los colegios jesuíticos articulaban la Ratio studiorum, en dos ciclos: el primero duraba cinco a seis años, dedicado básicamente a la formación lingüística (Gramática latina y griega – tres años – Humanidades y Retórica); el segundo, de estudios superiores (equiparable a estudios universitarios de Artes), de tres años de duración, destinado a la formación filosófica y al que podía seguir otro de Teología escolástica (cuatro años), comparable al de la Facultad Mayor de Teología de las universidades. La educación jesuítica trataba de formar buenos latinistas y buenos cristianos, con modales corteses – estaba, pues, en el polo opuesto de las prácticas brutales de los dómines tradicionales –, y se ajustaba rigurosamente a la doctrina católica. Estudiaba, así, fragmentos ortodoxos (expurgados) de Erasmo y Vives, y de Cicerón, Quintiliano, Virgilio, César, Ovidio, Marcial, etc. (cf. ib., 371 s.; n° 19 en 171 s.), así como a los autores cristianos (San Agustín, San Jerónimo, etc.). Por su parte, la educación de las Escuelas Pías (fundadas en Roma por San José de Calasanz a fines del XVI ), que no llega a España hasta entrado el XVII , se centra en la enseñanza de las primeras letras, destinada a grupos sociales más populares; los escolapios insistirán sobre todo en la lectura y la escritura en la lengua vulgar, a partir de las cartillas y catecismos ya indicados (cf. 2.2.) (cf. Santha 1956; Esteban / López 1994, cap. X y XI ). En otro orden de cosas, han de tenerse en cuenta, igualmente, las escuelas para moriscos (destinadas a extinción en el XVII : se expulsa a estos en 1610); en ellas los niños y
adultos de esa condición recibían instrucción en castellano (también en catalán), tomando como base manuales elaborados al efecto, como, p. ej., la Doctrina Christiana en lengua aráviga y castellana (1566), de Martín de Ayala. Se trataba de introducir a los moriscos en la nueva fe y aun en los usos de la sociedad cristiana, al tiempo que se les enseñaba a leer, escribir y hablar en castellano (o catalán; cf. Esteban / López 1994, 89 s.; 187). Por otra parte, debe subrayarse también el importante papel de las escuelas municipales de escribientes, cuya creación, función y desarrollo son descritos por el maestro Antonio de Zeballos (Madrid, 1692; cf. Conde de la Viñaza, vol. 2, col. 1302–1316; Egido 1995). El texto, una especie de apología de los maestros de escribir, relata los comienzos de su dedicación a fines del XVI y la fundación, desde 1642, de la Hermandad de San Casiano, como responsable de la aprobación de los títulos de maestros de escribir (una forma de corporación de los maestros de primera enseñanza: cf. 2.4.). Los textos dedicados a la enseñanza en el s. XVII , siguen arrojando muchos títulos dedicados a la ortografía (cf. Conde de la Viñaza 1893/1978, vol. 2, col. 1182–1316; Esteve 1982). Las posiciones de los ortógrafos son notablemente diversas, contradictorias y, a veces, caóticas: unos se inclinan por el respeto a la etimología (López Madera o Ximénez Patón); otros son defensores del principio fonético (Mateo Alemán, Correas o Felipe Mey); otros proponen respetar la pronunciación, la etimología y el uso (Pérez de Náxera, Sebastián o Dávila); algunos se muestran favorables al asistematismo (Aldrete: «cada vno siga su orthographia»; y, en cierto modo, el Padre Juan Villar); Robles (1631) prefiere la razón y el uso. Las gramáticas del XVII mantienen una dirección prescriptiva o normativa – la del Brocense constituye una excepción –, de forma que, aunque la de Nebrija de 1492 no se hubiera reeditado, es claro que influyó en los gramáticos posteriores – Correas es más flexible, pues defiende como norma ajustarse al hablar de las gentes – (cf. Ramajo 1987, 28–34); el Padre Villar (1651) es más bien prescriptivista: acepta, v. gr., el leísmo y rechaza el loísmo y el laísmo (como hará la Academia paulatinamente entre el XVIII y mediados del XIX ). En punto a la retórica, hay diferencias: Jiménez Patón (1604) es el primero en estimar a los modelos castella-
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nos del XVI ; Gracián (1642), en cambio, combina los modelos latinos con los contemporáneos (barrocos) (cf. Lázaro Carreter 1949, 156 s.). De otro lado, cabe preguntarse en qué medida podrían ser afectos los maestros a los diversos estilos de expresión que se detectan en la lengua castellana del XVII (cf. Menéndez Pidal 1991, 174– 191; ¿el habla discreta?, ¿el estilo relevante?, etc.). Pero, si el culteranismo influyó – según Jiménez Patón y fray Jerónimo de San José – en predicadores y poetas, y también en cortesanos de capa y espada (ib., 174 s.), la difusión de las humanidades latinas en un ambiente formalista y clerical habría de favorecer el retoricismo barroco. 2.4. Las reformas de la Ilustración (1700–1812) El s. XVIII refleja uno de los intentos más importantes de preocupación y de fe por la reforma de la educación en España, que impulsan los principales ministros del Despotismo Ilustrado (Campomanes, Aranda, Floridablanca, Jovellanos), e iluminan las obras de estudiosos como el Padre Feijóo, Gregorio Mayans y Siscar, fray Martín Sarmiento, y muchos otros, y que apoyan instituciones diversas (Academias, Sociedades, como, v. gr., las Sociedades Económicas del País, etc.) (cf. Capitán 1991, 828–840). Se conseguirán cambios en diversos ámbitos, pero no el ideal al que se aspira: la educación universal. Los principios ilustrados no tuvieron una incidencia inmediata en la escuela del XVIII ya que, de los tres niveles de la enseñanza, la primaria fue la que menos atenciones recibió por parte del Estado: a finales de siglo sólo el 15 % de la población de entre 6 y 13 años estaba escolarizada (cf. Viñao 1983); la escuela no se hallaba subvencionada y no se preceptuaba la obligatoriedad de la misma, con la excepción de Navarra (cf. Luzuriaga 1916; Esteban / López 1994, cap. XII ). Con todo, son cambios destacables: el apoyo a los maestros de Primeras Letras igualándolos en derechos a los de Artes Liberales (Real Cédula de 1743); la creación del Colegio Académico del Noble Arte de Primeras Letras – sustituye a la Hermandad de San Casiano – (con sus Estatutos de 1780); la implantación de escuelas gratuitas (Real Cédula de 1782); la creación de ‘Escuelas especiales’ (para el ejército, para los cirujanos), que iniciaron (1748) una enseñanza moderna, práctica, con libros de texto y exámenes en castellano (Gutiérrez et al.
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1988, 568; Capitán 1991, 818); las diversas actividades educativas impulsadas y sostenidas por las Sociedades Económicas de Amigos del País, que orientan la educación popular, las memorias científicas y la educación de las mujeres (Josefa Amar y Borbón) o por individualidades relevantes (el Instituto Asturiano de Jovellanos); la reforma de las Universidades (inspirada por Mayáns, por Pablo de Olavide, etc.), que no tuvo efectos muy claros, aunque muchas de ellas aprobaran sus Estatutos (entre 1771 y 1777), etc. En el XVIII es evidente que el latín ha perdido mucho terreno en el ámbito de la educación y el castellano lo ha ganado: un Decreto Real (1735) ha de restablecer el uso de la lengua latina en la Universidad; las nuevas enseñanzas aplicadas se cursan completamente en castellano; y, sobre todo, defienden el uso de esta lengua en la educación primaria y secundaria (y en la enseñanza del latín) las personalidades más prestigiosas (Mayans, Jovellanos, el Padre Sarmiento, Forner, etc.) (cf. Lázaro 1949, 148 ss.; 160 ss.). Así, en su gramática de 1769, el Padre Benito de San Pedro (escolapio) aconseja «unir el estudio de Romance en las Escuelas de Latín […] como en las Aulas de Rethorica» (Monfort 1769, XVIII ); desaconseja los refranes y las frases hechas y propone, en cambio, como modelos a los autores del XVI y a algunos del XVII (ib., XVI ); recomienda aprender los principios elementales de gramática (también leer y escribir) a todos (especialmente a las madres de familia, cf. ib., XVIII –XIX ). Álvarez (2001, 48) aventura que a comienzos del XVIII dos tercios de los españoles hablaban el castellano y la lengua era aceptada por todas las elites políticas y culturales como forma de expresión culta común a todos. La Real Academia Española inicia, entonces, la culminación del proceso de estabilización del español. En efecto, la Reforma académica es la gran reforma del español (cf. Marcos 1979, 93; Zamora 1999). La Academia (1714) la entiende por la vía de la fijación en tres aspectos: Diccionario (1726–39), Ortografía (1741) y Gramática (1771). En relación con la ortografía, la reforma es paulatina (1741, 1763, 1815) y consiste en armonizar el principio fonético, con el del respeto a la etimología y al del uso (cf. Marcos 1979, 102 s.). Sobre todo, la reforma es esencial por su proyección en el mundo educativo del s.
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XVIII (y del s. XIX , hasta entrado el s. XX ), ya que los textos académicos pasan a ser, primero, claramente recomendados, y, después, oficiales (cf. 2.5.). Así, en los Estatutos del Colegio Académico de Primeras letras, de 1780, en los que se viene a reglamentar la enseñanza primaria, se prevé el aprendizaje de la lectura y de la escritura, con ajuste a las normas ortográficas de la Real Academia y la lectura de libros ‘de buena doctrina’ (de Luis Vives, Fray Luis de León, Lope de Vega, Cervantes, Quevedo, Mayans, etc.: cf. lo comentado para el Arte del Padre Benito de San Pedro). Igualmente, en la Real Orden de 22 de agosto de 1792, se señala explícitamente que los niños estudiarán las reglas de ortografía de la Academia. También eran muy comunes, en el fin de siglo, los textos didácticos elaborados por la Academia Española – Libro segundo de los niños, el Compendio de la gramática, y ortografía castellana, etc. (junto con otros, como el Compendio del Arte de escribir por reglas y sin muestras, de José Anduaga, o los Elementos de Gramática Castellana, de Santiago Delgado, muy apreciado para el aprendizaje de la escritura: cf. Esteban / López 1994, cap. XII ). Con la expulsión de los jesuitas (1767), se ocuparon los colegios jesuíticos de Primeras Letras, Latinidad y Retórica y se encargó la enseñanza a maestros y preceptores seculares (se crearon casas de enseñanza de niños y de niñas) y en algunos casos se establecieron Escuelas de Náutica (cf. Capitán 1991, 816). Pero la medida no mejoró la situación en el ámbito de las Primeras Letras, Humanidades y otros estudios preuniversitarios: Capitán (1991, 816 s.) acusa a los políticos ilustrados de reformar a golpe de decreto sin medir las consecuencias de los cambios. Gil (1981, 376–380) muestra el vacío que la marcha de los jesuitas obligó a colmar: en el Censo educativo de 1764–67, el 45 % de los muchachos castellanos recibían educación secundaria en escuelas municipales, el 20 % con preceptores, y el resto, casi el 40 % del total, iba a colegios religiosos, de ellos, el 80 %, a los jesuitas.
2.5. La larga conquista de la educación para todos (1812–1970/78) El Estado del s. XIX tratará de lograr la institucionalización de la educación, y, en concreto, una escuela pública, uniforme, gratuita y de alcance universal, que enseñe, a leer, a escribir y a contar, y transmita la doctrina cristiana y la educación cívica (cf. la
Constitución de 1812, art. 366). El programa planteado conocerá esenciales y continuos obstáculos: lucha entre los partidos conservadores y liberales; oposición de la Iglesia y de los sectores sociales más intransigentes – las clases adineradas – (el Concordato de 1851 confiere potestad a la Iglesia para inspeccionar toda la enseñanza, con objeto de velar por su ortodoxia religiosa); insuficiencia presupuestaria; tasa muy elevada de analfabetismo, etc., de forma que la educación generalizada – una instrucción primaria gratuita y universal – no se logrará hasta la Ley General de Educación de 1970. Con todo, los textos fundamentales del XIX muestran un esfuerzo notable por parte de los poderes públicos: Plan literario de estudios y arreglo general de las Universidades del Reino, 1824; Ley y Plan provisional de Instrucción primaria, 1838; Plan General de Estudios – Plan Pidal, 1845 (para los estudios de segunda enseñanza) –; creación de la Dirección General de Instrucción Pública, 1846, y, sobre todo, Ley de Instrucción Pública – Ley Moyano, 1857, que afecta, minuciosamente, a todos los niveles de enseñanza – (cf. Escolano Benito 2002). Escolano (2002, 32–36) recoge que a la altura de 1860 el índice medio del analfabetismo es del 76 % (50 % en Castilla, y más del 90 % en el sur del país) (en 1866, el 19 % de los concejales y el 5 % de los alcaldes son analfabetos). Asimismo, indica que de las 11.007 escuelas existentes en 1797, se ha pasado, en 1870, a 22.711 (con 5.406 privadas); la cifra de 390.126 niños escolarizados en 1797 (301.613 niños y 88.513 niñas) es, en 1855, de 1.004.974 (684.962 niños y 320.012 niñas), pero la asistencia a clase es muy irregular: en 1868, el 34 % de los niños escolarizados van a la escuela menos de seis meses (el calendario escolar era continuo, sin vacaciones estivales, hasta 1887); muchas escuelas sólo imparten enseñanzas hasta los 9 años – no hasta los 13 – y la gratuidad escolar es muy relativa (en 1865, el índice alcanza al 57 % de los escolares) – ya el Plan Pidal reconoce que la enseñanza gratuita queda limitada a la escuela primaria y a las personas menesterosas y que la secundaria va dirigida a las clases medias. Esta situación, intermedia respecto del resto de Europa con relación a los datos de escolarización, se ve ensombrecida especialmente por la precariedad económica de los docentes, sobre todo de instrucción primaria: el estipendio depende, en el caso de los maestros de primera
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enseñanza, de los municipios (uso tradicional, consagrado por la Ley Moyano) y en el caso de los profesores de segunda enseñanza, de las Diputaciones Provinciales. La práctica escolar da lugar a una enorme proliferación de manuales; en el primer tercio del XIX se configura la primera generación de libros escolares – cartillas, catones, catecismos, libros de lectura, antologías, etc. – apoyada por editoriales que se harán clásicas (Hernando – la primera, en 1828 –, El Magisterio Español, Bastinos, Paluzíe, Santiago Rodríguez, Matías Real, etc.). Para el estudio de la lengua española, serán oficiales los textos de la Real Academia Española, favorablemente reconocidos ya en el XVIII (cf. 2.4.): el Prontuario de Ortografía, desde 1844 (el riesgo de que algunas ortografías fonéticas exitosas en América – la de Bello y la de Sarmiento – ganaran adeptos en España aceleró probablemente la medida: cf. Esteve 1982, 78 s.); el Epítome (para la enseñanza primaria) y el Compendio (para la secundaria), a partir de la Ley Moyano (1857), de modo que la doctrina académica ha condicionado fuertemente la didáctica del español en España hasta bien entrado el s. XX (la Revolución de 1868, apoyándose en la libertad de enseñanza, anuló la oficialidad de los textos académicos, repuestos en 1875 hasta 1926; todavía en 1941 la Academia editó unas cartillas, que no se impusieron en el mercado, y en 1996 ha publicado el Diccionario escolar). Pero la doctrina gramatical del XIX no se limita, claro está, a la académica: conviven en él la tradición normativa, clásica, y la más innovadora, la especulativa, influida por la gramática general y filosófica francesa (cf. Gómez 1981, 350–354; Calero 1986, 268 s.). Los dos gramáticos más importantes del siglo, autores de sendas gramáticas – Gramática de la lengua castellana –, Salvá (1830) y Bello (1847), se imponen en América, cuyas nuevas repúblicas desarrollan, en algunos casos, una orientación pedagógica propia (a diferencia de lo sucedido en la época colonial: cf. Torre Revello 1960; Rodríguez 1991; Cierbide 1997–98), tanto en el ámbito de la ortografía (cf. Esteve 1982, 107–124; Contreras 1994; Velleman 2004: entre 1914 y 1927 se impuso definitivamente la ortografía académica en América), como en el de la teoría gramatical (cf. Blecua 1975, 84 s.; 182–194). Salvá publica más de 8 ediciones de su texto durante dieciséis años en América (fue oficial en Venezuela entre 1840
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y 1847) (cf. Lliteras 1992, 29 ss.); el de Bello se convierte en el común para toda Hispanoamérica (en 1857 aparece una versión reducida para el uso de las escuelas: cf. Lázaro Mora 1981, 11). Los dos autores coinciden en su concepción de la gramática – basada en el uso, y normativa – y en la forma ejemplar de lengua que ha de transmitir el gramático, así como en las autoridades que seleccionan para sus ejemplos – los clásicos, del XVI especialmente, y los contemporáneos – (cf. Lliteras 1992, 31 ss.). Por otra parte, la obra de Bello ha ejercido una enorme influencia en la gramática española del s. XX . De otro lado, con la Ley Moyano (1857) se introdujo la enseñanza de la literatura española, lo que habría de incrementar el contacto de los estudiantes con las obras de los autores españoles y de otros países, más allá, pues, del mundo clásico. En el s. XX , hasta 1936, el Estado – en 1900 se crea el Ministerio de Instrucción Pública y Bellas Artes – impulsa la educación (pese a las numerosas crisis de gobierno) con el concurso de los políticos liberales y la confluencia de personalidades interesadas por la pedagogía con posiciones ideológicas muy diversas. Si en 1900, la tasa de analfabetos estaba en el 60 % (frente al 50 % de Italia, el 17 % de Francia y el 5 % de Alemania o Inglaterra: cf. Álvarez 2001, 547) y el número de escuelas era la mitad de las previstas en el Plan Moyano, en 1925 los niños escolarizados han aumentado en casi un 50 % respecto de las cifras de 1880. El protagonismo de la educación se hace esencial con la Segunda República, que, en su Constitución de 1931 declaró la aconfesionalidad del Estado; instituyó la enseñanza laica, gratuita y obligatoria, y reconoció la autonomía regional y el bilingüismo, y que tomó muchas y eficaces medidas para mejorar la formación de los maestros (y dignificar su condición) y aumentar el número de escuelas (cf. Escolano 2002, 130 ss.). El franquismo supuso, evidentemente, un fuerte retroceso ideológico, pero no desatendió a la educación; volvió a dar una fuerte influencia a la Iglesia y discriminó los niveles de enseñanza, en cierto modo como el Estado liberal del XIX , pero, ahora, con una política de ayudas (a partir de los años 50) y con una diversificación de enseñanzas técnicas (bachilleratos y universidades laborales) que resultó moderadamente positiva. Se llegó, así, a la Ley General de Educación y Financiamiento de la Reforma Educativa (1970), que implantó la
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
enseñanza general básica obligatoria y encauzó definitivamente la ‘escuela para todos’. El s. XX modifica paulatina y sustancialmente los contenidos y el método didáctico de la enseñanza de la lengua. Escolano (2002, 86 ss.) señala la renovación de los manuales escolares desde finales del XIX , con cambios notables en el estilo, el lenguaje y la iconografía y anota la presencia (a través de estudio bibliométrico) de textos pedagógicos publicados en España de autores franceses, alemanes e ingleses, en primer término (seguidos de suizos, italianos, belgas y norteamericanos). Para el estudio de la lengua española, en concreto, como señala Portolés (1992, 596), en el s. XX conviven, esencialmente, dos visiones teóricas: «la de aquellos que estudian la lengua en sí (v. gr., neogramática, estructuralismo, generativismo) y la de quienes la ven como una consecuencia de la historia, del mundo anímico o de las capacidades psicológicas de categorización (v. gr. gramática psicológica, geografía lingüística, lingüística idealista, gramática cognitiva)». Algunos linguïstas han estado en ambos lados (Menéndez Pidal) otros se han definido claramente por uno u otro (Alarcos, Lázaro Carreter, Monge, Kovacci, Rojo, Martínez, Gutiérrez Ordóñez, Bosque, etc., se hallarían en el primer grupo; Castro, Alonso, Gili Gaya, Lapesa, Fernández Ramírez, etc., en el segundo), aunque, en realidad, la Escuela de Filología Española tiende a combinar ambas visiones y, por tanto, las preferencias señaladas no siempre resultan nítidas. López (1997) ha estudiado la sucesión de paradigmas téoricos que reflejan los textos para la enseñanza de la gramática española en el bachillerato entre 1900 y 1980 – ciertamente, no todas las etapas son uniformes, y en ellas conviven las dos tendencias señaladas, si bien en proporciones diferentes: (a) las gramáticas de corte tradicional (normativas) se concentran entre 1900 y 1930 (la influencia académica pesa todavía, y la excepción es el texto de Montolíu, que anuncia la visión de la etapa siguiente) (ib., 13–17); (b) la enseñanza de la lengua se concibe como una habilidad, un hecho vivo, práctico, separado de la gramática, que implica una abstracción (es uno de los principios propugnados por la pedagógica ‘escuela unificada’ y que tiene muchos puntos de contacto con el pensamiento de Américo Castro: cf. Castro 1922; se reflejará en el
Plan de Bachillerato de 1934, que otorga un puesto central a la enseñanza de la lengua: cf. Martín, 1999–2000) (López 1997, 17 s.); (c) la gramática se empieza a percibir como ciencia lingüística entre 1939 y 1956 (ib., 19–22) – se han publicado ya las gramáticas de Fernández Ramírez (1951), y Alarcos Llorach (1951) –; en estos años comienza a publicar libros de texto Lázaro Carreter, que hará una importante labor de aproximación a diversos paradigmas teóricos; (d) el paradigma estructuralista da lugar a numerosos libros de texto inspirados en él entre 1957 y 1969 (López 1997, 19–22); (e) a partir de 1970 se incrementa la incorporación de teorías diferentes en la enseñanza de la lengua (generativismo, gramática del texto, pragmática, etc.) (ib., 22–25).
3.
Astur-leonés y aragonés
3.1. Astur-leonés Las hablas que constituyen el dialecto histórico leonés se extienden, como es sabido, por las provincias de Asturias, Santander y la parte occidental de León, Zamora y Salamanca, llegando a sentirse también su influjo en parte de Cáceres e incluso en Badajoz. A fines del s. XV las hablas leonesas fueron quedando cada vez más circunscritas a los usos cotidianos y al ámbito rural, sin llegar a tener nunca un uso formal o escrito ni un modelo común de lengua. Esta situación de predominio del castellano sobre el leonés alcanza hasta nuestros días. Sin embargo, en las postrimerías del régimen franquista, en Asturias, al igual que estaba ocurriendo en otras regiones de España, comenzó a reivindicarse por parte de algunos intelectuales la recuperación y la revalorización del asturiano (o bable). La Academia de la Llingua Asturiana (creada en 1980) se encargará de unificar la lengua y publicará en 1981 las Normes ortográfiques y entamos normativos, reelaboradas y aumentadas varias veces desde entonces, y, más tarde, en 1998, la Gramática de la llingua asturiana, seguida en 2001 del Diccionariu de la Academia de la Llingua Asturiana (cf. Neira 1982; Metzeltin 2004, 90 s.). A principios de la década de los 80, Asturias contaba con una población en torno al millón de habitantes, de los cuales un 26 % eran capaces de hablar en asturiano – cf. Siguan (1992, 263). Las campañas de revalorización del bable no consiguieron entonces el
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apoyo popular suficiente para que algún partido político incluyese las reivindicaciones lingüísticas en su programa, de ahí que en el Estatuto de Autonomía (1981), elaborado y defendido por los representantes asturianos, no se estableciera para el bable el carácter de lengua propia de Asturias – cf. Viaut (2002, 154–159). Con todo, alentado por los defensores del bable, estimulado por las actuaciones de otras comunidades autónomas a favor de sus lenguas respectivas, y apoyándose en los art. 4 y 10 del Estatuto asturiano, que hacen referencia a la protección y difusión del bable en sus diversas variantes locales, el Gobierno de Asturias (desde sus departamentos de Cultura y Educación), ha impulsado desde mediados de los 80 diversas iniciativas para promover y difundir el conocimiento del bable, ha patrocinado encuestas sobre su conocimiento y aceptación por parte de la población asturiana y ha fomentado la presencia del bable en la enseñanza, entre otras actuaciones (cf. Llera 1994; Siguan 1992, 263). En consonancia con lo dispuesto en el Estatuto de Autonomía, la enseñanza del asturiano en Asturias ha tenido siempre carácter voluntario, desde sus inicios en el curso 1984–85. En una primera fase, dicha enseñanza se impartía únicamente en la Educación General Básica (EGB, Educación Primaria) en algunos centros escogidos, los cuales progresivamente fueron aumentando en número (de seis, en 1984–85, a 177 en 1990–91). A partir del curso 1987–88 la enseñanza del bable afecta también a los Institutos de Enseñanza Secundaria (se pasa de tres centros que imparten asturiano en 1987–88, a 19 en 1990–91). En cuanto al número de alumnos que han recibido enseñanza de asturiano, y por lo que se refiere a la EGB, en el curso 1985–86, constituían el 3,5 % del total del alumnado de EGB, mientras que en 1990–91 los alumnos que recibían dicha enseñanza constituían el 11,19 % del total. Por su parte, en la Enseñanza Secundaria, en el periodo señalado arriba (1987–91) se pasa de 352 a 650 alumnos que reciben enseñanza de asturiano. Esos 650 alumnos, en 1991, constituyen el 0,92 % del total de alumnos de Enseñanza Secundaria en Asturias (cf. Siguan 1992, 263; Viaut 2002, 161). Cabe señalar, además, que el asturiano (o lengua asturiana) tiene también presencia en la Universidad de Oviedo, donde se imparten cursos de esta modalidad lingüística,
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aunque sin constituir una titulación específica, desde 1995. La superación de estos cursos (o bien de los organizados por la Academia de la Llingua asturiana) constituye el requisito para poder obtener la capacitación como profesores de bable / asturiano, que permite impartir esta materia en la Enseñanza Primaria y Secundaria, de acuerdo con lo estipulado por la Consejería de Educación y Cultura del Principado de Asturias (Boletín Oficial del Principado de Asturias, n° 102, 4-5-2001). 3.2. Aragonés En cuanto al aragonés se refiere, y en particular en lo que afecta a las denominadas hablas altoaragonesas (o dialecto histórico aragonés), estas se encuentran en la actualidad localizadas en el Alto Aragón (provincia de Huesca), con un uso circunscrito al ámbito familiar, y en convivencia con el castellano, que es la lengua que se utiliza en el registro formal. El número de hablantes (usuarios habituales) de las hablas altoaragonesas podría oscilar entre 10.000 y 12.000, según algunos estudiosos – cf. Martín / Enguita (2000, 75) –, lo que constituye aproximadamente un 0,8 % de la población total aragonesa (que cuenta, aproximadamente, con 1.200.000 habitantes a principios de la década de los 90). Aparte de las cifras relativas al número de hablantes, en algunos trabajos suelen aportarse, además, datos referidos al número de personas que conocen o entienden en alguna medida la variedad lingüística altoaragonesa, las cuales, en el año 1981, se estimaban en unas 18.000 (cf. Nagore 2002, 171). Por otro lado, desde mediados de los años 70, y al amparo de diversas asociaciones culturales – Consello d’a Fabla Aragonesa (1976), Ligallo de Fablans de l’Aragonés (1982), entre otras – interesadas en el aragonés, se han producido intentos para elaborar, a partir de las hablas altoaragonesas, una lengua común, la llamada fabla aragonesa o lengua aragonesa. En 1977 se publica la Gramática de la lengua aragonesa de F. Nagore, y el libro colectivo El aragonés: identidad y problemática de una lengua (cf. Conte et al. 1977). Cabe citar, asimismo, las Normas graficas de l’aragonés, adoptadas en el Primer Congreso para la normalización del aragonés, celebrado en Huesca en 1987, con las que se pretende regular la escritura en aragonés (cf. Consello d’a Fabla Aragonesa 1987).
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Asimismo, con el objetivo puesto en estas aspiraciones lingüísticas, asociaciones culturales como las mencionadas en el párrafo precedente, han venido organizando hasta el presente cursos para difundir el aragonés unificado, en un conjunto de actuaciones que, en ocasiones, también han estado dirigidas a las hablas del Alto Aragón, todo ello, al amparo de lo establecido en el art. 7 del Estatuto de Autonomía de Aragón (1982, reformado en 1996), que se refiere a la protección y difusión de las «diferentes modalidades lingüísticas» de esta comunidad autónoma. A este respecto, durante la década de los 90, asociaciones como las citadas y algunos ayuntamientos altoaragoneses han recibido subvenciones del Gobierno de Aragón para organizar e impartir enseñanza de aragonés a adultos (normalmente, jóvenes) y a veces a niños, aunque siempre fuera del horario escolar. Según Nagore (2002, 173), estas actuaciones han alcanzado a unas 16 localidades del Alto Aragón, y han recibido enseñanza de aragonés (no se especifica si en la variedad local correspondiente o en la modalidad unificada) unos tres o cuatrocientos alumnos por año. Por otro lado, en 1997 se firmó un acuerdo de colaboración entre los municipios altoaragoneses de Jaca, Biescas, Ainsa y Benasque, y la Consejería de Educación del Gobierno aragonés para facilitar la enseñanza voluntaria de las modalidades autóctonas aragonesas en dichos municipios (cf. Alcover / Quintana 2000, 17 ss.). Esta enseñanza ha venido desarrollándose desde entonces anualmente, en horario extraescolar (una hora por semana), con una participación aproximada de unos 200 alumnos por año (procedentes de la Educación Primaria en su mayor parte, y, menos, de la Educación Secundaria) en el conjunto de dichos municipios. Hay que añadir, además, que desde 1985 se imparte, como materia optativa (60 horas), la asignatura ‘Filología aragonesa’ en la Escuela de Magisterio de Huesca (Universidad de Zaragoza), orientada a la formación inicial de futuros maestros de aragonés (Nagore 2002, 173).
4.
Catalán
El catalán fue utilizado en el periodo medieval como lengua cancilleresca y notarial y como vehículo expresivo de una muy rica li-
teratura, en géneros literarios diversos (tanto en verso como en prosa), que queda reflejada en la obra de autores como Ramon Llull, Bernat Metge, Ausiàs March, etc. La historia de la educación en catalán puede recuperarse de modo parecido a como hemos intentado hacer para el castellano: un monasterio tan significativo como Ripoll hubo de desarrollar una actividad escolar muy notable. Por otra parte, varias de las universidades creadas en el Reino de Aragón lo fueron en territorios del Condado de Cataluña: el Estudi general de Lleida (s. XIII ), el más antiguo de todos, el de Barcelona y el de Girona (s. XIV ) desarrollaron una actividad importante. Respecto a la proyección educativa del catalán en el Medievo, cabe suponer que, al igual que otros romances (castellano, aragonés, etc.), pudo haber tenido una presencia en la enseñanza, no como objeto de estudio en sí mismo, sino como instrumento para acceder a la lengua latina, la cual constituía el auténtico objetivo lingüístico del proceso docente. En ese marco situar la aparición a fines del s. XV y a lo largo del s. XVI de una serie de vocabularios y repertorios lexicográficos destinados a facilitar el aprendizaje del latín, como el Liber Elegantiarum de Esteve (1489), centrado en el valenciano (cf. Pellicer 2003, 9 s.). Recíprocamente, tal y como se ha señalado más arriba a propósito del castellano, no cabe descartar tampoco una cierta influencia de la educación en la lengua catalana, al menos en lo que al desarrollo de la escritura se refiere en sus diferentes manifestaciones, ya sea en el ámbito cancilleresco o en el incipiente campo literario que arranca en el s. XII . De modo que hacia fines del s. XV la situación reflejada en 2.1. es aplicable también al catalán. Hay noticia de beceroles en catalán (semejantes a las cartillas recogidas en 2.2. para aprender a leer y a escribir en castellano) impresas por lo menos desde 1490 (cf. Infantes 1999, 8). Sin embargo, el impulso literario del catalán comenzó a extinguirse a partir del s. XVI , cuando los autores catalanes comenzaron a escribir en castellano. Casanova (2004, 127), refiriéndose al reino de Valencia, indica, para el periodo 1490–1506, que se publica un 46 % de libros en catalán frente a un 4 % en castellano, mientras que entre 1510 y 1524 los porcentajes son de un 26 % para los libros en valenciano y un 45 % para los publicados en castellano. Al mismo tiempo, el catalán veía también reducido su ámbito de
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aplicación y su prestigio, sobre todo entre las clases más favorecidas de la sociedad (nobleza y aristocracia), situación que permanecerá hasta el s. XIX , en el que se produce la recuperación lingüística o Renaixença del catalán. Durante el denominado periodo de la Decadencia (XVI –XVIII ), a pesar de la pérdida de peso del catalán dentro de sus propios dominios, no cabe descartar tampoco la presencia instrumental de esta lengua (en las primeras letras: leer y escribir) como medio para acceder al latín, e incluso al castellano, cuando este último empieza a convertirse en objeto de aprendizaje por parte de una población que no lo posee como lengua materna – cf. Pellicer (2003, 19; 26; 36), que se refiere particularmente al uso del catalán en Valencia; cf. también Marcet (1987, 258 ss.). No debe olvidarse, por otra parte, que, como se ha señalado en 2.2., surgen por esas fechas (s. XV y XVI ) escuelas para moriscos que reciben instrucción en catalán (valenciano), ya que, aunque se trata de un caso muy específico, indica que existían manuales para dichos fines. Sin embargo, el catalán no se beneficia de la revolución espiritual que supone el humanismo y su reivindicación de las lenguas vulgares. No se encuentra, p. ej., en esta época ninguna obra gramatical o léxica relativa al catalán, en ninguno de sus dominios, a pesar de que sí hay obras de ese tipo referidas a otras variedades lingüísticas, como es el caso de las Prose della volgar lingua (1525), de Pietro Bembo (a propósito de la modalidad florentina de los dialectos italianos), la Déffense et illustration de la langue francoyse (1549), de Joachim du Bellay, o el propio Diálogo de la lengua de Juan de Valdés (ca. 1535). Con la llegada de los Borbones al trono de España en el s. XVIII , las perspectivas para que el catalán permanezca en el ámbito de la enseñanza no mejoran, al suprimir Felipe V, mediante los Decretos de Nueva Planta, cualquier vestigio de autogobierno en los territorios de habla catalana, como represalia por la oposición de estos al monarca durante la Guerra de Sucesión. Es más el monarca trasladó la Universidad de Barcelona a Cervera, donde se usaba el castellano. Como señala Pellicer (2003, 40), el propio Consejo de Castilla propone al rey que ordene que «en las escuelas de primeras letras y de gramática no se permitan libros en lengua catalana, escrivir ni hablar en ella en las
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escuelas y que la Doctrina Cristiana sea y la aprendan en castellano». Monés (1984, 27), por su parte, apunta que en las escuelas de Gramática catalanas el castellano se convierte en materia obligatoria desde 1716, de modo que se empleaban como lenguas el castellano y el latín en detrimento del catalán. En esta misma línea, en Mallorca, durante todo el s. XVIII , pero, particularmente a partir de 1770, las gramáticas de la lengua latina (única gramática que se enseñaba) escritas en latín o en catalán dejan de editarse y ceden el paso a las publicadas en castellano, lo que apunta también a una intensa castellanización – cf. Martínez i Taberner (2000, 357). La mayor parte de la población, sin embargo, se mantenía fiel a su lengua materna en las cuestiones de la vida cotidiana y muchos no entendían el castellano. En relación con el impulso castellanizador del s. XVIII , hay que tener en cuenta, además, la actuación en materia lingüística de los centros superiores de enseñanza, como la Universidad, que en esta época sustituyó la utilización del latín por el castellano en muchas de las parcelas de conocimiento – Pellicer (2003, 43). En el s. XIX , como ya se ha apuntado, se produce el movimiento conocido como ‘Renaixença’, origen de la recuperación lingüística y literaria del catalán, cuya figura clave fue Jacint Verdaguer (1845–1902). Asimismo, en 1815 verá la luz la primera gramática catalana, la Gramática y apología de la llengua cathalana de Josep Pau Ballot i Torres – cf. Rico y Solà (1995, cap. 1; → art. 23, fig. 23.4.). Es también el momento en el que se hace más evidente la necesidad de una codificación del catalán moderno, sobre todo en lo que se refiere al aspecto ortográfico, cuestión que, en Cataluña, se resolverá, no obstante, ya entrado el s. XX , mediante la actuación del Institut d’Estudis Catalans, creado en 1907 por el político Prat de la Riba. Este proceso de codificación del catalán se completa en veinte años, siendo Pompeu Fabra director del Instituto d’Estudis Catalans, y sus hitos son: la publicación de las Normes ortogràfiques del Institut d’Estudis Catalans (1914), el Diccionari ortogràfic (1917), la Gramática catalana (1918) y el Diccionari general de la llengua catalana (1932) (cf. Argenter 2004, 15). Este proceso de recuperación y consolidación del catalán tiene un punto culminante en Cataluña con la consecución de la Autonomía política durante la Segunda Repúbli-
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ca Española, cuando la lengua catalana está presente en la prensa escrita, la radiodifusión, la vida social y política en general, y también en la escuela y en la universidad – cf. Siguan (1992, 63–66). En la Constitución de 1931 (cf. 2.5.) está reconocido el bilingüísmo; por otra parte apenas proclamada la República, el gobierno provisional de Cataluña estableció el Decreto de Bilingüismo, por el cual la lengua catalana adquiría, en lo que toca a la enseñanza primaria, las mismas prerrogativas legales que el castellano, que era obligatorio en todo el Estado español. El Estatuto de Autonomía de Cataluña (Ley de 15 de septiembre de 1932) incluía también la enseñanza del catalán en el nivel secundario sin perjuicio de mantener centros de segunda enseñanza en castellano. Pero el catalán hablado en Valencia (valenciano) se ajusta a una vía de recuperación lingüística diferente. Por un lado, no hay en Valencia en el s. XIX un resugir literario equiparable al de Cataluña. Sí que se constata, desde finales del s. XIX , una corriente de apoyo decidido al valenciano, cuya presencia en la escuela se reivindica desde instancias privadas y públicas. Estas peticiones – como ocurre en Cataluña – no obtienen, sin embargo, el resultado esperado por parte del Gobierno de España, que durante todo el s. XIX y en las tres primeras décadas del s. XX practica únicamente la enseñanza del castellano (y aun en castellano), por más que, como es obvio, el catalán está presente en la escuela durante este periodo como lengua auxiliar, para acceder al castellano – cf. Siguan (1992, 27–34), y Rico y Solà (1995, 31 s.), quienes, por cierto, citan varias obras gramático-pedagógicas destinadas a facilitar la enseñanza del castellano en las escuelas de poblaciones catalanas en las que no se habla dicha lengua. Asimismo, el proceso de normalización que afecta al catalán de Cataluña (→ art. 129), no se aplica al valenciano, ni este recibe el mismo apoyo político que aquel. De este modo, cuando en la Segunda República el catalán se introduce en el sistema educativo de Cataluña, no ocurre nada semejante con el valenciano (ni con el mallorquín), a pesar de las exigencias del Gobierno valenciano en este sentido (cf. Pellicer 2003, 107 ss.; Melià 1970; Ferrer i Gironès 1984). Más tarde, en 1939, al finalizar la guerra civil, con la llegada de Franco al poder, todas las Autonomías y sus instituciones fueron abolidas y prohibidas todas las manifes-
taciones lingüísticas distintas al castellano, declarada única lengua oficial del Estado español. Habrá que esperar, por tanto, a la muerte del General Franco para volver a encontrar la presencia del catalán en la enseñanza. En efecto, ya dentro del Estado de las Autonomías, con una Constitución que reconoce el derecho al uso de las lenguas autóctonas, el Estatuto de Cataluña de 1979 establece en su artículo tercero la cooficialidad del catalán y el castellano. De ese modo, quedan abiertas las puertas para la (re)implantación del catalán en el sistema educativo y todos los demás ámbitos de la sociedad. De hecho – como apunta Siguan (1992, 171) –, por lo que a la enseñanza se refiere, ya en 1978, antes, por tanto, de que se aprobase el Estatuto de Autonomía, el Gobierno español promulgó los llamados ‘decretos de bilingüismo’, en virtud de los cuales, en los territorios en los que se hablaba una lengua distinta del castellano, se hacía obligatoria la enseñanza de esa lengua en todos los niveles de la enseñanza básica (de 6 a 14 años). Con el fin de proteger, fomentar y regular el uso de la lengua se promulga en 1983 una Ley de Normalización Lingüística en Cataluña que señala entre sus objetivos el conocimiento del catalán mediante la enseñanza, para lo cual establece la obligatoriedad de catalán y castellano «en todos los niveles y grados de la enseñanza no universitaria» (art. 14), exigiendo, asimismo, que el profesorado conozca ambas lenguas oficiales. Como resultado de todo ello, no sólo aumentó el número de hablantes bilingües, sino que también se incrementó la utilización del catalán en ámbitos antes reservados exclusivamente al castellano (cf. ib., 158 ss.). En sustitución de la ley de 1983, el Parlamento de Cataluña aprobó en 1998 una nueva ley (Ley de Política Lingüística) con el objetivo de consolidar el proceso impulsado por la ley anterior y de adaptar la nueva realidad al ámbito de la Administración, de la enseñanza, de los medios de comunicación y del mundo económico en general (cf. Etxebarria 2002, 111–114). En cuanto al ámbito de la enseñanza, puede decirse que actualmente la mayor parte del sistema educativo de Cataluña es de educación bilingüe, y, por tanto, que de una u otra forma todos los escolares de Cataluña tienen conocimiento y / o contacto en el medio escolar con el catalán como lengua vehicular de la enseñanza. Dando por supuesto
108. Educación e historia de las lenguas: dominio español y catalán
que los alumnos entienden tanto el catalán como el castellano, la lengua usada en la enseñanza puede ser cualquiera de las dos por parte del profesor. Asimismo, cada alumno puede dirigirse, a su vez, al profesor, oralmente o por escrito, en la lengua que prefiera, situación que se extiende también, en principio, a la enseñanza universitaria (cf. ib., 128 ss.). La situación del valenciano es distinta a la del catalán (de Cataluña). Los problemas sobre su definición o normalización, su extensión (no abarca toda la Comunidad Valenciana) y su uso limitado, así como un no plenamente conseguido reconocimiento social ni político, entre otros factores, determinan que esta modalidad, a pesar de ser – junto al castellano – lengua cooficial de la Comunidad Valenciana (Estatuto de 1982, art. 7), no termine de penetrar plenamente en la sociedad levantina, que sigue a la transición democrática. Hay que añadir que, precisamente a partir de esta época, se propaga en el seno de la sociedad valenciana el debate sobre la igualdad o diferencia entre el catalán de Cataluña y el catalán de Valencia (valenciano), lo que según algunos autores – cf. Casanova (2004, 117–120) – ha dificultado y dificulta la aceptación del valenciano por parte de la sociedad. Por esta razón, la ley de 1983 con la que se pretende respaldar y promocionar la lengua autóctona (Ley sobre el Uso y Enseñanza del Valenciano, → art. 215) obtuvo unos resultados limitados, que tan sólo comenzaron a mostrar algún signo positivo hacia el final de la década de los 80, cuando se anuncia por parte de la Generalitat que la enseñanza del valenciano está presente en todos los centros de la Comunidad (tanto de EGB como de FP y Bachillerato). Asimismo, por esas fechas, se establece la posibilidad de que los centros que lo soliciten puedan incluir enseñanza en valenciano, aunque los datos indican que en 1990 tan sólo un 5 % del total de los existentes se había adherido a esta posibilidad. En la enseñanza universitaria, a la que también alcanza la polémica mencionada sobre la normalización de la lengua, la repercusión del valenciano resulta iguamente muy limitada, pues tan sólo un 10 % del total de las clases impartidas utilizan esta modalidad (Siguan 1992, 208–215). Con la intención de terminar con el conflicto lingüístico y llegar a una normalización o un modelo común de lengua valen-
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ciana, que facilite su difusión y extensión, se crea en 1998 la Academia Valenciana de la Llengua, sin que por ello haya cesado la polémica. En la actualidad, los resultados en favor de la normalización del valenciano están por concretar, así como su consolidación definitiva en la sociedad a la que pertenece. En este sentido, cabe señalar que en el ámbito de la cultura predomina ya el valenciano (sobre todo en las comarcas y ciudades medias) y que para trabajar en la enseñanza ya es necesario el conocimiento tanto del castellano como del valenciano, si bien sólo el primero se requiere para trabajar en la Administración (cf. Casanova 2004, 120). En cuanto a la presencia del catalán en la enseñanza en las islas Baleares, donde esta lengua es también cooficial con el castellano (Estatuto de 1983, art. 3), cabe decir que hacia principios de la década de los 90 la enseñanza de catalán estaba presente en todos los grados, y se había registrado un aumento en el número de centros que empleaban el catalán como medio de enseñanza en relación con los existentes en el momento de promulgarse el Estatuto de Autonomía de esa comunidad. La situación en el ámbito educativo parecía, con todo, haber llegado a un punto de estancamiento por esas fechas (cf. Siguan 1992, 199). Más recientemente, con la transferencia de las competencias educativas a la Comunidad balear en 1998 se han puesto en marcha diversas iniciativas institucionales para intentar encauzar de nuevo la situación en el ámbito de la enseñanza del catalán en las islas (cf. Etxebarria 2002, 147–151). Por último, en la Comunidad Autónoma de Aragón, el art. 7 de su Estatuto de Autonomía (versión reformada de 1996) garantiza la protección de sus lenguas y modalidades lingüísticas, así como la enseñanza y el derecho de los hablantes, «en la forma que establezca una ley de Cortes de Aragón», para las zonas donde sean utilizadas de forma predominante. Desde 1985 se imparte enseñanza de catalán en las escuelas y en los institutos del área catalanohablante de Aragón, con carácter voluntario y con número creciente de alumnos (Alcover / Quintana 2000); también hay enseñanzas de catalán – existe un área de Filología Catalana – en varios centros de la Universidad de Zaragoza (Martín Zorraquino / Enguita Utrilla 2000; Martín Zorraquino 2004).
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5.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
109. Education et histoire des langues: Portugal et Galice Bildungswesen und Sprachgeschichte: Portugal und Galicien 1. 2.
6. 7.
Introduction Du IX e au XIVe s.: le latin, le galicien et l’ancien portugais Du XIVe au XVI e s.: le latin, le galicien et le moyen portugais Du XVI e au XVIII e s.: le galicien et le portugais classique Du XVIII e au XIX e s.: le portugais moderne et la ‘renaissance’ du galicien Du XIX e s. à aujourd’hui Bibliographie
1.
Introduction
3. 4. 5.
L’enseignement s’est manifesté en tout premier lieu, dans la péninsule Ibérique, sous forme de transmission orale. Ce mode d’enseignement, qui s’est toujours maintenu, a été plus structuré au moment de la conquête romaine, du fait de son remplacement par des écoles municipales créées à l’image de celles de Rome. A la suite des grandes invasions, c’est l’action de l’Eglise romaine qui va déterminer, orienter et conditionner la transmission de connaissances. Malgré le développement des techniques d’écriture, la diffusion du parchemin et même, plus tard, du papier, l’instruction n’était pratiquement diffusée qu’en latin, langue de prestige social, culturel, et langue du pouvoir (sans qu’il soit tenu compte, bien évidemment, des langues et des variétés linguistiques maternelles). Elle s’adressait surtout aux personnes qui se destinaient à une carrière ecclésiastique. Avec le développement des charges publiques et administratives, les réalisations linguistiques locales s’éloignaient de plus en plus du latin appris et surtout du latin normatif et correct. Peu à peu commencèrent à apparaître des formes de langue ou des variantes locales dans le latin des textes écrits non littéraires. Au Portugal, on prend connaissance directe (même si l’on doit conjecturer de nombreux autres exemples) de ces cas au IXe s., en 882, avec le document du nord du Portugal qui enregistre la Fundatio Ecclesiae Lauridosae. On y trouve un certain nombre de formes linguistiques romanes intégrées dans un texte écrit en latin (Nascimento 1977; Emiliano 1999).
2.
Du IX e au XIVe s.: le latin, le galicien et l’ancien portugais
2.1. L’église, les couvents, les écoles cathédrales, épiscopales, paroissiales, les Colegiadas. Le clergé. Comme dans toute l’Europe, l’enseignement se situe, en pratique, dans les milieux religieux. Au deuxième concile de Tolède (527), on parle de l’enseignement et des candidats au sacerdoce, lesquels devaient vivre et être éduqués en maisons contiguës aux cathédrales (sortes de séminaires), sous la dépendance et l’inspection des évêques et en régime scolaire. Le concile de Mérida (666) demandait à tous les diocèses de Lusitanie d’avoir leur primiclero, qui devait former les sousdiacres et clercs d’ordres mineurs. A Braga, on connaît aux XII e et XIII e s. l’existence d’une école créée par l’évêque et de son premier professeur laïc. Dans un document daté du 1er mai 1072, on mentionne quatre élèves. Cette école a été instituée par l’évêque D. Pedro, qui avait établi le diocèse de Braga entre 1070(?) et 1091. D’après le théologien Jean Launoy, cette Schola Bracarensis remontait déjà à 572. Au VII e s., Frutuoso, évêque de Braga en 656, adresse à l’évêque de Saragosse une lettre dans laquelle il décrit de manière détaillée le degré de culture dans la Péninsule à ce moment-là (Carvalho 21996, 16–18). A Coimbra devait exister également une école-cathédrale, à en juger par une inscription d’un Petrus Grammaticus contenue dans une donation de 1088. En outre, on relève parmi les fondateurs du Monastère de Santa Cruz en 1131 D. João Peculiar, maître-école de la cathédrale de Coimbra. L’éducation dans ces écoles ne devait pas se limiter aux disciplines ecclésiastiques. Il existe, en effet, des documents sur l’enseignement de disciplines du trivium et du quadrivium qui dépendaient du maître-école. Mestre Silvestre Godinho, archevêque, de Braga, fait référence aux écoles paroissiales à la fin du XII e s. en écrivant dans son testament de 1244 qu’il y avait reçu son éducation pendant des années. Il est permis de penser que les écoles épiscopales comme les écoles paroissiales admettaient des étudiants étrangers à la classe religieuse, ainsi
109. Education et histoire des langues: Portugal et Galice
que le confirme la présence d’étudiants laïcs à l’école épiscopale de Braga. Parmi les Colegiadas (écoles semblables aux écoles épiscopales, dans lesquelles il y avait un collegium de chanoines sous la présidence d’un prieur), on peut citer celle de Nossa Senhora de Oliveira de Guimarães, où l’on trouvait dès 1228 un ‘maître de grammaire’. Nous disposons d’un document qui sous-entend que l’enseignement de la grammaire s’adressait à des élèves très illustres (Costa 1979). Les classes de lecture, d’écriture, grammaire et logique, devaient constituer la base de l’enseignement. Dans certaines circonstances, l’étude continuait par quelques cas élémentaires de droit canonique et de théologie. 2.2. Les monastères. Les premières écoles La contribution des monastères portugais à l’enseignement (écoles monastiques) ainsi qu’à la production de la littérature médiévale est immense. On doit surtout faire référence à l’importante bibliothèque manuscrite du monastère des chanoines de Santa Cruz de Coimbra et à celle du monastère cistercien d’Alcobaça (Cruz 1964; Almeida 1910–24, vol. 1; Nascimento 1993). C’est dans ce contexte qu’il faut comprendre l’importante contribution historique de Santa Cruz auprès des premiers rois portugais (Krus 1989). La plus grande bibliothèque médiévale portugaise est celle d’Alcobaça, avec plus de 450 manuscrits. Cependant, il faut aussi rappeler les autres monastères cisterciens, celui de Bouro et celui de Seiça, qui n’ont pas conservé leurs bibliothèques (Mattoso 1981; 1985). Les moines de Santo Tirso se sont distingués par leur contribution historiographique aux versions primitives des documents historiques et à la littérature généalogique (Mattoso 1982). En 1269, D. Estêvão Martins ouvre une école à Alcobaça. Martinho II , qui lui succède en 1288, fait partie d’un groupe d’ecclésiastiques qui demande au Pape une réserve de rentes en faveur des enseignants (Brandão 1960). 2.3. Les cours laïques. La noblesse La première cour portugaise jouant un rôle vraiment littéraire est la cour d’Alphonse III (1248–82). Ce prince portugais, qui sera plus tard comte de Boulogne-sur-Mer par mariage, a été formé en France à la cour de Blanche de Castille. Il est le responsable d’une
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réelle explosion culturelle au Portugal avec des livres à la mode (matière de Bretagne) et de nouvelles techniques littéraires (Castro 1984). En Galice, la présence du Livro de Tristan illustre aussi cette tendance (Rossi 1983; Castro 1998). Il faut signaler pourtant que déjà à la cour de son frère Sancho II (1223– 48), on avait observé les premières manifestations de poésie des premiers troubadours connus, lesquels vont utiliser une langue littéraire plus ou moins commune au nord du Portugal et à la Galice (Tavani 1988; Lorenzo 1975/77; 1987). D. Denis (fils de D. Afonso III ) a été roi du Portugal entre 1279–1325 et, par ailleurs, le trouvère le plus important de la poésie lyrique galégo-portugaise. Mais il a été surtout le promoteur d’une politique culturelle remarquable, avec des résultats très importants dans la production littéraire et dans la promotion scolaire (université). L’exemple venait non seulement de son père et de ses maîtres, mais aussi de son grandpère, Alphonse X de Léon et Castille, qui avait favorisé une large ouverture culturelle dans la Péninsule (Pizzorusso 1993). C’est aussi dans une grande maison seigneuriale du royaume, que l’histoire médiévale portugaise a adhéré à un genre que l’on pratiquait beaucoup en Castille, la Crónica. En recourant à de nombreux matériaux ibériques (textes généalogiques, chroniques monastiques ou d’initiative noble, etc.), le Conde Pedro Afonso, fils bâtard de D. Denis, développe une conception seigneuriale du passé portugais (Cintra 1983, vol. 1; Catalán 1962). En Galice, cette tradition de l’enregistrement des faits peut également être observée dans différentes chroniques (Lorenzo 1975; 1987; Cintra 1983, vol. 1). Par l’initiative de D. Denis, la langue portugaise a été promue, à ce moment-là, comme langue de la chancellerie remplaçant le latin. La régularité de cet emploi dans les documents n’est pourtant attestée qu’à partir de 1255 (Cintra 1963). Il faut cependant signaler qu’au XII e s., on avait déjà observé, sous forme isolée, une modeste production en langue portugaise, des textes non littéraires, mais d’origines tout à fait diverses. Il s’agit, d’une part, de la Notícia de Fiadores (1175) le plus ancien texte écrit en langue portugaise d’après les plus récentes recherches (Martins 1999), entouré d’autres textes du même type et de la même période jusqu’à la plus connue Notícia de Torto (av. 1214), un texte privé constituant le brouillon d’un autre texte probablement
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destiné à être ‘traduit’ en latin. D’autre part, des documents de la chancellerie dont le plus ancien correspond au Testamento de Afonso II (1214). Ces documents démontrent qu’il y avait déjà des habitudes régulières d’écriture. On décèle, en particulier dans le Testamento, des comportements d’une grande régularité graphique pour chacun des copistes (Martins 1985). Les Notícias qui dominent la primitive production écrite en langue portugaise, ne présentent pas du tout la même régularité, parce que les copistes ne possédaient pas la même compétence professionnelle. Cela s’explique probablement par le fait qu’il ne s’agit pas du texte définitif et, surtout, que les copistes n’appartenaient pas à la cour royale, ce qui nous permet de conjecturer une différence de niveau de compétence entre l’éducation (ortho)graphique à la cour du roi et celle donnée en dehors de la cour (Cintra 1991; Castro 1991; 2004; Martins 1999). 2.4. L’université C’est certainement le mérite des premières écoles épiscopales et paroissiales qui a conduit à l’institution de l’université, ou plutôt l’Estudo Geral. En 1286, D. Denis institue l’enseignement de la théologie à Lisbonne. En 1290, il fonde un Estudo Geral englobant les Arts, le Droit Civil et Canonique et la Médecine. Cette nouvelle ‘école’ a été alternativement installée à Lisbonne (1288–1308; 1338–54 et 1377– 1537) et à Coimbra, où elle s’est fixée à partir de 1537. La désignation d’Estudo Geral suggère que les classes de cet établissement étaient ouvertes à tous ceux qui voulaient les fréquenter, situation complètement différente des écoles épiscopales et paroissiales, qui n’étaient pas destinées à être accessibles à l’ensemble de la population (Braga 1892– 1902; Brandão 1937; Carvalho 21996, 56). Jusqu’au XVe s., l’université n’a pas connu un grand développement. Le corps enseignant était réduit, la production culturelle restreinte. Il n’y avait pas beaucoup d’échanges ni beaucoup de relations avec d’autres universités.
3.
Du XIVe au XVI e s.: le latin, le galicien et le moyen portugais
3.1. La nouvelle classe politique La crise sociale et économique du XIVe s. (1383–85), les manœuvres politiques et les
ambitions personnelles ont entraîné des conséquences dynastiques, politiques et intellectuelles. Avec la dynastie des Avis (D. João I , D. Duarte et ses frères, D. Pedro, D. Henrique) le Portugal s’éloigne du royaume de Castille, la séparation (politique et culturelle) entre le Portugal et la Galice s’accentue, l’axe de prestige social et culturel se déplace vers une région située entre Lisbonne, Coimbra, Santarém, Evora. C’est depuis cette période que le galicien a commencé à s’éloigner du portugais. Les textes produits en Galice montrent déjà les différences entre les deux variétés linguistiques, comme p. ex. la Crónica Troiana (XIVe s.) ou bien les documents non littéraires (Maia 1986; Lorenzo 1987). Les mouvements poétiques qui se développeront en Galice jusqu’au milieu du XVe s. se déroulent sans la participation des intellectuels portugais (Beltrán 1988). Absorbée par l’unité politique amorcée par les Rois Catholiques (1452–1516), la Galice sera marginalisée et cet isolement durera pratiquement jusqu’au XIX e s. 3.2. Les nouveaux mouvements intellectuels Cette période voit aussi une ouverture du Portugal vers l’Europe et ses grands courants intellectuels, l’Humanisme et la Renaissance. Les intellectuels portugais voyagent de plus en plus souvent en Europe (Matos 1950; Serrão 1954; Costa 1969); les bibliothèques royales se remplissent des œuvres des humanistes européens (Viterbo 1904; Dias 1982); on fait appel des humanistes italiens pour l’éducation des princes – Matteo Pisano, Cataldo Sículo – (Ramalho 1988), pour traduire en latin les chroniques des premiers rois (Giusto Baldino), ou pour enseigner dans les universités. De jeunes Portugais (parmi eux les fils du chanceliermor à l’époque de D. João II qui lui même écrit des lettres à leur professeur italien, le célèbre humaniste Angelo Poliziano) font leurs études dans les autres universités européennes, surtout françaises et italiennes (Braga 1892–1902; Matos 1950). Tout cela révèle l’ambition de la cour et des classes dominantes de relever le niveau de l’éducation intellectuelle. Mais il convient de ne pas oublier qu’étudier signifiait étudier le latin, comprendre et parler le latin, écrire en latin, connaître la littérature latine. La langue parlée n’était pas intégrée dans les programmes d’étude. L’art de l’imprimerie a aussi beaucoup contribué au relèvement du niveau de l’édu-
109. Education et histoire des langues: Portugal et Galice
cation. Cette innovation technique ne s’est développée que relativement tard au Portugal. Les Juifs ont joué un rôle prépondérant sur une brève période, imprimant des textes en hébreu, entre 1487 et 1495, dans les villes de Faro, Lisbonne et Leiria. Le Tratado de Confissão, imprimé à Chaves en 1489, est considéré comme le premier ouvrage daté édité au Portugal (cf. Martins 1973; Anselmo 1981). Bientôt apparaissent des grammaires et des manuels pour apprendre le latin. Les modèles viennent surtout d’Espagne, comme la Grammatica Pastranae Thesaurus pauperum sive speculum puerorum de Juan de Pastrana (Lisboa, 1497), connue au Portugal (Anselmo 1926), mais les grammaires de Fernão de Oliveira, (Grammatica da lingoagem Portuguesa, Lisboa, 1536) et celle de João de Barros (Grammatica da Língua Portuguesa, Lisboa, 1540) proposaient déjà d’importantes innovations théoriques (Coseriu 1991; Kemmler 1996). A cette époque, le galicien nous donne le Vocabulario, préparé par le bachelier Olea (1536), dans lequel on trouve une traduction en castillan de 150 mots galiciens (Pensado 2003). (Pour les grammaires du XVe au XVIII e s. → art. 25, chap.1.)
4.
Du XVI e au XVIII e s.: le galicien et le portugais classique
4.1. La ‘question’ de l’affirmation de la langue. Le galicien Le sentiment national naissant était fondé, entre autres, sur la conscience des valeurs de la langue nationale. C’est ainsi que s’explique une politique linguistique impérialiste, comme la décision du roi D. Manuel I er d’envoyer au négus d’Abyssinie 2.000 abécédaires pour apprendre le portugais aux Africains (Pinto 1948, 238) ou encore la défense de la langue portugaise par João de Barros (1540). Cette affirmation linguistique va bien sûr s’accentuer sous la domination castillane avec la perte de la souveraineté nationale en 1580. L’éloge de la langue n’est pas dénué d’arrière-pensées; en effet, la langue devient l’instrument et la base de la récupération de l’indépendance politique en 1640 (Picchio 1959). Cette assurance linguistique constituera surtout une pré-définition de la norme du ‘bon usage’ de la cour et des classes sociales prestigieuses qui la fréquentaient. Le galicien n’est plus cultivé en tant que langue littéraire. Les textes produits en Ga-
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lice étaient rédigés en latin ou en castillan. L’Anonyme de Louvain qui, en 1559, présente un panorama linguistique de la Péninsule, ne mentionne même pas le galicien (Balbín / Roldán 1966). Les évolutions phonétiques du galicien vont par ailleurs le séparer de plus en plus du portugais qui se fixait alors d’après des modèles issus des régions du Centre et du Sud. Les caractéristiques du galicien à cette période sont perçues au Portugal (par les couches intellectuelles) comme une variante linguistique archaïque et régionale. Jusqu’au XIX e s., le personnage galicien sera representé au théâtre comme une figure rustique et primitive dans son comportement et dans son langage. L’image de la langue galicienne est alors très différente de celle qu’elle avait à la période médiévale, où cette langue, qui se prolongeait jusqu’au Douro, voire au Mondego, avait servi de base à toutes les productions littéraires des deux rives du Minho. 4.2. L’enseignement structuré D. João III fit transférer l’université de Lisbonne à Coimbra en 1536/37. Le nombre des étudiants à Coimbra se développe alors rapidement, passant de 230 en 1537/38 à 600 en 1540/41 (Vasconcelos 1925). Coimbra devient une ville universitaire avec un grand nombre de collèges: S. Tomás (1517), S. Pedro (1540), Espírito Santo (1541), de Jesus (1542), da Graça (1543), Nossa Senhora do Carmo (1540), S. Jerónimo (1549), S. Paulo ou de Mangancha (1550/63), de Tomar pour l’Ordre du Christ, S. Boaventura pour les Franciscains et S. Bento pour les Bénédictins. Les progrès de l’enseignement se poursuivaient à Guimarães, sous la responsabilité de Diogo de Murça, formé en théologie à Louvain en 1533 (Carvalho, 21996, doc. XIV, 839–841). D’après ses informations il y avait dans son collège une centaine d’étudiants, frères et laïcs, chiffre sans doute important pour la région. A Braga, l’archevêque D. Diogo de Sousa prévoyait un programme d’études pour sa ville. Poursuivant ses objectifs de réforme, D. João III charge André de Gouveia, principal du Collège de Guyenne à Bordeaux, d’organiser à Coimbra un collège destiné aux Arts, qui sera inauguré en 1548. Le cours le plus important continuait d’être le latin, mais on donnait aussi des bases de lecture – la ‘classe des abécédaires’– où les élèves, des enfants de sept ans ou moins, pouvaient apprendre à
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
lire et à écrire les déclinaisons latines. Il y avait un premier cycle d’instruction primaire, un deuxième cycle humaniste et, avant l’université, un troisième cycle qui comportait la philosophie. On compte 1.000 élèves en 1558 et 2.000 en 1594. Entre 1549 et 1555, on dénombre 106 candidats aux examens de licence (Carvalho 21996, 241–265; 325). A côté de l’enseignement universitaire de Coimbra existent d’autres centres, qui témoignent des intentions du pouvoir royal de rehausser l’enseignement sur le territoire portugais: Guimarães, Braga et Evora. Pour ces derniers il faut remarquer l’activité pédagogique et didactique des humanistes Cleonardo et Vaseu; tous les deux étaient originaires de Belgique et avaient fait leurs études à l’université de Louvain. C’est en 1542 que s’est installée au Portugal la Compagnie de Jésus, qui sera responsable de la création des premières écoles publiques dans le pays, avec le Collège de Santo Antão à Lisbonne en 1553. L’enseignement, gratuit, eut à l’évidence beaucoup de succès, si l’on pense que 180 élèves fréquentaient les premiers cours de latin. A la fin de l’année scolaire, il y avait déjà plus de 330 étudiants. Leur nombre augmente, atteignant 1.800 en 1598 (ib., 294). En 1555, le Collège des Arts est confié aux Jésuites, une donation qui s’expliquait par les problèmes que suscitaient pour ses professeurs la présence des ‘Bordelais’ et les procès de l’Inquisition (Brandão 1948). A Evora, le Collège do Espírito Santo a été inauguré le 28 août 1553: les élèves qui commençaient à fréquenter les cours étaient environ de 200; leur nombre passe à 1.600 en 1592 (Carvalho 21996, 325). Suite aux ordres du cardinal D. Henrique, le latin ne pouvait être enseigné à Evora que par la Compagnie de Jésus, et on ne manquait pas d’interdire cet enseignement à d’autres professeurs, comme André de Resende, un des humanistes les plus importants et les plus respectés de la ville (Braga 1891–1902, vol. 2, 208). C’est par l’initiative du cardinal D. Henrique qu’à Evora, le collège sera transformé en université (1559). A partir de 1580, l’occupation du trône portugais par la couronne espagnole pendant 60 ans n’a pas altéré le fonctionnement de la Compagnie de Jésus, ni dans ses programmes d’études ni dans son expansion pédagogique. C’est ainsi que pendant tout le XVII e s., la Compagnie de Jésus continue d’ouvrir des écoles un peu partout: à Porta-
legre (1611), à Faro (1615), à Santarém (1625), à S. Miguel aux Açores (1636), à Elvas (1645), à Faial (1652), à Setúbal (1655), à Portimão (1660), à Pernes (1662), à Lisbonne (1679), à Beja (1693), etc. (Rodrigues 1931–50; Carvalho 21996, 361).
5.
Du XVIII e au XIX e s.: le portugais moderne et la ‘renaissance’ du galicien
5.1. Les grandes réformes et la fondation des Académies Le premier recensement de l’histoire du Portugal, ordonné en 1527 par D. João III , a dénombré une population de 1.000.000 a 1.500.000 personnes. En 1732, le Portugal comptait deux millions d’habitants environ. Rapidement, cette population augmente pour atteindre les trois millions vers le début du XIX e s. (Marques 1991). Si les Jésuites dominaient encore de manière intransigeante la plupart des écoles au Portugal, deux ordres religieux nouveaux vont exercer au XVII e s. des activités pédagogiques: Ordem dos Clérigos de S. Caetano, qui s’établit en 1648, et la Congregação do Oratório de S. Filipe de Nery, dont les statuts ont été approuvés en 1772. Au cours du XVIII e s., l’intérêt de la noblesse pour les idées nouvelles et pour les sciences naturelles eut pour conséquence la fondation de plusieurs académies: celle instituée en 1718/19, fondée par le Conde d’Ericeira, Francisco Xavier de Meneses, et qui fonctionna au moins jusqu’à 1728; l’Academia Real de História Portuguesa (fondée en 1720 par D. João V ); l’Arcadia Lusitana (1756), qui suivait le modèle des académies littéraires italiennes; enfin, l’Academia Real das Ciências (1779). A la mort de D. João V (1750), son fils D. José va accorder tous les pouvoirs – et confier son gouvernement – à son premier ministre. C’est Sebastião José de Carvalho e Melo (1699–1782), issu de la basse noblesse, promu Conde de Oeiras (1759) et Marquês de Pombal (1770), qui va mener à bien les réformes visant à revaloriser l’enseignement. Il fait partir les Jésuites, ouvrant ainsi la voie aux changements. En 1759, une loi institue l’enseignement secondaire laïc par tout le royaume, avec des classes de latin, de grec, d’hébreu et de rhétorique, interdisant les manuels et méthodes des Jésuites. La structure de l’université est révisée et on crée un
109. Education et histoire des langues: Portugal et Galice
ensemble de six facultés: théologie, droit civil, droit canonique, médecine, mathématique et philosophie, réforme inspirée des idées des Lumières. En 1772, c’est le début de l’enseignement primaire officiel avec 79 professeurs pour la lecture et l’écriture de la langue maternelle. En 1773, 454 professeurs sont nommés (Gomes 1982–83; Albuquerque 1960). C’est la présence des diplomates auprès des cours étrangères qui a favorisé l’entrée au Portugal de ces nouvelles idées, surtout les estrangeirados (c.-à-d., ceux qui étaient influencés par l’étranger) du roi D. João V à Londres, Paris, Vienne, La Haye, etc. C’est aussi de D. João V que vient l’ordre de ‘iluminar a nossa Nação’ donné a Luís António Verney (1713–92), le plus important philosophe des Lumières de la culture portugaise. Ce dernier va ébranler l’enseignement ‘luso-jésuito-baroque’ avec un nouveau discours sur la méthode, empreint de la véhémence de Pascal. On va à l’étranger chercher des professeurs, soit pour l’université, soit pour l’éducation de la nouvelle noblesse, qui s’inscrit entre 1761 et 1772 au Colégio dos Nobres (Andrade 1981–84; Carvalho 1959). Dans ce collège, on enseignait le latin, le grec, le français, l’italien, l’anglais, la rhétorique, la poésie et l’histoire ainsi que les sciences, l’arithmétique, la géométrie, l’art nautique, l’architecture militaire et civile, le dessin, la physique, etc. En 1759, l’université d’Evora est supprimée au moment de l’expulsion des Jésuites. Coimbra reçoit alors de nouveaux statuts en 1772, avec l’intégration du Collège des Arts et celle de nouvelles facultés. Le changement culturel qui s’est produit à cette époque a aussi entraîné le remplacement de l’influence de l’Espagne par celle de la France et d’autres pays européens. C’est depuis cette période que l’apprentissage du français est devenu important. 5.2. Les changements post Pombal Après le départ des Jésuites, Pombal avait gouverné le pays d’une manière autoritaire (despotisme éclairé) jusqu’à l’accession au trône de D. Maria I ère. La cour (Lisbonne), ne comptait pas moins de 18 maîtres (Carvalho 21996, doc. XXXIX , 881 s.). Le document cité par Carvalho fait référence à la philosophie rationnelle, à la rhétorique, au grec, à la grammaire latine et au dessin. Il y a dans la continuité ‘pombalina’ une nette progression: de 526 écoles, on passe à 722, avec l’intention de mieux développer l’enseignement primaire. L’enseignement moyen re-
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passe sous la tutelle des couvents; en revanche, la position de l’enseignement supérieur paraît plus stable (ib., 489). Le contexte politique de l’époque, tant intérieur qu’extérieur, n’est pas des plus favorables (les projets de Garção Stockler en 1779 restent sans application). La Real Mesa Censória continuait d’exercer son immense pouvoir de censure et les changements n’impliquaient pas encore de liberté dans l’acquisition ou dans la diffusion de la culture, ce qui est visible dans la législation (Silva 1825–30). Les invasions françaises et le départ de la cour portugaise au Brésil en 1808 ne font qu’accentuer cette situation précaire. Rio de Janeiro deviendra la nouvelle capitale du royaume pendant une longue période de 14 ans. 5.3. La norme et la littérature didactique Le Portugal dialectal du XVIII e n’était pas très différent de celui qu’on connaît aujourd’hui (Vasconcelos 1901; Cintra 1983). Au XVI e s., Fernão de Oliveira, dans sa grammaire (1536), avait déjà conscience des variations linguistiques (régionale et sociale) et manifestait son approbation envers les innovations les plus récentes, originaires du Sud du Portugal, ce qui veut dire qu’il jugeait bons ces changements acceptés par la cour. C’est dans cette région (avec Lisbonne, résidence privilégiée du roi) que le portugais moderne va se constituer, bien loin de la Galice et des régions septentrionales, où étaient apparus les premiers éléments de différenciation par rapport au latin. João de Barros (1540), par contre, était plutôt favorable aux prononciations les plus archaïques et les plus conservatrices qu’il allait recueillir dans le nord du pays (Castro 1991, 39–46). Duarte Nunes de Leão (dans ses publications parues en 1576 et 1606 à Lisbonne, l’Ortografia da Linguagem Portuguesa et Origem da Língua Portuguesa) est surtout sensible à la parenté linguistique entre le portugais septentrional et le galicien, en considérant qu’anciennement, ces variantes linguistiques étaient presque une même langue. En 1725, Contador d’Argote caractérise la notion de dialecte avec une incidence plutôt géographique (le Nord, l’Extrèmadure, etc.) et moins sociale (cour, villageois, peuple, etc.) que les premiers grammairiens. Les opinions contradictoires entre la ‘bonne’ prononciation et la ‘mauvaise’ (p. ex. l’affriquée palatale [tʃ] écrite vs. la fri-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
cative palatale sourde [ʃ]) illustrent bien les conceptions normatives des orthographistes et des grammairiens. João de M. Madureira Feijó (Orthographia […], Lisboa, 1734) considère cette ‘confusion’ comme caractéristique des gens de Lisbonne. João F. Barreto dans L’Orthographia da Lingua Portugueza (Lisboa, 1671, 172) condamne la confusion entre les deux phonèmes. D. Luís Caetano de Lima (Orthographia da Lingua Portugueza, Lisboa, 1736) essaie de défendre l’ancienne prononciation septentrionale. Peu de temps après, Luís António Verney (1746) est extrêmement clair. On doit toujours ‘préférer’ ceux qui, en ‘Estremadura’, sont les plus cultivés et parlent mieux. Au XVIII e s. se dessine donc bel et bien une conscience normative régionale et sociale, attitude qui s’esquissait avec Fernão de Oliveira dès 1536. C’est aussi à cette période que remonte le premier grand Vocabulario (10 vol.), publié entre 1712 et 1728 à Coimbra par D. Rafael Bluteau, établi au Portugal depuis 1648, homme de culture, anglais d’origine française, intégré dans l’Ordre de S. Caetano. C’est António de Morais e Silva qui reprendra tout le matériel de Bluteau et publiera en 1789 à Lisbonne le premier ouvrage lexicographique moderne en langue portugaise, le Diccionario da lingua portugueza (→ art. 25, chap.2.2.). 5.4. Le galicien face au castillan Le XVII e s. est bien le siècle de l’expansion de la langue castillane en Galice. Au Portugal même, entre la moitié du XVe s. et la fin du XVII e, le castillan était la deuxième langue du monde cultivé. Si au Portugal, pays indépendant déjà depuis 1179, on était réceptif à l’influence du castillan, on peut a fortiori conjecturer la situation en Galice, petite région intégrée à l’Espagne, et ayant le castillan comme langue officielle. Au XVIII e s., le castillan prospère surtout grâce à la législation de Carlos III en 1780, qui institue dans toutes les écoles du royaume l’enseignement de la grammaire espagnole. Pendant cette hégémonie, quelques voix s’élèvent contre la marginalisation du galicien. Le Père Feijoo affirme que le galicien est une langue comparable au castillan, qu’il n’est ni un dialecte ni une corruption du castillan (Pensado 1978). Le Père Martin Sarmiento (1695–1772) préconise l’enseignement de cette langue dans les écoles et dans l’administration (Pensado 1960; 1982). Le Père Juan Sobreira envisage d’écrire un dic-
tionnaire de la langue galicienne (Pensado 1979). Malheureusement, ces ‘indignations’ restent longtemps réduites aux manuscrits et il faudra attendre les siècles suivants pour une véritable renaissance du galicien.
6.
Du XIX e s. à aujourd’hui
6.1. Les conceptions pédagogiques Les périodes de guerre – invasions françaises entre 1807 et 1809 – ont dévasté le pays. A cette époque, le Portugal n’était qu’une petite ‘dépendance’ des vicissitudes européennes ou de son propre gouvernement central établi au Brésil. Pourtant, c’est en 1816, dans une société d’alphabétisation restreinte, qu’on ouvre à Lisbonne une Ecole Normale (même si elle s’adressait à un public militaire) pour la formation des maîtres, et cela malgré un nombre très restreint d’établissements et un taux d’analphabétisme de près de 80 %. Quelques ébauches d’écriture se développaient cependant dans des milieux qui n’étaient pas habitués à cet exercice. Dans des documents judiciaires du XVII e ., on trouve, p. ex., plus de 60% de signatures alphabétisées (clergé, religieux, population urbaine et petite représentation féminine). Ces signatures illustrent une certaine compétence d’écriture (Marquilhas 1991; 1997) et témoignent, en outre, d’innovations phonétiques déterminantes pour l’histoire de la langue (élévation du vocalisme atone prétonique, réduction de l’affriquée palatale sourde à la fricative dans le Portugal centro-méridionale etc.). L’indépendance du Brésil en 1822 va bouleverser l’équilibre non seulement économique, mais aussi culturel du Portugal. Durant la même période a eu lieu la révolution libérale (1822), qui défendait une politique d’enseignement libre pour tout le monde. On se retrouve en face de grands changements, avec des propositions comme celle de Luís da Silva Mousinho d’Albuquerque (Ideas sobre o estabelecimento da instrucção publica, Paris, 1823) ou l’œuvre pédagogique de João de Almeida Garett Da Educação (London, 1829). L’ouverture de nouvelles écoles suscite l’euphorie. Mais très rapidement, les réactions absolutistes (1828–34), le régime autoritaire de D. Miguel et la guerre civile qui s’est déclenchée vont conduire à la fermeture de ces écoles et à la persécution des professeurs. C’est seulement à partir de 1841 que les écoles rouvrent leurs portes et que le
109. Education et histoire des langues: Portugal et Galice
réseau s’élargit: une école pour 120 km2 en 1820, une pour 40 km2 50 ans plus tard, une pour 20 km2 au début du XX e s., et cela en plus des écoles privées qui constituaient déjà 74,2 % de l’ensemble de l’enseignement primaire. L’Anuário Estatístico do Reino de Portugal de 1877 (Lisboa) donne les chiffres suivants: en 1872–73, il existe 2.303 écoles d’enseignement primaire, dont 1.660 masculines, 333 féminines et 310 mixtes. Elles accueillent ensemble 74.461 élèves (Carvalho 21996, 613 s.). Le taux d’analphabétisme commence peu à peu à baisser, mais il reste quand même considérable: 82,4 % en 1878, 79,2 % en 1890 et 78,6 % en 1900 (ib., 635). Ce déficit sera une des causes invoquées lors de l’implantation du régime républicain en 1910 (instruction officielle libre, scolarité obligatoire entre sept et dix ans, etc.). Les réformes introduites par la République dans l’enseignement primaire dépendent dans une mesure considérable de la ‘nouvelle’ pédagogie. João de Deus fait partie de ces pédagogues qui se sont surtout engagés au niveau de l’enseignement officiel donné aux enfants. Il est l’auteur de la fameuse Cartilha Maternal ou Arte de Leitura, Porto, 1876 (enseignement de la lecture par la décomposition des mots en éléments). Le nombre des écoles primaires passe de près de 5.000 en 1910 à plus de 6.500 en 1927, tandis que le nombre de professeurs passait de 6.000 à 8.500. Le nombre de paroisses sans école diminue: 702 en 1910 (soit 17,5 % de la totalité des paroisses), 345 en 1926 (8,6 %). D’une école pour 16,4 km2 en 1911, on passa à une école pour 12,6 km2 en 1927. Mais le taux d’analphabétisme baisse relativement peu: 75,1 % (77,4 % pour les femmes) en 1911, 67,8 % en 1930. La réforme de l’enseignement secondaire suivra les modèles français. En 1821, Passos Manuel institua les Liceus (probablement destinés à la bourgeoisie) dans tous les chefslieux de district. Deux Liceus furent ouverts à Lisbonne en 1836. La conception réformiste de Passos Manuel a été critiquée par Alexandre Herculano, entre autres. Mais avec la distribution des élèves par classes, élaborée par Jaime Moniz en 1894–95, on prolongera les études secondaires. En 1850 et 1860 sont ouvertes les premières écoles industrielles, les écoles de commerce en 1880. En 1836–37, Passos Manuel supprime le collège des Nobles et l’Académie royale de la Marine et les remplace par une Ecole Polytechnique. Quant à l’université, elle ne par-
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ticipe pas à la même dynamique de changement. Coimbra détenait encore le privilège et presque l’exclusivité des études supérieures. Le mouvement libéral la considérait comme un centre de tradition conservatrice et seule la faculté de droit bénéficiait d’un certain prestige par rapport aux autres cours. Elle sera l’école juridique par excellence et la bourgeoisie ne se privera pas de la fréquenter. En 1859, sur l’initiative du roi D. Pedro V, a lieu l’ouverture, à Lisbonne, du Curso Superior de Letras (enseignement de l’histoire, de la littérature ancienne et moderne et, plus tard, de la philosophie). Ce ‘Curso’ constituera la base même de la Faculté des lettres de Lisbonne. En 1910, en conséquence du changement de régime survient la séparation de l’Eglise et de l’Etat, mais malgré les mesures anticléricales (lois de confiscation de 1820–34), l’Eglise était encore une des plus importantes puissances scolaires du pays, très prisées par la classe moyenne et par l’aristocratie. La première réforme orthographique s’impose, l’apprentissage de la langue écrite devient plus aisé (Castro / Duarte / Leiria 1987). Le gouvernement d’Afonso Costa institue le ministère de l’Instruction publique (le 7 juillet 1913), mais malgré l’intérêt de la République pour le renouvellement de l’enseignement, les moyens financiers à disposition étaient trop restreints pour permettre d’atteindre les résultats espérés. 6.2. L’Estado Novo. La politique de l’enseignement Le 28 mai 1926, le mouvement militaire s’élève contre la République et les institutions parlementaires. L’Estado Novo, sous le pouvoir dictatorial de Salazar, n’a jamais donné la priorité absolue à une politique globale d’éducation (action coordinatrice de l’Etat, uniformisation des programmes, caractéristiques antidémocratiques, mécanismes répressifs, même si l’Etat et l’Eglise ne seront pas réunifiés). Le taux d’analphabétisme ne baisse que lentement jusqu’à 1950. Il était de 67,8 % en 1930, de 45 % en 1950. Le nombre d’écoles primaires officielles passe de 7.000 en 1927 à 10.800 en 1950, tandis que le nombre des instituteurs passait de 8.500 en 1927 à 14.000 en 1950. Les années 50 voient une tentative d’alphabétisation des adultes. Des campagnes sont lancées en 1953 et en 1956. La fréquentation obligatoire des écoles est un peu plus surveillée, mais les résultats ne corres-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
pondent pas à la propagande du régime. L’analphabétisme baisse atteignant 30 % en 1968. La scolarité obligatoire passe de trois à quatre ans (1960), puis à six ans (1967). De nouveaux lycées et écoles techniques sont ouverts et le nombre d’élèves passe de 32.000 (1926) à 350.000 (1968), mais le nombre de professeurs n’augmente pas dans la même proportion. La transmission des connaissances se faisait bien évidemment par le biais du ‘livre unique’ à presque tous les niveaux d’enseignement. Le niveau des universités baisse considérablement à cause de l’intervention politique et, par ailleurs, de la vigilance policière exercée à l’égard des professeurs et des élèves. A Porto, la Faculté des lettres est fermée en 1928 (elle sera réouverte en 1961). On constate des tentatives semblables avec les Facultés de droit et de lettres à Lisbonne. Il y a quand même des progrès, au moins du point de vue quantitatif: les inscriptions d’étudiants augmentent, passant de 6.000 en 1926 à 35.000 en 1968. Et le ministre Veiga Simão (dernier ministre de l’éducation avant la révolution de 1974) présentait un bilan ‘solide’ en 1973, avec la création de 6.400 écoles primaires, de 180 pour le cycle préparatoire, de 79 lycées etc. (Carvalho 21996, 812). Mais, en général, le développement de la culture fut freiné par l’intervention constante de la censure et par la permanente méfiance vis à vis des intellectuels (professeurs contraints à l’exil ou jetés en prison, nombreux textes confisqués et interdits de publication). 6.3. La deuxième République Le 25 avril 1974 se manifeste, à travers la ‘Révolution des œillets’, un mouvement de révolte contre les conditions imposées aux forces armées et contre les guerres coloniales. En 1974, les principales transformations vont concerner l’enseignement extra-scolaire. On se souviendra qu’un tiers de la population était illettré et que la plupart des jeunes quittaient définitivement l’école avant dix ans. Pour combler cette situation, on multiplie, en 1974 et en 1976, les campagnes d’alphabétisation (Stoer 1986), auxquelles a succédé une éducation permanente (Melo / Benavente 1978). L’expansion du système scolaire (nouvelle Constitution en 1976 et révision en 1982) permettra une baisse considérable de l’analphabétisme. Toutefois, il y a encore 15 % d’illettrés en 1991 et les nouvelles indications varient selon les régions et les auteurs (Souta 2000). Mais les changements les
plus visibles sont l’augmentation du nombre d’écoles, d’élèves, de maîtres et de professeurs et une grande ouverture dans les choix et cursus scolaires (Grácio 1988). Les chiffres sont éloquents: en 1970/71 200.000 enfants fréquentent les classes pendant sept à neuf années, ils sont 259.000 en 1980/81 et 1.208.420 en 1995/96 (Boal 1998). Les enseignants de ce même niveau sont au nombre de 23.000 en 1970, de 38.000 en 1980 et de 109.985 en 1995/96. En ce qui concerne l’enseignement universitaire, le pourcentage de fréquentation est passé de 8 % (1970) à 23 % (1990). En 1995/96, d’après les chiffres donnés par le ministère de l’Education (ib.), on comptait 191.908 étudiants inscrits dans les universités portugaises (72,0 % dans le public et 28,0% dans le privé). Les mesures prises par l’Etat en la matière (Silva / Tamen 1981), consistant à augmenter le pourcentage financier destiné à l’éducation (1,9 % du produit interne brut en 1963; mais 5,1 % en 1994, 5,5 % en 1997 et 5,83 % en 2002), vont constituer un utile renforcement des structures existantes (Barreto 1996; Boal 1998). Mais l’enseignement tient encore insuffisamment compte des niveaux de langue, des comportements sociolinguistiques (Matias 1995) ou des provenances dialectales (Cintra 1983); il néglige aussi la spécificité de la région de Miranda do Douro (Bragança) où existe encore aujourd’hui une langue dérivée de celle de l’ancien royaume de Léon, le mirandês, (reconnu récemment en tant que langue officielle) et qui est l’unique langue minoritaire sur le territoire portugais. 6.4. Le galicien On sait très bien que l’école a représenté l’un des facteurs les plus importants de la castillanisation de la société galicienne. C’était le castillan qui valorisait socialement les galiciens, du fait qu’il s’agissait de la langue du pouvoir, de la langue de l’administration et, bien entendu, de la langue des cours, des livres et des grammaires. Vers la moitié du XIXe s., avec des antécédents dès le XVIIIe s., se produit le Rexurdimento. La renaissance s’est manifestée par la parution d’œuvres littéraires, et cela surtout dans la deuxième moitié du siècle, avec la publication de Cantares Gallegos (Vigo, 1863) de Rosalía de Castro (1837–85) et des œuvres de Manuel Curros Enríquez, Eduardo Pondal et bien d’autres encore. C’est à ce moment que paraît aussi la Gramática galle-
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109. Education et histoire des langues: Portugal et Galice
ga (O Lugo, 1868) de Juan A. Saco y Arce (1835–81), qui restera la référence jusqu’aux grammaires des années 70. En 1840, surgit le premier mouvement d’intellectuels qui préconise une Galice individualisée par sa langue et sa culture. En 1905, on assiste à la fondation de la Real Academia et du Diccionario gallego-castellano (Santiago, 1884) de Marcial Valladares Núñez (1821–1903). Cependant, le galicien parlé ne connaissait pas encore une grande diffusion. Il restait confiné au monde rural, à l’environnement familial et à certains milieux intellectuels. A la fin du XIXe s., on découvre les manuscrits dépositaires de la littérature médiévale (Monaci, Ernesto (ed.), Il Canzoniere Portoghese della Biblioteca Vaticana, Halle, 1875; Monaci, Ernesto / Molteni, Enrico (eds.), Il Canzoniere Portoghese ColocciBrancuti, pubblicato nelle parti che completano il codice vaticano 4803 da Enrico Molteni, Halle, 1880; Vasconcellos, Carolina Michaëlis de (ed.), Cancioneiro da Ajuda, Halle, 1904). Peu à peu, le mouvement de récupération du galicien s’intensifie. Ainsi commence le processus d’élaboration d’une reconnaissance ou d’une approbation qui pendant longtemps se présentera sous différentes propositions: A nosa escola (1917) et Os nossos problemas educativos, (1918) de Juan Vicente Viqueira et Plan pedagóxico para a galeguización das escolas de Vicente Risco (1921) (cf. Brea 1994a, 91). En 1936, le galicien est reconnu comme langue officielle de la Galice à côté du castillan, mais ces efforts sont freinés par Primo de Rivera et par la guerre civile espagnole. Le galicien ‘survivra’ entre 1936 et 1950 à Buenos Aires, avec ses réfugiés politiques et ses émigrés. En 1950, une maison d’édition, la Galaxia, ainsi que la revue Grial donneront une autre dimension au galicien. L’Instituto da Lingua Galega (1971), avec ses premières méthodes d’alphabétisation et d’enseignement, cherchera à diffuser le galicien hors de l’université (Lorenzo 1996). La Constitution espagnole de 1978 reconnaît que le galicien et le castillan sont les langues officielles de la Galice. En 1979, on autorise l’enseignement du galicien aux niveaux élémentaires (González González 1985/86). Ainsi, moyennant un certain nombre de restaurations linguistiques, de suppressions d’éléments dialectaux, de lusismes, d’archaïsmes et d’hyper-galéguismes, le galicien obtiendra en 1982 l’approbation, par le Parlement Autonome, des Normas ortográfi-
cas e morfolóxicas de idioma galego (Fernández Rei 1988). Cette approbation donnera un nouvel élan à la normalisation du galicien, malgré l’opposition de quelques groupes (Fernández 1978; 1983; Rojo 1981; 1982). La situation de diglossie se maintient en réalité. L’administration a recours au castillan, mais la langue galicienne apparaît sporadiquement dans les journaux. Elle est utilisée, d’une manière encore réduite, à la radio et à la télévision (Lorenzo 1996). Les statistiques montrent bien la distribution du galicien entre les locuteurs monolingues, les locuteurs bilingues et les locuteurs castillanophones. (Rubal Rodríguez / Rodríguez Neira 1987; Lorenzo 1996). Les enquêtes menées auprès de la population scolaire (non universitaire) font apparaître une situation favorable au galicien: 37,56 % des élèves parleraient ‘ben’ le galicien, 47,68 % le parleraient avec une certaine difficulté et 14,48 % ne seraient pas capables de s’exprimer dans cette langue. Cela signifie que 85,24 % de la population scolaire non universitaire de Galice est capable de s’exprimer en galicien (González González 1994), même si les statistiques cachent parfois les faits. Cette situation est protégée par la législation (1983): la Lei de Normalización Linguística. Les élèves doivent avoir le même niveau de connaissances, oral et écrit, dans leur langue maternelle qu’en castillan. La qualité de l’enseignement du galicien s’est sans doute améliorée au cours de ces dernières années, mais on ne peut pas encore parler vraiment d’un enseignement donné entièrement en langue galicienne.
7.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
110. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Rumänisch Communication de masse et histoire des langues: roumain 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Vorbemerkung Buchwesen Massenpresse Film, Hörfunk, Fernsehen Neue Medien Literatur
1.
Vorbemerkung
Die ursprüngliche Form sprachlicher Kommunikation ist mündliche face-to-face-Kommunikation zwischen zwei oder mehreren (meist in begrenzter Zahl) Sprechern / Hörern. Die Verschriftlichung einer Sprache sowie neue Vervielfältigungsmöglichkeiten des geschriebenen und gesprochenen Wortes verändern die Kommunikationsbedingungen einer Sprache in einem so starken Maße, dass es nicht unvernünftig erscheint, ihre Einführung jeweils der Periodisierung von Sprachgeschichte zu Grunde zu legen (→ Art. 4). Die folgende Darstellung der Beziehungen von Massenkommunikation und rumänischer Sprachgeschichte beschränkt sich dabei auf das – im Wesentlichen – im Gebiet des heutigen Rumänien (und der Republica Moldova) gesprochene Dakorumänisch und schließt das Aromunische, das Meglenitische und das Istrorumänische aus.
2.
Buchwesen
2.1. Kirchliche Literatur 2.1.1. Im Mittelalter war (Dako-)Rumänisch der mündlichen Kommunikation in Muntenien (mit Oltenien), der Moldau (mit der Bukowina) und Siebenbürgen (mit dem Banat) vorbehalten. (Hand)schriftliche Kommunikation fand – vergleichbar der Rolle des Lateinischen in Zentral- und Westeuropa – in einer altbulgarisch-slavonischen Sprachform (das sog. ‘Altkirchenslavisch’) mit kyrillischen Lettern statt (kirchliche Texte, Kanzleitexte). Derartige Texte waren für eine Minderheit von Schrift- und Sprachkundigen bestimmt. Die Einführung und Verbreitung des Buchdrucks auch in Rumänien erlaubte die rasche Herstellung vieler Exemplare desselben Textes und machte Texte einer größeren Zahl von Angehörigen der Sprachgemeinschaft zugänglich. Der Kirche, die ein Interesse an der weiten Verbreitung und Kennt-
nis heiliger und katechetischer Texte hatte, kommt dabei seit Beginn eine führende Rolle zu. Hierbei handelt es sich zunächst um slavonische / altkirchenslavische Texte. Im Zeitraum 1508–12 druckt der Mönch Macarie im Kloster Dealu bei Târgovi¸ste ein slavonisches Liturgie-, ein Choral- und ein Evangelienbuch. In der Folgezeit sind es zunächst v. a. die Kirchen der Reformation, die bemüht sind, ihre Lehre dem Volk in dessen Sprache nahe zu bringen. Nach dem Catehism luteran […] (Sibiu, 1544) und dem Evangheliar slavo român (Sibiu, 1551–53) bringt von 1559 an der Diakon Coresi mit Unterstützung protestantischer Sachsen in Bra¸sov Übersetzungen kirchenslavischer Texte, u. a. Intrebare cre¸stineasca˘ , Tetraevanghelul (1560/61) und Evanghelia cu înva˘ t¸a˘ tura˘ , heraus. Er gilt damit als Wegbereiter der Schriftsprache (mit südostsiebenbürgischnordmuntenischer Lokalisierung; cf. Rosetti / Cazacu / Onu 1971, 61). Calvinistischer Anregung ist Palia de la Or˘as¸ tie (Ora˘ s¸ tie, 1581/82) zuzuschreiben. Im 17. Jh. nimmt der Druck rumänischer (nunmehr auch orthodoxer) Bücher beträchtlich zu, da zu den alten Druckereien in Târgovi¸ste, Sibiu und Bra¸sov neue in Câmpulung, Govora und Ia¸si treten. Die Übersetzer streben danach, die durch das Altkirchenslavische (Slavonische) als Sprache des religiösen Ritus geschaffene Distanz zu überwinden und allgemein verstehbar zu sein. Weitgehend gelingt dies dem Kleriker Simeon Stefan ¸ in Noul Testament de la B˘algrad (Alba Iulia, 1648) durch bewusste Meidung regionaler Merkmale. Die Druckerei in Ia¸si ermöglicht den Metropoliten Varlaam, die weit verbreitete, volkssprachliche Carte româneasc˘a de înva˘ ¸ta˘ tura˘ (1643), und Dosoftei, das Monumentalwerk Via¸ta s¸ i petreacerea svin¸tilor (1682– 86) zu veröffentlichen. Sein Messbuch, Liturghier (1679), stellt das Kirchenslavische insges. in Frage. In der Bukarester Metropolie entstehen u. a. Cheia în¸telesului (1678) und die weit verbreitete Biblia de la Bucure¸sti (1688). Ihre Bearbeiter nutzen unterschiedliche sprachliche Quellen, als überregionale Variante aber legen sie den muntenischen Subdialekt nahe (cf. Bulg˘ar / Tepelea ¸ 1973, 45). Eine drastische Verdrängung des Slavonischen vollzieht sich im Übergang zum 18. Jh. (Panaitescu 1977,
110. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Rumänisch
169). Großen Anteil daran haben der Bukarester Metropolit Antim Ivireanul, u. a. durch seine Predigten (Didahii 1709–16; gedruckt 1886), sowie die Bischöfe Damaschin, u. a. mit Apostolul (1704) und Inva˘ t¸a˘ tura despre s¸ apte taine (1724), und Chesarie, der durch die Mineie (1776–80; von Filaret abgeschlossen) «die Rumänisierung des Gottesdienstes vollendet» (Stoian 1994, 57; cf. Ghe¸tie et al. 1997, 288). Der dem Katholizismus verbundene Siebenbürger Samuil Micu-Klein übernimmt in der Carte de rogacioni pentru evlavia homului chrestin (Viena, 1779) das lateinische Alphabet (cf. darüber Ghe¸tie 1980, 159) und beendet 1795 eine Neubearbeitung der Bibel. Die Kirchensprache passt sich im Weiteren bis hin zur Bibelübertragung von Gala Galaction und Vasile Radu (Biblia, adic˘a dumnezeiasca scriptur˘a a Vechiului s¸ i a Noului Testament, Bucure¸sti, 1938; 1968; 1990) jeweils den Normvorschriften an. Noch im 18. Jh. verliert das religiöse Schrifttum seine dominierende Rolle, wie auch das Monopol der orthodoxen Kirche auf den Buchdruck zu schwinden beginnt. Zuerst in Siebenbürgen, nachfolgend in Muntenien und der Moldau entstehen private Druckereien, begrenzte Verlagsformen und der Buchhandel (Tranca˘ / Marinescu 1968, 16; Simonescu / Bulu¸taˇ 1981, 68 ss.). Das weltliche Buch tritt in den Vordergrund. Dennoch bleiben religiöse Texte lange Zeit ein bedeutendes Medium kollektiver Kommunikation. 2.1.2. Unbestritten ist die für die Herausbildung einer ersten Standardebene konstitutive Rolle des religiösen Textes. In dem Maße, wie er sich – als übersetzter Text – vom anderssprachigen Original löst, erwirbt er Authentizität und um 1750 normative Geltung auf der Grundlage des muntenischen Subdialekts (Ghe¸tie 1978, 123; einschränkend Ursu 1985, 521). Die schriftliche Fixierung wird dabei stets durch die mündliche Interpretation ergänzt: für die versammelte Gemeinde ist das gesprochene Wort von größter Bedeutung (Coteanu 1981, 140). Die kirchliche Literatur entwickelt eine erste selbständige Struktur. Damit verfügt die rumänische Orthodoxie frühzeitig – über staatliche Begrenzungen hinaus – über eine Varietät mit kommunikativer Verbindlichkeit in allen drei Provinzen (dako)rumänischer Sprache (Muntenien, Moldau, Siebenbürgen / Banat) (→ Art. 168).
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2.2. Administrativ-juristische Literatur Im Bereich von Verwaltung und Rechtswesen sind – im Anschluss an noch im 14. Jh. datierbare slavonische Rechtsdokumente – von 1588 an rumänische handschriftliche Urkunden (Schenkungsbriefe und Urteile) belegt. Juristische und administrative Texte folgen dem religiösen Schrifttum jedoch erst mit weitem Abstand. Als erster Druck ist hier die für den Klerus bestimmte Pravila de la Govora (Govora, 1640) des Mönchs Moxa zu nennen. Kurze Zeit darauf werden auf Veranlassung der Fürsten Vasile Lupu in der Moldau und Matei Basarab in Muntenien gesetzliche Rahmen genauer festgelegt. So erscheinen nach zumeist griechischem Vorbild Cartea româneasc˘a de înva˘ t¸a˘ tura˘ (Ia¸si, 1646) von Eustratie Logofa˘ tul bzw. Indreptarea legii (Târgovi¸ste, 1652) von D. Andrian Panonianul. Bei regionalen Unterschieden weisen beide Kodizes noch keine streng terminologischen Formulierungen auf (Rosetti / Cazacu / Onu 1971, 234). Die Gesetzbücher des 18. Jh., wie etwa Pravilniceasca condica˘ (Bucure¸sti, 1780) und Sobornicescul hrisov (Ia¸si, 1785) markieren den beginnenden Übergang zur Moderne. Mit Legiuirea Caragea (Bucure¸sti, 1818) und Codul Calimach (Ia¸si, 1833) findet die alte Rechtsauffassung ihren Abschluss. Nach 1840 setzt sich bürgerliches Recht mehr und mehr durch (Saramandu 1986, 23). Das Problem eines administrativ-juristischen Textes, spezialisiert und zugleich allgemein zugänglich zu sein, erhebt sich, als 1865/66 das neue Zivil- und Strafgesetzbuch frühere Modelle endgültig ablöst: es ist inhaltlich wie terminologisch dem Französischen verpflichtet (cf. Coteanu 1981, 147). Verwaltungs- und Rechtssprache untergliedert sich in verschiedene Textsorten – Gesetze, Erlasse, Anordnungen, Regelungen, Protokolle, Befehle usw. Zu ihnen zählen staatsjuristische Festlegungen der Landesverfassung, wie sie erstmalig in Regulamentul organic für Muntenien (1832) und die Moldau (1835), in der ersten Verfassung für Rumänien von 1865 bis hin zur Verfassung der Republik Rumänien von 1991 formuliert sind. 2.2.1. Der zwischen Institutionen sowie zwischen diesen und Bürgern vermittelnde administrativ-juristische Text ist im Allgemeinen sprachlich konservativ, homogen, eindeutig und formelhaft festgelegt (Irimia
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
1986, 213 ss.). Seiner vorwiegend schriftlichen Anwendung steht der mündliche Gebrauch entgegen, der je nach der Situation – vor Gericht, in der Debatte oder Verhandlung – kolloquiale Elemente einbeziehen kann (→ Art. 179). 2.3. Historiographische Literatur Die im 17. und 18. Jh. in der Moldau von Grigore Ureche, Nicolae Costin, Dimitrie Cantemir und Ion Neculce, in Muntenien von Radu Greceanu, Constantin Cantacuzino und Radu Popescu verfassten rumänischen Chroniken zirkulierten in der noch kleinen Bildungsschicht ausnahmslos handschriftlich im Original oder als Kopien, weshalb sie in diesem Stadium nicht, wie die Kirchensprache, an der Herausbildung überregionaler Normen beteiligt waren (cf. Rosetti / Cazacu / Onu 1971, 407). Die historiographischen Exkurse der Siebenbürgischen Schule zeigen Ansätze zu wissenschaftlicher Sehweise, die anschließend von Florian Aaron und Nicolae B˘alcescu weiterentwickelt wird. Nach 1840 besorgen Mihail Kog˘alniceanu, B˘alcescu und August Treboniu Laurian die Herausgabe früher Chroniken. Diese beeinflusst die Richtung der Sprachentwicklung sicher nicht, doch inspiriert sie Costache Negruzzi, Vasile Alecsandri, Alexandru Odobescu, Bogdan P. Hasdeu, Mihail Sadoveanu u. a. zu künstlerischer Bearbeitung, die ältere Sprachgewohnheiten vermittelt. 2.4. Didaktisch-wissenschaftliche Literatur 2.4.1. Bis in das 18. Jh. sind Slavonisch, Griechisch und Latein Bildungssprachen, weshalb das Rumänische in der Lehre (cf. Ghibu 1998) und Wissenschaft (cf. Chivu 1997) noch keinen Platz findet. Gegen Ende des 18. Jh. indessen löst das Aufklärungsideal zunächst in Siebenbürgen und im Banat einen raschen Bildungsaufschwung aus – die rumänische Kultur öffnet sich dem europäischen Okzident (Niculescu 1988, 128). Mit dem Ziel umfassender Volkserziehung drucken die Zentren in Sibiu, Blaj, Buda und Wien eine bislang nicht erreichte Zahl von Büchern, insbes. Lehrbüchern (Tomescu 1968, 110 ss.). Gheorghe Sincai ¸ etwa verfasst A.B.C. sau Alphavit (Blaj, 1783), Ion Budai– Deleanu ein Indrepta˘ toriu al înva˘ t¸a˘ turilor (MS 1785), Gheorghe Obradovici die Pova˘ ¸tuire ca˘ tre înva˘ t¸a˘ tura socoatei sau aritmetic˘a (Buda, 1805). Ion Piuariu-Molnar erschließt in Economia stupilor (“Die Bienenzucht”)
(Viena, 1785) das Gebiet der Anweisungen für alltägliche (landwirtschaftliche) Praxis (→ Art. 105). Theologische, historische und philologische Themen sind Grundanliegen für Samuil Micu (Istoria, lucrurile s¸ i întâmpl˘arile românilor pe scurt, Buda, 1806), Gheorghe Sincai ¸ (Hronica românilor s¸ i a mai multor neamuri, Buda, 1808), Petru Maior (Istoria pentru începutul românilor în Dachia, Buda, 1812; Istoria besericei românilor, Buda, 1813). Ihre Überlegungen zur rumänischen Orthographie und Grammatik zeigen eine neuartige, freilich latinisierende Perspektive auf (→ Art. 149). An die bahnbrechenden Elementa linguae daco-romanae sive valachicae (Viena, 1780) von Micu und Sincai ¸ knüpfen Arbeiten von Ioan PiuariuMolnar (Deutsch-walachische Sprachlehre, Wien, 1788), Radu Tempea (Gramatica rumâneasc˘a, Sibiu, 1797), Paul Iorgovici (Observa¸tii de limba româneasc˘a, Buda, 1799), Petru Maior (Diserta¸tie pentru începutul limbei române¸sti, in: Istoria pentru începutul românilor, Buda, 1812) oder Constantin Diaconovici-Loga (Gramatica româneasc˘a pentru îndreptarea tinerilor, Buda, 1822) an. Das Lexicon de la Buda (1825) leitet den Übergang zur modernen Lexikographie ein (Munteanu / Târa ¸ 1983, 153). Der Grammatik widmen sich in Muntenien Ien˘achi¸ta˘ Va˘ ca˘ rescu (Observa¸tii sau b˘aga˘ ri de seam˘a asupra regulelor s¸ i orânduielelor gramaticii rumâne¸sti, Râmnic / Viena, 1787), in der Moldau Toader Scoleriu ¸ / Amfilohie Hotiniul (Lec¸tione adec˘a cuvântare, Ia¸si, 1789). Danach schafft Ion Heliade-R˘adulescu mit seiner Gramatica româneasc˘a (Sibiu, 1828) wesentliche Voraussetzungen für die Standardsprache des 19. Jh. (→ Art. 17). 2.4.2. Die im Frieden von Adrianopol (1829) erlangte Verwaltungsautonomie ermöglicht den Fürstentümern eine nachhaltige Förderung von Wissenschaft und ihrer Verbreitung. Zahlreiche Publikationen, oft noch als Übersetzungen, erschließen zeitgenössisches Wissen in der Philosophie, Rhetorik, Geschichte, Naturwissenschaft, Technik, Landwirtschaft und Medizin. V. a. im Zeitraum 1830–60 wird eine Fülle romanischer Termini entlehnt (Ursu 1969, 155); dieser sprachgeschichtlich bedeutsame Prozess setzt sich bis in die Gegenwart fort (→ Art. 149). Mit der gegen Ende des 19. Jh. erreichten Stabilisierung erweitert der didaktisch-wissenschaftliche Text das Ausdrucksregister beträchtlich. Seine semantische Eindeutigkeit,
110. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Rumänisch
grammatische und lexikalische Bestimmtheit unterstützt die in jener Zeit angestrebte hochsprachliche Normierung. Parallel zur schriftlichen Form festigt sich zudem die mündlich-didaktische Variante (Irimia 1986, 111). 2.5. Belletristik Von der ersten Hälfte des 19. Jh. an beeinflusst die künstlerisch-belletristische Varietät entscheidend den Verlauf der Sprachgeschichte. 2.5.1. Während Dosofteis Psaltirea în versuri (Uniev, 1673) bekannt ist, wird die rumänische Volksliteratur erst ab ca. 1800 gedruckt verbreitet, wie auch handschriftliche Werke von Costin, Cantemir oder Budai-Deleanu bis zur zweiten Hälfte des 19. Jh. der Veröffentlichung harren. Zwischen 1821 und 1860 vollzieht sich ein grundlegender Kulturwandel: Die Abkehr von einer spätfeudalen Gesellschaftsform fördert die Auffassung, dass Literatur bürgerlich-demokratische, patriotische und erzieherische Werte vermitteln soll. Zugleich mit deutlich steigenden Publikationsmöglichkeiten (Tomescu 1968, 134–136) entwickelt sich unter solchen Vorzeichen die moderne Poesie, Prosa und Dramatik. Da den Schriftstellern eine latinistische Spracherneuerung nicht annehmbar erscheint, richtet sich ihr Blick auf interne Quellen. So glauben Ion Heliade-R˘adulescu und Gheorghe Asachi an die Vorbildwirkung älterer Kirchensprache, während Costache Negruzzi, Alecu Russo und Alexandru Odobescu v. a. an die Sprache der Chronik anknüpfen wollen. Der Kreis der Dacia literara˘ erkennt mit Mihail Koga˘ lniceanu, Vasile Alecsandri, Alecu Russo, Nicolae B˘alcescu, Dimitrie Bolintineanu u. a. der lebendigen Volkssprache und der Folklore literarische Qualitäten zu (cf. Diaconescu 1974, 48–63). Die Belletristik bezieht so eine grundlegende Komponente ein, die von Vasile Alecsandri und Mihai Eminescu bis Marin Sorescu in der Dichtung, von Ion Creanga˘ bis Marin Preda in der Prosa, von Ion Luca Caragiale in der Dramatik weiterentwickelt werden wird. Die Problematik der zu formenden Literatursprache bewegt weite Kreise. So soll der Neologismus nur Eingang finden, wenn er notwendig und in die Sprachstruktur zu integrieren ist (im Widerspruch dazu entscheiden sich Asachi und nach 1840 v.a. Heliade für die Italianismus-Option; → Art. 17; 149). Titu Maiorescu plädiert später (In con-
1263
tra neologismelor, in: Convorbiri literare 18 (1881), 8) für die maßvolle Verwendung romanischer Entlehnungen, die obsoleten Slavismen, nicht jedoch den Grundelementen, vorzuziehen seien. Der Regionalismus soll möglichst begrenzt genutzt werden. Steigende Ablehnung erfährt die kyrillische Schrift. Zunächst reduziert HeliadeRa˘ dulescu in seiner Grammatik (1828, cf. 2.4.1.) die Zahl der kyrillischen Elemente. Bald treten Mischformen auf, doch erst 1860/62 wird das lateinische Alphabet verbindlich eingeführt. Gegen das etymologische Orthographieprinzip der Latinisten und für eine einfache phonetische Schreibweise sprechen sich alle Schriftsteller aus, unterstützt von Maiorescu, dessen Phonetikkonzept 1880 und 1904 in der Rumänischen Akademie akzeptiert wird. 2.5.2. Das in Heliades Appell «un trup s˘a fim, o limb˘a sa˘ avem» (in der Zeitschrift Curierul românesc 1 (1829), 128) und in der Einführung zur Dacia literara˘ mit «[…] românii s˘a aiba˘ o limb˘a s¸ i o literatura˘ pentru to¸ti» (1840) ausgedrückte Streben nach einer einheitlichen Standardsprache wird gegen Ende des 19. Jh. Wirklichkeit. In dieser Phase wirken die Entwürfe des Latinismus und Italianismus nicht mehr. Noch nicht ganz frei von Schwankungen prägen sich im Wesentlichen bis heute gültige Verwendungsnormen aus, an deren Ausgestaltung vorbildhaft die Belletristik, aber auch andere Varietäten beteiligt sind. Nicht zu übersehen ist die Öffnung der literarischen Sprache für das gesprochene Wort und die direkte Rede (cf. Manca¸s 1991, 9). Dank intensiver interregionaler Kommunikation bewährt sich die geschaffene Norm auch ab 1918, als Siebenbürgen, das Banat und die Bukowina in das gesamtrumänische Staats- und Sprachgebiet eintreten (cf. Niculescu 1988, 161 s.).
3.
Massenpresse
3.1. Zeitung. Versuche, Ende des 18. Jh. in Siebenbürgen rumänische Zeitungen herauszubringen, scheitern an der Ablehnung der Behörden. Von kurzer Dauer sind der Cour(r)ier de Moldavie (fr., Ia¸si, 1790) und Fama Lipschii pentru Da¸tia (Leipzig, 1827). Der Durchbruch gelingt Heliade-R˘adulescu mit Curierul românesc (Bucure¸sti, 1829–48) und Asachi mit Albina româneasc˘a (Ia¸si, 1829–49), die in anfangs begrenzter Abonne-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
mentzahl über Ereignisse des In- und Auslandes informieren und dem jungen Bürgertum zu ideellen und sprachlichen Wegweisern werden (Andriescu 1979, 73). Die erste Tageszeitung, România (1838; bei ca. 65.000 Bukarestern), redigieren Aaron und Hill; in Ia¸si leitet Koga˘ lniceanu die Foaie sa˘ teasca˘ a Prin¸tipatului Moldaviei (1840–45), und George Bari¸tiu initiiert in Bra¸sov die renommierte Gazeta de Transilvania (1838– 1918). Entwicklungsmomente sind im Weiteren: Die Blätter der Revolution von 1848, Poporul suveran, Pruncul român, România, werden weithin bekannt, doch bald verboten. Die Vereinigung der Fürstentümer und den sozialen Wandel unterstützen Steaua Duna˘ rii (mit Koga˘ lniceanu), Românul (Constantin A. Rosetti), Dîmbovi¸ta (Bolintineanu), Buciumul (Cezar Bolliac), T ¸ a˘ ranul român und Reforma. Der Wirtschaftsaufschwung führt zu großen Zeitungen mit Auflagen bis zu 80.000 (bei ca. 8 Mio. Einwohnern): zu konservativen Blättern wie Timpul (mit Unterbrechung 1876–1924), Epoca (mit Unterbrechung 1885–1938), Constitu¸tionalul (1889–1900) und liberalen Periodika wie România liber˘a (1877–89), Lupta (1884–95), Voin¸ta na¸tionala˘ (1884–1914), Adeva˘ rul (mit Unterbrechung 1888–1951). Luigi Cazzavillan gründet Universul (1884– 1953), ein unabhängiges Blatt mit Massenauflage. Neben Telegraful român (1853– 1918) engagiert sich in Siebenbürgen Tribuna (1884–1903) unter Ioan Slavici für die kulturelle Einheit. Nach 1900 steigt die Zahl der Zeitungen erneut an; 1912 erscheinen über 650 Periodika (cf. Tomescu 1968, 151). Die Parteipresse polarisiert sich in konservative, liberale und sozialdemokratische Organe: Ac¸tiunea conservatoare, Conservatorul, Opinia, Ordinea vs. Mi¸scarea, Viitorul vs. România viitoare. Nach dem Ersten Weltkrieg agieren liberale Parteien, Bauernpartei und Volkspartei über Zeitungen wie Viitorul, Democra¸tia, Patria, Dreptatea und Indreptarea; die kommunistische Partei gibt u. a. Socialismul und Scînteia heraus. Nach 1944 erscheinen noch Adeva˘ rul, Universul, Via¸ta oder Semnalul, bis sie von der linksextremen Presse – Scînteia, România liber˘a, Munca, Scînteia tineretului u. a. verdrängt werden (cf. Coulin 1977, 563–569). Ab Dezember 1989 gewinnt die Massenpresse von România libera˘ (N. S.), Adeva˘ rul (5. Serie), Cotidianul, Curentul, Curierul na¸tional, Evenimentul zilei, Na¸tional, 22 bis Ziua ideologische und sprachliche Differenziertheit zurück.
3.2. Zeitschriften. Bereits im 19. Jh. entsteht eine reiche Skala von Zeitschriften. Kulturelle Themen behandeln Heliade in Curier de ambe-sexele (1836– 47), Asachi in Ala˘ uta româneasc˘a (1837–38), Bari¸tiu in Foaie pentru minte, inima˘ s¸ i literatura˘ (1838–65). Koga˘ lniceanus Dacia literara˘ (1840) und Propa˘ s¸ irea (1844) verfallen in Ia¸si einem brüsken Verbot; von Bedeutung wird indes seine Arhiva româneasc˘a (1840– 41; 1845), in der er – wie Laurian / B˘alcescu in Magazin istoric pentru Dacia (1845–47; 1851) – Geschichtsdokumente ediert. Das kulturelle Zusammenwirken der Moldau und Munteniens fördern entscheidend Alecsandris România literara˘ (Ia¸si, 1855) und Odobescus Revista româna˘ (Bucure¸sti, 1861–63), während Familia (1865–1906) und Transilvania (mit Unterbrechung 1868–1945) die Tradition rumänischer Kultur in Siebenbürgen darlegen. Großen Einfluss gewinnen die Convorbiri literare (mit Unterbrechung 1867–1944) des Junimea-Kreises, deren Kunstverständnis Hasdeus Columna lui Traian, Na˘ dejdes Contemporanul und Macedonskis Literatorul z. T. modernistische Konzepte entgegensetzen. Nach 1900 tragen v. a. Sema˘ na˘ torul und Via¸ta româneasc˘a literarische Strömungen. Die Zwischenkriegszeit bietet ebenfalls eine Vielzahl von Periodika, unter denen bes. Sbura˘ torul, Contimporanul und Gândirea zu nennen sind. Von 1944 an etablieren sich Zeitschriften wie Contemporanul, Gazeta literara˘ , România literara˘ , Via¸ta româneasc˘a, Secolul 20 und regionale Publikationen. Zumeist erscheinen sie auch heute, neben Neugründungen nach der Umwälzung von 1989 wie Dilema und Academica oder Neuauflagen wie Adeva˘ rul literar s¸ i artistic, Cuvântul und Luceaf˘arul. Unterschiedliche Fachblätter repräsentieren seit Mitte des 19. Jh. alle Kulturbereiche. 3.3. Gegen Ende des 19. Jh. ist die Sprache der Massenpresse – limbajul publicistic – eine in Kategorien (Nachricht, Bericht, Reportage, Leitartikel, Kommentar, Kritik) gegliederte, schriftliche Kommunikationsart, die einen hohen Anteil der Alltagssprache vornehmlich in urbanem Milieu ausmacht. Ihre heterogene Struktur integriert und popularisiert sehr rasch Sprachformen aus der Politik, Ökonomie, Administration, Wissenschaft und Technik (Munteanu / Târa ¸ 1983, 297; → Art. 179; 186; 191). Noch nicht erschöpfend gedeutet ist die Auswirkung der rumänischen Massenpresse auf die Sprach-
110. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Rumänisch
entwicklung und der Beitrag unterschiedlicher Sprechergruppen zu einem entfalteten öffentlichen Diskurs. Bedenken zur Sprache der Presse werden schon früh geäußert. So beklagen Maiorescu, Mihai Eminescu oder Caragiale neologische Überfremdung, Stereotypie und Klischee, Bedeutungsvagheit und -leere, unpersönlichen und preziös-superlativischen Ausdruck. Die Sprachpflege der Neuzeit (→ Art. 122) verweist auf häufige Normabweichungen (cf. z. B. Toiu ¸ 1995; Cra¸soveanu 1995), benennt die Mängel des über die Presse verbreiteten Funktionärsjargons, der limba˘ de lemn, in Vergangenheit und Gegenwart (cf. z. B. Slama-Cazacu 1991; Vulpe 1992) und warnt – ohne hinlänglichen Erfolg – vor der unkontrollierten Übernahme von Anglizismen / Amerikanismen (Târa ¸ 1994, 12).
4.
Film, Hörfunk, Fernsehen
Mit dem Film, Hörfunk und Fernsehen treten Massenmedien auf, die den mündlichen Kommunikationsbereich betreffen (→ Art. 203). 4.1. Film 4.1.1. Der erste größere rumänische Film, Independen¸ta României, hat 1912 Premiere; 1930 wird der erste Sprechfilm, Ciuleandra, aufgeführt. Bis 1939 entstehen rund 50 Spiel-, Dokumentar- und Trickfilme. Mit der Gründung des Filmzentrums in Buftea (1950) steigt die Zahl der Filme rasch an. Thematisch gilt ein ideologisch starres Konzept – die Orientierung auf die Arbeitswelt, die nationale Geschichte und den antifaschistischen Widerstand, die Erziehung der Jugend, die Unterhaltung. Der Spielfilm hat Höhepunkte mit Moara cu noroc (nach der Novelle von Slavici), Pa˘ durea spânzura¸tilor (nach dem Roman von Rebreanu), Reconstituirea, Filip cel bun, Cine are dreptate u. a. (Caranfil 1982, 331 ss.). Dabei ist für die Zeit bis 1989 auf die grundsätzliche Anpassung des gesamten Filmwesens an das Regime zu verweisen (Modorcea 1994, 117). Gegenwärtig kann sich der einheimische Film bei sinkenden Zuschauerzahlen gegenüber ausländischen Produktionen kaum behaupten. 4.1.2. Aus sprachhistorischer Sicht steht die umfassende Bewertung der verbalen Komponente des rumänischen Films noch aus. Als angemessene Sprechform erscheint vor-
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rangig der Dialog, dessen gekünstelte Konstruktion gelegentlich (in der Zeitschrift Cinema) Anlass zu Kritik gibt. Im Allgemeinen wird der sprachliche Standard respektiert, der Situation entsprechend erfolgt aber auch der Wechsel zu umgangssprachlichen und dialektalen Gesprächssequenzen (→ Art. 192). 4.2. Hörfunk 4.2.1. Der rumänische Hörfunk strahlt im November 1928 ein erstes, 1930 bereits ein zweites Programm aus. Zu Beginn überwiegt die Musiksendung, doch bald erscheinen Sprechbeiträge: die Radio-Universität, Schulstunde, Stunde des Dorfes, Vortragsreihen (cf. Denize 1998, 101 ss.) und aus der Presse übernommene Rubriken (Nachricht, Reportage, Interview). Die Abonnentenzahl steigt bis 1938 auf 250.000. Schon 1945 wird die unabhängige Rumänische Rundfunkgesellschaft verstaatlicht. Unter doktrinärer Anleitung erhöhen sich danach alle Indikatoren: Ein drittes Programm wird eröffnet, die Sendezeit erreicht 40.000 Stunden pro Jahr, die Abonnentenzahl übersteigt 1975 drei Millionen, um bald darauf wegen der Konkurrenz durch das Fernsehen zu stagnieren. Gegenwärtig sendet Radio România auf den vier Kanälen Radio aktuell, Kultur, Jugend, Musik. Daneben existieren in allen größeren Städten nichtstaatliche Sender, die sich wohl thematisch, in der Sprachgestaltung jedoch unerheblich vom zentralen Hörfunk abheben. 4.2.2. Sprachgeschichtlich bisher noch nicht umfassend beurteilt, erweist sich die Rolle des Hörfunks für die Verbreitung und Festigung der rumänischen Hochsprache als sehr bedeutsam. Bis 1989 wird, neben Nachrichten und Radiojournal, auf Sprachbeiträge wie Radio-Tribüne, Agrarjournal, Wissenschaftshorizont und Radio-Theater Wert gelegt. Kritische Anmerkungen zu grammatischer und orthoepischer Korrektheit begleiten die Sendereihe Oda˘ limbii române (cf. z. B. Iordan 1977). Aktuell bleibt bis heute Sprachpflege im und durch den Hörfunk (cf. z. B. Vasiliu 1993). Die bei allen Radioanstalten zunehmende life-Moderation fördert die landesweite Ausdehnung und Aneignung gehobener Umgangssprache (→ Art. 203). 4.3. Fernsehen 4.3.1. Zur Jahreswende 1956/57 tritt das rumänische Fernsehen in die Öffentlichkeit.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Ein vollständiges Erstes Programm wird 1958 angeboten, der zweite Kanal nimmt 1972 den Betrieb auf. Farbfernsehen ist ab 1985 möglich. Durch das in Bukarest errichtete Fernsehzentrum und Regionalstudios (in Ia¸si, Cluj-Napoca, Timi¸soara) weitet sich das Empfangsnetz zügig aus, so dass die Abonnentenzahl schon 1977 diejenige der Radiohörer übertrifft. Inhaltlich wird bis 1989 versucht, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Information, Bildung / Erziehung und Unterhaltung zu wahren. Eine strukturelle Wende offenbart sich in jüngster Zeit: Die Öffentlichen Fernsehstationen TVR 1 und TVR 2, welche den standardisierten Sprachduktus bevorzugen, behaupten sich zwar (noch) mit staatlicher Unterstützung, jedoch bestimmen die kommerziellen privaten Anstalten ANTENA 1, PRO -TV und TELE 7 abc sowie Acasa˘ , HBO und Prima zunehmend die Einschaltquoten, da sie – als hauptstädtische Kommunikationsträger – internationale Angebote haben und sich offiziellen Sprachregelungen entziehen. 4.3.2. Fernsehen ist auch in Rumänien zum beherrschenden Massenmedium geworden. Eine Umfrage von 1996 sieht die Bevölkerung zu zwei Dritteln vom Fernsehen und in nur geringem Maße von Hörfunk oder Presse informiert (Bucheru 1997, 87). Über dieses Medium kann sich die normgerecht vermittelte Sprechform generalisieren, wobei öffentliche und private Kommunikationsanteile ineinander übergehen (cf. Ludes 1998, 34). Hinweise auf Verstöße gegen den sprachlichen Standard, Ausdrucksarmut u. ä. (Constantin 1993; Tabarcea 1994) verdeutlichen, dass die vertiefende Analyse bestimmter Textsorten (Nachricht, Telejournal, politisches Interview) zu den Desiderata sprachwissenschaftlicher Forschung gehört. Neben den schriftlichen Varietäten Buch und Massenpresse ist der mündliche Beitrag des Fernsehens am ehesten geeignet, die Fortentwicklung des Gegenwartsrumänischen zu beeinflussen (→ Art. 192).
5.
Neue Medien
Die Ausstattung mit neuen Medien der Massenkommunikation verläuft der aktuellen Lage der rumänischen Ökonomie gemäß (Daten unter NSRC Romania [1998 ss.]). Institutionen, Unternehmen und Redaktionen verfügen über Telefax, z. T. über InternetZugang und E-mail, in privater Nutzung
finden sich, ebenso wie Video und CD ROM , Anlagen jedoch in nur geringem Umfang. Ob sich ihre zweifellos steigende Verwendung auf die Textgestaltung (cf. Zafiu 1999) auswirken und letztlich Einfluss auf die Sprachstruktur erhalten wird, bleibt abzuwarten.
6.
Literatur
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Arthur Beyrer, Berlin
111. Comunicazione di massa e storia della lingua: Italoromania Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Italoromania 1. 2. 3.
8.
Il libro a stampa come medium Geografia del libro Il libro italiano tra repertori e produzione reale Il libro italiano in Svizzera Libri in latino, in volgare, da leggere, da ascoltare Il foglio volante e altre forme-libro a grande diffusione Le varietà scritte, la standardizzazione e la diffusione della scrittura Bibliografia
1.
Il libro a stampa come medium
4. 5. 6. 7.
Dal momento che il ruolo dei mass media veri e propri (dai giornali a Internet) o di fenomeni socioculturali analoghi, come la predicazione (Magli 1963; 21977; Cardona 1983, 55–75; Bianconi 1989; Alfieri 1994; Librandi 1997), è analizzato in altri articoli, cercherò di insistere qui su quel medium molto particolare che è, tra il XV e il XIX sec., il libro a stampa.
Tra gli anni ’60 e ’70 del ’400 l’arte di comporre i libri con i caratteri mobili si diffonde dalla Germania nel resto d’Europa e, particolarmente, in Italia. Per partecipare al nuovo commercio bastano un torchio, una cassa di caratteri, alcune risme di carta, un po’ di inchiostro tipografico e il lavoro di tre persone: un ‘compositore’, necessariamente alfabetizzato, e due adetti al torchio, che potrebbero essere analfabeti o quasi (Fahy 1988, 40–45; Harris 1998, 305–332, che ringrazio, una tantum, per i suoi suggerimenti). Una volta diviso il testo da riprodurre in unità di lavoro più piccole (le ‘forme’ tipografiche), la nuova tecnologia permette a una squadra come quella appena descritta di ‘tirarlo’ in centinaia di copie nello stesso tempo in cui un copista riesce a produrne una sola (sulle tirature: Nuovo 1998, 38–45; Richardson 1999, 21–24). Per stimolare il mercato, le effimere associazioni di artigiani e di capitalisti che si lanciano in questa nuova attività, fissano per i
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
libri prodotti ‘artificialiter’ prezzi decisamente concorrenziali. Un libro a stampa arriva a costare dieci volte meno di un libro scritto a mano (Nuovo 1998, 118–124; Richardson 1999, 112–118). Possono così avvicinarsi al libro (già oggetto di lusso o status symbol) strati sociali tradizionalmente esclusi dalla lettura. Per questa ragione – tra l’epoca della televisione e delle chat-lines elettroniche e i tempi dei cantastorie, dei banditori, dei predicatori – il libro a stampa è, dopo la voce, il principale, se non l’unico, mezzo di comunicazione di massa dell’Europa d’antico regime. Di qui il suo influsso sulla standardizzazione dell’italiano e di altre lingue europee (distinguo con Lamuela, 1992, 18, e 1994, 114, tra codificazione, cioè fissazione di norme linguistiche, e standardizzazione, che è il processo sociale di diffusione delle norme). Di qui anche, nel lungo periodo (ancora nel 1861 i 4/5 degli italiani sono analfabeti), la sostituzione di un modello di comunicazione scritta fondato sull’oralità con un modello fondato sul binomio scrittura / lettura (Trifone 1993, 426).
2.
Geografia del libro
Di regola, la rapidità della diffusione della nuova invenzione è inversamente proporzionale alla lontananza dalla Germania. Inoltre, in un Europa a crescita demografica lenta – dove solo Napoli e Parigi contano più di 200.000 abitanti – città relativamente popolose attirano gli stampatori più dei borghi e dei villaggi. Il clamore suscitato dalla vendita all’asta (Christie’s, 23 novembre 1998) del frammento Parsons – una Passione di Cristo in volgare settentrionale (emiliano?), stampata con una tecnica tipografica arcaica – ci aiuta a prendere le distanze dal mito (sempre meno attraente) di una Subiaco culla della stampa italiana per iniziativa dei benedettini Sweynheym e Pannartz. La cronologia della produzione più antica è dunque: – Italia settentrionale(?), ante 1465(?): Passione di Cristo; – Subiaco, ante 30 settembre 1465: Cicerone, De oratore; – Subiaco, ante ottobre 1465: Donato; – Subiaco, 29 ottobre 1465: Lattanzio; – (Subiaco?), 12 giugno 1467: s. Agostino, De civitate Dei; – Roma, 1467: Cicerone, Epistolae ad familiares; – Roma, 1468: Lattanzio (e vari altri libri);
–
Venezia, ante 18 settembre 1469: Cicerone, Epistolae ad familiares. Ma è ovvio che questo scarno e disomogeneo elenco, dove pochi dati certi sono affogati in un mare di incognite, è inadeguato a descrivere una situazione certamente più varia. Ed è provato che i relativamente poco numerosi libri antichi notevoli per consistenza sopravvivono molto più dei libriccini scolastici o devozionali di poche carte (Harris 1993–94). L’unico ‘fatto’ che i libri superstiti del primo decennio permettono di stabilire con certezza è l’esplosione simultanea della produzione tipografica italiana nel triennio 1470–72: da Milano a Treviso, da Padova a Mantova, da Bologna a Jesi, da Foligno a Trevi a Napoli, che rimane, per diversi anni, il limite meridionale per la diffusione del libro (cf. gli ormai ‘classici’ volumi dedicati all’Italia nel Catalogue of Books printed in the XV th Century now in the British Museum). Venezia, avvantaggiata dalla sua rete commerciale nautica, a basso costo, diviene ben presto il centro di produzione più importante, con il 41 % della produzione incunabolistica (Sandal 1986, 251 s.) e il 61 % delle cinquecentine prodotte tra il 1501 e il 1575 (Quondam 1983, 584). Nel ’400 seguono, in ordine di importanza: Roma, Milano, Firenze, Bologna, Napoli, Pavia e Brescia (ma il 70 % dei ‘libri’ fiorentini prodotti nel ’400 è constituito da opuscoli al di sotto delle 52 carte, 320 su 767 sono ‘minutaglie’, cioè fascicoli tra le 2 e le 12 carte: Trovato 1998, 57–64). Nel ’500 Ferrara soppianta Pavia e, mentre Roma e Firenze accrescono il loro peso, Milano, Bologna e Brescia sembrano perdere significative quote di mercato (Quondam 1983, 584). Nella seconda metà del secolo l’arte tipografica viene introdotta anche in Sardegna, ad opera del vescovo di Bosa Nicolò Canelles (Loi Corvetto 1992, 894, con bibliografia). Un buon colpo d’occhio è offerto dalla Fig. 1 in Quondam (1983) (una carta d’Italia che evidenzia i «Luoghi di attività tipografica tra 1465 e 1600» desumibili dai fondi della British Library), ma si dovrà tener conto, con Harris (1995, XX s.), che le cinquecentine italiane della British Library, pur numerosisime, non possono valere come la «media» della produzione italiana, sono semmai «il risultato di una bibliofilia rivolta alla ricerca del libro raro, bello e prezioso». La situazione si modificherà, comunque, rapidamente. Da un’analisi delle edizioni del
111. Comunicazione di massa e storia della lingua: Italoromania
’600 possedute dalla British Library «risulta netto il declino di Venezia» (Bartoli Langeli / Infelise 1992, 966). Tra i centri in fase espansiva, il più importante è Roma che nei primi 25 anni del secolo produce il 13,30 % (come nel venticinquennio precedente), ma nel periodo 1651–75 giunge al 25 % del totale. Inoltre, in un contesto di diffusione crescente dello stampato nella vita cittadina (bandi, bollette, fogli di avvisi, ecc.), il declino delle grandi case di origine cinquecentesca implica una trasformazione profonda della qualità della produzione italiana. Alla proliferazione di molte piccole stamperie che puntano al mercato locale, corrisponde un numero minore di grandi imprenditori insediati nei grandi centri e impegnati nel commercio internazionale. Il modello di sviluppo ‘veneziano quattrocentesco’, basato su ingenti capitali e in grado di competere con i grandi centri stranieri nella produzione di libri di qualità per il mercato internazionale (classici, Messali e Bibbie in latino), cede al più flessibile, ma marginale, modello ‘fiorentino’, incentrato sul libro popolare: che esige investimenti modesti ed è più adatto a un mercato in contrazione, di dimensioni forzatamente provinciali. Ancora nella seconda metà del ’700 gli almanacchi e i lunari popolari da pochi centesimi, destinati a un pubblico di alfabetizzazione recente (i ‘libri da risma’), sono una parte cospicua della produzione dei Remondini di Bassano, la più grande stamperia italiana del tempo (Infelise 1980): e perdono terreno solo nella Milano del primo ’800, dove, per la prima volta da secoli, si avverte una significativa concentrazione di opere costose, spia di «una trasformazione capitalistica del mercato editoriale» (Berengo 1980, 176 s.).
3.
Il libro italiano tra repertori e produzione reale
Non occorre dire che per poter studiare (da qualsiasi punto di vista, incluso quello storico-linguistico) i libri del passato è prima indispensabile localizzarli. Ora, nonostante un elevato tasso di dispersione caratterizzi i libri di maggior successo (intere tirature di testi scolastici elementari o di libri di intrattenimento ‘consumati’ avidamente e stampati in continuazione, come i cosiddetti Donatelli o l’Innamoramento di Orlando del Boiardo, sono andate perdute), l’insieme dei libri a stampa quattro-, cinque-, sei-, sette-, ottocenteschi prodotti in Italia e giunti fino
1269
a noi costituisce una documentazione sterminata, dispersa in numerosissime biblioteche pubbliche e private e la cui stessa consistenza non è facilmente determinabile. Gilmont (1992, 347 s.) ritiene che il numero di 27.000 incunaboli (cioè libri a stampa prodotti prima del 1501), costituisca un’approssimazione accettabile (anche se per difetto) alla produzione complessiva europea e che le edizioni europee del ’500 non possano essere state meno di 350.000. A giudizio dello stesso studioso (ib., 348–355), gli incunaboli italiani dovrebbero essere almeno 8.217 (il 40 % del totale), mentre un sondaggio a campione condotto su alcuni fascicoli dell’Index Aureliensis gli fa pensare che l’apporto delle cinquecentine italiane non sia inferiore al 25 % (si tratterebbe di almeno 87.500 edizioni). Si tratta di cifre inquietanti, dal momento che la popolazione italiana all’inizio del ’500 era composta da una decina di milioni di persone con un tasso di analfabetismo certamente superiore all’80 %, e che – ipotizzando una ‘tiratura’ media di 300 copie, più quattro- che cinquecentesca – si ottiene per il solo XVI sec. un totale minimo (certo astratto e puramente indicativo) di oltre 26 millioni di libri. Ma specialisti della produzione tipografica italiana come Sandal (1986, 251 s.) e Fahy (1980, 58–61) erano già arrivati, su basi diverse, a ipotizzare valutazioni dello stesso ordine di grandezza: rispettivamente 12.000 incunaboli italiani, pari al 45 % della produzione europea superstite, e 72.000 cinquecentine italiane. Va ribadito d’altra parte che la produzione reale di una merce così fragile doveva essere significativamente superiore al numero delle edizioni giunte sino a noi. Sviluppi tecnologici recentissimi legati all’informatica e alla multimedialità hanno consentito di avviare e in qualche caso di portare a termine ambiziosi progetti di catalogazione e descrizione bibliografica, a integrazione degli ancora utili repertori cartacei. Premesso che, come è facile intuire, la produzione libraria mondiale tende a crescere in progressione geometrica ed è nozione comune che i libri stampati dal 1945 a oggi superano (e di molto) l’intera produzione precedente, la situazione è sempre meno favorevole per gli studiosi man mano che dal ’400 si ‘scende’ verso i giorni nostri. Per l’intera produzione quattrocentesca occidentale è fondamentale e molto affidabile il dischetto dell’Illustrated Incunable Short-title Catalogue on Cd-ROM (IISTC ). Per il ’500
1270
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
italiano, ai cataloghi delle grandi collezioni britanniche, francesi ecc., al non sempre attendibile tentativo di catalogo complessivo dell’Index Aureliensis e a un ingente numero di cataloghi di singole biblioteche (elenchi in Harris 1995 e in Zappella 1999) si affiancano i primi quattro volumi delle Edizioni italiane del XVI secolo. Censimento nazionale (EDIT 16). In linea di principio, sia Davies (1997) sia EDIT 16 (ora anche in rete) consentono di localizzare tutti gli esemplari superstiti di una data edizione conservati in biblioteche pubbliche. Campioni parziali, ma ampi, della produzione seicentesca, dall’ottica rispettivamente delle biblioteche pubbliche francesi e della eccezionalmente ricca raccolta della British Library, sono ricavabili da Michel / Michel (1967–84, 8 vol.) e dal Catalogue of Seventeenth Century Italian Books in the British Library, 3 vol. Un’analoga serie di volumi relativi ai libri italiani settecenteschi della stessa British Library è in preparazione. Per il sec. XIX soccorre, pur con le lacune e gli errori che è lecito attendersi in opere monumentali (cf. Carpané 1992), il Catalogo dei libri italiani dell’Ottocento (CLIO, 19 vol.). E un notevole progetto di censimento della narrativa ottocentesca è descritto in Moloney / Ania (1997).
4.
Il libro italiano in Svizzera
Un buon quadro di insieme della produzione in volgare della Svizzera italiana (o Lombardia svizzera) dal 1747 al 1900 si può ricavare da Edizioni ticinesi (1961, con ampia bibliografia; la possibilità di un parziale controllo incrociato è consentita da CLIO, vol. 19, 16125, che elenca, ordinate per località, le tipografie ottocentesche del Canton Ticino). Il centro più importante è ovviamente Lugano, seguito da Bellinzona, Locarno, Capolago e Mendrisio (Ascona, Chiavasso e San Biagio hanno una tradizione più modesta). A tutt’oggi non esiste invece un catalogo unificato a stampa della produzione tipografica dell’attuale Svizzera dalle Origini al ’700. I cataloghi di incunaboli e gli Short-title catalogues della British Library registrano il materiale della Svizzera tedesca e delle altre «German-speaking countries» tra i libri tedeschi, quelli della «French-speaking Switzerland» tra i libri francesi e quelli del Ticino tra i libri italiani. È comunque opportuno integrare i lavori specifici fin qui disponibili (per es. Gaullieur
1855; Motta 1882; Agliti 1988; Sopranzi 1993, Pozzi / Pedroia 1996; Barelli 1998) con qualcuno dei cataloghi appena menzionati. Una scorsa agli indici dello Short-title catalogue of Books printed in Italy (1465–1600) invoglia ad azzardare che – prima della frattura pienocinquecentesca tra la Chiesa di Roma e i seguaci dei grandi riformatori, Lutero e Calvino – un tipografo ‘svizzero’ non avesse una particolare convenienza a stampare libri in italiano. Condizioni diverse si avvertono dopo la fuga in varie località dell’odierna Svizzera di riformatori italiani come il predicatore Bernardino Ochino e gli umanisti Celio Secondo Curione e Francesco Negri, che aprono una copiosa serie di esuli ‘religionis causa’ (basti ricordare i nomi di Lodovico Castelvetro o Giordano Bruno). Se è vero che, inizialmente, le nuove opinioni religiose sono diffuse mediante la stampa «anche nei paesi in cui il potere resta fedele alla Chiesa tradizionale» e «piccoli libri devozionali presentano i temi luterani evitando ogni aggressività», dopo il 1540 il rischio sembra eccessivo: e «una rete di rivenditori ambulanti si attiva a partire dai Paesi vicini – Ginevra, Strasburgo, Emden» (Gilmont 1995, 246). Un ulteriore incentivo a stampare oltre confine libri destinati al mercato italiano (spesso con indicazioni tipografiche ingannevoli) viene dalle sempre più severe disposizioni in materia introdotte dalla censura ecclesiastica nel corso degli anni Quaranta e in particolare dall’istituzione dell’Inquisizione romana (21 luglio 1542). Specialmente nel tardo XVI e nel XVII sec. la storia della produzione di libri italiani nei centri svizzeri passati alla Riforma è legata a doppio filo al tentativo di aggirare la censura ‘romana’ (Rotondò 1973; Gilmont 1995, 247 s.; Fragnito 1997; Infelise 1999). A Ginevra, e anche a Basilea o a Zurigo o a Poschiavo, nei Grigioni (ma non nella cattolicissima Lombardia svizzera), si stamperanno, tra l’altro, varie opere dell’Ochino (dal 1543) e poi del Valdès, del Curione, del Negri, del Vergerio assieme a volgarizzamenti di scritti di Calvino o di Bibbie diciamo pure calviniste, come quella edita dal Durone nel 1562 (sui primati della tipografia di Poschiavo – avvio nel 1547, cioè due secoli prima di Lugano e un secolo prima di altre città dei Grigioni; pubblicazione nel 1552 del primo testo a stampa in romancio –, Lurati 1992, 153 s.). E le tipografie transalpine daranno alle stampe, oltre agli scritti degli esuli, anche ‘classici’ proibi-
111. Comunicazione di massa e storia della lingua: Italoromania
ti come Machiavelli (tipiche le edizioni cosiddette Testine dei suoi Opera omnia, seicentesche, ma con la data falsa Ginevra 1550, ad anticipare l’Indice di Paolo IV; cf. Bonnant 1965). Per quanto riguarda il ’700–’800, premesso che una parte cospicua della produzione ticinese è «strettamente locale o al più elvetico-ticinese» (e rilevante dunque solo per la storia dell’italiano scritto documentario), una nuova, forte spinta centrifuga, in qualche modo simile a quella della pubblicistica «religiosa» del Cinque-Seicento, si verificò nel corso del XIX sec., quando – dietro la spinta di «uomini venuti dal di fuori» – il Ticino divenne una roccaforte del liberalismo e gli italiani esuli per ragioni politiche – sfuggiti alla Restaurazione prima, alla repressione dei moti risorgimentali poi – diedero vita ad una stagione tipografica e culturale irripetibile (si pensi solo alle vicende editoriali di tanti scritti di Foscolo o di Mazzini). Di conseguenza, quasi risolta, nel 1860, «la causa dell’indipendenza italiana, mancarono all’editoria ticinese le ragioni di quella che fu fino ad allora una missione» (Edizioni ticinesi 1961, 11 s.).
5.
Libri in latino, in volgare, da leggere, da ascoltare
La relativa omogeneità di trattamento che la produzione letteraria, in qualsiasi lingua, subisce all’interno delle officine tipografiche (regolarizzazioni nell’interpunzione, revisioni ortografiche, migliorie testuali, produzione di indici e annotazioni) non esclude l’esistenza di opposizioni linguistiche nette (per cominciare: latino vs. volgare), che riflettono altrettanto nette polarizzazioni di ‘ceto’ (se si preferisce, di classe) tra i lettori. Come è ben noto, il latino rimane a lungo l’unica lingua dell’alta cultura (docenti universitari, medici, giuristi, teologi, ‘umanisti’) e la lingua nella quale si impara a leggere. Di conseguenza, i libri italiani del ’400 in qualche varietà di italiano censiti nei repertori di incunaboli oscillano tra il 16 % e il 20 % (bibliografia in Trovato 1994, 23). Una rassegna intelligente e informata dell’importanza del latino nei diversi ‘dominii’ (da integrare con i manuali di Tavoni 1992; Trovato 1994; Marazzini 1993; Matarrese 1993) è offerta da uno storico attento agli sviluppi della sociolinguistica, Burke (1990, 33–61). I grafici allestiti da Marazzini (1993, 32–37) per il cinquantennio 1550–99 suggeriscono
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d’altra parte una crescente, inarrestabile diffusione del libro in volgare già nel corso del ’500. Rilanciando, con qualche aggiustamento, un modello elaborato negli anni ’30 dall’antropologo Robert Redfield, lo stesso Burke (1980, 31) avverte: «Il divario culturale veramente decisivo nell’Europa preindustriale era quello tra la maggioranza delle persone per le quali la cultura popolare era l’unica cultura e la minoranza di coloro che, pur avendo accesso alla grande tradizione [la cultura delle scuole e delle università, in opposizione alla cosiddetta piccola tradizione; P. T.], partecipavano tuttavia anche alla piccola come a una seconda cultura. Questi ultimi vivevano una vita, per così dire anfibia, avevano una doppia cultura ed erano bilingui: laddove la maggioranza della gente non parlava altro che il dialetto locale, l’elite parlava o scriveva latino o una forma letteraria del vernacolo, conservando tuttavia la capacità di esprimersi in dialetto […]. Una moderna analogia è rappresentata oggi dalla condizione dei componenti dell’elite di lingua inglese della Nigeria, ai quali l’educazione di stampo occidentalizzante non impedisce di partecipare alla propria cultura tribale tradizionale».
Del tutto analogamente, la regolarità con cui le elites quattrocentesche ricorrevano al volgare scritto solo in particolari situazioni comunicative (per es. leggi e bandi, testi di propaganda politica, ecc., ma non discussioni filosofico-scientifiche), ha invogliato gli storici della lingua a ricorrere alla nozione di diglossia (nel senso di Ferguson 1959). Naturalmente, neanche la più iniqua delle società storiche è riuscita a impedire la trasmissione e lo scambio di nozioni e modelli culturali dall’alto in basso, come dimostra per es. la plurisecolare fortuna popolare di opere raffinatissime come il Furioso o la Gerusalemme Liberata, ma anche dal basso in alto, come prova l’interesse dell’elite cinquesettecentesca per i pronostici o per i libri di ‘segreti’. Per non fare che un solo esempio, la cultura attardata di Don Pippino (un nipotino settecentesco di Don Ferrante, che si crede un intellettuale, ma legge solo lunari, vecchie raccolte di giornali e romanzi cavallereschi) è ridicolizzata nella goldoniana Donna sola (II 6): «Aspettate: due tomi avrò del Caloandro / averò quasi tutta la Vita d’Alessandro, / Paris e Vienna certo, i Reali di Franza, / il Guerrino meschino, le Femmine all’usanza, / dieci o dodeci tomi del Giornale olandese, / ho sedici commedie tradotte dal francese / […] / una serie perfetta di trentadue Lu-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
nari; / in specie un Almanacco ch’è il più sicuro e dotto, / e un libro per trovare i numeri del lotto».
sta Andrea da Barberino (prima ed. nota: Modena, 1491), Infelise osserva che
(L’avvio di una discussione della ‘letteratura’ sui dislivelli culturali nelle società occidentali in Ginzburg, 1976, XI –XXV e passim, che polemizza a ragione contro l’immagine «stereotipata o dolciastra di cultura popolare»). Nel suo ricchissimo libro sulla cultura popolare Burke (1980, 63 s.) non manca di integrare il modello di Redfield osservando che, «a metà strada fra la grande tradizione e la piccola», c’era, nell’Europa moderna, un gruppo sociale che «fungeva da intermediario». (In ambito diverso, più familiare ai lettori di questo volume, l’importanza di gruppi sociali con questa funzione nella diffusione del cambiamento linguistico è dimostrata da lavori di sociolinguistica come Labov 1977, specialmente 121–158). Si può forse precisare che, nel caso in esame, questo gruppo intermedio tra i ranghi ridotti delle classi dirigenti e le masse degli analfabeti si sviluppa soprattutto a partire dal secondo ’400, a seguito del lento, ma inarrestabile, processo di laicizzazione della cultura avviatosi nell’Italia due-trecentesca. Ne fanno parte alfabetizzati dal profilo professionale assai vario (artigiani, venditori ambulanti, mugnai, tessitori, ma anche musicisti pratici, pittori e architetti) che sanno leggere, scrivere e far di conto, ma non capiscono il latino (‘illitterati’, ‘nescientes litteras’, ‘sanza lettere’), dai fornitori (facchini, caciai, contabili) di Maddalena Pizzicarola (Petrucci 1978) al mugnaio eterodosso Domenico Scandella, più noto come Menocchio (Ginzburg 1976), fino a Leonardo da Vinci o a Tiziano (Dionisotti 1962; Ginzburg 1986, 133– 157; sul tema di fondo dell’aumento della scolarizzazione, per cui, in pochi secoli, si passa dall’ «alfabetismo dello scriba» tipico dell’Italia altomedioevale a quello «dell’artigiano» tipico della prima età moderna e da questo all’alfabetismo di massa: Graff 1986; Bartoli Langeli / Toscani 1991; Cavallo / Chartier 1995). Per quanto riguarda poi l’inventario dei libri ‘popolari’, come ammonisce Chartier, i titoli dei libri sono spesso gli stessi per tutte le classi di lettori: quello che cambia è il modo di presentarli (da parte degli editori) e il modo di comprenderli e utilizzarli (da parte dei lettori). Accennando alle vicende editoriali di uno dei ‘libri de bataglia’ in prosa più fortunati, i Reali di Francia del trecenti-
«la tipologia esterna del libro rimase almeno tra fine ’500 ed ’800, sempre la medesima: formato in 8° piccolo, composizione molto fitta, un’unica illustrazione, ricavata da un’incisione su legno piuttosto rozza, nella pagina di apertura; una copertina editoriale di cartone, spesso di quello stesso colore azzurro carta da zucchero che caratterizzava le analoghe produzioni francesi di Troyes» (in: Bartoli Langeli / Infelise 1992, 961).
In altre parole, i libri ‘popolari’ (chapbooks inglesi, Bibliothèque Bleue ecc.) non sono necessariamente libri nuovi o inediti, ma ricevono «nuove forme», che li mettono alla portata di un pubblico con modalità di lettura specifiche: il quale «esige sequenze brevi, separate le une dalle altre, chiuse su se stesse; richiede l’ausilio dell’immagine che, anche se di reimpiego, consente di indicare o di memorizzare il senso; richiede la ripetizione piuttosto che l’invenzione»,
donde la tendenza dei produttori a presentare i libri in classi di testi ad alta «coesione» reciproca: romanzi di cavalleria, fiabe, opere religiose e via dicendo (Chartier 1995, 329– 335). E si potrebbero aggiungere altri tratti, tipici in seguito anche della paraletteratura ottonovecentesca, come la ripetività, per cui «uno o più personaggi possono essere protagonisti di storie diverse», la serialità delle storie, la prevedibilità degli svolgimenti (Bordoni / Fossati 1985, 60). È comunque necessario «prendere le distanze» rispetto alla situazione odierna: «nel XVI secolo [in Italia, ancora alla metà del ’700; P. T.], la novità del libro consiste nella sua moltiplicazione in un mondo in cui i rapporti sono essenzialmente orali. L’informazione circola in realtà attraverso altri canali: le voci che alimentano i dibattiti pubblici e privati, i proclami dei banditori pubblici, l’imbonimento dei venditori ambulanti, i sermoni, il teatro […], il canto da strada e anche la lettura pubblica» (Gilmont 1995, 257).
Tanto che, parafrasando la nota griglia concettuale di Nencioni (1976; il parlatoparlato, il parlato-scritto, il parlato-recitato), Trifone ha potuto osservare: «La stampa conferisce una nuova potente capacità d’irradiazione non solo allo scritto-scritto, ma anche allo scritto-parlato, cioè letto in pubblico a voce alta, e allo scritto recitato, cioè memorizzato dagli attori e rivissuto nella rappresentazione scenica» (1993, 441).
111. Comunicazione di massa e storia della lingua: Italoromania
6.
Il foglio volante e altre forme-libro a grande diffusione
Fondare una ricostruzione della cultura scritta di antico regime sui volumi dei classici, dei teologi, degli storici o degli stessi autori esemplari della letteratura volgare, da Dante al Tasso, ben conservati dalle nostre biblioteche, «sarebbe come immaginare le città antiche gremite solo di marmi e di bronzi» (Cardona 1983, 71). In realtà, come si è anticipato, una parte cospicua dell’attività tipografica consisteva nella produzione di materiali di costo modesto e di larga diffusione. Ora, ribadito che i quasi cinque secoli sfiorati dalla presente rassegna sono caratterizzati, pur con notevoli squilibri tra regione e regione, da una crescente diffusione dell’alfabetizzazione e da un aumento della produzione tipografica europea, i settori più tipici della produzione di massa italiana possono essere così schematizzati: (a) tra il ’400 e il ’600, va ricordata soprattutto la produzione dei fogli volanti; (b) nel ’700, i periodici (e specialmente le gazzette urbane) e gli almanacchi; (c) alla fine del secolo (in netto ritardo rispetto all’Inghilterra, alla Francia, ai paesi di lingua tedesca), il romanzo borghese, prevalentemente in traduzione. La formula fogli volanti (in antico, semplicemente fogli, fogli in stampa, sp. pliegos sueltos, ted. Flugschriften) individua un insieme composito all’interno del quale solo con qualche forzatura potremmo distinguere tra i testi di intrattenimento (cantari, frottole, rime di vario genere), quelli di utilità ‘pratica’ (abecedari, almanacchi, incantesimi o preghiere, profezie, pronostici) e quelli di informazione (avvisi a stampa, «nove»: a loro volta spesso in versi). Come sintetizza Cardona (1983, 71), «si tratta di prodotti caratterizzati dal basso numero di pagine (a volte addirittura un unico foglio), dalla presenza frequente di incisioni xilografate, a volte dalla scelta stessa dei caratteri (il gotico rimane molto più a lungo in queste produzioni che in quelle di pregio) e comunque dall’impostazione tipografica e dal taglio dei titoli (che negli avvisi a stampa precorre i moderni moduli giornalistici […]. Il materiale veniva diffuso nelle città da strilloni, dai venditori di ‘nove e avisi’ (nel caso degli avvisi a stampa) o dai cartolai e da piccoli commercianti in genere; nei paesi, nelle fiere e nei mercati erano venduti invece dai colporteurs, i merciai ambulanti portatori di merci di piccolo valore commerciale ma di grande pregio pratico perché non prodotte dall’economia contadina».
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Come si sa, una particolare attenzione al ruolo di questo tipo di mass-media nel mondo tedesco è stata prestata dalla storiografia transalpina (per la Germania, ricorderò Köhler 1982, e il catalogo di Ecker 1981; per la Francia e l’Inghilterra, Chartier 1995). Per l’Italia, manca ancora un censimento complessivo, anche se disponiamo di vari studi o cataloghi tematici o dedicati a singole biblioteche. Alla bibliografia delle cinque-seicentine profane conservate alla Nazionale di Firenze di Angeleri (1953) corrisponde ad es. – per le stampe popolari religiose della Vaticana, dell’Alessandrina, dell’Estense – Baldacchini (1980). Orienta sui testi di propaganda religiosa della Firenze savonaroliana Turelli (1985). Per i poemetti bellici in ottave disponiamo dell’ampia raccolta di anastatiche di Beer / Ivaldi (1988). Per gli avvisi a stampa romani del ’500 e ’600, delle bibliografie di Bulgarelli (1967) e di Bulgarelli / Bulgarelli (1988). Una acuta apertura di inchiesta sugli opuscoli cinquecenteschi di propaganda riformata è in Niccoli (1987). Infine, dopo la buona partenza di Trifone (1993, 438–441), un ampio studio di insieme, attento alle implicazioni linguistiche del ‘genere’, fondato su un ampio corpus di opuscoli e corredato da una ricca bibliografia, è stato condotto da Wilhelm (1996; il corpus è discusso alle pp. 520–543). A parte sta la produzione a stampa di leggi e bandi, più sorvegliata sul piano della qualità tipografica, anche se prossima ai libri popolari per consistenza e formato (un eccellente catalogo del materiale fiorentino cinquecentesco conservato alla Nazionale di Firenze è stato allestito da Bertoli 1992). Dopo i primi sviluppi della stampa periodica, nel ’500–’600, i giornali (periodici letterari, ma anche ‘gazzette’ urbane) assumono, nel ’700, un peso e una funzione crescenti, all’incrocio tra l’informazione, il tic e il rituale mondano (Berengo 1962; Castronovo / Tranfaglia 1976; Berengo 1980, 203–255; Bartoli Langeli / Infelise 1992, 969). Decisivo l’esempio dei paesi più evoluti, da cui i giornali vengono importati, tradotti e imitati: come confermano, tra l’altro, le commedie del solito attentissimo Goldini. Nella Scozzese I , 1), per es., Fabrizio rifornisce di giornali appena arrivati Monsieur La Cloche: « <Si, signore, Vi servo subito, (va a prendere i fogli). Ecco la Gazetta d’Olanda, ecco quella d’Utrecht. Questo è il Mercurio di Francia; e questo è il foglio di Londra>».
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Gli articoli sul commercio e sulle scoperte scientifiche, dalla fisica alla meteorologia, diffondono rapidamente le nuove terminologie in una ampia cerchia di alfabetizzati. Come nota Dardi (1992, 89), la conseguenza più evidente di questa inusitata velocità della circolazione delle idee e delle notizie «è la sincronia, talora stupefacente, con cui neologismi ed europeismi compaiono nelle varie lingue di cultura» (per altre indicazioni sulla lingua dei giornali: Matarrese 1993, 41–44; 190–203; Masini 1994). Alla fine del secolo osservatori privilegiati come il libraio svizzero Johann Georg Heinzmann o il sacerdote tedesco Johan Rudolf Gottlieb Beyer denunciano indipendentemente i sintomi di una nuova malattia sociale tipica delle città tedesche e francesi e definibile come bibliofagia, furore della lettura. Nel giro di pochi decenni (1765–1800) i cataloghi della fiera di Lipsia triplicano la loro offerta, da 1.384 a 3.906 titoli. Nello stesso periodo la presenza dei libri in latino si riduce drasticamente: dal 27,7 % nel 1740 al 3,97 % nel 1800. E muta, nello stesso senso, la gerarchia degli argomenti trattati: «la letteratura amena, che nel 1740 costituiva alla fiera appena il 6 % dell’offerta, sali nel 1770 al 16,5 % e entro il 1800 al 21,45 %, raggiungendo cosi il primo posto fra le tematiche rappresentate. Questa crescita era dovuta in massima parte al romanzo» (Wittmann 1995, 358 s.; ma cf. anche il classico Watt 1957).
Nei paesi più evoluti e specialmente fra il pubblico giovanile e femminile, si realizza insomma una vera e propria «rivoluzione della lettura» (Engelsing 1970), che sostituisce alla lettura intensiva di un canone consolidato di testi spesso ripercorsi (innanzi tutto, la Bibbia) modalità differenti, mirate al consumo individuale di materiali svariati, per informazione e per divertimento, simili alle nostre. Naturalmente, la situazione italiana non è paragonabile – né per ampiezza del mercato né per tasso di alfabetizzazione né per percentuali dei generi più venduti – a quella dei paesi di lingua francese e tedesca. E tuttavia è ragionevole ritenere che un libro di successo di Pietro Chiari o di Antonio Piazza, i più fortunati romanzieri italiani del tempo, vendesse tra le 4.500 e le 8.000 copie. Se poi si mira alla circolazione complessiva dei romanzi di Chiari da metà ’700 ai primi dell’’800, la loro presenza totale sul mercato è stata quantificata in ca. 200.000 copie (Antonelli 1996, 34–36, utile anche per l’analisi
linguistica dei testi). Quel Werther in formato ridotto che sono le Ultime lettere di Jacopo Ortis (prima ed. completa: 1802) conosce, nel solo 1802, una decina di riedizioni e contraffazioni e un’altra ventina di edizioni si susseguono nel solo periodo 1807–25 (Foscolo 1970, XLII ss.), inondando l’Italia di almeno 30.000 copie del romanzo. Non occorre aggiungere che, come succede anche oggi, il numero dei lettori era fatalmente superiore al numero delle copie vendute, anche se non è possibile indicare un attendibile moltiplicatore di lettura (cioè il numero medio dei lettori di ciascuna copia).
7.
Le varietà scritte, la standardizzazione e la diffusione della scrittura
Sul piano più propriamente linguistico, l’opposizione latino-volgare implica, anche nella tipografia di fine Quattrocento-primo Cinquecento, un diverso rapporto con le unità complesse del discorso scritto. Infatti, mentre la scrittura libraria latina tende fin dai sec. XI –XII a marcare la separazione tra le parole, favorendo una lettura mentale, visiva, la scrittura di un testo volgare è fondata eminentemente sull’ascolto. Mentre il latino era prevalentemente una lingua letta, astratta, pensata, i testi volgari, eminentemente parlati, erano formati da unità di emissione e non da singole parole. A differenza degli specialisti un copista non specializzato, capace di scrivere solo in volgare, «capisce davvero cosa deve scrivere ascoltando la propria lettura o la lettura di un dettatore; e ritraduce in lettere e parole ciò che ha pronunciato, o sentito pronunciare» (Bartoli Langeli / Infelise 1992, 946).
Altrettanto efficace l’analisi di Cardona (1983, 70), secondo il quale la scriptio continua dei manoscritti in volgare offre «un nastro continuo di simboli che deve essere convertito in un corrispondente nastro di suoni; questi, a loro volta scomposti, daranno luogo all’effettiva comprensione» (sul problema, anche Saenger 1995).
Di qui, il peso dei gruppi grafici e dei fenomeni fonosintattici nella tradizione scritta italiana almeno fino alla generazione di Pietro Bembo, che scrive, per es., glihuomini, dalloro, dallor (dedicatoria delle Prose, ed. Venezia, 1525; nell’ed. 1538, glihuomini, ma da loro, da lor).
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Nel complesso la prassi dei migliori editori argina però, già alla fine del ’400, la tendenza a privilegiare la catena acustica, o meglio fonosintattica, del volgare. Capitale, al riguardo, l’applicazione al volgare di punteggiatura e segni diacritici escogitati per il latino o per il greco: gli accenti, le virgole e i punti e virgola alla moderna e soprattutto gli apostrofi, che permettevano, ad un tempo, di rispettare il continuum sonoro e di facilitare ai lettori il riconoscimento dei confini tra una parola e l’altra. Il complesso dei nuovi segni di interpunzione, messo a punto dal Bembo non ancora trentenne, fu introdotto in blocco nelle innovative edizioni in corsivo e in formato tascabile realizzate a Venezia dal grande tipografo-editore Aldo a partire dal Petrarca del 1501; e rimase per qualche lustro una peculiarità delle edizioni in corsivo, riservate a una ristretta elite di alfabetizzati abbienti. Solo a partire dagli anni ’30 del ’500 i nuovi segni paragrafematici si diffusero nelle casse tipografiche di caratteri romani e la loro inclusione tra i caratteri gotici (con cui si componevano di preferenza i fogli volanti e gli altri libri ‘popolari’) fu ancora più tarda. In altre parole: l’esigenza di una interpunzione corretta e diffusa, che noi associamo biunivocamente alla stampa, fu per molto tempo una caratteristica esclusiva delle più rigorose imitazioni del corsivo aldino, una scelta editoriale indirizzata agli strati sociali più alti (un quadro d’insieme sull’interpunzione in Occidente in Parkes 1992; indicazioni sulla formazione del sistema moderno e sulla sua diffusione nelle casse tipografiche italiane in Castellani 1995 e Trovato 1992 = Trovato 1998, 197–216). Per quanto è della fonomorfologia, della sintassi e del lessico, fin dagli ultimi decenni del ’400 il passaggio di un testo letterario in tipografia tende a depurare i testi dei localismi più vistosi. La diacronia del cambiamento può essere descritta dal seguente schema, in cui si distinguono tre periodi: «un periodo iniziale dai primi incunaboli alla fine del secolo XV caratterizzato […] da una pluralità di orientamenti linguistici variamente latineggianti che convivono con un filone di precoce toscanismo linguistico. Un secondo periodo (1501–1550 ca.), di progressiva diffusione della norma toscana, che viene applicata in qualche caso anche a testi non letterari […]. Un terzo periodo, nel quale si assiste a una proliferazione dei sussidi [glossari, biografie, note testuali ecc.; P. T.] e a revisioni ortografiche puntigliose su testi già saldamente conformi allo standard vigente» (Trovato 1991, 304; da integrare con Stussi 1993; Richardson 1994; Trovato 1998).
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La principale eccezione, almeno dal pieno ’500, è costituita dal pluringuismo della commedia o, più in generale, dalla «letteratura dialettale riflessa» (Croce 1927), cioè la produzione dialettale consapevole di scrittori raffinati che contrappongono a fini artistici il dialetto più o meno stilizzato di una piccola patria al codice comune dell’italiano letterario (nel ’500, Ruzante, l’anonimo autore della Vieniexiana, Alione, Calmo, Giancarli; nel Seicento, Basile, Maggi, la Commedia dell’Arte ecc.). A prescindere dal caso dei grandi scrittori ‘dialettali’, gli stampatori devono tener conto (per ovvi motivi economici) delle caratteristiche e delle esigenze linguistiche del loro ‘mercato’. Per fare solo un esempio: gli editori tardoquattrocenteschi che ristampano al Nord le Novelle del meridionale Masuccio – stese in un impasto che guardava insieme al fiorentino Boccaccio, al latino umanistico e alla lingua ‘comune’ della corte aragonese – sostituiscono la poco comprensibile parola centromeridionale zio con l’allora corrente sinonimo settentrionale barba. Questa reattività dei primi stampatori a elementi testuali poco comprensibili, fino a realizzare un diasistema tra la lingua dell’autore (o dell’esemplare) e la lingua del mercato di riferimento, ricorda la prassi dei copisti medioevali, disinvoltamente inclini a ‘riscrivere’ linguisticamente i testi che copiano (Folena 1969, 205 s.; Segre 1979). E tuttavia, nel giro di pochi decenni, la lingua ‘cortigiana’, cioè la duttile e prestigiosa miscela linguistica impiegata, non senza variazioni regionali, dalle classi dirigenti tardoquattrocentesche e primocinquecentesche (da Boiardo al Collenuccio, da Masuccio al Castiglione) per la produzione letteraria e le situazioni comunicative formali scade, per dirla con l’Ariosto del terzo Furioso, a «volgar uso tetro» (un inquadramento delle discussioni sulla lingua ‘cortigiana’: Trovato 1994, 96– 110; Drusi 1995; Giovanardi 1998). Nel pieno ’500, come si è accennato, la tipografia non si limiterà al conguaglio su base locale, sia pure larga e interregionale, o all’introduzione di grafemi e lessico latineggianti, ma svolgerà una funzione di standardizzazione sulla base del toscano letterario, sulla scia del culto classicistico per i grandi scrittori del ’300 prima e delle esplicite prese di posizioni di grammatici e teorici come Fortunio e Bembo poi (Trovato 1991; Richardson 1994; Trovato 1998). Il cambiamento è talmente netto da can-
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cellare, in larga misura, la stessa memoria delle soluzioni tardoquattrocentesche (i correlati ideologici del fenomeno sono descritti da Mazzacurati 1985, 15–64). Ora, come è stato osservato, «nessuna società dotata di un certo grado di sviluppo è al suo interno del tutto omogenea; il mutamento non è dunque la perdita di una omogeneità originaria ma lo spostamento di antichi equilibri e la formazione di nuovi […]. La storia anche (ma non solo) linguistica della Romània ci si presenta come un succedersi di ristrutturazioni […], secondo un gioco complesso che nulla ha a che fare con l’anarchia. La campagna fa i conti con la città, i colti con gli incolti, i poveri con i ricchi, i latini (e poi romanzi) con gli alloglotti, e così via, in un mobile intersecarsi di rapporti e di condizionamenti» (Vàrvaro 1984, 115).
Modelli di questo genere, che prevedono giochi complessi, ma non anarchici, sequenze di ristrutturazioni, formazioni di nuovi equilibri, possono aiutarci a capire le alterne vicende della lingua ‘cortigiana’ e del fiorentino letterario meglio del vecchio armamentario organicistico fatto di lingue che nascono, crescono e muoiono. Con un minimo di cautele (essenzialmente: ipotizzando una ‘tenuta’ del modello maggiore per il centronord piuttosto che per il meridione, le isole e, più in generale, le zone di confine; e maggiore per i centri urbani grandi e medi piuttosto che per i paesini o le campagne), proporrei lo schema che segue, già avanzato da Trovato (1999, 78–80): (a) Nel ’200, nel ’300 e nel primo ’400, in un contesto generale di alfabetizzazione poco diffusa, la varietà scritta e parlata alta (A) era di regola il latino e le varietà media (M) e bassa (B) erano parlate locali più o meno depurate dei tratti municipali (al punto che: (1) la scelta di Dante di scrivere il poema sacro nella lingua del volgo sembrava discutibile a molti letterati; (2) come si è anticipato, studiosi dei nostri tempi hanno proposto di descrivere la situazione trequattrocentesca in termini di diglossia). (b) Alla fine del ’400 e nel primissimo ’500 il tipo di conguaglio interregionale in cui convergevano latino e dialetto italianizzato – la lingua cortigiana / comune / italiana – assurge, in moltissime situazioni, al rango di varietà (A) e una crescente diffusione di forme elementari di alfabetizzazione consente di segnalare anche varietà scritte (M) o (B) fortemente dialettali o meglio municipali. (c) Negli anni ’20 del ’500 la situazione è ancora diversa; i figli della classe dirigente e
(con prevedibili eccessi di zelo e ipercorrettismi) di parte della classe media delle città maggiori, formatisi sulle edizioni aldine e sui testi di avanguardia del Bembo e del Sannazaro, iniziano a servirsi per la produzione letteraria (a Roma, anche per la conversazione colta) del fiorentino letterario trecentesco, proposto all’imitazione e all’ammirazione nelle grammatiche e nei vocabolari. Esempi di contrapposizione generazionale e del ruolo svolto dai giovani – centrale in molti cambiamenti linguistici – nelle prese di posizione del ‘vecchio’ Antonio da Canal e dell’Equicola contro i nuovi segni di interpunzione (Belloni 1992, 98–106; 118 s.; Trovato 1998, 199 s.), e nella nota testimonianza del Valeriano, Dialogo della volgar lingua, sul valore modellizzante dei primi Asolani: «Non si può più vivere dapoi che son usciti fuora certi soventi, certi eglino, certi uopi […], non posso passeggiar per Parione che vengono questi giovanotti dottarelli, barbette recitanti […] e ci puntano negli accenti, nelle parole e nelle figure del dire, che non sono toscane» (cito da Pozzi 1988, 50 s.).
Per contro, una parte crescente degli alfabetizzati continuerà a impiegare almeno fino al primo ’700 una varietà linguistica più familiare alle classi mediobasse. In breve: il fiorentino letterario prescritto dai grammatici del ’500 diverrà la varietà scritta alta (A) e l’italiano ‘comune’ delle cancellerie quattrocentesche e della letteratura ‘cortigiana’ scadrà in genere a varietà media (M), sotto la quale è fatale collocare, immediatamente, il dialetto italianizzato dei semicolti (B). Come è naturale, anche in questo quadro, la varietà di prestigio (adottata già nel secondo ’500 dai vertici della Chiesa e dall’alta burocrazia statale) è destinata ad imporsi sulle varietà (M) e (B). Questo spiega, già nel pieno ’600, la progressiva rarefazione dei tratti fonetici e morfologici antifiorentini di (M), che risulta per es. dai lavori di Morgana (1985) e Bianconi (1989). D’altro canto, la codificazione cinquecentesca dell’italiano, che provoca (anche per il volgare) la necessità di un costoso tirocinio grammaticale, uccide sul nascere la «libertà di scrittura» caratteristica degli artigiani e dei piccoli mercanti italiani del ’400, grandi produttori di ricordi, memorie, zibaldoni (Bartoli Langeli 2000, 41–71). Lo scrivere ritorna prerogativa della minoranza letterata, come quando l’unica lingua della scrittura era il latino, e ai non letterati rimane la lettura e la scrittura della propria firma (ragio-
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nate eccezioni in Bartoli Langeli 2000, 109– 141). E ancora nel ’700 la maggior parte delle persone può vivere senza troppi problemi anche se non sa leggere e scrivere: gli spazi di lavoro e le dimore delle classi meno agiate sono per lo più privi degli oggetti e dei segni della scrittura (bibliografia in Trovato 1998, 29 s.). Un esempio tra i tanti del passaggio degli italiani dall’oralità alla scrittura: negli anni ’40 dell’’800, a Parma, il sistema antico di promulgare una legge, cioè la lettura ad alta voce dal palazzo, annunciata da squilli di tromba e rulli di tamburo, viene rimpiazzato dall’affissione del testo scritto nei «loci soliti» (Marchesini, 1992, 65). E il saggio istruttivo e importante di Marchesini sull’alfabetismo e sugli usi della scrittura nell’Italia moderna suggerisce molte buone raggioni (per es. la diffusione urbana dell’insegna scritta, l’introduzione della toponomastica stradale e della numerazione civica scritta, il diffondersi del sistema scolastico e, più in generale, il ruolo della burocrazia centralistica esportato dalla Francia rivoluzionaria ecc.) per collocare tra la fine del ’700 e il primo ’800 un decisivo punto di svolta.
8.
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Paolo Trovato, Ferrara
1280
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
112. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania Communication de masse et histoire des langues: Galloromania 1. 2.
4. 5. 6. 7.
Begriffliches und Methodisches Zur Rolle von Massenkommunikation für den Sprachwandel Sprachlichkeit und Bildlichkeit der frühen Massenkommunikation Pressegeschichte und Sprachgeschichte Audiovisuelle Medien und Sprachgeschichte Telematik und Sprachgeschichte Literatur
1.
Begriffliches und Methodisches
3.
Massenkommunikation und Sprachgeschichte weisen vielfältige Bezüge auf. Einerseits sind Manifestationen von Massenkommunikation, so sie sprachlicher Natur sind, in diachronischer Perspektive Teil sprachlichen Wandels, andererseits liefern massenkommunikative Strukturen durch ihre quantitative wie qualitative Bedeutung im sprachlichen Alltag einen wichtigen Bedingungsrahmen für sprachliche Evolution. Die Anlage dieses Handbuchs sieht vor, beide Aspekte getrennt zu betrachten. Während die Geschichte der romanischen Mediensprache(n) und ihrer Textsorten an anderer Stelle thematisiert wird, soll hier der Frage nachgegangen werden, inwiefern durch Einführung und Nutzung verschiedener Formen von Massenkommunikation sprachliche Evolution gefördert wird. Ein grundsätzliches Hindernis für die unbefangene wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Phänomenen der Massenkommunikation stellt der ideologiegeschichtliche Hintergrund ihrer Thematisierung in den Geisteswissenschaften dar. Dies hängt u. a. mit einer seit Ende des 19. Jh. sehr negativen Konnotation der ‘Masse’-Begrifflichkeit zusammen. Aus dem Blickwinkel einer bildungsbürgerlichen Elitenkultur, deren Teil die wissenschaftlich-akademischen Diskurstraditionen zweifelsohne sind, sind Phänomene der Populärkultur (Maase 1997) vielfach aus ihrem Kontrast zu elitären Bildungsidealen als Ausprägungen kulturellen Zerfalls empfunden worden. In Studien wie die von Scipio Sighele (La foule criminelle. Essai de psychologie collective, Paris, 1892) oder Gustave Le Bon (La psychologie des foules, Paris, 1895, Nachdr. Osnabrück, 1972) steht die Entstehung einer breiten Populärkultur im Kontext eines als Dekadenz
aufgefassten fin de siècle (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 222–226). Phänomene von Massenkultur, -kommunikation und -medien werden auch in linguistischen Betrachtungen zum Verhältnis von Sprache und Massenkommunikation – für Frankreich etwa Allaire (1990) – explizit und implizit als Gefahr konzeptualisiert. Ein großes Echo in der öffentlichen Diskussion finden ebenfalls Beiträge wie Postman (1985), in denen Einzelphänomene wie das Entstehen einer Unterhaltungsindustrie tendenziell dämonisiert werden. Die mit dem Schlagwort der télécratie (Durieux 1976) verknüpfte Kritik an den Massenmedien als Herrschaftsinstrument stellt einen weiteren Traditionsstrang dar. In der medienwissenschaftlichen Diskussion ist keine einheitliche Begriffsbestimmung des Komplexes Massenkommunikation vorhanden (Lamizet 1997, 361). Generell wird diese geschieden von Individual- und Gruppenkommunikation (Cloutier, zit. nach Lamizet 1997, 361; Faulstich 1994; Mitterauer 1998). Das Kommunikationsverhältnis ist bestimmt durch Asymmetrie, der bzw. die Sender stehen einer heterogenen und anonymen Menge an Empfängern gegenüber. Eine Interaktion zwischen Sender und Empfänger (Luhmann 21996, 6) sowie zwischen den Empfängern (Maletzke 1963, 25) ist in der Regel nicht vorhanden, in den meisten Fällen ist Massenkommunikation zudem in raum-zeitlicher Sicht Fernkommunikation (Lebsanft 2001, 296). Der mediale Charakter wird implizit vorausgesetzt, die Betrachtung von Massenkommunikation wird somit zu einer Betrachtung von Massenmedien (Lamizet 1997, 124). Cazeneuve (1976, 297 s.) und Luhmann, demzufolge erst «die maschinelle Herstellung eines Produkts – aber nicht schon Schrift als solche – zur Ausdifferenzierung eines besonderen Systems der Massenmedien geführt» habe (1995, 6), ziehen einen engen Zusammenhang zwischen Entwicklungen der Medientechnik und massenmedialen Kommunikationsformen. Für zeitgenössische Formen der Massenmedien bestehen jedoch ohne moderne Medientechnik funktionierende Vorläufer, die je nach Wahl der Perspektive als Vor- oder Frühform von Massenkommunikation klassifiziert werden können, wie Wilhelm (1996) etwa am Beispiel italienischer Flugschriften
112. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania
des Cinquecento zeigt. Eine Bindung des Verständnisses von Massenkommunikation an ausschließlich medientechnische Parameter wäre also unangemessen. Insbes. für die Frühgeschichte der Massenkommunikation ergeben sich bei der Bestimmung ihres Verhältnisses zur Sprachgeschichte Schwierigkeiten aus der spärlichen Quellenlage (cf. Döring 2001) wie dem unzureichend dokumentierten Zusammenspiel von Sprache mit weiteren Zeichensystemen. So ist die Rezeption visueller Medien wie Holzschnitt, Ikonen oder Architektur natürlich auch mit – oral vermittelter – Sprache verbunden. Aufgrund fehlender Überlieferung ist diese kaum rekonstruierbar; ähnliches gilt auch für die Verbindung von Musik und Sprache. Bis heute fehlen gesicherte Erkenntnisse über Verbreitungs- und Rezeptionsweisen für überregional verbreitete Märchen, Mythen und Heldensagen. Die in der Forschung umstrittene Bedeutung des que Thuroldus declinet der chanson de Roland ist ein Symptom für die unzureichende Kenntnis der Kommunikationswege mittelalterlicher Populärkultur. Die in Massenmedien wirksame Kommunikation über große räumliche Distanzen hinweg trägt in zunehmendem Maße zu einer Entgrenzung von Kommunikationszirkeln bei. Für die Galloromania bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die vielfältigen Bestrebungen einer französischen postkolonialen Medienpolitik insbes. hinsichtlich der frankophonen Eliten Schwarzafrikas und des Nahen Ostens, die somit außerhalb des genuinen Territoriums der Galloromania als Teil der Frankophonie in einem gewissem Umfang an einer internationalisierten französischen Massenkommunikation teilnehmen. Massenkommunikation der Galloromania ist in erster Linie auf das Französische beschränkt, die Abwesenheit des Okzitanischen in den Massenmedien ist Erklärung und Symptom des heute prekären Status dieser Sprache.
2.
Zur Rolle von Massenkommunikation für den Sprachwandel
Die Veränderungen des sprachlichen Kontinuums durch Prozesse der Massenkommunikation sind nicht apodiktisch zu bestimmen. Eindeutige Beziehungen zwischen der Tatsache massenmedialer Kommunikation und einzelnen Verschiebungen im funktionalen Systemgefüge von Sprache lassen
1281
sich in den seltensten Fällen diagnostizieren. Sehr allgemein sind mit Auftreten der Massenkommunikation in ihren unterschiedlichen Ausprägungen, Schlieben-Lange folgend, «Veränderungen der Konstitutionsbedingungen des Sprechens, hier als Überbegriff für Sprechen und Schreiben verwendet» (1983, 45) anzunehmen. Präziser bestimmbar ist die Rolle von Massenkommunikation für die Konstituierung von Sprecher- und Sprachgemeinschaften. Grundsätzlich kann eine wechselseitige Beziehung zwischen dem Werden einer gruppenübergreifenden sozialen Kohäsion und der Entstehung von Massenkommunikation postuliert werden. Die Verbindungen etwa zwischen der Genese von reformatorischem Bewusstsein und der medientechnisch gestützten Verbreitung desselben gehören zu den Gemeinplätzen der Sozial- und Religionsgeschichte. Mit Cazeneuve (1976, 84) kann von einer Interdependenz zwischen Gesellschaftstypus und den jeweils aus ihm hervorgehenden Formen der Massenkommunikation ausgegangen werden. Der Zeitpunkt eines technischen Wandels von Medientechnik (z. B. Erfindung der Schrift, Buchdruck, Telekommunikation) koinzidiert nicht zwangsläufig mit dem Wandel der für eine Kommunikationsgemeinschaft prägenden Medienstruktur. Die von Ogburn (1964) als cultural lap gekennzeichnete kulturelle Phasenverschiebung wird hier wirksam. Massenkommunikative Erscheinungen wie etwa die volkstümliche Verbreitung von Chansons – im Frankreich des frühen 19. Jh. wurde der Napoleon-Kult maßgeblich von den populären Liedern Pierre-Jean de Bérangers (1780–1857) mitgeprägt – sind nicht unbedingt auf medientechnische Entwicklungen zurückzuführen. Die sprachhistorische Bewertung hat dies zu berücksichtigen und folglich Abstand zu nehmen von einer reinen Analyse von Medienquellen zugunsten einer sozial- und alltagsgeschichtliche Forschungen integrierenden Betrachtung auch der Rezeptionsgeschichte von Medien.
3.
Sprachlichkeit und Bildlichkeit der frühen Massenkommunikation
Angenommene Frühformen von Massenkommunikation fallen in eine oral geprägte Kultur, deren Manifestationen aus offensichtlichen Gründen nicht oder nur mimetisch überliefert sind. Besser als der Informationsträger des gesprochenen Wortes sind
1282
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
bildlich erfahrbare Manifestationen von Massenkommunikation des Mittelalters zu rekonstruieren, die sich etwa in der Architektur von Baumonumenten spiegelten. Die von Skulpturen-, Herrscher- und Heiligendarstellungen ausgehenden Botschaften genügen zweifelsohne wichtigen Kriterien der Massenkommunikation. Allein von ihrer Präsenz geht eine gewiss intendierte rhétorique du corps aus (Schmitt 1998, 129; Braungart 1999). Insbes. im Herrschaftsbereich der französischen Krone kommt so dem im 13. Jh. auf dem Höhepunkt befindlichen Bau von Kathedralen eine wesentliche Funktion für die Konstitution einer Kommunikationsgemeinschaft zu. In den Kategorien der historischen Medienanalyse kann hier von einer ganzheitlichen, ‘totalen’ Medialität der mittelalterlichen Sakralkulturen gesprochen werden. Innerhalb der Bewegung der Menschen in vorgegebenen räumlichen Ordnungen und Strukturen – z. B. einer Kathedrale – wird die «Bedeutung, der Sinn, nicht ‘übermittelt’, sondern ‘verkörpert’» (ib.). Schnittstellen zwischen bildlicher und sprachlicher Kommunikation befinden sich hier auf zwei Ebenen: zum einen befinden sich bildliche, für ein Massenpublikum bestimmte Monumente an sozialen Orten, an denen eine sprachgestützte sekundäre kulturelle Vermittlung Platz findet, die im Sinne Wotjaks (1998, 97) als eine «semiotische Mischkommunikation» bestimmt werden könnte, zum zweiten lassen sich auch erste direkte sprachliche massenmediale Kommunikationsformen belegen, wie sie etwa von Außenkanzeln großer Kathedralen (Mitterauer 1998) – z. B. anlässlich der Kreuzzugsmobilisierung – ausgingen und eine die engen Grenzen der üblichen an bekannte Gruppen gerichteten Predigt überschreitende öffentliche Rede ermöglichten. Die sprachgeschichtliche Wirkkraft massenkommunikativer Prozesse in vorwiegend oralen Kulturen wie es das französische Mittelalter war, dürfte sich zu einem wichtigen Anteil auf die Bildhaftigkeit der Sprache beziehen. Die Galloromania ist hier als Teil der westlichen Kultur- und Sakralgemeinschaft den auch massenmedial vermittelten Traditionen der Bildlichkeit ausgesetzt, für die schon vor Erfindung des Buchdrucks eine «abendländische Bildfeldgemeinschaft» (Weinrich 1976, 287; Osthus 2000, 135–141) vorausgesetzt werden kann. Bildliche Darstellungen wie etwa der vor dem Gutenbergschen Verfahren des Buchdrucks bereits eta-
blierte Holzdruck (Cazeneuve 1976, 54) waren Ausdruck und Vehikel von in ikonischen wie verbalen Repräsentationen gleichermaßen verankerten Regularitäten der Bildlichkeit. Döring (2001) verweist exemplarisch auf die Kongruenz zwischen ikonographischen und sprachlichen Bildern in frühneuzeitlichen französischen Flugschriften zu Kometensichtungen. Vergleichende Untersuchungen zur Motivwahl und Ikonographie solcher frühen Drucke legen eine nicht an Sprachgemeinschaften gebundene Strukturierung nahe. Sowohl inhaltliche Motive wie sie begleitende grafische Ergänzungen finden vielfach übernationale Verbreitung (Brednich 1991); die in ihnen gespiegelte kulturelle Metaphorik dürfte von daher auch als übereinzelsprachlich gelten. Doch auch hier wird ein Nachweis problematisch bleiben, in welchem Maße die von Chartier (1992) für Frankreich beschriebene massenkommunikative Verbreitung der Canards (zur möglichen Etymologie cf. Ernst 2000), Flugblätter und frühen Drucke ursächlich für die Etablierung einer bestimmten Bildfeldstruktur ist, oder inwiefern in solchen Medien schlicht auf in der Alltagssprache bereits bestehende Bildlichkeit und ikonische Codes zurückgegriffen wurde. Generell darf jedoch mit Brednich (1991, 24) von einem hohen «Einfluß der historischen Bild- und Printmedien auf die Alltagskultur breiter Bevölkerungsschichten» ausgegangen werden. Für die Sprachgeschichtsforschung ist es hier von Nachteil, dass bislang keine systematischen Studien über die Prozesse der Entstehung und Durchsetzung metaphorischer Strukturen vorliegen, so dass abgesehen von grundlegenden Vermutungen ihrer Bedeutung (z. B. für das Deutsche cf. Betz 1977, 313) die Rolle der Massenkommunikation hier noch nicht abschließend bestimmt werden kann.
4.
Pressegeschichte und Sprachgeschichte
Eine Darstellung der Pressegeschichte und ihrer Bedeutung für die Sprachgeschichte hat verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: die Publikationsgeschichte, deren Voraussetzungen sowohl durch technische als auch ökonomische Faktoren gegeben sind, die Geschichte der Presserezeption, die Sozialgeschichte des Lesens, die politische und die Bildungsgeschichte, die in Frankreich den Rahmen für die Verbreitung und Durch-
112. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania
setzung der Presse als echtes Massenmedium in der Periode zwischen dem 17. und 19. Jh. abgibt. Erst in einer Synthese dieser Aspekte lässt sich ihre Rolle auch für die Sprachgeschichte ausloten. Dabei soll Presse im umfangreicheren Sinne als Gesamtheit von mehr oder minder periodisch erscheinenden gedruckten Publikationen zum Zweck der Information und unterhaltsamen Unterweisung verstanden werden. Die Vorgeschichte der massenmedialen Presse lässt sich aus zwei unterschiedlichen Traditionssträngen rekonstruieren. Ein wichtiger Vorläufer der periodischen Massenzeitungen waren zum einen nicht periodisch erscheinende Flugschriften, Prodigien- und Mirabiliensammlungen, zum anderen die ab Anfang des 17. Jh. publizierten offiziösen gazettes. Mit den ab Ende des 14. Jh. in Manufakturen praktizierten Möglichkeiten der Gewinnung von Papier als Schriftträger, der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg um die Mitte des 15. Jh. und seiner ab ca. 1470 anzusetzenden Etablierung auch in Frankreich werden die technischen Möglichkeiten geschaffen zur Vervielfältigung und Verbreitung von Texten. Neben zu Büchern gebundener Literatur werden v. a. zahlreiche Flugschriften – verstärkt im Kontext religiöser Kontroversen der Reformationszeit und der Religionskriege (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 19) – gedruckt. Die von der französischen medienhistorischen Forschung (Seguin 1964) als Canards oder als Canards sanglants (Lever 1993, Titel) benannten Flugblätter und Flugschriften bezeichnen einen bestimmten Typus von Presseerzeugnissen, deren thematischer Schwerpunkt eindeutig im Bereich der sensationellen Berichte über Missgeburten, Morde, Wunder und Naturkatastrophen liegt. Hergestellt wurden sie in Druckwerkstätten größerer Städte in einer Auflage von bis zu 2.500 Exemplaren. Der Vertrieb verlief auf Märkten oder Kirchplätzen über Gassenrufer, die die Druckerzeugnisse in einem Bauchladen vor sich feilboten (Döring 2001). Die Kolportage als eine vielfach illegale, aber von den Autoritäten kaum zu unterbindende Aktivität, die häufig auch in rechtlichen Grauzonen bzw. schwer zu kontrollierbaren Grenzgebieten Frankreichs (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 32) ihren Ausgang nahm, deutet auf die weite Verbreitung der Druckschriften und kann als ein Indiz für ihre massenkommunikative Qualität gelten. Konform zum fernkommunikativen Charakter moderner Massenmedien ist
1283
bereits im 16. Jh. eine überregionale Verbreitung von Flugschriften zu beobachten. Diese gründet sich, wie das von Chartier (1992, 128) gezeigte Beispiel demonstriert, auf vielfaches Kopieren, modifiziertes Abschreiben und Nachdrucken erfolgreicher Canards. Durch das neue Druckmedium werden also enge Grenzen üblicher Kommunikationszirkel wie die einzelner Bistümer überschritten. Die massenkommunikative Bedeutung ergibt sich jedoch nicht aus der in Auflagenzahl messbaren Verbreitung der Druckschriften, sondern ist nur aus der bereits skizzierten sekundären Oralität der Texte erklärbar. Ausrufer, Vorleser und Marktschreier trugen maßgeblich zu ihrer Popularisierung bei. Die geographische Diffusion der Drucke machten sie zudem zu einer der wesentlichen Transmissionsriemen städtischer Kultur auch in ländlichen Gebieten (Lamizet 1997, 265). Die Inhalte der Texte wiederum gehorchten größtenteils einer kommerziellen Logik von durchaus im doppelten Sinne zu verstehender Marktgängigkeit. Inhaltlich teilweise verwandt sind die zu den wichtigsten populären Lesestoffen gehörenden, seit dem Hochmittelalter in Westeuropa verbreiteten Almanache. Oft von Hausierern vertrieben, finden sie überregionale und soziale Schichten übergreifende Verbreitung. Neben den üblichen Angaben zum Kalender, den Fest- und Feiertagen, den Angaben zu Ort und Zeit der lokalen und regionalen Märkte, enthalten sie lebenspraktische, häufig astrologische Hinweise. Erbauliche und unterhaltende Beiträge, sowie Berichte von spektakulären Ereignissen (Schlachten, Todesfälle, Verbrechen) ergänzen den kalendarischen Teil (Capitani 2001). Ähnlich wie in den Canards findet sich – meist in einfachen Holzschnitten – eine Verbindung von Text und Bild. Der zweite Traditionsstrang, aus dem die moderne Massenpresse hervorgeht, besteht in den Mitteilungsblättern, den gazettes. Ihre Anfänge liegen in der von Richelieu staatlicherseits subventionierten und von Renaudot 1631 gegründeten, im Unterschied zu den ihr vorausgehenden Almanachs periodisch erscheinenden Gazette. Neben diesem bis ins 18. Jh. hinein wöchentlich erscheinenden Mitteilungsorgan für die gehobenen und gebildeten Kreise bestand anfänglich auch ein Anzeigenorgan, das vom Renaudotschen bureau d’annonces vermarktet wurde. Die Rezeption der von der Publikationsform her als Vorläufer einer modernen Presse zu be-
1284
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
greifenden Gazetten war jedoch bis in die zweite Hälfte des 18. Jh. hinein auf recht enge Kreise beschränkt. In der Mediengeschichtsschreibung werden in der Regel erst die drei Dekaden vor der französischen Revolution als entscheidende Periode der Durchsetzung einer populären Presse angesehen (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 19–40). Diese wird begleitet von einer generellen, d. h. nicht nur auf Periodika beschränkten Themenverlagerung nicht-fiktionaler Schriften; während etwa der Anteil religiöser Traktate stark sinkt, steigt der an Reiseberichten, populärwissenschaftlichen Abhandlungen und literarischen Besprechungen. Broschierte Publikationen finden sich zunehmend in handlicherem Oktav- statt im Quartformat, dünnere und leichtere Bücher erlauben eine mobile Leseerfahrung. Auch kann in Frankreich eine gewisse Lockerung der Lizensierungsund Druckbestimmungen beobachtet werden, dies nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Kontrollmöglichkeiten für im Ausland gedrucktes Kritisches oder bislang Verpöntes. Auch ändern sich die ökonomischen Grundlagen des Publikationswesens entscheidend. Während im 17. Jh. in erster Linie Mäzenatentum die Erstellung von Manuskripten förderte, gehorcht diese im ausgehenden 18. Jh. zunehmend einer ökonomischen Logik. Das Manuskript selbst wird Gegenstand der Vermarktung, Gedrucktes somit zunehmend zum Massenprodukt. Veränderungen erfährt auch der Vertrieb von Presseerzeugnissen. Zum einen steigt die Anzahl der Drucker, die zugleich in den meisten Städten auch als Buchhändler fungieren, zum anderen bilden sich – häufig auch an den lokalen Buchhandel angegliedert – neben eher elitären Lesegesellschaften auch populäre Lesekabinette aus (ib., 34– 36). Periodika halten dort einen hohen Anteil an den gelesenen und abonnierten Druckwerken. Neben den in Frankreich erscheinenden Mitteilungsblättern fallen neben dem Mercure de France (geschätzte Auflage 20.000 Exemplare) hier in besonderer Weise die im Ausland erscheinenden französischsprachigen Periodika ins Gewicht wie der Journal de Bruxelles oder der Journal de Genève (jeweils ca. 8.000 Exemplare). Als erste französische Tageszeitung gilt der 1777 erstmals erscheinende Journal de Paris. Einen wesentlichen Schub erhält die periodisch erscheinende Presse aber erst durch die politischen Ereignisse der Revolution. Der juristische Rahmen eines expandieren-
den Pressewesens wird gesetzt durch den Artikel 11 der Déclaration des droits de l’homme von 1789: «La libre communication des pensées et des opinions est un des droits les plus précieux de l’homme; tout citoyen peut donc parler, écrire, imprimer librement, sauf à répondre de l’abus de cette liberté dans les cas déterminés par la loi.»
Die Träger der Revolution nutzten intensiv das neue Medium der Presse aus, wobei im politischen Kampf sich bis dato unbekannte Diskursformen entwickelten. Charakteristisch ist das Überschreiten der engen Grenzen bürgerlicher Elitenkultur. Revolutionäre Ideologie wird über Broschüren, Flugblätter, Plakate und periodische Publikationen auch einer größtenteils analphabetischen Landbevölkerung vermittelt, etwa durch öffentliches Vorlesen von Pamphleten, Aufrufen und Nachrichten (SchliebenLange 1983, 73; Barbier / Bertho Lavenir 22000, 50). Die Straße ersetzt den Salon bzw. das Lesekabinett als Ort der öffentlichen Lektüre. Die massenkommunikative Bedeutung ergibt sich aus einer Multiplikation der mal regelmäßig, mal unregelmäßig erscheinenden Titel wie aus deren Auflagensteigerungen. So hatte die Feuille villageoise eine Auflage von 15.000 Exemplaren (HLF 1905– 79, vol. 9/1, 52). Ein z. T. intendierter Nebeneffekt der Verbreitung der Presse war die Durchsetzung einer zentralfranzösischen Norm auch in alloglotten Gebieten Frankreichs. Dabei kommt es auch, zumindest in den ersten Revolutionsjahren zu einer Integration populärsprachlicher Elemente, mit deren Hilfe affektive Stimmungen und politische Propaganda erzeugt auf marktschreierische Strategien verfolgt werden. Brunot (ib., vol. 10/1, 48 s.) spricht in diesem Zusammenhang von einer durch die journaux de boue et d’ordure hervorgerufenen sprachlichen Degradation, dies jedoch aus einer sprachideologischen Position heraus, die den Elitendiskurs des 17. Jh. zum Maßstab nimmt. In der Tat steht die revolutionäre Presse am Beginn einer durch Medien vermittelten Massen- bzw. Populärkultur, die einerseits Elemente der frühbürgerlichen Elitenkultur aufnimmt, andererseits diese massenverträglich transformiert und um spezifisch Populäres anreichert. Medien spielen eine entscheidende Rolle in solchen kulturellen Vermittlungsprozessen (Neumann / Charlton 1990, 43), die – wie Habermas zeigt – konstitutiv für die Entstehung
112. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania
eines bürgerlichen Publikums sind (Lebsanft 2001, 295). Die Periode der wilden Pressevielfalt endet jedoch schon früh unter der Jakobinerdiktatur und wird spätestens unter dem Konsulat Napoleons abgeschlossen. Der auch polemisch ausgefochtene publizistische Wettstreit unterschiedlicher politischer Gruppen wird abgelöst durch Herrschaftspropaganda. Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der revolutionären und postrevolutionären Presse bei der Akkulturation bislang vom sprachnormativen Diskurs nicht erreichter Bevölkerungsschichten. Die Leseund Diskussionszirkel der Lumières erfahren eine quantitative Ausweitung, Gedrucktes wird oral weitervermittelt, Plakate – hier auch Karikaturen und kombinierte Schrift- / Bild-Grafiken (Schmitt 1992) – besetzen symbolische Räume und tragen somit zu einer banalisation von Druckwerken bei, wie Barbier / Bertho Lavenir (22000, 59) in Berufung auf regionalgeschichtliche Forschungen aufzeigen. Insges. unsichere Angaben über Auflagenzahlen sowie fehlende abschließende Studien zur Rezeptionsgeschichte gestatten es jedoch nicht, diese Phänomene zu quantifizieren. Für den Status der französischen Sprache außerhalb Frankreichs war zudem die Rolle der v. a. in Deutschland erscheinenden Emigrationspresse, die z. T. jedoch von starken Fluktuationen bestimmt war (HLF 1905–79, vol. 11, 1969, 159: «elle vivotait»), nicht unwesentlich. Neben den implizit durch die Presse geleisteten Beiträgen zur Vereinheitlichung der Sprache, lässt sich auch ein explizites Programm der Sprachnormierung in den Printmedien ausmachen. Bereits in den Anfängen einer Massenpresse ist das Bestreben nach Sprachrichtigkeit und damit ein ausgeprägtes Normenbewusstsein erkennbar. Brunot (ib., vol. 10, 726) zitiert diesbezüglich programmatisch die erste Ausgabe des ab 1801 (an VIII ) erscheinenden Journal de Vaucluse, der sich zur Aufgabe setzt «de concourir […] à l’épuration de la langue française» (→ Art. 132). Eine kontinuierliche quantitative Ausweitung der französischen Presse lässt sich für das gesamte 19. Jh. bis zum Beginn des ersten Weltkriegs feststellen. Etwa mit Beginn der Julimonarchie 1830 ist eine Verschiebung des Presse- und Buchmarktes hin zu einer industriellen Produktions- und Vertriebslogik anzusetzen. Frankreich folgt damit als erstes kontinentaleuropäisches Land
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einer in England begonnenen Entwicklung, die sich durch eine Verfünffachung der Gesamtauflage der periodischen Presse zwischen 1780 und 1830 auszeichnet. Erste Publikation, die der neuen Vertriebslogik gehorcht, ist die von Emile de Girardin 1836 gegründete La Presse, die einen wesentlichen Teil ihrer Einkünfte aus Werbeanzeigen bezieht und somit den Verkaufspreis erheblich senken kann. Zwischen 1836 und 1847 steigert sich ihre Auflage auf 180.000 Exemplare (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 144 s.). Die unter der zweiten Republik gestattete und unter dem Second Empire nicht vollständig beseitigte Pressefreiheit führt zur Gründung einer Vielzahl von Publikationen, bei deren erfolgreichsten Organen der kommerzielle Unterhaltungsaspekt im Vordergrund steht. Die eigentliche Massenpresse nimmt so in den 1860er Jahren mit Le Petit Journal ihren Ausgang, der auch durch den technischen Einsatz der Rotationspresse ab 1867 in den 1890er Jahren eine Millionenauflage erreichte, Ähnliches gilt für den 1876 gegründeten Le Petit Parisien, der 1914 bei einer Gesamtauflage von 1,5 Mio. Exemplaren ankommt (Balle 51990, 88; Barbier / Bertho Lavenir 22000, 145). Neben technischen Faktoren dürfte sich in der wachsenden Marktgängigkeit der Presse nicht zuletzt die allgemeine Scholarisierung, somit die Alphabetisierung spiegeln. Die Ausweitung der Gesamtauflage koinzidiert nicht zwangsläufig mit einer analogen Vermehrung der publizierten Titel. Vielmehr kommt es – auch gestützt durch die ab Mitte des 19. Jh. entstehenden Pressebüros und Agenturen – zu einer erst inhaltlichen, später ebenfalls technischen Zentralisierung der Zeitungsproduktion. Vertrieben wird die Massenpresse zunehmend nicht mehr über klassische Zeitungsabonnements, sondern über den Einzelverkauf an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen oder belebten Straßenkreuzungen. Dies führt zu einer die eigentlichen Massenmedien begleitenden, ihrerseits massenmedialen Werbekampagne, in der Schriftlichkeit, Mündlichkeit – z. B. Gassenrufer – und Bildlichkeit – etwa über Schlagzeilengestaltung oder Werbeplakate für bestimmte Publikationen – ineinander greifen. In beschränktem Maße kann also von einer ersten Multimedialität zu Hochzeiten der Unterhaltungspresse der Jahrhundertwende zum 20. Jh. ausgegangen werden. In engem Zusammenhang mit dem Auf-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
tauchen neuer Medien sowie der ökonomischen und technischen Zentralisierung steht auch der Titelzahl- und Auflagenrückgang der französischen Tagespresse zunächst nach dem ersten und signifikant nach dem zweiten Weltkrieg. Im Sinne Gieseckes (1992) kommt es aber nicht zu einer Ablösung der Printmedien, sondern eher zu einer Funktionsverlagerung innerhalb des Sektors, etwa hin zu einer stärkeren Nuancierung der Wochenpresse – das Unterhaltungsmagazin Paris Match erreicht bis Ende der 1950er Jahre wöchentlich 10 Mio. Leser bei einer Auflage von ca. 2 Mio. Exemplaren (Hewitt 1991) – und spezialisierter Titel. Der Trend weg von der klassischen Tagespresse ist in Frankreich im westeuropäischen Vergleich besonders stark ausgeprägt und liegt auch in den speziellen französischen Rahmenbedingungen einer nach 1944 etablierten zentralistischen Presseordnung (Balle 51990, 88) begründet, verbunden mit einem halbstaatlichen Quasi-Vertriebsmonopol (Albert 1983; Brochier 1983). Die bis ca. 1900 abgeschlossene Entwicklung einer Massenpresse bildet einen wichtigen Hintergrund zur Schaffung einer panfranzösischen, eindeutig an die französische Nationalsprache gebundenen Massen-Kommunikationsgemeinschaft.
5.
Audiovisuelle Medien und Sprachgeschichte
Im Unterschied zur Massenpresse, die zum Zeitpunkt ihrer Durchsetzung auf einer bereits etablierten Technik basierte, ist die Entwicklung der audiovisuellen Massenmedien Film, Schallplatte, Hörfunk und Fernsehen auf technische Entwicklungen zurückzuführen, die im späten 19. Jh. ihren Ausgang nahmen. In erheblichem Maße sind Fortentwicklungen in diesem Sektor direkt an technikgeschichtliche Parameter gebunden. Der Zeitabstand zwischen technischer Innovation und Erlangung massenkommunikativer Relevanz ist im Vergleich zu vorherigen Entwicklungen wie Buchdruck oder Rotationspresse sehr kurz. Die wesentlichen medientechnischen Innovationen bestehen in der Speicherung, Wiedergabe und schließlich auch der drahtlosen Fernübertragung bewegter Bilder und Töne, die zunächst zu den Massenmedien Schallplatte und Film, später zu Hörfunk und Fernsehen führten. Sprachgeschichtlich ist dieser Schritt von höchster Bedeutung,
da die massenkommunikative Verbreitung sich von der reinen Schriftlichkeit auch auf mündliche Sprachverwendungen ausdehnte. Die starke Proliferation von miteinander verbundenen sprachlichen und bildlichen Zeichensystemen kann mit Cazeneuve (1976, 45) als «caractéristique fondamentale de notre époque» aufgefasst werden. Der Film bzw. das Kino und das Fernsehen als seine Distributionsformen können als erstes übereinzelsprachliches Massenmedium gelten. In besonderer Weise wird in Frankreich der Film Teil einer nationalen Kultur- und Wirtschaftspolitik, in der zumindest indirekt auch immer sprachliche bzw. sprachpolitische Fragen berührt werden. Bereits zu Zeiten des Stummfilms, der sich mit der technisch möglichen Verlängerung der Filmlaufzeiten im Zeitraum ab 1910 als Massenmedium etablierte (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 167) steht die französische Filmproduktion in starker Konkurrenz v. a. zu amerikanischen Importen, so dass die Produktionsziffern in den 20er Jahren stetig sinken. Scheitern nach Durchsetzen der technischen Neuerung des Tonfilms zwar erste Versuche der amerikanischen Filmgesellschaften, in Frankreich amerikanische Filme in französischsprachiger Fassung nachzudrehen an den Schwierigkeiten «de transposer d’une civilisation à l’autre une gestuelle et des codes physiques, vestimentaires, linguistiques et autres» (ib., 199), erlangen die Filmimporte in Synchronfassung in den 30er Jahren bereits einen so hohen Marktanteil, dass bereits 1938 eine erste staatliche Quotenregelung für synchronisierte Filme erlassen wird (Jeancolas 1991, 61). Die Filmsynchronisation ist Objekt regelmäßig wiederkehrender Übersetzungsund Sprachkritik – die Herausforderungen insbes. der Postsynchronisation, neben Inhalt und Ausdruck auch die fremdsprachlich bedingten Lippenbewegungen mit dem synchron gesprochenen Text abzustimmen, führen zu bis dato unbekannten Problemen – und gilt als Einfallstor für Anglizismen in die französische Sprache. Andererseits führt die Internationalisierung gerade auch der Synchronfassungen zu einer gewissen sprachnormativen Konvergenz seitens der international agierenden Filmvertriebe: «Les distributeurs sont très exigeants! Ils n’acceptent qu’un français international, un français idéal que personne ne parle vraiment en fait. Prenons l’exemple du mot ‘money’. En français nous pouvons dire ‘fric’ ou ‘pognon’ et la postsynchronisa-
112. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania tion est excellente. Mais on nous impose ‘argent’ même si la postsynchronisation est horrible […]. Nous avons une liste non-exhaustive de ces mots que nous ne pouvons utiliser en aucun cas ou que nous pouvons utiliser mais sous grande réserve» (Gagnon 2000).
Abschließende Studien zur sprachnormativen Bedeutung der Filmsynchronisation sowie zum Einfluss von Synchronübersetzungen auf die Sprachentwicklung stehen allerdings noch aus. Gerade jedoch bei französisch gedrehten Filmen zeichnet sich seit den 1930er Jahren eine Wechselwirkung zwischen alltagssprachlichen Verwendungen und ihrer Wiedergabe im Film ab. Eine langsame Loslösung von Aussprachenormen und Stilisierungen der Theatersprache zugunsten einer mimetischen Wiedergabe typischer oder als typisch empfundener Gebrauchsformen spezifischer Sprechergruppen ermöglicht gleichzeitig eine Integration filmsprachlicher Verwendungen in die Alltagssprache. Massenkommunikativ bekannte Filme schaffen Intertextualität, die als wiederholte Rede Kohäsion innerhalb der französischsprechenden Kommunikationsgemeinschaft stiftet, wie Schmitt (2001, 442) beispielhaft an kindersprachlichen Verwendungen wie dem berühmten Si j’aurais su, j’aurais pas venu aus dem Film La guerre des boutons von 1961 zeigt. Das in sprachlicher Hinsicht am stärksten integrierende Massenmedium ist der Hörfunk sowie das Fernsehen als seine technische Weiterentwicklung. Die Durchsetzung als allgemein zugängliches Medium erfolgt in den 1920er und 1930er Jahren, in denen der regelmäßige Konsum von Hörfunksendungen zu einer kulturellen Alltagspraxis wird und sich gleichzeitig in Frankreich die Strukturen einer stabilen Rundfunklandschaft abzeichnen (Dhordain 2001). Nach parallelen und unkoordinierten Gründungen von einzelnen Sendestationen durch lokale Unternehmer (z. B. in Fécamp), Verleger (z. B. Radio-Toulouse, 1925), regionale Behörden (z. B. in Agen) oder Rundfunkgerätehersteller (z. B. in Clichy) setzt sich ab 1926 durch Regierungsbeschluss eine zentrale Koordinierungs- und Lizensierungspolitik durch (Barbier / Bertho Lavenir 22000, 219). Eine Konsequenz daraus ist die Privilegierung weniger staatlich kontrollierter Sender. Die PTT übernimmt die Kontrolle der meisten Rundfunkstationen, ein wesentlicher Schritt zur Zentralisierung ist schließlich der Aufkauf des sendestarken Radio-
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Paris durch die Regierung. Nach 1944 schließlich wird ein privatwirtschaftlicher Rundfunk innerhalb Frankreichs ganz verboten. Die aus Monaco, Andorra, Luxemburg und dem Saarland sendenden radios périphériques werden Ausnahmen bleiben (Eck 1991a, 130; Méadel 1991, 149). Sprachgeschichtlich bedeutsam schließlich ist die Tatsache einer von Paris und somit auch der Pariser Norm ausgehenden Verbreitung von gesprochener Sprache. Die im Hörfunk verwendete Sprache orientiert sich zunächst stark an vorhandenen Leitlinien der Theater- oder amtlichen Verlautbarungssprache, doch entstehen schon bald spezifische Präsentationsformen des Rundfunkjournalismus. Informationssendungen sind es auch, die als erstes zentral hergestellt werden und auch von regionalen Sendern übernommen werden. Regionalsprachen oder regional gefärbte Aussprachevarianten spielen hier keine Rolle. Eine Erweiterung der zunächst ausschließlich distanzsprachlichen Prägung des Hörfunks wird durch die genuin radiophonische Kunstform des Hörspiels sowie journalistische Darstellungsformen der Reportage und des Features erreicht. Im Bemühen um möglichst ‘realistische’ Darstellungen werden Gebrauchsweisen spontaner Mündlichkeit mimetisch übernommen und in Hörspiel wie Reportage integriert (Döhl 1982). Das erste französische Hörspiel Maremoto von Pierre Cusy und Gabriel Germinet (Pseudonym von Maurice Vinot) wird am 4. 10. 1924 gesendet und schildert fiktional eine Schiffskatastrophe (MareMoto 1992). Mimetische Mündlichkeit wird erzeugt etwa durch Dominanz der Parataxe sowie eine bewusste Verwendung von ausgewählten Seefahrts-Argotismen. Nähesprachliche Ausdrucksformen nehmen durch spezifische Formen des Rundfunkjournalismus wie die Reportage im journal parlé (Méadel 1991b; Carré de Malberg / Despratx / Frichot 1991, 86 s.) – ermöglicht auch durch den technischen Fortschritt in der mobilen Aufnahmetechnik und angetrieben durch wachsende Konkurrenz unter den radios généralistes – ab den 1950er Jahren stark zu. Insbes. nach den Erfahrungen mit der propagandistischen Instrumentalisierung des Radios während des zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung steigt das grundsätzliche Bewusstsein für seine positiv wie negativ nutzbaren erzieherischen und sprachprägenden Möglichkeiten. Paul Eluard etwa bringt gegen Ende der 1940er Jahre Phäno-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
mene der sprachlichen Vereinheitlichung durch das Radio in direktem Zusammenhang mit der kulturellen Praxis des Radiohörens (Eck 1991, 140). Insges. bleibt der Beitrag des Hörfunks zur Orthoepie unbestritten. Mit Lebsanft (2001, 299) können Radio und Fernsehen als Horte und Vehikel einer als gut empfundenen Aussprachenorm gelten. Das Massenmedium Radio nimmt schließlich eine zentrale Stelle in der französischen Außen(kultur)politik v. a. gegenüber den im Zuge der Entkolonialisierung entstehenden jungen Staaten Afrikas ein. Afrikanische Journalisten werden als frankophone Multiplikatoren in einer eigens geschaffenen Rundfunkjournalistenschule in Maisons-Laffitte ausgebildet, der zunächst über Kurzwelle sendende französische staatliche Auslandsrundfunk Radio France International wird systematisch ausgebaut, und die übernationalen, vom französischen Staat kontrollierten kommerziellen Rundfunkstationen wie Africa No. 1 in Gabun und der von Zypern gen Nahost sendende arabisch-französische Dienst von Radio Monte Carlo nehmen ihren Dienst auf. Französische Rundfunkpolitik ist immer auch ganz bewusst Sprach(außen)politik zugunsten des Französischen: «La radio fait aussi l’apologie de la langue dont elle use, car c’est cette école parallèle et de formation permanente des adultes comme des enfants qui joue un rôle décisif dans la pratique du langage d’un peuple. Qu’on le veuille ou non, l’entendu prime sur le lu en quantité et en intensité. La situation d’une langue dans le monde se mesure à l’importance qu’elle a sur les ondes et, s’agissant de l’Afrique, l’action de la France doit être ici rappelée» (Dhordain 2001).
Das Fernsehen entwickelt sich seit den 1950er Jahren aus den organisatorischen Strukturen des staatlichen Rundfunks heraus zu einem eigenständigen Massenmedium (Bourdon 1991b, 124). Dabei bleibt zunächst jedoch eine – was Präsentations- wie Kommunikationsformen angeht – starke Orientierung an Formaten des Hörfunks erkennbar. Eine sprachgeschichtlich bedeutsame Wandlung ergibt sich jedoch mit der ab Mitte der 1960er Jahre einsetzenden Funktionsdifferenzierung innerhalb der audiovisuellen Massenmedien. In dem Maße, in dem das Bildmedium Fernsehen allgemeine Verbreitung findet – zwischen 1957 und 1968 verzehnfacht sich nahezu der Anteil der Fernsehhaushalte in Frankreich von 6,7 auf 61,9 % (Bourdon 1991a, 177) – und der
Fernsehkonsum alltäglich wird, wandelt sich der Hörfunk von einem média de rendez-vous zu einem média de flux. Kohäsionsstiftende Schlüsselereignisse verlagern sich somit vom Radio auf den Bildschirm, was einen Wandel ihrer Inszenierungsformen bedingt. Die Inszenierung z. B. von Diskussionsrunden, Großspektakeln oder Nachrichtensendungen wiederum wird durch die stärkere Einprägsamkeit der Bildlichkeit stilprägend auch für gruppenkommunikative Sprachverwendungen. Die bereits im Kinofilm bekannte Synchronisation fremdsprachiger Produktionen nimmt einerseits durch Multiplikation der Fernsehkanäle und Einführung privater Sender seit Mitte der 1980er Jahre beständig zu, andererseits nimmt sich die Qualität von Fernsehsynchronisationen vielfach geringer aus als im Kino. In besonderem Maße ist das Fernsehen seit seiner Durchsetzung als Massenmedium einer starken Sprachkritik ausgesetzt. Allaire (1990, 213) unterstellt aufgrund einer vermeintlichen Passivität des Fernseh‘konsums’ sprachverarmende Wirkung. Laienlinguistische Polemik spricht gar von der teleperversión der Sprache (Fontanillo / Riesco 1994), Mediensprache wird seitens puristischer Sprachverteidiger wie der D.L.F. (Défense de la langue française) vielfach als Bedrohung für den bon usage empfunden (Klein-Zirbes 2001, 188). In der Tradition von Roland Barthes werden elektronische Massenmedien zudem für eine Versteinerung des Denkens seines Publikums verantwortlich gemacht. Sehr kritisch wird zudem – nicht nur in Frankreich – die Wirkung des Fernsehens auf die frühkindliche Sprachsozialisation betrachtet, wobei die präzisen Wechselwirkungen zwischen Spracherwerbsprozessen und Medienrezeption als letztlich ungeklärt gelten müssen (Böhme-Dürr 1990, 151 s.). Die audiovisuellen Massenmedien Film, Funk und Fernsehen sind in Frankreich in mehrfacher Hinsicht Teil der Sprachpolitik. Neben der ihnen zugeschriebenen Aufgabe einer nach Außen gerichteten Förderung der französischen Sprache unterliegen sie innerhalb Frankreichs einem strengen Quotensystem zur Verbreitung französischsprachiger Produktionen. Auch privatwirtschaftlich organisierte Filmvertriebe, Fernsehstationen und Rundfunksender sind verpflichtet zu einem festen Prozentsatz französischsprachige Filme, Fernsehproduktionen bzw. Musikproduktionen zu fördern. Sprach-, wirt-
112. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Galloromania
schafts- und kulturpolitische Motivationen greifen bei der durch den CSA (Conseil Supérieur de l’Audiovisuel) kontrollierten Medienaufsicht ineinander. Französische Filmpolitik wird spätestens mit Gründung des Centre National de la Cinématographie im Jahr 1946 staatlicherseits sowohl als staatliche Kontrolle und Subventionierung der Filmproduktion als auch als Teil der französisch-amerikanischen Handelsbeziehungen gesehen. Der französische Film ist gleichermaßen wie die französische Sprache Teil einer von ungehemmter Marktkonkurrenz ausgenommenen exception culturelle. Die staatliche Filmförderung wird somit in übergreifende sprachpolitische Strategien eingeordnet, die staatliche Subventionierung ist direkt an die Verwendung der französischen Sprache gebunden (DGLF 2001, 85). Beim Hörfunk unterliegen die für ein inländisches Publikum sendenden Stationen – seit der Anfang der 1980er Jahre stattfindenden Liberalisierung des Rundfunkmarktes unter Mitterrand auch die zahlreichen, meist kommerziellen Privatsender – einer strengen, jedoch nicht immer respektierten und je nach Sender zwischen 40 und 80 % liegenden Quotierung für französischsprachige Musiktitel (ib.). Im Zuge der Legalisierung von radios libres entstehen zunächst auch einige regionalsprachlich sendende Stationen – etwa das elsässische Radio Dreyeckland oder das Tolosaner Radio Occitania –, doch ist seit Mitte der 1980er Jahre ein anhaltender Trend zum Zusammenschluss in von Pariser Kopfstationen belieferte Netzwerke kommerzialisierter radios FM zu beobachten (Krause 1994), so dass nicht-französischsprachige Hörfunksendungen allenfalls ein Nischendasein fristen (DGLF 2001, 135; 168–171). Die Sprachverwendung im Fernsehen ist in analoger Weise Gegenstand kontinuierlicher Reglementierung und Überwachung. Wird bis zur Auflösung des staatlichen ORTF (Office de Radiodiffusion Française) die Sprachaufsicht direkt über ein Sprachsekretariat und seine Organe télé und média langage übernommen (Schmitt 1995b), verlagert sich mit Einführung auch privater Fernsehkanäle die Kontrolle auf den CSA , der wiederum auf Initiative von Sprachpflegeorganisationen bei Verstößen gegen die Sprachgesetzgebung und Quotenregelungen – etwa für französischsprachige Fernsehproduktionen – intervenieren kann. Dabei geraten allerdings zu Beginn des 21. Jh. zunehmend die sich aus der exception
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culturelle begründeten spezifisch französischen Lizenzierungsbestimmungen in Gegensatz zur Dynamik globalisierter Medienkonzerne, bei denen auch französisch dominierte Weltkonzerne wie Vivendi Universal keine Ausnahme bilden.
6.
Telematik und Sprachgeschichte
Seit der Mitte der 1980er Jahre hält die Telematik mit dem Fortschritt der Computerund Telekommunikationstechnologie Einzug in den medialen Alltag. In Frankreich setzt diese Entwicklung durch den populären, von France Télécom vermarkteten Minitel-Dienst im internationalen Vergleich sehr früh ein, wobei seit Mitte der 1990er Jahre eine progressive Ablösung von Minitel durch das breitbandigere, leistungsfähigere und international verbreitete Internet nicht zu übersehen ist. Spätestens mit der Jahrtausendwende kann die Nutzung der Telematik-Dienste als eine massenhaft verbreitete kulturelle Praxis angesehen werden. Gleichwohl fallen nicht alle Nutzungen vernetzter Computersysteme unter die klassische Bestimmung von Massenkommunikation, ist doch ein Großteil etwa der Internetnutzung eher Teil von Individual- (e-mail) bzw. Gruppenkommunikation (IRC -Chat, newsgroups) (Gabriel et al. 22000, 15–21). Bei den meisten öffentlich und ohne großen technischen Aufwand zugänglichen Internetangeboten steht eine enorm hohe numerische Erreichbarkeit einer quantitativ stark eingeschränkten realen Nutzung gegenüber. So sind etwa die in Frankreich nutzbaren regionalsprachlich ausgerichteten Internetseiten kein Teil einer massenmedialen Publizistik, sondern eher ein auf enge Gruppen fixiertes Forum. Hierbei kommt zum Tragen, dass das Internet in vielen Fällen bereits bestehende Medien integriert bzw. deren Funktionen übernimmt, angefangen von gruppenspezifischen Mitteilungsorganen – z. B. in Form von mailinglists – über die Zweitverwertungen der Tagespresse (ib., 81–95) bis hin zum streaming bestehender Rundfunk- oder Fernsehprogramme. Zugleich integrieren traditionelle Massenmedien auch zunehmend Internet-Dienste etwa in Form von multimedialen, z. T. gegen Entgelt zugänglichen onlineArchiven von Zeitungsartikeln oder Fernseh- bzw. Rundfunksendungen. Kennzeichnend für die öffentliche Diskussion um das Internet nicht nur in Frankreich ist seine
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
vielfache assoziative Verknüpfung mit Modernität, was einerseits das Internet auch in sprachpolitischer Hinsicht zu einem Gegenstand symbolischen Handelns macht und andererseits seine Expansion real fördert. Unbestritten jedoch schafft das Internet und die mit der Telematik verbundene Technologie spezifische Bedingungen des sprachlichen Handelns, wie etwa zahlreiche Analysen nicht nur zur französischsprachigen Chat-Kommunikation zeigen (Laurie 2001; Dittmann 2001; Latzko-Toth 2001; Debatin 1996; 1998), wobei diese Internetspezifik eben nicht hauptsächlich in den massenkommunikativen Nutzungen des Netzes zu Tage tritt. Noch nicht absehbar ist, wie und in welchem Maße sich etwa die spezifische Praxis der Textlektüre am Bildschirm, die Möglichkeiten der Hypertextualität langfristig auf Traditionen der Schriftlichkeit auswirken werden. Zu beobachten ist jedoch innerhalb der Massenmedien zum einen eine optische Orientierung etwa des Zeitungslayouts oder der Schriftgestaltung in Fernsehsendungen an den optischen Gestaltungen von Web-Seiten und zum anderen eine Verlagerung traditioneller Printmedien auf nicht vom Internet abgedeckte bzw. am Bildschirm schwierig lesbare Textsorten wie Reportagen oder Features. Sprachgeschichtliche Diagnosen zur Frage, inwiefern innerhalb der Galloromania zukünftig durch die technischen und medialen Möglichkeiten einer breitbandigen Telematik die Entwicklungsbedingungen des Französischen maßgeblich verändert werden, sind verfrüht. Bemerkenswert ist der innerhalb der Galloromania v. a. in Frankreich und Québec von staatlichen bzw. halbstaatlichen Organisationen getragene Kampf für eine französisierte Terminologie des Internet. Während zu Recht die Alltäglichkeit des neuen Mediums betont wird, wird in der historisch erklärbaren (Gabriel et al. 22000, 11) Prägung der Internet-Terminologie durch Anglizismen ein im Sinne des Verbraucherschutzes zu behebender Missstand gesehen, wie ein regierungsamtliches Memorandum (Bloche 1998) unterstreicht. «Il faut aussi que le français dispose de tous les termes nécessaires pour décrire les réalités contemporaines. Le plan d’action gouvernemental pour la société de l’information souligne la nécessité de disposer de termes français pour l’internet affin que le plus grand nombre puisse s’approprier ce nouveau média. Il ne peut y avoir aucun avan-
tage à devoir utiliser pour l’Internet un sabir digne du latein de cuisine des médecins de Molière» [Hervorh. im Text].
Ungeachtet der Vergeblichkeit dieser Bemühungen (Osthus 2003) deuten sich angesichts der Alltäglichkeit des Medienumgangs auch Veränderungen in der Alltagssprache an, etwa über die Integration der Praktiken des Kommunizierens im Netz in alltägliche Regularitäten der Bildlichkeit (Osthus 2000). Das Internet ist bereits wichtiger Metaphernspender. Zudem ist die Netznutzung wichtiges Vehikel für euromorphologisch (Schmitt 1995a) gebildete Terminologie, die über die Verteilersprache der Computernutzung Eingang in die Gemeinsprache findet. Weitergehende Fragen, inwiefern etwa durch eine Parallelität realer und virtueller Räume in der computergestützten Fernkommunikation sich althergebrachte Varietätengefüge verschieben, können zum jetzigen Stand jedoch noch nicht beantwortet werden.
7.
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113. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
1293
113. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel Communication de masse et histoire des langues: Péninsule ibérique 1. 2. 3. 4. 5. 6.
1.
Iberische Halbinsel, Massenkommunikation, Sprachgeschichte Buchdruck Hörfunk Fernsehen Internet Literatur
Iberische Halbinsel, Massenkommunikation, Sprachgeschichte
1.1. Wie man weiß, kommen der geographische und die historischen Räume auf der Iberischen Halbinsel nicht ohne Weiteres zur Deckung. Gerade die Entwicklung von Massenkommunikation vollzieht sich nicht im Rahmen eines geographisch abgegrenzten Raums, sondern innerhalb historischer, d. h. gesellschaftlicher und staatlich verfasster Ordnungen, wobei Massenkommunikation auf diese Ordnungen einwirkt und sie mitkonstituiert. Aus dieser Überlegung ergibt sich, dass eine Darstellung von Massenkommunikation und mehrere Einzelsprachen nach geographischen Gesichtspunkten zusammenfassender bzw. integrierender Sprachgeschichte v. a. aus Gründen der Praktikabilität gerechtfertigt ist; historisch betrachtet bietet sie sich hingegen nur dort an, wo es im anvisierten Zeitraum – also von der frühen Neuzeit, in der Massenkommunikation entsteht, bis zur Gegenwart – engere geschichtliche Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Sprachen gibt. Das gilt zwar für das Verhältnis von Kastilisch zu Katalanisch und Galicisch, kaum jedoch für das Verhältnis dieser Sprachen zum Portugiesischen. Denn fasst man die historischen Gegebenheiten seit der frühen Neuzeit ins Auge, dann bleibt festzuhalten, dass sich die verschiedenen Formen der Massenkommunikation v. a. im Rahmen zweier verschiedener Staaten und ihrer regionalen Zentren entwickeln, nämlich in Spanien und Portugal. Seit der Regierungszeit Karls V. (1516– 56) sind die Kronen Kastiliens und Aragoniens in einer Person vereinigt, so dass ein mehrsprachiges Gebilde entsteht, in dem die einzelnen Sprachen durch die Jahrhunderte
in einem spannungsreichen Beziehungsgeflecht miteinander verwoben sind, das auch auf die Massenkommunikation Auswirkungen hat. Das Katalanische und das Galicische, aber auch das Aragonesische und das Asturische geraten für viele Jahrhunderte unter das Dach des Kastilischen. Demgegenüber ist Portugal ein einsprachiges Land, das nur in dem kurzen Zeitraum zwischen 1580 und 1640, von der Annexion durch Philipp II . bis zur Loslösung durch Johann IV., unter kastilischer Herrschaft steht. 1.2. Der Begriff der Massenkommunikation, der als engl. mass communication 1941 erstmals belegt ist, lässt sich durch wenigstens sechs Merkmale näher fassen (a – f; cf. mit eingehender Begründung Lebsanft 2001): ‘Raum-zeitlich’ liegt Fernkommunikation vor, da Massenkommunikation räumlich stets fern, zeitlich entweder simultan oder versetzt abläuft (a). Hinsichtlich der ‘beteiligten Personen’ stehen sich eine kleine Anzahl von Kommunikatoren und eine große Zahl von dispersen Rezipienten gegenüber (b). Massenkommunikation ist ‘öffentlich’. Die kommunizierten Gegenstände werden stets vor Dritten verhandelt (c). Das ‘soziale Verhältnis’ von Kommunikator und Rezipient ist zwar komplementär, dabei jedoch asymmetrisch (d). Auch das ‘pragmatische Verhältnis’ von Kommunikator und Rezipient ist durch Asymmetrie geprägt. Der Kommunikator beherrscht die Mittel der Massenkommunikation, deren Wirkungen der Rezipient ausgesetzt ist. Die Interaktion zwischen Kommunikator und Rezipient ist äußerst begrenzt (e). Die ‘Gegenstände’ der Massenkommunikation werden durch ökonomische, politische und berufsethische (deontologische) Bedingungen eingegrenzt (f). Drei Gesichtspunkte können im Verhältnis von so näher bestimmter Massenkom– munikation und Sprachgeschichte Berücksichtigung finden, wobei es jeweils darauf ankommt festzustellen, welche Veränderungen sich für die Sprache durch die genannten Merkmale ergeben. Man kann zunächst fragen, wie das Phänomen der Massenkom-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
munikation sprachlich erfasst worden ist. Man zielt dann auf eine Geschichte des massenmedialen Fachwortschatzes, des Wortschatzes der Handwerker, Techniker und Ingenieure, wenn man z. B. die Entwicklung der kastilischen, katalanischen oder portugiesischen Drucker-, Hörfunk- oder Fernsehsprache untersucht. Ein zweiter Aspekt eröffnet sich, wenn man in den Blick nimmt, wie sich die Sprachen durch ihren Gebrauch in der Massenkommunikation verändern, d. h. in welcher Weise – intern – massenmediale Kommunikationsbedingungen bei der Gestaltung der sprachlichen Mittel mitgewirkt haben und welche Folgerungen – extern – sich daraus für die Gemeinschaften ergeben, die sich dieser Mittel bedienen. Schließlich kann man den Fokus auch auf die Geschichte der massenmedialen Sprache im engeren Sinn richten, also die Entwicklung der Traditionen mündlicher und schriftlicher Texte verfolgen, wie sie für Zwecke der Massenkommunikation spezifisch verfertigt worden sind. 1.3. Die Anlage dieses Handbuchs sieht vor, die drei genannten Aspekte nicht gemeinsam zu untersuchen (cf. dagegen für das Deutsche die vergleichbaren Übersichten von Nail 22000 und Brandt 22000), sondern den ersten und den dritten Gesichtspunkt im Abschnitt XIII Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht zu behandeln, so dass im Folgenden nur die Frage erörtert wird, welchen Einfluss die Massenkommunikation auf die geschichtliche Entwicklung der einzelnen iberoromanischen Sprachen insges. gehabt hat. Dabei kann es nicht darauf ankommen darzulegen, wie etwa die technischen Mittel der Massenkommunikation überhaupt die Sprache verändern, inwiefern z. B. die Entwicklung der Druckschrift der Sprache eine neue Dimension eröffnet (cf. dazu insges. HSK 10, 1994/96), sondern nur, inwiefern die schriftliche Massenkommunikation Auswirkungen auf die Einzelsprache als Kommunikationsinstrument einer ganzen Gemeinschaft hat und welche Konsequenzen sich für diese daraus ergeben. Es gehört zum Wesen von Massenkommunikation, dass dieselben zunächst schriftlichen, später auch mündlichen Texte ein disperses Publikum zeitgleich erreichen. Extern betrachtet, geht es um die soziale und pragmatische Organisation eines massenkommunikativen Prozesses durch die Sprach-
gemeinschaft. Mag die von bestimmten Gruppen ausgehende Schaffung der die Massenkommunikation ermöglichenden Infrastruktur spontan erfolgen, so wird sie doch alsbald von staatlicher Seite in die Hand genommen und geregelt. Diese Regelung stellt sich durch die Jahrhunderte als wie auch immer legitimierte staatliche Kontrolle über den Zugang zur Massenkommunikation dar. Der Entstehung der Massenkommunikation folgt unmittelbar diejenige der Zensur. Sie betrifft die ‘Zugangsberechtigung’ zur Massenkommunikation, und zwar im Einzelnen von gesellschaftlich oder ideologisch bestimmten Personen und Gruppen, von Sprachen bzw. Sprachvarietäten und schließlich von Inhalten. Intern betrachtet, geht es um die Frage, welche sprachlichen Mittel die Sprachgemeinschaft für die Massenkommunikation als besonders geeignet erachtet und auswählt. Ganz allgemein gilt sicherlich, dass die Entstehung von Massenkommunikation die Uniformierung der für sie vorgesehenen und in ihr verwendeten Sprachmittel fördert (cf. unter dem leicht verkürzenden Gesichtspunkt der ‘Verschriftlichung’ Koch / Oesterreicher 1994). Massenkommunikation und Herausbildung nicht nur regionaler – wie bei den mittelalterlichen scriptae –, sondern großräumiger Sprachstandards, von der Orthographie bzw. Orthoepie über die Grammatik bis zur Lexik, bedingen einander. Zugleich diffundiert Massenkommunikation, unterstützt durch sprachkulturelle Aktivitäten, die Kenntnis dieser Standards innerhalb einer Sprachgemeinschaft und stärkt deren sprachliche Kohäsion. Sie trägt insofern dazu bei, (a) die variationelle Differenzierung historischer Sprachen, d. h. die diatopische, diastratische und diaphasische Variation, zu bewerten und für sie einen normativen Bezugspunkt zu fixieren, (b) die Differenzierung im Raum und in den Schichten der Gesellschaft abzuschwächen. Dazu trägt erheblich die Tatsache bei, dass mit den für die Fernkommunikation notwendigen technischen Mitteln der Übertragung auch die Verfahren der Speicherung von Texten weiterentwickelt werden, nicht nur für das geschriebene, sondern auch für das gesprochene Wort (Bibliotheken, Mediatheken). Das tradierte, über immer größere Zeiträume aufbewahrbare und abrufbare Korpus einer Sprache wird gleichsam metonymisch zum Inbegriff einer durch ihre Texte reifizierten Sprache.
113. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
Es ist die ‘massenhafte’, allgemeine und öffentliche Verbreitung bestimmter Sprachmittel und Texte, die diese erst als ‘Distanzsprache’ (ib.) zum anerkannten Standard bzw. Kanon einer Sprache macht. Zugleich werden jedoch Versuche unternommen, andere Sprachformen – die komplementär zur ‘Distanzsprache’ sog. ‘Nähesprache’ – in die Massenkommunikation hineinzunehmen, schon in das visuelle Medium des Drucks, verstärkt dann in die zunächst ebenfalls distanzsprachlich geprägten Telekommunikationsmedien Hörfunk und Fernsehen. 1.4. Im Einzelnen bietet es sich an, das Gebiet ausgehend von den Typen der Fernkommunikation zu erarbeiten (Böhme-Dürr 1997), also von den verschiedenen Massenmedien (Merkmal a), welche die Übermittlung der sprachlichen Gegenstände (Merkmal f) von deren Urhebern – den Kommunikatoren – an die ‘Masse’ der Rezipienten ermöglichen (Merkmale b–d). Das älteste, visuelle Medium entsteht Mitte des 15. Jh. mit dem Buchdruck (cf. 2.). An der Wende zum 20. Jh. wird das auditive Medium des Hörfunks erfunden (cf. 3.), dem in den 20er Jahren des 20. Jh. als audiovisuelles Medium zunächst der Film, dann das Fernsehen folgt, das sich allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzt (cf. 4.). Heute erleben wir mit der Entwicklung des Internet die Entstehung einer multimedialen Massenkommunikation, welche die Möglichkeiten von Buchdruck, Hörfunk und Fernsehen in sich aufnimmt und miteinander vernetzt (cf. 5.). Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf Spanien, hier wiederum auf dem Kastilischen mit vergleichenden Beobachtungen zum Katalanischen; Hinweise werden jedoch auch zum Portugiesischen gegeben.
2.
Buchdruck
2.1. Bereits das Mittelalter hat frühe Formen der schriftlichen ‘Massen’kommunikation entwickelt. Gemeint ist das seit dem 13. Jh. zuerst an der Pariser Universität eingeübte System der pecia, bei dem das beim Stationarius hinterlegte ‘Exemplar’ des Unterrichtstextes in mehrere Teile (peciae) aufgeteilt wurde, um so die gleichzeitige Kopie durch mehrere Schreiber zu ermöglichen (Destrez 1935; Hajnal 21959). Der entscheidende Durchbruch zur Entstehung eines Massenmediums gelingt aber erst im 15. Jh. im oberdeutschen Raum mit der Entwick-
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lung des Buchdrucks. Mehrere Faktoren spielen dabei zusammen (zusammenfassend Martin 1992; cf. auch Ahlzweig 1994; ausführlich Febvre / Martin 21971; Eisenstein 1997), wobei die Nachfrage nach religiösen, fachlichen und unterhaltenden Texten bei einem sich gerade außerhalb der Universitäten formierenden Lesepublikum entscheidend ist, weil sie einen grundlegenden Kulturwandel herbeiführt. Diese Nachfrage löst die Suche nach neuen Möglichkeiten zur massenhaften Reproduktion von Texten aus, die sich dank technischer Fortschritte realisieren lässt. Erst bestimmte Entwicklungen der Metallurgie ermöglichen die Herstellung ‘beweglicher Lettern’ (d. h. auswechselbarer Druckbuchstaben), der Aufschwung der Papierindustrie die Herstellung eines gut bedruckbaren und preisgünstigen Schreibstoffs in größeren Mengen. 2.2. Der in Deutschland von Johannes Gutenberg zwischen ca. 1440 und 1450 entwickelte Buchdruck gelangt über Italien seit ca. 1470 auf die iberische Halbinsel (Historia 1982). Der erste dort nachweisbare Druck ist das kastilisch abgefasste Synodale von Aguilafuente, das nach dem Abschluss der nach Segovia einberufenen Synode dort am 10. Juni 1472 vermutlich von dem Heidelberger Johannes Parix gedruckt wurde (Haebler 1962, vol. 1, Nr. 630; cf. auch García Craviotto 1989–90). Der erste katalanisch abgefasste Druck sind die in Valencia nach dem 25. März 1474 von Lambert Palmert gedruckten Obres o trobes dauall scrites les quals trac // ten de lahors dela sacratissima verge Maria (Haebler 1962, vol. 1, Nr. 488). Der erste in Portugal – in Faro – nachweisbare Druck ist der hebräische Pentateuch von Samuel Gacon vom 30. Juni 1487 (ib., Nr. 529). Der erste portugiesische ‘Text’ ist das Kolophon des in Chaves am 8. August 1489 gedruckten lateinischen Confessionale (so Norton 1978, 491; anders Teyssier 1995, 686: Inkunabel «en portugais»). Es ist bekannt, dass das frühe gedruckte Schrifttum in ganz Europa noch vorwiegend lateinisch abgefasst ist. Erst allmählich, im Lauf des 16. und 17. Jh. wächst auch auf der iberischen Halbinsel die volkssprachliche Produktion (Escolar 1993–96, vol. 2, 83–91). Sie betrifft den universitären Fächerkanon der niederen, aber zum Teil auch der höheren Fakultäten, die technischen Disziplinen und die praktische Theologie. Theoretisches
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
und mehr noch anwendungsbezogenes Fachwissen wird so durch ‘Fachprosa’ zum ersten Mal nach der alfonsinischen Epoche wieder in größerem Ausmaß übersetzt und vulgarisiert (cf. das breite Spektrum von Texten im spanischen Korpus ADMYTE II ; cf. zum gesamten Prozess, ausgehend von Deutschland, Giesecke 1991). Zum Fachwissen gehört zuallererst das grammatische und rhetorische Schrifttum, das zunächst das Latein, dann aber auch die Volkssprachen betrifft. Nach den Introductiones latinae, einem wahren ‘Bestseller’ mit einer Erstauflage von 1.000 Exemplaren, die innerhalb von zwei Jahren vergriffen war (Haebler 1962, vol. 1, Nr. 459 ss.), publiziert Antonio de Nebrija seine auf das Kastilische bezogenen orthographischen, grammatischen und lexikalischen Werke. Wesentlich für die sich andeutende, allerdings erst im 18. Jh. wirksam werdende Ausarbeitung des Sprachstandards ist dabei die an Quintilian anknüpfende Entscheidung für eine im Prinzip phonematische Orthographie (cf. zahlreiche Artikel im LRL 6/1). Es hängt mit dem Katholizismus und der Gegenreformation zusammen, dass die volkssprachliche Heilige Schrift in Portugal und Spanien keine Rolle spielt, ganz im Gegensatz zur ‘wissenschaftlichen’ Bibel, beginnend mit der sog. Biblia políglota des Kardinals Cisneros aus der Presse von Arnaldo Guillén de Brocar (Complutum, 6 vol., 1514–17; Norton 1978, Nr. 27), die nicht nur den Bibeltext in den heiligen Sprachen (Hebräisch, Chaldäisch, Griechisch) mit lateinischer Übersetzung (interpretatio) parallel druckt, sondern auch durch die Beigabe einer hebräischen Grammatik und eines Lexikons erschließt. Die Zensur formiert sich in Kastilien seit der bereits 1502 in Toledo erlassenen pragmática, nach der die Publikation eines Buchs der Zustimmung des Consejo real bedurfte. Die Bestimmungen wurden in der ersten Hälfte des 16. Jh. verschärft bis hin zur berühmten pragmática Philipps II . von 1558, die die unerlaubte Einfuhr volkssprachlicher Bücher nach Kastilien sogar mit dem Tod bedrohte (Escolar 1993–96, vol. 2, 133–137; Blecua 1983, 174–176; cf. insges. Cendán Pazos 1974). Der umfangreiche Prozess der Drucküberwachung fand seinen Niederschlag in der Ausgestaltung der dem eigentlichen Werk vorangestellten Paratexte, die sich exemplarisch an der Erstausgabe des Quijote demonstrieren ließe (cf. die Erläuterungen in
Cervantes 1998, vol. 2, 9–11; Cayuela 1996). Als Folge etabliert sich eine Trennung zweier Kommunikationskreise mit einem druckbaren, öffentlichen und einem handschriftlichen, klandestinen Bereich, wie das etwa bei Juan de Valdés der Fall ist (cf. die Einleitung zu Valdés, ed. Barbolani 21984). Natürlich wird Verbotenes auch gedruckt oder enthält Gedrucktes gleichsam verbotene ‘Schmuggelware’. Werke werden daher insges. verboten, indiziert und vernichtet oder inkriminierte Stellen expurgiert. 2.3. Neben dem gedruckten Buch entsteht im 16. Jh. – ebenso wie in Mitteleuropa und anderswo in der Romania (Wilhelm 1996) – auch auf der Iberischen Halbinsel der Drucktyp der Flugschrift (span. pliego suelto, pg. folheto), der dort in seiner frühesten Phase die volkstümliche Dichtung des romancero viejo verbreitet (Blecua 1983, 179– 186; Rodríguez-Moñino 1997). In einer zweiten Phase dient er – wie bereits der erste, 1493 in Barcelona auf spanisch gedruckte Bericht von Kolumbus über die «neu entdeckten Inseln» (Wolff 1992; Sanz 1958) – der Mitteilung (aviso, carta, crónica, relación) von politischen, ökonomischen, sozialen und sonstigen «merkwürdigen» Neuigkeiten (sucesos, casos particulares) und kann damit als Vorform der in der zweiten Hälfte des 17. Jh. einsetzenden Presse gelten (Sáiz / Seoane 1983, vol. 1, 33–37; Agulló y Cobo 1966). Während sich die frühen Relationen auf das ‘weltpolitische’ Ereignis der Eroberung Amerikas beziehen, behandeln diejenigen des 17. Jh. offenbar vorwiegend europäische Angelegenheiten. Als erstes periodisches Publikationsorgan gilt in Portugal die zunächst monatlich veröffentlichte Gazeta – wie sie heute genannt wird – ‘da Restauração’ (Lissabon, 1641–47), in Spanien die seit 1661 erscheinende Madrider Gazeta (Sáiz / Seoane 1983, vol. 1, 51 s.). Die Periodica auf der Iberischen Halbinsel folgen damit französischem (Renaudots La Gazette, Paris, 1631) und italienischem Vorbild (Genova, 1639; cf. Hrbek 1995, 27–34). In Spanien wird die Gaceta de Madrid im 18. Jh. offizielles Sprachrohr der Bourbonen und ist der Vorläufer des Staatsanzeigers (Boletín Oficial del Estado), ebenso wie in Portugal aus der Gazeta das Diário da República hervorgeht. Bücher, die ‘in aller Munde’ sind, schaffen ein Publikum. Doch erst mit der Entstehung einer stabilen Tagespresse im 18. Jh.
113. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
entsteht auch auf der Iberischen Halbinsel wie in England, Frankreich oder Deutschland die Öffentlichkeit (Habermas 71975; Hölscher 1978) als der Raum, in dem die Kommunikationsgemeinschaft auf der Grundlage von Information und Analyse eine – stets von der Zensur kontrollierte – Meinung bildet, die Einfluss auf die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung nimmt (Sáiz / Seoane 1983, vol. 1, 71–101; Sánchez-Blanco 1999, 277– 328). Spätestens seit dem Unabhängigkeitskrieg (1808–14) wandelt sich in Spanien die Presse von einer Informationsquelle für Gebildete zu einem Massenphänomen (Sáiz / Seoane 1983–96; Gómez Aparicio 1967–81). In Portugal verläuft die Entwicklung insges. parallel (Tengarrinha 21989; cf. Scotti-Rosin 1994). Es ist v. a. die Presse, die in Spanien wie in Portugal die seit dem 19. Jh. allmählich alphabetisierte Gesellschaft als Nation konstituiert, d. h. als ‘imaginierte’ Gemeinschaft, deren historisches Bewusstsein und politisches Handeln geprägt ist durch den massenmedial konstituierten gemeinsamen Kommunikationsraum (Anderson 21993). Im Übrigen war schon im 17. Jh. die Gazeta ‘da Restauração’ das Sprachrohr der antispanischen Kräfte, die die Loslösung Portugals vom östlichen Nachbarn betrieben. Die erste Nachricht der Gazeta vom November 1641 etwa berichtet chronologisch (und also noch nicht nach dem modernen, achronologischen Prinzip der ‘inverted pyramid’) von einer Seeschlacht zwischen Holländern und Kastiliern: «PELEIIOV a armada de Olanda com hu / ma esquadra da armada Real de Castella, em / que vinhão muitas fragatas de Duquerque: / durou a pendencia mais de vinte, & quatro / oras; foise a pique hum galeão dos Castelhanos, & fica– / raõ alguns destroçados, & todos com muita gente mor– / ta. O Olandez com algum dano se retirou a este porto, / donde està aguardando aque el Rey nosso Senhor lhe de / socorro para sair otra vez a atemorizar os portos de / Andaluzia (Gazeta, Nouembre de 1641, A1)».
Auch die Loslösung der spanischen und portugiesischen Kolonien von ihren Mutterländern und die Konstitution als eigenständige Nationen seit dem frühen 19. Jh. werden entscheidend durch die Formierung entsprechend nationaler Massenmedien gefördert (Wilke 1992–96). 2.4. Die Entstehung und Entwicklung des Buchdrucks ist bekanntlich ein wesentlicher
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Faktor in der Ausbildung und Durchsetzung bestimmter Volks- als standardisierter Nationalsprachen einerseits gegenüber dem Latein, andererseits gegenüber anderen, konkurrierenden Volkssprachen. Das gilt auch für die Staaten der Iberischen Halbinsel. Im mehrsprachigen Spanien unterstützt der Buchdruck ganz entscheidend die Verbreitung des Kastilischen als Koine. In der Corona de Aragón produziert, von den drei Druckzentren, Zaragoza – neben lateinischen Texten – ohnehin v. a. kastilisches Schrifttum; aber auch in Barcelona und Valencia werden vom 15. bis 17. Jh. keineswegs nur katalanische Werke gedruckt. Gerade Barcelona ist schon in dieser Zeit – also vor dem Beginn der antikatalanischen Sprachpolitik der Bourbonen – einer der wichtigsten Druckorte für die spanische Literatur (Escolar 1993–96, vol. 2, 126–131; 168–180). Nach der von den Bourbonen betriebenen Verdrängung des Katalanischen aus der Öffentlichkeit im 18. Jh. steigt erst im Zuge der Renaixença die katalanischsprachige Buchproduktion (ib., vol. 3, 399–441) wieder an, übrigens zu derselben Zeit, als der katalanische Typograph und Verleger Manuel Ribadeneyra in Madrid die bedeutendste spanische Textreihe des 19. und 20. Jh., die Biblioteca de Autores Españoles (BAE ) realisierte. Sie wurde 1846 mit einer Edition der Werke von Cervantes eröffnet, die Buenaventura Carlos Aribau betreute, der Autor der später als der Beginn der katalanischen Renaixença gefeierten Oda a la Pàtria. Natürlich bedient sich auch die katalanische Presse des 18. Jh. vorwiegend des Kastilischen. Hier ist es noch vor der Renaixença der Unabhängigkeitskrieg gegen Frankreich, der eine katalanischsprachige Presse ermöglicht, da die französischen Invasoren katalanische Publikationen eingesetzt hatten, um die Bevölkerung für sich zu gewinnen (cf. insges. Torrent / Tasis 1966; cf. auch Lüdtke 1991, 238 s.). Seit der Entstehung eines politischen Katalanismus um die Wende zum 20. Jh. gehört die Forderung nach der Stärkung des Katalanischen in den Printmedien zum Programm der sprachlichen Normalisierung, die seit der Transición (1975– 78) Wirklichkeit zu werden scheint. Allerdings ist bis heute die kastilischsprachige gegenüber der katalanischsprachigen Presse dominierend, wenn etwa – um nur Zeitungen regionalen Zuschnitts zu vergleichen – das spanischsprachige Traditionsblatt des katalanischen Bürgertums La Vanguardia (Bar-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
celona, gegründet 1881) eine Auflage von 202.794 Exemplaren, die 1976 erstmals erschienene katalanischsprachige Avui (Barcelona) hingegen nur von 28.363 täglich verkauften Exemplaren (2003) erreicht (Revuelta 2005, 194). Das 1978 gegründete Periódico de Cataluña (Barcelona), das 2003 eine Auflage von knapp 167.000 Exemplaren erzielt, erscheint seit 1997 auch in katalanischer Übersetzung. Das Verhältnis der spanischzur katalanischsprachigen Auflage betrug 124.330 zu 97.026 Exemplaren in 2004 (Domain im www.introl.es). Die Instanzen, welche in den Ländern der Iberischen Halbinsel die Sprachnorm ausarbeiten, bedienen sich zu deren Implementierung der Möglichkeiten der Massenkommunikation. Das zeigt exemplarisch für das Spanische die rege Publikationstätigkeit der 1713 gegründeten Real Academia Española (RAE ), deren Kodifikation von Schreibung, Grammatik und Lexik durch eine Fülle von – seit 1857 z. T. offiziellen – Publikationen für den Schulgebrauch bekanntgemacht wird (Verzeichnis in Fries 1989, 187–195). Seit dem 19. Jh. wird die Gestaltung und Befolgung der Sprachnorm dank der Massenmedien zum Gegenstand öffentlicher Debatten. Es entstehen erstmals in größerem Umfang sprachkritische Schriften, die sich mit dem öffentlichen Sprachgebrauch unter dem Gesichtspunkt der Norm auseinandersetzen (Lebsanft 1993; Brumme 1997; Lebsanft 2000a); damit wird eine Tradition öffentlicher ‘Volks’- oder ‘Laienlinguistik’ begründet, die bis in die Gegenwart fortwirkt (Lebsanft 1997).
3.
Hörfunk
3.1. Auf der Grundlage der von Guglielmo Marconi 1896 verwirklichten drahtlosen Telegraphie werden bis zu Beginn der 20er Jahre des 20. Jh. v. a. in den USA und in Deutschland die technischen Grundlagen für die Entwicklung des Radios gelegt (Garratt 1994). Auf der iberischen Halbinsel finden wir, nach amerikanischem und französischem Vorbild, allererste Radiosendungen in Madrid 1921, in Lissabon 1925. Wenigstens in Spanien begegnet die Presse dem neuen Medium misstrauisch (Sáiz / Seoane 1996, vol. 3, 399–401), ohne dessen Siegeszug in einer nach wie vor nicht vollständig alphabetisierten Gesellschaft aufhalten zu können (Ezcurra 1974; Díaz 1993). Denn für die Rezipienten liegen die Vorteile eines
gegenüber dem Schriftmedium schnelleren, mobileren und einfacheren Mediums (Häusermann 1998) auf der Hand. Ähnlich wie bei der Entstehung des Buchdrucks, ergreift der Staat früh, in Spanien bereits 1923/24, die Initiative, um durch Lizenzen den Zugang zum neuen Medium zu regeln. Alsbald entsteht ein duales System mit staatlichen und privaten Sendern. Die ersten täglich präsenten Sender etablieren sich zur selben Zeit in Barcelona, Madrid und Sevilla. Es ist der Spanische Bürgerkrieg (1936–39), der das Radio endgültig populär macht, denn es wird von beiden Seiten intensiv zur Propaganda und Information genutzt. So gründete Franco den noch heute staatlichen Rundfunk, Radio Nacional de España (RNE ), bereits 1937 in Salamanca. Der bekannteste und mit – 2004 – ca. 5,2 Mio. täglichen Hörern verbreitetste Privatsender (Revuelta 2005, 198), die Cadena SER (Sociedad Española de Radiodifusión), geht hingegen auf die ältesten Madrider Radiostationen der 20er Jahre zurück (cf. auch die einschlägigen Artikel in Bernecker et al. 1990). In der Frühzeit ist das Radio v. a. ein Medium der musikalischen Unterhaltung. Die ersten Sendungen in Spanien sind Übertragungen aus der Madrider Oper. In der Zeit nach 1939 verbindet die frankistische Diktatur die immer stärker diversifizierte Unterhaltung und auch Werbung mit gelenkter Information, wobei die Nachrichtensendungen aus den offiziellen Heeresberichten des Bürgerkriegs hervorgehen. Eine grundlegende Änderung zu einer freien Berichterstattung und Meinungsbildung bewirkt – wie bei der Presse – nach einer vorsichtigen Liberalisierung in den 60er Jahren erst der Übergang zur Demokratie (cf. Bischoff 1991). 3.2. Die Sprache des spanischen Radios ist zunächst durch die Schriftlichkeit geprägt; in der Aussprache ausgerichtet an der gebildeten kastilischen Norm, werden in Bezug auf Syntax und Lexik schriftlich konzipierte Texte verlesen. Ein typisches Beispiel ist die Bekanntmachung des letzten Heeresberichts aus dem Bürgerkrieg: «Parte oficial de guerra del Cuartel General del Generalísimo correspondiente al día de hoy, primero de abril de 1.939, tercer año triunfal. En el día de hoy, cautivo y desarmado el ejército rojo, han alcanzado las tropas nacionales sus últimos objetivos militares. La guerra ha terminado. Bur-
113. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel gos, 1° de abril de 1.939, Año de la victoria» (Díaz 1993, CD, eigene Transkription).
Ein geradezu emblematisches letztes Beispiel für diese Art von Verlautbarung bietet am 20. November 1975 die Meldung des Todes des Diktators in Form eines ärztlichen Bulletins. Einen ebenso symptomatischen Einbruch von nähesprachlicher Emotionalität in einen vorkonzipierten Text demonstriert dann die Eilmeldung von der Legalisierung der kommunistischen Partei am Karfreitag 1977: «Señoras y señores, hace unos momentos fuentes autorizadas del Ministerio de la Gobernación han confirmado que el Partido Comunista … [Pause, Emotion] – perdón – que el Partido Comunista de España ha quedado legalizado, y escrito en el … [Pause, Emotion] Repetimos la noticia, eh» (Díaz 1993, CD, eigene Transkription).
Seit den 60er Jahren dringt aber auch unmittelbare Nähesprache in die über das Radio verbreitete Berichterstattung ein, und zwar im Rahmen der in der jeweils beschriebenen und analysierten Situation verankerten Reportage. Seit den 50er Jahren sind Fußballreportagen wichtig; wiederum ist jedoch ein historisches Beispiel besonders eindrücklich, und zwar der Bericht über den Beginn des (im Übrigen auch gefilmten) Putschversuchs vom 23. Februar 1981: «En estos momentos … en estos momentos se ha oído un … un golpe muy fuerte en la Cámera, no sabemos lo que es porque … porque – saben – la Policía, la la Guardia Civil entra en estos momentos en el Congreso de los Diputados. Hay un … un teniente coronel que con una pistola sube … hacia la tribuna y en estos momentos apunta, es un guardia civil, está apuntando con la pistola, entran más policías, entran más policías, está apuntando al Presidente del Congreso de los Diputados con la pistola y vemos [Emotion] como … como, cuida(d)o, la policía, la policía [im Hintergrund: ‘¡al suelo, al suelo todo el mundo!’] no podemos emitir más porque nos están apuntando con la … llevan … llevan ametralladora [im Hintergrund: ‘¡al suelo, al suelo!’ Schüsse] …» (ib., CD, eigene Transkription, stark vereinfacht).
Das spanische Radio der Gegenwart ist durch zunehmende Mündlichkeit geprägt, einerseits durch spontan formulierende, phonetisch nicht mehr ausschließlich an der kastilischen Norm orientierte Kommunikatoren, mehr jedoch noch durch ebenso spontan sprechende und verstärkt zu Wort kommende Rezipienten. Dieser Strukturwandel der Aufgabe einer schriftlich geprägten Norm zugunsten einer vergleichsweise breiten
1299
mündlichen Variation ist in der Presse einer scharfen Kritik ausgesetzt (cf. z. B. Lebsanft 1990, Nr. 78; 155; 287). Versuche, eine eigenständige mündliche Norm, von der Aussprache über die Grammatik bis zur Lexik, zu elaborieren, scheinen andererseits insofern zu scheitern, als entsprechende normative Handbücher gerade nicht auf die spezifischen Kommunikationsbedingungen in einem auditiven Medium eingehen (cf. auch Lebsanft 1998, 263–265). Dennoch gilt wohl insg. noch, dass Rezipienten durch das Radio stärker distanz- als nähesprachlichen Sprachformen ‘ausgesetzt’ sind. Die erste staatlich lizensierte Radiosendung Spaniens wurde 1924 in Barcelona aufgezeichnet. Radio Barcelona sendete – noch vor den antikatalanischen Verboten der Diktatur Primo de Riberas – auf spanisch. Die Entwicklung eines katalanischsprachigen Radios wurde durch diese und die frankistische Diktatur nachhaltig behindert. Erst im Zuge der mit der Transición einsetzenden Normalisierungspolitik gibt es heute einen Platz für eine Vielzahl öffentlicher und privater regionalsprachlicher Sender in den mehrsprachigen Gebieten Spaniens.
4.
Fernsehen
Die Entstehung des Fernsehens verdankt sich den ca. zwischen 1880 und 1940 realisierten technischen Entwicklungen, die die Aufzeichnung und Übertragung bewegter Bilder ermöglichen (Abramson 1987). Führend waren dabei Erfinder in Deutschland, Großbritannien und den USA (cf. z. B. Hicketier / Hoff 1998, 8–32). Seit 1933 wird die Frühgeschichte des Fernsehens in Europa stark durch die Nationalsozialisten bestimmt, die die Möglichkeiten eines regelmäßigen Fernsehbetriebs im Jahr 1935 ausloten, ohne jedoch dessen Entwicklung allzu energisch zu forcieren (ib., 33– 59). Vom nationalsozialistisch beherrschten Deutschland führt ein direkter Weg auf die iberische Halbinsel, denn bereits 1938 führen deutsche Techniker den in Berlin erreichten Entwicklungsstand dem kommenden Diktator Franco in Burgos vor (Baget Herms 1993, 16; Sánchez Aranda / Barrera del Barrio 1992, 506). Die Verbreitung des Fernsehens als Mittel der Massenkommunikation setzt in Portugal und Spanien – ebenso wie im übrigen westlichen Europa – erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Nach entsprechenden Vorberei-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
tungen in den späten 40er Jahren nehmen staatlich gelenkte Fernsehanstalten den regelmäßigen Sendebetrieb in Spanien 1956, in Portugal 1957 auf. Bis zum jeweiligen Ende der Diktaturen bleibt das Fernsehen, das sich erst in den frühen 60er Jahren vom Luxus- zum Gebrauchsgut wandelt, ein Instrument der leichten Unterhaltung und der politischen Propaganda (Baget Herms 1993). In Spanien erfolgt die nur ganz allmähliche Demokratisierung des Fernsehens im Zuge der Transición. Das öffentliche, bis in die Gegenwart extrem regierungsnahe Fernsehen ergänzt in den 80er Jahren die beiden bestehenden Programme durch einen dritten Kanal. Es folgen in einem seinerzeit heftig diskutierten Prozess (cf. z. B. Lebsanft 1990, 130) weitere regionale Sender, die dann auch bzw. ausschließlich in den Minderheitensprachen senden (Bernecker et al. 1990, 410–414); schließlich entwickeln sich in den 90er Jahren, diesmal in einer heftigen politischen Auseinandersetzung zwischen dem Staat und einzelnen Investoren, private Fernsehstationen. Das Fernsehen ist selbstverständlich das am weitesten verbreitete Massenkommunikationsmittel. Im heutigen Portugal sind 90,6 %, im heutigen Spanien 96,3 % der Wohnungen mit Fernsehapparaten ausgestattet. Erreicht in Spanien (2004) die Tagespresse nur 41,1 % der Bevölkerung, so sind das beim Hörfunk 56,9 % und beim Fernsehen 89,6 % (Revuelta 2005, 190). Die Proportionen dürften in Portugal ähnlich aussehen. Im mehrsprachigen Spanien beträgt (1999) – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – der Anteil der nationalen privaten Programme 50,1 %, der nationalen öffentlich-rechtlichen Programme 32,7 % und der in Regionalsprachen verbreiteten autonomen Programme 17,1 % (Revuelta 2000, 271). Besonders in den katalanischsprachigen Gebieten sind die neuen regionalen Sender inzwischen sehr stark vertreten. In Katalonien z. B. erreicht die zur Corporació Catalana de Ràdio i Televisió gehörende Station TV 3 täglich 44,2 % der Bevölkerung, der gesamtstaatliche Sender TV 1 dagegen nur 35,7 % (ib., 275). Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass TV 3 die höchsten Einschaltquoten mit der Übertragung von Fußballspielen erzielt (ib., 278). Ähnlich wie das Radio war das Fernsehen in seiner Frühzeit durch Schriftlichkeit geprägt. Das hat sich in Spanien im Zuge der
Demokratisierung gründlich geändert. Dabei geht es nicht nur um eine Sprache der Oralität, wie sie von spontan formulierenden Kommunikatoren und ebenso spontan zu Wort kommenden Rezipienten erwartbar ist, sondern auch um die weite Öffnung gegenüber diatopisch stärker und diastratisch bzw. diaphasisch traditionell niedrig markierten Sprachmitteln. Entsprechend vehement ist die Kritik von normorientierten Sprechern (cf. z. B. Lebsanft 1990, 130, mit zahlreichen Verweisen; Fontanillo / Riesco 1990), aber auch von Linguisten, die als Sprachberater von Fernsehsendern tätig sind (Comisión Permanente 1987; Sarmiento González / Fernández Beaumont 1993). Es ist durchaus denkbar, dass das Fernsehen – wenn es denn tatsächlich als Modell fungieren sollte – die Akzeptanz für bisher stigmatisierte Sprachformen fördert. Die Kohäsionskraft der Gemeinsprache ist dabei allerdings nicht geschwächt, denn es handelt sich vielfach um Phänomene der allgemeinen habla popular (cf. z. B. Sarmiento González / Fernández Beaumont 1993, 115 ss., zur normwidrigen Aussprache: Synkopen, Konsonantenvereinfachungen, -schwächungen, -schwund; yeísmo, seseo).
5.
Internet
Die Technologien, welche die traditionellen Massenmedien ermöglichen – Buchdruck, Hörfunk, Fernsehen –, wurden allesamt außerhalb der iberischen Halbinsel entwickelt und dorthin exportiert. Ihre Entfaltung als Mittel der Massenkommunikation vollzog sich zwar in übergreifenden, in den einzelnen Ländern in den Grundzügen häufig parallel ablaufenden europäischen Zusammenhängen, sie war jedoch, was die Iberoromania angeht, an den politischen und gesellschaftlichen Rahmen Portugals und Spaniens gebunden. Zugleich gab es durchaus Auswirkungen außerhalb der iberischen Halbinsel, einerseits auf die portugiesischen und spanischen Kolonien (Wilke 1992–96), andererseits auf das europäische Ausland. In der frühen Neuzeit ist bes. an den weit verzweigten europäischen Buchhandel zu denken, etwa im Zuge der Gegenreform an das Interesse an v. a. spanischen Büchern in Frankreich, in den südlichen Niederlanden (Antwerpen) und in Deutschland (Escolar 1993–96, vol. 2, 499–521 (Jaime Moll); cf. auch Martin 1992, 937; 1996, 761 s.), in der Gegenwart an internatio-
113. Massenkommunikation und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
nal ausgestrahlte Hörfunk- und Fernsehprogramme. Eine völlig neue Dimension der Öffnung von Massenmedien für internationale Kommunikationsgemeinschaften schafft die Entstehung des Internet (Dufour 71998). Das Internet stellt – nach einer Definition des Federal Networking Council (FNC 1995) – ein System dar, das (a) auf der Grundlage eines einheitlichen Protokolls (IP = Internet Protocol) mit einem eindeutigen System von Adressen (URLs = Unique Resource Locators) Computer miteinander verbindet. Diese Computer benützen (b) einheitliche Protokolle (TCP / IP = Transmission Control Protocol / Internet Protocol), um den Nutzern zu ermöglichen, (c) mit verschiedenen Diensten privat oder öffentlich Informationen aufzunehmen oder auszutauschen. Ursprünglich ein v. a. visuelles Medium, entwickelt sich das Internet immer mehr zu einem multimedialen Kommunikationsmittel, das Schrift, Ton und Bild miteinander verbindet (Leslé / Macarez 1998). Die von der Advanced Research Projects Agency (ARPA ) des amerikanischen Verteidigungsministeriums bereits 1957 angestoßene Entwicklung von Kommunikationsnetzwerken erfasst seit den 90er Jahren auch die portugiesisch- und spanischsprachige Welt. Wenn beim Internet überhaupt noch einzelne Sprachgemeinschaften den Bezugsrahmen darstellen sollten, dann sicherlich nicht die Iberoromania, sondern allenfalls die Luso- bzw. Hispanophonie inges. Allerdings tun sich innerhalb dieser beiden Sprachgemeinschaften die ökonomisch stärkeren Länder beim Ausbau der technischen Infrastruktur besonders hervor. So hat v. a. Spanien ehrgeizige Programme entwickelt, um das Land an die sog. Datenautobahnen anzuschließen (cf. den frühen Bericht von Marcos Marín 1996). Über den jeweiligen Stand des Anschlusses einzelner Länder an das Netz informiert im Jahr 2000 am besten der im Internet erhältliche Bericht, den Olivier Crepin-Leblond für das Network Startup Resource Center (NSRC [1998 ss.]) der University of Oregon erstellt. Das in Menlo Park (Kalifornien) ansässige Unternehmen Network Wizards (NW / ISC 2000) gibt halbjährlich einen Überblick über den aktuellen Stand der Vernetzung in den einzelnen Ländern. Was Spanien angeht, so wandelt sich das Internet in der Tat an der Schwelle zum 21. Jh. allmählich vom Luxus- zum Gebrauchsgut. Zur Zeit (2003) haben dort
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immerhin ca. 23,8 % der Haushalte einen Zugang zum Internet (Revuelta 2005, 182). Im Gegensatz zur Massenkommunikation mit Buch, Presse, Hörfunk und Fernsehen ist das Internet nicht prinzipiell monolingual ausgerichtet. In der Praxis entwickeln sich jedoch, ausgehend von den als Informationsanbieter fungierenden Institutionen und Personen, monolinguale Kommunikationskreise, umso mehr, als auch die traditionellen Massenmedien das Internet nutzen. Eine stetig wachsende Zahl von Zeitungen und Zeitschriften, inzwischen aber auch von nationalen, regionalen, ja sogar lokalen Radiosendern ist im Internet präsent. So ist es durchaus sinnvoll, vom katalanisch-, portugiesisch- und spanischsprachigen Internet zu sprechen. Dazu trägt auch die Technik der hyperlinks bei, durch die innerhalb des world wide web verschiedene in derselben Sprache vorliegende Informationsangebote miteinander verknüpft werden können. Wichtige Institutionen der Sprachkultur bauen ihre Internet-Präsenz aus, um über das neue Medium nicht nur durch Information, sondern auch durch Beratung die Sprachentwicklung zu beeinflussen. Das gilt z. B. beim Spanischen für die Real Academia Española (Domain im www: rae.es), das Instituto Cervantes (cervantes.es) und die Agencia Efe (efe.es), beim Katalanischen für die Generalitat de Catalunya (gencat.es) und das Institut d’Estudis Catalans (iec.es). Die jeweiligen Einzelsprachen sind nicht nur das Kommunikationsinstrument des Internets, sie sind auch in elektronischen Zeitschriften, mailing lists und news groups Gegenstand der Diskussion, bei Spezialisten wie bei Laien (Lebsanft 1999; 2000 b). Dabei sind in Bezug auf das Spanische die Präsenz der eigenen Sprache im Internet, die sprachliche Erfassung des ursprünglich anglophon geprägten Internets und die diatopische Variation wichtige Themen. Das Internet revolutioniert die Massenkommunikation, weil es erstmals jedem Teilnehmer den unzensierten Zugang zu einer weltweiten Masse von Rezipienten ermöglicht. Die ungeordnete Fülle der bereitgestellten Informationen lässt es andererseits wiederum als fraglich erscheinen, ob das Internet tatsächlich ein massenmediales Publikum hervorbringt, das – wie das seit der Entstehung der Presse in der europäischen Aufklärung der Fall war – der Garant einer kritisch gebildeten öffentlichen Meinung ist,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
die auf die gesellschaftliche und politische Entwicklung Einfluss nimmt. Welche Wirkung das Internet auf die interne Sprachentwicklung haben wird, lässt sich bisher kaum abschätzen; es dürfte jedoch beim Portugiesischen wie beim Spanischen im Sinne einer plurizentrischen Sprachkultur die Kenntnis der Variation bei den gebildeteren Sprechern fördern und damit letztlich die Kohäsion der Sprachgemeinschaften weiter stärken.
6.
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114. Religion und Sprachgeschichte: Südostromania Religion et histoire des langues: Romania du Sud-Est 1. 2. 3.
6. 7.
Autochthone Schichten Anfänge des Christentums Kulturentwicklung und -rezeption in der Südostromania Die bulgarische Jurisdiktion Die Kirchen in den rumänischen Fürstentümern Schrifttum und Volkssprache Literatur
1.
Autochthone Schichten
4. 5.
1.1. Es gibt für die Rumänen keine Belege über eine Kollektivchristianisierung, so wie sie bei den benachbarten Völkern registriert wurde. Für den Übergang von der Religion der Daker zum Christentum fehlen genaue zeitliche und geographische Daten, man arbeitet mit Mutmaßungen. So sind beispielsweise viele der Schlussfolgerungen über das Schicksal der von Traian besiegten Daker, die sich wohl nach Norden und Osten Transsylvaniens zurückgezogen haben, nicht unkritisch zu betrachten. Das Gleiche gilt für die verschiedenen Theorien über ‘die Wiege’ des Rumänischen. Das Interesse für diese Epoche wuchs mit der Gründung der rumänischen Archäologie am Ende des 19. Jh. zu einer volkstümlichen Beschäftigung. Jede Gemeinde, die etwas auf sich hielt, ‘entdeckte’ auf ihrem Territorium Grabstätten oder Burgen der ‘unbesiegbaren Vorfahren’, der Daker. 1.2. Die phantasievollen Exkurse von Nicolae Densu¸sianu (1846–1911) stehen am Anfang einer umfangreichen Literatur über die dako-getische Vergangenheit. Der bedeutende Altertumsforscher Vasile Pârvan (1882– 1927) postulierte ein dakisches Modell als ethische Komponente in der Volkserziehung. Ein anderer Verfechter des ‘Dakismus’, der Theologe Ioan Coman, versöhnte gar dakischen mit christlichem Glauben, indem er in mehreren Schriften ähnliche Strukturen der beiden Religionen sehen wollte (Coman 1981). Eine anschauliche Systematisierung des Phänomens in religionswissenschaftlichem Kontext verdanken wir Mircea Eliade (1980). Absurde Akzente gewann die Dakomanie, als Ceau¸sescu seine Leidenschaft für die Welt der ‘nemuritori’ entdeckte und sich als Nachfolger jenes legendären Königs Burebista in direkter Linie seit 2.050 Jahren
wähnte. Es war nicht das erste Mal, dass die historische Betrachtung zur Groteske verfiel, wie etwa bei Ghenadie zu Beginn des 18. Jh.: «Ghenadie afirma˘ cu toata˘ convingerea c˘a relat¸iunile ce existau între regii s¸ i pontificii Geto-Dacilor, sau cum am zice ast˘azi, rela¸tiunile dintre Stat s¸ i Biseric˘a, ne-au r˘amas ca mo¸stenire de la dîn¸sii numai cu schimbarea formei» (G. M. Ionescu 1906, XXIX ).
2.
Anfänge des Christentums
2.1. Die Kolonisten, die nach Dakien kamen, stammten zum größten Teil aus Provinzen, in welchen die Christianisierung weit fortgeschritten war, wie etwa aus Syrien und Paphlagonien, Pergamon und Kreta, aus Doliche, aus Prusa, aus Palmyra (ib., 52). So auch die 14.000 Soldaten umfassenden Besatzungstruppen, vorwiegend aus der Legion XIII Gemini, Legion XV Macedonica und die Truppen von Adjutrix I (cf. Xenopol 1896, 159). 2.2. Nach dem Abzug des römischen Militärs aus Dakien (271) zogen auch nördlich der Donau die Goten ein. Ihr geistiger Führer Wulfila (311–83), durch Eusebius von Nikomedia 344 zum Bischof geweiht, übersetzte die Bibel ins Gotische. Er gilt als einer der aktivsten Missionare des Arianismus, der Lehre, die das östliche Christentum gespalten hat. 2.3. Anders als die Südslaven haben die Rumänen eine minimale Anzahl von Gotismen. Die Mutmaßungen der Germanisten bewegen sich zwischen 3 und 71. Dennoch ist die Theorie mancher Linguisten erwähnenswert, die Cra˘ ciun (“Weihnachten”) auf lat. creationem (für die Geburt Christi) zurückführen und darin einen Beleg für die Verbreitung der Doktrin von Arius in Dakien sehen.
3.
Kulturentwicklung und -rezeption in der Südostromania
3.1. Direkt oder durch Vermittlung sind an der Entstehung des rumänischen Christentums neben dem Latein des ersten und des zweiten Roms das Griechische von Byzanz und das Slavische beteiligt.
114. Religion und Sprachgeschichte: Südostromania
3.2. Obwohl das Latein im Ostreich nach dem Konzil von Konstantinopel (553) als Amtssprache offiziell aufgegeben wurde, dauert es noch lange, bis es gänzlich verlischt. Die Sprache der Kirche blieb bewahrend, bestärkt von der ebenfalls konservativen Sprache des Militärs und der Kanzleien: der Kaiser behielt die römische Titulatur und noch unter Mauritius (582–602) erschien ein Handbuch, in dem die darin enthaltenen militärischen Kommandos denjenigen aus dem Westreich gleich waren: «cede, sta, move, transforma, largiter, ambula» (Reichenkron 1961, 19). 3.3. Priscianus beendete seine Institutiones grammaticae in der Regierungszeit Justinians ebenso wie Trebonianus seine berühmte Grammatik, Digesta. Den vieldiskutierten Hilferuf des in Not geratenen byzantinischen Soldaten aus dem Jahr 586 (, , φ) bei Theophanes Confessor – die ersten schriftlich überlieferten rumänischen Wörter – hält Coseriu (1982/83 passim) nicht für einen militärischen Terminus, sondern für einen Ausdruck der Umgangssprache. 3.4. Die Ankunft der Slaven beeinträchtigte die Verbindung der romanisierten Bevölkerung an der Donau zum lateinischen Westen. Dies war die Zeit der wachsenden Präponderanz von Byzanz. Jedoch erst gegen Ende des 6. Jh., als ihre Macht auf der Balkanhalbinsel deutlich konsolidiert war, begannen sie sich an Transferfunktionen für die byzantinische Kultur zu den verschiedenen Bevölkerungen an der Donau zu beteiligen (cf. Nestor 1963, 41 ss.). Bis zu diesem Zeitpunkt verbreitete sich das Christentum in den Donauprovinzen in lateinischer Form; diese Feststellung dient manchen Autoren als ein Beweis dafür, dass die Mehrzahl der Bevölkerung lateinisch sprach (cf. Miha˘ escu 1966, 73). 3.5. Die meisten Studien über diese Zeit konzentrieren sich auf die Funde aus der Skythia Minor, die heutige Dobrogea, wo in den Städten meist griechische, auf dem Land romanisierte Bevölkerung lebte. In diesem Gebiet, wo bisher 74 christliche Inschriften (davon 53 griechische, 18 lateinische, 3 zweisprachige, cf. Popescu 1976, 17 ss.) gefunden wurden, setzt die rumänisch-orthodoxe Kirche ihren Beginn an. Eine reiche Literatur behandelt die archäologischen Ausgrabun-
1305 gen, Inschriften und Dokumente. Die homologierten Daten sind Gemeingut der Orthodoxie, also auch der rumänischen Kirche, welche sich in die direkte apostolische Nachfolge (Andreas und Paulus) einreiht. Als Beispiel auf diesem Gebiet dienen zahlreiche Werke des Metropoliten von Oltenien, Nestor Vornicescu (1984), die die Zeit von 400–1400 untersuchen. Die ergiebigste Periode ist die um 500, als das Erzbistum von Tomis (heute Constan¸ta) die Metropole von 14 weiteren Bistümern war (cf. Spa˘ ta˘ relu 1986). Die byzantinischen Spuren wurden auch nördlich der Donau verfolgt, so in der Moldau (Chiric˘a 1987; Catrinoiu 1985) und in Muntenien (Catrinoiu 1984). 3.6. Zu Beginn des 7. Jh. geriet die romanisierte Bevölkerung, die an beiden Ufern der Donau fest angesiedelt war, unter den Druck der benachbarten Slaven. Mit der Zerstreuung der einzelnen Stämme entstanden innerhalb des Slaventums sprachliche Differenzierungen. Zwischen den Süd- und Ostslaven wuchs die rumänische Sprachgemeinschaft; zwischen den Nord- und Westslaven ließen sich die Magyaren nieder. Byzanz verkörperte jedoch inmitten dieser in Bewegung geratenen Welt die Metropole, die begehrte Zitadelle, welche Zivilisation, Glaube, Recht, Ruhm und Kriegskunst ausstrahlte. In der veränderten ethnischen Konstellation blieben alle ‘Neuen’ – wie etwa Rumänen, Moskowiter, Georgier, Bulgaren, Serben – byzantinischem Gebiet und dessen Ordnung treu. Die Rumänen wollten mehr. Sie suchten eine tiefere geistige Bindung zum untergegangenen Reich. Nicolae Iorga, der dafür die Formel «Byzance après Byzance» (cf. Iorga 11935/1992) geschaffen hat, bemerkt ein Bestreben der rumänischen Höfe und der Kirche, Byzanz in Staatsordnung, Tradition und Rechtswesen zu substituieren. Für die rumänische Kirche stellt die Bindung an byzantinische Tradition bis heute eine Verpflichtung dar. 3.7. Nach dem Einfall der Protobulgaren verloren die griechischen Städte am Pontus Euxinus allmählich ihre Bedeutung. Eine Zeitlang hatten sie dem Reich Prachtbauten, Hierarchen und Soldaten geschenkt. Im orthodoxen Kalender werden bis heute zahlreiche Kirchenfürsten von hier als Heilige gefeiert und zusammen mit den Märtyrern in hagiographischen Legenden von Volk zu Volk weitergetragen. G. M. Ionescu (1906,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
526) stellt anhand der Protokolle der ökumenischen Synoden eine Liste der ‘rumänischen Bistümer’ am Schwarzen Meer und der Donau auf: Episcopia Nicopolis, Apiarei, Odissului, Durostorului, Marcianopolii, Abritului, Comei, Novelor, Singidumului, Panoniei inferioare, Sisaniei und Mitropolia Sirmiului. 3.8. Die archäologischen Ausgrabungen der letzten Zeit vergrößern die Liste der Märtyrer dieser Frühkirche. So wurde 1971 in dem Dorf Niculi¸tel unweit des Donauufers die Grabstätte von vier hingerichteten jungen Männern entdeckt – Zotikos, Attalos, Kamasis und Philippos –, «eroi ai credin¸tei str˘abune», wie die Synode des Patriarchats in Bukarest sie nannte (Theodorescu 1976, 13). Der Fall von Konstantinopel bedeutet nicht das Ende des Imperiums: «Byzance immortelle, vaincue sur ce terrain, en trouva immédiatement un autre pour ses grandes ambitions et pour son influence immense. Si la Géorgie, l’Ibérie, se mêlent très peu à la vie générale de l’Empire […] si le grand-duc de Moscou […] se borne lui aussi à envoyer des dons aux couvents autonomes qui, au Mont-Sinaï, à l’Athos, aux Météores, à Patmos sont encore une des formes de la survivance byzantine, il y a au-delà du Danube, qui a conservé son sens de frontière d’Empire, les ‹souverainetés› – car Domnie ne signifie guère ‹Voïvodat›, principauté, ou ce qu’on a appelé plus tard d’un mot barbare, d’origine russe: ‹hospodarat› – des Roumains, dans la vieille ‹Tar ¸ a˘ româneasc˘a› (Roumanie) qu’on appelle Valachie, et dans la Moldavie, qui en est une nouvelle» (Iorga 11935/1992, 12).
4.
Die bulgarische Jurisdiktion
4.1. Die Ankunft der Slavobulgaren nördlich und südlich der Donau brachte große Mutationen und ethnischen Austausch ganzer Volksgruppen mit sich. Die Tradition besagt, dass die Bulgaren von Kyrill und Methodius christianisiert wurden. Die Herrscherklasse weigerte sich, das Christentum anzunehmen, wohingegen das Volk, unter Einfluss der Griechen, längst der neuen Religion angehörte (Xenopol 1896, 106). Als sich Zar Simion (893–927) zum Kaiser der Bulgaren erklärte, erhob er die Metropolie von Preslav in den Rang eines Patriarchats. Da die Hauptstadt Bulgariens ständig wechselte, änderte sich auch der Sitz des Patriarchen: Preslav, Sofia, Moglena, Voden, Prespa, Ohrida. Die rumänischen Sprengel behielten ihre Unterordnung dem bulgarischen
Patriarchat gegenüber freiwillig bei. Erst als sich das Bulgarische Reich auflöste und die Staaten nördlich der Donau unter ungarische und kumanische Oberhoheit gerieten, findet man, in einer Bulle von 1234 beispielsweise, Namen verschiedener rumänischer Bischöfe. 4.2. Als etwa im 7. Jh. in Konstantinopel das Griechische die Stellung des Lateins übernahm, wurden die Verbindungen der romanisierten Bevölkerung zum alten Rom abgeschnitten. Die inzwischen sesshaft gewordenen Slaven zogen als Siedlungsgebiete jene vor, in denen sie ihrer Hauptbeschäftigung, dem Ackerbau, nachgehen konnten. Das Zusammenleben mit den Autochthonen nördlich und südlich der Donau verlief im allgemeinen friedlich und ohne besondere Verwicklungen. Dies gilt auch für die Einführung des slavischen kirchlichen Ritus’: «Forma slava˘ a ritului cre¸stine¸sti la Românii din Dacia traian˘a a putut fi introdus˘a la ei prin Bulgari, cu toata˘ ca˘ Românii n-au p˘ara˘ sit niciodata˘ ¸tara lor, s¸ i anume, cum am v˘azut, din cauz˘a ca˘ sta˘ pînirea statului bulg˘aresc, adec˘a acelui înt˘ai, distrus la 1018 de împ˘aratul bizantin Vasile al II-lea, se întindea s¸ i la nordul Dun˘arei» (Xenopol 1896, 80).
Als die beiden Mönche Kyrill und Methodius ihre Missionszüge begannen, waren die zerstreuten slavischen Stämme zu festen, grenzbewussten Staaten geworden. Das von ihnen eingeführte kyrillische Alphabet bedeutete einen Höhepunkt slavischer Kultur. Es spielte auch in dem Entstehungsprozess der rumänischen Sprache, der um das Jahr 1000 beendet war, eine Rolle. 4.3. Die Impulse, die zur Gründung einer rumänischen Kirche führten, stammen, trotz slavischer Gewandung, aus Byzanz. Das ursprünglich kosmopolitische Byzantinische Reich hat der griechischen Zivilisation neue Ausbreitungskraft verliehen. Auf Orthodoxie und nicht auf Nationalität gestützt, gewinnt die byzantinische Zivilisation eine bemerkenswerte Assimilationskraft: «Tuturor popoarelor balcanice, care se organizau acum în state, Bizan¸tul le-a d˘aruit elenismul s¸ i ortodoxia, adic˘a, pe lîng˘a o civiliza¸tie pe baze stra˘ vechi, îns˘as¸ i no¸tiunea de stat s¸ i posibilitatea de a intra într-o biseric˘a cu tendin¸te universale» (Rosetti 1986, 192 s.).
4.4. In einer Analyse der christlichen Terminologie stellt Mih˘aescu fest, dass diese
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allmählich aus der heidnischen Kultur geschöpft und angeglichen wurde: «Grecii au împrumutat din r˘asa˘ rit, dar au selectat cu pricepere s¸ i au dezvoltat propria lor putere creatoare, iar romanii au mers pe acela¸si drum, însa˘ au intervenit s¸ i cu o superioritate de organizare» (1966, 89).
Die Sprache des Rituals war hieratisch und feierlich. Man verstand nicht alles, aber man kommunizierte mit anderen, weil man am Sakralen teilnahm. Die Tatsache, dass die Sprache des Rituals manchmal fremd und unverständlich war, störte die Tätigkeit der Kirche nicht, sie brachte ihren Vertretern zusätzliches Prestige. Auch der Respekt für die Tradition trug dazu bei, dass die Rumänen einige Jahrhunderte die slavische Liturgie feierten. Altkirchenslavisch hatte in Osteuropa die Rolle des Lateins im Westen. Einige Ausdrücke aus dem Hebräischen wurden zu feststehenden Formeln, im Lateinischen ebenso wie im Griechischen und Kirchenslavischen: Aleluia, Alilui (hebr. “Lobt Gott”), Amin (hebr. “So soll es sein”), Osana (hebr. “Steh uns bei”). 4.5. In der kirchlichen Terminologie sind zwei Wortschichten zu unterscheiden: die eine, weltlichen Ursprungs beträchtlichen Alters, die andere, jünger, zeitgleich mit der Entwicklung des Kultus entstanden. Eine der eindrucksvollsten Hymnen der orthodoxen Kirche, Acatist (gr. $ « “nicht sitzend, stehend”), stammt aus dem Jahr 626, als sich im von Zerstörung bedrohten Konstantinopel Klerus und Volk erhoben, um wiederholt Erlösungsgebete zu singen. #A φ (bei Platon mit der Bedeutung “im Gleichklang”, “begleitend”), bezeichnet in der christlichen Terminologie (rum. antifon) einen Psalmenvers, der von zwei Chören oder zwei Stimmen in einer Art Dialog wiederholt wird. Zu dieser Kategorie gehören eine ganze Reihe von Wörtern, die aus dem Bereich der alltäglichen Tätigkeiten des Menschen stammen, so rum. (durch slavische Vermittlung) apostol, was ursprünglich “Weitgesandter” hieß; catism˘a “Hinsetzen” wurde zu “Teil des Psalterbuchs, der im Sitzen gehört wird”. Relativ spät (11. Jh.) entstanden die Bezeichnungen für die gängigen kirchlichen Bücher, z. B. Minei, Pateric, Triod, Tipic, Liturghier, Aghiasmatar, Anastasimatar. Aus einer vermutlich jüngeren Periode stammt aer, “Schleier, der auf dem Altar die vorgelegten Opfer bedeckt”, aus gr. $, das
1307 bei Homer für “Luft, Atmosphäre” steht und erst in der christlichen Epoche die spezielle Bedeutung bekam. Der multiple Transfer von Lexien aus einer Sprache in die andere erschwert ihre Periodisierung. So ist rum. icoana˘ für “Bild”, schon im 3. Jh. in den Inschriften der Donauprovinzen belegt, in lateinischen Quellen erscheint es erst im 6. Jh. Es war keine direkte Entlehnung, denn lat. icona hätte *icuna˘ ergeben. Das griechische Wort kommt im Albanischen vor und durch Vermittlung des Kirchenslavischen im Bulgarischen, Serbischen und Russischen. Potir, “Kelch, in dem das geweihte Opfer aufbewahrt wird”, ist früher als in der Bibel von Serban ¸ attestiert, nämlich bereits 1563 bei Coresi. Hatzfeld (1950, 4 s.) hebt den hohen Anteil von Wörtern lateinischer Herkunft in der älteren kirchlichen Terminologie hervor: cre¸stin “Christ” < lat. christianus, înger “Engel” < lat. angelus, preot “Priester” < lat. presbyter, dumnezeu “Gott” < lat. Domine Deus u. a. Dies bestätigt eine von uns selbst durchgeführte Analyse der Ausgangswörter. Eine Zählung aller Lexien des kirchlichen Bereichs aus dem Wörterbuch von Tiktin (RDW ) ergibt ein Inventar von 521 Lemmata (zuzüglich 10 Eigennamen und 12 Feiertage), wovon 157 aus dem Lateinischen (davon sind 15 Neologismen des 18. und 19. Jh. wie consistoriu, dioceza˘ ), 159 aus dem Slavischen (asl. und ksl.), 131 aus dem Griechischen (agr., mgr., ngr.) stammen. Hinzu kommen in unbedeutender Zahl Lexien ungarischen (diac), französischen (divin) und italienischen (capela˘ ) Ursprungs. Die Zuordnung ‘mittelbare’ oder ‘unmittelbare’ Übernahme ist schwierig. RDW verzeichnet 20 als gr. / lat., 49 gr. / slav.; für candela˘ gibt es eine dreifache Filiation – gr. / lat. / slav. Türkischen Ursprungs ist cafas, wahrscheinlich durch griechische oder serbische Vermittlung. 4.6. Der Rekurs auf die lexikalischen Gegebenheiten spiegelt am deutlichsten die Wechselbeziehungen zwischen ethnischen und institutionellen Entitäten wider. Die christliche Terminologie hat im Rumänischen ruralen Charakter, der Grund liegt in der späten Bildung einer hohen kirchlichen Administration. Mit dem Entstehen einer städtischen Zivilisation und lokaler Diözesen wurden die notwendigen Termini mittelbar oder unmittelbar aus dem Griechischen und Kirchenslavischen entlehnt (z. B. anagnost, antifon, catapeteasm˘a, condac, sihastru etc.).
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Die Ritualbücher, aus dem Slavischen oder Griechischen übersetzt, bekamen allmählich Titel in rumänisierter Form. Bis Anfang des 20. Jh. wurden die Feste im Kirchenkalender mit slavischen Benennungen geführt. Seitdem begann man, rumänische Übersetzungen zu verwenden, so für Prestavlenie ‘Adormirea Sf. Ioan Evanghelistul’ (26. Sept.), Stretenie ‘Întîmpinarea Domnului’ (2. Febr.), Va˘ znesenie ‘În˘al¸tarea Domnului’, Usecnovenie ‘Ta˘ ierea capului’ (29. Aug.), Vovedenie ‘Intrarea în biseric˘a’ (21. Nov.), Va˘ zvijenie ‘Îna˘ l¸tarea Sfintei Cruci’ (14. Sept.), Blagove¸stenie ‘Bunavestire’ (25. März). Als eine Bindung zum untergegangenen Byzanz ist auch die Tatsache zu werten, dass der gehobene Adel nach Gründung der rumänischen Fürstentümer Namen aus dem griechischen Kirchenkalender bevorzugte. Die Auswertung der Taufnamen sämtlicher Würdenträger, die in Neculces Chronik erwähnt werden, ergibt folgende Reihung: Constantin / Costache Ioan / Ion / Iona¸scu / Ioni¸ta˘ Alexandru Stefan ¸ / Stef ¸ a˘ ni¸ta˘ Dimitrie / Dumitru / Dumitra¸scu Gheorghe / Gheorghi¸ta˘ Nicolae / Neculai Teodor / Toader / Todera¸scu Grigore / Grigora¸sco / Grigora¸s Ilie / Ilia¸s Matei Mihai / Mihail / Mihnea / Mihalache
26 17 15 10 10 9 8 8 7 6 6 6
Weiterhin kommen vor: Athanasie, Apostol, Toma, Gavril und Vasile. Ohne numerische Bedeutung sind Namen wie Radu, Lupu, Serban ¸ oder Mircea.
5.
Die Kirchen in den rumänischen Fürstentümern
5.1. Aus den kleinen Fürstentümern nördlich der Donau entstanden im 14. Jh. Muntenien und die Moldau. Das Patriarchat von Konstantinopel gewährte 1359 der Metropolie von Arge¸s (heute Bukarest) und 1401 der aus Suceava (heute Ia¸si) die kanonische Jurisdiktion. Die neue Lage brachte eine straffe Organisation der Gemeinden, das Mönchtum gewann sowohl an Umfang als auch an Bildung. Slavische und griechische Ritualbücher wurden in Klöstern ins Rumänische übertragen und als Handschriften verbreitet. Eine wichtige Rolle auf diesem Gebiet spielte das Kloster von Peri in Maramure¸s, dessen Abt 1391 zum lokalen Ver-
treter des Patriarchen von Konstantinopel wurde. Zahlreiche Sakralbauten wurden errichtet und das Besitztum der Kirche stieg an. Das Ansehen der Institution sowie das erweiterte theologische Patrimonium verlangten nach subtileren Ausdrucksmöglichkeiten. All das führte zu einer nicht unbeträchtlichen Erweiterung des Wortschatzes. Die Termini wurden weiterhin aus dem Griechischen und Slavischen entlehnt – Kirchenslavisch war auch offizielle Kanzleisprache –, rumänische Bildungen sind jedoch zunehmend zu vermerken, etwa die Derivate von Dumnezeu (belegt um 1550, Codicele Vorone¸tean): dumnezeire (um 1550, Psaltirea Scheiana˘ ), dumnezeiesc, dumnezeie (CV ), (în)dumnezei (1581, Coresi), îndumnezeire, îndumnezeit (1776, Mineiul), îndumneza˘ iciune, dumnezeiatec (1683, Dosoftei), dumnezeie¸ste, dumnezeoaica˘ (um 1700, Corbea). Viele Lexien aus der kirchlichen Terminologie fungieren nun in anderen Bereichen. Sie erfuhren semantische Erweiterungen, wurden in Redewendungen eingebunden und bereicherten metaphorisch die Sprache. Ein Wort wie cruce hat zwar nicht in all seinen Verwendungsbereichen (z. B. crucea de sus “Fadenkreuz an der Schermühle”, e cruce amiazi “es ist Punkt 12 Uhr”, cruce de nuc˘a “Nußkern”, o carte de cruce (“Kreuzkarte”) einen sicheren Bezug zur religiösen Bedeutung “Marterwerkzeug Christi und Wahrzeichen des Christentums”. Eine direkte Filiation sieht man jedoch in den Beispielen frate de cruce “Wahlbruder”, uciga˘ -l-crucea euphemistisch für “Teufel”, pe crucea mea! “bei meiner Seele!”, bate-l-crucea! “hol’ ihn der Henker”, cu crucea în sîn “ein Muster an Tugend”, a face cruce “sich bekreuzigen”, fa˘ -¸ti cruce! “schlag dir den Gedanken aus dem Kopf!”, uite, asta-i crucea “ich schwöre”, a pune cruce “etw. aufgeben”, a pune crucile cuiva “jdn. umbringen”. Dazu kommt eine ganze Reihe von Sprichwörtern. 5.2. Die Metropolien aus Muntenien und der Moldau betreuten auch die Sprengel aus Transsylvanien, deren Lage sich nach dem Beschluss der ungarischen Stände, das Erbrecht des Hauses Habsburg anzuerkennen, 1687 verschlechtert hatte. Schon 1421 hatte ein Erlass von König Ludwig orthodoxen Priestern den Aufenthalt im Land verboten; der Bau von orthodoxen Kirchen war durch die Synode von Buda untersagt. Adlige, die nicht zur katholischen Kirche übertraten, wurden enteignet. Als die Türken 1552 Teile
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des Landes eroberten, hatte das negative Folgen für die kulturelle Infrastruktur der christlich-orthodoxen rumänischen Bevölkerung. Südlich der Donau waren die Reiche der Serben und Bulgaren vernichtet; Muntenien und die Moldau wurden zwar in das Ottomanische Imperium integriert, durften aber ihre Strukturen behalten: Verwaltung, autochthonen Bojarenstand und die Metropolien. Der Zustand der bedingten Freiheit erlaubte den Bau neuer Kultstätten, beflügelte die Literatur und führte zu einem Aufblühen des gebildeten Mönchtums. Neben den festen Beziehungen zum Patriarchat von Konstantinopel, unter dessen Jurisdiktion sich die rumänische Kirche befand, entstanden Verbindungen zu den Patriarchaten von Alexandrien und Jerusalem, die konsequent bis Ende des 19. Jh. beibehalten wurden. 5.3. Nach dem Fall von Konstantinopel wähnten sich die Hospodaren der beiden Fürstentümer als Substituenten des gefallenen Kaisers, als Wahrer des materiellen und geistigen Erbes. Ein Porträt von Alexandru cel Bun zeigt den moldauischen Fürsten bereits am Anfang des 15. Jh. als Kaiser von Byzanz gekleidet, versehen mit allen Insignien des Thronhalters von Konstantinopel. Die Metropoliten wurden vom ökumenischen Patriarchat vorgeschlagen und durch kaiserlichen Erlass ernannt. Auch die Beziehungen zum bedeutendsten Zentrum christlicher Spiritualität, Athos, wurden enger. Viele Klöster bekamen Schenkungen aus der Moldau und Muntenien. Obwohl Byzanz als unabhängiger Staat untergegangen war, übte die byzantinische Zivilisation noch lange großen Einfluss auf alle Völker Osteuropas aus.
6.
Schrifttum und Volkssprache
6.1. Obwohl in der Position der Vertreter des immerwährenden Byzanz, nahmen die beiden rumänischen Metropolien nicht an dem noch heftigen Dissens zwischen der Ost- und Westkirche teil. Sie verfolgten eine irenisch-ökumenische Haltung. Grigore Ureche berichtet um 1640 in seiner Chronik über die Synode von Florenz mit nachdenklichen Kommentaren. «1432 fu s˘abor mare în Floren¸tia, în t¸ara Italii, adunare mare de p˘arin¸ti, ca s˘a poata˘ împreuna biserica r˘asa˘ ritului s¸ i cu apusului […] iar˘a dup˘a sa˘ -
1309 bor, atîta o¸ta˘ rîtur˘a sta˘ tu într-amîndoao bisericile, de nu sa˘ pot vedea cu dragoste, ci una pre alta hule¸ste s¸ i defaim˘a s¸ i una pe alta va sa˘ pogoare s¸ i sa˘ o calce. Ra˘ sa˘ ritul iaste încep˘ator, apusul va sa˘ sa˘ înal¸te s¸ i a¸sa una al¸tiia nu va sa˘ dea cale, cum r˘asa˘ ritul cu apusul n-ar fi fostu logodna lui Hristos». [In modernisierter Übersetzung: 1432 wurde großer Rat gehalten in Florenz, in Italien, eine große Versammlung von Kirchenvätern, um die Kirche des Ostens mit der des Westens zu vereinen […], aber nach der Zusammenkunft gab es soviel Bitterkeit zwischen den beiden Kirchen, die sich nicht mit Liebe begegnen konnten, sondern mit gegenseitigem Hass, Verleumdung und Erniedrigung. Der Osten ist der Ursprung, der Westen will aufsteigen, und so gibt es kein Nachgeben, als ob Ost und West nicht beide in Christo vereint wären] (zit. nach Ureche 1955 [um 1640], 72 s.).
Nach der Eroberung der ganzen Balkanhalbinsel durch die Türken und dem Fall von Konstantinopel erlebte der Südosten des Kontinents eine starke Wanderwelle nach Norden, hatte doch schon der französische Chronist Walerand de Wawrin, der Anführer des Balkankreuzzuges, Mitte des 15. Jh. geklagt: «Un grant et spacieux pays, mal peuplé en aulcunes marches» (zit. nach Iva˘ nescu 1980, 459). Bereits während der Regierungszeit von Vlad Dracul (1436–42, 1443–47) führten mächtige Klöster und der Hof große Kolonisationsaktionen durch, womit sich die demographische Situation allgemein verbesserte. Die neuen Siedler, die nicht nur Rumänen waren, fanden eine rumänische Sprachgemeinschaft vor, der sie sich anschlossen. Aber auch Bewohner Transsylvaniens verließen ihr Land, um östlich der Karpaten Zuflucht zu suchen und ließen sich, ebenso wie der legendäre Drago¸s Voda˘ , der Gründer des zukünftigen Staatsgebildes Moldau, dort nieder. Ihre Migration war durch Armut, Frondienste und die Zugehörigkeit zur Orthodoxie bestimmt. EOR dokumentiert die Existenz einiger orthodoxer Bistümer in Transsylvanien (1987, 32 ss.). Ein Erzbischof Ghelasie soll 1377 in Rîmle¸t residiert haben, ein Bischof Ioan, der seinen Sitz in Hunedoara hatte, wurde 1456 von der Inquisition aus der Stadt ausgewiesen. Eine Handschrift von 1779 erwähnt einen Metropoliten Ioanichie, dessen Sitz sich im Süden Transsylvaniens befand. Als die Türken Ungarn besetzten und Transsylvanien autonom wurde, gründete man 1541 in der Hauptstadt Alba Iulia eine orthodoxe Metropolie, die große Bedeutung in der Geschichte des Landes gewann. Nicht so die kirchlichen Einrichtungen der Petschenegen
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
und Kumanen, der letzten Wandervölker vor den Tataren, die im 10. und 11. Jh. in das Land eingedrungen waren. Sie hatten keinerlei nachdrücklichen Einfluss auf das religiöse Leben der Autochthonen. 6.2. Zwei bedeutende Ereignisse, die das Abendland im 15. und 16. Jh. veränderten, haben auch die christliche Welt des Ostens bewegt: die Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg und Luthers Werk. In den Auseinandersetzungen, die v. a. in Transsylvanien folgten, konnten die Rumänen ihre ethnische und politische Identität verfestigen. Gut dotierte orthodoxe kirchliche Druckereien entstanden ab 1520 in Dealu, Tîrgovi¸ste, Bukarest, Govora, Sibiu, Alba Iulia, Snagov, Buza˘ u, Rîmle¸t, Rîmnic, R˘ada˘ u¸ti, Cîmpulung und Ia¸si. Hier druckte man Bücher in verschiedenen Sprachen für alle Völker der Orthodoxie, zunächst die des liturgischen Dienstes, dann der Kirchenlehre und schließlich erschienen auch Volksbücher erbaulichen oder unterhaltsamen Inhalts. Der in der Druckkunst bewanderte Kronstädter Diakon Coresi war hierbei herausragend. Eine vollständige rumänische Übersetzung der Bibel erschien 1688. Es war die erste gedruckte Ausgabe der Heiligen Schrift in der Volkssprache eines orthodoxen Landes, an deren Gelingen Laien und Kleriker aus allen Provinzen beteiligt waren. Wie Luthers Bibel für das Deutsche, bestimmte sie deutlich die Normen des Rumänischen. Eine neue Edition mit Übersetzung, Kommentaren, Quellen und Konkordanz, initiiert von Wissenschaftlern der Universität Freiburg in Zusammenarbeit mit der Universität Ia¸si zeigt u. a., dass diese Normen noch heute intakt sind.
(b) 1679: Dosoftei, Dumneza˘ iasca˘ Liturghie Despuitoriule Doamne, Dumnez˘aul nostru, carele ai pus de-ai tocmit în ceriuri s¸ ireaguri s¸ i o¸sti de îngeri s¸ i de arhangheli în slujba a talei sl˘avi, fa˘ s¸ i cu întratul nostru întrat de svin¸ti îngeri a fi, împreuna˘ slujind cu noi s¸ i împreuna˘ slavoslovind a ta buna˘ tate. Ca˘ ¸ti sa˘ cuvine de toata˘ slava, cinstea s¸ i închin˘aciunea, Tata˘ lui s¸ i Fiiului s¸ i Svîntului Duh, acmu s¸ i pururea s¸ i în vecii de veci. (c) 1980: Liturghierul Sf. Sinod Sta˘ pîne Doamne, Dumnezeul nostru, cel ce ai a¸sezat în ceruri cetele s¸ i o¸stile ìngerilor s¸ i ale arhanghelilor spre slujba slavei tale, fa˘ ca împreuna˘ cu intrarea noastr˘a sa˘ fie s¸ i intrarea sfin¸tilor îngeri, care slujesc împreuna˘ cu noi s¸ i împreuna˘ sla˘ vesc buna˘ tatea ta. C˘a t¸ie se cuvine toata˘ slava, cinstea s¸ i închin˘aciunea, Tata˘ lui s¸ i Fiului s¸ i Sfîntului Duh, acum s¸ i pururea s¸ i în vecii vecilor. Amin.
6.3. Die Sprache der ersten gedruckten Schriften aus dem kirchlichen Bereich hält sich strikt an die griechischen und slavischen Vorlagen. Trotz dieses ‘Servitium’ ist der Text der Übersetzung verständlich, wie folgendes Beispiel aus der Chrysostomos-Liturgie (das Gebet des Priesters vor dem kleinen Einzug) zeigt:
Von den verwendeten Lexien sind inzwischen einige untergegangen, z.B. despoietor* “Herrscher” (Coresi), despuitor “Beherrscher” (Dosoftei); voinicame “Kriegsvolk” (Coresi) ist s¸ ireagurei s¸ i o¸sti “geordnete Reihen und Kriegsvolk” bei Dosoftei, in den modernen Versionen hingegen cete s¸ i o¸sti “Haufen und Kriegsvolk”. Für a a¸seza în ceruri “den Platz bestimmen im Himmel” (1980) gibt es bei Dosoftei ai pus de ai tocmit “du hast bestimmt” (1679) und bei Coresi tocmi¸si “du schafftest” (1570). Die Bildung dulcea¸ta˘ “Güte” ist eine Lehnübersetzung aus dem Slavischen und berührt heute ein anderes semantisches Feld als bei Coresi; Dosoftei (1679) und Liturghierul (1980) setzten dafür buna˘ tate. Das sl. slava˘ “Ruhm” von Dosoftei und Liturghierul löst das von Coresi aus mare, ma˘ ri gebildete ma˘ rie “Herrlichkeit” ab, wofür heute sonst die Form ma˘ rire “Größe, Macht” lebendig ist. Sowohl Coresi wie Dosoftei sind bestrebt, die Übersetzung in einen klaren Text zu fassen, ohne dabei aber die unantastbare Formel des Rituals zu verletzen. Deswegen ist die Sprache der Kirche konservativ. Sie ist frei von großen Erneuerungen und bewahrt mehr als andere Lebensbereiche Wendungen und Elemente des Wortschatzes aus der jahrhundertelangen Koexistenz mit dem Altkirchenslavischen.
(a) 1570: Liturghierul Coresi Despoietoare, Doamne, Dumnezeul nostru, cela ce tocmi¸si în ceriure încep˘atori s¸ i voinicame de îngeri s¸ i mai amri arhangheli întru slujirea m˘ariei tale, fa˘ dentru într˘arile noastre întru într˘arile sfin¸tilor îngeri a fi de slujind noauo s¸ i cu m˘arie ma˘ rind a ta dulcea¸ta˘ , ca˘ cade-¸ti-se toata˘ ma˘ riia, cinste s¸ i închin˘aciune, Tata˘ l s¸ i Fiiul s¸ i Sfîntul Duh, acmu s¸ i pururea s¸ i în veacii de veac.
6.4. Die Epoche nach der Konsolidierung der rumänischen Fürstentümer zeichnet sich durch erhöhtes Kulturniveau aus. Das berührt den Wortschatz der Theologie ebenso wie den des Bauwesens oder der Administration bzw. den der schüchternen Anfänge einer Philosophie. Der Geist der Reformation erreichte die Moldau und Muntenien mit
114. Religion und Sprachgeschichte: Südostromania
dem Ergebnis apologetischer Schriften, die Wachsamkeit bei der Verteidigung des rechten Glaubens empfahlen; in Transsylvanien, wo Calvins Lehre weit verbreitet war, hatte die friedliche Missionierung einen anderen Charakter. Die ins Rumänische übertragenen Schriften setzten als Trägerin der Liturgie die Muttersprache ein, in der nun die Beziehungen zu Gott und der Welt anders geordnet waren. Gerade die orthodoxen Geistlichen bemühten sich um den Erwerb dieser Schriften, denn für ihr Hauptanliegen – Gottesdienste in der Volkssprache – waren sie von großem Nutzen. Coresi schreibt 1567 im Vorwort zu seinem Molitevnic: «Rumâne¸ste am scris acest Molitevnic, cum s˘a în¸teleaga˘ s¸ i popa ce zice însu¸su s¸ i oameni ce ascult˘a, ca˘ alte limbi în¸teleg, s¸ i Dumnezeu a¸sa au fost la˘ sat s¸ i proorocilor s¸ i apostolilor s˘a gra˘ iasca˘ în limba cum în¸teleg s¸ i gra˘ iesc oamenii». [Ich schrieb dieses Gebetbuch auf Rumänisch, damit die Menschen, die zuhören, verstehen, was der Priester sagt, denn sie haben eine andere Sprache; Gott hat bestimmt, dass die Propheten und die Apostel in der Sprache verkünden sollen, die die Menschen sprechen und verstehen] (zit. nach PO 1984, 46).
Die Ziele der Missionierung waren nicht immer transparent. Vorwürfen, die Bücher würden nur mit der Absicht, Abtrünnige zu schaffen, gedruckt, begegnete man wie folgt: «Ce, fra¸tii miei, unde ceart˘a aceast˘a carte pre vla˘ dici, episcopi, popi, c˘aluga˘ ri s¸ i pre domni, nu cearta˘ pre cei buni, ci pre cei r˘a» [Meine Brüder, dieses Buch tadelt wohl Erzbischöfe, Bischöfe, Priester, Mönche und Herrscher, es tadelt aber nicht die Guten, sondern die Schlechten] (zit. nach ib.).
Zwischen dem 14.11.1581 und dem 14.6. 1582 übersetzten fünf gelehrte Calvinisten Palia (1. und 2. Buch Moses) ins Rumänische und dies in Anlehnung an die ungarische Version von Heltai Gáspár, eines Schülers Melanchthons. Es wurde das gelungenste Werk dieser ersten Serie von Übersetzungen kirchlicher Literatur. Als im Westen das Bürgertum für die Reformationsideen eintrat, wurde im Osten von Kanzleibeamten, hohem Klerus, reichen Kaufleuten, einer Elite also, noch immer das Kirchenslavische gepflegt. Erst Ende des 16. Jh. gibt es Anzeichen einer rumänischen Literatursprache. Bereits ein Jahrhundert vorher, zwischen 1478 und 1484 hatte der Vogt von Cetatea Alb˘a, Gherman Valahul, Fiore de virtù übersetzt, in einem der religiö-
1311 sen Literatur fremden Stil. Es folgen die Alexandersage (um 1620), Barlaam und Josaphat (1768) und Achiqar. Dem glänzendsten Übersetzer religiösen Schrifttums, dem Metropoliten Dosoftei, gelang in Via¸ta s¸ i petrecerea Sfin¸tilor (um 1682) ein Meisterwerk auch narrativer Literatur. 6.5. Nachdem sich die Herrschaft der Habsburger in Wien gefestigt hatte, begann für die Orthodoxe Kirche in allen Provinzen eine Krisenzeit. In der Hoffnung auf politische Rechte, aber auch gezwungen durch Militärterror, traten einige orthodoxe Sprengel zum Katholizismus über (1699–1701). Nach dem in der Ukraine erprobten Modell, bildete man, mit Sitz in Blaj, eine griechischkatholische (unierte) Metropole, die den Papst anerkannte und der katholischen Lehre einige Konzessionen machte, die äußeren Strukturen der Orthodoxie jedoch bewahrte. Die Rückkehr zur Latinität, die Neuentdeckung Roms, führte zur Entstehung der Scoala ¸ Ardeleana˘ , jener Gruppierung von humanistischen Gelehrten, welche die Relatinisierung des Rumänischen anstrebte. Auf den romanischen Ursprung hatten Dimitrie Cantemir und die moldauischen Chronisten bereits hingewiesen. Aber die in Transsylvanien entfachte Bewegung ging radikaler vor. Sie bot den Rumänen eine neue Identität, plädierte für die Ausmerzung nichtlateinischer Sprachelemente, ein Versuch, den auch die Unierte Kirche unternahm. So ersetzte man in der Liturgie duh durch spirit, Fecioara˘ durch Vergura˘ und Doamne miluie¸ste aus den Fürbitten durch Doamne îndur˘a-te de noi. Doch blieben diese Bemühungen im Wesentlichen auf Transsylvanien beschränkt. Nach der Revolution von 1848, deren Aufrufe sprachlich auffallend religiös geprägt waren (die besten Beispiele findet man in den zahlreichen Kampfliedern, die in dieser Zeit in Transsylvanien entstanden, an erster Stelle das Gedicht De¸steapta˘ -te române von Andrei Mure¸sanu, das zur Nationalhymne Rumäniens wurde), entfernte sich mit dem Entstehen eines Bürgertums die Literatursprache immer mehr von der Sprache der Kirche. In einer reichen Bibliographie bearbeitet Aurel Niculescu (1971, 768) diesbezügliche Werke. Dieser Prozess der Laizisierung wurde fortgeführt bis zur kommunistischen Ära, als mit der limba˘ de lemn (frz. langue de bois) neue Normen gesetzt werden sollten.
1312
7.
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
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115. Religione, filosofia e storia della lingua: Italoromania Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Italoromania 1. 2. 3. 4. 5.
Il cristianesimo e la fissazione delle varietà linguistiche Il lessico del cristianesimo nei volgari e nei dialetti Riforme della Chiesa e riflessi sulla storia della lingua La filosofia nella lingua: dalla Scolastica all’Illuminismo Bibliografia
1.
Il cristianesimo e la fissazione delle varietà lingustiche
1.1. Il latino dei cristiani e il volgare All’unitarietà linguistica, che pure resiste nella Romània fino a tutto il VI sec., non si accompagna, com’è noto, una conservazione compatta del latino dell’età classica (Herman
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
1988; 1998): le varietà in cui quest’ultimo si articolava, sulla base di fattori geografici, sociali e situazionali, tendono già da tempo a perdere lo stato di possibilità comunicative e assumono progressivamente quello di espressioni linguistiche diverse tra loro (Petrucci 1994, vol. 3, 6 ss.; Casapullo 1999, 22– 25). Alcuni tra i più importanti mutamenti delle lingue romanze, infatti, si sono già da tempo affermati (Herman 1998, 9–20), ma è solo nella prima metà del sec. VI che si avverte l’avvio di una più netta differenziazione tra le varietà, con un cambiamento di status direttamente proporzionale al diminuire o scomparire di tutto ciò che fino a quel punto ha contribuito all’unitarietà del mondo latino (Varvaro 1995a, 34 s.). Gli elementi che avevano consentito la coesione sono stati sostituiti da forze di segno opposto, prima fra tutte il cristianesimo, che, apparso in Italia già nel sec. I, si era subito distinto dalle tante religioni orientali che a più riprese erano penetrate nell’antico occidente latino. In particolare, la capacità di suscitare adesioni in ogni ambiente della società romana aveva avuto come effetto dirompente la formazione di un nuovo strato sociale, distinto dagli altri proprio per la sua visione cristiana del mondo (Schrijnen 21977, 22; Guyon 1993). Tutto ciò implicava inevitabili conseguenze sulla lingua, che, secondo gli studi della Scuola di Nimega, non si erano limitate a una maggiore apertura, nei testi e nella comunicazione, alla varietà parlata e dell’uso vivo, ma avevano portato alla nascita di una vera e propria «lingua speciale». La definizione data da Schrijnen (1939, 335; 350 ss.; 21977, 21–26) e precisata in molti lavori da Mohrmann (1958–77, vol. 1, 3 ss.; 55 ss.; vol. 3, 13–15) sarebbe da intendersi, secondo l’attuale terminologia linguistica, non tanto come varietà diastratica di un unico repertorio, ma come socioletto e quindi come varietà ben distinta di un preciso gruppo sociale. I fattori che ne determinavano il distanziarsi dalla lingua comune erano tanto più incisivi quanto più forti erano gli elementi culturali e spirituali che separavano il gruppo dei parlanti cristiani dagli altri. In una prima fase, com’è noto, il proselitismo cristiano ebbe successo tra le classi sociali più povere e ciò si tradusse sul piano linguistico in una maggiore tolleranza delle forme popolari. Nonostante ciò, i numerosi tratti volgari rintracciabili anche nei testi più elevati della letteratura cristiana non
sono elementi estranei, esclusivamente imposti dalle esigenze pastorali, bensì fatti costitutivi della lingua cristiana antica. Se inizialmente i fattori che avevano contribuito a caratterizzare la varietà erano da ricondursi a un utilitarismo che guardava alla lingua solo come al mezzo per diffondere la fede, il risultato finale aveva condotto a una lingua cristiana unitaria, dove, come in ogni espressione comunicativa, si alternavano tratti colti e popolari. I neologismi e i volgarismi riscontrabili negli autori della letteratura cristiana antica, da Tertulliano ad Ambrogio ad Agostino, non sono innovazioni strumentali e individuali, ma piuttosto testimonianze del lessico coniato nella comunità (Schrijnen 21977, 76–78; Mohrmann 1958– 77, vol. 3, 33–39; 1977, 118 s.; Stotz 1994, vol. 2, 158 s.). I tratti che a mano a mano contribuirono a fare del latino dei cristiani una varietà ben distinta riguardarono principalmente il lessico e, in misura progressivamente minore, la sintassi e la morfologia. Per quanto riguarda il lessico (Schrijnen 21977, 35–55; Mohrmann 1958–77, vol. 1, 21–35; 58–66; vol. 3, 38 ss.; Tagliavini 1963), numerosi furono i neologismi, talvolta provocati dalla necessità di introdurre termini tecnici relativi ai nuovi concetti religiosi (come nel caso dei grecismi baptisma, catechumenos, ecc.), ma spesso anche giustificati dalla sola necessità di ottenere connotazioni ed espressività particolari (immarcescibilis, beatificare, ecc.). Molte delle nuove formazioni si rivelarono durature, acquistando capacità di incidenza sulla lingua comune e ancor più (cf. 2) sui futuri volgari dell’Italoromània. 1.2. La decisione di Tours e la distinzione dei ruoli tra latino e volgare I cambiamenti e le tendenze da tempo in atto nel latino hanno, come si diceva, la possibilità di affermarsi solo a partire dal VI sec., cambiando, grazie ai numerosi fattori di frammentazione politica e sociale, il proprio status nella coscienza dei parlanti (Varvaro 1995a, 34). Il processo di disgregazione e la frantumazione dell’unitarietà linguistica si accelerano nel corso dei sec. VII e VIII , quando si concretizza la coscienza di una distanza sempre più profonda e incolmabile tra varietà di lingue non più riconducibili a un unico repertorio. Le cause che portarono alla dispersione e a una riorganizzazione totalmente nuova sono ben note e vanno dal prevalere dell’economia rurale alla ridu-
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115. Religione, filosofia e storia della lingua: Italoromania
zione dei centri urbani, dalla nascita di nuove sedi istituzionali e di potere alla crisi sempre più grave delle vie di comunicazione e alla separazione o isolamento dei centri di produzione culturale (Roncaglia 1965, 15 ss.; Varvaro 1995b, vol. 1, 139–147; Meneghetti 1997, 19–53). Anche sul piano delle istituzioni ecclesiastiche, ciò che era stato costruito in almeno tre secoli di cristianizzazione si presentava, all’indomani delle invasioni longobardiche, sull’orlo del collasso: l’Italia aveva subito, sul finire del VI sec., numerose fratture interne, che ne sfilacciavano il tessuto religioso. Nel corso dei sec. VII e VIII , in particolare, si fa più netta la distinzione tra la varietà linguistica destinata alla comunicazione quotidiana e quella adoperata nelle situazioni formali: i parlanti più consapevoli cominciano ad avvertire la distanza tra le diverse possibilità di espressione e soprattutto percepiscono la forte divergenza tra lingua parlata e lingua appresa per gli usi elevati. Il primo conferimento di ufficialità a un volgare ormai separato dal latino avviene, com’è noto, proprio nell’ambito ecclesiastico, con l’invito del Concilio di Tours dell’813 a tenere omelie in «rustica romana lingua» (Roncaglia 1965, 153–162; Folena 1973, 500; Coletti 1983, 25–27). Siamo nell’epoca della Chiesa carolingia e la disposizione si lega tanto all’orginiaria apertura della religione cristiana alla lingua del popolo, quanto alle necessità di comprensione maggiormente avvertite nelle zone di confine gallo-germaniche. Essa si inserisce, tuttavia, in un momento decisivo per la storia della Chiesa, le cui ripercussioni ricadono in modo particolare sulle aree italiane. La riforma del culto, infatti, avviata dopo l’arrivo dei Franchi di Carlo (774), aveva sollecitato una partecipazione attiva dei fedeli, che rendeva ancor più necessaria la mediazione sacerdotale (Cracco 1993). La decisione del Concilio, pertanto, la cui indicazione a servirsi della «rustica romana lingua» si conciliava con la scelta da tempo operata a favore di uno stile humilis (Auerbach 21983, 33–67), pur partendo da motivazioni diverse, favoriva un’impostazione a lungo conservata soprattutto dalla Chiesa italiana. Nel consigliare, cioè, la semplificazione del messaggio per la comunicazione con gli illetterati, fissava fin da allora una separazione tra la lingua della liturgia e della Scrittura e quella della predicazione e della catechesi: al volgare ufficialmente riconosciuto si assegnavano così ruoli e ambiti precisi.
La consapevolezza di una tale delimitazione si ravvisa anche nel fatto che una parte cospicua dei primi testi in volgare sarà di argomento religioso: secondo Petrucci (1994, vol. 3, 48–52), infatti, è bene non dimenticare il principio per cui la comunicazione scritta non costituisce mai «un medium indistinto», ed è necessario individuare nella classificazione delle prime testimonianze volgari gli «specifici ambiti di scrittura all’interno dei quali gli estensori di testi volgari hanno consapevolmente e storicamente agito» (ib., 49; cf. per le precedenti sistemazioni tipologiche Koch 1993; Renzi 1994, 239– 249; Casapullo 1999, 32–34).
2.
Il lessico del cristianesimo nei volgari e nei dialetti
Il lessico introdotto o specializzato in senso tecnico attraverso il latino dei cristiani è da qui passato nei volgari romanzi e nella gran parte dei casi si è tramandato intatto attraverso i secoli. Pochi, infatti, i termini che non si caratterizzino per la lunga durata, anche grazie alle vie, per lo più sempre uguali, attraverso cui sono penetrati nella lingua comune. Una delle fonti principali fu senz’altro la Bibbia, il cui primato fu perseguito con tenacia soprattutto a partire dal pontificato di Gregorio Magno: la tradizione cristiana, almeno fino all’XI sec., ebbe la necessità prioritaria di affermare la supremazia della parola divina, sia di fronte alla società germanica sia di fronte a quella latina, e ciò implicò anche il primato della sacra Scrittura su ogni altro testo (Leonardi 1995, 67– 72). Il messaggio biblico arrivava a quasi tutti i fedeli, anche e soprattutto attraverso il culto dei santi: notevole, infatti, è il ruolo esercitato dall’agiografia, che rappresentava un’alternativa alla Bibbia colta e impenetrabile (Van Uytfanghe 1984) oltre che un importante serbatoio lessicale per la lingua comune. Altro canale decisivo fu certamente quello della liturgia, il cui linguaggio aveva costituito un settore di estrema rilevanza all’interno del latino cristiano, caratterizzandosi per lo stile elevato e la ricorrenza di formulari (Mohrmann 1958–77, vol. 2, 93– 108). Da tutto ciò derivò una quantità cospicua di lessico trasmessosi fino ai nostri giorni inalterato o a volte deformato dalle ricostruzioni popolari e amplificato negli ambiti semantici. Fra le parole che si affermarono come traduzione di un equivalente greco nella Scrit-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
tura, molte sono quelle relative al calendario liturgico da sempre ben noto ai fedeli. Per l’ascensione di Cristo, per es., il verbo $ ($) “salire” fu tradotto in latino con ascendere (Tagliavini 1963, 246). Da qui l’attestazione, almeno a partire dal sec. V del sostantivo ascensa, che grazie all’unificazione della terminologia religiosa perseguita dalla Chiesa romana si affermò in tutta l’area romanza. Non sempre, tuttavia, l’aspirazione all’universalità della lingua religiosa ebbe successo e nel sec. X, con l’affermarsi di liturgie non romane, come in Francia o in Spagna, ascensa subì la concorrenza di ascensio. Nei volgari della penisola le due forme oscillarono molto a lungo e solo in tempi recenti si ottiene la nuova unificazione con l’adozione definitiva di ascensione nel calendario romano. Ascensa, soppiantato dal suo concorrente con l’aiuto della lingua letteraria e della Chiesa, è divenuto dialettale e sopravvive nella gran parte dell’Italia settentrionale (ven. sensa, friul. sense), in alcune zone della Toscana (ascensa) e nella lingua romanza dei Grigioni (anceinza). In quest’ultimo caso, in particolare, ascensa si continua solo nella parte cattolica dei Grigioni, laddove le aree protestanti adottano il più recente ascensiun. Non è improbabile, com’è più volte accaduto nel cantone dei Grigioni, che la differenziazione sia stata conservata o provocata dalla necessità di difendere una diversa identità di fede (Jud 1934, 12 s.; 35–37; Tagliavini 1963, 244–248; 528 s.; FEW vol. 1, 152). Il termine Ascensione, rimasto vivo e diffuso per designare la ricorrenza religiosa, è entrato per traslato in molte espressioni popolari: in particolare rientra tra quegli elementi che, tratti dal vocabolario liturgico, servono a sottolineare il «tratto semantico dell’eccezionalità, il sommo grado, un valore estremo e assoluto, un eccesso comunque di gioia, allegria ed estasi»: è il caso di andare all’Ascensione, o in alcune comunità rurali veronesi ‘ndar a la Sensa, accostabile a locuzioni quali andare in gloria, andare in Emaus e così via (Beccaria 1999, 152; 177). La lingua della religione e della liturgia, d’altro canto, ha agito in modo profondo sulla cultura popolare: il parlante si è appropriato di molta terminologia latina sottoponendola a false ricostruzioni e immettendola in campi semantici del tutto differenti (cf. per i numerosi studi a partire da Migliorini 1927; Lurati 1988, 505 s.; 1991; 1997; 1998, 53–71; Beccaria 1999). Elementi di un lessi-
co alto, introdotti nella cultura dell’oralità, hanno subito rifacimenti che si sono ben acclimatati nella lingua comune, e hanno prodotto, in modo proporzionale alle loro possibilità applicative, numerose variazioni semantiche. I dialetti italiani sono ricchi di termini ed espressioni che testimoniano uno scambio continuo e privo di sopraffazioni fra lingua religiosa e lingua popolare (Lurati 1997, 232 s.). Molte sono peraltro le convergenze fra tutte le varietà italoromanze: si pensi, per esempio, alle attestazioni di andare in visibilio, che dal lomb. e ticin. andá in visibili, con il significato di “trasecolare, agitarsi, essere frenetici”, al sicil. jiri ‘n visibiliu, nel senso di “andare in estasi per la meraviglia o per la dolcezza”, continuano l’avvio del Credo («Credo in unum Deum, patrem omnipotentem, factorem coeli et terrae, visibilium et invisibilium […]») ascoltato nelle celebrazioni liturgiche (ib., 223–230; Beccaria 1999, 103 s.). Il lessico cristiano, in generale, si è integrato perfettamente, sia pure su piani e con esiti differenti, nella lingua comune: la sua specificità, infatti, è di natura diversa da quella che caratterizza i tecnicismi delle moderne lingue speciali. Il latino dei cristiani si presentava come lingua distinta di un gruppo sociale, ma l’italiano prende in gran parte le mosse da un latino già cristianizzato e ancor oggi mostra le tracce di un perfetto amalgama (Costa 1993, 208).
3.
Riforme della Chiesa e riflessi sulla storia della lingua
La storia della Chiesa è stata ciclicamente segnata da momenti di crisi, spesso associati a un allontanamento dei fedeli, e da un conseguente bisogno di ritorno al dettato evangelico. In ognuna di queste fasi, quasi sempre caratterizzate dalla nascita di nuovi ordini e movimenti religiosi, la necessità di diffondere nuovamente il verbo di Dio e di combattere l’ignoranza e la decadenza del clero ha avuto riflessi rilevanti sulla storia della lingua. A ogni slancio di rinnovamento, infatti, ha corrisposto, fino al Concilio di Trento, una maggiore estensione del volgare nella scrittura e, dopo la metà del Cinquecento, una più ampia diffusione dell’italiano. Una svolta decisiva si impone, tra XII e XIII sec.; con la nascita degli ordini mendicanti, che intendono privilegiare la comunicazione con i laici, incapaci di comprendere
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il latino. Essi riconnettono l’interpretazione biblica alle finalità pastorali, e i domenicani, in particolare, pongono la ricerca esegetica a servizio della predicazione e della trasmissione del sapere religioso. I frati mendicanti divengono, peraltro, i più grandi fautori della divulgazione dottrinale e ripongono, per questo, grande fiducia nelle possibilità del volgare. Già dalla fine del Duecento, ma soprattutto nella prima metà del XIV sec., negli ambienti domenicani si avverte l’esigenza di tradurre dal latino testi esemplari, utili a istruire gli illetterati e a indirizzarne il comportamento. Di estrema rilevanza fu, com’è noto, l’opera di volgarizzatori quali Domenico Cavalca e Iacopo Passavanti, che nel trasporre argomenti un tempo affidati soltanto al latino, tentarono anche di potenziare le possibilità del volgare (per l’ampia bibliografia, cf. Bruni 1990, 21–119; Delcorno 1998). I volgarizzamenti di scritture religiose a differenza di quanto avviene per altri generi di testi, non si esauriscono fra Tre e Quattrocento: nella prima metà del XV sec. si ha un nuovo incremento della letteratura spirituale in volgare, grazie al risveglio suscitato dal movimento dell’Osservanza. I francescani osservanti, e con loro tutti gli ordini che ne condivideranno i principi, si rivolgono tanto ai religiosi quanto ai laici devoti; ma gli sforzi maggiori si indirizzano alle persone meno colte, di cui stimolano l’accesso alla scrittura attraverso opere che circoleranno sempre più numerose dopo l’invenzione della stampa (cf. Bruni 1983; 1993; 2003, 145–341; Casapullo 1995, VII –XXX ; Librandi 1999, XCIII s.). Il dibattito che gli ambienti della cultura laica conducono, fra Quattro e Cinquecento, sul rapporto tra latino e volgare trova molti punti di contatto con le discussioni, avviate anche prima del Concilio di Trento, circa la traduzione delle Scritture. L’argomento è affrontato nel Libellus ad Leonem X Pontificem Maximum (1513) dei due padri camaldolesi veneziani, Paolo Giustiniani e Pietro Querini, la cui importanza per la storia della lingua ne ha fatto oggetto d’attenzione da parte di molti studiosi (cf. per la bibliografia Trovato 1994a, 49). Giustiniani e Querini indirizzano il Libellus a Leone X, sostenitore degli studi umanistici e del Bembo, e lo stesso Giustiniani, studioso attento dei classici e lettore di Petrarca (Bruni 1983, 20–22), nel 1514, si rivolge, per la traduzione della Bibbia, all’umanista fiorentino Girola-
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mo Benevieni (Zorzi Pugliese 1970, 276 s.). La Chiesa tridentina, tuttavia, non rinunciò al latino delle Scritture e affidò al volgare solo la catechesi e la predicazione. Fu su quest’ultimo settore che la discussione circa la varietà linguistica da adottare continuò a incrociarsi con la questione della lingua (Marazzini 1993, 96–105; 1999, 107–109); non bisogna dimenticare, d’altro canto, che anche la cultura laica più elevata tese a restringere per molto tempo gli spazi del volgare e che il favore dimostrato, nella seconda metà del Cinquecento, da parte di molti ambienti intellettuali verso le traduzioni di testi filosofici non partiva certamente da esigenze di apertura al popolo. La Chiesa rimase, al contrario, ancora per molti decenni, l’unica istituzione che continuò a esercitare un’opera di mediazione tra la cultura scritta e gli illetterati (Librandi 1993, vol. 1, 354 s.). La riforma cattolica con cui la Chiesa di Roma rispose alla scissione protestante promosse una capillare diffusione della fede attraverso gli ordini e le congregazioni missionarie, che operarono principalmente nelle campagne e nei centri più isolati. La pratica missionaria prevedeva, accanto alla predicazione, anche lezioni di catechismo e, in generale, una più attiva partecipazione dei fedeli alle attività liturgiche. Le scuole di catechismo, in particolare, divennero quasi una regolare istituzione presso le parrocchie cittadine e rurali, e furono, soprattutto per i fanciulli, non solo un’occasione di incontro con l’italiano, ma spesso anche un modo per imparare a leggere e a scrivere (De Blasi 1993, vol. 1, 397 s.). Ciò fu possibile grazie alle disposizioni che seguirono al Concilio di Trento e che previdero una distribuzione migliore delle parrocchie, con un riequilibrio numerico tra parroci e fedeli, e una più compiuta preparazione del clero attraverso l’istituzione dei seminari (cf., anche per l’ampia bibliografia sull’argomento, Prosperi 1996, 551–684). Proprio i seminari, peraltro, furono il luogo in cui per la prima volta si adottò un metodo di insegnamento che, seguendo l’impostazione del Lancelot, autore insieme ad Arnauld e Nicole della Grammaire générale et raisonnée de Port-Royal (Paris, 1660), si serviva dell’italiano per illustrare le norme del latino. A partire dal 1722, infatti, nel seminario di Napoli si adoperò il Nuovo metodo per apprendere agevolmente la lingua latina (Venezia), una grammatica che si proponeva di agevolare, tramite il confronto
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
con l’italiano letterario, l’apprendimento di entrambe le lingue (Bianchi / De Blasi / Librandi 1993, 130; Marazzini 1993, 53). Dopo il Concilio di Trento, d’altro canto, era stata ancora una volta l’opera rivolta da alcuni ordini religiosi verso l’istruzione popolare a favorire l’ingresso dell’italiano nell’insegnamento scolastico. Nel 1597, infatti, Girolamo Calasanzio, aveva fondato le Scuole Pie, destinate alla formazione di tecnici e artigiani, per i quali si era privilegiato l’apprendimento della lettura e della scrittura in italiano (De Blasi 1993, vol. 1, 398).
4.
La filosofia nella lingua dalla Scolastica all’Illuminismo
4.1. Penetrazioni di lessico filosofico nel volgare La storia del pensiero filosofico si è più volte intrecciata con le riflessioni sulla lingua, incidendo tuttavia in misura minima sull’assetto dei suoi elementi costitutivi. Le teorie linguistiche, infatti, hanno più facilmente influenzato la coscienza dei parlanti o almeno dei parlanti più avvertiti nei confronti del proprio strumento di comunicazione, ma raramente hanno potuto condizionare i cambiamenti di strutture fono-morfologiche e sintattiche. Diverso, al contrario, è il contributo che i linguaggi filosofici hanno dato alla lingua comune, lasciando fin dal medioevo tracce rimaste in più di un caso inalterate fino ai nostri giorni. Gli influssi hanno talvolta riguardato, sia pure in modo molto lento e indiretto, anche gli aspetti sintattico-testuali della lingua scritta, ma gli effetti più visibili, come sempre accade negli scambi tra lingue speciali e lingua comune, rimangono nel lessico. Le vie attraverso le quali la terminologia di un settore scientifico penetra nella varietà linguistica di uso comune e i modi in cui questa ne modifica in più di un caso gli ambiti semantici sono oggi molteplici, ma trovano un canale privilegiato nei più diffusi mezzi di comunicazione. Per il passato, però, i percorsi non sono stati così rapidi e diretti (Dardano 1994, vol. 2, 508 s.; Bray / Sturlese 2003) e il lessico filosofico si è aperto spesso a fatica i propri varchi nei volgari e nell’italiano. È ben noto, infatti, che per avere una scrittura filosofico-scientifica interamente in volgare bisognerà attendere i primi secoli dell’età moderna, ma ciò non vuol dire che gli idiomi italoromanzi siano stati, nel me-
dioevo, del tutto impermeabili al lessico intellettuale delle università. Sono stati più volte sottolineati, per es., i debiti contratti dalla cultura e dalle lingue volgari nei confronti del patrimonio culturale e linguistico mediolatino, con il quale certamente esiste un rapporto di «continuità parziale» (Bruni 1990, 3; 1984, 3 ss.; Tavoni 1990, 218 ss.; Giovanardi 1994, vol. 2, 436). Il latino medievale, strumento unico di comunicazione nelle università dell’Europa cristiana, ma anche lingua capace di accogliere le nuove elaborazioni di pensiero e di piegarsi alle esigenze provenienti dal basso (Stotz 1994, vol. 2, 177 s.; Casapullo 1999, 17 s.), riverbera la sua vitalità sulle nascenti lingue romanze. Pur volendoci limitare al settore dei testi filosofici, il mediolatino si presenta tutt’altro che chiuso nei limiti di una scrittura libresca e appiattita sulle intricate questioni della scolastica: è al contrario proprio il ritorno alla filosofia greca e ad Aristotele che nei sec. XI e XII ne fa lo strumento elettivo della comunicazione intellettuale (cf., anche per l’ampia bibliografia, Mohrmann 1958–77, vol. 4, 49–72; Bruni 1990, 3–10). Ancora fino al Trecento, tuttavia, la cultura volgare svilupperà, nella gran parte dei casi, «le componenti meno elevate della tradizione mediolatina» (Bruni 1984, 8) e gli studi teologici e filosofici saranno tra i settori a lei più interdetti. La grande rivoluzione provocata dall’incontro tra aristotelismo e pensiero cristiano, che nel XIII sec. permeò di sé ogni espressione culturale, non toccò che in minima parte gli ambienti laici, coinvolgendone, con alcuni tra i lirici del Duecento e soprattutto con Dante Alighieri, solo le punte più avanzate. Proprio la poesia amorosa del Duecento toscano fu il tramite di molto lessico mutuato dalla speculazione filosofica: prima ancora che ciò toccasse il suo culmine con gli stilnovisti, già Guittone d’Arezzo aveva avviato un genere di poesia raziocinante percepibile anche nella sintassi (Bruni 1990, 297), ed è soprattutto nel periodo successivo alla conversione che egli si apre maggiormente alla cultura mediolatina e, con questa, ad alcune idee portanti dell’etica aristotelica, come, tra l’altro, il concetto d’onore basato sulla virtù o la tripartizione dell’amicizia per diletto, per utile o per onesto, fondata sull’Etica Nicomachea (Margueron 1966, 209; Bruni 1990, 314 ss.). Ciò conferma che, al di là della sua apparizione nelle liriche amorose, la filosofia trova nella morale il primo terreno di incontro con la
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lingua volgare. Il lessico intellettuale si arricchisce però con gli stilnovisti e con gli sforzi da loro compiuti per definire la fenomenologia amorosa fuori dai tradizionali canoni cortesi. La definizione d’amore data da Dante nella Vita Nuova (ca. 1292–95, XXV,1) e da Cavalcanti in Donna me prega (v. 2) immette nella letteratura amorosa in volgare termini come accidente e sustanzia, ed è proprio nei versi di quest’ultima canzone dottrinale sulla felicità dell’uomo, impregnata dalle discussioni su aristotelismo naturalistico e su averroismo (Corti 1983, 7), che ritroviamo lessico e sintagmi legati alla speculazione medievale, come natural dimostramento (v. 8), potenza (v. 11), essenza (v. 12), possibile intelletto (v. 22), effetto (v. 26). Anche la terminologia connessa fin dalla lirica siciliana alle dinamiche dell’amore subisce slittamenti semantici che, per es., implicano nel lemma anima la tripartizione aristotelica in “vegetativa, sensitiva, intellettiva” (Il Convivio, 1304–07, III .II .11; Bruni 1988, 109–111; Librandi 1988, 122–124). Si tratta, tuttavia, come si diceva, delle punte più alte della cultura laica, che per il resto è solo marginalmente toccata dalla speculazione filosofica delle università. Una parziale mediazione poteva venire nella società comunale del Due–Trecento da quelle figure professionali intermedie che, a cominciare dai notai, dovevano costantemente muoversi tra latino e volgare (Bruni 1990, 174–177). Da qui parte la principale promozione dei volgarizzamenti (Segre 31976, 49– 78; 1995, vol. 3; Giovanardi 1994, vol. 2, 445–450) che, sia pure in misura esigua, rappresentano un’altra fonte di rilievo del primo lessico filosofico. Com’è stato più volte sottolineato (Bruni 1990, 360–362; Geymonat 2000, vol. 1, VII–XIII ; Librandi 2003), poche sono state le opere di teologia, filosofia o, più in generale, dell’alta cultura universitaria trasposte in volgare: i testi privilegiati erano di contenuto religioso e morale o storico e letterario. Se si esclude, peraltro, la traduzione dell’Etica Nicomachea eseguita dal fiorentino Taddeo Alderotti (1223– 95), l’altro volgarizzamento di argomento filosofico di cui si ha notizia, la Metaura d’Aristotile, si collega a quelle opere scientifiche ed enciclopediche (Librandi 1995), che per la loro capacità di soddisfare curiosità ed esigenze pratiche dei laici sono meglio rappresentate nel repertorio delle traduzioni. Non si trattava, infatti, di dare semplicemente
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«una veste linguistica nuova ai testi di medicina o diritto, di teologia o filosofia: tolti alla circolazione del mondo di espressione latina, essi sarebbero stati sottratti contemporaneamente al circuito scolastico della lezione universitaria, della spiegazione, del controllo sull’apprendimento, sulla trasmissione e sulla riproduzione del sapere. Fuori di questo ambiente, in volgare, era possibile solo la divulgazione […]» (Bruni 1990, 361).
Nonostante ciò, nel volgarizzamento trecentesco della Metaura, che, intorno alla metà del Trecento, traduce essenzialmente parte dei commentari di Alberto Magno e Tommaso d’Aquino ai Metereologica di Aristotele, troviamo un lessico filosofico adoperato con consapevolezza, ma anche ben adattato alla cultura dei suoi lettori. Incontriamo così, accanto ad accidente, impressione, potenza, che rendono con esattezza gli equivalenti del latino scolastico, anche cagione adoperato in modo generico, senza tener conto, cioè, delle distinzioni aristoteliche tra “causa materiale, formale, efficiente e finale” (Librandi 1995, vol. 1, 65–71; vol. 2, 216; 232; 239 s.). Nella cultura laica del medioevo, l’unica opera originale sul piano della speculazione filosofica e in cui già si ritrova il lessico attestato nella Metaura è il Convivio. Termini come forma, atto, sustanza, effetto, disposizione, obietto, speculazione, se pure talvolta non sono, come si è visto, di prima attestazione nel Convivio, certamente vi risultano per la prima volta adoperati in un’accezione strettamente filosofica, laddove soprattutto i precedenti testi in prosa, con l’eccezione della Vita Nuova (LIZ 4.0), ne testimoniano una frequenza assai scarna (Mazzucchi 1995, 338). 4.2. L’affrancamento dal latino La prima grande stagione delle traduzioni filosofiche e scientifiche condotte a scopo divulgativo, anche se con criteri molto diversi da quelli degli antichi volgarizzamenti, si apre intorno agli anni ‘40 del Cinquecento, quando l’aumento dell’attività editoriale e la diffusione crescente dei libri a stampa allarga sensibilmente il pubblico dei lettori (Dionisotti 1967, 133–144; e cf., anche per la bibliografia su singole traduzioni, Trovato 1994a, 151). A metà del secolo, pertanto, la cultura si è diffusa in modo insospettato rispetto agli anni che avevano condotto alle Prose della volgar lingua (Venezia, 1525) del Bembo e un contributo notevole viene dall’attività delle Accademie. Di particolare importanza per la divulgazione delle cono-
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scenze filosofiche fu l’Accademia degli Infiammati, che a Padova riuscì a mantenere un ruolo di mediazione con l’importante università cittadina. Fra i suoi principali animatori fu il padovano Sperone Speroni (1500–88), che nel Dialogo delle lingue, scritto intorno al 1530–35 (stampato a Venezia nel 1542), riportò le posizioni di Pietro Pomponazzi (1462–1525), il più noto filosofo aristotelico del primo Cinquecento. A quest’ultimo si deve la più accesa presa di posizione contro la necessità di continuare a usare il latino nella filosofia: egli auspica, infatti, che l’impegno profuso nello studio delle lingue classiche sia piuttosto destinato alla speculazione filosofica e che si possa finalmente leggere Aristotele in volgare (Bruni 1967; 1984, 69–71; 435–448; Paccagnella 1984, 71 s.; Trovato 1994a, 152 s.). Chi meglio riuscì a conciliare le aspirazioni diffuse a impadronirsi dell’antica cultura filosofica con le posizioni estreme del Pomponazzi fu il senese Alessandro Piccolomini (1508–79), che eseguì nel rispetto del miglior toscano letterario traduzioni e rifacimenti della filosofia aristotelica. Egli entrò in contatto, negli anni del suo soggiorno padovano (1538–42), con l’Accademia degli Infiammati e, nell’intraprendere la divulgazione dell’aristotelismo, affrontò le questioni più complesse della Filosofia naturale, della logica (Instrumento della Filosofia), della meccanica (Parafrasi sopra le Meccaniche di Aristotile). Al contrario del Pomponazzi, egli partiva da un’ottima conoscenza delle lingue classiche e le sue scelte linguistiche si orientarono progressivamente per il fiorentino letterario, abbandonando anche i tratti più tipici del senese (Trovato 1994b, 89 s.). A partire dalla metà del Cinquecento, l’attività di traduzione e parafrasi dei testi filosofici portò all’immissione di un numero più alto, rispetto ai secoli precedenti, di termini speculativi, quasi tutti di derivazione greca e latina. Per limitarci alle opere del Piccolomini, per esempio, gli aggettivi in -bile che designano gli attributi della natura celeste, come ingenerabile (Piccolomini 1565, 55; 71 passim), inaugumentabile (ib., 79), incorrottibile (Piccolomini 1560, 178v; 1565, 56 passim), insieme con l’aggettivo interminata (riferito alla quantità della materia dei «corpi matematici»; ib., 15) sono presenti nella Filosofia naturale e saranno tutti riprodotti nel Dialogo sopra i due massimi sistemi del Galileo (Firenze, 1632), nella cui biblioteca erano incluse alcune opere del Piccolo-
mini (Favaro 1886, 251 s.; 238; Besomi / Helbing 1998, vol. 2, 140; 168). Non pochi sono i casi, peraltro, in cui è proprio il Piccolomini a precedere Galileo nell’uso in senso tecnico o anche nella coniazione di termini e sintagmi relativi alla filosofia della scienza. Talvolta si deve allo stesso Piccolomini la proposta esplicita di introdurre nel toscano un termine che renda in modo più aderente una nozione aristotelica: «Nel predicamento finalmente dell’essere in luogo, quantunque in lingua latina et greca il movimento che vi si trova sia di proprio nome dotato, tutta via in lingua nostra, non trovandosi appropriato nome sin’hoggi, ch’io sappia, convenevolmente fabricando per necessità nuova parola, potremo chiamarlo transportamento» (Piccolomini 1560, 148r–v; cf. Besomi / Hebling 1998, vol. 1, 408; vol. 2, 784).
Per quanto riguarda la filosofia e la scienza, tuttavia, l’impulso decisivo all’affrancamento del volgare dal latino fu dato, com’è noto, proprio da Galileo, con cui si avviò un processo portato a conclusione nei sec. XVII e XVIII . La scelta da parte di Galileo di affidare al volgare le proprie teorie ebbe più di una motivazione, ma la spinta principale venne dalla volontà di «marcare, anche linguisticamente, la sua contrapposizione all’aristotelismo accademico» (Serianni 1997, 562), aprendosi, tra l’altro, anche a coloro che incapaci di intendere il latino sarebbero rimasti esclusi dalle nuove conoscenze (Migliorini 1973, 114; 120; Manni 1985, 122– 124; Marazzini 1993, 56–59). La fine della sudditanza del volgare al latino è segnata proprio dal fatto che Galileo non compie più, come avveniva con il Piccolomini, una semplice opera di divulgazione di dottrine già acquisite, ma fonda nuovi modelli scientifici in cui l’elaborazione teorica interagisce con l’osservazione e la verifica sperimentale (Bruni 1984, 72; Basile 1997, 912). Tutti gli studiosi che hanno esaminato la storia dei linguaggi scientifici si sono soffermati sulla lingua di Galileo e sugli aspetti innovativi della sua prosa, partendo sempre dai lavori di Altieri Biagi (1965; 1984, 909–918; 1990, 35–131; 1993, 939–968; Marazzini 1993, 59–65; Dardano 1994, vol. 2, 532–536) che è più volte ritornata sul lessico e sulla sintassi delle opere galileiane. Il contributo dato dalle scelte di Galilei alla storia della nostra lingua è visibile anche nelle vicende delle prime impressioni del Vocabolario della Crusca (Venezia, 1612), le
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cui voci talvolta denunciano un suo più o meno diretto coinvolgimento (Manni 1985, 127 ss.). Più tormentati, ma non certo infruttuosi, furono i rapporti tra i lessicografi della Crusca e i filosofi del Settecento (Altieri Biagi 1985, 207–211), come conferma anche la prima grande opera filosofica scritta in italiano dal napoletano Giambattista Vico, che in più luoghi della Scienza nuova dimostra un ritorno alla tradizione più antica del fiorentino letterario. In particolare, molte delle varianti linguistiche che separano la Scienza nuova prima del 1725 (Napoli), dalla Scienza nuova seconda stampata nel 1744 (Napoli) dimostrano, nell’adozione di molti fiorentinismi arcaizzanti, una consultazione attenta delle prime due e forse anche della terza impressione del Vocabolario (Nencioni 1988, 287–295; Serianni 1998, vol. 6, 198). La frattura, visibile più nelle elaborazioni teoriche che nella pratica linguistica, si avrà nella seconda metà del secolo, quando le istanze innovative indurranno alla rinuncia «avanti notaio» del ruolo e dell’opera della Crusca (Bongrani / Morgana 1992, 115 s.; Matarrese 1993, 140–144). Il Vocabolario diviene simbolo di una tradizione attaccata da quel gruppo di intellettuali milanesi che, come Pietro e Alessandro Verri, intende diffondere la nuova cultura filosofica e teorizza, dalle pagine del Caffè (Milano, 1764– 66), la riunificazione di res e verba a tutto vantaggio delle prime. L’Italia riesce a partecipare, negli anni di relativa stabilità che seguono alla pace di Aquisgrana (1748), al generale sovvertimento delle idee partito dalla Francia: da qui riceve, infatti, molte novità editoriali, prima fra tutte l’Encyclopédie, che diffonde e ristampa (Matarrese 1993, 45). Anche se molte delle nuove istanze sono il risultato di quanto si era già predisposto nei secoli precedenti (Serianni 1998, vol. 6, 187–192), in questi anni si avviano mutamenti importanti per l’italiano: se ne prepara, infatti, il passaggio a lingua di comunicazione nazionale ed europea (Folena 1983), mezzo finalmente duttile e articolato in un repertorio di varietà fino ad allora poco sperimentate. Ciò avviene anche grazie a un intreccio fecondo tra riflessione filosofica e riflessione linguistica, la cui espressione più efficace è rappresentata da Melchiorre Cesarotti (1730–1808) e dal suo Saggio sulla filosofia delle lingue applicato alla lingua italiana (Pisa, 1800; Matarrese 1993, 144–146; Marazzini 1999, 134–138).
I linguaggi specialistici, e in particolare quelli che intendono trasmettere la filosofia dei ‘lumi’, cercano una propria autonomia e guardano al francese come modello più agile, imitabile nella struttura e nel lessico (Dardi 1992, 35 ss.). Testimoniano la ricerca di una tale specializzazione i nuovi dizionari settoriali e generali che già dalla prima metà del secolo tentano di colmare i vuoti della Crusca e della precedente lessicografia (Morgana 1983, 7; 1985, 164; Serianni 1989, 44ss.; Matarrese 1993, 170 s.). L’aspirazione a fornirsi di strumenti analoghi all’Encyclopédie di Diderot e d’Alembert è ciò che anima il Dizionario universale critico enciclopedico della lingua italiana (Lucca, 1797–1805) di Francesco D’Alberti di Villanuova, che più di altri si avvicina allo spirito delle enciclopedie anglofrancesi (Della Valle 1993, vol. 1, 65–67). Qui e in altri dizionari dell’epoca si registra, almeno in parte, anche il nuovo lessico legato al coevo dibattito filosofico. Molta terminologia è di derivazione francese: basti pensare a tutte le formazioni con i suffissi -ismo, -ista (Migliorini 61983, 573) che designano movimenti e figure delle polemiche in corso intorno alle idee razionalistiche. Gli effetti innovativi sulla lingua riguardano soprattutto il lessico, mentre la morfologia e la sintassi rimarranno più a lungo legate alla tradizione (Patota 1987, 153–155; Bongrani / Morgana 1992, 116–119; Serianni 1998, vol. 6, 207–209). Nel complesso, tuttavia, si attiva un processo di modernizzazione e di settorializzazione che troverà compimento solo in anni molto recenti, quando altri fattori interverranno a modificare i meccanismi di influenza reciproca tra le varietà.
5.
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116. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Galloromania Religion, philosophie et histoire des langues: Galloromania 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
1.
Die frühe christliche Mission in griechischer Sprache Die Strukturen der lateinischen Kirche Kirchenprovinzen und Dialekträume Diözesan-Namen von Kirchenfesten Kirchen- und Sprachgeschichte im Mittelalter Sprachliche Folgen der Reformation und ihrer Vorläufer Kirche, Staat und Kultur im 17. und 18. Jh. Literatur
Die frühe christliche Mission in griechischer Sprache
Die ersten Nachrichten über christliche Mission in Gallien betreffen das 2. Jh. n. Chr.: Eusebios (hist. eccl. 5, 1) berichtet von einer Christenverfolgung in Vienna und Lugdunum unter Kaiser Mark Aurel, und um 180 wurde Irenaeus (Eirenaios), von dem ein antihäretisches Werk erhalten ist (Migne 1857–66, vol. 7), Bischof der griechischen Christengemeinde von Lugdunum. Ob die anfängliche Verwendung des Griechischen als Kirchensprache in den romanischen Idiomen auf dem Boden des alten Galliens Spuren hinterlassen hat, ist nicht leicht zu sagen, weil die nach relativ kurzer Zeit erfolgte massive Überlagerung durch ein mit Gräzismen durchtränktes Latein eindeutige Aussagen schwer macht. Die Entscheidung, ob ein griechisches Wort der galloromanischen Kirchensprache direkt aus
dem Griechischen früher Gemeinden auf dem Boden Galliens stammt oder über das gräzisierende Christenlatein, das im ganzen Reich galt, gelaufen ist, lässt sich nur selten mit Sicherheit treffen. So liegt natürlich letztlich die gr. Nasalepenthese-Form statt dem fr. samedi zugrunde, aber Parallelformen wie rum. sâmba˘ ta˘ oder brm. sonda / sanda legen eher den Gedanken an einen reichsweiten Gräzismus sambata als an griechisches Sondergut in der Latinität Galliens nahe, und die Aussage von Theodor Frings (1932, 38), dass «die Kirche von Lyon den griechischen Wörtern in Frankreich zum Siege verholfen» habe, wird man viel vorsichtiger formulieren müssen. Und selbst wenn die Vermutung stimmt, dass das Femininum dominica, als Lehnübersetzung zu zu interpretieren, im Gegensatz zum genuinlat. Mask. dominicus nur dort auftrete, wo «der Einfluss der griechischen Kirchensprache besonders fühlbar war» (Rohlfs 1971, 96), so ist die Tatsache, dass wir galloromanische Nachfolgeformen von dominica nur im Frankoprovenzalischen finden, noch kein Beweis für eine eventuelle prägende Wirkung der griechischen Kirchensprache in der Diözese Lugdunum, denn das frpr. la dimingi ist gesamtromanisch gesehen nur der nordwestliche Ausläufer einer kompakten Zone, die die alpine Romania, ganz Italien einschließlich der Inseln und die Balkanromania umfasst; angesichts eines so großen Gebietes an spezielle Bedingungen frü-
116. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Galloromania
her griechischer Christianisierung zu denken, wäre sehr gewagt. Auf etwas sichererem Boden bewegt man sich bei theophania als Parallelform von epiphania. Das Fest feierte ursprünglich die Geburt von Jesus Christus und wurde am 6. Januar begangen; nachdem sich von der Mitte des 4. Jh. an der 25. Dezember als Geburtsfest durchsetzte, galt der 6. Januar als Tag, an dem man der Manifestationen der Göttlichkeit (Stern der drei Könige, Taufe im Jordan, Hochzeit von Kana) gedachte (Tagliavini 1963, 188). In der griechischen Kirche genoss φ eine besondere Beliebtheit (Thierbach 1951, 33), und der Terminus wurde auch im griechischen Osten Siziliens (tufània) und im griechisch geprägten Patriarchat Aquileia maßgeblich (friaul. tafànie, altvenez. tofania, mit «sekundärer Ausstrahlung dieser Festbezeichnung durch die spätmittelalterliche Republik Venedig», Pfister 1993, 21). Im Altfranzösischen gibt es das theophania fortsetzende tiéphane, aber hier ist v. a. an altokz. tofania (taufania) zu denken, «attesté surtout dans les chartes du Sud-Ouest de la France» (Jud 1973b [1934], 274), das man wohl als Relikt der griechischen Kirchensprache Südgalliens ansehen darf.
2.
Die Strukturen der lateinischen Kirche
Im Laufe des 3. Jh. setzte sich die lateinische Kirchensprache durch. Die etwa 25 Bistümer, die zu Beginn des 4. Jh. bestanden, bedienten sich des Lateinischen. Gallien war reich an Kirchenschriftstellern: Genannt seien Gennadius von Marseille, Hilarius von Poitiers, Hilarius von Arles, Prosper Tiro von Aquitanien. In den Wirren des untergehenden Römischen Reiches wurden wesentliche Aufgaben der Verwaltung von kirchlichen Autoritäten übernommen. Das wurde dadurch erleichtert, dass die «Bistumsgrenzen in Frankreich, von geringen Ausnahmen abgesehen, mit den Verwaltungsgrenzen der alten römischen civitates und provinciae und damit wiederum mit den Gaugrenzen der vorromanischen Völker Galliens zusammenfallen» (Ch. Schmitt 1974, 310). Die Grenze zwischen den an der Wende vom 3. zum 4. Jh. von Kaiser Diokletian eingerichteten Diözesen XIII (Galliae) und XIV (Septem Provinciae), die ganz grob dem Flusslauf der Loire folgt, entspricht weitgehend der Gren-
1325
ze zwischen den kirchlichen Metropolitanverbänden. Die Grenzen der Kirchenprovinzen wurden im 4. Jh. an den Grenzen der diokletianischen Provinzen ausgerichtet und veränderten sich seitdem kaum noch. Es gilt, dass «die kirchliche Organisation Galliens um 600 nicht etwa der politischen Aufteilung des Frankenreiches entspricht, sondern noch genau die politische Gliederung unter Theodosius widerspiegelt: Kirchenprovinz Beturigis (Bourges) = Aquitania I Burdigala (Bordeaux) = Aquitania II Elusa (Eauze) = Novempopulana Lugdunum (Lyon) = Lugdunensis I Rotomagus (Rouen) = Lugdunensis II Turones (Tours) = Lugdunensis III Senones (Sens) = Senonia Augusta Treverorum (Trier) = Belgica I Remis (Reims) = Belgica II Vesontio (Besançon) = Maxima Sequanorum Die einzigen Ausnahmen für Gallien liegen bezeichnenderweise im Südosten, wo alte Vorrechte von Arelate (Arles) und Vienna (Vienne) im Spiel waren. In der Kirchenprovinz Arles wurden die Alpes Maritimae, die Narbonensis II , der Südteil der Viennensis und der Westteil der Narbonensis I zusammengefaßt, während unter Vienne die Alpes Graiae, der Nordteil der Viennensis und der Nordostteil der Narbonensis I standen. Die Kirchenprovinz Narbo war mit der Narbonensis I unter Abzug der genannten Teile identisch» (Martin 1987, 22).
Abgesehen von einigen kleineren Änderungen blieben diese Kirchenprovinzen in Frankreich bis zur Revolution bestehen und stellen damit einen wesentlichen Faktor territorialer Kontinuität dar.
3.
Kirchenprovinzen und Dialekträume
Inwieweit die Grenzen zwischen den Kirchenprovinzen sich zu sprachlichen Grenzen entwickelt haben, ist ein großes Thema der Romanistik, seit Heinrich Morf – mit zeittypischem Pathos – die sprachliche Gliederung der Galloromania mit der Diözesaneinteilung (und diese wieder mit römischen Provinzgrenzen und vorrömischen Stammesgrenzen) in Verbindung gebracht hat: «Inmitten der wilden Kämpfe der Merowingerund Karolingerzeit, da die weltlichen Herren fortwährend wechselten und die politischen Machtverhältnisse sich fortwährend verschoben, blieb die kirchliche Einheit unerschüttert, auf römi-
1326
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
schem Untergrund, ein Fels Petri inmitten des brandenden Meeres. Um diesen Fels gruppierte sich die Sprache und nicht um die wankenden Dünen der politischen Grenzen» (1909, 1).
Aus dieser Beobachtung leitete Morf eine prinzipielle Folgerung ab: «Die uralte kirchliche Einteilung des Landes ist stark beteiligt an der sprachlichen Gliederung des Landes» (ib., 28). Morfs Ansicht, dass «das Frankoprovenzalische die Sprache der alten Bistümer Lyon und Vienne sei» (ib.), bestätigte sich im Großen und Ganzen (wenn auch mit Pfister 1972, 177, weitere Faktoren zu berücksichtigen sind), und auch die Rückführung auf vorrömische Territorialverhältnisse erwies sich hier als naheliegend, «wo in der Tat die Diözesangrenzen mit denen der civitas Lugdunensis und civitas Viennensis aus römischer Zeit und den gallischen gentes von Lugdunum und Vienna Allobrogum identisch sind» (Ch. Schmitt 1974, 310). Auch an anderen Stellen lässt sich der Zusammenfall von kirchlichen und sprachlichen Grenzen nachweisen: Im Unterwallis sind im IlliezTal die beiden Hauptdörfer Val d’Illiez und Troistorrents durch eine große Zahl ganz auffälliger Sprachunterschiede voneinander getrennt, denn sie waren «jahrhundertelang kirchlich getrennt zwischen dem Bistum von Sitten und dem von Genf» (Morf 1911, 31). Im Département Vosges ist der Dialekt von Plombières, das zum alten Bistum Toul gehörte, scharf von dem des benachbarten Val d’Ajol unterschieden, das zu Besançon gehörte (ib.). Freilich zeigte sich die Schwäche von Morfs These bei ihrer Anwendung auf Nordgallien. Auf Grund von nur drei lautlichen Kriterien (c + a > k, c + e / i > ʃ, en / in > e˜ ) versuchte Morf, eine das Normannische, das Pikardische und das Wallonische umfassende ‘Belgoromania’ zu konstituieren und diese über die Kirchenprovinzen Trier und Reims auf die diokletianischen Provinzen Belgica I und II und darüber hinaus auf die vorrömischen Völkerschaften der Belgae zurückzuführen. Dieser Versuch ist als gescheitert anzusehen, denn erstens laufen die Isophone keineswegs parallel (das Wallonische nimmt weder an der Bewahrung des c vor a als k noch an der Entwicklung des c vor e oder i zu ʃ teil) und zweitens geht ihre Übereinstimmung mit den Diözesangrenzen nicht wirklich auf. Ein schlagender Gegenbeweis ist auch die zur Kirchenprovinz Trier gehörige
«Diözese Metz mit ihrer Ausdehnung auf beiden Seiten der Sprachgrenze: Sprachgrenze und Bistumsgrenze fallen und fielen hier sicher nicht zusammen. Schon in seiner Entstehungsphase umfaßte das Bistum Metz beide Sprachgebiete, vermutlich sogar große Zonen von zweisprachigen Gebieten, die noch während Jahrhunderten bilingual waren und vielleicht erst nach dem 8. und 9. Jh. Sprachgrenzzonen oder noch später Sprachgrenzen erkennen lassen» (Pfister 1993, 16).
Auch die Erklärung des Verlaufes der okzitanisch-französischen Sprachgrenze aus den Abgrenzungen der Kirchenprovinzen geht nicht auf, denn die Sprachgrenze verläuft mitten durch die Provinzen Bourges (= Aquitania I) und Bordeaux (= Aquitania II ), und eine simple Identifizierung des Okzitanischen mit dem Latein der Gallia Narbonensis ist schon deswegen abzulehnen, weil die Provence nur den kleineren Teil des okzitanischen Sprachgebietes konstituiert – es bliebe die Ausbreitung dieses Sprachtyps nach Aquitania I, II und Novempopulana zu erklären. Die Grundthese von Morf, dass die letztlich auf die vorrömischen Grenzen zwischen den Stämmen Galliens zurückgehenden römischen Provinzgrenzen über die ihnen entsprechende kirchliche Gliederung die sprachliche Ausfächerung der Galloromania bis heute bestimmten, lässt sich in ihrer rigorosen Form nicht halten: Es gibt Dialektgrenzen, die in der Tat Diözesangrenzen widerspiegeln, es gibt aber auch zahlreiche Gegenbeispiele. Jeder Fall muss einzeln untersucht werden, wobei freilich prinzipiell die Diözesangrenzen, die ja uralte Raumgliederungskonstanten darstellen, als ein ganz wichtiger Faktor im Fächer der verschiedenen Gründe für die Etablierung von Sprachzonen angesehen werden müssen. Niemand wird heute mehr nach einer monogenetischen Erklärung der Dialektgrenzen suchen wollen, und innerhalb des anzusetzenden Bündels von Differenzierungsgründen hat die Diözesaneinteilung einen hohen Stellenwert.
4.
Diözesan-Namen von Kirchenfesten
Der Bereich, in dem die Grenzen der Kirchenprovinzen ohne jeden Zweifel sprachlichen Niederschlag gefunden haben, ist derjenige der Kirchensprache; in erster Linie geht es dabei um die Namen von Kirchenfes-
116. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Galloromania
ten sowie um Ausdrücke, die mit dem Ritus oder mit der Verehrung bestimmter Regionalheiliger zusammenhängen. Der Pionier der Forschungen in diesem Bereich war Jakob Jud, der die Besonderheiten der Kirchensprache der Galloromania v. a. in Bezug zur italoromanischen (1973b [1934]) und zur bündnerromanischen (1973a [1919]) Terminologie dargestellt hat. Weitergeführt wurden diese Studien von Thierbach (1951) und von Emele (1974), zusammengefasst von Pfister (1993); Tagliavini (1963) bettete die lateinisch-romanischen Gegebenheiten in einen weiteren gesamteuropäischen und nahöstlichen Zusammenhang ein. Alle diese Arbeiten sind leicht zugänglich, so dass es hier genügen mag, einige markante Beispiele vorzuführen. Für Pfingsten, das 50 Tage nach Ostern gefeiert wird, setzte sich fast überall in der Romania der schon bei Tertullian an der Wende der 2. zum 3. Jh. n. Chr. belegte Gräzismus pentecoste = (sc. π) “fünfzigster Tag” durch (z. B. fr. Pentecôte, it. Pentecoste, sp. Pentecostés). Die lat. Lehnübersetzung Quinquagesima hatte, vielleicht weil «questo termine indicava anche il periodo di cinquanta giorni anteriore alla Pasqua» (ib., 250), weit weniger Erfolg: «Bloß Bünden kennt in der Gegenwart den lateinischen Namen des Pfingstfestes: quinquagesima, obw. tschunqueismas; im Mittelalter war dieser Name auch im äußersten Norden Frankreichs (Picardie und Wallonie) sowie in Spanien und Portugal (asp. cincu(a)esma, aport. cincuesma bezeugt, ist aber vor dem hochkirchlichen griechischen pentecoste zurückgewichen» (Jud 1973a [1919], 165).
Durch neuere Belege sieht man die Lage etwas genauer: «Im galloromanischen Bereich scheinen jedenfalls die Diözesen Lüttich, Tournai und Thérouanne diese Bildung gekannt zu haben» (Pfister 1993, 25). Die Pfingstbezeichnung Quinquagesima ist also ein typisches Reliktwort, das sich in den Diözesen an der Sprachgrenze zur Germania halten konnte; die im 6. und 7. Jh. von Rom ausgehende Vereinheitlichung der Kirchensprache konnte den nördlichen Rand der Romania, also die teilweise germanischsprachigen Kirchenprovinzen Köln, Trier und Reims, ebenso wenig erreichen wie das zur Kirchenprovinz Mainz gehörige Bistum Chur (Frings 1932, 45). Nach dem Leviticus (12, 2–4) gilt eine Frau 40 Tage nach der Geburt eines Knaben
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für unrein; danach muss sie vor dem Priester ein Reinigungsopfer bringen. Auch Maria unterzog sich diesem Ritus (Luk. 2, 22), dessen Gedächtnis in der Alten Kirche auf den 2. Februar festgelegt wurde, nachdem der Weihnachtstermin auf den 25. Dezember fixiert worden war. Die offizielle Bezeichnung purificatio Beatae Virginis hatte in der Volkssprache keinen Erfolg; man hielt sich lieber an die äußere Erscheinungsform dieses Kirchenfestes, nämlich die helle Erleuchtung des Gotteshauses durch Kerzen, festa candelarum “Mariä Lichtmess”. Diese Form findet man im Altwallonischen (chandeler) und Altpikardischen (candeler), also wieder in den nördlichsten Kirchenprovinzen Galliens, während sonst die Analogieform festa candelorum vorherrscht (fr. Chandeleur, okz. Candelor). Es gab aber auch andere Möglichkeiten: «In Italia, Catalogna, Spagna ecc. gli esiti it. candelaia, candelera, catal. Candelera, spagn. Candelaria, port. Candelária (e cfr. anche il basco Ganderailu di origine latina) ecc. ci mostrano che il popolo aveva trasformato il festa candelarum in un festa candelaria, sostituendo la forma dell’aggettivo col vitalissimo suffisso -arius all’ormai disusato plurale» (Tagliavini 1963, 199).
Wegen des femininen Geschlechtes von festa trat für chandeleur «im Osten und Südosten auch chandelouse / chandeleuse ein. Die Bezeichnung chandeleuse ist charakteristisch für die Erzdiözesen Besançon und Vienne» (Pfister 1993, 30), während in den Diözesen Toul und Metz chandelles auftaucht. Die Diözesangrenzen stellen also Grenzen zwischen den verschiedenen romanischen Variationen zur festa candelarum dar. Die romanischen Bezeichnungen für das Weihnachtsfest gehen in der Romania meistens auf lat. dies natalis bzw. natale zurück; fr. Noël stellt das Weiterleben einer Dissimilationsform notale dar (cf. auch natare > notare), die ausgehend von Paris den NatalisTyp immer weiter zurückgedrängt hat (Tagliavini 1963, 179–182). Interessanter aber ist der Worttyp kalendae, der im Frankoprovenzalischen und in den östlichen Varietäten des Okzitanischen das Weihnachtsfest bezeichnet. «La ligne de démarcation qui sépare calendas de Noël coïncide dans le département du Jura et, pour l’époque du moyen âge, dans le département de l’Ain, sur un parcours de plus de 100 kilomètres, avec les limites diocésaines de Lausanne et de Lyon d’une part, de Besançon et de Bâle de l’autre» (Jud 1973b [1934], 234).
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
wobei freilich in der Neuzeit um die Stadt Lyon herum ein an Noël ausgerichtetes regionalfr. Noyè sich durchgesetzt hat. Das Wort kalenda, das ja primär den ersten Tag jedes römischen Monates bezeichnete (so noch brm. calonda, chalanda), lebt auch in Osteuropa mit Bedeutungen im Umfeld von “Weihnachten” weiter, z. B. rum. colinda˘ “Weihnachtslied”, russ. kolѕda “Weihnachtswoche, Weihnachtsumzug”. Man darf annehmen, dass zunächst die Tage zwischen dem 1. Januar und der am Epiphaniasfest (6. Januar) gefeierten Geburt Christi kalendae hießen; die von Rom um die Mitte des 4. Jh. ausgehende Verlegung auf den 25. Dezember konnte den in den Balkandiözesen und in den südostgallischen Kirchenprovinzen bereits heimisch gewordenen Ausdruck kalendae nicht mehr verdrängen (Tagliavini 1963, 184).
5.
Kirchen- und Sprachgeschichte im Mittelalter
Die kirchlichen Strukturen entwickelten sich im Wesentlichen ohne Bezug auf die verschiedenen germanischen Völkerschaften, die sich in der Spätantike und im Frühmittelalter vorübergehend oder länger in Gallien aufhielten. Das hängt v. a. damit zusammen, dass die Germanen der Völkerwanderungszeit meist arianische Christen waren, die keine Glaubens- und Kirchengemeinschaft mit den katholischen Romanen hatten. Die Westgoten, die Vandalen und die Burgunder gehörten dem arianischen Bekenntnis an, und auch die Franken waren zunächst Anhänger des Arianismus; die katholische Taufe des Frankenkönigs Chlodwig I. im Jahre 498 bildete die Voraussetzung für die allmähliche Überwindung des Gegensatzes zwischen Romanen und Germanen (LThK 4, 12). Die Annahme des Katholizismus durch das Königshaus und die fränkische Oberschicht bedeutete aber auch, dass die Einflussnahme der weltlichen Herrscher auf kirchliche Angelegenheiten zunahm. Bereits vom 6. Jh. an mischten sich die fränkischen Könige in Fragen der Besetzung kirchlicher Ämter ein. Schon das Konzil von Orléans, das 549 stattfand, verlangte die Bestätigung der Bischofswahlen durch den König. Die Nähe zwischen Kirche und Krone wurde unter den Karolingern noch enger: Pippin wurde 754 von Papst Stephan II . in St. Denis
zum König gekrönt, Karl der Große 800 von Papst Leo III . in Rom zum Kaiser (ib., 12 s.). Die sog. karolingische Renaissance, getragen in wesentlichen Teilen von Männern, die nicht aus dem romanischen Sprachraum stammten, bedeutete prinzipiell den Versuch, die Strukturen des Römischen Reiches wiederherzustellen. Im politischen Bereich zeigt die Kaiserkrönung den – v. a. gegen Byzanz gerichteten – Anspruch auf renovatio und damit continuatio imperii, im kulturellen Bereich ist es die an den Normen der Antike orientierte Reform des Lateinischen in Grammatik und Aussprache. Die reformierte, prinzipiell jeden geschriebenen Buchstaben phonetisch realisierende Aussprache des Lateinischen (Wright 1989, 164–175), die das Merowingerlatein mit seiner am Romanischen ausgerichteten Lautung ablöste, bedeutete einerseits das definitive Ende des lateinisch-romanischen Sprachkontinuums und warf andererseits unwiderruflich den Gegensatz zwischen mots populaires und mots savants auf: Die ersteren folgen den lautlichen Entwicklungstendenzen, denen bis zur karolingischen Reform auch das Latein unterworfen gewesen war, die letzteren sind nach dem Buchstabenbestand ausgesprochene lateinische Wörter, die nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten leicht adaptiert ins Romanische übernommen werden. Für den kirchlichen Raum bedeutete die Aussprachereform den endgültigen Abschied von der mehr und mehr zur Fiktion werdenden Vorstellung, dass die illitterati einen Text in einfachem Latein verstehen könnten. Die praefationes von Heiligenviten des 7. Jh. (z. B. vita Eligii, 670–80; vita Leudegarii, Ende des 7. Jh.) gehen noch davon aus, dass der Text den illitterati vorgelesen werde und dass diese ihn dann verstehen, und dieselbe ‘Intercompréhension’ wird auch für die Predigten vorausgesetzt, sonst hätte Chrodegang nicht um 745 die Vorschrift erlassen können, «iuxta quod intellegere uulgus possit, ita praedicandum est» (Migne 1841–64, vol. 89, 1076C). Michel Banniard (1992, 301) hat dieses noch im 8. Jh. geltende Sprachkontinuum wie folgt beschrieben: «Les rédacteurs modifient et teintent de vulgarismes les textes latins qu’ils reproduisent, de manière à les rendre plus accessibles au public dont ils doivent se faire comprendre. Inversement, quand ceux-ci mettent part écrit les récits, déclarations et formulations qu’ils recueillent oralement, ils passent sans difficulté à une forme écrite qu’ils consi-
116. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Galloromania dèrent toujours comme du latin, différent de degré et de qualité, mais non de nature, par rapport à la langue parlée courante».
Die karolingische Reform machte in ihrer «radicalisation d’une différence» (ib., 415), nämlich der zwischen Lateinisch und Romanisch, jede ‘intercompréhension’ unmöglich und musste notwendigerweise dazu führen, dass in den Partien des Gottesdienstes, die zum Verständnis seitens der Laien bestimmt waren, die (noch für mehr als zwei Jahrhunderte kaum der Schriftlichkeit zugängliche) Volkssprache verwendet werden musste. Das Konzil von Tours fasste konsequenterweise im Jahre 813 den Beschluss, demzufolge «quilibet episcopus habeat (h)omilias», natürlich auf Latein iuxta grammaticam, «ut easdem (h)omilias quisque aperte transferre studeat in rusticam Romanam linguam aut Thiotiscam, quo facilius cuncti possint intelligere, quae dicuntur» (MGH , Serie 2, Conc. II , 1, 17). Die Bedürfnisse des Gottesdienstes führten also dazu, dass die Konsequenz der karolingischen Sprachreform, nämlich das Ende des lateinisch-romanischen Sprachkontinuums, in einem Dokument festgehalten wurde, das man als Geburtsurkunde der Romanität oder, je nach Geschmack, als Scheidungsbrief zwischen Latein und Romanisch bezeichnen mag. Die enge Verbindung zwischen Staatsmacht und Kirchenorganisation führte in Distanzierung von der päpstlichen Kurie in Rom zu allerlei französischen Sonderwegen; seit dem 19. Jh. bezeichnet man den Konsens von Klerus, Adel und Drittem Stand in der Abwehr aller denkbaren Einmischung des Papstes in die nationalen Belange als Gallikanismus (Zusammenfassung des derzeitigen Standes der historischen Forschung: LThK 4, 274–279). Wichtig ist in diesem Kontext beispielsweise die Pragmatische Sanktion von Bourges, die 1438 die Bischofs- und Abtswahlen bei Vorschlagsrecht des Königs sanktionierte, um so direkte Ernennungen durch den Papst zu verhindern. Eine Folge des gallikanischen Sonderweges ist auch die Herausbildung einer speziellen Terminologie für einige erst im Mittelalter aufgekommene Kirchenfeste. Genannt sei hier zunächst der Allerseelentag, dies animarum (jour des âmes, heute meist durch jours des morts ersetzt). Die Feier dieses – an ältere Traditionen anknüpfenden – Festes am 2. November, also am Tag nach Allerheiligen, geht auf Abt Odilo von Cluny (Saint
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Odilon, 962–1048) zurück, und auf ihn geht wohl auch die Bezeichnung dies animarum zurück. Fr. jour des âmes war die ursprüngliche volkssprachliche Bezeichnung, die heute noch im Wallonischen, Pikardischen, Frankoprovenzalischen und Okzitanischen lebt, von wo sie über das Katalanische (dia de les Animes) ans Spanische (día de las Animas) und Portugiesische (dia das Almas) weitergegeben wurde. Im päpstlich beeinflussten Italien wurde das Fest nur zögernd rezipiert und erhielt einen anderen Namen giorno dei morti, ein Bezeichnungstyp, der in der Neuzeit auch in Frankreich die Oberhand gewann (jour des morts). Ein weiteres Fest, das vom französischen Sprachraum ausging, ist Fronleichnam, gefeiert am Donnerstag nach Dreifaltigkeit, eingerichtet um 1230 auf Grund einer Vision der heiligen Juliana von Lüttich, der der Mond mit einem dunklen Flecken am Rande erschien, was dahingehend gedeutet wurde, dass in der Reihe der Kirchenfeste eines zur ausdrücklichen Feier der Eucharistie fehle, also der Realpräsenz des Corpus Christi in der Messe. Bischof Robert von Lüttich ordnete das festum sanctissimi Sacramenti für seine Diözese 1246 an, und schon 1264 schrieb der aus Lüttich stammende Papst Urban IV. mit der Bulle Transiturus de hoc mundo das neue Fest für die ganze Kirche vor, was aber nur ganz zögernd Widerhall fand. Die volkssprachlichen Namen spiegeln die Rezeptionsgeschichte des Festes wider: Im Norden des französischen Sprachraumes liegt mit fête du saint Sacrement eine Lehnübersetzung der ursprünglichen lateinischen Bezeichnung vor, und noch heute sagt man in Lüttich dijoû dè (sint) Sacramint. In Frankreich kam aber schon im 14. Jh. als neuer Name festum sanctissimi sacri auf, was in le jour du sacre seinen Niederschlag findet. Ebenfalls im 14. Jh. findet sich eine Kurzform Corpus Domini, die wahrscheinlich von Italien ausging; die Form der französisichen Literatursprache, Fête-Dieu (belegt seit 1521) stellt eine approximative Lehnübersetzung dar. Eine Reaktion auf die massive Verflechtung von Kirche und Staat im mittelalterlichen Frankreich stellen die verschiedenen klösterlichen und halbklösterlichen Reformbewegungen dar. Eine Besonderheit Westeuropas in diesem Zusammenhang ist die starke Rolle der Frauen beim frommen Aufbegehren gegen die Verweltlichung der kirchlichen Einrichtungen. In Wallonien, im Brabant
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
und im Hennegau schlossen sich seit der Wende vom 12. zum 13. Jh. meist begüterte und vergleichsweise gebildete Frauen ohne Gelübde und Ordensregel zu Wohngemeinschaften zusammen, widmeten sich dem Gebet und karitativen Aufgaben, wobei sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkamen (LThK 2, 144 s.). Diese frommen Damen wurden Beginen genannt, fr. béguines. Die Etymologie des Wortes ist umstritten, wahrscheinlich ist es niederländischer Herkunft; wichtiger in unserem Zusammenhang ist die Tatsache, dass wir es mit einer für den französischen (und niederländischen) Sprachraum typischen Ausformung der Volksfrömmigkeit zu tun haben, die in einem charakteristischen Terminus ihren Niederschlag gefunden hat.
6.
Sprachliche Folgen der Reformation und ihrer Vorläufer
Aber nicht nur im Rahmen der Kirche und mit kirchlicher Billigung konnte im Hochmittelalter die Volksfrömmigkeit an Boden gewinnen, sondern es gab auch Bewegungen, die zunehmend in Gegensatz zur Amtskirche traten. Hier sind zunächst die Katharer und ihre radikale Abspaltung, die Albigenser, zu erwähnen; theologisch handelt es sich um eine dualistische Weltsicht, derzufolge sich ein von Gott geschaffener guter Kosmos und ein vom Teufel geschaffener böser Kosmos unversöhnlich gegenüberstehen; der Mensch, eingeschlossen im Gefängnis des dem bösen Kosmos angehörigen Körpers, kann durch radikale Askese die Rückkehr in den guten Kosmos bewältigen, wobei ihm wenige electi und perfecti helfen (LThK 1, 340 s.; 5, 1327–1330). Diese radikale Bewegung stammt letztlich aus dem Balkanraum (Bogumilen). Wahrscheinlich ist Katharer ein Name, der den Schismatikern von den amtskirchlichen Theologen beigelegt wurde, weil diese eine Ähnlichkeit mit den theologischen Ansichten der spätantiken Novatianer, die auch hießen, sahen; das deutsche Wort Ketzer hat damit nichts zu tun, sondern ist eine lautliche Adaptation des über it. gàzari vermittelten Namens des Krimvolkes der Chasaren (Kramer 1989, 10–12). In Südfrankreich gewannen die Katharer zeitweise eine starke Anhängerschaft und bauten eine Parallelkirche auf, aber ihre Bewegung wurde durch den Albigenserkrieg (1209–29) ebenso wie durch die hemmungslos wütende Inquisition gebrochen. Die Katharer hatten offenbar das Okzitanische zu
ihrer Missionssprache gemacht, aber von ihren Schriften blieb nichts erhalten. Der Albigenserkrieg bedeutete auch den Anfang vom Ende der okzitanischen Literatursprache. Auch die um 1170 ursprünglich nicht in Konkurrenz zur Amtskirche, sondern als Reformbewegung gegründete Bewegung der Anhänger des Valdès (Valdensis, Valdus, Valdo) wurden von den Albigenserkriegen und der nachfolgenden Verfolgung durch die Inquisition schwer getroffen, aber anders als die Katharer nicht ausgelöscht; «sie wehrten sich dagegen, als Ketzer betrachtet zu werden, und […] wo der Druck der Inquisition zu stark war, gingen sie in den Untergrund: sie besuchten die Messe und hielten sich äußerlich weitgehend an die Vorschriften der katholischen Kirche» (Eschmann 1989, 21).
Durch ständige Fluchtbewegungen (Übersicht: Kramer 1992, 74 s.) konnten sich die Waldenser bis heute als Glaubensgemeinschaft erhalten, bes. im Dauphiné und in Nordwestitalien. In Württemberg fanden zu Beginn des 18. Jh. Tausende von Waldensern Zuflucht, die vom Savoyerherzog Viktor Amadeus III . aus dem Chisonetal ausgewiesen worden waren. Ihr in den Orten Neuhengsbach und Serres bis ins 1. Drittel des 20. Jh. überlebendes Welsch wurde von Ernst Hirsch (1963) – und in zahlreichen Einzelarbeiten, die in Baldinger (1974) erfasst sind – dargestellt. Die Sondersprache der spätmittelalterlichen Waldenserbibeln, von Wunderli (1969, 69) als «waldensische Schulsprache» bezeichnet, zeigt, dass sich die Waldenser des 14. Jh. an die Schaffung einer für ihre Glaubensgemeinschaft bestimmten Schriftsprache auf der Basis des Nordostalpin-Okzitanischen gemacht hatten (Nüesch 1979, vol. 2, 79); dass dieser Versuch einer Koiné für eine religiöse Gruppe schließlich keine bleibenden Früchte trug, liegt an der Ungunst der äußeren Umstände. Trotz aller spätmittelalterlichen innerund außerkirchlichen Reformbewegungen war die Reformation im 16. Jh. in Frankreich primär importiert und wurde auch von den Zeitgenossen als etwas vom Ausland Kommendes empfunden: Der seit 1552 belegte Spottname huguenots dürfte eine volksetymologische Entstellung des genferischen eyguenot < Eidgenosse darstellen (Anschluss an den Namen eines prominenten Protestanten, Hugues de Besançon). Die erste Bibelübersetzung von Lefèvre d’Etaples (Faber Stapulensis), die am 8. Juni 1523 erschien,
116. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Galloromania
ist noch im Rahmen humanistischer Bestrebungen zur Zugänglichmachung griechischer und lateinischer Werke in der Volkssprache zu sehen; diese Fassung ist – v. a. in einer Überarbeitung durch die Theologen von Löwen – bis weit in die 2. Hälfte des 17. Jh. hinein die Bibelfassung geblieben, auf die man im katholischen Umfeld zurückgriff, bis die Sacy-Bibel, die im jansenistischen Umfeld von Port-Royal entstand und 1667 (NT ) bzw. 1696 (AT ) herauskam, an ihre Stelle trat. Die eigentliche protestantische Bibelübersetzung stammt von Pierre Robert Olivétan und kam als La Bible qui est toute la saincte escripture (1535) in Neuenburg in der Schweiz heraus; in der Gestalt der Genfer Bibel (1588) ist diese Fassung bei französischsprachigen Protestanten bis heute verbreitet. Es ist aber festzuhalten, dass es in Frankreich nie eine Version der Bibel gab, die es an Bedeutung für die Sprach- und Kulturgeschichte auch nur im Entferntesten mit der Lutherbibel, der King James’ Version oder der Statenbijbel hätte aufnehmen können, denn der Katholizismus, der ja schließlich siegreich blieb, versuchte die Schwelle des Zugangs der Gläubigen zur volkssprachlichen Bibel möglichst hoch zu halten, und die Protestanten kamen nie über die Position einer Minderheit hinaus, die letztlich auf den main-stream der Kulturund Sprachentwicklung keinen maßgeblichen Einfluss hatte. Die Reformation nahm in Frankreich v. a. die Gestalt an, in der Jean Calvin (1509–64) sie verfocht; seine 1541 publizierte Institution de la religion chrestienne (Basel), eine von ihm selbst erarbeitete Neufassung der wegweisenden Christianae religionis institutio von 1536/39 (Basileae / Argentorati), ist der erste Versuch, eine theologische Abhandlung mit wissenschaftlichem Anspruch auf Französisch zu schreiben. Damit war der letzte bislang dem Lateinischen vorbehaltene fachsprachliche Bereich der Muttersprache erschlossen worden. Die Versuche der französischen Krone, den Protestantismus zu unterdrücken, dauerten von den Verfolgungen durch Heinrich II . (1547–59) bis zum Ausweisungsedikt von Fontainebleau (14. 10. 1685), durch das das Toleranzedikt von Nantes (13. 4. 1598) widerrufen wurde; Höhepunkte dieser oft blutigen, andererseits aber auch jahrzehntelang nur latenten Auseinandersetzung waren der massacre de Vassy (1. 3. 1562), bei dem die Gefolgsleute des Franz von Guise alle
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Protestanten ermordeten, derer sie habhaft werden konnten, und v. a. die Bartholomäusnacht (23./24. 8. 1572), bei der nahezu zehntausend Protestanten umkamen. Nach 1685 verließen die meisten Protestanten Frankreich und gingen in die protestantischen Länder Europas (England, Niederlande, deutsche Länder wie Preußen, Hessen oder Württemberg), wo ihnen als gut ausgebildeten, disziplinierten und fleißigen Neubürgern nur zu gerne refuge gewährt wurde, bes. in Deutschland, wo die Entvölkerung ganzer Landstriche durch den Dreißigjährigen Krieg noch ein großes Problem darstellte (Kramer 1992, 78–84; zur Sprache der Akten in refuge-Gemeinden cf. H. J. Schmitt 1996). Die Konsolidierung des Französischen als Kultursprache Europas im 17. und 18. Jh. ist nicht zuletzt das Werk der refugiés, die sich vielfach ihren Lebensunterhalt als Sprachlehrer bzw. Gouvernanten und Hausdamen verdienten. Den wenigen in Frankreich verbliebenen Protestanten wurde erst durch das Toleranzedikt Ludwigs XVI . von 1787 freie Religionsausübung gewährt. Die letzten Beschränkungen verschwanden mit der Französischen Revolution. Die kirchlichen Institutionen der Protestanten werden auf Französisch nicht mit denselben Termini wie ihre katholischen Entsprechungen benannt. Statt von église spricht man von temple, statt messe sagt man culte, statt curé heißt es pasteur, statt communion zieht man cène vor. Die protestantischen Termini haben durchweg einen klassisch-lateinischeren Anstrich, worin sich die bewusste Rückbindung an urkirchliche Gegebenheiten widerspiegeln mag, was aber auch als Ausdruck der humanistischen Tradition gesehen werden kann.
7.
Kirche, Staat und Kultur im 17. und 18. Jh.
Insges. machten die Protestanten auch zu ihren Blütezeiten nie mehr als 10 % der Bevölkerung Frankreichs aus (am Ende des 16. Jh. 274.000 Familien, also rund 1,25 Mio. Personen); im Kern blieb Frankreich also ein katholisches Land, das freilich seinen gallikanischen Traditionen folgte und also gegenüber dem päpstlichen Zentralismus reserviert war. An ein Werk des niederländischen Theologen Cornelius Jansenius (1585– 1638) zur Gnadenlehre des Augustinus anknüpfend vertraten die französischen Janse-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
nisten, die im Kloster Port-Royal ihr geistiges Zentrum hatten, einen anthropologischen Pessimismus, demzufolge der menschliche Wille grundsätzlich zum Schlechten geneigt ist und nur durch Gottes gratia efficax zum Guten gewendet werden kann. Die Verurteilung der jansenistischen Lehre durch den Papst, die zeitweise Stützung durch den französischen König fand, die Verquickung mit Positionen der Aufklärung einerseits, mit schwärmerischen Bewegungen (Konvulsionäre) andererseits und schließlich ein unübersehbarer moralischer Rigorismus machten den Jansenismus zu einem wichtigen Faktor der französischen Kulturgeschichte des 18. Jh. Die wichtigste Auswirkung war wohl die Aufwertung des Erziehungswesens, dem als Mittel der Überwindung der dem Menschen von Natur aus innewohnenden Schlechtigkeit große Bedeutung zugemessen wurde. Die Französische Revolution brachte die endgültige Trennung von Staat und Kirche in Frankreich mit sich, und auch im kulturellen Leben vollzog sich seither eine weitgehende Säkularisierung. Von nennenswerten Einflüssen religiöser Gegebenheiten auf die Sprachgeschichte kann im 19. und 20. Jh. nicht mehr die Rede sein, denn die katholische Kirche vermochte es nicht, sich außerhalb des Kreises aktiver Gläubiger Gehör zu verschaffen. Die Annäherung zwischen Staat und Kirche war sogar während der Restauration nur oberflächlich, was man daran erkennen kann, dass 1828 die Jesuiten aus dem Bildungswesen verbannt wurden. In der Dritten Republik wurde die völlige Säkularisierung des öffentlichen Lebens durchgesetzt, die 1905 in der Kündigung des von Napoleon geschlossenen Konkordats gipfelte (für das Elsass und für Lothringen gilt es bis heute weiter, weil diese Gebiete 1905 nicht zu Frankreich gehörten). Die praktizierenden Katholiken haben heute in ausgeprägtem Maße eigene Strukturen (Privatschulen: enseignement chrétien, theologische Hochschulen, eigene Presse: La Croix), deren Außenwirkung aber gering ist.
8.
Literatur
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1333
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117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel Religion, philosophie et histoire des langues: Péninsule ibérique 1. 2. 3. 4. 5.
1.
Einleitung: Die Hispania der drei Religionen Mittelalter Zwischen Mittelalter und Neuzeit Neuzeit: Die Ausdifferenzierung des Iberoromanischen Literatur
Einleitung: Die Hispania der drei Religionen
Die Iberische Halbinsel ist welthistorisch einzigartig als Schnittstelle zwischen den drei monotheistischen Weltreligionen, ein Ort ebenso von blutigen Konflikten wie von fruchtbaren Kontakten. Nirgendwo sonst war die Berührung zwischen den drei Religionen so lang andauernd und so eng wie hier. Im arabischen Sizilien, das oft mit dem mittelalterlichen Hispanien verglichen wird, spielte das jüdische Element keine nennenswerte Rolle. In Bosnien, dessen neuere Geschichte ebenfalls mit der spanischen vergleichbar ist, stellen die Juden nur eine kleine, demographisch wie politisch vernachlässigbare Minderheit dar – die Juden von Sarajevo sind übrigens spanischer Herkunft! Nirgendwo sonst ist das Neben- und Gegeneinander von Christentum, Islam und Judentum so sehr prägend für Geschichte und nationale Identität wie in Spanien, bis hin zur Folklore der ‘cristianos, moros y judíos’. Die Interaktion der drei Religionen, ob als convivencia oder aber als yihad, reconquista und inquisición, hat die spanische Nation entscheidend bestimmt. Eine solche Prägung durch die Religion hat naturgemäß auch Auswirkungen auf die Sprache. Sprachgeschichte ist mit Religionsgeschichte eng verflochten.
Das Jahr 1492 markiert einen zentralen Wendepunkt in der spanischen Geschichte: Nebrija verkündet den imperialen Anspruch einer Sprache, deren Sprecher soeben die Reconquista beendet haben und am Beginn der Conquista stehen; mit der Eroberung der Alhambra und dem dort verkündeten Vertreibungsedikt ändert sich der Status von Islam und Judentum grundlegend. Wenn die Auswirkungen der Religionsgeschichte auf die Sprachgeschichte der Iberischen Halbinsel dargestellt werden, ist es unumgänglich, die Zeit vor diesem Datum von derjenigen danach zu trennen. Ein anonymer Autor, der die Sprachsituation Hispaniens kurz nach dieser Zeitenwende erlebt und überdacht hat, stellt sie folgendermaßen dar: Vier Sprachen gebe es in ganz Spanien, und zwar in dieser Reihenfolge: die älteste, nämlich das Baskische; sodann das Arabische, ein Idiom, in dem auch zahlreiche Spanier gut und «agudamente» ihre Werke verfasst haben; das Katalanische, das als bedeutende Kultursprache gerühmt und mit dem Provenzalischen gleichgesetzt wird; und schließlich die «lengua vulgar de España», welcher das Spanische und das Portugiesische als gleichberechtigte Dialekte zugeordnet sind (Anonymus 1559, zit. nach Bossong 1990, 80 ss.). Bemerkenswert an dieser Darstellung ist u. a. die Selbstverständlichkeit, mit welcher das Arabische unter die hispanischen Sprachen eingereiht wird; es wird ihm sogar der zweite Rang eingeräumt, was Alter und literarischen Wert betrifft. Hierbei wird zwischen dem Arabischen als Kultursprache und dem Vulgärarabischen der Moriscos unterschieden, das damals noch «en el reino de Granada i en parte delos reinos del’Andaluzïa, de Valencia, i Aragón» gesprochen
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
wurde. Wir stellen die unkonventionelle Sicht des unbekannten Autors aus den spanischen Niederlanden an den Anfang unserer Betrachtung der hispanischen Sprachsituation, da sie die Grenzen zwischen den Bereichen des Romanischen und des Semitischen souverän ignoriert; nur wenn man beides gleichermaßen im Blick hat, wird man der Sprachgeschichte der Iberischen Halbinsel gerecht.
2.
Mittelalter
Die mittelalterliche, d. h. bis 1492 reichende Sprachsituation versteht man am besten, wenn man es als komplexes, historisch sich wandelndes Nebeneinander mehrerer Diglossien darstellt. Zu berücksichtigen sind, in vereinfachter Übersicht, vier standardisierte Schriftsprachen als ‘Hochvarianten’ (high varieties) und vier Dialektbündel als ‘Niedrigvarianten’ (low varieties im Sinne der Diglossie-Theorie). Die vier Schriftsprachen sind: (a) Lateinisch; (b) Hebräisch; (c) ‘klassisches’ oder Schrift-Arabisch (= S-Ar); (d) ‘Schrift-Romanisch’ (= S-Rom; als Oberbegriff für die seit dem ausgehenden 12. Jh. sich konstituierenden und ausdifferenzierten Schriftformen des Iberoromanischen: Spanisch (einschließlich aragonesischer Varietäten), Portugiesisch (einschließlich galicischer Varietäten) und Katalanisch). Die vier Dialektbündel sind: (a) Baskisch; (b) Berberisch; (c) dialektales oder Vulgär-Arabisch (= V-Ar; also das, was Corriente als «Hispano-Arabic dialect bundle» oder «Andalusi Arabic» bezeichnet hat); (d) dialektales oder ‘Vulgär-Romanisch’ (= V-Rom; also das gesamte Kontinuum der gesprochenen romanischen Dialekte unter Einschluss des sogenannten Mozarabischen). Baskisch und Berberisch haben im spanischen Mittelalter praktisch nur als gesprochene Sprachen fungiert. Das Berberische war nur ephemer und marginal präsent, das Baskische ist für das Thema dieses Beitrags unerheblich; diese beiden Sprachen werden daher im Folgenden nicht berücksichtigt. Das Hebräische war, wie stets in der Diaspora, nur Schriftsprache, keine gesprochene Primärsprache (was sekundären oralen Gebrauch natürlich nicht ausschließt). Zwischen V-Ar und S-Ar bestand eine ähnliche Diglossie-Beziehung, wie sie seit Beginn der islamischen Expansion bis heute
überall in der arabischen Welt zu beobachten ist: V-Ar ist gesprochene Primärsprache in allen Lebensbereichen; S-Ar herrscht uneingeschränkt im Bereich der formalen und schriftlichen Kommunikation. Allerdings kam es in Al-Andalus zum ersten und einzigen Mal in der arabischen Sprachgeschichte zu Ansätzen einer literarischen Kultivierung des Vulgäridioms (äarapat in arabischen und hebräischen muwaˇssˇ ahat; die zapal-Dichtung von Ibn Quzman und al-Sˇuˇstari), was jedoch ohne weitreichende Folgen blieb. Die Diglossie von V-Ar und S-Ar bildet ein Kontinuum: eine gegebene Sprachverwendung kann einer der beiden polaren Ausprägungen näher oder ferner stehen. Die DiglossieSituation war, soweit wir dies zwischen dem 10. und 15. Jh. verfolgen können, stabil. Die romanische Diglossie-Situation hat sich im gleichen Zeitraum tiefgreifend verändert. In einer ersten Phase war dem romanischen Dialektkontinuum als Niedrigvariante das Lateinische als Hochvariante zugeordnet. Auch hier bestand ein Kontinuum: lateinisch Intendiertes konnte bereits mehr oder weniger romanisiert sein. Etwa zeitgleich mit Ibn Quzman, d. h. im 12./13. Jh., beginnen ausdifferenzierte romanische Idiome sich vom Lateinischen zu emanzipieren, ein Prozess, der schließlich in die Schaffung nationaler Standardsprachen einmündet. Der immer größer werdende Abstand zwischen den beiden Polen führt zu einem Bruch; am Ende resultiert eine neue Situation: im Unterschied zur arabischen Welt wird in der Romania die klassische Schriftsprache durch neue, an der Sprechsprache orientierte Schriftsprachen abgelöst. Die ‘Diglossie’ (wenn man sie denn so nennen mag) zwischen S-Rom und V-Rom ist eine Form des Nebeneinanders von formal-standardisierten und informell-dialektalen Varianten ein und desselben Diasystems. Daneben lebt das nunmehr vom Dialektkontinuum losgelöste Latein in bestimmten formalen Bereichen fort, sein Geltungsbereich wird aber immer mehr eingeschränkt. Diese Diglossie-Situationen waren in unterschiedlichem Maße mit individuellem Bilinguismus verknüpft. Im islamischen Spanien (d.h. in Al-Andalus mit seiner historisch wandelbaren Ausdehnung) ist davon auszugehen, dass die Masse der Bevölkerung in der ersten Zeit einsprachig in V-Rom war, aber in wachsendem Umfang auf das V-Ar überging. Es dürfte lange Perioden gegeben haben, in denen individueller Bilinguismus (V-Rom + V-Ar) weit verbreitet war; die äa-
117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
rapat mit ihrer charakteristischen Sprachmischung von Elementen aus beiden Sprachen legen hiervon Zeugnis ab. Im christlichen Spanien waren Kenntnisse des Arabischen stets auf einzelne Individuen beschränkt, sie dürften indessen in den Grenzregionen relativ weit verbreitet gewesen sein. Unter den Juden war die Mehrsprachigkeit zu allen Zeiten stark ausgeprägt. Alles bisher Ausgeführte hat mit Religion zunächst noch nichts zu tun. Primäre Umgangssprache ist immer die Sprache der Gemeinschaft, in die man hineingeboren wird. Eine Wahlmöglichkeit, die Identität und Zugehörigkeit zum Ausdruck bringt, besteht nur bei einer Schriftsprache, die in einem formalen Prozess als Zweitsprache erlernt wird, mit Dante zu sprechen, bei einer «lingua artificialis», nicht einer «lingua naturalis» (Bossong 1990, 52 s.). Und hier kommt nun in der Tat die Religion zum Tragen. Entscheidend für den Gebrauch der einen oder anderen Schriftsprache war die Religionszugehörigkeit, und zwar weitgehend unabhängig davon, was die jeweilige gesprochene Primärsprache war. Der Status der einzelnen Sprachen war ganz unterschiedlich. Von den vier Schriftsprachen waren zwei eindeutig religiös markiert und außerhalb der jeweiligen Gemeinschaft nicht verwendbar: Lateinisch und Hebräisch. Kein Jude, kein Muslim hät-
Fig. 117.1. Die Sprachverhältnisse im Mittelalter
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te sich jemals des Lateinischen bedient, kein Nicht-Jude des Hebräischen. Im Unterschied dazu waren das Arabische (S-Ar) und auch das Schrift-Romanische über die Grenzen der jeweiligen Religionsgemeinschaften hinaus verbreitet. S-Ar war für die Juden des Goldenen Zeitalters (11./12. Jh.) das primäre Medium für diskursive Prosa, über religiöse wie über nicht-religiöse Themen; dem Hebräischen war die Dichtung vorbehalten, sei sie religiös oder säkular. Nach dem Ende der Gran Reconquista (1248) nutzten die Juden dann auch S-Rom für ihre Übersetzungen wissenschaftlicher Werke aus dem Arabischen sowie für eigene literarische Produktionen. Auch Christen bedienten sich des Arabischen, wenn auch nur marginal. Gelegentlich blitzt V-Rom auf in den Versen der äarayat und in der zayal-Dichtung, aber S-Rom haben Muslime im Mittelalter nie systematisch verwendet (dies ändert sich dann im 16. Jh.). Schematisch kann man diese Verhältnisse folgendermaßen visualisieren (Fig. 117.1.). 2.1. Die Mozaraber (9. Jh.) Das S-Ar war zu Beginn Kultursprache nicht nur der Muslime, sondern auch der Christen. Diejenigen Hispano-Romanen, die im islamischen Machtbereich das Christentum bewahrt hatten, bedienten sich in der
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Anfangszeit auch des Arabischen; deswegen nannte man sie ja Mozaraber, also sprachlich-kulturell (nicht religiös) ‘Arabisierte’, deswegen auch beklagt Alvaro aus Córdoba in seinem 854 geschriebenen Indiculus luminosus, dass die Christen ihre eigene Sprache vergessen und sich von der Eleganz des Arabischen hätten blenden lassen. Der berühmte, seit Menéndez Pidals Orígenes (1972, 417 s.) immer wieder zitierte Passus sei hier in der Version von Bernardo de Aldrete (1606) angeführt (cf. auch Delgado León 1996, 184 s.; Coope 1995, 65 s.): «Nonne homines iuuenes Christiani […] gentilicia eruditione praeclari, Arabico eloquio sublimati, volumina Caldaeorum auidissime eructant, intentissime legunt ardentissime diserunt & […] laudando diuulgant. Ecclesiasticã pulchritudinem ignorantes, & Ecclesiæ flumina de Paradiso manantia, quasi villissima contemnentes, (heu pro dolor) legem suam nesciunt Christiani ET LINGUAM PROPRIAM NON ADVERTVNT LATINI . Ita vt ex omni Christi collegio vix inveniatur vnus in milleno hominum numero, qui salutatorias fratri possit rationabiliter dirigere literas» (Jiménez 1972, 141).
