Skript des Theorieteils der Vorlesung Physik D Sommersemester 2006
Department Physik Universit¨at Paderborn
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Skript des Theorieteils der Vorlesung Physik D Sommersemester 2006
Department Physik Universit¨at Paderborn
Priv.-Doz. Dr. Torsten Meier
Inhaltsverzeichnis 1
2
3
4
Quantenmechanik in drei Dimensionen (3D) 1.1 Allgemeine Vorbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Rotationssymmetrische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Eigenfunktionen des Drehimpulses: Kugelfl¨achenfunktionen . . . . 1.2.2 Die radiale Schr¨odingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Das Wasserstoffatom: Die Radialgleichung mit Coulomb-Potential . 1.2.4 Die Wasserstoffwellenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 1.2.5 Optische Uberg¨ ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.6 Drehimpulse und magnetische Momente . . . . . . . . . . . . . . . Quantenmechanik des Elektronenspins 2.1 Spinoperatoren und Pauli-Matrizen . . . . . . 2.2 Die Zust¨ande in Ortsraum-Spin-Darstellung . 2.3 Ortsraum- und Spin-Operatoren . . . . . . . 2.4 Relativistische Behandlung: Dirac-Gleichung
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1 1 4 7 10 13 18 22 23
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31 32 37 37 38
Energieniveaus wasserstoffartiger Atome mit relativistischen und quantenelektrodynamischen Korrekturen 3.1 Die Feinstruktur - Relativistische Korrekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Die Korrekturterme zum nichtrelativistischen Hamiltonoperator . . . . 3.1.2 St¨orungstheoretische Berechnung der Energiekorrekturen . . . . . . . . 3.2 Quantenelektrodynamische Korrekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Hyperfeinwechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Zeeman-Effekt mit Ber¨ucksichtigung der Spin-Bahn-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Vielelektronenatome 4.1 Das Heliumatom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Diskussion von N¨aherungsl¨osungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Grundz¨uge der Vielteilchen-Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Wellenfunktionen f¨ur zwei gleiche Teilchen . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Wellenfunktionen f¨ur N-Teilchen-Systeme . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Elektronische Wellenfunktionen in Ortsraum-Spin-Darstellung . . 4.2.4 Anwendung: Qualitative Behandlung des Helium-Atoms mit Spin 4.3 N¨aherungsverfahren f¨ur atomare N-Elektronen-Systeme . . . . . . . . . 4.3.1 Das nichtwechselwirkende Elektronengas . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Die Thomas-Fermi-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 55 56 61 62 64 65 67 72 72 75
-1
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40 41 41 43 49 50
4.4 5
4.3.3 Die Hartree-N¨aherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4 Die Hartree-Fock-N¨aherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5 Jenseits Hartree-Fock: Vielteilchen-Korrelationen . . . . . . . . . . . Das Schalenmodell der Elektronenh¨ulle von Atomen bzw. das Periodensystem
Molekulphysik ¨ 5.1 Das molekulare Vielteilchen-Problem . . . . . . . 5.1.1 Die Born-Oppenheimer-N¨aherung . . . . . 5.2 Die chemische Bindung . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Die kovalente Bindung . . . . . . . . . . . 5.2.2 Arten der chemischen Bindung . . . . . . . 5.3 Die Bewegung der Kerne . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Kernbewegung in zweiatomigen Molek¨ulen 5.3.2 Vibrationen in mehratomigen Molek¨ulen .
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79 85 90 91
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96 96 97 99 99 107 114 114 117
X.Y Zeitabh¨angige St¨orungstheorie und Licht-Materie-Wechselwirkung . X.Y.1 Zeitabh¨angige St¨orungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . X.Y.2 Anwendung: Periodische St¨orung und Fermi’s Goldene Regel X.Y.3 Anwendung: Licht-Materie-Wechselwirkung . . . . . . . . .
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118 118 121 123
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Kapitel 1 Quantenmechanik in drei Dimensionen (3D) 1.1 Allgemeine Vorbetrachtungen Die zeitabh¨angige Schr¨odingergleichung (SGL) lautet −
h ¯ ∂ ˆ Ψ(r, t) = HΨ(r, t) ; i ∂t
(1.1)
(hier und im Folgenden bezeichnen fettgedruckte Gr¨oßen Vektoren, also r bedeutet ~r, etc.). ˆ ist die Summe aus der kinetischen und der potentiellen Der Hamiltonoperator H Energie und gegeben durch 1 2 ˆ ˆ = Tˆ + Vˆ = 1 (ˆ ˆ + V (r) . p2x + pˆ2y + pˆ2z ) + Vˆ (r) = p H 2m 2m
(1.2)
Der Impulsoperator ist gegeben durch ˆ = pˆxex + pˆy ey + pˆz ez , p
(1.3)
wobei ei die Einheitvektoren in die drei Raumrichtungen bezeichnen. In der Quantenmechanik (QM) ist dem Impuls ein Ableitungsoperator zugeordnet. In 3D gilt ˆ = pˆxex + pˆy ey + pˆz ez p h ¯ ∂ h ¯ ∂ h ¯ ∂ = ex + ey + ez i ∂x i ∂y i ∂z h ¯ = ∇, i
1
(1.4)
∂ ∂ ∂ ex + ∂y ey + ∂z ez . mit dem Nabla-Operator ∇ = ∂x Hiermit ergibt sich f¨ur die kinetische Energie Tˆ aus Gl. (1.2)
1 h ¯ 2 h ¯2 2 h ¯2 1 2 ˆ ˆ = p ( ∇) = − ∇ =− ∆, T = 2m 2m i 2m 2m mit dem Laplace-Operator ∆ = ∇2 =
∂2 ∂x2
+
∂2 ∂y 2
+
(1.5)
∂2 ∂z 2 .
Die Wellenfunktion Ψ(r, t) ist ein komplexwertiges Feld, das parametrisch von der Zeit abh¨angt. Das Betragsquadrat der Wellenfunktion |Ψ(r, t)|2 ist die Aufenthaltwahrscheinlichkeitsdichte. Da sich das Elektron (bzw. das quantenmechanische Teilchen) irgendwo aufhalten muss, gilt Z
dr |Ψ(r, t)|2 = 1 ;
(1.6)
dies wird auch als Normierung bezeichnet. Formal: Ψ ist Element eines linearen komplexen unit¨aren Vektorraumes, des Hilbertraumes H. Das bedeutet, dass mit Ψ auch cΨ mit einer beliebigen komplexen Zahl c und mit Ψ1 und Ψ2 auch Ψ1 + Ψ2 Elemente von H sind. Unit¨ar bedeutet, dass in H ein Skalarprodukt existiert. Dies wird geschrieben als Z hΦ|Ψi = dr (Φ(r))∗ Ψ(r) . (1.7) Die Normierung, siehe Gl. (1.6), bedeutet also hΨ|Ψi = 1. Genaueres und weitere Details zur formalen Quantenmechanik gibt es in der Vorlesung Quantenmechanik im 5. Semester. Von Gl. (1.1) gelangt man durch den Separationsansatz Ψ(r, t) = Ψ(r)e−(i/¯h)Et .
(1.8)
zur zeitunabh¨angigen SGL. Gl. (1.8) eingesetzt in Gl. (1.1) ergibt sich −
h ¯ i h ¯ ∂ Ψ(r, t) = − (− E)Ψ(r)e−(i/¯h)Et = EΨ(r)e−(i/¯h)Et i ∂t i h ¯ ˆ = HΨ(r)e−(i/¯h)Et .
(1.9)
Multiplizieren mit e+(i/¯h)Et ergibt ˆ HΨ(r) = EΨ(r) .
(1.10)
ˆ Diese zu l¨osen Gl. (1.10) ist die Eigenwertgleichung des Hamiltonoperators H. ˆ d.h. f¨ur ein gegebenes Potential Vˆ (r), alle heißt, dass man f¨ur ein gegebenes H, 2
Eigenfunktionen Ψn (r) bestimmen muss. Dies sind Wellenfunktionen, die sich ˆ bis auf einen rellen Faktor En reproduzieren: nach Anwendung von H ˆ n (r) = En Ψn (r) . HΨ
(1.11)
ˆ En sind die Eigenwerte des Energieoperators H. ˆ so ist die allgemeine Kennt man alle Eigenwerte und Eigenfunktionen von H, L¨osung der zeitabh¨angigen Schr¨odingergleichung gegeben durch die Superposition X Ψ(r, t) = cn Ψn (r)e−(i/¯h)En t , (1.12) n
mit beliebigen komplexen Zahlen cn .
Wie schon in einer Dimension (1D) ist auch in 3D die zeitunabh¨angige SGL nicht f¨ur beliebige Potentiale analytisch l¨osbar. In 3D kann das Problem oft durch geeignete (symmetrieangepasste) Koordinatensysteme vereinfacht werden. Z.B. ist es u¨ blicherweise vorteilhaft Kugelkoordinaten f¨ur die Beschreibung rotationssymmetrischer Probleme zu verwenden (siehe unten). Setzt sich das Potential additiv aus Beitr¨agen zusammen, die nur von bestimmten Koordinaten abh¨angen, l¨aßt sich das Problem oft durch einen Separationsansatz vereinfachen. Einfaches Beispiel: ˆ = Tˆ + Vˆ = Pi=x,y,z H ˆ i mit Es gelte Vˆ (r) = Vˆx (x) + Vˆy (y) + Vˆz (z), d.h. H ˆ i = pˆ2 /2m + Vˆi (i). H i Verwendet man f¨ur die Wellenfunktion den Produktansatz Ψ(r) = Ψx (x)Ψy (y)Ψz (z) ,
(1.13)
so folgt EΨ(r) = EΨx(x)Ψy (y)Ψz (z) = (1.14) ˆ ˆx + H ˆy + H ˆ z )Ψx(x)Ψy (y)Ψz (z) = HΨ(r) = (H ˆ x Ψx(x))Ψy (y)Ψz (z) + Ψx (x)(H ˆ y Ψy (y))Ψz (z) + Ψx(x)Ψy (y)(H ˆ z Ψz (z)) . (H Division durch Ψ(r) liefert ˆ y Ψy (y) H ˆ z Ψz (z) ˆ x Ψx(x) H H + + . E= Ψx (x) Ψy (y) Ψz (z) 3
(1.15)
Da x, y und z unabh¨angig voneinander sind, muss jeder der drei Terme konstant sein, d.h. es muss gelten ˆ iΨi (i) = EiΨi (i) , H (1.16) f¨ur i = x, y, z und E = Ex + Ey + Ez . Das 3D-Problem l¨aßt sich also in 3 ungekoppelte 1D-Probleme zerlegen. Bsp.: Dreidimensionaler harmonischer Oszillator Vˆ (r) = 12 Dx xˆ2 + 12 Dy yˆ2 + 21 Dz zˆ2 . Der Spezialfall Dx = Dy = Dz = D beschreibt den isotropen harmonischen Oszillator f¨ur den gilt Vˆ (r) = 12 D|r|2 = 21 Dr2 , d.h. das Potential ist rotationssymmetrisch und h¨angt nur vom Radialabstand r und nicht von der Richtung, die in Kugelkoordinaten durch die Winkel Θ und Φ bestimmt ist, ab.
1.2 Rotationssymmetrische Probleme Wir betrachten nun ein quantenmechanisches Teilchen in einem Zentralkraftfeld Vˆ (r) = Vˆ (r). Der Hamiltonoperator lautet also 2
¯ ˆ = Tˆ + Vˆ = − h H ∆ + Vˆ (r) . (1.17) 2m Aufgrund des rotationssymmetrischen Potentials ist es hilfreich mit Kugelkoordinaten zu arbeiten, d.h. x = r sin Θ cos Φ , y = r sin Θ sin Φ , z = r cos Θ ,
(1.18)
bzw. r 2 = x2 + y 2 + z 2 , z cosΘ = , (x2 + y 2 + z 2 )1/2 y tanΦ = . (1.19) x Um den Hamiltonoperator in Kugelkoordinaten anzugeben, muss man ∇ bzw. ∆ = ∇2 in Kugelkoordinaten transformieren. Es ergibt sich ∆=∇
2
∂2 2∂ 1 ∂2 1 ∂ 1 ∂2 = + + + cot Θ + (1.20) ∂r2 r ∂r r2 ∂Θ2 r2 ∂Θ r2 sin2 Θ ∂Φ2 1 ∂ 1 ∂2 ∂ 1 ∂ 2∂ )+ 2 (sin Θ ) + 2 2 ( 2 ) , = 2 (r r ∂r ∂r r sin Θ ∂Θ ∂Θ r sin Θ ∂Φ 4
d.h. es gibt verschiedene a¨ quivalente Darstellungen. Man kann nat¨urlich vermuten, dass wie in der klassischen Physik auch in der QM der Drehimpuls verwendet werden kann, um das Problem zu vereinfachen. Der quantenmechanische Drehimpulsoperator ist gegeben durch ˆ = ˆr × p ˆ. L
(1.21)
Es gilt also in kartesischen Koordinaten h ¯ ∂ ∂ ˆ x = (ˆ L y pˆz − zˆ pˆy ) = (ˆ y − zˆ ) , i ∂z ∂y ∂ ∂ h ¯ ˆ y = (ˆ z − xˆ ) , L z pˆx − xˆ pˆz ) = (ˆ i ∂x ∂z h ¯ ∂ ∂ ˆ z = (ˆ L x pˆy − yˆ pˆx) = (ˆ x − yˆ ) . i ∂y ∂x
(1.22)
F¨ur das Quadrat des Drehimpulses ergibt sich in Kugelkoordinaten ∂ ∂ 1 ∂2 2 1 2 2 ˆ ˆ ) = −¯h L = (ˆr × p (sin Θ ) + ) . ( sin Θ ∂Θ ∂Θ sin2 Θ ∂Φ2
(1.23)
Eingesetzt in Gl. (1.20) finden wir also
1 ∂ 2∂ 1 ˆ2 (r ) − L . (1.24) r2 ∂r ∂r r 2h ¯2 Hieraus ergibt sich f¨ur den Hamiltonoperator mit (einem beliebigen) rotationssymmetrischen Potential ∆=
1 ˆ2 h ¯2 1 ∂ 2 ∂ ˆ ˆ ˆ (r ) + L + V (r) . H =T +V =− 2m r2 ∂r ∂r 2mr2
(1.25)
ˆ und L ˆ 2? Gibt es gemeinsame Eigenfunktionen von H Um diese Frage beantworten zu k¨onnen, muss man den folgenden Kommutator betrachten ˆ L ˆ 2] = [Tˆ, L ˆ 2] + [Vˆ , L ˆ 2] [H, (1.26) 2 h ¯ 1 ∂ 2∂ 1 ˆ2 ˆ2 ˆ 2] = 0 , = [− (r ) + L , L ] + [V (r), L 2 2 2m r ∂r ∂r 2mr ˆ 2 nur auf die Winkel Θ und Φ wirkt und [L ˆ 2, L ˆ 2] = 0. da L ˆ 2. ˆ und L ⇒ Ja, es gibt also gemeinsame Eigenfunktionen von H 5
F¨ur die Kommutatoren zwischen den Drehimpulskomponenten gilt ˆ x, L ˆ y ] = i¯hL ˆz [L ˆy, L ˆ z ] = i¯hL ˆx [L ˆz, L ˆ x] = i¯hL ˆy , [L
(1.27)
¨ bzw. in Kurzform (siehe Ubungsaufgabe 4) ˆ i, L ˆ j ] = i¯h X ijk L ˆk . [L
(1.28)
ˆ 2, L ˆ i] = 0 [L
(1.29)
k
Außerdem gilt
ˆ 2) und f¨ur rotationssymmetrische Potentiale (Argumentation wie oben f¨ur L ˆ L ˆ i] = 0 , [H,
(1.30)
jeweils f¨ur i = x, y, z. ˆ x, L ˆ y und L ˆ z mit H ˆ und mit L ˆ 2 vertauschen, gibt es keine gemeinsaObwohl L ˆ L ˆ 2, L ˆ x, L ˆ y und L ˆ z , da nach Gl. (1.27) die Kommumen Eigenfunktionen zu H, tatoren zwischen den Komponenten des Drehimpulsoperators nicht verschwinˆ L ˆ 2 und einer Dreden. Es gibt also nur gemeinsame Eigenfunktionen von H, ˆ i. Ublicherweise ˆ z verwendet; man sagt dann, dass ¨ himpulskomponente L wird L die z-Achse als Quantisierungsachse gew¨ahlt wird. Betrachten wir nun die zeitunabh¨angige SGL mit rotationssymmetrischen Potential, welche nach Gl. (1.25) lautet 2 1 ˆ2 1 ∂ 2∂ h ¯ ˆ (r ) + L + V (r) Ψ(r) = EΨ(r) . (1.31) HΨ(r) = − 2m r2 ∂r ∂r 2mr2
Wir verwenden nun den Separationsansatz Ψ(r) = R(r)Y (Θ, Φ) .
(1.32)
Eingesetzt in Gl. (1.31) erhalten wir 2 h ¯ 1 ∂ 2∂ 1 ˆ2 ER(r)Y (Θ, Φ) = − (r ) + L + V (r) R(r)Y (Θ, Φ) . 2m r2 ∂r ∂r 2mr2 (1.33)
6
2
Nach Multiplikation mit − 2mr , Division durch RY und geeigneter Zusammen¯h2 fassung erh¨alt man 2mr2 1 1 d 2 dR(r) 2 ˆ (r ) − 2 (V (r) − E) − 2 0= L Y (Θ, Φ) . R(r) dr dr h ¯ h ¯ Y (Θ, Φ) (1.34) Dies l¨aßt sich umstellen zu 2 dR(r) 2mr d 1 1 ˆ 2 Y (Θ, Φ) . (r2 ) − 2 (V (r) − E) = 2 L R(r) dr dr h ¯ h ¯ Y (Θ, Φ) (1.35) Da die linke Seite von Gl. (1.35) nur von r abh¨angt, w¨ahrend die rechte Seite nur von den Winkeln Θ und Φ abh¨angt, m¨ussen beide Seiten gleich einer Konstanten C sein.
1.2.1 Eigenfunktionen des Drehimpulses: Kugelfl¨achenfunktionen Im folgenden behandeln wir zun¨achst den Winkelanteil von Gl. (1.35). Wir setzen C = l(l + 1) an. Außerdem nennen wir den Winkelanteil der Welˆ 2 und lenfunktion Yl,m (Θ, Φ). Wir suchen gemeinsame Eigenfunktionen von L ˆ z und bezeichnen den Eigenwert von L ˆ z mit m¯h. L Wir m¨ussen also l¨osen ˆ 2 Yl,m(Θ, Φ) = l(l + 1)¯h2 Yl,m(Θ, Φ) , L ˆ z Yl,m(Θ, Φ) = m¯hYl,m(Θ, Φ) . L
(1.36)
ˆ z in Kugelkoordinaten Verwendet man Gl. (1.23) und die Darstellung von L ˆ z = ¯h ∂ ), so wird aus Gl. (1.36) (L i ∂Φ 1 ∂ ∂ ∂2 − 2 sin Θ (sin Θ ) + ( 2 ) Yl,m = l(l + 1)Yl,m , ∂Θ ∂Θ ∂Φ sin Θ ∂ (1.37) −i Yl,m = mYl,m . ∂Φ Nun separieren wir noch einmal und setzen an
Yl,m (Θ, Φ) = A(Φ) B(Θ) .
(1.38)
F¨ur die Φ-Abh¨angigkeit ergibt sich nach Gl. (1.37) A(Φ) = eimΦ . 7
(1.39)
Da wegen Eindeutigkeit der Wellenfunktion gelten muss A(Φ) = A(Φ + 2π), ist m also eine ganze Zahl. Setzt man Gln. (1.38) und (1.39) in Gl. (1.37) ein, so erh¨alt man ! 1 d d 2 − 2 sin Θ (sin Θ ) − m B(Θ) = l(l + 1)B(Θ) ; (1.40) dΘ dΘ sin Θ da B nur von einer Variablen abh¨angt, konnte die partielle durch die totale Ableitung ersetzt werden. Als n¨achstes formen wir die Differentialgleichung durch folgende Substitution um d d = (z 2 − 1) und sin2 Θ = (1 − z 2 ).(1.41) z = cos Θ ⇒ sin Θ dΘ dz Eingesetzt in Gl. (1.40) ergibt sich d m2 2 d B(Θ) = 0 . (1 − z ) + l(l + 1) − dz dz 1 − z2
(1.42)
Dies ist die verallgemeinerte Legendre-Gleichung. Ihre L¨osungen sind f¨ur |m| ≤ l die sogenannten zugeordneten Legendre-Polynome Plm (z) f¨ur die gilt m m m 2 m/2 d Pl (z) = (−1) (1 − z ) Pl (z) f¨ur m ≥ 0 , dz m (l − m)! m (1.43) P (z) . Pl−m (z) = (−1)m (l + m)! l Hier tauchen die Legendre-Polynome auf, die f¨ur l ≥ 0 gegeben sind durch 1 dl 2 Pl (z) = l (z − 1)l . (1.44) l 2 l! dz Die Pl (z) l¨osen die gew¨ohnliche Legendre-Gleichung, dies ist Gl. (1.42) f¨ur m = 0.
Die Polynome niedrigster Ordnung sind P0 (z) = 1, d (z 2 − 1) = z, P1 (z) = 21 dz etc. Die Legendre-Polynome sind ein orthogonales (und vollst¨andiges) Funktionensystem auf dem Intervall [−1, +1]. Sie sind aber nicht normiert, sondern es gilt Z +1 −1
dzPl (z)Pk (z) = =
Z π 0
dΘ sin Θ Pl (cos Θ)Pk (cos Θ)
2 δl,k . 2l + 1 8
(1.45)
Diese Orthogonalit¨at u¨ bertr¨agt sich auch auf die zugeordneten Legendre-Polynome (|m| ≤ l) f¨ur die gilt Z +1
dzPlm (z)Pkm (z) −1
Z π
=
0
dΘ sin Θ Plm (cos Θ)Pkm (cos Θ)
2 (l + m)! δl,k . 2l + 1 (l − m)!
=
(1.46)
Dies alles zusammengenommen k¨onnen wir die gemeinsamen Eigenfunktionen ˆ z ansetzen als von L2 und L Yl,m (Θ, Φ) = αl,m Plm (cos Θ)eimΦ .
(1.47)
Den Faktor αl,m w¨ahlen wir so, dass die Yl,m bez¨uglich der Integration u¨ ber die Winkel orthonormiert sind, gem¨aß Z 2π 0
dΦ
Z π 0
dΘ sin Θ Yl∗0,m0 (Θ, Φ) Yl,m(Θ, Φ) = δl,l0 δm,m0 .
(1.48)
Die Φ-Integration liefert Z 2π 0
0
dΦ ei(m−m )Φ = 2πδm,m0 ,
(1.49)
und das Ergebnis der Θ-Integration ist oben angegeben. Damit erhalten wir orthonormierte Funktionen durch Yl,m(Θ, Φ) =
v u u 2l u t
+ 1 (l − m)! m Pl (cos Θ)eimΦ . 4π (l + m)!
(1.50)
Durch Verwendung von Gl. (1.43) sieht man, dass ∗ Yl,−m(Θ, Φ) = (−1)m Yl,m (Θ, Φ)
(1.51)
ist. Die sogenannten Kugelfl¨achenfunktionen (engl. spherical harmonics) Yl,m(Θ, Φ) bilden ein orthonormiertes und vollst¨andiges Funktionensystem auf der Einheitskugel. Vollst¨andig (genaueres und weitere Details hierzu gibt es in der Vorlesung Quantenmechanik im 5. Semester) bedeutet hierbei, dass man jede ¨ Funktion auf der Einheitskugel durch Uberlagerung der Kugelfl¨achenfunktionen darstellen kann, d.h. f (Θ, Φ) =
∞ X +l X
l=0 m=−l
9
γl,m Yl,m (Θ, Φ) ,
(1.52)
mit komplexen Entwicklungskoeffizienten γl,m . Da die Yl,m (Θ, Φ) insbesondere f¨ur die Beschreibung der Wellenfunktionen des Wasserstoffatoms wichtig sind, listen wir hier die niedrig-indizierten Funktionen auf (weitere findet man in Formelsammlungen und einigen Lehrb¨uchern der QM und der Atomphysik). Die folgenden Funktionen lassen sich aus den oben angegebenen Formeln herleiten l = 0 (s) : l = 1 (p) :
l = 2 (d) :
... .
1 Y0,0(Θ, Φ) = √ , 4π v u u 3 cos Θ , Y1,0(Θ, Φ) = t 4π v u u 3 Y1,±1(Θ, Φ) = ∓t sin Θ e±iΦ , 8π v u u 5 Y2,0(Θ, Φ) = t (3 cos2 Θ − 1) , 16π v u u 15 Y2,±1(Θ, Φ) = ∓t sin Θ cos Θ e±iΦ , 8π v u u 15 Y2,±2(Θ, Φ) = t sin2 Θ e±2iΦ , 32π
(1.53)
1.2.2 Die radiale Schr¨odingergleichung ˆ 2Yl,m = l(l + 1)¯h2 Yl,m in Gl. (1.35) ein, so ergibt sich Setzt man L 1 2mr2 1 d 2 dR(r) l(l + 1)¯h2 Y (Θ, Φ) . (r ) − 2 (V (r) − E) = 2 R(r) dr dr h ¯ h ¯ Y (Θ, Φ) (1.54) Kleinere Umformungen f¨uhren zu
h ¯2 1 d 2 d l(l + 1)¯h2 − r + (V (r) + ) R(r) = E R(r) . 2m r2 dr dr 2mr2
(1.55)
Dies ist die sogenannte radiale SGL oder Radialgleichung, welche eine nur eindimensionale Differentialgleichung mit einem vom Drehimpuls abh¨angigen effektiven Potential beschreibt.
10
Man erkennt in Gl. (1.55), dass man die Terme in den runden Klammern zu einem effektiven Potential l(l + 1)¯h2 Vef f (r) = V (r) + 2mr2
(1.56)
zusammenfassen kann. Wie in klassischen Physik beeinflußt also auch in der QM der Drehimpuls die radiale Bewegung. Skizzieren von Vef f (r) f¨ur verschiedene F¨alle: ¨ z.B. V (r) ist das Coulombpotential (siehe Ubungsaufgabe 6); isotroper harmonischer Oszillator, ... Durch eine solche graphische Darstellung und deren Analyse kann man viele qualitative Informationen u¨ ber das jeweilige Problem gewinnen.
11
F¨ur die Normierung der Gesamtwellenfunktion gilt 1 =
Z
2
dr |Ψ(r)| =
Z 2π 0
dΦ
Z π 0
Z ∞ 0
dr r
dΘ sin Θ
2
Z 2π 0
dΦ
Z π
dΘ sin Θ |Yl,m (Θ, Φ) R(r)|2 =
0 ! Z ∞ dr r2 |Yl,m(Θ, Φ)|2 0
|R(r)|2 ,
(1.57)
da die Kugelfl¨achenfunktionen normiert sind, muss f¨ur den radialen Anteil der Wellenfunktion also gelten 1 =
Z ∞ 0
dr r2 |R(r)|2 .
(1.58)
Sehr oft wird die Radialgleichung, Gl. (1.55), durch eine weitere Substitution noch ein wenig vereinfacht. Setzt man u(r) = r R(r) ,
(1.59)
so ist d2 d2 d u(r) = (r R(r)) = (R(r) + rR0 (r)) = 2 2 dr dr dr 0 0 00 (R (r) + R (r) + rR (r)) = (2R0(r) + rR00 (r)) .
(1.60)
Andererseits ist 1 d 2d 1 d 2 0 1 r R(r) = r R (r) = (2rR0(r) + r2R00 (r)) = 2 2 2 r dr dr r dr r 2 0 1 d 2R (r) + R00 (r) ≡ u(r) . (1.61) r r dr2 D.h. r-mal Gl. (1.61) stimmt mit Gl. (1.60) u¨ berein und man kann die Radialgleichung daher schreiben als h ¯ 2 d2 − + Vef f (r) u(r) = E u(r) . 2m dr2
(1.62)
Da das effektive Potential von der Drehimpulsquantenzahl l abh¨angt, werden die Eigenwerte (d.h. Eigenenergien) im Allgemeinen auch von l abh¨angen. Eine sehr prominente Ausnahme ist allerdings das Coulomb-Potential (V (r) ∝ 1/r) f¨ur welches, wie wir in K¨urze sehen werden, die Eigenenergien unabh¨angig von l sind.
12
1.2.3 Das Wasserstoffatom: Die Radialgleichung mit Coulomb-Potential In diesem Abschnitt wollen wir die gebundenen Zust¨ande des Wasserstoffatoms und wasserstoffartiger Ionen (das sind solche mit einem Z-fach geladenen Kern und einem Elektron) berechnen. Wir gehen daf¨ur von der Radialgleichung in der Form 2 2 d h ¯ − (1.63) + Vef f (r) u(r) = E u(r) , 2m dr2 siehe Gl. (1.62), aus. Das effektive Potential ist allgemein gegeben durch, siehe Gl. (1.56), l(l + 1)¯h2 Vef f (r) = V (r) + . 2mr2
(1.64)
F¨ur die F¨alle, die wir im folgenden betrachten wollen, ist V (r) (in SI-Einheiten!) gegeben durch Ze2 1 V (r) = − . (1.65) 4π0 r Wir betrachten also ein Elektron im attraktiven Potential eines Z-fach positiv geladenen Atomkerns. Die Position des Atomkerns ist der Ursprung des verwendeten Koordinatensystems, d.h. der Atomkern wird (zun¨achst) bei r = 0 festgehalten. Also m¨ussen die Eigenenergien und Eigenfunktionen der Gleichung h ¯ 2 d2 l(l + 1)¯h2 Ze2 1 − + − u(r) = E u(r) , 2m dr2 2mr2 4π0 r
(1.66)
d2 2m l(l + 1) Ze2 2m 1 − u (r) = El ul (r) . + − l 2 dr2 r2 4π0h ¯ r h ¯2
(1.67)
bestimmt werden. Da das effektive Potential von der Drehimpulsquantenzahl l abh¨angt, werden normalerweise sicher auch die Eigenenergien und die Eigenfunktionen von l abh¨angen. Wir schreiben daher im folgenden El statt E und ul (r) statt u(r). , so erhalten wir Multiplizieren wir zudem Gl. (1.66) mit 2m ¯h2
Die Parameterkombination
4π0h ¯2 ≡ a0 (1.68) e2m ˚ hat die Dimension einer L¨ange. Die Abk¨urzung a0 ≈ 0.5 10−10m = 0.5 A heißt Bohrscher Radius. 13
Damit wird aus Gl. (1.67) 2m l(l + 1) 2Z d2 − u (r) = + − El ul (r) . l dr2 r2 a0 r h ¯2
(1.69)
d2 2ma20 l(l + 1) 2Z − u ˜ (ρ) = + − El u˜l (ρ) . l dρ2 ρ2 ρ h ¯2
(1.70)
Es ist nun hilfreich r in Einheiten von a0 zu messen. Daher verwenden wir nun u˜l (ρ) = ul (r = ρa0 ), d.h. wir substituieren r mit ρ = r/a0 (also ist dr = a0 dρ). ρ ist dimensionslos. Dies f¨uhrt nach Multiplikation mit a20 auf
2 2
2
h −1 0) ¯ 0 −1 ) = ( 2(4π ) hat die Dimension einer inversen Energie. Der Term ( 2ma e4 m h2 ¯ e4 m Man definiert ERyd ≡ 2(4π )2 ¯h2 ≈ 13.6eV , dies ist die sogenannte Rydberg0 energie, und gibt auch die Energie durch einen dimensionslosen Parameter ηl an, d.h. wir setzen El = ERyd ηl . Damit erhalten wir
d2 l(l + 1) 2Z − + − u˜l (ρ) = ηl u˜l (ρ) . dρ2 ρ2 ρ
(1.71)
Gl. (1.71) hat nun eine mathematisch bequeme Gestalt und soll im folgenden gel¨ost werden. Beginnen wir mit der Betrachtung der Asymptotik dieser Gleichung. F¨ur r → ∞, d.h. f¨ur ρ → ∞, geht sie u¨ ber in −
d2 u˜l (ρ) = ηl u˜l (ρ) . dρ2
(1.72) √
Diese Gleichung wird offensichtlich durch u˜l (ρ) ∝ e+ −ηl ρ und durch u˜l (ρ) ∝ √ e− −ηl ρ , wobei gebundene Zust¨ande nur f¨ur ηl < 0 m¨oglich sind. Da wir normierbare gebundene Eigenfunktionen suchen, ist die erste L¨osung aus physikalischen Gr¨unden nicht vern¨unftig und kann verworfen werden. Um Gl. (1.71) unter Verwendung des eben erhaltenen Ergebnisses u¨ ber die Asymptotik zu l¨osen, setzen wir nun an u˜l (ρ) = Γ(ρ)e−
√ −ηl ρ
.
