Susanne Goertz Portfolio-Werbung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Marken- und Produktmanagement Herausgegeben von Professo...
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Susanne Goertz Portfolio-Werbung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Marken- und Produktmanagement Herausgegeben von Professor Dr. Franz-Rudolf Esch (schriftf.), Universität Gießen, Professor Dr. Reinhold Decker, Universität Bielefeld, Professor Dr. Andreas Herrmann, Universität St. Gallen, Professor Dr. Henrik Sattler, Universität Hamburg und Professor Dr. Herbert Woratschek, Universität Bayreuth
Die Schriftenreihe gibt Einblick in den aktuellen Stand der Forschung zum Marken- und Produktmanagement. Sie präsentiert richtungsweisende Erkenntnisse sowie wichtige empirische Untersuchungen und Methoden. Ein besonderer Wert wird auf Praxisrelevanz und Anwendungsbeispiele gelegt. Die Reihe will den Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis fördern und wendet sich daher nicht nur an Studierende und Wirtschaftswissenschaftler, sondern auch an Marketingpraktiker in Unternehmen, Agenturen, Beratungen und Verbänden.
Susanne Goertz
Portfolio-Werbung Eine Technik zur Stärkung von Dachmarken in komplexen Markenarchitekturen
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Gießen, 2006
1. Auflage April 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0770-3
Geleitwort Unternehmen sind zunehmend bestrebt, ihre Dachmarke zu stärken und mit Produktmarken zu verknüpfen. Einerseits erwartet man sich dadurch Synergien, andererseits soll die Dachmarke auch einen Vertrauensvorschuss für die Produktmarke liefern. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Dachmarke über eine gewisse Markenstärke verfügt. Zudem müssen den Konsumenten auch die Beziehungen zwischen der Dachmarke und deren Produktmarken bewusst sein, was oft nicht gegeben ist. Gerade in solchen Fällen muss die Dachmarke zunächst durch entsprechende Maßnahmen gestärkt werden, um ihrer Rolle gerecht zu werden. Genau an diesem Punkt setzt die Arbeit von Frau Goertz an. Ziel in dieser Arbeit ist die theoretischer Erarbeitung und empirische Fundierung einer Technik, mit deren Hilfe Dachmarken gestärkt werden können. Dazu nutzt Frau Goertz einen innovativen Ansatz, indem sie auf Erkenntnisse des Impression Managements zurückgreift. Hier geht es um die Frage, wie man Menschen beeindrucken kann. Übertragen auf die Dachmarke geht es konkret darum, inwieweit der Ausweis eines Produktportfolios in der Kommunikation Konsumenten positiv für die Marke beeinflusst. Frau Goertz prägt dafür den Begriff „Portfolio-Werbung“. Eine solche Wirkungsanalyse zur Portfolio-Werbung, um Dachmarken zu stärken, steht bislang noch aus. Das Thema ist aus wissenschaftlicher wie aus praktischer Sicht äußerst relevant: Viele Unternehmen wie Unilever, Maggi oder Henkel arbeiten gezielt an der Stärkung ihrer Dachmarken. Die Wege dahin sind bislang noch nahezu unerforscht. In ihren empirischen Studien befragt Frau Goertz 1.330 Probanden zur Wirkung von Portfoliowerbung unter Berücksichtigung der Dachmarkenstärke, der Stärke der Produktmarken, des Fits innerhalb der Produktmarken und des Einsatzes eines kommunikativen Rahmens. Folgende zentralen Erkenntnisse wurden gewonnen: 1. Bei einer schwachen Dachmarke verbessert sich die Einstellung zu dieser nach Kontakt mit Portfolio-Werbung mit starken Produktmarken positiv und bleibt bei Portfolio-Werbung mit schwachen Produktmarken unverändert. 2. Bei einer starken Dachmarke verändert sich die Einstellung dazu nach Kontakt mit Portfolio-Werbung mit starken Produktmarken teilweise positiv und verschlechtert sich bei Portfolio-Werbung mit schwachen Produktmarken. 3. Die Einstellung zu Produktmarken verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht, unabhängig davon, ob es sich um starke oder schwache Produktmarken handelt. 4. Der Effekt der Portfolio-Werbung wird umso besser, je höher der Fit der Produktmarken untereinander ist. Allerdings nimmt diese Wirkung bei einer schwachen Dachmarke sowie bei einer breiten Dachmarke ab.
VI
Geleitwort
5. Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken bei starken und schwachen Dachmarken höher als ohne. Aus diesen Erkenntnissen eröffnen sich für Unternehmen konkrete Zugänge zum gezielten Aufbau von schwachen Dachmarken durch Nutzung starker Produktmarken durch gemeinsame Darbietung im Rahmen von Portfolio-Werbung. Die vorliegende Arbeit ist ein Muss für alle Manager, die sich mit der Markenführung beschäftigen. Sie bietet zudem eine große Orientierungshilfe für Marketingstudenten und -wissenschaftler, die in diesem Bereich forschen bzw. lehren.
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch Direktor des Instituts- für Marken- und Kommunikationsforschung an der Justus-Liebig-Universität Gießen www.imk.uni-giessen.de
Vorwort Die Arbeit entstand in meiner Zeit als externe Doktorandin am Institut für Markenund Kommunikationsforschung an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie wurde im Herbst 2006 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen als Dissertation angenommen. Auf dem Weg zum Erreichen dieses Ziels haben mich zahlreiche Personen unterstützt, denen ich an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte. Zunächst möchte ich mich herzlich bei Herrn Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch bedanken, der mir am Lehrstuhl für Marketing die Möglichkeit zur externen Promotion gegeben hat und mich in jeder Phase der Arbeit unterstützt und beraten hat. Herrn Prof. Dr. Martin Morlock danke ich für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens und die unkomplizierte Zusammenarbeit. Bei Herrn Prof. Dr. Gerd Aberle und Herrn Prof. Dr. Wilfried Krüger bedanke ich mich für die Mitwirkung an meinem Prüfungsverfahren. Gewidmet ist diese Arbeit meinen Eltern Inge und Werner Goertz. Sie haben meinen Wunsch, aus der Praxis nochmals einen Abstecher in die Wissenschaft zu machen, immer unterstützt und begleitet. Meinem Vater danke ich für zahlreiche interessante Fachgespräche über mein Thema, die mich immens weitergebracht haben. Meiner Mutter danke ich für Ihr offenes Ohr, das mir auch über emotional schwierige Zeiten hinweggeholfen hat. Ohne sie beide hätte ich meinen großen Wunsch zu promovieren nicht umsetzen können. Ganz besonderer Dank gilt meinem Lebensgefährten Dipl.-Kfm. Thorsten Möll, der mir mit seinem großen Fachwissen als kritischer Diskussionspartner immer zur Seite stand und meine Arbeit als erster Korrekturleser nachhaltig beeinflusst hat. Er hat mich auf meinem Weg ge- und manchmal auch ertragen. Ich bin sehr froh, dass es ihn gibt. Großer Dank gilt Dr. Sören Bräutigam, Dr. Tobias Langner und Dipl.-Kffr. Michaela Mundt für intensive Diskussionen mit wertvollen fachlichen Anregungen. Darüber hinaus gilt mein Dank Dipl.-Kffr. Kerstin Hartmann stellvertretend für eine Reihe weiterer Personen, die mich bei der experimentellen Untersuchung im Rahmen der Arbeit unterstützt haben. Susanne Goertz
Inhaltsverzeichnis Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V VII IX XIII XV
A Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen . . . . . . . . . . . 1 Markenarchitekturen und ihre Abgrenzung zu den klassischen Markenstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Beschreibung der klassischen Markenstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Markenstrategische Kombinationen und komplexe Markenarchitekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Horizontale Kombinationen von Markenstrategien . . . . . . . . . . 1.2.2 Komplexe Markenarchitekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen: Grundlagen und Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Grundlagen zur Dachmarkenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Problemstellungen in der Dachmarkenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen . . . . . 2.2.2 Generelle Kritik an Dachmarkenimagekampagnen . . . . . . . . . . 2.2.3 Verstärkte Orientierung an Abverkaufszahlen in der Markenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Fehlendes Overallkonzept in der Markenführung . . . . . . . . . . . 3 Nutzung von Produktmarken als Kompetenzbeweis für die Dachmarke . .
5
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . 1 Impression-Management-Techniken als Ansatz zur Vermarktung von Dachmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Grundlagen der Impression-Management-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Vorstellung einer Taxonomie von Impression-ManagementTechniken und die Beschreibung assertiver Techniken . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Ingratiation (Einschmeicheln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Exemplification (beispielhaft erscheinen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Self-Promotion (Eigenwerbung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Portfolio-Werbung als Self-Promotion für Dachmarken . . . . . . . . . . . 2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung . . . . 2.1 Attributionstheorie als Erklärungsansatz für die Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Grundlagen der Attributionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Weiterentwicklung der Attributionstheorie nach Weiner unter besonderer Berücksichtigung der Leistungsattribution . . . . . . .
5 5 8 9 10 15 15 16 16 20 20 21 22 25 25 26 28 29 30 30 32 33 34 35 37
X
Inhaltsverzeichnis
2.1.3 Ableitung von Erkenntnissen für Portfolio-Werbung aus der Attributionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Gesetz der Großen Zahlen als Erklärungsansatz für die Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Informationsökonomische Erklärungsansätze für die Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von PortfolioWerbung durch Einflussfaktoren aus der Markenforschung . . . . . . . . . . . . 3.1 Erkenntnisse und Hypothesen zum Einflussfaktor Markenstärke . . . . 3.1.1 Grundlagen zur Markenstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Kombinationsmöglichkeiten aus Dach- und Produktmarkenstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Erkenntnisse und Hypothesen zum Einflussfaktor Markenfit . . . . . . 3.2.1 Grundlagen zum Markenfit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Moderatoren der Wirkung des Markenfits . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Kriterien des Markenfits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Erhöhung des wahrgenommenen Markenfits durch Framing . . . . . . 3.3.1 Ad-hoc-Kategorien als Ansatzpunkt für das Framing . . . . . . . . 3.3.2 Konkrete Ausgestaltung des Framings im Rahmen von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Weitere Einflussfaktoren im Rahmen von Portfolio-Werbung . . . . . . 3.4.1 Auswirkungen des Faktors „Gefallen der Anzeige“ . . . . . . . . . 3.4.2 Auswirkungen des Faktors „Komplexität“ . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Vorstellung des Gesamtmodells zur Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Zielsetzung und Aufbau der empirischen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Zielsetzung der empirischen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Aufbau und Konzeption der empirischen Untersuchung . . . . . . . . . . 2 Darstellung des Gesamtmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Ableitung der Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Ableitung des Gesamtmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Operationalisierung der Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Operationalisierung der unabhängigen Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Auswahl der Dach- und Produktmarken für die Studienreihe . . 3.1.1.1 Auswahl der starken und schwachen Dachmarken . . . . 3.1.1.2 Auswahl der starken und schwachen Produktmarken . . 3.1.2 Markenstärke der Dachmarke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Markenstärke der Produktmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Markenfit der Produktmarkengruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Breite der Dachmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.6 Kommunikativer Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Operationalisierung der abhängigen Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Einstellung und Einstellungsveränderung . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 41 42 44 48 48 50 55 55 60 63 66 66 69 70 70 71 72 75 75 75 76 79 79 83 84 84 84 85 88 90 94 94 94 95 97 97
Inhaltsverzeichnis
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3.2.2 Wahrgenommene Passung der Produktmarkengruppe . . . . . . . 3.3 Operationalisierung der Moderatorvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Gefallen der Anzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Komplexität der Anzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschreibung der Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Beschreibung der Nullmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Zielsetzung, Aufbau des Fragebogens und Durchführung der Nullmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Manipulation Check zu Dachmarkenstärke und -breite sowie zur Produktmarkenstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Beschreibung der Hauptstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Zielsetzung und Studiendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Durchführung der Hauptstudie und Aufbau des Fragebogens . 4.2.3 Konzeption des Stimulusmaterials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Verwendete statistische Auswertungsmethoden . . . . . . . . . . . Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Ergebnisse zur Wirkung der Markenstärke von Dach- und Produktmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Ergebnisse zur Wirkung des Markenfits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Ergebnisse zum Einfluss des kommunikativen Rahmens . . . . . . . . . 5.4 Überprüfung des Gesamtmodells durch eine Kovarianzanalyse . . . . 5.5 Weiterführende Ergebnisse der Hauptstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empirische Befunde der Hauptstudie im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata . . 7.1 Zielsetzung der Zusatzstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Durchführung und Stichprobenzusammensetzung der Zusatzstudie sowie Aufbau des Fragebogens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Auswertung der Zusatzstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Ergebnisse zur Anzahl genannter Assoziationen zur Dachmarke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Ergebnisse zur Anzahl genannter Produktmarken vor und nach Anzeigenkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Ergebnisse zur Entwicklung der Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Empirische Befunde der qualitativen Zusatzstudie im Überblick . . .
XI 98 98 98 99 99 99 99 100 105 105 106 108 109 109 110 116 120 122 123 127 130 130 132 134 134 140 141 142
E Implikationen für Forschung und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1 Zusammenfassung der zentralen Inhalte und Ausblick für weitere Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2 Einschränkungen und Potentiale für den Einsatz von Portfolio-Werbung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33:
Alte und neue Produktverpackungen von After Eight (Nestlé) . . Aufbau der Arbeit im Überblic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markenarchitektur-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikationsschema für Markenarchitekturen . . . . . . . . . . . . Brand Relationship Spectrum nach Aaker/Joachimsthaler . . . . . Wirkungsbezogene Klassifikation von Markenarchitekturen . . . Mögliche Transfer-Effekte zwischen Dach- und Produktmarken Dachmarkenimagekampagne von ThyssenKrupp . . . . . . . . . . . Dachmarkenimagekampagne von Hewlett-Packard . . . . . . . . . . Kommunikation der Dachmarke Henkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zu Kapitel C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikationsschema für Impression-Management-Techniken Überblick zu möglichen allgemeinen theoretischen Zugängen zur Erklärung der vermuteten Wirkung von Portfolio-Werbung . Klassifikationsschema für die Attribution von Leistungen nach Weiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parallelen zwischen Attributionen auf die Person und auf die Dachmarke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick zu Konkretisierung des Modells zur vermuteten Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Semantisches Netzwerk zur Marke Milka . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombinationsmöglichkeiten aus Dach- und Produktmarkenstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermutete Wirkungen von Portfolio-Werbung in Bezug auf die Markenstärke von Dach- und Produktmarken . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für den kommunikativen Rahmen „Picknick“ am Beispiel einer in der empirischen Studie verwendeten Anzeige für die Dachmarke Storck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zu den durchgeführten Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studiendesign der Hauptstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genaue Zielsetzung der Studien im Überblick . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsmodell zu Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charakteristika der gesuchten Dachmarken . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgewählte Dachmarken für die empirische Studie . . . . . . . . . Starke Produktmarken von der Dachmarke Kraft . . . . . . . . . . . . Starke Produktmarken von der Dachmarke Storck . . . . . . . . . . . Starke Produktmarken von der Dachmarke Ferrero . . . . . . . . . . Starke Produktmarken von der Dachmarke Nestlé . . . . . . . . . . . Schwache Produktmarken für die Generalisten Kraft und Nestlé Schwache Produktmarken für die Spezialisten Storck und Ferrero . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operationalisierung der Markenstärke der Dachmarken . . . . . . .
1 4 10 11 12 13 14 17 17 19 25 29 34 38 39 45 50 52 54 70 76 78 79 83 87 88 89 89 89 89 90 90 91
XIV Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41: Abbildung 42: Abbildung 43: Abbildung 44: Abbildung 45: Abbildung 46: Abbildung 47: Abbildung 48: Abbildung 49: Abbildung 50: Abbildung 51: Abbildung 52: Abbildung 53: Abbildung 54: Abbildung 55: Abbildung 56: Abbildung 57: Abbildung 58: Abbildung 59: Abbildung 60: Abbildung 61: Abbildung 62: Abbildung 63: Abbildung 64: Abbildung 65:
Abbildungsverzeichnis
Fit-Gruppen der vier Dachmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Manipulation des kommunikativen Rahmens . . . . . . . . . . . . . . . 96 Gestützter Bekanntheitsgrad der Dachmarken . . . . . . . . . . . . . . . 100 Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes . . . . . . . . . . . . 101 Anzahl genannter Marken im Portfolio der Dachmarken . . . . . . 102 Ergebnis der Faktoranalyse zur Einstellung in der Nullmessung 103 Einstellungswerte der Dachmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Einordnung als Generalist bzw. Spezialist . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Die Einflussfaktoren im Rahmen von Portfolio-Werbung und ihre Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Gestaltungsraster aller Anzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Ergebnis der Faktorenanalyse zur Einstellung in der Hauptstudio 109 Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung starker Produktmarken bei den beiden schwachen Dachmarken einzeln 110 Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung schwacher Produktmarken bei den beiden schwachen Dachmarken einzeln 111 Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung starke Produktmarken bei den beiden starken Dachmarken einzeln . . . 112 Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung schwacher Produktmarken bei den beiden starken Dachmarken einzeln . . . 113 Einstellungsveränderung in Abhängigkeit von Dach- und Produktmarkenstärke im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Manipulation Check zu den Fit-Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Positiver Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung . 118 Auswirkung des Fits bei schwachen bzw. starken Dachmarken . 119 Auswirkung des Fits bei Generalisten bzw. Spezialisten . . . . . . . 120 Auswirkung des kommunikativen Rahmens auf die wahrgenommene Passung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Kovarianzanalyse zum vermuteten Wirkungsmodell . . . . . . . . . 123 Wahrgenommene Sortimentsbreite vor und nach Anzeigenkontakt bei Generalisten und Spezialisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Einschätzung der Sortimentsqualität bei den schwachen Dachmarken in Abhängigkeit von der Produktmarkenstärke . . . . . . . . 125 Zusammenhang zwischen Passung und Gefallen der Anzeige . . 126 Die Ergebnisse der Hauptstudie im Gesamtmodell zur Wirkung von Portfolio-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Verwendete Anzeigen in der Zusatzstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Anzahl Assoziationen vor und nach Anzeigenkontakt . . . . . . . . . 134 Klassifikationsraster für die genannten Assoziationen . . . . . . . . 136 Entwicklung der Markenschemata von Storck und Ferrero . . . . . 138 Zuwachs an genannten Produktmarken durch Portfolio-Werbung bei Storck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes vor und nach Anzeigenkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
Abkürzungsverzeichnis Aufl. Bd. bzw. d.h. DM et al. f. ff. Hrsg. No. Nr. PM S. vgl. vs.
Auflage Band beziehungsweise das heißt Dachmarke et alii folgende fortfolgende Herausgeber Nummer Nummer Produktmarken Seite vergleiche versus
A
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Einführung in die Problemstellung Starke Marken sind zentrale immaterielle Wertschöpfungsquellen von Unternehmen (vgl. Esch, 2005b, S. 5). Dabei kann es sich nicht nur um (Produkt-)Marken handeln, sondern auch um den Namen des Unternehmens, der in vielen Fällen als Dachmarke eingesetzt wird. Zunehmend gehen Unternehmen heute dazu über, die Dachmarke auf den Verpackungen der im Sortiment befindlichen Produktmarken abzubilden. So setzt Nestlé seit einiger Zeit auf Produktverpackungen zusätzlich das Dachmarkenlogo ein. Abbildung 1 zeigt dies am Beispiel der Produktmarke After Eight. Hier befindet sich das Dachmarkenlogo auf der neuen Verpackung in der linken oberen Ecke.
Abb. 1. Alte und neue Produktverpackungen von After Eight (Nestlé)
Auch Unilever druckt seit Mitte des Jahres 2004 sein Logo auf die Produktverpackungen. „Unilever ist keine namenlose Holdinggesellschaft, sondern ein Unternehmen, das sehr viel Forschung und Erfahrung in seine Produkte investiert. Kunden sollen wissen, dass sie einem großen Unternehmen wie unserm vertrauen können“, meint Antony Burgmans, der das Unternehmen Unilever führt (vgl. Rohwetter/Pinzler, 2004, S. 6). Dass eine starke Dach- oder Unternehmensmarke den Erfolg des Unternehmens maßgeblich beeinflussen kann, zeigt sich auch bei der HenkelGruppe Düsseldorf. Hier wird die Dachmarke nicht nur auf der Verpackung, sondern auch in der Kommunikation mit dem Claim „Qualität von Henkel“ eingesetzt. Dass die Wechselwirkung von Dach- und Produktmarken funktioniert, belegt die Verdopplung des Markenwerts von Henkel in den Jahren 2001 bis 2004, die u. a. auf den konsequenten Einsatz der Dachmarke zurückgeführt wird (vgl. EUROFORUM Deutschland GmbH, 2004). Diese Unternehmen gehen somit davon aus, dass die Dachmarke den unter ihr geführten Produkten verschiedene Vorteile und speziell eine Art „Vertrauensvorschuss“ bieten kann.
2
A Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Dabei ist zu beachten, dass nicht jede Dachmarke den unter ihr geführten Produkten grundsätzlich einen Mehrwert bieten kann. Vor dem Einsatz auf den Produkten sollte daher zunächst geprüft werden, ob die Dachmarke einen solchen „Vertrauensvorschuss“ gewähren kann: • Erstens können nur solche Dachmarken als Vertrauensbeweis fungieren, die in den Augen der Konsumenten über entsprechende Reputation und Markenstärke verfügen. Eine Dachmarke, über die Konsumenten nur wenig wissen und mit der sie bisher keine Erfahrungen gemacht haben, kann nicht als Garant für hohe Qualität fungieren. • Zweitens muss den Konsumenten die Zugehörigkeit der betreffenden Produkte zum Sortiment der Dachmarke bekannt sein. Einer Studie des Instituts für Markenund Kommunikationsforschung zufolge wird die Dachmarke trotz Abbildung auf der Produktverpackung kaum von den Konsumenten wahrgenommen (vgl. Bräutigam, 2004, S. 136f.). Wenn die Verbindung zwischen Produkt- und Dachmarke nicht bekannt ist, kann auch eine starke Dachmarke nicht helfen. Weder die erste noch die zweite Bedingung kann heute bei allen Unternehmen als gegeben betrachtet werden. In solchen Fällen bietet die Dachmarke auch keinen Mehrwert im Rahmen der Markenarchitektur des Unternehmens. Wenn die Dachmarke dennoch langfristig im Produktportfolio einen Mehrwert bieten soll, so sollte sie vor dem Einsatz gestärkt werden, um ihrer Rolle gerecht zu werden. Gerade wenn die Produktmarken im Vordergrund aller Kommunikationsmaßnahmen stehen, stellt der Aufbau einer starken Dachmarke eine große Herausforderung für das Unternehmen dar. Hier kommt die Dachmarke in vielen Fällen nur auf der Verpackung oder als kurze Einblendung innerhalb von Kommunikationsmaßnahmen zum Einsatz. Es existieren zwar Methoden, mit denen die Dachmarke auch in solchen Fällen thematisiert werden kann, doch sind solche Maßnahmen zum Teil aufwändig und teuer. Gerade bei einer Fokussierung auf die Produktmarken wird das Werbe-Budget eher für die Produktmarken als für die Dachmarke genutzt, da Maßnahmen auf Produktmarkenebene schnellere und direktere Wirkung zeigen.1 Dennoch zeigte sich in einer Befragung unter 28 DAX-notierten Unternehmen, dass die Kommunikationsziele „Verbesserung der Images“ und „Penetration des Leitthemas“ an oberster Stelle stehen (vgl. wbpr, 2005, S. 7). Eine starke Unternehmens- oder Dachmarke ist somit dennoch Ziel vieler Unternehmen.
Zielsetzung und Aufbau der vorliegenden Arbeit Es stellt sich die Frage, wie Dachmarken, die noch nicht über ausreichende Markenstärke verfügen, aus dem Blickwinkel der Konsumenten in deren Wahrnehmung auf-
1
Insbesondere in den Jahren 2001 bis 2003 wurden diverse Marketing-Budgets umverteilt. Viele Unternehmen pumpten Geld in Maßnahmen, die kurzfristige Abverkaufssteigerungen erzielen sollten (vgl. Heiderich, 2003).
Zielsetzung und Aufbau der vorliegenden Arbeit
3
gewertet werden können. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist aus diesem Grund die theoretische Erarbeitung und empirische Fundierung einer Technik, mit deren Hilfe Dachmarken gestärkt werden können. Diese Technik leitet sich aus Erkenntnissen der Sozialpsychologie und speziell des Impression Managements ab. In diesem Bereich steht die Frage im Vordergrund, wie Menschen aktiv den Eindruck beeinflussen können, den sie bei anderen hinterlassen. Beispielsweise versuchen Menschen durch einen Lebenslauf den potentiellen Arbeitgeber durch Aufzählung von erbrachten Leistungen von den eigenen Kompetenzen zu überzeugen. Dachmarken könnten in der Analogie durch ihre bereits erfolgreich am Markt etablierten Produktmarken beim Konsumenten den Eindruck eines erfahrenen und kompetenten Unternehmens erwecken. Da hierbei das Produktportfolio (oder zumindest Teile davon) zum Einsatz kommt, wird diese Technik in der vorliegenden Arbeit als „Portfolio-Werbung“ bezeichnet. Diese Technik wird zunächst theoretisch begründet und anschließend empirisch überprüft. Die Arbeit gliedert sich in fünf Bereiche: Nach einer Einführung in die generelle Problemstellung in Kapitel A erfolgt in Kapitel B ein Einstieg in die Thematik der Dachmarkenführung speziell in komplexen Markenarchitekturen. Hier werden zunächst die grundlegenden markenstrategischen Optionen sowie der Begriff der komplexen Markenarchitekturen und ihre Ausgestaltungsformen erläutert. Besonderes Augenmerk der vorliegenden Arbeit liegt dabei auf Markenarchitekturen, in denen die Produktmarken im Vordergrund stehen. Anschließend erfolgt ein Überblick über die Herausforderungen, denen sich die Dachmarkenführung speziell in komplexen Markenarchitekturen stellen muss. Das Kapitel B schließt mit der Beschreibung der Idee der „Portfolio-Werbung“. Erklärungsansätze für mögliche Wirkungen von „Portfolio-Werbung“ werden in Kapitel C dargestellt. Hier wird in einem ersten Abschnitt zunächst die Idee der Portfolio-Werbung aus den Erkenntnissen zum Impression Management, d. h. Techniken aus der Sozialpsychologie erarbeitet. Die Techniken werden im Hinblick auf ihre Eignung für die Dachmarkenführung überprüft und anschließend konkrete Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt. Wie „Portfolio-Werbung“ generell auf den Konsumenten wirken könnte, wird im zweiten Abschnitt des Kapitels C dargestellt. Mit Hilfe der Attributionstheorie, dem Gesetz der Großen Zahlen sowie der Informationstheorie werden drei Zugänge vorgestellt, die zur Erklärung der Wirkung von „Portfolio-Werbung“ herangezogen werden können. Der dritte Abschnitt von Kapitel C konkretisiert die Vermutungen zur Wirkung von „Portfolio-Werbung“ durch markenspezifische Einflussfaktoren. Es werden verschiedene Einflussfaktoren abgeleitet und ihre möglichen Effekte im Wirkungsgeflecht von „Portfolio-Werbung“ dargestellt. Zu jedem Einflussfaktor werden die Vermutungen in Wirkungshypothesen gebündelt. In einem vierten und letzten Abschnitt des Kapitels C wird das Gesamtmodell zur Wirkung von „Portfolio-Werbung“ erläutert. In Kapitel D erfolgt die empirische Fundierung des vermuteten Wirkungsmodells mittels einer quantitativ angelegten Haupt- sowie einer qualitativen Zusatzstudie.
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A Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
In der Hauptstudie wird die Wirkung von „Portfolio-Werbung“ durch Stimulusmaterial in Abhängigkeit der verschiedenen Einflussfaktoren in Form von Anzeigen getestet. Die Zusatzstudie gibt inhaltlich weiterführende Hinweise, wie sich das Bild der Konsumenten zu den betrachteten Dachmarken durch „Portfolio-Werbung“ verändert. Kapitel E zeigt Implikationen für zukünftige Forschung und führt Potentiale wie auch Beschränkungen für den Einsatz von „Portfolio-Werbung“ auf.
Abb. 2. Aufbau der Arbeit im Überblick
B
Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
1
Markenarchitekturen und ihre Abgrenzung zu den klassischen Markenstrategien
1.1
Beschreibung der klassischen Markenstrategien
Konzerne wie Unilever oder Nestlé führen heute ein Sortimentsspektrum, das 1.000 und mehr Marken umfasst und sich aus den unterschiedlichsten Produktkategorien zusammensetzt. Durch sukzessive Weiterentwicklung der bestehenden Produkte, durch Zukäufe weiterer Marken oder ganzer Unternehmensbereiche sind über viele Jahre hinweg umfangreiche Markenportfolios entstanden. Dabei gründen viele Unternehmen ursprünglich auf einem einzelnen Produkt bzw. einer einzigen Marke. Der Markenbegriff von damals hat mit dem heutigen Verständnis daher nicht mehr viel gemeinsam. Früher wurde eine Marke lediglich als eine Art physische Kennzeichnung für die Herkunft des Produktes angesehen (vgl. Mellerowicz, 1963, S. 39). Der Hersteller oder die Firma fungierte dabei als primärer Qualitätsgarant. Domizlaff prägte in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts den Markenbegriff entsprechend durch die Formulierung: „Eine Firma hat eine Marke. Zwei Marken sind zwei Firmen.“ (vgl. Domizlaff, 1992, S. 91). Heute finden sich nur noch wenige Unternehmen, die sich auf solche Einzel- oder Monomarken konzentrieren. Stattdessen führen die meisten viele verschiedene Produkte aus einer oder sogar mehreren Produktkategorien. Je stärker dabei die Marke (beispielsweise die Bonbonmarken Werthers Original und Nimm 2) eines Herstellers (in diesem Fall Storck) in den Vordergrund gerückt wird, desto stärker gilt sie selbst als Qualitätsgarant und weniger (wie früher) der Hersteller. Marken werden heute als Vorstellungsbilder in den Köpfen der Konsumenten verstanden, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen (vgl. Esch, 2005b, S. 23). Durch die Markenführung wird versucht, diese Vorstellungsbilder – die nicht nur funktionale, sondern auch emotionale Aspekte betreffen können – aufzubauen oder zu beeinflussen. Dabei ist es zentral, ob es sich eher um eine einzelne Produktmarke handelt (beispielsweise die Praliné-Marke Ferrero Küsschen) oder um eine Dachmarke aus dem Dienstleistungsbereich (wie zum Beispiel die Unternehmensmarke Allianz). Der gewählte Markenstrategietyp spielt somit eine grundlegende Rolle in der Markenführung. Hierbei werden drei Grundtypen unterschieden: die Einzelmarken-, die Familienmarken- und die Dachmarkenstrategie (vgl. Becker, 1994, S. 470 ff.; Becker, 2005, S. 386 ff.; Meffert, 2000, S. 856ff.). Sie werden nachfolgend beschrieben. Einzelmarkenstrategie Das Prinzip der Einzelmarkenstrategie – auch bezeichnet als Produkt- oder Monomarke (vgl. Becker, 1998, S. 302) oder Individual Brand Name (vgl. Assael, 1993, S. 405) – lautet:
6
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
Eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen (vgl. Esch, 2005b, S. 276). Jedes Produkt wird unter einer eigenen Marke angeboten und lässt sich dadurch klar und unverwechselbar positionieren, da auf die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppe eingegangen werden kann (vgl. Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 116). Unternehmen wie Procter & Gamble mit Einzelmarken wie Ariel, Mr. Proper etc. verfolgen diese Strategie. Da bei der Einzelmarkenstrategie der Unternehmens-„Absender“ (d. h. die zugehörige Unternehmensmarke) nicht ersichtlich ist, lassen sich Badwill-Transfers – der Transfer negativer Imagebestandteile – vermeiden, die andere Marken innerhalb des Portfolios oder das Unternehmen schädigen können (vgl. Baumgarth, 2001, S. 126). Echte Produktinnovationen können durch eine Einzelmarke klarer kommuniziert werden (vgl. Esch, 2005b, S. 277). Der Koordinationsbedarf bei Marketingmaßnahmen ist gering, da zwischen Einzelmarken kaum abgestimmt werden muss (vgl. Meffert, 2002, S. 139). Da andererseits die Produktlebenszyklen kürzer werden und jede Einzelmarke alle Marketingaufwendungen alleine zu tragen hat, entstehen, verglichen mit der Familien- oder Dachmarkenstrategie, höhere Kosten. Die Einzelmarke lässt sich daher deutlich schwerer amortisieren (vgl. Esch, 2005b, S. 277; Meffert, 2002, S. 139). Reine Einzelmarken können darüber hinaus nicht von einer bereits etablierten Marke durch positive Transfer-Effekte profitieren, zum Beispiel von einem hohen Bekanntheitsgrad oder einem vertrauenswürdigen Image. Bei Markteinführungen von Neuprodukten wird die Einzelmarkenstrategie in den vergangenen Jahren aus diesem Grund weniger favorisiert (vgl. Meffert, 2002, S. 139). Die zentrale Herausforderung bei der Wahl der Einzelmarkenstrategie besteht in der Schaffung einer differenzierenden, eigenständigen Positionierung der Einzelmarken. Werden von einem Unternehmen mehrere Einzelmarken parallel nebeneinander geführt, so wird dies als Mehrmarkenstrategie bezeichnet. Mehrmarkenstrategien gehören zu horizontalen Markenkombinationen. Zudem werden Einzelmarken heute häufig auch vertikal durch andere Marken ergänzt, beispielsweise durch eine zusätzliche Dachmarke. Beide Formen werden in dem Kapitel zu Markenkombinationen näher beschrieben. Familienmarkenstrategie Bei einer Familienmarke wird für mehrere verwandte Produkte eine einheitliche Marke genutzt (vgl. Esch, 2005b, S. 278). Die Grenze zwischen Familien- und Dachmarke ist jedoch fließend, da Familienmarken häufig dann verwendet werden, wenn die Ähnlichkeit der Produkte im Sortiment zu gering ist, um für alle einen gemeinsamen Nenner definieren zu können. Stattdessen werden mehrere Produktgruppen gebildet, denen jeweils eine Familienmarke übergeordnet wird. Ursprünglich wurde gefordert, dass alle Produkte aus einer Produktgruppe bzw. -linie stammen müssen. Aufgrund sukzessiver Markenerweiterungen2 sprengen die meisten Fami2
Unter Markenerweiterungen versteht man die Dehnung vorhandener Marken in eine neue Produktkategorie (vgl. Esch et al., 2005, S. 907).
1 Markenarchitekturen und ihre Abgrenzung zu den klassischen Markenstrategien
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lienmarken heute jedoch diesen Rahmen. Aus diesem Grund wird zwischen zwei verschiedenen Familienmarkenoptionen differenziert (vgl. Kapferer, 1998, S. 193ff.): 1. „line brand strategy“, die auf der ursprünglichen engen Definition basiert, 2. „range brand strategy“, welche über die engen Produktlinien hinausgeht und sich von der Dachmarkenstrategie dadurch unterscheidet, dass das Unternehmen zusätzlich noch weitere Familienmarken führt. Beispiele für Familienmarken sind Nivea mit Körperpflegeprodukten aus dem Unternehmen Beiersdorf oder im Dienstleistungsbereich der Springer-Verlag, zum Beispiel mit den Marken Bild, Bild am Sonntag, Bild der Frau, Sport Bild und Auto Bild. Familienmarken vereinen einige Vorteile der beiden Extreme Einzel- und Dachmarke. Beispielsweise können sie sich einerseits ähnlich klar positionieren wie Einzelmarken, andererseits aber auch Synergieeffekte durch den gemeinsamen Markennamen nutzen, wie dies bei Dachmarken der Fall ist. Durch die enge Verknüpfung der Produkte unter einer Familienmarke können gemeinsame Assoziationen auf unterschiedliche Produkte transferiert werden (vgl. Keller, 2003, S. 542). Dadurch können bei Neueinführungen mittels Markendehnung die Aufwendungen, die bereits in die Marke gesteckt wurden, schneller kapitalisiert werden. Das Floprisiko neuer Produkte lässt sich so nachhaltig senken, da sich Goodwill und Bekanntheitsgrad der Familienmarke und erfolgreicher Produkte auf die Neueinführung übertragen (vgl. Esch, 2005b, S. 279; Meffert, 2002, S. 142ff.). Je weiter sich die Produkte allerdings von der Kernpositionierung entfernen, wie es bei zu extensiven Markendehnungen der Fall sein kann, desto größer ist die Gefahr, dass es zu einer Verwässerung des Markenimages kommt (vgl. Esch, 2005b, S. 299). Darüber hinaus können nicht nur positive, sondern auch negative TransferEffekte auftreten. Sollte eine Neueinführung oder ein bestehendes Produkt negative Schlagzeilen machen, können die Familienmarke und andere Produkte durch die enge Verknüpfung geschädigt werden. Da bei der Familienmarkenstrategie alle Produkte über eine ähnliche Grundpositionierung verfügen, besteht gegenüber der Einzelmarkenstrategie ein erhöhter Koordinationsbedarf der Marketingmaßnahmen, um ein möglichst einheitliches Familienmarkenimage aufzubauen (vgl. Meffert, 2002, S. 143). Dachmarkenstrategie Die Dachmarken- fasst im Gegensatz zur Familienmarkenstrategie alle Produkte eines Unternehmens unter einer Marke zusammen.3 Bei der Wahl einer reinen Dachmarkenstrategie, wie man sie häufig im Dienstleistungsbereich findet, steht die konsequente Vermittlung von Kompetenz und Glaubwürdigkeit im Vordergrund (vgl. Aaker, 2004, S. 14f.; Schumann et al., 1991, S. 36f.). Xerox, Allianz und Apple nutzen ihren Firmennamen als Dachmarke, wie nahezu 80 Prozent der angemeldeten 3
Synonym zu dem Begriff „Dachmarke“ werden auch die Bezeichnungen „Company-Marke“ oder „Programm- Marke“ verwendet (vgl. Becker, 1998, S. 197f.).
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B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
Dienstleistungsmarken (vgl. Meffert, 2002, S. 144).4 Dachmarken werden insbesondere dann eingesetzt, wenn der Umfang des Portfolios zu groß für eine Einzelmarkenstrategie ist, sich die Zielgruppen nur wenig unterscheiden und/oder das Sortimentsspektrum starken Modeschwankungen unterworfen ist (vgl. Becker, 1998, S. 309). Die Dachmarke selbst und damit ihr Image wird langfristig angelegt, da ihre Kern-Identität meist nicht von Grund auf geändert, sondern kontinuierlich leicht angepasst werden muss (vgl. Olins, 1990, S. 85). Die Dachmarkenstrategie eignet sich in besonderem Maße zur Nutzung von Synergien bei den Marketingmaßnahmen. Maßnahmen auf Ebene der einzelnen Dienstleistungen (beispielsweise bei dem Versicherungsunternehmen Allianz die Lebensversicherungssparte) können sich in Gestaltung und Kernaussage daher stark an die Corporate Identity der Dachmarke anlehnen. Darüber hinaus ist das Floprisiko durch die intensive Verknüpfung der Dienstleistungsbereiche oder Produkte mit der Dachmarke geringer, da der positive Imagetransfer von der Dachmarke und bereits etablierten Produkten oder Dienstleistungen erleichtert wird (vgl. Esch, 2005b, S. 283f.). Wenn die Rollenverteilung zwischen Dachmarke und angebotenen Dienstleistungen oder Produkten optimal konzipiert und umgesetzt wurde, können alle Produkte von der Dachmarke profitieren und ihrerseits die Dachmarke stützen. Die Risiken entsprechen im Wesentlichen denen der Familienmarkenstrategie. Differieren einige Produkte in ihrer Qualität zu stark von anderen Produkten, kann die Kompetenzwahrnehmung der Dachmarke leiden und Markenerosion eintreten. Je heterogener das Portfolio einer Dachmarke, desto schwieriger ist es darüber hinaus, sie ausreichend spitz im Markt zu positionieren (vgl. Baumgarth, 2001, S. 125). Dies kann unter Umständen zu einem Nachteil im Konkurrenzkampf mit individuell positionierten Einzel- und Familienmarken führen. Echte Innovationen können aufgrund der Dominanz der Dachmarke deutlich schlechter herausgestellt werden, weil der Fokus aller Kommunikationsmaßnahmen auf der Dachmarke und nicht auf den Produkten liegt.
1.2
Markenstrategische Kombinationen und komplexe Markenarchitekturen
Im vorherigen Kapitel wurden die grundlegenden Markenstrategien dargestellt. Reinformen dieser Grundtypen finden sich heute kaum noch, da viele Unternehmen über komplexe, in vielen Jahren organisch oder durch Zukäufe gewachsene Produktbzw. Markenportfolios verfügen. Zunehmend werden Produkte nicht nur mit der Produkt-, sondern auch mit der übergeordneten Dachmarke gekennzeichnet. Darüber hinaus bearbeiten viele Unternehmen ein Produktsegment mit parallel positionierten Einzelmarken – eine Mehrmarkenstrategie wie beispielsweise Henkel im Waschmittelsegment – und können dadurch auf die Bedürfnisse mehrerer Zielgruppen einge4
Siemens bietet unter seinem Namen beispielsweise über 250.000 Produkte an (vgl. Dingler, 2005, S. 8f.).
1 Markenarchitekturen und ihre Abgrenzung zu den klassischen Markenstrategien
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hen. Markenkombinationen aus den beschriebenen drei Grundtypen finden sich auf verschiedenen Ebenen (vgl. Kapferer, 1992, S. 163ff.). Dabei können zwei Arten von Markenkombinationen unterschieden werden: 䉴 䉴
Horizontale Kombinationen von Markenstrategien Komplexe Markenarchitekturen (d. h. gleichzeitig vertikale und horizontale Kombinationen von Markenstrategien)
Nachfolgend werden zunächst die horizontalen und anschließend die komplexen, d. h. gleichzeitig vertikalen und horizontalen Kombinationen von Markenstrategien beschrieben. 1.2.1
Horizontale Kombinationen von Markenstrategien
Die Mehrmarkenstrategie bezeichnet das parallele Führen mehrerer Einzelmarken in einem Produktbereich durch ein Unternehmen (vgl. Meffert/Perrey, 1998, S. 5). In der Regel sind die einzelnen Marken auf den gleichen Markt ausgerichtet, unterscheiden sich durch sachlich-funktionale oder emotionale Eigenschaften voneinander und sind im Unternehmen in organisatorisch voneinander abgegrenzten Bereichen organisiert (vgl. Esch, 2005b, S. 379). Henkel bearbeitet beispielsweise das Waschmittelsegment mit Persil, Spee und Weißer Riese durch eine Mehrmarkenstrategie. Diese hat den Vorteil, dass ein Segment durch die bedürfnisspezifische Positionierung von mehreren Einzelmarken besser ausgeschöpft werden kann. Die Marken unterscheiden sich dabei in den Produkteigenschaften, im Preis oder im kommunikativen Auftritt (vgl. Meffert, 2002, S. 139). Dadurch kann potentiellen Markenwechslern die Möglichkeit gegeben werden, neue Produkte auszuprobieren, ohne zu Konkurrenzprodukten anderer Hersteller zu wechseln. Besteht die Gefahr, dass das Flaggschiffprodukt durch aggressive Preiskämpfe geschädigt wird, können flankierende Einzelmarken für preissensitive Kunden eingesetzt werden, ohne dass das Flaggschiffprodukt seine Glaubwürdigkeit verliert. Durch die Führung mehrerer Produktmarken in demselben Segment können darüber hinaus Regalflächen besser abgedeckt und damit die Markteintrittsbarrieren für Konkurrenzprodukte erhöht werden (vgl. Baumgarth, 2001, S. 127). Werden die parallel geführten Marken jedoch nicht ausreichend differenziert positioniert, kann es zu internen Kannibalisierungseffekten kommen (vgl. Esch, 2005b, S. 397). Eine glaubwürdige Unterscheidbarkeit der einzelnen Marken ist somit unerlässlich. Heute werden Mehrmarkensysteme zum Teil näher an die Dach- bzw. Unternehmensmarke herangerückt. Dadurch können die Produktmarken von der Dachmarke profitieren, sofern diese über ausreichende Hebelkraft verfügt (vgl. Esch et al., 2004, S. 156). Beispielhaft seien hier Unternehmen wie DaimlerChrysler oder Adidas-Salomon genannt. Markenallianzen – auch als Co-Branding bezeichnet (vgl. Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 2000; Keller, 2003, S. 514; Washburn et al., 2000, S. 591) – stellen eine weitere Art horizontaler Markenkombinationen dar und werden als gemeinsamer Auftritt von ansonsten selbständigen Marken im kooperativen Verbund verstanden
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B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
(vgl. Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 141f.). Die beteiligten Marken können dabei von einem Unternehmen stammen oder zu unterschiedlichen Unternehmen gehören (vgl. Rao/Rueckert, 1994; Simonin/Ruth, 1998; Rao et al., 1999). Durch den Einsatz zweier eigenständiger Marken zur Markierung eines Produktes werden die Imagebestandteile beider Marken aktiviert und können Einfluss auf Einstellung und Kaufentscheidung der Kunden nehmen (vgl. u. a. Levin/Levin, 2000; Park/Jun, 1996; Simonin/Ruth, 1998; Samu et al., 1999; Voss/Tansuhaj, 1999). Da sich beide Marken auf derselben Hierarchieebene befinden, wird diese Kombinationsform als horizontal bezeichnet. 1.2.2
Komplexe Markenarchitekturen
Werden die Marken nicht nur – wie bei den horizontalen Kombinationen – auf derselben Hierarchieebene kombiniert, sondern zusätzlich vertikal, d. h. auf verschiedenen Hierarchieebenen, so spricht man von komplexen Markenarchitekturen. Abbildung 3 verdeutlicht die Abgrenzung der komplexen Markenarchitekturen von den klassischen Markenstrategien bzw. horizontalen Kombinationen.
Abb. 3. Markenarchitektur-Matrix Quelle: in Anlehnung an Bräutigam 2004, S. 19
Unter einer Markenarchitektur versteht man die Anordnung aller Marken eines Unternehmens zur Festlegung der Positionierung und der Beziehung der Marken und der jeweiligen Produkt-Markt-Beziehungen aus strategischer Sicht. Bei Markenarchitekturen sind folglich zwei oder mehr Marken auf unterschiedlichen Hierarchieebenen angeordnet (vgl. Esch/Bräutigam, 2001, S. 715). Solche Strukturen entstehen im Rahmen sukzessiver Portfolio-Vergrößerung durch Innovationen des Unternehmens, Markendehnungen und/oder Zukäufe von Marken (vgl. Esch/Bräutigam, 2005, S. 846; Laforet/Saunders, 1999, S. 52ff.).
1 Markenarchitekturen und ihre Abgrenzung zu den klassischen Markenstrategien
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In der Literatur finden sich zahlreiche Ansätze, wie sich solche in der Realität auftretenden komplexen Markenarchitekturen klassifizieren lassen. Darauf soll nachfolgend kurz eingegangen werden (vgl. u. a. Kapferer, 1998; Laforet/Saunders, 1999; Aaker/Joachimsthaler, 2001). Laforet und Saunders entwickelten 1994 auf Basis einer empirischen Studie ein Klassifikationsraster für Markenarchitekturtypen (vgl. Laforet/Saunders, 1994, S. 68). Sie analysierten auf Basis von Verpackungen, welche Markentypen auf diesen abgebildet waren und wie dominant die Marken in der Verpackungsgestaltung eingesetzt wurden. Ihr Verständnis von Markenarchitekturen fassten sie zu drei Typen mit jeweils zwei Unterarten zusammen (siehe Abbildung 4). Laforet und Saunders gewannen die Erkenntnis, dass viele Unternehmen mehrere Typen von Markenarchitekturen nutzen und dabei auch die Dach- bzw. Unternehmensmarke innerhalb des Portfolios unterschiedlich dominant einsetzen. Das Spektrum reicht dabei von dominant („corporate dominant“) bis verdeckt, d. h. für den Konsumenten nicht sichtbar („furtive brands“) (siehe Abbildung 3).
Abb. 4. Klassifikationsschema für Markenarchitekturen Quelle: in Anlehnung an Laforet und Saunders, 1994, S. 68
Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Aaker und Joachimsthaler im Rahmen ihres „Brand Relationship Spectrum“ (vgl. Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 104). Sie unterscheiden Markenarchitekturen erstens nach dem Verknüpfungsgrad zwischen den Marken und zweitens nach dem kaufentscheidenden Treiber in der Markenkombination. Das sich ergebende Kontinuum erstreckt sich vom „Branded House“, in dem die Unternehmensmarke im Vordergrund steht, bis hin zum „House of Brands“, in dem im Extremfall keine sichtbare Verknüpfung zwischen Unternehmens- und Produktmarken besteht (siehe Abbildung 5). Je stärker die Architektur in
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B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
Form eines „Branded House“ gestaltet ist, desto größer sind die Synergien innerhalb des Markenverbunds. Aaker und Joachimsthaler empfehlen daher, die Unternehmensmarke in der Markenkombination dann dominant einzusetzen, wenn sie die Produkte durch positive Imagebestandteile stützt und gleichzeitig von ihnen profitiert. Sind hingegen die Assoziationen zu den Produkten sehr eigenständig und das Produkt selbst sehr innovativ, sollten die Produktmarken tendenziell dominanter eingesetzt werden.
Abb. 5. Brand Relationship Spectrum nach Aaker/Joachimsthaler Quelle: in Anlehnung an Aaker/Joachimsthaler, 2000, S. 105
Beide Klassifikationsansätze wurden aus Sicht der Unternehmen vorgenommen, wodurch die Wahrnehmung der Konsumenten weitgehend außer Acht gelassen wurde. Es ist fraglich, ob Konsumenten beispielsweise bei „mono brands“ nach Laforet und Saunders (d. h. reinen Produktmarken) die nur im Kleingedruckten auf der Packungsrückseite zu findende Dachmarke überhaupt wahrnehmen (vgl. Esch/Bräutigam, 2005, S. 853). Generell bleibt offen, welche Feinheiten der vorgeschlagenen Markenarchitekturtypen von Laforet/Saunders bzw. Aaker/Joachimsthaler durch – möglicherweise nur wenig interessierte – Konsumenten wahrgenommen werden. Viele halten Knorr beispielsweise für ein eigenständiges Unternehmen und nicht für eine Marke des Unternehmens Unilever. Bleiben den Konsumenten diese Feinheiten verborgen, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich hinsichtlich der Wirkung der verschiedenen Typen Unterschiede ergeben. Aus diesem Grund wurde eine Klassifikation für Markenarchitekturen entwickelt, die sich stärker an der Wahrnehmung und der Wirkung auf Konsumenten orientiert (vgl. Esch, 2005b, S. 428).
1 Markenarchitekturen und ihre Abgrenzung zu den klassischen Markenstrategien
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Abbildung 6 zeigt die aus Konsumentensicht wahrnehmbaren Markenarchitekturtypen. Diese Einteilung wurde in einer Studie von Bräutigam bestätigt (vgl. Bräutigam, 2004).