Dies schreibt ein Autor, der sich selbst als lateinischer Dichter versucht hat (Cerro Calderón / Palacios Royán 1998). In seinen Hymnen preist er nicht nur die Bibel des Alten wie des Neuen Testaments als heilbringendes ewiges Licht der Menschheit (IX , 52–66), sondern auch die Tat des Hieronymus, der den hebräischen und griechischen Text «fulgenter» ins Lateinische übertragen hat (X, 68). Seine Begeisterung für die Vulgata als Quelle des Glaubens gipfelt in den Worten: «Hunc fidei serui semper sub axe beabunt, Cuius nunc lingua fulgit per tempora secli, Dum noba et uetera proprio formata per hore Eclesia retinet cantans sine fine dierum» (X, 70).
Diese Texte sind bemerkenswert als ein Zeugnis einerseits dafür, wie in dieser Zeit des mozarabischen Märtyrertums, als der Islam unaufhaltsam alles überrollte, an der lateinischen Tradition des christlichen Glaubens festgehalten wurde, andererseits aber auch dafür, wie tief die lateinische Bildung bereits gesunken, wie dürftig und unsicher die realen Kenntnisse bereits geworden waren (Betazismus, Schwanken bei den nicht mehr als quantitativ empfundenen Längen und Kürzen, Schreibweisen wie hore für ore etc.). Ein Beleg für den realen Hintergrund von
Alvaros Klage, nämlich für die Arabisierung der Mozaraber und die Durchdringung der lateinisch-westgotischen durch die arabische Kultur, ist die Übersetzung des Psalters ins Arabische durch Hafs ibn Albar al–Quti, von der Herausgeberin ‘Hafs le Goth’ genannt (Urvoy 1994; cf. Levi della Vida 1971, 65). Hier werden die Psalmen nach der Version der Vulgata in das episch-heroische Versmaß der Araber, das Metrum rayaz, übertragen: aus dem biblischen Text wird eine uryuza. Der Übersetzer ist ein Gote, was auf die Kontinuität der westgotischen Traditionen auch unter islamischer Herrschaft verweist. Vermutlich handelt es sich sogar um den Sohn des soeben zitierten Alvaro; dies zumindest ist die plausibelste Erklärung der kunya ‘ibn Albar’. Der Text, vermutlich 889 entstanden, wäre somit eine direkte Antwort auf Alvaros Klage. Seine implizite Botschaft ist so zu deuten: christlicher Glaube kann sich ebenso auf Arabisch artikulieren wie auf Lateinisch, denn nicht die Sprache zählt, sondern der Inhalt; gerade aus der Umschmelzung des Bibeltextes in die Sprache des Koran geht das Christentum gestärkt hervor. Das Ziel von Hafs ist nicht die Qualität von Satzbau und Metrum als Selbstzweck, vielmehr will er den Inhalt so klar wie möglich wiedergeben (v. 87 ss.); allerdings sagt er auch, dass eine Prosaübersetzung dem Text seinen Glanz (v. 29) nehmen würde. Besonders bemerkenswert ist seine Aussage, dass das Metrum rayaz dem Versmaß des Originals fast gleichkommt (v. 24 ss.); dies läuft darauf hinaus, dass im Arabischen, trotz der Vermittlung über das Lateinische des Hieronymus, der Rhythmus des Althebräischen durchschlägt und gleichsam wieder zu seinem Ursprung zurückkehrt. Hafs der Gote hat darum gerungen und darüber reflektiert, wie man die Kraft des sakralen hebräischen Grundtextes über die Vermittlung des kanonisierten Lateins der Vulgata in ein seiner eigenen Zeit entsprechendes, elegant reimendes Arabisch transponieren kann. Dies ist ein bemerkenswertes Dokument für den Versuch der sprachlichreligiösen Selbstfindung in einer historischen Wendezeit. 2.2. Vom Kalifat zur Gran Reconquista (10. – Mitte 13. Jh.) Die Erregung der mozarabischen Märtyrerbewegung von Córdoba (um 864) legt sich bald. Das kalifale Al-Andalus wird zu einem Schmelztiegel, wo Muslimisches, Christliches
117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
und Jüdisches einander durchdringen und befruchten. Irgendwann zu Beginn des 10. Jh. hat der halblegendäre blinde Dichter Muqaddam (aus dem nahe dem jüdischen Lucena gelegenen Cabra) die Strophenform des muwaˇssˇ ah erfunden, die im 11./12. Jh. zum Inbegriff der kulturellen Verschmelzung der drei Religionsgemeinschaften werden soll. Um 960 hat der aus Fes kommende, in Córdoba wirkende Jude Dunaˇs ben Labrat die quantitierende Metrik des Arabischen auf das Hebräische übertragen und so die Voraussetzung für die klassische Blüte der hebräischen Dichtung des Goldenen Zeitalters geschaffen; die Sakralsprache Hebräisch öffnet sich weit der bunten Fülle weltlicher Themen, sie beginnt, sich mit dem Glanz der arabischen Metaphorik zu schmücken. Die Zeit der Taifa-Könige und auch noch der Almoraviden-Dynastie bringt eine einzigartige Hochblüte der Dichtung hervor, in welcher die Grenzen zwischen den Sprachen und Religionen verschwimmen. Im Rahmen der islamisch-arabisch geprägten Kultur von Al-Andalus entfalten sich jüdisch-arabische Philosophie und Theologie sowie jüdisch-hebräische Dichtung. In den äarayat gelangt die romanische Umgangssprache der – christlichen, muslimischen oder jüdischen Bevölkerung – zum ersten Mal überhaupt zu literarischen Ehren. Von dem Dichter Ibn Quzman aus Córdoba (1086–1160) wird erstmals die arabische Umgangssprache verschriftet; später wird sie von al-Sˇuˇstari aus Guádix (1212–69) zum Ausdrucksmittel mystischer Erfahrung gesteigert (Corriente 1996; 1988). Während im Süden die Almoraviden herrschen, ruft Raimund, Erzbischof der 1085 wiedereroberten Hauptstadt des Westgotenreiches, die Erste Übersetzerschule von Toledo ins Leben (ca. 1130–50); hier werden die arabischen Aristoteles-Kommentare des Ibn Ruˇsd sowie Werke von Ibn Sina, al-Gazzali und Ibn Gabirol ins Lateinische übersetzt. Juden wirken als Vermittler: sie übersetzen mündlich ins Romanische, christliche Kleriker halten diese Version dann auf Lateinisch schriftlich fest. Ein Jahrhundert später, unter Alfons dem Weisen von Kastilien (ca. 1252–84), übersetzen Juden in Toledo fachspezifische Werke verschiedenster Art aus dem Arabischen direkt in jenes frühe Spanisch, das sich eben damit zu einer universalen Kultursprache entfaltet hat (Hilty 1954; Bossong 1979). Während das Lateinische noch Jahrhunderte lang unan-
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gefochten die Sprache der Theologie und der philosophischen Spekulation bleibt (noch im 16. Jh. schreiben Philosophen wie Francisco de Vitoria, Juan Luis Vives und Francisco Suárez in lateinischer Sprache), emanzipiert sich die verschriftete und standardisierte romanische Volkssprache bereits im 13. Jh. zum Werkzeug so unterschiedlicher Disziplinen wie Mathematik, Astronomie, Mineralogie, Spielkunde, Jura und Historiographie. Der Unterschied zwischen der Ersten und Zweiten Übersetzerschule von Toledo ist sicherlich auch durch die Abneigung der vermittelnden Juden gegen das religiös allzu eindeutig als christliche Sprache markierte Latein zu erklären. Schematisch kann man die Entwicklung so zusammenfassen:
Fig. 117.2. Erste und Zweite Übersetzerschule von Toledo
Das Neben- und Miteinander der Sprachen im hispanischen Mittelalter in Abhängigkeit von der Religion kann man am besten anhand konkreter Einzelfälle aufzeigen. Am Beispiel einiger herausragender Gestalten des Geisteslebens soll im Folgenden die Vielgestaltigkeit und Veränderlichkeit der Sprachsituation dargestellt werden. Dabei muss ich mich aus Gründen äußerster Raumbeschränkung auf summarische Hinweise begnügen. (a) Sˇe˘ lomo ibn Gabirol (1020 Málaga – 1058 Valencia) Nach Sˇe˘ mu#el ha-Nagid war Ibn Gabirol der erste in der Reihe der herausragenden jüdischen hebräisch-arabischen Dichter-Philosophen von Al-Andalus (Millás Vallicrosa 1945). Sein poetisches Werk ist ausschließlich hebräisch. Es umfasst einerseits weltliche Gedichte zu allen damals gängigen Themen, die in quantitierenden arabischen Metren nach der nicht-strophischen Form der qasi-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
da abgefasst sind (Romero 1978; Cano 1987) und andererseits geistliche Dichtungen, die teils in freier Hymnik die Form der biblischen Psalmen nachbilden (Cano 1992). Das berühmteste, heute noch in der synagogalen Liturgie lebendige Gedicht ist der Hymnus Keter mal˘exut (“Krone des Königtums”). Als Philosoph wird Ibn Gabirol dem Neoplatonismus zugeordnet. Sein Hauptwerk, Yanbu al-hayat (“Lebensquelle”) ist arabisch geschrieben. Das Werk wurde um 1150 in Toledo unter dem Titel Fons vitae ins Lateinische und im 13. Jh. von Sˇem Tov ibn Falaqera als M˘eqor hayyim ins Hebräische übersetzt. Den zu ‘Avicebron’ verballhornten Autor hielt man im lateinischen Europa für einen christlichen Autor, denn inhaltlich verrät nichts seine jüdische Herkunft. Erst 1846 deckte Munk in Paris die wahre Identität des Verfassers auf (publiziert 1857). Auch sein Jugendwerk zu Moral und Ethik ist auf Arabisch abgefasst (Kitab #islah al-#aälaq “Buch der Vervollkommnung der Charaktere”), doch wurde es in der europäischen Judenheit erst mit der 1167 in Granada entstandenen hebräischen Übersetzung von Y˘ehuda ibn Tibbon (Tiqqun middot ha-nefeˇs “Verbesserung der Regeln der Seele”) bekannt und populär. (b) Moˇse ibn Ezra# (1055–1135, aus Granada) Er ist der nächste in der Reihe der großen jüdischen Dichter-Philosophen (Díez Macho 1953). Sein poetisches Œuvre umfasst alle Gattungen, Themenbereiche und Formen. Es weist ihn als einen der Virtuosen im Umgang mit der hebräischen Sprache aus. Moˇse ibn Ezra# hat eine Reihe von Strophengedichten (muwaˇssˇ ahat) mit umgangssprachlicher äarya verfasst; in den meisten Fällen ist diese vulgärarabisch, in zwei Gedichten jedoch romanisch. Bezeichnenderweise ist eines von diesen beiden seinem jugendlichen Freund Y˘ehuda ha-Lewi gewidmet. Seine Strophendichtung ist ein aufschlussreiches Zeugnis für die Sprachsituation im Granada des ausgehenden 11. Jh., mit der Diglossie V-Ar / S-Ar und dem Bilinguismus V-Ar / V-Rom. Moˇse ibn Ezra# ist auch der Autor der einzigen Poetik der hebräischen Dichtkunst von Al-Andalus. Wie fast alle jüdischen Prosawerke jener Zeit ist auch dieses auf Arabisch formuliert, wenn auch mit hebräischen Zitaten durchsetzt und in hebräischer Schrift geschrieben. Dieses Werk mit dem Titel Kitab al-muhadara wal-muüakara (“Buch des Vortrags und Stu-
diums”; Abumalhan Mas 1985/86) ist die wichtigste Quelle für unsere Kenntnis der eigenen Reflexion der Dichter jener Zeit. Selbst bei einem Thema, das so eindeutig der hebräischen Sprache und Dichtung gewidmet ist, zieht der Autor, obgleich ein Virtuose im Hebräischen, als Sprache der Erörterung und Diskussion das Arabische vor. (c) Y˘ehuda ha-Lewi (1075–1141, aus Tudela) Der größte Klassiker der nachbiblischen hebräischen Literatur (Millás Vallicrosa 1947; Sáenz-Badillos / Targarona Borrás 1994; Ithzaki 1997), der Sänger der Zionssehnsucht, ist zugleich auch der «erste namentlich bekannte spanische Dichter», wie Menéndez Pelayo mit profunder Intuition schon Ende des 19. Jh. erkannt hat: «El primer poeta castellano de nombre concocido (¿quién lo diría?), es muy probablemente el excelso poeta hebreo Judá Leví, de quien consta que versificó, no solamente en su lengua, sino en árabe y en la lengua vulgar de los cristianos» (1941, 208).
Sein Diwan umfasst alle Gattungen und Formen; Strophengedichte (muwaˇssˇahat) sind bei ihm besonders zahlreich: von den 54 weltlichen muwaˇssˇ ahat enthalten 28 eine hebräische, 16 eine arabische (V-Ar oder S-Ar) und 11 eine romanische äarya (eine ist mit zwei verschiedenen äarayat überliefert (V-Ar + V-Rom), daher die höhere Summe). Damit ist er mit Abstand der produktivste Dichter romanischer äarayat. Eine dieser Kompositionen ist das älteste datierbare romanische Gedicht, das eine individuelle Schöpfung darstellt; da es auch in religiöser Hinsicht relevant ist, soll es hier etwas genauer betrachtet werden. Der Text lautet (auf Einzelheiten der Rekonstruktion kann hier nicht eingegangen werden; cf. Stern 1953, 3 s.; Sola-Solé 1973, 219–222): «deˇs kand meu Sidiello venid tan bona albiˇsaraaa kom rayo de sˇ ol eˇsid en wad al-higˇ ara» [Sobald mein Cidiello kommt – so gute Kunde! – geht er auf wie ein Sonnenstrahl in Guadalajara].
Gemeint ist die Ankunft des von der jüdischen Gemeinde als Befreier gefeierten Yosef ibn Ferrusiel in Guadalajara (vor 1095). Er ist ein Sinnbild für die messianischen Hoffnungen des unterdrückten Volkes. In diesem Text werden drei Zitate aus dem biblischen Intertext ineinander verwoben, in denen von Flüssen die Rede ist: Micha 6, 7
117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
«Flüsse von Öl», Ps. 36, 8 «Fluss der Freuden» und v.a. 1. Sam. 17, 40, wo von dem Bach die Rede ist, aus dem der junge David die fünf Kiesel für seine Schleuder holte, mit denen er den Riesen Goliath niederstreckte. Der «Steinfluss» der Bibel wird transferiert in das kastilische Guadalajara, was im Arabischen nichts anderes bedeutet als eben “Steinfluss”. Ein Arabismus des Spanischen wird mit innerer Sprachform des biblischen Hebräisch aufgeladen und so das jüdische ‘Prinzip Hoffnung’ in der Geographie von Altkastilien konkretisiert: wie einst David mit einer Steinschleuder den als unbesiegbar geltenden Unterdrücker besiegt hat, so soll jetzt der Cidiello das geknechtete Volk zu neuer Größe führen. Der spanische Arabismus albricias wird ebenso behandelt: kurz zuvor ist im hebräischen Text der muwaˇssˇ aha von b˘es´ ora die Rede, was dem arabischen bisˇ ara etymologisch entspricht: die “frohe Botschaft” des Bibeltextes wird in Al-Andalus arabisch-spanisch transformiert. Schematisch kann man die kunstvolle Verflechtung der Sprachen der drei Religionen in diesem kurzen Text (der mit Gewissheit eine persönliche Schöpfung des in allen drei Idiomen versierten Sprachvirtuosen Y˘ehuda ha-Lewi darstellt) folgendermaßen resümieren: Hebräisch
Arabisch
b˘es´ ora
biˇsara
Spanisch
albiˇsara (→ albricias) nahal #a˘ vanim wad al-hiyara wad al-hiyara (→ Guadalajara) Wie die anderen bisher genannten DichterPhilosophen hat auch Y˘ehuda ha-Lewi sein philosophisch-theologisches Hauptwerk auf Arabisch abgefasst: seine Apologie des Judentums, das in einem imaginären Streitgespräch vor dem König der Khazaren (dem einzigen Volk, das sich jemals zum Judentum bekehrt hat) die Vorzüge und Nachteile von Judentum, Christentum und Islam darstellt, markiert die Abkehr des Autors vom aristotelischen Rationalismus, der versucht hat, die Offenbarung mit der Vernunft zu versöhnen (Ibn Ruˇsd, wie später Maimonides und Thomas von Aquin); stattdessen wird die historische Einmaligkeit der Beziehung des auserwählten Volkes zu Gott ins Zentrum gerückt und Israel als das Herz aller Nationen dargestellt. Dieses Werk mit dem Titel Kitab al-huyya wal-dalil fi nasr aldin al-üalil (“Buch der Argumentation und
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des Beweises über den Triumph der gedemütigten Religion”) wurde 1170 von Y˘ehuda ibn Tibbon als Sefer ha-Kuzari ins Hebräische übersetzt und fand in dieser Form in Europa weite Verbreitung (Cassel 51922). Während der Judenverfolgungen am Anfang des 15. Jh. wurde das Werk in ein jüdisches Spanisch übersetzt, das man aber noch nicht als Ladino bezeichnen kann (pace Lazar 1990). (d) Moˇse ben Maimon, gen. Maimonides (1135–1204, aus Córdoba) Auch bei diesem größten aller jüdischen Philosophen ist das Arabische noch Primärsprache des Prosa-Diskurses, allerdings wird bei ihm für die Formulierung philosophischtheologischer Werke erstmals auch das Hebräische eingesetzt – ein Jahrhundert bevor Ramón Llull in der iberoromanischen Christenheit das Katalanische für die gleichen Zwecke tauglich gemacht hat. Die weitaus meisten Werke zu Theologie und Wissenschaft sind jedoch noch auf Arabisch abgefasst, darunter sein Opus magnum, das philosophische Hauptwerk der jüdischen Literatur: unter dem Titel Dalalat al-ha#irin (“Leitung der Umherirrenden”, um 1190 vollendet) wurde es bereits 1204 von Sˇe˘ mu#el ibn Tibbon ins Hebräische übersetzt; diese Version mit dem Titel More ha-n˘evuxim (“Lehrer der Unschlüssigen”) war und ist, im Unterschied zum arabischen Original, in der ganzen Judenheit verbreitet. Auch dieses Werk ist im 15. Jh. von einem Juden ins Spanische übersetzt worden (Lazar 1989). Das andere Hauptwerk von Maimonides, Miˇsne tora (“Wiederholung der Tora”), ist das einzige, das er auf Hebräisch abgefasst hat. Er hat selbst gesehen, dass die Zukunft nicht dem Arabischen, sondern dem Hebräischen gehörte: er wünschte, selbst seine Werke ins Hebräische übertragen zu können, und bedauerte, dafür keine Zeit zu finden; die Übersetzung von Ibn Tibbon hat er nicht nur mit Sympathie, sondern auch mit Kommentaren und Hinweisen begleitet. Obgleich er dem geistigen Nährboden von Al-Andalus entstammte und ihm der Gebrauch des Arabischen noch selbstverständlich war, kündigte sich bei ihm bereits der Niedergang des Arabischen als religionsübergreifender Universalsprache an. (e) Al-Sˇuˇstari (1212–69, aus Guádix) Mehr als ein Jahrhundert nach Ibn Quzman wurde der arabische Dialekt von AlAndalus in die religiöse Sphäre erhoben. Der granadinische Dichter Abu l-Hasan
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
al-Sˇuˇstari verwendete die vulgär-arabische Strophenform des zayal (sp. céjel) zum Ausdruck seiner mystischen Erfahrungen. Wie sein Herausgeber Corriente (1988, 19 s.) hervorgehoben hat, oszilliert die Sprache zwar zwischen V-Ar und S-Ar, sie ist inges. aber eindeutig als primär dialektal einzureihen. Es ist bemerkenswert, dass wir gerade in AlAndalus einen solchen Ausbruch aus der vorgegebenen Hierarchie der Sprachen finden. Al-Sˇuˇstari ist hierin mit Meister Eckehart (1260–1328) vergleichbar, der aus dem gewohnten Latein ausgebrochen ist in ein neues, noch unverbrauchtes Deutsch, die primäre, ungekünstelte, nicht durch formalen Unterricht verstellte Sprache, in der sich das mystische Erleben unmittelbar Bahn bricht. Eckehart sagt in einer Predigt: «swaz eigentlich gewortet mac werden, daz muoz von innen her ûz komen … daz lebet eigentliche in dem innersten der sêle» (zit. nach Apel 1975, 99). Das ‘Worten aus der Seele Abgrund’ bedarf der Unmittelbarkeit der natürlichen Primärsprache. Es ist diese Sprache, von der Al-Sˇuˇstari sagt, dass die Seele auf sie hören soll: «#asma ya nafsi wa-hu kalamak fikrak wa-sawtak kama l-#ahruf nizamak» [höre, oh meine Seele, das Wort, denn es ist dein Wort, / dein Gedanke und deine Stimme, wie die Buchstaben deine Ordnung] (Corriente 1988, 107/267; Transkription und Übersetzung GB ).
Die hispano-arabischen Gedichte von AlSˇuˇstari sind literarisch-ästhetisch noch nie gewürdigt worden; formale und linguistische Aspekte standen in der wissenschaftlichen Forschung bislang ausschließlich im Vordergrund. Dies ist in der populären Rezeption ganz anders: im Maghreb erfreuen sich seine Dichtungen bis heute großer Beliebtheit. In der Entwicklung von Sprachen der religiösen Erfahrung ist sein Werk von herausragendem Rang; erst wieder die großen spanischen Mystiker des 16. Jh., allen voran San Juan de la Cruz, haben die eigene Muttersprache zu solchen Höhen der Musikalität und Expressivität geführt. 2.3. Von der Gran Reconquista zum Fall Granadas (13.–15. Jh.) 1248 endete mit der Einnahme von Sevilla durch Fernando VI . das, was man als die ‘Gran Reconquista’ bezeichnet hat. Militärisch lag der Islam auf der Iberischen Halbinsel darnieder, das christliche Spanien hatte im Wesentlichen gesiegt (das bis 1492 noch
bestehende nasridische Königreich von Granada wurde geduldet, es war dem kastilischen König tributpflichtig). Seit dieser Zeit wurden im christlichen Hispanien die romanischen Vulgärsprachen zu eigenständigen Literatursprachen ausgebaut. Der Ablösungsprozess vom Lateinischen beschleunigte sich. Früher als in anderen Gebieten der Romania wurden selbst kirchlich-klerikale Texte auf V-Rom statt auf Latein abgefasst: so ist bereits um 1270 der Beichtspiegel Diez mandamientos entstanden, vermutlich in Tarazona und damit in einer Zone, wo das Aragonesische des Textes navarresischen und kastilischen Einflüssen ausgesetzt war (Franchini 1992, 133). In der lyrischen und epischen Dichtung wurden die romanischen Vulgäridiome schon früh für religiöse Themen verwendet: (a) das Kastilische in den Heiligenviten und Mariengedichten von Gonzalo de Berceo (1197 – nach 1246); (b) das Kastilisch-Aragonesische in der anonymen Razon de amor, wo die Probleme des christlichen Klerus mit den verschärften Zölibatsbestimmungen infolge des 4. Laterankonzils in poetisch-allegorischer Form thematisiert werden (Franchini 1993, 400 s.). (c) das Galicische in den Cantigas de Santa María von Alfonso X. el Sabio (1221– 84), der als König von Kastilien sowohl der Vater der kastilischen Prosa als auch einer der bedeutendsten Vertreter der galicisch-portugiesischen Lyrik gewesen ist (Mettmann 1986–89). V. a. aber ist in diesem Zusammenhang das Katalanische hervorzuheben, das von Ramón Llull erstmals zur Kultur- und Literatursprache geformt worden ist. Llull (1232–1315, gebürtig aus dem gerade rückeroberten Palma de Mallorca) steht am Schnittpunkt der Religionen und Sprachen. Unter seinen zahlreichen Werken sind lateinische, katalanische sowie einige, die zunächst auf Arabisch formuliert und dann von ihm selbst ins Katalanische übersetzt worden sind, wie etwa der mystische Traktat Llibre de contemplació en Déu (1272) und die Y˘ehuda ha-Lewis Kuzari ähnelnde Apologie Llibre del gentil e los tres savis (1273). Zwar hat sich keiner der arabischen Originaltexte erhalten (Courcelles 1993, 45), doch lässt sich in der Syntax dieser Werke deren arabische Herkunft deutlich nachweisen (Galmés 1999, 152–159). Auch wo Llull nicht direkt aus dem eigenen Arabisch übersetzt hat, sind die Einflüsse des Islam unverkennbar,
117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
am deutlichsten in den Aphorismen des Llibre d’amice e amat (nach 1281; cf. Galmés 1954), das an mystisch-erotische Betrachtungen der Sufis angelehnt ist. Erstmals finden wir hier in der romanischsprachigen Literatur die Gleichsetzung von irdischer und göttlicher Liebe: die mystische Erfahrung wird mit der Sprache der Liebe beschrieben (Galmés 1999; cf. auch Bossong 1998). Dass hierfür die Muttersprache eingesetzt wird, nicht die lingua artificialis Latein, ist bedenkenswert; es entspricht der ‘Entdeckung der Muttersprache im Abendland’ und dem ‘Worten aus des Herzens Abgrund’ (cf. Apel 1975), das wir soeben bei dem granadinischen Mystiker al-Sˇuˇstari konstatiert haben. Llull weiß um die Schwierigkeit der Anpassung des V-Rom an die neuen Ausdrucksbedürfnisse und erweitert das Katalanische bewusst mit neuen Elementen. Sein Werk markiert den Beginn des Katalanischen als Schriftsprache im Geist einer islamisch geprägten Liebesmystik. Eine bemerkenswerte Gestalt ist auch Sˇem Tov ibn Ardutiel (auch Sem Tob oder Santob de Carrión, 1290–1369). In ihm verkörpert sich die Mehrsprachigkeit des mittelalterlichen Spanien nochmals in einer ganz eigentümlichen Konstellation. Gleichermaßen des Hebräischen wie des Spanischen mächtig, hat er sich beider Sprachen literarisch bedient. Auf Hebräisch verfasste er liturgische Stücke sowie ein fiktives Streitgespräch zwischen Feder und Schere (Ma˘as´ e, Nini / Fruchtman 1980). Sein Nachruhm gründet auf seinen spanisch verfassten, teils in hebräischer Schrift überlieferten Proverbios morales (Ciceri 1998), ein Werk, in dem die biblische Spruchweisheit des Ecclesiastes (Qohelet) mit der mittelalterlichen Aphoristik, wie sie aus dem Arabischen ins Spanische übersetzt worden war (Bücher wie Los bocados de oro oder das Libro de los buenos proverbios), eine unverwechselbar eigenständig geprägte Verbindung eingegangen sind (Perry 1987).
3.
Zwischen Mittelalter und Neuzeit
Im Mittelalter sind religiös determinierte Sprachvarietäten noch nicht ausgeprägt. Die von mehreren Religionsgemeinschaften genutzten Sprachen sind noch nicht nach Religionszugehörigkeit differenziert. S-Ar ist fundamental dieselbe Sprache, gleich ob sie von Muslimen, von Christen wie Hafs oder Llull, oder von Juden wie Ibn Gabirol oder Maimonides benutzt wird; ebenso
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bleibt V-Ar dieselbe Sprache, gleich ob Juden wie Moˇse ibn Ezra# oder Muslime wie al-Sˇuˇstari sie verwenden. Das in den äarayat aufscheinende V-Rom trägt sicher die Züge einer Arabisierung, welche die Sprachsituation in Al-Andalus widerspiegelt; doch gibt es dabei keine signifikanten Unterschiede zwischen der Sprache muslimischer Autoren wie Ibn Baqi und seinen jüdischen Zeitgenossen wie Y˘ehuda ha-Lewi. Sem Tob de Carrión verarbeitet biblische Anklänge in literarischer Form, doch seine Sprache ist dasselbe V-Rom wie bei seinen christlichen Zeitgenossen; es gibt noch kein Judenspanisch. Vorläufer der späteren muslimischen und jüdischen Sonderformen des Spanischen sind nur dort auszumachen, wo der Bezug auf die semitischen Grundsprachen von vornherein dominant ist: bei den Übersetzungen der heiligen Schriften. In ihnen manifestiert sich sprachlich der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. 3.1. Übersetzungen der Bibel Die frühesten Übersetzungen der hebräischen Bibel ins Spanische werden auf das 13. Jh. datiert; weitere Versionen sind aus dem 14. und 15. Jh. erhalten. Von Alfonso X. el Sabio wurden weite Teile der biblischen Geschichtsbücher in seine General Estoria integriert. Die meisten erhaltenen Versionen wurden von Juden auf Grund des hebräischen Originals angefertigt, wenige nach der lateinischen Vulgata. Sie sind in einer Reihe von Manuskripten erhalten, die zu den größten Schätzen der Bibliothek des Escorial gehören. In gewissem Maße präludieren diese jüdischen Übersetzungen der später entwickelten jüdischen Sakralsprache ladino, doch sind die für diese ‘Sprache’ so charakteristischen harten und ungrammatischen Hebraismen noch nicht ausgeprägt (Amigo 1983). Die frühen Versionen weisen nicht jenen extremen Grad an Wörtlichkeit auf, welchen das spätere Ladino des 16. Jh. zeigt; noch handelt es sich um eine Sprache, die zwar einen hebräischen Einschlag aufweist, aber doch in Einklang mit dem zeitgenössischen Spanisch der Christen steht. Betrachten wir ein einziges kurzes Beispiel. Deut. 3, 24 s., lautet im Urtext: «#a˘ donay #atta hahillota l˘e-har#ot #etavd˘exa #et-godl˘exa w˘e-#et-yad˘exa ha-ha˘ zaqa #a˘ sˇ er mi-#el ba-ˇsamayim u-va-#ares #˘asˇer-ya˘as´e k˘e-ma ˘as´exaw˘e-xi-g˘evurotexa: #eb˘era-na# w˘e-#er#e #et-ha#ares ha-tova #a˘ sˇ er b˘e-ever ha-yarden ha-har hatov ha-ze w˘e-ha-lˇevanon».
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Die Vulgata-Übersetzung lautet: «Domine Deus, tu coepisti ostendere servo tuo magnitudinem tuam, manumque fortissimam: neque enim est alius Deus vel in coelo, vel in terra, qui possit facere opera tua, et comparari fortitudini tuae. Transibo igitur, et videbo terram hanc optimam trans Jordanem, et montem istum egregium, et Libanum».
Es ist eindeutig, dass Esc. I.j.4 (von Llamas 1950/56 als «Biblia judío-cristiana» bezeichnet) auf dem Hebräischen basiert: «señor, dios, tu has començado a mostrar a tu siervo tu grandeza e tu mano fuerte, ca quién es el dios, en los çielos e en la tierra que faga segunt tus obras e segunt tus estremydades? Pase yo agora e vea la tierra buena que es allende el jordán, esta buena sierra e el líbano».
Dies wird besonders klar, wenn man denselben Passus in Esc. I.j.8 (Llamas 1950/56: «Biblia prealfonsina») vergleicht; diese Version – mit der typischen, auf hohes Alter deutenden Apokope – folgt wörtlich dem Satzbau und der Wortwahl der Vulgata: «Seynnor Dios, tu compecest a demostrar al tu sieruo la tu grandez e la tu muy fuert mano; e no a otro Dios en cielo ni en tierra que pueda fazer las tus obras ni pueda seer egualado a la tu fortaleza. Passare, pues, e vere esta tierra muy buena allend de Jordan, et esta sierra noble, e Libano».
Allerdings sind wir auch bei dem hebräischbasierten Text I.j.4 noch Welten entfernt von der gewaltsamen, das Hebräische ‘durchpausenden’ Wörtlichkeit der späteren LadinoVersionen; ich zitiere, um den Verfremdungseffekt der Translitteration zu vermeiden, die mit lateinischen Lettern gedruckte Version von Ferrara 1553 (Lazar 1996), die mit der hebräisch gedruckten von Konstantinopel 1547 (Lazar 1988) bis auf geringfügige Details wörtlich übereinstimmt: «A. Dio, tu empeçaste por amostrar a tu sieruo a tu grandeza y a tu mano la fuerte, que qual Dio, en los cielos y en la tierra, que faga como tus hechos y como tus barraganias? Passare, agora, y vere a la tierra la buena que allende del Yarden, el monte el bueno este y el Lebanon!»
In der Treue zum hebräischen Satzbau stimmen I.j.4 und Ferrara überein, nicht aber in der Verbiegung der spanischen Grammatik. Typische Ladinismen in der Ferrara-Version sind beispielsweise: (a) Verwendung der Präp. a beim Akk.: sie erfolgt nach den Regeln von hebr. #et: a tu grandeza würde als Abstraktum im Spanischen niemals das a des Akkusativs erhal-
ten, während im Hebräischen #et bei jedem definiten Objekt, unabhängig von dessen Semantik, obligatorisch ist; ähnlich a tu mano / a la tierra; (b) Fehlen der Kopula: hebr. mi #el / #a˘ sˇ er b˘e-ever ha-yarden erscheint im Lateinischen ebenso wie im V-Rom mit den entsprechenden Kopula-Formen: est / es / a; hingegen folgt Ferrara mit der fehlenden Kopula exakt der hebräischen Vorlage (que qual Dio / que allende del Yarden); (c) Nominalsyntagma mit Adj.: getreu den Regeln des Hebräischen wird das Adjektiv mit dem wiederholten Artikel nachgestellt, ebenso auch das Demonstrativum (yad˘exa ha-ha˘ zaqa → tu mano la fuerte; hahar ha-ze ha-tov → el monte el bueno este); (d) Paronomasie: zur Wiedergabe der so typisch semitischen Verwendung von zwei Ableitungen aus derselben Wurzel yaa˘ s´ e k˘e-maa˘ s´ exa verwendet nur Ferrara Verb und Nomen aus derselben Wurzel: faga (Konstantinopel: haga) como tus hechos; (e) Wortwahl: der Pl. cielos ist zwar nicht ungewöhnlich, aber dass er gerade in den hebräisch induzierten Übersetzungen erscheint, ist vom hebr. (Pseudo)pl. sˇ amayim erklärbar; barraganía ist bis heute ein typisches Wort des Judenspanischen, es wird hier für hebr. g˘evura “Männlichkeit, Tapferkeit, Stärke” gebraucht, statt des Allerweltsworts fortitudo / fortaleza; im Semitischen ist eine Wortwiederholung wie tov … tov stilistisch nicht anstößig, sie wird dementsprechend in den hebräisch induzierten Versionen mit bueno … bueno wiedergegeben, während die Vulgata und die ihr folgende Version I.j.8 Wortvariation bevorzugen (optimus … egregius / muy bueno … noble). Insges. ergibt sich ein Bild, wonach diejenigen mittelalterlichen Übersetzungen, die direkt auf dem Hebräischen basieren und allem Anschein nach von Juden angefertigt worden sind, zwar gewisse Schattierungen aufweisen, die diesen jüdischen Ursprung belegen, aber ansonsten fest in der spanischen Gemeinsprache der Epoche verwurzelt sind; von einer jüdischen Sondersprache kann im Mittelalter keine Rede sein, nicht einmal bei den vergleichsweise wörtlichen Bibelübersetzungen jener Zeit. Dasselbe gilt für andere religiös fundierte Übersetzungen der Zeit, wie die spanischen Versionen von ha-Lewi’s Kuzari und Maimonides’ Dalil, die beide in der ersten Hälfte des 15. Jh. entstanden sind (Lazar 1989; 1990); trotz der zahlreichen Hebraismen, die in einem sol-
117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
chen religiösen Kontext ganz natürlich sind, kann man diese Texte noch nicht dem Ladino zuschreiben, wie immer man diesen Begriff definiert. Im Gegensatz dazu ist das Ladino der Bibelübersetzungen des 16. Jh. ein Kunstprodukt, in dem hebräische Sprachsubstanz sich in spanische Form kleidet: diese Sprache tut dem System des Spanischen so sehr Gewalt an, dass der resultierende Text ohne Kenntnis des zugrundeliegenden Hebräisch oft unverständlich bleibt. Das Ladino entwickelt sich seit dem 16. Jh. als ein didaktisches Mittel zur Heranführung der Gläubigen an den Sakraltext, der allein in seiner Originalfassung kanonische Geltung beanspruchen kann. Die Versionen von Konstantinopel und Ferrara und die reiche Produktion an Übersetzungen und liturgischen Stücken, die auf ihnen basiert, sind nichts anderes als Hilfen, welche das Eindringen in den heiligen Urtext erleichtern sollen (die umfangreiche Debatte um den Begriff Ladino kann hier nicht aufgegriffen werden; cf. Sephiha 1979; Busse 1999). 3.2. Übersetzungen des Koran Die älteste Übersetzung des Koran ins Spanische ist historisch bezeugt, aber nicht direkt überliefert; sie stammt von Yça Gidelli (Isa ibn Yabir) aus Segovia, der sie im Auftrag von Juan de Segovia 1456 in Savoyen angefertigt hat (Cabanelas 1949; López-Morillas 1982; Wiegers 1994). Yça war Vorsteher der mudéjar-Gemeinde von Toledo; der Auftrag erging, weil Juan eine zuverlässige Textgrundlage für seine gegen den Islam gerichtete Apologetik brauchte. Nach diesem Pionierwerk entstanden im 16. Jh. viele partielle Koranversionen; die einzige vollständige Übersetzung ist in lateinischer Schrift in T 235 der Bibliothek von Toledo erhalten; mit Wiegers ist zu vermuten, dass diese 1606 datierte Abschrift auf die Version von Yça zurückgeht. Um eine Vorstellung davon zu geben, führe ich einen Passus aus der von López-Morillas analysierten Sure 79 an (v. 27–33): «#a-#antum #aˇsaddu äalqan #ami l-sama#u banaha rafaa samkaha fa-sawwaha wa-#agtaˇsa laylaha wa-#aäragˇ a duhaha wal-#arda bada üalika dahaha #aäragˇ a minha ma#aha wa-maraha wal-gˇ ibala #arsaha mataan lakum wa-li-#an amikum». → «sois vosotros de mas fuerte halecamiento o el çielo y su fraguaçion
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que alçó su sostenimiento y alteça y los emparejó y escureçió su noche, y sacó su sol y rresplandor y la tierra despues de aquello tendiola y sacó della su agua y sus pastos y los montes asentolos espleyte a vosotros y a vuestros animales».
Auf den ersten Blick ist klar, dass dies keine das Arabische durchpausende Kunstsprache ist; gewiss geben syntaktische und lexikalische Arabismen dem Text ein unverkennbares Gepräge, aber es gibt hier keine grammatikalisierten Umwälzungen des Sprachsystems, wie sie für das Ladino so charakteristisch sind. Insges. unterscheidet sich die Sprache der Koranübersetzung nicht grundlegend von der Sprache anderer Morisco-Texte. Lexikalisch hier nur zwei kurze Kommentare: (a) Das in den Aljamiado-Texten häufige Verbum halecar (in transkribiertem Aljamiado äaleqar oder haleqar; Kontzi 1974) leitet sich von ar. äalaqa ab, das den göttlichen Schöpfungsvorgang bezeichnet. Für den gläubigen Muslim ist die Schöpfungsmacht Allahs etwas so überwältigend Inkommensurables, dass er es mithilfe des arabischen Wortstammes zum Ausdruck bringt; eine Übersetzung in lat.-rom. creare würde die Botschaft des Propheten verfälschen, dessen allererste Offenbarung mit diesem Verbum anhebt (Sure 96, 1 s.). Das Verbalabstraktum halecamiento bildet den arabischen masdar nach. (b) Espleyte ist ein Aragonesismus. Es entspricht dem okz. espleyt und kat. esplet, das bis heute “Überfülle” bedeutet (lat. explicitus, cf. afrz. espleit, nfr. exploit). Die Sprache der Moriscos war zunächst stark aragonesisch geprägt, was damit zusammenhängt, dass die Hauptsiedlungsgebiete im Osten der Halbinsel lagen. Im Laufe des 16. Jh. ging der aragonesische Anteil mehr und mehr zurück, bis schließlich gegen Ende der Morisken-Zeit nur noch geringfügige Anklänge im Wortschatz übrig waren (López-Morillas 1982, 45).
4.
Neuzeit: Die Ausdifferenzierung des Iberoromanischen
Nach 1492 ändert sich das Verhältnis der Sprachen zueinander grundlegend. Die klassischen Sakralsprachen der Religionen verschwinden aus dem aktiven Gebrauch; ihr Stellenwert in der Religionsausübung verringert sich, stattdessen nimmt die Bedeutung
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
des Romanischen zu. Zugleich entwickeln sich religiös determinierte Sonderformen des Romanischen, die stark von der jeweiligen Sakralsprache beeinflusst sind (Bossong 1991). Dies gilt im Grundsatz für jede der drei Religionen, wenn auch in jeweils unterschiedlicher Konstellation. 4.1. Das arabisierte Spanisch der Moriscos 1492 werden mit der Eroberung Granadas Hunderttausende von Muslimen Untertanen der Katholischen Könige. Nach anfänglicher Toleranz kommt es seit Beginn des 16. Jh. zu Zwangskonversionen, bis schließlich 1525 alle Muslime getauft sind: aus den moros von einst sind moriscos geworden. Sie leben in dem an der Oberfläche religiös vereinheitlichten Spanien als eine Minderheit, die zu einer wirklichen Assimilation weder bereit noch in der Lage ist. Die Kenntnis des Arabischen nimmt dramatisch ab; in einem Text, der wie ein Echo auf die oben zitierten Klagen des Mozarabers Alvaro über den Niedergang des Lateinischen klingt, schreibt ein Morisco: «ni un solo de nuestros correligionarios sabe algarabía en que fue revelado nuestro santo alcorán, ni comprende las verdades del adin (Religion; G. B.) ni alcanza su excelencia apurada, como no le sean convenientemente declaradas en una lengua extraña, cual es la de estos perros cristianos, nuestros tiranos y opresores. ¡Confúndalos Alá!» (zit. nach López-Baralt 1985, 123).
Die Moriscos versuchen, die Substanz ihrer Religion trotz Verfolgung und Unterdrückung zu bewahren. Sie bemühen sich, ihre Traditionen weiterzugeben, und zwar in der Sprache, die ihnen geblieben ist: jenem ostzentralspanischen Idiom, das auf kastilischer Basis anfangs mehr, zu Ende dann nur noch wenige aragonesische Einschläge aufweist. Sie schreiben es (größtenteils) mit arabischen Buchstaben und schaffen damit die Literatur, die man mit einem spanischen Arabismus als aljamiado bezeichnet. Schrift wird zum ‘Kulturem’, zum sinnfälligen Ausdruck der Zugehörigkeit zum islamischen Kulturkreis, an der auch dann noch festgehalten wird, als der Sprachwechsel V-Ar (S-Ar) → V-Rom längst vollzogen ist. Eine islamisierte und arabisierte Sonderform des Spanischen entsteht, ein ‘heterodoxes’ Spanisch, das man einfach als Morisco bezeichnen kann; dieser Begriff sollte für die Sprachform reserviert bleiben und von Aljamiado als Bezeichnung der Schriftform terminolo-
gisch getrennt werden. Erst als Morisco öffnet sich das V-Rom dem Einfluss der Sakralsprache Arabisch; Lexik, Idiomatik und Syntax werden profund arabisiert. Eine Entwicklung zeichnet sich ab, wie wir sie bei der Herausbildung des Neupersischen, des Osmanisch-Türkischen und anderer Sprachen des islamischen Kulturbereichs beobachten können: die sprachliche Islamisierung. Doch während diese für das Persische und Türkische grundlegend geworden ist und die standardsprachliche Entwicklung zentral bestimmt hat, blieb sie im Spanischen eine vorübergehende Randerscheinung; das Morisco ist ein Kulturdialekt geblieben, der sich nur so lange hat halten können, wie es noch Moriscos gab, also bis zur Ausweisung im Jahre 1609. 4.2. Das hebraisierte Spanisch der Sepharden Auch für die Juden war die Schrift ein Kulturem. Das mittelalterliche S-Ar eines Y˘ehuda ha-Lewi oder Maimonides erscheint im Gewand der hebräischen Schrift, ebenso wie das V-Rom von Sˇem Tov de Carrión. Der größere Teil der spanisch-jüdischen Literatur nach der Vertreibung von 1492 ist in hebräischer Schrift niedergelegt; allerdings gibt es auch wichtige Werke in lateinischer Schrift, bes. in Italien (die Bibel von Ferrara 1553) und den Niederlanden (z. B. das 1659 in Amsterdam erschienene Werk Esperança de Israel von Menasseh ben Israel). Sprachlich bildet sich ein eigenes Judenspanisch heraus, und zwar in zwei Hauptvarietäten, die sich gegenseitig beeinflusst, aber nicht vermischt haben: einerseits das bereits charakterisierte Ladino der Bibelübersetzungen als didaktisches Hilfsmittel zur Annäherung an die Sakralsprache Hebräisch; und andererseits die sprachliche Sonderform der Juden in der orientalischen Diaspora, die sich infolge mangelnden Kontaktes mit der spanischen Welt immer weiter von der Standardsprache entfernt. Diese gesprochene und geschriebene jüdische Sonderform des Spanischen prägt sich in zwei Hauptdialekten aus, dem östlichen von Saloniki, den Balkanländern und der Türkei, den man als Yudezmo bezeichnet; und dem Haketiya genannten Idiom des Maghreb. In West-Europa (Italien, Niederlande, England, Deutschland) haben sich jüdisch geprägte Varianten des V-Rom nicht herausbilden können. Der Kontakt mit den Standardsprachen Spanisch und Portugiesisch blieb erhalten, jüdische
117. Religion, Philosophie und Sprachgeschichte: Iberische Halbinsel
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Kulturdialekte hat es hier nicht gegeben; schließlich wurden Spanisch wie Portugiesisch zugunsten der jeweiligen Landessprachen ganz aufgegeben. Das Judenspanische des Orients stellt hingegen einen eigenständigen Kulturdialekt dar; seine Spezifizität manifestiert sich in dreierlei: zum einen in der äußeren Form der Schrift (die Raˇsi-Kursive des hebräischen Alphabets); zum anderen in der Sonderentwicklung in Phonetik, Morphologie, Syntax und Lexikon nach der Abspaltung vom Standardspanischen seit dem 16. Jh.; und schließlich in der Beeinflussung durch andere Sprachen, nämlich einerseits die Judaisierung durch die Einwirkung des Hebräischen, andererseits die Einflüsse weiterer Sprachen wie Türkisch, Italienisch sowie – seit dem 19. Jh. in starkem Ausmaß – Französisch. Die kulturell-religiöse Prägung durch das Hebräische ist vergleichbar mit derjenigen des Morisco durch das Arabische. Im Unterschied zum Morisco hat sich das Judenspanische (in seiner Yudezmo-Variante) bis heute erhalten; allerdings wurde ihm während des Holokaust ein so tödlicher Schlag versetzt, dass seine Tage gezählt sind.
giös determinierte Varietäten aufgespalten: eine islamische, die nach 1609 untergegangen ist; eine jüdische, die sich bis heute behauptet hat; und eine markiert christliche, welche die Norm der Standardsprache bestimmt.
4.3. Das latinisierte Spanisch der Christen Das Standardspanische (das man dementsprechend als ‘orthodox’ bezeichnen kann) hat einerseits das Lateinische als Sprache von Wissenschaft und Philosophie nach und nach abgelöst; andererseits wurde es vom Lateinischen während der gesamten Sprachgeschichte immer wieder und gerade im Laufe des 16. Jh. beeinflusst. Im Zeitalter des Humanismus wurde das Spanische so stark relatinisiert wie nie zuvor: dem klassischen und auch kirchlichen Latein entlehnte cultismos haben die Sprache tiefgreifend geprägt. An dieser Relatinisierung haben weder das islamisierte Spanisch der Morisken noch das Judenspanische partizipiert; die Trennungslinien, die sich zwischen den religiösen Varietäten des Spanischen seit 1492 aufgetan haben, sind nicht nur durch arabischen und hebräischen, sondern auch durch lateinischen Einfluss bestimmt: nicht nur das arabisierte Spanisch der (Krypto-)Muslime und das hebraisierte Spanisch der (vertriebenen) sephardischen Juden, sondern auch das unter dem Einfluss von Humanismus und Kirche relatinisierte Spanisch der Christen entfernte sich immer weiter von der Sprache des Mittelalters, welche den drei Religionen gemeinsam gewesen war. So erscheint das Spanische nach 1492 in drei reli-
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118. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in rumeno
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118. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in rumeno Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Rumänische 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Premessa Epoca antica (1532–1780) Epoca di transizione (1780–1830) Il periodo 1830–60 Epoca moderna e contemporanea Bibliografia
1.
Premessa
Le trad. hanno svolto un ruolo molto importante nella formazione del romeno letterario, non solo perchè la prima e la più significativa produzione di carattere colto in lingua romena è strettamente legata ad un’intensa attività di trad., ma anche perché nei secoli successivi, a più riprese, la lingua letteraria continua ad attingere alle trad., ricevendone un benefico stimolo all’ammodernamento in tutti i suoi settori.
2.
Epoca antica (1532–1780)
2.1. Prima fase: 1532–1647 Nel periodo preso in considerazione, fatta eccezione per il monastero di Putna (Moldavia), i centri di produzione culturale sono quasi tutti situati in Transilvania e nella regione del Banat-Hunedoara, dove l’adozione del romeno come lingua scritta e come lingua del culto trova un impulso nella diffusione della Riforma e nel patrocinio che essa riceve dall’autorità statale. Purtroppo, per molti dei testi pervenuti mancano informazioni sicure riguardo a diversi e importanti aspetti: le occasioni o le correnti culturali cui si ricollegano alcune delle trad. (è il caso, ad es., dei considdetti ‘testi rotacizzanti’), l’epoca della trad. e delle relative copie, le notizie sulla figura del traduttore e dei copisti, l’originale da cui si traduce, ecc. Nelle linee generali si può affermare che tra il 1532 e il 1640 predominano le trad. di testi religiosi dallo slavone (nelle sue diverse redazioni) e, meno sovente, dall’ungherese, mentre è dubbia la trad. di opere direttamente dal latino o dal tedesco. Si tratta dei testi della liturgia, delle esposizioni dei vangeli, di omelie, ma anche di salmi, catechismi, preghiere rituali, oltre che di un primo tentativo di trad. della Bibbia (Palia de la Or˘as¸ tie, Ora˘ s¸ tie, 1582, tradotta da una versione ungherese e compiuta solo nei primi due libri). Gli
originali usati per le trad. romene sono, a loro volta, versioni dal greco, dal latino, dal tedesco. Molte delle opere tradotte sono stampate, cosa che assicura loro prestigio e diffusione. La maggior parte di esse è redatta in alfabeto cirillico: tra i testi tradotti e stampati, solo la Carte de cîntece del 1570 (Cluj) e il Catechismus di Gheorghe Buitul (Bratislava, 1636, ma pervenuto nell’edizione del 1703, Cluj) sono redatti in alfabeto latino. Nel periodo considerato compaiono anche trad. di testi laici e popolari di vario genere: scritti agiografici e apocalittici, leggende apocrife, romanzi, testi astrologici, scritti didattici e allegorico-morali. Tale letteratura – quasi tutta realizzata su versioni slavoni, bulgare o serbe, da originali greci o italiani – comincia a circolare tra la fine del ‘500 e gli inizi del ‘600 e, pur rimanendo manoscritta per il momento, conosce una larghissima circolazione grazie al consenso che incontra nella società tutte le regioni romene: riprodotte in molteplici copie, dunque, alcune delle trad. laiche finiscono per apportare un contributo notevole alla formazione del romeno letterario (ILRL 1971, 223). In questo settore si può collocare anche la Cronica universala˘ del monaco Mihail Moxa(lie) (1620, ed. moderna a cura di G. Miha˘ ila, Bucure¸sti, 1989), una compilazione da una variante slavone di un nomocanone greco. Nella fase di formazione del romeno letterario, infine, fanno la loro apparizione i primi testi giuridici: essi circolano per lo più manoscritti, con l’eccezione della Pravila del diacono Coresi (Bra¸sov, 1560–62) e della Pravila di Govora (Govora, 1640). Gli originali da cui sono tradotti sono nomocanoni in slavone, trad., a loro volta, di opere bizantine. La produzione citata influisce in vario modo sulle ‘varianti regionali’ della lingua letteraria in formazione (Ghe¸tie 1975, 623– 631, ILRL 1983, 59s.): poiché le trad. costituiscono i primi modelli di scrittura colta, gli autori successivi manifesteranno la tendenza a far loro riferimento, nella misura in cui tali opere saranno divenute note e prestigiose. Nelle linee generali si può dire che l’assenza di una solida tradizione, la mancanza di molta terminologia specialista e la natura religiosa della maggior parte dei te-
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sti – di cui i traduttori non vogliono travisare il messaggio originale – condizionano fortemente le prime trad.: non solo la struttura della frase appare contorta e innaturale rispetto a quella dei coevi testi non tradotti, ma anche la sintassi pare risentire del modello dell’originale, mentre il lessico ne è ampiamente influenzato. Pertanto, la lingua colta dei primi testi tradotti appare di difficile lettura e alquanto artificiale. Per quanto riguarda la struttura della frase, il dato più rilevante è costituito dalla puntuale imitazione dell’originale (slavone o ungherese), che talvolta può rendere oscuro il senso del testo romeno. Se la dipendenza dall’originale è palese nei testi bilingui e nelle più antiche trad., essa, tuttavia, diverrà sempre meno evidente già con le ultime opere coresiane (ca. 1580). Persisteranno più a lungo, invece, singoli fatti di topica e alcuni fenomeni sintattici che paiono trovare un preciso corrispondente nella lingua degli originali. Ne citiamo alcuni tra i più ricorrenti: (1) la sporadicità del pronome atono e la mancata ripresa pronominale, sia nel complemento diretto, sia nel complemento indiretto, anche quando esso sia costituito da una forma pronominale tonica (dede mie, d˘arui t¸ie, Densusianu 1975, 522; Gafton 2001, 112). Tale costrutto persisterà al caso indiretto fino al ‘700; (2) l’impiego del pronome riflessivo tonico (¸sie, sine) al posto del pronome personale (ad es. l-a dus cu sine invece di cu el): quest’uso, che manca quasi del tutto negli scritti originali, si ritroverà ancora nei testi letterari fino alla fine del ‘700 (Hane¸s 1926, 24; Gafton 2001, 116); (3) l’uso dell’attributo sostantivale con preposizione in costrutti equivalenti al genitivo, che in molti casi parrebbe ricalcato sul modello dello sl. otu˘ (munte de Sinaia, ecc., Densusianu 1975, 499); (4) la quasi totale mancanza dell’accusativo preposizionale (pre), anche nelle forme pronominali (astept˘a noi, ILRL 1997, 152); (5) la costruzione di molti verbi con il dativo invece che con l’accusativo (con o senza preposizione), spesso in corrispondenza di un verbo slavo o ungherese, talvolta anche latino, con lo stesso costrutto (ad es. a se lipi cuiva = a se lipi de). L’uso del diverso regime si rileverà spesso anche in testi di epoche successive (ib., 352). Tra i più interessanti fenomeni di topica ricordiamo: (a) la dislocazione del pronome riflessivo
rispetto al verbo (se în sac îmbraca˘ , Densusianu 1975, 725), fenomeno che si ritroverà ancora nel corso del XVII sec.; (b) l’enclisi del pronome personale e riflessivo: asculta˘ -te, apa˘ ra˘ -te (come nel testo slavo si ha usly˘sit˘u t˛e, za˘stitit˘u t˛e, ILRL 1971, 63); (c) la dislocazione dell’ausiliare nelle forme verbali: ce ai tu sfîr¸sit (Densusianu 1975, 726); (d) la posposizione dell’ausiliare nelle forme verbali (vedea-vor s¸ i vor asculta, ib.; Gafton 2001, 136), attribuita all’imitazione del testo slavone, dove con il chiasmo si produceva un effetto stilistico (come nel testo greco); (e) la mancanza della doppia negazione dopo pronomi e avverbi negativi. Tale uso persisterà ben oltre il periodo qui trattato, (lo si riscontra fino nei primi decenni del sec. XIX , Hane¸s 1926, 26). Per alcuni di questi fenomeni, tuttavia, esiste il fondato dubbio che essi possano ascriversi anche a tendenze della sintassi popolare come nel caso di (b), (c) e (d) (ILRL 1971, 248; ILRL 1997, 172). Lo stesso si può dire per i fenomeni contrassegnati con (1) e (4) che si riscontrano anche in contesti in cui l’influsso dell’originale non dovrebbe aver avuto alcun peso (Densusianu 1975, 706). Nel caso di (4), ricerche accurate hanno dimostrato che la mancanza dell’accusativo preposizionale non deve essere attribuita solo all’imitazione dell’originale, ma anche al fatto che, nel corso del ‘500, l’uso dell’accusativo con preposizione era ancora in fase incipiente (Dimitrescu 1973, 43; ILRL 1997, 351). Anche la negazione semplice, infine, è stata spiegata sia come influsso della sintassi popolare (di origine latina), sia come riflesso di modelli stranieri presso gli uomini di lettere (ILRL 1971, 283). Dunque, alla costituzione di alcune peculiarità della lingua delle prime trad. hanno contribuito sicuramente fattori esterni, ma anche fattori interni, mentre, in certi casi, può esservi stato il concorso di entrambi (ILRL 1997, 374). Molti dei fenomeni citati non avranno fortuna nel lungo periodo, e tuttavia, forse anche per l’influsso esercitato dalla tradizione colta ora costituitasi, essi continueranno ad apparire presso gli scrittori per qualche tempo ancora. Le prime trad. contribuiscono in modo rilevante all’arricchimento del patrimonio lessicale della lingua colta dell’epoca. Poiché per molti concetti, soprattutto per quelli astratti,
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manca un corrispondente romeno, lo sforzo dei traduttori è indirizzato verso la creazione di un vocabolario adeguato. In realtà, non sempre è facile distinguere ciò che entra nella lingua letteraria attraverso le trad. da ciò che era già proprio del parlato (Coteanu / Sala 1987, 123), né l’assenza di un termine dal vocabolario dei testi non tradotti può considerarsi, in sé, una prova della sua provenienza colta: pertanto, spesso è necessario ricorrere ad altri criteri di datazione e di individuazione (criteri fonetici, geografici, onomasiologici, ecc.). Non tutti i termini entrati con le trad. godono della stessa circolazione: alcuni compaiono in un solo testo, altri sono di diffusione regionale, mentre solo una parte di essi appare di diffusione generale. Alcuni dei termini mutuati dalla lingua degli originali, infine, spariranno velocemente, mentre altri si stabilizzeranno per un certo tempo, o per sempre, costituendo il primo nucleo del vocabolario colto e divenendo finanche di diffusione comune (blagoslavi, ciuda˘ , liturghie, pristol, tabla˘ , ecc.; Gafton 2001, 212), o popolari di circolazione regionale (ala˘ mojna˘ , duma˘ , ecc.). Tra il 1532 e il 1640, l’apporto più notevole è quello dello slavone: esso è rilevante specialmente nel campo della terminologia ecclesiastica (nozioni, oggetti di culto, organizzazione della chiesa) e di quella culturale: cetenie, pravila˘ , ecc. In entrambi i settori, non di rado lo slavone è mediatore di grecismi (anatema˘ , catism˘a, hor, spira˘ , ecc.). Dallo slavone degli originali è stata mutuata anche molta terminologia astratta relativa alla vita spirituale (bezaconie, ciudesa˘ , nena˘ vidi, prosla˘ vi, umilenie, ecc.). Di diretta origine greco-bizantina parrebbero essere alcune voci di ambito culturale e religioso (catastih, encomeon, praxiu, stem˘a, ecc.). All’ungherese si devono principalmente i termini relativi alla vita sociale e alle istituzioni (aprod, dorobant, pîrca˘ lab, pîrgar, span ecc.) e alcuni termini relativi al mondo della natura (cajie, gheman, grana˘ , ma˘ lvajie, ecc., tutti di diffusione più ristretta). L’ungherese potrebbe essere stato mediatore di voci di origine latina (amen, carmen, crijolit˘a, purgatoriu, safir, ecc.). Alcune di esse sono specifiche delle opere tradotte in Banato. Fino al 1640, invece, è molto ridotto l’apporto diretto delle lingue romanze o del latino: i pochi prestiti sicuri sono mediati dall’ungherese, dal polacco, o dal tedesco: amen e carmen attraverso l’ungherese, legat e maghistru attraverso il polacco, ecc. Infine, non è raro che, sul mo-
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dello degli originali, alcuni termini antichi, già esistenti in romeno, acquistino nuovi significati: aduna˘ tura˘ “affinità” (su ob˘ısˇ tenije dell’originale); obraz “persona” (sull’ant. sl. obrazu˘ ), ecc. In generale, il lessico introdotto per mezzo delle trad. è caratterizzato da scarsa produttività, se si fa eccezione per i participi e gli infiniti lunghi con valore di sostantivo. D’altra parte, la derivazione tramite suffissi e prefissi non contraddistingue i testi tradotti rispetto a quelli non letterari: molto sfruttatta in entrambe le categorie di testi, essa rimane il mezzo di arricchimento lessicale più usato. Per quello che qui ci interessa va segnalata soltanto l’occorrenza di derivati mutuati tali e quali dalla lingua degli originali (blagoslovenie, otravnic, spa˘ senie, nemilostiv ecc.), o calcati su di essa (neputred su neistl˘ın˘eninu˘ , ILRL 1997, 218). Una caratteristica della lingua delle opere tradotte, invece, è la formazione per composizione, come conseguenza di calco sul modello straniero. La presenza massima di tale procedimento è riscontrabile nei testi rotacizzanti e nei testi coresiani: dulce-vestire (su blagov˘estije), fa˘ ra˘ (de)lege (su bezakonije), ecc. (Densusianu 1975, 686; 688). Nei testi romeni non tradotti, tali composti sono rarissimi. Un’altra risorsa largamente sfruttata nei testi tradotti, ma non sconosciuta ai testi originali, è la creazione di parole nuove (soprattutto voci astratte) tramite il passaggio da una categoria ad un’altra (ad es. l’uso di verbi, di aggettivi e avverbi con valore di sostantivi). Infine, nei testi tradotti fino al 1640 sono stati individuati recentemente i primi elementi della formazione di certe tendenze stilistiche: in particolare, si configura uno stile della letteratura artistica, contraddistinto dall’assunzione di alcuni specifici modelli retorici dagli originali, subordinati, a loro volta, alla retorica greco-bizantina (ILRL 1971, 222; ILRL 1997, 242–248). 2.2. Seconda fase: 1640–1780 Nel 1640, con l’edizione della Pravila de la Govora (cf. 2.1.), nei Paesi romeni comincia il processo – sostenuto dalle autorità – di abbandono dello slavone come lingua del culto e della cancelleria, mentre il centro della cultura romena scritta si trasferisce nei Principati. Accettata dalle alte sfere ecclesiastiche, la sostituzione dello slavone con il romeno si conclude intorno al 1700. In questo periodo le trad. – per lo più testi religiosi, ma anche laici – contribuiscono in modo decisivo alla creazione della variante colta del romeno.
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Generalmente i traduttori sono intellettuali poliglotti e buoni conoscitori delle lingue classiche. D’ora in poi le trad. sono realizzate soprattutto da originali greci, mentre solo alcune si basano ancora su testi intermedi slavi. Alcuni testi sono tradotti anche dal latino, direttamente o mediati da neogreco, ungherese, tedesco, russo, ecc. In Moldavia si traduce dal polacco, dal russo e dall’ucraino, in Muntenia anche dall’italiano, in Transilvania e Banato dall’ungherese e dal tedesco. Tale situazione favorisce il mantenimento delle varianti antiche del romeno letterario, sebbene già dal 1750, nei testi stampati si vada generalizzando spontaneamente la variante letteraria muntena. (Ghe¸tie 1971; ILRL 1997, 453 s.; Ghe¸tie / Chivu 2000, 91–111). Tanto la nazionalizzazione del servizio divino, quanto il ruolo culturale e didattico dei testi religiosi, collocano le trad. tra i lavori di punta della cultura scritta dell’epoca antica. Attraverso tali testi – per la maggior parte stampati e di larga circolazione – si fissa il linguaggio religioso romeno, rimasto, in buona misura, immutato fino ad oggi. Appaiono anche trad. laiche, diffuse soprattutto in manoscritto: rispetto a quelle religiose esse sono più varie per provenienza e tematiche, comprendendo scritti giuridici, scientifici (filosofia, matematica, geografia, grammatica, medicina) e letterari (romanzi popolari, novelle, ecc.). Le trad., pertanto, sono di fondamentale importanza per la diversificazione stilistica del romeno letterario antico. 2.2.1. Tra le più importanti trad. o rielaborazioni di opere straniere che hanno contribuito alla fissazione delle varianti stilistiche si annoverano: (1) per il linguaggio religioso: (a) i testi di base, tradotti da originali greci (talvolta con l’ausilio di versioni latine, slavoni ed ebraiche): Noul Testament (Ba˘ lgrad, 1648) e Biblia (Bucure¸sti, 1688); (b) scritti di carattere etico-didattico, tradotti o rielaborati interamente o in parte sul modello di fonti slavoni e bizantine, ma anche di scritti affini di origine polacca, russa, ucraina, serba e ungherese: Evanghelia înva˘ t¸a˘ toare (Govora, 1642), Varlaam, Carte româneasc˘a de înva˘ t¸a˘ tura˘ [...] (Ia¸si, 1643), Chiriacodromion sau Evanghelie înva˘ t¸a˘ toare (Ba˘ lgrad, 1699), Antim Ivireanul, Pilde filosofice¸sti (Târgovi¸ste, 1713), ecc.; (c) testi agiografici, tradotti dal greco antico, dal neogreco e dallo slavone: Dosoftei, Via¸ta s¸ i petreacerea svin¸tilor (4
vol., Ia¸si, 1682–86); (d) i testi del rituale (vangeli, salmi, ecc.), tradotti o rielaborati da metropoliti, da vescovi o da altri prelati delle tre province romene; (e) libri di preghiere e catechismi ortodossi (ad es. Ma˘ rturisirea ortodoxa˘ , Buza˘ u, 1691, tradotta dal greco) e protestanti (tradotti in Transilvania e Banato dall’ ungherese e dal tedesco); (f) la prima trad. romena in versi dei salmi: Dosoftei, Psaltirea în versuri (Uniev, Polonia, 1673, da un testo slavone; cf. Bianu 1887, XXXI , ma con l’ausilio delle varianti romene dei salmi tradotti in prosa, Andriescu 1997, 31, della Vulgata e in parte della trad. polacca in versi del poeta Jan Kochanowski, Misterski 1970, 25 ss.); (2) per il linguaggio giuridico-amministrativo: Carte româneasc˘a de înva˘ t¸a˘ tura˘ [...] (Ia¸si, 1646) e Indreptarea legii (Tîrgovi¸ste, 1652), tradotti dal greco da fonti bizantine e italiane (ILRL 1971, 232); (3) per il linguaggio scientifico: Pentru singurul t¸iitorul gând (il primo testo filosofico stampato in romeno, Bra¸sov, 1688); Dimitrie Cantemir, Divanul (Ia¸si, 1698), dove si possono identificare fonti molteplici, orientali e occidentali, mentre il terzo libro è una trad. dal latino di Andreas Wissowatius, Stimuli virtutum, fraena peccatorum (Amstelodamum, 1682), Cosmografie, ce sa˘ zice împa˘ r¸teala pa˘ mântului (ms., Bra¸sov, 1693– 1703), Cosmografie, adica˘ izvodirea lumii (Cozia, 1766), A toata˘ lumea c˘ala˘ torie (ms., 1785 e 1788, forse trad. di Mihai Cantacuzino, da una versione russa del libro di Joseph de LaPorte, Le voyageur français […]), Gheografie noao (ms., ca. 1780); Re¸tete medicale (ms., ca. 1740), Me¸ste¸sugul doftoriei (ms., ca. 1760–70); Ducere de mân˘a ca˘ tra˘ aritmetic˘a sau socoteal˘a (Viena, 1777); Istoriile lui Herodot (ms., trad. dal greco di Nicolae Milescu, 1664–68) ecc. (Chivu 2000, 123–125; Ghe¸tie / Chivu 2000, 318 ss.); (4) per il linguaggio artistico-culturale: i libri popolari, tradotti da varianti slave e greche: Alexandria, Erotocrit, Esopia, Fiziologul, Floarea darurilor, Halima, Varlaam s¸ i Ioasaf, ecc. (di tutte circolano numerose versioni nei sec. XVII e XVIII : Moraru / Veculescu 1976–78); Foletul novel, calendario tradotto dall’italiano da Ioan Românul (Frîncul) per Constantin V. Brîncoveanu; Ceasornicul domnilor (ms., ca. 1700), trad. e rifacimento di Nicolae Costin, sulla versione latina dell’opera di Antonio de Guevara, El Relox de Príncipes (ILRL 1983, 119–125; Chivu 2000; Ghe¸tie / Chivu 2000, 288–330).
118. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in rumeno
2.2.2. Poiché lo slavone, il neogreco e il latino (quest’ultimo in Transilvania) hanno avuto per i romeni il ruolo di lingue ufficiali, è difficile operare una netta distinzione tra i prestiti entrati nel romeno colto per mezzo delle trad. e quelli entrati per altre vie. Inoltre la poliglossia di alcuni traduttori eruditi, come Dosoftei e Cantemir, ha determinato la creazione di un «‘sistem’ de interferen¸te lingvistice extrem de propice transferului masiv de structuri conceptuale, frazeologice, sintactice s¸ i stilistice» (Munteanu 1995, 102), e di un fondo lessicale neologico, costituito da prestiti diretti e calchi con etimologia multipla, specialmente greca e latina. Come nel periodo anteriore, il lessico è il beneficiario privilegiato delle trad., con il vantaggio che le fonti di prestito ora sono divenute più numerose e varie dal punto di vista stilistico ed etimologico. La morfosintassi assume un minor numero di forme straniere che, però, ritroviamo in quasi tutti i tipi di scritti. Dopo il 1640, i fenomeni morfosintattici del primo periodo (cf. 2.1.) rimangono in uso, ma si riduce la loro frequenza, così che la maggior parte di essi diviene arcaica nel sec. XVII . Solo le dislocazioni sintattiche col predicato posto alla fine dell’enunciato appaiono frequentemente nei testi dei grandi traduttori. Costrutti del tipo: «Pentru aceasta, oricine adeva˘ rat în¸telept iaste, de va acéste p˘aminte¸sti lucruri cu minte înnalt˘a ca˘ uta, nu le va în loc de mare lucru socoti, ce copil˘are¸stilor giocuri le va potrivi (precum pre acéstea Valerius Marele în cartea a s¸ asea la sfâr¸sit li-au numit)» (Cantemir 1969, 107 [1698])
si spiegano attraverso l’imitazione di modelli sintattici greci e latini. Nel caso di Cantemir, è possibile che si tratti di un procedimento retorico greco-latino, l’iperbato, riscontrato spesso anche nella coeva letteratura europea (Moldovanu 1969; 1997, 7–46). Nei testi tradotti dal greco si riscontrano frequenti calchi morfosintattici sul greco, come i costrutti verbali intensivi («Dobitocul ce […] unghê¸ste unghi de doao gem˘ana˘ # ri», Biblia 1688, 136, gr. O «, «ispitit […] cu ispit˘a», ib., 151, gr. O ! "µ ! ), o le forme perifrastiche di futuro, costituite dal futuro di a fi + ger.: «Vei fi veselindu-te» (ib., 138), gr. % & "«, il futuro di a fi + de o sa˘ + fut.: «Si ¸ va fi de vei uita» (ib., 132), gr. λ % ! & (Arvinte 1988–97, V, 18; 20–22), ecc.
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2.2.3. Assumendo rapidamente le funzioni di lingua religiosa, di lingua ufficiale e di lingua della cultura, bisogna ora che il romeno si rinnovi prima di tutto sul piano lessicale. Attraverso i testi tradotti tra il 1640 e il 1780 penetrano nel vocabolario del romeno letterario molti neologismi greci, neogreci e latini, oltre che alcuni termini di provenienza turca (nei Principati), tedesca e ungherese (in Banato e Transilvania), russa, polacca, ucraina (in Moldavia), italiana (in Muntenia) e, più raremente, francese. Numerosi prestiti hanno anche etimologia multipla. 2.2.3.1. Nei Paesi romeni l’influsso slavone si riduce parallelamente all’abbandono dello slavone quale lingua ufficiale e del culto, sebbene persista un consistente fondo lessicale di provenienza paleoslava attraverso le trad. più antiche o i testi slavoni utilizzati a fianco agli originali greci e alle versioni latine. La maggior parte dei prestiti dallo slavone appartiene ai seguenti registri: (a) linguaggio religioso: blagocestie (< sl. blagoˇc˘ıistije) “religiosità” (MO 1942, 245 [1691]), bogoslov (< sl. bogoslovu˘ ) “teologo” (Dosoftei 1679, 233; 239), div (< sl. divu) “miracolo” (Dosoftei 1974, 232v [1673]), price¸stanie (< sl. priˇciaˇstanije) “comunione” (Pravila 1640, 96), ecc. (ap. DA ; DLR ; RDW; ILRL 1971; ILRL 1997; Munteanu 1995); (b) linguaggio giuridico-amministrativo: gloaba˘ (< sl. globa) “ammenda” (Prav. 1646, 126), namiastnic (< sl. nam˘estniku˘ ) “rappresentante” (ib., 76), oblastie (< sl. oblast˘ı) “sovranità” (ib., 67), pitac (< sl. pitacu˘ ) “ordine scritto, atto ufficiale” (PC 1957, 52 [1780]), ecc. (ap. DA ; DLR ; RDW, vol. 2; ILRL 1971; ILRL 1997); (c) terminologia relativa alla cultura, all’arte, all’educazione, alla scienza, ecc.: obnovlenie (< sl. obu˘ novlenije) “rinascita” (Dosoftei 1974, 45 [1673]), sa˘ zdanie (< sl. su˘ zdanije) “creazione” (Varlaam, I , 12), stihie (< sl. stichije) “elemento” (Prav. 1652, 572); (d) terminologia relativa alla vita materiale: inorog (< sl. inorogu˘ ) “unicorno” (Costin 1976, 74), sever (< sl. s˘everu˘ ) “vento del nord” (Dosoftei 1974, 199 [1673]), ostie (< sl. ost˘ı) “punta” (Dosoftei 1682–86, settembre, 2v), ecc. Attraverso le trad. dallo slavone si impongono anche alcuni calchi lessicali (pochi rispetto a quelli formati sul neogreco): frunza˘ (sullo sl. listu) “foglio” (Dosoftei 1681, 152),
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
semn (sullo sl. znamenije) “meraviglia” (ib., 40), ecc. La maggior parte dei prestiti di origine slava menzionati vengono accantonati verso la fine del sec. XVIII , o perché non adattati in modo integrale (e talvolta nemmeno parziale) al sistema fono-morfologico del romeno, o per la concorrenza sinonimica dei neologismi neogreci e latino-romanzi. 2.2.3.2. L’influsso greco sul romeno colto si manifesta intorno alla metà del sec. XVII , mentre quello neogreco diviene dominante nei Principati tra il 1770 e il 1821 (Gáldi 1939, 70–74; cf. 3.2.). I prestiti dal greco entrano in romeno soprattutto per via colta, mentre quelli neogreci si imporranno più tardi per via orale: (a) linguaggio religioso: arhierie (< neogr. $ ) “funzione di vescovo” (Chesarie 1776, 13), chiriacodromion (< neogr. () “raccolta di prediche” (K 1699, f. t.), euhologhion (< neogr. ")) “libro di preghiere” (Bianu / Hodo¸s / Simonescu 1903–44, vol. 1, 551), ecc. (ILRL 1971, 431s.; ILRL 1997, 409 s.). Più numerosi dei prestiti sono i calchi, semantici e strutturali: a asema˘ na “interpretare un sogno” (gr. ) “comparare, interpretare”) (Biblia 1688, 31), împreuna˘ tra˘ ire “vita in comune, intimità” (gr. «), iubitor de oameni (gr. «), împreuna˘ s¸ tiin¸ta˘ “coscienza” (sul gr. (& «), ecc. (Arvinte 1988–97, I , 92–96; Munteanu 1995, 158–203); (b) linguaggio giuridico-amministrativo: anafora (< gr. $ ) “rapporto al signore”, clironomie (< gr. & ) “eredità”, ipopsie (< neogr. *+ ) “sospetto” (Rollin 1767–68, 354v), ecc.; (c) linguaggio scientifico: axon (< neogr. Ν/), “asse (della terra)” (GN 1780, 6v), hersonisos (< neogr. & «) “penisola” (ib., 14v), imisferion (< neogr. π ) “emisfero” (ib., 13v), diavit (< neogr. (&«) “diabete” (MD 2, 78v), ipatitis (< neogr. π &«) “epatite” (ib., 1r); sumarizmos (< neogr. «) “somma” (Glyzonios de Hios, 16r), ecc. 2.2.3.3. L’influsso latino-romanzo sul lessico del romeno letterario antico è più consistente di quanto non si sia creduto in passato. Negli scritti romeni prodotti fino al 1760, il DILR registra 1.203 neologismi latinoromanzi, spesso entrati in modo indiretto (trad. dal neogreco, dal russo, ecc., c. DILR 13 s.) e che si riscontrano nei testi tradotti o
rifatti su originali latini o italiani, più raramente francesi. Dalla fine del sec. XVIII tale influsso diviene dominante, soprattutto nelle trad. effettuate in Transilvania, ma poi anche in quelle muntene e moldave, in quanto riflesso dell’occidentalizzazione della cultura e della vita socio-politica romena. Perfino il linguaggio religioso, anche se meno recettivo dell’influsso latino, accoglie una serie di termini tramite i testi religiosi tradotti in Transilvania e le trad. di alcuni grandi intellettuali dei Principati, come Dosoftei, Nicolae Milescu, Radu Greceanu, Antim Ivireanul, ecc.: cardina˘ rie (< lat. mediev. cardinaria) “rango di cardinale” (P. Pr. 1689, V ), ieiunium (< lat. ieiunium) “digiuno” (ib., 59r), indulghin¸tie (< lat. mediev. indulgentia) “indulgenza” (ib., 59r), providen¸tie (< lat. med. providentia) “provvidenza” (FN 1942, 89 [1693–1704]), ecc. (ap. DIL R; ILRL 1997). Nel linguaggio giuridico-amministrativo di Muntenia e Moldavia i prestiti dal latino e dall’italiano sono meno numerosi che in Transilvania, appaiono solo presso alcuni traduttori e tradiscono il tramite neogreco, polacco o russo attraverso cui giungono nel romeno: apela¸tie (< lat. appellatio, neogr. $ ()) “appello” (DRA 1961, vol. 1, 328), consiliu (conselio) (< lat. consilium, neogr. ()) (IM 1913, 103 [1715]), pompa˘ (< lat. pompa) “fasto” (Costin 1976, 309), re(s)publica˘ (< lat. mediev. respublica, it. repubblica) (FN 1942, 24 [1693– 1704]), ecc. (DILR ). In Transilvania il numero dei termini del linguaggio giuridicoamministrativo di origine latina è più elevato, ma il fonetismo di alcuni di essi tradisce la mediazione ungherese o tedesca: in¸stan¸tie (< lat. instantia, ungh. i(n)stáncia) “richiesta, reclamo” (Stinghe 1901, vol. 1, 107), per¸teptor (< lat. perceptor) (Iorga 1901–14, vol. 13, 242) ecc. Non è certo che tali termini siano entrati nel romeno attraverso le trad.: è possibile, infatti, che essi siano appartenuti al linguaggio giuridico-amministrativo correntemente in uso in Transilvania. Il linguaggio scientifico assume un numero considerevole di voci latino-romanze relative a settori come la geografia, l’astronomia, la matematica, la medicina, ecc.: antarctic (< lat. antarcticus, -a, -um) (Cantemir 1969, 7 [1698]), paralela˘ (< it. parallelo, lat. parallelus, -a, -um) (FN 1942, 147 [1693–1704]), constela¸tie (< lat. constellatio, -onis, it. costellazione) (ib., 24; 68), dialectic˘a (< lat. dialectica) (Dosoftei 1682–86, dicembre,
118. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in rumeno
192r), matematic˘a (< lat. mathematica, it. matematica) (Corbea 1700, 185), ecc. Numerosi sono i termini che si riferiscono alla vita spirituale (cultura, arte, ecc.) e materiale (natura, uomo, esercito, ecc.): autor (< lat. au(c)tor) (ib., 17), oda˘ (< lat. oda) (Bra¸soveanul 1969, 139 [1757]), caracter (< lat. character) (P. Pr. 1689, 95v), moda˘ (< fr. mode) (CO 1779, 5v), batalion (< it. battaglione) (FN 1942, 120 [1693–1704]), ecc. 2.2.3.4. I testi religiosi tradotti da eruditi poliglotti, che utilizzano simultaneamente originali greci, slavoni e spesso anche latini, o gli scritti laici con contenuto affine, tradotti da lingue diverse nelle tre regioni romene, contengono una serie di neologismi la cui etimologia può essere attribuita a più lingue: sono i prestiti con etimologia multipla. Le voci di carattere religioso hanno, di regola, lo statuto di termini internazionali: anghel (< lat. angelus, neogr. Ν))«, sl. anu˘ gelu˘ ) (Varlaam 1943, 288 [1643]; Biblia 1688, 24r), cardinal (cardenal, gardinal) (< lat. cardinal, neogr. ( «, ungh. kardinalis, pol. kardinal) (P. Pr. 1689, II r), catechismus (catechismu¸s, catihism(us), catihismu¸s) (< lat. catechismus, neogr. & «, ted. Katechismus, ungh. katekismus) (Fogarasi 1648, 7r) (ILRL 1997, 409s.; Ghe¸tie / Chivu 2000, 205). Internazionali sono anche certi calchi lessicali: necredin¸ta˘ (gr. $ , lat. infidelitas, sl. nev˘erstvo), nedrept (gr. $( «, lat. iniustus, sl. nepravednu), ecc. (Munteanu 1995, 172–174). Anche il linguaggio scientifico accoglie una serie di termini internazionali: aorta˘ (< lat. aorta, neogr. $, fr. aorte), materie (< lat. materia, it. materia, ted. Materia, ungh. materja, rus. materija) (Biblia 1688, 24r; Ma˘ rg. 1691, 158v; MO 1942, 199 [1691]; Corbea 1700, 185v; Costin 1976, 4; CO 1779, 8v), ecc. (ILRL 1997, 406–408; Ghe¸tie / Chivu 2000, 203–205). Nel linguaggio giuridicoamministrativo le voci con etimologia multipla sono più frequenti nei testi transilvani tradotti dal latino, dall’ungherese o dal tedesco: administra¸tie (administratio (n)) (< lat. administratio, ted. Administration, ungh. adminisztrácia, russ. administracija) (DRA 1961, vol. 1, 317; Iorga 1901–14, vol. 12, 328), comisie (comesie, comision, comis¸ ie), (< lat. med. commissio, ted. Kommission, ungh. kom(m)iszio) (1) “consiglio” (Moldovan 1869, 148; Iorga 1901–14, vol. 14, 195); (2) “mandato” (ib., vol. 12, 294;
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Moldovan 1869, 148), decret(um) (dicret) (< lat. decretum, ted. Dekret, ungh. dékretum) ecc. (ap. ILRL 1997, 404 s.; Ghe¸tie / Chivu 2000, 200–203). I termini relativi alla vita spirituale e materiale con etimologia multipla sono molto numerosi ma anch’essi potrebbero aver fatto il loro ingresso nel romeno letterario per altre vie (relazioni culturali, politiche, economiche, ecc.): elefant (elefand, elivant) (< lat. elephantus, neogr. !«, -«, ungh. elefánt) (Cantemir 1969, 47v [1698]; Corbea 1700, 228v), fantasie (fandasie) (< lat. phantasia, neogr. ) “immaginazione” (Chesarie 1776, 52; CO 1779, 70v), ecc. (ILRL 1997, 397– 409). 2.2.3.5. Le condizioni socio-politiche e culturali dei sec. XVII –XVIII favoriscono l’ingresso di prestiti dal turco, dal russo, dal polacco e dall’ucraino nei Principati, e dall’ungherese e dal tedesco in Transilvania. Tali voci, soprattutto quelle di origine turca (Ghe¸tie / Chivu 2000, 153–189), avendo carattere ufficiale, circolano principalmente nella variante amministrativa del romeno da cui, in parte, passano nel parlato. Essendo rare e poco significative le trad. dalle rispettive lingue, si può dire che esse abbiano contribuito solo sporadicamente allo sviluppo del lessico romeno letterario. Pertanto, termini come adet (< tc. adet) “abitudine” (Cantemir 1969, 186 [1698]), gvalt (< pol. gwalt) “forza” (Dosoftei 1682–86, settembre, 245r), nacealnic (< russ. nacealnik) “capo, comandante” (Cantemir 1969, 195 [1698]), sebbene si trovino in testi tradotti dal turco, dal russo, dal tedesco ecc., possono essere stati assunti dai traduttori anche dal vocabolario corrente dell’epoca. Dalla fine del sec. XVIII , quando ha inizio il processo di modernizzazione in direzione latino-romanza, la maggior parte dei prestiti lessicali entrati nel romeno letterario per vie diverse sono abbandonati in favore dei neologismi di origine latino-romanza o di quelli di circolazione internazionale.
3.
Epoca di transizione (1780–1830)
3.1. Il rinnovamento in Transilvania Dall’ultimo ventennio del sec. XVIII , in linea con la politica culturale dell’Illuminismo e spinti da ragioni di riscatto nazionale, gli intellettuali transilvani intraprendono una febbrile attività di divulgazione scienti-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
fica, tesa ad elevare il livello culturale delle masse: pertanto, tra la fine del ‘700 e il primo trentennio del secolo successivo, essi traducono manuali scolastici e tecnici delle più diverse discipline (scienze naturali, storia, matematica, religione, filosofia), ma anche romanzi, codici di leggi, manuali pratici di agricoltura e di altre specialità. Le lingue da cui traducono sono il tedesco, l’italiano, il latino e, talvolta, anche il francese e l’ungherese. La lingua letteraria, dunque, si affranca definitivamente dall’influsso slavo e dall’ambito religioso, cominciando ad orientarsi verso l’Occidente europeo e verso la cultura scientifica. Essa deve poter rendere concetti fino ad ora mai espressi in lingua romena e deve svolgere un nuovo ruolo comunicativo, che garantisca ampia circolazione ed elevato grado di fruibilità delle opere prodotte. In virtù di questa duplice necessità, i traduttori transilvani devono affrontare, tra i primi, il problema che poi rimarrà centrale nel dibattito linguistico di tutto l’Ottocento, quello del rinnovamento lessicale (ILRL 1971, 456 ss.). Le soluzioni per ora individuate sono principalmente due: i calchi (lessicali e semantici) – che, tuttavia, saranno sempre meno graditi nel corso del tempo e sempre meno utilizzati –, e i prestiti, che compaiono rigorosamente glossati o spiegati, e che sono accolti, per adesso, solo quando siano assolutamente indispensabili. La scelta tra l’una e l’altra soluzione non è mai casuale e inconsapevole. Ciò che contraddistingue l’attività di trad. in quest’epoca, infatti, è l’intervento cosciente e programmatico del traduttore che, non solo opera secondo criteri ideologici (l’origine latina della lingua), ma spiega e glossa il neologismo e lo adatta dal punto di vista fonetico e morfologico, secondo principi scientifici stabiliti. I traduttori transilvani, insomma, sono intellettuali militanti, nella cui riflessione il problema della lingua occupa di per sé un ruolo centrale, come dimostrano anche le opere originali e i lavori di codificazione – grammatiche e dizionari – da loro prodotti. Le soluzioni più congeniali alla formazione purista dei transilvani sono sicuramente quella del calco e della trad. Ma se Sincai ¸ rende con a face destul il lat. satisfacere, con mi¸sca˘ cios e nemi¸sca˘ cios le voci lat. mobilis e immobilis, e se Micu è incerto tra il neologismo teatru e il calco priveli¸ste, non saranno i calchi così creati ad avere fortuna nella lingua letteraria, bensì i termini neologici introdotti da ora in poi per diverse vie.
Sebbene accolti con prudenza, i prestiti che fanno il loro ingresso nella lingua letteraria, sono molti e sono soprattutto di provenienza latina (Samuil Micu, Gheorghe Sincai) ¸ o latino-romanza (Petru Maior, Paul Iorgovici): infatti, sebbene si traduca principalmente dal tedesco, la formazione classica dei traduttori e il loro orientamento culturale, da una parte, e la provenienza latina della terminologia scientifica tedesca dall’altra, indirizzano nettamente verso la fonte latina. Tramite l’attività di trad., si costituisce un primo nucleo di diverse terminologie scientifiche settoriali, anche se non sono rari i casi di forme oscillanti e di etimologia multipla. Il contributo dei transilvani è notevole e duraturo soprattutto nel campo della filosofia, della matematica e della terminologia agraria. Molto importante è l’attività di Micu, la cui produzione ha la fortuna di essere in buona parte pubblicata e poi ristampata a Bucarest e Buz˘au. Micu apporta un contributo notevole soprattutto alla formazione della terminologia filosofica, benché, dal punto di vista teorico, sia contrario all’introduzione di prestiti (Lungu 1955). Molte voci entrate attraverso le sue trad. (Logica, Buda, 1799; Filosofia cea lucr˘atoare, Sibiu, 1800, ecc.) si stabilizzano nella lingua letteraria: absolut, absurd, condi¸tie, consens, dialectic, infamie, forma˘ , scolastic, ecc. Alcuni dei prestiti, entrati prima nel settore filosofico, passano in seguito ad altre scienze o penetrano nel linguaggio comune: subiect e predicat, ad es., appaiono prima come termini della logica e solo dopo passano alla grammatica. Micu è anche traduttore di opere giuridiche (Statuta Saxonum, Blaj, 1802), nelle quali l’influsso dell’originale latino è molto evidente (con poche mediazioni dell’ungherese: procator “avvocato” < ungh. pròkàtor < lat. procurator) (Lungu 1957, 114–149). Alcuni dei prestiti introdotti da Micu in questo settore sono usati ancora oggi: arbitru, contract, creditor, execu¸tie, inventariu, linie, perentoriu, regula˘ , tutor, ecc. Notevoli contributi all’arricchimento lessicale si devono anche agli altri principali esponenti del movimento transilvano: a Sin¸ cai, nel campo della matematica (è traduttore di fortunati manuali, tra cui qualcuno adottato in tutte le scuole di Transilvania: Pova˘ t¸uire ca˘ tra˘ aritmetic˘a, Buda, 1806; riedizioni 1816 e 1822), nel settore delle scienze agrarie e delle scienze naturali (ILRL 1971, 467); a Maior, nel campo della terminologia agraria e di quella medica, con trad. che,
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divenute popolarissime, introducono molti termini di origine italiana e latina (ma Maior traduce dal tedesco) destinati ad affermarsi nel linguaggio scientifico e poi nella lingua comune (cilindru, clima˘ , cristal, diametru, distila¸tie, elastic, fermenta¸tie, fluiditate, medicament, ecc.) (Ursu 1961). In questo cinquantennio di transizione, dunque, i transilvani riescono ad apportare un contributo durevole all’arricchimento del lessico romeno, indicando soluzioni equilibrate che li distinguono dai loro epigoni intransigenti della seconda metà dell’‘800. 3.2. Il rinnovamento in Muntenia e in Moldavia Negli anni 1780–1830 in Muntenia e in Moldavia, la dominazione fanariota crea un clima favorevole alla ricezione dei valori spirituali dell’Europa occidentale, in particolare della Francia, ma promuove anche il modello di una cultura elitaria (Niculescu 1978, 69). Cosi le trad. sono atti culturali individuali, spesso ludici, e sono meno erudite e pratiche che in Transilvania. Vi sono trad. dirette dal francese e dall’italiano, ma esse dipendono spesso da trad. intermedie neogreche. Dopo il 1821, con l’emancipazione dalla Porta, si afferma su una base più larga, prima in Muntenia e poi in Moldavia, il secondo illuminismo romeno e si professa una letteratura impegnata per l’emancipazione delle masse. La trad. di testi con funzione pedagogica e morale fa parte delle riforme culturali promosse dagli intellettuali. Le trad. di manuali sono realizzate dal neogreco, russo, italiano, francese, talvolta dal tedesco e dal latino: esse sono caratterizzate dall’origine eterogenea dei prestiti, dall’incertezza del loro adattamento, dal gran numero di calchi e di glosse nel testo, dalla presenza di più termini per lo stesso concetto e dall’omonimia.
4.
Il periodo 1830–60
Dei 679 testi tradotti tra il 1780 e il 1860, 615 si ascrivono agli anni 1830–60 (Cornea 1966, 47 ss.). La ripartizione delle trad. per aree culturali dimostra che la Muntenia conquista rapidamente la supremazia. Sono sempre più numerose le trad. dirette dal francese: 443 tra il 1830 e il 1860, contro gli 83 titoli di trad. dal tedesco, i 44 dal greco, i 43 dal russo, i 40 dall’italiano, i 28 da altre lingue. La preferenza per il francese perdurerà, determinando il ruolo decisivo del modello
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francese nel processo di re-romanizzazione della lingua letteraria. I testi introdotti nei circuiti culturali romeni sono di valore ineguale e appartengono ai settori più diversi: scienza, filosofia, morale, religione, retorica, ecc. La letteratura tradotta appartiene a tre epoche letterarie: si traducono scrittori illuministi (Florian, Voltaire, Marmontel), autori della prima generazione romantica (Lamartine, Chateaubriand, Byron) e della seconda (Dumas padre, Sand, Sue) (Cornea 1966, 51–80). Il gran numero di traduttori identificati – 302, tra il 1830 e il 1860 – dimostra che si è in una fase d’intenso proselitismo culturale, in cui la trad. è una questione di pubblico interesse. La frequenza di trad. prive del nome dell’autore dell’opera (o con un mutamento di titolo) mostra una certa elasticità del concetto di proprietà letteraria (Manolescu 1990, 188). Tuttavia, verso la fine del periodo, sotto l’impulso della richiesta del pubblico, si registra un’evoluzione verso la professionalità. In questi anni esiste anche un importante circuit lettré del libro straniero, d’altra parte abituale nella cultura romena. Nei Principati circolano soprattutto i libri e la stampa di lingua francese, come dimostrano i cataloghi delle biblioteche e dei gabinetti di lettura istituiti in quest’epoca nelle maggiori città. Formati nelle scuole occidentali, gli intellettuali romeni conversano, corrispondono e creano in francese, così che la re-romanizzazione è in buona misura anche il risultato del contatto diretto con questa lingua (Oprescu 1955, 61). Non esiste un legame necessario tra la trad. dell’opera di uno scrittore e il suo influsso sul romeno letterario. Jules Michelet, ad es., non è stato molto tradotto dai romeni, ma il pensiero politico della generazione del ‘48 e le sue forme di espressione linguistica sono da attribuire allo scrittore francese. La migliore intellettualità si occupa di trad. con il sentimento cosmopolita di appartenenza ad una comunità culturale universale, ma anche con lo scopo di promuovere i suoi ideali nazionali: si traduce per servire la patria attraverso l’integrazione della cultura nazionale nel dialogo della cultura universale e a vantaggio del prossimo, per ‘illuminare’ ed educare. I traduttori sperano di offrire modelli alla letteratura nazionale, di contribuire al miglioramento della lingua letteraria, ma anche di porre in evidenza le potenziali qualità espressive del romeno. Tali idee si riscontrano soprattutto nelle prefazioni dei libri tradotti e diffusi at-
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traverso l’autorità di uomini del livello di Heliade che è in questi anni il migliore teorico della trad. e grande traduttore a sua volta. Egli ha il merito di avviare una vera corrente di trad. in questa epoca, denominata ‘eroica’ (Popovici 1935, 18–22) per il suo attivismo culturale. Le necessità culturali dell’epoca fanno sì che Heliade inciti a scrivere comunque, senza che gli manchi spirito critico: ne è prova il fatto che egli riconosca alle trad., un’importante funzione educativa e le valuti in base a criteri di ordine intellettuale, morale e linguistico. Quando nel 1840 Koga˘ lniceanu (Skizze einer Geschichte der Zigeuner, ihrer Sitten und ihrer Sprache, nebst einem kleinen Wörterbuch dieser Sprache, Stuttgart) afferma che le trad. ‘sono una mania pericolosa’, non nega il valore della letteratura universale ma, influenzato dalle idee romantiche di Herder e di Michelet, propone un riesame del rapporto tra la letteratura nazionale e quella tradotta, che è favorevole alla prima: in contraddizione solo apparente con Heliade, Koga˘ lniceanu anticipa il concetto maioreschiano delle ‘forme senza fondo’. Egli protesta contro la xenomania e contro le trad. ‘mal scelte’ e ‘mal fatte’. Il segnale d’allarme dato da Koga˘ lniceanu non è ingiustificato, poiché le opzioni programmatiche dei maggiori esponenti culturali sono disseminate di trad. ‘mal scelte’ (quelle richieste da un pubblico incolto, avido d’amenità, amante della poesia d’amore patetica, dell’epica sensazionale, ecc., attento a cosa e non a come si dice). Dopo il 1850, infatti, sostenute dagli interessi commerciali degli editori, si moltiplicano le trad. di melodrammi, di commedie brillanti, di novelle sentimentali e soprattutto di romanzi: sono 18 tra il 1830 e il 1840, 29 tra il 1840 e il 1850, 73 tra il 1850 e il 1860 (Cornea 1966, 50–60; Cleynen-Serghiev 1993, 21). Più tardi il gusto per le letture accattivanti sarà soddisfatto dai romanzi di avventure esotiche e poliziesche (Pillat 1971, 132 ss.), diffuse tanto per mezzo di trad., quanto tramite alcuni tentativi originali (Rebreanu, Cezar Petrescu, Eftimiu). La circolazione dei prodotti ‘mal scelti’ è considerata sintomatica delle differenze diastratiche del processo di re-romanizzazione. Per le trad. ‘mal fatte’ le spiegazioni sono molteplici e differiscono nel tempo. All’inizio dell’epoca moderna, alcune delle trad. più libere si spiegano non soltanto con i limiti della lingua romena letteraria, ma anche con la mancanza di cultura del traduttore (Goldi¸s-Poalelungi 1973, 55).
Più tardi gli interessi commerciali degli editori contribuiscono alla diffusione delle trad. monche, con omissioni d’intere frasi e passi, con la soppressione approssimativa di frammenti, ecc.: sono opere di dilettanti e, in fondo, non significative per la cultura romena (Cleynen-Serghiev 1993, 83). Le trad. ‘ben fatte’ diventano più numerose col tempo: dalla prima metà del sec. XIX , esse sono opera di scrittori di talento e dotati della competenza linguistica necessaria. In molti casi gli scrittori scelgono – anche se non in modo necessario – testi affini alla loro sensibilità spirituale ed estetica, conferendo alle trad. la forte impronta della loro personalità: sono le ‘belles infidèles’ (Doina¸s 1972, 295; Cleynen-Serghiev 1993, 80) che finiscono per divenire rivali dei prototipi, occupando un luogo a parte nella letteratura romena. Dall’inizio dell’epoca moderna, più che la pressione tirannica dell’originale, le trad. mostrano lo sforzo degli autori di valorizzare i mezzi linguistici esistenti e di contribuire, al tempo stesso, all’arricchimento di questi ultimi. Condizionato dalla fedeltà al contenuto del messaggio, e quindi meno libero del creatore originale, il traduttore è costretto a lottare con la materia linguistica esistente e a trovare soluzioni che sono interessanti anche quando non resistono nel tempo. Il valore documentario delle trad. riguarda tutti i settori del romeno letterario: grammatica, fraseologia, lessico, fonetica, struttura stilistica. Ad es., il confronto delle trad. con gli originali, rivela che il modello della sintassi francese si impone dopo il 1830, mentre le trad. anteriori dal francese presentavano una frase difficile che risentiva degli influssi colti dell’epoca antica (Goldi¸sPoalelungi 1973, 403 ss.). Dopo il 1830 i traduttori riprendono dal testo francese determinati tipi di costruzioni ipotattiche, alcune allocuzioni congiuntive, figure sintattiche (retoriche) e guadagnano in chiarezza, armonia, simmetria del costrutto. Nelle trad. ritroviamo fatti interessanti per lo studio della fraseologia, prestiti e calchi che il romeno letterario mantiene, o che elimina nel tempo. Naturalmente vi è anche un ricco materiale lessicale che attesta il complesso processo di penetrazione dei neologismi, oltre che la predilezione per tali voci, caratteristica soprattutto dell’epoca di transizione (Pu¸scariu 1940, 373): il purismo neologico – sebbene promosso da alcune correnti – è sentito come anacronistico già alla fine del quarto decennio. Nel vocabolario del rome-
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no letterario attuale si trovano neologismi, calchi, voci provenienti da strati lessicali arcaici o popolari, in un equilibrio che si è costituito nel tempo: ciò dimostra che, per quanto notevole possa essere stato il rinnovamento, esso non si è potuto produrre attraverso delle scissioni, ma solo attraverso la continuità con la tradizione. Nelle trad. del sec. XIX , tuttavia, si trova un ricco materiale lessicale che ci permette di conoscere il ‘cimitero di parole’ del romeno letterario. Le trad. sono interessanti anche perché offrono la possibilità di essere confrontate con l’originale. Tale confronto mostra le differenze stilistiche tra le lingue e lo stadio di sviluppo del romeno da diversi punti di vista: opposizione stile alto / stile colloquiale, particolarità stilistiche dei generi letterari, linguaggio poetico figurato e non figurato, ecc. Ad es., è stato rilevato (Fischer 1973, 525) il fatto che Grigore Alexandrescu porta Voltaire al livello della lingua artistica romena del 1830/40, trasponendo lo stile alto francese nello stile familiare romeno, o che nelle prime trad. dal francese di Negruzzi si riscontrano equivalenze di comicità involontaria (Negruzzi 1984/86, vol. 2, 50). Col tempo le differenze tra romeno e francese sono molto attenuate (esiste anche una re-romanizzazione stilistica), ma non scompaiono: ancora oggi, infatti, alcune difficoltà di trad. hanno origine in queste differenze. Dunque le trad. non hanno solo valore documentario ma esse sono anche importanti ‘laboratori’ in cui hanno origine e da cui si diffondono forme linguistiche nuove. Le trad. aumentano il prestigio del libro e l’autorità dello scritto, contribuendo all’evoluzione culturale dei romeni. Poiché aprono prospettive comparative sulla lingua storica, esse influenzano la coscienza linguistica dei romeni, la formazione dell’ideologia linguistica, i concetti di norma, di modello nel parlato, di espressione elevata, ecc. (i manuali di retorica, di fatto, sono adattamenti romeni di modelli francesi). Grazie alle trad., si realizzano le differenziazioni stilistiche nella lingua letteraria. Una di queste ha alla base l’opposizione sacro / profano. L’affermazione della cultura laica non esclude il persistere delle trad. di testi sacri e la revisione delle loro versioni anteriori. A queste ultime, apprezzate per l’omogeneità linguistica, si rimprovera, però, l’abbondanza di termini slavi. Ora esiste un consenso riguardo alla trad. del testo religioso (accessibilità dell’espressione, rispetto del dogma e delle formule ri-
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tuali ecc.; Vianu 1972, 16; 79; 142), ma differiscono tanto le soluzioni proposte per il rinnovamento del linguaggio religioso, quanto la pratica dei traduttori. La posizione moderata di alcuni intellettuali ed ecclesiastici di valore (il metropolita Veniamin, A. Saguna, ¸ Eminescu, ecc.) si colloca tra i due estremi segnalati da Titu Maiorescu nel 1881 (Critice, 2 vol., Bucure¸sti): l’eccesso neologistico e il rifiuto di ogni cambiamento. Alla fine il linguaggio ecclesiastico segue la strada imposta dalla fedeltà all’ortodossia e, pertanto, esso acquista una autonomia sempre più accentuata rispetto alla lingua letteraria: nei testi sacri le sostituzioni lessicali con termini di origine latina sono di numero più ridotto rispetto alle altre opere, mentre rimangono in vita voci, forme e costrutti sintattici, usciti dall’uso corrente (Andriescu 1997, 174), ma che col passare del tempo finiscono per assumere speciale valore espressivo (Chivu 1997, 7). Per la formazione dello stile scientifico sono molto importanti i manuali degli anni 1780–1860, divenuti sempre più numerosi nel corso del tempo. Dopo il 1830 le sostituzioni terminologiche con voci latine e il riadattamento dei neologismi sono concomitanti con la riduzione del numero dei calchi e delle oscillazioni lessicali. La formazione della terminologia scientifica di base attraverso le trad. degli anni 1830–60 è il frutto delle fatiche degli intellettuali romeni di tutte le regioni. Dopo il 1860, con l’avvio della creazione scientifica autonoma, gli uomini di scienza romeni affrontano la letteratura di specialità sia in originale sia attraverso trad.. La provenienza dei testi tradotti dipende dalla politica culturale adottata nelle diverse tappe storiche (ad es. dopo il 1944 si traduce molto dal russo) ma, sebbene tali trad. contribuiscano all’arricchimento della terminologia scientifica, l’epoca più importante rimane quella antecedente al sec. XX . Nella formazione dello stile giornalistico le trad. hanno un ruolo importante sin dall’apparizione delle prime pubblicazioni periodiche (1829): esse, infatti, riprendono fedelmente le notizie dai fogli volanti diffusi nelle regioni romene appartenenti all’impero russo o a quello austro-ungarico. Nelle condizioni specifiche in cui si svolge l’attività giornalistica, i materiali delle pubblicazioni straniere (francesi, russe, tedesche, italiane e, più tardi, inglesi) sono trasposti frettolosamente in romeno, con il ricorso frequente a voci straniere e a calchi, in una lingua che i critici
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
contemporanei definiscono ‘pas˘areasc˘a’ (“incomprensibile”). Tali trad., tuttavia, sono un importante strumento di rinnovamento, sia per l’influsso stilistico, sia per la costituzione dei diversi generi di pubblicistica, sia per le norme di organizzazione testuale, sia per l’introduzione dei procedimenti della persuasione, del sensazionale ecc. (Mihail 1993, XXIV ss.). I giornali (non solo quelli letterari) divulgano in trad. la letteratura universale e contribuiscono alla formazione spirituale dei lettori sopperendo, in alcuni frangenti, alla mancanza di trad. di libri (Lupu / Stef ¸ a˘ nescu 1980–85). Nel linguaggio giuridico-amministrativo, esistono differenze regionali, dovute al diverso orientamento politico delle regioni romene. In Transilvania, Banato, Bucovina si traducono leggi e documenti dal latino medievale, dal tedesco, dall’ungherese. Alcune trad. (come quella del Codice Austriaco, Cern˘au¸tii, 1811) sono utilizzate anche per l’elaborazione delle leggi moderne dei Principati. Dopo il 1812 l’amministrazione della Bassarabia è controllata dalla cancelleria russa, pertanto i testi emessi dalle autorità russe e tradotti per i romeni si differenziano da quelli prodotti in Moldavia e in Muntenia. Nei Principati, seguendo la corrente giuridica europea di spirito illuminista, i governanti fanarioti degli ultimi decenni ordinano la costituzione di testi giuridici in greco e in romeno. Tra questi si annoverano Legiuirea Caragea (Muntenia, 1818) e Codul Calimach (Moldavia, 1817, ma una variante romena che risale al 1833 conosce riedizioni con importanti modificazioni di lingua in direzione latina, notevoli per valutare l’azione della re-romanizzazione). Più moderno nella lingua della variante romena della Legiuirea Caragea, il Codice Calimach presenta prestiti più diffusi, dal neogreco, dal turco, dal russo (Saramandu 1986, 217). La stessa terminologia è riflessa in Regulamentul Organic (1831; 1832; prima costituzione romena, redatta in francese e poi tradotta in romeno). L’attività giuridica della fase di protettorato russo continua dopo il 1832, con la trad. e l’adattamento di alcuni testi francesi e russi: Condica de comerciu (1840), Codul penal militar (1852), Reglement militar (1845), Constitu¸tia Belgiei (1857). Il Codice civil del 1865 riproduce articoli che sono spesso trad. fedeli del Codice napoleonico (1807; Hamangiu 1925, 1; Coteanu 1981, 196) e di altri testi giuridici europei. La lingua di questo fondamentale testo giuridico riflette il muta-
mento di prospettiva del legislatore: non più preoccupato dell’accessibilità del testo, egli rinuncia alle glosse e alla terminologia antiquata, introducendo con coraggio prestiti latino-romanzi che si sono mantenuti fino ad oggi.
5.
Epoca moderna e contemporanea
In epoca moderna si stabiliscono maggiori punti di contatto tra la cultura romena e quella universale attraverso le trad. artistiche. Le scelte operate nelle diverse epoche non dipendono solo dalle personalità dei traduttori, ma anche dallo stadio di sviluppo linguistico-culturale della società romena e da interessi e reazioni psicologiche specifiche. Così si spiegano, ad es., l’eclettismo degli anni 1830–60, la presenza insignificante delle letterature inglese o tedesca, l’assimilazione della melanconia nordica (Zamfir 1981, 78), l’accettazione limitata del classicismo greco-latino (Cornea 1966, 65–72). In altre condizioni storiche, nel sec. XX , il Faust, l’opera di Shakespeare o di Baudelaire, ecc., conoscono eccellenti trad., mentre nella sfera d’interesse dei traduttori entrano letterature prima neglette come quella americana. Dunque, si costituisce un ricco corpus di testi letterari universali, scelti e tradotti per affinità culturale, che avrà molto peso nell’evoluzione della lingua letteraria romena. L’interpretazione e il rifacimento del testo in un’altra lingua e in un altro contesto socio-culturale, nel rispetto dello spirito del testo stesso, il «trapianto di valori estetici» (Niculescu 1980, 51) sono accompagnati, talvolta in modo inevitabile, da tradimenti poetici e socio-culturali. Ma, al di là del fatto che nelle sue strutture profonde la poesia può essere talvolta intraducibile, esistono realizzazioni diverse nelle diverse epoche. Rispetto al tentativo di Vasile Aaron del 1805, la trad. dell’Eneide di George Co¸sbuc del 1896 non rappresenta solo un successo del poetatraduttore ma anche una conquista della lingua romena artistica che ora mostra di avere gli strumenti linguistici necessari per la trasposizione dei valori estetici dell’opera (Munteanu 1998, 171). La struttura del romeno contemporaneo porta a trad. che sostituiscono quelle «informazionali» (Doina¸s 1972, 297) degli inizi. Un esame dell’attività dei traduttori contemporanei di poesia mette in evidenza la diversità delle modalità adottate (Niculescu 1980,
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118. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in rumeno
35 ss.). Una direzione importante è rappresentata dal rispetto del testo, dal rifacimento delle sue strutture sintattico-lessicali (Alexandru Philippide), dal mantenimento delle forme poetiche, dalla captazione della musicalità (ritmo e rima), dell’originale. Altre volte si traduce più liberamente, con licenze, omissioni, aggiunte, ma in empatia con l’originale (Ion Caraion). L’appropriazione dell’atmosfera e del linguaggio dell’originale caratterizza traduttori come Co¸sbuc, Arghezi, Vulpescu. Sebbene non sia facile evidenziare il ruolo delle trad. come veicolo degli influssi estetici, esistono coincidenze che non permettono di ignorare il contributo della trad. alla formazione della lingua letteraria artistica e della stessa letteratura. Negli anni 1830–60 constatiamo che la statistica delle trad. rivela preferenze che corrispondono al modo di essere delle letterature nazionali. Lo slancio dei traduttori del ‘48 spiega perché nelle culture del tempo è sentito l’influsso di Lamartine che porta fino al pastiche, imponendo una vera e propria moda. Al poeta francese si devono l’architettura delle elegie di Cârlova, Heliade, Alexandrescu, e la declamazione carica di inquietudine (Cornea 1974, 275 ss.). È innegabile il fatto che le trad. di Lamartine (45 testi nell’arco di un quarto di secolo) accentuino il ‘lamartinismo’ dell’intera generazione (poeti e lettori), favorendo un orientamento specifico della grande letteratura (Zamfir 1981, 80). Tra il 1848 e il 1860, quando non domina il lirismo ma il fascino della personalità di Lamartine, i traduttori si indirizzano verso i suoi scritti politici e storici (Cornea 1974, 281). Poi la decadenza del mito è contrassegnata dall’indifferenza dei traduttori: il sentimentalismo romantico diventa desueto man mano che ci avviamo verso la fine del secolo. Dunque, esistono concordanze stilistiche tra la letteratura tradotta e quella originale, riguardanti i procedimenti dello stile alto e di quello volgare, la retorica classicizzante, le strutture dei testi, ecc. Essendo utilizzate nelle lezioni di retorica, le trad. divengono anche modelli del parlato colto ed esempi di creazione poetica ed epica. Se le trad. non producono letteratura, però esse garantiscono lo sviluppo della lingua nazionale, imponendo temi, generi, modelli stilistici e formano la sensibilità e la capacità di ricezione dei valori estetici. Le trad. sono «fermenti creativi» (Cornea 1966, 70; 76) per la produzione originale, con la quale entrano in
stretto dialogo. Mentre nel campo delle scienze esatte e della tecnologia, esse offrono i materiali per un recupero rapido e sorprendente, secondo il beneficio dei «vasi comunicanti» (Cornea 1974, 51), in letteratura gli influssi stranieri non sono meccanici, passivi, ma organici e simbiotici. Solo le mode e il manierismo producono fenomeni di «bicefalismo estetico» (Zamfir 1981, 122), termine usato per il lamartinismo non assimilato del poema in prosa di Cezar Bolliac. Nelle opere più significative della stessa generazione di questo poeta, invece, i procedimenti stilistici classici, preromantici e romantici, sono adattati sulla base di affinità latenti, come innovazioni nella tradizione. Lo stile elevato della lingua romena deve molto ai romantici francesi, oltre che ai testi romeni antichi (Andriescu 1997, 108). Si è ipotizzato un influsso di Lamartine anche sul carattere elegiaco dei nazionali cântece de lume (Cornea 1974, 291). I sorprendenti valori stilistici delle poesie romene del periodo 1830–70 (Manca¸s 1983, 55 ss.) sono stati spiegati attraverso l’associazione d’influssi classicisti, preromantici e romantici (diretti o mediati da trad.) e di influssi del folclore (ugualmente incoraggiati del romanticismo). Tale associazione tra popolare e letterario appare anche nella prosa del tempo. Gli stessi innesti si riscontrano anche nelle altre fasi di sviluppo del linguaggio artistico romeno come, ad es., nell’affermazione del simbolismo. Con il contributo delle trad. si formano anche le altre varianti stilistico-funzionali del romeno: lo stile oratorio, lo stile epistolare, il linguaggio artistico.
6.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
119a. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in friulano Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Friaulische 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
La traduzione più antica (1584) L’Orlando Furioso e l’Eneide ‘travestiti’ I testi religiosi Traduzioni di poesia I romanzi friulani di Sgorlon Le traduzioni della Clape Culturâl Acuilee Bibliografia
1.
La traduzione più antica (1584)
Solo nel 1742 venne stampato il primo libro scritto interamente in friulano: si tratta di un modesto almanacco dal titolo Guardafogo di Udin. Prima di allora l’idioma friulano aveva fatto un’apparizione soltanto sporadica in raccolte di versi, commedie ecc. – Così nel famoso trattatello Avvertimenti della lingua sopra il Decamerone (Venezia, 1584) il fiorentino Leonardo Salviati riporta una traduzione friulana della novelletta Il re di Cipri di Boccaccio (ripubblicata da Papanti 1875, 19 s.). Questo testo ci mette già in presenza della ‘koinè friulana’ basata sull’udinese (fondamento dell’attuale lingua standard). Dopo più di quattro secoli il friulano letterario è cambiato assai poco, a differenza di quanto è avvenuto per le altre favelle d’Italia pure documentate nel trattato salviatesco. La traduzione succitata è interessante anche per la storia della grafia. Le vocali lunghe, ad es., vi vengono scritte due volte (viltaat, “viltà”). Tale sistema è stato definitivamente abbandonato in favore dell’accento circonflesso (viltât, ecc.).
2.
L’Orlando Furioso e l’Eneide ‘travestiti’
Rimase inedita per tre secoli una traduzione in ‘koinè udinese’ dell’Orlando Furioso di Ariosto. L’autore è ignoto, la data è forse il 1571. Non sappiamo se la traduzione fosse stata portata a compimento: a noi sono giunti solamente il 1° e il 2° canto. Li pubblicò Joppi nel 1878 (1878, 233–252). Si tratta di una traduzione ‘bernesca’ o giocosa, cioè di un ‘travestimento’ del capolavoro ariostesco. Basti dire che già nella prima strofa viene menzionata per due volte la parte posteriore del corpo umano (chuul, v. 3; cuul, v. 7). Malgrado ciò, sia Joppi che Ostermann dichiararono di apprezzare la qualità artistica di tale versione. Non induce peraltro a ec-
cessivi entusiasmi il fatto che in questo incunabolo poetico venga assegnato al friulano il ruolo basso della comicità. La traduzione pure burlesca dell’Eneide fu invece opera del goriziano Gian Giuseppe Bosizio (1660–1743). Venne pubblicata a Gorizia nel 1775 in due tomi: La Eneida di Virgili tradotta in viars furlans berneschs dal Sior Abat Zuan Josef Busiz de Thurnberg, e Iungenegg, cancellir arcidiaconal di Gurizza, e di Gradischa. Bosizio si servì della varietà friulana della città di Gorizia, che era allora la capitale del Friuli austriaco (Udine era invece la ‘metropoli’ del Friuli veneto). Il poema del Bosizio è un tipico prodotto letterario barocco, caratterizzato dalla compresenza di diversi registri espressivi: friulano paludato, linguaggio plebeo, buffi anacronismi. «La distanza dei livelli accostati non può produrre che scintille» (Pellegrini 1987, 209). L’idea di parodiare l’Eneide non era una novità nei sec. XVII –XVIII : L’Eneide travestita dell’umbro Giambattista Lalli uscì infatti nel 1633, Le Vergile travesti, capolavoro di Paul Scarron, fu pubblicato tra il 1648 e il 1653. La parodia di Ivan Kotljarevskij apparve a Pietroburgo nel 1798 e costituisce, come ben sanno gli slavisti, una tappa fondamentale della letteratura ucraina. La versione di Bosizio non ebbe invece una funzione analoga in Friuli. Il suo valore letterario è infatti modesto. Inoltre la scelta di un friulano municipale (il goriziano) non piacque ai letterati del Friuli veneto. Perciò l’udinese Giovanni Battista della Porta (1789–1864) rifece l’opera del Bosizio nella koinè centrale, depurando inoltre il poema dagli elementi più scurrili. Questo rifacimento uscì a Udine in due volumi nel 1830–31: L’Eneide di Virgilio travistude da Zuan Sef Busiz, ridote a lezion pure friulane da Zuan Batista nob. da la Puarte (sull’antagonismo linguistico goriziano-udinese cf. Faggin 1984, 167). Gian Giuseppe Bosizio è pure autore di una versione (non umoristica) delle Georgiche di Virgilio, che rimase pure inedita: verrà pubblicata soltanto nel 1857. È notevole in essa l’ampiezza e la precisione della terminologia agricola, ma risaltano altresi gli italianismi stridenti (ciec oblio, cups orrors, ecc.).
119a. Traduzione e storia della lingua: traduzioni in friulano
3.
I testi religiosi
Il Friuli non conobbe la Riforma protestante. Ciò può spiegare il fatto che nei secoli scorsi non sia stata tradotta la Sacra Scrittura. Un Pater noster nella «Gortianorum & Foroiuliensium linguâ» appare nella nota operetta di Hieronymus Magiserus, pubblicata a Francoforte sul Meno nel 1593: Specimen quadraginta diversarum atque inter se differentium linguarum & dialectorum; videlicet Oratio dominica, totidem linguis expressa. La predicazione e il catechismo si sono sempre svolti in Friuli nella lingua del popolo; tale usanza cessò solo nel 1915. Mentre le prediche non venivano mai pubblicate (ne conserviamo numerosi manoscritti), il catechismo friulano tradotto dal testo ufficiale del cardinale Bellarmino venne dato più volte alle stampe. Ne conosciamo due diverse traduzioni. La più antica è del 1745 (Dottrine cristiane del gardinal Bellarmino. Tradotte fedelmentri in lenghe Furlane cull’azonte in fin des Orazions ordinariis e dei Az di virtuz, par major intelligenze del nestri Pais. In Udin, par Zambattiste Fongarin, 1745). Questa traduzione venne ristampata negli anni 1746, 1770 e 1801. L’altra versione venne pubblicata nel 1775 (La duttrine cristiane del Bellarmin, sminuzzade, e ridotte plui facil a mandâ a memorie de Int senze lettere, in lenghe chiargnelle. In Udine per li fratelli Gallici, 1775). Se ne fece una ristampa nel 1778. Tutti questi catechismi, come del resto le contemporanee predicazioni, ci lasciano delusi perchè la lingua non vi è pura, ma ricalca pedissequamente l’italiano. L’importanza di questi testi nella storia degli usi scritti del friulano è stata comunque rilevante. Essi da un lato sono la prova che nel sec. XVIII le masse friulane non avevano ancora una conoscenza sufficiente dell’italiano, dall’altro ci attestano il prestigio della koinè friulana scritta, la quale avrebbe avuto, nei secoli successivi, ulteriori e considerevoli sviluppi. Nel 1860 veniva pubblicato a Londra Lu Vanzèli seònd S. Matìe. Questa traduzione nasceva per volontà e a spese di un grande dialettologo, il principe Luigi Luciano Bonaparte, il quale fece tradurre e pubblicare quel vangelo in 17 parlate d’Italia (Zolli 1986, 314 s.). Quale autore della bella versione friulana viene indicato il conte Pietro Dal Pozzo, ma vi sono buoni motivi per attri-
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buirla invece alla penna dell’abate Jacopo Pirona (Faggin 1985, LX ). Dopo il Concilio Vaticano II sono riprese le traduzioni della Sacra Scrittura – ora non più a fini dialettologici, ma essenzialmente per motivi religiosi. Negli anni ’70 sono stati pubblicati due grossi Messali, i quattro Vangeli nella versione di ‘Meni’ (Otmar Muzzolini), il Nuovo Testamento tradotto da Pieri Londar (Pietro Londero) e Checo Placerean (Francesco Placereani). Questi due sacerdoti, insieme con un terzo, Antoni Beline (Antonio Bellina), hanno curato inoltre la traduzione di numerosi libri dell’Antico Testamento. Dopo la scomparsa di Londero e di Placereani, Bellina ha portato avanti e completato da solo l’immane impresa. Il risultato è stato La Bibie: sette splendidi, grandi volumi riccamente illustrati, editi da Mario Ribis tra il 1984 e il 1993. Quattro anni più tardi la stessa Bibie è apparsa, sempre a Udine, in un solo volume di 2.606 pagine. L’edizione, di alcune migliaia di copie a prezzo contenuto, è andata rapidamente esaurita. Di fronte a questa imponente realizzazione (nessun dialetto italiano possiede una Bibbia completa) non si può non dichiarare la propria ammirazione. D’altro canto, però, s’impone subito un’osservazione che riguarda la qualità letteraria dell’opera. Essa è stesa infatti in una koinè dialettalizzante, molto legata al vernacolo del paese d’origine del traduttore (Venzone). Lo stesso lessema Bibie è un evidente italianismo: la forma corretta (non priva di attestazioni) è ovviamente Biblie. Altrettanto dicasi per la parola Gjesù. Il friulano più genuino conosce Jesù o Jesu: quest’ultima è la forma che troviamo ad es. nel Vanzèli seònd S. Matìe del 1860. Malgrado queste riserve di ordine linguistico, si deve riconoscere che l’importanza della Bibbia di don Bellina è difficilmente sopravvalutabile. Benchè oggi la lettura della Sacra Scrittura sia ovunque in netto regresso, non sono pochi i cattolici e gli intellettuali friulani che si familiarizzano con la lingua storica della loro terra proprio attraverso La Bibie. Tale opera ha un’indubbia funzione unificatrice nel campo del linguaggio friulano, contribuendo a divulgare l’antica koinè di matrice udinese anche nel Goriziano e nel Friuli occidentale (provincia di Pordenone, alla sinistra del fiume Tagliamento), dove essa è ancora insufficientemente conosciuta. Attraverso La Bibie i friulani possono impratichirsi di una moderna grafia che prevede l’uso della ‘pipa’,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
segno diacritico di origine slava (dol˘c “dolce”, z˘ ovin “giovane”), che fece la sua prima apparizione in Friuli nel 1952, ma viene ancora largamente osteggiato dai tradizionalisti.
4.
Traduzioni di poesia
Nel 1909 apparve l’elegante volume La çhampana di Schiller e altris poesiis classichis todesçhis tradotis in furlan di Gurizza e vicinanzis cui tesçh originai di fazza. Il libro uscì anonimo, ma sappiamo con sicurezza che il suo autore fu un alto diplomatico asburgico, il barone Enrico Calice. L’entusiasmo friulanista di Pier Paolo Pasolini si manifestò anche nel campo della traduttologia. «Il friulano ha bisogno di traduzioni, essendo questo il passo più probatorio per la sua promozione a lingua». Il traduttore dovrà pertanto sforzarsi «non di trasferire la materia da un piano superiore (la lingua) a un piano inferiore (il friulano), ma di trasportarla da un piano all’altro a parità di livello» (Pasolini 1947). Le non molte versioni poetiche lasciateci da Pasolini sono delle ricreazioni più che delle traduzioni aderenti all’originale. Altrettanto dovrà dirsi per le esercitazioni dei giovani poeti appartenenti all’Academiuta di lenga furlana da lui fondata. La lingua poetica di tutti questi lirici era lo schietto dialetto casarsese, una varietà friulana occidentale. La lezione di stile impartita da Pasolini non mancò di dare i suoi frutti, giacchè non sono poche le traduzioni poetiche di buon livello condotte negli ultimi decenni. Alcune di esse sono state raccolte in apositi florilegi. Ne citiamo due: I timps e lis peraulis. Lis plui bielis poesiis des leteraduris forestis (Locarno, 1980), e Incuintris. Poets foresc’ dal Nufcent voltâts in lenghe furlane (Udine, 1985).
5.
I romanzi friulani di Sgorlon
Carlo Sgorlon (nato nel 1930) è autore di numerosi romanzi italiani che hanno avuto uno straordinario successo di pubblico. Sollecitato dai suoi conterranei a scrivere un romanzo in madrelingua, egli tradusse in koinè friulana un lungo racconto scritto originariamente in lingua italiana e rimasto inedito. Si tratta di Prime di sere, che uscì nel 1971 e riscosse un notevole successo. Il testo italiano venne più tardi ugualmente pubblicato, con il titolo Il vento nel vigneto (1973). Un’analoga operazione letteraria ebbe luo-
go un decennio più tardi. Da un altro manoscritto italiano restato inedito e risalente al 1976, Sgorlon ricavò il suo secondo romanzo friulano, più ampio del primo. Fu Il dolfin, che uscì nel 1982. La primitiva versione italiana, rimaneggiata e sfrondata, vide la luce quattro anni più tardi nella collezione dei classici Mondadori per ragazzi (I sette veli, Milano, 1986). Non occorre sottolineare l’interesse che per gli studi comparativistici riveste un accurato confronto dei due romanzi nelle rispettive versioni.
6.
Le traduzioni della Clape Culturâl Acuilee
Un’impresa editoriale di notevole rilievo è rappresentata dalla collana dei ‘Classics des leteraduris forestis’ pubblicati a Udine dalla Clape Culturâl Acuilee, ente culturale fondato e presieduto da Gianni Nazzi. A partire dal 1976 sono apparsi in questa collana 37 volumetti, che spaziano dalla letteratura per l’infanzia (Perrault, Andersen, Grimm) alla narrativa (Hemingway, Pirandello, Cankar, Kafka, ecc.), dal teatro (Molière, Beckett, Brecht, Cˇechov, Shakespeare, Ionesco, Bernanos, Goethe, Eliot, ecc.) alla poesia (García Lorca, Jiménez, ecc.). Buona parte di codeste traduzioni sono opera dello stesso Nazzi, che si firma a volte con uno pseudonimo. A partire dal n. 17 della collana, viene applicata l’ortografia del Vocabolario della lingua friulana (Faggin 1985), che ha accolto e ulteriormente sviluppato il sistema delle ‘pipe’. Grazie a queste traduzioni e ad altre pubblicazioni della stessa Clape Culturâl Acuilee, un modello rigoroso di friulano standard viene coerentemente impiegato e propagato. Tale modello, in verità, può apparire talvolta piuttosto artificiale e arcaizzante. Ciò dipende dal fatto che gli sforzi normalizzanti e puristici (vieli “vecchio”, e non il venetismo vecio; l’ant. daspò anzichè dopo; ecc.) contrastano forse un po’ troppo con la progressiva e massiccia italianizzazione che sta snaturando il friulano d’oggi. Comunque le si voglia giudicare, si deve ammettere che le traduzioni della Clape Culturâl Acuilee, malgrado le loro basse tirature e la carente distribuzione, stanno portando un notevole contributo all’uso, sia scritto che orale, di un friulano corretto e unitario. Ciò interessa soprattutto le persone di cultura e assai meno gli strati popolari, i quali stanno gradualmente abbandonando la lingua materna, perchè essa, pur essendo
119b. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Dolomitenladinische
1365
ora riconosciuta dallo Stato italiano, è quasi completamente assente dai mass-media e risulta priva di qualsiasi utilità pratica (i parlanti friulano, nelle tre province di Udine, Pordenone e Gorizia, sono scesi dal 57 % del 1977 al 34 % del 1998, cf. Il Gazzettino, 20 aprile 1999).
XIV al XIX , raccolti ed annotati, AGI 4 (1878),
7.
Pellegrini, Rienzo, Tra lingua e letteratura. Per una storia degli usi scritti del friulano, Tavagnacco (Udine), 1987.
Bibliografia
Faggin, Giorgio, La koinè friulana, in: Messner, Dieter (ed.), Das Romanische in den Ostalpen, Wien, 1984, 161–174. –, Vocabolario della lingua friulana, 2 vol., Udine, 1985. Joppi, Vincenzo, Testi inediti friulani dei secoli
233–252. Papanti, Giovanni, I parlari italiani in Certaldo alla festa del V centenario di Messer Giovanni Boccacci, Livorno, 1875 (rist. Bologna, 1972). Pasolini, Pier Paolo, Dalla lingua al friulano, Ce fastu? 5–6 (1947), 25 s. (rist. in: id., Un paese di temporali e di primule, Parma, 1993, 225–227).
Zolli, Paolo, Le traduzioni della Bibbia in friulano. Materiali per una bibliografia, FilM 8 (1986), 307–318.
Giorgio Faggin, Vicenza
119b. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Dolomitenladinische Traduction et histoire des langues: traductions en ladin 1. 2. 3.
17. Jahrhundert bis heute Gegenwart Literatur
1.
17. Jahrhundert bis heute
Übersetzungen erschließen einer Sprachund Kulturgemeinschaft fremde Kulturen und Literaturen bzw. dienen dazu, ursprünglich in einer Fremdsprache dargestellte Sachverhalte (Sach- bzw. Fachtexte) verständlich zu machen. Es kann davon ausgegangen werden, dass in früheren Jahrhunderten in den ladinischen Tälern Fremdsprachenkenntnisse noch nicht allgemein verbreitet waren. Bei den ersten bekannten Texten in ladinischer Sprache handelt es sich um Bekanntmachungen bzw. Verordnungen, die zunächst vermutlich auf Deutsch bzw. Italienisch abgefasst und zum Zwecke der besseren Verständlichkeit in das entsprechende Talidiom übersetzt wurden: Der älteste bekannte ladinische Text Proclama per la sagra di s. Zuane d’ Anno 1631 („Bekanntmachung für das Fest des Heiligen Johannes im Jahr 1631“) ist wahrscheinlich eine Übersetzung aus dem Italienischen ins Gadertalische; aus dem Jahr 1632 stammt ein offensichtlich ebenfalls aus dem Italienischen ins Buchensteinische übersetzter Erlass des damaligen Bischofs von Brixen Wilhelm Baron
von Welsberg; 1733 wurde ein ursprünglich auf Deutsch verfasstes Statut ins Gadertalische übersetzt. Aus den anderen ladinischen Tälern sind ähnlich frühe Übersetzungen nicht bekannt. Gedruckte ladinische Texte bleiben bis ins 19. Jh. – im Vergleich zu größeren Sprachen – selten; häufig handelt es sich um Primizgedichte, die, selbst wenn sie gedruckt wurden, nicht für eine weitere Verbreitung vorgesehen waren. Einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden sollten zweifellos verschiedene Texte des Gadertaler Priesters Johann Matthäus Declara (1815–84), die jedoch z. T. ungedruckt blieben, so z. B. die aus dem Deutschen übersetzte Vita dla santa fancella Notburga da Rottenburg („Leben der Hl. Jungfrau Notburga von Rottenburg“, 1862). Der Text war vermutlich dazu gedacht, die Gläubigen auf die Verwendung des Ladinischen in geschriebenen Texten vorzubereiten. Erwäh¯ o¯ ria bibia nenswert ist auch die Pitla St („Kleine biblische Geschichte“) von Friedrich Justus Knecht, übersetzt von Èngel Dèmètz und Giuanni B. Pèrathoner, Persenon (= Brixen), 1913. Die erste ins Ladinische (Gadertalische) übersetzte Gebrauchsschrift ist eine kurze, im Original deutschsprachige Einführung in die Landwirtschaft von J. Samek (das Original ist bibliographisch nicht zu ermitteln und vermutlich nie ge-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
druckt worden): Instruziung d’agricultura („Anleitung zum Ackerbau“). Die Übersetzung wurde von Carlo Tammers vorgenommen und 1895 in Porsenù (= Brixen) veröffentlicht. – Übersetzungen von Werken der ‘Weltliteratur’ sucht man bis in die 80er Jahre des 20. Jh. vergeblich.
2.
Gegenwart
Da heute alle Ladiner zweisprachig (ladinisch und italienisch in Ampezzo, Buchenstein und Fassa) bzw. dreisprachig (ladinisch, deutsch, italienisch im Gadertal und in Gröden) sind, erfolgt die Erschließung fremder Literaturen meistens mittels Übersetzungen aus den entsprechenden Ausgangssprachen in die beiden großen Kultursprachen Deutsch und Italienisch. – Fachsprachliche (v. a. naturwissenschaftliche und technische) Texte werden ohnehin meistens in der Originalsprache Englisch gelesen. Oberflächlich betrachtet und unter rein pragmatischen Gesichtspunkten besteht also scheinbar kein Bedarf an Übersetzungen in die ladinische Sprache. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist jedoch, dass neben der Produktion eigener Texte Übersetzungen zur Stärkung des Sprachbewusstseins einer minoritären Sprechergruppe sowie des Prestiges ihrer Sprache beitragen können. So hat im Rahmen der Statusplanung seit den 80er Jahren (v. a. infolge der Gründung der beiden ladinischen Kulturinstitute im Fassatal 1975 [Provinz Trient] und im Gadertal 1977 [Prov. Bozen]) eine – wenn auch noch bescheidene – Übersetzungsproduktion eingesetzt, die v. a. Übersetzungen ins Gadertalische, Grödnische und Fassanische, z. T. auch in die ladinische Dachsprache Ladin dolomitan (LD ), in den folgenden Bereichen hervorgebracht hat (Texte in Auswahl): –
Verwaltung: seit der Einführung der amtlichen Dreisprachigkeit 1989 in den ladinischen Tälern der Provinz Bozen (Gadertal, Gröden) und der amtlichen Zweisprachigkeit 1994 in der Provinz Trient (Fassatal) werden Gemeinderatsbeschlüsse und -protokolle, offizielle Ankündigungen, Wahlbekanntmachungen etc. in den betreffenden Tälern selbst in drei bzw. zwei Sprachen schriftlich fixiert. Auch der Text des Autonomiestatuts der Provinz Bozen liegt in ladinischer (LD ) Übersetzung vor. Technische Berichte, Vorschriften etc. für die
–
–
–
Gemeinden werden ebenfalls ins Ladinische übersetzt (gadertalisch z.B. Laûrs Publics: Prisc informatîfs por laûrs de costruziun, dé fòra dala Provinzia Autonóma de Balsan / Südtirol, lauré fòra dal arch. Rudi Lorenzi, traduziun: Istitut Ladin ‘Micurà de Rü’ (Giovanni Mischí). Broschüren: z. B. über Zivilschutz (gadertalisch / grödnisch): Proteziun zivila te Südtirol, Provinzia Autonóma da Balsan, 1997) oder Kinderernährung (grödnisch: L nudrimënt dl pop sann, Provinzia Autonóma de Bulsan / Südtirol, o. J.). wissenschaftliche Arbeiten: z. B. Rabeder, Gernot, Les Laûrs de Conturines, Balsan / Bozen, 1993; (dt.: Die Höhlenbären der Conturines); Tecchiati, Umberto (ed.), Sot´ciastel. Un abitato fortificato dell’età del bronzo in Val Badia, San Martin de Tor, 1998 (Texte deutsch und italienisch; Zusammenfassung gadertalisch und englisch; der italienische Untertitel erscheint auf dem Titelblatt ebenfalls auf deutsch, ladinisch und englisch); die Einleitung des Ladinischen Sprachatlasses (Goebl, Hans (ed.), Atlant linguistich dl ladin dolomitich y di dialec vejins (I ), Sprachatlas des Dolomitenladinischen und angrenzender Dialekte (I ), Wiesbaden, 1998; ALD -I ) ist (außer auf Deutsch und Italienisch) in LD abgefasst. Zu nennen sind auch populärwissenschaftliche Texte, wie z. B. Verdorfer, Martha, N popul nia conesciü. Sinti y Roma, Balsan / Bozen, 1995 (dt.: Unbekanntes Volk. Sinti und Roma; Übersetzung Erna Flöss und Marlis Frenademez). Literatur: Antoine de Saint-Exupéry, Le Pice Prinz, San Martin de Tor (Istitut Ladin ‘Micurá de Rü’), 1993 (gadertalisch), L Pitl Prinz, San Martin de Tor (Istitut Ladin ‘Micurá de Rü’), 1993 (grödnisch); aus dem Bündnerromanischen: Cla Biert, Le descendënt, I . pert, San Martin de Tor, 1995 (die Übersetzung ins Gadertalische wurde auf der Basis der deutschen Übersetzung von Iso Camartin aus dem Unterengadinischen von Erna Flöss vorgenommen und von Lois Craffonara anhand des Originaltextes überarbeitet; es handelt sich um einzelne Kurzgeschichten aus dem bäuerlichen Leben); Charles Dickens, Na c´ iantia da Nadè, aus dem
119c. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Bündnerromanische
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Englischen übersetzt von Werner Pescosta, San Linert, 1997 (gadertalisch); Friedrich Dürrenmatt, I Fisicheri, San Martin de Tor, 1998 (ins Grödnische übersetzt von Ulrike Maierhofer-Kostner); Anton Cechov, Ues’a me maridé (Der Heiratsantrag ins Grödnische übersetzt von Ulrike Maierhofer-Kostner); Märchen der Brüder Grimm auf Kassetten mit Begleitbuch (Der gestiefelte Kater u. a.); Fassanisch u. a.: Jack London, L chiam del bosch (aus dem Italienischen Il richiamo della foresta); Jean-Pierre Rochat, Paster zenza steile (aus dem Französischen Berger sans étoiles). Kinderbücher: grödnische, gadertalische, fassanische Übersetzung des Kinderwörterbuchs von Richard Scarry (englische Erstausgabe New York, 1963), Mi prim dizioner / Mî pröm dizionar / Mie prum dizionar, San Martin de Tor / Vich de Fascia, 1987); zahlreiche Kinderbücher auf Gadertalisch, Grödnisch und Fassanisch (v. a. aus dem Deutschen und Italienischen). Liturgische Texte: Laldung l‘ Signur (gadertalisch, 1984, 927 S.); Bibia di
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Sandìs (Sonntagsbibel von Bischof Wilhelm Egger, übersetzt von Cristl Moroder, grödnisch, 1998, 600 S.). Fachwortschatz: Demetz, Karl / Wanker, Josef, Flora y Fauna dla Dolomites. Sortes de plantes. Sortes de tiëres, Bozen, 1997 (dreisprachig: grödnisch, deutsch, italienisch).
Hatten Übersetzungen bisher keinen Einfluss auf die Herausbildung einer die Talschaften übergreifenden Schriftsprache, so könnten sie heute zumindest zur Verbreitung und Akzeptanz des in der ladinischen Bevölkerung nicht unumstrittenen LD beitragen.
3.
Literatur
Belardi, Walter, Nascita di una nuova lingua letteraria romanza, in: id. et al. (eds.), Studi latini e romanzi in memoria di Antonio Pagliaro, Roma, 1984, 269–313. Kattenbusch, Dieter, Die Verschriftung des Sellaladinischen. Von den ersten Schreibversuchen bis zur Einheitsgraphie, San Martin de Tor, 1994.
Dieter Kattenbusch, Berlin
119c. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Bündnerromanische Traduction et histoire des langues: traductions en romanche 1. 2.
4. 5.
Vorbemerkungen Mittelalterliche Belege des Bündnerromanischen Die Bedeutung von Übersetzungen bei der Herausbildung der bündnerromanischen Schriftsprachen im 16. Jh. Die weitere Entwicklung Literatur
1.
Vorbemerkungen
3.
Für die Geschichte aller romanischer Sprachen haben v. a. am Anfang der schriftsprachlichen Verwendung Übersetzungen eine große Rolle gespielt. Unter den ersten schriftlichen Zeugnissen der romanischen Sprachen sind häufig Übersetzungen; so ist etwa das älteste Dokument für romanische Sprachen überhaupt, die Straßburger Eide
aus dem Jahre 842, zu nennen, und die verschiedenen Glossen (Reichenauer Glossen; Kasseler Glossen) fallen natürlich ebenfalls in diesen Bereich, wenn man auch darüber streiten mag, ob es sich um Übersetzungen im engen Wortsinn handelt (Schreiber 2001, 110). Dabei ist in der Regel das Lateinische die Sprache, aus der in die jeweilige Volkssprache übersetzt wird – nicht zuletzt aus der Diglossiesituation Latein-Volgare ist das Auftauchen der mittelalterlichen romanischen Schriftsprachen zu verstehen. Mit Baum (1995) kann man deshalb für die meisten romanischen Sprachen von einer «Geburt aus dem Geist der Übersetzung» sprechen. Etwas anders liegt der Fall bei den beiden romanischen Sprachen, deren erste schriftliche Dokumente nicht aus dem HochMA,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
sondern erst aus dem 16. Jh. stammen, dem Rumänischen und dem Bündnerromanischen (zu den isolierten mittelalterlichen Belegen des Bündnerromanischen cf. 2.). Für beide Sprachen gilt, dass in den Jahrhunderten zuvor im jeweiligen Sprachgebiet für den schriftsprachlichen Gebrauch neben einer ausschließlich schriftlich gebrauchten und v. a. auf den liturgischen und juristischen Bereich konzentrierten Sprache (Altkirchenslavisch bzw. Latein) auch ein weiteres, als kulturell höher eingestuftes Idiom zur Verfügung stand, das deshalb als Schriftsprache gebraucht wurde (Dakoslavisch bzw. Deutsch). Sowohl das Rumänische als auch das Bündnerromanische verdanken es v.a. Faktoren wie dem Aufkommen des Buchdrucks und der Reformation, dass sie im 16. Jh. erstmals schriftlich verwendet wurden. So ähneln sich in diesen beiden Sprachen auch die Textsorten der Anfangsphase der Schriftsprache – es handelt sich im Wesentlichen um Übersetzungen religiöser Texte (Teile der Bibel, Katechismen usw.) –, in denen die Abhängigkeit von den Ausgangstexten in unterschiedlicher Weise sichtbar ist.
2.
Mittelalterliche Belege des Bündnerromanischen
Wenn auch die ersten schriftlichen Zeugnisse des Bündnerromanischen erst auf das 16. Jh. zu datieren sind, so darf darüber nicht übersehen werden, dass es drei isolierte mittelalterliche Belege (Würzburger Federprobe, Einsiedler Interlinearversion, Münstertaler Urbar, am leichtesten zugänglich bei Liver 21991, 99–102) gibt. Sie sind zwar «viel zu fragmentarisch und zu interpretationsbedürftig», als dass sie «wirklich ein Bild von der mittelalterlichen Volkssprache vermitteln könnte[n]» (Liver 1999, 84), doch handelt es sich bei dem umfangreichsten dieser Texte um eine Übersetzung, so dass er hier kurz vorgestellt werden soll. Die Einsiedler Interlinearversion (wahrscheinlich vom Ende des 11. Jh.) ist die Übertragung einer «in einer späten, von der Umgangssprache beeinflußten Latinität» (ib., 89) gehaltenen pseudo-augustinischen Predigt in das mittelalterliche Bündnerromanische vermutlich des Rheingebiets. Das grundsätzliche Problem bei der Interpretation dieses Textes ist, dass es keine Parallelen gibt, die eine unumstrittene Deutung etwa im Bereich der Phonemik–Graphemik zuließen. Anders ausgedrückt: Die meisten
Aussagen über das mittelalterliche Bündnerromanische, bes. das des Rheingebiets, etwa die Annahme eines Zweikasussystems ähnlich wie im Altfranzösischen und Altokzitanischen beruhen nicht zuletzt auf dieser 14 Zeilen umfassenden Übersetzung, die ganz offensichtlich von einem Geistlichen stammt, der mit der Übertragung des Textes größere Probleme hatte und deshalb sein Unterfangen bald aufgab (cf. zu Einzelheiten Liver 1969a).
3.
Die Bedeutung von Übersetzungen bei der Herausbildung der bündnerromanischen Schriftsprachen im 16. Jh.
3.1. Engadin Das erste schriftliche Dokument des Bündnerromanischen ist ein 704 Verse unterschiedlicher Länge umfassendes Kurzepos von Gian Travers, das ein historisches Ereignis, den sog. Müsserkrieg, in den der Autor selbst verwickelt war, zum Thema hat: La chianzun dalla guerra dagl Chiaste da Müs (am leichtesten zugänglich in der Ausgabe von Schorta-Gantenbein cf. Travers 1942). Wenn auch formal durchaus Abhängigkeiten von deutschen Gedichten und Liedern festzustellen sind (Liver 1999, 100), so handelt es sich beim Lied vom Müsserkrieg aber natürlich nicht um eine Übersetzung. Travers ist mit seinem Werk zwar «der vater der ersten lebensfähigen rät. schriftsprache» (Gartner 1910, 280), doch konnte er in der Folgezeit kaum als Vorbild dienen, da sein Epos bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. ungedruckt blieb. Auch für heutige sprachhistorische Forschungen ist sein Opus, zu dem außer dem Lied vom Müsserkrieg noch einige biblische Spiele gehören, nur bedingt nutzbar, da es lediglich in Kopien vorliegt, die auf die Zeit nach 1600 zu datieren sind und die in ihrer Schreibung ganz deutliche Beeinflussungen späterer Autoren zeigen. Somit stehen bei genauer Betrachtung am Anfang des bündnerromanischen Schrifttums Übersetzungen, die mit der aufkommenden Reformation, die bereits frühzeitig in Graubünden Fuß fassen konnte, in Bezug zu bringen sind: Johannes Comander, ein Freund und Studienkollege Zwinglis, verbreitete reformatorische Ideen in Chur, wo er Pfarrer an St. Martin war; im Engadin war der zunächst wichtigste Mann Filip
119c. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Bündnerromanische
Gallicius, der aus dem unterengadinischen Münstertal stammte: Er wirkte ab 1524 an verschiedenen Orten, musste sich mehrfach vor Gericht verteidigen und wurde zeitweise aus dem Engadin verbannt. Aus sekundären Quellen ist bekannt, dass er vermutlich als Erster das Vaterunser, die Zehn Gebote und einen Teil der Genesis ins Bündnerromanische, genauer ins Vallader, übersetzt hat. Das erste in bündnerromanischer Sprache gedruckte Werk ist eine 1552 (in Puschlav) erschienene, von Jachiam Bifrun angefertigte Übersetzung eines deutsch geschriebenen Katechismus von Comander und Blasius (Una cuorta & christiauna fuorma da intraguider la giuventüna). In seinem nur drei Jahre später erschienenen Mithridates (Tiguri, 1555) erwähnt Gessner dieses Werk mit den Worten: «Primus nostro sæculo vir doctrina et pietate clarus Jacobus Bifrons Rhetus hanc linguam scriptis illustrare et publicare incœpit, qui catechismum etiam sacrosanctæ religionis nostræ e Germanico in hunc sermonem convertit» (Böhmer 1883–85, 110),
und er druckt auch das Vaterunser aus dieser Katechismusübersetzung ab. Leider ist die Erstausgabe von Bifruns Fuorma nicht erhalten. Die erste, aber auch nicht ganz vollständige, erhaltene Ausgabe dieses Werkes stammt aus dem Jahre 1571 (Puschleef), sie hat aber im Vergleich zur Erstausgabe – v. a. in der Orthographie – vermutlich deutliche Unterschiede. Mit seinen verschiedenen Übersetzungen religiöser Texte aus unterschiedlichen Sprachen (v. a. aus dem Deutschen und Lateinischen) ist Bifrun somit die entscheidende Persönlichkeit für die Herausbildung einer ersten bündnerromanischen Schriftsprache. Das in dieser Hinsicht bedeutendste Werk ist dabei zweifellos seine Übersetzung des Neuen Testaments ins Oberengadinische, die er 1560 (in Basel) auf eigene Kosten drucken ließ (L’g Nuof sainc Testamaint da nos Signer Jesu Christi, am leichtesten zugänglich in der Ausgabe von Gartner 1913). Bifrun wollte kein literarisches Werk schaffen wie Travers, sondern er verstand seine Muttersprache als Kampfmittel der Reformation, so wie es andere in Deutschland oder Frankreich zur gleichen Zeit taten, so dass die gelegentlich anzutreffende Charakterisierung Bifruns als ‘Luther des Engadins’ sicherlich nicht ganz falsch ist. In einer «alla Christiavna Givventvna d’Agnedina» gerich-
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teten Vorrede setzt sich Bifrun – genauso wie kurze Zeit später Durich Chiampel in seiner 1562 erschienenen unterengadinischen Psalmenübersetzung (s. u.) und der erwähnte Reformator Filip Gallicius, der zu beiden Werken ein Vorwort schrieb – auch theoretisch mit dem Problem, in eine bislang noch nicht schriftlich verwendete Sprache zu übersetzen, auseinander. Seine Gedanken zeigen ein großes sprachliches Selbstbewusstsein (Liver 1969b, 31–36), wie man es zur gleichen Zeit etwa auch in den Sprachdiskussionen in Frankreich oder Italien finden kann. So betont Bifrun gegen mögliche Kritiker ausdrücklich, dass man das Romanische sehr wohl schreiben könne, da man ja auch Sprachen wie Deutsch und Französisch, die er als «plü grêfs & plü fadius co l’g nos» einschätzt, schreiben könne, und den Einwand, die Sprache sei noch zu unvollkommen, als dass man die Bibel in sie übersetzen könne, lässt er ebenfalls nicht gelten: Zwar habe das Romanische noch gewisse Mängel, doch seien diese nicht so groß, dass man deswegen auf eine Fremdsprache zurückgreifen müsse. Außerdem könne man mit dem schriftlichen Gebrauch der Sprache etwas für deren Verbesserung tun. Gleichzeitig wendet sich Bifrun gegen andere, die offensichtlich parallel zu ihm Versuche unternahmen, das Bündnerromanische zu schreiben, dabei aber «schert bustaps & accês, quæls chi nu uignen adruôs in la leaûgia Latina» gebrauchen. Das Lateinische als Sprache, aus der das Bündnerromanische sich ableitet, bekommt deshalb bei Bifrun als Vorbild deutlich den Vorzug gegenüber dem Deutschen. Die Tatsache, dass die bündnerromanische Literatur mit einer Übersetzung beginnt, birgt gleichzeitig eine Chance und eine Gefahr (ib., 18 s.): Eine Chance insofern, als die Vorlage immer wieder auch als sprachliches Muster dienen kann, wenn es Probleme in der noch nicht gefestigten Muttersprache gibt; aber genau darin liegt natürlich die Gefahr, Fremdes zu leichtfertig zu übernehmen und der eigenen Sprache überzustülpen. Auf dem Titelblatt seiner Bibelübersetzung schreibt Bifrun zwar, dass er aus dem Lateinischen und aus anderen Sprachen übersetzt habe («Prais our delg Latin & our d’oters launguax»), doch haben genauere Analysen (Fermin 1954; Heinimann 1976) gezeigt, dass die lateinische Übersetzung des Erasmus von Rotterdam der Ausgangstext war und dass Bifrun wohl nur an wenigen
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Stellen anderssprachige Versionen benutzt hat. Man tut Bifrun und seiner unbestrittenen Leistung sicherlich nicht unrecht, wenn man feststellt, dass an vielen Stellen die Abhängigkeit vom Ausgangstext durchscheint: Dies fällt in der Syntax, wo die Wortstellung zuweilen nicht romanisch, sondern lateinisch ist (Liver 1969b, 19–22), ebenso auf wie im Wortschatz, wo Bifrun selbst gelegentlich Erläuterungen zu einzelnen Wörtern gibt, die ansonsten offensichtlich nicht verständlich gewesen wären. Gerade was den Wortschatz anbetrifft, so darf man allerdings wohl annehmen, dass sich Bifrun bereits auf eine gewisse Tradition stützen konnte, denn die Glaubensverkündigung geschah zum Zeitpunkt des Erscheinens der Bibelübersetzung schon seit einiger Zeit in Bündnerromanisch, und auch im Bereich der Rechtsterminologie ist eine Tradition, die in die vorliterarische Zeit reicht, wahrscheinlich (Liver 1999, 101–105). So findet sich etwa in einer deutschen Kopie des sog. ‘Statuts-Vertrags’ aus dem Jahre 1508 der Hinweis, dass «die Statuten und Vertäg von teutsch in welsch ausgelegt, vor allen Comaunen und in einem jeden Dorf des Untern Engedein verlesen» (Deplazes 21993, 69) worden seien. In der Orthographie orientiert sich Bifrun nach eigener Aussage an der lateinischen; wie auch bei den ersten schriftlichen Dokumenten der anderen romanischen Sprachen sind es demgemäß die dem Lateinischen unbekannten Laute, die Probleme bereiten: Für /5c/ gibt es elf verschiedene Graphien (Darms 1989, 829 s.). Am Ende seiner Übersetzung fügt Bifrun noch eine kurze lateinisch verfasste Anleitung zum richtigen Lesen und Schreiben an («De Modo Legendi et Scribendi linguam Rheticam […]»), in der er allerdings nur einen bescheidenen Teil der von ihm verwendeten Schreibweise erklärt, um den Leser dann mit dem tröstenden Satz «Alia te usus docebit» zu entlassen. Die Bedeutung, die Bifrun mit seinen Übersetzungen religiöser Werke für die Etablierung einer oberengadinischen Schriftsprache hat, kommt für das Unterengadinische Durich Chiampel mit seinem 1562 (in Basel) gedruckten, im Wesentlichen aber wohl schon einige Zeit zuvor (und damit weitgehend unabhängig von Bifrun) erstellten Psalmenbuch Cudesch da Psalms (Ulrich 1906) zu. Dies ist ebenfalls eine – wenn auch zuweilen sehr freie – Übersetzung (Liver 1969b, 22, spricht von «Umdichtung»), der ein 1540 (in Zürich) in deutscher Sprache erschiene-
nes Nüw gsangbüchle von vil schönen Psalmen und geistlichen Liedern zugrunde liegt. Die Tatsache, dass Chiampel nicht aus dem Lateinischen, sondern aus dem Deutschen übersetzt, erklärt, dass seine Sprache insges. «größere Freiheiten und mehr Natürlichkeit des Ausdrucks» (Liver 1999, 110) aufweist als diejenige Bifruns. Auch ist Chiampels Orthographie konsequenter als die Bifruns, wobei man konstatieren kann, dass sie stärkere Anleihen bei deutschen Schreibgewohnheiten nimmt: tz für /ts/ (fortza), tsch für /tˇs/ (tschel), w für /v/ (hawair). Ob diese Anleihen bei der deutschen Orthographie dem von Chiampel benutzten deutschen Gesangbuch zu verdanken sind, oder ob es, wie Darms (1989, 832) vermutet, eine «‘deutsche’ Schreibtradition» gibt, die «älter ist als Chiampel und Bifrun», muss hier offen bleiben. Unbestritten ist jedenfalls, dass dank der Übersetzungen Bifruns und Chiampels die ersten bündnerromanischen Schriftsprachen schon von Anfang an ein hohes Maß an Elaboriertheit und Virtuosität aufweisen, das für den Anfang der schriftlichen Verwendung einer Sprache ganz erstaunlich ist. 3.2. Rheingebiet Die ersten gedruckten Werke aus dem Rheingebiet, die zumeist ebenfalls einen religiösen Inhalt haben, stammen aus dem 17. Jh. Sie verdanken ihr Entstehen der Reformation bzw. der v. a. von Oberitalien aus operierenden Gegenreformation; bei vielen handelt es sich um Übersetzungen. Das erste außerhalb des Engadins gedruckte bündnerromanische Buch stellt sich inhaltlich ganz in die Tradition der engadinischen Reformation: Es ist die Übersetzung eines in Deutsch verfassten Katechismus durch Daniel Bonifaci, Magister in Fürstenau im Domleschg (Bonifaci 1601), und das Domleschger Romanisch, das zum sutselvischen Sprachgebiet gehört, ist auch Bonifacis Zielsprache. In der Orthographie erinnert das Werk stark an Chiampel, von dem Bonifaci einzelne Schreibweisen offensichtlich übernommen hat. Insges. ist es «ina translaziun zunt fidaivla a l’original, dentant simpla e clera, chapaivla per mintgin» (Deplazes 21993, 93). Die surselvische Schriftsprache tritt von ihren Anfängen an in einer katholischen und einer protestantischen Ausprägung auf (Dahmen 1990). Dies ist nicht zuletzt daraus zu erklären, dass die protestantischen Autoren ihre Vorbilder im engadinischen und deut-
119c. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Bündnerromanische
schen Sprachbereich suchen, die katholischen hingegen im italienischen. Beiden Richtungen ist eigen, dass die jeweils ersten Werke Autoren zu verdanken sind, die nicht aus dem surselvischen Sprachgebiet stammen, sondern aus dem Engadin (Steffan Gabriel) bzw. aus der Lombardei (Gion Antoni Calvenzano). Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass diese Bücher nunmehr ihrerseits übersetzt werden: Steffan Gabriels Ilg Vêr Sulaz (Gabriel 1611), dessen Quellen Chiampel und ein in Zürich erschienenes Gesangbuch sind, wird nicht nur mehr als ein Dutzend Mal nachgedruckt, sondern auch ins Deutsche und Italienische übersetzt (Deplazes 21993, 106). Calvenzanos Curt mossament (Calvenzano 1611), das ursprünglich in sutselvisch verfasst war, kennt neben der Übersetzung ins Surselvische auch eine ins Surmeirische. Mit der Übersetzung des Neuen Testaments durch Steffan Gabriels Sohn Luci (Gabriel 1648) bekommt die protestantische surselvische Schriftsprache eine Form, die bis ins 20. Jh. hinein Geltung hat (Caviezel 1993, 17).
4.
Die weitere Entwicklung
Zur ersten Phase der Schriftsprachlichkeit im 16. und 17. Jh., die inhaltlich durch die religiöse Thematik und formal durch Übersetzungen geprägt ist, gehört noch eine ganze Reihe von weiteren Übertragungen der Bibel bzw. einzelner Bibelteile ins Bündnerromanische (Übersicht bei Bezzola 1979, 275–281; Deplazes 1988, 15–26). Von besonderer Bedeutung ist dabei v. a. die Bibla da Scuol von Vulpius / Dorta (La Sacra Bibla. Quai Ais Tuot La Sancta Scrittüra, Scuol, 1679; «Bibla gronda», «ün ouvra monumentela, admirabla», Bezzola 1979, 280), da sie zum Sprachausbau des Unterengadinischen wesentlich beigetragen hat: Als Sprache, aus der bei Bedarf entlehnt wird und an der man sich orientiert, dient dabei das Italienische, wie die Übersetzer selbst erklären: «La scarsdà da nossa Lingua ais restaurada cun pleds italians […] è quatras ais nossa Lingua bain polida & adampchiada» (zit. nach Deplazes 1988, 17). Einzelne der von Vulpius / Dorta eingeführten Graphien sind bis auf den heutigen Tag im Unterengadinischen in Gebrauch; die Chance, die diese Bibelübersetzung zur Bildung einer einheitlichen (unterund ober-)engadinischen Schriftsprache bot, wurde allerdings nicht genutzt, da die italianisierenden Tendenzen im Oberengadin
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schon bald noch weiter gingen (Darms 1989, 834). Eine Beseitigung der zahlreichen Italianismen erfolgte erst mit den Bibelübersetzungen von Jachen Ulrich Gaudenz und Rudolf Filli in den 30er Jahren des 20. Jh., für die die beiden Übersetzer mit dem Ehrendoktortitel der Theologischen Fakultät der Universität Basel ausgezeichnet wurden (Bezzola 1979, 280 s.). Neben den Bibelübersetzungen erscheint in der zweiten Hälfte des 17. Jh. eine Reihe von Werken, in denen katholische wie protestantische Autoren Anleitungen zu einem christlich geprägten Leben geben. Auch hierbei handelt es sich zumeist um Übersetzungen (vorwiegend aus dem Deutschen und Italienischen), die in ihrer sprachlichen Form vom Ausgangstext mehr oder weniger stark geprägt sind. Da diese Bücher von ambulanten Druckereien bzw. von Druckern erstellt worden waren, die nicht oder nur wenig Romanisch konnten, finden sich hier viele – v. a. orthographische – Inkonsequenzen (Deplazes 1988, 27). Ab dem 18. Jh. löst sich das bündnerromanische Schrifttum mehr und mehr von dieser Tradition. In der Literatur treten nun verstärkt profane Themen in den Vordergrund (Bezzola 1979, 290–319). Damit werden auch Übersetzungen seltener, obwohl sie zahlenmäßig weiterhin einen verhältnismäßig großen Anteil ausmachen (genauere statistische Angaben ließen sich auf der Basis der leicht zugänglichen chronologischen Druckregister, Böhmer 1883–85, Ligia Romontscha 1938, 261–266, problemlos machen). Sie haben aber naturgemäß für die Sprachgeschichte nicht mehr die Bedeutung, die sie zuvor hatten. Besondere Beachtung verdienen allerdings die Schulbücher: V. a. zu Beginn des Aufbaus eines Schulsystems in Graubünden im 19. Jh. wurden Fibeln und Lesebücher eingesetzt, die Übersetzungen (zumeist aus dem Deutschen) waren (Caviezel 1993, 142–167; Deplazes 1949). Sie sind für die Entwicklung der Orthographie bes. im surselvischen Sprachgebiet mit der Zweiteilung in eine katholische und eine protestantische Schreibweise wichtig. Die Frage, inwieweit eine typische Kleinsprache wie das Bündnerromanische bewusst durch Übersetzungen aus anderen Sprachen Anleihen nehmen soll, um die eigene Sprache und Literatur damit zu bereichern, ist in Graubünden mehrfach kontrovers diskutiert worden: So betont etwa Velleman (1916) die Notwendigkeit der Über-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
setzungen für eine kleine Literatur, woraufhin ihm von verschiedenen anderen Autoren heftig widersprochen wurde und eine Einschränkung der Übersetzungstätigkeit gefordert wurde (Riatsch / Walther 1993, 361– 369).
Gabriel, Steffan, Ilg Vêr Sulaz da pievel giuvan, Basel, 1611.
5.
Heinimann, Siegfried, Bifrun, Erasmus und die vorreformatorische Predigtsprache im Engadin, in: Colón, Germán / Kopp, Robert (eds.), Mélanges de langues et de littératures romanes offerts à Carl Theodor Gossen, vol. 1, Bern / Liège, 1976, 341–358 (wieder abgedruckt in: Engler, Rudolf / Liver, Ricarda (eds.), Romanische Literatur- und Fachsprachen in Mittelalter und Renaissance, Wiesbaden, 1987, 86–101).
Literatur
Baum, Richard, Die Geburt des Französischen aus dem Geist der Übersetzung, in: Hirdt, Willi (ed.), Übersetzen im Wandel der Zeit. Probleme und Perspektiven des deutsch-französischen Literaturaustausches, Tübingen, 1995, 21–63. Bezzola, Reto Raduolf, Litteratura dals Rumauntschs e Ladins, Cuira, 1979. Böhmer, Eduard, Verzeichniss Rätoromanischer Litteratur, RSt 6 (1883–85), 109–238; 335. Bonifaci, Daniel, Catechismus. Curt mussameint dels principals punctgs della Christianevla Religiun, Lindau, 1601. Calvenzano, Gion Antoni, Curt mossament et introvidament de qvellas cavsas, las qualas scadin fideuel Christian è culpant da sauer, Milavn, 1611. Caviezel, Eva, Geschichte von Verschriftung, Normierung und Standardisierung des Surselvischen, Bern, 1993. Dahmen, Wolfgang, ‘Romontsch sursilvan da messa – Romontsch sursilvan da priedi’. Zur Herausbildung und Entwicklung zweier Orthographiesysteme im Surselvischen, in: RK III (1990), 145–156. Darms, Georges, Bündnerromanisch: Sprachnormierung und Standardsprache, in: LRL 3 (1989), 827–853. Deplazes, Gion, Geschichte der sprachlichen Schulbücher im romanischen Rheingebiet, Luzern, 1949. –, Funtaunas. Istorgia da la litteratura rumantscha per scola e pievel, vol. 2: Da las refurmas a la revoluziun franzosa, Cuira, 1988. –, Funtaunas. Istorgia da la litteratura rumantscha per scola e pievel, vol. 1: Dals origins a la refurma, Cuira, 21993. Fermin, Maria Helena Joanna, Le vocabulaire de Bifrun dans sa traduction des quatre évangiles, Amsterdam, 1954. Gabriel, Luci, Ilg Nief Testament da niess senger Jesu Christ, Basel, 1648.
Gartner, Theodor, Handbuch der rätoromanischen Sprache und Literatur, Halle a. S., 1910. – (ed.), Das Neue Testament. Erste rätoromanische Übersetzung von Jakob Bifrun 1560, Dresden, 1913.
Ligia Romontscha (ed.), Bibliografia Retoromontscha. Bibliographie des gedruckten bündnerromanischen Schrifttums von den Anfängen bis zum Jahre 1930, Chur, 1938. Liver, Ricarda, Zur Einsiedler Interlinearversion, VR 28 (1969), 209–236 (= 1969a). –, Die subordinierenden Konjunktionen im Engadinischen des sechzehnten Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der rätoromanischen Schriftsprache, Diss. Univ. Bern, Winterthur, 1969 (= 1969b). –, Manuel pratique de romanche sursilvan – vallader. Précis de grammaire suivi d’un choix de textes, Chur, 21991. –, Rätoromanisch. Eine Einführung in das Bündnerromanische, Tübingen, 1999. Riatsch, Cla / Walther, Lucia, Literatur und Kleinsprache. Studien zur bündnerromanischen Literatur seit 1860, Disentis, 1993. Schreiber, Michael, Translation, in: LRL 1/2 (2001), 107–146. Travers, Gian, La chianzun dalla guerra dagl Chiaste da Müs, eds. Andreas u. Berta Schorta-Gantenbein, ASRR 56 (1942), 7–60. Ulrich, Jakob (ed.), Der Engadinische Psalter des Chiampel, Dresden, 1906. Velleman, Anton, Davart la valur da traducziuns our da linguas estras per inrichir nossa literatura ed imbellir nossa lingua, Samedan / St. Murezzan, 1916.
Wolfgang Dahmen, Jena
120. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Italienische und Sardische
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120. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Italienische und Sardische Traduction et histoire des langues: traductions en italien et en sarde 1. 2. 3.
Übersetzung ins Italienische Übersetzung ins Sardische Literatur
1.
Übersetzung ins Italienische
1.1. Vorbemerkung Die Geschichte der Übersetzungen ins Italienische ist trotz einer Vielzahl eher punktueller Untersuchungen bisher auch nicht annähernd systematisch erforscht. Als sprachgeschichtlich relativ gut erschlossen kann man lediglich die Frühzeit (etwa bis einschließlich Boccaccio) betrachten; für die anschließenden zwei Jahrhunderte überwiegen noch die kodikologischen bzw. editionsgeschichtlichen Problemen gewidmeten Publikationen. Der Hauptgrund für das lange Zeit relativ geringe Interesse an Übersetzungen der Neuzeit mag v. a. darin zu suchen sein, dass die italienische Literatur, nach kurzem Vorspiel im 13. Jh., schon im Trecento mit der Klassik kulturelle und sprachliche Referenzmodelle zur Verfügung stellen kann und man Übersetzungen in nachklassischen Perioden gewöhnlich keine einschneidenden Innovationen mehr zutraut. Außerdem bleibt die Aufmerksamkeit der italienischen Sprachhistoriker von der Renaissance bis ins 20. Jh. stark auf die questione della lingua fixiert, in deren Kontext Übersetzungen nur insofern eine Rolle spielen, als die Option eines Übersetzers für eine bestimmte diatopische Varietät kulturpolitischen Aussagewert haben kann. Das Fehlen einer ausführlicheren Überblicksdarstellung verwundert dennoch vor dem Hintergrund der phasenweise und gerade in der Gegenwart wieder sehr intensiven Übersetzungstätigkeit (cf. z. B. Cardinas 1987), wobei sich unter den Übersetzern viele namhafte Schriftsteller und Gelehrte befinden. Auch die außeritalienischen Übersetzungshistoriker haben die bestehende Lücke nicht gefüllt. In van Hoof (1991) gibt es keinen Abschnitt über Italien; knappe Übersichten bieten die Darstellungen von Duranti (1998) und Albrecht (1998, 295–303). Auffallend schwach stellt sich auch der Beitrag italienischsprachiger Autoren zur
Übersetzungstheorie dar: Im Reader von Störig (31973) findet sich kein einziger Text italienischer Herkunft. Die um ‘kosmopolitische Gerechtigkeit’ bemühte Anthologie von Vega (1994) bringt immerhin kurze Passagen aus Dante, Bembo, Cesarotti, Leopardi und Croce (der als Idealist die Möglichkeit der Übersetzung geradezu leugnet); der längste Text eines Italieners ist eine gekürzte Fassung von Leonardo Brunis lateinischer Abhandlung De interpretatione recta. In Italien selbst ist eine vergleichbare Sammlung von Nergaard (1993; 1995) herausgegeben worden; doch auch darin sind von italienischer Seite nur Bruni, Croce und Eco vertreten. 1.1.1. Historische Einzelsprache vs. Varietät In der sprachgeschichtlichen Literatur wird verschiedentlich vermerkt, dass die uns vertrauten Bezeichnungen klassisches Latein, Mittellatein, Italienisch, Altokzitanisch / (Alt)provenzalisch etc. nicht dem (früh- und hoch)mittelalterlichen Sprachbewusstsein entsprechen, also gewissermaßen Anachronismen seien (die Namen sind es zum Großteil ohnedies naturgemäß). Unter dem Gesichtspunkt des Übersetzens betrachtet man die komplexen Konstellationen am besten getrennt in drei Problemkreisen. (a) Latein vs. Italienisch Bis ins 13. Jh. versteht der italophone Sprecher seine Muttersprache als (nicht schrifttaugliches bzw. -würdiges) Register des Lateinischen. Dieser Sichtweise entsprechen die von ihm verwendeten Bezeichnungen gram(m)atica für Latein und volgare für seine Umgangssprache, die er als diaphasische Varietäten auf einer vertikalen Skala angeordnet sieht. Die moderne Philologie hat sich diese Optik zu eigen gemacht und spricht von vertikaler Übersetzung (mit den beiden Richtungen ascensus und descensus). (b) Romanische Sprachen Es ist nicht leicht auszumachen, ab wann sich innerhalb der Romania einzelsprachliches Bewusstsein herausgebildet hat. Für Dante scheint die Grenze zwischen den romanischen Nachbarsprachen lingua d’oïl,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
lingua d’oc und lingua di sì (trotz der Existenz einer frankoitalienischen Literatursprache) eindeutig zu sein, denn sein dialektologischer Rundgang in De vulgari eloquentia erstreckt sich nur auf Varietäten des italienischen Typus. Einzige ‘moderne’ Ausgangssprache von Übersetzungen ins Italienische bleibt, abgesehen von okzitanischen Spurenelementen, bis zum Ende des Mittelalters (und darüber hinaus) das Französische. Aus dem Arabischen wird nur auf dem Umweg über das Lateinische übersetzt (cf. Glessgen 1996). Horizontales Übersetzen gilt sowohl wegen des geringeren Prestiges neuerer Texte als auch wegen der unterstellten bescheideneren sprachlichen Anforderungen als weniger verdienstvoll. (c) Inneritalienische Varietäten Ob man in Bezug auf das Mittelalter von interdialektaler Übersetzung sprechen kann, ist keine eindeutig zu beantwortende Frage. Die phonetisch-morphologische Anpassung der sizilianischen Lyrik an die Sprache der Stilnovisten wird nirgends als ‘Übersetzung’ bezeichnet. Wie sich die frankoitalienische, venetische und toskanische Version des Reiseberichts von Marco Polo zueinander verhalten, ist von der Textkritik noch nicht geklärt (seine europäische Bekanntheit beruht im Übrigen natürlich auf einer lateinischen Version). Im Gegensatz zu den meisten europäischen Sprachen spielen im Italienischen hingegen Dialekte in der Übersetzungsgeschichte der Neuzeit eine nicht unbedeutende Rolle. Zum einen werden viele ausländische Texte der Weltliteratur in italienische Dialekte übersetzt, doch ist ihr Einfluss auf Struktur und Ansehen der jeweiligen Varietäten wenig untersucht. Bemerkenswert erscheint die gerade im geeinten Italien bedeutende Anzahl interdialektaler Versionen. Ein durch seine intensive (übrigens auch ausländische) Rezeption aus der Menge herausragender Fall ist das aus 50 Sonetten bestehende Epos La scoperta de l’America von Cesare Pascarella aus dem Jahr 1894 (Rom), das die Abenteuer des Kolumbus aus der Sicht eines Mannes aus dem Volk im römischen Stadtdialekt beschreibt. Dieser Text wurde in der ersten Hälfte des 20. Jh. allein fünfmal ins Genuesische übersetzt, daneben sind eine mailändische, eine venezianische, eine romagnolische Version entstanden (cf. Haller 1995). Quantitativ und von der sprachlich-literarischen Wirkung her gesehen noch gewichti-
ger als der interdialektale Übersetzungsverkehr ist sicherlich der interitalienisch-vertikale, und zwar in beiden Richtungen. Die kanonischen Texte wie die Divina Commedia oder La Gerusalemme Liberata sind immer wieder in regionale Sprachformen umgegossen worden. Umgekehrt werden dialektale literarische Texte in Standarditalienisch übersetzt und neuerdings oft in zweisprachigen Ausgaben herausgegeben (bes. wenn es sich um Lyrik handelt; cf. etwa Pirandellos Selbstübersetzung einiger Dialektstücke wie Liolà, 1917, oder Marin 1980). Seit dem Ende des 19. Jh. kommt es übrigens immer wieder vor, dass kulturelle Avantgarden sich marginalisierter Varietäten als Ausdrucksmittel bedienen, so dass Dialekt nicht automatisch mit Provinzialität assoziiert werden kann. Als interessanten und symptomatischen Fall kann man den aus dem Veneto stammenden Autor Andrea Zanzotto anführen, der in seiner dialektalen Produktion die verschiedenen Register vom Archaismus bis zum dem Dialekt angepassten terminus technicus verschmilzt und mit diesen Verfahren seiner Varietät den Platz einer Kultursprache im Europa der Volksgruppen zu erschreiben hofft. Zanzotto übersetzt eigene dialektale Texte ins Standarditalienische, wobei eine massive Hebung der Stilhöhe zu beobachten ist, was damit erklärt wird, dass «il dialettofono bilingue tende sempre a sentire la lingua nazionale come più elevata rispetto a quella familiare rappresentata dal dialetto» (Meo Zilio 1991, 107). Man kann also feststellen, dass sich im Lauf der Zeit neben dem ‘hierarchiefreien’ Übersetzen aus anderen Sprachen ein inneritalienisches Achsenkreuz vertikalen und horizontalen Übersetzens herausgebildet hat. 1.1.2. Der Begriff übersetzen In einem geschichtlichen Überblick über die Übersetzungstätigkeit muss der zentrale Begriff selbst kurz beleuchtet werden. Im Mittelalter gibt es eine Reihe von synonymen Verben, die alle primär eine konkrete Bedeutung haben und erst in übertragenem Sinn für die (schriftliche) Überführung eines Texts in eine andere Sprache stehen: (e)sporre, tra(n)slatare, (ri)trarre, trasmutare etc., wobei die Bandbreite der durch diese Ausdrücke abgedeckten Verfahren weit über das hinausgehen kann, was wir heute unter Übersetzung bzw. traduzione verstehen: Glossierung, Kürzung, Umordnung einzelner Abschnitte sind durchaus eingeschlossen. Eine
120. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Italienische und Sardische
andere Gruppe von Synonymen, die vorzugsweise für die vertikale Richtung, d. h. Latein (bzw. Griechisch) – Volkssprache, verwendet wird, gibt explizit Auskunft über die Zielsprache: mettere / recare / ridurre in volgare, volgarizzare. Letzteres ist in gewisser Hinsicht eine erfolgreiche italienische Sonderbildung (allenfalls vergleichbar mit altspan. romançear) mit Erstbeleg im 13. Jh.; erst später kommen das entsprechende nomen agentis volgarizzatore (1354) und die Bezeichnung für das Produkt, volgarizzamento (1584), hinzu (zu diesen Angaben cf. HDELI s. v. vólgo). Die Geschichte der heute dominierenden Wortfamilie tradurre / traduttore / traduzione ist in Folena (1991) ausführlich dargestellt. Danach ist von einem (produktiven?) Missverständnis Leonardo Brunis auszugehen, der im Jahr 1400 in einem lateinischen Brief dem Verb traducere den Sinn “übersetzen” gegeben habe. Dank des diesem semantischen Neologismus anhaftenden Prestiges habe sich das Wort im Italienischen (und bald darauf in anderen romanischen Sprachen) verbreitet und das Monopol errungen. Ciceronianer wie Bembo ziehen aber Paraphrasen wie far toscano vor (ib., 78), und z. B. auf den Titelblättern von Vergil-Übersetzungen der Renaissancezeit finden sich aus demselben Geist gespeiste Formulierungen wie detto / ridotto in ottava rima (cf. Kallendorf 1994), allerdings dominiert tradurre in Italien wesentlich deutlicher als zur gleichen Zeit traducir in Spanien (dazu und zur noch aufklärungsbedürftigen Vorgeschichte von neulat. traducere, cf. Pöckl 1997). 1.2. Mittelalter Während die Frühgeschichte nahezu aller europäischen Sprachen unabhängig vom Zeitraum ihrer Konstituierung stark von Übersetzungen geprägt ist – auch wenn der Auftakt nicht immer, wie im Französischen, mit einem staatspolitischen Dokument höchsten Ranges (cf. Baum 1995) gesetzt wird –, nehmen die Zeugnisse, die man sich aus einem Übersetzungskontext entstanden denken muss, in der langen embryonalen Phase des Italienischen (zwischen dem Indovinello veronese und Franz von Assisis Cantico delle creature) zunächst keine dominierende Rolle ein. Im Italienischen verdichten sich die Textzeugnisse erst ab der Mitte des 13. Jh., wobei nun Übersetzungen allerdings eine tragende Funktion zukommt. Eine erste institutiona-
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lisierte Übersetzungstätigkeit dürfen wir in Bologna vermuten, wo laut Prüfungsvorschrift für Notare die Fähigkeit nachgewiesen werden muss, Texte auf Latein und im volgare zu verlesen. Eine volkssprachliche Niederschrift scheint nicht unbedingt gefordert gewesen zu sein, es wird sich wohl um ‘Stegreifübersetzen’ gehandelt haben. Für Übersetzungshistoriker wäre außerordentlich interessant zu erfahren, ob diese Fertigkeit unterrichtet wurde und wie gegebenenfalls der Unterricht ausgesehen haben mag. Ähnliche Fähigkeiten wie die Juristen mussten, wenn auch in weniger formalisierter Weise, die Geistlichen haben, wenn sie predigten oder die Beichte hörten. Die ausgeprägte Laienkultur der italienischen Stadtstaaten erzwingt die schulische Vermittlung von unmittelbar anwendbaren Fertigkeiten und praktischem Wissen in der Volkssprache. Der (klassische und mittel-)lateinische Fundus wird unter diesem Gesichtspunkt gefiltert und ‘umgeschrieben’. Am dringendsten benötigt die neue politische Klasse Anweisungen zur mündlichen und schriftlichen Kommunikation im öffentlichen Raum. Dieser Bedarf wird zunächst mit Redemodulen und Briefmustern gedeckt, die auf den zeitgenössischen lateinischen artes dictandi beruhen, bald aber wollen einzelne besonders traditionsbewusste Bürger auch die kanonische Rhetorikliteratur kennenlernen; Guidotto da Bologna übersetzt die im Mittelalter für ein Werk Ciceros gehaltene Rhetorica ad Herennium, Brunetto Latini widmet sich Ciceros De inventione auf Bitten eines Florentiner Mitbürgers, wie überhaupt hinter einem Großteil der weltlichen Übersetzungsliteratur lateinunkundige Mäzene stehen, die den von Dante mit Sympathie gezeichneten Geistesadel der Stadtrepubliken bilden. Die bürgerliche Bildungsexplosion und das damit verbundene Einrücken in kommunale Machtpositionen frustiert den Adel offenbar so sehr, dass dieser sich auf die ‘Hofkünste’ (Tanz, Jagd, Turnier etc.) zurückzieht. Boccaccio sagt den nobili sogar noch Ärgeres nach, als er sich Gedanken über die potentielle Leserschaft seiner Livius-Übersetzung macht, aber in seiner Andeutung einer ‘sozialen’ translatio studii vom Adel zum Bürgertum schwingt durchaus das Selbstbewusstsein der neuen Führungsschicht mit. Der Bedarf an Schrifttum im volgare erstreckt sich aber nicht nur auf direkt im öffentlichen Leben umsetzbare Anleitungen.
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Merkverse bzw. -regeln zur Lebensführung, wie sie die Disticha Catonis enthalten, Kurzerzählungen mit leicht ableitbarer ‘Moral’ von der Art der Disciplina clericalis, oder auch Unterhaltungsliteratur mit sittendidaktischem Hintergrund wie die aus dem Französischen übersetzten Fatti di Cesare, die man nicht nur als Exempla, sondern auch als Quelle geschichtlicher Kenntnisse betrachtete, gehören, wie im größeren Teil Europas, auch in Italien im Mittelalter zu den am meisten nachgefragten Texten. Etwas mehr Muße erforderten größere Werke wie der Trojaroman oder die enzyklopädischen Schriften, unter denen Vincent de Beauvais’ Speculum historiale (1264) an gesamteuropäischer Beliebtheit hervorragt. Hohen geistigen und teilweise auch ästhetischen Ansprüchen versuchen die Übersetzer der römischen Geschichtsschreiber und Dichter zu genügen (dazu cf. infra; cf. zu den Titeln die Anthologie von Segre 1964). Die Zurückdrängung der kirchlichen Macht auf politischer Ebene geht nicht Hand in Hand mit einem Desinteresse für religiöses Schrifttum in der Volkssprache. Wie überall in Europa werden die Dialoge Gregors des Großen gelesen (cf. ib., 239), die Legenda aurea des Genueser Kirchenmannes Jacobus de Voragine, die von der Kirche kritisch beäugte Navigatio Sancti Brendani. Speziell in Italien großer Beliebtheit erfreuen sich die von Franz von Assisi handelnden volgarizzamenti. Daneben fließt noch ein breiter Strom von Erbauungsliteratur, der v. a. von anonymen Angehörigen der Bettlerorden gespeist wird. Ebenfalls Dominikanern und Franziskanern, aber auch häretischen Kreisen verdanken wir erste Teilübersetzungen der Bibel. Anonyme Mönche des 14. Jh. übersetzen in mittelitalienischen Klöstern, wahrscheinlich nicht eben ermutigt vom hohen Klerus (wenn auch der Nachweis von päpstlichen Verboten schwer zu erbringen ist), die beliebtesten Bücher des Alten Testaments (Hiob, die Psalmen, das Hohelied), die Evangelien und die Offenbarung. Die erste gedruckte italienische Bibel, 1471 in Venedig von Niccolò Malerbi herausgebracht, beruht zu einem beachtlichen Ausmaß, trotz ihrer Herkunft aus einer anderen Sprachlandschaft, auf diesen Texten (Duranti 1998, 475). Die Behauptung des namhaften Kenners der europäischen Überlieferungstradition der Bibel Samuel Berger (1894), viele italienische Übersetzungen würden auf französischen und
okzitanischen Versionen beruhen und nicht auf der Vulgata, konnte kürzlich zwar für einen konkreten Fall bestätigt werden, doch bleibt im Allgemeinen die Beobachtung richtig, dass «ancor oggi i volgarizzamenti biblici costituiscono uno dei settori meno esplorati della storia della cultura italiana» (Calabretta 1994, 53). In Anthologien wird ihnen generell wegen ihrer angeblichen ästhetischen Anspruchslosigkeit der Zutritt verwehrt, verlässliche Editionen sind noch immer Mangelware. Die aktuelle Forschungslage erlaubt nur die Vermutung, dass von italienischen Bibelübersetzungen keine nachhaltigen sprachlichen Neuerungen ausgegangen sind. Auch die monumentale Studie zur italienischen Bibel von 1471 bis 1600 (Barbieri 1992) enthält mehr Material für die Geistes-, Religions- (und Kriminal-) als für die Sprachgeschichte. Der mittelalterliche Übersetzer steht nach seinem Selbstverständnis im Dienst der Mitbürger (bzw. der Mäzene), denen er nützliche Texte zugänglich macht. Für Italien hervorzuheben ist jedoch der Versuch der italienischen Übersetzer, nicht nur die (eventuell um eigene didaktische Zusätze erweiterten) Inhalte der Vorlagen in die Zielsprache zu transportieren, sondern den lateinischen Klassikern auch stilistisch gerecht zu werden. Cesare Segre hat diese Besonderheit in einer Gegenüberstellung der etwa gleichzeitigen Vegetius-Übersetzungen des Franzosen Jean de Meun und des Florentiners Bono Giamboni herausgearbeitet und die übersetzerischen Attitüden der Epoche etwas pointiert auf den Punkt gebracht: «un traduttore, in realtà, trova nel suo modello quello che ci vuole trovare. I traduttori italiani trovarono nel latino l’eleganza formale e l’eloquenza» (Segre 1976, 278). Buck (1978) begründet dieses Gespür für die ästhetischen Qualitäten der Texte mit der Bildungsgeschichte der Apenninenhalbinsel, die sich – nach Einführung der scholastischen Methode und der damit verbundenen ‘theologischen Verengung’ in Frankreich – als Hort der antiken Studien etabliert und wo sich auch ein entsprechendes Traditionsbewusstsein entwickelt. Dieses für einige frühe volgarizzamenti charakteristische Bemühen um den Individualstil von Autoren verliert sich übrigens in der Phase des Humanismus (cf. 1.3.) auch bei den volkssprachlichen Übersetzern. Selbst ein so manieristischer spätlateinischer Autor wie Martianus Capella kann in einer Übersetzung des 16. Jh. wi-
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derstandslos an circeronianische Normen und damit an das genau entgegengesetzte Stilideal angepasst werden (cf. Moretti 1995, XXVIII s.). Neben dem Stilbewusstsein ist aber auch zu bedenken, dass die in den mittelalterlichen Köpfen sorgsam abgestuften Kategorien der auctoritates eine – implizit übersetzungsrelevante – Rolle spielen. Nach der Bibel, für die seit Hieronymus (theoretisch) ohnedies eine eigene Übersetzungsmaxime gilt («fateor […] me in interpretatione Graecorum absque scripturis sanctis, ubi et uerborum ordo mysterium est, non uerbum e uerbo, sed sensum exprimere de sensu»; Hervorh. W. P.), genießen die auctoritates, ohne dass dies in den Vorreden oder Kolophonen reflektiert würde, besonderen Übersetzungsschutz. Chiamenti (1995, 26) legt sehr glaubhaft dar, dass die ‘nicht systemkonformen’ Konstruktionen bei Dante dort entstehen, wo aus den auctoritates übernommene und übersetzte Stellen in die eigenen Texte eingeflochten werden, z. B.: sapientiam Dei praecedentem omnia / quis investigavit (Eccl. I , 3); La sapienza di Dio, precedente tutte le cose, chi cercava (Conv. III , VIII , 2). Schon der feinfühlige Sallust-Übersetzer Bartolomeo de San Concordio, eine Generation jünger als Guidotto und Brunetto, bringt eine neue Qualität in die volgarizzamenti. «Bei ihm wird die Übersetzung […] entschieden zur Übersetzungskunst», denn er «folgt dem Text des Klassikers mit bewundernder Aufmerksamkeit und versucht im Ringen mit der Vorlage deren stilistische Eigentümlichkeiten einzufangen» (Guthmüller 1989, 246 s.),
was für einzelne rhetorische Figuren wie Parallelismus, Antithese, Chiasmus etc. noch leichter gewesen sein mochte als für die stilprägende brevitas. Gleichwohl reflektiert sich auch in seiner Version der kulturelle Abstand zum Ausgangstext, der sich nicht zuletzt bei den Realien zeigt. Hier schiebt Bartolomeo gern Erklärungen ein und beweist dadurch auch mehr historisches Bewusstsein als die meisten seiner Zeitgenossen, die, wie Bono Giamboni, imperium mit signoria und christianae militiae mit cristiana cavalleria wiedergeben (Pfister 1978, 66), oder, wie der Ovid-Übersetzer Simintendi, den mythologischen Apparat zu reduzieren versuchen; wenn man nympha mit fanciulla, Amphitrite
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mit lo grande mare, Titan mit sole übersetzt, hat man in der Tat eine Menge Verständnishürden aus dem Weg geräumt. Die formale Herausforderung, welche die Versdichtung (v. a.) Ovids und Vergils darstellt, wird von den volgarizzatori nur in Ausnahmefällen angenommen; sie bescheiden sich mit Prosafassungen der Metamorphosen und der Aeneis. Guthmüller (1989, 249) vermutet hinter dieser Haltung die übersetzungstheoretische Äußerung Dantes, der zufolge Übersetzung gebundener Sprache unmöglich sei. Aus historischer Sicht ist die Frage nach der Leistung der Übersetzer für die Ausdruckskraft und Geschmeidigkeit des volgare zu stellen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Übersetzungstätigkeit den lexikalischen Bestand und die syntaktische Struktur der Volkssprache außerordentlich bereichert hat, aber man würde wahrscheinlich ein unzutreffendes Bild dieser Leistungen entwerfen, wenn man bestimmte Strukturen bestimmten Übersetzern als ‘ihre’ Errungenschaft zuordnen wollte. Vieles funktioniert nach dem ‘trial-and-error’-Prinzip; was aus der Menge der Versuche ausgewählt und grammatikalisiert bzw. lexikalisiert, was im Lauf der Zeit wieder abgestoßen oder gleich gar nie aufgenommen wurde, hängt mit Sicherheit mehr vom historischen Zufall ab als von einer im Nachhinein in die Sprachentwicklung hineininterpretierten Teleologie, wonach die eine Form, weil sie sich nun durchgesetzt hat, als dem italienischen Sprachgeist konform betrachtet wird und das, was Episode geblieben ist, als ‘unitalienisch’ abgetan oder gar als Vergewaltigung des ‘Esprit de la langue’ denunziert wird. Gewiss darf man sich der These Albrechts (1995) anschließen, dass die Übersetzungstätigkeit im ausgehenden Mittelalter durch die intensive Bindung an das Lateinische die auseinanderstrebenden romanischen Sprachen wieder näher zusammengeführt hat. Einem Lexikologen fällt naturgemäß die hohe Zahl an Neologismen auf, wobei er sich in der Regel auf die ‘erfolgreichen’ konzentriert: «Eine Hauptleistung der Übersetzer für die Herausbildung der italienischen Kunstprosa liegt in der Wortschöpfung» (Pfister 1978, 71). Ein augenfälliges Kennzeichen des Bemühens um den lexikalischen Ausbau ist die hinlänglich oft beschriebene Synonymendopplung, eine janusköpfige rhetorische Figur: Verständnishilfe einerseits,
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stolz vorgezeigter Ausweis der Ausdrucksvielfalt der Zielsprache zum anderen. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings traditionell auf der syntaktischen Entwicklung. Wie verfahren die volgarizzatori mit dem AcI, dem ablativus absolutus; wie reagieren sie auf die komplexe Hypotaxe, die freie lateinische Wortstellung usw.? Dem mündlichen volgare unbekannt, werden diese Phänomene zunächst tendenziell dem schlichten Satzbau der gesprochenen Sprache angepasst, aber immer öfter wagt man sich an latinisierende Konstruktionen, bis sich Auge und Ohr an sie gewöhnt haben. Dieses Stadium ist mit Boccaccio erreicht, dessen Übersetzung der dritten und vierten Dekade des Livius jeden Anschein einer dienenden Funktion abgestreift hat. «Boccacio führt sein volgarizzamento bewusst bis an die Grenze heran, wo das Italienische noch Italienisch und doch auch schon Latein ist» (Guthmüller 1989, 251). Ein Jahrhundert dichter und vielfältiger schriftlicher Produktion hat das Gefühl für die Unterschiedlichkeit zweier Sprachsysteme also offenbar nicht definitiv geweckt. Denn nicht dadurch, dass die Volkssprache funktionsäquivalente Möglichkeiten des Ausdrucks hat, wird sie als konkurrenzfähig empfunden, sondern dadurch, dass sie über die gleichen lexikalischen und syntaktischen Mittel verfügt wie das Lateinische. 1.3. ‘Lateinhumanismus’ In der Phase des Humanismus verengt sich die von der intellektuellen Avantgarde betriebene Übersetzungstätigkeit auf die klassischen Sprachen. Es dominiert, wie im antiken Rom, die Richtung Griechisch → Latein. Leonardo Bruni erwähnt in seiner programmatischen Schrift zur Übersetzungstheorie das volgare mit keinem Wort. Entgegen mancher darin vertretenen Maxime dient die Vorlage nicht zuletzt sprachlicher ‘Selbstverwirklichung’ des Übersetzers, die bis zur eitlen Ostentation gehen kann. Volkssprachliche Texte können nach Auffassung der Humanisten durch Übersetzung ins Lateinische ‘geadelt’ werden. Petrarcas lateinische Version der Griseldis-Novelle aus Boccaccios Decamerone (X , 10) zeigt, unabhängig von jedem Werturteil über die translatorische Leistung (die Novelle bekommt in der Feder des Vaters des Humanismus einen ganz anderen Sinn), dass auf diese Weise einem Werk eine gesamteuropäische Rezeption eröffnet werden kann.
1.4. Renaissance und Vulgärhumanismus Die elitäre Einstellung der Lateinhumanisten gegenüber der Volkssprache färbt weniger auf die Quantität als auf die sprachliche Qualität der volgarizzamenti ab. Im zweiten Viertel des 16. Jh. setzt jedoch in Florenz eine namentlich von Cosimo de’ Medici geförderte bürgernahe Kulturpolitik ein. «Es war der vornehmste Gedanke des Fürsten […], das Toskanische zur Gelehrtensprache zu machen» (Olschki 1922, 174) und gleichzeitig möglichst breiten Schichten die Teilhabe an der Bildung zu ermöglichen, wofür die frei zugänglichen Vorträge der Akademien ein wirksames Mittel darstellen. Der Kampf gegen das Latein wird zum einen in der Literatur selbst geführt: «Das Lustspiel hat im Zeitalter der Renaissance einen einzigen lebendigen Typus geschaffen, den Pedanten, und ihm gleichsam als Attribut das lateinische Kauderwelsch beigegeben» (ib., 147s.). Zum anderen geht die Laizisierung der Bildung nicht nur mit volkshochschulartigen Veranstaltungen einher, sondern auch mit – ebenfalls politisch unterstützter – Übersetzungstätigkeit im Bereich der Fachliteratur. Olschki setzt in seinem immer noch unübertroffenen Standardwerk zum Thema die Maßstäbe sehr hoch an, kritisiert die ersten Schritte des volgare auf dem Feld der naturwissenschaftlichen Fachliteratur wie Cristoforo Landinos Plinius-Übersetzung von 1476, das «unverwüstliche Nachschlagewerk» (ib., 202), als sprachlich höchst dilettantisch und unselbständig, vermerkt verächtlich den «Rest mittelalterlichen Geistes, der sich in der Vorliebe für Kompilationen und Enzyklopädien bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts erhält» (203), lässt aber doch Niccolò Tartaglias «epochemachende Euklidübersetzung» (208) von 1545, Cosimo Bartolis Protomathesis des Orontius Finaeus, «das erste korrekt geschriebene mathematische Werk» (211), Antonio Mattiolis Fassung des Dioskorides oder Bernardo Segnis Ethik des Aristoteles gelten. Letzterer formuliert für die Übersetzung philosophischer Texte an sich neue, heute modern anmutende Direktiven, die er nicht bei den Lateinhumanisten wie Bruni kopieren konnte. Er «vertritt in der Vorrede den Standpunkt, daß in philosophischen Schriften nur die sachliche Erörterung zweckmäßig, rhetorische Floskeln und stilistische Farbgebung trügerisch seien. […] Jene Auffassung ist in seiner Zeit vereinzelt» (212).
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Das Problem der Fachübersetzer besteht naturgemäß darin, der philologischen Genauigkeit Genüge zu tun (bei Dioskorides’ zahllosen Pflanzen- oder Metallnamen etc. keine Kleinigkeit) und die unmittelbare Nützlichkeit des Texts für den Laien glaubhaft zu vertreten, liegen doch zwischen Vitruv und der Renaissance die architektonischen Kenntnisse der Kathedralenbaumeister, zwischen den antiken Traktaten zum Landbau und dem 16. Jh. entscheidende technische Neuerungen und zwischen der Pharmazie des Dioskorides und dem Zeitalter der Entdeckungen eine Reihe von in der praktischen Heilkunde eingesetzten Medikamenten aus der Neuen Welt. Sprachgeschichtlich betrachtet aber bereiten diese Übersetzungen nicht nur vielen populärwissenschaftlichen Werken den Weg, sondern auch der sich des Italienischen bedienenden Spitzenforschung (z. B. Galilei). 1.5. Barock Etwa gleichzeitig mit den stilbildenden Übersetzungen von Fachtexten erscheint mit Annibale Caros Eneide (1563–66, gedruckt Venedig, 1581) ein literarisches Meisterwerk, das der künstlerischen Eigenentfaltung des Übersetzers nun auch in der Volkssprache nahezu uneingeschränkten Platz einräumt und damit das Paradigma der belles infidèles und der Dichter-Übersetzer präludiert. Wegen ihrer «freschezza di linguaggio» und ihrer «pienezza d’armonia» hat diese «infedele amplificazione» (Enciclopedia Italiana, vol. 9, s. v. Caro) bis heute den Rang eines Schulklassikers (Duranti 1998, 478). Es gilt im Übrigen mehr denn je als ausgemacht, dass nur das Übersetzen aus den klassischen Sprachen das kreative Potential des Italienischen befördern könne, da man von der Überlegenheit des eigenen Idioms über die anderen Volkssprachen überzeugt ist, was aber keineswegs übersetzerische Abstinenz impliziert. Lesestoff aus Spanien und insbes. aus Frankreich wird im 17. Jh. vorwiegend in Venedig, aber auch in den Kulturzentren Mailand, Bologna, Rom und selbst in Provinzstädten wie Viterbo oder Perugia verlegt. Als besonders erfolgreich erweist sich nach Mancini (1993) der französische höfische Roman mit Namen wie d’Urfé, La Calprenède, Madeleine de Scudéry sowie dessen religiöse Ausprägung mit Jean-Pierre Camus (wogegen die sog. realistische Strömung kaum Fuß fasst). Auch Doppelübersetzungen innerhalb extrem kurzer Zeitabstände
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sind nachweisbar und bisweilen findet sogar im Kontext des horizontalen Übersetzens eine allerdings etwas monoton um freies vs. wörtliches Übersetzen kreisende theoretische Auseinandersetzung über die anzuwendende Technik statt. Eine differenziertere Stellungnahme findet sich bei Francesco Pona, der u. a. Ovids Metamorphosen und Barclays (neulateinischen) Bestseller Argenis ins Italienische übertragen hat und für Klassiker die freie, sprachschöpferische Methode vorsieht, im Fall zeitgenössischer Unterhaltungsliteratur aber für einen eher wörtlichen Zugriff plädiert (Mancini 1993, 140). 1.6. Das 18. Jahrhundert Das 18. Jh. ist gekennzeichnet durch eine Reihe neuer Tendenzen. Erstens fällt die im Vergleich zu früheren Epochen enorme Zahl an Übersetzungen auf, die mit einer breiten sozialen Streuung der Übersetzer verbunden ist (was z. B. noch von Ferrari 1925, XVI s., sarkastisch kommentiert wird). Zweitens verändert sich die Haltung der Übersetzer gegenüber dem Original. Die Autorität der in Rom gegründeten literarischen Akademie Arcadia unterstützt bei Übersetzungen antiker Autoren einen (etwa im Kontrast zur Methode Caros) entschieden größeren Respekt des Ausgangstexts, während bei Versionen aus modernen Sprachen, die von keiner Akademie beachtet werden, zunächst der freie Umgang mit dem Original zur Regel wird, v. a. wenn es sich um das französische Theater handelt, das nun massiv eingebürgert wird. Bemerkenswert bei diesem Transfer ist der von qualifizierten Übersetzern wie Baretti oder Paradisi an den Tragödien Corneilles beanstandete Mangel an Erhabenheit, der von ihnen auch konsequent kompensiert wird (Mattioda 1993). Drittens öffnet sich das Spektrum auf eine größere Zahl an Ausgangssprachen hin, wobei allerdings das Französische lange als Relaissprache und als kultureller Filter fungiert. Bei der bekannten Reserve der Franzosen gegenüber ausländischen Hervorbringungen gilt eine Übersetzung ins Französische per se als Qualitätsnachweis. So werden aus der romanischen Schwestersprache nicht nur Originalwerke übersetzt – unter denen in der ersten Jahrhunderthälfte Fénelons Télémaque, in der zweiten Rousseaus La nouvelle Heloïse die Beliebtheitsliste anführen –, sondern auch die englischen Romanciers Fielding und Richardson, etwas später
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Thomas Youngs (schon stark umstrukturierte und dem französischen Geschmack angepasste) Night Thoughts, laut Titel «tradotte dall’Inglese e dal Francese dal Signor Abate Alberti» (zit. nach Grüning 1991, 85); es gibt übrigens noch eine Konkurrenzversion von Ludovico Antonio Loschi. Die programmatische Einbeziehung englischer und in bescheidenem Maß deutscher Literatur (wenig außer Geßners Idyllen und Hallers Lehrgedicht Die Alpen) nimmt bisweilen auch einen diskret antifranzösischen Unterton an, der insbes. ein Gegengewicht zum Voltaire-Kult bilden soll (Cantini 1991, 223). In diesem Kontext wird außerdem eine Diskussion darüber geführt, ob das Italienische sich fremdem Sprachgeist leichter füge als das abweisende Französisch. Der Vergleich mit formbarem Wachs soll um 1740 noch einen Vorzug benennen (Mattioda 1993, 62); Leopardi wird dasselbe Bild allerdings kritisch auf das ‘charakterlose’ Deutsche anwenden. Unter den um Horizonterweiterung bemühten Übersetzern sind u. a. Ranieri Calzabigi und v. a. Melchiorre Cesarotti zu nennen. Letzterer beginnt als Übersetzer dramatischer Texte von Aischylos und Voltaire, Berühmtheit erlangt er aber durch seine ohne Umweg über das Französische verfertigte Version des Ossian, den das Europa des 18. Jh. als «edleren Homer» preist. Um seinen Landsleuten aber auch den griechischen Dichter näherzubringen, unterzieht er sich der Mühe, zwei verschiedene Übersetzungen der Ilias zu erstellen: «L’Iliade d’Omero recata poeticamente in verso sciolto italiano insieme col Volgarizzamento letterale del Testo in prosa ampiamente illustrato da una scelta delle Osservazioni originali de’più celebri Critici antichi e moderni, e da quelle del Traduttore» (Mari 1994, 161). 1.7. Von der Revolution zum Ersten Weltkrieg Wie die Revolution selbst, so wird auch die neue politische Sprache v. a. im triennio rivoluzionario (1796–99) aus Frankreich importiert (knappe Zusammenfassung der neueren Forschung in Slavikova 1993). Da der Einfluss v. a. von den Zeitungen getragen wird, sind trotz des sich massiv manifestierenden Phänomens konkrete Übersetzungsvorgänge schwer zu fassen, d. h. zu lokalisieren, zu datieren und mit Namen zu verknüpfen. Im Bereich des öffentlichen Lebens werden auch Textsortenkonventionen
(z. B. die Vertextung von Verordnungen oder Gerichtsurteilen) übernommen. Die Streitfrage, ob oder bis zu welchem Grad man ‘Kulturen übersetzen’ kann, sollte an diesem Fall gut zu erörtern sein. Das zunehmende Prestige der Natur- und Sozialwissenschaften bringt die Notwendigkeit eines fachsprachlichen Ausbaus des Italienischen mit sich. Die puristischen Verteidiger einer literarisch geprägten Kultur haben allerdings wenig Verständnis für die wünschenswerten Eigenschaften von Technolekten, und die Übersetzer gehorchen zumeist den ihnen vertrauten rhetorischen Normen (die folgenden Beispiele stammen aus Campagna 1992, die eine frühe Darwin-Übersetzung auswertet): lexikalische variatio statt eindeutiger Entsprechungen (skin vs. derma / tegumento / pelle), starke Neigung zur ‘aulischen’ Variante (atoms – minuzzoli, danger – periglio) und zu archaisierendem Einschlag (escape – isfuggire). Bei Vorlagen aus dem englischen Sprachraum müssen zudem die stark vom Französischen geprägten syntaktischen Strukturen überwunden werden; es kommt also zu einem Aufeinandertreffen zweier im Hinblick auf die Wissenschaftssprache sehr unterschiedlicher Kulturen, «prevalentemente letteraria ed aulica la nostra, pragmatica e schematica quella britannica» (ib., 639). Anstatt sich nach den zögerlichen Anfängen im 18. Jh. kontinuierlich zu erweitern, verengt sich der Horizont auf dem Feld der literarischen Übersetzung trotz des viel diskutierten Artikels Sulla maniera e l’utilità delle traduzioni (1816) von Mme de Staël, der die Italiener zu mehr Anteilnahme an den geistigen Entwicklungen in den europäischen Nachbarländern und zu einer damit verbundenen Modernisierung ihrer Literatursprache aufruft, wieder stark auf die Antike. Die Odissea Pindemontes (Verona, 1822) wird weit mehr beachtet als Ugo Foscolos etwa gleichzeitig (1813) erschienene Version von Laurence Sternes Sentimental Journey (Viaggio sentimentale di Yorick lungo la Francia e l’Italia), v. a. aber scheint Vincenzo Montis Iliade (Brescia, 1810) den Gipfel italienischer Übersetzungskunst zu verkörpern. Der seit dem 16. Jh. als ungeschliffen abgewertete Homer erhält hier die musentempeltaugliche Politur. Mit den lexikalischen Preziosen aus der Schatzkammer des Trecento behängt und auf deklamatorischen Hochglanz gebracht, wird hier dem bon sauvage Griechenlands alles Urtümliche
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und an orale Traditionen Erinnernde ausgetrieben und unter nahezu einhelligem Applaus des gebildeten Publikums ein «Omero esorcizzato e maestro di retorica» (Mari 1994, 361) vorgeführt. Nur Foscolo fühlt sich veranlasst, die sprachliche Kompetenz des «gran traduttor dei traduttor d’Omero» anzuzweifeln. Viel weniger können Kritik und Publikum lange Zeit anfangen mit einer «Übersetzung in hoher und gelehrter Sprache, die sich durch philologische Genauigkeit auszeichnet» (Brungs 1996, 353), weshalb Leopardis Eneide (Libro Secondo della Eneide, Milano, 1817) (ebenso wie sein übriges Übersetzungsœuvre) erst in unserer Zeit aufgewertet worden ist. Das politische Klima des Risorgimento ist ein günstiger Nährboden auch für kulturellen Patriotismus. Intellektuelle wie der junge Carducci erleben ihr Jahrhundert als «intedescato infranciosato inglesante biblico orientalista, tutto fuorché italiano» (Serra di Cassano 1995, 31), weshalb sie aus dem Ausland kommende Strömungen (wie die Romantik) a priori ablehnen und sich allenfalls für ‘universalistisch’-klassizistische Literatur interessieren, wodurch z. B. der in Deutschland wenig bekannte Hölderlin in Italien zu früher Anerkennung gelangt (Serra di Cassano 1995). Ein anderes, vermutlich in manchen Fällen noch unaufgedecktes Verfahren, den Anschluss an europäische Strömungen zu finden, besteht in der Veröffentlichung von nicht als solche deklarierten Übersetzungen; so hat etwa Igino Ugo Tarchetti die Gattung der gothic novel mit einer ‘heimlichen’ Übersetzung von Mary Shelleys The mortal immortal (Il mortale immortale, 1865) eingeführt (McLoughlin 1993). In Anbetracht der schwach erforschten Übersetzungsliteratur ist es schwierig zu beurteilen, ob die natürlich seit der Erstübersetzung von 1756 langsam anschwellende Zahl an Versionen Shakespearescher Dramen oder italienische Fassungen der Dichtung Byrons, ob das nach wie vor eifrig aus dem Französischen übertragene Schrifttum oder die ersten Versuche direkter Übersetzung aus dem Russischen (cf. Duranti 1998, 480) in der Sprache Spuren hinterlassen haben. 1.8. Das 20. Jahrhundert Beinahe ein Jahrhundert lang ist das geeinte Italien mit internen Übersetzungsproblemen beschäftigt. Die angestrebte Verpflich-
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tung der Sprecher auf ein Standarditalienisch bringt auch für gebildete Schichten eine sprachliche Anstrengung mit sich. Ein Schriftsteller notiert 1885 (zit. nach Metzeltin 1988, 366): «Tranne i toscani, tutti gl’italiani quando si trovano a discorrere con persone che non siano del loro paese, traducono dal proprio dialetto, e il più delle volte traducono male. Ho notato ultimamente questo fatto nella propria persona di Giovanni Verga. Noi parlammo un giorno lungamente insieme, e io notavo lo stento e l’imperfezione del suo italiano, com’egli, certamente, si scandalizzava della sconcezza del mio».
Der Irredentismus proklamiert die Italianisierung der Ortsnamen der nach dem 1. Weltkrieg hinzugewonnenen Gebiete zur nationalen Aufgabe. Doch nicht nur Ettore Tolomeis teilweise sehr künstliche Toponyme werden den angestammten Bezeichnungen übergestülpt, selbst Familiennamen slavischer und deutscher Herkunft werden romanisiert und den Trägern aufgezwungen, z. B. Slavich – Salvi, Czar – Cesari; Kaldenbrunner – Freddofonte (ib., 374). Demgegenüber sind die in faschistischer Zeit angestrengten Bemühungen um eine institutionell kontrollierte Italianisierung von Fremdwörtern (parquet – pavimento in legno) fast eine harmlose Nebenerscheinung. Die Literatursprache revolutioniert sich in den 30er und 40er Jahren radikal dank einer Gemeinschaftsinitiative namhafter Schriftsteller. Der pathetischen Rhetorik des Faschismus wird der schnoddrig-unterkühlte Ton nordamerikanischer Romanciers entgegengehalten. Als «Speerspitze» dieses neuen stilistischen Modells, das «ausgefeilt ‹schlecht geschriebene› Texte» (Albrecht 1998, 300) propagiert, gilt die von Elio Vittorini 1942 herausgegebene und mit Übersetzungen Cecchis, Paveses, Montales u. a. bestückte Anthologie Americana (Guglielmi 1995). Übersetzungen der zweiten Jahrhunderthälfte wirken allem Anschein nach weniger prägend, tragen aber zur Gewöhnung an fremdsprachige Bezeichnungen für Realien der Herkunftskulturen bei (cf. die Längsschnittanalyse von Proust-Übersetzungen in Agostini-Ouafi 1992). Die Abkehr von der ästhetisierenden Sprachhaltung wirkt sich besonders vorteilhaft im Bereich der fachsprachlichen Übersetzung aus. So wird etwa das in der faschistischen Periode verfemte Œuvre Sigmund
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Freuds in der Nachkriegszeit komplett und unter wissenschaftlichem Gesichtspunkt, also terminologisch, adäquat übersetzt (was man z. B. in Bezug auf Frankreich keineswegs behaupten kann). Einige Trends: Dank umfassender Veröffentlichung übersetzungsbezogener Verlagsdaten (z. B. im Index translationum, Paris 1932 ss. bzw. N. S. 1949 ss., bis 1986 in Printform, nunmehr im Internet) können seit einigen Jahrzehnten auch zu Übersetzungsströmen des Buchmarkts relativ exakte quantitative Angaben gemacht werden. Vergleiche mit anderen europäischen Ländern haben ergeben, dass Italien heute (zusammen mit Spanien) an der Spitze der übersetzungsfreudigen Länder steht. Honorare und Rechte machen 1 % des gesamten Verlagsumsatzes aus (gegenüber 0,3 % in Deutschland), 25 % aller Publikationen sind Übersetzungen (in England sind es 3,3 %), die Bilanz intraductions vs. extraductions mit Frankreich beläuft sich etwa auf 2 : 1 (Begriffe und Zahlen in Ganne / Minon 1992), in den Bestsellerlisten finden sich regelmäßig Übersetzungen auf den vordersten Rängen. Eine von Johanna Kroliczek (im Rahmen einer Seminararbeit) vorgenommene genaue Aufschlüsselung nach Sachgebieten und Herkunftssprachen hat vorwiegend erwartbare, aber auch einzelne überraschende Daten zutage gefördert. An der Spitze der Ausgangssprachen steht seit dem 2. Weltkrieg durchweg das Englische (heute kontinuierlich über 50 %), mit Ausnahme der Sparte Religion / Theologie, wo das Französische vor dem Deutschen führt. Insges. besetzt das Französische mit einem ziemlich konstanten Anteil um 25 % den zweiten Platz, das Deutsche rangiert (bei sinkender Tendenz) mit einer derzeit knapp zweistelligen Prozentrate auf dem gesicherten dritten Rang; Spanisch (um 3 %), Russisch (2 %), Latein (2 %) und Griechisch (1–2 %) folgen weit abgeschlagen. Die klassischen Sprachen haben aber nach wie vor eine nicht zu vernachlässigende Position inne. Bei den Sachgebieten führt die Schöne Literatur mit großem Abstand, obwohl sie von fast 50 % Anfang der 60er Jahre auf unter 40 % gesunken ist. Die im Index translationum als Angewandte Wissenschaften ausgewiesenen Disziplinen haben bedeutende Zuwächse zu verzeichnen und stehen ungefährdet auf dem zweiten Platz. Dass die Geistes- und Naturwissenschaften nicht ihrem
gesellschaftlichen Ansehen entsprechend repräsentiert sind, ist nach Ganne / Minon (1992, 75) darauf zurückzuführen «que, en ce qui concerne les ouvrages anglo-saxons, les éditeurs posent – à tort ou à raison – le postulat que les universitaires sont capables d’accéder directement aux textes en langue originale». Jene Formen des Übersetzens aber, die heute die Sprache mitformen, vollziehen sich jenseits des Buchmarkts in Filmsynchronisationsstudios oder in den Büros von Nachrichtenagenturen. Die Sprecher übernehmen, was sie in hastig übersetzten Radio- und TV-Nachrichtenmeldungen hören, in Bedienungsanleitungen für Selbstbaumöbel, in Produktdeklarationen oder den dicken, aber selten sprachlich elaborierten Benutzerhandbüchern für ihren PC lesen. Wohl als befreiende Gegenreaktion auf die jahrhundertelange sprachliche Verkrampftheit und den manch ungesundem Purismus Raum gebenden Normenkampf haben die italienischen Sprecher in jüngster Zeit sowohl Überlegenheitsgefühl als auch Berührungsängste gegenüber anderen Kulturen abgelegt und ihre Sprache zu einem äußerst rezeptiven, freilich manchen ein wenig zu buntscheckigen oder zu sehr mit Anglizismen durchsetzten Kommunikationsmittel gemacht.
2.
Übersetzung ins Sardische
2.1. Übersetzung als Faktor des Sprachausbaus in Sardinien Im Bereich des Sardischen stellt die Übersetzung aus fremden Idiomen spätestens seit Giovanni Spanos Bemühungen um eine Kodifikation dieser varietätenreichen Kleinsprache einen wesentlichen Faktor des Sprachausbaus dar. Der zur Romantikergeneration zählende Kleriker und Philologe erkannte bereits in den 40er Jahren des 19. Jh. die Bedeutung der Übertragung prestigeträchtiger Texte – wie z.B. der Bibel – für die Durchsetzung eines verbindlichen Standards. Während aber die Nachbarsprache Korsisch heute im Begriffe ist, nicht zuletzt durch die Übersetzung weltliterarischer Werke eine gezielte und erfolgreiche Statuskorrektur zu erfahren (cf. Goebl 1988, 834), hat sich ein vergleichbarer Erfolg im Fall des Sardischen noch nicht eingestellt. Die in den letzten Jahrzehnten intensiv um eine Standardisierung ihrer Muttersprache bemühten Sprach-
120. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Italienische und Sardische
planer Sardiniens scheiterten bislang an ihrem Unvermögen, eine einheitliche paradialektale Form als Schriftsprache zu fixieren. Von den fünf auf Sardinien gesprochenen Varietäten bieten sich neben dem aufgrund seiner historischen und literarischen Tradition beinahe standardähnliche Geltung besitzenden Logudoresischen sowohl das Nuoresische als auch das Campidanesische als mögliche Einheitssprache an. Die Uneinigkeit über die als Standard zu wählende Dialektvariante oder eine überdialektale Einheitsnorm verhinderte bislang eine Sprachnormierung. Zwangsläufig blieb damit auch der Beitrag des Übersetzungsschrifttums zum Ausbau des Sardischen reduziert. 2.2. Frühe Übersetzungen im Bereich des religiösen Dramas Erste Übersetzungen ins Sardische lassen sich im sardischen religiösen Theater vermuten. Pietro Quessa Capay, Verfasser des aus dem 17. Jh. stammenden und nur noch als Fragment erhaltenen religiösen Einakters Storia di San Luxorio, bediente sich bei der Formulierung der Didaskalien des Stückes des Spanischen. Der Dramentext selbst ist in Logudoresisch abgefasst (cf. Karlinger 1964, 63 s.). Wie Karlinger (1981a, 54) annimmt, dürfte Quessa Capay für den Part der aus der Tradition des spanischen ‘gracioso’ übernommenen komischen Figur eine Reihe von schwankhaften Passagen aus spanischen Vorlagen in das Logudoresische übertragen haben. Ein weiteres Textdokument aus dem Genrebereich des sardischen religiösen Theaters beweist dann auch, welch bevorzugte Stellung als literarischer Standard das Logudoresische schon im 18. Jh. gegenüber dem Campidanesischen innehatte. 1728 gelangte das von Maurizio Carrus verfasste Passionsspiel Sa Passione et Morte de Nostru Signore Jesu Cristo […] zur Aufführung. Ein von Bullegas (1988/89, 529 ss.) unternommener Textvergleich zeigt, dass es sich bei diesem Stück mit größter Wahrscheinlichkeit um die Übertragung der von Antonio Maria da Esterzili bereits im 17. Jh. in campidanesischem Dialekt geschriebenen, aber spanisch betitelten Comedia de la Passion de Nuestro Senor Jesù Christo ins Logudoresische handelt. In dieser interdialektalen Übertragung sieht Bullegas einen frühen Versuch, das Lugodoresische mit seiner bis in das 11. Jh. zurückreichenden Schrifttradition als hoch-
1383
sprachlichen Standard auf Sardinien durchzusetzen. 2.3. Übersetzung religiöser ‘Schlüsseltexte’ im 19. Jh. Um die Mitte des 19. Jh. trat der schon erwähnte Kanonikus Spano als Übersetzer hervor. Seine Tätigkeit lässt sich als gezielter, sprachwissenschaftlich fundierter Versuch interpretieren, das nationale Sprachbewusstsein der Sarden zu fördern und dem Sardischen als Kultur- und Nationalsprache gegenüber dem Italienischen Geltung zu verschaffen. Dieses Ziel verfolgte Spano zunächst mit der Erarbeitung seiner Ortografia sarda nazionale, einer 1840 in Cagliari erschienenen systematischen Beschreibung und Gliederung des Sardischen und seiner Dialekte (cf. Rindler Schjerve 1991, 122). Im Weiteren entwickelte der Geistliche eine rege Übersetzungstätigkeit, und hier v. a. im Bereich religiöser ‘Schlüsseltexte’ (cf. Kloss 21978, 38 ss.). 1858 erschien in London Il Vangelo di S. Matteo volgarizzato in dialetto sardo logudorese […] (cf. Manczak ´ 1990, 407). Das Matthäus-Evangelium finden wir von Spano zudem ins Sassaresische übertragen, und auch seine Übersetzung des Hoheliedes, 1863 unter dem Titel Il Cantico dei Cantici in dialetto Sassarese in London erschienen (cf. Reinsberg-Düringsfeld 1869, 408), erfolgte unter Verwendung dieses im Nordwesten Sardiniens gesprochenen Dialektes. Spano bestätigte mit seinem translatorischen Programm zwar klar die vorrangige Stellung von Bibelübersetzungen in einem dem Sprachausbau dienenden Übersetzungskanon, favorisierte dabei aber keineswegs das Logudoresische als gemein-sardische Hochsprache. 2.4. Literarische Übersetzung im 20. Jh. Anonym blieb der Ersteller von Sos amores de Paris e Vienna in Poesia Sarda, einer 1905 in Cagliari erschienenen sardischen Fassung des spätmittelalterlichen Liebesromans Paris et Vienna. Als Ausgangstext dieser Übersetzung konnte Karlinger (cf. 1981a, 133) Angelo Albanis bereits 1626 erstmals veröffentlichte und im Laufe des 19. Jh. mehrmals wieder aufgelegte Nachdichtung Innamoramento di due fedelissimi amanti PARIS E VIENNA eruieren. Karlinger (1981b, 135s.), der die campidanesische Übertragung der italienischen Vorlage gegenüberstellte, sieht Übersetzungsprobleme v. a. im Bereich des sardischen Wortschatzes. So etwa fehlen der
1384
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Zielsprache eigenständige Wendungen zur Übersetzung «höfischer Konversation» und zur Bezeichnung «landesfremder Requisiten». Für «Schilderungen aus dem persönlichen Erfahrungsbereich» erwiesen sich die Sprachregister des Sardischen jedoch als ausreichend. Mit seiner Übersetzung von Dantes Divina Commedia suchte 1929 der Kanonikus Pedru Casu zu beweisen, dass das Logudoresische als sardische Varietät sehr wohl über jenes lexikalische und stilistische Potential verfüge, das die Übertragung eines so anspruchsvollen Werkes der Weltliteratur erst möglich macht. Wie er selbst in seinem Vorwort zu Sa Divina Cumedia de Dante in limba salda (21977, 7) ausführt, verband er mit dieser Übertragung eines Meisterwerkes der italienischen Literatur die Absicht, einer breiten sardischen Leserschaft die Konkurrenzfähigkeit ihres Inselidioms als literarische Hochsprache zu demonstrieren. Casus Forderung nach Herausbildung eines sprachlichen Selbstwertgefühls der Sarden und dem Bekenntnis zu einem philologisch fundierten Ausbau ihrer Sprache bekam aber erst in den späten 70er Jahren programmatische Bedeutung. Die Neuauflage seiner Dante-Übertragung von 1977 (11929) erfolgte nicht zufällig im Zuge sprachplanerischer Aktivitäten, die auch die Übersetzung weltliterarischer Texte in die Korpusund Statusplanung einbezogen. In diese vorerst letzte Phase intensiver Bemühungen um die Standardisierung des Sardischen fällt dann auch Antoninu Rubattus Übertragung der Odyssee Homers in das Logudoresische. Im Vorwort zu Odissea (1979, IX ss.) wird auf die Absicht des Übersetzers hingewiesen, mit dieser Arbeit die Brauchbarkeit des Logudoresischen als Zielsprache der Übersetzung eines Werkes aus dem Literaturkanon des klassischen Altertums zu demonstrieren. Auf die zusätzliche Funktion der Homer-Übertragung als Lehrbehelf für den Unterricht an höheren Schulen wird darin gesondert verwiesen. Im Gegensatz zu Rubattu, der seiner Übertragung des griechischen Epos ins Sardische nicht das Original, sondern mehrere italienischsprachige Fassungen zugrunde legte, ging Paride Rombi bei seiner 1984 erschienenen Übersetzung der Antigone des Sophokles vom altgriechischen Originaltext aus (cf. Cossu 1984, 9). Das Zustandekommen dieser beiden Übersetzungstexte ist ohne Frage im Zusammenhang mit jener Kodifikationskam-
pagne zu sehen, die in den 70er und 80er Jahren auf Sardinien unternommen wurde und die Schaffung eines gemeinverbindlichen literarischen Standards zum Ziel hatte. Rindler Schjerve (1991, 119) misst diesem sprachplanerischen Unterfangen sogar die Bedeutung einer «Sprachrenaissance» des Sardischen bei. Von der expliziten Zielsetzung, durch die Bereitstellung eines sardischsprachigen Kanons weltliterarisch bedeutsamer Texte dem Inselidiom zu Prestige und Akzeptanz zu verhelfen, ist man zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch weit entfernt. Hier gilt es vorerst, das Problem der Fixierung einer sprachlichen Einheitsnorm zu lösen und interdialektale Verständnisbarrieren abzubauen.
3.
Literatur
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121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische Traduction et histoire des langues: traductions en français et en occitan 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Vorbemerkungen Sprachgeschichte, Literaturgeschichte, Übersetzen Französisch und / oder Okzitanisch Übersetzungen ins Okzitanische Übersetzungen ins Französische Ausblick Literatur
1.
Vorbemerkungen
Dass die Tätigkeit des Übersetzens Einfluss auf die Entwicklung einer Sprache nehmen kann, wurde von den Vertretern der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft nur ungern eingestanden; geht es dabei doch um eine Einwirkung ‘von oben’, die über das Medium der Schrift erfolgt. Als einer der ersten hat Ferdinand Brunot, ein Sprachhistoriker, der nicht ausschließlich dem Modell der historischen Grammatik verpflichtet war, Einflüssen dieser Art in seiner Sprachgeschichte (HLF ) Beachtung geschenkt. Unsere Kenntnisse der frühen historischen Stadien von Kultursprachen beruhen weitgehend auf literarischen Texten; nur selten wird dies schon im Titel so freimütig eingestanden wie in der Sprachgeschichte von Alexis François (1959). Die Übersetzungsgeschichte ist somit eines der Forschungsgebiete, auf dem die Vertreter der heute einander fremd gewordenen Teildisziplinen Sprachund Literaturwissenschaft besonders fruchtbar zusammenarbeiten.
Französisch und Okzitanisch sind nicht einfach zwei benachbarte romanische Sprachen; auf das komplizierte Verhältnis zwischen diesen beiden gallo-romanischen Varietäten wird wenigstens in groben Zügen einzugehen sein. Auf die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Okzitanisch und Katalanisch bis ins Hochmittelalter hinein sei ausdrücklich verwiesen (cf. Lafont / Anatole 1970, 9 s.).
2.
Sprachgeschichte, Literaturgeschichte, Übersetzen
Die Entwicklung einer Nationalsprache durchläuft – idealtypisch gesehen – vier Stadien, die man mit Literatursprache, Schriftsprache (Schreibsprache), Hochsprache, Gemeinsprache bezeichnen kann. Das erste Stadium, die frühe, noch nicht notwendig an das Medium der Schrift gebundene Literatursprache, wird von der Übersetzertätigkeit nicht berührt. Das ändert sich im Stadium der Schreibsprache (der deutsche Terminus Schriftsprache ist aus historischen Gründen mehrdeutig): Die Skriptae oder die Kanzleisprachen schaffen u. a. die Voraussetzungen für die Entstehung und Verbreitung von Literatur im weiteren Sinn, also nicht ausschließlich in dem von Belletristik, und damit auch die Möglichkeit, dass Übersetzer einen Einfluss auf ihre Zielsprache nehmen können. Dieser Einfluss verstärkt sich noch
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
im frühen Stadium der Hochsprache, in dem der mehr oder weniger bewusst vorgenommene ‘Ausbau’ der jungen Kultursprache beginnt (cf. 2.2.). Im letzten Entwicklungsstadium, in dem der Gemeinsprache, erfolgt der Einfluss der Übersetzung auf die Sprache nicht mehr in Form einer durch bewusste Bemühungen herbeigeführten Bereicherung, sondern als unter Zeitdruck unterlaufene Nachlässigkeit – eine Sonderform der Interferenz (cf. Albrecht 1998, 139 s.). Die mehr oder weniger bewusste Beeinflussung der Zielsprache durch die Übersetzer ist in Frankreich in der Zeit zwischen Hochmittelalter und früher Klassik am bedeutsamsten gewesen. Für das Okzitanische gelten ganz andere Bedingungen (cf. 2.2.). 2.1. Übersetzen und ähnliche Formen der Texttransformation Für die Sprachgeschichte bedeutsam sind nicht nur Übersetzungen sensu stricto. Joachim Du Bellay hat der unter seinen Zeitgenossen allgemein verbreiteten Ansicht widersprochen, dass die Übersetzung aus den klassischen Sprachen ein geeignetes Mittel zur Verfeinerung und Bereicherung des Französischen sei. Que les traductions ne sont suffisantes pour donner perfection à la langue française (normalisierte Orthographie) ist das fünfte Kapitel seiner Deffence et Illustration de la Langue francoyse (ed. Emile Person, Paris, 1892 [1549] überschrieben. In Anlehnung an einen häufig missverstandenen Passus aus der sog. Poetik des Horaz (cf. Albrecht 1998, 56 ss.) empfiehlt er die freie Nachdichtung, die imitation, als das geeignetste Verfahren zur Erreichung dieses Ziels (Du Bellay 1549/1892, 62 ss.). Jahrhunderte hindurch wurde das Problem im Rahmen der Rhetorik diskutiert: Bei den ‘Historikern‘ (z. B. Livius) sei der ‘Stoff‘ ausschlaggebend; inventio und dispositio dürfe der Übersetzer nicht antasten, sehr wohl jedoch die elocutio, die eigentliche sprachliche Ausgestaltung, den ‘Stil’. Gerade dieser müsse jedoch bei ‘Rhetoren’ oder ‘Dichtern’ (z. B. Cicero und Vergil) so genau wie möglich nachgebildet werden (cf. Buridant 1983, 105; Rener 1989 passim; Schneiders 1995, 55; Albrecht 1998, 255). Es liegt auf der Hand, dass die ‘ausgangstextnahen‘ Übersetzungen die Zielsprache am ehesten beeinflussen können und somit den eigentlichen Gegenstand dieses Übersichtsartikels zu bilden haben.
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2.2. Übersetzungstheorie als reflektierte Übersetzungspraxis Seit der Antike haben Übersetzer ihre eigene Tätigkeit reflektiert und somit Anstoß zur Entstehung einer Theorie der Übersetzung gegeben. Schon damals wurde die Ansicht, das Übersetzen aus einer anerkannten Kultursprache in eine erst im Entstehen begriffene junge sei ein ausgezeichnetes Mittel zum ‘Ausbau’ der letzteren, als eine Art von Topos gehandelt (cf. Quintilian 1891, X , 5,2 s.). Während die mittelalterlichen französischen Übersetzer sich für ihre Eingriffe in die Zielsprache entschuldigen – insbes. für die Entlehnung von ‘fehlenden Wörtern’ aus dem Lateinischen (cf. HLF, vol. 1, 568 ss.; Albrecht 1995, 8 s.), besinnen sich die Renaissancetheoretiker auf den antiken Topos: «[…] les Traductions quand elles sont bien faites, peuvent beaucoup enrichir une Langue. Car le Traducteur pourra faire Française une belle locution Latine ou Grecque: et apporter en sa Cité, avec le poids des sentences, la majesté des clauses et élégances de la langue étrangère […]» (Peletier du Mans 1930, 106 s. [1555], normalisierte Orthographie).
versichert Peletier du Mans in seinem Art poëtique, und Claude de Seyssel betont in der Vorrede zu seiner bekannten Übersetzung der Anabasis von Xenophon (fr. Histoire du voyage de Cyrus, Paris, 1529), die ihrerseits auf einer Übersetzung des Humanisten Janos Laskaris (etwa 1445–1535) aus dem Griechischen ins Lateinische beruht, dass die Nachahmung der Struktur des Lateinischen im französischen Zieltext nicht etwa auf seine Unfähigkeit zurückzuführen, sondern durchaus beabsichtigt sei: «Si je vais imitant le style du Latin, ne pensez point, que ce soit par faute que je ne l’eusse pu coucher en autres termes plus usitez, à la facon des Histoires Francoises: mais soyez certain, Sire, que le langage Latin de l’aucteur a si grande venuste et elegance, que d’autant plus qu’on l’ensuit plus de près, il en retient plus grande partie. Et c’est le vray moyen de communiquer la langue Latine avec la Francoise.» (zit. nach Larwill 1934, 39; cf. ebenfalls Albrecht 1995, 24)
Und viel später, nachdem die Epoche der ‘belles infidèles’ auch in Frankreich endgültig abgeschlossen war, bekennt sich Chateaubriand in der Vorrede zu seiner Übersetzung von Miltons Paradise Lost (Paris, 1836–38) sogar unerschrocken zur Vergewaltigung seiner Muttersprache. Angesichts
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
seiner Übersetzung der Verse «many a row of starry lamps […] / Yielded light […]» schreibt er: «Or je sais qu’émaner en français n’est pas un verbe actif; un firmament n’émane pas de la lumière, la lumière émane d’un firmament: mais traduisez ainsi, que devient l’image? Du moins le lecteur pénètre ici dans le génie de la langue anglaise […]» (zit. nach Steiner 1975, 316 s.).
Die Beeinflussung der Zielsprache durch die Übersetzer kann nicht nur als Bereicherung, sondern auch als Verunstaltung empfunden werden. In den frühen Entwicklungsstadien unserer Kultursprachen überwiegt die positive Beurteilung. In selbstbewusst in sich ruhenden Kulturen – so die französische Kultur im 17. und 18. Jh. – wird die Übernahme fremder Muster als anstößig empfunden. Für den Sprach- und Übersetzungshistoriker, der zur unparteiischen Sichtung verpflichtet ist, stellen sich in diesem Zusammenhang v. a. zwei Probleme: (1) Dass Übersetzer Einfluss auf ihre Zielsprache nehmen können, wird niemand ernsthaft bestreiten. Es ist jedoch im Einzelfall sehr schwer, einen solchen Einfluss nachzuweisen. Als einer der ersten hat sich Werner Koller (1998) Gedanken darüber gemacht, wie man dabei vorzugehen habe. In der Regel wird man nicht imstande sein, zu ‘beweisen’, dass eine Innovation auf eine Übersetzung zurückgeht, man wird nur einen hohen Grad an Plausibilität dafür postulieren können. So hat Lorian überzeugende Argumente dafür angeführt, dass man in einer Infinitivkonstruktion bei Du Bellay die wortgetreue Reproduktion eines Passus aus der Institutio von Quintilian zu sehen hat (cf. Lorian 1967, 168). (2) Da die Einflussnahme der Übersetzer auf ihre Zielsprache über das Medium der Schrift erfolgt, ist von vornherein anzunehmen, dass nicht alle Bereiche der Sprache in gleicher Weise tangiert werden. Zu den ‘übersetzungsresistenten’ Bereichen gehören: das phonologische Inventar und die gesamte Prosodie; die Morphologie (im europäischen Sinn); die Syntax des einfachen Satzes; die Grundstrukturen des Wortschatzes. In stärkerem Maße durch schriftlich vorgegebene Modelle modifizierbar erweisen sich die folgenden Bereiche: die phonologische Distribution (Phonotaktik); die Wortbildung; die komplexe Syntax sowie die Textsyntax, d. h. die satzübergreifenden Verfahren zur Herstellung von Kohäsion; die sekundären
Strukturen des Wortschatzes, d. h. die quasiterminologischen Randbereiche sowie die usuelle Tropik und die Phraseologie (cf. Albrecht 1995, 32; 1998, 154 ss.).
3.
Französisch und / oder Okzitanisch
Während des größten Teils der hier zu behandelnden Zeitspanne war der Terminus okzitanisch nicht üblich, und die im Süden Frankreichs gesprochenen Mundarten wurden als ‘französische Dialekte’ angesehen. Nur selten wurden diese patois méridionaux einer eigenen Dachsprache subsumiert; so spricht z. B. im 18. Jh. Pierre-Nicolas Bonamy von den «dialectes de la langue d’oc» (Bonamy 1975, 72 [1751]). Der bekannte Okzitanist Robert Lafont bildet die Kunstwörter Francie und Occitanie, um den beiden (ungleichen) Varietäten innerhalb Frankreichs ihr angestammtes Territorium zuzuweisen (Lafont 1968, chap. 2). Angesichts dieser schwierigen Umstände sind einige terminologische Klarstellungen unerlässlich. 3.1. Okzitanisch vs. Provenzalisch «In den Thalen der Provence / Ist der Minnesang entsprossen […]» verkündete Ludwig Uhland (1977, vol. 1, 176 s.: Sängerliebe, 1. Rudello), obschon der Troubadour, dem seine Verse galten, nicht aus den ‘seligen Provencer Thalen’, sondern von den Gestaden der Gironde stammte: Jaufre Rudel, der Sänger des amor de lonh. Uhland folgt nur dem allgemeinen Sprachgebrauch. Was hier okzitanisch heißt, wurde bis in die jüngste Vergangenheit hinein in ganz Europa vorzugsweise provenzalisch genannt (cf. z. B. die Titel von Lacurne de Ste. Palaye 1756 und Schlegel 1818), obwohl proensal nur eine Bezeichnung unter vielen für die Sprache der Troubadours war (cf. Schlieben-Lange 1991, 110 s.; Kremnitz 1991, 74 s.). Für diese Art von Synekdoche waren wohl v. a. die Italiener verantwortlich, die die Gesamtheit der südfranzösischen Varietäten nach der ihnen unmittelbar benachbarten benannten. So heißt es in Bembos Prose della volgar lingua: «Era per tutto il Ponente la favella Provenzale ne tempi, ne quali ella fiori, in prezzo e in istima molta, e tra tutti gli altri idiomi di quelle parti di gran lunga primiera» (1540, 10a s.). Schon Ende des 16. Jh. hat Etienne Pasquier voller Nationalstolz den Passus bei Bembo aufgegriffen; wenn er dabei von «notre poésie provençale» spricht, so betrachtet er offenbar die Troubadourlyrik als Teil der fran-
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
zösischen Literatur (cf. Bembo 1525/40, 9bs.; Pasquier 1651ss./1723; Albrecht 1984, 24). 3.2. Französisch und Okzitanisch als Zielsprachen ‘vertikalen’ und ‘horizontalen’ Übersetzens Aus dem oben nur angedeuteten Ungleichgewicht zwischen Französisch und Okzitanisch ergeben sich bedeutsame übersetzungsgeschichtliche Konsequenzen: In der Zeit des ‘vertikalen’ Übersetzens, als vornehmlich aus den klassischen Sprachen in die Volkssprachen übersetzt wurde, herrschte noch weitgehend übersetzerische Ebenbürtigkeit zwischen den beiden Sprachen. Ganz anders in der Zeit des ‘horizontalen’ Übersetzens, von einer Volkssprache in eine andere: Spätestens in der Zeit der décadence des Okzitanischen (cf. 4.2.) wird die Übersetzungsrelation asymmetrisch: Übersetzungen aus dem Okzitanischen ins Französische stehen vorwiegend im Dienste kulturhistorischer, wenn man so will ethnographischer Interessen; Übersetzungen aus dem Französischen ins Okzitanische haben dagegen fast den Status einer vertikalen Übersetzung. Sie dienen dem Ausbau der Sprache, v. a. der Erweiterung des Textsortenspektrums. Nicht wenige Okzitanisten, so z. B. der Schriftsteller Jacme Taupiac, glauben nicht mehr an den Nutzen dieser Art von Übersetzung: «Dins la situacion dramatica qu’es la nòstra, ambe una lenga que se dessocialisa de mai en mai, i a una temptacion: estimar que l’arrèst de mòrt de la lenga es signat, que tot occitanisme es utopic e que donc lo sol prètzfach que se pòt considerar es la traduccion a partir de l’occitan cap al francés o a l’anglés. Mas far de l’occitan la lenga d’arribada […] sería quicòm de caluc» (Taupiac 1992, 61).
4.
Übersetzungen ins Okzitanische
Während es zur Geschichte der Übersetzung ins Französische eine Reihe von Übersichtsdarstellungen gibt (cf. 5.), muss man sich die Informationen zu den Übersetzungen ins Okzitanische mühsam zusammensuchen. Es herrscht kein Mangel an Einzeluntersuchungen, v. a. zum ersten Zeitraum; doch behandeln diese meist sehr spezifische Gegenstände, sind nicht selten an schwer zugänglichen Orten publiziert und bibliographisch unzureichend erfasst. 4.1. Mittelalter und frühe Neuzeit Die frühesten Denkmäler des Okzitanischen können – mit Ausnahme der Urkunden – als
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Übersetzungen im weiteren Sinn angesehen werden. Sowohl die Zugehörigkeit zu einem der beiden großen galloromanischen Sprachgebiete als auch der Grad der Abhängigkeit von einer lateinischen Vorlage sind dabei häufig strittig: Das Leodegarlied (Vie de Saint Léger, 2. Hälfte 10. Jh.) und die Passion de Clermont (Ende 10. Jh.) gelten gemeinhin als altfranzösische Texte; die okzitanischen Formen, die sie enthalten, werden dem Kopisten zugeschrieben (cf. u. a. Henry 31965, 2 s.; 9). In einer okzitanischen Literaturgeschichte werden diese Dokumente dagegen als ‘Übersetzungen’ aus dem Französischen ausgegeben; die vorletzte Strophe der Passion wird ausdrücklich als okzitanischer Text angeführt: «L’occitan est déjà bien affirmé dans la phonétique […];» (Lafont / Anatole 1970, 26). Andere sprechen von einem poitevinischen Übergangsdialekt (Delbouille 1972, 617). Noch komplexer stellt sich die Situation beim sog. Sponsus dar: Einerseits handelt es sich dabei um eine Dramatisierung des Gleichnisses von den klugen und törichten Jungfrauen (Matth. 25, 1–13), andererseits ist uns der (möglicherweise nordfranzösische) Text in stark okzitanisierter Form überliefert; nur in den Reimwörtern ist nordfranzösischer Vokalismus erhalten (Henry 1965, 25). Wiederum wird dieser Text in der bereits zitierten okzitanischen Literaturgeschichte als ‘Übersetzung’ ausgegeben («traduction par un copiste qu’on croit périgourdin d’un original normand»; Lafont / Anatole 1970, 26). Renzi (1985, 242; 256) hält den Text für genuin okzitanisch. Drei weitere wichtige Denkmäler können als ‘bearbeitende Übersetzungen’ angesehen werden: Der Boeci folgt in Teilen verhältnismäßig eng der Consolatio philosophiae von Boethius und weiteren lateinischen Quellen, weist darüber hinaus jedoch auch wörtliche Übereinstimmungen mit dem Alexiuslied auf, das seinerseits lateinischen Quellen folgt (Schwarze 1963, Quellenapp. und 13). Auch die etwas später entstandene Chanson de Sainte Foy zeigt noch starke Abhängigkeit von lateinischen Vorbildern, wenn dem Verfasser auch bereits größere Eigenständigkeit zuzugestehen ist (Hoepffner / Alfaric 1926, 235). Eine ‘Übersetzung’ sui generis stellt eine der ersten volkssprachlichen Grammatiken, der Donatz Proesals des Uc Faidit (12. Jh.), dar, eine nochmals gekürzte Version der Ars minor von Donatus (Stengel 1878, 1; Buridant 1983, 95). Ob und inwiefern die Trouba-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
dourlyrik eine (wenn auch weitläufige) Affinität zur Gattung ‘Übersetzung‘ aufweist, ist eine Frage, die hier nicht diskutiert werden kann; die unterschiedlichen Herkunftshypothesen sind bis heute widersprüchlich und schwer überschaubar (cf. u. a. Baehr 1967; Vernet Ginés 1972). Wie in anderen europäischen Sprachen gibt es auch im Okzitanischen eine Reihe von Teilübersetzungen der Bibel, die vor der Reformation entstanden sind. Aufgrund der häretischen Bewegungen im französischen Süden (Katharer, Waldenser) ist die Überlieferungslage besonders schlecht; während der sog. Albigenserkriege hatte das Konzil von Toulouse 1209 sogar den Besitz volkssprachlicher Bibeltexte unter Strafe gestellt (Rietschel 31897, 703; Berger 1977, 18 [1889]; Wunderli 1969, 18 s.). Die elf erhaltenen Handschriften sind zwar nicht alle ediert, aber recht gut beschrieben (Berger 1977, 7–76 [1889]; 95–151; Wunderli 1969; 70). Sie werden allgemein in ein ‘provenzalisches’ und ein ‘waldensisches’ Korpus unterteilt. Die meisten folgen der sog. languedokischen Vulgatarezension, die sich an die Vetus Latina anlehnt und eine vom heute Üblichen abweichende Anordnung der Bücher des NT aufweist. Nur eine im 15. Jh. entstandene Handschrift (BN fr. 2426) enthält Teile des AT. Als Modell dienten hier bereits nordfranzösische Übersetzungen, denen die von Alkuin revidierte, von der Sorbonne gebilligte Vulgatafassung zugrundeliegt. Wunderli führt gute Gründe dafür an, dass es sich beim sog. Johannesfragment (limousinisch, 12. Jh.) nicht wirklich um ein Bruchstück, sondern – ähnlich wie im Falle des Sponsus – um die Vorarbeit zu einem liturgischen Schauspiel gehandelt haben könnte (Wunderli 1969, 77 s.; 1970, 109 s.). Ob es je eine unabhängig von einer französischen Vorlage entstandene okzitanische Gesamtübersetzung der Bibel gegeben hat, darf bezweifelt werden. Von den jüdischen Übersetzungen ins Okzitanische scheint fast alles zerstört worden zu sein, nur die provenzalische Übersetzung eines Gebetbuchs blieb erhalten (Navé 1972, 235). Die okzitanischen Literaturgeschichten, die Übersetzungen berücksichtigen, wurden von Okzitanisten geschrieben, die, wo immer es möglich scheint, die Priorität des Okzitanischen gegenüber dem Französischen unterstreichen. So soll der Artus-Stoff, die Matière de Bretagne, durch einen lateinkundigen Waliser schon an den Hof Wilhelms
von Aquitanien und damit zu den ersten Troubadours gelangt sein, bevor Wace 1155 die Historia regum Britanniae übersetzte und zum Roman de Brut umgestaltete (Lafont / Anatole 1970, 107). Selbst beim okzitanischen Fierabras, der allgemein als Fra gment einer Übersetzung der altfranzösischen Chansons de geste gilt (ib., 196), wird die Hypothese nicht ausgeschlossen, es könne sich doch um ein okzitanisches Original gehandelt haben (Camproux 21971, 34). Als direkte Übersetzung aus dem Lateinischen gilt ein Prosatext, die Gesta Karoli Magni ad Carcassonam et Narbonam (Schneegans 1898). Auch hier lässt sich nicht völlig ausschließen, dass umgekehrt der lateinische Text aus dem Provenzalischen übersetzt wurde (Bec 1977, 147 s.). Nicht selten werden Texte von ihren Verfassern als Übersetzungen ausgegeben (man denke nur an Don Quijote); dies geschieht jedoch, wie im Falle des in der 2. Hälfte des 13. Jh. entstandenen Vida de Santa Enimia, um der Konvention der mittelalterlichen Authentizitätsfiktion Genüge zu tun; bei genauerem Hinsehen erweisen sich solche ‘Übersetzungen’ als ausschmückende Bearbeitungen einer lateinischen Quelle. Auch im Bereich der didaktischen und fachsprachlichen Literatur im weiteren Sinne gibt es eine Reihe von Texten, die auf eine lateinische Vorlage zurückgehen (so z. B. die Grammatiken); um Übersetzungen sensu stricto handelt es sich nicht. Eine Übersetzung im engeren Sinn stellt die provenzalische (möglicherweise in Oberitalien entstandene) Version der sog. Disticha (dicta) Catonis dar, eine im 3. Jh. entstandene Sammlung von Lebensweisheiten, die im Mittelalter weit verbreitet war (Tobler 1967 [1897]; cf. 5.1.). Auch die Legenda aurea des Jacobus a Voragine wurde, wie in viele andere Sprachen, im 14. Jh. ins Okzitanische übersetzt; der Stoff allein schon regte die Übersetzer zu allerlei aktualisierenden Zutaten an (cf. Lafont / Anatole 1970, 254 s.; Tausend 1995). 4.2. Die Zeit der Dekadenz Aus Gründen einer parallelen zeitlichen Gliederung soll hier die Zeit der Dekadenz des Okzitanischen mit der Hochrenaissance beginnen, also deutlich später als in den einschlägigen Sprach- und Literaturgeschichten. Zur Zeit von François I er gehört der größte Teil des französischen Südens zur Krone; das Edikt von Villers-Cotterêts (1539), wenn auch in erster Linie gegen das
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
Latein gerichtet, trug entscheidend zum Absinken der okzitanischen Regiolekte in den Bereich des Inoffiziellen bei. Charakteristisch für diese Epoche ist die Biographie des Dichters Clément Marot (1496–1544), der auch als Übersetzer hervorgetreten ist. Als erfolgreicher französischer Dichter in der Tradition der rhétoriqueurs und erster Herausgeber der Werke François Villons bleibt er sich seiner okzitanischen Ursprünge doch bewusst: «[…] oubliay ma langue maternelle, / Et grossement aprins la paternelle, / Langue Francoyse es grands Courts estimée […]» (cf. Camproux 21971, 88; Albrecht 1984, 19 s.). Im Gegensatz zu Pey (Pèir) de Garros, der 1565 eine Übersetzung ausgewählter Psalmen ins Gaskognische vorlegte (Kirsch 1991, 60b; Kremnitz 1991, 71b; Gardy 1992, 16), hatte er in seinen letzten Lebensjahren eine – von Du Bellay in seiner Deffence kritisierte – Psalmenübersetzung ins Französische angefertigt (cf. 5.2.). Die Hauptvertreter der sog. kleinen okzitanischen Renaissance im 16. Jh., wie Belaud de la Bellaudière (1532–88) in Aix oder Godolin (Goudelin) und seine zahlreichen Nachahmer in Toulouse, taten sich bestenfalls als Imitatoren, nicht als Übersetzer hervor. Salluste Du Bartas (1544–90) – von Okzitanisten dafür gerühmt, dass er in seinem dreisprachigen Gedicht von den drei Nymphen der gaskognischen den Vorzug gegenüber der lateinischen und der französischen gab – verfasste den größten Teil seines Werks auf französisch und findet sich daher, wie Marot, in den einschlägigen Nachschlagewerken, in denen man die okzitanisch schreibenden Dichter vergeblich suchen wird. Der berühmt-berüchtigte Provenzale Nostradamus hat mit seinen 1575 in Lyon erschienenen Vies des plus célèbres et anciens poètes provençaux viel für die Wiederbelebung des Mythos von der ‘provenzalischen’ Kultur, nichts für den Aufbau seiner Muttersprache durch Übersetzungen getan (Camproux 21971, 90). Das gilt mutatis mutandis auch für den 150 Jahre später im Languedoc geborenen Theosophen Fabre d’Olivet (1767–1825), der die Verbreitung des Terminus occitan gefördert hat. Bei seinem Werk Le Troubadour. Poésies occitaniques du XIII e siècle (Paris, 1803) handelt es sich um ‘Übersetzungen’ von der Art, wie sie James Macpherson einige Jahrzehnte vorher aus dem Gälischen vor gelegt hatte; daher der Beiname ‘okzitanischer Ossian’ (Cellier 1953, 258 ss.; Cam-
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proux 21971, 137 ss.; Lafont / Anatole 1970, 517 s.). Einige okzitanische Schriftsteller übernehmen aus Nordfrankreich eine Gattung, die der Übersetzung immerhin nahe steht: die Travestie klassischer Autoren. Jean Baptiste Favre (Fabre) (1727–83) folgt mit seiner Odisseìa travestida (1758) und seiner Eneida travestida (1780) dem Vorbild Paul Scarrons (Lafont / Anatole 1970, 470; Rouquette 1963, 73 s.). Jean Daubian Delisle vergröbert mit seinem Misanthrope travesti (Castres, 1797) das Molièresche Vorbild (Lafont / Anatole 1970, 445). Die Bibelübersetzungen unseres zweiten Zeitraums sind gut dokumentiert. Christian Anatole alias Crestian Anatoli hat einige Fragmente von Bibelübersetzungen zusammengestellt und beschrieben, die zwischen 1500 und 1965 erschienen sind (cf. Anatoli 1965; Lafont / Anatole 1970, 434). Am Ende unseres zweiten Zeitraums nahm die Übersetzungstätigkeit ins Okzitanische aus tagespolitischem Anlass einen unverhofften Aufschwung. In der frühen, ‘föderalistischen’ Phase der Französischen Revolution ergab sich aufgrund des Erlasses vom 14. Januar 1790 die Notwendigkeit, wichtige öffentliche Bekanntmachungen und v. a. die neue Verfassung in die nicht-französischen Sprachen der Republik, darunter auch die Varietäten des Okzitanischen, zu übersetzen (cf. Schlieben-Lange 1979; 1985; Kremnitz 1991, 73a). 4.3. Vom Félibrige bis zur Gegenwart Die neueren Übersetzungen ins Okzitanische sind schlecht dokumentiert, vermutlich deshalb, weil sie – aus unterschiedlichen Gründen – weder für zünftige Philologen noch für moderne Übersetzungshistoriker von unmittelbarem Interesse sind. Die Félibres haben ihre Wiederbelebungsversuche des Okzitanischen auch auf dem Wege der Übersetzung unternommen – allen voran Louis Aubanel, der 1802 die Oden Anakreons auf languedokisch vorlegte. Joseph Roumanille hat sich an Homer und Vergil versucht. Von Mistral gibt es eine Übersetzung der Genesis. Im 20. Jh. ist v. a. der aus dem Quercy stammende Dichter Jules Cubaynes als Übersetzer hervorgetreten (Vergil, Psalmen, NT ). Crestian Anatoli (1965) verzeichnet für unseren dritten Zeitraum 18 Übersetzungen biblischer Texte, darunter allerdings auch Neuauflagen älterer Übertragungen. Weiterhin stehen das Hohe Lied,
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
die Psalmen, die Evangelien und die Apokalypse im Zentrum des übersetzerischen Interesses. Ein dem Verfasser von François Pic (Toulouse) zugeschickter, unveröffentlichter Essai bibliographique, die Übersetzungen ins Okzitanische betreffend (z. T. nicht veröffentlichte), enthält über 250 Titel (Ms., 2001). Neben zahlreichen biblischen Texten und Klassikern der Antike (Anakreon, Lukian, Horaz, Vergil, Catull u. a.) ist v. a. die französische Literatur gut vertreten (Montaigne, Fénelon, Descartes, Corneille, Racine, Baudelaire, Flaubert, Rimbaud u.v. a.). Darüber hinaus kann man (meist kürzere) Texte vieler europäischer Klassiker auf okzitanisch lesen: Francesco d’Assisi, Dante, Boccaccio, Ariost, Tasso, Manzoni, Góngora, Cervantes, Shakespeare, Puschkin u.v. a.). Auch deutschsprachige Autoren fehlen nicht (Walther von der Vogelweide, Goethe, Schiller, Hölderlin, Rilke). Hans Christian Andersen (La pichona vendeira d’alumetas), Lewis Caroll, George Orwell, Seamus Heany, Pier Paolo Pasolini und natürlich auch einige Abenteuer von Tintin und Astérix sind in unterschiedlichen okzitanischen Dialekten verfügbar. Unter den Übersetzern erscheinen bekannte Okzitanisten wie Robert Lafont oder Pierre Bec. In jüngster Zeit (1994) hat René Canton, Bürgermeister einer kleinen Gemeinde bei Pau, eine Übersetzung der vier Evangelien ins Bearnesische veröffentlicht (cf. Thun 1995). Eine Studie, in der die Bedeutung der literarischen Übersetzung bei der Herausbildung der modernen Literatursprache gewürdigt wird, wie sie Lieber (1992) für das Katalanische vorgelegt hat, scheint für das Okzitanische zu fehlen. Man würde sich wünschen, dass Pic seinen Essai bibliographique bald in elaborierter Form veröffentlicht.
5.
Übersetzungen ins Französische
Die französische Übersetzungsgeschichte sensu stricto ist seit langem eine fest etablierte Disziplin. Schon im Jahre 1733 hatte Camille Falconet seinen Kollegen in der Académie Royale des Inscriptions et BellesLettres einen Bericht mit dem Titel Sur nos premiers traducteurs français vorgelegt. Ein anderes Akademiemitglied, der Abbé Lebeuf, vervollständigte 1741 diesen ersten Versuch mit seinen Recherches sur les plus anciennes traductions en langue française, eine Arbeit, die der Historiker Leber (1838, 80–160) später in seine monumentale Samm-
lung von Studien zur französischen Geschichte aufgenommen hat (cf. Bérier 1988, 119 s.). Im 19. Jh. haben sich zwei Autoren der Geschichte der Übersetzung aus den klassischen Sprachen angenommen: Frédéric Hennebert (1861), noch völlig dem klassizistischen französischen Geschmack verpflichtet, beschränkt sich auf das 16. und 17. Jh., die Frühzeit der ‘belles infidèles’; Justin Bellanger, schon ganz dem historistischen Übersetzungsideal seiner Zeit, der philologisch-dokumentarischen Übersetzung, verhaftet, beginnt bei Oresmes und führt seine Untersuchung bis zu seinen Zeitgenossen fort (Histoire de la traduction en France, Paris, 1903). Das Manuel bibliographique, eine Bibliographie raisonnée, bietet reichhaltiges Material zu den Übersetzungen des Mittelalters und der Frührenaissance (Bossuat 1951). François Bérier (1988) behandelt in seiner materialreichen Beschreibung und Analyse ausschließlich die in eben diesem Zeitraum entstandenen Übersetzungen. Cyrille Borovsky alias Edmond Cary stellt einige bedeutende Persönlichkeiten vor, die ins Französische übersetzt haben (Les grands traducteurs français, Genève, 1963). Roger Zubers akribische Darstellung der Epoche der ‘belles infidèles’ (Les ‘Belles Infidèles’ et la formation du goût classique. Perrot d’Ablancourt et Guez de Balzac, Paris, 1968) gibt erschöpfende Auskunft über diesen in kulturgeschichtlicher Hinsicht wichtigsten Abschnitt der französischen Übersetzungsgeschichte. Van Hoof (1991, 24–117) liefert eine verhältnismäßig umfangreiche Darstellung, Myriam Salama-Carr (1998) eine knappe Skizze der gesamten französischen Übersetzungsgeschichte. Die Bibliographie von Paul Chavy (Traducteurs d’autrefois. Moyen âge et Renaissance. Dictionnaire des traducteurs et de la littérature traduite en ancien et moyen français (842–1600), Genève / Paris, 1988) stellt schließlich die vollständigste Informationsquelle für dieses Gebiet von den Anfängen bis zum Beginn der Klassik dar. Die Gesamtgeschichte der Übersetzung der Bibel ins Französische ist vorbildlich dokumentiert (Bogaert 1991). Dazu kommen zahlreiche Einzeluntersuchungen, von denen in den folgenden Abschnitten nur einige wenige berücksichtigt werden konnten. 5.1. Mittelalter und frühe Neuzeit In der gesamten Romania – und bes. früh in Nordfrankreich – entwickelte sich die Praxis des Übersetzens aus einer Diglossiesitua-
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
tion: Was immer der Beachtung und der Erinnerung wert schien, wurde in der ‘high variety’, dem mittelalterlichen Latein, festgehalten und, wenn nötig, beim mündlichen Vortrag spontan in die ‘low variety’, die Mundarten, transponiert. Das galt bes. für die Auslegung biblischer Texte in der Predigt (Lebeuf 1838, 81 s. [1741]); Übersetzung und Erläuterung, ‘volgarizzamento’, gingen dabei Hand in Hand. Als in der Folge der sog. Karolingischen Renaissance der Graben zwischen den beiden Varietäten tiefer wurde, ergab sich die Notwendigkeit, auch in der Volkssprache gehaltene Äußerungen schriftlich niederzulegen – zunächst nicht systematisch, sondern eher sporadisch. Die ältesten Texte des Französischen, die Strassburger Eide, die Eulaliasequenz, das Jonas-Fragment (ein in einer lateinischen Tradition wurzelndes ‘StudierzimmerProdukt’, cf. Wunderli 1965), das Leodegarlied und die Passion von Clermont (cf. 4.1.) sind ‘Übersetzungen’ in diesem ‘uneigentlichen’ Sinn (cf. Bossuat 1951, 5 ss.). Richard Baum spricht in diesem Zusammenhang in Anklang an Nietzsche von der «Geburt des Französischen aus dem Geist der Übersetzung»; er sieht in den soeben erwähnten Texten Manifestationen eines «an lateinischen Vorlagen orientierten, sprachkonstituierenden Gestaltungsprozess[es]» (1995, 54). Bei den ersten, meist in Klöstern angefertigten Übersetzungen handelt es sich um Glossen und Interlinearversionen, kirchliche Gebrauchsprosa, Heiligenleben, Entwürfe von Predigten, bei denen der volkssprachliche Anteil oft nur zwischen den Zeilen, am Rande oder am Ende erscheint. Die ersten romanischen Texte sind, so Olaf Deutschmann, «eigentlich nicht festzulegen. Man kann nur sagen, dass das Verhältnis von Latinität und Romanität in den mittelalterlichen Texten sich langsam von Text zu Text zugunsten der Romanität verschiebt» (Deutschmann 1971, 68).
Bis weit ins 13. Jh. hinein wird mehr oder weniger wahllos übersetzt; sehr wörtlich, wenn man es mit Texten zu tun hatte, bei denen, wie Hieronymus annahm, «et verborum ordo mysterium est», sehr frei und auch damals schon stark einbürgernd, wenn man dem Ratschlag des Horaz folgte und sich eines Stoffs, der als ‘publica materies’ bereitlag, zu eigenen Zwecken bediente (cf. Albrecht 1998, Kap. 2.2.). Die wichtigste Ausgangssprache war Latein, in seiner mit-
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telalterlichen, in geringerem Umfang auch in seiner klassischen Ausprägung. Aus dem Griechischen wurde – vor Amyot – in der Regel über eine lateinische Zwischenstufe übersetzt; graeca sunt, non leguntur, griechische Texte konnten in Westeuropa (mit Ausnahme Süditaliens) nur durch Übersetzungen Wirksamkeit entfalten (cf. Hennebert 1861, 14; Köhler 1972, 398 s.). Aber auch das Altenglische und möglicherweise das Keltische treten als Ausgangssprachen in Erscheinung (cf. Baehr 1981, 333 s.). Im Bereich der schönen Literatur fällt es im Hochmittelalter schwer, zwischen Übersetzungen und Bearbeitungen zu unterscheiden. Lateinische (indirekt auch griechische) Quellen liegen den höfischen Romanen zugrunde, die antike Themen behandeln (Roman d’Alexandre, Roman de Thèbes, Roman de Troie usw.); inwieweit in die Artusromane unmittelbar keltische Quellen eingeflossen sind, bleibt umstritten. Von den klassischen Autoren spielt – vor der übersetzungsgeschichtlichen ‘Wende’ im 14. Jh. – Ovid eine große Rolle, bes. im Werk Chrétien de Troyes’. Ähnliches gilt für Aesop; schon Marie de France gibt ihren Ysopet ausdrücklich als Übersetzung aus. Das Bindeglied zwischen antikem und mittelalterlichem Denken stellt die Consolatio philosophiae von Boethius dar, im Mittelalter eines der am meisten übersetzten Bücher – keineswegs nur ins Französische. Auch die bereits erwähnten Disticha Catonis wurden häufig ins Altfranzösische übersetzt (cf. Ruhe 1968). V. a. dort, wo die Vorlagen unzureichend überliefert sind oder völlig fehlen, ist es schwer zu entscheiden, ob es sich bei einem gegebenen Text um eine Übersetzung handelt. Die Verfasser geben, wie bereits erwähnt, ihre Texte oft als Übersetzungen aus, um den Anspruch auf Authentizität zu unterstreichen. So heißt es im Roman de Brut: «Maistre Wace l’ad translaté / Ki en conte la verité. / Si cum le livre le devise […]» (cf. Baehr 1981, 342). Als eine der wichtigsten Motivationen der Übersetzer erscheint in den Prologen die Absicht, einem Publikum ohne Sprachkenntnisse Wissenswertes zugänglich zu machen, so z. B. bei Benoît de Sainte-Maure: «La [l’estoire; J. A.] voudrai si en romanz metre / Que cil qui n’entendent la letre / Se puissent deduire el romanz» (cf. ib., 341). Einige Übersetzer und Übersetzungen aus der ersten Hälfte des ersten Zeitraums verdienen es, gesondert aufgeführt zu werden:
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Jean de Meun(g) (gest. 1305), der Vollender des Rosenromans, übersetzte verschiedene lateinische und mittellateinische Autoren, darunter Boethius’ Consolatio, den Briefwechsel Abelards und Héloises (nicht gesichert, cf. Billotte / Bossel / Hicks 1997, 141) und Vegetius’ Epitoma rei militaris, meist als De re militari zitiert, einen der besonders häufig übersetzten Fachtexte des Mittelalters, der neben mehreren anderen hier bereits genannten Texten auch von Jean de Vignay (um 1285–1350) übersetzt wurde. Mehrfachübersetzungen sind zu dieser Zeit sehr häufig und die Abhängigkeit der Übersetzer von ihren Vorgängern noch unzureichend erforscht. Jean d’Antioche übersetzt Ende des 13. Jh. in Jerusalem rhetorische Schriften von Cicero (cf. Ballard 1995, 81 s.). Guillaume de Nangis liefert im 13. Jh. mit der Übersetzung seiner lateinischen Chronik der französischen Könige ins Französische nicht nur einen frühen Beitrag zum Kapitel Selbstübersetzung (autotraduction), sondern zu einer Textsorte, für die Frankreich eine Pionierrolle in Anspruch nehmen kann: zur volkssprachlichen Geschichtsschreibung. Mit dem Benediktinermönch Pierre Bersuire (Petrus Berchorius), einem Schützling von Jean le Bon, der in Avignon die Bekanntschaft Petrarcas machte (cf. Arcaini 1967, 734 s.; Stein 1997, 48 s.), beginnt die ‘Wende’ in der französischen Übersetzungsgeschichte des Mittelalters. Mitten im hundertjährigen Krieg beginnen die Valois und die Vertreter der burgundischen Nebenlinie eine regelrechte ‘Übersetzungspolitik’ zu betreiben. Der bedeutendste Mäzen der Übersetzer war Charles V. Christine de Pisan rühmte ihn dafür, dass er «non obstant que bien entendist le latin» dafür Sorge trug, dass «les plus notables livres» im Bereich von Kunst und Wissenschaft für diejenigen übersetzt wurden, die des Lateinischen nicht mächtig waren (cf. Lusignan 1986, 133). Es beginnt nun eine Phase des verhältnismäßig strengen ‘philologisch-dokumentarischen’ Übersetzens (cf. u. a. Stempel 1987, 12 s.). Aus Platzmangel können einige bekanntere Übersetzer, die für die Valois und die burgundischen Herzöge arbeiteten, sowie die wichtigsten übersetzten Texte nur aufgelistet werden (cf. u. a. Ballard 1995, 84 ss.); anschließend wird kurz auf Bersuire und Oresme zurückzukommen sein: Für Charles V. arbeiteten u. a.: Jehan Corbechon (14. Jh., De proprietatibus rerum von Barthélemi l’Anglais; cf. Salvat 1997); Jean Daudin (gest.
1382); er übersetzte u. a. Petrarcas Traktat De remediis utriusque fortunae; Jean Golein (um 1320–1403), «le plus fécond des traducteurs de Charles V » (Bossuat 1951, 580); Raoul de Presles (1315–82), einer der frühen Bibelübersetzer, dem wir auch eine Übersetzung der Civitas Dei von Augustinus verdanken (cf. Hasenohr 1989, 270). In der Vorrede bekennt er, dass ihm Augustins Latein geläufiger sei als das der vielen eingestreuten klassischen Zitate (Parussa 1997, 174). Weiterhin wären zu nennen: Simon de Hesdin (Teilübersetzung der Memorabilia des Valerius Maximus), Jean Bauchant (gest. 1396: Seneca, De remediis fortuitorum); Evrart de Conty (gest. 1405), nicht nur Übersetzer, sondern auch Leibarzt von Charles V. – den ‘reinen’ Übersetzer dürfte es damals kaum gegeben haben. Der Benediktinermönch Pierre Bersuire (gest. 1362), der früheste namentlich bekannte französische Liviusübersetzer (cf. Arcaini 1967; Stein 1997, 48 s.), gehört zu den Übersetzern, deren Namen in jeder noch so summarischen französischen Übersetzungsgeschichte aufgeführt werden, vermutlich deshalb, weil sie ihre Arbeit in Vorreden gerechtfertigt, in Kommentaren reflektiert, durch Glossare vervollständigt und somit zumindest implizit einen Beitrag zur Übersetzungstheorie geleistet haben (cf. Monfrin 1962). Nicole Oresme, der für beide Könige aus dem Hause Valois arbeitete und v. a. durch seine Aristotelesübersetzungen bekannt wurde, gilt sogar als Begründer der französischen Übersetzertradition (zu seiner Übersetzungs- und Entlehnungstechnik cf. u. a. Grignaschi 1960; Taylor 1965; Stempel 1987). Im Auftrag der burgundischen Herzöge übersetzten u. a. folgende Gelehrte: Jean Wauquelin (gest. 1452, historische Werke); Jean Miélot (1415–72, neben zahlreichen mittellateinischen Texten auch Klassiker wie Cicero, Ovid, Vergil); der Portugiese Vasque de Lucène (um 1435–1512; Quintus Curtius; Plutarch, Xenophon, Bernard de Clairvaux). Für andere Mäzene arbeiteten Laurent de Premierfait (um 1380–1419; u. a. Texte von Cicero und Boccaccio, cf. Wilhelm 2001), Jean du Chesne (15. Jh., Cäsar und Sallust) sowie der Frühhumanist Robert Gaguin (1435–1501, Caesar). Wie aus dieser notgedrungen höchst unvollständigen Auflistung hervorgegangen sein dürfte, sind das klassische Latein und das Mittellatein die wichtigsten Ausgangssprachen unseres ersten Zeitraums; nur ver-
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
einzelt tritt bereits das Italienische in dieser Rolle auf. Wie in Deutschland wird die bekannte Griseldis-Novelle aus dem Decamerone allerdings ausschließlich aus Petrarcas lateinischer Version übersetzt; die horizontale Übersetzung findet meist noch auf diesem Umweg statt. Es wäre unhistorisch, in diesem Zeitraum zwischen literarischen und fachlichen Übersetzungen unterscheiden zu wollen. Wissensdurst ist der wichtigste Antrieb der Übersetzungstätigkeit, und um ihn zu befriedigen, greifen die Übersetzer zu (aus heutiger Sicht) literarischen und fachlichen Texten; dennoch sei wenigstens eine Arbeit aufgeführt, die sich ausführlich der frühen Fachübersetzungen annimmt: Shore 1989. Unter den wichtigsten vorreformatorischen Bibelübersetzungen wären zu nennen: Die Bible de Thou (13. Jh.); die Bible Historiale von Guyart Desmoulins (1291–95); die Bible de Raoul de Presles (1375–82); Kurzcharakteristiken finden sich bei Bogaert (1991, 9). Für die Entwicklung der französischen Literatursprache war die Arbeit der Übersetzer unseres ersten Zeitraums besonders bedeutsam. Die Übersetzer haben nicht wenig zur ‘Relatinisierung’ des Französischen im Bereich des Wortschatzes und der Syntax beigetragen, eine Erscheinung, die in den übrigen romanischen Sprachen geringere sprachtypologische Konsequenzen hatte als im Französischen (cf. 2. und Albrecht 1995, dort weiterführende Literatur). 5.2.
Von Amyot bis Voltaire
5.2.1. Die Epoche der ‘belles infidèles’ Im 16. Jh. nimmt die Übersetzertätigkeit in Frankreich einen ungeheuren Aufschwung; die meisten bekannten Schriftsteller und Dichter waren auch als Übersetzer tätig. Zunehmend tritt das Griechische als Ausgangssprache in Erscheinung, wenn auch weiterhin über lateinische Zwischenstufen übersetzt wird. Die ‘horizontale’ Übersetzung gewinnt langsam an Bedeutung: Neben den toskanischen Klassikern werden auch schon Ariost und mit Tasso und Mateo Alemán sogar zeitgenössische Autoren übersetzt. Im Zentrum des Interesses stehen jedoch, abgesehen von der Bibel, weiterhin griechische und lateinische Autoren. Die großen Schriftsteller wollten – ähnlich wie Petrarca zwei Jahrhunderte früher – als lateinische und volkssprachliche Autoren
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glänzen und übersetzten sich gelegentlich selbst, wie z. B. Calvin seine Christianae Religionis Institutio […] (Basileae, 1536). Als Prüfstein der Übersetzungskunst galten die Texte Ciceros; in der Zeit zwischen 1502 und 1554 sind 23 Ciceroübersetzungen nachgewiesen (Worth 1988, 14 s.). Die humanistische Epoche der Übersetzungsgeschichte beginnt mit Claude de Seyssel (cf. 2.2.; Mombello 1997). Er wurde 1498 von Charles VIII . aus Turin nach Frankreich geholt und von Louis XII und François I er gefördert. In seinen mit Hilfe seines Freundes Janos Lascaris angefertigten Übersetzungen von Xenophon und Thukydides vermeidet er, ähnlich wie Amyot, aber ganz im Gegensatz zu den Mitgliedern der Pléiade, den Gebrauch von Gräzismen und Latinismen. Clément Marot, der Nachfolger der rhétoriqueurs, hat sich v. a. durch seine Psalmenübersetzung einen Namen gemacht, die, von Etienne Dolet herausgegeben, nicht nur das protestantische französische Kirchenlied, sondern auch nachfolgende Lyrikübersetzer beeinflussten (Becker 1921). Darüber hinaus hat er auch Ovid und Moschos übersetzt. Geoffroy Tory, der Verfasser des Champfleury, war in seiner Jugend mit einer Übersetzung eines Textes von Lukian (Itinerarium provinciarum omnium Antonini Augusti […], Parisiis, 1512) hervorgetreten – ebenso wie sein weit hartnäckigerer Nachfolger auf dem Gebiet der Orthographiereform Louis Meigret (Hausmann 1980, bes. 143 ss.), der darüber hinaus auch Sallust (fr. Histoire de C. Crispe Saluste touchant la coniuration de L. Serge Catelin, Paris, 1547) übersetzt hat. In keiner noch so knappen Übersetzungsgeschichte darf Etienne Dolet (1509–46) fehlen, nicht nur, weil er aufgrund einer angeblich falschen Übersetzung einer Platonstelle der Ketzerei bezichtigt und öffentlich verbrannt wurde, sondern auch, weil er selbst übersetzte (u. a. Ciceros Epistulae ad familiares, Paris, ca. 1540), weil er als Drucker für die Verbreitung von geistesgeschichtlich bedeutsamen Übersetzungen sorgte (Worth 1988, 39–81; Ballard 1995, 105 ss.) und nicht zuletzt, weil er mit dem 1540 in Lyon erstmals erschienenen Traktat La manière de bien traduire d’une langue en aultre den frühesten expliziten französischen Beitrag zur Übersetzungstheorie geliefert hat (Briamonte 1982). Mit Jacques Amyot (1513–93), «figure éminemment gauloise et plébeienne» (Hennebert 1968, 49 [1861]) bricht sich eine Art
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des Übersetzens Bahn, die sich im 17. Jh. für lange Zeit durchsetzen sollte, wenn auch nicht uneingeschränkt: die konsequente Anpassung der für vergangene Epochen und fremde Kulturen charakteristischen Elemente an die Welt der Leser, für die die Übersetzung bestimmt war (‘Einbürgerung’). Amyot, der aus bescheidenen Verhältnissen stammte, sich mit eiserner Energie die Bildung der zeitgenössischen Humanisten angeeignet hatte und es schließlich zum Bischof von Auxerre gebracht hatte, wurde wegen des idiomatischen Stils seiner Übersetzungen von Montaigne hoch geschätzt. Als sein Hauptwerk gilt die 1559 in Paris erstmals erschienene Übersetzung der vergleichenden Lebensbeschreibungen (Vies parallèles) von Plutarch (cf. Ernst 1977; dort wird, auf der Grundlage eines Vergleichs mit späteren Plutarchübersetzungen, Sprachwandel anhand von Mehrfachübersetzungen untersucht). Er kann cum grano salis als Vorläufer der ‘belles infidèles’ angesehen werden (Hennebert 1968, 49 ss. [1861]; Ballard 1995, 123 s.). Die Tatsache, dass Claude Gaspard Bachet de Mériziac seine Plutarchübersetzung gut 70 Jahre später vor der Académie Française scharf kritisierte (cf. Ballard 1995, 163 s.) zeigt, dass auch im 17. Jh. das Ideal der ‘belles infidèles’ keine uneingeschränkte Gültigkeit besaß (cf. 5.2.2.). Bei allen Freiheiten, die er sich herausnahm, war Amyot ein philologisch geschulter Übersetzer, der sich zeitlebens um die Beschaffung der bestmöglichen Textgrundlage bemühte und zu diesem Zweck weite Reisen unternahm (Sturel 1908/74, 596 s.). Amyot war nur ein frühes Vorspiel zur Epoche der ‘belles infidèles’. Das 16. Jh. hat noch eine Reihe von gelehrten SchriftstellerÜbersetzern hervorgebracht, die ganz anderen Modellen verpflichtet waren. Thomas Sébillet, Verfasser eines der frühesten Arts poétiques français, übersetzte die Iphigenie des Euripides direkt aus dem Griechischen (Paris, 1549). Etienne de La Boétie, der früh verstorbene Freund Montaignes und Wiederentdecker der Stoiker, versuchte sich als 16jähriger (1546) an Xenophon. Montaigne selbst hat u. a. die Theologia naturalis des Katalanen Raymundus Sebundus (fr. Apologie de Raymond Sebond […]) übersetzt. Blaise de Vigenère spricht sich zwar gegen allzu große Wörtlichkeit aus; seine Übersetzungen aus dem Griechischen und Lateinischen enthalten jedoch zahlreiche lexikalische und syntaktische Entlehnungen (Hennebert
1968, 76 ss. [1861]; Van Hoof 1991, 33). Im Übrigen hat er Geoffroy de Villehardouins Conquête de Constantinople aus dem Altfranzösischen übersetzt (Paris, 1585) – ein frühes Beispiel einer intralingualen Übersetzung (Buridant 1980). Trotz der oft missverstandenen Polemik Du Bellays gegen das Übersetzen haben fast alle Mitglieder der Pléiade griechische und lateinische Autoren übersetzt, so z. B. 1547 Peletier du Mans Vergils Georgica. Über die ‘belles infidèles’ kann man sich anderenorts gründlich informieren (cf. u. a. Zuber 1968; 1972; Stackelberg 1988; Konopik 1997, 1. Teil), daher seien hier nur wenige Hinweise gegeben. Malherbe hatte zu Beginn des Jahrhunderts mit seiner Senecaübersetzung das Vorbild zu dieser stark am Publikumsgeschmack orientierten Übersetzungsstrategie geliefert. Die Bezeichnung selbst geht auf ein Bonmot Gilles Ménages zurück, der eine Lukianübersetzung seines Duzfreundes Nicolas Perrot d’Ablancourt mit einer seiner zwar schönen, aber untreuen Geliebten verglichen haben soll. Seine Art des Übersetzens, die – in Anlehnung an Schleiermacher formuliert – das fremde Werk so präsentierte, als sei es «mit einem zeitgenössischen französischen Vater erzeugt» worden (cf. Schleiermacher 1838, 239) stieg schnell zu einem stilbildenden Muster auf, das nicht nur Frankreich, sondern auch große Teile Europas beherrschte. An dieser Entwicklung war v. a. der erste Sekretär der Académie, Valentin Conrart, beteiligt, der Perrot d’Ablancourt und seine Nachahmer energisch förderte und die Übersetzung klassischer Autoren zu einer der wichtigsten Aufgaben der Akademiemitglieder erhob. Nachdem das Modell der ‘belles infidèles’ in der Zeit der Hochklassik vorübergehend etwas an Prestige eingebüßt hatte (cf. 5.2.2.), gelangte es im 18. Jh. zu noch größerer Bedeutung. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatte Voltaire, der sich rühmte, den französischen Übersetzern ein ganz neues Arbeitsfeld erschlossen zu haben, die englische Literatur (zum rapiden Anschwellen des Übersetzungsstroms aus dem Englischen cf. Stackelberg 1988, 18). Ihm folgten Übersetzer wie der Abbé Prévost, der durch seine Übersetzungen der Werke Samuel Richardsons früher bekannt wurde als durch seine Manon Lescaut, und v. a. Pierre Antoine Laplace, der Shakespeare salonfähig machte und die Romane Henry und Sarah Fieldings nach zeitgenössischem
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
französischen Geschmack aufbereitete. Auch Pierre-Prime-Félicien Letourneur, der zweite wichtige Shakespeareübersetzer des 18. Jh., hatte seine Arbeit ganz im Geiste der ‘belles infidèles’ begonnen, leitete jedoch später mit seinen Übersetzungen der Night Thoughts von Edward Young (fr. Les nuits d’Young, Paris, 1769) und der Heldenlieder Ossians alias Macphersons (Paris, 1777) die Wende in der französischen Übersetzungsgeschichte ein (cf. Albrecht 1998, 84 ss.). Natürlich wurde weiterhin aus den klassischen Sprachen übersetzt. Die Iliasübersetzung Houdar de la Mottes (Amsterdam / Paris, 1714), auf der Grundlage der ‘treuen’ Übersetzung Mme Daciers angefertigt, kann als Musterbeispiel dieses Übersetzungstyps im 18. Jh. gelten. Für die Übersetzung der Bibel ins Französische ist unser zweiter Zeitraum von entscheidender Bedeutung. In kurzem zeitlichen Abstand legen Jacques Lefèvre d’Etaples (Anvers, 1530) und Pierre Robert Olivétan (Neuchâtel, 1535), der Neffe Calvins, reformatorische Übersetzungen vor; die Theologen der Universität Löwen reagieren darauf mit der sog. Bible de Louvain (1550). Es entstehen zwei Traditionslinien, eine protestantische und eine katholische; erst die Traduction æcuménique de la Bible (AT Paris, 1972, NT Paris, 1975) versucht, die Gegensätze zwischen diesen beiden in sprachlicher Hinsicht nicht bes. ausgeprägten Übersetzungstraditionen zu überbrücken. Ein, wenn auch äußerliches, so doch auffälliges Merkmal: Seit der in Port-Royal entstandenen Übersetzung von Lemaistre de Saci (Paris / Bruxelles, 1679) wird der Herr in katholischen Bibeln mit vous angeredet, die Protestanten duzen ihren Gott. Der Drucker Robert Estienne in Lyon führt in der von ihm herausgegebenen Übersetzung (Genf, 1553) erstmals die Nummerierung der Verse ein, die nach und nach von den Übersetzern anderer Sprachen übernommen wird (cf. u. a. Bogaert 1991, 57–147). Die fachsprachliche Übersetzung entwickelt sich im 17. Jh. zu einer eigenen Gattung, für die nun andere Invarianzforderungen gelten als für die literarische Übersetzung. Architektur, Kriegskunst, Jagdwesen, Geschichte und Reiseberichte sind im zweiten Zeitraum noch weit stärker vertreten als die strengen Wissenschaften (cf. u. a. Van Hoof 1991, 41 s.; 55 s.).
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5.2.2. Die Gegner der ‘belles infidèles’ Aus Gründen der Ökonomie der Darstellung soll eine Gegenströmung zu der den offiziellen Kulturbetrieb beherrschenden Tradition der ‘belles infidèles’ getrennt dargestellt werden. Auch im 17. und 18. Jh. gab es Übersetzer, die dieses Übersetzungsmodell nicht zur Kenntnis nahmen oder aber ausdrücklich bekämpften. Zu den zuerst genannten gehörte César Oudin, Dolmetscher des Königs Henri IV für Deutsch, Italienisch und Spanisch und Verfasser zahlreicher Grammatiken und Sprachlehren. Er legte noch zu Lebzeiten Cervantes’ die erste Übersetzung des ersten Teils des Don Quijote (Paris, 1616) vor, die stellenweise einer Interlinearversion nahekommt. Bemerkenswerterweise hatte diese ‘laide fidèle’ dennoch Erfolg beim Publikum; schon 1632 erschien die 6. Auflage. Den zweiten Teil konnte Oudin nicht mehr vollenden, sein Übersetzerkollege François Rosset war ihm zuvorgekommen. Unter denen, die ausdrücklich gegen das Modell der ‘belles infidèles’ polemisierten, gebührt dem Polyhistor Pierre-Daniel Huet, Bischof von Avranches, besondere Beachtung. In seinem Werk De interpretatione libri duo, das, in elegantem Humanistenlatein verfasst, gerade von denen nicht gelesen wurde, an die es gerichtet war, erklärt er gleich zu Beginn: «Aliud est enim […] ornate scribere; aliud accurate interpretari» (Paris, 1661, 5), und im Hinblick auf ‘dunkle’ Stellen bemerkt er – in entschiedenem Gegensatz zu seinen Zeitgenossen – man müsse zweideutige Stellen auch zweideutig wiedergeben und dürfe dem Leser die Entscheidung für eine der möglichen Lesarten nicht abnehmen; es müsse «verbum anceps ancipiti verbo reddi» (ib., 24). Perrot d’Ablancourt selbst war, im Gegensatz zu seinen Nacheiferern, ein philologisch gründlich geschulter Übersetzer, der, bei allen Freiheiten, die er sich herausnahm, sehr sorgfältig arbeitete und seine Übersetzungen mit zahlreichen gelehrten Kommentaren versah. Er darf also gleichzeitig als einer der Begründer des Gegenentwurfs zu dem von ihm verfolgten Übersetzungsideal angesehen werden. Dieser Gegenlinie folgte Anne Lefebvre, genannt Mme Dacier. Sie trat als entschiedene Gegnerin der ‘belles infidèles’ auf, übersetzte in praxi jedoch recht ähnlich wie ihre Widersacher. Die Welt der Ilias, in der sich die Gesellschaft der Bronzezeit widerspiegelt und wo von chaudrons, marmites,
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sang, graisse et intestins die Rede ist, «[où on] voit des Princes dépouiller eux-mêmes les bêtes & les faire rôtir» (Dacier 1711, XXIV ), wollte auch sie ihren Lesern nicht ungeschönt zumuten. Ein Wort noch zu den Klassikern. Sie haben zwar alle auch übersetzt (cf. u. a. Stackelberg 1988, 22), aber doch weit mehr ‘imitiert’ im rhetorischen Sinn. Racine gibt in den Vorreden zu seinen Stücken Rechenschaft über seine Arbeitsweise. Molière, der sich von der Commedia dell’arte inspirieren ließ, dürfte für das Eindringen zahlreicher Italianismen ins Französische mitverantwortlich sein (Hope 1971, 315 ss.). Unter den ‘klassischen’ Übersetzern darf Ludwig XIV. nicht vergessen werden. Seine Teilübersetzung des Bellum gallicum, die er als Dreizehnjähriger angefertigt hatte, wurde später publiziert (Hennebert 1968, 77 [1861]). 5.3. Von der Romantik bis zur Gegenwart Das Französische gehört zu den Weltsprachen, in die ab dem 19. Jh. nahezu alles, was im Bereich von Belletristik und Sachprosa von Bedeutung ist, übersetzt wurde und wird. Es ist also völlig illusorisch, auch nur einen groben Überblick über die wichtigen Übersetzungen ins Französische in neuerer Zeit geben zu wollen. «La théorie allemande de la traduction se construit consciemment contre les traductions » (Berman 1984, 62). Das ist wohl etwas übertrieben, trifft die Gründe für die ‘Wende’ der europäischen Übersetzungsgeschichte jedoch im Kern. Im Umkreis der deutschen Romantik entsteht eine Übersetzungskonzeption, die – um noch einmal Schleiermacher zu bemühen – nicht, wie im Zeitalter der ‘belles infidèles’, «den Leser möglichst in Ruhe lässt und den Schriftsteller ihm entgegen bewegt», sondern die den Schriftsteller in Ruhe lässt und dem Leser die Mühe des Eindringens in eine fremde Welt zumutet (Schleiermacher 1838, 218). Der Leser wird, wie der französische Übersetzungstheoretiker Antoine Berman (1984) es ausdrückt, der «épreuve de l’étranger» ausgesetzt. Diese Übersetzungskonzeption setzt sich zögernd zumindest in den ‘höheren Etagen’ des französischen Kulturbetriebs durch; Mme de Staël hat sie mit ihrem Artikel De l’esprit des traductions, der zuerst in italienischer Übersetzung erschien, ihren Landsleuten nahezubringen versucht (cf. Staël 1820/21). Ein gewisser Erfolg blieb nicht aus; v. a. einige französische Romanti-
ker nahmen die Anregung auf. Bereits am Ende des 18. Jh. hatte ausgerechnet der Herold der clarté française, Antoine de Rivarol, es gewagt, Dantes Divina Commedia (L’Enfer, Paris, 1783) seinen Landsleuten in französischer Sprache nahezubringen, ohne sie in das Gewand einer ‘schönen Ungetreuen’ zu kleiden. Wenn man das 19. Jh. in Frankreich auch nicht als das Jahrhundert des deutschen Einflusses bezeichnen darf, so haben doch im 19. und im 20. Jh. Übersetzungen aus dem Deutschen beträchtlichen Einfluss auf das literarische Leben und auf die Entstehung von neuen Diskurstraditionen genommen. Der ungeheure Erfolg des Werther spiegelt sich unmittelbar in der Übersetzungsgeschichte wider; zwischen 1776 und 1786 sind vier verschiedene Übersetzungen erschienen, zu Beginn des 19. Jh. weitere drei. Gérard de Nerval weckte mit seinen Übersetzungen von Werken Klopstocks, Schillers, Goethes und Heines das Interesse an deutscher Literatur bei einem breiteren Publikum. Seine Übersetzung des Faust (Paris, 1828) erreichte in modifizierter Form, nämlich in Berlioz’ Oratorium La damnation de Faust, eine Wirkung, die von einer philologisch exakten Lesefassung nicht zu erwarten gewesen wäre. Bedeutsamer als die Übersetzungen der schönen Literatur im engeren Sinn waren jedoch die Übersetzungen theoretischer oder historischer Texte (Hegel durch Auguste Véra; David Friedrich Strauß’ Leben Jesu durch Emile Littré, Paris, 1839/40, Schopenhauer und Nietzsche durch J. A. Cantacuzène, in den 80er Jahren des 18. Jh., bzw. Henri Albert um die Jahrhundertwende). Gerade die Übersetzungen deutscher philosophischer Texte haben Anlass zu extrem verfremdenden, sprachlich innovativen Übersetzungsstrategien gegeben, und zum Aufbrechen der starren Normen beigetragen, die der französischen Literatursprache seit dem 18. Jh. auferlegt worden waren (cf. Albrecht 1998, 305 s., und v. a. Lévy 1952). Bis in die jüngste Zeit hinein ist die deutsche Literatur, wenn auch etwas einseitig, so doch insges. recht gut durch Übersetzungen in Frankreich vertreten; wiederholt hat es ‘Übersetzersymbiosen’ gegeben: Gide und Rilke, Handke und Georges-Arthur Goldschmidt haben sich gegenseitig übersetzt. Über den gesamten dritten Zeitraum hinweg bleibt das Englische, zunehmend auch in seiner amerikanischen Variante, die wichtigste Ausgangssprache der französischen
121. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische
Übersetzungen. Einen legendären Ruf haben Baudelaires Übersetzungen einiger Werke des amerikanischen Dichters Edgar Allan Poe errungen; sie wurden in die renommierte Bibliothèque de la Pléiade (vol. 2) aufgenommen und damit, wie der Herausgeber des Bandes betont, als Teil der französischen Literatur betrachtet. Bedeutende Dichter, von Alfred de Vigny bis André Gide, haben sich an Shakespeare versucht. Zwischen Virginia Woolf und ihrer französischen Übersetzerin Marguerite Yourcenar gibt es nicht nur literarische Gemeinsamkeiten. Das Spanische verliert zunehmend an Einfluss; erst in der 2. Hälfte des 20. Jh. spielt es in den Übersetzungen bedeutender lateinamerikanischer Autoren wie García Márquez, Octavio Paz und Vargas Llosa wieder eine bedeutende Rolle als Ausgangssprache. Das nach der Bibel am häufigsten übersetzte Werk der Weltliteratur, der Don Quijote, wird weiterhin ins Französische übersetzt. Möglicherweise unter dem Einfluss der deutschen Übersetzung von Ludwig Tieck wandelt sich dabei das Bild des Protagonisten vom Burlesken zum Tragischen. In den Übersetzungen von Stanislas Delaunay (Paris, 1821) und Louis Viardot (Paris, 1837) wird der Held zum ‘Don Quichotte triste’. Die russische Kultur war in Frankreich zu Beginn des 19. Jh. noch terra incognita. Die ersten Texte von Karamzin, Puschkin, Lermontov und Gogol wurden zunächst in Anthologien, teilweise über deutsche Vermittlung, in Form von ‘Kostproben’ dem französischen Publikum vorgestellt. Die großen Erzähler der Folgezeit, die z. T. enge persönliche Beziehungen zu Frankreich hatten, Turgenjev, Dostojevskij, Tolstoj und Tschechov, wurden schneller übersetzt; ein besonderes Verdienst hat sich dabei der Übersetzer russischer Herkunft Elie Halpérine-Kaminsky erworben. Die skandinavischen Dramatiker Ibsen und Strindberg wurden von Anfang an nicht nur schnell übersetzt, sondern auch häufig gespielt; die naturalistischen Romane eines Zola hatten den Boden für eine schnelle und nachhaltige Rezeption dieser Form des Theaters in Frankreich bereitet. Natürlich wurden auch die klassischen Autoren weiterhin übersetzt. Leconte de Lisles Iliasübersetzung (Paris, 1861) erhielt ungefähr denselben Stellenwert in der französischen Kultur wie die Voßsche in der deutschen. Die sowohl in sprachlicher als
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auch in metrischer Hinsicht artifiziell archaisierende Übersetzung eines Teils der Ilias durch Littré (1847) markiert die Schwelle, an der der Enthusiasmus der Romantiker für alles Fremde in gelehrten Historizismus umschlägt: V. a. die antiken Autoren werden nun zur Domäne der philologisch-dokumentarischen Übersetzung, die den Leser zuverlässig informiert und den zeitlichen und kulturellen Abstand zwischen Original und Übersetzung durch philologische Hilfskonstruktionen überbrückt, die für den Leser stets als solche erkennbar bleiben. Literarischen Glanz verbreiten Übersetzungen dieser Art selten; sie sind zunehmend für Fachleute und nicht mehr für das große Publikum bestimmt. Im Bereich der ‘horizontalen’ Übersetzung, v. a. dort, wo es sich um literarisch weniger ambitionierte Gebrauchsliteratur handelt, lebt die Tradition der ‘belles infidèles’ als ‘gesunkenes Kulturgut’ fort. Allerdings wird der Grad an Einbürgerung nach dem Zweiten Weltkrieg immer geringer. Man setzt auf Vorkenntnisse des Lesers, denen mit ‘Zitatworten’, d. h. ‘stehen gelassenen’ Originalausdrücken und nicht weiter erklärten Kulturspezifika, geschmeichelt werden soll. Bes. stark macht sich der Historismus im Bereich der Bibelübersetzung geltend. Die Übersetzer beider Konfessionen wollen nicht so sehr ‘schön’ oder missionarisch als vielmehr ‘genau’ sein. Ein Musterbeispiel für diese Art von Übersetzung ist die Bible de Jérusalem (Paris, 1953), bei der der Text unter den vielen Kommentaren zu verschwinden droht. Der Übersetzungstheoretiker Henri Meschonnic nennt diese Übersetzung hämisch «la plus insidieusement mauvaise» (1973, 418). Die fachsprachliche Übersetzung im engeren und im weiteren Sinn nimmt ab dem 19. Jh. rapide an Umfang und Bedeutung zu. Von hier dürften in neuerer Zeit die stärksten Impulse für den Sprachwandel ausgehen. Dem Wildwuchs einer ungehemmt wuchernden Fachterminologie versucht man nicht nur in Frankreich selbst, sondern auch im Rahmen der Frankophonie durch verschiedene Normierungsinstitutionen beizukommen. Der lexikalische Zuwachs der Gesamtsprache durch Fachübersetzungen ist enorm; er wird v. a. im größten französischen gemeinsprachlichen Lexikon, dem Trésor de la Langue Française (TLF ) greifbar (Albrecht 1999). Schon 1825 wird das französische Publikum durch die Übersetzung des Histo-
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
rikers Jules Michelet mit Giambattista Vicos Scienza Nuova (Paris) bekannt gemacht, die später so bedeutsam für die Rückbesinnung der Kulturwissenschaften auf ihre eigentlichen Aufgaben sein sollte. Ein so wichtiger, dem breiteren Publikum weitgehend unbekannter Text wie die Neuen Grundlagen der Geometrie von Nicolaj Iwanowitsch Lobatschevskij, in dem die nicht-euklidische Geometrie vorgestellt wird, wurde bereits 1836 übersetzt (Van Hoof 1991, 79). Wie in Großbritannien gilt auch in Frankreich ein weiterer Begriff der ‘Literatur’ als in Deutschland. Die Texte bedeutender Theoretiker wie Marx und Freud und v. a. die großen Philosophen werden zur ‘Literatur’ gerechnet und damit in den Bildungskanon aufgenommen. Von der Übersetzung von Texten dieser Art dürften heute mehr Innovationen in die Gemeinsprache übergehen als von belletristischen Übersetzungen im engeren Sinn. Im Fall von Marx, Freud oder Nietzsche lässt sich dies belegen. Einen Grenzfall stellen die Schriften Martin Heideggers in der Übersetzung von Jean Beaufret dar. Ob Konstruktionen wie «Où a été parlé, parler ne cesse pas» irgendwann einmal auf die Gemeinsprache abfärben werden, ist zu bezweifeln (cf. Albrecht 1998, 88).
6.
Ausblick
Während die Übersetzungen ins Französische gründlich erfasst und z. T. recht gut beschrieben sind, bleibt für das Okzitanische in dieser Hinsicht noch viel zu tun, zumindest was die Zeit nach der Blüte der Troubadoursprache im Mittelalter betrifft. Hier liegt eine lohnende Aufgabe für die Okzitanisten, die sich derzeit für die Übersetzungsgeschichte nicht sonderlich zu interessieren scheinen. Was den Nachweis möglicher Einflüsse der wichtigen Übersetzungen auf die Zielsprache angeht – Nachweise, die über lexikalische ‘Erstbelege’ hinausgehen –, so ist nicht nur im Bereich des Okzitanischen, sondern auch in dem des Französischen noch viel Detailarbeit zu leisten; Beweise im strengen Sinn dürften sich nur in besonderen Fällen erbringen lassen.
7.
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Jörn Albrecht, Heidelberg
122. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Spanische Traduction et histoire des langues: traductions en espagnol 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Vorbemerkungen Die Anfänge Spätmittelalter und Frühhumanismus / Renaissance Siglos de oro Von der Aufklärung bis zur Gegenwart Literatur
1.
Vorbemerkungen
Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern kann Spanien zwar auf eine datenreiche Übersichtsdarstellung verweisen (Ruiz Casanova 2000), aber ihr Autor ist vorsichtig genug, sie nur als aproximación zu bezeichnen. Eine kommentierte Materialsammlung macht eben noch keine Geschichte im strengen Sinn aus. Andererseits wird jedoch seit etwa drei Jahrzehnten die Übersetzungsgeschichte aller Epochen – zumeist in Form punktueller Analysen – von vielen Forscherinnen und Forschern mit wachsender Intensität aufgearbeitet. Die Einrichtung zahlreicher übersetzungs- und dolmetschwissenschaftlicher Forschungs- und Ausbildungsstätten in den letzten drei Jahrzehnten hatte die alsbaldige Veröffentlichung einschlägiger Periodika zur Folge, in denen auch häufig übersetzungsgeschichtliche Themen behandelt werden (z. B. Granada: Sendebar 1990 ss.; León: Livius 1992 ss.; Madrid: Hieronymus Complutensis 1995 ss.; Vigo: Viceversa 1995 ss.). Die Akten regelmäßig abge-
haltener Kongresse (z. B. Encuentros Complutenses en torno a la Traducción; León: Jornadas Internacionales de Historia de la Traducción; Cáceres: Simposios sobre Traducción Literaria y Científico-Técnica; Vitoria: Transvases culturales: literatura, cine, traducción) bringen viel Information, die erst gesichtet und in größere Zusammenhänge eingebettet werden muss. Hervorgehoben sei noch ein außergewöhnlich nützliches Arbeitsinstrument: die Bibliografía de la traducción en español, catalán, gallego y vasco von Santoyo (1996). Ein übersetzungsgeschichtlicher Überblick kann leicht das verbreitete Vorurteil über Spanien als in sich abgeschlossenen und wenig durchlässigen Kulturraum entkräften. Die Phasen konsequenter Abkapselung sind selten von langer Dauer; allerdings trifft die Beobachtung von Pym (1998, 554) zu, dass spanische Intellektuelle, denen wichtige Übersetzungen zu verdanken sind, auffällig oft – bedroht von der Inquisition oder aus politisch-ideologischen Gründen als persona non grata ausgegrenzt – im Exil tätig sind. Zutreffend ist auch die Ansicht von García Yebra (1983, 329): «Nunca ha tenido entre nosotros la traducción el aprecio que goza en otros países, señaladamente en Alemania». Als Gradmesser für die aktuelle Wertschätzung betrachtet er das Engagement von Schriftstellern auf diesem Sektor:
1404
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
«En España […], en nuestro siglo, han sido relativamente pocos los grandes escritores que han traducido. Y algunos, al hacerlo, se han ocultado tras el seudónimo como si temieran que esa ocupación […] pudiera manchar su nombre».
Im Mittelalter ist der Zahl der Kontaktkulturen (bzw. der Sprachen, aus denen übersetzt wird) höher als in den meisten anderen europäischen Ländern. Während z. B. in Frankreich (mit punktuellen Ausnahmen) bis in die Mitte des 16. Jh. ausschließlich Latein als Ausgangssprache fungiert (wie eine Auswertung von Chavy 1988 zeigt), werden in Spanien auch Texte (direkt) aus dem Arabischen, Hebräischen, Französischen, Italienischen und allen iberoromanischen Varietäten übersetzt (der Sonderfall eines englischen Texts, der Confessio Amantis von John Gower (15. Jh.), ist über eine angeblich verloren gegangene portugiesische Version importiert – möglicherweise gab es diese Version aber auch nur mündlich, cf. Lorenzo 1988). Die Vorlieben und Akzentverschiebungen der Neuzeit entsprechen im Allgemeinen – mit Ausnahme der bis in die jüngste Vergangenheit sehr verhaltenen Öffnung gegenüber dem Englischen – gesamteuropäischen Trends. Auch zahlenmäßig scheint Spanien generell zu den übersetzungsfreudigen Nationen zu gehören. Einigermaßen präzise Statistiken liegen freilich erst für die jüngste Vergangenheit vor. In diesen Auflistungen findet sich Spanien generell im vorderen Feld (cf. Ganne / Minon 1992 passim). Würde man nicht nur das Spanische (castellano), sondern alle im spanischen Staat gesprochenen Sprachen (einschließlich des nicht offiziell als Sprache anerkannten Asturisch) einbeziehen – also auch Katalanisch, Galicisch, Baskisch –, so wären die Zahlen noch beeindruckender, denn die genannten Minderheiten pflegen mehrheitlich eine sehr bewusste sprachpolitische Linie, in deren Rahmen Übersetzungen eine tragende Rolle innehaben (Pöckl 1998). Doch ist nicht nur der quantitative Aspekt hervorzuheben, sondern auch das Qualitätsbewusstsein. Als mangelhaft empfundene Übersetzungen zeitgenössischer Literatur werden bisweilen innerhalb kurzer Zeit von neuen abgelöst, wie z. B. Peter Handkes Erzählung Wunschloses Unglück (Salzburg, 1972), die 1975 in Barcelona unter dem Titel Desgracia indeseada (Übers.: Victor León Oller) erschien; heute ist nur mehr Eustaquio Barjaus erheblich bessere Neuüberset-
zung Desgracia impeorable (Madrid, 1989) auf dem Markt (cf. Pöckl 2003). Über der praktischen Übersetzungstätigkeit ist in Spanien aber – etwa im Gegensatz zu Italien – auch die theoretische Reflexion nie völlig vernachlässigt worden. Die für die europäischen Literaturen repräsentative Anthologie von Vega (1994) führt Weg weisende Texte aus allen Epochen auf, beginnend mit Maimonides’ Carta a Ben Tibbon aus dem Jahr 1199, in der einer am Sinn des ausgangssprachlichen Texts und an der Idiomatik der Zielsprache orientierten Übersetzungsweise das Wort geredet wird, über Alfonso de Cartagena, der bei Fachtextübersetzungen höchstmöglichen Sachverstand anmahnt (und nicht bloß, wie viele seiner Zeitgenossen, ausgezeichnete Lateinkenntnisse), ferner über Juan L. Vives, Fray Luis de León, Antonio de Capmany, Marcelino Menéndez y Pelayo, Leopoldo Clarín bis zu José Ortega y Gassets Klassiker der Übersetzungstheorie Miseria y esplendor de la traducción.
2.
Die Anfänge
Wie in vielen Sprachen sind auch im Spanischen die ältesten Zeugnisse als Verständnishilfen gedachte Anmerkungen zu anderssprachigen Texten. Das erste überlieferte spanische Sprachdokument besteht aus teils zwischen den Zeilen und teils am Seitenrand angebrachten Worterklärungen lateinischer Predigttexte. Die Eintragungen in diesem aus San Millán de la Cogolla stammenden Codex – daher der Name Glosas Emilianenses – sind um die Jahrtausendwende von einem Schüler oder Pädagogen vermutlich navarro-aragonesischer Herkunft eingefügt worden (zur philologischen und kodikologischen Interpretation cf. Wolf 1991; Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 73). In der überwiegenden Mehrzahl der 145 Glossen handelt es sich um Einzelwörter (ecce repente: lueco; suscitabi: lebantai; jussit: mandaot), es sind aber auch innerlateinische (bellum: pugna) und zwei lateinisch-baskische Wortgleichungen enthalten. Nur selten erreichen die Anmerkungen den Umfang eines ganzen Satzes (Et tertius [diabolus; W. P.] veniens: elo terzero diabolo uenot). In einem Fall wird die Übersetzung um eine Segensformel erweitert, der man noch den recht ungewohnten Einsatz der Volkssprache für schriftliche Zwecke ansieht (Glosse Nr. 89: Conoadjutorio […]). Von Anlage und Form her ganz
122. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Spanische
ähnlich ist eine zweite, nach dem Herkunftsort, dem Kloster Santo Domingo de Silos, als Glosas Silenses (um 1000) bezeichnete Sammlung von übersetzten Einzelwörtern und Satzteilen. Nach diesen ersten Gehversuchen, hinter denen man übrigens die Hilfe von in Umlauf befindlichen lateinisch-volkssprachlichen Wortlisten (vergleichbar heutigen Vokabelheften) vermutet, entwickelt sich das Spanische vornehmlich in drei relativ konkret beschreibbaren Kontexten zur voll ausgebauten Schriftsprache: (1) durch die Ablösung des Lateinischen als Kanzleisprache; (2) durch die Übersetzungstätigkeit der ‘Schule von Toledo’; (3) durch die Bibelübersetzung. ad (1): Obwohl die Umstellung der Kanzleien von Latein auf Kastilisch in der Regel den Königen Ferdinand III . (1217–52) oder Alfons X . dem Weisen (1252–84) zugeschrieben wird, trifft man bereits im 12. Jh. auf zahlreiche Dokumente, deren Formelrahmen zwar noch dem Latein nahesteht, wogegen der Inhalt der Verfügungen bereits deutlich mehr dem spanischen als dem lateinischen Sprachduktus entspricht. Die von Pérez González (1988) zitierten Produkte der Kanzleischreiber legen die Vermutung nahe, dass zumindest seit Alfons VIII . (1158–1217?) Schriftstücke von regionaler bzw. lokaler Bedeutung in einer zunehmend romanisierten Mischsprache ausgestellt wurden und dass die regelmäßige Verwendung des Kastilischen ab der Mitte des 13. Jh. nur die logische Konsequenz einer lange vorbereiteten Praxis gewesen sei, die weder eines besonderen königlichen Dekrets bedurft hätte noch auf das Drängen der jüdischen (unterstellt wird: lateinfeindlichen) Ratgeber am Hof Alfons’ X . zurückgeführt werden müsse. Sobald die Volkssprache nach jahrzehntelanger Formung am lateinischen Modell kanzleitauglich geworden sei, habe man sich ihrer immer selbstverständlicher bedient. ad (2): Die sog. Übersetzerschule von Toledo konfrontiert die Volkssprache mit einer zweiten bedeutenden Kultursprache, dem Arabischen. Zwar war in der ersten ‘internationalen’ Phase ab der zweiten Hälfte des 12. Jh. das Lateinische Zielsprache der Übersetzungen, doch erwarb sich das Kastilische zweifellos durch seinen mündlichen Gebrauch als Mittlersprache der Übersetzerteams eine wortbildungstechnische und syntaktische Gelenkigkeit, die seinen Ein-
1405
satz als Fachsprache in der ‘nationalen’ Phase unter Alfons X . erst zu erklären vermag. Bossong (1979) hat sehr anschaulich gezeigt, wie sich das Altspanische in fünf Etappen innerhalb kürzester Zeit von einer der arabischen Fachliteratur noch ziemlich unbeholfen gegenüberstehenden Sprache, in der längere Satzbögen nicht zu Ende geführt werden und ungrammatische Sätze keine Seltenheit sind, zu einem Ausdrucksmittel entwickelt, das «einwandfreie hypotaktische Gefüge hoher Komplexität ohne spezielle Hilfskonstruktionen» (1979, 196) bewältigt, wobei zu betonen ist, dass diese von Bossong sog. ‘Komplektisierung’ nicht durch direkte Nachbildung arabischer Strukturen vonstatten gegangen ist. Syntaktische und stilistische Arabismen, die mit den Übersetzungen auch eindringen, bleiben oberflächliche Erscheinungen und werden bald aus dem spanischen Prosastil eliminiert (sie sind ausführlich diskutiert in Millás Villacrosa 1933, Galmés de Fuentes 1955/56 und Gil 1985). Neben astronomisch-astrologischer und mathematischer Fachliteratur werden auch literarische Texte aus dem Arabischen übersetzt. Die Fabelsammlung Calila e Dimna (1251) und Syntipas / Sendebar (unter dem Titel Libro de los engannos, 1253) werden in Europa über Spanien bekannt, z.T. gilt dies auch für Barlaam und Josaphat sowie Tausendundeine Nacht (Details einschließlich der höchst komplizierten Stemmata in Vernet 1984, 332 ss.). Als Initiatoren der Übersetzungen treten auch hier Mitglieder der königlichen Familie in Erscheinung. ad (3): Während selbst der Koran (auf Anordnung des Cluniazenser Abtes Petrus Venerabilis) durch Robert von Chester 1143 ins Lateinische, nach und nach auch in romanische Sprachen – um die Mitte des 15. Jh. nachweislich ins Spanische (cf. Cabanelas 1949) – übersetzt wurde, gehört die Übersetzung der Bibel nicht in allen europäischen Literaturen des Mittelalters zu den Komponenten, die die Sprachentwicklung mitbestimmt haben, was sich z. T. wohl auch aus den immer wieder von höchster kirchlicher Stelle ausgesprochenen Verboten, Bibeltexte in Volkssprache zu übersetzen (und solche zu besitzen), erklärt. In Spanien sind derartige Verbote vor dem Tridentinum selten verfügt worden; immerhin erlässt Jaume I . für Aragón 1223 nach einem Regionalkonzil in Tarragona unter dem Eindruck der Albigenserverfolgungen in Südfrankreich eine Verordnung, in welcher es u. a. heißt:
1406
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
«Item statuitur ne aliquis Libros Veteris vel Novi Testamenti in Romanico habeat. Et si aliquis habeat, infra octo dies post publicationem hujusmodi constitutionis a tempore sententiae, tradat eos loci Episcopo comburendos» (zit. nach Enciso 1944, 532).
Ein weiteres Verbot stammt aus der Zeit der Katholischen Könige. In Spanien werden dem Übersetzen der Bibel nicht nur kaum Hindernisse in den Weg gelegt, es wird auch aus zwei ganz unterschiedlichen Motivationen vorangetrieben und aus zwei verschiedenen Quellen gespeist. Die eine Quelle ist naturgemäß die lateinische Bibel (Vulgata bzw. Itala), an deren Übersetzung wiederum König Alfons X. ein besonderes Interesse zu haben scheint, weil er die historischen Bücher in sein Projekt der Darstellung der Weltgeschichte, General Estoria, zu integrieren beabsichtigt. Diese älteste Übersetzung (wenn man die Fazienda de Ultramar von ca. 1220 ausschließt, da sie mehr eine Bearbeitung als eine eigentliche Übersetzung darstellt) fügt sich nahtlos in die bildungspolitischen Bemühungen des weisen Königs ein, folgt – und dient – sie doch ganz offensichtlich dem königlichen Programm der Vulgarisierung nützlichen Wissens. Den zweiten Strang bilden die sprachgeschichtlich wohl weniger wirksamen Übersetzungen, die jüdische Gemeinschaften im 14. Jh. auf der Basis der hebräischen Bibel für den eigenen Gebrauch hergestellt haben und in denen Aspekte der Sprachkultur zweitrangig waren. Zur Beurteilung sakraler und wissenschaftlicher Texte aus linguistischer Sicht ist zu bedenken, dass darin eine neue Begrifflichkeit entfaltet werden muss, was in der Regel mit einer gewissen ‘experimentellen’ Komponente verbunden ist. Nur scheinbar paradox ist die Beobachtung, in der Übersetzung der Bibel aus der alfonsinischen Zeit «figuran traducidos hasta los latinismos más familiares por la liturgia» (Amigo Espada 1988, 114), während ein statistischer Zugriff gleichzeitig außerordentlich viele gelehrte Wörter (cultismos) registriert. Dieser Widerspruch löst sich auf, wenn man in Betracht zieht, dass viele Kultismen von ihrem volkssprachlichen Pendant begleitet werden, das später so beliebte Verfahren der Synonymendopplung also hier bereits reichlich zum Einsatz kommt. Gleichwohl muss festgestellt werden, dass viele der versuchsweise eingeführten Neologismen sich nicht durchgesetzt haben und heute nur das Kuriositä-
tenkabinett der Hapax legomena bereichern (konkret ist dies der Fall für Tierbezeichnungen wie bubalo, caladrio, erodion, estrucio, grifo, tragelafo etc.), andere jahrhundertelang gewissermaßen scheintot sind und erst viel später, in ganz anderen Zusammenhängen wieder zum Leben erweckt werden (der Erstbeleg ist dann wenig aussagekräftig) und nur ein überschaubarer Teil der Neuschöpfungen sich wirklich unmittelbar durchsetzt (wie disciplina, multiplicar, negligente, sacerdocio).
3.
Spätmittelalter und Frühhumanismus / Renaissance
Im Spätmittelalter strukturiert sich das Übersetzungswesen völlig um, aber es kommt nicht zu dem verschiedentlich behaupteten Einbruch im 14. Jh. (cf. Santoyo 1994). Das Interesse an der arabischen Kultur klingt ab, die antiken Klassiker treten an ihre Stelle. Die wesentlichen Impulse gehen nicht mehr vom Königshof aus, sondern es entstehen mehrere kleine Zentren. Bemerkenswert ist auch, dass bei diesem Dezentralisierungsprozess der Hochadel nicht nur in Mäzenatenfunktion in Erscheinung tritt, sondern auch viele aktive Übersetzer aus den eigenen Reihen stellt. Die Mehrzahl von ihnen sind jedoch meist besser als Schöpfer eigener Werke bekannt: Der kastilische Kanzler Pero López de Ayala (1332–1407) schreibt eine beißende Satire auf die Zeitverhältnisse und übersetzt mehrere Dekaden des Livius (auf der Basis der französischen Version von Pierre Bersuire). Sein Neffe, der Chronist und Historiker Fernán Pérez de Guzmán (1376–1460), übersetzt Cicero und Seneca, allerdings auf dem Umweg über das Italienische. Enrique de Villena (1384–1434), Spross der Königshäuser von Aragón und Kastilien, den Wissenschaften und magischen Künsten mehr zugetan als den Staatsgeschäften, kann vermutlich für sich in Anspruch nehmen, als erster die gesamte Aeneis Vergils und Dantes Divina Commedia übersetzt zu haben. Die erste Plato-Übersetzung (aus dem Lateinischen; ca. 1446/47 nach Round 1993, 102) in eine Vernakularsprache verdanken wir dem Marqués de Santillana als Auftraggeber (Round 1993). Obwohl es auch in Spanien solide ausgebildete Humanisten mit langjähriger Italienerfahrung gibt, ist doch der Eindruck unabweisbar, dass die Kenntnis des Lateinischen selbst unter den führenden Intellektuellen
122. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Spanische
der Zeit weniger verbreitet ist als in anderen europäischen Ländern. Dies kann durchaus zum Imageproblem werden, wie man an der argumentatorischen Mühe erkennt, die Alfonso de Palencia (1423–92) im üblichen Huldigungsprolog aufwendet, um seine Seneca-Übersetzung zu rechtfertigen, ohne den Auftraggeber zu diskreditieren. So erfahren wir, dass Johann II . von Kastilien selbstverständlich in der Lage wäre, das Original zu lesen, aber eigentlich sei Seneca ja Spanier und als solcher Untergebener des kastilischen Königs, weswegen es nur natürlich sei, dass sein Werk auch in der Landessprache vorliege (cf. Russell 1985, 16 s.). Ähnlich begründet Alfonso de Madrigal (ca. 1400–55) seine Übersetzungen ins Kastilische als Service des Königs für seine weniger gebildeten Untertanen. Generell konnte die Rezeption des Humanismus in Spanien die volkssprachliche Textproduktion – und mit ihr die Übersetzung kanonischer Werke der Weltliteratur – nicht sehr stark zurückdrängen und abwerten, wie auch das verbreitete Phänomen der Selbstübersetzung zeigt (cf. Deyermond 1992). Schon Ende des 15. Jh. kann ein Spanier die meisten (nach Auffassung seiner Zeit) wesentlichen Werke in seiner Muttersprache lesen (Russell 1985, 42), und geradezu trotzig resümiert der Verfasser einer Poetik einige Generationen später: «Si bien se mira, tantas y tan buenas cosas ay escriptas en nuestro Romance Castellano, que no hazen falta ya las obras latinas, pues ya tenemos a Homero, a Virgilio, y otros muchos y muy buenos autores traduzidos de tal suerte, que ninguno siente falta de latinidad» (zit. nach Weinrich 1985, 174).
Die durch den breiten Gebrauch schon konsolidierte Volkssprache wird durch das klassische Latein als Ausgangssprache vor neue Herausforderungen gestellt, denen die meisten Übersetzer mit bewährten Verfahren begegnen, nicht ohne in den Prologen auf ihr Problembewusstsein und ihre Schwierigkeiten hinzuweisen. Vereinzelt versuchen Übersetzer aber auch, ihrer Sprache neue Dimensionen zu erschließen. Enrique de Villenas extravaganter und von den modernen Philologen hart getadelter Aeneis-Übersetzung liegt die Absicht zugrunde, das Spanische auch im hohen Stil brillieren zu lassen. Doch weder die latinisierenden Formeln noch die pedantische Technik, die Lexik zu bereichern, haben verstärkende Nachfolge gefunden, so dass das Experiment relativ isoliert geblieben ist. Hier eine kurze Leseprobe:
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«(Libro primero) Capitulo primero: commo del linagge de eneas salieron los fundadores de alba e de roma. Io, uirgilio, en uersos cuento los fechos de armas e las uirtudes de aquel uaron que partido de la troyana region e çibdat fuydizo ueno primero, por fatal ynfluençia, ha las de ytalia partes, ha los puertos, siquiere riberas ho fines del regno de lauina, por muchas tierras e mares aquel trabajado, siquiere traydo afanosa mente por la fuerça de los dioses, mayormente por la yra recordante de la cruel juno […]» (Santiago Lacuesta 1979, 46 s.).
Als janusköpfig präsentiert sich die Übersetzung insofern, als sie einerseits noch die aus der didaktisierenden Tradition des Mittelalters stammende Praxis der Einteilung in überschaubare Abschnitte und der kommentierenden Organisation beibehält, andererseits aber doch schon dem Stil der Vorlage Rechnung zu tragen versucht. Juan de Mena (1411–56), der die lateinische Ilias übersetzt, neigt zwar auch zum gelehrten Wort, bleibt aber syntaktisch und stilistisch im Rahmen der erprobten Konstruktionen: «Divinal musa, canta conmigo la yra del sobervio fijo de Peleo, el qual traxo mortajas tristes a los miserables griegos, y as´y mesmo dio al infernal Huerco las ánimas fuertes de los señores, trayendo los mienbros syn sangre de aquéllos a los rostros de las abes ladrantes, y los huesos al logar sin sepoltura […]» (zit. nach Russell 1985, 49).
Auf der lexikalischen Ebene verschwimmen vielfach die Grenzen zwischen Latein und Volkssprache. Morreale (1959), 9) unterstreicht «la naturalidad con la cual el traductor trata como palabras vulgares aun los más crudos latinismos» und erwähnt konkrete Fälle: «Ejemplo precipuo de la extraordinaria fluidez entre latín y castellano es el Universal Vocabulario, de Alonso de Palencia, en el cual un latín bastante depurado se mezcla con un castellano totalmente híbrido».
4.
Siglos de oro
Lediglich stichwortartig seien hier ausgewählte Charakteristika der Übersetzungsgeschichte des 16. und 17. Jh. erwähnt. Griechische Literatur und Philosophie wird ab jetzt in der Regel nicht mehr auf dem Umweg über lateinische Versionen italienischer Humanisten übersetzt. Besondere Erwähnung verdient hierbei Pedro Simón Abril (1530–95), der als didaktisch interessierter Theoretiker des Übersetzens aus den alten Sprachen (Cañigral 1988) und als
1408
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Praktiker (einige Dialoge Platos, mehrere Werke von Aristoteles, Äsops Fabeln, die Medea des Euripides; Terenz und Cicero) in Erscheinung getreten ist. Nicht wenige Übersetzungen aus dieser Epoche werden übrigens bis heute aufgelegt, teils wegen ihres Status als Klassiker, teils weil es gar keine Konkurrenzversion gibt. Von humanistischen Idealen beseelte Übersetzer religiöser Texte werden leicht Opfer der Inquisition. Bedeutende Gelehrte wie Juan Luis Vives (1492–1540), Francisco de Enzinas (1520– 52) oder Casiodoro de Reina (~1520–94) entziehen sich der Bedrohung durch vorübergehendes oder dauerhaftes Exil. Fray Luis de León (1530–91) handelt sich mit einer philologisch exakten Übersetzung des Hohelieds den Vorwurf der Erotisierung des Texts und mehrere Jahre Kerker ein. Der Bedarf an erbaulichem Schrifttum und an gehobener Unterhaltungsliteratur wird seit dem Ende des 15. Jh. zunehmend mit Übersetzungen aus dem Italienischen gedeckt. Publikumsliebling ist von Anfang an Boccaccio, Petrarca wird ab der ersten Hälfte des 16. Jh. rezipiert, bald überstrahlt von Ariosts Bestseller Orlando furioso (Druck: Lyon, 1550; erste Übersetzung 1549 von Jerónimo de Urrea, weitere folgen). Als Meisterleistung hervorzuheben ist Juan Boscáns El Cortesano (Barcelona, 1534), die Übersetzung von Castigliones Libro del Cortegiano, denn dieser Text, dem eine sehr modern anmutende zielsprachenorientierte Übersetzungstheorie zugrunde liegt, beeinflusst die spanische Hofkultur maßgeblich: «la traducción de Boscán no sólo fue en su tiempo un modelo del buen decir, y del buen traducir, sino también un poderoso instrumento para difundir en España las ideas renacentistas» (Torre 1988, 153).
Der zur regelrechten Schwemme ausartende Strom an Übersetzungen findet einige Jahrzehnte später aber auch scharfe Kritiker, so etwa Lope de Vega: «y si no es violencia en mi, plegue a Dios que yo llegue a tanta desdicha por necesidad, que traduzca libros de italiano en castellano; que para mi consideración es más delito que pasar caballos a Francia» (zit. nach García Yebra 1983, 328 s.).
5.
Von der Aufklärung bis zur Gegenwart
Es ist das Französische, das ab dem Ende der siglos de oro für fast drei Jahrhunderte die nachhaltigste Wirkung ausübt. In den
leidenschaftlichen Diskussionen des Aufklärungszeitalters über die Modernisierung des Spanischen sind Sprache und Literatur des nordöstlichen Nachbarn unverrückbarer Referenzpunkt. Nach anfänglich großer Offenheit gegenüber sprachlichen Innovationen – Feijóo etwa verteidigt 1777 Neologismen als Indikatoren des Fortschritts und der stilistischen Differenzierung (Feijóo 1958, vol. 1, 211–231) – formiert sich ca. ab 1780 die Ablehnungsfront, die die immer größer werdende Zahl und die mangelhafte Qualität der Übersetzungen mit Besorgnis beobachtet (Checa Beltrán 1991). Entsprechend dem allgemein konzedierten kulturellen Nachholbedarf sind die Themen der aus dem Französischen übersetzten Werke breit gestreut, bei einem allerdings deutlichen Überhang der Religion vor Wissenschaft und Literatur (cf. Graphik in Fernández Gómez / Nieto Fernández 1991). Unter den in die Tausende gehenden Übersetzungen vermisst man jedoch weitgehend die zeitgenössischen Hauptrepräsentanten der französischen Geistesgeschichte, was sich einerseits dadurch erklärt, dass zivile wie kirchliche Zensur die Diffusion der philosophischpolitischen Texte Montesquieus, Rousseaus, Voltaires (den man in Spanien lange Zeit ‘offiziell’ nur als Theaterschriftsteller und Historiker kennt, cf. Lafarga 1989) behindert, andererseits aber auch durch die Fähigkeit der spanischen Intellektuellen, die Werke im Original zu lesen. So verliert auch die beträchtliche Verspätung, mit der die europäischen Vordenker in spanischer Sprache vorliegen, an Aussagekraft. Ohne zeitliche Verzögerung wird erst die französische Frühromantik (Chateaubriand) eingebürgert, am Ende des 19. Jh. genießt Zola das Privileg der sofortigen Übersetzung. Mehr noch und länger als für Italien bildet Frankreich für Spanien einen kulturellen Filter für Werke aus anderen Kulturen. Die Rezeption der russischen Literatur erfolgte vornehmlich, die der deutschen phasenweise über das Französische. Die heute quantitativ unter den intraductions (Begriff von Ganne / Minon 1992) dominierende englischsprachige Literatur scheint erst in jüngster Zeit auf breiterer Front rezipiert zu werden. Ungeachtet der schon Ende des 18. Jh. – v. a. im Kontrast zum französischen Regeldrama – erkannten und gewürdigten Ähnlichkeit der Shakespeareschen Ästhetik mit derjenigen von Lope de Vega,
122. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Spanische
erscheint die erste Gesamtübersetzung des englischen Klassikers erst 1930. Der Übersetzer Luis Astrana Marín bemerkt treffend: «Siempre España miró con prevención a Inglaterra» (zit. nach Calleja Medel 1988, 334). Die Welle der Ossian-Begeisterung etwa, die so viele europäische Länder überflutet, erreicht Spanien schwach und spät; der Übersetzer José Alonso Ortiz sichert seinem Produkt (1788) allerdings insofern einen Platz in der Literaturgeschichte, als er die (ausgewählten) Texte parallel in Prosa und Vers umsetzt und der ersteren Version bewusst den Charakter eines ‘poema bárbaro’ zu geben versucht (Montiel 1968). Neuere englischsprachige Autoren stehen oft kurze Zeit, und nicht immer aus rein literarischen Gründen, in der Gunst des Publikums (so z. B. Oscar Wilde im ersten Viertel des 20. Jh., cf. Coletes Blanco 1985). Historische Leistungen wie José María Valverdes Übersetzung von Joyces Ulysses (Barcelona, 1976) sind bisher von philologischer Seite unkommentiert geblieben. Dass das Englische (in seiner amerikanischen Ausprägung) heute v. a. durch Übersetzungen von Fachund Gebrauchstexten einwirkt, steht außer Zweifel, fraglich ist jedoch die Tiefe der Durchdringung auf allen Ebenen von der Lexik über Wortbildung und Syntax bis zu Textsortenkonventionen. Die Geschichte der Übersetzungen hängt naturgemäß stark mit der Abfolge autoritärer und liberaler Regierungsformen zusammen. Unverkennbar sind seit dem Ende der Franco-Diktatur die Anstrengungen, die Anbindung an die moderne Zivilisation auch mittels Übersetzungen sicher zu stellen. Inwieweit Übersetzungen dazu beitragen, einen Keil zwischen den lateinamerikanischen Standard (der stärker vom amerikanischen Englisch geprägt wird) und das europäische Spanisch (das sich nach wie vor enger an das Französische anlehnt) zu treiben, lässt sich bisher noch nicht sicher erkennen.
6.
Literatur
Amigo Espada, Lorenzo, El cultismo léxico en la biblia medieval romanceada, Helmántica 39 (1988), 111–152. Bossong, Georg, Probleme der Übersetzung wissenschaftlicher Werke aus dem Arabischen in das Altspanische zur Zeit Alfons des Weisen, Tübingen, 1979. Cabanelas, Darío, Juan de Segovia y el primer ‘Alcorán’ trilingüe, AL -An 14 (1949), 149–173.
1409
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1410
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
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Wolfgang Pöckl, Innsbruck
123. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Katalanische Traduction et histoire des langues: traductions en catalan 1. 2. 3. 4. 5. 6.
8.
Einleitung Früheste Übersetzungen Bibelübersetzungen Übersetzungen in Klöstern Übersetzungen an Höfen Sprachlich gepflegtere Übersetzungen nach etwa 1370. Abbruch der Übersetzertätigkeit um 1500 Wiederaufnahme der Übersetzertätigkeit um 1850 Literatur
1.
Einleitung
7.
Ein Inventar der Übersetzungen ins Altkatalanische würde über 200 Titel bieten; etwa 40 sind heute verloren, um die 30 sind mehrmals übersetzt, etwa 30 Übersetzer sind mit
Namen bekannt. Hohe Zahlen für ein kleines Land, das ja nicht mit Italien oder Frankreich zu vergleichen ist, sondern nach Größe und Einwohnerzahl mit Okzitanien oder Sizilien. Die Geschichte altkatalanischer Übersetzungen verlief, was Klöster und wandernde Mönche und Höfe des Adels mit Notaren und Botschaftern anbelangt, wie in anderen Ländern. Auch hier arbeiteten die ersten Übersetzer allzu rasch, ohne Vorstudium des Originals oder Kontrolle des Resultats. Leseprobleme führten überall zu ähnlichen Fehlern, wegen falscher Worttrennung, Schwierigkeiten mit Abkürzungen, Verwechslungen von Buchstaben wie m, n, u, v, i (für eine Systematik der Fehler cf. Wittlin 1971; 1982). Besonderheiten in der
123. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Katalanische
Geschichte katalanischer Übersetzungen sind: die Vorstufe morphologischer Adaptationen okzitanischer Texte, die Verwendung katalanischer Übersetzungen durch spanische Übersetzer, die Unterbrechung der Übersetzungstradition nach 1500 sowie ihre erneute Bedeutung in der Renaixença um 1850 und im Wiederanfang nach dem Sprachverbot in den Nachkriegsjahren.
2.
Früheste Übersetzungen
Praktische Bedürfnisse stehen hinter den ersten Übersetzungen, solche rechtssprachlicher Texte (Liber iudicorum, um 1150). Später wurden auch die Gesetze von Barcelona, Tortosa und Valencia übersetzt sowie die Gesetzessammlung über den Mittelmeerhandel, genannt Consolat de mar (→ Art. 93). Die ersten Übersetzungen religiöser Texte waren Kopien, in denen Katalanen okzitanische Originale morphologisch ihrer Muttersprache anpassten, Syntax und Wortwahl aber beibehielten. Die älteste derartige Adaptation sind die Homilies von Organyà (ca. 1200). Ebenfalls aus dem Okzitanischen wurden Heiligenleben (Maria Magdalena, Honorat, Amador, Franziskus), Visionen und das Breviari d’amor übersetzt (Ferrando 1992). Ein Buch von Ramon Llull wurde sogar aus dem Okzitanischen ins Katalanische zurückübersetzt. (Es war oft einfacher, einen Text indirekt oder erneut zu übersetzen, als nach dem Original oder bereits bestehenden Übersetzungen zu suchen. Dies führte zu doppelten Versionen, oft aus zwei Sprachen, z. B. Laurent de Blois’ Somme le Roi (Vicis i virtuts) aus dem Französischen und Okzitanischen, Jaume Cessulis Schachbuch (Llibre del joc dels escacs) aus dem Französischen und Lateinischen, Ovids Heroides aus dem Italienischen und Lateinischen. Im Roussillon wurde die Legenda aurea ein erstes Mal bereits um 1275 übersetzt.
3.
Bibelübersetzungen
Schon früh zirkulierten okzitanische Bibeltexte in Katalonien. Jaume I. verbot 1234 Bibeln «in romancio». Aber 1287 befahl König Alfons einem Juristen, eine französische Bibel zu übertragen. Fragmente daraus wurden später von Übersetzern der Vulgata benutzt (Puig 2001). Ende des 14. Jh. forderte die Witwe Joans I. den Dominikaner Antoni Canals in Valencia auf, eine katalanische kommentierte Bibel zu verfassen. Es waren
1411
aber die Karthäuser von Portacoeli, die eine übertrieben wörtliche Übersetzung fertigstellten, eine Übersetzungsmethode, die später als ‘jüdisch’ in Verruf kam. Sie wurde 1478 in Valencia gedruckt, aber dann von der Inquisition verbrannt. Die Psalmen, als Gebete, waren meist vom Übersetzungsverbot ausgenommen. Der Psalter der 1478er Bibel wurde 1480 separat gedruckt. Der Theologe und Autor Joan Roís de Corella druckte 1490 seine elegantere Version. Volkssprachliche biblische Texte in Versen, Kürzungen und Apocrypha wurden nicht verfolgt. 1557, kurz vor der Verschärfung des Verbotes von Bibelübersetzungen, druckte der Erasmist Jeroni Conques das Buch Job. Noch vor der Aufhebung des Verbotes im Jahre 1782 wurden die Evangelien auf dem damals britischen Menorca übersetzt. Eine Version des Neuen Testaments wurde von der Bible Society bei einem katalanischen Politiker, im Exil in London, in Auftrag gegeben und 1832, 1835, 1836 und 1888 gedruckt. Dieses in Katalonien meist gratis verteilte Buch war für viele das einzige Muster für Schreibversuche auf Katalanisch. Das Institut d’Estudis Catalans war sich bewusst, dass mit der Bibel weite Kreise sprachlich beeinflusst werden können, und publizierte 1915 Pfarrer Frederic Clascars literarisch-poetische Fassung des Neuen Testaments. Die Obra de l’Evangeli druckte 1924 eine volkstümliche Fassung. Die Fundació Bíblica Catalana ließ ihre Übersetzung von anerkannten Schriftstellern revidieren (1928–36). Die Mönche von Montserrat begannen 1926 eine historisch-archäologisch orientierte Ausgabe (mit Kommentar), druckten aber 1961 eine einbändige Volksbibel, die von Francos Zensoren nicht verboten werden konnte. Die Übersetzung der Bibel ist für die Geschichte des Katalanischen von großer Bedeutung. Nun verwenden aber Übersetzer manchmal eine unnatürliche Sprache. Das Wort Gottes – so bereits Hieronymus – birgt Geheimnisse, die beim freien Übersetzen verloren gehen. Der mittelalterliche Übersetzer sieht sich nicht als Interpret; er lehnt sich möglichst eng an Syntax und Wortwahl des Ausgangstextes an. So imitierte die Valencia-Bibel von 1478 alle Pronomina (salus ipsi in Deo eius: salut a ella en lo Déu de ella) und übersetzte in den Psalmen alle 20 Belege für lat. inimicus mit kat. enemic, während neue Bibeln Synonyme wie rival, adversari,
1412
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
gent malèfica usw. benutzen (Wittlin 1995). Schwierige Wörter, wie holocaustum, crapula usw., werden oft unübersetzt gelassen und verbreiten sich dadurch in der Folgezeit. Der befremdende Stil wörtlicher Bibelübersetzungen wurde vom Volk als ‘religiöse Sondersprache’ akzeptiert, und förderte die Vorstellung, Schreiben müsse komplizierter sein als Reden.
4.
Übersetzungen in Klöstern
Kurze religiöse Texte wurden meist in Privatinitiative übertragen, oft um Latein zu lernen. Mönche übersetzten im Auftrag ihres Abtes, der mit höheren Kreisen in Kontakt stand. Klöster interessierten sich für Texte von oder über den Gründer des Ordens und von oder über berühmte Ordensleute (z. B. Bernat Oliver und Vicent Ferrer aus Valencia, Katherina von Siena, Angela von Foligno). Von der Dominikanerregel sind sechs Übersetzungen erhalten (Albareda 1929). Diejenige aus Montserrat, von 1422, ist das Werk eines sehr gewissenhaften Übersetzers. Er erforschte etwa, wie seine Vorgänger eptaticum übersetzt hatten. Er nennt eptàtich in der Handschrift von Sankt Peter in Rodes «stümperhafte und wertlose Nichtübersetzung» («sens art e sens profit, no mudant lo vocable latí en vulgar»), sieht hinter «los sinch libres de Moyses» (cf. ib., 22) in Sankt Daniel in Girona eine Verwechslung von eptaticum mit penthateucum, und beanstandet die verballhornte Form octatge in Sankt Peter in Barcelona. In sprachlicher Hinsicht aber bemühte er sich nicht, seine Vorgänger zu überbieten. In Klöstern wurden auch lange religiöse Texte übersetzt, da Übersetzen und Meditieren gleichwertige Aktivitäten waren (Rufinus, Vitae patrum, Dieta salutis, Exemples per abc, Meditationes, Johannes von Wales Communiloquium und Breviloquium, Efrem, Isaac, Innocens, Ubertino). Wandernde Mönche fanden berühmte oder aktuelle Texte und haben sie oft statt abzuschreiben gleich übersetzt. Einer brachte aus Italien Werke von Domenico Cavalca zurück und gab sie einem Mitbruder, der dank langem Italienaufenthalt die Sprache gut kannte, zum Übersetzen. Volkstümliche religiöse Texte in Übersetzung fanden große Verbreitung (Gregors Dialoge, die Flors de virtut, Bernhards Brief an seine Schwester). Raoul de Presles’ Übersetzung von Augustinus’ Civitas Dei kam an den Hof des katalanischen
Thronerben als Geschenk von Verwandten in Frankreich und wurde wörtlich übersetzt (dann aus dem Katalanischen ins Spanische). Adlige glaubten, Mönche und Kleriker könnten Latein, und gaben manche Übersetzung in Auftrag. Aber nur wenige von diesen verstanden klassisches Latein. Man war auf Kommentare angewiesen, in denen nach der Methode der praelectio das Original in mittelalterlichem Latein erklärt wird. Peter III . suchte wohl für seinen Übersetzer eine sizilianische Version des Livius. Der französische Livius wurde ins Katalanische und Spanische übertragen, für Könige, die in diesem Text nur ein Handbuch der Strategie sahen. Aber auch die katalanische Übersetzung von Ciceros De officiis (Paris, 1410) würde kaum den Ansprüchen humanistischer Philologen genügen. Der Franziskaner Nicolau Quilis hat darin so viele Fehler gemacht, dass ein Verständnis unmöglich ist. Seine Arbeit wurde aber trotzdem mehrere Male kopiert. Die beiden anonymen Übersetzungen der Consolatio des Boethius sind ebenfalls schlecht ausgefallen. Auch Canals wurde von frühen Literaturhistorikern als Humanist eingestuft, nur weil er Petrarca übersetzte (Africa VII ) und in seiner Übersetzung von Valerius Maximus viele Anmerkungen interpolierte. Diese stammen aber alle aus zweiter Hand. Im Vorwort hierzu kritisiert Canals eine frühere katalanische Version (vielleicht aus dem Kreise des Großmeisters Fernández de Heredia, der in Avignon mehrere Klassiker ins Aragonesische oder Katalanische übersetzen ließ; Cacho Blecua 1997) gerade wegen einer derartigen Vermengung von Text und Kommentar. Canals’ Version wurde dann bedenklich schlecht ins Spanische übertragen. Canals hat auch Senecas De providentia übersetzt (ca. 1400). In der Widmung schreibt er, “alles wird jetzt übersetzt”, «tots los llibres seran adés vulgaritzats».
5.
Übersetzungen an Höfen
Übersetzer nichtreligiöser längerer Texte finden sich an den Höfen. Während der langen Regierungszeit König Peters III . (gest. 1387) kann von einer wahren Übersetzungswelle gesprochen werden. Notare und Juristen, in der Ars dictandi geübt und aktiv an der Standardisierung der Landessprache beteiligt, waren als Botschafter oft im Ausland. Guillem de Copons, Sekretär von Prinz Johann, war mehrere Male in Frank-
123. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Katalanische
reich, von wo er Latinis Tresor zurückbrachte. Eiximenis übersetzte einige Kapitel daraus in seinem Dotzè, noch bevor Copons alles übersetzte (es gibt noch weitere fünf Teilübersetzungen). Da Copons auch Augustinus’ Civitas Dei und Livius’ Dekaden nach Katalonien gebracht hatte, wurden ihm in Literaturgeschichten auch die Übersetzungen dieser Werke zugeschrieben. Die drei katalanischen Texte haben aber unterschiedliche Grade von Wörtlichkeit (gemessen an wurzelgetreu übersetzten Wörtern nicht nur grammatikalischer Art; z. B. Übersetzung von lat. enemicus oder fr. ennemi mit kat. enemic). An drei verschiedenen Stellen gemessen, zeigt der Tresor jedesmal 81 % etymologische Übereinstimmung, die Civitas Dei 83 %, die Dekaden 76 %. Der König benötigte oft ‘Fachliteratur’ in der Landessprache. Dazu gehören juristische Texte (die Partidas von König Alfons, die Hofordnung des abgesetzten Königs von Mallorca), historische Texte (Vincent von Beauvais, Sallust, Eusebius), aber auch der Koran. Adlige interessierten sich für Bücher über das Ritterwesen (Vegetius und Frontinus, cf. Badia 1991), Medizin und Chirurgie (oft aus dem Arabischen; ob praktisch verwertbar, sei dahingestellt; cf. Samsó 1999), Landwirtschaft (Palladius, dann ins Spanische übersetzt), Reiseliteratur (Marco Polo, Jean de Mandeville), Astrologie, Rhetorik. Adlige Damen wünschten Unterhaltungsliteratur (Cingolani 1991). Lançalot, Tristan und die Queste del Sant Grasal zirkulierten auf Französisch und auf Katalanisch. Der Protonotar Jaume Conesa übersetzte um 1370 Guido delle Colonnes Troiaroman und imitierte dessen gekünstelten Stil. Diese neuartige Prosa hat dann Joanot Martorell 1460 in seinem Tirant lo Blanc imitiert, wo er auch Hunderte von Zitaten aus katalanischen Übersetzungen von Werken Boccaccios und Senecas interpolierte (Pujol 1999; Martínez 1998). Für eine Dame übersetzte 1388 der königliche Notar Bernat Metge Boccaccios Valter e Griselda aus der lateinischen Fassung Petrarcas, aber mit Seitenblicken auf das italienische Decamerone, das dann 1429 vollständig übersetzt wurde (im gleichen Jahr wie Dantes Commedia). Im Vor- und Nachwort schwärmt Metge dermaßen von Petrarca, dass er von Literaturhistorikern zum ‘ersten Humanisten’ Kataloniens ernannt wurde. Schon der (zweite) Übersetzer von Ciceros Paradoxa, der Mallorkiner Ferran Valentí, lange am Hofe Al-
1413
fons V. in Neapel tätig, lobte Metge in seinem Vorwort, wo er auch andere katalanische Übersetzungen erwähnt: «Mirca com fo transferit Lo Troià, e Valeri, e Boeci, e Sèneca moral, e Isopo, Livio, e los Grans feits [von König Alfons; C. W.] […] e aquells ‘Officiis’ de Ciceró».
6.
Sprachlich gepflegtere Übersetzungen nach etwa 1370. Abbruch der Übersetzertätigkeit um 1500
Waren katalanische Übersetzer auch kaum ‘echte’ Humanisten, so werden doch von etwa 1370 an die Übersetzungen besser (und haben nun oft Vorworte, cf. Llovet 2000). Übersetzer bereiten sich jetzt auf ihre Arbeit vor und revidieren diese. Dies verlockt aber zu freierem Vorgehen. Corella lässt aus seinen Vorlagen manches weg, erweitert aber die Exzerpte kreativ. Beim Revidieren wird der Stil poliert, unabhängig vom Original. In Valencia ging es darum, den neuen, manieristischen Stil in alle Textsorten einzuführen. (Die ab 1450 auftauchende Superlativendung -íssim wurde von Rückwanderern aus Neapel auch mündlich verbreitet.) Dabei fiel das Ergebnis solcher Übersetzer, die das Original in Wortwahl (pàtria, tiran), Wortbildung (-URUS > -or, -ABILIS > -able), Partizipialkonstruktionen, Verb am Satzende usw., mechanisch imitierten, mit demjenigen von kreativen Autoren zusammen, die diesen Stil bewusst anwendeten. Der Sekretär eines Adligen übersetzte sogar nichtliterarische spanische Texte in diesem Stil (Wittlin 1995). Ab 1500 wird diese pompöse Sprache jedoch bekämpft. Eine neue Biographie der hl. Katherina wurde 1511 aus Raimundus von Capua übersetzt, um Corellas frühere freie Übersetzung aus Bischof Antoninos Chronicon, die «für Nonnen schädlich» sei, zu verdrängen. Buchdrucker erhofften Gewinn aus der Überarbeitung alter Übersetzungen. In Valencia wurden sie stilistisch aufgeputzt. In Barcelona, im Falle von Aegidius Romanus’ Druck De regimine principum (1480), wurde nur der Wortschatz modernisiert (pleonastisch gewordene binominale Ausdrücke wurden reduziert; z. B. circular o rodona wird zu circular; eine Sammlung solcher glossierter Neologismen bei Wittlin 1995). Einem Verleger in Toulouse aber ging es wohl nur um den Absatz. Er druckte ohne Änderung sechs kurze alte
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
anonyme Übersetzungen, als wäre es ein Werk von Eiximenis. Corella hat seine vierbändige Version der Vita Christi des Karthäusers Ludolf um die Jahrhundertwende auf eigene Kosten drucken lassen. Nach 1500 aber geht die Zahl der Drucke in katalanischer Sprache stark zurück. Wenn Autoren nun nicht schon selbst Spanisch vorzogen, so verlangten dies die Verleger, da ihre Kunden jetzt zweisprachig waren und sie mit Büchern in der Reichssprache jedermann erreichen konnten – ein Argument, das noch heute verwendet wird. Immerhin druckte man 1494 in Barcelona noch Francesc Alegres kommentierte Übersetzung von Ovids Metamorphosen (Fàbrega 1993), 1514 auch noch einen Nachdruck der Ausgabe von 1481 des Alexanderromans von Curtius, der dann 1525 ebendort auf Spanisch erschien. Katalanische Texte fürs Volk wurden weiterhin gedruckt, sei es Unterhaltungsliteratur (Partenoples, Fabeln) oder religiöse Texte (wiederholt Thomas à Kempis’ Imitatio Christi, die Bußpsalmen, Heiligenleben, Artes moriendi, Katechismen). Die kirchliche Administration druckte weiterhin auf Katalanisch – mit lateinischen Titelblättern – Konzils- und Synodalbeschlüsse, Bullen und Rituale, weil gewisse Texte für das Volk vorgelesen oder an Kirchentüren angeschlagen werden mussten. Schöne Literatur aber wurde nicht mehr übersetzt. 1600 entschuldigt sich der Übersetzer Moix, er übersetze Cicero nur, um Latein zu lernen. Dass er aber ins Katalanische und nicht ins Spanische übersetzte, zeigt, dass dies für ihn immer noch eine Fremdsprache war. Der soziale Druck und später der politische Zwang, Katalanisch zu Gunsten von Spanisch aufzugeben, war im französischen Roussillon und auf dem britischen Menorca weniger wirksam. Ende des 18. Jh. wurden in Perpignan Racine, Corneille und Goldoni auf Katalanisch aufgeführt, Autoren, die dann auch auf Mallorca übersetzt wurden, weil das Volk Theaterstücke in seiner eigenen Sprache wünschte.
7.
Wiederaufnahme der Übersetzertätigkeit um 1850
In Katalonien führte die Industrialisierung zu einer Zunahme des lesenden Publikums. Da niemand in der Schule Katalanisch lernte, war Spanisch die einzige Schriftsprache. Um die Mitte des 19. Jh. verbreitete sich die romantische Idee, nur in seiner Mutterspra-
che könne man seine tiefsten Gefühle ausdrücken. Man fing an, die Gedichte Hugos, Lamartines, Heines, Byrons, Tassos usw. in die ‘Sprache des Herzens’ zu übersetzen, oft für öffentliche Vorlesungen. Die Bewegung der Felibrige in der Provence wurde nachgeahmt. Beide Regionen entdeckten ihre ruhmvolle Vergangenheit, und nicht lange danach wurden Forderungen nach erneuter politischer Unabhängigkeit laut. Der Pfarrer Jacint Verdaguer († 1902) übersetzte Mistrals Nerto ein Jahr nach dessen Druck 1884 (Mirèio ist von anderen mit großem Erfolg, zweimal, 1861 und 1917, übersetzt worden). Das Publikum verlangte mehr und mehr katalanische Lesestoffe. Briz führte nach 1866 seine Reihe El novelista popular auf Katalanisch weiter. Bald mangelte es ihm an Materialien, und so übersetzte er selbst aus Dumas, Goethe und Hugo. Auch andere Serien, wie La Renaixença, L’Avenç, La Joventut, benötigten Texte. Einige Übersetzer bekanten sich nicht zu ihrer Tätigkeit und benutzten Pseudonyme. Aber alle lernten beim Übersetzen, mit ihrer Muttersprache umzugehen. Auch Texte für kleine Leserkreise wurden übersetzt (Erasmus, Thomas More, Machiavelli). Die neue ‘staatliche Akademie’ des Institut d’Estudis Catalans erarbeitete ab 1907 das moderne überregionale Standardkatalanisch. (Die treibende Kraft hinter dieser Reform, Pompeu Fabra, hat selbst Maeterlinck und Ibsen übersetzt.) Man war sich bewusst, dass eine vollwertige Sprache auch Übersetzungen der alten und neuen Weltliteratur bieten müsse. Dies – so meinte Maragall, Übersetzer von Novalis und Goethe – um Offenheit gegenüber fremdem Kulturgut zu zeigen, oder – der Ideologie amtlicher Institutionen zufolge – als status-planning und corpus-planning. Die Reihe Bernat Metge gab Neuausgaben und Übersetzungen antiker Klassiker in Auftrag. Riba übersetzte Homers Odyssee zweimal (1919 und 1948; solche Revisionen, auch die von zweiter Hand, wären noch philologisch auszuwerten), Grimms Märchen und Fachliteratur. Bei Beginn des Bürgerkrieges gab es auf Katalanisch mehr übersetzte Weltliteratur als z. B. auf Holländisch, Isländisch, Ungarisch. Zwischen 1833 und 1939 wurden 1350 Übersetzungen in Buchform gedruckt (ohne Gedichte und Dramen; Fernández 1988). Aber der Bürgerkrieg und Francos Sprachpolitik machten allem ein Ende. Im Exil lernten Flüchtlinge neue Sprachen. Bartra übersetzte in Amerika aus dem Eng-
123. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Katalanische
lischen (auch chinesische Gedichte; ein indirektes Vorgehen, für das es noch andere Beispiele gibt). Nin hatte in Moskau Russisch gelernt und Lenin und Trotzky übersetzt; als dann Einnahmen wichtiger wurden als Ideologie, machte er sich an Dostojevski. Sagarra, in Paris, übersetzte u. a. Pagnol und Molière. Bei seinem Dante und Shakespeare ließ er sich sehr von französischen Versionen inspirieren. Während der zaghaften Liberalisierung in den 60er Jahren wurden zunächst mehr Übersetzungen gedruckt als originale katalanische Werke: 55 % der Buchproduktion im Jahre 1965. 1973 waren es nur 8 %, da katalanische Schriftsteller es dann wagten, ihre alten Arbeiten aus der Schublade zu nehmen. Mangel an neuen Originalen aber führte dazu, dass 1985 115 von 285 gedruckten Romanen Übersetzungen waren, und 22 von 43 Theaterstücken (Vallverdú 1987). Viele Verleger wollen verhindern, dass die katalanische Übersetzung eines Bestsellers schon vor der spanischen Ausgabe erscheint. (Ähnlich war, und ist, die Situation auch im Filmwesen.) Die angestrebte Normalisierung des Katalanischen führte nicht nur zu offiziellen Übersetzungen von Formularen für Handel und Gewerbe, von Anstellungs- und Mietverträgen usw., sondern auch zur ‘morphologischen Umschrift’ von spanischen Gesetzessammlungen, obwohl in derartigen Textsorten bei weitem die meisten Wörter in den beiden Sprachen formal und inhaltlich sehr ähnlich und so jeweils in ihrer Bedeutung leicht erratbar sind (z. B. democracía > democràcia). Die Politisierung der Sprachenfrage führt zu Exzessen, wie die doppelte Übersetzung der spanischen Landesverfassung ins Katalanische und ins Valenzianische. Im Druck von 1978 waren beide Übersetzungen identisch. Aber in der Auflage von 1992 wurde dem kat. requerir ‘valenzianisch’ sol·licitar gegenübergestellt. Heute sehen sich katalanische Übersetzer und Dolmetscher kaum mehr an der Ausarbeitung der Schriftsprache beteiligt. An Universitäten ausgebildet, mit Berufsverband, Kongressen, Fachzeitschrift (Quaderns de Traducció), interessieren sie sich vermehrt für allgemeine Übersetzungstheorie (z. B. Joaquim Mallafrè, Übersetzer von Joyce). Weiterhin sind Übersetzungen eine willkommene Einnahmequelle für (halb-)berufliche Schriftsteller. Mehr noch als für das Mittelalter, ist es schwierig, den Einfluss der Übersetzungen auf die Allgemeinsprache zu
1415
ermessen. Anglizismen werden mehr durch Massenmedien als durch Übersetzungen importiert. Die häufiger werdende (halb-)automatische Übersetzung, z. B. der Zeitung El Periódico, wird die seit ca. 1500 beobachtete Annäherung des Katalanischen an das Spanische beschleunigen.
8.
Literatur
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1416
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
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Wittlin, Curt (ed.), Latini Brunetto: Llibre del tresor, Barcelona, 1971. –, (ed.), Las decadas de Tito Livio, Barcelona, 1982. –, Repertori d’expressions multinominals i de grups de sinònims en traduccions catalanes antigues, Barcelona, 1991. –, De la traducció literal a la creació literària, Barcelona, 1995.
Curt Wittlin, Saskatoon
124. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische Traduction et histoire des langues: traductions en portugais 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Vorbemerkungen Mittelalter Frühe Neuzeit 19. Jh. (ab ca. 1830) 20. Jh. Intralinguistische Übersetzung und Parallelübersetzungen Literatur
1.
Vorbemerkungen
Es ist davon auszugehen, dass in einem Land wie Portugal, das von jeher in politischer, kultureller und auch sprachlicher Hinsicht starkem ausländischen Einfluss ausgesetzt war, Übersetzungen eine wichtige Rolle spielten und spielen. Leider kann man, was die Geschichte der Übersetzung in Portugal angeht, bisher nur auf wenige, punktuelle Studien zurückgreifen. Immerhin liegt jedoch seit kurzem eine sehr hilfreiche Bibliographie der seit Einführung des Buchdrucks in Portugal erschienenen Übersetzungen vor (Rodrigues 1992; cf. infra 3.); für die neuere Zeit leistet der auch elektronisch verfügbare IT (1932 ss./1979 ss.; cf. 4.) gute Dienste. Noch weniger erforscht als die Geschichte der Übersetzung selbst ist der eventuelle Einfluss von Übersetzungen auf die portugiesische Sprache (cf. Albrecht 1995, 28).
2.
Mittelalter
Die ersten überlieferten Übersetzungen ins Portugiesische stammen aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. und gehören somit zu den
ältesten portugiesischen Texten überhaupt. Sie entstanden in den Klöstern Santa Cruz de Coimbra und Alcobaça, den wichtigsten Bildungs- und Ausbildungszentren dieser Zeit. Überliefert sind Übersetzungen kastilischer Gesetzestexte wie die unter Ferdinand III . (1217–52) und Alfons X., dem Weisen (1252–84), entstandenen Flores de las Leyes (vor 1252), der Fuero Real (vor 1255) und die Siete Partidas (vor 1265), die wohl bald nach ihrer Entstehung ins Portugiesische übertragen wurden; genaue Datierungen fehlen allerdings (Cintra 1963, 56; Ackerlind 1990, 27). Bei den ersten Sprachdenkmälern des Portugiesischen handelt es sich um Urkunden, bei denen prinzipiell mit einer lateinischen Vorlage gerechnet werden muss, auch wenn diese oft nicht erhalten ist. Als älteste portugiesische Sprachdokumente galten bisher die Notícia de Torto (von Emiliano / Pedro 2004, 1, auf zwischen 1211 und 1216 datiert, cf. auch Cintra 1990) und das Testament von König Alfons II. (1211-23) von 1214. Ob dieser Titel stattdessen evtl. einem der in jüngster Zeit bei Archivrecherchen neu entdeckten Texte, z.B. der Notícia de Fiadores (1175), dem Pacto de Gomes e Ramiro Pais (vor 1175?) oder der Notícia de (H)aver (Ende des 12. Jh.) zukommen könnte, ist Gegenstand einer aktuellen Kontroverse, in der um die chronologische und sprachliche Zuordnung (noch Latein oder schon Portugiesisch) gerungen wird. (cf. Martins 1999; Emiliano 2003; Souto Cabo 2002). Noch in der 2. Hälfte des 13. Jh. ist
124. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische
der Anteil der portugiesisch verfassten Urkunden an der Gesamtproduktion sehr gering (cf. Souto Cabo 2002). Das Lateinische dominiert eindeutig bis zur Regierungszeit von Dom Dinis (1279-1325), der Schlüsselfigur des Mittelalters für wissenschaftliche und übersetzerische Bemühungen in Portugal. Ob sich unter diesen ersten portugiesischen Urkunden auch Übersetzungen aus dem Lateinischen verbergen, wurde bisher noch nicht ausreichend untersucht. Um sichere Übersetzungen aus dem Lateinischen, vermutlich Ende des 13. Jh. entstanden, handelt es sich jedenfalls bei den beiden Texten, die früher für die ältesten portugiesischen Sprachdenkmäler gehalten wurden, die aus dem Mosteiro de Vairão stammenden Dokumente Auto de Partilhas (lat. 1192) und Testamento de Elvira Sanches (lat. 1193) (Monjour 1995, 693–695; Cintra 1963; Costa 1977). Eine Reihe wichtiger Übersetzungen wurde im Auftrag von König Dinis angefertigt, z. B. die sog. Crónica do Mouro Rasis, eine Übertragung der arabischen Geschichte Spaniens des im 10. Jh. in Córdoba wirkenden Ahmad ar-Râzi; sie ging später teilweise in die Crónica de 1344, eine Neubearbeitung der alfonsinischen Primera Crónica General, ein. In den gleichen historiographischen Kontext gehören noch die Übersetzung einer Variante Ampliada (der Crónica General) und die wahrscheinlich ebenfalls übersetzte Crónica de Veinte Reyes (Ackerlind 1990, 40–43; cf. Cintra 1951). Die von Mestre Giraldes erstellten Kompilationen Tratado das Enfermidades das Aves de Caça und Livro d’Alveitaria beruhen wohl auch weitgehend auf Übersetzungen fremdsprachiger Vorlagen (z. B. De Morbis Equorum von Jordan von Kalabrien). Teile des Livro d’Alveitaria sind wahrscheinlich auch in das Livro da Ensinança de Bem Cavalgar Toda Sela von Dom Duarte (1433–38) eingegangen. Das zwischen 1340 und 1344 entstandene Livro das Linhagens – das längste von drei Fragmenten gleichen Namens – wurde u. a. aus dem Liber Regum, der Crónica de Castilla und dem Livro Velho kompiliert (Ackerlind 1990, 23–35; Saraiva / Lopes 172001, 81 s.; Carvalho 2001, 207–210). Das erste Glossar in Portugal entstand nicht wie in anderen romanischen Ländern zu Beginn der Geschichte der Verschriftung und Verschriftlichung der Volkssprache, sondern kann erst auf Mitte des 14. Jh. datiert werden. Das 2.930 Einträge große por-
1417
tugiesisch-lateinische Verbglossar aus Alcobaça ist dabei wohl ohne größeren Einfluss auf die Geschichte der Lexikographie geblieben (Coseriu / Meisterfeld 2003, 255 s.; cf. Carter, 1952–53; Verdelho 1995, 196–211). Das Selbstbewusstsein der neuen Dynastie Avis, gefestigt durch die Schlacht von Aljubarrota (1385), äußert sich u. a. in einer verstärkten Entfaltung kulturellen Lebens, wobei eine zunehmende wissenschaftliche und ordnende Tätigkeit festzustellen ist: Anlage von Bibliotheken, Redaktionen, Kompilationen, Übersetzungen. Aus dem Lateinischen wurden Werke von Cicero und Augustinus übertragen, außerdem Apostelbriefe und Evangelien sowie z. B. das Regimento de Príncipes von Aegidius von Rom, ein tomistisch inspirierter moralischer Leitfaden. Auf eine kastilische Vorlage geht laut Hilty (1957; 1958) die von Josef Franco 1411 in hebräischer Schrift angefertigte Teilübersetzung (Buch 4–8) des Libro conplido zurück. Das zunächst von dem der Toledaner Übersetzerschule angehörenden Yehuda b. Moˇs ha-Kohen 1254 aus dem Arabischen übertragene Kitab al-bari# des arabischen Astrologen Ibn Abi#r-Ripal (Ben Ragel) fand weite Verbreitung in Europa und ging auch in das Livro da Montaria ein (s. u.). Das Französische als Ausgangssprache hatten Übersetzungen wie die Árvore das Batalhas oder auch das Livro das três Virtudes (auch: Espelho de Cristina), ein Moralkodex für adlige Damen, dem das Livre de la Cité des Dames von Christine de Pizan zugrunde liegt. Die Confissão do Amante geht auf eine englische Vorlage von John Gower zurück (Saraiva / Lopes 172001, 111). João I. (1385–1433) selbst schrieb ebenfalls, und zwar das aus einer Reihe von technischen und didaktischen Traktaten bestehende Livro da Montaria, in welchem neben portugiesischen und vermutlich kastilischen Vorlagen auch zahlreiche lateinische verarbeitet wurden (u. a. Ovid und Augustinus). Auch seine Nachfolger der Dynastie Avis setzten die Tradition der literarisch tätigen Herrscher Portugals fort. Hervorzuheben sind v. a. Dom Duartes Ensinança de Bem Cavalgar Toda Sela und der Leal Conselheiro sowie die aus zahlreichen Textpassagen von Valerius Maximus, Aristoteles, Cicero und v. a. Seneca (De Beneficiis) bestehende Virtuosa Bemfeitoria des Infanten Dom Pedro (cf. Costa 31946), der sich außerdem noch reinen Übersetzungen von Seneca, Cicero (De Officiis, cf. Piel 1948),
1418
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Vegetius und Aegidius von Rom widmete (Coelho 1971, 1096; Saraiva / Lopes 172001, 112–116). Ein wichtiges Zeugnis übersetzungstheoretischer Reflexion stellt das Kap. 99 (LRIX ) Da maneira para bem tornar alguma leitura em nossa linguagem im Leal Conselheiro dar, in dem sich Dom Duarte zur Praxis des Übersetzens äußert. Dort empfiehlt er, sich bei der Übersetzung streng an den Ausgangstext zu halten: «conhecer bem a sentença do que á de tornar e poel-la enteiramente, nom mudando, acrecentando, nem minguando algua ˜ cousa do que está scrito […]» (Nunes 81981, 115; cf. Barbosa 1982, 432). Diese Forderung, ungewöhnlich angesichts des sonst im mittelalterlichen Denken wenig ausgeprägten Bewusstseins für literarisch-geistiges Eigentum (cf. Coelho 1971, 1096), ist dabei wohl weniger auf philologisches Interesse zurückzuführen als auf die Furcht vor der ‘Verunreinigung’ der Nationalsprache (Gama 1995, 190). Ferner seien beim Übersetzen lateinische oder andere Fremdwörter zu vermeiden: «o segundo que nom ponha pallavras latinadas, nem d’outra lynguagem, mas todo seja em nossa lynguagem scrito, mais achegadamente ao geeral boo custume de nosso falar que se poder fazer […]» (Nunes 81981, 115; cf. Barbosa 1982, 432). Obwohl Dom Duarte sich so gegen die Verwendung von Latinismen ausspricht, verwendet er sie selbst in beträchtlicher Anzahl (Fonseca 1985, 110 s.; cf. Bueno 31967, 226 s.). Was literarische Übersetzungen bzw. Adaptationen im späten Mittelalter angeht, so wären die unter dem Titel Demanda do Santo Graal zusammengefassten Übertragungen aus altfranzösischen Prosaromanen des keltischen Sagenkreises (cf. Piel / Nunes 1988) zu nennen. Ein erster Teil, José de Arimateia genannt, wird auf 1314 datiert, von einem zweiten mit dem Namen Merlim weiß man zumindest, dass er sich in der Bibliothek von Dom Duarte befand (Saraiva / Lopes 172001, 94–96). Es ist möglich, dass lexikalische Gallizismen auf diesem Weg Eingang ins Portugiesische fanden; Fonseca (1985, 108) jedenfalls führt beispielsweise fozil, vianda, portagem, graal, sage und menagem als Belege aus der Demanda an. Der bekannteste Ritterroman dieser Zeit in Portugal ist wohl der Amadis de Gaula, von dem nicht eindeutig klar ist, ob die Ursprungsversion auf Portugiesisch oder auf Kastilisch abgefasst war. Die Argumente für die tese castelhana scheinen jedoch stärker zu
sein als die für die tese portuguesa (zur Diskussion cf. Lapa 51964, 250–252; Saraiva / Lopes 172001, 97 s.). Die Übertragung französischer epischer Literatur setzte sich im 15. Jh. fort, z. B. in der wohl über das Kastilische vermittelten História do Imperador Vespasiano, deren Stoff v. a. auf die in viele Sprachen übersetzte Venjance Nostre Seigneur zurückgeht. Einen wichtigen Bereich übersetzerischer Tätigkeit bilden die Bearbeitungen und Übertragungen religiöser Werke. Dies umfasst sowohl biblische Texte wie Evangelien, Apostelbriefe oder alttestamentarische Auszüge als auch Hagiographien und religiöse Erbauungsschriften, oft mit eigenständigen Ergänzungen zum Original. Auch wenn wohl schon unter Dom Dinis Auszüge aus der Bibel übertragen wurden (cf. Berger 1977, 315–328; Lanciani / Tavani 1993, 89 s.), setzte die eigentliche Produktion religiöser Übersetzungen erst ab dem 15. Jh. ein, beginnend mit der auf dieses Jahrhundert datierten Regra de São Bento (Benediktinerregel). Es folgten zahlreiche weitere Übersetzungen wie die Heiligenviten Vida de Santo Aleixo, Vida de Santa Társis, Vida de Santa Pelágia, Morte do Bem-Aventurado São Jerónimo, Diálogos de São Gregório und die z. T. ergänzten und kompilierten Erzählungen Conto de Amaro, História de Barlaão e Josafá, Visão de Túndalo, Horto do Esposo, Bosco Deleitoso, Castelo Perigoso, Livro do Desprezo do Mundo (Ramos 2001, 277– 287). Eine der berühmtesten Arbeiten aus der Übersetzerschule von Alcobaça ist die Übertragung der von Ludolf von Sachsen verfassten Vita Christi. Die von einem Unbekannten begonnene Übersetzung wurde von Frei Bernardo de Alcobaça 1445 zu Ende geführt und bereits 1495 in Lissabon gedruckt. Das Werk ist eine mit Kommentaren scholastischer Gelehrter versehene Zusammenstellung des Lebensweges Christi aus den vier Evangelien und damit, wie viele andere Arbeiten dieser Zeit auch, mehr als eine reine Übersetzung (ib., 285). Dass die massive Präsenz des Lateinischen Auswirkungen auf die Entwicklung der portugiesischen Sprache, bes. natürlich der Schriftsprache, hatte, steht außer Zweifel. Welcher Anteil dabei jedoch schriftlichen Übersetzungen zukommt, lässt sich nicht leicht entscheiden. So geht z. B. Fonseca (1985, 108) davon aus, dass durch Übersetzungen lexikalische Latinismen eingeführt wurden:
124. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische «As traduções, que desde tempos muitos antigos se fizeram do latim, introduziram muitos latinismos no português (p. ex. dignidade, paravra, pobrar, glória, edeficar, solitário), devido quer à necessidade de exprimir ideias para que não tínhamos palavras, quer por comodidade do tradutor, quer ainda por ostentação erudita […]».
Noch weitreichendere Konsequenzen für die portugiesische Sprache durch die Übersetzung aus dem Lateinischen sieht Ramos (2001, 278): «Às traduções latinas devemos a formação da prosa portuguesa que depois, nos séculos seguintes, se aperfeiçoará, sem nunca se afastar da fascinação literária de Roma». Die von Ramos als Beiträge der Übersetzungen zum aperfeiçoamento da língua portuguesa genannten Beispiele bleiben jedoch ohne empirischen und bibliographischen Beleg, so z. B. die Neubildung vieler vorher nicht verfügbarer Wörter, die Entstehung von synthetischen Diminutiv- und Superlativformen, die Neubildung von Konjunktionen (pera que, de guisa que, por que, que nom), Pronominalformen in der Funktion des ethischen Dativs und die Erweiterung von Passivkonstruktionen (ib., 277 s.). Sicher ist, dass der Anteil der Übersetzungen an der literarischen Gesamtproduktion im portugiesischen Mittelalter besonders hoch anzusetzen ist. «Com excepção da poesia, a memória da língua portuguesa produzida durante a Idade Média é, na sua maior parte, o resultado de um abundante processo de traduções literais ou parafrásticas» (Verdelho i. Dr.). Noch schwieriger einzuschätzen ist der Einfluss der anderen Sprachen, aus denen übersetzt wurde, also vorrangig das Französische und Kastilische. Für das Arabische kann man hingegen einen solchen Einfluss praktisch ausschließen, da arabische Texte kaum direkt ins Portugiesische übersetzt, sondern in Portugal in lateinischen oder kastilischen Versionen rezipiert wurden (Alverny 1982, 439).
3.
Frühe Neuzeit
Mit den anderen westeuropäischen Ländern zur Zeit der Renaissance hat Portugal gemeinsam, dass die klassisch-lateinische Sprache und Literatur neue, große Beachtung fanden. Zentren des Humanismus waren die 1537 endgültig nach Coimbra verlegte Universität und das 1547 dort gegründete Colégio das Artes sowie der Hof von König João III . (1521–57) (cf. Spina 1987, 12). Im Un-
1419
terschied zu vergleichbaren Ländern lässt sich der Einfluss humanistischen Denkens allerdings nicht an der Zahl der publizierten Übersetzungen aus dem Lateinischen ablesen. Deren vergleichsweise geringe Anzahl dürfte, wie Verdelho (i. Dr.) bemerkt, z. T. mit dem insges. allzu kleinen Markt für portugiesischsprachige Druckerzeugnisse zusammenhängen. Übersetzungen der lateinischen Klassiker mögen als Manuskripte vorhanden gewesen sein, in den Druck gelangten jedenfalls nur wenige. Die erste überlieferte portugiesische Livius-Übersetzung beispielsweise stammt erst von 1829, doch waren dessen Werke in Portugal zweifellos schon in der Renaissance bekannt, wie z. B. die an Ab urbe condita angelehnte Dekadenform der Asia von João de Barros zeigt (cf. Stein 1997, 74). Sicher wurden die Klassiker in Portugal auch im lateinischen Original rezipiert, doch waren offensichtlich auch kastilische Übersetzungen im Umlauf, bei einem schon vor der Zeit der Personalunion mit Spanien (1580–1640) in großem Umfang zweisprachigen Lesepublikum. Selbst populäre religiöse Texte, die sich an eine breitere und wohl nicht immer im eigentlichen Sinne zweisprachige Leserschaft richteten, waren in kastilischer Fassung verbreitet und wurden auch in Portugal verlegt. Rodrigues (1992, vol. 1, 28) bemerkt, dass von Thomas von Kempens De imitatione Christi zwischen 1555 und 1649 in Portugal 13 spanische Übersetzungen erschienen, die erste gedruckte portugiesische Übersetzung, von Diogo Vaz Carrilho, jedoch erst von 1660 stammt – nach den Angaben in der Bibliographie gibt es allerdings schon eine portugiesische Übersetzung von 1639 (Imitação de Christo, s. l., ohne Angabe des Übersetzers; Rodrigues 1992, vol. 1, 70) und die gleichnamige Fassung von Carrilho erschien demnach erstmals 1673 in Lissabon (ib., 80). Trotz (oder gerade wegen) fehlender portugiesischer Übersetzungen war das Lateinische im Portugal des 16. Jh. äußerst präsent – im religiösen Kontext, beim Adel und v. a. auch in den Schulen, die immer stärker vom Jesuitenorden dominiert wurden, der die aktive Beherrschung der lateinischen Sprache zum erklärten Ziel erhob. Wie genau sich dieser Kontakt sprachlich niederschlug, ist mangels einschlägiger Untersuchungen (cf. Messner 1994, 514) bisher nicht zu entscheiden, doch kann man mit Teyssier (1995, 690) für das 15. und 16. Jh. von einer «relatinisation massive du vocabulaire portugais» ausgehen.
1420
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Was den Einfluss des Kastilischen auf das Portugiesische dieser Zeit angeht, so ist es unwahrscheinlich, dass die wenigen Übersetzungen aus dem Spanischen – laut der Liste von Rodrigues (1992) fünf im gesamten 16. Jh. – eine Rolle dabei gespielt haben könnten. Gründe dafür müssen eher in der verbreiteten Zweisprachigkeit und der Lektüre kastilischer Texte gesucht werden (→ Art. 156). Teyssier (1995, 687) geht von einem starken kastilischen Einfluss auf den portugiesischen Wortschatz aus. Die Morphosyntax sei allerdings nur gering, die Phonetik überhaupt nicht betroffen gewesen. Auch Messner (1994, 514) hält den spanischen Einfluss auf den portugiesischen Wortschatz dieser Zeit für bedeutend, meint aber, dass viele dieser Kastilianismen sich nicht ins moderne Portugiesisch fortgesetzt hätten. Letzteres gilt auf jeden Fall für die in den damaligen Texten verbreiteten morphosyntaktischen Kastilianismen wie z. B. die Verwendung des präpositionalen Akkusativs im Portugiesischen (cf. Delille 1970). Außer Übersetzungen aus dem Lateinischen (es handelt sich in der Mehrzahl um religiöse Texte) und dem Kastilischen finden sich in der Liste von Rodrigues (1992) noch einige wenige Titel, die aus dem Italienischen, Französischen und Griechischen übersetzt wurden. Dass die in dieser Zeit bezeugten Italianismen, Gallizismen und Gräzismen mit diesen sporadischen Übersetzungen zu tun haben, scheint wenig wahrscheinlich, lässt sich aber angesichts der Forschungslage nicht näher überprüfen. Dagegen müsste man auf jeden Fall die Möglichkeit einer kastilischen Vermittlung in Betracht ziehen. Auch das 17. Jh. blieb arm an gedruckten Übersetzungen ins Portugiesische. Der Löwenanteil lag weiterhin bei den Übersetzungen aus dem Lateinischen, vorwiegend religiösen Inhalts. Am zweithäufigsten wurde, soweit man es den Angaben bei Rodrigues entnehmen kann, aus dem Italienischen übersetzt (ca. 20 Titel), es folgen das Kastilische (ca. 15 Titel), das Französische (ca. 10 Titel) und schließlich Griechisch, Arabisch und Katalanisch mit ein bis zwei Titeln. Erst im 18. Jh. ist eine deutliche Zunahme gedruckter Übersetzungen zu verzeichnen. Während Rodrigues (ib.) für die beiden vorangegangenen Jahrhunderte insges. 405 Werke aufführt, sind es zwischen 1701 und 1750, also zur Regierungszeit des ausländischen Einflüssen gegenüber relativ auf-
geschlossenen Königs João V. (1706–50), bereits 441. Als Ausgangssprache liegt in den ersten Jahrzehnten des 18. Jh. noch das Lateinische an erster Stelle, gefolgt vom Kastilischen, das z. T. auch als Mittlersprache dient (cf. z.B. Titel Nr. 562 und 563 bei Rodrigues 1992, vol. 1, 106). Mit einigem Abstand folgen, etwa gleichauf, Italienisch und Französisch. Englisch und Deutsch sind bis 1730 nur mit zwei bzw. einem Titel vertreten. Im Laufe des 18. Jh. änderte sich dieses Bild. Das Lateinische behielt zwar auch nach der Vertreibung der Jesuiten (1759) und der anschließenden Bildungsreform des Marquês de Pombal seinen hohen Stellenwert im Schulwesen bei (→ Art. 109), als Ausgangssprache für Übersetzungen aber wurde es seltener. Französisch trat immer stärker in den Vordergrund und wurde auch zur vorrangigen Mittlersprache. Trotz des Verbots der staatlichen Zensurbehörde (cf. Eiras 1989, 17–21) wurden auch die Schriften der Aufklärer nicht nur im Original gelesen, sondern auch übersetzt und sogar verlegt. Um 1800 dominieren eindeutig Übersetzungen aus dem Französischen, doch wurde auch viel direkt aus dem Englischen übersetzt, sowohl wissenschaftliche als auch schöne Literatur, wogegen Italienisch und v. a. Spanisch an Bedeutung verloren. Deutsche Texte wurden erst nach 1800 vermehrt übersetzt, und zwar, soweit es sich auf der Grundlage von Rodrigues (1992) beurteilen lässt, immer öfter direkt aus dem Deutschen und nicht über französische Fassungen. Bereits die Zeitgenossen bemängeln die häufig schlechte Qualität der Übersetzungen aus dem Französischen (cf. Boisvert 1983–85, 245, Anm. 8). Wenn die bei São Luís (1827) wiedergegebenen Textbeispiele authentisch sind, so kann man dieser Einschätzung durchaus zustimmen: Die Übersetzer versuchen offensichtlich, französische Strukturen (z. B. die obligatorische Setzung des Subjektpronomens, Verwendung des passé composé) möglichst eins zu eins auf das Portugiesische zu übertragen (cf. dazu Große 1997 am Beispiel einer CondillacÜbersetzung von 1834). São Luís (1827, 159) führt dies auf Unwissenheit oder Unachtsamkeit («ignorancia, ou inadvertencia») zurück. Die Übersetzer sollten sich, so São Luís, die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen klarmachen und sich an der Sprache der portugiesischen Klassiker orientieren:
124. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische «[…] o pouco, que temos dito, basta para despertar a advertencia e reflexão dos traductores, e para os mover a corrigir os multiplicados gallicismos de que estão cheias as nossas traducções modernas. Huma só cousa porêm tornamos a repetir, e não cessaremos de inculcar, e he que só a assidua lição dos classicos nacionaes, e o aturado estudo das suas obras, junto com o conhecimento dos principios filosoficos da Grammatica Universal, podem vir a libertar a lingua portugueza das fórmas estrangeiras, que nella se tem introduzido, e restituila á sua nativa pureza e elegancia» (ib., 166).
Ob die genannten syntaktischen Interferenzen zu dieser Zeit auch in nicht übersetzten Texten verbreitet waren, bliebe zu untersuchen. Langfristige Auswirkungen auf die portugiesische Morphosyntax sind jedenfalls nicht festzustellen, wenn auch Kiesler (1989, 35) vermutet, dass z. B. die im Vergleich zum Spanischen häufigere Verwendung nicht-emphatischer Subjektpronomina und die Verbreitung des Fragetyps mit é que auf das Französische zurückgehen könnten. Anders sieht es bei den lexikalischen Gallizismen aus, von denen ein beträchtlicher Teil noch im heutigen Wortschatz zu finden ist. Wie groß die Zahl eigentlicher Entlehnungen – also nicht nur okkasioneller Verwendungen – französischer Wörter um 1800 wirklich war, ist bisher nicht sicher ermittelt. Fest steht, dass der französische Einfluss von vielen zeitgenössischen Autoren scharf kritisiert wurde und dass, so wie auch bei São Luís (1827), dabei ein Bezug zu den zahlreichen und als schlecht erachteten Übersetzungen aus dem Französischen hergestellt wurde. So schreibt z. B. Carneiro (1820, 79 s.): «Tem sido excessiva esta introducção de palavras e frases novas, acarretadas não sómente do Latim (o que seria mais desculpavel), mas especialmente do Francez; e se devem em grande parte a muitos traductores que, destituidos daquelle profundo conhecimento de uma e outra lingua, que se requere para bem traduzir, destruírão o proprio cunho e nativa graça do nosso idioma, já por os desconhecerem; já pelo frivolo amor da novidade e de tudo o que é estrangeiro […]».
Francisco de São Luís’ Glossário (Lisboa, 1827) kann als wichtigstes Werk zur zeitgenössischen Gallizismenkritik gelten. Das Buch enthält eine alphabetisch geordnete Liste von Wörtern und Redewendungen, die als Französismen erachtet (und übrigens keineswegs pauschal als solche verurteilt) werden. Es werden nicht nur Entlehnungen
1421
spezifisch französischer Wörter wie adresse, affares, affroso – alle drei heute obsolet – aufgeführt, sondern auch eine Reihe von Internationalismen, bei denen eine Vermittlung durch das Französische angenommen werden kann (adepto, alarma, anecdota); ferner auch solche, die offensichtlich aus dem Kastilischen oder auch über kastilische Vermittlung entlehnt wurden (arabesco, bancarrota, boletim, alle drei ursprünglich aus dem Italienischen). Als Gallizismen gelten auch Lehnbedeutungen (z. B. abbade “Priester” statt “Abt”, nach frz. abbé) und Ableitungen nach französischem Vorbild (z. B. absurdidade statt absurdo, nach frz. absurdité). Es würde umfangreicher Einzelstudien bedürfen, um den tatsächlichen Anteil von Gallizismen am portugiesischen Wortschatz zu ermitteln, denn einerseits sind z. B. Lehnbedeutungen schwer zu identifizieren, und andererseits wurden die Entlehnungen normalerweise lautlich und morphologisch angepasst, was wegen der gemeinsamen lateinischen Grundlage beider Sprachen im Portugiesischen zu Formen führte, die oft nicht ohne weiteres von Latinismen oder von Ableitungen bereits vorhandener portugiesischer Wörter zu unterscheiden sind. Es überrascht daher nicht, dass hinsichtlich der Französismen auch in den heutigen etymologischen Wörterbüchern des Portugiesischen große Diskrepanzen bestehen (cf. Messner 1990, 11).
4.
19. Jh. (ab ca. 1830)
Angaben zu im 19. Jh. angefertigten Übersetzungen können Coelho (1971) und Rodrigues (1992) entnommen werden. Während ersterer trotz beeindruckender Detailfülle generelle Strömungen und Tendenzen erkennen lässt, ist die zweitgenannte Quelle nur bedingt geeignet, um die Ausgangssprachen für Übersetzungen einer quantifizierenden Bewertung zu unterziehen; es wird bei den bibliographischen Angaben oft nicht deutlich, aus welcher Sprache ein Buch wirklich übersetzt wurde. In der Synthese beider Kompilationen kann jedoch geschlussfolgert werden, dass nur noch in geringem Maße aus dem klassischen Griechisch und Latein übersetzt wurde, auch die Übersetzung religiöser Literatur ging zurück. Demgegenüber erstarkte das Interesse an anglogermanischer (Pope, Thomson, Macpherson, Wieland, Goethe) sowie französischer (La Fontaine, Racine, Lamartine, Béranger,
1422
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
Molière) Belletristik; Coelho (1971, 1107) hebt für Brasilien die große Zahl von Übersetzungen deutscher Werke hervor (Escola do Recife). Aus den romanischen Schwestersprachen Spanisch und Italienisch wurde im 19. Jh. selten übersetzt (ib., 1105). Französisch blieb auch im weiteren 19. Jh. die wichtigste Kontaktsprache für die portugiesische Sprache in Portugal und Brasilien. Das spiegelt sich im literarischen Schaffen und in der Übersetzungspraxis wieder. Portugiesische Schriftsteller wie Camilo Castelo Branco (1825–90) oder Eça de Queirós (1845–1900) lassen in ihrer Themenwahl und auch Sprachverwendung einen starken französischen Einfluss erkennen (Guerra da Cal 1981). Eça de Queirós, obwohl auch als Übersetzer englischer Prosa renommiert, überspitzte die zeitgeistliche Situation so: «Lisboa é uma cidade traduzida do francés em calão» (zit. nach Machado 1984, 74). Ihm wird oft die Einführung von Gerundialkonstruktionen nachgesagt, die in ihrer Verwendung eindeutig auf das französische gérondif zurückgehen (cf. Lapa 111984, 213: «a construção cheira a francesia»; Cunha / Cintra 1984, 610: «simples decalque do francês»). Erwiesen ist, dass seine Sprache auffällige französische Strukturen aufweist, die nicht nur auf profunde Französischkenntnisse, sondern auch auf die intertextuelle Einbettung übersetzter Passagen – aus dem Griechischen ins Französische – zurückzuführen sind. So zeigt Alves (1983), dass Queirós in seinen Werken Elemente griechischer Philosophie verwendete, diese jedoch mangels ausreichender Griechischkenntnisse französischen Übersetzungen griechischer Autoren entnahm. Diese französischen Passagen übersetzte Queirós dann nahezu wörtlich ins Portugiesische. Es sei dahingestellt, ob es Queirós vermocht haben kann, in einem Land wie Portugal mit extrem hoher Analphabetenrate und geringem Bildungsniveau mit seinen Werken auf die Alltagssprache einzuwirken. Doch selbst wenn man eine solche Annahme in ihrer Absolutheit nicht gelten lässt, ist nicht von der Hand zu weisen, dass die portugiesische Literatursprache – und von dieser wird die schriftsprachliche Tradition entscheidend mitgeprägt – über die Jahrhunderte hinweg immer wieder fremden Strömungen ausgesetzt war: «Verifica-se na História da Literatura Portuguesa um fenómeno que nos parece digno de reflexão.
Aqueles que têm sido até hoje considerados como os três maiores escritores, foram também todos profundamente influenciados por uma determinada cultura estrangeira em particular. Foi o que aconteceu no século XVI com Camões em relação à cultura italiana, no século XX com Fernando Pessoa – essa espécie de Camões ao contrário – em relação à cultura anglo-saxónica e, imediatamente antes deste, no século XIX , com Eça de Queirós em relação à cultura francesa» (ib.).
Dieses Spezifikum portugiesischer Literaturgeschichte muss allerdings in seinen Auswirkungen auf die interne Entwicklung des Portugiesischen noch analysiert werden. Ein weiterer Beleg für die enge Bindung zwischen der französischen und der portugiesischen Literatur ist die Funktion des Französischen als Mittlersprache. So wurden z. B. die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (Berlin, 1812–15) größtenteils nicht direkt aus dem Deutschen, sondern über das Französische ins Portugiesische übersetzt (Cortez 2001). Auch im seit 1822 unabhängigen Brasilien genoss Französisch ein hohes Prestige; der französische Einfluss auf Sprache und Kultur veranlasste z. B. Antônio de Castro Lopes Ende des 19. Jh. zu sprachpuristischen Polemiken (cf. z. B. , 28/07/2004). Das Englische hat im 19. Jh. dagegen nur zögerlich Einfluss auf die portugiesische Sprache genommen. Die Rezeption und Übersetzung englischer Autoren blieb weit hinter der von französischen zurück. In Brasilien konnten dank neugegründeter Leserzirkel, auf deren Betreiben hin umfangreiche Bücherpakete aus England nach Rio de Janeiro gelangten, zunehmend die britischen novels Fuß fassen (Vasconcelos 2002). Im Original oder in Übersetzung gelesen, waren sie an der Formierung des brasilianischen Romans des 19. Jh. beteiligt. Als Sprache der Wissenschaft und Technik konnte sich das Englische jedoch noch nicht etablieren. Ab dem Ende des 18. Jh., verstärkt zu Beginn des 19. Jh. und damit etwas später als in anderen europäischen Ländern, setzte auch in Portugal die technologische Modernisierung ein. Das Ansehen der Natur- und Geisteswissenschaften und das Bedürfnis nach geeigneten sprachlichen Instrumentarien wuchs. Auch wenn Verdelho (1994) diesbezüglich das Fehlen fachstilistischer Untersuchungen moniert, kann doch eindeutig eine allmähliche Ablösung der lateinischen Sprache als fach-
124. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische
sprachliches Medium zunächst durch das Französische, erst später durch das Englische, festgehalten werden. Anglizismen gelangten noch lange Zeit v. a. über das Französische ins Portugiesische (Schweickard 1998, 299). In den Wissensgebieten Botanik, Medizin und Landwirtschaft, Fächern also, die durch Schule und Studium weite Verbreitung in der Bevölkerung erfuhren, wurden zudem umfangreiche lateinische Glossare erstellt, die in jener Zeit die portugiesische Sprache immens bereicherten. So rekrutierte sich der Fachwortschatz im 19. Jh. vorwiegend aus einer graeco-lateinischen Matrix, das angelsächsische Muster spielte hingegen noch keine Rolle.
5.
20. Jh.
Für die ersten Jahre des 20. Jh. können wir uns bei der Beschreibung übersetzerischer Tätigkeit nur auf sporadische Angaben stützen. Coelho (1971, 1102) erwähnt, dass immer weniger Übersetzungen auf der Basis griechischer und lateinischer Originale entstanden, jedoch in der Zeit des Zweiten Weltkriegs antike Autoren wie Tacitus oder Aristoteles ins Portugiesische übertragen wurden, um die brennenden ideologischen und politischen Fragen auch aus historischer Perspektive diskutieren zu können. Allgemein für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gilt: «cresce de vulto, anualmente, a massa de traduções» (ib., 1107). Als Ausgangssprachen hebt Coelho dabei Englisch, Französisch und Russisch hervor. Dies wird durch den seit 1932 jährlich von der UNESCO erstellten und für den Zeitraum ab 1970 auch elektronisch aufbereiteten IT (1932 ss./1979 ss.) bestätigt, er gibt uns detaillierte Auskunft über die übersetzerische Tätigkeit des 20. Jh. Brasilien wird erstmalig 1947 erwähnt, Portugal erst ab 1950. Auch wenn die sprachliche Einheit die politische Trennung Portugals und Brasiliens bis heute überdauert hat, lassen sich nunmehr jeweils unterschiedliche kulturelle und damit auch sprachliche Einwirkungen auf die beiden Portugiesisch-Varietäten (im Folgenden der Tradition entsprechend PE und PB genannt) sowie auch eigene Übersetzungstraditionen festhalten. Was die Zahl der Übersetzungen im portugiesisch-brasilianischen Vergleich anbelangt, so wurden zunächst ab 1955 in Portugal mehr Übersetzungen als in Brasilien angefertigt. 1960
1423
gehörte Portugal, zumindest dem IT zufolge, neben Deutschland und der ehemaligen Sowjetunion zu den übersetzungsfreudigsten Nationen, und 1967/68 wurde der Vorsprung gegenüber Brasilien nahezu verzehnfacht. Erst seit 1978 wird, bis heute, in Brasilien deutlich mehr übersetzt als in Portugal. Sowohl für Brasilien als auch für Portugal ist im dokumentierten Zeitraum ein kontinuierlicher Anstieg zu bemerken. Die Anfertigung von Übersetzungen nahm in beiden Ländern mit dem Ende der faschistischen Diktatur in Portugal 1974 sprunghaft zu. Besonders ergiebig aber war sowohl für Portugal als auch für Brasilien die Mitte der 90er Jahre des 20. Jh. Legt man den gesamten Erfassungszeitraum des IT zugrunde, so wurden in Brasilien mehr als doppelt so viele Titel übersetzt wie in Portugal. Auch die Mehrzahl der übersetzungswissenschaftlichen Betrachtungen zum Portugiesischen stammt aus Brasilien (cf. Wolf 1997; Milton 2002; Paes 1990). Die Auswirkungen von Übersetzungen auf die portugiesische Sprache bleiben dabei jedoch unberücksichtigt. So sind wir bei der Beurteilung des Einflusses von Übersetzungen auf die weitere Entwicklung des Portugiesischen auch für das 20. Jh. auf intuitive Schlussfolgerungen angewiesen. Was die Ausgangssprachen anbelangt, so zeigt der elektronisch aufbereitete Teil des IT, dass im Zeitraum von 1970 bis Anfang 2004 von den insges. 45.079 portugiesischen Übersetzungen auf die Ausgangssprache Englisch 27.224 (also weit über die Hälfte), auf Französisch 7.307, auf Spanisch 2.991, auf Deutsch 2.938, auf Italienisch 1.839, auf Russisch 1.234 und auf Latein immerhin 313 Übersetzungen entfallen. Von den Übersetzungen aus dem Englischen stammen allein fast 20.000 aus Brasilien; dort wurden damit zwei Drittel aller Übersetzungen überhaupt aus dem Englischen angefertigt. In Portugal betrifft dies immerhin auch die Hälfte aller Übersetzungen. Dieser hohe Stellenwert des Englischen als Ausgangssprache ist gegenüber den vorangegangenen Jahrhunderten ein Novum. Interessant ist nun im Ergebnis einer weiteren Abfrage des IT der Anteil der verschiedenen Genres an der Gesamtzahl der Übersetzungen aus dem Englischen; es überwiegen dabei mit großem Abstand die Übertragungen literarischer Werke mit 12.962 Titeln
1424
X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
(diese Zahl vereint Übersetzungen in Brasilien und Portugal). Bei den Übersetzungen auf wissenschaftlichem Gebiet rangieren die Gebiete Philosophie und Psychologie mit 2.531 Titeln, Rechts- und Sozialwissenschaften mit 1.989 weit vor den 928 übersetzten Titeln aus der Naturwissenschaft. Das dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass bei Letzterer schon längst das Englische nahezu die alleinige Publikationssprache repräsentiert. So geht der hohe Anteil an Übersetzungen aus dem Englischen, anders als man meinen möchte, auf das Konto der Belletristik und nicht auf das der sciences exactes: Von den insges. ca. 20.000 Übersetzungen in Brasilien betreffen nur 574, in Portugal von ca. 6.000 Übersetzungen nur 343 den Bereich der Naturwissenschaften. Die Bedeutung des Englischen für die Entwicklung der technischen Fachsprachen ist jedoch unbestritten. Informatik-Texte weisen zahlreiche Lehnübersetzungen aus dem Englischen ins Portugiesische (PE und PB ) auf; neugebildete Verben wie chequear, faxear, clicar gehen eindeutig auf das Englische zurück; nur selten treten in diesem Bereich Gallizismen wie dossier oder ecrã auf (Endruschat 1998, 48). Alves (1995) nennt für die Fachsprache der Künstlichen Intelligenz neben englischen einige französische Einflüsse auf die portugiesische Sprache Brasiliens, wobei nicht immer die Geber- von der Mittlersprache eindeutig geschieden werden kann. Die Bedeutung der Übersetzung für die Entlehnung fachsprachlicher Ausdrücke wird oft thematisiert. Was euphemistisch als semantische oder interne Entlehnung bezeichnet wird, basiert oft auf einer fehlerhaften wörtlichen Übersetzung, die in Zeiten der Globalisierung und der extremen Verbreitung der Massenmedien unvermeidlich ist. Doch auch die Morphosyntax wird nachhaltig durch Übersetzungen anglisiert. Nachweislich haben die im brasilianischen Portugiesisch ohnehin beliebten Gerundialkonstruktionen unter dem Einfluss der englischen gerunds einen neuen Aufschwung erfahren, der von den brasilianischen Linguisten mit Besorgnis gesehen wird: cf. Contra a mania (quase doença) do uso do gerúndio und Gerundismo, combatendo o preconceito (13/07/2004). Insges. sollte der Anteil englischen Wortschatzes im Portugiesischen nicht überschätzt werden; laut Messner (1994, 516)
liegt er, ausgehend von 15.000 Lexemen, bei etwa 4 %, was dem durchschnittlichen Anteil der Anglizismen in anderen europäischen Sprachen entspricht. Andererseits stammt laut Machado (1994, 253) fast jedes dritte Lehnwort im Portugiesischen aus dem Englischen. Unbestritten kommt dem Englischen im 20. Jh. die führende Rolle unter den Sprachen zu, welche das Portugiesische in seiner fach- wie auch alltagssprachlichen Ausprägung beeinflusst haben. Allerdings ist die Zahl der Gallizismen in etwa genauso hoch wie die der Anglizismen (Messner 1994, 516; Machado 1994, 253). Zudem kam ein großer Teil der Lexeme lateinischen Ursprungs, die laut Messner (1994, 516) einen Anteil von 55 % am gesamten untersuchten portugiesischen Wortschatz haben, über das Französische ins Portugiesische. Teyssier (1990, 74) zufolge ist auch die portugiesische Phraseologie französisch beeinflusst. In Fortführung dieser sprachgeschichtlichen Konsequenzen aus vergangenen Jahrhunderten ist das Französische auch im 20. Jh. eine wichtige Kontaktsprache für das Portugiesische. Bes. die portugiesische Fachsprache ist einem starken terminologischen Einfluss des Französischen ausgesetzt. Zahlreiche Neologismen gelangen über das Französische ins Portugiesische. Messner (1994, 515) hebt den französischen Einfluss insbes. für die Natur- und Politikwissenschaften hervor. Die Auswertung des IT ergibt, dass, anders als für Übersetzungen aus dem Englischen oder auch Spanischen, nur ein Sechstel aller Übersetzungen aus dem Französischen literarische Übersetzungen sind, d. h. der Anteil fachsprachlicher Übersetzungen ist hier extrem groß. Da sich die fachsprachliche Kommunikation vorwiegend ungesteuert vollzieht, ist damit zu rechnen, dass von Fachübersetzungen beachtenswerte Impulse für die weitere Entwicklung des Portugiesischen ausgehen. Wie auch in den vergangenen Jahrhunderten spielte das Spanische als Ausgangspunkt für Übersetzungen ins Portugiesische eine eher untergeordnete Rolle. Das belegt auch die vom IT ausgewiesene Zahl von ca. 2.900 Übersetzungen in den Jahren 1970 bis zur Gegenwart (gegenüber der fast zehnfachen Zahl an Übersetzungen aus dem Englischen), davon jeweils etwa gleich viele Übertragungen in das PE und das PB. Wenn auch die Belletristik dabei mit je einem Drittel am stärksten vertreten ist, so stehen
124. Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Portugiesische
dieser in der Summe mehr Übersetzungen spanischer religiöser und geisteswissenschaftlicher Werke gegenüber. Während vermutlich spanische Literatur in den lusophonen Ländern vorwiegend in der Originalsprache gelesen wird, scheint es eine Tendenz zu geben, Fachliteratur – allerdings weniger die naturwissenschaftliche – ins Portugiesische zu übertragen. Aufgrund der Ähnlichkeit der beiden großen iberoromanischen Sprachen ist der Nachweis sprachlicher Beeinflussung schwer zu führen (cf. Carvalho 1989, 17). Bemerkenswert ist, dass in der umfangreichen Literatur zur gegenseitigen Beeinflussung von Spanisch und Portugiesisch dem Übersetzen kein Wert beigemessen wird. Angesichts der geringen Anzahl von Übersetzungen aus dem Spanischen ins Portugiesische scheint aber auch ein solches Einwirken nicht gegeben oder nicht nachweisbar zu sein. Das Deutsche hat v. a. auf das brasilianische Portugiesisch, und zwar insbes. über die Rezeption philosophischer und soziologischer Werke eingewirkt. Wurden Kant, Hegel, Adorno und Horckheimer zunächst in Ermangelung portugiesischer Übersetzungen und ausreichender Deutschkenntnisse zumeist auf Italienisch gelesen (Rouanet 1997, 31), gab es in den 60er Jahren einige ‘brasilianische’ Übersetzungen Heideggers, in denen typische Wortschöpfungen des Autors durch «gewaltige, von Bindestrichen durchzogene Dinge» (ib., 32) wiedergegeben wurden. Auch Werke von Karl Marx wurden nach der 68er Bewegung in Brasilien übersetzt, was ohne Zweifel zur Implantierung typischer Marxscher Begriffe im Portugiesischen Brasiliens führte; Untersuchungen hierzu liegen jedoch nicht vor. Das besondere Interesse der brasilianischen Intellektuellen an Walter Benjamin äußerte sich in einer Reihe von Übersetzungen in den Jahren von 1969 bis 1993. Auch hier fehlt eine Aufarbeitung des sprachlichen Einflusses auf das Portugiesische völlig. Immerhin kann festgestellt werden, dass das Online-Wörterbuch Michaelis Moderno Dicionário da Língua Portuguesa bei 19 Germanismen auf Kant verweist (z. B. bei antítese), bei vier Lemmata wird Heidegger als Ursprung genannt, bei dreien Marx (Messner 2000, 228). Die erwähnten Lexeme dürften auf dem (direkten oder indirekten) Wege der Übersetzung ins Portugiesische gelangt sein.
6.