(1.73)
Diesen Ansatz setzen wir in Gl. (1.71) ein und erhalten √ l(l + 1) 2Z d2 − −ηl ρ − + − Γ(ρ)e dρ2 ρ2 ρ √ √ √ l(l + 1) d2 2Z − −ηl ρ − −ηl ρ Γ(ρ)e Γ(ρ)e = − 2 Γ(ρ)e− −ηl ρ + − dρ ρ2 ρ
14
√ √ √ d 0 (Γ (ρ)e− −ηl ρ − −ηl Γ(ρ)e− −ηl ρ ) dρ √ √ l(l + 1) 2Z − −ηl ρ − −ηl ρ Γ(ρ)e Γ(ρ)e + − ρ2 ρ √ √ √ √ = −(Γ00(ρ)e− −ηl ρ − 2 −ηl Γ0 (ρ)e− −ηl ρ + (−ηl )Γ(ρ)e− −ηl ρ ) √ √ 2Z l(l + 1) − −ηl ρ − −ηl ρ − + Γ(ρ)e Γ(ρ)e ρ2 ρ √ − −ηl ρ = ηl Γ(ρ)e . (1.74)
=−
Die Terme mit dem Faktor ηl auf der rechten und linken Seite von Gl. (1.74) √ heben sich weg. Multipliziert man außerdem noch mit e −ηl ρ erh¨alt man
√ 2Z l(l + 1) −Γ00 (ρ) + 2 −η Γ0 (ρ) + Γ(ρ) − Γ(ρ) = 0 . l 2 ρ ρ
(1.75)
Zur L¨osung von Gl. (1.75) verwenden wir den verallgemeinerten Potenreihenansatz ... X Γ(ρ) = bν ρν+s . (1.76) ν=0
Hieraus folgt Γ0 (ρ) =
... X
(ν + s)bν ρν+s−1
(1.77)
ν=0
und Γ00 (ρ) =
... X
(ν + s)(ν + s − 1)bν ρν+s−2 .
(1.78)
ν=0
Setzen wir diese Ausdr¨ucke in Gl. (1.75) ein und verschieben die Indizes des Γund des Γ0 -Terms, so erhalten wir {[−s(s − 1) + l(l + 1)] b0} ρs−2
+
... X
{[−(ν + s)(ν + s − 1) + l(l + 1)] bν h√ i o +2 −ηl (ν + s − 1) − Z bν−1 ρν+s−2 = 0 .
ν=1
(1.79)
Mittels eines Koeffizientenvergleichs kann gefolgert werden, dass die Ausdr¨ucke in den geschweiften Klammern verschwinden m¨ussen. Die erste geschweifte Klammer liefert dann eine Bedingung f¨ur b0 , w¨ahrend die zweite eine Rekursionsformel f¨ur bν und bν−1 ergibt. Nehmen wir an, dass die Reihe mit b0 6= 0 beginnt. Dann folgt s(s − 1) = l(l + 1) . 15
(1.80)
Diese quadratische Gleichung f¨ur s hat die L¨osungen s1 = l + 1 und s2 = −l. Die M¨oglichkeit s2 f¨allt aus Gr¨unden der Normierbarkeit der Wellenfunktion weg, da in diesem Fall Γ(ρ) wie b0 ρ−l beginnen w¨urde und dann das Integral R∞ ul (ρ)|2 an der unteren Grenze (zumindest f¨ur l 6= 0) divergieren w¨urde. 0 dρ|˜ Daher ist s = l + 1 die richtige Wahl. Benutzen wir diese Bedingung und verschieben von ν nach ν + 1, erhalten wir die Rekursionsformel h√ i 2 −ηl (ν + l + 1) − Z bν + [l(l + 1) − (ν + l + 2)(ν + l + 1)] bν+1 = 0 , (1.81) f¨ur ν = 0, 1, 2, ... . Wir m¨ussen nun die F¨alle abbrechender und nicht abbrechender Rekursion unterscheiden. Bricht die Rekursion nicht ab, so erhalten wir f¨ur ν → ∞ √ bν+1 2 −ηl ≈ . (1.82) bν ν √
D.h. in diesem Fall w¨urde Γ(ρ) sich asymptotisch wie e2 −ηl ρ verhalten und folglich w¨are u˜l (ρ) nicht mehr quadratintegrabel, also die Wellenfunktion w¨are nicht normierbar. Aus diesem Grunde muss f¨ur eine physikalisch sinnvolle L¨osung die Rekursion abbrechen. Es muss also ein ν0 geben, so dass bν0 6= 0 und bν0 +1 = 0 ist. Das bedeutet, dass die Klammer vor bν0 6= 0 in Gl. (1.81) verschwinden muss, also q
−ηl,ν0 =
Z ν0 + l + 1
(1.83)
sein muss. Damit haben wir schon die Energieeigenwerte bestimmt, denn es ist f¨ur l = 0, 1, 2, ... und ν0 = 0, 1, 2, ....
16
¨ Ublicherweise geht man von der sogenannten radialen Quantenzahl ν0 u¨ ber zur Hauptquantenzahl n = ν0 + l + 1 und schreibt ηn = −
Z2 , n2
(1.84)
f¨ur n = 1, 2, 3, .... Die Eigenenergien sind also gegeben durch En = −
Z2 ERyd . n2
(1.85)
Gl. (1.85) zeigt, dass u¨ berraschenderweise die Energieeigenwerte vom Wasserstoffatom (und von wasserstoffartigen Ionen) nicht von der Drehimpulsquantenzahl (wird auch Nebenquantenzahl genannt) l abh¨angen! Die Grundzustandsenergie ist also E1 = −Z 2ERyd , bzw. f¨ur das Wasserstoffatom (Z = 1) E1 = −ERyd ≈ −13.6eV . Mit zunehmender Hauptquantenzahl n wird die Bindungsenergie geringer und es gibt abz¨ahlbar unendlich viele Energien En , deren Energieabst¨ande mit wachsendem n geringer werden und sich bei E = 0 h¨aufen. F¨ur festes n haben alle Zust¨ande mit einer beliebigen Drehimpulsquantenzahl l = 0, 1, 2, ..., n−1 dieselbe Energie En. Man sagt, dass diese Zust¨ande entartet sind. Die l-Entartung ist eine Besonderheit des 1/r-Potentials und liegt daran, dass es f¨ur dieses Potential neben dem Drehimpuls noch eine weitere Erhaltungsgr¨oße gibt, den Lenzschen Vektor. Außerdem sind die Eigenenergien, wie f¨ur jedes beliebige Zentralpotential V (r), unabh¨angig von der magnetischen Quantenzahl m = −l, −l + 1, ..., l. daher ist der Entartungsgrad des Energieniveaus En gegeben durch gn =
n−1 X
(2l + 1) = n2 .
(1.86)
l=0
(Sp¨ater, wenn wir den Spin des Elektrons behandeln werden wir sehen, dass sich mit Ber¨ucksichtigung des Spin der Entartungsgrad auf 2n2 verdoppelt!)
17
1.2.4 Die Wasserstoffwellenfunktionen Nun betrachten wir die Wellenfunktionen etwas genauer. In Gl. (1.32) hatten wir angesetzt (hier werden nun die Quantenzahlen erg¨anzt) Ψn,l,m (r) = Rn,l (r) Yl,m(Θ, Φ) .
(1.87)
Nach Gl. (1.59) gilt un,l (r) . r In dimensionslosen Einheiten k¨onnen wir schreiben ˜ n,l (ρ) = u˜n,l (ρ) . R ρ Weiter ist, siehe Gl. (1.73) Rn,l (r) =
u˜n,l (ρ) = Γ(ρ)e−
√ −ηn ρ
(1.88)
(1.89)
.
(1.90)
2
Mit ηn = − Zn2 und den oben angegebenen Ergebnissen zu Γ(ρ) (insbesondere ν0 = n − l − 1) k¨onnen wir dies schreiben als u˜n,l (ρ) = ρl+1Γn−l−1(ρ)e−Zρ/n ,
(1.91)
wobei Γn−l−1(ρ) ein Polynom der Ordnung n − l − 1 ist. Die Koeffizienten dieser Polynome lassen sich aus der oben angegebenen Rekursionsformel bestimmen. Diese Polynome sind die sogenannten Laguerreschen Polynome. Damit haben wir also ˜ n,l (ρ) = ρl Γn−l−1(ρ) e−Zρ/n . R
(1.92)
Die (dreidimensionale) Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ist gegeben durch |Ψn,l,m (r)|2 = |Rn,l (r)|2 |Yl,m|2 . Laut Gl. (1.92) ist |Ψn,l,m(r)|2 f¨ur beliebig große Abst¨ande r von Null verschieden. Allerdings geht |Ψn,l,m (r)|2 f¨ur r → ∞ exponentiell ∝ e−2Zr/(a0 n) gegen Null, d.h. es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich das Elektron in einem sehr großen Abstand vom Kern befindet. F¨ur die normierten Wellenfunktionen gilt 1 = = =
Z
2
dr |Ψn,l,m(r)| =
Z ∞
0 Z ∞ 0
2
2
dr r |Rn,l (r)| 2
2
dr r |Rn,l (r)|
Z
dr |Rn,l (r)|2 |Yl,m(Θ, Φ)|2 = Z 2π 0
.
dΦ
Z π 0
2
dΘ sin Θ |Yl,m (Θ, Φ)|
!
(1.93) 18
Daher ist 2 Pn,l (r) = r2|Rn,l (r)|2 = r2 Rn,l (r)
(1.94)
die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte.
Wellenfunktionen niedrigster Ordnung (siehe Tabelle und Bilder).
Weitere Erl¨auterungen und Bezeichnungen
• Die Hauptquantenzahl n definiert die Elektronenschale. Man bezeichnet (insbesondere in der R¨ontgenspektroskopie) n = 1 als K-Schale, n = 2 als L-Schale, n = 3 als M-Schale und n = 4 als O-Schale. • Die elektronischen Wellenfunktionen bzw. Orbitale zu unterschiedlicher Drehimpulsquantenzahl l werden bezeichnet mit l = 0, 1, 2, 3, 4, 5 als s, p, d, f, g, h-Orbitale. Diese Bezeichungen sind spektroskopischen Ursprungs und stehen f¨ur sharp, principal, diffuse, fundamental, ... • Die Radialfunktionen Rn,l (r) haben n − l − 1 Knoten (Nullstellen), an denen sich jeweils das Vorzeichen a¨ ndert. Dies ist notwendig, um die Orthogonalit¨at zu erreichen. D.h. Rn,l=n−1(r) ist knotenfrei, Rn,l=n−2(r) hat einen Knoten, etc. • Berechnet man den Erwartungswert des Radialabstandes ergibt sich r¯n,l = hrn,l i =
Z
dr r|Ψn,l,m(r)|2 =
Z ∞ 0
dr rPn,l (r) = ... =
n2 a0 1 l(l + 1) a0 3 2 l(l + 1) 1 + (1 − ) n − . (1.95) = Z 2 n2 Z 2 2
Der Bahnradius nimmt also quadratisch mit n zu und nimmt mit zunehmendem l ab. Z.B. ergibt sich r¯1,0 = r¯1s = 1, 5a0, r¯2,0 = r¯2s = 6a0 , r¯2,1 = r¯2p = 5a0 , ...
19
• Man kann die energetisch entarteten Zust¨ande u¨ berlagern und andere Linearkombinationen bilden. Betrachten wir z.B. die 2p-Zust¨ande Ψ2,1,0 Ψ2,1,1 Ψ2,1,−1
1 = √ 4 2π 1 = √ 8 2π 1 = √ 8 2π
Z 3/2 a0 ! Z 3/2 a0 ! Z 3/2 a0 !
Zr −Zr/2a0 e cos Θ , a0 Zr −Zr/2a0 e sin Θ eiΦ , a0 Zr −Zr/2a0 e sin Θ e−iΦ . a0
(1.96)
Es ist Ψ2,1,0 ∝ r cos Θ = z. Man bezeichnet dieses Orbital daher auch mit Ψ2pz . √ √ Bildet man Ψ2px = (Ψ2,1,1+Ψ2,1,−1)/ 2 und Ψ2py = (Ψ2,1,1−Ψ2,1,−1)/( 2i), so ergibt sich Ψ2px ∝ r sin Θ(eiΦ + e−iΦ ) ∝ r sin Θ cos Φ = x und Ψ2py ∝ r sin Θ(eiΦ − e−iΦ )/i ∝ r sin Θ sin Φ = y. D.h. die entsprechenden Orbitale erstrecken sich entlang der Richtung der drei kartesischen Koordinatenachsen (und die Wellenfunktionen sind rein reell). Analog kann man auch die 5 d-Orbitale superponieren und Ψndz2 , Ψndxz , Ψndyz , Ψndx2 −y2 und Ψndxy bilden, wobei jedes Ψndα proportional zu α ist. • Neben den diskreten gebundenen Eigenzust¨anden, die wir f¨ur E < 0 berechnet haben, gibt es auch L¨osungen der (radialen) SGL mit CoulombPotential f¨ur E > 0. Die L¨osungen, die man f¨ur E > 0 erh¨alt liegen kontinuierlich vor und beschreiben ungebundene Zust¨ande. Man spricht auch vom Streukontinuum. Die L¨osungen der radialen SGL f¨ur E > 0 beinhalten konfluente hypergeometrische Funktionen.
Mitbewegung des Atomkerns: Zwei-K¨orper-Problem
Ein Atom mit einem Z-fach positiv geladenen Kern mit Masse mK am Ort rK und einem Elektron mit Masse me am Ort re stellt nat¨urlich eigentlich ein Zwei-K¨orper-Problem dar. Wenn allerdings die Wechselwirkung zwischen den zwei Teilchen nur vom Relativabstand abh¨angt, l¨aßt sich das Problem durch Einf¨uhrung von Schwerpunkts- und Relativkoordinaten leicht separieren.
20
Unter Verwendung der Gesamtmasse M = me + mK definiert man me re + mK rK , R = me + mK r = re − rK ,
(1.97)
d.h. es ist mK r, M me rK = R − r. (1.98) M F¨uhrt man zudem die reduzierte Masse µ = meMmK ≈ me , da mK me ist, ein, so findet man f¨ur den Operator der kinetischen Energie re = R +
1 h ¯2 1 ˆ ˆ ˆ ∆K ) T = Te + TK = − ( ∆e + 2 me mK h ¯2 1 1 = − ( ∆r + ∆R ) , (1.99) 2 µ M wobei die Indizes an den Laplace-Operatoren angeben wonach abgeleitet wird. Bei nur abstandsabh¨angiger Wechselwirkung hat man f¨ur den Operator der potentiellen Energie Vˆ = Vˆ (|re − rK |) = Vˆ (|r|) = Vˆ (r) .
(1.100)
Das Problem separiert also in die freie Bewegung des Schwerpunkts auf den keine Kraft wirkt (d.h. VˆR (R) ≡ 0) und die Relativbewegung im Potential Vˆ (r) mit der reduzierten Masse µ anstatt der Elektronenmasse me . Obwohl der Unterschied zwischen me und mK recht groß ist (beim Wasserstoff ist mK ≈ 1836me), f¨uhrt die Ersetzung von me zu µ zu messbaren Konsequenzen, da sich die Energieniveaus verschieben. Oben wurde die Rydbergenergie mit der Elektronenmasse eingef¨uhrt als ERyd ≡ e 4 me ≈ 13.6eV . Da bei dieser Betrachtung der Kern festgehalten wurde, 2(4π0 )2 ¯ h2 d.h. eine unendliche Kernmasse angenommen wurde, schreibt man dies auch als ERyd, ∞. Geht man von me in ERyd korrekterweise zur reduzierten Masse µ u¨ ber, so erh¨alt man e4 e4 me mK ERyd = µ = 2(4π0 )2h ¯2 2(4π0 )2h ¯ 2 me + mK mK e4 me ERyd, ∞ = = . (1.101) 1 + (me /mK ) 2(4π0 )2h ¯ 2 me + mK 21
Die Masse des Kerns beeinflußt somit die atomaren Energieniveaus. Insgesamt sind damit (im Rahmen unseres bisherigen Modells) die Energien des Wasserstoffatoms und von wasserstoff¨ahnlichen Ionen (z.B. He+ , Li2+, ...) gegeben durch En
Z2 = − 2 ERyd . n
(1.102)
Bei gleicher Kernladungszahl Z, unterscheiden sich insbesondere auch die Energieniveaus verschiedener Isotope. Z.B. f¨ur Deuterium (schwerer Wasserstoff; Kern besteht aus einem Proton und einem Neutron) ist mK in etwa doppelt so groß wie beim Wasserstoffatom und daher sind die Rydbergenergien etwas unterschiedlich. ¨ 1.2.5 Optische Uberg¨ ange Sehr viel u¨ ber die Energien von atomaren Niveaus und teilweise sogar u¨ ber die Symmetrien der Wellenfunktionen kann man durch optische Spektroskopie lernen. Diese Experimente haben die Entwicklung der Quantenmechanik entscheidend motiviert und auch zu deren Weiterentwicklung z.B. der Ber¨ucksichtigung relativistischer Effekte und der Quantenoptik (d.h. das elektromagnetische Feld wird durch Photonen beschrieben) stark beigetragen. Beschreibt man neben dem Atom auch die Wechselwirkung des Atoms mit elektromagnetischer Strahlung durch die Quantentheorie, dann findet man, dass man mit Licht gewisser Frequenzen Atome anregen kann und zudem, dass angeregte Atome (das sind solche, die sich nicht im Grundzustand befinden) Licht gewisser Frequenzen aussenden k¨onnen. Diese Frequenzen sind gerade die Energiedifferenzen zwischen atomaren Niveaus. Nach dem Ritzschen Kombinationsprinzip hat man 2
hνn1 ,n2 = h ¯ ωn1 ,n2 = En1 − En2 = −Z ERyd
1 1 − n21 n22
!
. (1.103)
Diese sogenannten Serien von erlaubten Frequenzen (bzw. Spektrallinien) bezeichnet man f¨ur n2 = 1 mit Lyman-Serie, f¨ur n2 = 2 mit Balmer-Serie, f¨ur n2 = 3 mit Paschen-Serie.
22
Bild.
¨ Die Ubergangswahrscheinlichkeiten zwischen den mit Quantenzahlen n1, l1, m1 und n2 , l2, m2 bezeichneten Zust¨anden kann man durch zeitabh¨angige St¨orungstheorie f¨ur die Atom-Licht-Wechselwirkung berechnen. Man findet, dass nicht ¨ alle Uberg¨ ange gleich wahrscheinlich sind. In der sogenannten Dipoln¨aherung ¨ erh¨alt man folgende Bedingungen f¨ur erlaubte optische Uberg¨ ange ∆n = n1 − n2 = beliebig , ∆l = l1 − l2 = ±1 , ∆m = m1 − m2 = 0 , ±1 .
(1.104)
Diese Bedingungen werden als optische Dipol-Auswahlregeln bezeichnet. ¨ Sie ergeben sich aus der Berechnung des Dipol-Ubergangsmatrixelementes hn2 , l2, m2| − er · E|n1 , l1, m1 i = −E ·
Z
drΨ∗(r)n2,l2 ,m2 (er)Ψ(r)n1,l1 ,m1 . (1.105)
Hierbei ist er = d das Dipolmoment, E ist das elektrische Feld des Lichtes, und die Licht-Materie-Wechselwirkung wurde als −E · (er) angesetzt, was der Energie eines klassischen Dipols im elektrischen Feld entspricht. Weitere Details und insbesondere auch die Herleitung der Licht-Materie-Wechselwirkung werden sp¨ater in der VL Quantenmechanik behandelt. 1.2.6 Drehimpulse und magnetische Momente Erl¨auterungen zum Bahndrehimpuls
Bei der L¨osung des Winkelanteils der SGL f¨ur rotationssymmetrische Potentiaˆ 2 und le, haben wir die Eigenfunktionen des Quadrates des Bahndrehimpulses L ˆ z gefunden. Es ist von dessen z-Komponente L ˆ 2 Yl,m(Θ, Φ) = l(l + 1)¯h2 Yl,m(Θ, Φ) , L ˆ z Yl,m(Θ, Φ) = m¯hYl,m(Θ, Φ) , L
(1.106)
und die erlaubten Quantenzahlen sind l = 0, 1, 2, ...(, n−1) und m = 0, ±1, ±2, ..., ±l. Anders als in der klassischen Physik kann die L¨ange des Drehimpulses und auch 23
die Projektion in eine Richtung nur diskrete Werte annehmen. Die Kugelfl¨achenfunktionen Yl,m sind keine Eigenfunktionen zu den x- und ˆ z gleichzeitig y-Komponenten des Drehimpulses, die nicht zusammen mit L messbar sind, weil (siehe oben) der Kommutator zwischen verschiedenen Drehimpulskomponenten nicht verschwindet. Inqden Zust¨anden Yl,m hat also der Betrag des Drehimpulses den Wert |L| = h ¯ l(l + 1) und die z-Komponente ist Lz = h ¯ m. Da |m| ≤ l ist, ist |Lz | < |L| und daher zeigt der Drehimpuls nie exakt in die z-Richtung.
Bild
Magnetisches Moment des Bahndrehimpulses
Um auf einfache Art und Weise zu zeigen, dass mit der r¨aumlichen Bewegung eines Elektrons welches sich mit einem Bahndrehimpuls L 6= 0 um einen Atomkern bewegt ein magnetisches Dipolmoment verkn¨upft ist, verwenden wir ein klassisches Modell. Wir beschreiben das Elektron als eine Punktladung der St¨arke −e, die mit der Geschwindigkeit v kreisf¨ormig im Abstand r um den Atomkern rotiert. Diese Bewegung erzeugt einen Kreisstrom der St¨arke I =
q −e −ev = = . t T 2πr
(1.107)
In der Elektrodynamik lernt man, dass einem solchen Kreisstrom ein magnetisches Dipolmoment entspricht −evπr2 −evr |m| = I πr = = . 2πr 2 2
(1.108)
Mit |L| = me vr schreiben wir dies als m =
−e −e¯h L L = . 2me 2me h ¯
Es kann gezeigt werden, dass dieses Resultat generell g¨ultig ist.
24
(1.109)
e¯ h in Gl. (1.109) nennt man das Bohrsches Magneton µB . Daher Den Vorfaktor 2m e ist also L (1.110) m = −µB . h ¯ Laut Elektrodynamik ist die Energie eines magnetischen Dipols in einem Magnetfeld gegeben durch µB Hmag = −m · B = L ·B. (1.111) h ¯ Das Magnetfeld u¨ bt zudem ein Drehmoment auf den magnetischen Dipol aus, welches gegeben ist durch
D = m ×B.
(1.112)
Dies bedeutet, dass der magnetische Dipol m und damit auch der Drehimpuls L um das Magnetfeld B pr¨azedieren.
Bild
Im Rahmen des Korrespondenzprinzips nehmen wir an, dass unsere obigen klassischen Betrachtungen auch im Rahmen der Quantenmechanik g¨ultig bleiben. Daher setzen wir als Hamiltonoperator an µB ˆ ˆ mag = −m ˆ ·B = L ·B. (1.113) H h ¯ Betrachten wir nun ein Wasserstoffatom in einem homogenen Magnetfeld. Die z-Achse unseres Koordinatensystems, legen wir in die Richtung des Magnetfeldes, d.h. es ist B = Bez . Die durch dieses Magnetfeld bewirkte Energie¨anderung ist nach Gl. (1.113) gegeben durch ˆ · Bez = µB B L ˆ mag (B = Bez ) = µB L ˆz . H (1.114) h ¯ h ¯ ˆ z , ist also Befindet sich das Elektron des Atoms in einem Eigenzustand von L die magnetfeldinduzierte Energieverschiebung µB B ˆ Emag = hLz i = µB Bm , (1.115) h ¯ ist also proportional zur magnetischen Quantenzahl m (was letztendlich auch diesen Namen erkl¨art). Oft wird noch die Larmor-Frequenz ωL = µB B/¯h eingef¨uhrt. Dann ist Emag = h ¯ ωL m. 25
Aufspaltung von Energieniveaus im Magnetfeld - Zeeman-Effekt (ohne Spin)
Nach Gl. (1.115) h¨angt die Energie der atomaren Zust¨ande in einem homogenen Magnetfeld linear von der magnetischen Quantenzahl m ab. Das bedeutet, dass die vorher entarteten Energieniveaus zu l = 1, 2, 3, ... im Magnetfeld in jeweils 2l + 1 Niveaus aufspalten, w¨ahrend die Energie der s-Zust¨ande (l = 0) durch das Magnetfeld nicht beeinflußt wird.
BILD
Dieses Ergebnis ist allerdings im Widerspruch zum Experiment. Man beobachtet experimentell im Magnetfeld insbesondere auch eine Aufspaltung der l = 0-Zust¨ande in zwei Niveaus. Da f¨ur l = 0, 1, 2, ... (2l + 1) in jedem Fall eine ungerade Zahl ist, kann der Bahndrehimpuls eine Aufspaltung in 2 Niveaus nicht erkl¨aren. Um diesen und auch andere experimentelle Befunde zu erkl¨aren ben¨otigt man eine neue Gr¨oße, den Elektronenspin. Die Existenz des Spins kann auf der Basis der nichtrelativistischen Quantenmechanik nicht gezeigt werden. Er ergibt sich aber automatisch, wenn man im Rahmen einer relativistischen Quantentheorie die Eigenzust¨ande der Dirac-Gleichung bestimmt. Im folgenden werden wir die Existenz des Spins weiter motivieren, ihn dann durch ein Postulat in die nichtrelativistische Quantenmechanik einf¨uhren und dann einige seiner Eigenschaften behandeln. Das Stern-Gerlach-Experiment - Der Elektronenspin
Ein Atomstrahl l¨auft durch ein inhomogenes Magnetfeld.
BILD
26
Nach der Elektrodynamik ist die Energie eines magnetischen Dipols im Magnetfeld gegeben durch Emag = −m · B .
(1.116)
Die daraus resultierende Kraft ist Fmag = −∇Emag .
(1.117)
Mit konstantem m und B ≈ B(z)ez erh¨alt man ∂B(z) , (1.118) ∂z wobei mz = ez · m die z-Komponente des magnetischen Momentes m ist. Es ist nun weiter Lz mz = −µB = −µB m (1.119) h ¯ und somit ∂B(z) . (1.120) Fmag = −ez µB m ∂z Damit hat man f¨ur Atome mit der Drehimpulsquantenzahl l, abh¨angig von der vorliegenden magnetischen Quantenzahl m, (2l+1) verschiedene Kr¨afte. Durchl¨auft also ein solcher Atomstrahl das inhomogene Magnetfeld, so erwartet man eine Aufspaltung in (2l + 1)-Strahlen. Beim Stern-Gerlach-Experiment verwendet man nun Atome mit l = 0 f¨ur die man keine Ausspaltung in dem inhomogenen Magnetfeld erwartet. Beobachtet wird aber das folgende: Fmag = ez mz
BILD
Eine Aufspaltung in genau 2 Strahlen. Analog zum Zeeman-Effekt (siehe oben) kann auch hier eine gerade Anzahl von Strahlen nicht durch den Bahndrehimpuls erkl¨art werden, da (2l + 1) in jedem Fall eine ungerade Zahl ist.
27
Man kann diese Probleme beheben, indem man postuliert, dass das Elektron einen Eigendrehimpuls, den sogenannten Spin, hat. Der neue Freiheitsgrad Spin ˆ beschrieben. Er hat dieselbe Operatoralgebra wie wird durch den Operator S ˆ der Drehimpuls, d.h. es gelten dieselben Vertauschungsrelationen wie f¨ur L, insbesondere X [Sˆi, Sˆj ] = i¯h ijk Sˆk , k
ˆ2
[S , Sˆj ] = 0 .
(1.121)
ˆ auch von S ˆ nur S2 und eine Komponente Sˆi gleichMan kann also wie von L zeitig scharf messen. Um die Zust¨ande mit Spin zu klassifizieren verwendet man u¨ blicherweise S2 und Sˆz . Aufgrund algebraischer Betrachtungen, die auf den Vertauschungsrelationen f¨ur ˆ basieren, kann man zeigen, dass die Quantenzahlen s = 0, 1 , 1, 3 , ... und S 2 2 ms = −s, −s + 1, ..., s − 1, s f¨ur den Spin m¨oglich sind. Aufgrund des Resultates des Stern-Gerlach-Experimentes ben¨otigen wir f¨ur das Elektron genau 2 Einstellm¨oglichkeiten im Magnetfeld. Dies l¨aßt sich dadurch realisieren, dass man f¨ur Elektronen s = 12 verwendet, was wegen ms = 21 , − 21 die beobachteten 2 Einstellm¨oglichkeiten im Magnetfeld reproduziert. (Wie oben bereits erw¨ahnt, lassen sich diese Annahmen in der relativistischen Quantenmechanik durch L¨osen der Dirac-Gleichung berechnen) Mit dem Elektronenspin kann man rechnen wie mit einem halbzahligen Drehimpuls. Die Eigenwerte von Sˆz sind ms h ¯ , also ¯h2 und − ¯h2 , und der Eigenwert 2 ˆ 2 ist s(s + 1)¯h2 , also 3 h von S 4¯ . Die zwei Eigenfunktionen von Sˆz werden oft als zweikomponentige Vektoren geschrieben Sˆz
Sˆz
1 0
h ¯ = 2
0 1
h ¯ = − 2
1 0
,
0 1
.
(1.122)
(Eigentlich handelt es sich bei diesen Gr¨oßen allerdings um sogenannte Spinoren, da sie ein anderes Transformationsverhalten haben als Vektoren). 28
Weiter gilt ˆ2 S
1 0
3¯h2 = 4
1 0
,
ˆ2 S
0 1
3¯h2 = 4
0 1
.
(1.123)
Oft werden die Zust¨ande allerdings auch mit | ↑i und | ↓i entsprechend den beiden Einstellm¨oglichkeiten in z-Richtung ms = ± ¯h2 bezeichnet. Diese Zust¨ande heißen spin-up und spin-down. Spin im Magnetfeld
Als Eigendrehimpuls ist mit dem Spin, wie auch mit dem Bahndrehimpuls, ein magnetisches Moment verkn¨upft. Dieses setzen wir an als ˆ = −gs m
µB ˆ S. h ¯
(1.124)
Hierbei wurde das sogenannte gyromagnetische Verh¨altnis gs als Proportionalit¨atsfaktor eingef¨ugt. Die Experimente (wie auch L¨osungen der Dirac-Gleichung) zeigen, dass gs ≈ 2 ist. Daher ist (vergleiche mit obigen Ausf¨uhrungen zum Bahndrehimpuls) die Energie des Spins in einem homogenen Magnetfeld gegeben durch Emag = 2
µB B ˆ hSz i = µB B(2ms ) , h ¯
(1.125)
wobei gs = 2 verwendet wurde. Atom im Magnetfeld - Einfacher Zeeman-Effekt (ohne Spin-Bahn-Wechselwirkung)
Setzen wir Gln. (1.115) und (1.125) zusammen, so erhalten wir Emag =
µB B ˆ hLz i + 2hSˆz i = µB B(m + 2ms ) . h ¯
(1.126)
Laut Gl. (1.126) spalten in einem homogenen Magnetfeld l = 0-Zust¨ande in 2 Niveaus, l = 1-Zust¨ande in 5 Niveaus, etc., auf.
BILD 29
Dieser einfache Zeeman-Effekt ist realisiert, wenn man die sogenannte SpinBahn-Wechselwirkung, die sp¨ater behandelt wird, vernachl¨assigen kann. Diese Bedingung ist f¨ur sehr starke Magnetfelder n¨aherungsweise erf¨ullt. Die Magnetfeldausspaltung in diesem Bereich wird auch als Paschen-Back-Effekt bezeichnet.
Es folgen Experimente zum Spin, insbesondere zur Spin-Resonanz.