Abb. 6. Wirkungsbezogene Klassifikation von Markenarchitekturen Quelle: in Anlehnung an Esch/Bräutigam, 2005, S. 855
Bei der Entscheidung, welche Markenarchitektur in einem bestimmten Unternehmen bzw. in einer bestimmten Sparte des Unternehmens optimal ist, müssen vor allem die folgenden konkurrierenden Ziele berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden: 䉴 䉴
Grad der zu realisierenden Synergien zwischen zwei (oder mehreren) Marken Grad der notwendigen Eigenständigkeit zwischen zwei oder mehreren Marken (vgl. Esch/Bräutigam, 2005, S. 858). Je mehr Synergien zwischen den verschiedenen Produkten oder Dienstleistungsangeboten realisiert werden können, desto stärker sollte die Dachmarke für den Konsumenten wahrnehmbar in den Vordergrund treten. Umgekehrt sollte die Produktmarke5 umso mehr in den Fokus gerückt werden, je eigenständiger die Marke positioniert werden muss, um spezifische Kundenbedürfnisse befriedigen zu können. Im Idealfall sollten die Produktmarken von der Stärke der Dachmarke profitieren (vgl. Esch, 2005b, S. 432f.; Keller, 2003, S. 545; Dingler, 2001, S. 90) und diese durch erhöhte Kontakthäufigkeit aktualisieren können, falls sie zusätzlich auf der Verpackung und/oder in der Kommunikation der Produktmarke erwähnt wird. Zudem sollte die Dachmarke durch Hinzufügen neuer Imageattribute von den Pro5
Da es sich bei den angebotenen Produkten sowohl um Einzel- als auch Familienmarken handeln kann, die zusätzlich auf verschiedenen Hierarchieebenen unterhalb der Dachmarke angeordnet sein können, wird aus Gründen besserer Lesbarkeit generell von „Produktmarken“ gesprochen. et al., 2005, S. 907).
14
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
duktmarken profitieren können (vgl. Esch/Bräutigam., 2005, S. 858). Abbildung 7 zeigt die möglichen Transfer-Effekte zwischen Dach- und Produktmarken im Überblick:
Abb. 7. Mögliche Transfer-Effekte zwischen Dach- und Produktmarken Quelle: in Anlehnung an ein Modell zu Transfer-Prozessen bei Markenerweiterungen von Meffert, 1994, S. 189ff.
Heute ist immer häufiger zu beobachten, dass viele Unternehmen ihre Produkte zusätzlich mit der zugehörigen Dachmarke kennzeichnen. In einer Studie aus dem Lebensmittelbereich zeigte sich, dass die Mehrheit der Produkte mit mindestens zwei Marken gekennzeichnet wird (vgl. Laforet/Saunders, 1999, S. 51). In Extremfällen finden sich bis zu fünf Marken auf einem Produkt (vgl. Kapferer, 1997, S. 204). Diesem Trend liegt die Annahme zugrunde, die Produktmarken könnten von der Markenstärke der Dachmarke, zum Beispiel der Einschätzung als Unternehmen, das Produkte mit hoher Qualität anbietet, profitieren.6 Diese Annahme setzt jedoch die Erfüllung zweier Bedingungen voraus: Erstens muss die Dachmarke über ausreichende Markenstärke verfügen, und zweitens müssen die Konsumenten über die Zugehörigkeit der Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke informiert sein. Die erste Voraussetzung ist zum Teil nur in Bezug auf die reine Namensbekanntheit erfüllt.7 Viele Unternehmen können den Produktmarken hier keinen Mehrwert bieten, da Konsumenten mit ihnen weder hohe Qualität noch Kompetenz verbinden. Die zweite Voraussetzung, d. h. das Wissen über die Zugehörigkeit zum Portfolio einer bestimmten Dachmarke, ist zum Teil ebenfalls nicht erfüllt. Trotz Abbildung des Dachmarkenlogos auf der Produktverpackung ist vielen Konsumenten die Zuge-
6
Die wahrgenommene Qualität von Produkten hängt eng mit dem Markenimage zusammen (für weiterführende Informationen siehe Kirmani/Zeithaml, 1993, S. 144ff.) 7 Diese These konnte im Rahmen der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit bei den beiden Dachmarken Kraft und Storck belegt werden. Obwohl die Marken den Probanden namentlich bekannt waren, verbanden diese damit nur wenige weitere Assoziationen. Die Marken waren aus der Perspektive der Probanden schwach und unklar (weiterführende Informationen in Kapitel E).
2 Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
15
hörigkeit nicht bekannt, wie Erkenntnisse von Bräutigam belegen. Hier zeigte sich, dass beispielsweise nur 12,5 Prozent der Probanden Kenntnis hatten über die Zugehörigkeit des Schokoriegels „KitKat“ zum Sortiment von Nestlé (vgl. Bräutigam, 2004, S. 136f.). Die Rollenverteilung zwischen Dach- und den zugehörigen Produktmarken spielt insofern eine zentrale Rolle für das Wirkungsgeflecht innerhalb der Markenarchitektur. Im Hinblick auf die Voraussetzungen zur Realisierung der beschriebenen Transfer-Effekte, von denen möglichst viele Marken profitieren können, sollte jedoch die Wahrnehmungsfähigkeit der Konsumenten berücksichtigt und vor allem nicht überschätzt werden. Welchen Einfluss der gewählte Markenarchitekturtyp im Rahmen von Dachmarkenführungsmaßnahmen hat und welchen weiteren Herausforderungen sich die Dachmarkenführung heute stellen muss, ist Gegenstand des folgenden Kapitels.
2
Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen: Grundlagen und Problemfelder
2.1
Grundlagen zur Dachmarkenführung
Die Dachmarkenführung unterscheidet sich von der Führung von Produkt- und Familienmarken. Das Image einer Dachmarke kann ein wesentlich breiteres Spektrum an Assoziationen umfassen als das einer Produktmarke. Darüber hinaus ist im Rahmen der Dachmarkenführung grundsätzlich zu beachten, dass sich diese Marke meist an verschiedene Anspruchsgruppen wendet. Im Gegensatz zu einzelnen Produktmarken, bei denen sich die Kommunikation an den Konsumenten richtet, muss bei einer Dachmarke auch an weitere Anspruchsgruppen wie Shareholder, Mitarbeiter, Kommunen etc. gedacht werden. Dadurch ergibt sich die Herausforderung, zum einen jede Anspruchsgruppe mit den jeweils relevanten Argumenten anzusprechen und zum anderen sicherzustellen, dass dennoch alle Maßnahmen zusammengenommen ein schlüssiges Bild der Marke ergeben.8 Dieses Markenbild hängt von verschiedenen Faktoren ab. Nicht nur die unter der Dachmarke angebotenen Produkte prägen das Image, sondern auch alle Unternehmenshandlungen, beispielsweise kann das Image durch starke Personalstreichungen geschädigt werden. Vor allem aber kann durch Kommunikation Einfluss auf das Markenbild der Konsumenten genommen werden (vgl. Keller, 2000, S. 118). Die Markenkommunikation umfasst alle ungeplanten und geplanten Maßnahmen, welche die Eindrücke der Zielgruppen von der Marke beeinflussen können (vgl. Burnett/Moriarty, 1998, S. 9). Nur durch geplante Maßnahmen kann dabei Einfluss auf die Konsumenten genommen werden. Um eine Dachmarke aufzubauen und zu stärken, übernimmt die Markenkommunikation eine zentrale Schlüsselfunktion. 8
Letztere Anforderung ist wichtig, da die Anspruchsgruppen verschiedene Rollen einnehmen können. Ein Mitarbeiter des Unternehmens ist am Abend ebenso Konsument wie andere auch (vgl. Esch et al., 2004, S. 222).
16
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
Mit Hilfe von Markenkommunikation lassen sich verschiedene Zielsetzungen verfolgen. Je stärker der Fokus auf der Dachmarke liegt, desto leichter ist es möglich, ein eigenständiges und unverwechselbares Dachmarkenimage aufzubauen, um sich erfolgreich von der Konkurrenz abzuheben. In eher Produktmarken-dominanten Markenarchitekturen (vgl. Abbildung 6 auf Seite 9) steht demgegenüber häufig die Vermittlung hoher Qualität und Innovationskraft des Unternehmens bzw. der Dachmarke im Vordergrund. Darüber hinaus können soziale Aspekte wie etwa Umweltschutz oder soziale Verantwortung thematisiert werden. Weiterhin ist für viele Unternehmen die Wahrnehmung als kompetent und vertrauenswürdig zentral (vgl. Keller, 2003, S. 545). Dazu stehen verschiedene Instrumente bereit. Neben Werbung und Verpackungsgestaltung kann auch durch Public Relations, Promotionen und Direktmarketingmaßnahmen Einfluss auf den Konsumenten ausgeübt werden (vgl. Esch et al., 2004, S. 220). In der vorliegenden Arbeit wird der Fokus auf Werbemaßnahmen gelegt. Grundsätzlich gilt in der Dachmarkenführung (wie in der Markenführung generell): „Jede Markenstrategie ist allerdings nur so gut wie die Umsetzung“ (vgl. Esch, 2005b, S. 387).
2.2
Problemstellungen in der Dachmarkenführung
2.2.1
Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
In Dachmarken-dominanten (komplexen) Markenarchitekturen, wie sie häufig in der Dienstleistungsbranche oder bei Investitionsgütern zu finden sind, kommt der Dachmarke die Aufgabe zu, spezielle Unternehmenswerte konsequent zu vermitteln. Wenn die Dachmarke im Vordergrund steht, kann ein eigenständiger und differenzierender Markenkern herausgearbeitet werden, der den Mittelpunkt aller Markenführungsmaßnahmen bilden sollte. Die Produktmarken oder Serviceangebote können den Markenkern um spezielle Imageattribute erweitern und ergänzen (vgl. Esch, 2005b, S. 433). Zur Vermittlung solcher Kernwerte von Dachmarken eignen sich Dachmarkenimagekampagnen, wie sie beispielsweise in Printmedien bei ThyssenKrupp (siehe Abbildung 8) oder TV-Spots bei Hewlett-Packard (siehe Abbildung 9) erfolgen. Der Begriff „Dachmarkenimagekampagne“ oder „corporate image advertising“ stammt aus den frühen Siebzigerjahren (vgl. Schumann et al., 1991, S. 36). Ziele solcher Kampagnen sind Aufbau, Entwicklung und Stärkung der Unternehmensidentität (vgl. Schumann et al., 1991, S. 37). Genauer gesagt, sollen sie den Bekanntheitsgrad der Dachmarke erhöhen oder aufrechterhalten, positive – meist sehr emotionale – Assoziationen mit der Dachmarke verknüpfen und die Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit positiv beeinflussen (vgl. Keller, 2003, S. 562). Ein häufiges Ziel ist auch der Aufbau einer unverwechselbaren „Markenwelt“. Meist richten sich solche Kampagnen spezifisch an (End-)Kunden, weswegen oft Massenkommunikationsmittel wie Print und TV eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang zeigte sich, dass Unternehmen, die sich nicht auf die Vermittlung dachmarkenspezifischer Imageattribute konzentrierten, sondern stattdessen primär produktfokussierte
2 Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
17
Abb. 8. Dachmarkenimagekampagne von ThyssenKrupp
Abb. 9. Dachmarkenimagekampagne von Hewlett-Packard
Direct-Marketing-Aktivitäten einsetzten, bei der Markenstärke deutlich unterlegen waren (vgl. Gregory/Sellers, 2002, S. 38ff.). Unter der Prämisse, dass für sämtliche angebotenen Produkte und Dienstleistungen eine gemeinsame Positionierung festgelegt wurde, steht die Dachmarke als Ganzes im Vordergrund. Sofern eine gemeinsame Positionierung für alle Bereiche des Unternehmens existiert, sollten die Kommunikationsmaßnahmen der Dachmarke
18
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
im Sinne integrierter Kommunikation abgestimmt werden (vgl. Esch, 2005c, S. 727).9 Hier können inhaltliche Integrationsmittel, beispielsweise so genannte Schlüsselbilder, im Rahmen von Dachmarkenimagekampagnen eingesetzt werden. Solche Schlüsselbilder sind der „visuelle Extrakt einer Positionierungsbotschaft“ (vgl. Esch, 2005c, S. 721). Gerade zum Aufbau eines klaren Markenimages haben sie sich als sehr effizient herausgestellt (vgl. Esch et al., 2004, S. 249; Kroeber-Riel, 1993, S. 329ff.). Der Aufbau von Markenwissen erfordert Lernprozesse bei den Konsumenten. Die Abstimmung aller Maßnahmen im Rahmen der Dachmarkenführung im Hinblick auf das angestrebte Markenimage kann hier bessere Lerneffekte erzielen (vgl. Esch, 2001, S. 68). Ein Beispiel ist die Verwendung desselben Gedankens oder Themas in der Kampagne „Wir machen den Weg frei“ der Volks- und Raiffeisenbanken. Bei Produktmarkendominanz gilt eine andere Aufgabenverteilung zwischen Dach- und Produktmarken. Stehen die Produktmarken im Vordergrund, so beschränkt sich die Rolle der Dachmarke häufig darauf, allgemeine Werte wie Kompetenz und Qualität zu vermitteln. In einigen Studien konnte nachgewiesen werden, dass derartige Dachmarken-Assoziationen die Produktbeurteilung positiv beeinflussen können (vgl. u. a. Brown/Dacin, 1997; Keller et al., 1998; Gurhan-Canli/Batra, 2004; Berens et al., 2005). Aufgrund der Fokussierung auf die meist sehr eigenständig positionierten Produktmarken ist das Herausfiltern eines „gemeinsamen Nenners“ für die Dachmarke – wie es für Dachmarkenimagekampagnen notwendig ist – sehr schwierig. Die Festlegung von Unternehmenswerten, die über allgemeine Konstrukte wie Kompetenz oder Qualität hinausgehen, ist dann häufig nicht möglich. Zum Teil werden dennoch Imagekampagnen eingesetzt, die nur sehr abstrakte Unternehmenswerte kommunizieren können. Wenn die Dachmarke bereits über eine relativ hohe Markenstärke verfügt, zum Beispiel mit einem bei allen Produkten hohen Qualitätsniveau assoziiert wird, sind solche Kampagnen denkbar. Abbildung 10 zeigt eine Dachmarkenimagekampagne bei Produktmarkendominanz am Beispiel von Henkel.10 Ist die Markenstärke der Dachmarke hingegen gering, könnten solche Kampagnen unter Umständen unglaubwürdig oder sogar negativ wirken. Eine Dachmarke, die den Konsumenten nur namentlich bekannt ist, deren Sortiment diese aber nicht kennen und die bisher einen eher indifferenten Eindruck 9
Ingesamt bestehen bei Dachmarken, Familienmarken und Unternehmensgruppen verschiedene Stufen der Kommunikationsabstimmung. Wenn kein gemeinsamer Nenner im Hinblick auf die Dachmarkenwerte erarbeitet werden kann, weil die Positionierungen der Produkte beispielsweise zu stark voneinander abweichen, kann die Kommunikation dennoch abgestimmt werden. Entweder kann eine inhaltliche Abstimmung auf einzelne Unternehmensbereiche erfolgen, oder es können formale Mittel eingesetzt werden, um beispielsweise durch Farbwahl die Zugehörigkeit der Produkte oder Dienstleistungsangebote zu kennzeichnen (vgl. Esch, 2001, S. 74ff.; Esch, 2005c, S. 727f.). 10 Dies entspricht einer als „The Manufacturer Speaks“ bezeichneten Technik und basiert auf der Annahme, dass eine Botschaft, die der Hersteller selbst propagiert, höhere Glaubwürdigkeit besitzt (vgl. Lannon, 1993, S. 173).
2 Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
19
Abb. 10. Kommunikation der Dachmarke Henkel
hinterlassen hat, kann wahrscheinlich mit einer ähnlichen Anzeige wie der von Henkel nur wenig ausrichten.11 Vermutlich reicht es in einem solchen Fall nicht, die eigene Kompetenz, Fähigkeit oder Innovationskraft nur zu erwähnen, ohne zumindest einige Beispiele zu liefern, die dies belegen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Markenarchitekturtyp eine zentrale Rolle bei der Dachmarkenführung spielt. Je nachdem, ob es sich eher um Dachmarken- oder Produktmarken-dominante Markenarchitekturen handelt, stellen sich unterschiedliche Herausforderungen. Bei Dachmarkendominanz können alle Kommunikationsmaßnahmen konsequent auf den Markenkern der Dachmarke einzahlen. Dennoch sollte auch hier ein sorgfältiges Markencontrolling sicherstellen, dass die Dachmarke und die unter ihr geführten Produkte oder Dienstleistungen im Lauf der Zeit nicht auseinander driften (vgl. Andresen et al., 2005, S. 788). Während bei Dachmarkendominanz Dachmarkenimagekampagnen somit eine gute Möglichkeit darstellen, ein differenzierendes Markenimage aufzubauen, ist dies bei Produktmarkendominanz viel schwieriger. Gerade wenn die Produktmarken im Vordergrund stehen, lassen sich nur allgemeine Unternehmenswerte erarbeiten, die für das gesamte Sortiment gelten. Dachmarkenimagekampagnen können in solchen Fällen daher nur relativ oberflächliche Werte kommunizieren. Es ist fraglich, ob sich mit dieser Technik Dachmarken aufbauen und stärken lassen, die nur über geringe Markenstärke verfügen und deren Sortiment den Konsumenten kaum bekannt ist. 11
Auch der Markenname ist ein Bestandteil des Markenwissens. Er sollte sorgfältig gewählt werden, da er sich positiv, aber auch negativ auf das Markenimage auswirken kann (vgl. Biel, 1993, S. 75).
20 2.2.2
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
Generelle Kritik an Dachmarkenimagekampagnen
Ein grundlegendes Problem im Rahmen der Markenführung ist die Tatsache, dass der Kontakt mit der Dachmarke bzw. der Werbung dafür zeitlich versetzt zum Produktkontakt bzw. Kaufprozess abläuft. Dachmarkenassoziationen müssen im Kontaktmoment mit den Produktmarken – sei dies durch Produktwerbung oder am Point of Sale12 – aktiviert und erinnert werden, um in der Kaufsituation wirksam zu sein. Dazu muss dem Konsumenten die Zugehörigkeit der Produkt- zur zugehörigen Dachmarke bekannt sein. Die zeitliche Versetzung kann darüber hinaus dazu führen, dass nicht ausreichend verankertes Dachmarkenwissen wirkungslos verpufft (vgl. Biehal/Sheinin, 1998, S. 100f.). Ein weiterer allgemeiner Kritikpunkt an Dachmarkenimagekampagnen ist, dass sie zum Teil als „Selbstbeweihräucherung“ des Managements angesehen werden.13 Dieser Eindruck kann insbesondere bei Produktmarkendominanz durch die Hervorhebung abstrakter Werte und genereller Stärken des Unternehmens bzw. der Dachmarke entstehen. Aus diesem Grund bleiben solche Kampagnen häufig „long-winded and dull, or they are short and vague about what the campany does“ (vgl. Dowling, 2001, S. 129) (vgl. Dowling, 2001, S. 129). 2.2.3
Verstärkte Orientierung an Abverkaufszahlen in der Markenführung
In großen Konzernen orientiert man sich finanziell zunehmend am Shareholder-Value-Konzept (vgl. Aaker, 1996, S. 34ff.). Dadurch gewinnt bereits auf oberster Managementebene die monetäre Auswirkung von Marketingaktivitäten an Bedeutung. Diese Ausrichtung hat jedoch nicht zwingend den Aufbau eines klaren, unverwechselbaren Markenimages zur Folge. Laut Brandmeyer „gibt es eine Tendenz, Markenkampagnen zu schalten, die sich dadurch auszeichnen, dass das Produkt nicht beworben wird“ (Grauel, 2003, S. 61). Durch die Vermittlung mehr oder weniger abstrakter Unternehmenswerte ist der Beitrag von Dachmarkenimagekampagnen zum Verkaufserfolg auf Produktmarkenebene nur schwer messbar. Je kleiner das Werbebudget, desto stärker wird daher auf produktorientierte Kampagnen zurückgegriffen. Der Satz eines Produktmanagers „I don’t know of a single sales order that ever resulted from our corporate advertising“ zeigt, dass diese Einstellung in den Köpfen vieler Entscheidungsträger verankert ist (Bender et al., 1996, S. 10). Dies erschwert den Aufbau eines klaren Dachmarkenimages speziell bei Produktmarkendominanz, da dort der Fokus ohnehin bereits auf den Produktmarken liegt. Generell hat sich das deutsche Werbeklima zudem noch nicht von Einbrüchen in den Jahren 2001/2002 erholt. Von 180 befragten Werbeleitern und Agenturleitern gaben 61 bzw. 67 Prozent an, die Ausgaben für klassische Werbung würden nicht steigen. 11 bzw. 13 Prozent gehen sogar von einem Sinken dieser Ausgaben aus (vgl. 12
Mit dem Begriff „Point of Sale“ ist der Verkaufspunkt gemeint, d.h. der Ort, an dem der Käufer beim Erwerben der Ware physisch anwesend ist. 13 Dowling meint „much of this advertising is self-indulgent“ (Dowling, 2001, S. 129).
2 Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
21
GfK-WirtschaftsWoche, 2005, S. 15ff.). Gerade die Verwendung der Budgets für Werbemaßnahmen im klassischen Bereich ist zur Vermittlung dachmarkenspezifischer Attribute enorm wichtig. Stagnierende Budgets und zu starke Abverkaufsorientierung verschärfen die Problematik der Dachmarkenführung. Ähnliche Probleme durch den verstärkt monetären Fokus ergeben sich zusätzlich auf der Produktmarkenebene. Produktmanager führen in großen Konzernen viele Produktmarken und müssen sich oft anhand ihrer erreichten Abverkaufszahlen messen lassen. Quantitativer Erfolg kann die Karriere beschleunigen und führt dazu, dass häufig wechselnde Kampagnen geschaltet werden oder fast ausschließlich Angebotswerbung betrieben wird, um eine schnelle Steigerung der Verkaufszahlen zu erreichen (vgl. Esch, 2005b, S. 55f.). Dies kann zu einem zersplitterten oder verwässerten Markenbild und damit zur Markenerosion führen, da den Konsumenten nicht genug Zeit gelassen wird, das neue Markenbild und seine Bestandteile zu erlernen. Je weniger klar die Produktmarken positioniert sind und je schwächer sie in den Köpfen der Konsumenten verankert sind, desto weniger können sie positive Transfer-Effekte zurück zur übergeordneten Dachmarke leisten oder das Dachmarkenbild durch spezifische Imagebestandteile anreichern. Ähnliche Effekte stellen sich ein, wenn Unternehmen mit großen Produktportfolios diverse Werbeagenturen mit der Markenführung beauftragen – nicht nur für die einzelnen Produktmarken, sondern auch innerhalb einer Produktmarkenkampagne. Gerade für die Dachmarke kann so kaum sichergestellt werden, dass die Marken zu einem konsistenten und integrierten Dachmarkenimage beitragen. 2.2.4
Fehlendes Overallkonzept in der Markenführung
Ein weiterer Punkt sind die hohen Produktions- und Schaltungskosten von Dachmarkenimagekampagnen. Diese sind mit der Erarbeitung eines möglichst langfristig einzusetzenden strategischen Konzeptes verbunden. Ein solches Konzept erfordert die Zustimmung der obersten Management-Ebene, da ein Commitment zu den zu kommunizierenden Unternehmens- bzw. Dachmarkenwerten nötig ist. Dies kann den zeitlichen – und damit letztlich finanziellen – Aufwand erhöhen. Darüber hinaus fallen auf der Umsetzungsebene zum Teil hohe Produktionskosten an, da meist auf Massenkommunikationsmedien wie Fernsehen oder Rundfunk zurückgegriffen wird. TV-Spots im Rahmen von Dachmarkenimagekampagnen sind beispielsweise oft länger als herkömmliche produktorientierte Spots, was zu sehr hohen Mediakosten führen kann. Durch Zukäufe und Fusionen sind die Portfolios großer Konzerne nicht nur für viele Konsumenten unüberschaubar. Es fehlt häufig ein Overallkonzept für die Umsetzung der Markenarchitektur auf der Verpackung und in der Kommunikation. Die zentrale Herausforderung für die Dachmarkenführung ist, dennoch einen hohen Bekanntheitsgrad und ein unverwechselbares Dachmarkenimage zu erreichen, das der Dachmarke „ein Gesicht verleiht“. Je breiter und umfassender das Sortiment und je weniger es über viele Jahre organisch gewachsen, sondern durch Zukäufe entstanden ist, desto schwieriger ist die Dachmarke zusammen mit ihrem Portfolio für den Konsumenten zu erfassen. Oft hängt die fehlende Overall-Betrachtung auch mit den
22
B Dachmarkenführung in komplexen Markenarchitekturen
Organisationsstrukturen des Unternehmens zusammen. Junge Marketingfachleute managen jeweils eine Marke in Isolation. Allerdings zeigen sich erste Tendenzen, diese isolierte Sichtweise, die eine ganzheitliche Betrachtung erschwert, zugunsten einer teamorientierten zu verändern. Einige Experten äußerten in diesem Zusammenhang bereits den Wunsch, Gruppen von Brand-Managern zu bilden, die sich um ein Bündel von Produktmarken kümmern, was eine bessere Abstimmung ermöglicht (vgl. Sauders/Guoqun, 1997, S. 40).
3
Nutzung von Produktmarken als Kompetenzbeweis für die Dachmarke
Wie bereits im vorangegangenen Kapitel thematisiert, liegt die Herausforderung beim Aufbau starker Dachmarken in komplexen Markenarchitekturen (und Produktdominanz) in der zu seltenen, weil zu teueren und zu abstrakten Kommunikation der Unternehmenswerte, die häufig aus Konsumentensicht wenig glaubhaft erscheinen und keinen „durchschlagenden Erfolg“ auf Produktmarkenebene haben. Brandmeyer betont, „eine Kampagne, die das Produkt und konkrete Unternehmensleistungen in ein gutes Licht stellt, tut jedenfalls mehr für das Image“ als reine Imagekampagnen (Grauel, 2003, S. 62). Es stellt sich somit die Frage, wie die Dachmarke – trotz Fokussierung auf die Produktmarken – thematisiert werden kann, um die Marke zu stärken. Vielfach wurde im Marketing bereits erfolgreich auf Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie zurückgegriffen.14 Auch im Hinblick auf die Dachmarkenführung könnte dieser Bereich interessante Aspekte liefern. Speziell aus der Sozialpsychologie, die sich u. a. mit der Personenwahrnehmung befasst, könnten wertvolle Hinweise aus den Techniken gewonnen werden, die Menschen nutzen, um bei anderen Menschen einen bestimmten Eindruck zu erwecken. Wann sind Menschen beispielsweise wirklich überzeugt von den Fähigkeiten einer anderen Person? Oder: Wie versuchen Menschen andere zu beeindrucken? Diese Erkenntnisse könnten anschließend an die Anforderungen der Dachmarkenführung angepasst und hier angewendet werden. Auf Klassentreffen kann man häufig ein Verhalten beobachten, das sich mit der Formulierung „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ augenzwinkernd beschreiben lässt. Ehemalige Bekannte versuchen sich gegenseitig von ihrem persönlichen Erfolg zu überzeugen. Dazu stehen ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder sie beschränken sich darauf, lediglich zu behaupten, sie seien beruflich und privat erfolgreich. Oder sie zählen ihre Statusobjekte („mein Haus, mein Auto, mein Boot“) oder Titel auf und erwecken dadurch den Eindruck von Erfolg. Im Kreise ehemaliger Schulkameraden wird letztere Methode vermutlich mehr Eindruck machen.
14
Beispielsweise lieferten Erkenntnisse aus der Persönlichkeitsforschung wertvolle Hinweise zur Analyse des Markenkerns bzw. der Markenpersönlichkeit.
3 Nutzung von Produktmarken als Kompetenzbeweis für die Dachmarke
23
So banal diese Technik auch erscheinen mag, so universell wird sie von Menschen in vielen Lebenslagen eingesetzt. Die Bewerbung um einen Arbeitsplatz mittels eines Lebenslaufs basiert ebenfalls auf dieser Idee. Der Interessent belegt seine Eignung für die Stelle mithilfe seines Lebenslaufs. Die aufgezählten Leistungen fungieren als Bürgschaft für seine Kompetenz und führen dazu, dass der Arbeitgeber den Bewerber gegebenenfalls als geeignet einstuft. Dies insbesondere dann, wenn die Leistungen in einem ähnlichen Bereich, wie in der ausgeschriebenen Stelle gefordert, erbracht wurden. Der Arbeitgeber schließt also von den aufgezählten Leistungen auf die Kompetenz des Bewerbers. Ebenso könnte im Rahmen der Dachmarkenführung auf diese Basistechnik zurückgegriffen werden. Ähnlich einem Lebenslauf könnte durch die Aufzählung erfolgreich auf dem Markt etablierter Produktmarken die Kompetenz der Dachmarke nicht nur behauptet, sondern belegt werden. Die Glaubwürdigkeit könnte so – verglichen mit Dachmarkenimagekampagnen ohne „handfeste“ Belege – erhöht werden. Wie bereits in Abschnitt 1.2.2 erläutert, können Transfer-Effekte zwischen Dachund Produktmarken stattfinden (siehe Abbildung 7, S. 17). Bei der Idee, starke Produktmarken als Kompetenzbeweis für die Dachmarke zu verwenden, könnte die Dachmarke von der Markenstärke der Produktmarken profitieren statt umgekehrt. Die Idee der Nutzung der Produktmarken als Kompetenzbeweis für die Dachmarke speziell bei Produktmarkendominanz wird in den nachfolgenden Kapiteln theoretisch hergeleitet und anschließend empirisch überprüft. Dabei steht grundsätzlich die Frage im Vordergrund, ob und unter welchen Bedingungen die Aufzählung von Produktmarken den Eindruck verbessern kann, den Konsumenten von der Dachmarke haben.
C
Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Die theoretische Fundierung der Idee sowie die Ableitung möglicher Wirkungen von Portfolio-Werbung ist Gegenstand dieses Kapitels. In dem ersten Abschnitt dieses Kapitels wird die Idee der Portfolio-Werbung zunächst auf Basis von Impression-Management-Techniken hergeleitet und ihre mögliche Anwendung in der Dachmarkenführung beschrieben. Im zweiten Abschnitt wird die Technik der Portfolio-Werbung aus dem Blickwinkel der Konsumenten betrachtet. Die Attributionstheorie, das Gesetz der Großen Zahlen und die Informationsökonomie werden dabei als allgemeine Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung herangezogen. Im dritten Abschnitt des vorliegenden Kapitels werden diese grundsätzlichen Annahmen zur Wirkung durch markenspezifische Einflussfaktoren konkretisiert. Abbildung 11 zeigt den Aufbau des Kapitels nochmals im Überblick.
Abb. 11. Übersicht zu Kapitel C
1
Impression-Management-Techniken als Ansatz zur Vermarktung von Dachmarken
“The Best Prophet of the Future Is the Past.” (Janz, 1988, S. 158) Wie bereits im letzten Abschnitt des vorherigen Kapitels angerissen, befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Vorstellung einer Technik, durch die der Eindruck verbessert werden soll, den eine Dachmarke bei Konsumenten hinterlässt. Die Idee zu dieser Methode stammt aus der Sozialpsychologie. Dies liegt nahe, da viele Autoren
26
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Marken heute als sozialpsychologische Konstrukte betrachten, die den Konsumenten mehr als nur funktionalen Nutzen bringen (vgl. Florack et al., 2005, S. 8). Aus diesem Grund mehren sich Ansätze, in denen der Konsumentenbezug zu einer Marke mit zwischenmenschlichen Beziehungen verglichen wird (vgl. u. a. Fournier, 1998; Aggarwal, 2004; Aaker, 2005). Die Methode, den Eindruck der Dachmarke zu verbessern, basiert auf Techniken des Impression Managements, d. h. dem Forschungsbereich der Eindruckssteuerung. Menschen versuchen in zwischenmenschlichen Beziehungen häufig bei anderen einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen.15 Sie bedienen sich dabei verschiedener Techniken – je nachdem, welche Ziele sie erreichen wollen. Im Rahmen des Impression Managements werden diverse Techniken unterschieden, die dazu beitragen, bestimmte Gedankengänge oder Eindrücke bei anderen Personen zu erzeugen. Aus solchen Techniken könnten für die Dachmarkenführung neue Möglichkeiten abgeleitet werden. Dies lässt sich leicht nachvollziehen, da auch Marken einen bestimmten Eindruck – bei ihren Konsumenten – hinterlassen sollen, um diese zum Kauf des Produktes anzuregen.
1.1
Grundlagen der Impression-Management-Theorie
Mit Hilfe des Impression Managements [d. h. der Eindruckssteuerung, auch als „Image-Control“ oder „Self-Presentation“ bezeichnet (vgl. Mummendey/Bolten, 1985, S. 59)] versuchen Menschen teils unbewusst und teils bewusst den Eindruck, den sie bei anderen Menschen erwecken, zu steuern und zu kontrollieren (vgl. Schlenker/Weigold, 1992, S. 134).1 6 Es soll also die Wahrnehmung – insbesondere die der eigenen Person – beeinflusst werden (vgl. Schneider, 1981, S. 25). Dabei geht es nicht nur darum, die „richtigen“ Informationen zur Generierung des gewünschten Eindrucks auszuwählen, sondern auch in geeigneter Weise zu präsentieren. Es stellt sich somit eine ähnliche Aufgabe wie einem Sachbuch-Verfasser, der nicht nur die passenden Informationen finden, sondern diese auch in klarer und übersichtlicher Weise darstellen muss, damit seine Ausführungen von der Leserschaft verstanden werden (vgl. Schlenker/Weigold, 1992, S. 137). In der Forschung werden zwei Sichtweisen unterschieden, wann zu ImpressionManagement-Techniken (nachfolgend auch als Techniken zur Eindruckssteuerung oder Selbstdarstellung bezeichnet) gegriffen wird.17 15
Diese Annahme basiert auf der in der Sozialpsychologie vorherrschenden Vorstellung, dass sich Menschen gegenüber ihrer sozialen Umwelt sensibel und responsiv verhalten und dazu neigen, bei anderen einen positiven Eindruck hinterlassen zu wollen (vgl. Wicklund/Gollwitzer, 1985, S. 42). Diese Annahme wurde vor allem durch Konzepte wie die Dissonanztheorie geprägt (für eine Übersicht siehe Swann, 1990, S. 408ff.). 16 In diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, dass Impression-Management-Fähigkeiten insbesondere in Berufen, in denen gute soziale Fähigkeiten im Vordergrund stehen und Fingerspitzengefühl im Umgang mit Mitarbeitern gefordert ist, mit der Gesamtleistung korrelieren (vgl. Viswesvaran et al., 2001, S. 284f.). 17 Für eine Übersicht zu den beiden Sichtweisen (Rosenfeld, 1997, S. 804f.).
1 Impressions-Management-Techniken als Ansatz zur Vermarktung von Dachmarken
27
Einige Forscher vermuten, dass Selbstdarstellungstechniken nur unter bestimmten Bedingungen oder von speziellen Personentypen angewendet werden (vgl. zum Beispiel Briggs/Cheek, 1988, S. 663; Buss/Briggs, 1984, S. 1310; Jones/Pittman, 1982, S. 234). Sie nehmen an, dass eine Person nur dann solche Techniken nutzt, wenn sie damit ein bestimmtes Ziel erreichen möchte. Diese Richtung wird als restriktive Position bezeichnet (vgl. Schlenker/Weigold, 1992, S. 136). Andere Forscher dagegen gehen davon aus, dass Impression-Management-Techniken ein allgegenwärtiger Bestandteil des sozialen Verhaltens sind (vgl. Hogan, 1983, S. 76; Schlenker, 1980, S. 6). Diese Sichtweise schließt eine zielführende Anwendung der Selbstdarstellungstechniken ein und wird aufgrund ihrer breiteren Auslegung als expansive Richtung bezeichnet. Unabhängig davon, wie umfassend der Begriff des Impression Managements verstanden wird, werden in der Forschung zweierlei Fragestellungen behandelt. Die erste Frage befasst sich mit der Motivation zur Eindruckssteuerung (auch als „impression motivation“ bezeichnet). Was motiviert Menschen, den Eindruck zu beeinflussen, den sie bei anderen erwecken? Insbesondere dann, wenn jemand ein bestimmtes Ziel – beispielsweise als kompetenter Gesprächspartner wahrgenommen zu werden – bei einer anderen Person verfolgt, ist die Motivation relativ hoch. Auch Menschen, die im öffentlichen Interesse stehen, haben eine erhöhte Motivation, die Meinung, die sich andere über sie bilden, zu steuern und zu kontrollieren (vgl. Reis/Gruzen, 1976, S. 499). Beispielsweise muss sich eine prominente Person, die häufig in den Medien auftritt, im Hinblick auf eine bestimmte Handlung mehr Gedanken über mögliche negative Konsequenzen machen, da ihr Verhalten für andere öffentlich sichtbar ist. Zusätzlich spielt die Wichtigkeit des zu erreichenden Ziels eine entscheidende Rolle bei der Motivation zur Eindruckssteuerung. Je wichtiger das Ziel der Person erscheint, desto stärker wird sie versuchen, mithilfe von Selbstdarstellungstechniken den gewünschten Eindruck zu erreichen (vgl. Leary/Kowalski, 1990, S. 38). Empfindet eine Person, dass ihr Fremdbild bei jemandem nicht mit ihrem Selbstbild übereinstimmt – weil sie sich zum Beispiel ungerecht behandelt fühlt –, so steigert dies ebenfalls ihre Motivation, diesen Eindruck aus ihrer Sicht „gerade zu rücken“ bzw. zu verändern. Die zweite Fragestellung, die im Rahmen des Forschungsbereichs des Impression Managements behandelt wird, befasst sich mit Techniken, mit denen die handelnden Personen den gewünschten Eindruck bei anderen erzielen wollen. Dies bezeichnet man als impression construction (vgl. Leary/Kowalski, 1990, S. 36). Die zweite Fragestellung ist insbesondere für die vorliegende Arbeit interessant, da in diesem Kapitel erarbeitet werden soll, welche Impression-Management-Techniken im Rahmen der Dachmarkenführung adaptiert werden könnten. Generell muss beim Impression Management berücksichtigt werden, dass nicht alle Gedanken und Eindrücke, die bei der anderen (beobachtenden) Person entstehen, auch wirklich durch die handelnde Person (den Akteur) beabsichtigt waren. Es können somit zweierlei Arten von Impressionen (d. h. Eindrücken) unterschieden werden. Diejenigen, die der Akteur beabsichtigte, stellen die eine Art dar. Die meisten Studien in diesem Forschungsbereich befassen sich damit. Unbeabsichtigte oder sogar ungewollte Eindrücke stellen die zweite Art dar. Unabhängig davon, ob der Akteur sie für sich
28
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
positiv oder negativ beurteilt, sind sie in jedem Fall für ihn unkontrollierbar. Solche Impressionen entstehen, weil es erstens verschiedene Möglichkeiten gibt, ein Verhalten zu interpretieren. Zweitens kann die Glaubwürdigkeit des Verhaltens oder der handelnden Person angezweifelt werden und drittens kann die Situation oder das Umfeld zu entsprechenden Eindrücken beitragen (vgl. Schneider, 1981, S. 34f.).
1.2
Vorstellung einer Taxonomie von Impression-Management-Techniken und die Beschreibung assertiver Techniken
Je nachdem, welchen Eindruck Menschen bei anderen erwecken wollen, eignen sich dazu bestimmte Techniken besonders.18 Diverse Autoren haben Taxonomievorschläge für die verschiedensten Techniken gemacht, meist auf Basis des angestrebten Ziels. Tedeschi et al. präsentierten im Jahr 1985 einen in der heutigen Literatur relativ breit akzeptierten Ansatz zur Klassifikation (vgl. Tedeschi et al., 1985, S. 68f.). Sie unterschieden, ob die Techniken eher assertiv sind, d. h. zum Erreichen einer bestimmten Identität geeignet, oder defensiv, d. h. zum Schutz einer bestimmten oder zum Löschen einer unerwünschten Identität gedacht. Eine ähnliche Einteilung macht Arkin mit akquisitiven und protektiven Techniken (vgl. Arkin, 1981, S. 313f). Schlenkers Einteilung in protektive Techniken und solche, die bestimmte Einstellungen und Überzeugungen übermitteln sollen, ähnelt ebenfalls diesem Modell (vgl. Schlenker, 1980). Jones und Pittman verknüpfen alle Techniken mit Attributionen, d. h. Rückschlüssen, die die Beobachter aus dem jeweiligen Verhalten ziehen sollen (vgl. Jones/Pittman, 1982, S. 241). Die Unterscheidung in Techniken, die eher dem proaktiven Erreichen eines Ziels oder aber dem Schutz einer bestehenden Identität dienen, wird somit in der Literatur akzeptiert. Tedeschi et al. differenzieren jedoch weiter, ob es sich um taktische oder strategisch ausgelegte Techniken handelt (vgl. Tedeschi et al., 1985, S. 69). Taktische Methoden dienen eher der Erreichung eines kurzfristigen, situationsbezogenen Ziels, während strategische Techniken für längerfristige Ziele herangezogen werden können. Diese Unterscheidung ist problematisch, da die einzelnen Techniken zum Teil nicht widerspruchsfrei eingeordnet werden können (vgl. Mummendey, 1995, S. 137). Einige eignen sich sowohl für kurz- als auch für langfristige Ziele. Schütz präsentiert eine weitere Taxonomie, die auf dem ersten Klassifikationskriterium der genannten Autoren hinsichtlich assertiven und defensiven Techniken aufbaut (vgl. Schütz, 1998, S. 614ff). Dieser Vorschlag ist in Abbildung 12 dargestellt. Da die Zielsetzung dieses Kapitels lautet, geeignete Techniken aus dem Impression Management im Rahmen der Dachmarkenführung zu nutzen, wird nachfolgend nur 18
Nicht alle Menschen wenden zur Erreichung eines Ziels dieselben Selbstdarstellungstechniken an. Techniken zur Selbstwerterhöhung werden beispielsweise häufiger von Personen mit hohem Selbstwertgefühl angewendet (vgl. Brown et al., 1988, S. 451).
1 Impressions-Management-Techniken als Ansatz zur Vermarktung von Dachmarken
29
Abb. 12. Klassifikationsschema für Impression-Management-Techniken Quelle: in Anlehnung an Schütz, 1998, S. 614ff.
auf die Methoden eingegangen, die unter dem übergeordneten Ziel „Trying to look good“ (siehe Abbildung 12) aufgeführt sind. Besonders intensiv werden zudem die assertiven Techniken innerhalb dieses Astes berücksichtigt, die auf der Präsentation positiver Eigenschaften („by presenting a favorable image“ in Abbildung 12) beruhen.19 Als assertiv wird der aktive, aber nicht aggressive Einsatz von Impression-Management-Techniken bezeichnet, die dem Ziel dienen, einen positiven Eindruck hervorzurufen. Zu dieser Kategorie zählen die Techniken „Ingratiation“ (Einschmeicheln), „Self-Promotion“ (Eigenwerbung) und „Exemplification“ (beispielhaft erscheinen). 1.2.1
Ingratiation (Einschmeicheln)
Eine Person, die diese Technik anwendet, möchte in erster Linie „gemocht“ werden und die Sympathie des Gegenübers gewinnen (vgl. Jones/Pittman, 1982, S. 235; Mummendey, 1995, S. 154). Sie kann dies durch Hervorheben ihrer positiven Eigenschaften (das so genannte self-enhancement) oder durch Betonung ihrer Schwächen tun (vgl. Stires et al., 1969, S. 172). Übergeordnetes Ziel ist meist der Wunsch, dadurch zu mehr Macht über den anderen zu gelangen oder für das Einschmeicheln in irgendeiner Form belohnt zu werden. 19
Mit der Ausnahme vergleichender Werbung liegt der Schwerpunkt von Werbemaßnahmen auf der Präsentation von vorteilhaften Informationen und Emotionen (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 38ff.). Bei vergleichender Werbung – die in die Kategorie „by making others bad“ (vgl. Abbildung 11) eingeordnet werden kann – werden Konkurrenzunternehmen, -produkte oder -marken negativ dargestellt, um das eigene Unternehmen, Produkt oder die eigene Marke positiver erscheinen zu lassen.
30
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Diese Technik wird häufig von Personen mit hohem Status gegenüber Personen mit geringerem Status angewendet (vgl. Jones/Pittman, 1982, S. 236). Wer diese Technik im Übermaß anwendet, läuft Gefahr, durch den Eindruck von „Anbiedern“ negative Gefühle zu wecken (vgl. Mummendey, 1995, S. 154). Die Technik bringt jedoch auch einige andere Gefahren mit sich.20 Sie birgt das Risiko, sich von den Menschen, deren Wohlwollen man gewinnen möchte, abhängig zu machen. Je stärker die wahrgenommene Abhängigkeit aus Sicht des Interaktionspartners ist, desto unglaubwürdiger erscheinen die Schmeicheleien. Methodisch können Akteure verbal oder nonverbal Meinungskonformität ausdrücken oder dem Interaktionspartner einen Gefallen tun. 1.2.2
Exemplification (beispielhaft erscheinen)
Mithilfe dieser Technik versucht der Akteur, integer und moralisch intakt zu erscheinen. Extrembeispiele dieser Form sind religiöse oder politische Führer (vgl. Jones/Pittman, 1982, S. 246). Ebenso wie bei der Technik Ingratiation kann sich der angestrebte positive Effekt durch Übertreibung ins Negative umkehren. Überzeichnet der Akteur seine moralische Beispielhaftigkeit, besteht die Gefahr, dass er lächerlich wirkt. 1.2.3
Self-Promotion (Eigenwerbung)
Nutzt ein Akteur die Technik der Self-Promotion, so geht es ihm darum, den Eindruck einer kompetenten und intelligenten Person zu erzielen (vgl. Tedeschi et al., 1985, S. 75). Unter dieser Technik wird eine Reihe von Maßnahmen verstanden, die auf der Präsentation von persönlichen Fähigkeiten und Leistungen basieren.21 Im Unterschied zur Ingratiation geht es hier nicht darum, gemocht zu werden, sondern als kompetent und fähig eingeschätzt zu werden. Dies kann erstens direkt geschehen, d. h. durch die Betonung eigener Qualitäten oder durch das Hervorheben eigener Leistungen.22 Einige Autoren bezeichnen diese beiden Varianten als Selbstpräsenta20
Es zeigte sich, dass Menschen sich zum Teil schuldig fühlen oder Schamgefühle entwickeln, wenn sie diese Technik anwenden (vgl. Jones et al., 1981, S. 407). Dies kann insbesondere dann eintreten, wenn die Personen ihr eigenes Verhalten als illegitim empfinden. 21 Dabei ist zu beachten, dass zwischen der Selbstwahrnehmung der eigenen Person und der Wahrnehmung durch andere Verzerrungseffekte auftreten können. Beispielsweise führt man eigene Erfolge häufig auf Können zurück – selbst wenn einem bewusst ist, dass gute Rahmenbedingungen einen Beitrag zum Erfolg geleistet haben. Aus Sicht der beobachtenden Person verhält es sich genau umgekehrt. Dieses Phänomen wird als „fundamental attribution error“ bezeichnet (vgl. u. a. Baumeister et al., 1989, S. 61; Fiske/Taylor, 1991, S. 67ff.). Hier wird der Erfolg einer anderen Person tendenziell eher auf die Rahmenbedingungen zurückgeführt als auf ihre Fähigkeiten (vgl. Bem, 1972, S. 41; Stahlberg et al., 1985, S. 89). Vor diesem Hintergrund ist die Angabe von Gründen, die die eigenen Fähigkeiten gegenüber anderen glaubwürdig belegen, von entscheidender Wichtigkeit. 22 Verglichen mit der Technik der Ingratiation (Einschmeicheln), bei der eher nonverbale Gesten und Verhaltensweisen eingesetzt werden (und bei der insgesamt weniger gesprochen wird), wird bei Self-Promotion aktiver agiert und vermehrt kommuniziert (vgl. Godfrey et al., 1986, S. 106).
1 Impressions-Management-Techniken als Ansatz zur Vermarktung von Dachmarken
31
tion im engeren Sinn (vgl. Richardson et al., 1981, S. 42). Zweitens können indirekte Techniken angewendet werden, in denen sich der Akteur durch Verbindungen jeder Art zu positiv beurteilten Personen oder Gruppen gegenüber anderen aufwerten möchte. a) Direkte Form der Self-Promotion Zunächst wird auf die direkten Methoden der Eindruckssteuerung mittels Self-Promotion eingegangen. Hier bestehen ebenfalls grundsätzlich zwei Möglichkeiten, sich und die eigenen Fähigkeiten ins rechte Licht zu rücken, die sich vor allem im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit unterscheiden. Zum einen kann von dem Akteur ohne weitere Angabe von Gründen behauptet werden, dass er kompetent und intelligent sei. Zum anderen kann er dies behaupten und zusätzlich mittels Beweisen begründen. Anhand der Bewerbung um einen Arbeitsplatz kann der Unterschied beider Varianten veranschaulicht werden, da hier ebenfalls die Vermittlung von Motivation und Kompetenz im Vordergrund steht (vgl. Stevens/Kristof, 1995; Singh/Vinnicombe, 2001, S. 588). Würde sich der Bewerber darauf beschränken, zu behaupten, er sei kompetent und sehr motiviert, so würde dies vermutlich nicht für seine Wahl ausreichen. Daher versucht der Bewerber durch einen Lebenslauf oder eine Publikationsliste seine Eignung unter Beweis zu stellen.23 Es konnte nachgewiesen werden, dass die Hervorhebung eigener Leistungen – so genannter „Credentials“, d. h. Nachweise der eigenen Fähigkeiten – die Entscheidung des Unternehmens zugunsten des Bewerbers positiv beeinflussen kann (vgl. Gilmore/Ferris, 1989, S. 561f.). Damit die Personen, bei denen der Eindruck von Kompetenz und Fähigkeit entstehen soll, wirklich derartige Rückschlüsse ziehen, sollten glaubwürdige Hinweise auf Leistungen gegeben werden (vgl. Tedeschi/Riess, 1981, S. 13). Im besten Fall geben sie zusätzlich Hinweise auf zukünftige Leistungen (vgl. Godfrey et al., 1986, S. 113). b) Indirekte Form der Self-Promotion Neben der direkten Form der Self-Promotion gibt es die indirekte Form. Hier bezieht sich der Akteur nicht auf die eigene Person, d. h. die eigenen Leistungen, sondern wertet sich indirekt durch Kontakte zu anderen Menschen auf. Diese Technik wird als „Basking in reflected glory“ bezeichnet (vgl. Cialdini/Borden, 1976, S. 367f.; Richardson et al., 1981, S. 42). Der Akteur betont seine Verbindung zu Personen, die über ein wünschenswertes Image verfügen. Interessant ist, dass die Verbindung nicht zwingend kausaler Natur sein muss, sondern beispielsweise die Betonung des gleichen Geburtstages wie eine berühmte Persönlichkeit bereits ausreichen kann (vgl. Cialdini/De Nicholas, 1989, S. 628). Cialdini fand heraus, dass sich Studenten umso mehr mit dem Football-Team ihrer Hochschule identifizierten, je er-
23
In einigen Studien ist die Anwendung von Impression-Management-Techniken im Rahmen von Bewerber-Interviews untersucht worden (vgl. u. a. Dipboye/Wiley, 1978; Von Baeyer et al., 1981; Gilmore/Ferris, 1989) (vgl. u. a. Dipboye/Wiley, 1978; Gilmore/Ferris, 1989; Von Baeyer/Sherk/Zanna, 1981).
32
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
folgreicher die Mannschaft im letzten Spiel abschnitt. In der Konsequenz zeigten sie ihre Zugehörigkeit zur Universität durch verstärktes Tragen von Hochschul-Uniformen (vgl. Cialdini/Borden, 1976, S. 367f.).