1425
Intralinguistische Übersetzung und Parallelübersetzungen
Eine sehr spezifische Übersetzungssituation ergibt sich für das Portugiesische daraus, dass die beiden Varietäten PE und PB inzwischen als so unterschiedlich betrachtet werden, dass es zu einer wachsenden Zahl intralinguistischer Übersetzungen bzw. Bearbeitungen kommt. Nach Angaben der brasilianischen Câmara do Livro wurden im Jahr 1997 über 90 Titel, 1999 sogar 199 Titel aus dem europäischen ins brasilianische Portugiesisch übertragen. Nach der Klassifikation Schreibers (1993) handelt es sich bei den portugiesischen Editionen aber um Bearbeitungen und nicht um Übersetzungen. Der Roman Na margem do Rio Piedra eu sentei e chorei des brasilianischen BestsellerAutors Paulo Coelho erschien in einer edição portuguesa, in welcher typische brasilianische Wörter und syntaktische Strukturen portugisiert wurden (Große 2000). Schwamborn (2004) weist ebenfalls auf Portugiesisch-Adaptationen von brasilianischen Romanen hin, wogegen in die gegenläufige Richtung sehr viel seltener übertragen wird. Die Werke Saramagos beispielsweise werden in Brasilien unverändert herausgebracht. Noch bemerkenswerter ist das Phänomen portugiesisch-brasilianischer Parallelübersetzungen, das bereits Anfang der 80er Jahre des 20. Jh. am Beispiel von Marguerite Duras’ L’amant (Paris, 1984) eklatant auffiel (Schwamborn 1987) und in den parallelen portugiesisch-brasilianischen Versionen der Harry-Potter-Bücher (London, 1997–2003) wohl einen Höhepunkt erreicht: Während die portugiesischen Übersetzungen die meisten originalen englischen Ausdrücke beibehalten, glänzen die brasilianischen Versionen mit Eigenschöpfungen. Parallelübersetzungen bzw. landesspezifische Übersetzungen liegen auch auf der fachsprachlichen Ebene vor. So hat Microsoft für seine Internet-Programme eine portugiesische und eine brasilianische Version anfertigen lassen. Gänzlich unerforscht sind mögliche sprachliche Einflüsse afrikanischer Sprachen auf das Portugiesische in den lusophonen Ländern Afrikas auf dem Wege von Übersetzungen. Sowohl in Mosambik als auch in Angola gibt es einige Autoren, die in den staatliche geförderten nationalen Sprachen schriftstellerisch tätig sind. Eines der ältesten Beispiele sind die Folk Tales of Angola des Schweizers Héli Chatelain (1894
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X. Soziokulturelle Faktoren in der romanischen Sprachgeschichte
in Kimbundu mit englischer Übersetzung erschienen), die 1964 ins Portugiesische übersetzt wurden. Die Erforschung des Zusammenhangs von Übersetzung und Sprachentwicklung im lusophonen Afrika stellt ein weiteres Forschungsdesiderat dar.
7.
Literatur
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Barbara Schäfer-Prieß, Heidelberg / Annette Endruschat, Trier / Roger Schöntag, München
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125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik Création de normes linguistiques et critique de l’utilisation des langues 125. Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Rumänisch Aménagement linguistique, interventions sur la langue et défense institutionnalisée de la langue: roumain 1.
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1.
Anfänge schriftlicher Überlieferung. Auf der Suche nach einer Identität. Einige Reformversuche Herausbildung einer lateinisch-romanischen und pro-westlichen Identität. Die Scoala ¸ Ardelean˘a Militante Romantik. Die Reformtätigkeit Ra˘ dulescus Institutioneller Rahmen: die Academia Româna˘ . Latinisierender Purismus vs. ‘völkisch-nationale Strömung’. Die Kritik Maiorescus Groß-Rumänien und die neuen Prioritäten der Sprachpolitik Die Zeit des Kommunismus. Sprachprobleme zwischen proletarischem Internationalismus und national-kommunistischer Ideologie Die post-kommunistische Periode: Schwächung institutioneller Autorität in Fragen der Sprachpflege und -normierung Literatur
Anfänge schriftlicher Überlieferung. Auf der Suche nach einer Identität. Einige Reformversuche
Die allmähliche Durchsetzung der rumänischen Sprache im öffentlichen Leben, in der Literatur und schließlich im kirchlichen Bereich wird von rumänischen Historikern und Philologen als Emanzipation aus der Dominanz der slavo-byzantinischen Kultur angesehen. Die ältesten rumänischen Texte schriftsprachlichen Charakters, Handschriften aus dem 16. Jh. (Codicele Vorone¸tean, Psaltirea Scheian˘a), sind Übersetzungen grundlegender christlicher Texte. Die Initiative hierzu
wurde deshalb bald dem propagandistischen Wirken der Hussitenbewegung (Nicolae Iorga, Sextil Pu¸scariu), des lutheranischen oder des calvinistischen Protestantismus (Ovidiu Densusianu, Ion B˘alan, Alexandru Rosetti, Nicolae Dr˘aganu sowie in jüngerer Zeit Ser¸ ban Papacostea) zugeschrieben, bald einer im Kreis rumänischer Mönche des Klosters Peri (Maramure¸s) im Rahmen der Bestrebungen nach Emanzipation von der Autorität des ukrainischen Bischofs von Muncaci (Petre P. Panaitescu, Gheorghe Iva˘ nescu) entstandenen Initiative. Die durch die Bemühungen ungarischer calvinistischer Herrscher entstandenen calvinistischen Gemeinschaften in den Gegenden um Hunedoara, Ha¸teg und im Banat haben für etwa ein Jahrhundert eine Literatur bescheidenen Umfangs in rumänischer Sprache hervorgebracht. Einige dieser Texte wurden mit lateinischem Alphabet und in ungarisch geprägter Orthographie geschrieben. Unstrittig ist auch die Tatsache, dass der Diakon Coresi von etwa 1559 bis 1581 in Bra¸sov und anderen Städten Siebenbürgens sowohl Bücher lutherischer oder calvinistischer Prägung als auch rein orthodoxe Texte gedruckt hat. Nachdem zunächst das Argument der leichteren Verstehbarkeit durch die Übersetzung in die Muttersprache nur in siebenbürgischen Drucken erschien, die von Protestanten in Auftrag gegeben und finanziert wurden, wurde dieses Argument später von hohen Gelehrten und Würdenträgern der orthodoxen Kirche wie den Metropoliten der Moldau, Varlaam und Dosoftei, übernommen, die auf dogmatischem Gebiet den lutherischen und calvinistischen Protestan-
1430 tismus bekämpften und sich dennoch die Übersetzung und den Druck der kirchlichen Texte zur Aufgabe machten. Die Einführung des Rumänischen in der orthodoxen Kirche, ein Vorgang, der etwa um 1715 abgeschlossen war, eine Folge v. a. der reichen Übersetzer- und Druckertätigkeit des Metropoliten Antim Ivireanul, zeigt Züge einer echten Reform und hat weit reichende Folgen für die Entwicklung der Kultursprache. Vereinzelt und unsystematisch finden sich in den Texten explizite Hinweise auf sprachpflegerische Bemühungen um die geschriebene Sprache, so etwa bei Coresi, der im Epilog zum slavo-rumänischen Psalter (Psaltirea slavo-român˘a) von 1577 sich an die Grammatiker, die Schreibkundigen, wendet, denen dieser Text als Studien- und Übungsmaterial dienen könne. Der älteste rumänische Text mit Ansätzen zu einer bewussten Sprachpflege ist die Bucoavna (‘ABC -Fibel’) von Ba˘ lgrad / Alba Iulia (1699). Die wichtigsten unter diesen ABC -Fibeln (bucoavne, bucvare) sind in der Folgezeit diejenigen von Cluj (1744), Ia¸si (1755), Wien (1771, 1777) und Blaj (1777). Dimitrie Eustatievici Bra¸soveanul, Autor der ersten vollständigen rumänischen Grammatik (Bra¸sov, 1757), weist dem systematischen Studium der Grammatik aufklärerische Funktionen zu: «scoatere a norodului românesc din cea¸ta întunericului întru lumina adeva˘ rului» (ib., 3r). Die rumänische Schriftsprache der älteren Zeit war nicht einheitlich, sondern kannte mehrere literarische Skriptae (dialecte literare) (Iv˘anescu 1949; 1972b) bzw. ‘regionale schriftsprachliche Varietäten’ (Ghe¸tie 1975), regionale Normen ohne restriktiv-verbindlichen Charakter und ohne Kodifizierung durch eine anerkannte Institution oder akademische Instanz. Diese lokalen Schreibtraditionen entsprachen im Wesentlichen den dialektalen Normen der Gegenden, in welchen die Texte entstanden waren, und damit den wichtigsten Mundarten des Dakorumänischen (nach Iv˘anescu sind das diejenigen von Cri¸sana-Maramure¸s, des Banat, Munteniens, der Moldau sowie – weniger ausgeprägt – Siebenbürgens; nach Ghe¸tie handelt es sich um Muntenien und Süd-Siebenbürgen, um die nördliche Moldau und das Banat mit dem Gebiet von Hunedoara und Nord-Siebenbürgen). Hinsichtlich der ‘dialektalen Basis’ der rumänischen Schriftsprache ist Gheorghe Iva˘ nescu (1949; 1956) der Meinung, die in der Maramure¸s entstandenen Übersetzun-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
gen religiöser Texte hätten die Mundart des Adels aus der Maramure¸s durchgesetzt, eine Mundart nördlichen Typs, die v. a. durch lautliche Phänomene wie das Fehlen einer Palatalisierung von Labialen und Labiodentalen (b, p, f, v) charakterisiert war. Mitglieder der Bukarester sprachwissenschaftlichen Schule (Coteanu 1961; Rosetti / Cazacu / Onu 1971) behaupten dagegen, die Mundart Munteniens habe bereits seit dem 16. Jh., d. h. seit den ersten von Coresi gedruckten Texten, die Basis der Schriftsprache gebildet. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass weder die Drucke Coresis noch die Bukarester Bibel (Biblia de la Bucure¸sti, 1688) die vereinheitlichende Rolle gespielt haben, die ihnen zugeschrieben wurde (Ghe¸tie 1972; 1974). Die regionalen Schrifttraditionen haben sich jedenfalls noch zwei Jahrhunderte erhalten, so dass «erst im 18. Jh. in Siebenbürgen und in der Moldau eine teilweise lautliche Muntenisierung der Schriftsprache erfolgt» (Iv˘anescu 1972a). Die Vereinheitlichung der älteren rumänischen Schriftsprache vollzog sich im Rahmen der kirchlichen Kultur, die für die Mehrheit der Rumänen in der Moldau, in der Walachei und in Siebenbürgen einheitlich war. Zeitpunkt dieser Vereinheitlichung war die zweite Hälfte des 18. Jh., als die alte muntenische schriftsprachliche Norm allmählich auch in Drucken aus der Moldau und aus Siebenbürgen verwendet wurde und sich so im Bereich gedruckter Texte als einzige Schriftsprache durchsetzte (Ghe¸tie 1975, 428). Für die entgegengesetzte Tendenz, auf allzu stark regional geprägte Besonderheiten zu Gunsten des Prinzips allgemeiner Verständlichkeit gedruckter Texte für alle Rumänen zu verzichten, sind die Erklärungen beispielhaft, die Simion Stefan, ¸ Metropolit Siebenbürgens, in der «predoslovia ca˘ tra˘ cetitori» (“Vorwort an den Leser”) des Noul Testament de la B˘algrad (1648) gegeben hat. Er konstatiert dort dialektale Unterschiede zwischen den Rumänen verschiedener Gegenden und stellt die Notwendigkeit fest, eine allen Rumänen gemeinsame und zugängliche Sprache zu schaffen. Im selben Vorwort findet sich die älteste rumänische Formulierung des neologischen Prinzips, d. h. im vorliegenden Fall, der Übernahme lexikalischer Einheiten aus dem Griechischen zur Bezeichnung exotischer Realitäten und Objekte, nach dem Vorbild lateinischer und kirchenslavischer Übersetzungen. Sehr klar und deutlich wird durchgehend die Vor-
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
stellung formuliert, dass die Rumänen der verschiedenen Gegenden ein und dieselbe Sprache sprechen. Dazu kommt das Bewusstsein, dass die ‘Nutznießer’ der Übersetzungen und Drucke die Rumänen von überall sind, denen bis dahin Texte in ihrer Sprache fehlten. Diese ‘patriotische’ Rechtfertigung des kulturellen Schreibaktes in der Volkssprache geht meistens mit einer utilitaristischen Rechtfertigung einher: Man verweist auf den Verfall der Bildung in kirchenslavischer Sprache und auf die mangelnde Kenntnis der klassischen Sprachen, Umstände, welche die Ausweitung geschriebener Kultur in der Volkssprache (pe în¸teles) erforderlich machten. Der allmähliche Verfall des Kirchenslavischen als Sprache der Gebildeten und als Sakralsprache sowie seine Vernachlässigung durch die Rumänen werden u. a. von Udri¸ste Na˘ sturel und Antim Ivireanul beklagt. Parallel hierzu ist oft die Rede von «strimtarea limbii române¸sti» (“die Enge der rumänischen Sprache”, Biblia de la Bucure¸sti, 1688) und «brudia noastra˘ limb˘a» (“unsere schwache Sprache”, Cantemir, Istoria ieroglifica˘ , 1704, IV ). Gelehrte wie Dosoftei, Antim Ivireanul oder im 18. Jh. Chesarie de Rîmnic haben sich als wahrhafte Reformer der Schriftsprache erwiesen. In seinen elf zwischen 1673 und 1683 gedruckten Bänden sowie in weiteren Werken, die zu seinen Lebzeiten Manuskript geblieben sind, versuchte der Metropolit Dosoftei, eine auf allen Ebenen erneuerte Variante des moldauischen schriftsprachlichen Dialekts durchzusetzen; Orthographie und Aussprache, Morphologie, Syntax und Lexikon. Aus der Werkstatt eines bei Zeitgenossen angesehenen polyglotten Gelehrten hervorgegangen, sind Dosofteis Texte von lexikalischen Neologismen verschiedenen Ursprungs (Griechisch, Kirchenslavisch, Latein) durchsetzt. Eine entscheidende Wende in der Geschichte der Reflexion auf eine rumänische Schriftsprache bedeutete die Entdeckung und die von patriotischem Stolz begleitete Bestätigung des römischen Ursprungs des rumänischen Volkes und der engen Verwandtschaft seiner Sprache mit der lateinischen. Nach einigen Vorläufern wie den großen Chronik-Autoren von Adel, Gregore Ureche und Miron Costin, die in Polen eine jesuitische Bildung genossen hatten (→ Art. 18), verficht Fürst Dimitrie Cantemir (bes. in Hronicul vechimii a romano-moldovlahilor) die Idee einer reinen Latinität des
1431 Rumänischen, verbunden mit der Vorstellung von der Kontinuität der Rumänen als alleinige direkte Nachfolger der Romanität in Dakien seit der Zeit Trajans, eine Idee, welche in der Folgezeit die zentrale Stütze des modernen rumänischen Identitätsbewusstseins werden sollte, mit umfassenden und entscheidenden Folgen für die Gestaltung des Profils der modernen rumänischen Schriftsprache. In der Überzeugung vom ‘Adel’ der ethnischen Ursprünge seines Volkes und von dessen nationaler Einheit über die existierenden politischen Grenzen hinaus, macht sich der gelehrte Herrscher selbst an eine Reform des Schreibens in der Nationalsprache, eine Reform, welche die Schriftsprache aus den Kanons kirchlicher Texte herausführen und ihr Ausdrucksmöglichkeiten verleihen sollte, die denjenigen der klassischen Kultursprachen (Latein und Griechisch) vergleichbar waren. Cantemir hatte als einziger ein detailliertes Konzept in sprachlichen Fragen, das er in den letzten beiden Kapiteln der Descriptio Moldaviae darlegte, wo sich ausführliche Verweise auf den lateinischen Ursprung des Rumänischen und auf die Kontinuität der Rumänen seit dem Dakien Trajans sowie auf die lexikalischen Entlehnungen aus den Kontaktsprachen (Griechisch, Türkisch, Ungarisch, Tatarisch, Polnisch) finden. Er konstatiert die Existenz diastratischer Differenzierungen im Sprachgebrauch und dementsprechend einer höfischen Sprache, der gepflegtesten Varietät in der Sprache der Moldauer, die in der Gegend von Ia¸si entstanden sei, da die Bewohner aus der Umgebung der Hauptstadt in ständiger unmittelbarer Nähe zum Hof des Herrschers sich selbst und ihre Sprache weitergebildet hätten. Cantemir bemerkt ferner einen diastratischen Unterschied zwischen Frauensprache und Männersprache auf der Basis einer Opposition zwischen ‘korrekt’ (und ‘erwünscht’) vs. ‘unkorrekt’ (und ‘unerwünscht’), die dazu führte, dass männliche Sprecher, welche die Aussprache ke, ki statt pe, pi nicht ablegen konnten, als ‘ficior de baba˘ ’ (“Muttersöhnchen”) verspottet wurden. Cantemir diskutiert ferner die offensichtliche Übereinstimmung zwischen der Sprache der Moldauer und derjenigen der Bewohner Siebenbürgens und Munteniens. Er ist der Meinung, die Aussprache jur und Dumnezeu statt moldauisch giur und Dumnedzeu zeige, dass die Muntenier im Vergleich mit den anderen, eine ‘pronunciatio
1432 rudior’ hätten. Mit moldauischem Lokalpatriotismus meint Cantemir anschließend, die Sprache der Moldauer sei reiner und – zusammen mit der Orthographie – werde sie von den Munteniern nachgeahmt, auch wenn diese das nicht eingestehen wollten. Cantemir war der erste rumänische ‘Slavophob’ und erwies sich damit auch in dieser Hinsicht als Vorläufer und Inspirator der Aufklärung in Siebenbürgen. Die Bezeichnung der kirchenslavischen kulturellen Dominanz in Rumänien als eine Periode der Barbarei findet sich gegen Ende desselben Kapitels, im Abschnitt, wo Cantemir den Herrscher Vasile Lupu dafür lobt, dass er die Moldau schrittweise der Finsternis entriss, in die sie die Barbarei der Dominanz des Kirchenslavischen gestürzt hatte.
2.
Herausbildung einer lateinisch-romanischen und pro-westlichen Identität. Die Scoala ¸ Ardeleana˘
Die Gruppe gelehrter Intellektueller (größtenteils Mitglieder der Unierten Kirche), welche die Scoala ¸ Ardelean˘a bildeten (insbes. Samuil Micu-Klein, Gheorghe Sincai, ¸ Petru Maior, Ion Budai-Deleanu), vertrat aufklärerisch-reformerische Überzeugungen, die sich in einem grenzenlosen Vertrauen in die Fähigkeiten von Kultur und Bildung als Faktoren des Fortschritts äußerten, in einem militanten Nationalismus, Anti-Balkanismus sowie in der Gegnerschaft zu einer auf dem Kirchenslavischen begründeten Kultur. Die siebenbürgischen Gelehrten, die im Westen (Rom, Wien, Budapest) studiert hatten und über perfekte Kenntnisse des Lateinischen und moderner Sprachen verfügten, die ihre Schriften auf Lateinisch ebenso wie auf Rumänisch (seltener auf Deutsch oder Ungarisch) verfassten, machten – in der Nachfolge der Chronisten des 16. Jh. und v. a. Cantemirs – die Idee des ‘edlen’ Ursprungs ihres Volkes zum Grundpfeiler ihrer kämpferischen Aktivität, die ihren Niederschlag fand in der Abfassung und Veröffentlichung von historischen Abhandlungen, Handbüchern jeder Art, Grammatiken, Wörterbüchern, Übersetzungen von Werken aus Philosophie, Logik, Theologie (→ Art. 118), populärwissenschaftlichen Werken etc. Die Gebildeten dieser Generation waren sich der Dringlichkeit einer Modernisierung der Schriftsprache bewusst, welche eine Voraus-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
setzung für die kulturelle Emanzipierung des rumänischen Volkes bildete. Auf ihren Schultern ruhte die enthusiastisch übernommene Aufgabe, mit legalen Mitteln im Bereich von Kultur und Schulwesen auf die Befreiung der Rumänen aus dem Zustand politischer und sozialer Unterlegenheit hinzuwirken, in dem sie sich als ‘tolerierte Nation’ seit Jahrhunderten in Siebenbürgen befanden. Erklärtes Ziel der militanten Gelehrten der Scoala ¸ Ardelean˘a war es, für ihr Volk in Siebenbürgen den gesetzlichen Status einer ‘konstitutiven Nation’ neben den anderen drei ‘Nationen’ (Ungarn, Siebenbürger Sachsen, Szekler) zu erreichen. Mit der Durchsetzung der latinistischen Idee und des Prinzips der Okzidentalisierung als Basis einer Modernisierung der Kultursprache, ein Prinzip, das fast einmütig von den nachfolgenden Generationen übernommen wurde, spielten die Vertreter der Scoala ¸ Ardeleana˘ nicht nur auf kulturellem Gebiet, sondern auch in der Politik eine äußerst bedeutsame historische Rolle. Hartnäckig proklamiert, häufig mit Nuancen und Interpretationen, die für die moderne Geschichts- und Sprachwissenschaft inakzeptabel sind, wird die These des lateinischen Charakters der rumänischen Sprache, die von den «posteri Romanorum» im Dakien Traians gesprochen wurde, als selbstverständlich angesehen (Micu / Sincai ¸ 1780, 3). Die Idee des autochthonen Charakters der Rumänen in Dakien und ihrer ununterbrochenen Kontinuität in den heute von ihnen bewohnten Gebieten wird als Axiom dargestellt, zumal gerade in dieser Periode die Kontinuität der Rumänen in Siebenbürgen allmählich, v. a. aus politischen Gründen, von deutschen Autoren wie Franz J. Sulzer († 1791), Joseph Carl Eder (1760– 1811) und Johann Christian von Engel (1770–1814) in Frage gestellt wurde. Aus diesem Grund wird der polemische Tonfall zu einer Konstante des historischen Diskurses der siebenbürgischen Gelehrten; er führt des Öfteren zu übertriebenen theoretischen Positionen (Purismus, exzessiver Etymologismus) bei Problemen der Schriftsprache. Die siebenbürgischen Gelehrten verzichteten auf das Ethnonym valah (→ Art. 13), das von den Gebildeten im Ausland mit Bezug auf die Rumänen verwendet wurde, und gebrauchten ausschließlich den Terminus român, mit dem sie häufig in einer Art halb beabsichtigter Zweideutigkeit nicht nur die Rumänen, sondern auch die Römer bezeich-
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
neten. Die Idee des römischen Ursprungs wurde einstimmig von den folgenden Generationen übernommen, nicht nur in Siebenbürgen, sondern auch in der Moldau und in Muntenien; sie wurde so zu einer zentralen Komponente im politischen Diskurs der 48er-Bewegung und der Einigungstendenzen, mit weit reichender Ausstrahlung in den öffentlichen Diskurs der Epoche rascher Modernisierung Rumäniens in den letzten Jahrzehnten des 19. Jh. Einige Jahrzehnte später nahm diese Idee häufig, v. a. in der Moldau und in Muntenien, geradezu groteske Formen an, so dass kritische Reaktionen nicht lange auf sich warten ließen. Der moldauische Historiker und Politiker Mihail Koga˘ lniceanu, der prinzipiell die Idee der Romanität teilt, ist sich zwar der Gefahren latinisierender Übertreibung bewusst und gebraucht den Terminus romanomanie zur Bezeichnung der pathologischen (und letztlich schädlichen) Formen des von seinen Landsleuten gezeigten ‘patriotischen Stolzes’. Das hindert ihn nicht, in seinen französischen und deutschen Schriften (Histoire de la Valachie, Berlin, 1827; Moldau und Wallachei. Romänische oder wallachische Sprache, Berlin, 1837) die etymologisierende Schreibung mit o für das Ethnonym rumänisch zu verwenden: la langue romaine, les mots romains; romänische Sprache (statt frz. roumain, dt. rumänisch). Micu / Sincai ¸ (1780, 117) erklären, eines der ausdrücklichen Ziele ihrer Forschungen sei es, ständig deutlich zu machen, dass die rumänische Sprache durch Sprachverfall aus der lateinischen entstanden ist: «conati sumus corruptionem linguae Daco-Romanae ex Latina quoquo modo comprobare». Die elaborierteste Vorstellung zum Übergang des Lateinischen in die romanischen Sprachen (und damit in das Rumänische) findet sich bei Petru Maior. In der Istoria pentru începutul românilor în Dachia (Buda, 1812) entwickelt er eine Theorie der Ursprünge des Rumänischen; deren zentrale Ideen sind: die Kontinuität der Rumänen im traianischen Dakien, der ausschließlich lateinische Charakter des Rumänischen, die Herkunft des Rumänischen aus dem klassischen Latein, wie es von den römischen Kolonisten nach Dakien mitgebracht wurde, die sich hier nach den dakischen Kriegen Traians in großer Zahl niederließen. Die erste der zwei im Anhang zur Istorie veröffentlichten Abhandlungen (Pentru începutul limbei române¸sti) beginnt so mit der folgenden programmatischen Aussage
1433 zum Lateinischen als Basis der rumänischen Sprache: «Fiindc˘a limba cea româneasc˘a e latineasc˘a, celui ce va sa˘ cerce începutul limbei române¸sti îi iaste de lips˘a mai nainte s˘a aiba˘ cunoscute întîmpl˘arile limbei l˘atine¸sti» (Maior 1976, vol. 1, 302). Die pro-westliche Ausrichtung und der Latinitätswahn (und dazu die pro-katholische Tendenz einer Mehrheit der siebenbürgischen Gelehrten) führten zu einer allgemeinen Verachtung der kirchenslavischen kulturellen Tradition bei den Rumänen. So berufen sich etwa Micu und Sincai ¸ auf Cantemir, von dem sie den Terminus barbarie übernehmen, um damit den Zustand zu bezeichnen, in den die Rumänen nach der Einführung der «literal[is] slavinorum lingua», in der Zeit des Konzils von Florenz geraten waren, die zum Ziel gehabt habe, «hoc modo praecludere nostris omnem aditum ad s. unionem cum Eccl. Romana» (Micu / Sincai ¸ 1780, 4). Das Verfassen und die Publikation von Grammatiken wurde von der Generation der Aufklärung als patriotische Pflicht sowie als zentraler Bestandteil der gesellschaftlichen und nationalen Volkserziehung angesehen, der sie sich verschrieben hatten. Diese Idee, die von Micu / Sincai ¸ (1780, 8) nur gestreift wird («maternam linguam perficiamus»), wird von Ien˘achi¸ta˘ Va˘ ca˘ rescu ausdrücklich formuliert. Für ihn sind «die Liebe zum Vaterland, zu den Nachbarn und zu den Rumänen, welche diese Sprache sprechen» gewichtige Gründe, um an einer Grammatik zu arbeiten, die «dem Wohl, der Ehre und dem Nutzen der Landsleute und des Vaterlandes» (1787, 12) dienen solle. Budai-Deleanu weist seine Leser darauf hin, es sei nicht seine Absicht, durch die in seinem Wörterbuch enthaltenen Optionen und implizit normativen Empfehlungen die Sprecher zu einer Änderung ihrer natürlichen, für sich legitimen Sprechweise zu veranlassen, sondern Auswahlkriterien für die «limba de ob¸ste la înva˘ t¸a˘ turi» (“allgemeine Schriftsprache”, 1970, 132) anzubieten, die gereinigt, in Regeln gefasst und modernisiert werden müsse. In den Fragen der nationalen Sprachpolitik bestanden unter den Gebildeten Rumäniens kaum Unterschiede auf konfessioneller Basis. Jenseits der beinahe ständig andauernden Reibungen und Animositäten zwischen der griechisch-katholischen Kirche Siebenbürgens und der orthodoxen Kirche der Moldau und Munteniens gab es in den großen Fragen der einheitlichen und alleinigen
1434 rumänischen Kultursprache immer einen stillschweigenden Konsens. So lässt sich etwa feststellen, dass einerseits die Gelehrten und Kleriker der Unierten Kirche nie den Wunsch hatten, einen eigenen kirchlichen Sprachstil zu entwickeln, sondern denjenigen übernahmen, der sich um die Mitte des 18. Jh. in den religiösen Drucken Munteniens herausgebildet und stabilisiert hatte. Aufgrund vernünftiger Entscheidungen einiger hoher kirchlicher Würdenträger wie Chesarie de Rîmnic und Veniamin Costachi, folgte andererseits die kirchliche Hierarchie Munteniens und der Moldau der allgemeinen Tendenz der pro-westlichen und latinisierenden Reform, wie sie von den Siebenbürgern vorangetrieben wurde, und übernahm schließlich sogar in kirchlichen Texten die lateinische Graphie. Auch einige unter den Autoren der ersten rumänischen Grammatiken, die in ihrer Tendenz und im Inhalt deutlich vom Latinismus der Siebenbürger Aufklärer geprägt waren (Ien˘achi¸ta˘ Va˘ ca˘ rescu aus Muntenien, Radu Tempea aus Siebenbürgen sowie Paul Iorgovici und Constantin Diaconovici-Loga), gehörten der orthodoxen Kirche an und hatte wichtige öffentliche Funktionen inne. Die streitbare Aktivität der Siebenbürger Latinisten auf dem Gebiet der Geschichtswissenschaft und der Philologie hat das Verdienst, das rumänische Kollektivbewusstsein geweckt und den Prozess der «brusc˘a orientare spre Apus» ausgelöst zu haben, der schließlich zur Reromanisierung des Rumänischen (Pu¸scariu 21976, 374 s.) führen sollte.
3.
Militante Romantik. Die Reformtätigkeit Ra˘ dulescus
Ion Heliade R˘adulescu (1802–72), einer der ersten Journalisten Rumäniens, Professor am Gymnasium Sfîntul Sava, origineller Dichter und Prosaschriftsteller, Übersetzer und politischer Denker, mit Recht von Hasdeu und Eminescu als «Vater der rumänischen Literatur» bzw. als «erster moderner Schriftsteller der Rumänen und Vater jener Schriftsprache, die wir heute gebrauchen», bezeichnet, war sich als Erster in Rumänien bewusst, dass eine moderne Kultur nur von der Regulierung der Sprache ihren Ausgang nehmen kann, d.h. von der Konstruktion einer einzigen und einheitlichen Schriftsprache, die über ein Maximum an stilistischer Differenzierung ebenso verfügt wie über hochentwickelte und nuancierte Fachterminologien.
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Im Bereich der Orthographie geht Heliade von der zu seiner Zeit gängigen kyrillischen Graphie aus und beabsichtigt eine Vereinfachung unter Betonung des phonetischen Prinzips (1 Laut = 1 Buchstabe). Er schlägt deshalb den Verzicht auf die graphische Verdoppelung von i, o, u vor, die Beseitigung von Graphemen, die traditionell eine Verbindung von zwei Lauten bezeichnen, den Verzicht auf Grapheme, die in der kyrillischen Schreibung des Rumänischen nur aus Gründen der Überlieferung beibehalten wurden, aber durch keine phonetisch distinktive Notwendigkeit gerechtfertigt waren, sowie die gänzliche Aufgabe aller Akzente und Spiritus, die über die kirchenslavischkyrillische Graphie aus der griechischen Orthographie ererbt waren, wo sie einen phonetisch distinktiven Wert besaßen. Von den 33 Graphemen der traditionellen Graphie blieben so schließlich nur 29. Im Bewusstsein von der Bedeutung seiner Grammatik (Sibiu, 1828) in Kultur und Erziehungswesen verfolgt Heliade in seinen Empfehlungen zur Orthographie und zur Bereicherung des Lexikons konsequent ein Prinzip der Einfachheit und Funktionalität; die weitere Entwicklung der Schriftsprache hat seine Lösungen in den meisten Fällen bestätigt. Das implizit phonetische Prinzip bei Heliades Vorschlägen zur Orthographie wurde bereits durch den phonetischen Charakter der traditionellen rumänischen Orthographie im kyrillischen Alphabet nahe gelegt. Als Gegner der kulturellen Dominanz des Kirchenslavischen – in der Nachfolge der siebenbürgischen Aufklärer – teilt Heliade allerdings die Überzeugung (geradezu ein ideologischer Topos!), die Epoche der kirchenslavischen kulturellen Dominanz sei für die Rumänen eine historische Katastrophe gewesen und die kulturelle Wiedergeburt des rumänischen Volkes erfordere die Tilgung aller Spuren des kirchenslavischen Einflusses. Bei seinen Reformen bezieht sich Heliade beständig auf das Beispiel kulturell und intellektuell entwickelter Nationen («na¸tiilor celor în¸telepte s¸ i gînditoare», 1828, IX ): Griechen und Römer in der Antike, Franzosen, Deutsche und v. a. Italiener in der Moderne. Als passendstes Vorbild für die Regelung der modernen rumänischen Orthographie erschien ihm damals, 1828, das Italienische. Im Gedanken an die spätere Einführung des lateinischen Alphabets für die Schreibung des Rumänischen hält er es
1435
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
für wünschenswert, so zu schreiben wie man spricht – entsprechend dem italienischen Vorbild – und das französische und englische Modell einer etymologischen Graphie zu meiden (ib., XVI ). Als guter Kenner der literarischen Produktion seiner Zeit bemerkt Heliade in der Praxis der gängigen kyrillischen Schreibung große Unordnung und mangelnde Konsequenz, sowohl in handschriftlichen Texten wie auch in gedruckten Büchern. In der Überzeugung, dass die Pflege der gemeinsamen Nationalsprache nur in der Schule effektiv umgesetzt werden kann, rühmt Heliade die Bemühungen patriotischer Adeliger, die rumänischsprachige Schulen gegründet haben, an denen auch die höheren wissenschaftlichen Fächer (Recht, Mathematik, Geographie, Geschichte) in der Nationalsprache gelehrt werden. Er wiederholt dabei mehrmals die aus der Aufklärung herrührende Vorstellung, der Fortschritt einer Nation sei außerhalb eines öffentlichen Erziehungswesens nicht vorstellbar; dieses setze aber notwendigerweise die beständige Pflege der Nationalsprache voraus. Die Sprachpflege erfordere aber die Schaffung einer Fachterminologie für jede Wissenschaft, einschließlich der Grammatik, Ra˘ dulescus patriotischer Elan kommt auch darin zum Ausdruck, dass er, in der Erkenntnis von der Notwendigkeit gelehrter Entlehnungen aus den Kultursprachen, der Meinung ist, die rumänische Nation besitze eine besondere historische Berechtigung, sich das, was ihr fehle, aus dem Lateinischen und aus den romanischen Sprachen zu holen. Dabei ist der legitime Wunsch zu erkennen, unter den terminologischen Neologismen vorzugsweise solche lateinisch-romanischen Ursprungs zu übernehmen, die leichter an das rumänische phonetische und morphologische System zu adaptieren sind. Indem er so die Entlehnungen akzeptiert, macht Heliade darauf aufmerksam, dass «trebuie sa˘ lua˘ m numai acelea ce ne trebuie s¸ i de acolo de unde trebuie» (ib., XXVII ). Mit anderen Worten, es gibt Termini, deren Import durch die Notwendigkeit der Bezeichnung neuer Konzepte gerechtfertigt ist, aber auch solche, die ohne zureichende Begründung entlehnt wurden. Heliade spricht sich gegen diejenigen aus, die fremde Termini in der Form der Ursprungssprache einführten (patriotismos, enthusiasmos aus dem Griechischen; nation, ocazion aus dem Französischen; privilegium, centrum, punctum aus dem Lateinischen; so¸tieta, cvalita aus dem
Italienischen). Er kritisiert aber auch die Position derjenigen, die Entlehnungen kategorisch ablehnen und die Prägung von Fachtermini mittels Lehnübersetzung bevorzugen, was zu lexikalischen Kuriositäten führt wie cuvintelnic “Wörterbuch”, ascu¸titapa˘ sat “oxyton”, neîmpa˘ r¸tit “Atom; Individuum”, amiaza˘ ziesc “Meridian”, etc. Gegen Ende seines Vorwurfs formuliert Heliade den Wunsch nach einer Akademie, einer Institution, in welcher die qualifiziertesten Fachleute ihre Bemühungen um die Pflege des Rumänischen koordinieren sollten, insbes. durch die Erarbeitung von Publikationen mit normativem Charakter, in erster Linie eines vollständigen Wörterbuchs. Dieser Wunsch sollte erst nach mehr als 40 Jahren in Erfüllung gehen. Nach 1848 tendierte Heliade in seinem linguistischen Denken zu etymologisierenden und italianisierenden Formen. Unter der Bezeichnung heliadism entwickelte sich ein für sich genommen interessantes System einer Schriftsprache, die in Orthographie, Lexikon und sogar Grammatik stark von massiven Entlehnungen aus dem Italienischen geprägt war. Sie fand in der rumänischen Presse jener Zeit einige Anhänger und hinterließ Spuren im zeitgenössischen Normenrepertoire des Rumänischen.
4.
Institutioneller Rahmen: die Academia Româna˘ . Latinisierender Purismus vs. ‘völkisch-nationale Strömung’. Die Kritik Maiorescus
Die öffentliche Diskussion über die künftige Gestalt der nationalen Kultursprache führte in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zur Schaffung eines geeigneten institutionellen Rahmens, der Societatea Academic˘a Româna˘ (1866), die 1879 zur Academia Româna˘ umgewandelt wurde. Unter der Dominanz von Philologen und Schriftstellern stellte sich diese akademische Institution schon bei ihrer Gründung vorrangig drei Aufgaben mit normativem Charakter: die Festlegung einer einheitlichen rumänischen Orthographie auf der Basis der lateinischen Graphie, die Erarbeitung einer rumänischen Grammatik und die Erstellung eines großen Wörterbuchs der rumänischen Sprache. Die Arbeit an der Verwirklichung dieser Ziele wurde im ersten Jahrzehnt von der latinisierend-etymologisierenden Konzeption bestimmt, da die Siebenbürger Latinisten und ihre Anhänger
1436 in der Akademie die Mehrheit hatten. Aufgrund einer Art Synthese der zahlreichen Vorschläge zur Orthographie gelang es der Akademie, in der Schule, an den beiden kurz zuvor gegründeten Universitäten in Ia¸si und Bukarest, in der öffentlichen Verwaltung sowie in einem Teil der Presse ein maximal puristisch-etymologisches Orthographiesystem durchzusetzen, das die fast identische Beibehaltung der lateinischen Form bei Wörtern lateinischen Ursprungs vorsah, sowie darüber hinaus die Ausweitung dieses Verfahrens auf andere Wörter durch Analogie. Dieses Orthographiesystem trat neben die nicht weniger als 43 Systeme, die für das Jahrhundert zwischen 1780 und 1881 verzeichnet wurden (Macrea 1969, 292) und erhielt 1871 durch einen Erlass des Unterrichtsministeriums offiziellen Charakter. Trotz der Unterstützung durch die Politik traf diese Initiative auf erbitterten Widerstand in der Mehrzahl der Stellungnahmen, in denen die Schriftsteller dem System seine Schwerfälligkeit vorwarfen, die einer möglichst breiten Verwendung beim Volk im Wege stehe. Auch in der Lexikographie dominierte zunächst der etymologisierende Latinismus der Akademie. Zwischen 1873 und 1877 wurden die drei Bände des Dic¸tionar al limbii române veröffentlicht, verfasst von A. T. Laurian (1810–81) und I. C. Massim (1825– 77) unter gelegentlicher Mitwirkung anderer Philologen wie Timotei Cipariu (1805–87) und Gheorghe Bari¸tiu (1821–93). Das Wörterbuch von Massim / Laurian, das heute als Gipfel- und Schlusspunkt der latinistischen Übertreibungen (Macrea 1969, 294) angesehen wird, hat einen ausgeprägt normativen Charakter bereits durch die Art seines Aufbaus, mit dem eine latinisierende Tendenz beim Gebrauch des Wortschatzes durchgesetzt werden sollte. Die ersten beiden Bände enthalten den rumänischen Wortschatz lateinischen Ursprungs, wobei die lexikalischen Einheiten in einer extrem latinisierenden Graphie präsentiert werden. Die Autoren ergänzten die Liste existierender Wörter durch eine Reihe eigener Wortschöpfungen, die sie direkt aus dem Lateinischen übernahmen, in der Hoffnung, sie würden in den allgemeinen Gebrauch übergehen und die ‘allogenen’ Wörter verdrängen: amare für a iubi, agru für ogor, audacia für îndra˘ zneala˘ . Der dritte Band (mit dem Titel Glossariu care coprinde vorbele din limba romana str˘aine prin originea sau forma loru, cumu s¸ i celle
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
de origine induiosa) enthält die Wörter nichtlateinischen Ursprungs (darunter auch solche, deren lateinischer Ursprung von den Autoren nicht erkannt worden war), mit dem ausdrücklichen Hinweis, sie beim Sprechen zu vermeiden und allmählich aufzugeben. Weit entfernt, den erwünschten gesetzgeberisch-normativen Einfluss auszuüben, wurde das Wörterbuch von Massim / Laurian von den potentiellen Benutzern nicht akzeptiert, es wurde im Gegenteil zur Zielscheibe der vereinten Angriffe von Schriftstellern und Philologen. Selbst innerhalb der Akademie griff ein renommierter Schriftsteller wie Alexandru Odobescu das Wörterbuch gerade in seinen normativen Intentionen an und lehnte das von den Lexikographen durchgesetzte latinisierende Prinzip zu Gunsten des Prinzips der Bewahrung und Verallgemeinerung des geläufigen volkstümlichen Wortschatzes ab. Nachdem die Sache zur Staatsangelegenheit geworden war, die unter dem Patronat von König Carol I. stand, wurde die Aufgabe der Erarbeitung des Akademiewörterbuchs im Jahr 1884 an Bogdan Petriceicu Hasdeu übertragen, einen vielseitig gebildeten Gelehrten (Linguist, Volkskundler, Historiker etc.). Dieser initiierte ein MammutProjekt und veröffentlichte schließlich das Etymologicum Magnum Romaniae (4 vol., Bucure¸sti, 1887–98), ein in seiner Art einzigartiges monumentales Werk, das Artikel enzyklopädischen Inhalts zu den mit dem Buchstaben A (bis ba˘ rbat) beginnenden Wörtern des Rumänischen enthielt. Zwischen 1898 und 1906 wurden die Arbeiten am Wörterbuch der Akademie von Alexandru Philippide, Professor in Ia¸si, geleitet. Als Sprachwissenschaftler mit einer rationalen lexikographischen Konzeption, gelang es ihm, eine ungeheure Menge an dokumentarischem Material zusammenzutragen und die Artikel zu den Buchstaben A–C zu redigieren, bis die Akademie mit Sextil Pu¸scariu einen neuen Verantwortlichen ernannte, der an der Spitze einer Forschergruppe bis 1949 eine Reihe von Bänden veröffentlichte (Buchstaben A–L), die hinsichtlich Umsetzung und Vollständigkeit von unterschiedlicher Qualität sind. Bei der Erstellung einer Grammatik stieß die Durchsetzung eines allgemein akzeptierten theoretischen Prinzips auf beträchtliche Schwierigkeiten, wobei in der ersten Zeit auch hier infolge Timotei Ciparius Gramatica limbii române (2 vol., Blaj, 1869/77) das
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
Prestige der Scoala ¸ Ardelean˘a eine bedeutende Rolle spielte. Die Grammatik dieses Wissenschaftlers aus Blaj, gelehrt und mit zahlreichen Kommentaren und Exkursen in die allgemeine Geschichte, aber auch mit zahlreichen zutreffenden Erklärungen, konnte keine Methode oder Richtung der Grammatikographie durchsetzen, da die Struktur der Volkssprache, wie sie sich in der Literatur der 48er-Generation manifestierte, die Basis für deskriptiv-normative Grammatiken bildete, die von Privatleuten außerhalb der Akademie verfasst wurden. Unter denjenigen, die wesentlich zur Herausbildung einer Grammatik der modernen rumänischen Schriftsprache beitrugen, sind die Gramatica româna˘ (2 vol., Ia¸si, 1891/21895/31945) von Hariton Tiktin und die Gramatica elementar˘a a limbii române (Ia¸si, 1897) von Alexandru Philippide zu nennen. Beide Werke folgen den theoretischen Prinzipien der neogrammatischen Schule (→ Art. 6), die der gesprochenen Sprache Priorität einräumten. Sie sind relativ reich an Beispielmaterial, das der hohen wie auch der volkstümlichen Literatur entnommen ist. Ihre Normvorschriften leiten sie aus den dargestellten Fakten aufgrund objektiver Beobachtung sprachlicher Dynamik bei der Mehrzahl der Autoren und Sprecher ab. In der öffentlichen Diskussion gewann in den letzten Jahrzehnten des 19. Jh. die Position der gesprochenen Volkssprache die Oberhand über diejenige des latinisierenden etymologischen Prinzips. Titu Maiorescu (1840–1917), Literaturkritiker und Professor der Philosophie an der Universität Ia¸si, ein Intellektueller mit westlicher Bildung, erwies sich als entschlossener und konsequenter Vertreter einer radikalen und konstruktiven Sozial- und Kulturkritik. Fragen der Schriftsprache hatten einen zentralen Platz in den kritischen Reflexionen des Mentors der Junimea. Auch wenn Maiorescu sich wiederholt als Anhänger einer organischen Entwicklung der rumänischen Kultur und damit auch der Schriftsprache erklärte, einer Entwicklung, die nicht durch Eingriffe der Philologen behindert werden sollte, so zeigt doch die Praxis seiner kritischen Tätigkeit die beträchtliche Bedeutung der öffentlichen Diskussion bei der Konsensfindung in Fragen der schriftsprachlichen Norm. Maiorescus Positionen lösten heftige Reaktionen im Lager seiner Gegner aus, sie erwiesen sich aber in historischer Perspektive als siegreich und wurden durch
1437 die Richtung legitimiert, welche die rumänische Schriftsprache im 20. Jh. einschlug. Maiorescu lehnte einerseits die Übertreibungen ab, in welche der patriotische Diskurs der Latinisten und der 48er-Generation abgeglitten war, und rief dazu auf, den Sinn für die Proportionen zu wahren. Er akzeptierte jedoch andererseits die Idee der Latinität als legitime Basis einer jeden theoretischen Diskussion zur Schriftsprache, unter der Bedingung, dass sie frei von Irrtümern und sophistischen Überlegungen sei. Aus der Leitidee des modernen rumänischen Selbstverständnisses, dem Bewusstsein der Romanität, ergibt sich für Maiorescu die Legitimation jeglicher Initiativen zur Reform der rumänischen Gesellschaft und implizit ihrer Kultursprache. Maiorescu war sich schon zu Beginn seiner Tätigkeit als Kritiker der Schwierigkeiten bewusst, auf die eine kritische Nuancierung der zeitgenössischen Probleme und der Versuch, die herrschenden, vom militanten Latinismus der Vorgänger geprägten Mentalitäten zu ändern, stoßen würden. Er postuliert deshalb das Prinzip der Legitimität einer in kulturellen Fragen kritischen und aktiven Minderheit. Aus derselben rationalistisch-historischen Position heraus kritisiert er wichtige Schriften der latinistischen Schule, wie die Istoria (Buda, 1812) von Petru Maior, das Lexiconul de la Buda (Buda, 1825) oder das gelehrte Werk Tentamen criticum (Wien, 1840) von August Treboniu Laurian; er spricht schließlich von einer ‘Verfälschung der Geschichte’, einer ‘Verfälschung der Etymologie’ bzw. einer ‘Verfälschung der Philologie’ durch derartige Schriften. Ebenso erscheint die in der Akademie herrschende latinisierende Tendenz dem jungen Kritiker als Verfälschung der Idee der Akademie selbst. Maiorescu hielt es für inakzeptabel, kontroverse Positionen orthographischer bzw. sprachlicher Art in Schule und öffentlicher Verwaltung auf administrativem Weg vorzuschreiben. In seinem Aufsatz Direc¸tia noua˘ în cultura româneasc˘a (1867) bemerkt er sarkastisch, dass unter den Mitgliedern des Ministerrats, der den oben genannten Erlass diskutiert und verabschiedet hatte, sich kein Philologe oder Sprachwissenschaftler befunden habe. Als herausragendes Mitglied der konservativen Partei, die 1871 an der Regierung ist, sieht sich Maiorescu Verleumdungskampagnen in den Zeitungen der liberalen Opposition
1438 (Românul, Telegraful, Trompeta, Uniunea liberala˘ etc.) ausgesetzt, in denen er des Elitismus, Kosmopolitismus, Verrats der nationalen Interessen und der Missachtung der Nation beschuldigt wird. Der Kritiker aus Ia¸si anerkennt zwar die großen Verdienste der ‘Brüder von jenseits der Karpaten’ (d. h. der Scoala ¸ Ardeleana˘ ) am Beginn der modernen rumänischen Kultur (Schule, Presse, Philologie etc.), er stellt jedoch fest, nun sei die Zeit gekommen, zwischen Enthusiasmus und guten Absichten auf der einen und Pedanterie, fehlerhaftem, schwerfälligem und unpassendem Stil auf der anderen Seite zu unterscheiden, wobei letztere Eigenschaften als negative Charakteristika der Siebenbürger etymologistischen Richtung zugeschrieben werden, die um jeden Preis bekämpft werden müssten. Er zielt damit direkt auf das System Ciparius, ein möglichst etymologisches Orthographiesystem, das sich auf die Überzeugung stützt, die Norm der Schriftsprache könne nur auf den künstlichen Konstruktionen von Sprachwissenschaften beruhen, den Einzigen, welche die Korrektheit der jeweiligen Formen beurteilen könnten. Gerade dieses Prinzip wird in seinem zentralen Punkt von Maiorescu angegriffen. Im Namen des gesunden Menschenverstandes und des ‘Instinkts’, aber unter Verwendung von vagen Begriffen wie ‘Mitteilung des Denkens’, ‘euphonische Variation der Wörter’, ‘Geist der Volkssprache’, ‘intellektuelles und ästhetisches Element’ etc. lehnt Maiorescu die leeren Formalismen ab, die gelehrten Schöpfungen der Philologen. All seine Empfehlungen, die auf volkstümliche Formeln im ‘allgemeinen Gebrauch’ zielen, werden durch die organizistische Konzeption von Sprache legitimiert, welche dem Eingreifen durch Gelehrte oder Schriftsteller nur geringen Raum lässt. Im Namen der rationalorganizistischen Prinzipien mit Bezug auf Sprache wird nicht nur der Etymologismus der Siebenbürger abgelehnt, sondern auch Heliades Italianismus oder das auf dem Analogieprinzip beruhende System eines Aron Pumnul. Indem er die Einführung des lateinischen Alphabets statt des kyrillischen für selbstverständlich ansieht, vertritt Maiorescu in der öffentlichen Diskussion um etymologische vs. phonetische Schreibung ein rationales Vorgehen: «O metod˘a, înainte de a fi fonetic˘a sau etimologica˘ sau fonetico-etimologica˘ , trebuie sa˘ fie simplu logica˘ » (Maio-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
rescu 1967, vol. 2, 12). Am Ende einer umfassenden und minutiösen Analyse, in deren Rahmen die Laute des Rumänischen im Vergleich mit denen des Lateinischen systematisch untersucht werden, entscheidet sich Maiorescu in der Orthographiefrage für eine objektive Position: Er vertritt einen gemäßigten Phonetismus, der phonetische und morphologische Elemente enthält, und den er als ‘principiu intelectual’ des Schreibens bezeichnet. Die von Maiorescu dargelegten und ausführlich begründeten Vorschläge zur Orthographie setzen sich im Lauf des 20. Jh. im Großen und Ganzen allgemein durch. Es handelt sich um eindeutige Entsprechungen auf der Basis ‘1 Laut = 1 Buchstabe’ für die Mehrzahl der Phoneme des Rumänischen. Zur Wiedergabe der für das Rumänische spezifischen Laute, die im Lateinischen und in den romanischen Sprachen nicht existieren, , , ( ), und in kyrillischer Schreibung, werden Buchstaben mit diakritischen Zeichen vorgeschlagen: a˘ , î bzw. â, s¸ und ¸t. Trotz des heftigen Widerstands der Etymologisten fanden Maiorescus Vorschläge weite Beachtung, der Sieg seiner Position wurde durch seine beiden in der Akademie vorgestellten Berichte von 1880 und 1904 bestätigt. Hinsichtlich der Neologismen lehnt Maiorescu den von den Siebenbürger Aufklärern empfohlenen und begonnenen Ausschluss nicht-lateinischer (slavischer, türkischer, griechischer) Wörter ab. Zwar waren lateinische, französische, italienische Wörter (häufig mit nur minimaler lautlicher und morphologischer Anpassung) in vielen Fällen durch Bezeichnungslücken im rumänischen Intellektualwortschatz gerechtfertigt; sie waren in die Schriftsprache aber auch dann eingefügt worden, wenn im Grundwortschatz alte, allgemein akzeptierte und bekannte Wörter vorhanden waren. Die Tilgung aller Wörter slavischen Ursprungs aus dem schriftsprachlichen Gebrauch ist nach Maiorescu nicht nur eine Utopie, sondern auch mit Gefahren für die nationale Kultur verbunden, da sie das Volk von der eben erst begonnenen literarischen Bewegung der gebildeten Klassen entfremde. In Übereinstimmung mit der weiteren Entwicklung des rumänischen Bildungswortschatzes anerkennt Maiorescu jedoch den Nutzen und die Legitimität der Entlehnungen im technischen und intellektuellen Bereich. Auch über Phraseologismen als calques nach dem Französischen macht sich Maiorescu lustig. Ein an-
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
derer Bereich, in welchem sich Maiorescus kritischer Geist mit heftiger Polemik äußerte, ist der Stil. Der Artikel Be¸tia de cuvinte (1873; Untertitel Studiu de patologie literara˘ ) ist – aus der Perspektive einer klassischen und ausgewogenen stilistischen Entscheidung – eine genaue Diagnose der sprachlichen Unsitten der noch jungen literarischen Presse jener Zeit; der Titel verweist dabei auf den bombastischen Stil einiger Zeitgenossen, der charakterisiert war durch exzessive Anhäufung von Neologismen, durch pleonastische Aneinanderreihung von Synonymen, durch den starken Kontrast zwischen der äußerst bescheidenen Qualität einiger literarischer Erzeugnisse und dem enkomiastischen Tonfall der hierzu erscheinenden Kommentare. Abschließend ist festzustellen, dass die militante Kritik Maiorescus in Fragen der Schriftsprache und der Sprachpolitik wesentlich dazu beigetragen hat, die Tendenz der öffentlichen Meinung auf eine Vermeidung der Diglossie festzulegen, eine Situation, die sich in jener Zeit in Bezug auf das Neugriechische abzeichnete.
5.
Groß-Rumänien und die neuen Prioritäten der Sprachpolitik
Nach der Eingliederung Siebenbürgens, für die Rumänen ein legitimer Akt der Herstellung nationaler Einheit, wurde Rumänisch offizielle Sprache eines Staates, dessen Fläche auf das Doppelte angewachsen war, in dem nun aber zwei große Minderheiten lebten, Ungarn und Deutsche in Siebenbürgen. Die Problematik sprachlicher Identität wurde öffentlich diskutiert, und Geschichtsschreibung und rumänische Sprachwissenschaft wurden halboffiziell dazu aufgefordert, in ihrem wissenschaftlichen Diskurs vorrangig die ‘historischen Rechte’ der Rumänen auf die Gebiete zu rechtfertigen, die den modernen rumänischen Staat bilden. Die politischen Konsequenzen wissenschaftlicher Theorien waren damals direkt und unmittelbar und trugen zur Gestaltung bedeutender politischer und diplomatischer Entscheidungen bei. So verwendete man etwa im Rahmen der Verhandlungen von Trianon (1920) die Karten von Gustav Weigands rumänischem Sprachatlas bei der Grenzziehung zwischen Ungarn und Rumänien. Die Thematik der Romanität der Rumänen, ihrer Autochthonie und Kontinuität nördlich der Donau wurde zur Staatsange-
1439 legenheit. Im Gegensatz zu Meinungen und Theorien deutscher, ungarischer und bulgarischer Gelehrter (die ebenfalls auf politischen Motiven beruhten!), welche die Kontinuität der Rumänen in Siebenbürgen bzw. in der Dobrudscha bestritten, verzichteten rumänische Historiker, Sprachwissenschaftler und schließlich auch Archäologen auf differenziertere Positionen hinsichtlich des Gebietes, in dem sich das rumänische Volk und seine Sprache entwickelt hatten, wie sie zunächst von Linguisten wie Philippide oder Ovidiu Densusianu formuliert worden waren (beide verwiesen in erster Linie auf das Gebiet südlich der Donau). Man folgte nun vielmehr der These, derzufolge die ursprüngliche Heimat der Rumänen nur das alte Territorium des traianischen Dakien sein könne. Hauptakteur in diesem wissenschaftlich-ideologischen Streit war der Sprachwissenschaftler Sextil Pu¸scariu, erster Rektor der neu gegründeten Universität Cluj. In den Statuten des von ihm in Cluj gegründeten Muzeul Limbii Române, des ersten rumänischen Forschungsinstituts zur Sprachgeschichte, waren ausdrücklich Maßnahmen zur Sprachpolitik festgelegt: die Sammlung lexikalischen Materials aus allen Gebieten, in denen Rumänen lebten, die Erarbeitung von Vorschriften und Empfehlungen, die zur endgültigen Vereinheitlichung der rumänischen Schriftsprache führen sollten, die Weckung des Interesses breiter Volksschichten für Probleme der nationalen Schriftsprache und die Ausbildung rumänischer Spezialisten in allen Bereichen philologischer und linguistischer Forschung. In diesem Rahmen und um die Zeitschrift mit dem symbolisch-programmatischen Titel Dacoromania versammelte Pu¸scariu eine gewichtige Gruppe kompetenter Forscher, mit deren Hilfe er in Forschungsgebieten, für die politische Prioritäten bestanden, bedeutende Kollektivarbeiten in Angriff nahm und (teilweise) abschloss: der rumänische Sprachatlas, rumänische Toponymie und Etymologie des Rumänischen. Er übernahm ferner die Aufgabe einer definitiven Festlegung der Orthographie. Zunächst in einem Projekt, das 1929 der Rumänischen Akademie vorgestellt und öffentlich diskutiert wurde, dann in einem Îndreptar s¸ i vocabular ortografic, das er 1932 zusammen mit dem klassischen Philologen Theodor Naum verfasste (Bucure¸sti, 51946), setzt Pu¸scariu endgültig das phonetische Prinzip zusammen mit den wichtigsten Zugeständnissen an das etymo-
1440 logisch-latinisierende Prinzip (die Formen sunt, suntem, sunte¸ti und die Verallgemeinerung von â im Wortinneren) durch. Pu¸scarius Theorie zu dem Gebiet, in dem das rumänische Volk und seine Sprache entstanden, wurde von den sprachwissenschaftlichen Schulen von Bukarest und Ia¸si übernommen und erlangte offiziellen Charakter. Sie wurde von der Schule verbreitet, auch in der Zeit des Kommunismus, und wird heute von den Rumänen beinahe einstimmig als Axiom anerkannt.
6.
Die Zeit des Kommunismus. Sprachprobleme zwischen proletarischem Internationalismus und national-kommunistischer Ideologie
V. a. seit 1948, gleichzeitig mit der totalen Machtergreifung, machte das kommunistische Regime, z. T. nach dem Vorbild der Sowjetunion, die sprachlichen Probleme zur Sache politischer Staatspropaganda. Die Reform des Unterrichtswesens von 1948, verbunden mit einer massiven Ideologisierung, bedeutete einen beträchtlichen kulturellen Rückschritt. Gemäß der in der Sowjetunion verbreiteten wissenschaftlichen Lehrmeinung (N. I. Marr) musste die Sprache, eine zentrale Komponente der ‘Suprastruktur’, überwacht und den ‘großen Idealen des Sozialismus und Kommunismus’ entsprechend gestaltet werden. In der Zeitschrift Cum vorbim, 1949 mit dem ausdrücklichen Ziel gegründet, das Bewusstsein der Öffentlichkeit in Problemen der Sprache zu lenken, kämpfte man für die ‘Kontrolle der Massen’ über die wissenschaftliche Tätigkeit der Linguisten, die in corpore beschuldigt wurden, sie seien im ‘kosmopolitischen und formalistischen Morast der bürgerlichen Wissenschaft versunken’ und ‘ohne Verbundenheit mit der Sache der Arbeiterklasse’. Es sei dringend notwendig, die Sprache von der Prägung durch die ‘Ausbeuterklasse’ zu befreien und ‘zum Besitz des ganzen Volkes’ zu machen. Man versuchte sogar eine Sowjetisierung des Wortschatzes (Wörter wie colhoz, pionier, raion, partid erhielten eine starke positive Konnotierung), jedoch ohne großen Erfolg, da mit der Aufgabe der Marr-Doktrin durch Stalin (1950) auf die Vorstellung vom Klassencharakter der Sprache verzichtet wurde. Die kommunistischen staatlichen Autoritäten befassten sich jedoch weiterhin
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
mit sprachlichen Problemen, v. a. denjenigen der Schriftsprache. Die Akademie, 1948 nach kommunistischen Prinzipien umorganisiert und in den Dienst der Arbeiterklasse gestellt, wendet sich den früheren Aufgaben zu, jetzt systematisch in neuem institutionellem Rahmen, infolge der Gründung dreier linguistischer Forschungsinstitute in Bukarest, Ia¸si und Cluj. Mit Diplomatie und um den Preis großer politischer und ideologischer Kompromisse gelingt es bedeutenden Sprachwissenschaftlern (Iorgu Iordan, Alexandru Graur, Alexandru Rosetti), die kommunistischen Autoritäten von der Notwendigkeit der Durchführung weit reichender Kollektivprojekte unter Aufsicht und mit Unterstützung des Staates zu überzeugen; dazu gehören die Realisierung des Thesaurus-Wörterbuchs, die Veröffentlichung des rumänischen Sprachatlas und der RegionalAtlanten, eines großen Toponymenwörterbuchs, einer von der Akademie herausgegebenen rumänischen Sprachgeschichte etc. Derartige Projekte wurden von Kollektiven junger Forscher unter Leitung erfahrener älterer Sprachwissenschaftler durchgeführt. Das normative Prinzip beherrschte die wissenschaftlichen Debatten, die beträchtliches Echo in der Öffentlichkeit fanden (Radio, Tagespresse, Zeitschriften). Unter der Bezeichnung cultivarea limbii wurden die Bemühungen um die Korrektheit des schriftlichen und mündlichen Ausdrucks zu einem wahren Staatsproblem, v. a. seit 1958, als Iorgu Iordan eine umfassende und systematische öffentliche Kampagne mit dem Ziel der Bewusstmachung, der Erklärung und schließlich der Beseitigung häufiger sprachlicher Fehler begann; seit 1971 existierte in der Akademie sogar eine Kommission für Sprachpflege. Die Kriterien hierfür waren meist rein sprachlicher Art, der Faktor ‘Politik’ spielte allmählich eine immer geringere Rolle, mit einigen Ausnahmen, so etwa im Fall des Worts tovara˘ s¸ “Genosse”, das von einigen opportunistischen Sprachwissenschaftlern als Zeichen der neuen sozialen Beziehungen angesehen wurde, im Gegensatz zu domn “Herr”, als Zeichen der alten Ordnung (cf. Iancu 1977, 123). Im Rundfunk (später im Fernsehen), in den Fachzeitschriften (Limba româna˘ ) in literarischen Zeitschriften (Contemporanul, Gazeta literara˘ , România literara˘ , Luceafa˘ rul) und in der Tagespresse (Scînteia, România liber˘a) sowie in zahlreichen monographischen und populärwissenschaftlichen Publikationen er-
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
scheint eine Flut publizistischer Beiträge, Artikel und Studien, an denen fast alle rumänischen Sprachwissenschaftler jener Zeit beteiligt sind, von denen einige sogar den größten Teil ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit theoretischen oder praktischen Problemen der Sprachpflege widmen. Die Frage der Orthographie wurde 1951 durch eine von Graur und Petrovici initiierte Debatte wiederaufgenommen, welche für die Notwendigkeit einer Vereinfachung der Orthographie plädierten. Im Micul dic¸tionar ortografic von 1953 (mit mehreren Neudrucken und mehrmals geändertem Titel, bis zur Standardform – seit 1960 –: Îndreptar ortografic, ortoepic s¸ i de punctua¸tie) konsolidierte sich das phonetische Prinzip, die bedeutendsten Überbleibsel des etymologischen Prinzips wurden getilgt. Das neue Orthographiesystem wurde durch einen Beschluss des Ministerrats in Gesetzesform gebracht und rasch für alle Bereiche des öffentlichen Lebens vorgeschrieben (Schule, Presse, Verlage, öffentliche Verwaltung). Diese Orthographiereform wurde von ihren Initiatoren und Anhängern als Sieg des Neuen dargestellt, von vielen Intellektuellen und von einem Teil der Bevölkerung wurde sie jedoch als ein Angriff auf die nationale Besonderheit und als Versuch der Russifizierung bzw. Slavisierung der rumänischen Sprache (eigentlich: Graphie) empfunden. V. a. die Beseitigung des Buchstabens â, der in allen Positionen durch î ersetzt wurde, empfand (und beabsichtigte!) man als Reverenz an die alte kyrillische Schreibung (aufgrund der Ähnlichkeit mit den kyrillischen Zeichen und ) und als Versuch, den symbolischen Verweis auf die Latinität des Rumänischen und implizit die Romanität der Rumänen zu beseitigen (das Ethnonym român und seine Ableitungen wurden nun mit î geschrieben, was für die Mehrheit der erwachsenen rumänischen Bevölkerung, die früher zur Schule gegangen war, einer Blasphemie gleich kam). Auf dieser Grundlage beginnt Nicolae Ceauçescu 1965, eben erst an die Macht gekommen, seine lange nationalkommunistische Herrschaft mit der gesetzlichen Wiedereinführung des Buchstabens â in român, was ihm viele Sympathien eintrug. Als wichtige und dringliche öffentliche Aufgabe wurde die Erarbeitung und Veröffentlichung der Gramatica Academiei angesehen, an der eine umfangreiche Gruppe junger Wissenschaftler beteiligt war (Bucure¸sti, 11959, unter der Leitung von Alexan-
1441 dru Graur, Jacques Byck, Dimitrie Macrea; 21963 unter der Leitung von Alexandru Graur, Mioara Avram, Laura Vasiliu). Beide Ausgaben beziehen sich auf die zeitgenössische Synchronie des Rumänischen und vereinbaren die objektiv-wissenschaftliche Beschreibung mit präskriptiv-normativen Angaben und Empfehlungen stilistischer Art. Die ideologischen Bezüge und die Zitate aus Stalin, Engels und Gheorghiu-Dej aus dem Vorwort der ersten Ausgabe fehlen in der zweiten Ausgabe, die gegenüber der ersten umfangreicher, detaillierter und reicher an Beispielen und normativen Vorschriften ist. Auch wenn diese zweite Ausgabe nicht die Weihen eines Gesetzgebungsaktes erhielt, und obwohl sie in Detailfragen von Fachleuten häufig kritisiert wurde, so wurde sie doch ein obligatorischer Bezugspunkt für die traditionelle Grammatik und (halb-)offiziell für die Schulbücher, ein Regelwerk für Fragen der Korrektheit in Syntax und Morphologie, ein Referenzwerk für die Forschung. In den darauf folgenden Jahrzehnten hat das systematische Grammatikstudium eine große Schar von Fachleuten an Universitäten und Forschungsinstituten hervorgebracht, die mehr oder weniger persönlich gefärbte Grammatiken veröffentlichten, von denen viele mit Bezeichnungen wie pentru to¸ti, de baza˘ , elementar˘a versehen waren. Eine Besonderheit des rumänischen Unterrichtswesens aus kommunistischer Zeit, die bis heute (2003) beibehalten wurde, ist die Einführung des Unterrichts in rumänischer Grammatik als Hauptfach in der Grundschule und an Gymnasien sowie als obligatorisches Fach beim Abitur. In den letzten 50 bis 60 Jahren wurde der Markt mit einer Unmenge von Büchern mit Erklärungen und unterschiedlichen Übungstypen zur Grammatik für die verschiedenen Unterrichtsstufen überschwemmt. Im Vergleich mit anderen Ländern ist so in Rumänien die theoretische Kenntnis der Grammatik weit verbreitet, auch wenn die konkrete Praxis des Schreibens auf allen Ebenen des Schulwesens nicht genügend geübt wird. Vom Interesse des kommunistischen Regimes, sich auf dem Gebiet der Forschung zur Nationalsprache zu legitimieren, hat auch die Lexikographie profitiert. Von mehreren Kollektiven von Lexikographen in Bukarest, Ia¸si und Cluj (etwa 30 Wissenschaftler), die sich ausschließlich diesem Projekt widmeten, wurden 1965 die Arbeiten am
1442 ‘Thesaurus’ der rumänischen Sprache (DLR ) wieder aufgenommen. In der Absicht, die Reihe zum Abschluss zu bringen, beschloss man die Weiterführung ab dem Buchstaben M, wo das Werk von der Equipe um Pu¸scariu 1949 aufgegeben werden musste, obwohl die neue redaktionelle Konzeption einige Neuerungen vorsah: ein weit größerer Umfang der Artikel pro Wort auf der Basis einer sehr viel umfangreicheren Materialdokumentation, die Beibehaltung der historischen Dimension, jedoch mit Betonung der zeitgenössischen Sprache, die Festigung der normativen Komponente durch die Einbeziehung von Hinweisen zur richtigen Aussprache und zur Morphologie. Nach knapp 40 Jahren wurden bis heute die Bände mit den Anfangsbuchstaben M, N, O, P, R, S, S, ¸ T, T, ¸ U und ein Teil von V veröffentlicht; die anderen Bände befinden sich in einem fortgeschrittenen Redaktionsstadium. Bereits vorher wurden aus ideologischen Gründen, die mit der Pflege des zeitgenössischen Rumänisch zu tun hatten, ein Dic¸tionar al limbii române literare contemporane (4 vol., Bucure¸sti, 1955–57) veröffentlicht sowie ein Dic¸tionar al limbii române moderne (Bucure¸sti, 1959), Vorläufer des DEX (Dic¸tionarul explicativ al limbii române, Bucure¸sti, 1975/21996), des populärsten rumänischen Wörterbuchs. Ceau¸sescus Nationalkommunismus, verbunden mit dem Personenkult des Diktators, zeigt sich im Bereich der Sprachwissenschaft beim Versuch, die Wissenschaftler zu ‘Aktivisten der Partei’ zu machen, zu einer Art Propagandisten, die in ihren wissenschaftlichen Veröffentlichungen die ideologischen Abartigkeiten des Diktators zu beweisen hatten, so etwa dessen Überzeugung, die Rumänen seien ‘das zahlreichste, tapferste und tüchtigste’ aller Völker. In programmatischen Schriften forderte Ceau¸sescu die Wissenschaftler auf, um jeden Preis Beweise und Argumente für seine fixen Ideen zu liefern: das Dakertum, die Kontinuität und Autochthonie der Rumänen und deren Existenz nördlich der Donau vor anderen Völkerun sowie ihren qualitativen und chronologischen kulturellen Vorrang (protocronismul ). Er selbst gab hierfür Beispiele, indem er den Namen zweier großer Städte ihren alten dakisch-römischen Namen hinzufügte (Cluj-Napoca und DrobetaTurnu Severin) sowie Straßen und neuen Wohnvierteln Namen gab, die eine glorreiche Vergangenheit evozieren sollten, wie etwa Dacia, Sarmizegetuza, Decebal, Apulum,
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Potaisa, Columna. Im Unterschied zu vielen Kollegen aus der Geschichtswissenschaft oder der Archäologie, die eilends ‘Beweise’ zur Illustration der offiziellen Thesen fabrizierten, überschritten die meisten Sprachwissenschaftler glücklicherweise nicht die Grenzen des gesunden Menschenverstandes und wissenschaftlicher Objektivität und nützten den ideologischen Trend lediglich, um wissenschaftlich bedeutsame Vorhaben wie die regionalen Sprachatlanten (Muntenien und Dobrudscha, Oltenien, Banat, Siebenbürgen, Maramure¸s, Moldau und Bukowina) durchzuführen. Erfolglos blieb auch Ceaus¸ escus Versuch, in die Dynamik der Sprachnorm einzugreifen, wie sein berühmter Erlass vom Anfang der 80er Jahre, in dem die Verwendung der Anredeform domnule (“Herr”) verboten und tovara˘ s¸ (“Genosse”) als Zeichen des ‘sozialistischen Triumphs’ allgemein vorgeschrieben wurde. Im Nachkriegs-Bessarabien, das 1944 dem Sowjetreich eingegliedert wurde, hatte die heftige Unterdrückung, der die rumänische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt war (Enteignungen, Vertreibung, Massendeportationen), auch eine bedeutende sprachliche Komponente. Bei der Anwendung des stalinistischen Prinzips der Entnationalisierung der Völker mit der Absicht ein ‘einheitliches Sowjetvolk’ zu schaffen, griff man zu massiven und systematischen Maßnahmen, um den spezifischen Charakter der rumänischen Sprache künstlich zu verändern und regionale und lokale Charakteristika um jeden Preis zu fördern. Von ihren Landsleuten jenseits des Prut trotz der ‘rumänisch-sowjetischen Brüderschaft’ durch eine undurchlässige Grenze abgeschnitten, wurden die Moldauer zu einem eigenen Volk erklärt, und ihre Sprache, die nunmehr limba moldoveneasc˘a (“moldauische Sprache”) hieß, wurde systematisch an den Rand gedrängt, indem sie nur mehr als limba de conversa¸tie (“Sprache der Konversation”) verwendet wurde, bes. von Personen geringerer Bildung. Die massive Verwendung des Russischen in Schule, Kultur und öffentlichem Leben bewirkte allmählich, dass die rumänische Schriftsprache durch ein künstliches Idiom ersetzt wurde, eine Mischung von Volksmundart (man empfahl Aussprachen wie die Schließung der Auslautvokale und die Palatalisierung der Labiale) und einem stark russifizierten Wortschatz, in dem schon seit langer Zeit gebräuchliche lateinisch-romanische Neologismen durch russi-
125. Sprachplanung und -pflege: Rumänisch
sche Entsprechungen ersetzt wurden (zavod für uzina˘ , tetrad für caiet, carda¸s für creion, apteca˘ für farmacie). Die Durchsetzung des russischen Alphabets diente ebenfalls dem Zweck, die romanische Identität der ‘moldauischen Sprache’ auszulöschen. Diese aggressive Sprachpolitik beeinflusste auch die Spracheinstellung eines Teils der moldauischen Bevölkerung. Diese Leute – mit dem Schimpfwort mancurt bedacht – verstehen sich zwar als Moldauer, sprechen jedoch Russisch und verhalten sich strikt ablehnend gegenüber einer Annäherung an Rumänien.
7.
Die post-kommunistische Periode: Schwächung institutioneller Autorität in Fragen der Sprachpflege und -normierung
Der Zusammenbruch des kommunistischen Systems 1989 führte in Rumänien zu einer Autoritätskrise auch auf dem so streng überwachten Gebiet der Sprachplanung der kommunistischen Ära. Da die Rumänische Akademie nicht mehr von der absoluten Autorität des totalitären Staates unterstützt wurde, verlor sie ihre Rolle als unumstrittener ‘Gesetzgeber’ in Fragen der üblichen Verwendung der Nationalsprache, und selbst Begriffe wie ‘gepflegtes Sprechen’ und ‘Beachtung der schriftsprachlichen Norm’ verloren die Nuance von Verpflichtung und Prestige. Die Rumänische Akademie, deren Mitglieder – als Erbe des vorigen Regimes – in der Mehrheit aus dem Techniker- und Ingenieurbereich stammten und eine konservative und opportunistische Mentalität mitbrachten, versuchte, Prestige und symbolische Autorität in Fragen der Sprache durch eine anachronistische, kontraproduktive und kostspielige Initiative wieder zu gewinnen. Auf Initiative des Präsidenten der Akademie, ehemals Stütze des kommunistischen Regimes, Technokrat mit philosophischen Ambitionen, der in der ‘scientific community’ fast einmütig abgelehnt wurde, verabschiedeten die Mitglieder der Akademie 1991 eine Resolution zur Einführung von zwei neuen orthographischen Regeln: die Schreibung mit â für den Vokal, der seit 1953 î geschrieben wurde, und die Einführung der Form sunt statt sînt (1. Pers. Sg. und 3. Pers. Pl. des Verbs a fi “sein”). Beide orthographischen Neuerungen entbehrten einer wirklichen historischen Begründung, sie wurden sogar gegen die Meinung der
1443 Sprachwissenschaftler verabschiedet, die eine breite öffentliche Diskussion auslösten und versuchten, diese – wie sie sagten – ‘Pseudoreform’ bzw. «diversiune demagogica˘ patriotarda˘ » (Mioara Avram) zu verhindern. Den neuen Regeln wurde von ihren Initiatoren in zweifacher Hinsicht eine große symbolische Bedeutung verliehen: Sie sollten einerseits graphisch zusätzlich auf die Latinität des Rumänischen verweisen, andererseits die ‘Rückkehr der rumänischen Sprache zur Normalität’ nach der kommunistischen ‘Parenthese’ markieren. Denn, so argumentierten die Initiatoren, die Regelungen von 1963 waren von den russischen Besatzern aufgezwungen worden und hatten die Auslöschung der rumänischen Identität durch ‘Sowjetisierung’ und ‘Russifizierung’ der Sprache (bzw. besser: der Orthographie) zum Ziel. Aus Mangel an gutem Willen und sprachlichem Sachverstand oder auch aus politischem Opportunismus übergingen die Mitglieder der Akademie die Argumente des gesunden Menschenverstands der Sprachwissenschaftler in der Akademie, die zeigten, dass die knapp 40 Jahre seit der Reform von 1953 die einzige Periode der Stabilität in der neueren Geschichte der rumänischen Orthographie waren, was eine sehr positive Wirkung auf die normale und effiziente Entwicklung der Schriftkultur zur Folge hatte. Tatsache ist, dass – ausgehend von einer Institution mit angeschlagenem Ruf – in breiten Kreisen der Intellektuellen, v. a. im Bereich der Universität, und ohne gesetzgeberische Unterstützung (das rumänische Parlament vermied die Beschlussfassung über ein entsprechendes Gesetz) die beiden neuen Orthographieregeln inkonsequent und chaotisch nur von einigen wenigen Verlagen angewandt wurden, bis es der Rumänischen Akademie gelang, sie in ihren eigenen Institutionen (Forschungszentren, Veröffentlichungen, Verlage), in der Schule (mit der Hilfe des Unterrichtsministeriums), in Kirche und Armee (aufgrund der in beiden Institutionen herrschenden nationalkonservativen Mentalität) und in den meisten staatlichen kulturellen Institutionen (öffentliche Verwaltung, Museen, staatliches Fernsehen) durchzusetzen. Diese relativ chaotische Situation der Orthographie wird voraussichtlich durch die Herausbildung eines Konsenses und die Übernahme der neuen Regeln auf allen Ebenen, in allen Berufen und sozialen Schichten beendet werden. Die uneingeschränkte Meinungsfreiheit,
1444 die Abschaffung jeglicher Form von Zensur und Autozensur, eine noch nie da gewesene Explosion der Zahl von Presseorganen und audiovisuellen Medien (Dutzende neuer Radio- und Fernsehsender), all das führte zur Schwächung und gelegentlich sogar zur Auflösung des Normempfindens beim Gebrauch der rumänischen Schriftsprache. Nicht nur in der Umgangssprache bzw. im ‘ungepflegten’ Stil, sondern auch in der Öffentlichkeit (Parlament, Fernsehen, Radio, Zeitungen) erscheinen verbreitet einerseits Elemente aus Argot und Jargon, andererseits zahlreiche spontane Entlehnungen aus anderen Sprachen, bes. aus dem Englischen, häufig in unadaptierter Form. Es ist eine Art gesellschaftlicher Mimetismus zu spüren, der die Mitglieder der neuen politischen Klasse und der neuen Bourgeoisie dazu bringt, modische Termini und Ausdrücke (implementare, brifing, talk-show) zu übernehmen, die instinktiv als Anzeichen von Prestige und Zugehörigkeit zur oberen Gesellschaftsschicht empfunden werden. In dieser Situation ließen konservative Reaktionen nicht auf sich warten. Einen symptomatischen Fall populistischer Manipulation mit der Absicht, daraus symbolisches und politisches Kapital zu schlagen, stellt die Einzelaktion des Literaturkritikers G. Pruteanu dar, der sich in den 90er Jahren durch eine lange Reihe von Sendungen zur Sprachpflege im nationalen Fernsehen eine gewisse Popularität verschafft hatte. Dieser Politiker ergriff 2002 im Parlament die Initiative zur ‘lege Pruteanu’, welche die rumänische Sprache vor dem Angriff fremder Sprachen, v. a. des Englischen ‘schützen’ sollte. Diese Gesetzesinitiative, eine anachronistische Form des Sprachpurismus mit ultranationalistischen Nuancen, von der Bevölkerung mit Ironie und Zurückhaltung aufgenommen, von den Fachleuten aber abgelehnt, sieht u. a. die Übersetzung fremder Namen (Produkte, Firmen, Organisationen) sowie der kommerziellen Werbung ins Rumänische vor; für Verstöße gegen das Gesetz sind Geldbußen vorgesehen. Eine besondere Situation existiert in der ehemaligen Moldauischen SSR . Die Erstarkung des Nationalgefühls und die Wiedergeburt eines rumänischen Identitätsbewusstseins im größten Teil der rumänisch sprechenden Bevölkerung dieser Provinz (heute ein unabhängiger Staat) zeichnete sich ab in der sog. ‘ba˘ ta˘ lie pentru limb˘a s¸ i grafie’ (cf. Dumeniuc / M˘atca¸s 1990). Der Prozess, der
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
mit der Übernahme des Glottonyms limba româna˘ und dem Ersatz des alfabet rusomoldovenesc (das in den Jahren der sowjetischen Herrschaft in propagandistischer Absicht erfunden wurde, um die Identität von sog. limba˘ moldoveneasca˘ und Rumänisch unkenntlich zu machen) durch das in Rumänien übliche lateinische Alphabet begann, kam mit der Erklärung des Rumänischen zur Staatsprache der Republik Moldau zu einem Abschluss. Auf diesen ‘Sieg’ der nationalrumänischen Richtung folgte ein Rückschritt seit 2001, als die nostalgisch-kommunistischen Kräfte die Herrschaft übernahmen. Gestützt auf die russophone Minderheit (die jedoch in wirtschaftlicher Hinsicht dominiert), versucht die neue Regierung in Chi¸sina˘ u, trotz der Proteste in der Bevölkerung, die russische Sprache neben dem Rumänischen wieder als offizielle Staatssprache einzuführen. Das Sprachproblem ist zu einem Thema der politischen Konfrontation geworden, in der pro-rumänische und proeuropäische Kräfte, geschart um die Idee der Identität von Rumänisch und sog. limba˘ moldoveneasc˘a, pro-russischen und antirumänischen Kräften gegenüberstehen, die These von der historischen Notwendigkeit eines moldauischen staatlichen und sprachlichen Partikularismus durchzusetzen. Aus politischen Motiven (in kommunistischer Zeit die Furcht vor einer Verärgerung des ‘großen Bruders’ in Moskau, nach dem Fall des Kommunismus Notwendigkeiten der ‘Integration nach Europa’) haben die Regierungen Rumäniens beim ‘Kampf um die Sprache’, der in der Republik Moldova geführt wird, sich um Zurückhaltung und Nicht-Einmischung bemüht.
8.
Literatur
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126a. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: friulano Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Friaulisch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Introduzione Premessa sociolinguistica Pianificazione Normalizzazione Standardizzazione Conclusione Bibliografia
1.
Introduzione
1.1. Nell’elenco degli ‘argomenti’ degli indici delle pubblicazioni della Società Filologica Friulana (di seguito S.F.F.), ricco ormai di circa quindicimila titoli (Peressi 1974– 98), neppure fra i contributi più recenti figu-
1446 rano voci quali normalizzazione, standardizzazione, nè tantomento pianificazione, politica linguistica o simili. Eppure la S.F.F., fondata nel 1919, rappresenta la più importante delle istituzioni che fra i compiti primari si prefiggono la tutela della lingua friulana. 1.2. La assenza di queste voci negli indici delle pubblicazioni della S.F.F. è motivata non soltanto dalla loro introduzione relativamente recente nel lessico comune anche italiano, ma soprattutto dalla effettiva mancanza in Friuli per tutti questi anni di una vera, coordinata azione rivolta ad una politica linguistica. A sua volta ciò è dovuto, oltre che ad una inadeguata coscientizzazione dei parlanti nei confronti del problema, soprattutto allo ‘status’ del friulano, lingua che dovette aspettare (insieme alle altre lingue minoritarie) fino al 1999 per ottenere il riconoscimento giuridico da parte della Autorità nazionale (Repubblica Italiana, legge n. 482, 15 dicembre 1999: Norme in materia delle minoranze linguistiche storiche). Solo tre anni prima la Regione Friuli-Venezia Giulia aveva promulgato una legge organica in favore del friulano (Legge Regionale 22 marzo 1996, n. 15 «Norme per la tutela e la promozione della lingua e della cultura friulane e istituzione del servizio per le lingue regionali e minoritarie»), integrativa e sostitutiva di precedenti, parziali interventi legislativi.
2.
Premessa sociolinguistica
2.1. Come è noto, la affermazione a livello scientifico dell’autonomia linguistica del friulano in seno alla Romània risale agli ultimi decenni del secolo scorso (Ascoli 1873). Ma la coscienza del parlante (ancora oggi molto viva sia a livello popolare, che nei ceti sociali più elevati) di usare una lingua ben differenziata rispetto agli idiomi del resto della Penisola, è documentata già da secoli: basterebbe citare il sonetto In laude de lenghe furlane (“In lode della lingua friulana”) di Girolamo Sini (vissuto fra il 1529 ed il 1602), il quale rivendicava il diritto di scrivere nella sua lingua, piuttosto che in «lombart» “lombardo” o in «toscan» “toscano”, cioè in italiano (Chiurlo / Ciceri 1975, 140 s.). 2.2. La Regione amministrativa a Statuto speciale Friuli-Venezia Giulia sulla base dei dati del 1997, annovera una popolazione
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
complessiva di 1.200.000 abitanti circa, dei quali poco meno di 950.000 residenti nel Friuli storico (con esclusione, cioè, della Provincia di Trieste). Il quadro generale dei parlanti risulta variamente distribuito, ovvero non presenta una fisionomia omogena: più forte è la tenuta del friulano nella Provincia di Udine e in generale nelle aree collinari e montane della intera regione, mentre i territori delle Province di Pordenone e di Gorizia, insieme con le tre città capoluogo e gli altri centri urbani maggiori, mostrano vistosi cedimenti nei confronti dell’italiano (fino al qualche decennio fa anche del veneto), che è la lingua ufficiale della Regione, oltre che da sempre l’idioma di indiscusso maggior prestigio sociale. 2.3. Non disponiamo sino ad oggi di dati ufficiali sul numero complessivo degli abitanti della regione che parlano il friulano (ma cf. 2.5.). Esistono tuttavia alcune inchieste parziali, la prima delle quali compiuta nel 1977 per incarico della Regione Friuli-Venezia Giulia, i cui risultati però furono resi noti soltanto ufficiosamente. Un’altra indagine più complessa, articolata con impostazione scientifica, ma limitata alla sola Provincia di Udine (circa 530.000 abitanti), fu svolta nel 1986. Da quest’ultima emergeva, fra i dati complessivi, che circa il 75 % della sua popolazione parlava regolarmente il friulano, un altro 10 % lo adoperava occasionalmente, quasi tutti ne avevano almeno competenza passiva. Quanto alla tutela del friulano, oltre il 90 % degli intervistati di allora (con percentuali maggiori fra gli insegnanti e gli amministratori pubblici), se ne era dichiarato favorevole (Strassoldo 1986). È notevole rilevare che a distanza di meno di dieci anni fra le due inchieste la maggioranza dei dati corrispondevano quasi perfettamente: in particolare pure nella indagine regionale del 1977 quasi il 75 % della popolazione aveva indicato il friulano quale ‘lingua preferita’. 2.4. Da almeno due decenni però si assiste ad una preoccupante, progressiva perdita del friulano, soprattutto fra i giovani: l’antica lingua materna non viene più tramandata ai figli, in quanto ritenuta non più funzionale a corrispondere alle esigenze imposte dai continui mutamenti in tutti i settori della vita sociale, che sempre più si esprimono quasi esclusivamente nella lingua nazionale
126a. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: friulano
(comunicazione, scuola, mass-media, pubblica amministrazione, un po’ di meno l’ambiente culturale e quello del lavoro: fa qui lodevole eccezione la Chiesa locale, la quale da sempre si adopera per la salvaguardia della lingua, anche con la sua introduzione nella liturgia e con importanti iniziative finalizzate ad allargarne il prestigio, quale la recente traduzione integrale in friulano della Bibbia). 2.5. Il friulano negli ultimi due decenni del sec. XX ha subito, rispetto ai dati sopra riportati (cf. 2.3.), una consistente perdita complessiva di circa il 18 %, pari al quasi l’1 % all’anno, per cui si può ritenere che all’ inizio del nostro secolo esso risulti parlato regolarmente da poco più del 57 % della popolazione del Friuli storico, percentuale che sale al 77,5 %, se si comprendono quanti lo usano occasionalmente. È quanto emerge dalla prima sistematica inchiesta comprendente l’intero Friuli, conclusasi nel 1998, indagine diretta da Raimondo Strassoldo per conto della Università degli Studi di Udine in seguito a convenzione con l’O.L.F. (cf. 3.3.) I dati principali, in attesa della edizione definitiva, sono stati resi pubblici nel corso di una conferenza stampa tenutasi nel 1999. Nella stessa circostanza si è fatto rilevare tuttavia che nei parlanti esiste ancora una forte coscienza dei valori espressi dal friulano, perchè alla tutela del friulano il 93 % degli intervistati (con percentuali maggiori fra gli insegnanti e gli amministratori) si è dichiarato totalmente o parzialmente favorevole, in percentuale quindi ancora più elevata di quella del 1986 (cf. 2.3.).
3.
Pianificazione
3.1. Con la legge n. 15 del 22 marzo 1996 (cf. 1.4.) la Regione Friuli-Venezia Giulia si è dotata finalmente di uno strumento fondamentale per «esercitare una politica attiva di conservazione e sviluppo della lingua e della cultura friulane quali componenti essenziali della identità etnica e storica della comunità regionale», fissando anche «i principi fondamentali dell’azione volta alla realizzazione di tale politica» a sostegno della promozione della lingua friulana, che dovrà affermarsi quale «codice linguistico adatto a tutte le situazioni della vita moderna» (articoli 1 e 10).
3.2. La legge (pubblicata sul Bollettino Ufficiale della Regione anche nella versione friulana) fra gli altri obiettivi prevede inter-
1447
venti finanziati nei settori della scuola, degli studi e delle ricerche, della stampa, dell’editoria, dei mezzi di comunicazione di massa, dello spettacolo, delle produzioni audiovisive, della toponomastica, oltre che della amministrazione negli Enti locali. Le possibilità operative previste dall’articolo 11 per gli Enti locali sono state ulteriormente precisate ed ampliate con successivo provvedimento (legge regionale n. 13 del 9 novembre 1998). In particolare gli statuti degli Enti potranno prevedere l’uso scritto e orale della lingua friulana nei rispettivi Consigli ed «in altre situazioni, ivi compresi i rapporti dell’Amministrazione con i cittadini». 3.3. Con la stessa legge n. 15 del 1996 è stato istituito l’Osservatorio regionale della lingua e della cultura friulane (di seguito O.L.F. ), il cui Organo fondamentale è rappresentato da un Comitato scientifico di nove membri. L’Osservatorio «è lo strumento della Regione» per il perseguimento degli obiettivi della legge. Ad esso vengono demandati compiti di programmazione e di coordinamento di tutte le iniziative di competenza regionale riguardanti la tutela della lingua friulana. Nel frattempo l’O.L.F. è stato sostituito e superato da un nuovo strumento, la Agjenzie regjonâl de lenghe furlane (ARLEF ), con Decreto della Giunta Regionale del FriuliVenezia Giulia del 5 luglio 2004.
4.
Normalizzazione
4.1. L’aspetto normativo riguardante la lingua friulana, da sempre il più dibattuto, riguarda la grafia, che soltanto di recente ha trovato una codificazione ufficialmente riconosciuta, condivisa dalle istituzioni culturali di più radicata tradizione storica e da gran parte dei fruitori. 4.1.1. La coscienza della necessità per una lingua di possedere una grafia coerente conosce in Friuli attestazioni antiche, risalenti già ai primi documenti scritti del sec. XIV (→ art. 227), nè mancarono proposte e tentativi neppure nelle epoche successive da parte di importanti autori della letteratura friulana (basterebbe fare i nomi di Ermes di Colloredo nel Seicento, di Caterina Percoto e Pietro Zorutti nel secolo scorso o ricordare il vocabolario di Pirona 1871): essi tuttavia non riuscirono mai ad imporsi nel tempo, così da diventare modello definitivo, anche a cau-
1448 sa di una insufficiente consapevolezza da parte degli utenti nei confronti del problema. 4.1.2. La questione si ripropose negli anni della fondazione della S.F.F. (cf. 1.1.), quando fu adottato un rinnovato sistema di grafia (Pellis 1920), sostanzialmente ripreso anche da Pirona / Carletti / Corgnali (1935), sistema che (con le modifiche migliorative di Marchetti 1952) è rimasto in pratica lo stesso fino agli anni più recenti, quando la S.F.F. (dopo ulteriori aggiustamenti presi dalla Commissione Grafia della S.F.F. 1993) deliberò di adottare la grafia ufficiale fissata dalla legge regionale (cf. 4.1.5.). 4.1.3. Altri modelli di grafia alternativi furono proposti dopo Marchetti (1952), col fondamento della rivendicazione di coerenti regole di sistematicità, condizionate però dal ricorso a segni diacritici ignoti alla tradizione italiana e perciò sgraditi a gran parte dei fruitori, anche se adottate da benemerite istituzioni, quali Scuele libare furlane o da autori di importanti testi normativi (Faggin 1985; Nazzi Matalon 1977). 4.1.4. Il sistema più fortunato diventerà quello avanzato da Lamuela (1987), chiamato ad arbitro delle non sempre univoche soluzioni previste dalla Commissione della Provincia di Udine nel 1985, istituita col fine di consentire una definitiva soluzione all’essenziale problema della grafia. 4.1.5. Le proposte di Lamuela (1987) – (che in gran parte facevano riferimento al sistema della S.F.F. – costituiranno il testo di riferimento della grafia del friulano, resa ufficiale da un Decreto del Presidente della Giunta Regionale nel novembre 1996, secondo quanto previsto dall’articolo 13 della legge n. 15 del 1996 (cf. 1.4.). La ‘grafia Lamuela’ però incontrò parziali riserve da parte della S.F.F., in seguito superate con l’apporto di poche modifiche mediate dall’O.L.F. e definitivamente accolte da tutte le parti. Esse sono state recepite nel testo ufficiale della grafia del friulano, ora sanzionato dalla legge regionale n. 13 del 9 novembre 1998. Per la storia della grafia del friulano a partire dalle prime documentazioni scritte della lingua è fondamentale l’opera di sintesi di Moretti (1985). 4.2. Se una grafia unica si può adattare a diverse varietà (lasciando a ciascuna la libertà della pronuncia), la normalizzazione della grammatica (strettamente connessa coi pro-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
blemi della standardizzazione) pone invece aspetti più complessi, soprattutto se manca una varietà dominante. 4.2.1. Si deve tuttavia osservare che, una volta accettato il riconoscimento della esistenza di un friulano di tipo ‘comune’ (cf. 5.1.), il panorama degli strumenti di codificazione grammaticale della nostra ligua risulta confortante, anche se non sono state del tutto superate alcune divergenze fra i vari autori. Fra gli altri si segnalano soprattutto Marchetti (1952) e Nazzi Matalon (1977), ai quali vanno aggiunti i testi censiti da Marcato (1989, 637–639). 4.2.2. Si prefigge finalità di codificazione e nello stesso tempo di standardizzazione il progetto per la realizzazione di una grammatica friulana di riferimento, appena avviato con la pubblicazione dei primi quaderni (Rizzolatti 1998).
5.
Standardizzazione
5.1. Se è vera la constatazione che un friulano ‘standard’, normalmente inteso, non si è mai concretamente realizzato e naturalmente imposto, sino ad affermarsi sulle molteplici varietà e ad essere accettato quale modello dai parlanti dell’intero territorio regionale, è altrettanto innegabile che nella coscienza dei Friulani è presente (anche nei principali autori dei secoli passati: cf. 4.1.1.) il concetto di un ‘friulano comune’ da usare quale lingua scritta, coscienza consolidatasi nel secondo dopoguerra, quando sempre più si diffuse fra gli intellettuali l’idea della effettiva possiblità di affermazione di una ‘koinè’ friulana (Marchetti 1952, 17 s.). La ‘koinè’ fa riferimento alla varietà del friulano centrale, parlato in un vasto quadrilatero, avente Udine come centro (ma con esclusione della varietà urbana), quale descritto da Frau (1984, 16–103). 5.1.1. In particolare è stata ideata la realizzazione di un insieme di strumenti di riferimento per la lingua standard (cf. pure 4.2.2.), meta fondamentale dei quali saranno la grammatica friulana e la produzione di un grande vocabolario friulano-italiano, redatto naturalmente in grafia ufficiale (cf. 4.1.5.), comprendente i neologismi indispensabili per la espressione nei vari settori della moderna vita sociale (scuola, amministrazione, scuola, scienze umane, nuove tecnologie, economia, sport e così via). La realiz-
126a. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: friulano
zazione di questi strumenti e di analoghe attività connesse, viene curata dal Consorzio ‘Centri Friûl Lenghe 2000’ costituito dalle maggiori istituzioni della Regione (prima fra tutte la Università di Udine), che svolgono primaria attività a favore della lingua friulana. 5.1.2. Il progetto, chiamato ‘Lenghe 2000’ e in parte già avviato, si rifà, riprendendone il nome, ma ampliandone di molto i confini, ad una idea risalente ad alcuni anni fa (Ceschia 1992). Esso comprende, fra le altre iniziative, la formazione di un gruppo di lessicologi, ai quali si affiancheranno i corsi per traduttori e per giornalisti in lingua friulana, previsti fra le iniziative considerate strategiche dal piano triennale dell’O.L.F. (cf. 3.3.).
6.
Conclusione
6.1. Considerato il quadro sociolinguistico generale e tenuto specialmente conto del recente cedimento del friulano (cf. 2.5.), è indispensabile il rafforzamento di una concreta politica linguistica di salvaguardia e di promozione. 6.2. Al fine di rafforzare il prestigio del friulano, specialmente nei rapporti della lingua nazionale, sarà fondamentale l’insegnamento scolastico, insegnamento il quale, pur nel rispetto delle varietà locali, dovrà prestare particolare cura ad una comune lingua normalizzata. 6.2.1. Speciale attenzione dovrà essere riservata nel programma di politica linguistica ai processi di elaborazione (o pianificazione) relativi allo ‘status’ (anche con l’allargamento dei domini di utilizzazione) e relativi al ‘prestigio’ del friulano, attraverso un’azione di coscientizzazione dei parlanti tesa alla autoidentificazione con la propria lingua. 6.2.2. Parallelamente dovranno incrementarsi i piani per l’elaborazione di ‘corpora’ linguistici, con il rafforzamento dei già avviati processi di standardizzazione, normalizzazione e diffusione di strumenti, quali dizionari e grammatiche, oltre che con la creazione della terminologia specialistica.
7.
1449
Bibliografia
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Giovanni Frau, Udine
1450
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
126b. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: ladino dolomitico Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Dolomitenladinisch 1. 2. 3. 4.
Generalità Tutela giuridica e ambiti istituzionali Attività di pianificazione Bibliografia
1.
Generalità
La comunità che si riconosce come ‘Ladina Dolomitica’ è formata da circa 30.000 persone ripartite su cinque valli a raggiera intorno al gruppo del Sella, nelle Alpi centrorientali. Il territorio è diviso amministrativamente in tre parti: alla Provincia Autonoma di Bolzano (nella Regione Trentino-Alto Adige / Südtirol) appartengono le valli Gardena / Gröden / Gherdëina e Badia / Gadertal (con la sottovalle di Marebbe / Enneberg / Mareo); alla Provincia Autonoma di Trento (pure in Trentino-Alto Adige / Südtirol) appartiene la valle di Fassa / Fascia; mentre alla Provincia di Belluno (Veneto) fanno capo la valle di Livinallongo del Col di Lana / (Buchenstein) / Fodóm e i comuni di Cortina d’Ampezzo / (Anpezo) e Colle Santa Lucia / Col. La maggior parte dello sforzo di pianificazione linguistica (= PL ) è coordinato e condotto dalla comunità medesima; adotteremo dunque qui il loro punto di vista, che risparmia la discussione sulla cosiddetta ‘questione ladina’ (→ art. 14, 19, 58, 67). Accertato che, per qualsiasi motivo questo sentimento sia sorto, gli abitanti delle valli dolomitiche ritengono oggi di costituire una comunità omogenea e separata dalle circostanti anche per questioni linguistiche, si illustrerà che cosa la comunità sta facendo per radicare questo sentimento di alterità linguistica all’interno della propria popolazione.
2.
Tutela giuridica e ambiti istituzionali
2.1. Rilevante è la differenza di trattamento legislativo e di tutela assicurata dalle tre diverse province, così come è diversa la situazone linguistica e di contatto fra i codici. All’italiano e alle varietà ladine si accostano nelle valli bolzanine il tedesco standard e
dialetti sudtirolesi; il repertorio della valle di Fassa comprende la conoscenza almeno passiva di dialetti trentini, oltre a italiano e ladino, mentre quello di Livinallongo e Colle include varietà veneto-agordine. A Cortina il codice più frequentemente usato è l’italiano, in numerose varianti regionali e frammisto a dialetti settentrionali; la popolazione autoctona, minoritaria, si sente tuttavia assai legata alla propria varietà ladina. Attualmente nessun adulto è monolingue ladino (la situazione non doveva essere troppo diversa in passato, cf. Belardi 1991; 1994; Craffonara 1995); per contro, la maggior parte degli immigrati recenti si trova in condizione di poter comunicare con i nativi solo in italiano. 2.2. Cenni cronologici sulla legislazione riguardante i ladini dolomitici, ripartita per province (→ art. 67.3). Valli di Bolzano. 1948: garantite (in modo generale) tutela della lingua, toponomastica e cultura ladina; istituita la scuola bilingue paritaria italiano-tedesco con un ora di ladino alle elementari; 1951: ladini riconosciuti come gruppo etnico; inizio delle trasmissioni radiofoniche in ladino (in varietà locali non standardizzate, cf. 3.3.); 1972: risistemazione legislativa dell’Alto Adige (il cosidetto ‘pacchetto Alto Adige’): diversi riconoscimenti ai ladini, fra cui il diritto all’assegnazione di posti negli uffici pubblici su base proporzionale; 1977: fondazione dell’Istituto culturale Micurá de Rü a San Martino in Badia; 1987: fondazione dell’Istitut Pedagogich Ladin, con autonomia decisionale sulle scuole ladine della provincia; 1988: inizio di trasmissioni regolari in ladino alle TV di stato (dieci minuti due volte la settimana, mezz’ora ogni tre settimane – riorganizzazione delle trasmissioni radio, con 20–25 minuti al giorno; 1989: proclamazione del ladino lingua ufficiale parlata e scritta accanto a tedesco e italiano con trilinguismo amministrativo obbligatorio; 1993: attivazione della Consulta ladina di Bolzano – garantito almeno un consigliere ladino nei consigli provinciali e regionali; 2001: revisione dello Statuto di autonomia – confermata la
126b. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: ladino dolomitico
presenza di un garante per la minoranza ladina nel Consiglio; 2003: circolare provinciale che stabilisce l’ufficialità delle varianti vallive di Badia e Gardena sul territorio della provincia. Valle di Fassa. 1972: (‘pacchetto Alto Adige’) garantito, in modo generale, l’insegnamento elementare di lingua e cultura ladina; 1975: creazione dell’ufficio scolastico ladino e fondazione dell’Istituto culturale Majon di Fascegn a Vigo di Fassa; 1977: creazione del Comprensorio Ladino di Fassa (suddivisione amministrativa della provincia) e riconoscimento in provincia di un ‘gruppo linguistico ladino’; 1989: la Provincia di Trento dà incarico all’Istitut ladin di redigere un ‘documento programmatico’ che tracci le linee fondamentali di intervento a sostegno della minoranza (cf. ICL 1990); 1993: decreto legge per la tutela del ladino nella provincia di Trento: bilinguismo amministrativo, il ladino lingua obbligatoria nelle scuole dell’obbligo (due ore di insegnamento nelle scuole elementari) – attivazione di corsi ufficiali di insegnamento del ladino per adulti, riconoscimento del diritto di dichiararsi ‘ladino’ ai censimenti – facilitazioni per l’accesso agli impieghi pubblici su base proporzionale. Valli bellunesi. 1983: legge regionale veneta: modesti finanziamenti a sostegno delle minoranze della regione (oltre ladini dolomitici, comunità ladine cadorine e comelichine, isole germanofone). La legge italiana 482/99 ‘Tutela delle minoranze linguistiche storiche’ non ha prodotto particolari effetti sui ladini della provincia di Bolzano e Trento, tutelati da leggi regionali più avanzate, ma ha segnato l’inizio di un riconoscimento e tutela effettiva del ladino bellunese. 2001: delimitazione ufficiale delle aree ladine: molti comuni della Provincia, anche non originariamente appartenenti all’Impero Austroungarico si dichiarano ladini e accedono a finanziamenti e tutela; 2004 fondazione dell’Istitut Ladin ‘Cesa de Jan’ a Colle Santa Lucia. 2.3. Toponomastica. 1923: italianizzazione forzata della toponomastica in tutto il Trentino-Alto Adige; 1948: ritorno alla toponomastica tradizionale, affiancata per legge a quella italiana; 1972 (art. 102 dello Statuto): «le popolazioni ladine hanno diritto al rispetto della toponomastica», ma le precedenze sono lasciate al giudizio dei comuni, che spesso adottano criteri improvvisati,
1451
senza alcuna coordinazione (cf. Kattenbusch 1996, 327); dal 1989 è istituita una commissione provinciale per la toponomastica (della quale non fa parte alcun ladino), i cui lavori sono però interrotti per dissidi fra i componenti. In valle di Fassa la legge del 1987 sancisce il diritto alla toponomastica indigena, ma accanto a quella italiana, sola ufficiale. In provincia di Belluno la toponomastica bilingue italiano-ladina è ammessa dal 1999 (cf. Craffonara 1987). 2.4. Scuola. Sino al 1916 la lingua dell’insegnamento scolastico (“Unterrichtssprache”) era in tutte le valli soprattutto il tedesco, con circa sei ore di insegnamento dell’italiano; il ladino era usato come supporto e per l’insegnamento della religione. Dal 1916 al 1921: uso del solo tedesco in Badia e Gardena e del solo italiano nella altre valli; dal 1921 al 1943 dappertutto solo italiano (regime fascista); dal 1943 al 1948 solo tedesco (Ladinia inclusa nell’‘Alpenvorland’ del ‘Reich’). La situazione attuale è diversa per le tre province. Nelle valli Badia e Gardena dal 1948 è in vigore la cosiddetta ‘scuola paritetica’: uguale presenza di italiano e tedesco, con l’aggiunta del ladino. Nelle scuole primarie si hanno 12,5 ore in italiano e altrettante in tedesco, la cui suddivisione per materie è lasciata all’insegnante, con due ore di insegnamento del o in ladino (la prima classe è divisa fra sezioni ladino / italiane e ladino / tedesche, con forte prevalenza del ladino e alfabetizzazione rispettivamente in italiano e tedesco). Alle scuole medie (sino ai 14 anni) l’orario prevede 16 ore settimanali di tedesco e altrettante di italiano (materie fissate dalla legge), più due ore di ladino in ladino. Ripartito fra italiano e tedesco è pure l’insegnamento nelle scuole superiori, con distribuzione delle lingue fra le materie che varia a seconda del tipo di istituto; dal luglio 1994 è istituita un’ora di ladino obbligatoria in tutte le classi. La scuola materna è prevalentemente in ladino. Provincia di Trento: dal 1994 l’insegnamento di lingua e cultura ladina è obbligatorio in val di Fassa; anche qui la scuola materna è prevalentemente in ladino. È fatto obbligo, nelle province del Trentino – Alto Adige / Südtirol, agli insegnanti di conseguire un attestato di bi- / trilinguismo e di superare un esame scritto e orale di italiano (e tedesco, per Bolzano) e uno orale di ladino. In provincia di Belluno l’unica lingua di
1452 insegnamento è l’italiano; eventuali presenze di ladino sono da attribuirsi ad iniziative autonome di maestri ed insegnanti; dal 2000 queste iniziative, pur non ancora coordinate, sono sostenute dalle istituzioni locali. L’offerta di scuole secondarie e superiori – in tutta la zona – è nel complesso molto scarsa, il che crea una forte necessità di emigrazione scolastica; è pure altissimo il tasso di abbandoni degli studi dopo la scuola dell’obbligo, dovuto in parte alla lontananza delle sedi scolastiche e al loro limitato adattamento alla realtà economica delle valli, e in parte a questa stessa realtà che, grazie al turismo, permette attività redditizie anche senza alcuna preparazione specifica. Chi prosegue gli studi si ferma generalmente a lavorare in altre sedi. 2.5. La lingua della Chiesa (cattolica romana) è l’italiano, almeno dal Concilio di Trento (1545–63); dalla prima metà del 18o sec. i sacerdoti sono in massima parte di provenienza ladina, educati (prevalentemente in tedesco) al seminario vescovile di Bressanone. Dopo tentativi ottocenteschi, in Val Gardena è stata introdotta la messa in tedesco, preferendola alla celebrazione in italiano. Da un paio di decenni, soprattutto in Val Badia, si è affermata la tendenza a celebrare le funzioni in ladino, già da secoli saltuariamente usato per la predicazione (1984 Laldun l’Signur, raccolta di 900 canti liturgici in badiotto; 1999 Bibia di Sandìs, 2005 Bibia in badiotto), estesa in parte anche alla Gardena. In Val di Fassa, a Livinallongo, Colle e Cortina l’unica lingua della Chiesa è l’italiano. 2.6. Le trasmissioni RAI in ladino assommano a 235 ore l’anno di radiofonia e 26 ore di televisione (non visibile nelle valli bellunesi). Altri mezzi di informazione sono costituiti da radio private nelle valli di Fassa, Badia e Gardena con programmazione anche in ladino, dal settimanale Usc di Ladins (organo dell’Union Generela di Ladins dla Dolomites, cf. 3.1.), che conta circa 3.000 abbonati e comprende pagine specifiche su ogni vallata scritte nelle diverse varietà locali, e da pagine settimanali dei quotidiani Dolomiten (tedesco) e Alto Adige (italiano).
3.
Attività di pianificazione
3.1. Ciò che nel territorio considerato viene chiamato Ladino è composto da una serie di
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
dialetti locali, generalmente di estensione valliva ma talora anche inferiore, le cui differenze reciproche sono talora rilevanti e in qualche caso tali da ridurre fortemente l’intercomprensione; ogni valle ha tuttavia sviluppato un proprio standard, almeno scritto (cf. 3.2.), anche se la lealtà linguistica dei parlanti nei confronti della propria (micro)varietà è molto forte. Nelle valli bolzanine si consolida una ripartizione abbastanza equilibrata dei codici in compresenza (con maggiore presenza del ladino in Badia e del tedesco in Gardena), nelle altre vige una diglossia (più avanzata in provincia di Belluno, con il ladino in consolidamento in Fassa), che tende velocemente alla dilalia a Cortina d’Ampezzo, con riduzione dell’idioma locale al rango di dialetto e del tedesco a quello di lingua straniera. Si riscontra tuttavia talora un’erosione della base di ladinofoni per mancanza di trasmissione ai bambini piccoli (con perdite fino al 40 % in dieci anni nelle valli bellunesi e a Moena, cf. ICL 1990, 19). Le organizzazioni ladine sul territorio fanno capo all’Union Generela di Ladins dla Dolomites (articolata in sezioni distinte per ogni valle); da menzionare anche la Comunanza ladina a Bolzano, il gruppo Ladins dlâfora di Brunico, Ert pur i Ladins (associazione artistica, pubblica il Calënder Ladin e il foglio Rezia) e associazioni di maestri di scuola nelle Valli. Molto alta l’attività editoriale degli Istituti culturali, che spazia da pubblicazioni di storia e cultura locale, a libri in ladino per bambini, alle due riviste scientifiche Mondo Ladino (edito dal Majon di Fascegn) e Ladinia (dal Micurá de Rü), che ospitano contributi storici, linguistici e antropologici anche di alto livello. Una rigogliosa vita artistica e culturale in ladino esiste nelle valli Gardena e Badia (assai meno nelle altre valli): organizzazione di mostre, serate e incontri storici e scientifici; notevole produzione lirica e narrativa (soprattutto in Gardena, cf. Belardi 1988); sporadica l’attività teatrale (commedie popolari), in genere basata su traduzioni; sono poi presenti gruppi musicali con repertorio in ladino, sia esso tradizionale o di nuova composizione; la prima opera lirica in ladino, Conturina, è stata rappresentata a Trento nel 2003. Scarsa è però la presenza del ladino nelle associazioni di tipo volontaristico o cooperativo, salvo che in val Badia; dal punto di
126b. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: ladino dolomitico
vista amministrativo, gli atti dei consigli comunali sono scritti in ladino in val Badia, in ladino e tedesco in Gardena, in italiano e ladino in val di Fassa, solo in italiano nelle valli bellunesi. 3.2. Il primo tentativo di normalizzazione è la grammatica di Micurá de Rü (Bacher 1995 [1833]) basata sulla variante badiotta; seguirono proposte varie, soprattutto volte ad uniformare la grafia, interrotte dalla Grande Guerra. Dal 1948 la PL del ladino ha percorso una strada duplice: da un lato una PL locale, spontanea, affidata a Comuni e istituzioni del territorio, intesa a incrementare l’uso e la sicurezza linguistica della sola vallata (o talora del solo comune) in cui è messa in atto, senza tentativi di coordinamento con le parallele iniziative degli altri enti. A ciò si deve ad esempio il consolidamento di un linguaggio amministrativo diverso per ogni vallata e la necessità di alternare fra diversi idiomi da parte delle strutture di comunicazione interladine (TV, radio, Usc di Ladins). Tale PL si avvale di strumenti metalinguistici talora anche di indubbio valore ed è quantitativamente più progredita nelle valli bolzanine, a causa del lungo periodo di tempo di cui ha potuto disporre; tuttavia in valle di Fassa si è arrivati a mettere a punto metodologie di assoluta avanguardia. Pur nella generale scarsità di coordinamento della PL, interessanti per una visione sul lungo periodo sono le cosiddette ‘11 tesi’ (cf. www.noeles.net), che prospettano uno sviluppo integrato e insieme autonomo delle parlate territoriali. Dagli ultimi anni ’80 si è affiancato a questo tipo di PL , che continua tuttavia, un progetto di pianificazione comune gestito, tramite l’Union Generela di Ladins dla Dolomites, principalmente dai due Istituti Majon di Fascegn e Micurà de Rü: tale iniziativa si propone innanzitutto il coordinamento delle attività di PL in vista dell’introduzione di un linguaggio amministrativo comune; inoltre di «favorire tra la popolazione la conoscenza delle lingue proprie dell’area, nonché il reciproco rispetto fra i gruppi linguistici; evidenziare le caratteristiche culturali comuni alle popolazioni [ladine; G. I.]; sviluppare l’interesse verso il plurilinguismo come fattore primario per l’integrazione europea» (ICL 1990, 23).
Vengono indicati come ambiti privilegiati di intervento la scuola (con iniziative legislati-
1453
ve, produzione di materiali e sussidi didattici e formazione di una classe insegnante ladina), i mass media (al fine di incrementare la stampa e le trasmissioni in ladino e di creare un giornalismo sovralocale), l’attività storico-artistico-letteraria e l’educazione permanente degli adulti (corsi per ladinofoni e non ladinofoni). Pure grande sforzo deve essere dedicato a programmi di afficher la langue, con iniziative di sostegno a campagne pubblicitarie o ad annunci, affissioni, segnaletica commerciale, menu e programmi in ladino). 3.3. Del 1987 è la proposta di una grafia unitaria, formulata da una commissione istituita dall’Union Generela e generalmente accettata e sostenuta nelle valli; nel 1988 si dà incarico a Heinrich Schmid di predisporre delle direttive per l’elaborazione di un codice unitario scritto di riferimento, chiamato Ladin Dolomitan, sull’esempio dell’esperienza grigionese (→ art. 126c; lo stesso Schmid è l’autore del Rumantsch Grischun). Tale standard, approntato nel 1992/93 (Schmid 1998) è concepito come codice amministrativo passivo da usarsi nei rapporti intervallivi e con lo stato italiano, che svolga anche funzione di lingua tetto rispetto alle varietà locali, favorendo i contatti e gli accrescimenti reciproci. Linguisticamente il Ladin Dolomitan è basato su rapporti di regolarità fonetica e accetta tutte le varianti lessicali tradizionali, proponendo – ove si presenti la necessità – neologismi comuni. Principi operativi del Dolomitan sono poi basati su etimologia, regolarità paradigmatica, funzionalità, comprensibilità, grado di accettazione. Parallelamente a questo nel 1994 le istituzioni succitate, insieme all’Istitut Pedagogich Ladin, hanno dato vita ad una struttura scientifica di sostegno e coordinamento chiamata Servisc de Planificazion y Elaborazion dl Lingaz Ladin (SPELL : Servizio di pianificazione e elaborazione della lingua ladina), costituita da linguisti provenienti dalle diverse valli sotto la supervisione di un collegio di ricercatori e professori universitari. Compiti primari di SPELL , che dovrebbe costituire punto di riferimento per consulenze linguistiche da parte dei singoli quanto delle istituzioni sul territorio e centro di raccolta di dati e corpora linguistici, sono la realizzazione di traduzioni in Dolomitan (fra i testi tradotti lo Statut de Autonomia dla Region Trentin – Südtirol ), la pub-
1454 blicazione di dizionari e grammatiche dello standard (GLS 2001, DLS 2002, DLS 2003), così come la composizione di banche dati computerizzate per il linguaggio generico e amministrativo, sia globali (BLaD : Banca lessicale Ladina, di 350.000 lemmi) sia relative alle singole varietà. Primo testo a diffusione popolare concepito direttamente in Dolomitan è Nosta Jent (2005). Al di fuori di SPELL l’unica struttura oggettivamente interladina di rilevanza linguistica è la TV di stato: grande è la sua importanza per la PL , come focolaio di neologismi e lo sviluppo di linguaggio ‘medio’, di tipo giornalistico e adatto alle occorrenze moderne quotidiane: di fatto però i programmi e i servizi sono allestiti nelle singole varietà; così come basati sulle varietà vallive sono i corsi di ladino organizzati dagli Istituti, che pure registrano un buon successo, sia nelle valli bolzanine sia in quella di Fassa. A ciò si aggiunge la discreta diffusione del settimanale Usc di Ladins, edito dal 1949, che presenta articoli di cronaca locale nelle diverse varietà di ladino, e di tanto in tanto qualche brano in Dolomitan. Gli Istituti e l’Union Generela promuovono poi iniziative scientifiche che abbiano come oggetto il territorio: fra quelle di interesse linguistico intraprese ultimamente si ricordano l’appoggio al progetto ALD, ad un’inchiesta sulla situazione scolastica della val di Fassa (Dutto 1990) e ad una ricerca sociolinguistica ad ampio raggio (cf. Dell’Aquila / Iannàccaro 1999; 2005), preceduta da uno studio preparatorio e un seminario di sociolinguistica per gli operatori ladini (cf. Iannàccaro 2000). Il problema nodale è però legato, oltre alla poca abitudine a collaborare che soprattutto in passato ha caratterizzato le istituzioni competenti, all’accettazione di un codice unico o anche solo di norme linguistiche comuni da parte delle amministrazioni (restie a innovazioni in questo campo – di fatto il grosso della produzione ufficiale in ladino è ancora negli idiomi vallivi) e della popolazione, spaventata dal rischio di eccessiva omologazione e perdita di spontaneità linguistica. Anche la situazione scolastica è divergente, e deve ancora trovare unità con le altre manifestazioni di PL , anche in collegamento con le esperienze grigionesi ed europee. Tuttavia il ladino tende sempre più ad essere percepito non come lingua della tradizione e memoria storica, ma codice da apprendere, scrivere e considerare parte essen-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
ziale della formazione. Fattori di rischio sono legati alla grande differenza di trattamento e tutela fra le diverse valli e ad un possibile scollamento fra competenze e uso reale, ‘à la manière’ irlandese; occorrerà pertanto incrementare le iniziative di prestige planning, assicurando vieppiù la trasmissione spontanea della lingua fra le generazioni (cf. Fishman 1991).
4.
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Gabriele Iannàccaro, Milano-Bicocca
126c. Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Bündnerromanisch Aménagement linguistique, interventions sur la langue et défense institutionnalisée de la langue: romanche 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
1.
Vorgeschichte der regionalen Schriftsprachen Der Kanton als Sprachlenker Romonsch fusionau Die Gründung der Sprachvereine ‘Sanfte Annäherung’ und Interrumantsch Rumantsch Grischun Literatur
Vorgeschichte der regionalen Schriftsprachen
1.1. Das Bündnerromanische wurde erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jh. regelmäßiger schriftlich verwendet. Praktisch von Anfang der Überlieferung an bildeten sich regionale Schriftsprachen heraus. So ist das erste größere publizierte Werk (Bifrun, Iachiam, L’g Nuof Sainc Testamaint da nos Signer Jesv Christi, s. l., 1560) in Oberengadinisch geschrieben, das nur zwei Jahre später erschienene Werk Vn cudesch da Psalms, chi suun fatts è miss da chiãtar in Ladin von Durich Chiampel(l) (Basel, 1562) jedoch in Unterengadinisch. Die Wahl der regiolektalen Grundlage der verwendeten Schriftsprache
wird in den ersten Werken auch thematisiert und begründet. Chiampell führt im Vorwort dafür an, dass die von ihm gewählte Variante den Unterengadinern vertrauter, zugänglicher und für sie leichter zu lernen und zu lesen sei (ib., 8). Steffan Gabriel, der aus dem Unterengadin stammt und Autor des ersten auf Surselvisch publizierten Werks ist (Ilg Vêr Sulaz da pievel giuvan, Basel, 1611), begründet in der Einleitung (unpag.) die Verwendung dieser Varietät damit, dass große Unterschiede zwischen dieser Sprache und der des Engadins bestehen. Die dialektalen Unterschiede zwischen den verschiedenen bündnerromanischen Regionen waren den Autoren also bereits bewusst. In späteren Werken wird die Wahl der regiolektalen Grundlage der verwendeten Schriftsprache nicht mehr thematisiert; sie versteht sich je nach regionalem Zielpublikum offensichtlich von selbst. 1.2. Bis gegen Ende des 18. Jh. wurden im Bündnerromanischen fast ausschließlich religiöse Werke publiziert. Es entstanden zwar Schreibtraditionen, doch keine eigentlichen
1456 Schreibnormen, außer für das protestantische Surselvische, wo sich die Schreibweise der Übersetzung des Neuen Testaments von Luci Gabriel (Ilg Nief Testament da Niess Senger Jesu Christ, Basel, 1648) als Modell durchsetzte. Zwar wurden religiöse Werke, v. a. die Katechismen, auch als Schulbücher benutzt. Dies führte jedoch noch nicht zu einer festeren Normierung der regiolektalen Schriftsprachen, stand doch dabei die religiöse Schulung im Vordergrund. Für profane Literatur wurde das Bündnerromanische zwar auch verwendet, v. a. in regional gültigen Rechtstexten, im Engadin bereits vom Ende des 16. Jh. an, in anderen Regionen jedoch erst viel später. Amtssprache des Freistaates der drei Bünden wurde das Bündnerromanische jedoch erst 1794, obwohl die Romanen in diesem Staat zweifellos die Mehrheit hatten. Dafür wurden dann gleich «beide gebräuchlichen Arten der romanischen Sprache» (A. Decurtins 1974, 24) als Amtssprachen erklärt. Damit sind sicher das Engadinische und Surselvische gemeint; es ist jedoch nicht präzisiert, welche der beiden engadinischen Varianten, Oberengadinisch oder Unterengadinisch, und welche der beiden surselvischen Varianten, katholisch oder protestantisch, die sich in der Schriftsprache beträchtlich unterschieden, verwendet werden sollten. Dieser Beschluss hatte eine größere Anzahl von Publikationen von rechtlichen und administrativen Texten zur Folge, wobei alle vier genannten Varianten dafür verwendet wurden. Die Funktion als Amtssprache hatte das Bündnerromanische jedoch nur bis 1799; dann wurde der Freistaat der drei Bünde ein Opfer der Folgen der Französischen Revolution. Damit endete der systematische Gebrauch des Bündnerromanischen für amtliche Zwecke wiederum für längere Zeit. 1.3. In der Folge der französischen Revolution kamen aber auch neue Ideen ins Land, die Auswirkungen auf das Bündnerromanische hatten. So nahm Peter Placi à Spescha die Idee einer Nationalsprache auf und versuchte, das Bündnerromanische so zu rekodifizieren, dass es als Sprache für das ganze bündnerromanische Gebiet verwendet werden könne (cf. dazu ib.). Seine diesbezüglichen Bemühungen sind phantastisch und blieben ohne Widerhall, da er seine ausführlichen Notizen nicht publizieren konnte. Sie sind erst gegen Ende des 19. Jh. bekannt geworden. Viel einschneidendere Folgen für das
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Bündnerromanische hatten jedoch die Bemühungen um die Einführung einer Schulung der gesamten Bevölkerung. Dabei ergaben sich erstmals Schwierigkeiten für den Gebrauch des Bündnerromanischen. Tatsächlich fehlten dem Bündnerromanischen kodifizierte und damit einigermaßen stabile Schriftsprachen, und es hätte natürlich die Aufgabe sehr erleichtert, wenn es nur eine bündnerromanische Schriftsprache gegeben hätte. Da es am Anfang des 19. Jh. noch keine obligatorische Schulpflicht gab, war die Bereitstellung der Lehrmittel der privaten Initiative überlassen. Auf diesem Gebiet kam das Bündnerromanische sehr schnell in Verzug gegenüber dem Deutschen, da Lehrbücher in einer der regionalen Schriftsprachen kaum in den anderen Regionen verwendet werden konnten. Dazu kamen noch konfessionelle Differenzen zwischen den einzelnen Regionen. Erst als sich Schulvereine bildeten, die sich um die Bereitstellung der benötigten bündnerromanischen Schulmittel kümmerten, besserte sich die Lage des Bündnerromanischen diesbezüglich. Es gelang den beiden konfessionellen Schulvereinen zwischen 1834 und 1841 Lehrbücher in allen vier damals gebräuchlichen bündnerromanischen Versionen bereitzustellen (cf. Deplazes 1949, 40–47) und damit den Beweis zu erbringen, dass das Bündnerromanische auch ohne gemeinsame Schriftsprache als Schulsprache verwendet werden konnte. Für viele Gemeinden an der Sprachgrenze kamen diese Bemühungen allerdings zu spät; sie hatten bereits das Deutsche als Schulsprache eingeführt, da dafür Lehrmittel vorhanden waren. Diese Gemeinden wurden dann in der Regel im Verlauf der nächsten 80 Jahre auch vollständig germanisiert.
2.
Der Kanton als Sprachlenker
2.1. 1843 übernahm der Kanton das Schulwesen. Ab diesem Zeitpunkt war er auch für die Herausgabe der Schulbücher verantwortlich. Als oberstes Prinzip galt dem Kanton zu dieser Zeit, dass in allen Schulen des Kantons die gleichen Schulbücher verwendet werden müssten. Dies bedeutete für den bündnerromanischen und den italienischen Kantonsteil, dass ihre Schulbücher aus dem Deutschen übersetzt wurden. Die sprachliche Qualität dieser Lehrmittel war dann in der Regel auch dementsprechend mangelhaft. Der Kanton bestimmte fortan auch,
126c. Sprachplanung und -pflege: Bündnerromanisch
welche Variante des Bündnerromanischen in den Lehrmitteln verwendet werden sollte, oder versuchte es zumindest. Das erste kantonale Lehrmittel erschien 1846 in zwei Versionen, die sich nur in Titelblatt und Anhang voneinander unterschieden. Das eine Titelblatt bestimmte das Buch für die katholischen Elementarschulen des Kantons Graubünden, das andere für die protestantischen. Geschrieben war es in der katholischen surselvischen Schreibtradition; eine normierte Orthographie hatte das katholische Surselvische noch nicht zu dieser Zeit. Aber aus dem Titel geht auch hervor, dass das Werk offenbar für alle bündnerromanischen Schulen des Kantons Graubünden bestimmt war. Der Kanton hatte also offensichtlich vorgesehen, nur eine bündnerromanische Variante für die Schulbücher zu verwenden. 2.2. Damit waren die Bündnerromanen anderer Regionen natürlich nicht einverstanden. 1849 erschien zwar das zweite Buch dieser Serie in gleicher Orthographie für die katholischen mittleren Klassen. Die protestantische Version ließ aber zunächst auf sich warten. Sie erschien dann 1851, aber in einer etwas anderen Orthographie (Secund cudisch de scola ne cudisch de leger per classas maseunas dellas scolas romonschas reformadas enten il cantun Grischun, Cuera). Dafür fand sich in der Einleitung eine ausführliche «Zusammensetzung der orthographischen Regeln für die romanische Sprache» (ib., I–VIII ). Die Regeln basieren eindeutig auf der katholischen surselvischen Schriftsprache; es werden aber verschiedene Eigenheiten der protestantischen surselvischen Schriftsprache übernommen. Damit beschritt der Kanton den Weg einer Kompromissorthographie für die Vereinheitlichung der katholischen und protestantischen surselvischen Schriftsprache. An diesem Weg hielt er dann auch mehr als 50 Jahre lang fest, allerdings ohne Erfolg. 2.3. Bei der Bestimmung der Adressaten der orthographischen Regeln zeigt sich eine grundlegende Änderung der Sprachpolitik des Kantons. Die Regeln gelten nur noch ‘für die romanischen Schulen diesseits der Berge’, d. h. nicht mehr für das Engadinische, das von der Hauptstadt Chur aus jenseits der Berge liegt. Tatsächlich hatte der Kanton ein Jahr zuvor den Engadinern eine unterengadinische Version des Lehrbuchs der Elementarschulen zugestanden. Damit
1457 war er offensichtlich bereit, zwei regionale Schriftsprachen als Schulsprachen zuzulassen und leitete damit eine Politik ein, die später bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder versucht wurde (cf. 3.4; 4.2). 2.4. Aber auch dabei blieb es nicht. Die Politik des Kantons stieß in den besonders betroffenen Regionen, dem Oberengadin, dessen Sprache bisher nicht vom Kanton berücksichtigt worden war, und der katholischen Surselva, der der Kanton eine Kompromissorthographie zugemutet hatte, auf Widerstand. In diesen Regionen ging man deshalb daran, die Sache selber in die Hand zu nehmen. 1857 erschien die Ortografia et ortoëpia del idiom romauntsch d’Engiadin’ota von Zaccaria Pallioppi (Coira, 1857), die die oberengadinische Schriftsprache normierte und damit eben die Voraussetzungen schaffte, die Sprache in der Schule zu verwenden. Da die Normierung von Pallioppi für die damalige Zeit als hervorragend angesehen werden kann, setzte sie sich auch rasch durch. Im Jahr darauf erschien die Ortografia gienerala, speculativa ramontscha von P. Baseli Carigiet (Mustér, 1858), die das katholische Surselvische hätte normieren sollen. Dieses Werk muss allerdings als misslungen gelten. Die dort postulierte Orthographie hatte dann auch nur einen sehr geringen Einfluss auf die folgenden Publikationen. 2.5. Diese Arbeiten hatten aber auch Auswirkungen auf die Sprachpolitik des Kantons. Ab 1856 wurde eine neue Serie von Lehrbüchern für die öffentliche Schule bereitgestellt. Diese erschien nun gleichzeitig in der surselvischen Kompromissorthographie und in Unterengadinisch, 1859 jedoch zusätzlich in Oberengadinisch und Surmeirisch, also in einer bisher für die offiziellen Lehrmittel noch nicht zum Zuge gekommenen regionalen Schriftsprache. Der Grund für dieses Zugeständnis war politischer Natur. Die neuen Lehrmittel waren in der katholischen Surselva aus ideologischen Gründen heftig bekämpft worden, und da die Surmeirer auch katholisch waren, ergab sich damit die Möglichkeit, die katholischen Bündnerromanen zu spalten. Danach dauerte es dann wiederum 40 Jahre, bis das Surmeirische eigene Lehrbücher bekam. Jedenfalls war damit die 1846 angestrebte Vereinheitlichung des Bündnerromanischen durch den Kanton fürs Erste gescheitert.
1458
3.
Romonsch fusionau
3.1. 1852 hatte der Kanton ein Lehrerseminar gegründet, um auch die Bündner Katholiken, die die Kantonsschule mieden und inländische und ausländische Mittelschulen bevorzugten, zu zwingen, wenigstens die Lehrerausbildung unter kantonaler Obhut zu absolvieren. 1859 wurde der Antrag der Bündnerromanen, auch Romanisch als Fach zu unterrichten, vom Kanton akzeptiert. Erster Lehrer für Romanisch wurde Gion Antoni Bühler. Er stand vor der Aufgabe, bündnerromanische Lehramtskandidaten aus allen Regionen, die zudem mit sehr verschiedenen Kenntnissen ins Lehrerseminar kamen, gleichzeitig zu unterrichten. Deshalb scheint er sehr früh damit angefangen zu haben, Formen aus verschiedenen Regionen in seinen Unterricht aufzunehmen. Jedenfalls weist bereits seine 1864 in Chur erschienene Elementargrammatik (Grammatica Elementara dil Lungatg Rhäto-romonsch, I. Part), die erste Grammatik für ‘native speaker’, die nicht nur die Orthographie behandelte, Formen auf, die von der katholischen surselvischen Schreibtradition abwichen. Sie stimmen meistens mit der protestantischen surselvischen Schreibtradition überein, gleichzeitig aber auch mit den Formen der übrigen regionalen Schriftsprachen, und einige Formen stammen auch direkt aus diesen Schriftsprachen. Da diese Grammatik jedoch nur im Lehrerseminar verwendet wurde, fiel dies zunächst nicht weiter auf. 3.2. Bühler erhielt aber zur gleichen Zeit vom Kanton den Auftrag, ein neues Schulbuch für die mittleren Klassen der bündnerromanischen Schulen zu übersetzen, das er in der gleichen Sprache schrieb wie seine Grammatik (Codisch de legier per l’instrucziun realistica en classas mezaunas e superiuras dellas scolas ruralas romonschas, scrits da Gerold Eberhard, Emprima Part, Cuera, 1865). Trotz der geringen Akzeptanz bei den Surselvern wurde das Buch 1878 und 1889 noch aufgelegt. Im Engadinischen scheint es allerdings nicht verwendet worden zu sein. 3.3. Einer breiteren Öffentlichkeit stellte Bühler seine Ideen 1867 anlässlich einer von ihm selbst einberufenen Konferenz dar. Die Konferenz stieß auf starkes Echo, und die von Bühler vorgeschlagenen Regeln (cf. C. Decurtins, et al. 1888–1919, vol. 4, 735– 752) wurden mit einigen wenigen Änderun-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
gen gutgeheißen. Aber nach der Konferenz erwuchs diesem Versuch auch entschiedener Widerstand. In der katholischen Surselva wurde sogleich eine Lehrerkonferenz einberufen, die unter Mitwirkung von Carigiet (cf. 2.4.) sozusagen ein Gegenprogramm entwarf (Gadola 1960, 93–97). Der Widerstand der surselvischen Lehrer verhinderte die Herausgabe des zweiten Bandes des Schulbuchs, die für 1868 vorgesehen war. Bühler versuchte, seine Einheitssprache durch eine Zeitschrift, Il Novellist, zu verbreiten, die aber aus finanziellen Gründen nur zwei Jahre (Cuera, 1867/68) erscheinen konnte. 3.4. Die Einheitssprache wurde zudem noch in die politische Auseinandersetzung zwischen konservativen und liberalen Katholiken hineingezogen. Bühler konnte am ehesten noch seine Ideen in liberalen Zeitungen vertreten und so in die Nähe der Liberalen gerückt werden. Nach dem Sieg der konservativen Katholiken an der Landsgemeinde von 1877 in Disentis verloren die Liberalen sehr schnell jede Einflussmöglichkeit in der Surselva. Bühler suchte durch eine immer stärkere Anpassung seiner Sprache an das Engadinische dort neue Freunde für seine Einheitssprache zu gewinnen, allerdings vergeblich. Vielmehr entzog er durch die ständige Anpassung seiner Sprache anderen die Möglichkeit, sie auch zu gebrauchen. Der Todesstoß für seine Einheitssprache erfolgte 1887 im Parlament des Kantons Graubünden, als dieses eine Motion von Decurtins (C. Decurtins, et al., 1888–1919, vol. 4, 974–976) annahm, die verlangte, dass im Lehrerseminar der Unterricht in den zwei Hauptsprachen, Surselvisch und Engadinisch, erfolgen solle, wobei wiederum eine Präzisierung der Variante unterblieb. 3.5. Der Kanton hatte bereits kurz nach dem Sieg der Konservativen erkannt, dass die Einheitssprache sich unter diesen Umständen nicht durchsetzen werde. Er gab 1878 den Auftrag, den zweiten Teil des Schulbuchs wiederum in Surselvisch abzufassen, beharrte aber auf der Verwendung einer Kompromissorthographie. Offenbar gab es dabei erneut Schwierigkeiten, so dass das von Jacob Caspar Muoth übersetzte Lehrbuch (Cudisch de lectura per las classas mezzaunas e superiuras dellas scolas ruralas romanschas, Scrits da Gerold Eberhard, Cuera) erst 1882 erschien. Der Autor selbst war mit der Orthographie des Werks nicht einver-
126c. Sprachplanung und -pflege: Bündnerromanisch
standen. Durch die Bezirkslehrerkonferenz der Surselva beauftragt, schuf Muoth deshalb neue ‘Orthographische Normen’ (Normas ortograficas, tschentadas si per igl idiom sursilvan, Cuera, 1888), die nun gänzlich auf der katholischen surselvischen Schreibtradition beruhten. Damit waren nun die protestantischen Surselver wiederum nicht einverstanden, weshalb auch der Kanton diese Orthographie nicht anerkannte. Weitere Streitigkeiten zwischen der katholischen Surselva und dem Kanton (cf. Deplazes 1949, 150– 158), bei denen allerdings die Orthographie eine kleinere Rolle spielte als die ideologischen Differenzen, führten schließlich auch zur Einführung surmeirischer Lehrmittel, womit der surselvischen Schriftsprache definitiv eine Region ‘diesseits der Berge’ verloren ging.
4.
Die Gründung der Sprachvereine
4.1. Die permanente Auseinandersetzung mit der Sprache führte zu einer Erstarkung der bündnerromanischen Identität. Diese fand ihren Niederschlag in der Gründung von Spracherhaltungsvereinen. Bereits 1885 wurde die Societad rhaeto-romanscha gegründet, nach zwei misslungenen Anläufen 1863 und 1870 im Zusammenhang mit der Einheitssprache Bühlers. Diese war überregional, beschäftigte sich aber vorwiegend wissenschaftlich mit dem Bündnerromanischen. Der erste regionale Sprachverein entstand bezeichnenderweise 1896 in der katholischen Surselva. Bis 1922 erhielt jede Sprachregion ihren eigenen Verein, nur im Engadinischen deckte der Verein beide regionalen Varianten, Oberengadinisch und Unterengadinisch, ab. All diese Vereine bestehen bis auf den heutigen Tag. 4.2. Um die Bewegung nicht ganz in Einzelaktionen zugunsten der einzelnen Regionen ausufern zu lassen, wurde 1919 ein Dachverein, die Lia rumantscha (LR ), gegründet. In der Folge nahm dieser Dachverein immer mehr die Leitung der romanischen Bewegung wahr, wenn auch nicht immer in Eintracht mit den regionalen Sprachvereinen (cf. Lechmann 2004). Die Sprachpolitik der LR zielte zunächst auf die Förderung der beiden Hauptidiome, Surselvisch und Unterengadinisch, ab, da es unmöglich schien, alle vier damals bestehenden Varietäten zu pflegen. Aber auch die LR konnte diese Politik nicht lange in ihrer strikten Form
1459 durchhalten. 1922 wurde die Uniung rumantscha de Surmeir gegründet mit dem Ziel, die surmeirische Regionalschriftsprache zu fördern. Obwohl das Programm der LR vorsah, im Surmeirischen die «Grammatik und Orthographie der Surselva» (Conrad 1920, 16) einzuführen, wurde dieser Verein noch im gleichen Jahr in die LR aufgenommen, in der von Anfang an unberechtigten Hoffnung, dass diese Gründung nicht die Auflösung der Verbindung mit der Surselva bedeute. Die Bevorzugung der beiden Hauptvarianten blieb aber bestehen: nur diese beiden Varianten erhielten zweibändige Wörterbücher deutsch-bündnerromanisch und bündnerromanisch-deutsch, und nur diese beiden Varianten wurden von der LR bis 1982 jährlich alternierend als Verwaltungssprachen verwendet. Diese beiden Varianten wurden auch Amtssprachen des Kantons und 1962 in einem Gesetz als solche festgelegt (cf. Rätoromanisch 1996, 36). 4.3. Die LR ging zunächst daran, deutschsurselvische und deutsch-engadinische Wörterbücher in Angriff zu nehmen. Dabei stellte sich die Frage nach Sprache und Orthographie dieser Wörterbücher von neuem. Zwar hatten sich die Surselver bereits 1917 wieder an die Vereinheitlichung der katholischen und protestantischen Orthographie gemacht, diesmal ohne Einwirkung des Kantons. Die Arbeiten schritten jedoch nur mühsam voran, so dass die LR sie 1920 unter ihre Fittiche nahm. Die LR konnte tatsächlich eine Einigung herbeiführen, so dass 1924 in Mustér die Grammatica Romontscha per Surselva e Sutselva von Gion Cahannes erscheinen konnte. Dieses Werk bedeutete den Sieg der katholischen Schreibtradition über die protestantische, die nur in einigen wenigen, relativ unbedeutenden Regelungen berücksichtigt wurde. 4.4. Etwas länger dauerte es, bis die engadinische Norm so weit feststand, dass die Arbeiten am Wörterbuch aufgenommen werden konnten. Kurz nach der Gründung des engadinischen Sprachvereins (1904) war es nämlich im Engadin zu einem Streit um die Orthographie, aber auch um die Ausrichtung der Schriftsprache im Allgemeinen gekommen. Pallioppis Normierung der oberengadinischen Schriftsprache (cf. 2.4) war stark vom Italienischen beeinflusst, womit sie aber nur den damaligen Gebrauch der oberengadinischen Schriftsprache widerspie-
1460 gelte. Im Zuge der erstarkenden Identität der Bündnerromanen geriet diese italianisierende Tendenz unter Beschuss, v. a. vom Unterengadinischen aus. Dieses hatte noch keine eigene fixe Norm erarbeitet, sondern aus Mangel eines Besseren die Schreibnormen von Pallioppi dem Unterengadinischen angepasst. Es war daher für Neuerungen offener als das Oberengadinische. In der Folge entwickelte sich eine sehr lebhafte Diskussion darüber, die durch die irredentistischen Bewegungen in Italien noch verschärft wurde. Die Uniun dels Grischs versuchte es zunächst mit einer Kompromisslösung, die jedoch niemanden befriedigte. Auch hier griff die LR über ihre Sprachkommission ein, die den Neuerungstendenzen zum Durchbruch verhalf. 1928 konnte dieser Orthographiestreit beendet und die Arbeit am deutsch-engadinischen Wörterbuch in Angriff genommen werden. 4.5. In der Folge ging die LR daran, den Status des Bündnerromanischen auszubauen. Bereits das Gründungsprogramm der LR hatte vorgesehen, eine Petition zugunsten des Bündnerromanischen als vierter Amtssprache der Schweiz einzureichen. Allerdings wurde erst 1934 eine Kommission eingesetzt, die dieses Anliegen vorantreiben sollte, wobei unterdessen bereits auf die Forderung nach Anerkennung als Amtssprache verzichtet worden war und nur mehr die Anerkennung als Landessprache angestrebt wurde. In hervorragender Zusammenarbeit zwischen den regionalen Sprachvereinen, der LR und den kantonalen Behörden gelang es, die entsprechende Bundesverfassungsänderung in relativ kurzer Zeit zur Abstimmungsreife zu bringen. Ein wesentlicher Beschleunigungsfaktor war auch die politische Situation in Deutschland und Italien zu dieser Zeit, v. a. die Gebietsansprüche der italienischen Irredentisten. Die entsprechende Verfassungsrevision wurde im Februar 1938 mit knapp 92 % Ja-Stimmen angenommen. Der Zweite Weltkrieg verhinderte allerdings jede auf dieses Resultat aufbauende weitere Arbeit, so dass der effektive Nutzen dieses Entscheids für das Bündnerromanische gering blieb.
5.
‘Sanfte Annäherung’ und Interrumantsch
5.1. Ende 1944 erschienen endlich die in den 20er Jahren in Angriff genommenen deutsch-surselvischen und deutsch-engadi-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
nischen Wörterbücher (Vieli, Ramun, Vocabulari tudestg-romontsch sursilvan, Publicaus dalla Ligia romontscha, Mustér, 1944; Bezzola, Reto R. / Tönjachen, Rudolf, Dicziunari tudais-ch-ladin, Samedan, 1944). Danach beschäftigte sich die LR einige Jahre mit der Sutselva. Die neue surselvische Orthographie war dieser Region, die früher die protestantische surselvische Orthographie verwendet hatte, fremd geblieben, trotz großer Anstrengungen der LR , sie dort einführen. Statt dessen hatte die Germanisierung deutliche Fortschritte gemacht. Auf Grund der Empfehlungen des ‘Sprachbiologen’ Gangale setzte die LR deshalb eine Zeit lang alle Kräfte für diese Region ein. Das Programm Gangales sah u. a. auch eine der gesprochenen Sprache dieser Region näher liegende Schriftsprache vor, die er auch selbst kreierte (Gangale 1944). Dabei griff er weitgehend auf die alte protestantische surselvische Orthographie zurück, was auf heftigen Widerstand der katholischen Surselva stieß. Gangale wurde zwar 1949 ausgewiesen, doch seine einheimischen Mitarbeiter führten seine Arbeiten fort. Der Kanton anerkannte in der Folge auch das Surselvische als Schulsprache. Es wird allerdings nur in einer einzigen Schule verwendet. 5.2. Nach dieser Episode, die die LR viel Kraft und Ansehen kostete, besann sie sich wieder auf ihre ursprüngliche Aufgabe. Nun werden die bündnerromanisch-deutschen Wörterbücher in Angriff genommen. Unterdessen hatte das von der Società retorumantscha herausgegebene wissenschaftliche Dicziunari rumantsch grischun (DRG ; Cuoira / Winterthur, 1939 ss.), das eine Sammlung aller bündnerromanischen Formen bot, bereits zu erscheinen begonnen, so dass die Wörterbuchautoren darauf zurückgreifen konnten. Bei der Aufführung der unterengadinischen und surselvischen Lemmata war dabei aufgefallen, dass häufig zwei Formen angegeben werden mussten, nur weil die Schreibung in den beiden Idiomen verschieden war, so etwa bei uengad. abadessa – surs. abbadessa, uengad. absida – surs. apsida, uengad. allarm – surs. alarm (Schorta 1962, 101) usw. Die Delegiertenversammlung der LR 1957 gab den Redaktoren der Wörterbücher freie Hand für den Ausgleich von Einzelfällen. In Fällen, wo eine Regeländerung erforderlich wäre, um die gleiche Schreibung in allen regionalen Schriftsprachen herbeizuführen, sollte eine Kommission auf An-
1461
126c. Sprachplanung und -pflege: Bündnerromanisch
trag der Redaktoren entscheiden. Man hoffte, damit eine ‘sanfte Annäherung’ der verschiedenen regionalen Schriftsprachen einzuleiten und auf diesem Wege vielleicht in Zukunft zu einer einheitlichen Schriftsprache zu gelangen. 5.3. Während sich die engadinische Kommission ziemlich rasch einigte, kam es in den Kommissionen der anderen Idiome zu harten Auseinandersetzungen darüber, wie weit die Angleichung gehen sollte. Am heftigsten wurden die Auseinandersetzungen in der Surselva geführt, und zwar v. a. wegen der Aufgabe der Unterscheidung von de, das als Genitiv galt, und da, das als Ablativ angesehen wurde. Diese Vereinfachung hatte das Engadinische bereits bei der Orthographiereform von 1928 durchgeführt (cf. 4.4), auch dort nicht ohne Schwierigkeiten, und das Surmeirische hatte sie 1939 übernommen. Es ging also darum, das Surselvische den anderen Idiomen anzupassen, wozu natürlich nicht alle Surselver bereit waren. Schließlich setzte sich die neue Orthographie durch, nicht zuletzt wegen des Kantonentscheids, sie für die Lehrmittel zu verwenden. 5.4. Auseinandersetzungen gab es auch in der surmeirischen Kommission, wo viele Beschlüsse nur mit knapper Mehrheit gefällt wurden. Der Vorstand des regionalen Sprachvereins war aber mit den Beschlüssen nicht einverstanden, und so wurden in der offiziellen Schreibweise praktisch keine Angleichungen an die übrigen Idiome gemacht. Aber selbst im Engadinischen wurden die Beschlüsse der Kommission nicht konsequent durchgeführt, obwohl sie eigentlich unumstritten waren. 5.5. Nur ein Jahr nach dem Start der ‘sanften Annäherung’ stellte Leza Uffer den Delegierten der LR ein Projekt für eine Einheitssprache, später Interrumantsch genannt, vor. Es beruhte auf dem Surmeirischen, allerdings in einer nach den Vorschlägen der Kommission bereits ‘angenäherten’ Form. Das Echo auf diesen Vorschlag war gering; es waren bereits die ersten Schwierigkeiten bei der ‘sanften Annäherung’ aufgetaucht, so dass ein noch radikaleres Vorgehen von vornherein aussichtslos erschien. Eine lebhaftere Diskussion dieses Vorschlags erfolgte erst 1972 im Anschluss an eine Fernsehsendung mit dem Titel Stirbt das Rätoromanische?, in der das Interru-
mantsch als erster Schritt zur Rettung angesehen wurde. Konkrete Schritte in dieser Richtung erfolgten jedoch nicht, aber die Diskussion zeigte doch auf, dass die ‘sanfte Annäherung’ das Hauptproblem des Bündnerromanischen, das Fehlen einer Einheitssprache, nicht gelöst hatte.
6.
Rumantsch Grischun
6.1. Da das Bündnerromanische in der immer stärker zunehmenden schriftlichen Produktion eine Domäne nach der anderen verlor, blieb die Einheitssprache weiterhin ein Thema. 1978 schlug der damalige Präsident der LR , Romedi Arquint, vor, ein ‘Amtsinterromanisch’ als Kanzleisprache zu schaffen. Der Vorstand der LR beschloss zwar, nicht darauf einzugehen, aber das Problem blieb. 1981 wurde wiederum über die ‘sanfte Annäherung’ gesprochen, doch wurde dabei ersichtlich, dass auf diesem Weg die Lösung des Problems, wenn überhaupt, erst in weiter Ferne möglich war. Deshalb beauftragte die LR kurz darauf Heinrich Schmid, Professor an der Universität Zürich, einen unverbindlichen Vorschlag auszuarbeiten, wie eine gesamtbündnerromanische Schriftsprache nach heutigem Stand der Wissenschaft etwa aussehen könnte. Dieser erarbeitete in erstaunlich kurzer Zeit Richtlinien für die Gestaltung einer gesamtbündnerromanischen Schriftsprache (Schmid 1982), die er Rumantsch grischun (RG ) nannte. 6.2. Auf Grund dieser Richtlinien begann dann eine Equipe von jungen Mitarbeitern aus allen Regionen Wörterbuch und Grammatik dieser Sprache zu erarbeiten. Dank dem Einsatz der zu dieser Zeit aufgekommenen elektronischen Datenverarbeitung schritt die Arbeit ziemlich rasch voran, so dass 1985 in Chur ein erstes kleines Wörterbuch und eine Elementargrammatik erscheinen konnten (Darms, Georges / Dazzi, AnnaAlice / Gross, Manfred, Pledari rumantsch grischun – tudestg, tudestg – rumantsch grischun e Grammatica elementara dal rumantsch grischun). Damit war das RG bereits bedeutend weiter gekommen als alle vorangehenden Versuche, die es nie bis zu einer fixierten Grammatik und zu Wörterbüchern gebracht hatten. Diese Sprache wurde auch von Anfang an regelmäßig in Publikationen verwendet, so dass eine gewisse Gewöhnung stattfinden konnte. Auch die LR verwendete ab 1983 das RG als Verwal-
1462 tungssprache anstelle des alternierenden Gebrauchs von Unterengadinisch und Surselvisch. 6.3. Natürlich gab es auch Widerstand gegen das RG, wie gegen alle vorangegangenen Bemühungen um eine Einheitssprache, aber auch gegen die meisten orthographischen Reformen. Auch diesmal war er am stärksten in der Surselva und im Oberengadinischen, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Das Oberengadinische wird heute in vielen Gemeinden von einer Mehrheit der Schüler erst in der Schule gelernt und wäre somit durch eine abweichende Schriftsprache gefährdet. In der Surselva bestanden seit Carigiet (cf. 3.3.) immer Tendenzen, das Surselvische auf Grund der Anzahl der Sprecher als geeignetste Einheitssprache anzusehen. Die Widerstandsbewegung erreichte 1991 den Höhepunkt mit einer Eingabe an den Bundesrat gegen die Verwendung des RG in der Bundesverwaltung, doch vermochte diese Eingabe den Gebrauch des RG nur zeitweise zu drosseln, jedoch nicht ernsthaft zu gefährden. 1996 wurde der Status des Bündnerromanischen sogar zur «Amtssprache des Bundes im Verkehr mit Personen rätoromanischer Muttersprache» aufgewertet, wobei es klar war, dass dafür nur das RG in Frage kam. Das Resultat der Abstimmung war allerdings mit 76,1 % Ja-Stimmen auch weniger deutlich als im Jahr 1938 (cf. 4.5.). 2001 wurde auch das kantonale Sprachgesetz (cf. 4.2) geändert, so dass das RG auch im Kanton das Surselvische und Unterengadinische als Amtssprache ablöste (cf. Romanisch 2004, 41). Auch diese Änderung erfolgte mit deutlicher Mehrheit (66,3 %), wobei allerdings auch die Anderssprachigen stimmberechtigt waren. Ob die Bündnerromanen selbst die Gesetzesänderung auch annahmen, ist umstritten: in den beiden direkt von der Änderung betroffenen Regionen stand der starken Ablehnung in der Surselva (59,4 %) eine knappe Mehrheit im unterengadinischen Sprachgebiet (52,3 %) gegenüber, und die anderen bündnerromanischen Sprachregionen nahmen die Vorlage deutlich an, wobei natürlich
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
in all diesen Regionen auch eine unbekannte Anzahl von Anderssprachigen zur Urne ging. 6.4. Damit etablierte sich das RG definitiv als Amts- und Verwaltungsschriftsprache. In anderen Domänen dominieren aber nach wie vor die regionalen Schriftsprachen, so in den Regionen selber und in der Schule. Z. Z. plant allerdings der Kanton, das RG auch als Schulsprache von der ersten Schulklasse an in die Schulen einzuführen, was allerdings auf heftigen Widerstand stößt. Es bleibt abzuwarten, ob nach all den vielen Auseinandersetzungen der letzten Jahre um die Schriftsprache genügend Substanz verbleibt, diesen Schritt auch noch zu verkraften.
7.
Literatur
Conrad, Giachen, Il mantenimaint dil lungatg retorumantsch, ASRR (1920), 1–18. Decurtins, Alexi, Placi a Spescha ed il romontsch, ASRR 87 (1974), 15–38.
Decurtins, Caspar, et al. (eds.), Rätoromanische Chrestomathie, 13 vol., Erlangen, 1888–1919 (Nachdr. Chur, 1982–84). Deplazes, Gion, Geschichte der sprachlichen Schulbücher im romanischen Rheingebiet, Luzern, 1949. Gadola, Guglielm, P. Baseli Carigiet e siu temps, II . part, Ischi 46 (1960), 70–134.
Gangale, Giuseppe, Memorandum davart la crisa linguistica della Sutselva, ASRR 58 (1944), 54–66. Lechmann, Gion, Rätoromanische Sprachbewegung. Die Geschichte der Lia Rumantscha von 1919 bis 1996, Frauenfeld, 2004. Rätoromanisch = Rätoromanisch, Facts & Figures, Chur, 1996. Romanisch = Romanisch, Facts & Figures, Chur, 2004. Schmid, Heinrich, Richtlinien für die Gestaltung einer gesamtbünderromanischen Schriftsprache Rumantsch Grischun, Cuira, 1982 (Neudruck in: ASRR 102 (1989), 43–76). Schorta, Andrea, L’avischinaziun ortografica dals idioms retorumantschs, ASRR 75 (1962), 96–102.
Georges Darms, Marly
127. Pianificazione e tutela della lingua: italiano e sardo
1463
127. Normalizzazione, pianificazione e tutela istituzionalizzata della lingua: italiano e sardo Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Italienisch und Sardisch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
La scelta del volgare Una lingua per una nazione Nell’Italia unita La politica linguistica del fascismo Libertà di lingua Il sardo Bibliografia
1.
La scelta del volgare
1.1. I due processi fondamentali della storia linguistica italiana, cioè prima la diffusione del volgare al posto del latino in ambito sia culturale sia pratico, e poi il prevalere tra i volgari della varietà toscana di base fiorentina, giunsero a maturazione nel Cinquecento senza imposizioni d’autorità. L’adozione preferenziale del volgare infatti poggiò di solito su libere scelte di individui, per esigenze espressive, oppure di gruppi sociali e istituzioni, per scopi variamente pratici. Essa però a volte fu disciplinata da norme radicate, come già attesta il Placito di Capua del 960, le cui formule testimoniali in volgare palesano l’esistenza d’una convenzione giuridica che ne riconosceva la piena legittimità (cf. Roncaglia 1965, 201), e come in seguito continuarono a confermare specialmente i testi d’interesse collettivo e in varia misura ufficiali. Basti ricordare fra essi innanzitutto i bandi pubblici e gli Statuti cittadini già fra Duecento e Trecento (Migliorini 51978, 118; 183 ss.); inoltre, la produzione cancelleresca, che passò per volontà principesca dal latino all’elevato volgare di koinè in alcune corti, cominciando da quella milanese di Filippo Maria Visconti (1426), e che, fiorita con apertura preferenziale verso il toscano specialmente alla corte sforzesca di Ludovico il Moro, cessò ai primi del Cinquecento a causa della crisi degli Stati italiani e della concomitante affermazione della dottrina linguistica di Pietro Bembo (Vitale 1988). In ambito soprattutto giuridico e amministrativo da allora fino al Settecento si ebbe, accanto al latino in progressiva contrazione e all’italiano in espansione, un uso ufficiale della lingua straniera del Paese dominatore, e pure del dialetto, per lo meno a Genova e a Venezia (una fitta documenta-
zione sul plurilinguismo, in particolare a Genova, Milano, Venezia, Parma e Piacenza, Napoli e Palermo, è desumibile dai profili linguistici delle rispettive regioni, in Bruni 1992; cf. anche alcuni contributi in SLIE 3, 1994; inoltre Marazzini 1996). Il latino invece fu vietato, allo scopo di tutelare i sudditi ignoranti, dietro l’esempio di Francesco I (Villers-Cotterêts, 1539), da Emanuele Filiberto nei tribunali del Ducato di Savoia, con un editto del febbraio 1560 (divenuto esecutivo nel 1561 anche per i notai); e furono in sua vece prescritti, con una serie d’interventi ufficiali, fino al 1578, il francese nella Savoia e nella Valle d’Aosta e l’italiano in Piemonte (Marazzini 1984, 69 ss.; 1998, 12 ss.; Fiorelli 1994, 576 s.). Queste isolate iniziative di politica linguistica attuate nello Stato sabaudo appaiono importanti, sia perché vi legittimarono il bilinguismo sia soprattutto perché vi agevolarono la diffusione autorevole, disciplinata e capillare dell’italiano, a futuro beneficio dell’Italia unita. 1.2. La propagazione del volgare, il quale si mantenne sostanzialmente rispettoso della norma bembesca, per lo meno nelle opere di buon livello culturale, ricevette dalle autorità politiche scarsi e indiretti appoggi. Notevoli comunque, in Toscana, i tentativi di Cosimo I per promuovere, tra il 1550 e il 1572, lo studio della lingua, mirando a fissarne la norma in una grammatica scritta (Migliorini 1978, 333 s.); ma più ancora il riguardo riservato dai governanti del tempo all’Accademia della Crusca, dai primordi fino alla soppressione del 1783, e specialmente al suo Vocabolario, che contribuì per secoli alla normalizzazione dell’italiano, in senso conservativo, fino alla sua interruzione nel 1923 (cf. alcuni contributi in La Crusca 1985; una storia di quest’istituzione è in Parodi 1983). Sempre in Toscana, per iniziativa di Francesco de’ Medici, fu prescritto ai notai senesi e a tutti i sudditi, con legge del 1585, l’uso corretto della ‘lingua toscana’ nei documenti scritti (Fiorelli 1994, 577 s.); inoltre nel 1588 fu istituita a Siena la cattedra di ‘lingua toscana’, peraltro ideata spe-
1464 cialmente per studenti tedeschi (Cappagli 1991). L’insegnamento scolastico per giovani e fanciulli, spesso non adeguatamente favorito dalle autorità, continuò a privilegiare il latino e a rivolgersi a pochi, trascurando i popolani, salvo eccezioni: per es. a Roma con Giuseppe Calasanzio verso il 1600 e a Napoli con Alfonso Maria de’ Liguori nel Settecento. Anche quella scuola tuttavia contribuì in misura notevole alla diffusione dell’italiano rispettoso della norma (un ampio panorama storico sullo studio e sull’uso della lingua italiana nella scuola è in De Blasi 1993; cf. inoltre Marazzini 1985). Nel corso del XVIII sec., e specialmente nel suo ultimo trentennio, parecchi governi, soprattutto nell’Italia settentrionale, ma anche in Sicilia e a Napoli, favorirono decisamente lo studio e l’uso scolastico dell’italiano, a scapito del latino. Fra essi si distinse quello sabaudo, il quale nel 1729, sotto Vittorio Amedeo II , avviò graduali riforme che sfociarono nel 1772 nell’istituzione per i principianti di un’apposita classe propedeutica, destinata all’apprendimento dell’italiano (Marazzini 1984, 106 ss.; 1992, 24 s.).
2.
Una lingua per una nazione
2.1. La Rivoluzione francese del 1789 produsse alcuni cambiamenti profondi nella storia ‘esterna’ della lingua italiana. Dalla Francia si diffusero infatti anche in Italia, dopo il 1796, i principi della politica linguistica ‘giacobina’ (Renzi 1981): essi però diedero i loro maggiori frutti dopo l’unità nazionale e soprattutto, in chiave nazionalistica, negli anni del fascismo. Fra questi principi vanno menzionati il diritto e il dovere da parte dello Stato d’intervenire nelle questioni riguardanti la lingua, in quanto essa è un bene comune; ancora, la necessità di emarginare le varietà dialettali e forestiere allo scopo di conseguire e rafforzare, attraverso l’unità della lingua, l’unità della nazione; infine l’opportunità di migliorare, a beneficio dei cittadini, l’assetto e il funzionamento della lingua nazionale tanto scritta quanto orale, e d’uso soprattutto pubblico. 2.2. Il francese nell’epoca napoleonica rafforzò la propria presenza in Italia, specialmente in ambito pubblico, sottraendo talora spazio alla lingua nazionale ma diventandone in compenso un modello prestigioso e innovatore: così in particolare nella terminologia giuridica, grazie alla traduzione
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
in italiano del Codice civile napoleonico (1806). Nei territori annessi alla Francia ebbe in particolare il ruolo ufficiale di lingua del diritto e dell’amministrazione, allo scopo di agevolare la loro integrazione politica e amministrativa: così ad es. in Piemonte, dove dal 1802 il francese entrò nell’ordinamento scolastico e in altri settori della comunicazione collettiva (Marazzini 1992, 28 s.). Stessa sorte toccò alla Toscana, fino alla sua annessione formale all’Impero (1808), dopo di che Napoleone Bonaparte le concesse un trattamento di favore, riconoscendo (decreto del 9. 4. 1809) l’uso paritario dell’italiano e del francese nei tribunali, nonché negli atti notarili e nelle scritture private (per tutto il periodo napoleonico cf. Fiorelli 1975). Egli inoltre, con un’iniziativa peraltro restauratrice, favorì (1808) la ripresa e il pieno ristabilimento (decreto del 19. 1. 1811) dell’Accademia della Crusca (Parodi 1983, 123 ss.; cf. anche Hazard 1910, 307 ss.). Per la prima volta allora in Italia (Milano, 1812) l’autorità politica assunse il compito di rivedere e approvare «iscrizioni, cartelli ed altri segnali» esposti alla pubblica vista, onde evitare che contenessero «indecenze od errori» (cf. Raffaelli 1983, 21 ss.). 2.3. Nell’Italia uscita dalla Restaurazione del 1815, quasi tutti gli Stati, ma in particolare il Lombardo-Veneto e il Piemonte, nonché il Regno di Napoli, continuarono a diffondere l’italiano specialmente attraverso scuole comunali, assegnandogli in misura crescente il ruolo di lingua di base dell’istruzione (Marazzini 1985, 83). Particolare importanza assunsero, per il loro imminente beneficio verso l’Italia intera, le riforme allora introdotte dallo Stato sabaudo: varate nel 1822 dal re Carlo Felice con l’emanazione di norme per favorire l’istituzione di scuole comunali gratuite, per insegnare lettura, scrittura e catechismo, trovarono compimento nella legge Casati (13. 11. 1859, n. 3725), che rese obbligatoria per un biennio la frequenza gratuita della scuola elementare quadriennale nella quale, eccezion fatta per i comuni francofoni (Addeo 1940, 144), s’insegnava la lingua italiana (Marazzini 1992, 32).
3.
Nell’Italia unita
3.1. Raggiunta l’unità politica sotto la corona dei Savoia (17. 3. 1861), lo Stato italiano provvide subito a procurarsi l’unità an-
1465
127. Pianificazione e tutela della lingua: italiano e sardo
che linguistica, che servisse oltretutto a irrobustire e simboleggiare la ritrovata coesione nazionale. Rimase tuttavia dapprima fedele al bilinguismo ufficiale di tradizione sabauda, da poco sancito anche dallo Statuto albertino del 1848, ammettendo nell’attività parlamentare il francese accanto all’italiano. Comunque all’italiano attribuì subito il primato assoluto, non senza suscitare malumori, come si deduce da certe rimostranze dei Valdostani attorno al 1862 (cf. Addeo 1940, 133; De Mauro 21970, 286 ss.) e dalle loro allarmate proteste, nei decenni successivi, per l’effettiva emarginazione della lingua francese (Marazzini 1992, 34 s.). Poiché la lingua nazionale era nota a un’esigua minoranza e riservata ad usi culturali e ufficiali circoscritti, apparve impellente la necessità di disporre d’un tipo d’italiano che fosse adeguato alle più svariate esigenze della comunicazione scritta e parlata (sulla situazione linguistica dell’epoca cf. in particolare De Mauro 21970). Questa istanza diede impulso a un ambizioso progetto di politica linguistica, che assunse come suo ‘manifesto’ la relazione di Alessandro Manzoni al ministro della Pubblica Istruzione Emilio Broglio, Dell’unità della lingua e dei mezzi di diffonderla (1868). La proposta manzoniana di adottare come lingua comune della nazione la contemporanea varietà fiorentina d’uso colto, senza tenere nel debito conto l’italiano della tradizione, suscitò una fitta contesa fra sostenitori, oppositori e conciliatori (Migliorini 51978, 544 ss.; De Mauro 21970, 325 ss.; Vitale 21978, 447 ss.; Marazzini 1999, 161 ss.). Questa comunque contribuì a spostare lo storico dibattito sulla lingua dalla tradizionale dimensione letteraria a quella sociale della comunicazione pratica (Vitale 21978, 442). E mentre ebbero esiti mediocri le realizzazioni lessicografiche auspicate dal Manzoni, cioè il Novo vocabolario della lingua italiana secondo l’uso di Firenze (Firenze, 1870–97) e, dopo il 1890, i dizionari dialettali (Barozzi 1981; Poggi Salani 1995; cf. anche De Mauro 21970, 359), nella scuola il modello manzoniano della viva toscanità contemporanea circolò largamente, anche con il sostegno dell’editoria; esso tuttavia non riuscì a scalfire il primato dell’italiano tradizionale che, con il trascorrere degli anni, da una parte andava abbandonando le vecchie propensioni arcaizzanti e dall’altra si apriva, nel rispetto della norma, a soluzioni linguistiche medie. Il dialetto però vi fu combattuto o tutt’al più sfruttato come sus-
sidio per l’apprendimento dell’italiano (Raicich 1966; De Mauro 21970; Còveri 1981/82; cf. anche De Blasi 1993, 403 ss.). 3.2. Dopo l’unificazione nazionale si procedette alla normalizzazione dell’italiano pubblico in due fitti e vistosi settori della toponomastica, spesso cancellando preziose attestazioni idiomatiche della millenaria frammentazione linguistica e amministrativa dell’Italia. Innanzitutto furono modificati numerosi nomi di comuni, specialmente nei primordi (quasi 1200 nel biennio 1862– 63): di solito allo scopo di eliminare le omonimie, per cui ad es. ben 15 Castiglione si differenziarono, mediante determinazioni di vario tipo, in C. Cosentino, C. d’Adda, C. d’Asti, C. di Sicilia, C. a Casàuria, C. dei Pèpoli, C. dei Genovesi e così via; ma talora anche per ragioni di gusto passando da Canemorto a Orvinio, oppure celebrative passando da Molo a Porto Empedocle (cf. Caffarelli / Raffaelli 1999). Inoltre fu promossa, a partire dal 1865, la sistematica denominazione delle vie e delle piazze; di solito esse conservarono, previa eventuale italianizzazione, i vecchi nomi, spesso secolari, suggeriti da caratteristiche e vicende ambientali e trasmessi oralmente in forma per lo più dialettale; molte ebbero invece nomi celebrativi delle glorie nazionali, come Giuseppe Garibaldi per la politica o Dante Alighieri per la cultura (cf. Raffaelli 1996). Da segnalare inoltre il primo provvedimento legislativo dell’Italia unita in materia linguistica: l’imposizione di una speciale tassa (legge 14. 6. 1874, n. 2185) sulle insegne e analoghe scritte commerciali in lingua straniera (cf. Raffaelli 1983, 24 ss.).
4.
La politica linguistica del fascismo
4.1. Il periodo dittatoriale nel quale Benito Mussolini ha governato l’Italia (1922–43) appare caratterizzato da una politica linguistica non sistematica e nemmeno rigorosa, ma in compenso sostenuta da un forte appoggio statale. Principio animatore fondamentale di tale politica fu la tradizionale connessione fra unità della lingua e unità della nazione. Altrettanto incisivi furono però alcuni princìpi nuovi, che dal nazionalismo d’inizio del secolo passarono al fascismo; in particolare, quello d’un uso della lingua come strumento d’indottrinamento del cittadino, come forma di rivalsa contro lo straniero e come mezzo di espansionismo
1466 culturale e ideologico. Abbondarono perciò gli interventi relativi al sostegno e alla diffusione del corretto italiano, all’emarginazione dei dialetti, alla repressione di certe lingue minoritarie, all’eliminazione dei forestierismi (principali studi complessivi: Simonini 1976, 140 ss.; 1978, 189 ss.; Foresti 1977; Raffaelli 1983; Parlare fascista 1984; Klein 1986). E nuovi furono anche i metodi per attuarli: a un triennio iniziale, nel quale furono presi provvedimenti normativi già auspicati nel primo quindicennio del secolo dai nazionalisti (cf. Raffaelli 1983, 39 ss.), seguì una seconda fase, caratterizzata dal tentativo di ottenere la disciplinata adesione ideologica dei cittadini con la persuasione, mediante campagne propagandistiche di stampa e mediante il reclutamento di istituzioni e di specialisti autorevoli; infine, rivelatosi irrealizzabile il progetto fascista di formare italiani ‘nuovi’, dopo la conquista dell’Africa Orientale Italiana (1936) si passò alla costrizione, ricorrendo a una serie di leggi e di altre prescrizioni vincolanti. 4.2. Allo scopo di agevolare la conoscenza e l’uso della lingua nazionale, il fascismo si giovò specialmente del tradizionale apporto capillare della scuola, come pure degli strumenti di comunicazione di massa che esso controllava, quali la radiofonia e il cinematografo, oltre che la stampa (sulle istruzioni ad essa impartite dalle autorità politiche, cf. Simonini 1978, 191 ss.; Raffaelli 1997b). L’apparato scolastico fu tenuto in grande considerazione, come confermano la riforma Gentile (legge 1. 10. 1923, n. 2185) e la Carta della Scuola (1939) di Giuseppe Bottai, ministro dell’Educazione Nazionale, anche perché essa serviva a modellare ideologicamente le nuove generazioni. Nei suoi programmi si continuò a proporre un italiano irreprensibile. Anche la radio, nata nel 1924, cercò di attenersi a un italiano rispettoso della norma, ma di solito non elevato; una duratura influenza ebbe un suo programma settimanale animato da Giulio Bertoni (La lingua d’Italia, marzo–settembre 1938), che impartì agli ascoltatori chiarimenti su dubbi soprattutto fonetici e grammaticali: esso infatti diede origine al Prontuario di pronunzia e di ortografia (1939) di Bertoni e Francesco A. Ugolini, che suggerì con successo per decenni, specialmente ad annunciatori radiofonici, attori e conferenzieri, una pronuncia basata sull’‘asse Roma– Firenze’, così detto perché nei casi di diver-
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genza fonetica tra le due città concedeva, per riguardo anche politico, la priorità a Roma (Raffaelli 1997a). Il cinema, e soprattutto quello straniero obbligatoriamente doppiato in Italia in corretto italiano da personale tecnico e artistico nazionale (decreto-legge 7. 10. 1933, n. 1414), fu per molti spettatori un’efficace scuola di lingua (Raffaelli 2001, 890 ss.). In ambito toponomastico il regime fascista, attuando le richieste di cultori di storia soprattutto locale, frenò con disposizioni legislative (decreto 10. 5. 1923, n. 1158; legge 23. 6. 1927, n. 1188) l’ostinata consuetudine delle amministrazioni comunali di cancellare vecchi nomi di strade e piazze, per fare luogo a denominazioni per lo più politiche. Provvide pure, in occasione del riassetto territoriale di molti comuni, a modificare, specialmente nel triennio 1927–29 (cf. Caffarelli / Raffaelli 1999), oltre mille nuovi toponimi: così, da Corvara in Badia a Ladinia nel 1925 (e di nuovo a Corvara in Badia nel 1938). Inoltre, alimentando la goffa identificazione, in quel periodo, tra la Roma antica e quella mussoliniana, foggiò numerosi nomi latineggianti, tipo Mussolinia (1930) oggi Arborea, o Littoria (1932) oggi Latina. 4.3. Il dialetto negli anni del fascismo fu combattuto nell’ambito scolastico per esigenze didattiche e in quello pubblico per motivi ideologici. Mentre dapprima, con la riforma Gentile del 1923, esso fu strumentalmente ammesso nell’insegnamento primario per facilitare l’apprendimento della lingua nazionale, prevalse come già in passato la radicata opinione che compromettesse il corretto apprendimento dell’italiano e fu rigorosamente bandito dalle aule (Còveri 1981/82). Il regime fascista ostacolò, dal 1931 in poi, la circolazione pubblica del dialetto, specialmente nella stampa e al cinema, per timore che alimentasse il regionalismo; tuttavia, temendo di perdere il consenso delle masse quasi esclusivamente dialettofone, applicò i divieti con permissività, specialmente nei drammatici anni di guerra (sulla stampa cf. Manlio Cortelazzo 1984; Klein / Baiano 1994; Raffaelli 1997b; sul cinema cf. Raffaelli 1992, 79 ss.). 4.4. In seguito alla prima guerra mondiale, finita nel 1918, l’Italia estese i propri confini settentrionali, includendo anche popolazioni alloglotte: circa 200.000 tedescofoni, nel territorio chiamato allora, con denomina-
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zione napoleonica, Alto Adige, e circa 70.000 slavofoni nella Venezia Giulia. Per un primo quadriennio in ambedue le aree furono adottati isolati provvedimenti governativi a favore dell’italiano, per es. nella scuola (Klein 1986, 71). Tuttavia i governanti mostrarono un sostanziale rispetto verso le istituzioni locali e in particolare una netta riluttanza a imporre cambiamenti linguistici, quale l’apposizione obbligatoria, propugnata da Ettore Tolomei per l’Alto Adige, di toponimi e di scritte commerciali nella lingua nazionale (Raffaelli 1983, 94 ss.). Invece, salito al potere Mussolini, iniziò l’esecuzione pianificata del progetto nazionalistico e fascista d’integrazione forzata dell’Alto Adige e della Venezia Giulia, da realizzarsi anche mediante la repressione linguistica (Klein 1986). Già verso il 1926 poteva dirsi completata l’emarginazione degli idiomi locali: e questo tanto nella sfera pubblica dei rapporti con le istituzioni, della toponomastica e delle scritte esposte, quanto in quella privata della scuola e dell’onomastica famigliare (un accurato repertorio dei testi legislativi e normativi si trova in ib., 165 ss.; cf. anche Addeo 1940). Il ruolo ufficiale dell’italiano fu ribadito già nel corso del 1923 da vari testi legislativi e normativi, specialmente da parte dello zelante prefetto della Venezia Tridentina, Giuseppe Guadagnini (Klein 1986, 103 ss.), che con un’ordinanza (28. 10. 1923, n. 1796) stabilì che nella sua provincia, includente anche l’Alto Adige fino all’inizio del 1927, «la lingua d’ufficio» dovesse essere «soltanto italiana» (Raffaelli 1983, 116). Nelle scuole, dopo l’iniziale obbligo (1923) dell’italiano come lingua d’insegnamento e il divieto dello studio di lingue diverse da quella nazionale, si passò alla soppressione dell’insegnamento delle lingue minoritarie (decreto-legge 22. 11. 1925, n. 2191). Assunse un rilievo tutto particolare, nei territori alloglotti, il decreto legge (15. 10. 1925) che imponeva l’uso «della lingua italiana in tutti gli uffici giudiziari del Regno». Anche le insegne e gli avvisi pubblici, nelle zone tedescofone, dovevano figurare (decreto prefettizio del 28. 10. 1923, n. 14718) «esclusivamente nella lingua ufficiale dello Stato» (cf. ib.). Una vistosa alterazione della fisionomia toponomastica alloglotta produsse l’imposizione (decreto 29. 3. 1923, n. 800) di nomi italiani ai comuni e ad altri centri abitati delle due regioni: quelli altoatestini coincisero con le proposte, d’ispirazione irredentistica e scientificamente discutibili,
1467 che Ettore Tolomei aveva cominciato ad avanzare fino dal 1906 (cf. Kramer 1981, 176 ss.; 1985; Klein 1986, 95 ss.). Sulla stessa linea, ai cognomi tedeschi e slavi di presunta origine italiana fu data nella Venezia Tridentina (decreto 10. 1. 1926, n. 17) e nelle altre nuove province (decreto 7. 4. 1927, n. 494) forma italiana (Klein 1986, 94 s.; Parovel 1985); un decreto prefettizio (16. 11. 1927, n. 7622) vietò poi in Alto Adige di usare il tedesco sulle tombe. Soltanto nella Valle d’Aosta la toponomastica francese venne tollerata a lungo ma infine, verso il 1938, fu anch’essa largamente italianizzata (Omezzoli 1974). 4.5. La lotta contro la presenza ‘abusiva’, in testi italiani specialmente pubblici, di forestierismi non adattati, che i nazionalisti avevano iniziata per motivi di prestigio politico già all’inizio del secolo, ottenendo un’autorevole condanna delle insegne straniere (circolare del ministro Luigi Rava, 19. 12. 1905) e provvedimenti fiscali contro il proliferare di scritte commerciali in lingua tedesca nelle località turistiche del Lago di Garda (Raffaelli 1983, 39 ss.), costituì il tema dominante e caratteristico della politica linguistica del fascismo. Essa fu condotta con ostinazione lungo tutto il ventennio dagli organismi politici, sfruttando soprattutto il capillare sostegno propagandistico della stampa e coinvolgendo anche prestigiose istituzioni culturali, come la Società Nazionale Dante Alighieri, costituita (1889) in difesa dell’italianità soprattutto all’estero (ib., 39 ss.; 117 ss.), e come l’Accademia d’Italia (attiva dal 1929). Questo purismo, non più di tradizionale ispirazione retorico-estetica ma schiettamente ideologico, produsse una legislazione punitiva sempre più greve contro il ‘servile’ impiego di forestierismi nelle insegne commerciali (cf. decreti 11. 2. 1923, n. 352, e 9. 9. 1937, n. 1769), che si concluse, nell’esasperato clima xenofobo e autarchico del tempo di guerra, con il divieto di esibire parole straniere sia «nelle intestazioni delle ditte industriali o commerciali e delle attività professionali», sia «nelle insegne» e in ogni altra forma di pubblicità (legge 23. 12. 1940, n. 2042); allora l’Accademia d’Italia, incaricata d’italianizzare i forestierismi in uso (legge 26. 3. 1942, n. 720), elaborò in un biennio (1941–43) circa 1.500 prescrizioni (Klein 1981; Raffaelli 1983, 193 ss.; Cicioni 1984; Klein 1986, 111 ss.), seguendo però criteri di scelta non uniformi, come l’adatta-
1468 mento grafico (da kaki a cachi) o fonomorfologico (da festival a festivale), la traduzione (da Leitmotiv a motivo conduttore), la ripresa di parole semanticamente modificate (da cocktail ad arlecchino), la neoformazione (da lever de rideau ad avanspettacolo). Finita la guerra però quasi tutte le decisioni dell’Accademia caddero in dimenticanza. Frutto d’esasperata xenofobia fu pure la proibizione di attribuire nome straniero ai locali di pubblico spettacolo (decreto 5. 12. 1938, n. 2172) e ai neonati di nazionalità italiana (art. 72 del nuovo Ordinamento dello stato civile, emanato con decreto 6. 7. 1939, n. 1238). Fu animato da spirito non solo antiborghese, ma anche puristico, il divieto ai fascisti ed ai dipendenti statali (febbraio– aprile 1938) di usare il pronome reverenziale Lei, di presunta origine spagnola (Simonini 1976, 153 ss.; 1978, 211 ss.; Raffaelli 1993).
5.
Libertà di lingua
5.1. Dopo il ristabilimento della democrazia nel 1945, l’azione linguistica dello Stato si è ispirata ai due principi della libertà di lingua e dell’eguaglianza fra le lingue, che sono sanciti dagli artt. 3 e 6 della Costituzione della Repubblica Italiana (1948). La loro adozione però è sfociata in due orientamenti divergenti. Da una parte si è sviluppata una cospicua attività legislativa. Essa ha curato di tutelare soprattutto le popolazioni tedescofone dell’Alto Adige-Südtirol, francofone della Valle d’Aosta e slavofone del Friuli-Venezia Giulia, assicurando alle loro lingue la parità con quella italiana, nel contesto dell’attribuzione dello statuto speciale (1948) alle regioni delle prime due (Fiorelli 1948a e 1948b; Pizzorusso 1975), e in forza di convenzioni internazionali (1954 e 1975) a favore della terza. Inoltre, specialmente in anni recenti, sia è legiferato sulla difesa e sulla promozione di altre varietà, per iniziativa di regioni a statuto sia speciale, come la Sardegna (cf. 6.3.), sia ordinario, come il Veneto o il Piemonte (Michele Cortelazzo 1988; su aspetti e problemi delle lingue minoritarie, specialmente dopo il 1945, cf. Telmon 1992, e alcuni contributi raccolti in Bruni 1992 e in SLIE 3, 1994). All’opposto, il culto della libertà sembra avere alimentato, forse per reazione al dirigismo d’epoca fascista, atteggiamenti di disimpegno verso la sorte del patrimonio linguistico italiano. Ne dà conferma la carenza di provvedimenti legislativi di grande respiro. A parte quelli
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
d’ambito soprattutto industriale o amministrativo, cioè volti a tutelare denominazioni di prodotti e apparecchiature, oppure a sancire innovazioni toponomastiche (in particolare sulla disciplina degli odonimi: cf. l’aggiornata rassegna in Mastrelli 1998), si possono segnalare soltanto due testi abrogativi di norme giuridiche promulgate in epoca fascista: un decreto luogotenenziale emesso da Umberto di Savoia (26. 4. 1946, n. 343), che abolì la legge del 1940 contro i forestierismi; e una tardiva legge (31. 10. 1966, n. 935), che annullò il divieto del 1939 di attribuire nomi stranieri a neonati italiani, e che concesse alle minoranze linguistiche l’adozione, nelle trascrizioni anagrafiche, delle lettere j, k, x, y, w e delle altre lettere corredate di eventuali segni diacritici. Tuttavia, dopo una lunga stasi, negli anni ottanta gli apparati statali hanno fornito qualche indicazione orientativa. Nel 1986 la Commissione nazionale per la realizzazione della parità tra uomo e donna presso la Presidenza del Consiglio dei Ministri, allo scopo di eliminare gli «stereotipi sessisti del linguaggio», ha proposto, con successo peraltro incerto, innovazioni che miravano a riformare alcune strutture morfologiche e semantiche dell’italiano, come ad es. le regole di formazione del femminile dei nomi di mestieri e professioni o l’uso del solo maschile riferito a popoli e gruppi (cf. Sabatini 1987; Michele Cortelazzo 1988, 308). Di lì a poco il Dipartimento per la funzione pubblica presso la Presidenza del Consiglio dei Ministri ha emanato, nel solco d’una tradizione risalente al Regno Italico (Fiorelli 1994a, 597), un Codice di stile (1993) contenente proposte di semplificazione del linguaggio burocratico (cf. Piemontese 1998). 5.2. Il repertorio linguistico degli italiani è molto cambiato, dopo il 1945, sotto l’impulso di ben noti fattori sociali e culturali, quali le migrazioni interne ed esterne, l’industrializzazione, l’inurbamento, l’estesa e prolungata scolarizzazione e le comunicazioni di massa. Tra le novità maggiori vanno segnalate da una parte la contrazione dell’uso dei dialetti, e comunque l’incontenibile stemperamento delle loro peculiarità idiomatiche, e dall’altra l’estendersi dell’uso di varietà locali d’italiano anche in ambito famigliare. Oggi pertanto può dirsi vicina a compiersi, dopo quella scritta, una nuova unificazione linguistica nazionale, che riguarda la comunicazione orale, e che peraltro finora sta av-
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venendo in maniera incalzante e pressoché indisciplinata. Un contributo notevole alla normalizzazione dell’italiano fornisce comunque la scuola che, pur rimanendo sostanzialmente fedele alla tradizione, da una parte tende a rifiutare le scelte elevate, di vieta ascendenza libresca, dall’altra cerca di studiare e valorizzare le varietà e i suoi differenti usi (De Blasi 1993, 420 ss.). Anche la radio e la televisione hanno agito in questo senso, specialmente nel periodo di monopolio dell’ente statale Radio Audizioni Italiane (fino verso il 1975), durante il quale di solito i programmi continuarono a diffondere un italiano non elevato, ma sostanzialmente corretto (cf. De Mauro 21970, 430 ss.). La proliferazione di emittenti radiofoniche e televisive private, negli anni settanta e ottanta, ha interrotto il monopolio statale e ha concesso talora libero campo a un parlato poco rispettoso della lingua nazionale (sull’italiano alla radio si vedano parecchi contributi in Gli italiani trasmessi 1997). Dagli anni novanta però la ricerca d’una lingua stabile e prestigiosa ha favorito l’abituale ricorso a quella recente varietà sovraregionale d’italiano, che i mezzi di comunicazione di massa contribuiscono a rielaborare e soprattutto a diffondere.
6.
Il Sardo
6.1. Il sardo è una lingua romanza, anticamente diffusa in tutta la Sardegna nell’espressione orale. Esso risulta attestato già dal XII sec. in documenti scritti di carattere pubblico, che sottostanno a convenzioni normalizzanti. Da allora, rivolgimenti d’importanza storica hanno influito in maniera determinante sui mutamenti sia nella struttura sia nella distribuzione territoriale del ventaglio articolato (e controverso) delle sue varietà. Eventi fondamentali per il loro influsso anche linguistico sono stati, in particolare, dapprima (XI sec.) la penetrazione economica e politica di Genova e soprattutto di Pisa, come documentano anche, dal XIII sec., i testi in pisano. Seguì la secolare presenza iberica nell’isola, che portò inizialmente il catalano (1324), dando così fra l’altro origine (1354) all’isola alloglotta di Alghero, e poi, dal 1479, il castigliano. Avvenne infine, dopo un breve e irrilevante dominio austriaco, l’annessione dell’intera Sardegna, nel 1718, allo Stato dei Savoia (su tutta la movimentata storia linguistica isolana, cf. Wagner 1951; Blasco Ferrer 1988; Loi Corvetto 1992).
1469 6.2. Il sardo non sembra aver subito in epoca medievale deliberati ed espliciti condizionamenti d’autorità; e anche in seguito è stato oggetto di attenzioni episodiche e strumentali. Tra Cinquecento e Seicento fu proposto da parte spagnola, col preciso intento di cancellare la memoria dell’italiano, che gli statuti di Iglesias e di Bosa e i capitoli della città di Sassari fossero tradotti in catalano o, appunto, in sardo (Loi Corvetto 1992, 897). L’annessione allo Stato sabaudo non produsse mutamenti immediati nell’assetto linguistico dell’isola, in quanto il re Vittorio Amedeo II favorì l’uso pubblico dell’italiano, mirando però a sostituirlo in maniera spontanea e graduale allo spagnolo, soprattutto per mezzo della predicazione e dell’istruzione. Nel 1760 però il ministro Giambattista Bogino passò, per esigenze soprattutto amministrative, all’italianizzazione forzata dell’isola, facendo imporre da Carlo Emanuele III , con un regolamento, lo studio e l’uso dell’italiano nelle scuole e il suo impiego nei pubblici uffici, al posto dello spagnolo; e un ruolo considerevole fu assegnato allora al sardo da un regolamento regio, che suggerì di agevolare l’apprendimento e l’insegnamento dell’italiano con l’ausilio non dello spagnolo, ma appunto del sardo (Sole 1984, 107 ss.). Grazie forse anche a quella disposizione didattica, esso continuò in certa misura a conservare una funzione rilevante e un prestigio che fu notevole, come testimoniano sia certa produzione di dizionari e di grammatiche destinati tra fine Settecento e la prima metà dell’Ottocento a scolari e insegnanti sardi, sia la fioritura di testi letterari, specialmente in logudorese (Loi Corvetto 1992, 900 s.). Tra essi spicca, anche per la scelta linguistica (logudorese anziché italiano, con intento forse antisabaudo), il componimento in versi d’ispirazione rivoluzionaria Su patriottu sardu a sos Feudatarios di Franceso Ignazio Mannu (1794–96). Ciò non toglie che la Sardegna, in seguito al passaggio sotto la monarchia sabauda, abbia subito fino verso la metà del Novecento le decisioni di politica linguistica dei governi prima piemontesi e poi nazionali, che privilegiarono l’italiano e relegarono il sardo al ruolo servile di sussidio scolastico per l’apprendimento della lingua nazionale: così in particolare all’inizio del Novecento e soprattutto nell’ultimo decennio dell’epoca fascista (cf. 4.3.), quando fu considerato e trattato alla stregua di semplice varietà dialettale dell’italiano.
1470 6.3. Attualmente il sardo è in Italia la lingua minoritaria che conta il numero di parlanti di gran lunga maggiore (su aspetti e problemi recenti della lingua in Sardegna cf. Argiolas / Serra 2001). Sotto la spinta sia di rivendicazioni separatiste, che furono talora forti fino verso il 1980, sia d’un radicato e diffuso attaccamento alla tradizione anche linguistica, gli organismi politici regionali (in virtù dell’attribuzione alla regione Sardegna dello statuto speciale di autonomia, con legge costituzionale 26. 2. 1948, n. 3) hanno cercato ripetutamente di elaborare una legislazione che gli attribuisse il ruolo di lingua ufficiale parificata all’italiano e che disciplinasse modi e forme d’intervento pubblico per la sua difesa e per la sua ulteriore espansione. Ma alcune iniziative in tal senso (nel 1978 e nel 1981) non ebbero successo. Ora però è stata emanata un’organica legge regionale (15. 10. 1997, n. 26, entrata in vigore nel 1998), per la «promozione e valorizzazione della cultura e della lingua della Sardegna». In essa sono fondamentali da una parte l’enunciazione del principio della «pari dignità» della lingua sarda «rispetto alla lingua italiana» (art. 2), e dall’altra le istruzioni sui suoi ambiti d’impiego; «potrà essere liberamente usata»: «nelle assemblee e negli altri collegi deliberativi regionali e locali», sia per discutere sia per deliberare, «purché accompagnata, a cura del presidente del collegio, dal corrispondente testo in lingua italiana» (art. 23); «come strumento veicolare» nella scuola, quando si studi la realtà sarda (art. 20); nella «corrispondenza e nelle comunicazioni orali dei cittadini dirette all’Amministrazione regionale e a quelle locali»; può essere usata inoltre nella toponomastica (art. 24), dove «i nomi originari delle località, delle vie, degli edifici e di tutto quanto è significativo nella memoria storica dei Comuni» potranno essere ripristinati «anche mediante l’installazione di cartelli stradali», peraltro in aggiunta «a quelli esistenti in lingua italiana». Gran parte del testo legislativo (artt. 4–22) si occupa dei programmi per la tutela e la promozione del sardo: in particolare, stabilisce la costituzione di un «Osservatorio regionale» (art. 5) e di «Consulte locali» che incrementino «la conoscenza e la valorizzazione della cultura e della lingua sarda, anche nelle sue varianti locali» (art. 8), nonché l’organizzazione di un censimento del «repertorio linguistico dei Sardi» (art. 10); inoltre prevede finanziamenti a sostegno di «concorsi e pre-
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mi per elaborati in prosa, poesia e per canti in lingua sarda», della «pubblicazione di testi audiovisivi» (art. 13) e di «programmi radiofonici e televisivi» (art. 14); infine assegna sussidi alle scuole «di ogni ordine e grado», che «attuino fasi di sperimentazione» didattica incentrate sul bilinguismo in uso nella regione e sulle varietà del sardo (art. 20). Questa importante legge appare tuttavia di difficile applicazione. Le nuoce innanzitutto l’incertezza di fondo sulla nozione stessa di «lingua sarda»: il testo usa anche «dei Sardi», «della Sardegna» (cf. artt. 8, 10, 12, 17, 18); e due volte (artt. 2, 13) pare intendere che essa sia ristretta al campidano e al logudorese (artt. 2, 13). Inoltre la frammentazione linguistica dell’isola sembra ostacolare sia l’attuazione del bilinguismo nella pubblica amministrazione, sia il reperimento di adeguate risorse per progetti di ricerca fittamente diversificati, sia lo studio e l’uso scolastico del sardo, per carenza di personale didattico competente. Anche il ricorso a una koinè isolana, oltretutto inesistente, appare irrealizzabile (Sanna 1979). Le varietà del sardo, quantunque sottoposte da decenni al suggestivo e capillare influsso livellatore della lingua nazionale, presentano tuttora una individualità spiccata e si mostrano largamente vitali, specialmente nella comunicazione orale quotidiana. Però l’italiano, segnato oggi più che in passato da tratti locali, continua a espandersi, come lingua prestigiosa, con un impeto che pare ormai incontenibile.
7.
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Sergio Raffaelli, Roma
128. Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Französisch und Okzitanisch Aménagement linguistique, interventions sur la langue et défense institutionnalisée de la langue: français et occitan 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
1.
Einführende Bemerkungen; methodische Überlegungen; Leitfragen Begriffliche und theoretische Grundlagen Die Entwicklung bis zum 16. Jahrhundert Der Nationalstaat und die Sprache: Institutionalisierte Sprachpflege und sprachnormativer Diskurs im Französischen Ansätze und Schwerpunkte in Sprachpflege und sprachnormativem Diskurs des Okzitanischen Die Situation in den heutigen Sprachräumen Ergebnisse und Desiderata Literatur
Einführende Bemerkungen; methodische Überlegungen; Leitfragen
Sprache(n) als ‘fait social’ in diachroner Perspektive zu untersuchen bedeutet, die drei Parameter Sprache, Gesellschaft und Geschichte in ihrem wechselseitigen Verhältnis zu analysieren. Mit der Darstellung der Sprachplanungs- und Sprachpflegetraditionen des Französischen und Okzitanischen sind demgemäß neben sprachlichen v. a. auch politische, soziokulturelle und
psychologische Faktoren (Sprecherbewusstsein) verbunden. Die je charakteristische Form der Sprachpflege und des sprachnormativen Diskurses erschließt sich über die Fragen nach Status und Prestige der beiden Sprachen, Umfang und Form ihrer schriftlichen Verwendung sowie, damit zusammenhängend, dem Grad ihrer Normierung; auch die Rolle der jeweils anderen Sprache in der Sprachpflege bzw. -politik ist zu berücksichtigen. Dabei sind im Sinne der Vertikalisierung der Sprachgeschichte verschiedene Differenzierungen erforderlich: Welche Sprechergruppen fungieren als Motor bei Normierungs- und Veränderungsprozessen? An welchen Orten setzen diese ein, und in welcher Form (mündlich / schriftlich; Textsorten)?
2.
Begriffliche und theoretische Grundlagen
Der Begriff ‘Sprachplanung’ ist seit seiner Einführung in zahlreichen Publikationen diskutiert und modifiziert worden. Er wird im vorliegenden Beitrag ausgehend von Haugen
128. Sprachplanung und -pflege: Französisch und Okzitanisch
(1959; 1983; 1987), Tauli (1968, 27) und Fishman (1987, 409) in der von Cooper (1989) vorgeschlagenen weitgefassten Definition als Sammelbegriff für jede Aktivität verwendet, die bewusst und zielgerichtet eine Steuerung sprachlicher Entwicklung anstrebt: «Language planning refers to deliberate efforts to influence the behaviour of others with respect to the acquisition, structure, or functional allocation of their languages codes» (Cooper 1989, 45; im Orig. kursiv; cf. auch 30–45).
Sprachplanung ist also zunächst nicht eingeschränkt auf eine bestimmte agierende Instanz; sie kann von staatlichen, offiziellen, offiziösen oder auch privaten Stellen ausgehen. Ebensowenig ist die Zielgruppe oder die genaue Natur des Einflusses festgelegt. Innerhalb dieses Gesamtbereichs ist eine weitere Strukturierung nach verschiedenen Gesichtspunkten möglich. Steht, wie auch im gegebenen Zusammenhang, ausdrücklich die Kultivierung eines bereits bestehenden Kommunikationssystems mit dem Ziel der Modifikation und des Ausbaus im Mittelpunkt (z. B. Lebsanft 1997; cf. auch Coulmas 1985, 260), soll dies als ‘Sprachpflege’ bezeichnet werden. Die Neuschaffung eines Kommunikationssystems bildet in diachroner Sicht eine Etappe innerhalb dieses Prozesses. Sprachpflege kann sich auf eine Sprache als Ganzes bzw. ihren Status beziehen oder auf die sprachliche Form selbst, beispielsweise die Orthographie oder das Lexikon sowie Regeln oder Konventionen der Kommunikation. Im ersten Fall kann mit Kloss (1969, 81) von ‘Statusplanung’ (status planning), im zweiten von ‘Korpusplanung’ (corpus planning) gesprochen werden, oder mit Calvet (1996, 64 ss.; 88 ss.) von «l’action sur la langue (le corpus)» und «l’action sur les langues (le statut)». Die ‘Sprachlenkung’ schließlich kann als ein spezifischer Steuerungsprozess im Rahmen sprachpflegerischer Tätigkeit angesehen werden, der sich auf den Aspekt der Korpusplanung bezieht. Mit diesem Begriff wird hier die Einflussnahme auf den öffentlichen Sprachgebrauch bezeichnet, z. B. durch Legislation (Schmitt 1990), wobei meist spezifische Interessen (Weinstein 1987) oder Ideologien bestimmter sozialer Gruppen im Vordergrund stehen. In der französischen Terminologie lässt sich neben planification linguistique eine zunehmend Dominanz der Begriffe aménagement und neuerdings
1473
auch ingénierie linguistique beobachten. Darüber hinaus findet sich neben dem aus der katalanischen bzw. okzitanischen Soziolinguistik (z. B. Teulat 1975) stammenden Terminus normalisation linguistique der Ausdruck politique linguistique, in der Regel weitgehend gleichzusetzen mit dem deutschen ‘Sprachpolitik’ (anders Calvet 1996, 20; 282). Der u. a. von Guespin / Marcellesi (1986) verwendete Ausdruck glottopolitique kennt keine nennenswerte Verbreitung.
Für alle sprachplanerischen Aktivitäten gilt im Idealfall, dass sie an kommunikativen Aspekten orientiert sein sollten. Unter diesem Aspekt lassen sich sowohl vom systemlinguistischen als auch vom pragmatischen Standpunkt einzelne sprachliche Einheiten bewerten (Tauli 1968, 10 s.; Schmitt 1979b, 13 ss.); sie erweisen sich für eine gelungene Kommunikation als mehr oder weniger förderlich. Doch in den seltensten Fällen orientierten bzw. orientieren sich regulierende Eingriffe in Sprache(n) allein an kommunikativen Argumenten; als ausschlaggebend erweisen sich vielmehr regelmäßig ideologische, machtpolitische und prestigebegründete Motive (Schmitt 1990, 354 ss.; Calvet 1986, 37), deren Gewichtung je nach der aktuell sprachpflegerisch handelnden Instanz unterschiedlich ist. Als eine solche Instanz kann grundsätzlich jede soziale Gruppe fungieren, soweit sie innerhalb einer Sprachgemeinschaft über gewisse Einflussmöglichkeiten verfügt. Mit Muller (1985, 285 ss.) lassen sich hier drei Gruppen ausmachen: erstens Grammatiker und Lexikographen, zweitens offizielle und halboffizielle Instanzen, sowie drittens der Staat im engeren Sinne. Die Art der jeweils praktizierten Maßnahmen ist in Relation zu den Akteuren zu sehen. Wenngleich die ‘Eliten’ der ersten und zweiten Kategorie (Weinstein 1987, 51–56; Cooper 1989, 183, bes. n° 4–10) eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Verfestigung oder Kritik sprachlicher Standards spielen (cf. Lebsanft 1997; → Art. 125– 127; 129), stellen vom Standpunkt der Effektivität offizielle bzw. staatliche Institutionen die wichtigsten Akteure der Sprachpflege dar, da sie zwar nicht notwendigerweise über uneingeschränktes Ansehen, doch über die nötigen machtpolitischen Mittel zur Durchsetzung ihrer Positionen verfügen. Das Konzept des Nationalstaats in Europa ist seit seiner Entstehung geprägt durch die Kopplung der politischen an die sprachliche Einheit (Lapierre 1988, 16–28; Schmitt 1988). Eine solchermaßen zur «affaire d’Etat» (ib., 37 s.)
1474 erklärte Sprache nimmt neben weiteren Sprachen innerhalb eines Staates eine privilegierte Position ein; als Standardsprache (Winkelmann 1990b, 334 s.) ist sie anderen diatopischen und diastratischen Varietäten einer Sprachgemeinschaft übergeordnet. Die über eine Sprachgemeinschaft hinausgehende Bindung von Sprachpflege an den Nationalstaat und die Entwicklung eines entsprechenden institutionellen Instrumentariums stellt einen – wenn nicht den – wesentlichen Faktor innerhalb der Sprachplanungstraditionen einer Sprachgemeinschaft und der daraus resultierenden Entwicklung einer historischen Einzelsprache dar. Der Fall des Französischen und, damit zusammenhängend, des Okzitanischen kann in dieser Hinsicht als exemplarisch gelten. Sprachpflege geschieht auf der Grundlage von Sprachnormen; ihr erklärtes Ziel besteht im Schaffen, Erreichen oder Erhalten eines bestimmten normativ gesetzten Standards (Moser 1967, 38 s.; 53–56). Die Wahl einer Norm birgt in der Regel Konfliktpotential, denn sie impliziert die Aufwertung einer bestimmten Sprache / Sprachform und die Abwertung einer oder mehrerer anderer. Dies gilt auf interlingualer (z. B. die Konfliktsituation zwischen dem Französischen und dem Okzitanischen; u. a. Boyer 1991, 15–201; Gardy / Lafont 1981; Sérant 1965, 189–219) wie auf intralingualer Ebene (z. B. die innerokzitanische Normproblematik; u. a. Taupiac 1993; Guillorel / Sibille 1993, 251–271; Sauzet 1989). Das Fehlen einer weithin akzeptierten Norm kann, wie der Fall des Okzitanischen zeigt, eine Ursache für die mangelnde Effizienz sprachpflegerischer Aktivitäten darstellen. Im Zusammenhang mit den verschiedenen Aspekten des normativen Kontinuums (Muller 1985, 263–284; Gloy 1980, 363) wird häufig die wichtige Instanz des Sprecherbewusstseins zu wenig berücksichtigt. Gerade die hier behandelte Frage zeigt jedoch, dass die Einstellung zu und die Bewertung der eigenen Sprache maßgebliche Faktoren darstellen. Die Bewertung ist dabei nicht, wie oft vertreten, als der sprachpflegerischen Aktivität vorausgehend anzunehmen (Beinke 1990, 101–105; Dieckmann 1980, 510 s.), sondern als dynamisches Moment, das im Sprachpflegeprozess immer wieder aktiviert und u. U. durch diesen modifiziert wird. In jedem Fall sind Sprachnormen als Sonderfall sozialer Normen und die mit ihnen verbundenen Bewertungsprozesse in Relation zu
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
setzen zu den historisch-soziokulturellen Rahmenbedingungen, in denen sie entstanden sind und in denen sie gelten. Die spezifische Situation des Französischen und Okzitanischen wird von der neueren katalanischen und okzitanischen Schule, im Unterschied zur amerikanischen Soziolinguistik (Ferguson 1959; Fishman 1967), zunehmend als Verteilung mit Konfliktcharakter charakterisiert (z. B. Couderc 1976; Gardy / Lafont 1981; Kremnitz 1981; 1991a; Lafont 1979; Boyer 1986; 1991, 73 ss.). Dieses «fonctionnement diglossique» (z. B. Lafont 1979, 505; Gardy / Lafont 1981,76 ss.) bzw. dieser «conflit diglossique» (etwa Boyer 1986, 38; Kremnitz 1981) entsteht aus dem Aufeinandertreffen einer «langue dominante» und einer «langue dominée» (auch «minoritaire» / «minorée»; z. B. Boyer 1986, 34; Marcellesi 1981, 9). Unter diesen Rahmenbedingungen ‘agieren’ beide Sprachen stets mit Bezug auf die andere.
3.
Die Entwicklung bis zum 16. Jahrhundert
Eine volkssprachliche Tradition im okzitanischen Sprachgebiet hat sich relativ früh ausgebildet. Wenngleich der älteste bekannte vollständig in der Volkssprache abgefasste juristische Text erst 1102 und damit deutlich später als das Französische (842) oder das Italienische (960–63) belegt ist – Spuren der Volkssprache in lateinischen Dokumenten finden sich allerdings bereits Ende des 10. Jh. (Bec 1970, 405; Brunel 1926, 1–10) –, bezeugt die Fülle an administrativen Schriftstücken aus der Zeit vor dem 13. Jh., die Brunel (1926) zusammengetragen hat, dass das Okzitanische durchaus seinen festen Platz neben dem traditionell dominierenden Latein hat (Teulat 1994, bes. 929; Martel 1993). Neben dem stark ausgebauten juristischadministrativen Bereich wird das Okzitanische ebenfalls in literarischen Texten, meist religiöser Prägung (Pfister 1970, 313–316), sowie bis zu einem gewissen Grad in nichtliterarischer Prosa und für fachlich-wissenschaftliche Zwecke (Armengaud / Lafont 1979, 397 ss.; Teulat 1975, 4; Bossong 1979, 497) verwendet. Mit Guillaume IX , dem ersten bekannten Troubadour, beginnt die Blütezeit der Troubadourlyrik in okzitanischer Sprache, deren Ausstrahlung bis nach Norditalien und Portugal reicht (Pfister 1970, 312–317; Gleßgen / Pfister 1995, 408 s.). Ins-
128. Sprachplanung und -pflege: Französisch und Okzitanisch
ges. erweist sich das Okzitanische im ausgehenden MA als blühende Sprache, die sich auf schriftlicher Ebene – neben dem weiterhin gebrauchten Latein – fest etabliert hat. Doch obwohl gewisse überregionale Konvergenztendenzen sowohl in den poetischen Schriften als auch in den juristisch-administrativen Dokumenten erkennbar sind, fehlt ein dominierendes sprachliches Zentrum für den gesamten Sprachraum. Eine begrenzte Ausstrahlungskraft besitzt die Toulouser Region; deutlichen Einfluss dieser Sprachform weisen die gaskognischen Skriptae (mit Ausnahme des Béarn; Armengaud / Lafont 1979, 273) auf. Dieser Einfluss erstreckt sich bis nach Nordspanien und Norditalien. Gleichwohl bleiben die großen dialektalen Zonen erkennbar (Pfister 1970, 308; Gleßgen / Pfister 1995, 407; 410). Insges. wird der Referenzcharakter der toulousanischen Tradition kontrovers beurteilt (dafür z. B. Bec 1970, 400; dagegen z. B. Pfister 1970, 308; Gleßgen / Pfister 1995, bes. 410; kritisch auch Martel 1993, 22 s.). Sinnvoll erscheint es, unter Berücksichtigung der verschiedenen Texttraditionen unterschiedliche Grade und Funktionen der Dialektalität anzunehmen (Gleßgen / Pfister 1995, 410). Die Tendenz zur Volkssprache bzw. zu einem überregionalen Modell ist in jedem Fall nicht das Ergebnis eines bewussten Lenkungs- oder Normierungsprozesses, sondern hat in erster Linie praktische Gründe: Für die wachsende Gruppe des der lateinischen Sprache nicht mächtigen städtischen Bürgertums ist es von herausragender Bedeutung, die für sie wichtigen Dokumente wie Verträge, Testamente etc. zu verstehen (Martel 1993, 22 s.; 27 ss.; Armengaud / Lafont 1979, 271). Die Schreiber bzw. Auftraggeber haben kein Interesse an der genauen Abbildung der lokalen Sprachform; für die Gaskogne ist Toulouse wichtigstes Wirtschafts- und Handelszentrum. Abstrahiert man von den Unterschieden im Detail, ist erkennbar, dass sich, ähnlich wie zunächst im Französischen (Gossen 1957; Pfister 1973; Winkelmann 1990b, 337), eine Norm ohne expliziten sprachnormativen Diskurs entwickelt. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass im Falle des Okzitanischen ein politisches Zentrum fehlt, um diese Tendenzen verfestigen, ausbauen und institutionalisieren zu können. Die Vormachtstellung von Toulouse und das Prestige der Raymond-Dynastie reichen für die dauerhafte Schaffung eines solchen Mittelpunkts nicht aus.
1475
Bereits ab Ende des 12. Jh. entstehen Werke zur okzitanischen Sprache mit normativem Anspruch; es handelt sich um Abhandlungen über die Literatursprache oder grammatische Traktate. Neben den Razos de Trobar von Ra(i)mon Vidal de Besalú (ca. 1190–1213), in denen die lenga lemosina als Vorbild empfohlen wird (Schlieben-Lange 1991, 106), dem Donatz Proensals von Uc Faidit (ca. 1240), einer meist getreuen Übertragung der Ars Minor von Donat auf die Volkssprache (Marshall 1969, 66–78; Schlieben-Lange 1991, 106) und den Regles de Trobar von Jofre de Foixà (zwischen 1286 und 1291, mit ausdrücklichem Bezug auf die Razos) stellen die Leys d’Amors (1332–56) von Guilhem Molinier das bedeutendste Werk dar (Lafont 1966; Kremnitz 1974, 96 s.; Armengaud / Lafont 1979, 395 ss.). Das starke Sprachbewusstsein des Autors zeigt sich u. a. darin, dass er die Lenga d’Oc von ‘fremden’ Sprachformen, auch vom Französischen, abgrenzt: «Et appelam lengatge estranh: frances, engles, espanhol, gasco, lombart, navares, aragones e granre d’autres» (zit. nach Lafont 1966, 25). Die Leys vertreten – nicht ohne politischen Hintergrund – eine Kodifikation auf der Grundlage der Sprachform von Toulouse (ib., 41–48). Wenngleich von ihnen eine gewisse Ausstrahlung ausgegangen sein dürfte, müssen sie insges. in ihrem normativen Anspruch als gescheitert gelten (ib., 48–52). Die neue politische Situation seit den Albigenserkriegen (Vedel 1971, 86 ss.) hat zunächst wenig direkte Auswirkungen auf den Status der okzitanischen Sprache. Für die Verwaltung benutzt die französische Krone das Latein; es gibt kein Anzeichen dafür, dass sie gegen den schriftlichen Gebrauch des Okzitanischen vorgeht (Brun [1923b] 1973, 15 s.; Armengaud / Lafont 1979, 395), im Gegenteil: Sie scheint die lokalen Sprachformen zu akzeptieren, und als die Position des Lateins zunehmend geschwächt wird, profitieren diese davon – für kurze Zeit. «A partir du XIVe siècle, en effet, les textes en langue d’oc pullulent, et ils se multiplient à mesure qu’on approche de 1500. […] Les Coutumes, Statuts et Privilèges entre le XIII e et le XVI e siècle, sont très souvent rédigés en roman, ou, si le texte primitif est latin, ils sont traduits, in vulgari, in romantio» (Brun [1923b] 1973, 19 s.).
Lediglich in Grenzgebieten kann das Französische in dieser Zeit Fuß fassen (ib., 32–71).
1476
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Der Nationalstaat und die Sprache: Institutionalisierte Sprachpflege und sprachnormativer Diskurs im Französischen
tralgewalt und die Konstituierung eines straffen Verwaltungsapparates schaffen die materiellen Voraussetzungen, von denen das Französische in den folgenden Jahren bzw. Jahrhunderten profitieren sollte.
4.1. Vom Konzil von Tours zu den ersten königlichen Spracherlassen Von einer institutionalisierten Sprachpflege des Französischen kann im MA sicher nicht gesprochen werden, doch führt die offensichtliche Unkenntnis des Lateins (Lot 1931, 104–107) bereits ab dem 9. Jh. zu Versuchen, die Verwendung von Sakral- und Volkssprache in der kirchlichen Praxis zu reglementieren. Das Dokument, das sich am deutlichsten für die Verwendung der rustica Romana lingua ausspricht und damit dessen wichtige Rolle unterstreicht, ist der bekannte Absatz 17 der Beschlüsse des Konzils von Tours (813; Text z. B. bei Lot 1931, 105); vergleichbare Aussagen finden sich in den Dokumenten weiterer Konzile desselben Jahres (cf. ib., Fn. 2). Zwar bleibt die dominierende Position des Lateins zunächst unangefochten (Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 190), doch das somit ‘offizialisierte’ Konkurrenzverhältnis von diesem und der Volkssprache sollte sich in den folgenden Jahrhunderten mehr und mehr zugunsten der letzteren verschieben. Ab Mitte des 13. Jh. ist die Position des Französischen (zur innerfranzösischen Normierungsentwicklung cf. z. B. Winkelmann 1990b, 337; Pfister 1973) als Urkundensprache gefestigt; bis zum Hundertjährigen Krieg wird sie systematisch ausgebaut (Gossen 1957, 432– 436; HLF 2, 27–32). Das Ende des Hundertjährigen Krieges markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Kräfteverhältnis der französischen und okzitanischen Sprache. Die neu eingerichteten parlements in Toulouse (1444), Bordeaux (1462) und Aix-en-Provence (1501) verwenden, mit Ausnahme von Grenoble (1455), für ihre Schriftstücke das Französische (Brun [1923b] 1973, 84; Kremnitz 1991b, 69). Ihre Tätigkeit kann de facto als erste sprachregulierende Aktivität gelten, zumal sie als Instanzen der Zentralgewalt eine beträchtliche Machtstellung innehaben. Sie fungieren zudem als Multiplikatoren der französischen Sprache: In ihrem Umkreis bilden sich französische Zirkel; die ersten einheimischen Behörden werden zur Verwendung des Französischen veranlasst. Die voranschreitende territoriale Einigung, die Stärkung der Zen-
4.2. Villers-Cotterêts: Der Beginn der Institutionalisierung In das ausgehende 15. Jh. fallen die ersten königlichen Erlasse zugunsten der französischen Sprache. Zunächst soll in erster Linie das Latein auf offizieller Ebene zurückgedrängt werden: Die Formulierungen in den Verfügungen von Charles VIII (1490: «en langage françois ou maternel»), Louis XII (1510: «en vulgaire et langage du païs»), François I (1533: «dans la langue vulgaire des contractants»; 1535: «en francoys ou a tout le moins en vulgaire dudict pays»; Brun [1923b] 1973, 86–89; Peyre 1933, 12 s., nennt Ansätze bereits bei Louis XI ) stellen als Sprache für juristische Belange die verschiedenen Varianten des Okzitanischen gleichberechtigt neben das Französische. Die ordonnance de Villers-Cotterêts (1539) hebt sich insofern davon ab, als sie das Justizwesen «en langaige maternel françois et non autrement» geregelt sehen will. Die These, nach der dieser Erlass eindeutig gegen die lateinische Sprache gerichtet und die örtlichen Sprachformen gemeinsam mit dem Französischen gegen dieses verteidigt werden sollten (Busquet 1954, 241; Peyre 1933, 84–91; Fiorelli 1950, 277 ss.; Trudeau 1983, 461 ss.), ist jedoch ausschließlich bei textimmanenter Auslegung nachvollziehbar. Der Erlass greift in einen bereits im Gange befindlichen Prozess ein, denn in vielen Regionen ist die lokale Sprache im offiziellen Verkehr schon zugunsten des Französischen aufgegeben oder zumindest geschwächt (für eine Ausnahme cf. Klare 1971). Ob tatsächlich Fragen der Verständigung im Mittelpunkt stehen und der Zeitpunkt gänzlich ohne politische Erwägungen gewählt worden ist, ist fraglich: Der Traktat des Claude de Seyssel (1509–59; cf. Brunot 1894; Schmitt 1990, 356 s.) bezeugt, dass man auch unter François Ier in Paris bereits über die Verbindung von politischem Einfluss und Sprache nachgedacht hatte. Wenngleich also die ursprüngliche Intention dieses Erlasses im Dunkeln bleiben muss, so ist das Ergebnis eindeutig: Er wird in der großen Mehrheit der Fälle zugunsten des Französischen verstanden und ausgeführt (Brun [1923b] 1973, 297; 348; 1951, 81 ss.).
4.
128. Sprachplanung und -pflege: Französisch und Okzitanisch Wie königlicherseits mit aufflammendem Protest verfahren wird, verdeutlicht das Zeugnis des Pierre de la Ramée (1572, 49 s.), der berichtet, dass die zum Protest entschlossenen Abgeordneten der Provence so lange mit ihrem Anliegen vertröstet wurden, bis sie es auf Französisch vortragen konnten. Hier manifestiert sich ein Dilemma, das jeden Versuch okzitanischer Sprachpflege fortan kennzeichnet: die stets notwendige Bezugnahme auf den französischen Staat und die langue dominante oder die Beschränkung der sprachpflegerischen Aktivitäten auf unpolitische Randbereiche.
Villers-Cotterêts bedeutet damit innerhalb von relativ kurzer Zeit das Ende des Okzitanischen in der Administration und markiert zugleich den Beginn der für Frankreich typischen Verbindung von Sprachpflege mit politisch-zentralstaatlichen Erwägungen. Das institutionelle Netz wird im 17. Jh. auf verschiedenen Ebenen enger geknüpft. Der 1635 durch Richelieu gegründeten Académie Française, mit dem in Art. 24 der Statuten festgeschriebenen Auftrag, «[…] de travailler avec tout le soin et toute la diligence possible à donner des règles certaines à notre langue et à la rendre pure, éloquente et capable de traiter les arts et les sciences», folgt die Einsetzung lokaler Akademien in Arles, Nîmes, Toulouse, später auch Bordeaux und Marseille, deren Zielvorgabe lautet, wie etwa die lettres patentes der Akademie von Arles (1668) ausführen: «[…] introduire la pureté de la langue françoyse dans une province maritime où le mélange des nations apporte ordinairement la corruption et le changement de langage» (zit. nach Brun [1923b] 1973, 434). Als dem König unterstellte Einrichtungen sollen die regionalen Akademien in erster Linie zur Verbreitung seiner Sprache, der Nationalsprache, beitragen – allerdings nicht immer mit Erfolg (ib., 435–437). Das Sprachpflegeprogramm der Académie Française ist im Bereich der Korpusplanung (cf. 2.) zu situieren; im Einzelnen umfasst es gemäß Art. 26 der Statuten die Erstellung eines Wörterbuchs, einer Grammatik, einer Rhetorik und einer Poetik, von denen die beiden letzteren bis heute nicht erschienen sind. Aus Sicht der französischen Sprachpflege stellt die wichtigste Entwicklung des 17. Jh. die fortschreitende Normierung und Standardisierung der Sprache dar. Die soziale Verankerung der Norm im Pariser Hof, insbes. durch Vaugelas (1647), bedeutet eine beträchtliche Stärkung der Position des Staats im Sprachpflegeprozess.
1477
4.3. Sprachpflege und Sprachplanung durch Bildungspolitik (Revolutionszeit und 19. Jh.) «[…] il faut identité de langage»: Dieses Zitat aus dem Rapport sur la nécessité et les moyens d’anéantir les patois et d’universaliser l’usage de la langue française (1794) des Abbé Grégoire (zit. nach Gazier [1880] 1969, 303) fasst die Schwerpunkte der französischen Sprachpflege im ausgehenden 18. Jh. zusammen, die im Unterschied zum 17. und frühen 18. Jh. wieder ganz im Zeichen der Statusplanung steht. Insofern lässt sich eine Parallele zum 16. Jh. erkennen: Nach einer anfänglich eher liberalen Einstellung, die einen gewissen Sprachföderalismus zulässt und z. B. Übersetzungen wichtiger Dokumente in die verschiedenen Regionalsprachen vorsieht (HLF 9/1, 27–29; Sergijewskij 1979, 219 s.; Giacomo 1975, 17 s.), wird bereits mit dem Beginn von Grégoires Umfrage 1790 eine Radikalisierung erkennbar (ausführliche Analysen in Bochmann 1993, 63–145). Gedanken, wie sie ein Bürger aus Montauban äußert, der 1791 die Normierung und systematische Vermittlung der «divers idiomes méridionaux» fordert, finden in dieser Atmosphäre, die die nichtfranzösischen Sprachen zunehmend als Bedrohung wahrnimmt, kein Echo (HLF 9/1, 27 s.). Aus der Überzeugung, dass sich die revolutionären Ideen nur mit einer gemeinsamen Sprache realisieren lasen, die, wie die Antworten auf Grégoires enquête zeigen, längst noch nicht im gesamten Territorium angemessen beherrscht wird (Pasquini 1994, 54–59; Gazier [1880] 1969, 10–289), richtet sich das staatliche Interesse fortan auf das Zurückdrängen der patois. Ziel ist die Verbreitung des Französischen im gesamten Staatsgebiet. Die politischen Hintergründe der staatlichen Sprachpolitik legt Barère in einer Rede am 8 pluviôse an II (27.1.1794) in aller Deutlichkeit dar (Certeau / Julia / Revel 1975, 291–299). Aus der revolutionären Ideologie erwächst eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, die sich u. a. auf den öffentlichen Sprachgebrauch und die Organisation eines staatlichen Schulunterrichts in französischer Sprache beziehen (→ Art. 107). In den diversen Erlassen zeigt sich eine zunehmende Vehemenz. Die systematische Verbreitung des Französischen geht Hand in Hand mit dem weiteren Abdrängen der Regionalsprachen in immer begrenztere Funktions-
1478 bereiche (Vigier 1979, 193 s.; Schmitt 1990, 359 s.). Auch im 19. Jh. spielt die Bildungspolitik, insbes. die Organisation des Primarunterrichts zur Verbreitung der Nationalsprache, eine zentrale Rolle in der staatlichen französischen Sprachpflege und Sprachlenkung. Denn das Französische macht zwar Fortschritte, doch erweisen sich die lokalen Sprachen als fest verankert (Vigier 1979, 195 s.; HLF 9/1, 417 ss.; Giacomo 1975, 20; Bochmann 1993, 146–172). Systematische Durchsetzung erfahren die Vorstellungen der Revolutionäre schließlich 1881/82 mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht (→ Art. 107). Dieser Institutionalisierungsschritt führt zu einer massiven Durchsetzung des Französischen und der Verdrängung des Okzitanischen aus seinem letzten wichtigen Funktionsbereich, dem mündlichen Sprachgebrauch (Vigier 1979, 195 s.). Gemeinsam mit dem Militärdienst und der Verwaltung wird die Schule zu einem der wichtigsten Verbreitungsmedien der französischen Sprache; das Okzitanische unterliegt einer weiteren Abwertung.
5.
Ansätze und Schwerpunkte in Sprachpflege und sprachnormativem Diskurs des Okzitanischen
5.1. Funktionsverluste und Destandardisierung Ab der zweiten Hälfte des 15. und insbes. mit Beginn des 16. Jh. setzt eine zunehmende Schwächung des Okzitanischen in der Administration ein. Je nach Region ist diese Entwicklung unterschiedlich (Kremnitz 1974, 111): Am frühesten werden die nördlichsten Gebiete erfasst (Limousin, Périgord, südliche Auvergne, Dauphiné); die Verbreitung schreitet grundsätzlich von Norden nach Süden voran, beschleunigt durch wichtige Verkehrswege wie Rhône und Garonne, oder sie geht von Zentren aus, in die das Französische eindringt (cf. 4.1.). Ob man in diesem Zusammenhang vier Wellen annimmt (Brun [1923b] 1973, 179–181), oder drei (Kremnitz 1974, 100 s.; 110–112), ist letztlich unerheblich. Grundsätzlich öffnen sich städtische Zentren dem Gebrauch der neuen Sprache schneller, und in weniger zugänglichen Gegenden kann sich die lokale Sprache länger halten. Doch beweist die mi-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
nutiöse Darstellung von Brun ([1923b] 1973, 95–181), dass hier mit Generalisierungen Vorsicht geboten ist. Die Studie von Nacq (1979) arbeitet für Bordeaux die Komplexität der Faktoren im Substitutionsprozess heraus und unterstreicht neben diatopischen auch diastratische (Berufsgruppen) und diaphasische (Textsorte, Schreibsituation) Aspekte. Fundierte Analysen dieser Art bilden bislang die Ausnahme; sie sind nötig, um das sich wandelnde Sprachbewusstsein und die genauen Modalitäten in der Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen beiden Sprachen angemessen zu erfassen. Die vielerorts mit beträchtlichem Tempo voranschreitende Substitution durch das Französische bezieht sich zunächst auf den schriftlichen, öffentlichen Gebrauch; ernsthafter Widerstand ist nicht belegt (Brun [1923b] 1973, u. a. 180 s.; 406 s.). Eine Ausnahme bildet der Béarn, wo sich trotz erkennbaren französischen Einflusses die lokale Sprachform ihren Platz als Staatssprache des Königreichs Navarra bewahrt (Armengaud / Lafont 1979, 398; Kremnitz 1991b, 71; Brun 1923a, bes. 26–30). Unter Jeanne d’Albret (1562–72) zeigen sich Ansätze einer Sprachpolitik mit dem Ziel der Verteidigung des Gaskognischen / Bearnesischen. Diese Varietät hält insges. deutlich länger dem Druck des Französischen stand: Noch Ende des 16. Jh. besteht ein weitgehendes Gleichgewicht zwischen diesem und der einheimischen Sprachform (Brun 1923a, 29 s.); in einigen Gebieten kann sich letztere im Schriftverkehr bis ins 18. Jh. halten (ib., 44–52; Grosclaude 1993, 62 s.).
5.2. Renaissancen in gesellschaftlichsprachlichen Nischen (16.–18. Jh.) Der Ablösung des Okzitanischen durch das Französische als Schriftsprache im offiziellen Bereich steht sein unveränderter Status als gesprochene Sprache gegenüber, was zunächst für die lokalen Führungseliten, erst im 19./20. Jh. für weitere Teile der Bevölkerung eine Situation des Bilinguismus mit sich bringt. Für die Mehrheit der Sprecher bleibt zunächst die jeweilige lokale Sprache die dominierende Sprache des Alltags. Die Verwendung der einen oder anderen Sprache ist von diatopischen und diaphasischen (Schreib- / Sprechsituation) sowie von diastratischen Faktoren (z. B. Bildungsgrad) abhängig. Die Sprachpflege- und Normierungsversuche des Okzitanischen situieren sich fortan in dieser Konstellation. Sie erstrecken sich ausnahmslos auf einzelne Teilbereiche und besitzen in ihrem normativen Anspruch
128. Sprachplanung und -pflege: Französisch und Okzitanisch
wie in der Wirkung nur lokale Reichweite. Die im 16. Jh. – ungefähr zeitgleich mit der durch Villers-Cotterêts ausgelösten Entwicklung – einsetzende literarische Renaissance ist in dieser Hinsicht exemplarisch. Die défense et illustration, die etwa der gaskognische Dichter Pey de Garros anstrebt, ist eine Verteidigung der Sprache seiner Region; gleiches gilt z. B. wenig später für Peire Goudouli aus Toulouse sowie für alle anderen Versuche: Zwar sind sie durch den Wunsch nach ‘Verteidigung’ und ‘Rehabilitation’ der Sprache motiviert, doch beziehen sie sich grundsätzlich nur auf einzelne Regionen und auf den literarischen Bereich, womit sie letztlich den Funktionsverlust und gewandelten Status des Okzitanischen implizit anerkennen. Ein panokzitanisches Bewusstsein ist in keinem Fall erkennbar, durchgängig aber die Nichtbeherrschung graphischer Traditionen, die entweder durch die Erarbeitung eigener Systeme oder die Anlehnung an französische oder italienische Vorbilder ausgeglichen wird (Lafont 1983, 364 s.; Bec 1991, 47 s.; Kirsch 1991, 60 s.; Kremnitz 1974, 117–120; 1991b, 72). Es entsteht, im Zusammenhang mit dem Verweis auf die entfernte, glorreiche Vergangenheit, das Thema der langue perdue (Pasquini 1994, 25 s.). Im 17. Jh. erlebt das Okzitanische eine Renaissance im religiösen Bereich. Aufgrund der Beschlüsse des Trienter Konzils verfügen z. B. Alain de Solminihac, Bischof von Cahors (Séguy 1977, 79 ss.) und François-Etienne de Caulet, Bischof von Pamiers (Anatole 1967, 1 ss.), Predigten und auch schriftliche Texte in okzitanischer Sprache zu verfassen. Den Hintergrund dieser Anordnungen bilden allerdings praktische Verständnisprobleme: Die breite Volksmasse ist zu jener Zeit des Französischen keinesfalls mächtig, und die Kirche und ihre Institutionen sehen sich gezwungen, darauf zu reagieren. Das (sprachliche) Handeln auch der wichtigeren Amtsinhaber ist dabei nicht immer frei von Ambivalenzen (Séguy 1977, 90–95), letztlich jedoch stets von persönlichen bzw. didaktischen Motiven geleitet, wie Anatole (1967, 6) resümiert: «Caulet ne voit dans la langue qu’un outil. S’il emploie et recommande l’emploi de l’occitan, il n’a aucun souci d’en assurer la survie.» Damit bleibt auch dieser Versuch, das Okzitanische in einem im weiteren Sinne alltäglichen Funktionsbereich zu stärken, ohne bedeutendere Konsequenzen.
1479
Im 18. Jh. manifestiert sich ein neuer Zug in der okzitanischen Sprachpflege. Zahlreiche okzitanisch / französisch-Wörterbücher wie z. B. der Dictionnaire provençal et françois von Pellas (1723) oder der Dictionnaire languedocien – françois von Boissier de Sauvages de la Croix (1756; 21785; 31820; Giordan 1975, 85 s.; cf. auch Schlieben-Lange 1991, 115–118; zu einer Diskussion wichtiger Grammatiken und Wörterbücher cf. Pasquini 1994, 62–76) zeugen von der wachsenden Bedeutung der französischen Sprache für eine bestimmte Gruppe nach Paris orientierter und auf sozialen Aufstieg bedachter okzitanophoner Sprecher – zugleich jedoch auch von der ungebrochenen Vitalität des Okzitanischen, zumindest im oralen Bereich. Werke mit eindeutig normativem Anspruch wie Les Gasconismes corrigés von Desgrouais (11766; zur Tradition der Textsorte cf. Spillner 2004) stellen den Höhepunkt dieser Entwicklung dar und unterstreichen, dass die Abwertung des Okzitanischen als patois nicht zuletzt durch die Sprecher selbst getragen und in weiteren Werken dieser Art (cf. Schlieben-Lange 1991, 120 s.) perpetuiert wird. 5.3. Normierungsversuche im 19. und 20. Jh. Eine Wende im okzitanischen Sprachbewusstsein markiert Fabre d’Olivet mit seinem Werk La langue d’oc rétablie dans ses principes constitutifs théoriques et pratiques (Fabre d’Olivet 1988 [ca. 1820]), in dem er die Abwertung des Okzitanischen als patois kritisiert und es auf eine Stufe neben das Französische stellt. Auch wenn die wichtigsten Arbeiten d’Olivets unveröffentlicht bleiben, nimmt er mit seiner Entwicklung eines Orthographiesystems zentrale Anliegen der ein knappes halbes Jahrhundert später sich formierenden Restaurationsbewegung des Félibrige vorweg. Der 1854 um die beiden Protagonisten Frédéric Mistral und Joseph Roumanille gegründete Félibrige sieht von Anfang an eine seiner Hauptaufgaben in der (Re-)Normierung der okzitanischen Sprache. Die von Mistral (z. B. 1878) und Roumanille vertretene Kodifikation ist jedoch problematisch, da sie, im Gegensatz zum System Fabre d’Olivets, das ein panokzitanisches Bewusstsein erkennen lässt, v. a. auf der Varietät des unteren Rhônetals («lengo prouvençalo») basiert und eine Anwendung der französischen Graphieregeln auf diese dar-
1480 stellt, was sie Sprechern außerhalb dieses Gebiets schnell als fremd erscheinen lässt; sie kann daher kaum maßgeblich für das gesamte Sprachgebiet werden (Bec 1991, 49–51; Kremnitz 1990, 174–177). Die größten Schwächen des Félibrige liegen in seiner mangelhaften gesellschaftlichen Verankerung: Trotz teilweise separatistisch-nationalistischer Tendenzen (Pansier 1927) konzentrieren sich seine Aktivitäten weitgehend auf den literarischen Bereich; die Beschäftigung mit politischen Fragen wird durch einen 1876 in die Statuten eingefügten Artikel untersagt (ib., 13). Sprache wird in erster Linie als Literatursprache konzipiert, nicht als Kommunikationsinstrument des Alltags. Die Wichtigkeit z. B. der Präsenz des Okzitanischen im Schulwesen, die den Zugang der gesamten Bevölkerung zur Sprache ermöglicht, wird von den Félibres nicht erkannt (Giordan 1975, 86–90). Politische Forderungen werden oft halbherzig formuliert (Martel 1989, 53–59). Darin sowie in internen Richtungsstreitigkeiten liegen bei allen Erfolgen in Teilbereichen die Grenzen dieser Renaissancebewegung. Als Reaktion auf die zu eng gefasste Kodifizierung Mistrals und Roumanilles ist das ab 1900 von Antonin Perbosc und Prosper Estieu erarbeitete Graphiesystem zu sehen, das auf die mittelalterliche Troubadour-Tradition Bezug nimmt und einen globaleren Anspruch erhebt: Ausgehend vom konservativen Languedokischen wird ein etymologisierendes Prinzip (Teulat 1975, 6) vertreten, das auch für Sprecher divergierender Varietäten verständlich ist. Auf dieser Grundlage verfolgt dieser Flügel des Félibrige eine Etablierung des Okzitanischen in allen Kommunikationsbereichen (Kremnitz 1990, 177 s.). In diesem Umkreis entsteht Anfang der 30er Jahre des 20. Jh. auch die zunächst für das Languedokische gedachte Grammatik Louis Aliberts, der allmählich Referenzcharakter zugeschrieben wird. Die Mehrzahl der heute im Languedoc und in der Provence abgefassten Texte erkennt diese Modellfunktion an (Taupiac 1993, 247). Diese Reform- und Normierungsbestrebungen der occitanistes besitzen insofern eine größere Tragweite, als sie die Grundlage für die Arbeit des 1945 gegründeten Institut d’Estudis Occitans (IEO ) bilden, der aktuell wichtigsten okzitanischen Sprachpflegeinstanz. Die Ziele dieser aus der Societat d’Estudis Occitans (1930; SEO ) hervorgegange-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
nen Institution liegen v. a. in der Normierung; Schwerpunkte bilden das Erarbeiten referentieller Grammatiken und Wörterbücher sowie die Erschließung neuer Textsorten (Kremnitz 1990, 179 s.).
6.
Die Situation in den heutigen Sprachräumen
Auch die aktuelle Situation ist durch die deutliche Diskrepanz der beiden Sprachen in Status und Institutionalisierungsstand gekennzeichnet, die die Sprachpflegetraditionen und -möglichkeiten determiniert. Abgesehen vom politisch zu Katalonien bzw. Spanien gehörigen Val d’Aran, wo eine gaskognische Varietät des Okzitanischen seit Beginn der 1980er Jahre offiziell anerkannt ist und durch staatliche Maßnahmen gefördert wird (Kremnitz 1991b, 79; Lamuela 1987, 128–142), bewegt sich die okzitanische Sprachpflege weiterhin in marginalen Bereichen. Mit der Loi Deixonne (1951; cf. z. B. Gardin 1975; Berthaud 1951) und späteren, an diese anknüpfenden Erlassen und Gesetzen (Giacomo 1975, 24–26; z. B. Loi n° 84–52, Loi n° 89–486; cf. den Überblick der DGLF ) wird dem Okzitanischen zwar neben anderen Minderheitensprachen ein gewisser Platz im Schulwesen eingeräumt (Marcellesi 1975; Giordan 1975) und allgemein «la promotion et l’enrichissement des langues et cultures régionales» (Loi n° 89–486, du 26/01/84, art. 7) festgeschrieben, doch zeigt die hitzige Diskussion um die Ratifizierung der am 7. 5. 1999 von Frankreich unterzeichneten Charte européenne des langues régionales ou minoritaires (Text z. Zt. COE ), wie tief die tradition républicaine mit der wichtigen Maxime der unité du peuple et du territoire français in Frankreich verankert ist. Bes. die politische Rechte erweist sich als strikter Gegner jedwedes offiziellen linguistischen Pluralismus auf französischem Territorium, denn dieser sei «un danger pour la République»; schärfer formuliert es J.-P. Chevènement, der eine drohende «balkanisation de la France» ausmacht (Le Figaro 14/05/99, 2; Le Monde 25/06/99, 7). Zugeständnisse an die Minderheitensprachen haben in dieser Konzeption keinen Raum – anders als in Spanien, das mit seiner begrenzten Autonomiepolitik entscheidend zur Emanzipation etwa des Katalanischen beigetragen hat, welches nunmehr eine Art Vorbildrolle für die Okzitanistenbewegung spielt. Die Legislation bezüglich des Okzitani-
128. Sprachplanung und -pflege: Französisch und Okzitanisch
schen ist bezeichnend für seine Situation: Seit dem 16. Jh. ist seine offizielle Existenz auf die engen Bereiche eingeschränkt, die der französische Staat ihm zugesteht. Dies gilt neben dem Schulwesen z. B. auch für Sendezeiten im staatlichen Rundfunk und Fernsehen. Die politische Organisation Parti Nationaliste Occitan (PNO ) vertritt einen radikalen Separatismus, spielt jedoch in der politischen Landschaft Frankreichs keine Rolle (Sérant 1965, 206–217; Martel 1989, 64; für weitere politische Organisationen cf. Bazalgues 1973; Lafont 1974, 241–315; Salvi 1973, 526–534). Dennoch lassen sich durchaus vielversprechende Ansätze auf okzitanischer Seite beobachten, z. B. die Einrichtung von calandretas, privaten okzitanischen Vorschulen, oder der verstärkte Versuch, im Medienbereich Fuß zu fassen, u. a. durch die angekündigte Gründung der Gesellschaft Occitània Television (Januar 1999) wie auch Aktivitäten im Internet (Polzin-Haumann 2002, 188 ss.). Eine zielstrebige und konsequente Umsetzung scheitert allerdings nicht nur an der starren Position des französischen Staates: Nur bei einer Minderheit der Sprecher scheint ein ausgeprägtes Sprachbewusstsein vorhanden zu sein. Es existiert zwar eine durchaus nennenswerte Produktion an Periodika, Literatur und Sachprosa (Kremnitz 1995, 157–160), doch kann von einer umfassenden Präsenz des Okzitanischen im Alltag kaum die Rede sein. Seine Funktionsbereiche sind äußerst eingeschränkt; gemeinhin haftet ihm das Attribut des Rückständigen, nicht Zeitgemäßen an (z. B. Maurand 1981; Eschmann 1979). Alle aktuellen Analysen (z. B. LRL 5/1, 1991; cf. auch Fischer 1993, bes. 56–59; 231–238; Hammel / Gardy 1994) zeigen, dass der Rückgang der gesprochenen Sprache, die die dringlichste Voraussetzung für die Vitalität und die (Re-)Vitalisierung des Okzitanischen bildet, weiter anhält; Primärsprecher gibt es so gut wie nicht mehr. Die traditionell starke staatliche Präsenz der französischen Sprachpflege nimmt im 20. Jh. beständig zu. Es entsteht eine nahezu unüberschaubare Zahl an staatlichen und halbstaatlichen Sprachpflegeorganisationen mit diversen Schwerpunkten in ihren Programmen (cf. z. B. Gordon 1978, 58–68; Beinke 1990, 315–358; Winkelmann 1990b, 349 s.; Schmitt 1990, 369 s.). Die legislative Arbeit mit den Sprachgesetzen von 1975 und 1994 richtet sich in erster Linie gegen anglophonen Einfluss; die Normierungs-
1481
schwerpunkte liegen dabei (vordergründig) im Verbraucherschutz und Berufsleben bzw. im Wissenschaftsbereich, de facto soll in allen wichtigen Bereichen des öffentlichen Lebens der Status des Französischen geschützt werden (Braselmann 1999, 4–25; 57–110). Neben der Statusplanung betreibt Paris u. a. über die commissions de terminologie verstärkt Korpusplanung, insbes. auf fach- und wissenschaftssprachlichem Gebiet (Schmitt 1990, 366 ss.). Darüber hinaus nehmen in neuerer Zeit – über die traditionellen Gebiete der normativen Grammatikographie und Lexikographie hinaus – die Massenmedien einen immer wichtigeren Platz ein, wovon eine beträchtliche Anzahl an normativen Zeitschriften zeugt; viele Sprachpflegeorganismen versuchen mittlerweile auch über das Internet bestimmte Zielgruppen gezielter anzusprechen. Allerdings manövriert sich Frankreich durch den konservativ-puristischen Charakter seiner Sprachpflege zunehmend in eine isolierte Position innerhalb der Frankophonie. Bezüglich der Feminisierung der Berufs- und Titelbezeichnungen etwa bestehen markante Unterschiede zu deutlich progressiveren frankophonen Sprachgemeinschaften in Europa (z. B. Belgien: CFB 1999). Wenn also von der Délégation générale à la langue française u. a. die Prinzipien «Assurer le rayonnement du français […]» und «Conserver au français son rôle de langue de communication internationale» (DGLF ) vertreten werden, geht es offenbar um das Französische Frankreichs, oder, pointierter formuliert, um die (Führungs-)Rolle des französischen Staates, die sich nicht nur nach innen gegen die Regionalsprachen, sondern auch nach außen gegen die übrigen frankophonen Länder richtet, hier allerdings mit mäßigem Erfolg.
7.
Ergebnisse und Desiderata
Funktionsverluste und Destandardisierung des Okzitanischen stellen ein komplexes Phänomen dar und lassen sich sicher nicht nur mit der staatlichen französischen Sprachpflege begründen. Die Korrelation zwischen dem Ausbau des Französischen zur Nationalsprache und dem Abbau des Okzitanischen steht allerdings außer Zweifel; das Schicksal der okzitanischen Varietäten gleicht insofern dem der französischen Dialekte. Einmal mehr scheint sich die Aktualität der Aussage von Nebrija zu bestätigen, «que siempre la lengua fue compañera del
1482
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
imperio». Ohne eine konsequente Statusplanung scheint keine wirksame Korpusplanung möglich. Wird Sprachpflege als staatliche Sprachpflege mit dem institutionellen Instrumentarium der Macht konzipiert, als Sprachpolitik, kann sie ihre Ziele mit maximalem Gewinn durchsetzen; umgekehrt zeigt der Fall des Okzitanischen, dass sich ohne einen solchen Apparat immer nur Ansätze und Versuche von Sprachpflege in Teilbereichen und mit begrenzter Wirkung entwickeln können. Das Fehlen einer überregionalen Norm ist hier ein entscheidender Faktor. Die wissenschaftlichen Reflexionen über die jeweiligen Sprachpflegetraditionen sind von bestimmten Grundperspektiven geprägt: einerseits die ‘starke und geeinte Nation’ und die ‘Entstehung bzw. Entwicklung der Nationalsprache’, andererseits die ‘unterdrückte und entfremdete Minderheitensprache’ (z. B. Lafont 1974, 74). Wichtigstes methodisches Desiderat bleibt daher für künftige Einzelstudien, bei der Auswertung der okzitanischen wie der französischen Quellen die historische Entwicklung ebenso wie die aktuelle Situation nicht aus der Prägung durch diese Diskurse heraus zu analysieren, sondern im jeweiligen historisch-soziologischen Kontext. Denn solche Diskurse bergen die Gefahr der Simplifizierung und Verzerrung; sie verdecken, dass sprachliches Handeln sich in konkreten Situationen an weit mehr Parametern orientiert als explizit gesetzten Normen. Angesichts der bei allen gegenteiligen Beteuerungen starren Position des französischen Staates und des «réseau d’impossibilités théoriques et pratiques», den Martel (1989, 65–68) auf okzitanischer Seite ausmacht, spricht gegenwärtig trotz der vielfach evozierten Vision eines ‘Europas der Regionen’ vieles für die These der «impossible politique linguistique occitaniste». Die französische Sprachpolitik war offenbar zu wirksam, als dass die gegenwärtigen Ansätze auf okzitanischer Seite auf kurze Sicht ein ausgeglicheneres Verhältnis zwischen beiden Sprachen schaffen dürften.
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Claudia Polzin-Haumann, Bonn
129. Planificación y cultivo institucional de la lengua: Península Ibérica
1487
129. Planificación lingüística, intervención lingüística y cultivo institucional de la lengua: Península Ibérica Sprachplanung, Sprachlenkung und institutionalisierte Sprachpflege: Iberische Halbinsel 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Introducción Dominio lingüístico catalán Aragonés Castellano Asturiano Gallego-portugués Bibliografía
1.
Introducción
Este artículo se propone exponer los principios fundamentales que han guiado la planificación lingüística en la Península Ibérica, reconstruir y analizar las tradiciones establecidas a lo largo de los siglos y evaluar los resultados de las acciones de codificación y cultivo llevadas a cabo en los siguientes dominios lingüísticos (a saber, de este a oeste): catalán, aragonés, castellano, asturiano, gallego y portugués. Se trata, a grandes rasgos, de tres situaciones bien distintas: a) lenguas de Estado en el caso del castellano y el portugués, que tienen, debido a su difusión en el mundo, gran peso demográfico, además de ser lenguas internacionales. Asimismo, el castellano es una de las lenguas oficiales o de trabajo en la ONU ; el portugués desempeña este papel en la Organización para la Unidad Africana (fundada en 1963) y ambas son lenguas oficiales en la Organización de Estados Americanos (establecida a finales del s. XIX y confirmada con la Carta de 1948). (b) Lenguas de las nacionalidades históricas o lenguas de menor difusión, en términos introducidos por la Oficina Europea para las Lenguas Menos Difundidas (creada en 1982 por el Parlamento Europeo). Pertenecen a éstas el catalán y el gallego, aunque el caso del catalán escapa en algunos puntos a esta esquematización. Por un lado, ésta es lengua de Estado en Andorra, cuya Constitución del 14 de marzo de 1993 (art. 2) establece su oficialidad exclusiva. Por otro lado, la especificidad del caso catalán se ha manifestado en su reconocimiento por el Parlamento Europeo con la Resolución (no vinculante) 12345/1990, de 10 de diciembre en la que se pide al Consejo y la Comisión Europeos adoptar medidas como la publicación
de los tratados y textos fundamentales en catalán. (c) Variedades lingüísticas minoritarias que constituyen fundamentalmente unos grupos dialectales promovidos en tiempos recientes como lenguas con un código lingüístico unificado. Aunque haya quien discrepe de esta postura, debido al poco arraigo popular de las medidas planificadoras, parece justificado situar en este grupo las hablas altoaragonesas y el asturiano o bable. A pesar de que éste no es el lugar para discutir los distintos conceptos empleados, parece conveniente delimitar sucintamente las nociones básicas. Se entiende por planificación lingüística «los esfuerzos deliberados por influir en el comportamiento de otras personas respecto de la adquisición, la estructura o la asignación funcional de sus códigos lingüísticos» (Cooper 1997, 60).
Este proceso, que incide en las actividades lingüísticas de los hablantes, guarda estrecha relación con la política lingüística, tanto en lo que se refiere a las condiciones previas de la puesta en práctica como en los aspectos que atañen a la puesta en práctica propiamente dicha (p. ej., la elaboración de determinado marco legal o legislación lingüística y su aplicación). Entre los agentes o responsables de política y planificación lingüísticas se incluyen las instituciones de ámbito público (Estado, autonomía) y privado (asociaciones, empresas) o incluso las supranacionales (UE , ONU ). En la planificación lingüística se suele distinguir entre la planificación del estatus, conocida también como estandarización, y la planificación del corpus de una lengua o variedad lingüística o codificación. Mediante este último proceso se establecen unas normas gramaticales, léxicas, etc. prescriptivas de una lengua a partir de una selección entre las diversas variedades existentes (p. ej., diatópicas). Una vez introducida, la codificación viene a ser completada por la modernización de la norma prescriptiva y el continuo ajuste de ésta a las necesidades comunicativas: la elaboración o el desarrollo léxico y terminológico de la lengua codifica-
1488 da y el cultivo de la lengua, o sea, la elaboración de manuales de estilo y el desarrollo de los géneros literarios (cf. Lamuela 1994, 123; Boix i Fuster / Vila i Moreno 1998, 297). Estos dos procesos confluyen en la actividad sociocultural de la estandarización, por la que se establece una variedad funcional de carácter referencial y se incrementan sus funciones y ámbitos de uso entre los hablantes de una comunidad lingüística. A diferencia de ésta, la normalización lingüística se refiere a un proceso durante el cual una lengua recupera los principales dominios de comunicación que le correspondían en su territorio histórico de uso (ib., 314–326). Todos estos procesos presuponen una determinada conciencia lingüística, que se manifiesta en las creencias que los hablantes poseen, las actitudes que adoptan ante los hechos lingüísticos, las evaluaciones que emiten y que les motivan a manejar, en determinado sentido, el código lingüístico (Haßler / Niederehe 2000, 8–13). Se expresa, en particular, en la cultura idiomática, término procedente de la lingüística praguense, y que designa el fomento teórico consciente de la lengua literaria, entendida como variedad escrita y oral codificada y fijada, para garantizar su empleo adecuado en relación con la situación y los fines de la comunicación. Este objetivo se consigue con la intervención de los profesionales de la lengua (lingüistas), la enseñanza en la escuela y el ejercicio práctico de la lengua por parte de los escritores (Lamuela / Murgades 1984, 35 ss.; 101 ss.; Lebsanft 1997, 47–54).
2.
Dominio lingüístico catalán
El uso del catalán se extiende a un territorio fragmentado por la existencia de fronteras interestatales y administrativas, los llamados Països Catalans, denominación controvertida que designa la totalidad de las tierras de habla catalana y su variación dialectal. Se habla en cuatro estados (España, Francia, Andorra, Italia) y, en el interior del Estado español, en las Comunidades Autónomas de Cataluña, la Comunidad Valenciana y la de las Islas Baleares. Se añaden una franja de tierras aragonesas limítrofes con Cataluña (provincias de Huesca, Zaragoza y Teruel), llamada desde Cataluña la ‘Franja de Ponent’ y por los aragoneses ‘Franja Oriental d’Aragó’, así como la comarca murciana del Carxe. En cuanto a la variación interior del cata-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
lán, se suele distinguir entre el catalán oriental, que incluye los dialectos rosellonés, central, balear y alguerés, y el catalán occidental, que, por su parte, comprende los dialectos nordoccidental y valenciano. Entre finales del s. XIII y comienzos del XIV, la lengua catalana experimentó, en los ámbitos de la prosa literaria y científica y del lenguaje jurídico y administrativo, una primera estandarización que se traduce en una gran uniformidad de uso. En el s. XV, la literatura y el cultivo de la lengua literaria (Nadal / Prats 51996, vol. 1, 447–461) llegaron a su apogeo con el movimiento humanista de Valencia (Nadal / Prats 11996, vol. 2, 348–381). Esta cultura altamente desarrollada propició la formación de una conciencia propia que acuñaría, a finales del s. XIV, la denominación de ‘lengua valenciana’ (Ferrando Francés 1980, 84–92). Si bien indicaba al principio tan sólo el hecho diferenciador frente al catalán de Cataluña, al igual que la designación de ‘mallorquín’, su significado fue evolucionando, debido a las circunstancias políticas, hasta convertirse en el símbolo de la fragmentación lingüística y, dependiendo de los objetivos políticos perseguidos, en un instrumento para fomentarla. La fragmentación lingüística se realizó no sólo en el nombre, sino de hecho durante la época de la ‘Decadència’ (s. XIV –XVIII ), concepto simplificador que se ha revisado durante los últimos años (→ art. 23). Una serie de circunstancias político-económicas propiciaron la desmembración de las distintas variantes territoriales y el paulatino desplazamiento del catalán en registros y ámbitos donde se empleaba anteriormente con toda naturalidad: desde la entronización de la dinastía de los Trastámaras en la Corona de Aragón (1412) y la unión de las Coronas de Castilla y Aragón con los Reyes Católicos (1479) hasta la promulgación de los decretos de Nueva Planta por Felipe V (1700–enero de 1724 y agosto de 1724–46) en respuesta al apoyo que los reinos de Aragón, Valencia, Mallorca y del principado de Cataluña habían prestado al archiduque Carlos de Austria en la Guerra de Sucesión (1701–14). Esta serie de decretos obedecen, igualmente, a la tendencia centralizadora de la que se quiso valer la dinastía borbónica para instaurar en España el mismo régimen de gobierno que en Francia, y que pasaba por el uso de unas mismas leyes y unas instituciones similares en todo el reino. En 1707 se
129. Planificación y cultivo institucional de la lengua: Península Ibérica
promulgó el primer decreto de Nueva Planta que abolía los fueros de Aragón y Valencia, imponiendo una legislación y unas instituciones muy similares a las del reino de Castilla. El segundo decreto se promulgó en 1715 para el reino de Mallorca aunque se conservaba parcialmente alguna de sus instituciones tradicionales. En 1716, se publicó el tercer decreto para el principado de Cataluña y que disolvió sus instituciones de gobierno formados durante los s. XIII y XIV, como la Generalitat (1359) y el Consell de Cent. El castellano se convirtió en lengua oficial en la administración judicial y en la nueva administración, a pesar de que su imposición no fue inmediata sino un proceso paulatino que culminaría con la Ley del Notariado de 28 de mayo de 1862 según la cual los instrumentos públicos debían ser redactados en lengua castellana (art. 25; cf. Ferrer i Gironés 21986, 9–32; Marcet i Salom 1987, vol. 1, 315–394). La centralización del Estado y la unificación lingüística se manifiestan también en otros ámbitos como el de la enseñanza. En este sentido, la Real Cédula, firmada en Aranjuez por Carlos III (1759–88), el 23 de junio de 1768, ordena que «la enseñanza de primeras letras, Latinidad y Retórica se hagan en lengua Castellana» (Lüdtke 1989, 269). Sin embargo, la alfabetización así como todo el sistema educativo serán objeto de especial atención en la política unificadora del Estado liberal. Éste promovió el 9 de septiembre de 1857 la Ley de Instrucción Pública, llamada Ley Moyano, en alusión al entonces Ministro de Fomento, Claudio Moyano y Samaniego (1809–90; cf. Brumme 1997, 154–181). Sin embargo, el avance del castellano, ya fuera por su modo de imposición o por razones de prestigio y mimesis, difiere en cada una de las regiones de habla catalana (sin contar la imposición de la lengua francesa en el Rossellón que, en 1659, pasó a ser parte del Estado francés). En el Reino de Valencia, la clase dirigente y los intelectuales ya abandonaron el catalán entre los s. XVI y XVII , hecho que da lugar a una castellanización horizontal y selectiva (Ninyoles 1969, 59–86): las clases altas pasaron a usar el castellano, mientras que las populares seguían utilizando el catalán. En Cataluña, y también en las Islas Baleares, la castellanización empezó más tarde, hacia 1750, y es mucho más ‘superficial’, limitándose a la administración y jurisdicción centralizadas y otros
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ámbitos característicos de la modalidad escrita de la lengua. El pueblo no se familiarizó con el castellano hasta bien entrado al s. XIX . Entre las personas que usaban el castellano cabe distinguir entre las que lo aprendieron como segunda lengua y las que ya contaban con ella como primera, o sea, como lengua nativa. Entre el reinado de Carlos III y las primeras revoluciones liberales (1808–14, 1820–23 y 1833, cuando se implantó la división provincial en España) se establecieron diversas modalidades lingüísticas de castellano y catalán debido al contacto de los dos idiomas y la diferenciación funcional que se operó entre ellos (Kailuweit 1997, 124 s.). 2.1. Catalán La revalorización del catalán, al que se seguían atribuyendo cualidades como ser la lengua nativa o materna y lengua del país o de ‘nuestra patria’, o sea de Cataluña, tuvo lugar con la instauración de los Jocs Florals (1859). Durante la ‘Renaixença’, cuyo inicio se suele establecer en 1833 por la publicación del poema La Pàtria (1833), de Bonaventura Carles Aribau (1798–1862), el catalán, marcado como lengua oral de uso restringido y falta de elaboración, es reintroducido en los ámbitos escrito y culto. Así volvió a disponer, en los años 70 del s. XIX , de una literatura de prestigio y de las primeras publicaciones de prensa. Paralelamente se fue formando el catalanismo político, que desembocó en el movimiento nacionalista y la reivindicación de un Estado catalán en la Federación Española. Este movimiento consiguió un primer reconocimiento de la unidad territorial de Cataluña a través de la ‘Mancomunitat’, constituida el 6 de abril de 1914 y basada en la unión de las diputaciones provinciales catalanas. Fue abolida en 1925 por la dictadura del general Primo de Rivera (1923–30). Durante la Segunda República, proclamada el 14 de abril de 1931, se procedió el día 17 al restablecimiento provisional de la Generalitat de Catalunya. El 9 de septiembre de 1932 las Cortes aprobaron el Estatut d’Autonomia cuyo art. 2 estableció que: «El idioma catalán es, como el castellano, lengua oficial en Cataluña» (cf. González Ollé 1978, 275). El 18 de julio de 1936 se produjo el alzamiento contra la República por parte del general Franco, quien clausuró, en 1938, la Generalitat. Durante la dictadura (1939–75)
1490 no sólo se derogó toda legislación relativa a la emancipación de las «lenguas regionales», sino que se prohibió su uso público (Eberenz 1992, 375). Basta con recordar eslógans como «Si eres español habla en español» o «Si eres español habla la lengua del Imperio» (Benet 1973, 148–168) para caracterizar la política de represiones que derivaba del concepto incuestionable de unidad nacional y la fobia a cualquier tendencia disgregadora. Los efectos fueron muy pronunciados. Con la Transición (1976–82), Cataluña volvió a tener un Estatut d’Autonomia (Ley Orgánica 4/1979, de 18 de diciembre), cuyo art. 3 dice: «1. La lengua propia de Cataluña es el catalán. 2. El idioma catalán es el oficial de Cataluña, así como también lo es el castellano, oficial en todo el Estado español. […]» (LNPL 1999, 56). Estas disposiciones estatuarias fueron desarrolladas por la Llei de normalització lingüística (Llei 7/1983, de 18 de abril), que reconoce el derecho de todos los ciudadanos a conocer el catalán y expresarse en él, dirigirse en catalán a la administración, a los organismos públicos y a las empresas privadas y recibir enseñanza en catalán (art. 2). Según esta ley, el catalán es lengua propia de Cataluña y ambas, la catalana y la castellana, son lenguas oficiales. La nueva Llei de política lingüística (Llei 1/1998, de 7 de enero), que se aprobó en 1998 con el voto de unas tres cuartas partes de los diputados del Parlamento de Cataluña y que, por tanto, no obtuvo el pleno consenso que la ley anterior, profundiza en el concepto de la «llengua pròpia» (art. 2). La exigencia de introducir el monolingüismo, o sea, el uso exclusivo del catalán, que se había manifestado en el debate público anterior provocó toda una serie de reacciones políticas y serias crispaciones sociales. Sobre todo, fueron los artículos referentes a la enseñanza (art. 20–24) y a determinadas actividades socioeconómicas como el etiquetado de los productos (art. 30–36) los que suscitaron una aguda polémica lingüística. En ésta participaron grupos como el Foro Babel, un grupo de reflexión y debate, constituido el 13 de diciembre de 1996 (cf. Calero Vaquera 2002). Manifestaron su oposición a una política de monolingüismo fuerzas como, p. ej., Acción Cultural Miguel de Cervantes (fundada en Barcelona el 1 de junio de 1983), una asociación ciudadana, cuya finalidad es la promoción, difusión y defensa de la cultura y de la lengua española, y otras como Coordinadora de Afectados en Defen-
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sa de la Lengua Castellana, Asociación de Profesores por el Bilingüismo, Asociación por la Tolerancia, etc. (cf. Gergen 2000; Mar-Molinero 2000, 157–169). Para impulsar el desarrollo de la legislación lingüística derivada del art. 3 del Estatut d’Autonomia se creó en 1980 la Direcció General de Política Lingüística (DGPL ; Decret 90/1980, de 27 de junio), adscrita al Departament de Cultura de la Generalitat. Ejerce las funciones de velar por la aplicación de la política lingüística que establece el Gobierno autónomo, coordinar las medidas al respecto y facilitar la aplicación de la normativa del Institut d’Estudis Catalans (IEC ). Bajo la dependencia de la DGPL , a la Subdirecció General de Política Lingüística (Decret 233/1988, de 12 de septiembre de 1988) le corresponden la supervisión, el estudio y la organización de las actuaciones administrativas para la generalización del uso del catalán en las administraciones públicas y en los ámbitos sociales y económicos. El principal objetivo del Consorci per a la Normalització Lingüística, instituido en 1989, es el de asegurar que la difusión del conocimiento y el uso del catalán lleguen a todos los sectores de la sociedad. Forman el Consorci: la Generalitat, 81 ayuntamientos, 37 consejos comarcales y las diputaciones de Girona, Lleida y Tarragona. Como órgano de asesoramiento, consulta y participación social en materia de política lingüística, el Consell Social de la Llengua Catalana trabaja desde 1991 por establecer un diálogo social y un consenso favorable al uso del catalán en los principales sectores de la sociedad. Asimismo, se constituyó, el 5 de abril de 2002, el Institut Ramon Llull, que lleva el nombre del gran filósofo y creador de la prosa literaria catalana, Ramon Llull (1233– 1316). Este instituto está integrado por las administraciones de la Generalitat de Catalunya y de la Comunidad Autónoma de las Islas Baleares. Se dedicará, sobre todo, a la promoción de la enseñanza de la lengua y a la difusión de la literatura catalana en el extranjero. Colabora con el Ministerio de Asuntos Exteriores del Gobierno español mediante el Instituto Cervantes y con el Gobierno de Andorra. En el s. XIX aparecen las primeras obras gramaticales y lexicográficas sin que sus autores puedan recurrir a una tradición propia. La falta de una norma de referencia
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conlleva numerosas vacilaciones y la búsqueda de orientación en otros modelos como el castellano, sobre todo, en las obras de la Real Academia Española (RAE ). Además, la preocupación por la depuración del catalán en su modalidad castellanizada ha originado, desde los tiempos más antiguos hasta la actualidad, un alud de tratados de barbarismos (cf. Rico / Solà 1991, 301 s.). Sin embargo, en sentido estricto, la codificación empieza con la labor de Pompeu Fabra (1868–1948). Se desarrolló en un clima favorable a la unificación, modernización y depuración del catalán. Así, cabe mencionar la campaña lingüística (1890/91) llevada a cabo por la revista de cultura L’Avens (1881–93), el Primer Congrés Internacional de la Llengua Catalana (1906), promovido por Antoni Ma Alcover (1862– 1932), y la fundación del Institut d’Estudis Catalans (IEC ) mediante un dictamen del presidente de la Diputación de Barcelona, Enric Prat de la Riba (1870–1970). En el interior de esta entidad, fundada el 18 de junio de 1907, se planteó pronto la necesidad de codificar la lengua, tarea de la que se ocupó la Secció Filològica, creada el 14 de febrero de 1911. Su primer trabajo fueron las Normes ortogràfiques (IEC 1913), seguidas del Diccionari ortogràfic (Fabra 1917), redactado bajo la dirección de Fabra. Un año después se cerraba la primera etapa de obras normativas con la publicación de la Gramàtica catalana (Fabra 11918; 71933). La labor de Fabra culminó en 1932 con el Diccionari general de la llengua catalana (DGLC ) que fue elaborado a partir de los materiales existentes en las Oficines Lexicogràfiques del IEC y que fue adoptado como normativo. Entre los principios adoptados por Fabra y que explican el gran éxito de su propuesta normativa se cuentan la voluntad de crear un estándar supradialectal que sirviera de base para las otras variedades de la lengua (p. ej., los lenguajes especializados), la voluntad de resaltar los aspectos más peculiares del catalán sin perder de vista las soluciones ofrecidas en otras lenguas románicas, etc. (cf. Lamuela / Murgades 1984). Los escritos que tal vez mejor reflejan estos criterios son las Converses filològiques (1983/84). Después de su cierre en 1939, el IEC retomó, poco a poco y en la clandestinidad, algunas de sus actividades. Con la ayuda del Òmnium Cultural, organización cultural fundada en 1961 en defensa de la cultura catalana, empezó a editar las primeras pu-
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blicaciones. En la actualidad, el IEC es el principal organismo encargado de la codificación del catalán. Se define como corporación académica, científica y cultural a la que corresponde, según sus Estatuts (Resolució de la Generalitat de Catalunya, de 17 de mayo de 2001), la tarea de establecer la normativa del catalán y velar por una normalización coherente en todo el ámbito lingüístico (Ley 8/1991, de 3 de mayo; LNPL 1999, 182 s.). En este sentido, ha elaborado un nuevo diccionario normativo, el Diccionari de la llengua catalana (IEC 1995), que ha sido muy criticado por la falta de coherencia y rigor en su elaboración y los muchos errores y defectos que contiene (Esteve et al. 1998). Este diccionario es accesible a través del Portal de Dades lingüístiques, al igual que el Corpus Textual Informatitzat de la Llengua Catalana, una herramienta de consulta e investigación muy útil y que permitirá la concepción y elaboración de nuevos diccionarios (cf. IEC [2003]). El IEC ha emitido varios documentos normativos sobre la grafía de los compuestos, el uso del guión, el uso de los signos de interrogación y admiración, etc. (IEC 1997). También ha redactado una Proposta per a un estàndard oral de la llengua catalana que comprende dos volúmenes (IEC 1990/92). Actualmente está preparando una nueva Gramàtica de la llengua catalana, de carácter normativo. Entre otras entidades implicadas en la codificación y modernización del catalán cabe destacar el Centre de Terminologia Catalana (TERMCAT ), consorcio creado el 1985 (Decret 217/1997, de 30 de julio). El TERMCAT impulsa y coordina las actividades terminológicas relativas a la lengua catalana y vela por su aplicación. Vía Internet ofrece al usuario varias posibilidades de consulta terminológica y neológica. De gran importancia en la estandarización del catalán han sido las editoriales, sobre todo, Edicions 62 y la editorial Enciclopèdia Catalana. Ambas editaron, entre 1970 y 1980, la Gran Enciclopèdia Catalana (GEC ), que ha ejercido una función unificadora en muchos puntos del saber especializado. Sobre el léxico común de la Enciclopedia se estableció el Diccionari de la llengua catalana (Carreras i Marti 11982), que se puede consultar, como otros más, a través del portal del Grup Enciclopèdia Catalana en Internet (GREC 1997– 2004). Este diccionario se convirtió, con sus múltiples reimpresiones, en una herramienta clave en la normalización emprendida a par-
1492 tir de los años 80, cuando el diccionario de Fabra ya era obsoleto. El impacto que los medios de comunicación han tenido en el cultivo de la lengua castellana (cf. 4.) mediante los ‘libros de estilo’ ha hecho proliferar este género también en otras lenguas iberorrománicas. En catalán no sólo el diario Avui (Fité 1997) y Televisió de Catalunya (1995) cuentan con uno, sino también algunas entidades bancarias (p. ej., la Caixa d’Estalvis i Pensions de Barcelona), municipales (p. ej., el Ayuntamiento de Barcelona) o universitarias (p. ej., la Universitat Pompeu Fabra). El Periódico de Catalunya, que se edita desde 1977 en versión castellana y catalana, ofrece una definición de este género que se ha introducido en España según el modelo de los ‘style books’ angloamericanos: «un Libro de Estilo no es un diccionario ni una gramática, sino el código interno de una Redacción que tiene por objetivo la unificación de normas profesionales y lingüísticas, y la fijación de métodos de trabajo y de procedimientos éticos para dar al medio de comunicación una personalidad propia y, en el caso de los periódicos, facilitar la comprensión de los lectores y su identificación con el producto que adquieren» (Periódico de Catalunya 2002, 7).
Las polémicas lingüísticas que ha suscitado la elaboración de un estándar catalán, se manifestaron ya, en el s. XIX , con la defensa de dos modelos opuestos para el catalán escrito. Los poetas de los ‘Jocs Florals’ adoptaron, conforme con la literatura culta que concebían, una lengua retórica y artificiosa, de rasgos arcaizantes, orientada a los textos de la Edad Media, lo que implicaba también la preferencia por una ortografía etimológica. Los novelistas y dramaturgos que promovieron una literatura de crítica social, y determinados sectores de la prensa catalana difundieron, en cambio, otro modelo, conocido como «el català que ara es parla» (NeuAltenheimer 1987–89, 316–320). Éste se basaba en la lengua viva y tenía en cuenta los cambios lingüísticos provocados por la creciente urbanización y alfabetización, actitud que favorecía los usos diglósicos y castellanizados. La necesidad de depuración o, por el contrario, la admisión de los castellanismos que se habían introducido durante la larga convivencia del catalán y el castellano forman otro tema repetido de la polémica lingüística. A pesar de los esfuerzos por encontrar en la primera mitad del s. XX un equilibrio entre el purismo y la desatención,
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el problema se agravó durante la época franquista y se reavivó con la reintroducción del catalán en esferas de uso de las que anteriormente había sido excluido. En los años 80 y 90 del s. XX , surgió la polémica sobre el català heavy y català light a propósito de un modelo adecuado para los medios de comunicación. La polémica estalló con la propuesta de un modelo basado en el barcelonés coloquial y que formuló un grupo de correctores, asesores y traductores influyentes en los medios de comunicación. Se opuso otro grupo de correctores y traductores, vinculados a las editoriales, que defendieron el modelo fabrista sin concesiones a la evolución que el catalán había experimentado hasta entonces. Las instituciones normativas, así como el IEC, se han pronunciado a favor de un modelo flexible e integrador que observaría las funciones de la lengua y el papel que desempeña en la sociedad actual. 2.2. Valenciano Paralelamente a la ‘Renaixença’ en Cataluña, se formó en el País Valenciano el movimiento por la reivindicación de la lengua, cuyos esfuerzos más bien dispersos e individualizados debían culminar, según Constantí Llombart (1848–93), en la fundación de ‘Lo Rat Penat’ (1878). Esta sociedad, extremadamente conservadora, afirma ser el principal referente de la sociedad valenciana en la promoción, defensa, enseñanza y difusión de la lengua y cultura valencianas, optando de esta manera por un modelo disgregado del catalán de Cataluña. En la primera mitad del s. XX , parecía que se iban a imponer en el proceso de codificación las fuerzas que trabajaban en favor de la unificación lingüística de todas las variedades catalanas. En 1932 se adoptaron las normas elaboradas por el IEC, que se conocen como Normes de Castelló por el lugar donde se reunieron los principales escritores y entidades culturales valencianas de entonces. Más tarde, filólogos como Sanchis Guarner (1911–81) se encargaron de la difusión y adaptación de dichas normas a la variedad valenciana, así en la Gramàtica valenciana (1950). Sanchis Guarner con La llengua dels valencians (31967) y Fuster i Ortells (1922–92) con Nosaltres els valencians (1962) hicieron valiosas contribuciones al análisis crítico de la identidad valenciana y a la constitución histórica de su perfil lingüístico.
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Sin embargo, la ideología franquista, contraria a todo proyecto plural, propició el resurgir de la ideología bilingüista, es decir, de una posición según la cual todos los valencianos serían congénita e individualmente bilingües. En el fondo, se trata de una visión que encubre la existencia de un conflicto lingüístico real y traslada su solución a otros niveles, p. ej., el de la unidad de la lengua catalana y la codificación común para todas las variedades catalanas. Desde esta posición, se interpretan las actividades por parte de autoridades u organismos de la vecina Cataluña como intervención en asuntos internos, es decir, como ‘imperialismo lingüístico’. En esta línea, se sitúa la Academia de Cultura Valenciana (RACV ), creada el 31 de enero de 1978 y que lleva, desde el 8 de marzo de 1991, el título de ‘Real’. La RACV comprende el valenciano como «una lengua autóctona» desde todos los puntos de vista: el genético, geográficopolítico, literario, sociológico y propiamente lingüístico. La Seccio de Llengua i Lliteratura de la RACV elaboró, en 1979, unas normas ortográficas, la Ortografía de la Llengua Valenciana (1994), cuya segunda edición (21981) vino acompañada por la Documentacio formal de l’Ortografía de la Llengua Valenciana (1995). Estas normas se conocen como las Normes del Puig porque se sometieron a un acto de adhesión celebrado, el 7 de marzo de 1983, en el Monasterio del Puig. En cuanto a la legislación lingüística, la Comunidad Valenciana se dotó, en 1982, de un Estatuto de Autonomía de la Comunidad Valenciana (Ley Orgánica 5/1982, de 1 de julio, art. 7) que establece: «Los dos idiomas oficiales de la Comunidad Autónoma son el valenciano y el castellano. Todos tienen derecho a conocerlos y usarlos» (LNPL 1999, 114). Un año después, la Llei d’ús i ensenyament del valencià (Llei 4/1983, de 23 de noviembre, art. 2) afirmaba: «El valenciano es lengua propia de la comunidad valenciana y, en consecuencia, todos los ciudadanos tienen derecho a conocerlo y a usarlo, oralmente y por escrito, tanto en las relaciones privadas como en las relaciones de aquéllos con las instancias públicas» (LNPL 1999, 119).
Sin embargo, la voluntad de las autoridades autonómicas de dotar de vida este marco legislativo dista de ser plena. En los años 90, aumentaron la inestabilidad y confusión ante los intentos secesionistas que torpedearon la normalización lingüística.
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Ante la intensidad del debate y la crispación social, el Consell Valencià de Cultura, órgano consultativo y asesor de la Generalitat Valenciana en materias específicas de la cultura valenciana (Llei 12/1985, de 30 de octubre) fue encargado de emitir un Dictamen sobre el conflicto lingüístico valenciano, que se aprobó el 13 de julio de 1998. En este dictamen, se consideran las mejoras que ha experimentado el valenciano en el uso y prestigio social, aunque se reconoce la esterilidad del conflicto para la recuperación de la lengua. La definición de la lengua es una pieza clave del texto: «El valenciano, idioma histórico y propio de la Comunidad Valenciana, forma parte del sistema lingüístico que los correspondientes Estatutos de autonomía de los territorios hispánicos de la antigua Corona de Aragón reconocen como lengua propia» (LNPL 1999, 188).
Además, se propone la creación de un «ente de referencia normativa del valenciano» (ib., 188). En consecuencia, la Generalitat Valenciana creó, el 16 de septiembre de 1998, la Acadèmia Valenciana de la Llengua (AVL ; Llei 7/1998, art. 3) con la «función de determinar y elaborar, en su caso, la normativa lingüística del idioma valenciano; así como velar por el valenciano partiendo de la tradición lexicográfica, literaria, y la realidad lingüística genuina valenciana, así como, la normativización consolidada, a partir de las llamadas Normes de Castelló» (LNPL 1999, 190).
Tres años más tarde, el 14 de junio de 2001, queda definida la composición de la AVL que comprende a representantes del Institut Interuniversitari de Filologia Valenciana (Ordre de la Generalitat Valenciana, de 22 de noviembre de 1994) y también a sus principales detractores, la RACV. El 25 de marzo del 2002, la AVL aprobó un Referent normatiu oficial del valencià (Resolució 10/2002, de 4 de abril del 2002) que constituye la referencia de uso mientras la academia está elaborando una gramática y un diccionario propios. 2.3. Mallorquín En las Islas Baleares, la ‘Renaixença’ literaria y lingüística se manifestó en torno a la revista La Palma (1840/41) e, igual que en Barcelona, se celebraron, unos años más tarde, ‘Jocs Florals’. Participaron activamente en la estandarización del catalán, a principios del s. XX , filólogos baleares como
1494 Antoni Ma Alcover (1862–1932) y Francesc de Borja Moll (1903–91). Ambos trabajaron en el Diccionari català-valencià-balear (DCVB ; cf. DCVBE ), tesoro léxico de todos los dialectos catalanes, tanto de la lengua antigua como la moderna (Rico / Solà 1991, 299). Asimismo, Moll es autor de una Gramàtica catalana referida especialment a les Illes Balears (11968). Como particularidad en la historia lingüística de las Islas Baleares, cabe subrayar que la generalización del castellano como lengua escrita data del s. XIX , pero el uso oral es prácticamente inexistente antes de 1950. A partir de entonces, el panorama cambió radicalmente con la explosión del sector turístico y la llegada de los inmigrantes, lo que favoreció la implantación del castellano, pero también de otras lenguas como el alemán o el inglés. Desde 1970, diversos grupos y asociaciones han llevado a cabo numerosas campañas en favor de la utilización del catalán en los medios de comunicación, la enseñanza del catalán y en catalán y por aumentar la conciencia lingüística de los hablantes, en particular, de los jóvenes. Entre estas organizaciones destaca la Obra Cultural Balear, creada en 1962 con el objetivo de promover la lengua y la cultura autóctonas. La promoción del ‘catalán’, denominación que entre la mayoría de los usuarios se oponía a la percepción de la lengua a través de sus hablas locales (p. ej., mallorquí, eivissenc, pla, pagès), suscitó la polémica sobre la imposición de un modelo lingüístico ajeno que determinados sectores de la sociedad isleña aprovecharon para reclamar un estándar propio. Esta variante del secesionismo lingüístico, que reivindica, de forma análoga a como hacen los defensores del català light, el uso formal de las variedades locales, ha recibido el nombre de ‘genollisme’ a partir de una polémica en la prensa local iniciada por un lector que firmaba con el seudónimo de Pep Gonella (cf. Bibiloni 2002). En cuanto a la legislación lingüística, el Estatut d’Autonomia de les Illes Balears (Llei Orgànica 2/1983, de 25 de febrero; reformado por la Llei Orgànica 3/1999, de 8 de enero) dispone en el art. 3: «La lengua catalana, propia de las Islas Baleares, tendrá, junto con la castellana, el carácter de idioma oficial» (LNPL 1999, 134). Señala el derecho que tienen todos los ciudadanos de conocerla y utilizarla sin que nadie pueda ser discriminado por causa del idioma. En
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1986, la Comunidad Autónoma de las Islas Baleares se dotó de una Llei de normalització lingüística (Llei 3/1986, de 29 de abril) que preveía numerosas medidas a favor del catalán (LNPL 1999, 133–153). Debido a diversas causas, como la insuficiente integración de los inmigrantes, la débil conciencia lingüística de los autóctonos y su actitud pasiva ante el problema de la lengua, las querellas sobre el estándar y su relación con el mallorquín y las otras variedades lingüísticas baleares, los resultados de la normalización lingüística distan de ser satisfactorios. Por ello, la Direcció General de Política Lingüística (creada en 1995), adscrita a la Conselleria d’Educació i Cultura del Gobierno Balear, presentó el 13 de febrero del 2002 el Pla d’actuacions urgents en normalització lingüística a les Illes Balears. El 3 de julio del 2002, se creó el Consell Social de la Llengua Catalana, cuya función es la de asesorar e informar en materia de planificación lingüística. Con estas medidas no se pretende acelerar el proceso de normalización lingüística, sino romper el proceso de substitución lingüística comprobado durante los últimos años.
3.
Aragonés
Después de tempranos vestigios en textos del s. XII , el aragonés experimentó la influencia occitana (s. XII ), catalana (s. XIII ) y a partir sobre todo del s. XIV, castellana, lengua que un siglo más tarde lo desplazó en el uso escrito. Durante siglos, la gente del pueblo seguía hablando en aragonés; la culta empleaba el castellano. Poco a poco el aragonés se fue perdiendo en algunas zonas y en otras se fue aislando en dialectos locales (cf. Martín Zorraquino / Enguita Utrilla 2000, 70–83). Sólo muy tarde, en los años 70 del s. XX , se registraron los primeros esfuerzos por desarrollar un tipo de aragonés común. Así se emprendió la codificación morfosintáctica y léxica: la primera con la Gramática de la lengua aragonesa (Nagore Laín 11977) y la segunda con el Diccionario aragonés: aragonés-castellano, castellanoaragonés (Andolz 11977). En 1974, un grupo de escritores y estudiosos del aragonés acordaron las primeras normas ortográficas, que se han ido ampliando y mejorando hasta llegar a su forma definitiva: Normas gráficas de l’aragonés (Nagore Laín 11987). En 1976 nació ‘O Consello d’a Fabla Aragonesa’, reconocido legalmente en 1978, cuyos objeti-
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vos son la defensa, promoción, estudio y difusión del aragonés y entre cuyos principios rectores figura el respeto por la realidad trilingüe de Aragón, o sea, el uso de las lenguas castellana, aragonesa y catalana en tierras aragonesas. Edita la revista más veterana, las Fuellas (1978 ss.). Paralelamente se crearon otras organizaciones interesadas en el cultivo y la promoción de la lengua: en 1977, el ‘Rolde de Estudios Aragoneses’ (de utilidad pública desde 1997) declaraba querer trabajar, desde una óptica progresista, por la cultura aragonesa y la recuperación de las señas de identidad de Aragón, y en 1982 nacía el ‘Ligallo de Fablans de L’Aragonés’, que designa entre sus objetivos la normalización lingüística del aragonés. El Estatuto de Autonomía de 1982 (Ley Orgánica 8/1992, de 10 de agosto) reconoció, por vez primera, la diversidad lingüística de Aragón, hecho que se recoge igualmente en el texto reformado de 1996 (Ley Orgánica 5/1996, de 30 de diciembre, art. 7): «Las lenguas y modalidades lingüísticas propias de Aragón gozarán de protección. Se garantizará su enseñanza y el derecho de los hablantes en la forma que establezca una ley de Cortes de Aragón para las zonas de utilización predominante de aquéllas» (LNPL 1999, 193).
La Comisión Especial de las Cortes de Aragón sobre política lingüística ha elaborado, sobre esta base, un anteproyecto de la Ley de Lenguas que permanece paralizado por falta de consenso entre los diversos partidos políticos. Según esta ley, el aragonés y el catalán pasarían a ser lenguas cooficiales de Aragón – junto con el castellano – en aquellas zonas de la comunidad en que predomina su uso. Regularía su uso en la enseñanza y la administración con la ayuda de los criterios establecidos por el Consejo Superior de las Lenguas de Aragón que se crearía con la aprobación de la ley.
4.
Castellano
Entre los grandes dominios lingüísticos medievales, el asturleonés y gallego-portugués al Occidente y el aragonés y catalán al Oriente, el castellano se introdujo como una cuña, desalojando con la Reconquista del centro (Toledo 1085) y sur (Sevilla 1248) los dialectos mozárabes (Menéndez Pidal 11980, 513). Bajo Alfonso X el Sabio (rey de Castilla y de León 1252–84), se formó una primera conciencia emancipadora del castellano
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frente al latín y otras lenguas de cultura (árabe, hebreo; cf. Bossong 1979; Niederehe 1987). La aparición de la primera gramática normativa, la Gramática de la lengua castellana (1492) de Elio Antonio de Nebrija (1441–1522), coincidió con importantes acontecimientos de la época: la unión dinástica (1469) entre Isabel I de Castilla (1451– 1504) y Fernado II de Aragón (1452–1516), la conquista del reino de Granada (1481–92) y los principios de la colonización de América (1492). Con Carlos V (1517–58), España alcanzó su máximo apogeo y el prestigio político y literario de su lengua contribuyó a su difusión en el interior y exterior del reino. A pesar de ser lengua oficial del reino, sólo en el s. XVIII , con la dinastía borbónica, se reforzaron las tendencias centralistas y uniformadoras que se reflejaron igualmente en la política lingüística. Por un lado, ésta se manifestó en la preocupación por una norma codificada del castellano y el habla culta. Por otro, se expresó en la imposición de un solo idioma para todo el reino, como p. ej., con la Real Cédula del 23 de junio de 1768. En el s. XIX , las primeras constituciones (1812; 1834; 1837; 1845; 1869; 1876) omiten la cuestión lingüística dando por entendido el uso oficial del castellano. Es en la Constitución de la República Española de 9 de diciembre de 1931 cuando, por primera vez en la historia de España (cf. González Ollé 1978), se dispone: «El castellano es el idioma oficial de la República. Todo español tiene obligación de saberlo y derecho de usarlo, sin perjuicio de los derechos que las leyes del Estado reconozcan a las lenguas de las provincias o regiones. Salvo lo que se disponga en leyes especiales, a nadie se le podrá exigir el conocimiento ni el uso de ninguna lengua regional» (art. 4; Esteban 1987, 191).
De estas disposiciones parte la actual Constitución Española (29 de diciembre de 1978), que establece en el art. 3: «1. El castellano es la lengua española oficial del Estado. Todos los españoles tienen el deber de conocerla y el derecho de usarla. 2. Las demás lenguas españolas serán también oficiales en las respectivas Comunidades Autónomas de acuerdo con sus Estatutos. 3. La riqueza de las distintas modalidades lingüísticas de España es un patrimonio cultural que será objeto de especial respeto y protección» (Esteban 1987, 284).
Con el art. 148.17 se transfieren las competencias en materia de enseñanza a las Comunidades Autónomas. Además, los Estatutos
1496 de Autonomía de algunas Comunidades de habla castellana dedican apartados específicos al cultivo de la lengua. Así, el Estatuto de Autonomía para Andalucía (Ley 6/1981, de 30 de diciembre) recalca la necesidad de difundir y conocer los valores lingüísticos del pueblo andaluz en toda su riqueza y variedad (art. 12; cf. LNPL 1999, 191). El Estatuto de Autonomía de La Rioja (Ley Orgánica 3/1982, de 9 de junio; Ley Orgánica 2/1999, de 7 de enero) presta especial atención a la lengua castellana «por ser originaria de La Rioja y constituir parte esencial de su cultura» (art. 8; cf. LNPL 1999, 192). Y el Estatuto de Autonomía de Castilla y León (Ley Orgánica 4/1983, de 25 de febrero; Ley Orgánica 4/1999, de 8 de enero) reconoce el castellano como valor esencial de dicha Comunidad (art. 4; cf. LNPL 1999, 194). Entre las instituciones que han tenido un papel primordial en la codificación del castellano se sitúa en primer lugar la Real Academia Española (RAE ), fundada en 1713 por iniciativa de Juan Manuel Fernández Pacheco (1650–1723), marqués de Villena, y aprobada por Felipe V el 3 de octubre de 1714. Surgió según el modelo de la Accademia della Crusca (1582) y la Académie Française (1635) con el fin de «cultivár, y fijár la pureza, y elegancia de la lengua Castellána, desterrando todos los erróres, que en sus vocablos, en sus modos de hablar, ò en su construcción há introducído la ignoráncia, la vana afectación, el descuído, y la demasiáda libertád de innovár» (Estatutos, de 24 de enero de 1715; Fries 1989, 34).
Se representó tal propósito con un emblema formado por un crisol puesto al fuego con la leyenda Limpia, fija y da esplendor, que expresa simbólicamente el deseo de fijar la lengua en el estado de plenitud que, según la opinión común, ésta había alcanzado en el s. XVI . Para tal fin, la RAE se propuso confeccionar un Diccionario y, terminado éste, una Gramática, una Poética y una Historia de la Lengua. Estos primeros Estatutos fueron renovados varias veces, la primera el 13 de marzo de 1848: como principal novedad, se propone no sólo ir mejorando el Diccionario Usual, sino publicar otro, el Diccionario Manual y se crean las Comisiones de Diccionario, de Gramática y Ortografia, de Prosodia y Arte métrica, de Etimología e Historia de la lengua, de reimpresión de autores clásicos. El 13 de agosto de 1859, la RAE volvió
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a renovar sus Estatutos introduciendo el propósito de editar distintas gramáticas para cada periodo de enseñanza «siendo la Gramática de la Academia texto obligatorio y único en las escuelas de enseñanza pública, por virtud del artículo 88 de la ley 9 de septiembre de 1857» (Estatutos; Fries 1989, 68), la ya citada Ley Moyano. Otra reforma se emprendió con los Estatutos de 1977 (Real Decreto, de 10 de junio) que fijan como objetivos «velar por la pureza, propiedad y esplendor de la Lengua Castellana, investigar sus orígenes, fijar sus principios gramaticales […]» (Fries 1989, 72). Los actuales Estatutos datan del 9 de junio de 1993 y recogen la creación del Instituto de Lexicografía, órgano de trabajo en el que se integró el Seminario de Lexicografía, fundado el 15 de septiembre de 1946 bajo la dirección de Julio Casares (1877–1964) y destinado a elaborar el Diccionario histórico, y los equipos encargados de las demás tareas lexicográficas. Cumpliendo con su propósito fundacional, la gran aportación de la RAE ha sido su Diccionario de Autoridades (DAut 1726–39), llamado también Diccionario de la Lengua Castellana (DRAE 11780; 222001), por documentar el uso de las palabras con la ayuda de reconocidos modelos. A diferencia de los diccionarios anteriores, se emprendió como obra corporativa, es decir como tarea colectiva, y con un claro concepto de lo que debe ser el propósito de un diccionario monolingüe en comparación con un simple vocabulario (Alvar Ezquerra 2002, 264 s.): «por Diccionario se entienden los libros, donde no solo se vierten en otra Léngua los vocáblos, sino que se explica su naturaleza, y el sentído de las phrases, quando la voz se junta con otras, ù otras» (DAut 1726, Prólogo, II ).
Igual de moderno parece el criterio de selección de las palabras registradas: «Lo primero se han de poner todas, y solas voces apelativas Españolas […]: y por consiguiente quedarán excluidas del Diccionario todas las voces y nombres própios de Persónas y Lugáres que pertenecen à la História, y à la Geographía. Y tambien se expresarán todas las palabras que significan desnudamente objéto indecente» (ib., Historia de la Academia, XV ).
En 1780, el DAut fue compendiado, prescindiendo de las autoridades, en un solo volumen (= DRAE ), del que se han realizado reediciones sucesivas (editado también en CDROM y consultable a partir de la página de la RAE en Internet, cf. DRAE ; Lebsanft
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1997, 146–184). De las novedades que se han introducido a lo largo de su historia, cabe destacar la separación, operada en la 4a edición (DRAE 41803), entre los dígrafos ch y ll y las otras combinaciones de c y l por tratarse de sonidos distintos (Alvar Ezquerra 2002, 263). Esta decisión ha sido revocada en la edición de 1999 de la Ortografía (cf. infra) y aplicada en la última edición del DRAE (2 vol., 222001). En lineas generales, la RAE ha observado con gran fidelidad los criterios normativos establecidos. Así pudo afirmar en la 11a edición haberse «mantenido firme en su decisión de no sancionar más palabras nuevas que las indispensables, de recta formacion, é incorporadas en el Castellano por el uso de las personas doctas» (DRAE 111869, Al lector).
En la siguiente edición insiste en haber registrado tan sólo aquellos neologismos que son «necesarios para designar cosas faltas de denominación castiza» (DRAE 121884, V ). Sin embargo, la acepción de los tecnicismos (cf. infra) experimentó cierto cambio de rumbo que se hizo patente en la 12a edición, donde la RAE explica haber admitido: «los que tienen en su abono pertenecer á las ciencias y las artes de más general aplicación, haber echado hondas raíces en tecnologías permanentes y estar bien formados ó ser de ilustre abolengo, como nacidos del griego ó del latín» (DRAE 121884, V; cf. Brumme 1997, 335–349).
En 1927 salió a la luz el Diccionario manual e ilustrado de la lengua española (41989), proyectado en los Estatutos de 1848. En 1996, se publicó el Diccionario escolar (21997), preceptuado en los Estatutos de 1993 y pensado para la enseñanza secundaria. Finalmente, cabe mencionar el Diccionario histórico de la lengua española (DHLE ), cuya publicación se empezó en 1933 y se pretende concluir en un plazo de tiempo razonable (cf. Zamora Vicente 1999, 376; 571). Otro ámbito de trabajo ha sido la ortografía: en 1741, la RAE publicó su primera Orthographia Española (11741; ed. facs. Sarmiento 2001) que, hasta la 9a edición (91926), iba incorporando las reformas introducidas. En 1844 le siguió una edición reducida, el Prontuario de Ortografía de la lengua castellana (11844) y en 1870 el Prontuario de Ortografía castellana, en preguntas y respuestas (11870; 311931). En 1959, la RAE volvió a reformar la ortografía tras un amplio periodo de consulta y observaciones para las Academias correspondientes. Estas
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Nuevas normas de prosodia y ortografía fueron declaradas de aplicación preceptiva desde el 1 de enero de 1959. De 1999 data la última edición de la Ortografía, corregida, actualizada y acrecentada en precisiones y ejemplos. El texto original fue revisado por las Academias correspondientes de tal modo que constituya la primera ortografía panhispánica de carácter unitario. La Gramática de la lengua castellana (GRAE ) que la RAE se había propuesto componer en los primeros Estatutos, salió a la luz en 1771 (ed. facs. 1984) y fue fruto de largas investigaciones y una intensa revisión de la tradición gramatical (Taboada Cid 1981/82). Experimentó muchas ediciones, entre las que destacan la de 1854 (cf. Sarmiento 1986) y 1870 por incorporar las enmiendas de Vicente Salvá (1780–1849) y Andrés Bello (1781–1865). La voluntad de seguir mejorando la GRAE queda evidente en el Esbozo de una nueva gramática española (Esbozo 1973), elaborado por la Comisión de Gramática, con la contribución decisiva de Samuel Gili y Gaya (1892–1976) y Salvador Fernández Ramírez (1896–1983). Por encargo de la RAE , Emilio Alarcos Llorach (1922–98) publicó la Gramática de la lengua castellana (1994). Sin embargo, ni ésta ni la anterior han gozado de carácter normativo. Todo el contrario que el Epítome de la gramática de la lengua castellana (1857), reeditado como Epítome de analogía y sintáxis (1870), y el Compendio de la gramática de la lengua castellana (1857) que a base de la Ley Moyano gozaron de condición normativa hasta la Guerra Civil (1936–39). Actualmente la RAE trabaja en estrecha colaboración con las Academias Americanas en la renovación de su tratado gramatical. La historia de la codificación del castellano peninsular está íntimamente relacionada con la actitud que las instituciones normativas, en particular, la RAE , tomaron ante las variedades ultramarinas. Alcanzada la independencia en la mayoría de los territorios americanos (1826), en alguna que otro parte se levantaron voces a favor de la independencia lingüística. Los esfuerzos de la RAE por mantener la unidad de la lengua eran interpretados, sobre todo en el contexto del desastre colonial de 1898, como intentos de restablecer los lazos coloniales rotos. A pesar de todo, el 24 de noviembre de 1870 se acordó autorizar el establecimiento de academias correspondientes en las diversas repúblicas. La primera fue la Academia Co-
1498 lombiana, fundada el 1 de mayo de 1871, seguida de otras tantas, hasta la última, la Academia Norteamericana (1973). Las veintidós Academias de la Lengua Española que existen en el mundo integran hoy la Asociación de Academias, cuyo fin es, según los Estatutos aprobados el 28 de diciembre de 1951 (art. 1), «trabajar asiduamente en la defensa, la unidad e integridad del idioma común, y velar por que su natural crecimiento siga los cauces tradicionales de nuestra lengua castellana» (Zamora Vicente 1999, 356). Su constitución se acordó en el I Congreso de Academias de la Lengua Española, celebrado en México del 23 de abril al 6 de mayo de 1951 por iniciativa del presidente Miguel Alemán (1905–83). Cumpliendo con los Estatutos, las Academias correspondientes se han reunido generalmente cada cuatro años en un congreso, aunque en algunas ocasiones con un intervalo superior (Madrid 1956; Bogotá 1960; Buenos Aires 1964; Quito 1968; Caracas 1972; Santiago de Chile 1976; Lima 1980, San José de Costa Rica 1989; Madrid 1994; México 1998). El último ha sido el XII Congreso de la Asociación de Academias de la Lengua Española, que se celebró en Puerto Rico del 12 al 15 de noviembre 2002. Estos congresos forman una importante plataforma de cooperación y coordinación de las diversas labores normativas y descriptivas que se emprenden en ambos lados del Atlántico. En cuanto a la organización en España, se creó, por iniciativa conjunta de la Asociación de Amigos de la Academia y de ésta, con el apoyo del Gobierno de España y el patrocinio del rey, la Fundación Pro Real Academia Española (20 de octubre de 1993), cuyo Patronato aporta el capital necesario para que la corporación pueda llevar adelante los programas que tiene proyectados (Zamora Vicente 1999, 581 s.). A pesar de que la RAE reconoció en dos ediciones del DRAE (121884 y 151925) la necesidad de dedicar más atención a la codificación del vocabulario técnico-científico, se encargó finalmente de esta tarea la Real Academia de Ciencias Exactas, Físicas y Naturales (RAC ), creada por Real Decreto de 25 de febrero de 1847. Presente desde los primeros momentos de su existencia, el diccionario se llegó a realizar en 1983. Con anterioridad, sólo el Diccionario castellano con las voces de ciencias y artes y sus correspondientes en las tres lenguas francesa, latina é italiana (1786–93; ed. facs. 1987) de Esteban
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Terreros y Pando (1707–82) cumplía con el propósito de ofrecer un repertorio de voces especializadas. El Vocabulario científico y técnico (21990) de la RAC ha ido creciendo e incorporando nuevas áreas y ofrece a partir de la 3a edición (31996; 4a en prep.) la equivalencia inglesa en el total de las voces. Además, la RAC ha publicado para la segunda enseñanza el Diccionario esencial de las ciencias (11999). A partir de los años 80, la descripción y codificación de la terminología y los lenguajes de especialidad despertó el interés de algunos organismos. Así nace en 1985 Termesp, miembro fundador de RITerm (creada en 1988), una red de intercambio y de trabajo en el área de la terminología, que trabaja para consolidar las terminologías en español y portugués. Un gran salto cualitativo se dio con la fundación de la Asociación Española de Terminología (AETER ; 1997). AETER es de ámbito nacional e incorpora, entre otros miembros, las Reales Academias, el Consejo Superior de Investigaciones Cientificas, el TERMCAT, UZEI (Terminologia eta Lexikografiako Zentroa, 1977) y el TERMIGAL (Servicio de Terminoloxía de Galicia, 1996). Colabora con Unión Latina, fundada en 1954 y con sede en París, que se dedica a la promoción de la herencia común del mundo latino. De cara al exterior, la promoción y enseñanza de la lengua española y la difusión de la cultura española e hispanoamericana cuentan con una institución pública creada en 1991 (Ley de 21 de marzo de 1991), el Instituto Cervantes. Su sede se encuentra en Madrid y Alcalá de Henares, lugar de nacimiento del escritor Miguel de Cervantes (1547–1616). Sus funciones generales son la organización de cursos de lengua española en los cuatro continentes donde están ubicados los centros. El Instituto dispone igualmente de una edición virtual, el Centro Virtual Cervantes donde se ofrece la más variada y más completa información sobre sus actividades y otros aspectos vinculados con la lengua (p. ej., el Anuario 2002 sobre el español en el mundo). Entre las instituciones cuya tarea principal no es el cultivo de la lengua, pero que han asimilado un papel importante en la promoción del uso adecuado y correcto del español, se sitúa la Agencia EFE ([s. a.]), una de las más grandes agencias de noticias en el mundo. Este ente público, que desde 1998 ha consolidado su posición en Estados Unidos
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con unos servicios bilingües para la comunidad latina y que en 2001 lanzó un servicio en portugués (Agencia EFE Brasil), además de contar con una edición en catalán (Agencia EFE Catalunya [s. a.]), es la institución que más impacto ha tenido en la promoción de la cultura idiomática (cf. 1.). Fundada en 1939 y con raíces que se remontan al Centro de Correspondencias, primera agencia de noticias de España (1865), y a la Agencia Fabra (1919; cf. Olmos 1997), se ha hecho cargo de cuidar del lenguaje usado en los medios de comunicación. A partir del Consejo asesor de estilo, formado por catedráticos y académicos de la RAE y a partir también del equipo de filólogos que constituyen el Departamento de Español Urgente (DEU ; creado en 1980), la Agencia EFE pretende aportar criterios para evitar la dispersión lingüística y la invasión indiscriminada de neologismos. Publicó, en esta línea, un primer Manual de estilo (Lázaro Carreter 1978), convertido en Manual del español urgente a partir de la 4a edición (ib., 41985; 142001) corregida y aumentada de aquél (cf. Lebsanft 1997, 185–231). Pensado como recurso para el periodista en su labor diaria, expone criterios homogéneos y claros de redacción, resuelve dudas y ofrece soluciones para aquellos fenómenos lingüísticos que las instituciones de codificación lingüística, p. ej., la RAE , aún no han abordado. En el caso del Manual del español urgente se trata de un modelo lingüístico que se basa en el «consenso idiomático culto» (Lázaro Carreter 1978, 13) y el ideal estilístico de la claridad y llaneza (Lebsanft 1997, 38–43; 193), conceptos heredados de la retórica latina y arraigados firmemente en la tradición literaria española a partir del s. XVI . La Agencia EFE cuenta también con un Vademécum de español urgente redactado y compilado por Gómez Font (21995/96; DEU ). Se trata de un repertorio de comentarios lingüísticos y aclaraciones de dudas sobre el uso de neologismos, antropónimos, topónimos, gentilicios, transcripciones, traducciones, abreviaturas, etc., que se puede consultar a través del portal de la Agencia en Internet (Agencia EFE [1998 ss.]). Los criterios que garantizan una expresión precisa y eficaz en el uso de nuevas palabras y giros se explican en El neologismo necesario (Pascual / Fundación EFE 1992). De reciente publicación es el Diccionario de español urgente (Gómez Font 12000). Por su labor, la Agencia EFE ha recibido varios premios,
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el más destacado de cuales es el Príncipe Asturias de Comunicación y Humanidades (1995). El cultivo de la lengua también ha sido una preocupación constante del diario más influyente de España. El País, publicado por primera vez el 4 de mayo de 1976, sacó a la luz el primer Libro de estilo (1977) que jamás ha tenido un diario español. Concebido como código interno de la redacción, trata de unificar sistemas y formas expresivas, con el fin de ofrecer una herramienta de consulta y referencia para los periodistas y facilitar la tarea del lector. El Libro de estilo da una serie de normas generales, p. ej., sobre los géneros periodísticos, seguidas de un diccionario de siglas, palabras de significado dudoso o ambiguo y un gran número de expresiones en idiomas distintos al castellano. Además, Álex Grijelmo, responsable de la tercera edición del Libro de estilo de El País (31990) y actual director editorial de los diarios locales, regionales y latinoamericanos del grupo PRISA , insiste con El estilo del periodista (Grijelmo 11997) en la necesidad de promover y fomentar una cultura idiomática entre los periodistas. Desde 1985, el diario cuenta con un ‘Ombudsman’ o ‘Defensor del Lector’, que es nombrado por el director del periódico entre periodistas de reconocido prestigio y se encarga de garantizar los derechos de los lectores. Entre las cuestiones que atiende se encuentran también temas del uso correcto de la lengua (ortografía, laísmo, dequeísmo, anglicismos). A diferencia de la Agencia EFE , El País está en contacto directo con sus lectores, relación que se traduce fundamentalmente en las Cartas al director (cf. Lebsanft 1990). En este género nacido en la época de la Transición, los lectores comentan, entre muchas otras cosas, cuestiones lingüísticas y se pronuncian sobre la situación lingüística en general (cf. ib., 232–283). Ha cundido la filosofía de estas dos instituciones, según la cual la calidad del producto que venden depende en gran medida de su calidad lingüística. En la actualidad, la mayoría de los periódicos y buena parte de los canales radiotelevisivos han reunido sus normas lingüísticas en un código. Sirvan de ejemplo los periódicos ABC (11993; 22001), El Mundo (1996) y La Vanguardia (1986). Entre los medios televisivos, destacan el Libro de estilo de los Servicios Informativos de TVE (Pérez Calderón 1985), el de Telemadrid (1993) y el del Canal Sur Televisión (1991).
1500 Asimismo, cabe mencionar los esfuerzos emprendidos por hacer más transparente el lenguaje empleado por parte de los organismos gubernativos y administrativos del Estado como, p. ej., por el Ministerio para las Administraciones Públicas (MAP ), que ha publicado diversos documentos: Manual de estilo del lenguaje administrativo (1990a), Manual de documentos administrativos (1994) y Uso no sexista del lenguaje administrativo (1990b). La voluntad de codificar la lengua está presente desde la primera obra normativa, la gramática de Nebrija. En el Prólogo dedicado a la reina Isabel, el autor explica su deseo de fijar la lengua que encuentra «suelta fuera de regla»: «reduzir en artificio este nuestro lenguaje castellano, para que lo que agora adelante en él se escriviere pueda quedar en un tenor, estender se en toda la duración de los tiempos que están por venir» (Nebrija [1492], 1989, 112 s.).
Para este fin, parte del «consensus eruditorum» de Quintiliano como ya lo había expuesto en las Introductiones latinae (Nebrija [1481], 1981) y busca el modelo normativo en los eruditos o sabios. Otros gramáticos le siguen en los s. XVI y XVII , aunque según Juan de Valdés (†1541) y Bernardo de Aldrete (1560–1641) el uso tendría que prevalecer sobre una norma selectiva (Pozuelo Yvancos 1986, 84–87). La RAE , sin embargo, retoma la actitud normativista de Nebrija seleccionando como modelo para el buen uso «a mayor parte de las personas de la Corte» y «los mejores escritores del tiempo presente o de aquél en que no ha padecido alteración la lengua» (Proyecto 1741; cf. Fries 1989, 156). Las distintas ediciones de la GRAE reflejan el cambio del ideal lingüístico: desde «los buenos autores y los que hablan bien» (11771), «los autores clásicos y las personas cultas» (ed. corr. y aumentada 41796) hasta «los buenos escritores y el uso actual de la lengua« (nueva ed. reformada 1917; cf. Fries 1989, 160). No sólo en el Esbozo (1973), sino también en otras gramáticas, como la Gramática española (Alcina Franch / Blecua 112001), el prestigio de los «grandes autores de la literatura española» influye en un modelo gramatical arcaizante (Kleineidam / Schlör 1989, 144; 166), a pesar de cierta apertura hacia la descripción del registro informal y la modalidad hablada del lenguaje. La pluralidad de subsistemas, que se traduce primordial-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
mente en una gran diversidad diatópica relacionada con las variedades diastráticas y diafásicas de la lengua, aún aguarda una modelación normativa adecuada que no se contente con simplificaciones o enfoques unilaterales. De la rica tradición lexicográfica (Haensch 1997) cabe destacar dos tendencias relacionadas con el cultivo de la lengua, la preocupación por defenderla de la influencia extranjera y por mantener la corrección idiomática. La primera, que se conoce también como purismo y casticismo (cf. Lázaro Carreter 21985, 255–289; Brumme 1997, 185–197; Lebsanft 1997, 28–31; 59–63), se manifiesta en el rechazo del galicismo que arranca en el s. XVIII y culmina con el Diccionario de galicismos (1855) de Rafael Ma Baralt (1810–60). Los anglicismos introducidos no raramente mediante procedimientos divergentes en ambos lados del Atlántico no se han visto afectados por un rechazo global, sino que han sido más bien objeto de especial cuidado por no romper la unidad de la lengua y la mútua comprensibilidad (Lorenzo 1996). Los tratados al respecto son mucho más recientes, como p. ej., el Diccionario de anglicismos (Alfaro 21970) y el Nuevo diccionario de anglicismos (Rodríguez González 1997). En esta línea se sitúa también el Diccionario de falsos amigos inglésespañol (Prado 2001), que documenta y comenta el uso erróneo de voces inglesas en castellano, o la Defensa apasionada del idioma español (Grijelmo 1998) que trata de la influencia del inglés sobre la lengua actual. La segunda tendencia expresa la preocupación por la corrección idiomática ante un uso vacilante o cambiante. Aquí se hallen repertorios como el Diccionario de dudas de la lengua española (Seco 11956), Dudas y errores de lenguaje (Martínez de Sousa 11974), El castellano actual. Usos y normas (Casado Velarde 11988), y el Manual de español correcto (Gómez Torrego 11989). Cabe mencionar, igualmente, los artículos que algunos periódicos suelen publicar y que tratan sobre los errores más frecuentes de uso, como es el caso de las observaciones de Lázaro Carreter reunidas en El dardo en la palabra (1997) y El nuevo dardo en la palabra (2003). Según su página en Internet, la RAE ([s. a.]) se ha planteado el proyecto de elaboración del Diccionario panhispánico de dudas, cuyo objetivo sería contribuir al uso propio y correcto de la lengua.
129. Planificación y cultivo institucional de la lengua: Península Ibérica
5.
Asturiano
De temprana documentación, sobre todo en las escrituras notariales y los fueros de los s. XII –XIII , el asturiano o bable ha atraído la atención de la lingüística histórica y la dialectología peninsular. De hecho, el grupo dialectal asturiano es uno de los mejor descritos de la Península Ibérica. La normalización lingüística de la lengua asturiana es, sin embargo, un hecho mucho más reciente. Como otras lenguas minoritarias de la Península Ibérica, el asturiano experimentó un continuo retroceso al convertirse, en el s. XIV, el castellano en la lengua de las clases altas y de la administración. Hasta casi finales del s. XX , el asturiano es considerado, en general, un dialecto, lo que implica, en consecuencia, el establecimiento de la siguiente jerarquía de valores: hablar castellano es hablar bien y hablar bable es hablar mal (Born 1991, 219–224). Durante los últimos años, las medidas que pretenden proteger y promover la lengua asturiana han logrado atenuar la situación diglósica, establecida a lo largo de los siglos, sin poder erradicar el peligro de asimilación. El bilingüismo difundido en Asturias es inorgánico y desorganizado, es decir, que tiende a la mezcla de las dos variedades lingüísticas implicadas, y asimétrico, o sea, el castellano sigue amenazando al bable (González-Quevedo 2000, 174). A partir del s. XIX se da un resurgimiento del bable que está en consonancia con la actitud mostrada por Gaspar Melchor Jovellanos (1744–1811), quien reconocía la vitalidad del «dialecto de Asturias» y planificaba, entre otros proyectos, un diccionario (1952, vol. 2, 205–211). Para la Instrucción Pública de una España progresista y liberal (1809) preveía, no obstante, el uso de la lengua nacional, que debía ser el instrumento de alfabetización (Jovellanos 1951, vol. 1, 270 s.). En el s. XIX , se registran los primeros intentos de describir el asturiano: en 1869, Juan Junquera Huergo (1804–?) finalizó una Gramática Asturiana que no llegó a editarse hasta 1991 (ed. Xosé Lluis Gracía Arias, Uviéu), y, en 1891, Apolinar Rato y Hevia publicó un Vocabulario de las palabras y frases bables que se hablaron antiguamente y de las que hoy se hablan en el Principado de Asturias (Madrid). La frágil conciencia regionalista recibió un gran impulso con la fundación del Instituto de Estudios Asturianos (1946), que des-
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de 1947 viene editando un Boletín. Las reivindicaciones lingüísticas cuajaron en 1974 en la formación de un grupo de intelectuales autodenominado ‘Conceyu Bable’ y culminaron, en 1981, en la creación de la Academia de la Llingua Asturiana (ALlA ), cuyos Estatutos reivindican la codificación, el cultivo y la difusión de la lengua como uno de sus objetivos principales. Desde 1982, la Academia edita un Boletín Oficial, las Lletres Asturianes (LlA ). En el ámbito político, el Estatuto de Autonomía del Principado de Asturias de 1981 (Ley Orgánica 7/1981, de 30 de diciembre, reformada por la Ley Orgánica 1/1999, de 5 de enero) establece en el art. 4.1: «El bable gozará de protección. Se promoverá su uso, su difusión en los medios de comunicación y su enseñanza, respetando, en todo caso, las variantes locales y voluntariedad en su aprendizaje» (LNPL 1999, 165),
teniendo el Principado competencia exclusiva en el fomento y protección del bable (art. 10.21). La Llei 1/98, de 23 de Marzu, d’Usu y Promoción del Bable / Asturianu, designa, en el art. 1, el bable o asturiano como «llingua tradicional» de Asturias y fija entre sus objetivos propiciar el conocimiento del bable por todos los empleados públicos (art. 4.3), asegurar la enseñanza del bable y promover su uso en el sistema educativo (art. 9) y en los medios de comunicación públicos y privados (art. 12; LNPL 1999, 166 ss.). En cuanto a la codificación, la Gramática Bable (Cano González 1976) representa una importante tentativa: fundamenta la descripción sobre el asturiano central y establece la ortografía sobre el criterio de la sencillez y menor distancia respecto al castellano. En las siguientes décadas, cabe destacar la infatigable labor de la Academia de la Llingua Asturiana (ALlA ), que publicó, en el mismo año de la fundación, las primeras Normes ortográfiques y entamos de normalización (11981). Siguieron la Conxugación de verbos asturianos (Uviéu, 1989), la Gramática de la llingua asturiana (11998) y, finalmente, el Diccionariu de la llingua asturiana (2000).
6.
Gallego-portugués
El portugués moderno y el gallego que hoy se habla en las cuatro provincias gallegas en el noroeste de la Península Ibérica (A Coruña, Vigo, Ourense, Pontevedra) y en algunas
1502 zonas limítrofes pertenecientes a León, Zamora y Asturias derivan de la misma rama de lenguas, la llamada ‘gallego-portuguesa’. La lengua hablada en este territorio desde donde se inició la reconquista hacia el sur, hasta orillas del río Duero, adquirió a partir del s. VIII una fisionomía propia, distinta de los dialectos vecinos. Mientras que el gallego-portugués iba a constituir una especie de koiné en la poesía conservada en los cancioneros trovadorescos y formaba prácticamente una lengua diatópica y diastráticamente neutra, la usada en otros tipos de documentos, como p. ej. los notariales, desarrolla desde el s. XIII rasgos divergentes que indican la diferenciación entre el gallego y el portugués y que se hace más marcada aún en el s. XV. Estos rasgos distintivos se acentuaron con la formación del reino de Portugal en la primera mitad del s. XII , con la incorporación de Galicia a la Corona castellanoleonesa y la pérdida de protagonismo político a partir del reinado de Fernando III (1230–52). 6.1. Gallego Ya en el s. XIII , pero sobre todo con la instauración de la monarquía absoluta de los Reyes Católicos, empezó a imponerse el castellano entre los estratos sociales elevados. Durante los ‘siglos oscuros’ (s. XVI –XVII ), la sociedad gallega se dividía, básicamente, en dos grupos monolingües que mantenían escaso contacto: por un lado, el de habla castellana (la nobleza foránea y autóctona, el clero, los tribunales, la administración) y, por el otro, la inmensa mayoría de la población. Tras la instauración de la dinastía borbónica, la imposición del castellano no tuvo repercusiones inmediatas en el uso del gallego, que seguía siendo utilizado por las clases bajas, tanto en el medio rural como urbano. Durante el s. XVIII , entre las voces en defensa del gallego se levantó la de Fray Martín Sarmiento (1695–1772), que, con gran clarividencia, reclamó en varias de sus obras el uso del gallego en la enseñanza y la obligación de su conocimiento por parte de todos los funcionarios civiles y eclesiásticos destinados en Galicia (Mariño Paz 21999, 239–250). Las medidas uniformizadoras del Estado liberal decimonónico (administración centralizada, división provincial, alfabetización obligatoria en castellano) sólo muy tardíamente llegaron a tener un impacto notable en la sociedad gallega, de marcado carácter
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
rural hasta bien entrado al s. XX . Sin embargo, la industrialización, aunque tardía, y sus consecuencias, la urbanización y la emigración aceleraron en los años 60 del s. XX la castellanización. Frente a las amenazas del Estado liberal, se había formado, aún en la segunda mitad del s. XIX , el galleguismo político, cuyas reivindicaciones se concretaron durante la Segunda República en el Estatuto de Autonomía, plebiscitado favorablemente el 28 de junio de 1936 (cf. Monteagudo Romero 1999, 402–436). Su art. 4 establecía la cooficialidad del castellano y el gallego, revocada en el mismo verano con el alzamiento militar. Galicia no volvería a tener hasta 1981 un Estatuto de Autonomía (Ley Orgánica 1/1981, de 6 de abril), cuyo art. 5 establece el gallego como «lengua propia de Galicia» y expone que «los idiomas gallego y castellano son oficiales en Galicia y todos tienen el derecho de conocerlos y usarlos» (cf. LNPL 1999, 102 s.). La Lei de Normalización Lingüística (Lei 3/1983), aprobada el 15 de junio de 1983 por la totalidad de los partidos representados en el Parlamento de Galicia, precisa (art. 1): «El gallego es la lengua propia de Galicia. Todos los gallegos tienen [el deber de conocerlo y] el derecho a usarlo» (LNPL 1999, 103). Sin embargo, esta última fórmula relativa al deber de conocer el gallego fue declarada inconstitucional en una sentencia del Tribunal Constitucional (26-61986; cf. LNPL 1999, 103 s.). La Lei de Normalización sentó las bases para el uso oficial del gallego en la administración, la enseñanza y los medios de comunicación. Ese mismo año se instituyó la Dirección Xeral de Política Lingüística (DXPL ), responsable de la promoción y la enseñanza de la lengua gallega, los planes y programas pedagógicos y la coordinación de las distintas acciones. Sin embargo, la aplicación de la ley de normalización lingüística deja mucho de desear, a pesar de que la Xunta de Galicia dispone de los medios necesarios para proyectar y realizar una política a favor del gallego. Bajo los auspicios de la DXPL se creó en 1993 el Centro ‘Ramón Piñeiro’ para a Investigación en Humanidades, cuyo propósito esencial es el de promover, desarrollar y difundir programas de estudios lingüísticos (p. ej., el Corpus de referencia do galego actual), literarios, históricos y antropológicos. Entre las entidades no institucionales participan activamente en la promoción del gallego la Asociación Sócio-Pedagóxica Gale-
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ga (1978), la Asociación de Funcionarios para a Normalización Lingüística de Galicia (1984) y la Mesa pola Normalización Lingüística (1986), que se autodefine como plataforma independiente, plural y apartidaria que tiene como único objetivo la promoción del uso del gallego en todos los ámbitos de la vida social. Con el renacer de la lengua gallega en el ‘Rexurdimento’ (1840–91) aparecen las primeras producciones gramaticales y lexicográficas: la Gramática gallega (Saco Arce 11868; 1835–81), el Diccionario gallego-castellano (Rodríguez 1863), El habla gallega. Observaciones y datos sobre su origen y vicisitudes (Cuveiro Piñol 1868) y el Diccionario gallego-castellano (Valladares Núñez 1884; 1821–1903), entre otras. Ya en el s. XX , las siguientes instituciones emprendieron la codificación y el estudio científico del gallego: la Real Academia Gallega (RAG ), fundada el 30 de septiembre de 1906 en A Coruña, el Seminario de Estudos Galegos, creado en 1923 (Monteagudo Romero 1999, 482–494), y el Instituto da Lingua Galega (ILG, Univ. de Santiago de Compostela, 1971), autor de un gran número de gramáticas y métodos de aprendizaje. El ILG y la RAG publicaron conjuntamente un Diccionario da lingua galega (García et al. 1990), con el vocabulario más frecuente y, bajo la dirección de García / González González (11997), la RAG editó un Diccionario de Real Academia Galega, de carácter normativo. Entre las numerosas gramáticas, destaca la Gramática Galega, elaborada por los miembros del ILG (Álvarez / Regueira / Monteagudo 11986). Recientemente Freixeiro Mato ha publicado una Gramática da língua galega (1998–2003) que se declara orientativa y no prescriptiva, se basa en un corpus literario e intenta observar las soluciones tomadas en el gallego común sin omitir las variantes dialectales más relevantes. Un importante papel en la normalización y la codificación del gallego lo desempeñan las editoriales, p. ej., la Editorial Galaxia, fundada en 1950, y las Edicións Xerais de Galicia, fundadas en 1979, que han editado recientemente el Gran diccionario Xerais da lingua (Caballeira Anllo et al. 2000) y el Diccionario Xerais galego-castelán, castellanogallego (Castro Marcía 2001). En el terreno de la codificación, sobre todo la gráfica y morfológica, se reflejan todas las posturas que se han adoptado en la creación de un estándar gallego. Al dejar de
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escribirse el gallego poco después de la introducción de la imprenta en Galicia, el lenguaje escrito no llegó a ejercer su función unificadora del uso. Sin norma de referencia propia, el polimorfismo – característico de los textos gallegos en todas las épocas – las diferencias entre las hablas locales, los vulgarismos del uso oral y los castellanismos se convirtieron en el caballo de batalla de las distintas fuerzas sociales y políticas implicadas en la estandarización del gallego a partir del s. XIX . Se añadía la percepción popularmente extendida de la lengua como mera variedad baja del castellano, percepción longevital, instrumentalizada más tarde por el franquismo. Durante el ‘Rexurdimento’ ya se enfrentaron las corrientes popularista y cultista, abogando la primera por una aproximación al habla viva y por una ortografía simplificada, mientras que la segunda negaba al gallego popular la posibilidad de formar la base para la elaboración de un estándar. A finales del s. XIX y, sobre todo, con las ‘Irmandades da Fala’ – la primera ‘Irmandade de Amigos da Fala’ se fundó, en A Coruña, el 18 de mayo de 1916 – se afirmaba la exaltación de la enxebreza (“pureza”) de la lengua. Esta postura pretendía resaltar la singularidad del gallego frente al castellano y reivindicaba el recurso al portugués como uno de los referentes para encaminar la estandarización. Esta última posición se manifestaría, a partir los años 70 del s. XX , en la tendencia lusista o reintegracionista, llamada así por procurar reconectar el gallego con el mundo lusófono (por. ej., Associaçom Galega da Língua, fundada en 1981). Ante la necesidad de disponer de una norma vigente para el gallego, mientras tanto cooficial, la Xunta de Galicia declaró oficiales, en 1982, las Normas ortográficas e morfolóxicas do idioma galego (ILG / RAG 121995). Con este acto no se cerraron las polémicas entre los partidarios de la tendencia lusista y los que conciben el gallego como lengua autónoma, marcada, sin embargo, por la larga supremacía del castellano; mas cabe constatar que este debate ha ralentizado, en cierta medida, su normalización (Mariño Paz 21999, 486). 6.2. Portugués Con la constitución del reino independiente, bajo Alfonso I Enríquez (c. 1109–85, primer rey de Portugal 1139–85), ya se establecía la frontera política definitiva entre Galicia y Portugal, con las consiguientes consecuen-
1504 cias para el desarrollo lingüístico divergente. El nuevo reino empezó a extenderse hacia el sur hasta alcanzar los límites del territorio nacional con la conquista del Algarve (Faro 1249). En 1255, Alfonso III (1248–79) se instaló en Lisboa. En esta región centro-sur, delimitada por Coimbra en el norte y por Évora en el sur, se formó la lengua estándar. Como se viene diciendo desde hace tiempo, destaca en este proceso la extensión uniforme de un estándar de temprana formación cuya implantación se efectuó sin impulso dirigido (Woll 1994, 390), siempre en el marco del Estado centralizado, de fronteras estables (con la excepción de la dominación española, 1580–1640) y ajeno a todo problema resultante de la existencia de minorías lingüísticas. La influencia de las primeras gramáticas y obras lexicográficas sobre la estandarización es difícil de evaluar: no pretenden ni siquiera fijar la lengua literaria, sino que tienen como propósito el de contribuir a la difusión de la lengua en el exterior, necesidad surgida con la expansión ultramarina, y facilitar el aprendizaje del latín a través del estudio de la lengua materna; así, p. ej., la Gramática da linguagem portuguesa (Oliveira [1536], 2000; 1507–ca. 1581) y la Gramática da língua portuguesa (Barros [1540], 1971; 1496–1570). Tan sólo A arte da grammatica da língua portugueza (Lobato [1770], 2000; † ca. 1804) tuvo un impacto de mayor envergadura al ser utilizada como manual oficial a partir de las reformas que el Marqués Pombal (1699–1782) inició en la enseñanza, en general, y la enseñanza de la lengua materna, en particular. Contribuyó, igualmente, a la estandarización del portugués la ‘Real Mesa Censória’ (1768–78), institución pombalina muy activa en lo que a la uniformización gráfica y morfológica se refiere. Una influencia similar a la gramática de Lobato alcanzó, a través de repetidas ediciones, la Grammatica philosophica da lingua portugueza ou principios de grammatica geral applicados à nossa linguagem (Barbosa 1822; 1737–1816). Habían preparado las reformas emprendidas en el s. XVIII ilustrados como Luís António Verney (1713–92), que abogaba en su Verdadeiro Método de Estudar (1746) por explicar en la lengua materna las reglas gramaticales, el uso y sentido de las palabras y la estructura de la frase antes de enseñar cualquier otro idioma. La escolarización y divulgación de la lengua escrita iban acompañadas por un au-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
mento de la producción lexicográfica. El primer diccionario monolingüe moderno, el Diccionario da lingua portugueza (Lisboa, 1789) de António de Morais Silva (1755– 1824) llegó a ser un factor de estandarización a través de las diversas ediciones que se sucedieron en breve tiempo. Su 10a edición revisada, corregida y aumentada apareció bajo el título de Grande dicionário da língua portuguesa (Silva 101949–59). La primera edición de este diccionario de autoridades indicaba aún: «compuesto por el Padre D. Rafael Bluteau, reformado, y aumentado», aunque no se trataba de una simple reedición, sino de una obra diferente. Con el monumental Vocabulário Portuguez e Latino (1712–28), Bluteau (1638–1734) reclamaba para el portugués un lugar autónomo entre las lenguas románicas y sentaba las bases para una norma culta a partir del uso de la Corte y los buenos autores. El órgano que, en Portugal, hubiera podido asumir, en analogía con la RAE , la tarea de planificar el desarrollo y cultivo de la lengua portuguesa es la Academia das Ciências de Lisboa (ACL ). La labor de la ACL se limitó, sin embargo, durante mucho tiempo, a los preparativos de un diccionario normativo y la presidencia de distintas reformas ortográficas. No hay ninguna gramática académica. Según los Estatutos de la ACL (art. 4; Decreto Lei 5/78, Decreto Lei 390/87, Decreto Lei 179/96), una de las principales finalidades es la de preservar y perfeccionar la lengua portuguesa, en coordinación con la Academia Brasileira de Letras, fundada en 1897, e instituciones similares de los países de habla portuguesa. Se encarga del cultivo y la codificación de la lengua la Classe de Letras, la sección Estudos Literários e Linguísticos, y el Instituto de Lexicologia e Lexicografia da Língua Portuguesa, creado en 1987 con el propósito de defender y enriquecer el léxico de la lengua portuguesa (art. 20, Estatutos). Además, la ACL es órgano consultor del Gobierno en cuestiones lingüísticas (art. 5, Estatutos), función que le disputa, desde 1988, la Comissão Nacional da Língua Portuguesa, y puede proponer al Gobierno o las instituciones científicas y los servicios culturales las medidas que considere convenientes para asegurar y promover la unidad y expansión del idioma (art. 6, Estatutos). Fundada el 24 de diciembre de 1779, la entonces llamada Academia Real das Scien-
129. Planificación y cultivo institucional de la lengua: Península Ibérica
cias de Lisboa editó, en 1793, el primer volumen del Diccionario da Lingoa Portugueza (Lisboa), proyecto ambicioso y sobredimensionado que permaneció abandonado hasta mediados del s. XX . En 1976, bajo la dirección de Jacinto do Prado Coelho (1920–84), la ACL retomó el proyecto con la publicación de un nuevo primer volumen que también se interrumpió en la letra A (ACL 1976). Finalmente, en 1988, se constituyó un gran equipo de lingüistas y filólogos que, tras 13 años de labor intensa, consiguió el reto de presentar el Dicionário da Língua Portuguesa Contemporânea (ACL 2001). Con 70.000 entradas y abundante en autoridades, este diccionario normativo significa un gran paso adelante a pesar de que hayan suscitado polémica algunas de las decisiones codificadoras que se han tomado y, en particular, aquéllas referidas a la adaptación de los extranjerismos. Últimamente, los medios de comunicación han empezado a participar en el cultivo de la lengua, hecho que se manifiesta en la tímida aparición de los primeros libros de estilo. Así, la agencia de noticias Lusa (Agência de Informação) editó el Livro de estilo. Prontuário da Lusa (1992) y el influyente diario Público cuenta también con su propio Livro de estilo (1997; 1997–2004), que aborda, entre otros temas, los neologismos y tecnicismos, problemas de concordancia y cualidades del estilo periodístico. No cabe duda de que ello se debe al gran éxito que ha tenido este género en el mundo hispanófono (Agencia EFE , El País; cf. 4.). La elaboración de una ortografía para el portugués ha suscitado una serie de problemas debido a los cambios fonéticos ocurridos en esta lengua y que requerían adaptar el alfabeto latino a la representación gráfica de una realidad fonética distinta y reconciliarla con las tradiciones gráficas existentes. Las diversas propuestas ortográficas se mueven, por tanto, entre estos dos principios: el etimológico y el fonético. Mientras que en las reformas adoptadas por la RAE en el s. XVIII prevalecía el principio fonético, en Portugal se priorizaba la etimología, hecho que se refleja, sobre todo, en grafías arcaizantes y relatinizantes. Entre las causas que podían haber favorecido esta actitud se detectan el deseo de diferenciar el portugués, hasta en el nivel gráfico, de la lengua vecina y la influencia del modelo de la ortografía francesa. El principio fonético prevaleció finalmente, aunque sin romper la uni-
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dad histórica del portugués, en la reforma ortográfica impulsada en la I República (1910–26), si bien no se hizo consulta previa a las autoridades brasileñas. Su precursor fue Aniceto dos Reis Gonçalves Viana (1840– 1914), quien ya en 1885 había publicado unas Bases da ortografia portuguesa (cf. Estrela 1993, 23–65). Cabe mencionar que entre los detractores de una ortografía fonética se sitúa Fernando Pessoa (1888–1935), cuyos razonamientos sobre esta cuestión ofrecen una visión peculiar del problema (1997, 17–52). El 30 de abril de 1931, la Academia Brasileira de Letras y la ACL firmaron un primer Acordo ortográfico que preveía aplicar en Brasil la reforma portuguesa de 1911 (Estrela 1993, 81–85). Sin embargo, cada uno de los dos países elaboró después vocabularios ortográficos diferentes; el Vocabulário ortográfico da língua portuguesa publicado por la ACL (Lisboa, 1940; Estrela 1993, 91–143) que es en gran parte obra de Francisco Rebelo Gonçalves (1907–82), parte de la reforma de 1911, la Portaria 2533 de 1920 (Estrela 1993, 67–79) y el acuerdo de 1931. El 10 de agosto de 1945, la conferencia interacadémica firmó un nuevo Acordo ortográfico (ib., 89 ss.) aplicado el 1 de enero de 1946 en Portugal y revocado, tras vivas protestas, en Brasil. A pesar de las divergencias y reacciones contrarias, en los dos países se seguían buscando caminos de aproximación: en 1970, la Academia Brasileira de Letras y la ACL editaron el Vocabulário ortográfico resumido da língua portuguesa (Lisboa). El 12 de mayo de 1986 tuvo lugar en Río de Janeiro y, por primera vez, con la participación de Angola, Cabo Verde, Guinea-Bissau, Mozambique y Santo Tomé y Principe, el Encontro de Unificação Ortográfica da Língua Portuguesa, donde se firmó un nuevo Acordo ortográfico que tampoco encontró, por diversas razones, aprobación unánime. El último Acordo ortográfico da língua portuguesa, firmado el 12 de octubre de 1990 entre los siete países anteriormente mencionados (cf. Estrela 1993, 147 ss.), fue ratificado en Portugal (Decreto do Presidente da República 43/91, de 23 de agosto: Resolução da Assembleia da República 26/91, Lisboa, 1991; Estrela 1993, 147), persistiendo de esta manera algunas divergencias entre las ortografías adoptadas en este país y en Brasil (ib., 151–201). A corte plazo, la solución de la cuestión ortográfica portuguesa parece poco probable ante las implicaciones políti-
1506 cas que conlleva y las condiciones jurídicas y técnicas necesarias para implantar la nueva ortografía. Entre las entidades que contribuyeron activamente a la realización del diccionario académico ya mencionado se hallan tres que destacan también en el panorama general por su compromiso en el cultivo, la enseñanza y la descripción científica del portugués: la Fundação Calouste Gulbenkian, el Ministério da Educação y el Instituto Camões. La Fundação Gulbenkian, creada por el armenio Calouste Sarkis Gulbenkian (1869– 1955), es una institución particular de utilidad pública. Fundada con finalidades artísticas, educativas y científicas (Estatutos aprobados por el Decreto-Lei 40690, de 18 de julio de 1956), desempeña un papel importantísimo en la vida cultural y la investigación lingüística, entre otros ámbitos, de Portugal. La importancia del Ministério da Educação en todo el proceso de planificación lingüística se debe al hecho de que la Constituição da República Portuguesa del 2 de abril de 1976 fija como tarea fundamental del Estado la de asegurar la enseñanza y la valorización permanente, defender el uso y promover la difusión internacional de la lengua portuguesa (art. 9). Además le corresponde asegurar a los hijos de los emigrantes la enseñanza de la lengua portuguesa y el acceso a la cultura portuguesa (art. 74.i). El Instituto Camões (IC ), así llamado en honor del célebre poeta Luís Vaz de Camões (1524?–80), fue creado en 1992 (Decreto-Lei 135/92, de 15 de julio), reemplazando al Instituto de Cultura e Língua Portuguesa. Inicialmente bajo la tutela del Ministério da Educação, pasó en 1994 a estar adscrito al Ministério dos Negócios Estrangeiros, con el objetivo de «desarrollar programas adecuados a la difusión de la lengua y de la cultura portuguesas» y «promover el portugués como lengua de comunicación internacional» (Lei Orgânica, Decreto-Lei 48/94, de 24 de febrero). El IC mantiene en todo el mundo una red de centros culturales y centros de lengua portuguesa que se encargan de realizar los programas de portugués como lengua extranjera o segunda lengua. La Comunidade dos Países de Língua Portuguesa, constituida el 17 de julio de 1996 con sede en Lisboa, menciona entre sus objetivos el de materializar proyectos de promoción y difusión de la lengua portuguesa, en particular la dinamización del Institu-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
to Internacional da Língua Portuguesa (IILP ) y la creación de un Fondo Bibliográfico. Aunque esta organización persigue fundamentalmente unos objetivos políticodiplomáticos y económico-financieros, los siete Estados miembro (Angola, Brasil, Cabo Verde, Guinea-Bissau, Mozambique, Portugal, Santo Tomé y Príncipe; Timor Loro Sae tiene estatus de observador) aceptan la lengua como «vínculo histórico y patrimonio común» que fundamenta su unidad en el plano mundial. El IILP, con sede en Praia (Cabo Verde), se rige por unos estatutos propios, aprobados el 17 de julio de 1998, cuyo art. 1 establece como finalidades fundamentales la promoción, la defensa, el enriquecimiento y difusión de la lengua portuguesa como vehículo de cultura, educación, información y acceso al conocimiento científico y tecnológico. Entre las instituciones de utilidad pública, cabe mencionar, además, la Sociedade da Língua Portuguesa, fundada el 14 de noviembre de 1949. Esta organización desarrolla diversas actividades de enseñanza y cultivo del portugués y reivindica una política concertada y realista para la promoción y la continua elaboración lingüística del portugués.
7.
Bibliografía
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Jenny Brumme, Barcelona
130. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Rumänisch Linguistique populaire et chroniques de langage: roumain 1. 2.
4.
Theoretische Ausgangspositionen Vorwissenschaftliche Sprecherurteile und Aktivitäten Sprecherurteile und wissenschaftliche Sprachreflexion – zur Interdependenz des Laien- und Expertenwissens im 19./20. Jh. Literatur
1.
Theoretische Ausgangspositionen
3.
Es ist beinahe schon ein Allgemeinplatz, wenn man feststellt, dass zur menschlichen Sprachfähigkeit auch die Fähigkeit gehört, über Sprache nachdenken und die dabei erzielten Resultate in Form von Urteilen über die Sprache mündlich oder schriftlich verbalisieren zu können. Über die Sprache äußern sich ‘Laien’ und ‘Fachleute’ gleichermaßen, nicht selten zu den gleichen Problemstellungen. Die Urteile unterscheiden sich jedoch
häufig, was dazu geführt hat, neben der eigentlichen Linguistik, nämlich der ‘Linguistik der Fachleute’, von einer ‘Laienlinguistik’ zu sprechen (cf. Antos 1996). Urteile von Laienlinguisten sind in der Regel stärker durch subjektive kommunikative Erfahrungen geprägt als durch umfassende Kenntnisse, weshalb Vorurteile stärker zum Tragen kommen als bei Expertenurteilen. Laienurteile sind auch auf einzelne Schwerpunkte begrenzt und deshalb eher punktuell; es handelt sich nicht um ein in sich geschlossenes Bewertungssystem. Schließlich sind sie oftmals auch widersprüchlich. Eine Unterscheidung zwischen Expertenurteilen und Laienurteilen scheint somit prinzipiell begründet zu sein. Analysiert man jedoch solche Urteile in einer sprachhistorisch konkreten Situation wie der im Folgenden zu beschreibenden, so
1511
130. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Rumänisch
wird schnell deutlich, dass die Dichotomie Fachmann / Experte vs. Laie in mehrfacher Hinsicht einer Relativierung bedarf. Die wichtigste Relativierung betrifft den Laienbegriff selbst. Zur Sprache äußern sich Vertreter unterschiedlichster Gruppen in einer Sprachgemeinschaft, die allein schon von ihren Bildungsvoraussetzungen und ihren beruflichen Orientierungen her nur schwer einer Kategorie zugeordnet werden können, da der Grad von Kenntnissen über sprachliche Zusammenhänge sowie die jeweils dominierenden Kontexte auch die Urteile über die Sprache nicht unwesentlich beeinflussen. So weit es möglich ist, muss also bei der Beurteilung einzelner Stellungnahmen die Frage nach der Gruppenzugehörigkeit des jeweiligen Autors gestellt werden. Dennoch gibt es auch so etwas wie einen ‘prototypischen’ Laien, der zwar keine oder nur geringe sprachwissenschaftliche Kenntnisse besitzt, sein großes Interesse an sprachlichen Fragen jedoch durch zahlreiche Äußerungen dokumentiert. Lebsanft (1997) nennt ihn mit Bezug auf spanische Sprachdiskussionen «Sprachliebhaber». Natürlich ist auch die Gruppe der Sprachliebhaber in sich differenziert, wobei für den Verlauf von Sprachdiskussionen die prestigeträchtigeren unter ihnen (wie die Schriftsteller, Journalisten, Lehrer) wegen ihres größeren Einflusses auf die öffentliche Meinung bedeutsamer sind. Eine zweite Relativierung betrifft die strenge begriffliche Unterscheidung zwischen Experten und Laien. Auch diese muss zumindest hinterfragt werden. Wo zieht man die Grenze? Ist der philologisch ausgebildete Gymnasiallehrer, der über ein sprachwissenschaftliches Problem promoviert hat, aber sein ganzes Leben lang als Lehrer arbeitet, nun ein Experte oder ein Laie? Wo ordnet man den sprachbewussten Schriftsteller ein, der ein intuitives Normenbewusstsein hat, das manchem ‘gestandenen’ Sprachwissenschaftler zur Ehre gereichen würde? Es ist mit dieser Dichotomie wie mit vielen anderen auch: Sie ist sinnvoll, weil sie bestimmte Unterscheidungen schlagartig verdeutlicht; sie wird zum Prokrustesbett, wenn man durch zu strenge Zuordnungen die mitunter wesentlich feineren und somit interessanteren Differenzierungen aus den Augen verliert. Schließlich sei auch noch das Verhältnis von Experten- und Laienurteilen zueinander kurz problematisiert. In einigen Fachpubli-
kationen wird der Eindruck erweckt, als hätten die Diskurse der Wissenschaftler einerseits und die der Laien andererseits nichts oder wenig miteinander zu tun, als liefen sie quasi nebeneinander her, wobei die Irrwege immer der ‘Laienkommunikation’ zugeschrieben werden. So einfach liegen die Dinge nicht. Die folgenden Ausführungen werden deutlich machen, dass es sich vielmehr um eine komplexe Interaktion zwischen beiden Bereichen handelt (cf. 3.4.; cf. auch Lebsanft 1997, 284).
2.
Vorwissenschaftliche Sprecherurteile und Aktivitäten
Da – wie unter 1. ausgeführt – der Laienbegriff in der Literatur als antonymisches Pendant des Expertenbegriffs verstanden wird, kann man sinnvollerweise auch erst von dem Zeitpunkt an von Laienlinguistik sprechen, zu dem es eine – wenn auch noch rudimentäre – Expertenlinguistik gibt. In der Fachliteratur wird angemerkt, dass sich die rumänischen Sprachwissenschaft frühestens in der 2. Hälfte des 18. Jh. zu entwickeln beginnt (cf. Ghe¸tie 1978a, 13), insbes. mit der ‘Siebenbürger Schule’, der Scoala ¸ ardeleana˘ . Als selbständige Wissenschaft konstituiert sich die rumänische Linguistik noch wesentlich später, und zwar in den letzten Jahrzehnten des 19. Jh. (cf. Seche / Seche 1978, 71). Damit ist jedoch keineswegs gesagt, dass es nicht auch schon frühere Zeugnisse alltagssprachlichen Bewusstseins gibt. Wie zu erwarten, beziehen sich die ersten Zeugnisse eines (durchaus noch ‘intuitiven’) Nachdenkens über die Muttersprache nicht auf einzelne Details, sondern auf das Wesen der eigenen Sprache, ihre Herkunft und Beschaffenheit. Für das Rumänische muss man hier in erster Linie die Chronisten Grigore Ureche und Miron Costin nennen, die im 17. Jh. bereits auf den lateinischen Ursprung des Rumänischen verwiesen und durch – z. T. recht kühn anmutende – Etymologien zu erhärten suchten (cf. Ghe¸tie 1978a, 14). Bedeutsamer für die Herausbildung des Sprachbewusstseins war der moldauische Fürst und Universalgelehrte Dimitrie Cantemir, der sich differenzierter zu der Herkunftsfrage äußerte als die erwähnten Chronisten, also beispielsweise auf das dakische Substrat verwies und im Zusammenhang mit der Diskussion der Frage, ob das Rumänische sich direkt aus dem Latein ableite oder die Nachfolge eines ‘italischen Dia-
1512 lekts’ angetreten habe, die engen Berührungen zwischen dem Italienischen und dem Rumänischen relativierte. Über seine metasprachlichen Stellungnahmen hinaus trug er aber auch in praktischer Weise zur Herausbildung eines funktionsfähigen rumänischen Standards bei, indem er selbst zahlreiche Neologismen einführte und erklärte. Neben der Herkunftsfrage wird in dieser frühen Phase der Sprachdiskussion auch das Problem der dialektalen Differenzierung des rumänischen Sprachraums diskutiert, u. a. auch durch Cantemir, der Ähnlichkeiten zwischen Muntenien / der Walachei und Siebenbürgen konstatiert und Unterschiede zum Moldaugebiet. Im 17. Jh. wird durch den Mitropoliten Siebenbürgens Simion Stefan in seinem Vorwort zur ersten vollständigen Übersetzung des Neuen Testaments in die rumänische Sprache auch erstmals explizit die Forderung nach einem einheitlichen rumänischen Standard erhoben.
3.
Sprecherurteile und wissenschaftliche Sprachreflexion – zur Interdependenz des Laien- und Expertenwissens im 19./20. Jh.
Das 19. Jh. ist das Jahrhundert der nationalen Selbstbesinnung für die Rumänen, die von einem wahren ‘philologischen Fieber’ erfasst waren. Der Schriftsteller Gheorghe Asachi findet dafür bereits 1844 eine einleuchtende Erklärung, die nicht nur für Rumänien und für vergangene Zeiten zutrifft, wie jüngste Entwicklungen insbes. im ostund südosteuropäischen Raum erneut beweisen: «[…] na¸tiile carele ¸tîntesc c˘atre îndeplinirea civiliza¸tiei lor, tracteaz˘a limba ca o cvestie vital˘a» (zit. nach Suteu ¸ 1978, 34). Diese «cvestie vital˘a» beschäftigt die gesamte geistige Elite in Siebenbürgen, Muntenien und in der Moldau, die Literaten, die Historiker, die Lehrer, die Publizisten, die Politiker. Sie alle beteiligen sich an zahllosen Diskursen über die rumänische Sprache, ihr Wesen, ihre Herkunft, die Notwendigkeit ihrer Erneuerung etc. Da es an dieser Stelle nicht möglich ist, alle diese Diskussionen im Einzelnen nachzuzeichnen, sollen die wesentlichsten Diskussionspunkte und -positionen anhand der drei zentralen Themenbereiche dieser Debatten – der Sprachenfrage, dem Neologismenproblem und der Orthographie – kurz dokumentiert und an
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Beispielen belegt werden (→ Art. 18; 66; 125). 3.1. Die allgemeine Diskussion um die Muttersprache Später als in anderen romanischen Ländern, wohl aber in Einklang mit weiteren Ländern des südosteuropäischen Raums, gewinnt mit der Suche nach der nationalen Identität auch in den rumänischsprachigen Regionen Siebenbürgen, in der Walachei (Muntenien) und in der Moldau – wenn auch zeitlich leicht versetzt – die Debatte um das Wesen der Muttersprache, ihre Herkunft und ihre aktuelle Beschaffenheit an Breite und Tiefe. Eine Vorreiterrolle hatte dabei die bereits erwähnte Siebenbürger Schule inne, deren wichtigste Vertreter Samuil Micu (Clain), Gheorghe Sincai, ¸ Petru Maior und Ion Budai-Deleanu die Latinität des Rumänischen vehement verteidigten. Auch wenn die von ihnen vertretenen Positionen in der Herkunftsfrage hinsichtlich der Ableitung des Rumänischen direkt aus dem klassischen Latein (Micu) bzw. dem Volkslatein (Maior) gewisse Unterschiede aufwiesen, die für spätere Positionen nicht folgenlos blieben, so vermittelten sie doch alle den Stolz auf diese Muttersprache, die auf einer solch ruhmreichen Tradition fuße und deshalb auch gegen alle Versuche, sie zu diskreditieren, verteidigt werden müsse. V. a. gelte es, diese Einsicht unter den einflussreichen Rumänen (dem Klerus, den Bojaren) weiter zu verbreiten, denn «[…] unii s˘a ru¸sineaza˘ s¸ i a vorbi romîne¸ste, s¸ i întra˘ sine unii cu al¸tii mai voesc a gra˘ i grece¸ste sau ungure¸ste sau alt˘a limba˘ decît a sa […]» (Micu, zit. nach Bahner 1967, 25). Ähnliche Klagen über die geringe Bereitschaft, die eigene Muttersprache zu verwenden, wurden auch in etwas späterer Zeit in der Walachei laut, wo im Zeitalter der Phanariotenherrschaft das Neugriechische im öffentlichen Diskurs absolut dominierte. Bei diesen Klagen ging es um zwei Aspekte, die aus früheren Sprachdiskussionen in anderen romanischen Ländern hinlänglich bekannt sind: Es ging einerseits um die Frage, ob die noch nicht ausreichend normierte und den ‘modernen Anforderungen’ keineswegs immer richtig angepasste ‘Volkssprache’ überhaupt geeignet sei, bestimmte Kommunikationsbereiche wie die Wissenschaft, die Bildung, die Administration etc. abzudecken. Schließlich hatten auch aufgeklärte Intellektuelle wie der Bojar Dinicu Golescu bei allem guten Willen mit
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dem Problem zu kämpfen, dass moderne Terminologien im Rumänischen weitgehend fehlten. Golescu brach aus diesem Grunde eine ursprünglich in rumänischer Sprache verfasste Reisebeschreibung der entwickelteren Regionen Österreich-Ungarn, Süddeutschland, der Schweiz vorerst ab und griff zeitweilig – entgegen seiner eigentlichen Überzeugung – wieder auf das Neugriechische zurück: «Eu plecând din Bra¸sov, am început s˘a scriu cele ce vedeam, în limba na¸tional˘a, s¸ i nu dup˘a zile multe, ci dup˘a pu¸tine, am fost silit s˘a scriu în limba greceasc˘a, ca˘ ci foarte des întâmpinam vederi de lucruri, ce nu le avem numite în limba na¸tionala˘ […]» (Golescu, zit. nach Bahner 1967, 62).
Diese Stellungnahme repräsentiert im Grunde die objektive Seite des Phänomens: Es gab echte Schwierigkeiten, sich im Rumänischen zu bestimmten Sachverhalten zu äußern, und diese Schwierigkeiten mussten überwunden werden (cf. 3.2.). Daneben gab es aber – wie in anderen Sprachräumen auch – subjektive Vorurteile, denen letztlich eine unhaltbare wertende Einstellung zur Qualität von Sprachen überhaupt zugrunde lag: Manche Sprachen seien eben einfach hochwertiger und eigneten sich besser für bestimmte kommunikative Zwecke als andere. Unter der politischen und intellektuellen Elite der Walachei waren solche Einstellungen weit verbreitet; gegen diese traten nun die aufgeklärten Intellektuellen auf und brachen eine Lanze für das Rumänische auch als Wissenschafts- und Kultursprache. Man kann davon ausgehen, dass diese Frage in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. in allen drei rumänischsprachigen Regionen zugunsten des Rumänischen als allgemein und für alle Sphären geltendem Kommunikationsmittel entschieden wurde. In den folgenden Jahrzehnten ging es dann aber v. a. um die Wege, die man beschreiten sollte, um dieses Kommunikationsmittel auch in den diffizileren Bereichen wie der Wissenschaft und Kultur weiterzuentwickeln (cf. 3.2.; 3.3.). Verfolgt man die Geschichte des Sprachbewusstseins in einer Sprach- und Kulturgemeinschaft über größere Zeiträume hinweg, so stellt man immer wieder fest, dass es einerseits sehr stark von bestimmten konkreten soziohistorischen und kulturellen Konstellationen sowie von der jeweiligen Sprachsituation abhängt, welche Fragen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, mit
1513 welchen Argumenten welche Fragen behandelt werden etc., dass es andererseits aber auch erstaunliche Konstanten solcher Diskussionen gibt, die über große Zeiträume hinweg in spezifischer historischer Ausprägung wiederkehren. Eine solche Konstante ist und bleibt auch das Problem der Geeignetheit einer Sprache für bestimmte Verwendungsbereiche, was sich in dem zur Debatte stehenden Sprachraum erneut nachweisen lässt. Die zurückliegenden zwei Jahrzehnte haben uns nämlich fürs Rumänische eine Sprachdiskussion beschert, die ihr Zentrum dieses Mal nicht in Rumänien selbst, sondern in der Moldauischen Sowjetrepublik bzw. in der Republik Moldova hatte und hat. Mit Beginn der ‘perestroika’ in der damaligen UdSSR wurde es möglich, die Rolle des Rumänischen – in der Moldaurepublik zuerst vorwiegend als Rolle der limba moldoveneasc˘a – offener zu thematisieren. So entstand in der 2. Hälfte der 80er Jahre eine Sprachdiskussion, die bis in die Gegenwart anhält, an der sich zahllose ‘Sprachliebhaber’ und echte Laien neben tatsächlichen oder selbst ernannten Experten für sprachliche Fragen beteiligten und beteiligen und die in neuester Zeit erhebliche politische Brisanz erlangt hat, da sie zu einer symbolischen ‘Stellvertreterdiskussion’ über die weitere politische Orientierung der Republik geworden ist. Es ist auch in diesem Falle nicht möglich, die Diskussionen im Einzelnen nachzuzeichnen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass es zahlreiche Parallelen zu den Diskussionen in der ersten Hälfte des 19. Jh. in Rumänien selbst gibt. Die auffälligste Parallele besteht in der die 80er Jahre des 20. Jh. prägenden Diskussion um die subjektive Bewertung des Moldauischen / Rumänischen als ‘vollwertiges’ vs. ‘minderwertiges’ Kommunikationsmittel für alle wichtigen Sphären der Verständigung. Zahllose Stellungnahmen aus jener Zeit machen deutlich, dass die nun von Experten und Laien geforderte gleichberechtigte Nutzung der limba moldoveneasca˘ neben dem Russischen auf größte subjektive Widerstände einzelner, v. a. russischsprachiger Bevölkerungsgruppen stieß; das ‘Moldauische’ wird von Gegnern eines nunmehr geforderten ‘echten bilateralen Bilinguismus’ als Bauernsprache, als tsaranskii jazyk diskreditiert, wie u. a. aus der folgenden Stellungnahme einer Schülerin hervorgeht: «De altfel, termeni de caranчi, precum s¸ i caranski“ ѕzц‰k ceea ce vor sa˘ însemne ‘mol-
1514 doveni’, ‘limba moldoveneasc˘a’ sînt frecvente în limbajul unora» (Banto¸s 1988, 547). Dass in diesen kontroversen Diskussionen von Gegnern einer stärkeren Nutzung des Rumänischen / Moldauischen auch eine mindere Qualität des zur Debatte stehenden Idioms behauptet wird, ist – wie gesagt – nicht neu, wie die Diskussionen in den zurückliegenden Jh. in Rumänien zeigen. Nur die Bezugspunkte sind andere: Während in der frühen Phase der Sprachdiskussionen die ‘minderwertige Qualität des Rumänischen’ gegenüber dem Latein oder später dem Neugriechischen betont wurde, werden nun als Maßstäbe der rumänische Standard bzw. auch die leistungsfähige russische Sprache mit ihrer langen kulturellen Tradition ins Feld geführt: Das ‘Moldauische’ sei keine vollwertige Sprache, es könne nicht in allen Sphären der öffentlichen Kommunikation benutzt werden. Neben den Parallelen, die diese Diskussionen zu früheren aufweisen, gibt es also einen gravierenden Unterschied, der in der Sprachsituation begründet ist: Im Gegensatz zur Sprachdiskussion im 18./19. Jh. in den rumänischsprachigen Regionen gibt es ja seit geraumer Zeit einen ausgearbeiteten, alle Merkmale eines modernen Kommunikationsmittels aufweisenden Standard. An diesem orientierte sich die rumänischsprachige kulturelle Elite in der damaligen Moldauischen Sowjetrepublik bereits einige Jahrzehnte lang, eine Entwicklung, die anfänglich stillschweigend geduldet wurde und in den 80er Jahren durch die einsetzende Liberalisierung der Nationalitätenpolitik an Breite und Tiefe enorm gewann. Die Angleichung an die Normen des rumänischen Standards war 1989 so weit gediehen, dass nach dem Übergang zum lateinischen Alphabet «[…] praktisch kein nennenswerter Unterschied zu Texten aus Rumänien mehr zu erkennen war» (Bochmann, 1997, 83; zur Sprachsituation in Moldova cf. auch Heitmann 1989; 1998). Diese Feststellung trifft allerdings v. a. für den schriftlichen Standard zu und für distanzsprachliche mündliche massenmediale Kommunikation, weniger für den übrigen mündlichen Bereich, den Bereich der Alltagssprache, die Kommunikation im ländlichen Raum etc., wo sich dialektale und volkssprachliche moldauische Elemente erhalten haben (cf. auch Turcule¸t 1994). Die 90er Jahre des 20. Jh. sind geprägt durch den jahrelangen und bis in die Ge-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
genwart offenen Streit um die Glottonyme limba moldoveneasca˘ vs. limba româna˘ (cf. Bochmann 1997). Hinter diesem Streit steht natürlich auch die politische Frage nach dem weiteren Weg der Republik Moldova, ihre Nähe oder Ferne zu Rumänien. Auch wenn dieser Streit bes. in den 90er Jahren des 20. Jh. eskaliert und gegenwärtig auch noch anhält, so reicht er doch weiter zurück. Es finden sich beispielsweise in dem – einen Teil der Sprachdiskussionen der Jahre 1987–89 dokumentierenden – Band Situa¸tia sociolingvistic˘a din R.S.S.M. reflectat˘a în presa periodic˘a (cf. Berejan et al. 1999) bereits Stellungnahmen aus dem Jahre 1988, die das Glottonym limba româna˘ fordern, wie in dem Leserbrief eines Historikers an die Zeitung Inva˘ t¸a˘ mîntul public vom 19. Oktober 1988, der sich auf die rumänischen Klassiker beruft: «A venit timpul, socot eu, de a unifica denumirea limbii noastre materne, dîndu-i denumirea precum o numeau clasicii – limba român˘a» (Buga 1988, 623). Das große Echo, das diese Forderung ausgelöst hat, zeigt, dass sie zwar ‘in der Luft lag’, es aber wohl doch einigen Mutes bedurfte, um sie so klar auszusprechen: «Doctorul Buga […] a avut curajul sa˘ ne spun˘a ca˘ regele e gol. E destul cît ne-am min¸tit pe noi în¸sine. Limba noastr˘a materna˘ se nume¸ste limba româna˘ !» (Butnaru / Dulce / Olteanu 1988, 676). Die Diskussionen sind in dem Folgezeitraum mit großer Vehemenz weitergeführt worden, z. T. auch mit historisch falschen Argumenten (cf. Bochmann 1997, 82) und fanden auch kein Ende, als mit der Verfassung von 1994 das Glottonym limba moldoveneasca˘ offiziell festgelegt wurde (zu den einzelnen Argumenten in dieser Auseinandersetzung cf. Dumbrava˘ 1998). Die Schwierigkeit einer objektiven Beurteilung dieses Streits um das Glottonym besteht in Folgendem: Einerseits spricht die innersprachliche Situation, d. h. die weitgehende Identität des hochsprachlichen Standards natürlich für eine Identität der Sprachbezeichnung; andererseits haben wir gewissermaßen ein ‘gespaltenes Sprachbewusstsein’ vor uns: Während insbes. im ländlichen Raum auch wegen der Zugehörigkeit zum dakorumänischen Dialektgebiet des (diesseits und jenseits des Prut benutzten!) moldauischen Dialekts das Bewusstsein von der limba moldoveneasca˘ als ‘limba materna˘ ’ weit verbreitet zu sein scheint, ist für die rumänischsprachige kulturelle Elite die Sachlage völlig klar: Das Idiom heißt limba româna˘ , wofür sowohl historische
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Gründe sprechen als auch die neuere Reorientierung am rumänischen Standard. Die politische Instrumentalisierung dieser Diskussion erschwert natürlich eine mit rationalen Argumenten auszutragende Debatte. Eine solche muss auch dem historischen Hintergrund Rechnung tragen: Die Postulierung einer eigenständigen romanischen Sprache ‘Moldauisch’ neben dem Rumänischen diente in der Sowjetzeit durchsichtigen politischen Zielen. Dennoch hat die jahrzehntelange Indoktrination natürlich Spuren im Sprachbewusstsein hinterlassen. Die Auseinandersetzung hat sich zu Beginn des 21. Jh. verschärft. Die politisch einflussreichen Gegner einer Rückbenennung der limba moldoveneasc˘a in limba româna˘ versuchen durch zahlreiche Initiativen ihre Position zu stärken. So erschien im Jahre 2003 ein Dic¸tionar moldovenesc-românesc, das verständlicherweise Proteste bei den ‘Rumänisten’ auslöste. Auch ein 2002 vom Justizminister unterbreiteter Kompromissvorschlag, in dem entsprechenden Artikel der Verfassung von 1994 die Identität von ‘Moldauisch’ und ‘Rumänisch’ zu verankern («[…] s˘a se poata˘ indica clar în articolul 13 din Constitu¸tie ca˘ limba moldoveneasca˘ , decretata˘ ca limba de stat, este identic˘a cu cea român˘a», Morei 2002, 1), wurde umgehend als politisches Manöver bzw. eine «cosmetizare a problemei» zurückgewiesen (cf. Ciobanu 2002, 1). Man kann die Ausführungen zu den allgemeinen Diskussionen um das Rumänische nicht abschließen, ohne auf eine Debatte zumindest zu verweisen, die seit dem 18. Jh. bis in die unmittelbare Gegenwart hinein zu zahlreichen – oftmals auch recht emotionalen – Stellungnahmen geführt hat, die Debatte um die Herkunft der Rumänen, ihre Siedlungsgeschichte und den Ort, bzw. die Orte, an denen sich das Rumänische herausgebildet hat. Es handelt sich dabei allerdings um eine echte Expertendiskussion zwischen Sprachwissenschaftlern, Historikern und Archäologen, weshalb sie an dieser Stelle auch nur kurz erwähnt wird (→ Art. 66; cf. auch Arvinte 1980; Windisch 1982). Die Diskussion betrifft weniger die Romanität des Rumänischen an sich, die nicht mehr in Zweifel gezogen wird, als vielmehr die mit der ‘Urheimat’ der Rumänen verbundene Frage nach dem Entstehungsort des Rumänischen. Vertreter der ‘Kontinuitätsthese’ gehen aus vom
1515 «Fortbestehen römisch-romanischen Lebens im Norden der Donau auch nach dem entscheidenden Jahr 271. Die Vertreter dieser These sind der Ansicht, daß die Vorfahren der Rumänen schon immer dort seßhaft waren, wo wir ihre Nachkommen auch heute noch antreffen, nämlich nördlich der Donau» (Windisch 1982, 48).
Die dem entgegenstehende ‘Immigrationsthese’ postuliert eine vollständige Räumung Daziens durch die Römer und verweist demzufolge den Entstehungsort der rumänischen Sprache in den Raum südlich der Donau. Das Fehlen schriftlicher Zeugnisse über die frühe Phase der Herausbildung des Rumänischen zwingt zur Würdigung indirekter Zeugnisse und lässt demzufolge Raum für unterschiedliche Interpretationen. Die rumänischen Experten gehen mehrheitlich von der Berechtigung der Kontinuitätshypothese aus, für die u. a. Arvinte (1980) wesentliche linguistische, historische und v. a. archäologische Argumente zusammenträgt und interpretiert. Windisch (1982) verweist darauf, dass es v. a. deutschsprachige Gelehrte waren, die die Immigrationsthese vertreten haben. Die starre Gegenüberstellung der beiden Positionen wird aber durch neuere Forschungsergebnisse relativiert, die zu einer dynamischeren Sicht auf die Entstehung des Rumänischen führen. So verweisen einige Sprachwissenschaftler auf die zahllosen Wanderungsbewegungen, die es im Verlaufe der Jahrhunderte innerhalb des dakorumänischen Sprachgebiets beziehungsweise zwischen diesem und den Gebieten südlich der Donau gegeben hat (cf. Arvinte 1989). Niculescu (1992, 101) beschreibt diese Situation folgendermaßen: «Les Roumains circulaient, avec une mobilité caractéristique autant au nord qu’au Sud du Danube. L’histoire de la langue roumaine est une histoire de communications entre les communautés des Roumains. Des petits groupes romano(ou roumano)-phones autochtones ont pu en rejoindre d’autres, prendre conscience, affirmer et renforcer leur résistance et, ensuite, élargir, sur des territoires plus vastes ou sur d’autres territoires, leurs implantations».
3.2. Das Neologismenproblem Eng verbunden mit der allgemeinen Diskussion um die Muttersprache verlaufen die Debatten um die als notwendig empfundene lexikalische Erneuerung des Rumänischen. Hierbei ist für die rumänischsprachigen Regionen Siebenbürgen, Moldau und Walachei wiederum das 19. Jh. von besonderer Bedeu-
1516 tung. In diesem Jahrhundert der nationalen Selbstbesinnung kommt es zu zahlreichen ‘verbalen Interaktionen’ zwischen Experten und Sprachliebhabern, wobei die einzelnen Diskurse so eng miteinander verzahnt sind, dass man in vielen Fällen nicht unterscheiden kann, ob es sich dabei um Experten- und / oder Laienkommunikation handelt (cf. 1.). Eine besondere Rolle spielen in diesen Diskussionen um die Erneuerung der rumänischen Sprache die Schriftsteller, die v. a. in den in dieser Zeit massiv sich etablierenden Publikationsorganen (cf. 3.4.) äußerst engagiert Stellung zur Frage der sprachlichen Erneuerung beziehen (cf. u. a. Bulga˘ r 1966; Bahner 1967; Windisch 1989). Auch hierfür gibt es eine Erklärung in der Sprachsituation jener Zeit: Die Stellungnahmen waren v. a. durch die massiven Entlehnungswellen provoziert, die in dieser Zeit über das Rumänische hinwegrollten und z. T. ältere türkische, neugriechische und auch slavische Elemente verdrängten, eine Entlehnungswelle, die Experten veranlasst hat, von einer Reromanisierung oder Neuromanisierung des Rumänischen zu sprechen. Pu¸scariu (1943, 478) beschreibt den Zusammenhang zwischen den vorwiegend lexikalischen Veränderungen – insbes. den Entlehnungen aus dem Französischen – und den Sprachdiskussionen folgendermaßen: «Die Umwandlung geschah so rasch, daß das Fremdwort ein sprachliches und literarisches Problem wurde, das interessante Diskussionen in der Presse diesseits und jenseits der Karpaten hervorrief. Fast keiner der bedeutendsten Schriftsteller der Zeit ist gegenüber dieser Frage […] gleichgültig geblieben».
Man kann ergänzen, dass die besondere Rolle, die die Schriftsteller in diesen Diskursen spielten, sich nicht nur in metasprachlichen Stellungnahmen äußerte, sondern auch in den literarischen Werken selbst. Die Schriftsteller waren einerseits bemüht, durch die sprachliche Gestaltung ihrer Werke eine Vorbildwirkung zu erzielen und geißelten andererseits auch direkt durch satirische Elemente die verbalen Übertreibungen, die mit einer solchen Entwicklung zwangsläufig einhergehen (cf. Werke von Faca, Alecsandri und Caragiale; zu Caragiale cf. Cazacu 1985). Es ist davon auszugehen, dass in Siebenbürgen und in den rumänischen Fürstentümern im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jh. unter den Intellektuellen Konsens
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darüber bestand, dass eine Weiterentwicklung und Modernisierung der rumänischen Sprache unabdingbar ist, nicht unbedingt aber darüber, wie weit diese Erneuerung gehen sollte. Während einige die sicher notwendige Modernisierung der Lexik in den Mittelpunkt stellten (cf. Budai Deleanu, Maior, Heliade R˘adulescu), warnten andere davor, dass ein ‘Zuviel’ an Neuerungen sehr leicht zu einer Entfremdung von der Volkssprache führen könne (cf. Russo, Negruzzi, Alecsandri). Darüber hinaus zeugen zahlreiche Stellungnahmen davon, dass man sich der Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen rumänischen Standards durchaus bewusst war, was u. a. dazu führte, dass zahlreiche Experten und Sprachliebhaber v. a. jene Einheiten propagieren wollten, die in allen drei rumänischen Regionen bekannt und geläufig waren. Die Vorschläge, die im Einzelnen unterbreitet wurden, sind v. a. vor dem Hintergrund der jeweiligen Positionen zur Sprachenfrage richtig zu interpretieren: So nimmt es nicht wunder, wenn Vertreter der Siebenbürger Schule und v. a. ihre Nachfolger bes. die Orientierung am Lateinischen bzw. an rumänischen Elementen lateinischer Herkunft propagierten, während Stellungnahmen in den rumänischen Fürstentümern eher die neueren romanischen Sprachen als Quelle für die als notwendig empfundene Bereicherung ansahen. Hier gab es dann wiederum eine Auseinandersetzung um die Dominanz des Französischen (cf. Stellungnahmen von Maiorescu) und / oder des Italienischen (cf. Heliade R˘adulescu in seinen Schriften nach 1840). Wieder andere, insbes. Schriftsteller, verwiesen in diesen Diskussionen – neben dem Rückgriff auf die eigene Volkssprache – auf die religiöse rumänische Literatur und auf historisch zurückliegende Sprachformen, wie sie z. B. von den Chronisten des 17. Jh. verwendet wurden. Diese Tendenz verstärkt sich in der 2. Hälfte des 19. Jh. als Gegenreaktion auf die anschwellende Neologismenwelle und den im offiziellen Sprachdiskurs dominierenden ‘Latinismus’. So schließt Ha¸sdeu Fremdwörter aus seinem Etymologicum Magnum Romaniae (EMR ) demonstrativ aus und bezieht dadurch eine eindeutig ‘antineologische Position’, während der einflussreiche Maiorescu das Verhältnis von Neuwörtern und eingemeindetem Wortgut differenzierter sieht: «[…] neologismele sunt numai atunci de primit cînd ne lipse¸ste cuvîntul în limba de
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pa˘ na˘ acum, iar ideea trebuie neapa˘ rat sa˘ fie introdusa˘ » (Maiorescu 1978, 412). Neben seiner Forderung, nur ‘nützliche’ Neologismen zuzulassen, macht er deutlich, dass Sprachveränderung keine Sache der intellektuellen Entscheidung sein kann, wenn er mit Bezug auf die zahlreichen slavischen Elemente betont, dass man respektieren muss, wenn sprachliche Elemente in der Volkssprache tief verwurzelt sind: «Ce trebuie sa˘ facem cu aceste slavisme înr˘ada˘ cinate în limba poporului român? […] A le da deodata˘ afar˘a s¸ i a decreta academice¸ste alte cuvinte în loc este cu neputin¸ta˘ : sunt prea multe s¸ i prea deaproape legate cu via¸ta zilnic˘a a t¸a˘ ranului» (ib., 415; cf. zu den Ansichten von Maiorescu auch Techtmeier 1997).
Wie brennend diese Fragen in der kulturellen und politischen Elite Rumäniens diskutiert wurden, zeigt auch eine Rede von König Carol I ., die dieser in einer Sitzung der rumänischen Akademie am 23. März 1884 gehalten hat und in der er folgende Stellungnahme abgibt: «Warum sollen wir jene alten Wendungen vermeiden, die aus einer so reinen Quelle kommen, wie es die Liturgie und die Chroniken des Landes sind, und die nicht einmal Archaismen sind, weil wir sie in der Sprache der Kirche und des Volkes finden?» (zit. nach Pu¸scariu 1943, 491).
Die Frage nach der Quelle für die als notwendig empfundene Bereicherung des Wortschatzes spielt also im 19. Jh. eine zentrale Rolle. Eng damit verbunden ist die Frage nach der Adaption der Lautung und Schreibung solcher Entlehnungen. Wenn diese Anpassung auch für das Rumänische, so lange es sich aus dem romanischen Sprachraum inspirierte, eine wesentlich geringere Rolle gespielt hat als für andere Sprachen – wurden die romanischen Sprachen doch als ‘limbi surori’ begriffen – kam es dennoch zu zahlreichen Schwankungen und Variationen, die zu entsprechenden Reaktionen in den Sprachdiskussionen führten. Das Neologismenproblem ist den rumänischen Sprachdiskussionen auch im 20. Jh. erhalten geblieben, wenn diese auch an Schärfe verloren haben. Den Hintergrund dafür bildet die veränderte Sprachsituation: Der Kampf ist nunmehr entschieden, das Französische hat sich als Hauptquelle für Entlehnungen durchgesetzt und wirkt bis in die Gegenwart hinein so stark auf die rumänische Lexik ein, dass zeitweise sogar Anglizismen den Weg über Frankreich nehmen,
1517 bevor sie ins Rumänische gelangen (cf. Techtmeier 1977; 1980). Diese Dominanz des Französischen scheint allerdings in allerjüngster Zeit durch starke direkte Entlehnungen aus dem Englischen in den Fachsprachen, in der Werbesprache etc. relativiert zu werden. Auch inhaltlich hat sich eine Schwerpunktverlagerung vollzogen: Die Diskussion um die Berechtigung von Entlehnungen geht zwar weiter, aber sie wird differenzierter geführt als im 19. Jh.; beispielsweise spielt das Kriterium der Strukturgerechtheit von Neubildungen eine wesentlich größere Rolle. Somit spiegeln diese Diskussionen den Stand der sprachwissenschaftlichen Erkenntnis – wenn auch gelegentlich sehr indirekt – wider. Eine weitgehende Ablehnung von Neologismen findet sich eher in den Stellungnahmen sprachinteressierter Laien als bei den Sprachwissenschaftlern, ein Befund, der auch in anderen Sprachräumen schon erhoben worden ist. Einen breiteren Raum nehmen im 20. Jh. die Probleme ein, die mit der Adaption von Neologismen verbunden sind. Solche Diskussionen um die formale Eingliederung der Entlehnungen werden zumeist unter sprachkulturellem Aspekt (die ‘richtige’ / ‘falsche’ Form des Neologismus) geführt (cf. 3.4.). Dass im 20. Jh. ein weitgehender Konsens über die Notwendigkeit der lexikalischen Erneuerung erreicht worden ist, machen auch die in vielen Medien und im Parlament intensiv geführten Debatten um einen Gesetzesentwurf zur «[…] folosirea limbii române în locuri, rela¸tii s¸ i institu¸tii publice» deutlich, der bereits 1997 vorgeschlagen wurde (cf. Pruteanu 2002, 1) und sich im Jahre 2003 immer noch im Gesetzgebungsverfahren befand. Der Verlauf der teilweise grotesken Diskussionen über die ‘legea Pruteanu’, deren Nähe zur 1994 in Frankreich verabschiedeten ‘loi Toubon’ unübersehbar ist, dokumentiert eindrucksvoll, dass die Experten mit ihren differenzierten Bewertungen von sprachlichen Neuerungen gegenüber den oftmals zu puristischen Übertreibungen neigenden Laien die öffentliche Meinung weitgehend bestimmen. Die vielschichtige Debatte kann an dieser Stelle nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden, sie verdiente aber eine detaillierte Analyse. 3.3. Das Orthographieproblem Die dritte große Konstante in den Sprachdiskussionen des 19. und 20. Jh. bildet im rumänischen Sprachraum die Frage nach
1518 der Schriftform. Das kann nicht verwundern, weiß man doch aus anderen Ländern, also beispielsweise aus Frankreich oder auch Deutschland, dass solche Diskussionen ganz typische Begleiter bei der Herausbildung eines modernen Standards sind und dass sie auch nicht verstummen, wenn sich der Standard bereits eindeutig etabliert hat. Das Rumänische macht also hier keine Ausnahme. Für die lebhaften Diskussionen, die im gesamten Verlauf des 19. Jh. zur Orthographieproblematik geführt wurden, lassen sich folgende zwei Schwerpunkte festlegen: – die Grundsatzfrage nach dem zu nutzenden Alphabet: lateinisch vs. kyrillisch; – innerhalb des lateinischen Alphabets: Die Grundsatzfrage nach der Dominanz einzelner Prinzipien, die der zu schaffenden Orthographie zugrunde zu legen sind. Stark vereinfachend kann man diese Prinzipiendiskussion auf die Dichotomie etymologisches vs. phonetisch / phonologisches Prinzip reduzieren. Einen ersten Höhepunkt erreichen die Debatten mit den Versuchen von Vertretern der Scoala ¸ ardelean˘a, auch mit Hilfe der Schreibung die Latinität des Rumänischen zu untermauern. Sie propagieren die Abkehr vom kyrillischen Alphabet als eine unabdingbare Notwendigkeit, um zu einer ‘korrekten’ Schreibung des Rumänischen zu gelangen, und nutzen auch praktisch konsequent das lateinische Alphabet; sie ‘latinisieren’ einzelne rumänische Lexeme unter Rückgriff auf Formen des klassischen Lateins, wodurch sie den Grundstein für die die folgenden Jahrzehnte prägenden Diskussionen um das ‘etymologische Prinzip’ bei der Festlegung orthographischer Regeln legen (zur detaillierten Geschichte der rumänischen Schreibung → Art. 22). In ihren theoretischen Schriften plädieren sie für die Nutzung der litere stra˘ mo¸se¸sti und wollen die funinginea ortografiei chirilice von ihrer Sprache nehmen, damit sie ihr wahres – sprich: romanisches – Gesicht zeigen könne (cf. Ghe¸tie 1978b, 26). In den beiden Fürstentümern werden die Diskussionen anfangs noch stärker auf eine zu fordernde Vereinfachung der kyrillischen Schreibung konzentriert, wobei in diesen Diskussionen der spätere ‘Sieg’ des phonetisch / phonologischen Prinzips (ein Laut / Phonem – ein [kyrillisches] Schriftzeichen) vorweggenommen wird. Der Widerstand konservativer Kreise, insbes. der orthodoxen Kirche, war hier sehr
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groß: Die orthodoxe Kirche hatte erhebliche Bedenken gegen die Einführung der lateinischen Schrift, weil darin ein Symbol des Katholizismus gesehen wurde und die Befürchtung bestand, dass mit der Einführung dieser Schrift auch der Einfluss des Katholizismus größer werden könnte. So nimmt es nicht wunder, dass die griechisch-orthodoxe Kirche noch bis 1881 religiöse Texte in kyrillischer Schrift veröffentlichte (cf. Bahner 1989, 299), obgleich nach der 1859 erfolgten Vereinigung der Fürstentümer Walachei / Muntenien und Moldau offiziell die Schreibung mit lateinischen Buchstaben stufenweise eingeführt worden war. Sehr bald jedoch setzt sich auch in den Fürstentümern die Einsicht durch, dass mit der Modernisierung des Rumänischen und der Schaffung einer einheitlichen rumänischen Literatursprache der Wechsel vom kyrillischen zum lateinischen Alphabet vollzogen werden müsste. Im Zentrum der Auseinandersetzung stand jedoch die zweite Frage, nämlich die Frage nach der Art und Weise, wie man diesen Übergang vollziehen sollte (was u. a. dazu führte, dass in dem Zeitraum zwischen 1840 und 1860 ein alfabet de tranzi¸tie benutzt wurde) und welche Lösung man für die Umschreibung der Laute finden könnte, für die es im Lateinischen kein direktes Äquivalent gab. Besondere Brisanz hatte jedoch die Diskussion um den Stellenwert der Etymologie für die Schreibung. In der Nachfolge der Siebenbürger Schule stehende Experten hatten nämlich sehr einflussreiche Positionen im öffentlichen Diskurs, so dass sich ihre Positionen sogar in den ersten offiziellen orthographischen Regelungen niederschlugen. Eine besondere Rolle spielte in diesen Diskussionen schon früh Heliade Ra˘ dulescu, der die Bemühungen um nationale Selbstbesinnung durch die Siebenbürger Schule zwar prinzipiell begrüßte, dennoch aber vehement gegen deren etymologisches Prinzip bei der Schreibung zu Felde zog. In seiner ersten Schaffensperiode (bis 1840) plädierte er für ein an den lautlichen Gegebenheiten der damaligen rumänischen Sprache orientierte Orthographie. Diese Position sollte sich – nicht zuletzt durch die intensiven Bemühungen von Maiorescu – schließlich mit der Reform von 1904 durchsetzen, mit der «prima noastr˘a ortografie academic˘a elaborata˘ pe baze fonetice propriu-zise» (Macrea, zit. nach Seche / Seche 1978, 72). Davor liegen jedoch
130. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Rumänisch
Jahrzehnte der erbitterten Auseinandersetzung zwischen den latini¸sti und den antilatini¸sti, an der sich nicht nur die Philologen beteiligten, sondern auch Schriftsteller und andere Intellektuelle. Man könnte meinen, dass damit die vehementen Diskussionen in der Orthographiefrage im Prinzip abgeschlossen waren, wenn es auch noch einige Modifikationen und größere Veränderungen im Jahre 1932 sowie eine weitere Reform im Jahre 1953 gegeben hat. Dem ist aber nicht so. Gegen Ende des 20. Jh. flammen die Debatten wieder auf und zwar zweifach: Die erste Diskussion entbrennt in den 80er Jahren in der moldauischen Sowjetrepublik, eng verbunden mit der allgemeinen Selbstbesinnung auf die Muttersprache in der Zeit der ‘perestroika’ (cf. 3.1.). In diesem Kontext ist natürlich eine der ersten Forderungen die nach Ablösung des kyrillischen durch das lateinische Alphabet. Die Argumente, die zu dieser Frage ausgetauscht werden, erscheinen dem aufmerksamen Beobachter erneut wie eine – sicherlich durch die historisch veränderte Situation des ausgehenden 20. Jh. modifizierte, in ihren Grundzügen aber vergleichbare – Wiederaufnahme der Sprachdiskussionen des 19. Jh. Wieder begründen die einen die Notwendigkeit der Einführung des lateinischen Alphabets mit der Notwendigkeit der Rückkehr zu dem Alphabet der clasicilor literaturii noastre (cf. Scrisoare deschisa˘ 1988, 532), und wiederum geht es Gegnern einer Veränderung darum, die Frage zu stellen, ob das lateinische Alphabet überhaupt in der Lage ist, die vielen phonetischen Besonderheiten des ‘Moldauischen’ gegenüber dem Latein wiederzugeben, und wieder werden ostromanische Traditionen den westromanischen gegenübergestellt etc. Es tauchen allerdings auch neue Argumente auf, die die Spezifik der politischen Lage in der Moldaurepublik widerspiegeln, wie das Argument, die Einführung des lateinischen Alphabets schwäche die Freundschaft zwischen den Völkern der Sowjetunion. Diese Debatte, an der sich in großer Breite neben den Experten auch die Laien (Lehrer, Arbeiter, Studenten, Schüler etc.) beteiligt haben, mündete ein in die bereits am 31. August 1989 per Gesetz festgeschriebene Wiedereinführung des lateinischen Alphabets. Rumänien selbst präsentiert dem interessierten Beobacher orthographischer Diskussionen das zweite Beispiel dafür, dass solche Debatten einen ziemlich unmittelbaren
1519 Zusammenhang zur Politik haben. So kam es in den 90er Jahren auf Betreiben von Sprachliebhabern (v. a. Naturwissenschaftlern und Technikern innerhalb der rumänischen Akademie) zu einer Revision der bis dahin gültigen Orthographie aus dem Jahre 1953, in der das phonetisch / phonologische Prinzip endgültig festgeschrieben worden war, zugunsten einiger etymologisierender Schreibweisen (v. a. zur Wiederzulassung des Graphems im Wortinnern über die bereits früher – gleichfalls aus extralinguistischen Erwägungen erfolgte – etymologisierte Wortfamilie român hinaus). Wie kaum ein anderes Beispiel zeigt diese Revision der orthographischen Regeln, dass auch im 20. Jh. nicht immer der ‘Expertenverstand’ siegt: Diese Veränderungen, die auch die Wiedereinführung von sunt / suntem beinhalteten, wurden und werden von den Experten im Inund Ausland fast ausnahmslos abgelehnt (cf. Dumistr˘acel 1993; Fassel 1994; Bochmann 1999; Dahmen / Schweickard 1998). Die Spezialisten betrachten die ‘Reform’ als einen Rückschritt auf dem Wege zur Vereinfachung orthographischer Normen, weil sie zuvor bereits erreichte und eingebürgerte Vereinheitlichungen rückgängig macht (die einheitliche Schreibung von â und î als î, die Vereinheitlichung von sunt und sînt zugunsten von sînt), weil die geforderten Veränderungen z. T. von falschen sprachhistorischen Prämissen ausgehen und weil sie zu unerwünschten sprachlichen Konsequenzen führen (z. B. zu graphischen Differenzen innerhalb von Wortfamilien). Aber was konnten die Sprachwissenschaftler schon ausrichten gegen das ‘Totschlagargument’, die Reform von 1953 sei eine Ausgeburt des Stalinismus, sie sei ja schließlich durch einen normativen Akt des Staates und nicht durch Beschluss der Akademie zustande gekommen, sie verdunkele den romanischen Charakter des Rumänischen, sie begünstige ‘slavische’ Schreibweisen etc. und müsse deshalb zumindest teilweise rückgängig gemacht werden? In der Praxis werden diese Schreibregeln jedoch bis heute nur z. T. befolgt. Noch im Jahre 1994 musste die Leitung der rumänischen Akademie in einem Brief an das Sprachwissenschaftliche Institut feststellen, das die neuen Normen nicht einmal in allen Publikationen der Akademie selbst angewendet worden sind, was in die – mit dem Hinweis auf die Verbindlichkeit von Normen begründete – Aufforderung einmündete, dies nun umgehend zu tun (cf. LimRom
1520 7–8, 1994, Sonderseite nach dem Impressum). Die Debatte erreichte zur Jahrtausendwende einen neuen Höhepunkt, als die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung im Sinne des Akademiebeschlusses laut wurde. In den zahlreichen Stellungnahmen von Laien und Experten (u. a. in der România liber˘a 2002/03) wird von dem Durcheinander berichtet, das auf orthographischem Gebiet herrscht und insbes. die Arbeit mit der Muttersprache in den Schulen erschwert. Die Gegner des Orthographiebeschlusses von 1993 sind auch in dieser Phase eindeutig in der Mehrheit. Sie argumentieren v. a. mit den Vorteilen des phonetisch-phonologischen Prinzips, während die Befürworter der weitgehenden Rehabilitation des Graphems insbes. den Wiedererkennungswert der Latinität des Rumänischen durch eine etymologisierende Schreibweise betonen: «[…] latinitatea limbii noastre este recognoscibil˘a chiar s¸ i de c˘atre un ins necultivat, din orice t¸ara˘ occidental˘a» (Stef ¸ a˘ nescu 2002, 1). 3.4. Die Kontinuität von Sprachchroniken und die Bedeutung der cultivarea limbii Die Diskussionen um die Sprachenfrage, um das Neologismenproblem und die Orthographie vollzogen sich seit dem 19. Jh. weitgehend in Zeitungen und Zeitschriften, deren Bedeutung als Medien des kulturellen Diskurses immer stärker wuchs (→ Art. 110). Bereits die ersten Presseveröffentlichungen in rumänischer Sprache (Curierul românesc, Bucure¸sti, 1829–48; Albina româneasc˘a, Ia¸si, 1829–58; Foaie pentru minte inim˘a s¸ i literatura˘ , Bra¸sov, 1838–65) widmete der Diskussion um die Sprache breiten Raum. Schriftsteller, Historiker, Philologen, Lehrer etc. veröffentlichten ihre Haltung zu den zentralen Fragen der sprachlichen Selbstverständigung in Publikationsorganen wie Curierul Românesc und in seiner literarischen Beilage Curierul de ambe sexe, in Dacia literara˘ , România literara˘ , Convorbiri literare etc. So entsteht eine Tradition des öffentlichen Diskurses über sprachliche Fragen, die bis in die Gegenwart fortdauert. In diesen Diskurs sind auch im 20. Jh. sowohl Fachleute als auch die Sprachliebhaber eingebunden. Ihre Stellungnahmen laufen nicht beziehungslos nebeneinander her, sondern lassen einen wahrhaften ‘Dialog’ über sprachliche Probleme entstehen. Am Dialog beteiligen sich neben Linguisten, Schriftstel-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
lern, Lehrern, Journalisten auch einfach an der Sprache interessierte ‘echte Laien’, wobei letztere nicht selten die sprachlichen Fragen initiieren, über die dann diskutiert wird, und die Fachleute reagieren, indem sie die Fragen aufgreifen und im Sinne einer als Verbreitung der standardsprachlichen Normen aufgefassten cultivarea limbii zu beantworten suchen. Dieser doch recht große Stellenwert, den die sprachlichen Debatten in den Massenmedien bis heute einnehmen, hat – neben den bereits erwähnten Traditionen – zweifellos weitere Ursachen: Einerseits gab und gibt es ein breites Laieninteresse an der Sprache, die bis heute als wichtigstes Mittel der nationalen Identifikation begriffen wird. Andererseits haben auch die Experten eine etwas andere Auffassung von ihrer Rolle: Die z. B. im deutschen Sprachraum für die Entwicklung im 20. Jh. beklagte Selbstbeschränkung der Linguisten auf die Beschreibung und Erklärung sprachlicher Phänomene gab und gibt es in der rumänischen Sprachwissenschaft nicht; vielmehr entwickelte sich seit dem 19. Jh. eine fachspezifische Tradition, derzufolge wissenschaftliche Erkenntnisse möglichst unmittelbar auch populärwissenschaftlich umzusetzen sind. So lässt sich nachweisen, dass in den letzten Jahrzehnten den wichtigsten großen deskriptiven und normativen Werken zum Rumänischen immer auch populärwissenschaftliche Publikationen folgten, die z. T. von denselben Autoren verfasst wurden (→ Art. 125). Nicht selten beriefen sich die Linguisten in ihren Vorbemerkungen dabei expressis verbis auf ihren ‘sprachkulturellen’ Auftrag (cf. Graur 1973; Iordan 1983; Hristea 1984; Avram 1986). Die Sprachwissenschaftler sind dadurch bis heute im öffentlichen Bewusstsein so präsent, dass die z. B. von Antos (1996) beklagte Schicht der ‘halbgebildeten Laienlinguisten’, die eine Art von ‘verwässerter Sprachwissenschaft’ mit großer Breitenwirkung in Ratgebern etc. propagieren, eher nicht zum Zuge kommt (cf. auch 3.1.). Das öffentliche Interesse an sprachlichen Fragen ist nach 1989 noch gewachsen. In zahlreichen Publikationsorganen (in Wochenzeitschriften mit kultureller Orientierung ebenso wie in Tages- und Wochenzeitungen, z. B. România liber˘a, România literara˘ , Cotidianul etc.) erscheinen regelmäßig Sprachchroniken mit z. T. aussagekräftigen Titeln (România liber˘a 1992: Semantica postrevolu¸tionar˘a; Ora 1993: Frumoasa do-
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130. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Rumänisch
amna˘ Limba româna˘ ; Dreptatea 1994: Limba noastr˘a-i limba sfânt˘a!; Albina 1994: Limba noastr˘a-i o comoar˘a; România Literara˘ 1994: Pa˘ catele limbii; Flaca˘ ra 1994: Zâmbete gramaticale etc.; cf. Bibliografia româneasc˘a de lingvistic˘a 1992–95). In solchen Rubriken sowie in Einzelbeiträgen spielen die Neologismenfrage, nunmehr insbes. das Problem der Anglizismen, sowie im Umfeld der bereits erwähnten Orthographiereform die Fragen der Rechtschreibung eine zentrale Rolle. Daneben kommen aber auch viele grammatische Einzelfragen zur Sprache, die bereits Jahrzehnte zuvor in sprachkulturellen Diskussionen behandelt worden waren (wie die Verwechslung von Formen der 2. und 3. Konjugation des Verbs oder tautologische Komparative bei einzelnen Adjektiven). Man fragt sich allerdings, ob solche Abweichungen von der standardsprachlichen Norm, die nun schon Jahrzehnte anhalten und gegen die Sprachwissenschaftler immer wieder protestieren, nicht doch durch eine Normveränderung zugelassen werden sollten. In den Diskussionen nach 1989 gibt es aber auch einige neue Akzente, so z. B. in der Auseinandersetzung mit der limba de lemn vergangener Jahrzehnte sowie in einer wesentlich stärkeren Kritik am öffentlichen Diskurs, eine Kritik an der Sprache der Politiker eingeschlossen. Verstärkt hat sich auch gegenüber früheren Publikationen der Anteil von Artikeln, in denen Wortbedeutungen erklärt werden: zumeist die Bedeutung von Fachtermini, die auch in der Alltagskommunikation eine Rolle spielen (z. B. aus dem Computerbereich oder dem Bankwesen). Noch relativ selten werden Artikel zu textlinguistischen Problemen (zur Textsortenspezifik beispielsweise) oder zu Fragen der Dialoggestaltung publiziert, was den Forschungsstand in diesen Bereichen in der rumänischen Linguistik widerspiegelt. Hier ist dann auch Raum für wissenschaftlich eher nicht belegte ‘Laienratschläge’, wie sie sich vereinzelt in den Tages- und Wochenzeitungen finden. Es fehlen natürlich auch nicht die Klagen über den ‘allgemeinen Sprachverfall’, die zumeist von Nichtlinguisten vorgetragen werden. In diesem Kontext wird immer wieder auf den Sprachgebrauch Jugendlicher hingewiesen, der dazu beitrage, das erreichte ‘hohe Niveau der Sprachkultur’ zu gefährden. Auch in dieser Hinsicht bewegen sich die rumänischen Sprachdiskussionen also durchaus im europäischen Kontext.
4.
Literatur
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Bärbel Techtmeier, Mannheim
1523
131. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch
131. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch Linguistique populaire et chroniques de langage: italien 1. 2.
3. 4.
5.
1.
Theoretische Fragestellungen und Begriffsdifferenzierungen Metasprachlicher Diskurs in der italienischen Geschichte: Repopularisierung der Sprachenfrage und Aufkommen der Gattung Sprachchronik im 19. Jh. Die Konkurrenz von Sprachwissenschaft und Laienlinguistik im 20. Jh. Aktuelle Sprachchroniken der italienischen Presse als Beispiel laienlinguistischer Aktionsforen Literatur
Theoretische Fragestellungen und Begriffsdifferenzierungen
«Was interessiert die Öffentlichkeit an Sprache und Kommunikation? Welchen Stellenwert haben dabei Sprachratgeber, Wörterbücher, Gebrauchsgrammatiken und -rhetoriken […]? Warum gibt es offenkundig in allen ausdifferenzierten Sprachgemeinschaften solche Formen der ‘Laien-Linguistik’ […]?» (Antos 1996, 1).
Diesen und weiteren Fragen geht Gerd Antos (ib.) in seiner synchronen, auf den deutschen Sprachraum bezogenen Studie zur Laienlinguistik nach. Der durch Antos bekannt gewordene Terminus der Laienlinguistik reiht sich in die Vielzahl angrenzender neuer Laien-Disziplinen (z. B. in den Bereichen Psychologie, Psychiatrie, Pädagogik, Medizin) ein, welche Adrian Furnham (1988) unter lay theories zusammenfasst. Wie aber lässt sich das Verhältnis zwischen Laie und Theorie bzw. im speziellen Fall zwischen Laie und Linguistik näher bestimmen? Ausgehend vom Begriff kann man semantisch zunächst grob zwischen drei möglichen Beziehungen differenzieren: Laienlinguistik als eine Linguistik von Laien, als eine Linguistik für Laien oder als eine ‘laienhafte’, d. h. unwissenschaftliche, alternative Linguistik. Während Furnham (ib., 3–7) die Laientheorien in erster Linie an ihrer mangelnden Methodik festmacht und sie dabei in Gegenüberstellung zu Wissenschaftstheorien als tendenziell implizit, inkohärent, falsifikationsresistent, induktiv und die Kausalitätszusammenhänge verdrehend charakterisiert, legt sich Antos (1996, 3) in seiner Definition von Laienlinguistik nicht auf eine der obigen Interpretationsrichtungen fest: «‘Laien-Linguistik’ bezeichnet eine Sprach- und Kommunikationsbetrachtung für Laien und häu-
fig genug auch eine, die von Laien betrieben wird».
Seine anschließende Abgrenzung von der populärwissenschaftlichen Linguistik und der Sprachdidaktik lässt jedoch darauf schließen, dass die Laienlinguistik nicht allein als Linguistik für Laien verstanden werden darf. Wenn diese Disziplin folglich durch ihr Zielpublikum nicht hinreichend definiert ist, ihre Akteure jedoch keine homogene Gruppe von Laien bilden, muss sich Laienlinguistik auch und in letzter Instanz an ihrer Methodik messen lassen. Die von Antos (ib., 15 ss.) aufgeführten Charakteristika der laienlinguistischen Arbeitsweise bewegen sich dabei im Rahmen der von Furnham zusammengetragenen Kennzeichen: (1) Falsifikationsresistenz durch Rückgriff auf «unumstrittene Gemeinplätze der Wissenschaft» sowie (2) Vermittlung impliziten Sprachwissens ohne den Versuch, dieses zu formalisieren. Hinzu kommt als thematische Einschränkung der laienlinguistischen Aktivität ihr unbedingter Praxisbezug (cf. ib.). Trotz dieser Defizite ist die Laienlinguistik nicht zwingend als wissenschaftsignorante Verwässerung der Sprachwissenschaft anzusehen, da sie sich den Bedürfnissen sprachlicher Laien zuweilen besser anpasst als dies die linguistischen Experten tun (können) (cf. ib., 53; Wimmer 22000, 2057). Dass sich in der Praxis Linguistik und Laienlinguistik selten als Dichotomien darstellen und «es gleichwohl eine Reihe von Übergängen zum Populärwissenschaftlichen und zum Sprachdidaktischen gibt», steht außer Zweifel (Antos 1996, 17; cf. auch Brekle 1986, 73 s.). Die von Antos analysierten Beispiele aus der Vielfalt an Sprachchroniken, Sprachratgebern und Kommunikationstrainings präsentieren ihren laienlinguistischen Ansatz allesamt offenkundig. Vergleicht man dieses Bild mit dem italienischen Sprachraum, verlaufen die Grenzen dagegen weniger deutlich, wie nachfolgend unter Berücksichtigung der besonderen historischen Entwicklungen in Italien erläutert werden soll. Der Terminus Laienlinguistik setzt per definitionem die Existenz einer Sprach-Wissenschaft voraus, von der er sich abhebt.
1524 Eine historische Untersuchung der LaienAktivitäten ist daher lediglich ab dem Zeitpunkt sinnvoll, ab dem man von linguistischen Experten sprechen kann (zur vorwissenschaftlichen Sprachreflexion in Italien bis zum 19. Jh. → Art. 20). Die Geburtsstunde der romanischen Sprachwissenschaft wird bes. in deutschsprachigen Abhandlungen weitgehend auf die erste Hälfte des 19. Jh. datiert und mit den Namen der deutschen Forscher Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Franz Bopp, Friedrich Diez und Jakob Grimm verbunden. Wem hingegen der Primat des ersten Sprachwissenschaftlers italienischer Nationalität gebührt, ist in Italien nicht abschließend entschieden. Während Marazzini (32002, 22–25) dieses Verdienst Graziadio Isaia Ascoli zuschreibt, zählen Santamaria (1981) u. a. bereits Bernardino Biondelli, Carlo Cattaneo und Giacomo Leopardi zur Riege der italienischen Linguisten.
2.
Metasprachlicher Diskurs in der italienischen Geschichte: Repopularisierung der Sprachenfrage und Aufkommen der Gattung Sprachchronik im 19. Jh.
Während die ‘Questione della lingua’ im Cinquecento eine breitere italienische Oberschicht berührt, entwickelt sie sich in den darauffolgenden Jahrhunderten zunehmend zu einer rein akademischen Diskussion. Erst im ausgehenden 18. Jh. gewinnt die Sprachnormdebatte vor dem Hintergrund einer entstehenden Sprachwissenschaft und in Anbetracht besserer Verbreitungsmöglichkeiten durch die Presse erneut an Popularität. Eine Vorreiterstellung gebührt dabei in den 60er Jahren des 18. Jh. der Literaturzeitschrift Il Caffè. Zwar stehen die sprachtheoretischen Äußerungen der ‘Caffettisti’ noch immer in einem literaturkritischen Kontext, doch weitet sich die Sprachenfrage von einem Problem der Literatur langsam zu einem Problem der italienischen Kultur, Gesellschaft und Nation, wie v. a. bei Alessandro Verri deutlich wird: «Non può succeder un cambiamento nelle idee d’una nazione, che non lo succeda ancora nel mezzo con cui si esprimono [sic]. Forse l’immobilità della nostra lingua, che da Petrarca sino a noi ha quasi nulla cangiato, ascriver debbesi alla immobilità delle nostre idee. Nissun’altra nazione
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik colta d’Europa scrive presentemente quella lingua, che scrivevasi a’tempi del nostro Petrarca. Tutte hanno moltissimo cangiato. Il pretendere che non si cangi il vocabolario è lo stesso che pretendere che non vi sia moto nell’universo» (in: Colicchi 1971, 98).
Aufklärerisches Gedankengut spiegelt sich in Verris Ablehnung jedweder nachahmenspflichtiger Modellautoren und im Vertrauen auf das Sprachurteil des eigenen buon senso wider, welcher die Notwendigkeit einer grundlegenden Modernisierung des Italienischen und seiner Ausrichtung am uso klar vor Augen führe (cf. ib., 53; 97). Hierbei ist jedoch anzumerken, dass Verris Vorstellungen von einem italienischen uso der sprachlichen Realität des Landes und dessen dialektaler Zersplitterung nicht entsprechen. So mutet Pietro Verris Modell von einer aus dem uso gewachsenen italienischen Nationalsprache ohne diatopische noch diastratische Markierung für seine Zeit utopisch an (cf. ib., 81; Simonini 1969, 21). Zu Beginn des 19. Jh. findet das Beispiel von Il Caffè Nachahmer, so dass die Sprachchroniken v. a. in der literaturkritischen Presse der ‘Questione della lingua’ ein geeignetes Diskussionsforum bieten und eine ungewohnt breite Beteiligung an der Sprachdebatte ermöglichen (cf. De Stefanis Ciccone 1991, 1). Zu den Hauptsprachrohren für Sprachliebhaber und -kritiker zählen in der ersten Hälfte des Ottocento Il Poligrafo, Biblioteca Italiana und L’Antologia. Während die Mailänder Literaturzeitschrift Poligrafo den Gegenpolen von Purismus und Klassizismus gleichermaßen ein Forum bietet, bekennen Antologia und Biblioteca Italiana deutlicher Farbe. So kommen in der toskanischen Antologia fast ausschließlich Vertreter des toskanischen Modells zu Wort, während die Mailänder Biblioteca Italiana für das klassizistische Sprachkonzept plädiert. Als wichtigste Akteure der Sprachnormdiskussion beteiligen sich im Poligrafo wie in der Biblioteca Italiana Antonio Cesari und Vincenzo Monti. Die Position des Klerikers und Cruscaners Cesari ist durch eine romantisch anmutende Wertschätzung der «purezza oggettiva» und eines «non so che» charakterisiert, die ihn zu Salviatis puristischem TrecentoSprachideal zurückführen, ohne es theoretisch neu zu untermauern (Simonini 1969, 24; cf. auch De Stefanis Ciccone 1971, 75). Unter Beschuss gerät Cesaris Normkonzept in den Sprachchroniken Vincenzo Montis im
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131. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch
Poligrafo (resümiert in Monti 1817–24; cf. auch De Stefanis Ciccone 1971, 62). Montis Kritik richtet sich in erster Linie gegen Cesaris missglückte Reformversuche in der inoffiziellen Ausgabe des Crusca-Wörterbuchs von 1806–09 (ib., 68). Der Autor fordert insbes. eine Ausweitung des Kanons auf die gesamtitalienische hohe Literatur bis ins 19. Jh. und die Berücksichtigung des formalen mündlichen Sprachgebrauchs der gebildeten italienischen Bevölkerungsschichten. Sein Sprachmodell ist nicht mehr rein literaturbezogen, sondern deutet bereits auf die Verbindung zwischen Sprache und Nation hin, die Manzoni vertiefen wird. Nach den Tre Corone gebührt es in den 40er Jahren des 19. Jh. nunmehr wieder einem Schriftsteller, Alessandro Manzoni, die italienische Sprache langfristig entscheidend zu prägen. Seine sprachtheoretischen Reflexionen (z. B. in Sulla lingua italiana, Milano, 1845, und Dell’unità della lingua e dei mezzi di diffonderla, Milano, 1868) gründen sich wesentlich auf das eigene literarische Schaffen und die Genese der dritten Ausgabe der Promessi sposi (31840–42). Demgemäß verdanken sie ihren Erfolg eher dem direkten Modellbezug als explizit gemachten, sprachwissenschaftlich neuen Erkenntnissen (cf. auch Engler 2000, 824). Das Sprachkonzept, das in der überarbeiteten Fassung der Promessi sposi ebenso wie in Manzonis theoretischen Abhandlungen zum Ausdruck kommt, ist das des «fiorentino [vivo] dell’uso colto» (cf. Marazzini 32002, 381). Die Annäherung vom literarischen Sprachideal des Trecento an den uso der gesprochenen Gegenwartssprache vergrößert dabei eine Normwirkung weit über den literarischen Anwendungswert hinaus (cf. Albrecht 1987; Trabalza 1963, 510 ss.). Nicht zuletzt aufgrund von Direktiven des Bildungsministers Emilio Broglio setzt sich das manzonianische Modell daher als Lösung des im Zuge der nationalen Einigung immer dringlicheren Problems der Nationalsprache durch: «Occorreva sul piano linguistico rafforzare il sentimento unitario con un autorevole centro irradiatore, ma soprattutto rendere la lingua uno strumento più idoneo all’informazione e insieme al prestigio della borghesia liberale» (Simonini 1969, 32).
Gegenstimmen zur ‘soluzione manzoniana’ regen sich fortan bes. im Kreis der aufkom-
menden vergleichenden Sprachwissenschaft und Dialektforschung, die in Anbetracht laienlinguistischer Fragestellungen nur am Rande Erwähnung finden sollen. So macht v. a. Graziadio Isaia Ascoli 1873 im Archivio glottologico italiano (AGI ) gegen Manzoni geltend, das Festhalten am Modell des modernen Toskanisch widerspreche der historischen Sprachentwicklung ebenso wie der dialektalen Vielfalt des Landes. Festzuhalten ist jedoch, dass die linguistischen Einschätzungen Ascolis für die Entwicklung des italienischen Standards im Vergleich zur ‘tesi manzoniana’ und ihren unterschiedlichen Interpretationen wenig maßgeblich waren.
3.
Die Konkurrenz von Sprachwissenschaft und Laienlinguistik im 20. Jh.