30
Kapitel 2 Quantenmechanik des Elektronenspins Wiederholung: Aufgrund experimenteller Befunde, siehe oben, (bzw. durch L¨osen der Dirac-Gleichung) kann gefolgert werden, dass Elektronen einen Eigendrehimpuls, den Spin, haben. ˆ gelten dieselben Vertauschungsrelationen wie f¨ur den F¨ur den Spinoperator S ˆ insbesondere Bahndrehimpuls L, X [Sˆi, Sˆj ] = i¯h ijk Sˆk ,
ˆ 2, Sˆj ] = 0 , [S
(2.1)
k
d.h. man kann also nur S2 und eine Komponente Sˆi gleichzeitig scharf messen und gemeinsame Eigenzust¨ande finden. Der Elektronenspin hat zwei m¨ogliche Einstellungen. Die Quantenzahlen lauten s = 21 und ms = − 21 , + 12 . ˆ2 ˆ Die gemeinsamenEigenfunktionen von S und Sz kann man als zweikompo 0 1 nentige Spinoren und schreiben. F¨ur diese Zust¨ande gilt 1 0 Sˆz ˆ2 S
1 0 1 0
h ¯ = 2
1 0
3¯h2 = 4
Sˆz
, 1 0
,
0 1
ˆ2 S
0 1
0 1
3¯h2 = 4
h ¯ = − 2
0 1
und
(2.2)
(2.3)
.
Ber¨ucksichtigt man Bahndrehimpuls und Spin, ist die Energie eines Elektrons in einem homogenen Magnetfeld B gegeben durch µB ˆ ˆ ˆ Hmag = B · L + 2S , h ¯
wobei der Faktor 2 das gyromagnetische Verh¨altnis gs ber¨ucksichtigt.
31
(2.4)
Im diesem Kapitel wird die theoretische Beschreibung von Spin- 21 -Teilchen entwickelt und diskutiert. Im n¨achsten Kapitel werden dann die Energieniveaus von einfachen wasserstoff¨ahnlichen Atomen unter Ber¨ucksichtigung des Spins n¨aherungsweise beschrieben. Es wird sich zeigen, dass relativistische und quantenelektrodynamische Effekte f¨ur diese Betrachtungen ber¨ucksichtigt werden m¨ussen.
2.1 Spinoperatoren und Pauli-Matrizen Der Hilbertraum von Spin- 21 -Teilchen ist offensichtlich zweidimensional, da man die zwei m¨oglichen Spinorientierungen durch zwei Basiszust¨ande beschreiben kann. Anmerkung: In vielen Bereichen der Physik (z.B. Optik, ...) werden Zweiniveausysteme verwendet, um verschiedenste Situationen n¨aherungsweise zu beschreiben. Zweiniveausysteme stellen das einfachste nichttriviale quantenmechanische Modellsystem dar. Die verwendeten Modelle lassen sich auf Spin- 21 Teilchen abbilden und daher sind die folgenden Betrachtungen auch f¨ur andere Bereiche der Physik relevant. Einen beliebigen Spinzustand χ bekommt man durch Bilden von Superpositioˆ 2 und Sˆz gem¨aß nen der gemeinsamen Eigenzust¨ande von S
χ = a
1 0
+ b
0 1
≡ aχ+ + bχ− =
a b
,
(2.5)
wobei a und b beliebige komplexe Zahlen sind. Soll die Spin-Wellenfunktion χ normiert sein, muss gelten hχ|χi =
a b
+
a b
= (a , b)∗
= |a|2 + |b|2 = 1 ,
a b
= (a∗ , b∗ )
a b
(2.6)
wobei + bedeutet, dass die Matrix“ transponiert und komplex konjugiert wird. ”
32
Im zweidimensionalen Spin- 12 -Hilbertraum sind die Operatoren durch 2 × 2ˆ ist gegeMatrizen gegeben. D.h. ein beliebiger hermitescher Spin-Operator X ben durch ˆ = X
α++ α+− α−+ α−−
,
(2.7)
∗ wobei α−+ = α+− gelten muss. Bildet man nun mit beliebigen Zust¨anden ψ und φ
α α c α c + α+− d ˆ hψ|Xφi ≡ (a∗ , b∗) ++ +− = (a∗ , b∗) ++ α−+ α−− d α−+ c + α−− d = α++ca∗ + α+− da∗ α−+ cb∗ + α−−db∗ , (2.8) so sieht man leicht, dass ˆ j i = αij hχi |Xχ
(2.9)
ist, f¨ur i, j = +, −. Wie sieht nun die Matrix f¨ur Sˆz in der Basis von gemeinsamen Eigenfunktionen ˆ 2 und Sˆz aus. Offensichtlich ist Sˆz (wie nat¨urlich auch S ˆ 2) in dieser Basis von S eine Diagonalmatrix. Aufgrund von Gl. (2.2) sieht man leicht, dass h ¯ Sˆz = 2
1 0 0 −1
(2.10)
gilt. Die in Gl. (2.10) stehende Matrix ist eine der Pauli-Matrizen σz ≡ σ3 =
1 0 0 −1
,
(2.11)
d.h. man kann schreiben σz = Sˆz ¯h2 . Eine entsprechende Relation wird auch f¨ur die x- und die y-Komponenten angesetzt, d.h. σi = Sˆi ¯h2 f¨ur i = x, y, z. F¨ur σz gilt σz2 =
1 0 0 −1
1 0 0 −1
=
1 0 0 1
= E.
(2.12)
ˆ 2 und Sˆz , H¨atten wir anstatt der Basis der gemeinsamen Eigenfunktionen von S ˆ 2 und Sˆi mit i = x, y verwendet, so h¨atte in dieser Basis Sˆi diedie von S ˆ 2 -Sˆz -Basis. Da sich die Einheitsmatrix bei einer selbe Gestalt wie Sˆz in der S 33
ˆ 2-Sˆz -Basis σ 2 = σ 2 = E Basistransformation nicht a¨ ndert, muss auch in der S x y gelten. ˆ 2-Sˆz -Basis bestimmen? Wie kann man nun σx und σy in der S Schreiben wir den Kommutator f¨ur die Spinkomponenten, Gl. (2.1), auf die σiMatrizen um, so erhalten wir X
ijk σk ,
(2.13)
σy σz − σz σy = 2iσx .
(2.14)
[σi, σj ] = 2i
k
also z.B.
Multipliziert man diese Gl. von links bzw. von rechts mit σy , so erh¨alt man σy σy σz − σy σz σy = 2iσy σx , σy σz σy − σz σy σy = 2iσxσy .
(2.15)
Da σy2 = E ist, erh¨alt man durch Addition der Gln. (2.15) 0 = σxσy + σy σx ≡ [σx, σy ]+ ,
(2.16)
wobei der Ausdruck [..., ...]+ als Anti- oder Pluskommutator bezeichnet wird. Es kann ganz allgemein gezeigt werden, dass [σi, σj ]+ = 0 ist, f¨ur i 6= j.
(2.17)
a a Um nun σx = ++ +− zu bestimmen, kann man von σxσz + σz σx = 0 a−+ a−− ausgehen. Schreibt man diesen Ausdruck mit 2 × 2-Matrizen, so hat man
a++ a+− a−+ a−−
1 0 0 −1
a++ −a+− a−+ −a−−
= −
1 0 0 −1
Multipliziert man die Matrizen aus, so ergibt sich
=
−a++ −a+− a−+ a−−
a++ a+− a−+ a−−
.
.
(2.18)
(2.19)
Hieraus folgt, dass a++ = a−− = 0 ist. Außerdem gilt aufgrund der Hermitizit¨at a−+ = a∗+− . Quadrieren des Ausdruckes f¨ur σx ergibt σx2 =
0 a+− ∗ a+− 0
0 a+− ∗ a+− 0 34
=
|a+− |2 0 0 |a+− |2
.
(2.20)
Da dieser Ausdruck gleich der Einheitsmatrix sein muss, bekommt man a+− = eiα mit einem beliebigen rellen α, also σx =
0 eiα e−iα 0
Eine analoge Betrachtung f¨ur σy liefert σy =
0 eiβ e−iβ 0
.
(2.21)
.
(2.22)
Verwendet man nun σxσy = −σy σx so erh¨alt man
ei(α−β) 0 −i(α−β) 0 e
= −
e−i(α−β) 0 i(α−β) 0 e
,
(2.23)
also ei(α−β) = −e−i(α−β) bzw. e2i(α−β) = −1. Dies bedeutet, dass α − β = ¨ sein muss. Ublicherweise setzt man α = 0 und β = − π2 und erh¨alt damit σx =
0 1 1 0
und σy =
0 −i i 0
.
π 2
(2.24)
Die Matrizen σx, σy und σz (, die oft auch mit σ1 , σ2 und σ3 bezeichnet werden,) bilden zusammen mit der Einheitsmatrix E eine Basis im Raum der 2 × 2Matrizen. Was ergibt sich f¨ur das Produkt von zwei unterschiedlichen Pauli-Matrizen σi σj ? Der Kommutator ist, siehe Gl. (2.13) [σi, σj ] = σiσj − σi σj = 2i
X
ijk σk .
(2.25)
k
Der Plus-Kommutator ist, f¨ur i 6= j, siehe Gl. (2.17) [σi, σj ]+ = σiσj + σj σi = 0 .
(2.26)
Addiert man beide Ausdr¨ucke, so erh¨alt man die sogenannte Multiplikationsregel σi σj = i
X
ijk σk .
k
35
(2.27)
Der Spinoperator kann geschrieben werden als ¯ ˆ = h S ~σ , 2
(2.28)
wobei ~σ ein dreidimensionaler Vektor ist, dessen Komponenten die Pauli-Matrizen sind. Der Operator des Quadrates des Spin ist ˆ2
S =
Sˆx2
+
Sˆy2
+
Sˆz2+
=
h ¯ ~σ 2
!2
h ¯2 2 3 2 = (σx + σy2 + σz2 ) = h ¯ E . (2.29) 4 4
Die Energie eines Spin- 12 -Teilchens im Magnetfeld ist gegeben durch ˆ mag = 2 µB B · S ˆ = µB B · ~σ , H h ¯
(2.30)
wird also auch durch eine 2 × 2-Matrix geschrieben. Ist B = Bez , so hat man einfach ˆ mag = µB Bσz . H
(2.31)
Hieraus ergeben sich folgende Energieerwartungswerte ˆ mag χ+ i = µB Bhχ+ |σz χ+ i = µB B Emag,+ = hχ+ |H
(2.32)
ˆ mag χ− i = −µB B , Emag,− = hχ− |H
(2.33)
und
d.h. f¨ur ms = 21 ist die Energie µB B und f¨ur ms = − 12 ist die Energie −µB B, siehe auch Gl. (1.125).
36
2.2 Die Zust¨ande in Ortsraum-Spin-Darstellung Neben ihrer dreidimensionalen Bahnbewegung, siehe Kap. 1, die durch ψ(r) beschrieben wird, haben quantenmechanische Teilchen noch den Spin als weiteren Freiheitsgrad, der auch in der Wellenfunktion ber¨ucksichtigt werden muss. Die gesamte Wellenfunktion Ψ(r, S) besteht daher aus einem Ortsraum- und einem Spin-Anteil. Diese Wellenfunktion kann oft durch einen Produktansatz beschrieben werden Ψ(r, S) = ψ(r)χ(S) .
(2.34)
Anmerkung: Formal ist eine solche Wellenfunktion ein Element eines erweiterten Hilbertraumes H, welcher das direkte Produkt der Ortsraum- und SpinHilbertr¨aume ist, d.h. H = HBahn × HSpin .
(2.35)
F¨ur Elektronen, bzw. f¨ur alle Spin- 12 -Teilchen, hat Gl. (2.34) folgende Gestalt Ψ(r, S) = ψ(r)χ(S) = ψ(r) {α+ χ+ + α− χ− } =
= ψ(r)
α+ α−
=
α+ ψ(r) α− ψ(r)
.
ψ(r)
α+ 0
+
0 α−
(2.36)
F¨ur solche Spinoren bedeutet die Normierung
1 = hΨ(r, S)|Ψ(r, S)i =
Z
=
∗ ∗ dr (α+ ψ(r)∗ , α− ψ(r)∗) 2
2
|α+ | + |α− |
Z
α+ ψ(r) α− ψ(r) 2
dr |ψ(r)|
,
(2.37)
d.h. der Spinor ist normiert, wenn seine Spin- und seine Ortsraumanteile einzeln R normiert sind, wenn also |α+ |2 + |α− |2 = 1 und dr |ψ(r)|2 = 1 ist.
2.3 Ortsraum- und Spin-Operatoren Viele Operatoren wirken nur auf den Ortsraumanteil von Ψ(r, S) und lassen den Spin unver¨andert. Beispiele hierf¨ur sind die kinetische Energie, der Bahndrehimpuls, das Coulomb-Potential, ... In der Ortsraum-Spin-Darstellung sind ˆ solche Operatoren X(r) mit der 2 × 2-Einheitsmatrix E (, die oft auch als σ0 bezeichnet wird,) zu multiplizieren. Sie wirken daher gem¨aß ˆ ˆ ˆ (X(r)E)Ψ(r, S) = (X(r)ψ(r))(Eχ(S)) = (X(r)ψ(r))χ(S) . 37
(2.38)
Ein beliebiger Operator Yˆ (S), der nur auf den Spinanteil von Ψ(r, S) wirkt, ¨ kann als Uberlagerung der drei Pauli-Matrizen geschrieben werden, d.h. Yˆ (S) =
X
yi σi .
(2.39)
i=x,y,z
Wird ein solcher Operator auf Ψ(r, S) angewendet ergibt sich (Yˆ (S))Ψ(r, S) = ψ(r)(Yˆ (S)χ(S)) ,
(2.40)
d.h. man muss χ(S) einfach nur mit einer 2 × 2-Matrix multiplizieren. ˆ S), der sowohl auf den Ortsraum- als auch auf Ein beliebiger Operator Z(r, den Spinanteil von Ψ(r, S) wirkt, ist durch eine 2 × 2-Matrix, bei der jedes Matrixelement ein unterschiedlicher Ortsraumoperator sein kann, gegeben ˆ S) = Z(r,
Zˆ11(r) Zˆ12(r) Zˆ21(r) Zˆ22(r)
Angewendet auf Ψ(r, S) ergibt sich ˆ S))Ψ(r, S) = (Z(r,
=
≡
Zˆi (r)σi + Zˆ0(r)E .
X
(2.41)
i=x,y,z
Zˆ11(r) Zˆ12 (r) α+ ψ(r) α− ψ(r) Zˆ21(r) Zˆ22 (r) (Zˆ11(r)ψ(r))α+ + (Zˆ12(r)ψ(r))α− (Zˆ21(r)ψ(r))α+ + (Zˆ22(r)ψ(r))α−
. (2.42)
2.4 Relativistische Behandlung: Dirac-Gleichung Wie kommt man rein theoretisch darauf, dass Elektronen einen Spin haben? Dies ist nur m¨oglich, wenn man relativistische Effekte ber¨ucksichtigt. Betrachten wir der Einfachheit halber ein freies Elektron, d.h., V = 0. In der p2 Schr¨odingergleichung wurde die kinetische Energie, die klassisch einfach 2m h2 ¯ ˆ = ¯hi ∇ ersetzt ∆ geschrieben, indem wir den Impulsoperator durch p ist, als − 2m haben. F¨ur ein klassisches relativistisches freies Teilchen der Masse m ist das Quadrat der Energie gegeben durch E 2 = c2 p2 + m2 c4 ,
(2.43)
wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Ersetzt man wie in der Schr¨odingerglei∂ ˆ durch ¯hi ∇ und E durch − ¯hi ∂t chung p so erh¨alt man ∂2 −¯h 2 Ψ = (−¯h2c2 ∆ + m2 c4 )Ψ . ∂t 2
38
(2.44)
Dies ist die Klein-Gordon-Gleichung. In ihr tritt eine zweifache Zeitableitung auf und sie eignet sich auch aus anderen Gr¨unden nicht zur Beschreibung von Elektronen (z.B. kann keine positiv semi-definite Wahrscheinlichkeitsdichte konstruiert werden) . Der Ansatz von Dirac bestand darin die Wurzel aus Gl. (2.43) zu ziehen und so zu einer relativistischen Gleichung zu kommen, in der, wie in der Schr¨odingergleichung, nur eine einfache Zeitableitung vorkommt. Er schrieb die Energie als E = c~ αp + βmc2 .
(2.45)
Die unbekannten Gr¨oßen α ~ und β sind so zu bestimmen, dass f¨ur E 2 Gl. (2.43) er f¨ullt ist. Es ist leicht zu sehen, dass dies nicht zu erreichen ist, wenn β und αi (i = 1, 2, 3) Zahlen sind. Allerdings findet man, dass mit dem Ansatz aus Gl. (2.45) auch Gl. (2.43) erf¨ullt werden kann, wenn β und αi quadratische Matrizen sind. Die kleinstm¨ogliche Gr¨oße dieser Matrizen ergibt sich als 4 × 4. Wenn man diese Matrizen ausrechnet, entsprechen einige Untermatrizen den Pauli-Matrizen. Mit Gl. (2.45) gelangt man zur Dirac-Gleichung f¨ur ein freies Teilchen −
h ¯ ∂ Ψ = (c~ αp + βmc2 )Ψ . i ∂t
(2.46)
Da β und αi 4 × 4-Matrizen sind, muss Ψ eine vierkomponentige Gr¨oße sein. Genauere Betrachtungen zeigen, dass zwei dieser Komponenten einer positiven und die zwei anderen einer negativen Energie entsprechen. Daher werden diese Komponenten als Teilchen und Anti-Teilchen interpretiert. Die jeweils zwei Komponenten von Teilchen und Anti-Teilchen entsprechen den zwei Einstellm¨oglichkeiten von Spin- 21 -Teilchen. Außerdem liefert die Dirac-Gleichung a) das gyromagnetische Verh¨altnis gs = 2, b) dass weder der Bahndrehimpuls L noch der Spin S Erhaltungsgr¨oßen sind, sondern stattdessen der Gesamtdrehimpuls J = L + S, ...
39
Kapitel 3 Energieniveaus wasserstoffartiger Atome mit relativistischen und quantenelektrodynamischen Korrekturen Bisher wurde als Hamiltonoperator, siehe Gl. (1.17), 2
¯ ˆ 0 = Tˆ + Vˆ = − h ∆ + Vˆ (r) , H 2m
(3.1)
mit dem rotationssymmetrischen Coulombpotential V (r) = −
Ze2 1 4π0 r
(3.2)
betrachtet. Die sich hieraus ergebenden Eigenfunktionen haben wir bestimmt als Ψn,l,m(r) = Rn,l (r) Yl,m(Θ, Φ) (3.3) und die Eigenenergien als En = −
Z2 ERyd . n2
(3.4)
Dieses Ergebnis der nichtrelativistischen Quantentheorie gibt die grobe Struktur (engl. gross structure) der Energieniveaus wasserstoff¨ahnlicher Atome wieder. Untersucht man allerdings experimentell (z.B. durch optische Spektroskopie) die Lage der atomaren Energieniveaus mit hoher Aufl¨osung, findet man etwas andere Energien und zus¨atzliche Aufspaltungen, als durch Gl. (3.4) vorhergesagt werden. Diese Unterschiede zum Experiment haben ihren Ursprung in relativistischen und quantenelektrodynamischen Korrekturen zu Gl. (3.4), die im folgenden erl¨autert werden.
40
3.1 Die Feinstruktur - Relativistische Korrekturen 3.1.1 Die Korrekturterme zum nichtrelativistischen Hamiltonoperator Entwickelt man die Dirac-Gleichung mit Zentralpotential V (r) bis zur Ordnung ( vc )2, so gibt es Korrekturterme zum in Gl. (3.1) angegebenen Hamiltonoperator ˆ 0 . Der sich ergebende Gesamthamiltonoperator H ˆ kann geschrieben werden H als ˆ = H ˆ0 + H ˆ F S,1 + H ˆ F S,2 + H ˆ F S,3 , H (3.5) ˆ F S,i die drei sogenannten Feinstruktur-Korrekturen (engl. fine strucwobei H ture) sind.
Der erste Term ist gegeben durch ˆ4 ˆ F S,1 = − p H . 8m3c2
(3.6)
Dieser Ausdruck l¨aßt sich als eine relativistische Korrektur zur kinetischen Energie interpretieren, denn es gilt Trel =
m2 c4 + p2 c2
1
2
− mc2 =
mc2 1
1
p2 2 + 2 2 − 1 mc
p2 p4 p4 p2 ≈ − ± ... − 1 − . (3.7) = mc2 1 + 2m2c2 8m4 c4 2m2 8m3 c2
Der zweite Term ist der sogenannte Darwin-Term und gegeben durch ˆ F S,2 = H
h ¯2 ∆V (r) . 8m2c2
(3.8)
F¨ur das Coulombpotential ist ∆V (r) proportional zu Zeδ(r), also zur Ladungsdichte des Atomkernes. Dieser Term ist nicht leicht anschaulich zu verstehen. Er beschreibt allerdings, dass ein Elektron, wenn es sich am Kernort aufh¨alt, nicht mehr das Coulombpotential sondern das Kernpotential (d.h. in etwa das Potential innerhalb einer homogen geladenen Kugel) sieht. Der Darwin-Term stellt daher eine relativistische Korrektur zur potentiellen Energie dar.
41
Der dritte Term beschreibt die Kopplung zwischen der Bahn- und der Spinbewegung (Spin-Bahn-Kopplung, engl. spin-orbit coupling) und ist gegeben durch 1 1 dV (r) ˆ ˆ ˆ F S,3 = H L· S. (3.9) 2m2c2 r dr Dieser Term kann bis auf einen Faktor 12 relativ einfach verstanden werden: Im Ruhesystem des Elektrons wird dies umkreist von dem Z-fach positiv geladenen Atomkern. Wenn wir diese Bewegung als einen Kreistrom mit der Stromst¨arke I betrachten, so resultiert dieser in einem Magnetfeld am Ort des Elektrons. Nach dem Biot-Savart’schen-Gesetz gilt µ0 I B = . (3.10) 2r Nun ist mit der Umlaufzeit T die Stromst¨arke gegeben durch I = Ze/T . Weiter gilt L = rmv = 2πmr2 /T , also T = 2πmr2 /L. Eingesetzt ergibt sich Ze µ0 Ze 1 B = L = L, (3.11) 4πmr3 4π0 mc2 r3 √ wobei hier c = 1/ µ0 0 bzw. µ0 = 1/(c20 ) verwendet wurde. Nach Gl. (2.30) ist die Energie des Elektrons in einem Magnetfeld gegeben durch ˆ mag = 2 µB B · S ˆ = e B·S ˆ, H (3.12) h ¯ m denn es ist µB = e¯h/(2m). Setzt man f¨ur B den Ausdruck aus Gl. (3.11) ein, so erh¨alt man Ze2 ˆ ˆ 1 ˆ ˆ L · S. (3.13) Hmag = Hmag,LS = 4π0 m2 c2 r3 Nun ist die Ableitung von V (r) = −Ze2 /(4π0r) nach r gleich dV (r)/dr = Ze2 /(4π0r2 ), d.h. Gl. (3.13) kann geschrieben werden als ˆ mag,LS = 1 1 dV (r) L ˆ ·S ˆ. H (3.14) m2 c2 r dr Gl. (3.14) stimmt also bis auf einen Faktor 12 mit Gl. (3.9) u¨ berein. Dieser sogenannte Thomas-Faktor ergibt sich, wenn man vom Ruhesystems des Elektrons auf das Ruhesystems des Atoms (also im wesentlichen das Ruhesystems des Kerns) zur¨ucktransformiert. Aufgrund der kreisf¨ormigen Bewegung des Elektrons um den Kern ist diese Transformation etwas umst¨andlich und wird hier nicht durchgef¨uhrt. Bis auf den Faktor 21 kann die Spin-Bahn-Kopplung also relativ einfach verstanden werden, wobei relativistische Effekte, d.h. die Existens des Spins S mit gyromagnetischen Verh¨altnis gs = 2, verwendet wurden. 42
3.1.2 St¨orungstheoretische Berechnung der Energiekorrekturen Hat man einen Hamiltonoperator, der aus zwei Termen besteht, also ˆ = H ˆ0 + H ˆ0 , H
(3.15)
ˆ 0 nur kleine Korrekturen der sich aus H ˆ 0 ergebenden Energieniund bewirkt H ˆ 0 bewirkten kleinen Energieverschiebungen veaus E0, so kann man die durch H n¨aherungsweise in 1. Ordnung St¨orungstheorie bestimmen. Dies bedeutet, dass ˆ 0 bewirkten Energieverschiebungen ∆E 0 durch Erwartungswerte die durch H ˆ 0 mit den Eigenfunktionen Ψ des ungest¨orten Hamiltonoperators H ˆ 0 gevon H geben sind, d.h. ˆ 0 Ψi = ∆E 0 = hΨ| H
Z
ˆ 0 Ψ(r) , dr Ψ(r)∗ H
(3.16)
ˆ 0 Ψi ist. In 1. Ordnung St¨orungstheorie sind die Energien wobei E0 = hΨ| H dann gegeben durch E ≈ E0 + ∆E 0. ˆ 0 den Hamiltonoperator ohne relativistische Korrekturen, Wir verwenden als H siehe Gl. (3.1) h ¯2 ˆ ˆ ˆ H0 = T + V = − ∆ + Vˆ (r) . (3.17) 2m mit dem rotationssymmetrischen Coulombpotential V (r) = −
Ze2 1 . 4π0 r
(3.18)
ˆ 0 sind Die Eigenfunktionen von H Ψn,l,m(r) = Rn,l (r) Yl,m(Θ, Φ)
(3.19)
und die Eigenenergien sind Z2 En = − 2 ERyd , n
(3.20)
d.h. es gilt ˆ 0 Ψn,l,mi = En = hΨn,l,m | H
Z
ˆ 0 Ψn,l,m (r) . dr Ψn,l,m(r)∗ H
43
(3.21)
ˆ 0 verwenden wir die relativistischen Korrekturen zu H ˆ 0 , d.h. Als St¨oroperator H ˆ0 = H ˆ F S,1 + H ˆ F S,2 + H ˆ F S,3 . H (3.22) ˆ 0 sich additiv aus drei Beitr¨agen zusammensetzt, k¨onnen die drei Terme Da H nacheinander ausgewertet werden und die Ergebnisse dann addiert werden. Beginnen wir mit dem ersten Term ˆ4 p ˆ HF S,1 = − 3 2 . 8m c
(3.23)
Hief¨ur ist zu berechnen 1 ˆ 4 Ψi . hΨ| p (3.24) 3 2 8m c ˆ 0 = pˆ 2 + Vˆ (r), dass p ˆ 0 − Vˆ (r)) ist und somit ˆ 2 = 2m(H Weiter gilt wegen H 2m ˆ 0 − Vˆ (r))2 ist. Damit ergibt sich ˆ 4 = 4m2 (H p 1 ˆ 2 − 2H ˆ 0Vˆ (r) + Vˆ (r)2) Ψi hΨ| (H ∆EF S,1 = − 0 2 2mc 1 2 2 ˆ ˆ ˆ ˆ hΨ| H0 Ψi − 2hΨ|H0 V (r)Ψi + hΨ|V (r) Ψi = − 2mc2 1 2 2 ˆ ˆ E − 2E hΨ| V (r)Ψi + hΨ| V (r) Ψi = − n 2mc2 n 1 2 1 Ze2 2 1 Ze2 = − hΨ| Ψi + ( ) hΨ| 2 Ψi . En + 2En 2 2mc 4π0 r 4π0 r (3.25) ˆ F S,1 Ψi = − ∆EF S,1 = hΨ| H
Verwendet man die Wasserstoffwellenfunktionen, so ergibt sich Z 1 hΨ| Ψi = 2 , r n a0 1 Z2 hΨ| 2 Ψi = 3 , r n (l + 12 )a20 mit a0 =
4π0 ¯ h2 2 e m .
∆EF S,1
(3.26)
Hieraus ergibt sich
1 2 Z 2e4 m Z 4e8 m2 (3.27) En + 2En 2 = − + . 2mc2 n (4π0h ¯ )2 n3(l + 12 )(4π0h ¯ )4
2
Setzen wir nun noch En = − Zn2 ERyd und ERyd = ∆EF S,1
e4 m 2(4π0 )2 ¯h2
4n E2 = − n 2 1 − 4 + 2mc l + 12 2n En2 3 − . = mc2 2 l + 12
44
ein, so erhalten wir
(3.28)
Da En mc2 ist, stellt ∆EF S,1 nur eine kleine Energiekorrektur zu En dar, was die Verwendung der St¨orungstheorie rechtfertig. Die relative Energieverschiebung liegt in der Gr¨oßenordnung ∆EEFnS,1 ≈ 10−4 − 10−5. Der zweite Term
h ¯2 ∆V (r) (3.29) 8m2c2 bewirkt nur eine Energieverschiebung f¨ur s-Zust¨ande, da f¨ur das Coulombpotential ∆V (r) proportional zu δ(r) ist und nur s-Zust¨ande am Ursprung von ˆ F S,2 mit WasserNull verschieden sind. Wertet man den Erwartungswert von H stoffwellenfunktionen aus, so ergibt sich ˆ F S,2 = H
En2 2n δl,0 , (3.30) mc2 wobei δl,0 daf¨ur sorgt, dass sich, wie oben erl¨autert, nur s-Zust¨ande energetisch verschieben. Offensichtlich ist auch diese Energiekorrektur sehr viel kleiner als En . ∆EF S,2 =
Der dritte Term, die Spin-Bahn-Kopplung, ist gegeben durch 1 1 dV (r) ˆ ˆ L·S 2m2 c2 r dr Ze2 1 ˆ ˆ L · S, = − 8π0 m2 c2 r3
ˆ F S,3 = H
(3.31)
wobei in der letzten Zeile das Coulombpotential verwendet wurde. ˆ F S,3 zu H ˆ 0 , so sind L ˆ und S ˆ keine Erhaltungsgr¨oßen mehr, denn Addiert man H es gilt
ˆ = ˆ F S,3 , L H 6 0 und
ˆ = ˆ F S,3 , S H 6 0.
(3.32)
ˆ=L ˆ + S, ˆ der die gekoppelte Bahn- und Allerdings ist der Gesamtdrehimpuls J Spinbewegung beschreibt, erhalten, d.h.
ˆ F S,3 , J ˆ H
= 0.
(3.33)
ˆ2, L ˆ 2 und auch mit S ˆ 2 , es gilt also ˆ F S,3 mit J Weiterhin vertauscht H
ˆ F S,3 , S ˆ2 = 0 . ˆ F S,3 , L ˆ2 = H ˆ F S,3 , J ˆ2 = H H 45
(3.34)
Gl. (3.32) besagt, dass bei Ber¨ucksichtigung der Spin-Bahn-Wechselwirkung ˆ z und Sˆz keine Eigenzust¨ande von H ˆ mehr sind. Aufdie Eigenzust¨ande von L grund von Gln. (3.33) und (3.34) gibt es mit Spin-Bahn-Wechselwirkung geˆ 2 , Jˆz , L ˆ 2 und S ˆ 2. Bevor wir diese angeben, ˆ J meinsame Eigenzust¨ande von H, ˆ=L ˆ + S. ˆ zun¨achst ein paar Worte zu J ˆ gelten die u¨ blichen Vertauschungsrelationen von Drehimpulsen, d.h. Auch f¨ur J X ˆ 2 , Jˆj ] = 0 . [Jˆi, Jˆj ] = i¯h ijk Jˆk , [J (3.35) k
ˆ 2 gegeben durch j(j + 1)¯h2 und die von Außerdem sind die Eigenwerte von J Jˆz durch mj h ¯. Offensichtlich gilt ˆ z + Sˆz Jˆz = L (3.36) und damit ist mj = ml + ms . mj kann die (2j + 1) Werte −j, −j + 1, ..., j − 1, j annehmen. F¨ur s = 12 kann j = Max(mj ) genau zwei Werte annehemen 1 , (3.37) 2 wobei das Plus- und das Minuszeichen einer Parallelstellung“ bzw. einer An” ” ˆ 2 und S ˆ 2 entsprechen. tiparallelstellung“ von L (F¨ur beliebiges s w¨are j = l + s, l + s − 1, ..., |l − s| m¨oglich) j = l±
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ˆ 2 , Jˆz , L ˆ 2 und S ˆ 2 und der ˆ J Nun zu den gemeinsamen Eigenfunktionen von H, ˆ F S,3 = − Ze22 2 13 L ˆ ·S ˆ bewirkten EnergiekorrektuBestimmung, der durch H 8π0 m c r ren. ˆ f¨uhrt auf Quadrieren von J ˆ 2 = (L ˆ + S) ˆ 2 = L ˆ2 + S ˆ 2 + 2L ˆ ·S ˆ, J (3.38) was umgeformt werden kann zu 1 ˆ2 ˆ 2 ˆ 2 ˆ ˆ J −L −S . L·S = 2 46
(3.39)
ˆ ·S ˆ bestimmen als Mit Gl. (3.39) kann man leicht die Eigenwerte von L XL·S
h ¯2 (j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1)) , = 2
(3.40)
mit s = 12 . Die Energieverschiebung ∆EF S,3 ist proportional zu XL·S . F¨ur l = 0 ist j = l + 1 1 ur s-Zust¨ande. F¨ur 2 = 2 und damit verschwindet XL·S und somit auch ∆EF S,3 f¨ 2 2 j = l+ 21 ergibt sich XL·S = l ¯h2 und f¨ur j = l− 21 ergibt sich XL·S = −(l+1) ¯h2 . Multipliziert man XL·S mit der jeweiligen Entartung 2j + 1, also mit 2(l + 1) f¨ur j = l + 12 bzw. mit 2l f¨ur j = l − 12 , so findet man, dass dieses Produkt unabh¨angig von j ist. Dies bedeutet, dass sich die mit der Entartung gewichteten Energieverschiebungen zu Null addieren. Dies ist in der Quantenmechanik immer der Fall, wenn, wie hier, verschieden Zust¨ande miteinander gekoppelt werden.