1.3
Portfolio-Werbung als Self-Promotion für Dachmarken
Impression-Management-Techniken bieten die Möglichkeit, den Eindruck, der bei anderen Personen entsteht, gezielt zu steuern. Sie könnten auch im Rahmen der Dachmarkenführung eingesetzt werden. So wie Menschen durch bestimmte Handlungen Meinungen und Gedanken hervorrufen können, so können auch Marken den Eindruck steuern, den sie bei den Konsumenten hinterlassen. Wie bereits im vorigen Kapitel B ausführlich beschrieben, hat die Dachmarke gerade in Produktmarken-dominanten Markenarchitekturen nur wenige Kontaktpunkte mit den Konsumenten, da die Produktmarken im Vordergrund aller Kommunikationsmaßnahmen stehen. Viele Konsumenten wissen daher auch nicht, welche Produkte und Marken zu den Sortimenten der Dachmarken gehören. Eine Werbekampagne, die ausschließlich die Kompetenz eines solchen Unternehmens oder der Dachmarke betonen würde, ohne Belege zu bieten, wäre aus Konsumentensicht mit hoher Wahrscheinlichkeit unglaubwürdig und würde wenig Wirkung zeigen. Von den Maßnahmen des Impression Managements könnte sich die Technik der Self-Promotion zur Erzielung des Eindrucks als kompetentes und fähiges Unternehmen bzw. Dachmarke besonders eignen. Die direkte Form der Self-Promotion und insbesondere die Technik, die eigenen Leistungen herauszustellen – anstatt nur zu behaupten –, würde der Dachmarke die Möglichkeit bieten, die eigene Kompetenz in den Vordergrund zu stellen. Wie ein angehender Wissenschaftler, der nicht nur seine Eignung für eine Stelle betont, sondern deutlich fähiger wirkt, wenn er eine beeindruckende Publikationsliste vorlegt, kann die Dachmarke Kompetenz ebenfalls durch ihre „Leistungen“ betonen. Dies spiegelt sich auch in Aakers Sichtweise wider, denn er fordert: „The corporate brand will be based on substance“ (Aaker, 2004, S. 17). Die unter einem Dach geführten Produktmarken könnten somit als Leistungsnachweis für die Dachmarke fungieren. Während eine Dachmarkenimagekampagne bei Produktmarken-dominanten Markenarchitekturen Werte wie Kompetenz und Fähigkeit des Unternehmens oder der Dachmarke nur behaupten kann, könnte so durch Aufzählung erfolgreich im Markt etablierter Produktmarken der Dachmarke gleichzeitig ein Beweis angetreten werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies glaubwürdig erscheint – und damit den Eindruck der Konsumenten von der Dachmarke verbessert –, ist vermutlich wesentlich höher. Die Aufzählung von erfolgreichen, starken Produktmarken könnte zudem auch als Bürgschaft für die Qualität zukünftiger Produkte dienen und sich somit positiv auf neue Produkte auswirken, die unter dem Markendach angeboten werden. Allerdings gilt die Einschränkung, dass – so wie ein Bewerber nur durch gute Leistungen überzeugt – auch in Bezug auf die Dachmarke nur starke und erfolgreiche Produktmarken angeführt werden sollten. Andernfalls würde die Aufzählung nicht positiv beeindrucken und nicht zu dem gewünschten Eindruck führen.
2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung
33
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird daher folgende Definition dieser Werbeform für Dachmarken – nachfolgend als „Portfolio-Werbung“ bezeichnet – verwendet: Portfolio-Werbung bezeichnet die gemeinsame Präsentation einer Dachmarke zusammen mit mehreren (erfolgreich am Markt etablierten) Produktmarken, die aus dem Sortiment der Dachmarke stammen.
2
Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Porfolio-Werbung
Wenn in komplexen Markenarchitekturen die Produktmarken im Vordergrund der Kommunikation stehen, existieren häufig nur wenige Kontaktpunkte der Dachmarke mit den Konsumenten. Dachmarken, die zwar namentlich bekannt sind, mit denen Konsumenten aber nur wenige Vorstellungen verbinden und deren Sortiment sie nicht kennen, verfügen daher häufig über nur geringe Markenstärke. Wie ausführlich in Kapitel B geschildert, eignen sich so genannte Dachmarkenimagekampagnen in solchen Fällen nur begrenzt, um schwache Dachmarken aufzuladen und zu stärken. Aus diesem Grund wurde aus dem Impression Management die Idee der Portfolio-Werbung entwickelt, d. h. die Präsentation einer Dachmarke zusammen mit mehreren erfolgreich am Markt etablierten Produktmarken. Die starken Produktmarken fungieren dabei als bereits erbrachte Leistungen (wie in dem bereits geschilderten Beispiel des Lebenslaufs eines Job-Bewerbers) und sollen den Konsumenten die Kompetenz der Dachmarke beweisen. Wie bereits beschrieben, wird in der vorliegenden Arbeit vermutet, dass schwache Dachmarken von Portfolio-Werbung – d. h. der Aufzählung (starker) Produktmarken – positiv beeinflusst werden können. Zur eher „gesamtheitlichen“ Untermauerung dieser These finden sich in der Literatur einige Ansätze. Ein erster Ansatz stammt aus dem Bereich der Sozialpsychologie. Die Sozialpsychologie wurde bereits mehrfach im Marketing anwendet. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass Marken aus dem Blickwinkel der Konsumenten eine Art Persönlichkeit besitzen können, die den Aufbau bestimmter Beziehungen ermöglicht (vgl. Aaker, 2005, S. 167; Kellner, 1994, S. 629). Nicht nur schreiben Konsumenten den Marken Charaktereigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale zu, sie können zu ihnen auch Beziehungen aufbauen, die große Ähnlichkeit mit zwischenmenschlichen Beziehungen haben (vgl. Aggarwal, 2004, S. 87). Fournier wies in diesem Zusammenhang nach, dass Konsumenten ihre Beziehung zu „Coke Classic“ mit der Beziehung zu ihren besten Freunden verglichen (vgl. Fournier, 1998, S. 362ff.). Aufgrund dieser Parallelen scheint es nahe liegend, auf Erkenntnisse der Sozialpsychologie zur Erklärung der Wirkung von Portfolio-Werbung zurückzugreifen. Kommunikationsmaßnahmen im Rahmen der Dachmarkenführung könnten daher ähnliche Rückschlussprozesse wie bei der Personenwahrnehmung in Gang setzen. Aus Erkenntnissen, wie Menschen sich auf Basis vorhandener Informationen von ihnen kaum bekannten Personen einen ersten Eindruck bilden, können wertvolle Hinweise abgeleitet werden, welche Rückschlüsse Konsumenten aus der Portfolio-Werbung ziehen. Zu derartigen Fragestellungen kann auf die Attributionstheorie zurückgegriffen werden. Diese wird in den nachfolgenden Unterkapiteln genauer beschrieben.
34
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Der zweite Ansatz basiert auf dem Gesetz der Großen Zahlen. Es legt nahe, dass sich Menschen hinsichtlich ihrer Rückschlüsse sicherer sind, wenn sie sich auf mehrere statt nur eine einzige Beobachtung stützen können. Je mehr starke Produktmarken als Kompetenzbeweis dienen, desto größer ist die wahrgenommene Sicherheit bei dem Rückschluss auf die Kompetenz der Dachmarke. Als dritter Ansatz kann die Informationsökonomie herangezogen werden. Hier wird argumentiert, dass Marken Signalfunktionen ausüben und so die wahrgenommene Unsicherheit bzgl. der Qualität der angebotenen Produkte reduzieren können. Je mehr qualitativ hochwertige Produkte eine Dachmarke anbietet, desto stärker ist ihr Qualitätssignal. Abbildung 13 zeigt im Überblick, welche Theorien zur allgemeinen Erklärung der vermuteten (positiven) Wirkung von Portfolio-Werbung (d. h. der Aufzählung starker Produktmarken) auf die zugehörige Dachmarke herangezogen werden können.
Abb. 13. Überblick zu möglichen allgemeinen theoretischen Zugängen zur Erklärung der vermuteten Wirkung von Portfolio-Werbung
2.1
Attributionstheorie als Erklärungsansatz für die Wirkung von Portfolio-Werbung
Wenn eine Person versucht, bei einer anderen Person einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen, so liegt es nur zum Teil an ihr, ob der gewünschte Eindruck auch wirklich entsteht. Es hängt von dem Interaktionspartner ab, ob dieser die entsprechenden Rückschlüsse zieht und sich bei ihm der Eindruck formiert, den der Akteur erzielen will. Die Attributionstheorie betrachtet die Impression-Management-Techniken, d. h. die Selbstdarstellungsmaßnahmen des Akteurs, aus der Perspektive des Beobachters und untersucht, auf welcher Basis welche Rückschlüsse gezogen werden.24
24
Für eine Übersicht siehe (Harvey/Weary, 1984).
2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung
35
Genauer gesagt gibt die Attributionstheorie Aufschluss darüber, unter welchen Bedingungen die vom Akteur gewünschten Rückschlüsse gezogen werden. Nach den kognitiven Theorien kann davon ausgegangen werden, dass Menschen das Bedürfnis haben, Ursachen für Verhalten von anderen Personen zu suchen und das Verhalten kausal zu erklären (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 299; Kelley, 1978, S. 218ff.; McArthur, 1972, S. 171). Die Attributionstheorie geht davon aus, dass der „Mann auf der Straße“ dabei nach subjektiven rationalen Regeln vorgeht und damit ähnlich einem Wissenschaftler versucht, Kausalbeziehungen herzustellen. Wer attribuiert, schreibt einem Ereignis eine bestimmte Ursache zu und zieht dadurch kausale Rückschlüsse (vgl. Fiske/Taylor, 1991, S. 23). Subjektive Ursache-WirkungsWahrnehmungen bilden somit den Kern der Attributionstheorie. Da mit der Idee der Portfolio-Werbung der Eindruck eines kompetenten, fähigen Unternehmens bzw. einer Dachmarke erweckt werden soll, können Erkenntnisse aus der Attributionstheorie herangezogen werden, um die vermuteten Wirkungen aus Sicht der Konsumenten zu untersuchen.25 2.1.1
Grundlagen der Attributionstheorie
Fritz Heider hat mit seinem Werk „The Psychology of Interpersonal Relations“ (Heider, 1958) die Erforschung der kognitiven Aspekte sozialer Interaktion angestoßen und maßgeblich beeinflusst (vgl. Jones/Davis, 1965, S. 219). Er bezeichnete seine Arbeit als „common sense psychology“ oder in der deutschen Übersetzung „Laien-Psychologie“ (vgl. Heider, 1958; Heider, 1977, S. 14). Er wählte diesen Begriff, weil er die Ansicht vertrat, dass Menschen die Aktionen ihrer Mitmenschen nicht einfach hinnehmen, sondern – wie Psychologen – nach Erklärungen für deren Verhalten suchen.26 Heider hält dies für eine fundamentale und universale menschliche Eigenschaft (vgl. Forgas, 1987, S. 72f.). Wenn eine Person bei einer anderen Person ein bestimmtes Verhalten beobachtet, sucht sie nach Ursachen, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten (vgl. Weiner, 2000, S. 382). Findet sie eine stimmige Erklärung, schreibt sie das Verhalten dieser Ursache zu. In der Sozialpsychologie wird dieser Vorgang als Attribution bezeichnet, „das“ bedeutet „mit einem Attribut versehen“ (vgl. Dudenredaktion, 1997). Wenn eine Person bei Glatteis mit dem Auto in einen Unfall verwickelt wird, kann dies auf verschiedene Gründe zurückgeführt werden. Beispielsweise könnte der Fahrer den Unfall auf die zu diesem Zeitpunkt herrschenden Verhältnisse zurückführen und so auf das Glatteis attribuieren. Wie solche Attributionen (d. h. Rückschlussprozesse) entstehen und welcher Verursachungsprinzipien sich Menschen bedienen, versucht Heider mit den Mitteln der Logik zu beschreiben. Generell unterscheidet er, ob die Ursachen für eine Handlung oder einen Handlungsausgang in der Person selbst oder der Situation zu su25
Das verhaltenswissenschaftliche Paradigma fordert hier, alle Maßnahmen zur Markenführung auch aus der Perspektive der Konsumenten zu betrachten (vgl. Esch, 2001, S. VI). 26 Unter der Prämisse, dass der Grund einer bestimmten Handlung einer Person nicht bekannt ist, versuchen Beobachter sich die Handlung zu erklären durch Rückschlüsse aus der Situation oder den bisherigen Verhaltensweisen des Handelnden (vgl. Tybout/Scott, 1983, S. 475).
36
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
chen sind, in der sich die Handlung abspielt (vgl. Heider, 1977, S. 102). Das Ergebnis einer Handlung hängt von der Kombination beider Faktoren ab. Werden die Ursachen für die Beobachtung auf die Person zurückgeführt, so kann zusätzlich unterschieden werden, in welcher Gewichtung dies in den persönlichen Fähigkeiten und in der Motivation der Person begründet ist. Beide Faktoren sind multiplikativ verknüpft, d. h., ist einer der beiden Faktoren null, so ist der Effekt auf die Beobachtung ebenfalls null. Könnte eine intelligente Person eine schwierige Aufgabe zwar von ihren Fähigkeiten her bewältigen, strengt sich jedoch nicht an, so wird sie die Aufgabe vermutlich nicht erledigen können (vgl. Heider, 1958; Heider, 1977, S. 103). Wird demgegenüber die Beobachtung eher auf das situative Umfeld – Umstände, die nicht mit der Person selbst zusammenhängen – zurückgeführt, so kann weiter unterschieden werden, ob die Schwierigkeit der Aufgabe oder eher der Faktor Zufall für die Beobachtung verantwortlich ist. Die Grundlagenforschung von Heider bildet die Basis für zahlreiche Weiterentwicklungen der Attributionstheorie in verschiedene Richtungen (vgl. Meyer/ Schmalt, 1984, S. 98). Jones und Davis erarbeiteten die so genannte Inferenztheorie, die sich genauer mit der Attribution auf die Person befasst (vgl. Jones/Davis, 1965, S. 222ff.). Beispielsweise stellten sie fest, dass Verhaltensweisen, die sozial erwünscht sind, weniger Rückschlüsse auf die Motivation der Person zulassen als sozial weniger erwünschte Handlungen.27 Darüber hinaus wurden weitere Personen in die Betrachtungen einbezogen. Wenn eine bestimmte Person dasselbe Verhalten zeigt wie andere Personen innerhalb der Bezugsgruppe – beispielsweise ein Angestellter, der seinen Schreibtisch wie alle anderen Angestellten aufräumt –, dann ist diese Information für Rückschlüsse auf die individuellen Neigungen, zum Beispiel die Ordentlichkeit, weniger wertvoll (vgl. Jones/Davis, 1965, S. 222ff.). Eine weitere Richtung schlug Kelley ein. Sie basiert zwar auf den Annahmen Fritz Heiders, unterscheidet sich jedoch grundlegend von den Arbeiten von Jones und Davis. Kelleys Theorie gleicht einer systematischen Analyse der Kovariation und erinnert daher an eine statistische Analyse (vgl. Hamilton, 1980, S. 767). Das so ge-
27
Eine weitere Studie von Jones, Davis und Gergen analysiert die Rückschlüsse, die Beobachter aus dem rollen-konformen bzw. -inkonformen Verhalten von Personen bei Bewerbungsgesprächen ziehen (vgl. Jones et al., 1961, S. 303). Wurde von den Anwärtern für eine bestimmte Stelle introvertiertes Verhalten verlangt und verhielten sich die Bewerber dementsprechend introvertiert, so wurden sie auf einer Skala zur Introvertiertheit neutral eingestuft. Die Introvertiertheit konnte aus Sicht der Beobachter damit ein echtes Persönlichkeitsmerkmal sein. Da dieses jedoch erwünscht war, könnte der Bewerber es auch (quasi zielgerichtet) lediglich „vorgespielt“ haben, um eine Eignung für die Stelle vorzugaukeln. Diese Situation führt zur neutralen bzw. indifferenten Einschätzung bzgl. des echten Persönlichkeitsmerkmals durch die Beobachter. Verhielten sich andere Bewerber allerdings – trotz der Anforderung zur Introvertiertheit – extrovertiert, so wurde diesen Personen tatsächlich das Persönlichkeitsmerkmal hoher Extrovertiertheit zugeschrieben. Jones, Davis und Gergen schlussfolgerten, dass Personen, die sich allgemeinen sozialen Regeln stark anpassen, aus Sicht von Beobachtern nur wenig über ihre eigenen Überzeugungen aussagen. Bei Personen, die soziale Regeln missachten, geschieht dies dagegen aus innerer Überzeugung (vgl. Jones et al., 1961, S. 309).
2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung
37
nannte Kovariationsprinzip besagt, dass nur dann attribuiert werden darf, wenn Ursache und Wirkung gemeinsam auftreten und auch gemeinsam wieder verschwinden (vgl. Kelley, 1973, S. 108; Forgas, 1987, S. 76; Kelley/Michela, 1980, S. 462ff.). Dazu berücksichtigte Kelley in seinem Modell dreierlei Variablen: die Situation bzw. den Kontext, in dem das Verhalten gezeigt wird, das Ziel bzw. das Objekt der Handlung und den Akteur, der die Handlung vornimmt (vgl. Kelley, 1973, S. 110). 2.1.2
Weiterentwicklung der Attributionstheorie nach Weiner unter besonderer Berücksichtigung der Leistungsattribution
Weiner entwickelte ebenfalls auf Basis von Heiders Ansätzen die Attributionstheorie weiter. Er konzentrierte sich dabei vor allem auf Leistungsattributionen. Dieser Ansatz ist für die Ableitung von Wirkungen durch den Einsatz von Portfolio-Werbung besonders interessant, da er auf den Rückschlüssen basiert, die sich aus vorherigen und aktuellen Leistungen ableiten lassen. Bisher konzentrierte sich die Forschung zur Attributionstheorie auf die Dimension des so genannten Locus of control, d. h. die Unterscheidung, ob die Ursachen für eine Beobachtung in der Person selbst oder in situativen Faktoren zu suchen sind. Obwohl auch Heider bereits weiterführend unterschieden hat, ob bei Festlegung auf die Person als Locus of control deren Fähigkeiten oder ihre besondere Anstrengung für eine bestimmte Handlung verantwortlich ist, blieben seine Ausführungen doch sehr vage. Weiner hat diesen Ansatz aufgegriffen und weiterführend systematisiert. Wenn beispielsweise geklärt werden soll, warum ein Schüler in einer Klassenarbeit eine sehr gute Note erzielen konnte, stellt sich die Frage, ob dies auf seine Intelligenz oder auf einen glücklichen Zufall zurückgeführt werden kann.28 Hier hilft die bisherige Unterscheidung des Locus of control nicht weiter, da vor allem bisherige Leistungen Aufschluss darüber geben, ob es sich um einen einmaligen oder einen zeitlich stabilen Erfolg handelt. Darum sollten vorherige Leistungen der betreffenden Person herangezogen werden. Indem zusätzlich zwischen stabilen und instabilen (d. h. variierenden) Faktoren unterschieden wird, lassen sich die vorherigen Leistungen der Person in die Analyse der Gründe einbeziehen (vgl. Weiner, 1985, S. 551). Aus beiden Dimensionen, Locus of control und Stabilität der Beobachtungen, ergibt sich folgendes Urteilsschema (siehe Abbildung 14). Nach diesem Schema wird bei einer Person, die in der Vergangenheit mehrfach gute (d. h. stabile) Leistungen gezeigt hat, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf ihre Fähigkeit attribuiert (vgl. Weiner et al., 1971, S. 101). Wenn hingegen die Leistungen stark variieren, so ist es wahrscheinlicher, dass entweder eine verstärkte Anstrengung oder Glück für den aktuellen Erfolg verantwortlich ist.29 28
Da sich die Weiterentwicklung von Weiner mit Leistungsattributionen befasst, wurden viele Studien im Bereich der Beurteilung von Schülern unternommen. 29 Letztlich kann die zweite Dimension (Locus of control) nur im Rahmen der Analyse herangezogen werden, wenn mehrere Personen dieselbe Aufgabe zu bewältigen hatten. Im Rahmen der Schülerbeurteilung ist dies beispielsweise durch Ergebnisse von Klassenarbeiten möglich. (Fortsetzung Fußnote 29 auf S. 38)
38
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 14. Klassifikationsschema für die Attribution von Leistungen nach Weiner Quelle: in Anlehnung an Weiner, 1985, S. 551; House, 1980, S. 529
2.1.3
Ableitung von Erkenntnissen für Portfolio-Werbung aus der Attributionstheorie Im Hinblick auf die Grundidee von Portfolio-Werbung kann insbesondere das Modell von Weiner zu möglichen Rückschlüssen durch die Konsumenten herangezogen werden. So wie Personen die Leistung einer Person auf bestimmte Gründe (beispielsweise auf deren Fähigkeit) zurückführen, könnten sie dies auch im Rahmen des Kontaktes mit einer Dachmarke tun. Je mehr erfolgreich absolvierte Arbeiten (oder Ausbildungsabschlüsse) Personen bei anderen Personen beobachten, umso wahrscheinlicher werden sie der Person gute Fähigkeiten unterstellen.30 Ähnlich könnten die Rückschlussprozesse nach Kontakt mit Portfolio-Werbung ablaufen. In Abbildung 15 wurden die möglichen Attributionen als Reaktion der Konsumenten auf Portfolio-Werbung abgeleitet. 29
(Fortsetzung) Grundsätzlich geht Weiner jedoch davon aus, dass die Dimension der Stabilität ohnehin einen stärkeren Einfluss im Rahmen des Attributionsprozesses hat (vgl. Frieze et al., 1971, S. 603f.). In diesem Zusammenhang gehen Kepka und Brickman davon aus, dass Personen zunächst die Fähigkeit als Grund für eine bestimmte Leistung überprüfen. Nur unter der Prämisse, dass diese Annahme nicht zu den vorliegenden Daten passt, wird die Anstrengung oder Motivation herangezogen (vgl. Kepka/Brickmann, 1971, S. 227). Dies zeigte sich auch in den Studien von Hansen. Er konnte belegen, dass bei der Suche nach Gründen für ein Verhalten eher nach bestätigenden Information für die eigenen Vermutungen als nach widerlegenden Informationen gesucht wird. In einem weiteren Versuch wurde gezeigt, dass Probanden sich zudem relativ schnell mit einer Begründung zufrieden gaben, wenn sie ihnen brauchbar erschien. Die Testpersonen suchten nicht zusätzlich noch bessere Erklärungsmöglichkeiten (vgl. Hansen, 1980, S. 1007). 30 Unter der Prämisse, dass die Leistungen nicht gleichzeitig von fast allen anderen Personen ebenfalls erbracht wurden (d h. der Locus of control nicht extern zu suchen ist), ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der beschriebenen Attribution auf die Fähigkeit zu rechnen.
2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung
39
Abb. 15. Parallelen zwischen Attributionen auf die Person und auf die Dachmarke Quellen: in Anlehnung an Tsirod et al., 2004, S. 480; Teas/McElroy, 1986, S. 76
In Anlehnung an die Rückschlussprozesse, die aus vorherigen und aktuellen Leistungen von Personen gezogen werden, können ähnliche Denkprozesse und Effekte bei der Wirkung von Portfolio-Werbung erwartet werden. Beobachtet ein Konsument, dass eine Dachmarke sowohl starke als auch eher unbekannte Produktmarken auf den Markt gebracht hat (d. h. variierende Beobachtungen), so könnte er folgern, dass das Unternehmen bzw. die Dachmarke in Bezug auf die erfolgreichen Produktmarken große (beispielsweise werbliche) Unterstützung unternommen hat oder auch einfach ein glückliches Händchen bei der Entwicklung einzelner erfolgreicher Produkte hatte. In jedem Fall wäre die Attribution auf die Kompetenz des Unternehmens eher unwahrscheinlich, weil aus Sicht des Konsumenten nicht nur Erfolge, sondern auch Misserfolge vorhanden wären. Demzufolge würde sich der Eindruck des Konsumenten von der Dachmarke kaum verändern.31 Wenn jedoch nur erfolgreiche und aus Sicht des Konsumenten starke Produktmarken aufgeführt werden, so ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass er dies auf die Kompetenz und Fähigkeit des Unternehmens bzw. der Dachmarke zurückführt.32 Ein beispielhafter Gedankengang könnte lauten: „Wenn diese Dach31
In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass ein als positiv empfundener Kontakt mit dem Mitarbeiter eines dem Probanden nahezu unbekannten Versicherungsunternehmens bereits zu einer positiven Beurteilung des ganzen Unternehmens führen kann (vgl. Folkes et al., 2003, S. 130). Folkes et al. bezeichnen diesen Effekt als „positivity effect“ (Folkes et al., 2003, S. 130). Konsumenten schließen somit unter bestimmten Bedingungen tatsächlich von einer einzelnen Leistung auf die Kompetenz des ganzen Unternehmens bzw. der Dachmarke. 32 Die Möglichkeit, dass dies auf ein einfaches Marktumfeld zurückzuführen ist, ist (im Vergleich zur Personen- und speziell Leistungsattribution bei Schülern) eher unwahrscheinlich. Gerade der Bereich schnelldrehender Konsumgüter (dieser wurde für die empirische Studie gewählt, siehe Kapitel E) wird von den Konsumenten vermutlich nicht als einfacher Markt wahrgenommen.
40
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
marke die aus meiner Sicht erfolgreichen und bekannten Produktmarken auf den Markt gebracht hat, dann muss die dahinter stehende Dachmarke wirklich kompetent sein.“ Grundsätzlich ist dabei jedoch zu beachten, dass diese vermutete positive Wirkung von Portfolio-Werbung nur dann eintreten kann, wenn die Konsumenten die Zugehörigkeit der aufgezählten Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke vorher nicht kannten und die Dachmarke allgemein eher schwach in den Köpfen der Konsumenten verankert ist.33 Gerade in Produktmarken-dominanten Markenarchitekturen kennen Konsumenten häufig nur wenige Produkte aus dem Sortiment von Dachmarken und können somit derartige Gedankengänge nicht vollziehen, weil ihnen die „Leistungsnachweise“ fehlen.34 Hier könnte Portfolio-Werbung auf die Zugehörigkeit dieser starken Produktmarken hinweisen und so die Attribution auf die Kompetenz der Dachmarke anregen. Dies könnte in der Konsequenz zu einer Eindrucksverbesserung der Dachmarke führen.35 Zusammenfassend gilt: Aus den Erkenntnissen der Attributionstheorie können Hinweise auf mögliche Wirkungen von Portfolio-Werbung auf die zugehörige Dachmarke abgeleitet werden. Werden mehrere starke Produktmarken gemeinsam mit der zugehörigen Dachmarke gezeigt, deren Zusammenhang den Konsumenten vorher nicht bekannt war, so ist zu vermuten, dass sich der Eindruck verbessert, den Konsumenten von der Dachmarke haben. Dies lässt sich erklären mit dem vermuteten Rückschluss von den Leistungen der Dachmarke – in Form erfolgreicher Produktmarken – auf deren Kompetenz. Daraus lassen sich folgende allgemeine Wirkungshypothesen für PortfolioWerbung ableiten: a) Je mehr Produktmarken aufgeführt werden und je stärker diese sind, desto positiver ist die Auswirkung von Portfolio-Werbung. b) Diese Wirkung wird insbesondere dann eintreten, wenn die Zugehörigkeit der Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke vorher nicht bekannt war. 33
In diesem Zusammenhang zeigte sich in Studien, dass das Wissen über einen Akteur, das Beobachter bereits besitzen, ihre Eindrucksbildung beeinflussen kann. Baumeister und Jones belegen, dass die Aufzählung von positiven Eigenschaften und Leistungen nur dann zu einem positiven Eindruck des Akteurs führt, wenn die Beobachter diesen kaum oder gar nicht kannten (vgl. Baumeister et al., 1978, S. 608). Bereits vor diesem Hintergrund wäre besonders dann ein positiver Effekt durch Portfolio-Werbung zu erwarten, wenn die Konsumenten nur über geringes Vorwissen zur Dachmarke verfügen. 34 Gerade weil die Beobachter die früheren Verhaltensweisen oder Leistungen nicht kennen, kann es zu unterschiedlichen Interpretationen kommen (vgl. Jones et al., 1971, S. 6). Daher ist es wichtig, die Konsumenten über die Zugehörigkeit verschiedener starker Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke zu informieren, um sie zu einer Attribution auf die Kompetenz des Unternehmens anzuregen. 35 Würden nur schwache Produktmarken aufgezählt, die dem Konsumenten kein Begriff sind, kann dies der Attributionstheorie zufolge zu negativen Konsequenzen führen, da die schwachen Produktmarken keine positiven Leistungen darstellen, sondern eher als Misserfolge gewertet würden.
2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung
2.2
41
Gesetz der Großen Zahlen als Erklärungsansatz für die Wirkung von Portfolio-Werbung
Jacob Bernoulli, der die erste Version des „Gesetzes der Großen Zahlen“ formulierte, schrieb in einem Brief an Leibniz, „even the stupidest man knows by some instinct of nature and by no previous instruction“, dass Rückschlüsse mit zunehmender Zahl bestätigender Beispiele sicherer werden (vgl. Gigerenzer et al., 1989, S. 29). Zweieinhalb Jahrhunderte später studieren zahlreiche Psychologen, wann und in welcher Form Menschen das so genannte Gesetz der Großen Zahlen im Rahmen von Schlussfolgerungsprozessen nutzen. Unter induktiven36 Schlussfolgerungen versteht man das Ableiten „allgemein gültiger“ Regeln aus Beobachtungen, Experimenten und Erfahrungen.37 Es handelt sich um kognitive Prozesse, die zu Schlussfolgerungen vom Konkreten zum Abstrakten führen (vgl. Fiedler/Plessner, in Druck, o. S.). Induktive Schlussfolgerungen sind eine allgegenwärtige und häufig genutzte Problemlösungsmethode. Anwendungsgebiete sind Konzeptbildung, Generalisierung von Beobachtungen oder die Vorhersage von Ereignissen unter Unsicherheit (vgl. Nisbett et al., 1983, S. 339). Es handelt sich somit um ein „Beurteilungs-Tool“, das eine Art Äquivalent zu statistischen Prinzipien bildet und zur Lösung alltäglicher Probleme herangezogen werden kann. Bei der Generalisierung von Beobachtungen können zweierlei Rückschlüsse unterschieden werden. Zum einen können Rückschlüsse von Mitgliedern einer Ebene auf ein neues Mitglied derselben Ebene gezogen werden und zum anderen kann von Beobachtungen auf die übergeordnete Ebene generalisiert werden (vgl. Nisbett et al., 1983, S. 339). Wenn ein Konsument beispielsweise von der Qualität eines bestimmten Produktes aus dem Sortiment einer Dachmarke auf die Qualität eines neuen Produktes schließt, so handelt es sich hierbei um einen Rückschlussprozess auf derselben Ebene. Demgegenüber würde ein Konsument, der Konsequenzen aus der Qualität einer Produktmarke auf die Qualität der übergeordneten Dachmarke ableitet, einen ebenenübergreifenden Rückschlussprozess vollziehen. Letzterer wird im Rahmen von Portfolio-Werbung vermutet bzw. angeregt.38 Grundsätzlich stellt sich bei solchen induktiven Rückschlüssen erstens die Frage, wie viele Beobachtungen bzw. Beispiele notwendig sind, um derartige Konsequenzen abzuleiten. Zweitens wäre zu hinterfragen, mit welcher wahrgenommenen Sicherheit Personen solche Rückschlüsse ziehen (vgl. Feeney/Gardiner, 2002, S. 1). Das „Gesetz der Großen Zahlen“ kommt bei beiden Fragestellungen zum Tragen. Es handelt sich hierbei um eine „common-sensical intuition and not a mathematical theorem like the (mathematical) law of large numbers“ (Sedlmeier/Gigerenzer, 1997, S. 35). Es besagt, dass eine große Stichprobe zur Schätzung der Beschaffenheit der 36
Man unterscheidet induktive und deduktive Schlussfolgerungen. Bei Ersteren wird ein Sachverhalt analysiert und daraus eine allgemein gültige Regel abgeleitet, d. h. auf die Allgemeinheit generalisiert. Demgegenüber werden bei deduktiven Rückschlüssen allgemein gültige Regeln auf einen speziellen Sachverhalt angewendet. 37 Für einen Überblick siehe Heit, 2000. 38 Vgl. hierzu auch Osherson et al., 1990, S. 185.
42
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Gruppe besser ist als eine kleine. Je mehr Beobachtungen demnach eine bestimmte These stützen, desto größer ist die wahrgenommene Sicherheit, mit der Personen diese vertreten. Dieser Aspekt wurde bereits im Forschungsbereich der Markenerweiterungen angewendet. Hier konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass das Markenvertrauen umso größer ist, je mehr Produkte mit der Marke assoziiert werden (vgl. DelVecchio, 2000, S. 460). Für die Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung bedeutet dies, dass die Präsentation mehrerer starker Produktmarken ein besserer Kompetenzbeweis ist als die Präsentation lediglich einer starken Produktmarke. Da der Konsument gleich mehrere Beobachtungen für den möglichen Rückschluss auf die Kompetenz der Dachmarke heranziehen kann, ist er sich bei diesem Rückschluss vermutlich sicherer. Das „Gesetz der Großen Zahlen“ unterstreicht die aus der Attributionstheorie abgeleiteten Vermutungen somit nochmals speziell in Bezug auf die Rückschlusssicherheit: Je mehr Produktmarken aufgeführt werden und je stärker diese sind, desto positiver ist die Auswirkung von Portfolio-Werbung.
2.3
Informationsökonomische Erklärungsansätze für die Wirkung von Portfolio-Werbung
Bei der Informationsökonomie handelt es sich um eine relativ neue Richtung der mikroökonomischen Markt- und Preistheorie. Mit ihr lassen sich die Auswirkungen unvollkommener bzw. asymmetrisch verteilter Informationen auf die wahrgenommene Verhaltensunsicherheit von Marktteilnehmern erklären (vgl. Hopf, 1983, S. 313; Kaas, 1991, S. 358). Der zentrale Untersuchungsgegenstand ist die Marktunsicherheit, die als endogene Unsicherheit bezeichnet wird (vgl. Hopf, 1983, S. 313; Hirschleifer/Riley, 1989, S. 1376f.). Sie entsteht, weil Käufer und Verkäufer meist nicht über dieselben Informationen verfügen. Die Informationen können sich sowohl hinsichtlich Menge als auch Art unterscheiden (vgl. Voss/Tansuhaj, 1999, S. 42). Produzenten verfügen beispielsweise über Informationen zur Produktqualität, die dem Konsumenten nicht vorliegen. In fast allen Studien zur Informationsökonomie wird dabei der Qualitätsbegriff stellvertretend für alle Attribute und Produkteigenschaften genannt, hinsichtlich derer sich der Kunde vor und gegebenenfalls auch nach dem Kauf nicht sicher ist. Diese Unsicherheit variiert jedoch je nach Art des Produktes. In der Informationsökonomie werden Güter aus diesem Grund in zwei Kategorien eingeteilt: Such- und Erfahrungsgüter (Nelson, 1970, S. 312). Suchgüter, wie zum Beispiel Kleidungsstücke, haben aus Konsumentensicht den Vorteil, dass die Qualität bereits vor dem Kauf ersichtlich ist (vgl. Voss/Tansuhaj, 1999, S. 43). Sie bergen nur eine geringe Unsicherheit für den Käufer. Unter Erfahrungsgütern werden solche Produkte verstanden, bei denen die Qualität nur nach dem Kauf und gegebenenfalls auch erst nach mehrmaliger Verwendung für den Kunden beurteilbar ist. Als Beispiel für ein solches Produkt sei eine Anti-Falten-Creme
2 Allgemeine Zugänge zur Wirkungserklärung von Portfolio-Werbung
43
genannt, deren Nutzen erst nach mehrmaliger Anwendung bewertet werden kann. Auch der Kauf eines gebrauchtes Automobils birgt derartige Risiken (vgl. Akerlof, 1970, S. 489). Hier ist die gefühlte Unsicherheit bereits wesentlich höher. Darby und Karni (vgl. Darby/Karni, 1973, S. 68) fügten dieser Klassifikation in Such- und Erfahrungsgüter eine weitere Kategorie hinzu, indem sie zusätzlich Vertrauensgüter unterschieden. Hier ist die Qualität für den Kunden nie direkt erfahrbar. Ein Medikament zur Stärkung des Immunsystems kann dieser Kategorie zugerechnet werden. Um diese wahrgenommene Unsicherheit zu reduzieren, senden Unternehmen bzw. Marken Signale an den Konsumenten (vgl. Voss/Tansuhaj, 1999, S. 43). Dabei kann der Markenname selbst als Signal fungieren (vgl. Montgomery/Wernerfelt, 1992; Erdem, 1998; DelVecchio, 2000; Dacin/Smith, 2001). Studien konnten zeigen, dass die Marke bzw. ihre Reputation als Bürgschaft für hohe Qualität wirken kann (vgl. Wernerfelt, 1988, S. 458). Auch wenn sich Konsumenten über die Qualität eines neuen Produktes einer Dachmarke unsicher sind, so verfügen sie meistens über Erfahrungen mit anderen Produkten dieser Dachmarke. Wenn ein Unternehmen ein neues Produkt auf den Markt bringt, so signalisiert es damit gleich zweierlei Aspekte für den Konsumenten. Erstens gibt es das Signal, dass das neue Produkt von ähnlich guter Qualität wie die bestehenden Produkte ist. Zweitens lädt es ein, die (positiven) Erfahrungen mit den bestehenden Produkten als Bürgschaft für die Qualität des neuen Produktes zu nutzen (vgl. Wernerfelt, 1988, S. 459; Sullivan, 1990, S. 310). Es wird argumentiert, dass sich ein Unternehmen bzw. eine Dachmarke mit mehreren erfolgreichen Produkten selbst schaden würde, wenn es bzw. sie in diesem Zusammenhang ein eher minderwertiges Produkt auf den Markt brächte. Erstens würden die Konsumenten das neue Produkt nicht erneut kaufen, zweitens könnte darüber hinaus der Ruf des Unternehmens inklusive aller bestehenden Produkte geschädigt werden (vgl. Sullivan, 1990, S. 310). Würden Konsumenten also mit einem (neuen) Produkt schlechte Erfahrungen machen, könnten sie dies für die Dachmarke als Ganzes generalisieren und den Rückschluss ziehen, alle Produkte dieses Unternehmens seien qualitativ minderwertig. In der Informationsökonomie wird angenommen, dass sich die Konsumenten über diese Konsequenz im Klaren sind. Dies hätte zur Folge, dass sie annehmen, kein Unternehmen nähme freiwillig solch ein Risiko in Kauf. Aus diesem Grund fungiert die Dachmarke im Umkehrschluss als Bürgschaft für hohe Qualität, wodurch sich das wahrgenommene Kaufrisiko reduziert (vgl. Montgomery/Wernerfelt, 1992, S. 49). Im Gegensatz zu Studien, die sich mit den möglichen negativen Konsequenzen von (neuen) Produkten auf die Reputation der Dachmarke beschäftigen, konnte in anderen Studien gezeigt werden, dass dieser Prozess auch mit positivem Vorzeichen auftreten kann. Hier wird davon ausgegangen, dass die Dachmarke umso qualitativ hochwertiger eingeschätzt wird, je mehr Produkte aus dem Sortiment der Konsument positiv beurteilt. Mit zunehmender Zahl mit einer Dachmarke assoziierter Produkte erhöht sich die Qualitätswahrnehmung der Dachmarke (vgl. Dacin/Smith, 2001, S. 879).39 Dies basiert auf der Annahme, dass die „Bürgschaft“ der Dachmarke 39
Diese Untersuchung wurde mit fiktiven Marken durchgeführt.
44
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
– und damit das Risiko des Unternehmens, die wertvolle Marke durch minderwertige Produkte zu schädigen – umso stärker ist, je mehr Produkte an den Markennamen angeschlossen sind. Die Autoren konnten zudem belegen, dass die wahrgenommene Qualitätsvarianz dabei eine zentrale Rolle spielt. Je geringer diese ist, desto einfacher ist es für Konsumenten, die Dachmarke als Indikator für ein bestimmtes Qualitätsniveau anzusehen (vgl. Dacin/Smith, 2001, S. 875). Zudem konnte gezeigt werden, dass Konsumenten ihre Erfahrungen mit bestehenden Produkten als Ersatz für noch nicht vorhandene Erfahrungen mit neuen Produkten der Dachmarke nutzen (vgl. DelVecchio, 2000, S. 459). Eine große Zahl der Produkte, die mit der Marke assoziiert werden, hatte in diesem Zusammenhang einen positiven Einfluss auf die empfundene Verlässlichkeit der Marke (vgl. DelVecchio, 2000, S. 465). Für die Dachmarkenführung bedeutet dies, die wahrgenommene Qualität der Dachmarke ist umso höher, je mehr erfolgreich auf dem Markt etablierte Produktmarken als Qualitätsbeweis fungieren.40 Die Informationsökonomie unterstützt in diesem Fall die vermutete (positive) Wirkung von Portfolio-Werbung auf die zugehörige Dachmarke. Je mehr erfolgreiche Produktmarken der Konsument mit einer Dachmarke assoziiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese als Ganzes für neue Produkte als „Qualitätsgarant“ fungieren kann (vgl. Smith/Park, 1992, S. 297 f.). Auch hier gilt jedoch, dass die bereits erwähnten Voraussetzungen bzgl. fehlender Informationen über die Zugehörigkeit der Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke sowie bzgl. der Stärke der Produktmarken erfüllt sein müssen. Zusammenfassend lässt sich auch aus dem Blickwinkel der Informationsökonomie folgende Wirkung von Portfolio-Werbung vermuten: Je mehr Produktmarken aufgeführt werden und je stärker diese sind, desto positiver ist die Auswirkung von Portfolio-Werbung.
3
Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung durch Einflussfaktoren aus der Markenforschung
Der zweite Abschnitt dieses Kapitels befasste sich mit grundlegenden und eher „gesamtheitlichen“ Erklärungsmöglichkeiten, warum Portfolio-Werbung unter bestimmten Umständen positiv wirken könnte, und griff dazu auf die Attributionstheorie, das Gesetz der Großen Zahlen und die Informationsökonomie zurück. Alle drei theoretischen Zugänge lassen vermuten, dass die Aufzählung mehrerer 40
Dies gilt nicht uneingeschränkt für alle Unternehmen, da hier zusätzlich weitere Faktoren beachtet werden müssen. Die Dachmarke „Masterfoods“ beispielsweise hat sowohl Nahrungsmittel für Menschen als auch für Tiere in ihrem Sortiment. Hier kann der postulierte Gedankengang nicht oder nur mit großen Einschränkungen gelten. Dies hängt mit dem wahrgenommenen „Fit“ zwischen den verschiedenen Produktmarken zusammen. Auf diese Problematik wird in den Kapiteln C und E eingegangen.
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
45
starker Produktmarken den Eindruck verbessern könnte, den die Konsumenten von der Dachmarke besitzen.41 Es wird jedoch davon ausgegangen, dass diese Basisannahmen von verschiedenen Faktoren in Bezug auf die Richtung (positiv oder negativ) und die Stärke beeinflusst werden. Obwohl nahezu keine empirischen Erkenntnisse zur Wirkung von Portfolio-Werbung vorliegen, lassen sich aus Studien zu verwandten Bereichen der Marketingforschung, wie zum Beispiel Markenerweiterungen oder -allianzen, Faktoren ableiten, die diesen Prozess beeinflussen können. Im dritten Abschnitt des Kapitels C werden diese Einflussfaktoren vorgestellt und ihre möglichen Konsequenzen auf die Wirkung von Portfolio-Werbung abgeleitet (siehe Abbildung 16).
Abb. 16. Überblick zu Konkretisierung des Modells zur vermuteten Wirkung von PortfolioWerbung
Bisher existieren kaum empirische Erkenntnisse zur Wirkung von PortfolioWerbung.42 Leigh untersuchte die Auswirkungen der Abbildung mehrerer fiktiver Produktmarken gemeinsam mit einer fiktiven Familienmarke auf einem „supermarket flyer“ (Leigh, 1984, S. 10) in Bezug auf die Recall- und Recognitionswerte der beteiligten Marken. Manipuliert wurden die Anzahl abgebildeter Produkte sowie die 41
Verfügen Konsumenten demgegenüber bereits über ein ausgeprägtes Markenimage mit darin verankerten Produktmarken, so ist der Eindruck, den sie von der Dachmarke haben, durch Portfolio-Werbung nur schwer zu verändern. In einem solchen Fall besitzen die Konsumenten Wissen zur Dachmarke, das ihre Interpretation der Portfolio-Werbung beeinflussen kann (vgl. zum Beispiel Johar et al., 2005, S. 462). 42 Diese Aussage bezieht sich auf die in der vorliegenden Arbeit verwendete Definition von Portfolio-Werbung, d. h. dem Einsatz mehrerer Produktmarken gemeinsam mit der zugehörigen Dachmarke im Rahmen von Werbemaßnahmen.
46
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
zugrunde liegende Markenstrategie.43 Es zeigten sich zumeist gemischte Resultate, die nahe legen, dass beide Faktoren einen Einfluss haben. Da in der Studie ausschließlich fiktive Marken untersucht wurden, konnte der Aspekt des bestehenden Markenwissens insbesondere in Bezug auf die Produktmarken nicht berücksichtigt werden. Gerade dieser Einflussfaktor wird in der vorliegenden Studie jedoch als zentral angesehen. Darüber hinaus wurde der Fit44 innerhalb der Produktmarkengruppe nicht berücksichtigt, obwohl er nach Erkenntnissen aus dem Bereich der Markenerweiterungen, -allianzen und -kombinationen ebenfalls eine zentrale Rolle spielen könnte.45 Zudem liegt der Fokus von Leigh auf Recall- und Recognitionswirkungen und nicht – wie in der vorliegenden Arbeit – auf Wirkungen auf die Einstellung zur Dachmarke. Aus diesem Grund wird der Beitrag, den die Studie von Leigh für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit leistet, als eher gering eingeschätzt, obwohl sie sich mit einem ähnlichen Ansatz befasst. Es gibt über die Studie von Leigh hinaus einige Publikationen, die generell Anlass dazu geben, dass bestehende Produkte aus dem Markensortiment die Dachmarken stärken könnten. Einige Forscher betonen, der Eindruck, den Konsumenten von einer Marke haben, ergebe sich aus den Marketing-Mix-Elementen. Das Image eines Unternehmens resultiere aus den Produkten, die es auf den Markt bringt (vgl. Levitt, 1960, S. 48; Biel, 1993, S. 71 ). Bharat und Shacher heben ebenso hervor, dass das Profil eines Unternehmens durch den gemeinsamen Nenner und die Varianz aller Produkte charakterisiert wird, die es anbietet: „the prior beliefs depend on the profile of the multiproduct firm“ (Anand/Shachar, 2004, S. 135). Portfolio-Werbung baut exakt auf diesem Zusammenhang auf. Vereinzelt wird die Möglichkeit erwähnt, Produkte zur Stärkung der zugehörigen (Familien-)Marken einzusetzen (vgl. Morein, 1975, S. 60). Diese Ausführungen beziehen sich jedoch meist auf Familienmarkenstrukturen, die durch neue Produkte (d. h. Markenerweiterungen) ergänzt werden. Keller und Aaker zeigen hierzu auf, dass die Vertrauenswürdigkeit und die wahrgenommene Kompetenz einer Dachmarke mit jeder erfolgreich eingeführten Markenerweiterung steigen (vgl. Keller/Aaker, 1992, S. 37f.).46 Diese Untersuchung bezog sich allerdings nicht auf komplexe Markenarchitekturen mit einer Dach- und mehreren eigenständigen Produktmarken, sondern auf eine Familienmarke mit neuen Markenerweiterungen und kann daher nur bedingt auf die Wirkung von Portfolio-Werbung übertragen werden.
43
Es wurde differenziert zwischen einer reinen Familienmarkenstrategie, einer Familienmarkenstrategie mit Subbranding, Einzelmarken und einer Kombination aus Familien- und Einzelmarken im Sinne einer komplexen Markenarchitektur. 44 Auf den Begriff des Fits wird in Kapitel C.3.2 näher eingegangen. 45 Der Einflussfaktor Fit wird in Kapitel C.3.2 aus theoretischer Sicht und in Kapitel D.3.1.3 in seiner Berücksichtigung im Rahmen der empirischen Studie genauer beschrieben. 46 Sie formulierten den Satz: „In particular, a company will appear more expert and trustworthy if it already has successfully introduced products (e.g., a brand extension)“ (Keller/Aaker, 1992, S. 37).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
47
Dacin und Smith vertreten eine ähnliche Sichtweise. Sie konnten nachweisen, dass erfolgreich eingeführte Markenerweiterungen einer Familienmarke die Beurteilung einer weiteren neuen Markenerweiterung verbessern können (vgl. Dacin/Smith, 2001, S. 879). Dies gibt Hinweise darauf, dass solche erfolgreich eingeführten Markenerweiterungen auch die zugehörige Familienmarke stärken, wobei dieser Zusammenhang nicht explizit genannt wurde. Erkenntnisse aus dem Bereich der Markenerweiterungen sollten jedoch nicht uneingeschränkt auf die Wirkungsbeziehungen in komplexen Markenarchitekturen und insbesondere auf die Wirkung von Portfolio-Werbung übertragen werden. Markenerweiterungen basieren auf dem Grundgedanken, einen bestehenden Markennamen für neue Produkte in neuen Produktkategorien zu nutzen. Da hier nicht nur Transfer-Effekte von der Stammmarke47 zu dem Erweiterungsprodukt auftreten können, sondern auch umgekehrt, besteht grundsätzlich zwar die Möglichkeit, einige Erkenntnisse aus diesem Bereich zur Erklärung möglicher Effekte von Portfolio-Werbung auf die Dachmarke heranzuziehen. Im Gegensatz zu komplexen und vor allem Produktmarken-dominanten Markenarchitekturen liegt jedoch meist ein engerer konzeptioneller Bezug zwischen der Familienmarke und dem Erweiterungsprodukt vor. Aus diesem Grund sollten die Erkenntnisse aus der Markenerweiterungsforschung spezifisch auf mögliche Analogien zur Portfolio-Werbung analysiert und geprüft werden. Keller erwähnt die Option, „Brand Line Campaigns“ (Keller, 2003, S. 563) einzusetzen, welche die Sortimentsbreite der Dachmarke hervorheben sollen. Damit werden die unterschiedlichen Verwendungs- oder Nutzenaspekte thematisiert, die von einer bestimmten Dachmarke angeboten werden. Keller vermutet, dass dies zur Erhöhung der Markenbekanntheit und Klarheit des Images führen und darüber hinaus zu weiteren Verwendungsmöglichkeiten anregen könnte. Letztlich könnte damit zu Probierkäufen anderer Produkte der Marke angeregt werden (vgl. Keller, 2003, S. 563). Zu dieser Technik existieren jedoch keine empirischen Erkenntnisse. Darüber hinaus ist zu vermuten (obwohl Keller dies nicht explizit erwähnt), dass es sich bei den erwähnten Marken um Familien- und weniger um Dachmarken mit eigenständigen Produktmarken handelt. Vereinzelt wird indirekt auf die Notwendigkeit des Einsatzes des Portfolios in der Kommunikation hingewiesen, da Konsumenten häufig keine Kenntnis über das Sortiment der Dachmarke haben. Strebinger weist zudem darauf hin, dass nicht jede Produktmarken-Kampagne, in der das Dachmarkenlogo einsetzt wird, einen Beitrag zur Stärkung der Dachmarke leistet. Viele Konsumenten sind nicht denkfreudig 47
Der Begriff Stammmarke (synonym Core Brand, Parent Brand) wird in Studien zu Markenerweiterungen unterschiedlich verwendet. Zum Teil wird darunter das Flaggschiffprodukt innerhalb eines Sortiments verstanden, d. h. eines der führenden und bekanntesten Produkte, das mit der Dachmarke oder dem Unternehmen sofort assoziiert wird. In solchen Fällen handelt es sich um Prozesse innerhalb einer Hierarchieebene (der Produktmarkenebene) in der Markenarchitektur (vgl. z. B. Bachalander/Ghose, 2003). In anderen Studien wird die Stammmarke als übergeordnete Familienmarke verstanden, die eher vergleichbar einer Dachmarke auf einer höheren Hierarchieebene als die Produktmarken angesiedelt ist (vgl. zum Beispiel Chakravarti et al., 1990).