Die Ausbreitung und fachliche Spezialisierung der linguistischen Disziplin führt im 20. Jh. keineswegs zu einer Eindämmung der Laienlinguistik. Dank der Entwicklung des Pressewesens und der Herausbildung thematisch gegliederter Textsparten kann sich die Gattung der Sprachchronik nach und nach in der allgemeinen Tages- und Wochenpresse verankern und bietet damit v. a. Laienlinguisten ein geeignetes Öffentlichkeitsforum. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind Omero Redis Chroniken im Giornalino della domenica zwischen 1906 und 1919 (cf. Pistelli 61933). Die darin veröffentlichten Briefe des Schülers Omero an seinen Lehrer Vamba beschäftigen sich in unregelmäßigen Abständen mit dem Thema Sprachnormen, das auf unkonventionelle, satirische Art und in fehlerhaftem Schreibstil behandelt wird. Ein Hauptangriffspunkt ist der in Omeros Augen unverändert fortbestehende Sprachpurismus der Accademia della Crusca, wie das nachfolgende Zitat verdeutlicht: «Dunque io che il Giornalino mi piace tanto non dico che ci vorrei scrivere perché scrivo male, ma gli manderei a lei tante cose buffe che succedone nelle scole e lei potrebbe mettere i punti e le virgole e levare le parole troppo fiorentine ma però senza metterci quelle della crusca che allora è buio pesto […]» (ib., 1).
Oberste Instanz in Sprachfragen ist Omeros Lehrer Vamba, der ihm als Mitstreiter im Kampf gegen die Crusca, den unnatürlichen Sprachgebrauch der modernen Autoren und ähnliche Übel hilft. Das Ideal einer ‘natürli-
1526 chen’ und somit von Latinismen und Archaismen befreiten Schriftsprache ist jedoch kein linguistischer Selbstzweck, sondern wird mit der Zeit Bestandteil der faschistischen Kulturideologie, wie eine Lobeshymne auf den Minister Giovanni Gentile und dessen puristisches Sprachmodell zum Ausdruck bringt (cf. ib., 241). Ohnehin versteht es der faschistische Minculpop wie keine zweite politische Organisation vor ihm, die Laienlinguistik für ideologische Zwecke zu instrumentalisieren. Das gesamte Pressewesen wird als Multiplikator der faschistischen Sprachpropaganda missbraucht. So nehmen an einer Kampagne der Zeitschrift Antieuropa gegen das Personalpronomen Lei zur höflichen Anrede ab 1939 mehr als 50 außenstehende (nur z. T. mit dem Faschismus sympathisierende) Autoren teil, deren laienlinguistische Beiträge zur Unterstützung sprachpolitischer Maßnahmen instrumentalisiert werden. Dass sich zeitweilig sowohl bekannte Schriftsteller als auch ausgebildete Sprachwissenschaftler für diese Form der Propaganda gewinnen lassen, zeigt deutlich, wie schmal der Grat zwischen Laienlinguistik und Linguistik in der Praxis verlaufen kann (cf. u. a. Del Buono 1971, 276). Auch nach dem Ende des Faschismus bemühen sich in Italien Experten und Laien gleichermaßen, ihr Normkonzept in Form von Sprachchroniken populär zu machen. Zu den bekanntesten Sprachwissenschaftlern, die in der zweiten Jahrhunderthälfte über einen längeren Zeitraum hinweg in der italienischen Presse publizieren, zählen u. a. Carlo Tagliavini (in Oggi), Bruno Migliorini (im Corriere della Sera), Giovanni Nencioni (in Selezione dal Reader’s Digest) und Tullio De Mauro (in L’Espresso). Daneben findet sich eine große Anzahl an Autoren, die ihre sprachnormtheoretischen Kenntnisse auf eine philologische Ausbildung und / oder die Arbeitserfahrung als Schriftsteller, Journalist oder eine ähnliche Tätigkeit stützen, so u. a. Aldo Gabrielli (in Grazia; cf. z. B. Gabrielli 1976; 1977; 1999), Luciano Satta (in La Nazione und Il Giornale; cf. z. B. Satta 1968; 1986), Tristano Bolelli (in La Stampa und La Domenica del Corriere; cf. u. a. Bolelli 1987; 1993), Giulio Nascimbeni (im Corriere della Sera), Umberto Eco (in L’Espresso; cf. auch Eco 1992; 2000) und Indro Montanelli (im Corriere della Sera; cf. auch Montanelli 1998; 2001; für Detailanalysen verschiedener obiger Sprachchroniken cf.
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Barbisotti 1972; Benedetti 1992; Ernst 1998; Schmitt 2001). Die Schwierigkeit der Klassifikation zwischen Linguisten und Laienlinguisten liegt bei einigen der o. a. Autoren auf der Hand. Ein verlässliches Urteil über die linguistische Fundiertheit der Beiträge kann daher nur deren Argumentationsstruktur entnommen werden. Thematische Unterschiede zwischen den Sprachchroniken lassen hingegen keine ergiebigen Rückschlüsse zu, da Linguisten wie Laienlinguisten in der Presse prinzipiell zu den gleichen Sprachnormproblemen Stellung beziehen. Generell lässt sich feststellen, dass sich die Normdiskussion des 20. Jh. von den Hauptpositionen der früheren ‘Questione della lingua’ etwas gelöst hat und nun auch verstärkt Diskussionsthemen diastratischer, diaphasischer und diamesischer Natur zur Sprache kommen. Die faktische Wirkung der modernen Massenmedien – v. a. des Fernsehens – auf die Ausgestaltung einer italienischen Standardsprache ist seit der Mitte des letzten Jahrhunderts offensichtlich, wenn auch nicht unumstritten (→ Art. 196). So zieht sich die mehr oder minder harte Kritik an der Mediensprache wie ein roter Faden durch alle Sprachchroniken. Strittig sind zunächst die regional markierte Aussprache nach römischem Modell und der Gebrauch von Dialektismen v. a. in der Kino- und Fernsehsprache (cf. De Mauro 1977, 226– 229; 21993, 124 s.; Galli de’Paratesi 1977, 157). Hinzu kommen mit der Zeit Sprachnormprobleme, die gleichfalls im europäischen Ausland Diskussionen hervorrufen. So ruft auch in Italien – allerdings weniger häufig und wirksam als etwa in Frankreich – der vermehrte Fremdwortgebrauch in den Medien Sprachpuristen wach, die in der Verwendung von Anglizismen das Ende der italienischen Kultur heraufbeschwören (cf. hierzu Schweickard 2003, 238–243; Coulmas 1985, 74; für den französischen Sprachraum auch Schwarze 1977, 22–30). Auch die Invasion von Fachsprachen und (schlagzeilenliefernden) Redewendungen (frasi fatte), bes. in der Presse, gilt gemeinhin als Vergehen (cf. z. B. De Mauro, L’Espresso 09/01/89, 114; Eco, L’Espresso 05/11/90, 234; Satta 1990, 5; 6). Einen bes. beliebten Angriffspunkt liefert zudem die italienische Verwaltungssprache, il burocratese, welcher nach Meinung zahlreicher Linguisten den sozio-
1527
131. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch
linguistischen Anforderungen einer klaren, eindeutigen Kommunizierbarkeit gegenüber der gesamtitalienischen Öffentlichkeit nicht gerecht wird (cf. z. B. De Mauro, L’Espresso 25/04/91, 85; Eco, L’Espresso 20/11/89, 266; Nascimbeni, Corriere della Sera 31/12/95, 34; cf. auch Fioritto 1997). Zwar hat sich die Sprachnormdebatte in Italien gerade im Rahmen der educazione linguistica democratica neuen, vornehmlich sozio- und pragmalinguistischen Aspekten geöffnet, doch verlieren auch bestimmte grammatikalische Einzelfragen über 50 Jahre hinweg nicht an Aktualität. So dokumentieren beispielsweise die Sprachchroniken der 50er Jahre die Unsicherheit bei der Verwendung des bestimmten Artikels lo vor Substantiven mit ungewöhnlichen Konsonantennexus im Anlaut (v. a. , , ), über die bis heute kein allgemeiner Konsens besteht (cf. z. B. Gabrielli, Grazia 03/06/56, 15; Eco, L’Espresso 17/07/89, 186). Die Jahrtausendwende bot vielen Chronisten die Gelegenheit zum Rückblick und zur Prognose über die italienische Sprachentwicklung. Die rapide Entwicklung des italiano comune als Produkt des 20. Jh. wird von allen Autoren hervorgehoben, jedoch mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen belegt. Während v. a. Sprachpuristen das fin de siècle zum traditionellen Anlass einer Sprachverfallskritik nehmen, machen andere Autoren auf den Standardisierungs- und Alphabetisierungserfolg aufmerksam, nicht ohne vor dem Verlust der dialektalen Traditionen zu warnen (cf. z. B. Eco, L’Espresso 23/11/92, 247; 13/11/00, 182). Im Zeichen der beschleunigten europäischen Einigung und der Globalisierungstendenzen stellt sich für manche Chronisten zudem die generelle Frage, welchen internationalen und nationalen Einfluss das Italienische auf längere Sicht gesehen hinter den Weltsprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Chinesisch behaupten kann. Eine thematisierte Zusammenfassung der Sprachnormdebatte im Pressespiegel der letzten 50 Jahre hinterließe ein eher diffuses Bild von der Entwicklung der italienischen Gemeinsprache. Neben der tatsächlich feststellbaren Fragmentierung des Italienischen in verschiedenste Varietäten und Subvarietäten ist hierfür jedoch auch die rubriktypische Zersplitterung der Themen verantwortlich, ebenso wie die wachsende Anzahl an (konkurrierenden) Stimmen, die sich seit den 50er Jahren an der Pressediskussion beteiligen.
4.
Aktuelle Sprachchroniken der italienischen Presse als Beispiel laienlinguistischer Aktionsforen
Als einen Grund für den Erfolg der Laienlinguistik in Deutschland nennt Antos (1996, 12) den mangelnden Praxis- und Laienbezug der Sprachwissenschaft, die somit zu einer «Wissenschaft ohne Verbraucher, […] ohne Publizität, […] kurz: ohne eine tiefergehende Verankerung in der Öffentlichkeit» degradiert ist. Betrachtet man dahingehend die aktuelle italienische Presselandschaft, scheint die dortige Linguistik weit entfernt von einem Bruch zwischen theoretischer Forschung und praktischem Anwendungswert. Die große Nachfrage in der Öffentlichkeit – glaubt man an die zahlreichen Zuschriften, auf die in den Sprachchroniken eingegangen wird – hat zu einer versteckten Konkurrenzsituation zwischen Laien und Experten geführt, die bis heute anhält (cf. auch Daneˇs 1988, 1699). Neben der Presse bieten im Übrigen auch Radio, Fernsehen und Internet ein divergierendes Angebot an Informationen über die italienischen Sprachnormen. Zu den wichtigsten aktuellen Sprachchroniken in der überregionalen italienischen Presse seit dem Jahr 2000 zählen Parole in corso von Gian Luigi Beccaria in La Stampa. TuttoLibri, Lingua e … und Parlare e scrivere von Claudio Marazzini in Letture und Famiglia Cristiana, Umberto Ecos Bustina di Minerva in L’Espresso, Lessico e nuvole von Stefano Bartezzaghi in der OnlineAusgabe von La Repubblica, Giorgio De Rienzos Scioglilingua und Indro Montanellis Stanza di Montanelli (nach dessen Tod reproduziert) in der Online-Ausgabe des Corriere della Sera sowie Giulio Nascimbenis Storie di parole und Per modo di dire im Corriere della Sera. Die Riege der o. a. Autoren ist sehr heterogen, wie sich deutlich in den Chroniken widerspiegelt. So gehören Gian Luigi Beccaria und Claudio Marazzini durch Publikationen wie Italiano. Antico e nuovo (Beccaria 22002) bzw. Da Dante alla lingua selvaggia (Marazzini 1999) zu den bekanntesten italienischen Linguisten. Umberto Eco verdankt den weltweiten Ruhm seinen Bestsellerromanen ebenso wie seiner Tätigkeit als Semiotik-Professor an der Universität Bologna und zahlreichen Veröffentlichungen in diesem Fachgebiet (z. B. Eco 32002). Sein Schüler Stefano Bartezzaghi hat sich einen
1528 Namen in der Entwicklung und Erforschung von Sprachspielen gemacht, welche in unterschiedlichen Zeitungen und Rundfunksendungen sowie selbständigen Publikationen erscheinen (cf. z. B. Bartezzaghi 2001). Giorgio De Rienzo ist in erster Linie als Literaturwissenschaftler an der Turiner Universität (u. a. mit Publikationen zu Manzoni, cf. De Rienzo 21994) tätig. Ähnliches gilt für Giulio Nascimbeni, der bes. durch die Herausgabe und Kommentierung von Montales Lyrik bekannt geworden ist (cf. Nascimbeni 31975), sich aber durch jahrzehntelange Sprachkritik in der italienischen Presse auch in diesem Bereich fest etabliert hat. Der im Sommer 2001 verstorbene Indro Montanelli zählt zu den berühmtesten zeitgenössischen Intellektuellen des Landes und zu den Leitfiguren des italienischen Journalismus. Eine linguistische Ausbildung hat der studierte Jurist und Politologe jedoch nicht genossen. Die Sprachrubriken variieren hinsichtlich Erscheinungsfrequenz, Layout, Textstruktur und Inhalt beträchtlich. Die behandelten Fragen sind meist unabhängig von denen der anderen Chroniken gewählt, die wenigen Überschneidungen zwischen den Themenbereichen scheinen zufällig zu sein. Eine Sprachnormdiskussion zwischen den Autoren findet daher allenfalls indirekt statt. Nascimbenis Themenspektrum ist den Rubriktiteln entsprechend eingegrenzt. In Storie di parole lemmatisiert er häufig Entlehnungen oder Kultismen mit interessanter Etymologie (z. B. notes, ukulele, tabù oder slogan), in Per modo di dire sind es Phraseologismen (wie nozze e fichi secchi, pagare il fio oder fare il portoghese). Abgesehen vom Wortursprung, ggf. Erstbeleg und Bedeutungswandel enthalten die Artikel häufig literarische Belege sowie eventuelle Derivate. Als Ausgangspunkt der Ausführungen dienen Nascimbeni oft aktuelle (v. a. politische) Ereignisse und ihre Dokumentation in der Presse, wie z. B. die Einleitung zu fare gazzarra zeigt: «Per quanto è accaduto al Senato per l’approvazione della legge sul legittimo sospetto, in qualche cronaca è ricomparsa la parola ‘gazzarra’» (Nascimbeni, Corriere della Sera 29/08/02, 35).
Dann konzentriert er sich jedoch stets auf die linguistischen Aspekte, hier die Etymologie, den Bedeutungswandel sowie den aktuellen Gebrauch des Arabismus gazzarra. In der Thematisierung zahlreicher Entleh-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
nungen (darunter auch vieler Anglizismen) manifestiert sich der Anspruch einer ‘enzyklopädischen’ Wissensvermittlung, die sich nicht an sprachpuristischen Auswahlkriterien orientiert (cf. z. B. ib., 27/07/02, 33). Zusammenfassend betrachtet lassen sich Nascimbenis Artikel nicht eindeutig der Kategorie Laienlinguistik oder Linguistik zuordnen. Die linguistischen Angaben der Artikel stimmen mit den Informationen der großen (etymologischen) Wörterbücher weitgehend überein. Wenn in der Forschung Unklarheit z. B. hinsichtlich der Etymologie besteht, beschränkt sich Nascimbeni fast immer auf eine kommentarlose Reproduktion der schlüssigsten Hypothesen. Seine lexikographischen Quellen verrät er dabei nur gelegentlich. Trotz der persönlichen Vorliebe für Etymologie und literarische Belege hält Nascimbeni schließlich den uso für die einzige Entscheidungsinstanz in Sprachfragen (cf. hierzu Albrecht 1987, 114): «Come abbiamo imparato da Orazio, è l’uso che comanda: che cosa deciderà l’uso?» (Nascimbeni, Corriere della Sera 04/08/02, 29).
Vergleicht man Nascimbenis Sprachchronik mit der Montanellis, treten die Unterschiede deutlich zutage. Dessen gelegentliche sprachkritische Beiträge in La stanza di Montanelli variieren von der (wortkargen) Erklärung des eigenen, von Lesern hinterfragten Wortgebrauchs bis hin zu allgemeineren Aussagen zur italienischen Sprachnormdiskussion, darunter zur Kommunizierbarkeit von Fachsprachen oder zur Zukunft der italienischen Nationalsprache. In den erstgenannten Fällen verzichtet der Autor auf jegliche Argumentation. So antwortet er auf die Frage nach der Bedeutung des Nomens uzzolo: «Io m’infischio dei dizionari: uso la lingua parlata. Comunque, sul de Mauro uzzolo c’è, come sinonimo di ‘ghiribizzo’ o ‘bizzarrìa’» (Montanelli, Corriere della Sera 22/02/00).
Das exemplarische Beharren auf dem mündlichen Sprachgebrauch und dessen Vorzügen gegenüber der kodifizierten Schriftsprache widerspricht jedoch – derart generalisiert – den diamesischen und diaphasischen Kommunikationsgegebenheiten der Sprachchronik (cf. auch ib., 14/09/00). Ein besonderes Anliegen sind dem Autor, wie vielen anderen Chronisten auch, der Erhalt und die Pflege der italienischen Nationalsprache, was ihn u. a. zu einer Spendenkampagne zugunsten der Accademia della
131. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch
Crusca veranlasste. Als Gründe für die dringliche Unterstützung der Sprachpflege-Institution nennt Montanelli in einem Atemzug den Verfall des italienischen Nationalstaates und der italienischen Nationalsprache (ib., 01/12/99). In teils ausschweifender, teils elliptischer Argumentation erklärt er das Ende der Nation seit dem Bruch mit der Monarchie 1943 und dem damit verlorenen Anknüpfungspunkt an das RisorgimentoErbe für besiegelt. Den Niedergang der italienischen Sprache hält er für eine zwangsläufige Folgeerscheinung des staatlichen Verfallsprozesses und lässt dabei den spezifischen, lange Zeit staatsfernen Geneseprozess der italienischen Standardsprache außer Acht (cf. Schmitt 1988, 95–100; Mattheier 22000, 1097 s.). Montanellis mehrmals geäußerte Prognose, die die Topoi des Sprachverfalls und des drohenden Untergangs des italienischen Staates pauschal verknüpft, zeigt jedoch Wirkung (cf. auch Wimmer 22000, 2061), wie nicht nur die erfolgreichen Spendenaktionen für die Crusca, sondern auch die ehrfurchtsvollen, aber linguistisch bedenklichen Anredeformen seiner Leser in diversen Zuschriften belegen (darunter z. B. Principe, Corte di Cassazione und cultore militante della buona lingua italiana, cf. Montanelli, Corriere della Sera 14/09/00; 01/02/01; 23/06/01). Das ausgiebigste Untersuchungsmaterial liefert De Rienzos erwähnte Sprachberatungsrubrik Scioglilingua. Behandelt werden vorwiegend konkrete Fragen zur italienischen Lexik, Morphosyntax und Orthographie. Allzu große Beliebtheit schien die Kategorie cognomi italiani zu finden, in denen Leser die Herkunft ihres Familiennamens erfragen konnten, ein Service, der nun nur noch in sehr eingeschränkter Form angeboten wird. Raum zur Diskussion bietet ein Forum, welches De Rienzo gänzlich seinen Lesern überlässt. Hier gibt er auch dann keine Lösung oder Hilfestellung, wenn seine Leser eineinhalb Monate lang über die korrekte Aussprache und Betonung des Namens von Michael Schumacher streiten (cf. De Rienzo, Corriere della Sera 21/03/03– 30/04/03). Eine Analyse der Antworten zeigt auf, dass der Autor seine Beratungspflicht ansonsten sehr normativ interpretiert. Ratschläge formuliert er häufig als kategorische Imperative der Form si dice / non si dice. Ein klassisches Beispiel hierfür liefert der Kommentar zum Gebrauch des indirekten Objektpronomens gli für feminine Objekte:
1529 «No. Non rassegniamoci. Teniamo duro. ‘Gli’ è un dativo maschile, ‘le’ femminile» (ib., 03/05/02).
In Bereichen evidenter Normschwankungen (wie beispielsweise der Feminisierung von Berufsbezeichnungen) ist die Argumentation uneinheitlich. Mal beschränkt sich De Rienzo auf einen Verweis des aktuellen Usus, mal ruft er wie im obigen Zitat zum Widerstand gegen diesen auf. Die tolerantere Variante klingt für das Beispiel der Feminisierung wie folgt: «C’è stato recentemente un manuale redatto credo da qualche ufficio parlamentare per disciplinare la declinazione e ahimè ci dobbiamo tenere ‘la ministra’, ‘la sindaca’, ‘l’assessora’. Che ci piaccia o no. […] E dunque accettiamo una realtà di fatto. Così digeriamo ‘l’avvocata’, ‘la notaia’, ‘la pompiera’. […] La questione è spinosa: la lingua è – per tradizione – naturalmente maschilista e le donne giustamente protestano, però dovrebbero non puntare troppo i piedi: pretendere che una bella ‘scrittrice’ diventa una orribile ‘scrittora’ forse è troppo» (ib., 01/11/02).
Das Zitat lässt erkennen, dass der Autor prinzipiell ein puristisches Sprachideal verfolgt, sich jedoch – auch in Orientierung an seiner Leserklientel – gemäßigt gibt. Weiterhin enthält die Antwort eine typische Schilderung negativer Extreme, um der eigenen warnenden Stimme besser Gehör zu verschaffen. Denn die Angst vor einer «orribile scrittora» entbehrt jeglicher ernst zu nehmenden Grundlage (cf. auch Burr / Demel 2003, 48 s.). Schließlich bezeugt das Zitat auch eine charakteristische Pauschalisierung in der Darstellung aktueller linguistischer Forschung. So lässt der Hinweis auf den «manualetto [recentemente pubblicato] redatto da qualche ufficio parlamentare» – gemeint ist der immerhin fünf Jahre zurückliegende Manuale di stile des italienischen Ministerratsvorsitzes (Fioritto 1997) – Unkenntnis des «esperto linguista» in Sprachplanungsphänomenen vermuten. Seine Distanz zur sprachwissenschaftlichen Forschung offenbart De Rienzo darüber hinaus in zahlreichen pauschalen Verweisen auf die italienische Grammatik, ohne somit Normdivergenzen und -diskussionen innerhalb der Linguistik Rechnung zu tragen (cf. stellvertretend De Rienzo, Corriere della Sera 22/03/02; cf. auch De Mauro / Policarpi / Rombi 1979). Völlig anderen Grundsätzen folgt dagegen Stefano Bartezzaghis tägliche Rubrik Lessico e nuvole in der Online-Ausgabe der
1530 Repubblica. Stärker als um sprachnormative Aspekte geht es dem Autor zahlreicher Sprachspiele um Unterhaltung sowie um die Förderung eines ludischen oder kreativen Umgangs mit Sprache. Dass das eine das andere nicht ausschließen muss, beweist ein Artikel über den Versuch einiger Puristen, die italienische Sprache auf gesetzlichem Wege vor Anglizismen zu schützen (cf. Bartezzaghi, La Repubblica 23/06/00). Statt auf normtheoretische Argumentation beruft sich Bartezzaghi hier wie gewöhnlich auf ein Sprachspiel zur Darlegung seiner Position: «L’anagramma di purezza è puzzare: non dimentichiamolo» (ib.). Speziell gegen die Regierung Berlusconi und ihren Hang zur Intervention in Sprachfragen richtet sich ein fingierter Gesetzesentwurf für eine italienische Rechtschreibreform (cf. ib., 20/01/03 sowie die ‘Berlusconismi’, ib., 24/09/02). Hierin wird die Orthographie durch die Einführung der Grapheme , <j> und <x> soweit ‘vereinfacht’, bis das Italienische gemäß Bartezzaghis ironischer Apokalypse letztendlich im Englischen aufgeht. Umberto Eco widmet sich in seiner zweiwöchentlichen Rubrik La Bustina di Minerva in L’Espresso gerne aktuellen politischen Themen. Während die Sprache früher oft im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand, fungiert die Bustina seit einigen Jahren seltener als ‘Sprach’-Chronik. Häufig behandelt Eco aktuelle Phänomene jedoch unter Zuhilfenahme der Linguistik. So dient ihm die Untersuchung des politischen und militärischen Sprachgebrauchs u. a. als Grundlage seiner (auch geschichtswissenschaftlichen) Einschätzung über die Entwicklung moderner Kriege. Der Autor verbindet seine Analyse politischer Parolen (wie beispielsweise crociata, guerra santa und arabo), ihres Bedeutungswandels und ihrer konnotativen Verknüpfungen mit der impliziten Aufforderung, den politischen Sprachgebrauch aufmerksam zu verfolgen und selbst vorsichtig im Umgang mit terminologischen Gemeinplätzen zu sein (cf. hierzu auch Brekle 1986, 73). Zur klassischen Sprachkritik veranlassen Eco u. a. Fehler im Pressesprachgebrauch. Seine Distanzierung von der Fehlerächtung des Kollegen Nascimbeni hindert ihn nicht daran, seinerseits v. a. orthographische Missstände in der italienischen Presse aufzudecken (cf. Eco, L’Espresso 12/07/01, 182). Hierbei konzentriert sich Eco auf die fehlerhafte Schreibung ausländischer Eigen-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
namen (wie Beaudealaire oder Hortelius, ib.), den falschen Gebrauch fremdsprachiger Abkürzungen und Übersetzungsfehler, die er zusammengenommen als Anzeichen einer «decadenza dei costumi» der italienischen Presse wertet (ib., 29/05/03, 214). Die rigide Haltung ist jedoch nicht Ausdruck eines puristischen Sprachkonzepts, sondern bleibt auf wenige linguistische Bereiche (wie die Orthographie) beschränkt, in denen klare Normen existieren. Verstöße seien hier aufgrund der enormen Vorbild- und Multiplikatorfunktion der Massenmedien bes. gravierend (cf. hierzu auch Daneˇs 1988, 1700). Anders als Eco beschäftigt sich Claudio Marazzini in der Rubrik Lingua e … der Monatszeitschrift Letture ausschließlich mit der italienischen Sprache. Die ausführlichen Essays des Sprachhistorikers widmen sich vornehmlich allgemeinen Fragestellungen zur Sprachentwicklung, zur aktuellen Sprachdidaktik, Sprachpflege und Sprachpolitik. Eine Verknüpfung der beiden letztgenannten Themenfelder liefert beispielsweise ein Artikel über die Eröffnung der Crusca-Ausstellung Dove il sì suona durch den Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi (cf. Marazzini, Letture 05/03, 78). Marazzini referiert die Reden des Staatspräsidenten und des Akademiemitglieds Luca Serianni v. a. zum aktuellen Status der italienischen Nationalsprache. Deren Stellung gegenüber den Dialekten ebenso wie gegenüber dem Englischen als immer mächtigerer Lingua franca müsse auch im Hinblick auf den schulischen Sprachunterricht klar definiert bleiben (cf. ib.). Das Italienische als Symbol und identitätsstiftendes Bindeglied der Nation werde, so Marazzini weiter, durch die Maßnahmen der Crusca in bestem Maße geschützt und gefördert. Zahlreiche weitere Verweise auf die Sprachpflege und Sprachberatung der Accademia della Crusca machen deutlich, dass sich Marazzini nicht selbst als Sprachnorminstanz betrachtet, sondern diese Verantwortung den «kompetentesten, wenn auch nicht unfehlbaren Grammatikern» überlässt (cf. ib., 04/03, 80). Allgemeine Skepsis äußert der Autor dagegen bezüglich staatlicher Eingriffe in die Sprache (cf. ib., 02/03, 80). So nutzt er einen Rekurs auf die italienische Sprachgeschichte um zu verdeutlichen, dass sich das Italienische weitgehend ohne Sprachgesetze entwickelt habe und die seltenen sprachpolitischen Eingriffe v. a. im ventennio fascista
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131. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Italienisch
negative Erinnerungen wachriefen. Seine Warnung gilt jeglicher Instrumentalisierung von Sprache für politische Zwecke, sei es für partikularistische Strömungen (z. B. in der Forderung der Lega Nord nach Ausbau und Schutz einer lingua padana) oder für dirigistische Absichten der Regierung Berlusconi (etwa zur Erstellung einer staatlich-offiziellen Grammatik). Ein breites Themenspektrum liefert schließlich Gian Luigi Beccarias Sprachchronik Parole in corso in der wöchentlichen Beilage TuttoLibri zu La Stampa. Lexikographische Einzelphänomene (wie etwa die Herkunft von Redewendungen oder das Vokabular bestimmter Fachsprachen) beschäftigen das Crusca-Mitglied ebenso wie grundsätzliche Fragestellungen der Linguistik (darunter z. B. die Verwandtschaftsbeziehungen der indoeuropäischen Sprachen). Auch der häufig in den Sprachchroniken thematisierte Status der italienischen Nationalsprache findet bei Beccaria Erwähnung (cf. Beccaria, La Stampa – TuttoLibri 02/02/02, 8). Positiver als Montanelli aber auch Marazzini, beurteilt er die Förderung und den Schutz der dialektalen Vielfalt und Tradition Italiens. Das im Wandel befindliche Verhältnis zwischen Dialekt und Nationalsprache sei ein Reflex der weltweiten (politischen und sozialen) Spannungen zwischen Globalisierung und Föderalisierung. Dennoch warnt auch Beccaria vor sprachhistorisch und ethnologisch unangebrachtem Autonomismus und Intoleranz v. a. seitens der Anhänger der Padanai (cf. ib.). Normtheoretische Aussagen finden sich u. a. in dem Artikel Per l’italiano, l’uso è più forte della logica grammaticale (cf. ib., 01/12/01, 8). Die grammatikalische Norm ist Beccaria zufolge im Italienischen bes. starken Schwankungen (auch nach Sprachregistern) unterworfen. Sie folge nur bedingt den Regeln der Analogie, sondern sei häufig ein Produkt des Usus, der sich v. a. durch den schulischen Gebrauch und die Medien durchgesetzt habe. Der Artikel dient der Erklärung inkohärenter sprachlicher Normen und Entwicklungen, ohne damit jedoch zum Widerstand der Sprachbenutzer aufzurufen, wie dies teilweise in den Beiträgen Montanellis und De Rienzos der Fall ist. Die laienlinguistischen Aktionsforen in der italienischen Presse lassen sich, zusammengenommen betrachtet, als sehr vielfältig beschreiben. Laien und Experten bemühen sich beiderseits, ein themenspezifisches oder
generelles, präskriptives oder deskriptives Sprachnormverständnis in einem dem Laienpublikum angemessenen Sprachgebrauch zu vermitteln. Wer hierbei den größeren Zuspruch in der Bevölkerung findet, lässt sich anhand der Erfolgsquote der Chroniken nur schwer ausmachen. Es scheint, als sammle die Linguistik ebenso wie die Laienlinguistik durch die Presse zahlreiche interessierte Anhänger. Schwarzes (1977, 33) Prognose für den französischen Sprachraum, derzufolge der einzelne Chronist zunehmend durch ein staatliches Expertenteam ersetzt werde, ist daher für Italien unwahrscheinlich. Zwar gewinnt die – lediglich staatliche geförderte – Accademia della Crusca gerade in den letzten Jahren mit ihrer Sprachberatung in La Crusca per Voi (auch in Buchform, cf. Nencioni 1995) stark an Autorität, doch scheinen die Sprachchroniken in den italienischen Medien angesichts des dokumentierten Leserinteresses hierdurch nicht bedroht, wie nicht zuletzt die selbständigen Beiträge des Cruscaners Beccaria belegen.
5.
Literatur
Albrecht, Jörn, ‘Consuetudo, usus, usage, uso’. Zur Sprachnormproblematik bei Vaugelas und Manzoni, in: Niederehe / Schlieben-Lange 1987, 109–121. Antos, Gerd, Laien-Linguistik. Studien zu Sprachund Kommunikationsproblemen im Alltag. Am Beispiel von Sprachratgebern und Kommunikationstrainings, Tübingen, 1996. Bagola, Beatrice, Sprachdiskussionen in Italien und Frankreich. Probleme und Tendenzen der Sprachregelung in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Beni, Fioretti, Franzoni, Buommattei – Vaugelas, Hamburg, 1991. Barbisotti, Maria Grazia, Rubriche linguistiche nei quotidiani e nei periodici dal 1960 al 1971, Tesi di laurea a.a. 1971/72, Univ. Cattolica Sacro Cuore, Milano, 1972. Bartezzaghi, Stefano, Lezioni di enigmistica, Torino, 2001. –, Rubrica: Lessico e nuvole, in: La Repubblica, Il giornale in edicola. <www.repubblica.it> (30.06.2004). Beccaria, Gian Luigi, Italiano antico e nuovo, Milano, 22002. –, Parole in corso, in: La Stampa, Rubrica: TuttoLibri, Il giornale in edicola. <www.lastampa.it/_settimanali/ttl/> (30.06.2004). Benedetti, Silvano, Rubriche linguistiche nei quotidiani e nei periodici dal 1950 al 1960, Tesi di laurea a.a. 1989/90, Univ. Cattolica Sacro Cuore, Brescia, 1992.
1532
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
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132. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch Linguistique populaire et chroniques de langage: français et occitan 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
1.
Begriffliche Grundlagen und Fragestellungen Laienlinguistik vor dem Buchdruck Sprachratgeber der Renaissance Anweisungsliteratur im Dienste der honnêteté Anweisungsliteratur im Dienste der panfranzösischen Normdurchsetzung Sprachdiskurse in den modernen Massenmedien Laienlinguistik und Restandardisierung des Okzitanischen Ergebnisse und Perspektiven Literatur
Begriffliche Grundlagen und Fragestellungen
Der Terminus ‘Laien-Linguistik’ geht auf Antos (1996) zurück, der synchron für den deutschsprachigen Raum einzelne Sektoren der von Laien bestimmten und an Laien gerichteten linguistischen Aktivitäten analysiert. Ein Schwerpunkt liegt hier auf Sprachratgebern und Kommunikationstrainings: «Der Begriff ‹Laien-Linguistik› deckt sich […] in weiten Teilen mit dem, was man ‘normative’ oder ‘präskriptive Linguistik’ nennen könnte. Sie umfaßt aber mehr: deskriptive, enzyklopädisch aus-
gerichtete und / oder unterhaltende Darstellungen zu sprachlich-kommunikativen Themen oder Problemen» (ib., 25).
Die Anlage des Handbuches sieht konform zu dem von Hoenigswald (1966) skizzierten Untersuchungsbereich der Folk-Linguistics eine Konzentration auf die von Laien ausgehenden, d. h. die nicht primär wissenschaftliche Sprachbetrachtung vor. Aus heuristischen Gründen ist diese Fokussierung auf Linguistik von Laien sinnvoll, wobei in Einzelfällen eine präzise Kategorisierung problematisch bleiben kann. Dies hängt nicht zuletzt mit einem gerade in laienlinguistischen Publikationen vielfach anzutreffenden Duktus «autoritative[r] Expertenmeinungen» (Niederhauser 1999, 38) zusammen, der die Herkunft aus Laienkreisen bzw. die mangelnde linguistische Fundierung getroffener Aussagen zu verschleiern hilft. Ohne gemeinsame programmatische Begrifflichkeit, dennoch in inhaltlicher Nähe zur skizzierten Bestimmung von Laienlinguistik stehen in der Forschung Beiträge zu Sprachkultur und öffentlichem Sprachbewusstsein (Shuy 1981; Lerat 1990; Sieber / Sitta 1992; Lebsanft 1997), die anhand der größtenteils von Laien gestalteten und sich in den
1534 Medien spiegelnden Diskurse öffentliche Sprachkritik und Sprachbewusstsein untersuchen. Für Laienlinguistik ist eine sprachen- bzw. sprachraumgebundene Kulturspezifik anzunehmen, die etwa auch aus der Handhabung des Begriffs der Sprachkultur (Lebsanft 1997) deutlich wird. Für vergleichbare Phänomene, jedoch in negativerer Konnotation, wird in der deutschsprachigen Fachdiskussion ebenfalls der Begriff Volkslinguistik verwendet (Brekle 1985; Brekle / Maas 1986). Eine synthetische Betrachtung der französischen und okzitanischen Laienlinguistik setzt an den bestehenden Textsortentraditionen der nicht wissenschaftlichen Sprachbetrachtung an. Für das Französische fallen die Grundformen des didaktischen Dialogs, der Sprachsatire sowie der Sprachchroniken ins Gewicht (Schwarze 1977, 7 s.; Chaurand 1999, 643 s.), während für das Okzitanische von diesen drei Gattungen v. a. die Sprachchronik belegt werden kann. Eine Gegenüberstellung dieser beiden Sprachen gemeinsamen Diskursform vermag kontrastiv die Rolle von Laien in metasprachlichen Diskursen sowie ihren jeweiligen Bezug zu bestehenden Institutionen und fachwissenschaftlichen Überlegungen zu verdeutlichen. Die vorliegenden Texte bzw. Textsorten stellen die Basis einer historisch zu rekonstruierenden Laienlinguistik dar, wenngleich sie nur die Spitze eines dokumentarisch nicht vollständig zu erschließenden Eisbergs laienlinguistischer Aktivität sind. Die vielfältigen oralen Diskursformen eines von Laien getragenen Sprechens über Sprache, das sich prototypisch im verbreiteten Phänomen der Volksetymologie spiegelt, dürfen als historische Konstante betrachtet werden.
2.
Laienlinguistik vor dem Buchdruck
Die Unterscheidung zwischen sprachlichen Experten und Laien ist für die weitgehend oral geprägte und daher dokumentarisch nur unzureichend erfasste Sprachkultur des Mittelalters problematisch. Ein möglicher Ansatzpunkt für eine Differenzierung besteht anhand des ‘Laien’-Begriffs in seiner ursprünglichen Bedeutung. Relevant für die Galloromania ist hier der Kontrast zwischen einer monastischen auf das Latein gestützten und einer von Laien geteilten volkssprachlichen Kultur (Caput 1972, 36; François 1959, vol. 1, 19). In diesem Sinne können solche Texte zu einer Laienlinguis-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
tik gezählt werden, die außerhalb der klerikal geprägten lateinischen bzw. latinisierenden Kultur (lingua clericorum) vor dem Hintergrund spezifischer kommunikativer Probleme der Volkssprache (lingua laicorum) entstanden sind. 2.1. Altokzitanische Poetologien Als früheste Werke, die sich in gewissem Maße als laienlinguistisch klassifizieren lassen, fallen altokzitanische Poetologien ins Gewicht. Relevant sind hier solche Aspekte der unter anderen Fragestellungen in der Grammatikographie (Schlieben-Lange 1991, 106 ss.) analysierten Texte, die sich als in Laienkreisen entstandene sprachliche Anweisungen begreifen lassen. Der chronologisch erste Text sind die von Ra(i)mon Vidal de Besalú um die Wende vom 12. zum 13. Jh. in Katalonien verfassten Razos de trobar (Stengel 1878), ein innerhalb eines literarisch interessierten Publikums entstandenes Lehrwerk des Okzitanischen der Trobadors. Dieses steht im Dienst der literarischen Produktion, wobei Ra(i)mon Vidal sein besonderes Augenmerk den spezifischen Adaptationsproblemen eines nicht okzitanophonen Publikums widmet, wie sich in ausführlichen Erklärungen der im Katalanischen nicht vorhandenen Kasusflexion zeigt (Laugesen 1963, 91; Swiggers 1989, 136). Der auf spezifische kommunikative Zwecke ausgerichtete Anweisungscharakter der Dichtungslehren und Grammatiken zeigt sich ebenfalls in der Korrektur häufiger orthographischer oder grammatischer Verstöße gegen die implizite literarische Norm wie in praktisch nutzbaren Reimverzeichnissen etwa im Anhang des von Uc Faidit Mitte des 13. Jh. in Italien verfassten Donatz Proensals (Stengel 1878, 40–66). Innerhalb des Genres überwiegen gar poetologische Traktate ohne explizite Grammatikbeschreibungen, die aufgrund des stärkeren grammatikographischen Forschungsinteresses erst in geringerem Maße ausgewertet sind (Schlieben-Lange 1991, 108). Das Vorhandensein dreier unterschiedlicher, sich jedoch gegenseitig rezipierender poetologischer Schulen in Katalonien (Ra(i)mon Vidal de Besalú, Razos de trobar, 1190–1213; Jofre de Foixà, Regles de trobar, 1286–91; Jo(h)an de Castelnou, Compendi de la conaxença dels vicis que poden esdevenir en los dictatz del Gay Saber, 1341), Norditalien (Uc Faidit, Donatz Proensals, ca. 1240; Terramagnino da Pisa, Doctrina d’Acort,
132. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch
1280–90) und Toulouse (Guilhem Moliner, Leys d’Amors, 1332–56) ist ein Reflex auf die kommunikativen Bedürfnisse des rechten literarischen Ausdrucks in der überregional prestigeträchtigen okzitanischen Dichtung. Während die durch Ra(i)mon Vidal und – stärker losgelöst von latinisierenden Sprachmodellen (Laugesen 1963) – Jofre de Foixà repräsentierte Texttradition der Razos bzw. Regles de trobar von einem starken auf konkrete Einzelfälle bezogenen Anweisungscharakter zeugt, stellen die im 14. Jh. entstandenen Leys d’Amors bereits ein eher doktrinäres Sprachtraktat dar. Der in dieser Form laienlinguistischer Anweisungsliteratur behandelte Funktionsbereich der Sprache bleibt jedoch auf die Troubadour-Lyrik, das Ziel der drecha maniera de trobar eingeschränkt, womit eine starke Eingrenzung auf die höfischen (Katalonien), städtischaristokratischen (Italien) oder bürgerlichen (Toulouse) Bildungseliten einhergeht. Die poetologische Anweisungsliteratur steht hier im Zusammenhang mit der Verflechtung von sprachlicher Normenbeherrschung und gesellschaftlicher Positionierung. 2.2. Französische Konversationsfibeln – manières de langage Die Entstehung erster laienlinguistischer Schriften für das Französische ist in England anzusiedeln. Eine Flut praktisch ausgerichteter sprachdidaktischer Veröffentlichungen entsteht ab dem 14. Jh. Ihre Autorenschaft ist in vielen Fällen ungeklärt, eine Entstehung innerhalb des Kreises von mit der Alltagskommunikation, jedoch nicht unbedingt literarischen Normen des Französischen vertrauten Sprachlaien darf angenommen werden. Angesichts der innerhalb der alphabetisierten Oberschichten in England im Spätmittelalter z. T. noch vorhandenen Diglossie ist eine Bestimmung des fremdsprachendidaktischen Anteils der manières de langage nicht abschließend möglich; mit Swiggers (1990, 844) und Streuber (1962–69) können sie in den erweiterten Kontext der Sprachdidaktik eingeordnet werden. Über den in England dem Französischen verbliebenen Funktionsbereich der Verwaltungssprache hinaus, liefern die manières de langage Konversationsschulungen für Frankreichreisende, Briefsammlungen (Epistolarien; Streuber 1969, 182) und didaktische Dialoge für Fremdsprachenlerner. Die Schwerpunkte der gelieferten sprachlichen Anweisungen liegen in alltäglichen
1535
Kommunikationssituationen wie Wirtshausbesuch, Gespräch unter Kaufleuten oder zwischenmenschlicher Kontaktaufnahme. Kennzeichen der manières ist trotz klar erkennbar anglonormannischer Färbung (Swiggers 1990, 844) die Berufung auf eine französische, zumeist explizit Pariser Norm: «– Vrayement sire, je fu nee en roialme de Ffrance (sic). – En que ville, biau sire? – En Paris, sire, si Dieu m’aït. – Vrayement, sire, je vous en croy bien, car vous parlez bien et graciousement doulz franceis» (Anon. 1396, zit. nach Kaltz 1997, 44 s.).
Die Texte bestehen zu einem großen Teil aus exemplarischen, mit wenigen metasprachlichen Kommentaren versehenen Dialogen. Sie liefern pragmatische Hinweise auf in der französischen Alltagskommunikation gängige Floskeln und sprachliche bzw. paralinguistische Verhaltensmuster (Kristol 1993). Der Mustersatz als auswendig zu lernende sprachliche Handlung steht im Vordergrund (Streuber 1962, 63). Darüber hinaus wird die didaktische durch eine unterhaltsame Funktion der manières de langage ergänzt, wie sich in Thematik und Verlauf einzelner, bis ins Frivole gehender Musterdialoge zeigt. Als sprachhistorischer Hintergrund ihrer Entstehung können das im Zuge der ersten universalité des Französischen wachsende Prestige (François 1959, vol. 1, 99–106), die schwindende aktive Beherrschung des Französischen in der englischen Oberschicht sowie das Bewusstsein der Entfernung des Anglonormannischen von der zentralfranzösischen Norm angenommen werden. Die praktische Orientierung stellt sie an den Beginn einer langen Tradition von Konversationsratgebern und Briefstellern, die mit dem Beginn des Buchdrucks zu einem quantitativen Aufschwung an französischen Sprachratgebern führt. Sprache wird in den manières de langage durchgängig als Instrument eines erfolgreichen sozialen Handelns begriffen. Für ausgewählte Teilbereiche der Alltagskommunikation liefern sie Verhaltenskodizes. Die Sprachratgeber sind im Kontext eines sich als modellhaft herausbildenden Normfranzösisch entstanden, dessen Beherrschung soziales Prestige und – für Handelsreisende bedeutsamer – kommerziellen Erfolg versprach (Streuber 1964, 64). Die wichtigen geographischen Irradiationszentren der manières de langage, die Handelsnationen England und die Niederlande, weisen auf diesen Zusammenhang.
1536
3.
Sprachratgeber der Renaissance
Die Voraussetzungen einer breiten Laienlinguistik liegen in interdependenten bildungs-, technik- und mediengeschichtlichen Parametern. Mit den ab Ende des 14. Jh. in Manufakturen praktizierten Möglichkeiten der Papiergewinnung und dem in Frankreich und England ab ca. 1470 einsetzenden Buchdruck bestehen Bedingungen für eine mediale Verbreitung des Französischen (Settekorn 1988b). Der quantitative Anstieg der volkssprachlichen Publikationen bietet zugleich die Bedingungen und ruft den Bedarf einer ersten Sprachnormierung hervor (Settekorn 1979). Die Herkunft erster wichtiger normativer Traktate aus dem Berufskreis der Drucker (Geoffroy Tory, Champ fleury, Paris, 1529) verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Medienwandel und einer von Laien getragenen Auseinandersetzung mit sprachlichen Problemen. Die Auseinandersetzung mit Sprache steht hier im Kontext professioneller Bedürfnisse eines neu entstehenden Berufsstandes. Darüber hinaus schafft der mit den 1539 erlassenen ordonnances von Villers-Cotterêts gesicherte juristische Status als Amtssprache eine Erweiterung der Funktionsbereiche des Französischen. Der in der Renaissance einsetzende wissenschaftliche Fortschritt schafft neue kommunikative Bedürfnisse und mit ihnen praktisch wirksame Konflikte zwischen neuem Welt- und tradiertem Sprachwissen. Neben die didaktischen Orthographieund Ausspracheregeln tritt eine umfangreiche und vielförmige Anweisungsliteratur (z. B. Augereau, Antoine / Marot, Clément, Item Briefve doctrine pour devement escripre selon la propriete du langaige françoys, Paris, 1533; Beleg bei Stengel 1890, 171). Über die erreichte Verbreitung können keine gesicherten Aussagen gemacht werden, die hohe Zahl veröffentlichter Poetologien (u. a. Thomas Sébillet / Sibilet, Art poétique, 1548; Ronsard, Abrégé de l’art poétique, 1565; Tabourot des Accords (Reimlexikon), 1572; Jacques de la Taille, Manière de faire des vers en français, 1573) deuten indes auf ein breites, die engen Zirkel etablierter Dichtkunst überschreitendes literarisches Laienpublikum. Die Grenzen zwischen Sprachmanifest, Poetologie und praktischer Schreibanweisung sind durchlässig. Die Eroberung neuer Funktionsbereiche für die Volkssprache schafft seitens der Sprachbenutzer ein Bedürfnis nach sprach-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
licher Orientierung und Abgrenzung. In diesem Kontext entstehen etliche Traktate, darunter auch laienlinguistisch relevante Pamphlete oder satirische Dialoge. Die öffentliche Auseinandersetzung um Sprachrichtigkeit, in der auch von Laien bewusst oder unbewusst etwa sprachhistorisches Wissen der damaligen Zeit ignoriert bzw. verzerrt wird, verdeutlicht die enge Verbindung zwischen ideologischen bzw. religiösen Vorgaben und laienlinguistisch verteidigten Normenvorstellungen. Die ideologischen Debatten des 16. Jh. etwa zwischen der katholischen und der protestantischen Partei finden somit auch in als laienlinguistisch zu charakterisierenden satirischen Texten wie fiktiven Dialogen (u. a. gegen Italianismen, somit der Sprache einer antiprotestantischen Maria de Medicis, Henri Estienne, Dialogues du nouveau langage françoys italianizé […], 1578) ihren Widerhall. Die Polemik ist konstitutiver Teil der Sprachkultur des 16. Jh., satirische Überzeichnungen etwa der écumeurs du latin trifft man durchgängig und bereits bei Tory (1529) an; sie finden in der Literatur – so in Rabelais’ Karikatur des écolier limousin – oder auf der Theaterbühne (François 1959, vol. 1, 163 s.) ihre Fortsetzung. Da im Kontext des Verlustes der offiziellen Funktionen des Okzitanischen von einem «Ende der kodifikatorischen Traditionen und des gesamtsprachlichen Bewußtseins» (Kremnitz 1991b, 70) ausgegangen werden muss, können laienlinguistische Textsorten für das Okzitanische nicht mehr belegt werden. Die von Literaten, Druckern oder Theologen ausgehende metasprachliche Publizistik spiegelt eindeutig die Statusdifferenz zwischen beiden Sprachen.
4.
Anweisungsliteratur im Dienste der honnêteté
Mit der Wende zum 17. Jh. kann für das Französische der Beginn einer in den politisch maßgeblichen Eliten etablierten sprachlichen Norm angesetzt werden. Damit etablieren sich zugleich sozial akzeptierte Muster erfolgreicher sprachlicher Kommunikation, deren Beachtung innerhalb der gebildeten Kreise zu einem Ausweis persönlichen Prestiges wird. Dies führt zu einem generellen Aufschwung einer von Laien getragenen öffentlichen Auseinandersetzung um Sprache.
132. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch «[Il] est évident que toute l’époque est possédée d’une véritable fureur rhétoricienne, laquelle se répand dans une foule d’écrits plus ou moins volumineux (le format de poche est à la mode), où la polémique, la satire, l’esprit de conversation se donnent carrière» (François 1959, vol. 1, 246).
Parallel dazu verbreiten sich innerhalb der führenden Schichten neue Diskurs- und Kommunikationsformen, die zum einen mit der wachsenden Bedeutung des Hofes als kulturellen Zentrums, zum anderen mit der unter Louis XIII beginnenden Öffnung des königlichen Postwesens für private Korrespondenz zusammenhängen: die höfische Konversation und der Briefwechsel. Schriftliche und mündliche Kommunikation des 17. Jh. gehorchen dem Stilideal der honnêteté, das mit Caput (1972, 209) als Auflösung des Gegensatzes zwischen bürgerlich Gebildeten und scholastisch Geschulten «au profit du premier, devenu un type nettement défini, celui de ‘l’honnête homme’» verstanden werden kann. Normenkonformes sprachliches Verhalten wird elementarer Teil der in zumeist höfisch-elitären Zirkeln geltenden Verhaltensregeln (Berrendonner 1982), Rhetorik und savoir vivre gehen direkt ineinander über (François 1959, vol. 1, 246); die im 16. Jh. an dogmatischen klassisch-antiken Vorbildern ausgerichteten Rhetorik macht einer eigenständigen, vielfältige Kommunikationsbereiche vom Brief über das gelehrte Gespräch bis zur literarischen Produktion erfassenden rhétorique mondaine (ib., 247) Platz (Trudeau 1992). Die wachsende Bedeutung der Briefkorrespondenz ist Hintergrund für eine Vielzahl von ab Beginn des 17. Jh. erscheinenden Briefstellern (in exemplarischer Auflistung bei François 1959, vol. 1, 385 s.). In Mustervorlagen werden Probleme der Anrede, der stilgerechten Modellierung von Subjektivität sowie akzeptierter Floskeln aufgeführt. So liefert Puget de la Serres mit einem später als Secrétaire de la Cour publizierten Secrétaire à la mode (11641) Briefmodelle für unterschiedliche private Anlässe, vom Kompliment über die Liebeserklärung bis zum Trauerfall. Die schriftliche Korrespondenz wird zur bewunderten Kunstform, wie aus zahlreichen veröffentlichten Briefsammlungen oder auch dem populären literarischen Genre des Briefromans deutlich wird. In laienlinguistischer Anweisungsliteratur findet darüber hinaus die orale Kommunikation in Form der meist höfischen Kon-
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versation ihren Platz. Hier tritt verstärkt die enge Bindung zwischen sprachlichem und paralinguistischem Handeln hervor, wie etwa aus synthetischen Abhandlungen von Gestik (des Grüßens, der Ehrerbietung etc.) und korrespondierenden situationsadäquaten Sprechakten hervorgeht. Analog zu Musterbriefen der Briefsteller bestehen die Anweisungstraktate aus exemplarischen Musterdialogen (etwa René Bary, L’esprit de Cour ou les conversations galantes divisées en cent dialogues, 1662). Sprachliche Anweisungen beziehen sich zumeist auf Verhaltenskonventionen der höfischen Etikette. Handeln und Sprechen werden als Einheit betrachtet: «Disons donc que la veritable Civilité est la Modestie & l’Honnéteté [sic] que chacun doit garder dans les Paroles & dans les Actions; Ou bien que c’est une Science, qui enseigne à placer dans son veritable lieu, ce que nous devons faire ou dire» (Fenne [1690] 1973, 111).
Die Konversation, «dans [laquelle] […] le Caractère d’Un honnête homme se fait voir dans son veritable jour» (ib., 125), ist von elementarer Bedeutung für die soziale Positionierung innerhalb der höfischen Gesellschaft. Es entstehen sehr klare pragmatische Richtlinien für korrektes sprachliches Verhalten in unterschiedlichen sozialen Hierarchien: «Tout le Commerce des Hommes est ou d’Egal à Egal, ou de Supérieur à Inférieur, ou d’Inférieur à Supérieur» (ib., 118).
Die Themenbereiche der Gesprächsführer umfassen höfische Standardsituationen wie Begrüßungsrituale, das gelehrte Gespräch, die Begegnung mit höhergestellten hommes de qualité, das Spiel oder das Tischgespräch. Besonderer Wert wird in den Gesprächsbüchern auf die Wahrung einer situativen Sprach- und Handlungsnorm gelegt: «[…] l’on doit s’abstenir de tout ce qui peut choquer quelcun, comme en parlant à une Dame, qui fait la jeune, lui dire: Il y a longtems, Madame, que j’ai l’honneur de vous connoitre» (ib., 130).
Das Publikum für die höfische Gesprächsschulung dürfte aufgrund der Strahlkraft des französischen Königshofs über die Grenzen des Königreichs hinaus sowohl in Frankreich wie an frankophonen Höfen in Europa auszumachen sein. Grammatikschulung und Konversationsanweisung können hier als gleichberechtigte Teile der französischen Sprachdidaktik angesehen werden.
1538 Das höfische Gespräch des 17. Jh. schließlich ist ebenfalls maßgebliche normenprägende Instanz des auf Vaugelas zurückgehenden Konzepts des bon usage (Weinrich 1960; Ayres-Bennett 1991; 1997). Mit Swiggers (1990, 849) kann der durch Vaugelas initiierte Texttyp, der seine prominentesten Vertreter in Dominique Bouhours’ Remarques nouvelles sur la langue françoise (1674; 21692) und Gil Ménages Observations sur la langue françoise (1674/75) fand, als «manuel de ‘façons de parler élégantes’» charakterisiert werden. Mit guten Argumenten können die Urheber dieser populären Schriften als Sprachlaien charakterisiert werden, da sich ihre Sprachbeschreibung und -bewertung von praktischen Bedürfnissen sozialer Distanzierung leiten lassen und philologische Kriterien keine Rolle spielen. Der kasuistische Streit um einzelne lexikalische Einheiten oder Phraseologismen etwa zwischen Vaugelas und La Mothe Le Vayer (Thielemann 1998) oder Ménage und Bouhours besaß einen nicht zu unterschätzenden öffentlichen Unterhaltungswert. Die Schärfe der Debatte um Detailfragen eines bon usage wird – gewiss nicht ohne Ironie – im Titel Observations nouvelles ou Guerre civile des François sur la langue (1688) des von Louis Alemand verfassten Kompendiums einzelner, v. a. zwischen Bouhours und Ménage bestehender Konfliktpunkte deutlich. Sprachlaien sind in der «collaboration des grammairiens et des gens du monde» (Caput 1972, 223) in doppelter Weise als Gewährsleute des Sprachgebrauchs wie als zu unterhaltendes oder zu belehrendes Zielpublikum eingebunden. Die Sprachchroniken stehen in einem größeren Zusammenhang breitenwirksamer sprachkritischer Publizistik des 17. und 18. Jh., deren Spektrum von didaktischen Dialogen über Sprache und Sprachgebrauch (u. a. Bouhours’ Entretiens d’Ariste et d’Eugène, 1671) bis zur mimetischen Karikatur von Sprachstilen etwa in Molières Précieuses ridicules reicht und auch im Preziösentum ihren Ausdruck gefunden hat.
5.
Anweisungsliteratur im Dienste der panfranzösischen Normdurchsetzung
Mit der im 18. Jh. weitgehend abgeschlossenen Fixierung der Sprache nach dem Modell des 17. Jh. steht innerhalb der laienlinguistischen Anweisungsliteratur nicht mehr die
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Auseinandersetzung um die richtige Norm im Vordergrund. Im Zuge des faktischen Triumphes der höfischen Pariser Varietät nimmt die Laienlinguistik eine klare Vermittlungsfunktion feststehender sprachlicher Regeln ein. Die kasuistische Auseinandersetzung tritt im 18. Jh. hinter klare Anweisungen zum korrekten sprachlichen Handeln zurück. Anweisungsliteratur setzt an frequenten Normverstößen an, korrigiert sie im Sinne des Antagonismus dites / ne dites pas. Die metasprachlichen Anmerkungen in der Tradition Vaugelas’ finden im Kontext einer Ausweitung der maßgeblichen, an einem Standardfranzösisch orientierten Bildungsschicht im 18. Jh. ihre Fortsetzung. Sie ist nicht zuletzt im Zusammenhang mit einem in den alphabetisierten Eliten ansetzenden Zurückdrängen regionalsprachlicher Interferenzen zu betrachten. Ihr Bedarf entsteht aus einer fortgesetzten politischen und kulturellen Zentralisierung Frankreichs wie aus Zuzug und Integrationswunsch von nicht durch die zentralfranzösische Varietät geprägten Bürgern in die hauptstädtische Gesellschaft. Die gesellschaftliche Position hängt direkt von der Beherrschung des Französischen ab: «Eine Partizipation am politischen Geschehen war ohne die genaue Kenntnis der Hochsprache nicht denkbar, wer die Nationalsprache nicht beherrschte, war sozial abqualifiziert» (Schmitt 1990, 358).
Das Zielpublikum etwa der berühmten Gasconismes corrigés (Baylou 1974) von Desgrouais (1801 [11766]) ist, wie aus den Milieuschilderungen des Professeur au Collège Royal in Toulouse hervorgeht, das alphabetisierte, in Grundzügen bereits französisierte Bürgertum (Certeau / Julia / Revel 1975, 186–194) des Midi. Methodisch werden Beobachtungen zum ‘falschen’ französischen Sprachgebrauch den korrigierten, normenkonformen Berichtigungen gegenübergestellt. Die in alphabetischer Ordnung aufgeführten Anmerkungen beziehen sich auf vielfältige syntaktische (Desgrouais 1801, 264: «NÉGATIONS de trop»), morphologische (ib., 82: «CHICANIER , pour CHICANEUR »), phonetische (ib., 197: «G, pour CH ») und semantische (ib., 352: «RAISIN, pour GRAPPE ») Normverstöße. Aus den im Vorwort geschilderten Entstehungsbedingungen der Gasconismes corrigés ergibt sich eine enge, sich in Briefkorrespon-
132. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch
denz manifestierende Kooperation zwischen Tolosaner Gewährsleuten, dem in Frankreich verteilten Lesepublikum und Desgrouais. Das Projekt des dégasconiser la Gascogne wird somit von im okzitanischen Sprachgebiet lebenden Sprachlaien maßgeblich mitgetragen: «Ce sont les Gascons qui se censurent et se corrigent eux-mêmes dans cet ouvrage» (ib., XVI ). Zwischen Laien, der Lehrerschaft und den Normierungsinstanzen der Akademie besteht ein impliziter Konsens über die Sprachnormen, der seitens der Laien getragen wird vom individuellen Bestreben, innerhalb der sich konstituierenden bürgerlichen Gesellschaft eine sprachlich angepasste Identität einzunehmen. Desgrouais steht am Beginn einer v. a. in der ersten Hälfte des 19. Jh. populären Serie sprachkorrektiver Anweisungen (SchliebenLange 1991, 120 s.) zur Vermeidung von Okzitanismen im kultivierten Französisch des Midi. Ähnliche Anweisungsliteratur besteht für alloglottes Publikum außerhalb Frankreichs, etwa in Mauvillons Remarques sur les germanismes, les anglicismes etc. avec un traité de la versification, et de la poésie françoise à l’usage des étrangers von 1749 (Schmitt 1990, 358), verschiedenen Handbüchern zur Vermeidung von Belgizismen (u. a. Poyart, Flandricismes et Wallonismes, Bruxelles, 1811) oder den seit Beginn des 18. Jh. frequenten correcteurs de fautes vulgaires (François 1959, vol. 2, 172). Das 18. Jh. stellt den Beginn einer breiten, durch eine Vielzahl von Schriften getragenen Popularisierung des normativen Sprachdiskurses dar. Der Einfluss von sich zu sprachlichen Fragen äußernden Literaten wie Voltaire auf ihr Lesepublikum, das in den Bildungsschichten geführte Gespräch sowie die Anfänge einer politisch-kulturellen Presse trugen zu dessen Erfolg bei.
6.
Sprachdiskurse in den modernen Massenmedien
6.1. Sprachchroniken der Tagespresse Das Zeitalter der französischen Revolution ist Ausgangspunkt einer breitenwirksamen Publizistik. Trotz erster Vorläufer einer modernen Presse im Ancien Régime – ab 1672 erscheint zweimal wöchentlich die Gazette de France – sind die gesellschaftlich-politischen Debatten ab 1789 der Startschuss einer Gründungswelle unterschiedlicher, ein sehr weites Themen- und Meinungsspek-
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trum abdeckender Presseorgane (Larousse 1870, vol. 9, 1044d). Die periodische Presse wird zum Leitmedium des gebildeten und alphabetisierten Bürgertums, das politische, philosophische und religiöse Debatten zu einem bedeutenden Teil über sie austrägt. Für den ein Laienpublikum einschließenden metasprachlichen Diskurs gestattet der Medienwandel zu periodisch erscheinenden Publikationsformen eine Ausweitung des Zielpublikums sowie eine verstärkte Anbindung an die Aktualität. Trotz der politischen Diskontinuitäten stellt die französische Revolution keinen ideologischen Bruch des von Laien über die Medien propagierten Sprachdenkens dar. Analog zur gegen Regionalsprachen und patois gerichteten Sprachpolitik der Revolution (Certeau / Julia / Revel 1975; Schmitt 1990) herrscht in den neugegründeten Periodika ein starkes Sprachnormenbewusstsein vor, das selbstgewählter Maßstab sowohl des eigenen Stilempfindens wie der in den Zeitungen stattfindenden Sprachkritik ist. Die erste Ausgabe des Journal de Vaucluse (an VIII , 1801) bescheidet programmatisch: «Il entre dans nos vues de concourir autant qu’il sera en nous à l’épuration de la langue française […]; nous marquerons du sceau de la réprobation les expressions nouvelles qui n’auront pas reçu la sanction des gens de lettres, et surtout les gasconismes, les provincialismes» (zit. nach HLF 21968, vol. 10/2, 728).
Der von Brunot (HLF ) und François diagnostizierte culte de la grammaire spiegelt sich in den Sprachbeobachtungen der frühen französischen Presse. Brunot (ib., vol. 10/2, 726–734) nennt als bedeutende, sich durch intensiven, puristisch gefärbten Sprachdiskurs auszeichnende Zeitungen u. a. La Décade philosophique, L’année littéraire und den Mercure de France. Die Kasuistik der Remarques-Tradition findet in der seit Ende des 18. Jh. verbreiteten journalistischen Textsorte der Sprachchronik ihre Fortsetzung; Verstöße gegen die grammatische Norm treffen auf den mitunter polemischen Widerstand der Chronisten, wobei die Grenzen zwischen Literatur, Literaturkritik, Sprachkritik und Journalismus fließend sind. Die durch eine äußerst empfindsame Presseaufsicht der Jakobiner (Schmitt 1992) sowie des ersten Kaiserreichs erzwungene weitgehende Entpolitisierung der Zeitungen (Le Poittevin 1901, 231) dürfte die Ausei-
1540 nandersetzung um sprachliche Fragestellungen als recht unverfängliches Thema der Berichterstattung noch beflügelt haben. Die Aufgabe der journalistischen Sprachchroniken – alternativ als chronique de langage (Schwarze 1977) oder chronique grammaticale (Caput 1975, 246) bezeichnet – besteht zum einen in der Ratgeberfunktion (François 1959, vol. 2, 172), zum anderen in der Unterhaltung des Lesepublikums. Der Erfolg dieser Textsorte ist seinerseits ein Reflex der Popularität des in ihr vulgarisierten Normenverständnisses. Eine qualitative Veränderung erfährt der journalistisch ausgetragene Sprachdiskurs mit dem durch den Kulturpessimismus des fin de siècle begünstigten Aufkommen des Krisen-Topos im letzten Quartal des 19. Jh. (Gueunier 1987). Die kasuistische Auseinandersetzung mit einzelnen Normverstößen – vornehmlich der Literatursprache – wird in den größeren Zusammenhang einer krisenhaften Entstellung, eines postulierten Niedergangs (Schérer 1876; 1887; Deschanel 51900) des Französischen gerückt. Mit dem durch Alphabetisierung, Urbanisierung und Industrialisierung vollziehenden Eintritt der Massen in die öffentliche Sphäre weitet sich der Blick der puristischen Sprachchronisten auf die Presse- oder die Werbesprache (Langenbacher-Liebgott 1983, 4), folglich auf mit klassischen, im Grundsatz literarischen Sprachidealen nur schwer zu vereinbarende Funktionsbereiche. Grundlage des Krisenempfindens ist das Festhalten an einer Hochsprache «als absolut geschlossenes und panchronisch gültiges System» (Görtz 1990, 47). Die publizierten Sprachchroniken wirken als Transmissionsriemen eines maßgeblich von der Académie Française getragenen Sprachpurismus, so die von Hermant unter dem Autorenpseudonym Lancelot in Le Temps veröffentlichten Beiträge (Chaurand 1999, 644). Seine nach dem ersten Weltkrieg erscheinenden Beiträge sind bestimmt von der Klage eines Sprach- und Kulturzerfalls, die einhergeht mit zynischer Belustigung über ‘falschen’ im Alltag anzutreffenden Sprachgebrauch: «Il fut un temps, un temps jadis, où les vendeurs d’orviétan eux-mêmes se piquaient de correction et d’une certaine élégance. ‹Si vous voulez que je vous entende, parlez chrétien›, disait la servante de Molière. Ce serait, de nos jours le plus sûr moyen de n’être pas entendu: il faut parler ‹milieu›» (16.1.1935; Hermant 1938, 17).
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
Die einseitig normativen Ausrichtungen der Chroniques de Lancelot lassen sie als eine Anti-Linguistik verstehen. Linguisten sind bevorzugtes Ziel der polemischen Attacken: «Je crains même que les philologues dont je parlais plus haut, qui ont volontiers l’esprit de contradiction ou de perversité, ne s’empressent à justifier cette bêtise. Ils peuvent continuer ainsi tant qu’ils ne seront pas fatigués: je ne les écoute pas» (23.1.1935; ib., 24).
Das Laienpublikum wird in doppelter Weise in den Diskurs der Sprachchroniken einbezogen. Die Leserschaft des Temps ist sowohl Fundus als auch herausfordernder Widerpart Lancelots. Weniger radikal in ihren Positionen, dennoch ebenfalls angesichts eines weitverbreiteten Krisenempfindens um einen guten Sprachgebrauch bemüht sind die nach dem zweiten Weltkrieg von Albert Dauzat, Robert Le Bidois und Jacques Cellard in Le Monde publizierten Chroniken. Mit Cellard (1983, 651 s.) können die Sprachchroniken in die vier unterschiedlichen Grundtypen aufgeteilt werden: (a) unterhaltsame, meist etymologisch wortgeschichtliche Anekdote, (b) programmatische Défense du français, (c) Anweisungsartikel im Sinne eines dites … ne dites pas und (d) linguistische Beobachtungen zur Sprachentwicklung. Grosso modo kommen in unterschiedlichen Gewichtungen der Textsorte chronique de langage die fünf von Schwarze (1977, 21 ss.) zugeschriebenen Funktionen zu: (1) Sensibilisierung der Sprecher für die normative Seite des Sprachlebens (2) Aufrechterhaltung und Durchsetzung eines weitgehend sprachlich definierten Bildungsideals (3) Bewahrung der kulturellen Identität (4) Anpassung der Sprache an die kognitiven und kommunikativen Bedürfnisse (5) Vervollkommnung der kommunikativen Interaktion der Sprecher.
Die 1972 durch Cellard initiierte Umbenennung der Sprachchronik in Le Monde von Défense de la langue française zu La vie du langage kann als Abschwächung puristischer Tendenzen gewertet werden, wobei grundsätzlich der Grad der Normativität und des Sprachpurismus mit der politischen Ausrichtung der Zeitungen konvergiert. Die unregelmäßigen, unter Regards sur la langue française in L’Humanité erschienenen, dem Purismus und den Verfechtern einer ne-varietur-Norm äußerst kritisch begegnenden
132. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch
Kolumnen Marcel Cohens stellen einen Sonderfall dar. Bezugspunkte der französischen Sprachchroniken sind alltägliche Beobachtungen zum Sprachgebrauch sowie in der Sprachpraxis frequente Zweifelsfälle. Kriterium der als «savoir pratique et plaisant» (Cellard 1983, 653) charakterisierten metasprachlichen Bemerkungen ist ihre Praxisrelevanz. Die Auswertung der systematischen Bibliographie der zwischen 1950 und 1970 in Frankreich publizierten Sprachchroniken (Quemada 1970/72) ergibt eine Reihe rekurrenter Themenschwerpunkte, so partir à vs. partir pour, on vs. nous oder se rappeler quelque chose vs. se rappeler de quelque chose. Allein jeweils zehn Artikel beziehen sich auf die Anglizismen parking und weekend (Cellard 1983, 662), 27 Chroniken zwischen 1950 und 1965 thematisieren den Neologismus débuter (Quemada 1970, 295). Fragen der grammatischen Norm hingegen treten in der Tagespresse mit dem Erscheinen des allgemein als Referenzgrammatik anerkannten Le bon usage von Maurice Grevisse in den Hintergrund (Chaurand 1999, 645). Die Autoren der Sprachchroniken sind zum einen an metasprachlichen Fragen interessierte, z. T. der Académie Française zugehörige Literaten – so Claude Duneton (Le Figaro) oder Bertrand Poirot Delpech (Le Monde) –, zum anderen geschulte Linguisten, die in Cohen (L’Humanité) oder Cellard (Le Monde) ihre Hauptvertreter finden, zum dritten Grammatiker oder Lexikographen, welche v. a. in der belgischen Tradition mit Grevisse (La libre Belgique) oder André Goosse (Le Soir) repräsentiert sind. Unabhängig vom Grad linguistischer Fachkenntnisse der jeweiligen Verfasser stellen die Chroniken einen Reflex der kommunikativen Probleme des linguistisch nicht geschulten Laienpublikums dar. Die Sprachchroniken der Tagespresse selbst sind vielfältige Grundlage anschließender mit Indizes versehener Buchveröffentlichungen (Schwarze 1977, Anm. 16), so Hermant (1935), Rat (1966), Le Bidois (1970), Cellard (1975), Cohen (1950–72), Grevisse (1961–68), Goosse (1971), Bourgeade (1991) oder Detambel (21998). Die Tragweite v. a. der in den nationalen meinungsbildenden Zeitungen Le Figaro und Le Monde veröffentlichten Chroniken für das öffentliche Sprachbewusstsein muss als hoch eingeschätzt werden. Ca. ein Viertel der Zeitungskäufer verfolgen die durch ein
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sehr großes Leserbriefecho ausgezeichneten (Cellard 1983, 653; Bourgeade 1991, 9) chroniques de langage. Der Sprachchronist erfüllt zumindest in den einflussreichen Pariser Tageszeitungen die Aufgabe eines «directeur des consciences linguistiques» (Cellard 1983, 664). Die enge zwischen Autor und Publikum bestehende gegenseitige Rückkopplung trägt zu der laienlinguistischen Wirksamkeit einer durch die Académie Française geprägten Diskurs- und Normentradition maßgeblich bei. 6.2. Sprachdiskurse in elektronischen Medien Mit dem Aufkommen elektronischer Massenmedien im 20. Jh. entstehen neue Formen der medialen Information und Unterhaltung. Hörfunk und Fernsehen sowie seit etwa 1990 multimediale Internet-Anwendungen prägen eigene medienspezifische Formen auch des metasprachlichen Diskurses. Die vornehmlich orale Informationsvermittlung ermöglicht sich von den Printmedien grundsätzlich unterscheidende Präsentationsformen. Stärker als in Zeitungen steht in den elektronischen Medien auch hinsichtlich laienlinguistischer Aktivität die Unterhaltungsfunktion im Vordergrund. In den französischen audiovisuellen Medien haben sich unterschiedliche Formen eines laienlinguistischen Diskurses ausgebildet. Neben sporadischen Beiträgen in Nachrichten- oder Diskussionssendungen bestehen v. a. in den nationalen öffentlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen regelmäßige, sich ausschließlich mit sprachlichen Fragestellungen beschäftigende Sendungen. Die jeweiligen Sendeformate fügen sich in das Programmprofil der einzelnen Radiobzw. Fernsehstationen ein und spiegeln ihrerseits die vielfältigen – etwa durch offiziöse Mitteilungsblätter wie télélangage (Schmitt 1995) etablierten – redaktionsinternen metasprachlichen Richtlinien. Im Hörfunkbereich können unterschiedliche Grundtypen laienlinguistischer Programme, die insges. in der französischen bzw. frankophonen Radiolandschaft einen wichtigen Stellenwert besitzen, ausgemacht werden. Der erste Typ besteht aus für das Medium Rundfunk aufbereiteten journalistischen Beiträgen rund um Sprache und sprachliche Vielfalt. Zu nennen wären hier etwa die von Guy Bertrand verantworteten Capsules linguistiques auf Radio Canada oder die regelmäßig auf France Inter ausge-
1542 strahlten Sprachchroniken von Alain Rey. Der zweite Typ wird etwa durch die im Auslandsrundfunk ausgestrahlte Sendung La Danse des mots repräsentiert, in der in sehr unterhaltsamer Weise vornehmlich Etymologien, Wortgeschichten und Hinweise zum korrekten Wortgebrauch einem breiten Publikum erläutert werden. Diese Sendeform, die kondensiert auch in Nachrichten- oder Magazinformate, häufig in internationaler Kooperation innerhalb der Frankophonie, integriert wird, ist eine dem Medium Hörfunk angepasste Form der Sprachchronik. Bedeutendes ‘laienlinguistisches’ Fernsehprogramm ist unter der Ägide des Fernsehpräsentators Bernard Pivot veranstaltete Rechtschreibewettbewerb Les dicos d’or (bis 1993: Championnats de l’orthographe), der in Verbund von Fernsehen, Schulwesen und staatlichen Behörden jährlich bis zu 300.000 angemeldete Teilnehmer innerhalb und außerhalb Frankreichs vereint. In unterhaltsamer Form eines öffentlichen Fernsehquiz’ werden normatives Bewusstsein sowie konkrete Rechtschreibfähigkeiten gefördert, «afin que toute personne […] retrouve par le goût du jeu, de la compétition intellectuelle, une orthographe exacte» (Sommant 1996, XV ). Formen des Ratespiels integriert ebenfalls die Sprachensendung Funambule des international verbreiteten Programms TV 5. Über das eher fremdsprachendidaktisch ausgerichtete Zuschauerquiz hinaus bietet es eine Mischung aus etymologischen Anekdoten, Erklärungen zu gebräuchlichen Phraseologismen des Französischen und Anweisungen zum korrekten Sprachgebrauch. Die Rückkopplung zum sprachinteressierten Publikum vollzieht sich im Medienverbund aus Sendung, Videodokumentation, Begleitheften und Internet (cf. Funambule 1999 ss.). Das Internet ist für metasprachliche Diskurse angesichts seiner rasant steigenden Verbreitung auch in der frankophonen Welt von wachsender Bedeutung. Aufgrund der Vielfältigkeit des beständig sich erweiternden Angebots sind abschließende Aussagen nicht möglich. Metasprachliche Diskurse reichen hier von wissenschaftlichen Abhandlungen, über meist von offiziellen bzw. offiziösen Sprachpflegevereinen (Bengtsson 1968; Christmann 1986; Trabant 1995; Braselmann 1999) gestaltete Angebote zur Défense de la langue française, Diskussionsforen zu normativen Fragen bis hin zu Fachglossaren oder unterhaltsamen Dar-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
stellungen sprachlicher Varietäten und Kuriositäten (Gabriel et al. 1999, 94 s.). Hinzu gesellen sich zumeist politisch inspirierte – feministisch, anti-rassistisch oder auch gegen ‘politische Korrektheit’ (Merle 1993) ausgerichtete – sprachkritische Internetseiten (Braselmann 1999, 160). Trotz der Vielfalt des potentiell einem Millionenpublikum zugänglichen Angebots ist im Vergleich zu den audiovisuellen Massenmedien von einer quantitativ wesentlich geringeren Nutzung auszugehen. Neue – auch laienlinguistische Diskursformen – entwickeln sich in einzelnen thematischen Newsgroups, für das Französische etwa fr.lettres.langue.francaise (f.l.l.f.). Die ausdrückliche Offenheit der Foren wird zu einem wesentlichen Punkt in der Außenpräsentation: «Qu’on soit diplômé à bac +12 ou à bac -7, tout le monde a le droit de s’exprimer; f.l.l.f. n’est pas un groupe scientifique sur la linguistique, mais un forum ouvert à tous. On peut parfaitement s’exprimer sur les problèmes de langue française telle qu’on la pratique dans la vie courante, qu’on la sent, qu’on la vit, sans forcément disposer d’une bibliothèque fournie en ouvrages savants» (Bentz 2002).
In kooperativen und konfrontativen Diskussionen werden hier sowohl sprachnormative Probleme als auch vulgarisiertes linguistisches Wissen innerhalb eines heterogenen Publikums von Sprachliebhabern ausgetauscht (Osthus 2003; Osthus / Polzin-Haumann 2002). Erstmals können diskursive Prozesse einer von Laien geprägten Linguistik in einer Auswertung nachgezeichnet werden.
7.
Laienlinguistik und Restandardisierung des Okzitanischen
Die mit der Durchsetzung des Französischen als Nationalsprache seit dem ausgehenden Mittelalter einhergehende Destabilisierung und Destandardisierung des Okzitanischen erklärt den Verlust breiter Funktionsbereiche v. a. in der öffentlichen schriftlichen Kommunikation. Die fehlende Rolle des Okzitanischen als Vehikel für sozialen Aufstieg und Ausweis gesellschaftlichen Prestiges erklärt zu einem großen Teil das Ausbleiben einer mit dem Französischen vergleichbaren Anweisungsliteratur in der Remarques-Tradition. Im Gegenteil nehmen die relevanten Eliten Südfrankreichs selbst aktiv am Projekt des «Dégasconiser la Gascogne» (cf. Kap. 6) teil.
132. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Französisch und Okzitanisch
Im Zuge der im 19. Jh. einsetzenden Bestrebungen einer Restandardisierung (Bec 1991, 49) ist eine Einbindung von Laien gegeben, die allein mit dem Fehlen eines rechtlichen Status des Okzitanischen sowie der Abwesenheit offizieller Institutionen begründet werden kann. Eine besondere Rolle in den Initiativen zur Schaffung eines schriftsprachlichen Standards kommt seit 1854 dem ursprünglich als Dichterorden gegründeten Felibrige zu, der bis heute okzitanische bzw. laut Terminologie der Felibres provenzalische Sprachpflege weitgehend auf den Funktionsbereich der Literatur (Schmidt 1990, 14) beschränkt (cf. Felibrige 1997–2000). Die in den Anfangszeiten des Felibrige gegebene logenartige Organisationsform, die in der ersten Hälfte des 20. Jh. politische Parteinahme für z. T. antidemokratische Positionen sowie die einseitig an der lokalen Varietät Avignons orientierte Sprachnorm der graphie mistralienne stellen weitere Hindernisse für eine laienlinguistische Breitenwirkung dar. Eine im Vergleich stärkere Wirkung entfalten seit 1900 die der Bewegung des occitanisme zuzurechnenden Vereinigungen und Publikationen wie die seit 1923 erscheinende Zeitschrift Oc, die 1930 gegründete Societat d’Estudis Occitans (SEO) und das 1945 ins Leben gerufene Institut d’Estudis Occitans (IEO), die sich das Ziel einer sekundären Vermittlung okzitanischer Sprachkenntnisse setzen (Kremnitz 1991a, 42). Das Engagement von Sprachliebhabern – z. B. im Kielwasser des akademischen IEO – trägt entscheidend bei zur Erstellung von meist in sehr kleinen Auflagen erscheinenden okzitanischen Glossaren (Combes 1995) und Broschüren, ebenso wie zu Sprachaktivitäten in Form von Comics (Tabuce 1987) oder bilingualen (französisch / okzitanisch) Ausgaben von Werken der Weltliteratur. Trotz einer gewissen Wiederbelebung eines okzitanischen Bewusstseins (Lafont 1973; 1976) bleiben die zu einem bedeutenden Teil von Laien getragenen okzitanischen Sprachaktivitäten auf gesellschaftliche Nischen beschränkt. Ein heterogenes Vereinswesen (Eucher 1990, 94) verbindet vielfach Sprachpflege mit kultureller Traditionspflege sowie politischen Aktivitäten (Nowakowski 1988). Die prekäre Lage des Okzitanischen, der Ausschluss von wichtigen Kommunikationsbereichen (Kremnitz 1991a, 46), erfordert mitunter den Gebrauch
1543
des Französischen selbst innerhalb okzitanistischer Zirkel. Innerhalb der okzitanischen Publizistik besteht in geringem Maße auch die Textsorte Sprachchronik, so in der regelmäßig in Oc veröffentlichten Kolumne (Chatbèrt 1983). Spürbar ist das Ziel einer Zurückdrängung französischer bzw. ‘franzitanischer’ Interferenzen in Syntax (etwa Negation frz. ne … pas vs. okz. pas), Morphologie, Semantik und Lexikon. Sprachliche Unsicherheiten werden mit Verweis auf literarische Belege, die Grammatik Alibèrts oder Expertenaussagen etwa Lafonts geklärt. Im Gegensatz zur französischen Tradition der Sprachchroniken ist kein dialogischer Bezug zu den Lesern (etwa in Reaktion auf Leserbriefe) erkennbar. Die unterhaltende Funktion spielt ebenfalls eine weit geringere Rolle. Die Sprachchroniken dienen der Festigung einer etwa durch Gebrauch des Personalpronomens nosautres reflektierten sprachlichen Gruppenidentität. Okzitanische Sprachchroniken stellen sich in die Reihe der gegen das Franzitanische gerichteten sprachnormativen Bestrebungen. In den audiovisuellen Medien ist, abgesehen von wenigen lokal begrenzten Initiativen wie dem Tolosaner Radio Occitanià, das etwa Sprachkurse als Programmbestandteil aufführt, kein genuin okzitanischer Sprachdiskurs auszumachen. Ein breites Publikum wird nicht erreicht. Im Internet hingegen finden sich zunehmend Angebote, die entweder auf Initiative von z. T. außerhalb Frankreichs lebenden Privatpersonen oder im Rahmen okzitanistischer Vereine entstehen. Sie beinhalten neben regionalkundlichen Informationen auch explizite, z. T. museal anmutende Sprachpflege. Okzitanische Fachglossare (z. B. zur Informatik) oder Diskussionsforen zur französischen Regionalsprachenpolitik sind Teil der virtuellen Laienlinguistik. Charakteristisch für den Laienanteil an okzitanischen Sprachdiskursen ist einerseits die hohe Bedeutung von Privatinitiativen für Sprachausbau, Schaffung okzitanophoner Primarschulen (Calandretas; Zeidler 1987) und Restandardisierung. Andererseits spiegelt die Beschränkung des metasprachlichen Diskurses auf geschlossene, insges. marginale Liebhaberzirkel das Funktionsdefizit des Okzitanischen, das seinerseits das Fehlen einer breit rezipierten metasprachlichen Publizistik erklärt.
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8.
Ergebnisse und Perspektiven
Laienlinguistik ist integraler Bestandteil der Sprachgeschichte. Ihre Veränderungen, etwa laienlinguistische Textsortenwandel, sind Teil des Medienwandels, eingebettet in sich verändernde Sozialstrukturen und Bildungstraditionen. Eine systematische Auswertung der vielfältigen laienlinguistischen populären Anweisungsliteratur, der Pamphlete zu Fragen des Sprachgebrauchs, der in Literatur, Alltagskonversation oder neuerdings im Internet stattfindenden metasprachlichen Diskurse steht bislang aus und bleibt wichtiges Desiderat sowohl für die Sprachwissenschaft wie für Sozial-, Kultur- und Mentalitätengeschichte. Die weitgehend fehlende Verzahnung von Linguistik und Historiographie verspricht weitere Aufschlüsse über die sozialen Funktionen der vorliegenden metasprachlichen Anweisungen. Laienlinguistische Konzeptualisierungen von Sprache sind integraler Bestandteil der Ideengeschichte, und ohne Kenntnis der Laienrezeption metasprachlicher Diskurse bleibt eine Sprachgeschichtsschreibung unvollständig.
9.
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Dietmar Osthus, Bonn
133. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika Linguistique populaire et chroniques de langage: Péninsule ibérique et Amérique Latine 1. 2. 3. 4. 5.
Einführung Theoretische Aspekte Historischer Abriss Einzelne Problemkonstellationen Literatur
1.
Einführung
Unter Laienlinguistik versteht Antos (1996) normative Linguistik von und im weiteren,
hier nicht zu thematisierenden Sinne auch für Laien. Aufgrund des deskriptiven Anspruchs der Linguistik sind normative Sprachprobleme des Alltags vielerorts zu Laiendomänen geworden. In der Iberoromania ist bis heute eine scharfe Trennung zwischen deskriptiver und präskriptiver Linguistik nicht vollzogen worden, so dass umgekehrt Experten häufig in Domänen tätig werden, die andernorts
133. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika
Laien vorbehalten sind. Sprachchroniken – in der französischen Tradition Zeitungsglossen, die sich normativ etwa zum Stil von Romanen oder der Sprache der Politiker äußern (Christmann 1974, 443; LangenbacherLiebgott 1993) – werden häufig von Experten verfasst. Sprachprobleme und Laien-ExpertenKonstellation variieren stark in den Sprachgemeinschaften der Iberoromania. Für das Katalanische oder Galicische stellt sich die Frage des sprachlichen Ausbaus, der auch von Laien mitgestaltet wird. Bei den ausgebauten Nationalsprachen sind laienlinguistische Aktivitäten durch die Defizite im Schulbereich je nach sozialer Relevanz, die normgerechtem Sprechen zukommt, motiviert. Soziale Umbrüche – nationale Unabhängigkeit, Demokratisierung – spiegeln sich in der laienlinguistischen Diskussion.
2.
Theoretische Aspekte
2.1. Laien und Experten Die Abgrenzung Laie / Experte ist auch nach der Ausdifferenzierung wissenschaftlicher Linguistik und der Institutionalisierung sprachplanerischer und -pflegerischer Aufgaben problematisch. Ein laienlinguistischer Diskurs ist am ehesten nach den Kommunikationszielen und damit der Art der Fokussierung des Themas von einem Diskurs unter Experten abzugrenzen (Chr. Bierbach 1987). Nach dem Professionalisierungsgrad der Normierungsanstrengungen sind verschiedene Experten-Laien-Konstellationen abzugrenzen. Wer nicht linguistisch ausgebildet ist, wird etwa dann sprachnormierend tätig, wenn es (noch) keine Experten gibt oder wenn er den Expertenbeitrag für unzureichend hält. 2.2. Fragestellungen, Finalitäten und Formen Laienlinguistik befriedigt die Nachfrage an normierter Sprache, die distanzsprachlichen Kontexten angemessen ist und weder allein durch die nähesprachlichen Kontexten genügende ‘muttersprachliche’ Kompetenz beherrscht, noch ausreichend durch das öffentliche Bildungswesen erlernt wird. Sie betrifft den konzeptionell schriftlichen Bereich. Bei ihrer Zieldefinition greifen sozioökonomische, ästhetische und sozio-psycho-
1547
logische (Identitätsstiftung) Zwecke ineinander. Zielgruppe sind breite Schichten, Teilgruppen, Eliten, aber auch diskriminierte Minderheiten. Bei der Zielrichtung ist zwischen Innovation (Ausbau) und Bewahrung (Kontrolle) zu unterscheiden. Bzgl. der Sprachgemeinschaft können progressive (Ausdehnung) bzw. konservative Integration (Verhinderung von Desintegration) oder die Ausdifferenzierung einer neuen Sprachgemeinschaft angestrebt werden. Laienlinguistik unterscheidet sich graduell von laienhafter Sprachreflexion durch konkrete Normvorschläge. Gegenstand der Normierung sind alle Bereiche der Sprachstruktur, v. a. aber Orthographie und Lexik. Rein spekulative oder deskriptive (auch humoristisch-unterhaltende) Sprachstudien werden im Folgenden nicht untersucht. Die medialen Formen der Laienlinguistik reichen von Kursen und Trainings über Nachschlagewerke und Ratgeber, CD ROM s, Internetseiten, Monographien zwischen Sprachreflexion und Normierung, Chroniken in Massenmedien (Zeitungsglossen, Radio- und Fernsehsendungen) und einzelnen Essays, bis zu Leserbriefen in Tageszeitungen.
3.
Historischer Abriss
3.1. 18. Jahrhundert Mit der Aufklärung erreicht der Distanzsprachenerwerb erstmals breitere Schichten und motiviert dadurch auch laienlinguistische Aktivitäten. Verbreitung und Austausch modernen Wissens erfordern eine Sprache, die von barockem Zierrat (Synonymhäufungen, latinisierender Syntax) befreit, in einer natürlichen Syntax und aussprachenahen Orthographie fixiert und im Wortschatz zu einem technisch-wissenschaftlicher Prosa adäquaten Instrument ausgebaut ist. Die Reform des Spanischen gilt als Erfolg der Real Academia Española (RAE ), die jedoch z. T. laienlinguistische Anregungen aufgreift. So wurde die etymologisierende Orthographie des Akademiewörterbuchs (1726) öffentlich kritisiert: 1728 lösen Reformvorschläge des Buchdruckers Bordázer eine Polemik aus, an der sich führende Gelehrte beteiligen. Normierungsfragen des Spanischen und Portugiesischen sind im 18. Jh. v. a. eine Domäne für Universalgelehrte. Eine Ausnahme
1548 bildet das Katalanische, das aufgrund seines prekären Status als Kultursprache selbst von katalanischsprachigen Gelehrten wie Capmany oder Maians weitgehend ignoriert wird. In Katalonien eröffnet um 1725 der Priester Eura eine Reihe von ‘Apologien’, deren Autoren als Laien gelten können (Kailuweit 1997a, Kap. 2). 1796 kommt es im Diario de Barcelona zu einer Orthographiepolemik, die grammatikographische Versuche, u. a. die Grammatik des Spanischlehrers Ballot (1814), die erste veröffentlichte katalanische Grammatik, motiviert (Kailuweit 1992). Der valencianische Notar Ros (1703–73), mangels philologischer Bildung von den Gelehrten verachtet (Rico / Solà 1995, 123), kompiliert Sprichwörter, schreibt Apologien, ediert alte und neue Texte, verfasst grammatisch-orthographische Opuscula sowie zwei valencianisch-kastilische Wörterbücher. Der diglossisch bedingte Mangel an Anwendungsdomänen – Ros nennt nur die Gebrauchslyrik – beeinträchtigte die Wirkung seiner Schriften. Auch erfassen seine Wörterbücher nicht den Gesamtwortschatz, sondern konzentrieren sich auf Archaismen und vom Spanischen abweichende Formen. Seine Werke wurden v. a. rezipiert, um leichter Spanisch zu lernen, was seinen Absichten widersprach (Casanova 1995, 391). 3.2. 19. Jahrhundert Die nationale Unabhängigkeit führt in Lateinamerika zu einer Normdiskussion, an der sich über das Zeitungswesen auch Laien beteiligen. Die Einheit des Spanischen wird letztlich aus politischen und ökonomischen Gründen bewahrt, wozu die Literatursprache entscheidend beiträgt. Gleichwohl bilden sich fünf dialektale Großräume aus. Der in Chile lebende venezuelanische Universalgelehrte Bello beschreibt in der Ortología y métrica de la lengua castellana (1835) und in der Gramática de la lengua castellana destinada al uso de los americanos (1847) die Unterschiede zwischen europäischem und amerikanischem Spanisch und plädiert für eine einheitliche Norm. Die Grammatik, die sich an der Literatursprache, aber auch am aktuellen Gebrauch der gebildeten Amerikaner orientiert, soll zu einem Sprechen erziehen, das Neologismen vermeidet. 1836 erscheint das Diccionário provincial de voces cubanas von Pichardo als erstes in einer Reihe laienlinguistischer Lexika, die amerikanische Regionalismen erfassen, um
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
sie als nicht normgerecht auszuschließen (Moreno 1988, 62). Nach der Unabhängigkeit Brasiliens (1822) kommt es zu einer Sprachpolemik. In der Zeitschrift Minerva Brasiliense betont 1843 Nunes Ribeiro noch, die brasilianische Nationalliteratur sei portugiesisch geschrieben. Für Noberto de Sousa e Silva hat sich dagegen die Sprache durch das Klima und den Charakter der Brasilianer grundlegend verändert. Sein Plädoyer für eine eigene brasilianische Sprache entspricht dem nativistischen Zeitgeist (Coutinho 1997). Auch der Literat de Alencar verteidigt ein eigenständiges, der gesprochenen Sprache nahes Brasilianisch. Veríssimo hält es dagegen nur für eine durch indigenen Einfluss markierte portugiesische Varietät (Pinto, vol. 2, 1981). Diese Position wird sich durchsetzen, doch bewirkt der ‘Brasilianismus’ eine anhaltend tolerante Haltung in Normfragen (Roth 1979, 17). In Portugal hat der Arzt Francisco Solano Constâncio als sprachwissenschaftlicher Laie Bedeutung. Seine 1831 erschienene Gramática analítica da língua portuguesa orientiert sich an der Grammaire générale, weicht aber bei der konkreten Sprachbeschreibung innovativ von den Vorbildern ab. Constâncios Überlegungen zu den Sprachfamilien und zu Grammatikalisierungsfragen unterscheiden sich von den zeitgenössischen Forschungen der Experten, die vom deutschen Komparativismus geprägt sind (cf. Kemmler / Schäfer-Prieß 2002). Der Zollbeamte Aniceto dos Reis Gonçalves Viana (1840–1914) veröffentlichte mit seiner Exposição da pronuncia normal portuguesa (1892) bemerkenswerte phonetische Studien. Bereits 1884 hatte er sich um die Reform der portugiesischen Orthographie mit den Bases da ortografia portuguesa bemüht (→ Art. 25). In Katalonien verfassen während der literarischen Renaixença anfänglich v. a. Laien, wie z. B. der Kaufmann Pers i Ramona, normative Grammatiken (Marcet / Solà 1997). Erst als an der Universität Barcelona (spanische) Philologie gelehrt wird, kommt es allmählich auch in der katalanischen Normdiskussion zu einer Professionalisierung. Auch in Galicien sind die ersten während des Rexurdimento entstandenen normativen Grammatiken und Wörterbücher, unter denen die Grammática gallega von Saco Arce (1868) noch herausragt, i. A. defizitäre Laienproduktionen.
133. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika
3.3. 20. Jahrhundert Sozio-ökonomische Faktoren führen im 20. Jh. zur allgemeinen Verbreitung der Distanzsprache. Diese wird v. a. durch die öffentliche Schule erworben. Komplementär dazu entsteht ein laienlinguistischer Sektor, der noch bestehende Defizite des Schulwesens zu korrigieren verspricht. Der Aufschwung des Pressewesens ermöglicht die Institutionalisierung der Textsorte Sprachchronik. In Spanien ist in den Chroniken von de Vavia (1880–1920) bereits Ende des 19. Jh. die Sprache regelmäßig ein Thema. Bei Casares (1961) mischt sich dann philologischer Anspruch mit polemischer Kritik an den «locuciones viciosas». In der Vanguardia beklagt Carnicer (1969, 11), dass die Schriftfeindlichkeit der Linguistik zum Verfall der Grammatikkenntnisse beitrage. Dem könnten aber, so später Casado (1988, 13), nicht anekdotische Glossen, sondern nur systematische Ratgeber abhelfen. Trotz beginnender Ausdifferenzierung der Linguistik als rein deskriptive Wissenschaft ist die Laiendomäne Sprachratgeber in Spanien weitgehend von Experten besetzt: Der bekannteste Ratgeber ist Secos Diccionario de dudas y dificultades de la lengua española (1961). In der Erstauflage wird ein «extraño enfriamento del interés por los problemas normativos de la lengua» (Seco 91986, xi) gerade auch der Linguistik beklagt. In jüngster Zeit floriert das Geschäft mit der «laboriosa adquisición» (Fernández 1991, x) der Distanzsprache: «sectores muy heterogéneos de la sociedad» sind interessiert, «vulgaridad», aber auch «pedantería» und «afección» zu korrigieren (Gómez 1997, 7). Die Ratgeber tragen im Bereich der Grammatik zu einer Konkretisierung der Akademienorm bei und ergänzen diese im Bereich der Lexik. Im Spanischen von Amerika sind Sprachchroniken eine von Experten dominierte Textsorte. Das ambivalente Verhältnis zwischen Wissenschaftlichkeit und Laienorientierung wird von den Autoren reflektiert. Rosenblat (1984, xvi–xxvii) beklagt den Titel Buenas y malas palabras, unter dem seine Glossen seit 1948 in der venezuelanischen Zeitung El Nacional erscheinen: «La gente cree que el filólogo tiene la exclusiva misión de decir si un uso es correcto o no, de regañar al prójimo, de salvar a la lengua de la corrupción que por lo visto la amenaza. No conciben que pueda haber algún otro interés filológico».
1549
Dennoch entscheidet er subjektiv wertend einzelne Normfragen. Flórez (1977, 145 s.) problematisiert die normative Kraft seiner 1967–75 in einer bogotanischen Tageszeitung erschienenen Glossen: «aparento ser purista porqué el periódico para el cual escribí todos estos apuntes me pidió que regñara a todos los que que no usen el idioma […] preferí más bien, en general, recomendar e ir mostrándome poco a poco amplio y tolerante […]. Sé que no tengo manera coativa alguna de obligar a la gente a que siga mis indicaciones». Er legitimiert seinen normativen Anspruch mit der Nachfrage des Laienpublikums: «hay muchas personas que desean hablar y escribir como la gente instruída, quieren que alguien las ilustre y oriente».
Moreno de Alba distanziert sich dagegen in seinen seit 1986 in mexikanischen Zeitungen erscheinenden und in zwei Büchern (1992, 1996) veröffentlichten Glossen davon, normierend in die Alltagssprache einzugreifen: «Son los hablantes, no los académicos que norman la lengua» (Moreno 1996, 20). Trotzdem ist er derjenige, der am meisten den Ansprüchen des Laienpublikums genügt, indem er sachlich und ohne sich von persönlichen Geschmacksurteilen leiten zu lassen, Normvorschläge unterbreitet. Auch in Portugal werden laienlinguistische Domänen heute vorwiegend von Experten dominiert. Die bedeutendste Rolle im Bereich der Sprachberatung spielt die Altphilologin Estrela. Sie moderierte die Fernsehsendung Bem dizer, bem escrever und redigiert eine Kolumne der Tageszeitung A Capital, in der sie Leser ohne den schulmeisterlichen Ton der Grammatiker berät (Estrela 1985, 5). In ihren Dúvidas do falar português (1983) möchte sie nicht nur Regeln vermitteln, sondern auch anregen, über Sprache nachzudenken. Estrela kritisiert den exzessiven Xenismengebrauch sowie die Übersetzungs-, Aussprache- und Syntaxfehler des Fernsehens, v. a. der brasilianischen Telenovelas (Estrela 1983, 38). Von Bedeutung sind aber auch einige Diskussionsforen in den Massenmedien, in denen sich Laien zu Sprachproblemen äußern, z. B. die Homepage der von Journalisten geführten Sociedade da Língua Portuguesa (1997 ss.). In Brasilien geben u. a. die Homepage von Professor Neto (1996 ss.), Nossa Língua Portuguesa, und das Online-Wörterbuch der Tageszeitung O Estado de São Paulo (Martins 1997 ss.) in Zweifelsfällen Rat.
1550 Lebsanft / Schrott (2000) untersuchen z. Z. in einem DFG -Projekt den Beitrag des Internets zur Normdiskussion in Spanien. Für das Spanische seien die Seiten Página de la lengua española (Monjas Llorente 1996–98 ss.) und Español urgente (Agencia EFE [s. a.]) genannt, für das Katalanische El web de la llengua catalana (GirCat 2001) und für das Galicische die Seite Galego 21 (1998–2000). Auch Fragen der Sprachverwendung (Spanisch oder Katalanisch bzw. Galicisch) sind ein Thema, das im Internet polemisch diskutiert wird, z. B. auch auf den Seiten der unabhängigen katalanischen Tageszeitung im Netz (VilaWeb 1995–2000).
4.
Einzelne Problemkonstellationen
4.1. Català heavy – català light Um 1860 steht in Katalonien die historisierende Literatursprache der Jocs Florals gegen die kastilisierte Umgangssprache Barcelonas (català que ara es parla) der Komödien Pitarras. Erst die Zeitschrift Avenç schafft mit ihrer Sprachkampagne (1890) die Grundlage für eine allgemein akzeptierte Norm, die in der Folge durch Fabra ausgearbeitet wird. Fabras Werk dient während der FrancoDiktatur als Orientierung. Institutionelle Sprachpflege und systematische Lehrerausbildung sind inexistent. Als nach Francos Tod das Katalanische in der Politik, im Bildungswesen und in den Medien wieder in Erscheinung tritt, dominieren wie im 19. Jh. die Argumente Stadt gegen Land, Tradition gegen Innovation die Normdiskussion. Eine Akademikergeneration, deren Studium in die Zeit der Transición fällt, drängt in die Führungsposition der Medien. War deren Sprache, etwa der Tageszeitung Avui, Ende der 70er Jahre ein ‘ultrafabristisches’ archaischliterarisches Català heavy, das das Publikum, aber auch die Redakteure selbst vor Probleme stellte, so setzt sich in den 80er Jahren ein von der Umgangssprache Barcelonas geprägtes Català light durch (Tubau 1990). Die Schule orientierte sich nach wie vor an der Norm Fabras und prägte so die Sprachkompetenz der Nach-Franco-Generation. Das Institut d’Estudis Catalans (IEC ), das in der Francozeit unter der Leitung von Aramon im Untergrund fortbestand, verlor an Autorität. Aramons Haltung schien selbst Fabristen weltfremd, innova-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
tionsfeindlich und autokratisch (Pitarch 1996, 118). In der Sprachwissenschaft dominierte die Soziolinguistik, die sich v. a. mit der Sprachverwendungsdiskussion befasste. Ihre Hauptvertreter, die Juristen Aracil, Ninyoles und Vallverdú, sind sprachwissenschaftliche Autodidakten. Eine herausragende Stellung nimmt zwischen den Fronten Professor Solà ein, der neben wissenschaftlichen Werken seit den 70er Jahren Sprachchroniken und Ratgeber schreibt. Solà blieb die Aufnahme in das IEC versagt. Er wurde zur Leitfigur der Lightistes, deren Positionen er jedoch nicht vorbehaltlos unterstützt (Sabater 1992, 53–59). Die Polemik, von Pericay / Toutain (1986) mit ihrer Kritik der oft schlecht beherrschten archaisierenden Literatursprache angeheizt, eskalierte 1991, als das IEC zur offiziellen Sprachakademie wurde. Die Lightistes schließen sich zur Grup d’Estudis Catalans zusammen und fordern, in Normfragen gehört zu werden. Ihre Kritiker, viele darunter Katalanischlehrer an öffentlichen Schulen, gründen die Associació Llengua Nacional und wenden sich teils polemisch (Pazos 1992), teils sachlich-gemäßigt (Sabater 1992) gegen das Català light der Medien. Dem um Professionalisierung bemühten IEC kommt die puristische Unterstützung ungelegen. Man möchte bei der Normierung eines modernen Standards nicht auf den Dialog mit den Medien verzichten (Pitarch 1996, 122). Allerdings sind viele von den Lightistes propagierte Kastilismen bereits obsolet, da es der Schule gelingt, noch 15 Jahre zuvor ungebräuchliche Lexeme, z. B. vaixell statt des althergebrachten barco, fest im Sprachgebrauch zu verankern (Tubau 1990). Viele Stilbücher für Journalisten und den öffentlichen Dienst illustrieren die Relevanz der Polemik. Im Bereich der Grammatik – als Beispiele seien die Neutralisierung der Opposition per / per a zugunsten von per vor dem Infinitiv und die Legitimierung der ‘logischen’ Konkordanz zwischen dem Verb haver-hi und dem nachfolgenden Substantiv genannt – weicht man von der Schultradition ab. Die propagierten Formen entsprechen zwar der Umgangssprache Barcelonas, nicht aber dem Spanischen (Kailuweit 2002). 4.2. Gallizismenkritik in Spanien Während in Portugal Gallizismen erst seit der Napoleonzeit kritisiert werden – 1812
133. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika
eröffnet de Sequeira in seiner Zeitung Telegrafo Portuguez eine Guerra às palavras afrancesadas – beginnt in Spanien die Diskussion bereits mit der Bourbonenherrschaft. Die wichtigsten Traktate hat Rubio (1937) in einer Anthologie zusammengestellt, die selbst ein spätes laienlinguistisches Produkt der Gallophobie ist. Rubios These eines gallizismenkritischen acuerdo casi general, in den sogar der gallophile Aufklärer Jovellanos eingestimmt hätte, ist unhaltbar (Kailuweit 1997b). Feijoo erklärt 1742: «no es menester para justificar la introducción de una voz nueva la falta absoluta […] basta que lo nuevo tenga o más propiedad, o más hermosura, o más energía» (Feijoo 1988, 222). Da es Begabungsfrage sei, die Notwendigkeit einer Entlehnung zu beurteilen, verwundere es nicht, dass über die Berechtigung einzelner Gallizismen heftig gestritten wurde (Lázaro 1985, 264). Modische Gallizismen kritisierten die Literaten Isla im Fray Gerundio (8. Kap., 4. Buch) [1770] und Cadalso in der 35. der Cartas Marruecas [1793]. Seit Mitte des 18. Jh. galten Übersetzungen als Quelle der Gallizismenflut (Lázaro 1985, 276–280). 1776 veröffentlicht Capmany die Arte de traducir el idioma frances al castellano, ein Handbuch, das den Gallizismengebrauch zu regeln versucht. Ohne Erfolg: 1786 klagt Capmany die Übersetzer pauschal als Sprachverpfuscher an, um in seinem Spätwerk jeden französischen Einfluss zu verteufeln (Kailuweit 1995). Im 19. Jh. dominiert nicht nur in der Schulgrammatik gallophober Purismus. Barbarismentraktate entstehen als eigene laienlinguistische Gattung (Brumme 1997, 321– 335). Der bis ins 20. Jh. immer wieder aufgelegte Diccionario de Galicismos (1835) des in Madrid lebenden Venezuelaners Baralt wird, obgleich im Detail heftig kritisiert, zum Referenzwerk. In den Schriften des aus Mallorca stammenden Jesuiten Mir y Noguera nahm der Purismus solche Ausmaße an, dass er selbst seinen Bruder, Mitglied der RAE , als gallophilen Sprachverderber bloßstellte, während für Unamuno bereits dessen Purismus kaum zu überbieten war (Lebsanft 1993). Wenn Mir in seinem Hauptwerk Prontuario de hispanismo y barbarismo (1908) gegen den literarischen Zeitgeist des Modernismo kämpft und Werke in Vergessenheit geratener Kleriker als Referenztexte preist, stilisiert er sich selbst zum Unzeitgemäßen. Zwar steht er in seinem Bemühen, Archaismen zu beleben,
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nicht allein, sein Kanon war jedoch für seine Zeitgenossen inakzeptabel, weil ihm jedes Verständnis für die Terminologieproblematik der technischen Disziplinen fehlte. Seine Kritik, die auch Autoritäten wie Menéndez Pelayo nicht verschonte (1908, cxiii), richtete sich gegen heute so gebräuchliche Wendungen wie tomar parte en, por lo tanto, tener en cuenta oder llevar a cabo (ib., cxix). Wegen der Kohärenz seiner Argumentation und seines philologischen Wissens mag er Beachtung verdienen, in seinem Vorhaben, die Sprache seiner Zeit zu prägen, ist Mir gescheitert. 4.3. Anglizismen im Spanischen Im 20. Jh. dominieren Anglizismen die Xenismendiskussion. In Puerto Rico oder Panama ist der alltägliche Kontakt mit dem Englischen unmittelbare Folge der politischen Situation, in Mexiko tritt er durch die geographische Nähe zu den USA und das Phänomen massiver Arbeitsemigration verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. In Kolumbien und Venezuela scheint die Anglomanie eine Modeerscheinung, der man mit mehr oder weniger großer Toleranz gegenübersteht. In der Dominikanischen Republik oder in Chile scheinen Anglizismen zwar nicht weniger modisch, werden jedoch kaum Gegenstand öffentlicher Kritik. Was Argentinien betrifft, so belegt Rojas (1989) eine anglizismenkritische Diskussion, die jedoch in den letzten Jahren an Schärfe verloren hat. Auch in Spanien, das belegen die Leserbriefe an die Tageszeitung El País (1976–87), sind Anglizismen ein zentrales laienlinguistisches Thema (Lebsanft 1990). Die Anglizismendiskussion ist eine laienlinguistische Domäne, in die Experten, v. a. als Autoren von Zeitungsglossen, eingreifen. In Spanien publiziert der Anglist Lorenzo seit 1955 zum Anglizismus (Lorenzo 1996), wobei er, wie viele andere, Dokumentation und wertende Stellungnahme vermischt. Alfaros (Panama) an die «españoles de España y América» gerichteter Diccionario de Anglicismo (1970) erklärt eine «Guerra despiadada al anglicismo vicioso», begrüßt aber den «neologismo útil». Rosenblat (Venezuela) (1984, xvi–xxvii) scheidet in seinen Glossen Anglizismen ohne Begründung in «horrendos» und «simpáticos». Dagegen werden die Glossen Morenos (Mexiko) dem Anspruch wissenschaftlicher Entscheidungsvorbereitung gerecht. In sachlichem Stil beurteilt er die Notwendigkeit von An-
1552 glizismen nach den Kriterien der bereits erfolgten Verbreitung, des Vorhandenseins eine Synonyms und der phonischen Adaptierbarkeit. Er hält etwa die von der RAE akzeptierte Bedeutung von especular “vermuten, mutmaßen” – die Alfaro durch Nuancen der Substantive especulativa und especulación gerechtfertigt sah – für überflüssig, da sie bereits durch conjeturar ausgedrückt werde (Moreno 1996, 160). Wie Alfaro akzeptiert Moreno campus in Ermangelung eines spanischen Wortes (1996, 79 s.), ebenso esmog (1992, 383), während Flórez (Kolumbien; 1977, 164) esmogue durch den Chilenismus brumo ersetzen möchte. Moreno lobt den Sprachverstand Rosenblats, der erkannt habe, dass interferir nicht etwa, wie Alfaro meinte, ein besonders überflüssiger Anglizismus sei, sondern in der wissenschaftssprachlichen Bedeutung “überlagern” eine Bereicherung darstelle und deshalb wie viele Vorschläge Rosenblats ins Wörterbuch der RAE aufgenommen worden sei (1996, 201 s.). Dem Prestige selbst kruder Anglizismen wie guachar (to watch) – Flórez (1977, 154) spricht hier von einer «mentalidad colonialista» – könne nur eine das kulturelle Erbe betonende Sprachpolitik entgegenwirken (Moreno 1992, 402 s.). 4.4. Die Krise des Spanischen der Transición Stellungnahmen zu einer tatsächlichen oder vermeintlichen Krise des Spanischen werden in der Nach-Franco-Zeit zu einer laienlinguistischen Domäne. Der Diplomat de Tamarón etwa meint, als er 1981 aus dem Ausland zurückkehrt, die Sprache seiner Kollegen nicht wiederzuerkennen: «los había dejado hablando en cristiano y ahora me los encontraba parloteando una jerga incomprensible» (Tamarón 1988, 17). In Zeitungsartikeln, Leserbriefen und Monographien kritisieren ‘Sprachliebhaber’ wie Tamarón, die meist dem rechtskonservativen Lager angehören, die Distanzsprache der Nach-Franco-Gesellschaft, deren Repräsentanten eine neue politische Rhetorik, mit all ihren Euphemismen, Floskeln und Flickwörtern verbreiten (Lebsanft 1990; 1997). Der Wandel der Distanzsprache war nicht allein politisch bedingt. Erst in den 50er Jahren wurde die allgemeine Schulpflicht umgesetzt. Wirtschaftlicher Aufschwung und Massentourismus führten zu einer Ausdehnung der Kommunikation. Der Me-
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
dienboom als Folge der Demokratisierung (Lebsanft 1990) wurde von einer Schicht getragen, die zuvor nur beschränkt Zugang zur Distanzsprache hatte. Der 68er-Habitus – für den Altphilologen García Calvo etwa zählt nur, ob ein Text verständlich ist (Lebsanft 1997, 69 s.) – verstärkte die ohnehin hohe Toleranz gegenüber sprachlicher Variation. Dennoch wurde das Ressentiment der Sprachliebhaber von Linguisten aufgegriffen, die seit Ende der 70er Jahre auf die Mediensprache beratend einwirkten (Salvador 1985, 320) und die Stilbücher der Presseagentur Agencia Efe sowie der Tageszeitungen El País und ABC ausarbeiteten (Lebsanft 1997). In Leserbriefen (Lebsanft 1990) und in Diskussionsforen im Internet (Osthus / Polzin-Haumann 2002) werden u. a. die morphosyntaktischen Normabweichungen des Dequeismo (de que statt que zur Einleitung von Komplementsätzen transitiver Verben: temo DE que no hagan mal), die Konkordanz von haber: en las escalones habíaN tres o cuatro viejos) oder der Laísmo und Loísmo (Ausdruck des Dativs durch la bzw. lo: a ella LA gusta el cine, LO di un puntapie) kritisiert. Bei der Bewertung solcher Debatten ist sprachliche Korrektheit von stilistischer Angemessenheit zu unterscheiden. Die Abwesenheit von Variation in Orthographie, Morphologie und Syntax erleichtert die Kommunikation. Allerdings macht eine gewisse Schwerverständlichkeit in Wortwahl und Syntax (hierzu könnte auch der Dequeismo gezählt werden) gerade die stilistische Angemessenheit und damit das Prestige der Distanzsprache aus. Deshalb ist es zwar auch kohärent, wenn Tamarón einerseits die Verarmung des umgangssprachlichen Wortschatzes beklagt und andererseits die blumigen Umschreibungen und Euphemismen der Politiker im Namen eines Schlichtheitsideals kritisiert (Lebsanft 1997, 21 ss.), die Distanzsprache ist aber nicht nur Kommunikationsmittel, sondern auch Statussymbol. Sie dient (das zeigt sich gerade auch in der Diskussion um die Konkordanz und die Objektpronomen) zur sozialen Differenzierung und zwar mit der Pointe, dass bei angeblich gleichen Bildungschancen sprachliche Defizite als selbst verschuldet gelten. Während Sprachwissenschaftler wie Alarcos Llorach (Lebsanft 1997) oder López García (1996) in der Variation den Beginn natürlichen Wandels sehen, beharren Philologen alter Schule wie Lázaro oder Alvar im
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133. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika
Namen der Chancengleichheit auf Spracherziehung (Lebsanft 1997, 74). 4.5. Autonomismus und Reintegrationismus in Galicien Während Linguisten das Galicische als Varietät des Portugiesischen ansahen, hatten die Sprecher nur im Modus diglossischer Unterordnung unter das Spanische ein Bewusstsein sprachlicher Identität. Eine ‘autonomistische’, vom Spanischen und Portugiesischen unterschiedene, Norm schufen seit 1950 der Verlag Galaxia, die Real Academia Galega (RAG ), deren Mitglied Carballo Calero 1966 eine normative Grammatik schrieb, sowie das Instituto da Língua Galega (ILG ) der Universität Santiago, das neben dialektologischen Studien auch das Lehrbuch Galego I (1971) und ein Wörterbuch erstellte. Nach anfänglicher Rivalität veröffentlichten RAG und ILG 1982 gemeinsam die Normas ortográficas e morfolóxicas do idioma galego. 1983 wurde die RAG zur offiziellen Sprachakademie. Gegen die autonomistische Norm wandte sich 1973 der portugiesische Philologe Rodrigues Lapa: Da Galicische sei nicht zu normieren, da es sich als Kultursprache im Portugiesischen fortsetze. Die Annahme der portugiesischen Schriftnorm eröffne galicischen Autoren den gesamten lusophonen Raum. Eine Vielzahl galicischer Intellektueller schloss sich dem Reintegrationismus an. Carballo Calero distanzierte sich von der RAG und war einer der Mitbegründer der Associaçom Galega da Língua (AGAL ), die 1985 einen Prontuário ortográfico veröffentlichte und zur wichtigsten reintegrationistischen Organisation wurde (Kabatek 1992). Folgende Beispiele illustrieren die Unterschiede der graphischen und lautlichen Normen. Während in Katalonien die vom Spanischen stärker distanzierte offizielle Norm in der Schule gelehrt wird und die an der Umgangssprache orientierte Norm sich über die Massenmedien verbreitet, wird in Galicien die dem Spanischen und zugleich der zentralgalicischen Umgangssprache näher stehende offizielle Norm über die Medien verbreitet. Die reintegrationistische, am Portugiesischen orientierte Norm hat dagegen unter Lehrern viele Anhänger (Kabatek 1992). Auch wenn die Reintegrationisten, wie die Anhänger des Català light, in ihrer Opposition zur offiziellen Politik als
progressiv gelten, ist ihre Norm nicht populär. Sie verkennen, dass die portugiesische Sprachgemeinschaft aufgrund sozio-ökonomischer Faktoren für breite Schichten kein Prestige hat. Weiterhin gilt Spanisch als Sprache des sozialen Aufstiegs (Lüdtke 1999). Die paradoxe Haltung zur Sprache der Massenmedien müsste sozialpsychologisch untersucht werden. Einerseits wird sie als nicht authentisch abgelehnt, andererseits genießt sie aufgrund ihres höheren Kastilisierungsgrades Prestige (Kabatek 1996). Nach wie vor erscheint es offen, ob eine galicische Norm von den Adressaten angenommen wird. Die wenig konsequente Sprachpolitik ist Folge mangelnder Nachfrage (Lüdtke 1999). Wenn heute die offizielle Norm in der städtischen Mittelschicht Anhänger gewinnt, spricht das für den Zeitgeist: Utopien, politische wie sprachliche, sind weniger denn je gefragt. 4.6. Die portugiesische OrthographieDiskussion Unter den Mitgliedern der in Portugal 1911 eingesetzten Orthographie-Kommission besaß allein Coelho eine philologische Ausbildung, doch waren alle Mitglieder durch ihre sprachpflegerischen Schriften anerkannt (M. Bierbach 1996, 48). Die Kommission verfolgte das Ziel, Homographien nicht homoTab. 133.1. Graphische und lautliche Normen (RAG-ILG vs. AGAL )
RAG-ILG
AGAL
ó / ao
ao
amábel
amavél
día
dia
gloria
glória
amalo
amá-lo
luces
luzes
Miño
Minho
Ulla
Ulha
unha
umha
paso
passo
razóns
razões
son
som
pan
pam
(Alvarez / Herrero 1996)
1554 phoner Wörter zu beseitigen, das geschlossene /e/ bzw. /o/ vom offenen zu unterscheiden und die Graphie der in der europäischen Aussprache reduzierten Vokale zu regeln (Thielemann 1997, 437). Da Brasilianer nicht beteiligt waren, fürchtete man in Brasilien eine sprachliche Vereinnahmung. 1931 und 1945 versuchten Portugal und Brasilien in nunmehr weitgehend mit Experten besetzten Kommissionen, die strittigen Fragen – diakritischer Vokalakzent, Graphie der stummen Konsonanten, Setzung des Bindestrichs – zu klären. Die Verhandlungen scheiterten aber an der Unnachgiebigkeit beider Seiten. Erst 1986 – die Kolonien waren unabhängig geworden, Portugal der EG beigetreten und Brasilien hatte sich zu einer expandierenden Wirtschaftsmacht entwickelt – kam es zu ernsthaften Reformbemühungen der nunmehr sieben lusophonen Staaten. Der Vorschlag von 1986 wurde in der portugiesischen Öffentlichkeit als insuportável colonialismo às avessas kritisiert. In der aufgeheizten Diskussion stellte man in Brasilien pathetisch die sprachliche Einheit in Frage (Castro et al. 1987). Das 1990 ausgehandelte, vielfältige Ausnahmen vorsehende Abkommen ist vom portugiesischen Parlament 1991, vom brasilianischen aber bis heute nicht ratifiziert worden. Es scheint mehr einem vagen Einheitsgedanken der lusophonen Staaten zu dienen, als tatsächliche Diskrepanzen zu beseitigen (M. Bierbach 1996, 50 s.). Das breite Publikum nimmt in Brasilien kaum noch Notiz von einer Diskussion, die vorwiegend von Intellektuellen in Portugal geführt wird. 4.7. Sprachratgeber in Brasilien In Brasilien besteht eine große Nachfrage im Bereich der laienlinguistischen Domäne Sprachratgeber: Folge der sprachlichen Unsicherheit breiter Schichten aufgrund der Defizite im Bildungssektor. In der Grundschule wird normierte Sprache kaum vermittelt. Die Lehrer sind schlecht qualifiziert, der Schulbesuch oftmals nur kurz und unregelmäßig. Zwei Drittel der Bevölkerung leben am Rande des Elends, viele in fast schriftloser Kultur. Das Fehlen einer sprachnormierenden Instanz sowie die geringe Lesekultur bedingen, dass kaum Normsicherheit besteht. Willkürliche Orthographien, nicht nur von Fremdwörtern, sind an der Tagesordnung. Zwar gibt es mit dem Novo Dicionário Aurélio da Língua Portuguesa
XI. Sprachnormierung und Sprachverwendungskritik
(1986) ein normatives Wörterbuch, die Regeln der Gebrauchsgrammatiken sind jedoch nicht immer eindeutig. Die sprachliche Vorbereitung auf das ‘Vestibular’ (Hochschulzulassungsprüfung) ist nach wie vor eine Laiendomäne. Ein Referenztext in diesem Bereich ist Português urgente! (1998) des Rechtsanwalts Pimenta, der seit 30 Jahren Vestibular-Kurse sowie Sprachtrainings in Unternehmen erteilt. Der Untertitel Método simples e rápido para escrever sem errar zeigt, dass theoretische Vertiefung nicht beabsichtigt ist. Andere Ratgeber und Gebrauchsgrammatiken, die für Laien relevante Normfragen behandeln, sind von Experten verfasst. Der Stil, aber bisweilen auch die mangelhafte deskriptive Qualität dieser Werke zeigt, dass sie ausschließlich für ein Laienpublikum bestimmt sind. Der Ratgeber Português instrumental der Philologinnen Martins und Zilberknop (1998) richtet sich z. B. laut Vorwort an ein Zielpublikum, das bei Anträgen, Lebensläufen oder Geschäftsbriefen von Zweifeln geplagt wird. Während die mündlichen Umgangsformen in Brasilien oft leger sind, ist beim Schriftverkehr auf Formen zu achten, damit ein Schreiben nicht als inakzeptabel gilt. Einen großen Leserkreis, der v. a. aus Vestibular-Schülern besteht, erreicht die Gramática da língua portuguesa der Linguisten Neto und Infante. Die Autoren versuchen eine moderne Norm des Brasilianischen auch anhand von Cartoons, Comics, Werbeanzeigen aus Presse und Fernsehen, Verkehrsschildern, Zeitungs- und Liedtexten zu vermitteln. Sie tragen so der Tatsache Rechnung, dass in einem Land mit gering ausgeprägter Schriftkultur über jedermann präsente, visuelle und akustische Manifestationen der Alltagskultur eine dauerhaftere Memorisierung von Grammatik erfolgen kann. Der Dicionário de dificultades da língua portuguesa von Cegalla (1996) verspricht, über 2.000 Zweifelsfälle v. a. der Orthographie, der Konkordanz und der Verbrektion zu klären. Der Autor beklagt die von den Medien erzeugte ‘Laisser-faire’-Mentalität in Normfragen, von der das weit verbreitete sehr komprimierte Manual de expressão oral e escrita des Linguisten Câmara (1998) noch nicht betroffen war. Die z. T. widersprüchlichen Regeln der Ratgeber seien anhand der Verb-SubjektKonkordanz illustriert (Jaeckel / Kailuweit 2002): Auch in der Schriftsprache tendieren
133. Laienlinguistik und Sprachchroniken: Iberische Halbinsel und Lateinamerika
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Brasilianer dazu, bei nachgestelltem pluralischen Subjekt das Verb im Singular zu gebrauchen: Apareceram o agressor e a vítima – Apareceou o agressor e a vítima. Während nach Nicola / Infant (1989) das Verb im Plural zu stehen hat, tolerieren andere Ratgeber (Neto / Infante; Martins / Zilberknop; Pimenta) den Singular. Nach Martins / Zilberknop (1998, 333) ist die erste Option «concordância regular», die zweite «concordância irregular». Neto / Infante (1998, 480) sehen im Gebrauch des Singulars eine zulässige Innovation. Bei Prozentzahlen können nach Cegalla (1996) und Pimenta (1998) unabhängig vom folgenden Substantiv Singular oder Plural verwendet werden: 20 % do estoque estragou – 20 % do estoque estragaram. Nach Neto / Infante (1998, 483) bestimmt dagegen der Numerus des Substantivs die Konkordanz. Folgt kein Substantiv, sei, außer bei 1 %, der Plural zu verwenden.
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XII. Sprachkontakte und Migration
XII. Sprachkontakte und Migration Contacts linguistiques et migration 134. Sprachkontakte: Latein und Rumänisch Contacts linguistiques: latin et roumain 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Einleitung Lateinisch – Kirchenslavisch – Rumänisch Das Aufkommen des Romanitätsbewusstseins Die Siebenbürgische Schule Das 19. Jahrhundert Das 20. Jahrhundert Literatur
1.
Einleitung
«Limba român˘a este singura limba˘ romanica˘ , care înaintea secolului al XIX -lea nu poseda aproape nici un cuvînt savant de origine latina˘ ». Diese Aussage des Altmeisters der rumänischen Sprachgeschichte, Sextil Pu¸scariu (1974, 464), beschreibt die Sonderstellung der Romania Südosteuropas auch in ihrem Verhältnis zum Lateinischen. Als im Jahre 1521 das Rumänische durch den Brief des Bojaren Neac¸su überhaupt erst den Rang einer Schriftsprache erhält, haben sich die romanischen Sprachen des Westens längst als solche etabliert. Ihr Sprachausbau, v. a. lexikalischer Art, ist in vollem Gange, und das Lateinische ist ihnen dabei die vornehmste Quelle. In der Geschichte des Rumänischen hingegen spielen Latinismen oder gelehrte Wörter aus dem Lateinischen lange Zeit keine Rolle. (Wenn im weiteren Verlauf von Latinismen die Rede ist, sind die Internationalismen griechischer Provenienz, die – anders als die direkten und zumeist in neugriechischer Lautung übernommenen Gräzismen der Phanariotenzeit – durch das Lateinische oder durch dieselben Vermittlersprachen wie die genuinen Latinismen ins Rumänische gelangten, eingeschlossen.)
Das Lateinische gerät erst im 18. Jh. in Siebenbürgen in das Blickfeld der Sprecher des Rumänischen – was nicht ausschließt, dass einzelne Persönlichkeiten schon vorher mit ihm in Berührung gekommen sind. Bis da-
hin steht das Rumänische im Schatten der orthodoxen Kirche, deren kirchenslavische Kult- und Kultursprache seine Entwicklung zur Schriftsprache geprägt hatte. Erst das von der westeuropäischen Renaissance ausgehende Aufkeimen eines Romanitätsbewusstseins führt dazu, dass das Rumänische ab dem 18. Jh. dem Einfluss des Kirchenslavischen immer mehr entwächst und sich sprachlich dem lateinisch-romanischen Kulturkreis zuwendet. Seitdem richtet sich das Augenmerk der Spracherneuerer nicht nur auf die romanischen Sprachen, in erster Linie Französisch und Italienisch, sondern auch auf das Lateinische.
2.
Lateinisch – Kirchenslavisch – Rumänisch
Die Christianisierung der Rumänen vollzieht sich in lateinischer Sprache, und das Lateinische bleibt bis zum 10. Jh. Kirchensprache. Dann wird es in einer langen, regional differenzierten Übergangszeit, deren Einzelheiten nicht klar und teils umstritten sind (Zach 1977, 30 s.), vom Kirchenslavischen in seiner mittelbulgarischen Ausprägung ersetzt. Der Wechsel geht wohl von der Dobrudscha aus und erreicht zuletzt, um 1500, Siebenbürgen. Das Kirchenslavische hat in jeder Hinsicht die Funktion des Lateinischen im westlichen Europa inne: Nicht nur ist es eine Liturgiesprache, die dem gemeinen Volk weitgehend unverständlich bleibt; auch macht seine Verwendung als Sprache der Bildung, der Verwaltung und des Hofes, die seit dem 14. Jh. in den beiden Donaufürstentümern hinzutritt, es zum natürlichen Reservoir, aus dem man zum lexikalischen Ausbau des Rumänischen schöpft. Bereits ab dem 14. Jh. tritt, zumindest für den Predigtgebrauch, das Rumänische an
1559
134. Sprachkontakte: Latein und Rumänisch
die Seite des Kirchenslavischen (Popinceanu 1964, 90 ss.), und am Ende des 17. Jh. schließlich lässt Dosoftei, der Metropolit der Moldau, alle Kirchenbücher ins Rumänische übersetzen, wodurch das Rumänische endgültig das Slavische als Kirchensprache ablöst.
3.
Das Aufkommen des Romanitätsbewusstseins
Der ideologisch befrachteten Frage (Dahmen 1999), ob es in der rumänischen Bevölkerung immer ein tradiertes Wissen oder ein allgemeines Bewusstsein über die Abstammung von den Römern gegeben hat, braucht man hier nicht nachzugehen (Armbruster 1977; Kramer 1985, 16–30). Sprachlichen Fragen gegenüber, erst recht solchen, die den Zusammenhang zwischen den romanischen Sprachen und dem Lateinischen betreffen, sind die italienischen Renaissancehumanisten des 15. Jh. sehr aufgeschlossen, und so bleibt es z. B. Poggio Bracciolini, Enea Silvio Piccolomini (dem nachmaligen Papst Pius II .) und Flavio Biondo nicht verborgen, dass in der antiken Provinz Dakien immer noch eine Sprache gesprochen wird, deren Verwandtschaft mit dem Italienischen und somit deren Herkunft aus dem Lateinischen offensichtlich ist. Italienische Gelehrte hat zu dieser Zeit auch der ungarische König Matthias Corvinus, selbst ein bedeutender Humanist und mit einer neapolitanischen Prinzessin verheiratet, an seinen Hof geholt, so dass dem Wissen von der lateinischen Herkunft des Rumänischen, das ohnehin für die Gelehrten inzwischen ein Gemeinplatz war, der Weg nach Siebenbürgen und in die beiden rumänischen Fürstentümer offen stand (Armbruster 1977, 60–69; Kramer 1985, 23 ss.). In der rumänischen Literatur werden die Latinität des Rumänischen und die Romanität seiner Sprecher erst im 17. Jh. herausgestellt: bei den moldauischen Chronisten Grigore Ureche (1590–1647) und Miron Costin (1633–91), bei Constantin Cantacuzino (1650–1716) in der Walachei und v. a. bei dem moldauischen Fürsten und Universalgelehrten Dimitrie Cantemir (1673–1723), dessen Ideen das Aufkommen der Latinitätsidee bei den Rumänen Siebenbürgens befördern (Bahner 1967, 16 s.). Bevor sich ab etwa 1780 Siebenbürgen als Zentrum latinisierender Strömungen etabliert (cf. 4.), finden sich erste Latinismen
bereits im 17. Jh. in den Texten der genannten Autoren; Miron Costin verwendet z. B. colonie, consilium, orator, senat, tractat, veteran (Schroeder 1989b, 353). Nachahmungen lateinischer syntaktischer Konstruktionen wie der ‘ablativus absolutus’ (Schroeder 1989a, 325) kommen bei ihm vor und auch eine Vorliebe für die Endstellung des Verbs wird manifest (Tepelea ¸ / Bulg˘ar 1973, 68). In der muntenischen Chronistik findet man decada, moneta, mon¸stri in Stolnicul Cantacuzino (ib., 87), mediiatorii, can¸telariul, corona¸tie bei Radu Popescu (ib., 92).
4.
Die Siebenbürgische Schule
In der zweiten Hälfte des 18. Jh. gehen in Siebenbürgen emanzipatorische Ideen zur Gleichstellung der Rumänen mit den anderen Nationalitäten des Landes – den Ungarn, den Deutschen und den Szeklern – einher mit der Betonung der Romanität des Rumänischen und dem Entstehen eines neuen Sprachbewusstseins (Bahner 1967; zum geistesgeschichtlichen Rahmen cf. Behring 1994, Kap. 3.). Die Protagonisten der Siebenbürgischen Schule (cf. Ruffini 1941; Nicolescu 1971; eine Anthologie grundlegender Texte ist Scoala ¸ ardelean˘a 1983), allen voran Samuil Micu (1745?–1806; cf. Macrea 1978, 9–21), Gheorghe Sincai ¸ (1754–1816; cf. ib., 22–30) und Petru Maior (1760?–1821; cf. ib., 31–47), verhelfen dem Bewusstsein von der Latinität des Rumänischen nicht nur zum Durchbruch, sondern ebnen auch dem Sprachausbau mithilfe des Lateinischen und einer ‘Relatinisierung’ den Weg. Als äußeres Zeichen der neuen Orientierung am Lateinischen geben Micu und Sincai ¸ das Signal, die Schreibung des Rumänischen vom kyrillischen auf das lateinische Alphabet umzustellen, indem sie diese Umstellung in ihren erstmals 1780 erschienenen Elementa linguae daco-romanae sive valachicae (Micu / Sincai ¸ 1980) einleiten. Zeichnet für die Erstauflage der Grammatik, zu der Sin¸ cai das programmatische Vorwort beigesteuert hatte, Micu verantwortlich, so besorgt jener die Zweitauflage (21805), in der er Micus streng etymologisches Orthographieprinzip lockert und der Aussprache ein größeres Gewicht einräumt. Petru Maior gilt als der scharfsinnigste und analytischste Kopf der Siebenbürgischen Schule. Er differenziert u. a. zwischen lateinischen Erb- und Buchwörtern und widerlegt so die Ansicht, das Rumänische sei
1560 weniger romanisch als die übrigen romanischen Sprachen, deren größerer Anteil an lateinischem Wortgut ja auf den Buchwörtern und nicht etwa den Erbwörtern beruhe. Hinsichtlich der Entwicklung einer funktionierenden Literatursprache, bei der Maior das italienische Modell vorschwebte, sollen die nichtromanischen Elemente des Rumänischen, die ja leicht erkennbar seien, d. h. slavische – aber auch griechische, türkische, ungarische – Wörter, ersetzt werden. Außer genuin lateinischen Entlehnungen sollen zu diesem Zweck auch romanische, speziell italienische Entlehnungen herangezogen werden, aber auch solche Erbwörter, die in alten Texten vorkommen oder nur in süddanubischen Varietäten existieren (z. B. arom. aratu statt rum. plug). Die Latinismen, die Petru Maior verwendet, reflektieren oft die siebenbürgische Sprachenvielfalt, indem sie mal in deutscher, mal ungarischer Artikulation übernommen sind (nach dem Deutschen aghent, arhiv, con¸tept, leghion, muzeum, prin¸tipat, pro¸tes, reghement gegenüber ambitu¸s, clericu¸s, colla¸tionali¸s, die¸tesi¸s “Diözese”, districtu¸s, fundu¸s, mi¸sa, morali¸s, regulari¸s, ritu¸s, titulu¸s nach dem Ungarischen; cf. Ruffini 1941, 111 s.). In das geistige Umfeld der Siebenbürgischen Schule ist auch die erste, in griechischer und deutscher Sprache verfasste Grammatik des Aromunischen zu stellen, die Mihail G. Boiagi 1813 in Wien publizierte (Boiagi 1988). Ihr Autor wendet im Bewusstsein der Latinität des Aromunischen zu seiner Verschriftung das lateinische Alphabet an, ist aber weit weniger rigoros dem Lateinischen zugetan als Georg Constantin Rosa, dessen radikaler Latinismus alle slavischen und griechischen Elemente zu eliminieren trachtet, das lateinische Alphabet als einzig adäquates Verschriftungsinstrument sieht und sogar phonetische Entwicklungen rückgängig machen will, die das Aromunische allzu weit vom Lateinischen entfernt haben (Dahmen 1991).
5.
Das 19. Jahrhundert
Die Ideen der Vordenker der Siebenbürgischen Schule tragen bald Früchte. Das augenfälligste Resultat der Latinisierung des Rumänischen ist wohl der Übergang zur Lateinschrift (Onu 1989). Dieser Prozess bringt zahlreiche Misch- und Übergangssysteme hervor und verläuft in den einzelnen
XII. Sprachkontakte und Migration
Fürstentümern mit unterschiedlicher Dynamik; 1860 findet er mit der offiziellen Einführung des lateinischen Alphabets im neu entstandenen rumänischen Nationalstaat seinen Abschluss. Die Vertreter der Siebenbürgischen Schule beklagen zwar die Armut des rumänischen Wortschatzes, die Petru Maior bereits darauf zurückgeführt hatte, dass man bis dahin auf Rumänisch nur über Unbedeutendes und Häusliches geredet habe, aber ein minutiöses und dezidiertes Programm zur lexikalischen Bereicherung haben sie nicht entwickelt (Kramer 1985, 39). In der Folge treten denn auch sowohl brennende ‘Latinisierer’ als auch Vertreter eines eher gemäßigten Vorgehens auf den Plan (Bahner 1967, 119 ss.) und tragen auf ihre Art dazu bei, dass sich die lexikalische Physiognomie des Rumänischen im 19. Jh. radikal verändert. Im späten 18. und v. a. im 19. Jh. bilden sich, angefacht durch eine reiche Übersetzungsliteratur, die Fachterminologien zahlreicher Wissenschaftsdisziplinen heraus (cf. Ursu 1962). Das Lateinische ist dabei durchaus die Quelle, aus der man schöpft, doch scheinen durch die morphologische oder phonetische Gestalt der Neologismen häufig die Sprachen durch, aus denen übersetzt wird. In einer bienenkundlichen Abhandlung aus dem Jahre 1785, in Siebenbürgen verfasst, werden erstmals die Wörter economie, organ, teorie, teoretic, practic verwendet, als deren Quelle Lateinisch, Französisch oder Deutsch in Frage kommen. Die letzten beiden Adjektive erscheinen zusätzlich auch in der Form practicesc und teoreticesc, in denen die lateinische bzw. deutsche Form mit dem damals produktiven, aus dem Russischen entlehnten Suffix -icesc verbunden ist (cf. ib., 39). Bedeutend für die medizinische Fachsprache ist Vasilie Popps 1821 in Sibiu erschienenes Buch über die therapeutische Wirkung von Mineralwässern. Seine Wortschöpfungen stammen fast alle aus dem Lateinischen: congestie, cura˘ , doctor, excretie, mixtur˘a, pollu¸tie, pulmîni, puls, reproduc¸tie, secre¸tie, temperament, temperatura˘ (ib., 63 s.; cf. zur Medizinterminologie auch Toma 1986). Einen tiermedizinischen Traktat, erschienen 1816 in Buda, übersetzt Petru Maior aus dem Ungarischen und betreibt die Latinisierung des Wortschatzes aufs Trefflichste: er kreiert amputa¸tie, apetit˘a, aversa¸tie, castra¸tie, celeritate, cicatrice, circula¸tie, congestie, contagios, contagiu, contaminat, corp, crusta˘ , curatic, decoct, deliriu,
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134. Sprachkontakte: Latein und Rumänisch dispozi¸tie, duoden, frigid, infus, înfla˘ ma¸tie, înhumá, înocula¸tie, morb, nerv, nociv, ocula¸tie, ospital, ostipa¸tie, obstruc¸tie, prescrip¸tie, prezervativ, propaga¸tie, prurit, puls, remediu, repurga¸tie, respira¸tie, scabie, supura¸tie, transpira¸tie, urina˘ , veterinar u.v. a. (Ursu 1962, 61).
Ähnliche Vorgehensweisen betreffen die Fachsprache von Geographie, Physik, Chemie und Mathematik, deren Aufkommen Ursu (ib.) in lexikographischer Manier dokumentiert. Statistische Auswertungen liegen für die juristisch-administrative Terminologie für den Zeitraum von 1780 bis 1850 vor (Saramandu 1986, 60 ss.). Auch hier lassen sich Latinismen nicht durchgängig von Entlehnungen aus romanischen Sprachen trennen, dennoch wird deutlich, dass in den untersuchten Texten dieser Periode die Latinismen mit einem Anteil von 24,02 % die drittgrößte Gruppe – nach den Erbwörtern und nach den Slavismen – in der etymologischen Struktur des Korpus der Rechtstermini ausmachen. Die eigentliche Bedeutung dieses Wertes und damit die Intensität der Latinisierung wird erst mit dem Vergleich zum 17. Jh. deutlich, wo die Latinismen nur einen Anteil von 0,18 % an diesem Wortschatzsegment haben (ib.). Für den politisch-sozialen Wortschatz hat Bochmann (1979) herausgearbeitet, dass die lateinisch-romanischen Entlehnungen, die sich schließlich durchsetzten, oft in ein Synonymenfeld eingebettet waren, zwischen dessen Elementen oft soziolinguistische und semantische Nuancierungen bestanden. Schließlich ist die Presse als wortschöpfende und multiplikatorische Instanz zu nennen (Andriescu 1979). Timotei Cipariu (1805–87; 1987) unternimmt eine theoretische Fundierung der Latinisierungsanstrengungen, indem er zwischen solchen Lexemen differenziert, die im klassischen Latein vorkommen (und nur diese als Latinismen gelten lässt), solchen, die aus anderen romanischen Sprachen stammen und daher schon eine vom Lateinischen sich entfernende Entwicklung hinter sich haben, und solchen, die nur in Vergessenheit geraten, aber im älteren Rumänischen vorgekommen seien (cf. Kramer 1985, 55 ss.). Wie sich oben bereits bei den von Maior verwendeten Latinismen gezeigt hat, kommen Nachbarsprachen des Rumänischen als Vermittler in Frage, bes. wenn sie, wie dort im Falle des Deutschen und Ungarischen (Gleiches gilt für die Vermittlungen durch das Polnische wie impresie < impresja) der lateinischen Einflusssphäre angehören. Aber
auch das Russische kommt als Vermittlersprache in Frage (v. a. in der ersten Hälfte des 19. Jh., cf. Bochmann 1979, 34; 49), und hier zeigt sich anhand von Neologismen auf -¸tie (deduc¸tie, direc¸tie, ocupa¸tie, por¸tie, ra¸tie, sta¸tie) beispielhaft, wie verschlungen einerseits die Wanderwege sein und verschiedene Übernahmetraditionen ineinander wirken können (cf. Schroeder 1992, 17), und andererseits, wie sich Suffixe verselbständigen, wenn z. B. emancipa¸tie, hiroman¸tie weder zur französischen noch zur russischen Lautung passen. Zur lautlichen und morphologischen Anpassung und zu Methoden der Herkunftsbestimmung cf. die ausführlichen Verweise bei Iv˘anescu (1980, 626 s.). Zu erwähnen ist der Sonderweg, den Aron Pumnul (1818–66) bei der Übernahme von Latinismen beschritt und den weit weniger konsequent auch schon Petru Maior gegangen war, wenn er destimpt statt distinct verwendet (Bahner 1967, 54). Nach seiner Übersiedlung von Siebenbürgen nach Czernowitz widmet Pumnul sich dort, im Rahmen seiner Tätigkeit als Gymnasiallehrer, der Pflege seiner Muttersprache, insbes. ihres lexikalischen Ausbaus. Für neue Bezeichnungsnotwendigkeiten sollten seiner Meinung nach nicht nur Wörter aus dem Lateinischen übernommen werden, sondern ihre Integration sollte in anachronistischer Weise gemäß den charakteristischen Lautentwicklungen des Rumänischen erfolgen: statt eveniment sollte es evenimînt heißen, statt na¸tiune: na˘ ciune, statt obiect: obiept (ib., 118).
6.
Das 20. Jahrhundert
In der Gegenwart verhält sich das Rumänische in Bezug auf Neologismen kaum anders als die übrigen romanischen (und nichtromanischen) Sprachen. Selbst der den politischen Verhältnissen bis 1989 geschuldete Unterschied hinsichtlich der quantitativen Dimension besteht seitdem nicht mehr. Die modernen Neologismen bestehen zwar weitgehend aus lateinisch-griechischem Sprachmaterial, sind aber aus dem Englischen, Französischen, Deutschen usw. entlehnt, oft über mehrere Sprachen, ohne dass man diese ‘multiple Etymologie’ anhand sprachwissenschaftlicher Kriterien entwirren könnte. Dimitrescu (1995) exemplifiziert die vielschichtige Präsenz des lateinischen Elements: Es finden sich Wörter wie cvadruplu, flexibil, plenar, «care au o dubla˘ etimologie», nämlich eine französische und eine lateinische,
1562 oder Lateinisches, das aus dem Englischen übernommen wurde: campus, hibiscus, terariu, serpentarium, digital, terminal. Die der Werbesprache eigenen Regularien spielen eine Rolle bei den Kreationen lavoterp (für ein Waschmittel) und luxomat (für eine Beleuchtungsvorrichtung). Eine neue Getreidesorte trägt den Namen triticale (< lat. triticum + secale). Hybridbildungen, d. h. Verbindungen von ursprünglich lateinischen und griechischen lexikalischen Elementen, liegen vor in odorologic, holodentografie, choreautor. Zahllos sind die Präfixoid- und Suffixoidbildungen, für die hier stellvertretend die Formen auf mini- stehen sollen, das mit der minijup˘a und dem minicalculator seinen Siegeszug antrat (alle Beispiele nach Dimitrescu 1995, 256 s.): miniaragaz, miniatelier, miniautorom, minibaschet, minibaschetbalist, minibrad, minicaban˘a, minicampionat, minicentru, minicooperator, minifota˘ , minifotbal, minigenerator, minighid, minigr˘adini¸ta˘ , minihotel, miniinsul˘a, miniinterviu, miniinsemnare, minimagazie, minima¸sina˘ de g˘atit, minimodel, minimotoreta˘ , miniora¸s, minipatrul˘a, miniracheta˘ , minirobot, minirulad˘a, minitehnician, minitransfer, minivacan¸ta˘ .
Unmittelbar nach der Wende war es v. a. die Sprache der Presse, die massiv Neologismen aus dem Französischen importierte. Diese unterstreichen zwar den lateinischen Charakter des Rumänischen, doch ist ihre explizit französische Herkunft unverkennbar: a conseia (< conseiller), a conserna (< concerner), inlasabil (< inlassable), inubliabil (< inoubliable) sind nur wenige Beispiele für dieses Vorgehen (Sora 1997/98). Mit der politischen Revolution von 1989 ging – in Rumänien wie in den anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks – eine sprachliche Revolution einher, die v. a. von der Sprache der Medien und der Werbung getragen wird. Unter den neuen Rahmenbedingungen stehen diese beiden Bereiche im Rumänischen dem v. a. anglophonen Einfluss ebenso offen wie in anderen Sprachen. Ungeachtet der Entlehnung ins Rumänische als Anglizismen hat der überwiegende Teil solcher Neologismen gemäß seiner ‘etimologia remota’ ein lateinisch-romanisches Aussehen bewahrt, was der Integration ins Rumänische förderlich ist. Sicherlich ist die Intensität von Neologismen in einzelnen Textsorten, in einzelnen Wortschatzsegmenten unterschiedlich und harrt der Untersuchung (auch in Bezug auf Lexikalisierung
XII. Sprachkontakte und Migration
vs. okkasioneller Verwendung). Doch das Einströmen englischen Wortguts ins Rumänische führt, soweit es sich um lateinisch-romanisches Material handelt, die lexikalische Romanisierung des Rumänischen in dritter Generation fort und nimmt die Stelle ein, die ehedem die Latinismen der Siebenbürgischen Schule und die Romanismen des 19. und 20. Jh. innehatten. Schließlich eröffnet sich die interessante Frage, ob sich in dieser Sicht das Rumänische in Rumänien anders verhält als das Rumänische in der Republik Moldova, wo allein schon wegen der Sprachsituation innerhalb des Landes der slavische Einfluss anders als in Rumänien nicht gänzlich verdrängt ist.
7.
Literatur
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Rainer Schlösser, Jena
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania Contacts linguistiques: latin et Italoromania 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
1.
Beginn des lateinischen Kulturadstrats Reflexion zum Verhältnis Latein / Volkssprache Latein und Italienisch in Sachbereichen Latein und Italienisch in Kommunikationssituationen Auswirkungen des Sprachkontakts Ergebnis Literatur
Beginn des lateinischen Kulturadstrats
Zur Intensität des Einflusses der lateinischen Sprache als Kulturadstrat auf die romanischen Sprachen liegen nur wenige
detaillierte vergleichende Studien vor (cf. jedoch zu Kap. 5 aus jüngster Zeit DELR und Reinheimer-Rîpeanu 2004; ausführlicher dazu in Ernst 2005). Eine solche ist auch hier nicht beabsichtigt. Dennoch ist die communis opinio wohl nicht ganz unbegründet, das Italienische sei von den Anfängen bis in neueste Zeit stärker als andere romanische Sprachen vom Lateinischen geprägt worden. Diese Meinung wurde bereits von Dante vertreten, der einen Vorzug des Italienischen gegenüber den anderen romanischen Sprachen sah, «quia magis videtur inniti grammatice [= Latein] que comunis est» (Dante, De vulgari eloquentia, ed. Mari-
1564 go 1938, I, X, 4; videntur mit Bezug auf «qui dulcius subtiliusque poetati vulgariter sunt», ed. Mengaldo 1968, I, X, 2). Dantes Kommentator aus dem 15. Jh., Cristoforo Landino, zieht daraus den Schluss: «è necessario essere Latino chi vuole essere buon Toscano» (Landino, zit. nach De Mauro 21970, 321). Diese bes. starke Beeinflussung des Italienischen durch das Latein steht im Zusammenhang mit einer bes. intensiven und lange andauernden kulturellen Kontaktsituation. Allerdings lässt sich dieses Argument – insbes. für die Anfänge des Italienischen – auch umgekehrt verwenden: Eine relativ geringe Distanz im Lautsystem eröffnete hier länger als in anderen Gegenden der Romania gewisse – wenn auch eingeschränkte – Kommunikationsmöglichkeiten über den Graben zwischen Latein und Volgare hinweg. Am weitesten – und vielleicht doch zu weit – geht hier Banniard (1992, 492), der als Ende der «communication verticale latine» (d. h. der Verständigungsmöglichkeiten zwischen gebildeten und ungebildeten Sprechern in lateinischer Sprache) für den Bereich des Französischen den Zeitraum 750–800, für Nord- und Mittelitalien 900–950 angibt und für Süditalien die Möglichkeit eines noch späteren Zeitraums offen lässt. Den länger als anderswo andauernden ‘vertikalen’ Kommunikationsmöglichkeiten auf Latein entspricht das spät einsetzende Bewusstsein von der Verschiedenheit zweier Sprachen bzw. das relativ späte Auftreten erster vulgärsprachlicher Texte. Zwar kann man schon in Pachtverträgen des 8. Jh. aus Mittelitalien einen deutlichen sprachlichen Bruch zwischen den formellen Teilen und den informellen, inhaltlichen Füllungen beobachten: «per omnem annum de ipsa casa vel res reddere debeam uno animale annutino in mense magio, porco uno annutino in octummio, sex decimate de vino, grano siligine bono modia quattuor, angaria, quantas utilitas fuerit» (Sabatini 1980, 47; Hervorh. Sabatini).
Im Bewusstsein der Schreiber solcher Texte stellte sich die Unterschiedlichkeit der Textabschnitte aber vermutlich noch als Verwendung unterschiedlicher Varietäten desselben sprachlichen Diasystems dar, nicht als code switching zwischen verschiedenen Sprachen. Von (Kultur-)Adstrat kann man sinnvoller Weise jedoch erst dann sprechen, wenn das Bewusstsein von zwei verschiedenen
XII. Sprachkontakte und Migration
Sprachen gegeben ist; eine Untersuchung zu diesem Adstrat kann frühestens bei den ersten schriftlich überlieferten Texten einsetzen. Die frühesten allgemein als italienisch angesehenen Texte stehen in lateinischem Kontext. Für die Anerkennung des Indovinello veronese (ca. 800) als vulgärsprachlicher Text sind sogar gerade seine Position als Federprobe im Anschluss an eine lateinische Handschrift und der deutliche sprachliche Gegensatz zu diesem Kontext ausschlaggebend. Die ausnahmsweise Verschriftung der sonst nur gesprochenen Volkssprache wurde hier durch die informelle Situation ermöglicht. In etwas anderer Weise handelt es sich um eine «oralité mise par écrit» bei der Inschrift der Commodilla-Katakombe, «qui semble nous parler dans le cadre immédiat d’une situation donnée» (Koch 1993, 45). Auch die zeitlich folgenden vulgärsprachlichen Textabschnitte sind in lateinischen Kontext eingebettet: Bei den Placiti cassinesi (bzw. Formule campane) von 960/63 handelt es sich um Zeugenaussagen (zu Besitzverhältnissen) inmitten eines lateinischen Protokolls. Auch hier, eineinhalb Jahrhunderte nach dem Indovinello veronese, bedurfte es einer besonderen Situation, um einen italienischen Satz schriftlich festzuhalten: die juristisch einwandfreie Protokollierung der mündlichen Zeugenaussage, auch wenn diese keineswegs spontan, sondern durch juristisch relevante Formeln festgelegt war (cf. Fiorelli 1994, 553–556; Michel 1997, 148–165). Der Wechsel von Volkssprache in das Medium der Schrift und damit die Existenz volkssprachlicher Texte war in den ersten Jahrhunderten somit die Ausnahme, die an besondere pragmatische Umstände gebunden war (cf. die Kategorisierung derartiger Situationen bei Koch 1993). Handelt es sich hier noch um den Übergang mündlicher Rede in das schriftliche Medium, so war in der Folgezeit zunächst der Wechsel des Mediums in umgekehrter Richtung von Bedeutung: eine volkssprachliche Schriftlichkeit, die zur mündlichen Realisierung bestimmt war (ib., 49 ss.).
2.
Reflexion zum Verhältnis Latein / Volkssprache
Dante hat sich zu dieser Problematik mehrmals geäußert – Äußerungen, die scheinbar widersprüchlich, aber dennoch miteinander vereinbar sind. Im Convivio (1303/07) rechtfertigt er die ungewöhnliche Tatsache, dass
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
er ein gelehrtes Werk in der Volkssprache schreibt (Dante, Convivio, I, V). Dabei argumentiert Dante zunächst für die Überlegenheit, die höhere Qualität des Lateinischen. Er nennt hierfür drei Gründe: –
–
–
nobilità: «perché lo latino è perpetuo e non corruttibile, e lo volgare è non stabile e corruttibile», d. h. das Latein sei fixiert und unveränderlich, keinen Missdeutungen (auch bei der Nachwelt) ausgesetzt, die bei einer sich verändernden Sprache auftreten können; vertù: «lo latino molte cose manifesta concepute nella mente che lo volgare fare non può», d. h. die reicher entwickelte Begrifflichkeit des Lateinischen macht es für viele Verwendungsbereiche geeigneter als die Volkssprache; bellezza: «quello sermone è più bello ne lo quale più debitamente si rispondono le parole; e più debitamente si rispondono in latino che in volgare, però che lo volgare seguita uso e lo latino arte», d. h. Latein ist ‘kunstfertiger’, regelhafter geordnet als die Volkssprache.
Dennoch schreibt Dante hier in Volgare, d. h. in Italienisch (das bei Dante nirgends so genannt wird). Seine Begründung hierfür lässt sich wie folgt zusammenfassen: –
–
–
Die formale Struktur des – nicht vollendeten – Convivio sah 15 Kapitel als Kommentar zu 14 volkssprachlichen Kanzonen vor. Der Kommentar könne aber nicht in einer Sprache verfasst werden, die derjenigen des zu Kommentierenden überlegen ist (ib., I, VI ). Der Kommentar sollte allen potentiellen Lesern der volkssprachlichen Kanzonen zugänglich sein, den «non litterati che litterati» (des Lateins Unkundigen und Lateinkennern) (ib., I, VII ). Damit erreiche der Text einen größeren Leserkreis («lo latino averebbe a pochi dato lo suo beneficio, ma lo volgare servirà a molti», ib., I, IX ). Dante wendet sich anschließend gegen die Verächter der eigenen Volkssprache und schließt den ersten Traktat des Convivio mit einem Preis seiner Muttersprache: «Questo sarà luce nuova, sole nuovo, lo quale surgerà là dove l’usato [= Latein] tramonterà, e darà lume a coloro che sono in tenebre e in oscuritade per lo usato sole che a loro non luce» (ib., I, XIII ).
1565 Das Lob der Muttersprache findet sich auch in Dantes lateinischer (!) Schrift über die in der Dichtkunst zu verwendende volkssprachliche Sprachvarietät, De vulgari eloquentia (1303, nicht vollendet). Wenn Dante sich gerade hier des Lateinischen bedient, so ist das wohl auf den intendierten Leserkreis (Spezialisten der Dichtkunst, nicht ein breiteres Publikum) zurückzuführen. Der Preis der vulgaris locutio steht hier bereits am Anfang des Traktats; sie wird als Muttersprache definiert: «quam sine omni regula nutricem imitantes accepimus». Ihr wird die hieraus (inde!) abgeleitete grammatica gegenübergestellt: «Est inde alia locutio secundaria nobis, quam Romani gramaticam vocaverunt». Dabei wird die vulgaris locutio als nobilior bezeichnet, da jeder über sie – wenn auch in verschiedenen Ausprägungen – verfüge, während die gramatica nur den pauci zugänglich sei. Als (locutio) naturalis sei sie zudem der (locutio) artificialis überlegen (De vulgari eloquentia, ed. Marigo 1938, I, I, 2–4). Wenn nun Dante im Convivio dem Latein die größere nobilità bescheinigt, während er in De vulgari eloquentia das Volgare als nobilior ansieht, so antwortet er damit auf unterschiedliche Fragestellungen: Die Überlegenheit des Lateinischen ist für Dante eine historisch bedingte, akzidentelle Tatsache: Es verfügt über eine Sprachvarietät, die im Gegensatz zum Volgare für Literatur und Wissenschaft geeignet ist. Wenn Dante andererseits das Volgare über das Latein stellt, so ist dies ein essentielles Urteil: Die von Gott allen Menschen bei der Geburt mitgegebene Muttersprache ist prinzipiell überlegen, sie erlaubt auch die Kommunikation mit allen Zeitgenossen (zumindest im selben Kulturkreis); in dieser Hinsicht ist sie nobilior als die von Menschen gemachte gramatica (das Latein). Dante zieht aus diesen Gegebenheiten den Schluss, es sei Aufgabe der Intellektuellen Italiens, an der Muttersprache so weit zu arbeiten und an ihr zu feilen, bis ihre prinzipielle Überlegenheit deutlich wird. Nach Dante nahm – im späten 14. und im 15. Jh. – die Wertschätzung des Volgare im Vergleich zum Lateinischen ab: Dante galt einigen – nicht nur, aber auch wegen seiner Verwendung des Volgare – als poeta di ciabattai, als Poet für Flickschuster, d. h. für das niedere Volk. Petrarca, der für seine lateinischen Werke zum poeta laureatus ernannt wurde, hat kein einziges volkssprachliches Prosawerk geschrieben; sein lyrisches
1566
XII. Sprachkontakte und Migration
Werk bezeichnete er selbst als nugae, als Kleinigkeiten, Spielereien. Boccaccio hatte offenbar im Alter ein distanziertes Verhältnis zu seinen volkssprachlichen Schriften (cf. Klein 1957, 49). Im 15. Jh. wurde die Frage des Verhältnisses von Latein und Volgare wieder ausführlich diskutiert. Als Ausgangspunkt dieser Diskussion wird gewöhnlich ein Briefwechsel der Humanisten Biondo Flavio und Leonardo Bruni aus dem Jahr 1435 angesehen (cf. Tavoni 1984). Biondo geht für die Antike von einem Latein mit hoher und niederer Sprachvarietät aus. Dieses Diasystem sei durch die Barbareneinfälle verunreinigt worden, «ut pro romana latinitate hanc barbarica mixtam loquelam habeamus vulgarem» (Biondo, zit. nach Tavoni 1984, 214). Bruni sieht dagegen in seiner Antwort das literarische Latein und die Sprache des Volkes bereits in der Antike als zwei verschiedene Sprachen an; die sprachliche Situation ist deshalb für ihn damals grundsätzlich dieselbe wie zu seiner eigenen Zeit: «Ego autem, ut nunc est, sic etiam tunc distinctam fuisse vulgarem linguam a litterata existimo» (Bruni, zit. nach ib., 216). Tavoni (1992, 61) sieht in Brunis Modell der «perdurante diglossia» die Negierung der Möglichkeit, die Sprache des Volkes zu einer geregelten Kultursprache zu erheben (auch wenn Brunis Lob der poetischen Möglichkeiten einer jeden Sprache in gewissem Gegensatz hierzu zu stehen scheint: «Ciascuna lingua ha la sua perfezione e suo suono e suo parlare limato e scientifico», Bruni, ed. Lanza 1987, 49). Folgerichtig interpretiert Tavoni (1992, 63) die Bemühungen eines Leon Battista Alberti um die Regularisierung und den Ausbau des Volgare als Fortführung der Argumentationslinie von Flavio Biondo und als Ablehnung von Brunis Position:
Im 16. Jh. neigt sich die Waage der Wertschätzung auf die Seite der Volkssprache. Pietro Bembo (Prose della volgar lingua, Venezia, 1525) sieht die Volkssprache als dem Lateinischen ebenbürtig an, sie sei «propria, naturale e domestica» und in dieser Hinsicht der Fremdsprache Latein überlegen. Mit den Werken der ‘tre corone’ Dante, Petrarca und Boccaccio habe schließlich eine Art translatio studii von den Sprachen der Antike zu den modernen Volkssprachen stattgefunden. In Sperone Speronis Dialogo delle lingue (Venezia, 11542) wird zwar einerseits (durch Bembo als einen der fiktiven Dialogpartner) festgestellt, die italienische Sprache habe den Zustand der Perfektion noch nicht erreicht, es müsse noch an ihr gefeilt werden; andererseits werden aber bereits die klassischen Sprachen als tote Sprachen abgewertet: «Direi finalmente, quando esser volessi maligno, […] la lingua Greca e Latina già esser giunte all’occaso; nè quelle esser più lingue, ma carta solamente ed inchiostro» (ib., ed. Harth 1975, 98 ss.). Etwa 40 Jahre nach Speroni werden die Argumente zugunsten der Volkssprache von Benedetto Varchi (L’Ercolano, Florenz, 1570) zusammengefasst. Hier werden allerdings dem Italienischen Vorzüge zugeschrieben, die objektiv kaum fassbar sind: bellezza, dolcezza, gravità, nobilità, chiarezza, onestà (Klein 1957, 81–89). Nach den Traktaten von Bembo und Speroni versandet die Diskussion zur Konkurrenz Latein / Italienisch. Sie mündet in die Frage nach dem besten Italienisch. Italienisch gilt nunmehr als Normalfall, Latein als Sonderfall, reserviert für bestimmte Bereiche. Eine Zuordnung bestimmter Domänen zu den beiden konkurrierenden Sprachen findet sich bereits bei Speroni: In Volgare solle man schreiben
«Ben confesso quella antiqua latina lingua essere copiosa molto e ornatissima, ma no però veggo in che sia la nostra oggi toscana tanto d’averla in odio, che in essa qualunque benché ottima cosa scritta ci dispiaccia […] E sia quanto dicano quella antica apresso di tutte le genti piena d’autorità, solo perché in essa molti dotti scrissero, simile certo sarà la nostra s’e’ dotti la vorranno molto con suo studio e vigilie essere elimata a polita» (Alberti, Proemio zum dritten Buch der Libri della famiglia, 1433/34, zit. nach ed. Grayson 1973, vol. 1, 155 s.).
«di empirici, di meccanici, delle virtuti e vizii […], del mondo novo, de’ romanzi, di novelle, di commedie, di istorie, di medicina; pratica della corte, statuti di città, vite di santi, vite di moderni, istorie moderne, ingegni di fortezze, costumi di corte» (Trattatelli di vario argomento, zit. nach Klein 1957, 80).
Für den weiteren Verlauf dieser Diskussion im 16. Jh. cf. Klein 1957; Tavoni 1984; 1992; Marazzini 1993, 237 ss.; → Art. 20.
3.
Latein und Italienisch in Sachbereichen
3.1. Literatur (cf. dazu auch → Art. 173) Die ersten überlieferten Texte in einem Volgare aus Italien waren ‘lebensprakti-
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
scher Art’, sie gehören dem ‘kommunikativen Nähebereich’ (insbes. ‘oralité mise par écrit’), nicht der Literatur an (cf. dazu Koch 1993, 45). ‘Schöne’ Literatur kam erst später. Als erstes volkssprachliches Gedicht haben wir in Italien den anonymen Ritmo Laurenziano (40 Zeilen) aus der zweiten Hälfte des 12. Jh.; das erste Gedicht mit namentlich bekanntem Autor ist der Cantico delle Creature (1224 oder 1225) von Francesco d’Assisi, kurz danach entstanden am Hof Friedrichs II . in Palermo die Werke der Scuola Siciliana. Zum Vergleich: In Frankreich haben wir u. a. bereits in der Mitte des 11. Jh. die Vie d’Alexis, eine vulgärsprachliche Heiligenvita von über 600 Versen; die Chanson de Roland, ein Hauptwerk mittelalterlicher Epik, ist vermutlich bereits um 1100 entstanden; im 12. Jh. schrieben Chrétien de Troyes seine höfischen Romane, Marie de France ihre Lais und Béroul Tristan et Yseut. Gab es im Gegensatz hierzu vor ca. 1220/30 keine ‘schöne Literatur’ in Italien? Eine denkbare Teilantwort auf diese Frage wäre der Verweis auf die reiche mittellateinische Literatur auf italienischem Boden (cf. als einführende Anthologie Bertini 1988). Wie sehr diese Literatur im kulturellen Gedächtnis Italiens verwurzelt ist, zeigt der hohe Anteil lateinischsprachiger Literatur in renommierten Anthologien italienischer Literatur der Frühzeit (Contini 1970: knapp ein Fünftel der Textmenge von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jh.). Hat also im 11. und 12. Jh. die mittellateinische Literatur in Italien die Rolle eingenommen, die z. B. in Frankreich die volkssprachliche Literatur spielte, und ist dies etwa gar die Folge der sprachsystematisch (v. a. im Lautsystem) geringen Distanz des Italienischen zum Lateinischen? Eine solche Annahme ist aus mehreren Gründen irritierend: Zum einen hat es auch auf dem Boden Frankreichs und anderer europäischer Länder eine reiche mittellateinische Literatur neben der volkssprachlichen gegeben (quantitative Auszählungen und damit Vergleichsmöglichkeiten liegen nicht vor). Zum anderen muss man auch bei mündlichem Vortrag das Ende der ‘communication verticale latine’ in Italien zwar vielleicht später als in anderen Gebieten der Romania, aber doch spätestens Mitte des 10. Jh. ansetzen (Banniard 1992, 492). Angesichts der Menge von Analphabeten bzw. des Lateinischen Unkundigen (beide Mengen fielen im Mittelalter
1567 annähernd zusammen) gilt dies in noch höherem Maß für schriftliche Texte. Anfänge volkssprachlicher Poesie finden sich in der religiösen Lyrik, v. a. in Umbrien (Francesco d’Assisi, Iacopone da Todi; cf. Kap. 3.3.); außerhalb der Kirche erhielt die Scuola Siciliana Anstöße aus der provenzalischen und französischen Lyrik; auch in der Epik war Frankreich das Vorbild für die beginnende Emanzipierung einer volkssprachlichen Literatur (letteratura franco-veneta bzw. franco-italiana, cf. Holtus 1989). In der Prosa erschienen erste vulgärsprachliche Texte in der Gestalt von volgarizzamenti, teils recht freien Übersetzungen / Bearbeitungen lateinischer Texte (Buck / Pfister 1978; Guthmüller 1989; → Art. 120, Kap. 1.2.). Auftraggeber der volgarizzamenti waren regierende Fürsten oder Angehörige des aufstrebenden Bürgertums der mittelund norditalienischen ‘comuni’ mit einer eher praktischen, an politischen und wirtschaftlichen Erfordernissen orientierten Bildung, die sich von den aus dem Lateinischen übersetzten Texten lebenspraktische und moralische Belehrung erwarteten. Mit fortschreitender Anerkennung des Italienischen als – zumindest im literarischen Bereich – gleichwertiger, voll ausgebauter Sprache wurde dann auch originale ‘schöne’, d. h. fiktionale Literatur in Prosa und Poesie zunehmend volkssprachlich. Allerdings nicht uneingeschränkt: Fast alle Humanisten des 16. Jh. schreiben sowohl Latein als auch Italienisch, u. a. Bembo, Ariosto, Della Casa (cf. zu letzterem Parenti 1997). In der Poesie sind dabei unterschiedliche Diskurstraditionen jeweils an eine bestimmte Sprache gebunden: Eine «zum Tragischen tendierende Schmerzliebe» wird petrarkistisch in der Volkssprache bedichtet; Latein wird dagegen, in Anlehnung an die lateinischen Neoteriker für eher sinnlicherotische Liebeslyrik bevorzugt (SchulzBuschhaus 1996, 197). Selbst ein hinsichtlich des Inhalts volksnahes Genus wie die römischen Pasquinate des 16. Jh. kennt zahlreiche Texte / Gedichte in lateinischer Sprache (cf. Marucci / Marzo / Romano 1983). Sonderfälle des sprachlichen Nebeneinanders von Latein und Volkssprache sind im 16. Jh. einerseits die poesia maccaronica, andererseits das ‘polifilesco’. Hauptvertreter der ersteren ist Teofilo Folengo (1491–1544; cf. Folengo, ed. Cordié 1977; Paccagnella 1979; für die Bezüge und Parallelen zu Predigttraditionen cf. Lazzerini 1971). Als Bei-
1568 spiel mögen zwei Verse aus dem Gedicht Ad Zaninam (Folengo, ed. Cordié 1977, 9) genügen: «O Zannina meo plus stralusenta badilo / cur sguardaduris me, traditora, feris?» Das Nebeneinander der Sprachen wird hier zu einem burlesken Durcheinander: Nach der grammatischen Struktur handelt es sich um einen lateinischen Text. Jedoch wird die lateinische Prosodie durch den Wechsel betonter und unbetonter Silben ersetzt, italienische bzw. dialektale Wörter (wie Zanina (“Giannina”), stralucente, badile “Schaufel”, traditora als fem. zu traditore) werden mit lateinischen grammatischen Morphemen verbunden; die Komparativbildung erfolgt nach italienischem Muster. Umgekehrt werden in der Hypnerotomachia Poliphili (daher der Terminus polifilesco) eines Francesco Colonna (Venedig, 1499) lateinische Wörter und Wortbildungsverfahren in überreichem Maß nur oberflächlich italianisiert und in einen prinzipiell italienischen Text eingefügt. Die Hybridisierung geht hier so weit, dass stellenweise kaum noch auszumachen ist, welchem der beiden Diasysteme (Latein / Italienisch) der Text zuzuordnen ist (Serianni 2002, 32 s.). Poesia maccaronica und polifilesco sind Extremfälle der Vermischung (italienische Autoren sprechen von mescidazione bzw. testi mescidati: Giovanardi 1994, 439ss.; Rossi 2001, 51 ss.) beider Sprachen. Dabei ist der Polifilo nichts anderes als die «punta oltranzistica di una larga disponibilità dell’italiano quattrocentesco, fuori di Toscana, alla nobilitazione attraverso il latino» (Serianni 2002, 32). Das Auftreten der auf komische Effekte zielenden poesia maccaronica (und ähnlich die Figur des auch im Alltagsleben übermäßig latinisierenden pedante im Theater; cf. Rossi 2001, 53 s.) in der ersten Hälfte des 16. Jh. kann man jedoch als Anzeichen dafür ansehen, dass zeitgenössische Literatur / Poesie in lateinischer Sprache nicht mehr von allen als selbstverständlich empfunden wurde. Das Italienische drängte das Lateinische in der Literatur seit etwa der Mitte des 16. Jh. in eine Randstellung. Zumindest diese Position konnte das Lateinische in Italien aber noch längere Zeit halten, und sei es auch nur als neuhumanistisches ‘exercitium’, das inhaltlich ganz unterschiedlichen Zwecken dienen konnte, wie etwa einige lateinische Gedichte aus den antirevolutionären, antifranzösischen Texten des Misogallo Romano vom Ende des 18. Jh. (Formica / Lorenzetti 1999). Auch ein Autor
XII. Sprachkontakte und Migration
wie Giovanni Pascoli (1855–1912), ein fester Bestandteil des italienischen Literaturkanons, hat noch um 1900 Gedichte in lateinischer Sprache veröffentlicht (ed. Valgimigli 1951). 3.2. Rechtswesen und Verwaltung (cf. dazu bes. Raible 1993; Fiorelli 1994; → Art. 184, Kap. 2.) Der juristisch-administrative Bereich war bes. lange eine Domäne des Lateinischen, obwohl gerade die Placiti cassinesi (Mitte des 10. Jh.) bzw. einige Passagen hieraus gewöhnlich als erste italienische Textdokumente angesehen werden (cf. Kap. 1). Der Grund hierfür liegt in der (auch) sprachlichen Doppelgesichtigkeit von Rechtswesen und Verwaltung: In der Kommunikation zwischen Laien, d. h. des Lateinischen Unkundigen, und Fachleuten, Juristen, konnte sinnvoller Weise nur die Volkssprache Verwendung finden (hier: Zeugenaussagen vor Gericht innerhalb des im Übrigen lateinischen Protokolls; cf. dazu Michel 1997, 148–165). Ähnlich, zwei Jahrhunderte später (1158), die protokollierte Wiedergabe von Zeugenaussagen in den Testimonianze di Travale (Petrucci 1994, 52 s.). In der Kommunikation unter den Experten dominierte dagegen lange Zeit uneingeschränkt das Lateinische. Man kann sich diesen gespaltenen ‘sprachlichen Markt’ für die nächsten Jahrhunderte fortgeführt denken, auch wenn die Zufälle der Überlieferung zunächst keine weiteren Sprachdokumente als Beleg für den Gebrauch des Italienischen in mündlichen Verhandlungen zu Tage gebracht haben. Tendenziell waren dabei im administrativen Bereich die folgenden Parameter für den Gebrauch des Lateinischen (und reziprok dazu, des Italienischen) von Bedeutung: Latein
Italienisch
fachliche Kommunikation unter Fachleuten
Kommunikation von Fachleuten mit Laien
Offizialität, Öffentlichkeit
kanzleiinterne handlungspraktische Kommunikation
Theorie: Rechtsetzung, Praxis: Kommentare, Lehre Rechtsprechung Schriftlichkeit Mündlichkeit
Zur Thematik ‘öffentliche Texte in Latein vs. kanzleiinterne Texte in Volgare’ cf. auch Raible (1993) anhand von kommunalen Dokumenten des 13. Jh. aus Siena.
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
Danach dringt im Lauf der Jahrhunderte die Volkssprache in die Domänen des Lateinischen vor: Für die Zunftstatuten mag die Satzung der Schuhmacherzunft von Montepulciano als exemplarisch gelten (cf. Calabresi 1993). Sie wurde 1326 auf Latein verfasst und 1330/35 ins Italienische übersetzt, wobei die lateinische Fassung als die offizielle galt und die italienische dem besseren Verständnis durch die Betroffenen diente (ib., 602). Nach mehreren Ergänzungen und Änderungen, teils auf Latein, teils auf Italienisch, sind schließlich die Capitoli della venerabile Compagnia dei Calzolai […] di Montepulciano von 1645 eine völlig neue italienische Fassung der Statuten, ohne lateinische Parallelversion. Für die Toskana dürfte eine derartige Chronologie typisch sein, wobei evtl. nach dem Typ der betreffenden Zünfte zu differenzieren ist. Die ersten kommunalen Statuten in italienischer Sprache (Gemeinde Montieri, Toskana) sind in ihrer Zeit (1219) noch eine Ausnahme. Die lateinischen Statuten von Siena (1296) wurden 1309/10 ins Italienische übertragen (Fiorelli 1994, 568). In anderen Gegenden liegt der Übergang zur Volkssprache wesentlich später. Statuten der ‘comuni’ der Provincia Romana sind bis zum Ende des 16. Jh. lateinisch; nur einzelne Ergänzungen werden schon im 15. Jh. auf Italienisch vorgenommen. Seit der Mitte des 16. Jh. verfügen einige Kommunen parallel zu den lateinischen Originalen über italienische Übersetzungen (Federici 1930). Für die Sprachenwahl in städtischen Protokollen des 15. und 16. Jh. am Beispiel von Città di Castello, cf. Jaitner-Hahner (1998). Die Verwendung von Latein oder Italienisch ist u.a. abhängig von Fähigkeiten, Kompetenzen und Präferenzen des Kanzlers (cancelliere bzw. segretario), vom Textteil (Überschriften, Präambeln meist in Latein, auch bei sonst italienischen Texten), von der sprachlichen Kompetenz der Adressaten (bzw. – bei Reden – des Publikums), vom Prestige (Latein in offiziellen Schreiben an Lehrer und Ärzte), von den höheren (Latein) oder niedrigeren (Italienisch) Inhalten, von den lokalen bzw. regionalen kulturellen Gegebenheiten (öffentliche Schülerreden in Città di Castello bis ins 17. Jh. auf Latein, von Jaitner-Hahner 1998, 102, als Einfluss der Gegenreformation gedeutet; in Florenz wurden sie in jener Zeit bereits auf Italienisch gehalten). Es kam dabei auch zu Mischformen, etwa zu Zitaten italienischer
1569 Redebeiträge in lateinischen Sitzungsprotokollen, oder zur Einfügung vulgärsprachlicher spezialisierter technischer Termini im lateinischen Kontext (et est necesse facere il tramezzo in ea [= schola] […] et parapettum ante hostium; ib., 108). Für den Übergang von Latein zum Volgare als Kanzleisprache im 15. Jh. → Art. 184, Kap. 2. Im Notariatswesen war der schriftliche Bereich zunächst ausschließlich dem Lateinischen vorbehalten, jedoch müssen die mündlichen Verhandlungen auf Italienisch stattgefunden haben. Der Übergang von der lateinischen Schriftlichkeit zur italienischen Mündlichkeit (und umgekehrt) bzw. generell zwischen den beiden Sprachen gehörte zum Anforderungsprofil der Notare. Eine oft zitierte Verfügung aus Bologna (Mitte des 13. Jh.) verlangt von ihnen die Fähigkeit «legere scripturas quas fecerint vulgariter [= italienisch] et litteraliter [= lateinisch]» (Fiorelli 1994, 566). Zur gängigen Praxis in Strafverfahren cf. etwa aus einem Gerichtsprotokoll von 1293: «Super dicta accusa sibi lecta et vulgariçata dixit» (Fantappiè 2000, vol. 2, 86). Allmählich kommen auch schriftliche Übersetzungen auf für «quelli che ignorano e non sanno grammatica» (Fiorelli 1994, 566), dann Überarbeitungen oder selbständige italienische Texte. Die Verwendung des Italienischen nimmt dabei mit der Praxisnähe solcher Texte (u. a. Rechnungsbücher, Inventare etc.) zu. Deutlich später liegt der Übergang vom Lateinischen zum Italienischen in der Doktrin des Rechtswesens: Eine erste italienische Übersetzung der Institutiones erscheint erst 1552 (ib., 562). Aus dem 16. Jh. existieren schließlich die ersten gesetzgeberischen Maßnahmen, die den Gebrauch der Volkssprache in Recht und Verwaltung vorschreiben. Die Ordonnance de Villers-Cotterêts (1539), die auch für Savoyen galt, wird vom Herzog Emanuele Filiberto im Jahr 1560 für Piemont (im Wesentlichen) übernommen (ib., 577). In der Toskana verfügt Francesco de’ Medici 1585 für die Notare des Stadtstaates Siena den Gebrauch des Toskanischen. Freilich war im 16. und 17. Jh. die Mehrzahl juristischer Publikationen (insbes. auch solche der Rechtstheorie) immer noch lateinisch. Eine entscheidende Wende bedeutet hier das Werk des Juristen und Kardinals Giovan Battista De Luca, der auf seine rechtstheoretische, lateinisch geschriebene
1570 Summa Theatrum veritatis et iustitiae (Rom, 1669–73) beginnend mit Il dottor volgare (1673) nur mehr Veröffentlichungen in italienischer Sprache folgen ließ (Fiorelli 1984, 128; cf. auch 1994, 583 s.). 3.3. Kirche und Religion (cf. Librandi 1993; → Art. 115; 180) Im kirchlichen Bereich beeinflussen – ähnlich wie im Rechtswesen – zwei gegensätzliche Tendenzen die Wahl zwischen Latein und Volkssprache: Für die ungetrübte Kommunikation zwischen Kirche und Gläubigen (Beichtformeln, Predigt, Gebete; auch religiöse Lyrik und religiöses Theater gehören in einem weiteren Sinn dazu) sowie für das Sprechen der Gläubigen (Gebete) ist eine volksnahe Sprache besser geeignet. Andererseits gebietet die Heiligkeit des Gegenstandes eine Sprache der Distanz für Liturgie und heilige Texte, für die sogar das Risiko der Unverständlichkeit in Kauf genommen wird. Die Unverständlichkeit heiliger Schriften für Laien, auch jenseits der Sprachenfrage, kann – je nach historischem Kontext – sogar erwünscht sein. So meint etwa Librandi mit Bezug auf das Verhältnis der institutionalisierten Kirche zu religiösen Bewegungen des Mittelalters: «la volontà di tenere sotto controllo la lettura e l’interpretazione delle scritture trova […] un fondamento nella reale lontananza della gran parte dei partecipanti a questi movimenti religiosi dalle fonti del sapere: la semplice volgarizzazione dei testi non bastava a colmare una lacuna che andava ben al di là della conoscenza di una lingua» (Librandi 1993, 341).
Die Anordnung des Konzils von Tours (813) zur Verwendung der Volkssprache in den Predigten führte in der Folgezeit zu unterschiedlichen Formen und Graden des Neben- und Miteinanders von Latein und Volkssprache. In den ersten überlieferten volkssprachlichen Predigten aus Italien, den Sermoni subalpini in piemontesischem Volgare (um 1200), wechselt das Volgare mit dem Lateinischen ab, es dient oft als Glosse bzw. Kommentar zum lateinischen Text. Die Anteile der beiden Sprachen konnten wechseln: Missionarische Volksprediger predigten dem Volk auf öffentlichen Plätzen in dessen Sprache, vermischt mit lateinischen Zitaten. In der städtischen Kirche dominierte eher Latein, vermischt mit italienischen Ausdrücken und Sätzen, «per raggiungere un tono più confidenziale nelle parti narra-
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tive e aneddotiche» (Migliorini 51978, 260). Zu den dabei entstehenden, oft recht pittoresken Sprachmischungen, die von geschickten Predigern im Sinn einer Appellfunktion genutzt wurden, cf. Lazzerini (1971). In anderen Fällen wurde aus dem Nebenund Miteinander ein Nacheinander: Für das Jahr 1189 wird berichtet: «Dopo che il patriarca di Aquileia ha predicato in una chiesa del padovano, Gherardo vescovo di Padova spiega la predica in volgare (maternaliter)» (Migliorini 51978, 5). In Predigten berühmter Prediger der späteren Jahrhunderte (etwa Giordano da Pisa, Predigten in Florenz 1305–07; San Bernardino da Siena, Predigten u.a. in Florenz 1424/25, in Siena 1427) geht der Anteil des Lateinischen stark zurück, das Volgare wird allmählich die ausschließliche Sprache der Predigt. Dennoch kann das Latein – infolge der Zweisprachigkeit des Klerus und wohl auch in Abhängigkeit von der jeweiligen Hörerschaft – diese beeinflussen. So wird etwa den Predigten des Girolamo Savonarola eine humanistische, in Syntax und Lexikon an lateinische Vorbilder angelehnte Prosa bescheinigt (Librandi 1993, 360). Für die Weitergabe dieser Einflüsse an die Allgemeinsprache → Art. 180, Kap. 3. Die aktive Teilnahme von Laien an sprachlicher Kommunikation im religiösen Bereich war wohl immer (z. T. abgesehen von Gebeten und liturgischen Formeln) an die Verwendung der Volkssprache gebunden. So etwa im Beichtspiegel, für den ein frühes volkssprachliches Beispiel aus dem 12. Jh. vorliegt (Formula di confessione umbra). Religiöse Literatur soll belehrend, moralisierend, aber auch affektiv durch ästhetische Qualitäten auf das (Laien-)Publikum einwirken. Das tut sie zweckmäßigerweise in der Sprache des Volkes. So entstammen viele der frühesten Beispiele italienischer Literatur, insbes. der Poesie und des Theaters, dem religiösen Bereich: Francesco d’Assisi, Cantico delle Creature 1224 oder 1225, die Laude des Jacopone da Todi (um 1236–1306?), Laude drammatiche und Sacre rappresentazioni, mit bes. reicher Blüte in Umbrien. Daneben gab es jedoch auch eine religiöse Lyrik in lateinischer Sprache, die z. T. dem Kanon der Weltliteratur angehört, wie etwa die Sequenz Dies irae (Tommaso da Celano, ca. 1190–ca. 1260, zugeschrieben) oder das Stabat mater (vermutlich von Jacopone da Todi).
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
Heiligenleben (z. B. Iacopus de Voragine, Legenda aurea ca. 1263–73; Domenico Cavalca † 1342, Vite dei santi padri) wurden oft zunächst lateinisch geschrieben, später wurde ein volgarizzamento besorgt, zum Nutzen der «persone che non sanno grammatica [= Latein]» (Cavalca, zit. nach Librandi 1993, 343). Bibel, Liturgie und theologische Reflexion blieben bis weit in die Neuzeit hinein Domänen des Lateinischen. In der Frage der Bibelübersetzungen bestehen wesentliche Unterschiede zwischen dem – fast – rein katholischen Italien und Ländern mit einem größeren (z. B. Deutschland) oder kleineren (z. B. Frankreich) Anteil protestantischer Glaubensgemeinschaften. Zwar lehnte die katholische Kirche die Übersetzung der Heiligen Schrift nicht prinzipiell und von vornherein ab, und im Hoch- und Spätmittelalter (1. Hälfte des 14. Jh.) gab es immer wieder volgarizzamenti religiöser Texte und einzelner Bücher des Alten und des Neuen Testaments (→ Art. 115; 120); zwei verschiedene Bibelübersetzungen erschienen erstmals 1471 im Druck (→ Art. 180, Kap. 2). Das Konzil von Trient (1545–63) verbot jedoch den Druck von Bibelübersetzungen (zu den Gründen cf. Librandi 1993, 341). Die Bibel wurde so in Italien nie das verbreitete Familien- und Hausbuch, das sie etwa im protestantischen Deutschland Jahrhunderte lang (seit dem 16. Jh.) war. Sie hat in Italien auch nie die Allgemeinsprache derart stark beeinflusst wie etwa in Deutschland. Kirchlich-religiöses Wortgut kam eher auf dem Weg über die Liturgie ins Italienische: «L’apporto maggiore di forme latine avviene appunto attraverso il linguaggio liturgico: la messa, gli inni, le formule di fede, il latino del Vecchio e del Nuovo Testamento, promosso dai passi letti nelle funzioni sacre» (Beccaria 1999, 11).
Die Sprache der Bibel trug hierzu allenfalls indirekt bei. Nur ein Beispiel: Die Entsprechung zu dt. Perlen vor die Säue werfen (Matthäus 7,6) findet sich zwar als margaritas ante porcos in einem Handbuch zu lateinischen Redewendungen innerhalb italienischer Texte (Marchi 1986), jedoch nicht im Italienischen (Zingarelli 122003; die verschiedenen Fassungen in DISC – dare le perle ai maiali, gettare le perle ai porci – zeigen das Ausbleiben der idiomatischen Fixierung). Für die lange Beibehaltung des Lateinischen in der Liturgie der katholischen Kir-
1571 che mögen mehrere Gründe eine Rolle gespielt haben: Die gebotene Distanz der Gemeinde gegenüber dem Numinosum, die Rolle des Priesters als Vermittler zwischen Gott und den Gläubigen, nicht zuletzt aber auch der Wunsch nach weltumspannender Einheitlichkeit der Kirche in ihren liturgischen Formen. Nach vergeblichen Bestrebungen zur Einführung einer volkssprachlichen Liturgie in der ersten Hälfte des 16. Jh. (Librandi 1993, 353) wurde diese erst nach dem 2. Vatikanischen Konzil (1962–65) in Italien – wie in vielen anderen Teilen der katholischen Welt – zum Normalfall, die lateinische Liturgie zur Ausnahme. Für die vergangenen Jahrhunderte sind kaum sichere Aussagen darüber möglich, welcher Anteil der – lateinischsprachigen – Liturgie von der Masse der Gläubigen wirklich verstanden wurde. Eine Ahnung von dem Ausmaß an Unverständnis geben einige Sonette Bellis, der mit kirchenkritischer Akzentuierung den Alltag der kleinen Leute in Rom in der ersten Hälfte des 19. Jh. sprachlich einfängt. Im Sonett Nr. 1477 wird etwa ein Ausschnitt aus den Litaniae Lauretanae im Mund der ‘popolani’ folgendermaßen sprachlich verfremdet: «Virgo cremis – Spè coll’ojo stizzia – Ora pre nobbi – Sede e sapienza – Causa nostr’alletizzia – Arifugg’impeccatòro – Reggina Profettaro – Er zantòro moro» (= lat. Virgo clemens – Speculum iustitiae – Ora pro nobis – Sedes sapientiae – Causa nostrae laetitiae – Refugium peccatorum – Regina profetarum – sanctorum omnium; cf. Elwert 1969; Coccia 1985).
Zu diesem Aspekt und zu seinen Folgen für das Italienische und seine Dialekte cf. bes. Beccaria (1999). Auf diese Weise wurden zahlreiche lateinische Wörter missverstanden und in verstümmelter Form ins Italienische übernommen, so etwa il busillis “rompicapo” < lat. in diebus illis (ib., 101). Die Konkurrenz Latein vs. Volgare erstreckt sich ferner auf Inschriften im kirchlichen Bereich. Dabei ist die Verwendung des Lateinischen umso wahrscheinlicher, je offizieller der Charakter der Inschrift und je größer der Kreis der Adressaten ist. Das Eindringen des Volgare in diesen Bereich ist sicher uneinheitlich und nicht für alle Regionen Italiens untersucht. Einen Einblick in die Situation der Stadt Rom gibt die Untersuchung von D’Achille (1987) zu Grab- und Votiv-Inschriften mit spezifischen «connotati locali» im Zeitraum von 1364/65 bis in
1572 die erste Hälfte des 16. Jh. Für die – nicht seltenen – gemischtsprachigen Inschriften gilt: «si nota che il latino è limitato alle formule religiose o alle date, mentre il volgare è usato per i nomi o per altre espressioni meno cristallizzate […] il volgare si caratterizza per una maggiore immediatezza» (ib., 100).
Eine soziologische Interpretation nach dem Muster ‘nobile = latino / popolo = Volgare’ wird dabei ausdrücklich abgelehnt (ib., 101). Die Sprachverwendung in der katholischen Kirche als weltumspannender Institution ist zwar prinzipiell nicht Gegenstand dieses Beitrags. Sie ist aber selbstverständlich am zentralen Sitz dieser Organisation, im Vatikanstaat, in Rom, in Italien in besonderer Weise sichtbar und damit auch von gewissem Einfluss. Für das 19. Jh. bezeugt das Belli in der Anmerkung zu einem seiner römischen Sonette: «Roma ridonda di modi latini che precipitano sino alla plebe» (zit. nach Coccia 1985, 173). Noch im 20. Jh. wurden an den Portalen römischer Basiliken kirchliche Verlautbarungen in Latein angeschlagen (z. B. im Rahmen von Verfahren zur Heiligsprechung). Unter den Wissenschaften (cf. Kap. 3.4.) ist wohl die Theologie diejenige, in der Latein in Publikationen und in der Lehre sich am längsten gehalten hat. Aus den Publikationen verschwindet das Lateinische erst mit dem Obsolet-Werden der neuscholastischen Theologie in der ersten Hälfte des 20. Jh. Die Lehre (einschließlich Prüfungen) fand an den päpstlichen Universitäten im Vatikanstaat und in Rom bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. auf Latein statt. 3.4. Wissenschaften (cf. Dardano 1994; → Art. 191; 192) Ein Begriff wie ‘Wissenschaft’ hatte nicht immer dieselbe Bedeutung, und der Bereich des ‘Wissbaren’ und des Erforschbaren war zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlicher Weise gegliedert (Dardano 1994, 507; Blair 2000, 20 s.; → Art. 192, Kap. 2.). Mit dieser Einschränkung gilt bis ins 16./17. Jh. im Großen und Ganzen die Aufteilung ‘Latein für den (fach-)wissenschaftlichen Diskurs’ / ‘Volgare für ein breiteres Leserpublikum’ (cf. auch Kap. 2. zu den theoretischen Schriften Dantes): Für wissenschaftliche Texte «il latino è […] la scelta prevalente e il volgare è la scelta marcata» (Altieri Biagi, zit. nach Giovanardi, → Art. 191, Kap. 2.).
XII. Sprachkontakte und Migration
Der Zeitpunkt der ersten Texte in Volgare und dessen zunehmender Verwendung ist in den einzelnen Wissenschaften verschieden. Der Einsatz des Volgare als Wissenschaftssprache führte dabei häufig anfänglich über Übersetzungen / volgarizzamenti (→ Art. 191, Kap. 1.2.). Als erste naturwissenschaftliche Schrift in – toskanischem – Volgare gilt La composizione del mondo (1282), eine Art naturwissenschaftlicher Enzyklopädie, von Restoro d’Arezzo. Das Übergreifen des Italienischen auf diesen Sachbereich erforderte eine Vielzahl lexikalischer Neuerungen, von denen die meisten aus der dominanten Wissenschaftssprache Latein entlehnt waren: concavità, rotundità, argenteo, diurno, feminino, masculino, coito, excentrico, etc. Viele werden vom Autor selbst in Glossen erklärt: «la linea enclittica, cioè la via del sole» (Dardano 1994, 511). Jedoch bleiben auch nach Restoro d’Arezzo italienische Texte im Bereich der Wissenschaft weiterhin die Ausnahme. Bes. praxisnahe Human- und Tiermedizin scheinen angesichts einer vermuteten Leserschaft, die nicht unbedingt über gründliche Lateinkenntnisse verfügte, für die frühe Verwendung der Vulgärsprache prädestiniert: Guglielmo da Saliceto, Chirurgia (Orig. vom Ende des 12. Jh., Übers. im 13. Jh.); Mondino de’ Liucci, Anathomia (Orig. 1316, 1493 in italienischer Übers. gedruckt); ein Werk der Gynäkologie um 1450; Traktate zur Pest, ihrer Vorbeugung und Behandlung, 1464 und 1579 (→ Art. 191, Kap. 2.2.); zur Hippiatrie die Mascalcia des Lorenzo Rusio, zu Beginn des 14. Jh. in Latein verfasst und anschließend in ein Volgare der Italia mediana übersetzt (Aurigemma 1998); die Falkenheilkunde des Moamin als Beispiel für serielle (Arabisch → Latein → Italienisch) und Mehrfachübersetzung in mehrere Volgari, auf dem Boden Italiens ins Frankoitalienische (2. Hälfte des 13. Jh.), Toskanische (15. Jh.?), Neapolitanische (Ende des 15. Jh.; cf. Gleßgen 1996; → Art. 191, Kap. 2.2.).
Als weitere Wissenschaften mit frühen (d. h. seit dem 16. Jh.) vulgärsprachlichen Texten nennt Giovanardi (→ Art. 191, Kap. 2.3.) die Mechanik und die Musikwissenschaft – ebenfalls Wissenschaften mit starkem Anwendungsbezug. Dabei halten es die Autoren häufig für nötig, den Gebrauch des Volgare zu rechtfertigen; so etwa Pietro Aron in seinem Lucidario di musica (Venedig, 1545): Ebenso wie Römer das Schreiben in ihrer Muttersprache Latein (statt Griechisch) be-
1573
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
vorzugten «ho giudicato affine di giouare parimenti a dotti & a gli idiotti, che foße bene nella lingua, la quale dalle nutrici appariamo, iscriverla». Im Bereich der Kunsttheorie übersetzt Leon Battista Alberti seinen lateinischen Traktat De pictura (1435) ein Jahr später ins Italienische (ed. Grayson 1973, 305). Für die Konkurrenz Latein / Italienisch in naturwissenschaftlichen Texten ist in der Folgezeit die sprachliche Praxis des Galileo Galilei (1564–1642) von besonderer Bedeutung. Nach dem Erscheinen des Sidereus Nuncius (Venedig, 1610) verfasste er fast alle seine naturwissenschaftlichen Schriften auf Italienisch und tauschte damit die Universalität des Lateinischen in der Wissenschaftswelt gegen eine weitere Verbreitung in der italienischsprachigen Öffentlichkeit, auch unter Laien, ein. Umgekehrt wurde Galileis Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo (Florenz, 1632) im Bestreben nach Verbreitung in der europäischen Wissenschaftswelt von Freunden ins Lateinische übersetzt (Strasbourg, 1635; der Erfolg dieses Bemühens wird allerdings von Pantin 2000, 55, angezweifelt, da in europäischen Bibliotheken deutlich mehr Exemplare des italienischen Originals als der lateinischen Übersetzung existier(t)en). Innerhalb der italienischen Schriften pflegte Galilei eine Distanz zur lateinischen / griechischen Terminologie. So nannte er eine Schrift, die nach dem Willen von Mitgliedern der Accademia dei Lincei (latinisierend) Celispicio oder (gräzisierend) Helioscopia heißen sollte, Istoria e dimostrazioni intorno alle macchie solari (cf. auch Altieri Biagi 1965); ebenso setzte er den Terminus cannocchiale “Fernrohr” gegen telescopio, den Vorschlag der Accademia dei Lincei, durch (cf. auch Redondi 2000, 66 s.). Nach Galilei drang das Italienische immer stärker in naturwissenschaftliche Texte ein, konnte das Lateinische aber nicht vollständig verdrängen. Zahlreiche wichtige naturwissenschaftliche Werke (Mathematik, Astronomie, Physik etc.) erschienen weiterhin bis etwa in die Mitte des 18. Jh. auf Latein (cf. Basile 1984). Auch die universitäre Lehre blieb noch lange Zeit lateinisch. So war es ein großes – und umstrittenes – Ereignis, als an der Universität Neapel am 1754 neugegründeten Lehrstuhl für Economia politica Antonio Genovesi erstmals seine Vorlesungen in italienischer Sprache hielt. Der Rückzug des Lateinischen aus wissenschaftlichen Publi-
kationen und universitärer Lehre vollzog sich anschließend – je nach Wissenschaft – mit unterschiedlicher Schnelligkeit und Intensität. Zur Verspätung des Italienischen als Wissenschaftssprache in Publikationen und in der universitären Lehre, insbes. in der Medizin (18. Jh.), cf. Bergdolt (1997). Am längsten hielt sich das Lateinische unter den Sonderbedingungen der Theologie (Kap. 3.3.). Für Latein in wissenschaftlichen Texten des 18. Jh. cf. Formigari (1984).
4.
Latein und Italienisch in Kommunikationssituationen
4.1. Schule (cf. De Blasi 1993; → Art. 106) In den (kirchlichen) Schulen des Mittelalters diente das Volgare allenfalls als Unterrichtssprache für den elementaren Lateinunterricht. Die Muttersprache war nicht Gegenstand des Unterrichts. Selbst der Lese- und Schreibunterricht erfolgte zunächst gewöhnlich an lateinischem Material. Erst allmählich – am frühesten, Ende des 13. Jh., in der Toskana – bildete sich ein muttersprachlicher Unterricht heraus, die ‘scuola d’abaco’, die angehenden Kaufleuten die Grundlagen des Lesens und Schreibens anhand von italienischen Texten vermittelte. Im 16. und 17. Jh. erfolgte die Elitebildung auf den ‘collegi’ der Jesuiten, für die Latein noch lange die Unterrichtssprache blieb. Andere kirchliche Orden (die Scuole Pie, seit 1597 in Rom, begründet von San Giuseppe Calasanzio, die Redemptoristen, die Lasalliani) kümmerten sich um die allgemeine Volksbildung, in der die Muttersprache vor dem Lateinischen rangierte. Erst mit der in der zweiten Hälfte des 18. Jh. sich durchsetzenden Staatsaufsicht über die Schule (zunächst in Piemont) wurde Italienisch die allgemeine Unterrichtssprache; dem Lateinischen blieb die Rolle als Unterrichtsfach für die intellektuelle Elite in den höheren Schulstufen reserviert (→ Art. 106, Kap. 4.). 4.2. Korrespondenz Die schriftliche Kommunikation zwischen Personen und / oder Institutionen erfolgte vor dem 13. Jh. im gesamten christlichen Mittel- und Westeuropa ausschließlich auf Latein (Köhn 1986, 342). Der Übergang vom Latein zum Volgare erfolgte in Italien zunächst im kaufmännischen Bereich, insbes. in der Toskana (Manni 1994, 304 s.; zu einer differenzierteren Chronologie → Art. 187;
1574 der erste erhaltene Brief in Volgare wurde in Pisa um 1230/31 geschrieben, Frank / Hartmann 1997, Nr. 8005). Stussi (1982, 69) spricht von einer «coincidenza tra decisa affermazione del volgare ed espansione di attività mercantili nel secolo XIII », die sich auch mit dem folgenden Zitat aus Boncompagno da Signa (1. Hälfte des 13. Jh.) belegen lässt: «Mercatores in suis epistolis verborum ornatum non requirunt, quia fere omnes et singuli per idiomata propria seu vulgare vel per corruptum latinum ad invicem sibi scribunt et rescribunt intimando sua negocia et cunctos rerum eventus» (zit. nach Stussi 1982, 69).
Die Verwendung ‘niederer’ Sprachformen (vulgare bzw. latinum corruptum) wird dabei in einen – wohl ursächlich gesehenen – Zusammenhang mit der selbständigen Verfügung über die eigenen Angelegenheiten gebracht. Dem wachsenden Bedürfnis nach Korrespondenz in der Volkssprache trugen schließlich auch die Briefsteller (Ars dictaminis) Rechnung, die seit Guido Fabas Aurea Gemma (zwischen 1239 und 1250) parallel zu den lateinischen Musterbriefen auch solche in Volgare präsentierten (Holtus / Schweickard 1989, 30 ss.). Die weitere Geschichte der Konkurrenz Latein / Italienisch in (privater) Korrespondenz ist wohl stark von den Individuen, der Situation und den behandelten Themen abhängig.
5.
Auswirkungen des Sprachkontakts
Das Mit- und Nebeneinander von Latein und Italienisch konnte nicht ohne Folgen für sprachinterne Aspekte bleiben. Zunächst in der parole derjenigen Personen, die sich je nach Kommunikationssituation und Textsorte bald der einen, bald der anderen Sprache bedienten: Geistliche, Notare, Gelehrte etc. Als typischen Verbreitungsweg von Latinismen in das italienische Sprachsystem kann man ansehen: parole → (juristische, administrative, religiöse, wissenschaftliche) Fachsprache → Allgemeinsprache. Betroffen ist in erster Linie das Lexikon, zu dem eine größere Zahl von Studien existiert, aber auch die Syntax; die Morphologie nur ausnahmsweise (am auffälligsten das Morphem -issimo zu Bezeichnung des absoluten Superlativs); das Lautsystem überhaupt nicht, wohl aber lautliche Entwicklungen bzw. die Aussprache in einzelnen Wörtern (Lüdtke 1998, 501 ss.; Reinheimer-
XII. Sprachkontakte und Migration
Rîpeanu 1998, 25–30). Zu graphischer Relatinisierung – etwa zum Rückgang des in frühen Texten häufigen Graphems – cf. Serianni (2002, 19–21). 5.1.
Lexikon
5.1.1. Typen lexikalischer Latinismen Als Latinismen werden nach verbreiteter Übereinkunft solche Wörter angesehen, die über keine ununterbrochene Traditionslinie von gesprochenem Latein in die (zunächst nur) gesprochene romanische Volkssprache (und von dort gegebenenfalls in die geschriebene Volkssprache) verfügen. Tendenziell kommen diese Wörter aus semantischen Bereichen, die in (gesprochenen) nähesprachlichen Varietäten nur eine geringe Rolle spielen. Diese Tatsache hat zu Benennungen wie ‘gelehrte Wörter’, ‘Buchwörter’, ‘voci dotte’, geführt – Benennungen, die sich jedoch nur auf die Art der Übernahme, nicht auf den (späteren) Status, eventuelle Konnotationen oder die Frequenz dieser Wörter in der aufnehmenden Sprache beziehen. So gehören etwa Latinismen wie problema, proprio zu den 100 häufigsten Wörtern eines Korpus der gesprochenen Sprache (Serianni 2002, 18). Selten und vorwiegend in distanzsprachlichen Varietäten verbleibend sind lateinische Wörter ohne jegliche Adaptierung. DISC verzeichnet in einer Liste ‘Voci Latine’ 380 Einträge, u. a. ad personam, casus belli, curriculum (vitae), imprimatur, opus, passim, specimen, vulgo (cf. auch Marchi 1986; Schweickard 1991, 117; zur Geschichte derartiger «inserti latini» cf. Scavuzzo 1994, 477–481). Allerdings ist deren Zugehörigkeit zur italienischen Sprache (insbes. bei ganzen Syntagmen wie sine ira et studio) zweifelhaft; zudem hat es den Anschein, als seien derartige Wörter und Redewendungen nicht spezifisch italienisch, sondern (insbes. als Entlehnungen aus der Rechtssprache) international weit verbreitet (nur wenige Einträge aus der genannten Liste des DISC sind im Deutschen ungebräuchlich: vulnus, visus, caseus (Med.), nostras (Med.), compos sui, celebret). Über derartige ‘Zitatlatinismen’ hinaus ist die Zuordnung einzelner Wörter zu den Kategorien ‘Latinismus’ (voce dotta) vs. ‘Erbwort’ (voce ereditaria) bzw. zu denkbaren Subkategorien im dazwischen liegenden Bereich aus folgenden Gründen problematisch: (1) Das vom ‘Osmosecharakter’ (Ernst 1991, 199) geprägte Nebeneinander der bei-
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
den Sprachen kann dazu führen, dass selbst kontinuierlich tradierte Wörter in ihrer lautlichen, manchmal auch semantischen Entwicklung vom daneben stehenden lateinischen Wort beeinflusst wurden. Diese Beeinflussung äußert sich meist als Ausbleiben einzelner regulärer Lautentwicklungen, so etwa bei dovizia (statt *dovezza; cf. Scavuzzo 1994, 471) oder isola < insula (Fehlen der Synkope, jedoch ns > s, U˘ > o: zwei erbwörtliche Entwicklungen, eine latinisierende Bewahrung) neben erbwörtlich entwickeltem Ischia. Für derartige Fälle, bei denen die Unterscheidung ‘Kontinuität’ vs. ‘Kontinuitätsbruch’ fragwürdig wird, hat sich der Terminus ‘voci semidotte’ / ‘halbgelehrte Wörter’ eingebürgert. (2) Da die Kontinuität mündlicher Überlieferung allenfalls indirekt wahrscheinlich gemacht werden kann, ist es fraglich, ob ein Wort wie causa “Grund, Ursache” (neben zweifellos erbwörtlichem cosa “Sache, Ding”) anders beurteilt werden muss als das eben genannte isola: Hier war neben au > [ɔ] keine weitere Lautentwicklung zu erwarten. Da jedoch die Kategorisierung als ‘voce dotta’ oder ‘voce semidotta’ nicht von der Zahl unterbliebener bzw. durchgeführter Lautentwicklungen, sondern von der Art der Tradierung (Kontinuität vs. Kontinuitätsbruch) abhängig ist, kann die Zuordnung von causa “Ursache, Grund” zu einer dieser beiden Kategorien nicht mit Argumenten der Lautentwicklung bewiesen werden. (3) Von der Seite der aufnehmenden Sprache erfolgt eine Annäherung von Latinismen und Erbwörtern – und damit die Problematisierung einer späteren Zuordnung zu diesen beiden Kategorien – durch kleinere oder größere Adaptierungen der entlehnten Wörter: Einfügung in das jeweilige morphologische Paradigma, lautliche Adaptierungen, die «etwa dem Italienischen vollkommen fremde Konsonantenverbindungen und Phonemdistributionen vermeiden» (Ernst 1991, 190; detaillierter zu lautlichen Adaptierungen Tekavˇci´c 1980, vol. 1, 55; 295; Lüdtke 1998, 501 ss.; im Vergleich mit anderen Sprachen Reinheimer-Rîpeanu 2004, 61–126): astma > asma, aspectu > aspetto, absolutu > assoluto. Zwar kann ein Wort wie gloria mit dem Ausbleiben mehrerer zu erwartender Lautentwicklungen (gl > [gj], rj > [j], o > [o]) aus lautlichen Gründen eindeutig als Latinismus identifiziert werden. Jedoch kann im Italienischen das lautliche Kriterium infolge der geringe-
1575 ren Zahl erfolgter Lautentwicklungen seltener angewandt werden als etwa im Französischen (Tagliavini 51969, 327; Ernst 1991, 190–193; Reinheimer-Rîpeanu 2004, 126, v. a. mit Bezug auf den Konsonantismus). Einer größeren Zahl von Wörtern mit ‘Latinismusverdacht’ ist deshalb mit lautlichen Kriterien überhaupt nicht beizukommen: Als Erbwörter oder als Latinismen mit geringen (bzw. ohne) Adaptierungen mussten sie dieselbe lautliche / graphische Form aufweisen: attento, aspetto, calvo, ira, natura etc. (Im Französischen ist nature statt *nure eindeutig als Latinismus zu erkennen; für it. natura muss die Parallele zum Französischen als – schwaches – Argument dienen). Es ist deshalb nicht allzu erstaunlich, dass größere etymologische Wörterbücher des Italienischen in der Frage der Einstufung eines bestimmten Lexems als Latinismus häufig zu unterschiedlichen Wertungen kommen (Ernst 1991, 193–200, zu DELI vs. LEI ). (4) Die Verwendung semantischer Kriterien zur Distinktion von Latinismen und Erbwörtern ist wegen der geringen bzw. fehlenden Regelmäßigkeit semantischer Entwicklung problematisch. (5) Auch das Datum von Erstbelegen kann angesichts möglicher Rückdatierungen – und der Unmöglichkeit von Datierungen aus dem mündlichen Medium – nicht als eindeutig beweisendes Kriterium gelten. (6) Das Vorkommen in bestimmten Textsorten kann als Argument für oder gegen die Charakterisierung als Latinismus oder Erbwort sprechen. So ist etwa (i)nveggia entgegen dem ersten Anschein (cf. Stefenelli 1992, 199) wohl nicht erbwörtlich überliefert, sondern ein Provenzalismus der Lyrik des 13. und 14. Jh., für den sich im Textkorpus des OVI Belege ausschließlich aus Guinizelli, Cino da Pistoia (2 Belege) und Dantes Commedia finden. (7) Als starkes Kriterium kann dagegen das parallele Vorkommen eindeutig erbwörtlicher Formen (z. T. mit semantischer Differenzierung) aus demselben Etymon gelten. Relatinisierungen sind gerade dadurch definiert, dass sie an die Stelle vorher existierender erbwörtlicher Formen treten: ait. stròlogo “astrologo, indovino” → astròlogo «col significato di astronomo» (LEI 3, 1978). Ähnlich beweisend – jedoch außerhalb des LEI bisher nur wenig genutzt – ist das parallele Vorkommen primär dialektaler Formen, die je nach den Gegebenheiten eine
1576 größere Zahl lautlicher Parameter bieten (so etwa zugunsten erbwörtlicher Überlieferung von baca / bacca, LEI 4, 123 s.). Ähnlich funktionieren Parallelen zu anderen romanischen Sprachen (s. o. zu fr. nature / it. natura). (8) Auch semantische Relatinisierungen sind durch den Vergleich mit daneben stehenden semantisch weiter entwickelten Formen relativ leicht zu erkennen. Sie sind allerdings meist auf poetische Sprache beschränkt: studioso “begierig” und cattivo “Gefangener” bei Dante, avarizia “Habsucht” bei Machiavelli, fingere “(bildhauerisch) gestalten” bei Parini (Scavuzzo 1994, 471; Albrecht 1995, 15). 5.1.2. Chronologische und sprachvergleichende Aspekte Tagliavini kennzeichnet Italien als «il paese che si trovava piú esposto a subire l’influsso del superstrato culturale latino» (zit. nach Stefenelli 1992, 215). Welche Auswirkungen hatte diese Situation auf das Italienische, hier bes. auf den Wortschatz? Wie lässt sich die Stärke dieses Einflusses messen, will man auf subjektiv herausgegriffene Beispiele verzichten? Stefenelli objektiviert seine Untersuchung dadurch, dass er die tausend häufigsten Wörter des (Schrift-)Lateinischen unter Einbeziehung synonymer Bezeichnungsvarianten zugrunde legt (ib., 9). Auch wenn hier die Blickrichtung vom Lateinischen zu den romanischen Sprachen geht und sowohl erbwörtliche Überlieferung als auch Entlehnungen in den Blick genommen werden, so lassen sich doch auch für unsere Fragestellung (relative Stärke des lateinischen Kulturadstrats; Stefenelli spricht in Anlehnung an Tagliavini von ‘Kultursuperstrat’) objektiv gesicherte Ergebnisse gewinnen. Dies gilt auch trotz der oben gemachten Einschränkungen, sofern die Kriterien für die Zuordnung zu den Gruppen ‘Latinismen’, ‘halbgelehrte Wörter’, ‘Erbwörter’ jeweils in derselben Weise gehandhabt werden. Berechtigte Zweifel an der Identität derartiger Kriterien in den etymologischen Wörterbüchern zu den verschiedenen romanischen Sprachen bei ReinheimerRîpeanu (2004, 132). Unter Stefenellis Ergebnissen sind mit Bezug auf das genannte Corpus eines lateinischen Kernwortschatzes von besonderer Bedeutung: (a) Das Italienische führt unter den großen westeuropäischen Schriftsprachen sowohl bei den zeitweisen (d. h. später wieder
XII. Sprachkontakte und Migration
außer Gebrauch gekommenen) als auch bei den bis heute verbliebenen Latinismen (für das moderne Portugiesisch wird ein höherer Wert genannt – so auch bei ReinheimerRîpeanu (2004, 132) –, der durch zahlreiche Lexeme zustande kommt «die nur eine sehr geringe Geläufigkeit bzw. Vitalität besitzen», Stefenelli 1992, 216). Dieses Ergebnis ist vereinbar mit den Auszählungen bei Sala (1988, 522), wo das Italienische hinsichtlich seines ‘repräsentativen Vokabulars’ bei den Latinismen ebenfalls den Spitzenplatz unter den romanischen Sprachen einnimmt. (b) Ungeachtet der für das Französische früher einsetzenden Textdokumentation liegt der Aufnahmezeitpunkt für eine beträchtliche Zahl von Latinismen im Italienischen früher (13. Jh. / frühes 14. Jh.) als im Französischen, Spanischen oder Portugiesischen (ausgehendes 14./15. Jh.). Ähnlich auch Reinheimer-Rîpeanu (2004, 36). (c) Im betrachteten Rahmen verfügt das Italienische über ca. drei Dutzend nur ihm eigener Latinismen, darunter bis heute etwa desiderio, esperire, ledere, mite, spettare. (d) Die bes. hohe Zahl der Latinismen des Italienischen und seine ‘Führungsposition’ bei der erbwörtlichen Fortführung aus dem Lateinischen ergeben insges. einen bes. hohen Anteil an (erbwörtlicher und entlehnter) Tradierung des (nicht-abgeleiteten) lateinischen Kernwortschatzes (die 1.000 häufigsten ‘Zentrallexeme’ des Lateinischen, Stefenelli 1992, 33). Zur Verdeutlichung hier die abschließende Übersicht bei Stefenelli (ib., 218). Italienisch: Französisch: Spanisch: Portugiesisch:
erbwörtlich Latinismen gesamt 412 324 736 288 200 488 341 292 633 368 325 693
Nicht auszuschließen ist, dass jenseits eines lexikalischen Kernbereichs die (west-)romanischen Sprachen in ihrer Aufnahmebereitschaft für Latinismen stärker konvergieren. Untersuchungen in umgekehrter Blickrichtung, d. h. vom heutigen Italienisch aus, ermöglichen auf CD -ROM verfügbare Wörterbücher mit etymologischen Angaben. Unter den knapp 102.000 Lemmata des DISC haben 15.346 eine der folgenden Angaben: ‘dal lat. ant. dotto’, ‘dal lat. tardo’, ‘dal lat. medievale’, ‘dal lat. umanist.’, ‘dal lat. scientifico’. Bezogen auf ein Wörterbuch mittlerer Größe wären demnach 15 % des italienischen Wortschatzes den Latinismen
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
zuzurechnen. Die Zahl der jeweiligen Erstbelege ergibt folgendes Bild: 10. Jh. 11. Jh. 12. Jh. 13. Jh. 14. Jh. 15. Jh.
. 15 . 27 . 96 1.834 5.455 1.031
16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh.
2.175 1.034 . 841 1.793 1.673
Freilich bedürfen derartige Zahlen einer sehr vorsichtigen Interpretation, da in ihnen – über die Problematik der Erstdatierungen hinaus – Faktoren sehr unterschiedlicher Art zum Ausdruck kommen: der rasante Anstieg der verfügbaren Textmenge vom 12. zum 13. und 14. Jh. oder die starke Zunahme wissenschaftlicher Terminologien im 19. und 20. Jh. (Anteil der Neologismen mit Vermerk ‘dal lat. scient.’ an der Gesamtzahl der Neologismen: 17. Jh.: 3,6 %; 18. Jh.: 10,6 %; 19. Jh.: 44,7 %; 20. Jh.: 71,8 %). Zu vermuten ist, dass die Zahl der zu verschiedenen Zeiten eingeführten Latinismen sich etwa proportional zur jeweiligen Stärke der ‘Osmosesituation’ verhält. Im Einzelnen lässt sich das nicht exakt nachweisen, v. a. auch wegen des unterschiedlichen Grades an lexikologischer Erschließung relevanter Texte. Hinweise auf zeitliche und thematische Schwerpunkte der Übernahme von Latinismen finden sich bei Migliorini (51978: 13. Jh.: 166–170; 14. Jh.: 233–238; 15. Jh.: 304; 16. Jh.: 402–407; 17. Jh.: 489; 18. Jh.: 553; 19. Jh.: 656–658; 734). Für die Übernahme lexikalischer Latinismen (unter Einbeziehung der im Regelfall über das Lateinische vermittelten, meist wissenschaftssprachlichen Gräzismen) sind u.a. folgende Aspekte relevant: (a) Die simple Angabe ‘Latinismus’ ist zu differenzieren etwa nach: ‘aus dem klassischen Latein’, ‘aus dem mittelalterlichen Latein’, ‘aus dem Humanistenlatein’, ‘aus wissenschaftlichem Latein’ bzw. ‘Bildung von wissenschaftlicher Fachsprache mit lateinischen / griechischen Elementen’. Reinheimer-Rîpeanu (1998, 12) gibt als Beispiele für derartige Differenzierungen: aus klat. balbo, splat. beatifico, mlat. fallibile, fallibilità, nlat. fuchsia, bzw. mit neulateinischer Bedeutung flora, fauna (cf. ferner die differenzierten Herkunftsbezeichnungen in DISC und die kritischen Überlegungen bei Schmitt 22000, insbes. 1066 s.). Vor Abschluss des LEI (mit differenzierten Angaben zu den frühesten Belegen) wird man in dieser Frage allerdings häufig auf mehr oder
1577 weniger plausible Vermutungen angewiesen sein. (b) Viele dieser Entlehnungen schwanken anfangs zwischen einer stärker latinisierenden und einer mehr volkssprachlichen Form. Im Mittelalter ist dies wohl eine Folge der Tatsache, dass ein und derselbe Autor bzw. Schreiber abwechselnd Latein und Volgare schrieb und unterschiedliche Übergangsformen gebrauchte. Cf. hierzu den Fall des erbwörtlichen (?) astinenza und des Latinismus (?) astinenzia, beide zuerst belegt im selben Text, dem Libro dei Vizi e delle Virtudi von 1292 (LEI 1, 192; Ernst 1991, 199). Häufig sind es in solchen Fällen die stärker latinisierenden Formen, die sich durchsetzen: pittore gegen (di)pintore im 14. Jh. (Migliorini 51978, 237), pigmeo, etnico, atmosfera gegen pimmeo, ennico, ammosfera im 18. Jh. (ib., 574); oftalmia gegen ottalmia im 19. Jh. (ib., 658). Dies gilt auch für die synonymische Konkurrenz von Erbwort und Latinismus bei unterschiedlicher Etymologie: esercito setzt sich gegen oste durch, facile gegen agevole (Rossi 2001, 44). In anderen Fällen werden Erbwort und voce dotta semantisch differenziert: vezzo “(schlechte) Angewohnheit” und vizio “Laster”, beide < vitium (cf. die Liste von 53 derartiger Paare bei Lüdtke 1998, 509 s.). Wie das Beispiel zeigt, steht der Latinismus vizio nicht nur lautlich und graphisch, sondern auch semantisch dem lateinischen Etymon näher als das Erbwort. Wegen der geringeren lautlichen Distanz des Italienischen zum Lateinischen dürften derartige Dubletten im Italienischen seltener sein als etwa im Französischen (Raible 1996, 130). Aus demselben Grund ist der Unterschied zwischen (erbwörtlichem) Basiswort und (häufig latinisierender) Ableitung im Italienischen meist geringer als im Französischen: it. naso / nasale vs. fr. nez / nasal (Schweickard 1991, 115). Zu Dubletten, die durch die Übernahme dialektaler Formen (in Konkurrenz mit einem Latinismus) oder durch konkurrierende Derivate zustande kommen, cf. Reinheimer-Rîpeanu (2004, 139). (c) Die Internationalität der Wissenschaft bringt es mit sich, dass aus dem Lateinischen entlehnte bzw. latinisierende / gräzisierende Fachtermini so rasch von einer europäischen Sprache zur anderen wandern, dass in vielen Fällen die Frage von Polygenese oder Monogenese (mit anschließenden Entlehnungsprozessen und europäischer Verbreitung) nicht entscheidbar ist und wohl auch an Relevanz verliert. Diese Pro-
1578 blematik besteht bereits im 17. Jh. (cf. etwa selinografia in Galileis Dialogo, Florenz, 1632, aber schon vorher im Englischen selenography bei Francis Bacon, 1620, ohne dass Galilei diesen Terminus notwendigerweise aus Bacon übernommen hat), setzt sich im 18. und 19. Jh. fort (Migliorini 51978, 553: Termini der Chemie «passano con facile adattamento dal francese all’italiano, grazie alla loro struttura moderna, cioè internazionale») und wird im 20. Jh. infolge der internationalen Verflechtungen so dominant, dass für diese Periode lexikalische Latinismen / Gräzismen kaum mehr einzelsprachlich zu behandeln sind. Dabei spielen sowohl Derivate mit gelehrten Affixen (z. B. -ismo, -ista; multi-, poli-, pluri-, iper-) als auch die ‘neulateinische Kompositionsweise’ (ecologia, enoteca etc.; cf. Höfler 1972) eine besondere Rolle. Hieraus ergibt sich: Nicht nur einzelne Lexeme, sondern ganze Wortbildungsprogramme (Affixe und Bildungsmechanismen) werden von einer Vielzahl europäischer Sprachen übernommen (cf. hierzu allgemein und im Detail mehrere Arbeiten von Schmitt, v. a. 1996; 22000; 2004). Dass dennoch auch in diesem Bereich – neben der übergroßen Menge an europäischen Parallelismen und Konvergenzen – auch einzelsprachliche Sonderwege möglich sind, ergibt sich aus Rainer 1989 (zu neo-) und 1999 (zu retro-). (d) In der Literatur ist die Übernahme neuer Latinismen (in gewissem Maß auch die Verwendung bereits bestehender Latinismen) wesentlich geprägt von den jeweiligen literarischen Strömungen sowie von den jeweiligen literarischen Gattungen, ja sogar von den Inhalten. Bereits innerhalb von Dantes Commedia stellt man eine Zunahme der Latinismen vom Inferno über das Purgatorio zum thematisch ‘höherwertigen’ Paradiso fest. Im 16. Jh. entsprachen Latinismen nicht dem Idealbild der Volgare-Literatur. Autoren wie Ariost und Tasso tilgten sogar Latinismen aus ihren Manuskripten bzw. aus den Erstausgaben. Noch weniger Chancen hatten (neu eingeführte) Latinismen in der Literatur seit Manzoni. Bei eher klassisch bzw. klassizistisch geprägten Autoren (Anfang 19. Jh.: Monti, Foscolo, Leopardi; 2. Hälfte des 19. Jh.: Carducci; 1. Hälfte des 20. Jh.: D’Annunzio) sind neologische Latinismen dagegen keine Seltenheit; dabei handelt es sich jedoch häufig um Einzelbelege, die nicht von der Allgemeinsprache übernommen wurden.
XII. Sprachkontakte und Migration
5.2. Syntax Der Einfluss des Lateinischen auf das Italienische im Bereich der Syntax hat weniger linguistische Untersuchungen angeregt. Das mag damit zu tun haben, dass die Zahl beobachtbarer Phänomene – naturgemäß – geringer ist. Da zudem die Strukturunterschiede zum (Schrift-)Latein für die Mehrzahl der – aus dem Sprechlatein hervorgegangenen – romanischen Volkssprachen parallel verlaufen, dominieren gesamtromanische (und sogar gesamteuropäische) Arbeiten wie etwa Blatt (1957a; 1957b) und Sornicola (1995). Ob und inwieweit Untersuchungen zu anderen romanischen Sprachen (z. B. Nykrog 1957; Lorian 1967; Müller-Lancé 1994) auf das Italienische übertragen werden können, ist fraglich. Ähnlich wie im Bereich des Lexikons die Verschriftlichung der Volkssprache die Notwendigkeit lexikalischer Bereicherung (unter teilweiser Zuhilfenahme des lateinischen Vorbildes) mit sich brachte, erforderte die für Diskurstypen des kommunikativen Distanzbereichs charakteristische syntaktische Komplexität Konstruktionen, für die auf das Lateinische zurückgegriffen werden konnte. Dies gilt zunächst insbes. für Übersetzer, die allerdings in verschiedenen Perioden unterschiedlich verfahren konnten. So bescheinigt Sornicola den volgarizzamenti des 13. Jh. (etwa den Cicero-volgarizzamenti eines Brunetto Latini) einen «notevole grado di autonomia dal modello latino»; im Frühhumanismus des 14. Jh. jedoch «il traduttore si fa inquieto, teme che il suo linguaggio non sia all’altezza dell’originale, ne violenta lessico e sintassi». Es ergibt sich auf diese Weise ein «notevole isomorfismo sintattico fra testo latino e testo volgare», insbes. hinsichtlich der «incidenza dell’infinito nelle subordinate completive» (Sornicola 1995, 45–50; cf. auch Raible 1996, 125 s.). Die Verwendung latinisierender Syntax ging bereits in diesen volgarizzamenti über die mechanisch übersetzende Wiedergabe hinaus (Guthmüller 1989, 252, zu Boccaccios Livius-Übersetzung). Jenseits der Übersetzungen führte in der Zeit des Humanismus das Bemühen um eine dem Lateinischen ebenbürtige Dignität des Volgare zu syntaktischem latineggiamento unterschiedlichen Ausmaßes. Dies macht sich in extremer Weise in einigen Schriften von Leon Battista Alberti bemerkbar: «La tendenza a forzare l’indole del volgare si avverte nell’ordine
1579
135. Sprachkontakte: Latein und Italoromania
delle parole, risalta poi dalla necessità di compiere, leggendo, pause assolutamente innaturali ed estranee alla natura della nostra lingua» (Dardano 1992, 323). Dieses Modell extrem latinisierender Syntax konnte sich zwar in der Folgezeit gegenüber der Wiederaufwertung des Florentinischen des 14. Jh. nicht durchsetzen (ib., 346 s.). Dennoch sieht Stein auch für das 16. Jh. eine Sonderstellung der italienischen Syntax: «Eindeutig ist der latinisierende Einfluss im 16. Jahrhundert im Italienischen […]. Er äußert sich in der Übernahme lateinischer AcI-Konstruktionen im Objekt- und Subjektbereich und in einer gehäuften Verwendung von Partizipial- und Gerundivkonstruktionen im Adverbialbereich, die z. T. sogar für finite lateinische Konstruktionen stehen» (1997, 250).
Derartige latinisierende Syntax, die in der italienischen Literatursprache bis ins 18. Jh. (in manchen Textsorten auch darüber hinaus) beibehalten wurde, äußert sich v. a. in absoluten Gerund- und Partizipialkonstruktionen (Beispiele seit dem 13. Jh. bei Albrecht 1995, 16), in der Verwendung des Partizips in verbaler Konstruktion (ib., 25; Serianni 1993, 454; cf. etwa noch in der Verwaltungssprache des 20. Jh. gli aventi diritto), in AcI-Konstruktionen (detailliert zu deren Geschichte bei Lambertz 1997), im ‘relativen Satzanschluss’ (Serianni 1993, 454) und in der Nachstellung syntaktisch übergeordneter Elemente. Die häufig in rhetorisch gefärbter Literatur anzutreffende Schlussstellung des Verbs (ib.) ergibt für das Italienische einen ‘ordo artificialis’ (Scaglione, nach Sornicola 1995, 55), der von Sornicola in einen typologischen Gegensatz zum ‘ordo naturalis’, zum ‘ordine lineare’ des Französischen gesetzt wird, eine Anordnung der Satzglieder, welche für das Italienische den Gegensatz zwischen – rhetorisch geprägter – Literatursprache und Sprache des Nähebereichs noch verstärkt (ib., 56).
6.
Ergebnis
Der Einfluss des lateinischen Kulturadstrats war in allen romanischen, darüber hinaus auch in nichtromanischen Sprachen wirksam (Stefenelli 1992, 199–202; Blatt 1957a; 1957b; Schmitt 1996; 22000; Reinheimer-Rîpeanu 1998; 2004; DELR; Pörksen 1999). Es scheint jedoch, als sei das hierdurch bewirkte Ausmaß an lexikalischer, phraseologischer und syntaktischer Relatinisierung im
Italienischen am stärksten gewesen. Diese Feststellung gilt allerdings v. a. für das Italienisch der Distanzsprachlichkeit und verstärkt so – ähnlich wie im Französischen, aber anders als im Spanischen – die Kluft zwischen Distanz- und Nähesprache (Albrecht 1995, 31). Sie bleibt zudem angesichts der geringen Zahl einschlägiger Studien bis heute noch weitgehend intuitiv und müsste unter Gesichtspunkten einer vergleichenden romanischen oder auch europäischen Sprachgeschichte (Schmitt 1995; Reichmann 21998, Kap. 13.2.; Pörksen 1999) durch weitere Einzelstudien – insbes. im Bereich der Syntax – belegt werden.
7.
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Gerhard Ernst, Regensburg
136. Sprachkontakte: Latein und Galloromania Contacts linguistiques: latin et Galloromania 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Vorbemerkungen Vorstellung, Terminologie Altfranzösisch (9.–13. Jahrhundert) Mittelfranzösisch (14./15. Jahrhundert) Das Französische des 16. Jahrhunderts Ausblick auf das Neufranzösische Zusammenfassendes Beispiel Literatur
1.
Vorbemerkungen
1.1. Das Folgende zielt fast ausschließlich auf die französische (Schrift)Sprache. Vieles von dem zum Mittelalter Gesagten dürfte auch für das Altokzitanische gelten, mit Ausnahme der umfassenden Latinisierung der Graphien (cf. 4.9.). Die Aussage von Lafont (1991, 19b), «l’occitan se relatinise [zwischen dem Ende des 13. und dem Anfang des 15. Jh.], plus encore que ne le fait le français dans la même période», bedarf allerdings des Beweises. 1.2. Bei den Aussagen zum französischen Wortschatz, die den größten Teil des vorliegenden Artikels ausmachen, wäre öfter eine detailliertere Wortgeschichte (insbes. zur Be-
deutungsentwicklung) angezeigt; hier kann nur pauschal auf das FEW, den TLF sowie auf die Spezialarbeiten und die Synthesen von Stefenelli (1981a/b; 1992) verwiesen werden. 1.3. Die hier angeführten Mengenangaben sind Näherungswerte, da sie von der (subjektiven) Beurteilung der Entlehnung abhängen. 1.4. Die häufig hinzugefügten Datierungen für die Erstbelege (nach FEW und TLF ) dienen der Orientierung, sind aber oft rasch überholt; Untersuchungen anhand von Primärquellen bringen sie leicht zu Fall, wie z. B. die Untersuchungen von Städtler (1988) zum Wortschatz der Grammatik oder von Dörr (1998) zu einem frühen AstronomieTraktat zeigen. Ein nicht gelöstes Problem besteht darin, dass die Belege in aller Regel nach der Abfassungszeit der Werke datiert werden (die ihrerseits umstritten sein kann, wie etwa beim Rolandslied), nicht nach den (oft viel späteren) Handschriften, zudem nur den Text der Editionen berücksichtigen, ohne die variae lectiones (cf. Naïs in Taylor
136. Sprachkontakte: Latein und Galloromania
1965, 736). In Anbetracht dieser Unsicherheiten wird im Folgenden für die Grenze zwischen Alt- und Mittelfranzösisch das Jahr 1300 angesetzt.
2.
Vorstellung, Terminologie
2.1. Das Lateinische ist im ganzen katholischen Europa des Mittelalters und der frühen Neuzeit omnipräsent, zunächst als einzige, dann als dominante Schriftsprache und als Sprache der Alphabetisierung, weiterhin als gesprochene Sprache der Kirche und der Wissenschaft. Für Frankreich charakteristisch ist der besondere Reichtum der mittellateinischen Literatur und in deren Folge der frühe Beginn der volkssprachlichen Literatur (ab 9. Jh.). Das Bewusstsein der Entfernung der gesprochenen Sprache von dem durch die Karolingische Renaissance ‘verbesserten’ Latein führt schon 813 zur Empfehlung des Konzils von Tours, die Predigt in der rustica Romana lingua (aut Thiotisca) zu halten. Je weiter aber der Prozess der Emanzipierung des Französischen vom Latein fortschreitet (cf. dazu Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 190 ss.), umso stärker wird die Beeinflussung der siegreichen Sprache durch die zurückgedrängte. 2.2. Der Einfluss des Lateinischen auf das Romanische wird am deutlichsten beim Wortschatz sichtbar. Neben den Erbwörtern, die in ununterbrochener mündlicher Tradition (zum größten Teil aus dem Lateinischen) überkommen sind und den Grundstock bilden, beginnend mit sämtlichen Funktoren, gibt es in allen romanischen Sprachen – mit Ausnahme des Rumänischen – eine große Anzahl von Wörtern, die mit dem Schriftlatein tradiert oder aus ihm neu entlehnt worden sind. Es handelt sich nach dem schönen Bild von Tagliavini (1962, § 61) um «un ramo dello stesso fiume, il quale si viene a ricongiungere al corso principale per portare acqua della stessa sorgente, ed è quindi un filone più facilmente amalgabile». Während die Erbwörter der romanischen Sprachen nur einen Bruchteil des lateinischen Wortschatzes weiterführen, ist bei Einbeziehung der Latinismen der überwiegende Teil präsent. 2.3. Anders als im Deutschen gehören viele dieser Wörter zum Grundwortschatz (cf. 3.6.) und werden nicht als ‘Fremdwörter’ wahrgenommen. Die gängige Bezeichnung
1583 als ‘mots savants’ bezieht sich lediglich auf den Entlehnungsvorgang (was nicht besagen will, dass jeder mittelalterliche Schriftkundige ‘savant’ gewesen wäre), der dem normalen Sprecher nicht mehr bewusst wird. Auch die vielfach gebrauchte Bezeichnung ‘Lateinisches Kultursuperstrat’ (seit Tagliavini 1962) ist nicht glücklich, da der politische Faktor ebenso fehlt wie die Eingrenzung auf die Zeit vor dem Auftreten der romanischen Sprachen. Allenfalls kann man von einem Kulturadstrat sprechen. 2.4. Anders als im Deutschen sind die Latinismen des Französischen heute in der Regel nicht am Lautbild zu erkennen, da sie den französischen Ausspracheregeln folgen (mit der seltsamen Besonderheit der Endung -um [ɔm]), insbes. der Endbetonung. Die Wortausgänge werden gemäß den Prinzipien der französischen Morphologie und Wortbildung verändert, wie bei augmenter -ons -ez -é(s) usw., relatif(s) -ive(s), précieux -euse(s), faculté(s), religion(s). Die im Lauf der Geschichte eingetretenen Veränderungen sind so eingreifend, dass ein Römer des Altertums kaum einen Latinismus des Französischen wiedererkennen würde, anders als z. B. im Italienischen, cf. it. / fr. facile [ fatʃile / fas il], causa / cause, centenario / centenaire, studio / étude. 2.5. Dass die Wörter im Schriftbild unverändert bleiben, ist selten, kommt aber zu allen Zeiten vor, in der Neuzeit speziell in den Fachsprachen: grabatum, felix (1050), ebenus (ca. 1180), examen (1337/39), thorax (1478), visa (1527), sinus (1539), pensum (1740), cumulus (1858). 2.6. Die meisten Latinismen sind durch das Ausbleiben der typischen Lautveränderungen gekennzeichnet, v.a. des Verlustes von Konsonanten und Vokalen, der Diphthongierung, der Palatalisierung und Velarisierung. Bei einer Reihe von (meist) frühen Latinismen ist nur ein Teil der Veränderungen unterblieben, wie bei siecle (1050), chapitre (1119). Sie werden üblicherweise als ‘halbgelehrt’ (‘demi-savant’) bezeichnet, womit wenig gewonnen ist; die Abgrenzung zu den beiden anderen Gruppen ist problematisch, wie auch die stark divergierende Beurteilung der Einzelfälle zeigt. Ob diese Wörter «vor der karolingischen Reform volkstümlich [?] geworden sind» (Lüdtke 1998, 511), erscheint zweifelhaft.
1584
3.
Altfranzösisch (9.–13. Jahrhundert)
3.1. Vom Beginn der schriftlichen Überlieferung an erscheint eine Fülle von Latinismen. Bei den ältesten Texten ist nicht genau zu unterscheiden, was noch lateinisch oder wieder latinisierend ist; die Straßburger Eide (842), die Eulalia-Sequenz (ca. 880), die Passion von Clermont-Ferrand und das Leodegarleben (Ende des 10. Jh.) bleiben deshalb hier beiseite (das Material findet sich bei Berger 1899). Die erste größere Dichtung, das Alexiusleben (ca. 1050), enthält in 625 Versen über 70 Latinismen, von denen nicht wenige schon über die kirchliche Sphäre hinausweisen, wie avoegle, noble, fecunditet. Die wenigsten stammen aus der zugrunde liegenden lateinischen Vita. 3.2. Die Psalmenübersetzungen vom Anfang des 12. Jh. nutzen in erstaunlichem Maße das Vokabular und die Wortbildungsmöglichkeiten der eigenen Sprache, schöpfen aber auch reichlich aus dem lateinischen Reservoir (cf. Heinimann 1963, 23–30). Vielfach folgt der Übersetzer des Oxforder Psalters sklavisch dem lateinischen Text, wobei auch Latinismen eingesetzt werden, z. B. 21, 22: «Salve mei de la busche del leon e des cornes des unicornes+ la meie humilité = Salva me ex ore leonis et a cornibus unicornium humilitatem meam».
Aber keineswegs entspricht der verwendete Latinismus immer der Vorlage, z. B. 65, 5: «tresturnat la mer en ariditet+ = convertit mare in aridam» 111, 5: «ordened+ ses paroles en jugement = disponit sermones suos in iudicio».
Entsprechendes gibt es auch im Cambridger Psalter, obwohl sich dieser bemüht, «einen dem Volk verständlicheren […] Ausdruck» zu verwenden (Berger 1899, 20): 47, 2: «par especial+ germne = specioso germini» 72, 27: «tu perdis le luxuriant+ de tei = perdidisti omnem fornicantem a te» 135, 1: «en main vigorouse+ = in manu valida».
Oft liefern die Texte den Erstbeleg (hier durch + gekennzeichnet). 3.3. Wenig später beginnt die Fachliteratur in französischer Sprache (wenn auch mit
XII. Sprachkontakte und Migration
geistlichem Gehalt) mit den Lehrgedichten des Philippe de Thaon nach lateinischen Vorbildern. Schon die Titelwörter sind sämtlich Latinismen (und Erstbelege): Comput, Bestiaire, Lapidaire. Der Comput verzeichnet erstmalig Wörter wie auctoritet, matire (“matière, sujet de récit”), moment, nature, necessaire, patron, questiun. 3.4. Latinismen finden sich ebenfalls in der erzählenden Literatur, wenn auch in weit geringerer Dichte (Heinimann 1963, 45 s.). Immerhin enthält der Prolog zu Chrétiens Perceval außer dem Namen je nach Beurteilung 13 bis 15 Latinismen; insgesamt zähle ich in seinem Werk etwa 200. Das relativiert Heinimanns Formulierung «[…] eine vom höfischen Ideal geprägte Literatursprache […], die den Latinismus, im Wortschatz wie in der Syntax, bewußt meidet» (1968, 104). Die fünfzehn Belege aus dem Prolog zu den Lais der Marie de France zeigen die Loslösung vom kirchlichen Wortschatz: escience, eloquence, ancien, livre, oscur, gloser, philosophe, sens, vice, estudier, latin, penser, estoire, noble, presenter. Der geringe Anteil von Erstbelegen in beiden Texten zeigt, dass die Autoren schon aus einem im Laufe des 12. Jh. angewachsenen Reservoir weithin bekannter Wörter schöpfen konnten. 3.5. Das 13. Jh. bringt weiteren Zuwachs, aber längst nicht in dem Umfang, wie man es von dem Jahrhundert der Scholastik und des Erwachens der Prosa in der französischen Literatur erwarten könnte (cf. die Zahlen u. 3.6., 4.1.). Brunetto Latini nutzt für seinen Tresor und die Rettorique oft die Möglichkeiten des Französischen (zu den Lehnprägungen cf. 4.8.1.) sowie schon vorhandene Latinismen (cf. Heinimann 1968) und führt dazu neue ein (cf. Ricken 1961). Eine ergiebigere Quelle ist der zweite Teil des Roman de la Rose von Jean de Meung (cf. Hilder 1972). 3.6. Welche Bedeutung die Bereicherung durch das Lateinische in altfranzösischer Zeit für das moderne Französisch hat, soll durch einige Zahlen verdeutlicht werden. Der Grundwortschatz Französisch (Nickolaus 1984) enthält über 400 Latinismen – das sind 20 %, das Mehrfache der aus lebenden Sprachen entlehnten Wörter. Davon sind etwa 55 % bis 1300 entlehnt (fast 40 % bis 1200), etwa 33 % im 14. und 15. Jh., nur etwa 6 % im 16. Jh., etwa 5 % seit dem 17. Jh.
136. Sprachkontakte: Latein und Galloromania
Die Zahlen von Stefenelli (1981a, 156–162; 191–194; 234 s.) für das français fondamental zeigen eine noch größere Dichte von Latinismen in der älteren Periode. 3.7. Freilich bedeutet das einmalige Auftreten eines Wortes nicht, dass es schon zum festen Bestand der Sprache gehört; das zeigen viele Belegdaten des FEW, z. B. für sécurité: «1190; seit ca. 1480» (11, 387b), oder für union: «im 13. jh. vom fr. entlehnt, ist aber erst vom 15. jh. an dichter zu belegen» (14, 46a). Wie lange es oft bis zur völligen Integration eines Latinismus dauern konnte, hat Stefenelli (1981b) durch die Untersuchung des Vorkommens in lateinisch-französischen Glossaren und Lexika zwischen 1290 und 1380 gezeigt.
4.
Mittelfranzösisch (14./15. Jahrhundert)
4.1. Sind die Latinismen der altfranzösischen Epoche bes. wichtig für den Grundwortschatz (cf. 3.6.), so erfolgt in mittelfranzösischer Zeit ein Ausbau des spezielleren Wortschatzes. Guiraud (1963, 53) kommt bei der Untersuchung der Latinismen des Dictionnaire étymologique de la langue française (Paris, 1938) von Albert Dauzat (ohne Ableitungen) auf 661 Entlehnungen bis 1300 (davon 389 bis 1200), 632 im 14. und 237 im 15. Jh. 4.2. Der kräftige Schub des 14. Jh. ist in erster Linie den Übersetzern zu verdanken; die in unserem Zusammenhang wichtigsten sind der Livius-Übersetzer Pierre Bersuire und Nicolas Oresme, der mehrere Werke des Aristoteles (aus dem Lateinischen) übersetzt hat, beide von ihrem König (Philippe le Bel / Charles V, ‘le Sage’) gefördert. Von den wissenschaftlichen Publikationen ist La Chirurgie des Henri de Mondeville bes. hervorzuheben. 4.3. Wie die Psalmübersetzer des 12. Jh. (cf. 3.2.) gebraucht Oresme Latinismen in enger Anlehnung an die Vorlage, wie: «Et des filz la generation est propre Et le utilité est commune = et de filiis generationem quidem propriam, utilitatem autem communem» (Le livre de yconomique, ed. A. D. Menut, 1957, 333a).
Alle hier benutzten Latinismen sind schon seit dem 11./12. Jh. belegt.
1585 Daneben können eigene latinisierende Neologismen bei einer freieren Übersetzung auftreten: «Et as serfs operateurs l’en leur doit donner plus de viande = [dare] operariis autem cibi multitudinem» (ib., 334c).
Zu beiden Erscheinungsformen cf. die (zu überprüfenden) Listen bei Taylor (1965, 734 s.). Die Zahl der neu entlehnten Wörter ist groß, wenn auch geringer als nach der Angabe von Stempel (1987, 28), «zwischen 450 und 500». Darunter sind neben einigen, die zum heutigen Grundwortschatz gehören, wie central, sérieux, communiquer, zahlreiche Wörter, die zum Alltagsbestand der heutigen Schriftsprache gehören, wie abus, comédie, économie, précis, total. 4.4. An dieser Stelle ist die Frage nach der Motivation der Entlehnung von Latinismen im Mittelalter zu stellen. Viele sind ‘Bedürfnislehnwörter’, die Lücken in dem reduzierten Wortschatz der aus dem Vulgärlatein herauswachsenden jungen Sprache füllen, v. a. bei den Abstrakta (cf. dazu Heinimann 1963). In vielen Fällen wird ein Abstraktum vor dem zugehörigen Adjektiv oder Verb entlehnt (cf. 4.7.3.). Für die Übernahme von ‘Luxuslehnwörtern’ liegt eine viel zitierte Formulierung von Oresme vor: «une science qui est forte, quant est de soy, ne peut pas estre bailliee en termes legiers à entendre, mès y convient souvent user de termes ou de mots propres en la science qui ne sont pas communellement entendus ne cogneus de chascun» (Livre de Ethiques, zit. nach Stefenelli 1992, 210).
Hinzu kommt in einigen Fällen das Bedürfnis der Eindeutigkeit, wie bei facile (1441) gegenüber polysemem legier, oder der Vermeidung von Homonymie, wie bei inviter (1356) statt envier, das mit der homonymen Ableitung von envie “Neid” kollidiert (cf. Gougenheim 1970, 420 ss.; Stefenelli 1992, 207 ss.). 4.5. Dass das 15. Jh., in dem Frankreich durch die Auswirkungen des Hundertjährigen Krieges auch in der geistigen Produktivität zurückfällt, eine beachtliche Zahl neuer Latinismen beisteuert (cf. 4.1.), hat seine Ursache darin, dass die Verwendung von Entlehnungen in der Literatur inzwischen zur Mode geworden ist (zu Eustache Deschamps und den Cent Nouvelles Nouvelles (cf. Heinimann 1963, 157 ss.), die in den rhé-
1586
XII. Sprachkontakte und Migration
toriqueurs kulminiert (für einen Beispieltext cf. HLF 1, 530).
land), batiser (1050) / batoiier (Ende des 12. Jh.), multiplex (ca. 1390) / multiple (1572).
4.6. Die Masse der Entlehnungen stammt aus dem antiken Latein. Darin enthalten sind viele griechische Wörter, die das Lateinische entlehnt hatte, außer Kirchenwörtern wie apotre (1130) und apostasie (ca. 1250) auch idee (1119), allegorie (1119), theatre (Ende des 12. Jh.), anatomie (1314). Den dritten Platz nehmen die Entlehnungen aus dem Mittellatein ein, nicht nur aus der Scholastik, wie obje(c)t (Oresme), transcendant (1405), sondern auch petrole (13. Jh.), officier (1324). Das Mittellatein hat seinerseits romanische Wörter in angepasster Form übernommen (und bietet öfter frühere Belege), wie aver(i)um < aveir (habere) “Besitz” (FEW 4, 365a Anm. 21), arrivagium, arribaticum < arrivage (FEW 24, 324b, Anm. 5 s.). Der Traité de la formation des mots composés dans la langue française (Paris, 21894) von Arsène Darmesteter enthält Namen wie Hugo de Canta raina, Guleberto Garda robam (ib., 171s.), Johannes Bibens aquam (ib., 190), deren romanische Vorbilder leicht zu erraten sind. Geblieben sind latinisierende Einwohnernamen wie Ambaciens (Amboise), Sparnaciens (Epernay), Stéphanois (Saint-Étienne).
4.7.2. Anders gelagert als die beschriebenen Relatinisierungen, bei denen die Wörter ihre Bedeutung beibehalten, aber nicht immer klar abzugrenzen ist der Fall voneinander unabhängiger Dubletten, Nachfolger desselben Etymons, hier Erbwort / Latinismus. Diese sind nicht nur durch oft einschneidende lautliche Differenzen (im Extremfall wie bei août [u] / auguste, dé / digitale), sondern auch durch (oft erhebliche) semantische Verschiedenheit gekennzeichnet, wobei sich der Latinismus nicht oder kaum von der lateinischen Bedeutung entfernt hat (Listen bei Lüdtke 1998, 507 ss.). Solche Dubletten gibt es vom Altfranzösischen an, so im 12. Jh. chose / cause, heur / augure, coi / quitte. Bei den ‘Derivationsdubletten’ (ib., 512) stammen die Glieder einer Wortfamilie aus verschiedenen Schichten, wie lecteur (1120), lecture (1352) / lire, patron (1119) / père; dabei sind meistens die Ableitungen latinisierend.
4.7.1. Der Neuzugang von Latinismen ist ein Teil der Umschichtung des Wortschatzes im Mittelfranzösischen, der Ablösung aus dem Gebrauch kommender Wörter durch neue. Eine Erscheinungsform ist der Ersatz von Erbwörtern durch ihre lehnwörtliche Entsprechung, wie treü(d ) (Roland–1663) / trebu (1. Hälfte des 14. Jh.) / tribut (seit 1463, FEW 13/2, 257b), oder eines teilangepassten Latinismus (cf. 2.6.) durch eine dem Lateinischen (wieder) angenäherte Form, wie entencion (1119) / intencion (ca. 1180), seit Gougenheim (1970) ‘relatinisation’ genannt. Doch darf man sich den Vorgang nicht allzu schematisch vorstellen: Wenn auch letztlich die (stärker) latinisierende Form siegt (Ausnahmen sind sehr selten, wie innombrable [seit 14. Jh.], das sich gegen innumérable [14. Jh.–1660] durchsetzt, FEW 7, 235 s.), so lebt die unterliegende zunächst daneben weiter, oft noch lange (z. B. das erwähnte envier “inviter” bis Rotrou 1631, FEW 4, 801b). Auch kommt es vor, dass die latinisierende Form vor der erbwörtlichen oder teilangepassten belegt ist (und das nicht nur in den noch latinisierenden Texten, cf. 3.1.), wie paradis (1050) vor parëis (Ro-
4.7.3. Diese Diskrepanzen innerhalb der Wortfamilien machen einen wesentlichen Teil des ‘abstrakten’ Charakters des Französischen aus (cf. Albrecht 1970, 26–31). Neben dem häufigen Verschwinden von durchsichtigen Familienmitgliedern, etwa von Abstrakta wie m(e)urté, m(e)urison zugunsten von maturité (cf. Stefenelli 1981a, 195 s.), steht aber nicht selten auch die Vervollständigung der Familie durch die Entlehnung des lateinischen Grundwortes (lange) nach der des Abstraktums (cf. 4.4.), wie bei intelligent (1420) zu intelligence (ca. 1175), opérer (1495) / opération (Ende des 13. Jh.). Noch gravierender ist die Eingliederung eines Latinismus ganz anderer Abstammung, wie certitude (Oresme) zu sûr (neben s(e)ur(e)té und sécurité) oder urbain (Bersuire) zu ville. 4.8.1. Eine untergeordnete Rolle spielen in der Forschung und wohl auch in der Sprachwirklichkeit die Lehnprägungen (‘calques’). Deutsch Gewissen, Rücksicht, teilnehmen, Vaterland stehen im Französischen die Latinismen conscience (ca. 1165), respect (1287), participer (Ende des 13. Jh.) und patrie (1516) gegenüber. Nachbildungen wie signeportant “zodiaque” (Comput, nach signifer) sind sehr selten. Wenn Heinimann (1968, 98) Brunetto Latinis Wiedergabe der Fachtermini inventio, dispositio, elocutio, memoria, pronuntia-
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tio durch truevement, ordre, parable, memore, parleure nennt, so erscheint die Bezeichnung für die drei mittleren problematisch (im Übrigen sind es lauter Latinismen); das vom Autor gebildete truevement hat keinen Bestand gehabt. Weder chose commune noch chose publique (nach res publica) haben sich durchsetzen können (cf. Lüdtke 1998, 504). 4.8.2. Schwer nachzuweisen sind Bedeutungsentlehnungen. So nennt Gougenheim (1970, 415 ss.) unter der Bezeichnung ‘relatinisation’ u. a. die Wiedergewinnung der weltlichen Bedeutungen von gloire (Latinismus) und loi (Erbwort) im 13. Jh., die auf die Verwendung in geistlicher Bedeutung folgt, doch erklärt sich diese zwanglos aus dem Charakter der Texte (cf. FEW s. v.). Eindeutige, aber kurzlebige Beispielwörter bietet das 16. Jh., wie gauche “ungünstig” nach sinister (Ronsard) oder estre veu “videri” (Du Bellay, zit. nach HLF 2, 230). Bei Latinismen ist eher mit Mehrfachentlehnung zu rechnen, z.B. bei génération (FEW 4, 98b) oder scientifique (FEW 11, 309b s.). 4.9. Spezifisch für das Französische ist die relatinisation der Graphie. Nach noch latinisierenden Schreibungen der ersten Texte (cf. 3.1.) wie temps, absols (Leodegarleben) hat die junge Orthographie des Altfranzösischen zunächst das Bestreben, die Lautung nachzuzeichnen, so gut das mit dem überkommenen Buchstabenvorrat möglich ist. Frühe Latinismen sind die Schreibungen et (bis heute ohne liaison!) sowie qui, que, quel, die zugleich die Aussprache sichern (wie auch h- bei hier, hiver), aber auch quant, quatre, quart. Beginnend im Altfranzösischen, um sich greifend im Mittelfranzösischen sind eingefügte bzw. trotz Lautveränderung beibehaltene (stumme) Konsonanten wie bei corps, loup, presbtre, faict, faulte, mieuls sowie restituierte Geminaten wie in belle, goutte. Dabei wird gelegentlich das Etymon oder die zugrunde liegende Wortform verkannt, wie bei poids pensum nicht pondus, scavoir sapere nicht scire, croix crucem nicht crux, doigt *ditum nicht digitum. Betroffen sind auch teilangepasste Latinismen (cf. 2.6.), wie su(b)stance, su(b)je(c)t. Nicht wenige dieser stummen Buchstaben sind später gesprochen worden, z. B. bei absoudre, adversaire, psaume, sanctuaire (Buben 1935). Seltener ist die Latinisierung bei den Vokalen, wie bei œil, œuvre (bei cœur < cuer die Aussprache sichernd, doch zeigt cueillir eine
1587 andere Möglichkeit auf) oder aile (lange auch aelle). 4.10. Die Morphologie des Französischen ist von Beeinflussungen durch das Lateinische fast unberührt geblieben. So ist die Superlativendung -issime hier – im Gegensatz zum Italienischen – «nie heimisch geworden» (Lausberg 1972, § 684). 4.11. Es ist ein Gemeinplatz, dass der dauernde Umgang mit lateinischen Texten den Stil der heranwachsenden europäischen Sprachen von Anfang an geprägt hat, in Frankreich zunehmend im Mittelfranzösischen, mit dem Höhepunkt im 16. Jh., rückläufig in der Klassik. Es ist jedoch kaum möglich, in Ermangelung eindeutiger Kriterien (wie beim Wortschatz, cf. 2.4.) im Einzelfall zu bestimmen, ob eine syntaktische Erscheinung noch zum «fonds d’héritage savant» (Nykrog 1957, 95) oder zu den «Universalien der Distanz- oder Schriftsprache» (Raible 1996, 126) gehört oder aber wieder lateinischem Vorbild folgt. Außer Fällen offensichtlicher Nachahmung, v. a. des 16. Jh., z. B. beim Gebrauch des Konjunktivs (Lorian 1967, 159 s.) oder bei der Wortstellung (ib., 163) sind am ehesten Phänomene der infiniten Formen zu erfassen, von denen hier drei skizziert werden sollen. 4.11.1. Neben den ererbten Gebrauchsweisen des AcI treten im Altfranzösischen – v. a. in Übersetzungen – auch solche wieder auf, die im Spätlatein verloren gegangen waren, z. B. nach den Verben des Sagens und Denkens (Stimming 1919, 188 s.); sie werden im Mittelfranzösischen häufig, bes. im 16. Jh.: et savoit ces choses estre vrayes (Christine de Pisan, zit. nach ib., 151); confessions nos estomacs estre bien escurés et soif nous importuner (Rabelais, zit. nach ib., 156). Vaugelas lässt, wie die heutige Grammatik, die Konstruktion mit einem Relativpronomen als Subjekt zu: les ennemis, qu’il sçauoit auoir passé la riviere (Remarques sur la langue française, ed. Alexis Chassang, Paris, 1880, vol. 1, 187). Ein Satz wie [Charles] jugeait cette création être profitable (Flaubert, zit. nach Stimming 1919, 179) wirkt preziös. 4.11.2. Spezifisch französisch (und katalanisch) ist die Wiedergewinnung des Partizip Präsens, das im Vulgärlatein verloren gegangen und durch das Gerundium ersetzt worden war. Nur lexikalisierte Formen wie fr. pe-
1588 sant “schwer” oder courant “Strömung” leben fort (cf. Bork 1998, 96s.; Lausberg 1972, § 813 s.); hinzu kommen dann zahlreiche Entlehnungen wie excellent (1170), équivalent (Oresme). Schon altfranzösische Autoren fassen aber die Nachfolger des Gerundiums auf -ant als Partizipien auf (das lautliche Ergebnis ist identisch) und fügen ein Plural-s (und ein – unlateinisches – -e) hinzu. Lausberg spricht von «grammatische[r] Buchwörtlichkeit» (ib., § 814). Im Neufranzösischen ist die Veränderlichkeit allerdings an die Verwendung ohne Ergänzung gebunden: des contes amusants gegen des contes amusant tout le monde. Die grammatische Terminologie verkennt den historischen Sachverhalt, indem sie nur dem letzten Fall, der gerade nicht dem (veränderlichen) lateinischen Partizip entspricht, die Bezeichnung ‘participe présent’ zubilligt und den Terminus ‘gérondif ’ der Verbindung mit Präposition (en marchant) vorbehält (cf. Bork 2005, 18). 4.11.3. Absolute Konstruktionen Substantiv + Partizip (Gerundium, cf. 4.11.2.) / Adjektiv entsprechend dem lateinischen Ablativus Absolutus hat das Romanische ererbt und fortgeführt: afr. juintes ses mains (Roland), oiant toz (Chrétien de Troyes); aokz. pes jontz (FEW 4, 67a), auzent (FEW 25, 848b). Die Zahl der Fügungen nimmt im 13. Jh. und im Mittelfranzösischen unter dem Einfluss des Lateinischen zu; der Höhepunkt wird im 16. Jh. erreicht (HLF 2, 465 ss.). Eine Reihe von Präpositionen ist aus solchen Syntagmen entstanden, wie sauf, malgré (12. Jh.), excepté (13. Jh.), moyennant (Oresme), pendant (15. Jh.; le plait pendant entsprechend lat. judicio pendente schon im 13. Jh., so auch ce pendant).
5.
Das Französische des 16. Jahrhunderts. Ausblick auf das Neufranzösische
5.1. Das 16. Jh. findet einen großen Vorrat von Latinismen vor; so enthalten die entscheidenden Passagen aus der Ordonnance de Villers-Cotterêts von 1539 (HLF 2, 30; Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 193), die den endgültigen Sieg des Französischen über das Lateinische dokumentieren, auf 96 Wörter nicht weniger als 22 Latinismen, sämtlich seit dem Altfranzösischen (15) oder dem Mittelfranzösischen (7) bekannt. Natürlich gibt es neue (darunter viele kurzlebi-
XII. Sprachkontakte und Migration
ge), doch sind die Zahlen bei Guiraud (1963, 53, cf. 4.1.), der die Neuentlehnung von 673 heute noch gebräuchlichen Stammwörtern verzeichnet, irreführend, weil er die Gräzismen (jetzt sind es echte, cf. 4.6.) mitzählt. Richtig ist aber, dass von der Renaissance (jetzt der ganzen Antike) ab Latinismen und Gräzismen v. a. bei den Fachsprachen nur noch gemeinsam zu betrachten sind. 5.2. Bezeichnend für das emanzipatorische Sprachbewusstsein ist die Reaktion gegen die ‘écumeurs du latin’ (Geoffroy Tory; weitere zeitgenössische Schimpfnamen bei Ricken 1961, 281 s.) zu Beginn des Jahrhunderts. Die Pléiade verfährt – entgegen ihrem eigenen Programm – zurückhaltend; die lange Liste bei Marty-Laveaux (1896, 102–107) reduziert sich nach den inzwischen vorliegenden Erstdatierungen auf einen Bruchteil (das gilt auch für die Gräzismen und die Neubildungen mit gelehrten Suffixen, cf. 5.4.). Vereinzelt finden sich kurzlebige Bedeutungsentlehnungen (cf. 4.8.2.) und syntaktische Latinismen (cf. 4.11.). Modismen der Wortbildung wie cuisse-né, porte-couronnes (Ronsard, zit. nach HLF 2, 195) folgen eher griechischen Mustern. 5.3. Im 16. Jh. finden wir die ersten Versuche sprachlicher Normierung, durch Grammatiken (die lateinischem Vorbild folgen) und Wörterbücher. Die zahlreichen Versuche, die Orthographie zu reformieren, ignorierend schreiben die Wörterbücher von Robert Estienne überwiegend die konservative, d. h. latinisierende Schreibweise (cf. 4.9.) fest wie mettre, pouls, voix. In einigen Fällen werden die ‘parasitären’ Konsonanten später noch (nach langem Schwanken) getilgt, speziell in den verschiedenen Ausgaben des Akademie-Wörterbuchs (cf. Catach 1995 s. v.), wie bei fau(l)te, fie(b)vre, ne(p)veu (1694), a(d)vocat, lai(c)t (1740), doch fällt die endgültige Entscheidung manchmal auch zugunsten der latinisierenden Form, wie beim Plural des Partizips Präsens (cf. 4.11.2.), aiman(t)s, savan(t)s (1835). Viele alte Graphien überleben in Orts- und Personennamen, wie Aulnoye, Ladvocat, Lefebvre. Die etymologisierenden Graphien sind aus dem modernen Französischen nicht mehr wegzudenken: Sie helfen nicht nur, die vielen Homophone (cent, sans, sent) zu unterscheiden (was freilich im Textzusammenhang oft nicht nötig wäre), sondern erhöhen auch durch die Erweiterung des Wortumfangs die
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136. Sprachkontakte: Latein und Galloromania
Lesbarkeit der im Französischen besonders häufigen kurzen Wörter, wie nœud, temps. 5.4. Wortneubildungen mit latinisierenden Affixen fehlen im Altfranzösischen fast völlig, beginnen zögernd im 14. Jh. (fruchtbar nur bei negierendem in-) und sind vom Ende des 15. Jh. an immer häufiger anzutreffen. Für die meisten in der Literatur (z. B. bei Chaurand 1977, 48 s.) genannten angeblich im Mittelfranzösischen gebildeten innerfranzösischen Derivate lassen sich lateinische (oft mittellateinische, cf. 4.6.) Etyma beibringen; eine Auswertung der neuen A-Bände des FEW (24 und 25) ergab nur eine geringe Ausbeute isolierter Wörter. Wichtige Prä- und Suffixe liegen als Dubletten vor (cf. 4.7.2.), wie inter- / entre-, sub- / sou(s)-; -ateur / -eur, -(at)ion / -(ais)on, -aire / -ier, -al / -el. Relatinisierungen (cf. 4.7.1.) durchsichtiger Wörter, wie sovercion zu subversion, tres- / transformer, matinel / -al, haben hier den Weg gewiesen. Die gelehrte Affigierung ist konstitutiv für die Terminologie der neuzeitlichen Wissenschaft, zusammen mit der im 16. Jh. beginnenden, vom 18. Jh. ab fruchtbar werdenden Komposition lateinischer und griechischer Radikale, wie faculté locomotive (1583) thermomètre (1624), dann auch hybride Bildungen wie calorimètre (1789), automobile (1866). Es bildet sich auf der Wortebene eine europäische Gemeinsprache heraus, dem Latein des Mittelalters in Kirche und Wissenschaft vergleichbar. Der Sprachpurismus des 17. und 18. Jh. in Frankreich hat ihre Expansion nicht hindern können. Sie ist wegen der fast unbegrenzten Bildungsmöglichkeiten und deren Durchsichtigkeit der in den letzten Jahrzehnten übermächtig werdenden englischen Terminologie vorzuziehen. 5.5. Da auch die anderen europäischen Sprachen und das amerikanische Englisch aus dem Lateinischen entlehnen, finden sich Latinismen auch unter den mots étrangers. Bei einigen Anglizismen ist der Wortkörper schon vorhanden, so dass nur die Bedeutung entlehnt wird (cf. 4.8.2.), wie bei motion (1775) “Antrag (im Parlament)”; die meisten sind Neubildungen (cf. 5.4.), wie infinitésimal (1706), éditorial (1852). Eine geringere Anzahl liefert das Italienische, z. B. fugue (1598; vom italienischen Erbwort fougue, 1580), miniature (1645), die Bedeutung z. B. bei site (1530), récitatif (1690), dazu an Neubildungen z.B. disgrâce (1539), concert (1608),
caricature (1740). Ein paar Bildungen kommen aus dem Spanischen, wie casuiste (1611), transhumer (1818). Bei gemeineuropäischen Latinismen (v. a. Neubildungen der Fachsprachen, aber auch der Journalistik) des 20. Jh. ist oft nicht mehr auszumachen, in welcher Sprache sie zuerst aufgekommen sind. 5.6. Ein typisch französisches Beispiel für die Rolle der mots savants außerhalb der Fachsprachen ist die Sprache der Französischen Revolution. Weit davon entfernt, dem Sprachgebrauch des tiers état Geltung zu verschaffen, überbietet sie die oberen Stände mit einer Flut von Latinismen (und Gräzismen), insbes. mit Neubildungen, darunter Wortungetümen wie injugeabilité (Frey 1925, 226). Als Beispiel diene der kurzlebige republikanische Kalender (1793), mit der entlehnten Serie von Monatsnamen (substantivierten Adjektiven) nivôse, pluviôse, ventôse (ohne die übliche Anpassung des Suffixes, cf. 2.4.), den gelehrten Neubildungen – teils zu Erbwörtern, teils von latinisierenden Stämmen – vendémiaire, brumaire, frimaire; germinal, floréal, prairial und den hybriden Komposita messidor, fervidor (später thermidor), fructidor, dazu Ableitungen wie fructidorisation, post-fructidorien. Wenig Einsicht in die Strukturen des Lateinischen zeigt die disparate Serie der Tagesbezeichnungen: primidi, duodi, tridi, quartidi, quintidi, sextidi, septidi, octidi, nonidi, décadi (Frey 1925, 214s.; 193). Geblieben sind Bildungen wie annuaire, démoraliser, vandalisme, ultra, ja sogar inconstitutionnalité.
6.
Zusammenfassendes Beispiel
Wie komplex die Rezeption des lateinischen Wortschatzes ist, soll abschließend anhand einer Skizze des FEW-Artikels maior (6/1, 55–60) gezeigt werden. Erbwörtlich überkommen sind in adjektivischer und substantivischer Verwendung der Nominativ maire, bis heute als “Bürgermeister” fortlebend, und der Akkusativ afr. ma(i)our / maieur (beide Kasusformen auch im Altokzitanischen). Die zuletzt genannte Form geht über in das latinisierende majeur (ab wann, ist nicht genau auszumachen, da die Graphien i und j bis ins 16. Jh. hinein nicht geschieden werden). Die Akkusativform wird mehrfach entlehnt, im 14. Jh. als scholastischer Terminus (majour, majeure f. “première proposition d’un syllogisme”), als Adjektiv in verschiedenen Kollokationen im 16., 17., 18. und 19. Jh., als Substantiv in der Bedeutung “Mittelfinger” 1907. Auf die latinisierende Form
1590 werden mehrere Bedeutungen des Italienischen (Musik) und Spanischen (Militär) projiziert (in beiden Sprachen ist die Akkusativform erbwörtlich erhalten). Mlat. maior domus wird im 14. Jh. vom Okzitanischen entlehnt, Ende des 16. Jh. vom Französischen (über das Italienische). Mlat. maioritas kommt als Terminus der Philosophie im 13. (oder 14.) Jh. ins Französische, im 14. Jh. ins Okzitanische; die politische Bedeutung ist aus dem Englischen lehnübersetzt. Lehnprägungen sind maire du palais (1573) nach mlat. maior palatii, force majeure (1690) nach vis maior, Lordmaire (1721) nach engl. Lord Mayor.
7.
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Hans Dieter Bork, Köln
1591
137. Contactos lingüísticos: latín e Iberorromania
137. Contactos lingüísticos: latín e Iberorromania Sprachkontakte: Latein und Iberoromania 1. 2.
7.
Introducción Latín y romance en la época de orígenes de las lenguas iberorrománicas Latín y romance en la época literaria Latín y romance en el umbral del Renacimiento Del Renacimiento hasta la codificación lingüística del s. XVIII La influencia del latín desde el s. XVIII a nuestros días Bibliografía
1.
Introducción
3. 4. 5. 6.
El contacto entre latín y romance en la época primitiva está condicionado por la relación filogenética que existe entre la lengua originaria y los romances derivados de ella. Este proceso es dinámico en el sentido de que lo que comienza siendo una variación discursiva se convierte en una diversidad idiomática, en la que le latín es lengua aprendida en la escuela y el romance la lengua espontáneamente adquirida. Distinta es la situación una vez que las lenguas romances se constituyen en lenguas de cultura. En este caso, la naturaleza de la relación entre latín y romance cambia en la medida en que el latín, y la cultura clásica en general, actúan como modelo cultural, filosófico, artístico, etc. El proceso es muy largo y puede darse por finalizado en el s. XVIII cuando se abandona el latín como lengua de la filosofía y de la ciencia, para quedar sólo, hasta mediados del s. XX , como lengua litúrgica de la Iglesia Católica y como fuente para la creación de neologismos.
2.
Latín y romance en la época de orígenes de las lenguas iberorrománicas
2.1. Menéndez Pidal (1986) piensa que, en la Iberorromania, en el momento de la invasión musulmana (711), existía una lengua (el protorromance), básicamente uniforme, que, sin ser una lengua distinta del latín ofrecería diversos procesos evolutivos en marcha. Sin embargo, parece excesivamente simplificador imaginar el tránsito del latín a las diversas lenguas iberorrománicas como un proceso cronológico lineal. A ello se añade la existencia de un largo período de inco-
municación entre diversos territorios pertenecientes a la antigua latinidad, que fue menos intensa en los orientales y, sobre todo, en el territorio de la antigua Marca Hispánica, origen de la actual Cataluña. También debieron de ser muy relevantes las diferencias de orden social (Gimeno 1995). El latín literario tuvo un notable cultivo en los ambientes selectos de la sociedad visigótica, como muestran las Etimologías de San Isidoro, que atestiguan una cierta plenitud del latín medieval en el s. VI , que llegaría, más o menos degradado, hasta el final de la monarquía visigótica. Díaz y Díaz (1965; 1976; 1998) ha estudiado la lengua de los numerosos textos litúrgicos de la época visigótica y ha explicado en que medida reflejan el latín de su época. Las inscripciones visigodas en pizarras constituyen un testimonio precioso sobre la lengua hablada en Hispania entre los s. VI –VIII (Velázquez 2004). 2.2. Menéndez Pidal (1986) ha descrito con precisión la situación lingüística entre los s. VIII al XI ; el proceso evolutivo condujo a una situación de bilingüismo, en la que el latín, de ser lengua escrita única y hablada de una minoría culta, sería progresivamente desplazada por los nacientes romances peninsulares. Wright (1989; 1991) ha venido sosteniendo con tenacidad que la situación hubo de ser muy otra. Él distingue entre latín imperial, vernáculo (lengua hablada y escrita después del s. II en la Romania) y latín medieval (lengua inventada tras la reforma carolingia en Francia y después de la llegada de los cluniacenses en la Península Ibérica). Quilis (1999) ha estudiado con gran rigor los argumentos de Wright, poniendo de manifiesto tanto sus aspectos positivos como aquellos que son de dudosa aceptación. Bastardas (1960) ha explicado que el bilingüismo de los clérigos consistía en que poseían una lengua espontáneamente adquirida, que emplearían en la conversación ordinaria, y otra, el latín de la escuela, aprendida para ser escrita. Todo ello debió de provocar una situación muy inestable en los usos lingüísticos, especialmente entre los s. VIII al X , período en el que se dinamizaron tal conjunto de procesos evolutivos en la lengua hablada que diferenciaron, disociándolas definitivamente, la lengua de la escritura y la de la oralidad (Herman 1990).
1592 2.3. El análisis de los textos románicos primitivos permite establecer la tesis de que el proceso de conversión del romance en lengua escrita fue básicamente uniforme en toda la Romania, quizás con la excepción del sardo (Blasco Ferrer 1993). Frank y Hartmann (1993) indican que en este proceso existen, dentro de un ‘continuum’ cronológico, dos fases o etapas: una, en la que el redactor sólo cuenta con los modelos latinos, en los que se introducen más o menos variantes procedentes de la lengua hablada según el tipo de discurso que se halle en los textos; otra posterior, de larga duración, en la que se desarrolla una tradición escrita en lengua vulgar. Habría que considerar, por tanto, que la aparición de la oralidad (romance) en la escritura (latín) es un proceso temporal, pero no desarrollado con linealidad cronológica (Ineichen 1993). 2.4. A mi juicio (Bustos 1995), existen dos planos de oposición cruzados transversalmente: de un lado, la tensión entre oralidad y escritura, que dio lugar a formas de manifestación diversa en los documentos primitivos; de otro, la imbricación del romance en el latín (primera fuente de conocimiento de la evolución lingüística más antigua) y, a su vez, de éste en el romance (origen de los préstamos cultos primitivos). Seguramente fue diferente la situación en el dominio catalán, donde la influencia carolingia fue más intensa ya desde los primeros tiempos. Koch y Oesterreicher (1990; Koch 1993), han configurado el paradigma románico que determina la gradación que va de la escritura a la oralidad en torno a cuatro parámetros básicos que manifiestan el proceso que separa la immediatez comunicativa de la distancia comunicativa. Las glosas y ciertos documentos notariales se hallarían en el primer grado de inmediatez comunicativa, lo que explica su pronto romanceamiento. 2.5. Que el latín fue lengua aprendida desde muy pronto parece fuera de toda duda. Baste señalar que los glosarios abundan ya en la época visigótica, aunque en este período no con la finalidad de enseñar una nueva lengua sino como ayuda para interpretar los textos, casi todos ellos de carácter religioso. Más controvertido es determinar cuándo estos glosarios adquieren la finalidad de enseñar latín. En el caso de la Iberorromania, ya un glosario del s. IX parece contener glosas referidas al romance (García Turza 1997).
XII. Sprachkontakte und Migration
Mucho se ha discutido sobre la fecha, el valor y la función que hay que atribuir a las Glosas Emilianenses y a las Silenses (Hernández Alonso 1993; Ruiz Asencio 1993). Los estudios de Díaz y Díaz (1978) aclararon en gran parte su sentido precisamente a la luz del texto latino. Carrera de la Red (1992) ha advertido que «las glosas romances (así como las dos glosas vascas) constituyen unos primeros tanteos por parte del glosador en la adopción de un sistema de escritura para su lengua vernácula en los albores del segundo milenio de nuestra era».
Consecuencia de ese contacto entre lengua aprendida y lengua espontánea en la actividad escolar tuvo que ser la introducción de neologismos en forma de semicultismos, que tenían su origen en el ambiente escolar: ánima, deliçio, çiclatón, adevino, comediar, espiritual, figurar, juizio, púrpura, pórpora, porpla, libro, ocasión, poridat, preçio, serviçio, etc. A esta penetración de elementos latinos en romance (García Valle 1998) contribuyó muy eficazmente la predicación. También el vascorrománico primitivo sufrió una fuerte influencia del latín cristiano, como ha mostrado Echenique (1987; Quilis / Echenique 1993). 2.6. Las obras jurídicas permitieron la introducción de un aluvión de términos latinos; el interés que tenían estas regulaciones jurídico-administrativas para la población en general determinó la inmediata difusión de los neologismos; de aquí procede la abundancia de semicultismos jurídicos que existen en castellano medieval (Bustos 1974a): abenencia, acusación, condición, entençión, feria, firmar, herencia, justicia, juicio, legitimo, maliçia, manifestar, partiçión, patrimonio, periurio, persona, preçio, privilegio, público, quito, registro, sentençia, tenençia, término, testamento, testimonio,
son sólo unos cuantos ejemplos de este aluvión de cultismos que se adoptan en romance. De más limitada difusión por la naturaleza de los textos, pero muy intenso, fue el préstamo latino que ofrecen las Biblias romanceadas medievales. Aunque algunas traducciones se hacen directamente del hebreo, muchas otras parten de la versión latina de la Vulgata o están muy influidas por este texto. Por eso, la primera versión bíblica romanceada que nos ha quedado, la Fazienda de Ultramar (itinerario bíblico de principios del s. XIII ) ofrece numerosos neologismos cultos; algunos de ellos constituyen la primera documentación en castellano:
137. Contactos lingüísticos: latín e Iberorromania
1593
babtisterio, çiliçio, clamor, demoniático, holocausto, hostia, levita, Messías, plegaria, poncella “virgen”, pontifex, predicar, prophetar, sacerdote, sacerdocio, sacerdotal, sacrificio, sanctuario, templo.
s. XII al XIII . Sin embargo, las obras que re-
Adviértase que todos ellos, menos uno, han arraigado en la lengua romance y han llegado al español actual. Intensa labor latinizadora del léxico se realiza por medio de las abundantes traducciones bíblicas, estudiadas con notable rigor por Morreale (1961; 1962; 1974; 1978) y algunos de sus discípulos.
3.
Latín y romance en la época literaria
3.1. Los cluniacenses llegaron a España a fines del s. XI y trajeron la reforma carolingia que en Francia había tenido lugar casi dos siglos antes. Ello significó un cambio profundo en la forma de manifestarse los fenómenos de contacto entre latín y romance. Aunque Cataluña había tenido más antiguas relaciones con el mundo carolingio, como consecuencia de su dependencia política inicial de Francia y de los consiguientes vínculos culturales, también se produjeron situaciones semejantes e las descritas más arriba (Escolà 1995). En el resto de la Península Ibérica, la reforma cluniacense, que desterró definitivamente la liturgia mozárabe, revitalizó el latín escolar y lo disoció definitivamente del romance. 3.2. La poesía épica castellana, por su arraigo en el mundo social y por la tendencia a reflejar la lengua común de los oyentes, está notablemente alejada de la influencia latina. Por eso son muy escasos los cultismos que hallamos en el Cantar de Mio Cid, la mayor parte de ellos en forma de semicultismos, como corresponde al carácter oral de la transmisión literaria, salvo en el caso de ‘oración de doña Jimena’, por su origen litúrgico. Este poema no presenta cultismos cuya estructura fonética chocara con la base articulatoria del primitivo romance; sólo en algún caso excepcional se conservan restos de grupos consonánticos rs, cs, ct, pt, etc. (Bustos 1974a, 140 ss.). Ello facilitó, sin duda, su inserción en la lengua común y aseguró su pervivencia hasta nuestros días (Clavería Nadal 1991, 117 ss.). 3.3. La influencia del latín escolar sobre el romance se manifiesta en forma incipiente,
pero firme, en los textos de transición del velan una mayor influencia del latín son, en este período, los llamados Catecismos políticos y morales, conjunto de obras traducidas desde finales del s. XII (Diez Mandamientos) y durante la primera mitad del s. XIII (El Bonium o Libro de los Bocados de Oro, La poridat de las poridades, El Libro de los Buenos Proverbios, Las Flores de Filosofía, El Libro de la Nobleza y Lealtad, etc.) y una obra historial primitiva (el Liber Regum). El conjunto de estas obras ofrece un inventario léxico de origen latino culto que proporcionó una sólida base para la creación posterior de la lengua literaria por los clérigos e, incluso, por los traductores de los talleres alfonsíes. En efecto, los neologismos son cuantiosos. Muchos de esos cultismos constituyen la primera datación en romance (Bustos 1974a, 191 ss.): accidental “no sustancial”, acidente, adulterio, adversario, alegoría, alteza “nobleza, grandeza”, aritmética, apetito, argumento, artificioso “artero”, celebro “cerebro”, confusión, contrario, diferencia, eclipse, estudio, forma, fortuna, fundamento, liberal “generoso”, materia, memoria, meridie, opinión, planeta, predicar, príncipe, publicar “hacer público”, remuneración, salario, secta, septentrión, sodomita, sofisma, súbdito, tormenta.
3.4. La aportación del mester de clerecía fue esencial para la transformación del romance en lengua de cultura. Berceo es el más grande introductor de cultismos en la lengua española. Su obra, junto con el Libro de Apolonio y el Libro de Alexandre, culmina un proceso de acercamiento del latín al romance que no se había conocido antes. El vocabulario de estos textos refleja una abrumadora mayoría de neologismos de origen latino. La intensidad de la latinización, su novedad y la capacidad de integración contextual es admirable en los poetas de la clerecía del s. XIII . Esto les permitió hacer del latinismo un componente fundamental de la lengua artística. Innumerables son los cultismos que entran por primera vez en romance a través de la obra del mester de clerecía. Algunos ejemplos son: adornar, amito, apostólico, aquilón, audiencia, aurora, báratro, blasfemia, cancellario, cántico, cartulario, catino, consagración, címbalo, citarista, claustrero, clemencia, concordia, constitución, contemplación, controversia, crimen, crisma, cúmulo, estatua, fantasía, fariseo, fénix, futuro, gémito, itrópico, latinidad, metropolitano, oratorio, ór-
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XII. Sprachkontakte und Migration
gano, pacífico, pestilencia, pontifical, prolixidat, pronunciar, reconciliar, recluso, reliquiario, sagrario, salmodia, satisfacción, sofismo, tedio, transitoria, trono, túmolo, ungir, vanagloria, vivificar, ypocrisía.
des (Castro 1936). Paralelamente, muchos de los latinismos introducidos en la época anterior y los nuevos se erosionan por las tendencias evolutivas vigentes todavía en castellano, cf. gr.:
3.5. La influencia latina continuó en el período alfonsí, aunque con un cierto cambio de rumbo. La ampliación de temas y la intervención de ‘hombres cultos’ de distinta procedencia (castellanos, aragoneses, leoneses), de distinta raza, lengua y religión (árabes, judíos, cristianos), significó un cambio en las relaciones entre latín y romance. Eso explica la abundancia de cultismos que penetran en castellano, pertenecientes sobre todo al universo nocional de la ciencia y del derecho, cf. gr.: diversificar, equinoctial, horizón, húmido, septentrión, teatro, tribu. En una segunda etapa, la traducción se hizo directamente al castellano, evitando el paso por el latín. Quizás influyera en esta decisión el hecho de que los intelectuales judíos se sentían más cómodos utilizando sólo el romance, lengua de integración de razas y culturas distintas, frente al latín que, al fin y al cabo, era la lengua religiosa y litúrgica de la cristiandad (Castro 1954).
ypocresía / ypocrisía, luxuria / loxuria, instrumento / estromente / estormente, elemento / alemento, anatomía / natomía / antonomía, tratar / trabtar, secta / seta, doctor / dotor, bálsamo / blasmo.
3.6. Durante el s. XIV el latín continuó siendo fuente de enriquecimiento léxico. Son innumberables los cultismos que aparecen testimoniados por primera vez en el s. XIV gracias al desarrollo que alcanzan las universidades y a la formación de juristas en el Colegio español de Bolonia, así como a las traducciones de obras doctrinales e históricas (Lapesa 1981, 260). En una cala realizada en las principales obras de esta centuria, he podido atestiguar casi ciento cincuenta voces latinas incorporadas por primera vez al romance en las obras de don Juan Manuel, Juan Ruiz y el Canciller Ayala, así como en los textos morales de esta época: átomo, apócrifo, basilisco, ceremonial, conjugación, consonante, conversar, definiçión, deliberación, dificultat, disimular, efecto, execuçión, eterno, examen, filosilogismos, inifinito, indulgencia, infusión, inquisiçión, mecánica, máxima, militante, notorio, ordinario, perpetuo, particular, precepto, presunçión, primogénito, primitivo, profundo, rectificar, registrar, reptil, solepne, suplicar, suplicio, teoría, tribular, universo, verificar, vivificar.
En contraposición, la enseñanza escolar mutilaba el latín aprendido en las escuelas, creando un lenguaje jergal que se manifiesta en los glosarios utilizados en las universida-
Este fenómeno afecta a escritores cultos como Juan Ruiz, don Juan Manuel y el canciller Ayala, lo que refleja la enorme presión que la base articulatoria creada por el romance ejerce sobre los préstamos latinos (Bustos 1974b). Esto explica que, junto a cultismos plenos e inclusos exóticos, aparezcan innumerables deformaciones de los cultismos y que abunden las ultracorrecciones: subdictos por súbditos, rebta por recta, solepne por solemne, etc. Clavería Nadal (1991) ha estudiado con rigor las consecuencias fonemáticas de la incorporación de neologismos cultos en el castellano medieval, que es muy interesante para conocer el comportamiento de los llamados grupos consonánticos cultos. 3.7. En el dominio lingüístico catalán se repite el proceso descrito para el latinismo medieval en castellano. El s. XII significó también para Cataluña una revitalización del latín y la definitiva conciencia, ya apuntada desde antiguo, de la diferencia entre catalán y latín. El Carmen Campi Doctores, de 1083 y los poemas del Anònim enamorat, seguramente de la misma época, constituyen una notable prueba de la nueva valoración del latín (Nadal / Prats 1982). Como ha estudiado Bruguera (1985), la Iglesia, el mundo jurídico administrativo y el de la escuela aprovecharon el latín para crear nuevos términos en catalán. En este proceso desempeñó una gran labor la figura gigantesca de Ramón Llull, que es el gran creador del léxico culto catalán en la Edad Media (Badía / Moll 1960; Colom 1982). Como dice Bruguera (1985, 31 s.), Llull es un gran creador o adaptador de latinismos, muchos de ellos desaparecidos en la lengua moderna, aunque algunos están todavía vigentes. Por su parte, el catalán sustituye al latín como lengua jurídica y cancilleresca. Se traducen los Usatges y los Furs de Valencia, se redactan en catalán las Costums de Tortosa y, sobre todo, aparece utilizado el catalán en el ámbito de los asuntos religiosos con la obra
137. Contactos lingüísticos: latín e Iberorromania
1595
de Arnau de Vilanova (Nadal / Prats 1982, 380 ss.) En el dominio lingüístico gallego-portugués se produjeron fenómenos semejantes a los descritos para el castellano y el catalán. En un primer momento, el latín de la Iglesia proporciona al romance términos que se difunden en forma de cultismos y semicultismos. Ya en las Cantigas existen voces de este tipo, y pronto entran en romance términos de la ciencia y de la moral (Teyssier 1990, 19 s.).
quedado en español, parecían extraños a Boscán, en su traducción de Il Cortegiano (Morreale 1959). Ese latín escolar, tan combatido por Nebrija (Rico 1978), dejó una notable huella en el español del primer Renacimiento en forma de préstamos léxicos que habían de perdurar en su mayor parte.
4.
Latín y romance en el umbral del Renacimiento
4.1. El humanismo prerrenacentista significó un intento de relatinización de las lenguas romances. El castellano no fue una excepción. Villena, Santillana, Mena, Alfonso Martínez de Toledo Arcipreste de Talavera, Fernán Pérez de Guzmán, Alonso de Cartagena, Gómez Manrique, Juan de Lucena, Rojas, etc. reflejan en sus obras un intento consciente por crear un lenguaje literario nuevo. De ese proyecto artístico formaba parte la latinización léxica, semántica, sintáctica y retórica del romance. El resultado es que se mezclan grandes aciertos lingüísticos con verdaderas pedanterías latinas o pseudolatinas. Los estudios de Lida (1950), Pascual (1974), Lapesa (1977) y Santiago (1979) han descrito los procedimientos lingüísticos que se utilizaron para esta relatinización y el influjo que ejerció sobre el español moderno. Muchos de estos latinismos eran restauraciones formales de otros existentes en los siglos anteriores, no pocos eran nuevos y de ellos permanecieron algunos, mientras que otros, inútiles, desaparecieron o quedaron apartados hasta que el latinismo culterano del s. XVII los puso nuevamente en circulación. La difusión de estos cultismos se hizo en gran medida por medio del ambiente escolar. La comedia humanística difundió muchos de ellos. En la Comedia Thebaida he podido atestiguar por primera vez términos como acumular, agente, benéfico, cavilación, clamores “gritos”, estupro, exceso, expulsar, epigrama, incorruptible, investigación, plenitud, prosapia (Bustos 1982).
Otros no resistieron el paso del tiempo porque procedían del latín escolar degradado que todavía se enseñaba en los círculos estudiantiles. Algunos, en fin, aunque han
4.2. A fines del s. XV y principios del XVI se produjo una fuerte renovación de los estudios latinos y de la enseñanza de esta lengua. Ya en 1490 Alonso de Palencia escribió su Universal Vocabulario, obra que anuncia la gran labor humanística de Antonio de Nebrija. Su Gramática latina y, después, su Vocabulario latino-español constituyen aportaciones fundamentales en el descubrimiento de un auténtico mundo clásico en España. El propio Nebrija fue consciente de ello (Rico 1978) y lo manifestó afirmando que «fue el primero que abrió tienda de lengua latina en España». La Gramática latina (el ‘Antonio’ en el lenguaje de los universitarios del s. XVI ) fue libro de texto obligado en todas las Escuelas y Universidades españolas del XVI . La irrupción de multitud de latinismos léxicos propio de la época anterior fue sustituida por el cultismo semántico como elemento importante del nuevo lenguaje poético (Lapesa 1977). 4.3. En catalán fue notable la introducción de latinismos en el s. XV. Los humanistas catalanes de la centuria, como Eximenis, Bernat Metge, Felip Malla crearon innumerables neologismos a partir del latín (Colón 1976). En solo dos estrofas de Les trobes en lahors de la Verge Maria (Guarner 1974), primer incunable español de 1474, se acumulan cultismos como fenix, carácter, peccadors, auctora, leticia, humana, trinitat, angels, gloria, infernat, tenebros, regne, contemplen, archana, negocí, segle, vivíficat, omicidí, y centre;
algunos de ellos procedían de la lengua medieval, otros son neologismos recientes. Bruguera, (1985, 32) cita muchos de estos cultismos nuevos y advierte de que, como en otras lenguas romances y a pesar de la decadencia lingüística que perdura hasta el s. XIX , la aportación del latinismo al catalán ha sido constante. 4.4. En el dominio portugués, ya separado del gallego desde fines del s. XIV, se produ-
1596 jeron fenómenos semejantes a los del castellano en los s. XV y XVI . Escritores como el infante don Pedro usaron numerosos neologismos latinos, que se multiplican en la obra de los humanistas eruditos como André de Resende, ya en el s. XVI . Esta influencia latina se proyecta también sobre la sintaxis y la retórica de ciertas obras literarias: oraciones de infinitivo, verbo al final de la frase, construcciones absolutas, etc. Con el Renacimiento se depura esta influencia. El bilingüismo dominante en los grandes escritores del Renacimiento portugués propició que la influencia latina se ejerciera paralelamente a la castellana. Los grandes poetas del siglo, Gil Vicente, Sa de Miranda, Camões, etc. enriquecieron su lengua poética con las aportaciones léxicas y semánticas del mundo latino. Muchas de ellas pasaron a la lengua común; como en castellano, y a diferencia del catalán, que inició una profunda decadencia en el s. XVI , el portugués enriqueció intensamente el vocabulario con la aportación latina (Teyssier 1990, 68–71). Muchos de los nuevos vocablos sustituyeron a formas antiguas romanceadas. Otros muchos, utilizados por Gil Vicente, reaparecen en Camões, quien amplía las posibilidades léxicas y semánticas del nuevo vocabulario (Cunha 1980).
5.
Del Renacimiento hasta la codificación lingüística del s. XVIII
5.1. La depuración del latín y la nueva consideración que el romance suscitaba a los hombres del Renacimiento provocó una actitud restrictiva respecto de los préstamos latinos. Juan de Valdés en su Diálogo de la lengua (1535) manifiesta esta nueva actitud rechazando explícitamente el modelo de los grandes escritores del s. XV; respecto de Juan de Mena afirma que lo que hace es «más escribir mal latín que buen castellano». Eso no impide que el latín continúe siendo lengua de cultura: Luis Vives, Arias Montano, Fray Luis de León etc. escriben una gran parte de su obra en latín. En latín se escribe la Minerva, de Sánchez de las Brozas, que es la gran obra de la lingüística española del Siglo de Oro. Por el contrario, no faltaron, Gonzalo Correas de modo especial (Bustos 1998), quienes ensalzaron el romance castellano como lengua superior al latín. 5.2. La lengua literaria siguió enriqueciéndose con la aportación del latín. Herrero In-
XII. Sprachkontakte und Migration
gelmo (1994/95) ha estudiado con notable acierto los cultismos del Renacimiento, que se introducen en gran número, aunque a veces bajo la forma de cultismo semántico (Lapesa 1972; 1973). A fines del XVI era ya evidente que se estaba realizando una nueva, aunque diferente, latinización de la lengua literaria. Del manierismo de Fernando de Herrera al culteranismo de Góngora hay un proceso continuado. Los antiguos estudios de Alonso (1955), Vilanova (1957), Macrí (1959) y de otros muchos filólogos han descrito la función que el cultismo desempeñó en la creación de la lengua literaria del barroco español. La moda latinizante penetró en todos los ambientes de la vida española. La predicación desempeñó un papel fundamental en la transmisión a la lengua hablada de muchos de los cultismos (Delgado 1987). Llegó a ser una fuente de creación de hablas jergales (Alonso Hernández 1977) y se utilizó, a veces, con clara intención deformadora en la novela picaresca; en ello influyó, además, la deficiente enseñanza del latín, tal como había denunciado El Brocense. También el teatro calderoniano contribuyó decisivamente a la divulgación de latinismos. 5.3. Como en el resto de España, existió una literatura catalana en latín. Entre sus cultivadores destacan los nombres de Jeroni Pau y Pere Miquel Carbonell (Vilallonga 1993), que responden a la fuerte influencia del latín en el Humanismo y el Renacimiento catalán (Rubió 1990). Esta base humanística, procedente del último cuarto del s. XV, fue enriquecida por la notable afluencia de humanistas procedentes de Italia a Cataluña y al antiguo reino de Valencia. Luis Vives fue el maestro de los humanistas catalanovalencianos del s. XVI . Ello llevó, como en Castilla por obra de Nebrija (Fontán 1986; 1991), a una renovación en los métodos de enseñanza del latín. La gramática nebrisense y el Vocabulario, adaptado al catalán en 1507, tuvieron una inmensa influencia en Cataluña, de tal modo que significó un profundo cambio de orientación en toda la Península Ibérica. Muchos gramáticos catalanes se hicieron seguidores de Nebrija (Nadal / Prats 1996), influyendo decisivamente sobre las clases altas de la sociedad bracelonesa y, sobre todo, inaugurando una tradición lexicográfica catalana. Del mismo modo, la influencia de Nebrija se ejerció en Valencia, aunque más tardíamente. El diccionario ne-
1597
137. Contactos lingüísticos: latín e Iberorromania
brisense no fue publicado hasta 1533, con las equivalencias en castellano. Sin embargo, el Liber elegantiarum de Joan Esteve (Colón 1988) constituye un verdadero vocabulario latín-catalán, con más de doce mil entradas, que respondía a la intención básica de enseñar el uso oral del latín. El interés por la cultura latina se manifestó asimismo en la abundancia de traducciones, que, desde el s. XV, proliferaron en el dominio catalán. De 1482 es la traducción de las Constitucions benedictines y de 1494 la de la Metamorfosis de Ovidio, realizada por Francesc Alegre. El esfuerzo de este último fue considerable porque trata de superar la tradición medieval de las traducciones literales por otra más interpretativa, lo que le permitió distinguir entre la distinta naturaleza estilística del latín y del romance. Esto supuso, por tanto, un intento de superar la ‘barbarie’ latinizante, acercando el conocimiento del latín a la modernidad renacentista. Es obvio que esta corriente humanística en el XV y renacentista desde principios del XVI permitió el enriquecimiento léxico del catalán con nuevas voces (DECL (l)C). Sin embargo, la decadencia literaria que se inició en la segunda mitad del XVI interrumpió el flujo directo de la lengua escrita a la lengua hablada, de tal modo que la influencia real del latín sobre el catalán fue más limitada que en el resto de España. 5.4. El caso del dominio portugués tiene algunas características diferenciales. Participantes del mismo movimiento humanista que el resto de la Península, muchos de los escritores portugueses de la transición del XV al XVI son escritores bilingües de portugués y castellano. Esto significa que recibieron idéntica influencia del latín que la señalada más arriba. Gil Vicente, Sa de Miranda y hasta el propio Camões escribieron en ambas lenguas y participaron del mismo ideal lingüístico y literario. Se hace difícil distinguir si los latinismos que se testimonian en la obra de estos poetas se debe a influencia directa del latín o si han penetrado a través del castellano o del italiano. El inventario léxico de Camões (Cunha 1980), creador de la lengua literaria portuguesa del Renacimiento, revela esta triple influencia. Como en los demás escritores renacentistas, el cultismo se halla ya bien asimilado a la lengua; de ahí su perdurabilidad en el portugués hasta ahora.
6.
La influencia del latín desde el s. XVIII a nuestros días
6.1. La latinización llegó a tal abuso que se produjo una reacción muy fuerte contra ella en el s. XVIII . Se consideró que el latinismo y el galicismo innecesarios constituían los dos grandes males del idioma. Particularmente abusivo fue el uso del latinismo, a veces falso, utilizado en la oratoria sagrada. La novela Fray Gerundio de Campazas, del Padre Isla refleja muy bien la reacción crítica frente a esa oratoria barroca degradada (Bustos 1981). Sin embargo, los más notables ilustrados siguieron aceptando el latín como fuente de neologismos cuando éstos eran necesarios para adaptar la lengua a las necesidades de expresión nocional que el nuevo pensamiento y la ciencia exigían. Éste fue el criterio utilizado por Feijoo (Lapesa 1996, 43–54) y por los primeros académicos, que elaboraron el Diccionario de Autoridades entre 1713 y 1740, obra que daría lugar a los sucesivos diccionarios académicos hasta la actualidad. Álvarez de Miranda (1992, 55 s.) ha recordado que la demanda de voces para expresar las nuevas ideas hizo confluir en ocasiones la presión del préstamo extranjero y del latinismo; así en una palabra como nostalgia es difícil determinar si se trata de un galicismo o de un cultismo: «las fronteras entre latín y lenguas modernas eran, para el vocabulario culto, sumamente tenues […] y bastaba una ligerísima adaptación fonética parat traspasarlas». Así se produjeron las que Malkiel (1957) había llamado ‘cadenas cultistas paneuropeas’, es decir, voces comunes a diversas lenguas en las que el origen latino está catalizado por influencias extranjeras. 6.2. Como en todas las lenguas, el latín, junto con el griego, continúa siendo la gran fuente de creación neológica para el mundo de la cultura, de la ciencia y de la tecnología. Ya desde el s. XVIII se testimonia este proceso de adopción de neologismos patrimoniales y cultos pertenecientes al universo nocional de la ciencia y de la técnica (Gómez de Enterría 1998). En muchas ocasiones, la doble fuente da lugar a la creación de dobletes cultos procedentes del latín y del griego respectivamente (oculista / oftalmólogo, puericultor / pedíatra etc.). En otros casos, el neologismo es producto de un proceso derivativo, en el que prefijos o sufijos de origen latino o griego se unen a un término patri-
1598 monial. Algunos de esos afijos existían ya (pro-, per-, inter-, super-, hipo-, hiper-, meta-, orto-, circum-, -antia, -entia); otros adquieren especial relevancia en el lenguaje específico de determinadas ciencias (-ol, -al, -oico, -oide, etc.). Son innumerables los diccionarios científicos publicados en los últimos años que dan cuenta de los diversos procedimientos de creación de neologismos utilizados por la ciencia moderna. El más completo es el estudio de terminología científica elaborado por la Real Academia de Ciencias. 6.3. En los restantes dominios lingüísticos de la Península Ibérica, la creación de neologismos técnicos y científicos se inició con el renacimiento de las lenguas regionales a partir del s. XIX , sobre todo en el ámbito del catalán. Las pautas de creación neológica son semejantes a las del español y las restantes lenguas románicas. En los últimos años han proliferado los estudios sobre léxico especializado en catalán y en gallego, así como en portugués. El latín continúa siendo una de las fuentes principales de enriquecimiento léxico. Sin embargo, el portugués sufrió un profundo cambio a partir de la independencia definitiva en 1640. Se cortaron bruscamente las relaciones culturales con los demás dominios lingüísticos peninsulares y se volvió la vista hacia Francia primero y hacia Gran Bretaña después. Una buena parte del léxico culto portugués en el s. XVIII se debe a influencia francesa, como se advierte en el Diccionario Etimológico del Portugués (DELP ). Los cultismos penetraron en la lengua con el aluvión de galicismos que afectó a todas las lenguas peninsulares. Además, el portugués se convirtió en lengua moderna intensificando rasgos evolutivos privativos, que lo separaron profundamente del gallego, lengua ésta que había caído en una profunda postración a lo largo de los s. XVII y XVIII . En el portugués moderno la influencia latina para la creación de tecnicismos se confunde, como e las restantes lenguas peninsulares, con el avance avasallador del anglicismo. 6.4. Es difícil determinar cuál sea la proporción de léxico culto que existe actualmente en las lenguas iberrrománicas. En una cala realizada sobre el DCELC, se ha calculado (Gordillo 1983) que los préstamos ocupan el 41 % del inventario léxico de Corominas; de ellos, el 84 % son latinismos. Los s. XIII y
XII. Sprachkontakte und Migration
XV son los que han aportado una mayor afluencia de cultismos de origen latino. Sin embargo, hay que distinguir entre lo que significa la fecha de primera documentación de un término y el arraigo que éste consiga a lo largo de la historia de la lengua; ya se ha dicho más arriba que muchos cultismos utilizados por los humanistas del s. XV no se consolidaron hasta el movimiento culterano del s. XVII . Aunque estas cifras sólo tienen un valor indicativo, dan cuenta suficientemente de lo que el latín ha representado como fuente permanente de creación neológica en la historia de las lenguas iberorrománicas. La invasión de tecnicismos de origen latino y griego que caracterizan el léxico científico moderno son comunes a todas las lenguas iberorrománicas. En el caso del catalán, el origen histórico de esos neologismos no siempre procede del latín o del griego; el castellano ha sido hasta los últimos años el vehículo de transmisión de muchos de ellos (Colón 1989). La labor del Institut d’Estudis Catalans ha insistido en la catalanización de estos neologismos, como parte del proceso de renovación idiomática que constituye uno de sus objetivos científicos y culturales.
7.
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José Jesús de Bustos Tovar, Madrid
138. Sprachkontakte: Gelehrte Gräzismen in den romanischen Sprachen
1601
138. Sprachkontakte: Gelehrte Gräzismen in den romanischen Sprachen Contacts linguistiques: les hellénismes savants dans les langues romanes 1. 2.
4. 5.
Einleitung Das Griechische als Kultur- und Gelehrtensprache in der Romania Gelehrte Gräzismen in den romanischen Sprachen Ausblick Literatur
1.
Einleitung
3.
Der wichtigsten Adstratsprache des Lateinischen verdanken die romanischen Sprachen nicht nur die überaus zahlreichen Gräzismen, die schon das Vulgärlateinische besaß und auf erbwörtlichem Wege weitergab (und deren systematische Aufarbeitung weiterhin ein Desiderat der Forschung bleibt, cf. Kramer 1991); sie hat vielmehr zu allen Zeiten und in allen romanischen Ländern, in direktem Kontakt oder indirekt, weiterhin eine herausragende Rolle in der Entwicklung der romanischen Sprachen gespielt. Formal haben wir es mit einer Vielfalt von Gräzismen zu tun, die durch das Epitheton ‘gelehrt’ nur grob differenziert werden. Nach der gängigen Auffassung sind gelehrte (je nach Integrationsgrad auch ‘halbgelehrte’) Wörter solche, die abseits der erbwörtlichen Entwicklung ihren Weg als ‘Seiteneinsteiger’ in eine Sprache gefunden haben. Auf diese Weise gelangten viele Gräzismen durch das Mittellateinische in die romanischen Sprachen (sind also aus romanischer Perspektive gar keine Gräzismen im strengen Wortsinne, sondern als mots savants, voci dotte etc. Latinismen); anders als die Gräzismen des Vulgärlateins behalten sie, bis auf die Betonung, ihr klassisch-griechisches Gewand weitgehend bei. Sprachspezifisch – v. a. in der Balkanromania und der Iberoromania – trifft man auf eine nicht unbedeutende Anzahl von Lexemen, deren etimologia remota zwar auf das Griechische verweist, die ihre etimologia prossima aber in den hauptsächlichen Vermittlersprachen (Kirchen-)Slavisch (Dimitrescu 1978, 105 ss.) bzw. Arabisch (Lapesa 91981, 139) haben. Daneben stehen zwei Gruppen direkter Entlehnungen, die entweder auf mündlichem Wege im Kontakt mit Muttersprach-
lern übernommen wurden oder aber bei der Beschäftigung mit griechischen Texten ihren Weg in die romanischen Sprachen gefunden haben. V. a. die Gräzismen dieser zweiten Gruppe können oft nicht von denen, die durch das Mittellateinische gegangen sind, geschieden werden; denn bis ins 16. Jh. übersetzte man griechische Texte zumeist nicht auf der Grundlage des Originals in romanische Sprachen, sondern ausgehend von einer lateinischen Übersetzung. Die Möglichkeit zu direkter Entlehnung bestand durch geographische Nachbarschaft wie in Süditalien, durch Handelsbeziehungen wie in Katalonien und Norditalien, durch eine herrschende griechische Politikerkaste wie in Rumänien. Solche in der Terminologie Kahanes «volkstümlichen» Elemente (Kahane / Kahane 1968–72, 345) weisen neben mehr oder weniger großen Veränderungen, die die mündliche Übernahme mit sich bringt, byzantinischen Lautstand auf. Dadurch unterscheiden sie sich von den ebenfalls direkten, aber im eigentlichen Sinne gelehrten Buchentlehnungen, die v. a. in der Renaissance im Rahmen der Beschäftigung mit griechischen Texten übernommen wurden und die sich an der antiken Lautung ausrichten. Schließlich haben wir es mit neuzeitlichen, v. a. fachsprachlichen Bildungen aus griechischen Bestandteilen zu tun, die nach Bedarf ohne Rücksicht auf griechische Wortbildungsregeln miteinander kombiniert werden und für die eine europazentrierte Sichtweise mitunter die Bezeichnung ‘Internationalismen’ gebraucht ‘Gelehrte’ Gräzismen im Rahmen dieser Darstellung sollen also praktischerweise Wörter – direkter oder lateinisch vermittelter – griechischer Herkunft sein, die nicht zum erbwörtlichen Wortschatz der romanischen Sprachen gehören.
2.
Das Griechische als Kultur- und Gelehrtensprache in der Romania
Die ‘Wiederentdeckung’ des Griechischen gilt gemeinhin als Verdienst der Renaissance (Gómez Moreno 1994, 49) und tatsächlich
1602 gehörte das Griechische zu Beginn des 16. Jh. zum Fächerkanon fast aller europäischen Universitäten, (ib., 55). Laut Harlfinger (1989, XVII ) ist sogar «die Wiederentdeckung der griechischen Antike […] der Nährboden des Renaissancehumanismus schlechthin». Dieser Umstand verführt vielfach zu der Schlussfolgerung, für das mittelalterliche Europa sei das Griechische eine Unbekannte gewesen (z. B. Wolf 1979, 97), was freilich nicht zutrifft (Weiss [1955a] 1977, 3; Berschin 1988, 85; Riché 1988, 143). In Byzanz blieb es selbstverständlich Verkehrs- und Kirchensprache, doch wird oft verkannt, dass nach der Reichsteilung auch im Oströmischen Reich das Lateinische noch viele Jahrhunderte Staatssprache blieb und als solche nur allmählich vor dem Griechischen zurückwich (cf. Miha˘ escu 1974, 217 ss.; Petersmann 1992, 220 s.). Im Okzident sank die Bedeutung des Griechischen mit dem Untergang des Römischen Reichs, in dem es als unangefochtene (und einzige) Bildungssprache fungiert hatte, rapide, verschwand jedoch niemals aus dem Blickfeld zumindest gelehrter Kreise. Im Unterschied zu der Beschäftigung mit dem Griechischen in der Renaissance, wo die antiken Autoren um ihrer selbst wieder gelesen wurden, war die mittelalterliche Lektüre griechischer Texte zweckgebunden. Bestimmte griechische Autoren wie Aristoteles oder Galen wurden, wie Weiss ([1955a] 1977, 4) es formuliert, «for utilitarian reasons» gelesen und ins Lateinische übersetzt, um mit ihrer Hilfe theologische, philosophische oder naturwissenschaftliche Argumentationen zu festigen. Dennoch soll die Verbreitung von fundierten Griechischkenntnissen nicht überschätzt werden, denn, wie Walter Berschin über das Ansehen und die Kenntnis des Griechischen schreibt, haben «im Mittelalter nur wenige Abendländer die Fähigkeit erlangt, einen griechischen Text unbekannten Inhalts zu verstehen» (Berschin 1980, 31), und «das Griechische [wurde] im Mittelalter mehr verehrt als studiert» (ib., 32). In den Großräumen des romanischen Europa – Italien, Frankreich, die Iberische Halbinsel – wurde das Griechische in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlicher Intensität bewahrt oder allmählich wiederentdeckt. Der besonderen Rolle des Griechischen in der rumänischen Sprachgeschichte, die sich wie in so vielem auch in dieser Hinsicht von der Geschichte der
XII. Sprachkontakte und Migration
westlichen romanischen Sprachen unterscheidet, ist ein eigener Artikel gewidmet (→ Art. 139). 2.1. Italien In Sizilien, Apulien, Kalabrien war das Griechische seit alters her Umgangs- und alleinige Bildungssprache, Kirchensprache sowieso (Weiss [1951] 1977). Teile Lukaniens und Kampaniens waren griechischsprachig, vereinzelte Gemeinden sogar bis vor die Tore Roms. Von Adelard of Bath und John of Salisbury ist überliefert, dass sie Aufenthalte in Süditalien dazu nutzten, dort ihre Griechischkenntnisse zu begründen oder zu vervollkommnen (Weiss [1955a] 1977, 9). Sie konnten sich den Umstand zunutze machen, dass zwar der Lautstand des gesprochenen byzantinischen Griechisch radikal von dem der Antike differierte, das morphologische und syntaktische Band zwischen beiden Varietäten im Vergleich dazu relativ intakt war. Noch Pietro Bembo hielt sich 1492–94 zum Griechischstudium in Messina auf, wo mit Konstantinos Láskaris das letzte Zentrum griechischer Studien auf Sizilien noch einmal erblüht war (Martínez Manzano 1998). Latein spielte demgegenüber im Süden nur eine untergeordnete Rolle, selbst Schreibkundige und Gebildete beherrschten es vielfach nicht. Dennoch wurden in den Klöstern religiöse und auch weltliche Texte (Homer und Aristophanes, Platon und Aristoteles, Galen und Euklid) ins Lateinische übersetzt. Bereits in der Normannenzeit setzte eine Übersetzertradition ein, die auch nach dem Übergang der Herrschaft an die Hohenstaufen fortbestand. Zwar brachte man am Hofe Friedrichs II . in Palermo, mehr als unter seinem Nachfolger Manfredi, arabischen Texten größeres Interesse entgegen, doch wurden auch Platon, Aristoteles, Euklid und Ptolemäus übersetzt. Auch die Nachfolger aus dem Hause Anjou ab 1266 setzten diese Tradition fort und nutzten die Griechischkenntnisse ihrer Untertanen dazu, Übersetzungen von Galen und Hippokrates anfertigen zu lassen (Weiss [1955a] 1977, 5). Horte einer verstärkten Übersetzertätigkeit waren Salerno und der Hof in Neapel; bes. Robert I. förderte in der ersten Hälfte des 14. Jh. eine rege Übersetzertätigkeit, die v. a., aber nicht nur medizinische Texte betraf und eng mit dem Namen des Übersetzers Niccolò da Reggio verbunden ist (Weis [1950] 1977). Die Klöster von Rossano / Kalabrien und Casole / Apulien wa-
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ren bis ins 15. Jh. die führenden griechischen Skriptorien in Süditalien. Die süditalienische Gräzität, sowenig sie mit der auf die Antike orientierten Gräzität des aufkommenden Humanismus gemein hat, kann insofern als eine Wegbereiterin des norditalienischen Humanismus angesehen werden, wenn z. B. der Kalabrese Leonzio Pilato lateinische Übersetzungen der Ilias und der Odyssee für Petrarca – der seinerseits einige Griechischversuche bei dem kalabresischen Abt Barlaam von Seminara unternahm (Weiss [1952/53] 1977) – und für Boccaccio anfertigte. Von 1360 bis 1362 hielt Leonzio in Florenz erstmals in Westeuropa öffentliche Vorlesungen in Griechisch; sein erfolgreichster Schüler und «the first modern man to study Greek in Italy, and indeed in Europe» (Sandys 1958, vol. 2, 15) war Boccaccio. Nach Leonzios Weggang gelang es erst in den 90er Jahren Coluccio Salutati, der die fehlende Möglichkeit des Griechischstudiums beklagte, aus Konstantinopel Manuel Chrysoloras nach Florenz zu holen (zu Chrysoloras cf. Cammelli 1941). Chrysoloras nahm in Florenz am 2. Februar 1397 den ersten Lehrstuhl für Griechisch ein und gilt als der «erste Griechischlehrer des europäischen Abendlandes» (cf. Harlfinger 1989, XVII ). Er wurde von der Stadt besoldet und verpflichtete sich im Gegenzug «provvedere alla istruzione in lingua greca di chiunque lo richiedesse senza alcuna remunerazione supplementare, eccetto nel caso che questa gli venisse offerta spontaneamente» (Weiss 1977, 234). Der offenkundige Mangel an Unterrichtsmaterial veranlasste Chrysoloras selbst, die Erotemata (#E X », cf. Cammelli 1941, 83–86; Harlfinger 1989, 5–10) zu verfassen, eine griechische Grammatik in der damals üblichen Form von Fragen und Antworten. Als er im Frühjahr 1400 die Stadt wieder verließ, hatte er eine Basis geschaffen, die das Griechischstudium in Florenz zu einem Zentrum humanistischer Studien in ganz Italien machte; erfolgreiche Übersetzer und Multiplikatoren seiner Tätigkeit, ob als Lehrer oder als Übersetzer, sind direkt oder indirekt durch seine Schule gegangen, unter ihnen Poggio Bracciolini, Roberto Rossi, Palla Strozzi, Pier Paolo Vergerio (Weiss [1955a] 1977, 7) und v. a. Leonardo Bruni (Weiss 1977, 250–254). Als Beweis, dass er seine Griechischkenntnisse nicht nur rezep-
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tiv, sondern auch produktiv anzuwenden wusste, verdient sein 1439 veröffentlichtes Werk Peri tes ton Phlorentinon politeias eine Erwähnung. Des klassischen Griechisch bediente sich auch Francesco Filelfo für etliche seiner Gedichte (Robin 1984). In Rom tritt im 12. Jh. Burgundio von Pisa, Richter (iudex apostolice sedis) und Gesandter seiner Heimatstadt u. a. in Konstantinopel, im Auftrag des Papstes als Übersetzer geistlicher Texte hervor. Seinen Zeitgenossen galt er als Autorität für das Griechische. Während des Babylonischen Exils vernachlässigte die Kurie die Beschäftigung mit dem Griechischen nicht gänzlich (s. u.), doch erst in den Jahren 1440 bis 1455 wurden sie unter dem Pontifikat Nikolaus’ V. intensiviert, der zusammen mit Kardinal Bessarion (cf. zu dieser herausragenden Gestalt mehrere Beiträge in Benzoni 2002) eine Akademie ins Leben rief, an der Griechen und griechischkundige Katholiken v. a. Texte antiker Autoren und byzantinischer Kirchenväter ins Lateinische übersetzen sollten (Geanakoplos 1989, 17). Anders als im Süden, wo die griechische Bevölkerung seit der Antike Kontinuität bewahrt hatte, und anders als am päpstlichen Hof oder in Florenz, wo eine intellektuelle Elite das Griechische propagierte, etablierte sich in Venedig, das im 13. und 14. Jh. seine Macht im östlichen Mittelmeer festigte, eine griechische Gemeinde, deren alle gesellschaftlichen Schichten umfassenden Mitglieder sich aus venezianischen Untertanen aus Kreta, dem Peloponnes, den Ionischen und Ägäischen Inseln sowie aus byzantinischen Griechen rekrutierten, die vom beginnenden 13. Jh. an bis zur Eroberung ihrer Hauptstadt vor den Türken in die Serenissima ausgewichen waren und sie zum quasi alterum Byzantium gemacht hatten (Thiriet 1977; zu ihrer Bedeutung für die Renaissance, cf. Geanakoplos 1966 und Benzoni 2002). Vor diesem griechischen Hintergrund löste Venedig bis 1500 Florenz als bedeutendsten Umschlagplatz griechischer Gelehrsamkeit ab. Es strahlte nicht nur auf das übrige Italien aus, wo es mit Rom, Florenz, Ferrara konkurrierte, sondern, wie zuvor Florenz, auf ganz Westeuropa: Gelehrte aus Rom, aus Spanien und Frankreich, aus England, Deutschland und Ungarn kamen zum Griechischstudium nach Venedig (zu prominenten Vertretern des venezianischen Hellenismus cf. Geanakoplos 1962, 73–278). Hinzu kommt Venedigs Rolle als Zentrum des
1604 griechischen Buchdrucks, die es von 1471, als dort das erste griechische Buch gedruckt wurde, bis zum Beginn des griechischen Unabhängigkeitskrieges 1821 beibehielt, so dass von den in diesem Zeitraum erschienenen 5.000 griechischen Büchern der weit überwiegende Teil in venezianischen Offizinen gesetzt wurde (Vranoussis 1977, 510), darunter die führenden griechischen Klassikerausgaben von Aldo Manuzio (Aldus Pius Manutius, Romanus et Philohellenus; cf. Gómez Moreno 1994, 62; Balsamo 2002). 2.2. Frankreich Im mittelalterlichen Frankreich konzentrierte sich die Beschäftigung mit dem Griechischen auf Paris, auf das Avignon des päpstlichen Exils und auf das Kloster SaintDenis. Im 13. Jh. gab es in Paris (cf. Weiss [1955b] 1977) wohl einige Gelehrte, die Aristoteles-Texte übersetzten, und auch fand man es zeitgemäß, für Bibelstudien auf die griechische Septuaginta zurückzugreifen (cf. Weiss [1955a] 1977, 9). Hingegen war weder der Petition des in Paris wirkenden Ramón Llull im Jahre 1298, ein studium arabicum, tartaricum et grecum zu etablieren, noch dem Beschluss des Konzils zu Vienne von 1312, u. a. in Paris eine Institution zur Unterrichtung des Griechischen einzurichten, Erfolg beschieden (cf. Weiss [1955b] 1977, 62 s.). Gerade im späten Mittelalter, wo die für das Studium erforderlichen griechischen Texte weitgehend auf Lateinisch verfügbar waren, empfand man kein Bedürfnis, sich näher mit dem Griechischen zu beschäftigen. Erst 1457/58 übertrug die Sorbonne den ersten regulären Lehrstuhl für Griechisch dem Italiener Gregorio di Città di Castello (cf. Di Stefano 1970, 42). Demgegenüber weisen überlieferte Zeugnisse nach, dass sich am päpstlichen Hof in Avignon, wenn auch in bescheidenem Ausmaß, Griechisch-Unterricht und eine sporadische Übersetzertätigkeit etablieren konnten, nicht zuletzt dank der Anwesenheit von byzantinischen Diplomaten bei der Kurie (ib., 38 s.). Gleichfalls in Avignon versammelte der Großkapitän der Stadt (und spätere Großmeister der Johanniter), Juan Fernández de Heredia, Griechischkundige um sich und veranlasste sie, die Vitae parallelae des Plutarch (cf. Weiss [1953] 1977), Auszüge aus Thukydides, die Chronik von Iohannes Zonaras und andere antike und zeitgenössische
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griechische Texte ins Aragonesische zu übersetzen. Nicht zuletzt aufgrund der Wirkung von Juan Fernández de Heredia, der 1377 mit Gregor XI . wieder in Rom einzog, sieht Gómez Moreno (1994, 94) in Avignon «la verdadera cuna del humanismo italiano del Trecento, tras instalarse allí la corte papal en 1309, a la vez que primer enclave europeo para la difusión de los clásicos griegos». Zu einem weiteren Zentrum griechischer Gelehrsamkeit hatte sich das Kloster SaintDenis entwickelt (cf. Weiss [1952] 1977). Seit unter Ludwig dem Frommen, der möglicherweise selbst einige Griechischkenntnisse besaß (ib., 46), im 9. Jh. Werke des PseudoDionysius, damals noch Dionysius zugeschrieben, von Konstantinopel nach SaintDenis gelangten, leiteten sie dort eine intensive Präsenz des Griechischen ein, die einen ersten Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 12. Jh. fand und letztlich bis zur Französischen Revolution andauerte. Nicht nur wurden die Texte mehrfach übersetzt, sie animierten auch zum Erwerb weiterer griechischer Handschriften, initiierten einen regulären Griechisch-Unterricht, führten zu engen Kontakten mit Konstantinopel und sogar dazu, dass das Griechische Eingang in die klösterliche Liturgie fand (ib., 46 ss.). 2.3. Iberische Halbinsel Auf der Iberischen Halbinsel weckten, paradoxerweise von Frankreich aus (cf. 2.2.), der Mallorquiner Ramón Llull und der Aragonese Juan Fernández de Heredia das Interesse am Griechischen. Auf der Halbinsel selbst blieb es zunächst bei oberflächlichen Begegnungen mit dem Griechischen. Um 1490 wurde dann an der Universität Salamanca ein erster griechischer Lehrstuhl eingerichtet, den der Portugiese Aires Barbosa erhielt, der in Florenz bei Poliziano studiert hatte (Gómez Moreno 1994, 98); zu seinen Nachfolgern zählt ab 1573 Francisco Sánchez de las Brozas (El Brocense), der u. a. eine Grammatica graeca (1587) verfasste. Antonio de Nebrijas Beschäftigung mit der Grammatik, die reiche Frucht tragen sollte, begann während seines Studiums der klassischen Sprachen in Italien (zur Bedeutung des Griechischen bei Nebrija cf. García de la Concha 1983; Braselmann 1991). Als einer der ersten, wenn nicht als der erste, hat Nebrija die heutige, mit dem Namen Erasmus verbundene Aussprache des Griechischen propagiert (Erasmus, ed. Kramer, 1978, VIII ; Gómez Moreno 1994, 100). Die bereits
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erwähnten Erotemata des Chrysoloras wurden 1514 auch in Alcalá gedruckt. Das 16. Jh. erlebte den Aufschwung griechischer Studien (López Rueda 1973; zum griechischen Buchdruck in Spanien cf. Alatorre 1978), und Juan de Valdés kommt in seinem Dialogo de la lengua gar zu der Erkenntnis, «que la lengua que en España se hablava antiguamente, era assí griega como la que agora se habla es latina» (Valdés, ed. Montesinos, 1928, 22). In Portugal übersetzte im 16. Jh. António Ferreira erstmals griechische Dichtung in seine Muttersprache. Dass das Griechische im späten Mittelalter dort nicht gänzlich unbekannt war, lässt sich vermuten (cf. Oliveira 1979).
3.
Gelehrte Gräzismen in den romanischen Sprachen
3.1. Entlehnungen in Mittelalter und Renaissance Seit dem Hochmittelalter manifestierte sich die Emanzipation der Volkssprache vom Lateinischen u. a. darin, dass jene nicht nur für literarische, sondern auch für wissenschaftliche Texte verwandt wurde und dass immer häufiger antike Texte in die Volkssprache übersetzt wurden. Zur Behebung der lexikalischen Unzulänglichkeit in den Volkssprachen, deren entsprechende Wortschatzbereiche noch nicht ausgebaut waren, lag ein steter Rückgriff auf das Lateinische auf der Hand. Die Gräzismen, die die volkssprachige Textüberlieferung von Anfang an aufweist, sind streng genommen durchweg Latinismen, nämlich Gräzismen, die durch die übersetzerische Aktivität des Mittelalters und den damit einhergehenden lexikalischen Ausbau des Mittellateinischen dorthin gelangten. Insbes. die sprachlich innovative und integrative Kraft des Christentums spielt dabei weiterhin eine große Rolle. Einen Rückgriff der mittelalterlichen Literatur auf das Griechische scheint ausgeschlossen, ein solcher setzt erst mit dem Aufleben griechischer Studien in der Renaissance ein. Unbestrittenes Zentrum dieser Studien war Italien, und die Akteure der ersten Stunde waren Gelehrte, die aus Byzanz den Weg an italienische Fürstenhöfe gefunden hatten, neben dem Pionier Manuel Chrysoloras (1350?–1415) v. a. Georgios Trapezuntios (1395–1472), Theodoros Gazes (1400?–75), Kardinal Bessarion (1403–72), Ioannes Ar-
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gyropoulos (1393?–1487), Konstantinos Laskaris (1434–1501), Demetrios Chalkondyles (1423–1511), Ianos Laskaris (1445–1534), Markos Musuros (1470?–1517; cf. Harlfinger 1989). Sie schufen das Klima, in dem von nun an die Griechischkenntnisse expandierten. Ihre wissenschaftliche und gesellschaftliche Reputation beflügelte ihren Einsatz: als Lehrer, als Drucker und Verleger, als Sammler – v. a. jedoch als Übersetzer. Denn die emsige Übersetzungstätigkeit, die entweder sie selbst ausübten oder zu der sie ihre Schüler anspornten, ist der Angelpunkt der im 15. und v. a. 16. Jh. zu beobachtenden Zunahme von Gräzismen in fast allen romanischen Sprachen, sei es dass sie zunächst in lateinischem Gewand auftauchen, sei es dass sie, in einer nächsten Phase, durch direkte Übersetzungen vom Griechischen in die Volkssprache gelangen. Von Italien strahlt das Wirken der ersten, griechischstämmigen Humanistengeneration auf das übrige romanische und nichtromanische Europa aus. Portugiesisch Die erste portugiesische Abhandlung über politische und Moralphilosophie, der um 1420 entstandene Livro da virtuosa benfeitoria, führt zahlreiche Gräzismen aus den Bereichen Philosophie, Theologie, Politik, Literatur ein, z. B. philosopho, logica, phisico, pratico; apostolo, baptismo, monge, parayso; barbaro; gouernar, poliçia, politico, tiranno; cronyca, estoria, dialogo, pausa, poeta, poesia, prologo, reytorica, tragedia (cf. die vollständige, nach Wortfeldern geordnete Liste bei Rocha Pereira 1981).
Eine Einteilung portugiesischer Gräzismen in solche, die aus dem Vulgärlatein ererbt sind, solche, die das Arabische vermittelt hat, und solche, die aus anderen romanischen Sprachen übernommen wurden, unternimmt Rebêlo Gonçalves (1937). Spanisch Eine Auflistung der frühesten, in den Texten des mester de clerecía aus dem 13. Jh. auftretenden Gräzismen, von denen mehr als die Hälfte der religiös-moralischen Sphäre zuzuordnen sind und ein weiteres Viertel technische Fachbegriffe ausmachen, findet sich bei Bustos Tovar (1974, 64 ss.). Gelehrte Schriftsteller wie Fray Iñigo López de Mendoza (Marqués de Santillana), Juan de Mena, Fernán Pérez de Guzmán
1606 u. a. bereichern im 15. Jh. den spanischen Wortschatz mit Gräzismen aus den verschiedensten Lebensbereichen, die sie aus lateinischen Texten übernehmen und nach einem festen System von Lautentsprechungen an das Spanische adaptieren, z. B. aus dem Bereich Grammatik und Literatur: academia, aféresis, alfabeto, apócope, apócrifo, asterisco, biblioteca, bucólico, coma, comedia, diéresis, diptongo, elegía, etimología, metro, oda, ortografía, proemio, prólogo, ritmo, sinalefa, síncope, sintaxis, solecismo, tragedia (Fernandez Galiano 1967, 61).
Manche heute noch bestehenden ‘Irregularitäten’ der Lautentwicklung rühren aus dieser Zeit (z.B. fisonomía statt *fisionomía, láudano statt *ládano, orégano statt *orígano). Wie im Italienischen (→ Art. 142) wurden auch im Spanischen zahlreiche Gräzismen über das Arabische vermittelt (Bergua Cavero 2002, 140–150). Katalanisch Ramón Llull verwendet für seine philosophischen Schriften neben dem Lateinischen auch das Katalanische, folglich sind viele Gräzismen (und Latinismen) im Katalanischen früher belegt als in anderen romanischen Sprachen, u. a. àtomus, chaos, metafísica, metàfora, pràtica, sindèresis, teòrica (Colón 1976, 165). Auch bei anderen Autoren des 14. Jh. ebenso wie bei den Kanzleischreibern finden sich zahllose cultismos. Besonders reich an solchen ist der Wortschatz des Predigers Felip de Malla (1370– 1431); griechischen Ursprungs sind z. B. caliginós, canònic, diabolical, ecclesiàstic, filosofia, proemi, tema, teologia, teològic, tiranitzat (ib., 166 ss.). Bei der Beurteilung solch früher Kultismen stellt sich laut Colón die Frage, ob diese während des Niedergangs des Katalanischen seit dem 16. Jh. in der Sprache lebendig geblieben oder ob die heutigen Formen anderer Provenienz seien. Französisch Der Ausbau des französischen Wortschatzes mittels klassischer Anleihen ist seit dem 13. Jh. in vollem Gange und nimmt im 14. Jh. enorme Ausmaße an, an denen Oresme, der Aristoteles-Übersetzer, den größten Anteil hat. Bis zum Beginn des 16. Jh. werden die Gräzismen durch das Lateinische vermittelt, «les auteurs de cette époque ne sachant pas le grec» (HLF 1966, vol. 1, 577). Griechisch sind von den Beispielen für das 13. Jh. authentique, bigame, margarite, physi-
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cien, praticien, rhétorique (ib., 566). Im 14. Jh. kommen erstmals u. a. vor: anatomie, asile, astre, azyme, barbarie, bigamie, boreal, cithare, colon, colonie, comedie, eunuque, globe, historien, poeme, tragedie; allein unter den Adjektiven auf -ique figurieren allegorique, apoplectique, astronomique, cephalique, colerique, cynique, fantastique, narcotique, organique, periodique, plectorique, reumatique, sclerotique, spelentique, stiptique, tyrannique, ydroforbique (ib., 573; 575).
Im 15. Jh. schließlich gehören Gräzismen zu den A-la-mode-Erscheinungen, die vielfach wieder untergehen. Als Mittel zur Bereicherung des französischen Wortschatzes gelten – so bei Joachim Du Bellay in seiner Deffence et illustration de la langue françoise – Entlehnungen aus dem Griechischen (und Lateinischen) als probates Mittel. Obwohl dieses Prinzip keinesfalls von allen Theoretikern geteilt wird, erweist es sich als sehr effizient, ist doch ein Drittel der französischen Entlehnungen aus den klassischen Sprachen im 16. Jh. erstmals belegt (Wolf 1979, 102; z. B. die Gräzismen anagramme, antipathie, apocope, apostrophe, apothéose, astronome, athée, axiome, dogme, enthousiasme, épilepsie, épistolaire, épithète, exotique, fanatique, hémistiche, hiatus, homogène, hygiène, hypothèse, hystérique, parallélogramme, rhombe, symptôme, tragique, tropique).
Italienisch Am Hof Friedrichs II . las man sporadisch griechische Texte und auch in der medizinischen Schule in Salerno (dort hat vermutlich das heute noch gebräuchliche fachsprachliche Distributivum ana “zu gleichen Teilen” seinen Ursprung, cf. Migliorini 21960, 170). Die Zahl der Gräzismen, die auch hier kaum von den Latinismen zu unterscheiden sind, nimmt kontinuierlich zu. Bereits in der Divina Commedia finden sich erstmals archimandrita, chelidro, latrìa, perizoma, baràtro belegt (Manni 2003, 155). Die enge Beziehung zwischen Italien und Griechenland gerade im 16. Jh. äußert sich sprachlich u. a. darin, dass mitunter anderswo klassischen Ausspracheregeln folgende Gräzismen bei einigen Autoren in byzantinischer Aussprache übernommen wurden (und dadurch als tatsächliche Gräzismen, die nicht den Umweg durch das Lateinische genommen haben, erkennbar sind), z. B. ritorico, rittorici < «; temmirio < (Migliorini 21960, 406). Griechischstämmige Wörter seit dem Trecento, die sich haben behaupten können, sind
138. Sprachkontakte: Gelehrte Gräzismen in den romanischen Sprachen antropofago, energumeno, eunuco, prolisso (14. Jh.); epidemia, onomatopea, paraninfo, plettro, satellite, tragicommedia, trofeo (15. Jh.); anfibologia, assioma, clinica, crisalide, dialetto, ecatombe, eccentrico, eccentricità, entusiasmo, etra, gimnico, omonimo, ottica, parafrasi, parossismo, peripezia, plastico, rapsodia, scenografia, tirocinio, tripode (16. Jh.) (ib.).
Exemplarische Wortgeschichten griechischer Renaissance-Entlehnungen (antologia, cataclisma, catarsi, catastrofe, crestomazia, iotacismo, protagonista) hat Tesi (1994) nachgezeichnet. Im Gegensatz zu diesen, eher intellektuellen Sphären angehörenden Gräzismen gehen andere auf den Kontakt mit der byzantinischen Welt zurück und bezeichnen Konkretes aus dem Alltag z. B. der Seeleute und Händler (nach Migliorini 21960, 82 s.): argano, galea, gondola, molo, sartia, scala; bambagia, bottega, lastrico, paragone, polizza; auch einige Pflanzennamen finden sich: anguria, basilico, indivia (zur wortgeschichtlichen Diskussion dieser Lexeme, die erstmals oft in latinisierter Form in der regionalen Varietät des Mittellateinischen belegt sind, und zu ihrer Klassifikation als Gräzismus oder Latinismus, cf. Cortelazzo 1970). Mancher Gräzismus ist aufgrund seiner Fremdheit und damit Unmotiviertheit einerseits und seiner Frequenz oder seiner Zughörigkeit zu einem zentralen Wortfeld andererseits trotz seines Charakters als ‘gelehrte’ Entlehnung anfällig für eine volksetymologische Umgestaltung; insbes. sind davon medizinische Termini betroffen, die häufig im Volksmund neu motiviert wurden oder deren ungewohnte Phonotaktik zumindest nach geläufigeren Lautstrukturen der Nehmersprache verändert wurde. Beispiele: pappagallo < »«, beeinflusst von gallo; malinconia < , beeinflusst von malo; arcipelago < A« «, beeinflusst von Ν- > arci-. Die heutigen standardsprachlichen und den Adaptationsregeln von Latinismen / Gräzismen entsprechenden Formen anatomia (dazu LEI 2, 1089 ss.), chirurgo, clistere, emorroidi setzen sich erst nach und nach gegen die ‘populären’ Lautungen notomia, cerusico oder cirugico, cristeo oder cristero, moroide oder morice durch (cf. Migliorini 21960, 490). 3.2. Neuzeitliche Entlehnungen Die Expansion von Technik und Wissenschaft führte zu einem enormen Benennungsbedarf, der seit dem 18. Jh. nicht nur in den romanischen Sprachen durch den
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Rückgriff auf die beiden antiken Sprachen gedeckt wurde und wird (Janni / Mazzini 1990; Munske / Kirkness 1996; López Férez 2000). Griechisch und Latein bilden dabei oft ein Amalgam (‘Eurolatein’, ‘Gräkolatein’), das den überwiegenden Teil der Interlexeme hervorgebracht hat, die den Kern der Internationalismenforschung ausmachen (zu Terminologie und theoretischer Fundierung cf. Braun / Schaeder / Volmert 1990/2003). Bestimmte bis dahin weitgehend die übersetzerische Tätigkeit, die das tradierte Wissen in den Volkssprachen zugänglich machte, das Vorgehen beim Ausbau volkssprachiger Fachterminologie, indem die lateinisch-griechischen Begriffe entlehnt – sei es materialiter oder als Lehnprägung / -übersetzung – und an das eigene Sprachsystem adaptiert wurden (cf. Tchekhoff 1971), so standen von nun an die neuen Entdeckungen, Erkenntnisse, Erfindungen im Vordergrund. Medizinische, biologische, mathematische, physikalische Fachbegriffe wurden zuhauf von Pionieren der jeweiligen Disziplinen auf griechischer (/ lateinischer) Grundlage gebildet (cf. für das Italienische Matarrese 1993, 73 ss.). Solche neuzeitlichen ‘Gräzismen’ sind selten Lexeme, die aus dem klassischen Griechischen oder auch nur in ihrem latinisierten Gewand übernommen worden sind; wir haben es vielfach mit anachronistischen Neuschöpfungen zu tun, die lediglich aus griechischem Sprachmaterial schöpfen (thermomètre, discothèque), dabei nicht selten hybride Verbindungen mit lateinischen Elementen eingehen (automobile, hétérosexuel) oder gegen die Regeln griechischer Wortbildung verstoßen (basilecte). Eine überaus wichtige Wortbildungsfunktion kommt ursprünglichen griechischen Substantiven, Adjektiven, Adverbien, Pronomina, Präpositionen zu, die als frei verfügbare Affixoide schier unbegrenzte Kompositionsmöglichkeiten eröffnen (bio-, -cratie, éco-, géo-, -logie, -phile, -phobe, psycho-; macro-, micro-, mega-, néo-, paléo-; endo-, exo-, télé-; auto-, hétéro-, homo-, pan-; méta-, épi-, hyper-); beispielhafte Untersuchugen widmen sich Produktivität und Integration solcher Formative (Höfler 1972 zu -mane, -manie; Wolf 1972 zu -iste; Schmitt 1996 zu -graphe, -logue / -logiste). 3.3. Vermittlung durch andere Sprachen Neben dem Lateinischen als der vorrangigen Vermittlersprache für nicht direkt aus dem
1608 Griechischen entlehnte Wörter treten regional weitere Sprachen als Mediatoren hervor, so das Arabische für die iberoromanischen Sprachen und slavische Sprachen für das Rumänische. Weit größeres Gewicht kommt jedoch dem Weg zu, den Gräzismen von einer romanischen Sprache zur anderen genommen haben und der meistens nur aufwändig nachvollzogen werden kann. Mit Beispielen für das Spanische, bei denen portugiesische, katalanische, okzitanische, italienische, französische Vermittlung in Frage kommt (u. a. monje, hereje, cisne, metal, reloj, papel, cf. Fernandez Galiano 1967, 59 s.; 62), illustriert Fernandez Galiano das Ineinandergreifen sprachlicher und historischer Gegebenheiten bei der Klärung des Wanderwegs. 3.4. Syntaktische Gräzismen Wenn man die in der Etymologie übliche Unterscheidung zwischen volkstümlicher und gelehrter Entwicklung auf syntaktische Phänomene übertragen will, so gehören die heute noch zu beobachtenden Besonderheiten süditalienischer, insbes. kalabrischer Mundarten wie der Ersatz des Infinitivs durch finite Konstruktionen (Rohlfs 1969, 102–106) oder der Synkretismus von Genitiv und Dativ (ib., 15 s.), die durch lange währenden Sprachkontakt zu erklären sind (und auf der Balkanhalbinsel zu den konstitutiven Merkmalen des ‘Balkansprachbunds’ zählen), zu den volkstümlich entwickelten Erscheinungen. Demgegenüber als gelehrt zu bezeichnende syntaktische Erscheinungen finden sich mitunter in volgarizzamenti des 16. Jh., so bei Niccolò Leoniceno, dem Übersetzer der Römischen Geschichte des Cassius Dio, die Verwendung des Infinitivs nach verba dicendi getreu der griechischen Vorlage, der Akkusativgebrauch nach griechischem Muster und Juxtapositionen wie huomo senatore nach $ « (Gualdo 1990; Trovato, 1994, 160).
4.
Ausblick
Das Griechische ist v. a. in lexikalischer Sicht für die Herausbildung und Entwicklung der romanischen Sprachen von eminenter Bedeutung. Dennoch korreliert diese Bedeutung nicht mit entsprechenden Gesamtdarstellungen in Form von umfassenden Untersuchungen über den griechischen Einfluss in den romanischen Einzelsprachen oder von einschlägigen etymologischen Spe-
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zialwörterbüchern. Ein Hinderungsgrund liegt sicherlich in dem methodischen, erschöpfend vielleicht gar nicht lösbaren Problem, nämlich den direkten Einfluss vom indirekten, in erster Linie durch das Lateinische ausgeübten Einfluss zu scheiden. Angesichts des Umstands, dass der lateinisch vermittelte Lehnwortschatz bei weitem zu überwiegen scheint, liefert die ungarische Lexikographie das Modell für einen Wörterbuchtypus, der für den romanischen Sprachraum noch aussteht (Farkas 1982). Wenig aufgearbeitet sind bisher semantische Gräzismen, die sich, wie die erwähnten und gleichfalls selten behandelten syntaktischen Entlehnungsphänomene, in ‘volkstümliche’, d. h. bereits auf die Antike zurückgehende, und ‘gelehrte’ Entlehnungen klassifizieren lassen (Röntgen 1992). Um die v. a. in der Neuzeit mit der Herausbildung wissenschaftlicher Fachterminologien einhergehenden Wanderwege griechisch-lateinischer Prägungen zu verfolgen, würde sich die Erarbeitung eines synoptischen Wörterbuchs (wie es gerade in Frankfurt a. M. für die Verbreitung von Italianismen in verschiedenen europäischen Sprachen erarbeitet wird) lohnen, das anhand von Erstbelegen und möglichen semantischen Verschiebungen Interdependenzen zwischen den romanischen (und nichtromanischen) Sprachen aufzeigen kann. Nützliche und noch auszuweitende Vorarbeiten für ein solches Unternehmen sind die Behandlungen einzelner Lexeme oder Affixoide nach dem Muster der erwähnten Arbeiten (Höfler 1972; Janni / Mazzini 1990; Schmitt 1996; Tesi 1994). Da die äußeren Umstände angesichts eines kontinuierlichen Rückgangs von Griechischkenntnissen und der Beschäftigung mit dem Griechischen der Einlösung solcher Desiderate wenig förderlich scheinen, steht am Ende der Wunsch, dass «le triomphe du grec», den Ferdinand Brunot bei der Konstitution der Wissenschaftsterminologien im 18. Jh. ausmachte (HLF 1966, vol. 1, 1221), sich in der lexikographischen Forschung niederschlagen möge.
5.
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Rainer Schlösser, Jena
1611
139. Sprachkontakte: Griechisch und Rumänisch
139. Sprachkontakte: Griechisch und Rumänisch Contacts linguistiques: grec et roumain 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Vorbemerkungen Altgriechische Elemente im Rumänischen Sprachkontakte in byzantinischer Zeit Die Phanariotenzeit Griechisch-aromunische Sprachkontakte Literatur
1.
Vorbemerkungen
Sieht man von den gelehrten Gräzismen, die es in praktisch allen romanischen Idiomen gibt, sowie dem Sonderfall Unteritalien ab, so ist das Rumänische diejenige romanische Sprache, die am stärksten vom Griechischen beeinflusst worden ist. Die Gründe hierfür liegen natürlich v. a. in der geographischen Nähe, was dazu führt, dass man es mit Sprachkontakten nicht nur auf der Ebene der Literatur-, sondern auch der Volkssprache zu tun hat. Dies beginnt bereits in der Antike mit griechisch-lateinischen Sprachbeziehungen in den römischen Provinzen Südosteuropas und setzt sich dann fort in der über Jahrhunderte hinweg andauernden Zugehörigkeit des rumänischen Sprachgebietes zum griechisch (und slavisch) geprägten orthodoxen Kulturraum mit dem Zentrum Byzanz. Bei der Betrachtung der griechisch-rumänischen Sprachkontakte lassen sich verschiedene chronologische Schichten ausgliedern, die auch der folgenden Darstellung zugrunde liegen. Man muss dabei berücksichtigen, dass zwischen der Periodisierung der griechischen und der rumänischen Sprachgeschichte keine völlige Synchronie besteht (Dahmen / Kramer 1998, 395). Das Griechische lässt sich in der nach-römischen Zeit in –
–
Byzantinisches Griechisch (395–1453), mit weiterer Unterteilung in Früh- (bis 600), Mittel- (bis 1100) und Spätbyzantinisches Griechisch Neugriechisch (seit 1453) mit weiterer Unterteilung in Griechisch der Türkenzeit (bis 1821) und Modernes Griechisch
gliedern. Das (Dako-)Rumänische kann grob in fünf Phasen eingeteilt werden: – –
Balkanlatein (bis 600) Urrumänisch (Protorumänisch, meinrumänisch, 600–900)
Ge-
– – –
Vorliterarisches Rumänisch (900–1521) Altrumänisch (16.–18. Jh.) Modernes Rumänisch (seit Beginn des 19. Jh.).
Unberücksichtigt bleiben im Folgenden jüngere Entlehnungen aus dem Griechischen v. a. in der wissenschaftlichen Terminologie, wie sie in fast allen modernen europäischen Sprachen anzutreffen sind. Eine besondere Stellung kommt dem Aromunischen zu, das seit langem in unmittelbarem Sprachkontakt mit dem Griechischen lebt. Für die Mehrzahl der Aromunen ist das Griechische heutzutage Amts- und Verkehrssprache.
2.
Altgriechische Elemente im Rumänischen
Bekanntlich hat das Griechische im antiken Imperium Romanum eine so außerordentlich große Rolle gespielt, dass weite Teile der Bevölkerung (natürlich v. a., aber durchaus nicht ausschließlich die Oberschicht und die Bewohner der Stadt Rom selbst) zweisprachig waren. Kramer (1983) spricht deshalb wohl zu Recht von einem «kaiserzeitlichen griechisch-lateinischen Sprachbund». Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung, die das Griechische als Sprache des jungen Christentums hatte. Dies hat dazu geführt, dass bereits zu unterschiedlichen Zeitpunkten Gräzismen in die lateinische Sprache eingedrungen sind, die sich dann als Erbwörter in den verschiedenen romanischen Sprachen mehr oder weniger durchgängig verbreitet haben. Solche Lexeme sind für den speziell griechisch-rumänischen Sprachkontakt von geringerem Interesse und werden deshalb hier nicht weiter betrachtet. Darüber hinaus darf man erwarten, dass speziell das Balkanlatein griechische Elemente enthält, die in der Sprache der übrigen Provinzen des römischen Reiches mit Ausnahme Unteritaliens nicht vorhanden waren. Es sei daran erinnert, dass die so genannte Jireˇcek-Linie, die von der heutigen nordalbanischen Küste in östlicher bzw. nordöstlicher Richtung an Skopje und Sofija vorbei bis zur unteren Donau und deren Mündung verläuft, den lateinisch dominier-
1612 ten Kulturraum vom griechisch beherrschten trennt – abzulesen v. a. an der Vorherrschaft lateinischer bzw. griechischer Inschriften (Mih˘aescu 1993, 156, bietet eine Karte mit der Jireˇcek-Linie sowie den – geringfügigen – Modifikationen, die von Philippide, Skok und Mih˘aescu am Verlauf dieser Linie angebracht wurden). Das Griechische war präsent in den Küstenstädten am westlichen Rand des Schwarzen Meeres (v. a. Histria, Tomis und Callatis), und auch innerhalb der römischen Donauprovinzen gab es eine nicht unbedeutende Bevölkerungsschicht, die aus den Balkangebieten sowie aus Kleinasien stammte und das Griechische als Muttersprache mitgebracht hatte. Des Weiteren gab es bereits in vorrömischer Zeit Handelsbeziehungen zwischen Dakern und Griechen. Die Frage, wie groß der Anteil der altgriechischen Elemente ist, die sich nur im Rumänischen (und gegebenenfalls noch im Albanischen und / oder Süditalienischen, also in Gebieten, in denen ein direkter Sprachkontakt vorlag) finden, ist nicht immer vorurteilsfrei behandelt worden. So kommt etwa Diculescu (1924/26) auf die stolze – und zweifellos völlig übertriebene – Zahl von 156 aus dem Altgriechischen stammenden rumänischen Wörtern, was für ihn ein Beweis für die hohe Kultur der seinerzeitigen ‘Dakoromanen’ ist. Auf der Basis neuerer Forschungen (Mih˘aescu 1966; Mladenova 1978; Popescu-Fischer 1983; 1986; 1987/94; Fischer 1992; Dahmen / Kramer 2005) darf man davon ausgehen, dass im Rumänischen etwa knapp 20 Lexeme weiterleben, die aus dem Altgriechischen stammen und in den übrigen romanischen Sprachen nicht (oder zumindest nicht in einer Form, die vermuten lässt, dass man es mit einer direkten volkssprachlichen Entlehnung zu tun hat) vorhanden oder nur in den Mundarten der Gebiete anzutreffen sind, in denen ebenfalls ein direkter Sprachkontakt mit dem Griechischen gegeben war. Das Problem ist dabei, Kriterien zu finden, die eine chronologische Zuordnung der Gräzismen (römerzeitliches vs. byzantinisches Griechisch; theoretisch denkbar, aber sicher weniger wahrscheinlich wäre auch noch eine sehr frühe Übernahme von Gräzismen in eine Substratsprache) möglich machen. Ein Indiz für eine frühe Entlehnung aus dem gesprochenen Griechischen könnte etwa die Entwicklung von gr. sein, das in der als ü ausgesprochen wurde und in den litera-
XII. Sprachkontakte und Migration
rischen Gräzismen des Lateins als i auftaucht, im gesprochenen Balkanlatein aber offensichtlich als u oder auch iu realisiert wurde (Fischer 1992, 98, schlägt zur Erklärung hierfür «ein Fortleben des dorischen Dialekts oder einer dorisch gefärbten » vor, während Rosetti 1986, 213, den Wandel von zu iu auf die Zeit nach dem 10. Jh. datiert): So wird gr. « “Kreis” im Italienischen, Okzitanischen, Spanischen und Portugiesischen zu giro, für das Rumänische hingegen ist von einem lat. *giurus auszugehen, das sich dann lautgerecht zu rum. jur weiterentwickelt hat. Ein Parallelfall hierzu ist gr. “Welle”, “junge Pflanze”, das in den westlichen romanischen Sprachen Formen mit i ergeben hat (it. cima, frz. cime, sp., pg. cima), im Rumänischen hingegen als ciuma˘ “Pest” (zur semantischen Entwicklung Popescu-Fischer 1987, 236 s.; Dahmen / Kramer 2005, 235 s.) weiterlebt. Die erbwörtliche Lautentwicklung lateinischer Elemente weist gr. « “Säule” > rum. stur “Eiszapfen” auf: Im literarischen Latein ist dieses Wort als st˘ılus (seltener auch stylus) in Bedeutungen wie “Griffel”, “Schreibart” belegt und lebt in Formen wie it. stelo “Stengel”, sp. estelo, pg. esteio “Pfeiler” weiter. Im Balkanlatein muss es in der Form *stulus existiert haben, das dann mit dem normalen Rhotazismus zu rum. stur wurde. Weitere Beispiele für Entlehnungen aus dem Altgriechischen sind: rum. broatec “Laubfrosch” < lat. *brotac(h)us < gr. « (seit dem 6./5. Jh. v. Chr. belegte Nebenform zu « “Frosch”); außer im Rumänischen lebt das Wort in den romanischen Sprachen ansonsten nur im Kalabrischen als vrotiku, vratiku weiter, ferner existiert es im Albanischen als bretk, was auf das ebenfalls seit dem 5. Jh. v. Chr. belegte « zurückgeht. Rum. frica˘ “Angst” geht über lat. *frica auf gr. “Schauder”, “Angst” zurück, für dessen frühe Übernahme nicht zuletzt die Tatsache spricht, dass es außer im Dakorumänischen, Aromunischen und Meglenorumänischen auch im Istrorumänischen weiterlebt. Wenn auch die Anzahl der als gesichert anzunehmenden Entlehnungen des Rumänischen aus dem Altgriechischen über das gesprochene Balkanlatein rein quantitativ nicht übermäßig hoch ist, so muss man doch «caracterul popular al formei s¸ i al valorilor tuturor împrumuturilor grece¸sti» (Fischer 1985, 144) betonen, was ein Beleg für individuelle Züge des gesprochenen Balkanlateins ist.
139. Sprachkontakte: Griechisch und Rumänisch
1613
Die Frage, ob es neben der Übernahme von lexikalischen Elementen des Altgriechischen und dem Weiterleben dieser Formen im Rumänischen in Folge von Sprachkontakten auch Beeinflussungen auf lautlicher, morphologischer und syntaktischer Ebene gibt, ist nicht eindeutig zu beantworten. In jüngerer Zeit hat sich v. a. Dietrich (1995, 203– 211; 1997; 2001; 2002) dafür ausgesprochen, die offenkundigen griechisch-rumänischen Parallelen durch eine Beeinflussung des Balkanlateins bzw. Urrumänischen durch das Griechische zu erklären. Damit ist letzten Endes das Problem des «Balkansprachbundes» verknüpft, also die deutlichen Parallelen zwischen den genetisch nicht miteinander verwandten im Balkanraum gesprochenen Sprachen. Hierzu zählen neben dem Rumänischen v. a. das Bulgarische, Mazedonische, Albanische und Griechische. Bereits der Däne Sandfeld, der als der Begründer der wissenschaftlichen Balkanphilologie gilt, hatte dem Griechischen die entscheidende Rolle bei der Herausbildung dieses Balkansprachbundes zugeschrieben (Sandfeld 1930, 213–216), wobei er chronologisch von verschiedenen Epochen beginnend mit dem «grec classique» (ib., 215) und einem Schwerpunkt in der byzantinischen Zeit ausging. Es erscheint indes viel wahrscheinlicher, nicht eine einzige Sprache wie etwa das Griechische oder das Lateinische oder auch eine gemeinsame Substratsprache als Auslöser zu betrachten, sondern von einer Polygenese in der Form auszugehen, dass jedes einzelne der hier auftretenden Phänomene getrennt betrachtet werden muss. Dies bedeutet, dass jeweils unterschiedliche Sprachen als Verursacher in Frage kommen und dass die verschiedenen beteiligten Sprachen sich gegenseitig immer wieder beeinflusst haben. Unter diesen Prämissen darf man v. a. für den eingeschränkten Infinitivgebrauch, der im Griechischen früh belegt ist (bereits im Altgriechischen stehen Infinitiv und Konjunktionalsätze nebeneinander) und der sich bekanntlich auch in süditalienischen Mundarten findet, einen griechischen Ursprung vermuten.
spätbyzantinischen Griechischen. Hierbei gibt es allerdings ein Problem: Die meisten der in dieser Zeit übernommenen Gräzismen sind sicherlich über südslavische Vermittlung ins Rumänische gelangt, da das byzantinische Reich sich nur etwa 200 Jahre vom Anfang des 11. bis zum Ende des 12. Jh. bis zur Donau erstreckte (nur die heutige Dobrudscha gehörte bereits seit 971 zu Byzanz), ansonsten aber keine direkte Nachbarschaft zwischen (Dako-)Rumänen und Griechen bestand. Mih˘aescu (1966, 188) zählt in seiner sehr soliden und materialreichen Untersuchung für die Zeit vom 7.–15. Jh. insges. 278 Entlehnungen aus dem Griechischen, von denen er nur 22 als direkte Übernahmen einschätzt, 254 hingegen als über das Slavische und 2 über das Mittellateinische vermittelte. Tzitzilis (1997, 96 ss.; 1999, 591 s.) hält unter Hinweis auf angeblich fehlerhafte etymologische Erklärungen die Zahl der direkten Entlehnungen für «bedeutend größer», doch würde sich auch dann, wenn man seine etymologischen Vorschläge akzeptiert, an dem grundsätzlichen Faktum der deutlichen Überzahl der durch das Slavische vermittelten Gräzismen dieser Epoche nichts ändern. Noch eine weitere kleine Einschränkung ist nötig: Als direkte Entlehnung aus dem Griechischen ins Rumänische werden solche Gräzismen betrachtet, die im Rumänischen, aber in keiner südslavischen Sprache weiterleben. Hier ist es natürlich denkbar, dass ein entsprechendes Wort zunächst auch im Bulgarischen gelebt hat, dann aber dort verschwunden ist. Solche direkten Entlehnungen müssten demzufolge in der Regel aus der Zeit zwischen dem Ende des 10. und des 12. Jh. datieren. Sie weisen lautliche Eigentümlichkeiten auf, die deutlich machen, dass es sich weder um altgriechische Entlehnungen noch um neuere Übernahmen handelt; außerdem haben sie zumeist eine ganze Reihe von Ableitungen gebildet, einige von ihnen sind auch schon in mittelalterlichen Quellen belegt (Miha˘ escu 1966, 113). Die meisten dieser direkten Entlehnungen entstammen der Handelsterminologie, daneben ist v. a. noch der Militärwortschatz vertreten. Als Beispiele für solche direkten Übernahmen gelten etwa agonisi “erwerben” < gr. $ “kämpfen”, folos “Nutzen” < gr. «, eine belegte byzantinische Form für « “Nutzen”, “Vorteil”. Untersuchungen des in den rumänischen Sprachatlanten dokumentierten Wortschatzes haben ergeben, dass in den
3.
Sprachkontakte in byzantinischer Zeit
Wesentlich bedeutender und auch zahlreicher als die Entlehnungen aus dem römerzeitlichen Griechischen sind die aus dem byzantinischen, v. a. aus dem mittel- und
1614 Volksmundarten nur wenige direkt aus dem byzantinischen Griechisch entlehnte Wörter bis in die Gegenwart weiterleben (Arvinte 1966). Aus dem byzantinischen Griechischen stammen ferner einige Toponyme wie Constan¸ta, Sulina, Calafat, die geographisch (Dobrudscha bzw. an der Donau) in den Zonen liegen, in denen man einen direkten Sprachkontakt erwarten darf. Die durch slavische Vermittlung ins Rumänische gelangten Gräzismen lassen sich v. a. auf der Basis semantischer, teilweise auch lautlicher Kriterien in verschiedene chronologische Schichten einteilen: Aus der ältesten Epoche bis etwa zum 10. Jh. dürfte rund ein Dutzend heute noch im Rumänischen lebender Wörter stammen, die sich v. a. auf die Bereiche der Flora sowie des Handels und des Verkehrs beziehen (Mih˘aescu 1966, 82). Hierzu gehören etwa corabie “(Segel-)Schiff ” < asl. korabц < gr. (häufig belegte Diminutivform zu «); drum “Weg” < asl. droumч < gr. « (o vor Nasal wurde im Altslavischen zu u); livada˘ “Wiese” < asl. livada < gr. . Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Kontext natürlich der christlichen Terminologie zu, die in Südosteuropa zunächst griechisch, dann slavisch war. Bes. im Gebiet des heutigen Bulgarien und Nordgriechenland war die slavisch-griechische Symbiose sehr groß, es sei nur daran erinnert, dass die beiden ‘Slavenapostel’ Cyrill und Method aus Saloniki stammten und ihr Heimatidiom der frühen slavischen Liturgiesprache zugrunde lag. Die Bulgaren wurden unter ihrem Chan Boris I. in der zweiten Hälfte des 9. Jh. christianisiert, und die Rumänen erscheinen vom Anfang ihrer geschichtlichen Überlieferung an als «an die bulgarische Kirche gebundene Christen» (Schramm 1997, 337), die auch kirchenrechtlich lange dem Erzbischof von Ohrid unterstanden. Die Kirchenhierarchie und die Liturgie waren in den rumänischsprachigen Gegenden nach dem slavischen Vorbild ausgerichtet, das seinerseits auf dem byzantinischen Modell beruhte. So dringt etwa ab dem 10. Jh. eine große Menge von auf dem byzantinischen Griechisch basierenden Slavismen aus dem Bereich der Kirchenterminologie ins Rumänische ein, von denen eine Vielzahl noch heute existiert (Mih˘aescu 1966, 89– 102, zählt mehr als 100 davon auf), wenn natürlich auch viele davon eher fachsprachlichen Charakter haben. Sie beziehen sich auf
XII. Sprachkontakte und Migration
die Liturgie, die liturgischen Geräte und Gewänder, die Kirchengebäude einschließlich ihrer Ausstattung wie Mobiliar sowie die Kirchenhierarchie. Als Beispiele seien genannt: catavasie “Gesang am Anfang des Gottesdienstes” < asl. katavasia < gr. «; catapeteasm˘a “Ikonostase” < asl. katapьtьazma < gr. ; ca˘ luga˘ r “Mönch” (als Toponym ist das Lexem in Formen wie Ca˘ luga˘ ri, Ca˘ luga˘ rul etc. seit dem 15. Jh. belegt und auch heute nicht selten) < asl. kalougerч < gr. «. Der Einfluss der christlichen Terminologie beschränkt sich aber durchaus nicht nur auf diese direkten Bereiche. So sind über slavische Vermittlung Gräzismen ins Rumänische gekommen, die in der Bibel vorkommende, mehr oder weniger exotische Tiere bezeichnen, wie etwa aspida˘ “Natter” < asl. aspida < gr. $ . Die Mehrzahl der rumänischen Monatsnamen ist – sicherlich im Zusammenhang mit der kirchlichen Liturgie – aus dem Lateinischen über das Griechische und Slavische ins Rumänische gekommen (Kramer 1984). Von besonderer Bedeutung sind die Übersetzungen religiöser Texte ins Rumänische in der zweiten Hälfte des 16. sowie im 17. Jh. In diesem Bereich wird im Laufe des 17. Jh. (etwa in der ersten vollständigen Bibelübersetzung, der Bukarester Bibel von 1688) nach und nach das Slavische als Modell durch das Griechische abgelöst, was der sich entwickelnden rumänischen Schriftsprache neue Möglichkeiten eröffnet (Munteanu 1995). In der ersten Hälfte des 14. Jh. bildet sich in der Walachei ein eigenes ‘rumänisches’ Fürstentum heraus, einige Jahrzehnte später auch in der Moldau. Bis zu seinem Ende war das byzantinische Reich ein wichtiger Faktor für die Donaufürstentümer: Byzanz war das Vorbild für den administrativen Aufbau des Staates, was sich (wiederum über slavische Vermittlung) zum Beispiel in den Bezeichnungen für Funktionen und in Titeln niederschlägt (logofa˘ t “Kanzler, Minister”, vermutlich über bulgarische Vermittlung aus gr. «, erstmals belegt in der 2. Hälfte des 14. Jh.), die byzantinische Kultur genoss ein hohes Ansehen, und es gab rege Handels- und auch Kulturbeziehungen. So finden sich bei mehreren byzantinischen Autoren dieser Zeit Beschreibungen des Gebietes an der unteren Donau, die darauf schließen lassen, dass die Schreiber im Gebiet des heutigen Rumänien waren. In den dakoslavischen Dokumenten des 14./15. Jh.
139. Sprachkontakte: Griechisch und Rumänisch
1615
gibt es eine ganze Reihe von Gräzismen, die sich im Rumänischen dann wieder finden. Mit dem Ende des byzantinischen Reiches werden die rumänisch-griechischen Kontakte vorübergehend schwächer, sie enden aber sicherlich nicht völlig, zumal zahlreiche Griechen nach dem Fall Konstantinopels in die rumänischen Fürstentümer fliehen.
beachtlichen Ausmaßes in der Moldau und – noch intensiver – in der Walachei statt, so dass diese Epoche die Phase der stärksten Beeinflussung des Rumänischen durch das Griechische darstellt. Das Griechische war nicht nur die Sprache, in der man schrieb, sondern auch die gesprochene Sprache der feinen Gesellschaft, ähnlich wie es etwa zur gleichen Zeit das Französische in Deutschland und Ungarn war: In den höheren Gesellschaftsschichten galt es als bes. elegant, griechisch oder rumänisch mit einem griechischen ‘Akzent’ zu sprechen («era de bun ton a vorbi numai grece¸ste, sau o româneasca˘ pestri¸tata˘ », C. Negruzzi, zit. nach Gáldi 1939, 45, Fn. 1). Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass es auch schon frühzeitig Stimmen gab, die vor dieser Modeerscheinung warnten, und in der Literatur des 19. Jh. (etwa in Filimons sozialkritischem Roman Ciocoi vechi s¸ i noi und in den Komödien Alecsandris bis hin zu Caragiale) finden sich nicht wenige Beispiele dafür, wie man sich über diese gekünstelte Sprache lustig macht (Gáldi 1939, 44 s.; 76 ss.). In seiner materialreichen Untersuchung hat Gáldi (ib.) den Einfluss des Griechischen während der Phanariotenzeit intensiv untersucht. Dabei präsentiert er nicht nur ein Lexikon von mehr als 1.200 in dieser Zeit ins Rumänische entlehnten Wörtern, sondern behandelt auch den Einfluss im lautlichen Bereich, in der Wortbildung und in der Semantik und zeigt chronologische und regionale Besonderheiten auf. Dabei wird deutlich, dass die Phanariotismen, die sich vorwiegend auf die Bereiche Administration, Jurisdiktion, Kirche und Kultur beziehen, nur wenig an das rumänische Sprachsystem adaptiert wurden: «la plupart de ces mots, loin d’être de véritables mots d’emprunt [Lehnwörter], ne sont que des éléments étrangers [Fremdwörter], incorporés pour quelque temps dans le vocabulaire de la langue roumaine» (ib., 127). Wie zu erwarten, konzentrieren sich die Gräzismen auf das Gebiet der von den Phanarioten beherrschten Fürstentümer der Moldau und Walachei, während sich in dem zum Habsburger Reich gehörenden Siebenbürgen nur sehr wenige Spuren finden. Eine Ausnahme bilden hier lediglich Städte, die rege Kontakte zu den Gebieten jenseits der Karpaten hatten wie etwa Kronstadt (Bra¸sov), wo es auch eine griechische Gemeinde gab. Da in Siebenbürgen das über Ungarn vermittelte Latein eine ähnliche Rolle spielte wie das
4.
Die Phanariotenzeit
Unter der Phanariotenzeit (→ Art. 66) wird die Epoche zwischen 1711 (Moldau) bzw. 1715 (Walachei) und 1821 verstanden, als die moldauischen und walachischen Bojaren nicht mehr das Recht hatten, einen Fürsten aus ihren Kreisen zu wählen, der freilich ohnehin von der Hohen Pforte hatte bestätigt werden müssen; nach der Niederlage der mit Russland verbündeten Moldauer und der den Osmanen damit deutlich bewusst gewordenen Bedrohung wurden die Fürsten nunmehr vom Sultan selbst aus griechischen Familien, die im Phanar, einem Stadtteil Konstantinopels, ansässig waren, ausgewählt und nach Bukarest bzw. Ia¸si gesandt. Damit ist die zuvor bestehende, relativ weitreichende Autonomie der rumänischen Fürstentümer beendet. In der rumänischen Historiographie gilt diese Epoche der völligen Fremdherrschaft, die zudem von großen sozialen Gegensätzen zwischen einer im Luxus lebenden Oberschicht und der großen Masse der verarmten und zu hohen Abgaben verpflichteten Bauern geprägt war, als eines der dunkelsten Kapitel der rumänischen Geschichte. Darüber sollte aber nicht vergessen werden, dass sich die Phanarioten große Verdienste um die Vermittlung der west- und mitteleuropäischen Kultur, bes. auch der französischen Aufklärung erworben haben (Elwert 1966). Von Bedeutung ist, dass natürlich nicht nur der Fürst griechischsprachig war, sondern dass Griechen in starkem Maße die höheren Positionen in der Verwaltung einnahmen und griechische Kaufleute den Handel beherrschten. Griechische Mönche bestimmten das religiöse Leben, griechische Lehrer dominierten im Schulbereich, griechische Druckereien entstanden, und im Rechtsleben orientierte man sich an byzantinischen Traditionen: «Das Phanariotenregime brachte im 18. Jahrhundert den späten Glanz byzantinischer Kultur noch einmal zum Leuchten» (Huber 1973, 64). Ganz bes. in der Zeit von etwa 1770 bis 1820 fand ein Gräzisierungsprozess
1616 Griechische in den Donaufürstentümern, ergibt sich nicht selten, dass einem Gräzismus in der Moldau und Walachei ein entsprechender Latinismus in Siebenbürgen gegenüber steht, wie etwa pronomion (< gr. ) “Privileg” vs. privileghiom (weitere Beispiele bei Gáldi 1939, 81 ss.). Untersuchungen der Materialien der rumänischen Sprachatlanten haben zudem gezeigt, dass sich Neogräzismen sogar in den Mundarten der Moldau und Walachei finden, denen in den siebenbürgischen Dialekten dann häufig Germanismen entsprechen (Beispiele bei Arvinte 1971, 123 ss.). Auch die Mehrzahl der aus dem Griechischen stammenden Anthroponyme wie Iorga, Triandafil, Xenopol, die auf -achi endenden Namen etc., die es in nicht geringer Zahl im Gebiet der beiden Donaufürstentümer, nicht jedoch in Siebenbürgen gibt (Iordan 1983, 16), stammt aus dieser Epoche. Die Phanariotenzeit endet mit den Erhebungen unter Tudor Vladimirescu bzw. Alexander Ypsilanti im Jahre 1821. Damit erlischt auch abrupt die hohe Wertschätzung, die dem Griechischen entgegen gebracht wurde, und die meisten dieser Gräzismen verschwinden sehr rasch. Es bricht nunmehr die Zeit an, in der das südosteuropäische, balkanische Element negativ gesehen und – bes. unter dem Einfluss der Gedanken der Vertreter der Siebenbürgischen Schule (→ Art. 66) sowie von Sprachreformern wie Heliade R˘adulescu – eine Orientierung an der westlichen Romanität propagiert wird. Dies führt dazu, dass Gräzismen durch Latinismen, Französismen oder auch Italianismen ersetzt werden, die ihrerseits manchmal letztlich griechischen Ursprungs sind: So wird etwa vivliotic˘a durch biblioteca˘ verdrängt. Die Zahl der heute noch im Rumänischen lebendigen Wörter, die aus dem Neugriechischen entlehnt worden sind, ist umstritten. Bes. in Arbeiten aus Rumänien wird die Bedeutung dieser Elemente gerne gering eingeschätzt, worauf bereits Gáldi (1939, 86) hingewiesen hat: Er listet rund 150 Wörter auf, die noch im Rumänischen lebendig seien. Elwert (1950) kommt auf 100 Wörter, die allen Rumänen geläufig sind, sowie weitere 100–150, die noch eingeschränkt verwandt werden. Mih˘aescu (1966, 181) reduziert die von Gáldi aufgestellte Liste der gebräuchlichen Gräzismen der Phanariotenzeit von 150 auf 100, während Iliescu (2005) darauf hinweist, dass mehrere der von Gáldi aufge-
XII. Sprachkontakte und Migration
führten Wörter – teilweise mit deutlich pejorativer Konnotation – in der ‘mündlichen Umgangssprache’ weiterleben und somit von den Lexikographen nicht erfasst wurden.
5.
Griechisch-aromunische Sprachkontakte
Eine Besonderheit stellt die Situation der Aromunen in Griechenland dar. Man muss davon ausgehen, dass aufgrund der bekannten Faktoren wie Schulbildung, Massenmedien, Mobilität der Bevölkerung usw. heute alle Aromunen in Südosteuropa zweisprachig sind, d. h. sie beherrschen neben ihrer Muttersprache noch die jeweilige Staatssprache (Griechisch, Mazedonisch, Albanisch), was eine Differenzierung des Aromunischen in Griechenland, Mazedonien, Albanien bedingt. Die heutige Form der Zweisprachigkeit ist extrem, doch darf man davon ausgehen, dass auch in früherer Zeit Zwei- und sogar Mehrsprachigkeit bei den Aromunen wie bei den meisten Ethnien in Südosteuropa sehr verbreitet waren. Dies erklärt auch, dass das Aromunische in sehr hohem Maße vom Griechischen, das zudem die Sprache des höheren Sozialprestiges war, beeinflusst worden ist. Diese Einflüsse gibt es nicht nur im Wortschatz, wo sie natürlich am deutlichsten zu sehen sind, sondern auch in allen anderen Bereichen der Sprache (Dahmen 1997). Im Phonemsystem des Aromunischen in Griechenland finden sich als Übernahmen aus dem Griechischen die beiden Interdentale /ð/ und /θ/ sowie das velare //. Die Tatsache, dass diese Laute vereinzelt inzwischen auch in Erbwörtern auftreten (wie etwa eámina˘ “weiblich” < femina), zeigt, wie stark die Integration im aromunischen Lautsystem bereits vorangeschritten ist. Durch griechischen Einfluss kann ferner die Entwicklung von c, g + e, i zu ts, dz erklärt werden: Das Dakorumänische hat hier – wie das Italienische – cˇ , gˇ , und dies findet sich auch im älteren Aromunischen, während das Griechische die alveolaren Affrikaten nicht kennt. Im Bereich der Morphosyntax gilt als Folge des Sprachkontakts mit dem Griechischen die Verwendung einer Ortsangabe ohne Präposition nach Verben, die die Bewegung oder den Zustand ausdrücken (Kramer 1981): mi dúku / ésku Sa˘ rúna˘ “ich fahre nach / ich bin in Saloniki”, analog gr. / ρ . Der Vitalität des griechischen Aorist dürfte die geläufige Verwen-
139. Sprachkontakte: Griechisch und Rumänisch
1617
dung der Formen des historischen Perfekts vom Typ kîntáj “ich habe gesungen” zu verdanken sein: Im Dakorumänischen sind die entsprechenden Formen veraltet. Auch der Gebrauch eines analytischen Plusquamperfekts (aveám kîntát˘a “ich hatte gesungen”) ist wohl durch den griechischen Adstrateinfluss zu erklären. Das Dakorumänische kennt eine synthetische Bildung (cîntasem), die im älteren Rumänischen gebräuchliche analytische Form wurde mit am fost + Part. Perf. gebildet. Die heute allgemein verbreitete Zweisprachigkeit der Aromunen lenkt die Aufmerksamkeit jedes Betrachters schnell auf den großen Anteil griechischer Elemente im aromunischen Wortschatz. Eine genaue chronologische Zuordnung ist jedoch schwierig, da die Gräzismen des Aromunischen in der Regel die Veränderungen, die das Griechische selbst gemacht hat, nachvollzogen haben. Hinweise darauf, dass es sich schon um ältere Übernahmen handelt, kann etwa die Existenz entsprechender Formen in den anderen Balkansprachen liefern. Folgt man der Einteilung von Mih˘aescu (1966, 171–174), so kann man für die ältere Zeit folgende Gruppen unterscheiden: Lateinische Wörter, die in der Antike ins Griechische eingedrungen, im Dakorumänischen unbekannt sind und im Aromunischen die griechische Lautentwicklung zeigen: fáva˘ “Bohne” < gr. < lat. faba (daneben gibt es die erbwörtliche Entwicklung faba > fáua˘ “Linse”). Eine zweite Gruppe bilden ähnlich wie im Dakorumänischen (cf. Kap. 3.) Wörter aus der Kirchenterminologie, die zwischen dem 10. und 15. Jh. direkt oder über slavische Vermittlung ins Aromunische gelangt sind, wie etwa anáfura˘ “geweihtes Brot” < gr. $ (das Wort gibt es in gleicher Form auch im Dakorumänischen). In die Zeit vor dem 15. Jh. datiert Miha˘ escu ferner einige Gräzismen aus der Terminologie des Handels und Gewerbes (kumérke “Zoll” < gr. , das seinerseits auf lat. commercium zurückzuführen ist) sowie der frühen Sozialordnung (aryát “Tagelöhner” < gr. $ «). Die meisten Gräzismen im Aromunischen resultieren allerdings aus der neugriechischen Epoche. Eine Zählung auf der Basis der ersten Auflage des Wörterbuches von Papahagi (DDA 1) zeigt, dass die aus dem Griechischen entlehnten Wörter (wozu allerdings auch die aus älteren Schichten gerechnet werden) deutlich die zahlenmäßig
stärkste Gruppe unter den Entlehnungen stellen (Caragiu Mario¸teanu 1975, 256– 264). Bei einigen Gräzismen handelt es sich um gelehrte Formen, die vermutlich über Schule oder Kirche vermittelt wurden, andere wiederum sind deutlich mundartlich geprägt (Beispiele bei Tzitzilis 1999, 596). Angemerkt sei, dass der Sprachkontakt Aromunisch – Griechisch natürlich nicht einseitig gewesen ist: Das Neugriechische hat mehr als 300 Lehnwörter aus dem Aromunischen, die sich v. a. auf die Bereiche des Hirten- und Karawanenwesens sowie des Handels beziehen (Murnu 1977 [1902]).
6.
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Wolfgang Dahmen, Jena
140. Contatti linguistici: greco e italiano Sprachkontakte: Griechisch und Italienisch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Preliminari metodologici Grecismi in latino e grecismi in italiano Contatti storici italo-greci Riconoscimento dei grecismi italiani Effetti linguistici dei contatti storici Conclusione Bibliografia
1.
Premilinari metodologici
Prima di intraprendere una rapida ricognizione dell’elemento greco di trafila popolare
in italiano e nei suoi dialetti è necessario fissare alcuni punti metodologicamente rilevanti, che riguardano da una parte la separazione dei grecismi già entrati in latino da quelli accolti dopo la formazione delle lingue volgari (cf. 2.), dall’altra le circostanze storiche che hanno posto a contatto Greci e Italiani, favorendone gli scambi linguistici (cf. 3.).
1619
140. Contatti linguistici: greco e italiano
2.
Grecismi in latino e grecismi in italiano
Innanzitutto: da quando si può parlare di influsso diretto greco in italiano? Non pare dubbio, dalla costituzione di una lingua, definita comunemente volgare, oramai del tutto staccata dal latino, una lingua che si forma lentamente nel corso di secoli che vanno dalla caduta dell’Impero romano almeno all’VIII sec., cioè – ed è una coincidenza da tenere sempre presente – al momento del primo contatto in Italia non episodico e superficiale con i Bizantini a partire dalla campagna militare per la riconquista, voluta da Giustiniano, dell’Italia barbarica. 2.1. Grecismi attestati in latino Tutti i grecismi attestati (naturalmente in veste latina) in documenti precedenti la riconquista bizantina ed anche dopo, se si presentano in veste chiaramente latina, dovrebbero considerarsi, per l’italiano, di irradiazione latina e non greca ed appartenenti, quindi, esclusivamente alla storia della lingua di Roma, anche se una tale rigida ripartizione non sempre si mostra semplice e realistica. Ci si chiede, per es., se i continuatori di stolus nelle lingue romanze siano da considerarsi latinismi, come fanno i vocabolari etimologici tradizionali, oppure grecismi entrati in circolazione una seconda volta (cf. 2.3.). Delicata è la questione dei grecismi segnalati nei documenti ravennati: essi hanno spesso una netta impronta latina, ma sono evidente frutto dei rapporti instauratisi fra Latini e Bizantini in terrtorio italiano e formano, quindi, una categoria particolare di prestiti che non sappiamo deciderci, se ritenere formalemente latini o sostanzialmente romanzi. 2.2. Grecismi nel latino parlato Un discorso non dissimile va tenuto per i termini ricostruiti perché privi di documentazione. Se una parola di palese origine greca appare in più lingue romanze e non si può accertare un suo preciso punto di irradiazione da una di esse a tutte le altre è facile che essa fosse già presente nel latino parlato o altrimenti detto volgare. Ormeggiare “fermare una nave al sicuro in un porto” è di filiazione popolare tanto in italiano (sec. XIV: > fr. ormeger, sec. XIV ), quanto in catalano (ormejar, sec. XIII > sp. ormejar) e in provenzale antico (ormejar, in testo latino del XIII sec.). Che l’etimologia remota sia il gr.
# “mettere all’ancora, ancorare” è comunemente ammesso, ma la sua diffusione mediterranea non è diretta, bensì attraverso il lat.parl. *hormidiare, che di diritto appartiene, quindi, all’espansione del greco nautico in latino, come vi appartiene hormus “statio navis”, attestato in un papiro del I sec.< gr. — « “ormeggio”. 2.3. Doppie entrate Non sempre il passaggio è così lineare. Per rendersene conto basta scorrere il complesso articolo del LEI dedicato al lat. apotheca integrato dai suggerimenti di Castellani (1988/89, 159 s.). Il gr. # “magazzino” è passato in latino nell’adattamento apotheca e da qui si è diffuso nelle lingue romanze anche in forme ambigue, come il tipo potega dell’Italia meridionale, che conserva la consonante sorda originariamente intervocalica p, ma sonorizza la c in g. In alcuni casi la tonica si muta da è in ì: se in certe aree (Calabria, Sicilia, Lombardia) questo cambiamento è spiegabile con condizioni interne, esse non sussistono per i tipi pondìche (italiano centrale ant.), bottica e bottiga (toscano ant., umbro, marchigiano), la cui ì è dovuta alla pronuncia bizantina di . L’area di attestazione fa pensare ad un centro di diffusione dalla Pentapoli a Roma attraverso il cosiddetto corridoio bizantino (cf. 5.3.). Un caso esemplare è stato segnalato da Serra (1956, 337): nel Napoletano possiamo incontrare una via di Chiatamone (Napoli), che rimonta alla fase più antica, e una via di Platamone (Amalfi), che risale al periodo bizantino. Un secondo punto riguarda le successive occasioni di contatto fra Greci e Italiani, condizione necessaria per spiegare l’acquisizione da parte di questi ultimi di tratti linguistici propri dei primi. Stratificando cronologicamente tali occasioni storiche, possiamo individuare almeno tre nuclei principali: la dominazione bizantina, la presenza dei Franchi in Levante, le migrazioni greche in Occidente, escludendo, per le sue peculiari vicende, la situazione linguistica della Magna Grecia.
3.
Contatti storici italo-greci
3.1. La dominazione bizantina La riconquista di Giustiniano dell’Italia conobbe alterne vicende e non si estese uniformemente e cronologicamente parallela in
1620 tutta la penisola, ma è importante notare che la più solida occupazione si limitò alle fasce costiere a partire dal VI e fino almeno al IX sec. (richiesta di un aiuto navale a Napoli da parte dell’imperatore Michele I). Una cartina storica di questo periodo mostra chiaramente il territorio occupato più o meno stabilmente e con continue oscillazioni da Bisanzio, che fronteggiava i Longobardi: la Liguria marittima, il ducato romano, Napoli, le tre grandi isole del Tirreno, la sezione meridionale della Calabria e del Salento, l’Esarcato con la Pentapoli, Venezia e l’Istria. Il nucleo principale era costituito dall’Esarcato di Ravenna con la vicina Pentapoli e dal ducato romano, in comunicazione con una unica strada (cf. 5.3.). 3.2. I Franchi in Levante I traffici commerciali di mercanti italiani, che importavano dall’Oriente merci pregiate, hanno consentito la tessitura di intensi rapporti tra le due aree. Essi cercavano (ed ottenevano) l’assegnazione nelle principali piazze bizantine di quartieri a loro riservati con particolari privilegi: i primi trattai furono firmati dai Veneziani, seguiti poi dai Pisani e dai Genovesi. Sopravvenne successivamente il grande moviemento delle Crociate, soprattutto la prima della fine del sec. XI , che vide gli Occidentali sciamare nel Mediterraneo orientale e la quarta del 1204, che condusse alla conquista e depredazione di Costantinopoli e all’insediamento nella quarta parte dell’Impero di colonie straniere, specialmente veneziane. La convivenza secolare in territorio greco di Veneziani, Genovesi ed altri Italiani per ragioni politiche e commerciali comportava, naturalmente, anche scambi linguistici non di piccolo rilievo, da una parte e dall’altra. Questi scambi avvenivano principalmente nei porti costieri dei mari greci, dove si incrociavano ed influenzavano reciprocamente lingue diverse: il gr. « “alto mare” è passato in latino come parola dotta senza continuatori, con questo significato, nelle lingue romanze, le quali, tuttavia, hanno ripreso nel Medioevo il termine tecnico, introducendolo nella propria terminologia nautica. Del resto altrettanti è avvenuto per parole occidentali, che hanno assunto nuovi significati proprio nei mari del Levante: così scala „scalo”, ruga “strada”, così busta “astuccio” e appalto. E nello stesso spazio si sono incontrati Franchi e Arabi, dai quali sono accettati darsena, fondaco, materassa (Castellani 1988/89, 32–
XII. Sprachkontakte und Migration
54) e molte altre voci attinenti ai commerci. Per scendere ad un particolare apparentemente secondario, notiamo come un fatto anche linguisticamente interessante sia stato piuttosto trascurato: il traffico delle reliquie e dei filatteri. Se in nomi ad esso inerenti hanno potuto talvolta avere una vita effimera, come quegli ancolfi menzionati in un elenco di oggetti rubati in un convento di Morone ed acquistati da mercanti veneziani nel 1225 assieme ad anconas, calices, cacilla, plathone, panagias, cruces (Cessi 1950, 51), altri hanno avuto una lunga vitalità; ancona ha ripetute attestazioni in volgare a Venezia a partire dal 1282/83 e sopravvive ancora nella periferia veneta e friulana con il senso di “tabernacolo” e santalena “medaglia di rame, per lo più contornata d’argento, che si tiene per devozione”, che mantiene l’accento greco di Santa Lena “Sant’Elena”, è notissima fino dal tempo di Dante e conosciuta almeno fino all’Ottocento nel Veneto e in Friuli. 3.3. Migrazioni greche in Occidente L’emigrazione individuale e collettiva di molti sudditi dell’Impero e delle colonie occidentali man mano che i Turchi, dopo la presa di Costantinopoli (1453), precedevano alla conquista dei principali possedimenti franchi (1522, Rodi; 1566, Chio; 1573, Cipro; 1669, Creta), si diresse principalmente verso l’Italia e specialmente a Venezia, dove nel 1498 fu ufficialmente riconosciuta la comunità greca. Accanto ai profughi confluivano nella Serenissima anche le truppe albanesi e greche degli stratioti, reclutate nei territori del Levante, che combattevano valorosamente per la difesa dei suoi territori. Queste correnti popolari spiegano i frequenti volgarismi diffusi nel veneziano del Cinquecento (cf. 5.5.).
4.
Riconoscimento dei grecismi italiani
Per avere una certa sicurezza dell’origine greca di voci italiane bisogna sottoporle ad una verifica di rigoroso controllo linguistico, secondo parametri collaudati che riguardano il lessico, la prosodia, la fonetica, la morfologia e la loro distribuzione geografica, meglio se più di uno fra essi confluiscono nelle medesime conclusioni. 4.1. Prove lessicali L’aspetto nuovo di un vocabolo italiano mai segnalato prima, che trova una corrispon-
140. Contatti linguistici: greco e italiano
denza più o meno precisa in una parola greca, specie se attestata precedentemente, è una sufficiente garanzia per proporre un rapporto di dipendenza. Naturalmente deve essere compatibile con il significato dei due termini posti a confronto e con le possibilità storiche della priorità greca in campo semantico. Le denominazioni di tipi di nave, per es., che ricorrono dapprima con una certa frequenza nella carte in latino medievale e sono ignote alla tradizione latina, ma non a quella greca, hanno molta probabilità di essere di origine ellenica. Un caso emblematico è costituito dalla storia abbastanza complessa dell’it. galea sulla quale si intrecciano i dati e le osservazioni complementari di Kahane (1958) e Castellani (1988/89, 173–176). Ma non è solo la supremazia navale bizantina a convogliare nel rinascente lessico nautico italiano un numero notevole di prestiti. Kahane (1968–76) hanno potuto contare ben 192 grecismi d’epoca bizantina nei settori ecclesiastico, medico, artistico, commerciale, giuridico, tecnico, tessile, edilizio, del terreno, dell’alimentazione, della società e della marineria. Qui non possiamo che presentare qualche caso. Nell’edilizia, per es., dovevano eccellere i maestri greci, se «, , la “terrazza esposta al sole”, è documentato nella forma lat. yliacum a Farfa Sabina nel 1011 e a Venezia in latino medievale un secolo dopo e in volgare nel 1305. Da qui si estese anche a Padova, dove nel Trecento è frequentemente occultato nella forma lat. diachatus, che Soranzo 1995 convincentemente spiega con questa trafila: liagò > diagò, variante frequente ed infine predominante, trattato dai copisti come una parola dialettale padovana da ripristinare nella presunta veste latina attraverso la sostituzione della g sonora con la c sorda e la ricostruzione di ò in -atus. Non meno significativo è l’a.pis. °aldio (più recentemente àrghio, làrghio) “fossa idraulica”, che corrisponde perfettamente alla *aldea di Ravenna (in un documento del 973 con la lettura erronea alctea), in gr. , # , # * # (Alessio 1960a; Kahane 1968–76, 393). 4.2. Prove prosodiche Una importanza ancora maggiore ha la collocazione degli accenti, diversamente regolata in greco e in latino. I nomi antichi di Venezia in molte lingue, europee e non, presuppongono non il gr. B di Strabone, bensì la forma latinizzata, ma non attestata,
1621 *Venetica (Pellegrini 1997, 106 s.). Anche per gli appellativi sarà l’accento a decidere l’ascendenza greca o latina. Austin / Kahane (1946) hanno dimostrato che le varie testimonianze italiane e francesi di indanico “specie di acciaio pregiato” risalgono al gr. # " «% “(ferro) indiano”, trasportato in Occidente al tempo delle crociate e frequentemente citato in letteratura, da Marco Polo a Francesco da Vannozzo («con punte fabricate a fero andranico» 176, 4), da Giacomino da Verona ad una lauda cortonese del XIII sec. (Varanini 1976). Non interessano qui i precedenti persiani della voce greca, sui quali ha avanzato qualche riserva Theodoridìs (1971), ma ci si chiede perché un termine indubbiamente popolare non sia stato trasmesso con il suo accento greco, come è avvenuto per “basilico”. E di questi casi non si sa come valutabili offrono una lunga serie Kahane (1968–76, 434). 4.3. Prove fonetiche La grecità di alcune voci è talvolta assicurata anche dalla resa particolare di alcuni fonemi. Il diverso adattamento di un suono estraneo al sistema fonetico italiano, come la , è un chiaro segnale di provenienza ellenica. Esso si compendia nelle quattro varianti del nome proprio “Matteo”, in gr. M &«; Matheus, Maffeus, Masseus, Mazzeus. 4.4. Prove morfosintattiche In alcune aree profondamente grecizzate, come l’Italia meridionale, si trovano moduli morfologici e sintattici propri della morfosintassi greca. Giustamente Kramer (1986) ha dato grande importanza alle concordanze di certe strutture greche con i paralleli istituibili con i dialetti calabri, salentini ed anche, seppur in minor misura, siciliani. Nelle altre zone si possono rintracciare alcuni elementi isolati, rinvenibili in serie omogenee e ripetitive come nei nomi propri. Si tratta di elementi premessi, come , oppure di suffissi, come - «, che troviamo, per es., nei cognomi veneziani, o - diminutivo, che è ampiamente rappresentato in tutta l’onomastica italo-bizantina. 4.5. La distribuzione geografica Una prova decisiva per stabilire se una voce popolare è di origine greca è ritenuta la sua attuale distribuzione geografica. In realtà, il criterio è stato accreditato, oltre che in Italia
1622 meridionale di solido sostrato greco, soprattutto per termini ora testimonaiti più densamente in Romagna ed Emilia e nelle regioni vicine, come area privilegiata per l’antica centralità esarcale. Bonfante (1987, 427 ss.), per es., accetta l’opinione (peraltro poi contestata) che il sostantivo sett. marangón “falegname” sia di origine bizantina proprio perché la parola sopravvive in un’area che comprende Romagna, Emilia, Tre Venezie e parte della Lombardia. Meno attenzione è stata posta sia alla Pentapoli (cf. 5.2.) ed al corridoio bizantino (cf. 5.3.), situati lungo il percorso naturale da Ravenna a Roma. La sovrapposizione globale del modello veneziano su tutte le Venezie con debordamenti in Lombardia ed Emilia annulla l’indizio principale per circoscrivere in un’area delimitata la diffusione del presunto grecismo. Ma anche qui non mancano gli episodi anomali, che riguardano la presenza di voci di origine greca testimoniata nella regione, ma non nella metropoli: è il caso del tipo trentino, lombardo e ticinese dema “segno, esempio” se dal gr. & , in lat.mediev. *degma, senza nessun appoggio in territorio grecizzato (ma a Verona deuma è ricordato nel XIV sec.), come avviene, invece, per il romagnolo delma, derma “modello”, o di caciola “berretto ridicolo”, bene rappresentato in tutta la terraferma veneta, senza che finora sia stato possibile documentarne la presenza a Venezia (Kramer 1992). Per superare siffatte anomalie si è cercato di individuare altri possibili centri di irradiazione di grecità ed uno fra i più probabili potrebbe essere stato Aquileia, che anticipa di secoli l’influsso veneziano. Entriamo allora in un periodo greco-latina (Aquileia ha perduto potere e prestigio con i saccheggi barbarici del V e VI sec.), precedente il diretto modello bizantino. Così Belardi (1991), per spiegare il lad. g˘ iok “pomerium” di un antico racconto della Val di Fassa ha fatto ricorso al gr.eccl. Ν« con epitesi di -k, e Pellegrini (1992b), ha riconosciuto nel friul. criure “freddo acutissimo” un derivato del gr. (« “freddo”, posizione accettabile dal punto di vista fonetico e semantico, ma che suscita qualche perplessità per la natura così popolare del prestito. I problemi non si fermano qui: anche quando l’area coperta da una voce favorisce le sua attribuzione all’influsso bizantino, come succede per mastello, mastella, si tratta di identificare la parola greca di partenza, adatta foneticamente, semanticamente e storicamente. E proprio a
XII. Sprachkontakte und Migration
proposito di mastello si è arrivati finora a tre diverse spiegazioni: da « “coppa a forma di mammella” (Alessio 1950a), * «, variante di « 2 “impastore” (Kahane 1968-76) e * ) 2 , 2 variante di “madia” (Castellani 1988/89, 23). Ipotesi ancora più numerose e altrettanto problematiche coinvolgono l’origine da una voce ritenuta concordemente greca, spesso ricostruita, dell’it. pileggio.
5.
Effetti linguistici dei contatti storici
I riflessi linguistici della dominazione bizantina riguardano, almeno allo stato attuale degli studi ed almeno per certe aree, più le persone (onomastica) che la toponomastica. Malgrado le ricerche fatte (Pellegrini 1992a, 126–129) non c’è stato modo di provare la sicura provenienza greca di un solo toponimo di Venezia e della sua laguna, mentre innumerevoli sono quelli dell’Italia meridionale e della stessa Sardegna. Invece i nomi personali di palese origine greca sono frequenti già prima del Mille e caratterizzati, come si è visto (cf. 4.4.), da ricorrenti elementi formativi. Questa scarsa incisività dell’azione linguistica bizantina non poteva sfuggire al Rohlfs, che ha trovato in essa un argomento in più per negare una ricolonizzazione recente della Magna Grecia dal momento che i Bizantini non sembravano propensi ad imporre l’uso della propria lingua nei territori occupati (Rohlfs 1972; 1974). Ciò che non si può ignorare è l’eccellenza dei marinai e dei costruttori greci, ampiamente dimostrata dal numero di prestiti in questi due specifici settori. 5.1. L’Esacato di Ravenna La decisione da parte di Bisanzio di scegliere Ravenna come capitale dell’Italia riconquistata fu felice. Già in età imperiale la città aveva assunta una eccezionale importanza nell’organizzazione militare e marittima di Roma ed ora, tolta dai Bizantini ai Goti (540) e promossa a capitale, poteva servire egregiamente da centro militare, politico e amministrativo dell’Italia bizantina, durato ininterrottamente per due secoli: nel 727 cadde in mano dei Longobardi. Eppure, questa evidente prosperità e predominanza, che si riflette nella costruzione di imponenti palazzi civili e di magnifiche basiliche, nell’incremento dell’attività portugale e nell’intensificazione dei traffici da e per l’Oriente, non sembra aver lasciato un segno adeguato nel-
140. Contatti linguistici: greco e italiano
la lingua locale. Lazard (1986), facendo il punto delle sue lunghe ed approfondite ricerche sulla posizione linguistica esarcale, dopo le prime esplorazioni su singoli vocaboli di Alessio e Bonfante e la sintesi di Kahane (1968–76), insiste sulla modestia dei risultati raggiunti, che attribuisce a cause diverse: l’ancora alto prestigio del latino, il limitato numero di grevofoni stanziati nel territorio, la scarsa interferenza fra le due lingue in contatto. Certo, un inventario che si limita a ottanta ellenismi nella zona di più intenso e diretto contatto con Bisanzio per due secoli può considerarsi deludente, tanto più che pochi (37) dei vocaboli presi in esame sono attestati, tra cui ardica “atrio, portico della chiesa” (gr. ), cona “immagine dipinta di figura sacra” (gr. *), # endéma “fodera del cuscino” (gr. + ), gràmeda “fascia ricamata delle vesti” (gr.
). Le altre voci sono ricostruzioni più o meno probabili di grecismi già penetrati in latino con provvisorie proposte etimologiche. 5.2. La Pentapoli Col nome di Pentapoli i Biziantini designavano alcune province caratterizzate dalla presenza di cinque importanti città. Seguendo i confini dell’Esarcato distinguevano una Pentapoli marittima, la principale (Rimini, Pesaro, Fano, Senigallia, Ancona) e una Pentapoli montana (Urbino, Fossombrone, Cagli, Jesi, Osimo). Non è facile ricostruire l’individualità linguistica della Pentapoli nei confronti dell’esarcato. Lazard (1986) ritiene che ci fosse una sostanziale unità fra le due aree, anche se nota qualche divergenza, come nel caso dell’isolato «: podismos a Ravenna col senso di “misura agraria” e podusmum nella Pentapoli con quello di “controllo di misure”. 5.3. Il corridoio bizantino L’Esarcato di Ravenna e la Pentapoli comunicavano con Roma attraverso una fascia territoriale difesa strenuamente dalla pressione longobarda, che seguiva il corso dell’antica via Flaminia con deviazioni dovute a ragioni di sicurezza e che aveva a matà strada in Perugia un essenziale caposaldo. L’analisi geolinguistica dovrebbe far risaltare, come una fotografia aerea dei sottostanti reperti archeologici, il cammino di alcuni grecismi. E proprio indagando sul dialetto perugino è stato possibile individuare qualche bizantinismo, che doveva aver percorso
1623 quell’unica via di collegamento. Fra i più probabili il lat.eccl. paroffia = parocchia, risalito da Roma (come verso la Toscana e la Francia) con la resa bizantina di con f (Schiaffini 1922), profiello o porfiello “loggia sporgente sulla via” dal gr. « “posti innanzi” con suffisso latino, pitèllo “zipolo della botte”, adattamento di “giara, recipiente vinario” (Ugolini 1985, 85 s.; 140). 5.4. Roma La presenza bizantina a Roma, notevole almeno a livello ecclesiastico, sembra non aver lasciato alcuna traccia nella parlata locale. Il dubbio è d’obbligo, mancando totalmente studi preliminari sull’argomento, giacché tali non possono chiamarsi le segnalazioni di alcuni grecismi isolati, come yliaco „solarium” in latino medievale (Farfa, 1011) o garaghè “testa o croce” (peraltro diffuso anche verso Ravenna, che, però, non raggiunge) dal gr. λ … “testa e …” (Peruzzi / Georgacas 1959) o foglietta “misura di circa mezzo litro” fatta dipendere dal gr. tardo , (lat.mediev. fiola a Roma nel 1186), variante di “fiala, vasetto” (Alessio 1950b), ipotesi sostanzialmente confermata da Mastrelli (1996). 5.5. Venezia Nessuna città italiana può vantarsi di superare il primato di un ininterrotto rapporto millenario con la Grecia, detenuto da Venezia. Dall’originaria situazione di sudditanza fedele, anche se sempre più formale, all’Impero bizantino, di cui si sentiva di far parte, fino al 1797, quando con la Serenissima caddero anche gli ultimi possedimenti in territorio greco (l’Eptaneso), non sono mai stati sospesi gli intensi contatti, ora amichevoli, ora ostili, di Venezia con le popolazioni elleniche. Questa secolare familiarità ha fatto approdare a Venezia, in tempi e circostanze diversi, che andranno sempre tenuti presenti, una lunga serie di ellenismi (se ne sono contati circa trecento), di cui nel 1970 è stato tentato un censimento (Cortelazzo 1970 da integrare con Kahane 1974). Qualche successivo intervento ha indebolito certe posizioni, ma, nel complesso, l’impianto generale, a trent’anni di distanza, resta tuttora in sostanza accettabile, per cui qui ci basta accennare alla stratificazione cronologica dei prestiti. Da una parte si collocano i più antichi, quelli che possiamo considerare entrati nel veneziano quando la laguna faceva
1624 parte integrante dell’Impero di Bisanzio, se non addirittura prima: pantegana “ratto d’acqua” può giustificare la conservazione del nesso nt (presto ridotto in greco a nd) solo se si ammette una prematura entrata in latino; ed anche la variante romagnola pondga è nelle stesse condizioni, perché quel nd non è originario, bensì dovuto alla successiva assimilazione con l’altra consonante sonora vicina g. In questo primo periodo deve essere entrata nella parlata di Venezia la maggior parte dei prestiti che si riferiscono alla marina (basterà un secolo, l’XI , per capovolgere i rapporti di forza in questo settore: Luzzato 1961) e alla costruzione edilizia, perché i termini tecnici ad essa relativi si trovano anche in altre lingue e dialetti (eloquente è il caso del tipo trullo), segno di una superiorità artigiana generalmente riconosciuta. Nel Rinascimento entreranno, invece, le voci basse e gergali o usate, comunque, dagli strati inferiori della popolazione, che troviamo frequenti nella letteratura popolare dell’epoca, compresa quella mona “natura della donna”, che tante discussioni ha suscitato sulla sua origine: chi la cerca nell’italiano, chi nel greco, dove mouní è documentata fin dal XII sec.; anche dal punto di vista fonetico l’ipotesi di un passaggio da oriente a occidente è plausibile dal momento che le prime e più antiche attestazioni veneziane preferiscono monina, sentita dapprima come diminutivo, da cui poi è stato tratto mona. Il tempo ha sepolto molte memorie e molte usanze e oggi siamo costretti ad accontentarci dei relitti che affiorano dall’alluvione di una cultura scomparsa, che dobbiamo ritenere molto più ricca di voci, cognizioni ed informazioni importate della Grecia di quanto possa far immaginare il repertorio esiguo di fossili rimasti a nostra disposizione. 5.6. Genova Non convince il fatto che Genova, secolare rivale di Venezia nell’Egeo e a Costantinopoli, padrona incontrastata dei commerci nel Mar Nero e tenacemente insediata per lunghi periodi a Chio ed a Cipro, abbia ricevuto dai Bizantini una sola parola: centrego. Anche se possiamo aggiungere almeno il perezar “navigare in alto mare” dell’Anonimo Genovese, corrispondente all’it. peleggiare, resta sempre una piccola cosa. Nello stesso ambito marinaresco, che resta il più stretto settore di contatto, Vidos enumera non più di nove termini (tutti, tranne stamanera, at-
XII. Sprachkontakte und Migration
testati in documenti latini medievali): amantus, car, fanarium, fersum, modulus, panfilus, parascalmus, stamanera, tragant. Riteniamo fermamente che questa apparente penuria dipenda più dalla scarsità di appositi studi sistematici che non dallo specchio di una situazione passata reale. 5.7. Toscana Sarebbe un grave errore trascurare la Toscana nel quadro della grecità italiana perché non è stata soggetta al dominio bizantino (i Longobardi l’hanno occupata fin dal 568). Intanto aveva un’importante porta di accesso di grecismi nel porto di Pisa, anche se non è stato ancora accertato l’impatto linguistico della Repubblica marinara nei suoi rapporti con il Mediterraneo greco. Comunque, una traccia di influsso bizantino nel toscano occidentale si trova nell’uso affermatosi verso la seconda metà del XII sec. – e per questo si pensa subito ad una conseguenza delle crociate – di rendere la z con il digramma th, secondo il valore fonetico tradizionalmente assegnato al grafema in età tarda (Manni 1991). E proprio a Pisa si riscontra la sopravvivenza di un termine dell’edilizia dell’Esarcato, probabilmente portatovi da artigiani greci o che avevano imparato dai Greci il mestire (4.1.). Ma la Toscana ha avuto soprattutto la funzione fondamentale di trasmettere alla lingua italiana comune una serie di bizantinismi confluiti nella regione per effetto dei contatti con altre regioni costiere. Dei tredici bizantinismi nautici toscani analizzati a fondo da Castellani (1988/89, 164–185), due (avaria e scala) avrebbero avuto il loro punto di partenza in Levante, uno (galea) in Italia meridionale, sei (fanale, gomena, molo, panfilo, pilota, sartia) da Genova (e Pisa), alle quali si può ora aggiungere anche il dantesco perezo (Cortelazzo in stampa), due (aggio e catasto) dall’area ravennate-veneziana e uno (polizza) dall’Esarcato. Origini molto varie, dunque, che hanno tuttavia trovato solo nel catalizzatore fiorentino il modo di radicarsi in italiano. 5.8. Sardegna L’ostinata opinione, espressa in varie occasioni, del maggior esperto conoscitore delle vicende linguistiche della Sardegna, Max Leopold Wagner, secondo il quale il greco bizantino ha avuto nell’isola una penetrazione blanda e limitata agli ambiti alti della pubblica amministrazione e della pratica ec-
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140. Contatti linguistici: greco e italiano
clesiastica, ha sempre ostacolato l’approfondimento della questione, anche se alcuni linguisti, come Benvenuto Terracini e Gian Domenico Serra, l’avessero più volte contraddetta, suggerendo una valutazione più obiettiva dell’apporto culturale bizantino in Sardegna. Solo Paulis (1983) ha sottoposto ad accurato esame quegli elementi linguistici, morfosintattici, lessicali e onomastici, che potevano ricondursi ad un diretto influsso greco, anche se appartenevano a settori, come quello della vita dei campi, e ad aree dell’isola, che si ritenevano escluse da qualsiasi influenza dei dominatori d’Oriente: l’allevamento di cavalli (camp. ghyàni “dal manto morello” > « “ceruleo, cupo”; iskontryare “dilombarsi, sfibrarsi (detto del cavallo)” > “guidalesco”), la delimitazione dei terreni (kresura, krisura “chiusa di un podere” > ), perfino nel calco di un nome popolare, come “luglio”: gallur. alòla “mese delle aie”, ed egualmente in gr. « # da # “aia”, e nella designazione di una malattia, il “vaiolo”, in sard.sett. elógu, considerato dallo stesso Wagner, che non poteva non ammetterne la provenienza greca, un relitto dell’antica colonizzazione ellenica di Olbia. Questi sono soltanto alcuni ess., che il Paulis moltiplica e integra con ampie incursioni nei nomi delle persone, ai quali aveva già dedicato particolare attenzione il Serra, e dei luoghi. Ancora più in là si inoltra Fadda Davoglio (1994), che, con minore elaborazione, ma non minore impegno, forte dell’attraente, e pur pericoloso criterio di spiegare col (neo)greco tutta quella parte del lessico che il Wagner aveva lasciata insoluta, ha aumentato di numero e di estensione i bizantinismi tuttora vitali nell’isola. Anche sottraendo da questi documentati elenchi le proposte dovute magari alle intemperanze e alle forzature, che sempre accompagnano le ricerche condotte da studiosi entusiasti, non c’è dubbio che il credito del Wagner su questo punto particolare risulta piuttosto scosso e che ora non possiamo più non osservare la situazione linguistica della Sardegna bizantina con altro occhio. 5.9. L’Italia meridionale A parte Napoli, che mantiene, secondo Rohlfs (1974, 255 s.), alcune tracce di un’antica ellenicità, e Amalfi, che intorno al Mille conservava ancora nei suoi documenti i segni dell’antico debito verso Bisanzio con la sua apotecha “magazzino”, completata
dell’imbolum “portico” (gr. + ), della lamia “volta” (gr. ) e del catodius “pianterreno” (gr. *) e trattava ancora con le monete greche, il più vivace ed esteso focolaio di ellenismo in Italia è collocato certamente nella parte meridionale della penisola, specialmente nella parte meridionale della Puglia (Salento), nella parte meridionale della Calabria (a sud della linea Nicastro-Catanzaro) e nell’angelo nordorientale della Sicilia (provincia di Messina). Ma l’argomento è così vasto e complesso che merita una trattazione a sé.