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ˆ F S,3 Ψi angeben zu k¨onnen, brauUm die Energiekorrektur ∆EF S,3 = hΨ| H chen wir nun noch den Erwartungswert von r13 . Mit den Wasserstoffwellenfunktionen findet man 1 Z3 hΨ| 3 Ψi = , r l(l + 12 )(l + 1)n3a30
(3.41)
f¨ur l 6= 0. Setzt man die oben angegebenen Ergebnisse zusammen und formt ein wenig um, so erh¨alt man ∆EF S,3
En2 n(j(j + 1) − l(l + 1) − 43 ) , = mc2 l(l + 12 )(l + 1)
(3.42)
also wieder eine kleine Energiekorrektur, die von derselben Gr¨oßenordnung wie ∆EF S,1 und ∆EF S,2 ist. 47
Addiert man die drei Energiekorrekturen, so ergibt sich ∆EF S = ∆EF S,1 + ∆EF S,2 + ∆EF S,3
En2 = 2mc2
4n 3 − .(3.43) j + 21
Dies ist die sogenannte Feinstrukturformel. Mit relativistischen Korrekturen bis zur Ordnung ( vc )2 werden die Zust¨ande durch die Quantenzahlen n, s = 21 , j und mj beschrieben. Im Rahmen dieser Theorie sind die Energien der Zust¨ande nur von n und j abh¨angig. Addiert man zu Gl. (3.43) noch die ungest¨orten Energien En hinzu, so erh¨alt man En,j = En + ∆EF S
α2 Z 2 n Z 2 ERyd 1 + = − n2 n2 j+
wobei hier die Feinstrukturkonstante α = de.
e2 4π0 ¯hc
1 2
3 − , (3.44) 4
≈ 1/137.036 eingef¨uhrt wur-
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Bezeichnung der elektronischen Zust¨ande
Die elektronischen Zust¨ande von Einelektronenatomen werden bezeichnet mit n2s+1Lj .
(3.45)
Hierbei ist n = 1, 2, ... die Hauptquantenzahl, 2s + 1 = 2 die sogenannte Multiplizit¨at, L = s, p, d, .. f¨ur die Bahndrehimpulsquantenzahl l = 0, 1, 2, ... und j = l ± 12 die Gesamtdrehimpulsquantenzahl. Bsp. 1) Der Wasserstoffgrundzustand (n = 1) ist 12 s1/2. 2) F¨ur n = 2 hat man 22s1/2, 22p1/2 und 22d3/2.
48
3.2 Quantenelektrodynamische Korrekturen Die Ergebnisse der Dirac-Theorie zur Feinstruktur der atomaren Niveaus En,j stimmen viel besser mit den experimentellen Ergebnissen u¨ berein als die nichtrelativistische Theorie En. Allerdings gibt es noch weitere Energieverschiebungen und -aufspaltungen, die in Experimenten beobachtet werden und sich nicht durch die Dirac-Theorie erkl¨aren lassen. Quantisiert man das elektromagnetische Feld (dies f¨uhrt auf die Photonen) und die Licht-Materie-Wechselwirkung, so findet man, dass das resultierende Coulombpotential f¨ur kleine Abst¨ande schw¨acher variiert als 1r . Diese Abschw¨achung des Coulombpotentials f¨uhrt zu einer Erh¨ohung der Energien von s-Zust¨anden, da deren Wellenfunktionen am Ursprung nicht verschwinden. Diese sogenannte Lamb-Verschiebung f¨uhrt dazu, dass beim Wasserstoffatom das 2s1/2-Niveau energetisch oberhalb vom 2p1/2-Niveau liegt.
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Ein weiterer quantenelektrodynamischer Effekt ist die Abweichung des gyromagnetischen Verh¨altnisses gs vom Dirac’schen Wert 2. Genaue Rechnungen und Experimente liefern (gs − 2) ≈ 0, 0023193....
49
3.3 Die Hyperfeinwechselwirkung Bisher wurde nicht betrachtet, dass auch das Proton, oder allgemeiner der Atomkern, einen Spin hat. Dieser kann in Wechselwirkung mit dem magnetischen ¨ Moment der Atomh¨ulle treten. Die folgenden Uberlegungen sind relativ analog zur Behandlung der Spin-Bahn-Wechselwirkung und daher werden hier nur die grunds¨atzlichen Abh¨angigkeiten kurz angegeben. F¨ur das magnetische Moment des Kernes setzen wir an (vergleiche Gl. (1.124) f¨ur das Elektron) ˆ Kern = gKern m
µKern ˆ SKern , h ¯
(3.46)
h . Da mKern me ist, ist |mKern | sicher sehr viel kleiner als mit µKern = 2mZe¯ Kern das magnetische Moment des Elektrons. F¨ur das Wasserstoffatom besteht der Atomkern nur aus einem Proton. Dieses hat Spin 21 und einen anomalen“ g-Faktor von gP roton = 5, 58. F¨ur komplizier” tere Kerne ergeben sich andere Werte.
Die Bewegung der Atomh¨ulle resultiert in einem Magnetfeld B am Ort des Kerns, welches proportional zum elektronischen Gesamtdrehimpuls J ist, d.h. B = B
J . j¯h
(3.47)
Die Energie im Magnetfeld ist bestimmt durch ˆ HF S = −m ˆ Kern · B , H
(3.48)
ˆ Kern · J. ˆ S ˆ Kern und J ˆ sind keine Erhaltungsgr¨oßen mehr, ˆ HF S ∝ S damit ist H ˆ HF S ber¨ucksichtigt. Allerdings gibt die neue wenn man deren Kopplung durch H Erhaltungsgr¨oße ˆ = S ˆ Kern + J ˆ. F
50
(3.49)
ˆ gelten die u¨ blichen Drehimpuls-Vertauschungsrelationen, d.h. F¨ur F [Fˆi, Fˆj ] = i¯h
X
ijk Fˆk ,
ˆ 2, Fˆj ] = 0 . [F
(3.50)
k
ˆ 2 gegeben durch F (F + 1)¯h2 und die von Außerdem sind die Eigenwerte von F Fˆz durch mF h ¯ . Wegen Fˆz = Jˆz + SˆKern,z ist F = j + sKern , j + sKern − 1, ..., |j − sKern | m¨oglich. F¨ur sKern = F = j ± 21 .
(3.51) 1 2
ist also
Wegen ˆ 2 = (J ˆ+S ˆ Kern)2 F
(3.52)
ˆ·S ˆ Kern = 1 F ˆ2 − J ˆ2 − S ˆ2 J Kern . 2
(3.53)
ist
Daher sind die Eigenwerte von J · SKern gegeben durch XJ·SKern
h ¯2 (F (F + 1) − j(j + 1) − sKern (sKern + 1)) . = 2
(3.54)
Aufgrund von Gln. (3.47) und (3.54) ist die Energieverschiebung durch die Hyperfeinwechselwirkung gegeben durch ∆EHF S =
A F (F + 1) − j(j + 1) − sKern (sKern + 1) , 4 j
(3.55)
¨ mit einem Vorfaktor A, der aus den obigen Uberlegungen ausgerechnet werden kann.
51
Bsp.: Aufspaltung des Grundzustands vom Wasserstoffatom Es ist j = sP roton = 21 und daher hat man ∆EHF S =
A 3 (F (F + 1) − ) . 2 2
(3.56)
F = 1 ist dreifach (2F + 1) entartet und um A/4 verschoben. F = 0 ist einfach entartet und um −3A/4 verschoben. Wieder (wie auch bei der Spin-Bahn-Wechselwirkung) verschindet also die Summe der mit der Entartung gewichteten Energieverschiebungen. Die Gr¨oße A heißt Intervallfaktor. Die Hyperfeinaufspaltung des Grundzustands vom Wasserstoffatom betr¨agt ca. 6 × 10−6eV .
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3.4 Zeeman-Effekt mit Berucksichtigung ¨ der Spin-Bahn-Wechselwirkung ¨ Bei unseren Uberlegungen zur Energie der atomaren Niveaus am Ende von Kap. 1, waren wir davon ausgegangen, dass wir die Zust¨ande durch die Quantenzahlen n, l, s, ml (haben wir fr¨uher m genannt) und ms klassifizieren k¨onnen. Allerdings wissen wir nun, dass aufgrund der Spin-Bahn-Wechselwirkung L und S nicht mehr erhalten sind und wir daher die Quantenzahlen n, l, s(= 21 ), j, mj zur Bezeichnung der Zust¨ande verwenden m¨ussen. Schwaches homogenes Magnetfeld
Schwach soll bedeuten, dass |Bext | |Bint| ist, wobei |Bint| das interne Magnetfeld ist, welches die Kopplung von L und S zum Gesamtdrehimpuls J 52
bewirkt. In diesem Bereich, k¨onnen wir die magnetfeldinduzierte Energieverschiebung in 1.Ordnung St¨orungstheorie berechnen, d.h., siehe Gl. (2.4), ˆ mag |n, l, j, mj i ∆Emag = hn, l, j, mj |H e ˆ + 2S|n, ˆ l, j, mj i , Bext · hn, l, j, mj |L = 2m
(3.57)
wobei B = Bext gesetzt wurde. Nun ist L + 2S = J + S. Da S um J pr¨azediert, ist das zeitliche Mittel von S gegeben durch seine Projektion in Richtung von J, d.h. Savg =
S·J J. J2
(3.58)
Aus L = J − S folgt L2 = J2 + S2 − 2S · J und somit S · J = 21 (J2 + S2 − L2). Dies f¨uhrt zu j(j + 1) − l(l + 1) + 43 S·J hL + 2Si = h(1 + 2 )Ji = {1 + }hJi , (3.59) J 2j(j + 1) wobei der Term in den geschweiften Klammern der Lande’sche gJ -Faktor ist. F¨ur B = Bez erh¨alt man als 1. Ordnung Energiekorrektur ∆Emag = µB gJ mj B .
(3.60)
Die Zust¨ande spalten also linear in B und proportional zu mj und gJ auf. Bsp.: Wasserstoffgrundzustand, d.h. n = 1, l = 0, j = 21 Es ergibt sich gJ = 2, d.h. ∆Emag = 2µB mj B. Wegen mj = ± 21 spaltet der ohne Magnetfeld zweifach entartete Zustand im Magnetfeld auf.
BILD
53
Starkes homogenes Magnetfeld
ˆ + 2S) ˆ als dominant ˆ mag = e Bext · (L Ist |Bext | |Bint |, so kann man H 2m gegen¨uber der Spin-Bahn-Wechselwirkung betrachten. Das bedeutet, dass wir die Zust¨ande wieder durch die Quantenzahlen n, l, s, ml und ms klassifizieren k¨onnen. Im Bereich starker Magnetfelder ergeben sich daher, wenn man die Spin-BahnWechselwirkung komplett vernachl¨assigt, die am Ende von Kap. 1 angegebenen Ergebnisse, d.h., siehe Gl. (1.126), ∆Emag = µB B(ml + 2ms ) .
(3.61)
Dies ist der sogenannte Paschen-Back-Effekt, der den Limes des Zeeman-Effektes f¨ur sehr starke Magnetfelder darstellt. M¨ochte man die atomaren Energien in diesem Bereich etwas genauer berechnen, so kann zus¨atzlich zu Gl. (3.61) noch die Spin-Bahn-Wechselwirkung (∝ L · S) st¨orungstheoretisch ber¨ucksichtigt werden.
BILD
54
Kapitel 4 Vielelektronenatome F¨ur Atome, die aus einem Atomkern und einem Elektron bestehen, kann man relativ viele Probleme analytisch l¨osen. F¨ur Atome mit zwei und mehr Elektronen bzw. generell f¨ur wechselwirkende quantenmechanische Vielteilchensysteme gibt es normalerweise keine exakten L¨osungen. Man ist daher auf N¨aherungsverfahren angewiesen. Im folgenden werden zun¨achst einige einfache N¨aherungsverfahren am Beispiel des Heliumatoms erl¨autert. Danach werden die wichtigsten Prinzipien der Vielteilchen-Quantenmechanik vorgestellt, welche dann benutzt werden um weitere Verfahren zur Beschreibung von Vielelektronenatomen zu entwickeln.
4.1 Das Heliumatom Wir haben es eigentlich mit einem Dreiteilchenproblem zu tun, da sich der Kern und die zwei Elektronen bewegen k¨onnen. Da allerdings der Kern sehr viel schwerer als die Elektronen ist, kann man seine langsame Bewegung n¨aherungsweise vernachl¨assigen und z.B. annehmen, dass der zweifach positiv geladene Kern (Z = 2) im Ursprung des verwendeten Koordinatensystems sitzt.
BILD
55
Der Hamiltonoperator f¨ur dieses System ist gegeben durch ˆ = Tˆ + Vˆ , H
(4.1)
h ¯2 h ¯2 ˆ ˆ ˆ ∆1 − ∆2 , T = T1 + T2 = − 2m 2m
(4.2)
mit
hierbei wirkt ∆i auf ri , und Vˆ = Vˆ1 + Vˆ2 + Vˆ12 = −2V˜ (r1) − 2V˜ (r2) + V˜ (|r1 − r2 |) ,
(4.3)
2
e 1 wobei V˜ (r) = 4π ist. 0 r Die Wellenfunktion beschreibt die zwei Elektronen und h¨angt daher von r1 und von r2 ab, d.h. Ψ(r1 , r2). L¨osen wollen wir die station¨are SGL, also
ˆ HΨ = EΨ .
(4.4)
ˆ =H ˆ1 + H ˆ2 + H ˆ 12 (mit H ˆ i = Tˆi + Vˆi ) durch den Term H ˆ 12 = Vˆ12 eine Da H Wechselwirkung zwischen den zwei Elektronen beinhaltet, kann Gl. (4.4) nicht analytisch gel¨ost werden. Im folgenden werden einige relativ einfache N¨aherungsverfahren vorgestellt und deren Ergebnisse werden mit experimentellen Resultaten verglichen. 4.1.1 Diskussion von N¨aherungsl¨osungen Experimentell findet man als Ionisierungsenergien des Heliumatoms etwa 24.6eV f¨ur das erste und etwa 54.4eV f¨ur das zweite Elektron. Die gesamte Bindungsenergie des Atoms ist somit etwa −79.0eV . Die Ionisierungsenergie des zweiten Elektrons von 54.4eV kann einfach als die Grundzustandsenergie eines Elektrons im Potential eines zweifach positiv geladenen Atomkerns (−Z 2ERyd = −4 × 13.6eV = −54.4eV ) verstanden werden. Wir werden sehen, dass man die kleinere Ionisierungsenergie des ersten Elektrons nur erkl¨aren kann, wenn man die Wechselwirkung zwischen den Elektronen, also V12, ber¨ucksichtigt. a) N¨aherung unabh¨angiger Elektronen (V12 = 0)
Vernachl¨assigt man die Wechselwirkung zwischen den Elektronen, d.h. setzt ˆ =H ˆ1 + H ˆ 2. Der Hamiltonoperator ist also die Summe man V12 = 0, so ist H von zwei Einteilchenhamiltonoperatoren. 56
In diesem Fall kann man f¨ur die Wellenfunktion (wir schreiben jetzt Ψ(1, 2) anstatt Ψ(r1, r2)) einen Separationsansatz verwenden Ψ(1, 2) = Ψ1 (1)Ψ2(2) .
(4.5)
Damit ist ˆ ˆ1 + H ˆ 2)(Ψ1(1)Ψ2(2)) EΨ(1, 2) = HΨ(1, 2) = (H ˆ 1Ψ1 (1))Ψ2(2) + (H ˆ 2Ψ2 (2))Ψ1(1) = E1 Ψ1(1)Ψ2(2) + E2 Ψ2 (2)Ψ1(1) = (H = (E1 + E2 )Ψ(1, 2) , (4.6) d.h. die Gesamtenergie ist einfach die Summe von zwei Einteilchenenergien. Wenn sich beide Elektronen im 1s-Grundzustand des durch den zweifach positiv geladenen Kern gegebenen Potentials befinden, also 1
Z 3 2 −Zr1 /a0 e , Ψ1(r1) = πa30
1
Z 3 2 −Zr2 /a0 Ψ2(r2) = e , πa30
(4.7)
E = −2(Z 2ERyd) = −108.8eV .
(4.8)
mit Z = 2, ergibt sich
Man bekommt also eine sehr viel gr¨oßere als die experimentell gefundene Bindungsenergie von −79.0eV . Daher ist es keine gute N¨aherung die Abstoßung der beiden Elektronen, die die Bindungsenergie reduziert, zu vernachl¨assigen. b) Empirische N¨aherung einer effektiven Kernladung
Bei diesem Ansatz wird versucht die Wechselwirkung V12 durch Einf¨uhren von effektiven“ Einteilchenpotentialen n¨aherungsweise zu ber¨ucksichtigen. D.h. ” man setzt V12 = 0 und versucht die experimentellen Ergebnisse durch das Verwenden von Vˆef f,i 6= Vˆi zu reproduzieren. Versucht man so die Ionisierungsenergie des ersten Elektrons zu erkl¨aren, verwendet man den Ansatz 2 −Zef f ERyd = −24.6eV ,
(4.9)
mit einer effektiven Kernladungszahl Zef f . Auswertung von Gl. (4.9) ergibt Zef f = 1.34. Im Rahmen dieses Modells sp¨uren also die Elektronen eine effektive Kernladung die zwischen 1 und 2 liegt. Dies kann man anschaulich so 57
verstehen, dass die Anziehung eines Elektrons an den zweifach positiv geladenen Kern durch das andere negativ geladene Elektron abgeschw¨acht wird. Diesen Effekt bezeichnet man als Abschirmung.
BILD
Im Rahmen dieses ph¨anomenologischen Modells sind die Wellenfunktionen gegeben durch 1
3 2 Zef f Ψ1(r1 ) = e−Zef f r1 /a0 , 3 πa0
1
3 2 Zef f Ψ2(r2 ) = e−Zef f r2 /a0 , 3 πa0
(4.10)
d.h. beide Elektronen sich in 1s-Zust¨anden, deren Ausdehnung durch Zef f = 1.34 bestimmt ist. Die Elektronenzust¨ande werden also durch die n¨aherungsweise Ber¨ucksichtigung einer effektiven Wechselwirkung ein wenig ver¨andert sind aber immer noch wasserstoffartig. ¨ Die Ubereinstimmung mit dem Experiment bedeutet allerdings nicht, dass diese Theorie exakt w¨are. Es wurde nur ein Parameter Zef f empirisch eingef¨uhrt, der so gew¨ahlt werden konnte, dass die Ionisierungsenergien mit dem Experiment u¨ bereinstimmen. Ob ein solcher Ansatz sinnvoll ist, kann nur gekl¨art werden, wenn man die Wechselwirkung V12 im Rahmen einer echten Vielteilchentheorie mit ber¨ucksichtigt. c) St¨orungstheorie fur ¨ die Wechselwirkung V12
Obwohl wir schon wissen, dass die Wechselwirkung V12 keine kleine St¨orung darstellt, kann man sich trotzdem ansehen, wie das Resultat aussieht, wenn man die Wechselwirkung in erster Ordnung St¨orungstheorie auswertet. D.h. man berechnet ˆ = hH ˆ1 + H ˆ 2 + Vˆ12i E = hHi 58
(4.11)
und verwendet im Rahmen der St¨orungstheorie beim Berechnen der Erwarˆ0 = H ˆ1 + H ˆ 2. tungswerte die ungest¨orte Grundzustandswellenfunktion von H Diese ist, siehe Abschnitt 4.1.1, gegeben durch Ψ(r1 , r2) = Ψ1(r1)Ψ2 (r2), mit den 1s-Einteilchenwellenfunktionen 1
Z 3 2 −Zr1 /a0 e , Ψ1(r1) = πa30
1
Z 3 2 −Zr2 /a0 Ψ2(r2) = e , πa30
(4.12)
mit Z = 2. ˆ 0 i erh¨alt man E0 = −2(Z 2ERyd) = −108.8eV . Bleibt also noch auszuF¨ur hH werten E = hVˆ12 i = 0
Z
dr1
Z
1 e2 . (4.13) dr2 |Ψ1 (r1 )| |Ψ2 (r2)| 4π0 |r1 − r2 | 2
2
Das Ergebnis dieses Doppelintegrals ist E 0 = 34.0eV . Damit ergibt sich E = E0 + E 0 = −74.8eV , was relativ nah am experimentellen Resultat Eexp = −79.0eV . Es ist allerdings klar, dass die 1. Ordnung St¨orungstheorie f¨ur dieses Problem nicht ausreichend sein kann, da |E 0 | nicht sehr viel kleiner ist als |E0 |. Außerdem werden durch die Wechselwirkung V12 sicher auch die Wellenfunktionen modifiziert, d.h. der hier verwendete Produktansatz nichtwechselwirkender Einteilchenfunktionen kann keine gute N¨aherung f¨ur das wechselwirkende System sein. d) Variationsansatz fur ¨ die Wellenfunktion
Um Grundzustandsenergien und Wellenfunktionen von komplizierten Systemen n¨aherungsweise zu bestimmen werden oft Variationsans¨atze f¨ur die Wellenfunktion verwendet. Die Basis dieser Ans¨atze stellt das Ritzsche Variationsprinzip dar. Nehmen wir an, dass wir alle Eigenwerte und Eigenfunktionen eines ˆ kennen, d.h. wir haben die station¨are SGL HΨ ˆ n = En Ψn Hamiltonoperators H ¨ gel¨ost. Nun bilden wir eine Wellenfunktion als Uberlagerung der Eigenfunktioˆ gem¨aß nen von H Ψ =
X n
an Ψn ,
mit beliebigen komplexen Amplituden an . 59
(4.14)
Sind die Ψn orthonormiert, muss denn es ist X
hΨ|Ψi = h =
n X n
X
an Ψn |
m
|an |2 .
P 2 n |an |
am Ψm i =
= 1 sein, damit auch Ψ normiert ist,
X
n,m
a∗n am hΨn |Ψm i =
X
n,m
a∗n am δn,m (4.15)
Der Erwartungswert der Energie im Zustand Ψ ist ˆ E = hΨ|HΨi =h = = =
X
X
ˆ X am Ψm )i = an Ψn |H(
n ∗ an am hΨn |Em Ψm i
=
m X
X
ˆ mi a∗n am hΨn |HΨ
n,m ∗ an am EmhΨn |Ψm i
n,m n,m X X ∗ En |an |2 an am Em δn,m = n n,m X X E1|an |2 + (En − E1)|an |2 n n
= E1 +
... X
(En − E1)|an |2 (. 4.16)
n=2
Hieraus folgt, dass der Energieerwartungswert gebildet mit einer beliebigen normierten Wellenfunktion gr¨oßer oder gleich der Grundzustandsenergie ist, ˆ d.h. E = hΨ|HΨi ≥ E1. Ist E = E1 muss Ψ die Grundzustandswellenfunktion ˆ sein. von H ˆ HΨi Anmerkung: F¨ur eine nicht normierte Wellenfunktion Ψ gilt hΨ| hΨ|Ψi ≥ E1 . Man kann sich physikalisch motivierte Ans¨atze f¨ur die Wellenfunktion, die von einem oder mehreren Parametern abh¨angen, u¨ berlegen, z.B. Ψλ . Dann berechˆ λ i und bestimmt das λ0 f¨ur das sich die minimale Energie net man Eλ = hΨλ |HΨ Eλ0 ergibt. Aufgrund von Gl. (4.16) gilt auf jeden Fall, dass Eλ0 ≥ E1 ist. Dies bedeutet, dass man durch einen solchen Variationsansatz eine obere Schranke f¨ur die Grundzustandsenergie bekommt. Probiert man verschiedene Ans¨atze durch, so ist klar zu entscheiden, welcher der bessere ist. Die beste N¨aherung f¨ur den Grundzustand ist die Wellenfunktion mit der kleinsten Energie. F¨ur das Heliumatom kann man z.B. Ψλ (r1, r2) = Ψλ,1 (r1)Ψλ,2(r2 ) 1
λ3 2 −λr1 /a0 e , Ψλ,1 (r1) = πa30
1
λ3 2 −λr2 /a0 Ψλ,2 (r2) = e πa30
(4.17)
also ein Produkt wasserstoffartiger 1s-Funktionen, ansetzen. Dieser Ansatz ist normiert, denn 60
hΨλ |Ψλ i = =
Z
Z
dr1
Z
dr2 |Ψλ,1 (r1)|2 |Ψλ,2 (r2)|2 2
dr1 |Ψλ,1 (r1)|
Z
dr2 |Ψλ,2 (r2)|2 = 1 ,
(4.18)
da die Einteilchenwellenfunktionen Ψλ,1 und Ψλ,2 normiert sind. Berechnet man die Energie im Zustand Ψλ , ergibt sich ˆ = hH ˆ1 + H ˆ 2 + Vˆ12i = (λ2 − 2Zλ + 5 λ)2ERyd . (4.19) Eλ = hHi 8 Um die Energie zu minimieren, setzt man die erste Ableitung nach λ gleich Null, d.h. 5 d Eλ = (2λ − 2Z + )2ERyd = 0 . dλ 8
(4.20)
5 5 Die L¨osung ist λ0 = Z − 16 . F¨ur Z = 2 also λ0 = 2 − 16 = 27 ≈ 1.69. Damit 16 2 27 5 27 ergibt sich Eλ0 = ( 27 16 − 4 · 16 + 8 16 )2ERyd = −77.5eV . Setzt man die experimentell bestimmte Bindungenergie f¨ur das Heliumatom gleich der Grundzustandsenergie (E1 = −79.0eV ), so gilt Eλ0 > E1. Das Variationsverfahren liefert also eine etwas zu kleine Bindungsenergie. Generell liefern Variationsans¨atze gut Ergebnisse, wenn man geeignete physikalisch sinnvolle und dem jeweiligen Problem angepasste Wellenfunktionen verwendet. Dies funktioniert u¨ blicherweise nur, wenn man das zu beschreibende System so gut verstanden hat, dass man schon relativ genau weiss, wie die Grundzustandswellenfunktion aussehen muss.
4.2 Grundzuge ¨ der Vielteilchen-Quantenmechanik In einem System, das aus N ≥ 2 Elektronen besteht, gibt es keine M¨oglichkeit experimentell die Eigenschaften eines bestimmten Elektrons zu bestimmen. In der Quantenmechanik sind gleiche Teilchen prinzipiell nicht unterscheidbar. Daher m¨ussen alle Elektronen in einem solchen System identische Eigenschaften haben. Die Ununterscheidbarkeit gleicher Teilchen haben wir bisher nicht ber¨ucksichtigt. Im folgenden wird gezeigt, welche Konsequenzen sich hieraus f¨ur die Wellenfunktion ergeben.
61
4.2.1 Wellenfunktionen fur ¨ zwei gleiche Teilchen Betrachten wir einen Produktansatz f¨ur eine Zweiteilchenwellenfunktion Ψ(1, 2) = Ψν1 (1)Ψν2 (2) ,
(4.21)
wobei νi die Quantenzahlen bezeichnet, die dem jeweiligen Zustand entspre¨ chen. Dieser Ansatz ist nicht in Ubereinstimmung mit der Ununterscheidbarkeit gleicher Teilchen, denn Gl. (4.21) bedeutet, dass sich das Elektron Nummer 1 im Zustand Ψν1 befindet und sich das Elektron Nummer 2 im Zustand Ψν2 befindet. F¨ur ν1 6= ν2 k¨onnte man die Elektronen also unterscheiden. Daher muss man einen anderen Ansatz verwenden, wenn man ausdr¨ucken m¨ochte, dass sich ein Elektron im Zustand Ψν1 und ein Elektron im Zustand Ψν2 befindet. Die Ununterscheidbarkeit der zwei Elektronen kann man durch die folgenden Linearkombinationen von Ψ(1, 2) und Ψ(2, 1) gew¨ahrleisten 1 ΨS (1, 2) = √ (Ψ(1, 2) + Ψ(2, 1)) , 2 1 ΨA (1, 2) = √ (Ψ(1, 2) − Ψ(2, 1)) , 2 wobei
√1 2
(4.22)
ein Normierungsfaktor ist. Es gilt dann
hΨS,A |ΨS,A i =
Z 1Z dr1 dr2 |Ψ(1, 2)|2 + |Ψ(2, 1)|2 ± (Ψ(1, 2)∗Ψ(2, 1) + Ψ(2, 1)∗Ψ(1, 2)) = 2 1 (1 + 1 + 0 + 0) = 1 , (4.23) 2
da die gemischten Terme“ ( Interferenzterm“) f¨ur ν1 6= ν2 verschwinden. ” ” Offensichtlich gilt nach Gl. (4.22) ΨS (1, 2) = ΨS (2, 1) und man nennt diese Wellenfunktion daher symmetrisch“. Hingegen ist ΨA (1, 2) = −ΨA (2, 1) und ” man nennt diese Wellenfunktion daher antisymmetrisch“. ” Es zeigt sich, dass man symmetrischen Wellenfunktionen ΨS zur Beschreibung von Teilchen mit ganzzahligem Spin (0, 1, ...), sogenannten Bosonen verwenden muss. Hingegen m¨ussen antisymmetrische Wellenfunktionen ΨA zur Beschreibung von Teilchen mit halbzahligem Spin ( 21 , 23 , ...), sogenannten Fermionen verwendet werden.
62
Anmerkung: In der statistischen Physik ergeben sich f¨ur Fermionen und Bosonen unterschiedliche Formeln f¨ur die temperaturabh¨angige Besetzung von Zust¨anden. Fermionen werden durch die Fermi-Dirac-Verteilung beschrieben und Bosonen durch die Bose-Einstein-Verteilung. Da es sich bei Elektronen also um Fermionen handelt, m¨ussen wir antisymmetrische Wellenfunktionen bilden, um die elektronischen Zust¨ande von Mehrelektronatomen korrekt zu beschreiben! F¨ugen wir den Produktansatz aus Gl. (4.21) in Gl. (4.22) ein, erhalten wir 1 ΨA (1, 2) = √ (Ψ(1, 2) − Ψ(2, 1)) 2 1 = √ (Ψν1 (1)Ψν2 (2) − Ψν1 (2)Ψν2 (1)) . 2
(4.24)
Hier sieht man, dass die Wellenfunktion ΨA verschwindet, wenn ν1 = ν2 ist. Dies ist das Pauli-Prinzip, das besagt, dass zwei Fermionen nicht in allen Quantenzahlen u¨ bereinstimmen k¨onnen bzw. dass jeder Zustand nur mit h¨ochstens einem Fermion besetzt sein kann. Man kann ΨA auch als Determinante schreiben 1 ΨA (1, 2) = √ (Ψν1 (1)Ψν2 (2) − Ψν1 (2)Ψν2 (1)) 2 1 Ψν1 (1) Ψν2 (1) = √ . 2 Ψν1 (2) Ψν2 (2)
(4.25)
Dem Pauli-Prinzip entspricht die Tatsache, dass eine Determinante verschwindet, wenn zwei ihrer Spalten (oder zwei Zeilen) gleich sind. Die Antisymmetrie der Wellenfunktion bez¨uglich Teilchenvertauschung entspricht die Tatsache, dass eine Determinante das Vorzeichen a¨ ndert, wenn man zwei Zeilen (oder zwei Spalten) miteinander vertauscht.