48
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
genug, ihre verstreut erworbenen Eindrücke von der Dachmarke zu einem Gesamturteil zusammenzuführen (vgl. Strebinger, 2003, S. 51). Unter verstreut erworbenen Eindrücken kann man sich Werbemaßnahmen zu unterschiedlichen Produktmarken vorstellen, in denen die Dachmarke nur am Rande erwähnt wird und die zudem zu unterschiedlichen Zeiten geschaltet werden. Um sich einen Gesamteindruck von der Dachmarke aus den verschiedenen Produktmarken zu bilden, müsste sich ein Konsument erstens an die zeitlich versetzten Werbemaßnahmen erinnern und zweitens daraus einen schlüssigen Gesamteindruck formen. Dazu ist ein hoher kognitiver Aufwand erforderlich, zu dem viele Konsumenten vor dem Hintergrund zunehmender Informationsüberlastung und bei meist geringem Involvement vermutlich nicht bereit sind (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 9ff.). Auch wenn somit die Idee, das Portfolio in der Kommunikation einzusetzen, bereits erwähnt wurde und Erkenntnisse zu ähnlichen Forschungsfragen beispielsweise aus dem Bereich der Markenerweiterungen vorliegen, existieren kaum empirische Erkenntnisse darüber, wie Portfolio-Werbemaßnahmen tatsächlich wirken. Nachfolgend werden verschiedene Faktoren beschrieben, die sich aus bestehenden Erkenntnissen zu Transferprozessen zwischen verschiedenen Marken ableiten lassen und daher auch im Rahmen von Portfolio-Werbung relevant sein könnten.
3.1
Erkenntnisse und Hypothesen zum Einflussfaktor Markenstärke
3.1.1
Grundlagen zur Markenstärke
Da sich die Stärke bzw. der Wert einer Marke in den Köpfen der Konsumenten widerspiegelt (vgl. Esch, 2005b, S. 65; Esch/Geus, 2005, S. 1270), eignen sich besonders verhaltenswissenschaftliche Ansätze für die Messung der Markenstärke. So können die Reaktionen der Konsumenten auf strategische und taktische Maßnahmen der Markenführung gut abgebildet werden. Will man etwas über die Stärke der Marke erfahren, muss somit an dem Wissen angesetzt werden, das die Konsumenten zu dieser aufgebaut haben. Die Repräsentation von Wissen48 und somit auch von Markenwissen in den Gedächtnisstrukturen kann durch Schemata erfolgen (vgl. Esch/Geus, 2005, S. 1270). 48
Zur Erklärung der gedanklichen Vorgänge sowie zum Verständnis der inneren Strukturen ist das im Langzeitgedächtnis gespeicherte Wissen von zentraler Bedeutung. Der Begriff Wissen lässt sich umschreiben als die Summe der subjektiven Überzeugungen, individuellen Erfahrungen und kognitiven Fähigkeiten (vgl. Opwis, 1992, S. 50). Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten von vorhandenem Vorwissen unterschieden. Das deklaratorische Wissen umfasst die Speicherung von elementaren wahrgenommenen Reizen und bedeutungsvollen Informationen. Diese Art von Wissen wird häufig in Form von sprachlichem Lernen (Bücher, Zeitung, Schule etc.) erworben (vgl. Edelmann, 1996, S. 299f.). Prozedurales Wissen hingegen umfasst die kognitiven Vorgänge der Verknüpfung und der Anwendung von neuem und vorhandenem Wissen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 230). Das Einlegen des Rückwärtsgangs bei einem Auto wäre beispielsweise dem prozeduralen Wissen zuzuordnen (vgl. Bednorz/Schuster, 2002, S. 156).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
49
Bartlett erwähnte in seinem Werk „Remembering“ von 1932 den Begriff des Schemas zur Beschreibung großer, organisierter Strukturen, in denen vergangene Erinnerungen gespeichert und neue Informationen eingebunden werden können (vgl. Bartlett, 1932, S. 199ff.). Der Begriff des Schemas wurde bis heute weiter konkretisiert und wird aktuell wie folgt definiert: „Schemata sind große, komplexe Wissenseinheiten, die typische Eigenschaften, also quasi feste, standardisierte Vorstellungen umfassen, die man von Objekten, Personen oder Ereignissen hat“ (Esch, 2001, S. 85). Das bestehende Wissen in Form von Schemata übernimmt für das menschliche Gehirn wichtige Funktionen. Schemavorstellungen erleichtern die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen und Reizen aus der Umwelt (vgl. Esch, 2005b, S. 66; Fiske/Taylor, 1991, S. 124ff.). Neue Informationen werden leichter gelernt und im Gedächtnis gespeichert, wenn sie kongruent zu vorhandenen Schemata sind. In Bezug auf die Gedächtnisleistung werden zentrale Assoziationen eines Schemas leichter erinnert als irrelevante Informationen. Dieser Mechanismus beeinflusst zudem, wie schnell man etwas wahrnimmt, was man aus den neuen Informationen berücksichtigt, und wie man die Informationen interpretiert (vgl. Fiske/Taylor, 1991, S. 121ff.).49 Schemata lassen sich in Form semantischer Netzwerke abbilden und visualisieren (vgl. Esch, 2001, S. 86; Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 232). Auch zu Marken kann ein Konsument Schemata entwickeln.50 Ein beispielhaftes Netzwerk für die Marke Milka wird in Abbildung 17 dargestellt. Nach Collins und Loftus werden die gespeicherten Wissensbestandteile oder Konzepte durch Knoten symbolisiert, die über Kanten miteinander verbunden sind (vgl. Collins/Loftus, 1975, S. 408). Die Kanten können unterschiedlich starke Beziehungen zwischen den Konzepten darstellen. Je stärker die Verbindung zwischen zwei Knoten bzw. je direkter die Verbindung zwischen zwei Knoten ist, desto schneller kommt der Person durch die Nennung des ersten Knotens der zweite Knoten in den Sinn.51 Durch die Nennung der Marke Milka ist „lila Kuh“ vermutlich eine der ersten Assoziationen, die dem Konsumenten einfällt, und wird aus diesem Grund auch in direkter Nähe zur Marke angesiedelt.52 49
Obwohl einmal angelegtes Wissen kaum mehr gelöscht werden kann, besteht auch die Möglichkeit, dass gespeichertes Wissen nicht mehr aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Wird der Zugriff auf gespeicherte Gedächtnisstrukturen erschwert, spricht man von Interferenzwirkungen (vgl. Esch, 2001, S. 99). Dabei kommt es zu einer Überlagerung von Wissen durch vorher und nachher gespeicherte Informationen. Zu differenzieren sind Gedächtnishemmungen, die auf das vorher gespeicherte Wissen (proaktive Hemmungen) zurückzuführen sind, und solche, die durch das nachher gelernte Material entstehen (retroaktive Hemmungen) (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 360). 50 In einer Zusatzstudie (siehe Kapitel D) zur Hauptstudie der vorliegenden Arbeit wurden die Auswirkungen von Portfolio-Werbung auf die Markenschemata von Dachmarken untersucht. 51 Beispielsweise hängt es u. a. von den Knoten bzw. Assoziationen ab, die durch eine Marke aktiviert werden, auf welcher Basis und vor welchem Hintergrund ein Produkt der Marke beurteilt wird. 52 Janiszewsky und Van Osselear zeigten, dass der Markenname bestimmte Assoziationen aktivieren oder hervorrufen kann, beispielsweise Qualität (vgl. Janiszewski/Van Osselaer, 2000), die die Produktbeurteilung beeinflussen können.
50
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 17. Semantisches Netzwerk zur Marke Milka Quelle: Esch, 2001, S. 89
Schemata können sich im Rahmen von Lernprozessen entwickeln, d. h., Wissen kann neu aufgebaut oder auch modifiziert werden. Dies kann als Wissenszuwachs im Sinne eines assimilativen Prozesses geschehen, durch Feinabstimmung des Wissens oder durch Umstrukturierung bestehenden Wissens durch Schemainduktion. Bei Wissenszuwachs im Sinn eines assimilativen Prozesses wird das bestehende Schema selbst nicht verändert, sondern bestehende Strukturen werden vertieft und Leerstellen aufgefüllt (vgl. Mandl et al., 1988; Esch, 2001, S. 90).53 Lernen durch Wissenszuwachs gilt als der am häufigsten auftretende Lernprozess unter den drei Kategorien (vgl. Rumelhart/Norman, 1978, S. 45). Feinabstimmung des Wissens tritt ein, wenn das bestehende Schema mit kleinen Änderungen modifiziert wird.54 Schemainduk53
Schemata weisen Leerstellen auf und sind dadurch im Hinblick auf bestimmte Merkmale und Merkmalsausprägungen variabel (vgl. Esch, 2001, S. 88). Im Schema „Auto“ existiert zum Beispiel eine variable Leerstelle zur Art des Aufbaus des Autos. Sowohl ein Kombi als auch eine Limousine können dadurch gleichermaßen dem Schema „Auto“ zugerechnet werden. 54 Gierl und Koncz konnten im Rahmen einer Studie zu Imagetransfer-Effekten bei Werbung mit Prominenten nachweisen, dass durch das gemeinsame Auftreten zweier Reize (eine Marke und ein Prominenter) die Marke mit neuen Assoziationen (d. h. das Image, über das die prominente Person verfügt) verknüpft werden kann, da die mit beiden Reizen assoziierten Aspekte miteinander verlinkt werden (vgl. Gierl/Koncz, 2005).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
51
tion und damit eine Umstrukturierung des Wissens erfolgt bei Lernen durch Kontiguität, d. h. das Lernen parallel auftretender Dinge oder als Mustervergleich. Im Hinblick auf das Markenwissen lassen sich zweierlei Konstrukte unterscheiden: die Markenbekanntheit und das Markenimage. Letzteres wird als zentrale Grundlage des Markenwerts angesehen (vgl. Aaker, 1991; Keller, 1993; Esch/Andresen, 1994). Wenn eine Marke nicht über einen ausreichenden Bekanntheitsgrad verfügt, kann auch kein klares Image aufgebaut werden. Eine hohe Markenbekanntheit ist erforderlich, um bei einer Kaufentscheidung berücksichtigt zu werden. Darüber hinaus ist sie nötig, um als Anker für markenspezifische Assoziationen zu fungieren (vgl. Esch, 2005b, S. 69). Sie führt darüber hinaus zu Vertrautheit und Zuneigung bei den Konsumenten (vgl. Aaker, 1992, S. 85). So wie die Markenbekanntheit als notwendige Bedingung für den Markenerfolg gilt, ist der Aufbau eines Markenimages die hinreichende Bedingung (vgl. Esch, 2005b, S. 71). Die gespeicherten Assoziationen können dabei sowohl emotional als auch kognitiv, verbal oder nonverbal sein. Zudem prägt auch die Zahl der Assoziationen das Markenimage. Starke Marken verfügen in der Regel über mehr und vor allem besser strukturierte Assoziationen (vgl. Esch/Geus, 2005, S. 1271; Keller, 1993, S. 2ff.), die im Vergleich mit schwächeren Konkurrenzmarken einzigartig und dadurch differenzierend sind.55 Sie verfügen darüber hinaus über positiv beurteilte Assoziationen. Starke Marken werden von Konsumenten insgesamt besser beurteilt, was sich auch in einer positiven Einstellung56 zur Marke niederschlägt. Auch können Konsumenten auf Assoziationen starker Marken deutlich besser zugreifen. Morrin wies in diesem Zusammenhang nach, dass die Zugänglichkeit von nicht dominanten, d. h. schwachen Familienmarken durch Markenerweiterungen verbessert werden kann (vgl. Morrin, 1999, S. 318). Dies basiert auf der Annahme, dass jede zusätzliche Kante – die im Rahmen semantischer Netzwerke den Zugriff auf einen bestimmten Knoten ermöglicht – die Zugänglichkeit der Familienmarke erhöht. Die Studie folgt der Logik, dass jedes zusätzliche, positiv beurteilte Produkt eine weitere Quelle für Kontakt mit der Familienmarke bieten kann und dadurch deren Zugänglichkeit steigert.57 Im Rahmen von Portfolio-Werbung sollte auf Basis dieser Erkenntnisse die Stärke der Dach- als auch der Produktmarken berücksichtigt werden. 3.1.2
Kombinationsmöglichkeiten aus Dach- und Produktmarkenstärke
Durch Portfolio-Werbung wird der Konsument mit neuen Informationen zur Dachmarke konfrontiert. Dabei können sowohl die Dach- als auch die Produktmarken 55
Leclerc et al. wiesen in diesem Zusammenhang nach, dass bereits die Verknüpfung mit einem bestimmten Herkunftsland eine Marke aufladen kann (vgl. Leclerc et al., 1994). 56 Unter dem Begriff Einstellung wird die subjektiv wahrgenommene Eignung eines Gegenstandes zur Befriedigung einer Motivation verstanden (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 169). Dieses Konstrukt wird in Kapitel D.3.2.1 näher beschrieben. 57 Park und Srinivasan belegen einen ähnlichen Effekt für Markenerweiterungen (vgl. Park/Srinivasan, 1994).
52
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
über unterschiedliche Markenstärke verfügen. Dachmarken, die zwar über eine hohe Namensbekanntheit, jedoch nur ein schwach ausgeprägtes Markenschema verfügen – wie es sich zum Beispiel in der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit für die Marke „Kraft“ gezeigt hat58 – und zu denen die Konsumenten eine moderate oder negative Einstellung haben, werden als schwache Dachmarken bezeichnet. Je nachdem, welche Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke vorliegt, sollten sich unterschiedliche Effekte für die Dachmarke ergeben. Um den Einfluss optimal analysieren zu können, den der Faktor Markenstärke im Rahmen von Portfolio-Werbung hat, wird von vier verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten ausgegangen, die in Abbildung 18 gezeigt sind.
Abb. 18. Kombinationsmöglichkeiten aus Dach- und Produktmarkenstärke
Es stellt sich die Frage, bei welchen Kombinationsmöglichkeiten ein optimaler, d. h. stark positiver Effekt im Hinblick auf die Dachmarke auftreten kann. Um dies zu beantworten, wird die bereits dargestellte Schematheorie herangezogen. Schwach entwickelte Markenschemata sind deutlich besser zu verändern als stark und weit entwickelte (vgl. Wicks, 1992, S. 118f.). Konsumenten mit kaum vorhandenem Markenwissen, d. h. nur schwach entwickelten Schemata sind offen für neue – und speziell inkonsistente – Informationen (vgl. Fiske/Taylor, 1991, S. 128). Dies zeigt sich beispielsweise in der Forschung zu Markenallianzen. Simonin und Ruth konnten nachweisen, dass der Einfluss einer der beteiligten Marken umso größer ist, je weniger die Konsumenten mit der anderen Marke vertraut sind (vgl. Simonin/Ruth, 1998, S. 34). Sie gingen dabei davon aus, dass die Netzwerke schwacher Marken relativ klein und gering ausgeprägt sind. In einer Markenallianz zusammen mit stärkeren Partnermarken bietet die neue Marke eine Quelle zusätzlicher Informationen. Die Einstellung zur schwachen Marke konnte durch die gemeinsame Präsenz in einer Markenallianz verbessert werden.59 Demgegenüber gilt, je besser das 58 59
Siehe Kapitel D. Auch in weiteren Studien zu Markenallianzen wurde nachgewiesen, dass eine neue Marke im Rahmen einer Allianz von deren Stärke profitieren kann (vgl. Park et al., 1986; Samu et al., 1999).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
53
Schema entwickelt ist, desto schwerer wird es, dieses durch zusätzliche und gegebenenfalls inkonsistente Informationen zu verändern (vgl. Fiske/Taylor, 1991, S. 149).60 Studien ergaben hier, dass verfestigte Markenschemata kaum zu verändern sind (vgl. Keller, 1993, S. 8; Sheinin/Biehal, 1999, S. 65). Es zeigte sich auch in einer anderen Untersuchung, dass gerade Flaggschiffprodukte gegenüber negativ beurteilten Markenerweiterungen resistent sind (vgl. Roedder John et al., 1998, S. 29). Daraus folgt, dass sich die Markenschemata von schwachen Dachmarken durch Portfolio-Werbung vermutlich wesentlich stärker verändern lassen als von starken Dachmarken. Ein schwach ausgeprägtes Markenschema und eine moderate Markeneinstellung sind damit wichtige Einflussfaktoren für einen positiven Effekt, der letztlich die Einstellung zur Dachmarke verbessert. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein positiver Effekt nur dann eintreten kann, wenn die aufgezählten Leistungen der Dachmarke – sprich: die Produktmarken – tatsächlich als positiv (und dadurch als beeindruckend) empfunden werden. Mit der Attributionstheorie lässt sich dieser Zusammenhang erklären, wie bereits ausführlich im ersten Teil dieses Kapitels beschrieben wurde. Bei konsistent starken Leistungen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auf die Fähigkeit der Person bzw. auf die Kompetenz der Dachmarke attribuiert wird. Werden nur schwache, unbekannte Produktmarken aufgezählt, so würde der positive Effekt vermutlich ausbleiben, weil diese Marken nicht „beeindruckend“ wirken können. Auch vor dem Hintergrund der Schematheorie ist diese Vermutung nahe liegend. Die Einstellung zur Dachmarke kann sich nur dann verbessern, wenn die im Rahmen von Portfolio-Werbung aufgezählten Produktmarken vergleichsweise besser als die Dachmarke beurteilt werden. Nur dann kann der Transfer von Imagebestandteilen tatsächlich zu einer Verbesserung führen. Unter Transfer-Effekten versteht man dabei die Übertragung von Imagebestandteilen zwischen Marken. Dieser Transfer kann in der Konsequenz von Schemaverknüpfungen stattfinden. In Bezug auf Portfolio-Werbung bedeutet dies die Verknüpfung der Produktmarkenschemata mit dem Dachmarkenschema. Dabei können nicht nur wertfreie Imagebestandteile, sondern auch wertende Aspekte wie die Einstellung zur Produktmarke auf die Dachmarke übertragen werden. Aus der Literatur zu Markenerweiterungen ist bekannt, dass die Chancen einer Markenerweiterung umso größer sind, je höher der Bekanntheitsgrad und je prägnanter das 60
In Studien konnte zudem eine Art „Blocking-Effekt“ nachgewiesen werden (vgl. Van Osselaer et al., 2000, S. 1). Wenn ein konditionierter Stimulus (beispielsweise ein Ton) und ein unkonditionierter Stimulus (beispielsweise ein Schock) vollständig gelernt wurde, so blockiert dieses Wissen das Lernen weiterer unkonditionierter Stimuli (zum Beispiel ein bestimmtes Licht). Wenn ein bestimmter Markenname erfolgreich mit hoher Produktqualität verknüpft (und damit konditioniert) wurde, bevor die Probanden die einzelnen Produktattribute und ihre Qualität gelernt hatten, so kann die erste Verknüpfung unter Umständen das Lernen der letzten blockieren. In solchen Fällen berücksichtigten die Probanden keine weiteren Informationen in ihrem Entscheidungsprozess. Wenn es somit gelingt, eine Marke erfolgreich mit hoher Qualität zu konditionieren, sind solche Verknüpfungen nur noch schwer zu verändern.
54
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Image der Stammmarke ist (vgl. Esch, 2005b, S. 313). Keller spricht von der Voraussetzung, dass die Stammmarke den Konsumenten nicht nur bekannt sein muss, sondern dass diese positive Assoziationen mit ihr verbinden müssen (vgl. Keller, 2005, S. 949). Meist wird hier jedoch die Auswirkung einer mehr oder weniger starken Familienmarke – meist als Core Brand bezeichnet – auf eine Markenerweiterung betrachtet. Studien zu Transfer-Effekten von der Markenerweiterung auf die Stammmarke zeigen, dass dies auch in umgekehrter Richtung funktionieren kann. Generell müssen Marken, von denen positive Transfer-Effekte ausgehen sollen, über ausreichende Hebelkraft verfügen, damit andere Marken davon profitieren können. Je bekannter die Marke ist und je tiefer und strukturierter ihr Image, desto größer kann ihre Hebelwirkung sein. Die positive Hebelwirkung der Produktmarken auf die Dachmarke – und damit die positive Wirkung von Portfolio-Werbung – ist aus diesem Grund vermutlich umso größer, je stärker die Produktmarken sind. Marken können in diesem Zusammenhang sowohl vom Bekanntheitsgrad anderer Marken als auch von deren spezifischen Imagebestandteilen profitieren.61 Diese Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass Portfolio-Werbung bei schwachen Dachmarken in Kombination mit starken Produktmarken vermutlich eine positive Wirkung auf die Dachmarke ausüben kann. Handelt es sich demgegenüber um eine starke Dachmarke mit ausgeprägtem Markenschema und bereits positiver Einstellung, dürften sich durch die Aufzählung ähnlich starker Produktmarken vermutlich kaum Effekte ergeben. Bei schwachen Produktmarken kehrt sich die Wirkung um. Werden sie gemeinsam mit einer schwachen Dachmarke aufgezählt, dürften sich kaum Effekte ergeben, weil die Konsumenten über nur schwache Markenschemata verfügen und die Dachmarke ohnehin nur sehr moderat oder sogar negativ einschätzen. In Kombination mit einer starken Dachmarke wäre das Markenschema der Dachmarke zwar derart ausgeprägt, dass sich langfristig nur wenig Änderungen ergäben. Allerdings könnten die Konsumenten negativ überrascht sein, dass die ihnen gut bekannte und eingeschätzte Marke derart schwache Produkte im Sortiment hält.
Abb. 19. Vermutete Wirkungen von Portfolio-Werbung in Bezug auf die Markenstärke von Dach- und Produktmarken 61
Vgl. zu derartigen Transfer-Effekten u. a. Koppelmann et al., 2004.
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
55
Daraus lässt sich das in Abbildung 19 gezeigte Wirkungsmuster für die Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke ableiten. Folgende Hypothesen lassen sich für den Einflussfaktor Markenstärke ableiten: H1a: Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verbessert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung. H1b: Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht. H1c: Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht. H1d: Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verschlechtert sich die Einstellung zur Dachmarke durch Portfolio-Werbung. Da die Wirkung von Portfolio-Werbung auf die Dachmarke im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht, werden gegebenenfalls auftretende Veränderungen auf Produktmarkenebene nur sekundär betrachtet. Dennoch sollte der Eindruck, über den Konsumenten bzw. Probanden zu den starken Produktmarken verfügen, kontrolliert werden.62 Wie bereits auf Basis der Schematheorie im Hinblick auf Dachmarken ausgeführt wurde, kann hier ebenfalls vermutet werden, dass sich die Einstellung nicht oder nur marginal verändert – und zwar unabhängig von der Dachmarkenstärke und breite. H2: Die Einstellung zu den starken Produktmarken verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht.
3.2
Erkenntnisse und Hypothesen zum Einflussfaktor Markenfit
3.2.1
Grundlagen zum Markenfit
Unter dem Begriff „Fit“ versteht man die Passung zwischen zwei oder mehr Objekten oder auch Marken. Synonym wird auch der Begriff „Ähnlichkeit“ verwendet. Der Fit ergibt sich aus dem Grad der Zugehörigkeit eines Objektes zu einer bestimmten Kategorie (vgl. Park et al., 2005, S. 965). Würde die Marke Milka (mit der viele Konsumenten Schokoladenprodukte aus Alpenmilch verbinden) plötzlich Hustenbonbons in ihr Sortiment aufnehmen, so würde dies vermutlich als eher unpassend empfunden werden. Das gespeicherte Markenwissen zu Milka hätte einen eher geringen Fit mit Assoziationen zu Hustenbonbons. 62
Die Einstellungswerte zu den schwachen Produktmarken konnten nicht kontrolliert werden, da diese von den Probanden aufgrund der Unbekanntheit nicht angegeben werden konnten.
56
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
In zahlreichen Studien zu Markenerweiterungen wurde der Fit als zentraler Erfolgsfaktor in Bezug auf positive Transfer-Effekte zwischen Marken betrachtet (vgl. u. a. Aaker/Keller, 1990; Bhat/Reddy, 2001; Broniarcyk/Alba, 1994; Dawar, 1996; Gurhan-Canli, 2003; Jab, 1993; Keller, 2005; Park et al., 2005; 1991; Völckner, 2004). Auch in Zusammenhang mit Untersuchungen zu Markenallianzen (vgl. u. a. Levin/Levin, 2000; Park/Jun, 1996; Simonin/Ruth, 1998; Voss/Tansuhaj, 1999; Redler, 2003) und Markenkombinationen (vgl. Sauders/Guoqun, 1997; Bräutigam, 2004) zeigte sich, dass der Fit im Rahmen von Beurteilungsprozessen eine relativ große Rolle spielt. Der Fit kann sowohl ebenenübergreifend verstanden werden – zum Beispiel zwischen Stammmarke und Erweiterungsprodukt – als auch ebenenintern, zwischen bestehenden Produkten und einer neuen Erweiterung innerhalb des Sortiments. In den bisherigen Studien zu Markenerweiterungen, -allianzen und -kombinationen63 wurde fast ausschließlich die Passung zwischen zwei Marken betrachtet und damit zwischen Stammmarke und einem weiteren, gegebenenfalls neuen Produkt. Dabei wurde untersucht, inwiefern die Passung bzw. der Fit Transfer-Effekte zwischen den betreffenden Marken beeinflusst. Zur theoretischen Erklärung von Transfer-Effekten zwischen Objekten wurde meist auf die Kategorisierungstheorie zurückgegriffen (vgl. Dubé et al., 1992, S. 255). Die heutige Forschung basiert auf Prinzipien, die auf Wissenschaftler wie Allport, Bartlett, Bruner und Lippmann zurückgehen. Viele spätere Publikationen zur Kategorisierungstheorie basieren auf der Publikation „Categorization of Natural Objects“ von Mervis und Rosch aus dem Jahr 1981. Es wird angenommen, dass Menschen andere Menschen, soziale Rollen, Ereignisse oder auch sich selbst kategorisieren, um den Umgang damit zu vereinfachen. Sie vergleichen beispielsweise neue Erkenntnisse mit den ihnen schon bekannten, prüfen, ob es Übereinstimmungen gibt, und projizieren gegebenenfalls ihre bereits erworbenen Erkenntnisse auf die neue Situation. Dadurch kann der kognitive Aufwand reduziert werden, der nötig ist, um eine unbekannte Situation umfassend zu analysieren. Die Kategorisierungstheorie eignet sich somit zur Einschätzung von Eigenschaften, Attributen oder Informationen, die anhand des Objekts selbst nicht getroffen werden können (vgl. Sujan/Dekleva, 1987, S. 372). Nach Fiske und Pavelchak kann der Kategorisierungsprozess wie folgt definiert werden: „Categorization is the process of identifying a stimulus as a member of its class, similar to other members and dissimilar from nonmembers“ (Fiske/Pavelchak, 1986, S. 170). Mervis und Rosch geben darüber hinaus folgende Definition: „A category exists whenever two or more distinguishable objects or events are treated equivalently“ (Mervis/Rosch, 1981, S. 341).
63
Bei Bräutigam konzentrierte sich das Forschungsinteresse ebenfalls auf der Wirkung einer zusätzlichen Dachmarke auf der Verpackung der zugehörigen Produktmarke. Hier wurden zwar verschiedene Kombinationen von Dach- und Produktmarken untersucht, aber jeweils nur die Kombination zweier Marken, der Dach- und einer Produktmarke, betrachtet. Weitere Produktmarken des Sortiments wurden nicht in die Untersuchung einbezogen (vgl. Bräutigam, 2004).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
57
Kategorien werden repräsentiert durch eine Ansammlung verschiedener Attribute, zum Beispiel Produkt- oder Markenattribute, die um eine Art Prototyp angeordnet werden (vgl. Dubé et al., 1992, S. 255). Auch Marken und Produkte können dabei Kategorien oder Kategoriemitglieder darstellen. Eine Marke, etwa Milka, fungiert als Kategorie für Schokoladenprodukte und ist damit vergleichbar einer Art „Etikett“ für alle unter ihr angebotenen Produkte, d. h. die Kategoriemitglieder (vgl. Boush, 2001, S. 811). Dass ein Objekt, beispielsweise eine Markenerweiterung, in eine bestimmte Kategorie eingeordnet oder einer Marke zugeordnet und in der Konsequenz ebenso behandelt wird, hängt maßgeblich von der wahrgenommenen Ähnlichkeit des Objektes mit der Kategorie ab. In der klassischen Konzeptbildungsliteratur wurde ursprünglich davon ausgegangen, dass jedes erfolgreich in eine Kategorie einsortierte Mitglied grundsätzlich ein gleichwertig gutes Mitglied ist (vgl. James, W., 1890, zitiert nach Mervis/Rosch, 1981, S. 95). Jüngere Forschungen fanden heraus, dass die Repräsentativität von Kategoriemitgliedern, auch als „Typizität“ bezeichnet, durchaus variieren kann. Die Typizität gibt die Güte wieder, mit der ein Objekt als Repräsentant einer Kategorie gilt (vgl. Loken/Ward, 1990, S. 112). Beispielsweise kann ein Kanarienvogel als ein typischeres Mitglied, also ein besserer Repräsentant, der Kategorie „Vogel“ bezeichnet werden als ein Strauß. Je nachdem, ob ein Exemplar im Vergleich zur Kategorie bzw. dem Kategorie-Prototyp ein guter Repräsentant ist, d. h. einen ausreichend hohen Fit zu ihm aufweist, wird es der Kategorie zugeordnet.64 In der Konsequenz finden Transferprozesse zwischen dem neuen Mitglied und bestehenden Kategoriemitgliedern sowie der übergeordneten Kategorie statt.65 Diese Erkenntnisse wurden in Bezug auf die Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozesse bei Markenerweiterungen bereits angewendet.66 Es konnte nachgewiesen werden, dass eine neue Erweiterung einer Stammmarke auf Basis ihrer Repräsentativität mit bestehenden Produkten der Stammmarke beurteilt wird. Wird eine ausreichend hohe Ähnlichkeit mit der Stammmarke festgestellt (d. h. ist die Erweiterung ein guter Repräsentant der Stammmarke), wird die Erweiterung in das Markenschema der Stammmarke eingegliedert.67 Diese Eingliederung ist eine notwendige Bedingung für positive Transfer-Effekte im Rahmen von Markenerweiterungen. Soll eine neue Erweiterung somit zum Beispiel von der Markenstärke der Stammmarke profitieren und in der Konsequenz einen „Vertrauensvorschuss“ erwerben, muss sie einen für die erfolgreiche Zuordnung zum Stammmarkenschema ausreichenden Fit aufweisen. In jedem Fall basiert die Anwendung der Kategorisierungstheorie bisher
64
Dabei läuft der Kategorisierungsprozess umso schneller ab, je mehr der Kontext das Verständnis erleichtert (vgl. Medin/Smith, 1984, S. 127). In Abschnitt C.3.3 zum so genannten Framing wird näher auf dieses Thema eingegangen. 65 Vgl. zum Beispiel Cohen/Basu, 1987. 66 Vgl. zum Beispiel Muthukrishnan/Weitz, 1991. 67 Peracchio und Tybout konnten auch zeigen, dass ein neues Produkt dann besonders vorteilhaft beurteilt wird, wenn seine Attribute moderat inkongruent zum Schema der aktivierten Produktkategorie sind und wenn die Konsumenten gleichzeitig geringes Wissen über die Produktkategorie hatten (vgl. Peracchio/Tybout, 1996).
58
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
auf einem Mustervergleich zwischen einem (bestehenden) Stammmarkenschema und einem (neuen) Produkt- bzw. Erweiterungsschema. Ist der Fit zwischen der Stammmarke und dem Erweiterungsprodukt entsprechend hoch, erfolgt mit größerer Wahrscheinlichkeit ein Transfer von Attributen und Einstellungswerten.68 Ist der Fit dagegen sehr gering, besteht nicht nur die Möglichkeit, dass der gewünschte Transfer ausbleibt, sondern sogar die Gefahr, dass die Stammmarke geschädigt wird. Dies wird als „negativer Spillover-Effekt“ bezeichnet. Der Fit bzw. die Typizität des neuen Produktes mit der Stammmarke spielt bei Markenerweiterungen somit nachweislich eine große Rolle. Ist er nicht in ausreichendem Maß vorhanden, muss gegebenenfalls mit negativen Auswirkungen für die Stammmarke, häufig die Familienmarke, gerechnet werden. Es muss daher geklärt werden, ob erstens das bisher untersuchte Verständnis des Fits auch für Portfolio-Werbung gilt und ob zweitens mit ähnlichen Effekten zu rechnen ist. Wie bereits betont, verstehen Studien zu Markenerweiterungen den Fit als Kategorisierungsversuch eines Exemplars (einer untergeordneten Ebene) zu einer übergeordneten Kategorie. Dazu ist eine mehr oder weniger gut ausgeprägte übergeordnete Kategorie notwendig. Anders ausgedrückt, es wird meist davon ausgegangen, dass die Konsumenten bereits über ein ausgeprägtes und gut strukturiertes Stammmarkenschema verfügen, mit dem das neue Produkt verglichen werden kann, was zu dem wahrgenommenen Fit führt. Bei Portfolio-Werbung wird von anderen Voraussetzungen ausgegangen: 1. Es bestehen bei schwachen Dachmarken69 – und bei diesen wird der positive Effekt erwartet – nur gering ausgeprägte Markenschemata, da die Konsumenten sehr wenig über die Dachmarke wissen. Diese Annahme ist in den meisten Studien zu Markenerweiterungen nicht gegeben, da hier in der Regel von einer bereits starken Stammmarke ausgegangen wird. 2. Mehrere Produktmarken, die gegebenenfalls Wirkungen auf die Dachmarke haben, müssen in der Untersuchung berücksichtigt werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, wie sich die (schwache) Dachmarke verändert, wenn sie gemeinsam mit mehreren Produktmarken präsentiert wird. Dabei wird vermutet, dass sich die Konsumenten auf die Produktmarken stützen und diese zur Beurteilung der Dachmarke heranziehen, da sie zu wenig über die schwache Dachmarke wissen. In diesem Sinn kann die Kategorisierungstheorie nicht herangezogen werden, da ausreichendes Dachmarkenwissen als notwendige Voraussetzung verfügbar sein müsste. Die Fragestellung bei Portfolio-Werbung muss daher nicht lauten „Wie wird ein neues Objekt einer bestehenden Kategorie zuge68
In einigen Studien zu Markenerweiterungen wurde jedoch nachgewiesen, dass bei gutem Fit zwischen einer Stammmarke und einem erfolglosen Erweiterungsprodukt die Stammmarke geschädigt wurde (Sullivan, 1990; Romeo, 1991; Keller/Aaker, 1992; Loken/Roedder John, 1993; Lane et al., 1997; Roedder John et al., 1998). 69 In der in Teil D beschriebenen empirischen Studie wurden allerdings nicht nur schwache, sondern auch starke Dachmarken berücksichtigt, um den Einfluss des Faktors Dachmarkenstärke belegen zu können.
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
59
ordnet?“, sondern „Wie bildet sich aus Objekten eine neue Kategorie?“. Das bisher verwendete Verständnis des Fits, d. h. die Passung zwischen der Stammmarke und dem Erweiterungsprodukt, trifft daher bei dieser Fragestellung nicht den Punkt. Um die Frage zu klären, wie sich aus Objekten oder verschiedenen Attributen eine neue Kategorie bildet, können Theorien zur Gruppenwahrnehmung herangezogen werden. Wenn eine Person sich einen möglichst schlüssigen Gesamteindruck von einer Gruppe von Personen bilden soll, ist diese Aufgabe je nach Beschaffenheit der Gruppe relativ komplex (vgl. McConnell et al., 1994, S. 174). Beispielsweise kann ein Mitglied der Gruppe sehr ruhig und sensibel sein, während andere laut und aggressiv sind. Verschiedene Informationen und Eindrücke, die nicht immer „dieselbe Sprache sprechen“, müssen integriert werden. Werden Konsumenten mit unterschiedlichen Produktmarken unter einer Dachmarke konfrontiert, müssen sie eine vergleichbare Aufgabe bewältigen. „Komplexe Dachmarken bestehen wie soziale Gruppen aus Mitgliedern, welche hinsichtlich vieler Merkmale unterschiedlich sind, aber als Kernmerkmal die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer Gruppe teilen“ (Florack et al., 2005, S. 9).70 Möchte ein Unternehmen erreichen, dass Konsumenten sich von der Dachmarke einen Gesamteindruck bilden, muss sichergestellt werden, dass von den Produktmarken und ihrer Beurteilung auf die Dachmarke generalisiert wird.71 Vereinfacht gesagt, ergibt sich aus der Einschätzung der Produktmarken als Konsequenz die Dachmarkeneinschätzung. Je weniger dabei die Konsumenten über die Dachmarke wissen, desto stärker wird dieser Prozess auf Basis der vorliegenden aktuellen Stimuli – sprich: der Produktmarken – erfolgen und weniger auf Basis bestehender Wissensstrukturen. Wie leicht von einer Gruppe von Produktmarken auf die Einschätzung der Dachmarke generalisiert werden kann, hängt nach Erkenntnissen zur Gruppenwahrnehmung auch von der Gruppenvariabilität ab. Je homogener die Gruppenmitglieder in ihren Attributen oder Attributsausprägungen, desto leichter erfolgt die Bildung eines Gesamteindrucks bzw. die Generalisierung (vgl. Thagard/Nisbett, 1982, S. 385). Dieser Gedankengang wurde in einigen Studien zu Marken aufgegriffen. Im Rahmen einer Untersuchung von Familienmarken konnte belegt werden, dass bei geringer Variabilität „the observed characteristics of one individual is attributed to all members of the individual’s social category (,you’ve seen one, you’ve seen them all’)“ (Kardes/Allen, 1991). In einer weiteren Studie zeigte sich, dass bei geringer erwarteter Variabilität von Produkten die Testpersonen eher dazu neigten, einen konsistenten Gesamteindruck von der Familienmarke zu bilden (vgl. Gurhan-Canli, 2003, S. 112). Ebenso wurde nachgewiesen, dass sich mehrere beste70
Hier ist zu beachten, dass die Konsumenten vorher Kontakt mit Portfolio-Werbung hatten, deren Zugehörigkeit zur Dachmarke nicht – oder zumindest nicht von allen abgebildeten Produktmarken – bekannt war. 71 Durch eine Studie von Joiner und Loken konnte gezeigt werden, dass Konsumenten leichter von einem Attribut einer bestimmten Produktkategorie (zum Beispiel Sony TV-Geräte) auf eine übergeordnete Markenkategorie (zum Beispiel alle Produkte der Marke Sony) generalisieren als von einer Produktkategorie auf eine andere (vgl. Joiner/Loken, 1998).
60
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
hende Produkte, die als qualitativ ähnlich wahrgenommen werden, positiv auf das Vertrauen in eine Marke auswirken können (vgl. Dacin/Smith, 2001, S. 879; DelVecchio, 2000, S. 465). Diese Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Variabilität innerhalb der im Rahmen von Portfolio-Werbung gezeigten Produktmarkengruppe eine wichtige Rolle spielt. Anders ausgedrückt, sollten die gezeigten Produktmarken eine möglichst homogene Gruppe bilden, damit eine Generalisierung ihrer positiven Beurteilung auf die Dachmarke erfolgen kann.72 Je ähnlicher sich die Produktmarken sind, desto leichter können die Konsumenten von den gezeigten Produktmarken Rückschlüsse auf die Dachmarke ableiten. Von dem Fit bzw. einer möglichst geringen Variabilität in der Produktmarkengruppe wird somit eine positiv verstärkende Wirkung auf den Gesamteffekt von Portfolio-Werbung erwartet. H3: Je geringer die Passung der Produktmarken untereinander, desto geringer fällt der positive Effekt von Portfolio-Werbung aus. 3.2.2
Moderatoren der Wirkung des Markenfits
Es stellt sich die Frage, ob der Fit bzw. die Passung der Produktmarken unabhängig von anderen Variablen immer denselben Einfluss hat. Eine hohe Passung gilt als Bedingung für den positiven Effekt von Portfolio-Werbung durch starke Produktmarken bei schwachen Dachmarken. Würde ein Konsument die Dachmarke Kraft beispielsweise als Generalisten73 bezeichnen – ohne jedoch zu wissen, welche Produktmarken das Sortiment umfasst –, so würde er vermutlich eine heterogenere Produktauswahl erwarten als bei einem Spezialisten wie etwa Storck.74 Die geschätzte Breite der Dachmarke könnte somit den Effekt des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung herabsetzen. Auch ist fraglich, ob der überraschende Effekt der Information über die Zugehörigkeit der Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke überhaupt Gedanken zur Passung zulässt oder aber so dominant ausfällt, dass er dies verhindert.
72
Grundsätzlich sollten einige Mindestkriterien zum Fit beachtet werden, ohne die PortfolioWerbung negative Effekte haben kann. Stellt ein Unternehmen beispielsweise Menschen- und Tiernahrung her, so sollte dies nicht gemeinsam präsentiert werden. Kapitel F geht im Hinblick auf generelle Beschränkungen bei der Anwendung von Portfolio-Werbung näher darauf ein. 73 Unter einem „Generalisten“ wird eine Dachmarke oder ein Unternehmen mit breitem Sortimentsspektrum verstanden. Ein „Spezialist“ ist dagegen eine Dachmarke oder ein Unternehmen mit einem engen Spektrum, das meist nicht nur eine einzige Produktkategorie umfasst, sondern auch innerhalb dieser einen sehr konzentrierten Bereich, beispielsweise Süßwaren. 74 Nach Meyvis und Janiszewski kann die Breite einer Marke sowohl Vor- also auch Nachteile mit sich bringen. Eher breit angelegte Marken haben beispielsweise den Nachteil, meist über ein eher diffuses Markenbild zu verfügen. Andererseits kann dies auch ein Vorteil sein, wenn die Dachmarke für hohe Qualität über viele Produktkategorien steht (vgl. Meyvis/Janiszewski, 2002, S. 346). Gerade letzterer Aspekt könnte durch Portfolio-Werbung unterstrichen und für den Konsumenten sichtbar gemacht werden.
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
61
Nachfolgend wird auf die möglichen Wirkungen der Dachmarken-Breite und -Stärke in Kombination mit dem Fit der Produktmarken eingegangen. Dachmarkenstärke als Moderator der Wirkung des Markenfits Ist das Wissen, das ein Konsument zu einer Dachmarke aufgebaut hat, gering, so ist das Markenschema ebenfalls nur schwach ausgeprägt. Wie bereits in Abschnitt C.2.1 erläutert, sind solche gering ausgeprägten Markenschemata besonders leicht zu verändern. Aus diesem Grund ist zu erwarten, dass sich neue und positive Informationen – in Form erfolgreicher Produktmarken – bei einer schwachen Dachmarke stärker auswirken. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten umfangreiche Kenntnisse über das Sortiment der Dachmarke besitzen, bei schwachen Dachmarken eher gering. Die positive Überraschung, welche Produktmarken sich in dem Sortiment einer als neutral oder sogar negativ eingestuften Dachmarke verbergen, sollte bei schwachen Dachmarken daher stärker ausfallen. Gegebenenfalls könnte dieser Effekt sogar so stark sein, dass er alle weiterführenden Gedankengänge blockiert – beispielsweise, ob die aufgezählten Produktmarken zusammenpassen. Dies würde dazu führen, dass die Passung der Produktmarkengruppe bei schwachen Dachmarken eine geringere Rolle spielt. Zudem zeigen Untersuchungen, dass der Fit zweier Marken von Konsumenten umso schlechter beurteilt werden kann, je weniger sie mit einer Marke im Rahmen einer Markenallianz vertraut sind (vgl. Simonin/Ruth, 1998, S. 34). Verfügt ein Konsument über gering ausgeprägte Markenschemata mit wenigen Assoziationen, so fehlt ihm die Basis zur Beurteilung, ob die Marken zusammenpassen. Simonin und Ruth konnten nachweisen, dass die Auswirkung des Fits auf die Beurteilung der Markenallianz umso stärker ausfiel, je vertrauter die Konsumenten mit den beteiligten Marken waren (vgl. Simonin/Ruth, 1998, S. 39). Ähnliche Erkenntnisse ergaben Untersuchungen zur Wahrnehmung von sozialen Gruppen. Je vertrauter Personen mit einer sozialen Gruppe waren, d. h., je mehr sie über sie wussten, desto stärker konnten sie die feinen Differenzen zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern wahrnehmen (Linville et al., 1989, S. 165). Dies gilt auch für Objekte bzw. Produkte. Wer gerne Äpfel isst, kennt seine persönlichen Lieblingssorten und die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen wahrscheinlich relativ gut. Wer sich weniger aus Äpfeln macht, würde zwischen den Sorten vermutlich weniger Unterschiede feststellen (und auch schmecken), d. h., er würde die verschiedenen Nuancen (die Variabilität) weit weniger wahrnehmen und schätzen. Wendet man diese Erkenntnis auf die Wirkung des Fits im Rahmen von PortfolioWerbung an, kann ein Konsument, der wenig weiß über das Sortiment einer Dachmarke, die einzelnen Produkte und ihre Feinheiten vermutlich wesentlich schlechter unterscheiden. Aus diesem Grund wird er kaum beurteilen können, ob die aufgezählten Produktmarken zueinander passen. Diese Erkenntnis lässt folgende Hypothese zu: H3a: Je schwächer die Dachmarke, desto geringer ist der Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung.
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C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Dachmarkenbreite als Moderator der Wirkung des Markenfits Je nachdem, wie viele Produktkategorien das Sortiment von Dachmarken umfasst, werden diese tendenziell als Generalisten oder Spezialisten bezeichnet. Dabei können zum einen übergeordnete Produktkategorien wie etwa Automobile oder Nahrungsmittel unterschieden werden und zum anderen Subkategorien innerhalb dieser Kategorien. In der Automobilbranche können zum Beispiel Geländefahrzeuge und Sportwagen unterschieden werden. Dachmarken, die über ein großes Sortiment an Produkten aus verschiedenen Kategorien verfügen, werden als Generalisten bezeichnet. Procter & Gamble besitzt ein sehr breites Spektrum an Produkten, das von Haarpflege- und Reinigungsartikel über Hustenbonbons bis hin zu Tiernahrung reicht. Kraft oder Nestlé können als Nahrungsmittel-Generalisten bezeichnet werden. Sie verfügen zwar nur über die übergeordnete Produktkategorie Nahrungsmittel, bieten aber verschiedenste Subkategorien an, von Fertigprodukten bis hin zu Süßwaren. Umfasst das Portfolio nur eine Produktkategorie und in dieser nur wenige Subkategorien, so kann von Spezialisten gesprochen werden. Storck und Ferrero wären Beispiele für SüßwarenSpezialisten, da sie sich auf Bonbons wie Werthers Original oder Nimm 2 (Storck) bzw. Schokoladenprodukte wie Mon Cheri (Ferrero) beschränken. In der Literatur zu Markenerweiterungen wird die Breite definiert als die Variabilität an Produkten, die von einer bestimmten Marke repräsentiert werden (Boush/Loken, 1991, S. 17). Wurde eine Stammmarke durch sehr ähnliche Produkte erweitert, so wird sie zunehmend als Spezialist bzw. enge Marke wahrgenommen. Das setzt voraus, dass Konsumenten erstens die neue Erweiterung als zur Stammmarke gehörig wahrnehmen und zweitens dies auch in ihrem Langzeitgedächtnis abspeichern, also in das Stammmarkenschema eingliedern. In diesem Zusammenhang zeigten Boush und Loken, dass entfernte Erweiterungen bei breiten Stammmarken erfolgreicher eingeschätzt wurden als bei engen. Diese Sichtweise der Breite, d. h. die Zahl und Variabilität der mit der Stammmarke tatsächlich verknüpften Produkte, kann nur mit Einschränkungen für Dachmarken im Rahmen komplexer Markenarchitekturen gelten. In Produktmarken-dominanten Markenarchitekturen steht die Dachmarke im Hintergrund. Aus diesem Grunde ist vielen Konsumenten die Zusammensetzung solcher Dachmarken nicht bekannt.75 Dennoch können viele Konsumenten angeben, dass sie verschiedene Dachmarken wie Unilever oder Kraft eher als Generalisten einschätzen würden – unabhängig davon, dass sie die angebotenen Produktmarken nicht nennen können. Würden zur Messung der Dachmarkenbreite daher nur die tatsächlich mit der Dachmarke verknüpften Produktmarken herangezogen, so könnte dies ein verfälschtes Bild der Dachmarke ergeben.
75
Gerade solche Produktmarken, deren Zugehörigkeit zum Sortiment einer Dachmarke nur durch einen Hinweis auf der Rückseite der Verpackung kommuniziert wird, besitzen häufig eine sehr geringe Herstellerbekanntheit (vgl. Bräutigam, 2004, S. 136).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
63
Aus diesem Grund sollte zudem die von den Konsumenten eingeschätzte Breite unabhängig von der konkreten Zahl mit der Dachmarke verknüpfter Produktmarken zusätzlich betrachtet werden.76 Die Einschätzung der Sortimentsbreite könnte einen Einfluss auf die Wirkung des Fits bei Portfolio-Werbung haben. Je breiter die Konsumenten eine Dachmarke einschätzen, desto eher werden sie ein relativ heterogenes Produktspektrum erwarten. Wänke et al. gehen davon aus, dass breite Kategorien eher zu Assimilationseffekten führen als enge (vgl. Wänke et al., 1998, S. 302). Je breiter das Sortiment der Stammmarke empfunden wird, desto geringere „Ansprüche“ stellt diese an die Typizität, d. h. die Ähnlichkeit einer neuen Produktmarke mit bereits vorhandenen Produkten der Marke. Je breiter somit die Dachmarke, desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine geringe Passung innerhalb der Produktmarkengruppe als störend empfunden wird. Wird im Rahmen von Portfolio-Werbung eine heterogene Gruppe von Produktmarken mit entsprechend geringer Passung präsentiert, würde ein mangelnder Fit kaum stören, da er sich mit den Erwartungen der Konsumenten deckt. Anders verhält es sich bei engen Dachmarken. Bei einer Dachmarke, die tendenziell als Spezialist eingeschätzt wird, erwarten Konsumenten eine eher homogene Produktpalette. Ihre Sensibilität gegenüber der Passung der Produktmarken wäre entsprechend höher. Bei diesen Erwartungen könnte die Präsentation einer Produktmarkengruppe mit geringer Passung eine störende oder verwirrende Wirkung haben. Es wird daher vermutet, dass Konsumenten bei Spezialisten sensibler auf mangelnden Fit reagieren. Gerade bei engen Dachmarken könnte ein mangelnder Fit den vermuteten positiven Effekt von Portfolio-Werbung schwächen. Bei einer Aufzählung von mehreren mäßig zusammenpassenden Produkten unter einer als breit eingeschätzten Dachmarke (Generalist) wird der Fit eine geringere Wirkung im Rahmen von Portfolio-Werbung haben als bei Spezialisten. Wenn Konsumenten also annehmen, dass das Unternehmen eine breite Produktpalette anbietet, dann spielt es eine geringere Rolle, wie gut die aufgezählten Produkte zusammenpassen. Aus diesen Erkenntnissen lässt sich folgende Subhypothese zum Fit in Kombination mit der Dachmarkenbreite ableiten: H3b: Je breiter die Dachmarke wahrgenommen wird, desto geringer ist die Wirkung des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung. 3.2.3
Kriterien des Markenfits
Das vorige Kapitel konzentrierte sich auf die Wirkung des Fits und mögliche Moderatoren seiner Stärke im Rahmen von Portfolio-Werbung. Unklar ist bisher jedoch 76
Dawar vertritt eine ähnliche Sichtweise. Er zeigte, dass verschiedene Produkte einer Marke im Rahmen von Markenerweiterungen unterschiedlich stark mit der Stammmarke verknüpft sind. Daraus ergibt sich in Kombination mit der konkreten Zahl von Produkten und der Variabilität die Breite (vgl. Dawar, 1996, S. 191).