6.
Conclusione
I rapporti fra Grecia e Italia non hanno subito nei secoli successivi una completa cesura, ma le vicende storiche hanno ridotto molto i loro contatti e, di conseguenza, gli influssi linguistici, per cui possiamo solo accennare ad alcuni episodi marginali. Per es., la dichiarazione di Trieste porto franco da parte dell’imperatore Carlo VI (1719), ha richiamato nella città altoadriatica numerosi commercianti intraprendenti, fra i quali molti greci, che hanno lasciato nel dialetto triestino alcune voci di provenienza greca. Doria (1987) – che dedica a grego (ed anche a grecugna) un lungo articolo, dove è messo in rilievo il carattere dei Greci secondo il blasone popolare – registra papandrac(o) “babbeo, sciocco”, “zoticone”, che considera derivato dal neogr. « “superficialone, facilone”, papaci “paparino, babbino”, stefània “specie di palma di fiori freschi”, nota anche a Fogliano col senso di “canestro con manico e coperchio”, “bauletto di vimini” e a Capodistria con quello di “tipo di ghirlanda che si porta a mano nei funerali”, tutti significati propri del gr. / , pl. di µ “corona, ghirlanda”, “coperchio di recipiente”. Qualche grecismo si è diffuso, ma più a livello letterario e giornalistico, che popolare, durante le guerre di indipendenza greca, come clefti, al quale corrisponderà durante la seconda guerra mondiale andarte “partigiano di sinistra” (< $ «). In quest’ultima occasione i soldati italiani ebbero modo di familiarizzarsi con parole greche di uso comune come 0 “pane”, “acqua”, “vino” e molte altre (Menarini 1947, 101 s.), che non superano la soglia dell’uso spicciolo nei territori occupati. Una certa notorietà ebbe l’Armata S’Agapò (< #$1 “ti amo”), che fu adottato dai lusingati occu-
1626 panti dopo che la propaganda alleata aveva così definite le truppe italiane stanziate in Grecia: accolta da Migliorini (1963), la locuzione o la sola voce verbale suggerì il titolo di un film e di un romanzo. Come si è visto nella rapida ricognizione dei tipi di grecismi, che, in epoche ed in aree diverse, si sono insediati in Italia, è impossibile ricondurli tutti ad una linea uniforme: troppe circostanze diversissime fra di loro hanno condotto Greci e Italiani ad incontrarsi e scontrarsi lungo i secoli ed ogni occasione di contatto ha catalizzato l’introduzione nella lingua italiana e nei suoi dialetti di elementi lessicali (ma non solo) di rilevante interesse, che andranno esaminati, se non singolarmente, almeno secondo alcune coerenti categorie storico-onomasiologiche.
7.
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1627
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Manlio Cortelazzo, Padova
141. Contacts linguistiques: langues slaves et langues romanes Sprachkontakte: Slavisch und Romanisch 1. 2.
4. 5.
Généralités Parlers marqués par une influence slave reposant sur un contact direct L’influence ‘à distance’ des langues slaves sur les langues romanes littéraires Conclusion Bibliographie
1.
Généralités
3.
Petkanov (1959; 1965; 1988 [refonte légèrement remaniée des deux précédents]) se consacre aux slavismes des langues romanes d’Europe occidentale, à l’exclusion donc de ceux du roumain. Muljaˇci´c (1978) propose une vue générale de l’influence réciproque des langues romanes et slaves, notamment dans la zone méditerranéenne, en la situant dans son contexte socio-historique. Fellerer (1998) présente, à côté d’un large aperçu des latinismes et des romanismes des langues slaves, un résumé succinct des emprunts des langues romanes aux seules langues slaves septentrionales (ce qui élimine les emprunts du roumain à l’ancien bulgare), en mettant l’accent sur les conditions socio-historiques à l’origine de ces contacts linguistiques.
2.
Parlers marqués par une influence slave reposant sur un contact direct
2.1.
Roumain
2.1.1. Généralités L’empreinte des langues slaves sur les différentes variétés du roumain a été des plus marquantes, et cela notamment au niveau lexical. En raison de leur étroite parenté, l’attribution d’un emprunt à une langue donnée, qu’il s’agisse de l’ancien slave méridional, du bulgare, de l’ukrainien ou du serbe, est souvent plus que difficiles et il n’est
pas rare que, pour une seule et même lexie, les dictionnaires proposent plusieurs étymologies slaves différentes. Miha˘ ila˘ (1973, 9–53) établit un faisceau de critères permettant la datation et l’attribution à un idiome slave déterminé des emprunts slaves: outre l’aspect phonétique, sémantico-onomasiologique, historico-culturel et dérivationnel, l’auteur interroge surtout avec bonheur les données géographiques. Une présentation synthétique, mais précise dans le détail, de ce vaste matériau est l’objectif de l’Etymologicum Graeco-SlavoValachicum en préparation par Dahmen et Kramer, projet initialement panroman (Etymologicum Graeco-Slavo-Romanicum, cf. Dahmen et al. 1992/93; 1993) et qui se propose maintenant, plus modestement, une présentation étymologique et génético-historique des hellénismes et des slavismes roumains (Dahmen / Kramer 1997; cf. Miha˘ ila˘ 1960, 262–273, pour la conception d’un tel dictionnaire). Dahmen et al. (1993) en proposent huit articles-échantillons, dont deux concernant des slavismes roumains (a.sl.mérid. nvъsta > roum. nevasta˘ n. f. “mariée” et russ. carц > roum. ¸tar n. m. “tsar”). D’une inspiration voisine sont les articles lexicographiques que présente Buchi (2000, 364–372: a.sl.mérid. vrъmA > roum. vreme n.f. “temps”; 2001, 384–387: slavon nadхda > roum. na˘ dejde n. f. “espoir”). 2.1.2.
Dacoroumain
2.1.2.1. L’influence de l’ancien slave méridional La première language slave à avoir influencé le roumain, et en même temps celle qui l’a le plus fortement marqué, est ce que l’on pourrait appeler l’ancien slave méridional (ou simplement l’ancien bulgare): un ensemble
1628 de dialectes bulgares parlés par les populations slaves avec qui les représentants de la société plus ou moins transhumante qui allait constituer le peuple roumain sont entrés en contact entre le début du 6e et le milieu du 7e s. Après des recherches s’étendant sur plus de cent ans (Miklosich 1861 [cf. Miha˘ ila˘ 1962]; Skok 1922–30; B˘arbulescu 1929 [c. r. Skok 1929/30, 782–790]; Mih˘aila˘ 1960; Rosetti 1986, 261–318), l’inventaire des emprunts remontant à cette période du roumain commun, d’avant la séparation de l’aroumain (au plus tard au 10e s., Dahmen / Kramer 1986, 265), du méglénoroumain (au 12e ou au 13e s., ib.) et de l’istroroumain (au plus tard au 13e s., Dahmen 1986, 247–258), peut être considéré comme achevé. La question ardemment débattue reste celle de l’interprétation de ces données pour l’ethnogénèse (nord- ou sud-danubienne) du roumain. On a aussi pu s’interroger sur le caractère encore latin ou déjà roman de la langue qui a reçu ces slavismes. Petrovici (1966) pensait avoir démontré, prenant appui notamment sur des considérations de phonétique historique, que le latin oriental (danubien et balkanique) connaissait au moins sept lexèmes d’origine slave. Or un seul de ces emprunts, lat. Sclauus / Sclauenus / Sclauinus n. m. “Slave” (> roum. s¸ cheau, dp. 1448, RDW ) < a.sl.mérid. slovъninч (pl. slovъn, SJS ) fait l’unanimité des chercheurs (cf. Miha˘ ila˘ 1971 pour une discussion détaillée des sept cas). Cinq sont plutôt considérés comme attribuables au substrat dace (roum. jupîn n. m. “maître”, dp. 1510; roum. ma˘ gura˘ n. f. “colline”, dp. env. 1395; roum. ma˘ tura˘ n. f. “balai”, dp. 1570; roum. sta˘ pîn n. m. “seigneur”, dp. 1551/53; roum. stîna˘ n. f. “bergerie”, dp. 1451; tous d’étymologie incertaine, cf. CDER et RDW ), tandis que le dernier semble bien être un slavisme, mais pas nécessairement datable d’avant le 9e s.: roum. smîntîn˘a n. f. “crème” (dp. 1579, RDW ) < a.sl.mérid.*sчmA tana (> bulg. smetana). Il n’en reste pas moins que dès le 6e/7e s., la langue qui était en train de devenir le roumain – que l’on préfère l’appeler latin oriental ou roumain primitif – a accueilli les premiers d’une longue série d’emprunts slaves. Etant donné l’importance de cette influence, on peut dire sans exagération que l’ancien slave méridional a rempli pour le roumain le rôle que l’ancien bas francique a joué dans la constitution du français (Hiegemann 1988, 108–115).
XII. Sprachkontakte und Migration
Miha˘ ila˘ (1960, 18–217) analyse plus de 600 emprunts que le dacoroumain doit à l’ancien slave méridional; classés selon le critère onomasiologique (cf. aussi Rosetti 1986, 287–291), ils sont illustrés par de nombreuses cartes présentant leur répartition géographique. Les domaines concernés sont multiples: agriculture (roum. brazda˘ n. f. “sillon” < a.sl.mérid. brazda n. f. “id.”, SJS), maison (roum. vadra˘ n. f. “seau” < a.sl.mérid. vъdro n. n. “id.”, SJS ), flore (roum. mlada˘ n. f. “jeune pousse; jeune forêt” < a.sl.mérid. mladч adj. “jeune [aussi ‘de arboribus’]”, SJS ), faune (roum. coco¸s n. m. “coq” < a.sl.mérid. kokoПц n. f. “poule”, SJS ), etc. Dans le prolongement de son étude (1960), Mih˘aila˘ s’est par la suite attelé à la comparaison du stock des slavismes anciens du dacoroumain – qu’il date, d’après des critères phonétiques et aréologiques (couverture complète du territoire nord-danubien), entre le 9e et le début du 12e s. – avec ceux de ses congénères sud-danubiens. Selon ses calculs, le dacoroumain partage environ 250 emprunts à l’ancien slave méridional soit avec les trois idiomes roumains du sud du Danube, soit avec l’aroumain et / ou le méglénoroumain (Mih˘aila˘ 1980a, 431 s.), d’autre part, il en partage un peu plus de cinquante avec le seul istroroumain (ib., 434); enfin, il en reste un peu plus de 210 que le dacoroumain est le seul à connaître (Mih˘aila˘ 1980b, 574). Ces statistiques ont leur intérêt, mais il est permis de douter, contrairement à ce qu’affirme l’auteur (ib.), que le nombre élevé d’emprunts seulement relevés en dacoroumain suffise à prouver que le contact linguistique ait eu lieu au nord du Danube: un emprunt ancien a pu devenir désuet par la suite dans l’une des variétés sud-danubiennes, qui sont d’essence orale. Quant à l’assimilation de ces éléments étrangers, nous devons à Rosetti (1986, 303–317; cf. aussi Conevч 1921 [c. r. critique Skok 1925–27, 128–138; 325–346]) une phonétique historique slavo-roumaine. Au niveau grammatical (cf. Buchi à paraître), on constate des phénomènes récurrents comme l’intégration des substantifs neutres en -o dans la classe des féminins roumains: a.sl.mérid. љoudo n. n. “miracle”, SJS > roum. ciuda˘ n. f. “id.” (Petrovici 1962). Enfin, Mih˘aila˘ (1960, 219–248) se penche sur l’évolution sémantique des slavismes anciens, en tenant compte de la polysémie tant au niveau slave que roumain.
141. Contacts linguistiques: langues slaves et langues romanes
On a pu prétendre (Petrovici 1957) que l’ancien slave méridional était à l’origine d’un véritable bouleversement du système phonologique roumain; cette thèse a toutefois été réfutée (cf. en dernier lieu Petrucci 1999, 41–49). Il n’empêche que certaines particularités phonétiques du roumain qui le distinguent de ses langues sœurs sont clairement d’origine slave: d’une part la pré-yodisation du <e> dans certaines formes du verbe a fi: e¸sti [jεʃt’] “tu es”, este [jεstε] “il / elle est”, eram [jεram] “j’étais”, etc. et dans certains pronoms personnels: eu [jεu] “je”, el [jε1] “il”, etc., de l’autre l’apparition du phonème /h/ (non hérité du latin) (Rosetti 1986, 277; Petrucci 1999, 49–53). Pour ce qui est du domaine morphologique, Petrucci (ib., 90–135; cf. aussi Rosetti 1986, 278–282), résumant et enrichissant les arguments de ses précesseurs, relève une influence slave certaine au moins pour le mode de formation des numéraux “onze” à “dixneuf ”: roum. unsprezece num. “onze” < un (< lat. unus) + -spre- (< lat. super) + zece (< lat. decem), calque du type slave faisant intervenir l’infixe -na- (< a.sl.mérid. na prép. “sur”, SJS ). Quant au vocatif, structure déjà latine, et à l’infinitif court (roum. [a] cînta < lat. cantare), trait balkanique, leur développement a été fortement amplifié par le contact avec le slave. Ajoutons que les affixes d’origine slave du roumain sont légion (Rosetti 1986, 293–299). 2.1.2.2. L’influence du slavon Le slavon, la variété d’ancien slave utilisée comme langue liturgique par l’Eglise orthodoxe, a été introduit au 10e s. en Roumanie, et il y a joué le rôle d’une langue de culture jusqu’au milieu du 17e s. L’accès à la scripturalité du roumain même est passé par ce canal: des premiers textes en langue vernaculaire (16e s.) jusqu’au 19e s., le roumain s’est toujours écrit en caractères cyrilliques. On peut dire sans exagération que le slavon a rempli pour le roumain le rôle que le latin a joué pour la constitution des langues romanes d’Europe occidentale, et cela notamment dans l’élaboration du vocabulaire abstrait. Miha˘ ila˘ (1973, 117–135; cf. aussi la liste de 1963, 32–39) situe les slavonismes roumains dans leur contexte historique et culturel. Munteanu (1995) se penche sur l’influence exercée par le slavon sur la langue des traductions de la Bible au 17e s., et cela en particulier sous forme de calques séman-
1629
tiques (sur lesquels cf. aussi Rosetti 1986, 292 s.). Il n’est pas toujours aisé de distinguer ce que le roumain doit au slavon d’Eglise de sa dette envers l’ancien slave méridional. Un faisceau de critères – élaborés par Petrovici (1938), Mih˘aila˘ (1963, 30 s.; 1973, 125) et Aleksova (1992a; 1992b) – peut pourtant guider le chercheur. Au niveau phonétique, on citera la réalisation de ainsi que final réalisé plutôt que (cf., a contrario, roum. praf n. n. “poussière”, dp. 16e s., RDW < a.sl.mérid. prahч n. m. “id.”, SJS ): roum. va˘ zduh n. n. “air” (dp. 16e s., RDW; < slavon vчzdouhч n. m. “id.”, SJS ). Des doublets comme roum. a sa˘ vîr¸si v. tr. “terminer; réaliser” (dp. 1551/53, RDW < slavon sчvrчПiti v. tr. “id.”, SJS ) vs. roum. a sfîr¸si v. tr. “id.” (dp. 16e s., < a.sl.mérid. sчvrчПiti, RDW ) témoignent de la différence de traitement des deux voies d’emprunt (vocalisation vs. non vocalisation de / ). Parmi ces doublets, c’est en général l’emprunt oral qui s’est imposé dans la langue moderne, l’emprunt savant ne s’étant maintenu que dans les cas où son sémantisme était distinct. La formation des mots peut être révélatrice aussi. Ainsi, on a coutume de considérer les substantifs déverbaux en -anie / -enie comme des slavonismes. Toutefois, par la suite, ces suffixes sont devenus productifs en roumain (cf. Pascu 1916, 225 ss.; 241–244), comme dans roum. groza˘ venie n. f. “atrocité; monstre; quantité énorme” (dp. 1840, < roum. grozav adj. “atroce” + -enie, RDW ). Le critère s’applique plus facilement pour les affixes qui n’ont jamais été productifs en roumain, ainsi bez- (roum. bezbojnic adj. “irréligieux”, dp. 1683, RDW, < slavon vьzvoхцnч “id.”, SJS ); sa˘ (roum. sa˘ blazna˘ n. f. “scandale”, dp. 16e s., RDW < slavon sчvlaznч n. m. “faute”, SJS ); -oste (roum. miloste n. f. “grâce”, dp. 16e s., RDW, < slavon milostц n. f. “id.”, SJS ); -tva˘ (roum. molitva˘ n. f. “prière du prêtre”, dp. 1551/53, RDW, < slavon molitva n. f. “supplication”, SJS ). Au niveau sémantico-onomasiologique, c’est un fait que la majorité du vocabulaire religieux, sociologico-administratif et culturel d’origine slave du roumain remonte au slavon d’Eglise plutôt qu’à l’ancien slave parlé (les rares contreexemples ont sans doute été véhiculés par l’Eglise et le culte avant les premiers monuments littéraires roumains). Pour ce qui est du critère chronologique, les emprunts très anciens sont oraux, car les slavonismes pré-
1630 supposent l’installation marquante et durable de la liturgie slavonne. Quant au niveau géographique, le témoignage de l’aroumain peut être déterminant: l’existence d’un emprunt slave en aroumain indique en principe son ancienneté, et donc le caractère oral de la transmission. Toutefois, Aleksova (1992a, 25) rappelle avec raison que l’aroumain possède aussi quelques emprunts slavons, ainsi aroum. duh n. n. “esprit; respiration; connaissance; relation” (Papahagi 1974; < slavon douhч n. m. “esprit; respiration”, SJS ).
XII. Sprachkontakte und Migration
tandis que certains ont trouvé leur chemin dans la langue littéraire. Ainsi pour roum. cârd n. n. “troupeau”, dp. 1581/82, RDW, < s.-cr. kт• d n. m. “id.”, Skok s. v. cˇ reda, • et roum. pleter n. n. “claie”, dp. 1885, RDW, < s.-cr. plèter n. m. “id.”, Skok s. v. plèsti, tous les deux sans marque d’usage dans DEX ).
Si le domaine lexical est de loin le plus concerné, l’empreinte serbocroate sur les parlers du Banat atteint aussi la phonétique (Pa˘ tru¸t 1958, 36 s. [fricativisation des dentales]; Sala 1958 [/$/ > // dans la région de Timi¸soara]), voire la morphosyntaxe (développement d’un embryon de système aspectuel préfixal, cf. Caragiu Mario¸teanu et al. 1977, 151 s.).
2.1.2.3. L’influence du bulgare Il est malaisé de distinguer les influences lexicales du moyen bulgare (12e–15e s., St. Mladenov 1929, 10) et du bulgare moderne (à partir du 16e s., ib.) de celles de l’ancien slave méridional (ancien bulgare). La répartition aréologique d’un emprunt peut cependant nous guider: M. Mladenov (1986, 194 s., avec carte 198) met en évidence un petit ensemble de bulgarismes que l’atlas linguistique de l’Olténie atteste uniquement au sud du territoire, au contact direct avec le domaine bulgare, et que l’on peut considérer comme la couche la plus récente de l’influence bulgare sur le roumain, par ex. Olténie (aussi Munténie, RDW ) obor n. n. “enclos” < bulg. obor n. m. “étable” (DBF ). Miha˘ ila˘ (1980c) fait des constatations analogues pour la Munténie. D’autre part, les parlers valaques connaissent un durcissement des dentales /t/, /d/ et de la nasale /n/ devant voyelle que l’on a pu attribuer à un contact avec le bulgare, et notamment à l’influence de Bulgares assimilés ayant fui la domination ottomane (P˘atru¸t 1958, 33 s.).
2.1.2.5. L’influence de l’ukrainien A partir du 12e s., il faut supposer la pénétration de lexies ukrainiennes dans le vocabulaire des variétés nord-orientales du roumain: Moldavie, Bucovine, Maramure¸s (Brüske 1921 [ajouts et corrections dans Scheludko 1925]; Vascenco 1959). Il s’agit de termes concrets, de transmission orale, comme mold. buhai n. m. “taureau” (dp. 1491, RDW ) < ukr. buga“ n. m. “id.” (UDW; terme marqué par le phonétisme ukrainien typique /h/ < sl. comm. /g/) ou mold. manca˘ n. f. “nourrice” (dp. 1646, RDW ) < ukr. mamka n. f. “id.” (UDW ). Le domaine lexical n’est cependant pas le seul concerné: c’est le contact avec l’ukrainien qui est responsable d’un trait phonétique marquant du moldave (fermeture de en et de <e> en ) et de plusieurs traits définitoires du dialecte du Maramure¸s (Pa˘ tru¸t 1958, 37–40).
2.1.2.4. L’influence du serbocroate Jouxtant le domaine linguistique serbe, les parlers du Banat (ainsi que ceux de l’Olténie occidentale et de la Transylvanie sud-occidentale) ont connu une influence serbocroate pluriséculaire. Cette dernière se traduit par un nombre non négligeable d’emprunts lexicaux: G˘amulescu (1974, cf. 75; 207), qui estime avoir exploité le sujet à 90 %, en relève 708, dont certains qui ne sont attestés que dans une partie bien restreinte du domaine dialectal. D’autres, couvrant l’ensemble du Banat, ont droit de cité dans la lexicographie générale (ainsi pour roum. din ba˘ ba˘ luc loc. adv. “de temps immémorial”, ‘rég.’ DEX < s.-cr. babaluk, Skok s. v. baba), •
2.1.2.6. L’influence du polonais Dès la seconde moitié du 14e s., le roumain (et surtout sa variété parlée en Moldavie) était en contact avec le polonais. Au 17e s., le polonais remplit en Moldavie le rôle d’une langue véhiculaire, ce qui explique une empreinte polonaise forte sur la langue des chroniqueurs moldaves (Lin¸ta 1964, 195 et passim; cf. aussi Brüske 1921 [ajouts et corrections dans Scheludko 1925]; Łukasik 1938, 324–372; Fellerer 1998, 188). Le roumain contemporain s’en ressent encore: par ex. roum. ba¸sca˘ n. f. “beffroi” (dp. 1600, RDW, < polon. baszta n. f. “id.” SJP ; cf. les listes de Łukasik 1938, 330–372, et de Hiegemann 1988, 150–156).
1631
141. Contacts linguistiques: langues slaves et langues romanes
2.1.3.
Variétés sud-danubiennes
2.1.3.1. Aroumain (macédoroumain) La marque de l’ancien bulgare, puis du bulgare moderne, sur le lexique aroumain a été très forte (Capidan 1925; Sc˘arla˘ toiu 1980); pour la période ancienne, Sca˘ rla˘ toiu (ib., 38–118) recense 307 emprunts. Toutefois, ces slavismes n’ont pas évincé de termes hérités; tout au plus entrent-ils, dans certains cas, dans un rapport de synonymie avec eux. 2.1.3.2. Méglénoroumain Atanasov (1990, 240–247) dé´limite trois phases de l’influence slave sur le méglénoroumain, au terme desquelles on constate que la majeure partie du lexique de cet idiome se trouve être d’origine non plus latine, mais slave. Peuvent être attribués à la première période, celle de l’ancien bulgare, les emprunts attestés aussi dans les autres dialectes roumains (pour lesquels cf. Sca˘ rla˘ toiu 1985–90; 1991 [276 items]). La deuxième s’étend jusqu’à la fin de la Première Guerre mondiale et concerne les emprunts au macédonien communs à tous les parlers méglénoroumains. La troisième, enfin, ne regarde que le parler du village de Xum˘a, le seul à être attribué non pas à la Grèce mais à la Yougoslavie (aujourd’hui Macédoine) en 1918. Ce parler se distingue de ses variétés sœurs par le recours à des macédonismes là où ces dernières ont recours à des hellénismes; ainsi pour “voiture”: a˘ ftumbil˘a (< macéd. dial. avtumubil) vs. aftukínitu (< gr. mod. 3 ). Plus étonnant, vu le caractère habituellement peu perméable de la morphologie: dans certains parlers, le paradigme antru “j’entre”, antri “tu entres” passe à antrum, antriˇs (d’après macéd. nosam, nosis, cf. Atanasov 1985, 265). Pour ce qui est de la morphosyntaxe, on note l’apparition d’un système aspectuel de type slave (ib., 266; 1990, 208 s.). 2.1.3.3. Istroroumain Du fait de l’isolement des villages roumanophones d’Istrie, l’istroroumain est marqué bien plus encore que le méglénoroumain par l’influence slave (Klepikova 1960, 203–207). Dès lors, attribuer tel slavisme à l’ancien slave ou au contraire au croate moderne relève souvent de la gageure. Avec Sca˘ rla˘ toiu (1998), on dispose d’une étude de fond sur les emprunts anciens (cf. ib., 242, pour la délimitation du propos). L’auteure prend ar-
gument de l’existence d’un parallèle dans les autres dialectes roumains pour faire remonter tel slavisme à l’ancien slave plutôt qu’au serbocroate; dans les cas où la forme istroroumaine correspond à celle du croate moderne, elle postule un emprunt ancien réaménagé phonétiquement sous la pression du croate (ib., 242 s.). A cause du bilinguisme généralisé des Istroroumains, une partie du vocabulaire soit hérite du latin, soit emprunté au slave à date ancienne a été remplacée par des emprunts récents au serbocroate, que ce soit aux dialectes croates cˇ akaviens environnants ou à la langue littéraire. Ainsi les croatismes ovˇcår et pastir ont évincé istroroum. pecurår n. m. “berger” < lat. tard. pecorarius (Kovaˇcec 1963; 1971, 204–230; cf. aussi Atanasov 1985, 267 s., pour des calques). Sous la pression du croate, qui ne les connaît pas, l’istroroumain a perdu la série des consonnes palatales, ce qui a entraîné des aménagements au niveau de la morphologie nominale (Kovaˇcec 1966, 61; 63–65). Mais même la morphosyntaxe, la partie la plus résistante aux influences étrangères, connaît la marque du croate, et cela notamment dans l’apparition d’un système aspectuel de type slave, bien plus complet que celui relevé pour le méglénoroumain (Klepikova 1960, 170–183; Kovaˇcec 1963, 25–28; 1971, 123–130; Hurren 1969; Sârbu 1995). 2.2. Dalmate et istroroman (istriote) Il va de soi que le dalmate et l’istriote, soumis durant des siècles à l’influence des parlers slaves environnants, s’en ressentent grandement. Même s’il s’agit de deux idiomes romans très imparfaitement décrits, les chercheurs ont réussi à mettre en évidence des emprunts serbocroates en dalmate (Bartoli 1906, vol. 1, 242–247) et des emprunts serbocroates et sans doute slovènes en istriote (Deanovi´c 1954; Petkanov 1959, 203– 214). 2.3.
Italoroman
2.3.1. Frioulan Le domaine frioulan est limitrophe, sur toute la longueur de sa face orientale, du slovène, parlé non seulement en Slovénie, mais aussi en deçà des frontières nationales, le long de la ligne Tarvis–Trieste. Les dettes du frioulan envers le slovène sont donc importantes.
1632 Sˇtrekelj 1890; 1910; Kosˇtiál 1913; Petkanov 1959, 214–223; Pellegrini 1972a, 1972b; 1992 [notamment 225–250 (1975); 251–258 (1982); 291– 312 (1979); Francescato 1987.
Marchetti (1985, 56), résumant l’état de la question, estime les slovénismes sûrs du frioulan à une centaine; il en énumère 65, dont brìtule n. f. “couteau de poche” < slov. britva n. f. “couteau” (mais cf. Dahmen et al. 1993, 416), clùche n. f. “poignée” < slov. kljuka n. f. “id.”, còs n. m. “hotte” < slov. koˇs n. m. “panier”. Mais sa liste n’a rien de définitif: Pellegrini (1972a, 451 ss.) en retranche douze items, et une confrontation avec le DESF incite à penser que beaucoup d’autres étymologies proposées sont sujettes à caution. Il n’en reste pas moins que l’empreinte slovène sur le frioulan est forte: elle s’étend, selon la formule de Francescato (1987, 171), des noms de plantes et d’animaux aux désignations d’outils agricoles et concerne même un certain nombre d’adjectifs et de verbes; rares sont en revanche les concepts abstraits comme polegane n. f. “manières insinuantes” < slov. polegano adv. “tout doucement” (Pellegrini 1992, 239). 2.3.2. Vénitien Depuis le Moyen Age, Venise a drainé des populations sud-slaves. En témoigne l’existence, pendant la première moitié du 16e s., des poèmes en linguaggio schiavonesco ridiculisant le parler approximatif des commerçants, militaires et autres marins slavophones résidant dans la cité des doges (Cortelazzo 1971/72). Dès lors on ne s’étonnera guère que, parmi tous les dialectes italiens, c’est le vénitien qui a subi l’influence slave la plus marquante. Petkanov 1959, 223–239; Cortelazzo 1994; pour les slavismes du vénitien exporté sur la côte dalmate, cf. Ursini 1987, 149–159.
Reflet de la puissance commerciale et militaire de la République vénitienne, bien des slavismes vénitiens ont trouvé leur chemin dans d’autres dialectes italiens. Ainsi, comme le montre Pfister (1987, 144–146), un emprunt à slov. britva n. f. “couteau” (et / ou au croate, cf. Dahmen et al. 1993, 416) vit, outre en frioulan (cf. 2.3.1.), dans tous les dialectes italiens de la région de maximum d’influence de l’ancienne Venise, même jusque dans les Marches. Il n’est pas rare que l’italien littéraire même reçoive des slavismes à travers le vénitien (comme à travers d’autres dialectes sep-
XII. Sprachkontakte und Migration
tentrionaux, cf. Pfister 1987, 149; Mancini 1994, 872). C’est le cas par ex. d’it. stravizio n. m. “débauche” (dp. 1518/25, DELI ), qui se rattache en dernière analyse à s.-cr. zdravitsa • n. f. “toast” (Skok s. v. zdrav; • cf. Petkanov 1965, 478 s.). Qui plus est, le vénitien a pu jouer le rôle d’intermédiaire entre le serbocroate et les langues romanes occidentales hors d’Italie. Ainsi, comme l’a montré Budor (1986/87), le semi-ethnique s.-cr. uskok n. m. “individu d’origine slave qui, aux 16e et 17e s., ayant quitté la zone sous domination ottomane pour la région frontalière d’Autriche ou de Venise, participait à la guerre contre les Turcs” (dp. 15e s., Skok) s’est fixé notamment en italien: it. Uscocco n. m. “id.” (dp. 1542 [Uschochi pl.], Jacopo Boldù, in Ljubi´c 1877, 157), mais, sûrement à travers le vénitien (cf. les premières attestations), aussi en français: fr. {usochi} (1613/1617 [lettres de l’ambassadeur français à Venise] -1765, Budor 1986/87, 178) et en espagnol: esp. uscoque (dp. 1599 [lettre de l’ambassadeur espagnol à Venise], Escoques pl., Budor 1986/87, 178).
2.3.3. Dialectes italiens en dehors du vénitien On dénombre plusieurs régions italiennes exposées par le passé à des contacts plus ou moins intenses avec des populations slavophones, en particulier serbocroates et slovènes (cf. déjà Schuchardt 1884; Sˇtrekelj 1904). À côté du frioulan et du vénitien abordés cidessus, cela concerne surtout les Abruzzes, les Pouilles et la Campanie, zones d’implantation de colonies slaves (Reˇsetar 1911; Muljaˇci´c 1986). Nous devons à Muljaˇci´c (1971; cf. aussi Caldarelli 1981; 1991) une analyse géolinguistique détaillée du croatisme muci! / buci! “tais-toi!”, diffusé à partir d’un noyau sur la côte adriatique des Abruzzes vers les dialectes de l’Italie centro-méridionale et présent aussi, à travers le toscan, en italien littéraire. Rohlfs 1958 (cf. Rohlfs 1990, 349–356) a mis en évidence un dialecte du Gargano, dans les Pouilles, qui présente lui aussi quelques résidus lexicaux de colonies serbocroates assimilées. Sa liste d’emprunts comporte dix-neuf termes comme ciurcia n. f. “fillette” (< s.-cr. cˇ irica, • forme dialectale de cirica • n. f. “id.”, dp. Vuk, Skok), salambachë n. m. “lézard vert” (< s.-cr. zelembá´c n. m. “id.”) ou scazcavazzë n. “sauterelle” (< s.-cr. skakavac • n. m. “id.”, Skok s. v. -avac). Toutefois, cette étude pionnière doit être consultée avec précaution: la présentation des étymons est plus qu’approximative, et deux
141. Contacts linguistiques: langues slaves et langues romanes
des éléments analysés (chioda et sciúˇsch$) ne constituent pas des slavismes (Reichenkron 1964; Valente 1971–73, 263 ss.; Fanciullo 1987, 179–183).
3.
L’influence ‘à distance’ des langues slaves sur les langues romanes littéraires
3.1. Généralités Les emprunts slaves ‘à distance’ des langues romanes d’Europe occidentale sont rares avant le 16e s. et concernent essentiellement des ethnonymes (Petkanov 1959; 1965), dont le plus éminent est a.sl.mérid. slovъninч > lat. s(c)lavus (Skok 1927). Au Moyen Age, les voies de pénétration des slavismes dans ces langues passent soit à travers l’allemand vers le français, soit par le monde oriental à l’italien; du français et de l’italien, on observe un rayonnement secondaire vers l’ibéroroman (Petkanov 1976, 439). Les slavismes français (et galloromans) ont été traités par Jänicke (in: FEW 20, 33–52), sous la forme de 84 articles (cf. aussi Jänicke 1968); Buchi (1996, 165–257) constitue une revue critique de cette section, comportant de nombreux ajouts. Si le FEW retrace bien l’histoire interne des emprunts, ses indications sont souvent fort sommaires, voire fautives, quand il s’agit d’attribuer ces emprunts à une langue-source particulière ou de traiter leur cheminement concret à travers les langues de l’Europe (Dahmen et al. 1993, 404). L’italoroman bénéficiera d’une section slave dans le LEI dont l’orientation, à en juger par les articles-échantillons proposés par Pfister (1987), correspondra bien plus que celle de son pendant galloroman aux exigences de l’étymologie moderne. En attendant, on dispose de Zolli (1991, 157– 164), qui constitue une présentation succincte fiable des slavismes italiens, et de Schmitt (1987). Les statistiques proposées par ce dernier (emprunts ventilés par décennies, par langues d’origine [157], par domaines notionnels [159–162] n’ont cependant qu’un caractère très provisoire, puisqu’elles ne reposent pas sur un traitement homogène de l’étymologie proche ou lointaine et que les datations concernent tantôt le type, tantôt la forme moderne. Etant donné le caractère très limité des contacts directs entre le monde hispanique et le monde slave, l’espagnol ne dispose que
1633
de peu d’emprunts directs. Si Alvarado (1989; 1990) dénombre 74 slavismes (cf. aussi Budor 1970/71, 209; 213 ss.), ce chiffre relativement élevé s’explique par le parti pris de l’auteur de s’attacher à l’étymologie lointaine. En tout état de cause, l’histoire de ces emprunts est loin d’être écrite: Alvarado, pas plus que Budor, ne cite aucune forme ancienne, n’indique pas de premières datations, si bien qu’on est souvent dans l’impossibilité de préciser la langue de passage. Le portugais, pourtant dépourvu de contacts directs avec les langues slaves, dispose de l’excellente étude historique de Cunha (1953–56), malheureusement restée inachevée. L’auteur présente, après une introduction substantielle, les lettres A–E d’un dictionnaire historique des slavismes portugais, y compris ceux passés par une troisième langue, souvent le français ou l’allemand. 3.2. L’influence du russe La Romania a entretenu très tôt des relations commerciales avec la Russie. En témoignent des emprunts médiévaux comme le nom de la zibeline, dont les voies de migration, parallèles de celles du commerce des fourrures, sont complexes: d’une part sl. comm. (oriental) *sa˘ ba˘ l˘ı n. m. “(fourrure de) martre zibeline” > a.b.frq. *sabel > fr. sable (env. 1165–fin 16e s.), d’autre part sl. comm. (oriental) *sa˘ ba˘ l˘ı > v.h.all. *zebili > it. zibellino (dp. 1ère moitié 14e s.) > fr. zibeline n. f. (dp. 1534); le roumain et les langues ibéroromanes ont repris l’emprunt au galloet à l’italoroman. Lüdtke 1962; FEW 20, 49a–50a; Pfister 1987, 147 ss.; DLR ; cf. Delort 1973 pour d’autres noms de fourrure d’origine russe.
A la Renaissance, la connaissance de la Russie en Europe occidentale passe surtout par les Rerum Moscoviticarum Commentarii (1549) de Herberstein, qui contient une grande quantité de russismes, dont certains éphémères, et qui a connu de nombreuses traductions. A partir du 17e, mais surtout au 18e et au 19e s., un petit corpus de termes russes fait son entrée, à travers des récits de voyages et des traductions de romans, dans les langues romanes. Bragina 1978; roum.: Brüske 1921 [ajouts et corrections dans Scheludko 1925]; Iordan 1967; it.: Nicolai 1982; Orioles 1990; Zolli 1991, 157s.; Mancini 1994, 872; fr.: Sˇabrˇsula 1987, 210 ss.; esp.: Alvarado 1989; 1990; Budor 1970/71; pg.: Cunha 1953–56.
1634 Ces emprunts désignent en général des réalités russes, comme roum. balalaic˘a n. f. “instrument de musique russe à cordes et à caisse triangulaire” (dp. 1898, EncRomâna˘ ), it. balalaica (dp. 1836, Nicolai 1982, 38), fr. balalaïka (dp. 1768, TLF ), esp. balalaika (dp. 1910, EncEspasa), pg. balalaica (dp. 1871, < fr., Cunha 1955, 238), < russ. balala“ka. Pour ce qui est du roumain plus spécifiquement, il reçoit du russe, à partir du 18e s., un nombre appréciable de russismes, dont beaucoup remontent en dernière instance au latin ou aux langues romanes (Sanzewitsch 1895; Iordan 1950, 51–64; Vîrban 2000; cf. la liste de Hiegemann 1988, 157–171 [qui contient cependant des erreurs]). L’origine russe (et non directement occidentale) de ces derniers termes se recommande pour des raisons phonétiques (roum. comitet n. n. “comité”, dp. 1810, RDW, < russ. komitet et non pas fr. comité), d’accentuation (roum. cavalérie n. f. “cavallerie”, dp. env. 1710, RDW < russ. kavaleriѕ Љ et non pas it. cavallería ou fr. cavallerie), et historiques. Mais c’est seulement après la révolution d’Octobre, avec l’orientation internationale du communisme et avec l’intégration, à partir de 1944, de la Roumanie dans le bloc soviétique, que le russe devient une source importante d’emprunts pour la Romania Bragina 1978; roum.: Iordan 1950; 1967; Mih˘aila˘ 1954; it.: Gaљeљiladze 1960; Nicolai 1982; 1994; Orioles 1984 [67 entrées, notamment des calques; compléments dans Orioles 1987/88 et dans Fanfani 1987]; 1986; 1993; 1994; Zolli 1991, 159ss.; De Carli 1992; Mancini 1994, 875–878; fr.: Sˇabrˇsula 1987, 212–215; Ro“tenberg 1953; esp.: Alvarado 1989; 1990; Budor 1970/71; pg.: Cunha 1953–56.
Buchi (2003) compare les soviétismes roumains avec ceux de ses langues sœurs. L’étude dégage 85 emprunts, dont 51 que le roumain partage avec ses congénères, que ce soit intégralement (comme bol¸sevic < russ. bolцПevik, colhoz < russ. kolhoz, stahanovist < russ. stahanovec) ou partiellement (différences au niveau sémantique ou concernant le degré de lexicalisation). S’il manque six emprunts au roumain, on en dénombre vingt-huit qu’il est le seul à posséder. Cette dernière catégorie est nombreuse d’une part dans le domaine de l’enseignement et de la culture (cursant n. m. “étudiant” < russ. kursant), de l’autre dans celui de la technique (turbobur n. n. “turboforeuse” < russ. turbobur). Nombreux sont aussi les cal-
XII. Sprachkontakte und Migration
ques dans le langage politique et journalistique. Petkanov 1976, 444; roum.: Iordan 1950; Mih˘aila˘ 1954, 31 s.; Hristea 1965; it.: Orioles 1982/83; 1984; 1990, 264–270; 1994; Mancini 1994, 877s.; fr.: Ro“tenberg 1953, 15–18.
Pour ce qui est de la situation du moldave, qui a subi, depuis le début du 19e s., une influence russe non négligeable, cf. Heitmann (1989, 514 s.), Schippel (1997) et Fellerer (1998, 188 s.). 3.3. L’influence du polonais C’est la cour du duc de Lorraine (1738–66) Stanislas Leszczynski, ancien roi de Pologne, qui a introduit le baba au rhum en France (cf. le témoignage de 1805 dans ce sens cité par Höfler 1968, 93 n. 12). Par la suite, fr. baba n. m. “sorte de gâteau rond imbibé de rhum” (dp. 1767, TLF ), qui remonte à polon. baba [ baba] n. f. “sorte de gâteau cuit dans un moule en forme de cône coupé” (SJP s. v. baba 1 ), est passé dans les autres langues romanes d’Europe occidentale avec l’accentuation et le genre non pas polonais, mais typiquement français: it. baba [ba ba] n. m. “id.” (dp. 1854, Pfister 1987, 143), esp. baba [ba ba] n. m. “id.” (dp. 1969, DEA ), pg. baba [ba ba] n. m. “id.” (dp. Cunha 1955, 238). D’autre part, la popularité de la musique polonaise (et française – on pensera aux mazurkas de Chopin, installé à Paris en 1830) est reflétée par roum. mazurca˘ n. f. “danse rapide à trois temps d’origine polonaise” (dp. 1836, RDW ), it. mazurca (dp. 1814, mazurska, DELI ), fr. mazurka (dp. 1829, mazourka, TLF ), esp. mazurca (dp. 1884, DCECH ), pg. mazurca (dp. 1873, < fr., DELP ), emprunts qui se rattachent en dernière analyse à mazurka, accusatif de polon. mazurek n. m. “danse de Masurie” (SJP ). Enfin, l’ethnonyme des Polonais (tant a. polon. Polanin, 13e–16e s., Brückner 1957 s. v. Polanie que polon. Polak, ib.; SJP ) s’est fixé dans un grand nombre de lexèmes et de phraséologismes romans (Petkanov 1965, 459–470; Bochnakowa 1989). 3.4. L’influence des autres langues slaves L’influence ‘à distance’ des autres langues slaves sur les langues romanes est négligeable (mais cf. 2.1.2.4. et 2.3.2. pour le legs indirect du serbocroate, à travers les parlers du Banat et le vénitien, sur le roumain et l’italien).
141. Contacts linguistiques: langues slaves et langues romanes
4.
Conclusion
On est gêné pour quantifier l’apport slave aux langues romanes, tant il reste à faire au niveau de la délimitation de l’apport des différentes langues prêteuses. Notre vue est troublée d’une part par les cas de convergence apparente (slavismes présentant l’aspect de correspondants au niveau roman, mais d’origine différente), de l’autre, par l’irradiation subséquente d’éléments lexicaux d’origine slave à l’intérieur des différents idiomes européens (on pensera avant tout au rôle de rediffuseur de slavismes joué par le français, l’allemand et l’anglais). Ainsi roum. voievod n. m. “chef militaire, souverain ou éminent personnage de l’administration dans les pays slaves, notamment ceux de la péninsule balkanique, et dans les régions danubiennes” (dp. env. 1478, RDW) remonte à a.sl.mérid. vonEvoda “id.” (SJS). It. voivoda n. m. “id.” (1209–72, future Yougoslavie, DELI; Venise 1324–1403 [Dalmatie], Zolli 1970, 91 s.; dp. Split 1463, DELI) se ratache à s.-cr. vojvoda • n. m. “chef, commandant; duc” (dp. 1275, Skok), tandis que fr. voïvode (dp. env. 1470, vaivode de Hongrye, DDL 21) et port. Vaivoda dp. env. 1533 [Transylvanie], vieilli, Cunha 1955, 115, n. 7) ne sont pas à proprement parler des slavismes, mais proviennent d’a. hongr. vajvoda (cf. Cunha 1954, 225 s.; OED; ajoutons que la forme moderne du français semble être d’origine russe ou polonaise [FEW 20, 52ab; TLF] et que port. mod. voivoda est emprunté au français [DELP]. Enfin, il est difficile de se prononcer sur esp. vaivoda (dp. 1657, vaivoda de Polonia, CORDE), pour lequel on n’est pas sûr de toucher à la protohistoire de l’emprunt. En tout état de cause, on dénombre pour cette famille romane une multitude de formes non réductibles à un seul étymon: il s’agit d’un cas typique d’etimologie multipla˘ au niveau roman (cf. Dahmen et al. 1992/93, 165 n. 14; 1993, 410, n. 13; aussi Orioles 1990, 259). Une évidence, pourtant: parmi les langues romanes littéraires, seul le roumain a subi une empreinte déterminante des langues slaves, et cela notamment au niveau lexical. Les statistiques de Macrea (1961, 32) à partir des données du Dic¸tionarul limbii romîne moderne de 1958 assignent en effet aux langues slaves, avec un peu plus de 14 % des entrées (à côte de 20 % d’origine latine et de près de 40 % d’origine française), une place tout à fait honorable dans la constitution du
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vocabulaire roumain moderne. A titre de comparaison, sur 4.192 lexèmes courants d’origine étrangère du français – et non pas sur l’ensemble de son lexique! –, Walter (1997, 17) en recense 53, donc à peine un peu plus d’un pourcent, qui remontent à une langue slave. Force est donc de conclure qu’à tout prendre, la dette des langues romanes envers les langues slaves n’atteint en rien l’importance de ce que ces dernières leur doivent.
5.
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142. Contatti linguistici: arabo e Italoromania Sprachkontakte: Arabisch und Italoromania 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Inquadramento storico Il ‘ponte’ siciliano Le traduzioni scientifiche Le pratiche commerciali Le relazioni di viaggio e i romanzi ‘coloniali’ I neoislamismi – tendenze attuali Bibliografia
1.
Inquadramento storico
Se si eccettuano alcuni sporadici contatti fra il mondo latino e quello arabo in epoca preislamica, di difficile identificabilità sul piano formale, i primi scambi linguistici tra area arabofona e area italoromanza iniziano con la rapidissima islamizzazione del Mediterraneo. L’espansione delle genti arabe prese avvio immediatamente dopo la morte del Profeta (632) e fu condotta attraverso campagne fulminee dai primi quattro successori di Muhammad (632–59) e dai califfi umayyadi (661–750) che avevano collocato a Damasco il baricentro politico dell’Impero. Con il successivo califfato abbaside (formalmente conclusosi con la conquista mongola della capitale Bagdad nel 1258), indubbiamente il periodo culturalmente più produttivo per quanto riguarda le relazioni fra Islam e Occidente, il dar al-Islam “la casa dell’Islam” si ampliò ulteriormente a spese del dar al-harb “la casa della conquista”. In quest’epoca la stato islamico acquistò definitivamente l’assetto transnazionale che caratterizza ancor oggi l’ummaAli “porto di Ali”).
Analoghe conclusioni si traggono dalla diffusione degli antroponimi (cf. ib., 227–236; 1989, 153–165; Kontzi 1998, 342): Càfaro (< ar. kafir “infedele”), Salemi (< ar. salami “pacifico”), Galifi (< ar. xalifa “califfo”), Modaffari (< ar. muzaffar “vittorioso”), Macaluso (< ar. maxlus “liberato”). Naturalmente questa pervasività dell’elemento culturale arabo in Sicilia, specie nelle tre Valli di Noto, di Dèmone e di Mazara, depone a favore di una forte espansione dell’arabofonìa, quanto meno durante i tre secoli nei quali gli ethne musulmano, cristiano e bizantino convissero più o meno pacificamente l’uno accanto all’altro. È notevole che ancora all’epoca di Guglielmo II ibn Jubayr parli dell’esistenza a Palermo di una cancelleria araba frequentata da giureconsulti musulmani e attribuisca al sovrano, come accadrà per Federico II , competenze linguistiche arabe. Il progressivo affievolirsi della cognizione linguistica dell’arabo a tutto vantaggio della varietà romanza locale («mozarabico siciliano», Vàrvaro 1981, 116) corrispose alla rapida decadenza socioeconomica dei musulmani di Sicilia a partire
1641
142. Contatti linguistici: arabo e Italoromania
dall’epoca normanna, sempre più emarginati in condizioni di vassallaggio economico, spinti inesorabilmente verso la perdita della propria identità culturale e il conseguente abbandono della fede islamica (Vàrvaro 1984). Numerosi studi hanno confermato l’intensità del biculturalismo e del conseguente bilinguismo nella ‘Sicilia Arabica’. Gli arabismi siciliani sono presenti in moltissimi campi semantici (cf. Pellegrini 1972, 129–236; Caracausi 1983; Pellegrini 1989, 21–51; 120–133; Scholz 1996): – termini giurdici: albaranu (< ar. al-baraura); – vita domestica: bàcara “sorta di carrozza” (< ar. bakara “carrucola, ruota del carro”), catusu “strumento di terra cotta per l’acqua” (< ar. qadus “canale”), dammusu “stanza al pian terreno” (< ar. dammus “edificio a volta”), macadaru “luogo di riunione” (< ar. mahdar “riunione”); – utensili: burnia (< ar. burniyya “vaso di vetro o di terracotta”), cartasi “cartoccio” (< ar. qartas “foglio di carta”), mustica (< ar. mustiqa “scodella per l’acqua”), tabbutu (< ar. tabut “bara”; cf. Fanciullo 1996, 118 ss.); – panni: butana (< ar. butana “fodera di vestito”), cabbanu (< ar. qaba< “sorta di tunica”), tarca (< ar. tarha “velo lungo”); – termini botanici: addumi (< ar. ad-dum “palma nana”), bàlacu “violacciocca” (< ar. balaq “color pezzato”), cabbasisa (< ar. habb >aziz “bacca pregiata”), scebba (< ar. sˇ abb “allume”), usfaru (ar. >usfur “carthamus tinctorum”), zàgara (< ar. zahra “fiore d’arancio”); – nomi di animali: barduìnu “asino” (< ar. bardawn), canzirro (< ar. xinzir “maiale”), càmula “verme” (< ar. qamla “piccolo insetto”); – nomi di cibi: cubbàita (< ar. qubbayta “sorta di dolce”), sciarabba (< ar. sˇ arab “vino”); – si notino, infine, alcuni aggettivi come filanu (< ar. fulan “un tale, un certo”), macaduru (< ar. maqdur “sporco”), marabbutu “superstizioso”
(< ar. marbut “eremita, asceta”), mischinu (< ar. miskin “povero”), taibbu “vino perfetto” (< ar. tayyib “buono”), zarcu “livido” (< ar. zarqa “azzurro”).
Alcune di queste parole sono anche passate nell’italiano standard come meschino (cf. fr. mesquin → art. 143), zecca o fondaco, forse in base a vie di influsso paralleli (cf. infra 4.).
3.
Le traduzioni scientifiche
La ricezione da parte dell’Europa del sapere arabo, soprattutto fra l’XI e il XIII sec., ha rappresentato una tappa fondamentale nella costruzione dell’enciclopedia culturale dell’Occidente. L’apporto arabo, specie a partire dall’epoca del califfato abbaside (VIII sec.) riempì, secondo le parole di Norman Daniel, un vero e proprio «vuoto culturale» (Daniel 1981, 400; cf. anche Watt 1991), considerato che prima dell’XI sec. in Europa gli unici riferimenti scientifici erano Isidoro di Siviglia e Beda il Venerabile. La storia della diffusione delle scienze islamiche verso Occidente, specie per quel che concerne la matematica, la geometria, l’astronomia, l’alchimia, la medicina ha seguito un percorso complicato e tortuoso (Mancini 1992a, 67–87; 1992b). I poli di questo itinerario sono da un lato il corpus degli scritti scientifici e filosofici greci conservati presso varie biblioteche del mondo islamico (di particolare rilievo il bayt al-hikma “la casa della sapienza” fondata nella prima metà del IX sec. da al-Ma<mun a Bagdad e il dar al- ), alambicco (< ar. al-anbiq), alidada (< ar. al->idada), amalgama (< ar. al-jama>a), algebra (< ar. al-jabr; cf. Manni 2001), cifra (< ar. sifr), elisir (< ar. al-iksir), zenit (< lat. scient. cenit < ar. samt [ar-ra<s]), auge (< ar. awj), nadir (< ar. nazir), aldebaran (< ar. ad-dabaran), vega (< ar. [an-nasr] al-waqi< “[l’aquila] cadente”), altair (< ar. at-ta letto raxach (<x> ispanografia per /s/) o, ancora, “mano” letto in betelegeuse < ar. yad al-jawz “mano del cacciatore”. Inol-
142. Contatti linguistici: arabo e Italoromania
tre questi termini, una volta incanalatisi nella diffrazione manoscritta, venivano riprodotti da copisti ignari della lingua araba e, dunque, alterati, stravolti fino a divenire irriconoscibili per ragioni puramente paleografiche: l’ar. al-butm si trasforma in albotin, l’ar. samt si trasforma in cenit (entrambi per confusione fra <m> e in scrittura minuscola), l’ar. sarw si trasforma in sern (confusione fra e minuscole). La stessa alta immotivazione dei significanti (che ne permette il completo stravolgimento) appare controbilanciata dall’univocità referenziale: il termine, anche se incomprensibile, vede garantita la propria funzione designativa esclusivamente in virtù della definizione scientifica.
4.
Le pratiche commerciali
Il definitivo accantonamento della ‘tesi Pirenne’ che scorgeva nell’islamizzazione la causa principale della disgregazione dello spazio culturale del Mediterraneo (Pirenne 41984) tanto da trasformarlo in una vera e propria «linea degli odi e delle guerre implacabili» (Braudel 1999, 12), induce a ritenere che esistesse un notevole traffico commerciale fra Europa e Islam già in piena fase abbaside. Con l’Islam trafficavano attivamente le repubbliche marinare, prima fra tutte Venezia che ha costantemente tenuto rapporti privilegiati con l’Oriente bizantino e musulmano, impiantando empori commerciali in diverse città dell’Oltremare. Testimonianza di questo reticolo fittissimo di rapporti, lungo vie che in quegli stessi anni erano intensamente battute da pellegrini ed esploratori come Guglielmo di Rubruk, Oderico da Pordenone, Marco Polo, Niccolò da Poggibonsi, sono i numerosi arabismi presenti tra i sec. XI e XV nelle documentazioni commerciali di Pisa, di Genova, di Venezia, studiate in più occasioni soprattutto da Pellegrini e da Cortelazzo. Nelle carte notarili, nei portolani, nelle pratiche di mercatura (si pensi alla Tarifa zoè noticia dy pesi e mexure, allo Zibaldone da Canal, entrambi di provenienza veneziana, o, ancora, al Libro di divisamenti di pesi e di misure del Pegolotti di provenienza toscana) affiorano prestiti nella terminologia tecnica del commercio e, soprattutto, in quella delle tantissime merci oggetto delle transazioni con l’Oriente. Cosi a Pisa (Pellegrini 1972, 407–452) troviamo documentate voci come albara (< ar. al-bara1faran, tuzia < ar. tutiya ud, tamburo L ar. tunbur, nacchera < ar. naqqara.
Una certa confidenza con le istituzioni del mondo islamico appare confermata dal vocabolario delle dignità islamiche proprio dell’italiano medioevale: soldano < ar. sultan, califfo < ar. xalifa, sceicco < ar. sˇ ayx, sceriffo < ar. sˇ arif, naibo < ar. na< ib, dragomanno < ar. tarjuman, aguzzino < ar. al-wazir, sensale < ar. simsar.
Gli arabismi commerciali concernono parzialmente il lessico dialettale della Sicilia e quello delle traduzioni scientifiche (prima di tutto nella Materia medica); ni quanto tali sopravvivono in una certa misura nell’italiano attuale.
5.
Le relazioni di viaggio e i romanzi ‘coloniali’
Nei resoconti dei viaggiatori in Terrasanta, a Gerusalemme, città-mito che «domina potentemente l’immaginario medioevale» (Minervini 1993, 54) e, più tardi, nelle minuziose cronache degli esploratori europei verso l’Africa e l’Oriente si rinvengono frequentemente citazioni da lingue extraeuropee, per lo più singole parole che designano realia ignoti o, più di rado, intere frasi. Molti di questi ‘esotismi’ (Mancini 1994a, 825–830) sono prestiti dall’arabo parlato entrati a far parte di una sorta di vocabolario di base dei pellegrini. I viaggiatori europei, non ostante l’atteggiamento ostile nei confronti delle culture estranee, nutrivano pur sempre un certo interesse verso le lingue esotiche: «proprio le lingue, nella loro evidente diversità rispetto a quelle familiari, erano una delle caratteristiche più salienti dell’alterità dei luoghi visitati» (Cardona 1990, 310; cf. anche Pozzi 1994, 23). In questo senso l’esperienza e le cognizioni di Marco Polo costituiscono un modello di straordinario valore (Mancini 1994b): attingendo alla sensibilità che era caratteristica dei commercianti Marco Polo dissemina la porzione iniziale del Divisament di prestiti dall’arabo (Cardona 1975): balasci (< ar. balaxˇs), bucherame (< ar. bu qalamun), califfo (< ar. xalifa), cubebe (< ar. kubaba), naccaro (< ar. naqqara), sandalo (< ar. sandal).
XII. Sprachkontakte und Migration
Il più delle volte, tuttavia, la diffusa ostilità nei confronti dell’Islam, verso cui si nutrono sospetto e disprezzo (Watt 1994), si riflette nelle scritture dei pellegrini medioevali e rinascimentali attraverso uno scarso interesse per l’arabo, del quale si trovano scarsissime citazioni: mucaro (< ar. mukar, Nicolo d’Este, 1413; cf. Cardona 1970), alcaliffo (< ar. al-xalifa, Simone Sigoli, 1384), cadi (< ar. qadi, Leonardo Frescobaldi, 1384); cane (< ar. xan, Niccolò da Poggibonsi, 1346; Leonardo Frescobaldi, 1384).
Eccezioni notevolissime in tale àmbito sono Leone Africano e Ludovico da Varthema. Hasan ben Muhammad al-Wazzan az-Zayati, ovvero Leone l’Africano (1485–1554), grazie alle sue note redatte con l’accuratezza propria della migliore tradizione dei viaggiatori arabi, fornisce all’Europa il «bagaglio essenziale di notizie sull’Africa mediterranea e interna fino al XIX sec.» (Minervini 1992, 584). La Descrizione dell’Africa (redatta in italiano prima del 1523 e stampata dal Ramusio nelle sue Navigazioni e viaggi nel 1550) contiene molti arabismi: fra questi ricordiamo elcotb (< ar. al-qutb “autorità”), cuscusu (< ar. kuskusu), nabich (< ar. nabiq “loto”), habbhaziz (< ar. habb > aziz), dabah (< ar. dabu> “iena”), rethel (< ar. ratl “misura di peso”), elamt (< ar. al-lamt “antilope”). In molte citazioni si nota la conglutinazione dell’articolo determinativo arabo al-, a conferma del vincolo sintagmatico del morfema legato nel parlato dei bilingui arabo-romanzi. Questo vincolo è accuratamente rispettato anche nei brani delle xarajat mozarabe e dà conto della presenza dell’articolo determinativo negli arabismi spagnoli, frutto evidentemente di interferenze nelle competenze dei bilingui (a differenza di quanto avvenuto in altri contesti sociolinguistici, Sicilia inclusa, cf. Mancini 1998, 170; Banti 2000, 26 s.). Ludovico da Varthema si dimostra un viaggiatore curioso e dotato di «notevole precisione documentaria» (Mancini 1992a, 128), al punto da essere fra i pochissimi occidentali che impararono una varietà semplificata dell’arabo siriano e che riportarono diversi brani in questa lingua nel proprio diario di viaggio in Oriente (ib., 128–133; Contini 1994; 1996). A parte i brani in arabo, nel testo dell’Itinerario (pubblicato nel 1510) ricorrono anche alcuni singoli prestiti come amirra (< ar. amir “emiro”), talacare “divorziare” (perfetta riproduzione del ver-
142. Contatti linguistici: arabo e Italoromania
bo ar. talaqa), dora (< ar. dura “sorta di mais”). La citazione preziosa dell’arabismo rappresenta un ingrediente frequentissimo non solo negli scrittori di viaggio, ma anche nella narrativa esotistica di fine Ottocento e dei primi del Novecento. Particolarmente interessante è l’equivalenza fra arabismo ed esotismo nei romanzi del ciclo ‘africano’ di Emilio Salgàri (1862– 1911), romanzi che ebbero un immediato e vastissimo successo. Nei testi di Salgàri «gli esotismi contribuiscono in maniera fondamentale a conferire ai romanzi quel timbro misterioso […] che rappresentava la risposta ideale ai bisogni di evasione e di immaginario propri della piccola borghesia a cavaliere tra Otto e Novecento» (Mancini 1997, 70 s.). In un ‘bricolage’ nel quale precipitano assieme il genere della letteratura viaggistica e quello del ‘feuilleton’ d’Oltralpe i romanzi salgariani brulicano di prestiti orientali, prestiti che imprimevano alla pagina «una connotazione di bizzarria e di curiosità, un colore inconfondibile che permetteva di identificare immediatamente diversità e lontananza culturali» (ib., 72). Salgàri si era cimentato con scene di ambito africano già nelle corrispondenze giornalistiche didicate alla rivolta del Mahdi in Sudan tra il 1883 e il 1885: in tali testi ricorrono alcuni arabismi (per gli ètimi cf. infra), quali fellah, fakir (< ar. faqir “povero, mendicante”), corbach, durah, zeribak, merissak, wakil (< ar. wakil “uomo facoltoso”), mudir (< ar. mudir “governatore”). Ma è nei libri del cosiddetto ciclo ‘africano’ che il numero di arabismi si moltiplicherà a dismisura. Nei soli quattro romanzi La favorita del Mahdi (1887), La pantere di Algeri (1903), I predoni del Sahara (1903), Sull’Atlante (1908) si contano ben 150 lessemi o sintagmi di origine araba, spesso mal riportati o mal trascritti (con frequenti errori di lettura: per , per ), risultato di citazioni di seconda o di terza mano da giornali di viaggio e di avventura (in genere vagliati dal francese come mostrano le frequenti francografie , <ss>, ). Così, per es., nella Favorita del Mahdi si incontrano prestiti arabi come: angareb (< ar. sud. > angareb “sorta di divano”), baggàra (< ar. baqqara “mandriani”), dahabiad (< ar. egiz. dahabiyya “veliero del Nilo”), damour (< ar. sud. damur “abito di cotone”), darabuka (< ar. egiz. darabukka “tamburelli”), daraga (< ar. daraqa “sudi di cuoio”), dòkon (< ar. sud. duqnu “bevanda a base di grano”), duràh (< ar. egiz. dura “sorta di mais”), ebrèk (< ar. abra “specie di
1645 pane”), giallàba (< ar. jallaba “trafficante”), logna (< ar. luqma “pasta di farina”), mahari (< ar. mahari “cammello da corsa”), merissak (< ar. marisa “sorta di birra”), moràka (< ar. sud. murhaka “pietra per tritare il miglio”), noggara (< ar. naqqara “tamburelli”), rekuba (< ar. rahaba “spiazzo”), sansemìeh (< ar. egiz. zanzamiyya “recipiente per acqua”), sund [sic] (< ar. sant “acacia nilotica”), tarbusch (< ar. tarbuˇs “sorta di copricapo”), zeribak (< ar. zariba “recinto per il bestiame”).
Lungo una linea ideale di continuità rispetto alla narrativa salgariana si collocano due generi letterari che ebbero grande diffusione in Italia a cavallo tra Ottocento e Novecento: il ‘reportage’ di viaggio e la letteratura ‘coloniale’, quest’ultima particolarmente in voga durante l’epoca fascista. Entrambe pienamente rientranti nel più vasto àmbito della cosiddetta ‘letteratura di consumo’ queste tipologie offrivano a «un pubblico largo e poco acculturato» (Antonelli 1996, 5) tutto ciò che rientrava in un orizzonte di facili attese emozionali: siti lontani e misteriosi, vicende avventurose condite spesso da un erotismo sentimentale venato di razzismo. Ingrediente fondamentale l’esotismo linguistico che, come già accadeva nelle pagine dannunziane (Trifone 1991), scivolava facilmente dalla mera funzione informativa all’esibizione di oggetti e di suggestioni fascinose e remote. Parole più per l’occhio, si potrebbe dire, che per la mente; citazioni arabe di ristretta circolazione che, tuttavia, a un’indagine ravvicinata e approfondita, emergono con inaspettata frequenza negli scritti di molti letterati, giornalisti e viaggiatori ‘fin-de-siècle’, indizio di una certa ‘notorietà’ presso il vasto pubblico. Lo stile brillante e insieme struggente del ‘reportage’, infarcito di curiosità, di descrizioni bizzarre, di esotismi linguistici, venne inaugurato dal Marocco deamicisiano (1876) e, come si è visto, ebbe un precoce imitatore nel Salgàri delle corrispondenze sulla ‘Nuova Arena’ veronese. Ma caratteristiche assai simili si ritrovano in molti autori di fine Ottocento e del primo trentennio del Novecento. Ad es, nei Ricordi di Palestina di Matilde Serao (1900) gli arabismi costellano pagine ricche di sensazioni e di nostalgie, secondo i dettami di uno stile che in quegli stessi anni era stato consacrato in Francia dai romanzi ‘orientali’ di Pierre Loti: si vedano parole come dahabeah (< ar. egiz. dahabiyya “veliero del Nilo”), fellah (con il pl. fellahine, < ar. egiz. fallah, pl. fallahin); analogamente
1646 nella Cleopatra di Annie Vivanti (1925) dove si incontrano voci arabe quali tarbusch (< ar. tarbuˇs “sorta di copricapo”), fellahin (cf. sopra), galabye (< ar. egiz. gallabiyya “sorta di vestito”), arabych (< ar. carabiyya “carro”), o, ancora, nel Viaggio in Terrasanta di Luigi Barzini (1902) in cui si incontrano simun (< ar. simum “vento del deserto”), bakshish (< ar. egiz. baxˇsiˇs).
Nell’ambito dell’altro genere programmaticamente esotistico, quello della letteratura ‘coloniale’, il successo degli arabismi è parimenti ben documentato: la scena è soprattutto «l’Africa che fu detta italiana», come è stato giustamente ricordato (Serianni 1993, 276). Nei romanzi ‘libici’ del capitano Mario dei Gaslini, incontrastato ‘best-seller’ degli anni Venti, vincitore nel 1926 con Piccolo amore beduino di un importante premio governativo dedicato proprio alla letteratura coloniale (Tomasello 1984, 67–75), il lettore è accompagnato per mano attraverso vicende romantico-sentimentali nelle quali spiccano fondali esotici impreziositi da citazioni arabe: cosi, ad es., nel romanzo Natise fiore dell’Oasi (1928) spesseggiano arabismi come taghia, zibeba, zacharit, chamsin.
6.
I neoislamismi – tendenze attuali
I sempre più frequenti contatti con il mondo islamico stanno facendo affluire nel lessico dell’italiano, al pari di quanto si sta verificando in altre lingue occidentali, un numero via via crescente di termini di origine araba. Si tratta di parole che fanno riferimento pressoché esclusivo a realtà politiche, sociali, culturali proprie dell’Islam contemporaneo e che giungono in italiano attraverso i canali dell’informazione giornalistica e radiotelevisiva. Molte volte questi stessi termini circolavano già diversi anni prima nella bibliografia scientifica orientalistica, ovviamente in modo assai ristretto. Si veda il caso di una parola come jihad, dall’ar. jihad “guerra santa” (per il genere grammaticale, maschile in arabo, femminile in italiano per accostamento a guerra, cf. Sgroi 1995, 59), registrata comunemente nei lessici a partire dal 1979, ma presente, ad es., già nel volume Gli Arabi di Francesco Gabrieli del 1957, nella trascrizione tipica degli arabisti italiani gihàd (si sta diffondendo in questi ultimi tempi il derivato jihaidista “combattente fanatico”). La rapidità di espansione e di accoglimento di questi termini è legata alla velocità e alla superficialità che caratterizzano la oralità secondaria propria dei nuovi media. Un
XII. Sprachkontakte und Migration
primo riflesso di tali meccanismi, grazie ai quali singole voci vengono irradiate all’interno di flash delle grandi agenzie che operano nel Vicino e Medio Oriente, è la notevole instabilità grafemica. Secondo si tratti nelle fonti giornalistiche di francografie o di anglografie – cioè di termini trascritti secondo le convenzioni della grafia francese o di quella inglese – il medesimo arabismo compare sotto vesti differenti: cosi l’ar. mujahid, pl. mujahidin, appare talvolta trascritto come moujahiddin o mujahiddin (in italiano sia singolare che plurale). Più delicato è il fenomeno delle ‘spelling pronunciations’ legato alla pressoché inesistente competenza dell’arabo presso le testate giornalistiche. Si pensi, per citare un caso molto frequente, alla lettura /ss/ in nomi propri arabi trascritti in alfabeto latino con <ss>: Hussein, Assad letti rispettivamente /us’sijn/, /as’sad/, laddove in arabo standard sonerebbero /usæjin/, /ʔasæd/. Le voci arabe sono trascritte secondo le convenzioni grafemiche della cultura francofona: in tale àmbito un /s/ è reso costantemente mediante <ss>, altrimenti verrebbe letto /z/. In molti casi le parole arabe, specie se attinenti al rito islamico, sono in realtà filtrate attraverso altre varietà linguistiche: cosi ayatollah (dal 1978), dall’ar. ayatu’llah, propriamente “segno di Allah”, nome di una carica della setta sciita in Iran, hezbollah (dal 1987), dall’ar. hizbu’llah “partito di Allah”, hojatoleslam (dal 1979), dall’ar. hujjatu g), y (oft = zˇ > zˇ ), f, s, s, sˇ , r, r, l, ˙ m, n, y/ gewöhnlich erhalten, wobei die emphatischen und die nichtemphatischen Laute durch dasselbe entsprechende Phonem ersetzt werden (bournous, casbah < q$sba, roumi < rumi, ramdam); zeigt meist nur die Nasalierung an (aman, Coran). Geminaten werden reduziert oder nur in der Schrift beibehalten (fellah < fellah, djinn < yinn). / , h, h/ schwinden gewöhnlich (/ “gezwungenes Lachen” ein direkter Zusammenhang besteht, erscheint angesichts pg. sorriso amarelo “gezwungenes Lächeln” fraglich. Öfters treten semantisch differenzierte Mehrfachentlehnungen auf, z. B. afr. barde “Bastsattel” (um 1200) < ar. barda>a > maghr. b ard>a > fr. barda ˙ “(Sturm)Gepäck, Ausrüstung” (1863); afr. meschin “garçon” (11. Jh.) wohl < sp. < ar. miskin, nfr. mesquin “garçon vulgaire” (1611), “chiche” < it. oder sp., nfr. mesquine “petit” (1899) < maghr. m$skin. In Bezug auf ihre Eingliederung in den französischen
Arabismen existiert bisher nicht (Hinweise zur lautlichen Anpassung bei Christ 1991, 93–110; Noll 1991, 77 s.); die folgenden Anmerkungen stützen sich nur auf direkte Arabismen. Zahlreiche Varianten belegen die Schwierigkeiten der graphischen Anpassung, z. B.
143. Sprachkontakte: Arabisch und Galloromania
Wortschatz lassen sich die Wörter arabischer Herkunft zwei Gruppen zuordnen (Quinsat 1987, 8s.), je nachdem, ob sie ‘vollständig integriert’ oder Bezeichnungsexotismen (‘Fremdwörter’) sind, cf. jupe / burnous, massepain / loukoum, candi / couscous. Abschließend sei erwähnt, dass die Aufnahme direkter und indirekter Arabismen dem Französischen eine Reihe neuer Homonyme und Synonyme gebracht hat, so u.a. barde f. “Speckscheibe usw.” / barde m. “Barde”, chatte “Gurkenart” / chatte “Katze”, limon “Zitronenart” / limon “Schlamm”; bled ~ trou, caoua ~ café, clebs ~ chien, kif-kif ~ pareil. 3.3. Wenngleich die Kontakte des Französischen mit dem Arabischen nicht so tief greifend waren wie diejenigen der romanischen Schwestersprachen, hat doch das Französische u. a. eine wichtige Rolle als Vermittler vieler Wörter arabischer Herkunft an andere Sprachen gespielt, bes. für die germanischen Sprachen. So gehen u. a. viele englische und deutsche Wörter auf das Französische zurück (letztere öfters über niederländische Vermittlung), z. B.: englisch candy chess cipher cotton hazard
deutsch lemon magazine orange spinach sugar
Aprikose Aubergine Burnus Chiffre Hazard
Karaffe Safran Schach Spinat Tasse
Schließlich sei daran erinnert, dass das Französische in der Neuzeit auch das Arabische beeinflusst hat, und zwar durch Lehnwörter wie ar. yaket “Jacke(tt)” < fr. jaquette (Kiesler 1994, 197) und Lehnübersetzungen wie maghr. ummi lkibira ← fr. grand’mère (Singer 1980, 269).
4.
Arabismen im Okzitanischen
Steigers Feststellung (1956/57, 563), dass ausführliche Untersuchungen zu den arabischen Einflüssen im Okzitanischen fehlen, gilt nach wie vor (zu den okzitanischen Arabismen cf. Fernández González 1985, 110– 113; FEW 19; Lafont 1991, 19; Ronjat 1930, 63–67; Scheludko 1927; Steiger 1956/57). Wie die französischen Arabismen sind auch die des Okzitanischen meist auf indirektem Wege eingeführt worden (Steiger 1956/57, 563). Öfters sind Wörter arabischer Herkunft von zwei Seiten nach Südfrankreich gekommen, aus Katalonien und aus Norditalien, so in folgenden Fällen (ib., 566–569):
1653 aokz. laton “laiton” < sp. (a)latón < ar. latun > (? siz. >) nordit. loton > aokz. loton, nokz. loutoun; aokz. almatrac “coussin” (12. Jh.) wohl < akat. almatrach < ar. al-matrah > it. materasso (piem. matarass etc.) > aokz. matalas (1363); okz. {auberdzíno} < kat. albargina < ar. *al-beryína neben okz. {merindyáno} < nordit. melanzana (lig. merizana etc.) (? < byz. ) < ar. baüinyan(a) (cf. Kiesler 1994, 148; die beiden Typen «überschichten sich teilweise an der Rhonelinie» FEW 19, 17b).
Auch sonst hat das Italienische dem Okzitanischen Arabismen vermittelt, z. B.: aokz. arange “Orange” (1373) < it. arancio, -a (-gi-) < ar. narány(a), okz. boutargo “Art Kaviar” (> mfr., nfr. boutargue 1441: Arveiller 1999, 65) < it. bottarga < ar. butariä.
Die größte Anzahl stammt indes aus dem Katalanischen (cf. 1.2.2.), darunter: alcavot, ar- “maquereau” < kat. alcavot < ar. alqawwad, alfàbia “jarre” < kat. alfàbia < ar. al-äabiya, escarchòfa “artichaut” (1544) < kat. (es)carxofa < ar. äarˇsufa, luquet “lumignon” < kat. lluquet < ar. al-wuqaid und die Teilübersetzung de / en bada “en vain” (13. Jh.) ← kat. de-, enbades ← ar. fi l-batil.
Daneben kennt das Okzitanische durch die Handelsbeziehungen mit dem Orient und bes. mit dem maghrebinischen Reichen von Marokko, Tlemcen und Tunis (Steiger 1956/57, 563) eine Reihe direkter Arabismen, so etwa: amaluc “Hüfte” < ar. >azm al-huqq, argelat, -as “Stechginster” < ar. al-yaulaq, calafatar “kalfatern” < ar. qalfat (oder < kat.?), couffo “manne, sac en jonc pour le transport de riz, sucre, etc.” < ar. quffa, eissalot “Südostwind” < ar. aˇs-ˇsuruq, aokz. elfa “sparte” < ar. halfa it. > fr. siroc, aokz. escabeg < ar. > sp. > nfr. escabèche); (3b) direkter Arabismus im Okzitanischen > Französischen (jarra > fr. jarre; madrago); (4) indirekter Arabismus im Okzitanischen > Französischen (aufábrego > fr. fabrègue; eissaugo); (5) unabhängige Entlehnung im Okzitanischen und Französischen (aokz. elfa < ar. > fr. alfa); (6) indirekter Arabismus im Okzitanischen und Französischen (alcavot < kat. > afr. caouote “entremetteuse”); (7) zwei indirekte Arabismen im Okzitanischen, einer im Französischen ({aubergine}, {laiton}, {matelas}).
5.
Ausblick
Insges. gesehen weist die Forschung zu den arabischen Einflüssen auf das Galloromanische noch zahlreiche Lücken auf; trotz der recht umfangreichen Literatur (das Französische ist in dieser Hinsicht wesentlich besser erforscht als das Okzitanische) fehlt eine ‘vollständige’ Sammlung der ‘Arabismen’ des Galloromanischen. Über die Anzahl der Arabismen im Französischen und Okzitanischen sind wir nur sehr ungenügend informiert, was u. a. einerseits mit der unzureichenden Differenzierung direkter und indirekter Entlehnungen, andererseits mit dem Fehlen von Untersuchungen zu den ausgestorbenen Arabismen zusammenhängt. Baldinger (1972) verzeichnet rund 380 galloromanische Wörter orientalischer Herkunft, Quinsat (1987) hat im heutigen Französisch etwa 390 Wörter arabischen Ursprungs ermittelt (cf. 3.1.), doch enthalten beide Untersuchungen direkte und indirekte Arabismen, wobei diese über jene deutlich überwiegen; im français fondamental findet sich kein einziger direkter Arabismus. Die Datierungen können häufig zurückverlegt werden (Arveiller 1999). Die Aussagen zum quantitativen Rückgang der Arabismen vom Altfranzösischen über das Mittelfranzösische zum Neufranzösischen sowie zur größeren Anzahl von Wörtern
XII. Sprachkontakte und Migration
arabischen Ursprungs im Okzitanischen als im Französischen (Lafont 1991, 19) gelten wohl nur bei Berücksichtigung der indirekten Entlehnungen und harren der Überprüfung. Die erste Aufgabe wird eine Neubearbeitung des nach wie vor grundlegenden, von Arveiller (1999) ergänzten FEW, vol. 19, sein müssen (cf. auch Baldinger 1995, 120), wobei eine übersichtlichere Markierung direkter und indirekter Orientalismen von großem Vorteil wäre. Eine Darstellung des inneren Lehnguts fehlt ganz und gar.
6.
Literatur
Arveiller, Raymond, Addenda au FEW XIX (Orientalia), ed. Max Pfister, Tübingen, 1999. Baldinger, Kurt, Die orientalischen Elemente im Französischen (ein summarischer Überblick), in: Haarmann, Harald / Studemund, Michael (eds.), Festschrift Wilhelm Giese, Hamburg, 1972, 13–45. –, Rezension zu Christ 1991, ZrP 111 (1995), 117–121. Christ, Graciela, Arabismen im Argot, Frankfurt a. M., 1991. Corriente, Federico, Diccionario de arabismos y voces afines en iberorromance, Madrid, 1999. FEW 19 = Wartburg, Walther von, Französisches
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144. Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania
1655
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Reinhard Kiesler, Würzburg
144. Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania Contacts linguistiques: arabe et Iberoromania 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
1.
Sprachkontakt auf der iberischen Halbinsel Zur sprachlichen Situation in al-Andalus Die Arabismen in den iberoromanischen Sprachen Syntaktische Interferenzen Das arabische Lehngut in seiner Lautform Ausblick auf die Neuzeit Literatur
Sprachkontakt auf der iberischen Halbinsel
Das Beispiel der arabischen Eroberung der Iberischen Halbinsel ab dem Jahre 711 und ihrer allmählichen Rückeroberung, die erst 1492 abgeschlossen wird, verdeutlicht, welche Ausformungen der Kontakt zweier Völker auf sprachlicher und kultureller Ebene annehmen kann: Die glanzvolle Entfaltung arabisch-islamischer Kultur, die das Arabische als Hoch- und Gelehrtensprache in alAndalus aufblühen lässt, die gegenseitige Durchdringung der arabischen und romanischen Kultur, die einen bestimmten Dialekt, das Hispano-Arabische, entstehen lässt, und schließlich die Verfolgung der Mauren in der letzten Phase der Wiedereroberung und ihre endgültige Ausweisung im Jahre 1609, die das Ende der arabisch-romanischen Sprachkontakte bedeutet. Der fast 900 Jahre anhaltende Kontakt zwischen Orient und Okzident auf der Iberischen Halbinsel hat tiefe Spuren in den ibe-
roromanischen Sprachen hinterlassen. Durch die Einführung neuer Gegenstände von Seiten der arabischen Eroberer wurde der Wortschatz in vielen Bereichen erweitert: In der Landwirtschaft, dem sozialen Leben, der Verwaltung, dem Handwerk oder auch in den Wissenschaften, wie der Botanik, der Astronomie und der Medizin. Hier findet die Beschäftigung mit der anderen Sprache auf eine besondere Weise statt, durch Übersetzungen wissenschaftlicher Werke vom Arabischen ins Lateinische und später ins Kastilische. Der sowohl mündliche wie schriftliche Austausch zwischen den Sprachen ist charakteristisch für die gegenseitige Einflussnahme des Arabischen und Romanischen.
2.
Zur sprachlichen Situation in al-Andalus
Der Grad des Sprachkontakts und die Möglichkeit der Einflussnahme des Arabischen auf die iberoromanischen Sprachen waren unterschiedlich, aufgrund der jeweils ungleichen Dauer und Intensität der muslimischen Herrschaft in den eroberten Gebieten. Zweifelsohne stand der südliche Teil Spaniens von Anbeginn bis zum Ende der islamischen Eroberung in ständigem Kontakt mit der arabischen Welt, während der Nordosten und Westen relativ früh die Reconquista ab-
1656 geschlossen hatten, Katalonien und Portugal in der Mitte des 13. Jh., und der Norden Spaniens (Galicien, Asturien und die gesamte kantabrische Küste) nie erobert wurde. 2.1. Der Sprachkontakt in al-Andalus: 10. Jh. Vor der Islamisierung hatten sich aus dem Lateinischen die frühromanischen Dialekte herausgebildet. Die ersten Invasoren sprachen die arabische Umgangssprache und berberische Dialekte. Die berberophonen Eroberer hinterließen jedoch keine eindeutigen Spuren in den iberoromanischen Sprachen (außer dem möglichen Substrateinfluss bei der Übernahme von Arabismen mit agglutiniertem Artikel, cf. hierzu 3.1.1.). Der jahrhundertelange «Flächenkontakt» (Kontzi 1982, 402; 1998, 329 s.) und das Zusammenleben von Christen, Muslimen und Juden in al-Andalus brachte auf der mündlichen Kommunikation einerseits die hispano-arabischen Dialekte, andererseits das so genannte Mozarabische hervor. Das Bündel hispano-arabischer Dialekte (cf. Corriente 1977; 1978; 1992) war die gesprochene Umgangssprache der arabischen Bevölkerung. Die interne Varianz des Hispano-Arabischen betraf weniger dialektale, als soziokulturelle Gegebenheiten (Corriente 1977, 2 s.; Kiesler 1994, 25). Corriente differenziert zwei ‘Register’ des HispanoArabischen: Ein Register, das von der gebildeten, gehobenen Schicht gesprochen wurde, nach Corriente (1977) «registro normal o educado» und ein niederes, das die breite Schicht sprach, die auch sonst nur die arabische Umgangssprache kannte und nicht des klassischen Arabischen mächtig war. Corriente verwendet für die Bezeichnung des hispano-arabischen Dialekts im Spanischen den Begriff «árabe andalusí» (Lévi-Provençal et al. 1960, 501–503); später prägt er den Begriff «arabandalusí». Für das Mozarabische (sp. mozárabe, pg. moçárabe, kat. mossàrab < Partizip aktiv des Verbes < ista> araba “es den Arabern gleich machen, sich den Arabern anpassen”, musta>rib, cf. Galmés de Fuentes 1996b, 97) hat Corriente analog zu «arabandalusí» den Begriff «romanandalusí», aus der Verschmelzung von «romance andalusí» geprägt. Dieses romanische Dialektbündel, das unter Einfluss des Arabischen entstanden war, wurde hauptsächlich von den Mozarabern, den unter arabisch-islamischer Herrschaft lebenden Christen und den Muladíes (sp. muladí, pg. muladi, kat.
XII. Sprachkontakte und Migration
muladí < ar. muw-walladun, vulg.-ar. muwalladin), den zum Islam konvertierten Christen, verwendet (Galmés de Fuentes 1996b, 97–118; García de Diego 1946). Hoch- und Schriftsprache wurde in alAndalus im Zuge der Arabisierung das klassische Arabisch, während im christlich gebliebenen Norden der Halbinsel das Lateinische die Rolle der Schriftsprache behielt. Das Verhältnis zwischen gesprochener Umgangssprache und Schriftsprache, d. h. zwischen Vulgärarabisch und Schriftarabisch einerseits und zwischen dialektalem Romanisch und Lateinisch andererseits (das Schrift-Romanisch entwickelte sich erst gegen Ende des 12. Jh.) nahm in der Entwicklung unterschiedliche Gewichtung unter den Sprechern an. Es bestand aber durchweg eine Diglossie-Beziehung zwischen der gesprochenen und geschriebenen Sprache. Während zunächst die Mehrheit der Bevölkerung nur die romanische Umgangssprache verwendete, nahm der Gebrauch des Vulgärarabischen unter der christlichen Gemeinschaft zu. Vom Neben- und Miteinander der in alAndalus gesprochenen und geschriebenen Sprachen zeugen die Zayal-Dichtung (sp. zéjel < ar. zayal) und die Äaryas (sp. jarcha < ar. äaraya “hinausgehen, enden”); → Art. 117. 2.2. 10. bis 11. Jh. Zu den ersten Sprachkontakten zwischen dem Arabischen und dem Romanischen im christlich gebliebenen Norden der Halbinsel kommt es durch die Einwanderung von Mozarabern, die aufgrund des Protests gegen die Arabisierung und Islamisierung und die darauf folgende strafrechtliche Verfolgung im 9. Jh. al-Andalus verlassen (Singer 1987, 279). Die Mozaraber besiedeln die Gebiete neu, die durch die Wiedereroberung entvölkert worden waren (sp. repoblación) (Lomax 1984, 128 ss.). Die Einwanderer sind stark von der arabischen Kultur geprägt; außerdem handelt es sich z. T. um Träger hoher Ämter, wie Richter und Äbte. Aufgrund ihrer technischen und künstlerischen Fertigkeiten genießen sie ein hohes Prestige, so dass durch sie zahlreiche Wörter aus dem Arabischen ins Romanische eindringen können, sei es im Bereich der Landwirtschaft, azenia (Erstbeleg 945, DCECH , s. v. aceña) “Wasserschöpfrad” < ar. al-saniya, almunia (916) “Garten mit Haus” < ar. al-munya; aldía, aldea (1030, DCECH , s. v. aldea) “Bauernhof ” < ar. al-day>a, oder der Verwaltung,
144. Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania
1657
alcalde (1062/63, DCECH , s. v. alcalde) “Gemeinderichter” < ar. al-qadi; alvazile “Rat” < ar. al-wazir.
329 s.), über welchen zahlreiche Fachbegriffe vom Arabischen ins Mittellateinische und dann auch ins Kastilische gelangten (über die Bedeutung der Übersetzerschule für die Einflussnahme des Arabischen auf das Romanische und für die Entstehung eines romanischen Fachwortschatzes cf. 3.3.; Hilty 1954; Bossong 1978; 1979; 1982a). Die übersetzten Texte deckten die Fachbereiche Medizin, Astronomie, Astrologie, Mathematik und Philosophie ab und strahlten auf die gesamte europäische Wissenschaft aus. Entlehnungen aus dem Arabischen sind die folgenden mathematischen Begriffe: Algorithmus sp. algoritmo und sp. guarismo “Ziffer, Zahl” stammen aus dem Beinamen des Mathematikers Abu Ya>far Muhammad ibn Musa al-Äwarizmi, aus Äwarizm, oder Algebra, sp. álgebra < ar. yabr “einrenken, auflösen einer Gleichung, Finden von Unbekannten”, der über das Spätlateinische in andere europäische Sprachen wanderte (Kontzi 1982, 418 s.). Über die Araber wurde das Zahlensystem aus Indien eingeführt: Der Begriff Ziffer sp. cifra leitet sich von ar. sifr “leer, Null” ab. Sp. cero “Null” hat dieselbe Etymologie wie cifra, ist aber über das it. zero ins Spanische gelangt.
2.3. Zweite Hälfte des 11. bis Mitte 13. Jh. Mit der Rückeroberung Toledos 1085 unter Alfons VI . von Kastilien-León, wurde ein blühendes arabisches Kulturzentrum eingenommen, in welchem ein Teil der Bevölkerung überwiegend muslimisch und jüdisch war. Die Arabisch sprechenden Mudéjares und Mozárabes übten einen besonderen Einfluss auf das Kastilische, denn sie waren Träger und Vermittler der gut funktionierenden arabischen Verwaltung, deren Einrichtungen z. T. von den Eroberern übernommen wurden. Mit den Einrichtungen wurden auch die arabischen Termini dafür verwendet, so dass Begriffe wie zalmedina (1118, DCECH , s. v. zabalmedina / zalmedina) “Polizeichef ” < ar. sahib al-madina; zavazogue (1020 zavazouke, 13. Jh. zavazogue, DCECH , s. v. zabalmedina / zalmedina) “Marktaufseher” < ar. sahib al-suq oder zabazequia (gegen 1300, DCECH , s. v. zabalmedina / zalmedina) “Bewässerungsaufseher” < ar. sahib as-saqiya in das Kastilische eindrangen. Auch im Bereich der Architektur und des Bauwesens drang eine große Zahl arabischer Fachtermini in die iberoromanischen Sprachen: albañil (1264/59, DEM , s. v. albañil ) < ar. al-banna< “Maurer”; alarife (1250, DEM , s. v. alarife), “Architekt, Baumeister” < ar. al->arif “der Kenner, der Sachverständige”; alcoba (1272/84, DCECH , s. v. alcoba) “Zimmer, Stufe” < ar. al-qubba; alacena (1200/50, DEM , s. v. alacena) “Wandschrank” < hisp.ar. al-äazana “Schrank”, aus dem ar. äizana “Speicher, Schrank” und azotea (1406/12, DCECH , s. v. azotea) “Flachdach” < arabische Diminutivform von as-suth, as-sutayah. Ein weiterer wichtiger Faktor für den Sprachkontakt in dieser Zeit war das Interesse, das die christlichen Herrscher für die arabischen Wissenschaften zeigten. Im toleranten Kulturzentrum Toledo konnten sich jüdische, arabische und christliche Gelehrte austauschen und zusammenarbeiten. Die erste Übersetzerschule unter dem Erzbischof Raymond (1126–51), und später die zweite Schule unter Alfons X . den Weisen (1252–84) förderten den wissenschaftlichen Austausch. Durch die Übersetzung wissenschaftlicher Werke aus den verschiedensten Disziplinen kam es zu einem «individuellen Sprachkontakt» (Kontzi 1982, 402; 1998,
2.4. 13. Jh. bis 1492 Um die Mitte des 13. Jh. war die portugiesische und katalanische Reconquista abgeschlossen. Die kastilische Wiedereroberung war bis zum Kerngebiet des heutigen Andalusiens vorgedrungen. Bis 1492, mit der Eroberung des Nasriden-Reichs in Granada durch die Katholischen Könige Isabel und Ferdinand von Kastilien und Aragón, war die Reconquista jedoch nicht ganz beendet. Dies hatte zur Folge, dass viele Muslime aus den eroberten Gebieten nach Granada abwanderten. Die spanische, portugiesische und katalanische Sprache verdrängten das Mozarabische zunehmend bis zur völligen Aufgabe des Dialekts. Das Jahr 1492 brachte einen Einschnitt für die historische und sprachliche Situation. Die muslimische Gemeinschaft nahm zwar schnell das Spanische an, doch pflegten die Mudéjares (< ar. muddayan “der Unterworfene, Tributpflichtige”), die nach der Zwangskonversion im Jahre 1501 Moriscos oder Cristianos Nuevos genannt wurden, weiterhin heimlich das Arabische. Bis zu ihrer endgültigen Vertreibung im Jahre 1609 versuchten sie insgeheim, an ihrem Glauben und ihren Traditionen festzuhalten. Die «in-
1658
XII. Sprachkontakte und Migration
nere Opposition» (Kontzi 1982, 422) manifestierte sich auch im Gebrauch des Arabischen. Es entstand die Aljamiado-Literatur. Der Begriff Aljamiado, ein mit arabischen Buchstaben geschriebenes Spanisch, leitet sich von hisp.-ar. al->ayamiya “das Fremde, Fremdartige”, in Bezug auf die Mauren, “das Romanische, Kastilische” ab, und stammt aus dem ar. >ayam “Barbar, Nichtaraber, Fremder”. In den Aljamiado-Texten (cf. Kontzi 1974) versuchten die Morisken, islamische Bräuche, Lehre, Weisheiten und Vorschriften festzuhalten; aber auch volksmedizinische Praktiken und Rezepte sind überliefert. Die Interferenz zwischen Arabisch und Romanisch wird in diesen Texten bes. deutlich. Es entsteht ein «islamisiertes Spanisch» (Hegyi 1985). Die Durchdringung beider Sprachen drückt sich nicht nur in der Wahl der arabischen Graphie aus, sondern auch im Wortschatz, z. B. äaleqar und davon abgeleitet äaleqado und äaleqamiento “schöpfen; geschöpft; Geschöpf; Schöpfung” < ar. äalaqa “schöpfen, erschaffen”. Die Form äaleqamiento weist außerdem noch die Besonderheit auf, dass das arabische Verb äalaqa durch das Suffix -miento nach den Regeln der romanischen Wortbildung nominalisiert wird. Mit der endgültigen Ausweisung 1609 bricht auch der Sprachkontakt zwischen Arabisch und Romanisch auf der Iberischen Halbinsel ab.
demia Española (DRAE ) führt nach eigener Auswertung 1.254 Lemmata aus dem Arabischen, wobei hier nur die direkten Arabismen berücksichtigt wurden. Geringer ist die Zahl der Arabismen im Portugiesischen und Katalanischen. Ohne dass hierfür eine genaue Auswertung vorläge, schwankt die angenommene Zahl für das Portugiesische zwischen 500 und 1.000 Arabismen (cf. Nascentes 1932, XXV: 609 Arabismen; Silva 1988, 343: schwankt zwischen 400 und 1.000); im Katalanischen zählt Solá-Solé (1967/68, 276) 520 Arabismen. Die unterschiedliche Quantität der Arabismen ist u. a. mit den Unterschieden in der Dauer und der Intensität des Kontakts zwischen den beiden Gruppen zu erklären. Die Anzahl arabischer Wörter im Spanischen war im Mittelalter viel größer als heute. Der Rückgang erklärt sich z. T. durch den ‘Antiarabismus’ im 16. Jh., sowie schließlich auch durch soziokulturelle Veränderungen. Beispiele für Ersatzwörter: “Kopfsalat” ist pg. alface aus ar. al-äassa, asp. alfaça, ¯ nsp. lechuga < lat. lact uca; “Schneider”, pg. alfaiate, asp. alfaiate, nsp. sastre < kat. sastre < lat. sartor; albéitar “Veterinär” ist veterinario < lat. veterinarius. Beispiele für Verlustwörter: almojarife “Steuereinnehmer”; alfajeme “Schröpfer”. Bedeutungswandel ist relativ selten: azafata < ar. as-safat, ursprünglich “Kammerzofe”, heute “Stewardess” (Kontzi 1998, 337).
3.
3.1. Direkte und indirekte Arabismen Arabismen können direkt aus dem Arabischen entlehnt worden sein, oder über eine andere Sprache, wie über das Lateinische, also auf indirektem Wege. Ein indirekter Arabismus ist auch ein Lehnwort, das vom Kastilischen ins Katalanische oder Portugiesische gelangt ist.
Die Arabismen in den iberoromanischen Sprachen
Nach der lateinischen Basis bilden die Arabismen die wichtigste Schicht des spanischen Wortschatzes. Eine auf Vollständigkeit angelegte Aufstellung liefert Corrientes Diccionario de arabismos (1999); cf. die älteren Werke Dozy / Engelmann (1869); Eguilaz (1886); Lokotsch (1927); Steiger (1932; der hier erfasste Wortschatz jedoch nur unter dem Aspekt der Lautgeschichte), Neuvonen (1941; das Standardwerk zum 13. Jh.); Wijk (1949); DCECH (1980–91); Kiesler (1994; weiterhin die vergleichenden Studien zum Iberoromanischen und Italienischen 1996). Zum Portugiesischen und Katalanischen cf. Kiesler (1992; 1995) und Corriente (1996; 1997). Unter den iberoromanischen Sprachen verfügt das Spanische über die meisten Entlehnungen. Das Wörterbuch der Real Aca-
3.1.1. Direkte Arabismen in den iberoromanischen Sprachen In Anlehnung an Kiesler (1994, 61 ss.; 1996, 473 ss.) stellt Tab. 144.1. einige Arabismen des Spanischen, Portugiesischen und Katalanischen im Vergleich zusammen, um aufzuzeigen, in welchem Verhältnis die arabischen Entlehnungen in den iberoromanischen Sprachen zueinander stehen. Die Auswertung von Tab. 144.1. ist vor dem Hintergrund der Schwierigkeit der Datierung von Arabismen zu sehen. Die Datierungen der Erstbelege geben keine sichere xxxxxxxxxx
1659
144. Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania Tab. 144.1. Arabismen im Spanischen, Portugiesischen und Katalanischen Pflanzen und Nahrung sp.
pg.
kat.
ar. as-sukkar “Zucker”
azúcar (1220/50)
açúcar
sucre
ar. ar-ruzz “Reis”
arroz (1251)
arroz
arròs
ar. baüingˇ an “Aubergine”
berenjena (1.H.15.Jh.)
beringela
albergínia
ar. az-zayt “Öl”
aceite (1251)
azeite
[oli]
ar. al-lubiya “Bohne”
alubia (1644)
[feijão]
[mongeta]
ar. al-banna< “Maurer”
albañil (1268)
[pedreiro]
[paleta]
ar. al-faääar “Töpferwerkstatt”
alfar (1629)
[olaria]
[terrisseria]
ar. al-qadi “Bürgermeister”
alcalde (1062/63)
[presidente de Câmara] (apg. alcalde)
[batlle] (akat. alcalde)
ar. al-maäzan “Lager”
almacén (1225)
armazém
magatzem
ar. al-diwan “Zoll”
aduana (1261)
[alfândega] anderer Arabismus
duana
ar. al-muäadda “Kissen”
almohada (1400)
almofada
[coixí]
ar. al-äumra “Teppich”
alfombra (ca. 1375)
alfombra
[catifa]
ar. tassa “Tasse”
taza (1272)
taça
tassa
ar. ad-daba “Türklopfer”
aldaba (1330/43)
aldraba
balda
ar. <ustuwan “Vorhalle”
Zaguán
saguão
[vestíbul]
ar. ad-day>a “Dorf, Land”
aldea (1030)
aldeia
[villatge, llogaret] (akat. aldea)
ar. barr “Vorort”
barrio (949)
bairro
barri
ar. at-tali>a “Warte, Wachtturm”
atalaya (1017)
atalaia
talaia
ar. al-qasba “Zitadelle” hisp.-ar. al-qasába
alcazaba (1490)
alcáçova
alcassaba
ar. al-hagˇ a “Juwel”
alhaja (1112)
alfaia
[joiel]
ar. al-äilal “Nadel”
alfiler (1330/43)
alfilel
[agulla]
ar. al-qutn “Baumwolle” hisp.-ar. al-qutún
algodón (ca. 1275)
algodão
cotó
ar. as-saqiya “Bewässerungskanal”
acequia (1140)
acéquia
séquia
ar. an-na>ura “Wasserschöpfrad”
noria (12. Jh.)
nora
[sínia]
ar. al-ˇgubb / gˇ ibb “Zisterne”
aljibe (1202)
algibe
aljub
ar. al-ma>sar “Presse, (Öl-)Mühle”
almazara (1604) [lagar de aceite]
alfobre
almàixera
Berufs- und Wirtschaftsleben
Wohnkultur
Stadt und Dorf
Bauwesen
Kleidung, Schmuck, Stoffe
Bewässerungswesen, Landwirtschaft
1660 Auskunft über über den tatsächlichen Eingang der Entlehnungen ins Spanische. Sie hängen ab von der zunehmenden Belegdichte seit dem 13. Jh. Von den insges. 26 angeführten Beispielen hat das Portugiesische insges. 20, das Katalanische nur 13 Entlehnungen mit dem Spanischen gemeinsam. Beim Katalanischen fällt auf, dass der Arabismus erst bei später belegten Entlehnungen fehlt. Es können weitere Unterteilungen vorgenommen werden: (a) Arabismen, die nur in der älteren Sprachstufe vorkommen: Zwei Ersetzungen des Altkatalanischen: alcalde, kat. batlle, auch im Portugiesischen ersetzt durch presidente de Câmara; akat. aldea, kat. villatge. (b) Übernahme unterschiedlicher Arabismen für die Bezeichnung derselben Sache: Sp. noria, kat. sínia; in zwei Fällen im Pg. alfândega, sp. aduana und pg. alfobre, sp. almazara. (c) Beim Katalanischen fällt auf, das in neun Fällen nur das Spanische und das Portugiesische das arabische Lexem übernommen haben; in einem Fall hat nur das Spanische und das Katalanische eine arabische Entlehnung. (d) In keinem der angeführten Beispiele kommt ein Arabismus ausschließlich im Portugiesischen und Katalanischen vor. Sieht man von den alten Sprachstufen ab, hat das Spanische in vier Fällen einen Arabismus, der in keiner der anderen beiden iberoromanischen Sprachen im Gebrauch ist. Die aufgezeigten Ergebnisse sind vermutlich repräsentativ für das Verhältnis zwischen den Arabismen in den iberoromanischen Sprachen (cf. Kiesler 1996). Am häufigsten vertreten sind die Entlehnungen aus dem Arabischen im Spanischen und Portugiesischen. Das Portugiesische und Spanische haben auch mehr Arabismen gemeinsam als das Katalanische und das Spanische. Diese Tatsache wird darauf zurückgeführt, dass der Westen der Iberischen Halbinsel stärker arabisiert wurde als der Osten (cf. Kiesler 1996, 478; zumindest lässt sich dies für die 300 von Kiesler untersuchten Arabismen sagen). In einigen Fällen sind Arabismen im Kastilischen verloren gegangen, die in den Dialekten der Iberischen Halbinsel, insbes. im Andalusischen noch weiterleben: Sp. añacal “Mann, der Getreide zur Mühle trägt und Mehl zurückbringt”, asp. annacall(a) < ar. an-naqqal “Gepäckträger” (cf. Kontzi 1998,
XII. Sprachkontakte und Migration
338; Garulo 1983, 99), almiharra “Hacke, die die Töpfer beim Bleimahlen benützen”; almijarra “Stange, die die Zugtiere in den Mühlen oder an den Schöpfrädern ziehen” (Corriente 1999, s. v. al-manjar(ra); Kontzi 1998, 338; Alcalá 1951, 38a). Im Aragonesischen: atoque “Schmuck, Putz”, nach Steiger (1948/49, 13) aus dem Ar. at-tawq “Halsband”. Eine Besonderheit weisen die Arabismen des Katalanischen auf. Im Vergleich zu den Arabismen im Spanischen und Portugiesischen haben weitaus weniger katalanische Wörter den agglutinierten Artikel al- des Arabischen (z. B. kat. balda “Türklopfer” und sp. aldaba, kat. carxofa “Artischocke” und sp. alcachofa, kat. garrofa “Johannisbrot” und sp. algarroba). Über den Grund der Agglutination des Artikels im Spanischen und Portugiesischen gibt es unterschiedliche Hypothesen (nach Wartburgs Hinweis von 1931, cf. Melander 1931/32; Steiger 1948/49; Kuen 1950; Solá-Solé 1967/68; Baldinger 1972a, 71). Die wohl einleuchtendste und alle bisher gemachten Aussagen widerlegende These sieht die Agglutination als Eigenheit des Hispano-Arabischen im Code-Switching (Corriente 1977; cf. hierzu Gleßgen 1996b, 192; Noll 1996). In diesem Dialekt ist das alif wasl, der Anlautvokal des Artikels a-, nicht instabil, während es im Gegensatz dazu im klassischen Arabischen nach einem Auslautvokal [u], [i] und [a] der Flexion, nach einer Präposition oder nach einem Sprossvokal ausfällt: ra< aytu l-walada “ich sah den Jungen”. Im Hispano-Arabischen bleibt Corriente folgend das alif wasl erhalten: «Unlike the case in OA [Old Arabic], the SpAr [Spanish Arabic] article had a constant shape /#’al/, with disregard of vowels eventually abutting upon this juncture» (Corriente 1977, 85). Der Erhalt des Artikels in den hispano-arabischen Dialekten ist nach Corriente auf das unter dem Substrateinfluss der berberischen Dialekte kreolisierte oder pidginisierte Arabisch der ersten arabo- und berberophonen Invasoren der Iberischen Halbinsel zurückzuführen (Corriente 1999, 57–64; cf. auch Steiger 1948/49). Eine wichtige Konsequenz, die sich aus der Erhaltung des a- im Artikel ergibt, ist die Zuordnung des Artikels im Syntagma. Im Arabischen lehnt sich infolge der Elision der Restartikel #l enklitisch an den vorangehenden Auslaut an: a>ti l-äubz [a>til # xubz] “ich gebe dir das Brot”. Im Hispano-Arabischen hingegen geschieht dies nicht, aufgrund der
144. Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania
1661
Erhaltung des alif wasl bildet der Artikel aleine Silbe, die sich an das Bezugswort hält: Hisp.-ar. na> ti al-äobz [na>ti # rif “Bekanntgabe, Mitteilung; Bestimmung, Kennzeichnung” Kiesler 1994, 316 s.). Sp. alcohol hat eine interessante Entwicklung durchgemacht. Ins Altspanische war es als direkter Arabismus mit seiner ursprünglichen Bedeutung “schwarze Augenschminke aus fein verteiltem Antimonsulfid” (ar. kuhl) eingegangen. Aus dem Altspanischen wurde es ins Mittellatein Frankreichs übertragen und erhielt hier die moderne Bedeutung “Weingeist, Essenz als Produkt der Destillation” bei Paracelsus (Anfang des 16. Jh.). Diese Bedeutung wurde dann rückwirkend auf das ar. kuhl im Maghreb übertragen. Analog zu sp. alcohol sind auch folgende Arabismen aus dem Mittellatein ins Spanische gelangt: Sp. algebra, pg. álgebra, kat. àlgebra < mlat. algebra < ar. al-yabr (cf. Kiesler 1994, 213 s.; cf. auch 3.2.2.), sp. álcali, pg. alcali, kat. àlcali < mlat. alcali “Alkali” < vulg.-ar. al-qali (DCECH , s. v. álcali). 3.2. Morphologische Arabismen Neben der Entlehnung lexikalischer Einheiten, oder freier Morpheme sind auch Lehnaffixe aus dem Arabischen in die iberoroma-
3.3.
Inneres Lehngut
3.3.1. Lehnbedeutung Einige iberoromanische Wörter haben durch den arabischen Einfluss entweder eine Bedeutungserweiterung erfahren, oder sie verdanken ihre Bedeutung ganz dem arabischen Einfluss. So leitet sich die zweite Bedeutung von sp. haz, pg. face “Vorderseite, Bildseite (einer Münze), rechte Seite (eines Gewebes)” aus dem ar. wayh ab, das neben “Gesicht” auch zur Bezeichnung der “Vorderseite einer Sache” gebraucht wird. Semantische Überschneidung gibt es auch zwischen dem sp., pg., kat. criar “erschaffen; erzeugen; auf-, erziehen; züchten” und dem ar. rabba “wachsen machen, wachsen lassen; erziehen, züchten” (Wehr 1976, 448b), so dass die weiteren Bedeutungen des arabischen Wortes “ansetzen, bekommen (Fleisch, Haare, Federn)” (Kiesler 1994, 48) ins Spanische, Portugiesische und Katalanische übergegangen sind; man findet im Spanischen die Wendungen criar carne, pelo, plumas; analog dazu im Kat. criar pèl, etc. Die Aljamiado-Literatur liefert zahlreiche Beispiele für die Übernahme arabischer Bedeutungsstrukturen und deren Wiedergabe durch spanische Wörter (Kontzi 1974): el konpañero de la fiebre (ib., vol. 1, 82–85; Ms. Junta 59, 216v°13), der als “der an Fieber Erkrankte” zu verstehen ist. Die Bedeutung von konpañero ist aus der zweiten Bedeutung von ar. sahib “Gefährte; Träger einer Eigenschaft, Besitzer, Herr, der mit einer Sa-
1662 che betraut ist” entlehnt worden (Kontzi 1982, 424). Wie Lehnwörter sind Lehnbedeutungen in den älteren Sprachschichten der iberoromanischen Sprachen häufiger: Asp. nuevas hat die Bedeutungen “Ereignis; Ruhm; Erzählung, Bericht, Nachricht” nach ar. hadi©, Pl. hudu©. Zu einem Bedeutungswandel von asp. poridat “Reinheit” hat die Verwechslung zweier ähnlich lautender arabischer Wörter geführt: Ar. äalasa “rein sein” und äalasa “heimlich wegnehmen” wurden aufgrund der Nicht-Unterscheidung des emphatischen s für ein und dasselbe Wort gehalten. Äalasa wurde zum Homonym für “rein sein” und “heimlich wegnehmen”, wodurch asp. poridat polysem wurde und in der Bedeutung “Geheimnis” gebraucht wurde (cf. Kontzi 1976, 469–472). Eine wichtige Rolle haben Lehnbedeutungen für die Bildung wissenschaftlicher Termini bei den Übersetzungen von Fachtexten gespielt (cf. Bossong 1978; 1979; 1982a). Die Anzahl semantischer Nachbildungen nach arabischem Muster übersteigt sogar die übernommener direkter Arabismen bei weitem (cf. Bossong 1979, 95; 1982a, 6). Auf die Herausforderung, neue, im Spanischen nicht ausgedrückte Konzepte und wissenschaftliche Termini wiederzugeben, antworteten die Übersetzer damit, was Bossong (1979) als «Akkulturierung» bezeichnet hat, d. h. dem Ausbau des Spanischen mit eigenen Mitteln nach arabischem Vorbild. Die ‘Akkulturierung’ des Spanischen wirkte sich sowohl auf die Lexik als auch auf die Syntax aus. Ein Beispiel von Lehnbedeutung aus der übersetzten Fachprosa: Der der mathematischastronomischen Fachprosa zugehörige Terminus egual “gleich; gleichmäßig” gibt den arabischen Begriff mu>tadil “gleich, mittlerer” wieder und dessen Ableitungen egualdad, eguar, eguado, eguacion, eguador bilden nicht nur die Semantik, sondern auch die morphologische Struktur der entsprechenden arabischen Termini mit eigensprachlichen Mitteln nach, es handelt sich also nicht nur um eine semantische Nachbildung, sondern auch um eine ‘transpositionelle’ der entsprechenden arabischen Fachbegriffe: i>tidal, >addala, mu>addal, ta>dil und mu>addil (Bossong 1982a, 6). Die Bezeichnung des Äquators in den Canones de Albateni (Bossong 1978) ist eine aus dem Arabischen semantisch entlehnte Wendung (el cerco del) eguador del día < ar. (falaku) mu>addili l-nahari, latinisiert aequator (Bossong 1982a, 8).
XII. Sprachkontakte und Migration
3.3.2. Partielle Lehnübersetzung Selten kommt es vor, dass von einem arabischen Begriff aus zwei Komponenten, nur eine in die Fremdsprache übernommen wird, die andere ersetzt wird mit einem Wort aus der Eigensprache, wie beispielsweise sp. agua de azahar “Orangenblütenwasser” < vulg.-ar. ma< zahár, hier ist nur der erste Teil ma a< id, das erkennen lässt, in welchem Fall das Relativpronomen steht. Dabei muss das Pronomen enklitisch an das Verb angehängt werden, wenn es als Objekt im Nebensatz fungiert bzw. an eine Präposition, wenn es als präpositionale Ergänzung gebraucht wird. Diese Konstruktion wird in altspanischen Texten oder in der Aljamiado-Literatur oft nachgeahmt: «como el agua salada, que cuanto más el omne beve della, tanto màs sed mete» (Calila e Dimna, Ms. A, 133, zit. nach Galmés de Fuentes 1996a, 90); oder «angulos derechos que çerca cada angulo dellos nouaenta grados» (Los Canones de Albateni, 1978, 24, zit. nach Bossong 1979, 171; Bossong 1982a); gelegentlich auch wenn der arabische Satz diese Konstruktion nicht enthält, wurde sie in der Übersetzung gebildet: Ar. tilka l-darayu → «aquellos grados que tu quieres saber su cuerda» (Canones, 1978, 29, zit. nach Bossong 1979, 171). Beispiele aus der Aljamiado-Literatur (aus Kontzi 1974): «el kitab ke a en él la deˇs-
1664 puta de Muhammad» (in BN 4944; Kontzi 1974, vol. 1, 141) für nsp. el libro, en el cual …; «a una çibdat ke’l diçen a ella Aleˇskandariya» (Libro del rrekontamiento del Rrey Aliˇsandre 46733 in Galmés de Fuentes 1996a, 93). Einen Relativsatz kann auch die Konjunktion wa “und” in Verbindung mit einem Pronomen einleiten. Diese Konstruktion fand ebenfalls Nachahmung: Ar. «Wa kayfa tutiqu ©-©awra wa-huwa aˇsaddu minka» → sp. «¿Cómo puedes tú matar a Sençeba, e él es más valiente que tú?» “Wie solltest Du Sansibar töten, der tapferer ist als du / wo er doch tapferer ist als du?” (Calila in Galmés du Fuentes 1996a, 104). 4.2. Paronomasie Mehr als um ein syntaktisches, handelt es sich bei der Paronomasie um ein stilistisches Merkmal der arabischen Sprache, das auch im Altspanischen übernommen wurde. Bes. auffallend ist die Übertragung des stilistischen Mittels, weil es in den romanischen Sprachen nicht üblich war. In der Figura Etymologica finden wir die romanische Entsprechung zur arabischen Paronomasie, in welcher beispielsweise Nomen und Verb derselben Wurzel entstammen, entsprechend der inneren Ableitung im Lateinischen cantum canta¯ re. Im Arabischen wird die Paronomasie hauptsächlich zur Emphase verwendet: «E estando amos así, bramó Çençeba muy fuerte bramido» “(…), brüllte Çençeba ein heftiges Brüllen” (Calila in Galmés de Fuentes 1996a, 201); «están abraçados de estraño abraçamiento» “sie umarmen sich in einer seltsamen Umarmung” (Libros de Astronomía in Galmés de Fuentes 1996a, 201). Die Beeinflussung auf syntaktischer Ebene konnte nur dort stattfinden, wo das Spanische eigene Möglichkeiten aufwies, den arabischen Vorbildern zu folgen. Es kamen über das Arabische keine neuen Elemente in die Sprache hinzu, vielmehr hat das Arabische zur Weiterentwicklung und zum Ausbau des Altspanischen mit eigenen Lösungen beigetragen, was nach Bossong (1979, 174) die bedeutendste Konsequenz der ‘Akkulturierung’ darstellt.
5.
Das arabische Lehngut in seiner Lautform
Die von den Phonemen der iberoromanischen Sprachen sehr verschieden artikulier-
XII. Sprachkontakte und Migration
ten Phoneme des Arabischen wurden dem System der Zielsprachen angepasst (cf. Kontzi 1982, 426; 1998, 334). Über die lautlichen Veränderungen, die bei der Übernahme des arabischen Lehnguts aufgetreten sind, geben Steiger (1932) und Corriente (1999) ausführlich Auskunft; zur Phonetik und Morphologie des hispano-arabischen Dialektbündels cf. Corriente (1977). 5.1. Vokale Das klassische Arabisch kennt sechs Vokalphoneme, die quantitativ voneinander unterschieden werden, und zwei Diphthonge: a – i – u; a – i – u; ay – aw. Im Iberoromanischen wurde die Quantität der Vokale in konsonantischer Umgebung aufgehoben, und je nach Konsonantenfolge änderte sich auch die Vokalfärbung. Das lange a blieb oft als a erhalten (ar. faxxar > asp. alfahar, sp. alfar; ar. haya > asp. alfaja, sp. alhafa, pg. alfaia, kat. alaca, alhaca; ar. fulan > sp. fulano; ar. >attar > asp., akat. alatar “Drogist”), wenn es jedoch im hinteren Artikulationsraum gebildeten Konsonanten, r-, oder den Emphatica folgt, wurde es in der Regel zu o: Ar. marrakiˇs > pg. Marrocos, kat. Morrocs, sp. Marruecos (mit nachträglicher Diphthongierung des offenen -o-, wie in lat. b o˘ nu > sp. bueno); ar. sˇ arab > asp. xarope, sp. jarabe, kat. eixarop. Eine arabische Lauterscheinung, die sich auf alle iberoromanischen Sprachen auswirkt, ist die so genannte Imela (ar. imala “Neigung”); dabei wird das lange a zu e, im Extremfall zu i palatalisiert. Das granadinische Spanisch weist dieses letztgenannte Phänomen am häufigsten auf: Ar. daniya > Denia; ar. faris > asp. alfierez, sp., pg. alférez; ar. saqiya > sp., pg. acequia, neben kat. ciquia, síquia; ar. banna< > asp. albañi(r), nsp. albañil, pg. alvanel, alvaneu, alvaner; ar. biˇsara > sp. albricias, kat. albrícies, neben apg. alvixara, akat. albixera. Das ar. i blieb erhalten oder wurde zu e: Ar. >amir > asp. alamir; < anbiq > sp. alambique, pg. (al)ambique, kat. alamb(r)í, alamb(r)ich; ar. dalil > asp. adalil, adalid, apg. adail, adalide, akat. adal(l)il. Ar. u blieb ebenfalls erhalten oder wurde zu o: Ar. tabut > sp. ataúd, pg. ataúde, kat. ata(h)ut; ar. zaytuna > asp. azeituna, nsp. aceituna, pg. azeitona. Die arabischen Diphthonge ay und aw entwickelten sich analog zu den lateinischen zu e und o im Spanischen, während das Portugiesische zu ou diphthongiert: Ar. sawt > sp. azote, pg.
144. Sprachkontakte: Arabisch und Iberoromania
1665
açoute, akat. açot, assote; ar. zauq > sp. azogue, pg. azougue; ar. na>ura, na> ura > asp. annora, naora, pg. nora. Der Diphthong ai machte die Phase ei / ej durch (viele Beispiele aus dem Portugiesischen) bis zum e: Ar. sˇ ayx > asp. xeque, jeque, apg. xeque; ar. dai>a > asp. aldea, aldía, nsp. aldea, pg. aldeia, aldéa, kat. aldea (toponymisch Aldaya).
Lapesa 1991, 38 ss., mit weiterführender Literatur).
5.2. Konsonanten Das arabische Phonemsystem hat viele Konsonanten, die das Iberoromanische nicht kennt. Bei der Übernahme arabischer Lehnwörter wurden solche Phoneme dann entweder ganz fallengelassen (wie das > ayn in ar. al-> ard > sp., pg., kat. alarde), oder der distinktive Zug des Arabischen wurde aufgegeben. Die emphatischen Laute t, s, d wurden durch t, s, d; asp. ç, z, c, j, x > nsp. c, z, ch; ersetzt: Ar. laqqat > sp., pg. alicates, kat. alicat(e)s, aliquetes; ar. al-murabit > asp. almorauid, nsp. almorávides, kat. almoràvits; ar. safr > sp. zafra; ar. sinab > sp. jenabe; ar. sifr > cifra / cero, pg. cifra / zero, kat. xifra / atzero, akat. zefer, zero; ar. qasba > sp. alcazaba, pg. alcaçova, kat. alcaçaba, alcassaba; ar. dabba > sp. aldaba, pg. aldrava, aldraba. Das d am Wortende kann zu d, t, z, ld oder l werden, was mit der spezifisch lateralen Artikulation des Konsonanten zusammenhängt (cf. Bossong 1997, 145): Ar. riyad > sp. arriate; ar. firad > sp., pg. alefriz; ar. bayad > asp. aluayalde, albayalde, pg. aluaiade; ar. qadi > asp. alcalle, nsp., apg., akat. alcalde, kat. arcalde, ancalde, alcalder. Weitere Konsonanten, die im Iberoromanischen nicht bekannt waren, wurden durch artikulatorisch benachbarte ersetzt, wie der arabisch stimmlose velare Reibelaut ä, der zum Teil als /k/ ausgesprochen wurde: Ar. al-äarˇsufa > sp. alcachofa, pg. alcarchofa, kat. (al)carxofa; hier ist die Artikulationsstelle dieselbe, nur ist aus dem Reibe- ein Verschlusslaut geworden. In postvokalischer Stellung ist der Laut einfach ausgefallen, wie in ar. maäzan > asp. almazén, (al)magazén, nsp. almacén, pg. almazem, armazem, kat. almagatzem, magatzem. Ein Beispiel für die Änderung der Artikulationsstelle von laryngal zu labiodental: Ar. äilal > asp. alhi(l)el, nsp. alfiler, pg. alfinete; ar. äumra > asp. alhombra, nsp., pg., kat. alfombra. Auf den Wandel von ar. f zu h kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da er weniger mit dem arabischen Einfluss zu tun hat und die Darstellung aufgrund ihrer Komplexität zu weit führen würde (cf. dazu
6.
Ausblick auf die Neuzeit
In Granada konnte das Arabische am längsten wirken, so dass im Jahre 1505 noch der Vocabulista Arauigo von Fray Pedro de Alcalá entstand. Aber mit dem Abbruch des Kontakts nach der letzten Vertreibung hatte das Arabische keine nachhaltige Wirkung mehr auf die iberoromanischen Sprachen. Der Kontakt zwischen Arabisch und Iberoromanisch ist nach 1609 nicht völlig abgebrochen. Zwar ist eine nachhaltige Wirkung des Arabischen auf das Spanische nicht zu erwarten, doch gab es in der Geschichte immer wieder erneuten Kontakt, allerdings in umgekehrter Richtung, beispielsweise im 19. Jh. durch die spanischen Kolonien in Nordmarokko und der spanischen Sahara.
7.
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1668
XII. Sprachkontakte und Migration
145. Sprachkontakte: Hebräisch und Romanisch Contacts linguistiques: hébreu et roman 1. 2. 3. 4.
Rahmenbedingungen Sprachformen von Juden als gesellschaftliche Gruppen in der Romania Entlehnungskonstellationen Literatur
1.
Rahmenbedingungen
Die Geschichte der Sprachkontakte setzt in Europa normalerweise eine Lektion über Historie voraus. Die romanische Sprachgeschichte, soweit sie nicht die linguistische Systematik betrifft, beruht auf der Einbettung sprachlicher Fakten in die Ereignisund Sozialgeschichte bestimmter Regionen des römischen Imperiums und der darauf folgenden Begebenheiten. Im Gegensatz dazu hatten die Juden parallel stets auch ihre eigene Geschichte. Zur jüdischen Philologie gehört insbes. eine vertiefte Reflexion der heiligen Texte, im mittelalterlichen Spanien schon seit dem 9. Jh. (Rodríguez 1981). Man muss das Judentum außerdem als Religion begreifen, und zwar als eine solche, die sehr auf ihre kultische Reinheit bedacht ist (cf. Prijs 1998). Kulturell übergreifend und gleichzeitig innerjüdisch verbindend ist die mystische, ursprünglich spanische Tradition der Kabbala (seit dem 13. Jh.). Man nennt dazu hebr. kabbala “Geheimlehre” (Lokotsch 1927, 997; zur Wortgeschichte: Kramer 1993, 62). In dieser soziokulturellen Situation findet ein gegenseitiger Austausch von Sprachmaterial (wie etwa zwischen Latein und Germanisch, zwischen Spanisch und Arabisch oder zwischen Rumänisch und Slavisch) ganz einfach nicht statt. Das Inventar der Entlehnungen ist deshalb verhältnismäßig klein. Orientierend bezieht man sich noch heute auf das Wörterbuch von Lokotsch (1927). Mit seinen 150 Eintragungen zum Hebräischen ist dieses Wörterbuch der historisch-vergleichenden Linguistik, d. h. dem REW Meyer-Lübkes verpflichtet (wobei allerdings zu bemerken ist, dass die phonetische Umschrift, obwohl unzweideutig, nicht mehr dem modernen Standard entspricht). Das Inventar des Spanischen bei Corominas (DCELC 1954) umfasst 23 Einträge. Soweit die Romanistik betroffen ist, findet man die lexikalischen Daten bei Kowallik / Kramer (1993) und bei Kramer (1990). Wir
schreiben diese Autoren hier nur beispielhaft aus. Unter diesen Umständen gilt linguistisch als Voraussetzung, dass in der Romania eine hebräisch-romanische Interferenz im morpho-syntaktischen Sprachaustausch nicht stattgefunden hat oder nur sehr beschränkt stattfinden konnte. Betroffen sind allein das Lexikon, evtl. auch lexikalisierte Einheiten (wie z. B. lat.-rom. alleluia, eigentlich “preiset Gott”). Historisch gesehen verweist man gewöhnlich auf das Jüdische Lexikon (cf. Elbogen 1992), gleichzeitig aber auch auf den Nachdruck der Geschichte der Juden von Graetz (1998). Anlässlich der 500-Jahrfeiern der Vertreibung der Juden aus Spanien bezieht man sich auf die Ausstellungen in Jerusalem, Sephardi Jews (Juhasz 1990), und in Deutschland, Jüdische Lebenswelten (Nachama / Sievernich 1992). In Italien gibt es eine umfassende italo-hebräische Bibliographie (Romano 1979). Im Mittelalter kulturell wirksam waren die Kontakte des Judaismus mit dem Islam. Grenzpunkte besonderer Art waren Süditalien und das maurische Spanien (cf. Ineichen 1997), weniger ausgeprägt Südfrankreich. Das europäische Christentum hat von diesen Kontakten viel gelernt, blieb jedoch in Religion und Politik nicht ohne Arroganz. Unter dem fanatischen Christentum der Spanier haben die Juden wie ihrerseits die Muslime schwer gelitten. Typologisch und systematisch gilt (nach unserer Vorstellung) eine klare Zuordnung: Hebräisch ist die Sprache der Juden. Gegen diese Zuordnung wendet sich auch kein jüdischer Hebräist. In der deutschen Universität gilt: Mit Hebräisch bezeichnet man die Sprache des Alten Testaments mit Ausnahme der aramäischen Teile. So die Theologen (cf. frz. l’hébreux biblique). Unter Orientalisten versteht man deshalb v. a. die Arabistik, evtl. mit den Nebenfächern Türkisch und Persisch. Was während der Dominanz des Aramäischen um die Zeitenwende und dank der Gelehrsamkeit der Rabbinen in der Folge effektiv zum Hebräischen geworden ist, ist für die Judaistik offenbar noch immer ein Problem. Der Vergleich zum Romanischen ist hier gegenüber dem Lateinischen unsystematisch.
145. Sprachkontakte: Hebräisch und Romanisch
2.
Sprachformen von Juden als gesellschaftliche Gruppen in der Romania
2.1. Grundformen Man muss erfahrungsgemäß davon ausgehen, dass die Juden die Umgangssprache ihrer Umgebung genau so sprachen, wie ihre Mitmenschen, wohl mit Akzent und lexikalischen Eigenheiten, aber nicht gegen die Sprachstruktur. Das stellt auch Minervini (1992, 129) für Spanien fest. Den Ausdruck ‘ancien judéo-français’ interpretiert man bei Sayers (1999) in seinem Aufsatz über die Beschneidung wohl richtig als «von den Juden regulär gesprochenes Afrz.». Unter diesem Gesichtspunkt ist der linguistische Begriff der Judensprachen (wie z. B. bei Sala 1998) ein gefährliches Konstrukt. Autoren wie Banitt (1963) bezeichnen die in diesem Rahmen behandelten Sprachformen – absolut zu Recht – als Phantomsprachen. Es ist anzunehmen, dass es im volkssprachlichen Gebrauch der Juden auch Gedichte gab. Ein Beispiel dafür ist die Elegia giudeo-italiana aus dem 12./13. Jh., dialektal vermutlich aus Mittelitalien. Der in zwei hebräischen Handschriften überlieferte Text umfasst 120 Zeilen (cf. Monaci 1955, 33). Diese Feststellung gilt für Osteuropa allerdings nicht unbedingt. Die askenasischen Juden – hebr. Aˇskenaz der Genesis bedeutet hier (Lokotsch 1927, 120) “deutsch, Deutsche, Deutschland” – sprachen die slavischen Sprachen ihrer Umgebung normalerweise nicht. Man mag dies als Isolierung in der Gesellschaft interpretieren, oder aber – vielmehr – als Mangel an sprachlicher Bildung (für Polen cf. Hoffmann 2000). Die intellektuellen Juden waren die Sepharden (cf. Ineichen 1999). Als Kommentar dazu folgendes: Der Begriff der Judensprache ist typisch christlich und traditionell europäisch. Aber er ist überflüssig, vielleicht an einem Gelehrtenschreibtisch entstanden, auch wenn er noch von Holtus (LRL , cf. die einschlägigen Stellen) verwendet wird. Es geht um einen Alteritätsdiskurs, den es entsprechend auch jüdisch gibt, z. B. im Falle von Goi “Nichtjude” (FEW 4, 189; Kramer 1993, 49). Christlich ist dieser Begriff im Gefolge einer alten Querele der Theologie, die den Antijudaismus ideologisch begründete, nicht nur christologisch, sondern auch ökonomisch, v. a. mit dem Verhältnis zum Geld. Europäisch ist dieser Begriff, weil die Eu-
1669 ropäer – wie seinerzeit auch die Juden in Osteuropa – sesshaft sind. Es gibt Zentren (Klöster, Herrensitze, Städte). All das ist das genaue Gegenteil zur Judenheit (cf. frz. le juif errant, von *iterare). Charakteristisch für das jüdische Verständnis der Welt ist die Mobilität, vielleicht mit einer gewissen Sehnsucht nach Sesshaftigkeit. Jüdische Gelehrte wechseln auch heute noch oft ihren Wohnsitz, und im Mittelalter galten die jüdischen Kaufleute als diejenigen, die die Wege wussten, auch kulturell. Die Übersetzerschulen in Spanien laufen unter ‘arabisch’, obwohl es v. a. gebildete Juden waren, die den Austausch zustande brachten (cf. Romano 1991/92). 2.2. Judenspanisch und semitische Sprachen Nach dem Gesagten verstehen wir unter einem Etikett wie ‘Judenspanisch’ zunächst einfach das in jüdischen Kreisen übliche Spanisch, und nicht eine Sonderform von Spanisch. Das Sephardische entstand erst mit dem radikalen Wandel der Sprachsituation, «adopted and developed by the Sephardic Jews after the expulsion from Spain in 1492» (Schwarzwald 1995). Die sprachliche und kulturelle Isolierung hatte in beiden Fällen genau identifizierbare Konsequenzen: Jiddisch im slavischen Osten Europas, wo das ‘Schtätl’ als jeweiliges Zentrum fungierte; Spanisch (yudezmo) im Osmanischen Reich mit Saloniki als Bezugspunkt (cf. Rehrmann / Koechert 1999). Obwohl das yudezmo auszusterben droht, erneuert sich daran ein gewisses Interesse (cf. als Lehrbuch: Hetzer 2001). Orientalistisch gesehen stellt sich allerdings die Frage nach dem Anteil des Semitischen. Hier benutzt Schwarzwald den in der Romanistik klassischen Begriff der Dublette; cf. dazu Studemund (1975), Ineichen (1995), Busse (1991; 1997; 1998) sowie Busse / VarolBornes (1996). Das Schema bei Schwarzwald (1995, 379), bei dem die durchgezogenen Linien ursprüngliche, die gestrichelten spätere Beziehungen darstellen, sieht folgendermaßen aus (Abb. 145.1. cf. S. 1670). Ein Kapitel, das hier nicht zur Diskussion steht, sind Texte auf Ladino (als Sakralsprache) und entsprechende Übersetzungen (als Beispiel dazu Lazar (1989; 1998). 2.3. Sonderfälle Es gab im europäischen Mittelalter somit wie gesagt zwei große Schübe von Juden
1670
XII. Sprachkontakte und Migration
Abb. 145.1. Ursprüngliche und spätere Einflüsse auf Ladino und Judenspanisch (nach Schwarzwald 1995, 379)
nach Osten und in der Folge weiter über die Welt. Die einen sind die Sepharden, die anderen die askenasischen Ostjuden. Das jüdische Leben Osteuropas steht in der Romanistik nicht zur Diskussion. Sprachlich geht es um Jiddisch (cf. als Klassiker Weinreich 41965, ferner Baumgarten 21993; Fiedermutz 1999). Nach Eggers (1998) handelt es sich ursprünglich um eine Variante von Deutsch aus dem bayerischen Südosten mit Einflüssen aus dem Slavischen. Als Beispiel zum Slavischen dazu Hentschel (1999). Man spricht in Zentraleuropa außerdem von Westjuden, die sprachlich adaptiert und religiös emanzipiert sind. Die Beschäftigung mit dem Hebräischen entfällt jedoch auch hier nicht ganz. Ein Beispiel dafür ist die ‘hebräische Kraftanstrengung’ Franz Kafkas mit seinen hebräischen Studien zwischen 1917–24, als er sich mit dem Gedanken trug, nach Palästina auszuwandern. Dass es autochthon vereinzelt auch besondere Gruppensprachen gegeben hat, dürfte nicht überraschen. In Südfrankreich erwähnt man einen ‘argot hébraïco-provençal’ (Pansier 1924). Ein Beispiel aus Italien findet man in Triest (Fortis 1991). In Sizilien, wo sich die Sprachsituation als Quadruvium darstellt, findet man (Ineichen 1998) das einheimische Griechisch, romanische Dialekte mit dem Latein als klerikaler Variante, dialektalisiertes Arabisch und das zwischen dem 12./15. Jh. belegte, sizilianisierte ‘giudeo-arabo’ der Juden. Dass Juden unter sich beim Geschäft – Geld, Grundstücke, Pferde – gewisse Absprachen (als langues de connivance) treffen, war offenbar der Fall. Geschäfte spielen sich
in allen Sprachen auf diese Weise ab. Wo Arabisch auftaucht, gibt es bei der Verschriftlichung Interferenzen mit dem Hebräischen (maßgeblich dazu: Blau 1981). Abschließend ist zu bemerken, dass die Verschriftlichung bei den Juden traditionell mit hebräischen Lettern erfolgt.
3.
Entlehnungskonstellationen
Das Hebräische als Schriftsprache hat eine lange, rund dreitausend Jahre umfassende Geschichte, während der es immer wieder mit europäischen Sprachen zusammenkam (cf. Rabin 1988; Scheindlin 1991). Es gab eingesessene Juden im ganzen römischen Imperium, v. a. im Mittleren Osten, wo das Aramäische lange Zeit dominant war, im Einflussbereich des Griechischen in Rom, weniger in Hispanien (Beinart 1962), das die Juden nach dem Alten Testament (Obadiah) als Sepharad bezeichneten. Innerhalb dieser Dimensionen entstehen chronologische Abgrenzungen. Es gibt alte Entlehnungen wie gr.-lat. sabbatum “Samstag” (FEW 11, 2; Lokotsch 1927, 1742, hebr. sˇ abbat “Ruhe”), das sich in lautlichen Varianten in den meisten europäischen Sprachen findet. Es gibt Entlehnungen im europäischen Mittelalter, auf die wir vorhin hingewiesen haben. Die Frage danach, welche Varianten des Hebräischen bei der Entlehnung in Europa jeweils zuständig waren, braucht man nicht unbedingt zu entscheiden. Schriftlich belegbare Hebraismen sind oft griechisch-lateinisch umgesetzt. Ein Wort wie hebr. man (Kramer 1993, 58) lautet gr.lat. manna “Manna”, das man auch als Ety-
1671
145. Sprachkontakte: Hebräisch und Romanisch
mon ansetzen könnte. Nach italienischem Usus wäre das Hebräische dann die ‘etimologia lontana’. Ein weiterer Umschlagplatz sind die Texte der Bibel, die ursprünglich griechisch sind, im 16. Jh. sodann allerhand Umsetzungen in die europäischen Vulgärsprachen erfahren haben (cf. in Italien: Cuomo 1995). Dabei entstehen Konflikte zwischen Lexikologie und Sprachgebrauch. Man nehme dt. Beelzebub (Kluge 242002), auf italienisch im Wörterbuch registriert als belzebù. Doch sagt man dafür in Italien einfach satana. Zu diesem Bestand gehören mehr oder weniger zufällige Entlehnungen, die oft nur dialektal belegbar sind. Man nehme dt. schächten (17. Jh.), zu hebr. sˇ ahat (FEW 20, 27), das im Romanischen schriftsprachlich mit “schlachten nach jüdischem Ritus”, nicht aber mit einem eigenständigen Lexem übersetzt wird. Es bleibt deshalb auch hier, wie immer, die Frage nach der Motivation im Verhältnis zu dem jeweiligen Realisierungen der Entlehnung. Dabei ist festzustellen, dass die hebraistische Wortforschung bislang noch keine etablierte Tradition hat. Es gibt unterschiedliche Ansätze. Zur Illustration hier drei Beispiele: Der heilige Graal des Mittelalters, afrz. graal, geht nach FEW (2/2, 1294) auf lat. cratis “Flechtwerk” zurück, während man bei Lokotsch (1927, 731) auf hebr. goral “Los, Losstein (zum Vorhersagen des Schicksals)” verwiesen wird. Dt. kotzen ist nach Kluge (242002, 407) eine innerdeutsche Intensivbildung zu koppen “aufstoßen”, gehört nach Lokotsch (1927, 1264) jedoch zu hebr. kus “Ekel empfinden”. Frz. sot, sotte «adj. et n., d’origine inconnue» (DHLF 1982), findet man bei Lokotsch (1927, 1927) unter hebr. sˇ ote “dumm, töricht”. Im Rahmen des italienischen Humanismus und mit den Bestrebungen der Reformation in Deutschland entstand die europäische Hebraistik. Man denkt in Italien an Pico della Mirandola (1463–94), in Deutschland an den ‘ersten deutschen Humanisten’, Johannes Reuchlin (1455–1522), in der Schweiz an Thomas Platter (1499–1582). Die orientalistische Position von Antonio de Nebrija (1441– 1522) ist noch nicht ausgemacht. Neu ist in der Renaissance das Konzept des Collegium trilingue, d. h. der Kombination der drei klassischen Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch, christlich vorgegeben im signum crucis. Ansätze dazu gab es schon in der Druckerei des Aldo Manuzio (1494–1515) in Ve-
nedig. In Spanien gelangt man mit Kardinal Cisneros (1436–1517) und der Hilfe von Isabella der Katholischen nach Alcalá de Henares (cf. Ineichen 1991, 231). Unter dem Einfluss der Bibelübersetzung Luthers und des Protestantismus gibt es in Mitteldeutschland Ansätze einer vergleichenden Sprachwissenschaft (philologia sacra). Maßgeblich dafür ist in Göttingen der ‘Gottesgelehrte’ Johann David Michaelis (1717– 91, cf. Ineichen 1994). Die neuere Wissenschaft bleibt davon unberührt. Aufmerksam geworden ist man indes auf die ‘jüdischen Antiquitäten’ des Flavius Josephus (37/38– 100, cf. Mason 2000), und zwar als Quelle der Geschichte der Juden im Altertum.
4.
Literatur
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Gustav Ineichen, Göttingen (†)
1673
146. Contacts linguistiques: turc et roumain
146. Contacts linguistiques: turc et roumain Sprachkontakte: Türkisch und Romanisch 1. 2. 3. 4. 5.
Contacts entre populations et cultures L’influence turque préosmanlie L’influence turque osmanlie Viabilité et vitalité des emprunts Bibliographie
1.
Contacts entre populations et cultures
Les idiomes romans influencés par les langues des populations turques – établies en Europe de l’Est au cours du Moyen Age – sont le roumain et ses ramifications sud-danubiennes (surtout l’aroumain et le mégléno-roumain). Commune à toutes les langues sud-est-européennes (cf. Skok 1934/35, 591ss.), cette influence a contribué à l’intégration de la Romania du Sud-Est à «l’union linguistique balkanique» (Rosetti 1968, 203ss.; 587s.). Les premières populations turques qui ont laissé des traces en roumain sont les Pétchenègues et les Comans (Drimba 1980, 73 ss.), sédentarisés aux Xe–XIII e s. dans les plaines du Nord et du Sud du Danube (ainsi que dans la Pannonie). Les contacts, d’abord isolés (puisque les Roumains vivaient dans les montagnes et les forêts), et l’assimilation tardive des restes de ces populations ont rendu possible le transfert de certains noms communs et propres. A partir du XIII e s., les incursions des Tatars dans les Pays Roumains (la Valachie, la Moldavie et la Transylvanie), surtout en Moldavie, et leur présence menaçante ont créé des rapports tendus qui expliquent la sporadicité des emprunts, surtout dialectaux, aux idiomes tatars. Les conquêtes ottomanes du XIVe s. dans les Balkans entraînèrent l’inclusion des peuples sud-danubiens dans le système politicoadministratif de l’Empire Ottoman, dont les frontières atteignaient la ligne du Danube vers la fin du même siècle. Les Pays Roumains entrèrent sous l’influence et la domination croissante de la Porte pour presque cinq siècles (jusqu’au milieu du XIX e s.), ce qui impliqua une dépendance économique (reflétée dans les domaines professionnels et commerciaux), une organisation socio-administrative spécifique (titres, institutions) et un modèle de vie quotidienne (mœurs, habits, alimentation, construction, etc.) copiés par l’aristocratie, puis propagés par les cita-
dins jusqu’au niveau rural. Presque tous les domaines de la civilisation matérielle subirent ainsi l’influence turque. La vie intellectuelle et religieuse, elle, échappa à cette influence (S¸ a˘ ineanu 1900, 286). L’influence turque-osmanlie (c.-à-d. de la langue officielle de l’Empire Ottoman) sur la Romania du Sud-Est s’exerça de diverses manières: (a) par contact direct entre les populations cohabitant au Sud du Danube (y compris la Dobroudja); (b) dans les Pays Roumains, par le biais des marchands et fonctionnaires turcs qui les parcouraient (permettant l’intégration d’une partie des mots du langage familier et professionnel); (c) par les contacts officiels de l’élite politique et culturelle bilingue des Pays Roumains (les chroniqueurs et traducteurs de livres populaires des XVI e–XVIII e s. facilitèrent ainsi le transfert d’une riche terminologie administrative, militaire et juridique, abandonnée au XIX e s.).
2.
L’influence turque préosmanlie
Le roumain et ses ramifications sud-danubiennes ont retenu du pétchenègue et / ou du coman (langues peu connues mais semblables) quelques termes appartenant à des domaines variés: roum. beci “cave” (com. beˇci); roum. coman “diable; monstre” (com. Koman); roum. oina˘ “jeu de balle roumain” (!), aroum. oina˘ “jeu de cartes” cf. tc. oyun “jeu”; roum. toi “apogée” (com. toy); peutêtre aussi roum. capcana˘ “piège” (cf. tc. kapan > aroum. ca˘ pane). Certains chercheurs (S¸ a˘ ineanu 1900, 15 ss.; Densusianu 1901, 379 ss.; Giurescu 1961, 205 ss.) ont fait appel aux critères extralinguistiques pour expliquer certains mots du coman acceptés par d’autres comme emprunts au turc-osmanli. Wendt (1960, 51 ss.) a inséré à tort parmi les emprunts préosmanlis nombre de mots provenant de diverses autres langues (Drimba 1964, 99 ss.). Les toponymes d’origine préosmanlie sont un peu plus nombreux (Caracal, Caraiman, Coman, Peceneaga, Teleorman, Uzul, etc.) ainsi que les noms de famille (Balaban, Basarab, Cantemir, Coman, etc.). Cela est valable aussi au Sud du Danube où le nom de famille Duˇsman (< com. Duˇsman) et
1674 le nom de lieu Coman sont bien répandus (Schütz 1985, 198; 200 s.). Selon S¸ a˘ ineanu (1900, 11), les rares emprunts tatars du roumain, surtout de son sous-dialecte moldave, concernent des réalités spécifiques (han “souverain tatar”, mârzac “noble tatar”, oba “chaumière tatare”), des objets (arcan “lasso”, ceaun “chaudron”) ou des qualités (giga˘ t “brave”). Les termes provenant du coman sont concentrés dans le roumain littéraire actuel, tandis que la plupart des emprunts au tatar sont obsolètes. Dans tous les cas, l’apport préosmanli au lexique roumain a été numériquement réduit et n’a pas soulevé de difficultés d’adaptation.
3.
L’influence turque osmanlie
Le statut de langue officielle dominante des Balkans du turc-osmanli – à côté du néogrec qui a joué le rôle de langue de culture – a imposé une interférence turco-roumaine quasiment unilatérale (pour les rares emprunts du turc au roumain, cf. Matei 1966, 223 ss.). 3.1. Sources des emprunts Plusieurs mots d’origine turque ont pénétré dans le roumain et / ou ses variantes sud-danubiennes en passant par d’autres langues (néogrec, serbo-croate, bulgare, albanais et même hongrois) qui constituèrent ainsi la source directe des emprunts respectifs (cf. S˘ ¸ aineanu 1900, 279ss.). Nombre de mots istro-roumains d’origine turque ont pénétré par le canal du serbo-croate (cf. Kovaˇcec 1971, 201ss.), tandis que beaucoup d’emprunts turcs du méglénoroumain ont pénétré par la filière du macédonien (Atanasov 1984, 549). L’assertion de Papahagi (DDA1 , 14) selon laquelle «d’une façon générale, le lexique turc n’a pas pénétré directement en aroumain, mais par l’intermédiaire du grec» est exagérée et contredite par le contenu même de son dictionnaire. Dans d’autres cas, les mots ont été empruntés sous des formes ou avec des acceptions différentes tant au turc qu’à d’autres langues: roum. bucluc, bocluc “ennui, tracas” < tc. bokluk, (dial.) “ordure” < s.-cr. bokluk; roum. cafea, (arch.) cahve / cahfe, (dial.) cafeu / cafei / cavei / cavie, aroum. café “café” < tc. kahve, (dial.) kave / kafe, ngr. , all. Kaffee, hongr. kávé, polon. kafej. La dispersion géographique des mots (surtout leur présence en Transylvanie) est parfois l’indice d’une étymologie multiple: roum. briceag “canif ” < tc. bçak, hongr.
XII. Sprachkontakte und Migration
bicsak; roum. catran “goudron” < tc., s.-cr., bulg. katran, hongr. kátrány. Le turc-osmanli, à son tour, a été l’intermédiaire de nombreux ‘mots voyageurs’ d’origine arabo-persane: pers. g˘ öhär > ar. g˘ awhar, pl. g˘ avahir > tc. cevahir > roum. giuvaer “bijou”; grecque: ngr. > tc. talaz > roum. talaz “vague” ou ouest-européenne: lat. transmutare > it. tramuta > tc. trampa > roum. trampa˘ “troc”, etc. (cf. S¸ a˘ ineanu 1900, 32 ss.). La source directe de la plupart des mots roumains d’origine turque est toutefois le turc-osmanli, commun ou dialectal, de ses périodes ancienne et moyenne d’évolution (jusqu’au milieu du XIX e s.). Les étymons peuvent donc avoir des formes ou des significations différentes de celles des périodes littéraires modernes (Suciu 1990, 389): (a) étymons populaires ou dialectaux: roum. dovleac “courge” < tc.dial. dövlek (litt. devlek); roum. farfurie, aroum. fa˘ rfa˘ riu “(assiette de) porcelaine” < tc.pop. farfuri (litt. fag˘ furi); roum. tuci, aroum. tuciu “laiton” < tc.pop. tuç (litt. tunc > aroum. tunge), etc.; (b) étymons archaïques: roum., aroum. ageamiu “novice” < tc.arch. aˇgami (mod. acemi); roum. cherhana “fabrique” < tc.arch. kerhana (mod. “bordel” > aroum. kiurhan “prostituée”); roum. herghelie, aroum. irgilé “haras” < tc.arch. hergele (mod. “étalon”), etc. 3.2. Chronologie On distingue quatre étapes de l’influence turque osmanlie sur le roumain (Suciu 1984a, 27–33): (a) la fin du XIVe s. au XVe s. (env. 20 mots empruntés); (b) les XVI e–XVII e s. (env. 500 mots, dont plus de 50 % sont actuels); (c) le XVIII e s. et les 30 premières années du XIX e s. (presque 2.000 mots d’emprunts, dont 70 à 75 % ont été rapidement abandonnés); (d) une étape actuelle, comprenant les influences strictement dialectales, dans les zones de contacts directs et durables avec les dialectes balkaniques du turc (dans l’espace daco-roumain, les régionalismes de ce type atteignent 100 à 150 termes dans le domaine de l’économie rurale et dans le monde animal ou végétal). 3.3. Distribution territoriale L’influence linguistique osmanlie la plus marquée s’est exercée sur les variantes du Sud du Danube, de la Valachie et de la Moldavie, tandis que la Transylvanie a échappé à cette influence (Saineanu ¸ 1900, 79; 269 ss.). Les turcismes du Banat sont empruntés sur-
146. Contacts linguistiques: turc et roumain
tout par le canal du serbo-croate (ib., 80; Ga˘ mulescu 1974, 62 ss.), les emprunts directs y étant rares (cf. Matei 1967, 567 ss.). Tous les idiomes roumains et toutes les langues balkaniques ont en gros emprunté les mêmes mots turcs (Saineanu ¸ 1900, 40 s.). 3.4. Domaines de la langue concernée Les différences de typologie et de structure linguistique ainsi que les différences culturelles ont permis une influence catégorique et durable limitée au vocabulaire du daco-roumain, qui a emprunté directement au turc env. 2.500 mots (Suciu 1986, 373; 1990, 389): substantifs (plus de 90 %), adjectifs (6 %), quelques adverbes, interjections, conjonctions et numéraux. Les emprunts de l’aroumain sont surtout de type populaire et englobent aussi nombre de verbes, beaucoup de termes abstraits et des désinences, ce qui prouve une infiltration plus profonde des éléments turcs dans l’aroumain que dans le daco-roumain (S¸ a˘ ineanu 1900, 240). L’onomastique d’origine turque est relativement riche (cf. Decei 1951, 365ss.; Iordan 1952, 213; Suciu 1975, 129ss.; 1984b, 230ss.). Nombre de structures lexicales ou phraséologiques résultent de ‘l’emprunt interne’ (cf. 3.7.). D’autres domaines du roumain sont indirectement influencés par l’intermédiaire du lexique: (a) la formation des mots (les suffixes, devenus productifs, roum. -giu, -iu, -liu, -lâc, -man, aroum. -g˘ i, -lîke, -liu, ainsi que l’élément de composition roum. ba¸s-; cf. S¸ a˘ ineanu 1900, 52 ss.); (b) la morphologie (la consolidation du type flexionnel féminin roumain en -(e)a, cf. 3.6.; l’adoption par l’aroumain des désinences turques de pluriel -lar et -an, cf. Sala 1997, 148); (c) et même la phonétique (la consolidation du phonème [h]; l’apparition de phonèmes en positions ou en combinaisons nouvelles: [a] en position non accentuée, les groupes [˘go], [g˘ u], disparus du roumain médiéval, etc.; cf. ib., 119; 122). 3.5. Domaines du vocabulaire La distribution des mots d’emprunts en catégories sémantiques montre les traits particuliers de l’influence turque sur le roumain et conduit aux mêmes résultats, même si les critères de classification peuvent varier (cf. S¸ a˘ ineanu 1900, 133 ss.; Rosetti / Cazacu / Onu 1971, 412 ss.; Suciu 1984a, 77–90; Lüder / Miron 1992, 215 ss.). La contribution la plus importante du
1675 turc à l’enrichissement (provisoire) du vocabulaire roumain se retrouve dans la terminologie politique, administrative, juridique et militaire (plus de 500 mots, dont 95 % aujourd’hui hors d’usage): aga˘ “préfet” (tc. ag˘ a), alai “régiment” (tc. alay), caza “district” (tc. kaza), ceau¸s “sergent” (tc. çavu¸s), cumbara “obus” (tc. kumbara), meterez “créneau” (tc. meteris), pa¸sa˘ “pacha” (tc. pa¸sa), tefter “registre” (tc. tefter), etc. La deuxième catégorie importante est celle des noms de vêtements, étoffes, chaussures et parures (env. 200 mots, dont la moitié s’est maintenue dans le roumain actuel): aba „bure” (tc. aba), basma “fichu” (tc. basma), ciorap “bas” (tc. çorap), giuvaer “bijou” (tc. cevahir), s¸ iret “lacet” (tc. s¸ erit), etc. Plus de 150 mots d’emprunt sont des noms d’outils et d’autres moyens de travail et de transport, dont un tiers sont actuels: burghiu “vrille” (tc. burgu), cazma “bêche” (tc. kazma), f˘ara¸s “pelle” (tc. fara¸s), macara “grue” (tc. makara), rindea “rabot” (tc. rende), etc. Les notions abstraites, la plupart du domaine de la moralité, sont représentées par env. 150 termes empruntés au turc, dont 35 % ont survécu dans la langue moderne: belea “embarras” (tc. belâ), chef “envie” (tc. keyf), cusur “défaut” (tc. kusur), hal “mauvais état” (tc. hal), moft “caprice” (tc. müft), renghi “farce” (tc. renk), etc. Le vocabulaire de l’alimentation est riche en emprunts au turc (plus de 100 mots, dont plus de 50 % actuels): ciorba˘ “potage” (tc. çorba), ghiveci “macédoine” (tc. güveç), mezel “charcuterie” (tc. meze), rachiu “eau de vie” (tc. rak), etc. L’influence osmanlie a été remarquable aussi (50 à 100 mots d’emprunt) dans les domaines suivants: les traits psychiques et physiques, la maison, les noms d’occupations, l’activité commerciale et financière, la faune et la flore. Entre 30 et 50 sont des appellatifs topiques, la terminologie chromatique et celle des divertissements, les adverbes et les interjections d’origine turque. Dans certains domaines, l’emprunt au turc est négligeable (moins de 30 mots): anatomie, temps et ses divisions, aspect des choses, rapports interhumains, musique et folklore, ethnonymie, vie religieuse. 3.6. Types d’intégration Nombre de mots empruntés au turc n’ont pu s’intégrer au système lexical roumain que par une adaptation de leur phonétisme, ayant parfois des raisons et des conséquences morphologiques.
1676 L’adaptation phonétique a déterminé la modification des sons ou groupes de sons impossibles ou inhabituels en roumain, p. ex. les voyelles turques ö (> roum. o ou u), ü (> u ou i) et la consonne osmanlie G (> roum. g, h ou rien); l’aphérèse de i- devant le groupe s + consonne(s); la réduction des consonnes géminées; l’évolution à cˇ i, gˇ i, sˇ i, i des groupes tc. cˇ ï, gˇ ï, sˇ ï, yï, non admis en roumain (cf. Suciu 1992, 27 ss.). Le phénomène morphonétique du changement d’accent est dû à la position de l’accent sur la voyelle finale des noms, très fréquente en turc mais inhabituelle en roumain. Certains mots oxytons turcs sont devenus paroxytons en roumains, et la voyelle turque finale devient a˘ en roumain: ága˘ < tc. agá, chíla˘ < tc. kilé, ghiótura˘ < tc. götürü, pá¸sa˘ < tc. pa¸sá (Suciu 1979, 220; 223; 1992, 31). En général, les étymons ont été adoptés tels quels (tc. -a > roum. -á) ou adaptés à ce type de flexion féminine (tc. -e > roum. -eá), consolidée à cette occasion (cf. 3.4.). L’adaptation morphologique a visé l’intégration dans les types flexionnels roumains, quand l’adoption telle quelle était impossible: mots turcs à finale accentuée en -ï, -i, -ü, -u (> roum. -iu ou -ie), -e (> roum. -ea ou -a˘ ). Sous la pression du genre naturel ou par analogie et / ou par fausse analyse de la désinence du pluriel, certaines terminaisons ont été réduites ou amplifiées (Suciu 1979, 218; 220; 222). D’autres modifications ont eu lieu par contamination, par étymologie populaire (cf. Hristea 1968, 259ss.) ou par l’ellipse d’un élément des mots composés ou des syntagmes (cf. Suciu 1983, 336ss.; Drimba 1990, 306ss.). 3.7. Emprunts internes Il existe des calques structuraux ou sémantiques très nombreux mais peu étudiés (pour les parallèles syntaxiques et phraséologiques turco-roumains, cf. Spitzer 1938, 237 ss.; Drimba 1948, 202 ss.): le sens “demeurer” du roum. s¸ edea (“être assis” < lat. sedere) est un calque sémantique du tc. oturmak “être assis; demeurer”; roum. ficat-alb “poumon” (ficat “foie”, alb “blanc”), calqué d’après tc. akcig˘ er “poumon” (ak “blanc”, cig˘ er “poumon; foie”); roum. a mânca b˘ataie “recevoir une raclée” (mot à mot “manger une raclée”), d’après le tc. dayak yemek “recevoir une raclée” (dayak “raclée”, yemek “manger”), etc. (cf. S¸ a˘ ineanu 1900, 103 ss.). Les locutions calquées contenant les verbes a fi “être”, a avea “avoir” sont très nombreuses.
XII. Sprachkontakte und Migration
4.
Viabilité et vitalité des emprunts
Les termes empruntés au turc ont constitué la base d’un grand nombre (au moins 1.500) de mots dérivés ou composés sur terrain roumain (ib., 56 ss.; Suciu 1984a, 164–175). Beaucoup de mots d’emprunt ont subi des évolutions sémantiques (cf. S¸ a˘ ineanu 1900, 67 ss.; Lüder / Miron 1992, 214 s.), soit au moment de l’emprunt, soit ultérieurement (Suciu 1984a, 153–163). La majorité des mots d’emprunt au turc (plus de 70 %), ainsi que 60 à 65 % de tous les mots roumains d’origine turque, y compris les dérivés, sont tombés en désuétude et sont aujourd’hui hors d’usage (cf. Suciu 1984a, 189–191; 1986, 378; 380). La plupart des Roumains (deux tiers) ne comprennent aujourd’hui qu’un tiers de la totalité des mots d’origine turque (Lüder / Miron 1992, 215). On pense que le mégléno-roumain et l’aroumain, qui n’ont pas développé une variante littéraire de la langue, ont perdu une proportion moins importante des emprunts. Le lexique roumain actuel d’origine turque-osmanlie comprend à peu près 900 à 1.000 termes (env. 650 à 700 mots d’emprunt – c.-à-d. 26 à 28 % du total des termes empruntés – et 250 à 300 formations sur terrain roumain). De la masse du vocabulaire roumain actuel se détachent environ 70 termes qui font partie du vocabulaire essentiel, dont 39 sont très fréquents et appartiennent au vocabulaire fondamental. Les plus importants sont les dix termes d’origine turque du fonds lexical principal du roumain actuel: cafea “café”, cear¸saf “drap”, chef “ripaille; désir”, chibrit “allumettes”, ciorap “chaussettes, bas”, degeaba “en vain”, du¸sman “ennemi”, geam “vitre, fenêtre”, hai(de) “allons!”, murdar “sale” (Suciu 1986, 378ss.).
5.
Bibliographie
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1677
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Emil Suciu, Bucure¸sti
147. Contatti linguistici: tedesco e Italoromània / Alpi orientali Sprachkontakte: Deutsch und Italoromania sowie Ostalpenraum 1. 2. 3. 4.
Introduzione Tedesco e Italoromània Tedesco e Romània delle Alpi orientali Bibliografia
1.
Introduzione
1.1. Stato della ricerca Gli studi sul contatto linguistico tra italiano (varietà diatopiche dell’Italoromània e della Romània delle Alpi orientali) e tedesco dall’XI sec. ad oggi non sono altrettanto numerosi e sistematici (cf. Sorba 2000, 188 n. 4)
come quelli sull’elemento germanico nel periodo tardo-antico e alto-medievale (→ art. 54, cap. 2.; 3.; anche Arcamone 1994). Questa tematica è tuttavia menzionata, talvolta anche soltanto in un breve paragrafo o in nota, in numerosi saggi, monografie, manuali, vocabolari, repertori lessicali (per la bibliografia cf. LEIS uppl). La totalità delle indicazioni che si possono desumere da queste fonti, che potremmo definire ‘secondarie’ o ‘indirette’, contribuisce, in modo talvolta determinante, a delineare il quadro relativo alla presenza dell’elemento tedesco
1678 (prestiti e calchi) nell’Italoromània tanto nella lingua standard quanto nelle varietà di italiano regionale e nei dialetti. I dialetti nei quali la componente tedesca è più rilevante sono, per ovvie ragioni storiche e geografiche, quelli delle regioni settentrionali centroorientali e in particolare i dialetti dell’arco alpino e, tra questi, soprattutto quelli delle vallate dei Grigioni e delle Dolomiti (cf. Elwert 1972 [1943]; Haiman / Benincà 1992, 154). 1.2. Le varietà di tedesco Il tedesco con cui entrano in contatto, per contiguità geografica e / o fattori storicoculturali ed economici, le varietà romanze dell’Italia e dell’arco alpino rappresenta una realtà linguistica molto diversificata: al suo interno si contano infatti tre macroaree costituite dalle varietà standard nazionali (tedesco parlato in Germania, Svizzera e Austria) e una molteplicità di varietà regionali o addirittura locali (tra le quali vanno incluse le colonie alloglotte in Italia, → art. 163, cap. 4.; cf. anche HSK 1/1–2, 1982/83; HSK 2/1–4, 21998–2004), che non corrispondono necessariamente alle articolazioni delle tre macroaree. Il bavarese ad es. è una varietà diatopica parlata nella Germania meridionale, in Austria, nell’Alto Adige / Südtirol, nelle isole linguistiche friulane (carinziano) e del veronese (varietà arcaica del bavarese). Lo svizzero tedesco, che è una varietà di alemanno, è una lingua sovraregionale sempre più usata nella Svizzera tedesca. Il tedesco standard (Hochdeutsch), inteso come lingua scritta unitaria, cominicia a diffondersi soltanto verso la fine del periodo Frühneuhochdeutsch (dal 1600 ca.); per i secoli precedenti bisogna considerare esclusivamente singole realtà linguistiche regionali (Sprachlandschaften) e in particolare, per l’italiano, soprattutto il bavarese e l’alemanno, come indicano anche le caratteristiche consonantiche e vocaliche dei prestiti. Si distinguono pertanto voci entrate da: (a) tedesco standard, cf. crauti da (Sauer)kraut (ante 1712; 1681 nella variante craut, DELIN s. v.) o cobalto (1765) da Kobalt, elemento chimico che deriva il nome dai coboldi (Kluge 242002, s. v.); (b) svizzero tedesco, cf. mucca (ante 1758) “tipo di bovino, vacca di Lugano” da Mugg, Muchi “bovina giovane” (Lurati 1996, 250), bezzo (1545; ma il pl. bezi è menzionato, come voce del mondo di lingua tedesca, già nel 1498) “moneta veneziana da
XII. Sprachkontakte und Migration
mezzo soldo” poi “denaro, moneta” da Bätz(en), Betz(en) a sua volta da Batzen “moneta di scarso valore che circolava a Salisburgo e a Berna” (Kluge 242002, s. v.) incrociato per paraetimologia con Bär / Betz (DELIN, s. v.; LEIG erm, in stampa); (c) bavarese-austriaco, cf. friul. acarli “uncinetto” (DESF, s. v.) e lad. acherle (Schmid / Vigolo 1998, 140) da hakerle; trent. pàis “mordente (per il legno)” da paize (LEIG erm 2000, col. 81). Situazioni di contatto linguistico nell’Italoromània sono determinate anche dalla presenza di gruppi alloglotti tedeschi (→ art. 163, cap. 4.; cf. 3.2.).
2.
Tedesco e Italoromània
2.1.
Italia
2.1.1. Cronologia Nei sec. XI –XV l’influenza dell’area tedescofona è irrilevante, ma anche dopo il sec. XV si registrano pochissimi tedeschismi, nonostante i rapporti commerciali e militari (cf. Zolli 21991, 142–154). La maggior parte dei prestiti tedeschi della lingua standard entra dalla metà dell’Ottocento in poi, soprattutto nel lessico intellettuale: determinismo da Determinismus (1873, Marri 1997, 251), lied “canzone vocale tedesca” (1889, ib., 257); cf. altri es. più avanti. 2.1.2. Contesto (1) Fattori esterni permanenti, dovuti a dati di fatto non modificabili, come la contiguità geografica. Si tratta in questi casi di termini appartenenti soprattutto all’ambito della gastronomia e del turismo (cf. Migliorini 1960, 741; Coletti / Cordin / Zamboni 1996, 316 s.) come: speck (1976); canederlo (1942) e la variante meno comune canedolo diffusi in italiano attraverso il trentino accanto al prestito non adattato knödel (1957), voce dell’area bavarese-austriaca; finferli (1892, registrato in GDIU, s. v.) dal ted. Pfifferling accanto a funghi cantarelli o gallinacci; alphorn (1955, GDIU ) “strumento a fiato tipico delle valli alpine, specialmente svizzere”; jodler (1892, GDIU ), con la variante jodel, che designa un canto popolare tipico delle aree alpine, soprattutto tirolesi. (2) Fattori esterni contingenti, come ad es. rapporti commerciali a cui si devono numerosi nomi di monete: venet. bezzo (cf. 1.2.), venet. craizer da Kreuzer “moneta d’argento, coniata a Verona e Merano, sulla
147. Contatti linguistici: tedesco e Italoromania / Alpi orientali
quale è incisa una croce” (Kluge 242002, s. v.), da cui anche tosc. crazia e craicero “antica moneta toscana del valore di cinque centesimi” (Migliorini 1960, 421; Serianni 2001, 626). Particolari contesti socio-economici hanno determinato anche fenomeni di migrazione da e verso paesi di lingua tedesca, che riguardano soprattutto le regioni nordorientali. Queste migrazioni hanno contribuito all’introduzione di tedeschismi in ambiti lessicali legati a determinati mestieri; sono voci introdotte da immigrati di ritorno oppure da emigranti stagionali impiegati come manodopera nei paesi limitrofi di lingua tedesca o come manovali nella costruzione di ferrovie nell’Europa centrale. Cf. venet. e triest. sina “rotaia” da Schiene “id.”; venet. ezimpòn “costruzione di ferrovia o costruzione di strade” ed ezimpònaro “lavoratore impiegato in costruzioni stradali”, ma anche “emigrante” da varianti dialettali alto-tedesche (come suggeriscono vocalismo e desonorizzazione dell’occlusiva) del ted.stand. Eisenbahn “ferrovia” e Eisenbahner “ferroviere” (cf. Migliorini 1960, 742; Prati 1968, 60; per il friulano cf. 3.3.). Termini del lessico minerario sono stati invece diffusi da operai tedeschi provenienti dall’Erzgebirge sassone e boemo: venet. e trent. stol “cunicolo, galleria di miniera” oggi anche genericamente “galleria scavata nella roccia” da stoln (cf. Battisti 1922, 199; Vergani 1979, 67), il tipo canopo “minatore tedesco, lavoratore con alta qualificazione” poi “minatore” da Knappe “id.” registrato in dialetti veneti e trentini (cf. Battisti 1922, 199; Prati 1968, 131; Vergani 1979, 64; Zolli 1986, 60). Parte di questo lessico specialistico è oggi scomparso, ma tracce della sua originaria presenza sopravvivono spesso nell’onomastica (cf. 2.1.8.). Minatori tedeschi furono impiegati anche nelle cave della Toscana e nelle miniere di piombo e argento in Sardegna e di conseguenza anche in queste regioni la terminologia specialistica fu influenzata dal tedesco, come attestano voci di origine tedesca presenti in statuti e documenti dei sec. XII –XVI , che scompaiono però in in età moderna (Vergani 1979, 57). (3) Un altro fattore esterno che ha condizionato le vicende linguistiche è il contesto politico. Al governo della dinastia AsburgoLorena nel Granducato di Toscana (1738– 1859) si devono alcune voci presenti oggi nell’italiano e in molte varietà dialettali, ma che si sono diffuse probabilmente dalla Toscana come dicastero (ante 1748) “centro
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dell’ amministrazione” oggi “ministero” da Dikasterium “tribunale”, voce tedesca derivata dal greco; chifel “panino a mezzaluna” da Kipfel “cornetto” e semel “tipo di panino di fior di farina” da Semmel “id.” (le prime attestazioni di queste ultime due voci risalgono tuttavia alla prima metà del XIX sec., Zolli 1986, 64 s.). Anche la dominazione austriaca nel Lombardo-Veneto (1815–66) ha lasciato tracce nel lessico (cf. Forsthofer 1991), ma i tedeschismi che risalgono alla dominazione austroungarica non sono molto numerosi in quanto il tedesco, pur essendo lingua ufficiale, non diventò lingua veicolare di grande diffusione e la presenza tedesca, soprattutto in Lombardia, era rappresentata da impiegati dell’amministrazione e da militari. Per questo i tedeschismi sono in prevalenza voci del linguaggio amministrativo, usato dalla classe politicamente dominante (italiano ‘absburgico’, cf. Grassi 1991): mil. polizzai “guardia” e venez. pulizài da Polizei, friul. steura “tassa” da Steuer, venet. referato “relazione” da Referat, triest. e istr. matura “esame di maturità” da austr. (e svizz.) Matura “Reifeprüfung”, placato “affisso” da Plakat (cf. Zolli 1983; 1986; Weilguny 1991). Si registrano inoltre termini irriverenti nei confronti dei dominatori: mil. caiserlicchi “austriaci” da kaiserlich, mil. radeschi “pedata (da Radetzky, con riferimento a una punizione che questi diede in pubblico al figlio)”; mil. zorocch “indietro” da zurück (cf. Cherubini 1983 [1856], 257 s.; Zolli 1983). Un caso particolare è rappresentato dal Trentino, prima sede di un principato vescovile (sec. XI –XIX ) legato al potere imperiale tedesco e con una classe dirigente tedescofona e poi parte dell’impero austroungarico (1815–1918; cf. Coletti / Cordin / Zamboni 1996). Il Corpo delle guardie svizzere nello Stato pontificio non ha invece nessuna ricaduta significativa sul lessico romanesco (cf. Zolli 1986, 61). 2.1.3. Dimensione diamesica Oltre alla distribuzione geolinguistica va considerata la dimensione diamesica. Voci entrate nell’italiano standard sono mediate quasi sempre dalla lingua scritta e hanno un tramite colto, quelle con diffusione regionale sono invece entrate per lo più attraverso la lingua parlata, caso questo molto frequente ad es. per la terminologia dei mestieri. Un caso singolare di prestito ‘visivo’ e non orale (come indica anche la fonetica del prestito
1680 veneto) è il venet. schei da Scheidemünze “moneta divisionale”, leggenda che figurava su monete austriache di scarso valore, il cui primo elemento è stato erroneamente segmentato o interpretato come sostantivo pl. schei, da cui il sg. scheo “centesimo della lira austriaca” poi genericamente “denaro” (Tagliavini 61972, 303). 2.1.4. Distinzione tra prestiti diretti e indiretti Attraverso il latino medievale entrano ad es. termini del lessico minerario (guercus “minatore, operaio” da werker, coffarum “rame greggio” da kupfer) attestati in documenti toscani del XIII sec. (Migliorini 1960, 177); in altri casi la voce tedesca è introdotta attraverso dialetti italo-romanzi. Vanno menzionati in questo contesto i germano-latinismi e germano-grecismi (cf. ib., 735; o anche teutolatinismi e teutogrecismi secondo Sorba 2000, 187), ossia parole con base greca o latina entrate tramite la cultura tedesca, cf. ad es. recensione (1816, cf. Zingarelli), morfologia (neologismo goethiano per “scienza di tutte le forme organiche”, attestato dal 1847 come termine della biologia e dal 1872 nella terminologia linguistica), tassametro (1908), alle quali si possono aggiungere i numerosissimi termini dei lessici specialistici, soprattutto della chimica, biologia e medicina, coniati su base latina o greca da scienziati e medici di lingua tedesca (cf. Migliorini 1975, s. v.) ad es.: gene (1932), enzima (1892), paraffina (1834) e molti termini della psicanalisi quali autismo (1935), catatonia (1892), paranoia (1829). Possono essere considerate qui anche voci di altra origine ma mediate dal tedesco, come ùssero / ùssaro (1559) voce ungherese entrata tramite il ted.merid. Husser (Kramer 1979). Non si considerano invece tedeschismi in senso stretto parole di etimologia tedesca ma entrate tramite altre lingue, come ugonotto (ante 1566) dal fr. huguenot, forma secondaria derivata dallo svizz.ted. eidg(e)noss “confederato” (registrato anche nella grafia eignoss) attraverso il gin. eiguenot (cf. FEW 15/2, 85 ss.; Migliorini 1960, 421). 2.1.5. Ambiti tematici I tedeschismi dell’italiano standard possono essere voci di uso comune come: dinamo (1889) da Dynamo, forma abbreviata di dynamo-elektrische Maschine (Kluge 242002, s. v.; Migliorini 1975, 40); brindisi da bring dir’s (1534) “lo porto / alzo a te (il bicchie-
XII. Sprachkontakte und Migration
re)” introdotto in italiano direttamente dal tedesco (senza il tramite dello spagnolo), come fanno ritenere sia le forme venet. e friul. prìndis, prìndese, che mostrano la desonorizzazione della consonante iniziale propria del tedesco superiore, sia la variante del tipo brins da bring’s (Radtke 1991; DELIN ). Molto più numerose sono le parole che appartengono a lessici specialistici ad es.: fuselòlo o fuselòl (1992) “olio di flemma” da Fuselöl e feldspato (1797) o feldispato “tipo di minerale” da Feldspat (Migliorini 1960, 581); oppure prestiti e calchi del lessico intellettuale quali: stilistica (1855) da Stilistik, mitteleuropeo (1942) da mitteleuropäisch, Illuminismo (1870, cf. Zingarelli, s. v.) da Aufklärung, con influsso del francesismo secolo dei lumi (il calco Rischiaramento usato da Croce non ebbe invece fortuna; Serianni 2001, 632; cf. anche Schalk 1968). Si tratta di tedeschismi entrati prevalentemente nei sec. XIX –XX (cf. anche 2.1.1.) e pertanto vanno considerati fenomeni di contatto in senso lato, in quanto determinati dalla circolazione di prodotti, invenzioni, idee piuttosto che dalla circulazione di uomini e spesso diffusi anche in altre lingue europee (internazionalismi). Vanno infine menzionati i nomi commerciali ad es.: aspirina (1900) da A(cetyl )Spir(säure)in, brevettato da una casa farmaceutica tedesca (Migliorini 1975, 18); Hag (1956) marchio registrato per denominare il caffè decaffeinato, acronimo derivato dalla ragione sociale della ditta una H(andels)a(ktien)g(esellschaft) che commercializzò il prodotto. 2.1.6. Forme di adattamento Se una forma si trasmette attraverso la comunicazione orale si registrano maggiori oscillazioni nella resa grafica, cf. ad es. gli esiti in italiano di ted. Walzer (DELIN, s. v. valzer): valzer (1826) e walzer (1843), con numerose varianti meno comuni quali valz (1815), waltz (1819), walser (1835), valser, valtzer e waltzer, oltre a venet. bòlzera e friul. bolz, bolze, bòlzare che è voce giunta per trasmissione popolare attraverso il bavareseaustriaco, come indica la fonetica (Zolli 1983, 218; Frau 1999, 20). I prestiti di epoca tardomedievale e moderna mostrano in genere fenomeni di integrazione come monottongazione di dittonghi, ad es. borgomastro (1527) da burgermeister, stambecco (1364) da steinbock; raddoppiamento di consonanti finali, ad es. saccomanno (1363) da sac(k)man; anaptissi, ad es. lanzichenecco
147. Contatti linguistici: tedesco e Italoromania / Alpi orientali
(dal 1564, ma già nel 1521 nella forma lanzchenech; per altre varianti cf. Lupis 2002, 40, n. 10) da Landsknecht. Invece le parole entrate nel corso del sec. XX , ad es. bunker (1942, nell’accezione di “ricovero militare, costruzione difensiva”), gestalt (1956), kolossal (1964), non sono adattate nella grafia, se non per l’abolizione della maiuscola iniziale obbligatoria nei sostantivi tedeschi, ma sono spesso modificate secondo la fonetica dell’italiano: kolossal ted. [kol ɔ sal], it. /ko l ɔ ssal, k ɔ lossal/; bunker ted. [ bυŋkɐ], it. / bunker/; kindergarten ted. [ kndɐgart n], it. /kinder garten/. In genere i prestiti non adattati si riferiscono ad aspetti socioculturali dei paesi di lingua tedesca, dagli ambiti quotidiani come usi locali (jodler) o la gastronomia, ad es. speck, krapfen (1891), strudel (1905), al campo della filosofia e delle istituzioni, ad es. ostpolitik (1970), weltanschauung (1896), junker (1895), kinderheim (1963). Si registrano anche numerosi calchi (alcuni dei quali internazionalismi): schiaccianoci (1803), in tosc. stiaccianoci, da Nussknacker; ferrovia (1852, ma ferroviario già nel 1839) da Eisenbahn (forse con influsso di ingl. railway, cf. DELIN ); franco-bollo (1850) da Franko-Marke o Frei-Marke; datore di lavoro (1923) da Arbeitgeber; superuomo (1894) da Übermensch; plusvalore da Mehrwert (1894); (cf. Migliorini 1963, 72–78; cf. anche Jaberg 1939, 191, n. 1). 2.1.7. Onomastica Dopo l’anno Mille l’apporto della componente tedesca al patrimonio onomastico italiano è meno rilevante che nei secoli passati e dal sec. XIV diventa insignificante (cf. Morlicchio 1996). Nuovi nomi si diffondono principalmente attraverso due canali: fino al sec. XIII per il prestigio di regnanti (cf. Corrado, Enrico con la variante tosc. Arrigo, Federico, Guglielmo, Manfredi, Matilde), dal sec. XVIII in poi per influsso culturale. Sono ispirati al mondo della letteratura e della musica nomi come: Werther (e le varianti Werter, Verter), Parsifal, Sigfrido, Tristano, Brunilde, Isotta, diffusi soprattutto nel Nord e in Toscana (cf. De Felice 41986). Alcuni nomi sopravvivono oggi come cognomi, cf. Dietre da Dietrich, it. Teoderico, attestato in provincia di Trento, prevalentemente a Torcegno e Borgo Valsugana (cf. SEAT [s. a.], la rubrica Il ContaCognome), le stesse località in cui nel sec. XVI compaiono personaggi come Petrus del Dietre, Dietrico, Christophorus Dietrich Torceni (Prati 1968, 130).
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2.1.8. Prestiti onimizzati e deonimizzazione Alcuni sostantivi, soprattutto nomi di mestieri, sono documentati anche nell’onomastica come Pinter “bottaio” variante bavarese di (Fass)binder con caduta del primo elemento del composto, attestato già in fonti medievali: cf. Concius dictus Pinterius (1372, San Michele all’Adige; cf. Mastrelli Anzilotti 1983, 987); Vitto Pinther de Telvo (1534, Valsugana; cf. Prati 1968, 130; LEIG erm, in stampa); Schuster / Suster “calzolaio” cognome preso in prestito nell’epoca medievale, oggi diffuso soprattutto nella provincia di Bolzano (cf. Battisti 1922, 206); Cramer / Kramer (cf. Prevedo Cramerico de Meranea, 1387; cf. anche 3.3.) presente nelle regioni nordorientali (Mastrelli Anzilotti 1983, 984s.). In altri casi, al contrario, nomi propri diventano nomi comuni (cf. Migliorini 11927; Schweickard 1992; DI ) e possono per questo essere considerati tedeschismi anche sostantivi come: dobermann (1919) dal cognome del primo allevatore di cani di questa razza; strass (1840, cf. Zingarelli, s. v.), un cristallo simile al diamante che deve il nome al suo inventore, un gioielliere di Strasburgo (cf. FEW 17, 251); fresia (1923) fiore che deve il nome al medico tedesco Freese; diesel (1908) un tipo di motore che prende il nome dell’ingegnere Diesel (Marri 1997, 251); landau (in napoletano dal 1728 e in italiano dal 1883) e il suo adattamento landò (ante 1764) dalla città di Landau nel Palatinato (Pfister 1993, 366–370). Rientrano in questa tipologia anche numerosi termini del lessico specialistico delle scienze formati con elementi onomastici tedeschi (nomi o toponimi) come l’elemento chimico renio (1925, GDIU ), un metallo raro, in ted. Rhenium dal nome del fiume Reno; hofmannite (1956, GDIU ), un tipo di minerale che deriva il nome dal cognome del chimico Hofmann. Studi di microtoponomastica, soprattutto nelle regioni centro-settentrionali, forniscono inoltre dati interessanti relativi alla presenza di tedeschismi nell’Italoromània e alla loro originaria diffusione come ad es. il toponimo buge dei chenòpe “buche dei minatori” presso Campo nell’Ampezzano (Vergani 1979, 71 s.; cf. 2.1.2. (2)); i toponimi derivati dal tipo cramer che compaiono nella microtoponomastica della Val di Non, area nella quale il sostantivo è invece scomparso dal lessico comune (cf. Battisti 1940; Mastrelli Anzilotti 1983).
1682 2.2. Svizzera Una situazione particolare è rappresentata dal contatto tra tedesco e italiano nella Confederazione Elvetica (cf. Berruto 1984; Berruto / Burger 1985; Lurati 1996). Il contesto plurilingue favorisce infatti fenomeni di prestito e di interferenza tra i diversi sistemi linguistici e dunque anche tra italiano e tedesco, particolarmente evidenti nella lingua dell’amministrazione federale centrale: azione “offerta speciale, promozione” da Aktion, mappa “valigetta, cartella” da Mappe, vuotatura “levata della posta” da Leerung, sottoscrizione “firma” da Unterschrift, firma “ditta, azienda” da Firma, nota “voto scolastico” da Note (Berruto 1984; Lurati 1996, 241–257). Gli adattamenti e i calchi sono ancora più frequenti nell’italiano parlato nei Grigioni: preleggere “leggere a voce alta, in pubblico” su vorlesen, scaccianeve “fresa della neve” per Schneeschleuder, a mano “sulla base di” da anhand, calcolare invece di far di conto per influsso del verbo ted. rechnen (Lurati 1996, 240 s.). Questo ‘italiano elvetico’, creato in vitro, va distinto dall’italiano parlato nel Ticino e nei Grigioni italiani, le cui peculiarità, rispetto allo standard italoromanzo, si spiegano spesso piuttosto con l’influsso dell’italiano regionale lombardo e sono comunque in genere frequenti soprattutto nei linguaggi settoriali.
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Tedesco e Romània delle Alpi orientali
3.1. I territori della Romània alpina Nella parte occidentale è particolarmente forte l’influsso dell’alemanno, ma in alcune zone è determinante anche il bavarese, come nel resto dell’area ladina, cf. la diffusione degli esiti di ted. Bauer: tipo pur dall’alem. pur nella parte occidentale dei Grigioni, ma paur, con vocalismo che rinvia al bavarese, in Bassa Engadina, Val Monastero e ladino centrale (Schmid 1958, 691 ss.). Il lessico di quest’area è stato oggetto di numerosi studi (cf. Holtus / Kramer 2002, 27), da contributi su singoli aspetti o repertori lessicali di dialetti locali a opere di ampio respiro e di notevole rigore scientifico quali il Dicziunari Rumantsch Grischun (DRG 1939 ss.), lo Handwörterbuch des Rätoromanischen (inteso qui come romancio, HWR 1994), e l’Etymologisches Wörterbuch des Dolomitenladinischen (EWD 1988–98).
XII. Sprachkontakte und Migration
Nell’area occidentale (Grigioni e Ticino) il romancio presenta molti tedeschismi soprattutto nel parlato, come mostrano coppie lessicali nelle quali il prestito appartiene al livello colloquiale: untgir “entgehen, evitare” e lubir “erlauben, concedere” vs. evitar e conceder o consentir (Decurtins 1981, 128). 3.2. Ladino dolomitico La componente tedesca, o meglio, bavarese, nel lessico ladino dolomitico (o ladino centrale) è notevole anche per le vicende storiche e la contiguità geografica del Tirolo. Molti prestiti risalgono al periodo antecedente ai sec. XI –XII , come si può ricostruire sulla base delle loro caratteristiche fonetiche (cf. Kuen 1968, 54; Schneider 1971); in alcuni casi la prima attestazione ladina precede addirittura quella tedesca (cf. ib., 135). Si verificano anche casi in cui una stessa voce entra in momenti diversi nei singoli dialetti: sulla base degli esiti fonetici (palatalizzazione della sibilante) si può ad es. inferire che bad. sˇ affié da ted. schaffen è prestito più recente di sopras. scaffir da ted.a. o med. scaffan. Per la datazione dei prestiti nei dialetti un utile punto di riferimento è rappresentato dunque dalla cronologia di fenomeni fonetici tanto di dialetti tedesco-superiori (ad es. dittongazione di vocali lunghe) quanto di varietà romanze (ad es. a > e in ladino), sulla base dei quali si può ad es. affermare che lad.centr. fana “padella” è un prestito anteriore al sec. XIII , antecedente all’evoluzione a > ɔ nel bavarese (LEIG erm, in stampa; cf. Kuen 1991). Le valli dolomitiche non sono state esposte tutte allo stesso modo al tedesco (tedesco standard austriaco o dialetto sudtirolese); il contatto diretto è stato infatti particolarmente duraturo e profondo soprattutto nella Val Gardena e nella Val Badia, che presentano una rilevante componente tedesca nel lessico. I tedeschismi nei dialetti della Val di Fassa e Livinallongo non sono invece sempre prestiti da contatto diretto, ma in alcuni casi sono piuttosto dovuti alla mediazione dei dialetti vicini, in particolare proprio della Val Gardena e Val Badia, ad es.: gard. chelerin e édelbais sono prestiti diretti dal tirolese, mentre fass. edelvais e chelera entrano rispettivamente dall’it. edelweiss “stella alpina” e dal trent. chèlera “cameriera (di birreria)”, come mostra la fonetica (Elwert 1972, 270 s.; cf. anche 265 e 269). Nelle varietà romanze del ladino dolomitico si osservano anche stutture morfosintat-
147. Contatti linguistici: tedesco e Italoromania / Alpi orientali
tiche analoghe a quelle tedesche, ma queste vanno analizzate singolarmente per valutare se si tratta di prestito morfosintattico vero e proprio (caso del resto piuttosto raro), di interferenza dovuta al contesto plurilingue, oppure di fenomeni di interlingua (cf. Kuen 1978 e 1985, rist. in 1991; Videsott / Kuhn 1997). Infine va considerata anche la possibilità di fenomeni indipendenti, come è stato dimostrato (Benincà 1988) per la posposizione del soggetto nella frase principale nei ´ dialetti ladini (cf. gard. Zën mái-l n m ëil “Adesso mangia-egli una mela”), che rappresenta una regolare evoluzione delle varietà romanze medievali e non un calco dal tedesco, anche se l’influsso della sintassi tedesca avrà contribuito alla conservazione di questo tratto scomparso invece nel resto dell’area romanza. Il contatto con l’area tedescofona ha favorito anche la diffusione di verbi con prefisso separabile, tipo presente già nell’italiano settentrionale e nel galloromanzo, ma particolarmente frequente in queste regioni di confine, cf. fass. griña fora “deride” da ted. auslachen, grigion. survegnir “ricevere” da svizz.ted. übercho (Simon 1971, 524; 1985, 73; Elwert 1972; Gsell 1982; Haimann / Benincà 1992, 156 s.; Haubrichs / Pfister 1998, 257; cf. anche 3.3.). 3.3. Friulano I tedeschismi entrati in età moderna nel friulano non sono altrettanto numerosi quanto quelli attestati nelle fonti medievali, come ad es. friul. pruc “sgabello, scanno per sedere” (dal 1368) da bav. bruck “specie di pedana di legno davanti alla stufa” (Frau 1999, 17; cf. anche Frau 2000). I legami tra Patriarcato e mondo tedesco prima e la dominazione austriaca poi non hanno infatti lasciato tracce rilevanti nel friulano. La presenza di molti tedeschismi si spiega piuttosto con la contiguità geografica con paesi tedescofoni e col fenomeno dell’emigrazione stagionale, principalmente dalla Carnia, documentata dal sec. XVI fino agli inizi del XIX e diretta soprattutto verso Austria e Germania, cf. friul. gjarmanie “emigrazione, lavoro all’estero” (Orioles 1983, 295; cf. anche Frau 1999, 23 s.). Inizialmente si trattava soprattutto di mercanti ambulanti, cf. cràmar / cramâr dall’a.ted.med. krâmaere “piccolo commerciante” (prestito presente anche nei dialetti trentini; Orioles 1983, 302 s.); dall’Ottocento in poi sono in prevalenta operai addetti alla costruzione di grandi opere, soprattutto fornaciai. Cf. prestiti quali: tachil “tettoia in-
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torno alla fornace” e cuchil “mensa per emigranti” rispettivamente da bav.-aust. Dachl “tetto” e Kuch(e)l “cucina”, prenar “fuochista, fornaciaio” da ted. superiore Prenner (dal verbo prennen variante a.ted. di brennen; cf. Orioles 1983, 297 s.). Ai manovali impiegati nella costruzione di ferrovie si deve l’introduzione di sina e del tipo asimpon / azimpon “emigrazione; estero; uomo inselvatichito”, lasimpon “emigrante stagnionale” (ib., 296 s.; Spinozzi Monai 1995; cf. anche 2.1.2. (2)). Anche in friulano i verbi con prefisso separabile sono dovuti ad influsso del tedesco (cf. 3.2.; cf. Kuen 1968, 53): jevá sù “alzare”, sta sù “stare in piedi; vegliare”, di sù “dire a memoria, recitare”, cf. i corrispondenti ted. aufheben, aufstehen, aufsagen.
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1685
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Elda Morlicchio, Napoli
148. Contacts linguistiques: allemand / néerlandais et français Sprachkontakte: Deutsch / Niederländisch und Französisch 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Introduction Zones frontalières Domaines linguistiques des interférences Français standard: phases chronologiques et champs lexicaux Assimilation Bibliographie
1.
Introduction
Cette contribution se limite à l’influence des langues germaniques sur le français après la période des superstrats germaniques (→ art. 55). L’époque envisagée coïncide grosso modo avec la fixation des frontières linguistiques vers le 11e s. et le remplacement graduel de la tradition linguistique latine par une nouvelle tradition, la mise à l’écrit puis la standardisation des langues ‘nationales’, processus qui se réalise dès le 12e s. Contrairement à la période des superstrats, pendant laquelle le bilinguisme, condition primordiale des interférences linguistiques, s’étend sur tout le territoire de la
langue d’oïl, les contacts linguistiques germano-français présentent un ensemble d’interférences bien plus complexe après le 10e s. Le bilinguisme, qu’il soit intégral ou superficiel, se situe en effet d’une part aux frontières linguistiques qui séparent le domaine français du domaine germanique, d’autre part à l’intérieur du territoire français par les contacts économiques et culturels établis par les immigrés germanophones. Il s’ensuit que les interférences linguistiques auront lieu (1) entre les parlers populaires limitrophes, (2) entre les parlers populaires germaniques ou le néerlandais et l’allemand standard d’un côté et le français régional (régiolecte) de l’autre; (3) entre les langues nationales standard, souvent par l’intermédiaire des contacts frontaliers, mais non nécessairement. Au point de vue linguistique, les phénomènes d’interférence concernent principalement le lexique. Les interférences phonétiques et morpho-syntaxiques sont nettement moins fréquentes et ne s’observent que dans
1686 les variantes régionales ou locales, non au niveau de la langue standard. Il y a donc lieu de distinguer entre les zones limitrophes (parlers dialectaux et français régional) et la langue nationale (le français commun ou standard).
2.
Zones frontalières
Plus que les différences de langue (néerlandais ou allemand) et de dialecte (francique, alémanique, etc.), le continuum germanique étant d’ailleurs responsable d’un certain parallélisme dans la nature linguistique des interférences, ce sont surtout les conditions historico-culturelles dans lesquelles les contacts linguistiques germano-français se déroulent tout au long de la frontière linguistique qui déterminent dans une large mesure l’aspect de l’influence germanique. Sur cette base, nous distinguons (a) dans la zone de contact avec le néerlandais: la Flandre française et la Picardie, la Wallonie (avec principalement les dialectes wallons et picards), la région bruxelloise et (b) dans la zone de contact avec l’allemand: l’Alsace, la Lorraine et la Suisse romande. 2.1. Picardie et Flandre française Ce qui caractérise la Flandre française, c’est que la frontière linguistique qui sépare le picard du flamand a reculé continuellement à travers les siècles. Faisant partie du Comté de Flandre dès le haut moyen âge, l’unité politique et économique de la région a favorisé les contacts étroits entre les deux communautés linguistiques. Le recul du néerlandais s’explique d’abord par le plus grand prestige du picard, dont la scripta a fourni les premières œuvres littéraires françaises (cf. Séquence de Sainte Eulalie, fin 9e s., Vie de Saint Alexis, etc.), plus tard par la présence du français comme langue standard, en l’absence d’un néerlandais standard. En effet, dès le 14e s. le français devient la langue administrative dans une grande partie du comté – même dans une certaine mesure dans la partie néerlandophone – et la francisation de la Flandre française se généralise lorsqu’au 17e s., sous Louis XIV, la France atteint pratiquement la frontière politique actuelle avec la Belgique (cf. Ryckeboer 1997, 182–187). Aujourd’hui le dialecte flamand a entièrement disparu du Calaisis et de la région de Saint-Omer (Audomarois) et n’est plus parlé dans le Nord que par les personnes âgées de la campagne (modèle trigénéra-
XII. Sprachkontakte und Migration
tionnel), de sorte que le flamand y fait figure de substrat dans deux zones chronologiquement distinctes que l’analyse diatopique reconnaît à la densité des emprunts au néerlandais (ib., 209 s.) et à la présence tantôt de mots picards, tantôt de mots français, résultat de la francisation relativement tardive du nord (Poulet 1987, 373). On comprend que l’influence flamande principalement dialectale (Hoecke 1979, 59) a été particulièrement intense en Picardie surtout entre le 13e et le 15e s. Poulet (1987, 367) arrive à 27,4 % d’emprunts flamands, dans le dialecte contemporain (une sous-estimation selon Ryckeboer 1997, 211). Selon Valkhoff (1931), la majorité des emprunts néerlandais en français proviennent des contacts commerciaux intenses entre le Nord de la France et la Flandre. Ryckeboer (1997, 187 s.) divise ces emprunts lexicaux en trois catégories: à côté des mots qui sont passés en français commun par l’intermédiaire des dialectes septentrionaux (p. ex. botte, affaler, chaloupe, craquelin, foc) il y a les emprunts qui n’ont pas dépassé le français régional: les uns sont anciens et remontent éventuellement à l’ancien substrat francique ou correspondent à l’état de bilinguisme médiéval de la région, les autres sont plus jeunes et sont à attribuer à des importations culturelles néerlandaises. Ces derniers désignent en général des produits ou objets introduits depuis la Flandre, comme les mots pique (pour fr. sape) ou buise (qui rappelle le poêle flamand). 2.2. Région bruxelloise L’agglomération bruxelloise constitue comme la Flandre française un territoire historiquement flamand. Bruxelles diffère de la zone précédente par le fait (a) que la présence du néerlandais y est beaucoup plus intense, tant sous sa forme dialectale que nationale, ce qui entraîne un bilinguisme très prononcé, (b) que le français y est une langue standardisée importée, sans rapport direct avec le wallon. Bruxelles ne s’est donc pas wallonisé, mais francisé dans un cadre tout à fait flamand (Baetens Beardsmore 1971, 27), bien que les contacts avec la Wallonie toute proche aient appuyé incontestablement le progrès du français à Bruxelles et que l’on constate la présence de wallonismes en français bruxellois. L’intensité de l’influence germanique s’explique autant par l’histoire de Bruxelles que par la situation actuelle. Au moyen âge,
148. Contacts linguistiques: allemand / néerlandais et français
dans le duché du Brabant, la cour, bilingue jusqu’au 14e s., deviendra de plus en plus francophone sous les ducs de Bourgogne. Depuis la rupture avec les provinces protestantes de la Hollande, le français devient la langue officielle des Pays-Bas méridionaux et s’enracine surtout à Bruxelles: le nombre de francophones ne cessera de croître sous la pression de l’assimilation sociale (ib., 25–45) à tel point que le français est aujourd’hui majoritaire dans toutes les communes de la région bruxelloise (cf. les statistiques de 1947 dans Kramer 1984, 102). Toutefois, l’immigration flamande actuelle est plus élevée que l’immigration wallonne (Baetens Beardsmore 1971, 22). Il s’ensuit une structure sociolinguistique extrêmement complexe, déterminée par des facteurs sociaux et géographiques et où Baetens Beardsmore (ib., 46) reconnaît une triple stratification: le français normatif coloré de belgicismes lexicaux et syntaxiques des classes supérieures et intellectuelles, le français des unilingues des classes moyennes et inférieures plus influencées par le flamand et le français des bilingues des classes populaires – souvent originaires de Bruxelles – dont la deuxième langue est en général le patois brabançon. Kramer (1984, 106 s.) oppose à cela que les unilingues forment un ensemble homogène comparable à celui de n’importe quelle ville française, alors que les bilingues constituent deux groupes, ceux qui ont perdu l’usage actif du flamand local et ceux qui l’emploient encore fréquemment, souvent en appliquant le code switching. C’est précisément la transparence et la quantité des interférences flamandes qui particularisent le français bruxellois par rapport au diasystème régional du français belge. Il s’agit de mots et d’expressions avec une apparence flamande, qu’utilisent les locuteurs bilingues des classes populaires et qui ont souvent une valeur familière voire dépréciative (brol, zievereir, trut, stoemelings, etc.) ou de mots ressentis comme d’origine flamande mais adaptés au phonétisme français (dracher, fliquer “falsifier”, scholle “plie”, etc.), voire d’expressions calquées délibérément sur des expressions populaires flamandes (avoir un gros cou “een dikke nek hebben”, faire de son nez “van zijn neus maken”). D’autres éléments lexicaux ont perdu cette connotation flamande: ils se répandent dans tout le pays et sont donc mieux intégrés dans le français régional belge. Des mots comme couque, spéculaus, drève “allée”, far-
1687
de “chemise de dossier”, bourgmestre, wassingue “serpillière”, et dans l’argot estudiantin bloc ou bloque “période de révision”, brosser “sécher les cours”, des calques syntaxiques comme encore toujours (néerl. nog altijd), jouer avec (néerl. meespelen), tirer son plan (néerl. zijn plan trekken), s’il vous plaît pour voici, sont reconnus généralement comme des belgicismes (cf. Blampain et al. 1997, 179; Wind 1960). 2.3. Wallonie Contrairement à la Picardie, la Wallonie (la Belgique romane) se caractérise par une frontière linguistique qui n’a guère changé depuis sa formation. Toute la région est primitivement romane (à part Malmédy et Arlon). Par sa position géographique et son appartenance politique, elle a subi les influences linguistiques du néerlandais et dans une moindre mesure de l’allemand (francique moyen), notamment à Liège. Les interférences germaniques du wallon liégeois ont fait l’objet de nombreuses études (Grauls 1932–35; Valkhoff 1936; Remacle 1948; 1956; Geschiere 1950; Herbillon 1950; 1952; 1953). L’origine néerlandaise ou allemande n’est pas aisée à déterminer, d’autant plus que dans l’aire dialectale germanique concernée la distinction est vague (cf. Wind 1937, 84). Plusieurs facteurs plaident en faveur du néerlandais: le déclin du pouvoir du Saint Empire romain germanique après le 12e s., ce qui contribue à l’autonomie du Pays de Liège, les nombreux contacts avec les villes néerlandophones grâce au commerce fluvial par la Meuse (Geschiere 1950, XV –XX ). On comprend ainsi le grand nombre de termes de batellerie d’origine néerlandaise (ex. bakène < baken “balise”, bélande, pêke < pek “poix”). L’importance du vocabulaire rural emprunté (cf. la liste de Geschiere ib., 311 s., ex. boûkète “blé sarrasin” < néerl. boekweit, ramonasse < néerl. rammenas “radis noir”, sikèye < néerl. sikkel “faucille”) suggère une immigration paysanne comparable à celle de la Picardie. En revanche, la terminologie de l’industrie houillère semble redevable davantage à l’allemand (Haust 1925). Bien souvent les belgicismes, traits distinctifs qui déterminent la physionomie particulière du français régional commun développé en Belgique et qui ont fait fortune dans la tradition grammaticographique belge, résultent de la coïncidence de traits archaïques, de wallonismes et de flandricismes: l’emploi absolu de la préposition avec
1688 (cf. Remacle 1956, 350), la postposition de l’adverbe assez (de l’argent assez), l’emploi intransitif de goûter pour plaire se retrouvent autant dans les dialectes wallons qu’en néerlandais, et quelquefois même en ancien français (cf. ib., 277; 350; Valkhoff 1936; Blampain et al. 1997, 191; Baetens Beardsmore 1971, etc. et 3.2.). 2.4. Alsace et Lorraine germaniques Comme la Flandre française, l’Alsace et la Lorraine constituent une zone historiquement germanophone à l’intérieur des frontières politiques de la France actuelle. Cependant le conditionnement historique des deux régions est tout à fait différent. A la différence de la première, l’Alsace a connu dans son histoire l’appui effectif de la langue littéraire standard. En effet, grâce à l’imprimerie et la Réforme luthérienne, la langue en Alsace tend à «quitter l’usage local pour se rapprocher de l’allemand commun en formation» à la fin du 16e et au 17e s. (Lévy 1929, vol. 1, 219). Cette intégration dans «l’unité linguistique allemande» (ib., 261) comme entité supra-nationale renforce la position de l’élément germanophone à tel point que la francisation à la suite de la première incorporation à la France entre 1648 et 1870 n’a pas eu le même effet qu’en Flandre française. A l’époque même où le français se généralise au détriment des dialectes flamands, il ne s’infiltre que lentement dans les villes alsaciennes, d’abord dans l’élite sociale. Même la République ne parvient pas à imposer le français, qui ne devient signe du prestige social qu’au milieu du 19e s., lorsque la haute bourgeoisie des villes se sert presque exclusivement du français. Les périodes d’annexion par l’Allemagne – surtout celle de 1871–1918 – retardent la progression du français, mais ne l’éliminent pas (cf. Hartweg 1985). On comprendra qu’au bout de dix siècles la frontière linguistique soit restée relativement stable. En même temps, depuis 1648, l’Alsace n’a plus participé à la formation et au développement du haut-allemand: jusqu’en 1870, le français était la langue de culture que les Alsaciens apprenaient à l’école et la période d’influence de l’allemand écrit comme langue administrative entre 1871 et 1918 a été trop courte pour être durable (Ott / Philipp 1993, 17). Il s’ensuit (a) que le bilinguisme écrit (allemand et français) est en régression, (b) qu’il n’y a aujourd’hui qu’une diglossie asymétrique entre le français comme langue
XII. Sprachkontakte und Migration
écrite officielle d’une part et les dialectes alsaciens qui n’ont pas développé de langue écrite commune d’autre part et (c) que le sentiment d’identité des Alsaciens est lié au dialecte, non à l’allemand standard, ressenti comme une langue étrangère (ib., 19). Enfin l’absence de l’allemand comme langue standard écrite affaiblit la résistance des dialectes alsaciens face à la phase d’assimilation systématique dont bénéficie le français depuis 1945, ce qui tend vers l’emploi sporadique ou passif du dialecte par les jeunes générations (Lüdi 1990, 323). Comme ailleurs dans les zones allophones, le prestige du français sépare d’abord les classes sociales. La récession est plus rapide en milieu urbain qu’en milieu rural, plus nette dans le Sud que dans le Nord (Petit 1997, 1237) et distingue les générations, les sexes, les professions (Hartweg 1985, 1965–1968). Aujourd’hui la situation sociolinguistique est moins complexe qu’en Belgique: le bilinguisme oppose le français (régional) comme langue de culture aux patois alsaciens; dans les villes, on trouve de plus en plus de jeunes unilingues qui parlent un français régional qui diffère en fonction du milieu social, du niveau de culture, de l’origine géographique du locuteur (Philipp 1967, 63 s.). Là où le français régional de l’Alsace était teinté d’interférences prosodiques et syntaxiques propres aux dialectes germaniques, depuis 1945 les transferts opèrent en sens inverse (Petit 1997, 1236 s.). 2.5. Suisse romande A part le Jura dans l’extrême nord, la Suisse romande appartient historiquement au domaine francoprovençal (Knecht 1982, 166). Toutefois c’est le français teinté de traits dialectaux qui remplace le latin comme langue officielle dès les premiers textes, même en présence d’autorités de langue allemande. La Réforme et la volonté d’émancipation sociale de la bourgeoisie contribuent à la progression du français qui commence à supplanter les dialectes comme langue parlée à partir du 17e s. d’abord dans les villes protestantes (Genève, Neuchâtel) et se généralise après la Révolution. Il s’ensuit que le français bien enraciné en Suisse romande sera peu influencé par l’alémanique. La frontière linguistique n’a guère changé, le principe de territorialité garantissant le monolinguisme. Trois villes seulement sont bilingues: Fribourg / Freiburg (cf. Lüdi 1985 pour les aspects historiques de la poly-
148. Contacts linguistiques: allemand / néerlandais et français
1689
glossie à Fribourg), Bienne / Biel et Sierre / Siders. Le plus souvent les particularités du suisse romand s’expliquent soit par le conservatisme de la périphérie (ex. septante, dîner “repas de midi”), soit comme influence francoprovençale (ex. -éy pour -ée). Certains régionalismes ont été attribués à tort à des interférences germaniques (lui aider, je n’ai personne vu cf. Knecht 1982, 198 s.; Bovet 1986). Les germanismes (Knecht 1982, 200 s.) s’observent dans la syntaxe (attendre sur quelqu’un “auf jemanden warten”), mais surtout dans le lexique, le nombre d’emprunts diminuant cependant depuis le début du siècle, parallèlement aux autres régionalismes. La plupart des germanismes s’identifient comme tels et gardent leur phonétisme étranger (poutser < putzen; witz “histoire drôle”). Ils s’imposent parfois par la spécificité de leur référent (yass “jeu de cartes populaire”). Aujourd’hui le français littéraire a évincé, par son rayonnement culturel et social, les dialectes qui ont résisté le plus longtemps dans les cantons catholiques de Fribourg et du Valais (Bovet 1986, 9 s.) et ne sont plus usités que par 1 à 2 % de la population (Knecht 1982, 177). Dans les dialectes francoprovençaux la diffusion des emprunts alémaniques est également faible (ib., 188, Bueb > frprov. boûbo avec un fém. boûba). Seul le Jura y fait exception: la présence relativement importante d’emprunts lexicaux (ex. Backhaus > pakus qui est lessiverie ou buanderie ailleurs en Suisse romande, cf. Tappolet 1913, 20) s’y explique historiquement par de nombreuses immigrations alémaniques rurales (fermiers anabaptistes du 16e au 18e s.) et par la proximité de l’Alsace (cf. ib., 18; Kratz 1968, 479).
de la neutralisation germanique (cf. Weijnen 1964, 12 s.: robe = rope, image = imache); l’accent tonique énergique et une tendance à l’accent initial secondaire (cf. l’étude détaillée de Philipp 1967 sur le français alsacien); la tension musculaire moins forte qui provoque l’allongement de la voyelle tonique et la diphtongaison (allez [alej], vie [vij] cf. Wind 1960, 6; HLFA nt 1, 1985, 374). On signale parmi les belgicismes bien connus, la prononciation vélaire de la semivoyelle palatale [ɥ] – que le néerlandais ne connaît pas – dans puis, nuit comme dans oui, Louis, la suppression du hiatus (Noël [noεl]), la prononciation vélaire du -l final (Grootaers 1953) et la palatalisation de t / d + i + voyelle (pitié = pitché, HLFA nt 1, 1985, 374), phénomènes que l’on retrouve dans les dialectes flamands. Les interférences alsaciennes dont l’importance tend à diminuer parallèlement à l’augmentation du nombre de francophones unilingues parmi les jeunes générations, comprennent – notamment parmi les patoisants – l’assourdissement de [z] et [ˇz] (jour [ˇsu:r], rose [ro:s]); l’aspiration des occlusives sourdes initiales ph, th, kh, et corrélativement l’assourdissement des sonores b, d, g. Enfin, Hoecke (1978) s’est interrogé sur certaines correspondances phonétiques entre les dialectes ouest-flamands et picards: la métathèse du r (néerl. treden > terten, pic. forment pour froment, garnul pour grenouille), la labialisation de [i] en contact avec des consonnes labiales (pip > [pyp]), la palatalisation de [ø] (flamand: put > pet, pit, op > ip, picard: devant nasale une > [εn]) des deux côtés de la frontière linguistique seraientelles des coïncidences attribuables à des facteurs internes ou des phénomènes dus au contact des langues (cf. aussi Ryckeboer 1997, 147–169)?
3.
3.2. Morpho-syntaxe Dans tous les dialectes et régiolectes français le long de la frontière linguistique germanique, le groupe nominal se caractérise par l’antéposition de l’adjectif au déterminé. La controverse entre les tenants d’une interférence germanique (p. ex. Rohlfs 1979) ou d’une coïncidence avec une structure interne proprement française (p. ex. Michaëlsson 1951; Remacle 1948, 374, et plus récemment Wilmet 1997, 180) a fait couler beaucoup d’encre. La haute fréquence de l’ordre ‘Adj + Nom’ dans les zones frontalières (cf. les proportions données par Wilmet: 86 % en wal-
Domaines linguistiques des interférences
Bien des phénomènes d’interférence relèvent de traits germaniques communs aux différentes langues source et sont donc identiques dans les diverses zones de contact le long de la frontière linguistique. 3.1. Phonétique Dans quasiment tous les parlers frontaliers, du picard jusqu’en Suisse romande, on observe l’assourdissement des occlusives sonores en position finale sous l’influence
1690 lon vs. 33 % en français standard) suggèrent toutefois que la proximité germanique, si elle n’est pas nécessairement la source responsable du ph enomène, a au moins renforcé son usage dans la position périphérique du wallon. D’autre part, on ne peut guère nier une influence germanique directe dans les mots composés du type ‘déterminant + mot de base’ relevés dans les mêmes zones de contact: wall. fièssedijôr (néerl. feestdag), wall. pî-sinte, pic. piedsente (néerl. voetpad, Geschiere 1950, 207 s.), pic. caufour (néerl. kalkoven), carmestour (néerl. kermismolen Ryckeboer 1997, 189 s.). Quoi qu’il en soit, l’ordre ‘Adj + Nom’ illustre parfaitement la problématique de tant d’autres faits syntaxiques régionaux, qui sont considérés par les uns comme des germanismes, par les autres comme des structures internes (cf. la controverse Valkhoff 1936 et Remacle 1948): attesté en français commun (comme trait archaïque ou populaire), leur emploi se généralise et s’intensifie dans les variétés régionales latérales confrontées avec les langues germaniques. Signalons entre autres (pour un inventaire plus riche cf. notamment Baetens Beardsmore 1971; Wolf 1983; Remacle 1952–60; Straka 1984, 499 s.): (1) la construction très répandue verbe + adverbe / préposition sans régime, qui admet plus de formes qu’en français standard (prendre avec = néerl. meenemen, tirer dehors = néerl. uittrekken, donner de retour = néerl. teruggeven, etc.) et des exploitations différentes selon la région (p. ex. verbes de direction dans le Jura, cf. Butz 1981, 187: alé foé “aller dehors”; aussi en wallon Grauls 1933, 300: coûrir foû dèl playe = uit de wonde lopen) et à laquelle nous rattachons la tournure avec envoye commune dans tous les dialectes frontaliers (Remacle 1948, 371 s.: il è è-vôye = hij is weg, er ist weg, en lorrain l’a-t-i anvoye? “est-elle partie”, en suisse romand è vya “est partie”); (2) l’emploi ‘abusif ’ de certaines prépositions: se fâcher sur = néerl. zich kwaad maken op, boire hors d’un verre = néerl. uit een glas drinken (et en wall. prinde dè boûre foû d’un pot, Grauls 1934, 117), arriver avec la nuit, attendre sur, partir avec le train = all. mit dem Zug en Suisse; (3) l’emploi transitif de avoir besoin: je n’ai rien besoin calqué sur ik heb niets nodig, all. ich brauche nichts; (4) avoir comme auxiliaire, notamment avec les verbes pronominaux: je m’ai fait mal = all. ich habe mir weh getan;
XII. Sprachkontakte und Migration
(5) l’emploi non-pronominal de verbes pronominaux comme marier, promener. L’emploi du verbe modal savoir au lieu de pouvoir s’observe en wallon et en français belge, non en Alsace-Lorraine, un indice pour Wilmet (1997, 184) qu’il ne s’agit pas d’un germanisme, bien que les conditions d’emploi du couple savoir / pouvoir correspondent à l’opposition néerl. kunnen / mogen (il sait acheter tout ce qu’il veut = hij kan alles kopen wat hij wil). De la même façon, on ne trouve que dans le nord-est de l’aire française la tournure tout disant semblable au néerlandais (tot d’hant = al zeggend, Remacle 1948, 376–379), ainsi que aider suivi de l’infinitif sans préposition (ib., 388: aider compter = helpen tellen). Certaines phraséologies s’inspirent incontestablement du germanique: moi bien = ik wel “moi si”, le jour avant = de dag tevoren “le jour d’avant”, tomber faible = flauw vallen (cf. Grauls 1933, 275: wall. toumer flåwe) “s’évanouir”, l’indication de l’heure (Grauls 1932, 149: il èst l’cuårt divant deûs = het is kwart voor twee), la prédication double dans battre mwert = dood slaan, s’ovrer mwuert = zich dood werken “se tuer en travaillant”, etc. D’autres sont peut-être le résultat d’une osmose culturelle complexe: tirer son plan = zijn plan trekken, pic. acater un enfant = een kind kopen, pouvoir mal = kwaad kunnen. Dans la formation des mots, les affixes productifs avec une connotation affective s’empruntent facilement (vu le contexte populaire), de même que les préfixes qui parmi les morphèmes se rapprochent le plus des noms (Deroy 1956, 73). Ainsi s’explique le succès du diminutif, sous sa forme ancienne fossilisée -quin (< -kijn), fort répandue en picard (cf. Dupire 1934; Valkhoff 1934: mannequin, bottequin, mandequin, etc. même avec des racines romanes: noirquin), ou sous des formes plus récentes avec un effet patoisant (bruxellois filske, pic. bétch < néerl. beetje, cf. Poulet 1987, 353). Il en est de même pour le préfixe wall. for-, amalgame de foris et du germanique ver- (Geschiere 1950, 119–122; fer- en picard, cf. Poulet 1987, 349; également en suisse romand: se ferkõtè = sich verrechnen, cf. Tappolet 1913, 89): si fordwermi = zich verslapen, sich verschlafen, si forparler, etc. 3.3. Lexique Bien que les emprunts lexicaux soient davantage déterminés géographiquement, on relève quand même des coïncidences surpre-
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nantes: p. ex. wall. amplimous (1353, néerl. appelmoes), brader (ca. 1440 néerl. braden) et suisse éflemü (all. Apfelmus), brata (all. braten) (Geschiere 1950, 307), pic. kivre (néerl. kever, Ryckeboer 1997, 244) et suisse kèfr (all. Käfer, Tappolet 1913, 85) “hanneton”. Cf. aussi chenapan 4.2. Les fréquents calques formels (cf. 3.2. les composés: pic. piedsente = voetweg, potlouche = potlepel, voyette avec diminutif comme néerl. wegel, wall. bland djûdi = witte donderdag “jeudi saint”, à Bruxelles assiette profonde = diep bord au lieu de assiette creuse, romand cornette d’après alémanique Hörnli) et sémantiques (pic. mois d’août / août et wall. awous = oogst avec la signification de “récolte”, wall. récène avec la signification de “racine” et “carotte” comme en néerlandais, la polysémie de goûter “plaire” à Bruxelles) en dehors des emprunts lexicaux, sont autant de témoignages d’un degré élevé de bilinguisme, ou au moins d’une osmose entre les deux cultures linguistiques. L’influence des langues germaniques à la frontière linguistique est en proportion inverse à celle du français, tant par l’extension du vocabulaire que par la profondeur géographique. C’est que les langues germaniques ne jouissent pas du prestige du français. Les emprunts germaniques comprennent souvent des mots dépréciatifs (cf. la valeur péjorative de hère < Herr “monsieur”, reître < Reiter “cavalier”, rosse < Rosse “cheval”, chenapan “brigand” < Schnapphahn, tous attestés au 16e s.) ou s’emploient comme des xénismes conscients avec une nuance de plaisanterie dans la langue familière (cf. Geschiere 1950, 319, pour le wallon; Bovet 1986, 19, pour le romand, ex. faire du schnabre “faire du bruit”). Dans cette optique, la majorité des emprunts locaux n’atteint pas le français standard. Poulet (1987, 365) calcule que 71 % des noms d’origine néerlandaise restent spécifiquement picards. Les emprunts locaux couvrent des domaines variés, mais appartiennent toujours au vocabulaire populaire, soit de la vie privée ou domestique, soit des métiers et des techniques, avec une prédominance de ceux qui caractérisent la région (pêche et activités maritimes le long de la côte, transport fluvial à Liège, houillères et mines en Alsace-Lorraine). En revanche, le lexique du français standard ne retient en général que les termes qui constituent la spécialité de la région (vocabulaire technique, artisanal ou commercial).
4.
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Français standard: phases chronologiques et champs lexicaux
Les germanismes pénètrent en français standard essentiellement par deux voies: (a) les dialectes frontaliers, (b) les minorités alloglottes, comme p. ex. les étrangers temporairement bilingues qui passent un séjour prolongé dans le pays, tels les militaires ou les marins (Deroy 1956, 199). Plusieurs critères permettent de constater si le dialecte local a été l’intermédiaire (Valkhoff 1931; 1936; Ryckeboer 1997). (1) La forme phonique situe l’origine de l’emprunt: choucroute (< sûrkrût) est alsacien, boulevard ne provient pas du wall. balwér, épeiche (espèce de pic) a subi en français standard une action analogique qui suppose une interprétation à partir du pic. épèke (FEW 17, 176a). (2) Le dialecte a conservé la signification première de l’emprunt, qui prend des significations dérivées en français littéraire: botte ne signifie que “gerbe de blé” en picard, maquereau dérive du pic. makeurleu “poissonnier”(< néerl. makelaar). (3) Le dialecte dispose d’une famille de dérivés que l’on ne retrouve pas en français: ex. affaler < afhalen, en boulonnais aussi: haler, dehaler, rehaler. (4) L’emprunt témoigne du contexte géoéconomique propre à la région frontalière: houille (néerl. heukel) et colza (néerl. koolzaad), plante cultivée dans le Nord, transitent probablement par le wallon. 4.1. Emprunts au néerlandais Deux périodes sont à distinguer: le haut moyen âge à partir du 12e s. et l’âge d’or de la Hollande aux 16e et 17e s. La première période se rapporte surtout aux Pays-Bas méridionaux, plus particulièrement à la région bilingue du picard et du flamand, où l’unité politique du Comté de Flandre, sa prospérité économique et la puissance croissante des Capétiens au 12e s., qui s’intéressent de plus en plus à cette région appartenant politiquement à la France, favorisent la symbiose des deux cultures et contribuent à un afflux important de mots néerlandais. Durant le haut moyen âge, le néerlandais est, avec l’italien, la principale langue d’emprunts (Guiraud 1965, 24; Gebhardt 1975, 307, qui corrige les chiffres proposés par Guiraud) grâce à l’essor du commerce et de l’industrie textile. La Flandre devient aux
1692 12e et 13e s. le centre européen de l’industrie lainière. Il s’ensuit un premier vocabulaire international, où les tissus sont souvent dénommés d’après les noms de villes picardes ou flamandes (Vidos 1965, 247–253, cf. aussi → art. 149): p. ex. Poperinge > popeline, Hondschoote > wall. hanscote > anascot (cf. aussi Höfler 1965, qui démontre la symbiose des deux communautés linguistiques dans le domaine des tissus de laine). Un emprunt particulièrement productif que le français doit à cette activité économique est ruban (1394 < néerl. ringband). La brasserie qui s’est développée très tôt dans les Pays-Bas donne lieu à houblon dérivé du néerl. hop, à bière qui supplante l’a.fr. cervoise dont le processus de production est différent (FEW 15, 104a). Même si la plupart des emprunts dans ce domaine passent par les dialectes locaux, le mot kermesse semble provenir du néerlandais commun comme expression de l’école de peinture flamande (FEW 16, 314a). La situation géographique fait que les Néerlandais vivent de la mer. De pêcheurs ils deviennent navigateurs. L’activité industrielle entraîne un trafic commercial intense qui se fait d’abord par voie fluviale, plus tard par voie maritime. Il en résulte que la terminologie maritime (au sens large) au moyen âge est dans une large mesure néerlandaise (paysage marin: dune, digue; pêche: cabillaud, bar, vrac; navigation: beaupré < boegspriet, flibustier < vrijbuiter, amarrer < aanmaren). Le caractère international du commerce flamand est bien illustré par le succès du mot stapel dans toutes les langues romanes (Valkhoff 1931, 132): signifiant “entrepôt” en moyen néerlandais et par là “lieu où les marchands apportent et vendent leurs marchandises”, il devient estaple et finalement étape en français, d’où il sera réemprunté comme etappe par le néerlandais (cf. aussi néerl. mattenoot > fr. matelot > néerl. matroos). La présence de termes militaires néerlandais (arquebuse < haakbus; boulevard < bolwerc; blocus qui a subi un glissement sémantique considérable par rapport à blochuis) s’explique par le grand nombre de Flamands enrôlés dans l’armée française, plus tard également par les contacts d’ingénieurs français avec la technique des fortifications hollandaises dans les Provinces-Unies. La deuxième période concerne les immigrations hollandaises en France sous Henri IV et Louis XIV (Valkhoff 1931, 29–34). A l’âge d’or de la Hollande, les Hollandais ont
XII. Sprachkontakte und Migration
été attirés notamment par Colbert pour réorganiser l’industrie française comme spécialistes ou artisans dans la construction navale, l’hydraulique (polder, sas, qui serait d’origine romane, mais où le français emprunterait au néerlandais le sens hydraulique d’après De Tollenaere / Baldinger 1992), la draperie, et à partir du 18e s. la diamanterie (p. ex. cliver < klieven). Leur principal apport linguistique concerne les types de bateaux et l’armement (clinfoc < kleine fok, cambuse < kombuis, lège < leeg, bélandre < bijlander, dogre < dogger). De leurs expéditions coloniales, les Hollandais n’ont rapporté que peu de mots (pamplemousse < pompelmoes, cancrelat < kakkerlak) et à la fin du 18e s. l’influence néerlandaise sur le français se tarit complètement. 4.2. Emprunts à l’allemand 4.2.1. Contrairement au néerlandais, peu de mots allemands transitent par les zones de contact. Ceux-ci appartiennent au lexique populaire (frichti < alsacien fristik) ou désignent des réalités régionales, souvent culinaires: du lorrain quiche (küche), de l’alsacien choucroute (< sûrkrût), bretzel, nouille, kirsch, gouguelof (< Gugelhupf), de l’alémanique suisse bouquetin (< bukestein). La phonétique et la morphologie montrent que ces mots sont repris aux dialectes allemands, non à la langue standard (Wartburg 1930, 319). Un cas particulier est constitué par le mot huguenot qui dérive du suisse eidgnoss, mais a subi des modifications phonétiques et sémantiques: le terme politique genevois (eiguenot en Savoie) prend une signification religieuse à l’époque de Calvin et finit par désigner les protestants en français écrit sous la forme huguenot expliquée de plusieurs façons (FEW 15, 86). 4.2.2. Alors que l’apogée des emprunts au néerlandais se situe au moyen âge, les mots d’origine allemande sont sporadiques avant le 16e s. On distingue deux périodes: le 16e s. et le 19e s. où l’allemand est à la mode à Paris (cf. le graphique de Deroy 1956, 24, repris à Matoré). L’influence est due surtout aux immigrations germaniques en France dont le nombre s’accroît constamment jusqu’en 1850 (cf. Fischer 1991, 253). Au 16e s., le lexique allemand est très homogène. D’une part, il y a un afflux de termes militaires importés par les soldats (surtout suisses) enrôlés dans l’armée française. L’origine suisse est dénoncée par la phonéti-
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que: cible (< Schibe), fifre (< pfiffer), bivouac (< biwache), képi (< Käppi). Chenapan s’observe aussi dans les dialectes picards et wallons à partir d’un emprunt néerl. snaphaan (FEW 17, 45b). D’autre part, depuis François Ier, l’organisation de l’industrie minière en France est aux mains d’Allemands venus du Harz qui avaient une solide réputation dans ce domaine. Le lexique minier abonde de germanismes anciens (gueuse < göse “masse de fer fondu”, gangue < gang “filon”, castine < Kalkstein). Au 19e s., l’Allemagne domine les sciences naturelles en Europe (cf. Fischer 1991; Kratz 1968; Barrell 1960; 1962; Behrens 1923). C’est en allemand que l’on crée un grand nombre de néologismes scientifiques et techniques formés en général de racines grecques ou latines conformément à la position traditionnelle du latin comme langue véhiculaire des sciences. Ces mots se retrouveront comme termes techniques internationaux à peine modifiés dans les vocabulaires scientifiques: aspirine, leucémie en médecine, bactérie en biologie, spectroscope, isotherme, entropie en physique. En minéralogie, qui avait déjà une tradition allemande en France, les deux tiers des emprunts sont d’origine allemande dont un tiers s’emploie encore aujourd’hui (nickel, quartz, gneiss, graphite), et où certains termes, ceux utilisés par les ouvriers, s’assimilent aux structures phonétiques du français (bocard < Pochwerk, bocambre < Pochhammer “marteau à écraser”, rustine “rondelle de caoutchouc” < Rückstein, cf. Barrell 1960, 75). Dans les sciences humaines, l’influence est surtout sensible en psychologie (propédeutique, pédagogie) et en philosophie, où un grand nombre de mots en -ismus pénètrent en français (Barrell 1962: humanisme, déterminisme), quelquefois par l’intermédiaire d’autres langues, vu le caractère international de ce lexique (cf. à ce propos, le cas particulier de capitaliste que le français aurait emprunté au néerlandais par l’intermédiaire de l’allemand, Rainer 1998). Par ailleurs dans ces sciences, surtout les calques sémantiques (p. ex. dialectique, lithographie) et formels (surhomme d’après Übermensch, jardin d’enfants d’après Kindergarten) sont fréquents. Dans le domaine des arts, les emprunts concernent surtout la musique (accordéon, leitmotiv, polka). Le dernier exemple illustre d’ailleurs que l’allemand sert aussi de relais à des mots d’origine nordique (renne, élan) ou orientale (hongr. sabre, hussard).
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Il est clair que l’influence allemande sur le français est humble: elle résulte non de la culture française dans son ensemble (comme c’est le cas de l’influence française sur l’allemand), mais de rencontres directes aux frontières ou avec des soldats, des spécialistes scientifiques ou techniques. Le lexique emprunté connaît donc une diffusion réduite, appartenant soit au registre populaire, soit à la terminologie technique et scientifique, inconnue du locuteur commun. 4.3. Provençal Comme les germanismes passent en général du français aux autres langues de la Méditerranée, il en va de même pour le provençal. C’est toujours le cas des emprunts au néerlandais qui transitent soit à partir des zones de contact par voie maritime, militaire ou terrestre (ex. foires de Champagne au moyen âge), soit à travers le français standard (ex. houblon, FEW 16, 226). Un emprunt direct au niveau des dialectes est très rare (ex. les variantes dialectales de fifre tout au long des zones gallo-romanes orientales, FEW 16, 621).
5.
Assimilation
En général, l’assimilation phonétique est plus nette que celle des gallicismes en néerlandais ou en allemand. Les mots anciens se sont adaptés entièrement, ce qui vaut donc pour la plupart des emprunts néerlandais. D’autres gardent la graphie allemande, mais s’adaptent phonétiquement sur la base de l’écrit (Kratz 1968, 472 s.): pf > f (Pfifferling > fifrelin, Gugelhupf > gouguelof), ch > [k] (Pochwerk > bocard), au > [o] (aurochs), h ne se prononce pas (blockhaus), la voyelle devant nasale se nasalise (hinterland, stand), les nexus consonantiques étrangers sont éliminés (drinkgeld > tringuelle, Kalkstein > castine) éventuellement par des voyelles intercalées (Knödel > quenelle, Schnapphan > chenapan), la syllabe devient ouverte, etc. La diphtongue [ei] hésite: tantôt elle se monophtongue en [ ], tantôt elle se prononce [aj] (ex. edelweiss, mais gneiss avec [ε]). Les mots neutres deviennent masculins (bière suit pourtant le genre de cervoise, FEW 15, 104), les autres gardent leur genre ou s’adaptent à la forme: la drève, la schlitte (< all. Schlitten masc.). En plus de la forme phonique, le genre résulte parfois d’une réinterprétation sémantique (ex. la choucroute d’après la croûte).
1694 Les xénismes, ressentis comme des mots étrangers non seulement sur le plan linguistique, mais aussi sur le plan référentiel et par là non acclimatés, appartiennent en général au vocabulaire politique (ex. Reichstag) ou philosophique (Weltanschauung).
6.
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Eugeen Roegiest, Gand
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Introduction Zones de contact Emprunts au néerlandais Emprunts à l’allemand Bibliographie
1.
Introduction
Les contacts linguistiques de cette contribution concernent la période qui suit celle des superstrats de la péninsule ibérique (notamment le wisigothique et le francique, → art. 56), quand le castillan se substitue au latin et se convertit en langue de la chancellerie sous Alphonse X .
2.
Zones de contact
Contrairement au français (→ art. 148), l’espagnol n’a pas de frontières communes avec les langues germaniques. Le bilinguisme résulte soit de la présence de minorités alloglottes en Espagne, soit de séjours prolongés d’hispanophones dans le reste de l’Europe. Il s’agit dans le premier cas d’un bilinguisme économique et technique (cf. les milieux bilingues hispano-néerlandais relevés par Vidos 1965, 247–268; 372), dans le deuxième cas d’un bilinguisme militaire par la présence de l’armée espagnole en Europe sous les Habsbourg à partir du 16e s. Le régime es-
1696 pagnol dans les Pays-Bas méridionaux aux 16e et 17e s. constitue dans cette optique une situation particulière. Il se crée une communauté trilingue (français, espagnol, néerlandais) où le français et l’espagnol sont les langues de prestige, la première étant la langue officielle de l’administration et du gouvernement, la deuxième la langue des affaires extérieures avec l’Espagne (cf. Vidos 1972; Verdonk 1980). Il en découle le développement temporaire d’un espagnol régional propre aux Pays-Bas méridionaux, influencé surtout par le français. La nature des contacts entre les langues germaniques et ibéroromanes implique d’une part que les interférences sont exclusivement lexicales. D’autre part, l’absence de frontières communes, la position géographique intermédiaire du français et la situation socioéconomique particulière de cette langue dans les Pays-Bas méridionaux dès le haut moyen âge (→ art. 148) ont comme conséquence que le français joue le rôle de principal médiateur linguistique entre les langues germaniques (surtout le néerlandais), et le monde ibéroroman, même pour des emprunts pour lesquels l’allemand lui-même a servi de relais. Quelquefois l’anglais semble avoir été le canal de transmission: ce serait le cas des rares emprunts coloniaux au néerlandais (p. ex. pomelo < angl. pómmelo, déformation présumée du néerl. pompelmoes, cf. DCECH 4, 602b) ou de quelques termes maritimes (p. ex. yate, balastro, cf. Messner 1979, 81), et le cas controversé (cf. Aebischer 1969) de filibustero provenant indirectement du néerl. vrijbuiter, mais où le changement de r en l suppose soit une influence de flibote < néerl. vlieboot, soit l’intervention de l’anglais, qui expliquerait le passage de fributier en flibustier en français (cf. Sijs 1997, 25 s.). Rares sont les emprunts néerlandais ou allemands qui passent directement dans les langues ibéroromanes, où l’on retrouve d’ailleurs en général les mêmes emprunts autant en espagnol qu’en portugais et en catalan. La distinction entre emprunts primaires et secondaires constitue donc l’un des problèmes majeurs de l’examen diachronique.
3.
Emprunts au néerlandais
3.1. Valkhoff (1949, 141; 1967, 366 s.) distingue trois catégories d’emprunts au néerlandais: les mots transmis par le français, les mots qui pourraient être empruntés simulta-
XII. Sprachkontakte und Migration
nément en français et en espagnol, les emprunts directs. A la première catégorie appartiennent incontestablement des emprunts modernes comme etapa (< fr. étape < néerl. stapel), etiqueta (< fr. étiquette < néerl. sticken) esp. / cat. quilla, pg. quilha (< fr. quille < néerl. kiel) ou esp. petifoque / cat. petifoc qui proviennent de la traduction fr. petit foc du néerl. kleine fok, arcabuz (< néerl. haecbusse) dont la forme trahit l’intermédiaire fr. arquebuse. La deuxième catégorie contient nombre de termes nautiques (babor, estribor, amarrar, izar) ou maritimes (dique < néerl. dijk) empruntés autant par le français que par l’espagnol dans l’espace trilingue des Pays-Bas méridionaux propice à ce genre d’interférences. Trois indices permettent de classer un emprunt dans la troisième catégorie, qui est aussi la plus intéressante dans l’optique des relations linguistiques (Valkhoff 1967, 367 s.; Vidos 1972, 236). (1) Le mot n’existe pas en français: escaparate < schaprade est un des ex. les plus connus; aussi becabunga < beekbunge, une plante contre le scorbut; hornabeque < néerl. horenwerck, une sorte de fortification (cf. Verdonk 1980, 123). (2) Le mot ibéroroman a une forme particulière par rapport au français: pg. bodemeria < néerl. bodemerij “prêt à la grosse aventure sur un navire de commerce”, ne peut être emprunté au fr. bomerie (Vidos 1965, 260–265); esp. boya, cat. / pg. boia proviendraient du moy. néerl. boeye, sans passer par le fr. bouée avec la même signification nautique, mais phonétiquement différent (selon Vidos 1965, 272 s.; 278 s., mais DCECH 1, 646 s., fait dériver boya du français); pour l’esp. orinque (< néerl. oorring), la vélaire absente de l’emprunt fr. orin, suggère un emprunt direct et ce d’autant plus que le mot désigne une partie de la bouée et appartient donc au même domaine lexical (cf. l’emprunt organique de Vidos 1965, 255–258). (3) Le mot est attesté d’abord en ibéroroman (p. ex. Hondschoote > esp. anascote > fr. anacoste, FEW 16, 223; la métonymie esp. holandilla, une espèce de toile, attestée au début du 18e s. longtemps avant le fr. holandille). Valkhoff (1967, 368) prévient toutefois que ces indices n’offrent aucune certitude absolue: (1) le mot peut avoir existé sans être attesté dans un document; (2) un mot donné s’est peut-être présenté sous une forme ancienne, p. ex. boie avant bouée; (3) la date d’attestation peut être due au hasard.
149. Contacts linguistiques: allemand / néerlandais et ibéroroman
3.2. On distinguera grossièrement deux phases chronologiques: (1) les contacts commerciaux avec la Flandre à partir du 13e s., poursuivis du 16e jusqu’au milieu du 17e s. par le commerce avec la Hollande, (2) l’occupation militaire des Pays-Bas méridionaux aux 16e et 17e s. L’influence linguistique néerlandaise est nettement plus ancienne que celle de l’allemand. Les premiers contacts avec le monde ibéroroman s’établissent au 12e s., à l’époque des croisades (cf. le siège de Lisbonne en 1147) et des pèlerinages à Saint-Jacques de Compostelle. Les documents prouvent l’existence de relations commerciales actives avec la Flandre, d’abord par voie terrestre, ensuite par la mer au 13e et surtout au 14e s. (Castro 1921; Valkhoff 1951, 66). Les articles de laine sont le principal produit d’exportation de la Flandre, le centre européen de l’industrie textile au moyen âge. Des échanges intenses s’établissent avec les ports du nord de l’Espagne. Vidos (1965; 1972, 233 s.) relève un nombre considérable de dénominations de tissus qui dérivent, par un procédé métonymique, de noms de villes flamandes en général dans leur traduction française: balduque (< Bois-le-Duc, ’s-Hertogenbosch), une espèce de ruban, bramante (< Brabant), une espèce de ficelle, estanforte (< fr. estanfort, Steenvoorde), un tissu. D’après Vidos, certaines dénominations seraient d’origine latine (esp. brujas, pg. brugia < lat. Bruggia, longamarca < Longa Marca, Langemark), d’autres d’origine flamande (gante < Ganth). Des emprunts de noms communs néerlandais sont rares: escarlata (< néerl. scarlaken “drap à tondre”) en serait un ex. d’après Alfau de Solalinde (1969, 95–98), qui s’oppose ainsi à DCECH (2, 683b), selon lequel le mot est d’origine arabe. L’apport principal du néerlandais concerne – en général à travers le français – la terminologie maritime au sens large (Valkhoff 1943; 1949; 1967): elle comprend la construction navale (esp. foque < fok; esp. baupres, pg. gurupés < fr. beaupré < néerl. boegspriet; des noms de bateaux: esp. balandra < fr. bilandre < néerl. bijlander, esp. / pg. / cat. urca < fr. hourque < néerl. hoeker), la technique de la navigation (esp. amarrar < fr. amarrer < néerl. aanmaren; esp. arrimar / pg. arrumar < fr. arrimer < moy. néerl. aanrumen; esp. izar / pg. isar < fr. hisser < hijsen), le commerce maritime (esp. flete / pg. frete < fr. fret < vracht), la menuiserie (esp. garlopa < fr. varlope < voorloper).
1697
Pendant la domination espagnole aux Pays-Bas méridionaux, l’emploi de mots néerlandais dans les textes espagnols des Pays-Bas aux 16e et 17e s. est très restreint; en général, il s’agit d’occurrences éphémères qui ne passent pas en espagnol péninsulaire (cf. l’emploi isolé et individuel de caramesia, à rapprocher du wallon et remplacé plus tard en espagnol standard par le mot littéraire kermesse emprunté au français signalé par Vidos 1972, 238–242) ou seulement beaucoup plus tard par la correspondance entre Bruxelles et Madrid ou grâce aux militaires qui rentrent en Espagne. Parmi les mots qui, attestés d’abord dans l’espagnol régional des Pays-Bas, pénètrent sans l’intermédiaire du français, Verdonk (1980) relève un terme technique de la fortification, spécialité des Hollandais (hornabeque < néerl. horenwerck que le français a calqué en ouvrage à corne). Un mot comme marasso (< néerl. marasch) pourrait être emprunté directement ou par l’intermédiaire du dialecte picard ou wallon (cf. ib., 132–138), qui est aussi la voie suivie par certains gallicismes nés aux Pays-Bas (p. ex. recluta < pic. recrute). Le séjour de nombreux soldats espagnols en Flandre serait aussi responsable de la présence de quelques mots populaires ou argotiques empruntés par voie orale: p. ex. gaznápiro “bête”, “imbécile” < néerl. gesnapper (DCECH 3, 140) et pichilingue “pirate” < néerl. Vlissingen, moins rare en portugais (DCECH 4, 529b). On y rattachera peutêtre l’évolution sémantique particulière de l’esp. flamenco (dérivé de Vlaming), personne de teint rose, tenu comme le prototype des peuples nordiques, et par là “gaillard”, “provocateur” (Sijs 1997, 69s.; DCECH 2, 906s.).
4.
Emprunts à l’allemand
De la même façon que pour les interférences allemandes en français (→ art. 148), l’influence allemande sur l’espagnol s’étale sur deux périodes: (a) les 16e et 17e s., avec un lexique essentiellement militaire, (b) le 19e s. qui se caractérise par un lexique scientifique et technique. Le vocabulaire militaire transite très souvent par le français (ex. vivaque < bivaque, ancienne forme de bivouac, botín < fr. butin < v.h.all. bûte, quepi < fr. képi < all. Käppi). D’autres mots sont entrés directement, notamment par la présence de mercenaires suisses ou allemands en Espagne (brindis < all. bring dir’s, trincar < all. trinken).
1698 Au 19e s., l’Allemagne apporte à l’Europe entière une terminologie technique et scientifique basée souvent sur des racines grécolatines. L’espagnol subit la même influence que le français, en hispanisant ces emprunts dont il est difficile de suivre la filière (certains passent par le français, d’autres par l’anglais): psicoanálisis, química, etc. Ici aussi, la minéralogie est la science dominante: cuarzo, bismuto, potasa, feldespato, níquel. Dans les sciences humaines, l’influence est surtout sensible en psychologie et en philosophie (humanismo, determinismo), où l’on observe comme en français un nombre considérable de calques formels (visión del mundo < Weltanschauung, espíritu colectivo < Volksgeist, espacio vital < Lebensraum, cf. Lapesa 91981, 459; Messner 1979, 94), et dans le domaine des arts, en musique (vals, polca, lied). A travers le français, l’allemand sert aussi d’intermédiaire à des mots d’origine orientale: ex. pistola, obús d’origine tchèque, sable du hongrois. Au 20e s., l’influence allemande diminue considérablement. Dans son corpus des années ’80, Nord (1983, 491–495) ne relève que des xénismes (lumpen-proletariado, putsch, realpolitik, gestalt) ou des formes anglicisées (ex. quartz), dont la moitié réfère à la terminologie politique. Exceptionnellement l’espagnol confère à l’emprunt allemand une nouvelle signification: à côté de refuge souterrain, búnker, búnquer acquiert le sens de milieu politique réactionnaire (ib., 437). Une telle assimilation sémantique peut s’accompagner – tout aussi exceptionnellement – d’une assimilation morphologique (bunkerista, bunkeriano).
5.
Bibliographie
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XII. Sprachkontakte und Migration glo XIII , RFE 8 (1921), 1–29; 325–356; 9 (1922), 266–276; 10 (1923), 113–136. Geers, Gerardus, Relaties tusschen Nederlandsch en Spaansch, in: Handelingen von het XIVe Nederlandsch Philologencongres, Groningen, 1931, 43–45. Körner, Karl-Herman / Vitse, Marc (eds.), Las influencias mutuas entre España y Europa a partir del siglo XVI , Wiesbaden, 1988. Lapesa, Rafael, Historia de la lengua española, Madrid, 91981. Messner, Dieter, Geschichte des spanischen Wortschatzes, Heidelberg, 1979. Nord, Christiane, Neueste Entwicklungen im spanischen Wortschatz, Rheinfelden, 1983. Patterson, William / Urrutibéheity, Hector, The lexical structure of Spanish, Den Haag / Paris, 1975. Sijs, Nicoline Van der, Nederlands in het buitenland. Buitenlands in het Nederlands, Amsterdam, 1997. Valkhoff, Marius, Een lijst van Nederlandse scheepstermen overgenomen door het Romaans, in: Album René Verdeyen, Bruxelles / Den Haag, 1943, 329–336. –, L’expansion du néerlandais, Bruxelles, 1944. –, Over de Nederlandse woorden in het Spaans, het Portugees en het Katalaans, in: Handelingen van het XVIII de Vlaamse Filologencongres, Gent, 1949, 139–149. –, Etymologies néerlandaises II . Mots néerlandais en hispanique, Neophilologus 35 (1951), 65–72. –, Préstamos de lenguas modernas, in: ELH 2 (1967), 365–376. Verdonk, Robert, La lengua española en Flandes en el siglo XVII , Madrid, 1980. Vidos, Benedetto, Prestito, espansione e migrazione dei termini tecnici nelle lingue romanze e non romanze, Firenze, 1965. –, Relaciones antiguas entre España y los Países Bajos y problemas de los préstamos holandeses (flamencos) en castellano, RFE 55 (1972), 233–244.
Eugeen Roegiest, Gand
1699
150. Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa)
150. Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa) Contacts linguistiques: anglais et roman (Europe) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Einleitung Französisch Italienisch Spanisch Portugiesisch Rumänisch Vergleich der englischen Einflüsse auf die romanischen Sprachen Zusammenfassung Literatur
1.
Einleitung
1.1. Formen des kulturellen Kontakts Die europäische Kulturgeschichte der letzten zweitausend Jahre bietet eine faszinierende Folge von Kontakten von Sprechern verschiedener Einzelsprachen ebenso wie von Einflüssen von internationalen Buchund Bildungssprachen. Darunter nehmen die Wechselbeziehungen der Germania und Romania ein bes. vielfältiges und gut erforschtes Gebiet ein, ein Untersuchungsgegenstand, mit dem auch wesentliche methodische Entwicklungen verbunden sind. 1.2. Nah- und Fernkontakte In England endet die Rolle des Französischen als Zweitsprache (in Verwaltung, im Gerichtswesen, in Briefen und weiten Teilen der Literatur) im 15. Jh. – es ist seither die (wichtigste) Fremdsprache und an Schulen viel weiter verbreitet als alle anderen Sprachen zusammen genommen. Im Gegensatz dazu sind englische Einflüsse auf romanische Sprachen im europäischen Raum durchweg auf Fernkontakte zurückzuführen und – wie die Darstellung unter den Einzelsprachen (cf. 2.–6.) zeigt – allgemein spät, mit einer ersten bedeutenden Welle im späten 19. Jh., die sich aber erst nach 1945 zur allgegenwärtigen Präsenz der Anglizismen entwickelt (zu punktuellen Nahkontakten nach 1945 cf. Varro / Boyd 1998). Außerhalb Europas gibt es dagegen vielfältige englisch-romanische bilinguale Gemeinschaften; die Einflüsse auf die jeweilige romanische Sprache sind von vielen Faktoren abhängig, aber v. a. von dem relativen Status der zwei Kontaktsprachen bestimmt – so im Québecois anders als im Spanischen Puerto Ricos oder Portugiesischen Madeiras. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Da-
ten aus den zwei Kontaktsituationen nicht vermischt werden sollten. 1.3. Formen des Lehnguts Herkömmlich wird als Folge von Sprachkontakt unterschieden zwischen Übernahmen nach Form und Inhalt (Entlehnung auf verschiedenen sprachlichen Rängen, darunter bes. auf Wortrang; nach dem Integrationsgrad und der Häufigkeit können Zitatwörter, Exotismen, Fremdwörter und Lehnwörter unterschieden werden, wobei die Skala fließend und die Zuordnung fraglich sein kann). Weiterhin wird unterschieden nach der sprachlichen Ebene (Wortbildungsmuster, Lehnsyntax, entlehnte Schriftzeichen und Phoneme) und schließlich nach der Bedeutung: Wiedergaben / Calques (Lehnübersetzungen, Lehnübertragungen, Lehnschöpfungen je nach Genauigkeit der Wiedergabe) oder Lehnbedeutungen. Dabei bestimmt u.a. die Sprachstruktur der Nehmersprache, wie eng die Wiedergabe am Ausgangswort orientiert sein kann: engl. sky-scrape-r ergibt dt. Wolken-kratz-er (wobei die Struktur, aber nicht die Bedeutung exakt nachgeahmt wird), aber frz. gratte-ciel, span. rasca-cielos zeigen die heimische Struktur; cf. auf der Ebene der Wendung span. mantener un perfil bajo aus engl. to keep a low profile. Dagegen zeigt frz. ordinateur (zu computer) eine formal unabhängige Bildung. Ein besonderes Problem stellen Teilwiedergaben (Hybride) dar, bes. wo die beteiligten Sprachen sehr ähnlich sind, so dass Wiedergabe und formale Integration schwer unterscheidbar sind. Eine qualitative und quantitative Beschreibung der einzelnen Kategorien sowie der Zahlenverhältnisse zwischen ihnen ist ein verlässlicher Maßstab für die Intensität der Lehneinflüsse auf den einzelnen Ebenen (Nah- und Fernkontakt; schriftlich und mündlich; relatives Prestige und Normen der beteiligten Sprachen; Datierungen und Korrelation mit der Kulturgeschichte). 1.4.
Etymologie
1.4.1. Englisch oder welche germanische Einzelsprache? Bei der Beschreibung des englischen Einflusses ergeben sich etymologische Probleme
1700 bes. bei der Bestimmung der Herkunft früherer Wörter. Die nordgermanischen Sprachen (bes. Niederdeutsch, Friesisch, Niederländisch und Englisch) sind nach Lautstand so ähnlich (und frühere Entlehnungen oft durch Anpassung an die Nehmersprache so verändert), dass eine Bestimmung der Etymologie nach formalen Gründen versagt und bestenfalls eine kulturgeschichtliche Deutung die Herkunft aus einer der verwandten Sprachen wahrscheinlich machen kann. Dies betrifft z. B. Wörter aus Seefahrt / Schiffbau, wo die früh entlehnten Bezeichnungen der Himmelsrichtungen und spätere Lehnwörter wie Deck, Dock, Steven (aber auch Hering) etymologisch strittig bleiben. Gelegentlich finden sich auch spätere Entlehnungen falsch eingeordnet, so lemming und krill (aus dem Norwegischen) als Anglizismen in italienischen Wörterbüchern oder Handball und Drilling (aus dem Deutschen) wiederum als angeblich englischer Herkunft, wobei neuerdings die Frage oft nicht entscheidbar ist, ob evtl. englische Vermittlung vorliegt. Die Herkunftsfrage ist meist formal unentscheidbar bei den Internationalismen aus dem Neo-Lateinischen / NeoGriechischen (cf. 1.5.). 1.4.2. Wanderwörter Bei einer Betrachtung der relativen Stärke des Sprachkontakts sollten die vermittelnden Funktionen der Einzelsprachen als gleichgewichtig mit der Abgabe von eigenen Wörtern gesehen werden. So ist die Weitergabe von port. / span. marmelada / mermelada oder albaricoque unabhängig von der Vorgeschichte (lat. > griech. > arab. > port. / span.). Hunderte von italienischen Wörtern fanden ihren Weg über das Französische in die europäischen Sprachen (dt. Balkon), und eine kleinere Zahl von Anglizismen folgte im 19. Jh. (riding-coat / Redingote, cf. 2.1.); das Spanische und Englische im Besonderen vermittelten viele Wörter aus Sprachen Amerikas, Afrikas, Asiens und Australiens etc. Es kommt hinzu, dass der Weg dieser Wanderwörter nicht immer bis an die Quelle zurückzuverfolgen ist – jedoch bleibt für eine Betrachtung der europäischen Sprachund Kulturgeschichte die letzte Stufe der Vermittlung (‘etimologia prossima’) mindestens ebenso wichtig wie die weiter zurückliegende Herkunft (‘etimologia remota’) der Wörter. Als Folge der spezifischen Kolonialgeschichte hat das Englische seit dem 18./
XII. Sprachkontakte und Migration
19. Jh. eine Vielzahl von ‘exotischen’ Wörtern bes. aus Nordamerika, Indien und Australien an europäische Sprachen vermittelt und damit den früher vorherrschenden Import über das Spanische abgelöst. Wörter wie Iglu, Mokassin, Squaw; Cashew, Mangrove; Kattun, Punsch; Känguruh, Koala, Wombat; Kiwi; Tabu zeigen in vielen Nehmersprachen, einschließlich der romanischen, nach Aussprache und Schreibung Merkmale, die auf die englische Vermittlung hinweisen. Bes. für das Französische gilt andererseits, dass ein Großteil der neuen Anglizismen ‘Rückkehrer’ sind, d. h. ursprünglich ins Englische entlehnte Gallizismen (interview, establishment, cf. Müller 1975, 52–55); bei der Aufnahme werden diese Anglizismen häufig in ihre ‘französische’ Form ‘zurückverwandelt’. 1.4.3. Pseudo-Lehnwörter Die Zahl der Lexeme, die einzelsprachlich aus fremden Elementen gebildet werden, in der Quellsprache aber selbst nicht vorkommen, ist allgemein gering (cf. Schweickard 1998, 298; Cypionka 1994). Meist handelt es sich um Komposita aus vorher aufgenommenen Lehnwörtern oder Ableitungen mit fremden zu Affixen gewandelten Elementen. Der letztere Vorgang lässt sich spiegelbildlich an französischen Bildungen mit self(-achèvement, -allumeur, -entretien) und -man (claquette-; coming-, record-, tennis-) gut verdeutlichen (cf. Picone 1996; Tournier 1998). Eine solche Produktivität von Affixen ist nach längerem Sprachkontakt nichts Ungewöhnliches, wie die große Zahl romanischer Affixe (wie -able, -ity, -ment) im Englischen belegt. 1.4.4. Fossilien Entlehnte Wörter bleiben als Zeugen der Zeit des Sprachkontakts oft erhalten, auch dort, wo in der Gebersprache das Wort seine Bedeutung wandelt, wo es nur noch eingeschränkt verwendet wird (z. B. literarisch, archaisch oder dialektal) oder ganz ausgestorben ist. Die Zahl solcher Fossile hängt u. a. von der zeitlichen Tiefe ab – so ist es nicht erstaunlich, dass die Zahl der Wörter französischer Herkunft bes. groß ist, die im Englischen überlebt haben, aber im Französischen selbst nicht mehr bezeugt sind (Brüll 1913). Das Englische als Gebersprache ist verantwortlich für die Lehnwörter smoking (jacket), heute dinner jacket oder tuxedo,
150. Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa)
während für dancing und pressing keine überzeugenden Etymologien angeboten werden. 1.5. Internationalismen Ein Großteil des sprachlichen Einflusses des Französischen im 18. und 19. Jh. und des Englischen im 19. und 20. Jh. beruht in der Verbreitung internationalen Wortschatzes bes. der wissenschaftlichen Terminologie, die aus griechischen und lateinischen Elementen gebildet ist. Eine Betrachtung der Wechselbeziehungen von Einzelsprachen sollte diese Wörter tunlichst getrennt halten oder ganz ausschließen (wie im DEA 2001). Die Argumente für diese Sonderbehandlung lassen sich wie folgt zusammenfassen: –
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Die Bildungsweise ist an internationalen Konventionen orientiert; die neu geprägten Wörter enthalten nach Schreibung, Aussprache, Flexion und Wortbildung keine Merkmale der Einzelsprache, in der sie zuerst verwendet wurden. Die Nehmersprachen behandeln die aufgenommenen Wörter wie die selbst geprägten, d. h. gliedern sie in den vorhandenen neoklassischen Wortschatz ein. Dabei wird die Schreibung meist nicht angepasst (oder wie im Italienischen und Spanischen nur unerheblich), und die Aussprache richtet sich meist nach der Schreibung, wie bei Buchwörtern üblich. Die Bildungselemente sind meist weder Morpheme der Gebersprache noch der Nehmersprachen (wie in Eu-kalypt-us, Archaeo-pteryx).
Die Entscheidung zur möglichen Wanderung des Wortes kann deshalb vornehmlich die Kulturgeschichte liefern, wie im Fall von téléphone, das um 1830 im Französischen zur Bezeichnung eines Signalhorns auf Schiffen geprägt wurde, 1849 als “Lautsprecher” ins Englische kam und 1876 von A. G. Bell für das von ihm entwickelte Gerät verwendet wurde. Moderne Vertreter in allen Weltsprachen sind dann aus dem ‘American English’ entlehnt. Wie das Beispiel zeigt, sind solche Bildungen häufig zuerst im Französischen belegt – bes. im 18. Jh., als französische Naturwissenschaft in Europa weithin dominierte – und gelegentlich als Rückwanderer mit neuer Bedeutung über das Englische verbreitet worden.
1701
1.6. Integration Die Integration von Lehnwörtern – wenn sie denn als bleibende Bestandteile der Nehmersprache aufgenommen werden – vollzieht sich auf den Ebenen der Schreibung, der Lautung, der Flexions- und Derivationsmorphologie, der Syntax, Semantik, Stilistik und Pragmatik. Dabei kann der Grad der Integration auf den einzelnen Ebenen unterschiedlich sein, d. h. ein Wort kann ‘Fremdwort’ nach seiner Schreibung, aber ‘Lehnwort’ nach seiner Aussprache oder Flexion sein. Allgemein hängt die Integration vom Alter des Wortes und seiner Verbreitung ab; Integration erfolgt nicht oder nur bedingt, wenn die Gebersprache besonderes Prestige hat und der korrekte Gebrauch des Lehnwortes an seinen Merkmalen in der Quellsprache gemessen wird. Die Integration kann demnach einschließen: –
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–
die Anpassung der Schreibung an den vorhandenen Bestand an Graphemen und deren Distribution: span. güisqui “whisk(e)y”. In der Aussprache werden Phoneme mit den nächstliegenden Entsprechungen (auch in der Distribution) korreliert: frz. [si lœr] “thriller” oder Schriftaussprache [tr-] wegen fehlendem [θ], cf. die radikale Anpassung von frz. redingote “riding-coat”. Da Vokallänge in vielen Nehmersprachen nicht distinktiv ist, fällt die Aussprache von Wörtern des Typs beach – bitch üblicherweise zusammen. In der Flexion werden Verben grundsätzlich integriert; sie werden meist in die größte und regelmäßige Klasse eingeordnet. Bei Substantiven ist Genuszuweisung für die meisten Sprachen obligatorisch; bei englischen Lehnwörtern wird immer eine Neuzuweisung nötig. Dabei überwiegt ‘maskulin’ in den meisten Sprachen (aber ‘neutral’ im Rumänischen). Diese erfolgt üblicherweise nach dem Genus des semantisch ähnlichsten heimischen Wortes, gelegentlich aber auch auf der Basis formaler Nähe. Die Kennzeichnung des Plurals zeigt in Einzelsprachen vielfältige Variation zwischen Übernahme von -(e)s und heimischen Bildungen (sandwich(e)s). Adjektive werden oft unvollständig integriert, indem sie ohne Flexion bleiben (und dann u. a. nur prädikativ gebraucht werden).
1702 –
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In der Wortbildung ist Integration oft durch Morphemersatz gekennzeichnet, so -er durch frz. -eur (Picone 1996, 334 s.), span. -ador oder -ista; -ing durch frz. -age (nursage cf. ib., 344–365). Eine typisch romanische Anpassung ist auch die Kürzung von Komposita auf ihren ersten Teil, womit das Determinatum entfällt; diese Kürzung ist für germanische Sprachen ungewöhnlich und ist deshalb meist aus der romanischen Analyse von Komposita zu erklären (cf. living [room], smoking [jacket]). Komplexe Verhältnisse ergeben sich bei der semantischen Integration. Wo nicht monoseme Termini entlehnt werden, ist zu erwarten, dass nur eine Einzelbedeutung (von polysemen Zeichen der Ausgangssprache) übernommen wird: So sind für bridge (im Englischen acht Bedeutungen), change (sechs), jet (vier), match (sechs) nur je zwei Bedeutungen in Lehnwörtern belegt, und für cast (zwölf), folk (vier), joint (acht), spot (acht), star (acht), stock (zwanzig) nur eine Bedeutung. Oft geschieht die Übernahme in einem bestimmten Kontext, d. h. es kann sich eine doppelte Verengung ergeben (corner, goal in der Sprache des Fußballs). Die Spezifizierung kann in einer (positiven wie negativen) Konnotation bestehen, die das neu aufgenommene Wort von heimischen Fast-Synonymen unterscheidet. Syntaktisch erfolgt die Integration durch die Erweiterung des Lehnwortes auf neue Satzmuster (wie sie z. B. für heimische Äquivalente üblich sind). Stilistische / pragmatische Integration bedeutet Einordnung des Wortes in seine volle Verwendungsbreite, die in völligem Verlust der ‘Fremdheit’ enden kann.
1.7. Sprachwandel Sprachkontakte bilden einen wesentlichen Faktor des Sprachwandels. Wie anderswo ausgeführt, ergibt sich diese Beziehung durch die Aufnahme von Einzelwörtern, die auch das Schrift- und Lautsystem, die Flexion und Wortbildungsmuster erweitern können; weitergehende Einflüsse sind denkbar, wie in mittelenglischer Zeit, wo die Produktivität heimischer Wortbildungsmuster in Ableitung und Komposition weitgehend durch die Neuaufnahme von Lehnwörtern ersetzt wurde (z. B. royal verdrängt kingly).
XII. Sprachkontakte und Migration
Daneben werden syntaktische Muster (oft aus Buchsprachen, wie z. B. der doppelte Objektskasus in he made him king) fremden Stilen und Textsorten entlehnt. Weitergehende Einflüsse betreffen die Aufnahme von Funktionen und damit verbundene Sprecherhaltungen, wie Schriftlichkeit nach fremdem Vorbild oder wenigstens Einsatz der Volkssprache in Domänen wie der Religion, Wissenschaft, Rechtsprechung oder als Schulsprache. Schließlich findet sich Wandel der Umwelt nach Anstoß durch die fremde Kultur, die neue Referenten, Wertungen und Korrektheitsvorstellungen einschließt (venison, chase). Am Ende einer solchen Entwicklung kann der typologische Wandel einer Sprache stehen, wie die oft behauptete ‘Romanisierung’ des Englischen – oder die Übernahme strukturfremder Muster, wie die ‘Anglisierung’ von Teilen der romanischen Wortbildung. 1.8. Purismus und Sprachpflege Wie unter den Einzelsprachen ausgeführt, finden sich puristische Tendenzen in den meisten Sprachgemeinschaften, zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlicher Intensität. Auslösender Faktor ist die oft subjektiv empfundene Bedrohung der eigenen Sprache durch fremdes Wortgut, eine ‘Überfremdung’ der Muttersprache. Diese ‘sprachliche Allergie’ ist nicht von der Zahl der Neuentlehnungen abhängig, wohl aber mitbestimmt von deren struktureller Auffälligkeit (bes. in Schrift und Aussprache) und modischem, als affektiert empfundenen Gebrauch (cf. Etiemble 31980). Gelegentlich münden solche Bestrebungen in Verordnungen wie in der neueren französischen Sprachplanung, die auf eine weitgehende Ersetzung des englischen Elements in den Terminologien ausgerichtet ist (Beinke 1990; Schmitt 1990; Schweickard 1998, 302 ss.). Die geringen Zahlen entlehnter englischer Wörter im Spanischen, die nicht durch Sprachgesetzgebung bedingt sind, deuten an, dass auch ohne offiziellen Purismus gemäßigte Entlehnung erfolgen kann.
2.
Französisch
2.1. Geschichte des Sprachkontakts Die engen Kontakte zwischen beiden Nationen waren, was die sprachlichen Einflüsse
150. Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa)
angeht, bis ins 18. Jh. recht einseitig – das Englische war die nehmende Sprache, und wenn man sich die Haltungen der Franzosen zu England und seinen Bewohnern im 18. Jh. verdeutlicht (Nyrop 21904, daraus zitiert in Schmitt 1998), ist das Ungleichgewicht leicht verständlich. Erst im 19. Jh. wurde mit dem Einfluss der Industriellen Revolution (Eisenbahn, Tuchindustrie, Bergbau, Maschinenbau) und später des Sports, der Hunderassen und einigen Bereichen gesellschaftlichen Lebens der britische Lebensstil vorbildlich; der sprachliche und kulturelle Einfluss wurde bald als Anglomanie kritisiert. Die Rolle Frankreichs als führender Kulturnation des Kontinents spiegelt sich auch in der Vermittlung von Anglizismen an andere Sprachen: frühe Entlehnungen wurden oft französiert und entsprechend geschrieben und ausgesprochen (riding-coat > redingote; beefsteak, budget, comfort, jury und waggon), diese Mittlerfunktion hielt in Osteuropa oft bis ins 20. Jh. an (wo sie durch deutsche Vermittlung ergänzt wurde). 2.2. Bereiche Die oben erwähnten Einflüsse des 19. Jh. lassen sich durch ein polemisch übersteigertes Gedicht verdeutlichen: «[…] On n’entend que des mots à déchirer le fer: Le railway, le tunnel, le ballast, le tender, Express, trucks et wagons; une bouche française Semble broyer du verre ou mâcher de la braise … Faut-il, pour cimenter un merveilleux accord, Changer l’arène en turf et le plaisir en sport? Demander à des clubs l’amiable causerie? Flétrir du nom de grooms nos valets d’écurie, Traiter nos cavaliers de gentlemen-riders? Et de Racine enfin parodiant les vers, Montrer, au lieu de Phèdre, une lionne anglaise Qui, dans un handicap ou dans un steeple-chase, Suit de l’œil un wagon de sportsmen escorté Et fuyant sur le turf par un truck emporté?» (Nyrop 21904, 98).
Im 20. Jh. wurde der britische Sprachkontakt durch neue Bereiche ergänzt, die nun vorwiegend aus Amerika aufgenommen wurden (Jazz und Popmusik, Tanz, Film, Autos und Flugzeuge) – Einflüsse, die sich nach 1945 auf alle Lebensbereiche ausdehnten, auch wenn sie in den Fachsprachen bes. deutlich wurden (Schmitt 1998, und cf. 3.2.4.). Diese Tendenzen sind natürlich weltweit, werden aber in Frankreich bes. empfindlich registriert, weil sie dazu beitragen, die Ablösung des Französischen
1703
als Weltsprache des 19. Jh. bewusst zu machen. 2.3. Strukturelle Einflüsse Das Lautsystem des Französischen hat sich bisher als weitgehend resistent gegenüber dem englischen Einfluss erwiesen: der Wortakzent ist französisch geblieben, unterschiedliche Vokale und Diphthonge werden meist durch heimische Entsprechungen ersetzt [ ~ œ, æ ~ a]; wird nach der Schreibung gesprochen; [ð, θ] durch [z, s] ersetzt. Einzig [ŋ] hat sich infolge der häufigen Aufnahme von Wörtern auf -ing nach 1945 durchgesetzt (Schweickard 1998, 297). In der Schreibung bewahren neuere Lehnwörter die englische Orthographie (was das Vorkommen von <w>, <wh> und zumindest erhöht hat). Morphologisch ergibt sich Schwanken in der Pluralbildung (les box, les sandwich(e)s, sofern die Ergebnisse der französischen und englischen Flexion nicht graphisch sowieso identisch sind. Obwohl Morphemersatz (-ing durch -age, -er durch -eur) gängig ist, haben sich die Suffixe -ing und -er als periphere Elemente der Derivation durchgesetzt (Picone 1996). Einschneidend ist – wie in anderen romanischen und in slavischen Sprachen – der Einfluss englischer Komposita (v. a. Adj + N, N + N, cf. Schweickard 1998, 298): Die romanische Struktur verlangt hier N + Adj, doch wird die Ordnung Determinans / Determinatum zunehmend übernommen (cf. dagegen die Lehnübertragung gratte-ciel für skyscraper). 2.4. Purismus und Sprachgesetzgebung Sprachreinheit wurde im Französischen zumindest seit dem 16. Jh. angestrebt; das Thema war seit jeher eine Aufgabe der Académie française. Waren diese Bestrebungen anfangs gegen das Italienische gerichtet, so konzentrierten sich die Bemühungen seit dem 19. Jh. auf den englischen Einfluss. Nach 1945 verstärkten sich diese Bestrebungen, die 1991 in der Loi Toubon gipfeln, nach der Fachtermini in offizieller Verwendung vorgeschrieben sind, die von Kommissionen erarbeitet und in Listen veröffentlicht werden (DGLF 1994). Der Erfolg ist an dem Rückgang von englischer Fachterminologie abzulesen, so sehr auch die nichtregulierte Allgemeinsprache Anglizismen weiterhin benutzt (cf. relevante Einträge wie hot-dog, snack, match in DEA 2001 – das Spanische hat z. B. perrito caliente).
1704
3.
Italienisch
3.1. Kontaktgeschichte Wie anderswo in Europa beginnt der massive Einfluss des Englischen im späten 19. Jh., wo mit der anglomania (Graf 1911) die vorher durch das Französische vermittelten Kontakte mit dem Englischen durch direkte Aufnahmen ersetzt wurden. Vorwiegend aus dem ‘British English’ wurden nun Ausdrücke aus dem Sport, der Technik und der Wirtschaft entlehnt. Dies geschah allerdings zögerlicher als in Nordeuropa, eine Folge der langsamen Ausbreitung des Englischen an Schulen und Universitäten und der strukturellen Andersartigkeit des Italienischen. Eine stark puristisch bestimmte Phase unter dem Faschismus wurde ab 1945 durch eine bemerkenswerte Öffnung abgelöst, die das Italienische im Vergleich mit den anderen romanischen Sprachen an die Spitze der entlehnenden Sprachen brachte. 3.2. Bereiche Waren es bis 1945 enger begrenzte Themen, in denen sich englischer Einfluss bemerkbar machte, so sind seither alle Lebensbereiche betroffen, auch wenn (wie anderswo) sich bes. viele Beispiele für Lehnwörter in Fachsprachen wie in Popmusik, Film und Fernsehen, Computertechnologie und soziolinguistisch in der Jugendsprache, der Diktion der Werbung usw. finden. 3.3. Strukturelle Einflüsse Während frühe Entlehnungen meist in der Aussprache (und auch oft in der Schreibung) stark an italienische Strukturen angeglichen wurden, werden neuere Lehnwörter meist nur unvollkommen integriert. Dies hat Änderungen des Sprachsystems zur Folge, so in der Schreibung: der Gebrauch der Buchstaben <j, k, w, x, y> z. B. in whisky sowie Kombinationen, die oft dem Italienischen fremde Lautverbindungen wiedergeben. Daneben findet sich in der Aussprache zunehmend Nachahmung englischer Diphthonge (z. B. play-back [ plebk]) und phonotaktischer Eigenheiten (z. B. Konsonantenverbindungen wie [sp-, st-] am Wortanfang und [-kt, -st] usw. am Wortende, cf. [ spɑ rŋ pɑ tnə(r)]). Häufig ist auch die Korrektur früher aufgenommener, aber jetzt als fehlerhaft empfundener Aussprachen. In der Morphologie werden Plurale in
XII. Sprachkontakte und Migration
nicht integrierten Lehnwörtern traditionell nicht markiert, behalten aber neuerdings zunehmend das engl. -s bei, wie in hippies. In der Derivation sind -er (für den Täter einer Handlung oder Werkzeug) und -ing (für Tätigkeit) zu peripheren Morphemen geworden; Komposita (Adj + N, N + N) haben inzwischen Modellcharakter auch für heimische Bildungen (wo N + Adj zu erwarten wäre).
4.
Spanisch
4.1. Geschichte des Sprachkontakts Wie anderswo in Europa dominierte bis weit ins 19. Jh. das Französische als Gebersprache; selbst die meisten Wörter englischer Herkunft wurden durch das Französische vermittelt. Erst im späten 19. Jh. wurden die kulturellen Beziehungen zu England enger, was sich in einer größeren Zahl von Lehnwörtern niederschlägt. Für das Spanische spielt eine Rolle, dass viele Wörter auf dem Nahkontakt mit dem ‘American English’ beruhen, und dass innere Entlehnung aus dem amerikanischen Spanisch oft nicht auszuschließen ist. Erst nach 1945 (bes. nach dem Ende der Franco-Diktatur) erfolgte aber die weite Öffnung Spaniens für die angloamerikanische Kultur und Sprache; dies ist auch an der Verdrängung des Französischen als erster Schulsprache und am sprunghaften Anwachsen der Zahlen von Englischsprachigen (und ihrer Sprachbeherrschung) abzulesen. Die Folgen für das Land sind die weithin bekannten, nur dass im Spanischen ein größerer ‘Rückstand’ aufzuholen war. Zahlen, die auf Erhebungen für das DEA (2001) beruhen, zeigen aber, dass für die geringere Aufnahme von Anglizismen ein ‘verdeckter’ Purismus verantwortlich sein könnte. 4.2. Bereiche Mit der ersten größeren Welle von Anglizismen kamen Ausdrücke aus den Bereichen Sport, Verkehr, Tuchindustrie und Lebensstil (Getränke, Hunderassen, Tanz, usw.), die sich auch anderswo in Europa finden, im Spanischen aber bes. stark angepasst wurden. Nach dem Ende des Isolationismus kam dann durch den Tourismus der 1960er Jahre und die folgende politische Öffnung ein starker Anstieg sowohl in den Fachsprachen (Musik, Film, Drogen, Technik, cf. Schmitt 1992; Lilienkamp 2001) wie im All-
1705
150. Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa)
tagsleben. Soweit die Gebersprache festzustellen ist, überwiegt bei den neueren Entlehnungen das ‘American English’. 4.3. Strukturelle Einflüsse Das spanische Lautsystem hat sich bisher als weitgehend resistent gegenüber englischen Lehnwörtern erwiesen. In der Aussprache zeigt sich Schwanken zwischen Ersetzung und Nachahmung des englischen Musters bei Lauten, die dem Spanischen fehlen, so bes. die Frikative /ʃ, , d , v/ sowie /w, h, ŋ/, cf. esquésch “sketch”, joldin “holding” und güisqui “whisky”; teilweise zeigt sich hier auch Schrifteinfluss, d. h. die Verwendung des im Spanischen üblichen Lautwertes von <j, g, v>. Kombinationen wie st-, sp-, sl-, sm- zeigen prothetisches /e/: [estik] “steak”, [espiker] “speaker”; stimmhafte Verschlusslaute am Silbenende haben Auslautverhärtung. Eine stärker am Englischen orientierte Aussprache wird auch heute noch meist als affektiert empfunden. In der Schreibung zeigt sich bis in die jüngste Zeit eine auffällige Tendenz zur Anpassung an das spanische System (güisqui “Whisky”), bes. wo ungewöhnliche Grapheme oder Kombinationen betroffen sind ( usw.). Wo die englische Orthographie beibehalten ist, ergeben sich oft Schriftaussprachen wie in Intercity [θ]. In der Flexion bewahren die meisten Substantive das engl. ; seltener sind nach spanischer Tradition <es> und . Schwanken findet sich bes. (wie in anderen Sprachen) bei Wörtern auf -y (hippies, hippys, hipis, jipis). In der Derivation ist auffällig, dass das Genus meist nur im Artikel angezeigt wird (una babysitter, las fans). Für -er ist Ersatz durch -ador oder -ista üblich, während -ing meist übernommen wird (und sogar das Hybrid puenting “bungee-jumping” hervorgebracht hat). Wie in anderen romanischen Sprachen sind Komposita wie cowboy oder hot dog mit der Abfolge Determinans / Determinatum strukturell fremd; das Muster hat bisher geringe Auswirkungen auf die Wortbildung des Spanischen gehabt, Lehnübertragungen für Anglizismen folgen üblicherweise heimischen Strukturen (perro calíente s. o.).
5.
Portugiesisch
Die Forschungslage erlaubt es nicht, eine zusammenfassende Darstellung zu geben
(cf. Schmidt-Radefeldt 1986; 1997). Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse der Lage für das Spanische ähneln. Dies sollte durch eine kontrastive Untersuchung mit dem Spanischen herausgearbeitet werden. Da das Portugiesische im DEA -Projekt nicht vertreten ist, fehlt jedoch bisher eine gesicherte Datenbasis.
6.
Rumänisch
6.1. Geschichte des Sprachkontakts Das Rumänische ist eine verhältnismäßig junge Nationalsprache; es trat erst im 19. Jh. aus dem osmanischen Herrschaftsbereich und war in der Folge sehr stark an der romanischen Schwestersprache Französisch ausgerichtet. Obwohl es also an der gesamteuropäischen Ausbreitung des englischen Lehnguts im späten 19. Jh. Anteil hatte, war die Zahl der Lehnwörter geringer und die Form oft durch die französische Vermittlung beeinflusst. In der Folge wurde der Einfluss durch puristische Bestrebungen sowie die relative Isolation nach 1945 eingeschränkt, bis die politische und wirtschaftliche Öffnung nach 1990 wie in anderen Ländern des früheren Ostblocks eine gewaltige Welle anglo-amerikanischen Einflusses brachte, dem auch die traditionellen sprachlich-kulturellen Bindungen mit Frankreich wenig entgegenzusetzen hatten. 6.2. Bereiche Wie anderswo wurden im 19. Jh. Wörter aus den Bereichen Sport, Technik und gehobener Lebensstil aufgenommen; allerdings wurden neoklassische Bildungen bevorzugt, die leicht in das System des Rumänischen zu integrieren waren. Die zahlreichen Übernahmen des letzten Jahrzehnts kommen aus allen Bereichen, auch wenn die Terminologie der Fachsprachen (Technik, Wirtschaft, Film, [Pop]Musik) und die informelle Sprache der Jugend (gesprochen, Slang) stark im Vordergrund stehen. 6.3. Strukturelle Einflüsse Die jüngsten Übernahmen sind zu frisch, als dass man bleibende Einwirkungen auf das Sprachsystem beurteilen könnte. Frühere Entlehnungen gaben entweder Annäherungen an die englische Aussprache in rumänischer Schreibung wieder (hen¸t “hands”, lider “leader”, meci “match”, s¸ ut “shoot”) oder zeigen (seltener) Übernahme aus schriftli-
1706 chen Quellen mit Schriftaussprache, wie in [kowboj] “cowboy”. Anpassungen an das rumänische Lautsystem ergaben sich bes. bei Diphthongen [gem] “game”, [sef, se-if] “safe”. Da neuere Entlehnungen die Tendenz zur nichtangepassten Übernahme zeigen, werden auch ältere Lehnwörter oft als unrichtig empfunden und in Schrift und Aussprache nach englischem Vorbild korrigiert (heute: [sejf]). Diese Tendenz erlaubt aber noch kein Urteil über die Folgen für das Schrift- und Lautsystem des Rumänischen. In der Morphologie werden Substantive in das komplexe Flexionssystem (nach Numerus, Genus und Kasus, mit angehängtem bestimmten Artikel) integriert; -s im Plural ist Anzeichen von Fremdwortstatus. Dagegen bleiben Adjektive sowohl attributiv wie prädikativ oft unreflektiert. In der Derivation wird für -er meist die rumänische Entsprechung auf -ist gewählt; ebenso sind Übernahmen auf -ing bisher selten, d. h. das rumänische Sprachsystem ist noch nicht betroffen. Die Struktur englischer Komposita (Determinans vor Determinatum) hat bislang im Rumänischen nur in Eigennamen (-Bank, -Hotel) Nachahmung gefunden; Lehnübertragungen behalten die rumänischen Muster bei.
7.
Vergleich der englischen Einflüsse auf die romanischen Sprachen
Eine Quantifizierung des Einflusses des Englischen auf einzelne romanische Sprachen ist fragwürdig. Ein solcher Vergleich ist am ehesten für den Bereich des Wortschatzes möglich und da wiederum für die Zahl der Lehnwörter. Doch selbst hier bleibt jeder statistische Vergleich abhängig von einer Vielzahl individueller Entscheidungen zu Einzelfragen wie: (1) Sollen ausgestorbene, hochgradig spezielle und auf Sondersprachen beschränkte Wörter in die Zählung aufgenommen werden? (2) Zählen Wörter aus dem gesamten Sprachbereich (z. B. für das Französische aus Frankreich, Belgien, der Schweiz, Quebec, der Karibik und Afrika)? (3) Werden Lehnbedeutungen, Lehnübersetzungen und Pseudoentlehnungen mitgerechnet? (4) Wie verhält man sich bei Teilsubstitutionen und hybriden Wortbildungen,
XII. Sprachkontakte und Migration
die einen englischen Bestandteil enthalten aber neu gebildet sind (wie self-Bildungen im Französischen)? (5) Wie ist bei dem Vergleich mehrerer Sprachen die Einheitlichkeit der Bearbeiter zu sichern? Im Folgenden werden die auf möglichst einheitlicher Definitionsbasis gewonnenen Ergebnisse des neuen vergleichenden DEA (2001) vorgestellt. Diese Daten (die den Stand bis 1995 und auf Fremdkontakte beschränkte Einflüsse wiedergeben) geben uns zum ersten Mal die Gelegenheit, die oft behauptete Überschwemmung Europas durch Anglizismen statistisch zu überprüfen (cf. die Zusammenfassung bisheriger Statistiken in Schweickard 1998, 301). Eine Auszählung von 858 Stichwörtern, die sehr weit, aber nicht universell verbreitet sind, ergab aufschlussreiche Resultate: Der Status der potentiellen Lehnwörter aus dem Englischen konnte als ‘voll akzeptiert’ (2), ‘marginal’ (1) oder ‘nicht bekannt / nicht Teil der Einzelsprache’ (0) beurteilt werden. Die romanischen Sprachen, hier verglichen mit dem Deutschen, Polnischen und Finnischen, ergaben die folgenden Verteilungen (nach Prozenten): 2
1
1+2
0
Französisch
16,9
49,2
66,1
33,9
Spanisch
12,1
48,6
60,7
39,3
Italienisch
26,2
43,7
69,9
30,1
Rumänisch
20,4
37,6
58
42
Deutsch
31,1
55,8
86,9
13,1
Polnisch
20,9
40,6
61,4
38,6
Finnisch
17
14,1
31,1
68,9
Abb. 150.1. Status potentieller Lehnwörter aus dem Englischen in europäischen Sprachen
Ein Vergleich der Daten aus allen Einträgen der Anfangsbuchstaben M und N ergibt eine fast identische Reihenfolge europäischer Sprachen. Die Zahlen lassen sich wie folgt deuten: Die romanischen Sprachen fallen weit hinter die germanischen zurück: nur das Isländische ist wegen seiner ausgeprägten puristischen Tendenzen fast am Ende der Skala. Das Französische hat fast so viele Anglizismen wie das Italienische, aber ein weit größerer Anteil hat nur marginalen Status – zu-
150. Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (Europa)
mindest einige Einschränkungen spiegeln sicher die Folge der fremdwortkritischen Maßnahmen in jüngster Zeit (wie sich an den Ergebnissen für AIDS, computer usw. zeigt). Die geringen Werte für das Spanische überraschen, könnten sich aber in der nächsten Zeit ändern, ebenso wie für das lange relativ vom westlichen Einfluss abgeschnittene Rumänisch: Nach dem Zeitpunkt der Aufnahme bewertet, zeigt sich, dass sowohl das Spanische wie das Rumänische schnell aufschließen und vielleicht in absehbarer Zeit das Französische überholen werden (Konvergenzerscheinungen innerhalb der romanischen Sprachen cf. RK VIII ). Eine Ergänzung solcher Statistiken durch eine vergleichende Auszählung von Tokens ist ein dringendes Desiderat: So scheint sich die mehr marginale Stellung von Anglizismen im Französischen und Spanischen auch in der Seltenheit von Belegen in der Tagespresse zu spiegeln – im Gegensatz zum Italienischen, d. h. die hohe Zahl von Anglizismen eingeschränkter Verbreitung verschleiert die Tatsache, dass der Abstand zum Italienischen (oder noch eindrucksvoller zum Deutschen) noch größer ist.
8.
Zusammenfassung
Bis weit ins 19. Jh. war im Sprachvergleich das Französische die gebende Sprache – dies betrifft die Einflüsse auf kontinentale Sprachen wie das Englische. Seit 1900 ist aber das Englische auf dem besten Weg, wenigstens einen Teil der Schulden durch lexikalischen Export wieder gutzumachen (cf. Görlach 1995b). Allerdings zeigt jede Statistik, dass die Zahl der Gallizismen in allen europäischen Sprachen die der Anglizismen weit übersteigt: während französische Elemente sicher bis zu 20 % der Wortschätze kontinentaler Sprachen ausmachen, liegt der Anteil der Anglizismen nirgendwo bei mehr als 5 % (und schon gar nicht im Französischen!) – ein deutlicher Unterschied, bei aller Fragwürdigkeit der statistischen Daten.
9.
Literatur
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Manfred Görlach, Heidelberg
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe) Sprachkontakte: Englisch und Romanisch (außerhalb Europas) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Zones de contact avec le français Zones de contact avec l’espagnol Zones de contact avec le portugais Zones de contact avec l’italien La structure des emprunts Champs sémantiques affectés par les emprunts Bibliographie
1.
Zones de contact avec le français
1.1. Le français au Canada Le fief de la communauté française du Canada se trouve au Québec. Dans toutes les autres provinces de la Fédération Canadienne, les francophones sont minoritaires. Il existe, néanmoins, des minorités assez importantes dans les Etats limitrophes du Québec, notamment l’Ontario au sud-ouest et le Nouveau Brunswick au nord-est. 1.1.1. Le français québécois C’est dans le lexique que l’influence de l’anglais se fait le plus sentir. Les emprunts lexicaux et les calques sont fort nombreux. Les premiers emprunts sont attestés dès le début de la période britannique: ale “bière”, en 1764, breeches “sorte de culotte”, en 1771, saucepan “casserole”, en 1779, corduroy “velours côtelé”, en 1786, mop “balai à franges”, en 1792 (Lavoie 1995, 348). En français québécois, les emprunts sont le plus souvent phonétiquement assimilés, p. ex. coquetel < cocktail, bécosse “cabinet au fond du jardin” < angl. backhouse, mitaine “temple protestant” < angl. meeting (house) (Darbelnet 1979, 64). Au contraire, la plupart des emprunts faits par le français de l’Ontario (qui a également adopté des anglicismes du français québécois, cf. 1.1.3.), ne sont pas assimilés car ils sont plutót récents
et subissent une pression plus forte de l’anglais. Le français de l’Hexagone, lui, est moins puriste que le français québécois en matière d’assimilation phonétique. Les lois linguistiques du Québec sont connues dans le monde entier pour être très puristes, voire intolérantes, mais elles n’ont réussi qu’à retarder les effets de l’influence de l’anglais. L’interdiction des anglicismes a provoqué la création de toute une gamme de mots qui remplacent des anglicismes pourtant utilisés en France, p. ex. gardienne “baby-sitter”, fin de semaine “weekend”, annonceur “speaker”, esquadrilles “baskets”. Dans la communauté des pays et territoires francophones, le Québec se trouve à l’avant-garde de la recherche terminologisque qui vise à la création de vocabulaires techniques, scientifiques, etc., pour freiner l’anglicisation de ces domaines (Darbelnet 1979, 72 s.; Lavoie 1995). D’autre part, le français canadien est beaucoup plus menacé par l’anglais que le français de l’Hexagone. L’intensité du contact linguistique au Canada en général et au Québec en particulier est soulignée par le nombre nettement plus élevé d’anglicismes sémantiques, favorisés par la similarité de beaucoup de mots français et anglais qui n’ont pourtant pas le même sens (cf. 2.1.2.), p. ex. pouvoir “courant électrique”, cf. angl. power, circulation “tirage d’un journal”, cf. angl. circulation, pièce “morceau (de musique)”, cf. angl. piece, définitivement “absolument, vrai”, cf. angl. definitely, éventuellement “généralement”, cf. angl. eventually (Darbelnet 1979, 65 ss.). Tandis que les ex. cités supra pourraient être qualifiés de faux amis, l’influence de l’anglais peut également s’exprimer par le choix du mot français le plus proche qui est,
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe)
de toutes façons, correctement utilisé même s’il ne s’agit pas de l’expression la plus courante en français hexagonal, p. ex. remise “payement, règlement”, cf. angl. remittance, papier ligné “papier réglé”, cf. angl. lined paper (ib., 64 s.). Certains de ces cas constituent des anglicismes de maintien, c.-à-d. des expressions qui ne sont plus usitées en France même si elles l’étaient autrefois, p. ex. barbier “coiffeur” (Lavoie 1995, 374). Dans le cas où l’expression existe en français hexagonal mais n’est pas la plus usitée, on parle aussi d’anglicismes de fréquence. Voici des calques fréquemment entendus au Québec: centre d’achat(s) “centre commercial”, cf. angl. shopping center, heures d’affaires “heures d’ouverture / ouvrables”, cf. angl. business hours, pâte à dents “pâte dentifrice”, cf. angl. tooth paste, papier de toilette “papier hygiénique”, cf. angl. toilet paper, prends ma parole “tu peux m’en croire”, cf. angl. take my word, sortir le chat du sac “vendre la mèche”, cf. angl. to let the cat out of the bag (Cardinal / Jousselin 1996, 277 s.; Darbelnet 1979, 68 s.; Lavoie 1995, 374). Les verbes empruntés à l’anglais sont morphologiquement intégrés au français, p. ex. plugger “brancher” < angl. to plug in, scréper “gratter” < angl. to scrape, truster “avoir confiance en” < angl. to trust in (Darbelnet 1979, 64). Voici des ex. de l’influence de l’anglais sur le plan morphologique: l’usage du pluriel au lieu du singulier et vice versa dans quartiers généraux < angl. headquarters, ministre de la Finance “ministre des Finances”, cf. angl. Finance Minister, et l’utilisation de l’adjectif au lieu de l’adverbe dans Si tu réponds correct < angl. If you answer right (Maurais 1993, 90; Darbelnet 1979, 65). Des ex. de l’influence de l’anglais sur le plan syntaxique en français québécois seraient [avoir] rendez-vous à place Royale (en français hexagonal: place Royale, cf. angl. to meet someone at Royal Square) et déménager à Montréal “s’aller installer à Montréal”, cf. angl. to move to Montreal (ib., 69 s.). 1.1.2. Le français acadien Le français acadien a fait de nombreux emprunts et calques à l’anglais, p. ex. [bɔkwit] “sarrasin” < angl. buck wheat, [watʃe] “surveiller la télévision” < angl. watch TV (Péronnet 1993). Les emprunts lexicaux plus anciens sont phonétiquement adaptés, les plus récents ne le sont pas. A la différence du français acadien de la Louisiane, les verbes
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empruntés à l’anglais seraient fréquemment morphologiquement assimilés. Dans une situation de contact fort, même des conjonctions comme but, because sont empruntées à l’anglais (Péronnet 1995, Flikeid 1997). 1.1.3. Le français ontarien Le français parlé dans l’Ontario, même s’il est issu du français québécois, a subi une influence encore plus forte de l’anglais. Le groupe de locuteurs le plus touché est celui des hommes de la classe ouvrière. L’influence de l’anglais se fait surtout sentir par de nombreux emprunts lexicaux. Certains sont communs avec le français québécois, ce sont ceux qui ont été empruntés par l’intermédiaire de celui-ci, p. ex., factrie “usine, manufacture” < angl. factory, tough “dur”, runner “gérer, diriger” < to run, anyway “en tout cas, de toute façon”. Mais il y en a aussi qui ont été directement empruntés à l’anglais dans l’Ontario. D’une part, il s’agit de mots reliés aux secteurs de la société sous domination anglaise, p. ex. high school “école secondaire”, fridge “refrigératur”, movie “film, vue”, real estate “immobilier”, d’autre part d’unités du lexique de base empruntés par des individus hautement bilingues, p. ex. sure! “certain(ement)!”, so “ça fait que, alors” et la préposition back qui remplace to préfixe français re-. Les emprunts faits en Ontario sont plus susceptibles de conserver la prononciation originale de l’anglais que les emprunts québécois. Il y a également des calques, p. ex. les verbes écouter et regarder sont utilisés avec la préposition à à cause de l’influence de l’angl. listen to, look at, tandis qu’on entend dire J’ai vu ça sur la télévision au lieu de à la télévision à cause de l’anglais on television (Mougeon 1993; 1997). Finalement, l’influence de l’anglais se fait sentir par l’augmentation de certaines constructions ou formes françaises qui ont une contrepartie en anglais, p. ex., la construction à la maison de qqn est nettement préférée à chez + pronom personnel, parce que la première correspond à l’anglais at home, at someone’s place. 1.2. Le français aux Etats-Unis La plupart des emprunts que le variétés louisianaises partagent avec le français canadien sont intégrés à la structure morpho(phono)logique du français. Néanmoins, les emprunts (ou plutôt les changements de code) faits sur place sont très nombreux et ne cessent d’infiltrer les variétés locales du fran-
1710 çais, de plus en plus reléguées au deuxième plan. En effet, tous les francophones louisianais sont bilingues anglais-cajun ou anglaiscréole, ce qui permet un type particulier de changements codiques intraphrastiques également qualifiés d’«intercode» ou de «code tampon» (buffer code; Picone 1996; Klingler / Picone / Valdman 1997), c.-à-d. que les éléments qui relèvent du système linguistique anglais ne sont ni phonétiquement ni morphologiquement adaptés (cf. p. ex. les textes publiés par Neumann 1985). Les phrases suivantes constituent des ex. de l’usage linguistique louisianais: Il a back son char dessus le highway, puis il a gone “Il a mis sa voiture en marche arrière sur la grande route et puis il est parti” et Les brakes ont pas travaillé “Les freins n’ont pas travaillé”, cf. angl. The brakes didn’t work, prendre un ride dans le char “se promener en voiture” (Valdman 1996, 644 s.; Phillips 1979; Blyth 1997). Les Franco-Américains des Etats de la Nouvelle-Angleterre sont des Franco-Canadiens transplantés (Brault 1979); par conséquent, leur dialecte est fort semblable au français québécois, mais est actuellement menacé d’extinction. 1.3. Français et créole aux Caraïbes En Haïti, la sauvegarde du monolinguisme sur le plan officiel jusqu’en 1987 avait comme but de garantir la concentration du pouvoir dans les mains d’une petite élite qui se réservait la pratique et le maintien du français. Cependant les nombreux réfugiés politiques et économiques partis en Amérique du Nord firent que la langue internationale qui influence le plus le créole aujourd’hui n’est plus le français mais l’anglais. Dans les communautés haïtiennes des Etats-Unis (notamment en Floride et à New York) et du Canada anglophone, le contact entre créole haïtien et anglais est intense et s’étend à l’île par les contacts que les émigrés maintiennent avec leur pays et par les médias nordaméricains omniprésents (cf. Fleischmann 1986; Valdman 1964; 1988; Buchanan 1987; Joseph 1997). Les DOM (Départements français d’outre-mer) en Amérique sont constitués par la Guadeloupe et ses dépendances, par la Martinique et par la Guyane française. Comme à La Réunion, l’influence de l’anglais y correspond à celle à laquelle le français métropolitain est exposé. A cause de la proximité d’autres îles qui ont l’anglais comme langue officielle, l’influence est peut-être un peu
XII. Sprachkontakte und Migration
plus forte dans les DOM d’Amérique. Des ex. d’anglicismes dans le créole français des Petites Antilles sont chaspann “casserole, récipient” < angl. sauce-pan, chitgòm < angl. chewing-gum, driv “ballade, promenade, virée” < angl. drive, gjal “fille un peu légère; petite amie” < angl. girl, wann-wann < angl. one-one, et kismiyas-kotèhèl “va en enfer, va te faire foutre” < angl. kiss my ass – go to hell (Ludwig et al. 1990; Pinalie 1992). Dans les îles St. Barthélemy, St. Martin et St. Thomas, des variétés créolisées et non créolisées de l’anglais et du français coexistent. Des anglicismes dans le français régional de St. Thomas sont wire “fil (métallique, électrique)”, yard “yard (unité de mesure)”, voir pour “chercher” < angl. to look for (Highfield 1979). Pendant la période coloniale, les îles caraïbes étaient très prisées et plusieurs parmi elles changèrent plus d’une fois de propriétaire. Il y a donc actuellement des îles dans lesquelles le créole à base lexicale française des Petites Antilles coexiste avec différentes variétés de l’anglais: l’anglais caraïbe standard (la langue officielle de ces îles) et des variétés plus ou moins créolisées de l’anglais. A Trinidad et à Grenade, le créole français est déjà pratiquement éteint, processus qui aura d’ailleurs commencé à Saint Vincent dès la fin du XVIII e s. A la Dominique, il est sérieusement menacé. Une prise de conscience du patrimoine historique que constitue le créole est probablement venue trop tard pour le sauver, même si actuellement il constitue une référence identitaire, notamment pour les émigrés en Grande Bretagne (cf. Taylor 1977; Ransau 1994; Dalphinis 1986; Fleischmann 1986; Christie 1990). La situation est différente à l’île Sainte Lucie où le créole français jouit d’une vitalité assez grande; néanmoins, là aussi, l’influence de l’anglais est très forte et selon certains auteurs, une variété de l’anglais, calquée sur le créole français, se répand de plus en plus au détriment du créole français. D’autre part, le fait que le kwéyòl soit considéré comme une langue indépendante dont les habitants de l’île sont fiers parce qu’il symbolise le passé glorieux au cours duquel ils se révoltèrent contre l’esclavage, a fait naître une variété acrolectale du créole français qui est, hélas, encore plus influencée par l’anglais que les registres populaires, même si cette influence y est plus subtile (Garrett 2000; Bartens 1996). Une fois de plus, l’in-
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fluence de l’anglais sur le créole français de l’île Sainte Lucie se traduit surtout par des emprunts lexicaux qui sont soit morphologiquement ou phonétiquement adaptés comme pwotèkté “protéger” < angl. to protect, salvasyon “salut” < angl. salvation, wichach “recherche(s)” < angl. research, wilakse “se détendre” < angl. to relax, welajab “sérieux, digne de confiance; sûr” < angl. reliable, soit non adaptés, comme dans fridj / fridge “frigo” < angl. fridge, Irish “irlandais” < angl. Irish. En effet, Allen (1994a) considère ce dernier ex. comme un cas d’alternance codique, tout comme des particules discursives ou des locutions figées qui sont insérées dans le discours kwéyòl, p. ex., so “puis / donc” < angl. so, oké “d’accord / O. K.” < angl. O. K. / Okay, I mean “je veux dire” < angl. I mean. Signalons que maintes fois les créoles à base lexicale française de la Dominique, de Trinidad et, à un moindre degré, de la Martinique et de la Guadeloupe ont effectué ces mêmes emprunts (Allen 1994a; Fontaine / Roberts 1991; Ransau 1994; Pinalie 1992; Garrett 2000). Il y a également quelques instances de calques dans le kwéyòl de l’île Sainte Lucie, p. ex. pwan plas “avoir lieu” < angl. to take place (Allen 1994a). Finalement, même le système phonologique du kwéyòl a été affecté par l’influence de l’anglais: le /r/ y aurait été introduit dans des emprunts à l’anglais (Allen 1994b). 1.4. L’Afrique francophone En Afrique francophone, le Cameroun est le seul pays où l’anglais est la langue co-officielle avec le français. Les anglicismes semblent pénétrer dans le français camerounais surtout par l’intermédiaire du wes cos, le pidgin anglais. On appelle ‘camfranglais’ une variété locale argotique du français qui contient beaucoup de lexèmes du pidgin anglais (Féral 1993). Dans d’autres pays africains francophones, des mots d’origine anglaise sont également empruntés par l’intermédiaire du pidgin anglais, ainsi p. ex. au Togo, où des termes comme bye “au revoir”, been-to “snob, m’as-tu vu”, washman “boy blanchisseur”, etc., proviennent du pidgin ghanéen ou nigérian. L’emprunt se fait aussi à partir de l’anglais standard, mais là, ce sont surtout les anglicismes internationaux qui sont empruntés. D’autre part, il y a également des emprunts qui paraissent plutôt spécifiques au français africain: wax, super-wax, fancy-
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print “types de tissu”, y a pas match (Côte d’Ivoire) “c’est gagné d’avance, les jeux sont faits, il n’y a rien à faire” (IFA 1988). Finalement, il y a des anglicismes que l’on pourrait peut-être inclure parmi les internationalismes; ils n’appartiennent pas aux vocabulaires technique, scientifique, commercial, etc., mais ils relèvent du domaine de la culture populaire anglo-américaine. Ainsi, on entend des phrases comme danser le breakdance, chanter le rap ou se coiffer un Afro “se faire (faire) une coiffure spécifique” en français ouest-africain. 1.5. Les îles de l’Océan Indien A La Réunion, DOM français, plusieurs variétés du créole français coexistent avec le français standard et le français régional. On doit supposer que ces variétés ont subi l’influence de l’anglais comme, p. ex., le français métropolitain; néanmoins, Chaudenson (1974), l’ouvrage de référence pour les questions de lexique du créole réunionnais, ne dresse pas de liste d’anglicismes. A l’île Maurice, l’anglais est la langue officielle de fait, même s’il n’existe aucun texte juridique précis sur cette question. La présence de l’anglais à l’île Maurice remonte déjà aux guerres napoléoniennes lorsque l’île est devenue colonie britannique. Pourtant, l’anglais y est très peu parlé et est même actuellement en déclin. La majorité de la population mauricienne est de souche indienne; par conséquent plusieurs langues indiennes y sont parlées. Ce sont cependant le français et surtout le créole à base lexicale française qui relient les différents groupes de la population. Tout récemment, il y a eu un essor du français, ou une vague de ‘néo-francophonie’ promue par la jeunesse urbaine, instruite, économiquement favorisée et surtout féminine (Stein 1982; Baggioni / Robillard 1990). Le contact (créole) français – anglais datant d’il y a très longtemps, le français local comme le créole ont fait de nombreux emprunts à l’anglais, notamment dans les domaines administratif, juridique, parlementaire et technologique, p. ex. income tax “impôt sur le revenu”, Chief Whip “responsable du groupe parlementaire”, etc. (Robillard 1993). Avant l’indépendance des Seychelles en 1977, il y avait une situation de diglossie: l’anglais et le français se partageaient le statut de high variety tandis que le créole était relégué à la fonction de low variety. En 1979, les trois langues furent déclarées langues of-
1712 ficielles, mais depuis 1981 il existe une hiérarchie créole – anglais – français qui fait que le créole est favorisé par diverses mesures tandis que le français est en déclin net. Le français local comme le créole ont fait de nombreux emprunts à l’anglais, p. ex. agenda “ordre du jour”, airmail “(par) voie aérienne”, allowance “allocation”, appointment “rendez-vous”, audience “auditoire”, audit “bureau de vérification des comptes” (Bollée 1993). 1.6. L’Océanie Le français parlé en Océanie a subi l’influence de l’anglais, notamment des variétés régionales et des pidgins et créoles à base lexicale anglaise, dont le bislama constitue un ex., même si c’est un cas un peu singulier dans la mesure où le bislama manifeste une influence française assez importante (dans le lexique, approximativement 3 % des lexèmes sont d’origine française). Des emprunts lexicaux aux variétés régionales et créolisées de l’anglais ont été faits directement comme par l’intermédiaire des langues autochtones, p. ex. truck, freezer, nice, boat, pie et faraoa < angl. flower par l’intermédiaire du tahitien faraoa (Burr 1990, 811).
2.
Zones de contact avec l’espagnol
2.1. L’espagnol aux Etats-Unis Les Hispanics constituent la minorité linguistique et culturelle la plus importante des Etats-Unis. A l’échelle nationale, à peu près 12,5 % de la population totale sont des hispanos, ce qui correspond à quelques 35 millions. Dans certaines agglomérations urbaines, le taux de la population hispanique est beaucoup plus élevé, dans ce cas précis, 25 % à New York soit 2 millions. Les pronostics pour l’année 2010 prévoient approximativement 35 % d’hispaniques dans la même ville. Une identité panhispanique est en train de se former parmi les divers groupes hispaniques des Etats-Unis. Les liens culturels qui unissent cette communauté sont la langue espagnole et l’expérience commune aux Etats-Unis. Celle-ci se traduit par des emprunts à l’anglais qui, le plus souvent, sont communs à tous les groupes et qui, par conséquent, ont une fonction neutralisatice par rapport aux différences entre les divers dialectes de l’espagnol (cf. Hart-González 1985; Zentella 1990a; 1990b). Très souvent, les emprunts à l’anglo-américain sont incor-
XII. Sprachkontakte und Migration
porés comme noms féminins à l’espagnol des Etats-Unis, p. ex. la suera / sueda < angl. sweater “pull-over”, alors qu’ils sont attribués à la catégorie masculine dans l’espagnol péninsulaire, p. ex. el suéter, ceci relève du fait que dans la plupart des dialectes de l’anglo-américain, le r en position terminale n’est pas prononcé (Beardsley 1982, 24). Selon Jagendorf / Otheguy (1995), l’acceptabilité de plus en plus grande de noms sans déterminant comme sujets d’une phrase qui n’exprime ni contraste ni emphase particulière constitue un ex. de l’influence de l’anglais sur l’espagnol utilisé à New York dans le domaine de la syntaxe. Pendant ces dernières années, la présence de la langue espagnole a reçu beaucoup d’attention dans la vie publique américaine. Plusieurs Etats ont ratifié des législations qui promeuvent l’anglais comme unique langue admise dans les lieux publics (English-Only laws). Pourtant, la position de l’anglais comme langue dominante est loin d’être menacée et il s’agit plus d’une question politique qui a d’autres motifs que la question de la langue. En effet, dans moins de 11 % des foyers on parle une autre langue que l’anglais et 82 % de cette population parle l’anglais bien ou très bien. Parmi les hispaniques, le taux de ceux qui ne parlent pas l’anglais n’est que de 8 %, donc au-dessous de la moyenne des locuteurs d’autres langues (Baron 1990, 3; Adams / Brink 1990; Zentella 1995). Evidemment la campagne English-Only entraîne également la réduction des programmes d’éducation bilingue. Dans la plupart des Etats qui en prévoyaient, il s’agissait de programmes qui visaient à la transition à l’anglais dans les plus brefs délais et non pas de programmes qui visaient au maintien de la langue maternelle à côté de l’acquisition de la langue officielle, dont les bienfaits ont pourtant été démontrés dans maintes études (cf., p. ex., McConnell 1985). 2.1.1. L’espagnol des Chicanos La population hispanique des Etats-Unis est constituée d’env. 60 % de Chicanos. C’est le terme qu’utilisent les descendants des Mexicains-Américains des Etats du sud-ouest (incorporés par le Traité de Guadalupe Hidalgo en 1848) et les immigrants postérieurs d’origine mexicaine pour se désigner. Selon une étymologie populaire, il s’agit de la prononciation des locuteurs du nahuatl, langue amérindienne du Mexique, pour le terme
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe)
mexicano. La plupart des Chicanos vivent toujours dans les Etats du sud-ouest, mais ces dernières années ont connu une vague de migrations des Chicanos vers les grandes agglomérations du nord-est. Dans le sud-ouest des Etats-Unis, il subsiste également un groupe de descendants des premiers colons espagnols qui n’ont jamais été soumis à l’Etat mexicain et qui pour cela refusent d’être appelés mexicains-américains, terme auquel ils préfèrent, selon leurs convictions politiques, hispano, latino ou bien précisément chicano. La variante de l’espagnol qu’ils parlent ne se distingue pas tellement de l’espagnol des autres Chicanos et est interpénétrée par les emprunts lexicaux, les calques et le changement de codes espagnol-anglais. Cette variété possède aussi des archaïsmes qui n’existent pas dans l’espagnol des autres Chicanos (p. ex., Craddock 1981). Lorsque toute la communauté est en train d’abandonner l’espagnol pour l’anglais, on parle de ‘variétés vestigiales’ d’espagnol. C’est le cas des communautés énumérées dans le paragraphe précédent, de la communauté de Los Adaes à la frontière entre les Etats du Texas et de la Louisiane et des communautés des isleños et des brulés (cf. 2.1.4.). Toutes ces variétés vestigiales d’espagnol sont caractérisées par les mêmes processus de réduction (réduction du paradigme verbal, de la concordance nominale, de l’usage des prépositions, des articles, de l’hypotaxe, etc.) et les mêmes restructurations (les emprunts à l’anglais comprennent même des marqueurs discursifs comme so “alors”; l’usage obligatoire des pronoms sujets, le calque patrás “back”; etc.; Lipski 1996). Entre-temps on a découvert que l’influence de l’anglais sur ces processus de restructuration n’est très souvent qu’indirecte, c.-à-d. que des tendances immanentes à la langue romane (p. ex. celle de la synthéticité structurale à l’analyticité) sont renforcées par le contact avec cette langue de prestige que constitue l’anglais dans la plupart des situations de contact linguistique anglais – langue romane (cf. Silva-Corvalán 1994; Cárdenas 1982). Silva-Corvalán (1994; 1996) maintient qu’une nouvelle variété de l’espagnol de Los Angeles est en train de se former parmi les Chicanos de deuxième génération. Mais seulement une partie des changements du système linguistique est due à l’influence de l’anglais: p. ex. l’utilisation de pronoms sujets
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qu’on a souvent attribuée soit à l’influence de l’anglais, soit à la fonctionnalité syntactique, n’est due ni à l’une ni à l’autre selon Bayley / Pease-Álvarez (1996) sinon à des règles pragmatiques; dans ce cas précis, SilvaCorvalán (1994) admet l’influence indirecte de l’anglais (cf. également Ávila-Shah 2000). D’autre part les linguistes ont observé que l’abandon de l’espagnol se fait plus rapidement que dans le Midwest et surtout plus rapidement que dans le nord-est où le bilinguisme espagnol-anglais a pris des formes plus stables (Zentella 1981; Attinasi 1985; Pedraza 1985). Entre le Texas et la Californie, c’est en Californie que l’influence de l’anglais se fait le plus sentir (R. Sánchez 1982). Evidemment, ce sont les jeunes qui changent de langue: les facteurs les plus importants semblent être le niveau d’éducation formelle, la langue parlée à la maison et le lieu de résidence pendant l’enfance (Floyd 1985; Hudson et al. 1995). Le changement de codes, très typique pour le comportement linguistique des Nyoricains (cf. 2.1.2.), a également été observé parmi les Chicanos (Pfaff 1982; R. Sánchez 1982; Reyes 1982; McDowell 1982; Montes-Alcalá 2000; Toribio 2000). Le domaine où l’influence de l’anglais se manifeste par excellence tant que l’espagnol est maintenu est, bien sûr, le lexique, où des emprunts et des calques abondent. Le taux absolu des anglicismes dans l’espagnol des Chicanos devrait se situer entre 7 et 9 % du lexique total, dont env. 12 % de calques (Smead / Clegg 1996), p. ex. coche “entraineur” < angl. coach, atender “s’occuper de” < angl. attend, aplicación “demande d’emploi” < angl. job application, grados “notes” < angl. grades, puchar “pousser” < angl. push (ib.; Silva-Corvalán 1995), ojo negro “espèce de haricots” < angl. black-eyed pea (espagnol de Río Sabinas; Lipski 1987a, 126). Très souvent, les emprunts sont phonologiquement, morphologiquement et syntactiquement intégrés à l’espagnol (R. Sánchez 1982; Clegg 2000). D’autre part, le contraire arrive aussi (Reyes 1982). Certains calques consistent en plusieurs mots: soit des expressions idiomatiques ou des proverbes calqués, soit des phrases calquées ou des calques lexicosyntactiques: estoy quebrada “je n’ai pas d’argent” < angl. I’m broke, si sabía como hablar español “si je savais parler espagnol” < angl. if I knew how to speak Spanish (espagnol normatif: no tengo un peso; si supiera hablar español; Silva-Corvalán 1995).
1714 L’anglais a également clairement influencé la distribution des labiales dans l’espagnol de Los Angeles: elle n’est plus complémentaire comme en espagnol standard, mais libre; la prononciation [v] du graphème {v} est pratiquée surtout par les locuteurs jeunes qui ont l’anglais comme langue prédominante (Phillips 1979). La neutralisation partielle de /d/ et /r/ en position intervocalique, la prononciation de /t/ comme [ r] et la réduc˙ tion des voyelles atones à [ɐ, ə] dans le parler des locuteurs vestigiaux du Río Sabinas peuvent également remonter à l’influence de l’anglais (Lipski 1987a, 122 s.). 2.1.2. L’espagnol des Portoricains et des Nyoricains: du spanglish? En 1898, l’Espagne a dû céder l’île de Porto Rico aux Etats-Unis. Le 2 mars 1917 les Portoricains ou boricuas ont obtenu la citoyenneté américaine par le Jones Act parce que les Etats-Unis avaient besoin de renforcer leurs troupes. La grande vague d’immigration portoricaine vers les Etats-Unis n’a pourtant eu lieu que dans les années 1950; la date significative est l’ascension de Porto Rico au statut d’Etat libre associé en 1952. Cette migration se dirigea surtout vers le nord-est des Etats-Unis, notamment New York où les Portoricains constituaient encore la majorité des hispaniques (61 %) en 1980. Depuis, l’immigration d’autres groupes, en première instance des ressortissants de la République Dominicaine mais également des Colombiens, des Equadoriens et tout récemment des Mexicains, a tellement augmenté que les Portoricains ne constituaient guère que 50 % de la population hispanique de la ville en 1990. La communauté portoricaine est caractérisée par des migrations fréquentes et circulaires entre l’île et le continent: 20 % des habitants de l’île ont séjourné au mainland et beaucoup parmi eux repartent de nouveau lorsqu’ils se rendent compte qu’ils n’arrivent plus à s’insérer dans la société insulaire (cf. Zentella 1990a; 1990b). Contrairement à la plupart des autres hispaniques, ceci leur est possible grâce à leur citoyenneté américaine. 3,2 millions de Portoricains vivent actuellement dans l’île et 2 millions aux Etats-Unis. Le va-et-vient entre l’île et le continent entraîne une situation de contact linguistique très particulière. En effet, la plupart des Portoricains qui vivent aux Etats-Unis sont bilingues anglais-espagnol et le changement de code est devenu leur moyen de communi-
XII. Sprachkontakte und Migration
cation par excellence. Au début, on croyait qu’il s’agissait d’un phénomène étroitement lié à la situation et surtout aux domaines communicatifs (Fishman / Cooper / Ma 1971; Gumperz / Hernández-Chávez 1975; Gumperz 1976). Depuis, on a découvert qu’il s’agit d’un code particulier qui subit des contraintes syntactiques et pragmatiques rigoureuses parce qu’il est soumis aux règles grammaticales et pragmatiques des deux langues (Poplack 1982; Gumperz 1976; Zentella 1982; 1997a). L’espagnol et l’anglais parlés par les Portoricains dans des villes comme New York et, jusqu’à un moindre degré, dans l’île même, sont fortement imprégnés par ce contact linguistique (cf. Gutiérrez González 1993; Huyke 1978; Mellado de Hunter 1981; De Granda 1974; Zentella 1982). Néanmoins, il ne peut s’agir de spanglish, un hybride linguistique postulé par certains chercheurs mais pratiquement pas défini dans la littérature. En plus, il existerait seulement une douzaine d’emprunts lexicaux à l’anglais qui ne seraient usités qu’à Porto Rico (Zentella 1982). Aux EtatsUnis, l’influence de l’anglais se transmet très souvent par le Black English, anglais créoloïde des Noirs afro-anglo-américains avec lesquels les Portoricains partagent souvent les quartiers de misère et l’identité raciale (cf. Zentella 1981). Ce qui est remarquable c’est que l’identité portoricaine des Nyoricains ne se définit même plus par la langue espagnole (Zentella 1990a; 1990b). Pousada / Poplack (1982) constatent pourtant que le système Temps / Mode / Aspect (TMA ) de l’espagnol parlé par les Nyoricains demeure essentiellement le même qu’en espagnol standard. Torres (1989) enregistre des différences légères dans la pragmatique de l’emploi des modes verbaux chez des locuteurs de deuxième génération; un rapport entre ce phénomène et le contact linguistique avec l’anglais n’est pourtant pas évident. D’autre part Klein (1980) observe que l’augmentation de l’usage des formes progressives des verbes dans le parler des Nyoricains bilingues est due à l’influence de l’anglais. 2.1.3. L’espagnol des Cubains-Américains Même si les Cubains-Américains ne constituent pas un groupe numériquement prépondérant dans la communauté hispanique des Etats-Unis (5 % en 1980), elle l’est par l’influence politique et sociale de ce groupe. Depuis la révolution cubaine en 1959, il y a
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe)
eu trois vagues d’émigration aux Etats-Unis. Les Cubains-Américains des deux premières vagues étaient généralement plus éduqués que les autres hispaniques; la dernière vague du Mariel boat-lift amena des fugitifs d’autres couches sociales qui ont légèrement nui à la bonne réputation des Cubains-Américains. Le niveau d’éducation, le revenu et l’âge moyens de la communauté cubaineaméricaine restent pourtant plus élevés que parmi les autres hispaniques. Les communautés les plus importantes de CubainsAméricains se trouvent en Floride, notamment à Miami, et autour de New York, surtout dans le New Jersey. Entre Cubains-Américains, l’usage exclusif de l’espagnol n’est réservé qu’à l’interaction entre générations parce que même les Cubains-Américains de la première génération utilisent l’anglais avec leur propre génération (Zurer Pearson / Mc Gee 1993). Par conséquent, l’espagnol des Cubains-Américains a subi l’influence de l’anglais sur tous les plans du système linguistique, surtout sur celui du lexique où les locuteurs monolingues ont recours à l’emprunt lexical, tandis que les générations suivantes calquent des mots et des expressions qui existent en espagnol par une perte successive de la compétence linguistique pleine (Varela 1982; 1992; Otheguy / García 1988; Otheguy / García / Fernández 1989). 2.1.4. L’espagnol des isleños et des brulés La communauté linguistique de quelques centaines d’isleños dans le comté de Saint Bernard en Louisiane remonte au début de l’immigration des ressortissants des îles Canaries en 1778. Depuis la fin de l’immigration en 1907 et de l’isolement presque total, la variété locale de l’espagnol a successivement été érodée par l’anglais (Lipski 1987b, 322–328; 1990b; Coles 1992; 1993). Une variété très proche, celle des brulés du comté d’Ascension, également en Louisiane, se trouve dans un état d’érosion encore plus avancé (Holloway 1997). Dans les deux variétés, tous les niveaux du système linguistique sont affectés par l’érosion. Autre trait que les deux variétés vestigiales ont en commun: les emprunts lexicaux à l’anglais sont globalement beaucoup moins fréquents que ceux faits au (créole) français. 2.2. L’espagnol caraïbe A cause de la proximité géographique comme à cause des liens historiques, l’espagnol
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caraïbe reste plus touché par l’influence de l’anglais que le reste de l’Amérique latine. Les effets du contact linguistique anglais – espagnol à Porto Rico ont fait l’objet d’une littérature plutôt vaste; en général, la portée de l’influence de l’anglais sur l’espagnol portoricain, même si elle est considérable, est exagérée. Avant la révolution cubaine en 1959, l’influence anglo-américaine y était très forte et n’a pas complètement disparu au cours de ces derniéres décennies. 2.3. L’espagnol centraméricain et sud-américain Le taux d’anglicismes (lexicaux) dans l’espagnol de l’Amérique latine est nettament plus élevé que dans celui de Madrid. Il y a pourtant des différences assez importantes entre les divers pays: le taux d’anglicismes enregistrés à Caracas et notamment à San Juan de Porto Rico est nettement supérieur, tandis que ceux de la ville de Mexico et de La Havanne égalent le taux de Madrid (Gómez Capuz 1995). Ce sont surtout les domaines sémantiques qui distinguent les anglicismes utilisés au Mexique de ceux employés en Espagne: en faisant une comparaison des anglicismes dans les journaux les plus importants des deux capitales, M. F. Sánchez (1995) constate que le domaine où apparaissent le plus d’anglicismes est celui des publicités à Mexico alors qu’à Madrid, c’est dans les sections culture, arts, spectacles et société. Les deux variétés d’espagnol ont seulement 15 % d’anglicismes en commun, au moins selon le corpus étudié (ib.). Dans plusieurs endroits de la côte caraïbe de l’Amérique centrale, l’espagnol local a subi l’influence du créole à base lexicale anglaise parlé par des immigrants des anciennes colonies britanniques (cf. Lipski 1994). La plupart des habitants de l’enclave américaine de la Zone du canal de Panama ont comme langue maternelle une variété de l’anglais (standard ou créole). Néanmoins, Alvarado de Ricord (1982) signale que l’impact de la langue anglaise sur l’espagnol panaméen est plus faible que dans les autres pays de la région. Une comparaison de l’espagnol colombien tel qu’il est représenté chez Haensch / Werner (1993) avec l’espagnol européen d’une part et avec le portugais brésilien de l’autre montre que les anglicismes lexicaux y sont plus nombreux qu’en espagnol péninsulaire, mais moins fréquents qu’en portugais brésilien. En plus, les anglicismes sont plus fréquemment adaptés pho-
1716 nologiquement qu’en portugais brésilien, p. ex. guachimán, guácheman “vigilant” < angl. watch + man, espagnol péninsulaire celado, vigilante, suich(e) “bouton éléctrique” < angl. switch. 2.4. Le papiamentu et le palenquero Le papiamentu est un créole à base lexicale espagnole et portugaise, le plus probablement dès sa genèse. Il est parlé aux îles Aruba, Bonaira et Curaçao (ABC ) face au Venezuela, ce qui fait que l’espagnol continue à exercer la fonction de langue de prestige. Le néerlandais, langue des colons depuis 1634 et seule langue officielle jusqu’à présent, en constitue évidemment une autre. Le néerlandais a laissé ses traces sous forme d’emprunts lexicaux qui sont plus nombreux dans certains domaines, p. ex. l’administration. Actuellement, l’anglais joue également le rôle de langue de prestige aux îles ABC comme presque partout ailleurs dans le monde. En effet, 7 % du lexique du papiamentu sont d’origine anglaise; ces mots ont été phonétiquement et graphiquement adaptés au papiamentu, p. ex. chèns < angl. chance “opportunité”, weiter < angl. waiter “garçon”. Très souvent les emprunts lexicaux à l’anglais qui ne font pas encore partie du lexique du papiamentu ne sont pas phonétiquement et / ou graphiquement adaptés, cf. l’usage vacillant entre babynan, bebinan, beibinan “des bébés” et miembronan full time “membres à temps complet”, salad dressing “vinaigrette”, sodawater “eau de Seltz” (Perl 1999). L’autre créole à base lexicale espagnole parlé dans l’hémisphère occidentale, le palenquero, n’a probablement subi aucune influence de l’anglais, ou pratiquement aucune, parce que l’anglais est encore très peu parlé dans cette partie de la Colombie. 2.5. L’espagnol en Guinée Equatoriale La situation linguistique en Guinée Equatoriale est plutôt complexe. Le fang et le bubi sont les langues autochtones les plus importantes. Dans l’île d’Annobón, un créole à base lexicale portugaise constitue la langue prédominante. L’espagnol équato-guinéen n’a pas subi de restructuration notable, même s’il est actuellement en train de remplacer le pichi ou pichinglis, un pidgin à base lexicale anglaise, comme langue véhiculaire. Mais ceci a entraîné l’adoption d’un nombre croissant d’hispanismes lexicaux dans le
XII. Sprachkontakte und Migration
pichi, p. ex. novio “copain”, velorio “veillée mortuaire” (Lipski 1992, 49). D’autre part, l’espagnol équato-guinéen a fait des emprunts à l’anglais, notamment à travers le pichinglis. Le prestige nettement plus élevé dont jouit l’espagnol dans ce pays fait que leur nombre est plutôt restreint; cependant, il s’agit de quelques termes utilisés très fréquemment, p. ex. boy, boya “garçon, employé(é) domestique”, estok “quantité” < angl. stock, guachimán “vigilant” < angl. watchman, picú “camionette” < angl. pickup (truck). Comme nous le voyons, ces anglicismes sont morphonologiquement assimilés (cf. Quilis 1992, 273 s.). 2.6. L’espagnol en Austronésie Le chabacano est une langue ou plutôt un groupe de langues créoles à base lexicale espagnole et sans doute portugaise à l’origine, actuellement parlées par quelques 425.000 habitants au total tandis que l’espagnol est encore parlé par plus d’un million de personnes (dont moins de 5.000 locuteurs comme langue maternelle) aux Philippines (cf. Romanillos [2002]; Quilis 1992, 82). Les langues autochtones ont fait d’assez nombreux emprunts à l’espagnol comme ensuite à l’anglais au fil des siècles. Ce qui est néanmoins intéressant, c’est que les anglicismes ont été adaptés à la structure morphologique de l’espagnol avant d’être incorporés aux langues philippines (ib., 158). Les différentes variétés du chabacano ont fait peu d’emprunts à l’anglais (0,13 % d’un lexique observé; ib., 184). Parmi ces anglicismes figurent des mots qui ont été empruntés à l’anglais un peu partout dans le monde: lider, miting (< angl. leader, meeting) et party (ib.).
3.
Zones de contact avec le portugais
Selon Dias (1989), la diaspora portugaise dans les pays de langue officielle anglaise est composée de la manière suivante: de 500.000 à 600.000 immigrés d’origine portugaise en Afrique du Sud, dont 60.000 avaient opté pour la nationalité sud-africaine; quelque 50.000 immigrés en Australie, env. 270.000 immigrés au Canada, notamment dans les grandes villes Toronto, Montréal et Vancouver, environ 250.000 aux Etats-Unis, notamment dans les Etats de la Nouvelle Angleterre, en Californie et à Hawaï, et finalement de 40.000 à 45.000 immigrés en Grande Bretagne. Parmi les variétés du portugais par-
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe)
lées par les immigrés d’origine portugaise, appelées portinglês, portufrancês, portunhol etc. selon la langue officielle du pays qui les a accueillis (anglais, français, espagnol, etc.), le portinglês, avec actuellement plus de 150 ans, est la plus ancienne. Le portinglês de l’est des Etats-Unis et de l’est du Canada est plutôt homogène; ailleurs, la période de l’immigration, les occupations exercées par les immigrés, la culture du pays récepteur, etc., ont laissé leur empreinte. 3.1. Le portugais aux Etats-Unis Aux Etats-Unis, il y a eu des immigrés d’origine portugaise depuis le XVII e s. Actuellement, ils se concentrent dans trois régions: les Etats de la Nouvelle-Angleterre, la Californie et Hawaï. Toutefois on ne parle guère portugais dans cette dernière communauté d’immigrés d’origine portugaise. Ce sont les immigrés de l’île de São Miguel (Açores) qui ont conservé le plus de caractéristiques dialectales originales. Les différences entre les dialectes des autres Portugais n’étaient pas très importantes, de manière qu’elles ont été plus facilement nivelées. Dans le portinglês, variété du portugais parlé dans les pays anglophones, il y a des calques comme des emprunts. Certains s’expliquent par l’homophonie partielle, p. ex. apartamento “appartement”, cf. angl. apartment, colégio “collège, établissement d’enseignement supérieur” < angl. college. D’autres sont des traductions littérales, p. ex. um frio “des rhumes” < angl. a cold, deixar “partir” < angl. to leave. Parmi les emprunts lexicaux, il y a ceux qui ont été phonétiquement adaptés et ceux qui ne l’ont pas été. Voici des ex. d’emprunts adaptés qui se basent sur une homophonie entre le portugais et l’anglais: a birra “bière” < angl. beer, cf. port. cerveza, a cana “boîte de conserve” < angl. can, cf. port. lata. Les mots alverozes “bleus de travail” < angl. overalls et o airiche “l’irlandais” < angl. Irish sont des emprunts lexicaux où il n’y a pas homophonie avec un lexème portugais, mais qui ont été phonétiquement adaptés. Les ex. suivants sont des ex. d’anglicismes morphologiquement adaptés: naices < pluriel de l’anglais nice “joli” et l’usage de l’affixe verbal portugais -ar avec des racines anglaises comme change “changer” et jump “sauter”: chinjar, jampar (Pap 1949, 100 s.). Pap cite comme ex. des emprunts lexicaux non adaptés: girl “jeune fille”, town “ville” (ib., 87; 102). Parmi les emprunts lexicaux, les substan-
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tifs constituent la catégorie la plus fréquente, suivis par les verbes. Les champs sémantiques les plus touchés sont ceux de la technologie, du travail et des institutions publiques. L’influence de l’anglais est négligeable sur le plan morphologique. Sur le plan syntaxique, c’est surtout la valeur des verbes qui est touchée, p. ex. pedir por “demander d’après” < angl. ask for (ib., 83 s.). Les Etats américains de la Nouvelle Angleterre, notamment le Massachussets, hébergent également une communauté capverdienne aussi importante en nombre que celle des Capverdiens qui sont restés dans l’archipel. Le Massachussets a une législation favorable aux programmes d’éducation bilingue. Malgré cela, un code mixte est né que certains membres de la communauté ont baptisé creonglish par analogie avec le spanglish et le franglais. Les emprunts fort nombreux à l’anglais y sont adaptés morphophonétiquement à la structure phonotactique du créole et admettent certains affixes dérivatifs (cf. 5.1.; Lima 1996). 3.2. Le portugais brésilien A en juger par le dictionnaire Aurélio (1986), les emprunts lexicaux à l’anglais sont très nombreux. Le plus souvent, ils ne sont pas adaptés phonétiquement, tandis que, au moins dans une partie des cas, ils le sont graphiquement: disc-jóquei < angl. disc-jockey, guei < angl. gay “homosexuel”, cow-boy et caubói < angl. cow-boy, hot-dog (portugais européen: cachorro quente). Il nous paraît significatif qu’il y ait plusieurs emprunts commençant avec la combinaison consonantique atypique, voire interdite par la phonotaxe des langues ibéroromanes, sp- et st-, p. ex. spaghetti western, speaker, spot, spray, spread, sprinkler, staff, stand, standard, starter, States, strip tease, tandis qu’on n’en retrouve pas un seul cas p. ex. dans l’espagnol colombien qui a également fait des emprunts à l’anglais (cf. Aurélio 1986; Haensch / Werner 1993). Cela relève du fait que l’influence culturelle des Etats-Unis est très forte, quasi omniprésente au Brésil, même s’il y a évidemment des différences régionales. Thonus (1991) témoigne de l’impact grandissant de la culture anglo-américaine sur l’onomastique brésilienne. 3.3. Le portugais en Afrique Parmi les cinq pays africains de langue officielle portugaise, c’est surtout au Mozambique que l’influence de l’anglais se fait sentir,
1718 grâce à la proximité de l’Afrique du Sud, pays d’émigration par excellence des Mozambicains. En effet, les emprunts lexicaux à l’anglais y sont assez nombreux, p. ex. buque “livre” (argot scolaire) < angl. book, farma < angl. farmer, flat “appartement”, chairman “président (d’un comité)”, zip(e) “fermeture éclair” < angl. zipper (cf. Döll 1989). Cependant, il y a également des emprunts à l’anglais dans le portugais d’Angola, p. ex. off-shore, on-shore, linkage (Endruschat 1984), même s’il s’agit avant tout d’internationalismes. Aux îles du Cap Vert, la construction du port de Mindelo par les Britanniques au milieu du XIX e s. fit que les anglicismes étaient assez nombreux dans le créole à base portugaise de São Vicente, l’île dont Mindelo est la capitale, vers 1940 quand Soares rédigea son mémoire de maîtrise (1947). L’émigration très forte des Capverdiens aux EtatsUnis n’aura fait qu’accroître cette influence (cf. 3.1.).
4.
Zones de contact avec l’italien
Hors d’Europe, l’italien est en contact avec l’anglais en Amérique du Nord, c.-à-d. aux Etats-Unis comme au Canada, et en Australie. Les variétés nord-américaines sont issues de l’émigration des Italiens à partir des années 1860. D’abord les immigrants venaient du Nord de l’Italie, par la suite (à partir des années 1880), c’étaient surtout des Italiens du Sud de la péninsule. Ces vagues successives d’immigration italienne se dirigèrent vers différentes régions des Etats-Unis, de manière que dans les Etats du nord-est, les ressortissants du sud de la péninsule prédominent tandis que dans les Etats de la côte ouest, ce sont des Italo-Américains en provenance du nord et du centre de la péninsule. Les variétés de l’italien actuellement parlées en Amérique du Nord et en Australie sont caractérisées par le nivellement des dialectes vers l’italien standard et par des emprunts lexicaux, le plus souvent phonétiquement et morphologiquement adaptés, comme par des calques, p. ex. bisinísse < angl. business, carro < angl. car “voiture”, marchetta < angl. market “marché”, grosseria < angl. grocery “êpicerie”, farma < angl. farm “ferme”, giobba < angl. job “boulot”, storo < angl. store “magasin”, troblo < angl. trouble, et Scuola Alta < angl. High School, prendere vantaggio < angl. to take advantage, guarda bene < angl. he / she looks good “il /
XII. Sprachkontakte und Migration
elle a l’air d’être bien”. Il y a également des alternations codiques, surtout lorsqu’il s’agit d’interjections ou de locutions figées, p. ex., ainó < angl. I know, ezzó < angl. that’s all, etc. (Haller 1997, 128; Correa-Zoli 1981, 247; Bettoni 1987; 1991; Bettoni / Gibbon 1988).
5.
La structure des emprunts
Thomason / Kaufman (1988) distinguent entre trois types de situations de contact linguistique: contact linguistique avec maintien de la langue originale, changement de langue et pidginisation. Les parlers romans qui font d’objet de notre exposé sont presque tous des ex. du maintien de la langue originale; les langues créoles à base lexicale romane sont ici considérées comme des langues néo-romanes. En effet, le contact linguistique se manifeste surtout par des emprunts que les différentes variétés romanes font à l’anglais. Il y a également quelques cas de changement de langue, p. ex. l’espagnol vestigial des isleños et des brulés. En effet, nous pouvons constater que dans ces cas-là, l’influence de l’anglais s’étend à d’autres domaines que le lexique (cf. 2.4.). La pidginisation en tant que telle n’est pas traitée dans cet exposé. 5.1. Les emprunts lexicaux et leur intégration Parmi les emprunts lexicaux, il y a des emprunts de nécessité et des emprunts de luxe. Les emprunts lexicaux sont plus visibles, c.-à-d. plus faciles à repérer dans le discours monolingue que les calques, et pour cela souvent fortement stigmatisés, ainsi, p. ex., dans la communauté linguistique des Cubains-Américains où les monolingues utilisent de nombreux emprunts lexicaux rejetés par les locuteurs bilingues (Otheguy / García 1988). L’emprunt lexical a lieu soit directement, soit par l’intermédiaire d’une troisième langue comme p. ex. la langue standard européenne qui constitue la langue de superstrat d’un créole ou bien la langue mère d’une variété extra-européenne. Avant le XX e s., beaucoup d’anglicismes dans les langues romanes sont empruntés à travers le français (Schweickard 1998, 301). Au XX e s., nous observons la migration d’anglicismes, notamment dans les vocabulaires technologique, commercial et scientifique (cf. 6.). Si le contact linguistique entre deux langues subsiste, il est possible de repérer des cou-
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe)
ches chronologiques d’emprunts selon le degré de leur intégration dans la langue recevante. 5.1.1. Adaptation graphique Très souvent, l’emprunt a lieu surtout par la voie de la langue écrite – cela serait, p. ex., le cas des anglicismes qui ne sont pas très récents en espagnol péninsulaire (cf. 2.) – et l’orthographe adoptée joue un rôle primordial dans l’adaptation phonétique postérieure du mot (Coulmas 1996). Si l’on compare l’adaptation graphique des anglicismes dans les langues romanes, on doit constater qu’elle est moins importante en français que dans les autres langues romanes qui ont une orthographe plutôt phonétique en comparaison avec l’orthographe française. Globalement, il y a eu moins d’adaptation graphique pendant le XX e s. parce qu’il s’agit d’emprunts plus récents et que la connaissance de l’anglais a augmenté parmi les locuteurs des langues romanes (Schweickard 1998, 294). Comme ex. de l’adaptation orthographique d’anglicismes cités ci-dessus, notons discjóquei < angl. disc-jockey et guei < angl. gay “homosexuel” en portugais brésilien. 5.1.2. Adaptation phonétique Les emprunts lexicaux à l’anglais (comme à toute autre langue) peuvent être phonétiquement adaptés à la langue recevante ou pas. Beaucoup d’auteurs, dont Otheguy / García / Fernández (1989) et Klingler / Picone / Valdman (1997), ne considèrent que les premiers comme des emprunts, tandis qu’ils définissent les emprunts qui ne sont pas phonétiquement adaptés comme des changements de code. Lorsque les emprunts ne sont pas adaptés, une ou plusieurs des hypothèses suivantes s’offrent comme explication. (1) il s’agit d’emprunts plutôt récents qui ne sont pas encore pleinement intégrés à la langue cible; (2) les locuteurs sont bilingues; par conséquent, il s’agit de changements de code très fréquents plutôt que d’emprunts; (3) la langue recevante ne jouit plus d’une très grande vitalité, c.-à-d. qu’elle perd du terrain face à l’anglais; (4) la langue recevante et l’anglais se trouvent en situation diglossique stable où l’anglais joue le rôle de la variété haute et la langue recevante celui de la variété basse (cf. Bartens 1996, 131, n. 168).
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Haugen a également fait remarquer la corrélation entre un degré de bilinguisme plus élevé, une date plus récente pour l’emprunt et la non-adaptation phonétique de ces emprunts (1950, 216). En revanche, plus les emprunts sont vieux, plus ils sont intégrés dans la langue recevante et, par conséquent, plus ils sont phonétiquement assimilés. Cela peut s’observer lors d’une comparaison des anglicismes d’origine québécoise et ceux empruntés à l’Ontario même: les premiers ont tendance à être phonétiquement assimilés au français tandis que les derniers conservent la prononciation anglaise (cf. 1.1.1.; 1.1.3.). Selon certaines sources, les emprunts lexicaux faits à l’anglais en Espagne se distinguaient auparavant de ceux faits en Amérique hispanophone par le fait que les premiers auraient été phonétiquement assimilés à l’espagnol et les derniers pas. Cela aurait témoigné de la plus forte pression que l’anglais aurait exercé sur l’espagnol parlé en Amérique latine par rapport au rôle qu’il jouait dans l’espagnol péninsulaire. En effet, en ce qui concerne l’adaptation prosodique, le taux de l’espagnol péninsulaire est nettement plus élevé que p. ex. celui de la variété mexicaine (28,1 % et 14,2 % respectivement) alors qu’il n’y a pas une grande différence dans l’adaptation orthographique (50 % et 46,4 %), qui devrait refléter l’adaptation phonétique du corpus sous examen qui était écrit (M. F. Sánchez 1995). Ces derniers temps, la conservation de la prononciation anglaise serait devenue de plus en plus fréquente même en espagnol péninsulaire, ce qui témoignerait des avances de l’anglais dans le monde entier (cf. Gómez Capuz 1995, 509). D’autre part Kubarth (1987) affirme dans son aperçu de l’espagnol latino-américain que les anglicismes lexicaux y sont en général phonétiquement assimilés. Il cite les ex. managuá < man of war et sipera < zipper (ib., 47). D’autres ex. de l’adaptation phonétique sont portinglês alverozes “blues de travail” < angl. overalls (Pap 1949, 100), creonglish buku < angl. book “livre”, gabedja < angl. garbage “ordures”, fatre < angl. factory (Lima 1996, 17 ss.), et italien de New York marchetta < angl. market “marché”, grosseria < angl. grocery “épicerie”, giobba < angl. job “boulot”, storo < angl. store “magasin” (Haller 1997, 128). Des ex. de paires d’emprunts phonétiquement adaptés et nonadaptés sont matre vs. mattress “matelas”, la
1720 suera vs. el suéter < sweater “pull-over” et la hamberga vs. el hambérguer dans l’espagnol des Nyoricains (Poplack 1983, 55; 60). 5.1.3. Adaptation morphologique L’adaptation morphologique des emprunts témoigne d’une intégration plus avancée que l’adaptation phonétique. Dans les langues romanes, les racines verbales étrangères en général et anglaises en particulier sont le plus souvent intégrées à la première conjugaison, p. ex., portugais des Etats-Unis chinjar “changer” < angl. to change, jampar “sauter” < angl. to jump (Pap 1949, 100). Néanmoins, l’espagnol latino-américain préfère intégrer les racines verbales empruntées au paradigme ayant la terminaison d’infinitif -ear, p. ex. chequear < to check (Kubarth 1987, 7). 5.1.4. Dérivation Le fait qu’un mot emprunté puisse servir de base dérivationelle témoigne d’un état d’intégration au lexique de la langue recevante encore plus avancé que l’adaptation morphologique flexionnelle. Gómez Capuz (1995, 510 s.) observe que les anglicismes servent de bases dérivationelles en espagnol latino-américain comme en espagnol péninsulaire; sur ce point, il n’y a donc pas de différence notable entre les différentes variétés de l’espagnol. Les emprunts du creonglish, le créole capverdien de la Nouvelle Angleterre influencé par l’anglais, admettent les affixes dérivatifs -du et dis- du créole capverdien qui produisent des participes passés et des antonymes, respectivement, p. ex., angl. parked “stationné” > creonglish parkadu, angl. unlock “ouvrir une serrure” > creonglish disloka (Lima 1996, 19). 5.2. Les calques Il y a eu différentes tentatives de classifier les calques, dans la littérature qui nous intéresse ici notamment Otheguy / García (1988), Otheguy / García / Fernández (1989), Otheguy (1993; 1995), Silva-Corvalán (1994) et Smead / Clegg (1996). La première distinction s’opère entre mots et phrases calqués. Parmi les mots calqués, certains présentent une correspondance formelle entre le terme de la langue donatrice et celui de la langue recevante, p. ex. angl. to realize et fr. réaliser, it. realizzare “comprendre”. Otheguy / García (1988) utilisent le terme «merged word calques». Mais évidemment il y a également des mots
XII. Sprachkontakte und Migration
calqués qui sont formellement tout à fait indépendants, p. ex. espagnol des Chicanos aventón “promenade (en voiture)” et azul “policier” (cf. angl. ride et man in blue; Smead / Clegg 1996, 124 s.; 128). Parmi les phrases calquées, il y a des traductions littérales comme des paraphrases, et il y a des calques qui ont comme conséquence un changement sémantique et / ou grammatical de la langue recevante, p. ex. para atrás “back” dans plusieurs variétés ibéroromanes qui sont en contact avec l’anglais, et ceux qui ne le font pas, p. ex. días de semana “jours ouvrables” en espagnol des Chicanos, cf. angl. weekdays et esp. días de trabajo (Silva-Corvalán 1994, 171). Un cas particulier est constitué par les calques des expressions idiomatiques et des proverbes: ils peuvent amener un changement sémantique et / ou grammatical comme ils peuvent ne pas le faire, p. ex. espagnol des Chicanos cambiar su mente “changer d’avis” < angl. change one’s mind (cf. ib., 173).
6.
Champs sémantiques affectés par les emprunts
Les emprunts lexicaux se divisent en emprunts de nécessité et en emprunts de luxe (cf. 5.1.). Depuis la Première Guerre mondiale, l’anglais est devenu la langue véhiculaire la plus importante au niveau mondial. Dans certains domaines, notamment ceux de la technologie, des sciences et du commerce, il y a un très grand nombre de termes qui sont utilisés un peu partout dans le monde, de manière qu’il s’agit d’internationalismes et d’emprunts de nécessité à la fois. En effet, cette hypothèse est confirmée par les données tirées de la littérature sur des cas précis d’anglicismes: Les emprunts faits par le français à l’anglais au Canada sont souvent des mots reliés aux secteurs de la société sous domination anglophone, notamment la technologie, l’industrie, le commerce, les institutions politiques, juridiques, administratives et l’éducation. Dans le vocabulaire de l’usage quotidien, ils ne dépasseraient pas 1 % (Corbeil 1979; Bollée 1990a, 749). Pour les emprunts que le créole à base lexicale française de l’île Sainte Lucie a fait à l’anglais, Allen (1994a) cite les champs sémantiques suivants: éducation, religion, vie quotidienne, technologie, santé, loisirs, administration, relations personnelles, noms propres et agriculture. Il remarque – et ceci
151. Contacts linguistiques: anglais et roman (hors d’Europe)
vaut également pour les autres situations de contact entre une langue romane et l’anglais – que tous ces domaines, sauf le dernier qui représente plutôt la vie rurale, font partie de la vie urbaine. L’espagnol portoricain a fait des emprunts à l’anglais notamment dans les domaines des affaires et du commerce, des médias, de l’habillement et des transports. Pour (seulement) 25,4 % des anglicismes, il n’existe pas de terme correspondant en espagnol, c.-à-d. qu’il s’agit d’emprunts de nécessité. D’autre part, les domaines de la vie rurale, de l’agriculture et de l’élevage et des activités domestiques ne sont pratiquement pas affectés par l’anglais (López-Morales 1992; Lipski 1994).
7.
Bibliographie
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XII. Sprachkontakte und Migration
152. Contacts linguistiques intraromans: roman et roumain Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Rumänisch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Problèmes étymologiques des néologismes roumains L’influence française L’influence italienne Le vocabulaire Adaptation graphique et phonétique Intégration morphologique Syntaxe Conclusions Bibliographie
Dans le présent article ne seront commentées que les influences italienne et française, car les mots – très peu nombreux – susceptibles de pénétrer d’une autre langue romane directement en roumain désignent généralement des ‘objets’ (ou concepts) spécifiques aux cultures respectives, comme p. ex.: pesetaˇ < esp. peseta.
1.
Problèmes étymologiques des néologismes roumains
1.1. Abstraction faite de la terminologie scientifique et technique internationale moderne, la plupart des néologismes romans (français, italiens) apparaissent en roumain à la fin du XVIIIe et dans la première moitié du XIXe s., époque où circulaient aussi des néologismes provenant surtout du grec moderne, de l’allemand et du russe qui, à leur tour, avaient puisé aux sources romanes occidentales. En conséquence, les néologismes romans pouvaient pénétrer directement en roumain ou bien indirectement, par le truchement de ces langues avec lesquelles le roumain se trouvait en contact. Parallèlement à l’influence française, qui a été sans doute la plus importante, le roumain a également subi, jusque vers 1880, une assez forte influence italienne. Comme les mots français étaient souvent empruntés sous leur forme écrite, ou bien étaient adaptés à la phonétique roumaine, on ne peut pas toujours les distinguer des mots venus directement de l’italien. En outre, les mots empruntés au français et / ou à l’italien pouvaient avoir parfois presque la même forme que les latinismes mis en circulation à partir de la fin du XVIIIe s. par la Scoala ¸ ardeleanˇa (pour la contribution de cette dernière à la formation du roumain moderne cf. Densusianu 1985, 7–57; Ruffini 1941; Rosetti / Cazacu / Onu 1971; Niculescu 1978).
Ceci explique la difficulté à déterminer la voie de pénétration de nombreux néologismes en roumain. En principe, leur provenance peut être établie selon des critères phonétiques, morphologiques, sémantiques, extralinguistiques et à l’aide des premières attestations. Ainsi, tenant compte de la date et de la région d’apparition d’un mot à l’étymologie controversée, N.A. Ursu (1965, 55 ss.) démontre que, contrairement à l’interprétation d’autres chercheurs, le mot clas – une variante plus ancienne de clasaˇ – ne saurait provenir du russe, vu que les premiers textes contenant la forme clas paraissent en Transylvanie et datent de 1780, donc à une époque où l’influence russe ne s’était pas encore fait sentir et dans une région qui n’a pas été soumise à cette influence. (Pour l’histoire externe du roumain, les influences subies et les étapes de la formation du roumain littéraire moderne cf. Hane¸s 21926; Pu¸scariu 1976; Dimitrescu 1978; Bochmann 1979; Coteanu 1981; Arvinte 1989; Ernst 1989; Schroeder 1989.) Dans la plupart des cas, les dictionnaires ne donnent pas de première attestation; en outre, les critères mentionnés ci-dessus ne peuvent pas être appliqués aux néologismes: (1) si leur forme permet de leur attribuer plusieurs sources, (2) s’ils ont été adaptés par analogie ou bien (3) s’il s’agit de dérivés qui auraient pu soit être empruntés tels quels soit être des formations roumaines. (1a) Le mot du roumain actuel arteraˇ , attesté sous cette forme au milieu du XIXe s., ne saurait provenir que du français artère; la forme artirie, apparue un siècle plus tôt, peut être expliquée uniquement par le gr. mod. artiria. Par contre la forme arterie, qui circule jusque vers 1850, peut provenir aussi bien du latin que de l’italien, de l’allemand et du russe. Un exemple similaire (parmi beaucoup d’autres) est celui de centru qu’on retrouve jusque vers 1840 sous la forme chentru ou chendru, provenant du grec moderne, ainsi que sous la forme ¸tentru, qui peut être expliquée par l’allemand ou le russe. La forme centru, qui circulait dans la même période en Transylvanie, peut être d’origine latine, italienne ou même française (N.A. Ursu 1962, 116 s.). Pour les néologismes plus récents, la détermination de l’étymologie ne se pose plus
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de la même façon, mais elle n’est pas pour autant plus simple, car de nombreux anglicismes et mots ‘internationaux’ peuvent avoir été empruntés soit directement, soit – le plus souvent – par le truchement du français. (1b) Un indice supplémentaire pour déterminer la voie de pénétration d’un mot est l’accent. Les proparoxytons arti´lerie, cava´lerie, infan´terie proviennent du russe, tandis que l’accent sur le -i- des néologismes terminés en -ie (acade´mie, trage´die) s’explique par l’influence du grec moderne ou du français. Les nombreuses variantes signalées au XIXe s., dues aux hésitations d’accentuation des néologismes, ont disparu dans la langue actuelle. En général, c’est le modèle français qui s’est imposé (anti´pod, apo´strof, gala´xie, mode´stie). Il existe pourtant encore aujourd’hui des doublets (pro´fesor / profe´sor, re´vizor / re-vi´zor) dont le terme oxyton s’explique par le français et celui paroxyton par l’allemand ou le russe (cf. D. Ursu, 1962; Niculescu 1978, 166). (1c) La forme peut servir évidemment de critère unique pour déterminer l’étymologie lorsqu’elle conduit à une seule langue. Corecturaˇ ne peut pas être expliqué par le fr. correction ou l’it. correzione, mais seulement par l’all. Korrektur; de même s¸ ocolatˇa ne s’explique que par le fr. chocolat et la variante ciocolatˇa par l’it. cioccolata. (1d) L’intégration morphologique peut, elle aussi, élucider parfois l’étymologie des néologismes. Les oscillations que l’on constate au XIXe s. entre neutre et féminin (analiz / analizˇa, planet / planetˇa, problem / problemaˇ ) sont dues au genre et à l’aspect phonétique des mots dans les langues d’origine (N.A. Ursu 1962, 121 s.). En partant du genre des mots roumains d’origine française, Graur (1963, 42 ss.) essaie de prouver que certains mots, considérés généralement comme des emprunts directs au français, ont dû passer par l’intermédiaire d’autres langues. Bezea “petite meringue” ne peut provenir de baiser, mais du gr. mod. bezes, car les masculins non animés français terminés en [e] deviennent neutres en roumain (cli¸seu, dineu, etc.). La divergence de genre entre les féminins français terminés en [ə] et leurs correspondants roumains neutres ou masculins atricot, du¸s, sos, s¸ ezlong, etc. s’explique, selon Graur, par l’influence du russe, où ces mots étaient devenus masculins. Il existe néanmoins des emprunts très récents qui présentent le même changement de genre
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(butic < boutique) sans que celui-ci puisse être attribué à une influence russe. (2) Le critère morphologique n’est cependant pas toujours décisif car les emprunts ont été intégrés selon des normes qui diffèrent d’une époque à l’autre. Ainsi les adjectifs et les verbes néologiques entrés dans la langue jusque vers le milieu du XIXe s. ont été adaptés à l’aide des suffixes productifs de l’époque. Des verbes comme abdicarisi, abonarisi, adoptarisi, adorarisi, adresarisi, publicarisi, transportarisi, aplicaˇ lui, contradica˘ lui, dependàlui, observaˇ lui, recomaˇ ndaˇ lui, etc., bien que présentant les suffixes -isi (gr. mod.) et -aˇ lui (hongr.), ne proviennent pas de ces langues, car il n’y sont pas attestés (cf. Gáldi 1940a; D. Ursu 1965). (3) Lorsqu’il s’agit d’affixes latinoromans récents, devenus productifs dans le roumain actuel, la difficulté consiste parfois à distinguer un emprunt d’un mot créé en roumain. C’est le cas des dérivés qui correspondent à un mot étranger (d’habitude français) dont la base de dérivation existe en roumain, comme p. ex. les adjectifs terminés en -bil (cf. Iliescu 1959) acceptabil, adaptabil, calculabil etc., qui peuvent être soit des dérivés à partir des verbes accepta, adapta, calcula, soit des emprunts. (Pour la distinction ‘emprunt vs. dérivé’ cf. Hristea 1968, 32 ss.; Reinheimer Rîpeanu 1989.) 1.2. En partant du fait que la source de nombreux néologismes ne peut pas être déterminée de manière univoque, Graur (1950) a eu recours à la notion et au terme d’étymologie multiple. Si un mot peut provenir de deux ou plusieurs sources différentes il est considéré comme ayant une étymologie multiple. Ceci est valable pour un mot comme lampaˇ , qui aurait pu pénétrer en roumain sous cette forme de l’allemand, du russe, du français et même du hongrois, mais aussi pour un mot comme ofi¸ter, dont la forme ne peut être expliquée par une seule des langues qui ont servi de source de néologismes, prise à part (fr. officier, it. ufficiale, russ. ofitser, prononcé [afitser], pol. ofitser, avec l’accent sur le i). «Desigur toate sau mai toate limbile citate mai sus au contribuit la crearea unei forme noi, care datore¸ste fieca˘ reia din ele cîte ceva» (Graur 1950, 33). La majorité des chercheurs roumains ont adopté ce principe, en le considérant indispensable pour l’étude du vocabulaire néologique d’une langue formée, comme le roumain, sous l’influence d’aussi nombreuses
1728 cultures étrangères. Ivaˇ nescu est d’avis que les cas où l’on peut décider de la provenance d’un emprunt latino-roman sont rares. «De cele mai multe ori un neologism este totdeauna de origine latinaˇ s¸ i italianˇa; sau de origine latinaˇ , italianˇa s¸ i francezˇa; sau de origine latinaˇ s¸ i francezaˇ ; sau de origine italianˇa s¸ i francezˇa» (1980, 671).
Comme il a été signalé maintes fois (cf. 2.2.), les dictionnaires roumains ne tiennent pas toujours compte de la complexité des étymologies, ils donnent des indications incomplètes – parfois erronées – et ont tendance à exagérer l’influence française. D’autre part, ils invoquent souvent l’étymologie multiple, même lorsque les indices formels et les données historiques excluent la possibilité d’admettre certaines sources (Avram 1982, 255; cf. aussi Schroeder 1989, 356; Schweickard 1986, 132 s.).
2.
L’influence française
2.1. Les débuts de l’influence française se situent à l’époque des Phanariotes (1711– 1829), lorsque les boyards roumains engageaient des précepteurs et des secrétaires français. Le français devint ainsi – à côté du grec moderne – langue de salon. C’est l’époque où le français est introduit dans les écoles et où paraissent des manuels et des grammaires de la langue française ainsi que des dictionnaires (français-grec et français-grecitalien). La présence d’émigrés français après la Révolution, ainsi que celle d’officiers russes francophones pendant les guerres russoturques, a intensifié le contact direct avec le français qui n’a cependant pas dépassé à cette époque le statut de langue de prestige, employée exclusivement par l’aristocratie du pays. Ce n’est qu’après l’époque des Phanariotes, à la suite de l’orientation vers l’Occident et en premier lieu vers la France – due au revirement d’ordre politique, économique et surtout culturel – que commence à s’exercer l’influence française qui allait modifier la physionomie du roumain et surtout la structure étymologique de son vocabulaire. La pénétration massive de mots français qui ont remplacé des mots plus anciens d’origine non-romane a eu pour conséquence le changement du pourcentage étymologique du vocabulaire roumain en faveur des mots romans, phénomène qui est connu sous le nom de ‘reromanisation’ et que Lombard (1969, 646) considère «unique au monde, en
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ce qui concerne les ‘emprunts à distance’» (cf. aussi Nandris 1973). 2.2. Dans ce processus de reromanisation, les emprunts français ont joué le rôle le plus important, ceux faits au latin et à l’italien y ont contribué dans une moindre mesure. Ainsi, selon la statistique de Macrea (1961, 32) établie à partir du Dic¸tionarul limbii române moderne (DLRM ), 38,42 % des entrées représentent des emprunts au français. Ce pourcentage, considéré comme exagéré par de nombreux chercheurs, s’explique par la tendance du DLRM , ainsi qu’en général des dictionnaires roumains, à attribuer la majorité des néologismes au français. Selon Graur (1965a, 51) cette erreur n’est que d’ordre théorique «puisque le nombre des néologismes récents d’origine italienne, allemande ou anglaise n’est de toute façon pas très grand». Les résultats d’autres statistiques se rapprochent de ceux obtenus par Macrea. Dans la liste de Bolocan (1961), dressée à partir de textes empruntés à la presse, le pourcentage des mots d’origine française est de 42,22; dans celle de Maneca (1966) dressée à partir de textes littéraires et appartenant au style scientifique et administratif, il est de 32,17. 2.3. Ce n’est pas seulement par leur nombre que les emprunts au français sont les plus importants, mais aussi par la multitude des domaines auxquels ils appartiennent. Le gros de la terminologie technique et scientifique, sociale, politique, militaire, administrative, juridique, économique, artistique, etc. est formée par des mots pris au français ou à étymologie multiple, incluant le français. Dans le domaine du langage quotidien, les emprunts ont eu parfois une existence éphémère. L’engouement pour le français vers le milieu du XIXe s. a eu pour conséquence la création du jargon fran¸tuzit, ridiculisé par les écrivains de l’époque, entre autres par Faca dans la comédie satirique Fran¸tuzitele, par Alecsandri et, plus tard, par Caragiale. L’influence française est restée active jusqu’à nos jours et a même enregistré une recrudescence après les événements politiques de 1989, surtout dans le langage de la presse. On y trouve des mots comme antama, anvizaja, defosa, grupuscul, inlasabil, inubliabil, qui ne figurent pas dans les dictionnaires, ce qui ne veut pas nécessairement dire qu’ils datent tous de ces dernières années; il y a
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d’autres emprunts au français, en circulation depuis des décennies, qui n’y sont pas enregistrés (cf. Hristea 1968, 115ss.; Sora 1988).
3.
L’influence italienne
3.1. Les mots d’origine italienne apparaissent en roumain dès le XVIIe s. – donc avant ceux d’origine française – mais ils représentent, presque sans ¸ exception, des emprunts indirects (Gáldi 1939, 144; 1940b) ayant pénétré en roumain par l’intermédiaire du polonais (véhicule de latinismes et d’italianismes chez les chroniqueurs moldaves Miron Costin et Grigore Ureche), du hongrois et de l’allemand, surtout en Transylvanie, et du grec moderne, source principale de termes italiens à l’époque des Phanariotes. Selon Rosetti / Cazacu / Onu (1971, 339) quelquesuns des italianismes qu’on retrouve chez les chroniqueurs valaques, comme baˇ rbiiar, monetaˇ , employés par le Stolnic Constantin Cantacuzino, ‘semblent’ provenir directement de l’italien. Chez les représentants de la Scoala ¸ Ardeleanaˇ (fin du XVIIIe – début du XIXe s.), les mots d’origine italienne appartiennent dans une large mesure à la terminologie technique et scientifique. Selon Niculescu (1971, 898) il s’agit aussi d’emprunts directs. Néanmoins, une partie des mots qu’il cite, comme barometru, domestic, fabricaˇ , general, materie, organ, patrie, peninsulˇa, periodic, etc. (introduits par Sincai ¸ en 1808 dans Hronica românilor s¸ i a mai multor neamuri) ont sans doute une étymologie multiple; ils pourraient également être des latinismes. La dernière hypothèse est plausible surtout en Transylvanie, où l’influence italienne «nu se poate dezvolta, din cauzˇa caˇ se pierde ìn latinism» (N.A. Ursu 1962, 115). En Moldavie et Valachie, l’influence italienne se manifeste sporadiquement chez des auteurs comme Gheorghe Asachi et Ienˇachi¸taˇ Vaˇ caˇ rescu, alors que son essor est lié à l’activité linguistique et littéraire de Heliade Raˇ dulescu. 3.2. Dans ses premiers écrits, dont la célèbre préface à la Gramatica româneascˇa (1828), Heliade aborde les principaux problèmes de la création d’une langue littéraire unitaire, en proposant des solutions, dont la majorité est restée valable jusqu’à aujourd’hui. Il reprend en partie les idées de la Scoala ¸ Ardeleanˇa, surtout en ce qui concerne l’adaptation phonétique et morphologique des néo-
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logismes latino-romans; on lui doit, entre autres, l’élimination des suffixes non latins -aˇ lui, -isi, -icesc, le remplacement de che, ghe par ce, ge dans les néologismes provenus du grec moderne: gheografie → geografie, chentru → centru, la substitution de ci à ¸ti: prin¸tip → princip, ¸tivil → civil. En ce qui concerne le problème de l’enrichissement du vocabulaire, Heliade est d’avis que la source des néologismes ne doit pas être le latin, comme le préconisait la Scoala ¸ Ardeleanˇa, mais l’italien, la langue ‘sœur’ la plus proche du roumain, tout en recommandant modération en matière d’emprunt et surtout l’adaptation des néologismes à la forme des mots roumains. Dans sa phase puriste, après 1840, il renonce à ces principes, en essayant de démontrer la similitude des deux langues. Ses théories, exposées dans l’ouvrage au titre significatif Paralelism între dialectele român s¸ i italian sau Forma ori gramatica acestor douˇa dialecte (1841), seront mises en pratique dans ses textes littéraires et surtout dans ses traductions des classiques italiens. On y trouve des italianismes comme adorn, baciu, bellaˇ , capellurˇa, mendica et aussi des mots roumains orthographiés de façon à suggerer leur ressemblance – voir identité – avec des mots italiens: di, forte, vedênd, etc. pour zi, foarte, vaˇ zînd. Ces innovations n’ont pas été acceptées par la langue littéraire et, en général, le courant italianisant n’a pas eu le succès escompté par son initiateur, car il cesse d’exercer son influence vers 1880, quand l’italien est évincé par le français. 3.3. Il est difficile d’établir le nombre exact de mots d’origine italienne en roumain et, a fortiori, de départager les emprunts directs des emprunts indirects. Selon Stˇanciulescu (1969, 170 ss.) il devrait y en avoir à peu près 740, dont 370 directs, 327 ayant pénétré par le truchement du français et le reste (50–60) par celui des langues non romanes. Mocanu (1980) par contre obtient, en dépouillant les principaux dictionnaires roumains, une liste de 400 mots d’origine italienne parvenus par l’intermédiaire de langues non romanes. Ce chiffre est sans doute exagéré à cause des archaïsmes, des régionalismes et des mots à étymologie multiple contenus dans la liste. Pour d’autres mots de sa liste l’étymologie n’est pas justifiée; ainsi medic ne saurait provenir de l’allemand car il n’existe pas dans cette langue, de même muzicaˇ dont l’accent ne correspond pas à l’oxyton all. Musik.
1730 3.4. Les mots empruntés à l’italien appartiennent surtout à la vie socio-culturelle. La terminologie musicale est presque exclusivement italienne: emprunts directs (can¸tonaˇ , can¸tonetaˇ , chitaraˇ , fagot, flaut, mandolinˇa, et termes non adaptés (adagio, allegro, pizzicato). C’est dans ce domaine et dans celui de la banque que l’on retrouve (Staˇ nciulescu 1969, 173) la majorité des termes non adaptés: agio, incaso (outre ceux qui ont été adaptés: acont, gir). Termes d’autres domaines et termes abstraits: abate, adio, armatˇa, asalt, burghezie, dispre¸t, mafie. pia¸taˇ , razie, smarald, spaghete, etc. Stati (1997, 310) cite d’autres lexèmes de large circulation, comme aparen¸taˇ , brun – qui pourraient cependant provenir du français – et mafiot, qui est sans doute une formation roumaine, car elle ne peut être expliquée ni par l’it. mafioso, ni par le fr. mafieux. Pizzaˇ [pitsə] et pizzerie sont des emprunts récents intégrés morphologiquement mais non adaptés graphiquement.
4.
Le vocabulaire
4.1. Parmi les emprunts entrés dans la langue à partir du XIXe s. il y a lieu de distinguer trois catégories: (1) ceux qui ont comblé une lacune lexicale, (2) ceux qui ont évincé des emprunts plus anciens (d’origine slave, turque, grecque moderne, hongroise) soit parce qu’ils correspondaient à des notions périmées (du domaine administratif, militaire, etc.), soit sous l’effet de la mode «qui voulait que tout vienne de l’Occident» (Graur 1965a, 52), comme suliman → fard, macat → cuverturˇa, geremea → amendˇa, etc., (3) ceux qui coexistent avec les mots antérieurs dans une relation de synonymie: amˇanunt / detaliu, biruin¸taˇ / victorie, cˇalˇatorie / voiaj, ceas / orˇa, jertfˇa / sacrificiu, tavan / plafon, molipsitor / contagios, bˇanui / suspecta, închipui / imagina. 4.1.1. La grande richesse en synonymes d’étymologie différente, permettant des «subtiles différenciations sémantiques» (Ernst 1989, 344) et stylistiques, constitue un trait caractéristique du roumain (cf. Bahner 1966, 529–532; Lombard 1995, 13; Pu¸scariu 1976, 392–400). Le plus souvent, l’origine des termes synonymiques est pertinente pour le type de connotation. Les néologismes se sont imposés, à quelques exceptions près (prieten ← amic, dragoste ← amor) dans le langage usuel. Les synonymes non latins plus an-
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ciens sont placés généralement dans la zone connotative du poétique, littéraire, solennel: dura / daˇ inui, victorie / izbîndaˇ , ob¸tine / dobîndi. La tendance contraire ne s’est fait sentir qu’au XIXe s., comme l’atteste le remaniement lexical auquel procèdent les auteurs dans les rééditions de leurs textes: prieten → amic, cinste → onoare, musafir → invitat, nevinovat → inocent (cf. Cazacu 1962, 483 ss.). 4.1.2. Les réactions contre ‘l’abus’ de néologismes abondent depuis le XIXe s. (Maiorescu 1881) jusqu’à aujourd’hui; (cf. les nombreux commentaires polémiques sur les emprunts récents au français dans Sora 1997/98, 135; 146 s.). Pourtant, la plupart des emprunts (surtout au français), considérés comme «barbarismes» (Pu¸scariu 1976, 372), «cuvinte care nu corespund nici unei necesita˘ t¸i» (Iordan 1956, 70), «neologisme împrumutate în mod nejustificat» (Ghe¸tie 1978, 173), «împrumuturi pentru a satisface plaˇ cerile ‘lexicale’ [… ale] cîtorva snobi» (Iordan / Robu 1978, 317) se sont imposés dans la langue actuelle. 4.2. Les classes grammaticales auxquelles appartient la grande majorité des emprunts romans sont celles des substantifs et locutions nominales (bal mascat, cordon ombilical, for¸taˇ motrice, jurnal de bord), des adjectifs et des verbes. Il existe en outre quelques adverbes: apropo, vizavi et ceux terminés en -mente: actualmente, eminamente, literalmente, moralmente (dont certains créés peutêtre en roumain); les prépositions a < fr. à, introduisant le complément d’un nom et indiquant une valeur (3 saci a 80 de kg.), a / à la < fr. à la (varzaˇ a(à) la Cluj) et via, à étymologie multiple, ainsi que des mots appartenant à d’autres classes grammaticales et employés comme prépositions: gra¸tie, contra, contrar (cf. Avram 1973); la conjonction or > fr. or ainsi que des locutions conjonctives calquées sur le français: dat fiind caˇ , cu condi¸tia ca, sub pretext caˇ . 4.3. Les calques apparus à la fin du XVIIIe s. dans la terminologie scientifique, dus à la tendance puriste de certains intellectuels de l’époque (cf. N.A. Ursu 1969, 131), ont cédé la place aux emprunts correspondants acrime → aciditate, araˇ tare → demonstra¸tie, en conférant clarté et modernité au style scientifique. Par contre, dans le langage usuel le nombre de calques, surtout sur le modèle du français, n’a cessé de s’accroître. Les mieux
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représentés sont les calques lexicaux (cf. 4.4.) et les calques phraséologiques; «Fˇaraˇ nici o exagerare, se poate spune cˇa, în româna modernˇa, cele mai multe unitˇat¸i franzeologice sînt de provenien¸taˇ francezaˇ » (Hristea 1984, 59). Parmi ces unités il y a lieu de distinguer les locutions nominales cale lactee, cale ferataˇ (calques partiels: un élément emprunté et l’autre traduit), apaˇ de toaletˇa, concurs de împrejuraˇ ri, punct de vedere, prezen¸taˇ de spirit (calques totaux: les deux éléments traduits) et les locutions et expressions verbales a caˇ dea de acord, a cî¸stiga teren, a face act de prezen¸taˇ , a face fa¸taˇ , a face plinul, a pune la punct, a salva aparen¸tele, a se da în spectacol, etc. Les calques sémantiques (a acuza avec le sens de “révéler”) et morphologiques sont beaucoup plus rares. Parmi ces derniers, l’emploi adjectival de certains participes présents (crescînd / aˇ , dormind / aˇ , suferind / aˇ ) est attribué à l’influence française. (Pour les calques syntaxiques cf. 7.) 4.4. Une grande partie des emprunts de l’époque moderne représente des mots analysables dont se sont détachés des formants qui, par la suite, sont entrés en combinaison avec des lexèmes existant déjà en roumain. La majorité des préfixes néologiques (ante-, con-, contra-, non-, re-, etc.) et des suffixes (-ant / ent, -an¸taˇ / en¸taˇ , -bil, (-e/i)fica, -(i)ona, -itate, -iv, etc.) sont d’origine latinoromane. Quelques préfixes – peu productifs – (antre-, me(z)-, sur-, par-) et le suffixe -aj ont été empruntés au français, -agiu à l’italien. Parmi les dérivés préfixés il y a des calques de structure totaux (întredeschide, între¸tine) et, surtout, des calques partiels (concetˇa¸tean, con¸tine, delˇasa, men¸tine). Certains calques sont en rapport de synonymie avec les emprunts correspondants: conlocuitor / coabitant, consfin¸ti / consacra. On rencontre de nombreux calques aussi parmi les mots composés: cîine-lup < chien-loup, nou nˇascut < nouveau né, scurt-circuit < court-circuit.
5.
Adaptation graphique et phonétique
5.1. Système graphique L’écriture cyrillique a été abandonnée à la faveur de l’alphabet latin au cours de la première moitié du XIXe s. Après une période d’hésitation entre graphie étymologique et graphie phonétique, c’est cette dernière qui
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s’est imposée. Pour les sons sans correspondance en latin on a introduit les lettres à signe diacritique: aˇ , â, î, s¸ , ¸t; on a renoncé aux consonnes géminées et au h étymologique. Le modèle italien a influencé la graphie des sons [k], [tʃ ], [], [d ]: chelner, lichid; cine, cer, ciudat; ghea¸taˇ , ghid; ger, gimnasticˇa. La graphie <j> pour [ ] suit le modèle français: avantaj, joc, jandarm (pour la correspondance entre son / phonème et graphème ainsi que pour l’histoire de l’introduction de l’alphabet latin cf. DOOM ; Ernst 1978; Graur 1963, 42–50; 1974; Ivˇanescu 1980, 678 s.; Kramer 1989; Macrea 1982). Qu’un emprunt néologique (surtout au français) ait pénétré en roumain par voie orale ou par voie écrite, il suit le système roumain des correspondances grapho-phonétiques (ou phonographiques), quand le son respectif existe en roumain; ainsi ~ [o] chauvinisme → s¸ ovinism, ~ [i] style → stil, ~ [ʃ ] chef → s¸ ef, ~ [ ] personnage → personaj, ~ [] guide → ghid, ~ [k] liquide → lichid. Pour les sons français qui n’existent pas en roumain, surtout les voyelles arrondies [], [ø], [y], l’adaptation a été plus lente. On les a écrits et prononcés – ou du moins on a essayé de les prononcer – au début comme en français. Quelques-uns le sont encore aujourd’hui dans un registre urbain (cf. Ernst 1989, 335; Ivaˇ nescu / Leonte 1957, 4 ss.; Iordan / Robu 1978, 315). 5.2. Adaptation des sons et des phonèmes que le roumain ne possède pas 5.2.1. Le -e- muet avec prononciation réalisée ou non est généralement conservé et prononcé [e] (biberon, bibelou, bulevard, releva), mais decolteu < décolleté. (Pour le [ə] en position finale cf. 6.1.). Le [ε] réduit son degré d’aperture et devient [e] indépendamment de sa position dans le mot français (creion < crayon [cεjõ], mersi < merci [mesi], premieraˇ < première [prəmjε]). Le [ø] est rendu également par [e] (fetru < feutre [føtrə]), sauf bleu (dans les dictionnaires avec l’indication de prononciation blö; cf. DEX ). Les mots qui conservent la graphie eu (eucalipt, euforie, neutraliza) sont entrés par l’écrit et se prononcent en hiatus e-u. Le [] apparaît surtout dans les suffixes nominaux -(a)teur, -seur et devient [e] (boxer, s¸ ofer, s¸ omer) ou, le plus souvent, [o] (actor, coafor, major). L’existence du suffixe hérité du latin -tor ainsi que des latinismes et
1732 des mots italiens avec le suffixe correspondant -tor / -tore ont contribué substantiellement à fixer la forme en -or. L’adaptation du suffixe adjectival -eux / -euse [ø] s’est faite aussi par analogie avec le suffixe -os, hérité du latin et avec la forme latine et italienne -osus / -oso (capricios, monstruos). La forme en -er, par contre, représente selon Ivˇanescu (1980, 667) une adaptation strictement phonétique (mais cf. Iordan 1956, 81). La difficulté d’adapter les suffixes -eur et -euse est attestée par l’existence de doublets (sufler / sufleor) et de mots pas adaptés: dizeur, dizeuzaˇ , stripteaseuzˇa (dans les dictionnaires avec l’indication de prononciation ö) et la formation récente stripteuzˇa. 5.2.2. [y] est devenu [i] (birou, chilo¸ti), [u] (aluraˇ , nuan¸taˇ , plu¸s, truc), [ju] (chiuvetaˇ , manichiuraˇ ) et [iw] en position finale (meniu, pardesiu). Cette dernière adaptation est favorisée par un facteur morphologique: l’assimilation au suffixe plus ancien -[iw]. La réalisation [uw] ne se trouve qu’en position finale dans des noms adaptés d’après le modèle latin: ambiguu, ingenuu, reziduu, superfluu. 5.2.3. Les voyelles nasales ont été dénasalisées de la façon suivante: [ã] → an / am (calambur, oranj, paravan, volan) ou en / em (entuziasm, empatie). La forme avec a ou e s’explique parfois par la voie de pénétration du mot en roumain: antreprizˇa (voie orale), entorsaˇ (voie écrite). Pour l’adaptation de [ã] dans les suffixes -ant, -ent, -an¸taˇ , en¸taˇ cf. 6.2. [ɔ˜] → on / om (bomboanˇa, bonjur); [˜ε] → in / im (sincer, timbru); [œ] ˜ → un / um (brun). Le changement de timbre du mot français est dû parfois à l’adaptation à la forme latine. Ainsi fonction → func¸tie / func¸tiune, fonder → funda et les dérivés funda¸tie, fundament, mais fondator. 5.2.4. [] passe à n + i: coniac [konjak] < cognac, lornion [lornjon] < lorgnon, s¸ ampanie [ ʃampanie] < champagne, vinietaˇ [injetə] < vignette. La graphie et la prononciation [gn] est rare (ignorant) et s’explique par le latin ou plutôt par la forme écrite du mot français. Le [λ], présent dans quelques emprunts à l’italien, passe à l + i: orgoliu [orgolju] < orgoglio. 5.3. Phases et modalités d’adaptation des emprunts contenant des sons et des phonèmes existant en roumain
XII. Sprachkontakte und Migration
5.3.1. Sous l’influence de l’italien le [ts] de certains mots empruntés précédemment est remplacé par [tʃ ] et le [g] par [d ] dans des mots comme ofi¸tial → oficial, prin¸tip → principiu, pro¸tes → proces, so¸tietate → societate, loghicaˇ → logicaˇ , meteorologhie → meteorologie, reghistru → registru. D’autres adaptations dues à l’influence italienne n’ont pas pu s’imposer. Les variantes avec es- pour ex- (esact, esperien¸taˇ ), et avec o pour u (corent, volgar), introduites par Heliade, ont été remplacées, après 1880, par exact, experien¸taˇ , curent, vulgar. (Pour la concurrence des suffixes -agiu / -aj cf. 6.2.) 5.3.2. Un partie des mots basés sur l’oral, qui circulaient au XIXe s., a été modifiée par la suite suivant la forme écrite: pansion → pension, prezanta → prezenta, santimetru → centimetru (cf. Graur 1965b, 162; Gossen 1970, 23 s.). 5.3.3. Le s intervocalique des néologismes romans a été longtemps écrit s (orthographe étymologique) et prononcé le plus souvent comme en français et en italien [z], contrairement à sa prononciation sourde dans les mots hérités du latin [kasa]. La majorité des mots sont écrits et prononcés aujourd’hui avec [z]: civiliza¸tie, muzaˇ , rezultat, sezon. La sonorisation du [s] de certains mots empruntés au français (bassin > bazin, vitesse > vitezaˇ ), orthographiés au début avec un s, s’explique par la méconnaissance de leur étymologie et la supposition que tout s intervocalique présent dans un néologisme devait être prononcé [z] (cf. Graur 1962, 48 s.). 5.3.4. Le h initial ne s’est pas conservé partout. Au début, sous l’influence de la prononciation française et italienne (dans ce dernier cas aussi de l’orthographe) une série de noms apparaissent sans h (emoragie, ibrid, orticulturˇa). Ultérieurement, la tendance a été de les remanier d’après le modèle latin, sans arriver cependant à une solution unitaire. Bien que h se soit imposé dans la majorité des cas (hectar, hiperbolˇa, hipotensiune, homeopatic, homosexual, horticultura˘ ), on trouve aussi (ipocrit, ipotezaˇ , omogen, omonim, uman, umiditate) ainsi que des doublets (higienaˇ / igienaˇ , humor / umor, etc. 5.3.5. Les groupes qu, gu deviennent kv, gv; kw, gw; k, g, en fonction des langues qui ont influencé le roumain: acvariu, consecvent, lingvist; acuarelaˇ , ecuator, ecua¸tie; calitate,
152. Contacts linguistiques intraromans: roman et roumain
cantitate, echilibru, echinox. La majorité des doublets a été éliminée, sauf quelques-uns: cuantaˇ / cvantaˇ , cuartet / cvartet, sanghin / sanguin / sangvin. 5.3.6. Les mots français contenant le [j] orthographié V + ll + V ou V + il ont été – à quelques exceptions près – pris sous leur forme écrite (batalion [bataljon], biliard [biljard], detaliu [detailiw], ghilotinˇa [ilotinə], talie [talje] mais: taior < tailleur, reveion / revelion < réveillon. 5.3.7. Les néologismes ne sont presque plus affectés par les alternances existant dans les mots hérités au latin, quand celles-ci ne jouent pas de rôle morphologique (cf. 6.5.). L’alternance vocalique o / oa sous accent devant -a, -ˇa, -e en finale est la seule qu’on retrouve plus souvent (amazoanˇa, coloanˇa, culoare, persoanˇa); elle a cependant aussi cessé d’être productive comme l’atteste une série de lexemes: anecdotˇa, aromˇa, metodˇa, modˇa, etc.
6.
Intégration morphologique
La façon dont les emprunts ont été adaptés du point de vue phonétique et graphique explique la facilité avec laquelle ils se sont intégrés aussi morphologiquement. Les sons et / ou phonèmes qui n’apparaissaient pas en roumain en position finale ont été modifiés de manière à rendre possible l’introduction des mots nouveaux dans des classes morphologiques existantes. 6.1. La chute du e muet final des substantifs français (afi¸s, minut) ou son passage à -aˇ (adresaˇ , bro¸saˇ , mascˇa) ont permis d’inclure les premiers dans la déclinaison des masculins et neutres terminés en consonne et les seconds dans celle des féminins en -aˇ . Les substantifs français terminés en [e] deviennent le plus souvent neutres et masculins (antreu n., dineu n., ghi¸seu n., lacheu m., muzeu n., panseu n.) et s’intègrent dans le groupe des mots plus anciens en eu du type leu “lion”, zmeu “cerf-volant”. Les mots qui conservent le genre féminin du français reçoivent la terminaison -ea (¸sosea < chaussée), ce qui leur permet de s’intégrer – ainsi que les néologismes en -a (pijama f. < pyjama) – dans la declinaison à nominatif en -a / -ea (pluriel -ale / -ele) caractéristique des mots plus anciens d’origine turque du type chiftea “boulette”, musaca. Les quelques féminins roumains en -ee (alee, idee, maree) –
1733
sans doute des emprunts par l’écrit – constituent une catégorie à part au nominatif singulier, mais leur flexion est conforme à celle des mots hérités du type femeie, cheie (gén. dat. sg. et nom. pl. femei / chei / alei / idei). Les substantifs français terminés en [o] sont, en roumain, neutres et masculins et ont la terminaison -ou, si l’accent se maintient sur le o (birou, cadou, tablou) et sont intégrés dans le groupe de mots plus anciens, comme bou “bœuf ”, ou “œuf ”. Si l’accent change de place (ce qui arrive rarement), la finale est -o (radio, verso, zero). Les mots avec finale en [i] – beaucoup moins nombreux que les précédents – sont adaptés de la même manière. Sous accent -i > iu (pari > pariu), et sans -u quand le i n’est pas accentué (taxi), mais taxíul / taxíuri. La finale consonantique des mots comme balot, bufet, ca¸salot, etc. s’explique par leur emprunt par voie écrite. 6.2. Les suffixes ont été pris généralement au français et adaptés d’aprés la forme des suffixes correspondants latins et / ou italiens: fr. -aire / it. -ario / lat. -arius(m) → -ar (rarement -ariu), fr. -eur / it. -ore / lat. or → -or (rarement -er), fr. -eux / it. -oso / lat. -osus → -os (cf. 5.2.1.). La nasale [ã] des suffixes -ant / -ent, -ance / -ence correspond à quelques exceptions près à l’étymon latin: aparent / -en¸taˇ , rezistent / -en¸taˇ etc., mais abundent / -en¸taˇ (latinisation erronée). Le suffixe -tate sert à adapter les mots français terminés en -té (it. -tà): banalitate, facultate, proprietate, etc. Le suffixe -ic (fr. -ique, it. -ico, lat. -icus) s’impose vers le milieu du XIXe s. quand il substitue -icesc: politicesc → politic, romanticesc → romantic. La tendance manifestée au XIXe s. à adapter les mots français en -tion et italiens en -zione avec -iune et de le substituer à -¸tie dans des mots attestés sous cette forme au XVIIIe (ocupa¸tie → ocupa¸tiune) n’a pas pu s’imposer. (Pour l’origine controversée du suffixe -¸tie cf. Niculescu 1978, 116–122). Dans la langue actuelle restent quelques doublets avec différenciation sémantique (por¸tie / por¸tiune, ra¸tie / ra¸tiune) ou avec différenciation de connotation (na¸tie / na¸tiune). La concurrence entre -agiu < it. -aggio et -aj < fr. -age remonte à la période de l’influence italienne. A quelques exceptions près (omagiu, ravagiu), c’est le suffixe français qui s’est imposé, en devenant productif. La variante en -aj des quelques doublets qui conti-
1734 nuent à exister dans la langue actuelle (peisaj / peisagiu, personaj / personagiu) est plus fréquente. Certains dérivés avec -g- sont toutefois en désaccord avec le terme de base en -j(mesaj / mesager, cartilaj / cartilaginos). 6.3. Les critères selon lesquels les substantifs ont été intégrés dans les trois classes de genre du roumain ne sont pas toujours transparents. Les animés conservent le genre des mots de la langue d’origine, tandis que la majorité des non animés masculins et une partie des féminins passe au neutre. (Pour les termes techniques plus récents, on observe cependant la tendance à conserver le masculin: atom / -i, izotop / -i, rulment / -¸ti.) Les nombreux doublets qu’on retrouve jusque vers la fin du XIXe s. (un color / o culoare, un comet / o cometˇa, un planet / o planetaˇ , un sistem / o sistemˇa) témoignent des hésitations concernant la façon dont devait se faire la fixation du genre des emprunts. La langue actuelle n’a conservé que l’un des termes, dont le genre ne coïncide cependant pas toujours avec celui du mot de la langue d’origine. La divergence de genre entre français et roumain est fréquente surtout pour les mots avec -e muet final. Les féminins français devenus neutres et parfois masculins (antricot n., avans n., epolet m., mar¸s n., etc) sont considérés par Graur comme des emprunts indirects, surtout par le biais du russe, où ils étaient devenus masculins (cf. 1.1. [1d]). Pour certains mots on pourrait aussi penser à l’influence allemande: un mar¸s / une marche / ein Marsch, o mascˇa / un masque / eine Maske, o vazaˇ / un vase / eine Vase). Gossen (1970, 27) est d’avis que le changement de genre des féminins français est dû à la chute du [ə] finale des mots entrés par l’oral. 6.4. La grande majorité des verbes néologiques appartiennent à la première conjugaison (en -a) «ce qui fait que celle-ci dépasse largement, au point de vue numérique, la quatrième (en -i) […] qui a perdu la suprématie dont elle jouissait depuis des siècles» (Graur 1965a, 37). Ainsi, le roumain se rapproche des autres langues romanes. Il s’agit d’emprunts directs ou de verbes refaits sur modèle français, comme p. ex. une partie des verbes en -e (latinismes et / ou italianismes en circulation jusqu’au début du XIXe s.): dirige → dirija, protege → proteja ou les verbes qui avaient été adaptés au XVIIIe avec les suffixes verbaux -isi, -aˇ lui (cf. 1.2.). Il
XII. Sprachkontakte und Migration
existe même des emprunts de verbes français en -ir qui ont été intégrés dans la première conjugaison: asorta < assortir, demola < démolir. 6.5. Les emprunts récents sont de moins en moins affectés par les alternances consonantiques et vocaliques caractéristiques du vocabulaire plus ancien du roumain. L’alternance o / oa continue à jouer un rôle morphologique pour la formation du pluriel des neutres (telefon / telefoane, vagon / vagoane) mais beaucoup moins pour la formation du féminin (frumos / frumoasˇa mais baroc / barocaˇ , major / majorˇa) et dans la flexion verbale (rog / roagaˇ mais arog / arogaˇ , revoc / revocaˇ ). On constate la même tendance pour l’alternance e / ea (drept / dreaptaˇ mais direct / directaˇ ; plec / pleacaˇ mais disec / disecaˇ , observ / observaˇ ). L’alternance a / aˇ , liée au pluriel en -i des féminins (barcaˇ / baˇ rci, carte / caˇ t¸i) a cessé d’être productive grâce à la régularisation du pluriel en -e des féminins à nominatif singulier en -aˇ (consolaˇ / e, modaˇ / e, tablaˇ / e). Même là où la désinence -i est encore employée (pour les mots à thème terminé en -c, -g), l’alternance a / aˇ est évitée fabricaˇ / fabrici et non faˇ brici (pour la réduction d’autres alternances dans la flexion nominale cf. Graur 1965a, 37 ss.; Avram 1997, 58 ss.).
7.
Syntaxe
La syntaxe est sans doute le domaine le moins étudié du point de vue des influences étrangères. Ce qui est incontestable, c’est que le français a contribué substantiellement à la modernisation de la structure de la phrase roumaine qui devient plus claire, plus souple et en même temps plus simple (cf. Nandris 1956, 189; Ghe¸tie 1978, 165); pour les tendances modernes en syntaxe cf. Graur 1968, 292–347). La similitude des structures entre certaines constructions du roumain et d’autres langues romanes rend difficile l’identification des emprunts syntaxiques. Avram (1982, 256) signale l’erreur consistant à attribuer à une influence récente des faits de langue plus anciens (p. ex. l’emploi du subjonctif dans les relatives: oameni care saˇ …). La méconnaissance du vieux roumain et de la date d’apparition d’un certain emploi a conduit à d’autres conclusions erronées. Ainsi Goldi¸s-Poalelungi (1973, 365 ss.) considère que l’omission de pe devant care à l’accusatif et
1735
152. Contacts linguistiques intraromans: roman et roumain
la préférence pour ce par rapport à care dans les textes de la fin du XIXe s. sont dues à l’influence française, bien qu’il s’agisse de constructions à caractère populaire attestées dès le XVIe s. Les tendances et les changements incontestablement dus au français sont les suivants: (a) l’emploi de plus en plus fréquent de l’adjectif antéposé, parfois avec différenciation de sens: o simplaˇ întrebare “une simple question” / o întrebare simplaˇ “une question simple”; (b) la substitution de l’infinitif, avec fonction de complément, au subjonctif est fréquente au XIXe s. Pour la majorité des constructions on a le choix entre les deux modes: îmi vine sˇa rîd / a rîde “j’ai envie de rire”. Dans la langue actuelle, une grande partie des constructions avec l’infinitif appartiennent au style administratif ou scientifique: vaˇ rog a-mi aproba “je vous prie de m’approuver”; (c) l’emploi du datif pour exprimer des compléments d’objet indirect prépositionnel ou circonstanciels: a se acomoda cerin¸telor “s’accomoder aux exigences” au lieu de a se acomoda la / cu cerin¸tele, a se încorpora tradi¸tiei “s’incorporer à la tradition” au lieu de a se încorpora în tradi¸tia (cf. Iordan 1939; Graur 1965a, 42); (d) l’emploi transitif de quelques verbes intransitifs n’est pas accepté par la norme: a locui o casˇa / un ora¸s au lieu de a locui într-o casaˇ / într-un ora¸s “habiter une maison, une ville / dans une maison, dans une ville” (cf. Hristea 1984, 101); (e) également considéré comme hors norme (néanmoins fréquent), l’emploi du complément introduit par la préposition de après le verbe a schimba à la place d’un complément d’objet direct ou de la construction réfléchie (datif possessif): a schimba de cˇam¸saˇ , de opinie “changer de chemise, d’opinion” au lieu de a-(¸si) schimba cˇama¸sa, opinia.
8.
Conclusions
L’évolution parcourue par le roumain depuis la fin du XVIIIe s. l’a sensiblement rapproché des autres langues romanes. Le processus de reromanisation qui a eu lieu sous leur influence, surtout sous celle du français, a eu pour conséquence non seulement l’enrichissement considérable du vocabulaire par des emprunts latino-romans et l’élimination d’une grande partie des éléments dus à des
influences antérieures non romanes, mais aussi l’intégration de modèles devenus par la suite eux-mêmes productifs.
9.
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153a. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Friaulisch
1737
153a. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Friaulisch Contacts linguistiques intraromans: roman et frioulan 1. 2. 3. 4.
Vorbemerkung Friulano centrale Sonderfälle Literatur
1.
Vorbemerkung
Neben den bekannten Problemen hinsichtlich der Operationalisierbarkeit des Abstandkonzepts ist bei diachroner Betrachtung für den hier interessierenden Varietätenraum die Unbrauchbarkeit dieses Konzepts herauszuheben, die sich in diversen Konvergenzen mit dem später immer stärker toskanisierten Venezischen manifestiert (Marchetti 1963, 8). Hierzu zählen die Bewahrung von -s (heute noch in der 2. Pers. Sg.) und Obstruent + l; interessant ist zudem die Palatalisierung von lat. c / gA, die friaulisch erst im 12. Jh., in Venedig und Norditalien aber schon zu Beginn des 11. Jh. auftritt. Bezogen auf den Ausbau ist die häufige Venezisierung des Friaulischen seit den Anfängen festzustellen (Battisti 1956, 13), die etwa in der Substitution des sigmatischen Plurals, der Restituierung apokopierter Vokale sowie der Behandlung der Vokale mittleren Öffnungsgrades im Hauptton (keine Diphthongierung; cf. auch allgemein die konservierende Wirkung des Venezischen im Bereich des Vokalismus, Francescato 1982, 41), dem Anfügen des Endungs-r bei Infinitiven oder der Übernahme gelehrter Elemente besteht (Marchetti 1932, 111). Hierzu zählt aber v. a. auch die bewusste Verwendung von venezischen und italienischen Wortschatzelementen (Marchetti 21967, 44). Trotz des mehrere Jahrhunderte währenden Venez(ian)isierungsprozesses (massiv seit dem 16. Jh., Pellegrini 1991, 343) ist nur in seltenen Fällen eine zeitliche Fixierung für das Auftreten bestimmter Erscheinungen im Friaulischen möglich: So tritt in der 1. Pers. Sg. der II bis IV lat. Konj. für den Ind. Präs. und Imperf. seit dem 14. Jh. verschiedentlich auslautendes -a auf (heute nicht mehr), der mask. Artikel il, Pl. i ist für die territoriale Verbreitung im Friaul erst für das 19. Jh. anzunehmen (Maschi 2000, 206 ss.; Rizzolatti 1984a, 283). Auf der Basis der Esercizi di versione (Benincà / Vanelli 1998) kann zumindest festgehalten werden, dass eine Reduktion der palatalen Affrikaten auf die Si-
bilanten /s/ und /z/ (ausgehend vom venezisch geprägten Udine) im ‘300 noch nicht eingesetzt hat (ib., 64). Aufgrund u. a. der langen Dominanz des Venezischen ist der Ausbau des Friaulischen also ein eher rezentes Phänomen (abgesehen von der Ausprägung der koiné friulana im 18./19. Jh.), jedoch wird dieser Prozess durch die fortschreitende Italianisierung auch partiell unterbunden. Als interessant erweist sich die positive Einstellung der Sprecher zum Friaulischen (Francescato 1991, 14; Marcato / Fusco 1994, 143), die sich auch in der jugendlichen Sprechweise widerspiegelt (friaulische Lexeme, Bildungen mittels -on; Vanelli 1987, 45; Marcato / Fusco 1994, 137 ss.). Bei der Klassifikation der Einflüsse anderer romanischer Idiome ist nun zu differenzieren nach Interferenz und Transferenz, wobei aufgrund der geographischen Kontiguität und der Zweisprachigkeit der Bevölkerung die Trennung problematisch ist (s. in den Grenzgebieten und einigen Städten sogar Trilinguismus, wobei das Venezische zumindest zu früheren Zeiten diastratisch markiert war). Im Hinblick auf die Einflüsse lautlicher, morphologischer und lexikalischer Art ist das Standarditalienische als Dachsprache maßgeblich, das nicht nur im schulischen Unterricht und in den Medien eine vorrangige Stellung einnimmt, sondern auch in der Primärsozialisation (seit den 60er Jahren des 20. Jh.) fest verankert ist (bei häufig friaulischsprachigen Eltern, De Marchi 1980, 25; Del Toso 1993, 206, Fn. 14). Für das Venezische ist nicht nur die Situation in der fascia di transizione friulanoveneta, sondern auch das veneto coloniale in den größeren Städten von Belang. Für die Übergangszone lässt sich eine immer stärkere Venezisierung der dort anzutreffenden Varietät(en) feststellen, v. a. im Wortschatz, ohne dass die fraglichen Lexeme eine (weitergehende) lautliche Adaption erfahren: Gerade dieses Faktum spricht für die Annahme einer nicht mehr eindeutig als friaulisch oder venezisch charakterisierbaren Varietät. Dieser besondere Status zeigt sich auch im Sprachverhalten bestätigt: Die Sprecher verfügen in der Regel nur über die parlata mista und das italiano regionale, nicht aber über eine abgrenzbare, möglicher-
1738 weise der koiné friulana oder dem friulano centrale nahe friaulische oder – auf venezischer Seite – einen ähnlichen Status besitzende überlokale venezische Varietät (Francescato 1976, 490 s.). Neben dem Venezischen und dem Italienischen nehmen das Französische, das Rumänische und das Spanische eine eher untergeordnete Rolle ein. Für das Französische ist die Vermittlung der fraglichen Elemente über das Italienische oder das Venezische anzunehmen. Es handelt sich dabei stets um stark an das System des Friaulischen assimilierte Elemente: zardìn, burò; direkt entlehnt ist wohl plusôr (< plusieurs), blonde, tasse (< tas), pardabon (< pour de bon), plus (< blouse) etc. (Marchetti 21967, 45; Graphie nach OLF 1999). Emigrationsbedingt ist im Fall des Rumänischen die Beeinflussung erneut durch den unmittelbaren Kontakt der Idiome gegeben: Bei den Sprechern handelt es sich um friaulische Siedler (seit 1870 in Rumänien sesshaft), die das Friaulische, sofern es nicht aufgegeben wird, mit Blick auf die lautliche und morphologische Ebene relativ gut bewahren (Iliescu 1964). Bezüglich des Spanischen ist die Situation in der argentinischen Kleinstadt Colonia Caroya von Interesse. Die sich zu großen Teilen aus Friulanern konstituierende Bevölkerung (Emigration Ende 19. Jh.) erhält das Friaulische in gutem Zustand und beherrscht daneben zumeist die lokale Varietät des Spanischen und ein stark diatopisch markiertes Italienisch (Marcato 1989, 626).
2.
Friulano centrale
2.1. Lautung Die genuin venezi(ani)schen und italienischen Wortschatzelemente, die bewusst (z. B. zum Zwecke des Ausbaus) oder unbewusst (aufgrund von Interferenzerscheinungen) in das Friaulische eindringen, lassen sich häufig durch die Zuordnung zu einem bestimmten Wortschatzbereich und / oder durch ihre Lautgestalt auf ihre nicht-friaulische Basis zurückführen. Dass nicht alle Elemente allein auf der Basis ihrer Lautung eindeutig dem Venezischen oder Italienischen zugeschlagen werden können, liegt in der weitgehenden Adaption der Lexeme begründet, weshalb auch eine Differenzierung in Venezismen, Venezianismen und Italianismen verschiedentlich schwierig ist (Francescato
XII. Sprachkontakte und Migration
1958, 7). Aus derlei ‘automatischen’ Anpassungen kann geschlossen werden, dass die Trans- und Interferate nicht als ‘Fremdkörper’ im Friaulischen erfahren werden, zumal sie keine Störungen in der Kommunikation implizieren. Interessant ist hier die Übernahme von venezischen / italienischen Lexemen, die in friulanisierter Form (lautlich adaptiert, auch morphologische Assimilationen, z. B. Pluralbildung, möglich) anstelle der friaulischen – entfallenen oder nicht aktiv beherrschten – Wörter Verwendung finden (Francescato 1970, 176; Del Toso 1993, 203; cf. die Ausführungen bei Tirelli 1982, 121 s. zu interferenzbedingten Hybridbildungen quest vs. frl. chest, si nascond vs. al si scuind, dietro a mangiare, lo condusse là di un bambino etc.). Die Regelhaftigkeiten, die bei der Adaption von genuin venezi(ani)schen oder italienischen Lexemen wirksam werden (für Transferate und Interferate gleichermaßen gültig), sind in drei Gruppen gliederbar (Vanelli 1986, 357 ss.): (1) Substitution von Lauten oder Lautgruppen, die im Lautbestand des Friaulischen nicht enthalten sind (fehlende Geminaten: acconto > acont, affitto > afit, bloccare > blocâ, traffico > trafic; [ʎ] im Altfriaulischen zu [j] entwickelt: convoglio > convoi, scandaglio > scandai, dentale Affrikaten [ts], [dz] durch [s] wiedergegeben: licenziare > licenzjâ, negozio > negossi, pettegolezzo > petegoles, pazienza > pazjense); (2) phonotaktische Restriktionen des Friaulischen (Hebung von nachtonigem -o- in Suffixen (auch flexivischer Art) wie -olo / -ola, -èvole, -o: baicolo (ven.) > baicul, oracolo > oracul, perpendicolo > perpendicul, epistola > epistule, caritatevole > caritatevul (cf. frl. gnotul < *noctulu, freule < *fragula); Senkung von -e- > -a- vor -r-: cadavere > cadavar, carattere > caratar; häufiger Schwund des finalen Vokals sowie Stimmtonneutralisation des daraufhin in finale Position rückenden Konsonanten: abusivo > abuzîf, rilievo > riliêf, obbligo > oblic, stupido > stupit); (3) synchron wirksame Regeln (Vokallängung: kompensatorische Längung bei erfolgter Auslautverhärtung oder Einfachkonsonanz im Italienischen, dagegen keine Längung bei Geminate im Italienischen; der finale Vokal schwindet jedoch nicht immer (dies gilt v. a. für Ein- und Zweisilbler: ambo, asilo, bando, cogo < cuoco, mago)). Eine Identifizierung von nicht genuin friaulischen Elementen kann jedoch häufiger über die friaulisch nur diachron wirksamen
153a. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Friaulisch
Regeln herbeigeführt werden, so die Palatisierung von c / ga, die im Friaulischen initial und postkonsonantisch eintritt mit dem Ergebnis von palatalen Okklusiven im friulano centro-orientale (und palatalen Affrikaten ([tʃ], [d ]) im friulano occidentale, wo die Resultate aus der Palatalisierung von c / ge,i zu Sibilanten weiterentwickelt werden). Die postpalatalen Konsonanten werden aufgrund der Ähnlichkeit der betroffenen Laute zur Wiedergabe des italienischen Nexus [kj] herangezogen: occhiali > [ocaj], maschio > [masco] etc. Hierher gehört auch die Sonorisierung und weitere Schwächung intervokalischer Verschlusslaute, die bei der Adaption von Italianismen nicht mehr eintritt: capitâl, positîf, criteri, gramatiche; amàbil, abûs. 2.2. Wortbildung Bei der Suffigierung lassen sich (cf. De Leidi 1985) bei den meisten Suffixen lediglich Tendenzen erkennen. Dabei sind vor allem lautliche und semantische Gründe für die Identifikation von Wortbildungsprodukten als venezi(ani)sch oder italienisch auszumachen. Italienischen Ursprungs sind z. B. -tât und -ziòn, aber auch -òs (-occio), das im Friaulischen nicht produktiv ist. Lat. -idiare tritt ausschließlich in Venezismen und Italianismen auf (civilizâ, zeneralisâ, venez. cortizâ), ebenso -ificare (bonificâ, edificâ etc.). Die Variante -olâ zu -ulâ (< lat. -ulare) ist wohl auf venezianischen, die Form -iere (< -arium) auf italienischen oder venezisch vermittelten französischen Einfluss zurückzuführen. In der Adverbbildung (frl. -mentri) ist die Variante -menti (cf. it. -mente) italienischer Herkunft. Die gelehrten Bildungen auf -anzie, -enzie sind italienisch, dies gilt wohl auch für latinisierendes -al (neben volkstümlichem -el), -ilis / -ile (frl. -îl) bei der Adjektivbildung, -in (hier finden sich auch viele Venez(ian)ismen wie letorin, manarin, gotisin, latisin) sowie -ie, -arie, das v.a. in der Terminologie mit Bezug auf Kirche, Politik und verwandte Bereiche auftritt; weiter -ist, ein Suffix, das möglicherweise inzwischen für friaulische Derivationen frei geworden ist (cf. auch it. -aggine: in der Form -agn zunächst nur in ursprünglich italienischen Lexemen, inzwischen im Friaulischen produktiv). Altfriaulisch nur selten belegt ist -tât, so dass ähnlich wie bei -tor (verschiedentlich frl. -dôr, viele nomina agentis auf -tôr) im Falle früher Beispiele von italienischem Einfluss ausgegangen werden kann.