63
4.2.2 Wellenfunktionen fur ¨ N -Teilchen-Systeme Wir betrachten nun eine N -Teilchen-Wellenfunktion Ψ(1, ..., N ). Die Vertauschung der Teilchen k und l (1 ≤ k, l ≤ N ) beschreiben wir durch den Operator Pk,l . Da sich die physikalischen Eigenschaften nicht ver¨andern d¨urfen, wenn man zwei Teilchen miteinander vertauscht, muss Pk,l Ψ(1, ..., k, ..., l, ...N ) = Ψ(1, ..., l, ..., k, ...N ) = CΨ(1, ..., k, ..., l, ...N ) (4.26) gelten, mit |C| = 1 bzw. C = eiφ . F¨ur Bosonen muss C = 1 bzw. φ = 0 f¨ur alle k und l sein. Bosonische Vielteilchenwellenfunktionen ΨS (1, ..., N ) sind also symmetrisch bez¨uglich aller Teilchenvertauschungen. F¨ur Fermionen muss C = −1 bzw. φ = π f¨ur alle k und l sein. Fermionische Vielteilchenwellenfunktionen ΨA (1, ..., N ) sind daher antisymmetrisch bez¨uglich aller Teilchenvertauschungen. Wenn man ansetzt, dass sich ΨA (1, ..., N ) als Produkt von Einteilchenwellenfunktionen schreiben l¨aßt (Dies ist eine N¨aherung!), so ist ΨA (1, ..., N ) durch folgende Determinante gegeben
Ψν1 (1) Ψν2 (1) Ψν1 (2) Ψν2 (2) 1 . . ΨA (1, ..., N ) = √ . . N! . . Ψν1 (N ) Ψν2 (N )
... ΨνN (1) ... ΨνN (2) ... . , ... . ... . ... ΨνN (N )
(4.27)
mit dem Normierungsfaktor √1N ! . Die durch Gl. (4.27) beschriebene Determinante nennt man Slater-Determinante. Die Slater-Determinante ber¨ucksichtigt das Pauli-Prinzip, denn wenn zwei Fermionen denselben Zustand besetzen, wenn also νi = νk f¨ur i 6= k ist, verschwindet die Determinante, weil sie dann zwei gleiche Spalten hat. Außerdem ist die Slater-Determinante asymmetrisch bez¨uglich Teilchenvertauschung, da die Determinante das Vorzeichen a¨ ndert, wenn zwei Zeilen vertauscht werden.
64
4.2.3 Elektronische Wellenfunktionen in Ortsraum-Spin-Darstellung Wir setzen die N -Elektron-Wellenfunktion als folgendes Produkt ΨA (1, ..., N ) = Ψr (1, ..., N )χ(1, ..., N )
(4.28)
an, wobei Ψr der Ortsraumanteil und χ der Spinanteil von ΨA ist. Die gesamte Wellenfunktion ΨA muss antisymmetrisch bez¨uglich der Vertauschung von zwei Teilchen sein. Dies kann man auf zwei Arten erreichen: 1) durch ein antisymmetrisches Ψr und ein symmetrisches χ, oder 2) durch ein symmetrisches Ψr und ein antisymmetrisches χ. Es ist also ΨA (1, ..., N ) = Ψr,S (1, ..., N )χA(1, ..., N ) oder ΨA (1, ..., N ) = Ψr,A (1, ..., N )χS (1, ..., N )
(4.29)
m¨oglich. ¨ Die weiteren Uberlegungen beschr¨anken wir auf die Betrachtung von zwei Elektronen. Mit Spin haben wir die Wellenfunktion eines Elektrons geschrieben als, siehe Gl. (2.36),
Ψ(r, S) = ψ(r)χ(S) = ψ(r) {α+ χ+ + α− χ− } = ψ(r)
α+ α−
.(4.30)
F¨ur die antisymmetrische Zwei-Elektron-Wellenfunktion gibt es die zwei M¨oglichkeiten ΨA (1, 2) = Ψr,S (1, 2)χA(1, 2) oder ΨA (1, 2) = Ψr,A (1, 2)χS (1, 2) .
65
(4.31)
Wie kann man aus χ+ und χ− symmetrische und antisymmetrische Spinfunktionen χS und χA konstruieren? Diese findet man als die Eigenzust¨ande des Gesamtspins S = S(1) + S(2). Der Gesamtspin von zwei Elektronen (bzw. allgemeiner von zwei Spin- 21 -Teilchen) kann S = 1 oder S = 0 sein. F¨ur S = 1 hat man die drei M¨oglichkeiten mS = −1, 0, −1, die durch folgende Spin-Funktionen χS,mS beschrieben werden χ1,1 = χ+ (1)χ+(2) , χ1,−1 = χ− (1)χ−(2) , 1 χ1,0 = √ (χ+(1)χ−(2) + χ− (1)χ+(2)) . 2
(4.32)
F¨ur S = 0 hat man mS = 0, was durch folgende Spin-Funktion beschrieben wird 1 χ0,0 = √ (χ+ (1)χ−(2) − χ− (1)χ+(2)) . 2
(4.33)
BILD
Man erkennt, dass die drei Spinfunktionen χ1,1, χ1,−1 χ1,0 , die ein sogenanntes Triplett-System bilden, symmetrisch sind, w¨ahrend der Singulett-Zustand χ0,0 antisymmetrisch ist. Kombiniert man die Spin-Funktionen χS,mS mit einer Ortsraumfunktion zu einer antisymmetrischen Wellenfunktion ΨA (1, 2), muss man f¨ur S = 1 eine symmetrische Ortsraumfunktion Ψr,S und f¨ur S = 0 eine antisymmetrische Ortsraumfunktion Ψr,A w¨ahlen.
66
4.2.4 Anwendung: Qualitative Behandlung des Helium-Atoms mit Spin Die Spins der zwei Elektronen addieren sich zum Gesamtspin S = S(1) + S(2). Dieser kann S = 0 oder S = 1 sein. Den Fall S = 0 bezeichnet man als Para” helium“ w¨ahrend man bei S = 1 von Orthohelium“ spricht. ” Der Grundzustand
Beschreibt man den Ortsraumanteil der Zweiteilchenwellenfunktion durch wasserstoffartige Wellenfunktionen, dann sollte der Zustand niedrigster Energie einer Wellenfunktion entsprechen bei der sich beide Elektronen im 1s-Zustand befinden. F¨ur Orthohelium“ (S = 1) ist die Spinfunktion χ1,mS symmetrisch. Aufgrund ” von Gl. (4.31) ΨA (1, 2) = Ψr,A (1, 2)χS (1, 2)
(4.34)
muss in diesem Fall der Ortsraumanteil der Wellenfunktion antisymmetrisch sein. Dies ist aber nicht nicht m¨oglich wenn sich beide Elektronen in einem 1s-Zustand befinden. D.h. ein solcher Zustand, der mit (1s)1(1s)1 ≡ (1s)2 bezeichnet wird, existiert nicht f¨ur Orthohelium, da ein Zustand bei dem sich beide Elektronen in demselben Orbital befinden nat¨urlicherweise symmetrisch ist. F¨ur Parahelium“ (S = 0) ist die Spinfunktion χ0,0 antisymmetrisch. Aufgrund ” von Gl. (4.31) ΨA (1, 2) = Ψr,S (1, 2)χA(1, 2)
(4.35)
muss in diesem Fall der Ortsraumanteil der Wellenfunktion symmetrisch sein. Dies ist mit zwei Elektronen in einem 1s-Zustand (1s)2 zu erreichen durch Ψr,S (1, 2) = Ψ1s (1) Ψ1s(2) .
(4.36)
Daher ist der Grundzustand des Heliumatoms ein S = 0 Zustand. Wir hatten fr¨uher schon die folgende Bezeichnung f¨ur elektronische Zust¨ande eingef¨uhrt n2S+1LJ ,
(4.37)
wobei 2S + 1 = 2 die sogenannte Multiplizit¨at, L die Bahndrehimpulsquantenzahl und J die Gesamtdrehimpulsquantenzahl ist. Den Grundzustand des Heliumatoms bezeichnet man daher mit 11S0 . 67
Die energetisch tiefsten angeregten Zust¨ande
Befindet sich ein Atom nicht in seinem Grundzustand, sagt man, dass es angeregt ist. Die energetisch tiefsten angeregten Zust¨ande sollten n¨aherungsweise dadurch gegeben sein, dass sich ein Elektron in einem 1s-Zustand befindet und sich das andere Elektron in einem Zustand mit n = 2, also 2s oder 2p, befindet. W¨ahrend f¨ur das Wasserstoffatom (ohne relativistische und quantenelektrodynamische Korrekturen) die 2s- und 2p-Zust¨ande entartet sind, ist beim Heliumatom E1s2s < E1s2p. Dies liegt daran, dass ein 2s-Elektron durch das 1s-Elektron weniger stark von der Kernanziehung abgeschirmt wird, als ein 2p-Elektron. Ein (1s)1(2s)1-Zustand kann sowohl symmetrisch als auch antisymmetrisch 1 sein Ψr,S (1, 2) = √ (Ψ1s (1) Ψ2s(2) + Ψ2s(1) Ψ1s(2)) , 2 1 Ψr,A (1, 2) = √ (Ψ1s (1) Ψ2s(2) − Ψ2s(1) Ψ1s(2)) . (4.38) 2 Diese Zust¨ande bezeichnet man als [(1s)1(1s)1]S und [(1s)1(1s)1]A . F¨ur r1 = r2 = r gilt 1 2 Ψr,S (r, r) = √ (Ψ1s (r) Ψ2s(r) + Ψ2s(r) Ψ1s(r)) = √ Ψ1s(r) Ψ2s(r) , 2 2 1 (4.39) Ψr,A (r, r) = √ (Ψ1s (r) Ψ2s(r) − Ψ2s(r) Ψ1s(r)) = 0 . 2 Hieraus ergibt sich |Ψr,S (r, r)|2 = 2 |Ψ1s(r)|2 |Ψ2s (r)|2 , |Ψr,A (r, r)|2 = 0 .
(4.40)
D.h. bei einer symmetrischen Ortsraumfunktion ist die Wahrscheinlichkeitsdichte |Ψr,S (r, r)|2 bei r1 = r2 = r doppelt so groß wie das Produkt der Wahrscheinlichkeitsdichten der Einteilchenzust¨ande. F¨ur eine antisymmetrische Ortsraumfunktion ist Ψr,A (r, r) = |Ψr,A (r, r)|2 = 0, da sich die zwei Teilchen nicht am gleichen Ort befinden k¨onnen. Aus Gl. (4.38) kann man folgende antisymmetrische Gesamtwellenfunktionen bilden ΨA,P ara (1, 2) = Ψr,S (1, 2) χA(1, 2) , ΨA,Ortho (1, 2) = Ψr,A (1, 2) χS (1, 2) , (4.41) wobei die obere Zeile das Para- und die untere Zeile das Orthohelium beschreibt.
68
Wie groß sind nun die Energien dieser beiden Zust¨ande? Hierzu werden wir die Wechselwirkungsenergie in 1. Ordnung St¨orungstheorie auswerten. Da die Wechselwirkungsenergie Vˆ12 nicht vom Spin abh¨angt, k¨onnte man meinen, dass beide Zust¨ande entartet sind. Es wird sich allerdings herausstellen, dass dies durch die unterschiedliche Symmetrie der Ortsraumfunktionen nicht der Fall ist! ˆ = hH ˆ 1 i + hH ˆ 2 i + hVˆ12 i. Nun zur Berechnung der Energie E = hHi ˆ der nur auf die OrtsZun¨achst gilt allgemein f¨ur einen beliebigen Operator X, ˆ raumwellenfunktion wirkt (also z.B. H), ˆ = hΨr (1, 2) χ(1, 2)|XΨ ˆ r (1, 2) χ(1, 2)i hXi =
=
Z
Z
dr1
dr1
Z
Z
ˆ Ψr (1, 2) h χ(1, 2)|χ(1, 2)i dr2Ψ∗r (1, 2) X
ˆ Ψr (1, 2) , dr2Ψ∗r (1, 2) X
(4.42)
wobei sich die letzte Zeile f¨ur normierte Spinfunktionen ergibt. Gl. (4.42) zeigt, dass ein solcher Erwartungswert nur durch die Ortsraumfunktion bestimmt wird. ˆ 1 i ergibt sich F¨ur hH ˆ 1i = hH
Z
dr1
Z
=
Z
dr1
Z
ˆ 1 Ψr,S/A (1, 2) dr2Ψ∗r,S/A (1, 2) H ( 1 dr2 √ (Ψ∗1s(1) Ψ∗2s(2) ± Ψ∗2s (1) Ψ∗1s(2)) 2 ) 1 ˆ H1 √ (Ψ1s (1) Ψ2s(2) ± Ψ2s (1) Ψ1s(2)) 2
Z 1Z = dr1 dr2 {(Ψ∗1s (1) Ψ∗2s(2) ± Ψ∗2s (1) Ψ∗1s(2)) 2 (E1s Ψ1s(1) Ψ2s(2) ± E2s Ψ2s (1) Ψ1s(2))} Z Z 1 dr1 dr2 E1s |Ψ1s (1)|2 |Ψ2s(2)|2 + E2s |Ψ2s (1)|2 |Ψ1s (2)|2 = 2 1 (4.43) = (E1s + E2s) , 2 da die Einteilchenzust¨ande Ψ1s und Ψ2s orthonormiert sind. Analog ergibt sich ˆ 2 i = 1 (E1s + E2s ) . (4.44) hH 2 ˆ 0 i = hH ˆ 1 i + hH ˆ 2 i zusammen, so Z¨ahlt man die Einteilchenenergien gem¨aß hH erh¨alt man ˆ 0 i = E1s + E2s . hH (4.45)
69
e2 Als n¨achstes m¨ussen wir die Wechselwirkungsenergie hVˆ12 i = h 4π 0 rechnen Z
1 |r1 −r2 | i
be-
Z
dr2 Ψ∗r,S/A (1, 2) Vˆ12 Ψr,S/A (1, 2) ( Z Z 1 = dr1 dr2 √ (Ψ∗1s (1) Ψ∗2s(2) ± Ψ∗2s(1) Ψ∗1s(2)) 2 ) 1 Vˆ12 √ (Ψ1s (1) Ψ2s(2) ± Ψ2s(1) Ψ1s(2)) 2 Z Z 1 dr1 dr2 Vˆ12 {(Ψ∗1s(1) Ψ∗2s(2) ± Ψ∗2s (1) Ψ∗1s(2)) = 2 (Ψ1s(1) Ψ2s(2) ± Ψ2s (1) Ψ1s(2))} Z Z n 1 dr1 dr2 Vˆ12 |Ψ1s (1)|2 |Ψ2s (2)|2 + |Ψ2s (1)|2 |Ψ1s (2)|2 = 2 ± (Ψ∗2s(1) Ψ∗1s(2) Ψ1s(1) Ψ2s(2) + Ψ∗1s (1) Ψ∗2s(2) Ψ2s(1) Ψ1s(2))} . (4.46)
hVˆ12 i =
dr1
Die beiden Terme in der vorletzten Zeile von Gl. (4.46) sind gleich, da V12 nur vom Abstand |r1 − r2 | abh¨angt, d.h. wenn man 1 und 2 vertauscht a¨ ndert sich V12 nicht. Dieselbe Argumentation gilt auch f¨ur die beiden Terme in der letzten Zeile von Gl. (4.46). Man erh¨alt so hVˆ12 i = =
Z
Z
dr1 dr1
Z
Z
dr2 Ψ∗r,S/A (1, 2) Vˆ12 Ψr,S/A (1, 2) dr2
Vˆ12 |Ψ1s (1)|2 |Ψ2s(2)|2
± Vˆ12 Ψ∗2s (1) Ψ∗1s(2) Ψ1s(1) Ψ2s(2)
= C ± A.
(4.47)
Das Coulombintegral C kann man einfach als die klassische Energie zweier Ladungsdichten ρ1 (r1) = −e|Ψ1s (r1 )| und ρ2 (r2) = −e|Ψ2s (r2)| verstehen. Aufgrund der repulsiven Wechselwirkung zwischen zwei negativen Ladungsdichten gilt C > 0. Das Austauschintegral A hat kein klassisches Analogon, sondern ist eine Konsequenz der Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen in der Quantenmechanik, die erfordert, dass Vielteilchenwellenfunktionen gewisse Symmetrien erf¨ullen. Abh¨angig von den Wellenfunktionen u¨ ber die integriert wird, kann A > 0 oder A < 0 sein.
70
Aufgrund der obigen Rechnungen k¨onnen wir die Gesamtenergie E in (1s)1(2s)1Zust¨anden in 1. Ordnung St¨orungstheorie in bezug auf V12 schreiben als ˆ = E1s + E2s + C ± A , E = hHi
(4.48)
wobei das +-Zeichen f¨ur ΨA,P ara (1, 2) = Ψr,S (1, 2) χA(1, 2) und das −-Zeichen f¨ur ΨA,Ortho (1, 2) = Ψr,A (1, 2) χS (1, 2) gilt. Berechnet man A, so zeigt sich, dass die Austauschenergie nicht zu vernachl¨assigen ist. F¨ur die (1s)1(2s)1-Zust¨ande des Heliumatoms ergibt sich A ≈ +0.4eV . Daher ist die Energie des [(1s)1(2s)1]S -Parahelium-Zustands (21S0 ) 2K ≈ 0.8eV gr¨oßer als die des [(1s)1(2s)1]A -Orthohelium-Zustands (23S1).
BILD
Um weitere angeregte Heliumzust¨ande zu berechnen, kann man im Prinzip das hier dargestellte Verfahren fortsetzen, d.h. als n¨achstes (1s)1(2p)1-Zust¨ande etc. betrachten. Diese Betrachtungen werden relativ kompliziert, da a) p-(d-, ...) Zust¨ande entartet sind und man St¨orungstheorie mit Entartung auswerten muss. b) die (1s)1(2s)1 und die (1s)1(2p)1 u¨ ber die Spin-Bahn-Wechselwirkung gekoppelt sind. c) weitere Kopplungseffekte relevant werden. Der Ansatz anzunehmen, dass die Ortsraumfunktion als Produkt von Einteilchenfunktionen geschrieben werden kann, ist mit zunehmender Energie immer weniger gerechtfertigt, da die Energien von Kopplungseffekten in die Gr¨oßenordnung der Energiedifferenzen zwischen den Einteilchenzust¨anden kommen. Als n¨achstes werden wir nicht die tiefsten Zust¨ande der n¨achst komplizierteren Atome Li, ..., diskutieren. Stattdessen werden Verfahren besprochen, mit denen man beliebige atomare N -Elektronen-Systeme behandeln kann.
71
4.3 N¨aherungsverfahren fur ¨ atomare N -Elektronen-Systeme In Abschnitt 4.3.1 wird zun¨achst das freie nichtwechselwirkende Elektronengas behandelt. Dann werden in den Abschnitten 4.3.2, 4.3.3 und 4.3.4 einige N¨aherungsverfahren f¨ur wechselwirkende atomare N -Elektronen-Systeme vorgestellt. Zum Abschluß werden in Abschnitt 4.3.5 kurz sogenannte KorrelationsEffekte, dies sind alle u¨ ber die in Abschnitt 4.3.4 behandelte Hartree-FockN¨aherung hinausgehenden Vielteilchen-Effekte, diskutiert. 4.3.1 Das nichtwechselwirkende Elektronengas Nehmen wir an, dass sich N Elektronen (bzw. irgendwelche Fermionen) in einem W¨urfel mit dem Volumen V = L3 befinden. Auf diese Elektronen wirke kein Potential (V = 0) und es wird auch die Wechselwirkung vernachl¨assigt (V12 = 0). In diesem Fall ist der Hamiltonoperator gleich der kinetischen Energie 1 2 h ¯ ˆ = Tˆ = 1 p ˆ2 = (ˆ px + pˆ2y + pˆ2z ) = − ∆, H 2m 2m 2m mit pˆα =
¯ ∂ h i ∂α eα
(4.49)
f¨ur α = x, y, z. Die Eigenfunktionen sind ebene Wellen
1 1 1 1 Ψk (r) = √ eik·r = ( √ eikx x)( √ eiky y )( √ eikz z ) , V L L L
(4.50)
denn es gilt h ¯ 2 k2 ˆ H Ψk (r) = Ψk (r) . 2m
(4.51)
Wenn das Volumen V der ganze dreidimensionale Raum w¨are, dann w¨aren die erlaubten k-Werte kontinuierlich, da man keine Randbedingungen zu ber¨ucksichtigen br¨auchte. Da das Volumen V = L3 nicht der ganze dreidimensionale Raum ist, m¨ussen wir Randbedingungen fordern. Wir verwenden hier periodische Randbedingungen an, d.h. wir fordern Ψk (r) = Ψk (r + L(nxex + ny ey + nz ez )) , mit beliebigen ganzen Zahlen nα f¨ur α = x, y, z.
72
(4.52)
F¨ur die x-Richtung bedeutet dies 1 1 √ eikx x = √ eikx (x+L) , L L
(4.53)
also kx L = 2πn1 bzw. kx = 2π ur die andeL n1 mit einer ganzen Zahl n1 . F¨ 2π 2π ren Komponenten gilt analog ky = L n2 und kz = L n3 , d.h. die m¨oglichen Wellenvektoren k kann man schreiben als k =
2π (n1ex + n2ey + n3ez ) L
(4.54)
mit den Energien Ek
h ¯ 2 2π h ¯ 2 k2 = = 2m 2m L
!2
(n21 + n22 + n23) .
(4.55)
W¨aren die betrachteten Teilchen Bosonen, dann w¨aren im Grundzustand alle N Teilchen im Zustand mit der tiefsten Energie, also k = p = E = 0. F¨ur Fermionen ist dies aber aufgrund des Pauli-Prinzips nicht m¨oglich. Aufgrund ihres Spins von 21 kann ein Zustand von h¨ochstens zwei Elektronen (sz = ± ¯h2 ) besetzt werden. Da die Energie Ek proportional zu k2 ist, bilden die Zust¨ande, die im Grundzustand des nichtwechselwirkenden Elektronengases besetzt sind, eine Kugel im Impulsraum, d.h. |ki | ≤ kF ,
(4.56)
mit der Fermi-Wellenzahl kF . Die Fermi-Kugel kann ebensogut durch den Ma¯h2 kF2 ximalimpuls p = h ¯ k und durch die Maximalenergie E = (bzw. kF = F F F 2m √ 2mEF ) der besetzten Zust¨ande beschrieben werden. ¯h
BILD
73
F¨ur Spin- 12 -Teilchen ist die Zahl der Zust¨ande innerhalb der Fermi-Kugel, die 3 gleich der Anzahl der Teilchen N sein muss, gegeben durch (dk = 2π L ) N =
4π 3 k 2 32π F3 (L)
kF3 3 L . = 3π 2
Umgeschrieben auf die Teilchendichte n =
N L3
(4.57)
ergibt sich
1 2m k3 n = F2 = 3π 3π 2 h ¯2
!3
2
3
EF2 ,
(4.58) 1
3
also gelten die Proportionalit¨aten n ∝ kF3 bzw. kF ∝ n 3 und n ∝ EF2 bzw. 2 EF ∝ n 3 . Die Gesamtenergie des Grundzustands erh¨alt man durch Aufsummation u¨ ber alle Einteilchenenergien der besetzten Zust¨ande E = 2
X
k, |k|≤kF !3
h ¯ 2 k2 L = 2 2m 2π
!3 Z
kF
0
h ¯ 2k2 dk 2m
h ¯ 2 Z kF L (4π) dk k 4 = 2 0 2π 2m !3 h ¯ 2 kF5 L (4π) = 2 2π 2m 5 3 = ... = N EF . 5 Es gilt also f¨ur die Energie pro Teilchen
E N
(4.59) 2
∝ EF ∝ n 3 .
Die gefundenen Proportionalit¨aten werden in vielen Bereichen der Physik verwendet. Im folgenden werden die f¨ur das freie nichtwechselwirkende Elektronengas gewonnenen Ergebnisse als Ausgangspunkt der Entwicklung von N¨aherungsverfahren f¨ur wechselwirkende atomare N -Elektronen-Systeme benutzt.
74
4.3.2 Die Thomas-Fermi-Methode Die Thomas-Fermi-Methode stellt eine einfache halbklassische N¨aherung dar, bei der alle N = Z Elektronen dasselbe effektive Potential sp¨uren. Gehen wir aus von 1 Z 1 eZ 2 e2 ρ(r0 ) V (r) = − , dr 4π0 |r − r0 | 4π0 r
(4.60)
2 mit ρ(r) = N j=1 |Ψj (r)| . Durch die Mittelung u¨ ber alle Elektronen kann dieses Potential als rotationssymmetrisch angenommen werden, d.h. V (r) = V (r). P
Es wird nun folgender Zusammenhang zwischen der Energie E0 und dem lokalen Impuls p0(r) angenommen E0
(p0(r))2 + V (r) . = T0(r) + V (r) = 2m
(4.61)
Dies ist eine gute N¨aherung, wenn V (r) eine langsam ver¨anderliche Funktion ist. Aus Gl. (4.61) ergibt sich der Betrag des lokalen Impulses als |p0 (r)| =
q
2m(E0 − V (r)) .
BILD
75
(4.62)
In Atomen schirmen die Z negativ geladenen Elektronen das Potential des Zfach positiv geladenen Kerns ab. Daher muss f¨ur das Potential limr→∞ V (r) = 0 gelten. Da die Abschirmung das Potential kontinuierlich reduziert, wird angenommen, dass alle Elektronenzust¨ande unterhalb der Fermi-Energie EF = 0 besetzt sind.
BILD
Damit sind lokal die Zust¨ande bis zum lokalen Fermi-Impuls |pF (r)| = |¯hkF (r)| =
q
2m(−V (r))
(4.63)
besetzt. Nach Abschnitt 4.3.1 erh¨alt man hiermit eine lokale Teilchenzahldichte 3 (kF (r))3 1 2 . n(r) = (2m(−V (r))) = 3π 2 3π 2h ¯3
(4.64)
Jetzt fordern wir Selbstkonsistenz, d.h. die Ladungsdichte und das Potential m¨ussen die Poisson-Gleichung erf¨ullen −e2 n(r) Ze2 δ(r) + , ∆V (r) = 0 0
(4.65)
wobei der erste Term die Elektronen und der zweite Term den Kern beschreibt. F¨ur r > 0 erhalten wir mit Gl. (4.64) und einem Vorzeichenwechsel 3 1 ∂2 e2 1 ∂ 2∂ 2 . (2m(−V (r))) r (−V (r)) = (−rV (r)) = r2 ∂r ∂r r ∂r2 0 3π 2h ¯3 (4.66)
76
F¨ur kleine Abst¨ande vom Kern, muss V (r) in das Kernpotential u¨ bergehen, d.h. Ze2 1 . Dies motiviert folgenden Ansatz limr→0 V (r) = − 4π 0 r Ze2 1 χ(r) . V (r) = − 4π0 r
(4.67)
Die Funktion χ(r) muss die Randbedingungen χ(0) = 1 und limr→∞ χ(r) = 0 erf¨ullen. Einsetzen von Gl. (4.67) in Gl. (4.66) ergibt
3
3
Ze2 1 d2 e2 Ze22m 2 (χ(r)) = 4π0 r dr2 4π0 0 3π 2h ¯3
χ(r) 2 , r
(4.68)
bzw. 3
3
4π0 e2 Ze2 2m 2 χ 2 (r) d2 χ(r) = . 1 dr2 Ze2 0 3π 2h 4π0 ¯3 r2
(4.69)
bx mit b = 21 ( 3π )(2/3)a0 ≈ Ersetzt man nun χ(r) durch χ(x) indem man r = Z (1/3) 4 0.885a0 substituiert, so erh¨alt man (nach ein klein wenig Rechnung) die ThomasFermi-Gleichung 3
χ 2 (x) d2 √ , χ(x) = dx2 x
(4.70)
die f¨ur die Randbedingungen χ(0) = 1 und limx→∞ χ(x) = 0 gel¨ost werden muss. Mit numerischen Verfahren bekommt man limx→0 χ(x) = 1 − 1.59x und limx→∞ χ(x) = 144 x3 .
BILD
77
F¨ur die Dichte ergibt sich 3 3 1 2 ∝ Z2 n(r) = (2m(−V (r))) 3π 2h ¯3
χ(
r
Z
−1 3
r
3
)2
b
.
(4.71)
Im Rahmen dieses einfachen Modells werden die Elektronenverteilungen aller Atome durch eine Formel beschrieben. Die verwendeten N¨aherungen sind gut f¨ur große Abst¨ande (da sich dort das Potential nur langsam a¨ ndert) und f¨ur Atome mit vielen Elektronen (da dann die Mittelung u¨ ber alle Elektronendichten, bei der keine Orbitale ber¨ucksichtigt wurden, n¨aherungsweise sinnvoll ist).
BILD
Im Rahmen dieses Modells ist die Elektronendichte unendlich ausgedehnt. Anders als beim Wasserstoffatom, bei dem |Ψ|2 mit wachsendem r exponentiell gegen Null geht, erh¨alt man hier ein Potenzgesetz. Das Thomas-Fermi-Modell zeigt, dass die typische L¨angenskala von Mehrelek1 tronenatomen ∝ Z − 3 ist. Numerische Rechnungen zeigen, dass sich die H¨alfte 1 der Elektronen innerhalb einer Kugel mit dem Radius 1.33a0Z − 3 befinden. Die Ergebnisse des Thomas-Fermi-Modells werden oft als Startpunkt f¨ur aufw¨andigere selbstkonsistente Verfahren, die als n¨achstes diskutiert werden, verwendet.
78
4.3.3 Die Hartree-N¨aherung Atome mit N Elektronen (bzw. generell Systeme mit N miteinander wechselwirkenden Teilchen) werden durch folgenden Hamiltonoperator beschrieben ˆ = H
N X
N ˆi + 1 X H ˆ ij . H 2 i=1 i,j=1; i6=j
(4.72)
ˆ i die Einteilchenhamiltonoperatoren, die f¨ur Atome die BeweHierbei sind H gung jedes einzelnen Elektrons im Potential des Kerns beschreiben, d.h. h ¯2 Ze2 1 ˆ ˆ ˆ Hi = Ti + Vi = − ∆i − . 2m 4π0 ri
(4.73)
ˆ ij beschreibt die abstoßende Wechselwirkung der N Elektronen untereinander H ˆ ij = H
1 e2 . 4π0 |ri − rj |
(4.74)
ˆ ij = H ˆ ji . Damit keine Wechselwirkung doppelt ber¨uckEs gilt offensichtlich H sichtigt wird, wurde der Faktor 12 in Gl. (4.72) eingef¨ugt. Wegen i 6= j sind zudem Selbstwechselwirkungen ausgeschlossen. Die zeitunabh¨angige SGL lautet ˆ HΨ(1, ..., N ) = EΨ(1, ..., N ) ,
(4.75)
mit dem Hamiltonoperator aus Gl. (4.72) und einer N -Teilchen-Wellenfunktion Ψ(1, ..., N ). Im Rahmen der Hartree-N¨aherung setzt man die N -Teilchen-Wellenfunktion als ein Produkt aus N Einteilchenfunktionen an Ψ(1, ..., N ) = φ1(1) φ2(2) ... φN (N ) ,
(4.76)
wobei die φi in Orts-Spin-Darstellung gegeben sind durch φi (i) = φνi (ri)χms,i (Si) .