64
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
noch, worauf sich der wahrgenommene Fit bzw. die wahrgenommene Passung der Produktmarken beziehen kann. Was kann eine Basis für die Passung darstellen? Der Fit wurde in nahezu allen Studien zu Markenerweiterungen, -allianzen und -kombinationen als Einflussfaktor untersucht. Er wurde sowohl ebenenübergreifend untersucht, d. h. zum Beispiel zwischen einer Dach- und einer Produktmarke, als auch ebenenintern, d. h. zwischen bestehenden und neuen Produktmarken innerhalb eines Portfolios. Die Nutzung kategorialer Strukturen, um verschiedene Objekte voneinander abzugrenzen, ist sowohl in der Psychologie (vgl. zum Beispiel Medin/Smith, 1984; Smith et al., 1974; Rosch, 1975; Mervis/Rosch, 1981; Murphy et al., 1985) als auch in der Konsumentenforschung (vgl. zum Beispiel Sujan/Dekleva, 1987; Nedungadi, 1990) weit verbreitet. Einige Studien zum Thema Markenerweiterungen lehnen sich hinsichtlich der Wirkung des Fits sehr eng an die Erkenntnisse aus der Objektkategorisierung an (vgl. Rosch et al., 1975; Tversky, 1977) und damit an eigenschaftsbezogene („featurebasierte“) Ähnlichkeit. Unter der Prämisse, dass sich Kategorien nicht nur auf Objekte, sondern auch auf Marken beziehen können (vgl. Boush, 2001, S. 811; Chakravarti et al., 1990, S. 911; Farquhar, 1989, S. 31f.), wurde die Ähnlichkeit als das Ausmaß verstanden, mit dem eine Markenerweiterung als ähnlich zu den bestehenden Produkten der Familienmarke wahrgenommen wird (Ahluwalia/GurhanCanli, 2000, S. 373). Diese Betrachtungsweise des Fits wird auch als „product category similarity“ (Bhat/Reddy, 1998, S. 113) bezeichnet. Die (physischen) Eigenschaften, die Produkte einer bestimmten Markenkategorie gemeinsam haben, werden gemeinsame Features genannt und bilden die Basis des Fits. Am Beispiel von Nivea könnte dies die cremige Konsistenz von Nivea Creme und der Erweiterung Nivea Body Lotion sein. Diese sehr enge Sichtweise hätte Konsequenzen für die Rolle des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung. Wenn – wie im vorigen Abschnitt erläutert – angenommen wird, dass ein gewisses Mindestmaß an Fit zur Entfaltung der positiven Wirkung von Portfolio-Werbung bei schwachen Dachmarken nötig ist, würde eine Beschränkung auf physische Ähnlichkeit der Produktes insbesondere bei breiten Dachmarken zu Problemen führen.77 Die Auswahl zueinander passender Produktmarken ist umso schwieriger, je heterogener das Portfolio der Dachmarke ist. Würde sich die Ähnlichkeit auf Produktattribute und -eigenschaften beschränken, so könnte darüber hinaus kein Einfluss auf den wahrgenommenen Fit ausgeübt werden. Diese auf Produkteigenschaften beschränkte Sicht des Fits ist jedoch aus theoretischer und praktischer Sicht unbefriedigend (vgl. Wänke, 1998, S. 119). Erstens zeigen Studien, dass der wahrgenommene Fit, den Objekte oder Marken zueinander aufweisen, kontextabhängig ist (vgl. Tversky, 1977, S. 340; Roth/Shoben, 1983,
77
Mit physischer Ähnlichkeit sind Ähnlichkeiten im Hinblick auf die Zusammensetzung von Produkten gemeint. Beispielsweise basieren sowohl Pralinen als auch Schokoriegel auf dem „Basismaterial“ Schokolade.
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
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S. 360). Wie ähnlich sich Marken sind, hängt somit nicht nur von deren Eigenschaften, sondern auch von dem Kontext ab, in der die Beurteilung vorgenommen wird. In einer Studie zum Textverständnis konnte belegt werden, dass die Verständlichkeit eines Satzes durch den Kontext erleichtert werden kann (vgl. Roth/Shoben, 1983, S. 356). Zweitens sind Konsumenten sehr flexibel und erfinderisch in Bezug auf die Wahrnehmung von Ähnlichkeiten und ziehen andere Kriterien zur Beurteilung heran, ob Objekte oder Produkte zusammenpassen. Dies hat sich auch in der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit bestätigt. Über die reine Eigenschaftsähnlichkeit hinaus kann zudem das Markenkonzept und -image als Basis für die Passung fungieren. Das Markenimage positioniert die Marke in den Köpfen der Konsumenten und wirkt differenzierend im Vergleich zu anderen Produkten derselben Kategorie (Park et al., 1986, S. 135). Beispielsweise variieren die Uhrenmarken Rolex und Timex, die zwar ähnliche Produkteigenschaften besitzen (und damit in dieser Hinsicht eine hohe Passung aufweisen), deutlich hinsichtlich ihrer Positionierung und ihrem daraus resultierenden Image. Während Rolex prestigeorientiert positioniert ist, ist Timex eher funktional orientiert. Es zeigte sich, dass Konsumenten positiver auf eine zur Stammmarke imagekonforme Erweiterung (etwa prestigebasiert bei der Marke Rolex) reagierten als auf eine nicht imagekonforme, im Beispiel also eine funktional orientierte Erweiterung (vgl. Park et al., 1991, S. 191). Ein vergleichbares Markenimage kann daher ebenfalls als Basis für eine wahrgenommene Ähnlichkeit fungieren.78 Aaker und Keller unterscheiden zudem drei Dimensionen, die zur Messung des Fits zwischen Stammmarke und Erweiterung herangezogen werden können (vgl. Aaker/Keller, 1990, S. 30): Erstens kann gefragt werden, inwiefern sich zwei Produkte hinsichtlich ihrer Anwendungsmöglichkeiten bzw. ihres Nutzens (Komplementarität79) ähneln. Zweitens kann hinterfragt werden, ob sich die beiden Produkte zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses gegenseitig ersetzen können (Substituierbarkeit). Drittens kann gefragt werden, ob dieselben Produktionskenntnisse zur Herstellung der beiden Produkte nötig sind (Transfer). Ein Beispiel für hohen Fit im Sinne der Komplementarität wäre der Hersteller von Skiern, der zusätzlich Skikleidung anbietet. Substituierbar wären die beiden Produkte Skier und Snowboards, weil sie sich beide für den alpinen Wintersport eignen.80 In letzterem Beispiel wäre zudem ein hoher Fit in Bezug auf den Transfer von Produktions-Know-how gegeben, da die Kenntnisse, die zur Herstellung von Skiern nötig sind, auch zur Herstellung von Snowboards herangezogen werden können.
78
Hier kann bereits der Markenname als salienter Hinweis fungieren und so die wahrgenommene Passung beeinflussen (vgl. Park et al., 2002, S. 190). 79 Harlam et al. zeigten, dass zu Produkt-Bundles, deren Produkte in komplementärem Zusammenhang stehen, eine höhere Kaufwahrscheinlichkeit angegeben wird (vgl. Harlam et al., 1995, S. 62). 80 Auch Ratneshwar/Shocker betonen, dass Produkte als ähnlich wahrgenommen werden, wenn sie ähnliche Bedürfnisse erfüllen (vgl. Ratneshwar/Shocker, 1991, S. 282).
66
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Das Verständnis von Barsalou geht noch weit über die Komplementarität als Basis eines hohen Fits hinaus. Ein T-Shirt, eine Haarbürste und ein Buch teilen weder gemeinsame Attribute noch bieten sie denselben Nutzen für den Besitzer. Sie werden daher ohne weitere Hinweise als heterogen und mit geringer Passung wahrgenommen. Gibt man allerdings einen gemeinsamen Nenner vor – oder eine Kategorie –, etwa „Dinge, die man vor einer Urlaubsreise in den Koffer packt“, so erscheinen alle plötzlich als Mitglieder dieser Kategorie und werden als besser zueinander passend empfunden.81 Diese Art von Gemeinsamkeit bzw. Passung wird als „Ad hoc“ oder „Goal-Derived Categories“ bezeichnet (vgl. Barsalou, 1983, S. 214; Alba/Hutchinson, 1987, S. 417). Wie der Name bereits verrät, entstehen solche Kategorien durch ein gemeinsames Konzept, was dazu führt, dass alle Produkte auch nur durch die Aktivierung dieses Konzeptes (quasi temporär) einen hohe Fit aufweisen. Wänke et al. zeigten in diesem Zusammenhang, dass das Ergebnis eines solchen Kategorisierungsprozesses beeinflusst werden kann. Je nachdem, welche Vorgabe den Probanden gegeben wurde, ordneten sie dieselben Objekte unterschiedlichen Kategorien zu (vgl. Wänke et al., 1999, S. 53). Die Entscheidung, was welcher Kategorie zugeordnet werden kann, hängt somit nicht nur von physischen Faktoren ab, sondern auch von dem Wahrnehmungsfokus. Beispielsweise können Nahrungsmittel nicht nur im Hinblick auf ihre Beschaffenheit (flüssig versus fest, herzhaft versus süß) kategorisiert werden, sondern auch hinsichtlich eines bestimmten Zielbezugs (vgl. Alba/Hutchinson, 1987, S. 417), etwa „Nahrungsmittel, die während einer Diät nicht konsumiert werden sollen“. Der Kategorisierungsprozess könnte nach dieser Sichtweise durch Marketingmaßnahmen (vgl. Wänke et al., 1998, S. 300) oder Kommunikation (vgl. Lane, 2000, S. 81) beeinflusst werden. Die Kommunikation könnte auf die salienten und relevanten Eigenschaften hinweisen, die in diesem Zusammenhang als Basis für den Fit fungieren könnten (vgl. Bridges et al., 2000, S. 10).
3.3
Erhöhung des wahrgenommenen Markenfits durch Framing
3.3.1
Ad-hoc-Kategorien als Ansatzpunkt für das Framing
Wenn durch Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen Einfluss darauf genommen werden kann, was als ähnlich empfunden wird, so birgt das Potentiale im Rahmen von Portfolio-Werbung. Je heterogener das Portfolio, desto unwahrscheinlicher ist ein als hoch wahrgenommener Fit zwischen den Produkten auf Basis gemeinsamer Attribute wie beispielsweise Geschmack oder ähnliche Konsistenz. Zusätzlich sind Produktmarken in Portfolios großer Konzerne im Vergleich zu Fami-
81
Diese Art von Kategorisierung läuft sehr intuitiv ab, was sich darin zeigt, dass bereits Kinder im Alter von sieben Jahren auf solche Kategorisierungsmethoden zurückgreifen. Beispielsweise bilden aus der Sicht von Kindern ein Hund und eine Leine eine Gruppe, weil die Leine räumlich und zeitlich vorübergehend mit dem Hund eng verbunden ist (vgl. Nguyen/Murphy, 2003, S. 1784).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
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lienmarkenstrukturen bezüglich ihres Marktauftritts nicht oder kaum aufeinander abgestimmt. Aus diesem Grund weisen sie häufig weder bei Produktattributen, Kommunikation noch Verpackung Ähnlichkeiten auf. Der Gedanke von Wänke et al., den Kategorisierungsprozess und letztlich die wahrgenommene Passung zu beeinflussen, könnte eine Option bieten, Portfolio-Werbung auch für heterogene Sortimente anzuwenden. Wenn Konsumenten trotz fehlender Ähnlichkeiten bei den Produktattributen auf andere Gemeinsamkeiten der Produktmarken hingewiesen werden, beispielsweise einen gemeinsamen Verwendungszusammenhang, so könnte dies die wahrgenommene Passung beeinflussen. Durch die Kommunikation könnte die Wahrnehmung auf die Gemeinsamkeiten der Produkte gelenkt werden: „Simply by making associations that provide a peripheral basis of fit conspicuous, advertisements can influence perception of extensions“ (Lane, 2000, S. 82). Dass durch Werbung der Wahrnehmungsfokus der Konsumenten gesteuert werden kann, geht auf die Erkenntnis zurück, dass Wahrnehmung nicht eine passive Aufnahme von Reizeindrücken von außen ist, sondern ein aktiver Vorgang der Informationsaufnahme und -verarbeitung.82 Im Rahmen dieses Prozesses konstruiert eine Person ihre subjektive Umwelt selbst (vgl. KroeberRiel/Weinberg, 2003, S. 269). Wahrnehmung muss in Zeiten ständiger Informationsüberlastung selektiv sein, um die wichtigsten Reize verarbeiten zu können. Welche Reize ausgewählt werden, hängt von reaktiv sowie bewusst gesteuerten Informationsaufnahmeprozessen ab.83 „Für die Beeinflussung des Konsumentenverhaltens durch das Marketing kann die Bedeutung von Subjektivität, Aktivität und Selektivität der Wahrnehmung nicht genug hervorgehoben werden“ (Kroeber-Riel/ Weinberg, 2003, S. 270). Schemata können in diesem Zusammenhang eine selektive Funktion bei der Aufnahme und Enkodierung neuer Informationen ausüben (vgl. Esch, 2001, S. 94) und so wie ein Wahrnehmungsrahmen fungieren. Um den positiven Effekt von Portfolio-Werbung durch einen von Konsumenten als zu gering wahrgenommenen Fit der Produktmarken nicht zu stören, könnte die Werbung eine Art „Wahrnehmungs-Frame“ vorgeben. Er soll die Wahrnehmung der Kunden auch dann auf die Gemeinsamkeiten der Produkte lenken, gerade wenn es auf den ersten Blick nur wenige Gemeinsamkeiten gibt. Das „Framing“ wurde bereits bei Public-Relations-Maßnahmen eingesetzt. Hier wird es als eine Möglichkeit bezeichnet, die Perspektive von Menschen zu beeinflussen, aus der sie die Welt betrachten (vgl. Hallahan, 1999, S. 207). Nach Goffman handelt es sich bei einem
82
Der Kontext kann die Wahrnehmung und Beurteilung von Produkten oder Attributen beeinflussen (vgl. Adaval/Monroe, 2002, S. 572). Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Preis als Kontext-Information untersucht worden (vgl. zum Beispiel Briesch et al., 1997; Harlam et al., 1995; Herr, 1989; Li et al., 1994). Auch im Rahmen so genannter Country-ofOrigin-Studien konnte nachgewiesen werden, dass das Herkunftsland eines Produktes dessen Wahrnehmung und Beurteilung beeinflussen kann (vgl. zum Beispiel Hong/Wyer, 1989). 83 Auch durch Werbemaßnahmen kann beeinflusst werden, welche Attribute und Assoziationen in einem bestimmten Kontext zugänglich und von hohem diagnostischen Wert sind (vgl. Keller, 1991).
68
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Frame um ein „schemata of interpretation“ (Goffman, 1974, S. 21), das den Kontext für das Verstehen von Informationen bereitstellt. Framing funktioniert wie eine Art inhaltliche Klammer, welche die Selektion und Salienz von bestimmten Aspekten beeinflusst (vgl. Entman, 1993, S. 55). Ein kommunikativer Rahmen kann dadurch die Botschaft und damit auch die Rückschlüsse, die gezogen werden, steuern. Es können sieben verschiedene Arten von Framing unterschieden werden. Dazu gehören das Framen von Situationen, Attributen, Entscheidungen, Handlungen, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Neuigkeiten (vgl. Hallahan, 1999, S. 210). Im Rahmen von Portfolio-Werbung soll das Framen von Attributen näher beleuchtet werden. Verschiedene Studien zum Attribute Framing haben gezeigt, dass die Gedankengänge bei Entscheidungen insbesondere bei Personen mit geringem Wissensstand durch Framing beeinflusst und zum Teil konkret gesteuert werden können (vgl. zum Beispiel Hoch, 1986; Keller, 1991; Homer/Yoon, 1992; Wright/Lutz, 1993; Schul/ Ganzach, 1995; Smith/Berger, 1996; Chebat et al., 1998; Gierl, 2004). In diesem Zusammenhang konnte nachgewiesen werden, dass Werbung durch die Hervorhebung einzelner Attribute von nicht wünschenswerten Aspekten ablenken und auf wünschenswerte Eigenschaften hinweisen kann (vgl. Hallahan, 1999, S. 212).84 Beispielsweise untersuchten Schul und Ganzach den Einfluss von positivem versus negativem Framing auf die Wahrnehmung von Produktattributen. Das Framing wurde in dieser Studie durch die Formulierung der Beurteilungsfrage variiert. Positives Framing wurde beispielsweise realisiert durch die Bitte, anzugeben, wie gut das Produkt sei, und negatives Framing entsprechend durch die Frage, wie schlecht das Produkt sei. Nachdem die verschiedenen gut, schlecht oder neutral bewerteten Attribute von den Probanden gelernt werden mussten, sollte in einem nächsten Schritt die Beurteilung verschiedener Produkte erfolgen. Es konnte belegt werden, dass ein Produkt bei positivem Framing und gleicher Attributkombination besser beurteilt wurde (vgl. Schul/Ganzach, 1995, S. 70). Umgekehrt schnitt ein Produkt durch negatives Framing signifikant schlechter ab. Dies wurde begründet durch die verbesserte Zugänglichkeit von als wünschenswert gelernten Attributen durch positives Framing. Zudem zeigte sich, dass die Kaufwahrscheinlichkeit durch ein Werbeframe umso stärker beeinflusst werden konnte, je weniger die Konsumenten über ein Produkt informiert waren (vgl. Chebat et al., 1998, S. 327). Bridges et al. weisen zudem darauf hin, dass sich der wahrgenommene Fit erhöht, wenn Konsumenten auf die Gemeinsamkeiten zweier Marken hingewiesen werden (vgl. Bridges et al., 2000, S. 2). Im Rahmen von Portfolio-Werbung sind diese Erkenntnisse relevant für die Beeinflussung der wahrgenommenen Passung der Produktmarken. Um zu verhindern, dass der positive Effekt von Portfolio-Werbung durch Gedanken zu gegebenenfalls
84
In Werbemaßnahmen können visuelle Elemente, wie Farben, Bilder, Anzeigenlayout, sowie auditive Elemente, wie Musik oder Soundeffekte, zur Verdeutlichung und Hervorhebung des Kontextes eingesetzt werden (vgl. Edell, 1988).
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
69
unzureichender Passung gestört wird, sollte sichergestellt werden, dass Konsumenten den „gemeinsamen Nenner“ der Produktmarken auf den ersten Blick erkennen. Durch ein Frame oder den so genannten kommunikativen Rahmen kann die Wahrnehmung gesteuert, auf wünschenswerte Gemeinsamkeiten gelenkt und dadurch die wahrgenommene Passung erhöht werden. Daraus lässt sich folgende Hypothese für die empirische Untersuchung ableiten: H4: Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken höher als ohne kommunikativen Rahmen. H4b: Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken sowohl bei starken als auch schwachen Dachmarken höher. H4a: Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenom-mene Passung der Produktmarken sowohl bei Generalisten als auch bei Spezialisten höher als ohne Rahmen. 3.3.2
Konkrete Ausgestaltung des Framings im Rahmen von Portfolio-Werbung
Wie kann dieser Wahrnehmungsfokus durch Framing im Rahmen von PortfolioWerbung gesteuert werden? Um diese Frage zu beantworten, sollte stärker auf die Umsetzungsebene von Portfolio-Werbung eingegangen werden. Portfolio-Werbung wurde in der vorliegenden Arbeit in Form von Print-Anzeigen umgesetzt, in der mehrere Produkte gemeinsam mit dem Logo der zugehörigen Dachmarke abgebildet werden. Zusätzlich stehen sowohl Bild- als auch Textbausteine, d. h. so genannte Headlines, zur Verfügung. Mit Hilfe dieser beiden Bausteine kann die Wahrnehmung der Konsumenten auf die Gemeinsamkeiten der Produktmarken gelenkt werden. Der bereits beschriebene Ansatz zu Ad-hoc-Kategorien bzw. zielbezogenen Kategorien bietet die Möglichkeit, die wahrgenommene Passung der Produktmarken zusätzlich zu erhöhen. Basis solcher Ad-hoc-Kategorien kann zum Beispiel ein spezieller Verwendungszusammenhang sein oder eine spezifische Gruppe von Personen, welche die Produkte nutzen. Beispielsweise kann die Ad-hoc-Kategorie „Lebensmittel, die man zu einem Picknick mitnehmen kann“ sowohl süße als auch herzhafte Speisen enthalten. Stellt man sich eine sehr heterogene Palette von Lebensmitteln vor, die auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten aufweisen, so erscheinen sie vor dem Picknick-Hintergrund tatsächlich als plausible Auswahl. Auch für einen Süßwaren-Spezialisten wie zum Beispiel die Dachmarke Storck könnte sich ein solcher Verwendungszusammenhang als kommunikativer Rahmen eignen. Dieser „gemeinsame Nenner“ des Picknicks soll somit Assoziationen, was die Produkte unterscheidet, hervorrufen und die Wahrnehmung auf die Gemeinsamkeiten lenken. Zur Verbesserung des Verständnisses kann der gemeinsame Nenner zusätzlich in die Headline integriert werden. Abbildung 20 zeigt am Beispiel der Dachmarke Storck eine solche Portfolio-Anzeige ohne und mit kommunikativem Rahmen.
70
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 20. Beispiel für den kommunikativen Rahmen „Picknick“ am Beispiel einer in der empirischen Studie verwendeten Anzeige für die Dachmarke Storck
3.4
Weitere Einflussfaktoren im Rahmen von Portfolio-Werbung
Neben den bereits dargestellten Faktoren Dachmarkenstärke, Produktmarkenstärke, Dachmarkenbreite, Fit innerhalb der Produktmarkengruppe und kommunikativer Rahmen können weitere Faktoren die Wirkung von Portfolio-Werbung beeinflussen. Hier kommen insbesondere zwei Faktoren infrage: das Gefallen sowie die wahrgenommene Komplexität der Anzeige. Um sicherzustellen, dass Effekte im Rahmen der nachfolgenden empirischen Analyse nicht in erheblichem Umfang durch die beiden Faktoren hervorgerufen werden, sollten diese erfasst und dadurch kontrolliert werden. Diese beiden Einflussfaktoren werden im Folgenden am Beispiel der in Abbildung 20 auf Seite 87 abgebildeten, einseitigen Print-Anzeige erklärt, auf der neben vier Produktmarken zusätzlich die Dachmarke, ein Hintergrundbild und eine Headline zu sehen sind. Bei einer solchen Anzeige sollten die Einstellung zur Werbung bzw. das Gefallen der Anzeige und die wahrgenommene Komplexität erfasst werden. 3.4.1
Auswirkungen des Faktors „Gefallen der Anzeige“
Studien haben belegt, dass die Akzeptanz oder das Gefallen der Anzeige (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 236) die Einstellung zur zugehörigen Marke beeinflusst (vgl. Gresham/Shimp, 1985; MacKenzie et al., 1986; Muehling, 1987; Homer,
3 Konkretisierung der generellen Annahmen zur Wirkung von Portfolio-Werbung
71
1990). Beurteilen Konsumenten eine Werbung positiv, könnte dies also generell die positive Auswirkung von Portfolio-Werbung verstärken. Genauso kann deren positive Wirkung bei starkem Missfallen gemindert werden. Deshalb sollte das Gefallen der Anzeige kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass ein möglicher Effekt der Portfolio-Werbung nicht durch diese allein verursacht wurde. Weiterhin wird vermutet, dass das Gefallen der Anzeige nicht nur mit der Gestaltung der Anzeige zusammenhängt, sondern auch mit dem Fit der Produktmarken. Passen diese gut zusammen, so wird die Gruppe mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als harmonischer wahrgenommen. Dies könnte zu einer besseren Beurteilung der Anzeige führen und dadurch gegebenenfalls auch den positiven Effekt von Portfolio-Werbung verstärken. 3.4.2
Auswirkungen des Faktors „Komplexität“
Anzeigen müssen die Aufnahme der Werbebotschaft sichern und dafür sorgen, dass der Kontakt mit der Botschaft nicht zu früh abreißt. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass dieser fast immer zu früh abgebrochen wird, und zwar bereits zu einem Zeitpunkt, an dem im Durchschnitt nur fünf Prozent der Informationen aufgenommen wurden (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 191f.). Zudem sind Menschen nur begrenzt aufnahmefähig (vgl. Miller, 1956, S. 81). Wie lange der Kontakt dauert und was in dieser Zeit wahrgenommen wird, hängt maßgeblich von Größe und Komplexität der Anzeige ab. Für doppelseitige Anzeigen haben verschiedene Studien eine durchschnittliche Betrachtungsdauer von 2,8 Sekunden ermittelt, für einseitige Anzeigen 1,9 Sekunden (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 205f.). In der vorliegenden Arbeit wird die Größe der Anzeige konstant gehalten, um eine Beeinflussung seitens dieses Faktors zu verhindern. Die Komplexität kann ebenfalls beeinflussen, wie lange der Konsument die Anzeige betrachtet und was er wie leicht wahrnimmt. Eine mittlere Komplexität kann zu längeren Betrachtungszeiten führen, eine sehr hohe Komplexität baut jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit Wahrnehmungs- und Verständnisprobleme auf (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 250). Wie sich die Komplexität genau auswirkt, hängt zusätzlich ab vom Interesse des Konsumenten an dem beworbenen Produkt und von der Wahrnehmungssituation, d. h. von Produkt- und Situationsinvolvement.85 Je flüchtiger aufgrund des Involvements die Anzeige betrachtet wird, desto niedriger liegt die Schwelle, ab der die Komplexität zum Problem werden kann. Wie groß die wahrgenommene Komplexität der Anzeige ist, hängt sowohl von der formalen Gestaltung als auch von inhaltlichen Aspekten ab. Formale Mängel, wie 85
Unter „Involvement“ versteht man das Engagement, mit dem sich Menschen einer Sache oder Aktivität widmen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 345; Mitchell, 1979). Das Involvement beeinflusst, wie (Werbe-) Botschaften von Konsumenten wahrgenommen werden. Ein ausgeprägtes Involvement führt zu einer tieferen Verarbeitung der Werbebotschaft, während bei geringem Involvement eher oberflächlich verarbeitet wird (vgl. Petty et al., 1983b; Petty et al., 1986). Es gibt verschiedene Involvement-Arten. Im Hinblick auf die vorliegende Arbeit sind insbesondere das Produkt- und das Situationsinvolvement hervorzuheben.
72
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
beispielsweise ein zu geringer Figur-Grund-Kontrast oder eine unübersichtliche Anordnung von Bild- und Textelementen, können zu Wahrnehmungsproblemen führen (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 217 ff.). Je unübersichtlicher Bild- und Textelemente angeordnet sind, desto schwerer wird es für den Betrachter, die Botschaft zu verstehen. Die Wahrscheinlichkeit des Kontaktabbruchs ist dann umso größer, je geringer der Betrachter motiviert ist, den Sinn der Anzeige zu erfassen. Auch Bilder können bezüglich des Aufwands, mit dem sie verarbeitet werden, variieren. Komplexe Bilder mit einer Vielzahl gegebenenfalls doppeldeutiger Informationen erschweren eine klare Interpretation durch den Betrachter und erzeugen somit inhaltliche Probleme. Auch eine präzise Formulierung der Botschaft ist unerlässlich für ein gutes Verständnis. Lange Texte, umständliche und unklare Aussagen erhöhen die Komplexität und können zu einer Beeinträchtigung des Verständnisses und der Erinnerung führen (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 252). Zudem sollte das Bild auf die Erwartungen der Konsumenten abgestimmt werden, da es nur dann deren Schemavorstellungen ansprechen und leicht verstanden werden kann (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 244). Allgemein gilt, dass eine zu hohe Komplexität zu einer Barriere für die Wahrnehmung der Werbebotschaft werden kann. Dies ist besonders relevant in Zeiten von Informationsüberflutung, in denen Konsumenten ohnehin stark selektieren, welche Informationen es wert sind, weiterverarbeitet zu werden. Eine als zu hoch empfundene Komplexität könnte die vermutete Wirkung von Portfolio-Werbung negativ beeinflussen. Eine Kontrolle dieser Größe in der empirischen Untersuchung ist somit ratsam.
4
Vorstellung des Gesamtmodells zur Portfolio-Werbung
In Kapitel C wurden die möglichen Wirkungen von Portfolio-Werbung aufgezeigt. Dazu wurde zunächst die Idee der Portfolio-Werbung aus dem Impression Management abgeleitet. Anschließend wurde mit Hilfe der Attributionstheorie, des Gesetzes der Großen Zahlen sowie der Informationsökonomie erklärt, warum Portfolio-Werbung, unter bestimmten Umständen, eine positive Wirkung auf die Dachmarke haben kann. Diese Wirkung wird jedoch von einigen zusätzlichen Faktoren beeinflusst, wie im zweiten Teil dieses Kapitels erläutert wurde. Nachfolgend werden die wichtigsten Erkenntnisse aus dem zweiten Teil des Kapitels nochmals kurz aufgeführt: 1. Voraussetzung für einen positiven Effekt durch Portfolio-Werbung ist die überwiegende Unbekanntheit der Zugehörigkeit der aufgezählten Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke. 2. Die Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke bestimmt dann sowohl Richtung als auch Stärke des „Portfolio-Effektes“, d. h. den Effekt von Portfolio-Werbung. Es werden nur bei schwachen Dachmarken positive Effekte vermutet, da bei starken Dachmarken viele der starken Produkte bereits bekannt
4 Vorstellung des Gesamtmodells zur Portfolio-Werbung
73
sind und dadurch die als Grundvoraussetzung geltende Bedingung häufig nicht erfüllt ist. Darüber hinaus sind schwächere Markenschemata leichter zu verändern als starke, was dazu führt, dass bei starken Dachmarken geringere Effekte durch Portfolio-Werbung zu erwarten sind. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Qualitätsniveau der starken Produktmarken das Dachmarkenniveau übersteigt, bei schwachen Dachmarken wesentlich höher. Nur durch Aufzählung starker und erfolgreicher Produktmarken kann sich die positive Wirkung von Portfolio-Werbung entfalten. Lediglich sie verfügen über eine ausreichende Hebelkraft, die letztlich die Einstellung zu der zugehörigen Dachmarke verbessern kann. Welche Wirkungen bei welchen Kombinationen aus Dach- und Produktmarkenstärke im Einzelnen erwartet werden, wird nachfolgend nochmals kurz skizziert: a) Bei der Kombination starker Produktmarken mit einer schwachen Dachmarke wird angenommen, dass der Effekt stark und positiv ist. b) Werden schwache Produktmarken gemeinsam mit einer schwachen Dachmarke präsentiert, so wird vermutet, dass weder ein positiver noch ein negativer Effekt auftritt. Einerseits können die Produktmarken nicht beeindrucken, da sie unbekannt sind. Andererseits ist auch kein negativer Effekt für die Dachmarke zu erwarten, da schwache Dachmarken vermutlich ohnehin bestenfalls über moderate Einstellungswerte verfügen. c) Werden starke Produktmarken gemeinsam mit einer starken Dachmarke präsentiert, so ist ebenfalls weder ein positiver noch ein negativer Effekt zu erwarten, denn starke Dachmarken sind durch neue Informationen aufgrund ihrer Schemastrukturen nur schwer veränderbar. Insbesondere wenn die Konsumenten einige der abgebildeten Produktmarken kennen, können wegen der Grundvoraussetzung einer positiven Wirkung von Portfolio-Werbung gegebenenfalls negative Effekte auftreten: Bietet Portfolio-Werbung keinen Informationsgewinn, so können enttäuschte Erwartungen der Konsumenten sogar negative Konsequenzen haben. d) Bei schwachen Produktmarken unter einer starken Dachmarke ist von negativen Konsequenzen auszugehen. Zwar wird vermutet, dass sich die Schemastrukturen nur wenig verändern, doch sind die Erwartungen hinsichtlich der Qualität der mit der Dachmarke assoziierten Produkte hoch. Das kann zu Enttäuschung und „negativer Überraschung“ führen, wenn unbekannte und schwache Produktmarken aufgezählt werden. 3. Von dem Fit innerhalb der Produktmarkengruppe wird ebenfalls ein Einfluss auf den Effekt von Portfolio-Werbung erwartet. In der überwiegenden Anzahl von Studien zu Markenerweiterung ist nachgewiesen worden, dass ein Mindestmaß an Fit notwendig für Transfer-Effekte ist. Mit Fit bzw. Passung wird in der vorliegenden Arbeit die Ähnlichkeit innerhalb der Produktmarkengruppe bzw. der aufgezählten Produktmarken verstanden. Je homogener die Produktmarkengruppe wahrgenommen wird, desto positiver wirkt Portfolio-Werbung. 4. Der Einfluss des Fits auf den erwarteten Effekt von Portfolio-Werbung wird von der Dachmarkenstärke und der geschätzten Sortimentsbreite der Dachmarke moderiert. Je schwächer die Dachmarke, desto geringeren Einfluss hat der
74
C Erklärungsansätze zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Fit, da der positiv überraschende Effekt – die Zugehörigkeit verschiedener starker Produktmarken zum Sortiment der Dachmarke – so dominant eingeschätzt wird, dass von vornherein kaum Raum für Gedanken zur Passung der Produktmarken ist. Darüber hinaus spielt der Fit eine umso geringere Rolle, wenn die Dachmarke ohnehin bereits als Generalist eingeschätzt wird, d. h. als Unternehmen mit eher breitem Sortimentsspektrum. 5. Der Fit lässt sich quasi „manuell“ erhöhen. Durch eine Art kommunikativen Rahmen, der die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf den gemeinsamen Nenner der Produkte lenkt, soll sich die wahrgenommene Passung erhöhen.
D
Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
1
Zielsetzung und Aufbau der empirischen Untersuchung
1.1
Zielsetzung der empirischen Untersuchung
Wie im theoretischen Kapitel der vorliegenden Arbeit bereits erläutert, wird davon ausgegangen, dass Portfolio-Werbung unter bestimmten Umständen eine positive Auswirkung auf die zugehörige Dachmarke haben kann. Ein solcher Nachweis hätte positive Konsequenzen für die Dachmarkenführung. Portfolio-Werbung könnte selbst in solchen Fällen die Dachmarke stärken, wenn der Fokus alle Marketingaktivitäten primär auf den Produktmarken liegt. In diesem Fall kann durch die gemeinsame Präsentation von Dach- und mehreren Produktmarken eine rein auf die Dachmarke beschränkte Maßnahme umgangen werden. Zentrale Zielsetzung der empirischen Studien ist daher die Analyse, ob und unter welchen Bedingungen ein positiver Effekt von Portfolio-Werbung auf die Dachmarke eintritt. Es wird geklärt, ob es insbesondere im Hinblick auf die Einstellung zur Dachmarke durch Portfolio-Werbung zu signifikanten Veränderungen kommt. Verschiedene Einflussfaktoren könnten dabei die Wirkungsrichtung – positiv oder negativ – und die Wirkungsstärke beeinflussen: • Dachmarkenstärke • Produktmarkenstärke • Fit innerhalb der Produktmarkengruppe • Dachmarkenbreite Es wird vermutet, dass es sich bei der Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke um den Haupteinflussfaktor im Rahmen von Portfolio-Werbung handelt. Der Fit der Produktmarkengruppe beeinflusst dabei zusätzlich die Wirkung der Markenstärkekombination. Dachmarkenstärke und -breite bestimmen dabei, wie groß die Rolle des Fits ist, die dieser im Rahmen von Portfolio-Werbung spielt. Darüber hinaus wird untersucht, ob sich der Produktmarkenfit durch einen kommunikativen Rahmen zusätzlich zur passenden Auswahl der Produktmarken erhöhen lässt. Um die vermuteten Effekte von Portfolio-Werbung nachweisen zu können, wurde grundsätzlich die Markeneinstellung von Probanden ohne Portfolio-Werbekontakt mit der Einstellung von Probanden mit Portfolio-Werbekontakt verglichen. Der Gedanke der Portfolio-Werbung wurde dabei im Rahmen der Konzeption des Stimulusmaterials in Form von Print-Anzeigen umgesetzt.85a Um die Einflussfaktoren Markenstärke und Fit in die Studie einfließen lassen zu können, wurden die auf den Stimuli-Anzeigen abgebildeten Markenkombinationen aus Dach- und verschiedenen Produktmarken variiert. Zusätzlich wurde das Hintergrundbild und der Text manipuliert, um den Einfluss des kommunikativen Rahmens abbilden zu können. 85a
Der genaue Aufbau und die Ausgestaltung des Stimulusmaterials wird in Kapitel D.4.2.3 beschrieben.
76
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 21. Übersicht zu den durchgeführten Studien
Insgesamt wurden sowohl eine quantitativ angelegte Hauptstudie mit zugehöriger Nullmessung als auch eine qualitative Zusatzstudie durchgeführt. In der Hauptstudie, die den Kern der empirischen Untersuchung bildet, wurde das Wirkungsgeflecht von Portfolio-Werbung in Abhängigkeit verschiedener Einflussfaktoren untersucht. Die Zusatzstudie lieferte zusätzliche Hinweise über inhaltliche Entwicklungen der Dachmarkenschemata. Abbildung 21 zeigt die Studien im Überblick.
1.2
Aufbau und Konzeption der empirischen Untersuchung
Da die Wirkung von Portfolio-Werbung in Form von Anzeigen analysiert werden soll, wurde den Probanden jeweils eine Anzeige vorgelegt. Um untersuchen zu können, ob und wie die Einstellung zu Dachmarken durch diese Anzeigen beeinflusst wird, muss die Einstellung vor Anzeigenkontakt mit der Einstellung danach verglichen werden. Die Differenz beider Werte gibt die Einstellungsveränderung an. Die Werte vor Anzeigenkontakt werden im Folgenden als „Pre-Einstellung“ und diejenigen nach Anzeigenkontakt als „Post-Einstellung“ bezeichnet. Um die Einstellungsveränderung zu ermitteln, gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens können sowohl für die Messung der Pre- als auch der Post-Werte dieselben Personen befragt werden. Dies bedeutet, dass ein Proband zunächst vor Anzeigenkontakt seine Einstellung zu den Dach- und Produktmarken angeben muss. Anschließend legt man ihm die Anzeige vor und bittet ihn erneut, seine Einstellung zu den abgebildeten Marken zu äußern. Die beiden Einstellungswerte werden verglichen. Bei dieser ersten Variante könnten die Einstellungsveränderungen bei denselben Personen ermittelt werden. Dieser Vorteil würde jedoch mit zwei gravieren-
1 Zielsetzung und Aufbau der empirischen Untersuchung
77
den Nachteilen erkauft. Zum einen müssten die Probanden schon vor Anzeigenkontakt ihre Einstellung zu den auf der Anzeige abgebildeten Marken angeben. Selbst wenn zusätzlich zu den abgebildeten weitere, nicht in der späteren Anzeige enthaltene Marken (so genannte Dummy-Marken) abgefragt werden, könnten die Probanden bereits für das Portfolio der Dachmarke sensibilisiert werden. Mögliche Effekte durch die Anzeige könnten so verzerrt oder sogar vorweggenommen werden. Zum anderen wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Versuchspersonen ihre vor Anzeigenkontakt abgegebenen Antworten bzw. Einstellungswerte erinnern und bei der zweiten Einstellungsmessung erneut dieselben Werte angeben. Drittens wäre mit Verzerrungseffekten zu rechnen, da viele Testpersonen sich scheuen würden, eine stark positiv veränderte Einstellung anzugeben. Dies kann auf die Abneigung von Menschen zurückgeführt werden, erfolgreiche Manipulationsversuche speziell durch Werbung zuzugeben. Eine zweite Möglichkeit besteht in der Bildung zweier separater Gruppen. Dabei wird zunächst in einer repräsentativen Stichprobe eine Art Ausgangsmessung (so genannte Nullmessung) durchgeführt, in der die Einstellung zu allen Marken abgefragt wird. In der Hauptstudie wird anderen Teilnehmern, die nicht an der Nullmessung teilgenommen haben, die Anzeige vorgelegt und ihre Einstellung zu den beteiligten Marken gemessen.86 Die Einstellungswerte von Null- und Hauptmessung werden anschließend im Hinblick auf signifikante Veränderungen verglichen.87 Aufgrund des gravierenden Nachteils möglicher Verzerrungseffekte bei der ersten Variante wurde die zweite Variante gewählt und eine separate Vorstudie (Nullmessung) zur Erhebung der Einstellungswerte konzipiert. Dabei ist eine repräsentative Stichprobe für die Nullmessung unerlässlich, um möglichst valide und reliable Ausgangswerte für die Markeneinstellung der beteiligten Dachmarken zu ermitteln. So kann unter der Prämisse, dass sich beide Grundgesamtheiten hinsichtlich Geschlecht und Alter nicht signifikant unterscheiden, sichergestellt werden, dass die Werte der Hauptstudie mit denen der Vorstudie vergleichbar sind. In der Nullmessung wurden nicht nur die Pre-Einstellungswerte gemessen, sondern diverse weitere Daten erhoben. Wie im dritten Abschnitt von Kapitel C bereits ausführlich geschildert, fließen unter anderem die Einflussfaktoren Dachmarkenstärke, Produktmarkenstärke, Fit innerhalb der Produktmarkengruppe sowie Dachmarkenbreite in die Hauptstudie der vorliegenden Arbeit ein. Um zu gewährleisten, dass aus den untersuchten Marken Gruppen mit unterschiedlichen Ausprägungen, zum Beispiel starke versus schwache Dachmarken, gebildet werden dürfen, muss sichergestellt sein, dass die Marken von den Probanden entsprechend eingeschätzt wurden. Aus diesem Grund wurden einige zusätzliche Messgrößen wie etwa der Fit der Produktmarkengruppe im Rahmen der Nullmessung erhoben.
86 87
In dieser Variante würde somit mit zwei unabhängigen Stichproben gearbeitet. Da es sich um zwei unabhängige Stichproben handelt, kann nicht analog zur ersten Möglichkeit eine Subtraktion aller einzelnen Werte aus Nullmessung und Hauptstudie stattfinden. Die Werte der Hauptstudie müssen mit Mittelwerten der Nullmessung verglichen werden. Das Verfahren wird in Kapitel D.1.2. genauer beschrieben.
78
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Um die Wirkungen der verschiedenen Einflussfaktoren – Dachmarkenstärke, Produktmarkenstärke88, Fit innerhalb der Produktmarkengruppe, Dachmarkenbreite und kommunikativer Rahmen – im Rahmen von Portfolio-Werbung untersuchen zu können, wurde ein 2 × 2 × 2 × 2 × 2-faktorielles Studiendesign für die Hauptstudie gewählt. Daraus ergaben sich insgesamt 32 Probandengruppen (siehe Abbildung 22). Jeder Gruppe wurde eine von 32 verschiedenen Anzeigenvarianten gezeigt, und die PostEinstellung sowie diverse weitere Messgrößen wurden erhoben. Um Verzerrungseffekte zu vermeiden, wurde jedem Probanden lediglich eine Anzeige vorgelegt.89
Abb. 22. Studiendesign der Hauptstudie
Mit Hilfe der Nullmessung in Kombination mit der Hauptstudie können die möglichen Effekte von Portfolio-Werbung quantitativ untersucht werden. Um zusätzlich Hinweise über die Veränderungen der Markenschemata der Dachmarken zu erhalten, wurde zudem eine Zusatzstudie konzipiert. In Kapitel D.7 wird näher auf die Zusatzstudie eingegangen. 88
Obwohl in Bezug auf die Implikationen der Attributionstheorie zusätzlich zur Betrachtung starker vs. schwacher Produktmarken eine gemischt starke Gruppe interessant gewesen wäre, wurde diese Kombination in der Hauptstudie nicht berücksichtigt. Da der Nachweis des positiven Effektes durch die Aufzählung starker Produktmarken bei einer schwachen Dachmarke im Vordergrund steht, kann die Einschränkung auf starke vs. schwache Produktmarken hier extremere und damit in einem ersten Schritt klarere Ergebnisse liefern. Zudem hätte die Aufnahme eine enorme Vergrößerung des Stichprobenumfangs von 960 auf 1.440 Probanden bedeutet (bei einer Gruppenstärke von 30 Probanden). Daher wurde auch aus forschungsökonomischen Gründen auf diese Variante verzichtet. 89 Wenn ein Proband demgegenüber mehrere Anzeigen gesehen hätte, wäre seine Überraschung nach der zweiten, spätestens aber dritten Anzeige nur noch sehr gering. Der Überraschungseffekt wäre vermutlich immer geringer, da die Technik der Portfolio-Werbung bekannt wäre. Aus diesem Grund wurde ein Within-subject-Design gewählt, bei dem jedem Probanden nur eine Anzeige vorgelegt wird.
2 Darstellung des Gesamtmodells
79
Im Rahmen der empirischen Fundierung des vermuteten Wirkungsgeflechtes von Portfolio-Werbung wurden somit insgesamt drei Studien durchgeführt. Die Nullmessung und die zugehörige Hauptstudie bilden den Hauptteil der Untersuchung, der durch eine qualitativ angelegte Zusatzstudie ergänzt wird. Abbildung 23 gibt einen Überblick zu den einzelnen Studien.
Abb. 23. Genaue Zielsetzung der Studien im Überblick
2
Darstellung des Gesamtmodells
2.1
Ableitung der Hypothesen
Da die ausführliche theoretische Herleitung der Hypothesen bereits im dritten Abschnitt von Kapitel C erfolgte, werden die einzelnen Hypothesen an dieser Stelle kurz in den Gesamtzusammenhang eingeordnet und aufgeführt. Ableitung der Hypothesen zur Markenstärke Es wird vermutet, dass sowohl die Markenstärke der Dach- als auch der Produktmarken eine zentrale Rolle im Rahmen von Portfolio-Werbung spielt. Durch Portfolio-Werbung wird der Konsument mit zahlreichen neuen Informationen in Form von Produktmarken und deren Eigenschaften zu einer Dachmarke konfrontiert. Insbesondere dann, wenn er vorher keine Kenntnis über die Zugehörigkeit der Produkte zum Sortiment der Dachmarke hatte, kann diese Information ihn positiv beeindrucken. Aus der Schematheorie folgt, dass insbesondere schwach ausgeprägte Markenschemata (im Gegensatz zu stark ausgeprägten) leichter veränder-
80
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
bar sind.90 Die Wahrscheinlichkeit der Übertragung (positiver) Imagebestandteile von der Produkt- auf die Dachmarke ist dadurch höher. Es wird daher vermutet, dass Portfolio-Werbung insbesondere dann eine stark positive Wirkung zeigen kann, wenn die Dachmarke nur über geringe Markenstärke und damit ein nur gering ausgeprägtes Markenschema verfügt. Ist das Markenschema demgegenüber bereits gut ausgebildet und kennt der Konsument bereits mehrere Produkte aus dem Sortiment, so würde der Effekt vermutlich eher neutral (oder sogar negativ) ausfallen. Im Hinblick auf die Produktmarkenstärke können speziell starke Marken Transfereffekte ausüben. Gerade die Aufzählung starker, erfolgreicher Produktmarken könnte sich positiv auf die zugehörige Dachmarke auswirken. Werden demgegenüber nur schwache und eher unbekannte Produktmarken aufgezählt, so können diese vermutlich keine positive Wirkung auf die Dachmarke haben und unter Umständen (insbesondere, wenn es sich um eine starke Dachmarke handelt) sogar negativ wirken. Werden Dach- und Produktmarkenstärke in ihren Wirkungen kombiniert, ergeben sich folgende Hypothesen: H1a
Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke
Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verbessert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung.
H1b
Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke
Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht.
H1c
Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärk
Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht.
H1d
Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke
Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verschlechtert sich die Einstellung zur Dachmarke durch Portfolio-Werbung.
Ableitung der Hypothesen zu den Produktmarken Obwohl die Wirkung von Portfolio-Werbung auf die Produktmarken nicht im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht, sollte der Eindruck, über den Konsumenten bzw. Probanden zu den starken Produktmarken verfügen, ebenfalls kontrolliert werden.91 Da es sich um starke Marken handelt, kann hier ebenfalls auf Basis der Schematheorie vermutet werden, dass sich die Einstellung nicht oder nur marginal verändert – und zwar unabhängig von der Dachmarkenstärke. Daraus ergeben sich folgende Hypothesen:
90 91
Siehe Kapitel C.3.1. Die Einstellungswerte zu den schwachen Produktmarken konnten nicht kontrolliert werden, da diese von den Probanden aufgrund der Unbekanntheit nicht angegeben werden konnten.
81
2 Darstellung des Gesamtmodells
H2
Produktmarken
Die Einstellung zu den starken Produktmarken verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht.
H2a
Produktmarken und Dachmarkenstärke
Die Einstellung zu den starken Produktmarken einer schwachen Dachmarke verändert sich durch PortfolioWerbung nicht.
H2b
Produktmarken und Dachmarkenstärke
Die Einstellung zu den starken Produktmarken einer starken Dachmarke verändert sich durch PortfolioWerbung nicht.
Ableitung der Hypothesen zur generellen Wirkung des Fits innerhalb der Produktmarkengruppe Wie in Kapitel C.3.2.1 beschrieben, spielt der Fit, d. h. die Passung zwischen zwei oder mehr Marken im Rahmen diverser Studien zu Markenerweiterungen, -allianzen und -kombinationen eine zentrale Rolle. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um einen ebenenübergreifenden (beispielsweise zwischen Stammmarke und Erweiterungsprodukt) oder ebeneninternen (zwischen verschiedenen Produkten innerhalb eines Sortiments) handelt. Im Rahmen von Portfolio-Werbung werden Konsumenten bzw. Probanden eine Reihe von Produktmarken gezeigt, aus denen sie ein schlüssiges Gesamturteil zur Qualität der Dachmarke ableiten sollen. Da es sich hierbei um eine Generalisierung von einzelnen Mitgliedern (den Produktmarken) auf eine übergeordnete Ebene (der Dachmarke) handelt, können Erkenntnisse aus Theorien zur Gruppenwahrnehmung herangezogen werden. Daraus lässt sich ableiten, dass die Generalisierung umso leichter erfolgt, je homogener die Gruppe gezeigter Produkte hinsichtlich ihrer Zusammensetzung ist. Je höher damit der Fit innerhalb der Produktmarkengruppe, desto leichter finden vermutlich Transferprozesse zur Dachmarke statt. Daraus ergibt sich folgende Hypothese: H3
Fit
Je höher die Passung der Produktmarken untereinander, desto positiver fällt der Effekt von Portfolio-Werbung aus.
Darüber hinaus wird vermutet, dass erstens die Dachmarkenstärke und zweitens die Dachmarkenbreite die Auswirkung des Fits innerhalb der Produktmarkengruppen beeinflussen. Je weniger der Konsument bzw. Proband mit einer Dachmarke vertraut ist, desto weniger weiß er meist über deren Sortiment. Die positive Überraschung, welche Produktmarken sich im Sortiment einer solchen eher unbekannten Dachmarke verbergen, ist hier wesentlich wahrscheinlicher als bei gut bekannten (und positiv beurteilten) starken Dachmarken. Unter Umständen könnte dieser positive Effekt so stark ausfallen, dass andere Gedankengänge – wie der Fit der aufgezählten Marken – geradezu blockiert werden. Zudem setzt die Unterscheidung feiner Unterschiede eine gewisse Vertrautheit mit dem Sortiment voraus. Folgende Hypothese lässt sich aus diesen Überlegungen ableiten:
82
H3a
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Fit - und Dachmarkenstärke
Je schwächer die Dachmarke, desto schwächer ist der Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung.