1739
In der Komposition erweist sich der Einfluss des Italienischen als eher gering (Marcato 1986, 449 ss.). Hier sind zumeist spezifische Bildungen von Interesse wie mit capo (capofamee “capofamiglia”, capofile “capofila”), bei umgekehrter Determinationsrichtung mit mari (marilenghe “madrelingua”): Für die Beispiele lässt sich allerdings feststellen, dass parallel oder zeitlich vorausgehend das analoge italienische Kompositum Bestand hat(te), das hier evtl. nur adaptiert oder in das Friaulische übersetzt erscheint, dass also capo- etc. nicht für eigene Bildungen herausgelöst wurde. Bei den NomenAdjektiv-Komposita verweist der Fugenvokal -i- auf italienischen Einfluss (petiros), friaulisch ist -a-. Letztlich sind die verbalen conglomerati anzuführen, wobei wohl der Bildungstyp selbst auf italienischen Einfluss zurückgeht; cf. tire-mole, papetâs “Mücke” (eigentlich pappa-taci). 2.3. Lexikon Interferenz- oder transferenzbedingt sind Einflüsse aus anderen Idiomen primär im lexikalischen Bereich festzustellen. Besonders auffällig ist dabei in der fascia di transizione friulano-veneta die Substitution friaulischer durch venezische Elemente im Bereich der Numeralia (ab 5: sie, oto, vinti etc.) und der Wochentagsbezeichnungen: luni, marti, miarcoi, sabo (Frau 1984, 186ss.). Interessant sind auch die in weiten Gebieten des Friauls auftretenden häufigen Dubletten (venezisch-friaulisch), die möglicherweise aufgrund ihrer zum Teil deutlichen Differenzen nicht als verwandt erfasst und wie Synonyme behandelt werden: ocjade (ven.) – voglade (fr.) “occhiata”, vecjo – vjeli / vjeri “vecchio”, caregon – cjadreon “seggiolone” etc.; verschiedentlich treten auch etymologisch nicht verwandte Lexeme (quasi-)gleicher Bedeutung auf, so vilote – cjante “canzone popolare”. Vielfach allerdings ist das friaulische Element ausgefallen, es existiert nurmehr das venezische Lexem: cape “conchiglia”, gasete “moneta”, “giornale”, ocjai “occhiali” etc. Häufiger als ursprünglich venezische Elemente treten Lexeme italienischer Herkunft neben friaulische Elemente, so mit autun (it.) – sierade (frl., cf. hingegen atom “Oktober”), forsi – salacôr etc. Auch hier ist vielfach der Ausfall des friaulischen Lexems zu konstatieren (albe, aeroplano, coragjo, domo; Marchetti 21967, 44 s.). Bei den Wortschatzbereichen, aus denen die venezischen Elemente stammen, handelt
1740 es sich primär um die der Kleidung und Stoffe sowie der Ernährung (cambric, bigui, articioic, bussolai, portacio, bisi), weiter sind Bezeichnungen für Träger negativer Qualitäten anzuführen: pantalon, pampalugo, pelanda, pelandron, pitima etc. (cf. Rizzolatti 1981, 55).
3.
Sonderfälle
Die bisher betrachteten Prozesse gelten für das Friaulische i.A. und nehmen dabei in der Regel Bezug auf das friulano centro-orientale, das letztlich auch die Basis der koiné friulana bildet. Relevant sind aber – wie aus den Vorbemerkungen deutlich geworden sein dürfte – auch v. a. das friulano occidentale und die angrenzende fascia di transizione friulano-veneta. Stellvertretend für die Situation in den Städten wird hier der Fall Udine näher erläutert. 3.1. Friulano occidentale und fascia di transizione friulano-veneta Zu den Charakteristika des friulano occidentale (bzw. concordiese), das über die fascia di transizione an das Gebiet Veneziens angrenzt, zählen die Palatalisierung von c / g a > [tʃ] / [d ], der Erhalt von lat. okklusivem Konsonant + l, die k-Epithese nach dentalem, allerdings in Finalposition velarisiertem Nasal, die Bildung des Part. Perf. auf -t, der Infinitiv auf Vokal (ven. auf -r), Besonderheiten im Vokalismus – Differenzierung der posizione forte (Kontext für Vokallängung im friulano centro-orientale, hier jedoch spezifische Diphthongierungen, s. doppelte Diphthongierung) und debole – sowie die Entwicklung eines zweiten Klitikons für die 2. Pers. Sg. (i: i ti cianti?, i ciantito?, i no ti cianti), dessen Funktion wohl syntaktischer Art ist (Benincà 1990, 222 ss.; Vanelli 1990, 237 ss.). Trotz dieser als friaulisch einordenbaren Besonderheiten lässt sich in unterschiedlichen Bereichen eine Venezisierung feststellen, so in der Präsenz interdentaler Frikative (allgemein für den Zeitraum ab Mitte 16. Jh. anzusetzen, Rizzolatti 1986b, 335), der palatalen Realisierung der postpalatalen Konsonanten [c], [] (Cellina; cf. Francescato 1966, 119, auch zu weiteren Kriterien) oder der Qualität des Stützvokals, der hier anders als im restlichen friaulischen Sprachgebiet nicht -i (mari, dentri etc.), sondern -e lautet. In die gleiche Richtung weist das Fehlen der sigmatischen Pluralbildung vor allem bei den Feminina, die
XII. Sprachkontakte und Migration
hier mittels -e erfolgt, oder auch das Fehlen der Klitika in der 1. Pers. Sg. und Pl. sowie in der 2. Pers. Pl. In den lokalen Dialekten treten weitere Merkmale auf, die eine unterschiedlich starke Venezisierung erkennen lassen, so die Tilgung des Laterals bei Lexemen auf -ul in S. Michele al Tagliamento (offenbar aufgrund der massiven Präsenz von auf -u ausgehenden Lexemen; Marcato 1985, 43), die ähnlich motivierte -u-Epithese, allerdings primär bei Indefinita im Plural (dut “tutto” / ducju “tutti”, tant “tanto” / tancju “tanti”, mit zusätzlicher friaulischer Pluralkennzeichnung auch in Morsano: ducjus, tancjus; cf. ib., 44; Rizzolatti 1988, 226), die Pluralbildung (cf. im Gebiet um Spilimbergo z. B. li femini (Navarons), li domeni (Meduno) oder le bile femines (Olteruogo) mit -s-Erhalt nur im letzten Element des Syntagmas) sowie die Bildung der 2. Pers. Sg. und Pl. (Meduno: tú tu lavori, vuaitis i lavorài (Rizzolatti 1984b, 192 ss.), cf. auch S. Martino di Campagna: clamài “chiamate”, avèi “avete” mit Ausfall des Dentals, cf. Rizzolatti 1986a, 251). Herauszuheben ist hier zum einen die Varietät von Pordenone, die zwar keine interdentalen Frikative aufweist, aber dennoch aufgrund z. B. der Bildung der 1. Pers. Sg. auf -o (nicht -i (Paragoge)), des Konditionals auf -ía und des Imperfekt auf -avo sowie der 1. Pers. Pl. auf -emo als stark venezisiert einzustufen ist. Zum anderen ist zu erwähnen das clautano, das sich durch mehrere Konvergenzen mit dem bellunese auszeichnet (Rizzolatti 1996). Neben dem Zusammenfall der Ergebnisse aus c A und cl (çà “capo”, “chiave”) sind stellvertretend für die morphologische Ebene zu nennen: Fem. Sg. auf -a, Pl. auf -e, Ausfall des -s im Verbalparadigma (cf. aber interrogativ: parlestu?), fehlende Genus- / Numerusdifferenzierung bei Possessiva (1.–3. Pers. Sg., 3. Pers. Pl.) und starke Restriktionen im Gebrauch der Subjektsklitika. Eine zunehmende Venezisierung unter Beibehaltung aber eines Großteils der Merkmale des friulano occidentale charakterisiert nun die Mundarten der fascia di transizione. Während die Strukturen der ‘Mischvarietät’ noch eher friaulischen Typs sind (cf. z. B. Diphthongierungen in offener und geschlossener Silbe, Erhalt von finalem lat. -a, verhärtete Diphthonge; jedoch auch hier Einflüsse: -ie- > -ia- vor -r- + Kons. [c], [] > [tʃ], [d ], kein sigmatischer Plural, Stützvokal -e,
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Subjektspronomen 1. Pers. Sg. mi (nicht io), Elemente aus dem Venezianischen oder Italienischen auf -o ohne Hebung des Vokals (amígo)), zeigt sich im Bereich des Lexikons eine zunehmende Venezisierung, so dass der Wortschatz verschiedentlich zu 50 % aus genuin venezischen Elementen besteht (so in Vigonovo; cf. Francescato 1976, 489). Aufgrund der kontinualen Strukturen treten Schwierigkeiten bei der Charakterisierung der lokalen Varietät auf. Als Kriterien zur Abgrenzung gegenüber dem Venezischen werden für das Friaulische in der Regel der Erhalt der lat. okklusiven Konsonanten + l (gegenüber Palatalisierung, z. B. in Chions, Polcenigo, Vigonovo), die Palatalisierung von c / ga, die feminine Pluralbildung (cf. jedoch die Reduktion von -as/-is auf -i und die Weiterentwicklung zu -e) und die Paragoge genannt. Interessant ist nun der eher konservative Charakter einiger lokaler Dialekte (namentlich von Lugugnana und Berazzana), dessen Erhalt offensichtlich gerade durch die Situierung der Ortschaften in dominant venezischem Gebiet bedingt ist. Hier fehlen die typischen Kennzeichen der Venezisierung wie die Aufgabe des sigmatischen Plurals, der Zusammenfall der 3. Pers. Sg. und Pl. oder die interdentalen Frikative (Rizzolatti 1989, 309). 3.2. Udine Udine, das 1230 neben seiner Funktion als wichtiges Handelszentrum auch Sitz des Patriarchen wird, rückt erst relativ spät in die Rolle des Zentrums Friauls (Francescato 1982, 19 ss.). Im Hinblick auf das Friaulische problematisch ist v. a., dass dieses das bevorzugte Kommunikationsmittel niederer Schichten, nicht aber höherer Gesellschaftsschichten oder gar Adeliger darstellt. Für die Stadt Udine ist deshalb neben dem Streben nach der Rolle eines Ausstrahlungszentrums für Friulanität auch die massive Venezisierung (cf. insbes. im 15.–19. Jh.) charakteristisch. Die sprachliche Kompetenz in Udine ist durch Trilinguismus (friaulisch, italienisch, venezisch) gekennzeichnet. Ähnlich wie in Grenzgebieten zum Veneto wird über das Venezische eine kulturelle Brücke zum Italienischen geschlagen. Das Hinzutreten des Venezischen als drittes Idiom lässt sich verschiedentlich in kleineren städtischen Zentren (cf. z. B. Palmanova, Cividale, Spilimbergo, Codroipo) finden, während in Udine das Venezische schritt-
1741
weise aufgegeben wird und eine Reduktion des Tri- auf einen Bilinguismus zu beobachten ist: Mit dem Italienischen in der Funktion der Nationalsprache ist diejenige des Venezischen unklar geworden, und es wird ohnehin wegen seines Charakters einer importierten Varietät abgelehnt (Vanelli 1987, 45; Francescato 1991, 10 ss.). Dem friulano udinese kommt damit ein höheres Prestige zu als dem veneto udinese – zumindest in jüngerer Zeit. Das friulano udinese hat einige Neuerungen durch Venezisierung erfahren, so die Substitution des Artikelmorphs il statt lu oder die Entwicklung der palatalen Okklusive zu [tʃ] / [d ] mit der somit bedingten Entaffrizierung von primären [tʃ] / [d ] (cf. auch Frau 1988, 18 ss.), die keine Differenzierung wie in anderen Gebieten aufweisen, wo sie morphonologisch von Interesse ist (Numerusdifferenzierung bei auf Sibilant ausgehendem Singular). Die Ausnahmestellung des friulano udinese gegenüber anderen friaulischen Varietäten lässt sich an einigen Merkmalen festmachen, so an der Quantitätsopposition im Vokalismus, der Präsenz nur primärer bzw. fallender Diphthonge, der Endung -e bei singularischen Femininformen, der Existenz nur einer Serie palataler Okklusive und der Ausdehnung der Funktionalität von -s- (bedingt durch die angesprochenen Reduktionsprozesse). Alle diese Charakteristika gehen in ihrer Herausbildung auf das 17. Jh. zurück (Francescato 1970, 142 ss. – cf. hier auch zu weiteren Merkmalen –; Vanelli 1987, 37 s.). Lexikalisch betrachtet sind von Probanden als friaulisch bezeichnete Elemente erwähnenswert, die u. a. aufgrund lautlicher Besonderheiten als Italianismen oder Venezismen zu identifizieren sind, z. B. palit “pallido”, ars “arso”, zirel “girello”, lavagne, buste, capitel, atrio, crocefis, tombe, cf. auch das Interrogativum come sowie die Diminutivform benin. Wie im westlichen Friaul sind auch einige im udinese auftretende, auf -o ausgehende Lexeme eindeutig als nicht friaulischen Ursprungs einzuordnen (vecio, nono, campo, santonico, domo). Insgesamt ist das friulano udinese weniger stark venezisiert als die übrigen, mit dem Venezischen in Kontakt stehenden Varietäten (Francescato 1982, 82).
1742
4.
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Sabine Heinemann, Regensburg
153b. Innerromanische Sprachkontakte: Italienisch und Dolomitenladinisch
1743
153b. Innerromanische Sprachkontakte: Italienisch und Dolomitenladinisch Contacts linguistiques intraromans: italien et ladin 1. 2. 3. 4. 5. 6.
1.
Definition und chronologische Abgrenzung Entlehnungswege Einflüsse im Bereich des Lexikons Einflüsse im Bereich der Morphosyntax Einflüsse im Bereich von Phonetik und Graphetik Literatur
Definition und chronologische Abgrenzung
Das Glottonym Dolomitenladinisch wird hier stricto sensu für die Idiome verwendet, die in den vier vom Sellamassiv ausgehenden Tälern gesprochen werden: das ladin dla Val Badia / Gadertalische, das mareo / Ennebergische und das gherdëina / Grödnerische in den nördlichen Tälern Gadertal (mit dem Seitental Enneberg) und Gröden bzw. das fascian / Fassanische und das fodom / Buchensteinische (das sog. ladin da soramunt) in den südlichen Tälern Fassa und Buchenstein (mit der Ortschaft Colle Sta. Lucia). Ausgeklammert bleibt im Prinzip das ampezan / Ampezzanische von Cortina d’Ampezzo, dessen autochthone Einwohner zwar aus historischen (Zugehörigkeit zu Österreich von 1511 bis 1918) und kulturpolitischen Gründen (es existiert ein ladinisches Volks- und Eigensprachlichkeitsbewusstsein) zu den Dolomitenladinern gezählt werden, aber eine Mundart cadorinischen Typs sprechen. Anders als Cortina werden die innerlinguistisch betrachtet stark ladinisierenden Mundarten (das sog. ladin da bonora) einiger angrenzender agordinischer und cadorinischer Ortschaften nicht zum Dolomitenladinischen gezählt (cf. Belardi 1984, 126; Craffonara 1995, 286). Die Sonderstellung des Dolomitenladinischen wird u.a. mit seiner Stellung «im Spannungsfeld zwischen Deutsch und Italienisch» begründet. Während aber der deutsche Einfluss auf die einzelnen dolomitenladinischen Idiome bereits eingehend untersucht worden ist (cf. Kap. 15 in Iliescu / Siller-Runggaldier 1985 bzw. Siller-Runggaldier / Videsott 1998), fehlen bisher vergleichbare Arbeiten zum entsprechenden romanischen Einfluss, wenn man von den wortgeschichtlichen Angaben bei Battisti (1941, 109–212) und Elwert (1943, 232–237) sowie den verstreuten Hin-
weisen in den einschlägigen Etymologica (EWD; Gsell 1989a–1993a; Gsell 1989b– 1996b) absieht. Ein Grund dafür dürfte in der großen sprachhistorischen Affinität zwischen Dolomitenladinisch und Nord(ost)italienisch liegen, wodurch gerade die ältesten Entlehnungen aus dem Süden vielfach phonetisch wie morphologisch voll integriert werden konnten und deswegen nicht immer als solche erkennbar sein müssen (cf. Craffonara 1995, 307; EWD 7, 207). Als Romanismen im Dolomitenladinischen werten wir jene sprachlichen Elemente, die aus lautlichen, morphologischen, semantischen oder sachlichen Gründen nicht erbwörtlich sein können und aus dem Süden übernommen worden sind. Dazu gehören die direkten Entlehnungen aus dem Italienischen (aus der Schriftsprache oder einer der angrenzenden Mundarten des Veneto oder Trentino) und die indirekten Entlehnungen aus anderen (romanischen) Sprachen, die meist über (nord)italienische Vermittlung ins Dolomitenladinische gekommen sind (prov. salvatgina > it. selvaggina > gadert. salverjin(a) “Wild”; frz. bouton > it. bottone > dld. {botun} “Knopf ”; kat. barraca > it. baracca > dld. baraca “Baracke”; sp. lázaro > it. lazzaro(ne) > dld. {lasarun} “Strolch”; port. macaco > frz. macaque > it. macaco > dld. macaco “Tölpel”). Für letztere spielte Venedig eine herausragende Vermittlerrolle (über Venedig sind wohl auch Wörter wie dld. {rejun} “(Weide-)Recht, Grund” < venez. ra´sòn < prov. razó; dld. {sajun} “Jahreszeit” < avenez. sa´sòn(e) < prov. sazon oder gadert. joblere “Musikant” < avenez. (d)ˇzoblèr < frankoit. joblèr entlehnt worden → Art. 228, 2.2.6.). Direkte Kontakte zu den anderen romanischen Sprachen sind früher nur auf idiolektaler Basis überliefert (cf. Lardschneider-Ciampac 1933, Nr. 2779), sie spielen auch heute nur eine geringe Rolle. Nicht als Romanismen gelten hingegen Wörter, die über das Deutsche (in seinen diatopischen und / oder chronologischen Varianten) ins Dolomitenladinische gekommen sind. Anders als die bisherige Forschung beurteilen wir einen Teil der ursprünglich gotischen, fränkischen und langobardischen Wörter im Dolomitenladinischen. Sie sind zwar ‘germanesimi remoti’, im Bezug auf das heuti-
1744 ge Dolomitenladinisch aber weder Germanismen (so Gamillscheg 1934–36; Zanotti 1990) noch Italianismen (so Elwert 1943, 238; Battisti 1941, 215; EWD passim). In der betreffenden Zeit (ca. 5.–9. Jh.) gab es nämlich das Dolomitenladinische als ausdifferenzierte, im Gegensatz zum Norditalienischen stehende sprachliche Einheit noch nicht, die diese Elemente hätte entlehnen können (Entlehnung erfolgt per definitionem zwischen klar geschiedenen Dialekt- und Sprachräumen). Wörter wie gadert. inrede, fod. nrede “ertragreich sein” < frührom. *redar < got. rêps; dld. tría “Ruhe” < frührom. *tre-, triva < langob. *trewwa; dld. {vêrc} “blind” < frührom. *guerˇc < got. twairhs, langob. dwerh usw. wurden in Norditalien gemäß frühromanischer Phonetik adaptiert und teilen im Dolomitenladinischen die Entwicklung der Erbwörter, den Germanismen im Lateinischen analog. Die sprachliche Ausdifferenzierung zwischen Norditalienisch und Dolomitenladinisch beginnt u.a. durch die Delabialisierung von kwa / gwa (< qua / gua) im Dolomitenladinischen, 5 / ga 5 wodurch die Palatalisierung von ca (< ca / ga) phonologisiert worden ist, also um die Jahrtausendwende (Craffonara 1979, 93). Infolgedessen sind erst danach aus dem Süden übernommene Formen Entlehnungen (i.e. Italianismen, z.B. dld. {bara} “Bahre” < it. bara [< langob. *bâra], am gadert. [a] als jüngere Übernahme erkennbar).
2.
Entlehnungswege
Die Entlehnungen erfolgten bis in die jüngste Zeit, v.a. in den nach Süden offenen Tälern Fassa und Buchenstein, weitgehend über direkten Bevölkerungskontakt (Voraussetzung für ‘Gergo’-Wörter wie bad. fass. gofa, mar. gaiofa “Hosentasche” < nordit. gaiòfa; fod. scarscela “id.” < nordit. scar´sela) und meist auf dialektaler Ebene. Die norditalienische Verkehrssprache ist u. a. erkennbar an der Aussprache [´s] > lad. [ˇs] / [ˇz] (variiert, cf. dld. {coscio} “Dings” < nordit. co´so; dld. {bujëgn} “Bedarf ” < nordit. bi´sogn(o)), denn sie steht im Gegensatz zu it. und erbw. lad. [z]. Ebenso charakteristisch für die norditalienische Verkehrssprache ist nordit. [ts] > lad. [ts] (dld. zede(r) “nachgeben, aufhören” < nordit. çede(r); dld. sinzier “aufrichtig; nicht betrunken” < venez. sinçier) im Gegensatz zu it. und erbw. lad. [ˇc]. Mehrere inhaltswie ausdrucksseitig verfremdete Wörter zeugen jedoch – zumindest in den nördlichen Tälern – von eher geringer Vertrautheit
XII. Sprachkontakte und Migration
mit der Koiné der pianura (gadert. pataca “Schmierfink” < venez. pitoco; gadert. spaterlè “verschwenden” zu avicent. scaturare “scovare, incantare”, cf. Gsell 1996b, 243). Die wichtigsten großräumigen Entlehnungswege waren jener von Venedig über das Piave- und Cordevoletal nach Buchenstein – hier bestanden durch den von Fursil ausgehenden Erzhandel auch lokal wichtige Kontakte mit dem Agordino, Zoldo und Teilen des westlichen Cadore (cf. Craffonara 1995, 304) – sowie jener von Trient über das Avisiotal nach Fassa (cf. Battisti 1941, 175–212). Vereinzelte Entlehnungen drangen vom Cadore über Cortina direkt nach Enneberg, ohne Buchenstein und das obere Gadertal zu erreichen (mar. maorigo “Alpmeister”, podlera “Schnitterin”; über die Boite wurde auch ein Großteil des wichtigen Holzhandels mit Venedig abgewickelt). Weitere Quellen für Entlehnungen waren die v. a. im 16. Jh. hauptsächlich italienische Geistlichkeit, die im 17. Jh. einsetzende saisonale Auswanderung von ladinischen Arbeitern ins Trentino, die z. T. starke Präsenz von Bettlern aus dem Agordino im unteren Gadertal / Enneberg (cf. dld. lumbert “Italiener; Bettler”) sowie die bereits im 19. Jh. belegten Wanderhändler aus dem Trentino (cf. Craffonara 1995, 305). Heute werden die meisten Entlehnungen aus den Massenmedien und (internationalen) Fachsprachen übernommen, auf mündlicher Ebene im Kontakt zu den zahlreichen italienischen Touristen und im Militärdienst. In der Aussprache scheint neuerdings die italienische Hochsprache / Schulsprache zu überwiegen (u. a. erkennbar am Zurückweichen von lad. [ˇs] / [ˇz] < nordit. [´s] zugunsten von lad. [S] < it. [S]: presënza / prejënza; conzessiun / conzesciun, in den nördlichen Tälern ist [S] auch durch das deutsche Adstrat gestützt). Der extralinguistische Rahmen für die dolomitenladinischen Sprachkontakte zum Süden hat sich – nach der jahrhundertelangen überwiegenden Nordorientierung der ladinischen Täler – im 19. und 20. Jh. entscheidend verändert. 1810 werden Fassa und Buchenstein dem napoleonischen Königreich Italien zugeteilt, nach der 1813 erfolgten Rückgliederung an Österreich wird 1817 Fassa dem Amtskreis Trient zugewiesen und 1818 mit Gröden der Diözese Trient unterstellt. Ab 1890 setzen in Fassa Italianisierungsbestrebungen ein (zu den Germanisierungsbestrebungen in den nördlichen Tälern cf. Craffonara 1996, 158). 1919 wird
153b. Innerromanische Sprachkontakte: Italienisch und Dolomitenladinisch
Ladinien mit Südtirol an Italien angegliedert, 1921 (bis 1943) die Schule auch im Gadertal und Gröden vollständig italianisiert (zur Entwicklung der Schulsprachen in Ladinien cf. Rifesser 1995, 116), 1923/27 erfolgte die bis heute gültige verwaltungsmäßige Aufteilung des Gebietes auf die Provinzen Bozen (Gadertal und Gröden), Trient (Fassa) und Belluno (Buchenstein und Ampezzo).
3.
Einflüsse im Bereich des Lexikons
3.1. Äußere Entlehnung 3.1.1. Quantitative Analyse. Die quantitative Analyse des dolomitenladinischen Lexikons ergibt folgenden Anteil des romanischen Lehnguts: Fod. (Tagliavini 1933/34):
1745
ca. 41 %; Gad. (EWD, ohne Ableitungen): ca. 36 %; Grd. (Lardschneider-Ciampac 1933): ca. 31 %. Bei diesen Zahlen sind jedoch Umfang und Zielsetzungen der jeweiligen Quelle zu berücksichtigen. Der Anteil der Entlehnungen aus dem Süden schwankt somit zwischen (geschätzten) 45 % im Fassanischen (zu diesem Idiom liegt noch kein etymologisches Wörterbuch vor) und 31 % im Grödnerischen, er ist somit deutlich größer als der deutsche Anteil, der im Grödnerischen ca. 13 % erreicht (cf. Kuen 1978, 39). Die sich v. a. auf Lardschneider-Ciampac (1933, XIX ) stützende Behauptung des starken deutschen Anteils im Dolomitenladinischen wird damit zumindest ergänzt bzw. relativiert. Zur Verteilung der Italianismen im Dolomitenladinischen cf. Fig. 153b.1.
Fig. 153b.1. Italianismen im Dolomitenladinischen (Visualisierung anhand eines median-zentrierten Algorithmus mit sechsfacher Wertstufenbildung). Corpus: 232 Karten des ALD -I , Maximalwert 168 in Cortina [92], Minimalwert 59 in Pufels [86], das Minimum im Süden (114 in Arabba [96]) ist signifikant größer als das Maximum im Norden (75 in St. Kassian [91]). Die nördlichen Idiome Grödnerisch, Gadertalisch und Ennebergisch heben sich somit deutlich von den südlichen Idiomen Fassanisch, Buchensteinisch und Ampezzanisch ab. Zur komplementären Karte mit den Germanismen im Dolomitenladinischen cf. Goebl (1999, 201).
1746 3.1.2. Chronologisches Relief. Eine chronologische Gliederung der Italianismen im Dolomitenladinischen nach Jahrhunderten stößt auf mehrere Schwierigkeiten. In den maßgeblichen historischen Grammatiken sind Chronologien zum italienischen (und bes. zum norditalienischen) Lautwandel entweder nicht angegeben oder sehr breit («nel Medioevo», cf. Rohlfs 1966, 201). Andererseits sind nicht alle ladinischen Lautwandel (chronologisch) aussagekräftig (z. B. der Rhotazismus, der bei einigen Erbwörtern nicht eingetreten ist oder das obere Gadertal nicht erreicht hat, cf. Gsell 1996b, 254). Eine weitere grundlegende Schwierigkeit besteht darin, dass derzeit keine ladinischen Texte bekannt sind, die über das 17. Jh. zurückreichen und die Rückschlüsse auf den evtl. Entlehnungszeitpunkt bestimmter Wörter erlauben würden. Einen Terminus post bzw. ante quem bietet hingegen manchmal eine Kombination von linguistischen und extralinguistischen Faktoren. Dld. {capiun} “Aschermittwoch” < abell. capiuni (< caput ieiunii) könnte schon kurz nach dem 10. Jh. übernommen worden sein, als der Brauch, alle Gläubigen mit Asche zu bestreuen, mehr und mehr üblich wurde. Dld. calonia “Widum” < avenez. calonega (hier weitgehend durch it. canonica ersetzt) lässt sich ins 14. Jh. datieren, in dem in Ladinien die ersten Pfarrhäuser urkundlich erwähnt werden.
Wir unterscheiden ältere (vor dem 17. Jh.), jüngere (17.–19. Jh.) und neue (20. Jh.) Lehnwörter im Dolomitenladinischen. Aufgrund von lautlichen Kriterien kann genauer differenziert werden, wobei voci dotte der Gebersprache gesondert zu behandeln sind (z. B. nordit. cau´sa > dld. {gauja} “Ursache, Schuld”; zur allgemeinen Problematik von Chronologien, insbesondere zur Dauer von gewissen Lautwandeln und zu ihrer retardierten Wiedergabe in der Schrift, cf. Gsell 1996, 564). Dld. {blâ} “Getreide” < anordit. blava (< aprov. blada) und gadert. fass. fod. {flan´c } “Flanken” < anordit. flanc(o) (< afrz. flanc) sind vor der norditalienischen Vokalisierung des postkonsonantischen -lübernommen worden (EWD), da spätere Entlehnungen [i] (gad. pianta “Pflanze” = it.; dld. {fiaco} “matt, schwach” < it. fiacco) bzw. das aus der Verbindung cl hervorgegangene nordit. [ˇc] aufweisen (im Gad. [5c]: c´ iaculè “schwätzen” < nordit. ciacolàr; coni´cio “Kaninchen” < bell. conício). Zu Beginn des 14. Jh. ist im Gadertal der Wandel von á
XII. Sprachkontakte und Migration
[ > e] abgeschlossen (cf. Craffonara 1997a, 168), in Gröden und Oberfassa ca. drei Jh. später (cf. Kuen 1970, 1). Davor ist u. a. dld. mesc “Hof ” (als Rechtsbegriff) < nordit. ma´s entlehnt worden, ebenso dld. {boché} “Krug, Topf ” < nordit. bocal; dld. {gaiert} “stark” < nordit. gaiard(o) (< frz. gaillard) – und, weil das Suffix erbwörtlich entwickelt ist – dld. {carigá} “Schuster” < nordit. caligar(o). Das Suffix -ale in späteren Entlehnungen lautet dagegen gad. fod. -al, grd. und oberfass. z. T. analogisch -el (gadert. grd. fod. temporal, fass. temporel “Gewitter” < it. temporale, nach Ausweis der Semantik erst nach dem 15. Jh. entlehnt). Ebenso wird späteres nordit. -ar(o) / -èr(o) meist als lad. -èr entlehnt (dld. faghèr “Buche” < venez. faghèr; gadert. cajèr “Senner” < venez. cas´ èr). Vor dem 15. Jh. (cf. Kuen 1970, 31–33; EWD 2, 40) sind Wörter entlehnt worden, die den steigenden Diphthong ié im Gad. zu íe gewandelt und dann zu [i] monophthongiert haben: bandira “Fahne”, forestíer, mar. frostí “Fremder” (am Suffix -íer(a) < nordit. -iére / a ist der französische bzw. provenzalische Ausgangspunkt dieser Wörter erkennbar). Die fehlende Palatalisierung von ca / ga (dld. bacan “Bauer” < nordit. bacàn; dld. {gnanca} “nicht einmal” < venez. gnanca; dld. {scatora} “Schachtel” < it. scatola) erlaubt hingegen nur Rückschlüsse auf den Zeitpunkt post quem der Entlehnung, ebenso, wenn nordit. [ts] > lad. [ts] ↔ erbw. lad. [ˇc] vorliegt (capaze “fähig, stolz” < nordit. capaçe; conzede “erlauben” < nordit. conçéder; z. T. ist aber Lautsubstitution nordit. [ts] > lad. [ˇc] eingetreten: dld. ciavat “schlechter Schuh” < nordit. çavata; gadert. fod. {capüc} “Kohlkopf ” < venez. capuço ↔ grd. fass. capusc < trent. capù´s) oder lad. [O] < nordit. [O] ↔ erbw. lad. [au] (gadert. fass. fod. gode(r) “genießen” < nordit. gòder ↔ grd. giaudëi < gaudere). Nachdem das Dolomitenladinische in mehreren Fällen Lehnwörter bewahrt, die einen archaischen (nord)italienischen Zustand widerspiegeln, lassen sich diese anhand ihres Vorkommens im Italienischen datieren (cf. Elwert 1943, 225). Ait. anguistara “Flasche” ist zwischen dem 14. und 16. Jh. belegt und wurde daher in dieser Zeitspanne als mar. angostara entlehnt; Entsprechendes gilt für den Typus carnem laxare “Fasching” (> abell. carne´sal > dld. {carnescè}) für heutiges carnem levare zwischen dem 14. und 17. Jh.; für ait. nizza “Papierstreifen” > mar. niza “Pfand” (wie gadert.
153b. Innerromanische Sprachkontakte: Italienisch und Dolomitenladinisch
lima “Feile” am [i] als nicht assimilierte Entlehnung erkennbar, cf. Craffonara 1977, 83) zwischen dem 16. und 17. Jh. und für avenez. spaçàr > gadert. fod. spazè “sich beeilen” zwischen dem 14. und 18. Jh. Aus dem kulturellen Umfeld der Renaissance (14.– 16. Jh.) sind ins Dolomitenladinische entlehnt worden: grd. dunsel, gadert. s´ onsel “Brautführer” < avenez. donçel(o) (< aprov. donsel); mar. granmarcé, amp. granmarzé < ait. granmercé (< afrz. grand merci); gadert. fazorel “Taschentuch” < alad. *fazuol + el < nordit. façolet; ebenso die meisten Essenswerkzeuge, die wohl aus Metall waren und mit der Sache auch das ältere Wort verdrängt haben. In der frühen Neuzeit ist nach Ausweis der Familiennamen eine Reihe von Handwerksbezeichnungen aus dem Norditalienischen übernommen worden: fass. fod. pistor “Bäcker”; fass. fod. marangon “Tischler”; dld. {ostí} “Wirt” (mit ihnen dürfte auch dld. mestier “Beruf ” < venez. mestièr ↔ erbw. arte entlehnt worden sein). In den nördlichen Tälern sind dafür später oft Germanismen eingetreten: pech, tisler. Auch das Ethnonym badiòt “aus dem oberen Gadertal” (Erstbeleg 1640) ist eine ursprünglich trentinische Bezeichnung, die sich wohl über älteres *mur´cian gelegt hat (cf. Craffonara 1997b, 185). Für das 18. und 19. Jh. geben uns zum ersten Mal größere schriftliche Quellen Auskunft über Veränderungen im ladinischen Wortschatz (1763 Bartolomei, 1833 Bacher, 1879 Alton). Aus ihnen kann man u. a. ersehen, wie im Bereich der Monatsnamen Italianismen die erbwörtlichen Bezeichnungen ersetzt haben: bad. grd. fod. lugio, moen. luio “Juli” ↔ untergadert. mar. fass. messalis; oder it. birra ↔ älterem pier “Bier” (< dt.tir. pier) etc. schrittweise vorgedrungen ist. Viele der (jüngeren) Lehnwörter sind auf Fassa (und z. T. Buchenstein) beschränkt (cf. Elwert 1943, 230; Craffonara 1995, 308). Fass. cuert “Dach” < nordit. cuert(o) ↔ gadert. grd. fod. tectu (ALD -I , 807); fass. egher “sauer” < nordit. agro ↔ gadert. grd. fod. acidu (ALD -I , 5); fass. fod. formai “Käse” < nordit. formài ↔ gadert. grd. caseolu; fass. gocia “Tropfen” < it. goccia ↔ gad. grd. fod. gutta (ALD -I , 364); fass. nut “nackt” < nordit. nud(o) ↔ gadert. grd. fod. dis- + nudus (ALD -I , 521); fass. fod. ros “rot” < nordit. ross(o) ↔ gadert. grd. coccinus (ALD -I , 672); fass. setemèna, fod. setemana “Woche” < it. settimana ↔ gadert. grd. hebdomas (ALD -I , 735); fass. spèla, fod. spala “Schulter” < it. spalla ↔ gadert. grd. scapula; fass. vardèr “schauen” < nordit. vardàr ↔ gadert. grd. fod. c(h)alare.
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Dementsprechend ergibt eine diatopisch / chronologische Analyse für Gröden mehrmals einen erbwörtlich lexikalischen Typ, während das Gadertal und Buchenstein meist ein älteres und Fassa ein jüngeres Lehnwort aufweisen (für “Löffel”: grd. sciadon < *scaitone < got. *skeithun, gadert. cazü, fod. cazzuol < avenez. caçuol, fass. scuier < nordit. sculier). Jüngere, meist standardsprachliche Elemente im Dolomitenladinischen sind: gioventú “Jugend”, giudize “Urteil”, imaginé “vorstellen”, imposcibl “unmöglich”, politiga “Politik”, turism “Tourismus” u.v. a.m. 3.1.3. Wortschatzbereiche. Außerhalb des Elementarwortschatzes und der Terminologie des bäuerlichen Wirtschaftens ist das Dolomitenladinische im Laufe von Jahrhunderten sehr stark von Lehnwörtern durchsetzt worden. Einige exemplarische, auch kulturgeschichtlich interessante Wortschatzbereiche sind Verwandtschaftsbezeichnungen, Speisen, Handwerk, Handelsgüter und die politische Ordnung. Verwandtschaftsbezeichnungen (vielfach aus der prestigehöheren Varietät des Veneto entlehnt): gadert. grd. jocer “Schwiegervater” < it. suocero; fass. fod. sier “id.” < venez. (mis)sièr; fod. fradel “Bruder” < venez. fradél ↔ gadert. grd. fass. frate; fod. sorela “Schwester” < venez. sorela ↔ gadert. grd. fass. soror; fod. fiol “Sohn” < venez. fiol ↔ dld. filiu; fass. tousa, fod. tosa “Mädchen” < venez. tosa ↔ gadert. grd. mutta; fass. zio “Onkel” < it. zio ↔ dld. barbas. Speisen: gadert. fass. fod. {cajincí} “Schlutzkrapfen” < abell. ca´suncelli, gadert. fajöl “Bohne” (auch fao lomberda genannt) < trent. fa´sòl; dld. {giauloni} “Bonbons” < nordit. diavoloni; dld. {menüdi} “Art Pasta” < anordit. *menudo(l)i, menudè(l)i (> dt. Nudeln, cf. Gsell 1990a, 125); grd. patat “Kartoffel” < nordit. *patat(o); bad. fass. fod. {persigo} “Pfirsich” < venez. persego). Handwerk: dld. artejan “Handwerker” < nordit. arte´san; dld. {botëga} “Geschäft” < venez. botèga; gadert. cogo, fod. cuogo “Koch” < venez. c(u)ogo ↔ grd. fass. coquu; dld. fujina “Schmiede” < venez. fu´sina ↔ † fabrica; dld. {laurant} “Arbeiter” < it. lavorante ↔ gadert. grd. fass. operariu; dld. {manual} “Handlanger” < trent. manuàl (das Fachvokabular des Maurers stammt fast durchwegs aus dem Trentinischen); dld. {sigun} “Bundsäge” < venez. segon (das Fachvokabular der Holzverarbeitung ist vielfach venezianisch). Handelsgüter: c´ iodo “(Eisen-)Nagel” < nordit. ciodo ↔ gadert. grd. fass. acutu; fass. pera “Wetzstein” < trent. pera ↔ gadert. grd. fod. cote; insbes. Stoffe und Kleidungsstücke: gadert. fod. joca “Überrock” < anordit. s´ oca; gadert. fod. {´samare} “Joppe” < aven. *zamara.
1748 Flora und Fauna: gadert. grd. {muntagnöla} “Murmeltier” < atrent. *muntagnöla, fass. fod. marmota “id.” < it. marmotta; gadert. fod. {müsc} “Esel” < nordit. mu´s(o); bad. fass. {nogara} “Nussbaum” < trent. nogara, fod. noghera “id.” < venez. noghera. Politisches Leben, Staat und Militär: mar. comenadú “Gerichtsdiener” < venez. comandador; dld. {paîsc} “Dorf, Land” < trent. pae´s; dld. {avocat} “Rechtsanwalt” < it. avvocato; gadert. fruánda “Ausgedinge” < it. fruire; dld. {porjun} “Gefängnis” < nordit. pre´són; dld. scioldi “Geld” < nordit. s´ oldi; mar. groaría “Steuer” zu it. gravare; auch Tiere, die als Steuer abgegeben werden mussten, haben kaum erbwörtliche Bezeichnungen: gadert. grd. fod. {castrun} “Hammel” < it. castrone; gadert. galüc “Hühnchen” < venez. *galuço; gadert. galeder “Auerhahn” (Jagd!). Bildungswesen: ejam “Prüfung” < nordit. e´sam(e); fass. lapisc “Bleistift” < nordit. lapi´s; dld. {maéster} “Lehrer” < it. maestro; dld. {scora} “Schule” < nordit. scòla.
Besonders stark ist der Anteil der Entlehnungen in der Kirchensprache und bei den Abstrakta. In der Neuzeit war die Kirchensprache bis ins 18. Jh. ein unterschiedlich stark vom Italienischen beeinflusstes Ladinisch, bevor sie im 19. Jh. immer mehr italienisch und später in den nördlichen Tälern deutsch wurde (cf. Craffonara 1995, 301). Mar. grd. oberfass. {agno} < ait. agnol, bad. grd. {angiol} < it. angiolo, bad. unterfass. angel < it. angelo; bad. fod. {assënza} “Christi Himmelfahrt” < nordit. (as)sensa ↔ mar. fass. pausat cruce; batejimo “Taufe” < nordit. bate´sem(o) ↔ gadert. grd. baptimu; dld. {caresc} “Kelch” < anordit. cale´s; gad. unterfass. {öspi} “Vesperandacht” < nordit. vespoli; dld. {pordíca} “Predigt” < it. predica (mit Akzentverlagerung); bad. fod. rejía “übellauniges Verhalten” < anordit. (e)re´sia. Abstrakta: grd. custum “Zucht, Erziehung” < nordit. costum(e); gadert. grd. fass. familia “Familie” < nordit. familia (↔ mar. famëia “Dienerschaft” < familia); dld. {aurité} “Wahrheit” < it. verità. Auch wurden alle Ordinalzahlen außer {pröm} “erster” entlehnt.
Viele Entlehnungen finden sich unter den Interjektionen (gadert. grd. aló “vorwärts” < nordit. alò(n)), den Adverbien (donca “also” < venez. donca, cf. Bacher 1995, 222) und – wie in jeder Sprache – den Fluch- und Schimpfwörtern (dld. {´ciorlo} “Tölpel” < venez. ciorlo, gadert. slöder “Nichtsnutz” < venez. (s)lodro) sowie den Grußformeln (dld. sciani “auf Wiedersehen” < nordit. [state] s´ ani). 3.1.4. Wortbildung. Besonders groß ist der italienische Einfluss im Bereich der dolomitenladinischen Wortbildung, wobei – trotz
XII. Sprachkontakte und Migration
der Revitalisierung der ladinischen Wortbildung in den letzten Jahrzehnten – viele Neologismen nur als Nachbildung des italienischen (bzw. internationalen) Vorbilds zu verstehen sind. Insbes. gilt das für Bildungen mit den Formativen -abl, -ibl < it. -abile, -ibile (↔ fod. -aol < -abilem); -ac, -aio, -agio, -aje < it. -aggio; -ant < -ante (↔ -ënt < -entem); -anza < it. -anza; -ar / -èr < it. -ario; -aziun < it. -azione etc. (cf. Siller-Runggaldier 1989). Die Suffixe dld. {-ité} < it. -ità; gadert. grd. fass. {-mënter} < venez. -menter (zur Bildung von Adverbien); dld. -iscim < nordit. -i´sim(o) (zur Bildung des Superlativs) etc. sind, da sie im traditionellen Wortschatz vorkommen, bereits ältere Entlehnungen. 3.2. Innere Entlehnung Die Entlehnung aus verwandten ladinischen Idiomen wird i. A. als ein relativ junges Phänomen gewertet, das aber heute bewusst zur Wortschatzerweiterung genutzt wird: dld. scolina “Kindergarten” < engad. scuolina; gadert. grd. cendrin “Aschenbecher” < engad. tschendrin; grd. cudejel “Heft” < surs. cudischet (mit Suffixwechsel); gadert. jambun “Schinken” < surs. schambun [< frz. jambon]; gadert. belijia “Juwel” < frl. belisie (cf. Craffonara 1995, 309). Hingegen ist bisher kaum die Möglichkeit beachtet worden, dass einige Wörter bereits zur Zeit der bis ins Hochmittelalter bestehenden Kommunikationsgemeinschaft zwischen Churrätien und dem heutigen Tirol vom Bündnerromanischen ins Dolomitenladinische entlehnt worden sein könnten (gadert. grd. fod. {gën} “gerne” < alad. *gjen < engad. gent, jent, cf. Gsell 1992b, 233), und Entsprechendes könnte auch für das Friaulische gelten (gadert. grd. merz “unfruchtbar”, fass. smers, fod. mers < frl. mars [slow. südslaw. mrˇsav]; gadert. grd. fod. baujía “Lüge” < frl. bausíe? [< prov. bauzia]). Selten sind auch innerdolomitische Übernahmen, obwohl durch den Austausch des Klerus, gemeinsame Gerichtsverhandlungen, gemeinsame Almnutzung usw. durchaus Kontaktmöglichkeiten gegeben waren. Beispiele dafür aus jüngerer Zeit sind gadert. jadins “Schlittschuhe”, nodadoia “Schwimmbad”, jolier “Hubschrauber” aus dem Grödnerischen und (revitalisiertes) fass. checen “rot” aus dem Gadertalischen. 3.3. Adaptierungsformen Das romanische Lehngut im Dolomitenladinischen besteht infolge der Systemverwandtschaft fast durchwegs aus Wortentleh-
153b. Innerromanische Sprachkontakte: Italienisch und Dolomitenladinisch
nungen. Diese wurden / werden meist gemäß der ladinischen Phonotaktik adaptiert: Sonorisierung der intervokalischen Verschlusslaute, Apokope der unbetonten Auslautvokale, Adaptierung der Suffixe (z. B. it. -atore > gadert. -adú, grd. -adëur, fas. -ador, fod. -adou), im Gadertalischen z. T. auch Anwendung des Rhotazismus (orontar “freiwillig” < volontario) und von [ü] und [ö]. In manchen Fällen ist die Adaptierung sehr weitgehend (gadert. grd. travert “Ziel” < it. traguardo; mar. ches´ciun “Angelegenheit” < it. questione). In der Vergangenheit scheint das Ennebergische die Lehnwörter durch die Bewahrung der Auslautvokale relativ regelmäßig von den Erbwörtern unterschieden zu haben (bad. grd. fass. fod. got, mar. goto “Glas” < nordit. goto). Manche Entlehnungen aus dem Süden wurden in ihrer Lautung auch vom Deutschen beeinflusst (gadert. zétola “Zettel” < venez. çedola + dt. Zettel). Lehnübersetzungen aus dem Italienischen sind in jüngster Zeit häufiger geworden, während Lehnbedeutungen beim derzeitigen Stand der dolomitenladinischen Lexikographie schwer nachzuweisen sind (oramai “nunmehr” < it. ormai, cf. Gsell 1994, 208).
4.
Einflüsse im Bereich der Morphosyntax
Weniger zahlreich sind die italienischen Einflüsse im Bereich der ladinischen Morphosyntax, doch haben sie u. a. zur Desigmatisierung des femininen Plurals (fod. unterfass. {le cëse} “die Häuser” ↔ gadert. grd. oberfass. {les c´ iases}) und der 2. Pers. Sg. und Pl. in Buchenstein, Unterfassa und Moena geführt (laut Urkunden nach dem 17. Jh.). Um die Mitte des 19. Jh. hat sich die vollständige Ersetzung des alten periphrastischen Futurs venire + a + Inf. (cf. Bacher 1995, 94) mit der Neuerung Inf. + habeo vollzogen; schon früher der Abbau des ehemals vorhandenen Perfekts. Die Kirchensprache hat wohl die Setzung des bestimmten Artikels vor dem attributiven Possessivpronomen, wie sie heute generell im Buchensteinischen, oft im Fassanischen und z. T. im Obergadertalischen vorkommt, begünstigt (cf. Bacher 1995, 85). Von Süden ins Buchensteinische sind mi “ich”, ti “du” in das Gebiet von ego und tu gedrungen. Im Part. Perf. ist der Typus -ast (< venez.) im Buchensteinischen (vivast “gelebt”) und -et (< trent.) im Fassanischen (nevet “geschneit”) ebenso entlehnt.
1749
Auf Fassa (z. T. ohne Moena) beschränkt sich der italienische Einfluss bei der Setzung des Dativ- und Akkusativpronomens nach dem Infinitiv: l é stat mia mare a dirlo “es war meine Mutter, die es gesagt hat” ↔ … a l dir (cf. Chiocchetti 1980, 22), bei der Vereinfachung der doppelten Negation mit Umstellung des Personalpronomens: no la dij “sie sagt nicht” ↔ ara ne dij nia und bei der Umstrukturierung der Interrogation: olache tu vas? “wohin gehst du?” ↔ olá vaste pa? (cf. Chiocchetti 1991, 245). Die Verwendung von essere bei der Bildung des Perfekts (so im Fassanischen und z. T. im Buchensteinischen) und v.a. der Gebrauch des Reflexivums mit essere und übereingestimmtem Partizip anstatt habere und unverändertem Partizip (gadert. ?ai s’é maridá “sie haben geheiratet” ↔ ai s’á maridè) ist hingegen immer öfter auch in den nördlichen Tälern zu hören (cf. Craffonara 1995, 314). Zum generellen Verlust der Inversion in Aussagesätzen in Fassa und Buchenstein (fass. do marena el l á dit “nach dem Mittagessen hat er gesagt” ↔ gadert. dô marëna ál dit, im Gadertalischen und Grödnerischen fehlt die Inversion manchmal bei substantivischem Subjekt) aufgrund der italienischen Standardsprache sowie des unpersönlichen Subjekts ebendort (fass. ven un temporel “es zieht ein Gewitter auf ” ↔ gadert. al vëgn n temporal) cf. Gsell (1984, 71). Im syntaktischen Bereich scheint heute der italienische Einfluss im Dolomitenladinischen stärker als der deutsche zu sein bzw. zu werden.
5.
Einflüsse im Bereich von Phonetik und Graphetik
Soweit dokumentierbar, sind die italienischen Einflüsse auf die Phonetik des Dolomitenladinischen relativ jung und reichen kaum über das 19. Jh. zurück. Das gilt insbes. für die Vokalisierung des postkonsonantischen l in Fassa (cf. Elwert 1943, 86) und die Umwandlung der Diphthonge íe, óu in ié, oú in Buchenstein, die Ende des vorletzten Jh. vorerst Colle erreicht hatte, heute aber praktisch das ganze Tal erfasst (cf. Craffonara 1995, 318). Etwas älter – nachdem sie das ganze System betreffen – dürfte die in Colle übliche Angleichung des Sibilantensystems an jenes des Agordino und der totale Umbau des Sibilantensystems in Moena (*s > ts, *z > dz, *ˇs > s, *ts > ts) unter Einwirkung fleimstalerischer Gege-
1750 benheiten sein, wobei aber auch systemimmanente Schwachstellen mitgewirkt haben dürften, um das heutige Resultat zu erreichen (Craffonara 1995, 318). Die Orthographie des Dolomitenladinischen (Orthographienormierung 1987) folgt weitgehend jenen der anderen romanischen Schriftsprachen, insbesondere dem Italienischen im Bereich der Palatale. Das ist insofern bemerkenswert, als früher deutsche Graphien ( [ˇc], <sch> = [ˇs], cf. Kattenbusch 1994), vermischt mit einigen einheimischen Lösungen (in älteren Urkunden: <sh> = [ˇs], = [5c]) vorherrschend waren. Daneben wurde das Trema in (für [ë]) von Bacher (1833) aus dem Französischen übernommen, ebenso der Zirkumflex für die Kennzeichnung der im ganzen Gadertal phonologisch relevanten Vokallänge. 1841 wird von Lunelli <j> für [ˇz] verwendet, während für die Konjunktion und von Vian (1864, 51) mit einem Verweis auf das Spanische etabliert wird.
6.
Literatur
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1751
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Paul Videsott, Innsbruck
153c. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Bündnerromanisch Contacts linguistiques intraromans: roman et romanche 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeine Problematik Italienischer Einfluss Französischer Einfluss Perspektiven Literatur
1.
Allgemeine Problematik
Neben dem deutschen (bes. alemannischen, im Engadin und Münstertal tirolischen) Superstrat und dem gelehrten lateinischen Einfluss zählen die romanischen Einflüsse zu den wichtigsten Komponenten der modernen bündnerromanischen Idiome. Tiefgreifend betroffen wurde der Wortschatz, während ansonsten die Adstrateinwirkung marginal und zeitlich begrenzt ist. Zwei romanische Sprachen kommen in diesem Zusammenhang in Betracht: das Italienische (zuerst lombardische Mundarten, später Lombardisch, Venezianisch und die Hochsprache) und das Französische. Das Ausmaß der frühen lombardischen Einflüsse ist für die vorliterarische Zeit schwer abzuschätzen, da die genetische Verwandtschaft des Bünderromanischen mit dem Ita-
lienischen zur Verschleierung mancher Kontaktphänomene führen kann. Der Einfluss des Französischen ist viel geringer und erfolgt vorwiegend durch (schweizer)deutsche Vermittlung. Im Gegensatz zum deutschen Einfluss sind die romanisch-bündnerromanischen Sprachkontakte ein unzureichend erforschtes Gebiet. Die einzigen ausführlicheren Untersuchungen betreffen die italienischen Lehnwörter im Engadinischen (Diekmann 1981 mit historischem Überblick; 1982) und die Problematik der italienisch-deutschen Lehnwortdubletten (Kristol 1985). Zu anderen Bereichen wie (Ortho)graphie und Morphologie verfügt man nur über punktuelle Informationen, die diversen Studien und den meist normativ ausgerichteten Grammatiken der bündnerromanischen Idiome (bes. Velleman 1915/24) zu entnehmen sind.
2.
Italienischer Einfluss
Unter dem Stichwort Italienisch versteht man verallgemeinernd die norditalienischen
1752 Dialekte und die Hochsprache. Die Abgrenzung ist zumeist aufgrund phonetischer Merkmale möglich: So ist surs. assassin “Mörder” eine Entlehnung aus it. assassino, während die mittelbündnerischen und engadinischen Formen (a)schaschin [aˇsaˇsín] von norditalienischen Formen des Typs [ˇsaˇsín, assaˇsín] stammen (cf. HWR 1, 71b, das nur oberit. sˇ aˇsín angibt). Eine nähere Bestimmung der Dialekte, die als Entlehnungsquelle in Frage kommen, ist bei der Abgrenzung Lombardisch vs. Veneto (bzw. Venezianisch) möglich und wird von den Wörterbüchern (DRG, HWR ) vorgenommen; auf eine nähere Bestimmung der jeweiligen lombardischen Dialekte wird hingegen aus phonetischen und sachgeschichtlichen Gründen in den meisten Fällen verzichtet. Die von den norditalienischen Dialekten direkt beeinflussten bündnerromanischen Idiome sind das Engadinische und das Surmeirische. Die italienische Hochsprache wirkt sich auf alle schriftsprachlichen Varietäten des Bündnerromanischen aus, wobei das Engadinische wiederum am stärksten betroffen ist. 2.1. Externe Faktoren Die bündnerromanisch-italienischen Sprachkontakte sowie die internen oberengadinisch-mittelbündnerischen Gemeinsamkeiten lassen sich durch die günstige Lage der bündnerromanischen Täler an den wichtigsten Passstraßen des Nord-Süd-Verkehrs zwischen Chiavenna, Chur und dem Bodensee (Maloja-Julier, Septimer, seit dem 15. Jh. bes. Splügen mit der Via Mala) erklären (Pieth 1945, 89 s.; Diekmann 1981, 10; Schmid 1985, 96 s.). Der Handelsverkehr gewährleistete bereits im MA den ständigen Kontakt zur Lombardei. Die Kontakte werden intensiver nach der Eroberung des Veltlins 1512 und vor allem nach dem zweiten Müsser Krieg 1531/32, in dessen Folge die Herrschaft der Drei Bünde über das Veltlin, Chiavenna und Bormio anerkannt wird und sie eine gemeinsame Grenze mit Venedig bekommen (Pieth 1945, 130 s.). Wichtiger als die Handelsbeziehungen ist die arbeitsbedingte Emigration der Bündnerromanen, v.a. der Engadiner, in oberitalienische Städte. In Venedig z. B. besaßen die Bündner in der ersten Hälfte des 18. Jh. das Monopol als Zuckerbäcker, Bäcker und Branntweinverkäufer (ib., 264); 1766, nach
XII. Sprachkontakte und Migration
der Kündigung des Bündnisses mit Venedig, wurden fast 3.000 Bündner aus Venedig vertrieben (ib., 264 s.). Die Emigration der rätoromanischen Bündner (Engadiner, später auch Münstertaler, Schamser) richtete sich danach auf Ober- und Unteritalien, Frankreich und andere Länder (ib.) und erreichte 1850 ihren Höhepunkt (Diekmann 1981, 21). In der Regel kehrten die Auswanderer in die Heimat zurück. Weniger bekannt sind die Zahl und die Geschichte der sog. randulins “Schwalben” (Engadiner, die in Italien arbeiteten, den Sommer aber im Engadin verbrachten). Im Gegenzug zur engadinischen Emigration kamen italienische Saisonarbeiter ins Engadin und ins Mittelbündnerische (ib., 20 s.). Der kulturell bedingte Einfluss des Italienischen beginnt mit der Reformation. Unter dem Druck der Gegenreformation kommen besonders aus Norditalien reformierte Prediger in die italienischen Täler Graubündens und ins Engadin (Pieth 1945, 144 s.); die Druckerei Landolfi in Poschiavo druckt reformierte Werke nicht nur auf Italienisch, sondern auch auf Engadinisch (Decurtins 1993, 150), u. a. Bifruns Una cuorta et christiauna fuorma da intraguider la giuventüna (1552). Noch ausgeprägter ist der italienische Einfluss im Rahmen der Gegenreformation in der Sur- und Sutselva, die bereits vor der Gründung der Kapuzinermission Rätiens 1621 in Brescia zum Wirkungskreis lombardischer Kapuziner wurden, die Romanisch lernten und schrieben. Einer der wichtigsten ist Gion Antoni Calvenzano, der 1611 einen Katechismus in Domleschger Romanisch (Curt mossament) veröffentlicht und 1615 mit der surselvischen Version (In cuort muossament) die katholische Variante der surselvischen Hochsprache begründete. 2.2. Etappen des italienischen Einflusses. Purismus Der Beginn der lombardisch-bündnerromanischen Sprachkontakte ist ungewiss. Gemeinsame phonetische Entwicklungen lassen z.T. die Frage offen, ob die Wörter dem Erbwortschatz angehören oder ob sie frühe Entlehnungen sind (egd., surm., sut. marus, marusa “Geliebte(r)” werden im HWR 1, 468a als Entlehnung aus oberit. morós, morósa angeführt, obwohl eine eigenständige Entwicklung aus lat. amorosus, -a ebenso denkbar wäre). Die Anzahl der sicheren Entlehnungen aus dem Lombardischen und dem Venezianischen steigt im
153c. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Bündnerromanisch
17.–18. Jh. aufgrund der arbeitsbedingten Auswanderung (cf. 2.1.; 2.3.) und nimmt erst im 19.–20. Jh. ab. Der gelehrte Einfluss seitens des Italienischen (das 1560 von Bifrun noch als Lumbard bezeichnet wurde, RätChr 5, 257 s.) ist bes. seit dem 17. Jh. spürbar. In der sutselvischen Version des Curt mossament von Calvenzano (1611) erscheinen zahlreiche Italianismen (conoscer “kennen”, santa scrittira „Heilige Schrift”), die aber in der surselvischen Auflage 1615 eliminiert werden (encanoscher, soingia scartira) (Darms 1989, 833). Das Surselvische wendet sich anschließend eher dem Lateinischen als Quellsprache für Neologismen zu, das Engadinische dagegen tendiert dazu, eine steigende Zahl von Italianismen zu integrieren. Erster Höhepunkt dieser Tendenz ist die unterengadinische Bibla da Scuol (1678/79) von J. Vulpius und J. Dorta, deren Vorlage die italienische Bibel von Giovanni Diodati ist (Decurtins 1993, 153); die Übersetzer greifen in voller Absicht zu italienischen Lehnwörtern («La scarsda da nossa Lingua ais restaurada cun pleds Italians», ap. Darms 1989, 831). 1765 verlegt Giovanni Battista Frizzoni seine oberengadinischen Kirchenlieder (Canzuns spirituælas davart Cristo Gesu) in Celerina und wählt dafür eine engadinisch-italienische Orthographie, die sowohl von Engadinern als auch von Italienern verstanden werden kann (Decurtins 1993, 153); hinzu kommt, bes. im Vorwort, eine beträchtliche Anzahl von Italianismen («Ecco l’ogget e contenuto della nova Canzun, del Coro glorifichio», RätChr 7, 385). Für das Engadinische ist die zweite Hälfte des 19. Jh. die Hauptepoche der Beeinflussung durch das Italienische (Velleman 1931, 108), die sich im Wörterbuch von Zaccaria und Emil Pallioppi 1895/1902 niederschlägt (Decurtins 1993, 154). Anfang des 20. Jh. setzt mit Florian Melcher, Chasper (Gaspard) Pult, Anton Velleman, Peider Lansel (ib.) eine puristische Phase ein, die sich zu Zeiten des italienischen Irredentismus verstärkt auswirkt. Gefordert wird die Rückkehr zur Volkssprache und zur Sprache der ersten Autoren des 16. Jh. (ib.). So äußert z. B. Velleman (1931, 94–97) seine Vorliebe für Partikelverben gegenüber den synonymen lateinischen und italienischen Entlehnungen (oberegd. ir tiers “betreffen” vs. concerner und interesser); im selben Artikel erstellt er eine Liste von alten engadinischen Wörtern, die von «fuormas
1753
bastardedas» verdrängt oder bedroht werden (s’arüvler “bereuen” vs. as pentir; da pöja “nach” (temporal) vs. dopo, poi; ignamöd “sowieso” vs. in ogni cas, Velleman 1931, 114 s.). Im Falle der Internationalismen führt der Purismus zur Ersetzung der italienisch vermittelten Formen durch ihre deutsch beeinflussten Dubletten (district statt distret “Bezirk”, effectiv “wirksam” statt effettiv, Kristol 1985, 114). 2.3. Italienische Einflüsse im Wortschatz In der von Liver (1989, 800) vorgenommenen Darstellung der etymologischen Schichten des unterengadinischen und des surselvischen Grundwortschatzes stehen die Italianismen im Engadinischen mit ca. 13 % an fünfter, im Surselvischen mit ca. 4 % an sechster Stelle nach den Erbwörtern und deren Ableitungen / Komposita (inges. über 40 %), den Internationalismen und den Latinismen (insges. fast 30 %); im Surselvischen wird die Zahl der Italianismen von der der Germanismen knapp übertroffen. Die tatsächliche Zahl der Italianismen ist aber – bes. im Engadinischen – deutlich höher, da viele italienische Entlehnungen außerhalb des Grundwortschatzes anzutreffen sind. Mehrere Listen von Italianismen im Engadinischen sind in den puristischen Ausführungen von Velleman (1924, 681–695; 1931, 109–112; 113–116) zu finden. Zu diesen v.a. im 19. Jh. gebräuchlichen Entlehnungen aus dem Standarditalienischen gehören: appogi “Stütze”, appunto “eben”, avo “Großvater” (statt babsegner), capitêr “ankommen”, contadin “Bauer”, dilet “lieb”, ferrata, ferrovia “Eisenbahn”, negoziant, -a “Händler”, nona “Großmutter” (statt mammaduonna), soprastanza “Vorstand” (statt redschamaint), vicin “Nachbar”, vicinanza “Nachbarschaft” (ib. 1924, 681–695), Phraseologismen wie stêr (esser) in procinto “im Begriff sein” (ib., 537). Nona mit dem mask. non sowie soprastanza (Letzteres in der latinisierten Form suprastanza) haben sich mittlerweile nicht nur im Engadinischen, sondern auch im Rumantsch Grischun durchgesetzt. Ausgehend von den DRG -Materialien versucht Diekmann (1981; 1982), die italienischen Entlehnungen den verschiedenen Typen von italienisch-bündnerromanischen Kontakten zuzuordnen: Im Zeichen der religiösen Auseinandersetzungen zwischen Reformation und Gegenreformation sind Wörter wie bambin “Jesuskind” (auf die katho-
1754 lischen Gemeinden beschränkt), egd. chapütschin “Kapuziner”, surs. caputschin, egd. dilet eingeführt worden (Diekmann 1981, 16 s.). Der wirtschaftlichen Bindung v.a. des Engadins an Italien sind Entlehnungen wie egd. agravi “Last, Steuer”, dazi “Zoll” (bereits im 16. Jh.), allg. bündn. ditta “Handelshaus”, duana “Zoll, Zollamt”, firma “Unterschrift; Geschäftsname” zu verdanken (ib., 18). Von den Rückwanderern bzw. den Randulins (Letzteres selbst eine Entlehnung aus oberit. randulina, HWR 2, 648a) stammen anzi “sondern”, grazcha “danke”, egd. bajoc “geschwätzig”, oberegd. bigna “längliches Milchbrot” (cf. venez. bina), allg. bündn. biscuttin “Eierbrötchen; Zwieback” (Diekmann 1981, 20), egd. chagnoula “dünn ausgewalzte Teigscheibe” (aus lomb. (cremon.) chignol, DRG 3, 152 s.; Diekmann 1982, 540). Von den italienischen Fremdarbeitern kommen unteregd. bavrun “Mehltrank (für Kühe)”, cargo “Interjektion der Holzarbeiter” etc. (ib. 1981, 21; 1982, 543). Die italienischen Entlehnungen verteilen sich auf nahezu alle Wortarten und semantischen Bereiche und verdrängen sowohl ältere Erbwörter als auch Germanismen. Standardit. aria z. B. hat sich durch die Schulbücher seit dem 19. Jh. im Surselvischen und Surmeirischen durchgesetzt zu Lasten des Germanismus luft, loft (der 1729 bei Flaminio da Sale die einzige registrierte surselvische Form war) und der erbwörtlichen Reflexe von lat. aer (surm. er, 1729 bei Flaminio da Sale neben luft belegt, cf. DRG 1, 143b–145b). Wie bei aria kann auch das Vordringen anderer Italianismen chronologisch verfolgt werden: it. colazione “Frühstück” hat sich zuerst im Oberengadin und Surmeir durchgesetzt, verbreitete sich Mitte des 20. Jh. im Unterengadin auf Kosten des einheimischen püschain, hat aber das Surselvische und Sutselvische nicht erreicht (DRG 4, 347 s., Schmid 1985, 88). It. sentire “hören” als Lehnbedeutung im oberegd. sentir und surm. santeir (ursprünglich nur “fühlen”) ist eine Entwicklung des 20. Jh.; bei Pallioppi ist es trotz dessen italianisierender Tendenz noch nicht belegt, um 1920 verzeichnet es AIS 1645 im Oberengadin, Surmeir und isoliert im Unterengadin und in Sta. Maria (Müstair) (Schmid 1985, 85). Die Übernahme der italienischen Lehnwörter erfolgt entweder unverändert oder mit phonetischer, graphischer und morphologischer Anpassung.
XII. Sprachkontakte und Migration
Die unveränderte Übernahme betrifft z. B. Substantive wie egd. randulina, die phonetisch wie morphologisch dem engadinischen System entsprechen, aber auch ältere Entlehnungen wie capo “Vorsteher, Chef ”, das sich als Amtsbezeichnung (cf. egd. capo cumünal “Bürgermeister”, egd. capo staziun, surm. capostaziun “Bahnhofsvorstand”) früh mit dem Anlaut [ka] statt egd. surm. [5ca] und der italienischen Endung durchgesetzt hat (DRG 3, 61b–62a; HWR 1, 152a). Häufiger sind jedoch die Fälle, in denen die Italianismen angepasst wurden. Die Adaptation entspricht z. B. der regulären erbwörtlichen Entwicklung des Anlauts in egd. chadria, chadregia, surs. cadrega “Stuhl” (< lomb. cadrega, DRG 3, 149b–150b), egd. chapütschin, surs. caputschin (< it. cappuccino, DRG 3, 338a–339b). Die italienischen Substantive und Adjektive auf -o, -e wurden bis Ende des 19. Jh. meistens mit der italienischen Endung entlehnt, im 20. Jh. setzten sich angepasste Formen durch: egd. arrivo “Ankunft”, heute egd., surs. arriv (isoliert noch im oberegd. S-chanf und unteregd. Tschlin arrivo, HWR 1, 66a); egd. treno “Zug”, heute tren (nur unteregd. Lavin kennt noch treno neben tren, HWR 2, 932b); oberegd. origine “Ursprung” (als mask. und fem., heute nur origen, origin, HWR 2, 544a); egd. catedrale (DRG 3, 99b registriert nur catedrala); felice “glücklich” (heute felici, felizi, DRG 6, 189b); egd. (isoliert surs.) feroce “wild”, heute egd. ferozi (DRG 6, 217b). 2.4. Wortbildung Die Integration der italienischen Endungsvokale wirkt sich auch auf Wortbildungselemente aus. Das gelehrte lateinische Suffix -ismus hat als allg. bündnerromanische Entsprechung -issem (egoissem, latinissem). Im Engadinischen ist dagegen im 19. Jh. durchgehend die italienische Variante -ismo übernommen worden (cristianismo, egoïsmo, fanatismo, latinismo, Pallioppi, noch voll akzeptiert von Velleman 1915, 51). Das italienische Suffix -aggio ist (genauso wie die gelehrte Endung -agio) ursprünglich meist unverändert entlehnt worden (egd. passaggio “Durchgang”, naufragio “Schiffbruch”); da Anfang des 20. Jh. -o bereits eliminiert war (Velleman 1915, 52), lauten die heutigen Formen naufragi, passagi. Im Falle von egd., surs. omagi “Ehrung” ist die angepasste Form (egd. omaggi) bereits im 19. Jh. bei Pallioppi belegt.
153c. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Bündnerromanisch
2.5. Morphosyntax Nur wenige morphosyntaktische Phänomene beruhen auf italienischem Einfluss. In der Nominalphrase kennt das heutige Bündnerromanisch nur die Präposition da, sowohl für den ursprünglichen Lokativ (für den das Italienische ebenfalls da benutzt) als auch für die analytische Bildung des Genitivs (der im Italienischen mittels di, nordit. de ausgedrückt wird). Im schriftsprachlichen Gebrauch ist seit dem 16. Jh. die Konkurrenz der beiden Präpositionen als Genitivmarkierung zu beobachten. Im Engadinischen findet sich in dieser Funktion 1560 bei Bifrun vorwiegend da («l’g salüd da l’horma & dalg chiœrp», RätChr 5, 251), viel seltener de («la funtauna de la vitta», RätChr 5, 253). Bei dem bewusst italianisierenden Giovanni Battista Frizzoni sind 1765 die Genitivkonstruktionen mit de wesentlich häufiger als solche mit da. Auch das Prüm Cudasch da [sic!] Scoula (1833) zieht die Präposition de vor («L’origine dellas trais eternas lias», RätChr 8, 85). Die Orthographiereform von 1928 beseitigt de als Genitivmarkierung (so bereits Liun 21927) mit der Begründung, dass die Unterscheidung zwischen ‘de genitival’ und da für den Ablativ in der gesprochenen Sprache nicht existierte (Darms 1989, 845). Dieselbe Entscheidung wird 1939 für das Surmeirische (DRG 5, 17b; Darms 1989, 846) und 1962 für das Surselvische getroffen (DRG 5, 17b). Die Häufung der Belege mit ‘de genitival’ in der italianisierenden Phase legt nahe, dass die Unterscheidung Genitiv vs. Lokativ in Anlehnung an das Standarditalienische stattgefunden hat. Es ist aber nicht auszuschließen, dass das vorliterarische Bündnerromanisch die Unterscheidung de – da besessen hat und diese erst im Laufe der letzten Jahrhunderte im mündlichen Gebrauch verloren gegangen ist. Weniger tiefgreifend und ebenfalls im Rahmen der Orthographiereform von 1928 abgeschafft (Darms 1989, 845) ist die Verbindung der Präposition in mit dem bestimmten Artikel im Engadinischen in den Formen nil, seltener auch nilla (bes. in den Rechtsquellen) und, nach toskanischem Muster, nel, nella (DRG 8, 434b). Die Graphien nel, nella, etc. dominieren im 18. und 19. Jh. (so 1765 bei Frizzoni, 1833 im Prüm Cudasch da Scoula, etc.), während die heutige Norm i’l, aint il / illa vorsieht. In der Verbalmorphologie ist der Ur-
1755
sprung des synthetischen Futurs mit habere wiederholt diskutiert worden: Handelt es sich um eine einheimische Bildung oder eine Entlehnung aus dem Italienischen? In den heutigen bündnerromanischen Dialekten sind die synthetischen Futurformen im Engadinischen und Surmeirischen zur Norm geworden, im Sutselvischen sind sie seltener als das analytische Futur mit (va)gnir “kommen”; der einzige Dialekt, der nur die allgemein bündnerromanische Periphrase venire + ad + Inf. kennt, ist das Surselvische. Die historische Progression des synthetischen Futurs von 22 Belegstellen im Oberengadinischen des 16. Jh. bis zu seiner Durchsetzung im 18.–20. Jh. (cf. Ebneter 1973; Stimm / Linder 1989, 778 s.) scheint die von Gartner (1883, 118), Velleman (1924, 528 s.) und unter Vorbehalt auch von Stimm / Linder (1989, 779) vertretene Hypothese eines italienischen Vorbildes zu favorisieren. Ebneter betrachtet sowohl das synthetische als auch das analytische Futur als einheimisch, dem italienischen Einfluss dürfe man nur die «Temporalisierung» des ursprünglich modalsuppositiv benutzten synthetischen Futurs zuschreiben (Ebneter 1973, 230). In anderen Bereichen der Verbalmorphologie ist der italienische Einfluss marginal. Im Engadinischen wird das Reflexivum mit dem Hilfsverb avair “haben” gebildet (so bereits bei Bifrun, Travers etc.). Der isolierte Gebrauch von esse im Unterengadinischen (tü t’est sbaglià, el s’es arabià) und Oberengadinischen (as sun reunieus) tritt relativ spät unter italienischem Einfluss auf (Augustin 1903, 39; Velleman 1924, 629 s.). Einige Partizipien des Engadinischen könnten ebenfalls italienischer Herkunft sein: unteregd. inaccort “wahrgenommen” (bereits im 16. Jh. bei Chiampel) nach it. accorto vs. regulär entwickeltes oberegd. inachüert (DRG 8, 442b, s. v. inaccordscher), egd. giunt statt reguläres güt als Part. Perf. von giu(o)ndscher “ins Joch einspannen; verbinden” (DRG 7, 348a) etc. Unter italienischem Einfluss wurde auch das Inventar der Präpositionen und Konjunktionen bereichert, allerdings ohne Einwirkung auf die Struktur der Präpositionalphrase und der entsprechenden Nebensätze. Für das Altengadinische setzt Liver (1969, 149) für atscho chia “damit” die Entlehnung aus dem Italienischen als gesichert an. Drei weitere altengadinische Konjunktionen (a moed chia, da möd cha und da maniera cha “dergestalt; so dass”) scheinen ebenfalls
1756 italienischen Ursprungs zu sein (ib.). Zu den im heutigen Bündnerromanisch häufig gebrauchten Präpositionen und Konjunktionen zählen die Italianismen unteregd. dürant(e) / durant(e), oberegd. düraunt, surs. duront, surm. durant “während”; egd., surm. (surs. literarisch) fin “bis”, egd. fin cha (als Konjunktion), egd. fintant, fintant cha “so lange bis”; surs. secund, surm. sagond, egd. seguond “gemäß, laut”; alg. bündn. tenor “gemäß, laut” (< it. tenore “Sinn, Wortlaut”, HWR 2, 907b). Zu den italienischen Einflüssen in der bündnerromanischen Syntax liegen keine Untersuchungen vor. Einige Hinweise sind Heinimann (1976, 349; 351) zu entnehmen: Bifruns Übersetzung des Neuen Testaments weist im Satzbau Einflüsse der italienischen Kunstprosa des 15. und 16. Jh. auf. Als vom Italienischen beeinflusst gilt die Vorliebe Travers’ (Chanzun da la guerra da Müsch 1527) und Bifruns für die Gerundialkonstruktionen anstatt eines temporalen oder kausalen Nebensatzes: hauiand dit gracias als Übersetzung von cum egisset gratias (ib., 351). 2.6. Graphie Die Rolle italienischer Vorbilder in der Kodifizierung der bündnerromanischen Schriftsprachen ist bisher nicht untersucht worden. Vereinzelte Informationen sind bei Darms (1989) und Caviezel (1993) zu finden, vor allem in Bezug auf Phoneme, die im Deutschen nicht existieren ([5c], [ g5 ], [ł] und [ñ]). Für [5c] ist es denkbar, dass die bereits 1389 im Münstertaler Urbar und im 16. Jh. bei Bifrun und Chiampel belegte Graphie aus dem norditalienischen Raum stammt (cf. Caviezel 1993, 35 s.). Diese Graphie hat Eingang in die protestantische Variante des Surselvischen gefunden (ib.), ist dagegen von der heutigen, katholisch geprägten Orthographie nicht übernommen worden. Auf italienischem Vorbild könnte ebenfalls die engadinische und surselvische Graphie für [ g5 ] beruhen (ib., 35; 39). Die konsequente Wiedergabe von [ł] als und von [ñ] als , die jetzt in allen Idiomen die Norm darstellt, erscheint bei Calvenzano (1611; 1615), was italienische Herkunft nahelegt (Darms 1989, 833). Die beiden Graphien haben sich zuerst nur in der katholischen Surselva durchgesetzt (Caviezel 1993, 103 s.; 106 s.), während die protestantische Surselva ausschließlich (ib., 100) und das Engadin über längere Zeit vorwiegend , kannten.
XII. Sprachkontakte und Migration
3.
Französischer Einfluss
Trotz direkter Kontakte der Bündner zu Frankreich über den Söldnerdienst ist der französische Einfluss wesentlich schwächer, auf den Wortschatz beschränkt und meistens indirekt, vorwiegend durch deutsche, seltener italienische Vermittlung erfolgt. Im unterengadinischen und surselvischen Grundwortschatz ist der Anteil der französischen Entlehnungen äußerst gering (ca. 2– 3 % nach Liver 1989, 800). Aus der Soldatensprache stammen ältere Entlehnungen wie bündn. bagascha “Gepäck, urspr. beim Heer”, “Gesindel, Pack”, surs., egd. ratatuglia “Gesindel, Pack” oder asurs. tappa “Verpflegung, Ration”. Für alle drei Wörter können die Vermittlungswege nachvollzogen werden: bagascha [bɑ´a ɑ] fem. verdankt seine Bedeutungen und wahrscheinlich auch den Genuswechsel dem schweizerdt. Bagaschi (neutrum und fem., cf. Steiner 1921, 279), das seinerseits aus dem frz. bagage stammt (DRG 2, 36 s.; Kristol 1985, 111; HWR 1, 83a). Ratatuglia erklärt sich aus dem schweizerdt. (Wallis, Uri) Rattatulya (< frz. ratatouille, cf. Steiner 1921, 544; mit schweizerfrz. Bedeutung “canaille”) und nicht aus dem oberit. ratatoia “tàttere, il peggio di questo o quel genere di cose” (HWR 2, 651b). Asurs. tappa ist aus dem it. tappa “Truppenhalt, Verpflegungsplatz” entlehnt, das seinerseits von frz. étape kommt (Kristol 1985, 111). Bei der Neuentlehnung derselben Wörter wurde die jeweils andere Vermittlung gewählt: surs., egd. bagagl “Gepäck” mask. stammt aus dem it. bagaglio (DRG 2, 36; Kristol 1985, 111; HWR 1, 83a), etappa “Etappe, Strecke” aus dem dt. Etappe (Kristol 1985, 111). Die meisten französischen Lehnwörter sind internationale Gallizismen, für deren Aufnahme ins Bündnerromanische die entsprechenden hochdeutschen oder schweizerdeutschen Formen ausschlaggebend waren: surs., egd. camiun “Lastwagen” < schweizerdt. Camion, frz. camion (HWR 1, 146a); surs. engaschar, suts., surm. angaschar, egd. ingaschar < frz. engager, dt. engagieren (Velleman 1924, 562; HWR 1, 291a), surs., egd. schenar “belästigen; sich genieren” < schweizerdt. scheniere(n) < frz. gêner (Velleman 1924, 562; HWR 2, 722a); visavi (< frz. vis-à-vis, Velleman 1915, 297; HWR 2, 1001a); oberegd. amüsêr (< frz. amuser), buleversêr (< frz. bouleverser, Velleman 1924, 562; DGR Ø). Für das surs. rabantscha “Krach, Streit” ist eine direkte Entlehnung
153c. Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Bündnerromanisch
aus dem schweizerdt. Rewangsch (< frz. revanche, HWR 2, 643a) anzunehmen. Nur in isolierten Fällen ist die direkte Entlehnung aus dem Französischen denkbar: surs., egd. clavazin, surm. clavazign “Klavier” aus frz. clavecin (HWR 1, 183a). Die Behandlung des französischen Suffixes -age gibt Aufschluss über die komplizierten Entlehnungsverhältnisse. Bereits in den älteren Entlehnungen sind zwei Anpassungsmuster festzustellen: [´a ə] als fem. (bagascha) und [´a i] als mask. (egd. curaschi “Mut” neben surs., suts., surm., egd. veraltet curascha, DRG 4, 559b). Für die älteren Formen auf [´a ə] kann man eine Anpassung an das schwankende Genus im Schweizerdeutschen (Bagaschi) postulieren, für die jüngeren Entlehnungen die Übernahme des hochdeutschen Genus (blamascha “Blamage”, garascha “Garage”); die Hypothese des HWR 1, 227a (s. v. curascha), dem zufolge der Auslaut [ ɑ] vom Französischen beeinflusst wäre und zum Genuswechsel geführt hätte, ist weniger plausibel. Die mask. Formen auf [´a i] verraten ihren hauptsächlich schweizerdeutschen Ursprung (curaschi, menaschi “Haushalt”), wobei eine regionale Beeinflussung seitens des Italienischen nicht auszuschließen ist (ältere egd. Varianten coraschi, curagi). Eine auf das Engadinische des 19. Jh. begrenzte morphologische Entlehnung ist die von Velleman (1924, 535) als «Gallicisem» bezeichnete Periphrase «eu veng uossa da sentir» 1834 (< frz. je viens de sentir) für die nahe Vergangenheit; die Konstruktion existiert in allen bündnerromanischen Dialekten mit modalfuturischer Bedeutung (DRG 7, 567a–568a; 573a).
4.
Perspektiven
Die systematisierte Erforschung des romanischen Lehneinflusses auf das Bündnerromanische steht noch aus. Sie hätte v.a. drei Desiderata in Angriff zu nehmen: die lexikographische Aufarbeitung in Form möglichst erschöpfender Inventare, eine genaue Untersuchung der dialektalen oder standardsprachlichen Herkunft und der Wanderwege sowie nicht zuletzt eine verstärkte Beschäftigung mit grammatischen Sprachkontaktphänomenen. Ein weiteres Problem stellen die auch im Bündnerromanischen existenten zahlreichen Internationalismen dar, deren Vermittlung durch romanische Sprachen bisher nur exemplarisch dargestellt wurde.
5.
1757
Literatur
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Victoria Popovici, Jena
154. Contatti linguistici all’interno della Romània: lingue romanze e italiano, sardo Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Italienisch, Sardisch 1. 2. 3.
6. 7.
Premessa Italiano e galloromanzo nel Medioevo Italiano e spagnolo tra la fine del XV e la metà del XVII sec. Italiano e francese nei sec. XVII –XX Declino novecentesco del francese e prospettive di un nuovo ispanismo Il sardo tra il catalano e lo spagnolo Bibliografia
1.
Premessa
4. 5.
Francese e spagnolo sono le due lingue romanze di cultura con le quali l’italiano ha stabilito un contatto profondo e duraturo, tale da lasciare tracce abbondanti non solo nel patrimonio lessicale comune, ma negli stessi dialetti. Si aggiunge, per la lingua letteraria dei primi secoli, il provenzale (qui e nel seguito nel senso più ampio di ‘occitano’), mentre il catalano acquista particolare rilievo per i dialetti meridionali, cui si affianca il sardo. Se il contatto linguistico presuppone il più delle volte un contatto di popoli nella forma di un superstrato di dominazione e di insediamento, quello che si mostra è un processo più ampio di internazionalizzazione culturale, grazie al quale la storia dell’italiano non ci appare molto diversa da quella delle altre lingue romanze: il valore modellizzante assunto dal francese e dal provenzale in età medievale, quindi dal solo francese nel ‘Secolo dei lumi’, è un dato che accomuna italiano, spagnolo e portoghese. Comune a tutta l’Europa, romanza e
non, è il progressivo declino del prestigio culturale e politico del francese dal secondo dopoguerra. Comune all’italiano e alle altre lingue romanze è anche la particolare evoluzione che si nota all’interno del processo di assimilazione linguistica, per cui è possibile distinguere tra una fase più antica in cui il prestito oscilla tra forestierismo schietto e adattamento fonetico e morfologico, e una fase più recente in cui la parola straniera è ‘esibita’ proprio in quanto elemento estraneo alla lingua dell’uso, pertanto dotato di una particolare connotazione socioculturale.
2.
Italiano e galloromanzo nel Medioevo
2.1. Contatti di popoli Il primo influsso galloromanzo può essere fatto risalire alla dominazione franca (fine VIII –X sec.) con l’insediamento di un’aristocrazia bilingue anche se «prevalentemente non germanofona» (Castellani 2000, 95). Dall’inizio dell’XI sec. si aggiunge il dominio normanno sull’Italia meridionale, che dal 1130, con l’incoronazione di Ruggero II , viene unificata in un unico regno che comprende anche la Sicilia. Nonostante la battuta d’arresto nel periodo normanno-svevo, dovuta anche alla politica culturale di Federico II , con gli Angioini di Napoli (1266– 1442) il francese torna ad essere la lingua della dinastia dominante e della letteratura,
154. Contatti linguistici all’interno della Romània: lingue romanze e italiano, sardo
con l’eccezione della Sicilia che a partire dal 1282 entra nell’orbita politica e culturale del Regno di Aragona: un francese che nei testi di autori italiani presenta vistosi fenomeni di interferenza con il volgare locale (cf. Formisano / Lee 1993). A questo superstrato di insediamento prima normanno e poi angioino si devono appunto i francesismi di epoca medievale accolti dai dialetti italiani meridionali, che, a loro volta, possono aver agito da relais nei confronti delle altre varietà italoromanze: è forse il caso di razza < fr. a. haraz “allevamento di cavalli”, “deposito di stalloni”, voce documentata per la prima volta in un diploma di Federico II del 1240 (cf. Coluccia 1996, 388). Per i dialetti centrosettentrionali, l’assenza di una dominazione diretta è comunque surrogata da altre occasioni di contatto, dai pellegrinaggi alle crociate, ai commerci (sulla «simbiosi mercantile tosco-francese», Castellani 2000, 100 s.). Si aggiungono i contatti lungo le coste e negli empori del Mediterraneo e dell’Oriente latino, dove francese, veneziano, greco e lingua franca coesistono come lingue veicolari (Lorenzetti 1998, 39a). Si ricordi, infine, la mediazione operata dalla scuola (e dall’Università), dove è spesso attivo un clero di formazione francese, e che a partire dall’XI sec. la politica promossa dalla Chiesa di Roma trova un valido sostegno nei benedettini riformati di Cluny e di Cîteaux. I riflessi linguistici della dominazione normanna sembrano essere stati più consistenti in Sicilia, sede della corte; ciononostante con la pace di Caltabellotta (1302) l’isola esce definitivamente dall’orbita del francese, di modo che i numerosi francesismi che caratterizzano i testi siciliani del Tre e del Quattrocento, dovrebbero a rigore attribuirsi al periodo normanno; viceversa, la concentrazione del francesismo in un’area coincidente con il Regno di Napoli può essere cosiderata come un indizio di acquisizione recente, di età angioina (tale il caso di guaglione: cf. Fanciullo 1991). Resta il fatto che i contatti tra l’ex dominio normanno e i nuovi domini angioini non si saranno interrotti fino al punto da impedire influenze reciproche e che lo stesso modello culturale francese può aver continuato ad agire più a lungo di quanto lasci supporre la storia politica dell’isola (una messa a punto della questione in Coluccia 1996; per la Sicilia, cf. Vàrvaro 1973). Un’altra questione riguarda la possibilità che alcuni supposti francesismi siano in realtà prestiti mutuati dalle colonie
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gallo-italiche che in epoca normanna si insediano in diverse regioni meridionali, dalla provincia di Messina e di Enna alla provincia di Potenza, al golfo di Policastro. 2.2. Il modello culturale In Italia, come nel resto dell’Europa romanza e nei paesi di lingua germanica, la lingua d’oïl rappresenta soprattutto una lingua internazionale di cultura, degna di affiancarsi al latino e passibile di un impiego letterario in senso lato, che diviene esclusivo quando dall’ambiente chiericale si passa a quello laico di estrazione nobiliare e borghese. Decisiva è la stessa precocità della letteratura oitanica: se per l’Italia la diffusione della canzone di gesta ad opera dei giullari può essere argomentata per lo più sulla base di indizi esterni (la produzione epica franco-italiana non sembra risalire oltre la fine del Duecento), diverso è il caso della letteratura didattica e narrativa per la quale il modello francese, già operante nei testi più arcaici dell’Italia mediana, il cui centro culturale è l’abbazia di Montecassino, si impone rapidamente a cominciare dall’area padana, anche linguisticamente affine. Il modello diviene poi imprescindibile nel caso del romanzo, genere squisitamente francese, soprattutto quando esso si volge stabilmente alle grandi compilazioni in prosa arturiane e tristaniane. La ‘facilità’ e ‘piacevolezza’ che Dante attribuisce alla lingua d’oïl (cf. De V. E. I, 10) viene del resto confermata dagli italiani che compongono direttamente in francese le loro opere, siano esse di carattere didatticoenciclopedico, come il Trésor di Brunetto Latini (1260–66) e il Milione di Marco Polo / Rustichello (circa 1298), o di natura storicocronachistica, come le Estoires de Venise di Martin da Canal (1267–75). Fondamentale è anche l’opera svolta dai volgarizzatori, grazie ai quali il francesismo linguistico cessa di essere un dato meramente testuale per trasformarsi in presupposto mentale e culturale, come dimostra la narrativa italiana del Due e del Trecento, in cui gli oitanismi non dipendono sempre dall’utilizzazione di una fonte francese (per i volgarizzamenti di àmbito narrativo, cf. Casapullo 1999, 135–137; cf. anche Castellani 2000, 100). 2.3. L’influsso provenzale A differenza del francese, il provenzale non ha influito sensibilmente sulla lingua dell’uso se non attraverso la mediazione della lingua poetica. Lo stesso può dirsi dei dialetti
1760 dell’Italia meridionale non solo normanna (come è già più ovvio), ma anche angioina, nonostante che «i rapporti dei sovrani angioini con i loro domini provenzali non si siano mai completamente interrotti e che lo stesso Roberto d’Angiò abbia scritto in provenzale l’unico testo in volgare che di lui ci resti» (Formisano / Lee 1993, 160; cf. anche Vàrvaro 1974, 98, dove per gli occitanismi del siciliano medievale si ipotizza un’eventuale mediazione catalana). Il quadro cambia radicalmente quando si passa alla lingua della poesia lirica, genere che in Italia, come nella penisola iberica e nei paesi di lingua germanica, rappresenta un caso-limite di appropriazione di un codice ideologico e linguistico straniero: fenomeno complesso in cui è da vedere la risposta all’espansione europea della poesia dei trovatori, e che a sua volta presuppone un’identificazione tra lingua e genere di cui i contemporanei erano perfettamente consapevoli (cf. ancora Dante, De V. E., I 10). In particolare, la presenza di trovatori nelle corti signorili e nelle città del Nord sin dalla fine del XII sec. (con un incremento sensibile dopo la crociata albigese, 1208–29) e la loro imitazione ad opera dei poeti locali in provenzale sono fatti che inducono a supporre una prima fase di trasmissione diretta, cioè di trafila orale, poi seguita dalla fase della raccolta e compilazione in canzonieri specifici. Invece, per la lirica d’arte promossa dalla Scuola siciliana la ricezione dei trovatori deve essere stata prevalentemente di tipo libresco, come indicano gli esercizi di traduzione che accompagnano la nascita e lo svolgimento della Scuola, e i sapienti incroci di prelievi testuali che ne attualizzano l’allusività diffusa al codice trobadorico (per i prestiti di natura intertestuale cf. Fratta 1996, da integrare con le osservazioni di Brugnolo 1995, 301 ss., e di Giannini 2000). Ma di tramite letterario, più che normanno, saranno anche i francesismi inseriti all’interno di quegli stessi esercizi, a testimonianza del debito contratto dai poeti della Magna Curia nei confronti di un’intera civiltà letteraria la cui unità di fondo doveva apparire tanto più evidente a chi si trovava a operare dall’esterno, sul punto di arrivo di una produzione lirica e romanzesca ormai più che secolare (sui francesismi nei Siciliani cf. Rizzo 1953; 1954). 2.4. Varietà e settori del prestito La distinzione fra prestiti di origine francese (oitanismi) e prestiti di origine provenzale
XII. Sprachkontakte und Migration
(occitanismi) non è sempre agevole. L’affinità delle due lingue in età medievale fa sì che una distinzione su base fonetica o lessicale non sia sempre possibile; ancora più ardua è una discriminazione fondata su indizi di natura contestuale: se fuori dell’àmbito letterario l’influenza del provenzale è stata sopravalutata, nel settore della letteratura l’identificazione tra lingua e genere ipostatizzata da Dante (l’equazione: francese = narrativa; provenzale = lirica) ha un valore meramente categoriale. Soprattutto, ciò che è francesismo in un determinato contesto, può essere provenzalismo in un altro, per cui, in assenza di indizi sicuri, molti dei prestiti solitamente contrassegnati come ‘francesismi’ o ‘provenzalismi’ andrebbero piuttosto raggruppati sotto l’etichetta generica di ‘gallicismi’. Ciò premesso, è stato osservato che circa il 10,55 % dei prestiti di origine gallo-romanza è di età medievale, e che di questi il 6,7 % interessa vocaboli ancora in uso (Serianni 2001, 579). Spiccano, in particolare, alcuni francesismi del lessico elementare come mangiare (contro l’indigeno manicare), parlare, svegliare, bisogno; si aggiungono l’avverbio troppo (“troppo” e “molto”) e i suffissi nominali, divenuti subito produttivi, -aggio (cf. l’indigeno -atico), -iere (-iero) / -iera, -ardo (prestito anteriore all’assordimento della sonora finale: cf. francone -hard > fr. a. -ard, poi -art). In alcuni casi, il prestito francese si deve essere innestato su un precedente prestito franco, di cui ha finito col costituire un allotropo; due esempi per tutti: maresciallo (grado militare) contro le forme non palatalizzate marescalco, malescalco, maniscalco (“chi accudisce ai cavalli”, “artigiano che forgia i ferri e attende alla ferratura dei bovini e degli equini”); ciambellano (fr. a. chambrelenc, chamberlenc / chambella(i)n) contro il più antico camarlingo, germanismo mutuato dal latino della cancelleria franca. Di contro, prestiti come dardo (< fr. a. dard, poi dart; cf. più su -ardo), guanto, g(u)aloppare, guadagnare, pur risalendo all’epoca franca, sono di probabile trafila romanza (Castellani 2000, 93 s.). Difficile distinguere fra tramite diretto e tramite letterario: la funzione di rispecchiamento sociale attuata dalla letteratura cavalleresca e cortese fa sì che gli usi e i costumi d’oltralpe si impongano rapidamente nelle classi più elevate, che a loro volta, con il progressivo allargamento democratico del pubblico, agiscono come cinghia di trasmissione
154. Contatti linguistici all’interno della Romània: lingue romanze e italiano, sardo
nei confronti dei ceti inferiori. Ciò vale anche per i campi lessicali legati alla guerra e alle istituzioni. Per la guerra cf. oste (“esercito”), schiera (per Castellani 2000, 115, si tratta di un francesismo), foraggio (“vettovaglie”), araldo, messaggiere (-iero), messaggio (non solo “messaggio”, ma anche “messaggero”), sergente (“soldato a piedi”, poi “servitore”); arnese (dal prov. arnes o dal fr. a. hernois con adattamento del suffisso), maglia, giavellotto, targia, bandiera (dal prov. ban(d)iera?), stendardo, bottino. Per la terminologia cavalleresca e feudale, si veda, in particolare, il termine-chiave cavaliere (contro l’indigeno cavallaro / cavallaio) con il tecnicismo addobbare; cf. inoltre, col già citato g(u)aloppare, i gallicismi (francesismi?) corsiere, destriere (-iero), groppa, i francesismi ronzino e somiere / somiero (“bestia da soma”, contro l’indigeno somaro / somaio), l’occitanismo palafreno (“cavallo da marcia o da parata”), gli aggettivi baio (“castano”) e sauro / soro (“di color rossomarrone”), termini con cui si designa il mantello del cavallo; e si vedano anche i prestiti (ma)dama, damigella (e damigello: “giovane nobile non ancora armato cavaliere”), monsignore (poi titolo ecclesiastico), sire, lignaggio, retaggio (“eredità”), cugino (con cui presso le classi più elevate si designa un legame generico di parentela). Ancora più difficile la distinzione nel caso dei prestiti relativi alla vita del cavaliere e ai suoi passatempi, e alla moda in genere; per i primi cf. ad es. torneo (e derivati), giostra, bagordo, quintana, cui si aggiunge la terminologia dell’arte venatoria (arciere, bersaglio, levriero, veltro, daino, quaglia, accanto al più umile coniglio), all’interno della quale un sottosettore è rappresentato dal lessico della falconeria (astore < prov. austor, sparviere, geto, logoro, sonaglio < prov. sonalh). Per la moda, il settore dell’abbigliamento fornisce i prestiti bottone, corsetto, cotta (con il derivato sorcotto), fermaglio, foggia, ghirlanda (“diadema”), gio(i)ello; si aggiungono i nomi di stoffe: saia (“tessuto ad armatura diagonale”), sargia (“pannolano o pannolino di vari colori, usato anche per cortinaggi”), rensa (“tessuto di lino di Reims”), razzese (“stoffa di Arras”), stanforte (“abito di alta qualità”: fr. a. esta(i)nfort, dalla città inglese di Stamford); e di colori: giallo, scarlatto (“rosso vivo”), vermiglio; e cf. anche azzimare (e accismare) “agghindare”. Al corpo si riferiscono i francesismi gorgia (“gola”, da cui gorgiera “armatura a protezione della
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gola”), c(i)era (“apparenza o espressione del viso, aspetto”), ceffo (“muso d’animale”, “volto umano brutto e deforme”), mentre l’etichetta e le buone maniere spiegano la diffusione di mangiare e desinare (fr. a. disner, prov. disnar, con epentesi vocalica), tagliere (fr. a. tailliere, caso soggetto di tailleor), tovaglia (fr. a. toaille “asciugamano”, con -v- antiiatica); e cf. anche burro (fr. a. burre), cervogia (“birra”), formaggio, mostarda, sidro, vivanda (fr. a. viande “cibo”, nuovamente con -v- dissolutore di iato). All’abitazione dei nobili e dei ricchi borghesi si riferiscono termini come sala, accanto a ciambra (“sala” e “appartamento”, dal fr. chambre; la variante zambra sarà stata mutuata da qualche dialetto italiano settentrionale), loggia (insieme “alloggiamento” e “loggia”), giardino (in un documento siciliano del 1141 gardino, che per la velare è un normannismo: cf. ingl. garden), verziere (forma settentrionale di vergiere: fr. a. e prov. vergier); e si vedano anche cuscino, forziere, torcia (e doppiere). Non meno rappresentato è il settore della musica, dell’arte e dei divertimenti: carola, danza (e danzare), tresca (e trescare), cennamella / ceramella, liuto, vi(u)ola; e cf. anche giullare (prov. joglar), trovatore, menestriere (sull’allotropo moderno menestrello, cf. ora Castellani 2000, 120), cui si affiancano i termini dell’arte poetica, ad es. strambotto, pastorella, romanzo. La trafila diretta è invece più evidente nel caso del commercio e dei traffici, responsabili di numerosi prestiti di carattere tecnico: non solo monete di conio francese quali mergugliese, provisino, tornese (rispettivamente dalle città di Melgueil, Provins e Tours), ma anche unità di misura, siano esse scomparse (ad es. alla < fr. a. alne / aune, prov. alna / auna) o ancora in uso (cf. dozzina, derrata < fr. a. denree / derree). Così, a un àmbito tra il giuridico e il commerciale riconducono i prestiti guarentire e guarentigia (di contro, garantire, garante, garanzia sono francesismi seicenteschi), quitare / chitare (“liberare da un debito”) e chitanza (poi quietanza per accostamento paraetimologico a quieto), gaggio “pegno”. Ai contatti dovuti ai pellegrinaggi (si veda per tutte la strada che per antonomasia fu detta «francigena») si dovranno i gallicismi carriaggio, passaggio, pedaggio, sentiero, viaggio, accanto a palmiere (“pellegrino”), bolgia (“bisaccia”, fr. a. bolge / bouge; di qui il senso metaforico documentato dal dantesco Malebolge), ostello.
1762 L’importanza della trafila letteraria è in ogni caso confermata dal rapido declino dell’influsso linguistico galloromanzo quale si verifica già a partire dalla seconda metà del Trecento (ma nel genere lirico un anticipo è rappresentato dallo Stilnovo), quando molti dei prestiti penetrati nel secolo precedente escono dall’uso, e con questi viene meno il tipo del forestierismo schietto che caratterizza il periodo dei volgarizzamenti e delle compilazioni. Il declino diverrà poi inarrestabile nel corso del Quattrocento, quando si impone il modello letterario delle Tre Corone Fiorentine. Ciononostante, restano saldi alcuni francesismi e provenzalismi che in origine caratterizzavano la lingua poetica, ad es. alma, amista(te), augello, belta(te), coraggio (“forza d’animo”; in poesia anche “cuore”), gioia, noia, onta, orgoglio, sollazzo, rimembrare, speranza. D’altro canto, di tramite almeno in parte letterario potrebbero essere alcuni dei gallicismi che si sottraggono a un’immediata ripartizione in campi semantici: cf. abbandonare, agio, biasimare (con l’epentesi già notata in desinare), legg(i)ero (oitanismo sicuro: cf. prov. leujer), leggiadria (prov. leujaria), mentovare, motto, obliare, pensiero, roccia, saggio (fr. sage contro prov. savi > it. savio), sembrare (e assemblare), sovente (che per la dentale è un oitanismo), vantaggio; con connotazione negativa: bordello, bastardo, briccone, bugia (prov. bauzia), laido, fellone, gabbare (e gabbo), malvagio, misfatto, oltraggio, puttana, tracotante / -anza (altri esempi in Castellani 2000, 130–132). Così, nel settore della morfologia, l’influsso letterario gallo-romanzo spiega la particolare diffusione, soprattutto presso i poeti della Scuola siciliana, degli astratti in -anza / -enza, -ore, -ura, ai quali si aggiungono i participi sostantivati in -anto, mentre un caso particolare è rappresentato dalla ‘rima francese’ -ante:-ente, -anza :-enza (su cui cf. Avalle 1981, 74 ss.; 1992, ccxlvii–ccxlviii; Formisano 1998, 117–119). 2.5. Forme del prestito In età medievale, e poi ancora fino al XVIII sec., l’adattamento è di gran lunga prevalente rispetto al forestierismo. Al riguardo, si possono rilevare alcune regole di conversione automatica, tra le quali ricordiamo: (1) fr. -age / prov. -atge > it. -aggio; (2) fr. a. -ee > it. -ea non solo nei calchi effimeri entrea, mislea, vallea, ma anche in un prestito duraturo quale contea; (3) fr. /is/ > it. -˘g- (fricativa prepalatale in toscano), ad es. fr. aise >
XII. Sprachkontakte und Migration
agio, fr. cervoise > cervogia; fr. malvais > malvagio (ma cf. anche prov. bauzia, dal francone *bauzi > bugia), con trattamento analogo a quello che si riscontra in palagio, pregio, -igia, -agione, -igione contro palazzo, prezzo, -ezza, -azione, -izione (cf. Castellani 2000, 136); (4) fr. h- aspirata (di origine germanica) > it. ø, ad es. onta < fr. honte. Sono tuttavia frequenti gli esiti doppi, che si spiegheranno con il diverso grado di adattamento del prestito e con la duplice trafila orale (popolare) vs. scritto (culto): cf. (1) prov. au > it. a, ad es. austor > astore, ma sauro (col trattamento di au latina nei prestiti dotti; soro è invece un francesismo), bugia; (2) fr. e prov. /ˇc/ + /a/ (grafia ch) > it. /c/, ad es. cavaliere, carriaggio, ecc., dove la velare, che di per sé non stupirebbe in prestiti dal normanno o dal piccardo, si spiegherà con un adattamento analogico su cavallo, carro, ecc., mentre la palatale si mantiene negli isolati roccia, taccia (fr. a. tache “macchia, colpa”: per la doppia cf. fr. sage > it. saggio), torcia, e in termini connotati quali il tecnicismo ciambellano e il calco ciambra; (3) fr. e prov. /ts/ + /e/, /i/ (grafia ce- / ci-) > it. /ˇc/ (ad es. cervogia), che in posizione intervocalica può alternare con /ts/ (ad es. fr. a. ace(s)mer / prov. acesmar > it. azzimare, tosc. a. anche accismare); (4) /pl/, /bl/, /fl/ > /pj/, /bj/, /fj/, accanto alla conservazione del nesso con eventuale rotacismo (spia di una trafila popolare), ad es.: biasimare, fiordaliso (fleur de lis: livellamento su fiore), sembiante, contro blasmare (poi caduto in disuso), assemblare (col semidotto assembrare: cf. ancora oggi assembramento), sembrare (ma claro “chiaro” in Giacomo da Lentini è un provenzalismo letterario parallelo a cleri, oitanismo parodico del Contrasto di Cielo d’Alcamo). Particolarmente interessante è il trattamento dei dittonghi discendenti francesi ai e oi per i quali si può risalire a una fase anteriore all’evoluzione in /˛e/ e, rispettivamente, /o˛e/, /w˛e/ (ad es. daino e cervogia), mentre al suffisso fr. a. -eis / -ois, prov. -es corrisponde l’it. -ese con un adattamento automatico a cui non sarà stata indifferente la resa mediolatina del suffisso (-ensem, -ensium: cf. harnesium “arnese” citato da Hope 1971, vol. 2, 594). Di contro, il carattere arcaizzante della scripta francese può aver contribuito al mantenimento di l e di s complicata (cf. araldo, bolgia, giallo (< jalne), malvagio, ecc.; bastardo, desinare, ecc.) e della consonante scempia dopo il preverbio a- (sentito come francese: cf. it. a. abandonare e simili; ma cf.
154. Contatti linguistici all’interno della Romània: lingue romanze e italiano, sardo
agghindare < fr. a. guinder). Infine, spia di un prestito antichissimo, certo di trafila orale, è la conservazione di /d/ intervocalica nei francesismi medesimo e masnada.
3.
Italiano e spagnolo tra la fine del XV e la metà del XVII sec.
3.1. Contatto di popoli L’influsso del francese raggiunge il suo minimo storico nel XV sec., quando, secondo i calcoli di Hope (1971, 147), il lessico italiano di origine oitanica si arricchirebbe di sole 16 unità, mentre il francese conterebbe 91 nuovi italianismi, più o meno tanti quanti sono i francesismi entrati a far parte dell’italiano nel secolo precedente: dati numerici che evidenziano il prestigio culturale di cui gode la patria dell’Umanesimo, riflesso di un prestigio economico che trae le sue origini dalla civiltà comunale e che si consolida nell’epoca delle signorie. E infatti, la tendenza si accentua nel secolo successivo, quando, sempre secondo Hope (1971, 233 e n. 2; 266), l’‘italomania’ introdurrebbe nel francese 462 nuovi italianismi, mentre nello stesso periodo i francesismi dell’italiano ammonterebbero a 72. Solo parzialmente assimilabile è il rapporto che si instaura fra italiano e spagnolo: se dalla fine del Quattrocento a tutto il Cinquecento l’influsso dell’italiano sullo spagnolo è in rapida ascesa, il Cinquecento è anche il periodo in cui il debito dell’italiano e dei suoi dialetti nei confronti dello spagnolo ha attinto il livello più alto mai registrato nella storia delle due lingue. Il fenomeno, solo apparentemente contraddittorio, trova una spiegazione nella natura particolare del contatto linguistico: di carattere prevalentemente culturale quando la lingua ricevente è lo spagnolo, di carattere socio-politico quando i prestiti muovono dallo spagnolo in direzione dell’italiano. Di fatto, in Italia l’‘ispanomania’ che caratterizza per intero il Cinquecento e la prima metà del Seicento si spiega col ruolo svolto dalla Spagna nel consesso delle nazioni europee e con l’ingresso dell’Italia nell’orbita politica e amministrativa spagnola. Un discorso a parte va poi fatto per l’Italia meridionale, dove la presenza spagnola è ‘anticipata’ dalla dominazione aragonese prima in Sicilia (conquistata nel 1282 e di fatto annessa all’Aragona nel 1302 con la pace di Caltabellotta), quindi anche nel Mezzogiorno continentale, dove nel 1442 Alfonso V di
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Aragona conquista il regno angioino di Napoli, che con il successore Ferrante (Ferdinando I, 1458–94) diverrà appannaggio di un ramo collaterale della Casa regnante in Barcellona. Con la precisazione, che la stessa corte napoletana di Alfonso il Magnanimo, succeduto sul trono di Aragona al padre Ferdinando di Trastámara, era più castigliana che catalana, e che, in ogni caso, il matrimonio di Ferdinando il Cattolico (signore di Napoli dal 1503) con Isabella di Castiglia finì col rendere irreversibile il processo di castiglianizzazione tanto a Napoli quanto nell’isola, del resto riuniti in un unico viceregno che durerà sino al 1759. 3.2. Varietà e settori del prestito È stato calcolato che circa due terzi degli ispanismi dell’italiano cinquecentesco siano usciti dall’uso, mentre alcuni di essi sopravvivono nei dialetti, particolarmente nelle regioni già soggette al dominio aragonese dove l’ispanismo poté inserirsi su un precedente catalanismo: ciò vale in particolare per la Sicilia, fino al 1500 posta alle dirette dipendenze della Casa d’Aragona, e per la Sardegna meridionale, dominio aragonese dal 1324 al 1479. Come ha osservato Vàrvaro (1974, 87, n. 3), «una voce di probabile origine iberomanza, di attestazione medievale e la cui area di diffusione include Sicilia, Sardegna e Regno di Napoli è con ogni verosimiglianza un catalanismo», fermo restando che alcuni catalanismi originariamente di carattere regionale possono essersi diffusi nel resto della penisola (è il caso di attillato, gramaglia, maiolica). Il debito dell’italiano nei confronti dello spagnolo può essere analizzato a partire dal repertorio di Zaccaria (1927) (comprensivo anche dei prestiti dal portoghese), e soprattutto da Beccaria 1968. In particolare, Beccaria (1968, 163 s.) rileva «la zona marginale […] ricoperta dall’ispanismo nel tessuto del nostro lessico colto, nel senso che la sua presenza non si infittisce mai nell’ambito delle significazioni generali»; di contro, «La massa più rilevante dei prestiti – ed è una caratteristica peculiare dell’ispanismo in Italia – converge piuttosto entro filoni ‘edonistici’ (l’arricchimento verbale, l’assunzione intenzionale, ma effimera, ch’è propria del testo letterario, di tipo dunque prevalentemente stilistico […]), oppure ‘mondano-esteriore’ ([…] il gruppo dei prestiti che si attiene alla terminologia del comportamento pubblico, del vivere cortigiano, talvolta delle attitudini e del carattere)».
1764 Non mancano, naturalmente, i prestiti più direttamente legati alla situazione politica; tali i numerosi tecnicismi della lingua dell’aministrazione e della cancelleria, poi usciti dall’uso, ma originariamente comuni alle segreterie di tutte le province italiane ed europee soggette alla Spagna, alcuni dei quali appunto accolti anche nei dialetti italiani meridionali: ad es. alborotto (“tumulto”, “ammutinamento”), con il verbo alboro(t)tarsi, documentato in testi napoletani tra Cinque e Seicento e sopravvissuto nel campidanese alboro(t)tu, alboro(t)tái; o ancora, napol. alcanzá “raggiungere, conseguire” (cf. sic. accanzari “guadagnare”) e alcanzo “corriere, staffetta” (cf. Beccaria 1968, 34 ss.). Non meno specialistici sono i prestiti, anch’essi solitamente effimeri, che caratterizzano la lingua dei Gridari stilati a Milano, o il linguaggio della diplomazia; tra i termini sopravvissuti cf. a(p)purar(e) “accertare, chiarire”; azienda “beni, averi”; dispaccio e dispacciare (ib., 39 ss.; 50 ss.). Il primato militare della Spagna asburgica è fonte di numerosi ispanismi, dei quali, ad es., sopravvivono alfiere, guerriglia, casco, parata, quadriglia (“schiera di quattro uomini”, quindi “drappello di uomini a cavallo”), recluta (originariamente con accentazione piana). Di àmbito non solo militare sono, invece, alcuni termini relativi al cavallo, alla cui diffusione avrà contribuito anche la moda delle giostre e dei tornei, ad es. alazano “sauro”, ro(v)ano “cavallo grigio con peli bianchi, neri e rossi”, pariglia “coppia di cavalli”; e cf. anche caracollo “volteggio del cavallo” (sp. caracol “lumaca”; per gli usi dialettali e metaforici cf. ib., 88 s.). Un posto speciale spetta alla lingua dei navigatori così come ci viene documentata da lettere e da relazioni. Si tratta per lo più di scritture di carattere pratico, e tuttavia non prive di strutturazione retorica, in cui il cedimento alla lingua straniera appare tanto più giustificato quando investe l’àmbito terminologico, anche se non mancano prestiti di interesse più generale. Nell’un caso come nell’altro, il cedimento assume spesso carattere aneddotico ed effimero, come peraltro dimostrano i numerosi hapax. Di fatto, molto dipende dalla durata e dalla qualità del contatto: per alcuni navigatori come Amerigo Vespucci, mercante e armatore sulle piazze commerciali di Siviglia e di Lisbona prima ancora che uomo di mare, i mesi trascorsi su navi spagnole e portoghesi sono preceduti e seguiti da una lunga dimora nel-
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la penisola iberica; per altri, come Michele da Cuneo o Pigafetta, la partecipazione a viaggi di esplorazione è stata, invece, un’esperienza circoscritta, anzi occasionale e imprevedibile. Soprattutto, a prestiti identici possono corrispondere tramiti distinti a seconda che ricorrano presso viaggiatori e navigatori di area spagnola o portoghese, anche se non si può escludere la possibilità di contatti incrociati, soprattutto nella terminologia marinaresca. Ispanismi e lusismi (là dove la distinzione non è sicura, data anche la prossimità delle due lingue iberiche nel Cinque- e nel Seicento, converrà parlare di ‘iberismi’) sono inoltre frequenti anche nelle traduzioni dei viaggi di scoperta, spesso composte frettolosamente per rispondere alla domanda del grande pubblico (per una trattazione generale dal punto di vista dello spagnolo, cf. Beccaria 1968, 123–135; 1985; Trovato 1994, 59–70; nell’ottica del portoghese, cf. Cardona 1976; Tavani 1976; Lanciani 1994). Il settore marinaresco, che ovviamente è il più rappresentato (e che già in età medievale fornisce il lusismo caravella), è responsabile di prestiti duraturi come abbordare, baia, doppiare (in Vespucci anche doblar), flotta (frotta nei navigatori fiorentini, forse convergente con port. frota), rotta (in Vespucci derrota), tormenta “tempesta di mare”, tolda. Si affiancano i nomi dei punti cardinali norte, este, oeste, ecc.: tecnicismi di origine anglosassone ma penetrati attraverso lo spagnolo e il portoghese a soppiantare le denominazioni della marineria mediterranea relative alla ‘rosa dei venti’ quali tramontana, levante, ponente, ecc., quindi sostituiti dai corrispondenti francesi nord, est, ovest, ecc. Di gran lunga prevalenti sono, tuttavia, i prestiti effimeri, particolarmente numerosi in Vespucci, la cui lingua meticciata rappresenta un caso-limite anche per l’utilizzazione in senso stilistico-edonistico del modello odoeporico di ascendenza colombina (cf. Vespucci 1985, XXIX –XXVII e Glossario; Formisano 1991); alcuni esempi significativi: a barlovento (“sopravvento”); abrigo (“riparo”; anzi: costa brava e senza abrigo, “costa selvaggia e senza riparo difeso dai venti”); aguazeri (“acquazzoni”), accanto a serrazon (“oscurità che precede il temporale”) e turbonate (“rovesci di pioggia con lampi e tuoni”); bomba (“tromba, pompa nautica”); breare (“impeciare, calafatare”); fatesce (“ancorotti”) (port. fateixas); giunchi velieri (cioè “veloci alla vela”: sp. juncos veleros o port. juncos veleiros); insenata (“inse-
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natura”); origlia (“riva”); pescati (“pesci”) insieme a marisco (“frutti di mare”); porsi (“tramontare”, detto del sole). Talora il calco interessa avverbi, locuzioni preposizionali, congiunzioni, ad es.: a(l) lungo di “lungo” (sp. colombino al longo / luengo de, port. ao longo de); giunto con “vicino a” (sp. / port. junto a, ma junto con nello spagnolo di Colombo); adonde e adó “dove”, alla ora “subito” (sp. a la hora), come causale-temporale seguito dal congiuntivo imperfetto (ad es., come doblassimo un cavo “doppiando un capo”). Più diffusi sono, invece, i tecnicismi armata “flotta” (in italiano quasi un faux ami); discoprire (che in Vespucci convive con il prestito integrale discobrir); mantenimento (“provvista”; solitamente al plurale); sorgere / surgere (“stare all’àncora”: antico catalanismo della lingua dei portolani passato anche al portoghese), accanto a surgidero (“ancoraggio, approdo”); tenere terra (“approdare”: cf. port. ter terra). Egualmente rappresentato è il settore dei traffici, dove lo spagnolo impone alcuni tecnicismi relativi a pesi e misure (cf. per tutti quintale, arabismo già documentato in età medievale, e tonnellata; in Vespucci anche tonelli < sp. toneles “botti, tonnellate”, con riferimento alla stazza di una nave), cui si aggiungono i nomi di materie prime e di prodotti di interesse commerciale (ad es. ambracane “ambra grigia”, anil(e), anìme “resina aromatica”, conte “conterìe, perline di vetro”). Altri tecnicismi si riferiscono, invece, a nuovi realia, e come tali entreranno stabilmente nell’uso, ad es. cordigliera, savana, vulcano. Al riguardo, un rilievo speciale spetta agli esotismi di tramite spagnolo o portoghese relativi alle nuove terre americane o afro-asiatiche; voci amerindie mutuate dallo spagnolo sono, ad es., amaca, cannibale (in origine nome etnico: Caribe), canoa (accanto a canoè, vox barbara, pertanto indeclinabile e ossitona), piragua (solo successivamente sostituito da piroga), uragano (prima furacano < sp. furacán, poi huracán). Si aggiungono nomi di piante e di animali: maiz (mais), i seicenteschi cacao e cioccola(t)te (poi cioccolata), coca, patata e batata, papaia, tomate (poi tomata, voce anche dialettale oltreché di diffusione europea), tabacco, yucca; caimano, condor, iguana, lama, puma, mentre zebra è di origine africana; esotismi, quanto al contenuto, ma non alla forma linguistica, sono invece armadillo e patagoni. Sono, invece, di tramite portoghese banana (da una lingua della Guinea), che ha soppiantato
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l’ispanismo platano; l’americanismo ananas (Beccaria 1968, 113, n. 188); l’arabismo monsone; gli orientalismi giunco (l’imbarcazione che abbiamo già incontrato in Vespucci), bambù, mandarino “alto funzionario cinese”, tè (forme antiche: qua, chia), tifone. Che anche in questo settore la trafila orale si sia combinata con quella scritta, è dimostrato da forme aberranti, ma tutt’altro che isolate, come camballi per caniballi (con la doppia e l’accentazione piana imposta dallo sp. canibal, -ales, poi sottoposto a ritrazione d’accento: cf. Folena 1976, 688 s.) e canna, canea, canova per canoa / canoè (Formisano 1994, 146; Pfister 1994, 9–12). Abbiamo già visto che per gli ispanismi cinque- e seicenteschi l’aspetto mondano-esteriore prevale su quello culturale: basti ricordare che l’immagine tipica dello spagnolo nella satira letteraria e teatrale del tempo è quella di una persona vanagloriosa e presuntuosa, anche quando ostenta modi gravi e misurati. A quest’immagine rinviano i prestiti, poi accolti nella lingua dell’uso, disinvoltura (e disinvolto) con il quasi sinonimo brio; sussiego (con progressivo slittamento semantico da “gravità riposata”, per usare la definizione del Castiglione, a “contegno altezzoso, albagia”); fanfarone “smargiasso” (se non è mutuato dal francese); sfarzo (sp. disfraz “travestimento, maschera”); sforzo (“coraggio”) e sforzato (“coraggioso”); lindo (documentato nei lirici napoletani dell’età aragonese col valore “puro, nobile, perfetto”, mentre nel Cinquecento connota «sempre e soltanto l’attillatura del vestire, appropriata, alla moda, il portamento elegante»: Beccaria 1968, 229 s.); disdoro “disonore, infamia”; e cf. anche il nap. ufano / ofano “vanaglorioso”. Al formalismo ostinato degli spagnoli rinviano parole come puntiglio e punto d’onore; l’osservanza del cerimoniale fornisce il termine etichetta (importato in Italia alla fine del Seicento dal Magalotti: Beccaria 1968, 192 s.), impone, con l’uso del baciamano, la generalizzazione (satireggiata dall’Ariosto) di Signore, di Vostra Signoria e dell’appellativo don (sopravvissuto nei dialetti meridionali), favorisce, infine, il trionfo del Lei (Ella) allocutivo di cortesia sul Voi (con le forme parallele Sua Maestà, Sua Santità, Sua Altezza). Alle buone maniere si riferiscono il calco semantico complimento (voce collegata all’indigeno complire “comportarsi in modo adeguato”) e il prestito creanza “urbanità, cortesia” (da cui “buona educazione”). Ispanismi già quattrocente-
1766 schi sono creato “servitore” e marrano (propriamente “maiale”), designazione dispregiativa dei conversos, quindi “rinnegato, traditore”. Nonostante questa generale connotazione negativa, la Spagna è capace di creare delle mode che lasciano un riflesso durevole nel lessico settoriale. Alla casa si riferisce il prestito appartamento (parallelo a quarto, ispanismo sopravvissuto nei dialetti meridionali); oggetto domestico è il baule, cui si aggiunge, con paralleli anche dialettali, il più esotico scarabattolo “vetrinetta di legno pregiato” (cf. gli analoghi esotismi barocchi chicchera, da jícara o chícara “tazza, ciotoletta di porcellana”, e bucchero “recipiente di terra fittile, rossastra ed odorosa”, da búcaro). In àmbito culinario abbiamo il baccalà, la sopressata (sp. sobreasada), il torrone, l’oglia podrida (“minestra fatta con più ingredienti”; ancora oggi podrida nei dialetti lombardi e veneti), la pastiglia (in origine “pasta di zucchero” e “pasta per profumare”), mentre marmellata sarà dal port. marmelada “cotognata”. A tavola si generalizza il termine posata (in origine: “posto apparecchiato a tavola”; cf. il prestito posata “fermata”, poi uscito dall’uso); nel lessico indumentario si impongono il guardinfante (infante “principe reale” è già trecentesco), la marsina, il pastrano, la zimarra, gli alamari; un ornamento è in origine anche la maniglia (“braccialetto”). Numerosi sono poi gli ispanismi relativi alla vita sociale e mondana delle classi elevate: termini relativi a giostre e tornei (abbiamo già visto la terminologia del cavallo), al gioco delle carte, alla danza (sui quali cf. Beccaria 1968, 84 ss.). Di età medievale sono, invece, alcuni arabismi di trafila spagnola penetrati attraverso le traduzioni latine di testi scientifici e per questa via accolti nel lessico europeo; cf. alambicco, algebra, algoritmo, almanacco, astrolabio (l’articolo agglutinato esclude l’intermediazione dell’arabo di Sicilia), cifra (e abbiamo già detto di quintale). La profondità del contatto è, infine, illustrata da tutta una serie di ispanismi di significato generico, rimasti più o meno durevolmente nel lessico, e da un certo numero di ispanismi sintattici. Tra i primi, oltre ad accertare (“cogliere nel segno”, “trovare”, “indovinare”; in Vespucci anche asertare) si registrano acciacco, arrabattarsi “darsi da fare”, accudire (cuidar), buscare “procurarsi” (buscar), floscio (sp. floxo, oggi flojo), rendere la pariglia. Tra gli ispanismi sintattici di carattere meno aneddotico, che invece
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abbondano nelle scritture più informali, si registrano l’uso dell’articolo con ellissi del sostantivo (la vita di Gesù e la di Maria Vergine), il tipo lo che “quello che” (anche allo / dello che), il costrutto tranquilla e pacificamente, già dell’italiano antico, poi riaffiorato soprattutto nell’uso cancelleresco (Migliorini 2000, 355–357). Tra i calchi semantici si segnalano levare “portare” (fiorentinismo convergente con sp. llevar), stare “essere”, salire “uscire, partire” (che nelle relazioni di viaggio è quasi un tecnicismo), tenere “avere”. 3.3. Forme del prestito L’affinità strutturale e di superficie tra spagnolo e italiano di cui sono tuttora ben consapevoli i parlanti delle due lingue, era ancora più forte nel XVI e nel XVII sec., quando il sistema fonematico dello spagnolo continuava a ignorare alcuni di quei tratti che oggi ne costituiscono la principale peculiarità, quali la convergenza della fricativa prepalatale sorda e sonora nella spirante velare sorda j, l’indistinzione di -s- sorda e sonora in posizione intervocalica, l’evoluzione di z in fricativa interdentale sorda. Tutt’oggi evidente è l’affinità morfologica nell’àmbito del nome e dell’aggettivo, per i quali identiche nelle due lingue sono le desinenze del singolare -o e -a, cui si aggiunge -e ambigenere. Non fa dunque meraviglia se gli ispanismi (e gli iberismi in genere) si presentano quasi esclusivamente in forma adattata, mentre il forestierismo caratterizza le scritture più informali o è riservato ai casi in cui non si tratta tanto di prestito quanto di citazione (ad es., fare mercedes, o merzedes, “fare grazia”). Tanto meno stupisce che il prestito possa essere reciproco come nel caso di bizzarro, che nell’accezione artistica di “fantastico, stravagante” è «italianismo in tutta l’Europa», ma che nel Seicento torna in Italia nella nuova accezione di “prode, valoroso, coraggioso”, cui si aggiunge quella di “bello, magnifico, pomposo, elegante” che caratterizza lo sp. bizarro fin dai primissimi anni del secolo (Beccaria 1968, 238–251). Più in generale, data l’affinità anche semantica, non mancano i casi in cui il prestito può essere identificato come tale solo quando si tenga conto della cronologia e della natura della documentazione: cf. lingua “interprete”, iberismo peculiare delle relazioni di viaggio, siano esse originali o traduzioni dallo spagnolo o dal portoghese (altri esempi in Formisano 1992, 497–500).
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Viceversa, là dove il cedimento alla lingua spagnola è massimo, l’affinità tra spagnolo e italiano può dar vita a false equivalenze come platani “banane” (sp. plátanos), o anche popolacione e popolo col valore “villaggio” proprio dello sp. población e pueblo. L’adattamento avviene per lo più secondo regole di commutazione automatica valide ancora oggi. In particolare, i fonemi oggi confluiti nella spirante velare sorda rappresentata da j, ma che nello spagnolo del XVI e del XVII sec. erano ancora rappresentati, rispettivamente, da x e j / g(e), g(i), restano solitamente distinti: cf. floscio < floxo (flojo), Quisciotte < Quixote (Quijote); ginetto < jinete “soldato a cavallo” (per un’eccezione cf. chicchera < jícara). Qualche oscillazione si nota invece nella restituzione di -t- da -d-: cf. (oglia) potrita accanto a podrida, peccatiglio accanto a peccadiglio, dove la consonante sorda si spiega con l’equivalenza generale sp. -d- = it. -t-, mentre la sonora rinvia a un àmbito socio-linguistico più elevato, in cui la citazione del forestierismo prevale sull’adattamento. Non mancano, infine, i casi di riproduzione anche fonetica della voce straniera, ad es. in Vespucci asertare (accanto a accertare), vaziare “vuotare” (sp. vaziar, ora vaciar).
4.
Italiano e francese nei sec. XVII –XX
4.1. ‘Gallomania’ sei-settecentesca Il trattato dei Pirenei (1659) prima, quello di Utrecht (1713) e la pace di Rastadt (1714) poi, sanciscono il tracollo della potenza spagnola anche in Italia, dove la Spagna perde tutti i suoi possedimenti. Fa da contraltare il crescente prestigio militare e politico della Francia: base della ‘gallomania’ che contrassegnerà l’Europa settecentesca, ma che di fatto si trova già anticipata nel periodo 1650–1715, quando la moda francese torna ad imporsi in tutti i settori della vita materiale e spirituale (non a caso lo stesso termine moda è un francesismo seicentesco). Assistiamo, così, a una nuova ondata di francesismi, la prima di rilievo dopo l’età medievale, rispetto alla quale, tuttavia, un elemento di diversificazione è rappresentato dal maggior numero di forestierismi integrali (cf. parterre e rendez-vous progressivamente sostituiti a perterra e rendevosse): fenomeno che si spiega non solo con la prevalenza di una trasmissione per via scritta, ma anche
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con una maggiore familiarità con la lingua straniera e una maggiore autocoscienza culturale che l’adattamento sembra invece contraddire (cf. Dardi 1992, 54). Una novità sono anche i francolatinismi e francogrecismi che caratterizzano i linguaggi settoriali delle scienze (ad es., acustica, bilione, carcinoma, emulsione, erborista, nosologia, sonnambulo), e la costituzione di un lessico intellettuale europeo non solo letterario, ma filosofico, politico ed economico. In Italia fungono da battistrada alcuni scrittori e gruppi d’avanguardia: nella seconda metà del Seicento Francesco Redi e Lorenzo Magalotti (morto nel 1718), poi, tra il 1764 e il 1766 il gruppo del Caffè dei fratelli Verri; ma un veicolo imprescindibile sono anche i libri francesi di carattere tecnico che circolano o si stampano nella penisola, e che animano un’intensa attività di traduzione e di divulgazione: dizionari di scienze, arti e mestieri, compilazioni di erudizione storica o geografica, cui si affianca la stessa Encyclopédie di D’Alembert e Diderot, in Italia ristampata nella lingua originale per ben due volte, a Lucca (1758–71) e a Livorno (1770–79). Non meno importante è il ruolo che le traduzioni svolgono nel settore delle scienze umane e delle lettere: si traducono filosofi contemporanei quali Voltaire, Diderot, Rousseau, ma anche romanzi, mentre acquista vigore il nuovo genere critico del saggio (calco semantico del fr. essai). Si spiega così la fortuna di francesismi quali belle arti (e belle lettere), deismo (e deista), fanatismo, illuminato, libertinaggio, pregiudizio, teocrazia; e soprattutto di alcune parole-chiave dalla connotazione inconfondibilmente transalpina: oltre alla metafora dei ‘lumi’, calco dal francese di diffusione europea (Matarrese 1993, 11), si vedano progresso (in senso assoluto: “progresso della civiltà”), umanità “genere umano”, ottimismo (e ottimista), genio (vero e proprio Modewort europeo: Dardi 1992, 435–440), sensibile (cuore s., uomo s. “che ha senso di umanità, che si commuove facilmente”) e sensibilità (altri esempi in Migliorini 2000, 520 s.; anticipi seicenteschi in Dardi 1992). Si affiancano i francesismi tecnici del linguaggio politico (ad es. abdicare, regicidio e regicida, il calco patriota) ed economico (ad es. aggiottaggio, bureau / burò “ufficio”, conto corrente, manifattura), mentre non meno significativo è il sopravvento del francese nel settore dell’esotismo, cioè in un àmbito un tempo riservato alle lingue iberiche: cf. feticcio (fétiche, dal
1768 port. feitiço), creolo (precedentemente crioglio < sp. criollo < port. crioulo “schiavo nero nato e allevato in casa”), meticcio (métis, che rimpiazza il precedente mestizzo), piroga (prima piragua); si aggiungono i turchismi minareto e odalisca, l’orientalismo lama (originariamente accentato lamà) “prete buddista”. Francese è soprattutto l’«idea della cultura fondata sulla vita di società (“comunità di esseri umani”, poi dalla metà del Settecento anche “persone che frequentano un salotto”, dal fr. société), sull’intenso commercio del mondo (“frequentazione della società mondana”, dal fr. commerce du monde), sulla vivacità di uno spirito (“ingegno”, dal fr. esprit) brillante (“vivace, brioso”, dal fr. brillant)» (Serianni 2001, 585).
Si spiegano, così, i numerosi calchi che caratterizzano il lessico della vita di relazione; calchi semantici come affascinare e incantare (charmer), felicitare (“congratularsi con”), lusingarsi (cf. se flatter), obbligante / obbligato “riconoscente” (obligeant / obligé), rapito (“contento”), rapporto (“relazione tra le persone”); ma anche calchi strutturali come bel mondo / gran mondo / uso del mondo, buon tono, fare la corte, essere al fatto, avere il piacere / l’onore / la cortesia di più infinito. Non mancano, naturalmente, i settori tradizionalmente legati alle mode. Nel ballo e nel teatro si diffondono i tecnicismi minuetto (fr. menuet, da cui anche minuet, minoè), rondò, marionetta, oboe (accanto a oboè, che riproduce la pronuncia settecentesca di hautbois), parter(re) e parterra “platea” (in origine, “aiola, giardino spartito ad aiole”: Dardi 1992, 213 s.), con i calchi semantici giocare “suonare, recitare” (poi desueto), pubblico, truppa “compagnia teatrale”. Nell’abbigliamento, i prestiti adattati cravatta e parrucchiere convivono con i forestierismi bigiù, bonnè, disabigliè (deshabillé), fisciù, mantò, moerre (moire “stoffa con riflessi cangianti”; altre forme: muer(ro), amuer); si aggiungono «il profumo sanspareille, e qualche nome di colore: bleu (o blo, o blu), lillà, sucì» (Migliorini 2000, 519 e n. 270; per bleu Dardi 1992, 94 s., precisa che in origine il prestito si riferiva per lo più a uniformi o vessilli militari e a stoffe). Nel lessico della gastronomia si segnalano i forestierismi bignè, dessert, gatò, pot-pourri (anche nel senso figurato oggi esclusivo), mentre prestiti adattati sono cotoletta, filetto, sciampagna (liquore è invece un calco semantico); così, la carne può essere allo spiedo o in fricandò. Nell’acconciatura
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femminile sono di gran voga lo chignon, le buccole (boucles, adattato con epentesi vocalica), la frisatura dei capelli (con il verbo frisare). Alla casa si riferiscono bidè, bureau / burò (“scrivania”), cabarè, comò, sofà, toeletta (il mobile e le relative estensioni semantiche). Fra i mezzi di trasporto si annoverano il cabriolè (cabriolet), il cupè (fr. coupé), il landò, il fiàcchere “vettura a cavalli adibita al trasporto pubblico” (fiacre, penetrato come tale anche nei dialetti, ma qui con l’epentesi già notata in buccole). Infine, il rinnovato prestigio della Francia nell’arte della guerra si concreta nei prestiti baionetta, brigadiere (da brigade, a sua volta di derivazione italiana), carabiniere (soldato a cavallo armato di carabina), corazziere, equipaggio, pistola, plotone, stato maggiore, uniforme (da abito uniforme: fr. habit uniforme); si aggiungono alcuni termini relativi alla navigazione, settore già veicolo di ispanismi, ad es. canotto (cf. l’ispanismo canoa), scialuppa, manovra, andare alla deriva. Per valutare appieno la profondità del contatto linguistico sarebbe, infine, necessaria una digressione sui prestiti passati nei dialetti e nell’italiano regionale, non solo là dove l’influenza politica della Francia è stata più sensibile (è il caso di Parma, sede di una corte francese, e degli Stati sabaudi), ma nella stessa Venezia (per la quale cf. gli esempi raccolti in Lorenzetti 1998, 42b). Qui basti ricordare che francesismo è una voce infantile come papà, diffusa in tutta Italia ad eccezione della Toscana, che appartiene all’area di babbo e dove papà, impiegato nelle classi medio-alte, può tutt’oggi assumere una connotazione snobistica. La profondità del contatto è inoltre dimostrata dall’influsso esercitato nel settore della morfosintassi, per il quale, in aggiunta ai calchi strutturali già visti, possiamo ricordare (Migliorini 2000, 490 s.; 517): (1) l’estensione abnorme dei suffissi -ismo, -ista, -izzare, -izzazione propri del lessico intellettuale; (2) l’estensione del di partitivo (con più di energia); (3) il superlativo relativo con articolo ripetuto (la musica la più eccellente); (4) la cosiddetta ‘frase scissa’: È lui che …; (5) la sostituzione di malgrado più nome al costrutto indigeno a malgrado di, cui si affiancano le locuzioni a misura che, in séguito, per poco che (per poco ch’io cambi non sono più io), e il tipo troppo … per (egli è troppo saggio e prudente per approvare); (6) il costrutto, di sapore francesizzante, Non gli ho dato per elemosina che un quattrino; (7) i costrutti perifrastici
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vengo di dire (passato recente), vado a fare (futuro prossimo; altri costrutti francesizzanti in Matarrese 1993, 70 s.; anticipi cronologici in Dardi 1992, 59–65). Non meno rilevante, per la lingua scritta, la spinta all’adozione di una prosa dai periodi brevi, povera di nessi subordinanti e di inversioni, con prevalenza dell’ordine Soggetto-VerboOggetto: uno ‘stile spezzato’ o ‘interrotto’ (coupé) di gusto francese, che non poco ha contribuito alla formazione della prosa italiana moderna. Si noterà, infine, che con i francolatinismi e i francogrecismi si prospetta la possibilità di un ordine DeterminanteDeterminato (ad es. cronometro), esattamente inverso a quello che è di norma nelle lingue romanze (ad es. cassaforte; cf. Lorenzetti 1998, 43b). Forme del prestito. La maggiore diffusione del bilinguismo individuale e l’influsso esercitato dalla scrittura favoriscono il prestito integrale o il calco semantico e strutturale, mentre diminuiscono gli adattamenti. La concorrenza della trafila orale e di quella scritta è dimostrata dalla forma toilette: forestierismo schietto di ‘trasmissione oculare’, che però convive con i prestiti semiadattati toeletta / tueletta, tualette / tualetta, dove la resa grafofonetica del dittongo oi riflette ora la pronuncia colta /o˛e/, /w˛e/, ora quella popolare e parigina /wa/, che poi ha finito con l’imporsi; effimeri sono invece l’adattamento integrale teletta e la falsa ricostruzione tavoletta. A una varietà francese medio-alta rinvia anche la resa della laterale palatale (nel francese popolare già evoluta a /j/) ad es. in biglia e disabigliè. Del resto, l’esibizione snobistica della conoscenza del francese parrebbe essersi spinta fino all’adozione di r uvulare (ancora oggi dotata di connotazione socio-linguistica), forse anche di u vocale centrale (contro l’adattamento consueto: fr. /y/ > it. /u/), mentre oscillante è la resa di /ø/ (bleu > ble, blo, blu). Per altri esempi di conversione automatica cf. Lorenzetti (1998, 43). 4.2. Dalla fine del Settecento al primo Novecento Con l’intervento dell’armata napoleonica e il triennio rivoluzionario (1796–99) ha inizio un periodo di grandi mutamenti istituzionali che consolidano la presenza francese nella penisola con l’annessione diretta di territori e la creazione di stati vassalli, al punto che in più di un terzo dell’Italia il francese passa dallo statuto di lingua generale di cultura a
1769
quello di lingua ufficiale. Fondamentale, durante il triennio come dopo la restaurazione, è anche la propaganda repubblicana e giacobina che mira a coinvolgere ampi strati della popolazione, grazie anche al nuovo mezzo di comunicazione rappresentato dai giornali e da tutta una manualistica vòlta a volgarizzare le idee rivoluzionarie portatrici di un lessico ideologico e politico modellato sull’esempio francese (non a caso lo stesso termine-chiave propaganda è un francesismo documentato dal 1797). Accanto a prestiti ovvii come giacobino, sanculotto, ghigliottina (e fucilare), si vedano parole nuove, o rinnovate, come aristocrazia, cittadino, civismo, comitato, complotto, costituente, democrazia, eguaglianza, federalismo (e federazione), filantropia, libertà (e liberticida: cf. i già seicenteschi regicida e regicidio, tornati di attualità con la condanna a morte di Luigi XVI : Dardi 1992, 560 s.), massa, monarchia, nazione, oligarchia, popolo, rivoluzionare (e rivoluzionario), sovversivo, tirannia; di contro, alla propaganda controrivoluzionaria è dovuta l’opposizione destra / sinistra con significato politico. L’influenza francese nel linguaggio politico è particolarmente evidente anche nella diffusione di alcuni calchi formali, tra i quali spicca l’incremento dei composti mediante i suffissi -ista (non solo vandeista, su cui sanfedista e muratista, ma anche voci più generali come assolutista, oscurantista, progressista) e -izzare (organizzare, centralizzare, monopolizzare, ecc.), alla cui fortuna nei decenni successivi contribuiranno la creazione di movimenti e di partiti politici e la diffusione della nuova ideologia socialista e comunista (un calco formale dal francese è appunto ideologia – propriamente “scienza delle idee” –, termine dotto formato dalla giustapposizione di due parole greche e perciò facile europeismo). Né meno significativi sono i francesismi dell’amministrazione, tra i quali si vedano burocrazia, evadere (una pratica), funzionario, vidimare. In altri settori l’integrazione linguistica è il risultato di una più ampia integrazione scientifica, ancora una volta favorita dal carattere dotto del prestito: grecismi sono le nuove unità di misura, ormai unificate a livello europeo, metro, litro, grammo, chilo (originariamente chilò); grecizzante è la composizione mediante prefisso para- riscontrabile in parafulmine: calco di parafoudre (anch’esso all’epoca un neologismo), ma inserito in una serie di voci indigene di uso quotidiano come paracarro, paralume, pa-
1770 raocchi. Non manca, infine, un contatto più profondo testimoniato da numerosi calchi formali e semantici, dei quali non pochi sopravvivono ancora oggi; tra i primi: amare alla follia, colpo di fulmine, colpo di stato, giorno in locuzioni come libro / notizia del giorno, luna di miele, mano d’opera (manodopera), mettere in scena, parola d’ordine, spirito di parte; tra i secondi: articolo “merce”, (le) autorità “(i) funzionari”, direzione “insieme di dirigenti”, effetti “capi di vestiario”, perfettamente “bene, benissimo” (Serianni 1989, 24 s.). La francomania perdura nella seconda metà del secolo e nei primi decenni del successivo, quando la «conoscenza delle lingue straniere è piuttosto diffusa nella fascia socioculturale elevata, ma l’unica lingua universalmente nota tra le persone colte è il francese» (Serianni 1990, 97), tanto che «un quarto dei romanismi presenti in italiano […] è costituito da francesismi ottocenteschi» (Lorenzetti 1998, 45b). Contribuiscono efficacemente a questa diffusione lo sforzo profuso per una maggiore scolarizzazione (nella scuola il francese è la prima lingua straniera obbligatoria) e la riforma dell’insegnamento superiore in senso europeo; né meno importante è il ruolo svolto dall’editoria, che promuove traduzioni di opere contemporanee (fondamentale la scoperta del romanzo ‘realista’ e ‘naturalista’ e dei grandi narratori russi, in Italia solitamente tradotti dal francese). Si introduce, così, una nuova terminologia artistica e letteraria, dove termini quali naturalismo / naturalisti, realismo / realisti, simbolismo / simbolisti si caratterizzano per una suffissazione francesizzante ormai assunta come tipica del discorso scientifico (di qui la reazione del libro di Luigi Capuana, Gli ismi contemporanei, Catania, 1898). Ma ancor più decisiva è l’azione del giornalismo, che «si avvia a diventare un fenomeno di massa» (Serianni 1990, 27) e dove, accanto all’informazione generale e letteraria (cf. il francesismo trafiletto, calco di entrefilet), si afferma quella settoriale e scientifica; di qui anche la diffusione della terminologia medica (cf. cachet, disinfettare, nervosismo, organismo, psichiatria). 4.2.1. Forme del prestito L’adattamento, indizio di una maggiore popolarità, prevale nei settori meno soggetti alla moda, come in quello dell’industria e delle scienze applicate (alesare, bullone, lingotto, montaggio, turbina, contro béton e cli-
XII. Sprachkontakte und Migration
ché, termine, quest’ultimo, prima applicato all’arte della stampa, poi diffuso anche in senso figurato), mentre nel commercio e nella finanza accanto a collettivismo e collettivizzare troviamo chèque (che in francese è un anglicismo e sarà soppiantato da assegno) e forfait / forfè. Lo stesso vale per il lessico politico e per quello sportivo, per i quali ancora una volta il giornalismo fa da cassa di risonanza: per il primo, cf. autoritario, ballottaggio, blocco (partito politico e unione di partiti), parlamentarismo, sciovinismo; per il secondo: ciclismo / ciclista, bicicletta, pista, velodromo, canottaggio / canottiere, boxe / boxeur (tramite francese dell’ingl. box e boxer). Non mancano, tuttavia, le eccezioni, ad es. masseur, forestierismo che, riferendosi alla cura del corpo, acquista il colore snobistico dei termini di moda (cf. pedicure, per lo più scritto senza l’accento acuto, da cui anche manicure per manucure), e dossier, tecnicismo connesso all’‘affare Dreyfus’. Di contro, la particolare forza evocativa che accompagna i forestierismi, fa sì che essi prevalgano nei settori più legati alla moda, dove lo sviluppo del giornalismo si lega a quello della pubblicità (cf. lo stesso termine réclame, popolarmente anche reclàm). Così, nel linguaggio dell’abbigliamento e dell’acconciatura, veicolato da giornali e da riviste specializzate soprattutto destinati al pubblico femminile, la parola-chiave chic si accompagna ai forestierismi chiffon, coiffeur, collier “collana”, décolleté, défilé, frac (rientrato in francese attraverso l’inglese), smoking (che in francese è un anglicismo), nuance, pinces, tailleur (ma in forma adattata: brillantina, manichino, marrone, seni “mammelle” contro seno “petto”). Analoghi forestierismi caratterizzano l’arte culinaria: chef, restaurant (poi adattato in ristorante), menu, marron glacé, omelette, pâté, purée, reinette (poi (mela) renetta), soufflé (accanto agli adattamenti besciamella, bomboniera, maionese); l’abitazione: hôtel (e maître), garçonnière, pied-à-terre, parquet (anche parché, parchetto), plafond, chaise-longue, tabouret (e taburé), ascenseur (poi ascensore); la vita dell’alta società in genere, così come viene descritta dalle cronache teatrali e mondane: bon-ton (prima buon tono: cf., tra le buone maniere, l’uso, poi generalizzatosi, del pardon!), élite, habitué, pièce, matinée, soirée, café chantant (ma caffè concerto), chanteuse e soubrette (sciantosa e subretta acquistano, invece, un valore spregiativo), casinò, vernissage cui si aggiunge il francesismo cinema,
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all’origine pronunciato cinemà. I prestiti integrali prevalgono anche nel lessico dell’automobile (chauffeur, garage, capote, chassis, cloche; e cf. anche camion), non però in quello dell’aviazione (aeroplano, atterraggio, planare, contro hangar) e del trasporto ferroviario (treno < fr. train < ingl. train, cremagliera, deragliare, locomotiva accanto a locomotore, ecc.), quest’ultimo legato alla moda dei viaggi, i cui termini-chiave, i forestierismi tourisme e touriste (poi soppiantati da turismo e turista), sono anglicismi di trafila francese. Numerosi sono, infine, i francesismi di significato generale, cui si aggiungono alcune locuzioni; tra i primi: banale (voce già duecentesca, ma nell’accezione “relativo al dominio feudale”) e banalità, débâcle (“sfacelo”), pioniere (“soldato del genio zappatori, guastatore”, poi riferito ai pionieri del Nuovo Mondo, da cui anche “antesignano”), posare (“darsi importanza”), turlupinare; tra le seconde: battere in breccia, mettere i punti sugli i, non essere male (ad es. qui non è male), volerne (a qualcuno), coup de tête (adattato come colpo di testa, sul modello dei francesismi più antichi colpo di grazia, colpo di stato, ecc.), tour de force, pour cause, vis-à-vis. Infine, il francese continua nella sua funzione di intermediario nei confronti delle lingue esotiche, non solo quelle amerindie (bucaniere, caucciù, colibrì, giaguaro) e africane (scimpanzé), ma anche il magiaro (zigano), il russo (zibellino), l’arabo (crumiro, zuavo), il turco (colbacco, sciacallo), l’indi (scialle).
5.
Declino novecentesco del francese e prospettive di un nuovo ispanismo
Fino alla seconda guerra mondiale il francese mantiene il prestigio internazionale che compete alla lingua della diplomazia e dell’alta cultura. In Italia è ancora la lingua più conosciuta, la più insegnata nella scuola e la più tradotta, e poeti come D’Annunzio, Marinetti e Ungaretti possono scrivere direttamente in francese le loro opere. Al francese la borghesia continua a conferire uno speciale segno distintivo, che dal canto suo il linguaggio della moda non manca di sottolineare. Ciononostante, l’influsso linguistico che il francese ha esercitato ininterrottamente per più di due secoli, incontra una prima battuta d’arresto nel neopurismo xenofobo introdotto dal fascismo col suo programma di autarchia linguistica; ciò che pe-
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raltro non impedisce l’ingresso di nuovi francesismi, naturalmente in forma adattata, nei settori in cui più forte è la dipendenza dalla Francia, come in quello dell’automobile (carburante, parabrezza, rodaggio, semaforo) e del cinema (cinematografo, riflettore, trucco). Nel secondo dopoguerra, segue una progressiva emarginazione a vantaggio dell’inglese: fenomeno di portata internazionale, che in Italia si consolida nei primi anni Sessanta anche nell’insegnamento scolastico a sancire ufficialmente l’anglicizzazione intervenuta in tutti i settori della vita quotidiana e culturale. Resiste la moda con i suoi francesismi integrali, ad es. boutique, chémisier, dépliant, gala (correttamente ossitono), moquette, cui si affiancano, in epoca più recente, prêt à porter e fuseaux; resistono anche la cucina (cf. il diffuso croissant) e il settore degli esotismi (dove il francese trasmette il russismo autogestione e gli islamismi jihad, mujahiddin, s(o)uk), e possono ancora entrare nell’uso parole come cyclette (in origine nome commerciale) e bagarre (Serianni 2001, 592). A prima vista apparirebbe, invece, irreversibile il declino nel settore del lessico intellettuale e politico, malgrado la fortuna, nell’immediato dopoguerra, di termini di marca esistenzialista quali engagé e engagement, da cui i calchi semantici impegnato e impegno, cui si aggiunge chierico “intellettuale”, calco dovuto all’opera di Julien Benda, La trahison des clercs (Paris, 1927; Migliorini / Baldelli 41969, 344). E tuttavia il bilancio sarebbe diverso quando si considerasse la voga di termini quali bipolarizzazione, crescita zero, mondializzazione, pluralismo, qualità della vita, riciclaggio, terziario, terzomondo: parole di diffusione internazionale, penetrate sotto forma di calchi e di adattamenti in cui il parlante non specialista potrebbe al più ravvisare dei generici europeismi. È, del resto, significativo che anche il settore dell’informatica, dominio esclusivo dell’inglese tecnico, sia designato a partire da un francesismo (informatique da information incrociato con automatique), e che il francese continui ad esercitare un’influenza anche nella sintassi, come dimostrano alcune nominalizzazioni (ad es. messa in onda, messa in libertà, presa di coscienza) e giustapposizioni (caso-limite, giornata-tipo; Serianni 2001, 592). È, invece, da sottolineare il ritorno sulla scena dello spagnolo. Con la battuta d’arresto seguìta alla fine del dominio spagnolo
1772 in Italia, gli ispanismi penetrati stabilmente in italiano durante il Settecento sono limitati ad alcune voci relative ad aspetti ritenuti caratteristici dell’ethos spagnolo (disdoro e puntiglioso) o di àmbito settoriale (aguardiente, poncio, sigaro). La situazione non muta nel corso dell’Ottocento, quando pur si registra un incremento sensibile degli ispanismi: prestiti di necessità denotanti realia iberici (gitano, corrida, matador, torero) o ispano-americani (alpaca, azteco, cañón – che grazie al film americano si diffonderà poi nella forma canyon –, chinina e chinino, gaucho, guano, lazo, pampa, rancho, oggi diffuso nella forma anglo-americana ranch); nomi di balli come il bolero e la quadriglia; termini di gastronomia o di cucina come caramella, cioccolatino, xeres. A una realtà locale (il proletariato di Napoli) si riferiva originariamente anche lazzarone, che acquista il valore attuale solo nell’Ottocento, quando si generalizza anche l’ispanismo seicentesco, di provenienza napoletana, compleanno. Di contro un ispanismo originario del linguaggio politico potrebbe essere intransigente, termine che in Spagna alla fine del secolo designava i repubblicani federalisti. Il lessico politico è invece ben rappresentato nella prima metà del Novecento, quando il fascismo e la guerra civile spagnola (alla quale gli italiani partecipano sui due fronti) contribuiscono alla diffusione di prestiti-citazione come caudillo, falange, franchismo (e derivati), miliziano (già noto nel Settecento), pasionaria (soprannome dell’attivista Dolores Ibárruri); si aggiunga embargo, documentato fin dal Settecento, ma diffuso a partire dal 1935–36 con le sanzioni economiche all’Italia. Non mancano ovviamente i settori tradizionali: termini che designano danze caratteristiche (flamenco, tango, rumba; tra gli anni Quaranta e Cinquanta si affiancano la cucaracha e il cha cha cha) o aspetti della moda (basco e bolero). Una novità è, invece, cattedratico “professore universitario”. Dopo il lungo silenzio negli anni della dittatura, la Spagna torna al centro dell’attenzione europea e italiana: i rinnovati rapporti politici e commerciali, seguìti dall’ingresso nella Comunità Economica Europea, favoriscono il turismo, a sua volta alimentato dall’attrazione esercitata da un risveglio culturale (letterario, artistico, cinematografico) che negli anni Cinquanta e Sessanta sarebbe stato insospettabile e per il quale è stata escogitata la definizione di movida. Cionono-
XII. Sprachkontakte und Migration
stante, la vera novità è rappresentata dalla mediazione culturale e linguistica svolta dall’America latina a partire dagli anni Sessanta, grazie alla quale lo spagnolo può essere considerato la lingua che dopo l’inglese ha più influito sull’italiano nella seconda metà del XIX sec. (López (Castro) 2001, 139). I movimenti di liberazione centroe sud-americani che fanno seguito alla rivoluzione cubana, la dittatura cilena e argentina, le problematiche economiche e sociali connesse a una situazione di sfruttamento plurisecolare di cui l’Occidente comincia a sentirsi responsabile, le speranze suscitate dalla stessa «teologia della liberazione», ecc.: questi i fatti che si impongono all’attenzione del mondo politico e in particolare della sinistra giovanile, che ne assume le parole-chiave, per lo più sotto forma di prestiti integrali, tra i quali citiamo barbudos, campesino(s), castrismo / castrista, contras, descamisados (la cui origine va rintracciata nell’Argentina di Perón), desaparecidos, giustizialismo (< justicialismo, con j- resa con la palatale, come se si trattasse di un prestito dal francese), golpe (golpista, golpismo), guerriglia / guerrigliero (scritti anche guerrilla, guerrillero), murales, sandinista / senderista, somozista, tupamaros, ecc.; e si vedano anche barrios, poblaciones, pueblo(s), prestiti solitamente riferiti a realtà latinoamericane e carichi di connotazione politica (una trattazione organica in López (Castro) 2001). Come si vede, si tratta di forestierismi che appartengono più all’àmbito della citazione che del prestito e che, in ogni caso, si spiegano con una trasmissione prevalentemente scritta, di tipo giornalistico, anche se non andrà sottovalutata l’influenza esercitata dalla radio e dalla televisione, mentre la letteratura (e in prima linea il romanzo) avrà soprattutto contribuito accreditando un nuovo immaginario latino-americano di grande fascino, fonte di nuovi miti e di una nuova apertura culturale e linguistica. Nel caso poi di golpe, la produttività del forestierismo è dimostrata dai derivati italiani autogolpe, controgolpe, minigolpe, supergolpe, golpe bianco. Connotazione socio-politica assumono anche i forestierismi legati al traffico illegale di stupefacenti, e come tali di diffusione internazionale, ad es. marijuana (pronunciato mariuana), coca, e una lunga serie di composti col prefissoide narco, tra i quali narcotraffico (e narcotrafficanti), narcodollari, narcoguerriglieri, narcoterrorismo. Più tradizionale, anche se non meno
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importante dal punto di vista della diffusione, è il settore dei prestiti legati alla musica e alla danza (bongo, charango, conga, merengue, salsa, dove il riferimento principale è all’eredità africana dell’America latina), cui si è aggiunto il gioco del calcio (goleada, goleador, mundial, ola; ma cf. anche pibe de oro, soprannome del calciatore argentino Diego Armando Maradona), mentre il settore culinario è soprattutto rappresentato dai «numerosi nomi di liquori e bevande alla cui diffusione contribuirono in maniera determinante le traduzioni di Hemingway: cuba libre, daiquiri, tequila» (Lorenzetti 1998, 52a). Alla televisione si deve la fortuna, a partire dagli anni Ottanta, del tecnicismo telenovela. L’apporto del portoghese resta invece soprattutto legato al lessico esotico: nel Settecento cobra, macaco, mango, nell’Ottocento baiadera, curaçao, piranha, tapioca (accanto a un termine ‘tecnico’ come veranda). Dal Brasile, in particolare, provengono alcuni forestierismi novecenteschi come fazenda, bossa nova, carioca (il ballo, quindi designazione della squadra di calcio di Rio de Janeiro), samba (che però in portoghese è maschile), più recentemente anche lambada e tanga. A una drammatica piaga sociale nota soprattutto negli ultimi decenni si riferiscono meninos da rua e viado(s), dove le vocali e la -s finali sono pronunciate così come sono scritte, cioè all’italiana e alla spagnola. Manca invece un corrispettivo del lessico politico spagnolo, che resta così identificato come una sorta di lingua tecnica della rivoluzione (Serianni 2001, 620).
6.
Il sardo tra il catalano e lo spagnolo
La Sardegna viene infeudata all’Aragona in seguito al trattato di Anagni (1297), in base al quale la Sicilia sarebbe dovuta tornare agli Angioini, ciononostante la conquista aragonese avverrà solo gradualmente a partire dalla parte meridionale, che nel 1324 viene sottratta alla dominazione pisana. È peraltro vero che il possesso aragonese sarà sancito solo nel 1412, quando, con il Trattato di Caspe, la Sardegna viene assegnata a Ferdinando di Trastámara. Il nuovo regno di Sardegna seguirà così le sorti della Sicilia: con l’unione personale delle corone di Castiglia e di Aragona l’isola diviene un dominio spagnolo e alla Spagna resta soggetta fino al 1718, quando con il Trattato di Londra passa agli Asburgo, che nel 1720 la cedo-
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no, in cambio della Sicilia, a Vittorio Amedeo, II come duca di Savoia, I come re di Sardegna. È noto che il succedersi di due distinte dominazioni iberiche, prima catalana, poi spagnola, ha contribuito alla diversificazione linguistica dell’isola tra le due varietà principali, il campidanese a sud, il logudorese nella zona centro-settentrionale (Loi Corvetto 1992, 893). La parte meridionale dell’isola, precocemente esposta all’influenza toscana, ha, infatti, subito un rapido processo di catalanizzazione culturale e linguistica con centro di irradiazione nella città di Cagliari, capoluogo dell’omonimo giudicato già conquistato da Pisa nel 1256. In particolare, a Cagliari e negli altri centri cittadini il processo dovette essere non solo rapido ma intenso, al punto che anche durante la dominazione spagnola il catalano ha continuato ad assolvere le funzioni proprie di una lingua ufficiale, tale rimanendo almeno fino agli inizi del XVIII sec., nonostante che dal 1643 l’impiego del castigliano fosse obbligatorio negli atti legislativi e nell’amministrazione (Wagner 1951, 185). Diversa la situazione del Logudoro, dove più forte è stata la resistenza alla dominazione catalano-aragonese e dove, pertanto, l’imposizione del castigliano non ha dovuto fare i conti con la concorrenza del catalano. Di fatto, la diversità nei tempi e nei modi dell’iberizzazione si riflette nella natura del prestito linguistico, che nel caso del campidanese può configurarsi tanto come un catalanismo quanto come un ispanismo (la distinzione non è sempre possibile), mentre nel logudorese gli iberismi sono soprattutto, anche se non esclusivamente, ispanismi; un esempio per tutti: camp. leggiu (cat. lleig < laidu), contro log. feu (sp. feo) “brutto”; per la concorrenza di cat. (prestito più antico) e sp. (prestito più recente), cf. camp. piga (cat.) accanto a peka (sp.) “neo, lentiggine” (ib., 190). Parallelo è il caso in cui a un catalanismo del campidanese corrisponde un italianismo nel logudorese: cf. camp. oglieras / uglieras (cat. ulleras), ma log. occiales “occhiali” (ib., 190 s.). Ciò premesso, la ricettività nei confronti dell’elemento iberico è sostanzialmente uniforme: indipendentemente dalla lingua iberica che costituisce il riferimento primario, «La cultura delle città sarde nei secoli XVI e XVII era essenzialmente spagnola, e spagnoli erano gli usi e costumi, e soprattutto la moda» (ib., 188). Una moda di carattere non effimero, diversa da quella che abbiamo visto operante
1774 nell’italiano, tanto che molti degli iberismi accolti durante i quattro secoli di dominazione catalano-spagnola sopravvivono ancora oggi, perfettamente amalgamati con il patrimonio lessicale indigeno e con quello di importazione pisana e genovese prima, italiana poi. Significativo, al riguardo, l’ampio regesto compilato da Wagner (ib., 195–244), aperto da una serie nutrita di termini tecnici propri della lingua dell’amministrazione e del diritto, alcuni dei quali comuni ai dialetti italiani più esposti all’influenza iberica (ad es. camp. e log. arguzzinu “aguzzino, custode degli ergastoli”, da cat. algutzir / alguatzir, arabismo parallelo a sp. alguacil, per cui cf. napol. alguzzino, sic. a. algoziru, poi aguzzinu, mil. agozzin: cf. Vàrvaro 1974, 94). Soprattutto notevole «è l’influsso catalanospagnolo in tutto ciò che ha relazione con la Chiesa» (Wagner 1951, 200), dal cerimoniale alla vita religiosa ed ecclesiastica, ai nomi di battesimo (ad es. Alesi, Bartumeu, Brai, Giordi, Pera da cat. Aleix, Bartomeo, Blai, Jordi, Pere; Piriccu, Giaimu, Milanu da sp. Perico, Jaime, Millán). Si aggiungono i tecnicismi relativi alla moda (vestiario, panni e stoffe, ecc.), alla casa e alla vita domestica, alla cucina (piatti caratteristici e dolci catalani e spagnoli, utensili), alle arti e ai mestieri; con la precisazione, che di origine catalana sono «quasi tutti i nomi di pesci e degli altri frutti di mare» e «i termini dell’arte della pesca» (ib., 221; 223). Né meno significativa è l’impronta lasciata dal catalano e dallo spagnolo tanto nella fraseologia, nelle espressioni proverbiali e nella lingua della poesia, soprattutto religiosa (ib., 234–243; 408–410), quanto nella lingua comune, dove l’iberismo può interessare anche voci di carattere generale poi sostituite, specie nel parlare cittadino, dai corrispondenti termini italiani; tra queste accontéssiri e accadéssiri (sp. acontecer e acaecer, quest’ultimo incrociato con l’it. accadere), oggi meno frequenti dell’italianismo suzzédiri, e agguardai (sp. aguardar), ora minoritario nei confronti di aspettai (ib., 193). Infine, con riferimento alla vita di relazione, si possono menzionare le formule di cortesia merzei / samarzei (sp. su merced), bostei / bostetti / bosté (sp. cinqueseicentesco e dialettale vu(e)sted per Vuestra Merced, cat. vosté), adiosu (sp. adios), sard. rustico bonas dies e bonas tardes. La profondità del contatto linguistico è, inoltre, dimostrata da numerosi calchi e incroci tra catalano, spagnolo, sardo e italiano: ad es. log. abbagotta, camp. aquagotta
XII. Sprachkontakte und Migration
“colla” (cat. aygua cuita); camp. tostarrudu “testardo” (cat. testarrut incrociato col sard. tostu “duro”). In particolare, il prestito può estendersi alle stesse parole grammaticali, ad es. camp. kini “chi” (pronome interrogativo, da cat. quin); camp. aìci “così” (cat. aixi); log. luegu(s) “subito” (sp. luego) e mesches “tanto più” (cat. més que). Si veda, inoltre, il settore della morfologia con i suffissi, aggiunti anche a radici sarde, -eri / -era (sabatteri “ciabattino”; messera “tempo della mietitura”), -esa (beccesa “vecchiaia”), -ic(c)u (come il citato Piriccu “Pietruccio” < sp. Perico). Prestiti di questo tipo non fanno, del resto, meraviglia quando si pensi a un tratto caratteristico come la conservazione di -s flessionale: convergenza morfologica di tipo poligenetico, ma che, accomunando il sardo alle lingue iberiche, può aver favorito la profondità e la durata del contatto lessicale. La relativa tolleranza linguistica della dinastia sabauda spiega la lentezza del processo di italianizzazione dell’isola: nei primi decenni successivi all’annessione, se le masse sono quasi esclusivamente sardofone, e se il sardo prevale nelle campagne, le classi colte cittadine continuano a usare il catalano e il castigliano, e il castigliano può essere ancora impiegato agli inizi dell’Ottocento in documenti ufficiali come gli atti parrocchiali. La rifondazione, tra il 1759 e il 1765, delle Università di Cagliari e di Sassari ha appunto lo scopo precipuo di formare una classe dirigente di lingua italiana, e alla diffusione dell’italiano mira il potenziamento dell’istruzione primaria e secondaria favorito dal nuovo stato, all’interno del quale l’integrazione è rapida soprattutto per la borghesia cittadina, che, sull’esempio dei funzionari, commercianti e artigiani piemontesi trapiantati nell’isola, si apre alla francomania dominante. Del resto, anche nel lungo periodo catalano-aragonese non sono mai venuti meno i rapporti con Pisa e con Genova, con riflessi linguistici che si fanno particolarmente sentire nelle varietà sarde del gallurese e, rispettivamente, del sassarese; e ancora nel Seicento, ossia nel periodo più prettamente spagnolo, l’italiano può affiancarsi allo spagnolo (e al latino) nella produzione letteraria: un fatto che pone le basi per la successiva reitalianizzazione dei ceti colti. Dal canto suo, il catalano sopravvive ancora oggi nell’isola linguistica di Alghero, le cui origini risalgono al 1354, quando gli abitanti sardi della città sono sostituiti dai catalani conquistatori. Ciononostante, Alghero non
154. Contatti linguistici all’interno della Romània: lingue romanze e italiano, sardo
sembra aver avuto un ruolo particolare nella diffusione del catalano nel logudorese; semmai, è vero il contrario: mentre i catalanismi si diffondono da Sassari e dal Campidano, di dove raggiungono il Nuorese e le Barbagie, il sardo ha fortemente influenzato la varietà catalana parlata nella città (cf. Wagner 1951, 188 s.).
7.
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155. Contacts linguistiques intraromans: roman et français / occitan Innerromanische Sprachkontakte: Romanisch und Französisch / Okzitanisch 1. 2. 3. 4. 5.
Français Occitan Le franco-provençal dans le Val d’Aoste Rapports français-occitans Bibliographie
1.
Français
1.1. Contacts culturels en Italie du Nord (franco-italien) Le contact linguistique peut revêtir plusieurs formes, dont le contact culturel en est une des plus évidentes et en tout cas, des mieux étudiées. L’influence française en Italie du Nord au MA est essentiellement un phénomène littéraire qui consiste en la transposition d’œuvres françaises dans la forme hybride connue sous le nom de ‘franco-italien’: ce n’est pas un hasard si cette variété est traitée sous la rubrique «Langues artificielles» (Holtus 1998) car en dépit des divergences dans l’analyse et dans la classification des formes de cette langue, il y a un consensus que «le franco-italien ne possède pas de realità dialettale en tant que parlata
(mais plutôt en tant que scritta)» (ib., 747). Il s’agit donc d’un contact cultivé et livresque (et par là, artificiel) qui résulte essentiellement de l’hégémonie culturelle du français au MA tant en Italie qu’en Allemagne ou ailleurs en Europe. Cependant, Holtus (ib., 711) distingue, parmi les quatre catégories de textes, deux qui trahissent des contacts plus naturels: des textes français italianisés créés en Haute-Italie sur la base d’un français courant acquis oralement, et des textes où les auteurs ont introduit inconsciemment des éléments italianisants. Cela implique donc des connaissances de la langue française qui dépassent le livresque et donc la possibilité d’une influence en sens inverse de l’italien sur le français. Vidos (1960) va jusqu’à soutenir que trois auteurs italiens, Brunetto Latini, Marco Polo et Philippe de Novare, auraient été personnellement responsables de la transmission en français de mots italiens: par ex., tramontane (1262, Latini), grec “nord-est” (1298, Polo); siloc “sud-est” (1298, Polo), cf. cependant occ. siroc (ca. 1300; Fennis 1995, vol. 3, 1666); en-
155. Contacts linguistiques intraromans: roman et français / occitan
pecer (1298, Polo), tarsenal (1250, Novare; transmission plus compliquée selon Fennis 1995, vol. 3, 265–268). Même si l’on hésite devant la certitude de l’analyse fournie, il est clair que le contact linguistique au niveau de l’élite, dont le résultat littéraire était le franco-italien, a favorisé les emprunts. Cela laisse bien entendu ouverte la question de savoir s’il s’agit d’emprunts au sens traditionnel, ou encore du code-switching par des bilingues, dans la mesure ou ces deux possibilités se laissent toutefois distinguer. 1.2. Modèles culturels venus d’Espagne L’importance du français dans l’Espagne du Nord au MA (et par là, son influence sur l’espagnol) ne devrait pas occulter la contribution de l’espagnol au français car, si l’on peut parler d’un «intenso intercambio cultural» (Metzeltin 1992, 449) le long du chemin de Saint-Jacques, le résultat n’était certainement pas la transmission à voie unique. L’élément le plus important qu’en recevait le français est sans doute le vocabulaire arabe véhiculé à travers l’espagnol, visible dès les premiers textes (par ex.: amir < amir, Chanson de Roland; almaçur, FEW 19, 3, etc.; Ferrero Campos 1998, 104 s.; Wansbrough 1996, 165). Grosso modo, on peut distinguer les arabismes venus de l’espagnol de ceux qui passent par l’italien grâce à l’absence de l’article (voie italienne) face à la présence de celui-ci dans le cas des mots qui sont transmis par l’espagnol (Sgroi 1983; Corriente 1999). Une place particulière sera évidemment réservée aux arabismes scientifiques (surtout médicaux) véhiculés par les traductions médicales faites à Tolède (Foz 1991; Vázquez / Herrera 1989) et qui ont ainsi fourni au français un lexique important, porteur de la science gréco-arabe, dont une certaine partie n’a cependant subsisté que de façon assez artificielle, et avec une durée temporelle assez limitée. 1.3. Modèles culturels venus d’Italie (dp. le XVI e s.) L’ouvrage de base sur les italianismes en français (et vice versa) demeure Hope (1971) qui enregistre 183 emprunts du XII e au XVe s., la moitié datant du XVe (ib., 64); l’ouvrage est cependant à contrôler, notamment (pour tout ce qui a rapport à la mer et au commerce maritime) à l’aide de Fennis (1995). Parmi ces mots, un nombre important provient de l’arabe (ou d’autres langues orientales) et aurait été transmis en français
1777
par l’italien: avarie (XII e s.); caban, ou par l’intermédiaire de l’occitan (cf. Fennis, 1995, vol. 1, 435); candi (XIII e s.); caraque (1245); chiffre (2e moitié XIII e s.); cimeterre (pers.); coton (XII e s.; cf. afr. auqueton < esp., cf. Sgroi, 1983; FEW 19, 102b); douane (1281, documents français de l’Italie méridionale, FEW 19, 211b); gabelle (1267; mais cf. aprov. gabela XII e s., FEW 19, 74a); girafe (XIIIe s.); januisere (1457, etc.); magasin («seit ende 14. Jh.», FEW 19, 114a [= PhMézPélC, 1389, vol. 1, GdfC]), mais cf. «nostre magozene de la cité de Naples» (première attestation) dans Fennis (1162, 1995, vol. 2), cf. mlat. magazenum à Marseille (1228, TLF ); massepain (dp. Rabelais); massicot (1480, FEW 19, 422b; mais la première forme citée marcicote provient de CohenRég, 1501, selon DEAF ); materas (1306); nacaire (XIII e s.); sucre (ca. 1160); tare, selon FEW (19, 183b) par l’occitan à la suite du commerce avec l’Afrique du Nord; trafic (1339), voie de transmission incertaine (cf. FEW 22/2, 254a; 257a–b); zéro (1485). Le rôle du vocabulaire militaire, nautique (Vidos 1939) et commercial est frappant, surtout vers la fin du MA (XIVe et XVe s.). Deux conclusions s’imposent: (1) l’importance de l’Italie au MA proprement dit, surtout en commerce (et dans le domaine de la navigation et du trafic maritime), fait de l’italien non seulement la source d’une partie importante du vocabulaire français dans ces domaines, mais également le moyen de transmission du vocabulaire oriental; (2) la grande invasion des mots d’emprunt italiens de la Renaissance commence au XVe et non pas au XVI e s. (cf. Hope 1971, vol. 1, 66). Mais comme on le verra, il n’est pas toujours facile de définir la langue-source des emprunts car, entre langues romanes, les ressemblances formelles (par ex., entre provençal et italien) sont telles que seule l’étude approfondie des attestations permet, et pas toujours, de remonter jusqu’à la source d’un emprunt. Le prestige culturel dont jouissait l’Italie au cours de la Renaissance avait des conséquences linguistiques partout en Europe, qui fournissent des matériaux classiques pour l’étude des «mots d’emprunt» (ib.). L’italien a donc joué le même rôle à la Renaissance que celui du français au MA . Les principaux éléments sont bien connus: vocabulaire militaire (conséquence des guerres franco-italiennes), architectural, artistique, musique, de mode, financier (résultat de
1778 l’avance technique de l’Italie dans ces domaines), etc. En voici quelques exemples, qui reprennent la datation du FEW ou du TLF, souvent légèrement différente de celles fournies par Hope (1971): dans le domaine militaire: arquebuse (1475), camisade (1552), casemate (1559), fantassin (1567), mousquet (1568); dans l’architecture: arcade (1562), balcon (1404, barcon TLF ), cannelure (1545), façade (1565); dans l’art: arabesque (1555), balustre (1529), grotesque (subst., 1532), modillon (1545); dans la musique: cantilène (1512), contre-basse (1521), duo (1548), espinette (1514); dans la mode: brocatelle (1519), capuchon (1542), escoffion (av. 1549); dans le monde financier: baïoque (1585), bilan (1584), escompte (1597), faillite (1566), liquide (1539). Ce sont donc des mots d’emprunt qui sont à la fois – selon le point de vue de l’analyste – ‘nécessaires’ (le nom traverse les Alpes à la suite de la chose) et ‘de luxe’ (car très souvent il existait déjà des mots français adéquats). Un aspect de la question qui mériterait certainement d’être étudié de façon plus systématique est celui que soulève Sampson (2003), dans une étude apparemment limitée au problème des formes avec voyelle prosthétique qui proviennent de l’italien. Le phénomène avait déjà été constaté par Wind (1928, 103) qui ne fournit cependant pas d’explication. Selon l’hypothèse à nos yeux convaincante de Sampson (2003), le registre (et le dialecte) de la langue-source n’était pas celui de l’élite, mais la langue courante des marchands ou des hommes d’affaires qui entraient en contact avec les Français en Italie et qui ont donc fourni les mots empruntés ou incorporés en français. Il y a là une piste à suivre. De même, le vocabulaire maritime souvent italien qui est transmis en français par l’intermédiaire de l’occitan, plus précisément du provençal des ports méditerranéens (Vidos 1939; 1960; Fennis 1978; Minervini 1998) n’est évidemment pas la langue littéraire préconisée par Bembo, mais la langue courante et sans doute souvent la langue parlée, donc essentiellement irrécupérable, des marins et des marchands, ce qui ne facilite pas toujours la recherche des origines de tel ou tel mot qui a suivi cette voie qui est surtout aujourd’hui extrêmement difficile à retracer. De surcroît, il n’est pas toujours facile non plus de retrouver quelle langue était la source immédiate de tel ou tel mot emprunté par le français. On ne parlera certes pas d’une lingua franca au sens précis du terme (Mi-
XII. Sprachkontakte und Migration
nervini 1996; Wansbrough 1996); le lexique marin méditerranéen y ressemble cependant de par son côté international et pan-roman (cf. aussi Eberenz 1975 pour l’Espagne, et Ansalone 2000, 68; 70, n. 7, pour l’italien). Evidemment, l’aspect formel de l’emprunt entre français et italien a été l’objet d’études classiques (Hope 1971, vol. 1, 577–634); l’essentiel pour l’avenir sera un élargissement du fond documentaire utilisé pour l’investigation des rapports interlinguistiques, avec comme contre-partie (dans la mesure du possible) la recherche des voies et des mécanismes précis de la transmission.
2.
Occitan
2.1. Contact avec le catalan (MA ) Le parallélisme étroit entre le catalan et l’occitan au niveau linguistique – tant phonétique que lexical – va de pair avec les «estrechísimas relaciones» culturelles, politiques et commerciales des deux régions (Payrató 1991, 158; Colomina i Castanyer 1992). Notamment au MA , le prestige littéraire de l’occitan, et surtout de la poésie lyrique, en faisait en quelque sorte la langue d’élection des écrivains catalans lorsqu’ils faisaient de la poésie, ce qui entraîne aussi, chez des poètes catalans, des graphies et des formes occitanes (cf. Gimeno Betí 2000; Fernández Campo 1994). On trouve aussi parfois en sens inverse dans des écrits occitans du MA des traces de mots catalans qui témoignent d’une influence directe du catalan sur l’occitan et même sur l’occitan littéraire (cavet “sorte de houe”, Chambon 1997); et une des premières attestations du syntagme langue d’oc provient de la Catalogne (Colón 1978). Le dernier troubadour serait le valencien Jordi de Sant Jordi, dont la langue recèle cependant des catalanismes (apedregatz < pedra au lieu de l’occ. pèira; dimoni “diable”, Radatz 2000). Or, il est évident que l’existence du parallélisme occitano-catalan dans les textes littéraires n’éclaire nullement la situation réelle de la langue parlée, et l’impression fournie par le microcosme des écrits littéraires est en tout cas infirmée par l’étude de la toponymie (Egert 1985, 166). Sur le plan phonologique, également, le catalan se distingue de l’occitan comme de l’espagnol (ib., 175; 183), même si certains auraient voulu en faire une «langue-pont» (Rohlfs 1979) entre le français et l’espagnol. Plus récemment, on a pu parler d’une ‘normalisa-
155. Contacts linguistiques intraromans: roman et français / occitan
tion’ de l’orthographe des deux langues, proposition qui se base en partie sur les parallèles réels qui soustendent les systèmes écrits, et dont la base serait un continuum dialectique (ou ‘diasystème’) qui regrouperait les dialectes occitans et catalans (Jouanna 1987; Fornés 1993; 1998; Cerda Subirachs 1998; Camenisch / Kristol 1989). 2.2. Contact avec l’espagnol La question du contact de l’occitan avec l’espagnol implique une prise de position sur les rapports internes des variétés ibéro-romanes concernées, en l’occurrence: l’aragonais, dans la mesure où l’on peut, surtout de nos jours, en parler comme d’une variété unie (cf. Mott 2002), et le navarrais, variétés qu’il est d’ailleurs souvent difficile de distinguer au MA (Hilty 1995). De même, les affinités phonétiques et lexicales toujours visibles entre l’aragonais et le gascon sont depuis longtemps reconnues par la dialectologie pyrénéenne (Elcock 1938; Saralegui 1992, 41) et sont traditionellement imputées à un substrat pré-roman. L’histoire de la région et les pratiques de l’élevage transfrontalier (Le Nail 1986; Sahlins 1989; Field 1992) ont certainement favorisé des contacts humains et linguistiques qui ont donné lieu par ex. à des documents de langue souvent mixtes au MA (Trotter 2005); ces pratiques ont également permis jusqu’à l’époque moderne la continuation des rapports linguistiques, ceux-ci perdurant en dépit de la frontière politique qui est censée séparer les dialectes concernés. S’ajoute à cela, pour les rapports occitano-aragono-navarrais au MA , une quantité importante de documents en occitan, utilisés en Navarre (Cierbide Martinena 1989; 1994; Nagore Laín 1994; García Ariza 1994). D’une part, l’influence de la scripta toulousaine se faisait sentir jusqu’en Navarre, pour fournir une «koiné basada en el occitano languedociano» (García Ariza 1994, 777); d’autre part, la réalité était que les documents avaient besoin d’être compris par des scribes d’origine linguistiques diverses. Mais la transmission des occitanismes en aragonais, tout comme celle des italianismes en français par l’intermédiaire de l’occitan, ou encore la terminologie maritime ibéroromane (Eberenz 1975) montrent que très souvent, la situation linguistique est loin d’être claire. La proximité sur le terrain de plusieurs langues étroitement apparentées, et la réalité du plurilinguisme parmi du moins la partie lettrée de la population, font
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que les frontières qui paraissent étanches entre différentes langues ne le sont pas toujours. 2.3. Contact avec l’italien (en Provence) C’est également la proximité géographique entre l’Italie et la Provence – et le fait que les deux régions partagent un littoral – qui a facilité le contact linguistique déjà instauré par la romanisation avancée (et ancienne) de la Provence. Il y a lieu de distinguer plusieurs étapes de ce processus de contact, ou plutôt: plusieurs types de contact, qui ont été plus ou moins importants à différents moments de l’histoire. Au MA , la langue des troubadours s’étendait bien entendu jusque dans l’Italie et fut parfois la langue d’élection d’écrivains italiens. Il s’agit donc d’un contact de type essentiellement littéraire sinon artificiel et qui touchait surtout la langue littéraire ou du moins les activités des classes supérieures. En même temps cependant existaient dans la langue quotidienne du littoral provençal des contacts à un niveau nettement inférieur du point de vue social. C’est ainsi que le contact italien-provençal a permis la transmission du vocabulaire maritime méditerranéen d’origine diverse (arabe, grecque, romane, turque, etc.) en provençal et souvent par là, en français. Par ex., du grec: palamare (cf. Fennis 1995, 1331), palamejar (ib.); des langues orientales: carat (ib., 486), caravane (ib., 487), etc.; cf. aussi ci-dessus, 1.3., pour des mots dont la transmission en français est soit par l’italien directement soit en passant par l’intermédiaire provençal. Si le phénomène devient plus visible vers la fin du MA et la Renaissance (par ex., Fennis 1978), il existait déjà au XIII e s. et a dû exister, dans la langue orale, bien avant. Par ex.: calfatar et sa famille, ancien provençal < arabe, attesté pour la première fois dans une langue occidentale à Gênes en latin en 1213, passe en français en 1295, avec la première attestation d’un mot de la famille (subst. callefaterie) à Rouen au Clos des Galées royal (Gdf), pour se retrouver sous forme de mots hybrides en anglonormand au XIVe s. (Fennis 1978, 271–275; 1995, vol. 1, 455; FEW 19, 81b; cf. Gebhardt 1974, 244; Trotter 2003b). Une voie ou surtout un lieu de transmission de ce mot arabe > italien (génois?) > provençal > français est pour l’ultime étape, le Clos des galées à Rouen: «le lieu de rencontre des constructeurs, armateurs, charpentiers, maîtres de hache, calfats et marins français et méridionaux, surtout génois, de 1294 à 1419» (Vidos
1780
XII. Sprachkontakte und Migration
1960, 4). Que les Génois aient inventé une forme française qui sera ensuite adoptée par les Français (c’est l’argument de Vidos 1960), ou que ces derniers aient francisé un mot génois qu’ils entendaient, peu importe; à notre sens il n’est ni possible, ni même nécessaire, de trancher. L’essentiel, c’est que l’adaptation du mot en français a dû passer par des contacts linguistiques bien définis. Il est évident qu’il s’agit là non seulement d’un mot qui voyageait beaucoup, mais d’un mot qui n’a rien de littéraire ni d’élevé, et que le hasard des documents d’archive a sans doute enregistré avec du retard car il a dû appartenir surtout à l’oral, ne paraissant que de façon sporadique dans des comptes ou d’autres écrits malheureusement assez éphémères. Mais calfatar (ib., 4 s.) est loin d’être le seul exemple de ce processus qui témoigne de contacts étroits entre gens de la mer en Méditerranée, et de l’importance du contact humain par la suite pour la (re)transmission en français. Le même phénomène est identifié dans les chancelleries ottomanes par Wansbrough (1996, 165): «The nautical lexicon exhibits of course a borrowed technology whose agents were (mostly) identifiable Greek and Italian mariners / engineers recruited to Ottoman service […]. The jargon facilitated naval projects, whether shipbuilding or warfare».
franco-provençal souffre surtout d’une réduction de la population qui le parle, le français par contre – en dépit de la législation qui en assure l’égalité aux yeux de la loi (Inhoffen 1990, 735) – est devenu une langue d’élite qui ne concurrence en réalité plus l’italien qui l’entoure. Le franco-provençal n’existe et n’a toujours existé qu’à l’état d’un dialecte; il n’y a pas de forme écrite, le domaine occupé par le franco-provençal recouvre plusieurs pays différents (cf. Martin 1990, 674) et la topographie très accidentée du Val d’Aoste résulte en une importante variation dans le dialecte lui-même, comme c’est souvent le cas dans des régions montagneuses. De même, l’absence d’un arrière-pays où le franco-provençal aurait un statut officiel, ou même une position plus assurée, pose sans doute des problèmes aussi pour le franco-provençal (Tuaillon 1988). En dépit de ces pressions qui tendraient à faire disparaître le franco-provençal en Val d’Aoste, il existe un certain optimisme quant à l’avenir du dialecte, du moins en ce qui concerne sa survie parmi les Valdôtains de souche (Martin 1990, 680), et ce, en dépit des études sociolinguistiques qui tendent à témoigner du déclin surtout du français, mais également du franco-provençal (Puolata 2000; Bauer 1998).
3.
Les rapports entre l’occitan et le français sont évidemment très étroits tout au long de l’histoire des deux langues; l’introduction du français dans le Midi ne s’est effectuée définitivement qu’après le XVI e s., et le processus s’est opéré différemment dans les différentes provinces (Brun 1923), mais l’influence du français sur l’occitan et vice versa, de l’occitan (non seulement littéraire) sur le français, a été considérable au MA même si la thèse d’une origine occitane pour les cas jadis classiques d’amour ou de jaloux (Hilty 1990; FEW 24, 469a) est maintenant à rejeter à la faveur d’une origine dans le latin de l’Eglise (Schmitt 1973; 1974). La discussion et parfois la controverse autour de Villers-Cotterêts et de son impact (passage de documents en occitan à une documentation quasi-uniquement française) a cependant un peu obnubilé la réalité quotidienne, au niveau de la documentation non-littéraire, de documents plurilingues, témoins à la fois des nécessités pratiques, et de la compétence plurilingue des scribes et notaires de la région. L’écrit occitan n’a pas basculé de l’oc-
Le franco-provençal dans le Val d’Aoste
Le Val d’Aoste est théoriquement un exemple classique de la triglossie. La coexistence officiellement reconnue du français et de l’italien comme langues d’enseignement et de culture, entérinée dans la législation à partir de 1984 (Simone 1986, 51), en fait deux langues ‘hautes’, laissant la place au franco-provençal, langue vernaculaire et ‘basse’ ou ‘inférieure’ (toujours selon la terminologie sociolinguistique). La situation sur le terrain est plus compliquée ou plutôt, plus simple. Si le franco-provençal était quasi-universellement parlé en 1860 (Inhoffen 1990, 733), le rattachement du Val d’Aoste à l’Italie dans la même année (avec des conséquences démographiques comme le départ des autochthones et l’arrivée des Italiens) a eu un effet néfaste à la fois pour le franco-provençal et pour le français lui-même comme le montrent les statistiques sur la composition de la population et sur l’usage réel des langues (Simone 1986, 59 s.; Saint-Blancat 1979; Bauer 1998). Le
4.
Rapports français-occitans
155. Contacts linguistiques intraromans: roman et français / occitan
citan au français du jour au lendemain, pas plus qu’il n’a adopté l’usage du vernaculaire à l’exclusion du latin dominant dans l’écrit: les trois langues ont coexisté, souvent dans le même document, et ce n’est que lentement que l’une d’entre elles l’a emporté sur ses concurrentes. Au cours de l’évolution, on assiste à des hésitations et parfois à des incertitudes qui sont le propre d’une société plurilingue. En Gascogne, par ex., le contact linguistique a comme conséquence la production de documents où les phénomènes d’interférence sont très courants (Trotter 1997; 2003a). Ce n’est pas par hasard que le DAG a choisi de représenter, notamment dans son Supplément, à pied d’égalité les trois langues utilisées dans la région (occitan, français, latin). Evidemment, la situation (socio-)linguistique n’est pas la même par ex. à Bordeaux (Nacq 1979) et dans les Hautes-Pyrénées (Trotter 2005). L’occitan médiéval n’a pas incorporé beaucoup de mots français: parmi les mots les plus couramment cités sont joi < joi (gaudium fournit également la forme ‘régulière’ gauch), poisan < poisant, verai < verai (discutable, cf. Jensen 1992). Par contre, les emprunts français postérieurs sont nombreux et, dans l’occitan moderne, l’influence va jusqu’à s’exercer dans le domaine morphosyntaxique et dans la dérivation et la formation occitanes (Klingebiel 1994). Comme on s’y attendrait, les emprunts lexicaux français-occitans sont plus ou moins bien accommodés au système phonologique de la langue cible, phénomène qui est attesté dp. le XVI e s. (Morgan 1985, 434). Parmi les mots empruntés au MA sont joia, sanglot, ormier, sembelin, jaune; plus tardivement, canif, fauteuil, fourchette. Les éléments occitans ayant survécu en français moderne sont au nombre de 1.600 environ (Gebhardt 1974, 285), empruntés à différents moments de l’histoire; les deux siècles les plus importants pour l’importation des occitanismes en français sont le XVI e et le XIX e. Le MA a vu, avant le XVI e s., l’importation de 303 mots qui ont résisté jusqu’à nos jours avec évidemment des variations régionales qui correspondent vraisemblablement au niveau de contact entre français et occitan, variable selon les lieux: ainsi, par ex., on constate en Gascogne que les occitanismes fournis au français au XVI e s. sont trois fois plus nombreux que ceux du XVII e ou du XVIII e, et 50 % plus importants que ceux du XIX e, tandis qu’en Provence, les chiffres montent assez régulierement du
1781
XVI e au XIX e s. (ib., 267 ss.). Les chiffres sont intéressants et incitent à la réflexion. (Le TLF i informatisé ne semble pas permettre une recherche exhaustive car tous les éléments nécessaires dans le commentaire historique n’ont apparemment pas été balisés: on trouve par ex. 246 mots dont la «langue empruntée» est le «prov.[ençal]», 3 de l’occitan, 12 du gascon, etc.). On retrouve des mots dans des domaines assez divers (cf. fig. 155.1.): les animaux et oiseaux: calandre (1236), perdreau (1376, problématique), cigale (mil. XVe s.); la navigation: capitane (1512–22, ou de l’italien ou encore de l’espagnol), radeau (1477), manifeste (subst., 1574), bastingue (1634), gourdin (1526, origine italienne), chavirer (1687); les poissons: anchois (1546, du génois), merluche (1589), rascasse (1554), langouste (deuxième moitié XII e s.); fruits et légumes: ciboule (1288), concombre (1248 probablement), seigle (1176–81, ou encore blat.); commerce: boutique (1242, du grec), cabas (cabar 1364); vocabulaire argotique tant ancien que moderne: cagne (1180–1200), dèche (1835), escamoter (1558, qui n’est cependant attesté en provençal moderne qu’en 1785). On a prétendu que l’emprunt dans l’histoire des langues romanes sera plus fréquent dans les situations de bilinguisme – ce qui est logique: le bilingue est une voie de transmission efficace (cf. Vidos 1960) –, mais surtout quand ce bilinguisme essentiellement individuel n’est pas accompagné de diglossie (Goddard 1976–81, 406). Mais est-ce que cette vision est compatible avec la situation réelle de l’occitan et du français au cours des siècles (cf. Meisenburg 1998)? Tout nous suggère qu’au XVI e s. existait dans le Midi un état de diglossie qui persistait sans doute jusqu’à la fin du XIX e, voire même au-delà, période qui a donc vu, avec des variations régionales sans doute, un afflux important de vocables occitans en français (pour le processus inverse: emprunts français-occitans dans un inventaire marseillais, cf. Gleßgen 1989, 298 s.). Pour affiner l’analyse, regardons de plus près le type d’emprunts faits par le français à l’occitan par période. L’analyse très détaillée dans l’étude toujours essentielle de Gebhardt (1974, 242–266) nous permet de résumer sous forme de tableau sommaire l’importance de chaque type d’emprunt au cours des siècles. Le chiffre de pourcentage indique le pourcentage du total des occitanismes enregistrés qui correspond à tel ou tel champ sémantique:
% du total des emprunts littérature 1,3 navigation 12 pêche 8 zoologie 3,4 botanique 7,65 agriculture 2,6 viticulture 3,4 arboriculture, plantes 0,75 terre 0,45 minéraux 0,45 commerce, transport 2,3 architecture 2 mode 2,2 militaire 2,2 industrie 15,6 outils 4,3 professions 2,1 institutions 0,96 ménage, cuisine 3,6 vie sociale 3,7 administration 0,6 droit 1 médicine 1 géographie, géologie 1,36 légendes 0,45 église 0,15 vocabulaire affectif 3,6 corps 3,7 verbes généraux 2 argot 7,29 total par siècle 100 % % par siècle du total des emprunts 100 %
champ sémantique XIIe 11 2 1 7 6 0 1 0 1 1 2 3 1 2 11 1 0 0 1 3 0 0 0 1 0 0 2 2 4 0 63 3,17
XIe 2 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 7 0,35
1 12 7 4 8 1 1 0 0 0 3 1 2 3 3 3 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 5 5 4 0 65 3,27
XIIIe
Tab. 155.1. Type d’emprunts faits par le français à l’occitan par période
2 22 2 7 7 2 1 2 0 0 9 6 1 6 9 9 6 1 6 3 1 8 3 0 0 2 0 0 3 0 118 5,94
XIVe 3 14 3 6 12 4 5 0 0 0 4 7 5 12 11 6 1 2 4 6 1 3 2 1 0 1 10 10 6 9 148 7,45
XVe 4 45 47 21 49 11 11 2 1 1 5 6 14 12 28 13 6 3 17 23 3 4 6 3 2 0 27 27 15 10 416 20,9
XVIe 1 69 19 5 13 3 6 0 0 0 9 2 8 2 38 9 9 2 5 11 1 2 4 1 2 0 8 8 1 20 258 12,98
XVIIe 0 47 53 6 26 4 12 0 3 3 8 2 5 2 96 14 6 3 10 10 4 2 0 3 2 0 6 6 2 19 354 17,8
XVIIIe 2 24 18 11 25 25 26 11 3 3 4 13 7 4 99 25 13 6 19 11 2 1 3 6 3 0 8 8 4 72 456 22,94
XIXe 0 4 9 1 5 2 4 0 1 1 1 1 0 0 13 5 1 2 8 6 0 0 2 11 0 0 5 5 1 15 103 5,18
XXe
Total par champ sémantique 26 240 159 68 152 52 67 15 9 9 45 41 43 43 310 85 42 19 71 74 12 20 20 27 9 3 71 71 40 145 1988
1782 XII. Sprachkontakte und Migration
155. Contacts linguistiques intraromans: roman et français / occitan
Il ressort clairement de ces chiffres que le rôle de la ‘littérature’ est en fait minime et que par contre l’occitan a joué un rôle très important dans les domaines plus concrets et plus prosaïques de la navigation (cf. Gebhardt 1974, 244), de la pêche, de l’industrie, de la botanique, et de l’argot. L’importance disproportionnelle qu’occupe la lyrique troubadouresque dans les études de l’ancien occitan (déjà trop littéraires pour les besoins du lexicographe, cf. Rothwell 1980; Gleßgen 1989, 7–10) a beau faire croire que c’est là l’apport le plus significatif de l’occitan au français: c’est faux et nos exemples comme l’étude de Fennis (1995) le montrent très clairement. Ici comme ailleurs, il serait souhaitable que les spécialistes abordent sérieusement non seulement les quantités considérables de Fachprosa qui n’ont jamais été sorties des archives, mais également la question parfois épineuse de la voie réelle de transmission. Au-delà du problème du choix de la langue de départ – on l’a vu, ce n’est pas toujours facile entre langues-sœurs –, on essaiera de retrouver comment la transmission a eu lieu. Une concentration sur la prose non littéraire impliquera sans doute l’étude de textes nombreux mais négligés qui sont eux-mémes plurilingues, et qui constituent ainsi un terrain privilégié pour l’étude des emprunts et des interférences linguistiques. Déjà exploités pour les débuts de la documentation en langue occitane (Belmon / Vielliard 1997), des textes de ce type pourraient servir également à l’examen des rapports français-occitans dans la période plus tardive (Trotter 2005; cf. pour l’anglo-normand, Trotter 2000) et sans doute dans d’autres contextes romans encore.
5.
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David Trotter, Aberystwyth
156. Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica Innerromanische Sprachkontakte auf der Iberischen Halbinsel 1. 2.
5. 6.
Introducción Relaciones entre las lenguas iberorrománicas: portugués y español Influjo galorrománico en las lenguas iberorrománicas Influencia italiana en las lenguas iberorrománicas Conclusión Bibliografía
1.
Introducción
3. 4.
Los contactos lingüísticos interrománicos se refieren, por una parte, a los contactos lin-
güísticos con la Iberorromania, así como, por otra, a las relaciones entre las lenguas románicas en la Iberorromania. En cuanto a las relaciones de los iberorromances con el resto de la Romania, nos limitaremos aquí a las influencias galorrománica e italiana en portugués, español y catalán, visto que el gallego recibe los préstamos mayormente a través del castellano siendo muy escasos – y restringidos a la EM – los contactos directos. Respecto de los contactos entre la lenguas iberorrománicas nos centraremos en las mutuas relaciones entre las dos lenguas prin-
1786 cipales, el español y el portugués. Es aquí donde se observan los tipos clásicos de contacto e intercambio lingüístico, mientras que consideramos que el gallego y el catalán constituyen casos particulares en la red de relaciones interrománicas: por un lado, son prácticamente inexistentes los catalanismos directos en gallego o portugués, así como los galleguismos directos en catalán; por otro, las coincidencias y las interferencias del gallego y del catalán con sus respectivos vecinos son factores tan esenciales y constitutivos para la configuración y el desarrollo de estas dos lenguas que su descripción incumbe más bien a la historia particular de cada una de ellas. El gallego en su origen formó una unidad con el portugués; a lo largo de la historia ha sido constante y determinante el influjo español en todos los niveles de la lengua y, finalmente, para el enriquecimiento y la modernización del vocabulario en la elaboración de la lengua estándar moderna, se echó mano tanto a préstamos internos del gallego-portugués medieval como del portugués y del español modernos (Ferreiro 1996/97, vol. 2, 188–289; 302). Otro tanto cabe decir de la posición del catalán entre las variedades hispánicas y las occitanas. Durante el período de formación, el catalán y el occitano están estrechamente relacionados; en la EM la lengua de oc funciona como lenguaje de la poesía lírica hasta muy entrado el s. XV. Por otro lado, los contactos entre el español y el catalán, que habían sido los normales entre dos idiomas vecinos, con influencia mutua aunque más reducida, van cambiando a partir del s. XVI , después de la unión dinástica, para llegar a un desequilibrio extremo: el castellano empieza a ser la lengua transmisora de todo tipo de préstamos y el modelo por excelencia en la formación neológica. En general, el castellano empieza a ejercer una influencia poderosa en todos los sectores de la lengua, mientras que se hacen escasos los catalanismos introducidos en el castellano durante los llamados Siglos de Oro. La política lingüística centralista de los Borbones desde el s. XVIII , las olas de inmigración del s. XX y los medios de comunicación modernos son otros factores que han contribuido a la orientación del catalán hacia lo hispánico.
XII. Sprachkontakte und Migration
2.
Relaciones entre las lenguas iberorrománicas: portugués y español
2.1. Cronología y tipología de los contactos 2.1.1. Son sumamente escasos los estudios sobre las relaciones entre el español y el portugués y sobre su influjo mutuo. Además, los pocos trabajos existentes se han centrado en las hablas fronterizas y en los préstamos en determinadas variedades regionales (hablas andaluzas y canarias, principalmente), mientras que los lexicólogos e historiadores de ambas lenguas han dado prioridad al estudio de otras fuentes del caudal léxico. Sin embargo, los contactos entre el español y el portugués fueron muy intensos en el período de formación y, como lenguas vecinas en dos continentes, han compartido a lo largo de los siglos viscisitudes históricas y han conocido momentos de intenso intercambio cultural y comercial, aunque en los últimos siglos las relaciones se hayan vuelto menos estrechas y portugueses y españoles vivan ‘de costas viradas’. 2.1.2. Después de la consolidación del portugués y la fijación de la frontera hispanoportuguesa, es decir, en las épocas del s. XIV en adelante, los contactos entre ambas lenguas son los siguientes: (1) Contactos debidos a la mera contigüidad territorial en la Península Ibérica y en América del Sur y los consiguientes intercambios entre vecinos, cuyas consecuencias lingüísticas afectan en mayor grado a las modalidades limítrofes (lusismos en las hablas andaluzas occidentales y en el español uruguayo, hispanismos en el portugués de Brasil, p. ej.). (2) Zonas de solapamiento bilingües: (a) En aquellos puntos de la raya luso-española donde la frontera político-administrativa no coincide con los límites lingüísticos: por un lado, en los enclaves lingüísticos en la Extremadura española (como San Martín de Trevejo, Herrera de Alcántara y Olivenza), donde el habla portuguesa local convive con el español; por otro lado, en Barrancos, villa perteneciente a Portugal, en la que la presencia mayoritaria de castellanos y extremeños desde el s. XIV, así como la mayor proximidad de los pueblos vecinos españoles, han llevado a la creación de un dialecto amalgamado (cf. Gargallo Gil 1999; Carrasco González 1996; Azevedo Maia 1977; Navas Sánchez-Élez 1994).
156. Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica
(b) En el noreste de Uruguay, adjudicado a la corona española por el Tratado de Tordesillas, pero que se colonizó por portugueses y brasileños y fue españolizado sólo después de la independencia de Uruguay. Allá se ha formado un contínuum de modalidades mixtas (cf. Hensey 1993; Navas SánchezÉlez 1994; ADDU -Norte). (3) Convivencia de lusófonos e hispanófonos en un mismo territorio: este tipo de contacto existió en las Islas Canarias centrales (espec. en Tenerife), donde desde el s. XV hasta mediados del XVIII se establecieron numerosas familias portuguesas a causa de la situación del archipiélago en la ruta de las navegaciones lusas a lo largo de las costas africanas hacia las Indias orientales. Su presencia, además de huellas en la onomástica (apellidos de evidente procedencia lusa como Acosta, Acevedo, Melo, Pinto, Yanes, Duarte etc.), ha dejado un elevado número de lusismos en el español canario (cf. Corbella 1996; Morera 1994; Pérez Vidal 1991). (4) El contacto cultural luso-español, muy estrecho en la época medieval y renacentista, pero también en el s. XIX . Ese tipo de contacto llevó hasta un verdadero bilingüismo cultural practicado en Portugal en los s. XVI y XVII (época de hegemonía cultural española, ‘Monarquía Dual’ 1580– 1640). A partir de mediados del s. XV, los contactos entre Castilla y Portugal se habían intensificado; en la corte castellana estaba de moda todo lo portugués y en las fiestas lucían y brillaban los hidalgos portugueses. Numerosos maestros españoles enseñaron en Portugal e innumerables fueron los estudiantes portugueses que frecuentaron las universidades españolas; los grandes nombres de las letras y de las ciencias portuguesas del s. XVI como João de Barros, Amato Lusitano, Pedro Nunes y muchos otros realizaron sus estudios en España. Durante más de dos siglos una parte de la sociedad portuguesa practicaba el bilingüismo, utilizando el español como lengua de prestigio y como segunda lengua literaria. Muchos son los escritores portugueses de esa época que escribieron por lo menos una parte de su obra en español: Jorge de Montemayor, Sá de Miranda, Gil Vicente, el mismo Luis de Camões. Sin embargo, tal bilingüismo estuvo restringido a determinadas clases sociales – los cortesanos y los letrados principalmente – y su repercusión en la lengua general es aún tarea pendiente.
1787
2.2. El influjo español en la lengua portuguesa 2.2.1. No existen trabajos monográficos sobre el fenómeno y resulta espec. llamativa la poca o nula atención que se presta a los castellanismos en los manuales de historia de la lengua portuguesa. No sólo los galicismos, los arabismos y los anglicismos sino también las voces prerromanas, las de procedencia asiática, las de origen tupí-guaraní – y hasta los germanismos merecen un estudio más cuidadoso. Messner (1994, 514), para citar sólo un ejemplo, despacha en dos frases la aportación del español al vocabulario portugués: «L’apport espagnol a été important mais beaucoup de mots ont disparu entre-temps. Sont restés entre autres camarada, sarabanda ainsi que des mots de provenance américaine comme lhama, cacau.» Respecto a la importancia del influjo español, las opiniones, impresionistas y extraordinariamente discordantes, van desde la mera «permuta de um ou outro vocábulo» (Nunes, Digressões lexicológicas, 1928, cit. por Paiva Boléo 1974, 356) hasta «mais do que muita gente julga» (Machado 1992, 39). 2.2.2. Para hacerse una idea del peso que tiene el aporte castellano que perdura en el léxico portugués contemporáneo nos basamos en los datos del DLP (ed. en CD -ROM , 1996). En este diccionario, de un total de 89.317 entradas, 1.463 voces llevan la indicación etimológica esp(anhol) o cast(elhano). Téngase en cuenta que esta cifra de por sí no tiene valor, ya que evidentemente son muchos los casos de etimología discutida o equivocada, pero en parangón con las ocurrencias de los demás grupos de préstamos, la cifra de 1.463 constituye un número nada desdeñable de voces de origen castellano en el caudal léxico del portugués contemporáneo: francês, provençal 3.988 castelhano, espanhol 1.463 italiano 914 árabe 787 inglês 676 tupi 494
2.2.3. Dada la diversidad de situaciones de contacto entre ambas lenguas, también es fundamental distinguir entre castellanismos regionales y los que han entrado en el portugués general. De hecho, un centenar pertenece sólo al portugués regional y se puede atribuir, por tanto, a los contactos fronteri-
1788 zos. Otros 80 pertenecen exclusivamente al brasileño. Tales hispanismos del portugués de Brasil, desconocidos en Portugal, a menudo debidos al contacto con el español americano, son p. ej.: cancha (“recinto ou pista preparada para jogos e desportos”; < esp. argent. cancha), cabanha (“estabelecimento moderno de criação de gado”, < esp. cabaña, argent. urug. “establecimiento rural destinado a la cría de ganado de raza”), reiuno, -a (“relativo ao reino ou ao Estado”, < esp. argent. reyuno), rinha (“briga de galos” < esp. riña), triguilho (“farelo ou resíduos do trigo” < esp. argent. triguillo “residuos que quedan después de ahechado el trigo”). No sólo en el vocabulario rural y tradicional sino también en los términos más modernos y urbanos, el brasileño a menudo sigue el modelo del español americano, p. ej. trem, ônibus, aeromoça en Brasil vs. comboio, autocarro, hospedeira en Portugal. Asimismo la Gíria de Rio de Janeiro y São Paulo se encuentra muy influenciada por el Lunfardo bonaerense, distinguiéndose marcadamente del Calão de Lisboa (Teyssier 71997, 87). 2.2.4. Los castellanismos generales pertenecen a los sectores más variados del léxico. Sin embargo, si hay campos semánticos realmente impregnados no es de extrañar que sea el de la terminología de la tauromaquia, con unos 30 términos (entre otros: aficionado, bandarilha, coleta, muleta, pontilho, etc.), y el de la música, los bailes y cantos, donde abundan los españolismos: bolero, fandango, sarabanda, seguidilha, malaguenha, zorongo, charanga, tuna, zarzuela, castanholas, sonaja, pandeiro, realejo, etc. Un grupo bastante numeroso (unas 170 voces según el DLP ) lo constituyen los elementos de diversa procedencia en los que el español ha desempeñado el papel de lengua transmisora hacia el portugués. Se distinguen dos categorías, la europea y la americana. En primer lugar, la situación geográfica de Portugal hace que numerosas voces de lenguas europeas entren en el portugués por vía española, p. ej. del catalán: a granel loc. adv. (< esp. a granel, y éste del cat. graner [DCECH , no de granell como sostienen Cunha 21986 y el DELP ]), pundonor (< esp. pundonor [Cunha], y éste del cat. punt d’honor), torrão “dulce hecho de almendras” (< esp. turrón, y éste de cat. torró; Colón 1976, 342); del occitano: lisonja (< esp. lisonja, y éste del occ. ant. lausenja [Cunha]); del fran-
XII. Sprachkontakte und Migration
cés: avenida (< esp. avenida, y éste del fr. avenue [ib.]), galã (< esp. galán, y éste del fr. galant [ib.]); del italiano: charlar (< esp. charlar, y éste de it. ciarlare [ib.]), chulo (< esp. chulo, y éste de it. (fan)ciullo [ib.]), escopeta (< esp. escopeta, y éste de it. ant. scoppietta [ib.]). Es de suponer que en estos y en muchos otros casos el español haya servido de lengua transmisora entre Portugal y el resto de Europa. El segundo conjunto lo constituyen los términos procedentes de diversas lenguas amerindias, del taino, del nahua y del quechua principalmente. El portugués, al igual que los demás idiomas europeos, recibió estas palabras a través del español. Se trata generalmente de denominaciones de la fauna y la flora, de productos, fenómenos atmosféricos y geográficos del Nuevo Mundo, casi todas de difusión internacional: iúca (< yuca), tomate, abacate / aguacate, cacau (< cacao), caucho, coca, mate, caimão (< caimán), iguana, quetzal, coiote (< coyote), lhama (< llama), alpaca, canoa, maca (< hamaca), xícara (< jícara, ant. xícara), cacique, furacão (< huracán, ant. [1510–15] furacán), etc. 2.2.5. Las voces de origen español son, naturalmente, en su mayoría sustantivos, pero contamos asimismo con un número considerable de adjetivos (airado, altaneiro, amistoso, antanho, bonito, cabisbaixo, castiço, cavalheiresco, cercão / cercano, donairoso, doble, guapo, hediondo, islenho, lhano, picaresco, velhaco, etc.) y no pocos verbos (acaudilhar, acendrar, apanhar, alambrar, arranhar, arrodilhar-se, aturdir, barbechar, deslumbrar, desmoronar, despojar, cepilhar / acepilhar, empalar, endechar, escalonar, ordenhar, vislumbrar). Incluso alguna interjección como caramba! o chitão! (< ¡chitón!) ha pasado al portugués. 2.2.6. Dado el parentesco cercano de los dos idiomas, la integración fonética y morfológica de los préstamos no presenta problema, sobre todo si se tiene en cuenta que la mayoría de los hispanismos se incorporó al portugués antes de que llegara a su término la reestructuración fonológica del español moderno. Precisamente, esta gran semejanza entre el portugués y el español y la facilidad con la que se integran los elementos procedentes del idioma vecino, plantean dificultades casi insolubles cuando se trata de deslindar los préstamos de las voces patrimoniales. Cierto, algunos hispanismos en portugués se reconocen fácilmente por su
156. Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica
aspecto fónico, cuando, como p. ej. endecha, doble, lhano, deslumbrar, despojar y despenhar, exhiben unas evoluciones fonéticas características del castellano. Pero la falta de tal rasgo traidor no significa necesariamente que la palabra sea autóctona: es muy fácil que, por analogía, altanero, botinero, caballero y guerrillero se conviertan en altaneiro, botineiro, cavalheiro y guerrilheiro, boquerón, cañón, escalón, fanfarrón y telón en boquerão, canhão, escalão, fanfarrão y telão, cercano en cercão, acerar en aceirar (por analogía con el sustantivo aceiro), inimistar en inimizar (por analogía con amizade). En esta forma adaptada ya no se evidencian como castellanismos. Dice Salvador (1967, 239), con razón, que «El hecho de que una palabra exista en ambas lenguas, ajustándose a la estructura fonética de cada una, no ha de impedir pensar que pueda tratarse de un préstamo, con ulterior ajuste al nuevo ambiente lingüístico». Por otro lado, el hecho de que una palabra exista en ambas tampoco ha de interpretarse como indicio de que se trate de un préstamo en una de las dos. El verbo lastimar, p. ej., según Machado (DELP ), vendría del lat. vulgar blastemare a través del cast. lastimar; según Cunha (21986), en cambio, procede directamente de blastemare, y sería pues una evolución común del latín hispánico, base de ambas lenguas. Cuando el criterio fonético falla, podemos recurrir al criterio semántico. La conservación de -n- y -l-, p. ej., puede ser indicio de castellanismo o de transmisión culta; así, arena formalmente puede ser latinismo o castellanismo. En este caso, tratándose de un vocablo que aparece en el ámbito de la tauromaquia, es de suponer que se ha tomado de la lengua vecina. En este criterio semántico se basa Corominas cuando, acerca de almeja, dice: «[…] El problema que presenta la correspondencia fonética entre el port. amêijoa y el cast. almeja es insoluble según los cánones de los dos idiomas: de ninguna manera puede corresponder una -jcastellana a una -j- portuguesa, y menos tras vocal palatal. Es probable que una de las dos formas sea tomada del idioma vecino, y siendo el portugués idioma marino desde más antiguo, es de creer que tenga razón Laguna (1555, cit. por. Covarr.) al decir que el cast. almeja es palabra portuguesa» (DCECH , s. v. almeja).
Es obvio que casos como estos, que son legión, requieren un estudio monográfico pormenorizado que tenga en cuenta la cronolo-
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gía y la evolución semántica de la voz en los idiomas implicados (como los realizados por Colón sobre testaferro, volcán y echar de menos [Colón 2002, 354–372; 436–453; 1989, 205–233]). Por ahora, la lexicografía no permite conclusiones fehacientes, pero todo hace pensar que el caudal hispánico del portugués es notablemente superior a las 1.463 voces citadas. 2.2.7 También cabe suponer la existencia de españolismos fraseológicos y sintácticos. Sin embargo, si apenas se han estudiado los préstamos léxicos, mucho menos aún se ha investigado la influencia española en otros niveles de la lengua. 2.3. El influjo portugués en la lengua española 2.3.1. Si en portugués es tarea ardua identificar los castellanismos, mucho más compleja es la problemática de los llamados ‘occidentalismos’ en castellano. La inicial unidad lingüística del Centro y Oeste peninsular, la absorción de rasgos leoneses por el castellano tras su expansión, y la presencia de numerosos leoneses en la repoblación de Extremadura y Andalucía son factores que contribuyen a la dificultad o hasta imposibilidad de identificar el origen portugués, gallego-portugués o leonés de determinados elementos. 2.3.2. Por estas razones, cualquier intento de cuantificar los lusismos en el español contemporáneo debe ser interpretado con extrema precaución. Según las indicaciones etimológicas de la última edición (222001) del DRAE (88.455 entradas), unos 250 lexemas pertenecen a la parte del vocabulario constituido por los occidentalismos más o menos identificables, desde los portuguesismos o galleguismos seguros (como mermelada y vieira respectivamente) hasta los vocablos de origen incierto pero comunes al portugués y al castellano y los de procedencia diversa entradas a través del portugués. De ellos alrededor de 150 serán probablemente portuguesismos stricto sensu. Conviene tener en cuenta, además, que de éstas una parte considerable son internacionales, otras se usan sólo en un ámbito geográfico restringido o vienen calificadas de anticuadas (p. ej. iguaria “manjar delicado y apetitoso”), desusitadas (p. ej. angra “ensenada”) o poco usadas (p. ej. abano “abanico”, “aparato en forma de abanico que, colgado del techo, sirve para hacer aire”).
1790 2.3.3. Varios estudios han mostrado que en aquellas variedades del español que más contacto directo han tenido con los lusófonos, a saber en salmantino, extremeño, andaluz occidental, canario y rioplatense, los lusismos son bastante abundantes (véase, p. ej., Alvar 1963; Pérez Vidal 1991). Para el canario, sin duda el dialecto que contiene mayor número de portuguesismos, Pérez Vidal llegó a recopilar alrededor de mil voces de este origen. 2.3.4. La aportación del portugués al léxico castellano general, en cambio, es bien limitada y se manifiesta sobre todo en los exotismos. Términos botánicos y zoológicos de origen tupí-guaraní introducidos en castellano por vía brasileña son p. ej.: ananás, mandioca, tapioca, ara, maracaná, tapir y jaguar / yaguar. Sin embargo, las voces de origen tupí que han logrado una difusión internacional no son muchas, porque la colonización de Brasil fue más bien tardía, por lo cual para muchas particularidades de la realidad americana ya existía en las lenguas europeas el término prestado a través del español. La aportación de la India y del Extremo Oriente es más importante. De lenguas de la India y del malayo, los portugueses trajeron: bambú, pagoda, jangada, lancha, mandarín, sagú, mango y otros; del japonés: bonzo y biombo; del chino: charol. Lusismos internacionales son también algunas palabras de procedencia portuguesa patrimonial, que se difundieron en Europa con un significado especial exótico. Son los casos de cobra (en portugués “serpiente”; viene a ser la denominación internacional de la serpiente de ojos, frecuente en Brasil) y casta, palabra que adquiere el significado de “grupo social en la India”.
3.
Influjo galorrománico en las lenguas iberorrománicas
3.1. Cronología y tipología y de los contactos 3.1.1. En el transcurso de la historia todos los romances peninsulares han estado en contacto directo e indirecto con el francés y el occitano y han recibido influjos galorrománicos. Prueba de ello y testimonio elocuente de la fuerza de expansión de la cultura francesa en otros tiempos son los numerosas galicismos en las lenguas iberorrománicas.
XII. Sprachkontakte und Migration
En la EM , todos los romances peninsulares reciben los galicismos directamente o por el conducto del catalán. Más tarde el castellano se convierte en el transmisor de francesismos más importante; esto vale sobre todo para el gallego, donde desde el s. XV los préstamos de otros idiomas pasan por el castellano, pero también para el catalán e incluso para el portugués. Mientras que la aportación del occitano, obviamente, se limita a la EM, los contactos con el francés son más o menos intensos en todas las épocas. No obstante, cabe destacar dos períodos en los que la influencia francesa es espec. pujante, a saber: entre la segunda mitad del s. XI y la primera del XIII, así como en los s. XVIII y XIX. El influjo francés continúa hasta la actualidad, aunque en el último siglo haya pasado a segundo plano ante la fuerza abrumadora del inglés. 3.1.2. En el período medieval mencionado, el influjo galorrománico (occitano y oílico) en la Península Ibérica es consecuencia de múltiples contactos de diversa índole: (1) Contactos fronterizos y relaciones comerciales. (2) Presencia de ‘francos’ en tierras ibéricas: (a) peregrinación a Santiago y consiguientes migraciones: la abundancia de franceses – no sólo de romeros, sino también de mercaderes, menestrales, mesoneros etc. – da a la ruta el nombre de ‘Camino francés’. A lo largo del Camino se establecen colonos que forman barrios o incluso burgos enteros de ‘francos’; posteriormente la inmigración ultrapirinaica atañe también a otras regiones y ciudades como la misma Toledo (Pfister 1988; Lapesa 91981, 168); (b) contingentes importantes de caballeros franceses en las luchas contra los moros, participación de las órdenes militares internacionales, como los Templarios y los Hospitalarios, en la reconquista y la repoblación; (c) otros caballeros franceses luchan con D. Henrique de Borgoña por la independencia de Portugal y, terminadas las guerras, muchos de ellos se establecen en colonias de ‘francos’ en la Extremadura y el Rebatejo; (d) inmigración desde el sur de Francia tras las persecuciones de los albigenses. (3) Relaciones monásticas, que llevan a la sustitución de la liturgia visigótico-mozárabe por el rito romano y a la introducción de la reforma cluniacense.
156. Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica
(4) Enlaces matrimoniales de las dinastías ibéricas con la nobleza francesa; los lazos dinásticos con Francia son particularmente estrechos en Navarra, donde durante los s. XIII a XV reinan sucesivamente las casas de Champaña, Capeta, Evreux y Foix, así como en el reino de Portugal (casa de Borgoña). (5) Y, sobre todo, contactos culturales: (a) influencia de la literatura francesa y de la poesía provenzal, (b) prestigio de la vida cortesana francesa. 3.1.3. En la época moderna, el período de mayor influencia francesa abarca los s. XVIII y XIX . Se trata en primer lugar de contactos culturales, en una época caracterizada por la Ilustración y la hegemonía francesa en Europa. Además, la llegada de los Borbones como dinastía reinante desde 1700 y su reformismo según el ejemplo francés contribuyen al acercamiento de España a Francia. El prestigio de la cultura francesa se deja sentir de dos maneras: por un lado entre los intelectuales – una elite minoritaria de nobles, burgueses y clérigos –, que identifican el francés como vehículo de la revolución científica y del progreso en general, y, por otro, entre los cortesanos y en amplias capas de la sociedad española y portuguesa, que pretenden imitar el modelo francés de la vida moderna y las modas parisinas. En las ciudades hispanoamericanas, el impacto del contacto cultural con el francés se acentúa marcadamente en el s. XIX (Lapesa 91981, 599). Mucho menos consecuencias en las lenguas iberorrománicas que la influencia cultural tuvieron los contactos directos en la época moderna, a saber, las diversas olas migratorias hacia Cataluña, espec. a mediados del s. XVI (los llamados ‘gavatxos’), la presencia española en los Países Bajos y el contacto hispano-francés en las Antillas; sólo dejaron huellas lingüísticas restringidas a determinados campos léxicos en los dos primeros casos, o limitadas geográficamente, en el tercero. 3.2. Influencia galorrománica en español 3.2.1. En la EM , la importancia de la influencia cultural gala a través de lo cortesano y lo monástico, se hace patente en los usos gráficos, de modo más evidente en el abandono de la escritura visigótica a favor de la carolingia, pero también en la intro-
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ducción del dígrafo para //, de origen francés, introducido en Castilla a finales del s. XI y que se va imponiendo en el transcurso del s. XII (Lapesa 91981, 170). Asimismo, el impacto del modelo ultrapirinaico se percibe en la ‘europeización’ de la antroponimia, donde la moda de los nombres hispano-visigóticos (García, Pelayo, Rodrigo, Muño, Nuño, Ramiro, Gonzalo, etc.) es sustituida por la de los nombres de santos de difusión internacional (Pedro, Domingo, Gil, Juan, Martín, Miguel, etc.). En cuanto al influjo en el léxico, el problema de la delimitación entre francesismos, occitanismos y catalanismos resulta imposible de resolver en muchos casos debido a la gran semejanza entre las soluciones fonéticas de estas lenguas, sobre todo cuando se tiene en cuenta que a menudo los galicismos llegan al castellano a través del catalán. En el Cid se han señalado once voces de origen galorrománico (o catalán), reflejo de la temprana influencia gala en el mundo caballeresco: ardiment “intención”, barnax “proeza”, cosiment “merced”, deranchar “salir de filas”, mensaje, omenaje, palafre “caballo de camino”, husaje “uso, costumbre”, vergel, vianda, xamed “jamete” (cf. Menéndez Pidal 61968, 511). Al igual que éstos, la mayoría de los galicismos medievales – entre ellos no pocos de origen germánico – pertenecen al vocabulario feudal, cortesano y guerrero, así como a los ámbitos de la literatura y la religión. Aunque muchos de ellos fueron de uso efímero o designan objetos y conceptos del mundo medieval (arnés, bloca, trobar, fonta, pleitesía, etc.), numerosas son las voces galorrománicas que arraigaron en el idioma y se mantienen hasta hoy: abandonar, adobar, cobarde, dama, deán, danzar, desmayar, duque, emplear, escote, guión, joya, ligero, linaje, mecha, montar, pleito, preste, tacha, y muchos más, de origen francés (cf. Pottier 1967, 132 s.; Colón 2002, 36); bailar, balada, batalla, capellán, desdén, flauta, hereje, hostal, lisonja, monje, refrán, rima, ruiseñor, salvaje, etc. de origen occitano (cf. Colón 1967a; 2002, 38). Además del influjo léxico, se suele atribuir a la influencia gala alguno que otro calco sintáctico (p. ej. llorar de los ojos, en el Cid). Asimismo es probable que la presencia de los inmigrantes ‘francos’ y la influencia lingüística ultrapirinaica hayan favorecido la tendencia a apocopar la -e final (p. ej. part, mont, noch, nuef “nueve”), también fuera de los contornos habituales en caste-
1792 llano, que fue extraordinariamente extendida e intensa desde mediados del s. XI hasta mediados del XIII . Finalmente, cabe mencionar los sufijos -aje y -ete, introducidos a remolque de préstamos del francés, occitano y catalán y que luego se independizaron para convertirse en sufijos productivos con bases de cualquier procedencia etimológica (p. ej. en almacenaje, ramaje, amiguete, regordete [cf. DESE y DILE ]). 3.2.2. Durante los s. XVI y XVII – los siglos áureos españoles – no sólo disminuye la influencia cultural y lingüística francesa, sino que se percibe un flujo en sentido contrario: del español al francés (cf. Cioranescu 1987; → art. 155), y ésta es la época en la que el español desempeña un papel primordial como transmisor de palabras amerindias hacia Europa. No obstante, aunque más escasos que en los siglos anteriores, los galicismos siguen entrando. Préstamos introducidos entonces son, entre otros: parque, fresa, banquete, billete, taburete, perruca / peluca, brocha “cepillo, pincel”, ocre, así como no pocas voces de la terminología militar: bagaje “impedimenta de un ejército”, barricada, batallón, batería “ataque de la artillería”, “conjunto de piezas de artillería”, bloquear, calibre, carabina, trinchea / trinchera, etc. (cf. Pottier 1967, 134–136; Colón 2002, 36). 3.2.3. El s. XVIII es una época en que los avances técnicos y científicos, las reformas económicas y sociales y los nuevos derroteros del pensamiento traen consigo la aparición de una multitud de neologismos. Al igual que en otras lenguas europeas, como consecuencia de la supremacía cultural de Francia, la fuente principal de la neología es el francés. A mediados del setecientos la influencia gala llega a tal punto, que la cuestión de los galicismos se convierte en tema de polémicas entre escritores y eruditos, y la galiparla de petimetres y madamitas en objeto predilecto de burlas y parodias. Gracias al prestigio del que gozaba todo lo que venía de Francia, se introdujo en los s. XVIII y XIX un sinfín de galicismos relacionados con ‘la vida moderna’, pertenecientes al vocabulario de los siguientes ámbitos: – moda, prendas de vestir e indumentaria: en boga (< en vogue), moda, modista, boudoir, toilette, maquillarse, bucle, bisutería, corsé, blusa, pantalón, chaqueta, chaqué, frac, levita, redingote, paletó, bufanda, chal;
XII. Sprachkontakte und Migration
– telas y curtidos: blonda, tisú, batista, muselina, satén, franela, cretona, petit-gris / petigrís, petifoque; – vivienda, mobiliario y enseres: parqué, sofá, canapé, somier, edredón, secreter, buró, paspartú, cacerola, botella; – vida urbana y social, galantería, bailes y juegos: bulevar, chaflán, berlina, cupé, cabriolé, coqueta, petimetre, madamisela, soirée, paspié (danza), minuete / minué, billar, chaquete (juego de tablas), ruleta, hotel, restorán / restaurán / restaurante; – comida y bebida: compota, frambuesa, grosella, galleta, flan, petisú (pastelito; < petit sou), crocante, croqueta, volován (< volau-vent), escalope, tournedós, champiñón, consomé, champán (< champagne); – vida pública, política y economía: patriota, parlamento, debate, departamento, catastro, comité, burocracia, funcionario, francmasón, guillotina, complot, explotar, financiero, finanzas, cotizar, garantía, aval; – ejército y armada: brigadier, edecán, (< aide-de-camp), cadete, fusil, desertar, comandar, enrolar, equipar, corbeta, goleta; así como términos generales como control, cretino, detalle, favorito, galimatías, interesante, intriga, revancha, rutina, silueta, sorpresa, marrón, beige (> beis), etc. Muchos de los galicismos empleados más o menos esporádicamente en el s. XVIII no han arraigado en el idioma (p. ej. coclicó “amapola”, pitoyable, veritable, golpe de ojo “ojeada, vistazo”) o no han sido aceptados por la norma (p. ej. remarcable “notable”). También son muy numerosos los tecnicismos y términos pertenecientes a nomenclaturas llegados del francés o a través del francés, sobre todo a partir de finales del s. XVIII : bisturí, resorte, cremallera, esternón, nicotina, pingüino, chacal, marmota, mangosta, chimpancé, estragón, palisandro, cauchú, anilina, baquelite / bequelita, begonia, buganvilia / buganvilla, amperio, daltonismo, pasteurizar, higiene, ducha, etc. En los campos de la moda, la vestimenta, espectáculos y distracciones, la gastronomía y la técnica, el flujo de galicismos no ha cesado en el s. XX , a pesar de su retroceso ante el anglicismo, como ponen de manifiesto los siguientes ejemplos: chic, boutique, chándal, fricasé, bullabesa, crep, crepería, charcutería, cruasán, mousse, saltear, glasear, broncear, esquí, après-ski, cineasta, plató, vedette, debut, debutar, debacle, chic, elite / élite, affaire, carnet / carné (~ de identidad, ~ de conducir), bicileta, autocar, furgoneta, volan-
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te (del coche), aspirador(-a), ascensor, avión, aterrizar, ralentizar, autoestop, reciclar, reciclaje, astrofísica, astronáutica, informática, ordenador, etc. (ejemplos de Pottier 1967, 136–141; Lapesa 91981, 454–456; DRAE 222001; para el tratamiento de los galicismos en la lexicografía española cf. Thibault / Gleßgen 2003). 3.2.4. Otra cuestión es la influencia francesa en el neologismo culto del s. XVIII y, en general, en la configuración del léxico intelectual y científico del español moderno. Se trata de términos dieciochescos como civilización, filantropía y filántropo, cosmopolita, crisis, demagogia, fenómeno, parodia, sarcasmo, bibliografía, histérico, asfixia, autopsia, botánica, y muchos más, o voces como patriota, bienestar, social, misántropo, civil, humanidad, educativo, prejuicio, fanático, tolerancia, nación, crisis, progreso, felicidad, policía, crítica, plagio, etc. las cuales, aunque ya atestiguadas anteriormente, ahora conocen una nueva difusión con un significado moderno. En la mayoría de los casos son palabras de difusión internacional, cuyo significante es, ‘materialmente’, un latinismo, un helenismo o una formación híbrida grecolatina. Cf. los estudios al respecto de Álvarez de Miranda (1992), Lapesa (1966/67) y Salvador (1973). Es indudable el papel decisivo que tuvo el francés en la formación del vocabulario de la Ilustración y en la intensa renovación que experimentó el léxico intelectual en las principales lenguas europeas en los s. XVIII y XIX . No obstante, la cuestión de la procedencia de cada uno de los términos es muy compleja ya que aquí se borran los límites entre el galicismo semántico, el galicismo léxico hispanizado (i. e. adaptado al molde de los cultismos ya existentes en español), el calco de un término francés mediante elementos grecolatinos, y la creación de un nuevo cultismo (o la formación de un nuevo derivado de un cultismo ya existente) más o menos inspirada por un neologismo culto francés o por la necesidad de traducir un término francés. 3.2.5. Como se desprende de los ejemplos mencionados a lo largo de los párrafos precedentes, la adaptación formal de los galicismos es muy heterogénea. Ésta depende de varios factores como, p. ej., de la época de su integración, debido a la evolución fonética de ambas lenguas. Nos limitamos aquí a se-
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ñalar el destino de las sibilantes palatales francesas y el de la terminación -et. El consonantismo del español moderno destaca entre las lenguas románicas por la pérdida de las sibilantes palatales. La fricativa sonora [Z] en galicismos antiguos, escrita j o ge, i tanto en francés como en castellano medieval, experimentó la evolución fonética característica del español [Z] > [ʃ] > [χ], p. ej. en palabras como jardín, joya y en el sufijo -age > -aje; por el contrario, en galicismos que se incorporan desde el s. XVI , cuando el español carece de una sibilante parecida, se busca una solución aproximada mediante ch, s o y: jupe > chupa, jaquette > chaqueta, chaqué / chaquet y reg. yaqué, bijouterie > bisutería, beige > beis o beige, projectile > proyectil, trajet > trayecto (adaptación latinizante); en otros casos la pronunciación se adapta a la grafía: végétarien > vegetariano, hygiène > higiene, jalon > jalón, con velar a pesar de tratarse de préstamos modernos. Por otro lado, a la ch francesa, sorda, originariamente africada y luego fricativa, corresponde una ch [] castellana en los galicismos más antiguos (fr. tache > esp. tacha), en los más tardíos una x [ʃ] (fr. chef > cast. ant. xefe, > mod. jefe, con [χ]), y, finalmente, en los galicismos más modernos se observa o bien la adaptación al fonema español más parecido a la [ʃ] francesa, es decir, la fricativa alveolar [s], o bien la solución con mantenimiento de la grafía ch y pronunciación africada []: besamela, clisé o cliché, chófer, charcutería, avalancha. Los préstamos en -et más antiguos, durante la época de mayor difusión de la apócope presentan formas en -ed / -et, después adoptan la forma en -ete (p. ej. xamed / xamet hasta el s. XIII , xamete a partir del s. XIV; DCECH , s. v.); luego, durante varios siglos, se integran con la terminación -ete (corchete < fr. crochet, billete, banquete); finalmente, desde el s. XVIII cuentan con tres soluciones: la adaptación morfológica (analógica) en -ete, la fonética en -é y la gráfica en -et, formas que pueden alternar en una misma palabra, con una marcada tendencia a favor de -é: cadete, minuete / minué, corsé, parqué, cabriolé, carnet / carné, chalet / chalé, etc. 3.2.6. El influjo francés no se limita al préstamo léxico, sino que se deja ver también en la semántica, la formación de palabras, la sintaxis y la fraseología. Numerosas son las ampliaciones semánticas – arraigadas, tole-
1794 radas o rechazadas – por influencia francesa (abono “suscripción”, enervar “poner nervioso”, pasión “inclinación, afición”, abordar “plantear, tratar (un asunto)”, sensación “efecto de sorpresa”, chocar “llamar la atención”, maneras “modales”, bolsa “institución económica”, calcado sobre fr. bourse, etc.) y las locuciones forjadas sobre el modelo francés (estar al corriente, estar a la altura de, estar al abrigo de, hacerse ilusiones, jugar un papel / un rol, tener lugar, hacer furor, librar una batalla, tener mala conciencia, plegarse a las circunstancias, poner en ridículo, pasar desapercibido, hombre de mundo, causa de fuerza mayor, talle de avispa, bien entendido que, bajo ese punto de vista, después de todo, por contra, al detalle, a la carta, en gran escala, a contracorriente, etc.). Entre los galicismos sintácticos más extendidos pueden citarse el uso del gerundio con valor de participio de presente (promulgó un decreto otorgando plenos derechos políticos, un barril conteniendo 200 litros de gasoil); el condicional para expresar inseguridad o rumor (según estas fuentes, habrían sido detenidas siete personas), la construcción que complementa un sustantivo como en cuestiones a resolver, un ejemplo a seguir, propuestas a considerar; el uso de la preposición a en construcciones como camisa a rayas, avión a reacción, cocina a gas (en vez de camisa de rayas, avión de reacción, cocina de gas), flan al ron (en vez de flan con ron), 100 kilómetros a la hora (en vez de 100 kilómetros por hora); la omisión de la preposición de en la calle Pérez de Ayala, el parque La Alameda, la plaza San Miguel; el empleo del artículo con nombres de países sin adjetivo o determinante (ha recorrido la Italia); y construcciones del tipo es por eso / esto que, o es para eso que (cf. p. ej. Lapesa 91981, 456, y el Libro de estilo de El País 162002). 3.3. Influencia galorrománica en portugués 3.3.1. Como en español, también en portugués los galicismos constituyen indudablemente la fuente más numerosa entre todos los préstamos (cf. supra 2.2.2.). En Portugal, la admiración por Francia se hizo sentir ya desde la misma fundación del Reino y desde entonces nunca ha desaparecido por completo. No en vano una explicación irónica del nombre de Portugal dice que viene de Portus Galliae. La influencia francesa (y occitana en la época medieval) se nota en los ámbitos semánticos más variados y el flujo de galicis-
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mos se ha mantenido a lo largo de toda la historia de la lengua, pese al retroceso en los s. XVI y XVII frente al castellanismo y en el s. XX frente al anglicismo. En la ortografía portuguesa, no sólo es de origen galo el dígrafo para // (/ʃ/ en portugués moderno), que aparece desde el s. XII en documentos gallego-portugueses (cf. Lorenzo 1968, s. v. chamar, Chave, Chedeiro, chousa), sino que en el s. XIII los escribanos portugueses adoptan los grafemas und , de tradición provenzal, para las palatales nasal y lateral respectivamente (Teyssier 71997, 24). 3.3.2. Por lo que toca al léxico medieval, Vázquez Cuesta y Mendes da Luz (1980, 184) consideran que el influjo galorrománico no es nada desdeñable, aunque tradicionalmente «a influência francesa e provençal exagerou-se demasiado». Entre los occitanismos más frecuentes se suelen citar assaz, gréu (“difícil”), alegre, maloutia (“enfermedad”), cor (“corazón”), rouxinol, senher, freire, cobra (“copla, estrofa”, < cobla), trobador, trobar, parlar, lousinhar (“lisonjear”, al lado de lisonja, introducido a través del castellano), manjar, etc.; entre los galicismos: dama, jóia, chapéu, daian (“deán”), preste, sage, maison, cochon / cochom, jardim, virgeu (“vergel”), mote (“lema, divisa caballeresca”), etc. Cabe recordar el importante papel de transmisor del castellano y del catalán (cf. supra 2.2.4.) y el problema de delimitación entre galicismo, occitanismo y catalanismo mencionado para el español, que, desde luego, se presenta también para el portugués. 3.3.3. A partir de finales del s. XVII el castellano pierde su condición de lengua de cultura en Portugal. De cierta manera el francés viene a sustituir al español en esta función, aunque no llega a desarrollarse una situación de bilingüismo. Los nuevos conocimientos, las nuevas ideas etc. entran en Portugal con sus términos franceses. Mientras que en las obras del Neoclassicismo suelen presentarse como cultismos, después de la Revolución Francesa, en los autores del romanticismo abundan los galicismos evidentes como petimetre, calembourg, detalhe, boudoir, argot, agir, restaurante, y los calcos como obrigações a cumprir, de maneira a, tenho a dizer, etc. (ib., 204). Desde entonces los galicismos penetran a raudales en el léxico portugués y «ainda que rechaçado pelos
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puristas, o galicismo insinua-se de mil maneiras no vocabulário e na sintaxe” (Teyssier 71997, 38). He aquí una muestra de galicismos léxicos hallados en el DLP, escogidos arbitrariamente entre los que empiezan con a- y b-: abajur, abandonar, abrasivo, abricote, aclimatar, altruísmo, ambulância, ampere, ancestral, anís, anisete, apetite, aplomb, aptitude, arbitragem, arranjar, arrivista, aspirador, astronáutica, atelier, atitude, autobus, aval, avalancha, avançar, aventura, aviação, avioneta, bacará, ballet, banal, banalizar, banquete, barrete, barricada, bauxite, bege, begónia, bestiola, biberão, bicicleta, bigodí, bijutaria, bilhar, bisturi, blague, blindagem, blocagem, blusa, blusão, bombom, boné, botão, botelha, bracelete, bricabraque, brigada, briquete, brocha / broxa, broche, brochura, bronzagem, brossa, bufete, buganvília, bulevar, burocracia, etc.; de galicismos semánticos: abordar en el sentido de “lembrar ou tratar ligeiramente”, aperceber “avistar”, constatar “verificar”, contestação “oposição crítica”, esquisito “superfino”; y de calcos: acusar a recepção, à deriva, de maneira a, á base de, etc. Los galicismos sintácticos más frecuentes conciernen al uso de preposiciones, p. ej. omisión de la preposición de en casos como Tipografia Rodrigues, Praça Camões, empleo de em para indicar el material, como en lenços em seda (en vez de lenços de seda), uso de sobre en el sentido de “acerca de” o en vez de para en frases como uma janela que abre sobre um lago, a en formaciones del tipo fogão a gás, de en aumentar de um metro en vez de aumentar um metro, empleo de por en vez de a para el objeto de un sentimiento, como en amizade por, amor por, afeição por, entusiasmo por etc. (ib., 74; Costa 1990). 3.3.4. Es interesante constatar que la gran mayoría de los galicismos léxicos son los mismos que en castellano y catalán. No obstante, en varios términos modernos notamos en portugués una solución independiente: (a) galicismo en portugués: port. agrafar – esp. grapar – cat. grapar; vitrina, montra – escaparate – aparador; greve – huelga – vaga; envelope – sobre – sobre; (b) galicismo en español y catalán: port. computador – esp. ordenador – cat. ordenador; elevador – ascensor – ascensor; (c) galicismo diferente en portugués: comboio – tren – tren.
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3.4. Influencia galorrománica en catalán 3.4.1. Durante la EM , son espec. estrechas las relaciones entre el catalán y las hablas occitanas. Sin embargo, por las razones expuestas en la introducción, nos limitamos aquí a señalar dos puntos: en primer lugar, que se suele sobreestimar el número de los préstamos léxicos occitanos en catalán, ya que en muchos casos se trata simplemente de voces comunes a ambas lenguas (cf. Colón 1993, 149); en segundo lugar, que conviene distinguir entre los occitanismos que aparecen en textos literarios medievales, pero no entran en otros registros ni se conservan más allá del s. XV (p. ej. aizina “ocasión”, baudor “alegría”, esjausir-se “alegrarse”, marrit “triste”, gabar “alabar”, gençor “gentil”), y aquellos que efectivamente han entrado en el léxico catalán, como p. ej. bosc, canonge, capellà, desdeny, despatxar, empatxar, eina, enutjar (< enueg / enojar), esgrimir, estoig, faisà, faristol, etc. (ib., 148; Bruguera 1985, 63). 3.4.2. En cuanto al influjo francés propiamente dicho, la historia de los galicismos en catalán sigue grosso modo los mismos rumbos que la que hemos trazado para el resto de la Península Ibérica, con dos períodos espec. propensos: la EM y los s. XVIII –XIX . También los campos temáticos que se han mostrado espec. porosos a esta influencia son los mismos: en la época medieval es el vocabulario feudal, militar, cortesano, religioso y la antroponimia (arnès, botí, cornamusa, dansar, desmaiar, duc, entremès, estandart, fletxa, forjar, galop, jardí, joia, llinatge, maleta, malla, pavelló, vianda; cf. ib., 74 s.; Colón 1993, 149–152); en la época moderna, el léxico intelectual, técnico y científico, así como los ámbitos de la indumentaria, la cocina y gastronomía, las artes y los espectáculos y el de la sociedad. No obstante, cabe llamar la atención sobre dos aspectos particulares: (a) Las vías de penetración: en la EM los galicismos catalanes son más bien directos (los del castellano y portugués llegan a menudo a través del catalán); a partir del s. XVI es de suponer la influencia transmisora del castellano, mientras que entre los más recientes por lo menos una parte parece deberse al préstamo directo. La interrelación entre los galicismos en catalán y en castellano bajo este punto de vista es una de las muchas cuestiones que quedan por estudiar.
1796 (b) Otro aspecto interesante es el papel del francés en la recuperación y codificación del catalán moderno, la orientación hacia Francia y Europa de los representantes de la Renaixença y, e. g., la notoria tendencia de Pompeu Fabra a sustituir por galicismos los castellanismos. Por último, cabe destacar la continuidad y constancia en la recepción de galicismos por parte del catalán, lengua que, a pesar de la preponderancia de otros influjos (catellano, inglés), sigue siendo permeable al influjo galo. Barri i Masats (1999) recoge más de 1.800 voces de procedencia francesa que existen o han existido en catalán, entre ellas más de doscientos galicismos no adaptados como, p. ej., amour fou, charme, crudités, démodé, enragé, entourage, femme fatale, fines herbes, gauche divine, metteur en scène, mise en page, panaché, savoir faire, souvenir, tour de force, vichyssoise, vis-à-vis, todos ellos no recogidos en los diccionarios de uso, pero empleados en textos del s. XX , lo cual constituye una prueba elocuente de la vitalidad de la influencia francesa. 3.4.3. Un caso particular es el catalán septentrional o rosellonés, hablado en aquellas comarcas catalanohablantes que fueron incorporadas a Francia por el Tratado de los Pirineos (1659). La intensa francesización política, cultural y lingüística desde el mismo s. XVII (cf. p. ej. la prohibición de cursar estudios en Cataluña) no sólo contribuyó al retroceso del uso del catalán, sobre todo en la capital, Perpiñán, sino que ha dejado su impronta en todos los niveles de la lengua. En el nivel fonético-fonológico cabe señalar la articulación uvular de los fonemas /r/ y /rr/ con su consiguiente neutralización. La morfosintaxis presenta numerosas interferencias (cf. Martí i Castell 1985, 133–135): el auxiliar ésser se extiende a verbos transitivos con pronombre reflexivo de dativo como en s’és tallat un dit “se ha cortado un dedo”; en la negación se generaliza el uso de pas y se suele omitir el adverbio no, imitando el francés y el occitano coloquial: demá venrà pas “no vendrá mañana”; a diferencia de todos los demás dialectos catalanes, se conserva con plena vitalidad el posesivo llur (varios poseedores) gracias al apoyo del francés leur, etc. Los galicismos léxicos abundan en las más diversas esferas semánticas: vuatura “coche”, gara “estación”, trotuart “acera”, retratat “jubilado”, llapí(n) “conejo”, bolan-
XII. Sprachkontakte und Migration
ger “panadero”, buata postal “apartado de correos”, amusar “divertir”, domatge “lástima”, purtant “no obstante”, apuprés “más o menos”, presque “casi”, etc. (Veny 121998, 53; Bruguera 1985, 76).
4.
Influencia italiana en las lenguas iberorrománicas
4.1. Cronología y tipología de los contactos 4.1.1. Debido a la situación geográfica y a las circunstancias históricas, Cataluña es la primera región de la Península Ibérica en entrar en contacto con la cultura y la lengua italianas. Las relaciones directas entre Cataluña e Italia se remontan, por lo menos, a fines del s. XIII a causa de la expansión de la Corona Aragonesa por el Mediterráneo y de su presencia en el sur de Italia. Durante la época medieval fueron particularmente estrechos los contactos con Sicilia y Cerdeña, pero también conviene recordar las relaciones con los rivales italianos en el comercio mediterráneo (Génova, Pisa), así como los contactos literarios, que se reflejan en las traducciones al catalán de la Fiammetta (1398), del Decameron (1429) y de la Divina Commedia (1429), entre otras (→ art. 123). Hasta el Renacimiento, la influencia cultural italiana llega a la Península Ibérica a través de Cataluña; no en vano Gracián, en el Criticón, llama a Barcelona «escala de Italia» (cf. Colón 1993, 153–157). 4.1.2. Las relaciones entre Castilla e Italia, que durante la EM se limitaban a contactos puntuales, empiezan a intensificarse en el transcurso del s. XV (→ art. 122). El intercambio cultural italo-español y el influjo lingüístico recíproco llegan a su culminación en el s. XVI , época de prestigio e irradiación internacional de la cultura renacentista italiana y del Siglo de Oro español. Es, al mismo tiempo, el período de predominio español en algunas partes de Italia, donde el interés por la lengua castellana debió de estar bastante difundido. Atestiguan autores italianos y españoles de la época que en Nápoles y Milán se oía hablar español en las calles y Juan de Valdés afirma que «en Italia, assí entre damas como entre cavalleros se tiene por gentileza y galanía saber hablar castellano» (Valdés, ed. Lope Blanch 1976, 41). Dan testimonio de este interés la gramática española de Giovanni Miranda (Osservationi della lingua castigliana, Venecia,
156. Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica
1566) o el mismo Diálogo de la lengua de Juan de Valdés (redactado en Nápoles, h. 1535), que es, también, una guía práctica para familiarizar a sus discípulos italianos con las peculiaridades del español. Un número considerable de españoles pasan una parte de su vida en Italia, bien estudiando en las universidades italianas, bien desempeñando un cargo militar o administrativo. Por otra parte, no son pocos los humanistas y libreros italianos que se establecen en la Península Ibérica, y sigue siendo importante la presencia italiana en los puertos del Mediterráneo. Después del s. XVII los contactos directos vuelven a ser menos intensos. 4.1.3. Entre Portugal e Italia, en cambio, en ningún momento histórico han existido relaciones directas espec. estrechas. 4.1.4. Finalmente, cabe mencionar que en las últimas décadas del s. XX , de manera semejante en toda la Península Ibérica – así como en otras partes del mundo – el italiano ha dejado su impronta en ámbitos como la gastronomía, la moda y el diseño. En cuanto a la aportación lingüística se puede resumir que – salvo en los casos especiales del catalán alguerés y del español porteño –, los italianismos se limitan al vocabulario y que en gran medida se trata de las mismas voces en todas la lenguas iberorrománicas o incluso de italianismos internacionales, aunque en la mayoría de los casos el estado de la investigación etimológica (todavía) no permite trazar el itinerario de estos préstamos. 4.2. Influencia italiana en catalán 4.2.1. En el catalán general la influencia italiana se limita al léxico, pero aquí su aportación no es nada desdeñable. La lista de los italianismos confeccionada por Bruguera (1985, 78–80) muestra el resultado «d’un llarg i variat contacte». Aunque por falta de estudios pormenorizados no sea posible determinar con seguridad la procedencia directa o indirecta de muchas voces, cabe afirmar que el catalán se abre a la influencia italiana en la segunda mitad del s. XIV y durante todo el s. XV (Colón 1993, 156). En esta época ya se documenta un número considerable de italianismos en catalán. Estos préstamos medievales se reparten entre las más variadas esferas del vocabulario, bien que los campos particularmente afectados son el marítimo y comer-
1797
cial, con voces a menudo de procedencia genovesa: nautxer, pilot, escandall (< genov. scandaglio), anxova (< genov. anciöa), golf, mercant, crèdit, balanç, saldo, ducat, etc. Asimismo se acogen ya italianismos en el léxico militar: emboscada, escaramussa, caporal, escorta, infanteria; así como algunos términos de la vida social y cultural: cortesà, bufó (ant. “còmic” > mod. “graciós”), bandit, manejar, sonet, novel·la, brocat, etc. (Bruguera 1985, 78 s.). Los italianismos de las épocas posteriores se encuentran, como en otros idiomas, sobre todo en los ámbitos de la música, las artes plásticas, la literatura y el teatro, la artesanía, el comercio y el léxico militar. A partir del s. XVI muchos italianismos llegan al catalán a través del español o por intermedio del francés, aunque la escasez de documentación en catalán hace difícil seguirles la pista. Los préstamos más recientes, entrados en los últimos dos siglos, son italianismos internacionales como aquarel·la, caricatura, confetti, gòndola, màfia, mortadel·la, espaguetis, pizza, etc. 4.2.2. En cuanto a la forma, los italianismos se acomodan fácilmente a la fonética y a la estructura silábica del catalán: pérdida de -o, -e, -n finales (burlesco > burlesc, lustro > llustre, parangone > parangó), prótesis de e- (stucco > estuc), palatalización de l- inicial (lustrare > llustrar), simplificación de consonantes dobles (attaccare > atacar) y fricativización de africadas (polizza > pòlissa, cortigiano > cortesà, scaramuccia / scaramuzza > escaramussa). Algunos con ligeros cambios se integran en la familia léxica o en el paradigma derivativo (noccero > nautxer / nauxer [nau], foglietto > fullet [full], fiorone > floró [flor], maneggiare > manejar [-ejar]), otros sólo precisan de una adaptación ortográfica (medaglia > medalla, novella > novel·la). Sin embargo, las voces de la terminología musical pueden conservar su forma original, por lo menos en la grafía: adàgio (vs. adagi “refrany”), crescendo, trèmolo, al·legro, andante, presto, vivace, etc. 4.2.3. Un caso especial lo constituye, por razones históricas obvias, el catalán de Alguer, donde no sólo casi todo el léxico de la época moderna es de procedencia italiana (p. ej., indiriz “adreça” [< indirizzo], esvilupo “desenvolupament” [< sviluppo], pla terré “planta baixa” [< pian terreno]), sino también muchas denominaciones de profesiones
1798 (mazalaio “carnisser” [< macellaio], autista “xofer”, campanyoro “camperol”[< campagnolo]), adverbios como assai “molt”, folsis “potser” (< forse), preposiciones como fra “entre”, pronombres como quiunque “qualsevol” o el sufijo -utxo (< -uccio) (cf. Veny 121998, 78–83). A diferencia del catalán general, aquí el influjo italiano no se nota sólo en el vocabulario, sino también en la gramática, la fonética y en la entonación. 4.3. Influencia italiana en español 4.3.1. El italiano ha hecho una considerable contribución de voces al léxico español. Desde el s. XV hasta hoy, con mayor o menor intensidad, el español ha recibido italianismos, aunque por lo general este influjo se deja ver sobre todo en determinadas terminologías (Colón 2002, 39). Acerca del vocabulario español de origen italiano contamos con los trabajos de Terlingen (1943; 1967) y de Endruschat (2002), que contienen inventarios de italianismos ordenados por campos léxicos. Es preciso advertir que hay que considerar estas listas con mucha reserva – el estudio de Terlingen fue una obra pionera, y Endruschat se basa en las etimologías del DRAE (222001) –, pero pueden ofrecer una idea general del elemento italiano en el léxico español y de su importancia en algunos sectores del mismo. Los ámbitos en los que más abundan son, evidentemente, el musical (alegro, andante, aria, cantata, libreto, ópera), el militar (atacar, caporal, cartucho, escaramuza, escopeta), el náutico (regata, góndola), el de la arquitectura (balcón, cúpula, pérgola), de las artes plásticas (acuarela, diseño, variopinto), el gastronómico (macarrones, salchicha, menestra) y el comercial (bancarrota, póliza, saldo). Una parte considerable de los préstamos inventariados por Terlingen y Endruschat no son italianismos directos, dado que muchos de ellos – bien por su aspecto fonético, bien por razones cronológicas – deben de haber llegado por intermedio del francés (p. ej. ducha < fr. douche, y éste del it. doccia) o por vía catalana. Tal como ya se ha mencionado, en los s. XIV y XV el catalán sirvió de puente entre el italiano y la Iberorromania. Entre los numerosos italianismos españoles recibidos a través del catalán se encuentran: coronel, escolta, naucher / nauchel, bergantín, esquife, brújula, balance, artesano, florín, lustre, cortesano, golfo, pantano, toalla (Colón 1967b, 228–232; Bruguera 1985, 80). En este contexto resulta interesante no sólo la cro-
XII. Sprachkontakte und Migration
nología de la aparición del italianismo en las dos lenguas sino también la cronología ‘negativa’, p. ej. el hecho de que Boscán, en 1534, en su traducción al castellano del Cortegiano de Castiglione no traduzca attillato y carezza por atildado y caricia, mientras que en catalán atil·lat y carícia ya se emplean desde el siglo anterior (Colón 1993, 157). 4.3.2. Un caso especial es el influjo del italiano en el español de Argentina y Uruguay como consecuencia de la ‘avalancha inmigratoria’ de Europa desde 1857, que duró hasta hacia 1930, en la cual los inmigrantes italianos forman con mucho el mayor grupo, que se concentró, además, en la región rioplatense, o sea básicamente en Buenos Aires y Montevideo. En 1887, p. ej., el 32,1 % de los habitantes de Buenos Aires fueron inmigrantes nacidos en Italia (Fontanella de Weinberg 1992, 378), en la década de 1920–30 más de la mitad de la población de la capital argentina tenían un origen italiano. La mayoría de estos inmigrados eran iletrados, y no hablaban el italiano estándar, sino diversos dialectos septentrionales y meridionales. Del contacto entre los dialectos italianos y los sociolectos urbanos en los barrios populares de las ciudades rioplatenses resultan (a) un interlecto transitorio, el llamado cocoliche, (b) una marcada italianización del lunfardo, y (c) la penetración de numerosos italianismos en el léxico del español porteño (y argentino). El cocoliche se caracterizó por interferencias en todos los niveles lingüísticos. No obstante, como interlecto inestable y transitorio de la primera generación de inmigrados fue un fenómeno pasajero. Más huellas italianas y más duraderas se deben al lunfardo, que consiguió una difusión y popularidad considerable gracias al tango. Estas interferencias son en su mayoría léxicas y proceden de dialectos, del italiano popolare o de jergas regionales. Algunos ejemplos: manyar “comer” (< mangiare), paseyata “paseo” (< passeggiata), estufar “aburrir” y su derivado estufa “aburrimiento, fastidio” (< stufare), crepar “morir” (< crepare), laburar “trabajar” (< it. merid. lavurare), chicato “ciego” (< it. merid. ciecato), minga “nada” (< it. sept. minga, miga), morfar “comer” (< it. argótico morfa “hambre”, morfia
156. Contactos lingüísticos interrománicos en la Península Ibérica
“boca”), etc.; cf. Meo Zilio (1989, 207–254) y Fontanella de Weinberg (1992, 252 s.). 4.4. Influencia italiana en portugués 4.4.1. A pesar de que nunca hayan existido relaciones estrechas entre Italia y Portugal y que nunca hayan estado en contacto directo los dos idiomas, la aportación italiana al acervo léxico portugués es considerable desde el punto de vista cuantitativo (cf. las 914 voces que en el DLP se relacionan con una palabra italiana, supra 2.2.2.). Sin embargo, se trata de un influjo cultural a distancia (italianismos internacionales) o por conducto de otras lenguas (francés, castellano y catalán), de modo que una gran parte de los italianismos portugueses lo son sólo indirectamente. Por otro lado, en portugués, aún más que en español y catalán, los italianismos están restringidos a unos determinados campos semánticos, que son la nomenclatura de la música, de las artes, de la gastronomía, literatura, arquitectura, etc. En cambio, parece que en portugués se registran menos italianismos pertenecientes al vocabulario general que en español, y menos verbos (Endruschat 2002, 178; 185), lo cual es, precisamente, indicio de un contacto menos directo.
5.
Conclusión
La Península Ibérica brinda, en definitiva, un modelo ejemplar de toda una red de interdependencias intensas y complejas, que se hace y deshace a lo largo de la historia, y que marcan, sin duda, la evolución lingüística. El tema plantea también problemas metodológicos de sumo interés para todas las lenguas románicas como es e. g. la correlación entre los latinismos y los préstamos interrománicos y la cuestión de la poligénesis o la confluencia de influjos. Por otro lado, los aspectos aquí expuestos ponen de manifiesto no sólo cuán interesante y complejo es el contacto interrománico en la Península Ibérica, sino también – lo que es una verdadera lástima y una gran pérdida para el mejor conocimiento de la historia de las lenguas románicas – cuán descuidado se encuentra este rico y vasto terreno en el que queda aún mucho por estudiar.
6.
1799
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Beatrice Schmid, Basel
157. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Italianismen im Maltesischen
1801
157. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Italianismen im Maltesischen Romanismes dans les langues non romanes: italianismes en maltais 1. 2. 3. 4. 5.
12.
Vorbemerkungen Sprache und Geschichte Bevölkerungsbewegungen und Sprachen Hierarchie der Sprachen Italianismen in den verschiedenen Sprachbereichen Entarabisierung und Italianisierung des Lautsystems Tendenzen der Lautentwicklung der italienischen Lehnwörter Italianismen in der Morphosyntax Italianismen im Lexikon Integration italienischer Ausdrücke in das arabisch bestimmte Formensystem Rückkehr des Italienischen durch das Fernsehen Literatur
1.
Vorbemerkungen
6. 7. 8. 9. 10. 11.
Graphie: In diesem Beitrag werden maltesische Ausdrücke nach den Regeln der heutigen Orthographie zitiert. Die meisten Buchstaben sind vom lateinischen Alphabet her bekannt. Darüber hinaus gilt: c˙ = cˇ , g˙ = gˇ , z˙ = z (stimmhafter alveolarer Reibelaut), = h (stimmloser pharyngaler Reibelaut), g = c, stimmhafter laryngaler Reibelaut, wird heute nicht mehr gesprochen, bewirkt Längung und Velarisierung der umgebenden Vokale, x = sˇ . Arabische Ausdrücke erscheinen in der Transkription der Orientalisten.
2.
Sprache und Geschichte
Das Maltesische ist ein ursprünglich arabischer Dialekt, der sich zu einer selbständigen Sprache entwickelte, die wesentlich bestimmt wurde durch den Kontakt mit dem Sizilianisch-Italienischen. In der neueren Zeit wirkt auch das Englische stark auf das Maltesische ein. Bis 1530 hatten Malta und Sizilien die gleiche Geschichte. 870 besetzten die Araber Malta von Sizilien her. 1090 eroberten die Christen Malta zurück, und bis 1530 war Malta hintereinander Besitz der Normannen, der Staufer, der Anjous, der Aragonesen und der Kastilier. 1530 kamen die Inseln unter die Herrschaft des Johanniterordens. 1798 wurde Malta von den Franzosen besetzt, und 1800–1964 war Malta englisch. Seit 1964 ist Malta eine unabhängige Republik.
3.
Bevölkerungsbewegungen und Sprachen
Die neuesten Auswertungen historischer Quellen ergeben, dass die Araber nach der Eroberung die Insel zerstört und ohne Bewohner hinterließen (Brincat 1995, 2; 4). Erst 180 Jahre danach wurde Malta von Sizilien her intensiv von Arabern mit sizilianisch-arabischem Dialekt besiedelt, der maghrebinische Züge trug (De Simone 1994, 107). Nach der Eroberung durch die Normannen durften die Muslime ihre Religion frei ausüben und sich selbst verwalten. Von Sizilien her kamen nun christliche Einwanderer. Die Religionen und die Sprachen lebten nebeneinander. Unter staufischer Herrschaft wurden 1224 die Muslime ausgewiesen. Dadurch wurde Malta von der islamisch-arabischen Welt getrennt, so dass sich das Arabische der Insel auf eigene Weise entwickelte. Malta kam unter den Einfluss des Abendlandes und erfuhr nun Interferenz des Sizilianischen. Viele Arabisch Sprechende blieben als Christen zurück. Der Zuzug aus Sizilien hielt auch unter der Herrschaft der Johanniterritter jahrhundertelang an. Als nach der gegen die Türken erfolgreich durchgestandenen ‘Großen Belagerung’ (1565) die neue Hauptstadt Valletta gebaut wurde, erhielten viele Menschen dadurch Arbeit, und es strömten noch mehr Siedler herbei. Die Gegenwart der Ritter brachte allenthalben Beschäftigung (Blouet 1989).
4.
Hierarchie der Sprachen
Die ganze Zeit gab und gibt es in Malta Diglossie und Mehrsprachigkeit. Zur Araberzeit wurde das klassische Arabisch als Hochsprache (H-Sprache, für formelle Zwecke) verwendet. Die Heimsprache (L-Sprache, für informelle Zwecke) war der sizilianischarabische Dialekt. Unter den christlichen Herrschern waren die H-Sprachen das Lateinische und die sizilianische Varietät des Italienischen (Wettinger 1993, 151). Die L-Sprache war das aus dem Volksarabischen entstandene Maltesische, das sich unter Einverleibung sizilianischer Elemente herausge-
1802 bildet hatte. Die Inhaber höherer Stellen kamen von außen. Sie wurden ein Teil der maltesischen Gesellschaft, erzogen ihre Kinder wie die Einheimischen und forderten dann, dass wichtige Posten nur an Landesbewohner vergeben würden, zu denen ihre Söhne gehörten (Lutrell 1975, 69). Das führte zu einer sizilianisch-maltesischen Diglossie. Im 16. Jh. vollzog sich ein Wandel. In Italien ersetzte das Hochitalienische (Toskanische) allmählich die Regionalsprachen. Auch in Malta trat an die Stelle des Sizilianischen das Hochitalienische. Dazuhin waren die neuen Herren, die Johanniterritter (ab 1530), nach Rom orientiert. Die offizielle Sprache und die Sprache der Gebildeten, die H-Sprache, war das Italienische. Die Sprache des Volkes, die L-Sprache, war das Maltesische. Die Zuwanderung von außen hielt an. Es kamen überwiegend Sizilianer. Die sich herausbildende Sprache des Volkes war von zwei Seiten italienischem Einfluss ausgesetzt: vonseiten der hochitalienischen Sprache der Gebildeten und vonseiten der sizilianischen Varietät der Einwanderer. Diese ließen sich v. a. in den Städten um den Großen Hafen nieder (Vittoriosa, Cospicua, Senglea, Valletta etc.). Dort wirkte das Sizilianisch-Italienische auf das Maltesische ein, und dort war das Verteilerzentrum für diese Mischsprache, zu der sich das Maltesische entwickelte, und von dort ging dieses Idiom auf die Dörfer hinaus. Das sizilianische Italienisch und das Hochitalienisch lassen sich oft schwer unterscheiden. Es sind zwei Varietäten derselben Sprache. Die Bildungssprache der Malteser war das Italienische. So ist das Geschichtswerk Della Descrittione di Malta, Isola nel Mare Siciliano des Maltesers Abela 1647 auf Italienisch erschienen. Ein wichtiges Instrument zur Standardisierung des Maltesischen ist das maltesisch-lateinisch-italienische Wörterbuch von Mikelanton Vassalli. Der Autor widmet dieses Werk «alla nazione maltese» (Vassalli 1796, III ) und schrieb im Discorso Preliminare dazu Grundsätzliches zur maltesischen Sprache auf Italienisch. Als Malta im Wiener Kongress den Engländern zugesprochen wurde, führten diese ihre Sprache in der Verwaltung ein. Lange dauerte es, bis das Maltesische Bedeutung gewann. Das ganze Kulturleben vollzog sich auf Italienisch. Im Jahre 1838 schrieb eine königliche Kommission in einem Bericht: «[…] The Italian may be deemed the literary and even the written language of the island
XII. Sprachkontakte und Migration
[…]. The Italian, in short, is the language of the Maltese for all purposes but those of familiar conversation» (Marshall 1971, 14). Nach langem Streit wurden 1934 Maltesisch und Englisch zu offiziellen Sprachen Maltas erklärt. Die Sympathien für das Italienische gingen unter im Bombenhagel des 2. Weltkriegs.
5.
Italianismen in den verschiedenen Sprachbereichen
Wie sieht nun die Sprache aus, die durch Isolation vom gesamtarabischen Raum und durch intensiven Kontakt mit italienischen Varietäten entstanden ist? Im Lautsystem wirkt sich die italienische Interferenz stark aus, in der Morphosyntax wesentlich weniger. Zahlreich sind Wörter italienischer Herkunft.
6.
Entarabisierung und Italianisierung des Lautsystems
Wenn wir die Lautsysteme des Arabischen, des Italienischen und Maltesischen einander gegenüberstellen, erkennen wir, dass das Maltesische den größten Teil der typisch arabischen Konsonantenphoneme aufgegeben und italienische Phoneme dazuerworben hat (Gegenüberstellung der Phoneme des Arabischen, Maltesischen und Italienischen: cf. Kontzi 1998, 355 s.). Von 28 arabischen Konsonantenphonemen werden 11 (knapp 40 %) hinter dem velaren Raum artikuliert. Wir können sie als typisch arabisch ansprechen. Kein einziges von ihnen wird im Italienischen im hinteren Mundraum artikuliert. Das heutige Maltesische enthält nur 2 von ihnen: /h und /q/, geschrieben und . Der Verlust der meisten Phoneme im hinteren Artikulationsraum ist dem Italienischen zuzuschreiben und ist ein versteckter Italianismus. Auf der anderen Seite ist der Erwerb der Phoneme /p/, /v/, /ts/, /dz/, /ˇc/ und /g/ durch italienische Einwirkung entstanden und muss auch als Italianismus betrachtet werden.
7.
Tendenzen der Lautentwicklung der italienischen Lehnwörter
Bei ihrer Integrierung ins Maltesische werden italienische Wörter im Wortbau, in der Akzentuierung und im Lautbestand maltesischen Gewohnheiten angeglichen.
157. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Italianismen im Maltesischen
7.1. Synkope von Zwischentonvokalen und Vortonvokalen In der Akzentuierung werden entweder die italienischen Regeln beibehalten, oder es werden die maltesischen beachtet. Daraus ergeben sich die Gestalten der maltesischen Wörter mit oder ohne Synkope: spiritu / spirtu “Geist” (Kontzi 1999, 432). Italienische Zwischenvokale und Vortonvokale fallen im Maltesischen aus: pag˙ na “Seite” < pagina, porvli “Pulver” < siz. purvuli, xabla “Säbel” < sciabola, klamar “Tintenfass” < siz. calamaru (Borg 1978, 137–141). 7.2. Assimilation und Dissimilation Infolge der Vokalausfälle kommt es oft zu Assimilationen, wie in vleg˙ g˙ a “Pfeil” < siz. fileccia, seftur “Diener” < siz. sirvituri. In der Regel ist die Assimilation im Maltesischen regressiv. Auch progressive Assimilation kommt zuweilen vor: ran˙gat “ranzig machen” (cf. it. rancido), per˙zut “Schinken” < ait. persutto. Auch Dissimilation findet sich: skarpan “Schuster” < siz. scarparu, franella “Flanell” < flanella. 7.3. Agglutination und Deglutination des Artikels Agglutination und Deglutination des Artikels sind im Maltesischen nicht selten (Borg 1978, 104): lembut “Trichter” < it. l’imbuto, laptu “Mönchsgewand” < it. l’abito; injam “Holz” < siz. lignami, ittra “Brief ” < siz. littra. 7.4. Metathese Metathese ist bei Liquiden sehr häufig: korla “Zorn” < collera, sufra “Kork” < siz. survaru. Von weiteren lautlichen Veränderungen werden nur die wichtigsten genannt. 7.5. Verschlusslaute /p/: Das Phonem /p/ war den Maltesern am Anfang unbekannt. Zunächst wurde das it. /p/ durch /b/ ersetzt: bi˙cc˙ a “Stück” < siz. piccia, be˙cc˙ un “Taube” < siz. picciuni, bata “leiden” < siz. patiri. Das /p/ konnte auch durch regressive Assimilation vermieden werden in fifra “Flöte” < siz. pifara. Später lernten die Malteser das /p/ zu artikulieren, und heute gibt es viele Wörter mit /p/ in jeder Stellung: port, pipa, presepju, kap, korp. Hyperkorrekt haben wir: c˙ empel “läuten” (cf. it. cembalo). /k/ erscheint im Maltesischen meist als /k/: koxxa “Schenkel” < coscia. In einigen Fällen wird /k/ zu /g/: gandlora “Lichtmess” < it. candelora. Oft zeigt sich it. /k/ als vela-
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res /q/, das heute als [’] realisiert wird: qanpiena “Glocke” < campana, qaqo˙cc˙ a “Artischocke” < siz. cacocciu. 7.6. Die Konsonantenverbindung /sk/ Die romanische Konsonantenverbindung /sk/ bleibt entweder erhalten: skarpan “Schuhmacher” < siz. scarparu, oder sie wird zum Nexus /ˇsk/: xkaffa “Regal” < siz. scaffa, broxk “Bürste” < siz. brusca (Borg 1978, 97). 7.7. Hochitalienischer Konsonantismus – Sizilianischer Vokalismus Vom 16. Jh. an drangen Wörter der italienischen Hochsprache in der Form des hochitalienischen Konsonantensystems ins Maltesische. Brincat (1981, 601–607) weist darauf hin, dass zu dieser Zeit das sizilianische Konsonantensystem nicht mehr produktiv war, während sich bei den Vokalen das sizilianische System durchsetzte, das Varvaro (1988, 719a) beschreibt. Bei den Haupttonvokalen wird das geschlossene /e/ zu /i/, das ˙ geschlossene /o/ zu /u/, und das offene /o/ ˛ er˙ scheint als /o/. Unbetont kennt das Sizilianische nur /a/, /i/ und /u/. Die neuen Wörter aus dem Hochitalienischen werden nach dem sizilianischen Vokalismus integriert, z. B. tila “Leinen”, vu˙ci “Stimme”, rota “Rad”, klassi “Klasse”, abituali “gewöhnlich”, reali˙zmu “Realismus”, storiku “historisch”.
8.
Italianismen in der Morphosyntax
Weniger wirkt das Italienische in der Morphosyntax ein (cf. Krier 1976, 94 ss.; 100 ss.). Eindeutig ist die Interferenz des Italienischen in der Passivbildung. Einerseits finden wir auf das Arabische zurückgehende Verfahren. Andererseits werden in Nachahmung des Italienischen die Hilfsverben kien “sein” (essere) und g˙ ie “kommen” (venire) benutzt (Kontzi 1998, 356b). In Le mie prigioni von Pellico lesen wir auf S. 39: «[…] mi dissero che gli era stato proibito di […]», was übersetzt wird als «[…] qaluli li kien g˙ ie mwissi biex […]» = “dass ihm verboten worden sei […]”.
9.
Italianismen im Lexikon
Zahlreich sind die italienischen Elemente im Lexikon. Zuerst kamen sie als Italianismen sizilianischer Varietät. Sie sind bei Micallef (1959) aufgeführt. Aus dem Sizilianischen stammen z. B. c˙ avetta “Schlüssel”, tilar
1804 “Webstuhl”, baxx “niedrig” (Aquilina 1976, 100–108). Vom 16. Jh. an drang die italienische Hochsprache in Malta ein (cf. 4.). 9.1. Italianismen in verschiedenen Wortarten In allen Wortarten gibt es Italianismen. Substantive: purtier “Pförtner”, firdiferru “Draht” < siz. filu di ferru, k˙cina “Küche”. Adjektive: terribli “schrecklich”, g˙ ust “gerecht”, selva˙gg˙ “wild”, frisk “frisch”. Pronomina: stess “selbst”, altru … altru “der eine … der andere”. Adverbien: terribilment “schrecklich”, g˙ a, dig˙ à “schon”, spiss “oft”. Präpositionen: kontra “gegen”, permezz “durch, vermittels”, skond “gemäß”. Verben: Die aus dem Italienischen ins Maltesische übernommenen Verben sind sehr zahlreich, z. B. pitter “malen”, obda “gehorchen”, a˙cc˙ etta “annehmen”, ikkonvin˙ca “überzeugen”. 9.2. Italianismen in verschiedenen Lebensbereichen Aquilina hat in seinen Schriften immer wieder den Charakter des Maltesischen als einer gemischten Sprache herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang hat er Sachgruppen angegeben, die bes. reich an italienischen Wörtern sind (Aquilina 1970, 9–14; 1976, 100–108). Die von Aquilina angeführten Themen sind: Religion, Monate, Verwandtschaft, Winde, Arzneien, Stadt, Hauseinrichtung, Getränke, Speisen, Blumen, Gewürze, Vögel, Pflanzen, Samen, Fische, Metalle, Mineralien, Seefahrt, Unterhaltung, Erziehung, Berufe, Kleidung, etc. Beispiele: sa˙cerdot, marzu, ziju, xlokk “Südostwind”, ingwent “Salbe”, muni˙cipju “Rathaus”, k˙cina, birra, pastizz “Teigrolle”, g˙ ilju “Lilie”, pitirross “Rotkehlchen”, pastard “Blumenkohl”, lampuka “Tümmler”, ballu “Ball (Tanz)”, spi˙zjar “Apotheker”, glekk “Weste”, arblu “(Schiffs-)Mast”, bron˙z “Bronze”, skular “Schüler”. 9.3. Auflösung der Wortfelder Durch Eindringen von Wörtern italienischer Herkunft ist die formale Einheit von Wortfamilien zersetzt worden. Im Arabischen wird die Grundvorstellung einer Wortfamilie durch die aus drei Radikalen bestehende Wurzel ausgedrückt. Die konkrete Einzelbedeutung jedes Lexems ergibt sich aus der Anordnung von Vokalen um die Radikale herum und durch Präfigierung. So ist die Grundvorstellung des Schreibens in den Radikalen KTB ausgedrückt. Schreiben heißt im Arabischen kataba und im Maltesischen
XII. Sprachkontakte und Migration
kiteb. Bei einigen Lexemen dieser Wortfamilie sind die Radikale im Maltesischen noch sichtbar, z. B. in ktieb “Buch” und in kittieb “Schriftsteller”. Bei anderen Wörtern hat der italienische Eindringling die formale Einheit zerstört. So entspricht dem ar. maktab “Büro” das ma. uffi˙cc˙ ju, dem ar. maktaba “Bibliothek” das ma. librerija bzw. bibljoteka. 9.4. Auflösung des Systems zur Angabe von Berufsbezeichnungen Im klassischen Arabisch werden Berufsnamen nach der Formel KakkaK gebildet, wobei K für jeden beliebigen Konsonanten steht. Berufsnamen dieser Art sind auch im heutigen Maltesischen häufig, z. T. mit geringen lautlichen Veränderungen, z.B. ajjat “Schneider”, sajjied “Fischer”. Dieses einheitliche Bezeichnungssystem ist zersplittert worden durch das Eindringen von Italianismen, z.B. mastrudaxxa “Zimmermann” < siz. mastru d’ascia (“Meister der Axt”), bi˙cc˙ ier “Metzger” < siz. vucceri, surmast “Lehrer” < siz. surmastru (“Herr Lehrer”), bdot “Lotse” < siz. pidotu (Kontzi 1998, 358a). 9.5. Mischformen Häufig sind Wörter, die arabisch / italienisch gemischt sind. Maltesische Beispiele sind sakranazz “betrunken” < ar. sakran “betrunken” + it. Pejorativsuffix -azzo, flokk “statt” < ar. fi “in” + siz. lok “Stelle”. Hierher gehört auch grazzi afna “Danke schön” < it. grazie + afna (zu afna cf. Kontzi 1998, 355a). 9.6. Italienische semantische Strukturen bei maltesischen Ausdrücken arabischer Herkunft Ein Italianismus liegt auch dann vor, wenn ein maltesischer Ausdruck arabischer Herkunft mit den Bedeutungsstrukturen des entsprechenden italienischen Wortes versehen wird. Im Arabischen bedeutet harasa “behüten”, das das ma. ares fortsetzt. Darüber hinaus bedeutet das maltesische Verb auch “betrachten”, was für das Arabische nicht zutrifft (cf. dazu Karten 12, 13, 14 in Kontzi 1982, 86). Das ma. ares hat die Bedeutungstruktur von guardare übernommen, das sowohl “behüten” als auch “betrachten” bedeutet (Kontzi 1998, 359a). 9.7. Malti Safi – “Reines Maltesisch” Im Jahre 1981 sagte mir ein Malteser: «Il maltese puro è il maltese senza parole romanze» und ein anderer äußerte sich: «Il
157. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Italianismen im Maltesischen
maltese puro non esiste». Das Malti Safi ist ein Sprachideal, das nur angestrebt werden kann. Einige Autoren übersetzen falsch, um Italianismen zu vermeiden. Wo im griechischen Original steht (Mat. 4,8) «eis óros hypselón lían» = “auf einen sehr hohen Berg” = “sopra un monte altissimo” übersetzt der Purist Saydon: fuq gebel g oli afna, und die Gaqda Biblika schreibt: fuq muntanja afna. Um den allein möglichen Ausdruck muntanja zu vermeiden, übersetzt Saydon falsch, denn gebel bedeutet nicht “Berg” sondern “Stein”. Panzavecchia äußerte sich schon vor 150 Jahren zu den Italianismen in der Einführung in sein (nicht gedrucktes) maltesisch-italienisches Wörterbuch: «Noi abbiamo aggiunto ancora gl’italianismi. Ma questi non sono termini maltesi dirà taluno, perchè dunque metterli nel dizionario. Rispondiamo: Giacche sono adottati gli termini, sono ipso jure addivenuti pertinenza della lingua maltese. […] Noi abbiamo […] posot per regola che un forestiere debba trovare del dizionario tutte le parole che sente usate dai maltesi».
Demnach gilt für Panzavecchia: Was die Malteser selbst gebrauchen, ist maltesisch (Kontzi 1999, 428). 9.8. ‘Gelehrte Wörter’ Bildungslehnwörter, die im Französischen als mots savants dem Lateinischen entnommen werden, holt der Malteser aus dem Italienischen. Gelehrte und moderne Ausdrücke, ebenso abstrakte Vorstellungen, erscheinen als Italianismen. Sie geben einem maltesischen Text italienischen Aspekt und sind außerordentlich häufig. Dass z. B. xmara ein Italianismus ist, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, wohl aber wird man ohne weiteres das maltesische Wort g˙ enerazzjoni dem Italienischen zuordnen. Die Zeitungen sind voll von Ausdrücken dieser Art. So lesen wir in der Zeitung In-Nazzjon vom 7. April 1998 als Überschrift: «IlBarija u Gar il-Kbir dikjarati Z˙oni ta’Importanza Arkeolog˙gi˙ci» (“Il-Barija und Gar il-Kbir zu Zonen von archäologischer Bedeutung erklärt”).
10. Integration italienischer Ausdrücke in das arabisch bestimmte Formensystem Die Italianismen werden auf maltesische Weise ins morphologische System integriert.
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Typisch arabisch ist der ‘gebrochene Plural’ von Substantiven. Dabei werden um die drei Wurzelkonsonanten herum die Vokale jeweils variiert und anders angeordnet. Z. B. heißt der Plural zu triq “Straße” toroq. Nach diesem Verfahren werden oft auch von Italianismen Plurale gebildet. Zu forma “Form” heißt der Plural forom. Zu martell “Hammer” heißt er mrietel. Verben: Wie italienische (und englische) Verben ins maltesische System integriert werden, stellt Mifsud in seiner Monographie über die Lehnverben (Mifsud 1995) ausführlich dar. Maltesische Verben mit -a an der Stelle des letzten Radikals dienen als Muster für die Konjugation vieler Lehnverben aus dem Italienischen. So wie qara (“lesen”) im Perfekt konjugiert wird qrât, qrajt, qraw, qrajtu, qrajna, wird auch der Italianismus kanta “singen” gebeugt: kanta, kantât, kantajt, kantáw, kantajtu, kantajna (cf. auch Ambros 1998, 153–158). Eigenartigerweise wird der Anlautkonsonant von Verben aus dem Italienischen «sehr oft geminiert», wobei ein Hilfsvokal i davortritt, z. B. ittratta “behandeln” < trattare (ib., 153), aber «certain Romance Maltese verbs […] do not display initial gemination» (Borg 1978, 110). Wir haben also (i)pprova “beweisen”, (i)vvjag˙ g˙ a “reisen”, aber salva “retten”, bata “leiden”. Mifsud (1995, 155) hält es für möglich, dass hier zwei zeitlich verschiedene Schichten sichtbar werden. Die Verben ohne Gemination sind wohl früher gekommen, während die geminierten neueren Datums sind.
11. Rückkehr des Italienischen durch das Fernsehen Nach dem 2. Weltkrieg hatte das Italienische sehr an Prestige und Verbreitung verloren, und es bestand die Gefahr, dass es allmählich verschwinde, aber sein Abstieg wurde ab 1957 durch das Fernsehen gestoppt. Durch das neue Kommunikationsmittel ist das Italienische die Sprache der Information und der Unterhaltung geworden. Kinder sehen gerne die cartoni animati, für die Hausfrauen gibt es telenovelas, und die Männer interessieren sich für den Sport. Die Kinder verbringen 2–4 Stunden täglich vor den Bildschirmen. Brincat (1992, 14) sagt dazu: «[…] hanno l’italiano, per così dire, nell’orecchio fin dalla nascita». Das Verstehen wird dadurch erleichtert, dass das Maltesische 55 % Italianismen enthält (Brincat
1806 1992, 14), an die das Verständnis anknüpfen kann. Das gilt auch dann, wenn man bedenkt, dass die Frequenz des Vorkommens in Texten und in der Rede mit 22,34 % wesentlich geringer ist. Noch auf andere Weise wirkt das Italienische: Durch das Fernsehen werden die im Maltesischen vorhandenen Italianismen bestärkt und können nicht durch Puristen ausgemerzt werden.
12. Literatur Ambros, Arne A., Bong˙ orno, kif int? Einführung in die maltesische Sprache, Wiesbaden, 1998. Aquilina, Joseph, Papers in Maltese Linguistics, Malta, 1970. –, Maltese Linguistic Surveys, Malta, 1976. Blouet, Brian, The Story of Malta, Malta, 41989. Borg, Alexander, A Historical and Comparative Phonology and Morphology of Maltese, Diss. Hebrew University, Jerusalem, 1978. Brincat, Giuseppe, Etimologia e lessico dialettale nel maltese: il carattere meridionale della componente romanza, in: ACSDI XII (1981), 597–608. –, La Lingua Italiana a Malta: Storia, Scuola e Società, QIICM 1992. Brincat, Joseph M., Malta 870–1054. Al-Himyari’s Account and its Linguistic Implications, Valletta, 1995. CEI = Conferenza Episcopale Italiana, La sacra Bibbia, Roma, 1974. De Simone, Adalgisa, Per un lessico dell’arabo in Sicilia, in: Brincat, Joseph M. (ed.), Languages of the Mediterranean. Substrata. The Islands. Malta, Malta, 1994, 105–118. Caqda Biblika, Il-Bibbja. Il-Kotba Mqaddsa mig˙ juba bil-Malti mill-ilsna ori˙ginali l-Lhudi u l-Grieg, Malta, 1984.
XII. Sprachkontakte und Migration Kontzi, Reinhold, Maltesisch: Sprachgeschichtliche und areallinguistische Aspekte, in: Ureland, Per Sture (ed.), Die Leistung der Strataforschung und der Kreolistik. Typologische Aspekte der Sprachkontakte. Akten des 5. Symposions über Sprachkontakt in Europa (Mannheim 1982), Tübingen, 1982, 63–87. –, Maltesisch, in: LRL 7 (1998), 347–365. –, Wort und Schrift. Des Kanonikus Fortunato Panzavecchia Bibelübersetzung ins Maltesische, Tübingen, 1999. Krier, Fernande, Le maltais au contact de l’italien, Hamburg, 1976. Luttrell, Anthony, Approaches to Medieval Malta, in: id. (ed.), Medieval Malta. Studies on Malta before the Knights, London, 1975, 1–70. Marshall, David, The History of Maltese Language in Local Education, Malta, 1971. Micallef, John, The Sicilian Element in Maltese, Diss. London, 1959. Mifsud, Manwel, Loan Verbs in Maltese. A Descriptive and Comparative Study, Leiden / New York, 1995. Saydon, Pietru Pawl, It-Testament il-Gdid, Maqlub g all-Malti mill-Grieg, So˙cjetà tad-Duttrina Nisranija, Blata l-Bajda, 1977. Varvaro, Alberto, Italienisch: Areallinguistik XII . Sizilien, in: LRL 4 (1988), 716–731. Vassalli, Michelantonio, Lexicon Melitense-Latino-Ittalum, Romae, Fulgoni, 1796 (darin: Discorso Preliminare, VII –XLIV ). Wettinger, Godfrey, Plurilingualism and Cultural Change in Malta, MedLR 6–7 (1993), 145–160.
Reinhold Kontzi, Stuttgart † / Johannes Niehoff-Panagiotidis, Budapest / Isabel Toral-Niehoff, Freiburg
158. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen Romanismes dans les langues non romanes: gallicismes 1. 2. 3. 4.
Europa Afrika Asien Literatur
1.
Europa
Lexikalische Entlehnung aus der französischen Sprache in andere europäische Sprachen ist bestimmt von einem hervorragen-
den kulturellen Einfluss, von einer Vorbildfunktion Frankreichs v. a. in Bereichen wie Literatur, bildender Kunst, Philosophie, Naturwissenschaft, Staatskunst und Administration ebenso wie Mode und Lebensart. Der Einfluss ist stark auf die größeren Sprechergemeinschaften beschränkt, in denen soziale und feudale Eliten vorhanden sind, oder auch bürgerliche intellektuelle Eliten, die sich am französischen Vorbild orientie-
158. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen
ren. Auf kleinere Sprechergemeinschaften, z. B. mit bäuerlicher Sozialstruktur, ist der Einfluss eher gering. Teilweise bestehen weniger gute Voraussetzungen für Entlehnungen aus dem Französischen in solche Sprachen, bei denen die Bemühungen um die Findung einer schriftsprachlichen und literarischen Norm lang andauern und bei denen in der Suche nach einer kodifizierten Norm auch Phasen des Purismus zu beobachten sind. Über die Fragen der Kodifizierung und Normierung der europäischen Sprachen informieren Janich / Greule (2002). 1.1. Nordeuropa Ohne dass zur Entlehnung ins Dänische historisch-lexikologische Information zu finden wäre, zeigt doch HLF (1967, vol. 8/1, 403–422) die engen kulturellen Beziehungen zwischen Dänemark und Frankreich seit dem 12. Jh. auf. Beispiele für entlehnten Sprachgebrauch beziehen sich auf Einzeltexte wie Schriften des Königs Christian V. aus dem 17. Jh. (ib., 407) und einzelner Schriftsteller aus dem 18. Jh. (ib., 413; 418). Für Hansen (1985) ist das Französische im 17./18. Jh. eine dominante Spendersprache (ib., 69 s., nach Beinke 1990, 261). Im Zeitraum 1955–75 liegt das Französische als Ausgangssprache nach einer Auszählung zum Neologismenwörterbuch von Riber Petersen (1984) mit 30 Entlehnungen an vierter Stelle hinter Englisch, Schwedisch und Deutsch (letzteres mit 45 Entlehnungen) vor Norwegisch (16 Entlehnungen) (nach Beinke 1990, 260s. + n.16). Integrierte französische Lehnwörter sind nach Dahlerup (1905, 68) adrœt, brysk, Sky (< jus). Humanistischen Ansätzen (cf. Heininen 1999) folgte für das Finnische eine lang währende schwedische politische und sprachliche Dominanz; es wurde nicht in demselben Maß wie andere Sprachen kodifiziert und literarisiert. Damit war es den Einflüssen des Französischen offenbar weitgehend entzogen. Collinder (1965, 21 s.) formuliert poetisch: «Auf die finnische Kultursprache fiel ein Reif, bevor sie aufgeblüht war. […] In ihrer Waldeinsamkeit ist sie der Lateinherrschaft, der Beeinflussung durch das Deutsche […] und den unzähligen französischen Modewörtern entgangen […]». Mit der stärkeren Aufmerksamkeit für die finnische Sprache seit der Romantik werden v. a. Wörter neu gebildet, aber schwer auszusprechende oder schwer im Gedächtnis zu behaltende
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Fremdwörter vermieden (ib., 67). Unterschiedliche Positionen zur gezielten Sprachpflege und die Sorge um die finnische Standardsprache im Zuge der Internationalisierung artikuliert Hurtta (1999, spez. 102 s.). Auf das Isländische scheint in neuerer Zeit im Gegensatz zu dem Lateinischen, Dänischen, Niederdeutschen und später Englischen das Französische weniger Einfluss gehabt zu haben, sieht man von Einzelfällen ab, wie dem unter dänischer und norwegischer Herrschaft vermittelten kurteis “höflich” (Pétursson 1978, 140–151, spez. 146). Insges. wird geurteilt, dass das Isländische im Vergleich zu den anderen skandinavischen Sprachen «seinen starken Konservatismus in der zögernden Aufnahme von Fremdwörtern» zeigt; Hintergrund ist auch das Selbstbewusstsein der langen schriftlichen Überlieferung seit etwa 1100, die auch «unter norwegischer (1262–1380) und dänischer Herrschaft (1380–1944)» nicht unterbrochen wurde (Haugen 1984, 34 s.). Zum Norwegischen existieren literarische Zeugnisse seit dem 11. Jh. (Sandøy 2002, 178b); für spätere Zeit gilt dann lange der Status einer ‘Bauernsprache’ der Gebirgstäler und der anderen Landbevölkerung, in den Städten Norwegens wird Dänisch gesprochen. In der Verteidigung der Eigenständigkeit der Sprache wird in einem Dokument von 1802 ausgeführt, dass «man sagen kann, es fehle ihr nur eine Tradition als Schriftsprache, um als unabhängige Sprache zu gelten» (Haugen 1984, 543). Die späte Kodifizierung des Norwegischen im 19. Jh., mit den Varianten «Bokmål» und «Landsmål / Nynorsk» (Sandøy 2002, 178– 185; Haugen 1984, 38–42), fällt in eine Zeit, in der französischer Einfluss auf die Sprachen Europas abnehmend war. Auf das Schwedische gibt es einen frühen Einfluss des Französischen. Schon für das 13. Jh. ist eine intellektuelle Orientierung Schwedens an Frankreich nachzuweisen: 1291 findet sich eine Empfehlung des ‘Parisiense studium’ in den Statuten des Kollegs von Uppsala, nachdem 1285 in Paris ein Haus zur Unterbringung der schwedischen Studenten erworben worden war (Boyer 1988, Tafeln 1–2, nach p. 8). Vielfältig ist über Jahrhunderte die Rezeption französischer Philosophie, Literatur und Kunst (cf. Proschwitz 1988). Schwedische Soldaten dienen im Straßburger «Royal Suédois» (Hansén 1988, 199). Der französische Marschall
1808 Jean-Baptiste Bernadotte wird 1810 zum schwedischen Kronprinzen gewählt und 1818 als Karl XIV. Johann erster König der seither bestehenden Dynastie. Aus einer Zeit, in der die französische Sprache an den Höfen, in der Diplomatie und unter Gebildeten weit verbreitet ist, sind auch Dokumente mit dem für Reiseberichte typischen Verfahren des vielfach ‘zitierenden’ Sprachgebrauchs überliefert, so die Briefe und das Tagebuch des schwedischen Erziehers und Intellektuellen Björnståhl, welche z. T. für die Veröffentlichung in schwedischen Zeitschriften bestimmt waren. Erstdatierungen findet man z. B. für Abbé, Agriculture(n), Amant(en), boiserie(r), Cosmopolite, energique (zu den späteren energik und energisk), Niece (Arthur 1988, 167). In diesen Texten lässt sich insbes. die Integration ins Schwedische studieren, von der Flexion der Verben mit dem Infinitiv auf -era bei engagera, reussera, dependera (< engager, réussir, dépendre) über die Verwendung des enklitischen Artikels beim Substantiv (Fauxbourgen, Portraitet) bis hin zum Superlativ der Adjektive (de gracieusaste termer). Auch die Variationen beim Gebrauch mehrwortiger Ausdrücke (par excellence neben på raillerie) dokumentieren verschiedene Grade der Integration (ib., 164s.). Wessén (1968, 153) verweist auch auf die Auswanderung von Hugenotten nach Schweden, von wallonischen Schmieden in die schwedischen Eisenhütten und von Kaufleuten und anderen Gewerbetreibenden. Als Beispiele für Entlehnungen nennt er nur affär, respekt, trafik, wobei er aber Hinweise auf ältere spezielle Literatur gibt, wie Blanck (1941) und Nordfeldt (1901–34) (ib., 153 n.2). Eine detaillierte Analyse des Verhältnisses von phonetischer und graphemischer Ebene bei den Entlehnungsresultaten ins Schwedische geben Bonner / Fix (1991, 6–32); auch über die historische und kulturhistorische Dimension informieren sie mit vielen Beispielen von batalj aus dem Bereich Militär über champinjon, kräm, sås aus dem Bereich Essen bis zu pjäs oder ridå aus dem Bereich Theater (< bataille, champignon, crème, sauce, pièce, rideau) (ib., 1–6), ergänzt durch eine reichhaltige bibliographische Information (ib., 32–35). Listen von Entlehnungen finden sich auch in HLF 1967, vol. 8/1, 443 s.). 1.2. Westeuropa Eine Beeinflussung des Bretonischen (Mittelbretonisch, 14.–16. Jh.), die dem Einfluss
XII. Sprachkontakte und Migration
des Französischen auf das Englische vergleichbar sei, konstatiert Piette (1969, 203). Offene Fragen betreffen die Verteilung auf mündlichen oder schriftlichen (literarischen) Gebrauch und die nach Land oder Stadt unterschiedliche bilinguale Situation der Bretagne (ib., 204–208). Eine starke Tendenz zur Veränderung entlehnter Einheiten konstatiert Ternes (1998, 286): klemm “klagen”, chom “bleiben”, kas “schicken, senden” (< clamer “schreien”, chômer “arbeitslos sein”, chasser “jagen”). Ins Englische findet Entlehnung aus dem Französischen schon vor 1066 statt. Es wird vermutet, dass viele englische Mönche im 10. und 11. Jh. in Frankreich studierten. Lehnwörter im Altenglischen sind z. B. bacun, castel oder prud (später engl. bacon, castle, proud) (Crystal 1997, 27). Die Hauptzeit der französischen Beeinflussung reicht von 1066 bis 1204 mit einer bilingualen Situation zwischen normannischen Eroberern und damit einer französischsprachigen Oberschicht und angelsächsischer Bevölkerung (ib., 30). Der Einfluss ist so intensiv, dass bei McArthur (1992, 148) formuliert sein kann: «Medieval loans from French have given English much of the look of a Romance language». Die entlehnten Einheiten beziehen sich auf viele Bereiche wie Adel (count, duchess, duke, prince, princess etc.), Verwaltung, Gesetz und Religion (authority, bailiff, parliament etc.), Militär (enemy, lieutenant, sergeant etc.), Küche, Mode, Kunst oder Wissenschaft (beef, biscuit, fruit, button, jewel, colour, surgeon etc.) (Crystal 1997, 47). Den Austausch altenglischer Wörter wie milts oder sige durch aus dem Französischen entlehnte mercy oder victory thematisiert Burchfield (1985, 14 s.). Zu dieser Entwicklung gehört dann auch die Übernahme literarischer Themen und Terminologien (ib., 16 s.). Die Entlehnung von Tierbezeichnungen wie beef und mutton ist alt, die Festlegung auf die Bedeutung des zubereiteten Fleischs beginnt erst im 18. Jh., die Einführung von Kochtermini wie Béarnaise sauce oder coq au vin im 19. Jh. (ib., 18 s.). Häufig fällt die Entscheidung schwer, ob ein Ausdruck aus dem Französischen entlehnt wurde oder direkt einen lateinischen Ursprung hat, z. B. in Fällen wie conclusion (fr. conclusion, lat. conclusionem) (ib., 26). Französische Ausdrücke sind in der Literatur des 19. Jh. noch häufiger anzutreffen, z. B. blasé, femme de chambre, jeune fille etc., haben dann aber deutlich abnehmende
158. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen
Tendenz (ib., 47). Eine ältere umfassende lexikalische Studie zum 18. Jh. mit zahlreichen Kommentaren existiert von Leidig (1941). Die neuere Studie von Jost (1981) zu den Entlehnungen von 1750–59 umfasst nur einen Zeitraum von zehn Jahren, analysiert dafür aber sorgfältig die kulturhistorischen Zusammenhänge und Hintergründe der Zeit. Eine statistische Analyse der Lehnbeziehungen Französisch-Englisch legt Gebhardt (1975) vor. Eine nach Sachgruppen geordnete und ausführlich kommentierte Liste von Entlehnungen aus Texten des 18. Jh. bietet HLF (1967, vol. 8/1, 292–329). Bei den Entlehnungen ins Kymrische (Sprache von Wales) ist weitgehend unsicher, ob sie direkt aus dem Französischen oder indirekt über das Englische erfolgt sind. Die Entlehnung aus dem Englischen ist über Jahrhunderte intensiv (Lewis 1989, 93), vielleicht direkt aus dem Französischen entlehnt sind u. a. twrneimant “Turnier”, twr ˆ “Turm” (< tour), bwrdais “Bürger” (< bourgeois) und die Varianten orloes, orlaes, orlais “Uhr” (< horloge) (ib., 100 s.). Ein kontinuierlicher französischer Einfluss auf das Niederländische besteht seit der Epoche des Mittelniederländischen (12.– 16. Jh.) bis ins moderne Niederländische (seit dem 16. Jh.). Die Bedingungen für Entlehnung sind dabei im Sprachgebiet nicht einheitlich; ein Teil des niederländischen Sprachgebiets gehört heute zum Staatsgebiet der Niederlande (die Sprache wird öfters verkürzend ‘Holländisch’ genannt), ein Teil zum Staatsgebiet von Belgien (gegründet 1830; die regionalen Sprachformen werden auch ‘Flämisch’ genannt), dort mit den weiteren Staatssprachen Französisch (die regionalen Sprachformen werden auch ‘Wallonisch’ genannt) und Deutsch. Schon seit dem 12. Jh. hatte die Nachbarsprache Französisch großen Einfluss auf die höfische Kultur und den Handel der Region (Brachin 1987, 27), noch stärker seit dem 15. Jh., als Brabant zum Herzogtum Burgund gehörte und die Hauptstadt Burgunds von Dijon nach Brüssel verlegt wurde (ib., 30). Französisch wird Sprache der Verwaltung, und Entlehnungen ins Mittelniederländische finden sich in verschiedensten Bereichen, bis hin in den Gefühlswortschatz mit grief “Beschwernis” und spijt “Bedauern” (< grief, afr. despit (fr. dépit)) (ib., 31). Eine größere Anzahl von Entlehnungen ins Mittelniederländische wird bei Vekeman / Ecke (1992, 83) aufgezählt, allerdings ohne Datierung
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und ohne Etymologie. Im 17. Jh. ist der französische Einfluss bes. deutlich, z. B. im juristischen Bereich mit permissie, annexeren (< permission (oder lat. permissio?), annexer), mit mehrwortigen Lehnübersetzungen wie staat van beleg “Belagerungszustand”, staat van zaken “Sachstand”, partij trekken van “Vorteil ziehen aus” (< état de siège, état de choses, tirer parti de), und als nicht sehr gehoben empfundenen Ausdrücken wie mankement “Fehler, Gebrechen”, magnifiek “prächtig”, apart “gesondert» (< manquement, magnifique, à part). Sprachpuristen zielen darauf ab, Ausdrücke wie orateur “Redner” durch redenaar zu ersetzen (Brachin 1987, 41 s.). Der Autor van Effen soll gewitzelt haben, «’t is so glissant, dat had ik Mejuffer niet gesouteneert, zy zekerlyk zoude getombeert hebben» (< glissant, soutenir, tomber; Mejuffer “gnädiges Fräulein”) (Vekeman / Ecke 1992, 133). Einen speziellen Überblick für den südniederländischen / belgischen Gebietsteil bietet Vreese (1899). Auf der Basis einer soziolinguistisch orientierten Sprecherbefragung in Brüssel untersucht Treffers-Daller (1994) verschiedene Dimensionen von Codewechsel und Entlehnung zwischen Französisch und Niederländisch. Die historischen Hintergründe und die Vielfalt der Sachgebiete der Entlehnung behandelt Salverda de Grave (1913). Eine Liste von Entlehnungen gibt HLF (1967, vol. 8/1, 228 s.). 1.3. Mittel- und Osteuropa Für das Deutsche sind zwei Phasen des großen französischen Einflusses zu unterscheiden: im hohen Mittelalter, «als Vorbild höfischer Sitte und ritterlichen Lebens» und vom Ende des 16. bis zum 19. Jh. (Kratz 1968, 445). Die Situation nach 1600 ist zeitweise von der Zweisprachigkeit in höheren Kreisen geprägt, und Voltaire soll 1750 vom Hof Friedrichs des Großen aus Potsdam berichtet haben: «Je me trouve ici en France. On ne parle que notre langue, l’allemand est pour les soldats et pour les chevaux […]» (ib., 446). Einen Überblick über verschiedene Phasen und Zusammenhänge der deutsch-französischen Sprachkontakte bietet Kramer (1992). Die Statistik auf der Basis des Registers im Deutschen Fremdwörterbuch von Schulz / Basler (1986) zeigt das deutliche Ansteigen von Entlehnungen aus dem Französischen seit ca. 1580 (Grafik in Polenz 22000, vol. 1, 211), eine Tendenz, die sich über 1660 hinaus fortsetzt und verstärkt
1810 (Grafik in ib., 1994, vol. 2, 78), mit Französisch als stärkster Ausgangssprache für Entlehnungen im 18. und 19. Jh., mit der Wende zum 20. Jh. abnehmend und, mit entsprechender Zunahme englischer Elemente, stark reduziert auf zuletzt unter 10 % nach dem Zweiten Weltkrieg (Grafik in ib., 1999, vol. 3, 393). Nach dem größeren französischen Einfluss im höfischen Mittelhochdeutschen wird mit der Renaissance das Italienische als beeinflussende Sprache vorübergehend wichtiger. Ab etwa 1560 erfolgen dann wieder stärker Entlehnungen aus dem Französischen, mit verschiedenen Schwerpunkten: Kriegswesen (Admiral, Artillerie, Bagage, Bresche etc.), Verwaltung und Politik (Gouverneur, Kanton, Rebell etc.), Wirtschaft und Verkehr (Adresse, Journal, Paket etc.), Geselligkeit, Ethik und höfisches Leben (Biscuit, Courage, Fasson, passabel etc.), Architektur und Kunst (Farce, furnieren, Garderobe, violett etc.) (ib., 22000, vol. 1, 220 s., Kap. 4.7.J). Breiten Raum beansprucht der französische Lehneinfluss im Deutschen des 17. und 18. Jh. Hier wird zuerst während des Dreißigjährigen Krieges (1618–48) Kriegsterminologie, später höfischer und hofnaher «Alamode-Wortschatz» entlehnt (ib., 1994, vol. 2, 80, Kap. 5.4.D; als einführende Darstellung auch Helfrich 1990). In der zweiten Hälfte des 17. Jh. werden Ausdrücke aus den Bereichen Handel (banquier, en gros), Transport (équipage, fiacre), Speisekultur (bouillon, gelée), Kleidungskultur (corset, cravatte), Möbel (commode, meublieren) etc. entlehnt (ib., 82, Kap. 5.4.E). Eine dritte Phase (bis 1815) weist Entlehnungen auf, wie Tantième, Manöver, Bonbon, Broschüre, Debüt, Nuance, Esprit, lila, Manipulation, Bourgeois etc. (ib., 83, Kap. 5.4.F). Zu dieser Phase der Entlehnung sind die Idee der Auffüllung lexikalischer ‘Lücken’, semantische Verschiebungen, grammatische, phonetische, graphemische Integration, das Phänomen der Lehnwortbildung und die Entlehnung in deutsche Dialekte wichtige Themen (ib., 84–101, Kap. 5.4.G–S). Lexikologische Detailanalysen für zwei historische Zeiträume liegen vor von Jones (1976) für die Zeit zum letzten Viertel des 16. Jh. bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges von 1575–1648 und von Brunt (1983) für die nachfolgende Periode von 1649–1735. Brunt zeigt in seiner auf der Auswertung vieler Originalquellen basierten und wirtschaftsgeschichtlich orientierten Untersuchung auf, welcher Bedarf
XII. Sprachkontakte und Migration
an den Höfen in Deutschland und Österreich an französischen Luxuswaren bestand (dt. Cravatte, Brillant, Bracelet etc.), aber auch an der Aufnahme französischer Kultur in Bereichen wie Küche oder Lebensart (dt. Grillade, Ragoût, marinieren … Bal, Divertissement, Gavotte … – ib., 26 s.), wie diese Tendenzen dann auch gezielt kritisiert und bekämpft wurden. Das angeschlossene Wörterbuch enthält aber von abaissieren (< abaisser “humilier”) über incommodieren (< incommoder “mettre mal à l’aise”) bis voyageur (< voyageur “celui qui voyage”) auch zahlreiche andere aktuelle Entlehnungen. Trotz ‘Franzosenfeindlichkeit’ im 19. Jh. (seit 1813 und 1871) sind die ‘Gallicismen’ häufig, wie die Eintragungen unter dem Buchstaben C in einem Fremdwörterbuch zeigen: Café, Camembert, Chaiselongue, Chambre séparée, Champagner, Chance, Chanson, Charge, Charme, Chauffeur, Chaussee, chic, Chose, Clique, Clou, Cognac, Communiqué etc. (Polenz, 1999, vol. 3, 392, Kap. 6.10.B). Nicht historisch, sondern systematisch unter den Gesichtspunkten der phonemischen, graphemischen, morphologischen und lexikalisch-semantischen Integration untersucht Volland (1986) Gallizismen im Deutschen. Lüdtke (1984) kommentiert die verschiedenen Phasen der Entlehnung ins Deutsche mit zahlreichen Beispielen, die aus einer umfangreichen Auswertung bisheriger Studien zusammengetragen sind. Darüber hinaus spricht er eine ganze Reihe von Punkten an, die in der sonstigen Fachliteratur weniger vorkommen; zum Beispiel problematisiert er die Neigung der Philologen, den Textbeleg als Erscheinungsform entlehnter Einheiten zu verabsolutieren, also die Vision von Erstbeleg und Weitergabe von Text zu Text unter Vernachlässigung der Mündlichkeit (ib., 873a). Er betont, dass es sich bei sprachlicher Entlehnung um langfristig wiederholbare Prozesse handelt und nicht unbedingt um eine einmalig geschehene «Übernahme» (ib., 872). Einen Überblick zu «Schichtungen» der Entlehnung ins Deutsche gibt Thiele (1993), was die Zuordnung von entlehnten Einheiten zu den historischen Phasen, zu regionalen Ausprägungen und die Analyse verschiedener Integrationsebenen umfasst; die Integration wird dargestellt für Phonologie, Graphematik und Morphologie (mit Bezug auf Genus, Wortbildung, lexikalischsemantische Ebene). Mit den Lehnübersetzungen befasst sich Kowallik (1993), wobei
158. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen
sie Unsicherheiten der Zuordnung zu einer bestimmten europäischen Ausgangssprache bespricht, sowie eine Abgrenzung von Lehnübersetzung zu Lehnübertragung und Lehnbedeutung vornimmt. Zur Entlehnung im 17. Jh. liefert HLF (1966, vol. 5, 363–370) Texte und Wortlisten. Verschiedene Abhandlungen und Tabellen zur Entlehnung ins Deutsche enthält auch HLF (1967, vol. 8/1, 681–745). Die Dialekte des Deutschen sind vielfach auf die Aufnahme französischer Lexik hin untersucht worden. Durch die wechselnde Geschichte militärischer Besatzungen standen v. a. die westlichen Dialekte des Deutschen noch mehr als das Standarddeutsche unter französischem Einfluss. Zahlreiche ältere Untersuchungen werden bei Post (1982, 25–31) zitiert, er arbeitet auch die theoretischen Grundlagen auf und unterscheidet z. B. zwischen «Grenzentlehnungen» und «Fernentlehnungen» und bei ersteren nochmals, bezogen auf das Rheinland, zwischen Entlehnungen mit Merkmalen von Dialekten des nördlichen Galloromanischen und Entlehnungen ohne erkennbaren Einfluss der Dialekte (ib., 315–319), beschränkt sich allerdings bei seiner eigenen Untersuchung auf den ‘landwirtschaftlichen Sachwortschatz’. Entlehnungen in deutsche Dialekte, auch über Vermittlung anderer Sprachen, und Entlehnungen aus ostfranzösischen Dialekten werden zitiert von Haubrichs / Pfister (1998, 246 s.): köln. balantz “Bilanz” (< ndl. balans < fr. balance), mhd. beas “schön” (< awallon. / alothr. beas). Lehnprägungen sind mhd. grôzvater (mnd. grootvader < afr. grand-père) und in neuerer Zeit Blumenkohl oder Schöngeist (< fr. choufleur, bel esprit) (ib., 251). Eine Reihe von Beiträgen zum Französischen in deutschen Dialekten mit Hinweisen auf weitere Literatur enthält der Sammelband von Kramer / Winkelmann (1990). Man findet darin Beiträge zur Sprachpolitik im Rheinland (Kramer, 89–102), zum Wortschatz im Rheinischen (Windisch, 103–115), in Köln (Greive, 117–124), im Siegerland (Kowallik, 141– 192), in Mannheim (Winkelmann, 125–139) etc. Mit romanischer Herkunft konkurrieren lateinische Etymologien wie bei rhein. Kappes “(Weiß-)Kraut” und “Unsinn” von mlat. caputia (Windisch 1990, 105; nach DudenDU 21989 auch standardsprachlich). Einige Entlehnungen sind lokal dokumentiert, darüber hinaus aber auch weiträumiger regionalsprachlich verbreitet oder evtl. stan-
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dardsprachlich, z. B. für Mannheim Bagáasch “Gesindel”, Pigg “heimlicher Groll”, Deeds “Kopf ” (Winkelmann 1990, 130 s.), verzeichnet in DudenDU (21989) als dt. Bagage, Pik und dt. regional Dez, auch Deez. Zum Rheinland sind außerdem zu nennen Dahmen / Kramer (1993) und Platen (1993) mit Studien zur Mundart von Köln. Einen Schwerpunkt auf die Gallizismen von Berlin legt Thiele (1993) mit Beispielen auch für Phraseologismen wie jeder nach seinem Schaköng (< chacun (à son goût)) und Pleonasmen wie schräg vis-à-vis-jejenüber (ib., 10). Sehr unterschiedlich sind die Monographien zu einzelnen Dialekten: Hilgert (101996) präsentiert rheinhessische Dialektformen in gereimten Versen, angereichert mit etymologischen Erläuterungen, z. B. (ib., 34) die Ausdrücke Scholli als Moi liewer Scholli (< fr. joli; mein lieber Scholli!; auch in DudenDU 21989) oder Schmaatfuttche “schmeichlerischer Mensch” (< fr. je m’en fous + Personalsuffix; cf. auch dt. schmafu “schäbig, schuftig” [österr. mundartl., bes. wiener.] in DudenDU 21989). Auf veröffentlichten Dialektbeschreibungen und eigenen Befragungen basiert das Wörterbuch saarländischer Gallizismen von Albrech / Raasch (1987); Beispiele sind in phonetischen und semantischen Variationen dokumentiert, z.B. Briambel “Gerede, Genörgel […]”, auch mit dem Verb briambele “unnötiges Zeug reden” oder Uwweraasch “Durcheinander, Unordnung, Aufhebens, Betriebsamkeit […]” (< fr. préambule(s), ouvrage) (s. v.). Eine Reihe von Entlehnungen wie sals “Brühe, Würze” (< afr. salse) in die Dialekte von Tirol nennt Schneider (1963, 580–583). Entlehnungen in württembergische Dialekte dokumentiert umfangreich Kirchmeier (1973), auch in Form eines Wörterbuchs, wobei allerdings aus Beispielen wie Garage, Gardine (neben Brisebise), Garderobe, garnieren etc. (ib., 254 s.) deutlich wird, dass die Zurechnung des lexikalischen Typus zwischen Dialekt und Standarddeutsch problematisch ist; phonetische Spezifik ist erfasst, ebenso wie regionale Wortbildungsentwicklung, am Beispiel Bonbon: [bómbo, bómbole] (ib., 236). Eine Übersicht über lexikalische Elemente des Bairischen, für die Herkunft aus romanischen Sprachen, insbes. aus dem Französischen, vermutet wurde, findet sich bei Wolf (2003). Für das Estnische werden schon vor dem 17. Jh. 78 Gallizismen gezählt (Treiman 1974, nach Bankars 1986, 43). In einer ansonsten
1812 auch das Lexikon ausführlich berücksichtigenden Darstellung wird Entlehnung aus dem Französischen kaum thematisiert: «Cultural borrowings from English and French are numerous, as can easily be demonstrated by quoting even a smaller dictionary of Estonian which lists words like baar, bagatell, bandaaˇz, barjeäär, etc.» (Raun / Saareste 1965, 50). Im Lettischen sind erste Gallizismen wie rozines und perle 1638 belegt. Bis zum 17. Jh. treten Gallizismen v. a. durch die Vermittlung der deutschen Sprache, später zunehmend auch durch Vermittlung des Russischen auf. Eine größere Zahl von Entlehnungen ins Estnische haben Parallelen im Lettischen, wie kapteinis, kapralis, patru¸la, ... biskvits, kompots, krems, buljons, ragu (Bankavs 1986, 43 s.). Ein Teil der lettischen Gallizismen wird in Fremdwörterbüchern des 19. Jh. nicht mehr aufgeführt, da sie sich ‘eingewurzelt’ haben wie avansemanga “Aufrücken in eine höhere Stellung”, andere geraten außer Gebrauch wie malisa “Bosheit”. Phonetische und morphologische Eigenheiten geben oft Hinweise, über welche Sprache die Entlehnungen vermittelt wurden (ib., 44 s.). Zur Sprachgeschichte des Litauischen wird in einer ausführlichen Darstellung neben den wechselnden dominanten Einflüssen der Polonisierung, der Russifizierung und der Germanisierung ein direkter oder indirekter Einfluss des Französischen nicht thematisiert (Zinkeviˇcius 1998, u. a. 308). Schon ins frühe Polnische sollen Elemente wie paszport oder tafta (< passeport, taffetas) entlehnt worden sein (Fellerer 1998, 204). Ab dem 17. Jh. kommt es, mit zwei Königinnen französischer Abstammung, zu verstärktem Einfluss des Französischen. Im 18. Jh. war durch Königshof und Aristokratie, durch Beschäftigung mit Literatur und Theater die französische Sprache präsent, nach der Auflösung Polens durch verschiedene Teilungen ab 1795 (eine neue territoriale Einheit wurde erst 1918 wieder erlangt) wurde Französisch als Reaktion auf Germanisierung und Russifizierung von vielen Gebildeten als Umgangssprache gewählt (Mazur 1993, 240 s.; 297). Ein kulturgeschichtlicher Überblick zur Entlehnung ins Polnische weist, nach nur wenigen Fällen des 16. Jh., ab dem 17. Jh. zahlreiche Beispiele aus mondänem Leben, Damenmode und Militärwesen nach, wobei Doroszewski (1934) sich zunächst auf die Erwähnung der französischen Etyma beschränkt, aber nicht
XII. Sprachkontakte und Migration
die resultierenden polnischen Formen nennt (ib., 38–44; Prinzip ib., 38 n. 1). Andere Autoren wiederum geben Beispiele für polnische Gallizismen der frühen Zeit von amorant und aprosz bis z˙ aluzje (Mazur 1993, 241), ohne über die vermutlichen Etyma zu informieren. – Doroszewski (1934) identifiziert im 18. Jh., v. a. in der zweiten Hälfte, eine «gallomanie» gebildeter polnischer Kreise (ib., 39). Sie ist Grundlage der Entwicklung einer ‘europäischen’ Kultur von Wissenschaften, Künsten und sozialen Institutionen, im 19. Jh. zunehmend als «demokratisierter» sprachlicher Einfluss (ib., 44 s.). – Die phonetische und graphische Integration studiert Grajewska (1979) im Einzelnen. Im Vokalismus spielt eine Rolle, dass die vorderen gerundeten Vokale nicht ohne weiteres Entsprechungen haben: meuble > mebel, déserteur > dezerter, ebenso die Nasalvokale, die mit der Entlehnung denasaliert werden: embarras > ambaras, enquête > ankieta, imbécile > imbecyl, (ib., 337; 339 s.); im Konsonantismus scheinen die Entwicklungen z. T. eher diffus zu sein, so wenn Sonorisierung und Desonorisierung nebeneinander stehen: surtout > surdut, douzaine > tuzin (ib., 342); durchgehend werden viele Graphien an das polnische System angepasst, gelegentlich auch mit morphologischer Integration: affiche > afisz, liqueur > likier, pastille > pastylka (ib., 338). – Beispiele für Entlehnungen im 17. Jh. und bibliographische Hinweise nennt Fellerer (1998, 212): plezyr, karesowa´c, ambarasowa´c (< plaisir, caresser, embarrasser), für das 18. Jh. szef, niuans, szansa (< chef, nuance, chance) (ib., 215 s.). – Morphonologische Vorgänge, v. a. im Hinblick auf die Wahl des Genus und auf die Integration von im Französischen mit Suffixen gebildeten Einheiten behandelt ausführlich Henke (1970). – Verschiedene Migrationswellen von polnisch sprechender Bevölkerung nach Nordfrankreich im 20. Jh. besprechen Gogolewski / Kopec (1980), wobei sie differenziert auf soziolinguistische Fragen in der Abfolge der Generationen und ebenso auch auf Fragen der Integration französischer Elemente in das Polnische der Emigranten eingehen. Verschiedene entlehnte Einheiten werden genannt in HLF (1967, vol. 8/1, 451; 460 s.; 483; 486 s.). Für die Entlehnung ins Russische ist das 18. Jh. besonders wichtig. Aufklärung und «französisches Kunstleben» spielten nach Wilske (1978, 140) «eine historisch progressive Rolle für die europäischen Staaten». Al-
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lerdings seien zahlreiche Gallizismen als Ergebnisse der im 17./18. Jh. herrschenden «Gallomanie» der russischen Aristokratie anzusehen, «die in eine totale Nachahmung des Lebensstils der französischen höfischen Kreise verfallen war» (ib.). Als Bereiche werden genannt: «Wörter des Lebensstils im weiteren Sinne», z. B. salon, Љ garderob, Љ buFet Љ (< salon, garderobe, buffet), «des Kunstlebens», z. B. Fo“eЉ “Foyer”, parter Љ “Parkett” (wohl im Theater) (< foyer, parterre), «gesellschaftspolitische Lexik», z. B. aristokrat, Љ revolїЉciѕ (< aristocrate, révolution), “Militärtermini”, z. B. patrulц, Љ batalчon Љ (< patrouille, bataillon). Im 19. Jh. bringt eine andere Phase der Entlehnung Lexik der Klassenauseinandersetzungen: socialiЉzm, burхuaziѕ Љ (< socialisme, bourgeoisie) (ib.). Die Sprachmischung des 18. Jh. sei in Komödien parodiert worden, worauf das Etikett von «mixture of French and Nizhni-Novgorod» wohl zutreffe (Vinokur 1971, 111). Als Reaktion auf die große Zahl von Fremdwörtern werden andere Möglichkeiten der Erweiterung des Wortschatzes gesucht, z. B. durch Lehnübersetzung mit russischen oder kirchenslawischen Morphemen (Eckert et al. 1983, 200). Lehnübersetzung liegt vor bei vpeљatlenie Љ (fr. impression) etc. Bedeutungsentlehnung bei trogatц Љ in der Bedeutung “Mitgefühl erregen” (fr. toucher) etc., (Wilske 1978, 138). Beim Phänomen der «phraseologischen Übersetzungsentlehnungen» können drei Typen unterschieden werden: «exakte», z. B. imetц Љ mesto Љ (fr. avoir lieu), «ungenaue», z. B. ot vego serdca (fr. de tout mon cœur), «partielle», z. B. probitц breПч (fr. battre en brêche) (ib., 226; 138). Stangé-Zhirova (1994) bespricht die soziolinguistische Situation emigrierter Sprecher des Russischen in Frankreich und Belgien und nennt eine Reihe von Beispielen für Entlehnungen in ihrem Sprachgebrauch wie bofrer, belцmer, kuzen, kuzina (ib., 32 s.) (< beau-frère, belle-mère, cousin, cousine) oder für die Konkurrenz von neuen Entlehnungen aus dem Französischen wie pampe lцmus mit der älteren Entlehnung ins Russische gre“pfrut (31) (< wohl fr. pamplemousse, engl. grapefruit). – Verschiedene Arten von Entlehnung bespricht Fellerer (1998, 218 ss.); er erwähnt eine Reihe von Beispielen in lateinischer Transkription von aktër bis tualet (< acteur, toilette). – Weitere Beispiele von Entlehnungen gibt HLF (1967, vol. 8/1, 525 ss.). Direkte Entlehnungen ins Tschechische
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werden von Isaˇcenko (1976) nicht erwähnt, er nennt lediglich Beispiele, die durch das Russische ins Tschechische gelangten, wie kádry, byro, fyzkultura (< (les) cadres, bureau, culture physique) (ib., 180 s.). Für Entlehnungen ins Ukrainische wird Vermittlung über das Russische oder das Polnische angenommen: peryk und peruka (< russ. perik und < poln. peruka, beide < fr. perruque) (Fellerer 1998, 221). Intensiver Einfluss auf das Ungarische wird für das 12. und 13. Jh. belegt, bedingt durch Heirat des Geschlechts der Árpád und damit zugewanderte französischsprachige Geistliche, Hofleute und Siedler sowie ungarische Studenten an französischen Universitäten. Eine zweite Welle von Entlehnungen beginnt mit dem Ende des 17. Jh. in der Phase der ungarischen Aufklärung. Entlehnt werden in der Folge, auch auf dem Weg über das Deutsche, Ausdrücke wie garzon “bachelor”, gázsi “salary”, gavallér “gallant”, rezsó “gas heater” (Benkö 1972, 190). Eine Reihe entlehnter Einheiten der Buchstaben A und B zitiert HLF (1967, vol. 8/1, 26). Einige Beispiele und bibliographische Hinweise bringt Trummer (1998, 156 s.). Entlehnungen ins Weißrussische gehen über das Polnische, ab dem 20. Jh. über das Russische: survètka, bezè (< poln. serwet(k)a < fr. serviette; < russ. beze < fr. baiser) (Fellerer 1998, 221). 1.4. Südeuropa Zum Albanischen nennt Leteux (1993, 43) eine ganze Reihe von Entlehnungen aus verschiedenen Sachgebieten, die er Wörterbüchern zwischen 1891 und 1984 entnommen hat: stazh, ansambël, asamble, shovinizëm, garazh, shofër, xhandar, konjak, bezh, tualetë etc. (< stage, ensemble, assemblée, chauvinisme, garage, chauffeur, gendarme, cognac, beige, toilette) (ib., 49–53). Eine größere Zahl von Wortbildungen führt er auf “syntaktischen” Einfluss des Französischen zurück, entsprechend fr. non(-), alb. mos- und jo- in mosangazhim und johigjenik etc. (in diesen Fällen mit entlehnter Basis, wohl aus nonengagement und non hygiénique), außerdem von fr. auto-, alb. vetë- in vetëkritik, vetësugjestionim etc. (< autocritique, Adj., autosuggestion) (ib., 53–61). Die Entlehnung ins Baskische in einem Gebiet des zu Frankreich gehörenden Teils des Baskenlandes untersucht Haase (1992, 32) primär unter phonologischen und morphologischen Gesichtspunkten, z.B. im Hin-
1814 blick auf französische «Lehnphoneme». Einige Informationen beziehen sich auf die historische soziolinguistische Situation (ib., 19–22: Baskisch-Gaskognisch; 22–27: Baskisch-Französisch). Zu den historischen Schichten der Veränderung des Phonemsystems wird festgestellt, dass die älteren Entlehnungen aus dem Gaskognischen für die neueren aus dem Französischen einen «Schleuseneffekt» bewirken; dieser erleichtere die phonetische Integration, das Fehlen einer Sprachgrenze zum Französischen schütze das Baskische aber gleichzeitig vor Verdrängung und es ergebe sich so eine «Abschottungsfunktion der Schleuse» (ib., 164). Die romanische Beeinflussung der Phonetik des Baskischen behandelt Michelena (1995) durchgehend auf der Folie des lateinischen etymologischen Hintergrundes, ohne detaillierte Zuordnung zu spanischem oder französischem Einfluss. In der umfangreichen Einführung zum Bulgarischen von Mladenov (1929) wird Französisch als Ausgangssprache für Entlehnungen nicht erwähnt. Im Vordergrund steht Entlehnung aus dem Lateinischen, dem Alt- und Neugriechischen, dem Türkischen und dazu dem Arabischen (ib., 72–75). Aber nach einer Zählung von Patev beträgt 1958 die Gesamtzahl aus dem Französischen ins Bulgarische entlehnter Einheiten 2.780, mit Schwerpunkten in den Themenbereichen Gesellschaft, Politik, Kultur, Militärwesen, Literatur, Theater, Mode, Medizin etc. (nach Hanegreefs-Popova 1982, 58). Diese Dimension wird durch Auszählungen aus der 1. und der 4. Auflage des Fremdwörterbuchs von Milev / Bratkov / Nikolov (1958; 1978) bestätigt, wobei bei den neu aufgenommenen Wörtern die Bereiche Technik und Wissenschaft vor Kunst, Finanzen und anderen Bereichen dominieren. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, welcher Anteil von Wörtern über Vermittlung des Französischen aus anderen Sprachen stammt, z. B. aus dem Altgriechischen oder dem Lateinischen (Hanegreefs-Popova 1982, 58 s.). Trummer (1998, 155 s.) nennt eine Reihe von Beispielen für Lehnübersetzung wie zadna misˇal (< fr. arrière-pensée) oder äußere Entlehnung wie sˇ ose, aleja, drenaˇz, giˇse (< chaussée, allée, drainage, guichet). Für das Griechische (frühes Neugriechisch, ca. Anfang 13. Jh.) zitiert HLF (1966, vol. 1, 382) Belege von Gallizismen: , « (< défendre, tour-
XII. Sprachkontakte und Migration
nois), für das Zypriotische z. B. (< chaire (später chaise)) (ib., 383). Nur zwei Beispiele für Entlehnungen in das Neugriechische nennt Eideneier (1965, 37) in seiner kleinen Einführung, neben mehreren Beispielen aus dem Venezianischen und Italienischen sowie dem Türkischen: “Kellner”, “Trinkgeld” (< garçon, pourboire). Die Entlehnung aus dem Französischen ins Kroatische ist v. a. aus zwei Gründen nicht leicht zu überblicken: (1) Unterschiede der Formen in den regionalen Ausprägungen des Kroatischen und (2) häufige Vermittlung der Gallizismen über das Deutsche («la grande majorité», Franoli´c 2000, 25; 37; 39 s.). Ausführlich stellt Franoli´c (2000) die kroatische Suffixstruktur entlehnter Substantive dar. -aˇza in kamufláˇza wird auf schriftliche Entlehnung oder Vermittlung über das Deutsche zurückgeführt, -aˇz in grìlaˇz auf mündliche Entlehnung (< camouflage, grillage), dabei kommt es zu Dubletten wie vernìsaˇz, vernisáˇza (< vernissage, ib., 26). Es ergeben sich ganze Serien von suffixalen Formen der Zielsprache wie -zija, -sija, -ksija etc. (< -sion, -ssion, -xion etc.) in dezìluzija, komìsija, reflèksija (< désillusion, commission, réflexion, ib., 27). Derselbe Ausgang -ija entspricht auch fr. -ie wie in kurtoàzija, koˇsonèrija (< courtoisie, cochonnerie, ib., 29). Ein Suffix -ure wird als -úra oder -ir entlehnt, so bei konfitúra und konìfìtir (< confiture, ib., 28). Franoli´c (1976a) befasst sich mit der Derivation zu entlehnten Einheiten und führt hierzu Beispiele auf wie die Ausgänge -erka und -istkinja für die weibliche Bezeichnung zu hotelijer, sireàlist (< hôtelier, surréaliste) als hotelijerka, sireàlistkinja (ib., 250 s.) oder die Substantivierung mit -nost in Beispielen wie banalnost “banalité” und nonˇsalàntnost “nonchalance” (ib., 252). Franoli´c (1971) beleuchtet die Entlehnung mehrwortiger Ausdrücke, wobei häufig die komplexe Struktur des Etymons nach der Entlehnung graphisch nicht abgebildet wird: framasòn, orèljef, randèvu, sumàren (< franc-maçon, haut-relief, rendez-vous, sous-marin, ib., 33 s.). Kroatische Suffigierung ist möglich wie bei gransènjerski (< grand seigneur, ib., 34). Die Mehrwortigkeit kann beibehalten bleiben: rèzon détr (< raison d’être, ib. 35). Mehrwortige Entlehnungen und die entsprechenden Formen der ‘inneren’ Entlehnung, abhängig auch vom Grad der Französischkenntnisse der Sprecher, führen zu Dublet-
158. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen
ten: framàson / slobodni zidar, blouson noir / crna bluza etc. (ib., 37). Ein Lexikon von Gallizismen im Kroatischen ist Franoli´c (1976b) mit einer theoretischen Einführung, in der auch interessante Beispiele für die Integration kulinarischer Termini genannt werden: pire, frikando, frikase, sufle (< fr. purée, fricandeau, fricassée, soufflé) (ib., XXXVI ). Im Serbischen wird nach der Dominanz türkischer Einflüsse vom 14. bis zum 19. Jh. erst für das 19. und 20. Jh. verstärkte Entlehnung aus dem Französischen konstatiert, z. B. santimetar, motosikl etc. (< centimètre, motocycle), oft auf dem Weg über das Deutsche mit entsprechenden Varianten (Trummer 1998, 156). Zum Slowenischen bezieht sich Lencek (1982) auf Einflüsse aus den benachbarten Sprachen Deutsch und Italienisch, ebenso aus slawischen Sprachen, nicht aus dem Französischen; diese Entwicklung hängt offenbar zusammen mit der eher späten Literarisierung und den dabei herauszustellenden Tendenzen der Slawisierung, der Archaisierung in Richtung des Kirchenslawischen und des Purismus, der wiederum auch gegenüber anderen slawischen Sprachen (ib., 272–278).
2.
Afrika
Relativ jung ist der Einfluss des Französischen auf afrikanische Sprachen. Er ist im Wesentlichen in den historischen Rahmen des europäischen Kolonialismus und Imperialismus von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jh. zu stellen. 2.1. Nordafrika In Nordafrika wird der größte Teil von Marokko vom Ende des 19. Jh. an französisch beherrscht (Protektorat 1912), als Interim zur Dynastie der Hasaniden (ab 1669, seit 1956 Königreich Marokko). – Algerien wird seit 1830 von Frankreich erobert, 1962 unabhängig. – Tunesien, 1574 von den Osmanen erobert und bis 1957 unter der von ihnen eingerichteten feudalen Verwaltung, kommt mit Frankreichs Präsenz in Algerien unter dessen zunehmenden Einfluss, es wird 1881 französisches Protektorat, 1956 unabhängig. Ein dominierendes Thema bei den Entlehnungen ins Arabische ist die Frage, ob tatsächlich Entlehnung stattgefunden hat oder ob nicht arabische und französische Sprachteile in einer Situation der diglossischen
1815
Sprachmischung nebeneinander verwendet werden. Für das marokkanische Arabisch befasst sich mit dieser Frage ausführlich Heath (1989). Die Liste von Einheiten, die schließlich als Entlehnungen aus europäischen Sprachen deklariert werden, darunter häufig Französisch, aber auch andere Sprachen wie Spanisch und Englisch, umfasst 188 Einheiten von m-?ntek (Part. zu ?ntek < antique) bis zˇ wana (von zˇ wan < joint), die Liste anderer Wortarten 828 Einheiten von adris-a (< adresse) über kafatir-a (< cafetière) und lam-a (“Handspiel beim Fussball”, < la main) bis seltenem zˇ uwur (< joueur) (ib., App. B; C). Zwischen Entlehnung und echtem Code-Switching fordern Nait M’barek / Sankoff (1988, 151 s.) nach der Analyse empirischer Daten die Anerkennung einer dritten Kategorie: die Einbettung französischer Satzteile in den arabischen Diskurs. Wild (1982, 55) kategorisiert in «reine Fremdwörter» wie sinima, dimuqratiya (< cinéma, démocratie), «Lehnwörter» mit sonst nur bei arabischen Wörtern üblichen «gebrochenen Pluralformen» wie bank, Pl. bunuk, und film, Pl. aflam (< banque, film), die «gewissermaßen schleichende Nachbildung des fremden Vorbilds durch Neubildung in arabischer Laut- und Wortform» wie tanwim “Hypnose” (zu fr. hypnotisme), muzahara (zu fr. manifestation), «Lehnübersetzung» und «Lehnbedeutung», welche allerdings «zu ernsthaften Missverständnissen und zum Unverständnis» führen können. Chaabani (1984) geht für das tunesische Arabisch nur kurz auf lexikalische Entlehnung wie bisklet, duˇs, matrayuz und brikiyya ein (< bicyclette, douche, mitrailleuse, briquet, ib., 69). 2.2. West- und Zentralafrika In West- und Zentralafrika lassen sich nach Portugiesen und Niederländern seit dem 17. Jh. auch Franzosen an der Küste des heutigen Senegal nieder. Erst gegen Ende des 19. Jh. beginnt gezielt die Beanspruchung großer Teile West- und Zentralafrikas durch Frankreich, in Konkurrenz zu Großbritannien, das mit der Besetzung Ägyptens 1882 einem britischen Afrika ‘vom Kap bis Kairo’ näher gekommen ist. Verschiedene Territorien werden zur Verwaltung zusammengefasst als Französisch-Westafrika (seit 1895) und Französisch-Zentralafrika (seit 1910), aus denen nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere unabhängige Staaten hervorgehen. Nach dem Vorbild des britischen Commonwealth wird die Union Fran-
1816 çaise gegründet (französische Verfassung von 1946), später Communauté Française (1958). Die vom belgischen König Leopold II . erworbenen Territorien am Kongo werden 1885 mit der Berliner Kongokonferenz als sein Eigentum bestätigt; aus ihnen wird 1908 nach dem Verkauf an den belgischen Staat die Kolonie Belgisch-Kongo (1960 unabhängig). Die Entlehnungen ins Cilubà, eine Sprache des heutigen zentralen Zaire, sind von Kantshìàmà et al. (1982) eingehend untersucht worden, insbes. auch die damit verbundenen semantischen Verschiebungen. Die Daten wurden in der Stadt Kanànga erhoben (ib., 38). Häufig bleibt die zentrale französische Bedeutung ebenfalls im Gebrauch, es kommen aber weitere Bedeutungen hinzu: nsentedi “un espion des autres; personne qui épie ses proches en vue de les détruire” (< sentinelle), ènsìpèèkìsiyò “contrôle de mauvais goût” (oft ironisch oder im Zorn, < inspection), bìlo oder bìro “endroit où l’on s’enferme pour s’éloigner des autres” (es werde verachtet, dass sich jemand nach Art der Weißen zur einsamen Arbeit zurückzieht und die Kommunikation verweigert, < bureau) (ib., 42 s.). Ein Sonderfall ist die afrikanische Entsprechung von deuxième bureau in der Bedeutung “Geliebte”, die darauf zurückgeführt wird, dass Ehemänner sich damit entschuldigt hätten, sie hätten noch im Büro zu tun, dort aber nicht anzutreffen waren (ib.). Gar nicht mehr die ursprünglichen Bedeutungen haben für einen einfachen Sprecher pòlìtikà “mensonge, hypocrisie” (< politique) und mitìngà “discours mensonger” (< fr. meeting “politische Versammlung”); in dieselbe Richtung haben sich Ausdrücke entwickelt wie (kwela) lòòneèlè “tenir un discours intéressé en vue d’obtenir le résultat désiré” (< (faire) l’honneur) oder lòònesèlè, Ausdruck, der mit Lügen in Verbindung gebracht wird (< l’honneur je l’ai = j’ai l’honneur) (ib., 44 ss.). Bes. vielfältig sind die Bedeutungsnuancierungen der Entlehnungsresultate von fr. famille, mère, maman, papa, madame, jeweils dann mit kulturspezifischen Hintergründen; zahlreiche vereinzelte semantische Entwicklungen sind zu vermerken, so wenn zèèro-wit “entremetteur” bedeutet (< zéro huit; 08 ist die Nummer der Telefonzentrale) oder òfèle “gratuitement” (< *aux frais de) (ib., 48 s., 51 ss.). Eine Liste lexikalischer Einheiten französischen Ursprungs in der afrikanischen Sprache Dendi findet sich bei Tersis (1972
XII. Sprachkontakte und Migration
[1968]), wobei in der Transkription durch die Akzente die Realisierung in einer Tonsprache charakterisiert wird: mìnìzê “menuisier”, làkóálî “école”, lòkòtórò “docteur”, à sû “il s’est saoulé”, gùfànnàmâ “gouvernement” (ib., 40 ss.) etc. Eine umfassende Untersuchung liegt zum Lingála vor, das zu den Bantusprachen gehört. Gegenstand ist das überwiegend mündlich verwendete Lingála der Stadt Kinshasa im ehemals belgischen Kolonialgebiet Kongo; es wird abgegrenzt von dem als Schriftund Schulsprache verwendeten «lingála commun» (Kukanda 1983, 13). In der angetroffenen teilweise bilingualen Situation ist das Kriterium für Entlehnung dann erfüllt, wenn nicht nur die gebildeten ‘Intellektuellen’, sondern auch weniger Gebildete mit geringen Französischkenntnissen und Analphabeten eine lexikalische Einheit verwenden. Welches echt integrierte Entlehnungen sind, kann zusätzlich durch eine soziolinguistische Betrachtung gestützt werden, dass nämlich ansonsten davon abzuraten sei, in Kinshasa einen Unbekannten auf der Straße in französischer Sprache anzusprechen. Wer dies tue, gelte leicht als angeberischer jelekoné (pej.) “intellectuel” (< je le connais), und der Angesprochene reagiere nicht selten aggressiv; ein heftiger Wortwechsel oder eine Schlägerei könnten daraus folgen (ib., 17 s.). Aus der phonetischen Integration resultiert die Angleichung an die übliche CVCVStruktur der aufnehmenden Sprache: neben doktε’r auch dokotólo (< docteur), ähnlich bisikíti, bolóko, sekelé, soméle (< biscuit, bloc, secret, chômeur) (ib., 65 s.; cf. auch die Wortliste ab 129). Die vorderen gerundeten Vokale sind entrundet: mezíre, blε’, manε’vre (< mesure, bleu, manœuvre). Nasalvokale werden denasaliert: katíni “seau” (< cantine), oder zu Oralvokal + Nasalkonsonant aufgelöst: pómpi (< pompe), mit einer Tendenz zur Beibehaltung in finaler Stellung: monimã’ (< monument) (ib., 54 ss.). Im morphologischen Bereich ist bes. auffällig die Notwendigkeit zur ‘Klassifikation’ durch Präfixe, bei Substantiven teilweise schon im Singular, durchgehend im Plural: madáme “européenne, enseignante”, mosénzi “campagnard; personne sans manières” (< madame, singe), im Plural bamadáme, basénzi, bei Verben immer mit ko-: kodesidé, kopwazoné (< décider, empoisonner) (ib., 73 ss.). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass bevorzugt bestimmte thematische Bereiche beeinflusst worden sind. Einzelne Beispiele sind seman-
158. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Gallizismen
tisch bemerkenswert: mit doppelter Bedeutung avoká “personne qui […] conseille en matière juridique […]” und “somme d’argent ou bien matériel donné […] en guise de corruption” (< avocat), kopedalé “actionner les pédales d’une bicyclette […]” und “mourir” (< pédaler), páje “chacun des deux côtés d’une feuille de papier […]” und “secret” (< page), oder mit einfacher Bedeutung bolóko “prison” (< bloc), dóze “boisson alcoolique (bière)” (< dose) – kodozé “consommer une boisson alcoolique” (< doser), kodayé “mourir” (< d’ailleurs), kodedé “entrer” (< dedans), krokó “contrôleur (bus, train)” (< croco von crocodile), líte “le fait de conduire un taxi” (< lutte), litε’r “chauffeur de taxi” (< lutteur), politíke “mensonge” (< politique), sámpeyé “voiture cellulaire” (< sans payer) etc.
3.
Asien
3.1. Kleinasien Französischer Einfluss auf das Türkische ist seit dem 16. Jh. nachweisbar, als François Ier eine Allianz mit dem «Grand Turc» vereinbarte (Esenkova 1960, 128). Ohne Fachsprachen wird die Zahl entlehnter Einheiten 1960 auf ca. 2.500 geschätzt, darunter luvayal, anket, s¸ ümendifer, bulûz, tiribün etc. (< loyal, enquête, chemin de fer, blouse, tribune, ib., 131; 133 s.). Seit 1928 wird Türkisch nicht mehr in arabischer, sondern in lateinischer Schrift geschrieben. Diese Änderung gehört in den Gesamtrahmen einer Westorientierung, deren Etikettierung zwischen «language reform» und «cultural revolution» schwankt (Boeschoten 1991, 165). Die sprachpolitischen Positionen von Reformern, Traditionalisten und Puristen bis etwa 1985 diskutiert ausführlich Boeschoten (ib., 150; 165–175). Den großen Einfluss des Französischen führt Steuerwald (1963, 60) auf die «Nachwirkung der seinerzeitigen zivilisatorischen Vorherrschaft Frankreichs in der Levante» zurück. Mit der Abkehr von der osmanischen Tradition und damit auch von arabisch-persischen Einflüssen wird die Entlehnung aus europäischen Sprachen wichtiger; die Verwendung französischer Ausdrücke gilt «offensichtlich manchen türkischen Intellektuellen als ein Zeichen besonderer Bildung» (ib., 54; 57). Die Verbreitung europäischer Entlehnungen reicht z. B. bei der Bezeichnung für eine “Lungenentzündung” von ‘allgemein’ für zatürree (viel-
1817
leicht < saturé?) bis ‘durchweg unbekannt’ für pnömoni (wohl < pneumonie) (ib., 58). Auch mehrwortige Ausdrücke sind in größerer Zahl entlehnt worden wie ropdö¸sambr, ordövrler, Lejondonör, s¸ efdorkestr, krepdö¸sin (< robe de chambre, hors d’œuvre, Légion d’honneur, chef d’orchestre, crêpe de Chine) oder tedansan, kolipostal, kartpostal, Altes Ruvayal, asit karbolik, Ternöv, natürmort etc. (< thé dansant, colis postal, carte postale, Altesse Royale, acide carbonique, Terre Neuve, nature morte) (ib., 66 s.). Einen kleinen Überblick zu Lehnübersetzung und äußerer Entlehnung gibt auch Trummer (1998, 154 s.). Der europäische Anteil im Grundwortschatz des neueren Türkischen wird mit 3 % angegeben, neben 35 % arabischer oder persischer Herkunft (Underhill 1986, 9). 3.2. Indien Der Einfluss auf die neuindischen Sprachen geht ab dem 16. Jh. von europäischen Seefahrern aus, mit Portugiesisch, Holländisch, später auch Französisch, ist aber verhältnismäßig unbedeutend; ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. dominiert das Englische (Zograph 1982, 24s.). 3.3. Ferner Osten Französische Sprachbeeinflussung in Ostasien lässt sich im Wesentlichen auf folgende drei Faktoren zurückführen: Handelsbeziehungen, Missionstätigkeit und Auftreten Frankreichs als Kolonialmacht. Das Chinesische sei «very resistant to borrowing foreign terms outright» (Norman 1988, 20) oder «notably unreceptive of foreign vocabulary» (Forrest 31973, 138). Damit besteht ein scharfer Gegensatz zu dem für Entlehnungen offenen Japanischen, das dann aber auch als vermittelnde Sprache zum Chinesischen dient; es gibt Beispiele für «inneres Lehngut», bei dem chin. tiˇelù (“iron road”) auf fr. chemin de fer zurückgeführt wird (Norman 1988, 20 s.). Die Präferenz liegt bei Lehnübersetzung oder semantischer Übersetzung statt Transliteration; die Erklärung dafür soll in der logographischen Natur der chinesischen Schrift zu suchen sein und in einem herausgehobenen Stellenwert des Schreibens gegenüber dem Sprechen (Chen 1999, 105). Wenn shiangbin “fragrant wine” ins Chinesische entlehnt worden ist (zum französischen ‘place name’ Champagne, Chao 1976, 191), so ist dies, nach der Lautung zu schließen, über das Englische erfolgt.
1818 Für das Japanische unterscheidet Shibatani (1990, 142) drei Schichten des Lexikons: (1) Erbwörter, (2) chinesisch-japanische Wörter, (3) Lehnwörter (ohne Chinesisch). Bei den Lehnwörtern (ohne Chinesisch) steht nach einer Auszählung von Zeitschriftentexten 1956 an erster Stelle die Ursprungssprache Englisch (80,8 %), an zweiter Stelle Französisch (5,6 %) (ib., 142; 148). Zuvor wird nach einer Studie für die Jahre 1912–25 ebenfalls Englisch (51,9 %) an erster Stelle gefunden, dann aber die in der Geschichte japanischer Kulturkontakte bedeutenderen Sprachen Niederländisch (27,8 %) und Portugiesisch (14,2 %) vor Französisch (3,7 %) (ib., 149). Der französische Einfluss ist insges. also nicht sehr intensiv. Ausgewählte Beispiele der Bereiche Kunst und Mode sind im Japanischen atorie “Atelier”, dessan “Skizze”, pantaron “(Damen-)Hose”, pureta-porute “Prêt-à-porter” (< atelier, dessin, pantalon, prêt-à-porter) (ib.). Eine interessante semantische Entwicklung führt zu abekku “dating couple” (ib., 151) oder “boygirl dating” (Taylor / Taylor 1995, 289), “Verabredung (zwischen einem Jungen und einem Mädchen), mit einer Person des anderen Geschlechts ausgehen” («im modernen Japan gängigste Entlehnung», Miller 1993, 251) aus fr. avec. Weitere Entlehnungen sind noch manto “Umhang, Cape”, dekadan “dekadent”, zubon “Hosen” (< manteau, décadent, jupon) (ib.). Die Konkurrenz von Entlehnung aus dem Englischen und Französischen im Japanischen und Vietnamesischen wird illustriert von Haarmann (1986b, 487) z. B. mit jap. hamu / vietn. giam-bong “Schinken” (< engl. ham, fr. jambon), jap. chizu / vietn. phó-mát “Käse” (< engl. cheese, fr. fromage). Die Funktion des Prestiges europäischer Entlehnungen im modernen Japanischen behandelt Haarmann (1986a). Das Vietnamesische gehört in den kolonialen französischen Einflussbereich in Südostasien. Die dortige Großmachtpolitik Frankreichs war nach der militärischen Niederlage von Dien Bien Phu 1954 beendet. Staaten dieser Region konnten nicht in den Verbund der ‘Communauté Française’ einbezogen werden. Zur Entlehnung in das Vietnamesische werden bei Nguyên (1997, 78 s.) einige Beispiele erwähnt, u. a. aus den Bereichen von Kleidung und Essen (mit Definitionen in englischer Sprache): mang-tô “topcoat”, so-mi “shirt”, len “wool”, mùisoa “handkerchief ” (wohl < manteau, chemise, laine, mouchoir) und kem “cream, ice
XII. Sprachkontakte und Migration
cream”, phó-mát “cheese”, xúc-xích “sausage”, giam-bông “ham”, sâm-banh “champagne” (wohl < crème, fromage, saucisse, jambon, champagne). Eine große Zahl weiterer Beispiele ist verzeichnet bei Haarmann (1986a, 482 s.) von bu gi “Zündkerze”, bêtóng “Beton”, xi mang “Zement”, ga “Bahnhof ” bis xô “Eimer” und sô-vanh “chauvinistisch” (wohl < bougie, béton, ciment, gare, seau, chauvin).
4.
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Wolfgang Rettig, Düsseldorf
159. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Hispanismen in Europa und Nordamerika Romanismes dans les langues non romanes: hispanismes en Europe et en Amérique du Nord 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Hispanismen in Europa und Amerika 14. und 15. Jh. 16. Jh. 17. Jh.: Wörter aus der Neuen Welt 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh. Mechanismen der Integration Literatur
1.
Hispanismen in Europa und Amerika
Was die Bedeutung lexikalischer Hispanismen angeht, so zerfallen die nichtromanischen Sprachen Europas und Amerikas in zwei Gruppen: das Englische und der Rest. In allen europäischen Sprachen hat das Spanische als Vermittler von Arabismen (alcohol, azúcar), später dann von Südamerikanismen (tomate, tabacco) im Rahmen der etymologia proxima gewirkt. Nur im (amerikanischen) Englisch geht die Bedeutung des hispanistischen Elements darüber hinaus. Der geringe Stellenwert der Hispanismen in
den restlichen Sprachen lässt sich oft nur indirekt erschließen. So erwähnt z. B. Haarmann in seiner Studie zu den rezenten Entlehnungen im Russischen überhaupt keine Hispanismen, dagegen aber u. a. über 3.000 englische, 1.000 französische, 260 niederländische und ca. 22 italienische Entlehnungen (1999, 787 s.). Man kann also nur folgern, dass das spanische Element noch geringer ausfällt. Nach Best / Altmann (1986, 34, Tab. 1) liegt das Spanische mit 138 Belegen als Gebersprache für das Deutsche erst an achter Stelle, nach Lateinisch (5.236 Belege), Französisch (4.119), Italienisch (905), Niederdeutsch (741), Englisch (461), Griechisch (358) und Niederländisch (217). Im Weiteren soll es daher nur noch um das Englische gehen.
2.
14. und 15. Jh.
Es ist schon immer eine charakteristische Eigenart des Englischen gewesen, fremde Einflüsse bereitwillig zu integrieren. Nach
1822 dem Lateinischen und dem Französischen ist das Spanische im Bereich der lexikalischen Entlehnungen seit nunmehr etwa anderthalb Jahrhunderten die wichtigste Gebersprache, wobei die demographische Entwicklung in den USA erwarten lässt, dass sich diese Tendenz in der Zukunft noch verstärken wird. Das Oxford English Dictionary (OED ) verzeichnet etwa 1.350 Wörter, für die das Spanische als möglicher Ursprung angegeben ist; von diesen 1.350 finden sich heute noch etwa 526 (d. h. beinahe 40 %) in einem modernen einsprachigen Handwörterbuch (Algeo 1996, 27). Der spanische Einfluss im Englischen ist von Jahrhundert zu Jahrhundert größer geworden. Im 14. und 15. Jh. allerdings gab es im Englischen praktisch noch keine Hispanismen. Da die Iberische Halbinsel im Rahmen der Reconquista noch stark mit sich selbst beschäftigt war, andererseits die Festlandkontakte Englands durch den Hundertjährigen Krieg v. a. zu Frankreich bestanden, gab es nur wenige direkte anglohispanische Berührungspunkte. So gelangten zu dieser Zeit auch nur sehr wenige Hispanismen ins Englische; ihre Zahl dürfte, für beide Jahrhunderte zusammen, das Dutzend kaum übersteigen. Erhalten haben sich von diesem Dutzend nur das um 1400 erstmals belegte cremesyn (heute: crimson) sowie das Wort cork. Die frühesten Hispanismen des Oxford Dictionary of Foreign Words and Phrases (Speake 1997) stammen aus dem 16. Jh.
3.
16. Jh.
Im 16. Jh. erlebt Spanien sein siglo de oro und wächst zur Weltmacht heran. Dadurch ergeben sich umfassende Kontakte und nicht zuletzt auch Konflikte zwischen Spanien und dem im Entstehen begriffenen britischen Empire, das in der spanischen Seeund Militärmacht seinen größten Widersacher findet. Der intensivierte Kontakt findet seinen Niederschlag in einem dramatischen Anstieg von Hispanismen im Englischen. Von den 260 Entlehnungen des 16. Jh. sind 106 noch heute im Gebrauch (Algeo 1996, 19) – viele davon im Zusammenhang mit der Erschließung der Neuen Welt. Der große Einfluss Spaniens und des spanischen Weltreichs des 16. und 17. Jh. in Seefahrt, Kriegskunst, Politik und Wirtschaft ließen besonders spanische Wörter ebendieser Lebensbereiche ins Englische gelangen: galleon,
XII. Sprachkontakte und Migration
corbeta, flotilla, comrade, grenade, escalade, parade, armada, embargo, demarcation etc. Zudem kamen aus der Neuen Welt zahllose neue Produkte, deren spanische (bzw. hispanisierte) Namen zusammen mit dem neuen Produkt übernommen wurden (tobacco, potato, tomato etc.). In der neuen Welt begannen spanische Entdecker und Militärs die Erschließung des Territoriums, das den heutigen US -Bundesstaaten Texas, Arizona, New Mexico, Kalifornien, Colorado und Oregon entspricht (cf. Lodares 1996, 158). Der Kontakt zwischen dem anglophonen und dem hispanophonen Amerika blieb allerdings sehr oberflächlich und sollte sich erst zum Anfang des 19. Jh. intensivieren, als in den USA der große Aufbruch nach Westen begann (Zebulon M. Pikes Expedition im Jahre 1806).
4.
17. Jh.: Wörter aus der Neuen Welt
Im 17. Jh. gelangten über 300 neue Hispanismen ins Englische, von denen etwa 100 noch heute gebräuchlich sind (Algeo 1996, 21). Die frühen Hispanismen aus Amerika sind oft lediglich spanische Adaptierungen indianischer Wörter für Dinge, die auch die spanischen Siedler erst in Amerika kennen gelernt hatten. Zu dieser Kategorie gehören: tobacco, hammock, tomato, tapioca, chocolate, barbecue und canoe. Doch mit ihnen gelangten auch viele echte spanische Wörter ins amerikanische Englisch. So lassen sich sarsaparilla (span. zarzaparilla) und sassafras (span. sasafrás) bis 1577 zurückverfolgen, alligator (span. el lagarto) bis 1568, creole bis 1604, pickaninny (span. pequeño) bis 1657, key (“Inselchen”, aus span. cayo, caya, dies wiederum entlehnt aus dem Taino) bis 1697 und quadroon (span. cuarterón) bis an den Anfang des 18. Jh. Viele dieser Entlehnungen blieben über eine längere Zeit reine Amerikanismen, die im britischen Englisch unbekannt bzw. ungebräuchlich waren; andere wiederum gelangten im 16. Jh. unmittelbar in den allgemeinen, auch europäischen, Sprachgebrauch, ohne eine solche Phase als Amerikanismen zu durchlaufen, so z. B. mosquito, chocolate, banana und cannibal (Mencken 41963, 111 s.).
5.
18. Jh.
Für das 18. Jh. verzeichnet das OED einen geringeren Zugang von Hispanismen; laut Algeo (1996, 22) liegt dies allerdings nicht
159. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Hispanismen in Europa und Nordamerika
am geringeren spanischen Einfluss, sondern daran, dass das 18. Jh. im OED weniger stark berücksichtigt ist; 71 der Hispanismen des 18. Jh. sind heute noch gebräuchlich. In Europa waren dies z. B. Wörter wie: adobe, albino, bolero, cordillera, fandango, flotilla, garbanzo, hacienda, oregano, torero; in Amerika z. B.: Apache, coyote, poncho (Speake 1997). Bis zur Mitte des 19. Jh. gelangten Hispanismen hauptsächlich über das europäische Spanisch ins britische Englisch – wenn auch viele dieser Wörter zuvor aus dem amerikanischen ins europäische Spanisch gewandert waren und damit indirekt aus der Neuen Welt stammten. Erst im 19. Jh. kippte diese Tendenz, und die neu hinzukommenden Hispanismen waren zunehmend Entlehnungen aus dem amerikanischen Spanisch ins Amerikanische, und erst danach zuweilen auch ins britische Englisch, ein Reflex der wachsenden weltweiten Bedeutung des amerikanischen Kontinents, die sich zu dieser Zeit auch in vielen anderen Bereichen abzuzeichnen begann.
6.
19. Jh.
Das 19. Jh. hat mehr Hispanismen ins Englische gebracht als irgendein anderes Jahrhundert zuvor: Das OED verzeichnet aus dieser Zeit 241 Hispanismen, die noch heute geläufig sind. Der starke Anstieg im Aufkommen spanischer Lehnwörter ist zweifellos auf den unmittelbaren englisch-spanischen Sprachkontakt im amerikanischen Südwesten zurückzuführen. Drei Jahrhunderte lang war dieses Gebiet von Spaniern bzw. Mexikanern kolonisiert worden; sie schufen die ökonomischen Grundlagen, die auch nach der Eingliederung in die Vereinigten Staaten und der damit einhergehenden Anglisierung ihre weitere Geschichte und wirtschaftliche Entwicklung prägen sollten. Der Wandel geschah innerhalb nur weniger Jahrzehnte; Eisenbahn und Goldrausch brachten einen massiven Zuzug englischsprachiger Immigranten mit sich, deren Umfang man erahnen kann, wenn man beispielsweise bedenkt, dass die Einwohnerzahl San Franciscos innerhalb von nur 15 Jahren von 250 Seelen im Jahre 1840 auf 40.000 (anglophone) Einwohner 1855 anwuchs. Den größten Anteil an diesen Zuwanderern stellten Anglo-Amerikaner aus dem Nordosten der USA , die von 1848 an in Massen eintrafen und die spanischsprachige Bevölkerung in den Status einer kleinen Minorität
1823
zurückdrängten. Doch nicht nur in den Toponymen, sondern auch in den Gegenständen des täglichen Umgangs, v. a. in der Bergbausprache der Goldrauschjahre (Zentrum: Upper California) und in der Cowboysprache (Zentrum: Texas), blieben die alten spanischen Wörter vielfach erhalten und wurden von den Zugewanderten in mehr oder weniger adaptierter Form in ihren Sprachgebrauch übernommen. 6.1. Goldrausch und Bergbau In Upper California fand zwischen 1845 und 1850 der eigentliche Goldrausch statt, der Menschen verschiedenster sozialer und ethnischer Herkunft in die Minen des Südwestens lockte. Dass die meisten dieser Bergleute zuvor nie etwas mit dem Bergbau zu tun gehabt hatten, begünstigte die Übernahme der spanischen Terminologie, die sie vor Ort vorfanden. Typische Hispanismen aus der Goldrauschzeit sind z. B. placer (“eine Ablagerungsschicht, die Gold oder andere wertvolle Mineralien enthält”), bonanza (“reiche, erzhaltige Bodenschicht”; diese Bedeutung hat das Wort im Englischen), clavo (“erzführende Schicht”), ojo (“besonders ergiebige Fundstelle”), saca (“Ertrag einer Mine”), veta, vena (“Gesteinsader”). Nicht endgültig geklärt ist die Etymologie des weit verbreiteten Ausdrucks gambusino (“Goldgräber”), doch gilt der hispanische Ursprung als unzweifelhaft. Die pejorative Bezeichnung greaser (“mexikanischer Gastarbeiter”) wurde im 19. Jh. anglisiert aus mex. grasero (“Gießereiarbeiter”, von grasa “Schmelzofen, Hochofen”) und hat danach eine Bedeutungserweiterung erfahren (Lodares 1996, 161–166). 6.2. Cowboysprache In der Mitte des 19. Jh. verband die Transpacific Railroad San Francisco mit New York; das brachte den Chicagoer Viehhändler Joseph McCoy auf den Einfall, Vieh per Schiene aus dem ländlichen Texas an die dicht besiedelte Ostküste zu bringen. Dazu mussten die Rinder zu den Bahnstationen nach Kansas (Abilene) und Nebraska getrieben werden; die Männer, die diesen Viehtrieb über Hunderte von Meilen bewältigten, wurden als cowboys zu einem amerikanischen Nationalmythos, der später durch Literatur und Film um die ganze Welt gehen sollte. In der Anfangszeit waren viele Cowboys Mexikaner, die ausschließlich Spanisch sprachen. Sogar das Wort cowboy
1824 selbst lässt sich im Wild-West-Kontext nicht vor 1870 nachweisen, denn die übliche Bezeichnung war in den Anfangsjahrzehnten das spanische vaquero oder eine der anglisierten Varianten bakara, vachero, bukkarer (seit 1727; daraus wird später buckaroo und die Kurzform bucko). Auch sonst hatte in der Anfangsphase des Sprachkontakts praktisch alles im Farmbetrieb spanische Bezeichnungen, die lediglich phonologisch ans Englisch adaptiert wurden. So gab es neben dem bucko noch den caballerango (mex. “Stallbursche, Stallknecht”) der als wrangler oder wrang anglisiert wurde. Die Pferde der Cowboys wurden als mustangs gefangen, einer Anglisierung von span. mestengo, mestenco, mesteño (“Vieh von der Meseta”, d.h. mit unklarer Eigentumslage bzw. ohne Eigentümer; das Wort nahm in Mexiko die Bedeutung “Wildpferd” an). Dazu verwendete man ein lariat (span. la reata, in Lateinamerika ein Seil oder Lederstreifen, insbes. zum Fesseln von Tieren) und nicht, wie die HollywoodCowboys, ein lasso (seit 1830 anglisiert aus span. lazo), was in Teilen von Texas einfach nur “Seil” bezeichnet und damit wohl ein Pseudo-Cowboywort ist («I never heard a cowboy say lasso except in derision», Buckner 1933, 29). Die so gefangenen Mustangs gelangten als broncos oder broncs (span. bronco “rauh, wild”, im Englischen seit 1850 für “Wildpferd”) in den corral, die erst noch von einem bronc buster zugeritten werden mussten. Die Ausstattung der buckaroos umfasste, neben lariat bzw. lasso, den sombrero (im Englischen mit der Bedeutungsverengung “Cowboyhut”) und die chaps (span. chaparreras), Überhosen aus festem Leder, die die Beine vor chaparros (niedrigen Büschen) schützen sollten, wenn sie durch ein chaparral ritten. Das Wort ranch aus span. rancho ist mit der lateinamerikanischen Bedeutung “Viehfarm” ins Englische gelangt. Ein rodeo (span. rodear “umkreisen, umzingeln”) war ursprünglich das jährliche Zusammentreiben der Herden, bezeichnet heute aber einen Cowboy-Wettkampf. Auch die WildwestKriminalität war hispanisch und bandits (span. bandidos), bandoleros, renegades, contrabandistas, desperadoes riskierten, vor einem hoosegow (span. juzgado) und wenig später in einem calaboose (span. calabozo) zu landen. Die meisten dieser Wörter gehören heute zwar zum allgemeinen Wortschatz, evozie-
XII. Sprachkontakte und Migration
ren aber stets ein Western-Sujet. Einige Cowboywörter haben allerdings Eingang in den allgemeinen US -Sprachgebrauch gefunden: so das Substantiv savvy mit der Bedeutung “Grips, Know-How” (eine Verballhornung von span. sabe im Sinne von “er / sie kennt sich aus”) oder das intransitive Verb to vamoose (Verballhornung von span. vamos), ein Slang-Ausdruck mit der Bedeutung “abhauen”. Der Hispanismus pinto bezeichnete ursprünglich nur einen Schecken, ist nun aber in dem Ausdruck pinto beans auch auf gescheckte Bohnen übertragen worden.
7.
20. Jh.
7.1. Nordamerika Aus den genannten historischen Gründen stammen die meisten der heutigen Hispanismen im Englischen aus den USA (zu den amerikanischen Hispanismen cf. Austin 1939; Fletcher 1939; Tidwell 1949; Shulman 1955 und Krumpelmann 1957). Ein Gutteil dieser Hispanismen ist außerhalb der USA ungebräuchlich, was das hispanische Element zu dem wichtigsten lexikalischen Charakteristikum des US -Englischen in Abgrenzung zu den anderen Varietäten dieser Sprache macht (Rodríguez González 1996a, 3). Die klassischen Übersichtsmonographien zum amerikanischen Englischen enthalten stets eine Diskussion dieses Phänomens (cf. Pyles 1952, 54 s.; Marckardt 21980, 40–47; Mencken 41963, 191 s.; 263 s.; Laird 1970, 317–319). In den Darstellungen des kanadischen Englisch spielen Hispanismen dagegen keine Rolle. Nur eine relativ kleine Anzahl von US -Bundesstaaten hat im Laufe ihrer Geschichte in größerem Umfang Kontakt mit Muttersprachlern des Spanischen gehabt: Kalifornien, Arizona, New Mexico, Texas und Louisiana, sowie, in zweiter Linie, auch Oklahoma, Colorado und Nevada; ein Großteil der amerikanischen Hispanismen hat über diese Staaten seinen Weg in die Gemeinsprache gefunden. In neuerer Zeit entsteht allerdings durch die Immigration großer Mengen von hispanics ein neues, schnell wachsendes Potential für Sprachkontakte, so dass man heute weitere Staaten zur unmittelbaren Kontaktzone rechnen könnte, nämlich Florida (kubanische Flüchtlinge seit 1958), New York (Puertorikaner, die sich dort seit dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt haben) und Staaten wie Washington,
159. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Hispanismen in Europa und Nordamerika
Ohio, Kansas und Indiana (mexikanische Gastarbeiter, die dort seit Beginn des 20. Jh. Arbeit gesucht haben) (Murray 1996, 106 s.). Die hispanics stellen heute die größte Immigrantengruppe in den USA (30 Mio. = 12 %) und sind die wichtigste Sprachminderheit; die demographische Bedeutung der hispanophonen Kultur wächst zudem schnell, nicht zuletzt, weil der Anteil der hispanics etwa fünf Mal so schnell ansteigt wie die Gesamtbevölkerung. Der Anteil der hispanics an der Gesamtbevölkerung der USA betrug 1980 6,4 %, 1990 9,0 % und 1997 11,0 %; 7,6 % der US -Amerikaner sprechen zu Hause Spanisch (Hahn 1999). Die wachsende Bedeutung des hispanischen Elements im amerikanischen Englisch spiegelt sich im Charakter der Lehnelemente wider. Cannon (1996) bemüht sich um eine semantische Klassifizierung jüngerer Hispanismen und hat zu diesem Zweck die 2. Auflage des OED nach neueren Hispanismen (nach 1950) durchsucht. Deren Verteilung auf semantische Katagorien zeigt, in welchen Bereichen Hispanismen in die Sprache eindringen: Politik (39), Essen (16), Trinken (4, alle alkoholisch), Beruf und Status (12), Gesellschaft (9), Sport und Ethnologie (8), Drogen (5), Musik (5), Linguistik, Militär und Theologie (je 4). Murray (1996) liefert eine Liste von 422 amerikanischen Slang-Ausdrücken hispanischer Herkunft (nach 1975), von denen etwa 70 % aus dem Bereich der Drogen-Subkultur und ca. 6 % aus dem Bereich der allgemeinen Delinquenz stammen. 7.2. Großbritannien 90 % der Forschungsliteratur zu den Hispanismen im Englischen behandeln ausdrücklich das amerikanische Englisch; andererseits sind ausschließlich britische Hispanismen beinahe nirgendwo Gegenstand einer Untersuchung (cf. Rodríguez González 1996c; Gooch 1996 bleibt anekdotisch und verweist in seiner Bibliographie ausschließlich auf Quellen). Eine eingehende Studie des hispanischen Elements im britischen Englisch ist also ein Desideratum. Das Spezifische an den britischen Hispanismen scheint denn auch v. a. ihre geringere Zahl zu sein, wobei britische Hispanismen praktisch immer auch im amerikanischen Englisch gebräuchlich sind, während andererseits viele amerikanische Hispanismen in Großbritannien unbekannt bzw. ungebräuchlich sind. Die Hispanismen von der
1825
Iberischen Halbinsel gelangten zumeist direkt ins britische Englisch, zuweilen auch vermittelt über das Französisch. Für die lateinamerikanischen Hispanismen gab es zwei Vermittlungswege nach Großbritannien: Entweder über das lateinamerikanische ins europäische Spanisch und von dort direkt ins britische Englisch, oder als Übernahme von Hispanismen des amerikanischen Englisch. In der Literatur bislang noch nicht berücksichtigt ist ein weiterer, noch relativ junger Vermittlungszweig durch unmittelbaren Kontakt mit dem europäischen Spanisch, der durch extensiven britischen Tourismus an der gesamten spanischen Mittelmeerküste entsteht. Der Massentourismus als kulturgeschichtlich völlig neues Phänomen schafft, neben den traditionellen Sprachkontaktsituationen durch Migration, eine neue Form des Sprachkontakts, aufgrund dessen Wörter wie paella, cerveza, calamares und finca unter Briten mittlerweile als bekannt vorausgesetzt werden, ebenso wie die Grußformeln ¡hola!, buenos días, buenas noches etc. Andere, bereits seit Jahrhunderten sporadisch verwendete Hispanismen wie mañana, siesta oder fandango dürften durch diese Kontakte zumindest reaktiviert worden sein und erscheinen, mit scherzhaftem Unterton, im öffentlichen Diskurs: So nannte beispielsweise Oppositionsführer Neil Kinnock Premierminister John Major im Unterhaus Mañana Major und das Wort einer British siesta mentality ist ebenso weit verbreitet wie die Verwendung von fandango in Ausdrücken wie a fandango of faxes and telephone calls (d. h. “ein unüberblickbarer Schwall …”) (Gooch 1996, 248–250).
8.
Mechanismen der Integration
Die Art der Integration von Hispanismen ins Englische ist u. a. abhängig davon, ob das Element auf schriftlichem oder mündlichem Weg übernommen wurde. So deutet die Aussprache von Mexico [ mksik$] (<x> = [ks]) auf schriftliche Übermittlung, während sherry aus Altspan. Xeres (heute Jerez de la Frontera) nur durch mündliche Vermittlung erklärbar ist. Typisch für die Anglisierung oral vermittelter Hispanismen sind die folgenden Phänomene: –
/x/, in Lateinamerika oft als [h] realisiert, wird bei der Anglisierung regel mäßig zu /h/: junta [ hu:nt$];
1826 – –
9.
-o wird bei stärkerer Integration ins englische Sprachsystem abgestoßen: ranch, bronc, wrang; betontes [o] spanischer Wörter wird bei der Anglisierung in den USA regelmäßig zu [u:]: barracoon, buckaroo, canoe, vamoose, saloon, calaboose etc. (cf. Reed 1982).
Literatur
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Hans-Ingo Radatz, Eichstätt
1827
160. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Lusismen
160. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Lusismen Romanismes dans les langues non romanes: lusismes 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines Direkte Sprachkontakte Einflüsse auf europäische Standardsprachen Onomastik Literatur
1.
Allgemeines
Ein Zitat des französischen Literaturhistorikers Georges Le Gentil aus seiner immer wieder aufgelegten Littérature française belegt den einstmals großen Einfluss des Portugiesischen, der Sprache der im 15. Jh. führenden Seefahrer: «Leur vocabulaire a fourni un grand nombre de termes […] aux langues des familles aryenne, dravidique, indo-chinoise, malaio-polynésique. De cette action qui s’est prolongée beaucoup plus longtemps que leur hégémonie, il reste des traces dans l’arabe, le japonais, l’indo-anglais, l’indofrançais, l’anglo-chinois. C’est aux Portugais, d’autre part, que nous devons les premières grammaires, les premiers dictionnaires des langues indigènes (tamoul, concani, bengali, cinghalais, annamite, etc.). On les verra même, au Brésil, transformer la língua geral (le tupi-guarani) en instrument de propagande» (Fonseca 1985, 257).
Wir haben mithin nicht nur die noch heute portugiesischsprachigen Gebiete Europas, Afrikas (Palop-Staaten) und Südamerikas sowie Osttimor in Südostasien als Einflusssphäre dieses Idioms, sondern auch sprachlich längst ‘rückeroberte’ Gebiete, in denen das Portugiesische als lingua franca diente und als Superstrat wirkte. Für die folgenden Ausführungen gilt eine Minimaldefinition für Lusismen zum einen als ‘Beeinflussungen nichtromanischer Sprachen durch das Portugiesische in direktem Sprachkontakt’ und zum anderen als ‘Importe nichtromanischer, in der Regel außereuropäischer Sprachen, bei denen das Referenzetymon auf zumindest zeitweise Integration in das Portugiesische zurückgeht’, womit wir etwas weiter gehen als Messner, der als Lusismus sensu stricto ein «Wort, das eine Sprache aus dem Portugiesischen einführte» definierte (Messner 1987, 89). Wir behandeln sowohl Portugiesismen als auch Brasilianismen als Lusismen, ohne dabei in jedem Einzelfall den genauen Weg der Sprachkontakte klären zu können. Da für uns das Endprodukt ‘Lusismen in nichtromanischen Sprachen’ Untersuchungsgegen-
stand ist, verzichten wir partiell auf eine endgültige Klärung im Sinne Vermeers, dass «portugiesischer Einfluß […] schlimmstenfalls erst vor[liegt], wenn 1. formal (und semantisch) kein span. oder ital. Etymon zugrunde liegen kann […], 2. das Etymon ausdrücklich als portugiesisch angegeben wird, 3. das fragliche Sprachzeichen in portugiesischer Umgebung (einschließlich kultureller) vorkommt» (Vermeer 1977, 248). Dass in einigen Fällen nie eindeutig geklärt werden kann, ob es sich bei Entlehnungen in andere Sprachen tatsächlich um Lusismen handelt oder ob nicht doch Hispanismen vorliegen, beweisen Fälle wie albino oder amigo.
2.
Direkte Sprachkontakte
In der Regel gilt, dass diejenigen Orientalismen, Indianismen und Afrikanismen, die das Portugiesische selbst aufnahm, dann in andere Sprachen weitergegeben wurden, wenn die mit der Lexik vermittelte Materie Eingang in andere Kulturen fand. Die ältesten Lusismen sind die auf Handelskontakte im Indischen Ozean zurück gehenden Orientalismen: bambu, bonzo, pagode, leque “Fächer”, andor “Traggerüst”, bazar, bengala “Spazierstock”, nanquim “Tusche”, chá, chávena, pires “Untertasse”, corja “Pack”, jangada “Floß”, brâmane, mandarim, monção “Monsun”, pária, rajá, tufão, biombo “(spanische) Wand”, soja, gueixa “Geisha”, haraquiri, quimono oder samurai. Zu den Indianismen, die zu Internationalismen wurden, zählen caipira, colibri, tapioca, piroga “Einbaum”, pitanga, batata, cacique, tabaco, canoa, condor, pampa, ananás, jaguar oder piranha, während etwa abacaxi “Ananas” auf die Lusophonie beschränkt blieb. Aus afrikanischen Sprachen stammen cachaça (“Schnaps”, lebt etwa weiter auch im Deutschen Südbrasiliens als Kaschass), batuque “Handtrommel”, berimbau “Maultrommel”, búzio “Perlentaucher”, macaco “Affe (als Gattung)”, moleque “Negerjunge”, tanga “Lendenschurz”, banana, banjo, zebra, cachimbo “Pfeife”, cacimbo “Wasserloch”, cubata “Negerhütte”, candonga “Schmuggel”, carimbo “Stempel”, embondeiro “Baobab”, quitanda “Kramladen” (Vilela 1994, 221). Nicht alle diese Termini fanden dauerhaft Einzug in andere Spra-
1828 chen (‘Lexikalisierung’ im engeren Sinne), einige treten in veränderter Bedeutung auf, wie im Deutschen etwa Tanga oder Makake. 2.1. Portugiesisch-niederländischer Sprachkontakt in Süd(ost)asien Im Niederländischen der Companhia das Índias Orientais lassen sich zahlreiche Lusismen ausweisen. Bei Fonseca (1985, 275) finden wir neben vielen anderen adjude < ajuda, barra, cabriet < cabrito, gastos, golpho, gouverno, mainctementos < mantimentos, merce < mercê, morisma, mosquyt < mosquito, negros, padre, pioljes < piolhos, recade, < recado, resgatto < rescate, travalijos < trabalhos und vigiador. Aber auch zahlreiche Verben wie alcanseeren < alcançar, conquisteeren < conquistar, doceren < descer, intrageeren < entregar, mateeren < matar, offresseeren < ofrecer, vendeeren < vender sind in die Sprache der Ostindiengesellschaft eingedrungen, wobei selbst Adverbien wie bastant und denovo oder gar Präpositionen wie per für por oder per via de belegt werden können. 2.2. Portugiesisch-englischer Sprachkontakt in Asien Eine Vielzahl anglo-indischer colloquialisms geht auf das Portugiesische zurück. Einige retteten sich in die neue Zeit, andere sind heute obsolet. Zur ersten Gruppe gehören goglet, gram, plantain, muster, caste, peon, padre, mistry oder maistry, almyra, aya, cobra, mosquito, pomfret, cameez und palmyra, die in ganz Indien gebräuchlich sind. Hingegen beschränken sich picotta, rolong, pial, fogass sowie margosa auf den Süden Indiens und batel, brab, foras, oart, vellard auf Bombay. Formen wie Moor “Mahommedan” (im Gegensatz etwa zu Moorman), gentoo, mustees, castees, bandeja (“tray”), kittysol (“umbrella”), cuspadore (“spittoon”) und covid (“cubit, ell”) sind weitgehend verschwunden. Eine Reihe von indischen Wörtern ist durch Vermittlung des Portugiesischen ins Anglo-Indische und teilweise später auch ins euro-amerikanische Englisch gelangt – neben den in Kap. 3.1. genannten Formen u. a. mangelin (“small weight for pearls etc.”), jack-fruit “Brotfrucht”, batta, curry, chop, congee, coir “Kokosfaser, Coir”, cutch “tanning extract from various mangrove barks of Borneo and the Philippines”, catamaran, cassanar, nabob, avadavat (“ein Singvogel”), betel, benzoin “harzartige Substanz des Styrax benzoin”.
XII. Sprachkontakte und Migration
2.3. Sprachkontakt Portugiesischnichtromanische Sprachen in Brasilien Das Portugiesische hat in starkem Maße die Sprachen beeinflusst, die in Brasilien von Immigranten importiert wurden und dort auf begrenztem Raum Koiné-Charakter (vêneto und hunsruck “Hunsrückisch”) erworben haben. Auch die nach wie vor gepflegten allochthonen nichtromanischen Idiome, Arabisch, Japanisch, Jiddisch, Niederländisch, Polnisch und Russisch sind stark von Lusismen durchsetzt; jedoch liegen hier noch wenige wissenschaftliche Studien vor. Letztere Feststellung gilt in noch sehr viel stärkerem Maße für die verbliebenen rund 150 indigenen Idiome, die zu einem beträchtlichen Teil noch gar nicht kodifiziert sind, so dass verständlicherweise der Sprachkontakt und -austausch nicht im primären Fokus der linguistischen (Feld-)Arbeit stehen kann. Das teuto-brasileiro zeichnet sich neben einer großen Zahl von lexikalischen Lusismen wie Verben auf -ieren (namorieren “in jemand verliebt sein”, transformieren “verändern” etc.), Calques (zu wissen bekommen < ficar sabendo) und ‘faux amis’ (transformieren zu transformar) v. a. durch Interferenzen in der Morphosyntax (Genuswechsel, Pluralbildungen auf -s, Zusammenfall der Possessivpronomina der 3. Ps. sein und ihr, doppelte Negation) aus (Altenhofen 1996; Born 1997; Born / Gärtner 1998; Fausel 1959). 2.4. Einflüsse auf afrikanische Sprachen Im 16. und 17. Jh. hat das Portugiesische in den Küstensiedlungen Afrikas die Rolle einer lingua franca eingenommen (Bal 1975, 119). Demgegenüber charakterisierte der Schweizer Linguist Héli Chatelain noch im 19. Jh. diese Stämme als wenig vom Portugiesischen beeinflusst: «além do kimbundu propriamente dito, os dialectos dos Quissamas […], dos Libolos […], dos Masonogos […], dos Jingas […], e dos Bondos […], todas tribus independentes e até aqui refractarias á civilisação e ao jugo portuguez» (1888/89, XII). Die ersten Entlehnungen im Kimbundu entstammten Landwirtschaft, Verwaltungswesen und religiösem Brauchtum. Es lassen sich dabei sowohl Substantive (mesa yami “mein Tisch”, disoladi “Soldat”) und Verben (ku-kontinuala “fortfahren”), als auch Konjunktionen, Präpositionen oder Pronomina (maji “aber”, pala “für”, katé “bis”, se “sich”) feststellen (Endruschat 1999, 46). Portugiesi-
160. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Lusismen
sche Lehnwörter werden ausnahmslos in das phonetisch-phonologische Lautsystem des Kimbundu integriert. Das bedeutet insbes. eine Eliminierung von Konsonantengruppen durch Vokaleinschub, Tilgung eines Auslautkonsonanten (bzw. Aufhebung durch Vokalepenthese), Entnasalierung und schließlich Vermeidung von ambigen morphonologischen Strukturen (Chatelain 1894, zit. nach Giese 1954). Das Lingala, Verkehrssprache im Kongo, kennt eine Reihe von Lusismen: loso < arroz, makayabo < bacalhao, bendele < bandeira, kasaka, kopo, kusunyele < cozinheiro, kuluse < cruz, lomingo < domingo, fofolo < fósforo, falanka < franco, fulani < fulano, ngelesa “Anglikaner” < inglês, ndimu < limão, ma(n)teka < manteiga, mesa, wolo < ouro, li(m)pa < pão, pitolo < petróleo, (m)punda “Pferd, Esel” < poldro “Fohlen”, saboni < sabão, sakaloni < saca-rolhas und santu. Bemerkenswert sind insbes. die Formen, die Portugal im Lingala ergab: Mputu / Mpoto / Mpotogale steht generell für “Europa”, das Derivat lompoto bedeutet “französische Sprache” (Bal 1981, 22). Auch das im kongolesischen Kasaï-Gebiet gesprochene Tshiluba weist eine Vielzahl von Lusismen auf: dibendela < bandeira, mbota < botão, camelu “Esel”, kazaku < casaca, kabali < cavalo, kopo, nkulusa < cruz, lumingu “Sonntag, Woche” < domingo, fofolo < fósforo, didima “Orange, Zitrone” < limão, manteka < manteiga, mesa, olu < ouro, mupanu “Hose” < pano, diampa < pão, mpatu < pato, mpalata “Münze” < prata, lunzadi < rosário, nsabanga < sabão, nsanto < santo, mbalanda < varanda und mvinyo < vinho (Bal 1981). Ähnlich viele Beispiele ließen sich für weitere in Angola und Kongo gesprochene Sprachen (z. B. Kikongo, Kiyombe, Pende oder Ikelewe) anführen. Unter den Kreolsprachen entlehnte insbes. das Cameroons Creole lexikalische Einheiten aus dem Portugiesischen: djabu neben Bt. dyabu und pg. diabo; baka-baka neben Bt. makayabo und pg. bacalhao; falanda neben Bt. mbalanda und pg. varanda (Schneider 1960, 42; 132; 251). Eine Sprachmischform der autochthonen Bewohner Angolas, das (pejorativ so denominierte) Pretoguês (< preto “schwarz” und português), besteht wohl nicht mehr. 2.5. Einflüsse auf asiatische Sprachen Generell wird nach einer Aufstellung Dalgados davon ausgegangen, dass in den asiati-
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schen Sprachen sieben Faktoren ausschlaggebend für die Integration von Lusismen waren: (1) die christliche Religion (Termini vom Typ cruz, igreja, papa) (2) die neue Zivilisation (botão, camisa, cadeira) (3) neue, importierte Flora (ananás, papaia, tabaco) (4) Ehrerbietung gegenüber Personen und Wertschätzung von Dingen (mestre, louvado, pão) (5) einfache Lautstruktur (ama, bacia, leilão) (6) Faszination für bestimmte Ausdrucksweisen (buraco, paga, ponta) (7) asiatische Lexik, die durch Indo-Portugiesisch vermittelt wurde (chita, pires, rota “bengala”) (Fonseca 1985, 278). Dieser Kategorisierung zufolge sind das Teto und das Galóli, zwei auf Timor gesprochene Sprachen, mit 773 bzw. 427 direkten Entlehnungen aus dem Portugiesischen neben dem in Goa, der bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. portugiesischen Enklave in Indien, gesprochenen Konkani (1.752 Übernahmen) am stärksten affiziert. Aber auch Sprachen mit größerer Sprecherzahl unterliegen starken portugiesischen Einflüssen: Weit über 100 sichere Entlehnungen finden wir etwa im Malaiischen, Anglo-Indischen, Malayala, Marathi und Tamilischen; jeweils über 50 sind es im Bengali, Gujarati, Hindi, Franko-Indischen, Japanischen, Javanischen, Singhalesischen, Sundanesischen sowie im Telegu. Stellvertretend seien hier einige Alltagsvokabeln aus dem Hindi genannt, wie chabi zu chave “Schlüssel”, baola zu baú “Handkoffer”, bálti zu balde “Eimer”, martol zu martelo “Hammer”, tauliya zu toalha “Handtuch”, sabun zu sabão “Seife”, basan zu bacia “Plateau”, lilam oder nilam zu leilão “Versteigerung”. Eine beträchtliche Zahl von Lusismen weist auch das Madagassische auf, das auf Grund der maritimen Vermittlung linguistisch eher zu Asien als zu Afrika gezählt wird (Dalgado 1919/21, vol. 1, XXVIII s.). Fast unbeeinflusst blieb hingegen das Chinesische (eine der wenigen Ausnahmen: manggor “Mango”). Eine bes. lange Tradition hat das Portugiesische im Japanischen. Allerdings fallen Lusismen quantitativ kaum ins Gewicht (83 % aller ins Japanische importieren Lexeme stammen aus dem Englischen, der Rest verteilt sich neben Lusismen auf Hispanismen, Niederlandismen, Germanismen, Fran-
1830 zösismen und Italianismen; cf. Maki 1977, 19), qualitativ sind sie hingegen durchaus beachtlich: Zu den wichtigsten alten Entlehnungen gehört pan < pão, das Grundnahrungsmittel der europäischen Kontaktbevölkerung. Die Japaner transkribierten die portugiesischen Wörter in der KanjiSchrift, d. h. veludo ergab bilodo, botão wurde zu botan und calção schließlich zu calsan. Außerdem führten die Japaner capa, copo, carta, manta, gibão, tabaco und raxa ein. Insbes. gehen zahlreiche Lebensmittelbezeichnungen auf eine portugiesische Vermittlung zurück: pão de castela, abóbora de Cambodia (> kabocha), caramelo (> kyarameru), confeito (> compeito), biscoito, xarope, bolo, marmelo und zamboa (> zabon). Dazu wurde ins Japanische hauptsächlich die Begriffswelt der ab 1543 eingeführten katholischen Religion integriert, wie anjo, cruz, inferno, irmão, padre etc. Insges. 48 % aller Lusismen im Japanischen stehen in einem Zusammenhang mit dem katholischen Glauben: bisupo < bispo, nataru < Natal oder biruzen < Virgem (Caudmont 1994, 606). Auch einige Internationalismen wurden dem Japanischen über das Portugiesische vermittelt (apurikotto “Aprikose”, mamare-do “Marmelade”). Einen Ausschnitt aus der Vielzahl von Lusismen, die in asiatische Sprachen eindrangen, finden wir bei Cardona (1994, 594 s.), und zwar mit Beispielen für das Laˇskari (abita “Poller” > abit, arriar > harya “die Segel einholen”, bolina “Buline” > bulin), das Malaiische (bomba > bomba, bordo > bordu, camisa > kemedja), das Tamilische (cunha > kunni, janela > jannal, avêsso > abes, abes “hissen, hieven”), (die singhalesische Malediven-Varietät) Dhivehi (armada > arumadu, armario > alamari), Hindi-Urdu (balde > balti, campo > kampu, cartucho > kartus), Anglo-Indisch (estivador > stevedore, gavea > gawai, gorgoleta > goglet, guglet) und Singhalesisch (lenço > lensu, mesa > mesa, escola > skola).
3.
Einflüsse auf europäische Standardsprachen
3.1. Einflüsse auf das Englische Fast alle Übernahmen portugiesischer Lexik ins Englische waren Produkte von Handelsbeziehungen oder -konflikten. Das bedeutet, dass es im Englischen praktisch keine Entlehnungen aus der Zeit vor dem 16. Jh.
XII. Sprachkontakte und Migration
gibt, mit Ausnahme von marmalade, das schon für 1480 belegt ist und für das französische Vermittlung anzusetzen ist. Einige wenige Wörter nahm das Englische im 16. Jh. auf: reis, milreis, evtl. padre direkt aus Portugal sowie flamingo < flamengo, coco(nut), molasses < melaço/s und sargasso < sargaço “Seetang” aus den amerikanischen Kolonien sowie madeira und yam < inhame aus dem afrikanischen Bereich (Fonseca 1946, 74 s.). Auch aus den orientalischen portugiesischen Besitzungen wurden erste Lexeme eingeführt: buffalo < búfalo, palanquin, typhoon < tufão, mandarin < mandarin, etwas später bayadère “Hindutänzerin” < bailarina und areca “eine Palmenart”. Insges. geht man von rund vier Dutzend portugiesischer Wörter aus, die damals ins Englische eindrangen, außer den o. g. insbes. auch heute noch gebräuchlichen Internationalismen wie albatros, albino, apricot, caste, corvette, fetish, firm, lingo, parasol und tank. Ab 1600 erfolgte die Aufnahme portugiesischer Lexik ins Englische in erster Linie über die Ostindische Handelsgesellschaft, die stabile Handelsbeziehungen mit portugiesischen Händlern in Ostasien etabliert hatte. So gelangten ananas, assagai “Wurfspeer”, autodafé, banana, baroque (< barroca “Barockperle; Blisterperle”), batata, bêche-de-mer “Seegurkenart”, bonze, caravel, cobra, comprador, copra, gong(o), guarana “Guaranágetränk oder -paste”, guinea, ipecac oder ipecacuanha “Brechwurzel”, jacaranda, jaguar, junk, macaco, mango, margosa “in der Kosmetik und der Naturheilkunde verwendete Extrakte des südasiatischen Margosaoder Neembaumes”, monsoon, pagoda, palaver, (o)porto, varandah und zebra ins Englische (Fonseca 1985, 273). Später kam eine Vielzahl portugiesischer Termini hinzu wie piccaninny “afroasiatisches Kind”, nonius, alligator, cockatoo “Kakadu”, corge, bambos, almadia, abada, cabaya (Fonseca 1986, 109), von denen aber letztere – ähnlich anderen Entlehnungen wie ayah “native maid or nursemaid in India”, cang(ue) “Art Holzjoch für Gefangene”, lorcha “ship which dominated Far East trade in the 16th century” oder pareira “Pareirabaum” – z. T. heute entweder sehr selten, vergessen oder aber zumindest nicht mehr ‘lexikalisiert’ sind. 3.2. Einflüsse auf das Deutsche Im Deutschen sind aus dem Portugiesischen zum einen einige Internationalismen, zum anderen eine Reihe von Exotismen und Xe-
160. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Lusismen
nismen, die größtenteils dem Portugiesischen Brasiliens entstammen, vorhanden; dabei dürfte das Portugiesische nur in den seltensten Fällen die etymologia proxima bilden. Wie auch im Englischen, ist die älteste Entlehnung Marmelade, das ursprünglich die reduzierte Bedeutung “Quittengelee oder -marmelade” (< marmelo) besaß und – im Gegensatz zum Englischen, wo eine Bedeutungsverengung auf “Orangenmarmelade” stattfand – zum Gattungsbegriff neben frz. Konfitüre wurde. Von den für das Englische in 3.1. genannten Lusismen sind auch im deutschen Sprachraum bis heute – z. T. in veränderter Lautung – gebräuchlich: Flamingo, Jams / Yams, Kokosnuss, Madeira, Taifun, Sargassokraut (oder Sargassum), Mandarin, Albatross, Albino, Aprikose, Kaste, Korvette, Firma, Tank und Fetisch sowie aus Flora und Fauna Ananas, Banane, Batate, Ipecacuanha (“Brechreiz”; neben “Brechwurzel”), Jacaranda, Jaguar, Kobra, Kopra, Makake, Mango, Portwein und Zebra, außerdem Topinambur. Hinzu kommen die Kulturinternationalismen Autodafé, Barock, Bonze, Dschunke, Gong, Guinee, Karavelle, Monsun, Pagode, Palaver, Veranda, auch Kommando. Weniger transparent sind Lehnübersetzungen des Typs Adlerholz < pau de águila oder das Verbum massieren < dar massagens (Fonseca 1985, 274). In den letzten Jahrzehnten sind verstärkt exotische Elemente aus dem Portugiesischen ins Deutsche gelangt. Einige sind Xenismen, die (noch) nicht lexikalisiert sind. Das betrifft insbes. die folgenden Bereiche: (1) Flora und Fauna (Maracuja, Puma, Kondor, Guano, Jabirú(-Storch), Nandu, Piranha; einige der Entlehnungen sind älteren Datums, Allgemeinwortschatz wurden sie gleichwohl erst in den letzten Jahrzehnten) (2) Gastronomie (Caipirinha, Batida de Coco, Churrasco, Guaraná, vinho verde) (3) Freizeit, Musik, Tanz (Telenovela, Samba, Bossa Nova, Lambada, Fado sowie eher in Fachkreisen: Baião, Dança do tchã, Forró, Frevo, Choros und Sertanejas) (4) Politik (abertura, Plano Real sowie das vielfältig – auch in Komposita – verwendete Amigo: Amigo-Syndrom, Amigo-Wirtschaft) (5) Korruption, Gewalt, Armut (Favela, Bicheiro, lei do silêncio) (6) Agrarwesen, Geografie, Bevölkerungsund Gesellschaftsstruktur (Fazendeiros,
1831
Sertão, Sem Terra-Bewegung, Caboclos, Indígenas, Cariocas) (7) Religion, kulturelle Traditionen (Axé, Candomblé, Macumba, Umbanda, Capoeira) (8) Stimmungen, Gefühlszustände (saudale, brasilidade) (9) Sport (Seleção, Torcida, Pentacampeonato) (Born 1999). 3.3. Einflüsse auf das Niederländische Stärker noch als im Englischen oder im Deutschen hat das Portugiesische im Niederländischen Spuren hinterlassen. Wie in den anderen genannten germanischen Idiomen sind auch im Niederländischen die Internationalismen, die v. a. neu entdeckte Konkreta bezeichnen, belegt. So finden wir u. a. marmelade, flamingo, kokos, korvet, Madeira, melasse, tyfoon, mandarijn, sargassowier oder Sargassum, albatros, albino, abrikoos, buffel sowie von den neueren Lusismen ananas, autodafe, banana, barok, pataat, bonze, cobra, kopra, fetisjpop, gong, guarana, ipecacuanha (neben braakwortel), jaguar, jonk, manga, moesson, pagode, palavers, parasol, porto, tank, veranda und zebra. Bei der Yamswurzel haben wir sogar zwei konkurrierende Formen: yam wie in den anderen germanischen Sprachen und igname (direkte Weiterverwendung der Form inhame durch Vermittlung des Italienischen). 3.4. Einflüsse auf weitere europäische Sprachen In den skandinavischen Sprachen sind weitgehend dieselben Internationalismen, d. h. indirekte Entlehnungen, präsent wie in den in den Kap. 3.1., 3.2. und 3.3. genannten anderen germanischen Sprachen. Es seien hier stellvertretend für das Dänische abrikos, ananas, albatros, marmelade, bøffel, flamingo, sargassotang, kokosnød, melasse, madeira, yams, tyfon, albino, korvet, fetich, parasol, tank, banan, barok, cobra, gongong, jaguar, junke, mango, monsun, zebra, guarana, ipecacuanha (neben brækrod), für das Schwedische ananas, marmelad, veranda, aprikos, kokosnöt, palaver, barock, albino, sebra, banan, parasoll, buffalo, flamingo, sargasso, jams, tyfon, jaguar, mango, monsun, guarana als im gegenwärtigen Vokabularium vitale Bestandteile portugiesischen Ursprungs genannt. Sowohl im Ostslawischen (etwa russ. abrikos, marmelad, bu“vol, Фa“fun, alц»atros, kasФa, korveФ, firma, banan,
1832 dхonka, musson) wie auch im Südslawischen (als Neoslavine sei das Bosnische zitiert: ananas, marmelada, veranda, kokosov orah, barok(ni), albino, zebra, banana) und im Westslawischen (tschech. marmeláda, buvol, zebra, jaguár, banán, kokos mit kokosovník und kokosov´y oˇrech “Kokosnuss”, baroko, tank) sind zahlreiche Lusismen – in der Regel als Ergebnisse der etymologia remota – integriert worden. Im Großen und Ganzen gilt auch für die baltischen Sprachen, dass Internationalismen in heimischer Orthophonetik eingegliedert werden, wie etwa im Litauischen ananasas, firma und bananas oder im Lettischen ananass, aprikozs, banans, baroks, dˇzonka, fetiˇss, firma, gineja, gongs, jaguars, kasta, kokospalma / kokosrieksts, mandarins, marmelade, musons, pagoda, taifuns. Auch in finno-ugrische Sprachen drangen portugiesische Internationalismen ein – größtenteils grafisch adaptiert, wie etwa ung. ananász, banán, barokk, bonc, fétis, flamingó, gong, jaguár, kaszt, kobra, kókuszdió, korvett, marmelád, táifun, tank, zebra, im Finnischen albiino, ananas, aprikoosi, banaani, barokkityylinen, flamingo, guarana, ipekakuanha (neben oksetusjuuri), jaguaari, jakaranda, jamssi, kobra, kookospähkinä, kopra, mango, marmeladi und marmelaati, melassi, monsuuni, palaveri, puhvelin, sargassolevä, seepra, taifuuni, tankki, veranta sowie im Estnischen aprikoos, banaan, jaaguar, kookospähkel, mango, pühvel, sebra, taifuun, tank.
4.
Onomastik
4.1. Anthroponomastik Portugiesische Familiennamen wurden in Bengalen und in Ceylon transformiert, so etwa Correia > Currie, Couto > Cout, Soares > Swarees, Gomes zu Gomeesse (Dalgado 1919/21, vol. 1, VII ). Ebenso wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Vielzahl von portugiesischen Namen lusophoner Einwanderer anglisiert. So sind einige Nachnamen heute nur noch schwer als portugiesischen Ursprungs zu identifizieren. Teilweise wurden hierbei einfach lautliche Adaptationen durchgeführt oder ähnlich lautende englische Familiennamen bzw. Vornamen zum Vorbild genommen: Andrews < Andrade, Frazer < Freitas, Holmes < Gomes, Marshall < Machado, Morris < Moraes, Rogers < Rodrigues; andere wurden übersetzt, wie z. B. Clay < Barros, Oakes < Carvalho, White < Alves (Rameh 1976).
XII. Sprachkontakte und Migration
In Afrika beispielsweise wurden bei den Bakongo insbes. die dom- / dona-Titulierungen als Clannamen adaptiert: Ndó Fúúnsu < Dom Afonso Ntoni, Ndóóna Mádíya < Dona Maria (Bal 1962). Patronyme portugiesischen Ursprungs tragen in Westafrika etwa der frühere senegalesische Präsident Léopold S. Senghor oder der erste togolesische Präsident nach der Unabhängigkeit, Silvanus Olympio (Massa 1994, 576). Vornamen aus dem Portugiesischen drangen so gut wie nie in den Rest Europas. Eine Ausnahme ist Fátima (als Fatima): Nach den Marienerscheinungen von 1917 ist dieser Heiligenname unter gläubigen Katholiken weltweit verbreitet. Eine Besonderheit sind Benennungen nach Fußballspielern wie Zico, Pelé, Romário und Ronaldo. Letztere sind im Übrigen v. a. als Spitznamen für Fußballspieler verbreitet, insbes. die Sobriquets Zico oder Pelé. Um sekundäre Lusismen dürfte es sich bei Nachbildungen wie Airton (Senna) oder Nelson (Piquet) handeln. Vereinzelt wurden auch indianische Namen wie Darcy in andere Sprachen weitergereicht. Deonomastika sind hauptsächlich mit Bezug auf die portugiesischen Entdecker zu verzeichnen. So weist die Geographie die Magellanstraße (von Fernão Magalhães, germanisiert und anglisiert zu Ferdinand Magellan) aus, die Verbindung des Atlantiks zwischen südamerikanischem Festland und Feuerland mit dem Pazifik, Magellan stand außerdem Pate u.a. für den Magellanfuchs “Dusicyon culpaeus”, die früher vielfach als Antiskorbutmittel eingesetzte Magellanrinde (oder Magellanzimt “Winterrinde, Drimys winteri”) sowie die Magallanschen Wolken, ein extragalaktisches Sternensystem. 4.2. Toponomastik Zunächst sind hier Übernahmen zu nennen, die – toponymischer Herkunft – als geographische und derivierte (‘deonomastische’) Bezeichnungen in der Mehrzahl der ausgebauten Sprachen der Welt vorkommen. Natürlich sind die Landesbezeichnungen Brasilien und Portugal einschließlich ihrer Ableitungen die wichtigsten, da diese Formen universellen Charakter haben. Aber auch viele weitere Staatsnamen, Inselbezeichnungen oder Städtebenennungen in Afrika und Asien gehen auf das Portugiesische zurück: Gabão (“Kapuzenmantel”, nach der Form des Landes) > Gabun, Serra Leoa > Sierra Leone, Lagos, Formosa (als
160. Romanismen in nichtromanischen Sprachen: Lusismen
z. T. heute noch verbreitete Benennung von Taiwan), (Rio dos) Camarões > Kamerun. Auch das Toponym China fand nach Europa durch portugiesische Vermittlung (Caudmont 1994, 605). Altes koloniales Erbe sind Ortsnamen wie Alto Porvorim, Marcela, Ribandar und Vasco-da-Gama in Goa. Vereinzelte lusisch-basierte Belege gibt es in Europa: In Brandenburg etwa findet sich ein Ort Angra Pequena (Kreis Oberhavel), ein Toponym, das auf den Ortsnamen der späteren Lüderitz(bucht) im heutigen Namibia, ehemals Deutsch-Südwestafrika, zurückgeht. In den USA gibt es Lisbon u. a. in den US -Staaten Connecticut, Iowa, Maine, Maryland und Ohio, New Lisbon in Wisconsin und Lisbon Falls schließlich in Maine. Eine bes. Spezifik sind brasilianische oder portugiesische Restaurantnamen in aller Welt, die mit Hilfe von Toponymen nostalgische Assoziationen wecken sollen: Copacabana, Algarve, Costa do Sol etc.
5.
Literatur
Altenhofen, Cléo Vilson, Hunsrückisch in Rio Grande do Sul. Ein Beitrag zur Beschreibung einer deutsch-brasilianischen Dialektvarietät im Kontakt mit dem Portugiesischen, Stuttgart, 1996. Bal, Willy, Prénoms portugais en kikongo, RIO 14 (1962), 219–222. –, A propos de mots d’origine portugaise en Afrique Noire, in: Valkhoff, Marius F. (ed.), Miscelânea luso-africana. Colectânea e estudos coligidos, Lisboa, 1975, 119–132. –, Mots d’origine portugaise dans quatre langues bantoues du Zaïre, Biblos 57 (1981), 17–24. Born, Joachim, Minorités germanophones au Brésil. Efforts de maintien linguistique et enseignement de l’allemand langue étrangère au Rio Grande do Sul, in: Labrie, Normand (ed.), Etudes récentes en linguistique de contact, Bonn, 1997, 13–26. –, Portugiesische und brasilianische Lexik im Deutschen – Diasystematische Aspekte eines Sprachund Kulturkontakts, in: Schmidt-Radefeldt, Jürgen / Windisch, Rudolf (eds.), Sprachgebrauch und diasystematische Beschreibung romanischer Sprachen, Rostock, 1999, 97–113. Born, Joachim / Gärtner, Angelika, Dialekt, Sprachkontakt und Interferenzen im Deutschen Rio Grande do Suls (Südbrasilien), Muttersprache 108/1 (1998), 15–37. Cardona, Giorgio Raimundo, A língua portuguesa na Ásia. Espansione e diffusione del portoghese, in: LRL 6/2 (1994), 591–596. Caudmont, Jean, A língua portuguesa na Ásia. Le portugais dans le sud-est de l’Asie, in: LRL 6/2 (1994), 597–609.
1833
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Joachim Born, Jena
1834
XII. Sprachkontakte und Migration
161. Romanismen im Englischen Romanismes en anglais 1. 2. 3. 4.
6.