(4.77)
Die durch Gln. (4.76) und (4.77) definierte elektronische N -Teilchen-Wellenfunktion ist nicht antisymmetrisch bez¨uglich der Vertauschung von zwei Elektronen. Man kann allerdings zumindest das Pauli-Prinzip dadurch ber¨ucksichtigen, dass man jeden Ortsraumzustand mit h¨ochstens zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spin besetzt. (Die Verwendung von korrekt antisymmetrischen Slater-Determinanten f¨uhrt auf die Hartree-Fock-N¨aherung, die im n¨achsten Abschnitt behandelt wird) 79
Um den Grundzustand eines Atoms mit N Elektronen im Rahmen der HartreeN¨aherung zu beschreiben, muss man a) die φνi (ri) mit den niedrigsten Energien bestimmen und dann b) besetzt man diese Zust¨ande unter Beachtung des Pauli-Prinzips mit Elektronen und konstruiert so die Wellenfunktion gem¨aß Gln. (4.76) und (4.77). Wie kann man die φνi (ri) bestimmen? Zun¨achst wird die Gleichung deren L¨osung diese Wellenfunktionen sind angegeben und die auftretenden Terme werden physikalisch motiviert. Sp¨ater wird dann gezeigt, wie man diese Gleichung unter Verwendung eines Variationsverfahrens herleiten kann. Die φνi (ri) sind die L¨osungen der Hartree-Gleichungen h ¯2 Ze2 1 − ∆i − + 2m 4π0 ri
X Z
j; j6=i
e2 |φνj (rj )|2 1 φ (r ) = φ (r ) . drj νi i νi νi i 4π0 |ri − rj | (4.78)
Diese Gleichung ist relativ leicht zu verstehen. Es ist eine SGL, in der neben der kinetischen Energie und der Anziehung an den Kern zus¨atzlich die Coulombabstoßung zwischen dem Elektron i und allen anderen Elektronen j 6= i ber¨ucksichtigt wird. Nach Integration u¨ ber rj und Summation u¨ ber j wird die Wechselwirkung zwischen den Elektronen durch ein positives Potential Ve−e, i(ri) = P
j; j6=i
R
drj
e2 |φνj (rj )|2 1 4π0 |ri −rj |
> 0 beschrieben.
Dies klingt nun so, als k¨onnte man die φνi (ri ) durch L¨osen eines effektiven Einteilchenproblems bestimmen. Es gibt hierbei allerdings ein Problem, denn f¨ur die Berechnung des effektiven Wechselwirkungspotentials Ve−e, i(ri ) werden alle anderen Wellenfunktionen φνj (rj ) mit j 6= i ben¨otigt. Man muss also sozusagen das Problem schon gel¨ost haben, um es u¨ berhaupt formulieren zu k¨onnen.
80
Die Hartree-Gleichungen, Gl. (4.78), m¨ussen selbstkonsistent gel¨ost werden. Typischerweise wird hierf¨ur folgendes iteratives Verfahren verwendet: 0) w¨ahle ein gemeinsames Potential Vef f (r) f¨ur alle Elektronen (z.B. das ThomasFermi-Potential) und berechne die Eigenfunktionen φ(0) νj (r) und Eigenenergien 2
¯h (0) νi des Hamiltonoperators (− 2m ∆ + Vef f (r))
1) bilde gem¨aß Gln. (4.76) und (4.77) den N -Elektronen-Zustand Ψ(n) (1, ..., N ) mit der tiefsten Energie durch besetzen der Eigenfunktionen mit den niedrigsten Energien unter Beachtung des Pauli-Prinzips 2) berechne Ve−e, i = (ri) und l¨ose die Hartree-Gleichungen. Dies liefert Eigenfunktionen φ(n+1) (ri) und Eigenenergien (n+1) . Wenn diese Ergebnisse (hinreiνi νi (n) ¨ bereinstimmen, so ist man chend genau) mit den vorherigen (φ(n) νi (ri ) und νi ) u fertig und hat die selbstkonsistente L¨osung der Hartree-Gleichungen gefunden. Ist dies nicht der Fall, so setzt man die Iteration fort (n → n + 1), d.h. man geht zur¨uck zu 1) Die Hartree-Gleichungen k¨onnen nur f¨ur wenige einfache Modellsysteme analytisch gel¨ost werden. Im allgemeinen werden diese Gleichungen numerisch unter Verwendung des oben beschriebenen Iterationsverfahrens gel¨ost.
81
Wie h¨angen die νi mit der Gesamtenergie E zusammen? ˆ E = hΨ(1, ..., N )|HΨ(1, ..., N )i = ˆ ν (r1)χm (S1) ... φν (rN )χm (SN )i hφν1 (r1)χms,1 (S1) ... φνN (rN )χms,N (SN )|Hφ 1 s,1 N s,N Z Z ˆ X ˆ i + X Hij (φν (r1)...φν (rN )) = dr1... drN φ∗ν1 (r1)...φ∗νN (rN ) H 1 N i i,j;i6=j 2 ×hχms,1 (S1)|χms,1 (S1)i ... hχms,N (SN )|χms,N (SN )i Ze2 1 h ¯2 ∗ φνi (ri) ∆i − = dri φνi (ri) − 2m 4π0 ri i 2 Z 1 X Z 1 2 2 e + dri drj |φνi (ri)| |φνj (rj )| 2 j; j6=i 4π0 |ri − rj |
XZ
Ze2 1 h ¯2 ∗ = dri φνi (ri) − ∆i − φνi (ri) 2m 4π0 ri i ! 2 Z 1 X Z 1 2 2 e dri drj |φνi (ri)| |φνj (rj )| + 1− 2 j; j6=i 4π0 |ri − rj |
XZ
=
X i
νi −
Z 1 1 X Z e2 . dri drj |φνi (ri)|2|φνj (rj )|2 2 j; j6=i 4π0 |ri − rj |
(4.79)
Das letzte Gleichheitzeichen ergibt sich, wenn man die Hartree-Gleichungen, Gl. (4.78), mit φ∗νi (ri) multipliziert und u¨ ber dri integriert Z
h ¯2 Ze2 1 ∗ dri φνi (ri) − ∆i − + 2m 4π0 ri
= νi
Z
X Z
j; j6=i
dri φ∗νi (ri)φνi (ri ) = νi .
e2 |φνj (rj )|2 1 φ (r ) drj νi i 4π0 |ri − rj |
(4.80)
Summiert man u¨ ber die νi muss man also die zuviel ber¨ucksichtigten Wechselwirkungen subtrahieren, um die Gesamtenergie E zu erhalten. −νi kann man als die Ionisierungsenergie des Elektrons i unter der Annahme, dass bei diesem Prozess die Wellenfunktionen der anderen Elektronen unver¨andert bleiben, interpretieren.
82
Die Hartree-Gleichungen kann man mit einem Variationsverfahren, das kurz erl¨autert werden soll, herleiten. Hierzu ben¨otigt man die Funktionalableitung. (Dieses Thema wird in der Vorlesung Quantenmechanik genauer behandelt. Hier sollen nur die Grundz¨uge kurz dargestellt werden, um zu zeigen, wie man die Hartree- und sp¨ater die Hartree-Fock-Gleichungen herleiten kann) Ein Funktional ist eine Rechenvorschrift, die einer Funktion oder mehreren Funktionen eine Zahl zuordnet. Sei F [φi (x0)] ein Funktional der Funktionen P R ˆ i φi (x0). Die Funktionalableitung ist dann defiφi (x0), z.B. F = i dx0φ∗i (x0)H niert als δF [φi (x0)] F [φi (x0) + δi,j δ(x − x0)] − F [φi (x0)] = lim . →0 δφj (x)
(4.81)
Als wichtiger Spezialfall ergibt sich δφi (x0) = δi,j δ(x − x0) , δφj (x)
(4.82)
δφi (r0 ) = δi,j δ(r − r0 ) . δφj (r)
(4.83)
bzw. in drei Dimensionen
Wir betrachten nun die Energie E, die nach Gl. (4.79) ein Funktional der φνi (ri) ist ˆ E[φνi (ri)] = hΨ(1, ..., N )|HΨ(1, ..., N )i 2 2 XZ Ze h ¯ 1 φ (r ) = dri φ∗νi (ri) − ∆i − νi i 2m 4π r 0 i i Z e2 1 X Z 1 dri drj |φνi (ri)|2 |φνj (rj )|2 . (4.84) + 2 j; j6=i 4π0 |ri − rj | Wie bei Funktionen kann man auch von Funktionalen die Extremwerte bestimmen, indem man die erste Ableitung δφνδE(ri ) gleich Null setzt. Allerdings d¨urfen i die φνi (ri) nicht beliebig variiert werden, sondern wir wollen bei der Variation nur normierte Funktionen mit hφνi |φνi i = 1 zulassen.
83
Die bei der Variation zu ber¨ucksichtigenden Nebenbedingungen lauten damit Z
dri φ∗νi (ri) φνi (ri )
−1 = 0,
(4.85)
f¨ur alle i = 1, ..., N . Die Nebenbedingungen koppelt man mit Lagrange-Parametern νi an das Energiefunktional an. Aus Gl. (4.84) wird dann X ˜ ν (ri)] = hΨ(1, ..., N )|HΨ(1, ˆ E[φ ..., N )i − νi (hφνi |φνi i − 1) i i
=
XZ i
Z 1 X Z dri 2 j; j6=i
−
X i
νi
Z
2
Ze 1 h ¯ ∆i − φνi (ri) 2m 4π0 ri e2 1 drj φ∗νi (ri )φ∗νj (rj ) φν (ri)φνj (rj ) 4π0 |ri − rj | i
dri φ∗νi (ri) −
+
2
driφ∗νi (ri)φνi (ri)
Bildet man die Funktionalableitung
˜ δE
−1 .
δφ∗νk (r0k )
(4.86)
und setzt diese gleich Null, so er-
gibt sich gerade die Hartree-Gleichung f¨ur φνk (rk ) mit dem Lagrange-Parameter νk . D.h. die L¨osungen der Hartree-Gleichungen liefern ein Extremum des Energiefunktionals und sind daher geeignet, um (im Rahmen der hier verwendeten N¨aherungen) den Grundzustand eines Atoms mit N Elektronen zu bestimmen. Das Hartree-Verfahren beschreibt die Elektronenverteilung in Atomen mit mehreren Elektronen wesentlich besser als das halbklassische Thomas-Fermi-Verfahren. Insbesondere f¨uhren voll gef¨ullte Schalen zu relativen Maxima in der radialen Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte wenn man diese mit dem HartreeVerfahren berechnet.
BILD
Wie wir schon beim Heliumatom gesehen haben und wie auch aufgrund der nicht korrekt ber¨ucksichtigten Antisymmetrie der Wellenfunktion klar sein sollte, ist dieses Verfahren nicht exakt. Ein verbessertes Verfahren, dass die korrekte Antisymmetrie der Wellenfunktion und damit einhergehend die Austauschterme ber¨ucksichtigt, wird als n¨achstes diskutiert. 84
4.3.4 Die Hartree-Fock-N¨aherung Im Unterschied zum einfacheren Hartree-Verfahren wird beim Hartree-FockVerfahren die Antisymmetrie der elektronischen N -Teilchen-Wellenfunktionen korrekt ber¨ucksichtigt. Statt des einfachen Produktansatzes, siehe Gln. (4.76) und (4.77), werden Slater-Determinanten
φ1 (1) φ2 (1) φ1 (2) φ2 (2) 1 . . ΨA (1, ..., N ) = √ . . N! . . φ1(N ) φ2 (N ) mit
φi (i) = φνi (ri)χms,i (Si)
... φN (1) ... φN (2) ... . , ... . ... . ... φN (N )
(4.87)
(4.88)
verwendet. (Anmerkung: Auch wenn die Antisymmetrie korrekt ber¨ucksichtigt wird, stellt dieser Ansatz f¨ur wechselwirkende Systeme eine N¨aherung dar, da sich eine beliebige N -Teilchen-Wellenfunktion nicht als ein Produkt von Einteilchenfunktionen schreiben lassen muss) F¨ur die folgenden Berechnungen, m¨ussen wir die einzelnen Terme der Determinante explizit angeben. Ausgeschrieben lauten Gln. (4.87) und (4.88) 1 X ΨA (1, ..., N ) = √ (−1)nP P (φ1 (1)...φN (N )) N! P X 1 =√ (−1)nP P φν1 (r1)χms,1 (S1)...φνN (rN )χms,N (SN ) ,(4.89) N! P wobei u¨ ber P, dies sind die N ! Permutationen der Zahlen von 1, ..., N , summiert wird und nP = 0, 1 das Vorzeichen der Permutation angibt. Jede Permutation P l¨aßt sich entweder durch eine gerade oder durch eine ungerade Anzahl von Vertauschungen zweier Zahlen realisieren. Wenn diese Zahl gerade ist, so gilt nP = 0. Ist diese Zahl ungerade, so gilt nP = 1.
85
Wir betrachten nun den Erwartungswert der Energie in einem durch Gl. (4.89) gegebenen Zustand ˆ A (1, ..., N )i E = hΨA (1, ..., N )|HΨ 1 X = h√ (−1)nP P φν1 (r1)χms,1 (S1)...φνN (rN )χms,N (SN ) | N! P ˆ √1 X(−1)nP 0 P 0 φν (r1)χm (S1)...φν (rN )χm (SN ) i . (4.90) H 1 s,1 N s,N N ! P0 ˆ ist durch Gl. (4.72) gegeben als H ˆ = H
N 1 X ˆ ij . ˆ H Hi + 2 i=1 i,j=1; i6=j N X
(4.91)
Die folgenden Rechnungen sind im wesentlichen eine Verallgemeinerung der f¨ur das Helium-Atom f¨ur N = 2 ausgewerteten Formeln auf ein beliebiges N . ˆ ii Betrachten wir den Erwartungswert eines Einteilchenhamiltonoperators hH ˆ iΨA (1, ..., N )i hΨA (1, ..., N )|H 1 X (−1)nP P φν1 (r1)χms,1 (S1)...φνN (rN )χms,N (SN ) | = h√ N! P ˆ i √1 X(−1)nP 0 P 0 φν (r1)χm (S1)...φν (rN )χm (SN ) i H 1 s,1 N s,N N ! P0 1 XX = (−1)nP +nP 0 hP φν1 (r1 )χms,1 (S1)...φνN (rN )χms,N (SN ) | N ! P P0 ˆ i P 0 φν (r1)χm (S1)...φν (rN )χm (SN ) i H s,1 N s,N 1 X X 1 (−1)nP +nP 0 h φνP(1) (r1)χms,P(1) (S1)...φνP(N ) (rN )χms,P(N ) (SN ) | = N ! P P0 ˆ i φν 0 (r1)χm 0 (S1)...φν 0 (rN )χm 0 (SN ) i . H (4.92) P (1)
s,P (1)
P (N )
s,P (N )
ˆ i nur auf die Ortskoordinate ri . D.h. f¨ur alle anderen Terme In Gl. (4.92) wirkt H k 6= i ist auszuwerten hφνP(k) (rk )χms,P(k) (Sk )|φνP 0 (k) (rk )χms,P 0 (k) (Sk )i = δP(k),P 0 (k) , (4.93) wobei sich die rechte Seite daraus ergibt, dass bei Ber¨ucksichtigung von Ort und Spin die Einteilchenwellenfunktionen orthonormiert sind. Nach Gl. (4.93) tragen nur Terme bei f¨ur die P(k) = P 0 (k) ist und zwar f¨ur alle k 6= i. Damit muss zwangsl¨aufig auch P(i) = P 0 (i) gelten und somit P = P 0 . 86
Es ist also ˆ iΨA (1, ..., N )i hΨA (1, ..., N )|H Z 1 X 2nP ˆ i φν (ri) dri φνP(i) (ri)∗ H = (−1) P(i) N! P 1 XZ ˆ i φν (ri) . = dri φνP(i) (ri)∗ H P(i) N! P
(4.94)
Summiert man u¨ ber i, so erh¨alt man hΨA (1, ..., N )|
X
ˆ iΨA (1, ..., N )i H
i
1 XXZ ˆ i φν (ri) = dri φνP(i) (ri)∗ H P(i) N! P i Z X ˆ i φν (ri) , = dri φν (ri)∗ H i
i
i
(4.95)
da in jeder der N ! Permutationen der Zahlen von 1, ..., N jede Zahl i genau einmal vorkommt. Betrachten wir nun den Erwartungswert eines Zweiteilchenhamiltonoperators ˆ ij i hH ˆ ij ΨA (1, ..., N )i hΨA (1, ..., N )|H 1 X (−1)nP P φν1 (r1)χms,1 (S1)...φνN (rN )χms,N (SN ) | = h√ N! P ˆ ij √1 X(−1)nP 0 P 0 φν (r1)χm (S1)...φν (rN )χm (SN ) i H 1 s,1 N s,N N ! P0 1 XX (−1)nP +nP 0 hP φν1 (r1 )χms,1 (S1)...φνN (rN )χms,N (SN ) | = N ! P P0 ˆ ij P 0 φν (r1)χm (S1)...φν (rN )χm (SN ) i H 1
=
s,1
N
s,N
1 XX (−1)nP +nP 0 h φνP(1) (r1)χms,P(1) (S1)...φνP(N ) (rN )χms,P(N ) (SN ) | N ! P P0 ˆ ij φν 0 (r1)χm 0 (S1)...φν 0 (rN )χm 0 (SN ) i . H (4.96) P (1) s,P (1) P (N ) s,P (N )
ˆ ij nur auf die Ortskoordinaten ri und rj . D.h. f¨ur alle anIn Gl. (4.96) wirkt H deren Terme mit k 6= i und k 6= j ist auszuwerten hφνP(k) (rk )χms,P(k) (Sk )|φνP 0 (k) (rk )χms,P 0 (k) (Sk )i = δP(k),P 0 (k) . (4.97)
87
Nach Gl. (4.97) tragen nur Terme bei f¨ur die P(k) = P 0 (k) ist und zwar f¨ur alle k 6= i und k 6= j. Damit muss zwangsl¨aufig entweder P(i) = P 0 (i) und P(j) = P 0 (j) gelten, oder es muss P(i) = P 0 (j) und P(j) = P 0 (i) gelten. Die erste M¨oglichkeit liefert wie beim Hartree-Verfahren P = P 0 und f¨uhrt zu den (direkten) Coulombintegralen im Ausdruck f¨ur die Energie. Bei der zweiten M¨oglichkeit werden zwei Teilchen miteinander vertauscht, dies liefert (wie schon beim Heliumatom gesehen) Austauschintegrale als zus¨atzlichen Beitrag zur Energie. Allerdings m¨ussen, damit die Austauschintegrale beitragen, die Spins in dieselbe Richtung zeigen, d.h. es muss gelten ms,P(i) = ms,P(j) . Es ergibt sich also ˆ ij ΨA (1, ..., N )i hΨA (1, ..., N )|H Z 1 XZ ˆ ij φν (rj )φν (ri) dri drj (−1)2nP φνP(i) (ri)∗φνP(j) (rj )∗ H = P(j) P(i) N! P 2nP +1 ∗ ∗ ˆ +δm (−1) φ (r ) φ (r ) H φ (r )φ (r ) ,m ν i ν j ij ν j ν i s,P(i)
=
1 XZ dri N! P
s,P(j)
P(i)
P(j)
P(i)
P(j)
Z
ˆ ij φν (rj )φν (ri) drj φνP(i) (ri)∗φνP(j) (rj )∗ H P(j) P(i)
ˆ ij φν (rj )φν (ri) , (4.98) − δms,P(i) ,ms,P(j) φνP(i) (ri) φνP(j) (rj ) H P(i) P(j) ∗
Summiert man u¨ ber hΨA (1, ..., N )| 1 XZ = dri N! P
1P , 2 i,j; i6=j
∗
so erh¨alt man
1 X ˆ Hij ΨA (1, ..., N )i 2 i,j; i6=j Z
drj φνP(i) (ri)∗ φνP(j) (rj )∗
1 X ˆ Hij φνP(j) (rj )φνP(i) (ri) 2 i,j; i6=j
1 X ˆ − δms,P(i) ,ms,P(j) φνP(i) (ri) φνP(j) (rj ) Hij φνP(i) (rj )φνP(j) (ri) 2 i,j; i6=j ∗
1 X Z = dri 2 i,j; i6=j
Z
∗
ˆ ij φν (rj )φν (ri ) drj φνi (ri)∗φνj (rj )∗ H j i
ˆ ij φν (rj )φν (ri) − δms,i,ms,j φνi (ri)∗φνj (rj )∗ H i j
,
(4.99)
da in jeder der N ! Permutationen der Zahlen von 1, ..., N die Zahlen i und j genau einmal vorkommen.
88
ˆ gegeben durch die Summe Damit ist der Erwartungswert der Energie E = hHi von Gln. (4.95) und (4.99), d.h. E ist ein Funktional der φνi (ri). Die Nebenbedingungen lauten Z
dri φ∗νi (ri) φνi (ri )
−1 = 0,
(4.100)
f¨ur alle i = 1, ..., N . Koppeln wir die Nebenbedingungen mit Lagrange-Parametern νi an das Energiefunktional an, so erhalten wir ˜ ν (ri)] = hΨA (1, ..., N )|HΨ ˆ A (1, ..., N )i − X ν (hφν |φν i − 1) E[φ i i i i i
= ... ,
(4.101)
wobei ... andeuten soll, dass man die oben berechneten Ergebnisse einsetzen muss. Bildet man die Funktionalableitung
˜ δE δφ∗νk (r0k )
von Gl. (4.101) und setzt diese
gleich Null, so ergibt sich gerade die Hartree-Fock-Gleichung f¨ur φνk (rk ) mit dem Lagrange-Parameter νk . Wenn man k in i umbenennt lautet die HartreeFock-Gleichung h ¯2 Ze2 1 − ∆i − + 2m 4π0 ri
−
X
j; j6=i
δms,i ,ms,j
Z
X Z
j; j6=i
e2 drj |φνj (rj )|2 φνi (ri ) 4π0 |ri − rj |
e2 φνj (rj )∗φνi (rj )φνj (ri) = νi φνi (ri) . drj 4π0 |ri − rj | (4.102)
Neben den direkten Coulombintegralen in der ersten Zeile, beinhalten die Gleichungen zus¨atzlich noch die Austauschintegrale in der zweiten Zeile. Der Austauschterm tr¨agt allerdings nur bei, wenn die Spins der beiden beteiligten Elektronen in dieselbe Richtung zeigen! Berechnet man die Gesamtenergie E, so muss man (analog zum Hartree-Verfahren) P die zuviel gez¨ahlten Wechselwirkungen von der Summe i νi abziehen. L¨ost man die Hartree-Fock-Gleichungen f¨ur atomare Systeme, so erh¨alt man Korrekturen zum Hartree-Ergebnis, die (laut dem Buch Atomphysik von T. MayerKuckuck, Teubner Verlag) in der Gr¨oßenordnung von 10% liegen. Schon beim Heliumatom hatten wir gesehen, dass der Austausch zu beobachtbaren Energieverschiebungen f¨uhren kann. 89
4.3.5 Jenseits Hartree-Fock: Vielteilchen-Korrelationen Wie bereits im letzten Abschnitt angemerkt wurde: auch wenn die Slater-Determinante die Antisymmetrie korrekt ber¨ucksichtigt, stellt dieser Ansatz f¨ur wechselwirkende Systeme eine N¨aherung dar, da sich eine beliebige N -TeilchenWellenfunktion nicht als ein Produkt von Einteilchenfunktionen schreiben lassen muss. Die exakte Energie eines wechselwirkenden N -Teilchen-Systems Eexakt kann man schreiben als Eexakt = EHF + EKorrelationen .
(4.103)
Hier ist EHF die Energie, die man in Hartree-Fock-N¨aherung erh¨alt. EKorrelationen sind die Korrekturen, die sich durch Terme jenseits der Hartree-Fock-N¨aherung ergeben. All diese Terme bezeichnet man als Vielteilchen-Korrelationen.
Welche M¨oglichkeiten gibt es die station¨are SGL f¨ur ein wechselwirkendes Vielteilchensystem zu l¨osen ohne die Hartree-Fock-N¨aherung zu verwenden? 1) f¨ur sehr kleine Teilchenzahlen und sehr einfache Systeme kann man die Vielteilchen-SGL numerisch exakt l¨osen. D.h. man berechnet die antisymmetrische Vielteilchen-Wellenfunktion ΨA (1, ..., N ) numerisch ohne diese als Produkt von Einteilchenzust¨anden zu schreiben. 2) man kann Korrelationen n¨aherungsweise ber¨ucksichtigen. Hierf¨ur wurden eine Vielzahl von unterschiedlichen Methoden entwickelt. Z.B. werden im Rahmen der Dichtefunktionaltheorie die Austauschintegrale durch sogenannte Austausch-Korrelations-Funktionale ersetzt.
Eine detaillierte Analyse von Vielteilchen-Korrelationen, die Gegenstand vieler aktueller Forschungsaktivit¨aten sind, kann im Rahmen dieser Vorlesung nicht durchgef¨uhrt werden, da hierf¨ur spezielle Methoden der Vielteilchen-Quantenmechanik notwendig sind.
90
4.4 Das Schalenmodell der Elektronenhulle ¨ von Atomen bzw. das Periodensystem Setzt man die bis hierher gelernten Dinge zusammen, kann man qualitativ das Schalenmodell der Elektronenh¨ulle von Atomen verstehen. F¨ur ein Atom mit N = Z Elektronen schreibt man die Wellenfunktion als ein Produkt aus N Einteilchenwellenfunktionen. Die effektiven Potentiale, die in den Hartree- und den Hartree-Fock-Gleichungen stehen, sind keine 1r -Potentiale, k¨onnen jedoch in erster N¨aherung als kugelsymmetrisch angenommen werden. Daher h¨angen die Energieeigenwerte (im Unterschied zum Wasserstoffatom) von n und l ab und werden mit En,l bezeichnet. Die Einteilchenwellenfunktionen werden als Produkt aus einem Radial-, einem Winkel- und einem Spin-Anteil geschrieben φi (i) = φνi (ri ) χms,i (Si) = Rni ,li (ri) Yli,mi (Θ, Φ) χms,i (Si) , (4.104) mit χms,i = χ± .
Den Grundzustand eines Atoms mit N Elektronen erh¨alt man n¨aherungsweise, wenn man die tiefsten Energieniveaus En,l unter Beachtung des Pauli-Prinzips mit den N Elektronen besetzt.
Ist die Hauptquantenzahl n = 1 (1. Periode des Periodensystems), so ist l = 0, d.h. es gibt nur den 1s-Zustand. Dieser kann mit bis zu 2 Elektronen mit unterschiedlichem Spin besetzt sein. Dies entspricht H (Wasserstoff, Z = 1), 1s, He (Helium, Z = 2), (1s)2, d.h. den beiden relativ einfachen Beispielen, die schon diskutiert wurden.
91
Ist die Hauptquantenzahl n = 2 (2. Periode), so ist l = 0 und l = 1 m¨oglich, d.h. es gibt 2s- und 2p-Zust¨ande. Aufgrund der st¨arkeren Abschirmung des 2pZustandes durch die 1s-Elektronen ist E2s < E2p (siehe Diskussion der angeregten Zust¨ande des Heliumatoms). F¨ullt man die n = 2-Zust¨ande mit weiteren Elektronen erh¨alt man Li (Lithium, Z = 3), (1s)2(2s)1, Be (Beryllium, Z = 4), (1s)2(2s)2, B (Bor, Z = 5), (1s)2(2s)2(2p)1, C (Kohlenstoff, Z = 6), (1s)2(2s)2(2p)2, N (Stickstoff, Z = 7), (1s)2(2s)2(2p)3, O (Sauerstoff, Z = 8), (1s)2(2s)2(2p)4, F (Fluor, Z = 9), (1s)2(2s)2(2p)5, N e (Neon, Z = 10), (1s)2(2s)2(2p)6. Ist die Hauptquantenzahl n = 3 (3. Periode), so ist l = 0, l = 1 und l = 2 m¨oglich, d.h. es gibt 3s-, 3p- und 3d-Zust¨ande. Von N a (Natrium, Z = 11), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)1 bis Ar (Argon, Z = 18), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)2(3p)6 werden zun¨achst die 3s- und die 3p-Zust¨ande aufgef¨ullt. Danach wird es komplizierter, da aufgrund der st¨arkeren Abschirmung durch die inneren Elektronen die Energie der 3d-Zust¨ande etwas gr¨oßer als die der 4s-Zust¨ande ist. Daher f¨ahrt man fort mit der Hauptquantenzahl n = 4 (4. Periode) und bef¨ullt zun¨achst die 4s-Zust¨ande. K (Kalium, Z = 19), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)1(3p)6(4s)1 und Ca (Calcium, Z = 20), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)2(3p)6(4s)2. Erst danach werden vom Sc (Scandium, Z = 21), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)1(3p)6(3d)1(4s)2 bis zum Zn (Zink, Z = 30), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)1(3p)6(3d)10(4s)2 ¨ die 3d-Zust¨ande gef¨ullt (Ubergangsmetalle). Als n¨achstes werden vom Ga (Gallium, Z = 31), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)1(3p)6(3d)10(4s)2(4p)1 bis zum Kr (Krypton, Z = 36), (1s)2(2s)2(2p)6(3s)1(3p)6(3d)10(4s)2(4p)6 die 4p-Zust¨ande besetzt.
92
undsoweiter... Die weiteren Schalen und Perioden k¨onnen Sie in B¨uchern oder im Internet, z.B. bei wikipedia, nachsehen. Ein paar weitere wichtige Punkte: 1) Wie findet man die Drehimpuls- und Spinkonfigurationen der atomaren Grundzust¨ande? Dies ist der Inhalt der Hundschen Regeln: Die Zust¨ande werden unter Beachtung des Pauli-Prinzips so besetzt, dass a) der Gesamtspin S maximal ist. b) der gesamte Bahndrehimpuls L maximal ist. c) die Zust¨ande f¨ur nicht mehr als halb gef¨ullte Schalen gegeben sind durch 2S+1 LJ=|L−S| und f¨ur mehr als halb gef¨ullte Schalen durch 2S+1LJ=L+S . Ein paar kurze Anmerkungen zur Begr¨undung dieser semiempirischen Regeln: Zu a) Je gr¨oßer der Spin ist, umso antisymmetrischer ist die Ortsraumwellenfunktion und umso kleiner die Coulombabstoßung, da eine antisymmetrische Ortsraumwellenfunktion f¨ur einen verschwindenden Teilchenabstand, also dort wo die Coulombwechselwirkung maximal ist, verschwindet. Zu b) Je gr¨oßer L ist, umso weiter sind die Elektronen vom Kern und daher auch voneinander entfernt. Dies reduziert die Coulomb-Abstoßung, allerdings ist dieser Effekt nicht so ausgepr¨agt wie a). Zu c) Um diesen Punkt verstehen zu k¨onnen, muss man die Anordnung der atomaren Niveaus mit Spin-Bahn-Kopplung (L · S) analysieren. Wie f¨ur ein Elektron ergibt sich 2 hL · Si = ¯h2 [J(J + 1) − L(L + 1) − S(S + 1)]. Berechnet man die sich daraus ergebenden Energien, die von der Elektronenbesetzung abh¨angen, so ergibt sich die 3. Hundsche Regel. Wie beim Wasserstoffatom gibt es noch eine Vielzahl von weiteren Effekten (z.B. jj-Kopplung, ...), die hier allerdings nicht diskutiert werden.