Unter der Dachmarkenbreite wird die Variabilität an Produkten, die von einer bestimmten Marke repräsentiert werden, verstanden (vgl. Boush/Loken, 1991, S. 17). Es wird vermutet, dass die Erwartungen der Konsumenten an das Sortiment umso heterogener sind, je breiter das Sortiment einer Dachmarke eingeschätzt wird. Mit anderen Worten sind Konsumenten bzw. Probanden vermutlich nur wenig überrascht, wenn ein breit aufgestellter Nahrungsmittelkonzern wie beispielsweise Nestlé nicht nur Süßwaren, sondern auch Fertiggerichte und Babynahrung in seinem Portfolio hält. Die Aufzählung einer eher heterogenen Produktgruppe würde in solchen Fällen vermutlich weniger stören. Daraus kann folgende Hypothese abgeleitet werden: H3b
Fit - und Dachmarkenbreite
Je breiter die Dachmarke wahrgenommen wird, desto geringer ist die Wirkung des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung.
Ableitung der Hypothesen zur Wirkung des kommunikativen Rahmens auf die Passung innerhalb der Produktmarkengruppe Der Fit – auch als Passung bezeichnet – ist keine objektive Größe, sondern kann situativ oder auch kommunikativ beeinflusst werden. Wird die Wahrnehmung beispielsweise auf die Gemeinsamkeiten von verschiedenen Produkten gelenkt, so ist zu vermuten, dass diese als passender empfunden werden. Diese Technik wird als „Framing“ bezeichnet (vgl. Hallahan, 1999, S. 207). Da, wie bereits dargestellt, ein hoher Fit eine positiv verstärkende Wirkung auf den Effekt von Portfolio-Werbung haben kann, könnte die Wahrnehmung der Konsumenten bzw. Probanden durch einen so genannten kommunikativen Rahmen auf die Gemeinsamkeiten der aufgezählten Produkte gelenkt werden. Beispielsweise erscheint die Aufzählung verschiedener Süßwaren vor dem Hintergrund eines Picknicks plausibel und die Produkte dadurch homogener. Dabei wird weiterhin vermutet, dass weder die Stärke noch die Breite der Dachmarke eine signifikante Rolle spielt. Daraus lässt sich folgende Hypothese des kommunikativen Rahmens auf den wahrgenommenen Fit bzw. die Passung innerhalb der Produktmarkengruppe ableiten: H4
Kommunikativer Rahmen
Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken höher als ohne Rahmen.
H2a
Kommunikativer Rahmen und Dachmarkenstärke
Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken sowohl bei starken als auch schwachen Dachmarken höher als ohne Rahmen.
H2b
Kommunikativer Rahmen und Dachmarkenbreite
Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken sowohl bei Generalisten als auch Spezialisten höher als ohne Rahmen.
2 Darstellung des Gesamtmodells
2.2
83
Ableitung des Gesamtmodells
Abb. 24. Wirkungsmodell zur Portfolio-Werbung
Aus den verschiedenen Einflussfaktoren und den abgeleiteten Hypothesen zu deren Wirkung ergibt sich das in Abbildung 24 dargestellt Wirkungsmodell. Die grau unterlegten Einflussfaktoren markieren alle unabhängigen Variablen im Rahmen der Studie während rot unterlegte Felder diejenigen Variablen darstellen, auf die eine Wirkung durch Portfolio-Werbung vermutet wird. Die blau unterlegten Variablen stellen die Moderatorenvariablen dar, die nicht in Hypothesenform berücksichtigt sind, jedoch im Rahmen der Studie kontrolliert werden sollten. Fett gedruckte Pfeile in Abbildung 24 symbolisieren die Einflussfaktoren mit der stärksten Wirkung. Alle normal gedruckten Pfeile repräsentieren weitere Einflussfaktoren, die im Rahmen des Wirkungsmodells untersucht werden. Gepunktete Linien und Pfeile stehen für kontrollierte Variablen, die jedoch nicht im Fokus der empirischen Studie stehen.92
92
Die gepunktete Linie vom Fit innerhalb der Produktmarkengruppe zur wahrgenommenen Passung symbolisiert eine Art Manipulation Check zum Fit.
84
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
3
Operationalisierung der Variablen
3.1
Operationalisierung der unabhängigen Variablen
Als unabhängige Variablen werden die Eigenschaften von Dach- und Produktmarken bezeichnet, die im Rahmen der Studie manipuliert werden und von denen eine Veränderung auf die abhängige Variable im Sinne der aufgestellten Hypothesen vermutet wird (vgl. Aaker et al., 2001, S. 336). Dabei wird zunächst auf die Auswahl der Dachund Produktmarken eingegangen, die in der Studie zum Einsatz kommen. Nachfolgend werden alle verwendeten unabhängigen Variablen und deren Operationalisierung erläutert. 3.1.1
Auswahl der Dach- und Produktmarken für die Studienreihe
Vor- und Nachteile hypothetischer und realer Marken als Stimuli Wenn die Wirkungen von Marken auf Konsumenten im Vordergrund von Analysen stehen, können entweder reale oder hypothetische Marken als Stimuli verwendet werden. Im ersten Fall können real existierende Marken eingesetzt werden, die im deutschen Handel erhältlich sind. Dabei ist es möglich, bestehendes Markenwissen in der Studie zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu müssen im zweiten Fall beim Einsatz hypothetischer Marken der Name, das Logo und die Verpackung unter dem Aspekt möglichst großer Realitätsnähe neu erschaffen und gestaltet werden. Mittels Markenbeschreibungen simuliert man bestehendes Markenwissen und generiert so Einstellungswerte für die verwendeten Marken. Hypothetische Marken haben in empirischen Untersuchungen den Vorteil, dass der Eindruck gezielt manipuliert werden kann, den Probanden von der Marke gewinnen. Dazu werden durch Gestaltung und ausführliche Beschreibung der Marken die gewünschten Eindrücke hervorgerufen. Zudem werden Verzerrungen vermieden, die bei Verwendung realer Marken durch unterschiedliche Verwendungserfahrungen, Eindrücke und Werbeeffekte entstehen können. Dieser Vorteil wird allerdings mit dem gravierenden Nachteil erkauft, dass solche Untersuchungen nicht an die Aussagefähigkeit von Studien mit realen Markenstimuli heranreichen, da das bestehende Markenwissen nicht einbezogen werden kann.93 Da das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit auf dem Nachweis des positiven Effektes der Präsentation starker Produktmarken bei schwachen Dachmarken liegt, ist die Einbeziehung gespeicherten Markenwissens unverzichtbar. Der Effekt kann nur eintreten, wenn die Konsumenten die Produktmarken aus eigener Erfahrung oder jahrelangem Werbekontakt gut kennen, sich jedoch bis zum Kontakt mit Portfolio-Werbung über die Zugehörigkeit zur Dachmarke nicht bewusst wa93
Eine Studie zum Einfluss bisheriger Markenerweiterungen wurde zunächst mit hypothetischen Marken durchgeführt und anschließend mit realen Marken wiederholt. Einige Hypothesen, die bei hypothetischen Marken belegt werden konnten, verfehlten einen signifikanten Nachweis bei der Verwendung realer Marken (vgl. Dacin/Smith, 2001, S. 881f.).
3 Operationalisierung der Variablen
85
ren.94 Aus diesem Grund wurde der Einsatz realer Marken anstelle von hypothetischen Marken gewählt. 3.1.1.1 Auswahl der starken und schwachen Dachmarken Generelle Bedingungen
Zunächst wurde festgelegt, welche Kriterien Dachmarken erfüllen müssen, um in die engere Auswahl für die empirische Untersuchung zu kommen. Ohne die Festlegung solcher Charakteristika wäre die Wirkung von Portfolio-Werbung auf die betrachteten Dachmarken nicht vergleichbar. Um Vergleichbarkeit sicherzustellen, müssen alle betrachteten Unternehmen 1. in derselben Branche tätig sein, 2. in komplexen Markenarchitekturen mit Produktmarkendominanz organisiert sein sowie 3. über ein ausreichend großes Portfolio mit mehreren starken und erfolgreichen Produktmarken verfügen. Um die Frage zu klären, welche Branche sich für die Untersuchung von PortfolioWerbung besonders eignet, sollte berücksichtigt werden, dass der Fokus auf Produktmarken-dominanten, komplexen Markenarchitekturen liegt. Dieser Architekturtyp findet sich besonders häufig in der Konsumgüterbranche. Im Allgemeinen handelt es sich bei der Konsumgüterbranche um einen Bereich mit eher geringem (Produkt-)Involvement. Unter Involvement versteht man die innere Beteiligung und das Engagement, mit der sich ein Konsument mit einer Sache oder einer Marke befasst (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 92; Zaichkowsky, 1985, S. 342). Je höher das Involvement, desto stärker sind Konsumenten motiviert, neue Informationen zu verarbeiten und desto größer ist ihr Verarbeitungsaufwand (vgl. Petty et al., 1983a, S. 137). Ein hohes Involvement führt zu tieferer Verarbeitung im Rahmen einer intensiveren Auseinandersetzung (vgl. Deimel, 1989, S. 155). Je geringer das Involvement, desto oberflächlicher läuft der Prozess der Informationsaufnahme und -verarbeitung ab (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 249f.). Je höher das Involvement, desto größer ist das wahrgenommene Kaufrisiko und desto wichtiger sind daher vertrauensbildende Maßnahmen, die das gefühlte Risiko verringern können. Da eine starke Dachmarke als Qualitätsgarant fungieren kann, finden sich komplexe Markenarchitekturen mit Dachmarkendominanz vermehrt in Branchen mit höherem Produktinvolvement. Damit alle Produkte des Unternehmens mit einer Dachmarkenstrategie von dem „Vertrauensvorschuss“ der Dachmarke profitieren können, wird diese meist relativ prominent kommuniziert. In Branchen mit hohem Produktinvolvement besteht somit tendenziell wenig Bedarf an Portfolio-Werbung, da ausreichend Kontaktmöglichkeiten der Dachmarke mit den Konsumenten vorhanden sind.95 94
Dass dieser Fall keine Ausnahme darstellt, zeigt bereits die Nullmessung der vorliegenden Arbeit zu den beiden Dachmarken Kraft und Storck. Sie sind den Probanden zwar namentlich bekannt, diese konnten jedoch keine oder nur sehr wenige Produktmarken nennen. 95 Als Beispiele können hier Unternehmen bzw. Dachmarken wie Hewlett-Packard oder ThyssenKrupp (siehe Kapitel B) angeführt werden.
86
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Je größer das Risiko eines Fehlkaufes, desto intensiver informieren sich Konsumenten über das Produkt und den Hersteller bzw. die zugehörige Dachmarke. Dies hat zur Folge, dass intensivere Auseinandersetzung mit dem Produkt nicht nur zu besserer Produktkenntnis führt, sondern unter Umständen auch zu mehr Wissen über den Hersteller bzw. das Sortiment. Kunden informieren sich dann beispielsweise darüber, welche Produkte von welcher Qualität und Erfolgsbilanz das Unternehmen darüber hinaus anbietet. Wer mit dem Gedanken spielt, einen Camcorder zu erwerben, nimmt die Erfahrungen eines Bekannten mit einer Digitalkamera desselben Herstellers wahrscheinlich mit großem Interesse zur Kenntnis. Die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten weitere Produkte des Unternehmens kennen, kann bei Branchen mit hohem Produktinvolvement höher eingeschätzt werden. Im Vergleich dazu zählt die Konsumgüterbranche – insbesondere im Hinblick auf Verbrauchsgüter wie Nahrungsmittel, die auch als „fast moving consumer goods“ bezeichnet werden – eher zu den Branchen mit geringerem Produktinvolvement und damit geringerem Kaufrisiko.96 Hier finden sich häufig Produktmarken-dominante Markenarchitekturen, etwa bei Nestlé, Kraft, Henkel, Unilever und vielen weiteren Unternehmen. Die Dachmarke kommt untergeordnet zum Einsatz, weil der Fokus auf den Produktmarken liegt, um diese so spezifisch wie möglich an den Bedürfnissen der Konsumenten ausrichten zu können. Die Dachmarke bzw. deren Logo findet sich häufig nur auf der Verpackung – oder gar im „Kleingedruckten“ auf der Verpackungsrückseite. In der Konsequenz kennen die Konsumenten das Sortiment solcher Dachmarken kaum.97 Ein weiterer Grund, warum sich diese Branche besser für den Einsatz im Rahmen der empirischen Studie eignen, ist die geringer ausgeprägte Identifikationsfunktion solcher Dachmarken. Je intensiver sich ein Konsument mit einem Produkt identifiziert, wie dies beispielsweise in der Automobilbranche (z. B. bei der Marke Mercedes) häufig der Fall ist, kann die Konfrontation mit weiteren Produkten aus dem Portfolio (z. B. Lastkraftwagen von Mercedes) zu einer negativen Verzerrung führen. Darüber hinaus finden sich gerade in der Konsumgüterbranche Konzerne mit ausreichend großem Produktportfolio. Die geforderte Bedingung einer großen Zahl starker Produktmarken erfüllen solche Konzerne meist mühelos. Aus den genannten Gründen wurde die Konsumgüterindustrie als Branche gewählt, mit der in der vorliegenden Arbeit der Effekt von Portfolio-Werbung nachgewiesen werden soll. Genaue Festlegung der verwendeten Dachmarken
Um die Studie, wie im Studiendesign bereits dargestellt, durchführen zu können, mussten die infrage kommenden Unternehmen bzw. Dachmarken aus der Konsumgüterbranche im Hinblick auf ihre Eignung weiter geprüft werden. 96
Wie durch die Verwendung des Ausdrucks „tendenziell“ bereits angedeutet, gibt es hier selbstverständlich Ausnahmen. Beispielsweise ist das wahrgenommene Kaufrisiko, das Mütter beim Erwerb von Babynahrung empfinden, vermutlich wesentlich höher als beim Kauf von Mehl oder Nudeln. 97 Diese Zusammenhänge wurden in Kapitel B ausführlich beschrieben.
3 Operationalisierung der Variablen
87
Analog zur Hypothesenherleitung werden sowohl von Dachmarkenstärke als auch -breite98 Effekte auf die Wirkung von Portfolio-Werbung erwartet. Infolgedessen sollte gemäß nachfolgender Tabelle jeweils eine Dachmarke für die Kombinationsmöglichkeiten aus Dachmarkenstärke und -breite ausgewählt werden. Gesucht werden demnach jeweils ein starker und ein schwacher Generalist sowie ein starker und ein schwacher Spezialist aus der Konsumgüterbranche (siehe Abbildung 25).
Abb. 25. Charakteristika der gesuchten Dachmarken
Vier Unternehmen bzw. Dachmarken aus der Nahrungsmittelindustrie wurden ausgewählt, von denen vermutet wird, dass sie die zu Beginn des Kapitels aufgeführten Kriterien erfüllen, und die sich darüber hinaus in das in Abbildung 25 gezeigte Schema einordnen lassen.99 Als schwacher Generalist wurde die Dachmarke Kraft ausgewählt. Sie verfügt über ein breites Sortiment an Nahrungsmitteln, von Süßwaren bis zu Getränken. Bekannte Produktmarken wie Miracoli, Philadelphia, Milka oder Jacobs Krönung sind im Sortiment zu finden. Von der zugehörigen Dachmarke wurde vermutet, dass die meisten Konsumenten nur über schwach ausgeprägte Markenschemata sowie eine unzureichende Kenntnis über die Zugehörigkeit der Produktmarken zum Sortiment verfügen.100 Als schwacher Spezialist wurde die Dachmarke Storck ausgewählt. Hier handelt es sich um einen Süßwaren-Spezialisten, der mit einigen bekannten Produktmarken auf dem Markt agiert. Beispielsweise befinden sich Werthers Original, Storck Riesen, Nimm 2 und Knoppers im Sortiment. Auch bei der Marke Storck wurde vermutet, dass die Konsumenten zum größten Teil nicht wissen, dass die genannten Produktmarken im Sortiment der Dachmarke geführt werden. Als starke Dachmarken wurden Nestlé und Ferrero gewählt. Dies hatte sich bereits in einer Studie des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung gezeigt
98
Es wird vermutet, dass die Dachmarkenbreite im Gegensatz zur Dachmarkenstärke nicht direkt auf die Einstellungsveränderung wirkt, sondern mittelbar über den Einfluss des Fits (siehe Kapitel C.3.2.2). 99 Die Überprüfung dieser Einteilung erfolgte in der Nullmessung bzw. in der Hauptstudie. 100 Erste Hinweise in diese Richtung hatten sich in einem Pretest mit 20 Probanden gezeigt.
88
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 26. Ausgewählte Dachmarken für die empirische Studie
(vgl. Bräutigam, 2004, S. 166). Sie wurden dort sowohl hinsichtlich Bekanntheitsgrad als auch ihrer generellen Beurteilung als starke Marken bezeichnet. Nestlé wurde in dieser Studie als Nahrungsmittel-Generalist eingeordnet, Ferrero als Nahrungsmittel-Spezialist (für Süßwaren) (vgl. Bräutigam, 2004, S. 170). Nestlé hält starke Produktmarken wie After Eight, Nescafé oder Thomy im Sortiment. Ebenso starke Produktmarken wie beispielsweise Rocher, Mon Cheri oder Nutella werden von Ferrero angeboten. Die Einordnung der Dachmarken im Hinblick auf die Dachmarkenstärke und -breite ist in Abbildung 26 dargestellt.101 3.1.1.2 Auswahl der starken und schwachen Produktmarken Portfolio-Werbung basiert auf der Idee, dass die Aufzählung starker Produktmarken positiv überrascht und gegebenenfalls sogar beeindruckt. Um dies empirisch überprüfen zu können, darf die Sortimentszugehörigkeit der meisten der zu untersuchenden Produktmarken zur schwachen Dachmarke nicht bekannt sein. Daher sind zweierlei Kriterien für die Auswahl der Produktmarken entscheidend. Erstens müssen sie über ausreichende Markenstärke bzw. Bekanntheit102 verfügen, und zweitens sollte die Zugehörigkeit zum Sortiment der jeweiligen Dachmarke überwiegend nicht bekannt sein. Es wurde auf reale Produktmarken aus den Sortimenten der ausgewählten Dachmarken Kraft, Nestlé, Storck und Ferrero zurückgegriffen, um möglichst realitätsnah untersuchen zu können. Zudem mussten sich die ausgewählten Produktmarken einmal zu einer Gruppe mit möglichst hoher Passung und einmal zu einer mit möglichst geringer Passung gruppieren lassen. Die ausgewählten (starken) Produktmarken sind in den Abbildungen 27 bis 30 dargestellt. In den Sortimenten aller betrachteten Dachmarken befinden sich zu wenige Produktmarken, die einen sehr geringen Bekanntheitsgrad aufweisen und daher als 101
Diese Annahmen hinsichtlich Markenstärke, -breite und -einstellung wurden in Nullmessung und Hauptstudie überprüft. Die Ergebnisse werden in Abschnitt D.4.1.2 erläutert. 102 Die Markenbekanntheit wurde in der vorliegenden Studie gestützt gemessen. Darauf wird in Abschnitt D.3.1.2 näher eingegangen.
3 Operationalisierung der Variablen
Abb. 27. Starke Produktmarken von der Dachmarke Kraft
Abb. 28. Starke Produktmarken von der Dachmarke Storck
Abb. 29. Starke Produktmarken von der Dachmarke Ferrero
Abb. 30. Starke Produktmarken von der Dachmarke Nestlé
89
90
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
schwache Produktmarken bezeichnet werden können. Daher wurde auf reale Marken zurückgegriffen, die nicht auf dem deutschen Markt erhältlich sind.103 Es wurden somit hypothetische Markenkombinationen aus den vier Dachmarken und den schwachen Produktmarken anderer Märkte gebildet.104 Dabei wurden zweierlei Gruppen von Produktmarken ausgewählt, um einerseits den Nahrungsmittel-Generalisten Kraft und Nestlé sowie andererseits den Süßwaren-Spezialisten Storck und Ferrero gerecht zu werden. Die erste Gruppe (siehe Abbildung 31) setzte sich aus allgemeinen Nahrungsmitteln zusammen, die jeweils in den Sortimenten der beiden Generalisten Kraft und Nestlé hätten geführt werden können. Die zweite Gruppe (siehe Abbildung 32) beinhaltete ausschließlich Süßwaren, die von Storck und Ferrero hätten angeboten werden können.
Abb. 31. Schwache Produktmarken für die Generalisten Kraft und Nestlé
Abb. 32. Schwache Produktmarken für die Spezialisten Storck und Ferrero
3.1.2
Markenstärke der Dachmarke
Um empirisch untersuchen zu können, ob sich speziell schwache Dachmarken durch Portfolio-Werbung positiv beeinflussen lassen, musste die vermutete Einordnung als starke bzw. schwache Dachmarke überprüft werden. Es geht somit zunächst 103
In der vorliegenden Arbeit wurde bei den starken Produktmarken von einem gestützten Bekanntheitsgrad von mindestens 90 Prozent, bei den schwachen Produktmarken von unter 15 Prozent ausgegangen, um eine möglichst klare Abgrenzung zu erreichen. 104 Die Produktmarken gehören auch im Ausland nicht in die Sortimente der Dachmarken.
3 Operationalisierung der Variablen
91
um den Nachweis, dass es sich bei Kraft und Storck im Vergleich zu Nestlé und Ferrero um signifikant schwächere Marken handelt. Um dies zu überprüfen, muss festgelegt werden, anhand welcher Kriterien die Einordnung als starke bzw. schwache Dachmarke erfolgen soll. Nachfolgend werden fünf Kriterien beschrieben, mit deren Hilfe die Überprüfung der Markenstärke erfolgen soll (siehe Abbildung 33).
Abb. 33. Operationalisierung der Markenstärke der Dachmarken
Der Bekanntheitsgrad ist ein wichtiger Indikator für die Markenstärke. Es wird davon ausgegangen, dass starke Marken, die über eine hohe Bekanntheit verfügen, von Konsumenten auch häufig gut beurteilt werden. Der Bekanntheitsgrad kann ungestützt (auch als Recall bezeichnet) oder gestützt (auch als Recognition bezeichnet) abgefragt werden. Unter ungestützter Abfrage versteht man die Aufforderung, alle Marken zu nennen, die dem Probanden bei Vorgabe der Produktkategorie in den Sinn kommen. Möchte man den gestützten Bekanntheitsgrad messen, wird dem Probanden die Frage gestellt: „Kennen Sie die Marke x?“, die entweder auf einer RatingSkala oder mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden kann. Der ungestützte Bekanntheitsgrad kommt insbesondere bei gedächtnisbasierten Entscheidungen zum Tragen. Wer den Abschluss einer Versicherung erwägt, greift eher auf gespeichertes Wissen zu den einzelnen Versicherungsunternehmen zurück. Dazu müssen aktiv Markennamen in einer bestimmten Branche abgerufen werden. Bei Entscheidungen am Point of Sale, etwa beim Einkauf im Supermarkt, genügt demgegenüber eine hohe gestützte Bekanntheit, d. h. ein hoher Wiedererkennungswert (vgl. Esch, 2005b, S. 239). Die Wiedererkennung von Marke und Verpackung kann hier bereits für das Auslösen einer Kaufhandlung ausreichen. Da es in der vorliegenden Arbeit überwiegend um Konsumgüter geht, die im Lebensmittelhandel erhältlich sind, wurde auf den gestützten Bekanntheitsgrad zurückgegriffen. Dieser wurde erfasst mit der Frage: „Kennen Sie die Marke x?“ und den Antwortmöglichkeiten „ja“ und „nein“.
92
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Neben einer hohen Bekanntheit zeichnet sich eine starke Marke zusätzlich durch umfangreiche Wissensstrukturen aus, d. h., starke Marken verfügen über ein ausgeprägtes Markenschema105. Diese können mit sprachlichen und bildlichen Vorstellungen verbunden sein (vgl. Ruge, 2005, S. 245). Letztere bezeichnet man auch als inneres Bild der Marke. Ihnen wird eine Reihe von positiven Eigenschaften und Wirkungen zugeschrieben, beispielsweise werden sie besser behalten als rein verbale Informationen. Zudem können sie weitere gespeicherte Informationen aktivieren (vgl. Ruge, 2005, S. 244). Bei Produktmarken können die damit verbundenen inneren Bilder sehr konkret sein und spezifische Merkmale enthalten; bei Raffaello beispielsweise sind es Attribute wie „weiße Schokolade“ oder „Kokosnuss“106. Es wird vermutet, dass innere Bilder von Dachmarken sowohl durch eher abstraktes Wissen über das Unternehmen geprägt sind, etwa die allgemeine wahrgenommene Qualität, als auch durch konkrete Wissensbestandteile wie die im Sortiment geführten Produktmarken. In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass bei starken Dachmarken mit ausgeprägten Markenschemata das innere Bild durch einige unter ihr angebotene Produkte geprägt ist. Um diesen Bekanntheitsgrad des Portfolios als weiteren Indikator der Markenstärke zu erfassen, wurden die Probanden durch die offene Frage „Welche Produkte und Marken bietet die Dachmarke x Ihrer Meinung nach an?“ aufgefordert, alle ihnen bekannten Produkte und Marken zu nennen. Zur Erfassung der Stärke des inneren Bildes der Marke wurden zusätzlich die Klarheit und die Vividness, d. h. die Lebendigkeit des inneren Bildes, erfasst. Die Klarheit oder Deutlichkeit des inneren Bildes einer Marke gibt Auskunft darüber, inwieweit ein Konsument auf sein gespeichertes Markenwissen zugreifen kann (vgl. Ruge, 1988, S. 83). Je klarer und deutlicher das innere Bild, desto schneller kann es aktiviert werden und desto stärker ist sein Einfluss auf das Verhalten (vgl. KroeberRiel/Weinberg, 2003, S. 352). Hierzu wurde die Frage verwendet: „Bitte machen Sie sich jetzt ein inneres Bild von der Marke x. Wie klar und deutlich ist Ihr inneres Bild von der Marke x?“ (in Anlehnung an Ruge, 1988, S. 125ff.). Die Probanden wurden anschließend gebeten, ihre Einschätzung anzugeben auf einer siebenstufigen RatingSkala mit den Polen „verschwommen und undeutlich“ auf der einen sowie „klar und deutlich“ auf der anderen Seite (in Anlehnung an Marks, 1999, S. 583). Obwohl davon auszugehen ist, dass innere Bilder mit hoher Deutlichkeit in den meisten Fällen auch positiv beurteilt werden, wurde zur Erfassung ihrer wertenden Richtung zusätzlich ihre Anziehungskraft erhoben. Aus diesem Grund wurden die Probanden dazu aufgefordert, anzugeben, wie anziehend dieses Bild sei. Dazu wurde ihnen eine siebenstufige bipolare Rating-Skala mit den Polen „gar nicht anziehend“ sowie „sehr anziehend“ vorgelegt. Zusätzlich zeichnen sich starke Marken durch eine positive Markeneinstellung aus. Der Begriff der Einstellung bezeichnet die einem Individuum innewohnende 105 106
Vergleiche hierzu Kapitel C.3.1. Im Rahmen der Erhebung wurden auch die inneren Bilder der Produktmarken erfasst. Diese Auswertung floss jedoch nicht in die empirische Analyse ein, da der Fokus der Arbeit auf den Wirkungen auf die Dachmarke liegt.
3 Operationalisierung der Variablen
93
Tendenz, Gegenstände favorisierend oder nicht favorisierend, positiv oder negativ wertend einzuschätzen (vgl. Eagly/Chaiken, 1993, S. 1f.; Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 168f.). Es handelt sich somit um ein Konstrukt, das die subjektiv wahrgenommene Eignung eines Gegenstandes zur Befriedigung einer Motivation abbildet (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 169). Da es sich bei einer Einstellung um eine nicht direkt beobachtbare physische Größe – ähnlich Emotionen und Motivationen – handelt, müssen Messmethoden angewendet werden, die dieses theoretische Konstrukt möglichst wahrheitsgetreu abbilden. Die Drei-Komponenten-Theorie geht davon aus, dass die Einstellung neben der affektiven (d. h. emotionalen oder auch motivationalen) auch eine kognitive und intentionale (d. h. verhaltensbezogene) Dimension umfasst (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 170). Da die Messung der Einstellung über lediglich eine einzelne „Overall“-Rating-Skala zwar ein direktes, aber eher unspezifisches Urteil zulässt, wurden in der vorliegenden Arbeit verschiedene Image-Aspekte gemessen.107 Damit Skalen die Einstellung zu einem Produkt oder einer Marke möglichst genau abbilden können, sollten sie alle drei Komponenten abdecken, d. h. affektive, emotionale und intentionale Aspekte.108 Zu diesem Zweck wurden nachfolgende Statements formuliert, welche die Probanden auf siebenstufigen so genannten Likert-Skalen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 195) bestätigen oder ablehnen konnten (vgl. Cox/Locander, 1987; Cox/Cox, 1988; Gill et al., 1988; Munch/Swasy, 1988; Dröge, 1989; MacKenzie/Lutz, 1989; Stout/Burda, 1989): 䉴 „Die Marke x finde ich gut.“ 䉴 „Die Marke x bietet mir hohe Qualität.“ 䉴 „Die Marke x ist mir angenehm.“ 䉴 „Die Marke x ist für mich eine starke Marke.“ 䉴 „Ich mag die Marke x.“ 䉴 „Die Marke x ist für mich vertrauenswürdig.“ 䉴 „Ich wäre bereit, für die Marke x mehr als den von Stiftung Warentest ermittelten Durchschnittspreis zu bezahlen.“ 䉴 „x ist ein kompetentes Unternehmen.“ Unter der Prämisse, dass alle Faktoren zu einer Größe aggregiert werden dürfen, kann der Mittelwert aller Einstellungs-Statements zur Einordnung als starke versus schwache Dachmarke herangezogen werden.109 107
Für eine solche Overall-Einstellungsmessung könnte zum Beispiel die Aufforderung herangezogen werden: „Beantworten Sie bitte auf einer fünfstufigen Rating-Skala von gut bis schlecht, was Sie vom vorliegenden Produkt halten“ (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 169). 108 Da die Drei-Komponenten-Theorie darüber hinaus davon ausgeht, dass die Komponenten aufeinander abgestimmt sind und somit eine gewisse Konsistenz aufweisen, können nach erfolgreicher Faktoranalyse die Werte der einzelnen Einstellungs-Items zu einem Overall-Wert aggregiert werden. 109 Ob sich alle Statements (auch als Items bezeichnet) zu einer Größe aggregieren lassen, hängt von dem Ergebnis einer Faktoranalyse zur Datenreduktion ab. Die Faktoranalysen zu Nullmessung und Hauptstudie finden sich in den Kapiteln D.4.1.2 und D.5.
94 3.1.3
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Markenstärke der Produktmarken
Da in der vorliegenden Arbeit 48 Produktmarken betrachtet werden, beschränkt sich die Einteilung in starke bzw. schwache Produktmarken aus forschungsökonomischen Gründen auf den Bekanntheitsgrad. Dies ist insofern sinnvoll, als es sich bei allen als stark bezeichneten Produktmarken um auf dem deutschen Markt etablierte und in den vergangenen Jahren mehrfach beworbene Marken handelt. Alle als schwach bezeichneten Marken sind nicht auf dem deutschen Markt erhältlich und somit nahezu unbekannt. Da es für Probanden kaum möglich ist, eine Einstellung zu ihnen unbekannten Produktmarken anzugeben, kann zum Vergleich der starken und schwachen Marken daher nur auf den Bekanntheitsgrad zurückgegriffen werden. Die Einteilung erfolgte daher anhand der Frage „Kennen Sie die Marke x?“ und den Antwortmöglichkeiten „ja“ und „nein“. 3.1.4
Markenfit der Produktmarkengruppe
Die Bildung der Fit-Gruppen erfolgte durch eine Expertenbefragung.110 Den Experten wurden die Abbildungen 27 bis 30 mit jeweils acht Produktmarken gezeigt. Anschließend wurden sie gebeten, jeweils eine Gruppe mit vier möglichst homogenen und vier möglichst heterogenen Produktmarken zu bilden. Bei ihrer Entscheidung sollten die Experten möglichst alle „Fit-Quellen“ berücksichtigen, wie beispielsweise Produkteigenschaften, Markenimage, optische Kriterien wie Farbe oder Verpackung. Aus den jeweils acht schwachen Produktmarken mussten ebenfalls Gruppen mit hoher und geringer Homogenität gebildet werden. Insgesamt wurden im Rahmen der Expertenbefragung zwölf Fit-Gruppen gebildet (siehe Abbildung 34). Alle homogenen Gruppen werden nachfolgend als „Gruppen mit hohem Fit“ bezeichnet, alle heterogenen Gruppen als „Gruppen mit geringem Fit“. 3.1.5
Breite der Dachmarken
Unter der Breite der Dachmarke wird das abgedeckte Sortimentsspektrum in Kombination mit der Zahl der angebotenen Produkte verstanden. Im Rahmen des Auswahlverfahrens der Dachmarken wurde die tatsächliche Sortimentsbreite bereits berücksichtigt. Kraft und Nestlé wurden im Vorfeld als (Nahrungsmittel-)Generalisten, d. h. eher breite Dachmarken, Storck und Ferrero als (Süßwaren-)Spezialisten, d. h. eher enge Dachmarken eingestuft. Da die von den Konsumenten wahrgenommene Breite nicht unbedingt mit der tatsächlichen Breite einer Dachmarke übereinstimmt, musste diese Einstufung empirisch überprüft werden. Dazu wurden die Probanden gebeten, zunächst das von der Dachmarke abgedeckte Sortimentsspektrum einzuschätzen auf einer siebenstufigen, bipolaren Rating-Skala mit den Polen „sehr eng“ und „sehr breit“. Um ein besseres Verständnis
110
Zu diesem Zweck wurden drei Mitarbeiter des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung befragt.
3 Operationalisierung der Variablen
95
Abb. 34. Fit-Gruppen der vier Dachmarken
dieser Frage zu erreichen, wurde sie mit Beispielen erklärt.111 In einem weiteren Schritt wurde die geschätzte Anzahl im Sortiment der Dachmarke enthaltener Produkte ermittelt. Auch hier wurde eine siebenstufige, bipolare Rating-Skala mit den Polen „sehr wenige“ und „sehr viele“ zugrunde gelegt. Da es sich bei den Polen um relative Einschätzungen handelt, wurden die Teilnehmer zusätzlich aufgefordert, eine konkrete Zahl zu nennen. Anhand dieser beiden Kriterien kann die angenommene Einschätzung der Dachmarken als Generalisten oder Spezialisten (siehe Abbildung 25 auf Seite 112) überprüft werden. 3.1.6
Kommunikativer Rahmen
Um den Einfluss des kommunikativen Rahmens auf die wahrgenommene Passung der Produktmarkengruppe zu untersuchen, wurden sowohl das Hintergrundbild als auch die Headline in der Anzeige manipuliert. 111
Die Frage „Deckt die Marke x eher ein enges oder breites Sortimentsspektrum ab?“ wurde zur Erläuterung wie folgt ergänzt: „Ist das Sortiment auf eine einzige Produktkategorie wie z. B. Süßwaren beschränkt oder umfasst es viele unterschiedliche Produktkategorien wie Nahrungs- oder Reinigungsmittel?“
96
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
In der Variante ohne kommunikativen Rahmen wurde als Hintergrundbild bei allen Dachmarken das Porträt einer Frau verwendet, das in keiner Weise auf die Gemeinsamkeiten der Produktmarken Bezug nimmt. Die Headline „Die starken Marken von x geht ebenfalls nicht auf einen konkreten gemeinsamen Nenner ein. Demgegenüber wurde in der Variante mit kommunikativem Rahmen sowohl im Bild als auch in der Headline auf die Gemeinsamkeiten der Produkte eingegangen. Für die beiden engen Dachmarken Storck und Ferrero (Spezialisten) wurde ein Picknick als Hintergrundbild gewählt, das den gemeinsamen Verwendungszusammenhang diverser Süßwaren hervorheben soll. Alle Süßigkeiten können bei einem Picknick mit der ganzen Familie mitgenommen und verzehrt werden. In der Headline „Kein Picknick ohne die starken Marken von X“ wurde zusätzlich verbal auf den gemeinsamen Nenner der Produktmarkengruppe hingewiesen. Für die Generalisten Kraft und Nestlé, die ein breites Spektrum unterschiedlichster Nahrungsmittel offerieren, war die Darstellung eines gemeinsamen Verwendungszusammenhangs etwas schwieriger.112 Beide Unternehmen bieten Nahrungsmittel an, die entweder zum Frühstück, zum Mittagessen oder zum Abendessen und damit über den ganzen Tag verteilt konsumiert werden können. Mit anderen Worten: Die Nahrungsmittel der beiden Unternehmen begleiten die Konsumenten durch den ganzen Tag. Daher fiel die Wahl des kommunikativen Rahmens auf diese Gemeinsamkeit. Das Hintergrundbild, das zwei Personen zeigt, die gemeinsam kochen, wurde durch die Headline „Kein Tag ohne die starken Marken von X“ konkretisiert und ergänzt. Abbildung 35 zeigt eine Anzeige ohne kommunikativen Rahmen sowie zwei Anzeigen mit kommunikativem Rahmen für Spezialisten und Generalisten.
Abb. 35. Manipulation des kommunikativen Rahmens 112
Dies war insbesondere bei den Produktmarkengruppen mit geringem Fit problematisch, da hier auf den ersten Blick vollkommen unterschiedliche Produkte wie Brotaufstrich, Nudeln und Eis gemeinsam präsentiert wurden.
3 Operationalisierung der Variablen
3.2
Operationalisierung der abhängigen Variablen
3.2.1
Einstellung und Einstellungsveränderung
97
Da sich das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit speziell auf die Wirkung von Portfolio-Werbung auf die Einstellung zu Dachmarken richtet, steht die Einstellungsveränderung durch den Anzeigenkontakt im Vordergrund. Die im Kapitel zur Operationalisierung der unabhängigen Variablen „Markenstärke der Dachmarke“ beschriebene Markeneinstellung wird dazu herangezogen. Die Einstellung wird wie beschrieben mittels acht verschiedener Statements gemessen. Unter der Prämisse, dass eine Faktoranalyse keine gegenteiligen Ergebnisse zeigt, können alle Items zu einer Größe aggregiert werden, die nachfolgend generell als „Einstellung“ bezeichnet wird. Dieser Wert wird sowohl für die Nullmessung als auch für die Hauptstudie gebildet. Die Veränderung kann durch den Vergleich der Einstellung aus der Nullmessung und aus der Hauptstudie ermittelt sowie auf signifikante Unterschiede überprüft werden. In diesem Fall fungiert die Einstellung aus der Hauptstudie als abhängige Variable. Dies ist immer dann zulässig, wenn alle Dachmarken einzeln betrachtet werden. Werden jedoch aus zwei Dachmarken Gruppierungen gebildet wie beispielsweise „schwache Dachmarken“ oder „Spezialisten“, so eignet sich diese Methode nicht, da es aufgrund verschiedener Ausgangsniveaus zu Verzerrungseffekten kommen kann. In solchen Fällen wurde die Einstellungsveränderung als abhängige Variable definiert. Um die Veränderung zu ermitteln, wird die Einstellung aus der Nullmessung mit dem Wert der Hauptstudie verglichen bzw. von diesem subtrahiert. Dazu wird zunächst die Nullmessung betrachtet. Aus den acht verschiedenen Statements wird für jeden Proband die Einstellung aus der Nullmessung gebildet. Anschließend wird zu allen vier Dachmarken der mittlere Einstellungswert errechnet. Diese vier Werte dienen als Bezugspunkt. Um die Einstellungsveränderung durch Portfolio-Werbung zu bestimmen, wird in der Hauptstudie ebenfalls für jeden Probanden die Einstellung ermittelt. Die Differenz von Nullmessung und Hauptstudie wird errechnet, indem von jedem Post-Einstellungswert der Mittelwert der jeweils betrachteten Dachmarke aus der Nullmessung abgezogen wird.113 Um beispielsweise die Veränderung durch Portfolio-Werbung bei der Dachmarke Kraft zu ermitteln, wird zunächst der Mittelwert der Einstellung in der Nullmessung errechnet und dann dieser Wert bei jedem Probanden in der Hauptstudie abgezogen. Die Differenz kann positiv oder negativ sein. Ist sie positiv, so zeigt dies eine Einstellungsverbesserung an, bei negativen Werten handelt es sich um eine Verschlechterung. So kann zu jeder der 32 verschiedenen Anzeigen eruiert werden, ob und unter welchen Bedingungen PortfolioWerbung die Einstellung beeinflusst. Obwohl die Auswirkung von Portfolio-Werbung auf die Dachmarke im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht, sollte kontrolliert werden, ob sich die Einstel113
Da es sich um zwei unabhängige Stichproben handelt, kann nicht pro Proband die Einstellungsdifferenz ermittelt werden. Aus diesem Grund wurde der Mittelwert aus der Nullmessung zur jeweiligen Dachmarke als Vergleichsmaßstab verwendet.
98
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
lung zu den Produktmarken verändert.114 Dazu wird auch hier eine Gesamtbetrachtung aller starken Produktmarken gewählt und analog zur Vorgehensweise bei den Dachmarken die Einstellungsveränderung ermittelt. Anschließend wird überprüft, ob dieser Wert signifikant von null abweicht. 3.2.2
Wahrgenommene Passung der Produktmarkengruppe
Der Fit innerhalb der Produktmarkengruppe wurde in der vorliegenden Arbeit auf zweierlei Arten berücksichtigt. Zum einen wurde – wie in Abschnitt D.3.1 unter Operationalisierung der unabhängigen Variablen beschrieben – zu jeder Dachmarke jeweils eine Gruppe mit hohem und eine Gruppe mit geringem Fit gebildet. Zum anderen wurde der tatsächliche, d. h. wahrgenommene Fit bzw. die Passung in der Hauptstudie erneut abgefragt mittels einer siebenstufigen, bipolaren Rating-Skala mit den Polen „passen gar nicht zusammen“ und „passen sehr gut zusammen“ (in Anlehnung an Sujan/Bettman, 1989). Diese doppelte Berücksichtigung des Fits bzw. der Passung der Produktmarken hat den Vorteil, dass überprüft werden konnte, ob die in der Expertenbefragung ermittelten Gruppen hohen und geringen Fits von den Probanden auch so wahrgenommen wurden (im Sinne eines Manipulation Checks). Darüber hinaus wird vermutet, dass der kommunikative Rahmen die wahrgenommene Passung bzw. den Fit der Produktmarken beeinflussen kann, weshalb eine Erfassung der Passung nach Anzeigenkontakt nötig war.
3.3
Operationalisierung der Moderatorvariablen
Als Moderatorvariablen bzw. moderierende Variablen bezeichnet man solche Größen, die Einfluss auf die Wirkungsbeziehungen zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen (vgl. Abbildung 24 auf Seite 104 nehmen können (vgl. Bortz/Döring, 2002, S. 6; Westermann, 2000, S. 269). Um sicherzustellen, dass sie das Ergebnis der Untersuchung zu den Wirkungen einer oder mehrerer unabhängiger Variablen auf eine oder mehrere abhängige Variablen nicht verfälschen, sollten sie zusätzlich erfasst werden. Daher bezeichnet man die moderierenden Variablen auch als Kontroll- oder Störgrößen (vgl. Bortz, 1999, S. 8). In der Hauptstudie wurden neben den nachfolgend aufgeführten Variablen „Gefallen der Anzeige“ und „Komplexität der Anzeige“ weiterhin Studienfach, Semesteranzahl, Alter und Geschlecht der Probanden erhoben. 3.3.1
Gefallen der Anzeige
Je nachdem, wie gut die Anzeige den Probanden gefällt, kann dies die Wirkung von Portfolio-Werbung beeinflussen. Daher wurde diese Variable kontrolliert. Das Gefallen der Anzeige wurde erfasst mittels sechs siebenstufiger, bipolarer Rating-Skalen zu den Aspekten „unattraktiv“ – „attraktiv“, „nicht begehrenswert“ – „begehrenswert“, „nicht anregend“ – „anregend“, „hässlich“ – „schön“, „gefällt mir nicht“ – 114
Hier kamen dieselben Statements mit Ausnahme des Statements zur Kompetenz zum Einsatz.
4 Beschreibung der Studien
99
„gefällt mir“ und „mag ich nicht“ – „mag ich“ (in Anlehnung an Grossbart et al., 1986; MacKenzie/Lutz, 1989). Eine Faktoranalyse soll zudem klären, ob alle Items auf einen Faktor laden und daher zu einem Wert aggregiert werden dürfen. Dieser Wert wird nachfolgend als „Gefallen der Anzeige“ bezeichnet. 3.3.2
Komplexität der Anzeige
Durch die gleichzeitige Abbildung von fünf Marken (eine Dach- und vier Produktmarken) könnte die Anzeige von den Probanden als komplexer empfunden werden als beispielsweise eine Anzeige mit nur einer Marke. Diese wahrgenommene Komplexität könnte den Effekt von Portfolio-Werbung beeinflussen und wurde daher in der Hauptstudie kontrolliert. Sie wurde erfasst auf zwei siebenstufigen, bipolaren Rating-Skalen mit den Polen „einfach“ – „kompliziert und „nicht komplex“ – „sehr komplex“ (vgl. Cox/Cox, 1988; Cox/Cox, 2002, S. 124). Auch hier soll mit Hilfe einer Faktoranalyse überprüft werden, ob alle Items zu einem Wert aggregiert werden dürfen. Dieser Wert wird nachfolgend als Komplexität bezeichnet.
4
Beschreibung der Studien
4.1
Beschreibung der Nullmessung
4.1.1
Zielsetzung, Aufbau des Fragebogens und Durchführung der Nullmessung
Die Nullmessung diente zwei verschiedenen Zielsetzungen. Erstens mussten die Einschätzung bzgl. Markenstärke der Dach- und Produktmarken sowie die Dachmarkenbreite überprüft werden. Zweitens sollten Einstellungs-Ausgangswerte (Pre-Einstellung) erhoben werden für den Vergleich mit den in der Hauptstudie angegebenen Werten (Post-Einstellung). Dazu wurde ein Fragebogen konzipiert, der sich aus mehreren Teilen zusammensetzt. In einem ersten Teil wurden für alle Marken die gestützte Markenbekanntheit und die Klarheit sowie Anziehungskraft des inneren Bildes erhoben. Darüber hinaus wurde die Bekanntheit des Sortiments abgefragt. Ein zweiter Teil ermittelte die Einstellung zu Dach- und Produktmarken. Abschließend wurden zu Kontrollzwecken Studienfach, Semesterzahl, Alter und Geschlecht der Probanden abgefragt. Insgesamt wurden in der Nullmessung zu 52 verschiedenen Marken die genannten Messgrößen erfasst. Im Rahmen der Nullmessung wurden 330 Studenten der Justus-Liebig-Universität Gießen befragt. Die Befragung fand zwischen Dezember 2004 und Mai 2005 statt. Die per Zufallsauswahl115 angesprochenen Befragten wurden darum gebeten,
115
Eine Zufallsauswahl im statistischen Sinn konnte nur mit Einschränkungen realisiert werden, da einige der angesprochenen Personen zur Teilnahme an der Studie nicht bereit waren. In solchen Fällen mussten „Ersatzpersonen“ ausgewählt werden (vgl. Hammann/Erichson, 1994, S. 40).
100
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
einen ihnen zufällig zugeteilten Fragebogen auszufüllen. Als Anreizmittel für die Teilnahme wurde nach Abgabe des komplett ausgefüllten Fragebogens ein Kugelschreiber verschenkt. 4.1.2
Manipulation Check zu Dachmarkenstärke und -breite sowie zur Produktmarkenstärke
a)
Manipulation Check zur Dachmarkenstärke
Bekanntheitsgrad der Dachmarken
Es sollte überprüft werden, ob in Bezug auf die gestützte Bekanntheit Kraft und Storck als schwache sowie Nestlé und Ferrero als starke Dachmarken bezeichnet werden dürfen. Sowohl Nestlé als auch Ferrero weisen eine deutlich höhere gestützte Bekanntheit als Kraft und Storck auf. In der Gruppenbetrachtung zeigten die schwachen Dachmarken einen durchschnittlichen Bekanntheitsgrad von 89,2 Prozent und die starken Dachmarken von 98,5 Prozent (siehe Abbildung 36). Ein Mann-Whitney-U-Test belegt einen höchst signifikanten116 Unterschied (p = 0,001)117 im Bekanntheitsgrad zwischen der Gruppe der starken Dachmarken (Nestlé und Ferrero) im Vergleich zur Gruppe der schwachen Dachmarken (Kraft und Storck).118
Abb. 36. Gestützter Bekanntheitsgrad der Dachmarken 116
Grundsätzlich werden Fehlerwahrscheinlichkeiten von p < 0.001 als höchst signifikant, von p < 0.01 als hoch signifikant und von p < 0.05 als signifikant bezeichnet. 117 Siehe Anhang 1. 118 Im Einzelvergleich weicht Kraft als schwacher Generalist signifikant (Mann-Whitney-UTest mit p = 0,035) von Nestlé als starkem Generalisten ab. Storck als schwacher Spezialist unterscheidet sich hinsichtlich Bekanntheitsgrad hoch signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,009) vom starken Spezialisten Ferrero.
4 Beschreibung der Studien
101
Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes
Zu allen vier Dachmarken wurden Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes erfasst. Auch hier konnte die Einordnung als starke vs. schwache Dachmarke bestätigt werden. Wie Abbildung 37 zeigt, wurde die Gruppe der schwachen Dachmarken höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000)119 unklarer bzw. verschwommener wahrgenommen als die Gruppe starker Dachmarken. Ebenso wurden die beiden starken Dachmarken höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,001)120 anziehender wahrgenommen als die beiden schwachen Dachmarken.121
Abb. 37. Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes
119
Siehe Anhang 2. Siehe Anhang 2. 121 In der Einzelbetrachtung unterscheidet sich Kraft hinsichtlich Klarheit des inneren Bildes mit p = 0,013 signifikant von Nestlé. In Bezug auf die Anziehungskraft ergibt sich zwar eine Tendenz, die Werte beider Generalisten weichen jedoch nicht signifikant (Mann-Whitney-UTest mit p = 0,521) voneinander ab. Bei den Spezialisten weicht Storck sowohl hinsichtlich Klarheit als auch hinsichtlich Anziehungskraft hoch signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,002 in beiden Fällen) von Ferrero ab. Da es in der Nullmessung jedoch primär um die Einteilung als starke bzw. schwache Dachmarken geht, spielen die Einzelwerte eher eine geringere Rolle. 120
102
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Portfolio-Bekanntheit
Auch hinsichtlich der Bekanntheit des Sortiments der Dachmarken wiesen die beiden starken Dachmarken Nestlé und Ferrero signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,029)122 bessere Werte auf.123 Insgesamt nannten die Probanden hierzu zu den starken Dachmarken 149 Produktmarken, während zu den beiden schwachen Dachmarken nur je 121 aufgezählt wurden (siehe Abbildung 38).