Abgrenzung Latein – Romanisch Französisch Italienisch Spanisch und Portugiesisch im Frühneuenglischen Rückblick und Ertrag: Die Folgen der Einwirkung des Französischen auf das Englische Literatur
1.
Abgrenzung Latein – Romanisch
5.
Die Romania beeinflusst Form und Inhalt der englischen Sprachgeschichte seit rund tausend Jahren. Dabei übertrifft nach Wesen, Stärke und Ausmaß das Französische mit weitem Abstand das Italienische und Spanische; das Portugiesische fällt kaum ins Gewicht. Auf der Richtwerteskala ‘regelhaft-systematisch / normativ-strukturiert / spontan-sporadisch’ steigt keine der romanischen Sprachen bis zum Regelhaften oder Systematischen auf. Nur Französisch steuert für das Englische auf Einzelgebieten Norm und Struktur bei. Italienisch, Spanisch und Portugiesisch überschreiten Spontanes und Sporadisches erst nach der Frühneuzeit. 1.1. Britische Latinität Bei Zerfall des Weströmischen Reiches lösen in Britannien Römer und Angelsachsen einander ab. Dennoch bauen alle späteren Säulen von insularer Romanität auf die Sockel der frühen Latinität. Das Profil der romanischen Sprachen in der angloamerikanistischen Sprachgeschichte schließt nach Zeit, Typologie und Tiefenstruktur das Lateinische und seine weiterhin funktionstüchtigen Sprech-, Schreib- und Sinnschemen unter zweisprachig gebildeten Kulturträgern ein (→ Art. 45; 150; 151). Inselkeltisches und festlandgermanisches Lateinsubstrat weichen weniger art- und wesensmäßig voneinander ab als mengenmäßig. Nach Abzug der Römer um 400 n. Chr. bewahren und erweitern romanisierte nordgallische Lehrer, Quellen und Vorbilder insulares Latein samt Donat, Alphabet und Zahlensystem als internationales Erbe des untergehenden Weströmischen Reiches. Deshalb überleben dort rund doppelt so viele lateinische Fremd- und Lehnwörter wie im festländischen Rhein-Maas-Mosel-Raum. Seit
kurz vor 600 n. Chr. stärken insulare Missionierung und Christianisierung der Angelsachsen die Kirchensprache Latein. Beiderseits des Kanals dringt sprachlich gleiches oder ähnliches Lehngut ein, besonders aus den Sinnbezirken Handel, Haus und Flur, Kirche und Kloster, Land- und Seeverkehr sowie Militärwesen. Über die ohnehin lateinisch wie altgermanisch anfangsbetonten Zweisilber (´xx) hinaus wächst in lateinischen Drei- und Mehrsilbern ein morphophonologisches Grundmuster des Worttons. Es rückt die insulare Latinität der Keltizität und Germanität näher. Die Zahl der Latinismen mit dem Ton auf der vorvorletzten Silbe nimmt in dem Maße zu, wie ursprünglich betonte (weil lange) vorletzte Silben abnehmen. Germanische Stamm- oder Anfangsbetonung und lateinisch relative bzw. romanisch absolute Endbetonung verschmelzen bei Dreisilbern unter heimischem Initialakzent im Leitschema x´ xx, bei Vier- und Mehrsilbern im prosodisch identischen Ausgleichsschema (x)(x)´xxx. Im Gegensatz zum französischen finalen Akzent bedarf der mediale keiner angelsächsischen Umbetonung. Insofern gilt: «It is not uncommon for English to be closer to Latin than French» (Gachelin 1990, 10). 1.2. Romanität Irgendwann zwischen Altertum und Frühmittelalter des 4. bis 8. Jh. weicht das Dogma vom einheitlichen Vulgärlatein einem Pragma von zentrifugal-regionaler Sprachverschiedenheit. Neben Gelehrsamkeit und kultivierter Traditionspflege von Latinität und Skriptoralität entsteht im völkerweiten Alltagssprachverkehr natürliche Romanität (→ Art. 48; 51). Solcher modifizierten Mündlichkeit folgt nach und nach wieder eigenständige Schriftlichkeit. Erst spät enden die diglossale Beherrschung und der funktionale Einsatz von lateinisch hoher und romanisch niedriger Sprachvarietät. Dabei setzt die durch diachronen Wandel und Sprachabstand unaufhaltsame Trennung von Latinität und Romanität in der Britannien zugewandten und als Randgebiet vom Latein zentrifugalen Nordwestromania erheblich früher ein als im abgewandten und zum Latein zentrifugalen Kerngebiet der Südostromania. Nach Zeit und Stärke wir-
161. Romanismen im Englischen
ken die romanischen Sprachen auf das historische Englische in der Rangfolge Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch. Darüber hinaus begleiten das Superstrat der Westromania in die insulare Westgermania auch Ad- und Superstrate aus Keltisch, Fränkisch und Arabisch.
2.
Französisch
2.1. Französisch im Altenglischen Die frühesten Anzeichen für ein Eindringen französischer Fremdwörter nach England reichen ins 9. Jh. zurück, nachweisliche Spuren ins späte 10. Jh. Angelsächsische Mönche und Schreiber lernen im Kloster Fleury, dessen Abt Abbo 985–987 in Ramsey lehrt. Im 10. und 11. Jh. strahlt aus dem ostfranzösischen Burgund die Cluniazensische Reformbewegung auf die Insel aus. Sie betont im Ora et labora der Benediktinerregel an Arbeit das Geistige. Von 1042–66 gelangt durch den Halbnormannen Eduard den Bekenner und seinen geistlichen Beraterstab nordfranzösische Sprache und Kultur an den angelsächsischen Hof. Nach Abzug undatierbarer Belege sowie zum Verwechseln ähnlicher Latinismen halten von den vermeintlich rund 40 altfranzösischen Fremdwörtern vor 1066 kaum mehr als ein Dutzend höfische den strengen Regeln der sprachhistorischen Kriterien stand. 2.2. Französisch im Mittelenglischen Das aus vlat. Franciscus “fränkisch” i-umgelautete altenglische Lehnwort Frencisc und heutige French fasst im ältesten Sinne von lingua franca fast alles Galloromanische des Nordens zusammen: Normannisch, Zentralfranzösisch, Pikardisch, Wallonisch; Bretonisch. Die uneinheitlich mundartliche Galloromanität wirkt auf England seit 1066 in mehreren Wellen und Schüben ein (→ Art. 65b). Erst im 12. Jh. entsteht mündlich und landessprachlich eine zentralfranzösische koiné, eine einheitliche Schriftsprache überhaupt erst Ende des MA . Zudem fließen die Quellen und Erkenntnisse aus der Textüberlieferung für die Frühzeit der ersten zwei bis drei Generationen nach der normannischen Eroberung nur lücken- und legendenhaft. Das rät zu Vorbehalten in der Ausdeutung. Vergleichsweise klingt das in der Wikingerzeit seit dem 9. Jh. von einströmenden Nordgermanen in der Normandie natürlichsprachlich erworbene Normannisch
1835 gegenüber dem Zentralfranzösischen diachron rückständig und diatop provinziell. In England wächst mit der Zeit die Eigenart des verpflanzten Anglonormannischen. Seine Sprachträger, die in Nordfrankreich geborenen Francigeni oder dort angeworbenen Söldner, erreichen insges. nur jeweils einstellige Prozentanteile der insularen Bevölkerung von rund zwei Mio. Eine erste Welle von Anglonormannisch fällt in den Zeitraum 1066–1250 (→ Art. 65b). Der Fremd- und Lehnwortschatz entstammt einigen anglonormannischen Kernbereichen, wie Hof und Herrschaft, Adel, militärische Dienstränge (inzwischen aller englischsprachigen Armeen), Kirche und Geistlichkeit, Ämter, Titel und Würden, Regierung und Verwaltung, Recht und Gericht, Anreden und Namen, Diener, Bedienstete und Handwerker: aunt, baron(et), butler, city, clergy, count(y), duke, judge, mayor, nephew, niece, nurse, parish, plea, reign, sergeant, servant, state, tailor, treasurer. – Phonologisch trennt das Anglonormannische (über die mittelenglische Entnasalisierung galloromanischer Nasalvokale hinaus) die französischen Reflexe von (ã/ und /Λ / etymologisch wie schreibaussprachlich als /em, en/ bzw. /im, in/: emperor, enter, prince(ss), simple, single, tent. Anglonormannische Ortsnamen und Lehnwörter mit /k/ vor /a/ lauten gegenüber zentralfranzösischem /tʃ/ unverändert an: Caen, Calais, Cambrai; camel, canker, carpenter. – Morphologisch spiegeln die englischen Präbzw. Suffixe counter- und -ment anglonormannische Lautung wider. – Syntaktisch schafft das Anglonormannische die Wortfolge nachgestellter Adjektive. Der Denkund Sprachstruktur folgen entlehnte und heimisch nachgebildete Fügungen: attorney general, heir apparent / presumptive, issue male, prince(ss) royal, malice aforethought, sum total. In einer zweiten Welle strahlen im 11. und 12. Jh. aus dem nordfranzösischen Raum von Bretagne, Normandie und Pikardie höfische Kultur und Literatur, höfische Eleganz, Erziehung und Lebensweise aus. Hof und Rittertum bestimmen Fest, Geselligkeit, Jagd, Kampf, Kleidung, Kochkunst, Rüstung, Spiel, Tafel und Turnier. Ritterlicher Dienst, Lebensstil und Sittenkodex liefern (zuweilen später diglossal angepasst): accord, armour, bachelor, blame, challenge, chance, courtesy, dance, danger, dinner, duty, fashion, feast, gentle, honour, jest, leisure,
1836 manner, mischief, order, privy, supper, table, very, virtue. Seit der zweiten Hälfte des 12. Jh. trägt die anglonormannische (weniger Lese- als) Vortragsdichtung der Heldenund Ritterepik höfische Kultur und galloromanischen Wortschatz ins Mittelenglische. Davon zeugt die Oxforder Handschrift des Rolandsliedes ebenso wie das Dutzend Lais “Lieder” der Marie de France um 1175. Während nordwärts nach England insulare Anglonormannen selbst den Spracheinfluss unmittelbar tragen, gelangen tausende und oft dieselben Fremd- und Lehnwörter einschließlich Burgennamen über den flämischniederlothringischen Hof zu Gent mittelbar über das Mittelniederländische in den ripuarisch-rheinfränkischen Austauschraum um Köln und von da weiter ins Mittelhochdeutsche. Hüben wie drüben gehören über zwei Drittel des Lehnguts grammatisch-lexikalisch zu den Substantiven, doppelt so viel wie zu allen übrigen Wortklassen zusammen. Hier wie dort dominieren morphologisch die Prä- bzw. Suffixe des-, dis- / Des-, Dis- sowie -eer / -ieren und -(er)y / -(er)ei. Ende des 13. Jh. lässt der Spracheinfluss des Rittertums in Romania wie Germania nach. Eine dritte Welle des nordfranzösischen Lehneinflusses breitet sich 1130–1300 im Nordseeraum der westlichen, kosmopolitischen oder Kaufmannshanse aus. Entlang einer insular-festländischen Handelsstraße London – Calais – Brügge (Stapelplatz) – Antwerpen – Köln dient ebenfalls das Mittelniederländische in Wort und Ware als Umschlagplatz zwischen Romania und Germania des Mittelenglischen, Mittelniederländischen, Ripuarisch-Rheinfränkischen und Mittelhochdeutschen. Handel und Verwaltung, Seefahrt und Wasserwesen vermitteln galloromanisches Wortgut, darunter cable / Kabel, dozen / Dutzend, fine / fein, place / Platz, price / Preis, profit / Profit, sluice / Schleuse. In einem vierten Schub zwischen 1100 und 1400 setzt der patristisch-scholastische ‘Kulturfahrplan des Abendlandes’ seine stete Weiterentwicklung der einst klösterlichen Artes liberales fort. Seit dem 10. Jh. stehen die nordfranzösischen Dom- und Kathedralschulen in hohem Ansehen. Vom 11. Jh. an gelangt aus den Talmud-Torah-Schulen um Raschi (1040–1105) galloromanisches Lehngut auf der ostfranzösisch-oberlothringischen Moselstraße Troyes – Metz – Trier – Speyer – Worms – Mainz ins Mittelhochdeutsche und mit den frühesten aschkenasischen Juden nach 1066 sporadisch auch nach Eng-
XII. Sprachkontakte und Migration
land. Seit dem 12. Jh. blühen die Universitäten Reims und Paris auf, seit dem 13. Jh. die insularen Oxford und Cambridge. Zum Studium und Austausch von Gelehrsamkeit und Wissenschaft reisen Robert Grosseteste und Roger Bacon über den Kanal nach Paris, Albertus Magnus auf der Maasstraße Paris – Reims – Lüttich – Stablo – Köln zum östlichen Nachbarn. Hunderte, ja tausende französische Fremd- und Lehnwörter dringen in die insulare und die festländische Germania ein. Gelehrte Fach- oder Buchwörter trennt so gut wie nichts von Latinismen. Ranulph Higden († 1364, Mönch in St. Werburgh’s at Chester) verbindet galloromanisches Wortgut mit Kulturprestige und gesellschaftlichem Aufstieg. Auch in England lernen Schüler ihren Donat für Latein und Französisch. Das füllt mit der Zeit beachtliche Lehnwortkataloge in den geistigen Kernbereichen von Kloster, Skriptorium und Schule, Theologie und Philosophie, Rechtswissenschaft, Medizin, Mathematik und Naturwissenschaften: calculation, case, cause, chapter, cognition, conscience, construe, decree, definition, essence, existence, faith, figure, glossary, grammar, hospital, jaundice, just(ice), lesson, letter, line, matter, medicine, mercy, pardon, piety, point, salvation, scripture, session, space, study, surgeon, theology, volition, volume. Hinzu zählen auch arabische Fachbegriffe in französischer Wortgestalt: cipher, nadir, zenith, zero. Trotz unterschiedlicher Deutungen und Wertungen einzelner Quellen und ihrer Widersprüche einigen sich Forscher zum anglonormannischen Sprachbefund immer einmütiger. Auch bei anhaltendem Druck der Obrigkeit auf eine Sprachsteuerung zugunsten des Anglonormannischen droht dem angelsächsischen Mittelenglischen nie und nirgends das sprachliche Aussterben. Die in (späteren) Chroniken geäußerten Seufzer und Klagen über heimische Sprachnot bekunden nachhaltigen Patriotismus und nachvollziehbare Gefühlsströmungen. Doch die wachsende Formelhaftigkeit der (zumal kurzen) Einschübe stilisiert Subjektives und Emotionales zu einem Traditionsritual. Der unentwegte Lauf der Sprachwirklichkeit und Sprachgeschichte widerlegt auf Dauer jede heimische Sprachgefährdung. Die Sprachgemeinschaft aus Germanen und Romanen sucht das funktionsfähige Miteinander. Sein Optimum liegt bei Zweisprachigkeit, sein Minimum in bestverträglichen Lösungen. Adel und höhere Geistlichkeit streben (nur
161. Romanismen im Englischen
selten voll erzielte) Bilingualität an; niedere Geistlichkeit und heimische Bevölkerung suchen im Rahmen des Nötigen, Gebotenen oder Möglichen die Befähigung zur Verständigung. Zu Beginn des 13. Jh. mit den Gebietsverlusten und der Gütertrennung zwischen Insel und Festland 1204, mit der Magna Charta Libertatum 1215 zu Runnymede und mit dem Aufstieg tausender von Adeligen, Geistlichen und Gefolgsleuten aus Zentral- und Südfrankreich in mächtige Stellungen unter dem frankophilen Heinrich III . (1207–72) büßt das Anglonormannische zunehmend Recht und Rolle einer der zwei natürlichen Landes- und Muttersprachen ein und wird der Gebildetensprache Anglofranzösisch das Feld räumen. Stets provinziell und gemessen am galloromanischen Bildungszentrum zweite Wahl, wandelt sich der bisherige Außenvergleich der Amts- und Verkehrssprache Anglonormannisch mit der Schul- und Bildungssprache Zentralfranzösisch nun zum Innenvergleich. Anglonormannisch gerät als schlechtes Französisch in Verruf. Sprachunsicherheiten, Regelverstöße und Analogien häufen sich. Wie im Altenglischen das Restlatein, so überlebt auch das Anglonormannische über das 13. Jh. hinaus im schottischen Norden am längsten. Im Süden klingt es anachronistisch, wirklichkeitsfremd und isolierend. Für angelsächsische Muttersprachige sowie für Angelsachsen, die nur das Englische beherrschen, erhöhen beide galloromanischen Varietäten den Eindruck des ähnlich Fremden und gleich Unverständlichen. Die fünfte Welle seit Ende des 13. Jh. fördert das Schul- und Erziehungswesen. Dem Lateinischen erwächst ein bedeutsamer Funktionsrivale im Gebildetenfranzösischen. Im 14. Jh. stehen Gower, Langland und Chaucer sprachmedial mit Latein und Französisch die romanische und germanische Begrifflichkeit und Schöpfungskraft nach Akt und Potenz voll zu Gebote. Schulund Bildungshintergrund, Dicht- und Redekunst erschließen dem spätmittelenglischen poeta doctus französische Literaturgattungen und Fachbegriffe: cadence, chronicle, comedy, elegy, epic, epilogue, essay, lyric, metre / metrical, miracle, morality, mystery, pause, poem, poet, preface, prologue, prose, proverb, story, style, tragedy, treatise, verse. In englischsprachigen Werken des großen Dreigestirns steigt das französische Lehngut merklich an. Im Falle der für Sprachmischung aussagekräftigen kontextuellen Mehrfach-
1837 zählung (= tokens) kommt der westmittelländische Langland nur auf etwa 7–8 %, während in London und Umgebung Gower und Chaucer rund 10–15 % bei Einfachzählung (= types) erreichen. Im Falle der Einfachzählung von lexikalischen Stichwörtern macht dies eine knappe Hälfte an Gallizismen aus oder ein Drittel aller Substantive. In der Sach- (doch nicht in der Kunst-)Prosa des Briefwechsels, den bis 1425 Hof- und Hauskapläne besorgen, löst zunächst das gebildetenfranzösische Ausdrucksmedium das anglonormannische ab. Nach dem Übergang zum Englischen bleibt ein hoher Anteil an Französischem. Doch weder das wiedererstarkte Englische des dichterischen Sprachgebrauchs noch Langlands in A-, B-, C-Version von Piers Plowman von 65 % über 70 % auf 72 % anschwellende Stabreime noch auch der Umschwung von der galloromanischen End- zur germanischen Anfangsbetonung im Lehnwortschatz von der letzten auf die vorvorletzte Silbe (Gegentonprinzip x` xx´ > x´ xx` ) sprechen gegen französische Beeinflussung. Phonologisch schlägt die einst französische Sprachgepflogenheit bei h-dropping durch und beim Gegensatz von bereits im 11. Jh. stummem s vor stimmhaften Konsonanten gegenüber bis ins 13. Jh. erhaltenem s vor stimmlosen (blame vs. beast). Syntaktisch schwingt das Pendel unter Verstärkerwirkung bilingualer Sprachvorbilder von der germanisch freieren Satzgliedgewichtung der typologischen Varianten SOP / SPO / PSO / POS / OSP / OPS zur romanischen SPO. 2.3. Französisch im Frühneuenglischen Der sechste Schub eines französischen Einflusses von 1450–1650 betrifft die Sprachlehre. Unter Gebildeten überstehen die englisch-französischen Sprachkontakte den Hundertjährigen Krieg (1339–1453) unvermindert. Mündlicher Unterricht und frühe Grammatiken, darunter John Palsgrave (1531), ermöglichen die Erlernung des Französischen. Beides stärkt die Nationalsprachlichkeit, die das ‘Lateinische Mittelalter’ ausläutet. Die französischen Schreibreformversuche von Louis Meigret (1542) und Pierre de la Ramée (1562) beeindrucken Thomas Smith und John Hart bei ihren Entwürfen eines Schreibsystems (1568 bzw. 1569). Auch hält neuere Forschung das Wachstum des französischen Fremd- und Lehnwortschatzes zwischen 1570 und 1625 für den eigentlichen Gipfel. Zumindest ver-
1838 längert die Barock- und Alamodezeit den Lebenshauch des Französischen allgemein wie des Law French im Besonderen. Überdies vermitteln die Rezeptionen des 17. Jh. bereits die stabilisierte und modifizierte französische Hochsprache. Den siebten Impuls zwischen 1650 und 1800 lösen Rationalismus und Aufklärung aus. Gemessen an bloßen Belegzahlen und an fremden Oberflächenstrukturen schlagen die Wogen nicht sensationell hoch. Wohl aber sorgen hüben Pope, Chesterfield und Dr. Johnson für Verständnis und Verbreitung von französischer Kultur und Denkart, während drüben nach englischem Vorbild Montesquieu und Voltaire für fallbezogene Kasuistik, Gewaltenteilung und Freiheit unter Ausschluss von Zufall und Willkür werben. – Das militärische Kräftemessen im Siebenjährigen Krieg (1756–63) zwischen Frankreich / Österreich / Russland und Deutschland / England fördert Nationalbewusstsein, ohne Geist und Gelehrsamkeit zu spalten. Sprach- und Geistesaustausch nährt sich aus humanistisch lebenskräftigen Wurzeln. Der seit Scholastik, Renaissancehumanismus und Tudorliteratur angesammelte und integrierte französische Wortschatz lebt in erneuertem Zeitgeist fort. In England wie europaweit erscheint um 1750 etwa jedes zehnte Buch auf Französisch. Phonisch übernimmt das späte Frühneuenglische den französischen Fremdwortschatz in möglichst originalgetreuer Aussprache unter Endbetonung und Nasalisierung, graphisch die modernisierte Schreibweise einschließlich der diakritischen Akzente. Morphologisch fallen die französischen Lehnsuffixe -ade, -ée, -ette, -ism / -ist, -ure auf. Lexikalisch überwiegen rund sechs Siebtel entlehnte Substantive und Fixphrasen. Die Neologismen spiegeln häufig Zeitgemäßes aus Küche, Kunst, Lebensart und Mode: beaux arts, cliché, comme il faut, début, déjà vu, élan, en masse, esprit, faux pas, genre, haute volée, idée fixe, œuvre, on dit, régie, roman-à-clef, savoir-vivre, tableau, vis-à-vis. Mit der zweiten Hälfte des 18. Jh. bricht das Zeitalter der Verwissenschaftlichung von Philologie und Lexikographie an. Verfeinerte Forschungs- und Beschreibungsmethoden und vollständigere Merkmalkataloge tragen zu gleichmäßigeren Lexikoneinträgen bei. Alphabetisch geordnete und durch Sprachbelege dokumentierende Nachschlagewerke ergänzen die kontextuell zufälligen
XII. Sprachkontakte und Migration
oder impressionistischen Lektüreerträge. Das erschließt sprachlich sowohl Inhalt als auch Umfang des französischen Wortschatzanteils an der englischen Sprache. 2.4. Französisch auf den Kanalinseln Auf der britischen Hauptinsel endet das Anglonormannische spätestens 1250, das Anglofranzösische gegen 1400. Beide münden zum einen in Französisch als Fremdund Bildungssprache, zum anderen in morphologisches und lexikalisches Lehngut im Englischen. Eine Ausnahme dazu bilden die vorgelagerten Kanalinseln Jersey, Guernsey, Alderney und Sark mit ihren normannischen Mundarten des Jersiais / Jèrriais, Guernsiais und Sercquiais. Auf den seit 1204 faktisch, seit 1360 formalrechtlich britischen Kanalinseln nimmt die Anglisierung zum Channel Island English zwischen 1845 und 1864 durch irische und englische Einwanderer sprungartig zu. Englischsprachige Arbeiter, Bergleute und Fischer sowie britische Militärgarnisonen wirken auf das Idiom der Inseln. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewinnt Englisch zügig die Oberhand, löscht 1963 das Französische auf Alderney aus und läutet die absehbare Vergangenheit der schon 1981 unter 13–11 % abgefallenen Sprachanteile des Französischen ein. Genau wie im Spätmittelalter weicht erstarrtes französisches Sprachleben zuletzt aus Rechts- und Verwaltungs-, aus Kirchen- und Schulwesen.
3.
Italienisch
3.1. Italienisch im Mittelenglischen Die Anfänge des Italienischen reichen ins 9. Jh. zurück. Bis zum 12. Jh. tauchen in Nachbarsprachen nur ein Dutzend italienische Fremdwörter auf. Die eigentliche Ausstrahlung beginnt erst im späten 13. und 14. Jh. mit den ‘Drei Kronen’ Dante, Petrarca und Boccaccio. Die Nähe der toskanischen Volks- und Literatursprache zur lateinischen Quelle bildet einen Wesenszug des konservativen Südostromanischen (→ Art. 135), ein Stück verweilende Synchronie in der sonst eilenden Diachronie. Das trennt die bilinguale Verschiedenheit von Latinität wie Romanität zu Germanität, bindet die diglossale Ähnlichkeit zwischen Latinität und Romanität. Die Schriftsprache auf toskanischer Grundlage beeinflusst das Englische anfangs rein literarisch, allen voran Chaucer (→ Art. 150).
1839
161. Romanismen im Englischen
Mit dem Merkantilismus seit dem 14. Jh. und der Vormachtstellung Venedigs gelangen italienische Fremdwörter aus Seefahrt und Militärwesen nach Norden. Soweit nicht allein über See, erreichen sie nur vereinzelt und häufig französisiert über Mailand – Como – Bern – Basel – Köln – Antwerpen – Brügge – Calais die britische Insel, so vielleicht bandit, barque / bark, battalion, brigade, cavalcade, corsair, gondola, jeans, partisan, scaramouch, traffic. Eher der Schriftsprache in Bankenwesen, Geldverkehr und Kontenführung entstammen Buchwörter wie bank(rupt), carat, credit, ditto, ducat, florin, grosso modo, Lombard, manco, per cent, tare, ultimo. 3.2. Italienisch im Frühneuenglischen Im 16. Jh. vermittelt die Hochrenaissance überwiegend literarische Italianismen nach England. Reiseberichte wimmeln von Kulturlehnwörtern. Wie schon die Entlehnungen ins Mittelenglische, laufen italienische Fachausdrücke aus Architektur, Literatur, Malerei, Mode, Musik und Theater oftmals über das Französische. Das erschwert den Nachvollzug von Datierung und Etymologie. Zum italienischen Lehngut des Frühneuenglischen (1500–1800) zählen: adagio, allegro, aria, balcony, baritone, burlesque, canto, chiaroscuro, cinquecento, citadel, commedia dell’arte, concert, crescendo, cupola, duo, fiasco, fresco, ghetto, grotto, loggia, mezzotint, opera, ottava rima, penseroso, piano, piazza, pietà, putto, solo, sonnet, soprano, stanza, studio, tempo, torso, trio, virtuoso. Diplomatie und Gesellschaft fügen hinzu: banquet, gala, incognito, in petto, prima vista, Signor. Seit Jahrzehnten wachsen Gastronomie und Markt um mancherlei Italianismen: broccoli, cappuccino, cassata, espresso, gnocchi, pepperoni, pizza, ravioli, risotto, scampi, spaghetti, tagliatelle, tortellini, tutti frutti, zabaglione, zucchini. Als Bezeichnungen für typische Lebensmaximen vermerkt die angloamerikanistische Sprachgeschichtsschreibung: cosa nostra, dolce far niente, dolce vita, mano a mano, pazienza. Im Vergleich zum Französischen hält sich der italienische Einfluss auf das Englische deutlich in Grenzen. Lautlich wahren die Italianismen im Englischen am strengsten die lateinische Wortbetonung auf der langen vorletzten oder kurzen vorvorletzten Silbe. Ebenso erinnern ans Italienische die intervokalisch stimmlos erhaltene Konsonanz in Suffixen wie -ata / -ato sowie die
vollklingenden Endvokale -i / -e / -a / -o. Die frühneuenglische und neuenglische Schreibung assimiliert Italoromanismen kaum mehr zu Lehnwörtern; sie bleiben Fremdwörter.
4.
Spanisch und Portugiesisch im Frühneuenglischen
4.1. Spanisch Sprachberührungen zwischen Spanisch und Englisch heben erst nach der Vereinigung der Königreiche Kastilien und Aragonien 1479 an. Ab 1492 fördert die Entdeckung der Neuen Welt durch Columbus auch den sprachlichen Wettbewerb in Europa und Übersee. Im 16. und 17. Jh. beeinflusst das kastilische Spanisch sowohl das Englische als auch das Deutsche. Aus der Iberoromania und aus Übersee erreicht das Frühneuenglische teils durch Ungebildete reichlich zersprochene Lehnwörter, teils durch Gebildete (bis auf französisierte Endvokale) recht formtreu bewahrte Fremdwörter. Die bis heute höchstens tausend Hispanismen stammen aus den Bereichen Seefahrt, Krieg, Kolonisierung; Bevölkerung, Haushalt, Siedlung, Verkehr, Verwaltung; Brauchtum, Fest, Kleidung, Nahrung; Tierzucht; Pflanzen, Produkte: amigo, apricot, armada, autopista, barbecue, bastinado, breeze, buckaroo, cafeteria, cannibal, canyon, cargo, Chicano, cigar, corrida, desperado, eldorado, embargo, flotilla, gaucho, grenade, guerilla, hurricane, macho, mesa, mosquito, mulatto, negro, Nevada, paso doble, plaza, potato, pueblo, ranch(ero), renegade, rodeo, sangría, sherry (Jerez / Xerez), sierra, siesta, tobacco, tomato, tortilla, tornado, vamo(o)se (lat. vadamus, span. vamos). Phonologisch grobe Wortanalysen und Zählimpressionen deuten auf einen gespaltenen Grad an Assimilation und Einbürgerung des spanischen Wortschatzanteils am Englischen. Lautlich scheinen die anglisierten Phoneme die iberoromanischen mit 75 % zu 25 % zu überwiegen, die iberoromanische (relative) Endbetonung hingegen die englische Anfangsbetonung mit 65 % zu 35 %. Das zeugt von Fremd- statt von Lehnwörtern. Graphisch wirken sich im 16. und 17. Jh. bereits zunehmende Schulbildung und Lehrbücher, vereinheitlichte heimische und fremde Rechtschreibung, Vervielfältigung des Schriftbilds durch Buchdruck sowie lexikographische Fortschritte und wachsende Ge-
1840 legenheit zum Nachschlagen aus. So übertrifft die iberoromanische Schreibweise die anglisierte mit rund 73 % zu 27 %. Spanische Lexeme im Englischen muten daher häufig noch als Fremdwörter an. Morphophonologisch und graphematisch gelten die Augmentativ- resp. Diminutivmorpheme -ada/o und -illa/o als Signale spanischer Herkunft. Lexikalisch mehren Hispanismen fast ausschließlich die Wortklasse der Substantive. Syntaktische Besonderheiten wie präpositional eingeleitete Akkusative nach arabischem Vorbild bleiben tiefenstrukturell auf das Englische ohne Einfluss. 4.2. Portugiesisch Noch zur Zeit des Omaijaden-Kalifats um 1000 bilden Spanisch und Portugiesisch nur unterschiedliche Sprachlandschaften und Mundarträume. Erst nach der Abtrennung des Königreichs Portugal 1139 entsteht dort ein nationalsprachliches Idiom, das später als eigenständige Hochsprache ausstrahlt. Erste portugiesisch-englische Sprachberührungen gehen vermutlich weniger von England aus als von portugiesischen Auswanderern im englischsprachigen Australien. Der Sprachaustausch beruht auf Rückbindung an Portugal und Brasilien. 1630 siedeln Engländer im seit 1593 spanischen und von 1651–67 englischen Guyana (Surinam) im äußersten Norden der südamerikanischen Atlantikküste. Dorthin verschlägt es auch portugiesische Siedler aus Brasilien. Der portugiesische Fremd- und Lehnwortschatz im Englischen wächst unauffällig, zumal die sprachliche Nähe Lusitanismen kaum klar genug von Hispanismen trennt. Begrifflich gibt es für dieses Lehngut keinen gemeinsamen Nenner, da commando, creole “Geschöpf ”, fado “Volkslied”, fidalgo “Edler”, Madeira, marmalade, pintado “buntscheckiger Fisch oder Vogel”, port (wine), São, serra unterschiedlichen Bereichen angehören. Alles in allem deutet manches am portugiesisch-englischen Sprachaustausch und siedlungs- bzw. kolonialgeschichtlichen Hintergrund auf das Gebiet funktionaler Mischsprachen: primäres Pidgin (nicht-affine Drittsprache ohne gemeinsame Basis) und sekundäres Kreol (vollentfaltetes Pidgin als lingua franca, Erst- und ‘Hoch’sprache). Dabei rezipiert und assimiliert anglophones Kreol oft das anglo-amerikanische Superstrat zu 90 % und mehr, weshalb im sprachlichen Echo Original wie Originelles verhallen.
XII. Sprachkontakte und Migration
5.
Rückblick und Ertrag: Die Folgen der Einwirkung des Französischen auf das Englische
Wie schon eingangs vermerkt, umfasst unter den romanischen Gebersprachen in der Geschichte des Englischen allein das nahe und unmittelbar verpflanzte Französische alle Zeiträume und alle Sprachsegmente. Der wiederholt von Einwanderern auf die Insel getragene Lehneinfluss mehrt Sprachwirklichkeit und Oberflächeneindrücke, kann aber die Tiefenstruktur des Gewohnten nicht wandeln. – Phonetisch setzen sich weder h-dropping, Mouillierung und Nasalierung noch Finalakzent gegen das Heimische durch. – Graphisch stabilisieren anglonormannische Schreib(er)gepflogenheiten einerseits zwar die damaligen Reibelaute als Grapheme , doch mehren andererseits die /s/-Varianten <s; c, sc, ss> das mundartlich ohnehin uneinheitliche Schriftbild des Mittelenglischen. Erst mit dem Buchdruck 1476 erlangt es seine dennoch eher etische als emische Schriftnorm. Das erschwert bis heute Einheimischen wie Fremden die schnelle Beherrschung der historischen Mischschreibung. Der Neigung zum frühneuenglischen Aufbau der Großschreibung von (neben Eigennamen) Substantiven und einer verstärkten Zeichensetzung steuern die angelsächsische und die anglofranzösische Tradition entgegen, ohne das Modikum einer gelegentlichen Hervorhebung substantivischer Sinngipfel durch Großschreibung als Lesehilfe abzuschaffen. Alles in allem setzt sich, von galloromanischen Teilnormen und -strukturen abgesehen, graphisch das Regelhafte und Systematische des aufnehmenden Englischen durch. – Morphologisch passt das galloromanisch analytische Kasussystem zum frühmittelenglischen Zerfall der synthetischen Flexion. Zahlenmäßig überwiegen in englischen Lehnmorphemen die französisch endbetonten Suffixe die tonschwachen Präfixe. – Lexikalisch verfügt das Englische (wie andere Sprachen auch) über ein recht offenes und kaum geordnetes ‘System’, über bloße Strukturen. Das Lexikon, ein Schmelztiegel aus Erb-, Lehn- und Fremdwortschatz, entspringt und gehorcht einer Vielfalt von Kräften: Bezeichnungsbedarf, Sprachschöpfung, Zeitgeist, Streben nach Anschaulichkeit, Geschmacksauswahl, Erlernbarkeit, Sprachhaushalt, Gedächtnis, Merkfähigkeit, Speicherung, Traditionsverbundenheit. Solche
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161. Romanismen im Englischen
Kräfte und Motive können zu unbewusst wiederholten Entlehnungen aus und bewussten Rückanpassungen an Romanisches führen: chance / cadence, chivalry / cavalry, dainty / dignity, dean / doyen, easy / adjacent, fancy / fantasy, feat / fact, frail / fragile, hostel / hospital / hotel, inch / ounce, legal / loyal, mint / money, naive / native, regal / royal, sever / separate, sprite / spirit / esprit, vinet / vignette, vittel / victual. Die Beispiele zeigen zugleich, dass Fremdwörter nicht nach etymologisierenden Prinzipien übernommen werden, sondern als Wortganzes. Je nach Bezeichnungsbedarf und Lernaufwand bietet die riesige Bandbreite des Wortschatzes ein Weniger oder Mehr, die eingebürgerten easy words allein oder die romanischen hard words dazu. – Lexikosyntaktisch schreitet der mittelenglische Abbau des grammatischen Geschlechts durch Vereinheitlichung fort. Das an heimischen Substantiven Entbehrliche überzeugt auch für Fremd- und Lehnwörter nicht. Angesichts der englischen Formengleichheit in you ~Ø für die zweite Person Singular und Plural im Präsens lehren (früh)neuenglische Grammatiken die französische Formenverschiedenheit von tu ~es / vous ~ez (oder dt. du ~st / Sie ~en) mittels historischer Trennung als *thou ~st / you ~Ø. – Syntaktisch trifft der anglonormannisch / französische Einfluss auf ein Mittelenglisch mit hohen Anteilen von Versdichtung und vergleichsweise niedrigen an Prosa. Verse aber, zumal drei- und vierhebige Kurzzeilen, setzen dichterische Freiheit voraus. Erst das Übergewicht von Prosa im 16. Jh. verhilft der Wortfolge SPO zu Normierung, Standardisierung und Regelhaftigkeit. Dem Lehnmuster C’est moi (qui …) folgen Hervorhebungen wie It’s me (who …). Die Grundlagen für (Duktus und) Einfluss der romanischen Sprachen auf das Englische reichen auf das Anglolateinische der Römerzeit zurück. Italienisch, Spanisch und Portugiesisch spielen spät(er) kaum strukturiert und erst durch neuzeitliche Sprachkontakte ihre wachsende Rolle. Im Wesentlichen gilt die Frage, ‘Ist Englisch eine romanische Sprache?’ (cf. Gachelin 1990), dem Französischen. Zu fast allen Zeiten wirkt Französisch in manche der graphischen, morphologischen, lexikalischen und syntaktischen Strukturen hinein. Doch den Lebensnerv und die Grundsubstanz des Sprachsystems wandelt es nicht. Der riesige Reichtum des germanisch-romanischen Mischwortschatzes gestattet feinste Nuan-
cen und Signale des Ausdruckswillens. Daraus schöpfen wörtliche Redensarten für Dogma / Pragma, Dynamik / Statik, Heimisches / Fremdes, Ideal / Wirklichkeit, Kontrast / Harmonie, Substanz / Dekor ebenso wie übertragene für Sein / Schein, Humor, Komik, Ironie, Paradoxie, Sarkasmus. Hybride Phrasenstrukturen gewichten zwischen sinnlerem Funktor und sinnschwerem Argument: do justice / mischief / service; give emphasis / pleasure / voice; have mercy / patience / pity; hold in esteem / honour / veneration; make complaint / haste / moan; take pity / place / revenge.
6.
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162. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Südostromania Locuteurs alloglottes dans la Romania: Romania du Sud-Est 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Definition und Herkunft der Alloglotten Die zeitliche Abfolge der Besiedlung Der gesellschaftliche Kontext Moldawien Kontaktsprachliche Phänomene Wertung der Quellen und Ausblick Literatur
1.
Definition und Herkunft der Alloglotten
Das kompakte dakorumänische Sprachareal wird von den Grenzen der Republik Rumänien und der Republik Moldawien (im rumänischen Sprachgebrauch: Bessarabien)
162. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Südostromania
umschlossen. In beiden Staaten stellen die Rumänen die deutliche Bevölkerungsmehrheit, aber der Anteil der Alloglotten liegt verschieden hoch. Bis heute ist der Frage der Ethnogenese der Dakorumänen keine allseits anerkannte Lösung zugeführt worden. Strittig ist v. a., ob sich die Ungarn und Székler erst im 12. Jh. in einem von Slawen und Dakoromanen nur dünn besiedelten Raum niederließen oder ob sie eine dichtere, bereits seit der Spätantike kontinuierlich in Siebenbürgen sesshafte romanischsprachige Bevölkerung antrafen (Köpeczi 1990; Nägeler 1992). Alle nicht-rumänischen Sprechergruppen sind im Laufe der dokumentierten Geschichte als Migranten ansässig geworden. Der nordöstliche Teil Transsilvaniens und das Fürstentum Moldau sowie das jenseits des Prut liegende Bessarabien sind auch für die Titularnation der Dakorumänen Kolonialboden; sie sind dort im Laufe des Mittelalters zugewandert. Das in Teilen Siebenbürgens ursprünglich vorhandene slavische Element wurde im Mittelalter sprachlich assimiliert. Ähnliches gilt auch für den mittleren Teil von Moldau und Moldawien. Seine größte territoriale Ausdehnung erlangte Rumänien als Folge der Pariser Vorortverträge (v. a. Trianon, 4. Juni 1920) durch die Einverleibung Transsilvaniens, des Banats, der Bukovina und Bessarabiens. Nach 1945 gingen die Bukovina und Bessarabien an die Sowjetunion.
2.
Die zeitliche Abfolge der Besiedlung
Die linguistischen Verhältnisse in Rumänien sind das Ergebnis eines tausendjährigen Prozesses, wobei die Lage des Landes im Spannungsfeld angrenzender Großreiche zur Mischung von Nationalitäten führte. Im Süden Bulgarien und später das Osmanische Reich, im Westen das Kgr. Ungarn bzw. später die Habsburger Monarchie und im Nordosten die Doppelmonarchie Polen / Litauen bzw. später Russland verursachten Migrationen, sei es als Flucht, sei es als gezielte Kolonisierungsmaßnahme. Bes. in Folge der Zurückdrängung des Osmanischen Reiches kam es seit dem Ausgang des 17. Jh. zu umfangreichen Siedlungsbewegungen, die sich bis heute in der Sprachenkarte Rumäniens ausdrücken.
1843
2.1. Die Landnahme im Mittelalter Erst relativ spät werden die Dakorumänen explizit erwähnt und die schriftliche Überlieferung in rumänischer Sprache datiert sogar erst vom Beginn der Neuzeit (1521). Im 11./12. Jh. erwähnen byzantinische Chronisten eine romanisierte Bevölkerung nördlich der Donau unter dem Ethnonym Vlachen (Blachoi). Eine rumänische Staatlichkeit entstand in der Walachei im 14. Jh. (Basarab I .), etwa ein halbes Jahrhundert später auch in Moldau. Mit dem Erstarken des Osmanischen Reiches gerieten diese Fürstentümer jedoch in die Tributabhängigkeit. 1711 bis 1821 wurden die Donaufürstentümer von griechischen Staathaltern des Sultans, den Phanarioten, verwaltet. Transsilvanien (lat. Übers. von ung. Erdély “hinter dem Wald”, d. h. hinter dem Bihor-Gebirge, rum. Ardeal) konnte 1526–1691, als die DonauTheiß-Ebene von den Türken besetzt war, die ungarische Eigenstaatlichkeit bewahren, bis das Fürstentum nicht ohne Widerstand des lokalen Adels 1691 (Leopoldinisches Diplom) in das Habsburgerreich einverleibt wurde. 1859 wurden die Fürstentümer Moldau und Walachei unter Alexandru Ion Cuza vereinigt, und nach dem 1. Weltkrieg erfolgte der Anschluss Transsilvaniens. Damit war Rumäniens nationale Einigung erzielt, aber durch den hohen Anteil alloglotter Sprecher Zündstoff für zukünftige innere Auseinandersetzungen bereitgestellt. 2.1.1. Ungarn und Csángós Im 10./11. Jh. wurde Transsilvanien dem Kgr. Ungarn einverleibt, was mit der Ansiedlung sowohl von Ungarn als auch von Hilfsvölkern und Kolonisten einherging. Die historisch bedeutendste Volksgruppe, die als magyarisiertes Fremdvolk gilt, sind die Székler. Ihnen zur Seite stehen die moldauischen Csángós, von denen man annimmt, dass sie magyarisierte Kumanen seien. In rumänischer Umgebung sind die Csángós heute sprachlich romanisiert; ihre Zahl wird auf 200.000 geschätzt (Schubert 1997, 1478). 2.1.2. Székler Die nordöstlich von Bra¸sov (ung. Brassó, dt. Kronstadt) siedelnden Székler (rum. Secui) sollen ein magyarisierter, ursprünglich turksprachiger Stamm sein, der von den ungarischen Königen von 1100–50 zur Sicherung der östlichen Karpatenpässe angesiedelt wurde (Nägeler 1992, 118). Diese üb-
1844 liche Erklärung muss nicht unbedingt der neuerdings von Russu (1990) vertretenen Ansicht widersprechen, dass die Székler – wenigstens zum Teil – magyarisierte Dakoromanen seien. 2.1.3. Siebenbürger Sachsen Die ungarischen Könige siedelten seit dem 12. Jh. ‘Deutsche’ in Siebenbürgen an (der Name bezeichnet eigentlich nur den südlichen Teil Transsilvaniens mit sieben privilegierten Burgen); die Regierungszeit von Géza II . (1141–62) gilt als Orientierung zur zeitlichen Bestimmung (um 1150). Vorübergehend (1211–25) ließ sich auch der Deutsche Orden im Burzenland (bei Kronstadt) nieder. Die Siebenbürger Sachsen sicherten die nach Süden führenden Karpatenpässe und standen im Austausch mit der südlich angrenzenden Walachei. Explizite Quellen betr. der Herkunft der Siebenbürger Sachsen (ung. Szász, rum. Sa¸si) sind spärlich; man nimmt an, dass sie sowohl aus Flandern und Wallonien als auch aus westmitteldeutschem (‘fränkischem’) Dialektgebiet stammen. Die Herkunft aus Luxemburg ist als vereinfachende Hypothese verworfen worden (Dahmen / Kramer 1992), da es sich bei Siebenbürger ‘Sächsisch’ um eine typische koloniale Misch-Mundart mit Merkmalen aus verschiedenen deutschen Ursprungsgebieten und späteren Adstraten handelt. Die unio trium nationum (1437) stiftete später den rechtlichen Rahmen für die Privilegierung der katholischen Ungarn, Székler und ‘Sachsen’, während die orthodoxen Rumänen ausgeklammert blieben. 2.1.4. Roma und Armenier Nur wenig später als die Deutschen in Transsilvanien erschienen die ersten Roma (rum. ¸tigani, amtlich: romi) in der Walachei (erwähnt 1385) und Moldau (erwähnt 1410; Gilsenbach 1994, 40; 45). Im Zusammenhang mit der Gründung von Curtea de Arge¸s in Muntenien (14. Jh.) und Boto¸sani (1350) in Moldau werden Armenier genannt. Die walachischen Armenier sollen auf Ansiedlungen in Mösien zu byzantinischer Zeit zurückgehen, während die moldauischen Armenier mit den Ungarn von Osten eingewandert sein sollen (Gazdovits 1996, 35– 40). In historisch dokumentierter Zeit siedeln Armenier in Moldau und seit dem 16.–17. Jh. zunehmend in Siebenbürgen.
XII. Sprachkontakte und Migration
2.2.
Migration und Assimilation in der Neuzeit
2.2.1. Ungarn und Rumänien Schubert (1997, 1479 s.) legt dar, die Ungarn hätten während des Mittelalters bis zum Ende des 15. Jh. die Mehrheit der Bevölkerung «im historischen Siebenbürgen [sc. Erdély]» gestellt. Erst danach sei sukzessive der Anteil der Rumänen von 31 % (1590) auf 56 % (1761) und 58 % (1850) gestiegen. Zu der Zeit (1850) habe der Anteil der Ungarn noch 26 % betragen, während sie heute im ganzen rumänischen Staat nur noch 7,1 % ausmachen, obwohl die absolute Zahl natürlich heute höher als damals in Transsilvanien ist. 2.2.2. Banater Schwaben und Bukovina-Deutsche Nach der Entsetzung Wiens im Jahre 1683 erfolgte rasch die Rückeroberung der Pannonischen Ebene bis vor Belgrad. Dieses nun zur Habsburger Monarchie gehörige Gebiet musste am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jh. neu besiedelt werden, wobei zahlreiche Sprachinseln entstanden, die v. a. im ländlichen Raum bis heute die Sprachenkarte bestimmen. Heute ist im Banat außer Deutschen und Ungarn nur noch eine geringere Anzahl slavischer Minderheiten anzutreffen (1992 von insgesamt 22,75 Mio. Einwohnern Rumäniens 0,16 % = 29.080 Serben, 0,03 % = 4.180 Kroaten, 0,01 % Slowenen, 0,05 % = 9.935 Bulgaren, 0,01 % Ruthenen; Mihok 1999, 78). Um 1920 betrug die Zahl der Banater ‘Schwaben’ um 270.000; heute sind es vielleicht noch 50.000. Eine ähnliche Ansiedlungspolitik fand nach 1774 in der Nord-Moldau statt, die man später Buchenland (Bukovina, Hauptort Czernowitz / rum. Cern˘au¸ti, derzeit ukr. amtlich Cˇ ernivcy) nannte. Zunächst österreichisches Kronland, fiel die Bukovina 1920 an Rumänien. Bei der Aussiedlung ins ‘Reich’ (1940) betrug die Kopfzahl der Buchenländer 100.000. Das Gebiet gehört seit 1945 zur Ukraine. Als deutsche alloglotte Sprechergruppen kommen heute nur noch die Banater ‘Schwaben’ und die Siebenbürger ‘Sachsen’ in Frage. Die Kopfzahl der letzteren ging von ca. 225.000 im Jahre 1920 auf heute ca. 50.000 zurück. Von ca. 750.000 Deutschsprachigen im Groß-Rumänien der Zwischenkriegszeit bleiben durch Abwanderung heute noch knapp 100.000 Sprecher – mit abnehmender Tendenz.
162. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Südostromania
2.2.3. Die Armenier Bedingt durch Verfolgungen in Galizien (Lemberg) und Moldau ließen sich Armenier seit dem 15. Jh. in mehreren Wellen in Transsilvanien nieder; die größte Wanderung fand um 1671/72 statt (Gazdovits, 1996, 76–80). Außer der Ansiedlung in einer Reihe von Dörfern gründeten Armenier zwei Städte: 1700 Gherla (Szamosújvár, dt. Neuschloss) im Nordwesten bei Cluj (Kolozsvár), 1733 Dumbr˘aveni (Erzsébetváros, dt. Elisabethstadt) bei Sighi¸soara (dt. Schässburg). Beide wurden 1786/87 in den Rang einer libera regiaque civitas erhoben. Die ca. 50.000 transsilvanischen Armenier befassten sich mit Leder-, Vieh- und Holzhandel, weniger mit Landwirtschaft; 1690 schloss die Geistlichkeit die Union mit Rom. 1849 gab es 5.600 Armenier in Moldau (Roman 1987, 95), 1992 wurden ebenda nur noch 128 gezählt, in der Walachei und Dobrudscha 1.666. Nach dem 1. Weltkrieg kamen erneut Armenier als Flüchtlinge aus der Türkei ins Land, die sich zunächst in Constan¸ta niederließen. Durch inzwischen erfolgte weitere Migrationen schrumpfte ihre Zahl 1992 auf 0,01 % der Gesamtbevölkerung. Sie spielen allerdings in der Gesellschaft eine ihre geringe Kopfzahl (2.023 nach Mihok 1999, 78) weit übertreffende Rolle. 2.2.4. Juden Juden kamen in größerer Zahl erst im 19. Jh. in die rumänischen Länder, und zwar Sepharden von Süden aus dem Osmanischen Reich (Bulgarien und Bosnien) und Aschkenasen aus den Gebieten des ehemaligen Polnisch-Litauischen Doppelstaats. 1803 wurden in Moldau 1.900 Juden gezählt, 1849 bereits 55.280, 1860 in der vereinigten Moldau und Walachei 135.000. Für 1930 wurden 1,2 Mio. Juden geschätzt, von denen 1945 noch 700.000 lebten. Durch massive Abwanderung v. a. nach Israel und in die USA waren es 1977 nur noch 25.686. Heute dürfte die Zahl noch niedriger zu veranschlagen sein (Roman 1987, 137; 1991, 24). Die sephardischen Juden waren an Zahl immer geringer einzustufen; für den Beginn des 20. Jh. werden ca. 3.000 Personen geschätzt, davon 1.000 in Bukarest (Sala 1981, 14 s.). 2.2.5. Zigeuner Die meisten rumänischen ‘Zigeuner’ (amtlich: Romi) sind inzwischen sesshaft, und
1845
zwar tätig in fast allen Lebensbereichen, schwerpunktmäßig in der Nischen- und Schattenwirtschaft, aber auch in der Landwirtschaft. Abweichend von der amtlichen Statistik von 1992 weist Remmel mit 2,5 Mio. bzw. 11 % der Bevölkerung (gegenüber amtlichen 1,8 %) die Roma als größte nationale Minderheit Rumäniens aus. Im Prinzip über das gesamte Land verstreut, weist die Roma-Bevölkerung in den Bezirken Mure¸s (5,69 %) und Sibiu (Hermannstadt, 4,1 %) bes. hohe Anteile auf (Zamfir / Zamfir 1993, 241). 87,4 % von ihnen leben am Rande des Existenzminimums und sind auf Sozialhilfe angewiesen. Lediglich 2 % verstehen sich als «gutsituierte Bürger» (Remmel 1997, 205). Die Haussprache der Roma ist Romani (Adj., das Adv. dazu: Romanés), eine nicht normalisierte Sprache, die gewöhnlich von den Roma selbst nicht schriftlich verwendet wird (Boretzky 1994; Matras 1994).
3.
Der gesellschaftliche Kontext
3.1. Sprach- und Kulturpolitik Im Prinzip genossen und genießen Ungarn und Deutsche in Rumänien eine Kulturautonomie, die ein eigenes Schulwesen, eine eigene Presse und – im Falle der Ungarn – auch eigene Fakultäten oder Universitäten umfasst. In den deutschen Schulen überwiegen inzwischen die nicht-deutschen Schüler. Das Kulturleben der winzigen slavischen Minderheiten im Banat (Serben, Bulgaren) drückt sich v. a. in einer eigenen kirchlichen Verwaltung aus; sie haben jedoch auch Schulen in der Muttersprache. Bereiche wie Armee und Rechtspflege setzen den Gebrauch der rumänischen Sprache voraus, woraus sich für die Alloglotten der Zwang zur Mehrsprachigkeit ergibt. 3.2. Sprachverhalten der Minderheiten Vor dem 1. Weltkrieg war Ungarisch in Siebenbürgen und im Banat die Amtssprache (Verwaltung, Militär), während die deutsche Schriftsprache in Schule und Kirche gepflegt werden konnte. Die katholische deutschsprachige Bevölkerung unterlag z. T. dauerhaft dem Magyarisierungsdruck. Dies änderte sich nach 1920 in Groß-Rumänien, allerdings unter Beibehaltung einer gewissen Kulturautonomie und deutschsprachiger Presse. Nach dem Sturz Antonescus (23.8.1944) erfolgte wegen der geänderten politischen Rahmenbedingungen eine Rück-
1846 drängung des Gebrauchs der Muttersprache auf Familie und Kirche, was eine erzwungene soziale Mehrsprachigkeit nach sich zog. Im Endergebnis ist eine Vereinfachung der Triglossie in dem Sinne zu beobachten, dass von der Erstsprache entweder die mundartliche oder die hochsprachliche Komponente aufgegeben wurde. Es sind also Siebenbürger Sachsen oder Banater Schwaben anzutreffen, die außer Rumänisch nur die deutsche Lokalmundart beherrschen. Ähnliche Verhältnisse gelten bei den anderen alloglotten Sprechergruppen.
4.
Moldawien
Um die Mitte des 14. Jh. entstand am oberen Siret das Fürstentum Moldau, zunächst als ungarisches Lehen und Grenzmark, bald jedoch selbständig unter rumänischen Herren. Wie in der Walachei herrschte Diglossie insofern, als Slavonisch, eine Buchsprache auf mittelbulgarischer Grundlage, bis ins 16. Jh. die Kanzleisprache war. Da der ursprünglich waldsteppenartige Raum von Moldau nach Osten und Südosten bis zum Schwarzen Meer keine natürlichen Grenzen aufweist, dehnte sich das rumänische Siedlungsgebiet im Laufe der Jahrhunderte bis zum Dnestr aus. 1711 verlor Moldau die Selbständigkeit an die Türken, und die Phanarioten übernahmen wie in der Walachei die Herrschaft. Nord-Moldau, die Bukovina, fiel 1775 an Österreich, 1812 das Gebiet zwischen Prut und Dnestr an Russland. Unter russischer Herrschaft ging der Anteil der Rumänen in Bessarabien von 86 % (1817) auf 47,5 % (1918) zurück (Fassel 1996, 382). Die 1924 gegründete Moldauische ASSR lag östlich des Dnestr (Transnistrien, Hauptort Tiraspol), während das westlich des Dnestr gelegene Gebiet (Hauptort Chi¸sina˘ u, russ. Kiˇsin¸ev) als Bessarabien 1918–40 zu GroßRumänen gehörte. Nach der Eingliederung in die UdSSR wurde Bessarabien 1940 mit Transnistrien zur neuen Moldauischen Sowjetrepublik vereinigt (es wurden ca. 90.000 Bessarabiendeutsche ausgesiedelt, Fassel 1996, 380), die wiederum nach dem Zerfall der UdSSR 1991 ihre Unabhängigkeit erklärte. Diese Republik hatte 1989 4,3 Mio. Einwohner, von denen 64,5 % rumänischsprachige Moldawier, 13,8 % Ukrainer, 12,9 % Russen, 1,5 % Juden und 3,5 % Gagausen waren (Grimm / Ungureanu 1995, 16). Das im 19. Jh. noch landwirtschaftlich geprägte Gebiet wurde erst unter russischer Herr-
XII. Sprachkontakte und Migration
schaft ökonomisch entwickelt. Die zur Sowjetzeit erfolgte Industrialisierung brachte ein – in Transnistrien auch statistisches – Übergewicht des slavischen Elements mit sich. Da die Nationalitätenzuordnung in der UdSSR keinen direkten Bezug zum Sprachverhalten aufweist, kann man alle slavischen Einwohner und die örtlichen Juden als russischsprachig auffassen. Unter dieser Prämisse weist die Republik-Hauptstadt Chi¸sina˘ u eine relative Mehrheit von 49,2 % ‘Russen’ auf. Die Verhandlungssprache im moldawischen Parlament ist auch immer noch Russisch als nationalitätenübergreifendes Kommunikationsmittel (Heitmann 1998, 138). Die Titularnation stellt nur im ländlichen Gebiet eine deutliche Mehrheit. Wenn man nach Hoch / Tief unterscheidet, dann ist das Sprachverhalten der rumänischsprachigen Moldawier durch die Kombination T1-H2 gekennzeichnet, d. h. Rumänisch in einer lokalen nicht-literarischen Variante für den informellen Kommunikationsbereich und russische Schriftsprache für den formellen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die sog. moldawische Sprache seit ungefähr 1960 weitestgehend der rumänischen Schriftsprache entspricht. Inzwischen ist auch die kyrillische Schrift durch die lateinische ersetzt worden, wenn auch mit geringfügigen Abweichungen (î im Wortinnern) von den derzeit in Rumänien gültigen Regeln.
5.
Kontaktsprachliche Phänomene
5.1. Vorwiegend Wortschatzaustausch Phonologie und Morphologie bleiben im Kontakt der Minderheitensprachen i. A. resistent gegen rumänische Einflüsse. Daher gibt es bestimmte Merkmale, an denen rumänische Muttersprachler die alloglotten Sprechergruppen zu identifizieren vermögen; z. B. sind behauchte Konsonanten (vor allem /th/, /kh/) ein Merkmal von RomaniMuttersprachlern. Von den 195 verbürgten ungarischen Lehnwörtern in der rumänischen Schriftsprache bezeichnen viele Gegenstände des Hausrats und des städtischen Lebens, z. B. ora¸s “Stadt”, vama˘ “Zoll”, me¸ste¸sug “Handwerk, Kunst”, chip “Gesicht, Aussehen, Bild”. 93 % der rumänischen Hungarismen sind allerdings nur mundartlich in der Kontaktzone verbreitet (Schubert 1997, 1485). Die Einflüsse des Rumänischen auf das Deutsche erstrecken sich v. a. – abgesehen von Wortschatzentlehnungen oder
162. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Südostromania
Lehnprägungen – auf Wortstellung und Valenz / Rektion der Verben. 5.2. Schwache typologische Anpassungen Rumänisch als Sprache des Balkantyps weist bestimmte Merkmale auf, die es mit dem Bulgarischen und Albanischen teilt. Da Sprachkontakte gewöhnlich zur Angleichung im Kontakt führen, könnte man erwarten, dass auf dakorumänischem Siedlungsgebiet vergleichbare Kontaktverwandtschaften entstanden sind. Soweit die Forschungssituation Schlüsse erlaubt, trifft dies auf Wortschatz und Phraseologie uneingeschränkt zu. Es lassen sich drei Typen unterscheiden: (a) die Kontaktsprache wirkt unidirektional auf das Dakorumänische (Russisch), (b) die Kontaktsprachen bleiben strukturell unberührt und wirken auf das Rumänische auch – außer im Wortschatz – nicht ein (Ungarisch, Deutsch), (c) die Kontaktsprachen werden vom Rumänischen affiziert (Romani, Gagausisch). Diejenigen Sprachkontakte, die sich im 20. Jh. empirisch untersuchen ließen und die man bis zu einem gewissen Grad auch noch heute überprüfen kann, führten im Endergebnis nicht zu sprachbundähnlichen Ausgleichserscheinungen, obwohl die Kontakte in den verschiedenen Landesteilen des heutigen Rumänien bereits seit dem 9.–14. Jh. – also mindestens 600 Jahre – stattfanden. In diesem Zusammenhang ist das transsilvanische Areal als eine Zone der Verwerfung innerhalb einer Sprachbundzone anzusehen. Da die rumänischen Mundarten nicht stark gegliedert sind, liegt ein bis nach Czernowitz in der Ukraine (bzw. Bukovina) reichendes Areal der für den sog. Balkansprachbund typischen Merkmale vor. Andererseits sind weder das Ungarische in seiner transsilvanischen Varietät, noch das Deutsche der Siebenbürger Sachsen ‘balkanisiert’: Sie behielten den bestimmten Artikel vor der Nominalgruppe, sie behielten den Infinitiv prinzipiell intakt und entwickelten keinen Gelenkartikel mit Kongruenz zum vorangehenden Beziehungswort. Das heißt, innerhalb des ‘balkanisierten’ rumänischen Dialektkontinuums sind Sprachinseln eingebettet, die nach der Theorie entweder der rumänischen Sprachstruktur verfallen oder diese wesentlich hätten beeinflussen müssen. Die tatsächlichen Angleichungen im Kontakt erstrecken sich aber in erster Linie auf Lexikon und Phraseologie. Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung der Rückkopp-
1847
lung an die überdachende Schriftsprache (Deutsch, Ungarisch) außerhalb des eigentlichen ‘Balkan’-Areals (Rein 1997, 1471 s.).
6.
Wertung der Quellen und Ausblick
Seit dem Erscheinen des Lexikons der Romanistischen Linguistik (LRL ) und des HSK Bandes 12 Kontaktlinguistik ist der Stand der Forschung zu verschiedenen Aspekten des Dakorumänischen und der mit ihm in Kontakt stehenden Sprachen zur Zeit leicht zugänglich aufbereitet. Die Forschung selbst aber weist gewisse Defizite auf, die z. T. außerwissenschaftlich begründet sind. Sowohl hinsichtlich Herkunft und Geschichte der alloglotten Sprechergruppen als auch bei der Darstellung der gegenwärtigen soziolinguistischen Situation einschließlich statistischer Nachweise schlagen nationale Interessen durch, die zu stark divergierenden Ergebnissen führen. Ungarische Arbeiten stellen in der Regel die Hypothese von der Siedlungskontinuität der Dakoromanen in Frage, während umgekehrt rumänische Autoren (z. B. Russu 1990) den Anteil alloglotter Sprechergruppen an der Gesamtbevölkerung z. T. als das Ergebnis entnationalisierender Superstrateinwirkung verstehen. Objektive Schwierigkeiten treten in der Forschung dann auf, wenn die Ergebnisse nicht durch Beobachtung, sondern durch Befragung Betroffener gewonnen werden müssen. So lässt sich das aktuelle Sprachverhalten der Roma nur abschätzen, aber nicht überzeugend objektivieren, da Angehörige dieses Volkstums inzwischen in den verschiedensten Schichten der rumänischen Bevölkerung integriert (auch in Armee und Polizei) anzutreffen sind. Die Einschätzung, dass die Roma die immer noch starke ungarische Minderheit (1,62 Mio. im Jahre 1992) an Kopfzahl überrundet haben bzw. in absehbarer Zeit überholen werden, kann wohl nicht auf das Sprachverhalten (Romani als Haussprache) bezogen werden. Für konkrete Fallstudien am deutschen Sprachverhalten (z. B. Ney 1984) dürfte es noch nicht zu spät sein, aber es ist fraglich, ob über die schon vorliegenden Erkenntnisse hinaus bezüglich der Transferenzen grundsätzlich Neues in anderen Mikroarealen erschlossen werden kann. Solange die staatlich-sozialen Rahmenbedingungen in Moldawien unverändert bleiben, wird das Russische weiterhin zum Nachteil des Dakorumänischen vorherrschen.
1848
7.
Literatur
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Armin Hetzer, Bremen
163. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Italoromania
1849
163. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Italoromania Locuteurs alloglottes dans la Romania: Italoromania 1. Allgemeine Situation der sprachlichen Minderheiten in Italien 2. Kategorisierung der alloglotten Sprechergruppen 3. Albaner 4. Deutsche Sprachinseln 5. Frankoprovenzalen 6. Griechen 7. Katalanen 8. Kroaten 9. Ligurer 10. Okzitanen 11. Roma 12. Literatur
1.
Allgemeine Situation der sprachlichen Minderheiten in Italien
Art. 6 der italienischen Verfassung (in Kraft getreten am 1. 1. 1948, Gazzetta Ufficiale 7. 12. 1947) sieht explizit den Schutz sprachlicher Minderheiten vor: «La Repubblica tutela con apposite norme le minoranze linguistiche». Doch erst am 15. Dezember 1999 wurde ein Minderheitenschutzgesetz vom italienischen Senat verabschiedet: «Norme in materia di tutela delle minoranze linguistiche storiche» (Gazzetta Ufficiale n. 297, 20. 12. 1999). Art. 2 des zwanzig Artikel umfassenden Gesetzes formuliert die allgemeinen Ziele der «Normen» und listet die zu schützenden Minderheiten auf: «In attuazione dell’articolo 6 della Costituzione e in armonia con i principi generali stabiliti dagli organismi europei e internazionali, la Repubblica tutela la lingua e la cultura delle popolazioni albanesi, catalane, germaniche, greche, slovene e croate e di quelle parlanti il francese, il francoprovenzale, il friulano, il ladino, l’occitano e il sardo».
Die im ursprünglichen Entwurf (disegno di legge n° 3366; approvato dalla Camera dei deputati il 17 giugno 1998) aufgeführten Roma und Sinti sind nicht erwähnt. Ratifiziert hat Italien die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten (3. 11. 1997), nicht aber die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen (Stand Mai 2005). In Ermangelung wirksamer Gesetze auf staatlicher Ebene haben bisher mehrere ita-
lienische Regionen (allen voran diejenigen mit Autonomiestatut) gesetzliche Regelungen zum Schutz der Minderheiten – auch der Sinti und Roma – getroffen. Die praktische Umsetzung hängt jedoch zum großen Teil von verschiedenen gruppenimmanenten Faktoren (Größe, regionale Kompaktheit des Siedlungsgebietes, Intensität der Aktivitäten etc.) ab, aber auch vom Prestige, das eine Gruppe genießt, bzw. Vorurteilen, die der betreffenden Gruppe entgegengebracht werden. So genießen die über ganz Italien verteilten, z. T. nicht sesshaften und stigmatisierten Sinti und Roma in Italien so gut wie keine Minderheitenrechte und können berechtigte Forderungen kaum umsetzen, während Kultur und Sprache der ligurischstämmigen Tabarchini (s. u.) beträchtliche Förderung erfahren.
2.
Kategorisierung der alloglotten Sprechergruppen
Die in Italien lebenden alloglotten Sprachgemeinschaften lassen sich nach ihrem Ursprung folgendermaßen kategorisieren: (1) bodenständig (meist Grenz- bzw. Insellage): Okzitanen, Frankoprovenzalen, Deutschsüdtiroler, Rätoromanen, Slowenen, Sarden; (2) durch frühe Zuwanderung – sesshaft: deutsche Sprachinseln (Norditalien), Kroaten (Molise), Frankoprovenzalen (Apulien), Okzitanen (Kalabrien), Albaner (Süditalien, Sizilien), Griechen (Apulien, Kalabrien), Ligurer (Sardinen), Katalanen (Sardinien); – nicht sesshaft: Roma (z. T.); (3) durch neue Zuwanderung: Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge. Definitionsgemäß nicht zu den alloglotten Sprechergruppen gezählt werden die infolge interner Migration vor allem in Norditalien angesiedelten Sprecher süditalienischer Dialekte. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die Gruppe II .1. (die jeweiligen Einwohnerzahlen beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf die Volkszählung von 1991).
1850
XII. Sprachkontakte und Migration
Tab. 163.1. Kategorisierung der alloglotten Sprechergruppen I. bodenständig
II. durch Zuwanderung 1. alt
2. neu
a. sesshaft
b. nicht sesshaft
Deutschsüdtiroler
Albaner
Roma
Frankoprovenzalen
Dt. Sprachinseln
Okzitanen
Frankoprovenzalen
Rätoromanen
Griechen
Sarden
Katalanen
Slowenen
Kroaten
Flüchtlinge
Ligurer Okzitanen
3.
Albaner
Die bereits zuvor bestehenden Beziehungen zwischen dem Königreich Neapel und Albanien intensivieren sich, als der mit dem König von Albanien und Epirus Gjergj Kastriota (gen. Skanderbeg) verbündete Alfons I . von Aragon 1448 albanische Söldner anheuert, um einen vom anjoutreuen Adel des Königreichs angezettelten Aufstand niederzuschlagen. Nach dem Tod des Nationalhelden Skanderbeg (1468) kommt Albanien unter osmanische Herrschaft. Drei Flüchtlingswellen (1470, 1480, 1534) nach Süditalien verstärken das albanische Element. Die Kolonisten der ersten beiden Wellen stammen vornehmlich aus Südalbanien, während sich 1534 vorwiegend Albaner (zusammen mit Griechen) vom Peloponnes in schon bestehenden albanischen Orten niederlassen. Zunächst ethnisch relativ einheitlich, öffnen sich die Kolonien ab Mitte des 16. Jh. italienischen Zuzüglern, die jedoch sprachlich meistens assimiliert werden, wodurch ein Fortbestehen der Sprache bis heute gewährleistet ist. Die 49 heute noch albanischen Ortschaften verteilen sich auf die Regionen Abruzzo-Molise, Apulien, Basilicata, Kalabrien (mit Schwerpunkt im Cratital), Kampanien, Sizilien. 1991 lebten in diesen wirtschaftlich meist unbedeutenden Orten (der größte – S. Marzano di S. Giuseppe – hatte 1991 weniger als 9.000 Einwohner) rund 102.000 Einwohner (Rapporto 1994, 38–40). Von wie vielen Menschen heute in Süditalien arbëresh gesprochen wird, ist nicht be-
kannt (wahrscheinlich 80.000–100.000, nicht gerechnet die zahlreichen albanischen Arbeitsmigranten in Norditalien). Der Anteil der Sprecher variiert von Ort zu Ort erheblich (im Cratital zwischen 22,2 % und 100 %). Unterschiede in der Sprachkompetenz sind v. a. generationsabhängig. Folgen des Sprachkontakts zwischen Arbëresh und (v. a.) Regionalitalienisch sind häufiges Codeswitching (je nach Gesprächspartner) und Codemixing sowie Interferenzen im phonetischen und lexikalischen Bereich. Das nicht kodifizierte, dialektal sehr unterschiedliche und im wesentlichen mündlich tradierte Arbëresh ist vom öffentlichen Sektor (d. h. als Amts- und Schulsprache) ausgeschlossen (gelegentlicher Sprachunterricht ist fakultativ) und bleibt somit auf den informellen Bereich beschränkt. Dennoch ist die Einstellung gegenüber ihrer Sprache bei 50 % der Arbëresh-Muttersprachler positiv. Einzelne Regionen erkennen immerhin das kulturelle Erbe als schützenswert an: Das Statut der Region Kalabrien (Gesetz vom 28. 7. 1971, n° 519. G. U. n° 195) spricht bezüglich der Albaner und Griechen (Art. 56, 5) vom «riconoscimento del patrimonio storico-culturale e artistico», und die Region Molise (Gesetz vom 22. 5. 1971, n° 347. G. U. 148, Art. 4) «tutela il patrimonio linguistico e storico e le tradizioni popolari delle comunità etniche essistenti nel suo territorio». Es existieren zahlreiche Kulturzirkel, private Radiosender, eine Reihe von (allerdings großenteils italienischsprachigen) Zeitschriften (als größte die vierteljährlich erscheinende Katundi yne mit einer Auflage von 3.500). Sprachstützende und sprachpflegerische Funktion wird – u. a. wegen der dreisprachigen (albanischen, griechischen, italienischen) Liturgie – der unierten Kirche mit Bischofssitzen in Piana degli Albanesi und Lungro zugeschrieben (cf. v. a. Birken-Silverman 1997).
4.
Deutsche Sprachinseln
Walser: mehrere Siedlungen im Lys-Tal in der Region Aosta (Gressoney La Trinité, 285 Einwohner; Gressoney St. Jean, 763 Einwohner; Issime, 373 Einwohner) sowie in der Provinz Novara (Sesiatal, Anzascatal). Einwanderung im 13. Jh. aus dem Wallis; Sprache Alemannisch (‘Ditsch’); Sprecherzahl 1.100. Fersental / Val di Fèrsina (auch Val dei Mòcheni; Provinz Trento: Frassilongo / Ge-
163. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Italoromania
reut, Fierozzo / Floruz, Palù / Palai). Relikte großräumiger deutscher (tiroler) Besiedlung (zwischen 1250 und 1320). 1987 1.087 Einwohner (davon 83,1 % deutschsprachig; cf. Telmon 1992, 82). Lusern / Luserna (Provinz Trento). Relativ junge Gründung (um 1650). 1993 375 Einwohner. Bis zum 1. Weltkrieg enge Kontakte zum deutschen Sprachgebiet. 13 Gemeinden / Tredici Comuni (Provinz Verona) und 7 Gemeinden / Sette Comuni (Provinz Vicenza): Besiedlung im 11./12. Jh. durch Bauern aus dem Gebiet Benediktbeuren bzw. aus Tirol. Sprache: bairischer Dialekt (volkstümliche Bezeichnung ‘Zimbrisch’, ein historischer Zusammenhang mit dem germanischen Volksstamm der Kimbern ist jedoch nicht gegeben). Bereits für 1985 konstatiert Rowley lediglich für die Gemeinden Giazza, Campo Rovere und Roana noch «einige ältere» Sprecher des Dialekts. Pladen / Sappada (Provinz Belluno, 1.378 Einwohner): Besiedlung um 1270 aus dem oberen Pustertal. Zahre / Sauris (Provinz Udine, 466 Einwohner): Besiedlung um 1250 aus dem oberen Pustertal. Tischelwang / Timau (Frazione di Paluzza; Provinz Udine; ca. 1.200 Einwohner): Besiedlung um 1200 aus Kärnten. Alle deutschen Sprachinseln sind von Bevölkerungsrückgang, meistens durch Abwanderung junger Bevölkerungsteile, betroffen (Arbeitsmigration). Handel und Industrie spielen keine, der Tourismus (v. a. italienische Gäste) eine geringe Rolle (am ehesten in Gressoney). Rowley (1996, 266) kommt auf der Basis älterer Literatur (aus den 1970er Jahren) auf eine Gesamtzahl an Deutschsprechern in den Sprachinseln von ca. 7.000. In allen Orten ist der deutsche Dialekt stark gefährdet. Am stärksten ist er noch vertreten in Lusern, wo ihn 95 % der Bevölkerung im Alltag verwenden (Rowley 1996, 274), in den 13 und 7 Gemeinden ist er so gut wie ausgestorben. Im öffentlichen Leben spielt der Dialekt keine Rolle. In der Provinz Trento wurde für die deutschsprachige Minderheit 1987 ein Istituto culturale mochenocimbro eingerichtet (legge provinciale 31 agosto 1987, n° 18); außerdem zählen dort zu den «iniziative finanziabili» im Bereich der Pflichtschule «eventuali attività volte alla conoscenza ed all’approfondimento delle lingue e della cultura mochena e cimbra».
1851
In den Schulen in Lusern und im Fersental wird Deutsch als Wahlfach angeboten. Ortsschilder können im Trentino zweisprachig sein. Seit 1993 garantiert das Autonomiestatut der Region Aosta (Art. 40bis) der walserdeutschen Bevölkerung: «Le popolazioni di lingua tedesca dei comuni della Valle del Lys individuati con legge regionale hanno diritto alla salvaguardia delle proprie caratteristiche e tradizioni linguistiche e culturali / Alle popolazioni di cui al primo comma è garantito l’insegnamento della lingua tedesca nelle scuole attraverso gli opportuni adattamenti alle necessità locali» (G. U. n° 143, 21. 6. 1993, zit. nach Zürrer 1996, 308).
In den Provinzen Verona und Vicenza verfügen die Deutschsprachigen über keinerlei Institutionen, die Sprache ist auf den privaten Bereich beschränkt. Gelder werden von den Provinzen vornehmlich zur Förderung des kulturellen und sprachlichen Erbes (Folklore) bzw. für Forschung vergeben. Deutschsprachige Radio- und Fernsehsendungen können i.A. nicht empfangen werden. Dort, wo es noch nicht zum Sprachwechsel gekommen ist (wie in den 13 und 7 Gemeinden und – zumindest teilweise – bei den jüngeren Generationen in den übrigen Sprachinseln), sind in Sprachkontaktsituationen Interferenzen bzw. Codeswitching und Codemixing an der Tagesordnung.
5.
Frankoprovenzalen
Die Gründung der beiden frankoprovenzalischen Gemeinden Faeto und Celle San Vito (Provinz Foggia) ist im Zusammenhang zu sehen mit der Herrschaft Karls I . von Anjou. Durch Aufstände in den Jahren 1267 und 1268 hatten die Einwohner Luceras und die 20.000 von Friedrich II . dort angesiedelten Sarazenen versucht, sich von der Herrschaft des Hauses Anjou, das 1266 die Macht über Neapel und Sizilien übernommen hatte, zu befreien. Lucera fällt nach siebenmonatiger Belagerung, die Überlebenden flüchten aus der Stadt. Zur Wiederbevölkerung werden 1274 140 Familien in Südfrankreich angeworben, die auf Kosten des Hofes 1275 nach Süditalien umsiedeln und dort Land und Vieh zur Verfügung gestellt bekommen. Bereits 1269 waren 200 provenzalische Soldaten mit dem Wiederaufbau einer Festung in der Nähe der heutigen Ortschaften beauftragt worden. Ein Teil der ‘Provenzalen’ stammte ver-
1852 mutlich aus Gebieten Frankreichs, die man dem frankoprovenzalischen Sprachraum zurechnen kann. Eine Zuwanderung von Waldensern aus dem frankoprovenzalischen Gebiet um das Jahr 1400 hat möglicherweise das frankoprovenzalische Element verstärkt. Die höchste Bevölkerungszahl erreichen die beiden im Mittelgebirge liegenden, bis Mitte des 20. Jh. schwer zu erreichenden Orte im Jahr 1911 mit 4.569 (Faeto) bzw. 941 (Celle) Einwohnern. Seither macht sich verstärkt die für den industriell unterentwickelten Mezzogiorno typische Migration nach Norditalien bemerkbar. 1999 waren in Faeto 915, in Celle 241 Einwohner gemeldet. Nach Informationen der Gemeindeverwaltungen sprechen alle Einwohner Frankoprovenzalisch. Eigene Beobachtungen in Faeto (1993) haben aber gezeigt, dass Kinder nicht mehr frankoprovenzalisch sozialisiert werden. Da sich alle Bewohner innerhalb desselben Ortes untereinander kennen, wird unter Erwachsenen in der privaten Kommunikation der Dialekt verwendet. Von öffentlichen Bereichen ist er – abgesehen von mündlicher Kommunikation in den Kommunalbehörden – ausgeschlossen; Letzteres gilt v.a. für die Schule: Der Dialekt ist weder Unterrichtssprache (bestenfalls Hilfssprache in den ersten Klassen; Faeto: «ufficialmente no – ufficiosamente sì») noch Unterrichtsfach. In Faeto existieren zweisprachige Straßenschilder. Es bestehen Kontakte zu den Provenzalen im Piemont, den Frankophonen im Aostatal sowie zur Stadt Gap (Frankreich). Gesetzliche Regelungen zum Schutz der Sprache gibt es weder auf regionaler noch auf Provinzebene. Eine unregelmäßig erscheinende Zeitschrift Il Provenzale sowie vereinzelte frankoprovenzalische Schriften werden von den Gemeinden gefördert. Vornehmlich im Sommer, wenn die Arbeitsemigranten ihre Heimatorte besuchen, werden auf Frankoprovenzalisch Theaterstücke aufgeführt und Messen gelesen. Jahrhundertelanger Kontakt zu den benachbarten apulischen Dialekten und der zunehmende Einfluss des Italienischen über Medien, Schule etc. haben zur Integration zahlreicher Regionalismen und Italianismen geführt. Phonetik und Phonologie sind relativ resistent, erste Einflüsse zeigen sich jedoch bei den jüngeren Generationen (z. B. /-ŋ/ → /-nn/: [mweŋ] > [mwenn]).
XII. Sprachkontakte und Migration
6.
Griechen
Der Ursprung der zwei voneinander unabhängigen griechischen Sprachinseln in Süditalien (Kalabrien, Apulien) liegt nach wie vor im Dunkeln; während Rohlfs (1934) eine Besiedlung im 8. Jh. v. Chr. favorisiert, geht beispielsweise Spano (1965) von einer byzantinischen Kolonisierung (zwischen 588 und 878 n. Chr.) aus. Der durch orthodoxe Mönche in dieser Zeit eingeführte Ritus wurde ab dem 16. Jh. aufgegeben (die Diözese Bova übernahm den lateinischen Ritus 1575). Um 1500 waren in Kalabrien 20 Ortschaften mehrheitlich griechischsprachig (grecanico). Heute gelten noch die folgenden Orte als griechisch (in zahlreichen weiteren Gemeinden in der Umgebung, wie auch Reggio Calabria, haben sich Abwanderer niedergelassen; Informationen: Gianni Korinthios, Università della Calabria, Brief v. 24. 6. 1999): Tab. 163.2. Griechischsprachige Ortschaften in Kalabrien Einwohner 1997 Bova Superiore
Sprecher
632
157
Bova Marina
4.350
574
Condofuri
5.370
424
Gallicianò
237
186
Roccaforte
1.112
80
Roghudi
1.460
530 1.951
Die Gebirgslandschaft des Aspromonte hat nicht nur jahrhundertelang eine Isolierung der griechischen Gemeinden gefördert, sondern auch zu archaischen Wirtschaftsstrukturen geführt, die verstärkte Abwanderung in der Provinzhauptstadt Reggio und nach Norditalien, v. a. in den 1950er Jahren aufgrund von Arbeitslosigkeit, nach sich zog. Wiederholtes Hochwasser (Roghudi und Chorio Anfang der 1970er Jahre) und Erdbeben verstärkten diesen Trend. Nur noch in Gallicianò wird grecanico von Jugendlichen verwendet. Die Grecia Salentina (maximale Ausdehnung um 1500: 27 Orte) umfasst heute noch neun Gemeinden: Calimera, Coringliano d’Otranto, Martano, Castrignano dei Greci, Zollino, Sternatia, Martignano, Melpigna-
163. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Italoromania
no, Soleto mit 35.911 Einwohnern (1991 nach Colotti 1997, 1367). In Sternatia sprechen von knapp 3.000 Einwohnern noch rund 60 % grico; in Martano, Martignano, Castrignano und Corigliano (insgesamt etwa 21.000 Einwohner) sprechen es etwa 35 %; in Calimera, Melpignano, Soleto und Zollino (insgesamt etwa 12.000 Einwohner) sind es nur noch etwa 20 % (Information des Centro Studi Chora Ma in Sternatia vom 29. 9. 1992). Eine derzeitige Sprecherzahl von 10.000–12.000 dürfte realistisch sein. Hohe Arbeitslosigkeit führte nach dem 2. Weltkrieg auch hier zu starker Abwanderung. In beiden Sprachinseln befindet sich das Griechische vor dem Italienischen bzw. dem jeweiligen Regionaldialekt auf dem Rückzug. In beiden Fällen liegt Triglossie vor, wobei ältere Menschen untereinander noch Griechisch sprechen, mit jüngeren Personen aber den italienischen Dialekt verwenden und das Italienische kaum beherrschen. Die heutige Elterngeneration spricht untereinander italienischen Dialekt und bemüht sich, mit den Kindern Italienisch zu sprechen, das auch in der Schule vorherrscht (Colotti 1997, 1368). Das griechische Idiom gilt als Merkmal niedriger sozialer Stellung und Hindernis für einen sozialen Aufstieg. Der Sprachkontakt hat zu zahlreichen Veränderungen auf allen sprachlichen Ebenen sowohl im grico als auch im grecanico geführt, macht sich aber v. a. im Lexikon (ca. 1/5 romanische Entlehnungen) bemerkbar (cf. Colotti 1997, 1369). Aufgrund des Art. 56 des Statuts der Region Kalabrien («La Regione promuove la valorizzazione del patrimonio storico, culturale ed artistico delle popolazioni di origine albanese e greca») werden kulturelle Initiativen finanziell unterstützt; im Bereich Sprachförderung sind bislang jedoch keine greifbaren Folgen sichtbar. Bemühungen um Einführung des grico und grecanico als Unterrichtsfach in den Schulen haben eher sporadischen Charakter. In Bova wurden Kurse für grecanico und Neugriechisch eingerichtet, in Martano und Sternatia für grico (Rapporto 1994, 198). Vom Bereich der Verwaltung sind sowohl grico als auch grecanico ausgeschlossen. Auf universitärer Ebene (Università degli Studi della Calabria, Cosenza) werden innerhalb der Corsi di Laurea in Scienze della Formazione Primaria Kurse für die Dialetti greci dell’Italia meridionale angeboten. Es gibt eine Reihe von Kulturvereinen. Literarische
1853
Traditionen werden jedoch vornehmlich oral gepflegt (Lieder, Erzählungen, Legenden, Sprichwörter etc.).
7.
Katalanen
Unter der Herrschaft Genuas war Alghero / L’Alguer (Provinz Sassari, Sardinien) bereits ein befestigter Platz. Als während des sardischen Unabhängigkeitskrieges die Bewohner der Hafenstadt gegen die Herrschaft des Hauses Katalonien-Aragon revoltieren, erobert Peter III . von Aragon die Stadt, die mit Katalanen wiederbevölkert und zum Stützpunkt der politischen Macht der katalanischen Herrscher wird, die den Bewohnern wirtschaftliche Privilegien einräumen. Lange Zeit ist es Sarden bei Todesstrafe verboten, sich nachts innerhalb der Mauern aufzuhalten. Bereits 1501 werden Alghero die Stadtrechte verliehen, die Bevölkerung wächst stetig bis ins 16. Jh. Es folgen wirtschaftlicher Niedergang und demographischer Rückgang bis ins 19. Jh. Infolge erneuten wirtschaftlichen Aufschwungs, v.a. aufgrund des Tourismus, ist die Stadt im 20. Jh. stark gewachsen. Die katalanische Vergangenheit Algheros wird im Stadtkern nicht nur durch die Bausubstanz (z. B. katalanische Spätgotik der Kathedrale), sondern auch durch zahlreiche Straßennamen (z. B. carrer de la Barceloneta, carrer de Mallorca etc.) deutlich. Die im Laufe der Jahrhunderte schwächer gewordenen Beziehungen zum Mutterland wurden ab Mitte des 19. Jh., auch infolge der katalanischen Renaissance, wieder aufgefrischt. Gegen Ende des 19. Jh. entstanden die ersten Studien über das Katalanische von Alghero (Guarnerio 1886; Morosi 1886). 1902 wurde die erste katalanistische Gruppe gegründet, aus der später das Centre Catalanista La Palmavera (bis zum 1. Weltkrieg) hervorging; einige ihrer Mitglieder nahmen 1906 am ersten Internationalen Kongress der katalanischen Sprache teil. Seit 1922 bestehen einigermaßen feste Kontakte zum Institut d’Estudis Catalans. Das Katalanische von Alghero gehört zu den ostkatalanischen Dialekten. Von den heute rund 41.000 Einwohnern (1991: 39.026) sind etwa 40 % katalanophon, ca. 50 % verstehen die Sprache. Das Algheresische steht unter dem Druck des Sardischen (Logudoresischen) und der Staatssprache Italienisch und weist folglich zahlreiche Sardismen (z. B. murendu “Esel”) und Italianismen (bes.
1854 im Bereich der Verwaltung: indiriz “Adresse”, esvilupo “Entwicklung”) auf; andererseits enthält sie eine Reihe von Archaismen (z. B. ver “Wahrheit”), da sie sich jahrhundertelang unabhängig vom Standard-Katalanischen entwickelt hat. Im informellen Gespräch wird von den Katalanophonen das Katalanische verwendet, jedoch – v. a. mit den Kindern – in zunehmendem Maße Italienisch bzw. Sardisch; bereits Ende der 1970er Jahre wurden nurmehr 7,3 % der Kinder auf Katalanisch sozialisiert (Grossmann / Lörinczi Angioni 1980), so dass die jüngere Generation das Katalanische kaum noch verwendet. Die von der autonomen Region Sardinien erlassene Legge Regionale 15 ottobre 1997, n˚ 26 regelt «Promozione e valorizzazione della cultura e della lingua della Sardegna» und «garantisce, tutela e valorizza la libera e multiforme espressione delle identità, dei bisogni, dei linguaggi e delle produzioni culturali in Sardegna, in conformità ai principi ispiratori dello Statuto speciale» (Art. 1, 2); hier wird das Katalanische explizit einbezogen: «La medesima valenza attribuita alla cultura ed alla lingua sarda è riconosciuta con riferimento al territorio interessato, alla cultura ed alla lingua catalana di Alghero […]» (Art. 2, 4). Verschiedene kulturelle Vereinigungen fördern die katalanische Sprache und Literatur (z. B. L’Obra cultural). Algheresische Dichter nehmen am katalanischen Dichterwettbewerb (Jocs florals) teil. Katalanisch findet im Theater und bei Musikveranstaltungen Verwendung. Schule: Katalanischkurse können bei Bedarf auf Verlangen der Eltern eingerichtet werden, die Region Sardinien lässt den Unterricht der Sprache im Kindergarten sowie in der Grundschule von Alghero zu; 1999 gab es Bestrebungen, Katalanischunterricht an den Grundschulen einzuführen. Am örtlichen Gymnasium wurde ein muttersprachlicher Kurs eingerichtet; Kurse für Erwachsene werden von verschiedenen Kulturzentren (wie z. B. Òmnium Cultural) sowie von der Universität Cagliari angeboten; ein Lehrstuhl für katalanische Sprache und Literatur existiert an der Universität Sassari (Rapporto 1994, 68). Medien: verschiedene zweisprachige Tageszeitungen bzw. Periodika, mehrere Radiosender, von denen nur einer (Radio Sigma) täglich 4 Stunden auf Katalanisch sendet.
XII. Sprachkontakte und Migration
8.
Kroaten
Die drei kroatischen Gemeinden im Molise bilden den Rest einer bis ins 12. Jh. zurückzuverfolgenden slavischen Besiedlung in Süditalien. Die Einwohner von Acquaviva Collecroce / Kruˇc (883 Einwohner), S. Felice / Sti Filiˇc (882 Einwohner) und Montemitro / Mundimitar (554 Einwohner, alle Provinz Campobasso) sind Nachkommen der im 15./16. Jh. aufgrund des Vordringens der Türken auf dem Balkan geflohenen Bevölkerung. Landwirtschaftlich geprägt und ohne nennenswerte Industrie sind die Orte von starker Abwanderung betroffen (1954 noch insgesamt 4.531 Einwohner, wovon 4.035 slavophon, cf. Buratti 1970). Von den insgesamt noch rund 2.200 Einwohnern (1999) wird das Molisekroatische lediglich von rund 50 % der Einwohner als Familiensprache verwendet (1954: 89%). Die Region unterstützt und finanziert Programme zur Einführung des Kroatischunterrichts infolge eines Statuts aus den 90er Jahren. Es gibt einen Kroatischkurs in den scuole elementari e medie und außerschulische Aktivitäten zur Verbreitung der Kenntnis kroatischer Geschichte, Kultur und Traditionen. Die Gemeinden fördern «scambi culturali, soprattutto in ambito scolastico con altre comunità di lingua croata in Italia e all’Estero» und organisieren Ausstellungen, Musik- und Tanzveranstaltungen «per la conoscenza e la diffusione del patrimonio culturale croato» (Comune di San Felice del Molise, Juni 1999, Brief der Gemeindeverwaltung). In den Medien ist das Molisekroatische nicht vertreten (abgesehen von kurzlebigen Periodika, wie z. B. Naˇs Jezik). Molisekroatische Literatur ist so gut wie nicht vorhanden. Der sˇ tokavisch-ikavische Dialekt (Breu 1997, 1362) unterliegt seit Jahrhunderten süditalienischem Dialekteinfluss, der zu teilweise starken phonetischen, morphologischen, lexikalischen und syntaktischen Angleichungen geführt hat (z. B. haben-Futur statt wollen-Futur; cf. Breu 1997, 1364 s.).
9.
Ligurer
Im 16. Jh. siedelten Ligurer sich auf der kleinen Insel Tabarka vor der tunesischen Küste an, um sich dort im Dienste der Familie Lomellini als Korallenfischer ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Vor der Verfolgung durch den Bey von Tunis geflohene Ligurer
163. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Italoromania
gründeten 1738 auf der dem Südwesten Sardiniens vorgelagerten Insel S. Pietro den Ort Carloforte, 1770 auf der Nachbarinsel S. Antioco die Siedlung Calasetta. Carloforte wurde 1798 von einer nordafrikanischen Flotte überfallen, mehr als 800 Einwohner wurden in die Sklaverei nach Tunis entführt und konnten sich erst nach fünf Jahren befreien und zurückkehren. Die Kleinstadt erlebte im 19. Jh. aufgrund ihrer Salzproduktion und des Thunfischfangs einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Hafen war Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jh. einer der wichtigsten Handelshäfen Sardiniens. Heute sind die Einwohner Carlofortes (6.629 Einwohner) vornehmlich Fischer, Bauern und Seeleute. Calasetta (1999: 2.735 Einwohner), in dessen Umgebung sich 1773 auch 50 piemontesische Familien ansiedelten, von denen jedoch viele in ihre Heimat zurückkehrten, war ursprünglich ein Fischerdorf, lebt jedoch heute in erster Linie von Tourismus und Weinproduktion. Der genuesische Einfluss zeigt sich bei beiden Orten nach wie vor in der Architektur, aber auch in Brauchtum und Sprache (tabarkino / tabarchino). Einerseits sind immer Beziehungen (zunächst v. a. wirtschaftlicher Art: Weinhandel, in den letzten Jahrzehnten eher aufgrund privater Initiativen) zu Ligurien aufrecht erhalten worden, andererseits wurden Bräuche, aber auch sprachliche Eigenheiten aus der sardischen Umwelt übernommen. Dank zahlreicher kultureller Initiativen (ethnographische Ausstellungen, Publikationen, Theateraufführungen, Feste, Seminare etc.) erleben die tabarkinische Sprache und Kultur derzeit eine Renaissance. Viele Kinder und Jugendliche, die in der Familie Italienisch sprechen, beherrschen den Dialekt und verwenden ihn untereinander (auch in der Schule). Die scuola media in Calasetta organisiert in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung und unter der Schirmherrschaft der Region einen Schüleraustausch mit Schulen in Ligurien. Ein 1998 in Calasetta gegründetes Centro Studi Tabarchini (C.S.T.) verfolgt in einem ersten Dreijahresprogramm (1988–2000) folgende Ziele: « – realizzazione di un archivio della memoria (testimonianze di anziani, tradizioni orali popolari, repertorio musicale); – iniziative tese a introdurre la lingua locale nella didattica delle Scuole; – raccolta e archiviazione materiali bibliografici e storici;
1855
– realizzazione di una grammatica e di un dizionario; – realizzazione di materiale promozionale bilingue sull’attività del C.S.T. e sull’immagine di Calasetta; – missioni di studio, ricerche d’archivio; – realizzazione di un audiovisivo bilingue sulla storia e la realtà tabarchina; – studio e realizzazione della toponomastica in tabarchino e suo utilizzo pubblico; – realizzazione annuale corteo storico; – convegno dedicato ai vari aspetti della lingua e cultura tabarchina con l’intervento di studiosi qualificati; pubblicazione degli atti» (Comune di Calasetta 1998). Mehr als 70 % der Bevölkerung (auch der Jugendlichen) verwenden das tabarchino im täglichen Leben. Die Gemeindesatzung sieht die Verwendung des Dialekts im Gemeinderat vor. Ein Regionalgesetz aus dem Jahr 1997 (L. R. n. 26, 15. 10. 1997) stellt das tabarchino der sardischen Sprache gleich. Ab dem Schuljahr 1999/2000 fördert die Gemeinde Calasetta Sprachkurse im Kindergarten und in der Pflichtschule.
10. Okzitanen Guardia Piemontese (Provinz Cosenza, Kalabrien) ist eine von mehreren waldensischen Gründungen (vermutlich vor 1400). Die guardioli sind die Nachfahren der wenigen Überlebenden des im Jahre 1561 im Zuge der Inquisition unter den 4.000 ‘Ketzern’ angerichteten Massakers. Lebten gegen Ende des 19. Jh. noch rund 1.300 Menschen in Guardia, sind es heute nur noch rund 500. Zur abseits von den Hauptverkehrswegen gelegenen Gemeinde gehört das 8 km entfernte Guardia Marina mit rund 1.200 Einwohnern. Die Sprache (occitano), deren Herkunft im piemontesischen Pellicetal vermutet wird, verwenden in Guardia rund 300 Einwohner (auch Kinder) in der Alltagskommunikation; in Guardia Marina leben rund 50 Personen, die das guardiolo als Muttersprache haben. Das Statut der Region Kalabrien (Art. 56) sieht vor, dass die Region auch das geschichtliche und kulturelle Erbe der okzitanischen Bevölkerung fördert sowie den Unterricht der Sprache unterstützt. Von der Gemeindeverwaltung ist der Unterricht der ‘lingua occitana’ in den scuole medie bereits eingeführt worden. Auf offizieller Ebene findet die Sprache keine Verwendung. In der Gemeindeverwaltung
1856 selbst wird das guardiolo jedoch unter Einheimischen gesprochen. Der Ort pflegt Kontakte zu den Okzitanen Piemonts (Patengemeinde Torre Pellice seit 1981, 1999 Teilnahme einer Delegation an der Festa dei Piemontesi nel mondo) und fördert diverse kulturelle Aktivitäten auf kommunaler Ebene. Die benachbarten kalabrischen Dialekte haben vor allem im lexikalischen, aber auch bereits im phonetischen / phonologischen Bereich ihre Spuren hinterlassen (cf. Kattenbusch 1981).
11. Roma ‘Zingari’ sind in Norditalien erstmals 1422 dokumentiert (Bologna und Forlì). Nach Süditalien kamen Roma vermutlich im 15. Jh. über das Meer. Auf Sizilien wurden sie schnell assimiliert. Ab dem 16. Jh. waren die ‘Zingari’ starker Verfolgung ausgesetzt. Aufgrund des Nomadismus fand eine permanente Erneuerung der Sprache (Romani) statt (cf. Soravia 1998). Von den heute in Italien lebenden ca. 120.000 ‘Zingari’ (hauptsächlich Roma) sind 80.000 italienische Staatsbürger, die übrigen sind aus Südosteuropa bzw. dem Orient zugewanderte Ausländer. Inzwischen sind 80 % von ihnen ansässig (laut Rapporto 1994 nur 51,4%). 90 % der Roma sprechen romani. Von Seiten des Staates existieren keinerlei Bestimmungen zum Schutz von Kultur und Sprache der Roma. Im Entwurf des Gesetzes zum Schutz der Minderheiten in Italien waren Sinti und Roma zunächst aufgeführt, wurden dann aber aufgrund des Widerstandes von Alleanza Nazionale und Lega Nord herausgenommen. Allerdings haben verschiedene Regionen Gesetze zum Schutz der Roma erlassen (Emilia Romagna, Friuli Venezia Giulia, Lazio, Sardegna, Toscana, Veneto, Lombardia, Liguria, Piemonte, Trentino-Südtirol). Alle Regionen erkennen das Recht auf Nomadismus an. Romani, das zahlreiche Entlehnungen aus verschiedenen italienischen Dialekten aufweist, wird an Schulen nicht unterrichtet. Es gibt mehrere z. T. zweisprachige Periodika (wie Romani Lil, Lacio Drom).
12. Literatur Baum, Wilhelm, Geschichte der Zimbern, Landshut, 1983. Birken-Silverman, Gabriele, Italienisch-Albanisch, in: HSK 12/2 (1997), 1371–1376.
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1857
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Dieter Kattenbusch, Berlin
164. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania Locuteurs alloglottes dans la Romania: Galloromania 1. 2. 3.
5. 6.
Definitorische Vorbemerkungen Historische Grundlagen Zur Ausbildung alloglotter Sprechergruppen im europäischen Frankreich Zur aktuellen Situation in den alloglotten Sprachräumen Perspektiven Literatur
1.
Definitorische Vorbemerkungen
4.
Zu den alloglotten Sprechergruppen in der Galloromania zählen alle Sprechergruppen, deren Muttersprache nicht das Französische ist. Dabei ist jedoch zu unterscheiden zwischen Gruppen, die eine eigene Sprachlandschaft besitzen und damit über ein auf dem Gebiet der Französischen Republik bodenständiges minoritäres Idiom (oft als Muttersprache) verfügen, und solchen, die bei der Immigration aus anderssprachigen Ländern ihre jeweilige Muttersprache nach Frankreich importiert haben. Das politische Frankreich unterscheidet aus leicht verständlichen Überlegungen nicht zwischen beiden Typen und sieht im bodenständigen Basken ebenso einen alloglotten Sprecher wie etwa im aus Nordafrika stammenden Berber. Eine derartige Konzeption lässt sich vielleicht noch in einer nur die Anderssprachigkeit berücksichtigenden Sicht rechtfertigen, missachtet aber die Genese der jeweiligen Alloglossie: Während der eingewanderte Berber oder Armenier Teil der frankophonen Gesellschaft ist und in ihr sprachlich früher oder später aufgehen wird, lebt der Baskisch- oder Bretonischsprecher in der Regel in einem klar abgegrenzten Sprachraum, der zu einem gegebenen Zeit-
punkt an Frankreich gefallen ist und damit gezwungenermaßen dem Druck der Sprache des politischen Zentrums, seit der Französischen Revolution der langue nationale, ausgesetzt bleibt, die auf das bodenständige Idiom einwirkt, dieses mehr und mehr zersetzt und in der Regel ganz aufzulösen versucht, wie dies im französischen Midi heute der Fall ist, wo, vergleichbar den übrigen Sprachlandschaften mit minoritären Idiomen, im Wesentlichen nur noch die Toponomastik und die Namen spezifischer Kulturrelikte auf die alloglotten Sprechergruppen hinweisen. Alloglotte Räume sind in der Regel Resultate politischer Prozesse wie Annexion, Überlagerung oder auch vom Zentrum ausgehender systematischer Einkreisung mit dem Ziel einer Integration. Sie können aber historisch auch Ergebnis einer innersprachlichen Ausgliederung sein. Zur ersten Gruppe gehören alle nicht-romanischen Sprachräume wie Elsass-Lothringen, das flämische Gebiet, die Bretagne oder das Baskenland, aber auch die durch Kauf erworbene Insel Korsika, während die zweite alle Gebiete auszeichnet, in denen sich aus dem Reichslatein auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs romanische Sprachen ohne eigentliche politische Zentren ausgebildet haben, wie das Okzitanische und das Frankoprovenzalische. Sie sind also aus der Architektur des Lateins hervorgegangen, wie seit einiger Zeit in Anlehnung an Coseriu (z. B. 1988a, 49ss.) dieses Varietätengefüge mit einem kognitiv (wie das der Baukunst entstammende Struktur) problematisch die Vorstellung des Statischen evozierenden, die tatsächlich gegebene Dynamik aber aus-
1858 blendenden Begriff genannt wird, der im Grunde aus dem Humanismus stammt, als man, ein Bild aus der Architektur entlehnend, vom bátim˛ent de notre lengaje (Meigret 1550, 196; cf. auch Matthieu 1559/60) sprach. Die Ausbildung derartiger Sprachräume wird v. a. der dritten Dimension (neben der diastratischen und der diaphasischen) verdankt, der diatopischen Variation im latin vulgaire. Im Bezug auf das Reichslatein bildeten Okzitanisch und Frankoprovenzalisch (wie auch z. B. Spanisch und Italienisch) zunächst nur Variablen, aus denen sich Sprachen herausgebildet haben, deren Untergang in Frankreich heute von der französischen Schwestersprache betrieben wird (Schmitt 1977; Balibar / Laporte 1974). Zu Minoritätensprachen werden diese neulateinischen Idiome von dem Zeitpunkt an, da ihr Ausdehnungsgebiet vom französischen Staat eingenommen und sie selbst als Sprecher eines Mediums nicht-frankophoner Herkunft der Nationalsprache unterstellt werden. Nicht zu den alloglotten Sprechergruppen der Galloromania gehören Sprecher von français régionaux und français dialectaux, da diese Einheiten als Teile der Variation der Nationalsprache zu verstehen sind, wobei die Dialekte bereits mittelalterliche Phänomene bilden (Schmitt 2003), während die français régionaux aus der «expansion de la langue commune dans les zones dialectales et les aires des langues ethniques» (Muller 1985, 158) hervorgegangen sind und damit eine recht junge Varietät des diatopischen Spektrums bilden. Noch ein Hinweis erscheint unvermeidlich: Das Thema Alloglotte Sprechergruppen in der Galloromania impliziert ein im Grunde als Adynaton zu bewertendes historisches Residuum: Es setzt voraus, dass Frankreich und Galloromania grosso modo deckungsgleich sind; aber es geht eigentlich nicht an, z. B. im Zusammenhang mit dem Baskischen von einer alloglotten Sprechergruppe der Galloromania zu sprechen, da dieses Gebiet mit Sicherheit nie völlig romanisiert war; umgekehrt ist die politische Einheit Frankreich bisweilen zu eng begriffen, denn die (historische) Galloromania dehnt sich weit über die Alpen bis vor die Tore Turins aus, und auch das Okzitanische reicht in den Alpen teilweise (noch) über den Alpenkamm. Bei den hier dargestellten Gruppen werden damit die Grenzen zwischen der substratologisch begründeten sprachwissenschaftli-
XII. Sprachkontakte und Migration
chen Größe Galloromania und der politischen Einheit Frankreich (der Neuzeit) unweigerlich verwischt und teilweise aufgehoben.
2.
Historische Grundlagen
Der Bezugspunkt der Anderssprachigkeit bleibt hier die französische Nationalsprache, die sich seit dem MA zunächst primär über die französischen Dialekte und dann – v. a. nach der Französischen Revolution – auch über die anderen romanischen und nicht-romanischen Sprachen Frankreichs gelegt hat. Das Phänomen der dadurch entstehenden, von ‘oben’ bestimmten Konvergenz stellt damit eine Wiederholung des auf die Romanisierung folgenden Sprachwandels dar: Auch damals wurde das latinisierte, die ursprünglichen Sprachen auf dem Boden Frankreichs verdrängende und zu Substraten degradierende Reichslatein – neben der autochthonen Entwicklung – den aus dem Spannungsverhältnis von Norm und geographischen Varietäten resultierenden Gradata (Stehl 1988) vergleichbar, so lange durch die höher bewertete Latinität des Zentrums in Rom beeinflusst, wie es intensiven Kommunikationsaustausch gegeben und die Romania delle strade (Lüdtke 1965) und die Romania continua (Alonso 1951) bestanden haben. Neben lokalen / regionalen Tendenzen der Ausgliederung und Fragmentierung (Wartburg 1967) haben so lange auch immer (einigend und nivellierend wirkende) gesamtromanische Kräfte gewirkt und zur Zeit des Römischen Reiches ein Auseinanderdriften der einzelnen Sprachräume verhindert (Schmitt 1998). Doch störte oder beeinträchtigte die einigende Klammer des Zentrums der Romania nicht die Entstehung von lateinischen Dialekten und Mundarten, aus denen die romanischen Sprachen und mehrere großräumige Dialekte des MA hervorgehen sollten. Die Sprachgrenze zwischen der langue d’oïl und der langue d’oc, die historisch an der LoireVogesen-Linie anzusiedeln ist, war ursprünglich eine Grenze von zwei Latinisierungsschüben; diese Aussage lässt sich unschwer aus den Daten des FEW stützen, wobei deutlich wird, dass der okzitanische Süden ein älteres und meist auch, soziologisch gesehen, besseres Latein fortsetzt, während der französische Norden ein jüngeres, qualitativ niedrigeres, oft von der christlichen Sondersprache (Schrijnen 1932; Mohrmann
164. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania
1955) beeinflusstes Latein fortführt, dessen Zentrum in der Ile-de-France anzusiedeln ist (Schmitt 1974). Das Frankoprovenzalische ist, genealogisch betrachtet, keine ‘Mischsprache’, wie dies die unglückliche Benennung nahelegen kann (f Art. 15), sondern der Fortsetzer des Lateins, das in der ehemaligen Metropole Galliens, Lugdunum (Lyon), gesprochen wurde (Gardette 1971); es ist daher nur folgerichtig, wenn es ein qualitativ hochstehendes, teilweise sogar von der Literatursprache beeinflusstes Latein voraussetzt (Schmitt 1971). Die starken Affinitäten zwischen dem äußersten Norden der Galloromania (Normandisch, Pikardisch, Wallonisch) und dem Okzitanischen, teilweise auch dem Frankoprovenzalischen, zeigen, dass es zur Zeit der Ausbildung der romanischen Sprachen in beiden Teilen der Galloromania, dem hohen Norden und dem Gebiet südlich der Loire, ein in der Lautlehre (Müller 1979) wie in Wortbildung und Wortschatz recht ähnliches Latein (Schmitt 1974) gegeben haben muss und dass vor der sprachlichen Dreiteilung Galliens (Müller 1979) sich eine Vierteilung zumindest angedeutet hat, deren Grenzen nicht ohne Bezüge zu den gallisch-römischen Verwaltungseinheiten (Merlo 1959) und der kirchlichen Gliederung in Sprengel (Morf 1911) gestanden haben. Dass aus der besonderen Latinität des hohen Nordens, die mit dem Verkehrsweg Bavay-Tongern-Trier-Köln in Verbindung zu bringen ist, keine eigene romanische Sprache hervorgegangen ist, wie sie für das Moselromanische postuliert wird (cf. Kleiber / Pfister 1992; Schmitt 1996), hängt mit der Tatsache zusammen, dass durch die Franken früh eine Anbindung an das Zentrum erfolgt ist. Ähnlich ist auch aus der frühen gaskognischen Latinität (Schmitt 1980) keine romanische Sprache, sondern nur ein recht eigenständiger Dialekt hervorgegangen, während eine eigene Latinität auch am Anfang des Katalanischen steht, wie Koppelberg (1998) dargelegt hat. Man darf den Tatbestand als erstaunlich bewerten, dass diese historischen Grundlagen typologisch noch aus der dialektometrischen Auswertung der Karten des um 1900 entstandenen ALF ersichtlich sind (Goebl 2003, v. a. kartographischer Anhang 96–118), wobei natürlich die Verschiebung der von Tourtoulon / Bringuier (1876) erstmals beschriebenen Grenze zwischen der langue d’oïl und langue d’oc bis in das Gebiet des Croissant nicht als tiefe, sondern nur als
1859
oberflächliche Veränderung zu verstehen ist, denn die von Bovelles für die Galloromania erstmals als typologische Marker gewählten Bejahungspartikeln (1533, 91), die auch zur Charakterisierung der spätmittelalterlichen Dialekte des domaine d’oïl dienten (Schmitt 1982), behalten wie auch dessen übrige Kriterien weiter ihre Gültigkeit. Die Tiefenstruktur der beiden geolinguistischen Typen oïl und oc erhellt heute noch aus den Ortsnamen, die dem Lautwandel nicht in gleichem Maße unterworfen sind wie die Appellative: Der okzitanische Typ mas “Haus” reicht bis an die Loire, manchmal auch wenige Meilen darüber hinaus, und wird dann von frz. mes abgelöst, vergleichbar der Ausdehnung des Ortsnamenmorphems -ac, das im Norden durch -ay / -y fortgesetzt wird; ebenso gibt es nur bis an die Loire Derivate mittels lat. -ánu, während nördlich dieser Trennungslinie -áneu, -aniánu / -aneánu u.a.m. produktiv waren. Die Distribution dieser Formantien lässt – wie auch der Wortschatz – die bestehende innerromanische Sprachgrenze zu Ende des Altertums und Beginn des MA zum Vorschein kommen. Mit dem Eintritt der Franken in die französische (Sprach-)Geschichte bleibt damit nur eine Umformung und superstratologische (f Art. 70) Beeinflussung des Französischen, sicher auch die Verschiebung der Sprachgrenze nach Süden verbunden, aber nicht die Ausbildung einer neuen romanischen Sprache aus der von Väänänen (1971, 66ss.) fälschlicherweise angenommenen «unité du latin». Ähnliches gilt auch für das Frankoprovenzalische, für dessen Entstehung dem Burgundischen eine unverhältnismäßig große Bedeutung eingeräumt wird (Schüle 1971; Schmitt 1971). Da im Elsass die alemannischen Mundarten und in Lothringen das Moselfränkische, in Flandern das Flämische, im Baskenland das Baskische als autochthone Sprachen anzusehen sind, kann man diese Gebiete bis zu ihrem Anschluss an Frankreich nicht zur Galloromania stricto sensu zählen; problematisch ist auch die Einbeziehung der Bretagne, für die immerhin mehrere Keltologen eine festlandkeltische Kontinuität in Frage stellen und damit eine Admigration aus dem Inselkeltischen postulieren. Die Ortsnamen sprechen in den meisten Fällen für (inselkeltische) Neubildungen und damit – im günstigsten Falle – für eine recht schwache festlandkeltische Tradition. Korsika, das nach vorangegangenen Unabhängigkeitsbestrebungen 1769 mit dem
1860 Versailler Vertrag an ein absolutistisches Frankreich kam (cf. Goebl 1988), in dem es für die italianità der Insel keine politische Akzeptanz gab, kann erst – grosso modo – ab dem 19. Jh. als Raum Frankreichs mit alloglotten Sprechergruppen betrachtet werden; hier wäre es ebenso unlogisch, von der Galloromania zu sprechen wie von den katalanophonen Gebieten auf französischem Staatsgebiet, die 1659 im Pyrenäenfrieden von Spanien abgetreten werden mussten. Für beide Sprachgebiete gilt, dass vom Zeitpunkt der Anbindung an Frankreich eine offiziell vertretene Französierungspolitik betrieben wird.
3.
Zur Ausbildung alloglotter Sprechergruppen im europäischen Frankreich
Was heute noch an alloglotten Gebieten in Frankreich übrigbleibt, sind im Grunde genommen Sprachräume mit Diglossie, in denen die Französierung noch nicht zum Abschluss gebracht wurde. Wie im MA ab dem 12. Jh. langsam die der Krone durch Philippe Auguste unterstellten Gebiete der Normandie, Maine, Touraine, Champagne, und schließlich auch der Pikardie und der Wallonie vom Franzischen erfasst und assimiliert wurden, wurden auch – nach dem Zeugnis der offiziellen und offiziösen Dokumente – ab der Zeit des Hundertjährigen Krieges Verwaltungstexte zunehmend auf Französisch verfasst, wobei die Sprache des Königs teilweise das Okzitanische, öfter jedoch die lateinische Sprache ablöste. Die Verschiebung der Sprachgrenze stellt einen langsam vollzogenen Prozess dar (Brun 1923, 52ss.), denn als Schriftsprache wurde das Okzitanische erst im 16. Jh. nach der Erstarkung des siegreich aus dem Hundertjährigen Krieg hervorgegangenen Königshauses abgelöst, welches im 15. Jh. seine Besitzungen im Süden gewaltig vergrößerte. Dabei ist hier, wie bei der Ausdehnung des Französischen in den übrigen alloglotten Gebieten, nicht von einer linearen Verschiebung der Sprachgrenze auszugehen; vielmehr entstand durch die Einrichtung von Verwaltungszentren, lokalen Gerichten und Parlamenten, die natürlich mit frankophonen Beamten besetzt waren, im okzitanischen Süden wie auch in anderen alloglotten Räumen ein sprachlicher Transfer durch fallschirmähnliche Landnahme und punktuelle Implantation (‘par parachutage’), die dazu führte, dass
XII. Sprachkontakte und Migration
sich die neuen Zentren ölfleckartig auf der Landkarte (‘par tache d’huile’) ausbreiteten. Nach Brun (1923, 407) dehnte sich das Französische zwischen 1450 und 1500 entlang der großen Verkehrswege (vergleichbar der Romània delle strade) im Osten über die wichtigsten Städte des Rhônetals bis Nîmes und Montpellier und im Westen bis nach Bordeaux aus; es folgte in der Zeit von 1500 bis 1550 die Französierung des GaronneTals bis Toulouse und im Osten entlang der Küste (Marseille, Toulon) und im Innern der Provence, und mit dem Edikt von VillersCotterêts (1539) wurde das Französische zur Amtssprache, so dass nur der Roussillon und der Bearn, die Frankreich im 17. Jh. angegliedert wurden, noch eine umfassende Verwendung des lokalen Idioms kannten. Auf der Grundlage von Brun (1923) und Gossen (1957) haben Berschin / Felixberger / Goebl (1978, 208) die approximative Ausbreitung des Französischen als offizielle Sprache kartographisch dargestellt (cf. Fig. 164.1.). Dabei geben für Nordfrankreich die Jahreszahlen über dem Strich den approximativen Beginn und unter dem Strich den Abschluss der Französierung der regionalen Schriftsprache(n) an, während für Südfrankreich die Jahreszahlen den ungefähren Zeitpunkt der Substitution der okzitanischen durch die französische Schriftsprache festhalten; ferner enthält diese Karte die politischen Grenzen Frankreichs zum Ende der Regierung von François Ier (1547) und der Ersten Republik (1792). Es ist klar, dass die Verbreitung des Französischen als Umgangssprache noch später einsetzte – in der Regel mit der allgemeinen Schulpflicht. Die 1790 von Abbé Grégoire durchgeführte Enquête (Balibar / Laporte 1974, 94) spricht diesbezüglich eine deutliche Sprache, denn Grégoire muss 1794 in seinem Rapport vor der Nationalversammlung («Sur la nécessité et les moyens d’anéantir les patois et d’universaliser l’usage de la langue française») einräumen, «que, sur 25 millions de citoyens, trois millions au plus connaissent bien le français, six millions n’étaient pas en mesure d’entretenir une conversation en français et au moins six millions, surtout dans les campagnes, ne parlaient absolument pas la langue de la nation» (Muller 1985, 135).
Die mit der allgemeinen Wehrpflicht, den Massenmedien, der Industrialisierung und der Einsprachigkeit der Verwaltung inten-
164. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania
sivierte Französierung führte im 19./20. Jh. zu einer Situation, in der es nur noch um die Frage zu gehen scheint, bis wann die letzten Minoritätensprachen verstummt sind und das Bild von den bedrohten Regionalsprachen eher einem Euphemismus gleichkommt. Das Sammeln der Regionalismen (Rézeau 2001), die noch in den Farcen eine klar bestimmbare Funktion besaßen (Greub 2003), stellt in erster Linie eine sprachmuseale Tätigkeit dar. Im 21. Jh. ist der Wunschtraum der Jakobiner von der langue une der République une et indivisible zur Wirklichkeit geworden. Artikel wie die anlässlich der in Périgueux gefeierten Félibrée erschienene Studie Et si l’occitan disparaissait? (Serre 2004) basieren nicht auf suggestiven rhetorischen Fragen, sondern auf Fakten: Im Gegensatz zum Pays Basque, wo sich noch Jugendliche für ihre Sprache engagieren, bildet Okzitanisch im Wesentlichen nur noch Teil der Folklore und der (generell auf Französisch zum Ausdruck gebrachten) Regionalkultur:
1861
«L’enseignement de l’Occitan est présent sur neuf académies du Sud du territoire national, où il concerne tout ou partie de 32 départements. Autorisée dans l’enseignement par la Loi Deixonne de 1951 la langue occitane n’a bénéficié d’un recrutement de professeurs qu’à partir de … 1992. Actuellement, dans le second degré, près de 200 professeurs certifiés d’occitan-langue d’oc ont été recrutés par concours. Le nombre de postes mis au concours à la session 2004 des concours a été affiché par le ministère de l’Éducation nationale. Pour l’occitan, il est de 4 au CAPES externe. Il n’y a pas de CAPES interne. Ce nombre représente une chute sans commune mesure avec le nombre des recrutés antérieurs ainsi qu’avec les besoins sur le terrain et les attentes générales. En 2001 le nombre de recrutés par concours CAPES d’Occitanlangue d’Oc était de 22. Par comparaison, il y a 30 professeurs certifiés de basque pour une zone linguistique d’un demi-département. 60000 personnes parleraient le basque. L’Etat, dans le cadre du Plan Etat-Région offre près de 15 millions de francs. 54 écoles bilingues, 9 collèges et 2 lycées bilingues, des cours de Basque sont dispensés dans d’autres établissements et il existe une promotion de l’enseignement du basque motivé par le Rectorat.
Fig. 164.1. Approximative Ausbreitung des Französischen als offizielle Sprache
1862 En Dordogne, où les Occitanistes évoquent 100 000 personnes parlant l’Occitan (34 % de la population) l’Etat est totalement absent et les moyens d’enseignements se résument à deux professeurs itinérants, 3 professeurs certifiés (dont un menacé de fermeture), 1 professeur habilité. Cette inégalité de traitement des cultures pose vraisemblablement des réalités qui ne sont pas que politiques. Les Occitans, contrairement à leurs dires sont une minorité agissante dans laquelle vraisemblablement le caractère élitiste prédomine, une majorité demeurant finalement assez éloigné [sic] des préoccupations développées. Ce qui n’exclut pas un attachement à des valeurs, une histoire, une ethnie. De plus, le Pays Basque est plus concentré, plus homogène et la langue défendue avec des moyens plus appropriés» (ib., 26s.).
Die kommunikativen und sozialen Funktionen des Okzitanischen sind, wie sich sogar in ruralen Gegenden feststellen lässt, heute weitgehend verlorengegangen.
Fig. 164.2. Minoritätensprachen in Frankreich
XII. Sprachkontakte und Migration
4.
Zur aktuellen Situation in den alloglotten Sprachräumen
Mit ‘alloglotten Sprachräumen’ werden hier die Gebiete der heutigen Territorialsprachen bezeichnet, denen gemeinsam ist, dass sie einerseits über Sprachgrenzen mit dem Französischen verfügen und andererseits stets vom Französischen, der Nationalsprache, überlagert sind (Felixberger 1997, 2003s.); die übrigen allochthonen Sprachen, die über keine festen Sprachlandschaften verfügen und durch Admigration ins französische Staatsgebiet gebracht wurden, sollen nicht berücksichtigt werden. Einsprachige alloglotte Individuen gibt es infolge der vollständigen Erfassung der Staatsbürger durch das Schulsystem im 21. Jh. nicht mehr. Die Loi Deixonne von 1951 (die nur das Bretonische, Baskische, Katalanische und Okzitani-
164. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania
sche erfasste und 1974 auf das Korsische und 1991 auf das Lothringische ausgeweitet wurde) hat hinsichtlich der bedrohten Regionalsprachen keine Veränderung gebracht; bezeichnend ist, dass die vom Europarat 1992 beschlossene und auch von der französischen Regierung unterzeichnete Charte européenne des langues régionales ou minoritaires (cf. Schmitt 2000, 714s.) vom Conseil Constitutionnel mit fadenscheinigen Begründungen als verfassungswidrig erklärt wurde und dass durch diese Entscheidung die verschiedenen Konfliktsituationen nicht eingeschränkt wurden, wie dies auch aus dem Forum European Bureau for Lesser Used Languages (http://www.eblul.org) erhellt, das sich speziell dieser Problematik widmet. Da die Situation in den romanischsprachigen Regionen sich grundsätzlich von den Gegebenheiten der übrigen alloglotten Gebiete unterscheidet, bietet dieser Umstand das Kriterium für das methodologische Vorgehen. 4.1. Romanische Sprachen Von den romanischen Sprachen nimmt das in sechs Dialektgebiete zerfallende okzitanische Gebiet den größten Raum ein (cf. Fig. 164.2.). Trotz der Auszeichnung des Félibrige durch die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an deren Gründer Frédéric Mistral zeichnet sich eine geradlinige Entwicklung von der Diglossie des 18./19. Jh. zur heutigen Situation aus, in der selbst Ehepaare, bei denen beide Partner die langue d’oc beherrschen, sich faktisch kaum noch auf Okzitanisch verständigen. Dafür ist das Prestigegefälle zwischen der Nationalsprache und der Regionalsprache zu groß, und se déclarer attaché(e) au développement de l’occitan heißt nicht Okzitanisch sprechen und bedeutet erst recht nicht, dass die croisade entre le Nord et le Sud in irgendeiner Weise zum Stillstand gelangt wäre (Serre 2004, 26). Die immer häufiger werdenden zweisprachigen Straßen- und Ortsschilder gehören wie die Félibrée-Feste eher zum Bereich des folklore; Tatsache bleibt, dass nicht einmal der freiwillige Schulunterricht gesichert ist. Wenn der Vizepräsident eines Conseil régional von einer «identification à des modes de vie qui ont trop tendance à être oubliées après avoir été bien souvent méprisées» (ib., 31) spricht, so wird durch diese Feststellung die Situation richtig eingeschätzt: Auch
1863
ohne Zutun der französischen Regierung wird das Okzitanische, das bis zum 20. Jh. eine wichtige Kontaktsprache des Französischen bildete (Gebhardt 1974; Kremnitz 1997), noch in diesem Jahrhundert von der Landkarte verschwinden. Was bleibt, sind ins Französische aufgenommene lexikalische Okzitanismen, das jedem Reisenden sofort auffallende apikale r und die (v. a. bei den Kindern im Rückschritt begriffene) Aussprache des Nasalkonsonanten; typisch für das gesamte Gebiet ist auch die Aussprache des e instable; mit okzitanischem Einfluss kann man auch Phänomene wie den Gebrauch des ethischen Dativs («on se prend un petit café?») verbinden, der im Iberoromanischen noch stärker verbreitet ist, sowie die Übernahme von Lehnsuffixen (Gebhardt 1975a) und eher bodengebundenem lexikalischen Material (Bec 1995; Kremnitz 1997; Swiggers 1998). Noch aussichtsloser ist die Situation des Frankoprovenzalischen, für das bereits Pierre Gardette bei der Erstellung des ALL kaum noch sprachliche témoins ausmachen konnte. Das noch im MA als Sprache gebrauchte Idiom ist nicht nur in den Schweizer Kantonen Neuchâtel, Vaud, Genève, Fribourg und Valais höchst gefährdet, sondern auch in Frankreich, wo das historische Zentrum Lugdunum (Lyon) früh verloren gegangen ist und der Raum um Grenoble insbes. durch Admigration früh entdialektisiert wurde. Auch das Aostatal, dessen Sprache Ascoli (1878) den Prototyp für das Frankoprovenzalische geliefert hatte, verzeichnet nur noch wenige Sprecher. Allgemein wird in der einschlägigen Fachliteratur (z. B. Tuaillon 1988; Martin 1991; Marcellesi / Laroussi 1997) die Situation der von etwa 30 000 Sprechern ohne kohärentes Sprachgebiet gesprochenen Mundarten viel zu positiv eingeschätzt. Der Sprachraum hat seinen Tribut in die französische Sprache eingebracht (Baldinger 1966) und wirkt heute sogar weitgehend entdialektisiert. Wenig Stabilität gegenüber der französischen Nationalsprache zeigt auch das Katalanische, das im Pyrenäenfrieden von 1650 von Spanien an Frankreich abgetreten werden musste. Das Katalanische, das noch im 19. Jh. in Frankreich einen recht homogenen Sprachraum darstellte, ist drauf und dran, die Jugend zu verlieren (cf. auch Kremnitz 1997, 1195; Felixberger 1997, 2004), und das Ursprungsland hat durch die aus Nordafrika kommenden Rückwanderer bei der Ent-
1864 kolonialisierung, die durchweg frankophon waren, eine enorme Verstärkung der Sprecher der französischen Nationalsprache und damit eine Schwächung der autochthonen Sprache erfahren. Auch dieses bodenständige Idiom wird in den nächsten Jahrzehnten in der französischen Nationalsprache aufgehen; dabei ist es schwierig, die Katalanismen (Schmitt 1989) entsprechend ihrer unmittelbaren Herkunft einzuschätzen, da als Spendersprache stets auch das Katalanische in Spanien in Frage kommen kann. Das auf der toskanischen Mundart basierende Korsisch hat seit der Französischen Revolution nach und nach wichtige Kommunikationsdomänen eingebüßt, doch darf festgestellt werden, dass «bien que langue officielle, le français ne progresse que lentement dans cette île, française depuis 1768» (Muller 1985, 14). Seit Ende des 19. Jh. besteht in Korsika das Bedürfnis nach einer eigenen, v. a. sprachlichen Identität (Goebl 1988, 831s.), doch steht die italianità resp. corsità im Widerspruch zur offiziellen Sprachpolitik und den zentralistischen Vorstellungen Frankreichs. Auch hier hat das Schulsystem dazu geführt, dass heute kaum noch mehr als etwa 50 000 Inselbewohner die lingua corsa gebrauchen, die weitgehend aus dem öffentlichen Leben verschwunden ist (Fabellini 2002). Gleichwohl ist seine Position dadurch gefestigter, dass die Möglichkeiten, die das Schulsystem bietet, auch tatsächlich angenommen werden (Thiers 1997, 1206), und v. a. die italienischen Medien (Radio, Fernsehen) die Regionalsprache stützen. Die Interferenzen beziehen sich in erster Linie auf den Wortschatz, erfassen aber auch Bereiche der Grammatik (ib., 1208ss.; Jerger 2001, 31). Insges. darf für die romanischen Regionalsprachen festgehalten werden, dass vom politischen Zentrum nichts oder nur wenig zu deren Erhaltung getan wird und dass alles in allem die Bindung an die jüngere Generation fehlt, die grundsätzlich die Sprache der Ecole maternelle gebraucht. 4.2. Nicht-romanische Sprachen Kaum besser ist die Stellung der meist durch die Sprachen der Nachbarländer gestützten nicht-romanischen Sprachen; auch hier fehlt es an Funktionsdomänen, die die Notwendigkeit der Erlernung dieser Sprachen begründen könnten. Das Baskische, das sich punktuell südlich der Linie Oloron-Bayonne in den Pyrénées-
XII. Sprachkontakte und Migration
Atlantiques in den Varietäten des Laburdischen, Niedernavarrischen und Suletinischen halten konnte (Haase 1992, 18), kannte zwar zu Ende des 19. Jh. eine kurze Renaissance (Allières 1997, 1260s.), doch ist im 20. Jh. die Zahl der Sprecher in Frankreich auf weniger als 50 000 gesunken. Es besteht ein bescheidener sprachlicher Austausch mit dem Gaskognischen, ansonsten ist es in Frankreich von der allgegenwärtigen Nationalsprache überlagert, die bereits punktuell und in parole-Akten von der mit wesentlich freierer Wortstellung ausgestatteten Deklinationssprache beeinflusst wird (Typ: Un livre j’ai acheté hier, Allières 1997, 1263ss.; cf. auch Haase 1992); doch bleiben die Interferenzphänomene auf wenige Fälle begrenzt (Allières 1997), denen kaum Bedeutung zufällt. Das zum Inselkeltischen zählende Bretonisch umfasst die Dialekte Léonard, Trégorrois, Cornouaillais und Vannetais (Bochmann 1989, 43); das Sprachgebiet ist stark aufgegliedert, seit der Annexion an Frankreich im Jahre 1532 wurde die Grenze immer mehr nach Westen verschoben, es ist östlich der Linie Paimpol-Vannes ausgestorben, die 1978 von der französischen Regierung unterzeichnete Charte culturelle bretonne hat keine positiven Auswirkungen gezeigt. Die Jugend konnte nicht für das breton gewonnen werden, die Sprecherzahl dürfte inzwischen auf unter 200 000 gesunken sein (cf. auch Felixberger 1997); die Interferenzen der Nationalsprache mit dem Bretonischen bleiben alles in allem bescheiden (Le Berre / Le Dû 1997), da die größeren Zentren inzwischen ausnahmslos frankophon geworden sind und den in den ländlichen Regionen lebenden Bretons bretonnants Geringschätzung entgegengebracht wird. Das Bretonische ist stark vom Französischen beeinflusst; es besitzt als einzige keltische Sprache vokalische Nasalphoneme und zusammengesetzte Zeiten der Vergangenheit, und es kennt einen bestimmten und einen unbestimmten Artikel, während den übrigen keltischen Sprachen der unbestimmte Artikel fremd ist (cf. v. a. Ternes 1998, 286s.); das Keltische hinterlässt seinerseits Spuren in der Phonetik und Syntax des Französischen, wobei v. a. Sonorisierungsprozesse im Wortinnern und der frequente Gebrauch von avec (J’ai eu des sous avec ma mère “ma mère m’a donné des sous”; cf. Le Berre / Le Dû 1997, 1258) auffällt.
164. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania
Germanische Sprachen werden in Flandern, Lothringen und im Elsass gesprochen. Flämisch, ein westniederdeutscher Dialekt mit Niederländisch als Dachsprache, wird im Département Nord um Dunkerque und Hazebrouck sowie punktuell in den Kohlerevieren von Lille, Roubaix und Tourcoing v. a. von der ländlichen Bevölkerung in informeller Situation verwendet, wobei festzustellen ist, dass Männer größere Sprachloyalität als Frauen auszeichnet und die jüngere Generation diese Sprache untereinander kaum oder nicht mehr gebraucht; die mit der circulaire Savary genehmigten Lehrpläne sind zu spät gekommen, und so wird die Ecole primaire für das Verschwinden der heute noch zahlreichen Germanismen im français régional du Nord sorgen. Das Lothringische, ein westmitteldeutscher Dialekt, wurde auf einem Gebiet gesprochen, das im Wesentlichen den Norden und Nordosten des Département Moselle sowie den Nordwesten des Département Bas-Rhin (mit Ausnahme von Sarrebourg) umfasst. Dieser Sprachraum lässt sich in einen moselfränkischen und einen rheinfränkischen Teil untergliedern (Stroh 1993, 32ss.). Das ehemalige Herzogtum Lothringen wurde bereits im Dreißigjährigen Krieg okkupiert und fiel 1736 – bei weitgehender Beibehaltung der autochthonen Sprache – an Frankreich. Mit dem Frankfurter Vertrag von 1871 wurde (Nord-)Lothringen zusammen mit dem Elsass dem Deutschen Reich eingegliedert; 1919 wurde es wieder Frankreich zugeschlagen, bevor 1940 die Grenzen von 1871 wieder hergestellt wurden und das Ende des Zweiten Weltkriegs die heutigen Grenzen brachte. Die deutsche Sprache ist in Lothringen seither stark zurückgegangen und Fränkisch nur noch Medium von wenigen Sprechern der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegsgeneration (ib., 99), die im offiziellen Sprachverkehr aber stets die Nationalsprache gebrauchen und dabei – nicht immer mit Erfolg – Germanismen peinlichst zu vermeiden versuchen (cf. z. B. Lanly 1973), während sich die weniger stigmatisierten französischen Regionalismen wie cheylard/-e “fine gueule”, zaubette “fillette délurée”, hocher les mirabelles “Mirabellen schütteln” oder mamailler “nichts tun” weiterhin recht gut halten. Das zu den alemannischen Dialekten zählende Elsässisch umfasst die Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin, sowie den Raum um Sarrebourg. Die Geschichte dieser
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Sprachlandschaft ist mit der von Lothringen vergleichbar: Die Gebietsabtretungen beginnen mit dem Westfälischen Frieden (1648), die Annexion wird unter Louis XIV, der auch für die sprachliche Assimilation sorgt (Wolf 1972), zum Abschluss gebracht; mit der Französischen Revolution verstärkt sich der Druck auf den dialecte allemand tabou (Hartweg 1988), die Wiedereingliederung ins Deutsche Reich 1871 brachte eine Revalorisierung der autochthonen Sprache, die durch den Versailler Vertrag wieder rückgängig gemacht wurde. Die seither erfolgte Assimilierung wurde durch eine kompromisslose Eindeutschungspolitik (1940–44) unterbrochen, die bei den Elsässern auf wenig Gegenliebe stieß (Muller 1985, 15; Hartweg 1988, 35ss.). Während die ältere Generation das Elsässische noch gut beherrscht und auch gebraucht, hat sich bei der jüngeren die Nationalsprache durchgesetzt; inzwischen ist Elsässisch (vor allem im Haut-Rhin) sogar als Sprache des vertrauten Umfelds und speziell der Familie gefährdet. Diskriminierung in der Ausbildung und im Beruf führt zu Identitätsproblemen (cf. ib., 42). Das Elsässische ist v. a. lexikalisch vom Französischen beeinflusst, wobei insbes. das frequente Code-switching auffällt. Dem Französischen hat das Elsässische zahlreiche Lexeme vermittelt, die inzwischen lexikalisiert sind, wie z. B. bibeleskaes, bredele choucroute, flammekueche, kirsch, kouglof, maennele, presskopf, quenelle, strudel aus dem kulinarischen Bereich, aber auch (s)chnok oder tirette “fermeture à glissière”. Die früher noch bei zweisprachigen Sprechern recht häufigen syntaktischen Einflüsse (Typ attendre sur qn. “auf jemanden warten” oder comment ça va chez toi / chez vous? “Wie geht’s bei Dir / Euch”) haben abgenommen, seit Elsässisch nicht mehr die Muttersprache der Jugend bildet. Das Elsässische wird von zwei Seiten destabilisiert: von der französischen Nationalsprache, der alle kommunikativen Schlüsselpositionen zugefallen sind, und dem Hochdeutschen, das v. a. im Enseignement secondaire (meist hinter dem Englischen) als zweite Fremdsprache angeboten wird. Der Elsässer weiß, dass seine Kinder ohne die Nationalsprache sozial benachteiligt werden, also keine Zukunft haben, und erkennt im Hochdeutschen die Dachsprache, die weitaus mehr Prestige als seine Regionalsprache besitzt. Das daraus resultierende Dilemma
1866 wird zu einer weiteren Aushöhlung des alsacien und damit wohl auch zu dessen Verdrängung führen. Resümierend lässt sich damit feststellen, dass alle nicht-romanischen wie romanischen Sprachen auf französischem Territorium von einem Verdrängungsprozess erfasst sind und dass das primär von der Französischen Revolution gepredigte Ideal des einsprachigen Staatsgebiets allmählich seine Verwirklichung finden wird, indem nur diejenigen Regionalismen fortbestehen, die in die Nationalsprache eingegangen sind (Baldinger 1961). Dies liegt – trotz gewisser Lippenbekenntnisse, mit denen die Politiker immer wieder das Wahlvolk zu beschwichtigen versuchen – im Interesse des Nationalstaats, der – einen Rapport von Cerquiglini umset-
Fig. 164.3. Frz. serpillière im français régional
XII. Sprachkontakte und Migration
zend – mehr und mehr Territorialsprachen mit Nichtterritorialsprachen gleichzusetzen versucht und damit Arabisch, Berberisch, Armenisch, Polnisch etc. mit den autochthonen Sprachen gleichgewichten möchte (DGLF 2001). Aber auch Karten mit lexikalischer Polymorphie, wie sie sich z. B. zu frz. serpillière “Putzlappen” aus der Regionalliteratur (Rézeau 2001) erstellen lassen (cf. Fig. 164.3.), werden bald der Vergangenheit angehören. Die Karte serpillière zeigt zum einen die Problematik, die aus der Überlagerung der alloglotten Sprachräume Frankreichs durch die Nationalsprache entsteht, und zum anderen, wie lexikalische Einheiten aus diesen Sprachen in die Architektur des Französischen gelangen:
164. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Galloromania
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loque “serpillière” gehört zwar heute ebenso zum français régional (< mundartl. locke “boucle, mêche de cheveux”) wie wassingue “id.” (< fläm. wassching “action de laver”); beider Aufnahme ins Pikardische und danach ins français régional du Nord dokumentiert den üblichen Weg eines Teils des Wortschatzes von der Sprache alloglotter Sprecher über das français régional bis an die Peripherie der Nationalsprache; panosse “id.” (< lat. pannucius “zerlumpt”, FEW 7, 554b) und patte “id.” (< langob. *paita “Gewand”, FEW 18, 608b) sind typisch frankoprovenzalische Lexeme mit Ausgriff auf das Ostokzitanische. Hier liegt ebenfalls der Übergang eines Wortes aus der niederen Sachkultur ins heutige français régional vor; peille “id.”, das hervorragend zu aokz. peilla / pelha “vêtement” passt (< lat. pilleum “Filz”, FEW 8, 496a), darf als okzitanisches Lexem interpretiert werden, das sich im Regionalfranzösischen des weitgehend französierten okzitanischen Südens gehalten hat; als regionalfranzösisch im genealogischen Sinne dürfen allenfalls bâche (< kelt. bascauda, FEW 1, 267), cince / since (< lat. cinctium), emballage (< fränk. *balla), pièce (< gall. *pettia, FEW 8, 339a), toile (< lat. tela, FEW 13, 1, 159a) und torchon (< lat. torques, FEW 13, 2, 103b) gelten, wobei die merkwürdige geographische Verteilung von torchon “Putzlappen” (Rézeau 2001, 984s.) eine Lehnübersetzung aus dt. (Putz-)Lappen nicht ganz abwegig erscheinen lässt.
stets problematisch, doch muss man nicht Prophet sein wollen, wenn man – entsprechend Nebrijas Bemerkung: «que siempre la lengua fue compañera del imperio» – prognostiziert, dass in wenigen Dekaden die Integration und Assimilation abgeschlossen und die vom Ancien Régime begonnenen Maßnahmen von der sprachpolitisch sehr selbstbewusst agierenden Republik (Muller 1985, 11–15; Schmitt 1979; Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 296–299) zu Ende gebracht sein werden. Aufgrund jahrhundertelanger Benachteiligung durch die offizielle Politik zeichnet die alloglotten Sprachgruppen Frankreichs ein defensives Sprachverhalten aus; vergleichbar der Assimilation der vorrömischen Substrate (f Art. 70) werden nur wenige lexikalische Einheiten als letzte Relikte von Sprachen alloglotter Sprecher Frankreichs in der Nationalsprache übrigbleiben, während die phonetische und syntaktische Anpassung sich bereits in der Ecole maternelle deutlich bemerkbar macht und hier zu einer (mehr oder weniger vollständigen) Anpassung an die Sprache der französischen Medien führen dürfte.
Was hier als regionalfranzösisch erscheint, entpuppt sich in genealogischer Sicht vielfach als letztes Refugium von Wortschatz aus der Sprache alloglotter Sprecher (cf. auch Rézeau 1999). Noch herrscht eine Vielfalt, die sich zumindest teilweise auch aus den Minoritätensprachen erklärt, doch ist hochsprachliches serpillière auch in diesem wenig prestigeträchtigen Bereich auf dem Vormarsch und sein Siegeszug, der von der Werbung und Produktbezeichnungen unterstützt wird, scheint unaufhaltsam zu sein.
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Los francos en España en la Edad Media Los gitanos Los vascos en España Los gibraltareños Bibliografía
1.
Los francos en España en la Edad Media
El Camino de Santiago trajo a España a muchos extranjeros, especialmente francos, atraídos por los intereses comerciales que la Reconquista traía consigo. Por él entró la Orden de Cluny que tuvo enorme influencia en la España cristiana de los s. XI , XII y XIII (Niederehe 1998, 105, data en 940 la primeras influencias del Cluny en Cataluña y en 1028, en Navarra). Los cluniacenses ocuparon sedes arzobispales y contribuyeron a elevar el nivel cultural del clero español. En muchas poblaciones (Logroño, Burgos, Sahagún, Puente la Reina, Nájera, Jaca, etc.) hubo durante mucho tiempo barrios de francos; en Pamplona su número llegó a ser mayor que el de navarros; Estella, fundada en 1090, fue poblada exclusivamente por francos y el barrio mozárabe de Zaragoza fue entregado tras la conquista de la ciudad (18 de diciembre de 1118) a Gaston de Foix para que lo poblara con francos. Abundante tuvo que ser también el contingente de francos que fue a Asturias (cf. Colón 1967, 154; Menéndez Pidal 61968, 483; Lapesa 1981, 168; 1985, 43 ss.; Pfister 1991, 7 ss.). En algunas villas y ciudades (Toledo, Oviedo, Logroño, Avilés, etc.) alcanzaron ciertos privilegios y tuvieron jueces propios. Tales fueron las prerrogativas que se concedieron a los transpirenaicos que el adjetivo franco pasó al castellano con el significado de “libre, exento” (el DCECH , s. v., opina que viene del nombre de los dominadores de la Galia, que, por ser la clase noble, estaba exenta de tributos). «Con la invasión cluniacense, y con lo que tras ella vino comenzó a modificarse el aspecto mozárabe-islámico de la Península en su zona cristiana. El rito religioso fue reemplazado por el romano, usado en Cluny; cambió el tipo de escritura, y el estilo arquitectónico; la literatura, aun siendo original […], acudió a fuentes y formas francesas
(teatro religioso, cuaderna vía, temas internacionales religiosos y profanos)» (Castro 31966, 366 s.).
La escritura visigótica o toledana fue sustituida por la francesa o carolina, predominante ya hacia 1150, que, transformada a finales del s. XII en la llamada letra gótica, persistió en España hasta el s. XIV. Cuando a principios del s. XIII Alfonso VIII funda la Universidad de Palencia, la primera de España, los profesores que tuvo fueron sabios francos y lombardos. Poetas provenzales y franceses fueron bien recibidos en las cortes españolas y sus temas, llamados carolingios, fueron aceptados por nuestros juglares. Como era previsible, los núcleos franceses dejaron también su influencia en los aún balbucientes romances peninsulares. En gascón se escriben muchos documentos navarros; en occitano, las ordenanzas municipales de Estella; en provenzal, el Fuero de Jaca (1063–77) y los Establimentz (hacia 1220) de la misma ciudad. Lapesa (1948, 91 ss.; 1985, 50; 124 ss.; 129 ss.) ha estudiado el hibridismo de asturiano y provenzal del Fuero de Avilés (c. 1155), atenuado en el de Oviedo (c. 1215), y los provenzalismos del Fuero de Valfermoso de las Monjas (1189) y del Fuero de Villavaruz de Rioseco (1181). Los barrios de francos de San Cernín (Pamplona), Estella y Puente la Reina conservaron su habla provenzal hasta finales del s. XIV. Castro (31966, 366) atribuye a la «colonización religiosa […] el número considerable de palabras francesas anteriores al siglo XIII ». Lapesa (1981, 169), que sigue a Menéndez Pidal (61968, 510 s.), aporta términos de todas las facetas de la vida: «Los nobles adoptan homenaje y mensaje, llaman barnax a las hazañas, fonta al deshonor y palafré al caballo de camino. Alborea la vida cortés, que pone de moda cosiment ‘merced, benevolencia’, deleyt, vergel. En las catedrales y monasterios se difunde pitanza, fraire > fraile, monje, y deán. Los peregrinos se albergan en mesones, pagan con argent, piden manjares y viandas y las aderezan con vinagre».
Se han ocupado de la influencia léxica de los francos en los romances peninsulares Pottier (1967, 129 ss.; 1991, 237 ss.), Colón
165. Hablantes alóglotos en la Península Ibérica
(1967, 165 ss.), Rohlfs (1988, 67 ss.), Cierbide (1988; 1992/93, 14 s.), Pfister (1991, 7–17), Ibáñez (1998, 241 ss.), Niederehe (1998, 107 ss.), etc. Especial importancia tiene el caso del gentilicio español, que se documenta como nombre propio en el sur de Francia a finales del s. XI y en España en una primera época que abarca hasta el s. XIII , principalmente entre inmigrantes francos (cf. Aebischer 1948, 15 ss.; Lapesa 1985, 132 ss.; Maravall 1974, 343 ss.; Alvar 1976b, 23 ss.; Pariente 1977, 1 ss.). La influencia francesa no se limitó al léxico, parece que la tendencia vulgar a la apócope de -e final en palabras como aduxist, allend, dix, etc., y en los pronombres enclíticos («estot lidiaré», «alabándos ivan», «una ferídal daba»), tuvo que verse reforzada por la influencia lingüística de francos y provenzales (Lapesa 1981, 169; 200 ss.; 1985, 167 ss.; Menéndez Pidal 1968, 186 ss.; Niederehe 1998, 112 ss.). Alvar (1953, 59 ss.; 1996, 267 s.) atribuye la apócope de la -e y -o finales en Aragón tanto a tendencias propias del dialecto como a influencia franca. También es probable que se deba a influencia de los escribas franceses el uso desde finales del s. XI de la grafía ch para representar las realizaciones del fonema palatal africado sordo /ˆc/ o /tˇs/ (Menéndez Pidal 61968, 62; Lapesa 1881, 170). En el sufijo -aje pudieron concurrir influencias occitanas, francesas y catalanas. La convivencia de lenguas y dialectos en muchas ciudades de la España cristiana del s. XII (junto al romance convivían el latín del clero y de la cancillería, el hebreo de la judería, el árabe de los mudéjares, la lengua de algunos núcleos de inmigrantes mozárabes, vascos, etc., y la koiné franca) exigía una nivelación y ésta se produjo mediante la afirmación y expansión del castellano (Lapesa 1981, 201). Defourneaux (1949, 220) opina que el comienzo del ocaso de la influencia franca coincide con la muerte de Alfonso I el Batallador (1134).
2.
Los gitanos
Gitanos, calés, romanís, cíngaros, cañís son los nombres que reciben en España los descendientes de las tribus nómadas que salieron de la India hacia el s. III a. C. y se extendieron por Asia, Europa y el norte de África, y, después, por América. Quindalé (1867, 10 s.), Pabanó (1915, 20–26) y José Carlos de Luna (1951, 26–41) creen que pu-
1871 dieron llegar a España, además, a través del Mediterráneo y el norte de África, acompañando a los primeros dominadores musulmanes. Liégeois (1988, 39 ss.) recoge noticias de la presencia gitana en Europa desde mediados del s. XIV. En 1425 aparecen los gitanos en Aragón y en 1462, en Jaén (Carriazo 1940, 97 s.; 416 s.), y es de suponer que por los mismos años en que llegaron a Aragón y a Andalucía, otras familias se dispersarían por diferentes regiones y pasarían a Portugal. Los primeros grupos de gitanos decían proceder del Pequeño Egipto, nombre que durante la Edad Media se daba al Epiro, a Chipre y a zonas de Grecia y Siria (por ello se les llamó egipcios, egipcianos, de donde gitano) y contaban la historia de que el papa les había impuesto como penitencia que recorriesen el mundo durante siete años, para expiar su apostasía de la fe cristiana, a que fueron forzados por los turcos. Esta historia les dio buen resultado durante casi un siglo y les abrió las puertas y la generosidad de ricos y nobles (cf., entre otros, Covarrubias 1611, 438, s. v. gitano; Quindalé 1867, 4; Rebolledo 1909, 231; Pabanó 1915, 12; Lafuente 1955, 153 s.; Leblon 1987, 12; Liégeois 1988, 29 s.; 40 s.; Martínez Martínez 1998, 23 s., donde también se recogen otras leyendas que tratan de explicar su nomadismo). Los modos de vida y de costumbres de los gitanos suscitaron el recelo de la sociedad y pronto gitano se hizo sinónimo de vagabundo, holgazán y ladrón. En 1499 los Reyes Católicos publican la primera ley para tratar de incorporarlos a la población del país. En 1633 Felipe IV prohíbe el empleo del nombre gitano (serán llamados castellanos nuevos) y el uso de su vestimenta propia y de su lengua. En 1749 se ordena la reclusión de todos (la gran redada) y se les asigna un trabajo de por vida (minas, arsenales, obras públicas), pero la medida no tiene éxito y en 1763 se ordena la liberación de los aún recluidos. Las leyes de Carlos III (1783) pretenden facilitar su incorporación social, sólo se les exige que no lleven un vestido especial y que no hiciesen pública gala de su lengua. En el s. XX sólo el reglamento de la Guardia Civil de 1943 recomienda la vigilancia y el control de sus modos de vida y desplazamientos. Pero las leyes dictadas no consiguieron la integración de la población gitana, aunque sí lograron el asentamiento de la mayoría; Leblon (1987, 77) cree que más del 88 por ciento de los gitanos de Es-
1872 paña, exceptuada Cataluña, habían dejado de ser nómadas en el s. XVIII . Román (1995, 35 ss.), que maneja datos oficiales, estima que un 5 % de un total que oscila entre los 350.000 (datos del Ministerio de Asuntos Sociales) y los 800.000 (datos de la Federación de Asociaciones Romaníes de Andalucía) que viven en España (el 45 %, en Andalucía), mantienen aún un tipo de vida errante. La lengua gitana es una lengua hindú que procede del sánscrito, como las demás que se hablan en la India (Rüdiger 1782; Pott 1844/45; Miklosich 1872/80; etc.). La necesidad de comunicación de los gitanos con los pueblos por los que pasaban fue creando cierto grado de bilingüismo, que, unido a la carencia de una tradición cultural escrita y a la generalización del analfabetismo, terminó por inclinar el peso hacia la otra lengua. Paralelamente, la opinión negativa que la sociedad tenía del gitano pasó a su lengua, considerada como una jerigonza o lenguaje de germanía por la gran cantidad de términos que el habla de los delincuentes españoles toma del caló desde el s. XVI ; tal apreciación (ya en Covarrubias 1611, s. v. gerigonza) pasa al DRAE 1726–39 y se ha mantenido (s. v. jerigonza o germanía) hasta el DRAE 1947. Rebolledo (1909, 5), Pabanó (1915, 178) y Dávila / Pérez (1943, 11–13) se apartan de esta opinión; dice Pabanó que «A pesar de que la Academia de la Lengua define la palabra caló diciendo que es <jerga que hablan los rufianes y gitanos>, eso no es cierto: hay una gran diferencia entre el caló puro y la jerga germanesca. El caló, zincalé o romanó, que con los tres nombres se conoce esta forma de hablar, es el dialecto usado en España por una raza sin hogar, descendientes de los parias indios; y tiene por base otro idioma de los más nobles e ilustres»,
aunque más adelante reconoce la mezcla de voces de la germanía con el caló. El gitano español, que se llama a sí mismo calé (antes caló), propiamente «moreno, de piel oscura», denomina caló a su lenguaje. La prohibición de usar su lengua (pragmáticas de 1633 y 1783), restringió ésta al ambiente familiar y propició su pérdida gradual y la expansión de la castellana. Cuando Quindalé escribe en 1867 su «Epítome de gramática gitana» afirma que «en España, pues, á las peculiaridades gramaticales de la lengua original, han sustituido las reglas de la gramática castellana, tanto en sintáxis como en la conjugacion de los verbos y declinacion de los nombres. […] el caló, ó sea el lenguaje familiar
XII. Sprachkontakte und Migration de los gitanos españoles, tiene la misma escritura, alfabeto, ortografía y demás estructura gramatical que el castellano, salvas las diferencias que vamos a señalar en este Epítome» (Quindalé 1867, 49).
Aunque Quindalé repasa las partes de la oración y la formación de palabras, las diferencias no léxicas son escasas y se refieren al artículo (carencia del llamado artículo neutro), al nombre y al adjetivo (género y número, formación del aumentativo y diminutivo y gradación del adjetivo), al pronombre (posición de los personales respecto del verbo y de los posesivos respecto del nombre, carencia del neutro lo y del demostrativo ese) y al verbo (unificación de todos los verbos en la primera conjugación castellana y tendencia a simplificar tiempos y modos). Pero todo parece apuntar a que las indicaciones gramaticales de Quindalé eran más reliquias del pasado que realidad de sus días y que la gramática del caló era ya la castellana. Las únicas notas gramaticales que Rebolledo (1909, 213–227) añade a su Diccionario son los modelos de la conjugación de tres verbos (telar “haber”, jelar “amar” y libanar “escribir”), que siguen el paradigma de los verbos regulares españoles en -ar. Si en el s. XIX el estado del caló era catastrófico («ruinas de un idioma» lo llama Borrow 21979 [1841], 203), en el s. XX la situación no ha mejorado y los estudiosos no han hecho sino constatar su total decadencia; Lafuente (1955, 149) decía a mediados del s. XX que «ya no queda ninguno [gitano español] que conozca más de un centenar de palabras de su primitiva lengua». Parece que el caló actual ha subsistido en gran medida por el flamenco (Ropero 21991, 208–210, ha hecho un estudio detallado del léxico caló del lenguaje flamenco y ha recogido más de ochenta términos que a través del flamenco han pasado al lenguaje popular) y por la utilidad que su léxico tiene para poder comunicarse con otros gitanos, sin ser entendido por el resto de la población, tanto en la actividad comercial como en el lenguaje de la delincuencia y de la marginación; es decir, el gitano ha hecho de su lenguaje un argot, una jerga, útil para su vida, que ha resistido, precisamente por su carácter críptico, la presión del castellano. Lafuente (1955, 151 s.) habla de cierta tendencia a complicar los términos del caló (chicarelarí en vez de chicará “pelea”) que «no es más que el enmascaramiento del lenguaje para volverlo más ininteligible a los extraños de la raza».
165. Hablantes alóglotos en la Península Ibérica
Convertido en una simple nómina de palabras, el caló se encuentra en una encrucijada cuyo final es difícil prever. Los gitanismos del español son más producto de la influencia del teatro costumbrista y de la flamenquización de las costumbres, ocurrida durante gran parte del s. XIX , que del contacto de las dos lenguas a lo largo de los siglos. Clavería (1951, 16 ss.; 1953, 73 ss.) indica que ya en el teatro menor del XVI y del XVII pueden rastrearse gitanismos; pero será el sainete festivo y costumbrista del s. XVIII el que llevará a la escena costumbres y tipos de la época, y con ellos el habla coloquial, con los gitanismos y las voces populares de las gentes del pueblo. El auge del costumbrismo en el s. XIX y la invasión napoleónica, que puso en primer plano lo andaluz, contribuyeron a extender en los primeros años del siglo «los términos jergales […] mezclados con gitanismos que habían prendido ya o prenderían más tarde en el habla popular» (Lapesa 91981, 438). Clavería (1953, 85 ss.) habla de la importancia que tuvo Madrid en el arraigo de los gitanismos: «Ese Madrid de la vuelta del siglo tuvo mucho de Madrid , achulado a lo cañí, con un hampa que habla el caló de los colmados andaluces y de los presidios […]; no hay duda de que los gitanismos penetran hondamente, por debajo y a través de esa literatura, en el lenguaje popular de todos los españoles».
Los índices del DRAE 1995 incluyen 12 gitanismos (los gitanismos aparecen en el Árbol de lenguas bajo el epígrafe Otras lenguas peninsulares) y 36 términos procedentes del caló (aparecen en el Árbol de usos: materia y nivel, en el apartado Variantes socialmente marcadas bajo el epígrafe Caló).
3.
Los vascos en España
El vascuence, vasco, vascongado (de la raíz vasc-, del nombre primitivo de este pueblo adoptado por el latín), eusquera o éuscara (voces procedentes de la propia lengua) no es una lengua indoeuropea, los estudios actuales parecen confirmar su origen caucásico, aunque hay quien la relaciona con el ibero (Humboldt 1959, 139 ss.) y le atribuye origen africano (camita), y no faltan los que armonizan ambos orígenes (cf. Entwistle 1973, 50 ss.; Lapesa 91981, 24 ss.). Los primitivos vascos llegaron a España antes de las migraciones indoeuropeas.
1873 El territorio de habla vasca no fue un islote no latinizado dentro de la Península, como han sostenido algunos eruditos (cf. Caro 1945; 1973), la Llanada Alavesa y la Ribera navarra estuvieron intensamente romanizadas; el hecho destacable, que no ocurrió en el resto de la Península, es que el latín y, posteriormente, las lenguas romances no suprimieron la lengua autóctona, sino que convivieron con ella. La lengua vasca, a pesar de esta influencia latino-románica, en la que es difícil determinar qué procede del latín y qué del romance, pudo conservar su estructura propia y cierta vitalidad, como lo demuestra el hecho de que en el s. XIII hubo núcleos de hablantes vascos en Castilla (cf. Lapesa 61981, 27; 183s.; Menéndez Pidal 91968, 462; Líbano 1992, 1001ss.; Echenique 1997, 20ss.). El vasco se extiende hoy por el País Vasco (en vasco, Euskal Herria, literalmente “el país de la lengua vasca”; Sabino Arana, † 1903, padre del nacionalismo vasco, creó el término Euzkadi, que designa el País Vasco español y el francés, el español también se llama Hegoalde “el Sur” y el francés, Iparralde “el Norte”) y por Navarra (en vasco, Nafarroa). Los límites actuales del vasco en España están marcados por el río Nervión al oeste, por el sur engloba parte de la provincia de Álava (Vitoria quedaba fuera ya en el s. XIX ) y por el este, ocupa la mitad norte de Navarra (incluida Pamplona). En época romana la frontera sur incluía, en los s. X y XI , la Rioja occidental (García Turza / García Turza 1998, 940) y llegaba por el este hasta Huesca y Lérida, según parece indicar la toponimia, aunque puede darse el caso de que se trate de nombres comunes al vasco y a la lengua ibérica (Lapesa 91981, 29 ss.; Menéndez Pidal 61968, 460 s. y mapa; Alvar 1976a, 19; Echenique 1998, 38 ss.). La entronización de Felipe V de Borbón (1700) trajo consigo la unificación y centralización del Estado política y lingüísticamente, conforme el modelo francés; por lo que el s. XVIII es momento de declive para la lengua vasca, que casi desaparece de Álava y sufre un fuerte retroceso en Vizcaya y en Navarra. En la segunda mitad del s. XVIII , el gobierno ilustrado de Carlos III creará la Real Sociedad Bascongada de Amigos del País, que apoyará la redacción de un diccionario vasco (cf. Echenique 1997, 183 ss.) y se preocupará por la defensa de la lengua vasca; pero el mismo Carlos III ordenará en 1768 que «en todo el reino se actúe y enseñe en lengua castellana».
1874 El interés por la lengua a lo largo del s. XIX es principalmente erudito y arqueológi-
co, en este siglo se publica un importante trabajo de Humboldt (1959 [1821]) sobre el vasco, que iniciará la proyección europea de estos estudios, y aparece la clasificación dialectal del príncipe Bonaparte. Los intentos de utilización literaria son escasos y poco influyentes (Siguán 1992, 31; 49). Al comienzo del s. XX Schuchardt sentará las bases de la filología vasca moderna. En 1919 se crea la Academia de la Lengua Vasca (Euskaltzaindia), que desarrollará y consolidará los estudios vascos, y, por los mismos años, se comienza a pensar en la unificación lingüística, pero no se alcanza un acuerdo. El régimen franquista (1939– 75) planteará la unidad de España como valor esencial, lo que llevará a proponer el español como la lengua única o principal de todos los españoles. La política lingüística de Franco no alteró el uso familiar y privado de estas lenguas, pero las eliminó de su enseñanza en la escuela. El vasco se vio afectado en esta época por los movimientos migratorios, que llevaron al País Vasco a población de lengua materna española. El nacionalismo vasco considera la lengua condición fundamental de su existencia, por lo que creó, desde finales de los sesenta, una red de ikastolas “escuelas [donde la educación se imparte en vasco]” y organizó cursos para adultos como parte de un movimiento popular de concienciación nacional (Siguán 1992, 68 ss.). Reavivado en 1964 el proyecto de normalización y unificación de la lengua, repartida en once dialectos principales (vizcaíno, guipuzcoano, altonavarro septentrional, labortano, altonavarro meridional, suletino, con su variedad el roncalés, y el bajonavarro occidental y el bajonavarro oriental, con sus variedades el aezcoano y el salacense), la Academia de la Lengua Vasca, acordó unos principios generales y nombró una comisión en 1971. El resultado fue el euskera batua, lengua oficial normalizada, basada en el labortano y el guipuzcoano, que constituye el modelo gramatical aglutinante de las diferencias dialectales y sociales del vasco. Frente a los recuentos de vasco-hablantes de Yrízar (1973) o a las estimaciones de Echenique (1986, 81), que no sobrepasan el medio millón de hablantes o conocedores de la lengua, la situación actual, tras los estatutos de autonomía del País Vasco (1979) y de Navarra (1982), y tras las respectivas leyes
XII. Sprachkontakte und Migration
de normalización lingüística de 1982 y de 1986, presenta una mayor difusión de la lengua vasca, como puede verse en el siguiente cuadro-resumen (Tab. 165.1): Tab. 165.1. Datos lingüísticos de los tres últimos censos (población mayor de dos años) Censo
1-abril1986
1-marzo1991
1-mayo1996
Población
2.089.995
2.068.927
2.062.525
Euskaldunes
513.824
543.617
636.816
Cuasi euskaldunes
364.116
410.536
406.810
1.221.055
1.114.774
1.018.899
Erdaldunes
A la pregunta «lengua hablada en casa», de un censo total de 2.098.055 habitantes (censo de 1996), 286.092 respondieron eusquera; 1.822.178, castellano; 178.663, las dos, y 11.122 otra lengua. Lo que viene a confirmar el aumento del número de vasco hablantes y el enorme peso que tiene aún la lengua española. A falta de datos oficiales sobre la situación lingüística presente (año 1999), puede afirmarse que gran parte de la juventud lo entiende y muchos lo hablan, y es frecuente encontrar personas que lo emplean como lengua de comunicación diaria (hay prensa escrita en vasco y la radio y la televisión autonómicas emiten programación en vasco), pero hay aún bastantes vascos y navarros que emplean como único idioma de comunicación el español. Álava, el oeste de Vizcaya y la mitad suroriental de Navarra siguen contando con el mayor número de castellano-hablantes monolingües. El vasco ha actuado respecto del castellano como substrato y como adstrato. A la acción del substrato vasco atribuye la lingüística la aspiración y posterior pérdida de la /f/ inicial latina (fagea > haya; cf. Menéndez Pidal 61968, 221 ss.; Lapesa 91981, 38 s.). También se achaca al substrato vasco la carencia en gran parte de España y en gascón de una /v/ labiodental sonora (cf. Lapesa 91981, 40), la existencia de un sistema vocálico de sólo cinco fonemas (cf. Entwistle 1973, 35 ss.; Lapesa 91981, 40 s.), la realización oclusiva o fricativa de los fonemas /b/, /d/ y /g/, la oposición de los fonemas vibrantes /r/ y /rr/ en posición intervocálica, la tendencia a añadir una vocal protética ante /rr/ inicial (cf. Menéndez Pidal 61968, 193 s.), la conservación de las oclusivas sordas intervocálicas latinas en el Alto Aragón y la so-
1875
165. Hablantes alóglotos en la Península Ibérica
norización de las oclusivas sordas tras nasal o líquida que se atestigua en valles de esa zona y que se extendió por todo el Pirineo aragonés en el pasado (Lapesa 91981, 42 ss.; Menéndez Pidal 61968, 296 ss.). Por lo que respecta al léxico, son numerosas las palabras de origen prerromano existentes en el español que pueden tener origen ibero o vasco, pero la dificultad de determinar con seguridad las diferencias léxicas entre las dos lenguas lleva a conjeturas y suposiciones que no presentan garantías. La Academia (DRAE 1995) recoge 94 términos procedentes del vascuence (aparecen en el Árbol de lenguas bajo el epígrafe Otras lenguas peninsulares, Vascuence), a los que había que añadir otros más que aparecen en el Árbol de usos: ámbito geográfico, Navarra y País Vasco, de posible origen vasco y usuales en distintas áreas de lengua vasca.
4.
Los gibraltareños
ˆ Tras la toma de Gibraltar (del árabe Yabalal-Tariq “monte de Tárik”) en la Guerra de Sucesión (4 de agosto de 1704), el cabildo y la mayoría de la población española, que no admitieron la autoridad inglesa, se trasladaron a San Roque, los que no pudieron hacerlo – «una mujer sola i mui pocos varones», indica López de Ayala (1782, 290), un centenar, según fuentes inglesas –, se quedaron en el Peñón. Por el tratado de Utrecht (1713), con el que terminó la Guerra de Sucesión, se reconoció a Gran Bretaña la propiedad pero no la jurisdicción territorial. La pequeña población inicial se vio incrementada poco después por comerciantes y artesanos judíos, portugueses, italianos y españoles, que se convirtieron en hablantes bilingües o trilingües (lengua materna, español e inglés). Lipski (1986, 414), que maneja datos de los censos de 1860 (Sayer 1862) y 1981, presenta la siguiente distribución de la población civil (Tab. 165.2.):
Hay que añadir los familiares del destacamento militar británico, casi todos naturales del Reino Unido, y la numerosa población española (ha llegado a los 10.000 trabajadores diarios) que acude a Gibraltar cada día a trabajar atraída por los mejores salarios de la colonia. En la actualidad (1999), en los 6 km2 de la colonia viven unos 31.000 habitantes con una distribución por origen similar porcentualmente a la de 1981. La estancia en el Peñón de un fuerte contingente de británicos oblicó a los primeros habitantes a aprender inglés, especialmente tras el desarrollo de la sociedad civil en el s. XIX (contribuyeron a extender el inglés la fundación de la Garrison Library en 1793 y la edición desde 1801 del periódico Gibraltar Chronicle), pero el español siguió siendo la lengua de la familia y de la conversación entre los no británicos. Si a pesar de la protección inglesa y de los altibajos de las relaciones políticas con España el español (en su variedad andaluza llamada llanito – cf. García Martín 1996; 1997; HSK 2, art. 150) sigue siendo hoy la lengua diaria de más de dos tercios de la población gibraltareña, la causa de su persistencia hay que verla tanto en la situación geográfica de Gibraltar, rodeada de un territorio de lengua española del que depende para muchos suministros y con el que está en continuo contacto, como en ciertos aspectos sociales (preferencia de las comunidades judía, portuguesa e italiana por el español frente al inglés, afluencia de trabajadores españoles, matrimonios mixtos, etc.), y en lo que se denomina lealtad lingüística, es decir, en la fuerza con que mantuvo parte de la población la lengua que la unía a sus raíces hispanas (cf. Weinreich 21979, 99 ss.; Kramer 1986, 62 s., opina lo contrario). Entendiendo por bilingüismo la convivencia en un mismo terreno de dos lenguas cuya delimitación de uso se fundamenta en situaciones sociales, y por diglosia, la superposición de una lengua
Tab. 165.2. Distribución de la población civil por origen (principales grupos) Censo de 1860 de Gibraltar
de España
del Reino Unido
de Génova
de Portugal
judíos africanos
9.802
1.892
995
782
525
240
de Gibraltar
de España
del Reino Unido
de otras naciones
16.640
2.694
3.459
2.389
Censo de 1981
1876
XII. Sprachkontakte und Migration
de mayor prestigio cultural, social y político sobre otra, en Gibraltar se da bilingüismo real y diglosia teórica, tal como ya indicaron Lipski (1986, 426) y García Martín (1996, 16). A pesar de ser el inglés la lengua oficial, la lengua de la educación, la mayoritaria de los medios de comunicación y la que tiene cierta consideración social, salvo el reducido grupo de origen británico, los habitantes del Peñón no tienen un dominio absoluto de esa lengua. El Censo de 1970 (citado por Lipski, 1986, 421), que preguntaba por el nivel de dominio lingüístico, arrojaba los siguientes datos (Tab. 165.3.): Tab. 165.3. Dominio lingüístico de la población mayor de 15 años Censo de 1970 Idioma
Pueden hablarlo
Pueden leerlo
Español
97,5 %
93 %
Inglés
81,3 %
78,6 %
En una comunidad donde el uso del inglés queda reducido principalmente a la conversación con desconocidos, al trato con la administración y a algunas situaciones en las que se pretende mantener cierto prestigio social (cf. Lipski 1986, 424), no es de extrañar que el nivel de competencia comunicativa no sea muy alto y que el inglés se encuentre plagado de préstamos léxicos, de calcos semánticos y de giros sintácticos españoles, de la misma manera que el español de Gibraltar presenta influencias del inglés. La población de origen británico de Gibraltar ha acuñado el término despectivo babu English (Stewart 1967, 5), para referirse a ese inglés que presenta transgresiones de la norma (Stewart 1967, 72, habla del excéntrico inglés [«off-beat English»] de los gibraltareños, y Mondéjar 1991, 166, de inglés «andaluzado», entendido con dificultad por los habitantes de las Islas Británicas). Escasean los estudios sobre el inglés de Gibraltar; las noticias de conjunto más fiables las proporcionó Franz Becker (1970), que basó su estudio en textos de la prensa gibraltareña; las principales características del inglés gibralteraño son las siguientes: (a) Influencia de la fonética andaluza. Relajación de la articulación de las vocales que hace que tiendan a aproximarse a las andaluzas (first [ferst / f˛erst]); hay también in-
cremento vocálico ante s- líquida (estone), articulación relajada de las consonantes que llegan a asimilarse a las realizaciones andaluzas (jam [yˇ œm], short [ˇsort], visage [bisiyˇ / bisiˇz]), articulación predorso interdental de -s- (mousy [mau¸si] y pérdida de la sonoridad (size [sai¸s]). (b) Influencia de la morfosintaxis española. Calco de expresiones con un pronombre átono pleonástico que el inglés no tiene (give me a magazine to look it “dame una revista para verla”); Becker (1970, 21) atestigua casos en que el hablante gibraltareño tiene dificultad con el uso correcto de los tiempos verbales y con la expresión de la comparación por interferencia del español. (c) Incorporación de hispanismos. El inglés de Gibraltar ha incluido en su léxico todas las palabras de las ‘cosas’ que pertenecen a la tradición cultural hispana del Peñón (alimentación, costumbres, fiestas populares, etc.) y que no tienen equivalencia en inglés (caña [of beer], copita [of wine], parrilla of fish, raya with fideos, moroccan pinchito, comparsa, chirigota, contrabandista, etc.). Un hecho curioso, ya indicado por Becker (1970, 23) y por Mondéjar (1991, 166), es que los nombres de los peces son en Gibraltar los mismos que en la cercana costa andaluza. En la pizarra de la pescadería o del bar suele escribirse junto al nombre español el inglés (salmonete – red mullet, pijota – hake). (d) Influencia de la entonación española. La curva de entonación de la interrogación española, con inflexión ascendente acusada al principio y menor al final de la pregunta, puede oírse en bastantes interrogativas inglesas (normalmente con una inflexión ascendente inicial más suave). (e) Influencia de la ortografía española. Dado que el estudio de Becker (1970, 19–27) se realizó sobre textos de la prensa gibraltareña, contiene unas observaciones interesantes sobre la ortografía del inglés del Peñón, el cual refleja inconscientemente la tendencia a la ortografía fonética de la lengua materna (el español) y las influencias fonéticas de ésta; Becker atestigua la reducción de los grupos consonánticos (suficient, Antartic, en vez de sufficient, Antarctic) y la representación gráfica del incremento vocálico ante s líquida (especialists); también observa que los millares se indican con punto en vez de coma (10.000 en vez de 10,000) y que algunas palabras se adaptan a la ortografía de la correspondiente española (cooperate en vez de co-operate).
165. Hablantes alóglotos en la Península Ibérica
5.
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Antonio Martínez González, Granada
166. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberoromania (außerhalb Europas) Locuteurs alloglottes dans la Romania: Ibéroromania (hors d’Europe) 1. 2. 3. 4. 5.
1.
Alloglotte und endoglotte Sprachen in Iberoamerika Alloglotte Zuwanderung nach Iberoamerika Zwischen endoglott und alloglott: Iberoromanische Sprachen in Afrika und Asien Forschungsdesiderate Literatur
Alloglotte und endoglotte Sprachen in Iberoamerika
1.1. Iberoromanische Sprachen in der Welt Die außereuropäische Iberoromania gliedert sich in zwei typologisch deutlich verschiedene Großräume: Iberoamerika und Afrika sowie Asien. Während Spanisch und Portugiesisch in Iberoamerika voll intakte und sozial integrierte Sprachen sind, ist ihre praktische und ideelle Verankerung in Afrika und Asien ungleich schwächer, so dass ih-
nen teilweise kaum mehr der Rang einer endoglotten Sprache zuerkannt werden kann. 1.2. Typen von Sprechergruppen in Iberoamerika Das Sprachverhalten der in Iberoamerika altansässigen indigenen ebenso wie der zugewanderten alloglotten Sprechergruppen ergibt sich aus dem Kräfteverhältnis zwischen ihrer Kohäsion als Sprach- und Kulturgruppe und dem Assimilationsdruck der sie umgebenden iberoromanischen Sprachgemeinschaften. Für die große Mehrheit der Sprecher indigener Sprachen gestaltet sich der Sprachkontakt analog zu ihrer gesellschaftlichen Dominiertheit als ausgeprägte Diglossie. Alloglotte Zuwanderer, v. a. aus Europa, erleben diese Diglossie unter anderen Voraussetzungen in oft abgeschwächter Form. Gemeinsam ist beiden Gruppen, dass sie angesichts der Doktrin von der einen,
166. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberoromania
iberoromanischen Staatskultur, in der für kulturelle Alterität und Pluralität wenig Platz ist, ihrerseits ein unteilbares Identitätskonzept entwickeln und leben. Deutlich wird dies in polaren Reaktionen auf den Sprachkontakt: Erfolgt auf der einen Seite dort, wo es bei ihnen zum Sprachwechsel kommt, dieser oft rasch und vollständig, so werden auf der anderen Seite sich bietende Möglichkeiten zu sprachlich-kultureller Segregation gegenüber der herrschenden iberoromanischen Kultur intensiv genutzt (Indikatoren hierfür sind u. a. geschlossene Siedlung, endogame Heiratspraxis und der Aufbau bzw. die Nutzung eigensprachlich funktionierender sozialer Infrastrukturen). Interkulturelle Identitäten ebenso wie individuelle Mehrsprachigkeit sind unter diesen Voraussetzungen eher ein Transitions- als ein Dauerphänomen oder aber stark diglossisch geprägt. Wenn trotz dieser Gemeinsamkeit die Sprecher der altansässigen indigenen Sprachen heute einen insges. geringeren Assimilationsgrad als die meist erst in postkolonialer Zeit nach Iberoamerika gelangten Zuwanderer aufweisen, so liegt dies v. a. daran, dass letztere durch ihre gezielte Einbindung in Aufbau- und Entwicklungsprojekte ihrer Aufnahmestaaten sich mit diesen leichter identifizieren und als Gesamtgruppe stärker in diese integriert sind. Demgegenüber bleiben große Teile der indigenen Bevölkerung in den iberoamerikanischen Staaten bis heute marginalisiert. Auch wenn die Sprecher indigener Sprachen heute einem wachsenden Anpassungsdruck an die dominierenden Staatssprachen Spanisch und Portugiesisch ausgesetzt sind (v. a. infolge Urbanisierung, intensivierter Beschulung und Durchstaatlichung der iberoamerikanischen Gesamtgesellschaften), so bleiben den indigenen Sprachen doch einstweilen zahlreiche geographische und soziale Funktionsnischen erhalten. 1.3. Indigene Sprechergruppen in Iberoamerika Die extrem zahlreichen indigenen Sprechergruppen in Iberoamerika haben eine konstitutive Rolle in der Entwicklung des Spanischen und Portugiesischen gespielt; diese ist dementsprechend in den einschlägigen Artikeln zur externen Sprachgeschichte dargestellt, auf die hier nur verwiesen werden kann (→ Art. 84; 86–90 und 100). In Mexiko spielen zahlreiche Indianersprachen seit dem 16. Jh. eine Rolle als Kon-
1879
taktsprachen des Spanischen (v. a. Nahuatl und Maya sowie andere, kleinere Sprachgruppen → Art. 84, Kap. 3.5. und 4.2.; cf. auch zu Entlehnungen aus den indianischen Sprachen sowie aus afrikanischen Sprachen im zentralamerikanischen Sprachraum → Art. 86, Kap. 4.1. und 4.2.). Rein historisch ist der Beitrag des indigenen, heute untergegangenen Taíno im Spanischen der Karibik (→ Art. 83, Kap. 2.2.), rezenter entsprechende afrikanische Einflüsse (→ id., Kap. 2.3.). Auch im Spanischen Venezuelas und Kolumbiens haben sowohl indigene wie – in geringerem Maße – afrikanische Sprechergruppen Interferenzen bewirkt (→ Art. 87, Kap. 1.; 3.1.; 5.1. sowie 5.2.; cf. analog zu den indigenen Sprechergruppen und dem afrikanischen Einfluss in Argentinien und Uruguay → Art. 90, Kap. 2.3.1. sowie 8.). Insbes. das Quetchua hat in Lexikon, Phonetik und Morphologie auf das Spanische in Ecuador, Peru und Bolivien eingewirkt (→ Art. 88, Kap. 5. und 6.); noch wichtiger ist das Guaraní im Spanischen Paraguays (→ Art. 91, Kap. 1.1. und v. a. 2.1.–2.3.). Dagegen hat das Araukanische nur sporadische Spuren im Wortschatz des Spanischen in Chile hinterlassen (→ Art. 89, Kap. 2.). Auch das Portugiesische Brasiliens weist Kontaktphänomene mit indianischen Sprachen auf, v. a. mit dem Tupi (→ Art. 94, Kap. 5.; 8.2.). Nur punktuell kommt es zur Bildung spanisch-basierter Kreolsprachen, insbes. das Papiamentu in der Karibik (→ Art. 100, Kap. 3.1.) sowie das lokal umrissene Palenquero in Kolumbien.
2.
Alloglotte Zuwanderung nach Iberoamerika
In kolonialer Zeit ist die alloglotte Zuwanderung in das spanisch- und portugiesischsprachige Amerika insges. sehr schwach und stark kontingentiert. Die gewaltige Dynamisierung der v. a. europäischen Zuwanderung im 19. und beginnenden 20. Jh. beruht auf der Konvergenz von Massenarmut und einem daraus resultierenden verbreiteten Auswanderungswillen in Europa und massivem Arbeitskräftebedarf der unabhängig gewordenen iberoamerikanischen Staaten (Ersatz für verbotene Sklavenarbeit in der Plantagenwirtschaft, wirtschaftliche Erschließung schwach besiedelter Gebiete, die es zugleich gegen territoriale Fremdansprüche anzusichern gilt, sowie Deckung des mit der Indus-
1880 trialisierung deutlich wachsenden Arbeitskräftebedarfs). Das Hauptkontingent der europäischen Zuwanderer nach Iberoamerika stellen die Spanier, Portugiesen und Italiener, mit weitem Abstand gefolgt von Deutschsprachigen (aus den deutschen Staaten, später dem Deutschen Reich, aus Österreich-Ungarn und der Schweiz) und von Osteuropäern (v. a. Polen, Russen, Ukrainern und Balten). Weniger quantitativ als ökonomisch relevant sind Elitenwanderungen, v. a. von Franzosen und Engländern. Zum Ende des 19. Jh. diversifiziert sich die ethnische Herkunft der Zuwanderer, neben die europäische tritt die Zuwanderung aus Asien, zunächst v. a. die von Japanern und Chinesen, dann auch von Koreanern und Indern. Nach dem Ersten Weltkrieg schließlich ersetzt die asiatische mehr und mehr die versickernde europäische Zuwanderung. Hinzu kommen neue Formen der Elitenwanderung, v. a. die von US -Amerikanern nach Puerto Rico, Mexiko und Kuba. Die absolute Mehrheit der Zuwanderung erfolgt in die dünn besiedelten Flächenstaaten Brasilien und Argentinien, gefolgt von Chile, Paraguay, Uruguay, Peru, Venezuela und Bolivien. Stellvertretend für die Vielzahl alloglotter Immigrantengruppen werden im Folgenden Kurzprofile der deutschsprachigen Zuwanderung nach Brasilien und Chile, der italienischen Zuwanderung nach Argentinien sowie der japanischen Zuwanderung nach Peru präsentiert. Diese drei Sprachgruppen stellen nach den Iberoromanen die größten alloglotten Zuwandererkontingente, zugleich ist ihr Umgang mit dem Sprach- und Kulturkontakt in hohem Maße repräsentativ für alle anderen Zuwanderergruppen. Relevante Einflussfaktoren auf das sprachliche Kontaktverhalten aller allophonen Immigranten sind: – kulturelle Verwandtschaft: Gemeinhin stärkt eine solche (cf. Italiener) die sprachliche Assimilationsbereitschaft, kann jedoch auf Seiten der Aufnahmegesellschaft auch Toleranz für ein gewisses Maß an gelebter Alterität schaffen (etwa gegenüber den im ländlichen Raum oft nur mäßig assimilationsbereiten deutschsprachigen Zuwanderern); kulturelle Differenz kann demgegenüber (wie geschehen v. a. bei asiatischen Zuwanderergruppen) auf beiden Seiten zu verstärkten Abgrenzungstendenzen führen oder aber den Assimilationsdruck auf die Zuwanderer erhöhen;
XII. Sprachkontakte und Migration
– religiöse Nähe oder Differenz: Hier wirkt der gemeinsame Katholizismus der ibero- und italoromanischen sowie vieler deutschsprachiger Zuwanderer ins katholische Iberoamerika integrationsfördernd, während auf der anderen Seite Protestantismus und Mennonitentum ebenso wie der Schintoismus japanischer Zuwanderer die sprachlich-kulturelle Anpassung(sbereitschaft) schwächt; – systematische oder unsystematische Zuwanderung: Migration im Familien- und Gruppenverband wirkt eher sprach- und kulturkonservatorisch, singuläre Zuwanderung hingegen assimilationsbeschleunigend; häufig funktioniert diese Dichotomie analog zur Dichotomie agrarische vs. urbane Ansiedlung; – zeitliche Dimensionierung der Zuwanderung: Auf Dauer konzipierte Zuwanderung fördert gemeinhin die Integrationsbereitschaft, die zeitlich begrenzt geplante Zuwanderung (signifikant unter Japanern) führt zu einem stärker segregativen Sprachund Kulturverhalten; – makrosoziale und gruppenexterne Einflussfaktoren: Hierzu zählen die soziale und ökonomische Stabilität der Aufnahmegesellschaften (wo sie fehlt, schwächt dies die Assimilationsbereitschaft) sowie politische Entwicklungen (wie die Kriegserklärung der meisten iberoamerikanischen Staaten an die sog. Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg), auf die die Zuwanderer oft nur begrenzten Einfluss haben, die jedoch von nachhaltigem Einfluss auf ihre sprachlich-sozialen Lebensbedingungen sind (s. u. die antijapanischen Unruhen in Peru 1940 oder die Hintergründe des brasilianischen Ethnozentrismus Ende der 1930er Jahre). 2.1. Deutschsprachige Zahlen, Herkunft und Lokalisierung: Zwischen 1820 und dem Ende des Ersten Weltkrieges wandern rund 225.000 Deutsche, 75.000 Deutschschweizer und 150.000 Bewohner Österreich-Ungarns (nicht alle deutscher Muttersprache) nach Iberoamerika aus, zu über 90 % nach Brasilien und in die Staaten des cono sur (cf. hierzu Ziegler 1996, 52 s.). Ihre größte Intensität erfährt die deutschsprachige Zuwanderung in der Hochphase des europäischen Pauperismus in den 1880er und 90er Jahren. Herkunftsgebiete der zunächst (bäuerlichen) Siedlungsund später hinzukommenden (Kontrakt-) Arbeitswanderung sind v. a. wirtschaftlich schwach entwickelte und zugleich überbevöl-
166. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberoromania
kerte Regionen (Details zu den Herkunftsgebieten in Bergmann 1994, 10 s.). Siedlungszentren der deutschsprachigen Zuwanderer sind in Brasilien die Bundesstaaten Rio Grande do Sul, Santa Catarina und Paraná, in Chile die Region um die Orte Valdivia und Osorno sowie das Gebiet um den Llanquihue-See, später auch die Ballungs- und Industriezentren des Landes, während die deutschsprachigen Zuwanderer nach Argentinien sich v. a. in den Provinzen Entre Ríos, Buenos Aires und Misiones konzentrieren. Für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg sind v. a. drei Zuwanderergruppen hervorzuheben: Zunächst rund 15.000 Mennoniten, die, ihre (sowjet)russischen Siedlungsgebiete verlassend, nach Zwischenstation in Kanada ab 1926/27 nach Mexiko und Paraguay einwandern; in der Zeit des Nationalsozialismus rund 100.000 überwiegend jüdische Flüchtlinge, die in iberoamerikanische Gebiete ziehen, in denen bereits große Bevölkerungsgruppen deutscher Herkunft leben bzw. deutschsprachige Infrastrukturen (Schulen, Geschäfte, Zeitungen u. a.) funktionieren; schließlich rund 50.000 aus Osteuropa vertriebene Volksdeutsche (v. a. Donauschwaben), die ihrerseits nach 1945 in die deutschen Siedlungszentren ziehen, vorrangig in das brasilianische Paraná-Gebiet (cf. hierzu Bergmann 1994 und Ziegler 1996). V.a. die hohen Geburtenraten führen dazu, dass sich die Zahl der heute in Iberoamerika lebenden Deutschstämmigen, ergänzt um Auslandsdeutsche, mehrfach multipliziert hat. Schätzungen schwanken zwischen 2 Mio. (Born / Dickgießer 1989, 15 s.) und 5 Mio. (Bergmann 1994, 221), wobei sich diese Differenz v. a. aus der unterschiedlichen Gewichtung der Faktoren ‘Herkunft’ und ‘aktuelle Sprachpraxis’ in der Bestimmung von ‘Deutschtum’ ergeben. In jedem Fall leben rund drei Viertel von ihnen in Brasilien, während sich die Schätzungen für Chile auf 30–100.000 belaufen. Gesellschaftliche Bedeutung: Die ökonomische Bedeutung deutschsprachiger Zuwanderer nach Iberoamerika liegt v. a. in der Urbarmachung weiter Landstriche sowie in der Mitwirkung am industriellen Aufbau ihrer Aufnahmeländer. Bäuerliche Familienbetriebe sowie Dorfgemeinschaften mit Kirche, Schule, Handwerksbetrieben, Arzt und Apotheke stellen dabei soziologisch ein Novum in der vom Plantagen- und Latifundienwesen geprägten Landwirtschaft dar und lassen eine neue Mittelschicht in den bis
1881
dahin antagonistischen iberoamerikanischen Agrargesellschaften entstehen. Sprach- und Kulturverhalten: Zentrale Träger für den Fortbestand der Herkunftskultur in der anderssprachigen Umgebung sind der durch endogame Heirat herkunftssprachlich gehaltene Familienverbund, die deutschsprachige Privatschule, die kirchliche Gemeinschaft, ein umfangreiches Vereinswesen sowie deutschsprachige Medien. Den Vereinen kommt insofern eine besondere sprachfördernde Rolle zu, als sie oft Träger der deutschsprachigen Privatschulen sind. V. a. im ländlichen Raum anzutreffende Formen deutlich segregativen Sozial- und Kulturverhaltens (das gruppenintern durch die Trennung in Katholiken und Protestanten noch akzentuiert wird) rühren auch von der eigenen Mittelschichtsangehörigkeit und einer daraus abgeleiteten gesellschaftlichen Sonderstellung her. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass auch im ländlichen Raum spätestens die zweite Zuwanderergeneration über zumindest bescheidene Kenntnisse des Spanischen und Portugiesischen verfügt (Details in Born / Dickgießer 1989, Wojak 1994 und Ziegler 1996). Die Unterstützung des Nationalsozialismus durch Teile der deutschen bzw. der aus dem deutschen Sprachraum stammenden Zuwanderer verändert das bisher insges. tolerante Verhalten der Aufnahmegesellschaften gegenüber dem Deutschtum, zumal die meisten Aufnahmestaaten der deutschen Zuwanderer Kriegsgegner Deutschlands sind. Deutsche Sprache und Kultur erlebt einen erheblichen Prestige- und in der Folge auch Statusverlust. V. a. in Brasilien entwickelt sich ab 1937 unter dem Schlagwort des Estado Novo ein schroffer Ethnozentrismus, der mit einem massiven Assimilationsdruck einhergeht: Deutsche Privatschulen werden geschlossen, Deutsch wird als Unterrichtsfach aus dem staatlichen Schulwesen verbannt, auslandsdeutsche Vereine und deutschsprachige Printmedien werden verboten und zahlreiche deutsche Ortsnamen durch portugiesischsprachige ersetzt. Während das Deutschtum in Chile die Zeit des Nationalsozialismus relativ unbeschadet übersteht (das deutschsprachige Schul- und Medienwesen bleibt in dieser Zeit intakt) und auch in Argentinien und Paraguay die infrastrukturellen Einbußen eher gering bleiben, erfährt es in Brasilien einen Rückschlag, von dem es sich nicht mehr erholt (Details zum Thema in Bergmann 1994).
1882 Die im Kontext des Zweiten Weltkrieges von außen erzwungene Öffnung vieler bis dahin geschlossener deutschsprachiger Gemeinschaften wird in der Folge zu einer von den Sprachgruppen selbst getragenen Bewegung. Wachsende Mobilität, zunehmendes, v. a. jugendliches Interesse an höherer Bildung verstärkt die iberoromanischen Kompetenz- und Performanzanteile an der eigenen Bilingualität und führt viele von ihnen zu hispanophoner oder lusophoner Einsprachigkeit. Zwar existiert bis heute ein eigenes Kulturleben der aus dem deutschen Sprachraum stammenden Bevölkerung, jedoch erfüllt dabei die deutsche Sprache statt einer sozialen oft nur mehr eine symbolische Funktion. Eine markante Ausnahme bilden hier die mit einem gesellschaftlichen Sonderstatus ausgestatteten, ausgesprochen segregativ lebenden Mennoniten, v. a. in Paraguay (cf. ib., 148 ss.; Born / Dickgießer 1989, 151–159). Die meisten Schätzungen (genaue Zahlen liegen nicht vor) gehen davon aus, dass nur mehr ein Drittel der in Iberoamerika lebenden Deutschstämmigen und Auslandsdeutschen über Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und der Anteil derer, die die Sprache regelmäßig verwenden, noch deutlich geringer ist – Tendenz fallend. Auffällige kontaktsprachliche Phänomene: Die auffälligsten Einflüsse des Spanischen und Portugiesischen auf das Deutsche in Iberoamerika zeigen sich erwartungsgemäß im Lexikon, vorrangig zur Bezeichnung von Dingen, die zum Zeitpunkt der Einwanderung im deutschen Wortschatz noch nicht existieren oder Spezifika der Aufnahmegesellschaft darstellen (wie etwa im Spanischen, benutzt unter Verwendung des deutschen Artikels, der colectivo “Sammeltaxi”, der terminal “Busbahnhof ”, die camioneta “Lieferwagen”, der taller “Werkstatt”, die nana “Kindermädchen” bzw. “Hausangestellte” oder der boleto “Quittung”). Deutsches Lehngut in den iberoromanischen Sprachen der Zuwanderer findet sich v. a. in Bezeichnungsbereichen, die am längsten der deutschen Sprache erhalten geblieben sind, v. a. Familie, Haushalt, Schule und Vereinsleben: el chop / shop “Glas gezapftes Bier”, la schürze “Teil der Schuluniform für Mädchen”, oder la tante “Kindergärtnerin”. Daneben finden sich idiomatische Wendungen wie die vacken letschern (von lechar las vacas “die Kühe melken”) oder die papas sembrieren (von sembrar las papas “die Kartoffeln aussäen”). Manche Lexeme wie el kuchen
XII. Sprachkontakte und Migration
“Kuchen” oder el kinder “Kindergarten” haben sogar Eingang in den Allgemeinwortschatz der Aufnahmegesellschaften gefunden (Bspp. aus Mittermaier 2000, 57 ss.; cf. auch Großmann 1926 und Wojak 1994, 202 ss.; zum portugiesisch-deutschen Sprachkontakt in Brasilien cf. Born / Dickgießer 1989, 56). 2.2. Italiener Zahlen, Herkunft, Lokalisierung, gesellschaftliche Bedeutung: Unter den drei hier skizzierten alloglotten Zuwanderergruppen stellen die Italiener die mit Abstand größte dar. Zwischen 1852 und 1920 wandern aus den Armutsgebieten Italiens allein nach Argentinien geschätzte 2,6 Mio. Menschen ein, weitere 1,6 Mio. nach Brasilien. Das Ausmaß italienischen Einflusses auf die Gesellschaft und Kultur Argentiniens wird klar, wenn wir uns vor Augen führen, dass Schätzungen zufolge (etwa Großmann 1926, 146) Anfang des 20. Jh. rund 25 % der Bevölkerung Argentiniens Italiener oder Einwohner italienischer Abstammung sind. Die Ansiedlung der mehrheitlich aus dem Veneto stammenden Zuwanderer konzentriert sich neben dem Großraum Buenos Aires, dessen industriellen Aufbau sie wesentlich mitgestalten, auf heutige Agrarzonen wie die Gebiete um Santa Fe und Córdoba, in denen sie entscheidenden Anteil am Aufbau der personalintensiven Getreidewirtschaft haben. Kontaktsprachliche Phänomene: Charakteristisch für das sprachliche Kontaktund Assimilationsverhalten der italienischen Zuwanderer der ersten Generation nach Argentinien ist das Phänomen des Cocoliche, ein Mischidiom bzw. eine Interimssprache zwischen Italienisch und Spanisch. Dessen Entstehung geht auf das Zusammentreffen mehrerer Einflussfaktoren zurück: Ein hohes Maß an sprachlicher Anpassungsbereitschaft als Folge kultureller und religiöser Nähe zur altansässigen iberoromanischen Bevölkerung, eine große formale Ähnlichkeit zwischen Italienisch und Spanisch, eine oft nur partielle Beherrschung der italienischen Hochsprache – die Mehrheit der Zuwanderer spricht Dialekt bzw. Substandard –, damit verbunden ein eher schwach ausgeprägtes sprachliches Normdenken (die Sprecher des Cocoliche sind mehrheitlich davon überzeugt, korrektes Kastilisch zu sprechen), verbreiteter Analphabetismus sowie ein (bei Erwachsenen) meist ungesteuerter, also nicht über die öf-
166. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberoromania
fentliche Schule erfolgender, Erwerb des Spanischen. Soziolinguistisch betrachtet ist Cocoliche ein Transitionsphänomen, damit in hohem Maße dynamisch. Ist es zu Beginn der Zuwanderung stark italienisch geprägt, so nimmt mit der Fortdauer des Aufenthaltes in Argentinien der Anteil spanischsprachiger Elemente zu. Zugleich gibt es Cocoliche in ebenso vielen Varianten, wie es Sprecher gibt. Auch verfügt ein jeder von ihnen aktiv wie passiv über ein sich mit der Zeit diversifizierendes Reservoir an Varianten dieses Idioms, die er je nach Italianität bzw. Hispanisierungsgrad seines Gesprächspartners anzuwenden weiß. Schon in der zweiten Zuwanderergeneration, deren Spanischerwerb gesteuert über das gut ausgebaute öffentliche Schulsystem Argentiniens erfolgt, löst sich das Cocoliche zugunsten des argentinischen Spanisch weitgehend wieder auf (cf. hierzu Meo Zilio 1993 und Fontanella de Weinberg 1987). Heute ist der Gebrauch des Italienischen in Argentinien (ebenso in Uruguay und Brasilien) stark rückläufig, stärker noch als der des Deutschen. Zudem hat die ausgeprägte sprachliche Anpassungsbereitschaft der italienischen Zuwanderer dazu geführt, dass rein italienisches Wortgut eher selten ist. Großmann (1926, 154) zufolge handelt es sich dabei v. a. um Interjektionen wie mamma mia!, va bene!, ecco, Pronomen, Konjunktionen, Präpositionen und verschiedene Partikeln wie ma, non, dopo und senza. Hochfrequent sind demgegenüber alle Arten von Mischformen, etwa die Wortfolge Art. + betontes Pron. + Subst. la mia plata statt mi plata oder die Kombination unbetontes Pron. + V beim Infinitiv oder Imperativ anstelle des im Spanischen nachgestellten unbetonten Pronomens (also yo mi vengo per casar statt yo vengo para casarme), Metathese (mallugato für span. magullado) und die Tilgung des anlautenden a- beim Verb (minasar [ital. minacciare] für span. amenazar). Meo Zilio (1993, 108 ss.) beobachtet starke Interferenzen v. a. mit dem Venezianischen, etwa Lehnübertragung bzw. Lehnübersetzung (mas que ótro für más que nada, venez. pi ke àltro, oder asér el baño statt tomar el baño, venez. far el baño) sowie Hyperkorrekturen, Hybridbildungen, Umsemantisierungen (etwa bodega als Bezeichnung für jede Art von Geschäft, während es im Spanischen nur den Weinkeller bzw. die Weinhandlung benennt) und zahlreiche Bedarfsund Luxusentlehnungen.
1883
2.3. Japaner Die Japaner sind unter den drei hier vorgestellten alloglotten Zuwanderergruppen nach Iberoamerika die sprachkonservativsten. Sind sie auch heute in hohem Maße in ihre Aufnahmeländer integriert, so halten sie doch insges. länger und intensiver als die meisten anderen Immigranten an ihrer Herkunftssprache und -kultur fest. Die größte Anzahl japanischer Zuwanderer, rund 250.000, zieht nach Brasilien (Beginn der Zuwanderung 1908), gefolgt von rund 33.000 Japanern, die nach Peru einwandern, großmehrheitlich zwischen 1899 und 1923 (Beginn eines bis in die 1950er Jahre währenden Zuwanderungsstopps, danach nur mehr restriktiv kontingentierte Zuwanderung, cf. Suzuki 1969, 14). Herkunftsgebiete der japanischen Zuwanderer sind die übervölkerten Agrarregionen des Landes (Präfekturen Okinawa, Hiroshima und Fukuoka), kaum jedoch Wirtschaftsregionen wie Osaka und Tokio. Siedlungsschwerpunkte in Brasilien sind die Regionen Rio de Janeiro und Rio Grande do Sul, in Peru die großen Küstenplantagen sowie die urbanen Zentren Lima und Callao. Eine anfänglich schwerpunktmäßige Kontraktarbeitertätigkeit in den Plantagen und beim Eisenbahnbau diversifiziert sich in der Folge, bes. in Richtung Kleingewerbe (Restaurantbetreiber, Barbiere und Kleinhändler). Letzteres führt notwendig zum Erwerb gewisser Spanisch- bzw. Portugiesischkenntnisse. Auch in Sitten und Gebräuchen, Bekleidungskonventionen, selbst der Religion, finden Anpassungen an die Aufnahmekultur statt, doch wird diese Assimilierung auf iberoromanischer Seite oft als nur oberflächlich und rein funktional angesehen. Besondere Relevanz für das sprachlichkulturelle Kontaktverhalten der Japaner in Peru (und Brasilien) hat ein mitgebrachtes starkes Nationalgefühl und eine ausgeprägte Rückkehrabsicht in die Heimat, zu der durchgehend enge familiäre Kontakte gepflegt werden. Zwecks Erhalt der eigenen Japanität werden eigensprachlich funktionierende soziale Infrastrukturen aufgebaut, v. a. ein japanisches Privatschulsystem. Die signifikante Alterität der japanischen Zuwanderer, ihre häufigen Anpassungsschwierigkeiten, die oft (und nicht immer zu Unrecht) als fehlende Anpassungsbereitschaft interpretiert wird, sowie die besonders starke Präsenz im Geschäftsleben lässt
1884 in der iberoperuanischen Bevölkerung antijapanische Ressentiments entstehen, die in den 1920er Jahren und in der Zeit des Zweiten Weltkrieges v. a. in Lima wiederholt zu antijapanischen Demonstrationen und Plünderungen japanischer Geschäfte führen. Um die Situation zu befrieden, wird staatlicherseits verfügt, dass der Anteil von Fremden, die bestimmte Berufe ausüben, die 20 %-Marke nicht überschreiten darf (cf. Gardiner 1975, 65 s.). Stärker noch als für Deutsche und Italiener stellt der Zweite Weltkrieg für die japanischen Zuwanderer nach Peru eine Zäsur dar. Die gesellschaftliche und ökonomische Katastrophe ihrer Heimat lässt die bisher ausgeprägten Rückkehrabsichten schwinden und sie die eigene und familiäre Zukunft in Peru planen. Die daraus resultierende deutlich wachsende Assimilationsbereitschaft an die Aufnahmekultur führt dazu, dass es heute praktisch keinen japanischstämmigen Peruaner mehr gibt, der nicht zumindest zweisprachig ist. Erst in den 1970er und 80er Jahren erleben wir eine neuerliche Umorientierung. Angesichts des starken Wirtschaftsaufschwungs in Japan und dem gegenüber Peru deutlich höheren Lebensstandard kommt es zu einer massiven Rückwanderung von bis zu 30 % japanischer Emigranten der zweiten und dritten Generation in die Heimat ihrer Eltern.
3.
Zwischen endoglott und alloglott: Iberoromanische Sprachen in Afrika und Asien
Von den ehemaligen Kolonialsprachen hat das Portugiesische nach dem Französischen die stärkste Präsenz bewahrt. Räumlich konzentriert es sich auf die Gruppe der fünf sog. PALOP -Staaten (Paises Africanos de Língua Oficial Portuguesa), konkret Mosambik (18,4 Mio. Einwohner), Angola (13,1 Mio.), Guinea-Bissau (1,4 Mio.), Kap Verde (428.000) sowie São Tomé und Príncipe (154.000; Zahlen aus Fischer-Weltalmanach 2005), die erst spät (1974/75) in die Unabhängigkeit entlassen werden und heute alle das Portugiesische als (einzige) offizielle Sprache verwenden. Gründe für eine insges. starke, wenn auch quantitativ und qualitativ deutlich gestufte Präsenz des Portugiesischen in diesen Ländern (sie reicht von einem exoglossischen Normportugiesisch über endoglossische Verwendungsformen bis hin zu portugiesisch gestütztem Kreo-
XII. Sprachkontakte und Migration
lisch) gibt es verschiedene. Zu nennen sind v. a. eine von den Portugiesen erfolgreich betriebene Mestizierungspolitik, das relativ hohe Maß an sprachlicher Diversifiziertheit der afrikanischen Sprachen, die das Portugiesische als interethnische lingua franca gewissermaßen überdacht (und in dieser Qualität integrierend auf die jeweilige Staatsgemeinschaft wirkt), sowie eine weiterhin große Relevanz in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Erziehung, Wirtschaft, Handel, Wissenschaft, Technik und Auslandsbeziehungen. Auf der anderen Seite ist es praktisch niemandes Muttersprache und hat kaum Zugang zu vernakularen Verwendungsebenen (Details in Massa 1994; cf. zum Sprachkontakt im Portugiesischen auf Kap Verde, in Guinea-Bissau, São-Tomé und Príncipe, in Angola sowie Mosambik → Art. 95, Kap. 1. und bes. 2.). Wie stark Entlehnungen einheimischer Sprachen ins Portugiesische integriert sind, lässt sich z. B. anhand der Bildung von Ableitungen erkennen (cf. → Art. 95, Kap. 2.4. am Beispiel Angolas). Der intensive Sprachkontakt führt zu verschiedenen portugiesisch-basierten westafrikanischen Kreolsprachen (→ Art. 100, Kap. 2.1.), die jedoch bis auf das Kapverdische und das Kreol von Guinea-Bissau im Rückgang begriffen sind (cf. allgemein → Art. 100 zu den Kreolsprachen auf spanischer und portugiesischer Grundlage). Eine stärkere territoriale Präsenz des Spanischen in Afrika beschränkt sich auf Äquatorialguinea (482.000 Einwohner; spanische Kolonie von 1469–1968; Spanisch ist hier einzige Amtssprache), wo es angesichts der Vielfalt afrikanischer Sprachen im Land (sechs größere authochthone Sprachen sowie ein portugiesisches und ein englisches Kreolisch) als wichtiges interethnisches Kommunikationsmittel dient und in dieser Funktion wie das Portugiesische in den PALOP -Staaten integrative kollektive Identität stiftet (Details in Quilis / Casado 1992, 526). Die Kontaktphänomene im Spanischen in Äquatorialguinea sind kaum weniger intensiv als in der ehemaligen Spanischen Sahara (→ Art. 92, Kap. 3.); auch auf den der afrikanischen Küste vorgelagerten kanarischen Inseln hat die Sprache der indigenen Guanchen nur wenige Spuren im Lexikon hinterlassen; auch die jüngeren afrikanischen Einflüsse, insbes. phonetischer und lexikalischer Art, bleiben punktuell (→ Art. 92, Kap. 2.).
166. Alloglotte Sprechergruppen in den romanischen Sprachräumen: Iberoromania
In Asien wurde das Spanische v. a. auf den Philippinen eingeführt (→ Art. 93, Kap. 4.; 5.1.; 7.–10.), wo es auch zu Kreolisierungsphänomenen kommt (→ Art. 93, Kap. 6., zum spanisch basierten Chabacano sowie → Art. 100, Kap. 3.3., zum Einfluss des einheimischen Tagalog auf die Morphosyntax dieses Kreols). Noch ausgeprägter sind solche Entwicklungen im Fall des Portugiesischen, das in Asien die Bildung zahlreicher Kreolsprachen katalysiert hat (→ Art. 96b, Kap. 2.). Die drei Großgruppen asiatischer Kreolsprachen mit portugiesischem Lexikon (Indo-, Malaio-, Sino-Portugiesisch; cf. → Art. 100, Kap. 2.2.), verzeichnen allgemein einen starken Rückgang der Kreolsprecher; das Macao-Kreol wird heute kaum noch gesprochen.
4.
Forschungsdesiderate
Forschungsdesiderate aus soziolinguistischer Sicht bestehen nach meiner Einschätzung v. a. in den Bereichen Spracherhalt, Sprachwandel und Sprachwechsel, konkret in einer aktuellen Inventarisierung der domänenspezifischen Verwendung der alloglotten Sprachen sowie einer vertieften Erforschung der Wechselbeziehung zwischen kultureller Identität und Sprachbewusstsein alloglotter Emigrantengruppen auf der einen und ihrem Sprach- und Kommunikationsverhalten auf der anderen Seite.
5.
Literatur
1885
Devoto, Fernando, Le migrazione italiane in Argentina, Napoli, 1994. Fischer Weltalmanach 2005: Zahlen, Daten, Fakten, ed. Heide Kobert et al., Frankfurt a. M., 2004. Fontanella de Weinberg, María Beatriz, El español bonaerense. Cuatro siglos de evolución lingüística (1580–1980), Buenos Aires, 1987. Gardiner, C. Harvey, The Japanese and Peru 1873–1974, Albuquerque, 1975. Großmann, Rudolf, Das ausländische Sprachgut im Spanischen des Rio de la Plata, Hamburg, 1926. Kohut, Karl / Briesemeister, Dietrich / Siebenmann, Gustav (eds.), Deutsche in Iberoamerika – Iberoamerika in Deutschland, Frankfurt a. M., 1996. Massa, Jean-Michel, La langue portugaise en Afrique, in: LRL 6/2 (1994), 575–584. Meo Zilio, Giovanni, Estudios hispanoamericanos. Temas lingüísticos y de crítica semántica, Roma, 1993. Merrick, Thomas W. / Douglas, Graham H., Population and economic development in Brazil 1800 to the present, Baltimore / London, 1979. Mittermaier, Martina, Der spanisch-deutsche Sprachkontakt in Chile, Wien, 2000. Pohle, Fritz, Deutschsprachiges Exil in Mexiko, in: Briesemeister, Dietrich / Zimmermann, Klaus (eds.), Mexiko heute. Politik, Wirtschaft, Kultur, Frankfurt a. M., 1992, 781–790. Quilis, Antonio / Casado, Celia, Áreas lingüísticas: África, in: LRL 6/1 (1992), 526–530. Saint Saveur-Henn, Anne, Un siècle d’émigration allemande vers l’Argentine 1853–1945, Köln, 1995.
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Suzuki, Teiiti, The Japanese Immigrant in Brasil, Tokio, 1969. Wojak, Irmtrud, Exil in Chile. Die deutsch-jüdische und politische Emigration während des Nationalsozialismus 1933–1945, Berlin, 1994. Ziegler, Béatrice, Auf der Suche nach Brot und Freiheit: Die Auswanderung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, in: Kohut / Briesemeister / Siebenmann 1996, 48–66.
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1886
XII. Sprachkontakte und Migration
167. Lingue degli emigranti e degli esiliati: italiano Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Italienisch 1. 2.
4. 5. 6.
L’emigrazione italiana nel mondo Le varietà d’italiano usate nell’emigrazione: aree anglofone Comportamenti linguistici in area anglofona: Stati Uniti e Australia Atteggiamenti linguistici L’italiano all’estero: La ricerca Bibliografia
1.
L’emigrazione italiana nel mondo
3.
I movimenti migratori nella storia della civiltà sono dovuti a una serie complessa di motivi quali, p. es., le ragioni ambientali, la guerra, la persecuzione politica, etnica e religiosa, la necessità della sopravvivenza economica. A seconda della direzione migratoria si distingue fra immigrazione (l’arrivo di persone nel proprio paese, come in Italia quella recente proveniente da paesi africani, asiatici, mediterranei) e emigrazione (la partenza di persone dirette in un altro paese). Più specificamente con emigrazione si intende «il fenomeno per cui gruppi di esseri viventi […] si spostano verso territori diversi da quelli in cui risiedono, per lo più a causa di uno squilibrio tra la densità degli esseri e la capacità di popolamento della regione» (La piccola Treccani 1995, 195). In questa sede si considera esclusivamente l’emigrazione come espatrio a scopo lavorativo, senza tenere presente coloro che lasciano il paese per libera scelta. L’emigrazione può essere temporanea o definitiva, sebbene raramente l’emigrato sia in grado di scegliere la durata del tempo da passare in terra straniera. Gli effetti dell’emigrazione sono di varia natura e riguardano fattori come la demografia, l’età e il sesso, l’economia e la cultura, attraverso il contatto di civiltà eterogenee, con momenti di interferenze, a seconda del grado di assimilazione e di acculturazione degli emigrati nella nuova terra. Nonostante fin dal Seicento si riscontrino in molti paesi gruppi rilevanti di origine italiana, l’emigrazione dall’Italia diventa un fenomeno di massa soprattutto a partire dal 1876. Nel censimento della popolazione italiana del 1861 su 24 m. di persone risultano già varie colonie di italiani all’estero, come quella francese (77.000), tedesca e svizzera (14.000 in ciascuno dei due paesi), e americana (100.000 persone) (Grande dizionario
enciclopedico UTET 1989, vol. 1, 627). Il flusso migratorio aumenta negli anni 1870, raggiungendo le punte più alte alla vigilia della prima guerra mondiale per riprendere, dopo varie cesure, successivamente alla seconda guerra mondiale e concludersi intorno al 1980. Secondo i rilievi statistici condotti da Favero / Tassello (1978) – sulla base di una varietà di dati raccolti con criteri eterogenei – nel periodo tra il 1876 e il 1976 si contano 25.800.000 espatri, cifra che rappresenta il saldo positivo, dedotti i rispettivi rimpatri. In questo periodo il flusso migratorio proveniente dall’Italia si dirige complessivamente verso l’Europa (13 m. o il 52 %), con in testa Francia (4,317 m.), Svizzera (3,989 m.), Germania (2,452 m.), Benelux (535.000); verso le Americhe (11 m. o il 44 %), soprattutto Stati Uniti (5,691 m.), Argentina (2,968 m.), Brasile (1,457 m.), Canada (637.123) e Venezuela (285.000); verso l’Australia (ca. 428.000) e l’Africa (ca. 460.000 espatri). Gli emigranti storici provengono in modo pressapoco equilibrato dalle regioni italiane settentrionali (oltre 10 m.) e meridionali e insulari (10,5 m.), solo 5,5 m. dall’Italia centrale. Il Veneto è la regione di provenienza del maggior numero di emigrati (oltre 3 m.), seguono Campania (2,7 m.), Sicilia (2,5 m.), Lombardia (2,3 m.), Piemonte e Friuli (2,2 m. per ciascuna regione) e Calabria (ca. 2 m.). Tre quarti di tutti gli emigrati erano di sesso maschile, il 35 % proveniente dal settore agricolo. Il flusso migratorio di ritorno tra il 1906 e il 1976 (ca. 8 m. di rimpatri) ha proporzioni simili a quelle delle partenze: si conta un 56 % di rimpatri da paesi europei, con la Svizzera – una delle destinazioni europee preferite – in testa, e un 40 % di ritorni dalle Americhe. I tre principali periodi dell’emigrazione riguardano: (a) l’emigrazione di forza-lavoro dal Veneto e Friuli verso paesi europei e l’America Latina nell’ultimo quarto dell’Ottocento e un incipiente esodo di massa – dovuto alla crisi agraria e alla miseria di vasti strati della popolazione – culminante tra il 1900 e il 1915, con partenze soprattutto dalle regioni meridionali verso gli Stati Uniti. Questo tipo di emigrazione è spesso temporanea; l’emigrato parte da solo con l’obbiettivo di rientrare in Italia con i risparmi guadagnati, frutto di lavori per lo più umili e
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167. Lingue degli emigranti e degli esiliati: italiano
faticosi: nell’edilizia, nella costruzione della ferrovia, e nel lavoro della terra; (b) un rallentamento dei flussi migratori tra le due guerre, dovuto alla politica fascista contraria all’emigrazione; (c) un successivo nuovo boom emigratorio causato dalla crisi economica del dopoguerra, quando si ha una disoccupazione squilibrata nelle varie regioni, diretto verso la Svizzera, la Germania, la Francia, le Americhe e l’Australia. L’Europa è tra le mete più ambite, anche perché meno distante. A differenza dell’emigrazione spesso solo temporanea nel vecchio continente quella transoceanica tende sempre più a divenire definitiva. È più alto in questo terzo periodo il numero delle donne emigrate. Dall’inizio degli anni Ottanta il numero dei ritorni supera quello delle partenze, per cui si può parlare di fine dell’emigrazione. Tra le più consistenti comunità etniche italofone diffuse nel mondo, comprensive di tutte le generazioni, le più numerose sono quella statunitense (ca. 14.664.550 italo-americani nel 1990), quella canadese (1.007.000 italo-canadesi nel 1986) e quella australiana (ca. 600.000 persone negli anni 1990) (Haller 1997).
2.
Le varietà d’italiano usate nell’emigrazione: aree anglofone
Nelle comunità italofone che si sono formate in seguito alle grandi migrazioni il dialetto costituisce storicamente la varietà linguistica più importante insieme ad altre varietà d’italiano e alla nuova lingua del paese di residenza. Il repertorio linguistico italiano degli emigrati nelle aree anglofone (soprattutto Stati Uniti, Canada, Australia) può includere l’italiano popolare o regionale (varietà italofona alta) e una varietà a base dialettale fortemente mista con l’inglese (varietà italofona bassa). Il continuum sociolinguistico di tali varietà, diverso da quello metropolitano (Berruto 1987), teso verso movimenti unificatori dovuti all’impatto dall’italiano standard, è invece caratterizzato dall’instabilità e dalla stratificazione, dalla tendenziale erosione (attrition), nonché dal language shift. La varietà alta è caratterizzata dalla presenza di fenomeni dialettali, tra cui la lenizione delle consonanti occlusive sorde intervocaliche (sic.-am. allargade “allargate”, luc.-am. trovado “trovato”) e l’assimilazione di -lr- > -rr- (cal.-am. pharrano “parlano”). Altri fenomeni grammaticali coincidono con quelli dell’italiano popolare discusso da
Berruto (1987), p. es. il che polivalente (la temperatura che non mi sono potuto abituare), la formazione analogica dei gradi aggettivali e avverbiali (più meglio / il più migliore), lo scambio degli ausiliari (ho venuto, si hanno sviluppate). Diversi elementi lessicali sono dovuti ad aree dialettali specifiche (napol.-am. teneva la febbre). In questa varietà sono invece relativamente rari i fenomeni di contatto con l’inglese, limitati a voci per le quali il parlante non ricorda l’equivalente italiano o si rifiuta di usarlo (jobless “disoccupato”, filing “schedatura”, lo draft “la leva”). La varietà fortemente mista del continuum si distingue soprattutto a livello lessicale per transfers lessicali ancorati all’esperienza degli emigrati e cioè nell’adozione di parole come storo < ingl. store “negozio”, fensa < ingl. fence “recinto”, fattoria < ingl. factory “fabbrica”, parcare < ingl. to park “parcheggiare”. Tale varietà è documentata anche dalle macchiette e dal teatro italo-americano di inizio Novecento (Haller 2000). Parte del lessico di questa varietà bassa è tuttora viva negli Stati Uniti, in particolare tra le comunità italo-newyorkesi, senza notevoli differenze di competenza tra la prima e la seconda generazione entrambe oggetto d’indagine (Haller 2001). Ecco alcuni testi orali che riflettono la grande eterogeneità degli usi linguistici nelle comunità di emigrati. Seguono (i) un testo poco misto (donna di origine napoletana, 23 anni, in America da 15 anni); (ii) un testo misto con il dialetto (donna di origine siciliana, 48 anni, in America da 20 anni) e (iii) un testo della seconda generazione in cui si nota l’erosione anche nelle pause e nelle ripetizioni lessicali ecc. (uomo, 20 anni, nato a New York) (Haller 1993): (i)
Una cosa che mi ricordo quando ho venuto via dall’Italia sono venuta sopra la Michelangelo e mi ricordo che mi sono divertita molto. Quando ho venuto a New York ho visto molti grattacieli come si dice noi diciamo palazzi grandi mi ha fatto molta impressione perché in Italia non c’era queste cose … La lingua inglese è stata molto strana per me per imparare … (ii) son venuta dall’Itaglia nel 1966, richiamata da mi madre e mi padre che erano già ca di disc’anni. Venni dalla Sicilia … cio tre figli, tre figli maschi, e siccome in Sicilia sempre la solita cosa che non c’è tanto travagghio, c’è solo pe’ marito quando si trova, non potendo tirare avanti la vita, siamo emigrati a Torino …, si travagghiava, travagghiava mi marito, travagghiava io, li figli criscianu …
1888 (iii) Italia è molto bellissima, mi sono divertito molto quando sono andato lì due anni fa; ho trovato tutte le cose belle, io cio tanti amici lì in Italia, e ogni sera andavo fuori a ballare e poi ogni giorno andavo al mare sulla varca … e mi sono divertito molto.
3.
Comportamenti linguistici in area anglofona: Stati Uniti e Australia
Il comportamento linguistico degli emigrati varia secondo l’età, la generazione, l’origine regionale e l’itinerario della migrazione, la scolarizzazione, il sesso e altre variabili sociolinguistiche. Le persone anziane con scarsa istruzione scolastica usano prevalentemente il dialetto, l’italiano dialettale e la varietà molto mista; ci sono persone che hanno una scarsa competenza dell’inglese anche dopo molti anni di residenza, ne conseguono prevedibili effetti di isolamento socio-economico. Le persone della prima generazione con un livello di istruzione più elevato sono invece bilingui o trilingui: usano il dialetto e la varietà popolare o regionale dell’italiano fuori casa e con italiani di origine regionale diversa e l’inglese negli altri domini. Per la seconda generazione la diglossia tende a essere la norma in area anglofona, con l’inglese come varietà dominante alta e l’italiano, con vari gradi di erosione, ristretto a contesti domestici. Gli studi sull’uso linguistico nelle comunità italo-americane di New York (ib.) e di San Francisco (Haller 1998) illustrano livelli significativi sia di attrition sia di shift, soprattutto nella seconda generazione. Nell’indagine newyorkese (soprattutto con soggetti appartenenti alla prima generazione e di provenienza meridionale) emerge che i gruppi della seconda generazione usano le varietà dei genitori fino all’età scolastica, momento in cui l’inglese sostituisce bruscamente ogni varietà d’italiano non-standard. In genere, in soggetti della prima generazione, con l’avanzare dell’età, il language shift diminuisce, mentre in quelli della seconda generazione aumenta. Nella terza generazione l’italiano è spesso costituito solo da qualche frammento, da parole sentite dai nonni (paesan, pastafasul). L’uso dell’italiano si restringe con l’esogamia, la mobilità sociale e le nuove reti sociali. La variabilità linguistica interna – fenomeni come la ridondanza, pausa, lacuna, esitazione – è tipica della lingua parlata dalla seconda e terza generazione.
XII. Sprachkontakte und Migration
L’indagine sociolinguistica su comportamenti e usi condotta – tramite questionario – presso la comunità piemontese a San Francisco (su un campione d’età media piuttosto avanzata e con il 75 % di appartenenti alla seconda generazione) tende a confermare quanto rilevato in quella newyorkese. Si nota che il dialetto è la lingua della famiglia e dell’amicizia; l’italiano è usato in proporzioni leggermente superiori rispetto al dialetto con gli amici, famigliari coetanei e anche fuori di casa; l’inglese è parlato in famiglia, soprattutto con i figli, al lavoro e in chiesa. Dall’indagine emerge che l’uso del dialetto diminuisce nel passaggio dalla prima alla seconda e poi alla terza generazione (17,5 % – 13,8 % – 10 %) e che invece aumenta l’uso dell’inglese (31 % – 46 % – 78 %). Gli usi linguisti variano quindi a seconda del fattore generazionale ma anche del fattore sesso: nella prima generazione le donne dichiarano di parlare sia dialetto che italiano meno degli uomini, nella seconda dichiarano di parlare più dialetto degli uomini. Come risulta da altri studi così anche in quest’indagine – presso una comunità fortemente integrata nella società americana – le donne sono in genere più conscie del diverso prestigio delle varietà usate e tendono inoltre a conservare meglio degli uomini la lingua di partenza. La forte erosione fonologica e morfologica è rilevata anche presso la comunità lucchese di San Francisco, studiata da Scaglione (2000): l’italiano non sembra rappresentare un valore cruciale per l’identità etnica italiana di questo gruppo, assimilato in modo pressoché completo, e il suo uso si limita a contesti sociali molto specifici. Similmente i rilievi sul comportamento linguistico degli emigrati veneti e siciliani in Australia (Bettoni / Rubino 1996) – sempre basati su questionario – illustrano il chiaro predominio dell’inglese e del dialetto in famiglia, dell’italiano in situazioni formali fuori casa e dell’inglese al lavoro. Il language shift all’inglese è determinato anche qui dalla generazione d’appartenenza; le donne tendono a essere più conservative degli uomini negli usi linguistici e più capaci nell’applicazione della triglossia (italiano, dialetto, inglese) ai vari domini. Inoltre, i censimenti della popolazione statunitense del 1980 e 1990 fanno ipotizzare un notevole language shift pur tenendo conto della metodologia usata nel survey
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167. Lingue degli emigranti e degli esiliati: italiano
sull’uso dell’italiano a casa (autovalutazione, campione ristretto) che non dà informazioni né sulle varietà d’italiano né sulla competenza individuale. Su 12.183.692 italo-americani di oltre 5 anni di età censiti nel 1980, 1,5 m. o il 12 % dichiarano di usare l’italiano a casa, 10 anni dopo sono solo l’8,9 %, con un ulteriore shift nel censimento del 2000 al 6,3 %.
4.
Atteggiamenti linguistici
L’indagine sugli atteggiamenti linguistici nella comunità italiana di New York conferma le tendenze emerse in quella sugli usi sociali e linguistici dell’italiano, inglese e dialetto. Qui all’inchiesta diretta – su questionario – viene associata la tecnica dei matched guises in cui si mettono a confronto voci truccate: si tratta di un metodo implicito che permette di rilevare i giudizi della gente nei confronti delle diverse lingue o varietà di lingua. Un gruppo di italo-americani ascolta delle registrazioni di parlanti di varietà linguistiche diverse e le valuta su una scala di aggettivi riguardanti il prestigio, l’affettività e l’etnicità. Le sei varietà includono l’italiano regionale napoletano e siciliano, il dialetto napoletano e siciliano, l’inglese con un accento italiano, e la varietà fortemente mista. In entrambe le indagini – dai risultati simili – l’inglese ottiene il massimo grado di prestigio rispetto alle varietà italofone, queste ultime vengono associate alle funzioni affettive e all’etnicità. Gli atteggiamenti riflettono comunque una gamma di posizioni differenti: i soggetti della prima generazione hanno un atteggiamento più purista favorendo l’italiano standard, di contro i soggetti della seconda generazione hanno un atteggiamento più tollerante nei confronti delle varietà nonstandard, è però comune a tutti un atteggiamento di disapprovazione verso la varietà fortemente mista. Ciò si spiega con la stigmatizzazione delle varietà non-standard vissuta dalla prima generazione sulla propria pelle e dalla consapevolezza nella seconda generazione dell’importanza psico-sociale dell’italofonia come ponte intergenerazionale nella rete famigliare. Tra le risposte all’inchiesta diretta l’italiano standard è considerato «poetico, musicale, colorito», il dialetto invece «comico, onesto, drammatico» (Haller 1993, 49). Piuttosto esplicite anche le risposte nell’indagine piemontese riguardo gli atteggiamenti linguistici (Haller
1998): l’italiano ha punteggi alti nella categoria dell’affetto, è considerato la lingua più bella, seguito a una certa distanza dal dialetto; l’inglese è lingua di più alto prestigio. Anche qui la prima generazione è più orientata verso il purismo, l’italiano standard, mentre la seconda si dimostra più tollerante nei confronti delle varietà non-standard, anche di quelle miste. Quest’ultimo risultato è dovuto probabilmente alla ormai limitata competenza dell’italiano presso la seconda generazione, e all’identità etnica con il paese della regione di origine della famiglia. Le donne tendono a essere più generose nei loro giudizi riguardo l’italofonia e tendono meno degli uomini al purismo. Altrettanto espliciti i commenti individuali sull’amore per il dialetto in quanto lingua del cuore, dei roots, sul rammarico della perdita del dialetto, sulla percezione del dialetto come lingua segreta o proibita. Dall’indagine di Bettoni / Gibbons (1988) sugli atteggiamenti per le comunità italo-australiane emergono risultati simili.
5.
L’italiano all’estero: La ricerca
La ricerca sull’italiano degli emigrati e sull’italiano all’estero ha ottenuto i risultati più fruttuosi nell’ambito degli studi sociolinguistici. Soprattutto dagli anni 1960 in poi si nota un incremento nel numero delle pubblicazioni e negli approcci metodologici. Ai lavori sul contatto tra lingua di emigrazione e lingua del paese di immigrazione (tra i primi quello di Menarini 1947) e sul formarsi di una koinè si vengono ad aggiungere lavori sul repertorio linguistico degli emigrati, sul language shift nel passaggio dalla prima alla seconda generazione, sull’attrition, sulla commutazione del codice, sui comportamenti e attegiamenti linguistici nelle comunità di emigrati, sulle interlingue nei contesti migratori e sull’italiano di contatto. Alla raccolta di dati tramite questionario tende a sostituirsi la registrazione di testi interi, alla descrizione strutturale l’analisi sociolinguistica, pragmatica e funzionale. Tali ricerche vengono promosse nelle principali aree geografiche che interessano l’emigrazione italiana: soprattutto nelle Americhe, in Australia, Svizzera, Germania, Gran Bretagna e Belgio. La vitalità degli studi è illustrata da sintesi comparative o su determinate aree geografiche (Corrà / Ursini 1988; Tosi 1991; Haller 1993; 1997; Bettoni 1993; Bertini Malgarini 1994) e da aggiorna-
1890 menti bibliografici (Coveri / Bettoni 1991; Tassello / Vedovelli 1996, le schede Italiano e dialetti italiani fuori d’Italia 1983; 1990; 1993; 1996; 1998; 2002). I risultati delle ricerche più recenti sembrano confermare l’inesorabile shift alla lingua del paese di immigrazione soprattutto per i contesti geografici d’oltreoceano, mentre l’italiano si mantiene meglio in paesi come la Svizzera, grazie alla situazione profondamente multilingue del paese e ai facili contatti e scambi con l’Italia. 5.1. Canada L’emigrazione verso il Canada risale già al Settecento ed ha punte massime tra il 1951 e il 1968, quando da Calabria, Sicilia, Abruzzo, Veneto e Friuli giunsero 368.436 persone (Bacchetta / Cagiano de Azevedo 1990). La maggior parte degli emigranti si stabilì nelle aree metropolitane di Toronto e Montreal. Nel 1986 vivevano in Canada oltre un m. di italo-canadesi (su una popolazione di 27 m.), il 60 % dei quali residenti nell’Ontario; nel 1991 450.000 Canadesi indicarono l’italiano come madrelingua, metà dei quali con residenza a Toronto. La vitalità dell’italiano nel Canada si deve alle politica linguistica del multiculturalismo favorevole all’insegnamento delle lingue delle minoranze etniche – a partire degli anni settanta – ma anche alla cospicua presenza dell’italiano standard nei mass media. Come negli USA il dialetto e l’inglese predominano nell’uso parlato degli italo-canadesi (Vizmuller-Zocco 1995). Vari studi documentano il contatto linguistico tra inglese e italiano nelle comunità di emigrati e la presenza di una koinè italo-canadese (Danesi 1982), caratterizzata da un lessico composto soprattutto di nomi e di verbi che riflettono l’esperienza dell’emigrazione (licenza < ingl. drivers license “patente”, fornitura < ingl. furniture “mobilia”, draivare < ingl. to drive “guidare”; Clivio 1985), prestiti di necessità non facilmente sostituibili da equivalenti italiani. L’etnoletto è caratterizzato dalla variazione interna, con i prestiti assimilati alla fonologia dei vari dialetti: singo < ingl. sink “acquaio” riflette la provenienza meridionale, draivàr < ingl. to drive “andare in macchina” invece quella settentrionale, con la caduta della vocale finale. Villata (1987) documenta come nel contesto plurilingue di Montreal i francesismi sono più frequenti presso i parlanti anziani, mentre gli anglismi dominano nell’uso delle generazioni più giovani.
XII. Sprachkontakte und Migration
5.2. Australia L’italiano è tra le lingue etniche più usate in Australia, ciò è dovuto alla notevole immigrazione dopo la seconda guerra mondiale, con ca. mezzo m. di arrivi tra il 1950 e il 1970. Gli emigrati risiedevano principalmente nel Victoria e nel New South Wales e provenivano da Calabria e Sicilia (36 %) e Veneto e Friuli (22 %). Come nel Canada anche in Australia la politica multiculturale incoraggiò l’insegnamento e l’uso delle lingue comunitarie. E anche in Australia lo shift dall’italiano all’inglese è forte: nel 1991 raggiunge l’11 % nella prima, il 29 % nella seconda generazione e il 71 % nella seconda generazione di origine etnica mista; un tasso superiore a quello del greco, ma inferiore a quello dell’olandese o tedesco (Clyne 1991). Ciononostante nel censimento del 1996 l’italiano era ancora la lingua comunitaria più diffusa in Australia: in quell’anno 275.752 persone al di sopra dei 5 anni dichiararono di usare regolarmente in casa la lingua italiana (Clyne / Kipp 1997). Si tratta di dati confermati dall’analisi sul comportamento linguistico degli emigrati veneti e siciliani a Sydney (Bettoni / Rubino 1996), e prima ancora dagli studi sugli atteggiamenti linguistici, i quali riflettono il desiderio di allontanarsi dai ristretti confini socioculturali del dialetto nella varietà ibrida. Una ricca serie di studi sono rivolti al contatto linguistico (Rando 1990), allo shift (Rubino 1993), all’attrition morfologica (Bettoni 1991), al ruolo della famiglia nella conservazione dell’italiano e all’alternanza linguistica nel parlato dei bambini siculo-australiani (Rubino 2002). 5.3. Europa Il flusso migratorio dall’Italia si diresse storicamente soprattutto in Germania, Svizzera, Francia, Belgio e Olanda. Tra i vari osservatori linguistici dell’emigrazione italiana la Svizzera e la Germania occupano un posto di rilievo sia per la quantità degli studi che la varietà degli approcci. Sono in corso progetti importanti di Aldo Di Luzio sul processo interattivo del contatto linguistico presso figli di lavoratori emigrati in Germania, sull’italiano nella Svizzera tedesca e il paradigma del language shift (ricerche dirette da Berruto dal 1987 al 1990 all’università di Zurigo). Il progetto di sociolinguistica interpretativa sul contatto tra lingua materna e tedesco nei bambini dei Gastarbeiter è rivolto alla microanalisi delle strategie discor-
167. Lingue degli emigranti e degli esiliati: italiano
sive variazionali e alla crisi di comunicazione tra bambini tedeschi e italo-tedeschi; esso mira a una migliore comprensione del contatto linguistico (Di Luzio 1991). Altri studi analizzano la lingua dei testi scritti prodotti da emigranti italiani in Germania (Vedovelli 1997). In Svizzera, dove la presenza italofona nel 1990 era di 391.639 persone (Meyer-Sabino 1992), l’italiano, terza lingua nazionale e lingua ufficiale della Confederazione ma minoritaria rispetto al tedesco e francese, è lingua di comunicazione abbastanza diffusa ai livelli elementari presso una parte della popolazione. Berruto (1991) documenta il passaggio dal bilinguismo parziale della prima generazione di emigrati tra dialetto italiano e tedesco al bilinguismo vero e proprio nella seconda generazione, con il regresso del dialetto italiano e il recupero dell’italiano. Altri studi sono dedicati alla commutazione del codice (Pizzolotto 1991), alla biografia linguistica di un soggetto bilingue (Gobbi 1994), all’italiano come lingua veicolare presso gli emigrati ispanofoni (Schmid 1994), all’italiano di contatto, vale a dire all’italiano di adozione da parte della popolazione tedescofona (Franceschini 1998). Tali ricerche riflettono un interesse scientifico molto vivo per l’italiano in Svizzera. Diversi studi linguistici (tra cui Vanvolsem / Jaspaert / Kroon 1991) interessano i contesti migratori del Belgio e dell’Olanda.
6.
Bibliografia
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1892 Meyer-Sabino, Giovanna, Minoranze etniche: lavoratori immigrati tra acculturazione ed integrazione, in: Hugger, Paul (ed.), La Svizzera. Vita e cultura popolare, Bellinzona, 1992, vol. 2, 859–885. Pizzolotto, Giuseppe, Bilinguismo ed emigrazione in Svizzera. Italiano e commutazione di codice in un gruppo di giovani, Bern, 1991. Rando, Gaetano, The Italian Language in Australia. An overview, in: id. (ed.), Language and cultural identity, Wollongong, 1990, 1–16. Rubino, Antonia, From trilingualism to monolingualism. A case study of language shift in a Sicilian-Australian family, Tesi di dottorato, Sydney, 1993. –, Trilinguismo in famiglia, IeO 17 (2002), 47–52. Scaglione, Stefania, Attrition. Mutamenti sociolinguistici nel lucchese di San Francisco, Milano, 2000. Schmid, Stephan, L’italiano degli spagnoli. Interlingue di immigrati nella Svizzera tedesca, Milano, 1994.
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Hermann W. Haller, New York
168. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Französisch und Okzitanisch Langues romanes des migrants et des exilés: français et occitan 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Historischer Hintergrund Die Sprachsituation vor der Emigration Das Französische als offizielle Sprache im Refuge Die Alltagssprache im Refuge Französische Einflüsse auf das Deutsche Literatur
1.
Historischer Hintergrund
Als wichtigste Migranten- und Vertriebenengruppe französischer und okzitanischer Zunge außerhalb der Romania können die Hugenotten gelten, die sich v. a. in Deutschland, den Niederlanden und England niedergelassen haben. Die Abgrenzung des Wortes Hugenotte ist unscharf. Man verwendet es im engeren Sinne v. a. in historischem Kontext für die Calvinisten in Frankreich in der Zeit vom 16. bis 18. Jh., im weiteren Sinne für alle Protestanten, die (auch) Französisch sprachen (cf. z. B. Bischoff 1994, 145 s.; Birnstiel / Reinke 1990, 16). Wir werden uns im Folgenden auf
diejenigen Hugenotten konzentrieren, die nach Deutschland emigrierten und – z. T. neben anderen Sprachen – Französisch sprachen. Als eine wichtige Untergruppe der Hugenotten werden die Waldenser gesehen. Sie gehen ursprünglich auf eine mittelalterliche vorreformatorische Bewegung zurück, die Ende des 12. Jh. in Lyon durch Waldes (auch Waldus, Valdo, Vaudès, Valdesius u. ä. genannt) gegründet wurde. Die Bewegung verbereitete sich in weiten Teilen Europas, wurde aber durch die Inquisition sehr stark bedrängt. Die stärkste Gruppe vor der Reformation lebte im 16. Jh. in den kottischen Alpen westlich von Turin. 1532 schlossen sich diese der Reformation calvinistischer Prägung an und benutzten das Französische als Kirchensprache. Im 16. und 17. Jh. flüchteten Reformierte aus den Spanischen Niederlanden, sie sprachen Französisch und Niederländisch. Innerhalb der Hugenotten nennt man sie üblicherweise ‘Wallonen’ (cf. Bischoff 1994,
168. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Französisch und Okzitanisch
277 s.). Sie ließen sich zum großen Teil in der Pfalz nieder, sie werden, zusammen mit Glaubensflüchtlingen aus anderen Gebieten, meist als ‘Pfälzer’ bezeichnet. Nach dem Franzoseneinfall Ende des 17. Jh. flohen viele aus diesem Gebiet in sicherere Aufenthaltsorte im Inneren Deutschlands (cf. Bischoff 1994, 169 s.). Andere Gruppen, die auch zu den Hugenotten gerechnet werden, wie die ‘Welschschweizer’, die ‘Mömpelgarder’ und die ‘Orangeois’, werden nicht in dem gleichen Maße wie die anderen genannten wahrgenommen, weil sie im Exil seltener als Gruppen auftreten. Sie werden daher hier nicht gesondert behandelt, zumal über sie auch kaum für uns relevante Literatur vorhanden ist. 1685 wurde in Frankreich das Edikt von Nantes aufgehoben, durch das die Protestanten bis dahin, trotz stetiger Beschneidung ihrer Rechte, eine gewisse Religionsfreiheit genossen. Die Auswanderung war verboten. Trotzdem kam es durch die Widerrufung zu einer bedeutenden Emigrationswelle (schätzungsweise 200.000 Personen). Dies betraf auch Waldenser. Viele dieser Protestanten flüchteten nach Deutschland. Die Motive für die Aufnahme der Hugenotten in den verschiedenen Territorien reichten dabei von christlicher Barmherzigkeit bis zu wirtschaftlichen Interessen der Landesfürsten. Die Flüchtlinge erhielten meist religiöse, rechtliche, wirtschaftliche und sprachliche Privilegien. In kurzer Zeit bildeten sich in Deutschland viele französischsprachige Gemeinden. Man kann nach Bischoff (1994) von etwa 500 bis 700 Orten ausgehen, in denen sie sich ansiedelten. Nach verschiedenen Schätzungen kamen insgesamt ca. 40.000 Hugenotten nach Deutschland. Die Flüchtlinge bezeichneten sich selbst i. A. als Réfugiés, den Ort ihres Aufenthalts als Refuge. Diese Begriffe wurden auch ins Deutsche übernommen.
2.
Die Sprachsituation vor der Emigration
Für die französischen Reformierten hatte sich im 16. Jh. folgende Situation ergeben: Calvin kam aus Nordfrankreich, das geistige Zentrum des Calvinismus wurde Genf, die meisten Anhänger hatte er im okzitanischsprachigen Süden Frankreichs. Als überregionale Verkehrssprache und als Kir-
1893
chensprache bediente man sich fast ausschließlich des Französischen. Die Bibelübersetzungen von Lefèvre d’Etaples (1523) und Olivetan (1535) erschienen deshalb auf Französisch, die Schriften von Calvin ebenfalls. Die reformierte Kirche förderte auf diese Weise von Anfang an den Gebrauch des Französischen im Sinne der späteren Ordonnance de Villers-Cotterêts (1539).
3.
Das Französische als offizielle Sprache im Refuge
Die Sprache der Glaubensflüchtlinge in Deutschland ist kaum untersucht worden. Die Quellen sind bisher nur in sehr geringem Maße unter sprachlichen Gesichtspunkten ausgewertet. Fast immer standen historische oder theologische Aspekte im Vordergrund der Forschung. Da die Entwicklung an den verschiedenen Orten sehr unterschiedlich verlief, ist ein zuverlässiger Überblick über die gesamte Thematik zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum möglich. Es lassen sich nur einige Schwerpunkte setzen. Die in Deutschland angekommenen Hugenotten glaubten, dass sie nach einiger Zeit wieder in ihre alte Heimat zurückkehren könnten. Sie blieben daher zunächst unter sich und pflegten ihre Sprache und ihre Traditionen. Relativ gut unterrichtet sind wir nur über das Französische, wie es in den Kirchenbüchern und anderen Unterlagen der Kirchengemeinden der Réfugiés verwendet wurde. Die Bestände an kirchlichen Unterlagen sind i. A. gut zugänglich. Das Französische war die Schulsprache und die offizielle Sprache in den Bereichen, die von ihnen selbst verwaltet wurden. Diese Dokumente sind nachprüfbare Indizien für die Verwendung des Französischen im Refuge. Das Aufgeben des Französischen als Sprache der französisch-reformierten Kirchengemeinde bedeutete meist den Abschluss der sprachlichen und kulturellen Assimilation an ihre deutsche Umgebung und die Aufgabe der kirchlichen Selbständigkeit. Als Beispiel für die Entwicklung sei Altona aufgeführt: Die Alltagssprache der Kirchengemeinde wird Deutsch, dann folgen einzelne Predigten und der Unterricht auf Deutsch, man beschließt, auch die Protokolle der Konsistorialverhandlungen und Rechnungsbücher auf Deutsch zu führen (1825), schließlich wird die Eigenständigkeit der Gemeinde aufgegeben (1831). In Erlangen
1894 wurde bis 1822 in französischer Sprache gepredigt, und die Kirchenbücher wurden bis August 1827 in französischer Sprache geführt. Aber erst 1922 erfolgte hier der Zusammenschluss der französisch-reformierten mit der deutsch-reformierten Gemeinde. Ähnliche Entwicklungen finden wir in allen Hugenottengemeinden, wobei die Reihenfolge der verschiedenen Schritte voneinander abweichen kann. Der französische Gottesdienst wurde in einzelnen Gemeinden ab der Mitte des 18. Jh., hauptsächlich jedoch in der ersten Hälfte des 19. Jh. (meist in den 20er Jahren) aufgegeben. In einigen Gemeinden wurde er noch bis ins 20. Jh. fortgeführt (Königsberg, Hanau, Hamburg bis 1914, Friedrichsdorf i. T. bis 1915, Frankfurt a. M. bis 1916). Neben den kirchlichen Dokumenten stehen uns französischsprachige Unterlagen aus den nichtkirchlichen Bereichen zur Verfügung. Dazu gehören z. B. Unterlagen der politischen Gemeinde, Protokollbücher der Notare, offizielle und private Briefwechsel. Diese Bestände sind bisher erst zu einem Teil dokumentiert und oft nicht allgemein zugänglich. Offizielle Dokumente der Hugenotten im Refuge verwenden, entsprechend den in Frankreich geltenden Regelungen, immer die französische Sprache, keine Dialekte, auch nicht das Okzitanische, obwohl es einmal eine bedeutende Literatursprache war. Die den Hugenotten in Deutschland gewährten sprachlichen Privilegien betreffen also normalerweise das Französische, das als ‘ihre Sprache’ betrachtet wurde. Ausnahmen waren z. B. die Gemeinden, die (auch) das Niederländische verwendeten. Das Französische konnte die Sprache sein, die zu verwenden man ein Recht hatte, z. B. in Göttingen, Frankenthal, Erlangen, oder die zu verwenden Pflicht war, z. B. in Wetzlar und Cannstatt. (Die Landesherren sahen manchmal das Französische als Barriere gegen das Eindringen reformierten Gedankenguts in ihr andersgläubiges Territorium.) Das Französische konnte die allein zulässige Sprache der Gemeinde sein, z. B. in Friedrichsdorf i. T., oder es konnte neben anderen existieren, z. B. zeitweise in Mannheim, Hanau oder Altona neben Deutsch und Niederländisch. Das Gesagte gilt auch für die Wallonen, die das Wallonische nicht als Kirchensprache verwendeten, ebenso wie für die Waldenser, die im kirchlichen Bereich schon in
XII. Sprachkontakte und Migration
ihrer Heimat hauptsächlich das Französische gebraucht hatten. Die Pfälzer hatten sich, bevor sie aus der Pfalz flohen, teilweise schon in ihre neue Umgebung integriert und verwendeten das Deutsche neben dem Französischen. Bisherige Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass man, zumindest anfangs, nicht von einem besonderen ‘Hugenotten-’, ‘Waldenser-’ oder ‘Exilfranzösisch’ sprechen kann (cf. Schmitt 1996, 82; Eschmann 1989, 21). Dies gilt auf jeden Fall für die erste, wahrscheinlich auch noch für die zweite Generation der Réfugiés. Für die Hugenotten war die französische Sprache ein Merkmal ihrer Identität, und sie blieb eng verbunden mit ihrem reformierten Bekenntnis. So wurden z. B. Versuche, das Französische in der Kirche durch das Deutsche zu ersetzen, häufig als Angriff auf den konfessionellen Status betrachtet, auch wenn das Französische kaum noch verstanden wurde. Obwohl es als offizielle Sprache den institutionellen Rückhalt der Kirche und nicht zuletzt auch den der gebildeten Gesellschaftsschichten hatte, wird im Laufe der Zeit seine Verwendung seltener, die Nachkommen der Flüchtlinge integrieren sich in die deutsche Umgebung, deutsche Einflüsse nehmen zu. Dies ist z. B. in nichtoffiziellen Dokumenten erkennbar, während bei offiziellen Dokumenten häufig ein direkter Übergang von einem guten Französisch zu einem guten Deutsch zu beobachten ist.
4.
Die Alltagssprache im Refuge
Ein Teil der Flüchtlinge stammte aus dem Norden und Nordosten Frankreichs. Es handelte sich dabei v. a. um Pikarden und französischsprachige Lothringer. Sie haben wohl, vor allem in der Anfangszeit, als Heimsprache weiterhin ihren französischen Dialekt gesprochen, ebenso wie die Wallonen, die teilweise zusätzlich noch Niederländisch sprachen. Den größten Anteil im Refuge stellten jedoch die Südfranzosen. Sie sprachen also Okzitanisch als Muttersprache. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Okzitanische im 17. Jh. (wie noch heute) keine überregional und allgemein anerkannte Standard-Sprachvarietät hatte, sondern dialektal stark gegliedert war. Man kann allerdings davon ausgehen, dass sich Sprecher verschiedener okzitanischer Dialekte weitgehend verstanden.
168. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Französisch und Okzitanisch
Ein Sonderfall sind die Waldenser. Bei ihnen können wir annehmen, dass sie seit langem dreisprachig waren. Sie verwendeten als Heimsprache einen nordokzitanischen Dialekt. Bezeichnend für ihre Sprachsituation ist jedoch, dass sie sich auf der Synode von Chanforan (1532) der französischsprachigen Reformation calvinistischer Ausprägung anschlossen und eine französische Bibel bestellten. Man kann daraus schließen, dass das Französische von den meisten zumindest verstanden wurde, wenn es nicht sogar offizielle Sprache war. Die Protokolle dieser Synode sind jedoch auf Italienisch geschrieben, so dass auch von Italienischkenntnissen ausgegangen werden muss. Im Refuge zählen sie sich sprachlich zu den ‘Franzosen’. Sie haben Pfarrer aus dem gesamten französischen Sprachgebiet, auch solche, die kein Okzitanisch sprechen, und sie pflegen französischen Schulunterricht. Hinweise auf den Gebrauch des Italienischen findet man sehr selten. Offensichtlich legte man keinen Wert auf die Weitergabe dieser Sprache an die Kinder. In den einzelnen Hugenottenorten wird sich, wenn sie homogen zusammengesetzt waren, eine Ortsmundart entwickelt haben. Dies ist z. B. in einigen Waldenserorten Württembergs belegt, in denen lange das Okzitanische verwendet wurde, oder auch in Friedrichsdorf i. T., wo sich ein hauptsächlich pikardisch gefärbter Ortsdialekt entwickelt hatte. Meistens kamen die Flüchtlinge aus verschiedenen Orten und Gegenden, wenn auch oft mit dem Übergewicht einer bestimmten regionalen Gruppe. Obwohl z. B. Erlangen durch südfranzösische, also Okzitanisch sprechende, Einwanderer geprägt ist, scheint sich dort jedoch keine okzitanische Ortsmundart entwickelt zu haben. In anderen Fällen war die regionale Mischung jedoch so stark, dass eine Ortsmundart überhaupt nicht entstehen konnte. In Holzappel und Charlottenberg beispielsweise, wo wir Waldenser finden, dazu noch Pfälzer meist wallonischer Herkunft und einige Südfranzosen, also eine landsmannschaftlich weniger einheitliche Bevölkerung, sind keine Hinweise auf eine eigene Ortsmundart zu finden. In den meisten Hugenottenorten wurde das Französische dadurch nicht nur zur offiziellen Sprache, sondern auch zur allgemeinen Verkehrssprache, denn es war die Sprache, die alle mehr oder weniger verstanden. Dadurch wurde es
1895
dann auch zur Heimsprache. Die Glaubensflüchtlinge und ihre Nachkommen konnten so «zu einer homogenen französischen Sprachfamilie zusammenwachsen, wie sie in dieser purifizierten und alle soziale Schichten gleichermaßen umfassenden Ausprägung selbst im zeitgenössischen Frankreich nicht existierte» (Birnstiel / Reinke 1990, 130). Gestützt wurde das Französische von der französisch-reformierten Kirche und von der von ihr geführten Schule. Glaubensflüchtlinge und ihre Nachkommen waren im Refuge Französischlehrer, sie schrieben Lehrwerke und Wörterbücher. Das Französische wurde immer wieder aufgefrischt von Französisch sprechenden Neuankömmlingen, auch Katholiken, durch Kontakte mit der Heimat, und nicht zuletzt durch den Austausch mit anderen Französischsprechern. Französisch war zu dieser Zeit «das universelle Kommunikationsmittel der internationalen Diplomatie und […] die favorisierte Verkehrssprache der Gelehrtenrepublik», die Réfugiés bekamen dadurch «das Renommee einer positiv bewerteten Avantgarde» (Birnstiel / Reinke 1990, 130). Dabei fehlten dem Französischen der Hugenottennachkommen zwangsläufig einige Register. Es konnte auch nicht mehr allen Entwicklungen in Frankreich folgen, das Französische ‘blieb stehen’, Voltaire spricht vom «style réfugié». Trotzdem hatten viele der Glaubensflüchtlinge und ihre Nachkommen noch lange so viel Kompetenz im Französischen, dass sie zu einem bedeutenden Faktor der Kulturvermittlung zwischen dem deutschen und dem französischen Kulturkreis wurden. Ihre Ortsmundarten sind manchmal nur wenig vom Deutschen beeinflusst worden (so z. B. die okzitanische Ortsmundart von Neuhengstett Mitte des 19. Jh.), hören aber eines Tages auf, weil es nicht mehr genug Sprecher gibt. In anderen Fällen finden wir im Französischen der Nachkommen der Glaubensflüchtlinge immer mehr Germanismen, sodass es sich allmählich immer mehr vom Französischen Frankreichs entfernt, zuerst v. a. im Wortschatz (hoffervalter “Hofverwalter”, bourguemaitre, bourmaitre, “Bürgermeister”), dann auch in der Ausdrucksweise (il donne français pour les filjes allemands “er gibt Französisch für die deutschen Mädchen”, il est moitié cinq “es ist halb fünf ”) (cf. z. B. Lichtenthal-Milléquant 1985; Eschmann 1989, 19). In Louisendorf b. Frankenberg / Eder wurde noch bis in die
1896 60er Jahre des 20. Jh. das ‘Louisendorfer Französisch’ gesprochen. Wir finden in den verschiedenen Gemeinden und Familien viele Formen der Diglossie bzw. Polyglossie mit zunehmender Zweibzw. Mehrsprachigkeit in den einzelnen Gruppen.
5.
Französische Einflüsse auf das Deutsche
Die Tatsache, dass in vielen Orten das Französische und das Deutsche nebeneinander existierten, wobei das Französische zwar in einer Minderheitensituation war, andererseits aber ein hohes Sozialprestige hatte, führte dazu, dass die Deutschen viele französische Wörter in ihre Sprache aufnahmen. Es ist im konkreten Einzelfall oft nicht eindeutig zu klären, ob eine Entlehnung aus dem Französischen von den Réfugiés kommt, oder ob sie zu anderen Zeiten importiert worden ist, da es ja auch andere Beziehungen zwischen dem deutschen und dem französischen Sprachraum gab. Wenn beispielsweise jedoch die Stadtmundarten von Berlin oder Erlangen eine große Zahl von französischen Wörtern und Ausdrücken kennen, so kann man sicher sein, dass ein großer Teil von den Hugenotten stammt. Das Gleiche gilt für die Terminologie von Handwerken, die sie mitbrachten, z. B. die Terminologie der Handschuhmacher.
XII. Sprachkontakte und Migration
6.
Literatur
Beuleke, Wilhelm, Studien zum Refuge in Deutschland und zur Ursprungsheimat seiner Mitglieder, Obersickte, 1966. Birnstiel, Eckart / Reinke, Andreas, Hugenotten in Berlin, in: Jersch-Wenzel, Stefi / John, Barbara (eds.), Von Zuwanderern und Einheimischen, Berlin, 1990, 13–152. Bischoff, Johannes E., Lexikon deutscher Hugenotten-Orte, Bad Karlshafen, 1994. Eschmann, Jürgen, Die Sprache der Hugenotten, in: id. (ed.), Hugenottenkultur in Deutschland, Tübingen, 1989, 9–35. Hartweg, Frédéric, Französisch als Kultsprache: Zur Sprachpolitik der französisch-reformierten Kirche in Berlin (1774–1814), BRP h 24 (1985), 5–42. Kiefner, Theo, Die Waldenser auf ihrem Weg aus dem Val Cluson durch die Schweiz nach Deutschland, 4 vol., Tübingen, 1980–97. Lichtenthal-Milléquant, Carla, Französische Sprachinseln auf deutschem Boden am Beispiel einiger Hugenottenkolonien in Hessen, in: 300 Jahre Hugenotten in Hessen. Herkunft und Flucht, Aufnahme und Assimilation, Wirkung und Ausstrahlung (Ausstellung Museum Fridericianum, Kassel 12. April bis 28. Juli 1985), Kassel, 1985, 201–222. Molnár, Amedeo, Die Waldenser. Geschichte und europäisches Ausmaß einer Ketzerbewegung, Freiburg / Basel / Wien, 1993. Schmitt, Hans Joachim, Der französische Wortschatz der Waldenser in Deutschland, Tübingen, 1996.
Jürgen Eschmann, Erlangen
169. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Die Sprachen der iberischen Halbinsel Langues romanes des migrants et des exilés: les langues de la Péninsule ibérique 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Einleitung Katalanisch: Die Katalanen im Mittelalter in Griechenland Spanisch: Judenspanisch Spanisch in Nordamerika Portugiesisch: Judenportugiesisch Galizisch Resümee Literatur
1.
Einleitung
Die iberromanischen Sprachen (Galizisch, Katalanisch, Portugiesisch und Spanisch) werden im Laufe der Jahrhunderte von unterschiedlichen Migrationsprozessen erfasst. Die beiden wichtigsten und größten Sprachen, das Portugiesische und das Spanische, erlangten durch die Kolonisierung der entdeckten und eroberten Gebiete in Amerika,
169. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Die Sprachen der iberischen Halbinsel
Asien (Philippinen) und Afrika (Westküste, SO-Küste) seit dem 15. Jh. eine großräumige Verbreitung, die größtenteils bis in die Gegenwart fortbesteht. Darüber hinaus haben auch kleinräumige, zeitlich begrenzte und gruppenspezifische Migrationen seit dem Spätmittelalter stattgefunden, von denen alle vier iberoromanischen Idiome bzw. ihre Varietäten betroffen waren. Die Migranten verließen aus politischen (Sepharden, Almogávares) bzw. ökonomischen (Galizier) Gründen die Pyrenäenhalbinsel – cf. die durch Arbeitsemigration bedingte Etablierung von Portugiesen seit dem 19. Jh. in Nordamerika und deren Sprachverhalten (New Jersey, cf. Stephens 1989; Québec, cf. Brumme 1998) – und siedelten sich als allochthone Minderheit, die zugleich eine sprachliche Minderheit wurde, zeitweise (Almogávares in Griechenland) oder dauerhaft (sephardische Diaspora) im Gastland an, wo es – in Abhängigkeit von gruppenspezifischer Abschottung oder Öffnung – zum Sprachkontakt mit nicht-romanischen Sprechern kam.
2.
Katalanisch: Die Katalanen im Mittelalter in Griechenland
2.1. Politisch-historischer Rahmen 1137 entstand durch die Heirat von Petronila von Aragón mit Ramón Berenguer IV. ein Staatenbund aus dem Königreich Aragón und der Grafschaft Katalonien, der als Corona de Aragón zwischen dem 13. und 15. Jh. ein Handelsimperium aufbaut und sich in direkter Rivalität mit Genua und Venedig zu einer Großmacht im Mittelmeerraum entwickelt. Nach der Niederlage von Peter I. bei Muret 1213 blieb seinem Nachfolger Jakob I. dem Eroberer (1213–76) nur die Expansion über die Reconquista nach Süden, in deren Folge die Balearen (Mallorca 1229) und Valencia (1238) erobert und wenig später katalanisiert wurden. Für die Präsenz der katalanisch-aragonesischen Krone in Griechenland war die im Laufe des 13. Jh. errungene Herrschaft über Sizilien und Sardinien sowohl politisch als auch geostrategisch für die Sicherung der Handelsrouten ins östliche Mittelmeer von Bedeutung. Die Etablierung der Katalanen im Spätmittelalter (1311–88) in Griechenland geht auf die Almogávares-Expeditionen, die Gran Companyia, zurück (arab. al-múgawar “jemand, der plündert und verwüstet”). Die Almogávares, die als Söldner im Dienste der
1897
christlichen Könige der iberischen Halbinsel Feldzüge und Plünderungen in feindlichen Gebieten unternahmen, waren auch an der Eroberung von Mallorca, Valencia und Sizilien zu Zeiten Peters II . entscheidend beteiligt (cf. Valls i Taberner / Soldevila 1982, 217). Nach dem Frieden von Caltabellota (1302) waren diese Söldner praktisch beschäftigungslos, bis der byzantinische Kaiser die Gran Companyia um Hilfe zur Vertreibung der Türken aus Kleinasien ersuchte. 1303 brach ein Heer von ca. 6.000 Söldnern unter dem Befehl von Roger de Flor und dem Chronisten Ramón Muntaner ins östliche Mittelmeer auf. Nach dem endgültigen Sieg über das Heer der Türken werden die Almogávares angesiedelt und zunächst mit Ruhm und Reichtum überhäuft. Doch vorteilhafte Handelsverträge für katalanische Produkte (z. B. Öl, Trockenfrüchte, Kleidung) führen zu Neid, Hass, Intrigen und Streitigkeiten mit dem byzantinischen Adel. Nach der Ermordung Roger de Flors 1305 beginnt eine Hetzjagd gegen die Katalanen. Daraufhin erklärt die Gran Companyia Byzanz den Krieg, die Almogávaros besiegen das Heer des Kaisers und verwüsten große Teile des byzantinischen Reiches (cf. ib., 219). Sie gelangen bis nach Mazedonien, dringen 1309 in Thessalien ein und stoßen bis zur südlichen Halbinsel Peloponnes vor. Mit dem Sieg über die Franzosen unter Gaultier de Brienne beenden sie 1311 die französische Herrschaft im Herzogtum Athen und legen den Grundstein für die Präsenz der Gran Companyia in Attika. Durch die Ausnutzung dynastischer Bindungen und Verträge fällt auch die Region von Böotien bis südlich von Thessalien an die Katalanen, die dort 1319 das Herzogtum Neopatria gründen. Beide sind katalanische Vasallenstaaten, die bis 1377 von Sizilien aus und danach bis 1388 von Katalonien aus regiert werden (cf. ib., 220). 2.2. Zeugnisse für den Gebrauch des Katalanischen Die Präsenz der Katalanen gliedert sich in zwei Epochen: eine erste des kriegerischen Nomadenlebens (1303–11), aus der wenig überliefert ist, und eine zweite Epoche mit fest etablierter Verwaltung (1311–88), in die die Gründung und Konsolidierung der Herzogtümer Athen und Neopatria fällt. Ramón Muntaner (1265–1336), der als Chronist der Gran Companyia die Eroberungen der Almogávares im östlichen Mittel-
1898 meer literarisch verarbeitete, schuf mit seiner Crónica Catalana de Ramón Muntaner ein historisches Dokument der katalanischen Literatur, das geschichtliche Ereignisse und Sprachbewusstsein bzw. Sprachpatriotismus in der Verwendung und Pflege des Altkatalanischen gleichermaßen widerspiegelt (cf. Nadal / Prats 1993, 404). Die Schriftstücke, die den Gebrauch des Katalanischen als Kanzleisprache in den Herzogtümern Athen und Neopatria belegen, stammen aus der Sammlung von Dokumenten (cf. u.a. Diplomatari de l’Orient català (1301– 1409) …, 1947) von Antoni Rubió i Lluch. Darin sind Zeugnisse aus dem Zeitraum 1307 bis 1380 enthalten, die aus Kassandria, Theben, Athen und Salona, dem alten Amfissa, stammen. Zeugnisse der ersten Etappe (1303–11): (a) Kassandria, 31. August 1307: Das einzige direkt von der Companyia erhalten gebliebene Dokument bezieht sich auf eine konkrete Verpflichtung von Charles de Valois, Muntaner für seine Arbeit und Ausgaben zu entschädigen (cf. Nadal / Prats 1993, 376); (b) spätere Zeugnisse belegen die Existenz von Dokumenten, die verloren gegangen sind, über die Eroberung des Herzogtums Athen von den Franzosen (cf. Rubió i Lluch 1908, 236). Historische Belege der zweiten Etappe (1311–88): (c) Theben, 15. April o. J. (vermutlich zwischen 1328 und 1330). Brief zur Übergabe der Regentschaft über Thessaloniki an Guy Dauphin. Die verwendete Sprache ist nach Rubió i Lluch das Altkatalanische (Lexik, Satzbau) mit Regionalismen aus dem Okzitanischen und Aragonesischen (ib., 238); (d) Theben, 1368: Ernennungsurkunde in Katalanisch für Bartomeu de Valerio zum Berufungsrichter (cf. ib.); (e) Athen, 1372: dokumentiertes Privileg der Steuer- und Portofreiheit, für Nicolau Embay (sic) (cf. ib.); (f) Salona (Amfissa), 22. April 1383: Beglaubigung zweier Dokumente über die Schenkung der Grafschaft Malta durch Wilhelm Friedrich, Herzog von Athen, an den Grafen von Salona und deren Bestätigung, datiert auf den 18. und 22. November 1330. Diese Schenkung bestätigt König Peter, der Förmliche, seinerseits Ludwig Friedrich am 22. April 1380 (Kopie im Arxiu de la Corona d’Aragó); (g) Salona bzw. Athen, 1380: die Capítols
XII. Sprachkontakte und Migration
de Salona (22. April und 30. Mai 1380), die Capítols de Atenes (20. Mai 1380). Die Capítols de Atenes gelten als das wichtigste Zeugnis des Katalanischen während der Herrschaft in Griechenland. 2.3.
Interpretative Fragestellungen
2.3.1. Zur Situation des Sprachkontakts Im Anschluss an die französische Herrschaft (1274–1311) und vor der italienischen (1388–1458) war das Katalanische etwa 70 Jahre in Griechenland präsent. Während das Französische und Italienische jeweils einer starken Hellenisierung ausgesetzt waren und in Athen nicht als Gruppensprache verwendet wurden, bewahrten die Angehörigen der Gran Companyia ihre Sprache als Identitätssymbol (cf. Guilleumas 1957, 40). Der Widerstand gegen den Verlust der ethnischen Individualität und der Sprache ergibt sich aus den Umständen, unter denen sich die katalanischen Söldner und ihre Führer in Griechenland etablierten. Sie wurden von den Einheimischen verachtet und gehasst, so dass die Katalanen aufgrund der anfänglichen Feindschaft abgeschottet, weil zahlenmäßig unterlegen, innerhalb ihrer geschlossenen Gemeinschaft lebten, in die kaum griechischer Einfluss vordrang (cf. Rubió i Lluch 1899, 98). Aus dieser Konstellation heraus repräsentierte das Katalanische das äußere Markenzeichen der nationalen Identität, der Gesetze und Gewohnheiten von Barcelona, die zur Grundlage des öffentlichen und privaten Rechts wurden (ib., 98). 2.3.2. Katalanisch als Identitätssymbol Die Sprachkontaktsituation durch Abschottung förderte die Rolle des Katalanischen als Identitätssymbol. Diese Funktion äußert sich: – im Gebrauch als Kanzleisprache z. B. bei der Legalisierung von Schriften, die obwohl sie in Latein abgefasst sind (cf. 1.2.), von einem katalanischen und einem griechischen Notar unterschrieben sind (cf. Nadal / Prats 1993, 376) und – im schriftsprachlichen Gebrauch für historische Fachprosa z. B. im Fall der Capítols de Atenes und der Capítols de Salona. Beide besitzen einen großen historischen und philologischen Wert durch die Bezeugung der politischen und sprachlichen Solidarität der Katalanen im 14. Jh. Der in Altkatalanisch verfasste Text ist eine öffentliche Verkündung der Verbundenheit mit
169. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Die Sprachen der iberischen Halbinsel
Katalonien, mit seinen Gesetzen und Institutionen. Dabei überrascht der Text – verfasst von Katalanen, die als Eroberer geboren wurden und größtenteils in Athen aufgewachsen sind – durch seinen patriotischen Diskurs (Rubió i Lluch 1908, 239). 2.3.3. Zweisprachigkeit In einem Interregnum von ca. 40 Jahren französischer und 70 Jahren italienischer Präsenz widersteht das Katalanische in den Herzogtümern Athen und Neopatria einer starken Hellenisierung. Die genannten Quellen für den Gebrauch des Katalanischen belegen, dass diese Sprache u. a. für die Ausübung bestimmter Berufe (z. B. Notare, Beamte) auch unter den Griechen verbreitet war (Nadal / Prats 1993, 376 ss.). 2.3.4. Sprachinterne Entwicklungen Es gibt u. W. keine Studien über die sprachlichen Konsequenzen des Kontakts Katalanisch-Griechisch, weil keine Quellen existieren, die auf katalanischen Einfluss im Griechischen hinweisen. Die maritime Lexik griechischer Herkunft hat z. T. Eingang in den katalanischen Wortschatz (z. B. galera, góndol) gefunden, dennoch ist es fraglich, ob die Gräzismen im Katalanischen mit den Almogávares-Expeditionen ins östliche Mittelmeer im Zusammenhang stehen (cf. ib., 379).
3.
Spanisch: Judenspanisch
3.1.
Politisch-historischer Rahmen
3.1.1. Die Situation der Juden vor 1492 Nach der Zerstörung Judäas gelangten die Juden auf der Suche nach einer neuen Heimat von Nordafrika über Gibraltar auch auf die iberische Halbinsel. Während unter westgotischer Herrschaft die Möglichkeiten der Entfaltung für die Juden sehr gering waren, begann im 8. Jh. mit der Eroberung der Halbinsel durch die Araber und der Entwicklung des maurischen Spanien eine Blütezeit. Durch die Toleranz der arabischen Herrscher erhielten die Juden Zugang zu Politik und Wissenschaft, so dass eine einflussreiche jüdische Oberschicht entstand (cf. Kowallik 1989). Auch zur Zeit der Reconquista war die jüdische Bevölkerung den christlichen Königen eine wichtige wirtschaftliche Stütze. Erst als der Großteil der iberischen Halbin-
1899
sel wieder in christlicher Hand war, verschlechterte sich die Situation der Juden durch den im 14. Jh. vom Klerus entfachten Antisemitismus und die Versuche der Adelsversammlung (Cortes) sowie der in den Hermandades zusammengeschlossenen Städte, die Machtstellung der jüdischen Elite zu schwächen. 1391 kam es in Sevilla zu ersten gewaltsamen Judenverfolgungen, die auch auf andere Landesteile übergriffen. Daraufhin setzte die erste größere Auswanderungswelle nach Nordafrika und Portugal ein (cf. ib.). 3.1.2. Die Vertreibung von 1492 Im 15. Jh. verschlechterte sich die Situation der jüdischen Bevölkerung, bis ihr schließlich das Daseinsrecht abgesprochen wurde. Als das spanische Königspaar Ferdinand von Aragón und Isabella I. von Kastilien 1492 ein Ausweisungsedikt verfügte, in dem sie die im Reich lebenden Juden aufforderten, entweder zum katholischen Glauben überzutreten oder das Land innerhalb von vier Monaten zu verlassen, entschied sich ein Großteil – genaue Zahlen sind nicht feststellbar, aber die Forschung geht von etwa 300.000 Juden aus (Shaw 1991, 14) – für die Auswanderung (cf. Bierbach / Lochow 1997, 86). Ein Teil der Vertriebenen ging zunächst in die benachbarten Königreiche Portugal und Navarra. Nach erneuter Ausweisung 1497 bzw. 1498 verließen sie die iberische Halbinsel und siedelten sich in einigen europäischen Ländern, Nordafrika, im Osmanischen Reich und in der ‘Neuen Welt’ an. Ein neues Kapitel der jüdischen Diaspora nahm damit seinen Anfang. 3.1.3.
Migrationsziele
3.1.3.1. Das Osmanische Reich Die größte Gruppe (nach Sephiha: ca. 93.000) ließ sich auf Einladung des Sultans Bayazi II . in dem von ihm beherrschten Osmanischen Reich nieder. Aufgrund der türkischen Eroberungszüge waren der Balkan und Teile Griechenlands entvölkert worden. Durch die Gewährung religiöser und sozialer Toleranz waren die Voraussetzungen zur Bewahrung der eigenen Sprache und Kultur sehr gut, weil auch neue Gemeinden gegründet wurden, die die Zusammengehörigkeit aus der auf der iberischen Halbinsel verbrachten Zeit berücksichtigten. Dieser Umstand begünstigte das Festhalten an den mitgebrachten verschiedenen regionalen
1900 Idiomen. Es bedurfte aber zur überregionalen Kommunikation einer Art Verkehrssprache, die sich auf der Grundlage des Altkastilischen entwickelte, so dass trotz Dispersion eine relativ homogene Sprachgemeinschaft der Sepharden auf dem Balkan entstand, mit den Zentren u. a. in Saloniki, Larisa (Griechenland), Sofia, Russe (Bulgarien), Bitola (Serbien), Sarajevo (Bosnien), Skopje (Mazedonien) und Bukarest (Rumänien) (cf. Sala 1996, 360; Bierbach / Lochow 1997, 88). Doch der kulturellen Blüte folgte Ende des 16. Jh. der Niedergang und die Sepharden (vom hebräischen Sefarad, einem biblischen Namen einer Region der jüdischen Diaspora, die fälschlicherweise mit der iberischen Halbinsel gleichgesetzt wurde; cf. Kowallik 1989) büßten ihren Zusammenhalt ein. 3.1.3.2. Nordafrika Ein anderer Teil der ausgewiesenen Juden siedelte sich v. a. in Marokko, Algerien und Tunesien an. Hier hatten sich schon nach 1391 einflussreiche jüdische Gemeinden gegründet, die durch den Zuzug weiterer Glaubensgenossen eine Verschlechterung ihrer eigenen Situation befürchteten. Viele Einwanderer gingen nach dem schlechten Empfang wieder zurück nach Spanien und unterzogen sich der Zwangstaufe. Diejenigen, die blieben, siedelten sich vorwiegend im Norden von Marokko und Algerien an, konnten sich aber gegen die arabisch bzw. berberisch sprechenden Juden selten durchsetzen und wurden weitgehend assimiliert (cf. Kowallik 1989, 37). 3.1.3.3. Ziele in Europa Unter den westeuropäischen Ländern waren die Niederlande aufgrund der dort seit 1579 geltenden Religionsfreiheit ein interessantes Ziel. Sephardische Gemeinden entstanden in Amsterdam, Den Haag und Rotterdam. Es wurden jüdische Akademien wie die Academia de los floridos (1685) und die Academia de los sitibundos (1676) gegründet und judenspanische Zeitungen (Gazeta de Amsterdam von 1675–90; Kowallik 1989, 39) veröffentlicht. Trotz der günstigen Bedingungen verlor das Judenspanische allmählich an Einfluss bis zur endgültigen Vernichtung durch den Nationalsozialimus. Auch in anderen Ländern wie Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien etablierten sich sephardische Gemeinden. Zu einer kulturellen Blüte kam es v. a. in ei-
XII. Sprachkontakte und Migration
nigen Regionen Italiens, wie in Venedig und Ferrara, die sich zu Zentren der Druckkunst entwickelten. Die wichtigsten Ansiedlungen im deutschen Raum gab es in Hamburg und Frankfurt a. M.; in Großbritannien war London der Hauptanlaufpunkt (ib.). 3.1.3.4. Die ‘Neue Welt’ Wie auf viele andere übte die ‘Neue Welt’ einen gewissen Reiz auch auf die jüdische Bevölkerung aus. Sie gehörten zu den ersten Kolonisatoren, auch wenn sie illegal einreisten. Die Inquisition wurde auch bald auf die neu entdeckten Kolonien ausgedehnt, und 1577 wurde ein offizielles Ausreiseverbot für Juden und Marranen (Scheinkonvertierte) erlassen. In Nordamerika entstanden im 17./18. Jh. sechs sephardische Gemeinden. Um die Mitte des 19. Jh. war die Zahl der sephardischen Juden in New York zeitweise auf 40.000 gestiegen (cf. ib.). Durch die Übermacht des Englischen scheiterten die Versuche, an der eigenen Sprache festzuhalten. 3.2. Zeugnisse des Judenspanischen Eine sephardische Literatur entstand erst nach der Vertreibung 1492, aber auch vor ihrer Ausweisung gab es eine Reihe schriftlich fixierter Texte in Hebräisch und Aramäisch wie Gebetbücher, Chroniken; Teile des Alten Testaments waren schon ins Ladino, die religiöse Kunstsprache der Sepharden, übertragen, und man konnte auf eine lange Tradition mündlicher Überlieferungen (Lieder, Romanzen, Sprichwörter, Erzählungen) zurückblicken. Das religiöse Schrifttum bildete den Kern der sephardischen Literatur, wobei die Grenzen zwischen religiöser und profaner Literatur fließend sind. Allerdings reichten die Sprachkenntnisse selten aus, um der jüdischen Bevölkerung den Zugang zur Religion in der Hochsprache Hebräisch zu ermöglichen; deshalb gab es Übersetzungen ins Ladino, später auch ins Judenspanische (cf. ib., 50). (a) Bibel Auf 1547 wird die älteste sephardische Übersetzung der Bibel, die Torá, datiert, die in Konstantinopel bzw. Saloniki herausgegeben wurde und dreisprachig, d. h. in Hebräisch, Neugriechisch und Ladino erschien. Am berühmtesten ist aber die 1553 im italienischen Ferrara verlegte Ferrara-Bibel, die zugleich die erste vollständige Übersetzung des Alten Testaments ist. Eine viel jüngere, deshalb aber nicht weniger wichtige Bibel-
169. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Die Sprachen der iberischen Halbinsel
übersetzung ist die Ausgabe Abraham Ben Isaak Asas, die sog. Asa-Bibel, die von 1739 bis 1744 in Istanbul erschien. (b) Der Me’am Lo’ez Der innerhalb der Forschung als bedeutendstes Werk der sephardischen Literatur geltende Me’am Lo’ez war eigentlich als Kommentar zu den Büchern des Alten Testaments gedacht und entwickelte sich zu einer Art Enzyklopädie jüdischen Lebens. Der Initiator Jakob Ben Meir Kuli wollte den Sepharden das Alte Testament in ihrer eigenen Sprache erläutern; dabei versuchte er, die Sprechart der Leute einzufangen, sie für die Erklärungen zu nutzen, und verwendete Material zu den religiösen Regeln ebenso wie folkloristisch-legendenhafte Anekdoten und Geschichten zur Moral. Der ‘klassische’ Me’am Lo’ez erschien zwischen 1730 und 1777, bis 1899 wurde das Gesamtwerk vollendet. Obwohl Kuli selbst nur die ersten beiden Bände verfassen konnte, da er schon 1733 verstarb, hielten die späteren Herausgeber an seiner Tradition fest, so dass ein Bild über 170 Jahre Sprachentwicklung entstehen konnte (cf. Bierbach / Lochow 1997, 97). (c) Die literarische Tradition Die literarische Tradition der Sepharden umfasst die coplas und den romancero als die typischen Literaturgattungen in Versen sowie die consejas und refranes in Prosa (cf. ib., 99). (d) Pressewesen Das Pressewesen entwickelte sich erst mit dem steigenden Einfluss Westeuropas im 19. Jh. und v. a. durch die Arbeit der Alliance Israélite Universelle, einer französischen Hilfsorganisation. Der Zerfall des Osmanischen Reiches und die Aufspaltung in Nationalstaaten zerstörte den ehemals festen Zusammenhalt der Sepharden. Die Blütezeit des sephardischen Pressewesens liegt zwischen 1908 und 1939, als es die Bühne für Theaterstücke, Romane und die neue Lyrik war. Der 2. Weltkrieg bereitete dieser Entwicklung ein Ende; die einzige noch vollständig auf Judenspanisch erscheinende Zeitschrift ist die Aki Yerushalayim (ib.). 3.3. Interpretative Fragen Eine Fülle von Namen wie Judeoespañol, Judenspanisch, Djudezmo, Ladino, Español sefardí usw. bezeichnet die Sprachvarietäten, die mit der Vertreibung der Juden von der iberischen Halbinsel seit 1492 und ihrer Entwicklung in einer neuen Diaspora im gesam-
1901
ten Mittelmeerraum entstanden sind. Die Vielfalt der Termini (cf. die Literaturdiskussion in Bierbach / Lochow 1997, 89) spiegelt immer noch eine der zentralen Streitfragen in der Sephardenforschung wider. 3.3.1. Zum Sprachkontakt Das Judenspanische ist zugleich Emigranten- und Minderheitensprache, die nicht standardisiert ist, die sich in einem diskontinuierlichen Gebiet (als ‘Sprachinseln’) ohne Kontakt zur ehemaligen Metropole entwickelt hat und heute vom Aussterben bedroht ist. Dieses Idiom zeichnet sich durch archaische und innovatorische Charakteristika in Bezug auf das moderne Standardspanisch aus (cf. ib., 92). Die innovatorischen Züge haben sich durch den Kontakt zu den Nachbarsprachen herausgebildet, so dass das gesprochene Judenspanisch des Balkans und des Vorderen Orients als Prototyp einer Mischsprache gilt (cf. Bossong 1987, 1). Neben seinen allgemeinen sprachlichen Merkmalen (cf. 3.3.2.) treten aber auch noch besondere, geographisch begrenzte in Erscheinung; in Sarajevo und Bukarest z. B. ist der labiodentale Frikativlaut /v/ (lavar) im Gegensatz zum übrigen Sprachgebiet erhalten geblieben (cf. Sala 1996, 363). Die Entwicklung der judenspanischen Varietät in Marokko (Hakitía) und ihrer sprachlichen Merkmale wird bei Wagner (1990) untersucht. Das Judenspanische im ehemaligen Osmanischen Reich ist bereits mehrfach dargestellt worden (cf. hierzu Kowallik 1989; Wagner 1990; Shaw 1991). 3.3.2. Sprachinterne Entwicklungen Der archaische Charakter des Judenspanischen hat sich hauptsächlich auf phonologischer und morphologischer Ebene erhalten (cf. Bierbach / Lochow 1997, 93): (a) Bewahrung der Opposition von stimmhaften und stimmlosen intervokalischen Sibilanten /z/ – /s/ (kaza – korason); (b) Bewahrung stimmhafter und stimmloser Palatale /ˇs/ – /ˇz/ (muˇzer – diˇso); (c) Ausbleiben der Velarisierung des Palatals (cf. neuspan. hijo); (d) Fehlen eines interdentalen Sibilanten (cf. europ. span. hacer, decir); (e) Erhalt der Unterscheidung von okklusivem /b/ und frikativem /v/ im Wortanlaut; weitere Besonderheiten sind: (f) Phonemvarianz bei lat. anlautendem f-: f-, h- oder ø- wie in fijo, hijo, ijo;
1902 (g) Verschiebung von n- nach m- in einigen Fällen: mos, muestro anstelle von nos, nuestro; (h) Metathese von /r/ und Verschlusslaut wie in akodrar (acordar), prove (pobre). (i) Erhalt archaischer Verbformen (tu sos vs. tu eres); (j) Tendenz zur Präfigierung von Verben, Adjektiven und Substantiven (arelumbrar, martiado); (k) Bevorzugung bestimmter Diminutiva (-iko / -ika); (l) Genusmarkierungen für nicht markierte Wörter im Spanischen wie bei kual /kuala. Die innovatorischen Züge kommen durch den engen Sprachkontakt mit den umgebenden Sprachen zustande und betreffen hauptsächlich den Wortschatz. Sie entstehen aus neuen Bezeichnungsnotwendigkeiten, die über Entlehnungen aus den umgebenden oder kulturell dominanten Sprachen realisiert werden: z. B. Turkismen (taván “Dach”, kutí “Kiste”; cf. Sala 1996, 366), Italianismen, Arabismen und seit dem letzten Drittel des 19. Jh. in zunehmenden Maße Gallizismen (cf. Bierbach / Lochow 1997, 94).
4.
Spanisch in Nordamerika
Die Präsenz des Spanischen in Nordamerika beruht auf Migrationsprozessen, die seit dem 16. Jh. stattfanden. Während der ersten Phase der Kolonialzeit (Anfang des 16. Jh.) siedelten sich die Spanier, die als Entdecker, Eroberer und Missionare kamen, im Südwesten der USA (Kalifornien, Neu-Mexiko, Arizona, cf. Toponymie) an. Später im 18. Jh. ließen sich kanarische Emigranten im Südosten (Texas und Louisiana) nieder. Durch die wachsende Vorherrschaft der USA und des Englischen seit der Niederlage Mexikos 1848 wird das peninsulare Spanisch der Kolonialzeit im Südwesten durch die starke Ausbreitung des Englischen v. a. in Kalifornien zurückgedrängt. In Neu-Mexiko und Texas führt der Kontakt der ursprünglich spanischen Bewohner mit Mexikanern zur sprachlichen Anpassung der Nachfahren der ehemaligen Kolonisatoren an die neuen Emigranten aus Mexiko, so dass durch die ständige Zuwanderung aus Mexiko das peninsulare Spanisch allmählich mexikanisiert wurde. Seit 1898 setzte ein weiterer Migrantenstrom von Puertoricanern und Kubanern ein, die sich hauptsäch-
XII. Sprachkontakte und Migration
lich in New York und Philadelphia (Puertoricaner) bzw. im Süden Floridas (Kubaner) niederließen. Neben der kolonialen hat v. a. die postkoloniale Migration des 19. und 20. Jh. das Spanische Nordamerikas geprägt, das als Minderheitensprache in vier Varietäten existiert (detaillierte Ausführungen → Art. 83; 151).
5.
Portugiesisch: Judenportugiesisch
5.1.
Politisch-historischer Rahmen
5.1.1. Die Situation der Juden in Portugal bis 1496 In Portugal waren die Juden in die christliche Gesellschaft integriert, bewahrten sich jedoch bis ins 15. Jh. eine gewisse Autonomie und eine eigene Ordnung. Zur Zeit der Entstehung des portugiesischen Königreiches im 12. Jh. gab es bedeutende jüdische Gemeinden in mehreren von den Christen zurückeroberten Städten (z. B. 1147 in Santarém). Während der alfonsinischen Ära (1128–1385) genossen die Juden i. A. den Schutz der Krone. Ende des 14. Jh. spitzten sich die Rivalitäten zwischen Portugal und Kastilien zu, und es kam zu Judenpogromen, die zur zunehmenden Auswanderung der Juden nach Portugal führten, wo sie im 15. Jh. entscheidend zur Entwicklung des Landes beitrugen (cf. ICEP 1997, 3). In dieser Epoche treten aber auch die ersten sozialen Spannungen zwischen Juden und Christen auf, die durch Handels- und Finanzinteressen bedingt sind. Unter João I. (1385–1433) und seinem Nachfolger wurden die Juden einiger Freiheiten beraubt (cf. die Kleiderverordnungen). Obwohl später die portugiesische Krone die Juden begünstigte, nahmen das Bürgertum und der hohe Klerus eine entgegengesetzte Haltung ein. Mit der Thronbesteigung von João II . (1481–95) stieg die Zahl der aufgrund des Vertreibungsedikts von 1492 aus Spanien einwandernden Juden. Zunächst setzte Manuel I. (1495–1521) das Dekret seines Vorgängers außer Kraft, doch zwang ihn die iberische Bündnispolitik durch seine Heirat mit der Tochter der Katholischen Könige, den Forderungen Spaniens nach Ausweisung der in Portugal lebenden Juden nachzugeben. Das Vertreibungsedikt datierte vom Dezember 1496. Obwohl der König die Ausweisung offiziell anordnete, wurden Maßnahmen zur Bekehrung (Zwangstaufe) und zur Überwa-
169. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Die Sprachen der iberischen Halbinsel
chung und Begrenzung der Ausreise getroffen, weil sich der König des Vorteils bewusst war, den das Verbleiben der jüdischen Gemeinschaft bedeutete (cf. 4.). 5.1.2. Krypotjuden und Marranen Das 1496 erlassene Vertreibungsedikt und die 1497 von Manuel I. angeordnete generelle Zwangsbekehrung leiteten eine neue Epoche für die portugiesischen Juden ein. Nach der Zwangstaufe wurden die bekehrten Juden offiziell als Neuchristen bezeichnet und 1507 durch ein Gesetz den Altchristen gleichgestellt. Viele fügten sich in die neue, ihnen aufgezwungene Religion. Andere, die Kryptojuden, bekannten sich öffentlich zur katholischen Lehre, bewahrten aber zu Hause im Verborgenen ihre Religion und ihren Kult. In dieser durch die Inquisition geprägten Zeit taucht das Schimpfwort Marrane auf, dessen Etymologie bereits kontrovers diskutiert worden ist (cf. Hinweise bei Wexler 1982, 59). Hinter der Bedeutung “Neuchrist” steht nach dem DCECH (vol. 3, 1980, 858 ss.) zweifellos die figurative Anwendung von marrano “Schwein”, mit der konvertierte Juden und Mauren bezeichnet wurden, weil ihnen aus religiösen Gründen der Verzehr von Schweinefleisch untersagt ist. Die Bedeutung “Schwein” geht auf kast. marrano bzw. port. marrão zurück (von arab. máhram – mahrán in der Volkssprache – für “verbotene Sache”; ib.). In der Gegenwart wird der Begriff konnotationslos als historischer Terminus durch die jüngere Geschichtsschreibung verwendet. Damit werden die Neuchristen portugiesischer und spanischer Herkunft bezeichnet, die heimlich die jüdische Religion ausübten und sich auf der Flucht vor der Inquisition in anderen Ländern niederließen (cf. ib., 38). 5.1.3. Migrationsziele Durch den Exodus der Neuchristen bildeten sich in der ganzen Welt Gemeinschaften portugiesischer Juden. In den christlichen Mittelmeerländern Europas, v. a. in Südwestfrankreich (Montpellier, Avignon, Bayonne und Bordeaux) oder in den Städten der italienischen Republiken (Ferrara, Venedig, Rom und Ancona), in denen die Inquisition weniger Gewicht hatte als auf der iberischen Halbinsel, ließen sich Gemeinschaften portugiesischer Neuchristen nieder. Das protestantische Europa, v. a. die von der Reformation geprägten Städte Amsterdam und London, nahm die diskriminierten Juden
1903
auf, die hauptsächlich Marranen waren. Um 1593 etablierten sie sich in Amsterdam. Die ältesten Belege einer jüdisch-portugiesischen Gemeinschaft in Hamburg gehen bis in die 70er Jahre des 16. Jh. zurück (cf. Studemund-Halévy 1994). Sie förderten die Handelsbeziehungen mit Spanien und Portugal und spielten eine wichtige Rolle bei der Gründung der Hamburger Bank, einer der drei ältesten Europas. Während in Italien (Ferrara) ein wichtiges Zentrum von Schriftstellern und Verlegern mit einer umfangreichen Produktion entstand, befassten sich die in Mitteleuropa ansässigen Juden mit Theologie und Philosophie und schufen eine für ihre Zeit bemerkenswerte Denkschule. In der islamischen Welt Nordafrikas oder in den Gebieten, die unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches standen, wurden die Juden (cf. 3.1.3.1.) in ihrer religiösen und kulturellen Identität anerkannt. Seit dem 17. Jh. entstanden neuchristliche Gemeinden in den amerikanischen Kolonien. Durch die Veränderungen in Politik und Mentalität seit der zweiten Hälfte des 18. Jh. (Liberalismus und neue Verfassung von 1821) kehrten im 19. Jh. viele Juden nach Portugal zurück. Nach 1917 haben die Marranen die jüdische Religion öffentlich wieder angenommen; über ihre Sprache ist aber nur wenig bekannt. 5.2. Zeugnisse des Judenportugiesischen / Marrano-Portugiesischen Das von den Juden Ende des 15. Jh. gesprochene Portugiesisch wurde nach Wexler (1985, 190) noch nicht untersucht. Anders als beim Judenspanischen wurde eine eigenständige Form des Portugiesischen durch die Marrano-Gemeinde geschaffen. Das Marrano-Portugiesische entwickelte sich v. a. auf den Normen des Portugiesischen, umfasst aber auch Elemente des älteren Judenportugiesischen und des Judenspanischen. Wexler (ib.) unterscheidet bzgl. der Quellen drei Varietäten des Judenportugiesischen: (1) Das peninsulare Judenportugiesisch: (a) Dessen frühester Text in hebräischer Schrift stammt von 1411. Da viele Texte spanischen Ursprungs sind und beide peninsularen Idiome Affinitäten aufweisen, ist die Identifizierung judenportugiesischer Elemente problematisch. (b) In den portugiesischen Theaterstücken des späten 15. und des 16. Jh. findet
1904 man jüdische, maurische und afrikanische Figuren, die durch sprachliche Besonderheiten charakterisiert werden, so dass das Studium der Werke u. a. von Gil Vicente (cf. Leite de Vasconcellos 1901; Teyssier 1959) weitere Aufschlüsse geben könnte. (c) Eine Reihe von hebräischen und arabischen Entlehnungen im Standardportugiesischen stammen sehr wahrscheinlich aus dem Judenportugiesischen wie beraca “jüdischer Segen für die älteste Person auf einem Fest” (Bspp. cf. Wexler 1985, 192). (d) In den Balkandialekten des Judenspanischen treten portugiesische bzw. westiberische (leonesische, asturische, galizische) Eigenheiten auf, z. B. die Beibehaltung von f- am Wortanfang. Allerdings erweist es sich als äußerst schwierig, die Herkunft einzelner Wörter zu bestimmen, weil viele Wörter des modernen Portugiesisch in den vergangenen Jahrhunderten auch im Spanischen gebräuchlich waren oder andere noch heute in nordspanischen Dialekten anzutreffen sind (cf. Wagner 1950, 190). Untersucht man die einschlägige Literatur, gibt es keine Einigkeit darüber, welche Elemente des heutigen Judenspanisch portugiesischen Ursprungs sind. (e) Spuren des Judenportugiesischen wie des Marrano-Portugiesischen sind in Familiennamen erkennbar (cf. Sala 1998). (2) Marrano-Portugiesisch der iberischen Halbinsel und der Kolonien: Die einzigen schriftlichen Quellen des peninsularen Marrano-Portugiesischen sind die Inquisitionsakten und die antijüdische Polemikliteratur des späten 15. und des 16. Jh. (cf. Wexler, 1985, 192). Die Veröffentlichung des spanischen Materials führte zur Entdeckung zahlreicher jüdisch-romanischer Lexeme. Die portugiesischen Dokumente zwischen 1536 und 1768 wurden größtenteils noch nicht publiziert, sind aber sicherlich ebenso aufschlussreich. (3) Marrano-Portugiesisch der Emigranten: Die spanischen Juden gingen zunächst nach Portugal und vermischten sich z. T. mit den portugiesischen und emigrierten Juden. Die Verwaltung der jüdischen Gemeinden war anfangs zweisprachig (spanisch und portugiesisch), so dass Wexler (1985) von mindestens drei, möglicherweise fünf Varietäten ausgeht, die miteinander vermischt wurden: Portugiesisch als gesprochene / geschriebene Sprache, Spanisch als Schriftsprache und als gelegentlich mündlich gebrauchte Sprache sowie das Ladino. Ein
XII. Sprachkontakte und Migration
Desideratum bleibt die Erforschung der etymologischen und neologischen Komponenten der innovativen Marrano-Mischsprache in den einzelnen Emigrationszentren. Ab 1775 wird das Portugiesische unter den Marrano-Nachfahren allmählich aufgegeben; in Amsterdam und Hamburg wird es nur noch bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts gesprochen und gilt als ausgestorben (cf. Wagner 1950, 189). 5.3.
Interpretative Fragen
5.3.1. Sprachkontakt Nach der Auswanderung und Verbreitung der Sprache in einem diskontinuierlichen Gebiet ohne normbestimmendes Zentrum (cf. 3.3.2.) wird eine Gebrauchsdistribution deutlich: das Judenportugiesische entwickelte sich anfangs – aufgrund der numerischen Überlegenheit seiner Sprecher – zur Alltagssprache und Sprache der offiziellen Dokumente, Gesetze und Verordnungen, während das Judenspanische, das immer als das prestigereichere der beiden iberischen Idiome angesehen wurde, der sakralen und profanen Literatur sowie der Religion (es ist die einzige Sprache auf Grabsteininschriften; cf. Sala 1998) vorbehalten war. Deshalb ist es auch bis in die Gegenwart erhalten geblieben. Der Gebrauch beider einander so ähnlicher Idiome führte zu einer gegenseitigen Beeinflussung und zu einem stark ausgeprägten hybriden Charakter, der sich in Mischformen v. a. auf morphologischer Ebene widerspiegelt. Phonetische Unterschiede zwischen dem Portugiesischen und dem Judenspanischen waren weniger augenfällig; gegenseitiger lexikalischer Einfluss ist ebenso nachweisbar (cf. Wagner 1950, 190). 5.3.2. Sprachinterne Entwicklung Neben den Dialektstudien von Leite de Vasconcellos (1901) gibt es eine umfassende Studie von Tavani (1959) zur judenportugiesischen Varietät von Livorno. In der dortigen jüdischen Gemeinde wurde sowohl Judenspanisch als auch Judenportugiesisch gesprochen. Aus Tavanis Untersuchungen ergaben sich vorwiegend morphologische Besonderheiten: (a) Doppelformen (moble-móvil); (b) Genusdublette durch italienischen Einfluss (a margem – il margine); (c) Passivbildung u. a. mit ficar als Kalkierung von Konstruktionen mit quedar im Spanischen;
169. Romanische Migranten- und Vertriebenensprachen: Die Sprachen der iberischen Halbinsel
(d) Adverbien, Präpositionen und Konjunktionen spanischer bzw. italienischer Herkunft sind mehr oder weniger an das portugiesische System angepasst (ib.). Geringer sind Einflüsse auf die Phonetik. Bei letzteren handelt es sich u. a. um (e) die Neutralisierung der Opposition /b/–/v/, die auf das Spanische zurückgeht. Des Weiteren weisen die untersuchten Texte archaische Formen und Strukturen auf, die man nicht datieren kann; man weiß nicht, ob sie schon vor der Vertreibung im Sprachgebrauch waren oder dem Abbruch der Beziehungen mit Portugal über zwei Jahrhunderte geschuldet sind; (f) das Verb haver bleibt das einzige Hilfsverb zur Zeitenbildung, während ter ausschließlich in der Bedeutung von “haben” gebraucht wird; (g) das Relativpronomen cujo erscheint als Subjektpronomen anstelle von que oder quel; (h) die Possessivpronomen stehen nicht mehr mit dem bestimmten Artikel (ib.).
6.
Galizisch
6.1. Politisch-historischer Rahmen Die Emigration der Galizier nach Amerika verlief in mehreren Migrationsströmen über einen Zeitraum von etwa einem Jahrhundert, d. h. ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. – zu älteren Auswanderungsströmen bis ca. 1960 (cf. Eiras Roel 1991). Nach der Aufhebung des Auswanderungsverbots in der spanischen Verfassung 1853 wurde die Emigration in die unabhängigen lateinamerikanischen Staaten, v. a. nach Argentinien, Kuba, Brasilien, später Venezuela, Uruguay, Mexiko, Chile sowie in die USA gefördert. Dabei handelt es sich vorrangig um eine individuelle Arbeitsmigration, die aus ökonomischen und sozialen Gründen (System der Minifundien in Galizien) erfolgte (cf. Gugenberger 1998). 6.2. Sprachkontakt Die Situation des Galizischen in Hispanoamerika ist bisher wenig erforscht worden (cf. Gugenberger 1998). Aufgrund folgender Umstände stand und steht die Bewahrung des Galizischen in der Emigration unter ungünstigen Voraussetzungen (ib.): – Diglossie-Situation zum Spanischen bereits in Galizien,
1905
– das Spanische ist ebenfalls die dominante Sprache des Einwanderungslandes, – unterschiedliche zweisprachige Sozialisierung, – sprachliche Nähe der beiden Sprachsysteme, – Stigmatisierung des Galiziers; er war in Argentinien oft Ziel von Verspottung. Sowohl in Argentinien als auch in Kuba existieren Einrichtungen galizischer Emigranten, die ‘centros’ (Centro Gallego (1907), Centro Galicia (1979) in Buenos Aires oder die Sociedad de Benificencia de Naturales de Galicia (1871), Centro Gallego (1878) in La Habana), die wichtige soziale Netzwerke verkörpern. In den Zentren in Buenos Aires wird v. a. Spanisch gesprochen, Ausnahmen bilden Vorträge von Gästen aus Galizien und Galizisch-Sprachkurse als Teil des Kulturprogramms. Auch andere Institutionen (Universitäten) bieten Sprachkurse und Kurse zu galizischen Themen an, die auch Ausdruck der Politik der Xunta de Galicia sind, den Kontakt mit den galizischen Gemeinschaften im Ausland wieder zu verstärken (cf. ib.). Der gegenwärtige Forschungsstand erlaubt als Schlussfolgerung die Feststellung folgender Phänomene (cf. ib., 34): (a) parallel existieren unterschiedliche Tendenzen bei der Identitätsrückbesinnung bzw. -suche; (b) eine unterschiedlich ausgeprägte sprachliche Kompetenz in Galizisch; (c) durch die Normalisierung des Galizischen 1983 werden auch allmählich galizische Emigrantengemeinschaften durch die Xunta de Galicia gefördert; (d) eine unterschiedliche sprachliche Beeinflussung des Galizischen durch regionalspanische Varianten; (e) eine linguistische Vielfalt im Spanischen der galizischen Immigranten.
7.
Resümee
Aus den Untersuchungen zu den Migrantenund Vertriebenensprachen der Iberoromania kann geschlussfolgert werden, dass es sich jeweils um eigenständige, in bestimmten Phasen der historischen Entwicklung ausgelöste migratorische Bewegungen handelt. Nur im Fall der sephardischen Diaspora kommt es zur wechselseitigen Beeinflussung zwischen dem Spanischen und dem Portugiesischen, die noch genau zu untersuchen ist.
1906
8.
Literatur
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Sabine Albrecht, Jena
1907
170. Prinzipien der Funktionalstilistik
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht Domaines de la communication, médias et types de textes du point de vue de l’histoire des langues 170.
Prinzipien der Funktionalstilistik Les principes de la stylistique fonctionnelle
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Sprachkompetenz – Variationskompetenz Kommunikationstypen – Variationstypen Funktionen und Sprachstile Prinzipien der Analyse Diachronie Zusammenfassung, Perspektiven Literatur
1.
Sprachkompetenz – Variationskompetenz
Das Phänomen funktionaler Mehrsprachigkeit rückte seit Beginn der 60er Jahre des 20. Jh. ins Zentrum der linguistischen Forschung. Wissenschaftshistorisch standen / stehen die diversen ihm gewidmeten variationslinguistischen Ansätze in Opposition zu mechanistischen Ansätzen (klassischer Strukturalismus, generative Transformationsgrammatik), die von derartigen «Nebensächlichkeiten» (so noch Chomsky 1985, Kap. 2.2) im Namen der wissenschaftlichen rigueur absehen zu dürfen glaubten: Grundbegriffe wie langue, compétence schienen ein einziges, homogenes System vorauszusetzen. Nun ist die variationelle Vielfalt durchaus nicht ein kommunikatives Chaos und schließt daher Exaktheit und explikative Adäquatheit der Beschreibung nicht aus (neuere resümierende Darstellungen: HSK 3/1 (1987), Kap. 3; HSK 14/1 (1998), Kap. 2; zur Romania: LRL , z. B. 5/1 (1990), Art. 305– 315). Im Sprachgebrauch besteht die Tendenz, unter dem Titel ‘Sprachvariation’ eher die Variation mit dem ‘Substandard’, unter dem Titel ‘Funktionalstil’ die (fachlich) elaborierten Varianten abzuhandeln. Diese bloß konventionelle Unterscheidung wird nach dem methodischen Überblick (cf.
2.–3.) ab Kap. 4 zugrunde gelegt. Für die Analyse der fachsprachlichen Techniken ist wichtig, zwei Sprachhandlungen nicht zu verwechseln: die Benennung von ‘Dingen’ und die Vertextung von Bezügen zwischen ‘Dingen’ (nominative vs. deskriptive Funktion): Erst die Benennung der Dinge ermöglicht deren Integration in den Text. Die Strategien der beiden Sprachhandlungen divergieren sowohl strukturell (cf. 4.4.) als auch historisch (cf. 5.).
2.
Kommunikationstypen – Variationstypen
2.1. Die (nicht nur) französische Realität illustriert Stourdzé (1971, 41) anhand dreier Varianten mit drei Beispielen, die identische Sachverhalte in divergenter sprachlicher Form präsentieren: (1) langue courante: Je ne suis pas venu parce que j’étais très fatigué. (2) langue familière: J’étais claqueé, j’suis pas v’nu. (3) langue choisie: Mon absence d’hier a résulté d’un excès de fatigue.
Hier wird die in der französischen Tradition der 60er Jahre vorgenommene Einteilung in drei niveaux de langue wiederholt. Unter (2) sind auch das français populaire, vulgaire, argotique zu subsumieren, die nur schwer voneinander abzugrenzen sind, und die sinnvollerweise mit dem Dachbegriff «français relâché» bezeichnet werden sollten (Müller 1975, 187). Die elaborierte Variante (3) scheint Stourdzé – noch – mit dem bon usage gleichzusetzen, der in Frankreich viele Jahrhunderte lang die (literarische) Norm
1908
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
definiert hatte. Aber die Funktion der Elaborationstechniken hatte sich längst in ‘literarische’ vs. ‘fachsprachliche’ Elaboration gesplittet (cf. 5.1.2.). Wichtig an der zitierten Dreiteilung ist Folgendes: Die kommunikative Normalform ist nicht mehr die (literarische) Norm (3), sondern die «langue courante» (1). Diese neue Sicht der kommunikativen Realität war von langer Hand – durch Literaten, Sprachwissenschaftler und Sprachpädagogen – seit den 30er Jahren vorbereitet (Forner 1998a, 447–450). Die Kommunikation ist ein Wechselspiel zwischen den Kommunikationspartnern, dem gemeinten Gegenstand und der Kommunikationssituation. In diesem Spiel zeigen die drei zitierten Varianten ein asymmetrisches Verhalten: «Qu’un étranger s’exprime en langue courante et dise: ‹Je n(e) suis pas v(e)nu parce que j’étais très fatigué›, alors qu’à ce moment-là, autour de lui, des Français s’expriment en langue familière ou inversement en langue choisie, personne n’est choqué. Mais qu’il emploie une expression familière: ‹J’étais claqué, j’suis pas v’nu›, ou choisie: ‹Mon absence d’hier a résulté d’un excès de fatigue›, alors que dans son entourage on s’exprime en langue courante, à ce moment-là on ressent comme une fausse note» (Stourdzé 1971, 41).
Die Varianten (2) und (3) ‘passen’ nicht zu Variante (1), die jedoch in jeden Kontext ‘passt’. Der Missbrauch dieser ‘Spielregel’ wird gesellschaftlich geahndet. Während Variante (1) nichts weiter als die sprachliche Gestaltung des Gemeinten ist, aktivieren (2) und (3) zusätzlich Konnotationen (cf. 3.4.) und reizen so zu Reaktionen, die über die bloße Informationsentnahme hinausgehen: (1) ist stilistisch unmarkiert bzw. neutral; (2) und (3) sind stilistisch markiert. Welche sprachlichen Besonderheiten die Markierung hervorrufen, ist noch zu klären. Insbes. Variante (3), die so etwas wie «une fausse note» evoziert, ist erklärungsbedürftig. Kein Franzose käme auf die Idee, einen so sehr markierten Satz ernsthaft zu äußern – aber: Woran liegt das? 2.2. Diglossische Variation. Die hier am Französischen vorgestellte variationelle Dreier-Staffelung impliziert eine Bewertung: Der ‘familiär’ markierte Stil (2) ist für die ungezwungene Alltagskommunikation unter copains reserviert, der markierte Stil (3) ist für gesellschaftlich herausgehobene Anlässe bestimmt. Die «langue choisie» ist darüber hinaus (Ferguson 1959, 326) «a very diver-
gent, highly codified, […] superposed variety, the vehicle of a large and respected body of written literature, […] which is learned largely by formal education». Diese funktional komplementäre, zweisprachige Kompetenz heißt seit Ferguson (ib.) ‘Diglossie’, die beiden Sprachformen heißen high vs. low variety (ib.), bzw. – entsprechend dem verwendungsorientierten Vorschlag von Koch / Oesterreicher (1985, 17 ss.) – ‘Sprache der Nähe’ vs. ‘Sprache der Distanz’ (cf. 4.2.2.). Die Unterscheidung in Nähe vs. Distanz kann sich entweder (im Sinne von Ferguson 1959) in zwei Varianten derselben Sprache ausdrücken, oder auch – mit einem sinnvoll erweiterten variety-Konzept (Fishman 1972) – in unterschiedlichen Sprachen, z. B. Spanisch und Guaraní in Paraguay (ib.); Hochdeutsch / Alemannisch / Bündnerromanisch im triglossischen oberen Rhein- / Inntal (Solèr 1995). Dazu kommt als Drittes die Möglichkeit, die Kommunikationssituation ‘neutral’ zu bewerten und entsprechend zu versprachlichen (z. B. Bierwisch 1988, 1110; cf. 4.2.). Der postulierte Neutralstil ist beschreibungstechnisch wichtig und sachlich angemessen, denn markierte Äußerungen bestehen nicht ausschließlich aus markierten sprachlichen Einheiten, sondern sind die ‘Summe’ aus neutralen und markierten Einheiten (Berruto 1987, 267). Diese differentielle Analyse (in ‘neutrale’ vs. ‘markierte’ Einheiten) ist die Bedingung der Möglichkeit einer Variationsgrammatik (cf. 4.2.): Ohne diesen Ansatz sind nur probabilistische Frequenzanalysen möglich. 2.3. Faktoren der Variation. Sprache variiert in Raum und Zeit – zu dieser diatopischen und diachronischen Variation kommen funktionale Faktoren. Wir sprechen – mit Coseriu (1969) – von diastratischer Variation. Bestimmte Sprachformen sind für bestimmte Situationen / Intentionen / Inhalte konventionell festgelegt. Auch diese ‘Genres’, ‘Register’, etc. – allgemeiner: diese «Diskurstraditionen» (Koch 1997b) – bestimmen die Form von Sprache (‘diaphasische Variation’). Sprache variiert auch in Abhängigkeit vom ‘Medium’: mündlich vs. schriftlich (‘diamesische Variation’). – Ob und in welchem Umfang und in welcher sprachlichen Form diese (und ggf. weitere) potentiellen Variationsfaktoren im konkreten Fall jeweils eine Rolle spielen, «lässt sich nicht a priori sagen, sondern es ist eine Fra-
1909
170. Prinzipien der Funktionalstilistik
ge der empirischen Analyse» (Klein 1988, 997). Der Unterschied zwischen mündlich vs. schriftlich konzipierter Sprache ist z. B. gerade im Französischen relativ groß. Das hat nichts mit der Dichotomie low- vs. high variety zu tun, auch wenn diese Verwechslung nicht selten geschieht. Das zitierte Beispiel der langue familière (cf. 2.1.) enthält eine Reihe von Merkmalen, die der mündlichen Sprache und nicht dem familiären Stil zuzuschreiben sind: Ausfall des e muet, der Verneinungspartikel ne, die angedeutete regressive Assimilation («j’suis» = [ʃsyi, ʃyi]); ‘familiär’ an dem zitierten Beispiel ist allein das lexikalische Element «claqué», vielleicht auch die Asyndese.
Diese mündlichen Merkmale sind im mündlichen Kontext nicht stilbildend, sondern gehören dort zum ‘Neutralstil’. Weitere Merkmale des französischen mündlichen Neutralstils sind z. B.: ça statt cela, on / nous, t’as / tu as, [i fε] “il fait”, Wegfall der Opposition zwischen indirektem und direktem Fragepronomen (je ne sais pas ce qu’il veut / je ne sais pas qu’est-ce qu’il veut), zwischen futur und futur proche, zwischen passé simple und passé composé, der syntaktischen Divergenz zwischen Frage- und Aussagesatz (viens-tu? / tu viens?).
Die letztgenannten Formen sind im français oral jeweils die einzige, daher ‘neutrale’ Sprachform: Die schriftfranzösischen Alternativen würden dort «lächerlich gestelzt klingen» (Heinrich Lüdtke 1968, 84). Es gibt also eine Reihe von Dia-Faktoren, aber für diese gilt ein je eigener Neutralstil. Im Gegensatz dazu ist die vorher skizzierte diglossische Variation (Nähe vs. Distanz) der Entscheidung des Sprechers unterworfen. Sie kann im Prinzip auf jeden der DiaFaktoren mutatis mutandis angewendet werden: In Gemeinschaften mit Hochsprache-Dialekt-Diglossie kennt der Dialekt die ‘nah–fern’-Differenzierung und die Hochsprache obendrein: Das ergibt vier Distanzstufen; bis zu sechs Distanzstufen in triglossischen Gemeinschaften, etc. In Bezug auf den diastratischen Faktor diagnostiziert Müller (1975, 187) für das Französische einen Wandel der «Sprachschichtung nach Gesellschaftsklassen in eine Sprachschichtung nach Qualitätsklassen»; d. h. z. B.: Das Argot ist aus der sozialen Gosse aufgestiegen zur bourgeoisen Nähe-Sprache. Grund für diese Entwicklung sei u. a. der «Abbau der Klassenschranken» (ib.). – Aber erklärt
sich dies gerade in Frankreich nicht eher durch den radikalen Abbau der Lokalidiome, die zuvor den Nähe-Bereich ausgefüllt hatten, und die ein Vakuum hinterlassen haben, das dann aus einer Nachbarfunktion aufgefüllt wurde?
3.
Funktionen und Sprachstile
3.1. Funktionalstile Sprache ist nicht nur ein System von Zeichen, sondern auch ein Instrument, das je nach Verwendungsart und Sprechintention jeweils anders genutzt wird. Diese ‘instrumentelle’ bzw. funktionale Korrelation war seit den späten 20er Jahren des 20. Jh. zentrales Forschungsziel des Prager Linguistenkreises. Divergent sind nicht nur die mündliche vs. schriftliche Form, nicht nur Standard gegenüber Nicht-Standard, sondern auch innerhalb des Standards finden wir unterschiedliche Funktionalstile je nachdem, ob es sich um eine Unterhaltung, ein fachliches (inkl. fachlich intendiertes) Gespräch – unterschieden in praktische vs. wissenschaftliche Fachlichkeit – oder um einen poetischen (inkl. poetisch intendierten) Text handelt. Jeder dieser fünf Stile der Standardsprache ist durch einen konventionell festgelegten, verbindlichen Merkmalset markiert, ähnlich wie Dialekte einer Sprache: Fachsprache ist ein «scientific functional dialect» (Havránek 1932). Funktionalstile sind keine Individualstile. Der funktionalstilistische Ansatz des Prager Linguistenkreises hatte entscheidenden Einfluss auf moderne linguistische Forschungsrichtungen (Überblick cf. z. B. Garvin 1983; HSK 14/2 (1999), Art. 172– 174). 3.2. Register Die Verwendung in Situationen ist in der Londoner Schule (u. a. Firth und Halliday) verantwortlich für die jeweilige «language variety according to use» bzw. «register» (Halliday / McIntosh / Strevens 1964/21970, 87). Die Unterscheidung mündlich – schriftlich und der Substandard werden als mögliche Registervarianten eingestuft, Dialekte («varieties according to user») eigenartigerweise nicht. Der «use» ist determiniert durch das Zusammenspiel von drei situationsspezifischen Dimensionen: durch den Gesprächsgegenstand, durch die o. g. diamesisch-diaphasische Variation und durch die Rolle der Gesprächspartner (resp. «Field,
1910
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Mode, Tenor of discourse»). Registertypologien (cf. Gläser 1976, 242) gehen – wie Spillner (1987, 282) anmerkt – nicht über das aus der antiken Rhetorik geläufige zweidimensionale Stilmodell hinaus (wie die o. g. Dichotomien ‘high / low’ bzw. ‘nahe / distant’). 3.3. ‘Architektur’ Die (historische) Dynamik des mehrsprachigen kommunikativen Raumes definiert sich laut Kloss (1975; 21978) durch die jeweilige Standardsprache: Die «Überdachung» durch den Standard wirkt schützend und unterwerfend: Den «Abstand» (die sprachlichen Divergenzen) zwischen Dialekt und Hochsprache gilt es zu wahren, andererseits wirkt das Prestige der Hochsprache als Modell für den «Ausbau» des Dialekts. Beides – Abstand und Ausbau – könne zur Emanzipation der dialektalen Sprachform führen. Zum Ausbau gehört eine Reihe von Maßnahmen wie Verschriftung und Standardisierung, insbes. die Verwendung in fachlichen Domänen. Kloss setzt damit das Konzept der «Sprachkultur» des Prager Linguistenkreises von 1932 fort (cf. «Appendice», in: Bedard / Maurais 1983, 799–815). – Muljaˇci´c (1991) entwickelte diese Theorie weiter zu einem «relativistischen» Modell: Erst die Überdachung führt dazu, dass die betroffenen Idiome zu Dialekten der Dachsprache «konvergieren». Das ‘Dach’ Latein reduzierte z. B. die lokalen proto-romanischen Varianten zu lokalen ‘Aussprachen’ des Lateins; der reale Abstand war nicht wahrnehmbar. Der Ausbau erzeugt den Abstand, und nicht umgekehrt. So wurde die Abstand-Diglossie Latein–Romanisch erst durch den restaurierenden Ausbau des Lateinischen im Rahmen der karolingischen Renaissance geschaffen: Die restaurierte volksferne Aussprache machte das Latein für das Volk unverständlich und mutierte daher die ‘romanischen’ low varieties zu Abstand- und damit zu ausbaufähigen Sprachen (Muljaˇci´c 1998, im Anschluss an Helmut Lüdtke 1964 u. a.). Diese eroberten daraufhin schnell (Konzil von Tours 813) das wichtigste Kommunikationsmedium der Zeit, nämlich die religiöse Unterweisung in den Kirchen. – Die synchron beobachtbare Sprachvariation ist nur die Momentaufnahme aus diesem diachronen ‘Karussell’ aus Abstand und Ausbau. 3.4. Wirkung Zahlreiche äußere Faktoren determinieren die Entscheidung des Sprechers für die eine
oder die andere Sprachvariante. Für den Hörer funktioniert diese Dynamik in umgekehrter Richtung: Die markierten Sprachvarianten evozieren die determinierenden Faktoren, als «Konnotationen», selbst da, wo diese Faktoren realiter gar nicht vorhanden sind: Das Variationssystem ist also zugleich ein «Konnotationssystem» (cf. Bierwisch 1988, bes. 1112–1114, im Anschluss an Hjelmslev 1953), die Variationskompetenz zugleich eine «Konnotationskompetenz», als Teil der Sprachkompetenz. Nachweisbar ist die Konnotationskompetenz sowohl (a) negativ (bei deutlich unmotivierter Markierung) als auch (b) positiv: (a) Die «fausse note», die Stourdzé empfindet (cf. 2.1.), ist das Symptom der getäuschten Konnotation (z. B. Mon absence d’hier a résulté d’un excès de fatigue). Es handelt sich um eine stark fachsprachlich markierte Ausdrucksform (cf. 4.2.2.), die folglich fachliche Parameter konnotiert; diese fachliche Konnotation kontrastiert mit den ausgesprochen banalen Inhalten. Positiv nachweisbar (b) ist die Konnotationskompetenz durch Analyse mit Mitteln der empirischen Sozialforschung: Fachsprachlich markierte Texte erhalten trotz geringerer Leserfreundlichkeit bessere akademische Noten als inhaltsgleiche, aber unmarkierte Texte, was etwa die wissenschaftliche Qualität des Textes / die vermutete wissenschaftliche Qualifikation des Autors betrifft (Deppert 1997). Natürlich widersteht die Werbebranche nicht der Versuchung, die Signalkraft der fachsprachlichen Markierung für ihre werblichen Zwecke zu nutzen (Wilde 1994). Umgekehrt gibt es Kommunikationsbereiche, in denen die fachliche Konnotation gerade unerwünscht ist, etwa literarische und literaturkritische Texte. Aber auch in literarischen Texten kann der Wunsch bestehen, fachliche oder ironische Konnotationen gerade durch Einmischung fachsprachlicher Merkmale zu wecken. Stilmischungen sind immer funktional: Sie funktionieren nur deswegen, weil sie verschiedenen Sprachebenen angehören.
4.
Prinzipien der Analyse
4.1. Homogenität Zu beschreiben ist zweierlei: das Verhältnis der Varianten zueinander und die Zuordnung der Varianten zu den sie bedingenden außersprachlichen Faktoren. Beide Beschreibungsziele stoßen sich an der Homo-
170. Prinzipien der Funktionalstilistik
genitätshypothese. Diese ist zumindest mit der Dialektologie unvereinbar, die per definitionem den Vergleich verwandter Systeme zum Gegenstand hat. «Is a structural dialectology possible?» fragt Weinreich (1954). Seine Antwort war das «Diasystem», ein homogenes System aus Elementen, in dem einige der Elemente als Matrix von alternativen, diatopisch festgelegten Einheiten repräsentiert sind. Die Variation beschränkt sich also auf einzelne Elemente, das System bleibt homogen. Diese Kompromissform ist bequem auf andere Variationsfaktoren übertragbar: Was diatopisch geht, geht auch z. B. diastratisch. 4.1.1. Varietäten als Frequenzen Ein homogenes System, wenn auch nur als Bezugsgröße, liegt auch der Varietätengrammatik von Klein (1974) zugrunde: Wenn beide Bezugsgrößen – die Bezugsgrammatik und die Variationstypen – bekannt sind, dann ist die Verteilung der grammatischen (Teil-)Regeln auf die einzelnen Variationstypen empirisch lösbar und arithmetisch erfassbar. Die Skala der Möglichkeiten schwankt zwischen zwei Eckwerten: Regel R kommt ausschließlich in Variante V vor. Oder: Regel R kommt nie in Variante V vor. Jeder Regel wird ein numerischer Wahrscheinlichkeitsindex beigefügt, in den beiden genannten Extremfällen sind dies die Indizes «1» bzw. «0». So lässt sich die Verwendungswahrscheinlichkeit für jede Regel mit beliebiger Feinheit exakt ermitteln. Jede Varietät ist durch die probabilistische Gewichtung der einzelnen Regeln exakt definiert. Die Bezugsgrammatik ist für alle Varianten identisch (Klein 1988, 998). Über den rein deskriptiven Charakter seiner Variationsgrammatik ist sich Klein im Klaren: Sie ist «bloß ein Instrument der Beschreibung: sie erklärt nichts» (ib., 1006). Allerdings ist eine explizite, unzutreffende Erklärung korrigierbar. Das probabilistische Zahlenmaterial verschleiert hingegen die Variationskompetenz. Generell gilt: Frequenzanalysen können qualitative Analysen nicht ersetzen, da sie eine wissenschaftliche Theorie voraussetzen. 4.1.2. Mängel-Syntax in Fachsprachen? Ein unkritischer Umgang mit Quantitäten, der z. B. inhaltlich bedingte Frequenzunterschiede nicht von Variationsmerkmalen unterscheidet, charakterisiert auch einen Großteil der Analysen zur fachsprachlichen
1911 Syntax: So wurde immer wieder die hohe Frequenz (a) des Präsens, (b) des Passivs, (c) des ‘einfachen’ Satzes, (d) der 3. Pers. exakt ermittelt. Nun behandeln Fachtexte in der Regel zeitlose (a), vom Agens unabhängige (b) Zusammenhänge (c) zwischen Sachverhalten (d). Dieselben Intentionen / Inhalte werden auch in anderen Stilen realisiert, wo sie dann dieselbe Überfrequenz erzeugen. Die Frequenzanalyse liefert also hier gerade nicht Indizien für stilbildende Merkmale der anvisierten Varietät, sondern verwischt den diskreten Charakter der Sprachvariation, wie er etwa für Stilmischung / -verstöße konstitutiv ist (cf. 3.4.), und lässt die Variation zu Unrecht als Kontinuum erscheinen. Dieses falsche (numerisch exakte) Ergebnis wiederum berechtigt zur Annahme einer stilunabhängigen (also homogenen) OverallGrammar einer ‘Allgemeinsprache’, zur Annahme einer restricted grammar von Fachsprachen, zu einer langen Reihe von wertenden Vorurteilen, zum grundsätzlichen Desinteresse gegenüber systemischen Analysen, zur resignierenden Zuflucht zu weiteren unkritischen Frequenzanalysen, etc. (Forner 2000b). Von Havráneks «functional dialect» (cf. 3.1.) sind wir weit entfernt. Nun ist eine kontrastive Aussage zur Syntax des Fachstils «aus z. Zt. vorliegenden Syntaxen unmöglich», da «in keiner der Syntaxen des Deutschen konzeptionell der Unterschied zwischen Fach- und Gemeinsprache gemacht wird» (Hahn 1983, 111 s.). Das gilt auch für die romanischen Sprachen, kurioserweise aber nicht für den Substandard: Dieser ist grammatikographisch anders konzipiert worden und daher auch als Subsystem gut beschrieben (Söll 1974 definiert eine Reihe von stilspezifischen grammatischen Prozessen, z. B. spezifische Ausdrucksformen der Perspektivierung; cf. 2.3.). Fachsprache dagegen wurde, wie gezeigt (cf. 3.1.), seit den frühen Prager Analysen als Variante des Standards geführt. Dazu kommt beim überwiegenden Teil der deutschen Fachsprachenforschung die Einengung auf eine pragmatische (statt der oben dargestellten strukturellen) Definition von Fachsprache; in diesem Rahmen ist «der Charakter der [syntaktischen] Exklusivität gar nicht sonderlich interessant» (Hahn 1983, 111 s.). Die pragmatische Prämisse definiert jede der Fachsprachen vom jeweiligen Fach her, vermittelt daher die Illusion von Wohldefiniertheit und verhindert so die wesentliche Erkenntnis, dass Fachspra-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
che ein Subsystem ist: Eine Art ‘Superstandard’, der vom Standard in ähnlicher Weise abweicht wie der Substandard. Diese Analogie, die der vorherrschenden Forschungsideologie widerspricht, wurde kaum wahrgenommen. 4.2. Polymorphie und Subsysteme Auch die polysystemische Sicht hat eine lange Tradition: Seit den 50er Jahren – vor Fergusons ‘Diglossia’ – deklarierte Queneau den Tod des Standards und die Geburt des dem français familier nahestehenden néofrançais. Söll (1969) wies korrgierend auf den diglossischen Charakter dieser beiden Sprachvarianten hin: Es handelt sich nicht um ein zeitliches Nacheinander von zwei Sprachgenerationen, sondern um das funktionale Nebeneinander von zwei Varianten. Hinzu kommt eine Normverschiebung: Es gebe einerseits ein «niveau commun sur l’ensemble du territoire et pour la masse des locuteurs» (Dubois 1961, 57), einen neuen Standard, der sich vom bisherigen massiv unterscheide, und neben diesem «niveau commun» gebe es eine Reihe von «microlangues», die in funktionalem Nebeneinander koexistieren, etwa das familiäre und das fachsprachliche Französisch, auch die bisherige sprachliche Norm, der literarische bon usage. Der bon usage musste also einen erheblichen Abstieg von allgemeingültiger Norm zur «microlangue» hinnehmen. Dies ist die Tradition, in die sich die eingangs zitierten Ausführungen von Stourdzé eingliedern. Deren Textbeispiele möchte ich nutzen, um daraus (1) die methodischen Grundlagen und (2) die subsystemischen Prozesse (teilweise) abzuleiten. 4.2.1. Die heuristische Trias Jede diglossische Varietät ist von alternativen Varietäten unterschieden und unterscheidbar. Ein Vergleich zwischen zwei Varietäten muss daher differenziell sein. Jeder Vergleich erfordert ein Tertium Comparationis: die beiden Ausdrucksvarianten gemeinsame referentielle Sinnstruktur. Angesichts dieser gemeinsamen referentiellen Basis kann die Divergenz zwischen den zwei (oder mehr) Varianten nicht inhaltlich bedingt sein, sie «can be said to differ in style» (Hockett 1958, 556). Diese heuristische Trias verhindert Fehlschlüsse: Sie schließt den Sinn als Definiens eines Sprachstils aus (z. B. das Fach als Definiens von Fachsprache),
und sie vermeidet den «definitorischen Zirkel» (Kretzenbacher 1998, 133), sinnbedingte sprachliche Eigenheiten als Stilmerkmale zu bewerten und diese wiederum als «Widerspiegelung» des Inhalts zu feiern (Zitatliste zur Widerspiegelung bei Hoffmann 1998, 191 s.). Stourdzés drei Sätze (cf. 2.1.) exemplifizieren dieses Konzept: Sie sind identisch in Bezug auf die Sinnstruktur, die drei Sinneinheiten umfasst: zwei Sachverhalte (S1 Übermüdung; S2 Abwesenheit) und eine adverbiale (kausale) Relation R zwischen den beiden Sachverhalten: S1 ist der Grund für S2. Jeder Text ist eine Abfolge von verknüpften Sachverhalten: Dies ist eine allgemeine Definition von Text, die unabhängig von Registerunterschieden einsetzbar ist. 4.2.2. Skizze des fachsprachlichen Subsystems An Stourdzés Beispielen ist mit dieser Methode unmittelbar ablesbar, dass die beiden Sachverhalte (S1, S2) in der langue choisie in nominaler Gestalt auftreten, während sie in der langue courante in propositionaler Gestalt (also Verb plus seine Nomina) erscheinen. (a) Die Nominalisierung (also nominale statt verbale Einkleidung) ist ein wichtiges Merkmal von Fachstil. Zweitens ist ablesbar, dass die Relation zwischen den beiden Sachverhalten – die Folge-Ursache-Beziehung – nicht wie im Neutralstil als Konjunktion realisiert ist, sondern als Verb (résulter de). Man könnte den Begründungszusammenhang auch umkehren zu einer Ursache-Folge-Relation, die z. B. durch entraîner ausgedrückt würde: Un excès de fatigue a entraîné mon absence. Verben, die eine Relation ausdrücken, heißen Relationsverben. Wesentliche Bestandteile der Folge können durch das Relationsverb mit ausgedrückt werden; z. B. die Negation, die in absence = NON -présence enthalten ist: Un excès de fatigue a empêché ma présence, etc. Je nach semantischer Füllung gehören Relationsverben zahlreichen Klassen an (cf. Former 1998b, Kap. 1–5). (b) Relationsverben sind die Konnektoren des Fachstils. Sie sind in den romanischen Sprachen das wichtigste stilbildende Merkmal dieses Funktionalstils. Wie alle Verben können auch Relationsverben in nominaler Gestalt auftreten. Zu diesen beiden Hauptmerkmalen, die die Textgestalt des Fachstils determinieren,
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170. Prinzipien der Funktionalstilistik
kommen zwei weitere Prozesse, die die Konstituenten der Proposition modifizieren. Die Proposition ist definiert durch das Verb und die von ihm regierten Nominalphrasen. (c) Beide Konstituenten – Verben und Nomina – werden nicht selten erweitert zu zweigliedrigen Ausdrücken, zu «Analytismen», von denen das zweite Glied die referentielle Bedeutung vehikuliert, während der erste Bestandteil ‘Aspekte’ präzisiert. So kann das einfache Verb prouver – je nachdem, ob es die Handlung des Beweisens oder den Zustand des Beweis-Seins meint – zu apporter une preuve de qc bzw. zu constituer une preuve de qc erweitert werden (c1). Eine völlig analoge Erweiterung ist bei den Nomina möglich (c2): Produktion z. B. ist eine Tätigkeit, oder sie ist Teil des Ablaufs, der von der Planung bis zur Inbetriebnahme führt; dementsprechend wird sie in fachlichen Texten als activité de production bzw. als phase de production erscheinen. (d) Die Adjektivierung (das Relationsadjektiv) kann auf Nomina angewandt werden, die aus einer beliebigen Rolle (z. B. Täter, Opfer etc.) in adnominale Stellung gerückt worden sind. In den Beispielen: cotisation ouvrière, consultation ouvrière, législation ouvrière (“Arbeitnehmerbeitrag”, “Urabstimmung der Arbeiter”, “Arbeitsrecht”) vertritt ein und dasselbe Adjektiv (ouvrière) drei verschiedene Kasus-Rollen (Agens, Patiens, Beneficient). Es ist in ähnlicher Weise polysem wie die Komposition. Die Adjektivierung ist nur möglich, soweit es der lexikalische Vorrat zulässt, im Gegensatz zur germanischen Komposition, deren Produktivität kaum eingeschränkt ist. (Zur romanischen Komposition cf. 5.1.1.) Jeder der vier Prozesse (a)–(d) erzeugt den Input für einen der übrigen Prozesse. Diese sind kumulierbar (cf. 4.3.2.). Sie bestimmen das ‘deskriptive’ (cf. 1.) Outfit von ‘Fachsprache’. Es ist also nicht angebracht, den Fachstil wegen seiner häufig komprimierten Oberfläche als «restricted grammar» (cf. 4.1.2.) zu interpretieren. Er verfügt vielmehr über ein erweitertes System: erweitert um das Subsystem (a)–(d). Die reduziert wirkende Oberfläche ist die Frucht dieser zusätzlichen Regeln. 4.2.3. Subsystem – Verwendung – Anwendung ‘Fachsprache’ ist ein relativ schmales Subsystem (cf. 4.1.2.). Diese Feststellung bedeutet nicht, dass nicht auch andere Konstrukte
in Fachsprache frequent wären, aber diese sind nicht fachstil-spezifisch. Ferner sind fachsprachliche Markierungen außerhalb der fachlichen Kommunikation nicht ausgeschlossen: Der Wunsch, fachliche Konnotationen zu wecken, ist gerade in außerfachlichen Bereichen relevant, denn dort ist die Sprachform oft der einzige ‘Qualifikationsnachweis’. Aus entsprechendem Grunde kann umgekehrt gerade eine hochkarätige Umgebung dazu führen, dass Fachstil gemieden wird. Die fachsprachlichen Markierungstechniken markieren eine Funktion; ob diese mit der Realität übereinstimmt, ist eine ganz andere Frage. Welche Kommunikationsbereiche fachsprachlich markiert werden sollen / dürfen / nicht dürfen, ist eine Frage der gesellschaftsspezifischen Konvention. In Frankreich z. B. ist der Fachstil Markenzeichen der Tageszeitung Le Monde; die in englischen Zeitungen erscheinenden übersetzten Auszüge daraus «demonstrate how alien this style seems in a British newspaper. […] This register – which might arguably be acceptable in a political speech in English – does not seem appropriate in a journalistic context» (Sanders 1994, 102).
Mit der Kenntnis des fachsprachlichen Subsystems ist das von Hahn (1983; cf. 4.1.2.) zu Recht monierte Hindernis einer qualitativen Beschreibung der Variation beseitigt: Sie liefert die Voraussetzung für eine ‘gemeinsprachliche’ Grammatik (die die fachsprachlichen Prozesse nicht enthält) und darauf aufbauend für eine Fachsprachengrammatik, die eine exakte, explikative Deskription sowie eine systematische, didaktische Anwendung erlaubt (spezifische Textgestaltung: Forner 1998b; fachsprachliche Fehler: Lavric 1998; Forner 2000a). 4.3.
Variationelle Diskontinuität
4.3.1. Der strukturelle Abstand Die ‘Dosierung’ der (fachsprachlichen bzw. variationellen) Markierungstechniken ist individuell variabel (cf. infra). Ist das Ergebnis dieser variationellen Dosierung ein stilistisches Kontinuum (Kalverkämper 1990)? Oder bleiben die Sprachstile distinkt? Dies ist eine empirische Frage. Methodischer Ausgangspunkt ist wiederum der Vergleich zwischen den beiden Stilen (Fach- vs. Neutralstil). Bei dem zitierten simplen Ausgangsbeispiel ist der Abstand total: Verb vs. Konjunktion (in Bezug auf die Relation), nominaler Satzteil vs. Satz (in Bezug auf die Sachverhalte).
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Also: Merkmale (a) und (b) kumulieren. Die Kumulation potenziert die fachsprachliche Wirkung. Der strukturelle Abstand zwischen den ‘Stilen’ kann größer sein als der zwischen den Sprachen; dies wird deutlich, wenn wir beide Sprachstile des Ausgangsbeispiels in fremde Sprachen übertragen: (a) Neutralstil: Ich bin nicht gekommen, weil ich sehr müde war. Non sono venuto, perché ero molto stanco. No he venido porqué estaba muy cansado. (b) Fachstil: Meine Abwesenheit ergab sich aus meiner Übermüdung. La mia assenza risultò da un eccesso di fatica. Mi ausencia resultó de un exceso de cansancio.
Innerhalb der beiden Stile sind die sprachspezifischen strukturellen Divergenzen minimal, über die Stilgrenzen hinweg sind sie jedoch erheblich. Die sprachinterne Stildifferenzierung ist stärker als die stilinterne Sprachdifferenzierung. – Die sprachunabhängige relative Homogenität unseres Funktionalstils ist das übliche Ergebnis bei lang anhaltendem mehrsprachigem Kontakt: ein fachsprachlicher Sprachbund. 4.3.2. Frequenzvergleich Die erste groß angelegte Studie zum Frequenzvergleich fachsprachlicher Merkmale dürfte die Moskauer Dissertation von Kaufman (1966; cf. Hoffmann 31987, 209–213) sein. So sind in französischer Fachsprache Relationsverben fast 18mal häufiger als im französischen ‘künstlerischen Stil’ – eine maximale Differenzierung. Im Deutschen dagegen ist der Frequenzunterschied weniger erkennbar (nur knapp 3mal häufiger), während das Englische eine Divergenz um den Faktor 8 zeigt. Die Verwendung der Relationsverben hat sich mittlerweile auch in deutschen wissenschaftlichen Texten erheblich gesteigert (Littmann 1981). Über die Verwendungshäufigkeit der vier fachsprachlichen Strukturtypen (a)–(d) in der fachlichen vs. fiktionalen französischen Diskurstradition (FS vs. Lit) informiert Wilde (1994): Adverbiale Relationen können u. a. durch konjunktional verkettete Propositionen oder durch Relationsverben ausgedrückt werden – die Frequenzen sind in den beiden Stiltypen deutlich komplementär (cf. (a)). Analoges gilt für die übrigen fachsprachlichen Strukturen (Nominalisierung – Analytismen – Relationsadjektive, cf. (b)–(d)): (a) FS 26 % vs. 35 % / Lit 56 % vs. 12 %. (b) FS 44 % / Lit 38 % (bzw. bei 4 statt 5 Autoren: 29 %).
(c1) FS 4,7 % / Lit 2,5 %. (c2) FS 2,9 % / Lit 0 %. (d) FS 14,3 % / Lit 1,3 % (bzw. bei 4 statt 5 Autoren: 0,85 %).
Die fachstilistische Wirkung wird durch das kumulierte Auftreten der fachsprachlichen Prozesse erzeugt (cf. 4.3.1.). Kumulierungen geben ein noch eindeutigeres Bild als die einzelnen Prozesse (ib., 93–100). Aufgrund dieser Kriterien kann eine Skala von Fachsprachlichkeit aufgestellt werden, in die sich die einzelnen Teilkorpora integrieren. Dabei liegen die Fachtexte zwischen den Indizes 60–120 (ein sehr markiertes Teilkorpus hat den Index 161), die fiktionalen Texte in dem deutlich separierten Bereich zwischen 10 und 33 (ib., 100–103). Wichtig an diesem Ergebnis ist v. a. der Nachweis des Abstandes zwischen den beiden Vertextungstypen: Zwischen FS und Lit liegt ein ‘Graben’, der breiter ist als die gesamte fachsprachliche Variationsbreite innerhalb des Lit-Korpus. Das aus der Sprachhistorie und -geographie geläufige Konzept der Maximierung der Distinktivität gilt auch in diesem Bereich. Die o. g. Hypothese von einem kontinuierlichen Übergang zwischen den Sprachstilen ist damit widerlegt. Der ‘Graben’, die radikale Distinktion zwischen fachsprachlicher und nichtfachsprachlicher Elaboration, ist eine rezente Erscheinung (cf. 5.1.2.). 4.4. Nominationstechniken und Status ‘Homogenität’ wurde einleitend für die deskriptive Funktion (Darstellung von Sachverhalten und deren Zusammenhängen) bestritten. Inhomogen sind auch die Benennungen: Gegenstände (auch Begriffe) wechseln ihren Namen, wenn sie aus handwerklicher Verwendung in die Hand des Wissenschaftlers gelangen. Beispiel: Das Gerät zur Messung des Alkoholgehalts im Wein heißt sowohl pèse-vin als auch œnomètre. Beide Termini benennen Geräte mit derselben Funktion, beide enthalten zwei bedeutungsgleiche Bestandteile (-vin = œno-, pèse- = -mètre), mit identischer Relation zwischen den beiden Bestandteilen (messen ~ Gegenstand der Messung). Die «Anatomie» der Nomination (Knobloch 1996) ist gleich; ungleich sind die Realisierung (durch antikisierende Lexik / durch Umkehrung der Determinationsrichtung) und der Status (Forner 2000c).
Die Nomination zeigt – im Romanischen mehr als in germanischen Sprachen mit deren omnipräsenter Komposition – eine
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170. Prinzipien der Funktionalstilistik
Zweiteilung der Anwendungsbereiche in anwendungs- vs. theorieorientierte Fächer, als Endpunkte einer Skala mit Zwischenwerten (cf. «Halbtermini» vs. «Termini» bei Schmidt 1969, 20). Nur hier finden wir die alte funktionalstilistische Differenzierung in ‘praktische und wissenschaftliche Fachlichkeit’ wieder (cf. 3.1.; 5.2.1.). Die ‘Verb-Ergänzungs-Komposita’ (wie pèse-vin), und die ‘romanische’ Komposition (z. B. point rencontre “Treffpunkt”) haben ihren Platz am anwendungsorientierten Ende der Skala, die Nomen-agentis-Derivate (wie coupeuse de fer “Eisenschneider”) sind nicht weit davon entfernt. Umgekehrt, den Duft von Wissenschaftlichkeit verströmen nicht nur die vielfältigen Formen von Konfigierung (‘gelehrte Wortbildung’ vom Typ œnomètre, cf. Kocourek 1982, 108 ss.), sondern auch die Attribuierung mit Hilfe eines Relationsadjektivs (z. B. acide sulfurique “Schwefelsäure”). Die übrigen vielfältigen Formen der Attribuierung hingegen stehen eher im anwendungsorientierten Bereich der Skala (z. B. machine à affûter les lames de scies “Sägenschärfmaschine”, DIN 8571). Die genannten romanischen Nominationstypen gehorchen der Opposition [± Theorie]; gleichzeitig evozieren sie den Bereich, dem sie angehören: Bei dem französischen Paar mare de sang vs. vaisseau sanguin ist die Zugehörigkeit an der Form des Namens ablesbar; bei den deutschen Entsprechungen Blutlache vs. Blutgefäß ist dies nicht der Fall. Nur die Nominalisierung ist gegenüber der Opposition [± Theorie] insensibel. Insensibel gegenüber dieser Opposition ist auch die germanische Komposition. Diese konkurriert mit allen nominativen Alternativen. Die Konkurrenz zwischen den alternativen Nominationstechniken ist in den beiden Sprachfamilien nicht deckungsgleich. Daraus ergibt sich für die Übersetzung eine chaotische Vielfalt (für das Sprachenpaar Deutsch-Spanisch, cf. Frevel 2002). Die Nominationstechniken enthalten ‘Aussagen’ und sind daher mit der Proposition vergleichbar. Zur Proposition stehen die Nominationstypen in einem Verhältnis der schrittweisen Neutralisation der satzsyntaktisch wirksamen Oppositionen: Etwa beim Relationsadjektiv entfällt – wie in 4.2.2. gezeigt – die formale Kennzeichnung der Kasusrollen. Komposition und Konfigierung kennen dieselbe Reduktion, zusätzlich kann bei Komposita die UND -Verbindung ge-
meint sein (‘Kopulativkomposita’, z.B. moissonneuse batteuse “Mähdrescher”). Die genannten Konstrukte sind (u. a.) in diesem Sinne polysem. Bei den Verb-ErgänzungsKomposita dagegen und bei der Attribuierung (machine à affûter) entfallen lediglich die verbalen Flexionskategorien TempusModus. Es ist deutlich, dass die auf Satzebene unvermeidbaren satzsyntaktischen Markierungen bei den Nominationstechniken in unterschiedlichem Ausmaß entfallen. Man könnte eine Skala der abnehmenden Explizitheit aufstellen. Den höchsten Wert auf dieser Skala würde die Attribuierung haben, den niedrigsten die Konfigierung. Diese Skala des Informationsverlustes (bzw. der zunehmenden Polysemie) korreliert mit der o. g. Status-Skala (Forner 1997, 105 s.): Je polysemer, desto höher die nominative Wertschätzung.
5.
Diachronie
5.1. Gerade in historischer Hinsicht ist die systematische Unterscheidung in die beiden Sprechhandlungen: Deskription vs. Nomination erforderlich, außerdem die Unterscheidung zwischen Funktionen und Funktionalstilen (Überblicke zur Geschichte der Fächer und ihrer Sprachen, cf. z. B. Olschki 1918; Fuchs 1905; HSK 14/1 (1998), Art. 26–28; HSK 14/2 (1999), 263–272). 5.1.1. Archäologie der Nominationstechniken Alle o. g. Nominationstechniken sind hellenistisches Erbe (cf. Chantraine 1933): Sie wurden – teils mit, teils ohne Mühe – im Lateinischen und von dort in den romanischen Sprachen adaptiert, oft schon in der Antike zu nominativen Zwecken: – Die Verb-Ergänzungs-Komposita (Typ pèse-vin), ein im Griechischen extrem beliebter Benennungstyp (cf. Homers Götter-Nominationen), wurden zwar im klassischen Latein von der literarischen Norm weitgehend abgelehnt, erfreuten sich jedoch außerhalb dieser Norm zunehmender Beliebtheit, zunächst in bestimmten Fachsprachen (Verwaltung, Religion, Technik), dann im Sprechlateinischen (Bork 1990, 252 ss.). In den verschiedenen romanischen Sprachen ist das Bildungsmuster früh präsent (ib., 60–154), wurde in der Renaissance in Nachahmung des Griechischen bewusst gefördert und erlaubt bis heute spontane Neubildungen, mit unterschiedlicher Fortune in den
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verschiedenen Epochen (Bierbach 1982, 122 ss.). – Die mit Relationsadjektiv bezeichnete Nominationstechnik (Typ sulforique) war dem Lateinischen zwar nicht fremd, aber das Bildungsmuster wurde nach griechischem Vorbild kräftig aufgefüllt. Von der Alternative, dem Genitivattribut, unterschied es sich durch seine nominative Funktion (cf. patris potestas vs. patria potestas). Die für die modernen Sprachen (cf. 4.4.) konstatierte Statusgebundenheit war spätestens im Mittelalter präsent: In einer Welt, die ‘fachlichen’ vs. ‘nicht-fachlichen’ Diskurs diglossisch auf zwei Sprachen verteilt, nämlich auf Lateinisch vs. Volkssprache, ist zu erwarten, dass in der ‘nicht-fachlichen’ Volkssprache Fachlichkeitsmerkmale gemieden werden. Dementsprechend meidet z. B. der Dichter des altfranzösischen Alexiusliedes Relationsadjektive, obwohl sie in seiner lateinischen Vorlage vorkommen (Jens Lüdtke 1995, 143). Die Nominationstechniken für die Funktion ‘fachliches Sprechen’ standen zur Verfügung; anwendbar sind sie auf Sprachen, die diese Funktion besitzen dürfen. Der Unterschied zwischen den beiden Sprachzuständen ist nicht der Unterschied zwischen Vorhandensein vs. Fehlen der Relationsadjektive, sondern der zwischen Vorhandensein vs. Fehlen der fachlichen Funktion. Fachliches Sprechen ist ein von nicht-fachlichem Sprechen distinkter Sprechakt mit eigenen nominativen Regelmäßigkeiten. Die «Vielfalt von Suffixen» (ib.) ermöglicht planerische Eingriffe. Eine umfassende Nominationsplanung geschah durch Lavoisiers nomenclature von 1787 (kommentierte Ausgabe, Baum 1992), mit u. a. zwei Konventionen, die auch die Relationsadjektive betrafen, und die in allen romanischen Sprachen und im Englischen übernommen wurden: Synonyme Suffixe, z. B. -icus / -osus, wurden künstlich mit einer Chemie-spezifischen Unterscheidung aufgeladen (nämlich: Grad des Sauerstoffgehalts: sulforique vs. sulfureux). Zum Zweiten die Wahl des Sprachmaterials: Einzelsprachliche Namen würden dem universalistischen Nominationsideal zuwiderlaufen, man entschied sich daher – auch der Tradition folgend – für antike Wortstämme. Der antike Wortschatz wurde gewissermaßen zu einem Steinbruch, aus dem lexikalische Brocken frei (d. h. ohne Rücksicht auf die antike sprachliche Realität) zum Zweck der wissenschaftlichen Nomination heraus gebrochen werden durften.
So kommt es, dass die Säure aus Schwefel (je nach Sauerstoffgehalt) acide sulfureux bzw. acide sulfurique (abgeleitet von lat. sulfur, nicht von frz. soufre) heißt. Die Struktur ‘Relationsadjektiv’ nährt sich heute, da die lateinische Überdachung schwindet, auch aus modernen Wortkörpern. – Die Konfigierung (Typ œnomètre) meint die Bildung von Termini mit Hilfe antiker Formanten. Sie entspricht teils dem Verfahren der griechischen Komposition (mit ‘unromanischer’ Abfolge der Formanten), teils (mit neu kreierten Suffixoiden) ähnelt sie der Derivation. Das Griechische hatte bis zum 3. Jh. v. Chr. in mehreren Fächern die Terminologie vereinheitlicht, etwa in der Medizin. Sprachliches Mittel war Nominalisierung, auch komplexe Nominalisierung; deren Bestandteile konnten zu einer (phonetisch-konzeptuell-ontologischen) Einheit verschmelzen (Λ 2 > 2 “Kopfschmerz”). Das Lateinische tat sich schwer mit der Adaptation dieser terminologischen Vielfalt und der ‘agglutinierenden’ Komposition. Letztere wurde nur in einzelnen Fächern und spät und streng fachgebunden nachgeahmt (Rechtssprache: ratum habere > ratihabitio “Genehmigung”, cf. Kaser 1976, 48 ss.). Viele der griechischen Termini mussten als Lehnbildungen oder als Periphrasen oder unverändert übernommen werden; bestimmte lateinische Suffixe wurden auf bestimmte Befunde spezialisiert, einige griechische Suffixe (-itis, -osis) wurden übernommen (Überblick bei Kollesch 1999). Dieses ‘gelehrte’ Nominationsprinzip (nicht nur die einzelnen Mischformen, cf. Höfler 1972, 93 ss.; 105) gelangten mit dem Renaissance-Schrifttum in die modernen Sprachen. Es war die Basis für spätere rationale Terminologieplanungen, insbes. die von Lavoisier: Grundidee der nomenclature war eine Instrumentalisierung von Wissenschaftssprache: Die Zusammensetzung der sprachlichen Formanten sollte nicht nur «ein exaktes Abbild» der außersprachlichen Zusammensetzung der chemischen Verbindung sein, sondern auch ein «Instrumentarium» zu ihrer Analyse und zur Heuristik (Baum 1992, 162; 160). Bei Hexan z. B. verrät der zweite Bestandteil (-an) die Familienzugehörigkeit und damit die ‘Summenformel’ (Alkane = CnH2n+2), der erste Bestandteil (hex = griech. “sechs”) benennt die ‘Dosierung’, also ·n in der Summenformel = “·6”; das macht C6H14. Bei n = “5” ergäbe sich die Formel: C5H12, mit dem Namen Pentan (von griech. pente “fünf ”, etc.). Diese Nominationstechnik ermöglichte die sprachliche Kreation von mehr als 300.000 Verbindungen, deren chemi-
170. Prinzipien der Funktionalstilistik scher Nachweis größtenteils erst später erfolgen sollte (Beretta 1999; Auflistung und Datierung der antiken Formanten: Cottez 41988).
Zu den Formanten der Konfigierung gehören heute zunehmend auch englische Elemente. Auch Phantasie-Elemente, etwa bei Produktnamen (Hoorebeeck 1997; Platen 1997). Dass für Produktnamen dieser ‘edle’ Benennungstyp gerne verwendet wird, braucht nicht zu verwundern: Der ‘edle’ Name ‘adelt’ das Produkt. Die Markierung ist nicht nur die Spiegelung von vorhandenen Realitäten, sie schafft Realitäten. – Der Ort der ‘romanischen’ Komposition (Typ point rencontre “Treffpunkt”) waren im 20. Jh. (bes. nach 1950) zunächst Flughäfen, Bahnhöfe, poppige Texte. Werbetexter bedienen sich gerne dieser Struktur. Darüber hinaus wird die Komposition längst für terminologische Zwecke verwendet. Auch in Tageszeitungen ist die Komposition frequent; dennoch sei ein Titel wie «L’été paix» in einer seriösen Tageszeitung wie Le Monde undenkbar (Noailly 1990, 77). Das Konstrukt ist offenbar nicht stilneutral. Die Struktur ist seit der Antike lebendig (homo faber), sie war in manchen Epochen ein poetisches Stilmittel: in der Lyrik der Renaissance (coq chante jour, also mit einem Verb-Ergänzungs-Kompositum in Zweitposition, cf. Bierbach 1982, 124 ss.), bei Hugo (L’aurore, crête rouge du coq matin, cf. Noailly 1990, 149); den Surrealisten diente sie zum Ausdruck von monstres et curiosités (ib., 80); zur gleichen Zeit wurde sie despektierlich verwendet (cf. Listen in Bauche 1920) oder war Jargon-spezifisch (u.a. Sport, cf. Thérive 1933, 42). Die Struktur ist also alt, die Verwendung und die Konnotationen wurden seit Mitte des 20. Jh. umdefiniert. Zu diesem Funktionswandel (nicht zur Komposition selbst, trotz Bon Usage 54, u. a.) könnte das englische Modell den Anstoß geliefert haben. 5.1.2. Das stilistische Schisma Kehren wir zurück zu den vier ‘deskriptiven’ Merkmalen des romanischen Fachstils (cf. 4.2.2.). Keines dieser Merkmale ist neu. Neu ist deren stilistische Einordnung in einen eigenständigen, von literarischer Diktion distinkten Elaborationstyp. Die heute fachsprachlich markierenden Merkmale wurden in der Literatur bis ca. zum Beginn des 20. Jh. noch nicht gemieden. So stellt sich die Frage, wann es zum Auseinanderklaffen
1917 in zwei distinkte Elaborationstypen gekommen ist. Für französische Lehrbuchtexte der Wirtschaftswissenschaften ist Kaehlbrandt (1989) dieser Frage nachgegangen, mit fünf ‘Schnitten’ im Abstand von 40 Jahren zwischen 1810 und 1970. Ergebnis: Der Schnitt von 1930 zeigt deutlich die Präsenz der heutigen Fachsprache, während das Korpus von 1890 noch den alten stilistischen Standard repräsentiert. Offenbar hatten die mit dem Ersten Weltkrieg verbundenen Änderungen auch einschneidende Wirkung auf die Diskurswelt. Dieser Wandel ist vermutlich nicht auf die untersuchte Thematik / Textsorte / Sprache beschränkt. Zu erwarten ist als Reaktion, dass die Literatursprache die fachsprachlich gewordenen Markierungen in demselben Maße scheut wie die Fachsprache sie sucht. Dies ist der heutige Zustand (Wilde 1994); wann und mit welcher Streuung diese diglossische Reaktion der ‘literarischen’ Sprache begann, ist noch nicht erforscht.
Das ‘stilistische Schisma’ ist zu werten als nachträglicher sprachlicher Abglanz der Auffächerung der eruditio im 18./19. Jh. (cf. 5.2.1.). Bei der Ausgestaltung des Fachstils könnten die Nominationstechniken Pate gestanden haben. 5.2. Historische Entwicklung 5.2.1. Das gesamte Mittelalter war charakterisiert durch eine diglossische Situation: Für ‘seriöse’ Inhalte (literarische oder fachliche Inhalte) stand eine eigene Sprache zur Verfügung, das Lateinische. Die Entstehung der Diglossie – der Abstand als Frucht des Ausbaus – wurde schon skizziert (cf. 3.3.). Der diglossische Abstand wurde verschärft durch das Medium der Distanz, die Schrift, sowie durch die sozialen Zugangsbedingungen zur Schriftlichkeit: Der schmalen Klasse der litterati (alles zwischen Alphabetisierung und Gelehrsamkeit) stand die Masse der illitterati gegenüber. Eine anders definierte Diglossiesituation hatte es in der frühen Antike gegeben: Das Griechische kannte innerhalb der Schriftlichkeit eine diglossische Unterscheidung (Lyrik / Epik / Fachprosa): Für Fach- bzw. Sachprosa (aber nicht für administrative Schriftlichkeit) war der ionische ‘Dialekt’ zuständig; fachsprachliche Stileigenheiten gab es jedoch nicht. Wie das 20. Jh. differenzierte also das frühe Griechisch formal zwischen literarischer und fachlicher Elaboration, aber im Gegensatz zum 20. Jh. mit diglossischen Mitteln, nicht durch stilistische Differenzierung. Erst im ausgehenden
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
5. Jh. v. Chr. wurde der «große Sprung» (Adrados 1999, 148) zur attischen Prosa bewusst eingeleitet (bes. durch Gorgias und Thrasymachos). In der hellenistischen Koiné ging die diglossische Differenzierung allmählich verloren. Satzverkürzende, integrative Stilmittel wurden gehäuft erst seit dem 3. Jh. v. Chr. üblich (cf. 5.1.1.); sie waren aber nicht spezifisch für fachliche Elaboration. Das Lateinische variierte nach [± distanten] Verwendungstypen: Forensische vs. Alltags-Verwendung, mit zunehmendem Abstand, bedingt durch den Ausbau des Akrolekts nach griechischem Vorbild. Unverändert transferiert wurde die Wissensorganisation: Das Wissen wurde eingeteilt in sieben (theorie-gebundene) artes liberales und zahlreiche (praxis-orientierte) artes mechanicae. Diesem Schnitt zwischen Theorie und Praxis entsprach im Mittelalter eine gesellschaftliche Zäsur zwischen Adel und Bürgertum. Die Encyclopédie-Klassifikation (arts et sciences) wird diese Tradition fortsetzen (Steinwachs 1983). Diese lang anhaltende, scharfe Trennung (zwischen theoretisch-fachlich und praktisch-fachlich) korrespondiert sprachlich nicht mit einer Stildifferenzierung, sondern spiegelt sich nur im ererbten Nominationsverhalten (cf. 5.1.1.). Auch die grundlegendere Dichotomie, die zwischen [± fachlich], fand zwar nicht bei deskriptiven (cf. 5.2.2.), wohl aber bei nominativen Sprachhandlungen ihr Echo. Zwar bezog das 16. Jh., das Jahrhundert des enrichissement de la langue, die fachlichen Nominationstechniken, bes. die ‘edlen’, eifrig in das Programm zur Veredelung der poetischen Sprache ein (Joachim du Bellay; Henri Estienne, cf. HLF 2) – ein «Bruch mit der bisherigen Tradition» (Bierbach 1982, 124). Aber dieser Bruch beruhte nicht etwa auf einer Negation der funktionalen Trennung: Die Überschreitung sprachlicher Grenzen war Programm; überschritten wurden nicht nur diaphasische, sondern auch diachrone und diatopische Grenzen (Integration von Latinismen, Forestierismen). Derartige sprachliche Grenzüberschreitungen wurden im 17. Jh. abgelehnt. Die Abgrenzung bezüglich der Fachlichkeit wurde verstärkt durch das Sozialideal der bienséance, das die «mots d’école» (Malherbe) in das gesellschaftliche Abseits des pédant verbannte (cf. HLF 4; Strosetzki 1978). Die Aufklärung hingegen rehabilitierte wissenschaftliche und technische Gelehrsamkeit; der fachliche Diskurs selbst gelangte auf den Seziertisch des auf-
geklärten ‘Intellektuellen’ (cf. 5.2.4.). Der Antagonismus zwischen fachlich und nichtfachlich verschärfte sich im 19. Jh. indirekt durch die «Autonomsetzung von Literatur als Kunst» (Schlieben-Lange 1983, 19): Literarisches Schreiben wurde zunehmend dem künstlerischen Betätigungsfeld und weniger der Gelehrsamkeit zugeschrieben. 5.2.2. Die funktionale Trennung zwischen fachlich vs. nicht-fachlich war immer deutlich (cf. 5.2.1.), aber eine eigene (deskriptive) Ausdrucksform der fachlichen Funktion gab es bis ins 19. Jh. nicht. Anspruchsvolle Fachtexte waren in der jeweils zeitgenössischen Kunstprosa geschrieben, versehen mit allen Raffinessen, die Rhetorik-Metrik-Reimtechnik zu bieten hatten. Beispiel: Zur Kunstprosa im Italien des 13. bis 15. Jh. gehört (nach antikem Vorbild) die Zerteilung des Satzes in kleine Sinneinheiten und deren Markierung durch eins von drei rhythmischen ‘Grenzsignalen’ (cursus planus, cursus tardus, cursus velox). Im Volgare zwingen die cursus zu ‘un-italienischer’ Wortstellung – ein zusätzliches Elaborationsmerkmal, das übrigens im französischen 16. Jh. nachgeahmt wurde. Die cursus charakterisieren die volkssprachige Prosa ebenso wie die lateinische, sie zieren fachliche ebenso wie literarische Prosa. Die cursus sind distinkt von lyrischen Metren. Es fehlt also nicht an ausdrucksseitigen Unterschieden. Aber diese bestehen – wie von Aristoteles gefordert – eher zwischen Prosa und Lyrik als zwischen fiktionaler und fachlicher Prosa; eher zwischen den drei Stilen (humilis / mediocris / sublimis, inkl. den zugeordneten Genera und Lexik) als zwischen Inhaltstypen. Der Wunsch zur Absonderung der Minnelyrik war im 13. Jh. so drängend, dass er in Kastilien zur Übernahme eines fremden Idioms (Galizisch statt Kastilisch / Latein), bzw. sogar zur Kreation einer spezifischen Minnelyrik-Sprache am Hof von Palermo führte (Sizilianisch zusätzlich zu den etablierten, in der Verwendung nicht restringierten Sprachen Latein / Griechisch / Arabisch). Die Unterscheidung erfolgte am sizilianischen Hof diglossisch, nicht nur stilistisch; unterschieden wird – übrigens entgegen der okzitanischen Tradition – zwischen Minnelyrik und Nicht-Lyrik, nicht etwa zwischen [± distant]. Diese Unterscheidung wurde auf die Nachfolgerin, die ‘italienische’ Lyriksprache, übertragen: ein Transfer (lexikalischer, morphologischer, phonetischer Elemente) aus diglossischen Realitäten in eine diaphasisch variierende Situation: «quasi un altro idioma diverso dalla prosa» (Salviati 1584–86, vol. 2; cf. die umfassende Analyse von Serianni 2001).
Ausdrucksseitige Unterschiede bestehen selbstverständlich auch hinsichtlich des Ela-
170. Prinzipien der Funktionalstilistik
borationsgrades, aber diese Unterschiede sind gerade nicht inhaltlich, sondern durch das Genre (a) oder auch durch die historische Entwicklung (b) bedingt. (a) Der theologische Diskurs eines Augustinus divergiert, auch strukturell, zwischen der Gebrauchsprosa seiner Predigten und der Kunstprosa in De civitate dei (HSK 14/2, Art. 235). (b) Die ‘Textorganisation’ französischer narrativer inkl. historiographischer Texte durchläuft vom 13. bis zum 17. Jh. deutlich eine Evolution (Blumenthal 1990). Dieselben evolutionären Schritte ließen sich für volkssprachliche Traktate nachweisen (etwa für den volkswirtschaftlichen Traktat des Nicolas d’Oresme aus dem 14. Jh.; cf. Stempel 1987), oder auch für die ‘Spracharbeit’ (ib.) der im 14. Jh. überaus regen wissenschaftlichen Übersetzungstätigkeit aus dem Lateinischen (Bérier 1988; Rychner 1963, 249 ss.); die Abweichung der Zielsprache von lateinischen Strukturelementen erfolgt in Frankreich selbstbewusster als in Italien (Segre 1963).
5.2.3. Das schließt nicht aus, dass es fest gefügte Textsorten gegeben hat: Wieder verwendbare Texte oder Textgerüste, wie Anträge, rechtlich relevante Texte, Urkunden, erst recht Inventare u. ä., entsprechen festgelegten Handlungsschemata inkl. Textgestaltungen, unabhängig vom Inhalt oder von der gewählten Sprache. Für eine funktionalstilistische Darstellung ist das nicht weiter relevant. Eine besondere Funktion hat Sprache da, wo sie nur wiederholt oder interpretiert, was durch Bilder oder Zeichen ohnehin dargestellt ist. Das gilt insbes. auch für die sprachliche Ausformulierung mathematischer Formeln – hier hat sich schon in der Antike eine formelhafte Sprache herausgebildet, die übrigens für spätere universalsprachliche Reflexionen (cf. 5.2.4.) den Ausgangspunkt liefern sollte. Wie für die ‘schöne’ Literatur, so standen auch für wissenschaftliche Probleme bestimmte Genera zur Verfügung: das (metrische) Lehrgedicht und die Epistel, der (die Dialektik der Wahrheitsfaktoren dramatisierende) Dialog (inkl. Streitgedicht, débat, cf. Badel 1988; Kalverkämper 1996), v. a. der Traktat (GRLM (A) 8/1 (1988), Kap. 16; Kap. 17), auch die von Montaigne geschaffene Kunstform essai, die für die Gestaltung vieler Encyclopédie-Artikel bestimmend sein sollte (Stackelberg 1983, 35 ss.). Diese Genera beherbergen vielfältige Inhalte und Zielsetzungen (Forschung, Didaktik, Inventarisierung), ohne entsprechende sprachstilistische Unterscheidungen, ohne Abwei-
1919 chung von ‘literarischen’ (inkl. rhetorischen und reimtechnischen) Elaborationsformen. Die Unterschiede zwischen den Genera reproduzieren nicht den funktionalen Unterschied zwischen [± fachlich]. Beide Funktionen waren bis Anfang des 19. Jh. ungeteilt vereint im Begriff littérature, «als wären sie Ausdrucksformen einer Wesenheit, die in verschiedenen Dimensionen erscheinen kann» (Schalk 21977, 134; cf. Kalverkämper 1999, 1624). 5.2.4. Rationalistische Spracharbeit. Die funktionale Opposition zwischen [± fachlicher] Kommunikation war zwar immer deutlich (5.2.1.), besaß aber ausdrucksseitig kein Korrelat (5.2.2.). Dies wurde – mindestens seit der Renaissance – zunehmend als Hindernis empfunden. Die lateinische Scripta war aufgrund ihrer semantischen und syntaktischen Stabilität als künstliche Universalsprache (als «grammatica», z. B. Dante) perzipiert worden. Der Übergang zu den Volkssprachen hatte die alte Einheitlichkeit zerstört. Die Partikularität der Einzelsprachen stand im Widerspruch zu dem universellen Anspruch der Wissenschaft: Die Einzelsprachen behindern nicht nur die Verbreitung, sondern insbes. auch die Gewinnung wissenschaftlicher Einsichten, durch irreführende Begriffsnamen und Syntax. Sprache wurde aufgewertet, vom semiotischen Mittler von Erkenntnissen (Aristoteles) zum heuristischen Mittel des Erkennens. Das Wunschbild einer Universalsprache für wissenschaftliche Zwecke stand lange im Raum (u. a. Paracelsus – Leibniz – Descartes; cf. HSK 14/2 (1999), Art. 245; 251; 252). Die Universalsprache sollte die Stabilität des Lateinischen besitzen (frei von allen Variationsparametern wie Raum – Zeit – Person); sie sollte darüber hinaus die (a) nominativen wie auch die (b) deskriptiven Ansprüche wissenschaftlichen Denkens fördern. (a) Die Benennung wissenschaftlicher Gegenstände, die Frage, ob / wie deskriptive Elemente in komplexe Namen integriert werden können, war ein Dauerbrenner im 18. Jh. (Nomenklaturen wie die botanische von Linné, die heftige querelle zwischen nomenclateurs und descripteurs, die Logik von Condillac – cf. HSK 14/2 (1999), Art. 268; 270; 271; HLF 6/2,2). Höhepunkt war Lavoisiers hellenistisches Bauprinzip der Konfigierung und Derivation mit Hilfe antiker Bauelemente (cf. 4.4.; 5.1.1.). (b) Deskriptive Zwecke wurden mit diesem agglutinierenden Bauprinzip nicht bedient; uner-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
reichbar wäre dieses Ziel nicht gewesen – das zeigen die verschiedenen Plansprachen des 19. Jh. Stattdessen versuchte man, die Prinzipien der Ratio auf die natürlichen Sprachen abzugleichen. Die Prinzipien der Ratio waren durch Logik und Mathematik verbürgt: Verbürgt in dem Maße, dass selbst die Schreibkonvention der aristotelischen Formelsprache, die Reihenfolge der Argumente, weithin als wahrheitsfördernd, als ‘ordre naturel’ galt. Nun ist dieser ‘ordre naturel’ im Neufranzösischen mit seiner strikten Satzgliedfolge deutlicher als in anderen Sprachen. So kam es – trotz Gegenstimmen (Italien: cf. Marazzini 1999, 127 ss.; Frankreich: Condillac, Essay 2/1), Kap. 12) – zu dem französischen Nationalmythos von der in der französischen Sprachstruktur selbst angelegten Nähe zu raison-universalité-clarté – eine Konzeption, die expansionistische Begehrlichkeiten weckte bzw. stützte. Was die hier interessierende stilistische Elaboration angeht, wirkte dieser Mythos wie eine self fulfilling prophecy (cf. Weinrich 1961): Die Nähe zur Ratio verpflichtet zu rationaler Argumentation. Dieses stilistische «Ethos» (ib.) war für fiktionale Texte ebenso maßgebend wie für wissenschaftliche Literatur, führte also nicht zu einer sprachlichen Differenzierung in [± fachlich].
Eine spezifische Wissenschaftssprache hätte sich dennoch herausbilden können: Die Mathematik besaß seit der Antike eine stringente analytische Methode, eine die Analytik spiegelnde Formelsprache, und eine Fachsprache, die die Formeln verbal umsetzte (cf. 5.2.3.) – kurz: eine Sprache, die das Erkennen fördert. Sollte dieses Vorbild nicht auf andere exakte Wissenschaften übertragbar sein, etwa auf die – neue – Volkswirtschaftslehre? Der Wirtschaftskreislauf, die Werttheorie waren gerade (von den Physiokraten) als mathematische Funktionen entdeckt worden. Wissenschaftssprache als analytische Methode – wiederum war es Condillac, der (Art d’écrire) – auf den Spuren von Descartes, Locke u. a. – dieses Postulat erhob; und der v. a. die Machbarkeit des Konzepts vorführte, in Form eines volkswirtschaftlichen Traktats (Le commerce et le gouvernement, 1776): ein Muster für analytisches und induktives Procedere und für eine transparente sprachliche Gestaltung. Aber das Vorbild fand kaum Nachfolger: Spätere Traktate, inkl. volkswirtschaftliche, folgten nicht seinen Maximen (cf. HSK 14/2 (1998), Art. 271).
6.
Zusammenfassung, Perspektiven
Gegenstand des Artikels waren die sprachlichen Markierungen funktionaler Un-
terscheidungen, insbes. in Bezug auf Fachlichkeit. Die sprachlichen Markierungen können sich in zwei Bereichen zeigen: im Bereich der Benennung der (dinglichen / gedanklichen) Gegenstände oder auch in der Vertextung der Sachverhalte und der Zusammenhänge: in Nomination und / oder Deskription. Die romanischen Sprachen verfügen über ein ausdifferenziertes Nominationssystem, das zwischen theoretischer vs. praktischer Orientierung relativ deutlich unterscheidet. Das Nominationssystem ist hellenistisches Erbe, auch wenn es im Laufe der Jahrtausende zahlreichen funktionalen Wandlungen unterworfen war. In deskriptiver Hinsicht bieten unsere Sprachen die Möglichkeit, die funktionale Unterscheidung zwischen fachlich und nicht-fachlich durch eine sprachliche Form auszudrücken, die von anderen Elaborationsformen distinkt ist. Von dieser Möglichkeit wird in schriftlich konzipierten Texten häufig Gebrauch gemacht. Es handelt sich um ein syntaktisch definiertes Subsystem. Dieses fachsprachliche Subsystem ist rezent; die funktionale Unterscheidung hingegen ist antik. Die fachsprachlichen Subsysteme in den einzelnen okzidentalen Sprachen sind auffallend homogen. Diese Befunde sind die Frucht eines variationell-vergleichenden Analyseverfahrens, das seit dem Prager Funktionalismus von unterschiedlichen Schulen weiterentwickelt wurde. Sie eröffnen Perspektiven: (a) Der Verschiedenheit der Fächer entspricht nicht eine Verschiedenheit der Sprache über diese Fächer. Die verschiedenen Fächer bedienen sich alle (sofern die Autoren sich nicht mit dem Neutralstil begnügen wollen) aus demselben subsystemischen ‘Topf ’. Das schließt nicht aus, dass es zusätzlich auch fachspezifische Sprachformen gibt. Die ‘horizontale Gliederung’ der Fachsprachen beginnt, wenn überhaupt, erst jenseits der Fachsprache. (b) Die Kontrastivik folgt bis heute weitgehend der Homogenitätshypothese (cf. 4.1.) und vergleicht Sprache mit Sprache, Norm mit Norm. Richtiger wäre, Sprachvariante mit Sprachvariante zu vergleichen. In Frankreich und Deutschland wurden jeweils Varianten zur ‘Norm’ erhoben, die nicht vergleichbar sind: In Frankreich war es die elaborierte, im deutschen Sprachraum die ‘neutrale’ Variante. Ergebnis: Stilunterschiede wurden als Sprachun-
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170. Prinzipien der Funktionalstilistik
terschiede perzipiert (zu Details cf. Forner 2000d). (c) Der Sprachkontakt in Europa ist selbstverständlich nicht auf die fachliche Funktion beschränkt, wirkte aber dort besonders vereinheitlichend (cf. 4.3.1.). Die «Europäisierung», die (in formaler / funktionaler / zeitlicher Hinsicht) auffallend gleichgerichtete Ausbildung von Konstrukten oder Formen (Schmitt 2000), findet auf der Ebene der fachsprachlichen Subcodes ihre natürliche Erklärung. Die Regeln der fachsprachlichen Subcodes – insbes. die gelehrte Nomination, aber tendenziell auch die fachsprachliche Vertextung – sind nicht sprach-, sondern (jedenfalls innerhalb der abendländischen Kulturgemeinschaft) funktionsspezifisch.
7.
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Werner Forner, Siegen
1924
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen: Quellentypen und Verschriftungsprinzipien Les premiers documents en langues romanes: types de sources et principes d’écriture 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
1.
Theoretische und methodologische Vorüberlegungen Aufgaben und Möglichkeiten einer Quellentypologie Die mittelalterliche Verschriftlichung der romanischen Sprachen Die erste Phase der Verschriftlichung: Mehrsprachige Texte Die Institutionalisierung der volkssprachlichen Schriftlichkeit: Kulturräume und Diskurstraditionen Prinzipien der Verschriftung / Verschriftlichung Literatur
Theoretische und methodologische Vorüberlegungen
Wenn man die Anfänge der schriftlichen Überlieferung der romanischen Sprachen im Mittelalter untersucht, muss man sich einer Sache bewusst sein: Wie so häufig bei der Untersuchung historischer Prozesse steht die Perspektive, die der moderne Wissenschaftler einnimmt, in einer charakteristischen Spannung zu den geschichtlichen Fakten, die seinen Untersuchungsgegenstand bilden. Wir wissen, wie die sprachliche Entwicklung weitergegangen ist (Schlieben-Lange 1983, 33), und wir projizieren aus diesem Wissen einen Entwicklungszusammenhang in die Vergangenheit, der zu den Ergebnissen der Neuzeit, im vorliegenden Falle zu der Existenz der großen romanischen Schriftbzw. Nationalsprachen, hinführt. Mit dieser – notwendigen, weil überhaupt erst einen Forschungsgegenstand konstituierenden – Rückprojektion ist aber immer auch die Gefahr verbunden, den Abstand zwischen dem rekonstruierten Entwicklungsrahmen und dem historischen Geschehen zu unterschlagen. Im vorliegenden Rahmen können die hier angesprochenen sprachgeschichtstheoretischen Überlegungen nicht ausführlich entwickelt werden. An einigen Phänomenen soll aber kurz gezeigt werden, dass gerade die traditionellen nationalphilologischen Ansätze des 19. Jh. die Gefahr einer anachronistischen und reduktionistischen Sicht der Sprachgeschichte nicht immer gebannt haben. Ihre – im Wesentlichen unausgespro-
chenen und diffusen – Vorstellungen von den Anfängen der romanischen Überlieferung sind in einigen zentralen Punkten revisionsbedürftig. Dies betrifft vor allem das organisch-evolutionäre Entwicklungsmodell, das in nationalphilologischer Perspektive von der Verschriftlichung der romanischen Sprachen entwickelt wurde. Die Verschriftlichung erscheint dort als autonomer, allein von der sprachlichen Ausgliederung in Gang gesetzter Prozess, gewissermaßen als Begleiterscheinung der sprachlichen ‘Reife’ der romanischen Idiome (Cerquiglini 1991, 43 ss.). Ein solches Entwicklungsmodell lässt sich aber nicht mehr aufrechterhalten, sobald man die Besonderheit gesellschaftlicher Prozesse in der Summierung und Verflechtung individueller Handlungen zu gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen erkannt hat. Soziokulturelle Prozesse sind auf zwei Ebenen zu analysieren, auf einer Makroebene, die sich aus dem – in der Regel ungesteuerten – Zusammenspiel einzelner Handlungen ergibt, sowie auf einer Mikroebene, auf der die einzelnen (Kommunikations-)Handlungen angesiedelt sind, die die gesellschaftliche Entwicklung konstituieren, ohne notwendigerweise diese Entwicklung zum Ziel zu haben (zur Trennung von Makro- und Mikroebene und zu den Prozessen der ‘unsichtbaren Hand’ cf. Keller 21994). Die systematische Trennung von Makround Mikroebene hat mehrere entscheidende Konsequenzen für die Analyse der mittelalterlichen Überlieferung. Mit ihr entfällt beispielsweise die Vorstellung, die Verschriftlichung der romanischen Sprachen sei eine notwendige Konsequenz der sprachlichen Entwicklung, da individuelle Handlungen als Ausgangspunkt gesellschaftlicher Prozesse sichtbar werden. Bereits die Tatsache, dass die wenigen überlieferten volkssprachlichen Dokumente aus dem 9.–11. Jh. nur einen verschwindend geringen Teil der überlieferten (lateinischen, griechischen, hebräischen etc.) Schriftproduktion ausmachen und dass erst ab der Mitte des 12. Jh., d.h. dreieinhalb Jahrhunderte nach der sprachlichen Ablösung vom Latein, stabile und kontinuierliche
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
Traditionen romanischer Schriftlichkeit einsetzen, zeigt ja zur Genüge, dass die Verschriftlichung nicht kausal determiniert ist. Sie setzt vielmehr seitens der Autoren der Dokumente einen – final bestimmten – Willen zum schriftlichen Gebrauch der Volkssprache voraus und, im Falle der Institutionalisierung der neuen volkssprachlichen Schriftlichkeit, den Willen dazu, diese Praxis auch weiterhin aufrechtzuerhalten (Petrucci 1993, 42 ss.). Außerdem muss sich die Frage nach der Kontinuität und der internen Dynamik des Verschriftlichungsprozesses stellen. Die häufig in Bezug auf das Auftreten der ersten Dokumente verwendete Geburtsmetaphorik suggeriert einen Prozess, der, einmal in Gang gesetzt, gleichmäßig und stetig weiterläuft. Die Rückbindung an das final bestimmte Wollen der historischen Akteure macht aber deutlich, dass dies keineswegs der Fall sein muss – und oft auch nicht der Fall war (cf. etwa Liver 1993, 181 s.; Selig 1996a, 16). Die Verschriftlichung ist, wie alle kulturellen Prozesse, komplex, dauert lange, ist umkehrbar bzw. kann abbrechen und ist – zumindest im Mittelalter – keinesfalls plangeleitet, sondern ergibt sich ungesteuert aus Interaktionsstrukturen, deren Ergebnisse für keinen der Beteiligten feststehen können. Eine Rekonstruktion dieses historischen Prozesses darf diese Dynamik und Offenheit nicht unterschlagen, sie muss, wenn von den historischen Fakten gefordert, Polygenese, Diskontinuität, Entwicklungsbrüche ansetzen und kann diese nicht von vornherein, zugunsten einer falsch verstandenen Kontinuität und Zielgerichtetheit, ausschließen. V. a. aber in Hinsicht auf die Interpretation der ersten Dokumente der romanischen Sprachen führt die Trennung von Makround Mikroebene zu einer grundlegenden Revision der organisch-evolutionären Vorstellungen. Eine Sichtweise, die die Verschriftlichung als sprachimmanenten, autonomen Prozess begreift, verstellt systematisch den Blick darauf, was die ersten Texte wirklich sind (Zumthor 1960, 5 ss.). Denn die überlieferten Dokumente sind, bevor sie in der Retrospektive als bloße ‘Etappen’ einer übergeordneten soziokulturellen Entwicklung eingeordnet werden, individuelle kommunikative Akte, die in einem bestimmten lebensweltlichen Zusammenhang stehen, der nicht identisch ist mit dem, in den sie in der sprachgeschichtlichen Perspektivierung
1925
gestellt werden. Die überlieferten Dokumente sind in der ‘Innensicht’ der beteiligten historischen Akteure nichts anderes als schriftliche Kommunikationshandlungen, lebensweltlich relevante schriftliche Texte, mit denen diese Akteure unter bestimmten kommunikativen Bedingungen mit bestimmten Zielsetzungen miteinander kommuniziert haben. Ihre Kommunikationshandlungen sind dabei dadurch von anderen kontemporären schriftlichen Kommunikationshandlungen unterschieden, dass die Akteure anstelle der traditionellen Schriftsprache die Volkssprache gewählt haben, weil deren Verwendung in dem betreffenden kommunikativen Kontext möglich, sinnvoll, notwendig war. Die sprachliche Form, die diese Dokumente für uns so interessant macht, ist aber nur einer ihrer Aspekte – und sicherlich nicht der, der lebensweltlich am relevantesten ist. Fragen nach dem Warum der ersten Aufzeichnungen der romanischen Sprachen können daher nur beantwortet werden, wenn man sie im Rahmen der rekonstruierten ursprünglichen Kommunikationshandlung betrachtet. Man muss versuchen, sich so weit wie möglich der ‘Innensicht’ der beteiligten historischen Akteure zu nähern, auch wenn diese Annäherung notwendig fragmentarisch und spekulativ ist. Nur eine Vorgehensweise, die sich des historischen Abstands zwischen den Kategorien der Analyse und den Kategorien des Analysierten bewusst ist, nur eine Analyse, die die überlieferten Manuskripte als schriftliche Kommunikationshandlungen ernst nimmt und sie eingebettet in ihrem pragmatischen, soziokulturellen, schriftkulturellen, soziolinguistischen Kontext interpretiert, kann zu einer angemessenen Interpretation der ersten überlieferten Texte führen und die Faktoren, die zur Verschriftlichung dieser Texte geführt haben, eruieren. Auch die sich daran anschließende ‘Hochrechnung’ der überlieferten Dokumente in Hinblick auf den durch sie konstituierten Verschriftlichungsprozess muss die historische Dimension ernst nehmen. Auch hier spielt die Rekonstruktion der ökonomischen, politischen, soziolinguistischen, schriftkulturellen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Zusätzlich muss sich die Frage nach den möglichen Auswirkungen der einzelnen Verschriftlichungsakte in gesamtgesellschaftlicher Perspektive stellen. Wichtig ist beispielsweise der soziolinguistische Stellenwert der einzelnen Texte und da-
1926
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
mit die Rolle, die diese für eine Aufwertung der volkssprachlichen Schriftlichkeit spielen können, ebenso die institutionelle und schriftkulturelle Verankerung der Texte bzw. ihr Verbreitungsmodus, vor allem aber die Frage nach den kommunikativen Netzwerken, in denen sie eingebettet sind und in denen sich die Innovation verbreiten kann. Die konsequente ‘Historisierung’ der Analysekategorien muss dabei oberstes Ziel sein, und es dürfen nur die regionalen und sozialen Netze ins Auge gefasst werden, die in der mittelalterlichen Lebenswirklichkeit ein Fundament finden.
2.
Aufgaben und Möglichkeiten einer Quellentypologie
Es stellt sich nun die Frage, welchen Analyse- und Beschreibungsrahmen man für die Anfänge der romanischen Überlieferung wählen soll. Es dürfte nach den bisherigen Präzisierungen klar sein, dass ein Zugang, der die von den zukünftigen romanischen Nationalsprachen abgegrenzten geographischen Räume zum Bezugspunkt seiner Rekonstruktion macht, große Gefahren birgt. Die darin implizierten sprachlichen und kulturellen Grenzziehungen gibt es im Mittelalter noch nicht; eine einfache Rückprojizierung ist schlichtweg ein Anachronismus (cf. Koch 1993, 40). Der nationalsprachliche Zugang muss daher, so nahe liegend er auch sein mag, mit äußerster Behutsamkeit und allenfalls als von außen herangetragenes Mittel der Begrenzung und Ordnung der Datenbasis gehandhabt werden. Weitaus sinnvoller, weil den lebensweltlichen Kategorien des Mittelalters entsprechend, sind aber beispielsweise kleinteilige, regionale Beschreibungsrahmen (Städte, Wirtschaftsregionen, Grafschaften, Königshöfe etc.), vorausgesetzt, der gewählte Rahmen bleibt flexibel und kann, etwa wenn es um den Einfluss überregionaler literarischer Traditionen geht, seien sie mündlich (Trobadorlyrik, Chanson de geste etc.) oder schriftlich (Roman de la Rose, Divina Commedia etc.), jederzeit erweitert werden. Einen anderen Zugang zu den Anfängen der mittelalterlichen Überlieferung wählen die Ansätze, die sprachliche oder regionale Grenzziehungen zugunsten eines texttypologisch orientierten Beschreibungsrahmens aufgeben und einen gesamtromanisch orientierten Beschreibungsrahmen anvisieren. Hinter einer solchen Wahl steht die Beobach-
tung, dass kommunikatives Handeln nicht einheitlich ist, sondern in Abhängigkeit von unterschiedlichen Bedingungen und Zielen variiert. Auch – und gerade – die Sprachwahl wird durch diese pragmatischen Faktoren beeinflusst. Dabei lässt sich feststellen, dass man in den verschiedenen Regionen der Romania in vergleichbaren kommunikativen Situationen ähnlich sprachlich handelte und statt der traditionellen Schriftsprache (Latein, Griechisch, Arabisch) die Volkssprache als Medium der schriftlichen Kommunikation wählte. Der Vergleich der bisher vorgeschlagenen texttypologischen Interpretationen der mittelalterlichen romanischen Überlieferung (Frank / Hartmann 1997; Frank-Job 1998; Koch 1993; Lüdtke 1964; Petrucci 1993, 49 ss.; Renzi 1985, 239 ss.) sowie die Diskussion in der synchronen Textlinguistik (cf. etwa Tophinke 1999, 17 ss.) zeigen, dass dabei unterschiedliche Vorgehensweisen vorgeschlagen werden. Zum einen ist ein analytisches Vorgehen denkbar, das Texte nach gemeinsamen kommunikativ-pragmatischen Merkmalen in Klassen einordnet. Es ist ein aus der ‘Außensicht’ des Betrachters konzipiertes Vorgehen, das versucht, in den Klassifikationsmerkmalen die Faktoren offenzulegen, die das Texthandeln und insbes. die Sprachwahl beeinflusst haben könnten. Derartige Klassifizierungen der frühen romanischen Texte schlagen Lüdtke (1964; cf. außerdem die Präzisierungen von Wunderli 1965) und Koch (1993) vor. Sie stellen kommunikative («Vorlesen» und «Protokollieren»; Lüdtke 1964, 391; Koch 1993, 45 ss.; 49 ss.) bzw. konzeptionelle Konstellationen («listenartige Texte» und «sprachliche Spannungen und Kontraste», Koch 1993, 47 ss.; 54 ss.) in den Vordergrund, die die Verschriftlichung des Romanischen ausgelöst haben (cf. hier auch Frank-Job 1998, die den Stellenwert der Texte im Verschriftlichungsprozess und ihre Verankerung im kommunikativen / kollektiven Gedächtnis als Ausgangspunkt ihrer Typologie wählt und zwischen (a) «Verschriftung romanischer Nähesprache» – ohne weitreichende Konsequenzen für die Verschriftlichung, (b) «Konzeptionell neutrale[n] Text[en] des kommunikativen Gedächtnisses: Zweckschrifttum» und (c) «Distanzsprachliche[n] Texte[n] des kulturellen Gedächtnisses» unterscheidet). Andere Typologisierungsvorschläge gehen darauf zurück, dass die oben angespro-
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
chene Variation der kommunikativ-pragmatischen Bedingungen und des Texthandelns nicht vollständig offen ist, sondern sich zu den Phänomenen stabilisiert, die man – mit jeweils unterschiedlicher Perspektivierung, aber mit weitgehend gleicher Zielsetzung – mit den Begriffen Texttypen, Textsorten, Gattungen bzw. Diskurstraditionen erfassen kann (cf. etwa Luckmann 1997; Oesterreicher 1997; Raible 1980; Tophinke 1999). Dies sind «kulturelle Formen, die kommunikative Prozesse innerhalb einer Gemeinschaft strukturieren und zur sozialen Sinnbildung beitragen» (Frank / Haye / Tophinke 1997, 7), historische, d. h. wandelbare Modelle, in denen sich bestimmte formale und inhaltlich-funktionale Momente der Textgestaltung und bestimmte Ausprägungen kommunikativ-situativer Bedingungen zu Musterkomplexen verfestigen, die die sprachliche Produktion und Rezeption steuern. An derartigen Textsorten / Diskurstraditionen ist beispielsweise der Inventaire systématique des premiers documents des langues romanes (Frank / Hartmann 1997) orientiert. Auch Renzi schlägt eine auf «Gattungen» («generi» 1985, 239) basierte Typologie vor und ordnet die ersten Dokumente nach den Gattungen bzw. den Bereichen «Predigt», «Hagiographie», «pragmatische Schriftlichkeit» und «Lyrik, Epik» (ib., 240; cf. außerdem die an «Schrifträumen» orientierte und systematisch auch die Überlieferung der Texte miteinbeziehende Typologie von Petrucci 1993, 48 ss.). Die genannten Typologien gehen in aller Regel metahistorisch vor, d. h. sie legen ihren Analysen neuzeitliche Konzepte von Diskurstraditionen zugrunde. Dies ist deshalb zu betonen, weil die Rekonstruktion der ‘Innensicht’ der historischen Akteure zeigt, dass die mittelalterlichen Konzeptualisierungen durchaus eigenständig sind und beispielsweise viele der neuzeitlichen Gattungsdifferenzierungen im Bereich der literarischen Produktion im Mittelalter noch nicht gemacht werden (Frank-Job 1998). Zu betonen ist, dass beide Vorgehensweisen – die analytische und die an Textsorten / Diskurstraditionen orientierte – ihre Berechtigung haben und sinnvoll bei der Analyse der ersten romanischen Dokumente eingesetzt werden können. Eine genauere Betrachtung des Verlaufs der mittelalterlichen Verschriftlichung der romanischen Sprachen zeigt sogar, dass die beiden Ansätze komplementär eingesetzt werden können.
3.
1927
Die mittelalterliche Verschriftlichung der romanischen Sprachen
Die Anfänge der mittelalterlichen Überlieferung der romanischen Sprachen sind bekanntlich wenig spektakulär. Aus den drei Jahrhunderten von der Entstehung des Indovinello Veronese (Ende 8. / Anfang 9. Jh. bzw. 730–750; cf. Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 125) bis zur Mitte des 12. Jh. sind uns Eidesformeln, Federproben, Wortlisten, kursorische Inventare, Predigtnotizen oder kurze hagiographische Gedichte überliefert, d. h. Texte von beschränktem Umfang und geringer kommunikativer Reichweite, deren Überlieferung nicht selten dem Zufall zu verdanken ist. Diese Bestandsaufnahme ist enttäuschend, wenn man an die Anfänge der romanischen Schriftlichkeit mit der Erwartung herangeht, in den ersten überlieferten Texten immer feierliche «Geburtsurkunden» («atti di nascita») der jeweiligen romanischen Nationalsprachen zu finden und statt dessen allenfalls einfache «Lebenszeichen» («certificati di vita») des Romanischen erhält (Folena 1973, 484). Aber die fehlende ‘Monumentalität’ ist keineswegs eine kontingente Eigenschaft der ersten Dokumente. Die scheinbare Banalität der frühen Texte, die v. a. im Vergleich mit den ersten altkirchenslavischen, altenglischen, althochdeutschen Texten auffällt, verweist auf die besondere soziolinguistische Situation der romanischen Volkssprachen. Die slavischen und germanischen Sprachen treten der in der Schriftlichkeit dominierenden lateinischen bzw. griechischen Sprache als selbständige Idiome gegenüber, deren Eigenständigkeit allein durch die sprachstrukturellen Gegebenheiten, aber v. a. durch ihre je eigene Geschichte sichergestellt ist. Die romanischen Sprachen entwickeln sich dagegen innerhalb des lateinischen Diasystems dadurch, dass diatopisch markierte und diastratisch und diaphasisch niedrig eingestufte Varietäten langsam den Status eigenständiger Idiome gewinnen (Selig 1992, 1 ss.). Über den Zeitpunkt des endgültigen Aufbrechens des lateinischen Varietätenraums und der endgültigen Ausgliederung der romanischen Sprachen gibt es zahlreiche, sehr kontroverse Hypothesen, ebenso über die Frage, ob die Periode des Übergangs etwa als Diglossiesituation beschreibbar ist (→ Art. 51). Ohne diese Fragen hier beantworten zu wollen, ist es für die Beurteilung der ersten schriftlichen Dokumente dennoch wichtig
1928
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
festzuhalten, dass der Verschriftlichungsprozess nicht an eine vorgängige, bereits abgeschlossene Individuierung der einzelnen romanischen Sprachen, ja noch nicht einmal an eine endgültige Herauslösung des Romanischen aus dem lateinischen Varietätenraum anschließt – dies zeigen zur Genüge etwa die weiterhin wenig festgelegten Sprachnamen (→ Art. 13–16), die Tatsache, dass auch nach dem Auftreten der ersten romanischen Dokumente die rustica romana lingua teilweise weiterhin als Varietät des Lateinischen angesehen wird (Uytfanghe 1991), schließlich der mehrere Jahrhunderte dauernde Prozess der Emanzipation der romanischen Sprachen vom Lateinischen (Berschin / Felixberger / Goebl 1978, 190 ss.). Die Verschriftlichung ist vielmehr in diese Entwicklungsdynamik eingebunden: Sie setzt in einer spannungsgeladenen, aber im Wesentlichen noch offenen Phase ein, und sie treibt den Ablöseprozess voran, indem sie die Eigenständigkeit oder auch nur das Wahrnehmen der Eigenständigkeit des Romanischen bzw. der einzelnen romanischen Varietäten vertieft, indem sie Normalisierungsprozesse wie etwa die Entwicklung regionaler Schreibtraditionen vorantreibt, indem sie schließlich wesentlich an der Neuordnung des romanischen Sprachraumes und der Herausbildung der romanischen Nationalsprachen beteiligt ist (Koch / Oesterreicher 1990, 127ss.; Selig 1997, 208 ss.; cf. auch Petrucci 1993, 42 ss.). Neben der fehlenden ‘Monumentalität’ mag auch die Heterogenität der frühen romanischen Dokumente Anlass zur Enttäuschung geben. Wie die oben skizzierte Liste zeigt, lassen die ersten Zeugnisse kaum einen Zusammenhang untereinander erkennen, sie scheinen eher eine zufällige Ansammlung von Texten aus den verschiedensten Bereichen und mit den verschiedensten Funktionen zu sein (cf. Folena 1973, 483). Aber wiederum ist diese Heterogenität, ebenso wie die große zeitliche und geographische Streuung der Belege, nicht zufällig. In diesen Phänomenen werden vielmehr zentrale Merkmale der frühen Perioden der romanischen Schriftlichkeit sichtbar. Dies zeigt sich, sobald man systematisch die lange Zeitdauer, über die sich die Verschriftlichung erstreckt, in die Betrachtung einbezieht. Die Herausbildung stabiler Kontexte für den Gebrauch der romanischen Sprachen in der Schrift beginnt – keineswegs zufällig –
erst mit der Mitte des 12. Jh., als sich der Gebrauch der Schrift in der mittelalterlichen Gesellschaft intensiviert und nunmehr auch nichtklerikale Kreise das graphische Medium verstärkt nutzen (Martin 1988, 133 ss.). Ab dieser Zeit lassen sich gefestigte Traditionen einer romanischen Schriftlichkeit beobachten: zunächst nur in einigen Gebieten, etwa im anglonormannischen und nordfranzösischen Raum (Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 62 s.) oder im okzitanischen, katalanischen und sardischen Raum, in dem sehr früh eine volkssprachliche Urkundenschriftlichkeit zu beobachten ist (ib., vol. 4, 349 ss.; vol. 5, 69 ss.), mit Beginn des 13. Jh. dann auch in den übrigen Gebieten der Romania, wo sich – mit den bekannten Ausnahmen des rätoromanischen und rumänischen Raumes, deren Verschriftlichung deshalb auch gesondert zu diskutieren ist – Traditionen einer literarischen, rechtlichen, kaufmännischen Schriftlichkeit herausbilden (ib., vol. 1, 62 ss.). Die vorangehende erste Phase von 800 bis 1150 ist dagegen dadurch gekennzeichnet, dass die Überlieferung für mehrere Jahrhunderte sporadisch und unregelmäßig ist und nur in einzelnen Bereichen Ansätze einer kontinuierlichen Verwendung der Volkssprache erkennbar sind (Frank / Hartmann 1993, 31 s.). Sichtbar wird dies bereits durch einen rein quantitativen Vergleich der beiden Verschriftlichungsphasen: Im Inventaire sind für die zweite Periode, von 1150 bis 1250, 2.191 Dokumente aufgelistet, aus der Zeit von den Anfängen bis 1150 stammen dagegen nur 156 Belege, also nur 6,5 % des Gesamtbestandes des Inventaire (Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 311 s.; der prozentuale Anteil der ersten Verschriftlichungsphase würde noch geringer sein, wenn im Inventaire das romanische Urkundenkorpus bis 1250 vollständig berücksichtigt worden wäre; cf. ib., vol. 1, 59). Bereits diese natürlich nur als Annäherung zu verstehende quantitative Auswertung verweist darauf, dass sich der Entwicklungsrhythmus im Laufe des Verschriftlichungsprozesses wesentlich geändert hat. Zweifellos muss man bei allen Aussagen über die frühen Perioden romanischer Schriftlichkeit die Zufälligkeit und Willkür der Überlieferung berücksichtigen. Insofern kann jede Verallgemeinerung gerade für die frühen Jahrhunderte auf der Basis der wenigen bisher bekannten Dokumente nur eine vorläufige Hypothese sein, die durch neue
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
Funde jederzeit umgestoßen werden kann. Dennoch spricht vieles für eine relative Ähnlichkeit der historischen Situation und der Überlieferungslage, da sich auch die sprachlichen und textuellen Charakteristiken der ersten Texte in die soziolinguistische und schriftkulturelle Situation dieser Jahrhunderte einfügen. Die angesprochene Heterogenität und Zufälligkeit der Texte lässt sich damit in Verbindung bringen, dass der Gebrauch der Schrift – ganz allgemein – im 8.–11. Jh. äußerst sporadisch war und dass die Schriftkultur weiterhin ausschließlich klerikal und damit lateinisch geprägt war. Die Volkssprachen hatten daher noch keinen eindeutigen, für sie typischen Platz gefunden und fanden, v. a. im Bereich der für den Wiedergebrauch bestimmten Texte, nur in Ausnahmefällen Aufnahme in den Bereich der schriftlichen Kommunikation (Petrucci 1993, 28 ss.). In diesem Sinne sind die ersten Dokumente der romanischen Sprachen Reflexe einer Phase des Experimentierens, in der die Autoren / Schreiber gewissermaßen ohne Vorbild, nach den Maßgaben ihrer spezifischen kommunikativen Situation ihre Sprachwahl treffen. Diese Initiativen manifestieren – in einer individuellen, lokal und zeitlich begrenzten Perspektive – einen entscheidenden «Bruch» («discontinuità») zur bisherigen Schriftpraxis. Aber erst in der zweiten Phase verdichten sie sich zu einer gesamtgesellschaftlichen «kulturellen Revolution» («rivoluzione culturale») (ib., 44), dann nämlich, wenn sich die Initiativen – im Anschluss an entscheidende kulturelle und soziale Veränderungen der mittelalterlichen Gesellschaft – zu stabilen kulturellen Traditionen verknüpfen. Nun gilt der Ausnahmestatus generell für jede kulturelle Innovation, da alles Neue, bevor es sich endgültig etabliert, immer auch das Seltenere und Abweichendere ist. Dennoch stellt sich die Frage, ob nicht den deutlich unterschiedlichen Entwicklungsrhythmen zwischen 750–1150 und 1150–1250 noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Zu bedenken ist dabei, dass Verschriftlichungsinitiativen zwei unterschiedliche Ausprägungen haben können. In ihnen können sich zum einen bereits die Faktoren manifestieren, die langfristig zu einer Umkehrung der schriftkulturellen und soziolinguistischen Verhältnisse führen; sie können sich zum anderen aber auch in die bestehenden schriftkulturellen Strukturen einpassen und keine Anstöße zur Weiterentwicklung
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geben. Die unterschiedlichen Entwicklungsrhythmen der beiden Phasen der romanischen Verschriftlichung könnten also damit zusammenhängen, dass in den ersten Jahrhunderten ein ‘konservativer’ Verschriftlichungstypus vorliegt, der die bestehende Dominanz der lateinischen (griechischen, arabischen) Schriftlichkeit nicht in Frage stellt und die volkssprachliche Schriftlichkeit weiterhin nur als Ausnahme handhabt, ab der Mitte des 12. Jh. dagegen eine eindeutig ‘innovatorische’ Verschriftlichung der Volkssprache beginnt, die die bestehenden schriftkulturellen Strukturen verändert bzw. auf deren Veränderungen aufbaut (cf. hier auch Frank-Job 1998).
4.