93
Beispiele f¨ur die Anwendung der Hundschen Regeln: a) B (Bor, Z = 5), (1s)2(2s)2(2p)1 Abgeschlossene 1s- und 2s-Schalen ergeben J = L = S = 0. Daher ist S = 21 (1. Regel) und L = 1 (2. Regel). Die 3. Regel ergibt J = 21 , also insgesamt 2 P 12 . b) C (Kohlenstoff, Z = 6), (1s)2(2s)2(2p)2 Abgeschlossene 1s- und 2s-Schalen ergeben J = L = S = 0. Daher ist S = 1 (1. Regel). Wegen des Pauli-Prinzips kann L nicht gleich 2 sein, da sich die ml -Werte der 2p-Elektronen unterscheiden m¨ussen. Daher ist L = 1 (ml = 0, 1) (2. Regel). Die 3. Regel ergibt J = 0, also insgesamt 3 P0 . ... BILD 2) Die Reihenfolge der Energieniveaus ist unterschiedlich f¨ur innere und f¨ur a¨ ußere Elektronen. Die inneren Elektronen sp¨uren im wesentlichen das 1r -Potential des Atomkerns. Daher folgt die Reihenfolge dieser Energieniveaus bis auf Korrekturen, die dazu f¨uhren, dass En,l < En,l+1 ist, im wesentlichen den Ergebnissen des Wasserstoffatoms. Insbesondere wachsen die Energien mit zunehmendem n, d.h. es gilt En+1,l0 > En,l . F¨ur die a¨ ußeren Elektronen ordnet sich aufgrund der Abschirmung der Kernanziehung durch die inneren Elektronen die Reihenfolge der Energieniveaus teilweise um. Z.B. ist, wie oben angegeben, die Energie der 3d-Zust¨ande h¨oher als die der 4s-Zust¨ande. BILD 3) Wie h¨angt die Besetzung der elektronischen Zust¨ande mit den chemischen Eigenschaften zusammen? Die chemischen Eigenschaften der Elemente werden durch die a¨ ußeren, am schw¨achsten gebundenen Elektronen bestimmt. Sind wie bei den Edelgasen (He, N e, A, ...) die a¨ ußeren Elektronenschalen komplett gef¨ullt, so sind auch diese Elektronen, wie man an hohen Ionisierungsenergien sieht, relativ stark gebundenen. Dies erkl¨art das chemisch sehr inaktive Verhalten der Edelgase. Befindet sich in der a¨ ußern Schale nur ein Elektron, so ist dieses Elektron, da seine Anziehung an den Kern durch die inneren Elektronen stark abgeschirmt 94
wird, nur sehr schwach gebunden. Dies f¨uhrt dazu, dass die Alkalimetalle (Li, N a, K, ...) chemisch sehr reaktiv sind. BILD 4) Untersuchung der Energieniveaus der stark gebundenen inneren Elektronen durch R¨ontgenspektroskopie. Wie bei den angeregten Zust¨anden des Wasserstoffatoms (n ≥ 2), liegen die Energiedifferenzen zwischen den h¨ochsten gef¨ullten und den tiefsten ungef¨ullten Energieniveaus von Atomen mit N Elektronen im Bereich von ∼ eV . Sol¨ che Uberg¨ ange k¨onnen a) durch elektromagnetische Felder mit optischen Frequenzen induziert werden und spielen b) auch bei chemischen Prozessen (Bildung von Molek¨ulen und Kristallen) eine große Rolle. Die inneren Elektronen sehen bis auf kleine Korrekturen durch Abschirmungsprozesse im wesentlichen das Potential des Z-fach positiv geladenen Atomkerns. Da die Energien mit Z 2 skalieren, sind die Bindungsenergien der inneren Elektronen f¨ur nicht zu kleine Z relativ gross. Z.B. f¨ur F e (Z = 26) ergibt sich E1s, Z=26 = −Z 2 13.6eV ≈ 9.2keV (bzw. mit Zef f < Z ein etwas kleinerer Wert). Generell liegen die Bindungsenergien der inneren Elektronen f¨ur nicht zu kleine Z im Bereich von 1 − 100 keV . Dies entspricht Wellenl¨angen von ca. ˚ also R¨ontgenstrahlung. 0.1 − 10 A Durch Absorption von R¨ontgenstrahlung k¨onnen Elektronen aus inneren stark gebundenen Schalen angeregt oder aus dem Atom herausgeschlagen werden. In die dann freien inneren Schalen k¨onnen unter Emission von R¨ontgenstrahlung ¨ Uberg¨ ange von den Elektronen, die sich in energetisch h¨oheren Zust¨anden befinden, erfolgen. BILD
Soviel zur (theoretischen) Atomphysik. Weiter geht es weiter mit Vorlesungen von Herrn Prof. Lischka zur Kern- und Elementarteilchenphysik. Sp¨ater gibt es dann noch Theorievorlesungen zur Molek¨ulphysik (chemische Bindung, Molek¨ulschwingungen, ...).
95
Kapitel 5 Molekulphysik ¨ Molek¨ule bestehen aus einem oder mehreren Elektronen und zwei oder mehr Atomkernen. Um solche Systeme theoretisch zu beschreiben, m¨ussen die in der Atomphysik entwickelten Konzepte erweitert werden. Im Gegensatz zu Atomen reicht es f¨ur Molek¨ule nicht aus das elektronische Problem in einem festen Kernpotential zu l¨osen, sondern man muss neben den Elektronen auch die Bewegung der Kerne und die Wechselwirkung zwischen der Elektronen- und der Kernbewegung betrachten. Allerdings kann man, wie gleich gezeigt wird, aufgrund der stark unterschiedlichen Massen die Bewegungen der Elektronen und der Kerne teilweise voneinander entkoppeln. Zur kompletten Beschreibung des Molek¨uls muss aber immer noch das elektronische und das nukleare Problem gel¨ost werden. Je nach betrachtetem Molek¨ul kann die Anzahl der Teilchen klein oder sehr groß sein. Mit zunehmender Molek¨ulgr¨oße n¨ahert man sich einem makroskopischen Festk¨orper. Daher werden viele der im folgenden betrachteten Konzepte auch im Bereich der Festk¨orperphysik verwendet.
5.1 Das molekulare Vielteilchen-Problem Betrachten wir ein Molek¨ul, das aus M > 1 Atomkernen und N Elektronen besteht. All diese Teilchen k¨onnen sich bewegen, haben also eine kinetische Energie, und wechselwirken aufgrund ihrer Ladung miteinander. Den entsprechenden Hamiltonoperator kann man schreiben als ˆ = H ˆe + H ˆK + H ˆ e−K , H
(5.1)
ˆ e und H ˆ K jeweils nur auf die Elektronen bzw. nur auf die Kerne wirkt wobei H ˆ e−K die Wechselwirkung zwischen Elektronen und Kernen beschreibt. und H
96
Diese drei Terme sind gegeben durch ˆ e = Tˆe + Vˆe H N N −¯ X 1 X 1 e2 h2 ∆i + , = 2 i,j=1; i6=j 4π0 |ri − rj | i=1 2me ˆ K = TˆK + VˆK H M X −¯h2 e2 ZA ZB 1 1 = ∆A + , 2 A,B=1; A6=B 4π0 |RA − RB | A=1 2MK = Vˆe−K N X M −e2 Z X 1 A . = i=1 A=1 4π0 |ri − RA | M X
ˆ e−K H
(5.2)
(5.3)
(5.4)
Hierbei bezeichnet ri die Orte der Elektronen (Ladung −e, Masse me ) und RA die Orte der Kerne (Ladungen +eZA , Masse MK ). Die Wellenfunktion Ψ eines Molek¨uls h¨angt von den Koordinaten aller Elektronen und aller Kerne ab Ψ = Ψ(r1, ..., rN , R1 , ..., RM ) = Ψ({ri}, {RA }) .
(5.5)
Die Eigenzust¨ande eines Molek¨uls sind die L¨osungen der station¨aren VielteilchenSGL ˆ Ψ({ri}, {RA }) = E Ψ({ri}, {RA }) . H
(5.6)
Wie das atomare N -Elektronen-Problem, l¨aßt sich auch die noch kompliziertere Gl. (5.6) im Allgemeinen nicht exakt l¨osen. Verglichen mit dem atomaren N Elektronen-Problem, siehe Gl. (4.72)-(4.74), tritt insbesondere das zus¨atzliche Problem auf, dass die potentielle Energie der Elektronen aufgrund der ElektronKern-Anziehung Vˆe−K von den variablen Orten der Kerne abh¨angt. 5.1.1 Die Born-Oppenheimer-N¨aherung Im Rahmen der Born-Oppenheimer-N¨aherung (auch adiabatische N¨aherung) wird die Bewegung der Elektronen von der Bewegung der Kerne entkoppelt. Diese N¨aherung beruht darauf, dass die Elektronenmasse me sehr viel kleiner me ≈ 10−3 − 10−5. als die Masse eines Atomkerns MK ist. Typischerweise gilt M K Daher bewegen sich die Elektronen sehr viel schneller als die Atomkerne und man kann annehmen, dass die Elektronen der langsamen Kernbewegung instantan folgen.
97
Im Rahmen dieser N¨aherung wird das Elektronenproblem daher f¨ur festgehaltene Kernkoordinaten {RA } gel¨ost. F¨ur die molekulare Wellenfunktion verwendet man den Produktansatz Ψ({ri}, {RA}) = ψel;{RA} ({ri}) ϕ({RA }) ,
(5.7)
wobei im elektronischen Anteil der Wellenfunktion die Kernkoordinaten {RA } als Parameter auftauchen. ψel;{RA} ({ri}) ist die L¨osung von (Tˆe + Vˆe + Vˆe−K + VˆK ) ψel;{RA} ({ri}) = (Eel;{RA} + VˆK ) ψel;{RA} ({ri}) = {RA }ψel;{RA}({ri}) . (5.8) Hierbei h¨angt die elektronische Energie Eel;{RA} durch Vˆe−K und die Energie {RA } zus¨atzlich durch VˆK parameterisch von den Kernkoordinaten ab. Setzt man den Ansatz Gl. (5.7) unter Ber¨ucksichtigung von Gl. (5.8) in die station¨are SGL, Gl. (5.6), ein, erh¨alt man E ψel;{RA} ({ri})ϕ({RA}) ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ = Te + Ve + Ve−K + TK + VK ψel;{RA}({ri})ϕ({RA})
=
{RA } + TˆK ψel;{RA} ({ri})ϕ({RA})
h ¯2 ∇2A ψel;{RA} ({ri})ϕ({RA}) = {RA} − A=1 2MK ˆ = ψel;{RA}({ri}) {RA} + TK ϕ({RA})
M X
h ¯2 h ϕ({RA }) ∇2A ψel;{RA} ({ri}) − A=1 2MK i + 2 (∇A ϕ({RA })) ∇A ψel;{RA}({ri}) . M X
(5.9)
∗ Multipliziert man Gl. (5.9) mit ψel;{R ({ri}) und integriert u¨ ber die elektroA} nischen Koordinaten dri , kommt man bei Vernachl¨assigung der Terme in den beiden letzten Zeilen zur Born-Oppenheimer-Gleichung
TˆK + {RA } ϕ({RA }) = E ϕ({RA}) .
(5.10)
Dies ist eine effektive Schr¨odingergleichung f¨ur die Kerne, in der wegen {RA} = Eel;{RA} + VˆK neben der Coulomb-Abstoßung der Kerne auch die von den Kernkoordinaten abh¨angige elektronische Energie auftritt. 98
Anmerkung: Betrachtet man die bei der Herleitung von Gl. (5.10) vernachl¨assigten Terme genauer, so findet man, dass a) der sich aus der letzten Zeile von Gl. (5.9) ergebende Term verschwindet sofern nur gebundene elektronische Zust¨ande ψel;{RA} ({ri}) betrachtet werden, da diese immer reell gew¨ahlt werden k¨onnen. b) der sich aus der vorletzten Zeile von Gl. (5.9) ergebende Term ist n¨aherungsme weise ≈ M |Eel;kin| ϕ({RA }) und damit sehr viel kleiner als {RA} ϕ({RA}). K Im Rahmen der Born-Oppenheimer-N¨aherung hat man also die Bewegungen der Elektronen und Kerne voneinander entkoppelt. Man kann das molekulare Problem daher schrittweise behandeln. Zuerst wird das elektronische Problem f¨ur feste Kernorte gel¨ost, siehe Gl. (5.8). Damit ist das effektive Potential {RA} in Gl. (5.10) bestimmt und das nukleare Problem kann gel¨ost werden. Bisher habe wir das Molek¨ul als ein System aus Elektronen und Kernen betrachtet. Alternativ kann man die stark an den Kern gebundenen Elektronen, die die inneren Schalen besetzen, mit dem Kern zu einem Ion zusammenfassen. Neben den Ionen besteht das Molek¨ul dann noch aus den Valenzelektronen, die sich in a¨ ußeren Schalen befinden. Diese Sichtweise vereinfacht die Behandlung des molekularen Problems, da weniger frei bewegliche Elektronen (Valenzelektronen) beschrieben werden m¨ussen.
5.2 Die chemische Bindung Bevor in Abschnitt 5.2.2 verschiedene Bindungsarten diskutiert werden, wird in Abschnitt 5.2.1 zun¨achst die kovalente Bindung behandelt. 5.2.1 Die kovalente Bindung
99
Anmerkung: Dieser Abschnitt wird aus Zeitgr¨unden nicht in der Vorlesung gezeigt. Das ionisierte Wasserstoffmolekul ¨ H2+
Das einfachste Beispiel eines Molek¨uls ist das ionisierte Wasserstoffmolek¨ul H2+ . Es besteht aus zwei Protonen und nur einem Elektron. Nimmt man an, dass sich die zwei Protonen an festen Orten RA und RB befinden, so haben die Protonen keine kinetische Energie, d.h. hTˆK i = 0. Zudem verschwindet f¨ur ein Elektron der elektronische Wechselwirkungsterm Vˆe . Somit ist der Hamiltonoperator des Systems gegeben durch ˆ = Tˆe + Vˆe−K + VˆK H −¯h2 e2 −1 −1 1 . (5.11) = ∆+ + + 2me 4π0 |r − RA | |r − RB | |RA − RB | Dieses Problem ist zwar exakt l¨osbar, doch wir wollen uns im folgenden mit einer qualitativen L¨osung begn¨ugen. Als Ansatz f¨ur die Molek¨ulwellenfunktion ¨ w¨ahlen wir die symmetrische und antisymmetrische Uberlagerung von atomaren 1s-Wellenfunktionen ψ± (r) = α± (ψA (r) ± ψB (r)) ,
(5.12)
mit zu bestimmenden Normierungsfaktoren α± und 1 πa30
ψA/B (r) =
!1 2
e−|r−RA/B |/a0 .
(5.13)
Die Normierungsintegrale ergeben Z
dr |ψ± (r)|2 =
Z
dr |α± (ψA (r) ± ψB (r))|2 2
= |α± |
Z
dr ψA2 (r) + ψB2 (r) ± 2ψA (r)ψB (r)
= |α± |2 (2 ± 2α(R)) ,
(5.14)
¨ mit dem Uberlappintegral α(R) =
Z
R R2 dr ψA (r)ψB (r) = 1 + + 2 e−R/a0 , a0 3a0
(5.15)
wobei R = |RA − RB | der Abstand der beiden Protonen ist. Damit ψ± (r) auf gew¨ahlt werden. 1 normiert ist, kann also α± = √ 1 2±2α(R)
100
Der Erwartungswert des Hamiltonoperators, Gl. (5.11), in den Zust¨anden ψ± (r) ist Z
ˆ ± = hψ± |Hψ ˆ ± i = dr ψ ∗ (r) H ˆ ψ± (r) hHi ± Z 1 ˆ (ψA (r) ± ψB (r)) = dr (ψA(r) ± ψB (r)) H 2 ± 2α(R) Z 1 ˆ A (r) + ψB (r)Hψ ˆ B (r) = dr (ψA(r)Hψ 2 ± 2α(R) ˆ B (r) + ψB (r)Hψ ˆ A (r)]) ±[ψA (r)Hψ Z 1 ˆ A (r) ± [ψB (r)Hψ ˆ A (r)] dr (ψA (r)Hψ = 1 ± α(R) 1 ˆ A i ± hψA |Hψ ˆ B i) , (hψA |Hψ (5.16) = 1 ± α(R) wobei die vorletzte Zeile aufgrund der Symmetrie des Problems und des Anˆ A i und hψA |Hψ ˆ B i zu satzes gilt. Es sind also noch die zwei Terme hψA |Hψ ˆ A i ergibt sich berechnen. F¨ur hψA |Hψ ˆ Ai = hψA |Hψ
Z
ˆ A (r) dr ψA (r)Hψ
−¯h2 e2 −1 −1 1 ψ (r) = dr ψA (r) ∆+ + + A 2me 4π0 |r − RA | |r − RB | |RA − RB | Z −e2 e2 2 − dr ψA (r) = E1s + 4π0 R 4π0 |r − RB | !! e2 e2 −2R/a0 R = E1s + 1−e − +1 4π0 R 4π0 R a0 ! R e2 = E1s + + 1 e−2R/a0 . (5.17) 4π0 R a0 Z
ˆ B i ergibt sich F¨ur hψA |Hψ ˆ Bi = hψA |Hψ
Z
ˆ B (r) dr ψA (r)Hψ
−¯h2 e2 −1 −1 1 ψ (r) = dr ψA (r) ∆+ + + B 2me 4π0 |r − RA | |r − RB | |RA − RB | 2 Z e −e2 = E1s + α(R) − dr ψA (r)ψB (r) 4π0 R 4π0|r − RA | ! e2 e2 R −R/a0 = E1s + α(R) − 1+ e . (5.18) 4π0 R 4π0 a0 a0 Z
101
Z¨ahlt man alles zusammen, so erh¨alt man ˆ ± E±(R) = hHi ! 1 e2 R + 1 e−2R/a0 = E1s + 1 ± α(R) 4π0 R a0 ! 2 2 e R e α(R) ∓ 1+ e−R/a0 . ± E1s + 4π0 R 4π0 a0 a0
(5.19)
E− (R) ist f¨ur alle R gr¨oßer als E1s. F¨ur die antisymmetrische Ortsraumwellenfunktion ψ− existiert somit kein ionisiertes Wasserstoffmolek¨ul H2+ als gebundener Zustand, weil die Energie E−(R) h¨oher ist, als die Energie eines Wasserstoffatoms im Grundzustand (E1s) plus der Energie eines hiervon weit entfernten ruhenden Protons (E = 0). F¨ur E+(R) existiert allerdings ein Bereich in dem E+(R) < E1s ist. D.h. die Bildung des Molek¨ul-Ions ist energetisch g¨unstiger als der Zustand eines Wasserstoffatoms im Grundzustand und eines hiervon weit entfernten ruhenden Protons.
BILD
Unser Ansatz liefert eine Bindungsenergie von −1, 76 eV und einen Kernab˚ Die exakte Grundzustandsenergie ist nat¨urlich gr¨oßer −2, 79 eV stand von 1.32 A. ˚ D.h. unser Ansatz liefert das qualitaund der Kernabstand ist geringer 1, 06 A. tiv korrekte Ergebnis, dass ein gebundenes ionisiertes Wasserstoffmolek¨ul H2+ existiert, aber keine gute quantitative Beschreibung der exakten L¨osung.
Auf der n¨achsten Seite geht es in der Vorlesung weiter.
102
Das Wasserstoffmolekul ¨ H2
Das Wasserstoffmolek¨ul H2 besteht aus zwei Protonen und zwei Elektronen. Nimmt man an, dass sich die zwei Protonen an festen Orten RA und RB befinden, so haben die Protonen keine kinetische Energie, d.h. hTˆK i = 0. Somit ist der Hamiltonoperator des Systems gegeben durch ˆ = Tˆe + Vˆe + Vˆe−K + VˆK H −¯h2 −¯h2 e2 −1 −1 = ∆1 + ∆2 + + 2me 2me 4π0 |r1 − RA | |r2 − RA | −1 1 1 −1 , (5.20) + + + + |r1 − RB | |r2 − RB | |r1 − r2 | |RA − RB | enth¨alt also die kinetischen Energien der zwei Elektronen sowie die vier anziehenden und die zwei abstoßenden Wechselwirkungen zwischen den zwei Elektronen und den zwei Protonen. Dieses Probem ist nicht exakt l¨osbar, kann aber mit geeigneten Ans¨atzen f¨ur die Zwei-Elektronen-Wellenfunktion qualitativ untersucht werden. Da zwei Elektronen beschrieben werden m¨ussen, stellt sich die Frage, wie die Spins der beiden Elektronen relativ zueinander stehen. Wie in Abschnitt 4.2.3 beschrieben, kann die Spinfunktion entweder symmetrisch (Triplett, S = 1, χS ) oder antisymmetrisch (Singulett, S = 0, χA ) sein. F¨ur die antisymmetrische ZweiElektronen-Wellenfunktion gibt es daher die zwei M¨oglichkeiten ψs (1, 2) = ψr,S (1, 2)χA(1, 2) oder ψt (1, 2) = ψr,A (1, 2)χS (1, 2) ,
(5.21)
siehe Gl. (4.31). Im Rahmen der Heitler-London-N¨aherung verwendet man die folgenden normierten Ans¨atze f¨ur die Molek¨ulwellenfunktion 1 [ψA (r1)ψB (r2) + ψB (r1)ψA (r2)] χA (1, 2) , 2(1 + α(R)2) 1 ψt (1, 2) = q [ψA (r1)ψB (r2) − ψB (r1)ψA (r2)] χS (1, 2) . 2(1 − α(R)2) (5.22)
ψs (1, 2) =
q
Hierbei sind ψA/B bei RA/B zentrierte 1s-Funktionen und α(R) (R ist der Ab¨ stand der Protonen R = |RA − RB |) ist das Uberlappintegral d.h. 103
1 πa30
ψA/B (r) =
!1 2
e−|r−RA/B |/a0
(5.23)
und Z
α(R) =
R R2 −R/a0 dr ψA (r)ψB (r) = 1 + + e . a0 3a20
(5.24)
Diese Wellenfunktionen sind normiert, da die Spinfunktionen normiert sind (d.h. hχA/S |χA/S i = 1) und f¨ur die Ortsraumanteile gilt =
hψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2) | ψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2)i Z
=
Z
=
Z
dr1
dr1
Z
Z
dr2 [ψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2)]2 dr2 ψA2 (r1)ψB2 (r2) + ψB2 (r1)ψA2 (r2) h
dr1ψA2 (r1)
= 2 ± 2α2 .
Z
±2ψA (r1)ψB (r1)ψA (r2)ψB (r2)]
dr2 ψB2 (r2) Z ±2
+
Z
Z 2 dr1ψB (r1) Z
dr1 ψA (r1)ψB (r1)
dr2 ψA2 (r2)
dr2ψA (r2)ψB (r2) (5.25)
Nun berechnen wir den Erwartungswert des Hamiltonoperators ˆ s/t = hψs/t |Hψ ˆ s/ti hHi
ˆ ψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2)i hψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2 ) | H = 2 ± 2α(R)2 Z Z 1 ˆ = dr1 dr2 [ψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2)] H 2 ± 2α(R)2 [ψA (r1)ψB (r2) ± ψB (r1)ψA (r2)] Z Z 1 ˆ ψA (r1)ψB (r2) = dr1 dr2 ψA (r1)ψB (r2) H 2 2 ± 2α(R) ˆ ψB (r1)ψA (r2) +ψB (r1)ψA (r2) H ˆ ψB (r1)ψA (r2) ± ψA (r1)ψB (r2) H ˆ ψA (r1)ψB (r2) +ψB (r1)ψA (r2) H
1 ˆ ˆ = hAB|H|ABi + hBA|H|BAi 2 ± 2α(R)2 ˆ ˆ ± hAB|H|BAi + hBA|H|ABi 2 ˆ ˆ = hAB|H|ABi ± hAB|H|BAi , 2 ± 2α(R)2
104
(5.26)
wobei eine verk¨urzte Schreibweise eingef¨uhrt wurde und ber¨ucksichtigt wurde, dass die Terme, in denen A und B u¨ berall miteinander vertauscht sind, gleich sind. F¨ur den direkten Term ergibt sich ˆ hAB|H|ABi = 2E1s +
e2 +C, 4π0 R
(5.27)
mit Z e2 Z 1 1 1 C = dr1 dr2 ψA2 (r1)ψB2 (r2) − − 4π0 |r1 − r2 | |r1 − RB | |r2 − RA | Z Z 1 1 e2 Z . dr1 dr2 ψA2 (r1)ψB2 (r2) − 2 dr1ψA2 (r1) = 4π0 |r1 − r2| |r1 − RB | (5.28)
Hier beschreibt der erste Term die Abstoßung der beiden Elektronen und die anderen Terme die Anziehung der Elektronen an das andere“ Proton. ” F¨ur den Austauschterm ergibt sich ˆ hAB|H|BAi = 2E1sα2 +
e2 α2 + A , 4π0 R
(5.29)
mit Z e2 Z 1 A = dr1 dr2ψA (r1)ψA (r2)ψB (r1)ψB (r2) 4π0 |r1 − r2 | 1 1 − − |r1 − RB | |r2 − RA | Z e2 Z 1 dr1 dr2ψA (r1)ψA (r2)ψB (r1)ψB (r2) = 4π0 |r1 − r2 | Z 1 . −2α dr1ψA (r1)ψB (r1) (5.30) |r1 − RB |
Setzt man die Ergebnisse zusammen, so erh¨alt man f¨ur die Energien des Singulettund des Triplettzustandes e2 C ±A + , 4π0 R 1 ± α2 wobei C, A, und α vom Abstand der Protonen R abh¨angen. ˆ s/ti = 2E1s + Es/t = hψs/t |Hψ
105
(5.31)
Berechnet man die Terme aus Gl. (5.31) so findet man, dass f¨ur gewisse Abst¨ande aufgrund des großen negativen Austauschterms (A < 0) der Singulett-Zustand eine kleinere Energie hat als 2E1s. Der quantenmechanische Austauschterm ist also entscheidend f¨ur die kovalente Bindung. Der Singulett-Zustand, bei dem die beiden Elektronenspins antiparallel stehen und somit die elektronische Ortsraumwellenfunktion symmetrisch ist, ist also der Grundzustand des Wasserstoffmolek¨uls. Durch die Symmetrie der Ortsraumwellenfunktion ist die elektronische Ladungsdichte zwischen den Protonen erh¨oht, was anschaulich die Bindung erkl¨art. F¨ur den Triplett-Zustand ist aufgrund der Antisymmetrie der Ortsraumwellenfunktion die elektronische Ladungsdichte zwischen den Protonen sehr klein und daher keine Bindung m¨oglich.
BILD Der Heitler-London-Ansatz liefert eine Bindungsenergie von −3, 14 eV und ˚ Die exakte Grundzustandsenergie ist nat¨urlich einen Kernabstand von 0.869 A. ˚ D.h. der Ansatz liegr¨oßer −4, 73 eV und der Kernabstand ist geringer 0, 74 A. fert also ein qualitativ korrekte Ergebnis, aber keine gute quantitative Beschreibung der exakten L¨osung. Hierf¨ur werden u¨ blicherweise aufw¨andigere numerische Verfahren verwendet.
Gr¨oßere Molekule ¨
F¨ur Molek¨ule mit mehr als zwei Elektronen und Kernen, m¨ussen die obigen ¨ Uberlegungen entsprechend den Regeln der Vielteilchen-Quantenmechanik erweitert werden. Der r¨aumliche Aufbau von Molek¨ulen ist im wesentlichen durch die atomaren Orbitale der Elektronen in den a¨ ußeren besetzten Schalen (Valenzelektronen) bestimmt. Sind verschiedene Zust¨ande zu einer festen Hauptquantenzahl besetzt, so bil¨ den sich oft Hybridorbitale, d.h. Uberlagerungen der atomaren Orbitale. Z.B. 3 sp -Hybride ergeben eine tetraedische Anordnung (z.B. C im Diamant), sp2 -Hybride eine planare Anordnung (z.B. C im Graphit), ... BILD
106
5.2.2 Arten der chemischen Bindung Es folgt eine Auflistung und kurze Beschreibung der wichtigsten 5 Bindungstypen. A. Kovalente Bindung
¨ Bindung durch Uberlapp von Wellenfunktionen. Quantenmechanische Austauschenergie f¨uhrt zu Bindung durch Paarung von Elektronen mit entgegengesetztem Spin, siehe oben. Wie die folgenden zwei Bindungstypen (B. ionisch und C. metallisch) ist dieser Bindungstyp relativ stark. Typische Bindungsenergien liegen im Bereich von ∼ 1 − 10eV pro Bindung. Dies ist sehr viel gr¨oßer, als die typische thermische Energie kB T , die bei 20oC etwas 25meV betr¨agt. B. Ionische Bindung
Es werden Ladungen (Elektronen) zwischen verschiedenen Atomen ausgetauscht. Die dabei entstehenden unterschiedlich geladenen Ionen ziehen sich gegenseitig an und bilden einen gebundenen Zustand. Betrachten wir zwei unterschiedliche Atome A und B. A wird ionisiert, gibt also ein Elektron e− ab, d.h., A + IE ⇒ A+ + e− , wobei IE die Ionisierungsenergie ist. B nimmt das Elektron auf, d.h., B + e− ⇒ B − + EA, wobei EA die Elektronenaffinit¨at, das ist die Energie die frei wird, wenn ein Elektron aufgenommen wird, ist. Bringt man A+ und B − aus weiter Entfernung zusammen, so gewinnt man hierbei die Coulombenergie C (≈ e2 /(4π0R), wobei R der Abstand der Ionen ist). Insgesamt ergibt sich also A + B + IE ⇒ A+ + B − + C + EA. Besonders stark ist die ionische Bindung bei den Alkalihalogeniden, denn zum einen sind die Ionisierungsenergie der Alkalimetalle gering, da nur ein Elektron in der a¨ ußersten Schale ist, und zum anderen sind die Elektronenaffinit¨aten der Halogenide groß, da nur ein Elektron fehlt, damit die a¨ ußerste Schale komplett gef¨ullt ist. F¨ur N aCl ist: IE = 5, 14eV , EA = 3, 61eV und C = 7, 9eV , d.h. die Bindungsenergie eines N aCl-Molek¨uls ist (C + EA − IE) = (7, 9 + 3, 61 − 5, 14)eV ≈ 6, 4eV . 107
Da sich bei der starken Ionenbindung die Atome sehr nahe kommen und somit die elektronischen Orbitale u¨ berlappen, gibt es auch einen gewissen kovalenten Beitrag zur Bindungsenergie. Allgemein kann man solchen Bindungen einen Grad an Ionizit¨at αi und einen Grad an Kovalenz αc mit αi2 + αc2 = 1 zuordnen. Bei Bindungen zwischen gleichen Atomen (homonuklear, z.B. H − H, C − C, ...) tr¨agt kein Atom mehr Ladung als das andere und daher ist αc = 1 und αi = 0. Bei Bindungen zwischen unterschiedlichen Atomen (heteronuklear) h¨angen αi und αc von den Unterschieden der Ionisierungsenergien und Elektronenaffinit¨aten ab. Hierf¨ur wird oft die Elektronegativit¨at, die man als den Mittelwert aus IE und EA definieren kann, diskutiert. N aCl ist u¨ berwiegend ionisch gebunden mit αi ≈ 0, 94.
Einschub: Vereinfachtes effektives Einelektronenmodell fur ¨ die kovalente und die ionische Bindung
Hierbei wird ein aus 2 Anteilen bestehender Hamiltonoperator betrachtet ˆ = H ˆ0 + H ˆ0 . H
(5.32)
Es werden nur zwei Zust¨ande betrachtet: ΨA (r) mit der Energie EA vom Atom A am Ort RA und ΨB (r) mit der Energie EB vom Atom B am Ort RB . Daher ˆ als 2 × 2-Matrix geschrieben werden, d.h. kann H ˆ = H
ˆ A i hΨA |HΨ ˆ Bi hΨA |HΨ ˆ A i hΨB |HΨ ˆ Bi hΨB |HΨ
.
(5.33)
ˆ besteht aus der kinetischen und der potentiellen Energie H ˆ = Tˆ + H
X
i=A,B
108
Vi (r) .
(5.34)
ˆ 0 soll das System beschrieben werden, wenn die Atome weit voneinDurch H ander entfernt sind, d.h. |RA − RB | a0 . Daher nimmt man an, dass die ˆ 0 die atomaren Eigenzust¨ande der isolierten Atome A und Eigenzust¨ande von H B sind ˆ ˆ E 0 hΨ | H Ψ i hΨ | H Ψ i A 0 A A 0 B ˆ0 = . (5.35) ≈ A H ˆ ˆ 0 EB hΨB |H0 ΨA i hΨB |H0 ΨB i
Bringt man die Atome A und B n¨aher zusammen, so fangen irgendwann die Zust¨ande ΨA (r) und ΨB (r) an zu u¨ berlappen. Dies f¨uhrt: a) zu Ver¨anderungen der Energien EA und EB , da die Wellenfunktionen ΨA (r) und ΨB (r) das Potential des jeweils anderen Atoms also VB (r) und VA (r) sp¨uren (Kristallfeldausspaltung). b) dazu, dass die Zust¨ande ΨA (r) und ΨB (r) keine Eigenzust¨ande des gekoppelten Systems mehr sind. Diese Kopplung bewirkt das Auftreten von Koppˆ 0 ΨB i = hΨB |H ˆ 0 ΨA i∗ 6= 0. Die Kopplung J lungsmatrixelementen J = hΨA |H wird im folgenden als reell angenommen. ˆ 0 beschreibt n¨aherungsweise die Kopplung der atomaren Zust¨ande gem¨aß H ˆ0 = H
ˆ 0 ΨA i hΨA |H ˆ 0 ΨB i hΨA |H ˆ 0 ΨA i hΨB |H ˆ 0 ΨB i hΨB |H
=
∆EA J J ∆EB
.