Abb. 38. Anzahl genannter Marken im Portfolio der Dachmarken
Markeneinstellung
Mit Hilfe einer Faktoranalyse musste geklärt werden, ob die einzelnen Statements zur Einstellung aggregiert werden dürfen. In der Faktoranalyse zeigte sich, dass bis auf das Item zur Preisbereitschaft alle Items aggregiert werden dürfen. Da das Statement zur Preisbereitschaft einen Eigenwert von weniger als 0,5 aufwies, wurde es aus der Betrachtung ausgeschlossen. Eine erneute Faktoranalyse zeigte, dass nun alle Items sehr gut auf einen einzigen Faktor luden, wie Abbildung 39 zeigt.124
122
Siehe Anhang 3. In der Einzelbetrachtung weichen die beiden Generalisten Kraft und Nestlé nicht signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,128) ab. Bei Storck und Ferrero ergibt sich jedoch eine höchst signifikante Abweichung (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000). 124 Kaiser-Meyer-Olkin = 0,911. Auch aus Cronbachs Alpha-Wert von 0,9279 lässt sich schließen, dass die Items zu einem Wert aggregiert werden dürfen. 123
4 Beschreibung der Studien
103
Abb. 39. Ergebnis der Faktoranalyse zur Einstellung in der Nullmessung
Abb. 40. Einstellungswerte der Dachmarken
Aus diesem Grund wurde der Wert der Einstellung aus den Mittelwerten der Items „ist mir angenehm“, „ich mag die Marke“, „finde ich gut“, „bietet mir hohe Qualität“, „ist für mich vertrauenswürdig“, „ist für mich eine starke Marke“, „ist ein kompetentes Unternehmen“ gebildet. Die Ergebnisse der Nullmessung zur Dachmarkeneinstellung bestätigten ebenfalls die Einordnung von Kraft und Storck als schwache Dachmarken sowie von Nestlé und Ferrero als starke Dachmarken. Sowohl in der Einzel- als auch in der Gruppenbetrachtung zeigten sich deutliche Unterschiede (siehe Abbildung 40). Die Einstel-
104
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
lungswerte der Gruppe starker Dachmarken unterschieden sich höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000)125 von den Werten der schwachen Marken. In der Einzelbetrachtung unterschied sich der schwache Generalist Kraft hoch signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,001) von dem starken Generalisten Nestlé. Ebenso unterschied sich der schwache Spezialist Storck höchst signifikant von dem starken Spezialisten Ferrero (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000). Diese Werte zur Einstellung bilden gleichzeitig den Vergleichsmaßstab für die Einstellungswerte nach Kontakt mit der Portfolio-Anzeige in der Hauptstudie.126 b) Dachmarkenbreite Auch im Hinblick auf die vermutete Sortimentsbreite konnte die Einordnung von Kraft und Nestlé als Generalisten sowie Storck und Ferrero als Spezialisten bestätigt werden.127 Wie Abbildung 41 zeigt, unterscheiden sich Generalisten und Spezialisten im Hinblick auf die Sortimentsbreite höchst signifikant (Mann-Whitney-UTest mit p = 0,000)128. Die Anzahl der Produkte im Sortiment wurde mittels einer Skala mit den Polen „sehr wenige“ und „sehr viele“ gemessen.
Abb. 41. Einordnung als Generalist bzw. Spezialist 125
Siehe Anhang 4. Zur Ermittlung der Einstellungsveränderung im Rahmen der Hauptstudie werden die Einstellungswerte der einzelnen Dachmarken von den Einstellungswerten der Hauptstudie subtrahiert. 127 Diese Frage wurde aus organisationstechnischen Gründen in der Hauptstudie erhoben. 128 Siehe Anhang 5. 126
4 Beschreibung der Studien
105
Um Aufschluss darüber zu erhalten, was die Probanden konkret unter ihrer Einschätzung verstehen, wurden sie zusätzlich um die Angabe einer Zahl gebeten. Obwohl bei der Skala zur Anzahl zwar ein Trend, jedoch kein signifikanter129 Unterschied zu beobachten ist, zeigt die konkrete Zahlennennung, dass die Probanden bei einem Generalisten wesentlich mehr Produkte vermuten. Der Skalenwert 5 auf der siebenstufigen, bipolaren Skala zur Anzahl von Produkten im Sortiment von „sehr wenige“ bis „sehr viele“ entspricht bei einem Generalisten rund 250 Produkten, bei einem Spezialisten jedoch nur etwa 50. Wie Abbildung 41 zeigt, differiert diese angegebene absolute Zahl an Produkten im Sortiment ebenfalls höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000)130. c) Einordnung der Produktmarken anhand des Bekanntheitsgrades Die ausgewählten starken und real in den deutschen Sortimenten der betrachteten Dachmarken existierenden Produktmarken erreichen alle (mit Ausnahme von Nestlé Fitness mit 86 Prozent) einen gestützten Bekanntheitsgrad von mindestens 90 Prozent. Der Mittelwert in der Gruppe der starken Produktmarken liegt bei 97 Prozent. Demgegenüber konnte bestätigt werden, dass die als schwach bezeichneten Marken – die auf dem deutschen Markt nicht erhältlich sind – nahezu unbekannt waren: Sie alle (mit Ausnahme von Crea d’Or mit 19 Prozent und Ice Breakers mit 28 Prozent) weisen einen gestützten Bekanntheitsgrad von unter 15 Prozent auf. Hier liegt der Mittelwert bei 8 Prozent. Darüber hinaus wurde nur für die Produktmarken die Pre-Einstellung erfasst. Obwohl die vorliegende Arbeit insbesondere die Konsequenzen von Portfolio-Werbung auf Dachmarkenebene betrachtet, wurde mithilfe der Pre-Einstellung kontrolliert, ob diese Werbeform eine Verschlechterung auf Produktmarkenebene zur Folge haben kann. d) Hinweise zu soziodemographischen Daten Die Nullmessung wies in ihrer Zusammensetzung mit 48,6 Prozent weiblichen und 51,4 Prozent männlichen Teilnehmern ein ausgewogenes Verhältnis auf. Das Durchschnittsalter lag bei 21 Jahren. Die nachfolgende Hauptstudie sollte daher aus Gründen der Vergleichbarkeit ähnliche Werte aufweisen.
4.2
Beschreibung der Hauptstudie
4.2.1
Zielsetzung und Studiendesign
Mithilfe der Hauptstudie soll das vermutete Wirkungsgeflecht von Portfolio-Werbung überprüft werden. Zu den beiden Haupteinflussfaktoren zählen die Dachmarken- sowie die Produktmarkenstärke bzw. deren Kombination. Diese bestimmen die Richtung – 129 130
Siehe Anhang 5. Siehe Anhang 5.
106
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
positiv oder negativ – sowie die Stärke der Wirkung. Für den Fit innerhalb der Produktmarkengruppe wird ein generell positiver Effekt vermutet. Dieser wird von Dachmarkenstärke und -breite beeinflusst. Je schwächer und je breiter die Dachmarke, desto geringer ist der Einfluss des Fits. Der kommunikative Rahmen kann den Fit zusätzlich erhöhen, indem er als Interpretationshilfe für die gemeinsame Darstellung unterschiedlicher Produktmarken fungiert. Nachfolgend sind in Abbildung 42 diese Einflussfaktoren und die vermutete Wirkungsrichtung anhand des Gesamtmodells nochmals dargestellt, der Übersicht halber ohne Moderatoren.
Abb. 42. Die Einflussfaktoren im Rahmen von Portfolio-Werbung und ihre Wirkung
4.2.2
Durchführung der Hauptstudie und Aufbau des Fragebogens
Um eine möglichst ähnliche Studienzusammensetzung hinsichtlich Alter und Geschlecht der Probanden zu erreichen, wurde erneut an der Justus-Liebig-Universität von Gießen befragt. 960 Probanden, die nicht an der Nullmessung teilgenommen hatten, wurden zufällig ausgewählt. Ähnlich wie in der Nullmessung waren 50,1 Prozent der Teilnehmer weiblich und 49,7 Prozent männlich.131 Dadurch wurde gewährleistet, dass sich die Zusammensetzung von der Nullmessung weder hinsicht-
131
Bei 0,2 Prozent aller Teilnehmer fehlte die Angabe. Da es sich um keine zentrale Wirkungsgröße handelt, wurden derartige Fragebögen nicht ausgeschlossen.
4 Beschreibung der Studien
107
lich Alter (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,144) noch Geschlecht (Mann-WhitneyU-Test mit p = 0,633) signifikant unterschied. Die Vergleichbarkeit der beiden Studien bezüglich soziodemographischer Daten wurde dadurch sichergestellt. Nach der Kontaktaufnahme wurde den Probanden eine bestimmte Version des Hauptstudien-Fragebogens vorgelegt mit der Bitte, zunächst die erste Seite auszufüllen und nicht weiterzublättern.132 Es wurde erfragt, ob die jeweilige Dachmarke den Probanden bekannt war und welche Produktmarken sie im Sortiment dieser Dachmarke vermuteten. Nachdem die Testpersonen diese Fragen beantwortet hatten, wurde ihnen die zur jeweiligen Version zugehörige Anzeige vorgelegt. Anschließend erhielten sie die Anweisung, den Fragebogen weiter auszufüllen. Nach Kontakt mit der Anzeige wurde die Einstellung zu allen abgebildeten Marken – einer Dach- sowie vier Produktmarken – erfragt, um die Post-Einstellungswerte für den Vergleich mit der Nullmessung zu erhalten. Direkt danach wurden die Teilnehmer um eine Einschätzung des Fits der Produktmarken gebeten. Weitere Fragen folgten zu den zu kontrollierenden Größen (Moderator-Variablen) wie Gefallen und wahrgenommene Komplexität der Anzeige. Um weiterführende Informationen über die gedanklichen Prozesse zu erhalten, wurden weitere Fragen gestellt. Zunächst wurde mittels siebenstufiger, bipolarer Rating-Skalen ermittelt, wie eng oder breit die Probanden das Sortimentsspektrum der Dachmarke nach Kontakt mit der Anzeige einschätzen. Darüber hinaus mussten sie angeben, wie sie weitere Produkte aus dem Sortiment hinsichtlich der Qualität („geringe Qualität“ bis „hohe Qualität“) beurteilen. Auch wurde abgefragt, welchen Eindruck („sehr negativ“ bis „sehr positiv“) von der Dachmarke die Probanden nach Kontakt mit der Anzeige hatten. Ein weiterer Abschnitt des Fragebogens befasste sich mit den Rückschlüssen, welche die Probanden beim Betrachten der Anzeige gegebenenfalls zogen. Dazu wurden ihnen drei mögliche Statements vorgegeben, zu denen sie auf einer LikertSkala Zustimmung oder Ablehnung angeben konnten. Das erste Statement („Mehrere erfolgreiche Produkte sind für mich generell ein Kompetenzbeweis für die Marke x“) bezog sich auf die reine Attribution von der Produktmarkenstärke auf die Kompetenz des Unternehmens. Das zweite Statement („Nur wenn die abgebildeten Produkte auch viele Gemeinsamkeiten aufweisen, schließe ich daraus auf eine hohe Kompetenz der Marke x“) bezieht zusätzlich den Fit in die Attribution auf die Kompetenz des Unternehmens ein. Das dritte Statement („Mehrere erfolgreiche Produkte sind für mich der Beleg, dass sich die Marke x in einem überschaubaren, einfachen Marktumfeld bewegt, in dem sich leicht Erfolge einstellen“) soll die alternative Attribution auf die Situation bzw. das Marktumfeld abfragen. Abschließend wurden die soziodemographischen Daten der Probanden erhoben.
132
Das Vorblättern im Fragebogen hätte unter Umständen das Ergebnis verzerren können, da die Einstellungsmessung zu den in der Anzeige abgebildeten Produktmarken auf der zweiten Fragebogenseite erfolgte. Die Überraschung bzgl. der abgebildeten Produktmarken durch Anzeigenkontakt wäre so vorweggenommen. Daher wurde darauf geachtet, dass die Probanden die Reihenfolge genau einhielten.
108 4.2.3
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Konzeption des Stimulusmaterials
Wie bereits im Kapitel C.4.2.3 erwähnt, wurde in der vorliegenden Arbeit der Gedanke der Portfolio-Werbung mittels Anzeigen umgesetzt. In einer Anzeige lassen sich sowohl Dach- als auch mehrere Produktmarken gemeinsam abbilden, als auch die Wirkung durch die Gestaltung beeinflussen. Bei der konkreten Ausgestaltung des Stimulusmaterials war zu entscheiden, ob auf Produktmarkenebene Logos oder Packshots, also Fotos von Produktverpackungen, abgebildet werden. Um eine möglichst starke und klare Wirkung zu erzielen, wurden Packshots verwendet, da davon auszugehen ist, dass der Wiedererkennungswert von Produktabbildungen höher ist als der von Logos. Darüber hinaus galt es, festzulegen, wie viele Produktmarken auf jeder Anzeige abgebildet werden sollten. Wie im theoretischen Teil bereits dargestellt, wird vermutet, dass eine zu hohe Komplexität der Anzeige negativ wirken kann. Aus diesem Grund wurde eine mittlere Anzahl von vier Produktmarken gewählt.133
Abb. 43. Gestaltungsraster aller Anzeigen
In Bezug auf die Gestaltung der Anzeige musste sichergestellt werden, dass alle 32 Versionen demselben Gestaltungsraster folgen. Ein roter, geschwungener Balken bildete eine geeignete Plattform für die Abbildung der Produktmarken. Jedes Dachmarkenlogo konnte in den unteren Bereich des Balkens integriert werden, ohne farblich unpassend zu wirken. Der transparente Bereich gab Raum für die Headline und ein Bild. Abbildung 43 zeigt das Gestaltungsraster aller Anzeigen. 133
Darüber hinaus hätte jede zusätzlich aufgeführte Produktmarke aufgrund der zu erhebenden Pre-Einstellung die Stichprobengröße massiv erhöht, was aus forschungsökonomischen Gründen nicht sinnvoll erschien.
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
109
4.2.4 Verwendete statistische Auswertungsmethoden Vor der Zusammenfassung mehrerer Skalen zu einem Wert, wie dies bei der Ermittlung der Einstellung, Gefallen und Komplexität der Anzeige nötig war, wurden Faktoranalysen mit zusätzlichen Gütekriterien wie Cronbachs Alpha verwendet. Um zu belegen, dass sich zwei Gruppen signifikant voneinander unterschieden, wurde hauptsächlich auf nicht parametrische Mann-Whitney-U-Tests (auch als Wilkoxon-Test bezeichnet) zurückgegriffen. Wenn mehr als zwei Gruppen auf signifikante Unterschiede überprüft werden mussten, wurde der nicht parametrische Kruskal-Wallis-Test genutzt, sofern die abhängige Variable bzw. deren Residuen nicht normalverteilt ist. Um zu ermitteln, ob das Gesamtmodell den Vermutungen entspricht, wurde ein lineares Modell erstellt und mittels einer Kovarianzanalyse (nachfolgend als ANCOVA bezeichnet) überprüft.
5
Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
Zunächst musste sichergestellt werden, dass auch in der Hauptstudie der Einstellungswert wie in der Nullmessung aus allen Items mit Ausnahme der Preisbereitschaft gebildet werden kann. Dazu wurde erneut eine Faktorenanalyse über alle Items gerechnet, die auch hier für das Item Preisbereitschaft einen Eigenwert von 0,459 ausgab. Dadurch fällt dieses Item heraus und darf somit auch in der Hauptstudie nicht in den Einstellungswert integriert werden. Eine zweite Faktoranalyse (siehe Abbildung 44) zeigt, dass die Aggregierung zu einem Wert zulässig ist.134
Abb. 44. Ergebnis der Faktorenanalyse zur Einstellung in der Hauptstudie 134
Das Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium von 0,895 sowie ein Wert für Cronbachs Alpha von 0,887 zeigen, dass die sieben Items gut auf einen Faktor laden.
110
5.1
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Ergebnisse zur Wirkung der Markenstärke von Dach- und Produktmarken
Es wurde vermutet, dass die Wirkung von Portfolio-Werbung in Richtung und Stärke hauptsächlich von der Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke abhängt. Die vier möglichen Kombinationen – schwache Dachmarken mit starken Produktmarken, schwache Dachmarken mit schwachen Produktmarken, starke Dachmarken mit starken Produktmarken sowie starke Dachmarken mit schwachen Produktmarken – werden nachfolgend getestet. H1a: Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verbessert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung.
Abb. 45. Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung starker Produktmarken bei den beiden schwachen Dachmarken einzeln
Getestet wird die Nullhypothese: „Die Verteilung der Einstellung bei schwachen Dachmarken ist in der Nullmessung die gleiche wie nach Betrachtung der Anzeige mit starken Produktmarken.“ Dies wird für beide schwachen Dachmarken zunächst getrennt durchgeführt und anschließend als Gesamtbetrachtung der Gruppe schwacher Dachmarken. Dabei wird in der Einzelbetrachtung die Einstellung aus der Hauptstudie mit dem Wert der Nullmessung auf signifikante Veränderungen überprüft. In der Einzelbetrachtung zeigt sich, dass sich sowohl Kraft als auch Storck höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0.000) verbessern (siehe Abbildung 45). Auch in der Gruppenbetrachtung (starke bzw. schwache Dachmarken) wird die Einstellungsverbesserung deutlich. Der Vergleich der Mittelwerte zeigt so-
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
111
mit eine Verbesserung der Dachmarkeneinstellung mit höchster Signifikanz (Wilcoxon-Test mit p in allen Fällen = 0,000)135 auch in der Gruppenbetrachtung. Durch Portfolio-Werbung ließ sich somit die Einstellung zu beiden schwachen Dachmarken Kraft und Storck höchst signifikant verbessern. Damit wurde die Hypothese H1a sowohl in der Einzel- als auch in der Gesamtbetrachtung bestätigt. Die Abbildung 45 zeigt zum besseren Verständnis die Veränderungen bei den einzelnen Dachmarken.136 H1b: Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht. Getestet wird die Hypothese: „Die Verteilung der Einstellung bei schwachen Dachmarken ist in der Nullmessung die gleiche wie nach Betrachtung der Anzeige mit schwachen Produktmarken.“ Dies wird auch hier für beide schwachen Dachmarken zunächst getrennt und anschließend als Gesamtbetrachtung der Gruppe schwacher Dachmarken durchgeführt. Für jede Dachmarke einzeln kann die Hypothese angenommen werden. Die Einstellung zu Kraft veränderte sich ebenso wie die zu Storck nicht signifikant (Wilcoxon-Test mit p = 0,314 bzw. p = 0,874) durch die Aufzählung schwacher Produktmarken (siehe Abbildung 46).
Abb. 46. Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung schwacher Produktmarken bei den beiden schwachen Dachmarken einzeln 135 136
Siehe Anhang 6. Die Werte der Einstellungsveränderungen werden auf Seite 145 für alle Kombinationen aus Dach- und Produktmarkenstärke in Abbildung 49 dargestellt, um die Unterschiede besser hervorzuheben.
112
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
In der Gesamtbetrachtung der Gruppe schwacher Dachmarken verändert sich die Einstellung ebenfalls nicht signifikant (p = 0,074, siehe Abbildung 49 auf Seite 110)137. Die Hypothese H1b konnte somit sowohl in der Einzelbetrachtung als auch in der Gruppenbetrachtung als schwache Dachmarken bestätigt werden. H1c: Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht. Die Nullhypothese wird überprüft: „Die Verteilung der Einstellung bei starken Dachmarken verschlechtert sich nach Betrachtung der Anzeige mit starken Produktmarken.“138 Getestet wird nach den bereits beschriebenen Verfahren bei H1a und H1b. Für Nestlé ist die Nullhypothese abzulehnen (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,874), bei Ferrero ist das nicht möglich (p = 0,007). Abbildung 47 zeigt die Ergebnisse in der Übersicht. Bei Gesamtbetrachtung der Gruppe starker Dachmarken zeigt sich jedoch, dass die Nullhypothese abgelehnt werden kann (p = 0,194)139. Hypothese H1c konnte somit eingeschränkt bestätigt werden. Insgesamt lässt sich also sagen, dass sich die Einstellung zu der Gruppe starker Dachmarken durch die Aufzählung starker Produktmarken nicht signifikant verschlechtert.
Abb. 47. Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung starke Produktmarken bei den beiden starken Dachmarken einzeln 137
Siehe Anhang 7. Da ein Mittelwertvergleich der Einstellung beider Dachmarken anzeigt, dass sich die starken Dachmarken durch Portfolio-Werbung tendenziell eher verschlechtert haben, wird in der Nullhypothese auf eine Verschlechterung getestet. 139 Siehe Anhang 8. 138
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
113
H1d: Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verschlechtert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung. Getestet wird die Nullhypothese: „Die Verteilung der Einstellung bei starken Dachmarken ist in der Nullmessung die gleiche wie nach Betrachtung der Anzeige mit schwachen Produktmarken.“ Auch bei der Überprüfung dieser Hypothese wird zunächst jede Dachmarke separat betrachtet und anschließend die Gruppe der starken Dachmarken als Ganzes. Sowohl für Nestlé (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,004) als auch für Ferrero (p = 0,001) ist die Nullhypothese abzulehnen (siehe Abbildung 48). Auch die Gesamtbetrachtung zeigt das gleiche Ergebnis für die Gruppe der starken Dachmarken. Durch die Konfrontation mit den schwachen Produktmarken verschlechterte sich die Einstellung zu den beiden starken Dachmarken signifikant (Wilcoxon-Test mit p = 0.000)140. Die Hypothese H1d konnte somit sowohl in der Einzel- als auch Gruppenbetrachtung bestätigt werden.
Abb. 48. Veränderung der Einstellung durch die Aufzählung schwacher Produktmarken bei den beiden starken Dachmarken einzeln
Fazit zu den Ergebnissen der Hauptstudie im Hinblick auf die Wirkung der Kombination von Dach- und Produktmarkenstärke: In der Gesamtbetrachtung konnten somit alle vermuteten Hypothesen in der Gruppenbetrachtung bestätigt werden. Mit Ausnahme der Einzelbetrachtung von Ferrero bei Hypothese H1c zeigte sich dies auch in der Einzelbetrachtung. Abbil140
Siehe Anhang 9.
114
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
dung 49 zeigt die Einstellungsveränderung in der Gruppenbetrachtung der schwachen und der starken Dachmarken in Abhängigkeit von der Produktmarkenstärke. Wie vermutet, konnte somit speziell bei schwachen Dachmarken die Einstellung durch die Aufzählung starker Produktmarken höchst signifikant verbessert werden. Der Grundgedanke von Portfolio-Werbung konnte damit in der Hauptstudie bestätigt werden.
Abb. 49. Einstellungsveränderung in Abhängigkeit von Dach- und Produktmarkenstärke im Überblick
In Bezug auf die praktische Anwendung von Portfolio-Werbung sind mögliche Veränderungen auf Produktmarkenebene ebenfalls von Interesse, obwohl sie nicht zum Fokus der vorliegenden Arbeit gehören. Um kontrollieren zu können, ob die Produktmarken nicht geschädigt werden, wird dies zum einen in einer Gesamtbetrachtung über alle Produktmarken geprüft (H2) und anschließend einzeln für die starken Produktmarken der schwachen Dachmarken (H2a) und für die starken Produktmarken der starken Dachmarken (H2b).
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
115
H2: Die Einstellung zu den starken Produktmarken verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht. Hier werden zunächst die Einstellungswerte der starken Produktmarken berechnet und anschließend die Einstellungsveränderung durch Differenzbildung mit der Nullmessung ermittelt.141 Es wird somit überprüft, ob die Einstellungsveränderung zu den Produktmarken durch Anzeigenkontakt von null abweicht, was auf eine Verbesserung oder Verschlechterung hindeuten würde. Dies wird mit Hilfe des MannWhitney-U-Tests getestet. Es zeigt sich, dass die Hypothese H2 als bestätigt (p = 0,024)142 betrachtet werden kann. Die Einstellung zu den Produktmarken hat sich durch den Kontakt mit der Anzeige nicht verändert. H2a: Die Einstellung zu den starken Produktmarken einer schwachen Dachmarke verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht. Die Überprüfung der Hypothese H2a erfolgt analog zum Vorgehen bei H2, doch unter Beschränkung auf die schwachen Dachmarken. Auch hier zeigt sich, dass die Hypothese H2a als bestätigt angesehen werden kann (p = 0,024)143. Portfolio-Werbung wirkte sich auch bei den schwachen Dachmarken nicht signifikant negativ auf die Einstellung zu den Produktmarken aus. Es zeigen sich somit keine Hinweise, dass starke Produktmarken durch eine gemeinsame Präsentation mit einer schwachen Dachmarke negativ beeinflusst werden. H2b: Die Einstellung zu den starken Produktmarken einer starken Dachmarke verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht. Auch die Hypothese H2b lässt sich mittels desselben Verfahrens wie bei H2 und H2a signifikant (p = 0,027) bestätigen. Die Einstellungen zu den realen starken Produktmarken aus den Sortimenten von Nestlé und Ferrero veränderten sich durch Portfolio-Werbung nicht. Es ist somit davon auszugehen, dass die starken Produktmarken durch PortfolioWerbung weder insgesamt noch in Kombination mit den schwachen oder starken Dachmarken in der Gruppenbetrachtung geschädigt werden.
141
Obwohl Veränderung hinsichtlich der Einstellung zu den schwachen Produktmarken interessant gewesen wäre, konnte dies in der Hauptstudie nicht empirisch überprüft werden. Aufgrund der nahezu vollkommenen Unbekanntheit der schwachen Produktmarken lagen zu wenige Daten zur Analyse der Einstellungsveränderung vor. 142 Die zugehörige Nullhypothese lautet „Die Verteilung der Einstellung der starken Produktmarken ist in der Nullmessung die gleiche wie nach Kontakt mit Portfolio-Werbung“. Der Test zeigt, dass die Nullhypothese mit p = 0,024 nicht abgelehnt werden kann. 143 Die Nullhypothese lautet „Die Verteilung der Einstellung der starken Produktmarken ist in der Nullmessung die gleiche wie nach Kontakt mit Portfolio-Werbung“ nicht abgelehnt werden kann“. Der Test zeigt auch hier, dass die Nullhypothese nicht abgelehnt werden kann.
116
5.2
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Ergebnisse zur Wirkung des Markenfits
Um die Wirkung des Fits im Rahmen des Gesamtmodells zu analysieren, wurde zunächst überprüft, ob die auf Grundlage von Expertenbefragungen ermittelten Produktmarkengruppen mit hohem Fit auch tatsächlich ähnlicher wahrgenommen werden als die Gruppen mit geringem Fit. Die Nullhypothese lautete: „Die Verteilung der Passung (der Produktmarken) ist bei den Gruppen mit hohem Fit die gleiche wie bei Gruppen mit geringem Fit.“ Es zeigte sich, dass die Nullhypothese abzulehnen ist, womit der Nachweis erbracht wurde, dass die wahrgenommene Passung der Gruppen mit hohem Fit höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000)144 von den Gruppen
Abb. 50. Manipulation Check zu den Fit-Gruppen
144
Siehe Anhang 10.
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
117
mit geringem Fit abweicht (siehe Abbildung 50). Die Manipulation des Fits in der Gesamtbetrachtung war somit erfolgreich. In der Einzelbetrachtung zeigt sich ein ähnliches Bild. Bei Kraft, Nestlé und Ferrero zeigen sich hoch bzw. höchst signifikante Unterschiede zwischen den Fitgruppen (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000 bzw. 0,000 bzw. 0,003). Obwohl bei Storck dieselbe Tendenz zu erkennen ist, bewegen sich die Daten mit p = 0,053 im nicht signifikanten Bereich. Ob der Fit einen Einfluss auf die Wirkung von Portfolio-Werbung hat, wurde in der vorliegenden Arbeit auf zweierlei Arten ermittelt. Zum einen wurden MannWhitney-U-Tests im Rahmen von Gruppenvergleichen verwendet. Zum anderen wurde in einem linearen Modell, das weiter unten genauer beschrieben wird, der Einfluss der wahrgenommenen Passung als Kovariante der Wirkung von Portfolio-Werbung überprüft. Diese Analyse ist in Abschnitt D.5.4 näher beschrieben. H3: Je höher die Passung der Produktmarken untereinander, desto stärker fällt der positive Effekt von Portfolio-Werbung aus. Die zu testende Nullhypothese lautet: „Die Verteilung der Einstellung in den Gruppen mit hohem Fit ist die gleiche wie bei Gruppen mit geringem Fit.“ Zur Überprüfung wurde die Einstellungsveränderung in beiden Gruppen verglichen. Der Test belegt, dass die Nullhypothese (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,016)145 abzulehnen ist. Damit wurde der Beweis erbracht, dass ein hoher Fit eine signifikant positive Rolle im Rahmen von Portfolio-Werbung spielt (siehe Abbildung 51). Die Einstellungsveränderung fiel in den Gruppen mit hohem Fit signifikant positiver aus. Darüber hinaus wurde mit Hilfe des nicht parametrischen Mediantests146 der Zusammenhang zwischen der tatsächlich wahrgenommenen Passung, d. h. dem wahrgenommenen Fit der Produktmarken, und der Einstellungsveränderung analysiert. Es zeigte sich, dass sich auch unter Verwendung dieser Variablen der positive Effekt des Fits hoch signifikant bestätigen lässt (p = 0,004)147. Je besser die aufgezählten Produktmarken aus Sicht der Probanden zusammenpassten, desto positiver fiel ihre Einstellung aus – und desto stärker damit die Einstellungsveränderung. Umgekehrt konnte sich ein mangelnder Fit auch negativ auswirken. Die Hypothese H3 kann somit (sowohl im Hinblick auf die Fit-Gruppen als auch auf die tatsächlich wahrgenommene Passung) als bestätigt betrachtet werden. Um genauer analysieren zu können, wann der Fit eine signifikante Rolle spielt und unter welchen Voraussetzungen sich sein Einfluss am stärksten zeigt, wurden weitere Unterhypothesen überprüft.
145
Siehe Anhang 11a. Da die abhängige Testvariable „Einstellungsveränderung“ nicht normalverteilt ist (p = 0,000), konnte keine ANOVA durchgeführt werden, und es wurde auf den nicht parametrischen Mediantest zurückgegriffen. 147 Siehe Anhang 11b. 146
118
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 51. Positiver Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung
H3a: Je schwächer die Dachmarke, desto schwächer ist der Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung. Wie bereits im dritten Teil des Kapitels C erläutert, wird vermutet, dass die Wirkungsstärke des Fits nicht unter allen Bedingungen gleich ist. Je nachdem, wie stark oder schwach die Dachmarke ist, könnten sich unterschiedliche Effekte zeigen. Es wird angenommen, dass die gedanklichen Prozesse, speziell die überraschende Wirkung bei schwachen Dachmarken, während des Anzeigenkontaktes so dominant sind, dass Gedanken zum Fit der Produktmarken kaum auftreten. Daher wird davon ausgegangen, dass der Effekt des Fits bei schwachen Dachmarken geringer ist als bei starken Dachmarken. Wie bereits bei der Überprüfung der Gesamthypothese zum Fit wurde auch hier die Einstellungsveränderung in den beiden Gruppen – starke und schwache Dachmarken – verglichen. Bei den schwachen Dachmarken spielt der Fit wie erwartet keine signifikante Rolle (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,408)148. Im Gegensatz dazu unterscheiden sich die beiden Gruppen hohen und geringen Fits bei den starken Dachmarken in Bezug auf die Einstellungsveränderung hoch signifikant (p = 0,007)149. Die Hypothese H3a kann somit als bestätigt betrachtet werden. Die Ergebnisse werden in Abbildung 52 gezeigt.
148 149
Siehe Anhang 12. Siehe Anhang 12.
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
119
Abb. 52. Auswirkung des Fits bei schwachen bzw. starken Dachmarken
H3b: Je breiter die Dachmarke, desto schwächer ist der Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung. Auch von dem Faktor Dachmarkenbreite wird vermutet, dass er den Effekt des Fits im Wirkungsgeflecht von Portfolio-Werbung beeinflusst.150 Je breiter eine Dachmarke wahrgenommen wird, desto vielseitiger schätzen Konsumenten das Sortiment ein. Gemäß diesen Erwartungen dürfte die Aufzählung relativ heterogener Produktmarken keine negative Überraschung für sie bedeuten. Demgegenüber ist anzunehmen, dass Konsumenten bei Spezialisten weit Fit-sensibler reagieren, da sie ein homogenes Spektrum erwarten. Aus diesen Gründen wird vermutet, dass der Einfluss des Fits umso schwächer ist, je breiter die Dachmarke wahrgenommen wird. Zur Überprüfung dieser Hypothese wird analog zu H3a verfahren, d. h., es wird die Einstellungsdifferenz bei beiden Gruppen von Spezialisten bzw. Generalisten verglichen. Auch hier konnte der vermutete Zusammenhang zwischen der Markenbreite und dem Fit bestätigt werden. Während der Fit bei den Generalisten keine signifikante Rolle spielt (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,734)151, ist er bei den Spezialisten
150 151
Vgl. Kapitel C.3.2. Siehe Anhang 13.
120
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 53. Auswirkung des Fits bei Generalisten bzw. Spezialisten
hoch signifikant (p = 0,002)152.153 Der Fit spielt somit bei den breit aufgestellten Dachmarken eine deutlich geringere Rolle als bei Spezialisten (siehe Abbildung 53). Die Hypothese H3b konnte somit bestätigt werden.
5.3
Ergebnisse zum Einfluss des kommunikativen Rahmens
Es wird vermutet, dass die Verwendung eines kommunikativen Rahmens die wahrgenommene Passung erhöhen kann. Nicht jedes Sortiment enthält eine ausreichende Zahl durch ihre Eigenschaften oder diverse weitere Merkmale gut zueinander passender Produktmarken, die zudem über ausreichende Markenstärke verfügen. In solchen Fällen bietet sich der Einsatz eines kommunikativen Rahmens an, der visuell, mittels Bildwahl, und verbal, mittels Headline, den Wahrnehmungsfokus auf die Gemeinsamkeiten der Produktmarken richtet. Bei den Süßwaren-Spezialisten
152 153
Siehe Anhang 13. Bei den beiden Generalisten traten nur geringfügige Veränderungen in der Einstellungsdifferenz zwischen Gruppen mit hohem Fit und geringem Fit auf (bei Kraft mit einem Wert von 0,05 und bei Nestlé mit einem Wert von 0,08). Bei den Spezialisten ist die Wirkung des Fits auf die Einstellungsveränderung jedoch deutlich sichtbar (bei Storck mit einem Wert von 0,27 und Ferrero mit einem Wert von 0,49).
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
121
Storck und Ferrero wurde der gemeinsame Verwendungsbezug eines Picknicks gewählt. Bei den Nahrungsmittel-Generalisten Kraft und Nestlé wurde der Hinweis als verknüpfendes Element genutzt, dass während des ganzen Tages Produkte des jeweiligen Herstellers konsumiert werden. Im Folgenden wird überprüft, ob die Einführung eines solchen kommunikativen Rahmens die wahrgenommene Passung erhöhen kann.
Abb. 54. Auswirkung des kommunikativen Rahmens auf die wahrgenommene Passung
122
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
H4: Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken höher als ohne Rahmen. Getestet wird die Nullhypothese: „Die Verteilung der Passung ist bei den Beobachtungen mit kommunikativem Rahmen geringer als bei solchen ohne kommunikativen Rahmen.“ Es zeigtesich, dass die Hypothese hoch signifikant bestätigt werden kann (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,001)154. Damit wurde gemäß Hypothese H4 der Nachweis erbracht, dass sich durch die Einführung eines kommunikativen Rahmens in der Gesamtbetrachtung der wahrgenommene Fit erhöhen lässt (siehe Abbildung 54). Darüber hinaus wurde getestet, ob dieser Effekt durch Dachmarkenstärke oder -breite beeinflusst wird. Es zeigt sich, dass die Produktmarken sowohl bei starken als auch schwachen Dachmarken (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,050 bei den schwachen und p = 0.005 bei den starken Dachmarken) bei Einsatz eines kommunikativen Rahmens als signifikant passender empfunden wurden.155 Im Hinblick auf die Dachmarkenbreite als Einflussfaktor ergab sich in der Tendenz ein ähnliches Bild. Allerdings konnte hier nur bei den beiden Generalisten eine signifikante Veränderung nachgewiesen werden (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,001 bei den Generalisten und p = 0.107 bei den Spezialisten).
5.4
Überprüfung des Gesamtmodells durch eine Kovarianzanalyse
Um überprüfen zu können, ob die Beobachtungen dem vermuteten Wirkungsmodell zu Portfolio-Werbung entsprechen, muss das Modell als Ganzes (und damit alle Einflussfaktoren) in die Betrachtung einbezogen und auf Interaktionseffekte überprüft werden. Im Unterschied zu einem Regressionsmodell, dessen unabhängige Variablen stetige und metrische Größen sein müssen, können die Faktoren, die in eine Kovarianzanalyse einfließen sollen, diskret und nicht metrisch ausgeprägt sein. Da die unabhängigen Variablen, Dachmarken- und Produktmarkenstärke, Fit und Breite, diskret sind, wird die Kovarianzanalyse zur Überprüfung gewählt. Dazu werden alle unabhängigen Variablen (Dachmarkenstärke, Produktmarkenstärke, Fit, Dachmarkenbreite) in ihren Effekten auf die abhängige Variable (die Einstellungsveränderung der Dachmarken) untersucht. Die Moderatorvariablen (Gefallen und Komplexität der Anzeige) werden dabei als Kovariaten (also den Haupteffekt beeinflussende Variablen) berücksichtigt. Es ergibt sich folgendes Ergebnis (siehe Abbildung 55): 154 155
Siehe Anhang 14. Bei Kraft und Nestlé zeigte sich durch Verwendung eines kommunikativen Rahmens eine signifikante Verbesserung hinsichtlich der Passung von 0,56 bzw. 0,47 an (Mann-WhitneyU-Test mit p = 0,017 bzw. 0,027). Bei Ferrero konnte die Passung durch Einführung eines Rahmens tendenziell ebenfalls um 0,40 erhöht werden. Dieser Wert fällt allerdings knapp unter die Signifikanzgrenze (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,076). Lediglich bei Storck konnte kein Veränderung festgestellt werden (0,01).
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
123
Abb. 55. Kovarianzanalyse zum vermuteten Wirkungsmodell
Es zeigen sich signifikante Effekte auf die abhängige Variable (Einstellungsveränderung der Dachmarken) von den folgenden Faktoren (in der Abbildung eingerahmt gekennzeichnet): 1. Dachmarkenstärke (höchst signifikant) 2. Produktmarkenstärke (höchst signifikant) 3. Fit (signifikant) 4. Dach- und Produktmarkenstärke in Kombination (höchst signifikant) 5. Fit in Kombination mit der Dachmarkenbreite (hoch signifikant) 6. Gefallen der Anzeige als Kovariante (höchst signifikant) Die Komplexität zeigte als Kovariante keine signifikanten Interaktionseffekte bei der Wirkung von Portfolio-Werbung. Da es sich bei dieser Variablen um eine möglicherweise negative Wirkungsgröße handelt, ist dies positiv zu beurteilen. Die Probanden empfanden die Komplexität der Anzeigen als nicht störend. Leider ließ sich die Interaktion des Fits mit der Dachmarkenstärke in der Kovarianzanalyse nicht wie erwartet nachweisen. Dennoch ist diese Interaktion nicht auszuschließen, da Gruppenvergleiche dazu höchst signifikante Unterschiede ergaben. Insgesamt bildet das vermutete Gesamtmodell zur Wirkung von Portfolio-Werbung die tatsächlich stattfindenden Prozesse gut ab, was auch der R2-Wert (adjusted) von 0,204 zeigt.
5.5
Weiterführende Ergebnisse der Hauptstudie
Zusätzlich lasen die Probanden am Schluss des Fragebogens: „Sind Sie überrascht, dass das Sortiment der Marke x die abgebildeten Produkte umfasst?“ Es zeigte sich, dass insbesondere die Teilnehmer, die Anzeigen mit starken Dachmarken und starken Produktmarken gesehen hatten, im Vergleich zu allen anderen Gruppen
124
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
weit weniger überrascht waren. Während beispielsweise Probanden, die eine Anzeige mit schwacher Dachmarke und starken Produktmarken betrachteten, auf einer siebenstufigen Rating-Skala („nicht überrascht“ bis „sehr überrascht“) einen durchschnittlichen Wert von 4,09 angaben, wurde bei der Anzeige mit einer starken Dachmarke und starken Produktmarken ein Wert von nur 2,75 ermittelt.156 Dies zeigt ebenfalls, dass Portfolio-Werbung vor allem bei solchen Dachmarken wirken kann, die aus dem Blickwinkel der Konsumenten schwach und gesichtslos sind. Wie bereits beschrieben, wurde die wahrgenommene Sortimentsbreite vor Anzeigenkontakt erhoben. Dieselbe Frage wurde den Probanden erneut nach Anzeigenkontakt gestellt. Es zeigte sich, dass die Dachmarken nach Portfolio-Werbung als höchst signifikant breiter empfunden werden (Kruskal-Wallis-Test mit p = 0,000)157. Dieser Effekt ergab sich sowohl bei Generalisten als auch bei Spezialisten (siehe Abbildung 56).
Abb. 56. Wahrgenommene Sortimentsbreite vor und nach Anzeigenkontakt bei Generalisten und Spezialisten
Darüber hinaus wurde abgefragt, wie die Probanden weitere Produkte – die nicht in der Anzeige abgebildet waren – aus dem Sortiment der jeweiligen Dachmarke hinsichtlich ihrer Qualität generell einschätzen. Der Zusammenhang dieser Variablen mit der Einstellungsveränderung wurde mittels eines nicht parametrischen Kruskal-Wallis-Tests untersucht. Es zeigte sich, dass die „Post-Qualitätseinschät156
Ein Mann-Whitney-U-Test ergab, dass sich die Mittelwerte beider Gruppen höchst signifikant (p = 0,000) unterscheiden. 157 Siehe Anhang 15.
5 Darstellung der Ergebnisse der Hauptstudie
125
zung“ und die gemessenen Einstellungsveränderungen in einem höchst signifikanten Zusammenhang stehen (p = 0,000)158. Da insbesondere die schwachen Dachmarken im Vordergrund standen, wurde die Analyse für diese Gruppe separat überprüft. Da Portfolio-Werbung insbesondere hier positive Effekte erzielt hatte, könnte sich dies darüber hinaus in der wahrgenommenen Sortimentsqualität zeigen. In Abbildung 57 sind die Ergebnisse dieser Analyse dargestellt. Weitere Marken aus dem Sortiment der Dachmarke wurden nach Kontakt mit einer Anzeige mit starken Produktmarken hinsichtlich der Qualität höchst signifikant (Mann-Whitney-U-Test mit p = 0,000) besser eingeschätzt.
Abb. 57. Einschätzung der Sortimentsqualität bei den schwachen Dachmarken in Abhängigkeit von der Produktmarkenstärke
Ein weiteres interessantes Ergebnis ist der signifikante Zusammenhang zwischen Passung und Gefallen der Anzeige. Je höher die wahrgenommene Passung der Produktmarken, desto besser gefiel die Anzeige den Probanden. Abbildung 58 zeigt diesen höchst signifikanten Zusammenhang (Kruskal-Wallis-Test mit p = 0,000)159 anhand der Mittelwerte des Gefallens der Anzeige in Abhängigkeit von der Passung. Die Passung bzw. der Fit der Produktmarken kann somit zusätzlich über das Gefallen der Anzeige auf die Einstellungsveränderung wirken. Eine mögliche Erklärung wurde bereits in Kapitel C.3.4.1 erwähnt. Es ist denkbar, dass eine homogene Produktmarkengruppe als harmonischer erscheinen könnte, was dadurch das Gefallen der Anzeige positiv beeinflussen könnte.
158 159
Siehe Anhang 16. Siehe Anhang 17.
126
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 58. Zusammenhang zwischen Passung und Gefallen der Anzeige
Darüber hinaus wurde analysiert, welche Gedankengänge insbesondere bei den beiden schwachen Dachmarken im Zusammenhang mit Portfolio-Werbung auftraten. Hierzu wurden verschiedene Statements zu möglichen Attributionen vorgelegt, zu denen die Probanden ihre Zustimmung oder Ablehnung angeben konnten. Es zeigte sich, dass das erste Statement („Mehrere erfolgreiche Produkte sind für mich generell ein Kompetenzbeweis für die Marke x“), das eine Attribution auf die Kompetenz der Dachmarke auf Basis der gezeigten Produktmarken nahe legt, in signifikantem Zusammenhang mit der Einstellungsveränderung steht. Je positiver die Einstellungsveränderung, desto stärker stimmten die Probanden dem Statement zu (Kruskal-Wallis-Test mit p = 0,000). Das zweite Statement („Nur wenn die abgebildeten Produkte auch viele Gemeinsamkeiten aufweisen, schließe ich daraus auf eine hohe Kompetenz der Marke x“) bezieht zusätzlich den Fit in die Attribution auf die Kompetenz des Unternehmens ein. Nur wenn die Produkte einen hohen Fit aufweisen, kann dies als Kompetenzbeweis angesehen werden. Hier zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang mit der Einstellungsveränderung (Kruskal-Wallis-Test mit p = 0,212). Da sich gezeigt hat, dass der Fit bei Spezialisten eine größere Rolle spielt, wurde weiterhin getestet, ob sich andere Ergebnisse zeigen, wenn nur die beiden engen Dachmarken betrachtet werden. Hier zeigte sich, dass ein signifikanter Zusammenhang (Kruskal-Wallis-Test mit p = 0,041) vorliegt. Auch dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Probanden bei Spezialisten deutlich Fit-sensitiver reagieren.
6 Empirische Befunde der Hauptstudie im Überblick
127
Das dritte Statement („Mehrere erfolgreiche Produkte sind für mich der Beleg, dass sich die Marke x in einem überschaubaren, einfachen Marktumfeld bewegt, in dem sich leicht Erfolge einstellen“) soll die alternative Attribution auf die Situation bzw. das Marktumfeld abfragen. Hier zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang mit der Einstellungsveränderung (Kruskal-Wallis-Test mit p = 0.275). Diesen Gedankengang lehnten somit die meisten Probanden ab. Im Hinblick auf die Gedankengänge, die sich in den Probanden während und nach Kontakt mit Portfolio-Werbung abspielen, können durch die Untersuchung mittels der beschriebenen Statements nur Tendenzen angegeben werden. Hier ist weiterführende Forschung notwendig. Allerdings zeigt der höchst signifikante Zusammenhang zwischen der Zustimmung zum ersten Statement und der Einstellungsveränderung, dass die in Kapitel C.2.1 dargestellte Attributionstheorie eine mögliche Erklärung für die auftretenden Effekte von Portfolio-Werbung bietet.
6
Empirische Befunde der Hauptstudie im Überblick
Die in Kapitel D.5 dargestellten Ergebnisse entsprechen in hohem Maß den Vermutungen zur Wirkung von Portfolio-Werbung. Die Kernhypothese, dass sich durch Portfolio-Werbung mit starken Produktmarken die Einstellung zu einer schwachen Dachmarke verbessern lässt, konnte uneingeschränkt und höchst signifikant bestätigt werden. Dies zeigte sich sowohl bei beiden Dachmarken in einer Einzelbetrachtung als auch in der Gruppenbetrachtung. Dieser Effekt war so stark, dass er sogar dann auftrat, wenn die aufgezählten Produktmarken sehr heterogen waren, wenn es sich also um Gruppen mit geringem Fit handelte. Starke Dachmarken – und speziell solche, deren Portfolio den Testpersonen bereits hinreichend bekannt war, wie dies bei der Dachmarke Ferrero der Fall ist – profitieren wie erwartet nicht von Portfolio-Werbung. Da der starke Spezialist Ferrero im Vergleich zum starken Generalisten Nestlé über ein weit engeres Portfolio mit nur wenigen Produkten verfügt, die den Testpersonen gut bekannt waren, bot die Aufzählung der bekannten Ferrero-Marken keine neuen Informationen und enttäuschte daher eher. Im Zuge dessen verschlechterte sich bei Ferrero durch PortfolioWerbung die Einstellung. Im Vergleich dazu ergab sich keine Veränderung bei dem starken Generalisten Nestlé. Hier war den Personen bekannt, dass viele starke Marken im Sortiment sind, jedoch wussten sie nicht, welche genau. Die Konfrontation mit dem Portfolio war nur im Hinblick auf die Markennamen, nicht jedoch auf deren Bekanntheit eine Überraschung. Deshalb veränderte sich die Einstellung nicht und zeigte im Mittelwertvergleich sogar eine leichte Verbesserung. In der Gruppenbetrachtung der starken Dachmarken veränderte sich die Markeneinstellung nach Kontakt mit der Portfolio-Anzeige jedoch nicht. Im Hinblick auf die Rolle des Fits konnte weiterhin belegt werden, dass nicht nur die Dachmarkenstärke, sondern vor allem die Dachmarkenbreite beeinflusst, wie stark der Effekt von Portfolio-Werbung ausfällt. Enge Dachmarken, so genannte Spezialisten, sind deutlich Fit-sensitiver als breit aufgestellte Marken. Dies
128
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
lässt sich leicht nachvollziehen, da Konsumenten die Breite des Portfolios auch dann relativ gut einschätzen können, wenn sie nicht über die einzelnen Produkte informiert sind.160 Sie wissen somit, dass es sich um einen Generalisten handelt, bei dem sie eine deutlich heterogenere Produktpalette vermuten als bei einem Spezialisten. Daher erwarten sie keinen hohen Fit und empfinden es auch nicht als störend, wenn die Produkte nicht so gut zusammenpassen. Ein weiteres interessantes Nebenergebnis zur Wirkung des Fits bzw. der Passung ist dessen höchst signifikanter Zusammenhang mit dem Gefallen der Anzeige. Offenbar wirkt eine Anzeige mit gut zueinander passenden Produkten harmonischer und gefällt deshalb besser. Unter Umständen kann eine Anzeige mit homogenen Produkten leichter verarbeitet werden, was sich ebenfalls positiv auf das Gefallen auswirken kann. Es konnte darüber hinaus belegt werden, dass sich mittels eines kommunikativen Rahmens der wahrgenommene Fit der Produktmarken höchst signifikant erhöhen lässt. Dies hat weit reichende Konsequenzen für die Gestaltung von PortfolioWerbung. Lenkt man die Wahrnehmung auf Gemeinsamkeiten, so erscheint die Produktgruppe deutlich homogener. Auch wenn der Fit bei schwachen Dachmarken, die ggf. sogar über ein breites Sortiment verfügen, keine zentrale Rolle spielt, so ist es dennoch wichtig, den Konsumenten für die Interpretation der Anzeige einen gemeinsamen Nenner zu bieten. Die vorliegende Studie konnte höchst signifikant nachweisen, dass dazu bereits ein gemeinsamer Verwendungszusammenhang ausreichen kann, beispielsweise ein Picknick oder der Hinweis, dass man während des ganzen Tages Nahrungsmittel des jeweiligen Konzerns konsumiert. Nachfolgend werden die einzelnen getesteten Hypothesen und die zugehörigen Ergebnisse im Überblick aufgelistet. Einflussfaktor
Hypothese
Ergebnis
H1a Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke
Bei einer schwachen Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verbessert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung.
3
H1a Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke
Bei einer schwachen Dachmarke in Kombi3 nation mit schwachen Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht.
160
Obwohl die Probanden nur wenige Produkte oder Marken aus den Sortimenten der schwachen Dachmarken nannten, konnten sie angeben, ob es sich eher um einen Generalisten oder einen Spezialisten handelt.
129
6 Empirische Befunde der Hauptstudie im Überblick
Einflussfaktor
Hypothese
Ergebnis
H1c Kombination aus Dach- und Produkt markenstärke
Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit starken Produktmarken verändert sich die Einstellung zur Dachmarke nach Kontakt mit Portfolio-Werbung nicht.
(3)161
H1d Kombination aus Dach- und Produktmarkenstärke
Bei einer starken Dachmarke in Kombination mit schwachen Produktmarken verschlechtert sich die Einstellung zur Dachmarke durch Portfolio-Werbung.