Die erste Phase der Verschriftlichung: Mehrsprachige Texte
Für die Überprüfung der gerade formulierten Hypothese reicht eine ausschließliche Konzentration auf die diskurstraditionelle Einbettung der einzelnen Dokumente nicht aus, ja ist manchmal sogar irreführend. Dies hängt damit zusammen, dass für die Klärung des Verhältnisses zwischen traditioneller und volkssprachlicher Schriftlichkeit eine Reihe von Daten relevant sind, die gerade nicht zu den die Diskurstradition charakterisierenden gehören, sondern dazu querliegende Dimensionen betreffen (cf. hier auch Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 65; 59 ss.). Die Frage, ob ein ‘konservativer’ Verschriftlichungstyp vorliegt, kann zunächst über die Analyse der Entstehung, Überlieferung und Aufbewahrung der romanischen Dokumente geklärt werden (ib., vol. 1, 63; Petrucci 1993, 28 s.). Hier fällt auf, dass fast alle frühen Manuskripte – im Unterschied zu den späteren – in kirchlichen Institutionen geschrieben werden. Einzige Ausnahmen sind die okzitanischen, katalanischen und sardischen Urkunden, die in fürstlichen Kanzleien entstanden sind; allerdings wurden diese aller Wahrscheinlichkeit nach von Klerikern geführt. Außerdem ist die Überlieferung der frühen Dokumente in aller Regel an die lateinischen Texte gebunden. Beispielsweise sind die romanischen Passagen nachträglich auf nicht beschriebene Seiten eines ansonsten lateinischen Codex eingetragen (Eulaliasequenz, Nodicia de kesos etc.), sind als Interlinearversionen (Einsiedler Interlinearversion, Glossen etc.) oder als Zitate (Straßburger Eide, Formula di confessione umbra etc.) Teile eines lateinischen
1930
XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Textes oder sind zufällig und fragmentarisch im Einbandmaterial lateinischer Codices erhalten (Jonasfragement, Conto navale pisano etc.) (Petrucci 1993, 29 ss.; cf. auch Monfrin 1987, 296 ss.). Einen selbständigen Publikationswillen lassen nur einige wenige Inschriften erkennen (Mosaikinschrift von Vercelli etc.), ebenso die Urkunden und – in einem anderen Sinne, da sie in aller Regel zusammen mit anderen lateinischen Texten zu thematisch konsistenten Sammelhandschriften zusammengeordnet sind – paraliturgische Texte wie die Chanson de Sainte Foy oder die okzitanische Übersetzung des Johannesevangeliums. V. a. aber die Aufbewahrung der frühen romanischen Manuskripte ist in aller Regel an die traditionellen Institutionen der Schriftkultur, die kirchlichen Einrichtungen, gebunden, ganz einfach deswegen, weil nur diese zu der betreffenden Zeit über Archivierungs- und Aufbewahrungsstrukturen verfügten. (Allerdings zeigt sich hier unter Umständen eine systematische Lücke in der Überlieferung der volkssprachlichen Schriftlichkeit. Belege wie die Nodicia de kesos oder der Conto navale pisano könnten so interpretiert werden, dass es eine relativ rege volkssprachliche Schriftproduktion im Bereich der pragmatischen ‘Verbrauchsschriftlichkeit’ gab, die jedoch unwiederbringlich verloren gegangen ist, weil sie von vornherein von der Aufbewahrung ausgeschlossen war; cf. Petrucci 1993, 30 ss.) Noch ein weiteres Phänomen zeigt, dass in den frühen Jahrhunderten die volkssprachliche Schriftlichkeit der lateinischen (griechischen, arabischen) deutlich untergeordnet ist. Überprüft man die Liste der Manuskripte von 760 bis 1150 im Inventaire (Frank / Hartmann, 1997) stellt sich heraus, dass eine sehr hohe Zahl davon mehrsprachig ist, nämlich etwa 49 von 156 Dokumenten unter Einbezug der Urkunden bzw. 30 von 40 Dokumenten ohne Urkunden. Mehrsprachige Texte sind dabei in fast allen der in dieser Zeit belegten Diskurstraditionen vertreten (in 16 von 20 Diskurstraditionen). So gibt es neben den Glossen und Glossaren, die immer mehrsprachig sind, mehrsprachige Federproben (Indovinello veronese), Bibelübersetzungen (Eadwinpsalter, Montebourgpsalter), mehrsprachige paraliturgische Texte (Laudes regiae, Alba), Rituale (Cérémonial d’épreuve judiciaire, Formula di confessione umbra) oder Gedichte (Hilarii versus), Chroniken (Historia von Nithard),
Urkunden (Placiti campani, okzitanische und katalanische Feudaleide) usw. Die Streuung hinsichtlich der Diskurstraditionen wird gewissermaßen durch das gemeinsame Merkmal der Mehrsprachigkeit ausbalanciert. Dabei ist zu bedenken, dass in der Regel in den mehrsprachigen Texten dem Lateinischen, Griechischen, Arabischen ein (qualitativ, aber meistens auch quantitativ) höherer Stellenwert zukommt als der Volkssprache. Die romanischen Varietäten sind noch keine autonomen Mittel der schriftlichen Kommunikation. Ihre Präsenz im graphischen Medium ist vielmehr an die der unmarkierten traditionellen Sprache gebunden. Form und Ausmaß der Dominanz bzw. der Bindung an die traditionelle Schriftsprache variieren dabei in signifikanter Weise und erlauben eine Typisierung, die den jeweiligen Emanzipationsgrad der Volkssprache erkennen lässt. Entscheidend ist hier zum einen das diasystematische Verhältnis der Sprachformen (asymmetrisch bzw. symmetrisch). Ein Text wie die Iscrizione di San Clemente, in der die romanische Sprache der Soldaten dem lateinischen Gebet des Heiligen gegenübergestellt ist, oder die Postilla Amiatina, in der das Romanische in einem parodistischen Zusatz einer lateinischen Urkunde verwendet wird, unterscheiden sich hinsichtlich des soziolinguistischen Status, den die volkssprachlichen Varietäten erhalten, fundamental beispielsweise von den okzitanischen und katalanischen Feudaleiden, in denen das Romanische in den feierlichen Schwurformeln der lateinischen Urkunde verwendet wird (cf. Selig 1996a, 10 ss.). Zum anderen kann der unterschiedliche syntaktisch-textuelle Autonomiegrad der Volkssprache als Indikator für die soziolinguistische Asymmetrie bzw. Symmetrie genommen werden. An den Extrempunkten stehen einerseits ‘mischsprachliche’ Dokumente wie das Jonasfragment oder die okzitanischen und katalanischen Feudaleide, in denen lateinische und romanische Syntagmen, dicht verschränkt miteinander, den Text des jeweiligen Dokuments bilden, andererseits Dokumente wie die Sermons limousins, in denen das Lateinische nur mehr in den zitierten Bibelstellen zu Beginn der Predigten vorkommt. Mittlere Positionen besetzen die Glossen oder Interlinearversionen mit einem unterschiedlich autonomen volkssprachlichen ‘Paratext’ zu einem lateinischen (hebräischen etc.) Text, ebenso die
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
Dokumente, in denen die romanischen Passagen relativ selbständige Teile eines anderssprachigen Textes sind, so die volkssprachlichen Refrains in der Alba, in den Hymnes limousins oder in den Hilarii versus, die romanischen Formeln im lateinischen Pönitentiar von Sant’Eutizio (Formula di confessione umbra) oder die romanischen Zitate in Nithardts Geschichtschronik. Das Problem des unterschiedlichen textuellen und syntaktischen Autonomiegrades des Romanischen in den frühen mehrsprachigen Texten ist komplexer als es hier ausgeführt werden kann (cf. Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 16 ss.). Dies betrifft beispielsweise die Frage, ob nicht ein entscheidender Schritt zur Individuierung der Volkssprache mit dem Übergang von romanischen Syntagmen zu romanischen Teil- oder Paratexten geleistet wurde (ib., 18 ss.). V.a. aber die Grenzziehungen ‘nach unten’, beispielsweise in den noch lateinischen, aber bereits mit vielen Romanismen durchsetzten spanischen Urkunden (Böhmer 1998), sind schwer zu bestimmen. Im vorliegenden Zusammenhang kommt es aber weniger auf die Benennung eindeutiger Trennlinien an, jenseits derer ein Text dann als frühes Dokument des Romanischen zählen kann, als vielmehr darauf, eine mehrsprachige Schreibpraxis aufzuzeigen, die gerade in ihrer Vielfältigkeit und Unbestimmtheit die soziolinguistische Situation der ersten Jahrhunderte der Verschriftlichung widerspiegelt. Auch hinsichtlich der kommunikativen Funktion der romanischen Passagen, aus der sich die Motive für die Verschriftlichung ableiten lassen, variieren die mehrsprachigen Texte. Zu betonen ist zunächst, dass in aller Regel für die Einbettung in die jeweilige Diskurstradition der Textbestand entscheidend ist, der in der traditionellen Schriftsprache geschrieben ist. Die Historia von Nithard bleibt, trotz der zitierten Straßburger Eide, eine lateinische Chronik, die Placiti sind lateinische Urkunden, auch wenn sie durch die volkssprachlichen Schwurformeln eindeutig aus dem Rahmen der sonstigen Urkunden herausfallen. Die Faktoren, die zur Abweichung von der sonstigen Schreibpraxis geführt haben, sind deshalb bei den mehrsprachigen Texten, anders als bei den einsprachigen romanischen Chroniken, Urkunden etc. der späteren Jahrhunderte, mit der Zuordnung zu den jeweiligen Diskurstraditionen offensichtlich noch
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nicht geklärt. Sie müssen noch genauer in den kommunikativen Motivationen bzw. Möglichkeiten gesucht werden, die die Mehrsprachigkeit im Rahmen des jeweils vorliegenden Texttyps ermöglicht. Analysiert man diese Motivationen, lässt sich zunächst ein großer Bereich abgrenzen, in dem die Präsenz des Romanischen in der Schrift der Verständlichkeit der Texte dient. Derartige pragmatische Motive für die Aufnahme des Romanischen in das graphische Medium lassen sich beispielsweise in den Glossen, den Interlinearübersetzungen und den Glossaren erkennen, sicher auch in den zitierten rituellen Formeln im Pönitentiar von Sant’Eutizio (Formula di confessione umbra) oder in den romanischen Passagen des Jonasfragments. Auf der anderen Seite stehen Texte, in denen die Präsenz des Romanischen durch die rhetorischen bzw. ästhetischen Effekte motiviert ist, die durch das Einführen einer sonst nur im phonischen Medium präsenten Sprachform bzw. durch den Kontrast zwischen traditioneller und abweichender Schriftsprache erreicht werden können. Dazu gehören die Texte, in denen das Romanische mit parodistischer Absicht verwendet wird (Iscrizione di San Clemente, Postilla amiatina), die mehrsprachigen Federproben (Indovinello veronese etc.), die romanischen Refrains der lateinischen Lieder (Alba, Hymnes limousins, Hilarii versus), aber auch die Historia von Nithard, in denen die volkssprachlichen Eidesformeln, die durch ihre Zitierung im narrativen Kontext ja ihre rechtliche Funktion verlieren, mit einer politischen bzw. historiographischen Zielsetzung eingesetzt werden (Selig 1993b, 100 ss.). In diesem Zusammenhang kann man darauf verweisen, dass auch bei den Placiti campani und den okzitanischen und katalanischen Feudaleiden eine rein pragmatische Herleitung der romanischen Passagen nicht unproblematisch ist. Denn ausgerechnet die Passagen werden romanisch wiedergegeben, die formelhaft sind und maximal erwartbare Information enthalten, während die individuellen Details der Rechtshandlungen lateinisch verschriftet sind (Petrucci 1993, 18 ss.; Selig 1996a, 13). Vielleicht lässt sich auch hier eine rhetorische Zielsetzung, etwa die Konnotation der mündlichen Zeremonie noch in der schriftlichen Aufzeichnung, erkennen. Wir können abschließend zusammenfassen, dass die Konzentration auf eine Reihe von kommunikativ-pragmatischen Aspek-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
ten wie Entstehungs-, Überlieferungs- und Aufbewahrungskontexte sowie Mehrsprachigkeit die Besonderheit der Überlieferung der frühen Jahrhunderte aufzeigen kann: Die Präsenz der Volkssprache im graphischen Medium bleibt für lange Zeit die Ausnahme und stellt nur eine Abweichung von einer weiterhin dominant lateinischen (griechischen, arabischen) Praxis dar. V. a. in den – quantitativ in der Überlieferung dominierenden – mehrsprachigen Texten kristallisiert sich dies am deutlichsten heraus. Hier reicht die Abhängigkeit von den alten schriftkulturellen Strukturen bis in den Textzusammenhang hinein, und die Motive der Verschriftlichung des Romanischen leiten sich gerade aus der Kopräsenz von althergebrachter und neuer Schriftsprache her. Auch die Beobachtung, dass gerade bei den mehrsprachigen Texten häufig keine Traditionsbildungen oder eine konstante Streuung der Belege der betreffenden Diskurstradition zu beobachten sind, verweist darauf, dass der Sprachkontrast als Auslöser der Verschriftlichung gesehen werden muss. So finden sich nach der Historia von Nithard, die als ‘historiographische Erzählung’ einzustufen ist, erst dreihundert Jahre später mit Manuskripten des Brut bzw. einer französischen Übersetzung der Historia rerum transmarinum von Guillaume de Tyr weitere Belege dieses Texttyps (Frank / Hartmann 1997, vol. 3, 227; 305). Auch die Placiti campani (ib., vol. 5, 9 ss.), das Jonasfragment (ib., vol. 2, 327) und die Einsiedler Interlinearversion (ib., 328) finden keine zeitlich oder räumlich unmittelbar benachbarten Nachfolger. Die mehrsprachigen Texte, in denen die Präsenz des Romanischen durch die spezifischen Effekte motiviert ist, die das Nebeneinander der Sprachen unter den Bedingungen der jeweiligen Diskurstradition erlaubt, geben offensichtlich gerade nicht den Anstoß zur Etablierung konstanter Verschriftlichungskontexte. Die genannten Merkmale der frühen Überlieferung sind übrigens als prototypische Kennzeichen zu denken und können keineswegs zu einer scharfen zeitlichen Grenzziehung zwischen zwei gänzlich unterschiedlichen Phasen genutzt werden. Die Dominanz der lateinischen (griechischen, arabischen) Schriftkultur reicht, wenn auch in immer schwächer werdender Form, noch in die folgenden Jahrhunderte hinein. Dies bedeutet, dass sich die ‘konservativen’ Verschriftlichungsinitiativen weiterhin fortset-
zen werden. Auch nach dem 12. Jh. wird es eine ganze Reihe von Beispielen geben, in denen die Volkssprache in mehrsprachigen Texten, gebunden an die Präsenz der traditionellen Schriftsprache, auftritt. Genauso gibt es bereits in den frühen Jahrhunderten Initiativen, in denen sich die Etablierung konstanter Entstehungs- und Gebrauchskontexte für eine autonome volkssprachliche Schriftlichkeit andeutet, nämlich die paraliturgischen Texte und die Tradition der okzitanischen, katalanischen und sardischen Urkunden. ‘Konservative’ und ‘innovative’ Tendenzen sind also miteinander verschränkt, aber das Überwiegen der einen oder anderen in den jeweiligen Phasen des Verschriftlichungsprozesses bleibt eindeutig.
5.
Die Institutionalisierung der volkssprachlichen Schriftlichkeit: Kulturräume und Diskurstraditionen
Die erste Phase des Verschriftlichungsprozesses ist durch eine breite Streuung der überlieferten Dokumente auf fast alle Regionen der Romania gekennzeichnet. Wie bereits gesagt, entwickelt sich in der ab der Mitte des 12. Jh. beginnenden zweiten innovatorischen Phase die Verschriftlichung dagegen in den einzelnen Regionen in unterschiedlichem Rhythmus und setzt in unterschiedlichen Kommunikationsbereichen ein. Im anglonormannischen England beginnt im Bereich der religiösen, didaktischen und historiographischen Literatur und im literarischen Bereich der Prozess der Institutionalisierung der volkssprachlichen Schriftlichkeit sehr früh, nämlich in der ersten Hälfte des 12. Jh., und strahlt von dort auf den Norden Frankreichs aus («Littérature de caractère religieux»: von 178 Mss. sind 152 französisch, davon 74 anglonormannisch; «Littérature instructive et scientifique»: von 92 Mss. sind 79 französisch, davon 58 anglonormannisch; «Historiographie»: von 30 Mss. sind 29 französisch, davon 14 anglonormannisch; «Poésie profane»: von 116 Mss. sind 104 französisch, davon 31 anglonormannisch, Frank / Hartmann 1997, vol. 2; vol. 3; cf. auch Holtus 1999, 506). Ebenso verfestigt sich eine Urkundenschriftlichkeit im okzitanischen, katalanischen und sardischen Kulturraum bereits ab der Mitte des 12. Jh., in Nordfrankreich ab dem Anfang
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
des 13. Jh. (Frank / Hartmann 1997, vol. 4; vol. 5). In den übrigen Gebieten der Romania beginnt eine kontinuierliche und breit gefächerte Überlieferung dagegen erst im 13. Jh., im rätoromanischen und rumänischen Sprachgebiet sogar erst in der Renaissance. Die Gründe für diesen unterschiedlichen Verlauf des Verschriftlichungsprozesses müssen in den jeweiligen sozio-kulturellen Situationen der betreffenden Kulturräume gesucht werden, die die Etablierung stabiler Produktions- und Rezeptionskontexte für schriftliche Texte in der Volkssprache ermöglicht bzw. behindert haben. Die nachfolgende Skizze der zweiten Phase des Verschriftlichungsprozesses orientiert sich an den in Frank / Hartmann (1997) unterschiedenen Kommunikationsbereichen bzw. Diskurstraditionen. Zu betonen ist, dass der Überblick nur ein vorläufiger sein kann. Dies hängt damit zusammen, dass die bisherige sprach- und literaturgeschichtliche Forschung sich in aller Regel auf einzelne Autoren bzw. Texte konzentrierte und die sozialgeschichtliche Dimension und damit den rezeptionsgeschichtlichen Stellenwert eines Werkes (mündlich verbreitete Tradition, isoliertes Manuskript, Manuskripttradition etc.; cf. hier etwa Ruh 1985) dabei in den Hintergrund rückte. Gesicherte und systematisch gesammelte Daten zur Manuskriptüberlieferung romanischer Texte liegen nur bis 1250 vor, dem vom Inventaire (Frank / Hartmann 1997) aus forschungspraktischen Gründen gewählten Endpunkt der Untersuchung. Daher können detailliert nur die ersten Tendenzen des Verschriftlichungsprozesses, konzentriert auf die anglonormannische und altfranzösische Überlieferung, aufgezeigt werden. Zu den Kulturräumen, in denen die Institutionalisierung später einsetzt, können dagegen nur bedingt Aussagen gemacht werden. 5.1. Paraliturgische Dichtung In einer Diskurstradition, nämlich der paraliturgischen, ist in der gesamten westlichen Romania, mit Ausnahme des anglonormannischen Kulturraumes, bereits sehr früh ein allerdings nur bedingt konstanter Gebrauch der Volkssprache im schriftlichen Medium zu beobachten (Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 78 s.; vol. 2, 205 ss.). Im nördlichen Frankreich gehört beispielsweise die Séquence de Sainte Eulalie (Ende 9. Jh.) zu den frühesten überlieferten Texten, in Südfrankreich die Passio Christi und der Saint Léger
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(um 1000) bzw. die Alba (um 1000), in Italien der Pianto di Maria in der Passione cassinese (zweite Hälfte 12. Jh.), in Spanien der Auto de los reyes magos (um 1200), in Katalonien der Cant de la Sibilla (erste Hälfte 13. Jh.). Dies ist vor dem Hintergrund der schriftkulturellen Rahmenbedingungen des Mittelalters kein Zufall. Die Paraliturgie, die als volkssprachliche Erweiterung der traditionellen lateinischen Liturgie entsteht, um den Laien eine aktive Teilnahme am liturgischen Geschehen zu ermöglichen, hat in mehrfacher Hinsicht eine Brückenfunktion. Es handelt sich um religiöse Dichtung, die für den Gesang bestimmt ist, mithin um Traditionen elaborierten Sprechens, die fest in der – laikalen und volkssprachlichen – Mündlichkeit verankert, gleichzeitig aber von ihrer Funktion und von ihren Inhalten her den klösterlichen Institutionen zugeordnet sind. Die Thematik wertet die Volkssprache auf, und die institutionelle Einbettung macht den Schritt zur schriftlichen Aufzeichnung derartiger Texte ohne weiteres möglich. Dieser erfolgt, wenn den Klerikern die Aufbewahrung für einen späteren Gebrauch oder einfach die Dokumentation dieser Tradition sinnvoll erscheint, wobei die Aufzeichnung die originäre sprachliche Gestalt übernehmen muss, wenn sie die poetischen Dimensionen bewahren will. Auch die Tatsache, dass viele der paraliturgischen Texte mehrsprachig sind, zeigt sehr deutlich die vermittelnde Stellung zwischen lateinischen und volkssprachlichen Traditionen. Auffällig ist, dass zumindest die frühen Texte nie in mehreren Manuskripten vorliegen. Es handelt sich also offensichtlich nicht um Texte, die überregionale Verbreitung gefunden haben. Auch die große zeitliche und räumliche Streuung der frühen Beispiele und die Heterogenität der gewählten Formen (Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 79) verweist darauf, dass es sich nicht um eine fest umrissene Tradition handelt, sondern eher um ein Ensemble weitgehend identischer religiöser, kommunikativer und schriftkultureller Rahmenbedingungen, die an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeitpunkten zu ähnlichen Verschriftlichungsinitiativen geführt haben. Wichtig ist jedoch, dass sich aus dieser offenen und nur thematisch und sprachlich festgelegten Dichtungstradition eine Reihe von neuen volkssprachlichen Genera ausdifferenzierten, die eine entscheidende Rolle bei der Institutionalisierung der volkssprachlichen
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Schriftlichkeit spielten. So etwa die Tradition der italienischen Laudes, das religiöse Theater, v. a. aber die hagiographischen Versepen, in denen sich die Annäherung der klerikalen Kultur an Formen der volkssprachlichen Mündlichkeit, nämlich einer mündlichen Epentradition, manifestiert (Segre 1974; cf. auch Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 271 ss.). 5.2. Predigten Eine relativ weite regionale Verbreitung kennt auch die Tradition der Manuskripte volkssprachlicher Predigten (ib., vol. 1, 81s.). Zwar überwiegen eindeutig die französischen und anglonormannischen Beispiele (13 bzw. 8), aber es finden sich auch zwei okzitanische, zwei katalanische, zwei italienische und ein rätoromanisches Beispiel (ib., vol. 2, 327 ss.). Wie bei der paraliturgischen Dichtung lassen sich deutliche Anzeichen einer Polygenese zu verschiedenen Zeiten und Orten unter identischen Kommunikationsbedingungen erkennen (ib., 336 ss.). Die Predigtüberlieferung kann die Problematik einer schriftlichen Verwendung der Volkssprache besonders deutlich illustrieren. Mit dem Beschluss des Konzils von Tours von 813 haben wir einen eindeutigen Beleg für eine volkssprachliche Predigtpraxis. Diese Praxis schlägt sich aber allenfalls im Jonasfragment im graphischen Medium direkt nieder; in der Einsiedler Interlinearversion und den Glosas Emilianenses handelt es sich dagegen um indirekte Zeugnisse, die nicht die Predigt, sondern die Predigtvorbereitung dokumentieren (ib., vol. 1, 81). Das weitgehende Fehlen volkssprachlicher Predigttexte kann dabei nicht verwundern, bedenkt man die funktionalen Möglichkeiten des schriftlichen Mediums: Warum sollte man einen Text, der mit der mündlichen Performanz seine Funktion erfüllt hat, niederschreiben bzw. warum sollte man eine eventuelle vorbereitende Niederschrift aufbewahren? Die schriftlich erhaltenen Predigten sind daher auch ganz offensichtlich nicht Dokumente konkreter Predigten, sondern entweder Sammlungen von Musterpredigten, die dem Klerus Vorbilder für ihre eigene Praxis an die Hand geben sollen (Sermons limousins, Sermoni subalpini, Homélies d’Organya etc.) oder Sammlungen, die zum Lesen gedacht sind, d. h. außerhalb der mündlichen Predigtpraxis angesiedelt sind. Dieser letztere Typus liegt beispielsweise dann vor, wenn Predig-
ten von Maurice de Sully in einer anglonormannischen Handschrift vom Beginn des 13. Jh. mit einer Versübersetzung der Bibel und zwei volkssprachlichen Heiligenlegenden vereint sind (Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 351; cf. ib. 347 s.; 350; 353 s.; 356 s.). Es ist anzunehmen, dass gerade dieser zweite Typus von Lesepredigten, der sich auch und vielleicht sogar ausschließlich an ein laikales Publikum wendet, die spätere Entwicklung dominieren wird. 5.3. Religiöse und didaktische Literatur Die Schnittstelle von klösterlicher und laikaler Kultur spielt auch für die weitere Entwicklung der Verschriftlichung der Volkssprachen eine zentrale Rolle. Im anglonormannischen England treten ab der Mitte des 12. Jh. eine Reihe von Psalterübersetzungen (Eadwine-Psalter, Text Anfang 12. Jh., Ms. 1155–60; Montebourg-Psalter, Text und Ms. Mitte 12. Jh.) auf. Damit etabliert sich eine Tradition von Übersetzungen bzw. Adaptationen der Bibel und liturgischer Texte für ein volkssprachliches Publikum, die etwas später auch in Nordfrankreich aufgenommen wird (anglonormannisches Livre des Rois, Text und Ms. zweite Hälfte 12. Jh.; westfränkisches Livre des Juges, Text um 1170, Mss. um 1200; französische Bible du XIII e siècle, Text Anfang 13. Jh., Mss. ab 1250). Auch weitere religiöse bzw. zur traditionellen lateinischen Gelehrtenkultur gehörende didaktisch-literarische Texte bzw. Gattungen werden im anglonormannischen England und – parallel oder etwas später – in Nordfrankreich in dieser Zeit in die Volkssprache übertragen. Beispielsweise werden Übersetzungen von Klosterregeln angefertigt (Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 361 ss.) und Kommentare zur Bibel in die Volkssprache übertragen (ib., vol. 3, 43 ss.). Im anglonormannischen Kontext entstehen außerdem die ersten Lehrgedichte (Bestiaire, Lapidaire und Comput von Philippe de Thaon, Text Anfang 12. Jh., Mss. ab Mitte des 12. Jh.), die ersten Reimchroniken (Geffrei Gaimar, Estoire des Engleis, Text um 1137, Mss. Anfang 13. Jh.; Wace, Roman de Brut, Roman de Rou, Texte Mitte des 12. Jh., Mss. ab zweite Hälfte des 12. Jh.; Benoît de Saint-Maure, Chronique des Ducs de Normandie, Text 1174, Mss. ab Ende 12. Jh.) und die ersten antikisierenden Romane (Roman de Thèbes, Text um 1160, Mss. ab Ende des 12. Jh.; Roman d’Eneas, Text zweite Hälfte des 12. Jh., Mss. ab Ende
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
12. Jh.; Benoît de Saint-Maure, Roman de Troie, Text um 1170, Mss. ab Ende 12. Jh.). Der Kontakt zwischen den beiden Kulturen kann dabei unterschiedliche Gestalt annehmen. Denkbar ist zum einen, dass die Formen der lateinischen Diskurstradition unverändert in die volkssprachlichen Texte übernommen werden. Dies ist etwa bei den Prosaübersetzungen der Bibel, der Mönchsregeln oder der Kommentare der Fall (cf. Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 141 ss.; 361 ss.; vol. 3, 67; 71; 76 etc.). Sehr häufig entsteht aber eine Symbiose, und die Verfasser der frühen Texte, die mit Sicherheit Kleriker waren, übernehmen für die Vermittlung der religiösen bzw. didaktischen Inhalte Formen der volkssprachlichen mündlichen Dichtungstradition. So entstehen Bibeldichtungen (ib., vol. 2, 179 ss.), Versfassungen des Credos, des Vaterunsers etc. (ib., 207 ss.), Reimpredigten (ib., 68; 73; 75 etc.), gereimte Mönchsregeln (ib., 364), außerdem die bereits angesprochenen Traditionen der Lehrgedichte bzw. Reimchroniken und der hagiographischen Versepen. Die Wahl der Form scheint dabei auch mit einem unterschiedlichen Publikum zusammenzuhängen (ib., vol. 1, 78). Die Beibehaltung der Prosaform tritt bei Texten auf, die für ein klerikales, aber lateinunkundiges Publikum, beispielsweise Nonnen, bestimmt sind. Die Reimform ist dagegen ein Indiz dafür, dass der Text für den Vortrag vor einem höfischen Publikum vorgesehen ist. Gerade im anglonormannischen Kulturraum manifestiert sich in derartigen Texten häufig der bewusste Versuch seitens der Adligen, Elemente der lateinischen Klerikerkultur in die neu entstehende volkssprachliche höfische Kultur zu integrieren. Dies zeigen ganz deutlich etwa die Reimchroniken oder die antikisierenden Romane, die die genealogischen Ansprüche des englischen Herrscherhauses stützen sollen (Tillmann-Bartylla 1986). Insofern gehen hier, im Unterschied zur paraliturgischen Dichtung und zu den Predigten, die Initiativen zur Verschriftlichung der Volkssprache von den Laien aus. Die nunmehr entstehenden volkssprachlichen Manuskripte verlassen, sowohl was ihre mediale Rezeption als auch was ihre Funktion anbetrifft, den bisherigen, im weitesten Sinne liturgischen Kontext. Ihre ‘Aufführung’, sei es durch (szenisches / musikalisches) Vortragen oder durch Vorlesen, ist in die höfische Festkultur eingebettet, und die in ihnen vermittelten In-
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halte und das von ihnen vermittelte Prestige kommen unmittelbar dem König bzw. den Adligen zugute. Es entsteht ein laikales höfisches Publikum, für das Schriftlichkeit zum integralen Bestandteil seiner Kultur wird. 5.4. Weltliche Literatur Die Grenze zwischen religiös-didaktischen und literarischen Gattungen verläuft im Mittelalter anders als heute. Sie ist weniger eindeutig, wie es Diskurstraditionen wie Bibeldichtung, Lehrgedichte oder Reimchroniken zeigen, und die Grenze um die Fiktionalität verläuft an anderer Stelle, wie der Anspruch auf die Vermittlung historischer Wahrheiten durch die Chansons de geste oder die Prosaromane verdeutlicht. In dem weiten Feld, das beide Kommunikationsbereiche eröffnen, gibt es aber zwei klare Pole: auf der einen Seite einen ‘klerikalen’ Pol, der auf die Vermittlung von historischer bzw. moralischer Wahrheit pocht, auf der anderen Seite einen ‘höfisch-literarischen’ Pol, der sich mit dem Anspruch auf Autonomie und auf das Spiel mit der Fiktionalität von den klerikalen Traditionen abgrenzt. Die Diskurstraditionen, die an diesem ‘literarischen’ Pol angesiedelt sind, haben zu einem großen Teil ihre Wurzeln in der volkssprachlichen mündlichen Tradition. Auf diese Traditionen greift bereits früh der anglonormannische Hof zurück und übernimmt auch sie in die höfische Kultur. Dies zeigen die Lais von Marie de France (Text 1165–89, Mss. ab Mitte des 13. Jh.), die auf die keltische Sagentradition zurückgehen. Eng an eine mündliche Epentradition schließen auch die Chansons de geste an, deren erste schriftliche Versionen im anglonormannischen Kulturkreis entstanden zu sein scheinen (Chanson de Roland in der Oxforder Version, Text um 1100, Ms. um 1170; Gormont et Isembart, Text um 1100, Ms. um 1200), auch wenn diese Diskurstradition, zumindest was ihre frühe schriftliche Aufzeichnung anbetrifft, weitaus stärker in Nordfrankreich – und teilweise im okzitanischen Sprachgebiet – verankert ist (von 45 Mss. sind 3 okzitanisch, 41 französisch, davon 12 anglonormannisch; Frank / Hartmann 1997, vol. 3, 127 ss.). Auch die höfische Lyrik hat ihre Wurzeln in der Mündlichkeit. Diese Diskurstradition setzt mit der okzitanischen Trobadorlyrik in Südfrankreich ein, die bereits Ende des 11. Jh. mit Guillaume de Poitiers beginnt
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
und ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 12. Jh. hat; die Trobadorlyrik strahlt dann nach Katalonien, Norditalien, Nordfrankreich, Spanien, Sizilien und Deutschland aus und initiiert in den betreffenden Gebieten eigenständige lyrische Traditionen. Die ab der zweiten Hälfte des 12. Jh. mit Chrétien de Troyes in Nordfrankreich einsetzende Tradition des Versromans geht dagegen nur, was die Stoffe anbelangt, auf mündliche Märchen- bzw. Sagentraditionen zurück. Ansonsten ist der Versroman eine Neuschöpfung, die von Anfang an eindeutig schriftkulturell geprägt ist. Dies manifestiert sich in der Integration inhaltlicher und formaler Elemente der lateinischen Klerikertradition – der Versroman schließt in gerader Linie an die antikisierenden Romane an –, ebenso in einem neuen Verständnis von literarischem Können, von Autorschaft, von Publikum usw., das direkt an der klerikalen Kultur orientiert ist, ja sich dieser als verschieden, aber gleichwertig gegenüberstellt. Außerdem bleibt der Versroman, wie die übrigen literarischen Gattungen, zwar weiterhin der mündlichen Aufführung verhaftet, aber anders als bei der höfischen Lyrik oder den Chansons de geste werden die Elemente, die an die mündliche Tradition anknüpfen, also etwa musikalische Begleitung, szenische Aufführung, improvisatorischer Gestus usw. aufgegeben, und das Vorlesen aus dem Codex wird zur typischen Rezeptionssituation. Das Problem des Verhältnisses der mittelalterlichen romanischen Literatur zur Mündlichkeit ist komplex und, da die vorgängige Mündlichkeit äußerst schwer zu fassen ist, auch allenfalls approximativ zu bestimmen. Festhalten kann man aber, dass selbst die Diskurstraditionen, die an eindeutig mündliche Traditionen anknüpfen, keine einfachen Aufzeichnungen der mündlich improvisierenden Dichtung sind. Die höfische Lyrik, aber auch die Chansons de geste, sind in einem neuen kulturellen Kontext eingebettet, der bereits schriftkulturell überformt ist. Außerdem ist anzunehmen, dass auch bei der Produktion dieser Texte die Zuhilfenahme des schriftlichen Mediums geläufig war – die Jongleurszenarien in vielen Chansons de geste sind ein Zitat einer längst nicht mehr existierenden Vergangenheit (Bäuml 1987) – und nur ihre Rezeption und ihre Verbreitung weiterhin an die mündliche Aufführung gebunden waren (Selig 1996b; cf.
auch Zumthor 1987). In diesem Sinne muss auch der teilweise sehr große Abstand zwischen der Entstehung der Texte und ihrer schriftlichen Überlieferung interpretiert werden. Solange die Trobadorlyrik an den Adelshöfen aufgeführt wurde, waren die schriftlichen Aufzeichnungen auf die Kreise der dichtenden und aufführenden ‘Experten’ beschränkt und auch nicht für die Archivierung bestimmt. Ähnliches gilt für die Chansons de geste, die lange Zeit sicher weiterhin an die mündliche Aufführung gebunden blieben. Noch die ersten, durch ihr bescheidenes Format auffallenden Handschriften hat man als Manuskripte für die aufführenden Jongleure interpretiert (Hasenohr 1990, 239 ss.). Erst als sich im 13. Jh. die schriftkulturellen Rahmenbedingungen, nicht zuletzt durch das Aufkommen eines städtischbürgerlichen Publikums in den großen Zentren der Pikardie, der Champagne usw. verändern, etabliert sich eine kontinuierliche schriftliche Überlieferung der literarischen Texte. Mit der Genese eines Lesepublikums sind eine Reihe von Veränderungen für die literarischen, aber auch für die religiös-didaktischen Diskurstraditionen verbunden. Auf die veränderten Bedingungen der lesenden Rezeption gehen beispielsweise die ab der Mitte des 13. Jh. überlieferten großen Sammlungen der Trobador- bzw. Trouvèredichtung zurück, die häufig nur die Texte der Lieder, nicht aber die Melodien überliefern (Frank / Hartmann 1997, vol. 3, 258 ss.; Hasenohr 1990, 329 ss.). Auch dass ab der Mitte des 13. Jh. in einer Handschrift mehrere Chansons de geste zu großen Zyklen um die Person bzw. die Familie des epischen Helden vereint werden (Micha 1964, 221 ss.), hängt mit dem neuen Rezeptionskontext zusammen. Nicht zuletzt aber das Aufkommen einer volkssprachlichen literarischen Prosa ab Anfang des 13. Jh., d. h. das Aufkommen der Prosachroniken, die im anglonormannischen England, in Nordfrankreich und in Spanien entstehen (Frank / Hartmann 1997, vol. 3, 305 ss.), bzw. der Prosaromane, die in Nordfrankreich verfasst werden (ib., 226 ss.), ist undenkbar ohne die weitgehende Lösung von einer medial mündlichen Vermittlung. Interessant ist, dass mit dem Aufkommen der literarischen Prosa in Nordfrankreich eines der formalen Kennzeichen der mündlichen Tradition, nämlich der Reim, zum Unterscheidungsmerkmal zwischen ‘literarischen’, nämlich fiktionalen, und ‘histori-
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
schen’ Texten wird. Die Autoren der Prosatexte polemisieren gegen die alten Traditionen des Versromans bzw. der Chanson de geste und behaupten, nur ihre Prosatexte vermittelten ‘wahre’ Geschichte (Frank 1994, 137 ss.). Auch dieses Phänomen verweist auf die wachsende Distanz zur Mündlichkeit und die zunehmende schriftkulturelle Prägung der Laiengesellschaft. 5.5. Urkunden Anders als die religiös-didaktischen und literarischen Diskurstraditionen, die vom anglonormannischen England und von Nordfrankreich bzw. im Falle der Trobadorlyrik vom Süden Frankreichs ausstrahlen und in vielen Regionen Europas Nachahmer finden, verbleiben die volkssprachlichen Urkundentraditionen innerhalb ihres regionalen Kontextes. Für diese pragmatische Schriftverwendung gelten andere Produktions- und Rezeptionsbedingungen, und sie ist in einem eigenen Kommunikationsbereich angesiedelt, der in aller Regel keinerlei Verbindung zu dem Kontinuum der religiösdidaktischen und literarischen Schriftlichkeit gehabt hat. Die mittelalterlichen Herrscher haben, auch wenn sie die höfische Literatur und die Produktion literarischer Manuskripte in der Volkssprache gefördert haben, Urkunden zumeist weiterhin in lateinischer Sprache ausstellen lassen. Die volkssprachliche Urkundenschriftlichkeit entsteht daher, im 12. und 13. Jh., sehr häufig in deutlich anderen sozialen und regionalen Kontexten als die literarischen Traditionen. Für die früheste Urkundentradition gilt dies allerdings nicht. Es handelt sich um die okzitanischen und katalanischen Treueeide, die ab Anfang des 11. Jh. von den Feudalherren Kataloniens und Südfrankreichs ausgestellt werden (Frank / Hartmann 1997, vol. 4, 349 ss.; vol. 5, 69 ss.; 380 s.; 390 ss.; cf. auch Frank 1996; Selig 1996a, 11 ss.). In den frühesten Belegen werden innerhalb eines lateinischen Urkundentextes Eidesformeln in der Volkssprache zitiert, erst später, ab der Mitte des 12. Jh., sind vollständig in der Volkssprache abgefasste Treueeide überliefert. Unabhängig von dieser Tradition setzt in Südfrankreich, genauer im Rouergue und Albigeois, ab der Mitte des 12. Jh. eine volkssprachliche Urkundenschriftlichkeit ein. Aussteller der Urkunden sind häufig Templer und Johanniter, Empfänger und zunehmend auch Aussteller der Urkunden ist
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der lokale Kleinadel. Ende des Jahrhunderts etabliert sich in den betreffenden Regionen dann ein städtisches Notariat, das in der Regel volkssprachliche Urkunden ausstellt (Frank / Hartmann 1997, vol. 4, 371ss.; 395ss.; vol. 5, 382 ss.; cf. auch Selig 1996a, 14 ss.). Sehr früh, ab Anfang des 12. Jh., setzt auch in Sardinien die volkssprachliche Urkundenschriftlichkeit ein. Es handelt sich um eine lokale Tradition, die wahrscheinlich durch die Kontakte der sardischen judices mit den Benediktinerorden des Festlands entstanden ist (Frank / Hartmann 1997, vol. 5, 23 ss.; 370 ss.; cf. auch Blasco Ferrer 1993; Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 28 ss.). Auch auf der iberischen Halbinsel etablieren sich volkssprachliche Urkundentraditionen, die offensichtlich aus einer ‘mischsprachlichen’ Tradition lateinischer Urkunden mit zahlreichen romanischen Einsprengseln erwachsen (Frank / Hartmann 1997, vol. 1, 18 s.; Böhmer 1998). Die Entwicklung beginnt in León ab der Mitte des 12. Jh. (ib., vol. 5, 259 ss.) und dem nördlichen Kastilien (ib., vol. 5, 165 ss.; 394), später kommen die übrigen Regionen hinzu (südliches Kastilien ab 1181, Navarra ab 1205, Asturien ab 1213; ib., vol. 5, 315 ss.; 141 ss.; 309 ss.). Auffällig ist außerdem, dass die spanischen Könige früh Urkunden in der Volkssprache ausstellen (ab 1206; ib., 327 ss.). Hier manifestiert sich bereits der Wille zu einem intensiven Ausbau der volkssprachlichen Schriftlichkeit, der ab der Mitte des 13. Jh. am Hofe Alfons des Weisen zu beobachten ist (historiographische, religiösdidaktische wissenschaftliche Diskurstraditionen; lyrische Dichtung in Galicisch-Portugiesisch) (Lapesa 11988, 237 ss.). In den übrigen Regionen der Romania setzen erst später volkssprachliche Urkundentraditionen ein. In Nordfrankreich ist ab Anfang des 13. Jh. in den pikardischen Handelsstädten und in Lothringen eine sehr intensive volkssprachliche Urkundenproduktion zu beobachten (Frank / Hartmann 1997, vol. 4, 51 ss.; 201 ss.). Die Champagne, die Wallonie, Burgund und Westfrankreich mit dem Zentrum La Rochelle folgen etwas später (ib., vol. 4, 301 ss.; 185 ss.; 337 ss.; 25 ss.). Dagegen fallen die Île-de-France, die Normandie, aber auch das anglonormannische England (dort sind nur Ansätze einer volkssprachlichen Legislation überliefert; ib., vol. 5, 325; 329 ss.; 334 s.), durch das fast vollständige Fehlen volkssprachlicher Urkundenschriftlichkeit bis zur Mitte des
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
13. Jh. auf (ib., vol. 4, 17; 21; 47 s.). Auch die italienischen Regionen weisen vor 1250 keine gefestigten volkssprachlichen Urkundentraditionen auf (ib., vol. 5, 9 ss.). Die Form der Urkunden wird im Mittelalter auch zur Legislation genutzt. In diesen Bereich gehören die spanischen Fueros, die ab Anfang des 13. Jh. in Originalmanuskripten überliefert sind, ebenso die Coutumiers und Stadtrechte, die ab Anfang des 13. Jh. in der Pikardie, Lothringen, der Champagne, aber auch teilweise in Südfrankreich aufgezeichnet werden (ib., 341 ss.). Es handelt sich bei diesen Traditionen um lokal begrenzte gewohnheitsrechtlich gefärbte Gesetzgebungen, die im Gegensatz zu der an die spätantiken bzw. frühmittelalterlichen Kodifikationen anknüpfenden Gesetzgebung steht. Was die letztere, v. a. in Südfrankreich, Katalonien und Italien verbreitete, anbetrifft, gibt es einige wenige Beispiele einer frühen volkssprachlichen Rezeption: eine okzitanische Übersetzung einer Summa des Justinianischen Corpus Iuris Civilis (ib., 327) und eine katalanische Übersetzung des Forum Judicum, einer westgotischen Gesetzessammlung (ib., 326). Die Faktoren, die zur Etablierung volkssprachlicher Urkundentraditionen bzw. volkssprachlicher Legislation führen, sind ganz unterschiedlich. Gemeinsam ist allen romanischen Traditionen eine sehr enge Orientierung an der lateinischen Tradition, deren Urkundenformulare beispielsweise auch in gewohnheitsrechtlichem Kontext häufig wörtlich übernommen werden. Dass trotz dieser engen Anbindung an die lateinische Tradition die Volkssprache gewählt wird, kann beispielsweise durch die periphere Lage zu den lateinischen schriftkulturellen Zentren und den dadurch eröffneten größeren Freiraum ermöglicht werden (Rouergue, Albigeois, Sardinien); ebenso kann das Aufkommen eines städtischen Bürgertums neue rechtliche und schriftkulturelle Bedingungen schaffen (Italien, Nordfrankreich); die Abwendung vom Latein kann aber auch, wie im Falle der spanischen Könige, von einer bewussten Entscheidung der herrschenden Elite für die Volkssprache zeugen. Wichtig für die sprachliche Entwicklung ist, dass die Urkundentraditionen, mit Ausnahme der Herrscherurkunden und der am römischen Recht orientierten Legislation, in einem lokalen Kontext produziert und rezipiert werden. Die Texte sind daher in aller Regel durch eine deutlich lokal bzw. re-
gional gefärbte Sprache gekennzeichnet, während die religiös-didaktischen (mit Ausnahme einer lokalen Historiographie wie Stadtchroniken etc.) und literarischen Traditionen von vornherein einer überregionalen Koiné näherstehen. 5.6. Pragmatische Schriftlichkeit Unter dem Terminus pragmatische Schriftlichkeit sollen hier alle romanischen Dokumente verstanden werden, die den Verwaltungsalltag eines Klosters oder einer Stadt, die kaufmännische oder notarielle Praxis etc. betreffen. Derartige Dokumente haben sehr häufig eine einfache Textgestalt, beispielsweise die der Liste (cf. Koch 1993, 47 ss.). Ihre genaue Funktion wird also nicht durch die Textform, sondern allenfalls durch einen Titel («Hec est noticia delos ortos del camino», «Decima et pensionem de Arlotho», «Chi a li rente de Here», Frank / Hartmann 1997, vol. 5, 398; 403; 420) bzw. durch den Inhalt und den Überlieferungskontext klargestellt. Die Dokumente sind teilweise in Urkundenkorpora oder in Kartularien eingegliedert (cf. etwa ib., 513ss.), d.h. zur Aufbewahrung bestimmt; in anderen Fällen sind sie jedoch nicht für die Archivierung vorgesehen und nur zufällig, etwa im Einband eines Codex, erhalten (cf. etwa ib., 445). Dann manifestieren sich in ihnen Spuren einer volkssprachlichen ‘Verbrauchsschriftlichkeit’, die unter Umständen sehr viel umfangreicher war, als wir heute aus den Resten der Überlieferung erschließen können (cf. 4.). In der Geschichte der Verschriftlichung der Volkssprachen hat diese pragmatische Schriftlichkeit einen unterschiedlichen Stellenwert, je nachdem, in welcher Institution sie entstanden ist. Wenn sie aus klösterlichen oder notariellen Institutionen stammt, in denen die schriftliche Produktion normalerweise lateinisch war, manifestiert sich in diesen einfachen Texten häufig eine Art unmittelbarer, nicht stilisierter Schriftproduktion: für kurze Notizen (cf. etwa Frank / Hartmann 1997, vol. 5, 443), formlose Listen (cf. etwa ib., 444; 519; 521) oder vorbereitende Skizzen (cf. etwa ib., 523 ss.) verwendete man nicht die lateinische Sprache, sondern griff auf die Alltagssprache zurück. Stammen die Dokumente dagegen aus städtischem oder kaufmännischem Kontext, der für seine schriftliche Produktion die Volkssprache benutzte, dokumentieren die pragmatischen Texte den Einsatz des schriftli-
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chen Mediums bei der Verwaltung und die Entwicklung neuer Diskurstraditionen für die Belange einer immer komplexer werdenden städtischen und kaufmännischen Welt. Auch hinsichtlich dieser pragmatischen Schriftlichkeit lässt sich eine rapide Zunahme der Belege nach 1200 feststellen («Lettres»: alle 15 Bspp. nach 1200; «Tarifs»: 5 vor, 37 nach 1200; «Relevés»: 8 vor, 54 nach 1200; «Notices»: 8 vor, 8 nach 1200; cf. Frank / Hartmann 1997, vol. 5, 351 ss.). Was die regionale Verteilung anbetrifft, so kann man in den frühen Jahrhunderten eine breite Streuung auf spanische, katalanische, okzitanische, französische, italienische Regionen beobachten. Wie bei der paraliturgischen Dichtung sind es die ähnlichen schriftkulturellen und soziolinguistischen Rahmenbedingungen, die in zahlreichen mittelalterlichen Klöstern zum Rückgriff auf die Volkssprache in diesen informellen Verwaltungskontexten geführt haben. Die Überlieferung des 13. Jh. ist dagegen dadurch gekennzeichnet, dass pragmatische Schriftlichkeit jetzt auch außerhalb der Klöster, in städtischem (cf. ib., 365; 407; 411; 418 s.; 426 ss.; 460 ss. etc.), notariellem (ib., 463; 522 ss.), kaufmännischem (ib., 364; 453; 458 s.; 471, 481 s.; 486 s.; 529), adligem (ib., 352, 354; 356 ss.; 361 ss.; 406; 408; 421 ss.; 496) Kontext auftritt, wobei sich regionale Schwerpunkte in Nordfrankreich (Pikardie, Lothringen) und in der Toskana abzeichnen. Gerade diese Regionen sind für die weitere Entwicklung der volkssprachlichen Schriftlichkeit sehr wichtig, weil dort eine Schicht von schriftkundigen Bürgern, Kaufleuten, Notaren entsteht, die in ihrem beruflichen Alltag schreiben und lesen, für die städtischen Institutionen die Schrift nutzen und als (Lese-)Publikum für eine volkssprachliche Literatur in Frage kommen.
6.
Prinzipien der Verschriftung / Verschriftlichung
6.1. Code-bezogene Aspekte Die Verschriftung der mittelalterlichen romanischen Sprachen kann an dieser Stelle nur ansatzweise behandelt werden. Die Tatsache, dass es sich bei den ersten Texten weitgehend um Einzelinitiativen ohne traditionsbildenden Effekt handelt, und dass die weitere Verschriftlichung zunächst polyzentrisch verläuft und erst in späteren Jahrhunderten sprachliche Zentralisierungsprozesse
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zu beobachten sind, bringt es mit sich, dass streng genommen jeder einzelne Text, jede Diskurstradition und jede Region gesondert betrachtet werden müsste (Meisenburg 1996, 56). Außerdem ist zu bedenken, dass es das gesamte Mittelalter hindurch keine oder zumindest nur vereinzelte Normierungsbestrebungen im Bereich der volkssprachlichen Graphiesysteme gab. Variation ist daher nicht nur zwischen den einzelnen Regionen, den einzelnen Diskurstraditionen, den einzelnen Texten zu beobachten. Die graphischen Regeln sind sogar innerhalb eines Manuskriptes in der Regel nicht konsistent, weil es für die Schreiber keine festgefügte Norm und kein Bedürfnis nach einer solchen gab – eventuell, weil bei der Praxis des lauten Vorlesens der volkssprachlichen Manuskripte die graphische Variation weniger beeinträchtigend war (ib., 75 ss.; cf. auch Beinke / Rogge 1990; Cornagliotti 1988; Ehler / Schaefer 1998; Schmid 1992; Winkelmann 1994). Trotz dieser großen Variation gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten aller mittelalterlichen Verschriftungsversuche (Meisenburg 1996, 56 ss.). Diese resultieren daraus, dass – bis auf die wenigen Beispiele von Translitterierungen in griechischer, arabischer oder hebräischer Schrift (cf. etwa Frank / Hartmann 1997, vol. 2, 41; 75; 107 s.; vol. 5, 47) – das lateinische Alphabet und die Prinzipien des lateinischen Schriftsystems den Rahmen für die Verschriftungsversuche bilden. Alle Schreiber rekurrieren auf das lateinische Kodierungsprinzip, das phonographisch ist, und ihnen steht ein einheitlicher Vorrat an Graphemen mit einheitlichen Graphem-Phonem-Korrespondenzen zur Verfügung. Zu präzisieren ist, dass das lateinische Schriftsystem im Laufe der Zeit einigen Veränderungen unterworfen war. Bezugspunkt für die Schreiber der frühen romanischen Dokumente sind die – regional ansatzweise differenzierten – frühmittelalterlichen Schriftsysteme, d. h. die merowingischen, westgotischen, langobardischen Systeme, die sich durch die Integration einer Reihe von vulgärlateinischen Lautveränderungen vom klassisch-lateinischen System entfernt haben. In den Phasen der Institutionalisierung der romanischen Schriftlichkeit wird dann auch das wieder an das klassisch-lateinische Schriftsystem angenäherte Mittellatein Vorbildfunktion haben (cf. Kramer 1996, 588 s.; Meisenburg 1996, 47 ss.; Sabatini 1968, 337 ss.).
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Die Orientierung am lateinischen Schriftsystem ist am eindeutigsten, wo die Graphem-Phonem-Korrespondenzen des Lateinischen in die romanischen Schriftsysteme übernommen wurden, etwa bei der Schreibung der einfachen Vokale () etc. (Meisenburg 1996, 57). Die Orientierung ist aber auch da erkennbar, wo neue, durch den sprechlateinischen Sprachwandel entstandene Phone / Phoneme verschriftet werden mussten (Halbvokale, Diphthonge, Triphthonge, Nasalvokale, gerundete Vordervokale, Schwa, Affrikaten, [z], [ʃ], [], [ʎ], [] etc.). Grundsätzlich sind hier mehrere Verfahren denkbar: die Bildung von neuen Graphemen, die Entlehnung von Buchstaben oder Sonderzeichen aus anderen Schriftsystemen, die Nutzung lateinischer Sonderzeichen, die Bildung neuer Di- bzw. Trigraphe, teilweise unter Nutzung von lateinischen Buchstaben als Sonderzeichen, die Zuweisung neuer Lautwerte an lateinische Buchstaben bzw. Buchstabenkombinationen, schließlich eine etymologisch orientierte Schreibweise, die die neuen Lautungen nicht direkt, sondern über den Wortbezug kodiert. Zu beobachten ist nun, dass die frühen Verschriftungen nicht den Weg der vollständigen Neubildung von Graphemen oder der forcierten Entlehnung aus anderen Graphiesystemen wählen. Erst im Laufe der Jahrhunderte entstehen durch die Integration von lateinischen Sonderzeichen in den Graphemkörper die neuen Grapheme und , die maximal in das lateinische System integriert sind. Auch die Akzente zur Unterscheidung der Vokalqualitäten bzw. zur Angabe des Wortakzentes werden systematisch erst ab der Renaissance eingesetzt (Kramer 1996, 586 s.). Dagegen werden verstärkt die restlichen Verfahren zur Verschriftung des Romanischen genutzt. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen. In frühen altfranzösischen Texten wird etwa für die Wiedergabe der Vokaloppositionen [i, e, ] bzw. [y, o, ɔ] die Lösung der merowingischen Skripta genutzt und – anders als in den späteren Traditionen – die Opposition zwischen geschlossenem und halb geschlossenem Vokal nicht kodiert, die zwischen halb geschlossenem und halb geöffnetem Vokal dagegen durch = [i, e] vs. <e> = [ε] bzw. = [y, o] vs. = [ɔ] wiedergegeben (Straßburger Eide: <podir>, <savir>, , ; Fassò / Menoni 1980, 9 s.; Meisenburg 1996, 52; 61; Sabatini 1968, 337). Auch die Kodierung des palatalen La-
terals [ʎ] und des palatalen Nasals [] entwickelt sich innerhalb der Vorgegebenheiten des lateinischen Systems. In den frühen romanischen Dokumenten finden sich – neben einfachem oder doppeltem , , , – eine Reihe von Graphemkombinationen, die indirekt an lateinische Graphietraditionen anschließen. Beispielsweise nehmen
, oder etymologisch auf die Konsonantenverbindungen Bezug, aus denen sich die palatalen Konsonanten entwickelt haben (altspan. < lat. filius; ait. <segno> < lat. signum etc.). Graphien wie , oder , die im Altokzitanischen bzw. Altkatalanischen geläufig sind, nutzen die im lateinischen System wenig gebrauchten bzw. aus dem Griechischen entlehnten Grapheme und als diakritische Zeichen (Kramer 1996, 588; Meisenburg 1996, 64 s.). Ein weiteres Beispiel ist die Schreibung der Affrikaten [ts] und [tʃ]. Auch in den romanischen Texten wird hier die Möglichkeit kontextsensitiver Graphem-Phonem-Korrespondenzen genutzt, die sich im lateinischen Schriftsystem durch den (spätlateinischen bzw. romanischen) Sprachwandel ergeben haben. In den altfranzösischen Texten ist das Graphem mehrdeutig und repräsentiert vor den Plosiv [k], vor <e, i> aber die neue Affrikate [ts], die sich ja auch aus der Lautkombination [k] vor palatalen Vokalen ergeben hat (Straßburger Eide: vs. ; Eulaliasequenz: vs. ). Auch die Repräsentation des [k] vor [e, i] wird der lateinischen Tradition entnommen: kann, nach dem fast vollständigen Wandel von lat. [kw] > [k] mit neuem Lautwert den Plosiv wiedergeben (Straßburger Eide: ; Eulaliasequenz: ). Das System wird durch die zweite Affrikate [tʃ], die sich aus [k] vor [a] entwickelt, noch komplexer. In den Straßburger Eiden wird hier das Prinzip der Kontextsensitivität ausgedehnt, und vor erhält den Wert [tʃ] (; zu cf. Fassò / Menoni 1980, 7 s.). In der Eulaliasequenz wird dagegen das Graphem als diakritisches Zeichen eingefügt, und der Digraph entsteht (). Bereits in den frühen Texten sind die Graphem-Phonem-Korrespondenzen allerdings nicht gänzlich eindeutig. In der Eulaliasequenz hat auch den Wert [k] (), und die Affrikate [ts] wird in den Straßburger Eiden und der Eulaliasequenz auch durch und wiedergegeben (Straß-
171. Die Anfänge der Überlieferung der romanischen Sprachen
burger Eide: kodiert, das damit für drei Vokale, [e], [ε] und [ə], steht. In den Straßburger Eiden und teilweise auch in anderen Texten (Meisenburg 1996, 71) wird dagegen eine etymologisierende Graphie gewählt (Straßburger Eide: , <poblo>, <salvament>; Fassò / Menoni 1980, 11 ss.). Geschrieben wird der zugrunde liegende Vollvokal und auf die lateinische Etymologie auf Kosten der lautlichen Eindeutigkeit verwiesen. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass in den letzten Jahrzehnten eine intensive Diskussion darüber geführt worden ist, ob sich das lateinische Schriftsystem im Laufe der Jahrhunderte von einem phonographischen zu einem logographischen entwickelt hat. Die Diskussion nahm ihren Anfang bei der Frage, wie groß der Abstand der frühmittelalterlichen Urkunden, insbesondere der Urkunden aus León, zum gesprochenen Romanisch war. Bekanntlich sind in diesen Urkunden eine ganze Reihe von phonetischen, morphosyntaktischen und lexikalischen Romanismen zu beobachten; dennoch sind die Texte von den späteren romanischen Verschriftungen noch weit entfernt, müssten also noch als lateinisch eingestuft werden. Der Abstand zu der zu postulierenden romanischen Mündlichkeit verringert sich allerdings deutlich, wenn man davon ausgeht, dass die Graphie der Texte beim Vorlesen nicht mehr phonographisch, sondern logographisch interpretiert wurde, damit die Verständlichkeit der Texte für ein lateinunkundiges Publikum bei lautem Vorlesen gesichert werden konnte (Lüdtke 1964; Wright 1982). Diese Hypothese dürfte allerdings kaum haltbar sein. Es scheint wesentlich wahrscheinlicher, dass sich das Kodierungsprinzip des lateinischen Schriftsystems im Laufe der Zeit nicht geändert hat und dass ein im Wesentlichen phonographisches Prinzip auch für die frühmittelalterlichen Tex-
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te galt, auch wenn dadurch eine Diglossiesituation mit einem großen Abstand zwischen der traditionellen Schriftsprache Latein und den alltäglichen romanischen Varietäten entstand (Berschin / Berschin 1987; Meisenburg 1996, 48 ss.). 6.2. Varietätenlinguistische Überlegungen Außer Frage steht, dass die frühen romanischen Verschriftungen phonographisch ausgerichtet sind. Dies darf allerdings nicht so interpretiert werden, dass die frühen Dokumente einfache Reflexe des gesprochenen Romanisch wären. Der Begriff gesprochenes Romanisch bezieht sich ja nur in medialer Hinsicht auf ein eindeutig abgegrenztes, homogenes Phänomen, nämlich phonisch realisierte Sprache. Varietätenlinguistisch gesehen, handelt es sich dagegen um ein Bündel von Varietäten, denn selbst die kleinste, lokal extrem begrenzte Sprechergemeinschaft wird eine interne – sozial und situationsbedingte – interne Variation der Volkssprache kennen. Für die Autoren / Schreiber der ersten Dokumente stellt sich daher nicht nur die Frage, nach welchen Prinzipien sie verschriften sollen, sondern auch die, auf welche romanische Varietät sie beim Verfassen der Texte zurückgreifen sollen. In den Texten, die dem Bereich der formellen, nicht alltäglichen Kommunikation («kommunikative Distanz», Koch / Oesterreicher 1994, 587 ss.) zuzuordnen sind – es handelt sich hierbei um die Mehrzahl der frühen Dokumente –, können die Verfasser nicht auf die Alltagssprache zurückgreifen, sondern müssen davon distanzierte Varietäten wählen bzw. erst einmal schaffen. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für überregional ausgerichtete literarische Texte, sondern auch für Texte mit lokal begrenztem Kommunikationsradius wie Urkunden, Stadtchroniken etc. Gerade in den Anfängen der Verschriftlichung werden die Verfasser diese Varietäten sogar erst formen müssen, denn die Verwendung des Romanischen in der distanzsprachlichen Kommunikation ist durch die überstarke Präsenz des Lateins in diesem Bereich noch unterentwickelt. Die Verschriftung / Verschriftlichung der romanischen Sprachen ist daher in jedem Fall vom Ausbau distanzsprachlicher Varietäten und damit von einer Zunahme der innersprachlichen Variation begleitet (ib., 590 ss.; → auch Art. 10). Bei der Formung distanzsprachlicher Varietäten hat man vielfach auf die traditionelle Schriftsprache Latein zu-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
rückgegriffen. In vielen der frühen Texte sind bekanntlich eine ganze Reihe eindeutiger Latinismen zu beobachten (cf. etwa zu den Straßburger Eiden Nelson 1965), und auch noch später ist der Einfluss des Lateinischen auf die Verschriftlichung der romanischen Sprachen unübersehbar (Raible 1996). Strittig ist, inwieweit ein anderes Mittel der Distanzierung in den mittelalterlichen romanischen Dokumenten zum Tragen kam: die Formung von Schreibtraditionen (Skriptae), die an überregionalen Koinéformen, etwa einer epischen Tradition (cf. Hilty 1968) bzw. überregional prestigebesetzten ‘Dialekten’, etwa dem von Paris, orientiert sind. Die Frage kam auf, als es sich als äußerst problematisch erwies, die altfranzösischen (literarischen und nichtliterarischen) Manuskripte nicht nur nach externen, sondern auch nach sprachlichen Kriterien zu lokalisieren und einem der altfranzösischen Dialekte exakt zuzuordnen (cf. dazu Cerquiglini 1991, 103 ss.). Die Frage dürfte, trotz einer intensiven skriptologischen Forschung zum Altfranzösischen (cf. etwa Dees 1985; Goebl 1991; Gossen 1979; Pfister 1993), weiterhin klärungsbedürftig sein; es wird sich dabei als notwendig erweisen, den dialektologischen Rahmen zu sprengen und verstärkt varietätenlinguistische und kommunikationspragmatische Gesichtspunkte zu berücksichtigen (cf. Völker 2003).
7.
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Maria Selig, Regensburg
172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain Geschichte der Literatur- und Standardsprache: Rumänisch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
1.
Le concept de langue littéraire à travers les différentes époques: langue littéraire écrite et parlée Les normes littéraires Etat des sources et de la recherche Importance des différentes sortes de textes selon les époques Opinions sur la genèse de la langue littéraire Influences extérieures à travers les différentes époques Le langage standard dans la conception des linguistes roumains Influence de la langue littéraire sur les diverses couches sociales Bibliographie
Le concept de langue littéraire à travers les différentes époques: langue littéraire écrite et parlée
Utilisée déjà depuis la première moitié du XIX e s., le syntagme langue littéraire a été défini différemment à diverses époques. Ce fait a déterminé une certaine confusion terminologique qui a empêché, jusqu’à un certain point, le progrès des études concernant le roumain littéraire. 1.1. Une première acception de la langue littéraire est celle de ‘langue écrite’. Le signe d’égalité placé entre les deux syntagmes (langue littéraire = langue écrite) part de la conviction que la langue littéraire est, par excellence, une langue écrite, qui sert à exprimer une littérature (le terme de littérature étant compris, d’un cas à l’autre, dans un sens plus restreint ou plus large). L’étymologie du mot littéraire (< lat. littera) encou-
rageait une telle interprétation et se rattachait, en fait, à son origine (Iordan 1954a, 154). En sa qualité de langue écrite la langue littéraire s’opposait à la langue parlée. La distinction qu’on a commencé à faire dans la philologie et dans la linguistique roumaine entre les textes littéraires et les textes non-littéraires a abouti à mettre en doute la légitimité d’un pareil point de vue: étant donnée l’existence de certains textes non-littéraires et d’autres textes littéraires, une distinction s’imposait entre la langue écrite et la langue littéraire écrite. 1.2. Pendant longtemps on a considéré (et de nos jours les non-spécialistes le croient encore) que la notion de langue littéraire doit être identique à celle de langue de la littérature artistique (des belles-lettres). Il s’agit, comme on peut le remarquer, d’une acception restrictive (au fond pseudo-étymologique) accordée au syntagme dont nous nous occupons. Parce qu’elle servait de moyen d’expression de la littérature artistique, la langue littéraire devait être, naturellement, la création des écrivains et, en particulier, des grands écrivains. L’idée qu’Eminescu a créé le roumain littéraire a été souvent exprimée, non seulement par les spécialistes en littérature roumaine, comme Ca˘ linescu (1950, 79–91), mais aussi par des linguistes. Une conséquence de cette façon d’envisager les problèmes est la manière dont on a longtemps conçu les histoires de la langue littéraire: à l’exception de quelques exposés, en général sommaires, sur l’évolution des styles non-artistiques du roumain littéraire ou sur le procès de la constitution
172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain
des normes, elles se résumaient à réunir des monographies consacrées à la langue de tel ou tel écrivain roumain. 1.3. Enfin, le terme de langue littéraire a été utilisé dans le sens d’“instrument d’expression des productions intellectuelles dans les différents domaines de la culture”. On trouve, pour la première fois (1815–20) ce terme utilisé dans ce sens chez Budai-Deleanu (1970, 132). Pour cet écrivain et linguiste transylvain, la langue littéraire nomée limba muselor (“la langue des muses”) est «limba întru care sa˘ înva¸ta˘ s¸ tiin¸tele» (“la langue de l’enseignement et des sciences”). Elle existe chez tous les peuples civilisés, qui connaissent la floraison des sciences et elle est au fond la même langue utilisée par le peuple commun, plus pure et débarrassée de toutes les formes incorrectes qu’on trouve dans le langage commun, en un mot, elle est la langue purifiée et soumise aux règles de la grammaire et, finalement, enrichie grâce aux mots courants dans les divers domaines scientifiques, mots inconnus au langage commun. Vers 1840 Heliade R˘adulescu (1943, 216) non plus n’envisageait la langue littéraire exclusivement comme la langue de la littérature artistique. En abordant les problèmes de l’unification et de la modernisation du roumain littéraire il parle de «limba inimei s¸ i a sim¸ta˘ mîntului» (“la langue du cœur et des sentiments”) et de «limba s¸ tiin¸telor s¸ i a duhului» (“la langue des sciences et de l’esprit”) ce qui prouve clairement qu’il faisait une distinction entre plusieurs styles de la langue littéraire (parmi lesquels il y avait un style scientifique). Dans le même sens que Heliade R˘adulescu (mais confondant parfois la langue littéraire avec la langue écrite), ont utilisé le terme auquel nous nous rapportons N˘adejde, Ibra˘ ileanu, Iva˘ nescu et d’autres auteurs. 1.4. Il se trouve que pour la notion de langue littéraire on a utilisé différents mots ou expressions. On ne peut savoir si Budai-Deleanu connaissait le terme de langue littéraire, pour pouvoir expliquer d’une certaine manière son recours au syntagme la langue des muses. Sûrement, Heliade R˘adulescu possédait dans son vocabulaire courant le terme de langue littéraire, mais il ne le jugeait pas suffisamment précis; c’est pour cela qu’il lui préfère parfois celui de langue générale. Pour désigner la même notion, Hasdeu a inventé la formule langue typique,
1945 tandis que Philippide (1894, 8 s.) et certains de ses élèves, notamment Pascu (1905, 548– 550) et Iv˘anescu (1947, 1), utilisent la terminologie empruntée à la linguistique française: langue commune. Le dernier considère néanmoins plus adéquats les termes langue de la civilisation ou langue de la culture, utilisés par quelques spécialistes. Tous ces termes désignent la langue littéraire considérée comme instrument d’expression de la culture écrite, en général. 1.5. Dans deux articles publiés en 1954, Iordan a examiné les principaux problèmes théoriques et méthodologiques de la recherche sur la langue littéraire, en apportant des clarifications importantes sur certains points: la langue littéraire est un aspect de la langue nationale, son aspect le plus correct, le produit d’une continuelle élaboration due aux écrivains, aux hommes de science, aux publicistes etc., une synthèse des possibilités d’expression de la langue nationale. Elle est la langue des sciences, de la littérature, de l’idéologie, de la politique, du théâtre, de l’administration (1954a, 157). En reprenant cette définition, l’auteur précise que la langue littéraire est l’aspect le plus perfectionné de la langue nationale (1954b, 55). Par rapport à la langue nationale, la variante littéraire est plus unitaire. Ce fait est dû au caractère normatif de cette dernière et à la conscience des parleurs de la nécessité de respecter strictement ses normes (ib., 56). Nous retenons de la définition de Iordan le caractère cultivé et normatif de la langue littéraire, qui est considérée comme une variante de la langue nationale. Ce sont exactement les éléments contenus dans la définition formulée, il y a un siècle et demi, par Budai-Deleanu. On retrouve certaines caractéristiques soulignées par Iordan dans la définition formulée par Rosetti / Cazacu / Onu (21971, 22). Les auteurs ont mis un accent particulier sur l’aspect normatif de la langue littéraire, auquel ils ajoutent, comme Iordan, le caractère unitaire. 1.6. Le caractère ‘soigné’ de la langue littéraire est souligné par Graur (1960, 311; 319), et surtout, par Coteanu (1961, 88). Le rôle primordial attribué à l’aspect ‘soigné’ dans la définition de la langue littéraire a été contesté par Byck, qui insiste sur le caractère ‘correct’ de la langue littéraire, c.-à-d. «se conformant aux normes» (1956, 1 s.).
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
1.7. Enfin, Munteanu et Târa, ¸ auteurs d’une histoire du roumain littéraire (21983), considèrent que la langue littéraire est la variante de la langue nationale caractérisée par l’existence d’un système de normes, fixées par écrit, qui lui assurent une certaine unité et stabilité, et aussi par son aspect travaillé, soigné (1983, 16). 1.8. La définition que nous proposons (Ghe¸tie 1978, 13; 1997, 34) retient certaines caractéristiques dont on a parlé et néglige les autres. Puisqu’il existe une variante parlée, il est inutile d’énoncer dans une brève définition l’utilisation de la langue littéraire premièrement sous sa forme écrite. Parce qu’il est impliqué dans la notion même de norme, l’attribut ‘unitaire’ n’apparaît pas dans notre définition, d’autant plus que, dans la période antérieure à l’unification, aucune des langues littéraires n’est caractérisée par l’aspect unitaire des normes. Les normes impliquent aussi la notion de ‘stabilité’, qu’il n’est pas obligatoire de mentionner dans la définition: il n’y a pas que la langue littéraire qui ait une ‘certaine’ stabilité, ce caractère appartient aussi aux autres aspects de la langue nationale. En tenant compte de ces précisions, la langue littéraire peut être définie comme l’aspect ou la variante la plus soignée de la langue nationale, qui sert d’instrument d’expression aux manifestations les plus diverses de la culture et qui se caractérise par le respect des normes imposées aux membres de la communauté à qui elle s’adresse. 1.9. Le problème des rapports entre la langue littéraire écrite et la langue littéraire parlée a été longtemps discuté. Les solutions de ce problème sont différentes. En partant d’une affirmation de Vinogradov, Iordan a précisé le plus clairement possible le rapport historique entre la langue littéraire écrite et parlée: une langue littéraire parlée existe seulement après la formation de la langue littéraire écrite (1954b, 67). 1.9.1. L’opinion selon laquelle la langue littéraire parlée a précédé l’aspect écrit est soutenue par ceux qui considèrent que le roumain littéraire a existé, au commencement, dans les productions (orales) de la littérature populaire et a connu plus tard (au XVI e s.) une forme écrite. Les opinions d’Onu, Graur, Coteanu, Nandris sont discutables sur certains points (Ghe¸tie 1982, 45–51). Les au-
teurs auxquels nous nous rapportons ont de grandes difficultés à décrire la modalité de transmission et de valorisation du roumain littéraire de type folklorique (oral, par excellence) dans les manuscrits et les textes roumains imprimés au XVI e s. 1.9.2. Notre conclusion est que la formation du roumain littéraire parlé doit être placée après la réalisation de l’aspect écrit de la langue de la culture. Constituées à la fin du XIX e s. et au commencement du siècle suivant, les normes de prononciation littéraire ne seront sanctionnées officiellement qu’en 1956, grâce au dictionnaire orthoépique publié par l’Institut de linguistique de Bucarest et intégrées, quatre ans plus tard, dans le volume: Îndreptarul ortografic, ortoepic s¸ i de punctua¸tie.
2.
Les normes littéraires
2.1. Quoiqu’essentielle dans l’évolution d’une langue littéraire, la question des normes n’a été abordée que rarement (et dans ces cas, hâtivement) dans les œuvres des linguistes roumains (sur le problème des normes du roumain littéraire cf. en particulier Ghe¸tie 1982, 31–55). 2.2. Une opération absolument nécessaire, qui doit précéder la tentative de definir le concept de norme est l’établissement d’une distinction nette entre les deux syntagmes: norme littéraire et norme linguistique. Tandis que la norme linguistique a un caractère naturel et abstrait, la norme littéraire est toujours concrète et conventionnelle, supposant un accord préalable de la part de ceux qui l’ont fixée et la respectent. La convention peut être réalisée par une approbation tacite ou par de réglementations expresses, selon l’époque historique et le niveau culturel de la communauté qui se sert de la langue respective. Dans une première phase, propre aux époques les plus anciennes de la culture, la norme existe dans la conscience de chaque ‘écrivain’ et se réalise pratiquement dans la manière particulière dont elle est interprétée d’un cas à l’autre. Elle est ‘implicite’, et non ‘explicite’ (Costinescu 1979, 17). Plus tard, elle est consacrée par des œuvres spécialement créés à cette intention et elle existe sous la forme d’un ‘code’. Dans les deux moments auxquels nous nous rapportons, la norme doit être instituée par l’autorité d’un forum culturel. Dans la première des deux
172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain
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phases mentionnées ci-dessus l’école détient un rôle important dans la fixation des normes. Plus tard, ce rôle revient aux sociétés savantes, aux académies et les instruments, grâce auxquels sont statuées les normes littéraires, soit les codes orthographiques, la phonétique normative, les grammaires et les dictionnaires normatifs.
l’examen des sources, se situe, en général, à un niveau satisfaisant. Une importance toute particulière a été accordée, dès la deuxième moitié du XIX e s., aux plus anciens textes roumains (du XVI e s.), activité qui a été continuée jusqu’à nos jours et qui s’y poursuit aussi. Ni les manuscrits, ni les livres des XVII e–XVIII e s. n’ont été negligés.
2.3. Indépendamment de l’époque à laquelle elle s’est constituée, une norme littéraire consacre toujours un certain usage linguistique qui se trouve généralement en concurrence avec un ou plusieurs autres usages. C’est à cause de cela que l’établissement d’une norme suppose une sélection préalable et une décision à la suite de laquelle l’un des usages reçoit le statut littéraire, refusé aux autres, qui deviennent, de cette façon, non-littéraires et, par conséquent, non-recommandables. Dans la plupart des cas, les usages qui ont été sélectionnés sont imposés par l’évolution de la langue littéraire et par l’apparition de la variante acceptée comme base de l’unification linguistique. Un rôle, jamais négligeable, est joué, en ce sens, par les conceptions linguistiques et extralinguistiques des personnes qui ont la charge d’établir le corpus normatif de la langue.
3.2. Exception faite de l’œuvre inachevée de Budai-Deleanu, datant de 1815–20, il faudra attendre environ soixante ans pour enregistrer un nouveau ouvrage consacré spécialement au roumain littéraire. C’est N˘adejde (1887, 543–570) qui en est l’auteur. Entre ces deux limites, le XIX e s. représente dans sa plus grande partie moins une période d’études qu’une période de réforme de la langue littéraire, par son rapprochement du modèle latin. Les courants réformistes poursuivaient surtout l’élimination des termes allogènes du roumain littéraire, auquel ils voulaient assurer un profil rapproché du latin et des langues romanes. Dans ce procès de reconstruction du vocabulaire, les représentants de ces courants cherchaient à réaliser une double action: introduire de nouveaux termes (évidemment, d’origine latine ou romane) et éliminer les termes proscrits (en grande majorité, slaves). L’activité des courants: latiniste (Cipariu, Laurian et Massim), italianisant (Heliade R˘adulescu) et analogique (Pumnul) a subi un échec, bien que certains effets aient été enregistrés (cf. Iordan 1978, 71–101). Vers la fin du XIX e s., en même temps que les courants réformateurs, le roumain littéraire a continué son évolution naturelle, non sans enregistrer dans le vocabulaire une forte influence du français, langue que les réformateurs avaient moins prise en considération.
2.4. Fixées grâce aux œuvres spécialisées, élaborées par des sociétés savantes, les normes ont reçu, grâce aux réglementations officielles, un caractère obligatoire pour les personnes appartenant à une certaine communauté culturelle. Le prestige et l’autorité dont la société qui a fixé les normes a été investie sont, sans doute, les principaux facteurs qui imposent les normes. En nous limitant au domaine du roumain, nous pouvons observer que les règles orthographiques de 1881, 1904 et de 1932 sont déclarées obligatoires dans l’enseignement et dans les manuels scolaires par des décrets royaux ou ministériels, la réforme de l’orthographe de 1953 est consacrée par une décision du Conseil des ministres, enfin les modifications de 1993 sont enregistrées dans le Monitorul Oficial. C’est par ce fait même que l’orthographe actuelle devient officielle et obligatoire pour tous ceux qui écrivent en roumain.
3.
Etat des sources et de la recherche
3.1. Les progrès ininterrompus de la philologie roumaine ont fait que l’état, atteint par
3.3. Les ouvrages consacrés à l’histoire de la langue roumaine, parus eux aussi vers la fin du siècle (Philippide 1894) ne font pas, en général, de distinction entre les aspects littéraires et non-littéraires du roumain. Une distinction catégorique entre les deux aspects n’existe non plus dans les deux histoires importantes de la langue roumaine, élaborées plus près de nos jours par Densusianu (1901; 1938) et Rosetti (1986, éd. définitive). 3.4. Si l’ouvrage de N˘adejde (1887) inaugure la série des contributions consacrées à la langue littéraire, un autre volume, dédié au
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
même problème, n’apparaîtra que quarante ans plus tard et s’occupera du développement de la langue littéraire dans la première moitié du XIX e s. (Hane¸s 1926). Il faudra que vingt ans passent encore avant l’apparition du premier ouvrage consacré à l’ancien roumain littéraire et à ses principaux problèmes (Iv˘anescu 1947). Cet ouvrage s’occupe de l’époque de la formation du roumain littéraire, époque que l’auteur place aux XV –XVI e s., et qui est caracterisée par l’existence des prétendus ‘dialectes littéraires’. Nous mentionnons aussi l’ouvrage d’Adamescu (1938) sur l’adaptation des néologismes dans le roumain littéraire, ainsi que la synthèse de Vianu (1941), consacrée à l’art des prosateurs roumains, un modèle d’interprétation de la langue de la littérature artistique, abordée du point de vue littéraire et linguistique. Il faut encore mentionner l’ouvrage de Iordan (21948) dédié aux innovations du roumain littéraire actuel rapportées aux formes correctes. 3.5. Une importance plus grande est accordée à l’étude du roumain littéraire à partir de 1951, quand il devient objet d’étude dans l’enseignement supérieur. C’est après cette année que les études et les articles consacrés au roumain littéraire deviennent nombreux. Par conséquent, en temps se multiplient les recueils d’ouvrages dédiés à l’histoire du roumain littéraire, élaborés sous la direction de Vianu (1956; 1958; 1962), Rosetti / Cazacu (1969) et Ghe¸tie (1969; 1972; 1974). On peut aussi faire mention des ouvrages de Cazacu (1960), Coteanu (1961), Bulg˘ar (1971). Une mention spéciale doit être accordée au livre de Coteanu (1961) qui s’occupe des principaux problèmes de la langue littéraire. On peut aussi citer une bibliographie analytique du roumain littéraire entre 1780 et 1866, réalisée sous la direction de Vianu (1972). Le rapport entre l’orthographe et la prononciation du roumain littéraire constitue l’objet de l’étude monographique de Suteu ¸ (1976). C’est toujours à l’époque moderne (après 1780) que se rapporte l’ouvrage de Costinescu (1979), en passant en revue la façon dont les normes littéraires sont respectées dans les grammaires de l’époque. Une histoire du roumain littéraire des origines jusqu’à nos jours a été réalisée par Ghe¸tie (1975), dans une monographie un peu plus vaste, ayant pour objet d’étude la base dialectale du roumain littéraire, monographie dans laquelle l’auteur a suivi l’évolu-
tion de la norme littéraire en permanente relation avec le niveau atteint par les parlers populaires. 3.6. Une caractéristique des ouvrages cités plus haut est la prépondérance des études dédiées à la langue et au style des écrivains roumains, tandis que le nombre des recherches consacrées aux autres styles littéraires est plus réduit. On peut en outre observer la présence des ouvrages qui s’occupent de la stylistique littéraire. Citons ici à titre exemplaire les recherches de Vianu (1955; 1957), Tepelea ¸ / Bulg˘ar (1973), Toha˘ neanu (1965) etc. Une place à part est occupée par le premier dictionnaire consacré à la langue d’un poète, plus précisément à Eminescu, qui a été élaboré dans le Secteur de la langue littéraire de l’Institut de linguistique de Bucarest par Bulg˘ar / Ghe¸tie / Seche / Suteu, ¸ sous la direction de Vianu (1968). 3.7. Il est tout à fait naturel que dans les ouvrages de notre époque on parle de plus en plus souvent de l’attention due aux styles nonartistiques. En laissant de côté les études, peu nombreuses elles aussi, qui s’occupent de certains détails, le premier résultat important dans ce domaine est l’ample recherche d’Ursu (1962), dont l’objet est la formation de la terminologie scientifique du roumain. 3.8. Même si le chemin menant à une monographie sur le développement du roumain au cours des siècles était loin d’être délivré des nombreux obstacles qui le barraient, la première synthèse apparaîtra en 1961 (21971). Les trois auteurs de cette étude, Rosetti / Cazacu / Onu, ont réalisé seulement un premier volume (l’histoire du roumain littéraire est suivie jusqu’au commencement du XIX e s., env. 1830). Les auteurs adoptent la méthode des traités d’histoire de la littérature, le contenu du volume représentant une succession de monographies des plus importants écrivains des XVI e–XVIII e s. On y retrouve des brèves présentations de l’évolution des styles non-artistiques et aussi des informations sur les principales influences étrangères. Même si l’histoire dont nous nous occupons dépasse à peine le début du XIX e s., elle a le mérite d’inaugurer une direction qui allait être reprise et corrigée dans les années suivantes. Du point de vue théorique et pratique elle a eu une influence plutôt négative sur les futures recherches, suggérant que l’histoire de la langue littéraire serait bornée
172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain
à une succession d’exposés sur la langue et le style des écrivains. 3.9. Il était clair, après cette première expérience, que pour mettre les recherches sur la bonne voie on avait besoin d’une investigation approfondie, méthodologique et historique à la fois, sur l’évolution du roumain littéraire et d’une attention spéciale accordée, en premier lieu, à la stylistique fonctionnelle, que les études roumaines n’avaient qu’accidentellement abordée. C’est à Coteanu que revient le rôle d’inaugurer cette nouvelle direction dans la stylistique fonctionnelle. Après un article consacré en général à ce problème (1967, 211–221), l’auteur a publié, quelques années plus tard, une étude fondamentale en ce domaine (Coteanu 1973). L’auteur arrive à la conclusion que le style est un système linguistique plus ou moins spécialisé pour la reproduction des idées spécifiques à une activité quelconque. Autrement dit, chaque langage n’est que la langue à laquelle on a donné une destination spéciale (ib., 45). C’est le même linguiste qui a fait une série de considérations sur la structure stylistique du roumain. A cette occasion il discute le problème du diasystème de la langue. Si le diasystème représente l’essence de la langue, les variantes sont les diverses modalités permettant de concrétiser un ensemble. D’après Coteanu, le diasystème est inclus dans le langage littéraire, ensuite dans le langage scientifique, et ce dernier est inclus dans le langage d’une certaine science etc. (ib., 44). 3.9.1. La nécessité d’un point de référence stylistique, dont la principale qualité serait la stabilité ou la fixité, a été soutenue maintes fois. D’après certains auteurs ce point serait le degré zéro, le langage standard ou le langage scientifique. La délimitation et l’organisation des styles de la langue littéraire dans un système a préoccupé plusieurs chercheurs. D’après Iordan, le roumain littéraire connaît six styles: littéraire proprement dit ou artistique, scientifique et technique, journalistique, officiel, oratoire et familier (1954a, 157). Coteanu a réduit le nombre des styles littéraires à trois, nommés ‘styles fondamentaux’: le style de la littérature artistique, le style scientifique et le style administratif (1960, 58–70). La position de Maneca (1966, 353–366) est très proche de cette conception. La partie originale de la classification de Maneca est l’apparition,
1949 auprès des styles artistique et scientifique, d’un style familier (de la conversation). Il existe d’autres classifications, plus ou moins proches de celle formulée par Coteanu, dues à Sfîrlea (1972, 145–206), Suteu ¸ (1974, 267–272) et Diaconescu (1974a, 229–242). Jacquier (1957, 9) et Seche (1959, 80–98) parlent, en outre, de l’existence d’un style sportif. Sesan ¸ (1972, 122) croit en l’existence d’un style de critique littéraire, très proche du style scientifique. 3.9.2. Une fois précisée en détail la structure stylistique du roumain littéraire, les linguistes roumains ont procédé à un fondement théorique plus cohérent et à la description, si possible minutieuse, des styles littéraires. Dans ces cas-ci, l’accent a été porté avant tout sur le style artistique. C’est à ce style que s’arrête Coteanu dans un volume consacré au langage de la poésie (1985). L’étude de Manca¸s sur le style indirect libre (1972), est une analyse compétente de ce procédé largement utilisé dans la littérature artistique roumaine moderne. C’est au même auteur que nous devons un autre ouvrage consacré aux principaux problèmes de l’évolution du style artistique du roumain littéraire (1983). Ce qui manque encore est une monographie détaillée sur l’évolution du style scientifique. En son absence, on peut consulter avec profit la série d’articles écrits par Chivu (1980, 11–122; 1981, 46–60; 139–147; 221–231; 505–512) et consacrés au style des plus anciens textes scientifiques roumains. L’étude sur le style juridico-administratif est plus avancée, mais elle est limitée à la période 1780–1850 (Saramandu 1986). On peut consulter aussi, pour les époques antérieures, l’étude de Giosu (1963, 101–151), qui est consacrée à la langue des textes juridiques du XVII e s. En ce qui concerne l’existence d’un style de la presse, les linguistes ne sont pas tous du même avis. Il existe tout de même une étude d’Andriescu (1979) dont l’objet est la langue de la presse du XIX e s. 3.9.3. Les études publiées entre 1960 et 1980 ont créé les conditions nécessaires à l’élaboration des œuvres de synthèse consacrées à l’histoire du roumain littéraire des origines jusqu’à nos jours. Un problème qui devait être résolu avant de commencer une étude de cette importance est celui de l’établissement des grandes périodes de l’histoire du roumain littéraire. (L’œuvre de Rosetti / Cazacu /
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Onu, dont nous avons parlé plus haut, suit l’évolution du roumain littéraire à travers l’un ou l’autre des siècles passés. Une justification théorique ou méthodologique y manque.) 3.9.4. Les chercheurs qui se sont occupés de ce problème (Munteanu / Târa ¸ et Ghe¸tie) admettent l’existence de deux périodes dans l’évolution du roumain littéraire: l’époque ancienne et l’époque moderne, la ligne de démarcation se situant en 1780, année très importante, marquée par l’impression de la grammaire de Micu-Clain et Sincai, ¸ œuvre qui a ouvert de nouvelles perspectives à la culture roumaine et spécialement à la langue véhiculant cette culture. On a trouvé plusieurs solutions pour fixer les sous-périodes de ces deux époques. Les critères sont en majorité historiques (il s’agit de l’histoire des Roumains, des événements qui ont marqué cette histoire: sociaux, politiques, culturels etc.). 3.9.5. Nous n’exposerons pas ici toutes les solutions proposées: elles sont nombreuses mais, parfois, insuffisament argumentées. Nous rappellerons seulement que les critères de délimitation proposés par Ghe¸tie (1982, 63–68) sont internes, c.-à-d. qu’ils tiennent à la nature de la langue. L’époque ancienne est divisée en deux périodes. La première (1532–1640) est celle de la formation et de la consolidation des principales variantes territoriales du roumain littéraire. La deuxième (1640–1780) est caractérisée par l’existence d’une influence réciproque entre ces variantes littéraires et par la réalisation d’une première unification du roumain littéraire. L’époque moderne connaît trois périodes: (a) entre 1780 et 1836, on a une période de diversification, pendant laquelle l’unité réalisée au cours du siècle antérieur est, en grande partie, perdue; (b) entre 1836 et 1881 se situe la phase de constitution des principales normes de la langue littéraire (actuelle); (c) entre 1881 et 1960, on assiste à la fixation en détail des normes littéraires. Après 1960 le roumain littéraire connaît une nouvelle époque: l’époque contemporaine. Il n’y a pas de grandes différences en ce qui concerne ce problème entre ce point de vue et celui qui apparaît dans le volume publié par Munteanu / Târa ¸ (21983, 9–11). 3.9.6. L’ouvrage de Tepelea ¸ et de Bulg˘ar (1973) n’est pas exactement ce qu’on pourrait appeler une histoire du roumain littéraire. Elle a tout de même le mérite de retenir et
d’approfondir les moments les plus importants de l’évolution du roumain littéraire. Les synthèses de Manca¸s (1974) et de Diaconescu (1974b; 1975) sont consacrées à une époque délimitée du roumain littéraire: le XIX e s. Les volumes auxquels nous nous rapportons suivent de près les programmes analytiques de l’évolution historique du roumain littéraire et accordent une attention tout à fait spéciale aux œuvres appartenant au style artistique. 3.9.7. Le hasard a fait que les deux synthèses qui s’occupent du développement du roumain littéraire des origines jusqu’à nos jours soient imprimées la même année (1978). Il s’agit des ouvrages de Munteanu / Târa ¸ (21983) et de Ghe¸tie. Le premier de ces livres est basé sur un cours universitaire et il est en partie influencé par les monographies publiées antérieurement, surtout en ce qui concerne l’importance accordée au style artistique. Le deuxième ouvrage traite de l’évolution de la langue littéraire en rapport avec le développement des parlers daco-roumains et avec la culture roumaine prise dans son ensemble. 3.9.8. Récemment (1997) vient de paraître une histoire de l’ancien roumain littéraire dont les auteurs sont Ghe¸tie et al. Conçu comme une première partie d’une ample étude, l’ouvrage débute par une série de problèmes théoriques et méthodologiques et présente, pour chacune des deux parties (1532–1640 et 1640–1780) des indications sur l’évolution des parlers daco-roumains et de la culture écrite. Les chapitres de ces deux parties s’occupent de la structure et aussi des variantes régionales et stylistiques du roumain littéraire.
4.
Importance des différentes sortes de textes selon les époques
4.1. On a pu constater que l’importance des différents types de textes du roumain littéraire varie à travers le temps. Une recherche même superficielle portant sur les textes élaborés à partir du XVI e s. jusqu’à la fin du XVIII e relève l’importance de l’influence des textes religieux sur le roumain littéraire. Le fait peut être constaté surtout dans les livres imprimés et il se manifeste spécialement au cours du XVI e s., lorsque les textes laïques, de n’importe quelle nature, sont pratiquement absents.
172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain
4.2. C’est au siècle suivant que les textes laïques (historiques, scientifiques, artistiques etc.) viennent d’apparaître, et leur nombre augmente après 1700. Nous remarquons toutefois que la littérature religieuse reste prépondérante jusqu’au XIX e s. Il faut, en même temps, observer le fait que les textes laïques sont, jusque vers la fin du XVIII e s., des manuscrits. A quelques exceptions, peu nombreuses d’ailleurs, les livres imprimés au XVII e s. sont en totalité religieux, leur impression étant encore l’apanage de l’Eglise. Les exceptions sont constituées par des codes de lois: Cartea româneasc˘a de înva˘ t¸a˘ tura˘ (Ia¸si, 1646) et Îndreptarea legii (Bucure¸sti, 1652), qui présentent du point de vue linguistique quelques particularités dues à l’influence des textes ecclésiastiques. Il faut aussi signaler le fait que le plus important livre de l’ancienne littérature roumaine est le psautier versifié (Psaltirea în versuri, 1673) réalisé par le métropolite Dosoftei. 4.3. Au siècle suivant on trouve les livres du prince Dimitrie Cantemir, rédigés en roumain, mais aussi en latin, qui proposent un modèle savant en ce qui concerne la structure de la phrase et le lexique. 4.4. A la fin du XVIII e s. on observe une tendance de plus en plus forte à la laïcisation de la littérature roumaine, en même temps qu’une diminution progressive de l’influence exercée dans la culture roumaine par les livres ecclésiastiques. Il est à remarquer que parmi les premiers livres laïques il y a quelques volumes imprimés dans l’imprimerie de Kurzböck à Vienne à partir du dernier quart du XVIII e s. Peu après, les typographies de Valachie, de Moldavie et de Transylvanie commencent la diffusion des livres laïques. Parmi ces ouvrages une place privilégiée est détenue par la littérature artistique, suivie de près par les littératures scientifique et juridique et, surtout, par la presse.
5.
Opinions sur la genèse de la langue littéraire
5.1. Le roumain littéraire s’est formé au cours d’une période qui s’étend du XVI e s. jusque vers la fin du XIX e. En ce qui concerne la constitution définitive de certaines normes, la limite peut être fixée vers la moitié du XX e s. 5.1.1. Il faut observer qu’au cours des deux ou trois premiers siècles le roumain littéraire
1951 n’a pas connu une forme unique. Il a existé sous la forme des variantes littéraires régionales, nommées par certains auteurs, et surtout par Iv˘anescu (1947), ‘dialectes littéraires’. Leur existence est niée par d’autres linguistes. A la suite de la concurrence entre les variantes littéraires on peut observer que, à un moment donné, dans certaines circonstances qui lui ont assuré la prépondérance, une des variantes s’est imposée comme norme unique. Même si la majorité des chercheurs considèrent que ce rôle est revenu au parler valaque, il existe aussi d’autres points de vue. Avant de passer en revue les différentes opinions sur ce problème, il faut souligner le fait que l’unification linguistique ne s’est pas manifestée au niveau des dialectes (des parlers), mais au niveau des variantes écrites de ces dialectes (parlers). 5.1.2. La plus ancienne opinion qui a réuni le plus grand nombre d’adhésions est celle selon laquelle à la base du roumain littéraire se trouverait le parler valaque. C’est Hasdeu (1879, 98) qui a fait cette affirmation pour la première fois. Le savant roumain affirme que les textes imprimés par le diacre Coresi dans la deuxième moitié du XVIe s. ont fixé par écrit le parler de la Valachie (parlé aussi dans le sud-est de la Transylvanie). Un point de vue analogue est soutenu ultérieurement par Lambrior, Gaster, Densusianu, Bianu, Cartojan, Hane¸s, Iorga, Rosetti, Graur, Coteanu, Ghe¸tie et al. Il y a des différences entre les opinions de ces chercheurs concernant l’époque à laquelle le parler valaque serait devenu la base du roumain littéraire. C’est ainsi que Bianu (1930, VII) et Cartojan (1941, 126) croient que le parler valaque est devenu le roumain littéraire une fois imprimés les livres du diacre Coresi, tandis que Densusianu (1938, 139) croit que les livres de Coresi «sont écrits dans ce parler de Valachie dont allait se constituer aux siècles suivants la langue des lettrés». Selon Iorga (1904, 208) et Rosetti (1942, 78–81) auxquels ont succédés d’autres chercheurs, le rôle de fixer le caractère littéraire du dialecte valaque serait revenu à la Biblia de la Bucure¸sti (1688). Par contre, Gaster fixe ce moment au commencement du XVIIIe s. (1891, XC). 5.1.3. Graur (1963, 10–12) affirme que la base sur laquelle a été créé la langue littéraire est représentée par le parler de Bucarest. Coteanu (1961, 47–49) considère que la langue littéraire a subi deux importantes trans-
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formations dans l’adoption des normes du parler valaque: au XVI e s., grâce à l’activité de Coresi, et au XIX e s. Dans un livre dédié spécialement au problème qui nous préoccupe, Ghe¸tie (1975, 622–631), en changeant la perspective théorique et méthodologique, affirme que l’origine de notre langue de culture doit être cherchée dans les parlers de la Valachie. Nous reviendrons à ce problème dans les chapitres suivants. 5.1.4. L’opinion selon laquelle à la base du roumain littéraire se trouve le parler de Maramure¸s est fondée sur la supposition que les premiers textes littéraires seraient écrits au XVe s., en Maramure¸s (Iorga 1904, LXXXIV ), ce qui ne peut pas être prouvé. 5.1.5. Une position intermédiaire est occupée par Iv˘anescu (1947, 375–379). Selon lui, au cours de son évolution, le roumain a eu deux bases dialectales: tout d’abord une base qui caractérise les parlers de Maramure¸s, à partir du XVe s., et ensuite une autre, valaque, dont les origines peuvent être situées au XVIII e s. (ib., 375–379). 5.1.6. Conformément à l’opinion de Philippide (1894, 8 s.), le roumain littéraire ne serait pas basé sur un certain dialecte, il serait un compromis entre les dialectes des différentes provinces roumaines. Tout proches de ce point de vue sont les linguistes de Ia¸si, Iordan et Istrate. 5.1.7. Petrovici (1960, 60–66; 78), qui se rapproche sur certains points de la conception de l’école de Ia¸sy, réduit en dernier lieu les normes du roumain littéraire à une fusion des normes régionales de Bucarest et de Ia¸si. Le roumain littéraire se serait constitué tard, après 1859, l’année de l’union de la Valachie et de la Moldavie, par la fusion de deux variantes de la langue littéraire: une koiné de Bucarest et une koiné de Ia¸si. La prépondérance numérique des éléments propres aux parlers valaques ne nous donne pas le droit d’affirmer que le roumain littéraire est basé uniquement sur ces parlers. L’erreur de Petrovici consiste dans le fait qu’il ignore quatre siècles d’évolution du roumain littéraire écrit (du XVI e jusqu’au XIX e s.). 5.1.8. Finalement, il faut bien faire référence aux opinions de N˘adejde (1887, 551) et de Ibra˘ ileanu (1979, 169–415). Selon ces deux auteurs, à la base du roumain littéraire doit
être placé le dialecte daco-roumain en totalité, unitaire à l’époque des commencements du roumain écrit, affirmation inacceptable, qu’un examen même superficiel des textes infirme. 5.2. Un examen minutieux et approfondi du roumain littéraire au XVI e s. et dans la première moitié du siècle suivant confirme l’opinion de ceux qui soutiennent l’existence de plusieurs variantes régionales et l’absence d’une langue commune. Il est vrai que les livres imprimés par le Valaque Coresi sont plus nombreux que ceux imprimés dans le reste de la Dacoromania. Les textes provenant d’une autre zone que la Valachie, même s’ils sont moins nombreux que les textes valaques, gardent leur particularités distinctives. P. ex., la Palia de la Or˘as¸ tie (1582), traduite par une groupe de lettrés du Banat et de Hunedoara, mais imprimée par deux Valaques (dont l’un était le fils du diacre Coresi), applique les normes littéraires locales (du Banat). Vers la moitié du siècle suivant (1643), la langue de la Cazania du métropolite Varlaam, imprimée à Ia¸si, est moldave du commencement à la fin. Dans ces circonstances on peut parler de l’existence de quatre variantes territoriales du roumain littéraire: valaque, moldave du Nord, de Transylvanie et du Banat (Ghe¸tie 1975, 264–266; 304–321). Evidemment, ni l’extension, ni le nombre des livres écrits dans ces ‘dialectes littéraires’ ne sont les mêmes. Quoique le nombre des livres imprimés par les Valaques soit nettement supérieur, on peut observer l’obstination avec laquelle les lettrés parlant une autre variante régionale gardent leurs normes traditionnelles. 5.3. L’opinion selon laquelle le parler de la Valachie s’est imposé comme base dialectale du roumain littéraire grâce à la Biblia de la Bucure¸sti (1688), soutenue premièrement par Iorga et reprise, entre autres, par Rosetti (cf. 5.1.3.), ne résiste pas à un minutieux examen critique. La recherche, entreprise il y a plus d’une trentaine d’années par Ghe¸tie (1972, 53–66), a mis en évidence le nombre relativement grand des particularités moldaves qui existent dans la langue de la Bible. Cela s’explique par le fait que l’original de l’Ancien Testament utilisé appartient à un Moldave et que les correcteurs du texte étaient eux aussi originaires de la Moldavie. 5.4. L’unification du roumain littéraire s’est produite, comme on l’a démontré (Ghe¸tie
172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain
1971, 113–124), au milieu du XVIII e s. à l’occasion de la nationalisation de l’office divin dans les deux églises nationales (orthodoxe et gréco-catholique). Vu que l’imprimerie de Ia¸si avait diminué son activité et que celle d’Alba Iulia (B˘algrad) avait interrompu la sienne, l’impression intense et la diffusion des livres destinés à la célébration des messes, entreprises par les imprimeries de la Valachie (surtout celles de Bucarest et de Râmnic) n’ont pas été sans effet. Les livres imprimés en Valachie ont été réimprimés en Moldavie (à Ia¸si) et en Transylvanie (à Blaj) et les imprimeurs ont respecté le texte de bout en bout. Par conséquent, vers 1750, la variante littéraire de la Valachie est devenue l’unique forme d’expression de tous les Roumains qui préparaient un livre destiné à être imprimé. 5.5. En même temps que l’expansion des livres laïques, observée vers la fin du XVIII e s. et au commencement du siècle suivant, on peut remarquer une tendance de revenir aux anciennes normes régionales, qui se maintiennent jusque vers 1850 (notons que pendant tout ce temps les normes littéraires de type valaque ne sont pas modifiées dans les livres ecclésiastiques, où qu’ils soient imprimés). 5.6. C’est à partir de 1836 que le processus à la suite duquel le parler valaque s’est imposé comme base du roumain littéraire connaît une nouvelle étape. Un mérite exceptionnel revient, dans ce processus, à Heliade R˘adulescu. Ce grand homme de la culture roumaine a souligné, dans une série de contributions, la nécéssité de l’unification linguistique, en affirmant que la langue unique devait être réalisée en partant de la langue ecclésiastique, qui a l’avantage d’être unique (elle s’identifiait au parler valaque). Cette langue devait être ciselée et modifiée par l’introduction d’un certain nombre de mots nouveaux (néologismes) et aussi par une sélection de phonétismes, formes et mots propres aux différents parlers roumains. Le plus important principe, en vertu duquel on pouvait réaliser la sélection des particularités de la langue populaire, dignes de figurer dans la langue de la culture, serait celui de la latinité. Par conséquent, les portes du roumain littéraire étaient ouvertes premièrement aux mots ‘classiques’, provenant du latin. On ne devait pourtant pas négliger certains phonétismes ou formes qui ne se trouvaient pas dans le latin, mais avaient,
1953 par contre, la qualité d’être plus ‘grammaticaux’ (se conformant aux modèles de la grammaire roumaine) ou d’être utilisés sur de larges territoires. Parfois, la sélection était basée aussi sur les principes de l’euphonie (Ghe¸tie 1972, 91–102). Pour ne pas surcharger notre exposé, nous nous résumerons à montrer qu’en général Heliade accepte les normes de base de la langue unique de Valachie des années 1750–80, avec quelques exceptions: (a) la prononciation ‘molle’ de s¸ , j (suivis de e, i) dans de mots tels: a¸seza, s¸ ir, mais, en même temps, la prononciation ‘dure’ dans de mots tels: coaja˘ , u¸sa˘ ; (b) en ce qui concerne les sons s¸ et j, suivis par ea et se trouvant en position ‘molle’, Heliade acceptait les formes en e: s¸ epte, s¸ erpe; (c) on devait écrire gi et ge, lorsque le son g˘ provenait d’un g latin (giur, impregiur etc.), mais, au contraire, dans des mots tels joc, judeca (< lat. jocum, judicare) on devait écrire j; (d) on devait préférer les formes verbales qui présentent une consonne dentale telles: (sa˘ ) cad, (sa˘ ) scot, (sa˘ ) vin; (e) l’auxiliaire a du passé composé pour la troisième personne du singulier: a fost, comme en Valachie; (f) la troisième personne du pluriel de l’imparfait spécifique au parler de Banat devait être adoptée, parce qu’elle était plus ‘grammaticale’: (ei) alergau, (ei) duceau. En dehors de ces recommandations on doit encore mentionner la préférence pour les formes câne, mâne, pâne (et pas pour celles propres à la Valachie, qui présentaient un i épenthétique: câine, mâine etc.), et aussi l’acceptation des formes verbales du type: sa˘ dea et le rejet des formes du type: sa˘ deie. Les recommandations avancées par Heliade ont reçu l’adhésion des plus importants hommes de la culture des trois pays roumains: Negruzzi, Koga˘ lniceanu, Asachi, en Moldavie, Bari¸tiu et Cipariu en Transylvanie, sans parler des personnalités de la Valachie qui ont accepté sans réserve les idées de Heliade (cf. sur ces problèmes Ghe¸tie 1972, 91–102). 5.7. En ce qui concerne la modernisation de la langue littéraire, les hommes de lettres sont préoccupés de ce qu’on pourrait appeler, en lui donnant une signification différente de celle courante de nos jours, la culture de la langue. 5.8. Une influence décisive sur l’histoire du roumain littéraire a été exercée par l’union de la Valachie et de la Moldavie (1859) et l’établissement de la capitale du nouvel Etat
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à Bucarest (1862). Ce fait a déterminé une nouvelle influence du parler valaque sur les normes du roumain littéraire (un seul exemple: câne, mâne, pâne, bien que plus proches du latin, ont été remplacés par les formes câine, mâine, pâine, du dialecte valaque, qui n’étaient ni ‘classiques’, ni répandues sur de larges territoires). 5.9. En général, au cours des années 1881– 1960 on assiste à l’établissement (la constitution) en détail des normes phonétiques et morphologiques du roumain littéraire et, en particulier, de sa variante parlée qui va s’orienter d’après le roumain littéraire écrit. Les ouvrages normatifs officiels (les règles orthographiques de 1881, 1904, 1932, 1953, la grammaire de 1954, le dictionnaire de l’Académie, commencé par Pu¸scariu en 1913 et sur le point d’être fini, Dic¸tionarul limbii române contemporane (1955–57), Dic¸tionarul limbii române moderne (1958) réédité sous le titre Dic¸tionarul explicativ al limbii române (1975) reflètent cette tendance générale. Le dernier mot sur ce problème revient au Îndreptarul ortografic, ortoepic s¸ i de punctua¸tie (1960) [Système orthographique, de phonétique normative et de ponctuation (1960)]. La modification de l’orthographe, réalisée en 1993, en vertu de laquelle on revient au signe â à l’intérieur des mots, et à la forme sunt, un changement dans une direction pseudoétymologique, par ailleurs parfaitement inutile, ne change pas au fond le problème qui nous intéresse.
6.
Influences extérieures à travers les différentes époques
6.1. La plus importante influence externe sur le roumain littéraire est l’influence du slave méridional (slavon). Le fait peut être expliqué par l’importance des mots slaves dans le lexique du roumain, mais aussi par les circonstances qui ont déterminé la prépondérance de la littérature ecclésiastique à l’époque des commencements du roumain littéraire (XVI e–XVIII e s.). Or, on le sait bien, les livres ecclésiastiques (destinés à l’office divin ou à la lecture) sont, aux commencements du roumain littéraire, des traductions du slave. C’est pour cette raison que les mots d’origine slave sont nombreux dans les premiers textes roumains. Exception faite des mots largement utilisés jusqu’à nos jours, comme: blid, bogat, gloab˘a, pla˘ ti, rob, rod, sfada˘ etc., on peut citer une série de
mots plus ou moins spécifiques au XVI e s.: al˘amojn˘a, bezaconie, blazn˘a, mojdan, ogoad˘a, ote¸si, pi¸st˘a, potrebi, pril˘asti, slatin˘a, ustn˘a etc. (Rosetti 1986, 532–534; Mih˘ail˘a 1960). Parmi les influences slaves sur le roumain littéraire il y a lieu à mentionner l’influence ukrainienne (calic, holtei, omˇat etc.), l’influence du serbocroate (birt, cârd, cârc˘a, toci etc.) et celle du bulgare (doic˘a, grozav, hârb etc.). 6.2. Les mots d’origine hongroise ne sont pas non plus à négliger. On peut citer: ada˘ mana˘ , aldui, bel¸sug, beteag, chibzui, gând, hele¸steu, me¸ster, neam, ora¸s etc. Une assez grande partie de ces mots sont encore utilisés de nos jours (cf. Treml 1928, 25–51; 1929, 274–317). 6.3. Au XVIII e s. (les commencements sont plus anciens) le roumain littéraire se trouve sous l’influence des langues grecque et turque. 6.3.1. L’influence du grec, très forte au XVIII e s. et au commencement du siècle suivant, s’explique, avant tout, par la pénétration dans les couches sociales dominantes des éléments d’origine grecque, le point culminant étant le gouvernement de l’Etat, nommé ‘le règne des envoyés du Phanar’ (1711–1821) et par l’enseignement supérieur longtemps dirigé par les Grecs. Il est à observer que l’influence du grec ne peut être constatée qu’en Valachie et en Moldavie, elle est insignifiante dans la Transylvanie. Mentionnons, parmi les mots d’origine grecque moderne, se trouvant en grande partie dans le roumain littéraire moderne, quelques exemples: agonisi, apostasie, clironom, diata˘ , efor, filotimie, fandosi, nostim, plictisi etc. On doit remarquer le nombre assez grand des verbes néo-grecs qui ont été assimilés à la IVe conjugaison. Les terminaisons de l’infinitif qui proviennent de l’aoriste sigmatique sont: -asi, -isi (-esi), -osi, -psi, -xi. On peut observer que les mots d’origine italienne ou française prennent parfois le suffixe néo-grec -arisi (-erisi): amuzarisi, pretenderisi, publicarisi etc. (sur l’influence du grec cf. Gáldi 1939; Rosetti / Cazacu / Onu 21971, 426–438). 6.3.2. Le seul fait que les principautés danubiennes ont été pendant quatre siècles sous domination ottomane peut expliquer le grand nombre des éléments d’origine turque pénétrés en roumain surtout au XVII e et XVIII e s. Les uns, peu nombreux, sont
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172. Histoire de la langue littéraire standard: roumain
connus aussi dans le roumain littéraire actuel. Quelques exemples: abanos, bac¸si¸s, cioban, conac, dughean˘a, du¸sman, mahmur, perdea etc. (sur l’influence turque cf. Sainéan 1902). L’influence turque n’a pas été signalée dans les régions au-delà des Carpathes, à l’exception du Banat. 6.4. La présence des troupes russes dans les principautés roumaines, à l’occasion des guerres anti-ottomanes du XVIII e s., de même que le protectorat russe sur la Valachie et sur la Moldavie pendant la première moitié du XIX e s. sont les principales voies qui ont permis l’accès des mots russes dans le roumain littéraire. Beaucoup de termes qui circulaient entre 1750 et 1850 sont tombés en désuétude: cvartir, gubernie, otcup, otno¸senie, predlojenie etc. Le roumain a gardé peu de mots provenant du russe. On doit remarquer toutefois les substantifs d’origine romane, adoptés en roumain par l’intermédiaire du russe, présentant la terminaison -ie (et non pas: -iune): administra¸tie, artilerie, comisie etc. que le langage cultivé a retenu jusqu’à nos jours (sur l’influence russe cf. Iordan 1950, 51–122; Vascenko 1996, 63–76). 6.5. Nous avons encore eu l’occasion de parler de l’importante influence latino-romane sur le roumain littéraire, surtout au XIX e s., encore active de nos jours. Le nombre des mots appartenant à cette catégorie est très grand (p. ex.: alga˘ , antipod, arbitru, crater, comunitate, combina¸tie, congestie, delicate¸te, elegant, forma¸tie, moneda˘ , natura˘ , peremptoriu, profesor, propor¸tional, puls, vulcan, zona˘ etc.). On remarque que les éléments d’origine latine savante ou italienne, bien que recommandés par de grandes personnalités de la culture roumaine comme Cipariu et Heliade R˘adulescu, sont relativement peu nombreux. La grande majorité des éléments latino-romans sont d’origine française. Pour se faire une idée des proportions de l’influence française, nous nous rapporterons aux résultats d’une statistique, réalisée il y a plus de quarante ans (Macrea 1961, 40–42). Des 44.649 mots du Dic¸tionarul limbii române moderne (Bucure¸sti, 1958), les mots latins savants représentent 2,39 %, les mots italiens, 1,72 %, tandis que les mots d’origine française donnent un pourcentage de 38,42 %. Et cela, alors que les mots du latin transmis au roumain représentent un peu plus que 20 % (sur l’influence du français cf. Goldi¸s-Poalelungi 1973).
7.
Le langage standard dans la conception des linguistes roumains
7.1. La notion de standard ou de langage standard n’a pas constitué une préoccupation spéciale pour les linguistes roumains, exception faite de certaines contributions plus ou moins récentes. Pour la plupart des auteurs les notions de langue littéraire et de standard seraient identiques. La définition du standard, d’après Vasiliu (1965, 19) serait le roumain littéraire utilisé couramment (c.à.-d. dans des occasions non-officielles) par une personne instruite. Une autre définition à peu près identique est celle de Coteanu qui parle du «standard» ou du «langage moyen»: une forme courante de la langue littéraire, comprenant la totalité des éléments linguistiques savants, non-différenciés à la suite des conditions imposées à la forme du langage par l’organisation artistique du message ou par les règles des langages technique et scientifique. Le langage littéraire standard représente, donc, selon lui, le parler et la langue écrite cultivée non-spécialisée (Coteanu 1967, 215). Ce point de vue est partagé, en grande partie, par Ghe¸tie (1982, 22) qui affirme que la langue ou le langage standard est la langue littéraire courante, dépourvue d’une précise variation stilistique. 7.2. Les opinions de Suteu ¸ (1974, 268; 270 s.) sont différentes. Selon elle, le langage standard est une variante qui contient les formes d’expression de l’usage linguistique spontané, non-contrôlé. L’auteur place le standard entre le langage cultivé et le langage populaire. On peut noter en outre la position du standard dans le diasystème de la langue imaginé par l’auteur (Suteu ¸ 1974, 271). En général, l’opinion de Suteu ¸ n’a pas trouvé d’adaptes parmi les auteurs préoccupés de définir la notion de standard. Au-delà des ouvrages mentionnés, la notion de langage standard et ses rapports avec la langue littéraire n’ont pas constitué une préoccupation particulière dans la linguistique roumaine contemporaine.
8.
Influence de la langue littéraire sur les diverses couches sociales
8.1. La constitution du roumain littéraire, unique et unitaire, ne s’est produit, comme on l’a dejà vu, que dans la deuxième moitié du XIX e s. Jusqu’à ce moment le roumain lit-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
téraire a existé sous la forme des variantes locales (régionales), nommées par certains auteurs ‘dialectes littéraires’. Parce qu’il servait avant tout à la traduction des textes religieux, il était tout naturel que le roumain littéraire soit utilisé au commencement surtout dans la sphère sociale des membres du clergé, plus ou moins savants. Après 1600, le roumain littéraire commence à être employé par les savants laïques: historiens, juristes, traducteurs de littérature profane. Les premières manifestations du roumain littéraire unique, supradialectal, coïncident avec l’expansion de plus en plus accentuée des textes laïques imprimés, appartenant aux domaines de la littérature, de la science, du droit, de l’administration etc. Son influence et sa diffusion peuvent être constatées parmi les écrivains, les savants de toute espèce, les journalistes. Il est à remarquer que les textes religieux, conservateurs par excellence, et le langage du clergé ne se modifient pas. 8.2. En ce qui concerne la langue littéraire parlée, elle s’est fixée à peine vers la fin du XIX e s. et elle a présenté pour une longue période une série de particularités régionales, qu’on peut observer dans le parler de certaines personnes même dans notre époque. C’est au cours des vingt premières années du XX e s. qu’on peut observer les premières influences du roumain littéraire sur le langage populaire, sur les différents parlers, phénomène reflété à présent dans les atlas linguistiques du roumain. C’est un commencement. L’influence de la langue littéraire sur les dialectes, quoique de plus en plus forte, ne sera sensible qu’à long terme.
9.
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
173. Storia della lingua letteraria nella Romània: italiano Geschichte der Literatursprache in der Romania: Italienisch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
Esperienze e metodi La formazione La diffusione La questione della lingua Oppositori e antimodelli Linee di svolgimento Tipologie testuali Latino e volgare Influssi da altre lingue Policentrismo Riprese ‘dal basso’ Il contatto con i linguaggi settoriali Rapporti con la lingua standard Lingua letteraria e fiorentino Il linguaggio poetico Le Tre corone Lingua letteraria e forme di comunicazione orale 18. Ruolo e importanza della lingua letteraria nel tempo 19. Conclusioni e prospettive 20. Bibliografia
1.
Esperienze e metodi
La lingua letteraria può essere studiata secondo due prospettive linguistiche: (1) osservandone le differenze rispetto ad altre varietà contigue (lingua colta, lingua insegnata nella scuola, lingua della paraletteratura, lingua ufficiale: cf. 11.; Segre 1979, 174; Steger 1982) o rispetto all’‘architettura’ della lingua italiana (Berruto 1987, 19 s.); (2) seguendone il processo di formazione e di sviluppo. Nella sua attività di filosofo e di critico Benedetto Croce non ha affrontato questi temi. Tuttavia l’idealismo storicistico crociano, avendo rappresentato per oltre mezzo secolo il punto di riferimento della riflessione estetica e della critica letteraria italiana (Wellek 1985; Puppo 1986; Sasso 1995), ha preparato il terreno all’analisi dei testi. Da uno svolgimento critico del pensiero crociano è derivata la seguente affermazione: «la lingua letteraria segna il momento in cui il sentimento dell’uso e della tradizione che è insito nel linguaggio si fa conoscenza, perché è lingua foggiata da parlanti nei quali la cultura ha destato appunto tale coscienza e il dominio della lingua che essa implica» (Terracini 1976, 199). Le ricerche linguistiche e stilistiche di studiosi della prima metà del XX sec. hanno integrato con l’analisi formale alcuni principi crociani fondamentali (Parodi 1957; Terracini 1976; De
Lollis 1968; Schiaffini 21969; 1975). I ‘precursori’ del formalismo, tra i quali Avalle (1970) annovera Giosué Carducci, Renato Serra e Giuseppe De Robertis, hanno rappresentato un precedente della critica stilistica. Per lungo tempo lo studio della lingua letteraria ha dominato senza contrasti nel campo della storia della lingua (Varvaro 1984, 30 s.). Le ricerche su testi antichi di carattere documentario e ‘medio’ (Schiaffini 1926; Castellani 1952; Dardano 1969) hanno fornito uno sfondo comparativo allo studio dei testi letterari, delineando con maggiore chiarezza le differenze tra usi individuali e usi sociali della lingua. Questo orientamento è stato favorito dal contributo di metodi e di esperienze, sia tradizionali sia innovativi, sviluppatisi nell’ambito degli studi linguistici (Studi e problemi 1961; Varvaro 1984; Stussi 1993a). Grande attenzione è stata dedicata agli ambienti culturali in cui sono nate varietà letterarie e agli operatori che in essi hanno agito (Branca 21970; Roncaglia 1982; Folena 1990, 1–137; Trovato 1991, Casapullo 1999, 93s.; → art. 68). Per quanto riguarda il periodo delle origini ci si è soffermati su quei fenomeni che accompagnano la nascita di una varietà letteraria e contribuiscono a determinarne i caratteri e le strutture: il bilinguismo «verticale» latinovolgare, il «latineggiamento» e il «retoricizzamento» (Schiaffini 1961; Terracini 1963, 124–214). Particolare importanza per l’analisi della lingua letteraria hanno avuto gli studi di critica stilistica, sviluppatisi nella romanistica europea (Karl Vossler, legato all’idealismo crociano, Ernst Robert Curtius, Erich Auerbach, la scuola spagnola di Ramón Menéndez Pidal, la stilistica francese). Il metodo di Leo Spitzer, fondato su uno stretto rapporto tra critica letteraria e analisi stilistica, e le sue ricerche, dedicate anche a temi italiani, hanno avuto una notevole risonanza in Italia (Karabétian 2000, 77s.). Gli studi di Gianfranco Contini, riguardanti l’intero arco della letteratura italiana, si sono distinti per il rigore del metodo e per una costante attenzione ai fenomeni linguistici e stilistici (Contini 1970). La ricerca di Giacomo Devoto si è interessata maggiormente degli aspetti strutturali della lingua, che è stata confrontata con l’istituto giuridico e osservata nelle sue varietà di base: lette-
173. Storia della lingua letteraria nella Romania: italiano
raria, usuale, espressiva e tecnica (Devoto 1951). Il decennio 1960–70 ha visto anche in Italia il prevalere dei metodi formali e l’avvicinamento dello studio letterario all’analisi linguistica (Corti / Segre 1970). La creazione poetica è stata considerata come una forma di comunicazione e quindi come una delle funzioni basilari della lingua (Jakobson 1966). Strutturalismo, formalismo e semiotica hanno promosso nuovi metodi di analisi dei testi letterari (Segre 1979, 5–21; 1985; Caprettini 1985; Corti 21997). Su un altro versante Carlo Dionisotti (1967) ha aperto allo studio della letteratura quella prospettiva ‘geografica’, che successivamente sarà applicata anche alla storia della lingua (Bruni 1992; 1994). Nel decennio 1970/80 la linguistica testuale e la linguistica pragmatica hanno fornito altri strumenti all’analisi dei testi. Il superamento della visione toscanocentrica e dell’‘esclusività’, attribuita per lungo tempo alla lingua letteraria, ha comportato un utile confronto con varietà diafasiche (Altieri Biagi 1965; 1990) e diastratiche (D’Achille 1994). Lo studio dell’intertestualità e l’approccio quantitativo allo studio dei testi si sono giovati anche di specifici database (LIZ 2001). L’ampliamento del campo della ricerca risulta dal reciproco confronto dei manuali di storia della lingua che si sono succeduti nell’arco di cinquant’anni: Devoto (1953); Migliorini (1960); Durante (1981); Bruni (1984); Marazzini (32002). In questa trafila si avverte una progressiva apertura a nuovi indirizzi di studio, come la sociolinguistica e la storia del pensiero linguistico. L’idea di comporre una trattazione a parte della lingua letteraria (Beccaria / Del Popolo / Marazzini 1989; Coletti 1993) si accorda al carattere aristocratico di una lingua che, nata sotto il segno delle artes dictandi (Terracini 1976, 231–265; Holtus / Schweickard 1988; Casapullo 1999, 101), è stata studiata per la prima volta nei suoi aspetti formali da Dante. Infatti nel De vulgari eloquentia sono mostrati i mezzi stilistici con i quali il volgare si può elevare all’altezza dell’espressione artistica (Dante 1979, II ; IV ).
2.
La formazione
L’unificazione politica italiana è avvenuta con Roma capitale nel 1870. Soltanto dopo tale evento l’italiano letterario, fondato sul fiorentino dei grandi autori del Trecento (Dante, Petrarca, Boccaccio, le Tre corone; cf. 16.), riproposto, nell’ambito della que-
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stione della lingua, dalle Prose della volgar lingua [1525] di Pietro Bembo (Bembo 21966; Vitale 21978, 50 s.; Tavoni 1992b; → art. 68), arricchito nel lessico e parzialmente modificato nelle strutture morfosintattiche, si avvia a diventare lingua comune dello scritto come del parlato. Da questo ‘ritardo’ rispetto alla situazione di altre nazioni d’Europa, unificate per tempo politicamente e linguisticamente, dipendono: (1) il carattere conservativo della lingua italiana, e in particolare della sua varietà letteraria; (2) la generale situazione sociolinguistica, caratterizzata fino all’ultimo dopoguerra dal predominio dei dialetti e da un limitato sviluppo delle varietà regionali d’italiano (De Mauro 31984, 15–50; Dardano 2001a). La mancanza di una lingua comune dell’uso è la prima causa dell’alto grado di formalità della lingua letteraria tradizionale. A tale situazione si è tentato in più occasioni di rimediare mediante l’uso riflesso dei dialetti (cf. 10.). Dalle Origini al Novecento la lingua della poesia e quella della prosa hanno seguito vie diverse (Serianni 2001, 11s.). Bembo (21966) distingue forme proprie dell’una e dell’altra; alla fine del XVI sec. questa differenza, che è evidenziata in Salviati (1809), diventerà un tema ricorrente nelle riflessioni sulla lingua: cf. le note di Giacomo Leopardi (1991, 3413–3419). L’italiano letterario proviene da scelte operate dai partecipanti alla questione della lingua. Questo dibattito, ricco di implicazioni culturali, precede, nelle sue linee fondamentali, la codificazione grammaticale avvenuta nella seconda metà del Cinquecento (Vitale 21978; Pozzi 1988; Koch 1988; Giovanardi 1998). Il Canzoniere del Petrarca, per la poesia, e il Decameron, per la prosa, sono i modelli fondamentali proposti dal Bembo; la Commedia è posta in secondo piano (cf. 16.). Limitato è l’effetto degli usi propri delle classi sociali, le quali, pur essendo rilevanti per numero e per importanza economica, sociale e storica, sono intervenute in modo parziale nell’elaborazione della lingua. La formazione dell’italiano letterario ha comunque risentito anche di altri fattori: l’azione dei politici, l’attività di operatori culturali, la scuola, l’editoria, il magistero della Chiesa (Bruni 1986). Nasce nel Cinquecento il confronto tra le due tesi della ‘classicità letteraria’, fondata sull’uso che della lingua fanno gli scrittori, e della ‘fiorentinità naturale’, che considera l’idioma di Firenze intrinsecamente puro e perfetto.
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
L’eccellenza del fiorentino è, secondo Bembo (21966, 114), frutto dell’ingegno e dell’arte (l’essere nato a Firenze non avvantaggia in alcun modo lo scrittore); per Machiavelli (1982, 66) invece consegue alle qualità proprie di una lingua, nella quale la natura prevale sull’arte. Questa polarità ‘arte’– ‘natura’ rappresenta un riferimento per le successive discussioni sulla lingua e sulla norma grammaticale (Trabalza 1963, 139–203; Vitale 1986, 115). La naturalità sarà interpretata di volta in volta come ideale di democraticità linguistica oppure come espressione di un fiorentinismo angusto e provinciale. A sostegno della tradizione si pone il ‘purismo’: movimento critico-normativo, volto alla conservazione della lingua antica e sostenuto sia da grammatici che da letterati. L’ideale della ‘purezza’, fondato sull’omologia tra la moralità e l’uso letterario, attraversa tutta la storia del dibattito intorno alla lingua e alla norma (Vitale 1986, 3–66; 507–539). Si tratta di concezioni fondate sulla valutazione che i parlanti colti danno della propria lingua (Krefeld 1988).
3.
La diffusione
Nel Trecento il fiorentino delle Tre corone si afferma come modello di lingua letteraria, anche fuori della Toscana (Manni 2003, 61–69). Già nei primi decenni del secolo Dante è celebrato e imitato da rimatori veneti (Cortelazzo / Paccagnella 1992, 231–233; Formentin 1995, 129 s.). Nella seconda metà del Quattrocento la corte aragonese di Napoli accoglie con grande considerazione testi letterari toscani e commissiona al fiorentino Cristoforo Landino il volgarizzamento della Historia naturalis di Plinio; seguirà poi una versione in ‘napolitano misto’ di Giovanni Brancati (1474–86?). Il confronto tra le due maniere di tradurre rivela due atteggiamenti diversi riguardo alla latinità (Tavoni 1992a, 70–74). Nel circolo di Federico d’Aragona, destinatario della Raccolta aragonese (1476), confezionata nella Firenze medicea per iniziativa di Lorenzo il Magnifico, opera Pietro Jacopo De Jennaro, la cui ‘lirica di koinè’ s’ispira al modello petrarchesco (Corti 1956, XVI –XLI ). Sempre a Napoli Jacopo Sannazaro, con la ventennale rielaborazione della prosa e della poesia della sua Arcadia (1501), si avvicina al modello petrarchesco (Folena 1952; Corti 1989, 243–271; Tavoni 1992a, 134–138). Nella Milano degli Sforza si manifesta una pro-
gressiva adesione degli scrittori al volgare toscano letterario contro la tradizione linguistica locale e il latino umanistico (Bongrani 1986, 1–36). Negli anni 1469–76 Matteo Maria Boiardo, staccandosi dai temi e dalla lingua della lirica settentrionale, elabora il suo canzoniere, d’ispirazione petrarchesca e linguisticamente toscaneggiante. Poiché questa caratteristica non appare nel successivo poema L’inamoramento de Orlando si ha qui la prova di come la diffusione del toscano sia legata a tipi testuali definiti (Mengaldo 1963, 33). Un altro esempio di evoluzione verso il toscano è offerto da Baldassar Castiglione, che nell’epistolario abbandona settentrionalismi come nui, vui (forme metafonetiche) e giongo, longo (forme prive di anafonesi) sostituendoli con le forme fiorentine: noi, voi e giungo, lungo (Ghinassi 1976). Per l’Ariosto, che si adegua al modello bembesco, cf. 4. Nei primi decenni del XVI sec., per effetto dei papi fiorentini (Leone X e Clemente VII ) e dello spopolamento seguito al Sacco di Roma, il romanesco «di prima fase» (che è la varietà presente nella trecentesca Cronica di Anonimo romano), proseguendo tendenze già attive nel secolo precedente, abbandona gran parte dei tratti meridionali e si accosta al toscano. Si afferma così il romanesco «di seconda fase» (Trifone 1992, 28–50), che avrà nel sec. XIX il suo capolavoro con i Sonetti di Giuseppe Gioacchino Belli.
4.
La questione della lingua
Delle tre tendenze concorrenti, l’arcaizzante (Bembo), la cortigiana, che propende per una lingua di tipo eclettico (Vincenzo Calmeta, Mario Equicola, Baldassar Castiglione, Gian Giorgio Trissino, Girolamo Muzio) e la toscana, che privilegia l’uso parlato (Niccolò Machiavelli, Lodovico Martelli, Carlo Lenzoni), è la prima a prevalere (cf. 2.; Trissino 1986; Tolomei 21996; Giovanardi 1998; Ricci 1999, 73–115). Le ragioni del successo del Bembo dipendono da vari fattori. In effetti egli indica un unico modello di lingua (analogamente per il latino letterario, opponendosi al metodo ‘contaminatorio’ di Poliziano e di Pico, aveva affermato l’esigenza di imitare soltanto la prosa di Cicerone); presenta un tipo linguistico unitario, in opposizione al ‘diasistema fluido’ del fiorentino quattrocentesco; equipara i classici in volgare a quelli in latino (pubblicando, nei primi anni del Cinquecento, edizioni
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portatili del Canzoniere petrarchesco e della Commedia, dirette a un pubblico selezionato, ma non specialista, Migliorini 1960, 373; Tavoni 1992b, 1067) e quindi si pone alla testa della promozione editoriale di opere in volgare (Venezia, centro di questa iniziativa, svolge un ruolo di primo piano nel fissare una norma, Trovato 1991, 143–163; 1999); propone un esempio di lingua coerente con la sua prassi di scrittore e al tempo stesso frena (lui, latinista esimio) l’azione del superstrato latino; infine, con la scelta di un modello alto di lingua, ottempera all’ideale neoplatonico dell’archetipo. La scelta del Bembo seleziona il primo componente di queste tre opposizioni: (a) lingua degli scrittori – lingua parlata, (b) lingua antica – lingua moderna, (c) lingua unitaria – lingua eclettica. Ecco alcune delle sue più significative opzioni linguistiche: (1) dittongamento spontaneo in sillaba libera e tonica (piede, nuovo), compresi i tipi priego e truova (in seguito prevarranno prego e trova del ‘fiorentino argenteo’, forme provenienti da Pisa e da Lucca: Castellani 1980, vol. 1, 17–35); (2) anafonesi, tipi famiglia e giungo, non fameglia e giongo; (3) tipo notaio, non notaro; (4) distribuzione, dipendente dal contesto, degli articoli il e lo; (5) rifiuto di lui e lei come pronomi soggetto; (6) unica forma gliele in luogo di glielo, gliela, glieli, gliele, (7) tipi amerò e povero, non amarò e povaro, (8) desinenza della I a persona plurale dell’indicativo presente -iamo estesa a tutte le coniugazioni. Come appare, la maggior parte di queste scelte vivono nell’italiano standard di oggi. La norma bembesca sovraintende alla terza edizione dell’Orlando furioso (1532): l’Ariosto elimina gran parte delle forme padane e latineggianti di cui si era servito nelle due precedenti edizioni (1516; 1521); infatti ricorre più di frequente ai dittonghi -ie- (fiero, triema, ma prevale il tipo prego) e -uo(luogo, puote, truova, accanto a trova); spesso sostituisce -ar- atono con -er- (prestarà > presterà); elimina vari tratti del consonantismo padano (ciucca > zucca, semitarra > scimitarra); soprattutto nei verbi della I a, ricorre per lo più alla desinenza verbale -iamo (riguardamo > riguardiamo), tuttavia conserva scendemo (Stella 1976). Seguendo le tesi del Bembo, il Vocabolario della Crusca (11612) si fonda sul fiorentino dei grandi autori del Trecento (ripreso con ricchezza di sinonimi e di varianti) e pone invece in seconda posizione i cinquecentisti (→ art. 68). È messa da parte la soluzione di compromesso for-
mulata da Salviati (1809, vol. 2, 144, «dove le regole negli scrittori o non si veggano così buone, o non si veggano appieno, per supplimento è da ricorrere alla voce del popolo») e ripresa da Benedetto Varchi (Sorella, in: Varchi 1995, 48–78).
5.
Oppositori e antimodelli
Pur avendo avuto scarsa incidenza sulla sorti dell’italiano letterario, l’opposizione alle tesi esposte nelle Prose della volgar lingua ha prodotto riflessioni sulla lingua e sulla poetica di notevole interesse. Autentici capolavori del XVI sec. si fondano su scelte di lingua e di stile distinte e perfino opposte a quelle indicate dal Bembo. L’alta letterarietà del Cortegiano di Castiglione e dei Dialoghi di Torquato Tasso ha caratteri diversi da quelli presentati nelle Prose, soprattutto per quanto riguarda la struttura del periodo (Dardano 1992, 445–484; Bozzola 1999; Tesi 2001, 226–241; 2004). Il Castiglione prende le distanze dalla prosa del Boccaccio a favore di una lingua moderna, guidata dall’uso e aperta ai «nuovi vocabuli». Nella prosa di Machiavelli ricorrono tratti di fiorentinità ‘naturale’: lui soggetto, duplicazione pronominale del soggetto, forme popolari (stiavo, stietto, in luogo di schiavo, schietto; metatesi in drieto, indrieto, drento); risaltano una certa noncuranza morfologica (soprattutto nel settore dei verbi) e una sintassi periodale più semplice, rispetto alla linea Boccaccio – Bembo (Frenguelli 2002b, 105–116); l’anacoluto non è escluso; i compo nenti della frase seguono spesso un ordine espressivo (Chiappelli 1952). Nella Toscana del XVI sec. il fronte antipetrarchista è rappresentato dal maestro della poesia burlesca, Francesco Berni, che persegue, nei temi come nella lingua (ricca di versi aspri e di vocaboli espressivi), effetti di straniamento e di dissacrazione, più spiccati rispetto a quello stile ‘comico’ che i poeti ‘giocosi’ del tempo di Dante opponevano ai modi nobili dell’alta lirica. Muovendo da una critica dell’estetica e della retorica degli antichi (già sviluppata da Francesco Patrizi, Della retorica, 1562), vari autori del sec. XVII propongono diversi modelli di stile. Nella trattatistica Virgilio Malvezzi adotta una maniera senechiana e tacitiana. Vari narratori riducono la complessità periodale e, per avvicinarsi a nuove tematiche, accolgono vocaboli comuni e termini tecnici di diversa origine (Battistini / Raimondi 1990,
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143–172). La rivolta contro il Bembo cresce nel Settecento illuminista. Al periodo boccacciano Giuseppe Baretti oppone uno stile ‘naturale’, ispirato ai modelli francesi. La struttura sintattica e la testualità si semplificano nel quadro di un generale rinnovamento linguistico (Folena 1983, 5–66). Si affermano tendenze che proseguiranno nel XIX sec.: «proprio nella sintassi della proposizione [dell’Ortis] vanno individuati gli elementi di maggiore modernità del dettato foscoliano, lontano dalle inversioni e dagl’iperbati arditi cui indulgevano gli stessi novatori» (Patota 1987, 154). Passando alla lingua del teatro, si osserva che nel Cinquecento agli istituti letterari tradizionali è mossa una vivace contestazione, la quale è attuata non sul piano della testualità, ma mediante «fenomeni di microprogettazione comunissimi nel parlato» (Trifone 1994, 90). Con La mandragola (1518–20) Machiavelli, facendo uso di un fiorentino parlato aperto anche al vernacolo, mostra il vantaggio di usare nella commedia «i motti e i termini proprii patrii». Il suo «pluristilismo funzionale» si oppone al monolinguismo del teatro dell’Ariosto, che nella Cassaria si limita a introdurre soltanto pochi elementi di furbesco (Trifone 1994, 102). Il Ragionamento della Nanna e della Antonia (1534) di Pietro Aretino rappresenta l’antitesi del neoplatonismo rinascimentale e il rifiuto del fiorentino letterario: questo dialogo è una delle prove più significative dell’«edonismo linguistico» e della «simulazione di parlato» che caratterizzano un largo settore della novellistica e del teatro del XVI sec. (Segre 1963, 355–382; Testa 1991). Una radicale contestazione del canone bembesco è svolta dal teatro veneto. In questo caso la ragione sociolinguistica dello sperimentare nuove forme espressive si fonda sulla contrapposizione campagna – città, sulla presenza di dialetti rustici, sul cosmopolitismo (anche linguistico) di Venezia e sul «duplice ‘imperialismo’ linguistico, a due diversi livelli, toscano e veneziano» (Folena 1991, 127). Rifacendosi alla tradizione del mariazo, il Ruzante (Angelo Beolco) si serve del pavano rustico per fondare un mondo teatrale opposto ai valori tradizionali. La sua opera rientra in quella corrente espressionistica della letteratura italiana che va da Teofilo Folengo (cf. 8.) a Carlo Emilio Gadda (cf. 11.) e nella quale Gianfranco Contini ha inserito tutti gli scrittori ‘irregolari’ della letteratura italiana (Contini 1977). L’espres-
sionismo dei sec. XV e XVI si muove fra tre poli linguistici: latino, toscano e dialetti. A tale proposito Segre (1979, 167–183) distingue tra: «toscano letterario che s’impenna verso il latino» (Francesco Colonna); «latino che si ‘abbassa’ verso il volgare» (Tifi Odasi, Giovan Giorgio Alione, Teofilo Folengo, che è il «nodo capitale» della corrente); «lingua letteraria che si ‘abbassa’ verso i livelli inferiori» (Francesco Berni, Antonio Francesco Doni, Pietro Aretino, Luigi Pulci). Nei primi decenni del XVII sec. la polemica antifiorentina riguarda soprattutto l’attività dei lessicografi e dei grammatici. Contrari alle scelte arcaizzanti del Vocabolario della Crusca si dichiarano subito Paolo Beni, legato all’ambiente padovano, e il modenese Alessandro Tassoni: entrambi rilevano nell’opera l’assenza di voci del lessico fondamentale e la presenza di inutili doppioni. Fondata su varianti fonomorfologiche e su elementi del lessico, l’opposizione senese al fiorentino ha i suoi punti di riferimento nel dialogo Il Turamino (1602) di Scipione Bargagli, nel Dittionario toscano (1614) di Adriano Politi e nel Vocabolario cateriniano (1711) di Girolamo Gigli (Migliorini 1960, 510).
6.
Linee di svolgimento
Nella seconda metà del Cinquecento la lingua letteraria, che ha già accolto tratti del ‘fiorentino argenteo’ (cf. 4.), tende a normalizzare, per l’azione unificatrice promossa dalla stampa e dai grammatici, alcune delle sue strutture morfosintattiche e testuali: l’espressione del ‘futuro nel passato’, la frase nominale, la costruzione del periodo (Durante 1981, 179–203). Gli editori regolarizzano l’ortografia e l’interpunzione dei testi trecenteschi; talvolta sostituiscono arcaismi, dialettismi e latinismi spinti. Infatti è necessario diffondere testi conformi a una norma e accettabili da parte di un pubblico ampio, colto ma non specialista (Trovato 1991). Il lessico accoglie innovazioni importanti soprattutto in alcuni settori prossimi alla lingua d’uso e ai linguaggi tecnici e scientifici. Dopo lo sperimentalismo secentesco e l’evoluzione semplificatrice della prosa nel corso del XVIII sec., una svolta fondamentale in senso antitradizionale e antiretorico si verifica alla metà dell’Ottocento. Nella seconda edizione dei Promessi sposi (1840) Manzoni adotta il fiorentino parlato dalle persone colte (sulla revisione linguistica del romanzo cf. Nencioni 1993, 227–369; Stefenelli 1996):
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varietà che, come è chiarito nei suoi numerosi saggi, dovrà essere adottata dalla nazione unita come lingua parlata e scritta (Manzoni 1990, 605–625). Per tale via la questione della lingua passa dal piano letterario a quello sociale (Nencioni 1993, 6). Un buon numero di varianti proposte nel romanzo, in luogo delle forme tradizionali, sarà accolto nella lingua standard (Serianni 1989, 141–213). Ma le idee e la prassi linguistica manzoniana (destinate a mutarsi con alcuni continuatori in un ‘manzonismo’ municipale e sterile) saranno attaccate da Graziadio Isaia Ascoli nel Proemio all’Archivio Glottologico Italiano (1873). All’unitario e semplificato modello manzoniano il linguista contrapporrà una lingua elaborata nel vario contesto storicoculturale della nazione (Grassi, in: Ascoli 21968). Nella letteratura della seconda metà del XIX sec. l’elenco delle «voci letterarie ed arcaiche» in uso è ancora lungo, ma progrediscono anche le «voci popolari moderne»; i neologismi, i tecnicismi e i forestierismi (Migliorini 1960, 648–666). L’evoluzione delle strutture sintattiche e testuali è favorita dal successo dell’italiano come lingua comune (imposta dalla scuola e dal potere centrale), dal diffondersi della stampa (Masini 1994), dall’influsso della narrativa francese (Tellini 1998, 145–152). La lingua della prosa letteraria, eterogenea nel primo Ottocento a causa delle diverse tendenze (romantici, classicisti, puristi), si rinnova nel corso del secolo. Invece fissa al passato resta la lingua della poesia, che conserva varianti iperletterarie: ange, elice, estolle, in luogo di affligge, cava, innalza (Migliorini 1960, 600–604; Serianni 2001, 221s.). Innovatore nella prosa, il Manzoni poeta rimane fedele a quelle forme tradizionali che giungeranno fino al Novecento. Ma naturalmente è la qualità poetica che fonda valori e produce effetti di stile: nei suoi altissimi Canti Leopardi sa esprimere la condizione dell’uomo moderno, pur ricorrendo alle risorse lessicali e stilistiche del patrimonio tradizionale (Blasucci, 2003, 131–156). L’innovazione del linguaggio poetico è promossa da Giovanni Pascoli con Myricae (1891), dove è evidente l’accostamento al parlato sia nel lessico che nella sintassi (Contini 1970, 219–245). Nel secondo decennio del XX sec. l’opera di Pascoli e di D’Annunzio (attivo anche nel filtrare temi e forme del simbolismo francese) alimenta una koinè del linguaggio poetico, che rappresenta un punto di riferimento della sto-
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riografia letteraria del secolo. Da questa base istituzionale di forme e di metri prendono l’avvio sviluppi e scarti successivi. È un’esperienza che coinvolge, con modalità diverse, poeti quali Guido Gozzano e i Crepuscolari, Umberto Saba, Eugenio Montale (Mengaldo 1994, 195s.). Ne rimane escluso il primo Ungaretti, la cui poesia, costruita con parole-verso e versi-strofa, isolata da forti pause e scansioni, «offre il più radicale esempio di rinnovamento formale sperimentato dalla lirica del nostro secolo» (Sanguineti 1969, 837). Grande artefice della parola, D’Annunzio, considerato «la porta d’entrata della letteratura moderna italiana» (Sergio Solmi), ha ispirato variamente il lessico e la metrica di Montale, che anche sulla base di questa esperienza ha creato un nuovo «stile illustre» (Mengaldo 1975, 13–106). Nel corso del Novecento, la poesia italiana, a lungo identificata col genere lirico, si volge anche a componimenti di carattere argomentativo e ideologicamente impegnati (Clemente Rebora, Franco Fortini, Pier Paolo Pasolini): le conseguenze sono visibili sul piano del lessico (Mengaldo 1994, 241). Se nel passato la lingua letteraria era stata un discorso lontano dalla lingua comune, diversa è la condizione della poesia moderna: «[…] non ho che le lettere fruste / dei dizionari, e l’oscura / voce che amore detta s’affioca, / si fa lamentosa letteratura» (Montale, Ossi di seppia 44). La ripresa di modi del parlato, attuata dai maggiori poeti (Montale, Caproni, Sereni) è in accordo con l’evoluzione sociolinguistica della nazione: l’italiano comune si diffonde a spese dei dialetti. La riduzione della letterarietà tradizionale è un fenomeno di lungo percorso. Possiamo vederne due esempi significativi nel Diario d’Algeria (1947) di Vittorio Sereni, dove avviene il distacco dal modello dannunziano e dall’ermetismo, e nella raccolta Satura (1971), che segna l’ultimo tempo della poesia di Montale: termini tecnici e vocaboli quotidiani entrano in copia, alternandosi con voci rare e citazioni dotte. È un esempio di quella ‘polifonia’ che invade quasi tutti i settori della lingua letteraria. Molti poeti contemporanei ricercano un bilanciamento, all’interno della medesima composizione, tra poli linguistici e stilistici opposti: sintassi complessa – lessico comune, sintassi lineare – lessico ricercato; toni eloquenti e controeloquenti, cultismi usati per descrivere situazioni comuni, metrica elaborata per controbilanciare rime facili. Ma già nei primi decenni del
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Novecento Saba aveva saputo creare un sublime ‘dal basso’, accostando a vocaboli comuni e a rime facili il lessico tradizionale della poesia (Brugnolo 1995b, 551–556).
7.
Tipologie testuali
I caratteri e le funzioni di una lingua letteraria si determinano anche in rapporto ai tipi testuali. Questi mutano insieme alle gerarchie che ordinano il campo della letteratura. Fenomeni comuni collegano le letterature e le lingue letterarie dell’Europa occidentale. Alla metà dell’Ottocento il primato passa dalla poesia al romanzo. Dopo la Prima guerra mondiale si afferma una nuova esigenza: «si voleva prosa: poesia in prosa» (Ungaretti). In questa sede si possono soltanto esemplificare alcuni passaggi. Se il poema dantesco non ha continuatori di rilievo, la terza rima diventa tipica espressione del capitolo bernesco: ma i recuperi operati da Pascoli, alla fine del XIX sec., e più tardi da Pasolini introducono tonalità nuove e dissonanti rispetto al modello. Con il Petrarca la canzone in stanze di piedi e sirma, già viva nell’uso dantesco ma usata in modo esclusivo dall’autore del Canzoniere, conquista, assieme al sonetto, un predominio che durerà a lungo (Cortellessa 2004). Invece la sestina, altra forma metrica resa stabile dal Petrarca, rimarrà in una posizione appartata (nonostante alcune riprese novecentesche). In seguito si affermeranno l’ode di Gabriello Chiabrera e la canzonetta di Pietro Metastasio: in entrambe, come nel melodramma, proliferano le rime tronche e sdrucciole. Tra la fine del XVIII sec. e l’inizio del XIX si diffonde il poema in versi sciolti, già presenti nella tragedia e nei poemi didascalici dal sec. XVI (Beltrami 42002, 343s.). Legittimato dalle traduzioni dai classici, il verso sciolto predomina nei libretti d’opera, dove si accorda con lo stile recitativo, adibito a rappresentare l’azione drammatica e gli eventi esterni; invece le arie, rese con vari metri, esprimono il mondo degli affetti. Nella poesia del Novecento prosegue la canzone di tipo ‘leopardiano’, la quale riprende «le forme del discorso libero di endecasillabi e settenari proprie del madrigale cinquecentesco, del dramma pastorale, del melodramma, dell’idillio» (Beltrami 42002, 270s.). Una simile continuità di forme appare anche nell’uso dei metri (l’endecasillabo e il settenario) e delle strutture (esemplare il caso del sonetto); ma i modi dell’esecuzione
e le funzioni variano. Nella seconda metà del XIII sec. dalla ballata profana si sviluppa la lauda-ballata, che sostituisce forme arcaiche di poesia religiosa. Nel sec. XVI Berni (cf. 5.) «contrappone alla costruzione chiusa e prevista della poesia bembiana […] una costruzione priva di intrinseca necessità, di misura essenziale definita» (Bàrberi Squarotti, in: Berni 1969, IX ). Dai cantari popolari si sviluppano, attraverso una progressiva decantazione di forme e di motivi, L’Inamoramento de Orlando composto in «emiliano illustre» dal Boiardo (sarà poi rifatto in toscano dal Berni) e la complessa e raffinata tessitura dell’Orlando furioso (Matarrese 2004; Bologna 1998, 87s.). L’originaria vocazione narrativa dell’ottava, ampiamente sperimentata dal Boccaccio, si adatterà nei secoli successivi a diverse materie. Una fase innovativa nella metrica è segnata dal Novecento, che è un secolo di vivaci sperimentazioni (Mengaldo 1991, 27–74). Nascono forme nuove: la parola-verso di Ungaretti, il verso narrativo di Cesare Pavese, l’arcisonetto di Andrea Zanzotto. Si recuperano, con vari adattamenti, forme tradizionali: il novenario pascoliano, il tredecasillabo di Corrado Govoni, l’esperienza barbara di Dino Campana e di Montale; nuovi sviluppi ha l’enjambement. Nella prosa argomentativa la forma dialogica vive nel corso dei secoli non soltanto per la permanenza dei modelli, ma anche per una motivazione pragmatica: «perch’altri non v’insegna il vero con autorità di maestro, ma il ricerca a guisa di compagno; e, ricercandolo per sì fatta maniera, è più grato il ritrovarlo» (Tasso). Il dialogo e la lettera sono fra i tipi testuali preferiti della prosa scientifica dei sec. XVII e XVIII . La narrativa antica muta caratteri e testualità: dalle brevi narrazioni del Novellino (fine del XIII sec.), che dell’exemplum mediolatino conservano la linearità dell’intreccio e della sintassi, si giunge ai racconti lunghi del Decameron (metà del XIV sec.), dove il periodare complesso e l’ornatus retorico assai elaborato sono i mezzi stilistici, atti a ritrarre in profondità personaggi e situazioni (Schiaffini 21969, 173 ss.; Dardano 1969; 1999; 2004; Frenguelli 2002a, 171ss.). La cornice di quest’opera, che prevede l’inserimento di una ballata alla fine di ciascuna giornata, rientra nella storia del prosimetron, cui appartengono tra l’altro la Vita nova di Dante e l’Arcadia del Sannazaro. La testualità del romanzo moderno è in diretto rapporto con
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la funzione della voce narrante. Il narratore onnisciente, che agisce nei Promessi sposi (1840), scompare ne I Malavoglia (1881), l’‘impersonale’ romanzo verista di Giovanni Verga, dove il discorso indiretto libero è lo strumento espressivo adeguato ai nuovi modi della rappresentazione. In seguito si afferma un narratore ‘debole’, immerso non nello svolgimento dei fatti ma nell’analisi del ‘flusso di coscienza’. L’io narrante de La coscienza di Zeno (1923) di Italo Svevo si contraddice di continuo e compone la parodia di se stesso. I capitoli del romanzo (alcuni dei quali hanno un carattere non propriamente narrativo) si succedono con modalità inconsuete; sulla lingua di Svevo cf. Coletti 2001, 332s.; Dardano 2002. Al pari di quanto avviene nei romanzi di Luigi Pirandello (Il fu Mattia Pascal, 1904) e di Federigo Tozzi (Con gli occhi chiusi, 1919), la novità della prospettiva e delle situazioni comporta un disinteresse di fondo per l’elaborazione stilistica.
8.
Latino e volgare
Il volgarizzamento «è, nella nostra prima letteratura, situazione mentale prima ancora che attività specifica» (Segre 1963, 49). Il contatto del latino con i volgari italiani e in particolare con le varietà letterarie si è mantenuto vivo in tutti i tempi (è lo «stigma» della situazione italiana, Schiaffini 1961; → art. 135). Ciò appare chiaramente nella sintassi e nel lessico della prima prosa d’arte (Guido Faba, Brunetto Latini, Dante). La vicinanza strutturale tra il latino e i volgari toscani aiuta l’ingresso dei latinismi, che hanno un’evidente intenzione d’arte nella Commedia (cf. 16.). I volgarizzamenti di Tito Livio assumono grande rilievo nell’apprendistato artistico di Boccaccio (Maggini 1952; Schiaffini 21969; Giovanardi 1994). Questi fenomeni non riguardano soltanto il latino. Infatti «la traduzione […] è un cardine della politica culturale federiciana, un suo emblema» (Antonelli 1994, 314): si tratti di tradurre in latino testi filosofici greci e arabi o di ‘rifare’ in siciliano illustre la poesia dei Provenzali (come accade in Giacomo da Lentini, Rinaldo d’Aquino, Jacopo Mostacci). Lessico e sintassi latineggianti si ritrovano nella prosa del Convivio (Schiaffini 21969, 119–132) e nei trattati di Leon Battista Alberti (Dardano 1992, 309–444). Nel XV sec. i dotti si domandano quale lingua si parlasse nell’antica Roma (Tavoni 1992, 60–62). Così nasce il problema dell’origine
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del volgare. Il Certame coronario, celebrato a Firenze nel 1441, intende dimostrare la perfezione raggiunta dal volgare e quindi la sua parità con il latino. La mescolanza fra queste due lingue genera a livelli medi forme ibride (Lazzerini 1971); a livelli alti può produrre forme estreme di espressionismo linguistico, come la poesia maccheronica, affermatasi a Padova alla fine del sec. XV. L’esempio più alto di questa produzione sono le Maccheronee di Folengo, conservate in quattro redazioni: 1517, 1521, 1539/40, 1552 (Ferroni 1999), nelle quali la morfologia e la sintassi latina si coniugano con un lessico dialettale e ibrido: magnabile, culamina, gambareli, bufonizantem, slovignare “abbuffarsi”, factam de ferro camisam (Paccagnella 1979, 131). Nel Principe di Machiavelli i titoli latini dei capitoli, i sintagmi inseriti nel testo (per adverso, in exemplis, solum) e i latinismi lessicali (cogitazione, concipere) conferiscono solennità al discorso (Chiappelli 1952). Allotropi latineggianti sono presenti in tutte le epoche; ecco alcuni esempi del XIV sec.: cecero – cigno, dificio – edificio, fedire – ferire, guagnelo – vangelo – evangelio (Migliorini 1960, 237). La terminologia grammaticale cinquecentesca attinge spesso al latino (vocale, consonante, sillaba); ma alcuni preferiscono termini volgari: aggiugninnanzi, aggiugninmezzo, levannanzi, levanmezzo, levanfine (Giambullari 1986, 244). Nel primo cinquantennio del Seicento la moda grecizzante impone tipi di composti alla maniera del greco antico: (1) epiteto costituito da un nomen agentis preceduto del suo oggetto: nubiaddensatore, spemallettatore; (2) epiteto costituito da un participio passato preceduto da un determinante: briglindorato, crocaddobbata (per l’influsso del greco → art. 140, per il quadro della morfologia → art. 231). Tali composti, estranei alla natura dell’italiano, sono accolti per una tendenza modernista. Così si ritrovano verbi parasintetici (empirearsi, indiamantirsi) e denominali (angeleggiare), composti verbali ‘verbo + nome’ (cacciaffanni, spezzantenne). Composti di tipo greco ritorneranno nella versione dei canti di Ossian (1763), compiuta da Melchiorre Cesarotti, e nei Poemi conviviali (1904) di Pascoli. Composti ‘classici’ ricorrono nella poesia del Novecento: grigiorosea (Montale), dolceamara (Sereni), flautotrasparenti (Caproni); diverse sono altre formazioni giustappositive avviate dal futurismo: donna-golfo, uomo-risacca (Marinetti), vol-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
to-vecchiaia (Boine), dopo-viso, foglia-goccia-larva (Zanzotto).
9.
Influssi da altre lingue
Nei primi secoli la lingua letteraria ha scelto di regola il prestito integrato, talvolta assimilato a forme già esistenti nella lingua, ma con diversa funzione (cerchiello, gibetto, scondetto non sono diminutivi, ma rifacimenti del francese cerceuil, gibet, escondit). Machiavelli (1982, 50) celebra la capacità di assimilazione del fiorentino: «Ma quella lingua si chiama d’una patria, la quale convertisce i vocaboli ch’ella ha accattati da altri nell’uso suo, et è sì potente che i vocaboli accattati non la disordinano, ma ella disordina loro: perché quello ch’ella reca da altri lo tira a sé in modo che par suo». Tra i gallicismi adottati dai Siciliani (cf. 15.; → art. 154) risaltano vocaboli ideologicamente marcati: gioia, noia, orgoglio, sollazzo (Cella 2003, s.v.). I numerosi astratti in -anza costituiscono una serie paradigmatica ben connotata (Bezzola 1924, 214–258; Castellani 2000, 125). L’attrazione esercitata da un campo semantico centrale appare in quelle «voci relative ad aspetti della vita feudale, dai poeti trasferite al dominio cortese: omo nel senso di hom litges, cioè vassallo […]; servire, servire a piagimento, o a talento o a grato» (Schiaffini 1975, 43). Venuto meno il provenzale, il filone dei gallicismi è alimentato in seguito dal francese. L’influsso di questa lingua s’intensifica nel periodo illuministico, che segna un rinnovamento del lessico e della sintassi dell’italiano (Folena 1983, 5–66). La penetrazione di francesismi lessicali riguarda in prevalenza i settori extraletterari (Dardi 1992) e, alla fine del XVIII sec., si concentra nel vocabolario politico (Leso 1991). Tuttavia, dato l’estendersi della letteratura verso tematiche sociali, il fenomeno riguarda di riflesso anche la lingua letteraria. Hanno un ruolo importante nel costituire il lessico intellettuale europeo i latinismi e i grecismi giunti tramite il francese. Le lingue che hanno esercitato un influsso rilevante sull’italiano sono state il francese, lo spagnolo e l’inglese. Il fenomeno è avvenuto nel tempo in cui la nazione corrispondente ha goduto di una forte espansione politica. Degli iberismi dei sec. XVI –XVII importano soprattutto vocaboli relativi alla vita sociale e vari termini settoriali (Beccaria 1968). Nella narrativa del secondo Nove-
cento gli anglismi (spesso non integrati) prendono il sopravvento sui francesismi: si tratta sia di vocaboli generali sia di termini tecnici, entrati anche in altri settori dell’italiano (Zolli 21991; → art. 150). La forma del racconto lungo alla Hemingway è ripresa da vari autori (Corti 1978, 51); analogamente, all’inizio dell’Ottocento la forma del romanzo storico di Walter Scott era stata imitata dal Manzoni. Un caso estremo di assimilazione di anglismi morfologici, del tutto estranei alla natura dell’italiano, si ha nel romanzo Il partigiano Johnny (1968) di Beppe Fenoglio, dove ricorrono calchi spinti (inlavata, ingl. unwashed) e ibridismi (cittadinalike, vento-ravaged).
10. Policentrismo La situazione linguistica italiana è, fin dalle origini, policentrica e plurilinguistica e tale si manterrà nei secoli per la presenza di una letteratura dialettale riflessa (Paccagnella 1994). Tra il XII e il XIII sec. la scelta di un tipo testuale può comportare un’opzione linguistica oltre che di stile: vi sono trovatori italiani dell’Italia settentrionale (Sordello, Lanfranco Cigala, Rambertino Buvalelli) che adottano il provenzale (Bertoni 1967). Il prestigio della lingua d’oil, come strumento della prosa, è così alto (cf. il giudizio di Dante in: DVE , ed. 1979, I, ix) da indurre illustri scrittori italiani all’adozione: si pensi al Trésor di Brunetto Latini e al Milione di Marco Polo (messo per iscritto da Rustichello da Pisa). La supremazia del provenzale nella lirica d’amore cesserà col terzo decennio del XIII sec., quando si affermerà, per l’iniziativa di Federico II e in stretto rapporto con la sua corte (che alimenta una cultura plurilingue: latina, greco-bizantina, araba), una lirica in volgare siciliano illustre (cf. 15.). Dalla metà del XII sec. in vari centri dell’Italia settentrionale si era sviluppata una poesia didattica, espressa in volgari illustri tra loro differenziati. I tratti linguistici originari dell’antico lombardo e dell’antico veneto, anche se in parte alterati nella tradizione manoscritta, risultano nel complesso conservati. Pertanto l’ipotesi emessa in passato di una comune lingua letteraria (o koinè settentrionale) non trova più consensi (Contini 1970, 513–761). In tale produzione rientrano le opere dell’Anonimo veneto, di Girardo Patecchio da Cremona e di Uguccione da Lodi. Si tratta di un libero rifacimento di testi latini e francesi; la metrica
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mostra rapporti di derivazione dalla letteratura d’Oltralpe. Questo filone è proseguito, nella seconda metà del XIII sec., dai due poemetti di Giacomino da Verona che, insieme al Libro delle Tre scritture di Bonvesin de la Riva, precorrono il genere oltremondano della Commedia dantesca. Bonvesin è in larga parte il traduttore dei propri testi latini; il suo volgare milanese è nobilitato di continuo con forme latineggianti e gallicizzanti. In latino e in volgare sono anche le poesie politiche e morali del contemporaneo Anonimo genovese. Del volgare genovese si ha una testimonianza (anteriore di circa un secolo) in una strofa del ‘discordo’ plurilingue del trovatore provenzale Raimbaut de Vaqueiras. La prosa settentrionale tra la fine del XIII sec. e i primi anni del XIV è rappresentata dal volgarizzamento del De proprietatibus rerum di Bartolomeo Anglico, eseguito dal notaio mantovano Vivaldo Belcalzer (Ghinassi 1965; Casapullo / Policardo 2003). La poesia religiosa umbra si afferma con il Cantico di San Francesco (1224 ca.); il testo tràdito conserva soltanto parzialmente i tratti linguistici originari. Le laude (cf. 7.) raggiungono un alto grado di elaborazione stilistica con Iacopone da Todi, una delle voci più alte della poesia della fine del XIII sec. La tradizione manoscritta conserva abbastanza fedelmente la veste umbra dei suoi componimenti. Consideriamo ora un punto di riferimento toscano: il Ritmo Laurenziano (1188– 98?) in lasse monorime con base ottonaria. Si tratta della prima prova conosciuta di letterarietà di quella regione (il luogo di provenienza è forse Volterra, cf. Castellani 1986). Altri filoni di poesia in dialetto illustre si producono nei secoli successivi in varie regioni d’Italia. Ricordiamo alcuni autori: il palermitano Giovanni Meli (1740–1815), il milanese Carlo Porta (1775–1821), il romano Giuseppe Gioacchino Belli (1791– 1863), il napoletano Salvatore Di Giacomo (1860–1934). Contini (1970, 611) ha affermato che «l’italiana è sostanzialmente l’unica grande letteratura nazionale la cui produzione dialettale faccia visceralmente, inscindibilmente corpo col restante patrimonio». L’apporto dei dialetti alla formazione della lingua letteraria e dell’italiano standard è un fenomeno costante in tutto il percorso storico (Zolli 1986; Avolio 1994). Per i dialettismi presenti nella Commedia di Dante (ma non nelle sue Rime) e nel Decameron cf. 11. I rapporti tra il fiorentino letterario e i dialetti si precisano soltanto nella seconda
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metà del Cinquecento dopo l’affermarsi di una norma letteraria. Solo in presenza di un modello può nascere un antimodello. Coloro che scelgono di usare il proprio dialetto, pur avendo a disposizione l’italiano letterario, fondano una «letteratura dialettale riflessa» (Benedetto Croce). Firenze presenta una situazione del tutto particolare: la lingua delle Tre corone è sentita come un vivo patrimonio municipale; ma alcuni autori fiorentini, come Michelangelo Buonarroti il Giovane, ricercano piuttosto l’elemento locale rustico e plebeo (Poggi Salani 1969). Nei riguardi della lingua letteraria l’apporto dialettale assume diverse forme. Si va dalla parodia vernacolare, fondata sul confronto lingua letteraria – dialetto (il fenomeno assume un rilievo particolare nel Trecento, con Nicolò de’ Rossi, Francesco di Vannozzo, Boccaccio, Franco Sacchetti), al plurilinguismo programmato presente nella commedia cinquecentesca (cf. il pavano del Ruzante, in 5.). L’italiano letterario cede terreno di fronte al veneziano nel teatro di Carlo Goldoni, che vuole descrivere il mondo nella sua realtà multiforme (come aveva fatto Carlo Maria Maggi e come farà Carlo Porta). Goldoni vive la contraddizione tra il proposito di trasmettere un messaggio universale (che sia inteso anche fuori Venezia) e i limiti di uno strumento linguistico geograficamente circoscritto (Stussi 1993b). Porta opta per il milanese, o per meglio dire, per un pastiche, in cui sono mescolate varietà diverse: il dialetto borghese, quello popolare, il ‘parlar finito’ (cioè l’italiano mescidato in cui si sforzano di parlare i milanesi, che ha il suo corrispondente romano nel «parlà ciovile» del Belli), l’italiano usato negli scali commerciali, vocaboli francesi e tedeschi. Il primo monumento al dialetto napoletano è innalzato nel sec. XVII da Giulio Cesare Cortese e da Giambattista Basile; quest’ultimo, nel Cunto de li cunti, contamina testi e generi diversi (prosa narrativa ed espositiva, brani in versi, egloghe), esibendo al tempo stesso un lessico ricco di forme e di varianti (Brevini 1999, 711–726). Intorno alla metà del Novecento si afferma la cosiddetta poesia ‘neodialettale’ (o ‘in dialetto’), distinta sia dalla poesia ‘dialettale’ (che predilige il bozzetto e il colore locale) sia dalla corrente espressionistica della nostra letteratura (Brevini 1999, 3189s.). La poesia neodialettale rivitalizza l’uso di varietà diatopiche per trattare temi moderni (la crisi dell’io, l’esplorazione del subcon-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
scio). Il veneziano Giacomo Noventa, il Pasolini ‘friulano’, Franco Loi (che si esprime in un ‘milanese’ assai mescidato e personale), Zanzotto (koinè veneta, alto-trevigiano), Tonino Guerra (romagnolo), Albino Pierro (lucano) trattano il dialetto «in modo del tutto intellettualistico e iper-letterario» (Mengaldo 1978, LXVIII ). Questi poeti esprimono opposizione e rifiuto nei riguardi di una cultura e di una lingua nazionale, accentratrici e livellatrici.
11. Riprese ‘dal basso’ La lingua letteraria assume, in determinate circostanze, elementi di parlato da scritture di carattere pratico e di media formalità. Tale contatto ha prodotto, in vari periodi storici, una stilizzazione espressiva. Con parlato s’intende qui un insieme di usi linguistici che si contrappongono alla lingua scritta, letteraria o formale, dei circoli colti. Alle origini della narrativa neorealista degli anni 1943–48 Corti (1978, 27–49) pone i racconti orali e le scritture extraletterarie della resistenza partigiana (resoconti di operazioni belliche, raccontini brevi, diari e appunti cronachistici), provenienti soprattutto dal Piemonte, dalla Liguria e dalla Lombardia. La particolare situazione storica e sociale (con i suoi miti di rinnovamento, autenticità e solidarietà) spinge a una «mimesi linguistica delle situazioni reali» (ib.); al tempo stesso sono ripresi tratti di parlato regionale. La mancanza di una tradizione di lingua popolare provoca ibridismi (lingua comune media, italiano regionale, dialetti, italiano parlato nella scuola). Sui moderni testi ‘misti’ cf. Dardano (1991, 361s.). Trasferiti su un piano di letterarietà i temi e le forme di queste scritture pragmatiche diventano elementi di una poetica e di una stilizzazione: Calvino definì il suo romanzo ‘resistenziale’ Il sentiero dei nidi di ragno (1947) «libro nato anonimamente». I tempi non erano maturi perché si affermasse una nuova tradizione di scrittura. I prelievi dal basso, che avrebbero dovuto rinnovare la lingua della narrativa, avvenivano negli strati dell’italiano regionale e del dialetto. Ciò era già accaduto in quei narratori che negli anni Trenta avevano anticipato il neorealismo (Alberto Moravia: cf. Coletti 2001, 333 s.; Corrado Alvaro; Carlo Bernari) e in altri narratori del Secondo dopoguerra che di quella tendenza avevano imitato, sia pure con diversa gradualità, temi e tratti stilistici (Domenico Rea, Carlo
Levi, Mario Rigoni Stern, Primo Levi, Carlo Cassola, Vasco Pratolini). La ripresa di elementi del parlato, quale si manifesta nella narrativa neorealista, non ha il carattere né le motivazioni che il fenomeno aveva assunto in altri ambienti e in altre epoche storiche. Al fondo dei Malavoglia (1881) di Verga c’è una dialettalità d’intenti e di situazioni espressa mediante segnali specifici e ricorrenti: la ripetizione di carattere epico-ritmico (attuata sia nella macroche nella microstruttura), la citazione di proverbi, l’uso di soprannomi popolari. Ma sul piano linguistico Verga non ricorre a vere e proprie riprese dal dialetto; la sua scelta s’indirizza a un italiano regionale filtrato attraverso la lingua letteraria parlata dall’alta borghesia siciliana. Si tratta di una varietà colta, nella quale spiccano elementi etnici ben definiti. Lo scrittore «ruppe il fronte manzoniano e, senza volerlo, patrocinò la legittimazione di quel concetto di italiano comune regionale che si affermò nell’attenuarsi dell’unitarismo risorgimentale» (Nencioni 1988, 82). Innovativa è soprattutto la sintassi del romanzo, che si orienta verso il parlato mediante caratteri ben definiti: ripetizione del verbo alla fine della frase, alta frequenza della congiunzione che, calco del siciliano ca ( allo stesso modo egli riproduce spesso iddu) e della coordinazione con e, uso del passato remoto in luogo del passato prossimo, uso del costrutto ‘preposizione a + complemento diretto della persona’, interrogativa introdotta con il che, posposizione del verbo. La frase nominale diventa più frequente nel Mastro-don Gesualdo (1889). Un secolo dopo il quadro di riferimento appare del tutto mutato. Nella narrativa degli anni 1970–80 la presenza di forme e modi del parlato è tanto fitta da far dubitare che esista ancora una ‘prosa letteraria’ (Dardano 2003). All’origine di questo fenomeno vi sono fattori vecchi e nuovi. È presente l’influsso di quella linea espressionistica (Carlo Dossi, Giovanni Faldella, Vittorio Imbriani, Carlo Emilio Gadda: cf. 5.), che aveva ridotto le distanze tra lingua e dialetto, tra stile alto e stile dimesso, tra neologismi e arcaismi. La viva attenzione per la realtà e per i problemi del presente comporta in alcuni scrittori (Natalia Ginzburg, Leonardo Sciascia) un’ostentata indifferenza per la forma. Con intento contestativo i ‘neobarocchi’ (Gesualdo Bufalino, Vincenzo Consolo) riprendono stilemi letterariamente connotati (Dardano 2001b, 72). Negli anni 1950–60
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si era manifestata anche la tendenza a uno stile di ‘grado zero’, contrario sia alla dialettalità che alla letterarietà. Autori come Giorgio Bassani, Carlo Cassola e Giovanni Testori avevano appianato, con la riscrittura, precedenti scelte linguistiche e stilistiche tese verso il basso o verso l’alto (cf. 17.). S’intende che antiletterarietà e indifferenza possono essere sintomi di una retorica ‘dal basso’. Diversi motivi e modi di esecuzione caratterizzano, in altri momenti storici, l’influsso del parlato sulla lingua letteraria. C’è tuttavia una circostanza comune: la situazione sociolinguistica dell’Italia fa sì che l’elemento ‘parlato’ assuma quasi sempre sfumature dialettali (cf. 16.). Nell’esaminare le riprese ‘dal basso’ è necessario evitare aprioristiche etichette di ‘popolarità’, delle quali si cercano successivamente conferme linguistiche (Altieri Biagi 1998, 192). È contestabile, per es., il carattere ‘popolare’ della Vita di Benvenuto Cellini, opera considerata «antiletteraria» per eccellenza (Segre 1963, 376 s.). La ripresa di tratti del parlato è un fenomeno che appare fin dalle origini (D’Achille 1990). Rispetto alla lingua aulica dei Siciliani, Cielo d’Alcamo «introduce forme e formule curiali in un complesso molto più vernacolare e in servizio di una situazione che non ha nulla di platonico e di cortese» (Contini 1960, vol. 1, 173). Caratteri simili ricorrono nelle tenzoni che animano la poesia ‘popolare’ e giullaresca. Lo stile ‘comico’ della Commedia autorizza un pluristilismo fondato sulla mimesi del parlato: si tratta sia di riprese da vari dialetti italiani (dei quali Dante offre un’attenta disamina, De vulgari eloquentia, I, x–xv) sia dello stile discorsivo, ricco di demarcativi discorsivi (Lichem 1984) e animato dall’ordine marcato dei componenti del periodo. Un intento ludico è al fondo della poesia giocosa del tempo di Dante, della poesia rusticale della fine del XV sec. e del teatro del XV sec. Una vis ‘polemica’ percorre invece il filone espressionistico della nostra letteratura (cf. 5.), dove elementi del parlato, componendosi con altri tratti extraletterari, mirano alla deformazione e alla trasgressione di istituti linguistici tradizionali. Nella poesia moderna il parlato contrasta talvolta col letterario ludicamente ripreso; Gozzano è «il primo che abbia dato scintille facendo cozzare l’aulico col prosaico» (Montale 1976, 57). Nelle moderne avanguardie il parlato è costituito spesso di citazioni e di detriti linguistici, le une e gli
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altri accostati ad altre e varie componenti: si vuole rendere con tali mezzi la dissociazione del soggetto e la crisi della razionalità. L’influsso del parlato si stabilizza in tre diversi settori: la narrativa, la poesia, il teatro. La moda letteraria vigente in una determinata epoca può far sì che la ripresa di alcuni elementi del parlato divenga istituzionale in un particolare genere (il poema eroicomico del sec. XVII : Migliorini 1960, 479) o in una determinata situazione (lo scambio conversazionale nel teatro e nel romanzo). Tale fenomeno può avere carattere di continuità oppure può essere limitato a singole porzioni di testo. Un moderato ma continuo adeguamento a questa tonalità ricorre, sia a livello sintattico che testuale, nella narrativa di fine Duecento. Il Novellino (cf. 7.), l’opera più rappresentativa di quello stile medio che caratterizza altri tipi di testi formalmente imparentati con la narrativa (cronache, scritture pragmatiche come memorie, diari, statuti ecc.), mostra un’intonazione ‘parlata’ relativamente omogenea sia nei dialoghi che nella narrazione (Dardano 1969, 195– 221; Frenguelli 2002a, 91–94). Questa tendenza si sviluppa nella letteratura popolareggiante: nei Motti e facezie del Piovano Arlotto (1478), nei Ricordi di Loise De Rosa (terzultimo decennio del sec. XV ), e nel Bertoldo (1606) di Giulio Cesare Cortese (Folena 1953; De Rosa 1998). Ma la componente letteraria, che è più o meno viva anche in queste opere, segna un distacco netto rispetto alle scritture ‘semicolte’ (D’Achille 1994, 53). Nella narrativa di alta elaborazione formale la ripresa di isolati tratti di parlato ha un fine mimetico. Le parti dialogate del Decameron contengono talvolta vocaboli e battute dialettali: si pensi al veneziano di Lisetta (IV, 2), ai sicilianismi di Iancofiore (VIII , 10) e alle «situazioni popolaresche e rustiche» che variano la morfologia verbale delle novelle della Giornata VIII (Nencioni 1955, 30 s.). Questa «simulazione di parlato», analoga a quella presente nella novellistica fra Quattro e Cinquecento (Testa 1991), differisce per quantità e qualità a seconda del contesto e del genere letterario in cui è inserita. I tratti di parlato, presenti nella Cena de le Ceneri (1584) di Giordano Bruno, s’infittiscono nella commedia Il candelaio per assecondare un intento mimetico. Si riducono invece a una scelta di poche forme colloquiali in quelle scritture private che conservano un certo grado di spontaneità: l’epistolario dell’Ariosto, il carteggio Bembo – Savorgnan.
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12. Il contatto con i linguaggi settoriali L’avversione della cultura umanistica nei riguardi delle scienze e delle tecniche (→ art. 191) risalta nel primo Vocabolario della Crusca: i termini specialistici mancano o, se sono coonestati dall’uso letterario, appaiono relegati in zone marginali. Nella trattatistica la ‘specialità’ dei temi e la diversa configurazione pragmatico-testuale impongono una sintassi e un ornatus semplificati rispetto alla prosa della linea Boccaccio – Bembo. Nel Principe Machiavelli riprende voci della lingua cancelleresca e attua una tecnificazione ‘politica’ di vocaboli della lingua comune: braccio regio, libero arbitrio, misero, spegnere (Chiappelli 1952, 10; 1969, 30). Il medesimo procedimento di rideterminazione semantica permette al Galilei di immettere nel vocabolario scientifico vocaboli come forza, momento, resistenza, candore, pendolo (Altieri Biagi 1965). Galilei, che è un ammiratore dell’Ariosto e un critico severo del Tasso, produce uno stile diverso da quello della prosa barocca, perché è fondato non soltanto su modelli letterari, ma anche sugli usi degli specialisti di arti meccaniche. Altieri Biagi (1990, 35–85; 192–94) afferma che il linguaggio scientifico del Seicento, distinto dalle varietà settoriali, possiede, quanto a contenuti e forme, la stessa dignità del linguaggio letterario. Nel Settecento, che dal Galilei riprende il dialogo come forma dell’argomentazione scientifica, l’accoglimento di termini tecnici nella lingua letteraria è favorito dal fatto che la scienza è dibattuta e divulgata nei salotti. «La poesia si apre ad argomenti di attualità di carattere filosofico e scientifico […] gli scrittori di scienza sentono ancora tutto il fascino del modello letterario» (Giovanardi 1987, 5 s.). Pertanto il linguaggio scientifico è preservato da quella formalizzazione spinta che si svilupperà nei sec. XIX e XX , rendendo spesso vana la mediazione operata dalle scritture divulgative. Per trattare tematiche settoriali alcuni narratori del secondo Novecento (Italo Calvino, Primo Levi, Daniele Del Giudice) ricorrono, non tanto all’uso di termini tecnici, quanto piuttosto a una ‘stilizzazione scientifica’ del contesto. Attualmente la lingua dell’amministrazione e della burocrazia rappresenta un punto di riferimento per la conservazione di cultismi. Gli addetti ai media e ampi settori del pubblico considerano il linguaggio scientifico come un modello prestigioso degno di es-
sere imitato. I tecnicismi hanno oggi la funzione gratificante che avevano un tempo i vocaboli letterari. Nella poesia di Montale appare la «tendenziale coincidenza […] del linguaggio letterario d’eccezione e di quello tecnico, speciale» (Mengaldo 1975, 94). I termini scientifici ricorrenti nella narrativa e nella saggistica di Gadda (lastre paraboliche, catabolico, colloide, sesquiossido, Al2 O3) hanno spesso una motivazione espressionistica; di conseguenza si pongono sullo stesso piano di altri componenti lessicali usati dallo scrittore: burocratismi, voci del gergo, forestierismi, dialettismi e regionalismi. Gadda privilegia tre dialetti: il milanese (L’Adalgisa, La cognizione del dolore), il fiorentino (Eros e Priapo e il Primo libro delle Favole) e il romanesco (Quer pasticciaccio brutto de via Merulana). Spesso nella stessa pagina si ha una mescidazione linguistica, che riguarda tutti i livelli di analisi. Gli stereotipi presenti nella lingua dei giornali di oggi comprendono anche aulicismi, sinonimi ricercati (per evitare la ripetizione delle stesse parole), costruzioni sintattiche involute (Dardano 31986, 272–282). In un recente passato movenze letterarie si sono infiltrate nel linguaggio pubblicitario (Sabatini 1968).
13. Rapporti con la lingua standard Nel corso del Novecento diversi sono gli atteggiamenti degli autori nei riguardi della norma. Il codice lingua è accolto da poeti, come Umberto Saba e Camillo Sbarbaro, da narratori, come Alberto Moravia e Italo Calvino (Coletti 2001); è contestato dalle avanguardie; è elaborato da prosatori raffinati come Tommaso Landolfi e Alberto Savinio; è considerato con «indifferenza» da quegli autori (cf. 11.) che appaiono, in diversa misura, coinvolti nella deriva verso «l’italiano dell’uso medio» (Sabatini 1987). In ogni caso gli scrittori hanno perduto il loro ruolo tradizionale di modelli di usi linguistici (Coletti 1989, 11). L’italiano moderno va verso una semplificazione delle strutture morfosintattiche (Berruto 1987, 43–50; Muljaˇci´c 1988). Vocaboli ed espressioni letterariamente connotati sono abbandonati. Con il «neostandard» avviene tra l’altro un fenomeno di ritorno verso «moduli usuali dell’italiano delle origini» (Bruni 1986, 179). La «neostandardizzazione» fa sì che si accolgano tratti considerati in precedenza propri di varietà medie o medio-basse (substandard). Nella narrativa, come nella scrittura situa-
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zionale della stampa, progrediscono tendenze innovative: ordine marcato dei componenti della frase (dislocazioni, tematizzazione, segmentazione), uso più intenso di segnali discorsivi, di deittici, di varianti colloquiali e regionali nella morfosintassi e nel lessico. La ricerca di uno standard italiano presenta qualche difficoltà, perché quasi tutte le varietà appaiono in una certa misura connotate o regionalmente o socialmente o dal punto di vista del livello di lingua. L’italiano insegnato nella scuola conserva un’impronta letteraria; l’italiano della stampa riproduce talvolta tratti dei linguaggi politico e burocratico. Le due principali forze centripete sono la tradizione e il potere politico; i mezzi di cui si servono sono: la scuola, l’amministrazione pubblica e della giustizia, i sistemi (vecchi e nuovi) della communicazione e degli scambi informativi e commerciali. L’influsso della Chiesa è aumentato da quando la liturgia è passata dal latino all’italiano (1965). Dello standard italiano consideriamo la varietà scritta, che rispetto all’orale rivela tratti diversi nella testualità e nella sintassi (Mioni 1983; Voghera 1992, 121 s.; Dardano 1994, 387s.). Possibili ‘sedi’ dello standard scritto sono: (1) la letteratura di consumo, (2) i testi divulgativi (scolastici e extrascolastici), (3) gli articoli ‘non situazionali’ della stampa (articoli di fondo, di commento, taluni contributi esterni), (4) il metalinguaggio dei dizionari monolingui e bilingui. Per il ruolo di standard parlato potrebbero candidarsi sia l’italiano di lezioni e conferenze sia l’italiano del telegiornale: ma di quest’ultima varietà, che è propriamente un ‘parlato-scritto’, dovremmo escludere la pronuncia (talvolta regionale) e l’assetto testuale-pragmatico (ricco di stereotipi). La semplificazione delle strutture e la riduzione delle varianti sono i due tratti che differenziano dalla lingua letteraria l’italiano standard, il quale: (1) evita in molte circostanze l’elisione (l’armi, s’è detto) e il troncamento (sembran veri, quel che dico) per rispettare l’autonomia e l’integrità della parola; (2) estende il dittongo mobile alle forme arizotoniche: suonare, arruolare, non sonare, arrolare; (3) considera del tutto normale l’uso dei pronomi soggetto lui, lei, loro; preferisce questo neutro a ciò; (4) presenta una morfologia verbale moderna: per es. sceglie il primo elemento delle seguenti coppie: sieda – segga, deva – debba (devano – debbano), aprì – aperse, visto – veduto; (5) tende alla frase breve e lineare; (6) evita costrutti letterari
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(per es. alcuni usi del gerundio e dell’infinito); (7) attua correntemente l’ordine marcato dei componenti della frase; (8) presenta un uso ridotto di alcuni tempi verbali (passato remoto, futuro); (9) ricorre più frequentemente alla perifrasi progressiva (‘stare + gerundio’) e alla perifrasi continua (‘andare / venire + gerundio’); (10) elimina la fraseologia tradizionale e in specie quella letteraria; (11) abbandona le citazioni di autori (italiani e, tanto più, latini), fatta eccezione di pochi stereotipi.
14. Lingua letteraria e fiorentino Nel primo Cinquecento la lingua letteraria era detta indifferentemente ‘fiorentina’ o ‘toscana’. Quest’ultima denominazione s’impone con la nascita del Granducato (1555): pertanto non ha valore linguistico, ma politico. Dopo che l’italiano letterario seguì la scelta del Bembo, la parlata viva di Firenze rimase per secoli isolata, fino al recupero della varietà colta operato dal Manzoni (cf. 6.). Ne deriva che, per alcuni aspetti, l’italiano moderno appare più simile al fiorentino antico che al fiorentino moderno (cf. infra l’uso del pronome personale soggetto). La vita linguistica nazionale ha imposto all’italiano regionale di Toscana un processo di graduale riduzione-sostituzione di elementi idiosincratici (Poggi Salani 1992, 403). Nonostante che Firenze, dalla seconda metà del Cinquecento, abbia visto decadere il suo primato linguistico e culturale, il fiorentino ha conservato a lungo il carattere di ‘superdialetto’ per quella «continuità fonetica e morfologica fra lingua di natura e lingua di cultura» (Contini 1970, 260) che molti scrittori toscani avvertono. Negli ultimi decenni del XX sec. al successo, anche in campo letterario, di una stilizzazione tecnologica e ‘americaneggiante’ ha corrisposto un’ulteriore decadenza del modello fiorentino (De Mauro 31983, 354s.). A causa della diffusione della lingua attraverso la scrittura le opposizioni fonematiche del fiorentino prive di differenziazione grafica hanno generato pronunce diverse nelle varie zone d’Italia e non sono state accolte in modo univoco neppure nella lingua standard (→ art. 230). Fuori dei confini della Toscana il fenomeno della ‘gorgia’ è stigmatizzato. La monottongazione di -uo- (lat. o˘ in sillaba libera accentata) del fiorentino (bòno, nòvo, ma dopo palatale figliuolo, cf. Giannelli 1988, 595) costituisce la più note-
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vole divergenza rispetto alle forme dittongate possedute dalla lingua letteraria e dallo standard. La riduzione del dittongo, che è avvenuta nel fiorentino fin dalla metà del XVIII sec. e che è stata accolta nella maggior parte dei casi da Manzoni (Serianni 1989, 159 s.) e dalla sua scuola (si veda in particolare il Nòvo vocabolario di Giovanni Battista Giorgini ed Emilio Broglio, 1877– 91, → art. 68) è respinta dall’Ascoli (cf. 6.). Il sistema dimostrativo tripartito, presente oggi nelle parlate toscane (questo, codesto, quello), come in molti dialetti italiani, è rimasto nella lingua letteraria almeno fino agli inizi del XX sec.; attualmente resiste nelle scritture di alta formalità e nel linguaggio burocratico. Alcuni scrittori toscani conservano vistosi tratti locali: Federigo Tozzi ricorre a senesismi; Enrico Pea adotta, sia nella prosa che nei versi, frequenti lucchesismi con funzione espressiva. Invece Romano Bilenchi, nella revisione dei suoi romanzi, elimina vari toscanismi e forme del parlato. Non sono rare le concordanze tra fiorentino (o toscano) e lingua letteraria: diaccio, variante toscana per “ghiacciato”, è ricercatezza stilistica in autori moderni non toscani: D’Annunzio, Buzzati, Montale, Landolfi. Nel corso dell’Ottocento, anche tramite la letteratura (Giuseppe Giusti, Carlo Collodi), numerosi toscanismi penetrano nell’italiano (Zolli 1986, 97–104).
15. Il linguaggio poetico Nel Duecento la poesia dei Siciliani si differenzia per temi e forme dalla poesia ‘popolare’ e giullaresca; così come l’alta lirica del Trecento si differenzierà dalla poesia ‘realistica’ toscana coeva. Ma tutti questi filoni si sviluppano in presenza di modelli. Gli stilnovisti (Guido Guinizelli, Guido Cavalcanti, Dante, Cino da Pistoia) hanno viva la coscienza di appartenere a una scuola, che si oppone alla maniera del più grande poeta del Duecento, Guittone d’Arezzo, che aveva trasferito alla poesia toscana la strumentazione stilistica mediolatina e provenzale (Pasquini 1995; Leonardi, in: Guittone 1994, III –LIX ). Un vigile senso dello stile e della tradizione è presente nel De vulgari eloquentia, dove è esposta la teoria dei «tre stili»: «tragico», «comico», «elegiaco» (II , iv), e sono illustrati i quattro gradus constructionis (II , vi). Di questi il quarto, sapidus et venustus etiam et excelsus, comporta una sintassi e un ornato retorico elaborati, corrispondenti
al lessico nobile dello stile «tragico» (Dante 1979, 180–182). Sono tutti caratteri che si ritrovano nelle rime d’amore e nelle rime dottrinali del poeta. Invece lo stile «comico» (vale a dire, mezzano), consono alle varie situazioni presenti nella Commedia, autorizza l’uso di un lessico vario: da una parte, latinismi, provenzalismi, termini filosofici, dall’altra, dialettismi, forme idiomatiche e disfemie (Schiaffini 1975, 67–78). Culto dei modelli, conoscenze tecniche nel campo della retorica e della versificazione (Zumthor 1972; Murphy 1983, 155–221), senso di appartenenza a una scuola sono i caratteri che contraddistinguono la produzione poetica antica. La formazione dell’italiano letterario è condizionata dalla tradizione manoscritta dei testi poetici. Alla fine del XIII sec. i copisti toscani impongono una veste linguistica toscana alla poesia dei Siciliani, fiorita circa cinquant’anni prima. Nello stesso periodo il fiorentino si avvantaggia sulle altre varietà toscane, grazie al prevalere di Firenze come centro di cultura e di commerci (Schiaffini 1926, XXXVII –XLV ). Il carattere della nostra lingua poetica dipende in gran parte dall’attività che il Petrarca svolge, dal 1335 fino alla morte, come editore delle proprie Rime (Folena 1961). Alle origini la traduzione-adattamento di testi dall’uno all’altro volgare causa una situazione di diffuso ibridismo linguistico. Tratti settentrionali e centro-meridionali ricorrono sia nella canzone Quando eu stava in le tu’ cathene, che è la più antica trascrizione (1180–1210) finora conosciuta di un testo lirico (Stussi 1999), sia nel frammento zurighese della canzone Resplendiente di Giacomino Pugliese, la più antica copia (1234–36) di poesia siciliana giunta fino a noi (Brunetti 2000). Fatta eccezione di questo frammento e di un manipolo di testi siciliani non toscaneggiati rimasti in una copia cinquecentesca (la canzone Pir meu cori alligrari di Stefano Protonotaro, alcuni frammenti di Re Enzo e di Guido delle Colonne), la lirica dei Siciliani, svoltasi negli anni 1233–50, è presente in tre canzonieri, trascritti alla fine del sec. XIII da amanuensi toscani e derivati da un archetipo in cui la veste siciliana originaria aveva già subito un marcato toscaneggiamento (Antonelli 1992; Larson, 2001). L’omologazione fonologica e morfologica assimila linguisticamente Giacomo da Lentini al toscano Chiaro Davanzati (Debenedetti 1986, 27–64; Contini 1960; Brugnolo 1995a). Conseguentemente il fio-
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rentino letterario, variato da alcuni sicilianismi, diventa la lingua della lirica. Il tratto ‘siciliano’ più notevole è la rima imperfetta, detta ‘siciliana’, del tipo sotto : tutto, vedere : dire; questa anomalia dipende dalla traduzione in toscano di vocaboli che in siciliano rimavano perfettamente (suttu : tuttu, vidiri : diri). Dal siciliano, che non distingueva tra vocale aperta e chiusa, viene alla lingua letteraria la rima per l’occhio, che accosta vocali di diversa apertura: còre : erróre, sovènte : chiaraménte (Petrarca RVF, I). Altri meridionalismi sono: l’imperfetto indicativo e il condizionale in -ia (avìa, avrìa), il futuro in -aio, il participio passato in -uto, la congiunzione ca “che”, il pronome meve “a me” vocaboli come abento “tregua” e disio (Castellani 2000, 503); origine per lo più provenzale hanno invece i numerosi astratti in -anza, -enza. Questi tratti, ricorrenti nei cosiddetti ‘siculo-toscani’ (Coluccia / Gualdo 1999), sono in gran parte eliminati dagli Stilnovisti e da Petrarca. Un altro caso notevole d’ibridismo appare nei Memoriali bolognesi (1265–1436), dove la patina emiliana dei trascrittori rende linguisticamente omogenei testi poetici di diversa provenienza: Siciliani, Stilnovisti, Dante, poeti locali (Debenedetti 1986, 77– 107; Caboni 1941; Contini 1960, vol. 1, 765 s.). Veniamo all’ibridismo di alcuni testi in prosa della fine del XIII sec. La veste linguistica del Tristano riccardiano appare mescidata: Parodi (1896, CXXIX –CCX ) parlava di archetipo cortonese-umbro e di copista fiorentino; Scolari (1988) ha individuato nel testo anche tratti toscano-occidentali. In un esemplare quattrocentesco del Fiore di virtù a un fondo pisano-lucchese si sovrappongono elementi veneti (Corti 1989, 177–216). In conclusione si evidenziano tre aspetti: l’analisi linguistica ci fornisce dati sulla circolazione dei testi letterari dei primi secoli; l’adeguamento dei volgari italiani al toscano segue vie diverse a seconda dei vari generi letterari; il livellamento linguistico progredisce particolarmente nel corso del Cinquecento. Alla fine di questo secolo la lingua letteraria appare nel complesso ‘normalizzata’.
16. Le Tre corone Un motivo ricorrente nella cultura letteraria italiana è il confronto tra Dante e Petrarca. Al primo, pur tra tante lodi, il Bembo rimprovera di aver usato nella Commedia voci «rozze e disonorate»; nel secondo invece
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«tutte le grazie della volgar poesia raccolte si veggono» (Bembo 21966, 139; 130). Foscolo osserva: «Invece di scegliere, come fa il Petrarca, le più eleganti e melodiose parole e frasi, Dante crea sovente una lingua nuova» (Parallelo fra Dante e il Petrarca). Al «monolinguismo» del Canzoniere Contini (1970) oppone il «plurilinguismo» della Commedia, fenomeno che riguarda tutti i livelli di analisi; dalla morfologia (diceva – dicea, vorrei – vorria, fero – feron – fenno) al lessico (lasciare – lassare, re – rege, specchio – speglio – speculo – miraglio gallicismo, speranza – spene – speme) e alla sintassi (alternanza di diversi tipi di periodo e di sequenze testuali). Taluni episodi altamente drammatici della Commedia richiamano «rime aspre e chiocce» (Inferno 32). Ma l’opposizione fra i due autori va attenuata tenendo conto del diverso genere delle due opere e del «vario stile» del Canzoniere. La lingua del poema dantesco è il fiorentino contemporaneo, cui si mescolano forme di fiorentino antico, voci popolari e dialettali. Spiccano i numerosi latinismi (agricola, iaculi, licito, libito) e gli espressivi verbi parasintetici: appulcrare, indracarsi, inmillarsi, imparadisare (Baldelli 1978, 93s.). Alcuni dantismi lessicali godranno di una fortuna che si rinnova nel corso dei secoli (Ariosto, Pascoli, Montale). Lo stile e la testualità dell’opera si fondano su un ornatus retorico elaborato (particolare rilievo hanno le numerose similitudini) e su una sintassi del periodo che accresce in fieri il suo grado di strutturazione (Schwarze 1970). Nel suo vocabolario più circoscritto e omogeneo Petrarca elimina, tra l’altro, i tradizionali sostantivi gallicizzanti in -anza e in -enza (Vitale 1996, 416–526); conserva tuttavia rimembranza, che entra a pieno titolo nel lessico poetico (da Tasso a Leopardi); conserva anche il provenzalismo augello, che diventerà un cultismo di lungo corso, presente ancora in Carducci e D’Annunzio. Un criterio regola l’alternanza di forme dittongate e non dittongate (fiero – fero, fuoco – foco): queste ultime predominano in fine di verso; in tale posizione le minoritarie forme dittongate possono rimare con forme senza dittongo: pieghi : preghi; tuona : spregiona. Parole popolari si alternano con latinismi: degno – digno, Dio – Deo, oro – auro; si conserva il condizionale meridionale del tipo vorria (Manni 2003, 193s.). Sopravvive una sola rima siciliana: voi : altrui. Numerosi sono i dantismi (Trovato 1979). Per quanto riguarda l’ornato retorico, «il Petrarca
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semplifica e insieme regolarizza, con la sua insistita adozione, l’uso delle figure» (Vitale 1996, 387). Nel manoscritto autografo del Decameron «arcaici tratti caratterizzanti sul piano fonomorfologico coesistono con i segni di un incipiente sviluppo» (Stussi 1995, 195 s.). Boccaccio sceglie il primo elemento (arcaismo) delle seguenti coppie: diece – dieci, dea – dia, stea – stia; il perfetto forte del tipo dissero prevale sul concorrente, diffuso nel parlato, dissono. Vi sono d’altro canto innovazioni: le forme con -i- pretonica: migliore, prigione, signore, sirocchia; il tipo andrò (con sincope della vocale atona), non anderò; il tipo tu ami, tu canti, non il duecentesco tu ame, tu cante; i perfetti del tipo perdé, uscí (rispetto a perdeo, uscio, comuni nel primo Trecento e presenti anche nel Teseida); ma sono escluse le forme popolari arò, arei e missi “misi”. Si ritrovano alcune oscillazioni fonologiche (figliuolo – figliulo, nega – niega, sanza – senza, piagner, ma piangea) e varianti lessicali (manicare – mangiare: Vitale 2002, 292s.). Sull’uso di tratti dialettali cf. 11. Il prestigio delle Tre corone si riduce tra la fine del sec. XVI e i primi decenni del successivo. L’estetica del barocco, mettendo in dubbio la superiorità degli antichi sui moderni, impone l’idea di progresso anche nella lingua e nello stile (Battistini / Raimondi 1990, 143s.; Coletti 1993, 183s.).
17. Lingua letteraria e forme di comunicazione orale Fino a un recente passato la lingua letteraria ha influenzato il discorso pubblico (Dardano 31986, 272–282) e il parlato degli intellettuali e degli studenti. Gli ultimi decenni tuttavia hanno visto attenuarsi il prestigio di questa varietà alta in concomitanza con due fenomeni: l’affermazione di fonti mediali di lingua e lo straordinario successo dello stile ‘parlato’ nello scritto. Spesso cultismi letterari e burocratici si sovrappongono nel parlato formale odierno. All’interno delle classi sociali acculturate risalta una marcata differenza generazionale: gli anziani si riferiscono a modelli letterari, i giovani prediligono tecnicismi, anglismi e forme ellittiche. A lungo la lingua letteraria ha fatto sentire la sua influenza sulla predicazione religiosa. Esiste una vera e propria ‘questione della lingua’ della Chiesa tra Cinque e Seicento (Coletti 1983). Il modello di lingua proposto dal Bembo, l’imitazione della scrittura lette-
raria, gli artifici retorici e vari elementi teatrali sono presenti nella predicazione dei sec. XVI –XVII (Marazzini 1993, 96–104). Per studiare l’influsso della lingua letteraria sulla comunicazione orale è necessario prendere in considerazione gli strati intermedi costituiti dalla paraletteratura e dalle scritture extraletterarie. Gli scritti dei semicolti (XIX e XX sec.) sono punteggiati di isolati elementi letterari, che contrastano con il prevalente stile ‘parlato’ e con i tratti dello standard (D’Achille 1994). Negli elaborati scolastici le forme dello standard coincidenti con usi dialettali sono spesso sostituite con forme letterarie (Mioni 1983, 496). Inversamente, scelte letterarie sono state introdotte nella riscrittura di romanzi e racconti, colmi, nella prima stesura, di regionalismi (significativo è il caso di Testori, cf. Baldelli 1965, 78). Elementi di lingua letteraria ‘riusati’ nella paraletteratura, dagli anni Trenta agli anni Cinquanta, sono stati poi sostituiti in parte con tratti connessi allo ‘stile di vita’ statunitense. I romanzi ‘rosa’ tradotti presentano un grado minore di letterarietà rispetto alla produzione nazionale (Alfieri 1994, 199–216). La lingua letteraria lascia tracce nei fotoromanzi, nei testi delle canzonette (→ art. 68), nelle scritture occasionali esposte (cartelli, manifesti, tavolette di ex voto, ‘graffiti’, scritte murali) e in comunicazioni scritte di varia natura e tipologia: corrispondenza, diari, riassunti, circolari ministeriali e sindacali. La ‘viscosità’ della letterarietà tradizionale è notevole, ma ampia risulta la sfasatura tra la massa degli utenti e le punte avanzate della produzione letteraria. L’influsso del parlato si manifesta in alcuni generi poetici del Settecento. Per le sue doti di musicalità, chiarezza e naturalezza la poesia del Metastasio ottiene un notevole successo popolare (Dardano 1992–94). Una «oralità nella scrittura» si ritrova anche nella poesia del Parini, pur tra i cultismi lessicali e sintattici della koinè neoclassica (Mengaldo 2003, 90). Il libretto d’opera è stato a lungo il tramite principale della diffusione popolare di vocaboli ed espressioni alte (Telve 1998), ma al tempo stesso ha influenzato il linguaggio di poeti come Saba e Montale (Brugnolo 1995b; Coletti 1999).
18. Ruolo e importanza della lingua letteraria nel tempo La decadenza del modello letterario tradizionale, fenomeno che si avverte nella mag-
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gioranza dei narratori contemporanei (cf. 11.), trova riscontri in alcuni settori dell’uso linguistico medio (Dardano 2001a). Nel doppiaggio del dialogo cinematografico, eseguito rispettivamente negli anni Trenta e Sessanta, si passa da scelte letterarie a forme vicine al parlato (Maraschio 1982). In seguito si guingerà a un ‘iperparlato’ dominato da modismi e disfemie. Negli ultimi decenni la difesa dello stile ‘alto’ tradizionale sembra essere prerogativa di una certa saggistica, dei linguaggi giuridico e burocratico e del discorso politico ufficiale. Un Codice di stile, manuale preparato dalla pubblica amministrazione nel 1994, ha proposto – per lo più con scarso successo – una semplificazione del ‘burocratese’. I manualetti di scrittura, in uso presso le redazioni di alcuni giornali, suggeriscono spesso scelte letterarie d’impronta scolastica (Palermo 1995). Dagli anni Sessanta comincia ad affermarsi come modello di lingua alta un italiano formale ricco di tecnicismi e non privo di anglismi. Questa ‘stilizzazione tecnologica’ è gradita alle giovani generazioni. Nel linguaggio parlamentare degli ultimi anni si è inserito anche uno stile ‘aziendale’ vagamente conforme a modelli statunitensi. Nel passato la lingua letteraria ha goduto di un prestigio assoluto, più forte dei condizionamenti politici: sintomatico è il caso dei Visconti di Milano, nemici di Firenze, ma grandi estimatori del Petrarca (Dionisotti 1974). Sempre operante è stato l’influsso di Dante sia a livello alto (in Petrarca, ma soprattutto in Boccaccio e nella poesia allegorico-didattica del sec. XIV), sia a livelli medi («assunta quasi a libro sacro della nazione», la Commedia «ha fornito e fornisce materia di continue citazioni», Migliorini 1960, 194). Significativo è l’alto numero di commenti della Commedia (Rigo 1986) e del Canzoniere (Dionisotti 1974), così come di trattati e di dialoghi concernenti questioni di poetica (Weinberg 1970–74). Numerose sono state le polemiche ‘letterarie’, svoltesi dal XV al XIX sec. e riguardanti problemi di scuole, di stile, di modelli, di rapporti tra lingua e dialetti (Candolfi 1957). La lingua letteraria è apparsa, in più occasioni, connessa con l’idea di nazione (Leon Battista Alberti, Proemio del III dei Libri della famiglia). In vari episodi il predominio della lingua letteraria è contestato in nome dell’opposizione ‘parole-cose’ e facendo valere il principio della dipendenza della lingua dalla realtà rappresentata. Le dichiarazioni del Berni
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(cf. 5.), che biasima la vuota lingua del petrarchismo ed esalta la poesia di Michelangelo («e’ dice cose, e voi dite parole»), rientrano in un gioco letterario. Invece una passione antiletteraria e antiumanistica muove l’illuminista Baretti, che nel suo Epistolario confessa a più riprese di aver imparato in Inghilterra l’arte della concretezza (cf. Baretti 1936). Questa tendenza si sviluppa con il verismo: il trionfo delle dottrine positivististiche, l’urgenza della questione sociale e l’interesse per le realtà regionali promuovono un rinnovamento tematico e formale (cf. 7.).
19. Conclusioni e prospettive La precedenza cronologica della poesia rispetto alla prosa e la concorrenza del latino sono due caratteristiche comuni nel dominio romanzo. La lingua letteraria italiana si diffonde mediante le scritture (cf. 14.); spesso le scelte linguistiche sono state procedute dalle scelte retoriche. In varie circostanze l’innovazione si è diffusa per singoli vocaboli piuttosto che per tipi fonetici e morfologici. La notevole persistenza dei modelli nel corso dei secoli è rappresentata dalla fortuna dei dantismi (cf. 16.) e da una pluralità di episodi (Petrarca operante nel secondo tempo della poesia di Ungaretti, le Operette morali di Leopardi presenti nell’ultima prosa di Calvino). Nel sec. XX la ripresa di forme tradizionali è variamente motivata: ricerca di uno stile alto, opposizione alla lingua comune, intento ludico o sperimentale (cf. 11.). Una volontà contestativa e sperimentale s’impossessa delle avanguardie e appare anche in taluni esempi di narrativa manieristica del Novecento (Dardano 2001b, 46). Nell’epoca moderna a momenti di avanguardia fanno seguito fasi restaurative (al futurismo succede l’ermetismo, al neorealismo la ripresa della narrazione intimista e fantastica). La scarsa socialità e politicità della letteratura italiana ha impedito la nascita di una lingua e di una letteratura nazional-popolare. Sul modo di concepire e di valutare l’italiano letterario ha influito il prestigio di cui tale varietà ha goduto presso i piani alti della comunità linguistica (Krefeld 1988). Un certo condizionamento consegue anche al fatto che «la storia linguistica italiana non ha mai ricevuto una periodizzazione imperniata su criteri interni» (Durante 1981, 171).
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174. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Okzitanisch Histoire de la langue littéraire dans la Romania: occitan 1. 2. 3.
4.
5. 6.
7. 8.
Literatursprache und Okzitanie Zur Frage einer altokzitanischen Koine Die Anfänge der okzitanischen Literatursprache bei den Minnedichtern der ersten und zweiten Generation (bis etwa 1150) Die Literatursprache der klassischen Phase der Trobadordichtung (zweite Hälfte des 12. Jh.) Die Kritik an der okzitanischen Literatursprache im 13. Jh. Der Untergang der okzitanischen Literatursprache im 14. und 15. Jh. und Ansätze einer Renaissance vom 16. bis zum 18. Jh. Die Literatursprache der neuokzitanischen Dichtung des 19. und des 20. Jh. Literatur
1.
Literatursprache und Okzitanie
Die Literatursprache ist eine Form der Realisierung von Sprache. Ihre schriftlichen und mündlichen Ausdrucksformen heben sich aufgrund sprachkultureller Strukturierungen von der dialektalen Sprache und von der Umgangssprache ab. Stabilität, Normierung, Elaboriertheit von Grammatik, Lexik und Aussprache, hohes Prestige und die Vermittlung einer literarischen Tradition sind ihre wichtigsten Kriterien (Ferguson 1959, 335; Baum 1987, 52; Kremnitz 1987, 208 ss.). Literatursprache ist in der Regel Schriftsprache, da ihre Kriterien in Texten oder redigierter Rede zutage treten. Die gesprochene Literatursprache orientiert sich an dieser
174. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Okzitanisch
geschriebenen Form (Baum 1987, 40). Als Sprache der Dichtung, um die es hier v. a. geht, unterscheidet sich die Literatursprache von einem vornehmlich auf Mitteilungsfunktionen ausgerichteten Sprachgebrauch. Für eine Untersuchung der altokzitanischen Literatursprache – zu den Bezeichnungen okzitanisch bzw. provenzalisch cf. zuletzt Mölk (1998, 687 s.) und Swiggers (1998, 67 s.) – ist die Schriftsprache der Trobadordichtung von besonderer Bedeutung, kann man doch davon ausgehen, dass die «apr. Schriftsprache», verstanden als eine «beispielhafte sprachliche Ausdrucksform, die auf einer höheren geistigen Ebene steht als die Umgangssprache», in der Minnedichtung ihren «wesentlichsten Bestandteil» hat und ohne diese «kaum europäische Bedeutung erlangt» hätte (Pfister 1970a, 323; 317; bereits Terracini 1956, 25 s.; neuerdings Di Girolamo / Lee 1996, 13). In den Anfängen der okzitanischen Literatursprache gibt es zwar Zeugnisse der Urkundensprache, dokumentiert durch die von Brunel (1926) herausgegebenen 541 Urkunden aus der Zeit zwischen 1034 und 1201, sowie eine Summa Codicis aus dem 12. Jh. (Kabatek 2000, 147 ss.; cf. dort zu den Editionen von Hermann Fitting und Felix Derrer), und auch Zeugnisse der religiösen Dichtung, insbes. eine Predigt auf der Basis von Boethius’ De consolatione philosophiae (Boeci), das hagiographische Lied Sancta Fides (vor 1100), limousinische Predigten und eine Übersetzung des Johannes-Evangeliums (12. Jh.). Es sind jedoch v. a. die zahlreichen poetischen Werke der Trobadors aus dem 12. und 13. Jh., die bis zum ersten Drittel des 13. Jh. für die anderen romanischen Literatursprachen als sprachliche und als dichterische Vorbilder normgebend sind. Die methodische Konsequenz dieser Tatsache ist, dass eine Beschreibung der okzitanischen Literatursprache neben linguistischen auch poetologische Gesichtspunkte berücksichtigen muss. Die okzitanische Literatursprache wird wesentlich durch poetisch und rhetorisch bedingte metasprachliche, formelle Elemente aus den Bereichen Metrik, Reim, Bildverwendung, Sujetaufbau und der Genres mitbestimmt. Für das romanische Mittelalter sind diese metasprachlichen Elemente als ein konstantes Reservoir poetischer Formen der literarischen Tradition, in die sich die Autoren einzufügen suchen, von den Vertretern der These einer poésie formelle bestimmt worden (Guiette 1949, 61ss.;
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Dragonetti 1960, 21 ss.; Zumthor 1963, 9; 1972, 19 ss.; auch Bec 21972, 68 ss.). Die neueren literaturwissenschaftlichen Arbeiten zur okzitanischen Literatur zeigen in Auseinandersetzung mit dieser Auffassung, inwieweit sich die einzelnen Trobadors bemühen, durch jeweils individuelle Gestaltungen dieses Formenreservoirs ihren Liedern Prestige, literarische auctoritas und einen herausragenden Platz in der literarischen Tradition zu sichern (Paterson 1975, 1 ss.; Gruber 1983, 256; Kay 1990, 6 ss.; van Vleck 1991, 4 ss.; Schulze-Busacker 1995, 422 ss.). Die Arbeit an der poetischen Form der Lieder korrespondiert mit der Elaborierung einer mehr oder weniger stabilen Standardsprache, die die metasprachlichen Elemente konstituiert oder von diesen konditioniert wird. Die okzitanische Literatursprache des Mittelalters ist somit das Ergebnis literarischer und sprachlicher Arbeit zahlreicher Autoren, die über die literarische Tradition in stilistischer und sprachlicher Hinsicht aufeinander Bezug nehmen. Um ein bekanntes Beispiel zu nennen: Guilhem IX ., der erste Trobador, dessen Werke überliefert sind, führt in seinem Lied 183, 4 (Zählung nach Pillet / Carstens 1968, 157) Reime auf ei ein (Reimwörter: mei, crei, fei, sei usw.), die auf poitevinischer Lautung basieren (Pfister 1976, 106–108). Die Übernahme dieser Reime durch den aus der Gaskogne stammenden Trobador Marcabru (cf. Beltrami / Vatteroni 1994, 111), in dessen Sprachgebiet sie als phonetischer Fremdkörper wirken und zugleich zu morphologischen Veränderungen des meridionalen Okzitanisch führen (Mölk 1998, 692), zeigt, wie eine sprachliche Erscheinung zu einem literarischen Register geworden ist, das bei einem anderen Autor dessen Sprache verfremdet und dadurch wiederum zu einem literarischen Verfremdungseffekt führt.
2.
Zur Frage einer altokzitanischen Koine
In De vulgari eloquentia (ca. 1304) formuliert Dante das Ziel, durch eine bewusst gestalterische sprachliche Arbeit hervorragender Dichter auch in Italien eine Gemeinsprache (vulgare illustre) zu schaffen, die sich von den unterschiedlichen, auf natürliche Weise erlernten Sprachen einzelner Regionen abhebt und der künstlichen Sprache des schulisch erworbenen Latein ebenbürtig ist (Mengaldo / Nardi 1996, 27 s. [I , 1]; 30 [I ,
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16, 6]). Dante versucht dadurch, der von den Zeitgenossen für den Bereich der Dichtung allgemein anerkannten Vorrangstellung der «lingua d’oco» (Vasoli / de Robertis 1995, 67 [I , 10, 11]), die er selbst als «früheste» und zugleich «vollkommenere und süßere Sprache» bezeichnet («vulgares eloquentes in ea primitus poetati sunt tanquam in perfectiori dulciorique loquela», Mengaldo / Nardi 1996, 84 [I , 10, 2]), etwas entgegenzusetzen (Maurer 1983, 8). Die Vorrangstellung der lingua d’oc wird auch in Frankreich gesehen, wo zahlreiche Autoren Okzitanismen verwenden, um den Stellenwert ihrer Dichtungen zu erhöhen, oder wie im Fall des Epos Girart de Roussillon gar zur Mehrsprachigkeit greifen (Zumthor 1963, 79 ss.; Pfister 1970b, 198 ss.). Über die lingua d’oc als Sprache der Dichtung herrscht in der Sprachwissenschaft bis heute allerdings Uneinigkeit. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass die okzitanische Literatursprache eine Koine, eine auf einer bewussten Auswahl sprachlicher Gegebenheiten verschiedener Regionen beruhende kultivierte Mischsprache im Süden Frankreichs darstellt (zur geographischen Abgrenzung des okzitanischen Sprachraums cf. Swiggers 1998, 67), die mit dem Aufkommen der Trobadorlyrik um 1100 nahezu spontan, ohne größere diatopische Variation entsteht (Bec 1963, 69). Dieser Eindruck einer einheitlichen Koine wird durch den begrenzten Wortschatz der Trobadordichtung, welche sich nahezu ausschließlich um das uniforme Sujet der Liebeswerbung dreht, verstärkt (Zufferey 1987, 313; Pfister 1970a, 318). Die Vorstellung von einer gehobenen, über die Regionen hinaus normierten okzitanischen Sprache findet sich bereits bei den Trobadors der klassischen Phase im letzten Drittel des 12. Jh. So stellt Raimbaut de Vaqueiras in seinem zweisprachigen Streitgedicht mit einer Genueser Bürgerin von 1190 (392, 7; cf. Linskill 1964, 99 ss.) den umgangssprachlich und dialektal geprägten Äußerungen der Dame (sozo, mozo, escalvao [V. 23] bzw. jujar, chaidejai [V. 15 s.]) das ‘Provenzalische’ («proenzalesco» [V. 71]) in seiner ganz auf der Bildung («ensegnamenz» [V. 31]) beruhenden Überlegenheit gegenüber. Und in seinem mehrsprachigen descort (392, 4; ib., 192 ss.) zeigt sich das Okzitanische ebenfalls als gehobenere und vollkommenere Sprache, da die Strophen auf Italienisch, Französisch, Gaskognisch, das hier als eigene Sprache vom Okzitanischen abge-
grenzt wird, sowie Galicisch-Portugiesisch, voller Okzitanismen sind (z. B. flor [V. 15], glaio [V. 15], esglaio [V. 43] im Italienischen, mi [V. 18], per [V. 22 u. 23], no [V. 24] im Französischen usw.). Zu Beginn des 13. Jh. werden solche Vorstellungen von einer Literatursprache von Grammatikern theoretisiert. In seinen Razos de trobar, einem Lehrbuch der Trobadorsprache für Katalanen, will Raimon Vidal die «natürliche und richtige Sprache» des Okzitanischen («la parladura natural e drecha», Marshall 1972, 4), die er im limousinischen Raum verwirklicht sieht, vermitteln. Und der wenig später, um 1240 verfasste Donatz proensals von Uc Faidit, bei dem es sich vermutlich um den Trobador Uc de Saint-Circ, Autor zahlreicher Biographien (vidas) bekannter Dichter, handelt, spricht davon, «Wahres von Falschem» in der Literatursprache der okzitanischen Dichter zu unterscheiden («ad dissernendum verum a falso in dicto vulgare» [«um in der Volkssprache Wahres von Falschem zu unterscheiden»]; Marshall 1969, 255; Swiggers 1989, 138). Die Sprachwissenschaft hat sich immer wieder mit der Frage befasst, welche dialektale Basis der überregionalen Koine zugrundeliegt. Von den vier bekanntesten Thesen, diese Ursprungssprache im Limousin, in der Gegend um Narbonne, im Poitou oder einem größeren zentralen Sprachraum um Toulouse zu verorten, kann insbes. die zentralistische These eine gewisse Plausibilität für sich verbuchen: Drei der bekanntesten Trobadors aus sprachlichen Randgebieten, der Poitevine Guilhem IX ., der Gaskogner Marcabru und der Limousine Bernart de Ventadorn, greifen nämlich auf den Formbestand eines meridionalen Okzitanisch außerhalb ihres Dialektgebietes zurück, das in den bereits genannten juristisch-administrativen sowie in den religiösen Scriptae um 1100 in ausgebildeter Form vorlag (Bec 1979, 268; Mölk 1998, 688). Die These von der altokzitanischen Koine ist jedoch in neuerer Zeit mit unterschiedlichen Argumenten angezweifelt worden. Der Beurteilung des Sprachmaterials der Trobadordichtung steht in erster Linie die Überlieferungssituation im Wege: Die Handschriften datieren aus der Zeit von der Mitte des 13. bis zum Ende des 16. Jh. Es handelt sich um große Sammelhandschriften, die deutlich Züge sprachlicher Vereinheitlichungen der unterschiedlichen Dichtungen erkennen lassen. Diese Sammelhandschriften sind in
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Skriptorien erstellt worden, die nur z. T. im okzitanischen Sprachraum (in einer südwestlichen und einer nordöstlichen Zone), ansonsten außerhalb (v. a. in Katalonien und Italien) liegen. Der geographische und der zeitliche Abstand von Überlieferung und Original sowie der glättende Eingriff des Überlieferungsträgers der jeweiligen Sammelhandschrift lässt im Wesentlichen nur Aussagen über die Sprache des Schreibers zu, mit Ausnahme der Reimsilben sowie des Metrums, die die Schreiber zwangsläufig beibehalten mussten (Mölk 1998, 689 s.). Aus seiner Kenntnis der Sammelhandschriften heraus fordert Zufferey (1987, 312 s.) daher, sich von dem «mythe de la koine originelle», d. h. von der vorgefassten Vorstellung von einer normierten okzitanischen Literatursprache zu verabschieden, und stattdessen deren Polymorphismus und dialektalen Zügen Rechnung zu tragen. Zweifel an der Ausbildung einer Koine äußern auch Gleßgen / Pfister (1995, 407), für die ein dominierendes sprachliches Zentrum sowie die Prestigekraft dominierender literarischer Traditionen und einzelner Dichterpersönlichkeiten fehlen. Dieser Befund, dass es eine präskriptive Norm des Okzitanischen selbst in seiner mittelalterlichen Hochphase nicht gegeben hat, macht die historische Beschreibung der Sprache zum Problem. Der für das Okzitanische fehlende Ausbau der einzelnen Diskursdomänen und der Standardisierung verhindert eine Geschichte erfolgreicher Akzeptanz der Sprache durch die Gemeinschaft ihrer Sprecher. Schon für das Mittelalter gebieten daher die Vielzahl der einzelnen Sprachregionen und unterschiedlichen Skriptaräume, die okzitanische Literatursprache eher auf «Grad und Funktion von Dialektalität» sowie auf einzelne Diskurstraditionen hin zu untersuchen (ib., 410).
3.
Die Anfänge der okzitanischen Literatursprache bei den Minnedichtern der ersten und zweiten Generation (bis etwa 1150)
Eine Schlüsselrolle bei der Herausbildung der okzitanischen Schriftsprache kommt naturgemäß dem ersten überlieferten Trobador Guilhem IX . (1071–1126) zu. Die Beurteilung der Sprache dieses Dichters stößt allerdings an gewisse Grenzen. In Wilhelms Werk ist deutlich zu erkennen, wie der Autor einen Diskurs des Liebeswerbens (fin’amor)
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zu begründen sucht und wie sich dieser Diskurs in unterschiedlichen lyrischen Gattungen konstituiert. Von einer ausgeprägten literarischen Tradition, auf die sich Wilhelm bezieht, ist daher nicht auszugehen. Die Ausgestaltung der Schriftsprache, die der Trobador in der Urkundensprache und den religiösen Dichtungen des 11. Jh. vorfindet, steht in deutlichem Zusammenhang mit seinem literarischen Anliegen und ist an die unterschiedlichen Gattungen seiner lyrischen Rede gebunden. Wilhelms Dichtung weist mehrere thematische Schattierungen auf: In seinen frühen Liedern an die Waffengefährten (companho) (183, 2–5; 12; Bond 1982) überwiegen erotische Aspekte der Liebe. Im berühmten Vers de dreït nien (183, 7) spürt er versunken in einen Tagtraum den tieferen Dimensionen der Liebe nach (Dragonetti 1986, 186 ss.), die alsdann in den höfischen Liedern (183, 1; 8; 11) in sublimierter Form in Erscheinung tritt. In seinem letzten Lied bekundet er unter Bezug auf religiöse Anschauungen seinen Abschied von den weltlichen Vergnügungen (183, 10). Wilhelm dichtet sog. vers, eine Vorform der späteren Kanzone (Köhler 1987, 46 ss.). Bei ihm bilden sich lyrische Gattungen wie das burlesk-komische und das höfische Lied sowie Subgenera in Gestalt des Rätselgedichtes (devinalh), des prahlerischen Liedes (gap) oder des Abschiedsliedes (comjat) heraus. Angedeutet werden Motive und Strukturen, die weitere, später entwickelte Gattungen im Kern vorwegnehmen, wie das dilemmatische Streitgedicht (joc partit), das Lied über den Wechsel zu einer anderen Dame (chanson de change), das Klagelied (planh) oder das Rügelied (sirventes). Insbes. die fazetiösen companho-Lieder lassen gegenüber den höfischen Liedern, deren Sujet und Motive von späteren Autoren fortentwickelt werden, die Verwendung ganz unterschiedlicher sprachlicher Register erwarten. Im Übergang von den beiden sich thematisch eng aufeinander beziehenden Liedern 183, 2, einem gap v. a. über die erotischen Leitungen des Trobadors, zu 183, 11 (Poz vezem de novel florir; Bond 1982), dem gemeinhin als erstes höfisches Lied eingestuften vers, wird ein literarisches Programm formuliert, das auch die Sprache Wilhelms beeinflusst. Der ars antica erotisch-sinnlicher Liebe des gap stellt der Trobador die ars nova sublimierter höfischer Liebe gegenüber (Gruber 1983, 71), welche zugleich die Liebesdichtung auf eine neue Stufe hebt. Der Liebende habe sich, so heißt
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es in dem Lied Poz vezem, davor zu hüten, bei Hof in gemeiner Weise zu sprechen («que·s gart en cort de parlar / Vilanamens», Bond 1982, 30; V. 35 s.). Zugleich bescheinigt sich der Autor, dieses Gebot für Kenner deutlich sichtbar («Qui be l’enten» [V. 38]) eingelöst zu haben: Er habe nämlich die Worte alle zusammen gleichmäßig gemacht («ls motz son faitz tug per egau / Comunalmens» [V. 39 s.]), d. h. sie geglättet und damit «ethisch», v. a. jedoch «ästhetisch» vervollkommnet. Und auch «der Ton» sei «gut und wertvoll» («l sonets […] / Bos e valens» [V. 41 s.]), d. h., Melodie und Rhythmus sind perfektioniert (Gruber 1983, 72 s.). Überdies setzt Wilhelm weitgehend den Reim gegenüber der Assonanz durch, klang doch in Lied 183, 5 mit archaischer Langversstruktur noch e in peis, reis, esteis, sordeis usw. mit e in pes, res, homes usw. gleich, ohne dass sich die Silben reimen (Mölk 1998, 690 s.). Das Ideal höfischen Sprechens ist dagegen in den höfischen Liedern durch die Überwindung der diastratisch wie diaphasisch niedrig markierten derb-erotischen Rede eingelöst, wie sie in den companho-Liedern mit dem Vergleich der Damen mit Reitpferden (183, 3; Bond 1982), Ausdrücken wie con (183, 5; V. 8) oder der Vorstellung vom Spiel auf dem Kissen (183, 2; V. 25) noch gang und gäbe war. So werden im höfischen Lied Poz vezem die erotischen Vorstellungen zwar nicht aufgegeben, in den Tornaden jedoch anagrammatisch verschlüsselt (Rieger 1983, 262). In diesen Liedern höfischen Sprechens wird das lexikalische Register weitgehend auf Schlüsselbegriffe wie amor, joi, aizimen, obediensa, valor, cor, usw. reduziert (Bec 21972, 65). Diese gehören, wie die Literaturwissenschaft immer wieder gezeigt hat, mehreren Anschauungsräumen an, insbes. dem der höfisch-feudalen Welt (Köhler 1964, 27 ss.; Lejeune 1960, 227 ss.) und dem der religiösen Sphäre (Wechssler 1909, 219 ss.; Scheludko 1935, 402 ss.; 1936, 18 ss.). Als Folge laden sich die Schlüsselbegriffe konnotativ auf (Warning 1979, 145 ss., zu Wilhelms Lied 183, 8). Die Literatursprache gewinnt dadurch eine nuancenreiche Bedeutungsvielfalt, die Raum für Anspielungen auf Seiten des Autors und Assoziationen auf Seiten des Rezipienten freigibt. In diese Bestrebungen einer Literarisierung lassen sich die Dialektalismen der Sprache Wilhelms allerdings nur schwer einordnen. So durchzieht die Dichtung des ersten überlieferten Trobadors eine Schicht
poitevinischer Sprachmerkmale, z. B. die phonetische Dissimilation von zentralokz. aus zu eus bzw. ieus in Peiteus bzw. Peitieus (okz. Peitaus) (Lied 183, 10; Bond 1982) oder die Vokalisation von auslautendem l nach Kons. a (chevau gegenüber okz. caval) (Pfister 1976, 94 ss.; 101 ss.; zur Vokalisation von l cf. Pasero 1973, 352 s.). Auch zahlreiche französische Einflüsse sind feststellbar, wie die bereits im Zusammenhang mit dem poitevinischen Reim genannte Diphthongierung von okz. e zu ei, morphologische Phänomene wie retenir statt retener oder lexikalische Anleihen wie castreiar, palafrei, talan (Pfister 1976, 110). Allenfalls die bei Wilhelm (und auch bei späteren Trobadors) zu beobachtenden lexikalischen Doppelformen wie talen / talan, trei / tres, mei / mi, dir / dire usw. lassen sich den formulierten literarischen Zielen des Dichters zuordnen, benötigt Wilhelm doch angesichts des zunehmend reduzierten lexikalischen Registers höfischen Sprechens gleichwohl ein gewisses Repertoire an Reimwörtern. Ein Bewusstsein dafür, dass unter das Gebot höfischen Sprechens der Verzicht auf Dialektalismen fällt, scheint in der frühen okzitanischen Literatur demnach nicht entwickelt zu sein (Mölk 1968, 43 s.). Von daher ist eine grundsätzliche Beurteilung der Sprache Wilhelms schwierig. Thesen wie die von Camproux (1969, 73 ss.), der Dichter habe die Sprache seiner Lieder von der regionalen Ebene auf das höhere Niveau eines meridionalen Okzitanisch gehoben und den dialektalen Polymorphismus im Einzelfall bewusst eingesetzt, um Uneindeutigkeiten zu vermeiden oder im Bedarfsfall solche zu erzeugen, lassen sich kaum verifizieren. So wenig wie diese These, die ja die feste Vorstellung von einer okzitanischen Literatursprache bei Wilhelm voraussetzt (Bec 1979, 263), lässt sich auch beweisen, dass Wilhelm die Sprache seiner Region spricht (Pignon 1960, 517) bzw. schreibt, fehlen doch Quellen zur Beurteilung des Poitevinischen im 12. Jh. völlig (Pfister 1976, 93). Einen ganz anderen Impuls erhält die okzitanische Literatursprache durch den Lohndichter Marcabru (… 1130–49 …), den bedeutendsten Trobador der zweiten Autorengeneration. Auch Marcabru ist ein Verfechter höfischer Wertvorstellungen und eines höfischen Sprechens («gen parlar» [293, 15; V. 19; Dejeanne 1909, 62]), jedoch in einem weitaus stärker ethisch geprägten Sinn, als ihn der Hocharistokrat Wilhelm erkennen lässt. Er bewegt sich in den Bahnen
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der durch Wilhelm vorgegebenen literatursprachlichen Traditionen, auf die er durch die Übernahme von Versschemata anspielt (Gruber 1983, 74) und der er für den gaskognischen Sprachraum untypische Wörter wie joi, die Palatalisierung von ca in chantar oder Reime auf ei entnimmt (Mölk 1998, 692). Die meisten seiner mehr als 40 Lieder sind Sirventesen, in denen Marcabru Höfischkeit (cortesia) v. a. als Freigebigkeit (largeza) und als Befähigung zu edler Liebe (fin’amor) bestimmt. Entsprechend wendet er sich vehement gegen jede Rede, die verführerisch den eigenen Vorteil sucht. Solche Rede ist für ihn die falscher Gründe im trügerischen Gewand («falza razos daurada» [293, 25; V. 24]). Sie ist dunkel («paraul’escura» [293, 37, V. 6]) und bruchstückhaft («Entrebechatz de fraichura» [293, 37; V. 12]). Demgegenüber beansprucht Marcabru, auf natürliche Weise zu dichten («trobar naturau» [293, 33; V. 7]). Seine Worte sind Ausdruck des Wahren («Li mot fan de ver semblansa» [293, 18; V. 3]). Seine Dichtung bezeichnet er als ganzheitlich («entier» [293, 19; V. 11]). Im geradezu paradiesisch anmutenden Natureingang des Liedes 293, 12a, heißt es, jeder Vogel erfreue sich an seiner eigenen Sprache («S’esjauzis segon son latin» [V. 3]). Entsprechend polyphon ist Marcabrus natürliche Dichtung. Mangels einer Literatursprache des Gaskognischen bedient er sich des Okzitanischen, wie es – sichtbar an den frühesten erhaltenen Urkunden aus der Gaskogne – ebenfalls bei den zeitgenössischen Notaren Usus war (Baldinger 1962, 331 ss.; Mölk 1968, 86 s.). Diese Sprache ist voller Latinismen, Dialektalismen, umgangssprachlicher Elemente und insbes. Wortumbildungen sowie Neologismen, die der offenkundig klerikal erzogene Dichter, der mehrfach biblische Bilder und Vergleiche bemüht, zu einer Art höfischem sermo humilis verschmelzt. Auf die Schul- bzw. Kirchensprache als Quelle der Literatursprache verweisen Marcabrus Latinismen (homicidi, simoniaic, prophetizar; Lied 293, 35: Pax in nomine Domini). Ganz besonders schöpft er jedoch aus der Quelle der Volkssprache: Neben spontansprachlichen Dialektalismen, v.a. lexikalischen und morphologischen Gaskognismen (lucs [“Hain”; 293, 3; V. 10] bzw. das Personalpronomen tu statt te [293, 40; V. 42; Mölk 1998, 693]), verwendet Marcabru häufig sprichwörtliches Material (293, 7; V. 38; V. 48). Und auch der größte Teil seiner
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besonders auffälligen Wortum- bzw. -neubildungen bezieht sich auf umgangssprachliche Elemente: so die ergiebige Abwandlung von cornut bzw. cogot (“Hahnrei”) zu cornudel (293, 42; V. 30), cogot (293, 42; V. 3), cogossia (293, 41; V. 7) und esogossat (293, 40; V. 29) oder die Bezeichnungen für die von den Ehemännern bestellten Aufpasser auf die Damen (gardador) und die Verleumder (lauzengier) wie guasta-pa (293, 2; V. 13: “Brotverderber”), corna-vi (293, 35; V. 46: “der das Horn zum Weintrinken bläst”), flaira-flum (293, 42; V. 24: “Kochdampfschnüffler”). Diese Ausschöpfung eines breiten diatopischen und diastratischen Sprachspektrums ist bei Marcabru allerdings nicht, wie man vermuten könnte, an die Gattung des Sirventes gebunden. Sie findet sich gleichermaßen in den wenigen höfischen Werbungsliedern des Dichters, in denen ebenfalls poitevinische Reime und sprichwörtliches Material auffallen (z. B. 293, 7; V. 38; V. 48). Dort benutzt Marcabru, der zudem ein äußerst kreativer Ausgestalter der Vers- und Reimkunst ist (Erfindung von Binnenreimen, äquivoken, grammatischen und konsonantenreichen Reimen, alternierenden Strophen usw.; Mölk 1968, 88 s.), jene harschen, von späteren Autoren als «rimes braus» kritisierten Reime (Paterson 1975, 52 s.), wie in descrec, azesc, vesc (293, 14; V. 5; V. 12; V. 17) usw., um den Eindruck süßer, schmeichlerischer Rede («doussa sabor» [V. 11]) zu vermeiden. Ziel Marcabrus ist es offenbar, einem erheblich breiteren Publikum als bei Wilhelm die Werte des Hofs zu vermitteln, deren sprachliche Bezeichnungen er stark erweitert und zugleich systematisiert.
4.
Die Literatursprache der klassischen Phase der Trobadordichtung (zweite Hälfte des 12. Jh.)
Die auf Marcabru folgende Zeit ist die klassische Phase der altokzitanischen Dichtung, in der auch die Literatursprache erheblich weiterentwickelt wird. In diese Phase gehören die bekanntesten Trobadors, die nun nicht mehr nur dem südwestlichen Raum, sondern dem gesamten Sprachgebiet der Okzitania entstammen, darunter Peire d’Alvernha (… 1149–68 …; Auvergne), Raimbaut d’Aurenga (… 1147–73 …; Provence), Bernart de Ventadorn (… 1147–70 …), Guiraut de Bornelh (… 1162–99 …), Bertran de Born (… 1159–1215) (alle Limousin), Peire Vidal (… 1183–1204 …; Toulouse), Raim-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
baut de Vaqueiras (… 1180–1205 …; Provence) und Arnaut Daniel (… 1180–95 …; Périgord). Unter Berufung auf Marcabrus Forderung eines trobar naturau greifen diese Autoren auf ganz unterschiedliche Aspekte der Dichtung des gaskognischen Trobadors zurück: Auf der einen Seite wird die Systematisierung und Verfeinerung höfischer Wertvorstellungen in der sog. leichten Dichtung (trobar leu) vorangetrieben. Auf der anderen Seite greifen einzelne Trobadors im Zuge sprachkünstlerischer Individualisierung auf Marcabrus Vorliebe für dialektales und volkstümliches Wortgut sowie seine Ansätze zu Wortneubildungen zurück und begründen eine hermetische, dunkle Dichtung (trobar clus). Letztere Richtung wird von mehreren Schülern Marcabrus angestoßen, die anders als bei Wilhelm und ihrem Lehrer Stil und Sprache der Dichtung jenseits ethischer Wertvorstellungen eine gesonderte Betrachtung zukommen lassen. Dabei geht es zunächst um die Formschönheit des Gedichts und somit v. a. um die Reimkunst. Im Zuge der Aussonderung «schlechter» Wörter («sai triar los auls dels avinentz» [17, 2; V. 54; Riquer 31992, 240]) führt der gaskognische Trobador Alegret zugleich Wörter verschiedener Bedeutung («motz de divers sens» [17, 2; V. 59]) ein und bevorzugt das Verfahren äquivoker, homonymer bzw. grammatischer Reimbildung (hier sec “trocken” bzw. “trocknet”, gen “schön” bzw. “Leute”, pluma “rupft” bzw. “Gefieder” [17, 2; cf. Mölk 1968, 94 ss.]). Bei Peire d’Alvernha, einem der ersten Trobadors des dunklen Stils, geht es neben diesem Prinzip der Reimwortverknüpfung, die den Text gegen Verunstaltungen durch fremde Sänger sichern soll, zugleich auch um die inhaltliche Verschlüsselung des Sinns, so dass das Lied sich nur noch Kennern erschließt. Seine Forderung nach verschlossenen, dunklen Worten («motz alqus / Serratz e clus» [323, 10; V. 4 s.; Del Monte 1955, 78]) wird von Guiraut de Bornelh aufgegriffen, der ebenfalls eine Zeitlang dem dunklen Stil huldigt und möglichst «zahlreiche verschlossene Wörter zu vereinigen und zu verknüpfen sucht» («eu jonh ni latz / Menutz motz serratz» [242, 42; V. 36 s.; Kolsen 1910, vol. 1, 142]), um den entfernten Sinn («sens eschartatz» [V. 23]) zu suchen (Mölk 1968, 120). Dabei kann es sich um Reimwörter mit seltenen Endsilben wie aisse oder onh, homonyme und paronyme Reime oder paronomastische Wortverbindungen wie en lais
s’eslaisse (242, 10; V. 34) bzw. dunkle Verknüpfungen wie crup-en-cendres (V. 33) handeln. Das bei Marcabru als Zeichen bruchstückhaften Denkens verpönte Prinzip solcher Verknüpfungen von Wörtern (entrebeschar) wird hier als bewusstes literarisches Verfahren eingesetzt, dessen sprachliche Mittel, die Verwendung grammatischer oder lautlich variierender bzw. neu geprägter Wörter, der exponierteste Vertreter des dunklen Stils, Raimbaut d’Aurenga, explizit benennt («Cars, bruns, tentz motz entrebesc!» [389, 22; V. 19; Pattison 1952, 70]). Dass dieses Programm die Gefahr eines zunehmenden Concettismus, einer Hypertrophie der sprachlich-stilistischen Mittel in sich birgt, hatte allerdings schon Peire d’Alvernha erkannt und sich offen gehalten, nicht nur im dunklen, sondern auch im leichten Stil zu dichten (Mölk 1968, 109 s.). So gehen denn auch Guiraut de Bornelh, der sich in einer berühmten Tenzone mit Raimbaut d’Aurenga vom trobar clus abwendet (242, 14 bzw. 389, 10a; Kolsen 1910), und ganz besonders Bernart de Ventadorn den anderen Weg des Dichtens im leichten Stil. Im Mittelpunkt der Lieder Bernarts steht ein Lyrismus der Gefühlsstimmungen des Liebenden, der den Autor dazu führt, ganze Wortfelder schmerzlicher oder freudiger Empfindungen zu erschließen (tabellarische Aufstellung bei Bec 1968, 569 s.). Die Lexik und die Semantik dieser Erfahrungsbereiche werden auf diese Weise erheblich ausdifferenziert und systematisiert. Die Begriffe gewinnen in der Regel topischen Charakter. Die formale Virtuosität der dunklen und die minnetheoretische Subtilität der leichten Dichtung werden gegen Ende der klassischen Phase der altokzitanischen Literatur von Arnaut Daniel in einer Synthese überwunden: Arnaut verfasst – in Auseinandersetzung mit Raimbaut d’Aurenga – «ebene und raffinierte Worte» zugleich («l mot son plan e prim» [29, 6; V. 1; Perugi 1978, vol. 2, 103]). Seine Dichtung ist trotz ihres Rückgriffs auf dialektales Wortgut und die Bildung von Neologismen gleichwohl auch für Nichtkenner verständlich. Den Kennern allein erschließt sich jedoch ihr Beziehungsreichtum, da Arnaut auf besonders raffinierte Weise intertextuelle Bezüge zu Liedern anderer Trobadors herstellt (Gruber 1983, 232 ss.). Bei allen Autoren, auch denen des trobar leu, finden sich Dialektalismen ihrer Heimatregion (cf. stellvertretend zu Arnaut Perugi 1978, vol. 2, 762), so dass man auch in der klassischen
174. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Okzitanisch
Phase der altokzitanischen Dichtung einen gleichsam föderativen Charakter der Literatursprache erkennt: Sie ist eine weitgehend standardisierte Gemeinsprache, gleichwohl jedoch dialektal markiert (Gleßgen / Pfister 1995, 407 ss.).
5.
Die Kritik an der okzitanischen Literatursprache im 13. Jh.
Mit dem Beginn des 13. Jh. hat die altokzitanische Literatursprache ihren Höhepunkt überschritten. Es beginnt eine bis zum Ende des Jahrhunderts dauernde Zeit der Epigonen (Mölk 1998, 696). Als Hauptgrund dieser Entwicklung wird in der Regel die Zerstörung der okzitanischen Höfe als Folge der Albigenserkriege (1208–29) ins Feld geführt (zuletzt Swiggers 1998, 68), durch die sich die Zentren der Trobadordichtung nach Italien und nach Katalonien verlagert haben (vereinzelt bis ins 15. Jh.; zu Jordi de Sant Jordi cf. Radatz 2000, 137 ss.). In Wirklichkeit dürfte jedoch die interne Entwicklung der Literatursprache für diese Situationen ebenso verantwortlich sein, sind doch mit Arnaut Daniels dichterischer Synthese die inhaltlichen und die sprachlich-stilistischen Möglichkeiten der Minnelyrik weitgehend ausgereizt. So beklagen sich vom Ende des 12. Jh. an immer mehr Autoren darüber, dass es in der Liebesdichtung kaum mehr möglich ist, Neues zu sagen. Sie fordern jedoch keine neuen Sujets, die notwendigerweise auch literatursprachliche Perspektiven erschließen würden, sondern erklären wie der Trobador Gui d’Ussel (… 1195–96 …) mit einer nicht zu verkennenden Ermüdung, im bisherigen Stil ihren Liedern den Anschein des Neuen geben zu wollen («Aqo meteis dirai d’autre semblan / Q’aisi farai senblar novel mon chan» [194, 3; V. 8 s.; Audiau 1973, 27]). Ein solch neues Sujet der Dichtung wird allerdings in Italien entwickelt, wo sich im Beamtenstaat Friedrichs II ., d. h. unter anderen gesellschaftlichen Verhältnissen, die Lyrik der sizilianischen Schule konstituiert. Diese Anfänge der italienischen Kunstdichtung basieren auf einer grundlegenden Kritik der okzitanischen Literatursprache. In den Sonetten und Kanzonen des ab 1233 bezeugten führenden Autors dieser Schule, Giacomo da Lentini, ist nicht mehr die Werbung um die Dame, sondern die Liebe an sich sowie die im Innern des Liebenden erfahrenen Abläufe der Liebe das Thema. Die-
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se Verschiebungen des Sujets der Dichtung hängen mit einem fundamentalen epistemologischen Wandel der Zeit zusammen: dem erwachten Interesse an Prozessen innerer und äußerer Erfahrung, bedingt durch die Übersetzung der Schriften des Aristoteles, die u. a. am Hof Friedrichs betrieben wird (Bernsen 2001, 199–214). Giacomo fordert nicht nur eine Abkehr vom Liebeswerben, dessen überkommene Eintönigkeit er in der Kanzone Amor non vole durch ständig wiederkehrende Floskeln wie ogn’omo oder c’ama zu Gehör bringt (Antonelli 1979, 64), sondern macht in anderen Kanzonen die Prüfung zentraler Topoi der okzitanischen Liebesdichtung im Hinblick auf ihre Aussagefähigkeit zum Gegenstand der Dichtung. Seine erste Kanzone Madonna, dir vo voglio enthält die Übersetzung eines als Fragment überlieferten Gesangs von Folquet de Marselha (155, 4; Stronski ´ 1968). Metrisch erheblich komplexer als die okzitanische Vorlage zeichnet sich die italienische Bearbeitung v. a. durch eine stärkere Abstraktheit der Begriffe, durch Logik und Linearität der Argumentation aus, wenn Giacomo z. B. die subjektive, werbende Zuwendung zur Dame bei Folquet (lo bens ce vos vogll [V. 13; ib., 95]) durch «Lo meo ’namoramento» (V. 17) übersetzt. Mit der Ersetzung der Beschreibungen typischer Gefühlsparadoxa des Liebenden durch erklärende Beobachtungen der Liebeserfahrungen werden zugleich die Charakteristika der mündlichen Rede und der Aufführungssituation des okzitanischen Liedes getilgt (synonyme Redeweise [li consir e l’afan, V. 5 > tante pene; V. 6] oder Inversionen [Beispiel oben]; cf. Bernsen 2001, 182–190). Diese Tendenz zur Verwendung abstrakter Begrifflichkeiten und argumentativer Techniken der sich konstituierenden italienischen Dichtungssprache, die den Anforderungen an eine Analyse äußerer und innerer Erfahrung Rechnung trägt, ist in der altokzitanischen Lyrik, die am Sujet des Liebeswerbens festhält, nicht zu erkennen, obgleich auch im okzitanischen Kulturraum das Paradigma historisierender Analyse von Erfahrung Einzug gehalten hat. Ausgerechnet der Trobador Folquet de Marselha, der wie kaum ein anderer Interesse an psychologischen Veränderungen des Liebenden unter Beweis stellt und diese in einem regelrechten Kanzoniere ablaufartig festhält (ib., 150–157), gilt als besonders topischer Dichter, der seine Lieder weitgehend aus loci communes zeitge-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
nössischer Florilegien speist (Stronski ´ 1968, 80* s.). Und auch die Sprache des gemeinhin als letzter Trobador angesehenen Guiraut Riquier (… 1254–92) liefert das schon aus der klassischen Phase vertraute Bild tradierter literatursprachlicher Normen mit dialektalen Einfärbungen (Mölk 1998, 696). An den ebenfalls seit den 40er Jahren des 13. Jh. erstellten Lebensläufen bekannter Trobadors (vidas) bzw. den erzählenden Kommentaren einzelner Lieder (razos) sowie den ersten Sammelhandschriften okzitanischer Lieder (cf. zuletzt Lug 2000, 249 ss.) ist erkennbar, dass die Zirkularität des höfischen Liedes und seine zu Gemeinplätzen erstarrte Literatursprache nicht länger integraler Ausdruck des kulturellen Selbstverständnisses der Zeit sind, sondern als Geschichte gewordenes Erbe bewahrt werden müssen. Auch die erzählende Prosa der vidas und razos liefert der okzitanischen Literatursprache keine Erneuerung mehr, da sie, in Italien verfasst, voller lexikalischer, syntaktischer, morphologischer und grafischer Italianismen ist. Die Möglichkeiten und Anlässe einer solchen Erneuerung sind durch die Zerstörung der Höfe auf südfranzösischem Territorium weitgehend erschöpft. Ab 1271, als die Grafschaft Toulouse und ein großer Teil des Languedoc an das Erbe der französischen Krone fallen, tauchen zudem in der Verwaltungssprache die ersten Urkunden auf Französisch auf (Kremnitz 1981, 23).
6.
Der Untergang der okzitanischen Literatursprache im 14. und 15. Jh. und Ansätze einer Renaissance vom 16. bis zum 18. Jh.
Als vorerst letztes Zeugnis eines Bewusstseins von der relativen Einheit der okzitanischen Literatursprache kann die 1323 einsetzende Tätigkeit des Constitori de la Subregaya companhia del Gai Saber angesehen werden (Salvat / Brunel-Lobrechon 1992). Diese von reichen Toulouser Bürgern, den ‘sieben Trobadors’, gegründete Organisation veranstaltet einen jährlichen Dichterwettbewerb und vergibt zwischen 1324 und 1440 Preise für insges. 62 okzitanische Gedichte. Einer ihrer ersten Kanzler, Guilhem Molinier, verfasst um die Mitte des 14. Jh. in Zusammenarbeit mit Bartholomieu Marc die in mehreren Fassungen überlieferten Leys d’Amor, Regeln insbes. zur Grammatik und Rhetorik der okzitanischen Literatursprache, um dem
einsetzenden Sprachverfall zu begegnen (Salvat 1992, 928 s.). Obgleich die literarische Tätigkeit in der Okzitanie im 14. und 15. Jh. auf religiösem, historischem und auch dichterischem Gebiet vielfältige Formen annimmt (Lafont / Anatole 1970, vol. 1, 221ss.), wird aufgrund der fortschreitenden Eroberung und Akkulturation des Südens durch die Franzosen die Bedeutung der Literatursprache geschwächt. Nach der Grafschaft Toulouse fallen im Verlauf des 15. Jh. nach und nach Montpellier, das Herzogtum Guyenne und die Provence an Frankreich. In der gleichen Zeit werden als rein französische Institutionen die parlements von Toulouse (1444), Grenoble (1455), Bordeaux (1462) und Aix (1501) eingesetzt. Die Folge ist der Untergang der okzitanischen Verkehrssprache, ein Prozess, der zunächst zwischen 1350 und 1400 in den Randprovinzen zu Frankreich einsetzt, und 1550 in den meisten Gebieten des Südens abgeschlossen ist (Bec 1991, 46 s.). Allein im Pyrenäengebiet behält das Okzitanische – im Falle des Bearnesischen bis 1620 – den Status der Verkehrssprache bei. Die Ordonnanzen der französischen Könige zum Gebrauch des Französischen als Gerichtssprache vollziehen diesen Prozess ab 1490 nach: Zunächst v. a. auf die Zurückdrängung des Lateinischen zugunsten des Französischen bzw. der jeweiligen lokalen Volkssprache ausgerichtet («en vulgaire et langue du païs»; Ordonnanz von Lyon, 1510), lässt das Edikt von Villers-Cotterêts (1539) alsdann nur noch den Gebrauch des Französischen zu («langage maternel françois et non autrement»; Wolf 1969, 49; 52). Der Zugang des Okzitanischen zu den offiziellen Scriptae ist damit verstellt, zumal der einsetzende Buchdruck französisches Schrifttum bevorzugt (Kirsch 1991, 60). Als Folge ergibt sich für den Süden Frankreichs eine diglossische Sprachsituation, bei der das Französische die Funktion der höheren und das Okzitanische die der niederen Varietät übernimmt. Die weitere Folge ist der Verlust des Gefühls für die sprachliche Einheit des Okzitanischen. Dem französischen Königtum gelingt es zudem, sich die südfranzösischen Bildungsschichten weitgehend zu verpflichten. Der Verlust des Sprachbewusstseins dehnt sich dadurch auch auf den Bereich der Dichtung aus, da zahlreiche südfranzösische Autoren, der bekannteste aus der ersten Hälfte des 16. Jh. ist Clément Marot, auf Französisch schreiben. Ab 1513 krönt selbst das Toulouser Konsistori-
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um, mittlerweile umbenannt in Collège de Rhétorique, französische Texte. Durch den Wegfall als Verkehrssprache wird das Okzitanische daran gehindert, wie die anderen Muttersprachen nach und nach neue Diskursdomänen zu erobern. Eine Renaissance des Sprachbewusstseins findet von vornherein nur im Bereich der Dichtung statt, so dass auch in dieser Periode dichtungstheoretische Gesichtspunkte wesentlich die Literatursprache mitbestimmen. Eine erste Neubesinnung erfolgt im 16. Jh. in Anlehnung an die groß angelegten europäischen Entwürfe, die jeweilige Volks- bzw. Muttersprache gegenüber dem kulturell immer noch dominierenden Lateinischen in den Status einer Literatursprache zu heben. Anders als in Italien, wo sich für Pietro Bembo das Toskanische als Leitdialekt anbietet, geht es in Frankreich bei Geoffroy Tory, Joachim Du Bellay und Pierre Ronsard darum, die Muttersprache durch den Rückgriff auf altes Wortgut und Dialektalismen im Sinne einer copia verborum zu bereichern und sie somit vor einem allzu großen Einfluss des Lateinischen, Griechischen und Italienischen zu bewahren. Sowohl Du Bellay als auch Ronsard sind gegenüber dem Einfluss der Dialekte auf das Französische offen: «choisir les mots les plus preignants & significatifs […] de toutes les Provinces de France», heißt es im Vorwort der Franciade (Holtus 1990, 410). Montaigne erklärt, dass er dort, wo das Französische zur Beschreibung nicht ausreicht, auf das Gaskognische zurückgreifen will, welches er als besonders «schön», weil «bedeutsam» einstuft («singulièrement beau […] signifiant», Les Essais II , 17). So ist es gleichsam eine List der sprachlichen Vernunft, dass gerade in der Zeit einer offensiven Sprachpolitik zugunsten der französischen Amtssprache über die Dichtung besonders viele Okzitanismen in den Norden Frankreichs gelangen, eine Entwicklung, die durch den Machtantritt des navarresischen Herrschers und Gaskogners Heinrich als König Henri IV. von Frankreich 1589 nachhaltig begünstigt wird (Swiggers 1998, 70). Gegenüber dieser relativen Offenheit der französischen Dichtungssprache im Hinblick auf dialektale Einflüsse hat die Renaissance der okzitanischen Literatursprache einen anderen Charakter: Obgleich auch sie sich an programmatische Vorstellungen Du Bellays und Ronsards zur Förderung der Muttersprache anlehnt, ist sie aufgrund ih-
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rer kulturpolitisch motivierten Abwehrreaktionen gegen die französische Sprachpolitik weitgehend exklusiv. Die neue Besinnung auf die okzitanische Sprache als Sprache der Dichtung findet unabhängig voneinander in drei Regionen statt: im Languedoc, in der Provence und in der Gaskogne. Aus der im Languedoc des 16. Jh. vorherrschenden satirisch-burlesken Dichtung ragt das Werk des Rabastensers Auger Galhard (ca. 1540– 92) heraus, der in seinen Liedern die Kunstfigur des Wagenbauers entwirft, dem – nicht zuletzt aufgrund seiner sprachlichen Herkunft – der gesellschaftliche Aufstieg verwehrt ist. In einer Elegie an Marguerite de Valois, Herrscherin von Navarra (in: Lou banquet, 1583) heißt es, er versuche zwar Ronsard und Desportes nachzuahmen, könne jedoch nicht genug Französisch («non say pas gaire boun franciman»), so dass man einen Dolmetscher benötige, um seine rustikale Sprache zu verstehen («vous cal un truchoman, / Per so quant ieu parli trop lou gavah», Gardy 1997, 67). Diese Äußerung ist nicht nur Zeugnis eines mangelnden sprachlichen Selbstbewusstseins, sondern zugleich Beleg dafür, dass das Okzitanische auf den Status einzelner Patois herabgesunken ist. Ist Augers Sprache geprägt von Gallizismen und einer willkürlichen Schreibweise, so suchen die Autoren der Provence unter Rückbesinnung auf die mittelalterliche Vorrangstellung des Provenzalischen die Sprache der Dichtung von äußeren Einflüssen zu befreien und ihre Graphie zu vereinheitlichen. Ein Beispiel für dieses exklusive Denken liefert Jean de Nostredame (ca. 1515–75), Bruder des berühmten Mathematikers und Astrologen: Als Verfasser der Vies des plus célèbres et anciens poètes provençaus (Lyon, Marsilij, 1575) sowie einer provenzalisch geschriebenen Chronik der Region will er das zur «Bastardsprache» verkommende Provenzalische («nostre langue […] avallée et embastardie») von französischen, spanischen, gaskognischen, toskanischen und lombardischen Wörtern reinigen (Gardy 1997, 22). Die Ausgrenzung des Gaskognischen wie auch die Tatsache, dass der Autor vor literarischen Fälschungen nicht zurückschreckt, d. h. alle ihm bekannten Trobadors zu provenzalischen Dichtern macht, ja eigene Texte als historische ausgibt (Bec 1993, 96), zeigt deutlich den lokalpatriotischen Aspekt dieser Neubesinnung. Dies gilt auch für Robert Ruffi (1542–1634), der in seinen historischen Gedichten über
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Marseille der Zivilisation der Großstadt die Freuden des früher so selbstgenügsamen ländlichen Lebens («lou plazers de la vido rustiquo») gegenüberstellt und über dieses Sujet einen Aufschwung der provenzalischen Dichtungssprache erhofft («loz muzas provenssallas / Reprendan sas fortas alas», Gardy 1997, 35). Von der gleichen Hoffnung beflügelt ist auch Louis Bellaud de la Bellaudière (ca. 1543–88), der in einem Sonett Henri d’Angoulême, von 1577–86 Gouverneur der Provence, bittet, sein Gedicht wie eines von Ronsard zu akzeptieren, um der provenzalischen Muse Möglichkeiten zu eröffnen sich zu verbessern («Bessay qu’embé lou tens, pourriében s’adoubar»). Bellaud tut dies angesichts der sprachlichen Armut der in den Tälern der Provence erlernten Ammensprache gegenüber dem Französischen («ello n’a dau francez la famileritat / Per dire richament d’un tau prince la vido / Soulament ey vallons prouvenssaux s’es noyrido», Gardy 1997, 32). Der exponierteste Versuch einer Rehabilitierung der okzitanischen Literatursprache findet allerdings in der Gaskogne statt. Er ist eng an die protestantische Gesinnung der navarresischen Herrscher gebunden, gibt doch Jeanne d’Albret 1565 bzw. 1568 eine gaskognische und eine bearnesische Übersetzung der Psalmen in Auftrag, um der französischen Version Clément Marots etwas an die Seite zu stellen. Während sich die bearnesische Übersetzung von Arnaud de Salette (1583), gestützt auf die Verkehrssprache und die Graphie der heimischen Scripta, stark an Marot orientiert, ist die gaskognische Version von Pey de Garros (1565) über das religiöse und politische Anliegen hinaus deutlich von literarischen Zielsetzungen geprägt. Im Widmungsbrief dieser Psaumes de David viratz en rhythme gascoun an Jeanne sieht Pey v. a. die Schwierigkeit, die Sprache des Gaskognischen dem biblischen Sujet anzupassen («Lo lengatge gascon no’s leixa coeytiuá», Gardy 1997, 54). Dem Konzept Du Bellays verpflichtet, die sprachlichen Gegebenheiten unterschiedlicher Regionen einer Muttersprache zu vereinheitlichen, will er eine zentrale Sprache für die «gaskognische Nation» («nation Gasgcona», ib.) schaffen. Mit einem nicht zu übersehenden Patriotismus nimmt er dann in seinen Poesias gasconas (Tolosa, 1567) den Kampf für die schon abgeurteilte Sache der verachteten gaskognischen Sprache auf («la causa damnada / De nosta lenga mesprezada»), um der Ammensprache, in
der man alles ausdrücken könne, gegenüber einer aufgeschminkten, d. h. künstlichen erlernten Sprache – gemeint ist das Französische – zu ihrem Recht zu verhelfen («leixas […] / La lenga de la noyritud / Per, quant tot, seré plan condat, / Aprene un lengatge hardat», Gardy 1997, 57). Obgleich Pey de Garros bei aller Berufung auf die Natürlichkeit der Sprache seiner Region, die für alle Versuche einer Renaissance des okzitanischen Sprachbewusstseins charakteristisch ist, mit den Dichtern der Pléiade erkennt, dass allein die Kenntnis überlieferter literarischer Verfahren sowie eine seit der Antike übermittelte literarische Bildung dieser Natur zum Ausdruck verhelfen kann, bleibt auch sein Einsatz letztlich in lokalen Anschauungen stecken. Eine zentralokzitanische Perspektive fehlt den Rehabilitierungsversuchen völlig. Die Voraussetzungen einer Koine-Bildung sind auch in dieser Epoche nicht gegeben, was allein daran ablesbar ist, dass ein okzitanisches Manifest im Stil der Deffence et illustration de la langue françoyse oder der Prose della volgar lingua sowie entsprechende Grammatiken und Wörterbücher fehlen. Ermuntert durch Pey de Garros’ Schaffung einer für alle literarischen Gattungen geeigneten gaskognischen Gemeinsprache und gestärkt durch die Person des navarresischen Herrschers auf dem französischen Königsthron, gewinnt das Sprachbewusstsein des Südens neue Konturen und führt zu einer weiteren Hochphase einer selbstbewussten okzitanischen Dichtung, die bis in die Anfänge der französischen Klassik hineinreicht. Anlässlich einer Reise Katharinas von Medici in die Gaskogne (1578) lässt der Dichter Salluste du Bartas (1544–90) in einem Wettstreit dreier Nymphen die gaskognische Nymphe gegenüber der französischen und der lateinischen mit der Feststellung obsiegen, allein das Gaskognische könne eine natürliche Schönheit für sich beanspruchen und sei damit der Künstlichkeit des Lateinischen und des Französischen überlegen: «ma beautat n’a punt aute mai que Nature, / La Nature toustem es més bère que l’art» (Gardy 1997, 7). Diese kämpferische Einstellung setzt das Epos Lou Gentilome gascoun (Tolose, 1610) um, in welchem Guillaume Ader (ca. 1570–1638) nicht nur das Bild des kriegerisch-heroischen, galanten, gleichwohl jedoch volksverbundenen Gaskognerkönigs Henri IV. entwirft, sondern auch zeigt, inwieweit die Sprache allen Anforderungen gewachsen ist und selbst
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die Geräusche der Kriege dieses Herrschers nachahmen kann: «Rounc-rounc, tountoun, bire souldats en targue» (Gardy 1997, 75). Ader ist sich der Tatsache bewusst, dass er mit seiner Huldigung an den Gaskognerkönig, der durch seine gute Erziehung («sa nouiritut gause») dem Rest der Welt als Vorbild diene («la lei à l’arreste deu monde»), zugleich aktive Sprachpolitik betreibt: «en cantan peu moun toun renom immortau / J’oundre de tu madish toun parla naturau» («indem ich für die Welt Deinen unsterblichen Ruhm besinge / huldige ich über Dich Deiner natürlichen Sprache», ib., 80 s.). Diese umfassende Dichtung, die alle Register des sprachlichen Ausdrucks von der Umgangs- bis hin zur Wissenschaftssprache beherrscht, ist Vorbild der armagnakischen Dichterschule der ersten Hälfte des 17. Jh. (Bec 1993, 102). Deren bekanntestes Mitglied ist Bertrand Larade (1581–?), der im Sonett 37 seiner Meslanges de dibersas poesies (1604) wie Pey de Garros in genauer Kenntnis der dialektalen Unterschiede seiner Sprachregion («Lo mot qu’om blasma ací, alhors serà lausat») am Ideal einer standardisierten, gesamtgaskognischen Literatursprache festhält («Je sòrti per amor de tota la Gasconha», Bec 1997, 238). In diese zweite Phase der Renaissance des okzitanischen Sprachbewusstseins mit regionalem Charakter fällt nun allerdings die Reinigung der französischen Dichtungssprache von Latinismen, Italianismen, Archaismen und Dialektalismen sowie ihre Beförderung zur alleinigen Literatursprache des Landes in der Klassik. Dieses Programm der Schaffung einer unveränderlichen Norm des Französischen wird maßgeblich von François de Malherbe vorangetrieben, von dem Boileau im Art poétique sagt, er habe die französische Sprache von allen Grobheiten befreit («Par ce sage écrivain la langue réparée / N’offrit plus rien de rude à l’oreille épurée» [I , V. 135 s.]). Unter diese Grobheiten fällt ausdrücklich, ja an erster Stelle, das Okzitanische, das durch eben jenen «weisen Schriftsteller» zurückgedrängt wird, der von 1576–86 als Sekretär von Henri d’Angoulême in der Provence gearbeitet hat und ab 1605 am Hof von Henri IV. lebt. Mit der Ermordung des Gaskognerkönigs im Jahr 1610 ist die Gefahr einer durch den Herrscher bewusst geförderten Mehrsprachigkeit Frankreichs gebannt (Kremnitz 1981, 25). Als Ludwig XIII . 1620 in einem Edikt die Vereinigung des Bearn, der letzten Okzitanisch
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sprechenden und schreibenden Region, mit Frankreich besiegelt, ist auch politisch der Weg frei für das sprachkulturelle Programm des «dégasconner la cour» (HLF 3, 1966, vol. 3, 4). An diesem Programm beteiligen sich auch zahlreiche Autoren des Südens wie Jean de la Cépède (Aix), Mainard (Toulouse) oder Théophile de Viau (Clairac), mit der Folge, dass der größte Teil der im 15. und 16. Jh. ins Französische gelangten okzitanischen, speziell gaskognischen Lehnwörter im 17. Jh. aus dem Französischen wieder verschwindet (Swiggers 1998, 72). Am Ende des Jahrhunderts, im Jahre 1694, wird das Toulouser Collège, zuvor Consistori, als Académie des Jeux Floraux zu einem Ableger der Académie française. Zum Wettbewerb zugelassen sind nur noch französische Autoren (Bec 1993, 104). Das normative Bewusstsein der französischen Klassik sowie der bis weit ins 18. Jh. hinein – im Besonderen durch den aus dem Süden stammenden Antoine de Rivarol – geführte Nachweis der Universalität des Französischen steht dem okzitanischen Sprachbewusstsein entgegen (Kirsch 1995, 62). Indem große Teile des südfranzösischen Bürgertums für den französischen Hof vereinnahmt werden, wird zudem im Süden das diastratische Band zerrissen, welches eine Grundvoraussetzung für die Bewahrung einer Literatursprache ist (Lafont / Anatole 1970, vol. 2, 422). Die dadurch einsetzende Marginalisierung der okzitanischen Literatursprache lässt sich beispielhaft an der Literatur des späten 17. und des 18. Jh. ablesen. So wird die nicht unerhebliche Theaterproduktion des François de Cortète (1568–1667) erst sieben Jahre nach seinem Tod veröffentlicht. In dessen Pastoraldichtung Ramounet ou lou paisan agenés tournat de la guèrro verkörpert der Held die in der Epoche häufig anzutreffende, hybrid-groteske Figur des «franchiman», jenes Okzitanen, der sich ohne durchschlagenden Erfolg verzweifelt bemüht, ein korrektes Französisch zu sprechen («Mon nom est l’Espéransol / Y est l’Espéranso! / Y a-t-il d’un pastourèl à moi de comparanso?» usw., Gardy 1997, 108). Diese Situation einer zunehmenden Marginalisierung wird erst durch das im 18. Jh. erwachende historische Bewusstsein aufgebrochen. Bedingt durch ihre enzyklopädisch-universelle Sicht auf die Natur führt die Aufklärung die Sprachpolitik der französischen Könige zugunsten einer einheitlichen Sprache des Landes fort. Gleichsam
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als Sprechanleitung für die gebildete und aufgeklärte Oberschicht der südlichen Bevölkerung in der französischen Gesellschaft («les gens les mieux instruits, et les mieux éclairés») verfasst der Toulouser Professor Desgrouais sein Werk Les Gascognismes corrigés (Toulouse, 1766), um den zumeist unbewussten Rückfall dieser Schichten in den heimischen Patois zu verhindern (Gardy 1997, 242). In der französischen Revolution erhält diese Politik durch die Sprachuntersuchung des Abbé Grégoire (1790) eine neue Dimension. Grégoires Feststellung, dass gut die Hälfte der südfranzösischen Bevölkerung die Sprache der Revolution nicht versteht, beinhaltet die Forderung, nach der Literatursprache nunmehr auch die gesprochene Sprache der okzitanischen Dialekte zurückzudrängen, da sonst die Botschaft der Aufklärung nicht zu vermitteln sei («les gouvernements ignorent […] combien l’anéantissement du patois importe à l’expansion des lumières […]», Bec 1993, 111). Dem steht jedoch die Tatsache entgegen, dass die Revolution gerade der Patois bedarf, um ihre Ideen auch im Süden propagieren zu können. So hatte die Nationalversammlung 1790 beschlossen, die wichtigsten Gesetze in die verschiedenen Landessprachen zu übersetzen, ohne allerdings genau zu wissen, um welche Sprachen es sich dabei im Einzelnen handelt (Boulard 1995, 1014 ss.). Geeignete Hilfsmittel für solche Übersetzungen sind die im Verlauf des 18. Jh. entstandenen zweisprachigen Wörterbücher wie der Dictionnaire provençal et françois des Père Sauver-André Pellas (Avignon, 1723) oder der Dictionnaire languedocien-françois des Abbé de Sauvages (Nîmes, 1756), die zwar auf die Erlernung eines korrekten Französisch ausgerichtet sind, gleichwohl jedoch sich der Frage supradialektaler Standardisierungen der jeweiligen regionalen Sprache stellen müssen, ja z. T. eine neue panokzitanische Sensibilität erkennen lassen (Bec 1993, 107s.). Flankiert wird diese neuartige linguistische Beschäftigung mit den Regionalsprachen des Südens von der vorromantischen, weitgehend in antiphilosophischen Kreisen des 18. Jh. beheimateten Wiederentdeckung des Mittelalters, insbes. durch Jean Baptiste de Lacurne de Sainte-Palaye (1697–1781), der Studien zur altokzitanischen Literatursprache betreibt und eine von seinem Schüler ClaudeFrançois Xavier Millot (1726–85) herausgegebene Histoire littéraire des troubadours (Paris, 1774) verfasst (Bec 1993, 105 s.).
7.
Die Literatursprache der neuokzitanischen Dichtung des 19. und des 20. Jh.
Aus dem im 18. Jh. gewonnenen historischen Interesse an der Entdeckung des Ursprünglichen heraus, aus dem in der Romantik eine ausgreifende Beschäftigung mit der mittelalterlichen Literatur und Geschichte der einzelnen Völker resultiert, entstehen zu Beginn des 19. Jh. Arbeiten einiger Gelehrter, die eine gesamtokzitanische Perspektive erkennen lassen. Henri-Pascal de Rochegude (1741–1834) führt in seinem Parnasse occitanien (Toulouse, 1819), einer Textsammlung von Trobadorliedern auf der Basis der in Paris befindlichen Sammelhandschriften, sowie in seinem die Anthologie ergänzenden Essai de glossaire occitan (Toulouse, 1819) in Anlehnung an die mittelalterliche lateinische Bezeichnung die Begriffe Occitanie und occitanien ein. Hauptsächlich an der mittelalterlichen Sprache interessiert ist FrançoisJuste-Marie Raynouard (1761–1836), der als einer der ersten Romanisten in seinem Choix de poésies originales des troubadours (Paris, 1816–21) eine Grammatik und eine Untersuchung zur Entstehung des von ihm ‘langue romane’ genannten Okzitanischen als der ursprünglichen romanischen Sprache vorlegt und darüber hinaus ein maßgebliches Wörterbuch, den Lexique roman (Paris, 1836–44) erstellt (Bec 1993, 111 s.; 114 s.). Anders als in den Schriften Raynouards rücken bei Fabre d’Olivet (1767–1825) die mittelalterliche okzitanische Sprache und die modernen Dialekte gleichermaßen in den Blick. In Anlehnung an die Ossian-Fiktion von James Macpherson gibt er unter dem Titel Le Trobadour. Poésies occitaniques du XIII e siècle (1803 s.) eigene Dichtungen in der Weise der mittelalterlichen Lieder heraus. In seinem 1817 verfassten Hauptwerk La langue d’oc rétablie (ed. Georg Kremnitz, Wien, 1988) versucht er, die okzitanische Sprache gegen ihre Herabstufung als Patois einerseits und gegen ihre Ausrichtung am Französischen als der maßgeblichen Referenzsprache andererseits in Schutz zu nehmen. Dies sucht er über eine Kodifikation der Graphie auf der Basis seines Heimatdialektes, des Languedokischen der Cevennen, zu erreichen (Kremnitz 1974, 141 ss.; 1988, LXI ss.). Eine solche Kodifikation der Graphie durch den Rückgriff auf das Altokzitanische, d. h. die Beibehaltung der r-Endung des Infinitivs, der Digraphe tz, nh, lh, oder
174. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Okzitanisch
des unbetonten auslautenden a, schlägt demgegenüber Simon-Jude Honnorat (1786– 1852) vor, der einen Dictionnaire de la langue d’oc (Digne, 1840) verfasst (Bec 1993, 116). Charakteristisch für diese Bemühungen um eine Rekonstruktion der okzitanischen Sprache in der ersten Hälfte des 19. Jh. ist die recht genaue Beschreibung der historischen und geographischen Einheit des Sprachraums. Zugleich gewinnt jedoch schon in dieser Zeit der grundlegende, bis in die Gegenwart reichende Disput deutliche Konturen, ob die Normalisierung der Graphie des Okzitanischen nach phonologischen oder nach etymologischen und damit morphologischen Gesichtspunkten erfolgen soll. Die Renaissance der neuprovenzalischen Dichtung beginnt im Jahre 1854 mit der Gründung des sog. Felibrige-Bundes in der Provence. Ihren beiden bedeutendsten Vertretern, Frédéric Mistral (1830–1914), dem 1905 der Nobelpreis verliehen wird, und Théodore Aubanel (1829–86), gelingt es, die okzitanische Literatur aus ihren bis dahin verstreuten lokalen Zentren herauszuführen und bis zu einem gewissen Grad auch die Kluft zwischen der Dichtung einerseits und der wissenschaftlich-historischen Beschäftigung mit der Sprache andererseits zu überwinden. Nicht allein die wissenschaftlichen Vorarbeiten begünstigen jedoch die Entstehung einer in ganz Frankreich wahrgenommenen neuen okzitanischen Literatur. Auch der Rückzug der französischen Literatur aus dem von Utilitarismus und positivistischer Alltagsbezogenheit geprägten Denken des zweiten Kaiserreichs in die literatursprachlichen Experimente der ‘paradis artificiels’ verschafft der okzitanischen Literatur neue Spielräume und Bündnispartner. Zudem gibt die Literatur ihre klassizistische Rolle einer Normgeberin auf, die nunmehr der Schulunterricht besetzt (Kirsch 1991, 64). Auf diese Weise erlangt Mistrals Epos vom Bauernmädchen Mirèio (1859) nicht zuletzt durch die Vermittlung von Lamartine in ganz Frankreich eine große Bekanntheit. Die Werke Aubanels, bes. seine spätere Gedichtsammlung Li Fiho d’Avignoun (Avignon, 1885), sind voller intertextueller Bezüge zu Dichtungen Gautiers und Mallarmés, mit denen er befreundet ist. Die neuprovenzalische Literatur beteiligt sich allerdings nicht an den z. T. abstrakten Sprachexperimenten der französischen Dichtung, sondern hat das ganz andere Problem, eigene Sujets zu finden und v. a. den Status einer
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sprachlichen Normalisierung zu erlangen. Dementsprechend steht denn auch die Sache der lenga mespresada, wie Mistral in Bezugnahme auf die Formel der ersten Renaissance der okzitanischen Literatursprache Pey de Garos’ eingangs des Mirèio festhält (Rollet 1966, vol. 1, 14; V. 13; Garavini 1970, 120 s.), im Mittelpunkt der Felibrige-Dichtung. Mistral greift Vorschläge seines Lehrers Joseph Roumanille (1818–91) aus dessen Dissertation sur l’orthographe provençal (Avignon, 1853) auf und setzt zusammen mit den anderen Felibrige-Dichtern auf eine phonologisch geprägte Vereinheitlichung der Schreibweise. Dabei stützen sie sich auf den in der Gegend von Avignon gesprochenen unterrhônischen Dialekt und folgen im Wesentlichen dem modernen Sprachgebrauch dieses Dialekts, d. h. seiner weitgehend französisierten Aussprache (zum anfänglichen Richtungsstreit zwischen Mistral und Roumanille cf. Bec 1991, 50). Als sich ab 1876 zahlreiche Dialektregionen der östlichen Okzitanie der Felibrige-Bewegung anschließen, wird der Nachteil dieses Systems deutlich, da die dialektale Markierung der Kodifikation die Kommunikation mit diesen Regionen behindert, da als Referenzsprache weiterhin das Französische maßgeblich ist und da sich zudem die neue Vereinheitlichung ausschließlich auf die Dichtung bezieht und somit auch diaphasisch keine Perspektiven eröffnet werden. Durch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Jahr 1881, die in praktischer Umsetzung der Reform des Abbé Grégoire ausschließlich das Französische begünstigt, ergibt sich am Ende des 19. Jh. in der Okzitanie ein Gefühl der Sprachlosigkeit, das in Mistrals spätem Rhônegedicht (Lou Pouèmo dóu Rose, 1897) immer wieder durchschlägt (z. B. «de mot d’amour o de mistèri / Que s’esperdien dins l’aigo incoumprensible» – «Worte der Liebe oder des Geheimnisses, die sich unverstanden im Wasser verlieren», Rollet 1966, vol. 2, 148; VI , 53). Mit dem Beginn des 20. Jh. geben daher Antonin Perbosc und Prosper Estieu vor dem Hintergrund zeitgleicher katalanischer Bemühungen um die Vereinheitlichung der Sprache den Anstoß zu einer Neubesinnung auf die «lenga nacionala d’Occitania» (Perbosc 1904, 117). Sie rekurrieren auf Vorschläge des limousinischen Pfarrers Joseph Roux aus den Jahren 1876 und 1888, der eine Orthographiereform in Anlehnung an die Sprache der Trobadors vorgeschlagen hatte (Bec 1991,
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
51). Die systematische Auswertung dieser Ansätze zu einer etymologisch-morphologischen Graphiereform erfolgt durch Loïs Alibert, der um 1930 ausgehend vom Languedokischen eine exemplarische Grammatik aller okzitanischen Dialekte erstellt (Gramatica occitana segón los parlars lengadocians, Tolosa, 1935). Aliberts Vorstellung, zunächst jeweils die großen Dialekte des Okzitanischen unter Berücksichtigung ihrer Gemeinsamkeiten zu kodifizieren, wird schließlich vom 1945 gegründeten Institut d’Estudis Occitans (I.E.O.) aufgegriffen, dessen Arbeit sich darauf konzentriert, solche Unterkodifizierungen der einzelnen Dialekte zu betreiben (1952 für das Gaskognische durch Alibert, Pierre Bec und Jean Bouzet und für das Nordokzitanische durch Paul-Louis Grenier, Joseph Migot und Jean Mouzat; Bec 1991, 52). Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, eine Referenzsprache zu ermitteln (das sprachgeographisch-zentrale, archaische Languedokische), die geeignet ist, als Verkehrs- oder Unterrichtssprache zu fungieren, zumal mit der Loi Deixonne von 1951 das Okzitanische einen fakultativen Platz im Sprachunterricht erhält. Die Reformen des I.E.O. haben in der zweiten Hälfte des 20. Jh. dazu geführt, dass die okzitanische Schriftsprache die Gebiete der Publizistik und der Sachprosa erobert (Teulat 1979, 894 s.). Die reichhaltige Erzählprosa dieser Zeit spiegelt allerdings zentrale Konflikte der Sprachauffassung wider: Zwar sind mittlerweile die meisten Autoren der graphischen Normalisierung des I.E.O. verpflichtet (z. B. Max Roqueta, Robert Lafònt, Bernat Manciet). Aus Angst vor einer zu weiten Auffassung von der okzitanischen Sprache, die keine Koine-Bildung erlaubt, bzw. aus Angst vor dem Verlust der Sprechrealität durch die Praktizierung eines erst zu erlernenden ‘künstlichen’ Systems schreiben weiterhin einzelne Erzähler im Patois ihrer Region (Paul Gayraud aus den Causses) oder richten sich nach wie vor nach der phonologischen Graphie der Felibres (Miquèu Camelat aus dem Bearn; Kirsch 1980, 13; Gardy 1996, 267 ss.). Die sprachpflegerische Tätigkeit der Normalisierung der Graphie seit dem späten 18. Jh. hat zu einem modernen Sprachverwendungskonzept des Okzitanischen geführt und den Austausch zwischen den Dialekten im Schriftbereich ermöglicht, ohne die jeweiligen dialektalen Unterschiede zu übergehen (Guillorel / Sibille 1993, 293 s.).
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175. Histoire de la langue littéraire dans la Romania: français Geschichte der Literatursprache in der Romania: Französisch 1. 2. 3. 4. 5.
Introduction Définitions: critères formels La langue littéraire et les autres variétés de langue Prises de conscience théoriques Bibliographie
1.
Introduction
Considérer la langue littéraire comme une langue spécifique, ce qui signifie aussi qu’on l’étudie comme une forme d’expression linguistique parmi d’autres, ne va pas de soi
tant l’habitude est ancrée de la donner en exemple de toute la langue française, c.-à-d. de prendre la partie pour le tout. Cette façon de considérer le français d’abord – sinon exclusivement – comme une langue littéraire relève d’un jugement esthétique et même moral qui en dit sans doute long sur la haute opinion que les Français portent sur leur propre langue. Bien peu nombreux sont ceux qui s’interrogent, en France, sur cette différence entre langue française et langue française littéraire (Gadet 1989; Charaudeau 1992; Holtus 1995; Philippe 2002): quelques
175. Histoire de la langue littéraire dans la Romania: français
linguistes et quelques praticiens ou théoriciens de la littérature – des auteurs ou des critiques – l’ont soit simplement constatée, soit déplorée, soit encore ont essayé de la gommer ou de la combattre. Pourtant, on sent bien que cette langue littéraire n’est pas la langue standard ou la langue quotidienne (CLG 11916, Bally 1909; Winkelmann 1995), et qu’on peut même l’opposer à d’autres langues comme celle du droit, de la politique, de la religion ou même de l’enseignement.
2.
Définitions: critères formels
La spécificité de la langue littéraire est peutêtre difficile à définir, mais la différence entre langue non élaborée et langue littéraire se perçoit aisément, de manière intuitive: on discerne immédiatement un style autre ou une forme particulière du langage. Ainsi le vers, la rime, le rythme, l’accent et tout ce qui appartient à la versification sont-ils immédiatement décodés comme littéraires. De même, la syntaxe apparaît comme plus soignée, avec des phrases plus longues, un usage accru des procédés de subordination. Le lexique est à la fois mieux choisi et plus riche. Un dernier élément, beaucoup moins aisé à mesurer, est le respect des normes grammaticale, littéraire et même esthétique puisque ‘faire du beau’ entre dans le projet littéraire et s’incarne dans une certaine manière d’user de la langue française. Ces distinctions sont immédiatement accessibles à toutes sortes de public: le lecteur cultivé est capable de comprendre et d’apprécier ce respect des conventions en usage dans la langue littéraire, mais un public plus large est également susceptible de mesurer l’écart avec sa propre façon de parler. Cette approche intuitive reste pourtant insuffisante pour les textes plus anciens: comment définir leur littérarité alors que l’élément de comparaison, que constitue la variété de langue parlée courante, ne nous est pas conservé? Marguerite Yourcenar avance que, du passé, «rien ne nous reste des voix» (Yourcenar 1983, 31) et que la littérature inscrit forcément toute parole dans un processus de représentation. Il ne subsiste que quelques rares «exemples de langage parlé n’ayant pas passé par un arrangement littéraire» (52), comme les minutes du procès de Campanella (1597–1601). C’est dire que la langue littéraire s’est imposée jusqu’à une date très récente pour témoin à peu près unique du langage passé. Les effets du texte littéraire sur la langue et
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sur son système en sont peut-être surestimés. Une autre raison de cette valorisation extrême tient au prestige dont jouissent, en France, les auteurs et leurs œuvres: les textes littéraires, bien que limités en nombre, ont eu une influence très importante, plus importante encore que celle des textes juridiques ou religieux. Pourtant, au-delà des approches intuitives, il s’agit d’identifier la langue littéraire par rapport à la langue non élaborée, de définir quelles différences séparent, précisément, un texte littéraire d’un autre texte à une époque donnée et, finalement, de considérer des critères qui permettent de mesurer la littérarité de la langue. Le premier d’entre eux, le plus important et, peut-être, le seul (les autres n’en étant que des modalités ou des réalisations particulières) est celui de l’importance extrême accordée à la forme, qui reste privilégiée, non tant sur le fond du discours mais pour elle-même. Quelques auteurs ont poussé cette manifestation à sa limite. Dès le Moyen Age, des troubadours proposent, par le trobar clus, une poésie hermétique à force de subtilités syntaxiques et métaphoriques et, par le trobar ric, une poésie dont la réussite s’apprécie à l’aune de la virtuosité formelle. Ces deux types de trobar s’adressent à une élite intellectuelle capable d’apprécier les procédés de «l’amplificatio (métaphores, apostrophes, personnifications) et de l’abreviatio (condensation du discours, épiphonèmes [= sentence qui vaut conclusion]) et le souci constant des métonymies, synecdoques, figures étymologiques, paronomases, homéotéleutes, chiasmes, allitérations, allusions érudites, allégories» (Bossuat / Pichard / Raynaud de Lage 1964, 1451).
Pour les autres, l’attention à la matière sonore des mots (procédés purement phonétiques et musicaux ou procédés de versification qui affectent aussi la syntaxe) se double de recherches sur leurs significations: étymologiques, rares, imagées, par connotation. Ces exemples de création virtuose nourrissent l’idée commune que les recherches formelles marquant la langue littéraire trouvent leur meilleur aboutissement dans la poésie versifiée. Mais la littérarité de la prose en général et du roman en particulier peut aussi se mesurer en fonction de ce travail formel. Bien plus, ce travail poussé à l’extrême aboutit, dans la poésie versifiée comme dans toute œuvre littéraire, à une littérature autoréflexive, qui parle d’elle-même, réfléchit
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
sur elle-même et sur son propre processus de création. Ainsi, l’œuvre de Paul Valéry (1871–1945) est extrêmement élaborée; son long poème, La Jeune Parque (Paris, 1917), considéré en son temps comme de la ‘poésie pure’, reste parfois obscur à force de recherches sur la forme, sur la musique des mots (leur enveloppe phonique) et les images qu’ils produisent. La critique a souvent lue cette œuvre comme une mise en abyme de la création littéraire: elle l’a interprétée moins comme un œuvre figée que comme un travail en cours. Dans le domaine romanesque, A la recherche du temps perdu (Paris, 1913–27) de Marcel Proust (1871–1922) est aussi conçu comme une œuvre qui se décrit, de l’intérieur, en train de s’écrire (d’où la nécessité d’un narrateur qui dise «je»): non seulement La Recherche est le travail de toute une vie d’auteur, mais son sujet est aussi la littérature; les phrases longues et sinueuses, écrites dans une syntaxe dense où les métaphores se développent à l’envi, mêlant le vocabulaire des sentiments et de la psychologie avec celui des descriptions les plus concrètes, sont mimétiques d’une pensée qui se construit (Tadié 1971; Milly 1983). Mais cette approche reste intuitive et littéraire (ou thématique), et il faut essayer de définir autrement la langue littéraire, en distingant les critères de perception et d’organisation qui permettent de la décoder comme une langue à part entière. 2.1. Délimitations diatopiques Une des caractéristiques de la période médiévale est l’absence de langue uniformisée (la langue universelle, en France et en Europe, était le latin): le français, comme tel, n’existe pas dans les textes qu’il faut donc toujours considérer comme régionaux. Certes, la langue actuelle (littéraire et standard) est issue de la région parisienne, fief des rois de France et siège d’une université très influente. Une variété particulière de cette langue, employée à la cour, est parfois qualifiée de francien (HLF 1906–53). En fait, le francien comme langue n’existait pas mais les scriptæ franciennes existaient bien: ce sont elles, précisément, qui se sont imposées au Moyen Age, pour la langue littéraire et dans les autres usages; elles encore qui ont le plus marqué la littérature au point d’effacer les autres scriptæ et les langues régionales, en particulier l’anglo-normand et le picard. Le domaine de l’anglo-normand appartient à la Romania submersa: introduit en Angleter-
re pendant l’invasion normande (Guillaume le Conquérant, en 1066), l’anglo-normand survécut comme langue parlée essentiellement par l’aristocratie. Cette langue écrite régionale est bien représentée dans la littérature car elle est attachée à la puissante cour des rois d’Angleterre. Mécènes, ces rois vont développer la science et la culture, protéger les poètes et favoriser les arts; certains vont même se glorifier d’écrire. La forte implantation de la dynastie sur le continent (elle possède la Normandie, l’Anjou et, depuis Aliénor, l’Aquitaine, le Poitou) lui permet d’influencer largement la production littéraire en France, au-delà même de l’anglonormand. Ainsi Aliénor (v. 1122–1204) protège-t-elle les troubadours (Bernard de Ventadour), favorise-t-elle la chanson de geste (Girard de Roussillon, en langue d’oc), se trouve-t-elle souvent dédicataire d’œuvres diverses: le Roman de Brut de Wace, le Roman de Troie de Benoît de Sainte-Maure, la Chronique des ducs de Normandie de Wace encore ou une copie du Bestiaire de Philippe de Thaon. La reine a dû favoriser la diffusion du cycle tristanien (Bossuat / Pichard / Raynaud de Lage 1964, 50). Son fils, Richard Ier, Cœur de Lion (1157–99), est ami des poètes français et occitans; il compose lui-même quelques chansons lyriques. De même, Marie de Champagne, autre enfant d’Aliénor, soutient les poètes, peut-être Conon de Béthune (qui s’exprime en dialecte picard), Gace Brulé et surtout Chrétien de Troyes (traits dialectaux champenois). La langue littéraire anglo-normande est souvent versifiée en octosyllabes et rimes suivies; c’est le cas, par ex., du Voyage de SaintBrandan (début XII e s.) ou du cycle tristanien (XII e s.). Ce type de versification syllabique est une caractéristique commune des récits dans tous les dialectes de l’ancien français mais, en anglo-normand, la versification a dû subir l’influence de la prononciation de l’anglais, dont l’accent principal est énergique. Paul Zumthor rappelle (1972) que les textes médiévaux étaient destinés à une performance orale, à une lecture (souvent publique), à voix haute. De nombreux genres portent encore des marques d’oralité, tels les Lais (cf. Marie de France au XII e s.). La littérature religieuse est particulièrement développée, grâce à une production monastique ou cléricale (car le français reste, précisément, une langue cultivée et littéraire): ainsi, les sermons, ou encore les œuvres allégoriques de Robert Grosseteste (XIII e s.),
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dont la langue intègre le processus métaphorique de production d’images; cf. aussi les traductions bibliques, intéressantes par leur emploi précoce de la prose et par leur invention verbale (vocabulaire); cf. enfin les récits hagiographiques (au XII e s., Wace encore, ou Benoît de Saint-Alban et sa Vie de saint Thomas Becket en strophes ‘couées’, où les troisièmes et sixièmes vers sont plus courts) qui usent de la même forme de versification octosyllabique que les romans. La langue littéraire anglo-normande s’impose aussi au théâtre, pour les répliques des personnages (les rubriques restent écrites en latin): l’écriture théâtrale est bien une nouveauté née dans cette langue puisque le plus ancien drame religieux en français, le Jeu d’Adam, est composé au XII e s.; cf. aussi La Seinte Resurreccion et, au XIII e s., des fragments de prologues. L’anglo-normand est donc très important car sa littérature est pionnière dans bien des domaines (théâtre et roman notamment, avec le cycle tristanien); mais cette variante dialectale du français, très littéraire, sera abandonnée vers la fin du Moyen Age au profit de l’anglais, la langue courante comprise de tous. Autre variante à l’influence littéraire déterminante, le picard: politiquement, la région ne s’impose pas, mais de nombreux traits picards émaillent les textes d’ancien français, même ceux écrits ou copiés en dehors de la Picardie; c’est une preuve du dynamisme économique et commercial de la région. La ville d’Arras, par ex., peut entretenir en son sein une confrérie poétique importante (Carité Nostre Dame, Pui d’amour). Les auteurs sont souvent polygraphes et la littérature picarde représente tous les genres: la chanson de geste, le lyrisme des trouvères (cf. Conon de Béthune, Jean Bodel ou Adam de la Halle), le roman (Gautier d’Arras) et enfin le théâtre (cf. Jean Bodel, Adam de la Halle, déjà cités, ou la Passion d’Arras d’Eustache Mercadé). L’influence littéraire de cette langue est indéniable et la production picarde se confond avec celle de l’ancien français central (Castellani / Martin 1994) mais, là encore, ce dernier s’impose comme langue littéraire standard. Enfin, il faut mentionner le franco-italien, considéré (de même que l’anglo-normand), comme une langue littéraire cultivée. Il est surtout connu par les chansons de geste tardives: Huon d’Auvergne (début XIVe s.) s’inspire à la fois de la tradition épique française et de l’Enfer de Dante; les adaptations de la geste de
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Guillaume d’Orange, les Storie nerbonesi d’Andrea da Barberino (début XVe s.) sont célèbres; comme leur nom l’indique, ces storie appartiennent à la littérature cyclique (il s’agit d’une compilation du cycle de Guillaume); l’auteur y développe une prédilection pour les étymologies et les jeux de mots. Pourtant, il existe au XIII e s. une poésie d’expression française en Italie: Le Trésor de Brunetto Latini (v. 1220–94); cf. aussi le Livre des merveilles du monde (v. 1300) de Marco Polo (1254–1324). Ces différentes variantes régionales sont restées vivantes et littérairement productives pendant plusieurs siècles au Moyen Age, avant que la littérature ne s’écrive principalement dans le dialecte central. De même, l’occitan a continué d’être parlé, mais la langue de l’administration était le français; on trouve des textes littéraires français copiés dans le Sud, avec quelques traits dialectaux, principalement des graphies qui devaient refléter des prononciations différentes. Après le Moyen Age, les traditions littéraires régionales existent, mais elles restent périphériques, écrasées par la langue littéraire neutre dans la diatopie. Le centralisme extrême condamne presque toute expérience périphérique, qualifiée de dialectale (ici le mot a un sens clairement péjoratif) et considérée comme mineure. Enfin, il faut signaler que la langue littéraire française ne se limite pas au territoire français: elle est très vivante en Europe, au Maghreb, en Afrique Noire, au Canada ou dans les Antilles. 2.2. Approche diachronique: vers et prose Les textes littéraires se répartissent en différents genres auxquels correspondent des critères formels d’identification linguistique particuliers. L’importance accordée à ces genres varie selon les époques et même selon les milieux sociaux. La chanson de geste a sûrement eu un fort impact puisqu’on constate, par ex., qu’à partir du XI e s. où la Chanson de Roland a commencé à circuler, les noms Roland et Olivier sont de plus en plus souvent donnés à des frères (Moignet 1989, 18). Mais, après cette espèce d’exception que constitue le genre épique, le public concerné par la littérature et influencé par la langue littéraire est bien peu nombreux: il peut s’assimiler à une élite intellectuelle cultivée. Ce resserrement est précoce puisqu’il est même volontairement recherché par certains auteurs dès l’époque médiévale (cf. le
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trobar clus); au XVe s. surtout, les Grands Rhétoriqueurs veulent créer une véritable langue littéraire spécifique, éloignée de la langue courante. Ses caractéristiques sont déjà proches de la langue littéraire de la Renaissance: elle accède à un certain ésotérisme par les latinismes, le cultisme, le recours à la syntaxe latine et l’entremêlement des images, qui s’appuient sur des significations rares et la polysémie du vocabulaire (Zumthor 1978). Sans toujours atteindre de telles proportions, cette tendance à l’élitisme littéraire se maintiendra. Mais les caractéristiques de la langue littéraire dominante dépendent aussi de facteurs et d’influences externes, parallèlement à l’influence politique et culturelle des nations voisines de la France. La langue d’oc et la poétique des troubadours ont joué très fortement dans la France d’oïl aux XII e et XIII e s., de même que la littérature italienne pour certaines genres textuels de la Renaissance (le Canzionere de Pétrarque avec le sonnet, ou le Décaméron de Boccace pour les récits brefs, par ex.). La langue latine et italienne d’à peu près la même période (XVe et XVI e s. et même, pour le latin, jusqu’à aujourd’hui) ont contribué à l’enrichissement du lexique. L’espagnol du siècle d’or influence largement le théâtre, par ses comedias et sa poésie, ou le roman, par ses héros picaresques (ainsi Pierre Corneille laisse-t-il toutes les citations de son «Avertissement» au Cid, daté de 1648–57, en espagnol sans traduction). La langue littéraire n’emprunte à l’anglais qu’assez tardivement (à partir du XVII e et surtout du XVIII e s.). La langue littéraire semble naître très précocement, bien que les premiers témoignages restent rares (Frank / Hartmann 1997; Henry 1953). Le premier texte en français, les Serments de Strasbourg (842), se présente, certes, comme un texte juridique et historique mais il s’agit en même temps d’une (ré-)écriture d’un événement historique, et le langage lui-même est utilisé comme moyen proprement littéraire. Pourtant, le nombre de textes littéraires reste fort limité avant l’explosion du XII e s.; ils sont souvent bilingues (car ces textes à contenu religieux sont composés et copiés par des clercs) ou écrits dans une langue latinisante: cf. la Séquence de sainte Eulalie (IX e s.), la Passion de Clermont (Xe s.), la Vie de saint Léger (Xe) ou de saint Alexis (Xe s.). Quelques traits stylistiques et linguistiques sont déjà bien présents dans ces premières œuvres et, jusqu’à au-
jourd’hui, quoique d’autres caractéristiques s’y soient ajoutées, ils restent associés à la littérarité des textes. La versification en constitue l’exemple le plus frappant (Mazaleyrat 1965): dès son apparition, le vers français prend en compte le nombre des syllabes et non plus leur longueur (longue / brève) comme en latin. Cette particularité se maintiendra intacte, pratiquement jusqu’au XX e s. Ainsi, contrairement à la langue courante, la langue littéraire moderne reste encore tributaire de la prononciation médiévale: le [ə] dit ‘muet’, compte dans le vers car il était prononcé jusqu’au XVI e s.; de même, toutes les liaisons sont obligatoires car certaines consonnes finales se faisaient entendre jusqu’au XVI e s. La versification impliquait aussi des contraintes syntaxiques puisque, la plupart du temps, le vers (ou ses divisions rythmiques, les hémistiches dans le cas des décasyllabes ou des alexandrins) définissait les groupes syntaxiques. Dans le cas de la chanson de geste, la phrase s’inscrit entièrement à l’intérieur du décasyllabe, ce qui limite fortement la subordination ou la coordination. Cette interdépendance entre les mètres et la syntaxe reste une norme littéraire jusqu’à aujourd’hui puisque, lorsqu’elle est remise en cause (par l’enjambement ou le rejet), les effets de style sont fortement ressentis: ils peuvent prendre une valeur purement poétique, intensive, ou même comique tant le respect de la norme est ancré. Dès le Moyen Age, l’assonance, puis la rime, donnent à une suite de vers leur unité (Lote 1949–55, vol. 1; Buerger 1957). Là encore, la langue littéraire se distingue jusqu’à aujourd’hui puisque la rime, qui rigidifie le matériau linguistique et tend à le réduire à sa réalité phonique, est toujours admise comme un signe de littérarité. De même, la réduplication synonymique qui caractérisait massivement une grande partie de la littérature médiévale (les deux unités lexicales se répétant et se nuançant tout à la fois) se perd après la Renaissance. Le passage à la prose aux XII e et XIII e s. pose aussi le problème de la différenciation des genres (poésie / roman, par ex.) et de leur hiérarchie (Marchello-Nizia 1977). Le phénomène est expliqué par le rapprochement avec la Bible, pour l’essentiel écrite en prose, alors que le roman est comme sacralisé par la thématique très présente, d’un graal christianisé; on évoque aussi l’exigence d’authenticité sur le modèle des chroniques historiques. Quelles que soient les raisons, la
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musicalité des vers est assumée par la prose elle-même. Les poètes romantiques réhabilitent la première personne et le vocabulaire de l’émotion, mais leurs productions restent fidèles à la versification et aux formes classiques; seul Victor Hugo (1802–85) exprime clairement l’idée de «disloquer ce grand niais d’alexandrin», notamment par un usage accru du trimètre (qui donne à l’alexandrin trois accents forts au lieu de deux), la multiplication des rejets ou des enjambements, autant de procédés que les auteurs classiques connaissaient déjà. Reste la volonté de jouer sur les mots, leurs sens propres et leurs connotations, jusqu’à faire naître des images nouvelles par les métaphores, les comparaisons ou les oxymores. A la suite des romantiques, les auteurs réalistes et naturalistes montrent leur amour du verbe en réhabilitant le terme juste, quelle que soit son origine: le lexique de la langue littéraire s’enrichit donc du langage populaire et argotique, ou des tournures familières que les personnages empruntent à la réalité des faubourgs ou de la campagne. Au théâtre, la ‘révolution romantique’ apparaît plus clairement, avec une remise en cause des règles classiques, aussi bien la contrainte morale de la bienséance que les artifices techniques qui enserraient la langue. Stendhal (1783–1842), dans Racine et Shakespeare (Paris, 1823), ira jusqu’à réclamer le recours à la prose; pourtant, à l’exception de quelques pièces d’Alfred de Musset (1810–57) comme Lorenzaccio (Paris, 1834), d’Alfred de Vigny (1797–1863) comme Chatterton (Bruxelles, 1835), ou de Prosper Mérimée (1803–70), les recommandations de Stendhal seront peu suivies. En fait, c’est surtout Victor Hugo, dans la «Préface» de Cromwell (Paris, 1827), qui définit une nouvelle dramaturgie: elle doit mélanger les tons et les genres et renoncer au système des unités (de temps, de lieu, d’action); pourtant lui-même continue à produire des pièces versifiées. En fait, les évolutions les plus notables ont lieu à la fin du siècle. Pour la prose, que ce soit dans leurs romans ou leur journal intime, l’écriture ‘artiste’ disloque la syntaxe classique chez les frères Edmond (1822–96) et Jules (1830–70) de Goncourt. L’esthétique décadente de Joris-Karl Huysmans (1848–1907) relève de la même conception et cherche à aller plus loin encore. Ainsi le roman A rebours (Paris, 1884) se lit-il comme une espèce de manifeste anti-naturaliste; il
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prône le relâchement de la correction (notamment par l’annexion de tours familiers, de mots techniques, étranges, insolites) en même temps qu’une utilisation précieuse et pédante de tours abolis (Cressot 1975). On peut parler d’un art impressionniste (comme dans la poésie de Paul Verlaine): les éléments apparaissent dans la phrase à mesure de leur perception, d’où une rupture de l’ordre syntaxique habituel dans la langue littéraire, le recours à l’asyndète ou l’absence de verbe. Le flou des catégories grammaticales veut traduire un mode primitif de perception: le nom, trop précis, se voit remplacé par des verbes substantivés, ou l’adjectif par le participe; les adjectifs sont également substantivés pour créer des significations abstraites; les caractérisants (adjectifs et participes) se multiplient; par hypallage, l’adverbe qualifiant le verbe est transformé en adjectif qui se déplace donc vers le groupe nominal (Mittérand 1985). Ces éléments qui déstabilisent la langue littéraire classique se retrouvent en poésie. Le comte de Lautréamont (1846–70) se libère des formes traditionnelles, de la notion même de recueil poétique à celle de récit en passant par les images: les conventions littéraires, y compris celle de la langue, sont contestées (d’où l’admiration des surréalistes). Son œuvre majeure est les Chants de Maldoror (Bruxelles, 1868/69), au ton agressif et blasphématoire bien que, derrière la cohérence d’un discours très rhétorique, perce l’ironie d’un monologue rendu frénétique par une langue hyperbolique (Kristeva 1974). Mais Lautréamont reste assez isolé et la poésie ne se libère vraiment qu’après les symbolistes. On notera en particulier le recueil Alcools (Paris, 1913) de Guillaume Apollinaire (1880–1918), qui abandonne jusqu’à la ponctuation et désarticule le vers traditionnel. Le XIX e s. est donc largement revenu sur les acquis de la langue littéraire classique (cf. Nies 1964). 2.3. Caractéristiques actuelles de la langue littéraire: les genres Depuis les années 1970, qui marquent une rupture assez nette, les grandes tendances qui ont façonné, et façonnent encore, la langue littéraire, impriment leur marque à tous les types de texte; la France (et la langue française) n’est d’ailleurs pas la seule concernée. Le rapprochement opéré par la langue littéraire vers la langue standard est surtout marqué par l’adoption d’un nouveau code, imité du langage parlé. Tous les
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auteurs ne l’emploient pas de la même manière. Très tôt, Louis Pergaud (1882–1915) pratique un style oral dans La Guerre des boutons (Paris, 1912) où il imagine le langage enfantin et cru, mâtiné de patois paysan. Jean Giono, dans sa trilogie de Pan (Colline et Un de Baumuges, Paris, 1929; Regain, Paris, 1930), enrichit la langue de régionalismes et d’expressions familières; le roman se laisse gagner par la syntaxe de l’oral, d’autant que le recours au dialogue est fréquent, et que les personnages prennent la parole pour raconter leur histoire, comme le narrateur homodiégétique d’Un de baumuges (cf. Arnaud-Toulouse 1990). Louis-Ferdinand Céline, dans Voyage au bout de la nuit (Paris, 1932) ou Mort à crédit (1936), mêle un parler très populaire à des procédés littéraires, produisant une impression stylistique très forte: le vocabulaire, la morphologie et surtout la syntaxe semblent entièrement renouvelés (cf. Holtus 1972). On pourrait encore citer Raymond Queneau (1903–76) pour Zazie dans le métro (Paris, 1959), un roman qui met en scène des personnages pittoresques et populaires. Leur langage burlesque et créatif déforme moins la langue qu’il la recrée par l’emploi de termes enfantins et argotiques, de néologismes, d’images et de comparaisons surprenantes. Ils usent aussi d’une syntaxe particulière à coups de licences, de phrases déformées et clivées qui emphatisent leur thème, font se succéder une série de substantifs et se terminent par le verbe; le terme que y est employé comme une sorte de présentatif ou de conjonction explicative universelle (Guiraud 91985; Jouet 1988). Avec La Vie devant soi (Paris, 1975), Emile Ajar / Romain Gary (1914–80) démembre la syntaxe par des raccourcis saisissants et des solécismes signifiants; il s’attaque aussi à la signification habituelle des mots par des inexactitudes, des non-sens ou des impropriétés. Il est aidé en cela par le choix d’un narrateur singulier, un adolescent perdu entre deux ou trois cultures: juive et arabe d’expression française (Catonné 1990). Tous ces auteurs ont réussi à capter les particularités qui séparent la langue non élaborée de la langue littéraire classique: elles concernent essentiellement le lexique, la phraséologie (ou la syntaxe) ainsi que certaines parties de la morphologie (simplification des pluriels endomorphiques ou des formes de conjugaison rares). Les signaux habituels de la langue littéraire sont abandonnés au profit d’une série de signes empruntés à l’oral,
ou plutôt recréés selon l’idée que les auteurs veulent donner de l’expression orale. En effet, ce type de texte se rattache toujours, par son mode d’expression, à un processus de création formelle volontaire et appuyé, donc à la langue littéraire: personne ne parle comme la ‘Zazie’ de Raymond Queneau, ni même comme le ‘Bardamu’ de Céline (Gadet 1989; Charaudeau 1992; Philippe 2002). Dès lors, il faut proposer un autre résumé des caractéristiques de cette nouvelle langue littéraire, de ce nouveau code d’expression. De sensibles divergences existent entre les principaux genres: poésie, théâtre, roman – cette dernière catégorie étant des plus extensibles, ce qui rend compte de son importance quantitative (des sous-genres sont apparus) et d’une nouvelle hiérarchie où elle occuperait une place privilégiée par rapport à la poésie et au théâtre. Dans le genre poétique, la prose l’emporte après la deuxième Guerre mondiale, comme si les jeux formels sur la langue (versification et rime) s’avéraient trop littérairement datés et si la conscience de la littérarité d’un texte devait passer essentiellement par le processus de création d’images; ce mécanisme tend finalement vers l’abstraction car il ne concerne que la signification du langage et non plus sa matérialité. Mais ce constat est trompeur, en particulier parce que les poètes qui pratiquent ce type de poésie en prose restent très attachés à la forme de leur production. Francis Ponge (1899–1988), dans son Parti pris de choses (Paris, 1942 et 1949), propose une méditation qui concerne le réel autant que la parole qui le décrit, d’où des choix linguistiques souvent inhabituels (cf. Beugnot 1990). La versification est introduite sous une forme simplifié dans le domaine de la chanson – notamment dans le rap –, mais aussi par des poètes contemporains comme William Cliff. Son Journal d’un innocent (Paris, 1996), long poème en dizains de décasyllabes rappelle les strophes du Lais (1456) ou du Testament (1461) de François Villon. Le théâtre s’est plus radicalement éloigné des prescriptions classiques pour développer librement une langue qui donne l’illusion de la proximité parce que, plus encore que le roman, ce genre est un «compromis» (Larthomas 1980, 28) entre l’écrit et l’oral: il est écrit pour une exécution orale. Cela dit, tout spectateur de théâtre cherche dans le spectacle, non la vérité du réalisme – fût-ce celui du langage – mais la vérité du jeu, ce qui permet à l’auteur d’user encore largement des
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codes habituels du langage littéraire. Reste que le théâtre contemporain est beaucoup plus proche de la langue parlée, par son vocabulaire et sa syntaxe. Bernard-Marie Koltès (1948–89), dont l’œuvre dramatique se veut proche de la société, réfléchit aussi au pouvoir du langage (Combat de nègre et de chiens, Paris, 1980), d’où une langue qui emprunte des structures à l’oral et qui reste caractérisée par sa poésie, notamment au fil des longues tirades très imagées. Cette recherche se retrouve, par ex., dans le théâtre d’Olivier Py (L’Exaltation du labyrinthe, Arles, 2001), qui enrichit le vocabulaire du théâtre par le traitement de thèmes d’actualité: psychanalyse et recherche ontologique, croyances et métaphysique, homosexualité et plaisir. En fait, ce rapprochement avec la langue courante était déjà à l’œuvre depuis des décennies. Paul Claudel (1868–1955), avec son écriture en versets, mimait déjà un style à la fois parlé et lyrique dans un rythme poétique proche de celui de la Bible. Les traits formels les plus éloignés de la langue courante sont éliminés: le moule contraignant du mètre et de la rime, la prononciation du [ə] en l’absence d’hiatus, les liaisons obligatoires, c.-à-d. autant de caractéristiques que la poésie a aussi fini par écarter (Lioure 1971; 2001). Face à la relative confidentialité du théâtre ou de la poésie, le roman reste bien diffusé et populaire. Depuis le XIX e s., la langue littéraire romanesque s’est développée dans deux directions: d’une part une écriture qui, à l’imitation des classiques, privilégie une sorte d’élégance, et d’autre part la recherche expressive d’une plus grande proximité avec la langue parlée. Cette dernière tendance est peut-être la plus productive, d’abord parce qu’elle remet en cause certaines définitions du genre romanesque; la confusion entre écrit et parlé a produit une inflation d’œuvres appelées récits plutôt que romans ou, si ce dernier mot est conservé, il s’est enrichi de qualificatifs comme policier, noir ou de science-fiction. Au bout de ce processus d’adoption de la langue parlée, tous les signaux décryptés comme littéraires sont rejetés: certains ‘auteurs’ refusent alors cette expression linguistique trop reconnaissable. La solution prend l’apparence d’une aporie puisque le refus d’écrire dans le code littéraire conduit au refus d’écrire tout court: se taire ou déstructurer le code au point de ne pouvoir plus rien exprimer. C’est peut-être ce que cherche Guillaume Dustan dans ses
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derniers romans (Plus fort que moi, Paris, 1998 et surtout Génie divin, Paris, 2001), qui prennent la forme d’un échec par leur nonlangage délibérément recherché (Marchal 2003). Mais la plupart font une sorte de compromis avec la langue littéraire. Le plus notable est l’adoption du ‘flux de conscience’, notamment chez les auteurs du nouveau roman (cf. La Modification de Michel Butor en 1957 (Paris) ou La Route des Flandres de Claude Simon en 1960 (Paris)). Le roman se diversifie sous la forme de récits brefs, journaux, notes, chroniques, mémoires. Si les Mémoires d’Hadrien (Paris, 1951) de Marguerite Yourcenar sont écrits dans un style classique à la syntaxe ample, des auteurs contemporains privilégient une forme plus journalistique (cf., par ex., Michel Quint et son diptyque, Effroyables jardins, Paris, 2000, suivi de Aimer à peine, Paris, 2002). En plus des caractéristiques déjà notées, il faut remarquer l’usage du passé composé (qui se substitue au passé simple, considéré comme plus littéraire et plus écrit), les phrases courtes, à la syntaxe simplifiée par le petit nombre des propositions subordonnées et des compléments. Cette réduction des signes traditionnels de la littérarité n’est en fait qu’une modification de ces signes. Ainsi, dans L’Etranger (Paris, 1942), Albert Camus (1913–60) inaugure une écriture que Roland Barthes (1915–80) a aussi appelé Le Degré zéro de l’écriture; mais la littérarité est toujours perceptible dans une langue, qui de toute façon n’est pas la langue courante, malgré l’artifice d’un narrateur qui parle au présent: ses pensées sont toujours recréées artificiellement par une syntaxe simplifiée ou un vocabulaire quotidien. Autrement dit, il s’agit là de l’apparition d’une nouvelle norme littéraire, bien ressentie comme telle, au point que le recours à la norme classique est perçue comme une forme blâmable par la critique actuelle. Le roman contemporain s’exprime aussi par des sous-genres aux caractéristiques linguistiques assez bien définies. Le roman policier ou le roman noir usent d’un style parlé, avec une abondance de dialogues; le récit se développe souvent à la première personne (toujours le ‘flux de conscience’); le vocabulaire est émaillé de termes argotiques et de sociolectes visant à recréer le parler policier ou celui du milieu. En revanche, la science fiction ou la fantaisie héroïque (heroic fantasy) ne font preuve d’innovation que dans l’onomastique et le vocabulaire: l’invention verbale et lexicale
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doit permettre de décrire des civilisations ou des mondes inconnus. Mais ces genres, considérés comme mineurs, restent complexés (Lehman 1998): les auteurs montrent leur souhait d’être identifiés comme véritablement littéraires en reprenant des tics stylistiques classiques: l’opposition narration / dialogue est doublée par l’alternance temporelle entre le passé simple et le passé composé, la syntaxe se veut soignée.
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La langue littéraire et les autres variétés de langue
3.1. Registres de langue La langue littéraire ne se confond pas avec un niveau de langue particulier, pas même avec un niveau de langue élevé (cf. Holtus / Radtke 1986–90). Selon les genres pratiqués, on trouve tous les niveaux de langue. Si l’on prend l’exemple des genres dramatiques au XVII e s., la farce se place dans un registre familier ou même vulgaire, de qui l’oppose à la tragédie classique qui s’en tient à un registre soutenu. Le cas des contes dits ‘populaires’ est intéressant: leur dénomination habituelle semble les rapprocher de la langue non élaborée, mais ils portent souvent les marques linguistiques d’une composition littéraire poussée (cf. Propp 1928). Notamment, dans le roman moderne, se mêlent plusieurs registres recréés artificiellement, comme différents types de langues littéraires, ou plutôt, comme différents effets de la langue littéraire elle-même: cette recréation artificielle se fait, en général, dans un but esthétique et émotionnel. Dans une œuvre, chacun des registres employé peut aussi avoir un but en soi. Ainsi, dans les Contes de la Bécasse (Paris, 1883) ou les contes ‘normands’ de Guy de Maupassant (1850–93), le narrateur s’exprime dans un registre élevé, qui lui permet de prendre ses distances avec ses personnages, affectés des tics d’un langage provincial, trivial et familier, précisément travaillé par l’auteur avec une intention à la fois réaliste et satirique (Schmidt 1962). De même, la distinction langue littéraire / langue non élaborée ne recouvre pas la séparation entre langue écrite et langue parlée (Winkelmann 1995), en particulier parce qu’il existe d’autres types de langues écrites: la langue juridique ou du droit, celle de l’administration, de la chancellerie ou de la correspondance privée. Les marques d’oralité sont présentes dans la littérature dès le Moyen Age: selon
Paul Zumthor, à cette période, «les textes que nous appelons littéraires semblent avoir été, sauf exception, destinés à fonctionner dans des conditions scéniques» (Zumthor 1973, 11). Les marques de l’oralité étaient donc nombreuses: présence de l’allocutaire dans les chansons de geste, exclamation ou rythme et versification qui favorisent l’apprentissage et la restitution orale (la performance). Enfin, l’assimilation de la langue littéraire à la langue de l’élite n’est pas toujours valide. Certains genres littéraires sont aussi des genres populaires. De même, la frontière entre langue littéraire et langue courante ne s’arrête pas à la limite des villes: au début de l’acte II de son Don Juan (1665), Molière fait rire avec des paysans censés parler comme à la campagne, mais leur prononciation populaire n’en est pas moins un artifice phonétique littéraire (Deloffre 1961). 3.2. Influence de la langue littéraire Sur cette question, la principale difficulté réside dans le fait que, dans la majorité des cas, seules d’infimes traces de la langue non élaborée ont subsisté. Pour le Moyen Age, les témoignages sont inexistants, et il faut attendre l’époque contemporaine pour qu’elle soit considérée comme un objet digne d’observation et de conservation. Parmi les sources disponibles, la langue littéraire a toujours fait l’objet, en France, d’un attention extrême, non seulement de la part de l’élite cultivée, ce qui paraît dans l’ordre naturel des choses, mais aussi de la part des classes dirigeantes. Cette inégalité de traitement est due aux conditions de l’établissement du français comme langue officielle: l’ordonnance de Villers-Cotterêts, en 1539, substitue le français au latin comme langue administrative, pour les actes notariaux, judiciaires et d’état civil car François Ier avait compris que l’unification et la centralisation du royaume passaient par la langue, dès lors instrumentalisée à cette cause. Le roi impose donc le français à la France entière, à une époque où la volonté des humanistes cherchait aussi à lui donner ses ‘lettres’ de noblesse. Il devient une langue de culture que l’élite politique reconnaît. «Sa victoire sur le latin sera complète à la fin du XVI e siècle malgré la persistance jusqu’au XVII e siècle d’une littérature latine d’ailleurs assez médiocre» (Helgorsky / Depecker 2000). Depuis François Ier, le pouvoir politique a voulu imprimer sa marque sur toutes les variétés de la langue, à commencer par la langue ad-
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ministrative et juridique – c.-à-d. utiliser la langue comme instrument de pouvoir –, et il l’a toujours fait en exerçant sa pression sur la langue littéraire. Ainsi, au XVII e s., les réglementations grammaticales affectent-elles d’abord le français qu’écrivent les auteurs: elles sont l’œuvre de l’Académie (fondée au nom de Louis XIII , par Richelieu) et d’écrivains comme Malherbe, Vaugelas et Bouhours qui, non seulement restaient au service de la Cour et du roi, mais souhaitaient imposer le langage de cette Cour comme modèle du ‘bon usage’; l’influence est donc réciproque, des usages de la cour aux usages littéraires et inversement. Cette conception aristocratique de la langue doit donc être rapprochée du système politique contemporain, centralisateur et autoritaire: les usages linguistiques de la cour s’imposent aux auteurs et, de là, se propagent partout. Pendant tout l’Ancien Régime et même bien après, la langue littéraire du XVII e s. reste considérée comme une langue tellement parfaite qu’elle doit s’imposer comme un modèle définitif à imiter non seulement par les auteurs mais aussi par l’usage général. On élabore «une théorie puriste rigoureuse, dont les défenseurs vont de Voltaire à l’Académie, fondée non plus sur un usage vivant quoique restreint, mais sur des règles tirées des grands écrivains» (ib.). Même la Révolution ne change rien à cette hiérarchie de valeurs bien que la langue populaire, pour la première fois depuis le Moyen Age, exerce une influence notable sur la langue commune. En fait, quelques textes antérieurs laissent entrevoir des systèmes de langue non littéraire, notamment dans des écrits privés tels le Journal de Jean Héroard, médecin de Louis XIII (Ernst 1985; Foisil 1989), ou la littérature populaire (Rézeau 1982–83, vol. 1). Mais, pour l’essentiel, il faut attendre les écrivains romantiques pour que l’écriture sorte du modèle classique commun et s’individualise: le vocabulaire d’abord, puis les tournures familières envahissent la langue littéraire. Autrement dit, l’influence de la langue littéraire sur les autres variétés de langue commence à s’inverser, au point qu’une «osmose entre écrit et parlé qui n’épargne aucun genre est une des caractéristiques les plus importantes de la littérature actuelle» (Helgorsky / Depecker 2000). Cela dit, le français, comme langue littéraire, apparaît encore comme un élément constitutif de la nation: sans produire un enjeu de pouvoir, il reste très important
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pour la vie de l’Etat. Pendant la période révolutionnaire, les différentes prises de position de nombreux auteurs ont forgé l’idée même de la France et de son régime politique nouveau: Beaumarchais, Chénier, Delille, Mercier, Choderlos de Laclos, Sade ou Chateaubriand (Séguin 1972). Deux acquis révolutionnaires contribuent encore à asseoir l’influence de la langue littéraire sur l’ensemble du système linguistique: l’affirmation de la gratuité de l’enseignement (1793) et celle de la primauté de la langue française, obligatoire dans les actes publics (1794). Victor Hugo (1802–85), à qui la nation réserve des funérailles nationales, est bien le ‘fils de ce siècle’, le XIX e, qu’il contribue à construire par la popularité et la diversité de ses œuvres: le poète est aussi un homme politique non seulement par ses discours et ses pamphlets, mais dans sa poésie (Châtiments) et dans ses romans (Les Misérables). Avec lui, la langue littéraire est donc aussi populaire (Meschonnic 1977; Seebacher / Ubersfeld 1985). Plus tard, sous la III e République (1870–1940), la figure majeure de l’écrivain et poète Paul Valéry (1871– 1945) s’impose d’elle-même, malgré une œuvre réputée difficile et abstraite, nourrie de culture scientifique et littéraire, en continuité avec la perfection et la pureté classique (Hytier 1953; Jarrety 1991; 1992; Piétra 1981). Il eut pourtant droit à tous les honneurs (Académie, Collège de France), mena une vie publique et mondaine et devint, selon ses propres mots, «une espèce de poète d’Etat»: on trouve encore des phrases de Valéry inscrites en lettres d’or sur la façade du Palais de Chaillot, à Paris. A sa mort, en 1945, il eut droit aussi à des obsèques nationales décidées par le général de Gaulle. Cette forme, celle de la langue littéraire, s’impose effectivement à la République et à son système linguistique. Pour le XX e s., l’impact des écrivains est indéniable; il est vrai que leur influence linguistique reste toujours difficile à mesurer mais quelques noms sont représentatifs de la haute considération, pour ne pas dire de la sacralisation, dont les auteurs et leurs œuvres font l’objet en France. Il s’agit moins ici de poser le problème de l’engagement que celui de l’attention dont bénéficient les écrivains dans tous les domaines, et pas seulement dans celui des arts ou de la langue (cf. Gide, Malraux, Camus, Sartre). En ce qui concerne l’influence strictement linguistique des auteurs français, il faut enfin mentionner le rôle de l’Académie
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dans la réforme de l’orthographe. Celle-ci, proposée sous le gouvernement de Michel Rocard (1990), reste à moitié morte, l’Académie l’ayant d’abord appuyée puis s’étant montrée nettement moins enthousiaste. Or, cette institution étant d’abord composée d’auteurs, ce sont bien les normes de l’usage littéraire qui s’imposent à l’ensemble de la langue (Schmitt 1995; Académie 1995). Mais la forte influence de la langue littéraire sur les autres variétés de la langue tient aussi, depuis le Moyen Age, à son alliance avec des formes orales du langage politique ou ecclésiastique: les discussions publiques, les conférences et surtout, dans ce pays où la culture chrétienne a des racines profondes, les sermons. Lorsqu’il reste des traces écrites des prêches, on doit bien constater une préparation de type littéraire (d’ailleurs souvent en latin, avec une interprétation orale en français): cet exercice, aussi codifié que n’importe quel genre littéraire, s’adresse à un public de fidèles dans un but explicite d’enseignement pour les mœurs, la pensée et le discours. Il influence donc les autres variétés de langue, bien qu’il soit difficile de savoir dans quelle mesure. Pour prendre un exemple clair, au XVII e s., la renommée de Bossuet est due, pour une bonne part, aux cycles de ses prédications. De même, les propos des hommes politiques sont censés avoir un effet sur le public qui les écoute. Les talents d’orateurs de Mirabeau, Danton et Robespierre servaient leurs discours révolutionnaires, mais cette éloquence s’appuyait également sur des talents d’écrivains, quelquefois empruntés car ils ne rédigeaient pas toujours eux-mêmes (Furet / Halévi 1989). Depuis lors et jusqu’à aujourd’hui, les hommes politiques sont souvent capables d’argumenter comme les auteurs dont ils sont imprégnés. De nombreux ministres se vantent toujours d’écrire, et pas seulement des essais mais aussi des œuvres de fiction. Les échanges entre hommes politiques et hommes de lettres ne sont pas rares, ce qui doit conforter l’influence de la langue littéraire. S’ajoute enfin la démocratisation de la culture et de l’écrit. Si elle passe par la politique, elle bénéficie aussi de la présence du livre et du développement de l’enseignement des lettres. Au XVI e s., la culture antique et italienne ont une influence sur la langue littéraire et, de là, sur les autres variétés de langue, à commencer par les couches sociales privilégiées (surtout dans le vocabulaire qui s’enrichit); cette influence se trouve
encore multipliée par la démocratisation du livre due à l’invention de l’imprimerie. La connaissance du savoir se répand largement, à partir du XIX e s., grâce à l’enseignement des ‘classiques’. Certains mots, des adjectifs très souvent, se répandent dans la langue usuelle à partir de l’enseignement; ils possèdent au départ un sens presque technique, apte à décrire précisément des phénomènes littéraires. Leur définition est passablement simplifiée mais reste à peu près juste: romanesque, romantique, lyrique, tragique, comique ou rhétorique (encore que le mot prenne souvent un sens péjoratif). Le rôle de l’école comme intermédiaire est clair dans l’enrichissement du vocabulaire par des mots proprement littéraires, empruntés à des auteurs ou à des critiques. L’influence de la littérature médiévale et classique a aussi produit des moules syntaxiques, argumentatifs et textuels fréquemment copiés dans la langue courante. L’enseignement a dû contribuer au fait que l’on considère le XVI e et surtout le XVII e s. comme le temps de l’établissement de la langue et de la littérature la plus parfaite; un autre sens du terme classique (reçu depuis la fin du XVII e s.) est «ce qui est digne d’être enseigné en classe» (Jasinski 1947, vol. 1, 255). Cette perfection se fixe dans un passé plus ou moins mythifié; l’idéal recherché est celui de la pureté, fondée, par le développement d’une sorte de métaphore filée, sur un aspect moral de l’usage et de la norme littéraires. On remarque que les atteintes à l’orthographe ou à la syntaxe sont qualifiées de ‘fautes’; on dit aux enfants qui se trompent que ce qu’ils écrivent n’est ‘pas juste’. La conception de la langue française comme ayant une valeur morale n’a de sens que par rapport à cette norme littéraire du XVII e s.; ici, la moralité se mesure à l’aune de la politique, de la nation, de la société française, de l’histoire remontée jusqu’au temps de la fondation (HLF 1906–53; François 1959). L’influence de la langue littéraire est donc indéniable: la volonté d’unification des différents régimes politiques a abouti à une espèce de sacralisation de cette langue, donnée en modèle et érigée en norme. L’emprise de la langue littéraire contribue à l’effet de standardisation et d’unification du français en une langue unique. Ce développement n’était pas évident car cet effet est sans commune mesure avec sa cause: si l’on compare les millions de documents juridiques qui nous sont parvenus du Moyen Age avec les quelques milliers de textes littérai-
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res, la langue littéraire écrite apparaît bien comme minoritaire, mais elle a eu une influence énorme, qui n’a fait que se renforcer jusqu’à une époque récente et, encore aujourd’hui, son influence morale ne semble pas avoir diminué bien qu’elle se soit davantage adaptée à la langue courante (Winkelmann 1995; Holtus 1995). 3.3. Briser les normes littéraires La langue littéraire ne peut exister que par rapport au diasystème et, bien qu’elle s’en éloigne dans un certain nombre de règles d’expression, elle ne peut se définir que par rapport à lui; elle propose, plus que des variantes linguistiques, un code de représentation qui s’ajoute au code habituel, ou plutôt qui utilise consciemment le code habituel (Winkelmann 1995). 3.3.1. Par ‘imitation’ On situe à peu près au XIX e s., avec les auteurs romantiques, la recherche d’un plus grand naturel dans l’art. Or l’expression même est contradictoire puisque l’art constitue toujours une forme de représentation, travaillée et volontaire; l’impression de naturel ne demande sans doute pas moins d’activité que l’impression d’artificiel, l’essentiel étant, précisément, cette capacité à créer une impression. Or ce point de vue est bien antérieur au romantisme mais il faut éviter, ici, parce qu’elle est hors sujet, la question très controversée (depuis Platon et les classiques français) de la ‘mimesis’. En effet, ce concept recouvre, en art (et en littératue en particulier), les idées d’imitation des Anciens ou d’imitation de la nature; le terme sera pris uniquement dans son sens le plus simple de reproduction volontaire d’une langue qui garde des caractéristiques de la variété courante. Cette imitation n’est pas toujours assumée et la langue littéraire peut comporter des traits que les puristes condamneraient, précisément parce qu’ils ne paraissent pas suffisamment littéraires. Ces marques d’une langue relâchée, considérées comme des fautes chez les plus grands auteurs, ne sont pourtant pas rares. Les dictionnaires ou les grammaires d’usage les recensent avec précautions (cf. PRob 1990; Grevisse 131993) mais donnent des exemples prouvant que, même parmi les meilleurs, la contamination du langage littéraire par le langage courant est bien une réalité. Pour s’en tenir à la syntaxe, on trouve ainsi attestée une conjonction malgré que (pour malgré le fait que)
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dans les œuvres d’Antoine de Saint-Exupéry (cf. PRob 1990), d’Anatole France, d’André Gide ou même de Marcel Proust (cf. Grevisse 131993, 1652). De même, la conjonction après que est souvent suivie du mode subjonctif depuis le XX e s., comme le montrent des occurrences chez Jean-Paul Sartre, François Mauriac ou même Marcel Proust et Paul Valéry (cf. ib., 1637). Là encore, malgré les critiques de l’Académie et les réticences de ceux qui sont attachés à la syntaxe juste, il est clair que, souvent malgré elle, la langue littéraire se laisse largement contaminer par la norme habituelle. Mais ce sont là des exemples où l’imitation est involontaire, alors qu’elle peut être assumée et même recherchée. Dès le XVI e s., on doit s’interroger sur l’écriture d’auteurs tels que Michel de Montaigne (1533–92). Ses trois versions successives empilées des Essais, la réflexion inachevée, contradictoire et instable, ou l’accumulation désordonnée des citations en font une œuvre expérimentale, éloignée des préceptes de la rhétorique car dénuée de but et de méthode. Pourtant, il se prête admirablement aux méandres de la pensée et aux hasards d’un entretien: la langue littéraire, ici, imite la conversation courante et le fil d’une réflexion très libre, quoique savante (Tournon 2000). Au XVII e s., le mûrissement d’une réflexion sur les genres permet de déterminer plusieurs degrés de littérarité, dont les plus bas doivent s’approcher de ce que l’on considère comme la langue courante, ou peut-être de la langue populaire, mais les comparaisons restent difficiles à établir vu la relative rareté des témoignages. En tout cas, des genres considérés comme mineurs sont définis par les normes héritées de l’Antiquité, par ex., dans la Rhétorique à Hérennius, œuvre anonyme du Ier s., l’Orator de Cicéron et La Poétique d’Aristote (Magnien 1991). Le style bas est ainsi décrit: la syntaxe doit rester simple; le vocabulaire est banal et concret; les ornements et les figures sont peu nombreux; les métaphores existent mais limitées à des comparaisons attendues; le ton peut être comique, satirique ou burlesque. Sont concernés: les fables et les contes (Jean de La Fontaine); les romans comiques et réalistes (Paul Scarron, Savinien de Cyrano de Bergerac, Antoine Furetière ou Charles Sorel); au théâtre, la comédie et surtout la farce (Molière et le théâtre de foire). Ces normes rhétoriques correspondent à des choix littéraires pour les auteurs qui les utilisent en
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fonction des effets qu’ils veulent produire. Ainsi Molière, dans Dom Juan, prête-t-il aux paysans de l’acte II un jargon qui imite le patois des environs de Paris. Mais cet exemple très ponctuel est moins représentatif que les parlures attribuées aux servantes: Martine, dans les Femmes savantes, ou encore Toinette, dans Le Malade imaginaire, incarnent un bon sens que leur vocabulaire concret et leur syntaxe simple ne démentent pas, trace de l’imitation d’une langue plus quotidienne que la langue littéraire. De même, les discours grotesques de la Comtesse d’Escarbagnas, dans la pièce du même nom, s’opposent à ceux plus châtiés, du Vicomte et de Julie; nul doute que Molière imitait ainsi, pour les stigmatiser, une langue très éloignée de celle de la cour et des normes littéraires qui la régissaient (Dandrey 1992). Au XIX e s., au contraire, les auteurs souhaitent que la langue courante soit présente dans leurs œuvres, non pour provoquer un effet comique, mais par souci de reproduire la réalité. Certes, la critique sociale reste sous-jacente, mais la présence de la langue quotidienne prend une valeur propre car elle est esthétiquement fondée par les idées de réalisme (cf. Honoré de Balzac) puis de naturalisme (cf. Emile Zola ou Guy de Maupassant). L’œuvre d’Emile Zola (1840–1902) L’Assommoir (Paris, 1877) illustre de manière particulièrement vive la présence de la langue courante puisque, selon son auteur, ce roman sur le peuple devait avoir «l’odeur du peuple». L’auteur y parvient en particulier grâce à la restitution du langage des faubourgs parisiens: vocabulaire technique et argotique des ouvriers, barbarismes, prononciation relâchée et approximations, phrases tronquées et syntaxe répétitive. Le discours indirect libre justifie cette irruption de la langue populaire parlée: il mêle la voix du narrateur, une sorte de témoin porteur d’une voix collective, à celles des personnages. Cette technique littéraire permet de mimer le délabrement moral et social des personnages, tout en collant à la langue courante du peuple représenté; Stéphane Mallarmé parlera (Lettre de février 1877, in: Mallarmé 1965, vol. 2, 146) des «modes d’expression souvent ineptes forgés par de pauvres diables pren(ant) la valeur des plus belles formules littéraires» (Mittérand 1985; Guiraud 91985). Au XX e s., Louis-Ferdinand Céline (1894– 1961) emploie le procédé du discours indirect libre et de ses différents avatars, pour créer le même effet de réel dans l’expression
de ses personnages; c’est surtout le cas du narrateur du Voyage au bout de la nuit (1932; cf. Holtus 1972). Le récit se laisse gagner par l’influence de la langue populaire ou, plutôt, il en restitue artificiellement certains traits supposés marquants. L’argot apparaît, mais l’écriture se singularise d’abord par une syntaxe hachée, ralentissant la lecture, qui s’accorde avec les pensées et la réflexion du narrateur. La langue se caractérise par une abondance de phrases clivées, par le recours à la thématisation qui met en valeur le propos, par la dislocation et la segmentation de la phrase, aussi marquée par la répétition (Gadet 1989; Godard 1985; Guiraud 91985). L’influence de cette langue populaire et orale dynamise l’écriture romanesque. En fait, depuis Ulysses (Paris, 1921) de l’Irlandais James Joyce, on sait que les romans peuvent tout entiers être régis par le monologue intérieur; les auteurs contemporains (et jusqu’à aujourd’hui) usent de ce procédé qui leur permet, précisément, d’imbiber leurs textes littéraires des caractéristiques habituellement dévolues à la langue courante. Le genre privilégié est alors fréquemment qualifié de ‘récit’ plutôt que de ‘roman’: ce dernier paraît plus objectif dans sa littérarité, donc moins capable de créer la subjectivité du ‘flux de conscience’. Ce flux de conscience s’enracine dans les découvertes alors contemporaines de la psychanalyse: la profondeur d’un moi qui s’exprime de manière automatique (pour reprendre un terme de l’écriture surréaliste, qui apparaît à la même époque) conduit à cette valorisation de la langue courante, plus naturelle et moins apprêtée. Les auteurs privilégient donc souvent ce mode de représentation moderne. On peut encore donner l’œuvre d’André Malraux comme un des exemples de ce type d’écriture, à la nuance près que l’auteur se rapproche du même coup de la langue journalistique. Dans ses romans, «le mode de présentation des événements, le rythme syncopé résolument moderne ont pu faire prendre pour des reportages ces récits imaginaires, à valeur symbolique» (Roux 1994, vol. 2, 2032); L’Espoir (Paris, 1937), écrit sur le vif, pendant la Guerre d’Espagne, est très représentatif de ce type d’expression verbale, issue d’une écriture qui se laisse pénétrer par la langue courante. 3.3.2. Par ‘invention’ ou ‘subversion’ Dès le XIX e s. des poètes pratiquent un type de décalage linguistique qui renouvelle l’ap-
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proche de la langue littéraire. Tristan Corbière (1845–75) publie un unique recueil, Les Amours jaunes (Paris, 1873). Il y montre sa maîtrise des moules classiques (versification, sonnet, rondeau) tout en mettant à mal la syntaxe, en brisant la continuité du vers, de la phrase ou du poème. Mimant sa vie ratée et malheureuse par des mètres syncopés, sa poésie se fait sarcastique: sonorités inattendues, à effet comique (assonances [wa] créant des aboiements). La dérision apparaît dans la caricature des images poétiques traditionnelles (personnages mythologiques, paysages italiens). L’auteur prive les mots de leurs significations habituelles (Dansel 1990; Angelet / Corbière 2003). La langue littéraire introduit donc une double subversion, contre les caractéristiques de la langue non élaborée et contre les habitudes littéraires. Arthur Rimbaud est un autre des Poètes Maudits (Paris, 1883) révélé par Verlaine. Sa parfaite maîtrise des exercices scolaires et de la versification classique le pousse à bouleverser et même à réinventer le langage: il conçoit la poésie comme une rebellion. Ses lettres du ‘voyant’ influencent jusqu’aux surréalistes, aux dadaïstes et à leurs épigones: il s’agit, pour le poète, d’‘encrapuler’ le langage. Ses poèmes sont donc construits sur des propos et des termes plurivoques, placés là pour montrer les pouvoirs de la poésie par rapport au langage habituel: le vocabulaire employé est clair, mais l’agencement des mots produit un sens qui s’échappe, s’éloigne de la langue non élaborée (cf. les Illuminations, Paris, 1886), malgré un passage progressif au vers libre, puis au poème en prose (Guyaux 1991). Au XX e s., la chanson est l’héritière de ces recherches formelles. Le genre continue sa tradition contestataire: cf. La Carmagnole, Ah, ça ira, ça ira ou même La Marseillaise. Il tente d’imiter la langue non élaborée mais, même sous sa forme la plus populaire, il s’agit plutôt d’une recréation qui assume volontairement certains traits stylistiques de cette langue. Il s’agit donc du seul genre contemporain dont l’aspect reste relativement figé: le vers y est accepté et même attendu, alors qu’ailleurs des formes plus proches de la langue parlée sont systématiquement utilisées (cf. la prose au théâtre). Trois auteurs se sont imposés, Jacques Brel, Georges Brassens et Charles Trenet, en faisant appel à des procédés littéraires diversifiés (Calvet 1981; 1991; 2000; Saka 1989).
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Prises de conscience théoriques
Une tradition très française définit les textes par leurs caractéristiques littéraires, souvent confondues avec des caractéristiques linguistiques. Ainsi, le plus souvent, ce sont des spécialistes de littérature qui proposent les éditions des textes littéraires. De même, la linguistique se trouve mêlée à la stylistique (mêmes enseignants dans les universités, mêmes épreuves pour les concours de l’enseignement des lettres): les deux matières en arrivent à se confondre, les linguistes ayant aussi, finalement, une approche littéraire (Holtus 1995; Huchon 2002; Boissieu / Garagnon 2002). De même, les grands dictionnaires de langue proposent tous des exemples issus, quasi exclusivement, d’auteurs littéraires. Emile Littré, l’auteur de l’Histoire de la langue française (Paris, 1862) et surtout du Dictionnaire de la langue française (Paris, 1863–72) qui porte aujourd’hui son nom, a d’abord appartenu à la commission chargée de l’Histoire littéraire de la France (à partir de 1844). Son Dictionnaire comporte presque uniquement des citations d’auteurs anciens (depuis le Moyen Age) et classiques. Le PRob (1990) d’Alain Rey, Dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française, est d’une conception et d’un usage plus large; reste que les citations littéraires sont les plus nombreuses puisque, de l’aveu même de ses concepteurs, il appuie «la description du français sur des centaines de milliers de citations d’auteurs» (ib., IX ), au point de contenir des mots sortis d’usage mais nécessaires à «la compréhension des grands classiques»; bien qu’on y trouve des citations journalistiques, il propose des exemples de français (bien) écrit, donc littéraire le plus souvent. Les approches linguistiques autonomes ne sont pourtant pas inexistantes, et elles apparaissent même dès le XVI e s., de manière plus ou moins affirmée et conceptualisée, bien que la période plus récente soit évidemment la plus riche. Depuis le XII e s. et jusqu’à aujourd’hui, des manuscrits aux livres imprimés, la densité des textes littéraires est assez impressionnante, mais la réflexion sur la spécificité de la langue littéraire, sur sa force normative et sur l’influence esthétique ou formelle qu’elle exerce sur le diasystème est assez pauvre. On peut néanmoins distinguer quelques étapes dans la réflexion théorique. Cette réflexion s’amorce au XVI e s. (Huchon 21998).
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Dans le même temps, les artistes de la Pléiade, des humanistes qui influencent jusqu’à la cour veulent créer une langue poétique spécifique, éloignée de la langue pratiquée par le peuple et capable de rivaliser avec la littérature latine. Cette réflexion s’exprime d’abord dans la Défense et illustration de la langue française (Paris, 1549) de Joachim du Bellay (1522–60): le poète y fait l’éloge d’une écriture savante. La langue est conçue comme un travail, comme une conquête et comme un art; à l’inverse, l’art est aussi investi d’une mission linguistique. Ce traité ‘défend’ le français comme un mode d’expression littéraire valable, bien éloigné des genres médiévaux qu’ont pratiqués les Grands Rhétoriqueurs ou même Clément Marot (Zumthor 1978). Ce rejet du Moyen Age est d’abord marqué par l’imitation des genres et des tons antiques, tels que l’ode, l’épître, l’hymne, l’élégie, le discours, la satire ou même, au théâtre, la tragédie et la comédie. Des genres nouveaux apparaissent aussi, empruntés à l’italien: le sonnet (imité de Pétrarque) ou le dizain (mis en valeur par l’école lyonnaise). Du Bellay et la Pléiade ‘illustrent’ aussi la langue française en l’enrichissant de nouveaux mots (Matoré 1988), ressuscités et modifiés par composition, affixes (cf. les diminutifs), reconstruction sur des bases anciennes ou empruntées aux racines grecques et latines. Le renouvellement de la langue littéraire suppose donc un véritable travail philologique préalable. La langue littéraire est ainsi considérée comme une langue de lettrés. Même l’œuvre de François Rabelais (v. 1483–1553) frappe certes pour son humour grivois mais, par ses références savantes et ses passages parodiques, elle s’adresse à un public cultivé. Les auteurs du XVI e s. souhaitent d’abord créer une vraie poésie française. Ils renouvellent les techniques littéraires et précisent les règles de versification (Goyet 1990). Ils éloignent la littérature, souvent limitée à la poésie, de la langue courante, par l’emploi de figures savantes: images, métaphores, hyperboles, périphrases, comparaisons ou références érudites (mythologiques, historiques). Malgré tout, leur syntaxe emprunte souvent aux constructions latines (propositions participiales calquées sur les ablatifs absolus), alors que la morphologie et même l’orthographe tendent à se fixer (Catach 1968). Enfin, ils développent le vocabulaire des sentiments: amour, passion, crainte, joie, souffrance, désir, jouissance. En résumé,
l’intérêt presque exclusif des auteurs du XVI e s. pour la langue littéraire a fait naître
une première réflexion grammaticale sérieuse, d’où ces recherches philologiques et la naissance des premiers dictionnaires, des ouvrages bilingues français-latin appelés ‘trésors’ parus à Paris (celui de Robert Estienne paraît en 1532 et celui de Jean Nicot en 1606 seulement). Pendant les siècles dits ‘classiques’, la réflexion s’élargit, mais la langue littéraire fait toujours l’objet d’un travail constant au point d’atteindre un tel degré de perfection qu’elle en deviendra la norme, un modèle figé et non perfectible, digne, précisément, d’être enseigné dans les ‘classes’ et proposé comme idéal pour la langue courante: Pierre Corneille, Nicolas Boileau, Jean de La Fontaine, Molière, Jean Racine en sont les plus illustres représentants. Un des premiers, François de Malherbe (1555–1628) s’impose à la fois comme poète et comme théoricien de la langue. Ses réflexions valent aussi bien pour le langage littéraire que pour le langage courant. L’ensemble tient en quelques adjectifs: Malherbe veut privilégier une langue claire et précise. Pour le vocabulaire, il recherche le mot juste, employé exactement et dans son sens propre; c’est donc une contestation de la Pléiade, puisque les ambiguïtés, les termes archaïques ou les néologismes sont bannis. La syntaxe doit aussi se placer sous le signe de la simplicité et de la netteté (contre les inversions ou les tours compliqués). En prose, la phrase restera bien rythmée, proche des accents et de la musique du vers. A l’inverse, il recherche une langue poétique proche de la prose en usage dans la bonne société contemporaine (Brunot 1891; Fromilhague 1954). Avec ses Remarques sur la langue françoise utiles à ceux qui veulent bien parler et bien écrire (Paris, 1647), Claude Vaugelas (1585–1650) s’intéresse à tous les domaines de la langue: de l’orthographe à la syntaxe et au style. L’ouvrage se veut normatif, selon le principe de l’‘usage’: non l’usage populaire, mais l’usage savant de la Cour, de l’Académie et, pour tout dire, des auteurs pratiquant les genres les plus relevés. Les remarques ne s’adressent pas au commun des Français mais bien aux écrivains et aux orateurs. De fait, ce siècle est fortement marquée par la fondation de l’Académie française, elle-même institution littéraire et élitiste, à l’image de la langue normalisée qu’elle essaie d’imposer. Les Lettres patentes, données par Louis XIII en 1635, inscri-
175. Histoire de la langue littéraire dans la Romania: français
vent l’Académie dans un projet global qui prend sens pour que «les lettres y (dans l’Etat) fussent en honneur»; «le plus noble de tous les arts» est bien l’éloquence. Dans les statut et règlements signés du cardinal de Richelieu, l’art. XXIV stipule que «la principale fonction de l’Académie sera de travailler avec tout le soin et toute la diligence possibles à donner des règles certaines à notre langue et à la rendre pure, éloquente et capable de traiter les arts et les sciences». En fait, les académiciens doivent avant tout juger «des meilleurs auteurs de la langue française» (art. XXV; XXIX ss.). L’article XXVI demande que soient «composé(s) un dictionnaire, une grammaire, une rhétorique et une poétique sur les observations de l’Académie». En fait, seul le Dictionnaire a marqué. Il a paru en 1694, sans aucune citation d’auteur, mais avec des choix esthétiques forts: les termes appartiennent à une langue choisie alors que les mots familiers, mais aussi techniques et de métier sont bannis. A l’inverse, le Dictionnaire universel d’Antoine Furetière (1619–88), exclu de l’Académie, les intègre: il a paru en 1690 (La Haye) avec des commentaires et des citations qui ne sont d’ailleurs pas toutes littéraires. Les statuts de l’Académie sont à peine retouchés en 1816: elle s’intéresse essentiellement à la langue comme moyen d’expression littéraire; elle fixe l’usage des mots et de leur sens (Académie 1995). Le travail accompli rompt souvent avec le XVI e s. et la langue littéraire atteint une espèce d’équilibre qu’on essaiera de maintenir par la suite. Le lexique littéraire classique bannit de nombreux mots, considérés comme vieillis ou trop neufs (les néologismes), trop réalistes ou techniques, contenant des ‘syllabes sales’. Les interventions sur la syntaxe sont plus limitées: les auteurs utilisent toutes les règles complexes héritées du Moyen Age ou de la Renaissance, alors que les grammairiens s’efforcent de leur trouver une justification théorique (l’accord du participe passé, par ex.). Les formes en -ant sont une sorte d’exception puisque l’Académie légifère en 1679, alors que certains auteurs (dont La Fontaine) ne respectaient pas la norme imposée; on pourrait citer aussi quelques autres formes de conjugaison. En fait, il est rare que les académiciens se prononcent contre l’usage dicté par la langue littéraire des auteurs, ce qui est logique puisque ce sont les mêmes. Enfin, la phrase écrite se raccourcit et devient plus percutante, avec une réduction du nombre
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des propositions subordonnées ou incises: cette tendance l’éloigne du style oratoire et la rapproche du langage parlé. Les comportements du public cultivé s’avèrent réactionnaires puisque ce sont les normes littéraires du XVII e s. qui sont recherchées. Pourtant, «entre 1820 et 1840, s’établit une norme prescriptive fondée sur un usage moyen, bourgeois, que l’enseignement va imposer et qui n’est vraiment menacé que depuis quelques décennies» (Helgorsky / Depecker 2000); autrement dit, on s’éloigne quelque peu des normes littéraires et aristocratiques. Le prestige de la langue littéraire du XVII e s. (ses genres, ses techniques, son rythme et même son enseignement) reste intact au point de rendre très difficile toute réforme de la langue courante, d’autant que l’école s’est chargée d’étayer cette admiration (Schmitt 1995). Ainsi définit-on encore comme classique l’écriture d’auteurs tels que Marguerite Yourcenar (1903–87) ou, pour son cycle du ‘hussard’ commencé en 1945, Jean Giono (1875– 1970): sont en cause le rythme ample et majestueux de la syntaxe, la recherche d’images ou la précision du lexique. Comme facteur nouveau interviennent maintenant les recherches en linguistique qui se précisent et quelques interrogations surgissent à propos de la langue littéraire, en dehors même de toutes les études stylistiques. Ferdinand Brunot (1860–1938) est un des premiers à s’intéresser à l’histoire externe de la langue (à l’influence qu’elle subit de l’organisation sociale, culturelle, juridique, religieuse); il est, en tout cas, le premier à rédiger dans cet esprit une Histoire de la langue française (HLF, 1905–43). L’auteur proclame son admiration pour la langue française qu’il entend étudier, dépouiller, expliquer. Son analyse intègre les auteurs eux-mêmes, dont l’expression linguistique est examinée minutieusement (cf. les volumes concernant la langue classique et celle du XVIII e s.), mais aussi les ‘porte-férules’ qui ont élaboré volontairement des normes (de Vaugelas à Malherbe en passant par l’Académie). Sa méthode, comme celle de ses disciples après lui (Alexis François ou Charles Bruneau), est d’abord chronologique. L’intérêt de ces linguistes pour les textes littéraires est évident: ils inscrivent la langue littéraire dans une filiation prestigieuse venant de la tradition gréco-latine, et étudient les invariants qui font sa ‘grandeur’ (par ex., la versification). Ainsi, Alexis François recueille «tou-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
tes les manifestations de la langue cultivée: dictionnaire, grammaire, rhétorique (ou stylistique), ou encore versification, orthographe, prononciation, diction» (François 1959, XIV ). Les recherches dépassent donc la stricte limite de la langue littéraire, de même qu’elles englobent tous les domaines de la ‘grammaire’: phonétique, lexique et morphologie («formes et fonctions», pour Charles Bruneau), syntaxe et versification. On comprend aussi, par les allusions à la ‘rhétorique’, comprise comme une ‘stylistique’, que ce domaine soit aujourd’hui étroitement lié à ce type d’analyse des textes littéraires (Holtus 1995). Dans leur manuel récent (1999), Catherine Fromilhage et Anne Sancier-Château proposent un classement par genres (poésie, narration et théâtre) avant d’en venir à des études précises de la langue littéraire: elles examinent la syntaxe, le choix des mots ou la versification, c.-à-d. les catégories sur lesquelles Ferdinand Brunot et ses disciples avaient basé leurs ‘grammaires’. Malgré la mise en garde de Ferdinand de Saussure, pour qui la langue littéraire n’est rien d’autre qu’une série de paroles qui ne sauraient représenter la langue dans son ensemble (CLG 1916), l’écrit et les auteurs littéraires fournissent souvent une bonne part des corpus des stylisticiens (cf., par ex., le Traité de stylistique française de Charles Bally, Paris, 1909, un élève de Ferdinand de Saussure, ou le Précis de stylistique française de Jules Marouzeau, Paris, 1941); d’autres études de grammaire / stylistique s’en écartent davantage (cf., par ex., Le Français ordinaire de Françoise Gadet, Paris, 1989, qui cite encore beaucoup d’auteurs considérés comme littéraires). Gilles Philippe résume ainsi la situation: «un grand nombre de traits grammaticaux fonctionnent comme des marqueurs de littérarité» (Philippe 2002, 82). La langue littéraire est alors conçue «comme un laboratoire ou un conservatoire» (ib., 22): elle a servi de corpus à une majorité d’études linguistiques, mais elle est grammaticalement plus conservatrice que les autres variétés de langue. Les théoriciens du français ont donc souvent confondu les études du diasystème avec celles qui auraient concerné uniquement la langue littéraire; les définitions purement linguistiques de cette partie de la langue française restent encore floues, notamment à cause du développement de la stylistique moderne qui a, pour ainsi dire, confisqué la matière (et qui l’a souvent fait brillamment).
On doit donc conclure sur la permanence de la langue littéraire, dont les critères formels, même renouvelés, s’imposent aussitôt à la culture du lecteur (Barthes 1953). Quelle que soit l’opinion des auteurs sur la question, la langue littéraire n’est pas la langue courante: bien que les critères de réception, de création sociale ou d’origine géographique soient variés, le résultat est bien différent. De fait, la langue littéraire accentue certains traits linguistiques et stylistiques qui déforment la langue orale tout en charpentant les œuvres: ce processus met en avant l’artifice toujours renouvelé de la langue littéraire, ce qui est sans doute la preuve que ces caractéristiques formelles ne suffisent pas à la définir entièrement.
5.
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Thierry Revol, Strasbourg
176. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch Histoire de la langue littéraire dans la Romania: catalan 1. 2. 3.
6. 7.
Anfänge bis 1300 Ramon Llull († 1316) 14. und 15. Jh.: Kanzleisprache, Übersetzungen, anspruchsvolle Texte von Autoren mit Erfahrung in mündlicher Darbietung 14. und 15. Jh.: Die valenzianische Kunstprosa Decadència: Die große Unterbrechung von 1500 bis 1850 Renaixança: Neubeginn und 20. Jh. Bibliographie
1.
Anfänge bis 1300
4. 5.
Die katalanische Sprache entwickelte sich aus dem Latein in der römischen Provinz zwischen dem Fluss Ebro und den Ost-Pyrenäen. Erst im 8. Jh., als es galt, erobernde Mohammedaner abzuwehren, haben die Bewohner der katalanischen Grafschaften (comtats catalans) eine gemeinsame Aufgabe
gefunden, die während der Reconquista zu einem nationalen Ziel wurde. Da die fränkischen Lehnsherren die Grafen ihrem Schicksal überlassen hatten, schworen diese den Treueid nicht mehr und machten sich unabhängig. 1137 entstand durch Heirat die Union zwischen Katalonien und dem kleinen Königreich Aragon. 1148 erreichte Katalonien seine jetzigen Grenzen, nach Angliederung der Gegend von Lleida, wo sich ein westkatalanischer Dialekt entwickelt hatte. Dieser wurde dann mit der Eroberung von Valencia (1238) und Alacant von Neuansiedlern in den Süden getragen, während ostkatalanische Formen nach der Eroberung der Balearen (Mallorca ab 1229, Eivissa und Formentera 1245, Menorca 1287) die dortige sprachliche Situation bestimmten. Beziehungen mit Südfrankreich blieben auch nach 1258, als die ‘Krone (Katalonien-)Aragon’ ihre Rechte in Okzitanien
176. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch
an Frankreich verlor, erhalten. Die enge Verwandtschaft der katalanischen und okzitanischen Sprache förderten persönliche Kontakte, Immigration und Austausch von Handschriften. Das Okzitanische war dem Katalanischen in der Verschriftung voraus, was vielleicht Katalanen anspornte, ebenfalls so zu schreiben, wie sie redeten. Die ersten volkssprachlichen Texte entstanden in Klöstern, z. B. in Ripoll. Mönche hatten den Auftrag – oder das Selbstinteresse –, historische Ereignisse schriftlich festzuhalten. Aus kurzen, faktischen Notizen entwickelten sich Chroniken, die mehr und mehr ‘literarische’ Züge annahmen, da es dem Gönner zu gefallen galt. In den großen katalanischen Nationalchroniken kommt dann v.a. der Charakter des Schreibers zur Geltung: Fets del rei Jaume (um 1274; Form autobiographisch), Chroniken von Desclot (1288) und Muntaner († 1336), und Chronik Peters III . († 1387). Mönche waren es auch, die die ersten religiösen Texte in der Volkssprache verfassten, angefangen mit sprachlichen Adaptationen okzitanischer Handschriften, in denen bloß die Morphologie dem Katalanischen angepasst werden musste (z. B. die Homilies d’Organyà). Ein Beispiel dieser okzitanisch-katalanischen Symbiose sind die Predigtvorlagen aus Tortosa von etwa 1260, deren Sprache als ‘provenzalisiertes Katalanisch’ oder ‘katalanisiertes Provenzalisch’ beschrieben werden kann, in denen folgende Stelle in einem reineren Katalanisch interpoliert worden ist: (1) Interpolation in der Predigtsammlung von Tortosa; zu Lukas 2.24: «Per semblanza venc nostre Senior al Temple […] ab dues tortres […] Las tortres significan la nostra penitencia, car la tortre ha aital usaje que cant sos conpains és morts jamais non se pausarà en erba verd ni en arbre verd, mais en terra secca e en arbre sec. Atressí ho deu far hom peccaire que fa laironici o adulteri o perjuri o sacrilegi o altres peccats senblans d’aquests; e aquel ha perdud son conpainó. Car conpainó és nostre Sénner Deus, que és lo méler compainó que anc fos ni jamais sia. Car El fo axí bons compains que El se laiset aucire e clauficar en la crots per salvar son compainó, zo és hom» (Martí i Castell / Moran 1986, 96).
Katalanen, die mit dem Okzitanischen in Kontakt kamen, hörten darin wohl bloß eine Abart ihrer eigenen Sprache. Es fiel ihnen nicht allzu schwer, sich unter die Troubadours zu mischen, wie König Alfons und
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der Hofdichter Cerverí von Girona († 1285), der auch narrativ-didaktische Verse schrieb. Wichtige theoretische Schriften zur provenzalischen Dichtkunst sind von Katalanen verfasst worden (z. B. die Razós de trobar von Vidal de Besalú, um 1285). Der eine oder andere katalanische Troubadour könnte von seiner Freude am Dichten in einer Kunstsprache angeregt worden sein, auch die Niederschrift volkssprachlicher Texte zu versuchen oder wenigstens fahrende Bänkelsänger und die in zeitgenössischen Dokumenten erwähnten «referendarii gestorum antiquorum» zu unterstützen. Aus ihren aristokratischen Kreisen kamen die vielen Juristen und Beamten, die in den neu eroberten Städten die Verwaltung übernahmen. Da wenige unter ihnen gut Latein konnten und das Volk administrative Texte in der Volkssprache benötigte, wurden die alten Gesetzessammlungen (Usatges, Costums, Furs de València ab 1261, Consolat de Mar, das “Seerecht”) übersetzt und ergänzt. Die Sprache dieser Bücher ist erstaunlich reich und flexibel. Dieser Eindruck kommt daher, dass der Schreiber etwas Konkretes zu sagen hatte, oft aber erst während des Schreibens an alle zu erwähnenden Details dachte. (Dazu kommt die zeitlose juristische Unsitte, jeden Beschluss in einen einzigen Satz zwingen zu wollen.) Die Gewohnheit früherer Übersetzer, lateinische Fachausdrücke zu übernehmen, sie aber sogleich mit einer Glosse, einer ‘internen Übersetzung’, zu erklären, führte zu mehrgliedrigen Ausdrücken, aus denen dann Synonymgruppen und leere Formeln wurden, wie z. B. im folgenden Text «enbargament e contrarietat»: (2) Gewohnheitsrecht von Tortosa, um 1270, I.1,2: Baulichkeiten an der Stadtmauer sind weiterhin Privatbesitz und dürfen ausgebaut werden. Der Abfall vor der Mauer gehört dem, der ihn will (e’ls = en els; einziges Hauptverb ist pot): «Antiga costuma e totztemps continuament usada és e aprovada que tot ciutadan o habitant de Tortosa pot fer e’ls murs – – e en les torres tenentz ab los murs, e en les barbacanes e e’ls vayls – – cases, porxos, finestres, e metre ses jàcenes e los cabirons e sos archs, e fer privades e portes e qualque cosa a son propi ús; serà sens enbargament d’alcuna persona; e encara vendre e alienar tot so que aquí farà axí con la sua pròpria cosa, sens enbargament e contrarietat d’alcuna persona; e traure fem e altres coses dels ditz vals a lur propri ús, axí com de cosa que és de negun» (Martí i Castell / Moran 1986, 53).
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Ramon Llull († 1316)
Ramon Llull (Raimundus Lullus) von Mallorca wird in allen Literaturgeschichten «Schöpfer» der katalanischen Schriftsprache genannt. Solange dies nicht die Vorstellung erweckt, er habe das Katalanische ex nihilo erfinden müssen, ist solche Bewunderung durchaus angebracht. Schon durch die Masse seiner Schriften (über 250 Titel) und die Vielfalt der Themen und Textsorten bot er vielen Leuten erste Texte zum Lesen und Muster für eigene Schreibversuche. Die Faszination von Llulls Leben und Schriften hat mancherorts zu Gründungen von Leserkreisen und Studierzentren geführt. In seinen jüngeren Jahren hatte Llull am Hofe des Königs von Mallorca provenzalische Gedichte geschrieben, vernichtete diese aber, als er sich nach einer Vision entschloss, sein Leben als Missionar ganz Gott zu widmen. Er verließ Frau und Kinder, studierte neun Jahre lang mit seinem maurischen Sklaven Arabisch und hatte dann auf dem Berg Randa eine gottgegebene Erleuchtung, wie man dank eines methodischen Vorgehens alles Wissen erschöpfend darstellen könne. Diese Technik (Ars) besteht darin, dass Serien von Konzepten untereinander kombiniert werden. In seiner Ars de predicació z. B. nimmt Lullus jede der sieben Tugenden und behandelt sie mit je einem der sieben Laster, was ihm Material für 49 Predigten liefert. Als Gedächtnisstütze beim Auszählen verwendet er geometrische Figuren, Bäume mit Wurzeln, Ästen und Blättern oder Personifikationen (ein Beispiel aus dem Arbre de Sciència: «Die Rose diskutierte mit dem Pfeffer über Feuer und Wasser […]»). Abstrakte Konzepte werden als Buchstaben in ‘Kammern’ (cambres) auf konzentrischen Scheiben geschrieben, die dann durch stufenweises Drehen sämtliche Kombinationsmöglichkeiten generieren. So ergibt sich z. B. in den Flors d’Amor die Kombination B G T D, zu der Lullus sagt: «Per ço que l’amic no fugís a l’amat, ligaren Bonea e Amor ab amar l’amic a son amat». Lullus wollte zeigen, dass diese Methode in allen Wissensgebieten angewendet werden kann, und so schrieb er über Theologie, Philosophie, Astrologie, Medizin usw., und dies auf Katalanisch, zu einer Zeit, als für solche Themen sonst nur Latein in Frage kam. Als Laie, der sich sein Wissen autodidaktisch erarbeitete, hatte Llull gegenüber dem
Latein keine Vorurteile. Er sah darin nicht eine ‘Literatur’-Sprache, sondern ein Werkzeug zum Denken. Seiner Sendung bewusst, hatte er keine Hemmungen, eine Wortbildungstechnik, die er im Arabischen beobachtet hatte, auf das Lateinische und Katalanische zu übertragen. Präzise Morpheme, wie z. B. -ficabilis / -ficabilitas / -ficator / -ficatus / -ficatio usw., hängte er an jeden Begriff einer logischen Serie (z. B. die Attribute Gottes) und bildete Reihen wie magnificabilis / bonificabilis / possificabilis usw., und magnificabilitas usw., mit der Bedeutung “was groß, gut, möglich usw. gemacht werden kann” und “die Qualität, groß gemacht werden zu können” usw. Solche analogisch gebildeten Neologismen, die Lullus selbst als «paraules estranyes qui no són en ús en vulgar ni en latí» bezeichnete (Ars Amativa), wurden vom Inquisitor Eymeric kritisiert: «[Lullus] loquitur sub verbis inusitatis, extraneis et peregrinis». Die Möglichkeit, Fachausdrücke statt Umschreibungen zu gebrauchen, geben aber Llulls philosophischen Schriften einen straffen Ton, wie in folgender Textprobe, wo «Deus és significable esser glorificador» normalerweise, wie im Deutschen, mit «es kann gezeigt werden, dass Gott geehrt werden muss» umschrieben werden müsste. Diese sprachlichen Eigenheiten haben aber die katalanische Schriftsprache nicht beeinflusst (übrigens haben Fälscher lullistischer Schriften – besonders in der Alchemie – es nicht verstanden, seinen Stil nachzuahmen): (3) Llull, Llibre del gentil e dels tres savis (etwa 1275), 3. Teil, 7.5: Kombination jeder Tugend mit jedem Laster, De prudencia accidia: «Prudencia és elèger major be e esquivar major mal; e per accidia és hom necligent a elèger be major e a esquivar lo mal major. Emperò aquella accidia és major per la qual hom és pus necligent a elèger lo major be que’l menor, e a esquivar lo major mal que’l menor. On, con asò sia enaixí, en so qui damunt és dit, per asò Deus és significable esser glorificador; cor, si gloria no era, pena infernal no seria, ni be major no seria eligible, ni mal major no seria esquivable tant fortment con és si gloria celestial és e si pena infernal és» (Bonner 1993, 124).
Llull zog in seiner Syntax nach dem Muster mittelalterlichen Kirchenlateins parataktische Konstruktionen untergeordneten Nebensätzen mit Konjunktiven vor, bildete aber Relativsätze aller Art. Als Missionar
176. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch
wollte er mit seinen Schriften jedermann erreichen, und so richtete er sich nach seinen Lesern. Für das große Publikum bereicherte er lange Texte mit erzählenden Exempla, Fabeln, Dialogen und sogar lyrisch-mystischen Kapiteln (z. B. Llibre de l’amic i de l’amat 25: «Digueren a l’amic: D’on vens? – Venc de mon amat. – On vas? – Vaig a mon amat. – Quant temps estaràs ab ton amat? – Aitant de temps com seran en ell els meus pensaments»). Im bürgerlichen Bildungsroman Blaquerna von 1283 gelingt es ihm, unser Interesse an der Lebensgeschichte Blaquernas zu wecken, so dass wir zusammen mit dem Protagonisten all das lernen, was dieser lernte, als er in ein Kloster eintrat, zum Abt, Bischof, Kardinal und Papst gewählt wurde und sich schließlich in eine Einsiedelei zurückzog. Das Lehrbuch für seinen Sohn, die Doctrina pueril, hat Llull nicht nur syntaktisch vereinfacht, er gebrauchte darin auch kindlichere Ideen und Bilder (z. B. «Si ets ergullós e ets sabater, tu volràs ésser draper; e con seràs draper, volràs ésser […]» usw.). Auch didaktische Verse und religiöse und autobiographische Gedichte hat Llull verfasst, aber nicht auf Provenzalisch. Leider hatte er damit keinen Erfolg. Der Troubadour-Stil wurde in Katalonien noch gepflegt, als er in Südfrankreich bereits selten geworden war. König Johan förderte 1393 in Barcelona die Gründung der Dichtergesellschaft Gaia Ciència, Nachahmung einer Institution in Toulouse. Erst der Valenzianer Ausiàs March († 1459) brach, sprachlich und thematisch, mit der Tradition – «leixant a part l’estil dels trobadors / qui, per escalf, traspassen veritat» (Gedicht XXIII , 1–2) –, wobei natürlich auch er sich bewusst war, dass das Publikum von Dichtern eine nichtalltägliche Sprache erwartete.
3.
14. und 15. Jh.: Kanzleisprache, Übersetzungen, anspruchsvolle Texte von Autoren mit Erfahrung in mündlicher Darbietung
Im 14. Jh. gelangte das Katalanische v.a. in Katalonien zur Hochblüte. Die lange Regierungszeit König Peters III . spielte dabei eine große Rolle. Aus der Sprache des Hofes wurde eine überregionale Koiné. An den Höfen des Königs und der Prinzen wurden Dutzende von schreibgewandten Funktionären, Sekretären, Archivaren, Advokaten, Botschaf-
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tern usw. ausgebildet. In den polyglotten Kanzleien, wo der Protonotar die Aufgabe hatte, Dokumente auf «bella retòrica o bon (vertader) llatí» hin zu kontrollieren (Hofordnung König Peters III ., Hg. Bofarull, Barcelona 1850, 114), verbreitete sich unter den Schreibern wohl eine Art Berufsstolz. Stilistische Eigenheiten und Neuigkeiten in den erhaltenen Briefen fielen ihnen sicher auf und regten sie zum Experimentieren bei ihrer eigenen Schreibweise an. Die Einführung neuer Artes dictandi, die Cicero als Stilmuster empfahlen, führte zur Latinisierung der Syntax, mit Partizipialkonstruktionen, untergeordneten Sätzen, cursus usw. Beamte am Hof wurden gebeten, Bücher zu schreiben oder zu übersetzen. Man wollte vorerst nützliche Texte: über Astrologie, Medizin, Jurisprudenz, Landwirtschaft (Palladius), Hofverwaltung (die Leges Palatinae des verstoßenen Königs von Mallorca), Kriegskunst (Vegetius, Frontinus), Geschichte (Speculum historiale Vincents von Beauvais, Valerius Maximus), allgemein brauchbare Werke (De regimine principum des Aegidius Romanus, Brunetto Latinis Tresor, das Communiloquium des John von Wales), aber auch Unterhaltungsliteratur (Colonnes Trojaroman). Erst später übersetzte man Bücher auch wegen ihres ästhetischen Wertes (Boetius, 1429 Boccaccios Decamerone, Dantes Commedia in Terzinen, Ovids Heroides und Methamorphosen). Übersetzungen religiöser Texte wurden von Klöstern erwartet, wo schon Ende des 13. Jh. Papst Gregors Dialoge und Jacobus von Varazzes Legenda aurea übersetzt worden waren. Wer von einem Aufenthalt im Ausland zurückkam, zeigte seine neuen Fähigkeiten mit Übersetzungen (Cavalca wurde von einem Mönch, der 15 Jahre in Italien lebte, übersetzt; Ciceros De officiis von einem Franziskaner, der mit einem Stipendium von Peter III . in Paris studierte). Schon zu Zeiten dieses Monarchen, der im Kloster Poblet eine königliche Bibliothek aufbaute, hätte man mit dem Valenzianer Canals ausrufen können: «Alles wird jetzt übersetzt!» (ins Katalanische natürlich). Die Mäzene all dieser Übersetzungen waren sich wohl kaum bewusst, dass viele davon eher schlecht waren, übermäßig wörtlich (vor allem die Bibel von Valencia, von etwa 1400, gedruckt 1484, aber dann verbrannt), voller Fremdwörter und Neologismen, von mittelalterlichen Kommentaren abhängig oder aus zweiter Hand (Livius’ und Augustinus’ Gottesstaat z. B. wurden
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
aus dem Französischen übersetzt). Doch manch zukünftiger Autor hat – wie heute noch – beim Übersetzen schreiben gelernt und dabei verschiedene Stile beobachten können. Der königliche Notar Bernat Metge begegnete in den Werken Boccaccios und Petrarcas dem humanistischen Prosastil und hat dessen neuartigen ästhetischen Reiz voll erlebt und sich dann mit Erfolg bemüht, diesen mit seinem eigenen Meisterwerk Lo somni in die katalanische Literatur einzuführen. Als Laie konnte Metge sich vom Humanismus stärker beeinflussen lassen als Geistliche, die darin nur eine neue Darstellungsweise – vermehrte klassische Zitate – sehen durften. Der Mönch, der 1406 die Parlamentsrede des Königs mit Hinweisen auf Homer, Virgil, Ovid usw. bereicherte, behielt die Predigtform bei und ließ Martin I. das Thema «Gloriosa dicta sunt de te», auf Katalonien bezogen, wie ein Pfarrer auslegen. Übersetzungen, die den Satzkonstruktionen und rhetorischen Techniken ihrer Vorlage sklavisch folgen, können gewiss die Sprache beeinflussen, die Lektüre der Originale selbst kann aber die gleiche Wirkung haben. Man sollte eine Geschichte der Literatursprache nicht aus wörtlichen Übersetzungen ableiten. Freie Übersetzungen hingegen bieten sicherere Angaben über die sprachlichstilistischen Bestrebungen der Übersetzer. Dies soll im Folgenden an vier Texten gezeigt werden, in denen die Schönheit Christi oder einer Frau beschrieben werden. (Um Vergleiche zu erleichtern, sind Körperteile kursiv gedruckt.) Ludolf von Sachsen folgte ganz der Tradition, wenn er um 1360 in seiner Vita Christi Jesus wie folgt beschrieb: (4a) Ludolf von Sachsen, Vita Christi: (Jesus) «[…] vultum habens venerabilem, quem possent intuentes et diligere et formidare; capillos habens ad modum nucis avellana permaturae […]; frontem planam et serenissimam, cum facie sine ruga et sine macula, quam rubor moderatus venustavit. Nasi prorsus et oris nulla fuit reprehensio […] Oculis glaucis, variis et claris existentibus» (Rigollot, vol. 1/9, Paris, 1878).
Francesc Eiximenis übersetzt im folgenden Abschnitt nicht Ludolf, erinnert sich aber an dieselbe Tradition: (4b) Eiximenis, Llibre dels àngels (Valencia 1392, 3/24): (Jesus) «[…] els ulls gasets, bells e grans, fort luents e punyents, e de tanta virtut que sobtosament
provocava aquell que Ell guardava a pahor e a amor. Los cabells ab color d’avellana […] La cara sua era longa e fosqueta per la gran abstinència e penitència qu’El feya. Lo nas dret e fort bell. La boca petita e fort dolça e graciosa. Els labis prims e fort plasents de veer. La color de la cara declinava a moresquea, mesclada ab queucom de groguea, axí com solen aparer cares d’ómens colèrichs faens gran penitència. Les dents fort blanques e fort ben posades e tallades» (Ms. Madrid, Bib. Nac. 4030).
Ludolfs Vita Christi wurde Ende des 15. Jh. von Roís de Corella übersetzt. Dieser zeigt sich als moderner Übersetzer dadurch, dass er offensichtlich jedes Kapitel studierte, bevor er sich ans Übersetzen machte. So konnte er entscheiden, was er auslassen, resümieren oder anders anordnen wollte. Im Porträt Christi hat er einiges umgestellt und mit Erinnerungen an Colonnes Troyaroman ergänzt: (4c) Roís de Corella, Übersetzung der Vita Christi von Ludolf von Sachsen (Valencia 1496): (Jesus) «fon de statura acostant-se a granea proporcionada; aquells qui’l miraven lo podien amar y colrre. Los cabells de color de avellana […], niellats […] La sua faç speciosa, sens algun defalt ni màcula, ab una serenitat clara […] Lo front pla, sens alguna ruha. Les celles de color de castanya […] Lo nas aguileny […] Los ulls castanys, nets y lucidos […] La boca de magnitud mijana, ab los labis que sobre blanch a color vermella se acostaven. Les dents de una blancor de orientals perles […] Era la sua natural color venusta, de blancor viva, tirant a rosa blanca» (Colón, unter Martines 1999, 130).
Das nächste Zitat zeigt den Topos der Descriptio puellae. Um 1260 hatte Guido delle Colonne in seiner Historia Troyana beschrieben, was Paris an der schönen Helene bewunderte. 1370 wurde dieses Buch vom Protonotar Conesa wörtlich ins Katalanische übersetzt. Um 1460 hat Martorell das Porträt der Helene aus dem Gedächtnis in seinem Roman Tirant lo Blanc auf die Prinzessin von Konstantinopel angewendet: (4d) Martorell, Tirant lo Blanc (Valencia 1460–1464, gedruckt 1490), Kap. 119: Tirant bewundert die Prinzessin: «Stava admirat dels seus cabells qui de rossor resplandien com si fossen madeixes d’or […] Estava admirat encara de les celles que paria fossen fetes de pinzell […] Més stava admirat dels hulls que parien dues stelles redones relluints com a pedres precioses […] Lo seu nas era prim e afilat e no
176. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch massa gran ni poch, segons la lindesa de la cara que era de strema blancor, de roses ab liris mesclada. Los labis tenia vermells com a coral, e les dents molt blanques, menudes e spesses, que parien de crestaill» (Colón, unter Martines 1999, 130).
Man kann hier folgende Punkte beachten: Eiximenis macht kurze, beschreibende Sätze. Adjektive verstärkt er nur mit fort. Einschübe sind asketischer Art (zweimal Anspielung auf Buße). Christi Blick verursacht Angst und Liebe. Corella hat die Stelle in Ludolf in seine eigenen, längeren Sätze umgeformt. Er lässt einiges aus, interpoliert aber Angaben, die aus dem Troyaroman stammen. Jesus lädt den Betrachter zum «Lieben und Verehren» ein, wie in einer Kontemplation. Neologismen sind von höfischer Eleganz (niellats / speciosa / lucidos / venusta), wie auch die Endstellung des Verbes acostaven und der cursus in «[…] tirant a rosa blanca». Martorell zitierte aus dem Gedächtnis, benutzte aber die Gelegenheit nicht, den Text zu rhetorisieren. Er imitierte Colonnes stilbewusste siebenfache Wiederholung von «Paris bewunderte […]» nicht. Noch mehr überrascht, dass er erotische Elemente des Originals ausließ (z. B. «die Lippen verlockten zum Kuss»). Das Gesicht ist zugleich weiß und rot («roses ab liris mesclada»). Colonne brauchte diesen Vergleich für die Zähne im Zahnfleisch («dentes eburneos […] gingivae roseae […] videbantur lylia mixta rosis», von Conesa wörtlich übersetzt, während Corella «rote Lippen auf weißem Hintergrund» beschreibt). Martorell hat zwar in Conesas Übersetzung von Colonnes Troyaroman eine reichere Syntax gelernt, aber sein Porträt der Prinzessin blieb, in ästhetischer Hinsicht, mittelalterlich. Corellas Vita Christi-Übersetzung zeigt viel weniger als seine Ovid-Bearbeitungen sein Talent, mit Bildern (Schmuck, Kleider, Architektur), Wortwahl und v.a. Syntax den Leser seelisch anzusprechen. Im Vergleich mit ihm sind die Schriften des Eiximenis karg und farblos, der Tirant ein stilistisches Mischmasch. Man darf aber nicht vergessen, dass mittelalterliche Handschriften oft nur Gedächtnisstützen für mündliche Darbietungen waren. Während der Präsentation konnte der Text mit Einschüben aller Art belebt und gefühlsvoll ausgeschmückt werden. Es überrascht festzustellen, dass die vier Bände mit Predigten, die Eiximenis 1409 hinterließ, in lateinischer Sprache geschrieben waren. Er hat aber gewiss sein Leben lang in der Sprache des Volkes gepre-
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digt. Von Vicent Ferrer († 1419), der in ganz Europa auf Katalanisch predigte und trotzdem überall verstanden wurde, sind keine eigenhändigen Predigthandschriften erhalten. Einige Zuhörer aber haben Notizen gemacht, und diese zeigen, dass der Thaumaturg an Interpellationen, Ausrufen, theatralischen Dialogen usw. nicht sparte, wie im folgenden Beispiel zu sehen ist. So hat vermutlich auch Eiximenis gepredigt, aber er hielt es nicht für nötig, solche Details in seiner Vorlage auszuschreiben: (5) Vicent Ferrer, Predigt über Lukas 14.16 ss.: Die zum Bankett geladenen Gäste werden gezwungen, hinzugehen: «[en la carrera […]; a la plaça […]] Aprés anà avant e trobà’n d’altres que seïen al portal, així com fan les dones al filar: – E aquest li dóna un colp de bastó: Depuix altres que ballaven: – » (Riquer et al. 1964–88, vol. 2, 241).
Corella schrieb genau so, wie er es dann vorlesen wollte, oder wie der private Leser es lesen sollte. Alle Ausarbeitungen kamen in den Text selbst. Man ist an die Entwicklung der musikalischen Notation erinnert, die dem Interpreten zunächst bloß einen chiffrierten Bass zur freien Bearbeitung vorlegte, später aber vom Komponisten voll ausgeschriebene Partituren mit präzisen Angaben über Tempi, Lautstärke, Verzierungen usw. Oder man denkt an die Geschichte der Bühnenanweisungen, die sich von wenigen Didaskalien zu ausführlichen Vorschriften über Szenerie, Kostüme, Tonfall, Gestik usw. entwickelt haben. Die Einführung des Buchdrucks hat sicher Autoren angeregt, ihre Arbeiten mehrfach zu revidieren. Änderungen während dieser Etappe können Verbesserungen sein (Kontrolle der Satzstruktur, treffendere Wortwahl) oder aber die Lektüre erschweren (zusätzliche Synonyme, noch mehr Zitate, Anhängsel). Ein gedruckter Text, andererseits, kann vom geduldigen Leser analysiert werden, so wie man seit dem Humanismus gelernt hatte, in klassisch lateinischen Texten das Subjekt und das Hauptverb zu suchen (wie es oft auch in anspruchsvollen ‘volkssprachlichen’ Gedichten nötig war – wobei Wortordnung häufig bloß von Rhythmus und Reim bestimmt wurde). Corella, der als Vorbeter in religiö-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
sen Kontemplationen viel Erfahrung mit der Aufnahmefähigkeit des Publikums hatte, besaß ein besseres Gespür für die Grenzen der Rhetorik als Schreiberlinge, die von Büchern umringt arbeiteten. Die Übersetzer des 15. Jh. haben sich von der Tyrannei der Wörtlichkeit befreit. Wie mittelalterliche Auctores, welche Quellen bloß exzerpierten oder auf «Sentenzen» reduzierten, diese aus dem Gedächtnis benutzten und nach Bedarf erweiterten, behandelten nun auch Übersetzer ihre Vorlagen bloß als Quelle und gingen damit frei um. Leser von Übersetzungen lernten nicht nur neue Wörter und Ideen kennen, sondern auch neue Ausdrucks- und Gefühlsformen. Für ihre Unterhaltung stand ihnen eine wachsende Auswahl von Texten zur Verfügung. Dies führte zur Alphabetisierung erstaunlich weiter Kreise. Sogar Frauen des Mittelstandes konnten schreiben. Der folgende Brief konnte, wenn man den Inhalt betrachtet, nicht diktiert worden sein. Auf Drängen ihres Liebhabers, der sie nun verstoßen will, hatte die Schreiberin ihrem Ehemann Gift unter das Essen gemischt. Er bekam aber davon nur einen Tollwutanfall, wie auch die Katze, die den Teller ausgeleckt hatte. Sie verspricht, alles zu tun, was ihr Freund will, um von ihm verführt zu werden: (6) Brief aus Barcelona, 1374, in den Prozessakten kopiert: «Sényer meu: Faç-vos saber que som sana; alegra no som gayra entró fins que veja la vostra cara. Sényer meu: Faç-vos a ssaber que he reebuda una letra, la qual he bé entesa: entés he, Sényer meu, que vós vos volets desexir de mi. Plàcia a Déu fort febra sia qu’m prenga anans que vós vos vullats desexir de mi! Prech a Déu, sa febra m’ólsia abans que vós vos desistau de mi. […] Ffaç-vos saber, Sényer, que’l jorn que jo reebí la letra vostra doné d’allò que vós m’anviàs; li doní en l’escudella, e anà com a rabiós, ell – e es gat com hac lepada s’escudella –, com a rabiós per sa casa. E deya, si eren matzines açò que m’havets donat? […] E axí, Sényer meu, jo us promet que jo vos attrendré ço que us he promés, mas volríe-u fer ab seny. E tot seria que jagués un poch a’s lit» (Martí i Castell / Moran 1986, 80; m’ólsia = “soll mich umbringen”, a’s = en es = “in dem”).
4.
14. und 15. Jh.: Die valenzianische Kunstprosa
Katalonien ging es im 15. Jh. politisch und wirtschaftlich schlecht (ab 1462 Krieg gegen Juan II .), während Valencia – im Kontakt
mit König Alfons V. brillantem Hof in Neapel – ein goldenes Zeitalter erlebte. Eine Schwäche der Valenzianer für pompöse Ausdrucksweise können wir schon in einem Brief von 1399 beobachten, in dem der Stadtrat seine Sehnsucht, Vicent Ferrer wiederzusehen, auch im Stil zum Ausdruck bringen wollte: «A gran maravella tenim […] si vostra humanitat […] no pren entrenyor ne li ve desig de tornar ací, natural terra sua, d’on absent és estada per lonchs temps […]» (Rubio Vela 1985, vol. 1, 244). Um das volle Erblühen – frühere Literaturkritiker haben es «Wuchern» genannt – der valenzianischen Kunstprosa zu erklären, genügt es nicht, auf die Wiederentdeckung der klassischen Rhetorik und auf öffentliche Vorlesungen von «doctores solemnes italici» hinzuweisen. Was sich bei den katalanischen Humanisten unter dem Einfluss von Rhetorik und Cicero allein aus der Kanzleiprosa entwickelte, sehen wir z. B. im Memorial del pecador remut des Barceloniner Theologen Felip de Malla. Der erste Satz des großen Werkes zählt hundert Zeilen! Die Konstruktion – etwa so übersetzbar: «Ich habe eine Bibelstelle ausgesucht, die ich nun meiner Abhandlung über Leben und Leiden Christi zugrunde lege» – bleibt aber relativ übersichtlich und kann beim Vorlesen dank Intonation hörbar gemacht werden. Malla schreibt, wie er denkt und forscht. Das Resultat ist eher langweilig, mit wertlosen Synonymengruppen («desig e voler») und kalten Latinismen («suffragi e patrocini»). Man beachte das «donchs», Auftakt zum Hauptverb: (7) Felip de Malla, Memorial del pecador remut, Barcelona 1419: Syntaktisches Gerüst des ersten Satzes der Widmung: «Per tal car solament aquell temps de la vida e peregrinació de l’home […] és per Deu […] pres e admés en compte lo qual és […] despés en algun loable studi […] [+27 Zeilen gegen Müssigkeit], per tant yo, Phelip de Malla […], premogut e exortat per alguns frares meus […], confiant de la divinal influència [+12 Zeilen] e confiant del suffragi e gran patrocini de les oracions vostres [+19 Zeilen], confiant, donchs, de les coses dites, he deliberat un thema […], per tal com axí era nostre desig e voler de tractar contemplativament de la Passió e Mort del fill de Déu fet home […], explicant la causa […] de aquella […], si bé la mia fràgil capacitat no és sufficient […]» (ed. Balasch, Els Nostres Clàssics, Barcelona, 1981, 118).
Dieser Schreibstil hat sich überall und für lange Zeit etabliert. Statt Latinismen finden
176. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch
wir später Kastellanismen; Quantität und Qualität der Zitate hängen vom Wissensgrad und -stolz des Schreibers ab. Der Sprachreformer Fabra sah um 1924 in solchen Bandwurmsätzen, mit mehreren Partizipien, bevor endlich Subjekt und Hauptverb kommen, das größte Hindernis, das Katalanische wieder zu einer Kultursprache zu erheben. Von 1500 bis 1900 kam ein ungebildeter Bürger, der sich Muster für eigene sprachliche Bemühungen suchte, nur mit zwei Arten gehobener Sprache in Berührung: die schwülstige Rhetorik der Prediger und der Politiker. Was aus humanistisch-rhetorischer Prosa elegante Kunstprosa entstehen ließ, war das Bestreben, Gefühlsüberfluss sprachlich zum Ausdruck zu bringen (so wie es verliebte Dichter in ihren Versen taten). Welche sprachlichen Mittel den Hörer und Leser ergreifen, konnten Prediger seit der Verbreitung der devotio moderna in ihren öffentlichen Kontemplationen auch ohne Hilfe von Professoren oder Handbüchern entdecken. Die v.a. in Valencia häufigen literarischen Wettbewerbe (certàmens) und galanten literarischen Abendunterhaltungen machten weite Kreise mit dem neuen manieristischen Stil vertraut. Die neue, gefühls- und tränenreiche Ausdrucksform wurde in allen Textsorten verwendet – Bearbeitungen mythologischer und biblischer Themen, literarische Liebesbriefe, novela sentimental – und hat vielleicht als Reaktion eine vermehrte Produktion grob-‘männlicher’ Texte provoziert. Ende des Jahrhunderts übersetzte Vallmanya drei spanische Texte mit unterschiedlichen Themen und Stilen, behandelte sie aber alle genau gleich. Meine Kommentare zu den folgenden Beispielen seiner freien Übersetzungen weisen auf die Hauptcharakteristika der valenzianischen Kunstprosa hin: (8) Vallmanya, stilistische Änderungen in seinen Übersetzungen dreier spanischer Texte, 1493–95: suaves olores: «odorífera fragrància» (mehrsilbige Neologismen, Spiel mit Rhythmus und Klang); príncipes del infierno: «ferocíssims diabólichs prínceps» (Italianismus mit neuer Superlativendung, zwei Adjektive ohne Konjunktion); con lloro … con alegría: «ab doloroses làgremes […] ab perfeta alegria» (Adjektive zugesetzt); dezía: «pronunciant dolorosament deya» (Adverb, Synonymenverdopplung mit Wechsel der Wortklasse);
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adoraron los ydolos […] no adoraron Dios: «deixant Deu adoraven les ydoles» (Wortwiederholung vermieden, Hypotaxis); si muriese: «si morint pagàs a la mort lo seu natural deute» (artistische Umschreibung mit zwei Verben. – Andere Konzepte, die wortreich umschrieben werden, sind sagen, antworten, schreiben, sterben, beichten, kommunizieren, Morgen, Abend usw.); vínose para mí: «dreçant vers mi los seus attentats passos venia» (überraschendes Adjektiv, Umschreibung für “kommen”, Hauptverb am Satzende); criatura muy sancta: «sancta, celestial i angèlica creatura» (drei Adjektive, cursus velox); arderá y quemará: «ardentment cremarà ab furioses flames» (Synonymengruppe durch adverbialen Ausdruck ersetzt, theatralisch verstärkt, Alliteration); pedí […] y respondió: «havent demanat […] respós» (Partizipialkonstruktion); perdiste / recibirás: «has volgut perdre / poràs prendre» (modale Hilfsverben).
Der unbestrittene Meister der valenzianischen Kunstprosa war Roís de Corella († 1497). Als Student der Theologie hatte er sich mit sorgfältigen Reformulierungen biblischer oder klassisch-mythologischer Geschichten eingeübt (Josef / Ovids Myrra, Biblis, Hero, Pyramus usw.) und dann auch Heiligenleben auf ähnliche Art behandelt. Seine Methode zeigt den Fortschritt gegenüber mittelalterlichen Übersetzungsgewohnheiten: eingehendes Studium der Quelle(n), Auswahl bestimmter Stellen, amplificatio dieser Stellen und Interpolationen, mehrere stilistische Revisionen, immer mit Hinsicht auf den Leser. Man kann sich nicht recht vorstellen, dass auch der heruntergekommene Ritter Joanot Martorell um 1460 mit dieser Methode arbeitete. Er schrieb nur vier Jahre lang an seinem tausendseitigen Roman Tirant lo Blanc. Er hat allerdings viele alte Texte einfach plagiiert (z. B. Statuten des Hosenbandordens, Llull, einen Brief Petrarcas, Mandeville) und es mag sein, dass so ziemlich alle Sätze im Tirant in pompöser Kunstprosa Zitate oder Erinnerungen sind. Über hundertfünfzig Stellen kommen aus Werken Corellas; Dutzende mehr sind aus dem katalanischen Seneca, Troyaroman oder aus Boccaccios Fiammetta. Diese Zitate sind meist erstaunlich gut in den neuen Text eingewoben, was eine zweite Hand kaum hätte tun können (cf. Hauf 1993). Valencia hat damals noch weitere Meisterwerke hervorgebracht. Um 1450 schrieb ein Unbekannter, der von sich selbst nur be-
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
richtet, er habe erst im hohen Alter zum ersten Mal zur Feder gegriffen, den Roman Curial i Güelfa. Gegen Ende des Jahrhunderts verfasste die adlige Äbtissin Isabel von Villena eine einfühlende Vita Christi mit vielen Diminutiven, die aber nicht als ‘feministischer Stil’ zu deuten sind. Auch der Arzt Jaume Roig hat erst spät im Leben sein einziges Buch geschrieben, den Spill (“(Narren-)Spiegel”, um 1460). Hätte er ihn in Prosa geschrieben, meinte ein Literaturhistoriker, wäre dies der beste frühe Roman Europas geworden (und nicht Tirant lo Blanc, wie Cervantes urteilte). Mit viel Sprachtalent und Fantasie schrieb Roig aber über sechzehntausend Viersilber. (Diese Freude an Sprachkünstelei steckt auch hinter der alten valenzianischen Spezialität, möglichst lange Texte aus nur einsilbigen Wörtern zu basteln.) Roigs Themen sind oft vulgär, was nicht heißt, dass er sich nicht Leser oder Zuhörer gehobener Klasse vorstellte. Hier die Geschichte der in einer Fleischpastete gefundenen Fingerspitze: (9) Jaume Roig, Spill, ca. 1460: «[…] En un pastís, capolat, trit, d’hom cap de dit hi fon trobat. Fon molt torbat qui’l conegué […] La pastissera, ab dos aidans, filles ja grans, era fornera e tavernera. Dels que hi venien, allí bevien, alguns mataven; carn capolaven, feien pastells, e dels budells feien salsisses o llonganisses» (Riquer et al. 1964–88, vol. 1, 243).
5.
Decadència: Die große Unterbrechung von 1500 bis 1850
Mit Corella ging auch die valenzianische Kunstprosa zu Ende. Für drei Jahrhunderte ist es vorbei mit Belletristik in katalanischer Sprache. Diese Epoche wird traditionell Decadència genannt. Nun ist aber das Katalanische nach 1500 nicht ‘dekadent’ geworden; es wurde einfach als Literatursprache vermieden. Nach einer Generation, die in zwei Sprachen schrieb, benutzten Humanisten nun nur noch Lateinisch, und wer erlauchte Kreise von Laien-Lesern beeindrucken wollte, nur noch Spanisch. Verleger erklärten den Autoren, dass spanische Bücher mehr Absatzmöglichkeiten hätten – ein Argument, das auch heute noch oft zu hören ist. Nur Texte volksreligiöser Art, wie Buß-
Psalmen, Katechismen, goigs (in Kapellen aufliegende Einblattdrucke), sowie Texte für die Grundschule, spätmittelalterliche Unterhaltungsliteratur, wie die Romane Partinobles und Pierre de Provença (cf. Cingolani, in: Badia / Soler 1994) und ‘Banditen-Epen’, fanden auch weiterhin auf Katalanisch reichlich Absatz. Die katalanische Sprache selbst hatte die Entwicklung von einer mittelalterlichen zu einer modernen Sprache bestens vollzogen. Das Altkatalanische, nun oft llemosí genannt, hatte sich phonetisch in jeder der vier Hauptregionen etwas verändert (cf. z. B. die Varianten der 1. Pers. Sg. Ind. auf den Balearen, in Valencia, in Katalonien und im Rosselló: jo parl / parle / parlo / parli). Mehrere alte Texte – z. B. von Llull und Eiximenis oder die Übersetzung der Imitatio Christi – wurden in modernisierten Revisionen (nach)gedruckt (cf. Schmid 1988). Ein sonst unbekannter Schulmeister aus Barcelona hat 1480 die hundert Jahre alte katalanische Übersetzung des De regimine principum des Aegidius Romanus mit aristotelischen Vignetten bereichert und sorgfältig sprachlich revidiert. Er hat v.a. die überflüssig gewordenen multinominalen Ausdrücke nach neuem Stand der Sprache gekürzt. (Französische Herausgeber taten dies erst fünfzig Jahre später.) Von alten Kombinationen zweier Wortbildungsvarianten, und von Latinismen mit Glossen ließ er nur diejenige Form stehen, die sich eingebürgert hatte: statt prioritat o prioria druckte er prioritat, statt principant o senyorejant nur senyorejant. Die wörtliche Übersetzung habunden les pluges celestials, auch im Original ohne poetische Absicht, wurde durch ein normales plou ersetzt. Ein weiterer Grund, weshalb Katalanisch als Hochsprache verschwand, könnte gewesen sein, dass die verkünstelte valenzianische Prosa ihre Faszination verloren hatte. Epigonen von Corella ohne Sprachgefühl verstanden es nicht, einen Kompromiss zu finden zwischen ihrem Kunstdrang und dem Anspruch auf Klarheit von Seiten der Leser. Einige gingen rein mechanisch vor, ohne je zu kontrollieren, ob die Struktur übersichtlich blieb. Im folgenden Zitat meint der Leser, es sei das «verirrte Gewissen», das an die Türe klopft; aber die syntaktische Einheit aquella […] embaixada die darauf folgt, von sieben Wörtern unterbrochen, kann nicht das Objekt von tocar sein (oder etwa doch?). Der Sinn ist also eher: “Als der schmerzende
176. Geschichte der Literatursprache in der Romania: Katalanisch
Hilferuf meiner seufzenden Seele mit Schreien schwerer Tränen an die verschloss’ne Pforte schlug […]”. Zu lexikalisch-syntaktischen Schwierigkeiten traten nun noch solche konzeptueller Art: (10) Jeroni Fuster, Betrachtung über den Psalm De profundis, gedruckt Valencia 1490, Anfang: «En la fonda, trista e plorosa vall de làgremes, on de continu los trists miserables peccadors a l’etern Rey de glòria tan greument desobehint offenen, caminant la mia culpable inpenident Consciència per les verts, florides y delitoses silves de les affections mundanes, e perduda en lo trist laberinto de tan infinits delictes, ab crits de greus plors toquant a les tanquades portes aquella de la mia trista ànima tan dolorosa embaixada, se féu a les ubertes finestres de la mia delitosa vista una discreta e graciosa donzella que Voluntat se nomena, la qual totes les humanes forces ab gran senyoria vencent subjuga» (Ferrando 1993, 97).
Man kann solchen ‘musikalischen’ Texten zuhören, auch ohne sie ganz zu verstehen, ähnlich wie im 17. und 18. Jh. hochrhetorische Predigten in einem für die meisten Katalanen nur halb verständlichen, aber prestigereichen Spanisch bewundert wurden. Der barocke Stil kann aber rasch zur Übersättigung führen oder zu einer Gefühlsduselei, die zu gewissen Zeiten in bestimmten Kreisen nicht geduldet wurde. Miquel Peres fand 1499 für seine Geschichte des Lebens der heiligen Katherina von Siena großen Absatz. Um aus Bischof Antoninos chronikartigen Angaben ein Werk von zeitlosem Wert zu erarbeiten, hatte er Daten und viele Namen einfach weggelassen und mit Hinweisen auf höfisch-elegante Umgangsformen und mit theatralischen Elementen ersetzt. Aber 1511 wurde eine wörtliche – und folglich schmucklose – Übersetzung der Katherinenlegende des Raimundus de Capua gedruckt, in der der Übersetzer sich rühmt, an Stelle des «poetischen und verkünstelten Stiles» seines Vorgängers (das heißt Peres), «der für Ordensleute, vor allem solche ohne Schulung – und die meisten Frauen sind ja ungebildet und dumm – unangebracht ist», seine eigene «einfache und grobe Redensweise» verwendet zu haben. Der preziöse Stil trieb noch eine letzte Blüte in der Heiligenlegende, die 1542 der valenzianische Humanist und Theologe Anyes einer Gräfin widmete. Im Vorwort erfahren wir, dass die Mutter der Gräfin ihre selbst ausgearbeiteten Gebete schon zwei-
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mal hatte drucken lassen. Der (weibliche?) Landadel mag also auch im 16. Jh. noch an anspruchsvollen katalanischen Schriften interessiert gewesen sein, aber der ‘Fortschritt’, der soziale Aufstieg, in politischen und religiösen Kreisen, ging über das Kastilische. Es ist bezeichnend, dass die weitverbreitete allegorische Erbauungsschrift El Desitjós von 1515 schon bald auch von Katalanen in spanischer Übersetzung gelesen wurde. Das Katalanische wurde schon in jenen Jahren, was Capmany 1779 nannte: «un idioma antiguo provincial, muerto hoy para la República de las letras» (Comas 1967, 12). Die beste Erklärung für den Verrat der Intelligenz an ihrer Muttersprache ist politischer und sozialer Art. Die katalanische Königsdynastie war 1410 ausgestorben und wurde mit Regenten aus Kastilien ersetzt, was zur Föderation im Jahre 1479 führte (und zur Aufhebung aller alten Rechte im Jahre 1714). Die Sprache des Hofes und der Aristokratie war jetzt Spanisch (in der kirchlichen Hierarchie war sie es schon seit 1482, seit der Einführung der Inquisition). Wer sich an die Oberschicht wandte, benutzte Spanisch. Aus Gründen des Prestiges gingen Dichter wie z. B. der Barceloniner Boscán zum Spanischen über. Andere Dichter imitierten spanische Versformen und schmückten ihre Arbeiten mit fremden Wörtern. Auf den Theaterbühnen redete nur noch das Dienstmädchen Katalanisch. Das Volk verlor die Selbstsicherheit, in seiner eigenen Sprache schreiben zu können. Spanisch ersetzte Katalanisch zuerst als Literatursprache, dann allgemein als Schriftsprache. Allerdings gibt es Forscher, die glauben, dass es noch viel katalanische ‘Literatur’ aus dem 16. bis 19. Jh. zu entdecken gibt. Es war gewiss nicht selten, dass jemand Briefe und Tagebücher weiterhin auf Katalanisch schrieb, mehr oder weniger vom Spanischen beeinflusst. Der Baron von Maldà hinterließ 1818 ein jahrzehntelang geführtes Tagebuch in sechzig Bänden! Auch die Administration funktionierte bis 1714 auf Katalanisch, aber schon seit etwa 1650 war in königlichen Erlassen nur noch die Eingangsformel Katalanisch. (Dies ist heute wieder die Situation in der Stadtverwaltung von Valencia: Briefkopf Valencianisch, alles andere Spanisch.) Aus dem 16. und dem 17. Jh. seien zwei Texte zitiert: der erste von einem Bürger aus Barcelona, der 1582 einen Überfall auf Ignatius von Loyola beschrieb. Dieser hatte die
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XIII. Kommunikationsbereiche, Medien und Textsorten aus sprachgeschichtlicher Sicht
Nonnen angewiesen, keine Männer mehr ins Kloster einzuladen (zu eleganten ‘harmlosen’ Gesprächen über religiöse Themen?). Dies führte zu folgender Aktion der vorstoßenden Männer: (11) «Enfadats y enojats alguns d’ells y cegos de sa propia passió, conexent que lo dany d’esta mudança exia com de caussa de las pláticas y persuacions del Pare Ignaci, se determinaren de matar-lo o maltractar-lo molt. Y axí lo feren esperar per un esclau, una tarde, entre lo dit monestir aont estava y lo portal de Sant Daniel. Y venint-se’n axí ell per a sa cassa, ressant, li isqué devant lo esclau, y tractant-lo mal de paraulas, pasá a les mans y obres; que foren tals que dels cops, bofetades y bastonadas que li pagá, fins a no poder més, ab una gran berga de bou, lo dexá en terra per mort, sense quexar-se mai» (Martí i Castell / Moran 1986, 192).
Der Schreiber ist in Orthographie und Wortwahl vom Spanischen beeinflusst (cassa / ressant; cego / plática [berga statt verga ist eine sprachinterne Entwicklung]) und beginnt allzu viele Sätze mit Partizipialkonstruktionen, was zu Ambiguität im Subjekt von quexar-se führt. Das folgende Beispiel stammt aus der Feder des dichtenden Pfarrers von Vallfogona, der in dieser Predigt v.a. die Technik der amplificatio in Parallelkonstruktionen demonstriert: (12) Der Pfarrer von Vallfogona, Predigt zum Tode Philips III , Girona 1621: «Mira a Felip III […], convertit en un cabás de terra. Lo per a qui’s teixien les sedes, lo per a qui’s filaven les holandes y sinabafes, per a qui s’inventaven noves mostres de brocats en Itália, per a qui’s pescaven les perles en lo Mar del Sur, per a qui’s cercaven les mines en Chile: javui se contenta ab una púrpura fúnebre, ja está reduit y enclaustrat en una sepultura. […] Ací arriben tiares, corones, capellos, mitres, gorres y caperusses, capes de gorgaran y de pastor, que igualment se n’entra la mort per los palaus de marbre y jaspe, y cabanyes de fang y rames» (Martí i Castell / Moran 1986, 208).
Auch wenn zwischen 1500 und 1850 sicher viel mehr auf Katalanisch geschrieben wurde, als wir heute kennen, so wurde doch das Wenige, das gedruckt worden ist, von Leuten, die den Kulturbetrieb bestimmten, nicht gelesen. Der Graf von Villatorcas († 1722) besaß in seinem Palast in Valencia, wo die Academia de los Desamparados ihre Versammlungen hielt, über fünftausend Bücher. Nur sieben davon waren Katalanisch: ein
Beichtspiegel, das Llibre de les dones von Eiximenis, die Gedichte von Ausiàs March, der Spill von Roig, populäre Verse des Valenzianers Fenollar, Gedichte des Pfarrers von Vallfogona. Von Llull besaß der Graf sechs Werke, alle auf Lateinisch. Im Inventar eines 1648 in Barcelona verstorbenen Pfarrers – der sicher auch Katalanisch schreiben konnte, aber seine eigenen Máximas auf Spanisch abfasste – finden wir unter zweihundert Büchern nur ein einziges auf Katalanisch: häufig gedruckte moralisierende Verse eines Mallorkiners. Es ist nun aber bezeichnend, dass der moderne Herausgeber des Inventars etwa zwanzig lateinische und spanische Bücher daraus als Llibres d’autors catalans zusammenstellte. Von hier wäre es nur noch ein kleiner Schritt, diese Bücher zur ‘katalanischen Literatur’ zu zählen. Aber solche Texte entstanden nicht als Beitrag zu einer eigenständigen katalanischen Kultur, noch förderten sie das katalanische Selbstbewusstsein. (Die Diskussion, ob ein Katalane auf Spanisch etwas zur katalanischen Kultur beitragen kann oder durch das Verlassen seiner Muttersprache derselben nicht vielmehr ein Grab bereiten hilft, erhitzt auch heute noch die Gemüter.)
6.
Renaixança: Neubeginn und 20. Jh.
An Apologien der Muttersprache fehlte es nie (cf. Comas 1967). Um den Katalanen Spanisch oder Latein beizubringen, waren natürlich Grammatiken und Wörterbücher nötig (cf. Marcet / Solà 1998), und mehrere Verfasser benutzten die Gelegenheit, den Rückgang des sozialen Gebrauchs des Katalanischen anzuprangern. Ballot z. B. glaubte, dass das «tote Katalanische» dank Studium der alten Texte seitens sprachbegabter Kenner, die wissen, wie man den Wortschatz erneuert und