(5.36)
Vernachl¨assigt man die Kristallfeldausspaltung ∆EA/B (bzw. ber¨ucksichtigt diese in EA/B ), wird das gekoppelte System durch folgende Matrix beschrieben: ˆ = H
ˆ A i hΨA |HΨ ˆ Bi hΨA |HΨ ˆ A i hΨB |HΨ ˆ Bi hΨB |HΨ
=
EA J J EB
.
(5.37)
Die zwei Eigenenergien dieser Matrix erh¨alt man durch Diagonalisierung. Es ergibt sich E±
EA + EB = ∓ 2
v u u t
F¨uhrt man den Winkel Θ durch tanΘ =
EA − EB 2 J
(
EA −EB 2
)
!2
+ J2 .
(5.38)
ein, so kann man die Eigen-
zust¨ande schreiben als Θ Θ Ψ+ = cos ΨA + sin ΨB , 2 2 Θ Θ Ψ− = sin ΨA − cos ΨB . 2 2
109
(5.39)
ˆ 0 = 0) ist E± = EA/B und Ψ± = ΨA/B , denn es ist Θ = 0. a) f¨ur J = 0 (also H Dieser Fall beschreibt also die beiden isolierten atomaren Niveaus.
b) ist J 6= 0 und sind die beiden atomaren Energien gleich, d.h. EA = EB = E0, so ist E± = E0 ∓ J und Ψ± = √12 (ΨA ± ΨB ), denn es ist Θ = π2 . Dieser Fall beschreibt die kovalente (hom¨opolare) Bindung bei der sich das Elektron gleichwahrscheinlich bei beiden Atomen aufh¨alt. Ist J > 0, so ist der symmetrische (Ortsraum-)Zustand Ψ+ der energetisch g¨unstigere.
BILD
c) ist J 6= 0 und sind die beiden atomaren Energien nicht gleich EA 6= EB so gelten die oben angegebenen Formeln. Ist |EA − EB | |J|, so ist E± = EA/B ∓ δ mit einem kleinen δ, was durch Entwicklung der Wurzel nach EA −EB berechnet werden kann: |J|/ 2 E±
EA + EB = ∓ 2
v u u t
EA − EB 2 v u
!2
+ J2 2
EA + EB EA − EB u J u t1 + ∓ = 2 2 (EA − EB )/2)
2
1 EA + EB EA − EB J 1 + ∓ ≈ 2 2 2 (EA − EB )/2)
J2 . (5.40) = EA/B ∓ EA − EB In diesem Fall ist Θ klein aber ungleich 0, d.h. die Eigenfunktionen sind Ψ+ = αΨA + βΨB , Ψ− = βΨA − αΨB ,
(5.41)
mit 0 < β α < 1. Die Wellenfunktionen sind also im wesentlichen an einem Atom lokalisiert. 110
BILD
¨ ¨ Der Ubergang von b) zu c) beschreibt den Ubergang von einer idealen kovalenten Bindung zwischen gleichen Atomen (EA = EB ) zu einer mehr ionischen Bindung zwischen unterschiedlichen Atomen (EA 6= EB ). C. Metallische Bindung
Auch Metalle bilden Molek¨ule und Kristalle. Bei der metallischen Bindung lassen sich die Valenzelektronen nicht mehr einem oder mehreren Atomen zuordnen, sondern sind u¨ ber das gesamte System verschmiert. D.h. die Valenzelektronen bilden ein Elektronengas, siehe Abschnitt 4.3.1. Betrachtet man die Ladungsdichten der Ionen und der Valenzelektronen als homogen im Raum verschmiert (Jellium-Modell), so ist das System an jedem Raumpunkt neutral, d.h. ne + ni = 0, wobei ne und ni die Ladungsdichten der Elektronen und der Ionen sind. Damit verschwindet die Coulombenergie C und man fragt sich, wieso ein solches System u¨ berhaupt gebunden sein sollte. Die metallische Bindung ergibt sich aus einer quantenmechanischen Behandlung des wechselwirkenden Elektronengases. Dieses hat pro Teilchen eine kinetische Energie ENkin ∝ ne2/3, siehe Abschnitt 4.3.1. Im Rahmen des JelliumModell ist das System elektrisch neutral und daher verschwindet die direkte Coulombwechselwirkung, d.h., es ist C = 0. Allerdings verschwindet die quantenmechanische Austauschwechselwirkung f¨ur die beweglichen Elektronen nicht, sondern es ergibt sich NA ∝ −ne1/3. Die Gesamtenergie pro Teilchen ist somit E = αne2/3 − βne1/3 , N
(5.42)
E mit positiven reellen Konstanten α und β. Stellt man N als Funktion von ne graphisch dar, so ergibt sich ein Minimum mit einem negativen Wert bei einer bestimmten Ladungsdichte n0, der ein gewisser Atomabstand R0 entspricht.
111
Oft f¨uhrt man den Wigner-Seitz-Radius rS , dies ist der Radius der Kugel, die dem Volumen pro Elektron entspricht, ein V 1 4π 3 = = r . N ne 3 S
(5.43)
Hiermit erh¨alt man f¨ur die Energie pro Teilchen E 1 1 = α0 2 − β 0 N rS rS
(5.44)
mit positiven reellen Konstanten α0 und β 0 .
BILD
Berechnet man die Bindungsenergien von Alkalimetallen mit dem einfachen Jellium-Modell, so stimmen diese u¨ berraschend gut mit dem Experiment u¨ berein. E z.B. f¨ur N a erh¨alt man rS = 4.83a0 und N = −1.29eV < 0 w¨ahrend die expeE rimentellen Werte rS |exp = 3.96a0 und N |exp = −1.13eV sind. Wie die kovalente Bindung ist also auch die metallischen Bindung eine Konsequenz der quantenmechanischen Austauschwechselwirkung A. Allerdings befinden sich bei der metallischen Bindung die Valenzelektronen nicht zwischen einzelnen Atomen, sondern sind u¨ ber das gesamte System delokalisiert. Diese frei beweglichen Elektronen sind auch die Ursache f¨ur die hohe elektrische Leitf¨ahigkeit von Metallen.
D. van der Waals-Bindung (Dipol-Dipol-Wechselwirkung)
Ein Beispiel f¨ur die van der Waals-Bindung stellen Molek¨ule und Festk¨orper aus Edelgasatomen dar. Durch die voll gef¨ullte a¨ ußere Elektronenschale, sind die oben diskutierten Bindungstypen A., B. und C. nicht m¨oglich. Im Mittel verteilen sich die Elektronen rotationssymmetrisch um den Atomkern. Allerdings fluktuiert die Ladungsverteilung aufgrund der Bewegung der Elektronen als Funktion der Zeit. Daher liegt zu einem bestimmten Zeitpunkt 112
am Atom A eine asymmetrische Elektronenverteilung vor, die mit einem Dipolmoment pA verkn¨upft ist. Ein elektronisches Dipolmoment verursacht ein elektrisches Feld, das proportional zu R−3 ist, wenn R der Abstand vom Atom ist. Dieses elektrische Feld induziert nun in einem benachbarten Atom B einen weiteren elektronischen Dipol pB ∝ pRA3 , der parallel zu pA ist. pA Die Wechselwirkungsenergie der Dipole ist E ∝ − pARp3B . Wegen pB ∝ R 3 hat man also eine anziehende Wechselwirkung (E < 0), die mit der sechsten Potenz des Abstandes abf¨allt, d.h. p2A E ∝ − 6. R
(5.45)
F¨ur kleine Abst¨ande fangen die Atomorbitale an zu u¨ berlappen, was zu einer repulsiven Wechselwirkung f¨uhrt. Man verwendet oft das sogenannte LennardJones-Potential E =
A B − , R12 R6
(5.46)
welches die Abstoßung ph¨anomenologisch ber¨ucksichtigt, um den optimalen Bindungsabstand der van der Waals-Bindung zu bestimmen.
BILD
Verglichen mit den oben besprochenen Bindungstypen ist die van der WaalsBindung relativ schwach. Typische Bindungsenergien liegen im Bereich von ∼ 0, 1eV pro Bindung. E. Wasserstoffbruckenbindung ¨
Dies ist eine spezielle Art der ionischen Bindung, bei der das Wasserstoffatom sein Elektron weitestgehend an benachbarte Atome abgibt. Extremes Beispiel: Wasserstoffdifluoridion HF2−
BILD 113
Wasserstoffbr¨uckenbindungen bestimmen auch das komplexe Verhalten von Wasser und Eis und spielen in biologisch relevanten Molek¨ulen (Proteine, DNA, ...) eine große Rolle. Dieser Bindungstyp ist wie die van der Waals-Bindung relativ schwach. Typische Bindungsenergien liegen im Bereich von ∼ 0, 1eV pro Bindung.
5.3 Die Bewegung der Kerne Die Bewegung der Atomkerne wird hier auf der Basis der Born-OppenheimerGleichung, Gl. (5.10), beschrieben
TˆK + {RA } ϕ({RA }) = E ϕ({RA}) ,
(5.47)
mit {RA} = Eel;{RA} +VK (RA ). D.h. neben der Coulomb-Abstoßung der Kerne VK taucht in dieser effektiven Schr¨odingergleichung f¨ur die Kerne auch die von den Kernkoordinaten abh¨angige elektronische Energie Eel;{RA} auf. Im folgenden wird angenommen, dass das elektronische Problem f¨ur alle Kernkoordinaten gel¨ost wurde und somit das Molek¨ulpotential {RA} bekannt ist. 5.3.1 Kernbewegung in zweiatomigen Molekulen ¨ Nennen wir die Atomkerne A und B. Die Energie RA ,RB h¨angt nur vom Relativabstand der beiden Kerne ab, d.h. RA ,RB = (r) mit r = |RA − RB |. Die Born-Oppenheimer-Gleichung lautet also h ¯2 h ¯2 − ∆RA − ∆RB + (r) ϕ(RA , RB ) = E ϕ(RA , RB ) . 2MA 2MB
(5.48)
Dieses Problem kann durch Einf¨uhrung von Relativ- und Schwerpunktskoordinaten vereinfacht werden. Unter Verwendung der Gesamtmasse M = MA +MB definiert man MA RA + MB RB , R = M r = RA − RB , (5.49) d.h. es ist RA = R + 114
MB r, M
RB = R −
MA r. M
F¨uhrt man zudem die reduzierte Masse µ =
(5.50)
MA MB , M
ein, so wird aus Gl. (5.48)
h ¯2 h ¯2 − ∆R − ∆r + (r) ϕ(r, R) = E ϕ(r, R) . 2M 2µ
(5.51)
Mit dem Produktansatz ϕ(r, R) = ϕR (R)ϕr (r)
(5.52)
separiert das Problem in die freie Bewegung des Schwerpunkts (Translation) −
h ¯2 ∆RϕR (R) = Etrans ϕR (R) 2M
(5.53)
und eine Gleichung f¨ur die Relativbewegung h ¯2 − ∆r + (r) + Etrans ϕr (r) = E ϕr (r) . 2µ
(5.54)
Da Gl. (5.54) eine Schr¨odingergleichung mit einem rotationssymmetrischen Potential darstellt, kann man wie beim Wasserstoffatom die Abh¨angigkeiten von r und von den Winkeln Θ und Φ getrennt behandeln. Formal macht man den Separationsansatz ϕr (r) = Rnl (r)Yl,m(Θ, Φ)
(5.55)
und erh¨alt, siehe Abschnitt 1.2.2, ˆ 2 Yl,m = l(l + 1)¯h2Yl,m L
(5.56)
und h ¯2 1 d 2 d l(l + 1)¯h2 − r + ((r) + Etrans + ) Rnl (r) = E Rnl (r) . (5.57) 2µ r2 dr dr 2µr2
Gl. (5.57) kann durch Einf¨uhren von unl (r) = r Rnl (r) ,
(5.58)
zu l(l + 1)¯h2 h ¯ 2 d2 − + ((r) + Etrans + ) unl (r) = E unl (r) 2µ dr2 2µr2
115
(5.59)
vereinfacht werden. h2 hat f¨ur gebundene Das effektive Potential Vef f (r) = (r) + Etrans + l(l+1)¯ 2µr2 Molek¨ule ein von der Drehimpulsquantenzahl l abh¨angiges Minimum bei rl . In der Umgebung von rl kann Vef f (r) durch die ersten Terme der Taylor-Reihe gen¨ahert werden 1 Vef f (r) ≈ Vef f (rl ) + µωl2 (r − rl )2 , 2
(5.60)
2
d mit µωl2 = dr 2 Vef f (r)|r=rl . (Anmerkung: F¨ur große Auslenkungen x = r − rl m¨ussen auch anharmonische Terme h¨oherer Ordnung mitber¨ucksichtigt werden.)
Substituiert man nun x = r − rl , so erh¨alt man l(l + 1)¯h2 1 2 2 h ¯ 2 d2 − + ((rl ) + Etrans + + µωl x ) unl (x) = E unl (x) . 2µ dx2 2µrl2 2 (5.61) Dies ist die Schr¨odingergleichung eines harmonischen Oszillators. Daher sind die Energieeigenwerte
l(l + 1)¯h2 1 E = (rl ) + Etrans + + h ¯ ω (n + ). l 2µrl2 2
(5.62)
Die Energie des Molek¨uls setzt sich also aus 4 Beitr¨agen zusammen: a) der Wert des Molek¨ulpotentials (rl ) am Gleichgewichtsabstand rl . Dies ist die Bindungsenergie des Molek¨uls, d.h. der Energiegewinn verglichen mit der Energie von weit entfernten Atomen. b) der Translationsenergie Etrans . h2 gec) der Rotationsenergie, die mit dem Tr¨agheitsmoment Il = µrl2 als l(l+1)¯ 2Il schrieben werden kann. d) der Energie der Schwingungen der Kerne relativ zueinander (Vibration) h ¯ ωl (n + 21 ). Die Energiedifferenzen zwischen elektronischen Valenzzust¨anden liegen im Bereich von ∼ eV und k¨onnen daher mit sichtbarem und ultraviolettem Licht angeregt werden. Die Energien f¨ur Anregungen der Kernbewegung sind geringer. Vibrationsanregungen liegen typischerweise im Infrarotbereich, w¨ahrend Rotationsanregungen noch geringe Energien im Mikrowellenbereich haben.
116
5.3.2 Vibrationen in mehratomigen Molekulen ¨ Wir gehen aus von der Born-Oppenheimer-Gleichung
TˆK + {RA } ϕ({RA }) = E ϕ({RA}) ,
(5.63)
mit {RA} = Eel;{RA} + VK ({RA }) und A = 1, ..., M. (0) (0) Die Koordinaten des Grundzustands seien gegeben durch R1 bis RM . Um dieses Potentialminimum wird eine 2. Ordnung Taylorentwicklung nach der Aus(0) lenkung xA = RA − RA durchgef¨uhrt M X
∂{RA} |R(0) xB,α A B=1 α=x,y,z ∂RB,α M X ∂ 2{RA} 1 X + | (0) xB,α xC,β . 2 B,C=1 α,β=x,y,z ∂RB,α ∂RC,β R
{RA} ≈ {R(0) } +
X
(5.64)
Da die {R(0) } das Minimum des Molek¨ulpotentials beschreiben, verschwindet der Term mit den ersten Ableitungen in Gl. (5.64). D.h. es ist {RA} ≈ {R(0)} + A
M X ∂ 2{RA} 1 X | (0) xB,α xC,β . (5.65) 2 B,C=1 α,β=x,y,z ∂RB,α ∂RC,β R
Fasst man {RA} als ein klassisches Molek¨ulpotential auf, so ist die Kraft, die auf den Kern D wirkt, wenn er in Richtung xD,γ ausgelenkt wird gegeben durch ∂ d2 MD 2 xD,γ = FD,γ = − {R } dt ∂xD,γ A M X X ∂ 2{RA} = − |R(0) xB,α . B=1 α=x,y,z ∂RB,α ∂RD,γ
(5.66)
Gl. (5.66) zeigt, dass die Bewegungen aller Molek¨ule u¨ ber die Kraftkonstanten ∂ 2 {RA } | miteinander verkoppelt sind. ∂RB,α ∂RD,γ R(0) Im Rahmen der harmonischen N¨aherung, sind die Kr¨afte linear in den Auslenkungen, d.h. man hat gekoppelte harmonische Oszillatoren. Die klassischen Eigenmoden der Schwingungen von Molek¨ulen mit vielen Atomen lassen sich durch Diagonalisierung der gekoppelten Bewegungsgleichungen berechnen. Quantenmechanisch werden die Eigenmoden der Schwingungen von Molek¨ulen mit vielen Atomen durch eine Summe von ungekoppelten harmonischen Oszillatoren beschrieben. 117
X.Y Zeitabh¨angige St¨orungstheorie und Licht-Materie-Wechselwirkung Die zeitabh¨angige St¨orungstheorie wird in vielen Bereichen der Physik verwendet, insbesondere auch zur Beschreibung von atomaren und molekularen Anregungen, die durch elektromagnetische Felder verursacht werden. Solche spektroskopischen Untersuchungen k¨onnen benutzt werden, um die Energieniveaus von Atomen und Molek¨ulen (und Festk¨orpern) mit hoher Genauigkeit zu vermessen. X.Y.1 Zeitabh¨angige St¨orungstheorie Wir betrachten einen zeitabh¨angigen Hamiltonoperator, der aus zwei Anteilen besteht ˆ ˆ0 + H ˆ 0 (t) . H(t) = H
(5.67)
ˆ 0 sei nicht von der Zeit abh¨angig. Dieser Teil beschreibt beispielsweise das unH ˆ 0 (t) sei eine zeitabh¨angige St¨orung, gest¨orte atomare oder molekulare System. H die zum Beispiel die Wechselwirkung mit einem elektromagnetischen Feld beschreibt. ˆ 0 bekannt sind, Wir nehmen an, dass alle Eigenwerte und Eigenfunktionen von H d.h., dass die zeitunabh¨angige Schr¨odingergleichung ˆ 0Ψ0 (r) = EnΨ0 (r) H n n
(5.68)
vollst¨andig gel¨ost ist. Die allgemeine L¨osung der zeitabh¨angigen Schr¨odingergleichung h ¯ ∂ 0 ˆ 0 Ψ0 (r, t) − Ψ (r, t) = H (5.69) i ∂t ist dann gegeben durch Ψ0(r, t) =
X n
cn Ψ0n (r)e−(i/¯h)En t ,
(5.70)
mit zeitunabh¨angigen komplexen Koeffizienten cn , siehe Gl. (1.12). Damit Ψ0 (r, t) P normiert ist, d.h. hΨ0 |Ψ0 i = 1, muss n |cn |2 = 1 gelten. ˆ 0 (t) eingeschaltet, so ist Ψ0 keine L¨osung der vollen zeitabh¨angigen Wird H Schr¨odingergleichung −
h ¯ ∂ ˆ0 + H ˆ 0 (t))Ψ(r, t) . Ψ(r, t) = (H i ∂t 118
(5.71)
ˆ 0 ge¨ Da aber jede Wellenfunktion als Uberlagerung der Eigenfunktionen von H schrieben werden kann, kann man Ψ(r, t) =
X n
cn (t)Ψ0n(r)e−(i/¯h)En t
(5.72)
ansetzen. D.h. in Unterschied zu Gl. (5.70) h¨angen jetzt die komplexen Koeffizienten von der Zeit ab. Um das Problem zu l¨osen, muss man die cn (t) berechnen. Hierzu setzt man den Ansatz, Gl. (5.72), in die volle zeitabh¨angige Schr¨odingergleichung, Gl. (5.71), ein und erh¨alt −
X h ¯ X dcn (t) 0 Ψn (r)e−(i/¯h)En t + cn (t)Ψ0n (r)Ene−(i/¯h)En t = i n dt n X X 0 0 −(i/¯ h )E t n ˆ (t)Ψ (r)e cn (t)EnΨ0n (r)e−(i/¯h)En t , (5.73) cn (t)H + n n
n
bzw. −
h ¯ X dcn (t) 0 Ψn (r)e−(i/¯h)En t = i n dt
X n
ˆ 0 (t)Ψ0 (r)e−(i/¯h)En t . (5.74) cn (t)H n
¨ ber dr. Dies f¨uhrt Diesen Ausdruck multipliziert man mit Ψ0∗ m (r) und integriert u auf X dcn (t) 0∗ h ¯Z dr − Ψm (r)Ψ0n(r)e−(i/¯h)En t = iZ dt n X 0 −(i/¯h)En t ˆ0 dr cn (t)Ψ0∗ , m (r)H (t)Ψn (r)e n
(5.75)
bzw. −
h ¯ X dcn (t) 0 0 −(i/¯h)En t X ˆ 0 (t)Ψ0 ie−(i/¯h)En t . (5.76) hΨm |Ψn ie = cn (t)hΨ0m |H n i n dt n
F¨ur orthonormierte Eigenfunktionen ist hΨ0m |Ψ0n i = δn,m . Eingesetzt in Gl. (5.76) f¨uhrt dies auf iX dcm (t) ˆ 0 (t)Ψ0 ie−(i/¯h)(En −Em )t . cn (t)hΨ0m|H =− n dt h ¯ n
(5.77)
ˆ 0 (t) = 0 f¨ur Zeiten t < 0 ist. Außerdem soll das Wir nehmen jetzt an, dass H ˆ 0 sein, System zum Zeitpunkt t = 0 in einem Eigenzustand von H d.h. Ψ(r, t = 0) = Ψ0k (r) bzw. cn (t = 0) = δn,k . 119
ˆ 0, F¨ur t > 0 entwickeln wir die Koeffizienten cn (t) in eine St¨orungsreihe nach H d.h. wir setzen an cn (t) =
∞ X
α=0
cn(α) (t) ,
(5.78)
ˆ 0(t)...iα. mit cn(α) (t) ∝ h...|H ˆ 0(t)...iα+1 Setzt man in Gl. (5.77) ein, erh¨alt man f¨ur die Terme ∝ h...|H (α+1) dcm (t) i X (α) ˆ 0 (t)Ψ0 ie−(i/¯h)(En −Em )t . cn (t)hΨ0m |H =− n dt h ¯ n
(5.79)
Diese St¨orungsreihe kann iterativ gel¨ost werden. Kennt man die L¨osung, d.h. die Koeffizienten cn(α) (t), in der Ordnung α, so liefert Gl. (5.79) die n¨achsth¨ohere Ordnung α + 1. ˆ 0 , d.h. wenn nur H ˆ 0 wirkt, sind die Ψ0 station¨are Zust¨ande In 0. Ordnung in H n und es gilt c(0) n (t) = δn,k .
(5.80)
ˆ 0 verursachten Anderungen ¨ Die in 1. Ordnung von H erh¨alt man, wenn man auf der rechten Seite von Gl. (5.79) c(0) n einsetzt dc(1) i X (0) m (t) ˆ 0 (t)Ψ0 ie−(i/¯h)(En −Em)t cn (t)hΨ0m |H = − n dt h ¯ n i ˆ 0 (t)Ψ0 ie−(i/¯h)(Ek −Em)t = − hΨ0m |H k h ¯ i ˆ 0 (t)Ψ0k ie−iωkm t , = − hΨ0m |H h ¯
(5.81)
ˆ 0 (t)Ψ0 i nicht vermit ωkm = (Ek − Em )/¯h. Wenn das Matrixelement hΨ0m |H k ˆ 0 also Uberg¨ ¨ schwindet, verursacht die St¨orung H ange zwischen den Eigenˆ 0, also von Ψ0k nach Ψ0m . Die Ubergangswahrscheinlichkeiten ¨ zust¨anden von H −(i/¯h)Em t 2 2 sind gegeben durch |hΨ0m |Ψ(t)i|2 ≈ |c(1) | = |c(1) m (t)e m (t)| . H¨ohere Ordnungen der St¨orungstheorie bekommt man durch Fortf¨uhren der Iteration. Hier wollen wir uns allerdings auf die 1. Ordnung beschr¨anken.
120
X.Y.2 Anwendung: Periodische St¨orung und Fermi’s Goldene Regel Sei ˆ 0 (t) = Θ(t) Fˆ 2 sin(ωt) = Θ(t)Fˆ 1 (eiωt − e−iωt) . H i
(5.82)
Eingesetzt in Gl. (5.81) ergibt sich dc(1) i1 m (t) = − hΨ0m |Fˆ Ψ0k i(eiωt − e−iωt)e−iωkmt dt h ¯i 1 0 ˆ 0 −i(ωkm +ω)t − e−i(ωkm −ω)t) . = hΨm |F Ψk i(e h ¯
(5.83)
Nun wird diese Gleichung zeitlich integriert c(1) m (t)
= = =
=
1 0 ˆ 0 Z t 0 −i(ωkm +ω)t0 0 hΨm |F Ψk i dt (e − e−i(ωkm −ω)t ) 0 h ¯ −1 0 ˆ 0 e−i(ωkm +ω)t − 1 e−i(ωkm −ω)t − 1 hΨ |F Ψk i − i¯h m ωkm + ω ωkm − ω −1 0 ˆ 0 −i(ωkm +ω)(t/2) e−i(ωkm +ω)(t/2) − ei(ωkm +ω)(t/2) hΨ |F Ψk i e i¯h m ωkm + ω −i(ωkm −ω)(t/2) i(ωkm −ω)(t/2) e − e −e−i(ωkm −ω)(t/2) ωkm − ω (−1)(−2i) 0 ˆ 0 −i(ωkm +ω)(t/2) sin((ωkm + ω)(t/2)) hΨm |F Ψk i e i¯h ωkm + ω sin((ω − ω)(t/2)) km . (5.84) −e−i(ωkm −ω)(t/2) ωkm − ω
¨ Die Ubergangswahrscheinlichkeit ist 2 |c(1) m (t)|
4 0 ˆ 0 2 −i(ωkm +ω)(t/2) sin((ωkm + ω)(t/2)) = 2 hΨm |F Ψk i e ωkm + ω h ¯ 2
−i(ωkm −ω)(t/2) sin((ωkm − ω)(t/2)) −e . ωkm − ω
(5.85)
F¨ur große t hat sin(α(t/2)) ein hohes Maximum (t/2) bei α = 0. Daher kann α man im Limes t → ∞ die bei der Auswertung des letzten Betragsquadrates aus Gl. (5.85) entstehenden gemischten Terme vernachl¨assigen, d.h. 2 lim |c(1) m (t)|
t→∞
4 0 ˆ 0 2 ≈ lim 2 hΨm |F Ψk i t→∞ h ¯
2 sin((ω + ω)(t/2)) km −i(ωkm +ω)(t/2) e ωkm + ω
121
2 −i(ω −ω)(t/2) sin((ωkm − ω)(t/2)) km + e ωkm − ω
4 0 ˆ 0 2 sin2 ((ωkm + ω)(t/2)) sin2 ((ωkm − ω)(t/2)) = lim 2 hΨm |F Ψk i + t→∞ h (ωkm + ω)2 (ωkm − ω)2 ¯ 4 tπ 0 ˆ 0 2 sin2 (((ωkm + ω)/2)t) sin2 (((ωkm − ω)/2)t) + . = lim 2 hΨm |F Ψk i t→∞ h ((ωkm + ω)/2)2tπ ((ωkm − ω)/2)2tπ ¯ 4 (5.86)
¨ Da die Ubergangswahrscheinlichkeit linear mit der Zeit t anw¨achst, gehen wir ¨ u¨ ber zur Ubergangsrate 2 |c(1) m (t)| Γk→m = lim t→∞ t π 0 ˆ 0 2 sin2 (((ωkm + ω)/2)t) sin2 (((ωkm − ω)/2)t) . ≈ lim 2 hΨm |F Ψk i + t→∞ h ((ωkm + ω)/2)2tπ ((ωkm − ω)/2)2tπ ¯ (5.87)
Es gilt sin2 (αt) lim = δ(α) . t→∞ πα2 t
(5.88)
Hiermit ergibt sich Γk→m
2 ωkm − ω π ωkm + ω +δ ≈ 2 hΨ0m |Fˆ Ψ0k i δ 2 2 h ¯ 2 2π = 2 hΨ0m |Fˆ Ψ0k i [δ(ωkm + ω) + δ(ωkm − ω)] h ¯ 2π 0 ˆ 0 2 = ¯ ω) + δ(Ek − Em − h ¯ ω)] . hΨm |F Ψk i [δ(Ek − Em + h h ¯ (5.89) !
"
!#
¨ Dies ist Fermi’s Goldene Regel, die besagt, dass die Ubergangswahrscheinlich¨ keit pro Zeiteinheit proportional zu 2π ¯h , zum Betragsquadrat des Ubergangsma 2 trixelements hΨ0 |Fˆ Ψ0 i und zu [δ(Ek − Em + h ¯ ω) + δ(Ek − Em − h ¯ ω)] m
k
ist. Die δ-Funktionen bedeuten, dass im Limes großer Zeiten nur resonante ¨ Uberg¨ ange stattfinden. Im ersten Term ist Em = Ek + h ¯ ω w¨ahrend im zweiten Term Em = Ek − h ¯ ω ist.
122
BILD Diese beiden Terme in Fermi’s Goldener Regel kann man als Absorptions- und Emissionsprozesse verstehen.
X.Y.3 Anwendung: Licht-Materie-Wechselwirkung Beschreibt man die Licht-Materie-Wechselwirkung in Dipoln¨aherung, siehe Abschnitt 1.2.5, so ist ˆ 0 (t) = −er · E(t) , H
(5.90)
wobei E(t) das elektrische Feld am Ort des Atoms- oder Molek¨uls ist. Schreibt man E(t) als E(t) = eE0 2 sin(ωt) ,
(5.91)
mit der Polarisationsrichtung e und der Feldst¨arke E0, so kann man direkt die im letzten Abschnitt hergeleiteten Formeln verwenden. ¨ Das f¨ur einen optischen Ubergang relevante Matrixelement ist hΨ0m | − er · eE0Ψ0k i = E0 e · −ehΨ0m |rΨ0k i = E0 e · dm,k .
(5.92)
Hier ist dm,k das sogenannte Dipolmatrixelements. Die ν-Komponente (ν = x, y, z) von dm,k ist gegeben durch eν · dm,k = hΨ0m | − er · eν Ψ0k i = −e
Z
0 dr Ψ0∗ m (r) (r · eν ) Ψk (r) .
(5.93)
Die x-Komponente ist also gegeben durch (dm,k )x = −e
Z
0 dr Ψ0∗ m (r) x Ψk (r) .
(5.94)
Man sieht, dass das Dipolmatrixelement verschwindet, wenn Ψ0m und Ψ0k dieselbe Symmetrie haben. Z.B. ist (dm,k )x = 0, wenn Ψ0k (x) = Ψ0k (−x) und Ψ0m (x) = Ψ0m (−x) ist oder wenn Ψ0k (x) = −Ψ0k (−x) und Ψ0m (x) = −Ψ0m (−x) ist. 123
Wertet man das Dipolmatrixelement d f¨ur zwei Wasserstoffwellenfunktionen (n, l, m) aus, so ergeben sich aus Symmetriebetrachtungen die schon in Abschnitt 1.2.5 angegebenen Dipol-Auswahlregeln ∆n = beliebig , ∆l = ±1 , ∆m = 0 , ±1 .
(5.95)
Beispiele R ¨ 1) 1s-2s-Ubergang: dν = dr Ψ1s (r) ν Ψ2s (r) = 0 f¨ur ν = x, y, z. R R ¨ 1) 1s-2px-Ubergang: dν = dr Ψ1s (r) ν Ψ2px (r) = dr Ψ1s(r) ν xf (r) ist gleich Null f¨ur ν = y, z aber ungleich Null f¨ur ν = x. Neben den hier diskutierten elektrischen Dipol¨uberg¨angen, gibt es noch weite¨ re Prozesse h¨oherer Ordnung, die zu sch¨acheren optischen Uberg¨ angen f¨uhren (magnetische Dipol¨uberg¨ange, elektrische Quadrupol¨uberg¨ange, ...). ¨ Starke optische Uberg¨ ange sind also nur zwischen bestimmten Zust¨anden m¨oglich. Dies bedeutet auch, dass man optische Spektroskopie benutzen kann, um Informationen u¨ ber die Symmetrie von quantenmechanischen Zust¨anden zu gewinnen. Hierf¨ur kann man insbesondere die Abh¨angigkeit der Licht-MaterieWechselwirkung von der Polarisationsrichtung e, also den Vektorcharakter von d, analysieren.
ENDE
124