3
H2
Die Einstellung zu den starken Produktmarken verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht.
3
H2a Produktmarken und Dachmarkenstärke
Die Einstellung zu den starken Produktmarken einer schwachen Dachmarke verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht.
3
H2b Produktmarken und Dachmarkenstärke
Die Einstellung zu den starken Produktmarken einer starken Dachmarke verändert sich durch Portfolio-Werbung nicht.
3
H3
Je höher die Passung der Produktmarken untereinander, desto positiver fällt der Effekt von Portfolio-Werbung aus.
3
H3a Fit und Dachmarkenstärke
Je schwächer die Dachmarke, desto schwächer ist der Einfluss des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung.
(3)162
H3b Fit und Dachmarkenbreite
Je breiter die Dachmarke wahrgenommen wird, 3 desto geringer ist die Wirkung des Fits im Rahmen von Portfolio-Werbung.
H4
Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken höher als ohne Rahmen.
3
H4a Kommunikativer Rahmen und Dachmarkenstärke
Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken sowohl bei starken als auch schwachen Dachmarken höher als ohne Rahmen.
3
H4b Kommunikativer Rahmen und Dachmarkenbreite
Mit kommunikativem Rahmen ist die wahrgenommene Passung der Produktmarken sowohl bei Generalisten als auch Spezialisten höher als ohne Rahmen.
X
161
Produktmarken
Fit
Kommunikativer Rahmen
In der Gesamtbetrachtung der starken Dachmarken sowie für die Dachmarke Nestlé einzeln konnte die Hypothese bestätigt werden. Lediglich bei Ferrero zeigte sich eine signifikante Einstellungsverbesserung. Wie bereits beschrieben, kann dies auf die im Vergleich zu den anderen Dachmarken hohe Bekanntheit des Portfolios zurückgeführt werden. 162 Bei Gruppenvergleichen mittels Mann-Whitney-U-Tests konnte die Hypothese signifikant bestätigt werden. In der Kovarianzanalyse ließ sich dieser Zusammenhang jedoch nicht signifikant nachweisen.
130
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Es zeigt sich, dass das Gesamtmodell zur Wirkung von Portfolio-Werbung in hohem Maße bestätigt werden konnte. Die Abbildung 59 zeigt die Ergebnisse im Überblick.
Abb. 59. Die Ergebnisse der Hauptstudie im Gesamtmodell zur Wirkung von Portfolio-Werbung
7
Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
7.1
Zielsetzung der Zusatzstudie
In der Hauptstudie konnte die positive Wirkung von Portfolio-Werbung auf die Einstellung zu schwachen Dachmarken bestätigt werden. Es wäre interessant, zusätzlich Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob sich durch Portfolio-Werbung auch die Markenschemata verändern. Da Konsumenten durch Portfolio-Werbung neue Informationen über die Dachmarke bzw. die Zusammensetzung des Sortiments erfahren, könnten Lernprozesse in Gang gesetzt werden. Es wäre denkbar, dass sich die Markenschemata schwacher Dachmarken nicht nur um die Produktmarken selbst, sondern auch um deren Imagebestandteile erweitern. Beispielsweise könnte das Markenschema zu Storck durch Portfolio-Werbung übersichtlicher strukturiert und tiefer ausgestaltet werden, indem nicht nur die Produktmarke Werthers Original ein-
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
131
gegliedert wird, sondern mit ihr auch Imagebestandteile von Werthers Original, etwa die Assoziation des Opas mit seinem Enkel. Dies hätte zur Folge, dass die Nennung der Dachmarke Storck automatisch mehrere Produktmarken wie Werthers Original, Merci usw. aktiviert. Es wird vermutet, dass solche Lerneffekte insbesondere bei schwachen Dachmarken auftreten, da deren Markenschemata leichter zu verändern sind.163 Folgende Hypothesen wurden daher im Rahmen der Zusatzstudie überprüft: H5: Je stärker die Dachmarke, desto mehr Assoziationen werden vor Kontakt mit der Portfolio-Anzeige genannt. H6: Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verändern sich die Schemata durch Portfolio-Werbung. H6a: Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verändern sich die Schemata durch Portfolio-Werbung im Hinblick auf die Anzahl genannter Produktmarken (d. h. desto größer ist der Lerneffekt). H6b: Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verändern sich die Schemata durch Portfolio-Werbung im Hinblick auf die Anzahl genannter Assoziationen zur Dachmarke (d. h. desto größer ist der Lerneffekt). H7: Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verbessert sich die Klarheit des inneren Bildes durch Portfolio-Werbung. H8: Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verbessert sich die Anziehungskraft des inneren Bildes durch Portfolio-Werbung. Die Zielsetzung der Zusatzstudie bestand somit darin, die möglichen Veränderungen der Markenschemata durch Portfolio-Werbung zu untersuchen. Um sie abbilden zu können, wurde auf qualitative Forschungsansätze zurückgegriffen.164 Diese eignen sich insbesondere für das Vordringen in tiefere Schichten der Psyche von Konsumenten, wie es auch für die Erfassung der Markenschemata nötig ist (vgl. Esch, 2005b, S. 525). Als Methode wurde das Tiefeninterview gewählt, das auch als qualitatives Interview bezeichnet wird (vgl. Kepper, 2000, S. 165). Es handelt sich um ein teilweise standardisiertes Interview, in dem der Interviewer gemeinsam mit dem Probanden einen Fragebogen ausfüllt.165 Der Vorteil dieser Erhebungsart liegt in dem ständigen direkten Kontakt zum Probanden. Dadurch können auch spontane Eindrücke, die dieser im Verlauf des Interviews äußert, festgehalten werden. Zudem werden Unklarheiten oder Verständnisprobleme gleich beseitigt (vgl. Hammann/ Erichson, 1994, S. 80ff.).
163
Vgl. Kapitel C.3.1. Für einen Überblick siehe Müller, 2000, S. 133. 165 Diese Art der Befragung ist in der Forschung häufig vorzufinden, da sowohl finanzielle als auch forschungsökonomische Gründe für sie sprechen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 32). 164
132
7.2
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Durchführung und Stichprobenzusammensetzung der Zusatzstudie sowie Aufbau des Fragebogens
Um die vermuteten Schemaveränderungen bei schwachen im Unterschied zu starken Dachmarken untersuchen zu können, wurden 20 Probanden zu der schwachen und weitere 20 Probanden zu der starken Dachmarke befragt. Da sich bei den Dachmarken Storck (schwache Dachmarke) und Ferrero (starke Dachmarke) bereits im Rahmen der Hauptstudie signifikante Effekte durch Portfolio-Werbung ergeben hatten, wurde erneut auf diese Marken zurückgegriffen. Auch in der Zusatzstudie wurde ein Within-Design gewählt, d. h., die Teilnehmer wurden jeweils mit nur einer Anzeige und damit Dachmarke konfrontiert. Im Gegensatz zur Hauptstudie wurden sie jedoch zweimal befragt, um die Veränderungen des individuellen Markenschemas zu der jeweiligen Dachmarke erfassen zu können.166 Nach der ersten Befragung wurde den Probanden die für sie relevante Anzeige präsentiert. Dazu wurden die bereits im Rahmen der Hauptstudie eingesetzten Anzeigen von Storck und Ferrero eingesetzt (siehe Abbildung 60). An einem der darauf folgenden Tage wurde diese Befragung erneut durchgeführt.
Abb. 60. Verwendete Anzeigen in der Zusatzstudie
166
Wie schon in Abschnitt D.4 erwähnt, musste bei dieser Vorgehensweise mit Verzerrungseffekten gerechnet werden, da die Probanden die Produktmarken der (zu einem späteren Zeitpunkt gezeigten) Anzeige dann bereits beurteilt hatten. Gegebenenfalls wurden die Probanden so bereits für die Zusammensetzung des Portfolios sensibilisiert.
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
133
Der für die Studie konzipierte Fragebogen wurde so aufgebaut, dass er die Markenschemata der Probanden zu den Dachmarken sowie zu den in den Anzeigen verwendeten Produktmarken erfasste. Jeder Fragebogen umfasst zwölf Fragenkomplexe, wobei die ersten drei Bezug auf die Dachmarken nehmen. In diesen drei Fragekomplexen werden die Dachmarken Ferrero, Nestlé und Storck abgefragt. Die restlichen neun Fragenkomplexe umfassen Fragen zu der jeweiligen Produktmarke: Küsschen, Mon Cheri, Raffaello, Rocher, Snickers, Merci, Toffifee, Dickmanns und Werthers Original. Die Dachmarke Nestlé sowie die Produktmarke Snickers wurden als „Dummy-Marken“ in den Fragebogen aufgenommen. Sie dienten lediglich dazu, das Ziel der Befragung zu verschleiern, um Verzerrungen zu vermeiden und flossen nicht in die Ergebnisauswertung ein. Um die Nachteile zu mindern, die eine zweimalige Befragung derselben Probanden mit sich bringt, wurde derselbe Fragebogenaufbau für beide Gruppen eingesetzt. Unabhängig davon, ob ihnen die Storck- oder Ferrero-Anzeige nach der ersten Befragung vorgelegt wurde, musste der gleiche Fragebogen mit denselben Marken (Storck, Ferrero, Nestlé als Dachmarken sowie neun Produktmarken) beantwortet werden. Damit konnten mögliche Lerneffekte verringert werden, die sich durch das Beantworten des Fragebogens hätten ergeben können, wenn nur diejenigen Marken abgefragt worden wären, die auch in der nachher gezeigten Anzeige abgebildet waren. Zusätzlich wurde jeder einzelne Fragebogen randomisiert. Bei diesem Verfahren sind zwei Produktmarkenbereiche feststehend auf der Position sechs (Snickers) und zehn (Merci) angeordnet. Die restlichen sieben werden gleichmäßig, in eine Richtung rotierend festgelegt. Zu jeder Marke wurden die Probanden gebeten, die Klarheit ihres inneren Bildes auf einer siebenstufigen, bipolaren Skala anzugeben mit den Polen „verschwommen und undeutlich“ sowie „klar und deutlich“. Im Anschluss daran wurden sie durch eine offene Frage gebeten, die Bestandteile ihres inneren Bildes zu beschreiben. Ziel war die Erfassung des Markenschemas der Probanden zu den einzelnen Marken, speziell zur Dachmarke.167 Wichtig war in diesem Zusammenhang die Äußerung spontaner Eindrücke ohne Fremdeinwirkung und lange Bedenkzeiten.168 Bei dieser Frage zum inneren Bild wurde zur Unterstützung der Probanden mit einem Leitfaden169 gearbeitet. Dieser wurde genutzt, wenn der Proband mit seinen Äußerungen zögerte, und enthielt folgende Fragen, die in der angegebenen Reihenfolge „abgearbeitet“ wurden: 1. 2. 3. 4. 167
Welche Produkte fallen Ihnen zur Dachmarke ein? Welche Bilder verbinden Sie mit der Dachmarke? Welche Bilder kennen Sie aus der jeweiligen Werbung? Welche Emotionen/Gefühle ruft die Dachmarke bei Ihnen hervor?
Als offene Frage bezeichnet man eine Frage ohne Antwortvorgabe. Stattdessen antwortet der Proband nach eigenem Verständnis und bestem Wissen (vgl. Bortz/Döring, 2002, S. 194). 168 Die Hauptschwierigkeiten der offenen Fragen bestehen in der Unbestimmtheit der Aufgabenstellung und in der Vielfalt von zu interpretierenden Antworten (vgl. Berekoven et al., 2004, S. 101). 169 Ein solcher Interviewer-Leitfaden legt den ungefähren Ablauf des Gesprächs fest (vgl. Kepper, 2000, S. 165).
134
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Anschließend erfolgte die Abfrage der Anziehungskraft dieses inneren Bildes auf einer siebenstufigen, bipolaren Skala mit den Polen „überhaupt nicht anziehend“ und „sehr anziehend“. Aus forschungsökonomischen Gründen wurde ein Stichprobenumfang von 40 Probanden festgelegt. Als Probanden wurden Studenten des ersten Fachsemesters der Betriebswirtschaftslehre im Alter von 18 bis 27 Jahren gewählt, um eine möglichst hohe Homogenität innerhalb der Gruppe zu gewährleisten. Das durchschnittliche Alter lag bei 20,2 Jahren; 72 Prozent waren Frauen. Die Probanden wurden per Zufallsauswahl bestimmt.170
7.3
Auswertung der Zusatzstudie
7.3.1
Ergebnisse zur Anzahl genannter Assoziationen zur Dachmarke
Insgesamt wurden zur schwachen Dachmarke Storck vor Anzeigenkontakt 135, nach Anzeigenkontakt 218 Assoziationen genannt (siehe Abbildung 61).171 Dies entspricht einer deutlichen Steigerung um 61 Prozent. Bei der starken Dachmarke Ferrero wurden vor Anzeigenkontakt bereits 187 Assoziationen genannt, die nach Anzei-
Abb. 61. Anzahl Assoziationen vor und nach Anzeigenkontakt
170
Eine Zufallsauswahl im statistischen Sinn konnte nur mit Einschränkungen realisiert werden, da einige der angesprochenen Personen zur Teilnahme an der Studie nicht bereit waren. In solchen Fällen mussten „Ersatzpersonen“ ausgewählt werden (vgl. Hammann/Erichson, 1994, S. 40). 171 Der Wert vor Anzeigenkontakt bei Storck weicht dabei höchst signifikant von dem Wert nach Anzeigenkontakt ab (Wilcoxon-Test mit p = 0,000).
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
135
genkontakt nur leicht auf 208 Nennungen stiegen; dies entspricht einer Steigerung von 11 Prozent.172 Die Hypothese H5 („Je stärker die Dachmarke, desto mehr Assoziationen werden vor Kontakt mit der Portfolio-Anzeige genannt.“) wurde damit bestätigt. Die Probanden nannten vor Anzeigenkontakt mit Ferrero deutlich mehr Assoziationen als bei Storck. Auch die Hypothese H6b kann als bestätigt betrachtet werden: „Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verändern sich die Schemata durch Portfolio-Werbung im Hinblick auf die Anzahl genannter Assoziationen zur Dachmarke.“ Der Zuwachs an Assoziationen zum inneren Bild bzw. Dachmarkenschema durch Portfolio-Werbung fiel bei Storck deutlich stärker aus. Mit Hilfe einer Analyse, welche Assoziationen von den Probanden zu den Dachmarken genannt wurden, können Rückschlüsse auf die Entwicklung der Markenschemata gezogen werden. Insbesondere kann so untersucht werden, in welchen Bereichen die Probanden durch die Präsentation der Anzeige „dazugelernt“ hatten. Dazu wurde ein Kategorisierungsraster für die Assoziationen entwickelt. Wie sich in der Hauptstudie bereits im Hinblick auf die Markeneinstellung gezeigt hatte, kann es unter bestimmten Umständen durch Portfolio-Werbung zu einer Verbesserung der Einstellung zur Dachmarke kommen. In der Zusatzstudie soll insbesondere untersucht werden, wodurch dieser positive Effekt zustande kommen könnte bzw. welche Aspekte der Produktmarken ihn mit verursachen. Die genannten Assoziationen wurden aus diesem Grund primär im Hinblick auf ihre wertende bzw. wertfreie Richtung unterschieden. Beispielsweise ist die Assoziation „mag ich gerne“ oder „schmeckt gut“ in das wertende Cluster einzuordnen. Sofern es sich um positive Aspekte handelt, könnten diese möglicherweise zu einer Einstellungsverbesserung zur Dachmarke beitragen. Die wertenden Assoziationen wurden u. a. im Hinblick auf ihre Emotionalität weiter unterteilt.173 Diesem Untercluster wurden beispielsweise Assoziationen wie „Hilfsbereitschaft“ und „steht für mich für Freundlichkeit“ eingeordnet. Neben dem Untercluster mit emotionalem Inhalt wurden weitere Cluster zu geschmacklichen und preisbezogenen Aspekten sowie Werbe- oder Verpackungsbeschreibungen gebildet. Die persönlichen Erfahrungen der Probanden sowie die Assoziationen, die das Unternehmen selbst betreffen, wurden ebenfalls in separaten Unterclustern festgehalten. Neben den wertenden Aspekten sind wertfreie Aspekt zu unterscheiden. Aspekte wie „enthält Schokolade“ oder „ist in goldfarbener Folie verpackt“ wurden in dieses Cluster eingeordnet. Werden solche Assoziationen zur Dachmarke genannt, kann es sich dennoch um Lerneffekte durch Portfolio-Werbung handeln. Das genaue Raster ist in Abbildung 62 abgebildet.
172
Die Anzahl der genannten Assoziationen zu Ferrero unterschied sich nicht signifikant vor und nach Anzeigenkontakt (Wilcoxon-Test mit p = 0,224). 173 Hintergrund dieser Überlegungen ist die Erkenntnis, dass starke Marken über einen höheren Anteil markenspezifischer und emotionaler Assoziationen verfügen, die über reines Produktkategorie-bezogenes Wissen hinausgehen (vgl. Esch, 2005b, S. 67ff.).
136
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
A wertfrei
B wertend
1. 2. 3. 4. 5.
1. Emotionale Assoziationen a) Beziehungen b) Exklusivität c) Freude d) Sinnlichkeit e) Geste 2. Geschmack 3. Preis 4. generell negative Assoziationen 5. persönliche Erfahrungen 6. Werbung/Verpackung 7. Unternehmensassoziationen
Verpackung Produktbeschreibung Werbung Zielgruppe Markenname
Abb. 62. Klassifikationsraster für die genannten Assoziationen
Bei Storck wurden vor Anzeigenkontakt am häufigsten Assoziationen genannt, die den wertfreien Produktbeschreibungen (A2 = 31-mal) zugeordnet werden können. Am zweithäufigsten wurden wertfreie Produktnamen (A5 = 29-mal) genannt, an dritter Stelle kamen wertfreie Assoziationen zur Produktmarkenwerbung (A3 = 23mal). Die drei am häufigsten erwähnten Cluster enthalten somit wertfreie Assoziationen. Erst mit einigem Abstand, auf Rang 4 und 5 in Bezug auf die Häufigkeit, folgten wertende Assoziationen aus dem Cluster „Geschmack“ (B2 = 10-mal) und emotionale Assoziationen aus dem Themenfeld „Freude“ (B1c = 7-mal). Das Verhältnis zwischen wertenden und wertfreien Assoziationen betrug damit 91 zu 44, d. h., 67 Prozent aller Assoziationen waren wertfrei. Die deutlichsten Veränderungen durch den Anzeigenkontakt ergaben sich in dem Cluster „Produktmarken“ (A5: vorher 29, nachher 90 Nennungen). Zudem hatten viele Probanden mit Storck emotionale Assoziationen aus dem Themenbereich „Beziehungen“ (B1a: vorher 7, nachher 25 Nennungen). Darüber hinaus wurde auch das eher emotionale Cluster „Freude“ häufiger genannt (B1c: vorher 7, nachher 14 Nennungen). Während vor Kontakt mit der Portfolio-Anzeige nur ca. 10 Prozent aller Assoziationen dem Cluster „Emotionen“ zuzuordnen waren, konnten nach Kontakt 20 Prozent aller Nennungen hier eingeordnet werden. Der größte Lerneffekt zeigte sich demnach hinsichtlich der Produktmarken. Interessant ist, dass sich durch Portfolio-Werbung auch die Zahl emotionaler Attribute erhöht hatte. Ein möglicher Erklärungsansatz für diese als positiv zu bewertende Veränderung liegt in der stärkeren Verknüpfung von Werbeinhalten der Produktmarken, beispielsweise Werthers Original (Opa mit Enkel) und Merci („das kleine Dankeschön“) mit der Dachmarke Storck.
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
137
Bei Ferrero ergaben sich – wie erwartet – weniger Effekte. Es fanden kaum Veränderungen durch Portfolio-Werbung statt. Sowohl vor als auch nach Anzeigenkontakt gehörten die meisten Assoziationen in das Cluster „Produktmarkennamen“ (A5: vorher 66, nachher 89). An zweiter Stelle folgten wertfreie Produktbeschreibungen (beispielsweise „nussig“ oder „cremig“, A2: vorher 38, nachher 30). Den dritten und vierten Rang belegen wertfreie Assoziationen zu Werbung (A3: vorher 23, nachher 15) und Verpackung (A1: vorher 19, nachher 14). Insgesamt waren ca. 10 Prozent aller Assoziationen vor Anzeigenkontakt und ca. 11 Prozent nach Anzeigenkontakt in das Cluster mit wertenden und eher emotionalen Assoziationen einzuordnen. Wie vermutet, können die Markenschemata einer starken Dachmarke wie Ferrero nur schwer durch Portfolio-Werbung verändert werden. Die Hypothese H6 („Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verändern sich die Schemata durch Portfolio-Werbung“) konnte somit bestätigt werden. Um die Veränderungen in den Markenschemata grafisch darstellen und so besser vergleichen zu können, wurden prototypische Schemastrukturen mittels semantischer Netzwerke für beide Dachmarken erstellt. Um ein möglichst repräsentatives Bild aufzuzeigen, wurden nur diejenigen Assoziationen beachtet, die mindestens fünfmal von den 20 Probanden genannt wurden. Alle in Abbildung 63 grau markierten Assoziationen wurden in der Frage zur Dachmarke geäußert. Da einige Produktmarkenassoziationen – die in den Fragen zum inneren Bild der Produktmarken erhoben wurden – zunehmend mit der Dachmarke verbunden wurden, wurden sie ebenfalls in das semantische Netzwert integriert, jedoch farblich abgegrenzt (gelb bzw. weiß markiert). Auch hier galt das Kriterium, dass die Assoziationen mindestens fünfmal genannt werden mussten. Die Nähe der Assoziationen zur Dachmarke spiegelt die Häufigkeit der Nennung wider. Assoziationen, die dicht an der Dachmarke liegen, wurden häufiger genannt und durch kurze Kanten angegliedert. Die fett markierten Kanten zeigen direkte Beziehungen auf. Durch den Anzeigenkontakt veränderte sich das Schema zur Dachmarke Storck deutlich (siehe Abbildung 63). Die Anzahl der Assoziationen vergrößerte sich erheblich. Die Modifikation der Wissensstrukturen erfolgt vermutlich durch assimilative Prozesse.174 Außerdem wurden die Produktmarken der Anzeige und weitere dazugehörige Marken vermehrt genannt. Es zeigte sich auch, dass durch PortfolioWerbung nicht nur die Assoziationsrichtung von der Dachmarke zu den Produktmarken verbessert wurde, sondern auch umgekehrt. Durch die Nennung der Dachmarke wurden die zugehörigen Produktmarken aktiviert, durch die Nennung der Produktmarken wurde die Dachmarke assoziiert. Beispielsweise nannten Probanden bei der offenen Frage zum inneren Bild der Produktmarke Merci Storck als Dachmarke. Derartige Verbindungen wurden durch einen Doppelpfeil im Schema gekennzeichnet und ebenfalls nur dann integriert, wenn sie mindestens fünfmal auftraten. In der Abbildung 63 sind die prototypischen Markenschemata von Storck und Ferrero aufgezeichnet.
174
Siehe Kapitel C.3.1. Hierbei wird das Schema selbst nicht verändert, sondern bestehende Strukturen werden vertieft und Leerstellen aufgefüllt.
138
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 63. Entwicklung der Markenschemata von Storck und Ferrero
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
Abb. 63. (Fortsetzung)
139
140
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
7.3.2
Ergebnisse zur Anzahl genannter Produktmarken vor und nach Anzeigenkontakt Die Lerneffekte durch Portofolio-Werbung in Bezug auf die Produktmarken generell wurden bereits bei der inhaltlichen Auswertung der Assoziationen deutlich. Nachfolgend soll näher untersucht werden, welche Produktmarken vor bzw. nach Anzeigenkontakt in den Markenschemata vorhanden waren und welche Lerneffekte sich zeigten. Zunächst wurde überprüft, welche Produktmarken die Probanden bereits vor Anzeigenkontakt aufzählen konnten. Es wurde vermutet, dass sie zu Ferrero wesentlich mehr Produkte nennen können als zu Storck. Es zeigte sich, dass die meisten Probanden mehrere Produktmarken des Sortiments von Ferrero kannten. Insgesamt wurden von den 20 Probanden 48 Produktmarken aufgezählt. So brachten 18 von 20 Probanden die Marke Küsschen mit der Dachmarke Ferrero in Verbindung; dies entspricht einem Anteil von 90 Prozent. Danach folgten die Produktmarken Rocher und Mon Chéri mit dreizehn Nennungen (65 Prozent) und zehn Nennungen (50 Prozent). Sieben Probanden nannten Raffaello und diverse Produkte aus der „Kinder“-Familie von Ferrero. Diese Zahlen verdeutlichen den hohen Bekanntheitsgrad des Sortiments und damit die Integration der Produktmarken in das Markenschema von Ferrero. Demgegenüber nannten die 20 Probanden, die zu Storck befragt wurden, nur insgesamt vierzehn Produktmarken. Riesen war dabei mit neun Nennungen (45 Prozent) am häufigsten vertreten. Die Zugehörigkeit von Super Dickmann’s und Toffifee war nahezu unbekannt. Nur ein Proband (5 Prozent) bzw. zwei Probanden (10 Prozent) verknüpften diese Marken mit Storck. Die Sortimentsbekanntheit der schwachen Dachmarke Storck ist damit wesentlich geringer im Vergleich zur starken Dachmarke Ferrero. Das bestätigt die Hypothese H5 („Je bekannter die Dachmarke, desto mehr Assoziationen werden vor Kontakt mit der Portfolio-Anzeige genannt“). Gemäß Hypothese H6a würden im Hinblick auf den zweiten Befragungsdurchgang zur Dachmarke Storck wesentlich mehr Produktmarken genannt werden. Bei Ferrero dagegen sollte sich ein geringerer Lerneffekt zeigen. Bei Storck zeigte sich ein deutlicher Lerneffekt. Insgesamt wurden von den 20 Probanden 70 Produktmarken genannt – fünfmal so viele wie vor Anzeigenkontakt.175 Fast alle Probanden (87,5 Prozent) waren somit in der Lage, die vier Produktmarken der Anzeige zu nennen und mit der Dachmarke Storck in Verbindung zu bringen (siehe Abbildung 64). Betrachtet man demgegenüber die genannten Produktmarken bei Ferrero, so zeigt sich auch hier ein Lerneffekt.176 Alle in der Anzeige abgebildeten Produktmarken177 175
Bei Storck unterschied sich die Zahl genannter Produktmarken vor Anzeigenkontakt höchst signifikant von der Zahl nach Anzeigenkontakt (Wilcoxon-Test mit p = 0,000). 176 Auch hier zeigte sich ein hoch signifikanter Lerneffekt durch den Kontakt mit der Anzeige (Wilcoxon-Test mit p = 0,006). 177 Produkte der Familienmarke Kinder, wie z. B Kinderschokolade, Kinder Bueno, wurden hier außer Acht gelassen.
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
141
Abb. 64. Zuwachs an genannten Produktmarken durch Portfolio-Werbung bei Storck
wurden im Rahmen des zweiten Interviews häufiger erwähnt. Vergleicht man diese beiden Ergebnisse, so zeigt sich, dass der Lerneffekt bei Storck wesentlich größer ist als bei Ferrero. Es ist somit davon auszugehen, dass die Markenschemata speziell bei Storck um die in der Anzeige abgebildeten Produktmarken angereichert wurden. Während der Zuwachs an genannten Produktmarken bei Ferrero nur 24 beträgt, haben sich die Nennungen bei Storck verfünffacht (siehe Abbildung 64). Damit konnte Hypothese H6a („Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verändern sich die Schemata durch Portfolio-Werbung im Hinblick auf die integrierten Produktmarken, d. h., desto größer ist der Lerneffekt.“) bestätigt werden. 7.3.3
Ergebnisse zur Entwicklung der Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes
Im Hinblick auf die Klarheit zeigt sich bei beiden Dachmarken eine Steigerung, die jedoch bei Storck deutlicher ausfällt als bei Ferrero (siehe Abbildung 65).178 Durch Portfolio-Werbung erschien den Probanden ihr inneres Bild deutlich klarer. Da die Anzahl assoziierter Produktmarken insbesondere bei Storck gestiegen ist, 178
Die Klarheit und Anziehungskraft von Storck nach Anzeigenkontakt weicht dabei hoch signifikant (Wilcoxon-Test mit p = 0,001 bzw. 0,006) von dem Wert vor Anzeigenkontakt ab. Bei Ferrero ist eine signifikante Abweichung nur hinsichtlich Klarheit, jedoch nicht hinsichtlich Anziehungskraft erkennbar (Wilcoxon-Test mit p = 0,716). Aufgrund des sehr geringen Stichprobenumfangs und der qualitativen Auslegung der Studie sollten diese Werte durch weiterführende Forschung konkretisiert werden.
142
D Empirische Fundierung des Gesamtmodells zur Wirkung von Portfolio-Werbung
Abb. 65. Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes vor und nach Anzeigenkontakt
deutet dies auf eine empfundene Konkretisierung des inneren Bildes hin. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich auch bei der starken Dachmarke Ferrero die Klarheit erhöht hat, obwohl sich die Markenschemata nur wenig verändert haben. Hypothese H7 („Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verbessert sich die Klarheit des inneren Bildes durch Portfolio-Werbung.“) muss somit abgelehnt werden: Nicht nur bei der schwachen Dachmarke Storck, sondern auch bei Ferrero erhöhte sich die Klarheit deutlich. In der Tendenz war die Steigerung bei Storck jedoch stärker. Auch im Hinblick auf die Anziehungskraft zeigt sich eine ähnliche Tendenz. Die Auswertung ergab, dass sich die Anziehungskraft des inneren Bildes bei der starken Dachmarke Ferrero nicht nennenswert verbesserte, bei der schwachen Dachmarke Storck dagegen deutlich (siehe Abbildung 65). Zusätzlich zu den Ergebnissen der Hauptstudie konnte belegt werden, dass sich im direkten Vergleich der Markenschemata einer Person – vor und nach Anzeigenkontakt – insbesondere die Anziehungskraft einer schwachen Dachmarke steigern lässt. Hypothese H8 konnte bestätigt werden: „Je schwächer die Dachmarke, desto stärker verbessert sich die Anziehungskraft des inneren Bildes durch Portfolio-Werbung.“ Nur bei Storck konnte die Anziehungskraft stark erhöht werden, bei Ferrero zeigten sich wie erwartet kaum Effekte.
7.4
Empirische Befunde der qualitativen Zusatzstudie im Überblick
Die Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf die Dachmarkenschemata konnte die bisherigen Erkenntnisse der quantitativ angelegten Hauptstudie um quali-
7 Zusatzstudie zur Wirkung von Portfolio-Werbung auf Markenschemata
143
tative Erkenntnisse ergänzen. Durch Portfolio-Werbung können die Markenschemata insbesondere schwacher Dachmarken verändert und erweitert werden. Dies äußert sich nicht nur in einem Anstieg der Zahl genannter Assoziationen – nahezu auf das Doppelte –, sondern insbesondere in einer engeren Verknüpfung der abgebildeten Produktmarken mit der Dachmarke. Dadurch wurden nicht nur ausgehend von der Dachmarke die verschiedenen Produktmarken assoziiert, sondern auch bei der Frage nach den Produktmarken wurde die Dachmarke spontan genannt. Dies bietet Potential für weitere Assoziationsketten. Durch die Aktivierung der Dachmarke Storck, etwa durch die Produktmarke Werthers Original, wurden weitere Produktmarken aktiviert. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist der Anstieg der Klarheit und vor allem der Anziehungskraft des inneren Bildes insbesondere bei Storck. Die Probanden empfanden ihr inneres Bild der Dachmarke nach Portfolio-Werbung klarer, obwohl es um weitere Produkte erweitert wurde. Dies kann als Hinweis angesehen werden, dass sich das Dachmarkenschema durch die Verknüpfung mit Teilen des Sortiments zumindest aus Perspektive der Konsumenten nicht zwingend verwässert oder die Dachmarke als unübersichtlich wahrgenommen wird. Grundsätzlich kann die Zusatzstudie aufgrund der qualitativen Vorgehensweise mit einer geringen Anzahl von Probanden nur Hinweise geben und Tendenzen aufzeigen. Dennoch konnten die Ergebnisse der Hauptstudie unterstrichen werden. Es zeigten sich erste Hinweise dahingehend, dass die Produktmarken in das Markenschema eingegliedert und dadurch positive Aspekte der Produktmarken auf die Dachmarke übertragen werden.
E
Implikationen für Forschung und Praxis
1
Zusammenfassung der zentralen Inhalte und Ausblick für weitere Forschung
In der vorliegenden Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass durch Portfolio-Werbung, also die gemeinsame Darstellung von Dach- und mehreren Produktmarken, bei einer schwachen Dachmarke eine höchst signifikante Einstellungsverbesserung erzielt werden kann. Auch die Zusatzstudie konnte diese positiven Effekte unterstreichen. Dass sich diese Werbeform unter bestimmten Umständen jedoch auch negativ auf die Dachmarke auswirken kann, wurde ebenfalls beobachtet. In welche Richtung, positiv oder negativ, und mit welcher Stärke sich PortfolioWerbung auswirkt, wird von mehreren Einflussfaktoren bestimmt. Dabei spielen Dach- und Produktmarkenstärke sowie deren Kombination eine zentrale Rolle. Die Stärke dieses Effektes wird durch den Fit der abgebildeten Produktmarken beeinflusst. Wie stark dieser Einfluss ausfällt, hängt von Dachmarkenstärke und -breite ab. Insbesondere bei schwachen Generalisten spielt es kaum eine Rolle, welche Produktmarken aufgezählt werden und wie gut diese zusammenpassen, da die Konsumenten ein heterogenes Produktspektrum erwarten. Da Konsumenten bei Spezialisten deutlich sensitiver bezüglich des Fits sind, sollte hier versucht werden, möglichst homogene Produktmarkengruppen zusammenzustellen. Ein weiteres zentrales Ergebnis der empirischen Studien ist, dass sich der wahrgenommene Fit durch den Einsatz eines kommunikativen Rahmens erhöhen lässt. In Fällen, in denen sich aus dem Sortiment kaum homogene Gruppen bilden lassen, kann somit die Passung erhöht werden. Obwohl sich die Vermutungen zur Wirkung von Portfolio-Werbung und zum Gesamtmodell durch die empirische Studie zum größten Teil bestätigen ließen, besteht hinsichtlich vieler Fragestellungen weiterer Forschungsbedarf. Dies gilt vor allem, weil es sich bei Portfolio-Werbung um ein noch relativ unerforschtes Gebiet handelt. Nachfolgend werden einige Vorschläge aufgelistet, welche Fragestellungen in Zukunft weiterführend analysiert werden könnten. In die Untersuchung zu Portfolio-Werbung könnten weitere Einflussgrößen auf die Wirkung integriert werden. In der vorliegenden Arbeit wurde eine Anzeige konzipiert, die sowohl eine Dachmarke als auch vier Produktmarken enthält. Es bleibt somit offen, wie die Ergebnisse ausgefallen wären, wenn beispielsweise acht oder auch nur zwei Produkte abgebildet worden wären und damit die Anzahl der Produktmarken manipuliert würde. In der vorliegenden Arbeit wurde die Komplexität kontrolliert, und es zeigte sich, dass sie keinen signifikanten Einfluss auf die Wirkung von Portfolio-Werbung ausübte. Es ist jedoch denkbar, dass die Komplexität bei der Aufzählung von acht oder mehr Produktmarken eine negative Wirkung hätte. Da die Aufnahme- und Verarbeitungskapazität von Menschen begrenzt ist (vgl. Miller, 1956), ist es denkbar, dass eine mittlere Komplexität als positiv, eine zu geringe und eine zu hohe als negativ empfunden wird. Die Betrachtungszeit wurde in der vorliegenden Arbeit nicht manipuliert, könnte aber ebenfalls einen Einfluss auf die Stärke des Portfolio-Effektes haben. Würde et-
146
E Implikationen für Forschung und Praxis
wa die Betrachtungszeit auf eine Sekunde limitiert und anschließend stufenweise erhöht, könnte ermittelt werden, was Testpersonen wahrnehmen und wie sie darauf reagieren. Auch eine Untersuchung mittels Blickaufzeichnung könnte Aufschluss darüber liefern, wie eine Anzeige betrachtet wird und welche Produktmarken für den Haupteffekt verantwortlich sind. Solche Untersuchungen wären nicht nur von theoretischem, sondern auch von praktischem Interesse, da wertvolle Erkenntnisse darüber gewonnen werden könnten, was bei der Gestaltung von Werbemitteln zu beachten ist, die den Portfolio-Gedanken aufnehmen. In der vorliegenden Arbeit wurden die Produktmarkengruppen entweder aus ausschließlich starken oder ausschließlich schwachen Marken gebildet. Es wäre interessant zu untersuchen, wie sich gemischte Gruppen auswirken. Zur theoretischen Erklärung könnten Erkenntnisse zu Assimilations- und Kontrasteffekten bei Wahrnehmungs- und Beurteilungsvorgängen herangezogen werden (vgl. zum Beispiel Levin/Levin, 2000; Wilder/Thompson, 1988; Meyers-Levy/Sternthal, 1993; Wänke et al., 1998; Gierl/Koncz, 2005). Diese Untersuchung wäre für die Praxis von großer Bedeutung, da unter Umständen unbekannte, neue Produktmarken einer Dachmarke von der Stärke bereits etablierter Produktmarken profitieren könnten. Weiterhin könnte analysiert werden, wie Portfolio-Werbung im Vergleich zur „herkömmlichen“ Einzelanzeige im Hinblick auf die Aktualisierungsleistung wirkt. Könnten mit einer einzigen Portfolio-Anzeige gleichzeitig die Dach- und mehrere Produktmarken aktualisiert werden, bräuchte man für diese Leistung fünf Einzelanzeigen. Es wird jedoch angenommen, dass nicht jede Produktmarke im Rahmen einer Portfolio-Anzeige ausreichend wahrgenommen wird. Darüber hinaus sind vermutlich mehrere Wiederholungen nötig, um die Aktualisierungsleistung zu erzielen. Studien könnten hier interessante Erkenntnisse liefern.
2
Einschränkungen und Potentiale für den Einsatz von Portfolio-Werbung in der Praxis
Es gibt gewisse „Killerkriterien“, d. h. Bedingungen, unter denen von PortfolioWerbung in jedem Fall abgesehen werden sollte.179 Vier Fragen sollten bei der Entscheidung berücksichtigt werden, ob diese Werbeform eingesetzt werden kann: 1. Eignet sich die Zusammensetzung des Sortiments für Portfolio-Werbung? 2. Kann es aufgrund des Markenarchitekturtyps zu negativen Konsequenzen kommen? 179
Die vorliegende Arbeit hat sich in erster Linie den Nachweis der positiven Wirkung von Portfolio-Werbung auf schwache Dachmarken zum Ziel gesetzt. Aus diesem Grund blieben derartige „Killerkriterien“, d. h. extreme Ausprägungen der Einflussfaktoren, in den empirischen Studien unberücksichtigt. Aus den in Kapitel B gegebenen Hinweisen zu Markenarchitekturen und den in Kapitel C beschriebenen Erklärungsansätzen lassen sich die Auswirkungen solcher „Killerkriterien“ jedoch ableiten. Weiterführende Forschung könnte hier spezifische Erkenntnisse liefern.
2 Einschränkungen und Potentiale für den Einsatz von Portfolio-Werbung in der Praxis
147
3. Ist ein gewisser „Basis-Fit“ bei der Konzeption von Portfolio-Werbung sichergestellt? 4. Besteht die Gefahr negativer Transfer-Effekte zwischen den Marken? Zu 1. Eignet sich die Zusammensetzung des Sortiments für Portfolio-Werbung? Unternehmen, die beispielsweise Nahrungsmittel für Mensch und Tier herstellen (etwa Masterfood), sollten von dieser Werbeform absehen. Selbst wenn ausschließlich die Nahrungsmittelsparte für den Menschen thematisiert wird, kann es zu negativen Wirkungen kommen. Zu 2. Kann es aufgrund des Markenarchitekturtyps zu negativen Konsequenzen kommen? Ein weiterer Fall, in dem Portfolio-Werbung negative Konsequenzen für die Marken nach sich ziehen könnte, sind Mehrmarkenstrategien, wie sie beispielsweise Henkel im Waschmittelsegment mit Persil, Spee und Weißer Riese führt. Da die Abgrenzungsproblematik hier eine zentrale Rolle spielt, insbesondere wenn der Preis zu den wichtigsten Differenzierungsmerkmalen gehört, könnte die gemeinsame Präsentation negativ wirken. Es entstünde möglicherweise der Eindruck, dass „in allen Produkten ohnehin dasselbe drin ist“ – was die Preisbereitschaft für das Premiumprodukt (Persil) senken könnte. Darüber hinaus würde unter Umständen die Trennschärfe verringert und das Markenimage verwässert. Zu 3. Ist ein gewisser „Basis-Fit“ bei der Konzeption von Portfolio-Werbung sichergestellt? Ein „Basis-Fit“ sollte bei der Gestaltung von Portfolio-Werbung gegeben sein. Beispielsweise könnte eine gemeinsame Darstellung von Nahrungs- und Reinigungsmitteln zu negativen Effekten führen. Obwohl der Fit bei Generalisten in der vorliegenden Studie keine große Rolle gespielt hat, sollte er nicht „überstrapaziert“ werden. Zu 4. Besteht die Gefahr negativer Transfer-Effekte zwischen den Marken? Hat eine Dachmarke ein negatives Markenimage, verfügt jedoch über mehrere starke Produktmarken, so sollte ebenfalls von Portfolio-Werbung abgesehen werden, um den Rücktransfer negativer Assoziationen zu vermeiden. Dasselbe gilt umgekehrt für negativ besetzte Produktmarken, die das Markenimage der Dachmarke beinträchtigen können. Unter Berücksichtigung der genannten „Killerkriterien“ bietet Portfolio-Werbung nach den Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit Potentiale für die Stärkung schwacher Dachmarken. Gerade für solche Dachmarken, die nur über eine zusätzliche Kennzeichnung auf der Verpackung von Produktmarken Kontakt mit den Konsumenten haben, kann dies eine Möglichkeit bieten, die Dachmarke dennoch zu kommunizieren. Wie bereits in Kapitel B ausgeführt geschildert, kennzeichnen heute viele Unternehmen ihre Produkte zusätzlich mit der Dachmarke auf der Ver-
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E Implikationen für Forschung und Praxis
packung. Sie erhoffen sich davon unter anderem eine positive Wirkung auf die Produktmarke – insbesondere dann, wenn es sich um eine Produktneuheit handelt. Diese positive Wirkung kann die Dachmarke jedoch nur dann ausüben, wenn sie ausreichende Markenstärke besitzt. Viele Dachmarken – beispielsweise die in der vorliegenden Arbeit verwendeten, Kraft und Storck – verfügen jedoch nur über eine hohe Namensbekanntheit, aber kein klares und anziehendes Image, das derartige TransferEffekte auslösen könnte. Portfolio-Werbung bietet hier die Möglichkeit, solche Dachmarken zu stärken. Durch die gemeinsame Präsentation mit erfolgreichen Produktmarken kann die Kompetenz des Unternehmens bzw. der Dachmarke herausgestellt werden. Dadurch profitiert diese von den Produktmarken und wird so gestärkt. Damit diese Werbeform jedoch ihre positive Wirkung entfalten kann, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Folgende drei Voraussetzungen lassen sich aus den Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit ableiten: 1. Nur schwache Dachmarken, deren Portfolio nahezu unbekannt ist, können von Portfolio-Werbung profitieren. 2. Nur wenn mehrere starke, erfolgreiche und bekannte Produktmarken im Sortiment vorhanden sind, kann Portfolio-Werbung eine positive Wirkung entfalten. 3. Besonders bei engen Dachmarken (Spezialisten) sollte auf ausreichenden Fit der Produktmarken untereinander geachtet werden. Falls dieser nicht gegeben ist, kann die Passung mittels eines kommunikativen Rahmens verbessert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Werbeform ergibt sich aus der Möglichkeit, gleichzeitig Dach- und Produktmarken zu thematisieren. Daraus können sich unter Umständen Einsparpotentiale für Unternehmen ergeben. Portfolio-Werbung kann zwar nicht anstelle „herkömmlicher“ Einzel-Produktkampagnen eingesetzt werden, aber gegebenenfalls die Kampagnenhäufigkeit verringern. Portfolio-Werbung könnte im Wechsel mit Produktkampagnen zum Einsatz kommen. Viele Unternehmen bewerben ihre Produkte abwechselnd in Wellen und nicht alle gleichzeitig. Hier ließen sich durch Portfolio-Werbung auch solche Produkte, die im aktuellen Zyklus nicht beworben werden, im Gedächtnis der Konsumenten aktuell halten. Neben Einsparpotentialen im Medienbereich wirkt sich möglicherweise auch der relativ geringe Gestaltungsaufwand bei Portfolio-Werbung kostensparend aus. Im Rahmen von Werbespots lässt sich beispielsweise auf bestehendes Werbematerial der einzelnen Produktmarken zurückgreifen. Portfolio-Werbung bietet somit die Möglichkeit, die positive Ausstrahlung der einzelnen Produktmarken mit dem Image der Dachmarke zu verbinden, damit Letztere mittel- und langfristig ihre unterstützende Rolle in der Markenarchitektur ausüben kann. So wie Nestlé als starke Dachmarke ihre unterstützende Funktion bereits wahrnehmen kann, könnte dies durch Portfolio-Werbung auch bei der schwachen Dachmarke Kraft möglich werden.
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Anhang Teil 1: Ergebnisse der Nullmessung und Hauptstudie Anhang 1:
Mann-Whitney-U-Test zum Bekanntheitsgrad der Gruppe schwacher vs. starker Dachmarken Test Statisticsa Kennen Sie die DM1 Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
Anhang 2:
11958,000 30873,000 –3,280 ,001
Grouping Variable: DM1-Stärke (stark/schwach)
Mann-Whitney-U-Test zur Klarheit und Anziehungskraft des inneren Bildes der Gruppe schwacher vs. starker Dachmarken Test Statisticsa
Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
Anhang 3:
Klarheit inneres Bild DM1
Anzieh.kraft inneres Bild DM1
8325,000 23725,000 –4,522 ,000
9302,000 24527,000 –3,204 ,001
Grouping Variable: DM1-Stärke (stark/schwach)
Mann-Whitney-U-Test zur Portfolio-Bekanntheit der Gruppe schwacher vs. starker Dachmarken Test Statisticsa Anzahl Produkte DM1 Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
11247,000 29392,000 –2,190 ,029
Grouping Variable: DM1-Stärke (stark/schwach)
164 Anhang 4:
Anhang
Mann-Whitney-U-Test zur Einstellung der Gruppe schwacher vs. starker Dachmarken Test Statisticsa Einstellung Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
Anhang 5:
4964,500 12714,500 –7,114 ,000
Grouping Variable: DM-Stärke (stark/schwach)
Mann-Whitney-U-Tests zur Sortimentsbreite, Anzahl von Produkten im Sortiment (Skala) und zur offenen Frage zur Zahl der Produkte der Gruppe Generalisten vs. Spezialisten Test Statisticsa
Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
Anhang 6:
Sort. breite eng vs. breit
Skala wenige vs. viele Produkte
offene Zahl Produkte
61277,000 173378,000 –12,375 ,000
102489,500 209905,500 –1,837 ,066
59523,500 165093,500 –11,278 ,000
Grouping Variable: Breite Generalist vs. Spezialist
Wilcoxon-Test zur Einstellungsveränderung bei schwachen Dachmarken in Kombination mit starken Produktmarken Test Statisticsb Vergleichsvariable für MWU -change Z Asymp. Sig. (2-tailed) a b
Based on positive ranks. Wilcoxon Signed Ranks Test
–9,607a ,000
165
Anhang
Anhang 7:
Wilcoxon-Test zur Einstellungsveränderung bei schwachen Dachmarken in Kombination mit schwachen Produktmarken Test Statisticsb Vergleichsvariable für MWU -change –1,789a ,074
Z Asymp. Sig. (2-tailed) a b
Anhang 8:
Based on positive ranks. Wilcoxon Signed Ranks Test
Wilcoxon-Test zur Einstellungsveränderung bei starken Dachmarken in Kombination mit starken Produktmarken Test Statisticsb Vergleichsvariable für MWU -change –1,299a ,194
Z Asymp. Sig. (2-tailed) a b
Anhang 9:
Based on positive ranks. Wilcoxon Signed Ranks Test
Wilcoxon-Test zur Einstellungsveränderung bei starken Dachmarken in Kombination mit schwachen Produktmarken Test Statisticsb Vergleichsvariable für MWU -change Z Asymp. Sig. (2-tailed) a b
Based on positive ranks. Wilcoxon Signed Ranks Test
–5,070a ,000
166 Anhang 10:
Anhang
Mann-Whitney-U-Test zur wahrgenommenen Passung bei Gruppen hohen vs. geringen Fits Test Statisticsa Passung Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
82161,000 198564,000 –7,902 ,000
Grouping Variable: Fit hoch vs. gering
Anhang 11a: Mann-Whitney-U-Test zur Einstellungsveränderung bei Gruppen hohen vs. geringen Fits Test Statisticsa change Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
101929,500 314030,500 –2,417 ,016
Grouping Variable: Fit hoch vs. gering
Anhang 11b: Median-Test zur Einstellungsveränderung in Abhängigkeit der Passung Test Statisticsb change N Median Chi-square df Asymp. Sig. a
943 ,15119 19,338a 6 ,004
0 cells (,0%) have exoected frequencies less than 5. The minimum expected cell frequency is 28,0. b Grouping Variable: Passung
167
Anhang
Anhang 12:
Mann-Whitney-U-Test zur Einstellungsveränderung bei starken vs. schwachen Dachmarken in Abhängigkeit des Fits Test Statisticsa DM stark vs. schwach
a
Anhang 13:
change
stark
Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed)
24061,000 53222,000 –2,694 ,007
schwach
Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed)
26725,500 53753,500 –,828 ,408
Grouping Variable: Fit hoch vs. gering
Mann-Whitney-U-Test zur Einstellungsveränderung bei Generalisten vs. Spezialisten in Abhängigkeit des Fits Test Statisticsa Breite Generalist
a
Anhang 14:
change
Generalist
Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed)
27225,000 54486,000 –,340 ,734
schwach
Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed)
23616,500 52536,500 –3,135 ,002
Grouping Variable: Fit hoch vs. gering
Mann-Whitney-U-Test zur Passung bei Anzeigen ohne vs. mit kommunikativem Rahmen Test Statisticsa Passung Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) a
101165,500 220481,500 –3,416 ,001
Grouping Variable: Rahmen ohne vs. mit
168 Anhang 15:
Anhang
Kruskal-Wallis-Test zur Post-Sortimentsbreite in Abhängigkeit zur Pre-Sortimentsbreite Test Statisticsa,b Post-Breite Chi-Square df Asymp. Sig. a
Anhang 16:
184,371 6 ,000
Kruskal Wallis Test
Kruskal-Wallis-Test zur Qualitätseinschätzung bei schwachen Dachmarken in Abhängigkeit der Produktmarkenstärke Test Statisticsa,b Post-Qual. einschätzung Chi-Square df Asymp. Sig. a b
Anhang 17:
117,983 4 ,000
Kruskal Wallis Test Grouping Variable: change
Kruskal-Wallis-Test zum Gefallen der Anzeige in Abhängigkeit der Passung Test Statisticsa,b Score Gefallen Chi-Square df Asymp. Sig. a b
67,949 6 ,000
Kruskal Wallis Test Grouping Variable: Passung
169
Anhang
Teil 2: Verwendete Anzeigen in den Studien Anhang 18:
Anzeigen für die beiden starken Dachmarken
170 Anhang 19:
Anhang
Anzeigen für die beiden schwachen Dachmarken